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(Mit ee IV a a a a Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. I. Von Curt He Taf. V und einer Figur im Text.) Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. Die Entstehung von Mito- chondrien und Chondromiten aus eigenartigen intra- und extracellulären »Sphären« (Idiozomen). Von Emil Rohde. (Mit Taf. VI u. VII und BER met u een ER, Beiträge zur Spermatogenese der Cephalopoden. Von Curt Thesing. (Mit Tas. VIE We dRy ren Ne AL a Über Lohmannella catenata. Von Eugen Neresheimer. (Mit Taf. X—XI mc Bey a leo) re Zweites Heft. Ausgegeben den 8. März 1904. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. Von F. Schwangart. DE a eu SITE wer dRio, im Mext)), 20... nn, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. Die Entwick- lung der Rhabdocölen und Alloiocölen. Von Ernst Bresslau. (Mit Taf. XIV—XX u. 3 Fig. im Text.) Seite 137 167 IV 9 Drittes Heft. Ausgegeben den 22. März 1904. Seite Über die Häutung und über einige Elemente der Haut bei den Insekten. Von W. Plotnikow. {Mit Taf. XXI u. XXII u. 6 Figuren im Text.) 333 Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.. Von Ludwig Cohn. (Mit Tat. XXIMN u. einer Figur im Text.) . ... Sesess 367 Histologische Mitteilungen. 1. Die Urgenitalzellen der Ctenophoren. Von Karl Camillo Schneider. (Mit Taf. XXIV.) 27.2 388 Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliaca. Von W. Hein. (Mit Tat XV m XXI)... 0.0.. 020 ea 400 Zur Morphologie des Insektenkopfes. I. Zum metameren Aufbau des Kopfes der Cheronomus-Larve. Von NilsHolmgren. (Mit Taf. XXVII £ u. XXVIN). un... ae. ee 439 Uber Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. Von Erich Zusmayer. (Mit Taf. XXIX u. 2 Eiguren mm iPext.)) er Ser 478 Viertes Heft. - Ausgegeben den 12. April 1904. Mwyenchus bothryophorus, ein in den Muskelzellen von Nephelis schma- rotzender neuer Nematode. Von August Schuberg und Olaw Schröder. (Mit Taf. XXX)... ee 509 Zur Kenntnis der Spermatogenese bei den Poriferen und Cölenteraten nebst Bemerkungen über die Oogenese der ersteren. Von Wilhelm Görich. - (Mit Tat. XXXI u..4 Figuren im Texten 2 ee 522 Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. Developpement de l’appareil branchial par Charles Julin. (Avee 42 figures)... 2. .2.... 544 Über Ostracolethe und einige Folgerungen für das System der Gastropoden. Von Heinrich Simroth. (Mit Tat. RX) 612 Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers, Ein in der Sitzung der Anatomischen Gesellschaft vom 31. Mai 1903 in Heidelberg gehaltener Vortrag von A. Kölliker. Mit Tafel I-IV. Die vielbesprochene Frage der Entwicklung und Bedeutung des Corpus vitreum hat in den letzten Jahren eine eigentümliche Wen- dung genommen, indem zu den früheren Auffassungen, denen zufolge der Glaskörper entweder eine mesodermatische Bildung sei (die meisten Autoren), oder als ein Transsudat bezeichnet werden müsse (KESSLER), zwei ganz neue Hypothesen sich gesellt haben, die das betreffende Organ als eine ektodermale Bildung bezeichnen und dieselbe entweder von der Retina ableiten (TORNATOLA) oder von der Linse (v. LENHOSSER). Eine nähere Darlegung dieser neuen Auffassungen ergibt fol- sendes: I. Retinaler Ursprung des Corpus vitreum. S. TORNATOLA behauptet in seiner ausführlichen Abhandlung: »Ricerche embriologiche sull’ Occhio dei vertebrati Messina 1898, Tipografia d’Amico, p. 50, Tav. VII«, daß der Glaskörper ohne dazwischen liegende Membran in direkter Verbindung mit der Retina stehe und belegt dies beim Hühnchen, Menschen und mehreren Säugern durch eine Anzahl von Figuren, die beweisen sollen, daß die Zellen der embryonalen Retina zuerst in Kegel und dann in Fäserchen aus- laufen, die, indem sie vielfach anastomosieren, das Gewebe des Corpus vitreum bilden. Anfangs läßt sich nach TOoRNATOLA der Ursprung dieser Fäserchen bis zur sechsten Reihe der Retinazellen nach außen verfolgen, später sollen dieselben dagegen nur von den innersten Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. ® De A. Kölliker, Zellen abstammen. TornAToLA erklärt demzufolge, daß der Glas- körper kein mesodermatisches Gewebe sei, sondern als eine Abson- derung gewisser Zellen der Retina aufgefaßt werden müsse. Dem- nach sei der Glaskörper kein Gewebe in gewöhnlichem Sinne, da derselbe keine Zellen enthalte, die ihm angehören. Als Stütze seiner Auffassung zieht TORNATOLA besonders auch die Resultate herbei, zu denen die feinere Anatomie der Augen bei den Wirbellosen gelangt ist und verweist vor allem auf die Beobach- tungen von ÜARRIERE bei den Gasteropoden, der im Auge dieser Tiere neben den Nervenzellen der Retina besondere absondernde Zellen beschreibt, welche »Sekretzellen< mit der Ausscheidung des Augeninhaltes, sei dieser nun Glaskörper mit Linse oder ohne eine solche, betraut seien. TORNATOLA erwähnt außerdem besonders auch GRENACHER, der in seiner Arbeit über das Auge der Heteropoden die Sekretzellen von CARRIERE »Emplemzellen< nennt und Em- plem alle von solchen Zellen im Inneren des Auges gelieferten Pro- dukte, mögen dieselben flüssig, gallertig oder fest, geformt oder un- geformt sich darstellen. War es durch diesen Hinweis auf vergleichend-anatomische Tat- sachen unzweifelhaft TORNnATOLA gelungen, seine Annahmen über die Entwicklung des Glaskörpers aus der Netzhaut zu stützen, so ist doch auf der andern Seite zu bemerken, daß seine direkten Beweise für seine Hypothese nicht so bestimmt als wünschbar sind, was namentlich von den Abbildungen gilt, die meist als zu blaß und un- deutlich bezeichnet werden müssen. Immerhin ist nicht zu bezweifeln, daß TORNATOLA in der Tat den Ursprung von Glaskörperfasern aus der Retina als erster wahrgenommen hat. Diese neuen Angaben von TorsAToLA fanden bald Unterstützung in Beobachtungen von ©. RABL, FISCHEL, ADDARIO und VAN PEE von denen die Erstgenannten nur kurze, mehr gelegentlich gemachte Beobachtungen mitteilen. C. RapL kommt in seiner großen Linsenarbeit (III. Teil S. 28 dieser Zeitschr. Bd. LVII 1899) mit folgenden Worten auf die Frage der Entwicklung des Glaskörpers zu sprechen: »In Beziehung auf die histologische Bedeutung der Zonulafasern schließe ich mich an SCHÖN an, wenigstens insofern, als er einen Teil der Fasern von den Zellen der Pars ciliaris retinae ausgehen läßt. Vom genetischen Standpunkte aus ... müssen wir die Zonulafasern als basale Aus- läufer dieser Zellen auffassen. Sie sind also der Retina im weiteren Sinne des Wortes zuzurechnen. Aber nicht bloß die Zonula, sondern Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 3 auch den Glaskörper sehe ich für eine Bildung an, welche genetisch mit der Retina zusammengehört. Man sehe sich nur einmal die Stelle an, wo beim Embryo der Glaskörper zur Entwicklung kommt. Überall entspricht diese dem Übergang der Pars optica retinae in die Pars eoeca. Hier tritt der Glaskörper zuerst in die Erscheinung und von hier aus breitet er sich weiter aus. In diesem Raume sind aber bei allen niederen Wirbeltieren bis zu den Säugetieren hinauf gar keine Mesodermzellen gelegen, welche den Glaskörper bilden könnten. Nur bei den Säugetieren könnte man durch die zahlreichen, vielleicht von etwas Bindegewebe begleiteten Gefäße, welche sich zwischen Linse und Augenblase eindrängen, in Versuchung geführt werden, an einen mesodermalen Ursprung des Glaskörpers zu denken; aber die Ver- hältnisse, die hier vorliegen, sind rein sekundärer Natur, sie finden ihre Erklärung lediglich in dem außerordentlichen Wachstum der Säugetierlinse, aber sie haben nichts mit der Bildung des Glaskörpers zutun. Retina, Zonula und Glaskörper sind rein ektodermale Bildungen und gehören genetisch innig zusammen. Mit dieser Auf- fassung stimmt auch das interessante Bild zusammen, das Rerzıus von der Faserung des Glaskörpers des Frosches gegeben hat. — Ich setze mich durch meine histogenetische Auffassung des Glaskörpers in Widerspruch mit der bisherigen Lehrmeinung. Nur TORNATOLA hat kürzlich eine ähnliche Auffassung geäußert. « Wie man aus diesem Zitate ersieht, erfährt man von ©. RABL über die Art und Weise der Entwicklung des Glaskörpers nichts Näheres. Dagegen verweist RABL in seiner letzten Mitteilung vom 20. Januar 1903 im Anatomischen Anzeiger Nr. 25 nicht nur auf die mittlerweile erschienenen Arbeiten von ADDARIO und VAN PEE, son- dern gibt auch eine kurze Darstellung seiner eignen übereinstimmen- den Beobachtungen beim Schweine, Schafe und dem Menschen (S. 578) und bei Selachiern und Amphibien, wogegen es ihm beim Huhne nicht gelang Ähnliches zu finden (8. 579). Gleichzeitig mit RaßL hat auch FiscHEL in seiner schönen Arbeit »Die Regeneration der Linse« in den Anatomischen Heften Bd. XIV 1900, S. 28 über die Glaskörperfrage Beobachtungen angestellt. Bei seinen Untersuchungen über die Regeneration der Linse bei Sala- manderembryonen sah FıscHeL, daß in der Grenzzone zwischen der Pars optica und coeca retinae die Netzhautzellen (welche?) nach dem Augeninnern in feinste Fäserchen sich verlängern, die zunächst zu einem Netzwerk sich verflechten. Aus diesem gehen wieder feine Fasern aus, die die vordere Grenzschicht des Glaskörpers bilden. 1* 4 N: Kölliker, Das erwähnte Netzwerk hängt nach hinten direkt mit der Limitans zusammen, welche Haut FiscHeL als das Resultat einer Verfilzung der Glaskörperfibrillen auffaßt und findet, daß dieselbe mit den kegelförmigen Enden der Stützfasern verbunden sei. Man könne des- halb auf Grund des histologischen Zusammenhanges der Limitans interna die vordere Grenzschicht des Glaskörpers selbst und das zwischen diesen beiden ausgespannte, den Glaskörper darstellende Netz von Fasern als ein zusammenhängendes Ganzes und als Produkt der Retina sich vorstellen. C. Anparıo! gibt S. 53 über seine den Glaskörper betreffenden Erfahrungen folgende Zusammenstellung: a) Der feste oder faserige Teil des Glaskörpers entwickelt sich aus dem hinteren Teil des Orbieulus ciliaris, d. h. zwischen der Ora serrata und dem Anfange der Zonula Zinnii. b) Die Fasern der Grundlage (impalcatura) des Glaskörpers sind nichts als protoplasmatische Ausläufer des Epithels der genannten Stelle des Orbieulus eiliaris. c) Der Glaskörper grenzt vorn an die Zonula mit einem Stratum limitans anterius, mit einem weniger dichten und homogenen Stratum limitans posterius an die Limitans interna der Retina. d) Diese Limitans interna retinae endet an der Ora serrata. e) Eine Membrana hyaloidea existiert nicht. Was die Zonula Zinnii anlangt, so faßt ADDARIO seine Beob- achtungen über diesen Teil folgendermaßen zusammen (8. 67): a) Die Zonula besteht ausschließlich aus Fasern und beginnt 1—1,5 mm vor der Ora serrata unmittelbar vor dem Ursprunge des Stratum limitans anterius des Glaskörpers. b) Die Zonulafasern entstehen ausschließlich als Protoplasma- fortsätze des nicht pigmentierten Epithels der Pars ciliaris retinae. c) Ein Canalis Petiti existiert nicht, sondern nur Räume in der Zonula. Die Beobachtungen Apvarros sind durch sehr deutliche und be- lehrende Zeichnungen versinnlicht und geben die besten bisher vor- liegenden Abbildungen über den Ursprung der Zonula und der Glas- körperfasern der Pars eiliaris retinae. Weiter hat VAn PEE (Recherches sur l’origine du corps vitre, Arch. de Biologie LXIX 192, p. 367-385, 2 Planches) über die ! Sulla struttura del vitreo embrionale e dei neonati, sulla matrice del vitreo e sull’ origine della Zonula. Pavia 1902. p. 75. Tav. IX. Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 5 Bildung des Glaskörpers sich geäußert und seine Grundansicht dahin ausgesprochen, daß das Corpus vitreum bei den von ihm untersuchten Geschöpfen aus zwei Teilen sich aufbaue, einmal einem mesoder- matischen und zweitens einem epithelialen. Der epitheliale Anteil entstammt einmal der Retina und zweitens der Linse. Letzterer besteht aus kurzen Fäserchen, die an der Glaskörperfläche der Linse sich entwickeln, jedoch nur kurzen Bestand haben und bald ganz schwinden, während zugleich die Linsenkapsel erscheint. Der Retina-Anteil des Glaskörpers dagegen besteht aus langen radi- ären Fortsätzen der Retina, die anfänglich den Glaskörper allein darstellen und mit Anastomosen ein zierliches Flechtwerk bilden, später jedoch, wenn die Glaskörpergefäße sich entwickeln, immer mehr zurücktreten vor dem Anteil des Glaskörpers, der im Zusammen- hang mit dem Mesoderm sich entwickelt. Dieser mesodermatische Teil besteht aus einem lockeren Bindegewebe mit sternförmigen anastomosierenden Zellen und zahlreichen, konzentrisch angeordneten Fibrillen. Beachtung verdient noch die Angabe von Van P&r (S. 374), daß auch das vordere Epithel der Linse protoplasmatische Fortsätze ab- gibt, ebenso wie solche an der hinteren Linsenfläche sich finden, ja daß selbst die angrenzenden Teile des Ektoderms an ihrer tiefen Fläche solche Ausläufer besitzen. Il. Lentikulärer Ursprung des Corpus vitreum. Den Schluß der neuen Angaben über die Entwicklung des Glas- körpers macht die große Arbeit von v. LENHOSSER (Die Entwicklung des Glaskörpers, der ungarischen Akademie der Wissenschaften vor- selest am 20. Oktober 1902, Leipzig, F. C. W. Vogel 1905), in wel- cher der Versuch unternommen wird, dieses Organ einzig und allein von der Linse abzuleiten, indem der Autor zugleich nachweist, daß, wie schon VAn P&e angegeben hat, nicht nur die hinteren Enden der Linsenfasern, sondern auch die vorderen Epithelzellen dieses Organs an ihrer basalen Fläche in Fasern auswachsen und eine Anlage eines vorderen Glaskörpers erzeugen. Die hinteren Ausläufer der Linsen- fasern läßt v. LENHOSSEK durch seitliche Ausläufer sich verbinden und nach und nach zu einem Anhange der Linse von verwickeltem Bau sich gestalten. Nach v. LENHOSSEK wachsen nun in das Fibril- lengitter der hinteren Linsenwand allmählich auch mesodermatische Teile, Gefäße und Zellen, hinein und dann soll sich dasselbe, obschon noch wenig entwickelt, von der Linse, an der zugleich die Linsen- 6 A. Kölliker, kapsel sich zeige und die anfänglichen kegelförmigen Auswüchse der Linsenfasern verschwinden, ganz ablösen, und in seinem weiteren Wachstum ganz auf sich selbst angewiesen sein (l. ec. S. 59)! Wie dieses Wachstum sich macht, erfährt man freilich von v. LENHOSSEK nicht, denn seine Äußerung, daß das abgelöste Glaskörperfasersystem einem netzförmigen kernlosen Syneytium zu vergleichen sei, das nun mit der Fähigkeit der Assimilation von Stoffen ausgestattet, sich selbst zu ernähren und weiter zu entwickeln vermöge, gibt doch keine Erklärung. In einer Kritik der v. Lewuoss£ekschen Hypothese bemerkt RABL (Anatom. Anzeiger 1903 Nr. 25): 1) Daß bei allen Wirbeltieren von den Vögeln an abwärts die Linse sehr scharf begrenzt sei und nirgends Linsenfasernfortsätze sich finden. 2) Ganz anders verhalten sich die Säugetiere. Hier findet auch RABL das v. LENHOssERsche Fasersystem und bestätigte er die spätere Trennung desselben von der Linse. Was aus demselben wird, darüber meldet nun freilich RABL nichts; doch erklärt derselbe ganz kurz, daß er eine Beteiligung der Linse an dem Aufbau des Glaskörpers nicht anzunehmen imstande sei und erklärt am Schlusse seiner Mitteilung, der perilentikuläre Faserfilz von v. LENHOSSER dürfte seine Aufgabe darin finden, das Rete vasculosum lentis an der Linse festzuhalten. Auf der andern Seite schließt sich RABL, wie schon oben angeführt wurde, ganz bestimmt der Lehre von TORNA- ToLA und Van P&r über die Beteiligung der Retina an der Bildung des Glaskörpers an! Den Widerspruch, der in diesen Darstellungen C. Ragıs liegt, vermag ich nicht zu lösen. Auf der einen Seite be- stätigt er v. LENHOSSERs Schilderung des lentikulären Fasernetzes, während er auf der andern die Bildung des Glaskörpers von der Retina aus behauptet! Nach dieser Darlegung der neuesten Untersuchungen über die Entwicklung des Glaskörpers komme ich nun zu einer kritischen Beleuchtung der Hauptaufstellungen und will ich von vornherein be- merken, daß ich nur zwei Entstehungsweisen des Glaskörpers an- nehme und zwar erstens eine ektodermatische von der Retina ausgehende und zweitens eine mesodermatische. A. Retinaler Glaskörper. In erster Linie hebe ich hervor, daß ich eine doppelte Be- ziehung des Corpus vitreum zur Retina annehme, indem ein Teil Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 7. desselben von der Pars optica der Netzhaut entspringt, den ich den retinalen Glaskörper im engeren Sinne oder den primitiven Glaskörper nenne, während ein zweiter Teil von der Pars coeca oder eiliaris ausgeht, den ich als »eiliaren Glaskörper« bezeich- nen will. Von diesen beiden Teilen ist der letztere bei weitem der wichtigere. Während der retinale Glaskörper nur bei ganz jungen Embryonen und bei der ersten Entstehung des Glaskörpers eine Rolle spielt und bald vergeht, wenigstens nicht mehr als solcher nachweis- bar ist, entwickelt sich der eiliare Glaskörper von dem Augenblicke an, in welchem die Pars eiliaris aufgetreten ist. 1) Der retinale Glaskörper im engeren Sinne tritt meinen Beobachtungen zufolge sehr früh in die erste Erscheinung, indem schon die primitive Augenblase an ihrer distalen oder ober- flächlichen Wand die ersten Spuren der retinalen Glaskörperfäserchen zeigt (Figg. 1, 2). Sobald dann die sekundäre Augenblase sich ent- wickelt, werden die Auswüchse an ihrer distalen Wand je länger um so stärker und bilden dann in ihrer Totalität eine zwischen der Netzhaut und der Linse gelegene helle streifige Zone, die im Grunde des Auges ihre größte Dicke besitzt, gegen den Rand der Augen- blase sich verschmälert und endlich ganz ausläuft (Figg. 3, 4, 7, 10). Wo diese Lage, die auch als primitiver Glaskörper bezeichnet werden kann, am entwickeltsten ist, kommt dieselbe ungefähr der Retina an Dicke gleich, bleibt jedoch häufig etwas darunter; auch ist zu bemerken, daß dieselbe nur kurze Zeit, wenn man so sagen darf, rein sich erhält, indem sehr bald Gefäße und Bindesubstanz- zellen in sie eindringen und ihren Zusammenhang, ihre Gleichartig- keit verändern. Was nun den genaueren Bau dieses retinalen Glaskörpers be- trifft, so besteht derselbe wesentlich aus ungemein vielen radiären Fasern, die alle verbreitert wie mit kurzen Kegeln an der innern Begrenzung der Netzhaut beginnen und geradeswegs in der Rich- tung auf die Linse zu verlaufen (Fig. 11). Bei dem jüngsten Auge, das mir vorkam, eines 1O mm langen Schafembryo, bei dem der pri- mitive Glaskörper sehr schmal (von 11 u) war (Fig. 3), standen die Glaskörperfäserchen alle schief distalwärts gegen den Rand der sekundären Blase gerichtet, von welchen Biegungen auch der 30 u dicke Glaskörper eines 11 mm langen Schweinsembryo Andeu- tungen zeigte (Fig. 5). Am schönsten und entwickeltsten fand ich die Glaskörperfasern bei einem Rinde von 15 mm (Fig. 11), bei welchem dieselben nicht nur im Grunde des Auges zu beiden Seiten 8 A. Kölliker, des Gefäßtrichters, sondern auch am Umschlagsrande der sekundären Blase sehr schön zu sehen waren (Fig. 12) und einen Glaskörper von 53—102 u Dicke erzeugten. Bei starken Vergrößerungen sah man von den Fasern feinste Nebenästchen ausgehen, die deutliche enge Netze bildeten, in denen an manchen Orten auch meridionale Faserzüge, wie v. LENHOSSER sie beschreibt, zu erkennen waren (Fig. 4). Die Re- tina hatte in allen diesen Gegenden einen stark gezackten Rand und ließ keine Spur einer Limitans interna erkennen. Wie verändert sich nun dieser primitive Glaskörper bei der weiteren Entwicklung des Auges, eine Frage, die noch niemand be- sprochen hat? Meinen Erfahrungen zufolge verliert sich nach und nach die Fähigkeit der Pars optica retinae Glaskörperfäserchen zu bilden und zwar zuerst im Grunde des Auges um die Eintrittsstelle des Nervus opticus und der Arteria hyaloidea herum. Hier schwin- det das zackige Aussehen der Begrenzung der Retina (Fig. 8) und tritt zugleich eine zarte Limitans interna auf, die auch oft genug abgehoben dem Glaskörper anliegend wahrzunehmen ist (Fig. 18 vom Menschen). Nach und nach vergehen dann im ganzen Umkreise der Pars optica die Zacken der Glaskörperfasern und ist beim Rinde von 4 cm (Fig. 15) einzig und allein an dem dünnsten, letzten Ab- schnitte des Umschlagrandes, der gewissermaßen eine Pars eiliaris in der ersten Anlage ist, noch eine bestimmte Andeutung der radiären ‚Fasern zu erkennen. Mit Bezug auf die Glaskörperfasern, die von der Pars optica der Netzhaut entspringen, ist noch manches nicht so klar, als wünsch- bar wäre. Unzweifelhaft ist, daß dieselben von langgestreckten Zellen mit längsovalen Kernen entspringen, wie solche in der Netzhaut Junger Embryonen in so großer Menge sich finden, daß eigentlich keine andern Elemente da zu sein scheinen. Von diesen Elementen sieht man sich verschmälernde Fortsätze nach innen abgehen, die dann an der innern Oberfläche der Netzhaut die beschriebenen Kegel bilden und in radiäre Fasern auslaufen. Nun ist die Menge der radiären Fasern, die Retinae von 10 und 11 mm langen Säugetier- embryonen abgeben, so groß, daß nicht daran zu denken ist, daß die Zellen, die dieselben entsenden, welche unzweifelhaft den Stütz- zellen, die die Mürnerschen Fasern abgeben, entsprechen, nur eine - einfache Lage bilden, vielmehr deutet alles darauf hin, daß diese Elemente in jungen Netzhäuten in vielen Lagen hintereinander vor- kommen. Auch sieht man alle Schichten der Netzhaut, auch die äußern, von feinen radiären Fasern durchzogen, die nichts andres Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 9 sein können als Protoplasmafortsätze von Zellen. Später, wenn die _ histologische Differenzierung der Netzhaut beginnt und die ursprüng- lich gleichartigen Elemente derselben zu Nervenzellen verschiedener Art, zu Stäbchen- und Zapfenzellen u. a. m., sich umbilden, wird die Zahl der Stützzellen immer geringer und nehmen dieselben end- lich ihre spätere Zahl und Stellung ein, und diejenigen, die übrig bleiben, bilden dann mit ihren Protoplasmafortsätzen die Plättchen, deren Verschmelzung die Limitans interna bildet. Hier kann auch auf eine Abbildung von DoGIEL verwiesen werden, der bei Ganoiden die Stützzellen und Fasern in großen dieken Bündeln antraf, die viele Kerne besaßen (Archiv für mikr. Anat., Bd. XXII, S. 460, Fig. 1). 2) Während der retinale Glaskörper immer mehr auf die Gegend des Umschlagsrandes der sekundären Augenblase sich zurückzieht, machen sich die ersten Andeutungen der Pars eiliaris Corporis vitrei immer mehr geltend, bis dieselben endlich nicht zu verkennen sind. Sowie die Ora serrata ganz ausgebildet ist (Fig. 14), ist es dann leicht zu sehen, daß während die Pars optica retinae gegen den Glas- körper durch eine sehr deutliche Limitans interna ohne Spur von Zacken abgegrenzt ist, die Pars ceiliaris ganz andre Verhältnisse zeigt. Hier geht die einfache Zellenlage, die — wie ich vor Jahren schon gezeigt habe (Gewebelehre, 5. Aufl., S. 685) — als Fortsetzung der Mürrzrschen Stützfasern aufzufassen ist, mit allen ihren Elementen in ein Faserwerk über, das nichts als der vorderste Teil des Glas- körpers ist und ganz und gar aus Protoplasmafortsätzen der betreffen- den Zellen sich aufbaut, und fehlt, wie AnpARIO mit Recht hervor- hob, eine Limitans interna ganz und gar. So deutlich nun auch die Verhältnisse in Fällen, wie die Fig. 14 sie zeigt, sich darstellen, so schwer ist es die Übergangsstufen nachzuweisen. Bei einem Rinde von 4 em (Fig. 15), in welchem das vordere dünne Ende des dista- len Blattes der sekundären Augenblase den Anfang der Pars ciliaris derselben darzustellen scheint, ist noch keine sichere Andeutung des eiliaren Glaskörpers zu entdecken, wogegen in dem Auge eines Lorz (Stenops gracılıs) von 3,2 cm die Grenze äußerst deutlich war. Ver- gleicht man meine Fig. 7” vom Schweine von 16 mm mit den Figg. 10 und 12 vom Rinde von 15 mm, so kommt man zur Überzeugung, daß die Bildung der Glaskörperfasern dieser Gegend beginnt, bevor eine Ora serrata ausgeprägt ist, und daß das Glaskörperbündel, das be- reits Rerzıus vom Frosch so schön dargestellt hat (Biologische Unter- suchungen, Neue Folge, VI, 1894, Taf. XXXI, Fig. 10), und das v. Lennossek das Isthmusbündel heißt, und das derselbe ebenfalls 10 A: Kölliker, sehr genau zeichnete, schon von Zellen ausgeht, die später als Zellen der Pars eiliaris auftreten. Am bestimmtesten sah ich diese Verhält- “ nisse bei dem schon vorhin erwähnten Rindsembryo von 4 cm. Hier war scheinbar die Pars ciliaris retinae in voller Anlage begriffen, in- dem die Netzhaut an vielen Schnitten, namentlich auf der lateralen Seite ein deutlich verdünntes Ende zeigte. Dieser Teil konnte je- doch noch nicht als Pars eiliaris angesprochen werden, denn es zeigte derselbe noch ganz den Bau der Pars optica der Netzhaut und be- stand nirgends aus einer einzigen Zellenlage. Und doch ermangelte derselbe einer deutlichen Limitans und zeigte entschieden Radiärfäser- chen (Fig. 16), wie sie bei jüngeren Embryonen hier vorkommen (s. Figg. 9 und 12), in welchen beiden Fällen diese Fasern von einer ganz bestimmt als Pars optica zu deutenden Stelle der Netzhaut entspringen. Es geht hieraus hervor, daß bei der Umwandlung der Pars optica in die Pars ciliaris retinae die Bildung von Glas- körperfasern nie erlischt, sondern fortdauert, bis die Pars ciliaris ganz ausgebildet ist und die Faserbildung dann allein übernimmt. Bei einem Schweinsembryo von 8 cm fanden sich dann Verhältnisse, die mit denen von Sienops fast ganz über- einstimmten, nur war die Grenze zwischen der Pars optica und coeca retinae noch nicht so scharf ausgeprägt und die Ora serrata nicht ganz ausgebildet (Fig. 20). Wenn einmal Glaskörperfasern aus der Pars ciliaris retinae sich entwickeln, so geschieht dies, wie ADDARIO mit Recht behauptet, nur in einer Zone von etwa 1,0 mm Breite, an welche dann vorn die Gegend anstößt, die Zonulafasern liefert. Von hier aus würde somit die Hauptmasse des Glaskörpers sich bilden und die Glasfeuchtig- keitihren Hauptursprung nehmen, bei welchen Vorgängen den Gefäßen des Corpus eiliare die Hauptrolle zugeschrieben werden muß. Die Fasern des ceiliaren Glaskörpers laufen teils meridional mehr oberflächlich gegen den Hintergrund des Auges, teils kleiden die- selben die tellerförmige Grube aus, die die Linse aufnimmt. In bei- den Gegenden finden sich oberflächliche Stellen, die nicht als Mem- branae hyaloideae zu betrachten sind, sondern nur, als äußere Be- grenzungsschichten, die als Limitantes s. Lamina hyaloidea anterior und posterior bezeichnet werden können. So lange als eine Arteria hyaloidea gut entwickelt ist, findet sich auch, wie REetzıus mit Recht betont, als Begrenzung derselben und des von ihr eingenommenen Triehters eine diehtere Zone von Glaskörpergewebe, die Limitans hyaloidea media genannt werden kann. Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 11 An diese Schilderung des eiliaren Glaskörpers reihe ich nun noch einige Bemerkungen über die Zonulafasern an. Diese Fasern entspringen, wie zuerst Schön (Der Übergangssaum der Netzhaut oder die sogenannte Ora serrata, Archiv für Anatomie und Physiol., Anat. Abt. 1895) und später AnppArRIıO nachgewiesen haben, ebenfalls von Zellen der Pars eiliaris retinae, doch läßt ScHön auch die an die Ora serrata anstoßenden Elemente Zonulafasern bilden, während nach Apparıos Erfahrungen diese Zellen anfangs Glaskörperfasern erzeugen und erst in einer gewissen Entfernung von der Ora serrata Zonulafasern bilden. Meine Fig. 14 zeigt von Stenops den Ursprung der beiderlei Elemente an derselben Stelle und eine Vermischung der Glaskörper- und Zonulafasern, wie eine solche vielleicht nur bei Embryonen statt hat. Zugleich lehrt dieselbe, daß Zonula und Glas- körper anfänglich aufs innigste zusammenhängen und die spätere Trennung einer nachträglich eintretenden Veränderung ihre Entstehung verdankt, welche Scheidung wohl auch nicht in allen Fällen so scharf durchgeführt ist, wie manche Autoren annehmen, wie namentlich die Beobachtung an Zonulafasern belegt, die in den Glaskörper aus- laufen (SALZMANN). Soviel über die Zonula, die nicht den speziellen Gegenstand meiner Untersuchungen bildete, und nur mehr beiläufig erwähnt wird. Ich möchte nun noch einige Bemerkungen über den Bau des Glas- körpers beifügen. Von dem primitiven retinalen Glaskörper und seinem eigentümlichen Bau, seinen radiären Fasern, den Verbin- dungen derselben in meridionaler Richtung und dem ungemein feinen Netzgeflecht, das dieselben auszeichnet, war schon die Rede, in welcher Beziehung besonders auf das äußerst zierliche Netz im Isth- mus eines Schweinsembryo von 16 mm aufmerksam gemacht wird, das ich nirgends sonst so schön fand (Fig. 12). Doch muß noch einmal betont werden, daß an demselben auch stärkere meridional verlaufende Züge vorkommen, die teils von dem Umschlagsrande der sekundären Augenblase ausgehen, wie das Isthmusbündel v. LEn- HOSSER, teils als Begrenzung des Trichters der Arteria capsularis vorkommen. Von zellisen Elementen, die diesem Glaskörper als eigentümlich zugeschrieben werden könnten, ist mir nichts be- kannt. Ganz anders verhält sich der eiliare Glaskörper nach dem Verschwinden der Blutgefäße des Augeninnern. Hier finde ich, wie H. VırcHhow und Rerzıus, teils dichtere, mehr faserige Stellen, teils Gegenden, die das feinste Netzwerk darbieten. Eine solche 12 A. Kölliker, Gegend stellt die Fig. 6 vom Glaskörper eines Stenops von 3,2 cm dar und glaube ich sagen zu dürfen, daß das Innere des reifen Glas- körpers stets annähernd einen solchen Bau besitzt. Fast rein fase- rige Stellen finden sich dagegen an der ganzen Oberfläche des Corpus vitreum und in der Begrenzung des Trichters. In diesem gefäßlosen Glaskörper finden sich dann auch zellige Elemente in verschiedener Entwicklung und Menge, über welche viele Beobachtungen vorliegen, mit Bezug auf welche ich auf VIRCHOWs Referat (MERKEL und BonnET, Ergebnisse, X, 1900 und Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Auges, Berlin 1882) und auf Rerzıus (l. ec.) verweise. Bei älteren Embryonen sind solche Elemente häufig und oft in ziemlicher Zahl (Figg. 6 und 13 von Sienops) vorhanden, die ich zum Teil für besondere Elemente, zum Teil für Überreste der Bindesubstanzzellen und Gefäßwandzellen des gefäßhaltigen Meso- derms halte, letzteres in dem Falle, wo dieselben bei Glaskörpern mit Vasa hyaloidea propria sich finden (Rind, Schwein, Mensch). Bei den Geschöpfen dagegen, bei denen nur eine Art. capsularis und ein Rete vasculosnm lentis vorhanden ist, wie bei Sienops und Maeroglossus minimus, müssen dagegen diese Elemente eine andre Bedeutung haben und scheinen dieselben hier in der Tat Iymphoide Zellen zu sein. Von den Glaskörperfasern ist noch zu erwähnen, daß dieselben, vor allem in den netzförmigen Geflechten oft eine feine Körnelung zeigen, die ich wie Rerzıus für den Fäserchen angehörend halte, ohne behaupten zu wollen, daß dieselbe typisch oder bedeutungsvoll sei, um so mehr als Faserniederschläge in den Flüssigkeiten der Hirn- höhlen auch oft gekörnt aussehen. B. Mesodermaler Teil des Corpus vitreum. Ich halte es für ganz sicher, daß bei allen Geschöpfen, die Glaskörpergefäße besitzen, ein größerer oder geringerer Teil des Glaskörpers von Embryonen vom Mesoderm abstammt; doch ist nicht daran zu denken, daß, wie CIRINCIONE annimmt, der gesamte Glas- körper vom Mesoderm gebildet werde. Der wesentlichste Teil des mesodermalen Abschnittes des Corpus vitreum wuchert mit der Arteria hyaloidea in das Auge ein und be- trachte ich das ganze Gefäßbündel, das an diesem Stamme sich ent- wickelt, als mesodermales Gewebe, ganz unabhängig davon, ob neben den Gefäßen auch selbständige Bindesubstanzzellen vorhanden sind oder nicht. Solche Elemente in Gestalt spindel- und sternförmiger Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 13 Zellen finden sich nun in der Tat oft in großer Zahl neben und um die Gefäße herum, wie schon eine Reihe von neueren Autoren, vor allem CIRINcIONE und Van P&E dies beschrieben, und wie ich für den Menschen (Figg. 16, 17), das Rind (Figg. 10, 12, 15), das Schwein (Figg. 7,8, 9, 16), das Schaf, Kaninchen und Meerschweinchen bestätigen kann. Neben diesen Bindesubstanzzellen, die durch Ausläufer unter- einander und nicht selten auch mit den die Gefäße umgebenden Zellen der Gefäßscheiden anastomosieren, findet sich im Gefäßbaum der Ar- teria hyaloidea auch eine faserige Zwischensubstanz, die offen- bar die Bedeutung einer Grundsubstanz besitzt. Je nachdem die Gefäße des Glaskörpers eine größere oder ge- ringere Entwicklung darbieten, ist ihr Anteil an der Bildung des Glaskörpers ein verschiedener. Wo nur eine Arteria capsularis sich findet, die wenig verästelt zur hinteren Wand der Linse verläuft, findet sich eine ziemlich scharfe Trennung zwischen dem mesoder- malen Teile des Glaskörpers und dem ektodermalen, von der Retina stammenden Abschnitte, wie eine solche in den schönen Figuren von Rerzıus (l. ec. Taf. XXIX, Fig. 1 vom Menschen, Taf. XXXII, Fig. 1 vom Kaninchen) dargestellt ist. Verbreiten sich dagegen Äste der Arteria capsularis über den größten Teil des Binnenraums des Auges, finden sich mit andern Worten echte Vasa hyaloidea, so ver- mengt sich der mesodermale Abschnitt des Glaskörpers mit dem retinalen und entsteht so ein Mischgewebe, das neben Blutgefäßen, Hüllen derselben, selbständigen Bindesubstanzzellen und Fasergewebe der Bindesubstanz wesentlich echte Glaskörperfasern führt (Fig. 15). In einem solchen Gewebe finden sich denn auch später sowohl stern- förmige Zellen (Rerzıus, H. VırcHow) mehr oder weniger zahlreich und auch runde Zellen mit schönen Kernen, deren Deutung eine schwierige ist, indem deren Iymphoide Natur nicht über jeden Zweifel sichergestellt ist. Da solche Zellen übrigens, wie wir schon beton- ten, auch in Glaskörpern vorkommen, die gar keine echten Vasa hyaloidea führen, wie z. B. bei Stenops (Fig. 6) und bei Macroglossus minimus, so ist es sicher, daß wenigstens viele derselben nicht von der eingedrungenen Bindesubstanz abstammen. Ich erwähne hier noch eigentümliche Gefäßverhältnisse, die ich bei einem Schweinsembryo von 8 cm fand. Während bei jüngeren Embryonen von 2 cm die Vasa hyaloidea propria sich über den ganzen Glaskörper ausbreiteten, fand sich bei dem 8 cm langen Em- bryo das Eigentümliche, daß diese Gefäße vor allem die oberflächliche Zone des Glaskörpers einnahmen. Dieses Verhalten wurde dadurch 14 A. Kölliker, noch auffallender, daß dicht unter der Limitans interna der Retina ein besonderes Gefäßsystem in erster Entwicklung sich vorfand, und zwar dasjenige der Retinalgefäße. Sehr leicht ließ sich an Schnit- ten von Augen mit der Eintrittsstelle des Optieus nachweisen, daß die Retinalgefäße vom ganzen Umkreise des Opticus ausgehen, wäh- rend die Vasa hyaloidea propria mehr aus dem Innern des Opticus stammten. An meinem Objekte waren die Retinalgefäße noch ohne Lumen und blutleer, in erster Entwicklung als Zellenstränge zu sehen. Auch ließ sich leicht nachweisen, daß dieselben nur etwa bis zum Äquator des Auges angelegt waren, während alle Vasa hyaloidea propria Lumina und Blutzellen enthielten. An meinen Präparaten stellten sich übrigens die Retinalgefäße in sonderbarer Weise dar, indem dieselben infolge des Schrumpfens des Glaskörpers mit der Limitans interna von der Retina sich gelöst hatten und so an der Oberfläche des Glaskörpers, wie in besonderen Ausbuchtungen der Limitans ihre Lage hatten, während oft nahe an denselben an der Außenseite der Limitans die weiteren Vasa hyaloidea gelegen waren. So entstanden sonderbare, oft nicht leicht zu erklärende Bilder, die, wie ich bemerken kann, von OÖ. SCHULTZE, dem ich dieselben zeigte, ebenso gedeutet wurden, wie von mir (s. Fig. 20). Hier kann wohl auch die Frage aufgeworfen werden, ob nicht die Bedeutung der oberflächlichen Vasa hyaloidea darin zu suchen ist, daß dieselben die Bildung der Netzhautgefäße durch reichliche Blutzufuhr unter- stützen. Außer den mit den Vasa hyaloidea in den Glaskörper eindringen- den Teilen des Mesoderms kann zweitens in Frage kommen, ob nicht anch bei der Abschnürung der Linse eine Mesodermlage zwischen Linse und Retina sich einschiebt. Daß bei den Säugetieren vor der Linsenbildung eine dünne Mesodermschicht an der angegebenen Stelle sich findet, ist unzweifel- haft (Fig. 1, 2) und kommt nur in Frage, ob dieselbe an der proxi- malen Seite der Linse sich erhält, während diese sich voll entwickelt. Ich war früher mit ArnoLp‘, LiEBERKÜHN u. a. dieser Annahme zu- getan, bin aber neuerdings zweifelhaft geworden, indem ich an Serien- schnitten primitiver Augenblasen auf Gegenden stieß, die an der frag- lichen Stelle keine Zellen enthielten. Immerhin beweisen solche Fälle nicht, daß nicht vielleicht ein zartes mesodermales Häutchen die Lücke erfüllte, wie dies neulich Van P&E behauptete, der eine »Mittelplatte« in allen Fällen hinter der Linse annimmt und dieselbe als Grenz- schicht zwischen den von der Retina gebildeten Glaskörperfasern und Die ntwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 15 den kurzen unentwickelten von der Linse ausgehenden Zacken be- trachtet, da wo v. LENHOossEK seine erste meridionale Lamelle statuiert. Ist hier ein Eindringen von Mesoderm in das Innere des Auges noch nicht außer jeden Zweifel gestellt, so ist dagegen der Zusam- menhang des im Glaskörper befindlichen gefäßhaltigen Mesoderms mit demjenigen, welches bei jungen Embryonen im Isthmus des Bulbus, d. h. zwischen dem Rande der sekundären Augenblase und der Linse, sich befindet, leicht nachzuweisen (Fig. 9, 12) und findet sich somit auch hier eine Stelle, an welcher Mesoderm in das Innere des Auges einzudringen im stande ist. Als Hauptergebnis betrachte ich dem Erwähnten zufolge, daß bei den Geschöpfen, die Glaskörpergefäße besitzen, zur Zeit, wo diese Gefäße in Funktion sind, mithin bei Embryonen, das Mesoderm an der Bildung des Glaskörpers sich beteiligt. Eine andre Frage ist jedoch die, ob die Mesodermzellen, die leicht nachweisbar in dieser Zeit in Menge vorhanden sind, auch später sich erhalten und einen gewissen Anteil an der Bildung des Glaskörpers haben. In dieser Beziehung kann - man nach allem, was in dieser Beziehung vorliegt, meiner Meinung nach nur mit nein antworten; denn es sind die Fälle, in denen im Corpus vitreum der Erwachsenen stern- förmige, Bindesubstanzzellen ähnliche Gebilde gefunden wurden (Rerzıus, H. VırcHow), doch nur Ausnahmen und andre Zellen, die bei älteren Embryonen gefunden werden, lassen sich entweder als Reste von Elementen der Blutgefäße oder als Iymphoide Zellen deu- ten. Ich möchte demnach die Behauptung aufstellen, daß der aus- gebildete Glaskörper erwachsener Geschöpfe keine mit Sicherheit nachgewiesenen mesodermalen Teile enthält und hauptsächlich als ektodermale, m. a. W. retinale Bildung anzusehen ist. Frägt man, wie die neuesten Autoren zur Frage einer mesoder- malen Abstammung des Glaskörpers sich stellen, so ergibt sich fol- gendes: Zu denen, die dem Mesoderm keinen Anteil an der Bildung des Glaskörpers zuschreiben, gehört TOoRNATOLA (l. e. S. 40), ferner ADDARIO (l. ec. S. 27) und C. Ragr (l. e. S. 579), der auch jetzt, wie schon früher gegen die Annahme einer Beteiligung des Mesoderms an der Bildung des Glaskörpers sich ausspricht. Auf der entgegengesetz- ten Seite stehen Van P&E, der dem Mesoderm einen größeren Anteil zumißt, als der Retina, und CIRINCIoNE, der in allen seinen schönen Arbeiten von einer Beteiligung des Ektoderms nichts wissen will und die Glaskörperbildung einzig und allein vom mittleren Keimblatt 16 A. Kölliker, ableitet. Da jedoch diese beiden Autoren nur vom embryonalen Glaskörper handeln und die späteren Verhältnisse gar nicht in Be- tracht gezogen haben, so glaube ich, daß ihr Votum in dieser Frage nicht ausschlaggebend ist. C. Lentikulärer Ursprung des Glaskörpers. Zum Schlusse ist noch die Hypothese von v. LENHOSSER zu besprechen. Meiner Meinung nach ist dieselbe aus dem Grunde ganz verfehlt, weil sie den von der Retina entspringenden Fasern, die Van PEE bestimmter als TORNATOLA nachgewiesen hat, und für die ich ebenfalls einstehen kann, ebenso wie C. RABL, der neulich beim Anatomenkongresse in Heidelberg gleichzeitig mit Van PEE und mir seine übereinstimmenden Präparate vorgelegt hat, keine Rechnung trägt. Diese retinalen Glaskörperfasern bilden schon von Anfang an die überwiegende Masse des primitiven Glaskörpers und stellen bald denselben allein dar, da, wie Van P&E gezeigt hat, die Linsenfort- sätze, die v. LENHOSSER als Ausgangspunkt des ganzen Gerüstes ansieht, stets ganz klein sind und sehr bald spurlos vergehen. Was nun diese Ausläufer der Linsenfasern anlangt, so bezweifle ich ihr Vorkommen bei einigen Säugetieren nicht, vermisse sie dagegen als nennenswerte Bildungen beim Schweine und Rinde und halte sie für alle Fälle als zufällige, und nicht wichtige Bildungen, ebenso wie die von VAn PEE an der basalen Seite der Oberhautzellen vor der Linse wahrgenommenen Fortsätze. Es ist recht bedauerlich, daß v. LENHOSSER, dessen Arbeit so fleißig und sorgfältig ausgeführt ist und manche gute Beobachtung enthält, durch das Übersehen der retinalen Glasköperfasern auf einen solchen falschen Weg kam, aus dem seine Hypothese von dem kernlosen Fasersyneytium, das selb- ständig wächst, auch keine Rettung bot. Zusammenfassung meiner Ergebnisse und Anschauungen über den Glaskörper. A. Glaskörper. Der Glaskörper ist wesentlich eine ektodermale Bil- dung, enthält jedoch während seiner Entwicklung auch mesodermale Bestandteile und zerfällt in zwei Abschnitte: I. Ektodermaler oder retinaler Glaskörper. Dieser Glaskörper stammt einzig und allein von der Retina und zerfällt in zwei Abschnitte: Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. lm 1) den retinalen Glaskörper im engeren Sinne oder den primitiven Glaskörper. a) Derselbe entsteht von der gesamten äußern Ober- fläche der äußern Lamelle der primitiven Augenblase und dem distalen Blatte der sekundären Blase, füllt den ganzen Raum zwischen Retina (Pars optica) und Linse und besteht aus Protoplasmafortsätzen vieler Zellen der embryonalen Netzhaut, die mit zarten Ausläufern ein dichtes Netz bilden. | b) Nach und nach schwinden diese Zellenausläufer im Grunde des Auges, erhalten sich dagegen lange an der Umbiegungsstelle der sekundären Blase. Wo dieselben ge- schwunden sind, entwickelt sich durch Verschmelzung der verbreiterten Enden der Bildungszellen der Glaskörper- fasern die Limitans interna und tritt zugleich nach und nach die histologische Differenzierung der Netzhaut auf. 2) Den eiliaren oder bleibenden Glaskörper. a) Mit der Entstehung der Pars coeca s. ciliaris retinae entwickeln sich von den Zellen derselben Glaskörperfasern, die teils in meridionalem Verlaufe der Pars optica der Retina folgen und mit den retinalen Glaskörperfasern sich vermengen, teils die tellerförmige Grube auskleiden. Die Entstehung dieser Fasern beginnt dicht an der Ora serrata und endet da, wo die Zonulafasern beginnen, etwa 1,0 mm vor der Ora. b) Je älter das Auge wird, um so mehr nehmen diese ciliaren Glaskörperfasern an Menge zu und bilden schlieB- lich den reifen Glaskörper, bei welchem Wachstum, sowie auch bei der Bildung der Glasfeuchtigkeit die Gefäße des Corpus eiliare die Hauptrolle spielen. c) Alle retinalen und ciliaren Glaskörperfasern sind als Protoplasmaausläufer der Stützzellen oder MÜLLER- schen Zellen der Retina zu betrachten und lassen sich am besten vergleichen mit den Neuroglianetzen der oberfläch- lichen Seite des zentralen Nervensystems. d) Eine Membrana hyaloidea findet sich nicht, wohl aber zeigt der eiliare Glaskörper an gewissen Stellen dich- tere Lagen, so längs der Pars optica retinae die Lamina posterior, in der tellerförmigen Grube die Lamina anterior Zeitschrift £f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 9 18 A. Kölliker, und als Auskleidung des Gefäßtrichters der Art. eapsu- laris die Lamina medialis. I. Mesodermaler Glaskörper. a) Ein solcher findet sich bei allen Geschöpfen, bei denen im Embryo Gefäße in das Auge eindringen und wird von dem Gefäßbaume der Arteria hyaloidea und den ihn begleiteuden sternförmigen Bindesubstanzzellen gebildet. b) Ist nur eine Arteria capsularis da, so ist eine gute Abgrenzung zwischen dem mesodermalen Glaskörper und dem retinalen vorhanden. Finden sich dagegen Vasa hya- loidea propria, so erscheint der Glaskörper in seiner Tota- lität gemischt aus mesodermalen und retinalen Bestand- teilen. | c) Ob auch bei der Linsenbildung Mesoderm in das Auge eintritt, ist noch nicht ganz ausgemacht, ganz sicher dagegen, dab im Isthmus der Augenkapsel zwischen dem Rande der sekundären Blase und der Linse das äußere Mesoderm mit dem innern verbunden ist. d) Da die Glaskörper- und Linsengefäße später schwin- den, so kann beim ausgebildeten Auge nicht mehr von einem mesodermalen Glaskörper gesprochen werden und ist der reife Glaskörper als wesentlich ektodermale, d. h. retinale Bildung anzusehen. III. Ein lentikulärer Glaskörper (v. LENHOSSErk) existiert nicht. B. Zonula. a) Die Zonulafasern entwickeln sich genau so, wie die Fasern des ciliaren Glaskörpers als Protoplasmafortsätze von Zellen der Pars ciliaris retinae. b) Zwischen den Zonulafasern und den ziliaren Glas- körperfasern findet sich keine scharfe Abgrenzung und vermischen sich dieselben an der Übergangsstelle, ja es laufen selbst Zonulafasern in den Glaskörper hinein. c) Somit gehören Zonula und Glaskörper als gleich- wertige Bildungen zusammen, wenn auch die beiderlei Fasern in chemischer Beziehung Verschiedenheiten zeigen. Würzburg, im Juli 1903. Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 19 Erklärung der Abbildungen auf den Tafeln I—IV, Folgende Bezeichnungen gelten für alle Figuren: Ah, Arteria hyaloidea; - AM, äußeres Mesoderm; | AL, äußere Lamelle der primitiven Augenblase; Cp, Capsula perilenticularis; O’@ld, Abschnitt des eiliaren Glaskörpers zur tellerförmigen Grube; CGlp. hinterer Abschnitt des ceiliaren Glaskörpers; C@lv, vorderer Abschnitt des ciliaren Glaskörpers; ‘Ce, Corpus eiliare; E, Epidermis; @If, Glaskörperfasern; @U, Glandula lacrymalis; gMG!, gemischter mesodermaler Glas- körper; I, Iris; Ib, Isthmusbündel (v. LENHOSSER); L, Linse; LA, Linsenanlage; Lf, Linsenfasern; Li, Limitans interna; Lk, Linsenkapsel; M, Mesoderm; MF', MÜLLERsche Fasern; MGI, mesodermaler Glaskörper; Mp, Pupillarhaut; O, Opticus; Os, Ora serrata; P, Pigmentlage der sekundären Augen- blase; PA, primitive Augenblase; Pe, Pars ciliaris retinae; Pe, Pliea semilunaris; R, Retina; r@!, retinaler Glaskörper; UR, Umschlagsrand der sekundären Augenblase; Vhp, Vasa hyaloidea propria; vr, Vasa retinae; Z, Zonulafasern. Die große Mehrzahl der abgebildeten Objekte stammt von frisch mit Zenker behandelten Embryonen, die mit Karmin durchgefärbt und in Paraffin eingebettet wurden. Nachfärbung. Die einzelnen Schnitte kamen dann in Hämatoxylin und Eosin zur Die Embryonen von Stenops gracils (Lori) und Macroglossus minimus, die ich der Güte der Herren DDr SaraAsın verdanke, waren in MÜLLERScher Flüssig- keit gehärtet und wurden in derselben Weise gefärbt, wie die andern Embryonen. Der menschliche Embryo wurde mit KLEINENBERGS Pikrinschwefelsäure 'gehärtet und nachher wie die andern gerärbt. Alle Schnitte maßen 10 u. Meinem lieben früheren Kustos PETER HOFMANN bin ich auch in diesem Falle, wie so oft schon, für die sorgfältige Behandlung der Objekte und Schnitte zu großem Danke verpflichtet. Ebenso habe ich auch wiederum das große Talent des Künstlers Herrn W. FREYTAG anzuerkennen, dessen sachkundige Hilfe mir ungemein wertvoll war. Fig. 1. Primitive Augenblase eines Schafembryo von 6 mm. Vergr. 170/1. Fig. 2. Ein Teil der lateralen Wand der Augenblase vonFig.1l. Vergr. 650/1. 9% 20 A. Kölliker, Die äußere Lamelle der Augenblase (AL) zeigt an ihrer distalen Seite eine bedeutende Anzahl kleiner, von breiter Basis entspringender Zacken (@if), die die ersten Anlagen der retinalen Glaskörperfasern sind. An der proximalen Seite dieser Wand finden sich zwei Kerne in mitotischer Teilung. Die Anlage der Linse (LA) ist noch sehr dünn, zeigt auch oberflächlich zwei Mitosen. Zwischen ihr und der Augenblase findet sich eine Mesodermlage (M), deren Zellen zum Teil durch Zacken mit der tiefen Lage der Epidermiszellen der Linsenanlage sich verbinden, ein Verhalten, das v. Lennoss&x veranlaßt hat, von Glaskörperfasern der Linsenanlage zu reden (l. c. Fig. 1 und 2). ‘ Größenverhältnisse in mm: Höhe der Augenblase 0,353 mm, Höhe der Höhle derselben 0,21 mm, Dicke der lateralen Wand 0,064 mm, Dicke der Linsen- anlage 0,019 mm. Fig. 3. Ein Teil der Augenanlage eines Schafembryo von 10 mm Länge. Vergr. 450. Die Retina (R) zeigt an ihrer distalen Seite eine dünne Lage des retina- nalen Glaskörpers 'r@!) gebildet, welcher wesentlich aus vielen, mit kegelförmigen Basen entspringenden Fäserchen besteht, die von den Zellen der Retina her- kommen, die alle gleichartig sind und keine Unterschiede erkennen lassen. Die Glaskörperfäserchen stehen mehr oder weniger schief gegen den Isthmus gerichtet n eine Substanz eingelagert, an der ein bestimmter Bau nicht zu erkennen war. Die Elemente der Linse Z zeigen keine Fortsätze, außer da, wo das äußere Mesoderm an sie grenzt, in welcher Gegend zarte Fortsätze Mesodermzellen und Linse miteinander verbinden. Ähnliche Fortsätze finden sich auch an der Linsen- seite des Ektoderms (7). Am Umschlagsrande UR der sekundären Augenblase findet sich eine zarte Limitans. Retina dick 0.091 mm, Linsenwand dick 0,057 mm, Oberhaut dick 0,022 mm, Glaskörper dick 0,011 mm. Fig. 4. Horizontalschnitt durch das Auge eines Schweinsem- bryo von 10 mm. Vergr. 170. Linse hohl, mit etwas diekerer hinterer Wand. Sekundäre Augenblase gut entwickelt. Zwischen Retina und Linse eine in erster Entwicklung begriffene Glaskörperanlage (r@l), die besonders im Grunde des Auges, wo dieselbe am dieksten ist, viele kegelförmige aus der Netzhaut sich erhebende Fäserchen zeigt. An der Linse keine Kegel. Zwischen derselben und dem Glaskörper, wie ein freier Raum, in dem ganz hinten drei Zellen ihre Lage haben, während eine vierte im Glaskörper gelegen ist. Gegen besagten Raum ziehen auch vom Isth- mus jederseits Zellen herunter und darf derselbe vielleicht als von einer dünnen, im ganzen zellenlosen Mesodermlage ausgekleidet gedacht werden (Mittelplatte, Van P£r?). An der distalen Wand der Linse liegt in der Mitte, welche das Ektoderm berührt, kein Mesoderm, wohl aber seitlich (Anlage der Cornea und Iris) mit einem Gefäß jederseits. Die Retina besteht noch aus ganz gleichartigen Zellen und zeigt eine innere kernlose Lage. Dicke der Retina 0,133 mm, Dicke des Glaskörpers 0,030—0,038 mm, Linse, Diameter antero-posterior 0,266 mm, Linse, Diameter transversus 0,216 mm, Linse, Dicke der hinteren Wand 0,068 mm, Linse, Dicke der vorderen Wand 0,030 mm, Epidermis, Dieke 7,6—11,4 u. Fig. 5. Ein Teil der Glaskörperanlage aus dem Auge eines Schweinsembryo von 11 mm. Vergr. 650. Dieses Auge war ebenso beschaffen wie dasjenige der Fig. 4. Die Linse L zeigte keine Fortsätze der Zellen ihrer proximalen Wand, wohl aber waren Die Entwieklung und Bedeutung des Glaskörpers. 21 die retinalen Glaskörperfasern sehr schön, zum Teil gerade, zum Teil leicht ge- bogen, mit Andeutungen eines feinen, dieselben umgebenden Faserwerkes und bis zu einer problematischen Mesodermlamelle reichend, wie in Fig. 4, nur daß dieselbe keine Zellen enthielt. In der Netzhaut erkennt man viele sich zu- spitzende Protoplasmaausläufer der ganz gleichartigen Zellen. Glaskörper dick 0,030 mm, Linsenwand dick 0,053—0,057 mm, Zwischenraum zwischen Glaskörper und Linse 0,0076 mm. Fig. 6. Ein Teil des innern Glaskörpergewebes eines Embryo von Stienops gracilis (LoRI) von 3,2 cm Länge. Vergr. 450. Die Glaskörperfäserchen bilden ein unzweifelhaftes Netz mit zum Teil sehr engen, stellenweise weiteren Maschen und enthalten drei rundliche kernhaltige Zellen (0,019—0,022 mm), von denen zwei Vakuolen besitzen. Fig. . Auge eines Schweinsembryo von 16 mm. Vergr. 75. Der horizontale Schnitt zeigt die Eintrittsstelle des Sehnerven und der Arteria hyaloidea mit dem ihre Ausbreitung umgebenden trichterförmigen Raum. Die Linse ist ganz gebildet mit guter Anlage der Linsenfasern. Glaskörper- anlage nur in den Seitenteilen des Augenhintergrundes vorhanden. Hohlraum der sekundären Augenblase verschwunden und Pigmentanlage der Netzhaut dicht anliegend. Cornea gut angelegt, Irisanlage, Pupillarhaut von der Linse und Cornea zurällig abgehoben. Fig. 8 Hintergrund desselben Auges. 340mal vergr. Fig. 9. Vorderer Teil desselben Auges. 340mal vergr. Die Fig. 8 zeigt einen gut entwickelten mesodermalen Glaskörper (MG?) mit vielen spindelförmigen Zellen und Gefäßen, die bis an die Linse heranreichen und dort die gefäßreiche Linsenkapsel bilden. Das diese Teile durchziehende Faser- gewebe scheint wesentlich aus Zellenausläufern zu bestehen. Nach der Retina zu wird dieses mesodermale Gewebe begrenzt von meridionalen zellenlosen Faserzügen, die dem Glaskörper angehören, der jedoch hier nicht mehr mit der Retina zu- sammenhängt und keine radiären Fasern zeigt. Im Zusammenhang damit besitzt die Retina hier eine zarte Limitans interna und entbehrt des zackigen Ran- des jüngerer Stadien (Figg. 4 und 5). Die innerste zellenlose Lage der Netzhaut zeigt Opticusfasern, und auswärts davon zahllose MÜLLERsche Fasern. Nach dem Isthmus zu ändert sich das Bild wesentlich. Die Retina besitzt hier eine zackige Oberfläche und entsendet radiäre Fasern, die jedoch nicht weit in den gut entwickelten retinalen Glaskörper eindringen und bald meridionalen Zügen Platz machen. Diese nehmen ihren Ursprung vom Umschlagsrande der sekun- dären Augenblase und bilden hier das von RETZIUS und v. LENHOSSEK zuerst gesehene Bündel ‘/5), das letzterer Isthmusbündel nennt. Dieses Bündel wird meiner Meinung nach von den äußersten Radialfasern gebildet, die sich hier in einem engen Raum zusammendrängen. Dieses Isthmusbündel bekleidet nun mehr oder weniger scharf den retinalen Glaskörper gegen den Grund des Auges zu und läuft da in die schon erwähnten meridionalen Fasern aus. Vor diesem Isthmusbündel besitzt die Umschlagsstelle eine zarte Begrenzungslinie (Elastica), die auf die Außenfläche der Pigmentschicht sich fortsetzt. Am Isthmus hängt auch das äußere Mesoderm (AM), welches als der Pupillarhaut und Irisanlage angehörend betrachtet werden kann, mit dem innern Mesoderm oder dem meso- dermalen Glaskörper (MG!) zusammen. — An der Linse beachte man die Zu- sammensetzung des Epithels der Linsenkapsel aus mehreren Zellenlagen oder wenigstens Kernreihen, wie ein solches bei jungen Embryonen (Figg. 4 und 5) an der gesamten Wandung der noch hohlen Linse sich findet. 29 A. Kölliker, Größenverhältnisse der Figg. 7, 8, 9. Retina am Isthmus dick 0,076 mm, Retina dickster Teil 0,140 mm, Corpus vitreum rechts dick 0,076 mm, Corpus vitreum links dick 0,057—0,060 mm, Linsen- epithel im Äquator der Linse 0,034 mm, Linsenepithel vorn in der Mitte 0,009 mm, Linsendurchmesser in der Achse 0,432 mm, Linsendurchmesser im Äquator 0,480 mm, Dicke der Pigmentlage der selkundihren Augenblase 0,019 mm, Breite des Isthmus rechts 0,019 mm, Breite des Isthmus links 0,034 mm. Fig. 10. Horizontaler Schnitt des linken Auges eines Rinds- embryo von 15 mm. 85mal vergr. Fig. 11. Sehnitt durch den lateralen Teil des primitiven Glas- körpers desselben Embryo. 560mal vergr. M, sternförmige Mesodermzelle. Fig. 12. Schnitt durch den Isthmus des Auges desselben Em- bryo. 560mal vergr. Diese drei zusammengehörenden Figuren stellen ein etwas früheres Stadium vom Rinde als die Figg. 7,8und 9 vom Schweine dar und sind daher recht lehrreich. Die Höhle der sekundären Augenblase ist noch nicht ganz verschwunden, das Pig- ment im proximalen Blatte derselben weniger entwickelt. Die Eintrittsstelle der Arteria capsularis und des Stieles der sekundären Augenblase liegt stark exzen- trisch. Die Linsenanlage ist noch hohl, doch ist die eigentliche Linse in voller Bildung begriffen und springt stark vor; ihre epitheliale Wand besitzt noch mehr Kernreihen als beim Schwein und die Kapsel ist deutlich. Was den Glaskörper anlangt, so ist der mesodermale Glaskörper weniger entwickelt als beim Schwein, und auch die gefäßhaltige Linsenkapsel weniger ausgebildet. Der retinale Glaskörper ist dagegen besonders gut ausgeprägt und zeigt die Fig. 10 seine Mächtigkeit besonders an der lateralen Seite des Auges und die Fig. 11 die schöne Entwicklung seiner Radialfasern mit zahlreichen meridiona- len Verbindungen und feinen Netzen; auch ist hier der Übergang von Proto- plasmafortsätzen der ganz gleichartigen Zellen der Netzhaut in die Radiärfasern an manchen Stellen zu sehen, wobei es oft den Anschein hat, als ob dieselben die Achse derselben bildeten und die innerste Begrenzung der Netzhaut einen Überzug, wie Van P&r dies annimmt. Von Opticusfasern zeigt die Netzhaut des Rindsembryo noch nichts. Ein sehr eigentümliches Bild gewährt die Fig. 12. Hier finden sich einmal sehr schöne Radiärfasern am ganzen Umschlagsrande der sekundären Augenblase (UR), die nahezu bis zu der in ihrem vordersten Teile nicht gefärbten proximalen Lamelle gehen. Ferner ist besonders auffallend das dichte feine Netz, in wel- ches diese retinalen Radiärfasern auslaufen, welches retinale Glaskörpergewebe mit dem äußeren Mesoderm zusammenfließt, welches den Isthmus auf der Seite der Linse erfüllt, in welchem zahlreiche anastomosierende Bindesubstanzzellen und fertige und in der Entwicklung begriffene Gefäße sich finden, die zum Teil in das Glaskörpergewebe hineinragen. Dieses Mesodermgewebe geht, wie Fig. 10 lehrt, in das hier einschichtige Hornhautgewebe über und zeigt noch kaum eine Andeutung der Pupillarhaut und der Iris, wie solche beim Schweinsembryo von 16 mm vorkommen. Vergleicht man die Fig. 12 mit der Fig. 9, so gelangt man zur Annahme, daß die Glaskörperverhältnisse der Fig. 12 später in die der Fig. 9 sich umbilden, mit andern Worten, daß das Isthmusbündel und die angrenzenden Glaskörper- teile des Schweines von 16 mm aus Verhältnissen sich entwickelten, wie sie das Rind von 15 mm darbietet, und daß somit die Isthmusbündel älterer Embryonen alle eine ähnliche Entwicklung durchmachen. Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 23 Figg. 10, 11 und 12. Retina diekster Teil 0,126 mm, Glaskörper links 0,102 mm, Glaskörper rechts 0,053 — 0,060 mm, Pigmentlage 0,026—30 mm, Linsenanlage, Achse, 0,247 mm, Linsenepithel 0,038—0,057 mm. Fig. 13. Horizontalschnitt des Auges eines 3,2 cm langen Em- bryo des Lori (Stenops graczlis), den ich der Güte der Herren SARASIN ver- danke. Vergr. 12/1. Fig. 14. Die Gegend der Ora serrata und derPars ciliaris eines solehen Auges. 240mal vergr. Die Fig. 13 zeigt die Eintrittstelle des Nervus opticus und eine durch Schrumpfung des Glaskörpers und Faltung der Netzhaut ungemein große Lücke zwischen beiden Blättern der sekundären Augenblase. Der Glaskörper ist samt der Limitans interna am größten Teile des Auges von der Netzhaut abgehoben und sitzt an der medialen Seite des Auges nur in der Gegend der Ora serrata fest. Das Corpus ciliare (Ce) und die Iris sind angelegt, Pupillarhaut und Cor- nea liegen der Linse dicht an, eine vordere Augenkammer ist nicht sichtbar. ‚Augenlider in der Gegend der Plica semilunaris Ps) verwachsen. Im Glaskörper erkennt man hinten den Querschnitt der Arteria capsularis, und vorn dicht an der Linse zwei Äste derselben, während die Geräße der Linsenkapsel oder die Capsula perilenticularis in Fig. 14 bei Op sehr schön zu sehen sind. Die ‚Fig. 14 gibt die feineren Einzelheiten aus der Gegend der Ora ser- rata (Os). Unmittelbar vor derselben erscheinen die Zellen der Pars ciliaris zum Teil in einfacher, zum Teil infolge des Schrägschnittes scheinbar in mehrfacher Lage, alle mit Protoplasmafortsätzen, die zum Teil in Glaskörperfasern, zum Teil in Fasern der Zonula sich fortsetzen. Die Zonulafasern. die die Figur zeigt, gehen rückwärts bis zu dem Teile der Linse, an dem die Entwicklung der Linsen- fasern beginnt und sind auch die vordersten schief nach hinten geneigt. Die eiliaren Glaskörperfasern entspringen die einen dicht an der Ora serrata und verlaufen längs des optischen Teils der Retina rückwärts (O@/p), und zu diesen gesellen sich dann noch vordere Glaskörperfasern (OGla), die allem Anschein nach untermengt mit Zonulafasern weiter vorn entspringen und wesentlich in die Fasern übergehen, die die tellerförmige Grube auskleiden (OGll). Die dichteren Stellen der ceiliaren Glaskörperfasern, die Limitantes posterior und anterior sind in diesem Fötus noch nicht gut ausgebildet. Noch bemerke ich, daß auf die Zellen der Pars ciliaris, die Protoplasmafortsätze entsenden, in meinem Präparate eine Stelle folgt, wo diese Zellen einfach zylindrisch sind und keine Fortsätze haben, die vielleicht schon den hintersten Teil der Irisanlage bezeichnet. In der Gegend der Pars eiliaris fanden sich unter den vordersten Glaskörper- und Zonula- fasern die runden, schon früher beschriebenen Zellen (Fig. 6), deren Vorkom- men bei Stenops doch beweisen dürfte, daß dieselben nicht mit zugrunde ge- gangenen Gefäßen zusammenhängen, da Stenops keine Vasa hyaloidea propria besitzt, und die Gefäße der Linsenkapsel in diesem Stadium noch vollkommen gut entwickelt sind. Die Pars optica retinae hat eine gut entwickelte Limitans interna, die gerade bis zur Ora serrata geht und dann aufhört. Figg. 13 und 14. Dicke der Retina an der Ora serrata 0,152 mm, Dicke der Retina am Über- gang in die Pars eiliaris 0,057 mm, Länge der Pars ciliaris 0,54 mm, Epithel der Linse 0,034—0,038 mu. 24 A. Kölliker, Fig. 15. Horizontalschnitt des Auges eines Rindsembryo von 4 cm. 30mal vergr. Dieses Auge zeigt in dem Trichter hinter der Linse einen mesodermalen Glaskörper mit der Ausbreitung der Arteria capsularis und den übrigen größeren Teil des Glaskörpers als aus einer Vermischung mesodermaler und retinaler Be- standteile zusammengesetzt. Die Cornea ist sehr dick und ohne sichtbare vordere Augenkammer der Membrana pupillaris und der Linse anliegend. Die Lücke zwischen Linse und ihrem Epithel und diejenige der sekundären Augenblase sind durch Schrumpfung entstanden. Augenlider in der Anlage begriffen, ebenso wie die Tränendrüse (@G!!; und das dritte Augenlid (Ps). Pars eiliaris in der ersten Ausbildung begriffen, ohne deutliche Ora serrata. In der Retina die Optieuslage deutlich. Hintere Seite der Linse mit den Gefäßen der Capsula perilenticularis besetzt. Vorn an der Seite des Umschlagsrandes der sekundären Augenblase die Anlage der Iris mit je einer weiten Vene. Fig. 16. Der Umschlagsrand der sekundären Augenblase der vorigen Figur. Vergr. 300. Diese Figur stellt die Glaskörperfasern dar, die bei stärkerer Vergrößerung von dem vordersten Teile des distalen Blattes der sekundären Augenblase aus- gehen, in der Gegend, die durch ihre Verdünnung schon als Anlage der Pars eiliaris erscheint. Länge des vorderen dünnen Teils des retinalen Blattes der sekundären Augenblase m. a. W. der in Bildung begriffenen Pars eiliaris 0,21— 0,23 mm, Dicke dieses Abschnitts von vorn nach hinten 0,037—0,064—0,070 mm, Dicke der eigentlichen Pars optica retinae vorn 0,081—0,105 mm, Dicke der eigentlichen Pars optica retinae hinten im Augengrunde 0,24 mm, Dicke der Pigmentlage vorn 0,043—0,048 mm, Dicke des Linsenepithels am dieksten Teile 0,048 mm. Fig. 17. Horizontalschnitt des Auges eines 13 mm langen menschlichen Embryo. 88mal vergr. Fig. 18. Ein Teil eines andern solehen Schnittes. 380mal vergr. Fig. 17 ist in der Netzhaut stark geschrumpft und zeigt in der Mitte und seitlich einen gut entwickelten mesodermalen Glaskörper, der in Fig. 18 mit zahlreichen Blutgefäßen und sternförmigen Bindesubstanzzellen sehr deutlich zur Anschauung kommt (MG?) und am Isthmus mit dem äußeren Mesoderm zusammen- hängt. Der retinale Glaskörper (r@?) ist in derselben Figur längs der Seitenwand der Retina als feinstreifige Masse zu erkennen, die namentlich gegen den nicht mehr dargestellten Umschlagsrand der sekundären Augenblase zu einem deut- lichen Isthmusbündel (/B) sich verdichtet und der abgehobenen Limitans interna (Li) dieht anliegt. Von retinalen Glaskörperfortsätzen ist nichts zu sehen, dagegen sind MÜLLERsche Fasern (MF') im seitlichen Teile der Netzhaut sehr deutlich. Die Linse ist an dem Schnitte der Fig. 18 ganz normal beschaffen, in der Fig. 17 dagegen ist die Linsenkapsel von der hinteren Fläche der Linse weit abgehoben und der Zwischenraum beider Teile von einer teils faserigen, teils blasigen Masse erfüllt, die von den veränderten Teilen der Linsenfasern herrührt und an v. LENHOSSERsche Fortsätze erinnert. Linsendurchmesser im Äquator 0,360 mm, Retina seitlich diek 0,073 mm. Fig. 19. Teil eines Horizbntalschnittes des Auges eines 8 cm langen Schweinsembryo. Vergr. 70. Die Eintrittsstelle des Sehnerven trägt in der Mitte ein geräßhaltiges Ge- webe, aus welchem seitlich die Gefäßanlagen der Retina (Fr) hervorgehen, welche infolge Schrumpfens des Glaskörpers samt der Limitans interna retinae von der Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. 25 Netzhaut sich abgelöst haben und nun als äußerste Begrenzung des Corpus vi- treum erscheinen. Im Glaskörper selbst kommen die Vasa hyaloidea propria zum Vorschein, die alle mit Höhlungen und Blutzellen erfüllt sind und aus dem mittleren Teile des Sehnerveneintrittes ihren Ursprung nehmen. Im Glas- körper liegen viele Vasa hyaloidea propria ganz oberflächlich nahe an der Limi- tans und den Retinagefäßen, von denen keines ein Lumen besitzt. Diese Retina- gefüße enden am Äquator des Auges. Fig. 20. Von einem andern Auge desselben Schweinsembryo, die Gegend der Pars ceiliaris und Irisanlage. Vergr. 140. Die Entwicklung der Glaskörperfasern von dem hinteren Ende der Pars eiliaris retinae deutlich. Von der Ora serrata an nach hinten zu hat sich der Glaskörper samt der Limitans interna retinae von der Pars optica der Netzhaut abgehoben. Zonulafasern sind nicht zu sehen. Die Membrana pupillaris hat sich von der Linse abgehoben und ist so eine große unnatürliche Lücke entstanden. An der Ora serrata Dicke der Retina 0,108 mm, Dicke der Retina im Grunde des Auges 0,27 mm, Länge der Pars ceiliaris und Iris 0,6 mm, Dicke des Linsen- epithels an der Übergangsstelle 0,016 mm. Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. | Von Dr. Curt Hennings. Mit Tafel V und einer Figur im Text. Einleitung. »Pres de la face externe de l’insertion des antennes, j’ai observe un organe particulier, remarquable en dehors par un enfoncement oblongue et qui pourrait peut-Etre passer pour lorgane de l’ouie.« Mit diesen Worten deutet der berühmte russische Zoologe und Myriopodenforscher J. F. Branpr (1839. Lit.-Nachw. 4a) meines Wissens zum erstenmal auf bis dahin unbekannte Sinnesorgane bei den Glomeriden hin, deren Kenntnis ein eigentümliches Schicksal verfolgte: Nachdem sie Gervaıs (1847—8) noch einmal unter Be- rufung auf BrAnDr erwähnt, gerieten sie völlig in Vergessenheit, bis Fr. Leypıg (64 —21) in seinen »Tafeln zur vergleichenden Anatomie« wiederum die Aufmerksamkeit auf jene Gebilde lenkte, indem er »ein eigentümliches Sinnesorgan in der Haut des Kopfes von Glomeris limbata Latr.« beschrieb und abbildete. Seine beiden Figuren stellen den Bau und die Innervation dieses Organs dar, sind jedoch im wesentlichen unzutreffend; ein solches Versehen dürfte aber wohl nicht verwunderlich erscheinen, wenn man bedenkt, daß das Mikro- tom und seine Technik damals noch unbekannt waren. Trotzdem nun jenes Organ bereits also gewissermaßen zweimal entdeckt war, fand es nicht nur keine Beachtung, sondern wurde wiederum vergessen. Erst zwanzig Jahre später erwähnen es zwei Forscher ungefähr gleichzeitig, nämlich Larzer (83—20) und Tömös- vary (83—31). Ersterer nannte es Schläfengrube, Fovea lateralis capitis, gibt auch ein kleines topographisches Bild, geht aber bei der fast ausschließlich systematischen Bedeutung seines Werkes nicht näher darauf ein; der uugarische Zoologe bietet eine sehr oberfläch- Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 27 liche und in keiner Weise einen Fortschritt bedeutende Beschreibung, ohne»eine Zeichnung beizufügen. Aus Unkenntnis jener beiden ersten Beobachter des in Rede stehenden Gebildes wurde nun trotzdem TömösvAryY die Ehre zu- teil, dieses nach seinem Namen benannt zu sehen. Als erste be- gingen Voigt und Yung (89-34) diesen nomenklatorischen Irrtum, indem sie in ihrer Monographie des Lithobius forficatus L. von einem Tömösvaryschen Organ sprechen; ihnen folgten dann hierin der französische Anatom SAInT-REemyY (89—28) und der Belgier WILLEM (92— 35). | Die Ausdrücke »Tömösvaryscher Nerv« und »TömösvArvsches Organ« haben sich seither so vollständig eingebürgert, daß ich es für vorläufig aussichtslos halte, einen neuen einzuführen, bis es ge- glückt sein wird, durch einwandsfreie biologische Experimente die Funktion dieses Sinnesapparates festzustellen. Um die einschlägige Literatur bereits an dieser Stelle vollständig aufzuführen, muß ich noch die Arbeiten von BouRNE (85—35) und ZOGRAFF (99-—37a) nennen. Ein andrer kleiner Aufsatz des letzteren (1900—37 ce) ist, da russisch geschrieben, mir nur zum Teil zugäng- lieh gewesen (der Verfasser scheint einige histologische Befunde anders zu deuten als ich im folgenden ausführe). Von mir erschien bereits eine vorläufige Mitteilung (99—12 a) mit einigen morphologischen Daten und ein Teil dieser vorliegenden Arbeit! als Dissertation (1900 —12b). Erster spezieller Teil. Bau und Entwicklung des Organs bei Glomeris. 1. Material und Untersuchungsmethoden (nebst einigen biologischen Beobachtungen). Als Material dienten mir folgende Vertreter dieser Gattung: eine Anzahl ausgewachsener sowie jugendlicher Formen der Glomeris pulchra Koch aus Dalmatien verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Hrymons, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche; einige Exemplare von Typhloglomeris coeca Verhoeff konnte ich vom Autor erwerben; die Hauptmasse der unter- suchten Objekte sammelte ich mir selbst im Deister, einem ausge- zeichneten Fundplatz für Glomeris marginata Villers (= @I. limbata 1 Mehrjährige schwere Erkrankung läßt mich erst jetzt zur Publikation derselben kommen. 28 Curt Hennings, Latr.). Nach meinen in diesem mittelhohen waldreichen Gebirge ge- machten Erfahrungen ist jedoch im Gegensatz zu den Mitteilungen vom Rarus (90—27a) der Herbst gerade die ungünstigste Jahreszeit zum Einsammeln der Tiere, im Frühjahr dagegen erbeutete ich in wenigen Tagen über 1200 Stück, die, nach Hause transportiert, in ihren Terrarien auch sofort mit der Eiablage begannen. Ich ließ es mir natürlich angelegen sein, biologische Beobach- tungen anzustellen, und kann die diesbezüglichen Erfahrungen, welche vom RArtH (91—27b), Humgert (67—14) u. a. gemacht haben, im allgemeinen bestätigen und in zwei Punkten erweitern: die Glomeris-Weibchen, die sich zur Ablage ihrer Eier anschicken, ver- kriechen sich niemals in die Erde, bleiben vielmehr stets an der Oberfläche, allerdings unter der Schicht dürrer, zum Teil modernder Buchenblätter. (Wie ich im Deister beobachtet hatte, bilden diese die Lieblingsnahrung der Marginata, und ich hatte sie daher auch in ihren Terrarien reichlich damit versorgt.) Ferner fand ich nicht nur außerordentlich häufig in den Erdkapseln, mit denen die Weib- chen ihre Eier zu umhüllen pflegen, zwei, sondern auch oft drei Eier, deren jedes dann in einer eignen kleinen Kammer lag. Der großen Fruchtbarkeit der Glomeris-Weibchen! wirkt, gewis- sermaßen als korrigierender Faktor, die leichte Reaktionsfähigkeit ihrer Eier auf Fäulniserreger entgegen. Hierdurch verlor ich fast den vierten Teil meines entwicklungsgeschichtlichen Materials, und zwar ging gerade von den oben beschriebenen »Zwillings-« und »Drillings«-Eiern ein großer Prozentsatz durch Fäulnis zugrunde. Solche Erdklümpcehen nun, deren Inhalt zu verwesen beginnt, dienen sowohl im Terrarium als auch im Freien — wie ich mich häufig überzeugen konnte — in manchen Fällen einem Nematoden zum Aufenthalt, fast immer aber haben sich Aphoruren in ihnen ange- siedelt, denen der geschützte Platz eine geeignete Stelle zur Eiablage bietet. Daß diese kleinen Poduriden in irgend einem Zusammen- hang mit dem Absterben der Glomeris-Eier stehen, möchte ich bei ihrer ausgesprochenen Vorliebe für faulende Stoffe bezweifeln, je- doch erscheint dies mir für den Nematoden keineswegs ausgeschlossen zu sein. Um später eine genaue Altersangabe für die einzelnen Entwick- lungsstadien machen zu können, isolierte ich nach je zwölf Stunden die während der voraufgegangenen Zeit abgelegten Eier, mußte jedoch 1 Die von mir in der Gefangenschaft gehaltenen 1200 Exemplare, deren Mehrzahl allerdings Weibchen waren, lieferten mir einige tausend Eier. Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 29 bald die Erfahrung machen, daß Embryonalformen, die meiner Schätzung nach ungefähr gleichalterig sein mußten, sich nicht in demselben Stadium befanden. Dies ließe sich ja vielleicht auf die verschiedene Feuchtigkeit in den einzelnen Isolierbehältern, auf ver- schiedene Temperatur der umgebenden Luft, auf verschieden starke Belichtung oder Ähnliches zurückführen. Ich bin jedoch nicht ab- geneigt anzunehmen, daß die Eier überhaupt nicht alle im selben Stadium die Mutter verlassen. — Jedenfalls muß ich von jeder ab- soluten Altersbestimmung für die einzelnen Stadien Abstand nehmen und beschränke mich auf relative Angaben, wozu z.B. die Anzahl der Körpersegmente, die Ausbildung der Beine und dgl. sehr ge- eignet sind. Bei der Vorbereitung der Diplopoden-Eier und -Embryonen zum mikroskopischen Studium bieten — wie dies schon HEATHCOTE (86—11a) bei seinen Julus-Untersuchungen erfuhr — vor allem das harte Chorion und die große Menge von Nahrungsdotter beträchtliche Schwierigkeiten. Da ein Abpräparieren oder Anstechen des ersteren erfolglos war, so verfuhr ich in der Weise, daß die aus den Erdhüllen herausgeschälten Eier mit Wasser von 90° übergossen und abgetötet wurden: man erzielt so ein Aufplatzen oder doch wenigstens eine Ablösung des Chorions von der Eimasse. Nach 2—5 Minuten kamen die Objekte dann in die Konservierflüssigskeit. Als solche dienten mir teils warm konzentrierter Sublimatalkohol, teils Pikrinalkohol- semische. Diese, von PuRCELL (94—26) gerade bei nervösen Elemen- ten mit gutem Erfolg angewandt, bestanden zu gleichen Teilen aus absolutem Alkohol und Pikrinsäure resp. Pikrinschwefel- oder Pikrin- salpetersäure, und gelangten kalt oder auf 50° erwärmt zur Anwen- dung. Bedient man sich der erwärmten Gemische, so wird eine vor- herige Übergießung mit heißem Wasser überflüssig. Die konservierten Objekte wurden dann meist mit Boraxkarmin gefärbt, in Paraffın ‚eingebettet und in Serien von 2—5 u dicken Schnitten zerlegt. Hier- bei ist die große Menge Nahrungsdotter, welche bekanntermaßen nicht wie bei den Chilopoden im Darm, sondern in der Leibeshöhle selbst gelegen ist und alle Spalten zwischen den Muskeln usw. aus- füllt, ungemein störend: durch Anwendung von Mastixkollodium kann man jedoch ein Zerbröckeln des Schnittes vermeiden. Ungleich größer waren die Schwierigkeiten, welche die ausge- wachsenen Tiere der mikroskopischen Technik boten. Lange Zeit war es mir unmöglich, eine geeignete Konservierung zu erzielen: Pikrinalkoholgemische, Chromsäure und Sublimat versagten ebenso, 30 Curt Hennings, wie Eau de Javelle, Eau de Labarraque und Per£nysche Flüssigkeit. Endlich führte das von mir zusammengestellte Salpeter-, Chrom-, Pikrinsäure-Sublimatalkohol-Gemisch! (1I900—12c) zum gewünschten Resultat. Die mit Chloroform betäubten Tiere wurden, um jeden Zutritt der Luft zu vermeiden, unter dieser Flüssigkeit dekapitiert, die Köpfe blieben auf 12—24 Stunden darin, um dann durch Alkohol von steigender Konzentration und Xylol in Paraffın überführt zu werden. Unter Anwendung von Mastixkollodium konnte ich Schnitt- serien von 2—4 u erzielen. Die Färbung der aufgeklebten Schnitte geschah zunächst teils mit GRENACHERS Hämatoxylin, teils mit HEIDEnHAINs Hämatoxylin- eisen. Auf Grund der oben erwähnten ZoGRAFFschen Arbeiten ver- suchte ich dann auch Doppelfärbungen; das von RAmön Y CAJAL empfohlene Methylenblau-Fuchsingemisch ergab dabei nicht so günstige Resultate wie die Kombination Ammoniakkarmin-Methylenblau nach REHM. 2. Bau des Organs bei erwachsenen Tieren. a. Äußere Morphologie des Organs (nebst Topographie des Glomeridenkopfes). | An einer vollständig gestreckten Glomeris läßt der Kopf eine obere, eine untere und eine hintere Fläche unterscheiden. Die beiden ersteren bilden rostral und lateral eine ziemlich scharfe Kante mit- einander, kaudal gehen sie mit mäßig starker Wölbung in die Hinter- fläche über. Diese wird fast völlig von dem Hinterhauptsloch ein- genommen, die untere Fläche trägt die Kauwerkzeuge, die Oberfläche weist drei wichtige Sinnesorgane auf. Will man den Kopf einer Glomeride auf eine möglichst einfache stereometrische Grundform zurückführen, wie dies F. E. ScHULzE (935—30) für die Beschreibung der Lage und Richtung im Tierkörper empfiehlt, so vergleicht man ihn am besten mit einer in der Mitte der Fläche halbierten bikonvexen Linse. An einer solchen kann man dann eine gewölbte Oberfläche, eine gewölbte untere Fläche und eine plane, lanzettförmige Hinterfläche unterscheiden (s. Textfigur). Die längste Achse, AB, verbindet dann die beiden Ecken der 1 Salpetensaure, konzentriert :. 1.2... ... 2. rue 16 Teile Chromsauzre, VD )ie = 2... „ee 16 >» Sublimat, gesättigte Lösung in 600%/,igem Alkohol ....24 > Pikrinsäure, gesättigte wässerige Lösung ......... 12 > Absoluter Alkohol 1.1. u is en = u ee 42 >» Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 31 Hinterfläche, sie entspricht der längsten Perlateralachse des Glomerıis- Kopfes und beträgt im Durchschnitt 3,9 mm. Eine auf AB in ihrem Mittelpunkt senkrecht stehende Achse, die den vorderen scharfen Rand in seiner Mitte trifft, repräsentiert die Kopfprinzipalachse und ist etwa 2,5 mm lang. Bei ausgestrecktem Kopf bildet diese Achse die Fortsetzung der Körperprinzipalachse, am freien, lebenden Tiere jedoch steht sie senkrecht zu dieser, denn eine kriechende @lomeris trägt den Kopf nicht horizontal, geradeausgestreckt, sondern im rech- ten Winkel nach unten abgeknickt; in der Ruhelage ist das Tier dann derart eingerollt, daß die Kopfoberfläche am weitesten nach innen zu liegen kommt. — Die dorsoventralen Dimensionen besitzen naturgemäß verschiedene Länge; am rostralen Ende der Kopfprinzi- palachse, dort wo obere und untere Fläche ineinander übergehen, reduzieren sie sich auf Null, am kaudalen Ende derselben entsprechen ‚sie der Höhe der Kopfhinterfläche und betragen etwa 2 mm. Der rostrolaterale scharfe Rand endlich, der bei der halbierten Linse von einem Halbkreis gebildet wird, läßt am Glomeris-Kopf drei Abschnitte unterscheiden: einen größeren, rostralen, der zwei hier nicht in Betracht kommende Einschnitte aufweist, und mit etwas stärkerer Krümmung in einen dextralen und einen sinistralen Randteil übergeht. Ich habe hier die ganze Konfiguration des Glomeridenkopfes und die darauf bezüglichen, noch nicht allgemein gebräuchlichen Ausdrücke etwas eingehender behandeln zu müssen geglaubt, da sonst 32 Curt ‚Hennings, die im folgenden oft angewandten Bezeichnungen der Schnittrichtung leicht zu Mißverständnissen führen könnten. Unter einem Frontalschnitt verstehe ich nun jeden Schnitt, der parallel liegt mit der die Kopfprinzipal- und eine Perlateralachse enthaltenden Ebene; ein Transversalschnitt ist dann parallel der Transversalebene, die eine Dorsoventral- und eine Perlateralachse enthält; ein Sagittalschnitt endlich wird parallel der Medianebene geführt, d. h. jener Ebene, die von einer Dorsoventralachse und der Prinzipalachse gebildet wird. Die Oberfläche des Glomeris-Kopfes (Fig. 1) trägt nun drei wich- tige Sinnesorgane: dextran und sinistran die Augen, mediad von diesen die TömösvAryschen Organe und an der Spitze der Fühler die Antennenorgane. Die ersteren liegen in der Neunzahl jederseits an den scharfrandigen Übergangsstellen der dorsalen in die ventrale Kopflläche; sie nehmen an Größe von vorn nach hinten (rostrokaudad) allmählich zu und sind in einer Reihe angeordnet mit Ausnahme des ersten und letzten, die mediad vom zweiten resp. achten ihren Platz finden. (Ihr feinerer Bau ist durch eine kurze Mitteilung GRENACHERS (80—9) teilweise bekannt.) Die Antennenorgane stehen hauptsäch- lich auf dem siebenten, letzten Fuhlerglied. Die TömösvAryschen Organe endlich, von denen jederseits eines vorhanden ist, kann man folgendermaßen, wenigstens für die mir vorliegenden Vertreter dieser Gattung, charakterisieren (Fig. 2): Eine hufeisenförmige Grube, deren größte Länge 0,55 bis 0,9 mm, deren srößte Breite 0,35 bis 0,6 mm beträgt, ist von einer dünnen Chitin- haut bedeckt. Der Grubenrand ist dunkel gefärbt, oft selbst dunkler als der übrige Kopf, die Grubendecke dagegen zeigt den hellgelben Farbenton pigmentfreien Chitins und liegt nur wenig tiefer als der Rand; gestützt wird sie durch balkenartige, dunkle Verdickungen, welche von dem »Zapfen« ausgehen, dem mediolaterad in die Grube vorspringenden und ihr die typische hufeisenförmige Gestalt geben- den Gebilde. Dieser Zapfen ist in seinem medialen Teil schmal, verbreitert sich aber in seinen lateralen Partien allmählich; er ist ebenso dunkel gefärbt wie der übrige Kopf und auch wie dieser mit feinsten Härchen bedeckt. Die Grubendecke ist unbehaart und stellt ein einheitliches Chitinstück dar bis auf eine sie der Länge nach durchsetzende Spalte, die in der Aufsicht fein gezähnelt erscheint. Diese Spalte reicht jedoch nicht bis an die Enden der Hufeisenarme: hier gehen die durch den Spalt gebildeten beiden Lamellen der Decke ineinander über. In der Grube selbst bemerkt man unter der Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 1. 33 deekenden Chitinhaut einen gleichfalls hufeisenförmig gebogenen dicken Wulst, der nicht die ganze Grube, sondern nur ihren zentralen Teil ausfüllt. Er ist von einer gleichfalls pigmentfreien dünnen Chitinlage bedeckt, die vollkommen einheitlich ist und weder Spalten noch Poren trägt; unter seiner chitinigen Oberfläche bemerkt man eine dieke Lage verschieden großer Körnchen. Das Tömösvarysche Organ bei Typhloglomeris Verhoeff stimmt mit demjenigen bei Glomeris marginata und pulchra in den eben beschriebenen morphologischen und, wie ich gleich hinzufügen will, auch in allen histologischen Charakteren vollständig überein; es unterscheidet sich von ihm nur durch die Maßverhältnisse. Die folgenden Zahlen, die natürlich Durchschnittswerte angeben, mögen dies erläutern: Typhloglomeris Glomeris größte Länge der Grube . . 374 u 76 u größte Breite der Grube . . 255 » 357 > srößte Breite des Zapfens. . 95 » 102 » geringste Breite des Zapfens . 42 » DE > Breite, der Grubendecke _..... 85 >» 136 » Diese Zahlen beweisen, daß zwar die absoluten Maße der beiden - Gattungen nicht übereinstimmen, daß aber die relativen Verhältnisse dieselben sind. Denn da die ausgewachsenen Typhloglomeriss — wenigstens in der geringen Zahl von Exemplaren, die mir zur Ver- fügung stand — überhaupt kleiner sind als @lomeris marginata und pulchra, so ist es nur natürlich, daß auch sämtliche Organe bei ihnen kleiner sein müssen. VERHOEFF hatte ursprünglich in seiner Gattungs- diagnose für seine Typhloglomeris angegeben (98—32a), daß die Schläfengruben nicht hufeisenförmig, sondern »ringsum geschlossen « seien, ein Irrtum, den ich in der bereits erwähnten vorläufigen Mit- teilung berichtigen konnte; daraufhin hat er nun (99—32b) seine Diagnose abgeändert, aber auch in ihrer jetzigen Fassung erscheint sie mir nicht glücklich: es soll jetzt bei Typhloglomeris »die Schläfen- grubenfurche fast elliptisch« sein; das ist nun nach meinen obigen Ausführungen nicht richtig, es muß heißen: Schläfengruben in ihrer Form und in ihrem Bau denen bei Glomeris gleich, nur etwas kleiner, entsprechend der geringeren Größe der Typhloglomeris. Der Über- sichtlichkeit wegen will ich im folgenden die einzelnen nur auf Schnitten erkennbaren Bestandteile des TÖömösvarYschen Organs ge- sondert betrachten, und zwar zunächst das Chitinskelett, dann den Wulst und endlich die Innervation. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 3 34 Curt‘ Hennings, b. Die Hartgebilde des Organs. Wie schon erwähnt, ist das Chitin des Grubenrandes und des Zapfens dunkel pigmentiert, das der Grubendecke dagegen hellgelb gefärbt. Sagittalschnitte (Figg. 3—5) lassen — außer der dem Chitin überhaupt eigentümlichen lamellösen Schichtung — erkennen, daß die dunkle Farbe von einer dicken Schicht körnigen Pigments her- rührt, die das Chitin unterlagert und an manchen Stellen durch feine Gänge in dasselbe eindringt; der Grubendecke dagegen fehlt das Pigment. Die in der Aufsicht feingezähnelt erscheinende Längsspalte, welche die Grubendecke durchsetzt, erweist sich auf dem Sagittal- schnitt als ein kompliziertes Gebilde: die starke Chitineuticula des Zapfens verschmälert sich an der Peripherie bedeutend und geht am Rande über in zwei Spitzen, welche eine Vertiefung zwischen sich fassen und von denen die dorsale kürzer ist als die ventrale In ähnlicher Weise ist der Grubenrand an seiner dem Grubenzentrum zugekehrten Seite rechts und links in einen Zahn ausgezogen und greift mit diesem in die von den beiden Spitzen gebildete Vertiefung. Auf diese Weise ist das Grubeninnere, d. h. also der oben genannte Wulst, zwar nicht von der umgebenden Luft abgeschlossen, wird je- doch sowohl vor der Berührung mit Fremdkörpern, wie Staub, Erde usw., als auch vor der Verletzung durch einen Feind geschützt: ein Druck, der auf die Spalte wirkt, muß schon verhältnismäßig be- deutend sein, um diese Verbindung trotz ihres scheinbar lockeren Gefüges zu lösen. j Auf einem medialen Sagittalschnitt (Fig. 3) sieht man, daß der Zapfen ventral kaum an Breite abnimmt und seine Cuticula sowohl wie die des Grubenrandes sich als zarte Lamelle auf die Oberfläche des Wulstes fortsetzt. Ein mehr lateral in derselben Richtung ge- führter Schnitt (Fig. 4) läßt jedoch erkennen, daß das Chitin des Zapfens hier nicht mehr mit dem Wulst in Verbindung steht, sondern nach unten in eine Spitze ausläuft, die jenen nicht mehr erreicht. Auf einem noch mehr lateral geführten Sagittalschnitt (Fig. 5) ist der Zapfen endlich auf einen schmalen Chitinbalken reduziert; seine oben geschilderte Verbindung mit dem Grubenrand ist jedoch überall die- selbe geblieben und zeigt sich auch auf einem Transversalschnitt, der durch die Mitte des Zapfens gelegt ist (Fig. 6), in derselben Weise ausgebildet: ein solcher Schnitt zeigt deutlich, daß der Zapfen in seinen medialen zwei Dritteln eine beträchtliche Höhe besitzt, in seinem lateralen Drittel aber ziemlich plötzlich sich verschmälert, Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. I. 35 um endlich mit dem gegenüberliegenden Grubenrand den Zahnver- schluß zu bilden. | | Es setzt sich also die Cutieula des Randes überall, diejenige des Zapfens nur in seinem medialen Abschnitt ventral fort, um als zarte Lamelle die Oberfläche des Wulstes abzugeben. c. Der Sinneswulst. — Entsprechend der Konfiguration des ganzen Organs ist auch der Wulst hufeisenförmig gestaltet: seine Arme sind also medial (Fig 3 w, ws) weit voneinander getrennt, indem hier die breite Basis des Zapfens zwischen ihnen liegt. Etwas weiter lateral, dort wo — im Querschnitt (Fig. 4) — der Zapfen mit seiner basalen Spitze ihn nieht mehr erreicht, sind seine Arme einander sehr genähert, um dann, noch weiter lateral, den Bug des Hufeisens zu bilden, während der Zapfen an dieser Stelle (Fig. 5) durch Verkürzung seiner Dorso- ventrale zu einem schmalen Balken geworden ist. Die Oberfläche des Wulstes trägt eine Chitincutieula, die zwar sehr dünn ist, erheblich dünner als die des Zapfens und des Gruben- randes, trotzdem aber, abgesehen von ihrer lamellösen Schichtung,, vollkommen einheitlich ist: bei den von mir untersuchten Exemplaren habe ich niemals irgend etwas von Poren oder Kanälen gesehen, wie sie ZOGRAFF (99— 97a und c) beschreibt. Der Wulst selbst besteht aus langgestreckten, sehr schmalen Sinneszellen, deren Kerne in drei bis vier Reihen angeordnet erscheinen (Fig. 3 sz und k) und sich ausschließlich im proximalen, d. h. also basalen Abschnitt befinden. In den distalen Enden dieser Sinneszellen, ziemlich dicht unter der chitinigen Oberfläche, fallen eine Anzahl rundlicher, körnerartiger Gebilde (Fig. 3 ko) auf. Diese Körnchen schwanken in ihrer Größe zwischen 0,5 und 5,0 u; sie zeigen im allgemeinen kugelige Gestalt, nähern sich aber bisweilen bald der bohnen-, bald der biskuitähnlichen Form; in man- chen Fällen erscheinen sie grellgelb gefärbt, oft sind sie auch völlig farblos, niemals aber reagierten sie auf die von mir angewandten Tinktionsmittel; ihre Konturen sind scharf und deutlich, ihr Licht- brechungsvermögen ist stark, so dab sie noch im Kanadabalsam gut hervortreten. Gegen Säuren (Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure, Essigsäure) beweisen sie eine große Widerstandsfähigkeit, während Kalilauge sie schnell zur Auflösung bringt. LANCASTER und Bourne (83—19) haben in den Augen sowohl wie in der Leber von Kuscorpius carpathieus und italieus glänzende 0) 3E 36 Curt Hennings, Kugeln beobachtet, die sie Phaosphären nannten. Dieselben Gebilde fand PurcEeLL (94—26) in den entsprechenden Organen der Phalan- siden. Der letztere Autor gibt an, daß sie anscheinend in einer nicht ganz von ihnen erfüllten Vakuole liegen, sich mit Hämatoxylin grau- blau färben und beim ersten Anblick zwar homogen erscheinen, bei starker Vergrößerung aber ein deutliches Netzwerk erkennen lassen; dagegen sah PARKER (87—24) in den Phaosphären von Centrurus einige stark lichtbrecehende Punkte. PURCELL betrachtet nun jene Gebilde als »Stoffwechselprodukte, die in den verschiedensten Ge- weben auftreten können und wahrscheinlich in einem Zusammenhang mit der Ernährung stehen« .... — Ich bin geneigt, die Körnchen im »Sinneswulst« des TömösvArYschen Organs mit den Phaosphären zu analogisieren; freilich scheinen die Unterschiede vorläufig noch recht erhebliche zu sein, vor allen Dingen fehlen jenen sowohl jede Struktur, als auch alle körnigen Einschlüsse, aber beides ist, wie ich glaube, nicht bestimmend für den Begriff des Stoffwechselproduktes. Andrerseits kann meines Erachtens die verschiedene Größe der Körn- chen, sowie ihre nicht durch Tinktionsmittel erzielte verschiedene Färbung meine Annahme nur unterstützen! Jedenfalls glaube ich das als sicher hinstellen zu können, daß diese Gebilde kein Drüsen- sekret repräsentieren. Aus dieser Beschreibung des Wulstes geht wohl zur Genüge hervor, daß er den eigentlichen sensiblen Teil des ganzen Organs vorstellt, während die Hartgebilde ausschließlich zu seinem Schutze vorhanden sind. d. Die Innervation. Die von mir angewandte Doppelfärbung nach REHn (8. 0.) eignet sich vorzüglich zum Studium der Histologie des Nervensystems: die Punktsubstanz des Gehirns erscheint durch das Ammoniakkarmin zart rosa tingiert, ebenso auch die Nervenfasern; die zelligen Elemente dagegen nehmen durch die Nachfärbung mit Methylenblau einen tief- blauen Farbenton an. Nach dem Vorgang von VIALLAnESs (90-93—33) unterscheidet man am Arthropodenhirn jetzt allgemein drei Teile; das Protocerebrum, das Deutocerebrum und das Tritocerebrum. Ersteres bildet den vor- dersten Abschnitt des Gehirns; seine Hauptmasse wird durch den Lobus frontalis (Fig. 7 /f} repräsentiert, weleher bei Glomeris die Nerven für die drei Sinnesorgane der Kopfoberfläche entsendet: den Nervus antennarum, den Nervus opticus und den Nervus Tömösvaryi Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. I. 37 (so bezeichnete Samt-Remy [87—28] zuerst den Nervenstamm, wel- cher das Tömösvarzsche Organ versorgt). Von diesen drei Nerven entspringt derjenige für die Antennen am weitesten medial und isoliert, die beiden andern aber lateral und mit gemeinsamer Wurzel. Nach den Seiten zu nimmt nämlich der Lobus frontalis ganz allmäh- lich an Breite ab, um schließlich in den mehr rostralen Nervus optieus (Fig. 7 no) und den mehr kaudal gelegenen TömösvAaryschen Nerven (Fig. 7 nT) überzugehen. Eine ziemliche Strecke weit ver- laufen beide dieht neben einander, nur getrennt durch einen starken Tracheenast; schließlich teilt sich der Optieus in neun Äste (Rami optiei, Fig. 7 ro) deren jeder zu einem der neun Ocellen geht. Der Nervus Tömösvaryi zieht sich, von einer kräftigen Nervenscheide (Fig. 7 ns) umhüllt, zu dem gleichnamigen Organ hin, dringt in dieses von unten her ein und verzweigt sich dann ausschließlich innerhalb des Sinneswulstes in ein Gewirr feinster Nervenfasern, denen die Innervation der Sinneszellen zukommt. Bei Typhloglomeris coeca Verhoeff entspringt, wie ja von vorn- herein anzunehmen war, der Nervus Tömösvaryi gleichfalls aus dem Protocerebrum; der einzige Unterschied zwischen dieser Form und Glomeris besteht eben nur in dem vollständigen Fehlen des Opticus: das Protocerebrum verschmälert sich laterad ganz allmählich und seht dann in den TömösvarYschen Nerven über, ohne auch nur feinere Äste dabei abzugeben, die man als Rudimente der Augen- nerven deuten könnte. 3. Entwicklung des Organs. Einleitung: Während die Anamorphose der Diplopoden, d. h. die Umbildung der Larve in das ausgewachsene Tier, in der neueren Zeit von zahlreichen Forschern eingehend studiert worden ist, so von LATzEL (88—20), vom RarH (91—27) u. a., blieb unsre Kenntnis der 'Embryonalentwicklung dieser Myriopodengruppe außerordentlich ge- ring. Die betreffenden Arbeiten liegen entweder sehr weit zurück, wie diejenigen von Neweorr (41—23), FABReE (55—7) und MErscH- NIKOFF (74—22a), und können daher fast nur noch historisches Interesse beanspruchen, oder sie befassen sich nur mit der Segmen- tierung und dem Körperbau, so die Mitteilung, die Hrymoxs (97—13a) gegeben hat. Die einzige ausführlichere neuere Untersuchung stammt von HEATHCOTE (86, 88—-11), dieser aber beschränkte sich ausschließ- lich auf Julus terrestris. Glomeris! nun weicht im ausgebildeten 1 Von Typhloglomeris standen mir keine Entwicklungsstadien zur Verfügung. 38 Curt Hennings, Zustand so erheblich von jener Form ab — ich erinnere hier nur an die Verschiedenheiten der Respirations- und Kopulationsorgane —, daß auch die Entwicklung in zahlreichen Punkten von derjenigen des Julus differieren muß, ganz abgesehen davon, daß die HEATHCOTE- sche Arbeit noch manche Lücken aufzuweisen hat. Um über den Rahmen dieser Arbeit nicht hinauszugehen, werde ich hier nur solehe Embryonalstadien beschreiben, welche für die Entwicklung des Tömösvaryschen Organs von Wichtigkeit sind. I. Stadium. Das junge Tier besitzt eine Länge von 1,25 mm, es liegt un- beweglich in seiner Eihülle — und selbstverständlich auch noch in der Erdkapsel —, ist jedoch schon deutlich segmentiert und weist außer drei gegliederten Beinpaaren bereits zwei Paar wohl vom Körper abgesetzter, aber ungegliederter Fußstummel auf. Bauch- ganglienkette und Darm sind gut ausgebildet. Der Kopf hat die typische Form, d. h. seine lange Achse ist die Perlateral-, seine kurze die Prinzipalachse (erstere mißt 480 u, letztere 340 u), und umschließt das große Protocerebrum (Fig. 8 @). Die beiden Kopfgruben, die auch HEATACOTE bei Julus beschreibt, sind noch deutlich sichtbar (Kg, Fig. 8 links): sie liegen zu beiden Seiten der Mediane und drin- sen etwa 20 « tief in die Hirnmasse ein. Laterad von ihnen be- merkt man jederseits ein eigentümliches Gebilde (Kl, Fig. 8 links): eine Anzahl dunkler tingierter Zellen sind in Form von drei Zipfeln angeordnet, in deren Mitte man die typischen Gehirnzellen sieht. Wie andre Schnitte derselben Serie lehren, handelt es sich um drei Gruben, die von der Kopfoberfläche her in das Innere des Gehirns eindringen (die äußeren Öffnungen zweier dieser Gruben sind auf Fig. 9 dargestellt) und derart nebeneinander liegen, daß ihre Wan- dungen im Querschnitt kleeblattartig erscheinen. In der Literatur geschieht nirgends dieser drei Grubenpaare Erwähnung, auch HEATH- COTE hat sie nicht bei Julus gesehen. Nun beschreibt Heymons (98—13b) für Scolopendra unter den Bestandteilen, aus denen sich das Vorderhirn zusammensetzt, zwei Ganglienpaare, deren eins den medialen Hirngruben entstammt und sich an der Bildung der dorsalen Hirnrinde beteiligt, während das andre Paar aus den lateralen Hirngruben hervorgeht und den Über- gang zu den Lobi optiei darstellt. Die beiden oben für Glomeris beschriebenen medialen Kopfgruben sind wohl ohne weiteres sowohl anatomisch wie physiologisch den Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. I. 39 von Hryuons beschriebenen medialen Hirngruben gleichwertig, ich glaube aber nicht fehlzugehen, wenn ich das kleeblattförmige Gebilde des Glomeris-Kopfes mit den lateralen Hirngruben der Scolopendra homologisiere. Auf diesem nun wohl genügend charakterisierten Entwieklungs- stadıum wird das TömösvArYsche Organ angelegt: Das Ektoderm bildet lateran, dort wo es mit dem Gehirn in Verbindung steht, eine starke Verdickung, die ich Sinnesplatte (sp, Fig. 8 rechts) nennen möchte, da sie die gemeinsame Anlage der Augen und des Organs darstellt. Ihr Übergang in das Protocerebrum geschieht an zwei dicht benachbarten Stellen, von denen, wie ich hier gleich vorweg erwähne, die dorsale sich zum Nervus Tömös- varyı (NT, Fig. 8 rechts), die mehr ventral gelegene zum Nervus opticus (No, Fig. 8 rechts; auswächst. Der Kopf nimmt nämlich bei dem allmählichen Wachstum des Tieres verhältnismäßig viel mehr an Größe zu als das Protocerebrum: hierdurch rücken einmal die auf diesem ersten Stadium an der Außenseite gelegene Sinnesplatte resp. die aus ihr hervorgehenden Organe auf die Kopfoberfläche herauf, und ferner sind die beiden Verbindungsstellen von Gehirn und Sinnesplatte genötigt sich zu strecken, wobei sie dann zu den ge- nannten beiden Nerven werden. II. Stadium (Fig. 10). Auf diesem Stadium sind die medialen Kopfgruben noch deutlich sichtbar, die lateralen dagegen, d. h. das oben beschriebene kleeblatt- förmige Gebilde bereits verschwunden. Die Dotterkugeln sind im Rumpf noch in reichlicher Menge vorhanden, im Kopf haben sie eine erhebliche Reduktion erlitten. Im übrigen hat sich der Habitus des Jungen Tieres nicht verändert, die Zahl der Beine und der Fuß- stummel ist dieselbe geblieben. Die Sinnesplatte dagegen hat ihre Lage in der Weise modifiziert, daß sie nicht mehr direkt sinistran resp. dextran ihren Platz findet, sondern etwas mehr dorsad heraufgerückt ist; ihre wichtigste Ver- änderung besteht jedoch in folgendem: sie weist einen ziemlich brei- ten Spalt auf, der in der Richtung eines Radius der Kopfellipse ge- legen, sie in einen ventralen und einen dorsalen Abschnitt teilt; ersterer hängt durch die Anlage des Optieus mit dem Gehirn zu- sammen und stellt als »Augenplatte« die Anlage der Ocellen vor; aus dem dorsalen entwickelt sieh die Schläfengrube, ich nenne sie daher »Schläfenplatte« (Fig. 10 Ap und Sp). 40 Curt Hennings, II. Stadium (Fig. 11). Das Tierchen ist nur wenig gewachsen, doch ist ein Fußstummel- paar neu hinzugekommen, so daß es jetzt außer den drei wohl aus- gebildeten Beinpaaren drei Paar stummelförmiger Extremitäten auf- weist. Die medialen Kopfgruben sind noch deutlich sichtbar, liegen aber jetzt der Mediane sehr genähert und dringen nicht mehr so tief wie früher in das Protocerebrum ein. Die Schläfenplatten sind fast vollständig auf die Kopfoberfläche heraufgerückt; in ihrem bisher undifferenzierten Ektoderm ist jetzt eine Sonderung eingetreten: distal hat sich eine in toto kappenförmige Zellschicht abgehoben (Fig. 11 Ka), die von der proximalen, mit dem Gehirn in Verbindung bleibenden Partie durch einen Hohlraum ge- schieden ist. Wie das ganze Organ in diesem Stadium von der Oberfläche des Kopfes her betrachtet, eine rundliche Verdiekung darstellt, so besitzt auch der Hohlraum die Gestalt einer Kugelkalotte, d. h. er ist an seiner Basis kreisförmig. — Die Zellkappe tritt nun in Beziehung zur Hypodermis; sie ist an ihrer Peripherie am stärk- sten, um dann nach dem Zentrum zu immer dünner zu werden. Die Zellen des proximalen Abschnitts zeigen das typische Aussehen ner- vöser Elemente, außerdem haben sich diejenigen von ihnen, welche der Hypodermis am nächsten, d. h. also am weitesten distal gelegen sind, etwas in die Länge gestreckt, während ihre Kerne nach der Basis gerückt sind: wir haben es mithin bereits auf diesem Stadium mit der Anlage des Sinneswulstes (Fig. 11 AS) zu tun. IV. Stadium (Fig. 12 und 15). Es ist jetzt zwar eine beträchtliche Größenzunahme zu konsta- tieren, doch hat sich die Gliederung des Embryos nicht verändert. Die medialen Kopfgruben sind im Verschwinden begriffen. Die Schläfenplatte liegt nunmehr vollständig auf der Kopfober- fläche und läßt zwei wichtige Veränderungen erkennen, einmal eine außerordentliche Zunahme ihres Chitins, und ferner eine Spaltung der Zellkappe. Auf diesem Stadium ist natürlich ebenso wie auf dem vorher- gehenden das ganze Tier von einer zarten Cuticula bedeckt, weitaus am stärksten ist diese aber jetzt an dem Organ entwickelt, wo die Oberfläche der Sinneswulstanlage (Fig. 12 AS) eine breite Chitin- schicht aufweist, ebenso auch die Hypodermiskappe (Fig. 12 Ka). Letztere ist nun nicht mehr einheitlich, sondern von der Oberfläche Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. I. 41 her gespalten, so daß man eine mediale (m) und eine laterale (2) Lamelle unterscheiden kann; beide sind vorläufig noch gleichgroß und laufen im Transversalschnitt (Fig. 12) an den einander zuge- kehrten Seiten jede in eine feine chitinige Spitze aus. — Es ist nicht sut möglich, durch den Kopf einen Schnitt in der Weise zu machen, daß man ein genaues Bild des Organs in toto und des jetzt aufge- tretenen Spaltes erhält; ich habe daher zu diesem Zwecke die (Trans- versal-) Schnitte einer lückenlosen Serie in der bekannten Weise rekonstruiert und mir durch Zusammenfügen derselben den ganzen Kopf plastisch dargestellt (schematisch ist diese Rekonstruktion auf Fig. 13 wiedergegeben): Die Kopfoberfläche erscheint in ihren me- dialen Partien ziemlich stark gewölbt — wie dies auch beim aus- sewachsenen Tier der Fall ist — und fällt dann zu den Seiten hin ganz allmählich ab; nicht weit von ihrem lateralen Übergang in die untere Fläche sieht man dann jederseits eine kreisrunde, warzen- artige Erhebung, die einen Durchmesser von etwa 50 u besitzen (Fig. 15 70). Sie wird der Länge nach von einem Spalt durchsetzt, welcher parallel der Kopfprinzipalachse verläuft, aber weder rostral noch kaudal den Rand der Anlage erreicht, indem er nur eine Länge von etwa 25 u hat. Durch diesen Spalt gelangt man in die Organ- höhle, einen, gleichfalls rundlichen Hohlraum von etwa 37 u Durch- messer. In diesem Stadium ist die Schläfengrube also noch kreisförmig und der Spalt stellt eine gerade Linie vor. Wenn daher, wie WIELEM (l. e.) und Voer-Yune (l. e.) übereinstimmend beschreiben, das Tömösvarvsche Organ bei Lithobius in der Tat eine runde Form besitzt, so muß man annehmen, daß es auf einer der eben beschriebenen ähnlichen Entwicklungsstufen stehen geblieben ist, während der Eingang in die Organhöhle schon nicht mehr, wie bei Glomeris, durch einen Längsspalt, sondern durch eine gleichfalls runde Öffnung gebildet wird. Soviel über die morphologischen Ver- hältnisse in diesem Stadium. Was die nervösen Elemente anbetrifft, so ist gegen früher kaum eine wesentliche Veränderung bemerkbar. Die späteren Sinneszellen des Wulstes (Fig. 12 AS) haben sich etwas mehr in die Länge ge- streckt, ihre Kerne sind noch weiter an die Basis gerückt, die von mir als Stoffwechselprodukte gedeuteten Körnchen sind noch nicht vorhanden. Der Zusammenhang von Organ und Gehirn ist ein außer- ordentlich inniger geblieben: das Protocerebrum reicht, ohne eine Differenzierung in Ganglienzellen und Nervenfasern erkennen zu 42 Curt Hennings, lassen, in sich ziemlich gleichbleibender Breite bis an den Sinnes- wulst heran, in welchen es direkt übergeht. V. Stadium (Fig. 14 und 15). Noch immer liegt der Embryo in seiner Eihülle; die Zahl der Beine ist dieselbe geblieben, doch ist ein neues Paar von Fußstum- meln aufgetreten, so daß man jetzt im ganzen vier solcher Paare noch nicht gegliederter aber deutlich abgesetzter Extremitätenanlagen unterscheiden kann. Was die Schläfengruben betrifft, so sind sie auf der Kopfober- fläche von den Seiten her etwas näher zur Mediane herangerückt; außerdem fallen an ihnen folgende Veränderungen ins Auge: Der, wie oben beschrieben, auf dem dritten Stadium schon angelegte Sinneswulst tritt jetzt deutlich hervor; auf einem Transversalschnitt (Fig. 14) hat er nunmehr ganz das Aussehen angenommen wie bei dem erwachsenen Tier, nur fehlen ihm noch die Körnehen. Auf einem solchen Schnitt sieht man auch, daß die beiden Lamellen der ursprünglich einheitlichen, dann — auf dem vorigen Stadium — von dem Spalt durchsetzten Hypodermiskappe bereits mit dem typischen Zahnverschluß ineinander greifen; sie sind aber beide jetzt nicht mehr gleich entwickelt, sondern die mediale überwiegt die laterale an Dicke bedeutend. Ein Blick auf die Gestalt des Organs in tote (schematisch in Fig. 15 dargestellt) gibt hierfür eine Erklärung: Die warzenförmige Erhebung tritt nicht mehr so sehr über das Niveau der Kopfoberfläche hervor, außerdem ist sie jetzt nicht, wie auf dem Stadium vier, kreisrund, sondern ihre Gestalt nähert sich der einer Bohne. Der Spalt bildet daher auch keine gerade Linie, sondern er beschreibt einen nach der Mediane zu offenen, ziemlich flachen Bogen. Mit andern Worten: das Organ geht jetzt aus der runden in die Hufeisenform über. Dieses Stadium ist endlich noch charakteristisch für die Ent- stehung des Nervus Tömösvaryi. Durch das schon erwähnte ziem- lich intensive Wachstum des Embryo sind die lateralen Partien des Protocerebrum genötigt sich zu strecken und haben dadurch ziemlich an Breite verloren; vor allem aber lassen sich in diesem, nunmehr das Gehirn mit dem Organ verbindenden Teil jetzt Nervenfasern erkennen: wir haben also die Anlage des Tömösvaryschen Nerven vor uns (Fig. 14 NT). Bei der weiteren Größenzunahme des ganzen Tieres muß sich dann diese Anlage immer mehr in die Länge ziehen, da, wie ich bereits in der Beschreibung des ersten Stadiums andeutete, Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 1. 43 das Gehirn dem Körperwachstum nicht gleichen Schritt zu halten vermag. Was also nach unsern bisherigen Erfahrungen für die Entstehung aller sensorischen, d. h. Sinnesorgane versorgenden Nerven gilt, das silt auch für den Nervus Tömösvaryi: sie entwickeln sich sämtlich in der Weise, daß sich das Gehirn von der ektodermalen Sinnes- anlage mit dem Gros seiner Masse zurückzieht und nur einen schma- len Verbindungsstrang zurückläßt, eben jene Nervenanlage. VI. Stadium (Fig. 16). Bezeichnet man die wohl stets anamorphen Diplopoden solange als Embryonen, wie sie in ihrer Eihaut verweilen, dann aber, für die Zeit nach dem Verlassen derselben, als Larven bis sie die Ge- stalt ihrer Eltern angenommen haben, so kann man sagen, daß die junge Glomeris in diesem sechsten Stadium ihre Embryonalentwick- lung vollendet hat und nun ihre Anamorphose, d. h. ihre Larvenzeit beginnt. Das Tierchen, das bisher regungslos in seiner Eihülle lag, hat diese nunmehr gesprengt, und reagiert jetzt auf Berührung mit allerdings nur sehr schwachen Bewegungen, wird aber noch von der Erdkapsel umschlossen. Seine frühere, rein weiße Farbe beginnt einem Gelblichgrau zu weichen, der Darm schimmert durch das dünne Chitin hindurch, schwarz gefärbt von der zum erstenmal von außen aufgenommenen Nahrung, die ihm die Erdhülle liefern mußte. An Extremitäten sind in diesem ersten Larvenstadium vorhanden: drei vielgliedrige echte Beinpaare, und hinter diesen noch fünf Paar un- segliederter Fußstummel. Das Tömösvarvsche Organ tritt jetzt schon in Funktion, wenig- stens möchte ich dies daraus schließen, daß im Sinneswulst die oben eingehend beschriebenen phaosphärenähnlichen Körnchen sich zu zei- sen beginnen. Die Lage des Organs ist nunmehr dieselbe geblieben wie auf dem vorigen Stadium, seine Form hat sich insofern etwas verändert, als es jetzt nicht mehr einen fachen Bogen, sondern schon einen Halbkreis vorstellt (schematisch auf Fig. 16 abgebildet). Im Übrigen hat der Sinneswulst an Ausdehnung etwas zugenommen, der Nervus Tömösvaryi ist — entsprechend der Größenzunahme des ganzen Tieres — um ein ziemlich beträchtliches Stück länger ge- worden. Die fernere Ausbildung der Schläfengruben ist auch ohne ein- gehende Beschreibung leicht verständlich. Auf den 44 Curt. Hennings, Folgenden Stadien verläßt zunächst die Larve, sobald sie 16 vollkommen entwickelte Beine aufweist, die Erdkapsel; bei jeder der mehrfachen Häutungen entstehen dann zwei neue Extremitätenpaare und ein neuer Körper- ring, bis endlich der geschlechtsreife Zustand erreicht ist: in diesem haben, wie bekannt, die sogenannten Segmente die Zahl 13 erlangt, und das Weibchen besitzt 17, das Männchen 19 Beinpaare. Von wie großer Bedeutung also diese hier kurz charakterisierte Anamorphose auch für die Entwicklung der Körpergliederung sein mag: für das Tömösvarysche Organ ist sie ziemlich unwesentlich. Sein histologischer Bau ist ja bereits in den vorhergehenden Stadien, während der eigentlichen Embryonalentwicklung fast vollendet; seine Ausbildung zur definitiven äußeren Form ist höchst einfach und be- steht nur darin, daß die Endpunkte des bisherigen Halbkreises ein- ander immer näher rücken, bis das ganze Gebilde die Hufeisengestalt erreicht hat. Allgemeiner Teil. Homologisierung und Funktion des Organs. 1. Homologie des Tömösvaryschen Organs mit andern Organen der Articulaten. Zunächst einige Worte über die sogenannten Kopforgane. Wie die Ventralorgane im Zusammenhang stehen mit der Bildung der Bauchganglienkette — für Peripatus z. B. von KenneL (8&9—15) be- schrieben — so bezeichnet man als Kopforgane ähnliche Einstülpun- gen, die, grubenförmig in die Kopflappen eindringend, zur Entstehung des Gehirns beitragen. Solche Gebilde werden oftmals angegeben, so von METSCHNIKOFF für Euscorpius vtalicus ((1—22b) von BAL- FOUR für Agelena labyrinthica (8SO—1), von HEATHCOTE für Julus terrestris (86-88—11) und von PATTEN für Acihius (88-25). ZOGRAFF hat nun schon vor längerer Zeit (92—37b) gerade im Hinblick auf diese übereinstimmenden Schilderungen behauptet, daß 1 In dieser Arbeit weist PATTEn nach, daß bei Aczlius ein nach außen von den Gruben gelegener Teil des Ektoderms sich verdiekt und die Anlage der Augen darstellt: offenbar handelt es sich also hier um einen ähnlichen Bildungsmodus, wie ich ihn oben für die TömösvArYschen Organe und die Augen von @lomeris beschreibe; den von PATTEN eingeführten Ausdruck » Augen- dlatte« (optie plate) habe ich daher auch angenommen. Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. I. 45 die embryonalen Kopfgruben der Prototracheaten, Myriopoden, Arach- niden, Insekten und Krebse Reste von Sinnesorganen sind, welche mit den Kopfsinnesorganen der Anneliden identisch und den Vor- fahren der genannten Gruppen gemeinsam sind. Die Wahrschein- lichkeit dieser Hypothese wurde noch bedeutend erhöht durch die Befunde Eısıiss an Capitelliden (8”—6) und KLEINENBERGS an Lopa- dorhynchen (86—16). Bei letzteren entstehen in der Nähe des Scheitelpols sogenannte Scheitelorgane, provisorische Sinnesorgane, von denen die Bildung des oberen Schlundganglions ausgeht. Die Tömösvaryschen Organe nun stellen grubenartige Gebilde vor, sie werden vom Protocerebrum aus innerviert und sind sicherlich Sinnes- organe, es lag also nahe, sie mit in den Kreis jener Homologien zu ziehen, wie es denn auch ZOGRAFF in seinen letzten beiden Arbeiten tut (99, 1900—37a, ce). Die Embryologie liefert jedoch den Beweis, _ daß die Anlagen der Tömösvarvschen Organe neben den sogenannten Kopf- oder Hirngruben zu sehen sind (vgl. Fig. 8): die Homologisie- rungsversuche ZOGRAFFS dürften also nicht angängig sein. Größere Beachtung verdient dagegen eine Idee, die KORSCHELT und HEIDER gelegentlich (92—17) äußern: Kenne (86—15) beobach- tete an Peripatus-Embryonen zwei kleine Höcker, die zwischen den Antennen, aber etwas vor ihnen, gelegen sind; und ferner besitzen die Jugendstadien zahlreicher Krustaceen auf dem Kopfe paarige, vom Protocerebrum aus innervierte Zapfen, die sogenannten frontalen Sinnesorgane (z. B. von CLaus [76—5] an den Protozoenlarven von Penaeus nachgewiesen. KORSCHELT und HEIDER wollen nun nicht nur diese beiden Gebilde unter sich, sondern auch mit den Schläfen- sruben der Glomeris und der übrigen Myriopoden vergleichen; alle drei Organe wären dann mit den primären Kopffühlern der Anneliden zu homologisieren. KoRSCHELT und HEIDER sprechen ihre Hypothese mit großer Vorsicht aus; sie heben ausdrücklich hervor, daß jenem Hinweis tatsächliches Material nicht zugrunde liege. Die Entwicklung des Tömösvarvyschen Organs ist vielleicht geeignet, ihre Hypothese zu stützen: seine erste Anlage stellt sich, wie ich oben nachwies], dar als warzenartig — also ähnlich wie die Peripatus-Kopfhöcker — über die Oberfläche hervorragende Gebilde, die etwas vor den An- tennen gelegen sind und — wie die frontalen Sinnesorgane der Krebse — vom Protocerebrum aus innerviert werden. | Um alle in dieser Richtung gemachten Versuche hier aufzuführen, muß ich noch Woop-MaAson (79—36) kurz erwähnen, der die 46 Curt Hennings, Homologie der Insektenantennen mit denen der Glomeris anzweifelt und die Tömösvaryschen Organe mit den Antennengruben der Blatta ver- gleicht. Bei unsrer heutigen Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der Arthropoden kann dieser Homologisierungsversuch von vornherein als irrtümlich abgewiesen werden. 2. Funktion des Tömösvaryschen Organs. Wie aus den an die Spitze dieser Arbeit gestellten Worten her- vorgeht, hat bereits der erste Entdecker der Schläfengruben versucht, ihre Funktion zu deuten; er sah in ihnen Gehörorgane, hebt jedoch später (AO—4b) ausdrücklich hervor, daß er ihre »Intensität« nicht zu beurteilen vermöge. In den siebziger Jahren fand BopDE (782) bei Polyxenus la- gurus De Geer auf dem Scheitel, und zwar mediad von den Augen, zwei kleine Gruben: sie stellen nach seiner Angabe becherförmige Vertiefungen mit ringwallartig erhöhtem Rand vor, aus denen eine »lange schwanke Borste ohne eine wahrnehmbare Struktur« her- aussteigt. Ohne sich auf Homologisierungsversuche näher einzulassen identifiziert er diese Gebilde mit den TÖöLösvaryschen Organen bei Glomeris (sowie Zephronia, Glomeridesmus und Polydesmus) und vin- diziert ihnen die Funktion des Geruchs. | Von den neueren Autoren schließt sich BOURNE wenigstens für Sphaerotherium der Branprschen Auffassung an, während ZOGRAFF auf die Hypothese Bopes zurückgreif. Vom RartH endlich ist vor- sichtiger, indem er (99— 27a) stets nur von einem Sinnesorgan mit unbekannter Funktion spricht, während WırLEm und SAINT-REMmY auf diese Frage überhaupt nicht näher eingehen. a. Die Gehörstheorie. Will man überhaupt die Frage nach der Funktion eines unbe- kannten Sinnesorgans auf spekulativem Wege lösen, so ist man ge- nötigt, andre, bereits in ihrer Wirkung erkannte Organe zum Ver- gleich heranzuziehen. Hier kämen wohl nur die der Empfindung von Schallwellen dienenden Apparate der Orthoptera saltatoria in Betracht, die ja allerdings auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit mit den Schläfengruben der Glomeriden zeigen; bei beiden wird eine Anzahl von Sinneszellen nach außen von einer Chitinmembran abge- grenzt und von einem dem Zentralnervensystem entstammenden Nerven versorgt. Bei näherer Betrachtung fallen aber doch schwer- Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 1. 47 wiegende Unterschiede (ganz abgesehen von der Lage) ins Auge: der Nervus acusticus der Heuschrecken entspringt aus dem ersten Thoraxganglion, der Nervus Tömösvaryi der Glomeriden aus dem Gehirn; bei jenen ist ferner die Chitinmembran ein einheitliches, straff gespanntes Gebilde und scheint daher, rein theoretisch be- trachtet, ganz dazu geeignet, als schallleitendes Organ zu funktio- nieren, bei den Schläfengruben zieht sich durch die abschließende Chitinhaut ein feingezähnelter Längsspalt, der es ihr unmöglich macht, in toto durch Lufterschütterungen in Bewegung gesetzt zu werden. Endlich dürfte auch folgendes in Betracht zu ziehen sein: man nimmt wohl jetzt allgemein an, daß Gehörorgane bei den Arthropoden vor- zugsweise das gegenseitige Auffinden der Geschlechter erleichtern sollen, zumal fast ausschließlich nur die Männchen sog. Stridulations- organe besitzen, mit denen sie Töne zu erzeugen vermögen. Nun sind allerdings von BOURNE bei Sphaerotherium an den Kopulations- anhängen — zwischen dem 21. Beinpaar und dem After gelegen — solche Apparate beschrieben worden; für die Glomeriden aber habe ich nirgends eine ähnliche Angabe in der Literatur gefunden, und wenn auch der Bau ihrer Gonopoden die Möglichkeit, neben ihrer eigentlichen, kopulatorischen Tätigkeit, auch als Tonapparate zu dienen, nicht ausschließt, so muß doch auffallen, daß Sphaerotherium trotz seiner nach BOURNESs Schilderung ganz unscheinbaren, fast ru- dimentären TömösvAryschen Organe so ausgeprägte Stridulations- apparate besitzt, während die Glomeriden bei ihren so kompliziert gebauten Schläfengruben keine ausgeprägten tonerzeugenden Organe aufweisen. Auch blieben in dieser Richtung angestellte Beobachtun- gen über das Verhalten der Geschlechter zueinander ohne Erfolg. Dies alles spricht meines Erachtens doch sehr gegen die Gehörs- funktion der Tömösvaryschen Organe. b. Die Geruchstheorie. Die Funktion des Geruchs wird jetzt ganz allgemein — ich verweise nur auf Hauser (80-9) und KRAEPELIN (83—18) — bei allen Arthropoden der Fühleroberfläche zugesprochen, und zwar den als Stäbchen, Stifte usw. beschriebenen Gebilden, die gerade durch die große Zartheit ihrer Chitineuticula und ihren Zusammenhang mit einem Nerven für Riechwahrnehmungen vorzüglich geeignet erschei- nen, und auch experimentell als Träger dieser Sinneseindrücke nach- gewiesen wurden. Auch für die Glomeriden haben vom RATH (86—27c) und Sazurın (84—29) und für Sphaerotherium BOURNE 48 Curt Hennings, l. e.) solche »Kegel und Zapfen« beschrieben. Schon dies allein spricht gegen die Geruchsfunktion der Tömösvaryschen Organe, ganz abgesehen davon, daß bei letzteren der komplizierte Abschluß der nervösen Elemente gegen die umgebende Luft einer Wahrnehmung von Gerüchen eher hinderlich als förderlich wäre. Trotzdem habe ich gerade im Hinblick auf die Arbeiten ZoGRAFFs, in dieser Rich- tung eine große Zahl von Versuchen mit lebenden Glomeris margi- nata angestellt. Es gelang mir nun zwar bei der großen Indolenz dieser Tiere nicht, sie durch Gerüche, die für sie angenehm sein mußten, wie modernde Buchenblätter, Humus u. ähnl. anzulocken, dagegen hatte ich Erfolg mit solchen Gerüchen, die ihnen unangenehm waren. Dem Versuchstier wurde, wenn es eine Weile herumgekrochen war und sich für eine Wegrichtung entschieden zu haben schien, ein mit der betreffenden Flüssigkeit getränkter Wattebausch in den Weg gehalten. Sobald das Tier den Geruch wahrnahm, gerieten die An- tennen in krampfhafte Zuckungen und wurden dem Kopf dicht an- gelegt; dann schwenkte es in großem Bogen nach rechts oder nach links von seinem Wege ab. Von meinen Tabellen mögen einige hier Platz finden (die Zahlen geben den Abstand in Millimetern an, in welchem die Tiere zuerst den Geruch wahrnahmen). | 1. Tier 2. Tier 3. Tier 4. Tier 5. Tier 6. Tier Durch- | schnitt 1. | Nelkenöl 157,9 mM12 18 | 14 13 18 15 2.| Terpentin 20 18 2 19 20 2a 20 3.| Xylol 185u:e 1 17 | 18 19 16 17 4.| Essigsäure | 35 | 29 3277|. .26 28 29 30 5. | Ammoniak 22 | 20 19 25 20 zul 22 6. | Chloroform 68 | 85 70 13 ee er) 75 Wie man sieht, habe ich auch solche Riechstoffe genommen (4—6), die nicht nur auf die Geruchs-, sondern auch auf die Atmungsorgane einwirken müssen. Darauf amputierte ich zahlreichen Tieren die Antennen, eine Operation, die ganz gut überstanden wurde, sobald ich die frische Wunde mit Paraffın oder Kollodium verschloß. Eine Wiederholung der Riechversuche gab ein ganz auffallendes Resultat! Hier eine meiner Tabellen: Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. I. . 49 2 Stunden | 20 Stunden | 48 Stunden | 72 Stunden 10 Stunden | | nach der Amputation der Antennen | BR Nelkenol.. la. 0 0 N) 0 0 2 Terpentin., „u u... 0 0 0 0 0 lol... nr na: 0 0 0 0 0 4.| Essigsäure ......... Mr 5 5 4 4 DEE immoniak . -. : .-.. | 8 7 8 7 | Be Chloroform... .:. | 18 15 12 Pe) 14 Die drei letzten, die auch auf die Atmungsorgane wirken, wur- den, wenn auch in viel geringerer Entfernung wahrgenommen, Nel- kenöl, Terpentin und Xylol dagegen nicht mehr. Die bei diesen Versuchen vollständig intakten TÖmösvAarvschen Organe dürften somit nicht als Geruchsorgane aufzufassen sein! Selbstverständlich habe ich auch eingehende Beobachtungen und Versuche angestellt, um die Funktion der Schläfengruben zu erkennen; leider ohne bisher zu einem einwandfreien Resultat zu gelangen. Mir war es aufgefallen, daß die Glomeriden zwar, wie alle Diplopoden im Gegensatz zu den Chilopoden, von großer Indolenz sind, trotzdem aber eine große Empfindlichkeit gegen die geringsten Veränderungen der Feuchtigkeit des von ihnen bewohnten Erdreichs an den Tag legen. Sollte diese Eigenschaft mit den TÖMÖöSVARY- schen Organen in Zusammenhang zu bringen sein? Berlin-Charlottenburg, im Juli 1903. Literaturverzeichnis, 1. BALFOUR, Note on ‘the Development of the Araneina. Quart. Journ. mier. Sc. Vol. XX. 1880. 2. BODE, Polyxenus lagurus De Geer. Inaug.-Diss. Halle 1878. 3. BOURNE, On the anatomy of Sphaerotherium. Journ. Linn. Soc. London. Zoology. Vol. XIX. 1885. f 4. BRANDT, a. Rapport pr£&alable relatif aux recherches ulterieures sur l’histoire, l’anatomie et la physiologie des Glomerides. Bull. seientif. publi& par l’Acad. imper. des Se. de St. Pötersbourg. T. VI. 1839. Ders., b. Observations sur le genre de vie et la physiologie des especes du senre Glom£ris. Ibid. T. 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Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 1. 51 27. vom Rary, a. Über die Fortpflanzung der Diplopoden (Chilognathen). Ber. naturf. Ges. Freiburg i. B. V. Bd. Heft 1. 1890. Ders., b. Zur Biologie der Diplopoden. Ibid. Heft 2. 1891. Ders., e. Sinnesorgane der Antenne und der Unterlippe der Chilognathen. Arch. f. mikr. Anat. XXVII. Bd. 1886. 28. Samt Remy, Contribution & l’ötude du cerveau chez les Arthropodes tra- cheates. Arch. Zool. exper. gen. 2 ser. Tome V. 1887—1890. 29. SAZEPIN, Über den histologischen Bau und die Verteilung der nervösen Endorgane auf den Fühlern der Myriopoden. Mem. de l’acad. imp. des sciences de St. Petersbourg. V. Ser. T. XXXII. 1884. 30. ScHunze, Über die Bezeichnung der Lage und Richtung im Tierkörper. Biolog. Centralblatt. XIII. Bd. 189. 81. TömMösvarY, Eigentümliche Sinnesorgane der Myriopoden. Math.-naturwiss. Berichte aus Ungarn. I. Bd. 1882/1883. 32. VERHOEFF, a. Über Diplopoden aus Bosnien usw. V. Teil. Glomeridae und Polyzoniidae. Archiv f. Naturgesch. 64. Jahrg. I. Bd. 1898. Ders., b. Über einige andre Diplopoden. Ibid. 65. Jahrg. 1. Bd. 189. 33. VIALLANES, Etudes sur les centres nerveux et les organes des sens des animaux articules. 1.-6. mem. Annal. sciene. natur. 1890—1893. 34. Vo@Tt-YunG, Lehrbuch der praktischen vergleich. Anatomie. 1889—189. 35. WILLEM, Loorgane de Tömösvary chez lithobius forficatus. Ann. Soc. Roy. Malacozoolog. de Belgique. T. XXVII. 189. 36. Woonp-MAson, Morphological notes bearing on the origin of Insects. Transact. Entom. Soc. London. I. 1879. 37. ZOGRAFF, a. Sur les organes cephaliques lateraux des Glomeris. Compt. rend. 1899. Ders., b. Note sur l’origine et les parent&s des Arthropodes, prineipalement des Arthropodes tracheates. Verhandl. internat. Zoologen-Kongreß Moskau. 1892. Ders., ec. Die Kopforgane bei Glomeris. (Russisch.) 1900. Erklärung der Abbildungen. Zeichenerklärung: Ap, Augenplatte; ‘ mu, Muskulatur; AS, Anlage des Sinneswulstes; no, Nervus opticus; @G, Gehirn (Protocerebrum) ; ns, Nervenscheide; K, Kerne der Sinneszellen ; nT, Nervus Tömösvaryi; Ka, Hypodermiskappe; ro, Rami optiei; Kg, (mediale) Kopfgruben; Sip, Schläfenplatte; Kl, kleeblattförmiges Gebilde (laterale Sp, Sinnesplatte; Kopfgruben) ; Sx, Sinneszellen; Ko, Körnchen im Sinneswulst; Tr, Trachee; /f, Lobus frontalis; w, Sinneswulst (zo, und «, seine beiden l, laterale |) Lamelle der gespaltenen Schenkel). m, mediale Hypodermiskappe; 4* 52 Curt Hennings, Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. 1. Tafel V. Fig. 1. Vergrößerung 25*. Topographie des Glomeridenkopfes. Fig. 2. Vergr. 125. Topographie des Tömösvaryschen Organs. Fig. 2a. Schematische Darstellung des Organs; zeigt die Richtung der durch dasselbe gelegten Schnitte (die Zahlen bedeuten die folgenden Figuren). Fig. 3. Vergr. 325. Medialer Sagittalschnitt durch das ausgewachsene Organ. Fig. 4. Vergr. 240. Erster lateraler Sagittalschnitt, halbschematisch. Fig. 5. Vergr. 240. Zweiter lateraler Sagittalschnitt, halbschematisch. Fig. 6. Vergr. 240. Transversalschnitt, halbschematisch. Fig. 7. Vergr. 50, Frontalschnitt; Innervation des Auges und des Organs. Fig. 8. Vergr. 200. Rechts, Anlage des Organs (gemeinsam mit der Augen- anlage; links, die mediale Kopfgrube und das kleeblattförmige Gebilde. Fig. 9. Vergr. 200. Mündung des kleeblattförmigen Gebildes nach außen. Fig. 10. Vergr. 200. Teilung der Sinnesplatte in -Schläfenplatte und Augen- platte. Fig. 11. Vergr. 200. Entstehung der Organhöhle (und Anlage des Sinnes- wulstes). Fig. 12. Vergr. 265. Entstehung des gezähnelten Spaltes und der Decke des Organs. Fig. 13. Schematische Darstellung der von mir vorgenommenen Rekon- struktion des Organs (im Stadium der Fig. 12). «a, erster und achter Schnitt; db, zweiter und siebenter Schnitt; c, dritter bis sechster Schnitt. Fig. 14. Vergr. 200. Ausbildung des Zahnverschlusses, des PABUCERU LS und des Nervus Tömösvaryi. Fig. 15 u. 16. Schematische Darstellungen des Organs bei seinem allmäh- lichen Übergang aus der kreisförmigen in die hufeisenförmige Gestalt. * Die Figuren wurden unter den angegebenen Vergrößerungen gezeichnet, bei der Reproduktion aber verkleinert, und zwar die Figg. 1, 3, 4, 5 auf 1), Fig. 6 auf 2/3, die übrigen auf 3/4. Ill: IV. Spinalganglienzellen des Untersuchungen über den Bau der Zelle. Von Prof. Dr. Emil Rohde aus Breslau. Mit Tafel VI und VI und 11 Figuren im Text. Inhalt. . Einleitung . II. Beschreibender Teil. 1) Bau der Sphären 2) Größe der Sphären 3) Vorkommen der Sphären . 4) Entstehung der Sphären 5) Zerfall der Sphären Vergleichender Teil: Die aus den neriallenden Shhären Be vorgehenden Kügelehen und fädigen Bildungen entsprechen den Mitochondrien und Chondromiten der Autoren . Zusammenfassung, Deutungsversuch der Befunde und Ale meines Ausführliche Maslerklärung. I. Einleitung. In der zweiten Abhandlung dieser Zellstudien! habe ich für III. Die Entstehung von Mitochondrien und Chondromiten aus eigenartigen intra- und extrazellulären »Sphären« (Idiozomen). die Frosches höchst eigenartige Bildungen ! ROHDE, Untersuchungen über den Bau der Zelle II. Über eigenartige, aus der Zelle wandernde »Sphären« und »Centrosomen«, ihre Entstehung ihren Zerfall. Diese Zeitschr. Bd. LXXV. und 54 Emil Rohde, beschrieben, welche in ihrem Bau mit den Sphären der Autoren über- einstimmen, bei demselben Objekt schon von LEexHossEk ! beobachtet, wenn auch nur unvollkommen erkannt, und ebenfalls als Sphären gedeutet worden sind. Diese Sphären der Spinalganglienzellen des Frosches bestehen aus einem größeren in der Einzahl oder Mehrzahl vorkommenden Zentralkorn und aus einem peripheren Abschnitt, der sich aus kleinen, meist radiär gestellten Körnchen zusammensetzt. Zentralkorn wie Radiärstrahlen liegen einer homogenen, schwer färb- baren Grundsubstanz eingebettet, welche besonders in der Umgegend des Zentralkorns als heller Hof deutlich hervortritt. Die Sphären des Frosches kommen in der Spinalganglienzelle öfter in der Einzahl und in zentraler Lage vor, wie dies für die Sphären von manchen Autoren, besonders LENHOSSER! als typisch angenommen wird, meist treten sie aber in der Ganglienzelle ganz exzentrisch, ferner sehr häufig in der Mehrzahl und an ganz verschiedenen Punkten des Zell- leibes, ja selbst im Kern, schließlich sogar ganz außerhalb der Zelle als selbständige Bildungen auf. Von den Sphären der Froschganglien- zelle konnte ich ferner nachweisen einerseits, daß sie sowohl in der Zelle als außerhalb derselben in kleinste Stücke zerfallen, andrerseits daß sie im Kern aus kleinsten Kügelehen neu entstehen. Da die Zerfallsprodukte der sich auflösenden Sphären und die Körnchen, aus denen die Sphären hervorgehen, etwa die gleiche Größe zeigten, so lag die Annahme nahe, daß beide identisch sind und ein voll- ständig geschlossener Entwicklungszyklus vorliegt in dem Sinne, dab die Sphären in dem Kern der Ganglienzelle aus kleinsten Kügelchen entstehen, dann in den Zellleib über- resp. aus demselben heraus- treten und schließlich in feine Kügelehen zerfallen, welche in den Zellkern zurückwandern, um hier den Ausgangspunkt einer neuen Sphärengeneration zu bilden. Diese Befunde ließen den Gedanken aufkommen, daß wir es in den Sphären der Spinalganglien des Frosches mit Parasiten zu tun haben, und auch die Sphären der Autoren vielfach im gleichen Sinne zu deuten sind, zumal manche diesbezügliche Angaben der Autoren eine solehe Annahme nicht aus- schlossen. Um zu sehen, ob diese Bildungen der Spinalganglienzellen des Frosches unter den Ganglienzellen überhaupt eine weitere Verbreitung haben, untersuchte ich die Ganglienzellen der verschiedensten Tier- ! LENHOSSEK, Centrosom und Sphäre in den Spinalganglienzellen des Frosches. Arch. f. mikr. Anat. 1895. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 55 klassen, der Polychäten (Sthenelais, Sigalion, Aphrodite), Oligochäten (Lumbricus), Crustaceen (Astacus, Homarus, Penaeus, Palaemon), In- sekten (Blatta), Mollusken (Helix, Limax, Doris, Tethys, Pleuro- branchus), allerdings von jeder Spezies nur ein oder zwei Tiere, und fand zu meiner Überraschung bei einer Meeresschnecke, nämlich bei Tethys, Bildungen von fast genau demselben Bau, welche ein Ver- halten zeigten, das mich noch tiefer in das Wesen dieser eigenartigen Gebilde eindringen ließ, und darum doppelt interessant sind, weil sie gewisse in der Neuzeit als wichtige Zellelemente beschriebene Bildungen in einem ganz neuen Lichte erscheinen lassen, ich meine die Mitochondrien und Chondromiten der Autoren. BENnDA! war der erste, der mit Hilfe bestimmter Färbungs- methoden nachwies, daß in den Spermatogonien und den Sperma- toeyten vieler Wirbeltiere und Wirbellosen neben den gewöhnlichen Zellmikrosomen färberisch von diesen sich verschieden verhaltende Körnehen vorkommen, und daß aus diesen die Spiralfaser der Säuge- tierspermien hervorgeht. Er nannte diese Körnchen Mitochondrien, weil sie die Neigung zeigten sich zu Fäden, oft streptokokkenartig, hinter einander zu legen. Auch für die somatischen Zellen nimmt BEnDA solche Mitochondrien an. Mevzs? bestätigte die Benpaschen Mitochondrien für die Samen- zellen der Wirbellosen, besonders der Mollusken und Insekten, und zeigte, daß sie auch hier eine Umhüllung des aus den Zentralkörpern hervorgehenden Mittelstückes der Samenfäden herstellen. HEIDENHAIN? wies die fadenförmigen von Mevzs als Chondro- miten bezeichneten Bildungen, zu denen die Mitochondrien oft zu- sammentreten, für die Samenzellen von Proteus nach und zwar im 1 C. BENDA, a. Neuere Mitteilungen über die Histogenese der Säugethier- spermatozoen. Verhandl. d. physiol. Ges. zu Berlin. Jahrg. 1896/1897. Nr. 6—13. 1897. b. Weitere Mittheilungen über die Mitochondria. Ibidem. Jahrg. 1898/1899. Nr. 4-7. 189. e. Über die Spermatogenese der Vertebraten und höherer Evertebraten. Ibidem. Jahrg. 1897/1898. Nr. 14—17. 1898. “ d. Über die Entstehung der Spiralfaser des Verbindungsstückes der Säuge- thierspermien. Verh. d. anat. Ges. zu Kiel. 1898. 2 FRIEDR. MevEs, Über den von LA VALETTE Ir. GEORGE entdeckten Nebenkern (Mitochondrienkörper) der Samenzellen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LVI. 1900. 3 MARTIN HEIDENHAIN, Über die Zentralkapseln und Pseudochromosomen in den Samenzellen von Proteus, sowie über ihr Verhältnis zu den Idiozomen, Chondromiten und Archoplasmaschleifen usw. Anat. Anz. 1900. 56 Emil Rohde. engsten Zusammenhang mit den Sphären, welch letztere er nach dem Vorgang von Meves hier als Idiozomen bezeichnet!. Die Mitochondrien treten bei den Samenzellen der Wirbellosen, ehe sie die Samenfäden umhüllen, oft zu einem großen einheitlichen Körper zusammen, welcher dem Nebenkern der Autoren entspricht und von Meves Mitochondrienkörper genannt wird. Auf die Beobachtungen von BENDA, MEevEs und LENHOSsER komme ich im dritten Teil dieser Arbeit noch ausführlicher zurück. Wie die zweite Abhandlung dieser Zelluntersuchungen? wird sich auch der vorliegende Aufsatz in drei Abschnitte gliedern, nämlich erstens in einen beschreibenden, in welchem ich meine Befunde an der Hand einerseits von möglichst naturgetreuen Zeichnungen, andrer- seits von Photographien, die von den verschiedensten Stadien der Sphären aufgenommen worden sind, ganz objektiv schildern werde, zweitens in einen vergleichenden, welcher besonders zeigen soll, daß die aus den Sphären hervorgehenden Kügelehen und fädigen Bil- dungen den Mitochondrien und Chondromiten der Autoren entsprechen, und drittens in einen zusammenfassenden und allgemeinen, in dem gleichzeitig eine Deutung der Befunde versucht werden wird. II. Beschreibender Teil. Bau der Sphären. Die Sphären der Ganglien von Tethys (vgl. Fig. 1a, 15 auf Taf. VI und spk in der Photographie Fig. Ta, 7b der Taf. VII) bestehen aus denselben drei Abschnitten, die wir schon bei den Sphären der Froschganglienzellen unterschieden haben, näm- lich aus einem im Innern gelegenen, meist in der Einzahl vorhan- denen und großen Zentralkorn, aus einem dasselbe umgebenden hellen Hof und aus einem breiten peripheren, aus radiär angeordne- ten Körnchen zusammengesetzten Abschnitt. Der helle, das Zentral- korn umhüllende Hof wird von einer schwerer färbbaren, homogen oder feinstgekörnt erscheinenden Substanz gebildet, welche sich ebenso wie bei den Sphären der Froschganglienzellen auch in die Peripherie der Sphäre zwischen die Radiärstrahlen fortsetzt, so daß bei den Sphären der Ganglien von Tethys gleich wie bei denen der Frosch- ganglienzelle eine einheitliche Grundsubstanz vorliegt, welcher das ! Meves selbst nennt die Sphären der Samenzellen, die er für besondere Bildungen hält, in der neuesten Zeit Centrotheken. 2 E. ROHDE, Über eigenartige aus der Zelle wandernde »Sphären« und »Centrosomen« usw. ]. c. Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. 57 Zentralkorn wie die Radiärkörnchen der Rindenschicht eingebettet sind, wie dies besonders die Fig. 1« (Taf. VI) demonstriert, welche im Bau die größte Übereinstimmung mit den Froschsphären (vgl. Fig. 1sph und Figg. 22a, 22c, 22d der Taf. XVII der zweiten Ab- handlung dieser Zelluntersuchungen !) aufweist. Die Sphäre der Fig. 1a (Taf. VI) zeigt das Zentralkorn in deut- licher Teilung begriffen (ganz ähnlich wie die Froschsphäre in Fig. 224 der zweiten Abhandlung dieser Zelluntersuchungen'!), wäh- rend in der Sphäre der Fig. 15 (Taf. VI) das Zentralkorn ganz ein- heitlich erscheint. Ferner besteht der Unterschied zwischen den beiden Figg. 1& und 15, daß der »Hof« um das Zentralkorn in Fig. 15 viel heller ist als in Fig. 1a. Die Grundsubstanz hat also offenbar in den verschiedenen Sphären eine sehr wechselnde Dich- tigkeit resp. Färbbarkeit. Die Radiärstrahlen der Rindenschicht setzen sich in Figg. 1a und 15 (Taf. VI) deutlich aus gleich großen Körnchen zusammen, genau wie bei den Sphären der Froschganglienzellen (vgl. Figg. 22a, 22c und 22d der Taf. XVII der zweiten Abhandlung dieser Zell- untersuchungen !). In fernerer Übereinstimmung mit den Sphären der Froschganglienzellen zeichnen sich oft die äußersten Körnchen der Rindenschicht durch größere Stärke und die Eigentümlichkeit aus, miteinander zu verbacken, so dab sie oft das Aussehen einer dicken Membran erhalten, die die Sphäre nach außen abschließt, wie dies zum Teil in der Fig. 1a der Fall ist (vgl. diesbez. in der zweiten Ab- handlung dieser Zelluntersuchungen! die Figg. 22c, 22d und sph der Fig. 2 der Taf. XVII). Den eben geschilderten Bau zeigen die Mehrzahl der Sphären, so auch die kleineren der Fig. 2 (Taf. VI), auf welche ich unten noch einmal zurückkomme. Von dieser Regel treten aber sehr viele Ab- weichungen auf. So trifft man öfters Sphären von dem in Fig. 1d (Taf. VI) wiedergegebenen Bau, d. h. eine verhältnismäßig nur schmale periphere Zone zeigt sich gleich dunkel und radiär gestreift wie die breite Rindenschicht in Figg. 1« und 15, der breite Innenraum wird dagegen teils von feinen hellen, bisweilen gekörnt aussehenden, ra- diären Fäden, die von den grobgekörnten peripheren Strahlen bis zum Zentralkorn ziehen (wie dies besonders auf der rechten Seite der Fig. 1d der Fall ist), teils von etwas gröberen regellos ge- lagerten Körnchen ausgefüllt (wie dies auf der linken Seite der 1 E. ROHDE, Über eigenartige aus der Zelle wandernde »Sphären« und »Centrosomen« usw. ]. c. 58 Emil Rohde, Fig. 1d hervortritt). Diese groben Körnchen sieht man aber (in Fig. 14 besonders links oben) öfter deutlich nach außen allmählich in die Radiärkörnchen übergehen, es handelt sich bei den inneren regel- losen groben Körnehen also nur um eine Auflösung der peripheren Radiärstrahlung. Dieselbe Struktur zeigt die Sphäre sph in den Photographien Sa und 85 der Taf. VI. Auch in Fig. 1e (Taf. VI), welche eine in Teilung begriffene Sphäre darstellt, ist die dunkle Radiärzone nur schwach und löst sich nach innen allmählich in ein heller erscheinendes, meist regel- ioses Körnchenwerk auf, das bis zum Zentralkorn reicht. Dagegen setzen sich in der Fig. le (Taf. VI) die dieken kurzen peripheren Radiärstrahlen nach innen überall deutlich in feine helle Fädchen fort, die am Zentralkorn inserieren, so daß die periphere Partie der Sphäre aussieht, als wenn sie aus radıär gestellten Spermatozoen ähnlichen, d. h. aus dicekem Kopf und dünnem Schwanzfaden be- stehenden Gebilden zusammengesetzt wäre. Doch muß ich bemerken, daß ich derartig gebaute Sphären nur seltener traf. Die Grundsubstanz ist auch in den zuletzt beschriebenen Sphären (Figg. 1c, 1d, le der Taf. VI) stets vorhanden, doch tritt sie zwi- schen den Fädchen resp. Körnchen nicht so deutlich hervor, wie in dem von diesen Elementen ganz freien das Zentralkorn umgebenden »Hof« der Figg. 1a und 1b. Was das Zentralkorn anlangt, so ist es stets scharf begrenzt und im Innern oft heller wie am Rande, wie dies die Figg. la—1d der Taf. VI und die Photographien Figg. 7a, 7b, Sa, 8b der Taf. VI demonstrieren. | Die Größe der Sphären ist, wie die Figg. 1 und 2 der Taf. VI und die Photographien Figg. 7a, 7b, 8a und 85 der Taf. VII lehren, welche die Sphären je bei derselben (sehr starken) Vergrößerung wieder- geben, eine sehr wechselnde. Aber selbst die kleineren, wie sie die Fig. 2 der Taf. VI darstellt, lassen oft schon sehr deutlich die typischen drei Abschnitte der Sphären, d. h. Zentralkorn, hellen Hof und Radiär- zone, letztere in etwas wechselnder Stärke, unterscheiden. Oft fehlt das Zentralkorn, der ganze Binnenraum innerhalb der dunklen Radiär- zone wird dann von einer feingranuliert erscheinenden hellen Sub- stanz erfüllt. Strukturen, wie sie die Fig. 2g, h, : der Taf. VI zeigen, sind offenbar auf oberflächliche Schnitte zu beziehen. Was das Vorkommen der Sphären anlangt, so treten sie genau wie die Sphären der Froschganglien sowohl intra- als extracellulär Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. 59 auf, im ersteren Fall selten in der Einzahl, wie z. B. in Fig. 9 (Taf. VI), sondern meist mehrere in je einer Ganglienzelle, so in den Figg. 3 (bei 5) und 12 der Taf. VI und in den Photographien Figg. 1, 2a, 2b der Taf. VIL. In manchen Ganglienzellen fehlen sie dagegen ganz, wie wir dies auch vom Frosch wissen. Die Ganglien der meisten Wirbellosen, so auch der Schnecken, bestehen bekanntlich aus einer im Innern gelegenen Zentralsubstanz, welche die Ganglienzellfortsätze und deren Auflösungsprodukte ent- hält, und aus einer die letztere einschließenden Ganglienzellschicht. Bei den Spinalganglien des Frosches, die im wesentlichen dasselbe Lageverhältnis der Ganglienzellen zu der Nervenfaserschicht wie bei den Wirbellosen zeigen, finden sich die Sphären nur in der Gan- glienzellschicht, die Sphären von Tethys treten aber nicht nur hier, sondern auch allenthalben in der Zentralsubstanz auf, und zwar so- wohl in den sehr breiten Ganglienzellfortsätzen als in der die Zwischen- räume der letzteren erfüllenden eigentlichen Punktsubstanz (LEYDIG). Fig. 5 der Taf. VI zeigt uns die Randpartie der Zentralsubstanz eines. Ganglions von Tethys, welche nur aus Ganglienzellfortsätzen besteht, und in diesen letzteren eine Menge sehr verschieden großer Sphären von typischem Bau, die größte von ihnen (rechts unten) ist durch ein verhältnismäßig sehr mächtiges Zentralkorn ausgezeichnet. In Fig. 4 (Taf. VI) treten die Sphären sowohl in den Ganglienzellfort- sätzen wie in der eigentlichen Punktsubstanz (ps) auf. Dasselbe demonstrieren die Photographien Figg. 5, 6a, 6b der Tat. 'VD. Auch im-Froschspinalganglion traf ich einmal eine Sphäre direkt an einem Ganglienzellfortsatz, wie dies Fig. 15 der zweiten Abhandlung dieser Zelluntersuchungen ! demonstriert. Ich ließ es damals unentschie- den, ob eine An- oder direkte Einlagerung der Sphäre vorliegt. Nach meinen neueren Befunden ‘bei den Teihys-Ganglien halte ich den letzteren Fall auch bei der Froschganglienzelle für sehr wohl möglich. Entstehung der Sphären. Bei der Froschganglienzelle haben die Sphären einen nucleären Ursprung, d. h. sie entstehen im Kern aus kleinsten Kügelchen, die anfangs noch ganz kompakt erscheinen, beim Größerwerden sich aber in helle Innenzone und dunkle Rinden- schieht sondern, welch letztere sich, je mehr die Sphären heran- wachsen, immer deutlicher in Körnchen differenziert, die sich schließ- lich radiär anordnen, während gleichzeitig das Zentralkorn zur Lie. 60 Emil Rohde, Unterscheidung kommt (vgl. die Fig. 21 und Figg. 4—5 der Taf. XVII der zweiten Abhandlung dieser Zellstudien!. Genau in derselben Weise entstehen die Sphären in den Tethys-Ganglien, nur mit dem Unterschiede, daß die Entwicklung nicht intranueleär, überhaupt nicht in der Zelle, sondern extracellulär erfolgt. In der Ganglienzellschicht trifft man zwischen den Ganglienzellen bei Teihys die verschieden- sten Entwicklungsstufen der Sphären ähnlich dicht zu einem Haufen zusammengedrängt, wie sie im Kern der Froschganglienzellen auf- treten. Fig. 3 (Taf. VI) zeigt uns links bei A einen solchen Ent- wicklungsherd. Die größten Sphären zeigen hier schon eine deutliche Radiärstrahlung ihrer Randzone und helle Innenschicht, je kleiner die Sphären werden, desto mehr verliert sich. diese Differenzierung, dunkle Rinden- und helle Innenzone ist zwar oft noch vorhanden, die erstere erscheint aber wie homogen; die jüngsten Sphären schließ- lich stellen genau wie beim Frosch durchweg gleichmäßig dunkle kleinste Kügelchen dar. Der in Fig. 3 (Taf. VI) bei A abgebildete Entwieklungsherd lag dieht neben einer stark von Sphären durchsetzten Ganglienzelle. Die sich vergrößernden Sphären lösen sich hier von dem Entstehungsherde los, wandern (bei ©) nach der Ganglienzelle 5 und lagern sich dieser auf der dem Entwicklungsherde zugewendeten Seite direkt an (bei %), offenbar um in sie einzudringen und hier zu typisch gebauten Sphären heranzuwachsen, wie solche zu mehreren in der Ganglienzelle selbst zur Beobachtung kommen. Haben die Sphären in den Ganglienzellen eine bestimmte Größe erreicht, so tritt ein Zerfall derselben ein, wie dies in Fig. 3 (Taf. VI) die Ganglienzelle B zeigt, die möglichst naturgetreu wiedergegeben ist. Neben den drei typisch gebauten Sphären trifft man in ihr alle möglichen Zerfallsprodukte der Sphären: das Zentralkorn wird un- deutlich, die Radiärzone zerbricht in größere oder kleinere Stücke, die auf den Schnitten als Ansammlung kurzer Stäbchen erscheinen, diese lösen sich schließlich ganz voneinander und zerfallen in Körn- chen. Alle diese Auflösungsprodukte, selbst die kleinsten isoliert liegenden Körnchen, haben das typische Färbungsvermögen der Sphä- ren und stechen deshalb überall scharf im Ganglienzellleib hervor. Dieselben Verhältnisse beobachten wir bei der Photographie Fig. 4 der Taf. VII, welche ebenfalls die Ganglienzelle B der Fig. 3 von Taf. VI, aber in einem andern Schnitt darstellt. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. 61 Die Ganglienzelle B der Fig. 3 (Taf. VI) erinnert ungemein an die Ganglienzellen des Frosches, die ich in Figg. 15 und 16 der zwei- ten Abhandlung dieser Zelluntersuchungen! abgebildet habe. Auch hier sind die Ganglienzellen von vielen Sphären durchsetzt, die fast senau in derselben Weise wie bei Teikys in kleinste Stücke resp. Kügelchen zerfallen. Genau auf die gleiche Art, wie ich es eben für die Ganglien- zelle B der Fig. 3 beschrieben habe, lösen sich auch die Sphären in der Zentralsubstanz der Ganglien von Teihys auf, und zwar so- wohl in der eigentlichen Punktsubstanz als in den diese durchsetzen- den Ganglienzellfortsätzen. Die auch hier außerordentlich mannig- faltigen Auflösungsformen der Sphären werden am besten durch die Fig, 4 (Taf. VI) erläutert, in welcher auf alle Details des Zerfalls genau Rücksicht genommen worden ist. Das Gleiche erläutert die Photographie Fig. 5 der Taf. VIL Nicht selten erfolgt dabei die Teilung der Sphbären in einer Form, die an die Karyokinese erinnert, wie z. B. bei x und y in der Fig. 4 der Taf. VI, um so mehr, da auch hier die Stäbchen der Rindenschicht durch ihre intensive Fär- bung in der Zentralsubstanz des Ganglions scharf hervortreten. Bei weiter fortgeschrittener Auflösung der Sphären trifft man von den- selben wieder nur noch verschieden große Häufchen von kurzen Stäb- chen oder gleich dunklen Körnchen. In vielen Fällen sind aber die Zerfallstadien der Sphären wesent- lich anders gebaut, wie bisher beschrieben wurde. Dies gilt besonders von den großen Sphären. Manche Sphären nehmen nämlich in der Zentralsubstanz des Ganglions einen bedeutenden Umfang an, wie dies die Figg. 6 und 7 der Taf. VI (bei spk) und die Photographie Fig. 10 der Taf. VII (bei sp%’) demonstrieren, die je eine solche Sphäre samt einem Teil der sie umgebenden Zentralsubstanz darstellen. In Fig. 6 (Taf. VI) erscheint die Sphäre noch ziemlich einheitlich, aber im Bau gegenüber dem gewöhnlichen Sphärentypus schon stark verändert. Vom Zentral- korn ist nichts mehr zu entdecken, auch die Grundsubstanz ist im Innern verloren gegangen, sie findet sich nur noch in der breiten Rand- zone. In der letzteren stechen zwar Körnchen deutlich hervor, diese sind aber nicht mehr radiär, sondern größtenteils scheinbar ganz regel- los durcheinander gewürfelt. Links unten hat sich noch auf eine ganz kurze Strecke der normale Bau der Rindenschicht etwas deutlicher er- halten, während man auf der rechten Seite eher den Eindruck gewinnt, 1]. e. 62 Emil Rohde, als ob eine einzige Lage von groben Körnchen vorliegt, die eine viel- fach sich nach innen faltende Randschicht bildet. In Fig. 7 (Taf. VI) ist dagegen die etwa gleich große Sphäre in der eigenartigsten Weise schon größtenteils vollständig zerfallen und in Einzelkörnchen aufgelöst, die sich in der Zentralsubstanz zer- streuen, aber deutlich an vielen Stellen sich noch fädig hintereinander ordnen. Nur auf der linken Seite zeigen zwei benachbarte kleine Randstücke der Sphäre noch annähernd den charakteristischen Sphärenbau. Noch merkwürdiger gestaltet sind die Sphären a, db, c,d,e, f der Fig. 8 (Taf. VI), welche gleichfalls der Zentralsubstanz ange- hören. Die Sphäre a sieht mehr wie eine leere, diekwandige Kap- sel aus, die aber stellenweise noch deutlich ihre Zusammensetzung aus groben Körnchen erkennen läßt. Denken wir uns in der Fig. 6 (Taf. VI) die die Sphäre nach außen begrenzenden einreihig neben- einander gelagerten groben Körnchen miteinander verbacken, so würde eine ähnliche Kapsel oder Membran entstehen, wie sie uns die Sphäre a der Fig. 8 (Taf. VI) zeigt. In der Sphäre Fig. 6 faltet sich die Körnerlage nach innen stellenweise ein, was schon oben bemerkt wurde. Dasselbe gilt von der Kapsel der Sphäre « in Fig. 8, wie rechts oben deutlich zu beobachten ist. Auch im Innern der Kapsel treten Körnchen resp. gekörnte Fädchen auf, wenn auch nur ganz vereinzelt. Das Zentralkorn fehlt in der Sphäre a von Fig. 8, ebenso wie in der Sphäre der Fig. 6. Auch die Grundsubstanz ist verschwunden. Die Sphäre 5 der Fig. 8 (Taf. VI) erinnert noch an die eben beschriebene Kapsel a, nur ist ein starker Zerfall derselben erfolgt. Die vier übrigen Sphären c, d, e, f der Fig. 8 ähneln dagegen mehr der Sphäre der Fig. 7, man sieht statt der Sphäre meist nur eine Menge Körnchen, welche entweder ganz regellos durcheinander liegen oder sich zu Fäden anordnen. Oft erkennt man, dab diese Fäden an ihrem Ende zu diekeren Bläschen anschwellen, wie dies z. B. die Sphäre c zeigt. An verschiedenen Stellen der Zentralsubstanz sieht man in Fig. 8 schließlich kleine Körnchenpakete oder Einzelkörnchen von dem für die Sphären typischen Färbungsvermögen. Zweifellos sind diese auch aus den zerfallenden Sphären hervorgegangen. Sphären derselben Art wie a«—f von Fig. 8 der Taf. VI sehen wir in der Photographie Fig. 9 der Taf. VII bei spA. Ganz ähnliche Auflösungsbilder der großen Sphären, wie ich sie Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. 63 eben für die Zentralsubstanz geschildert habe, kehren auch in den Ganglienzellen wieder. Fig. 14 (Taf. VI) zeigt uns einen Teil einer von Sphären erfüllten Ganglienzelle: die beiden größten Sphären a und 5 sehen wie ein Gerüstwerk von Fäden aus, die teilweise noch deutlich gekörnt und dadurch bemerkenswert sind, daß sie an ihren _ freien Enden oft wieder (vgl. in Fig. 8 der Taf. VI Sphäre c und das eben über dieselben Gesagte) zu größeren oder kleineren Bläs- chen anschwellen, die eine dunkle Randschicht und helle Innen- schicht unterscheiden lassen. In der Sphäre 5 (Fig. 14, Taf. VI) be- merken wir rechts oben bei x eine größere Kugel von demselben Bau mitten zwischen dem Fädenwerk der Sphäre, sie ist offenbar eins der eben beschriebenen kolbig angeschwollenen Endbläschen der Fäden, das sich bereits abgeschnürt hat. Bei c sehen wir in der Fig. 14 den Rest einer Sphäre, der nur noch aus mehreren dunkel- randigen Bläschen besteht, die zum Teil durch etwas dünnere Fäden verbunden sind. Schließlich finden wir im Ganglienzellleib allent- halben eine Unmasse sehr verschieden großer Kügelchen oder Bläs- chen (mt), die alle dasselbe Färbungs- und Lichtbrechungsvermögen wie das Fäden- resp. Gerüstwerk der Sphären « und 5b besitzen, zum sroßen Teil genau wie die Endbläschen der Sphärenfäden dunkle Randschicht und helle Innenzone und erstere oft deutlich in kleinere Stücke zerfallen zeigen, zum Teil aber ganz homogen erscheinen. Diese freien Kügelchen resp. Bläschen (mt), welche den Ganglienzell- leib erfüllen und Zerfallsprodukte der Sphären darstellen, entsprechen den Mitochondrien der Autoren, während die Fädenbildungen (chm), die in den zerfallenden Sphären (z. B. bei « und 5 von Fig. 14 und bei @ und 5 in Fig. 8) auftreten, den Chondromiten der Autoren iden- tisch sind, wie ich im dritten Teile dieser Arbeit darlegen werde. Fig. 12 und 15 der Taf. VI stellen zwei andre Ganglienzellen je etwa zur Hälfte dar, in denen die sich auflösenden Sphären wieder noch in andrer Form erscheinen, als wir es eben für Fig. 14 kennen gelernt haben. In Fig. 12 zeigen auf der rechten Seite die Sphären « und b noch fast den typischen Bau, d.h. ein scharf her- vortretendes Zentralkorn, teilweise (besonders in der Sphäre b) noch eine radiäre Anordnung der Körnchen und deutlich die Grundsub- stanz zwischen den Körnchen. In der Sphäre 5 sind die äußersten Körnehen der Randzone durch bedeutendere Stärke gegenüber den inneren mehr oder weniger radiär gestellten ausgezeichnet, wie wir dies bei den ganz normalen Sphären, z. B. in Fig. 1a auch getroffen haben; noch stärker tritt dies in der Sphäre a hervor, die inneren 64 Emil Rohde, Körnchen erscheinen hier ganz regellos, reichen aber genau wie die radiär gestellten der Sphäre 5 bis zum Zentralkorn. Ein eigentlicher Hof kommt in den beiden Sphären « und d nicht mehr zur Ausbildung, d. h. die Grundsubstanz ist in der ganzen Ausdehnung der Sphäre gleichmäßig von Körnchen durchsetzt. Weiter ist die Auflösung der Sphäre e in Fig. 12 geschritten, hier sehen wir die äußersten Körn- chen an einigen Stellen sich mehr oder weniger konzentrisch zu Fäden anordnen, wie wir es in erhöhtem Maße bei den Sphären a, b, c, dunde der Fig. 8 getroffen haben. In noch stärkerem Zer- fall als Sphäre c befindet sich die Sphäre d in Fig. 12, sie zeigt stellenweise noch eine deutliche radiäre Anordnung der Körnchen und die äußersten Körnchen der Radien wieder als die stärksten, während in der Sphäre g eine Anzahl ebenfalls fadenbildender Körn- chen an der äußeren Peripherie der Sphäre ab- und in den Zellleib übertreten. In der Sphäre %, welche noch weiter zerfallen ist, haben sich die Körnchen zu einer S-förmigen Fadenfigur vereinigt. Die sroben Körnchen dieser $-Figur erscheinen wieder zum Teil schon deutlich bläschenförmig, d. h. mit dunklem Rand und hellem Innen- raum. Dasselbe gilt übrigens auch für viele Körnchen der eben be- schriebenen Sphären a, b, c, dund g. Sehr deutlich tritt dieses auch bei dem Sphärenrest e in Fig. 12 hervor, der nur noch aus mehreren etwas größeren Bläschen besteht, die mehr oder weniger eng in . Zusammenhang miteinander stehen und die ursprüngliche Grundsub- stanz der Sphäre noch zwischen sich unterscheiden lassen. Beson- ders instruktiv ist auch die Sphäre f in Fig. 12. Hier besteht der untere Teil noch aus kleineren teilweise radiär angeordneten Körn- chen, während an der oberen Seite der Sphäre sich dieke Bläschen oder Körnchenmassen ablösen, welche genau das Aussehen der Mito- chondrien (rt) haben, die in der Fig. 12 ebenso wie in der eben besprochenen Fig 14 den Zellleib der Ganglienzelle allenthalben erfüllen und öfter fädig hintereinander geordnet erscheinen. Bemerken will ich, daß unter den kleinen Mitochondrien sich öfter solche finden, die in der Färbung stark nachlassen und fast das Aussehen der gewöhnlichen Zellmikrosomen annehmen. Ganz ähnlich wie in der Fig. 12 liegen die Verhältnisse der Sphären in der Fig. 13. Besonders instruktiv sind hier die Sphären a und b, da sie deutlich die Auflösung in Mitochondrien und die Los- trennung derselben von den Sphären zeigen. Die Sphären a und b weisen ferner neben den Bläschen noch deutlich die fast ganz homogene Grundsubstanz auf, welche wesentlich anders als das umgebende Untersuchungen über den Bau der Zelle. Ill. 65 Zellprotoplasma aussieht. Bei c (Fig. 13) sehen wir in der schon stark zerfallenen Sphäre noch deutlicher als in der Sphäre d der Fig. 12 eine radiäre, d. h. wieder fadenartige Anordnung der Körnchen und die Ablösung der äußersten und wieder gröbsten Körnchen resp. Bläschen von den Radien, ferner als Ausgangspunkt der Radien noch deutlich das Zentralkorn. Sphären derselben Art, wie wir sie in den Ganglienzellen der Figg. 12—14 von Taf. VI kennen gelernt haben, zeigen uns die als Figg. 1, 2a, 25 in der Taf. VII photographierten Ganglienzellen bei schwächerer Vergrößerung. Auch hier kommen die Sphären (sph, sph') je zu mehreren in der Ganglienzelle vor, teils lassen sie noch deutlich die drei typischen Abschnitte, d. h. Zentralkorn, hellen Hof und Rinden- schieht unterscheiden, teils sind sie schon mehr oder weniger stark in der eben geschilderten Weise zerfallen, wie man besonders mit Hilfe der Lupe beobachten kann. Eine wieder etwas andre Auflösungsform der Sphären lernen wir in den Figg. 10 und 11 der Taf. VI kennen. Hier treffen wir den Ganglienzellleib allenthalben durchsetzt von bald größeren, bald kleineren Häufchen (mA) ziemlich gleich grober Körnchen von dem typischen Färbungsvermögen der Sphären resp. ihrer Auflösungs- | produkte, wie wir sie in den Figg. 12—14 gefunden haben. Diese Körnchenhaufen (mAh) sind meist von einem hellen Raume umgeben, welcher gegen die Zellsubstanz scharf, oft fast wie durch eine Mem- bran, abgesetzt scheint, infolgedessen die Körnchenhaufen doppelt scharf hervortreten. Diese Körnchenhaufen sind ebenfalls nur Zer- fallprodukte von größeren Sphären. Fig. 11 enthält neben den kleinen Körnchenhaufen eine große Sphäre (spk) mit noch deutlichem Zentralkorn, die vollständig in Körnchen von derselben Stärke, Fär- bung und Lichtbrechung zerfallen ist, welche die Körnchen der kleinen Haufen charakterisiert. Die Körnehen weisen in der Sphäre (spk) stellenweise noch eine deutliche radiäre oder fädige Anordnung auf. Eine Sphäre derselben Art und Größe tritt in der kleinen Gan- glienzelle Fig. 9 (spk) auf. Dieselbe zeigt noch schärfer wie in Fig. 11 das Zentralkorn und die radiäre Anordnung der Körnchen, ferner aber, was sehr wichtig ist, eine deutliche Neigung in zwei Stücke zu zerfallen. Durch weitere Teilungen gehen dann aus solchen großen Sphären die eben beschriebenen Körnchenhaufen (mA) hervor. Gleiche Körnchenhaufen wie in den Zellen Fig. 10 und 11 der Taf. VI erblicken wir in der als Fig. 3 auf Taf. VII photographierten ganz oberflächlich getroffenen Ganglienzelle bei mh. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 5 66 Emil Rohde, Ich habe im vorhergehenden betont, daß die Sphären und ihre Zerfallsprodukte außer durch stärkeres Lichtbrechungsvermögen auch durch eine besondere Färbbarkeit gegenüber dem gewöhnlichen Zell- protoplasma charakterisiert sind und deshalb gegen das letztere überall außerordentlich scharf abstechen. Am deutlichsten treten sie auf den mit Jodgrünfuchsin behandelten, in Glyzerin liegenden Sehnitten hervor, die sehr stark verblaßt sind. Hier erscheinen die Kerne der Ganglienzelle helllila, der Ganglienzellleib mattrosa, die Sphären dagegen in einer intensiven blaurötlichen Färbung. Doch zeigen die Sphären in den verschiedenen Stadien des Zerfalls bis- weilen eine etwas wechselnde Nuance dieses Farbentons. Die freien, d. h. intercellulären Sphären (Figg. 1 und 2, Taf. VI) und die in der Entwicklung begriffenen (Fig. 3 der Taf. VI bei A) zeigen ebenso wie die durch einfachen Zerfall der Rindenschicht in kleine Körn- chen sich auflösenden meist kleineren Sphären, wie sie die Gan- slienzelle B der Fig. 3 (Taf. VI) und die Zentralsubstanz der Fig. 4 . (Taf. VI) enthalten, alle den gleichen mehr ins bläuliche gehenden Farbenton, dagegen nehmen die größeren bei ihrem Zerfall sich stark verändernden Sphären, d. h. besonders die in Mitochondrien mt (die Sphären «—g in den Figg. 12—14 der Taf. VI) oder in Körnehen- haufen mh (Figg. 10 und 11 der Taf. VI) sich auflösenden Sphären öfter eine mehr rötliche Nuance und die größeren Mitochondrien wie- der nicht selten einen etwas andern Farbenton an als die kleineren, doch stets so, daß diese verschieden gefärbten Zerfallsprodukte der Sphären durch alle Zwischenglieder miteinander verbunden sind. Nach Behandlung mit Hämatoxylin (DELAFIELD) bleiben die Sphä- ren und alle ihre Zerfallprodukte fast ungefärbt (vgl. die Photogra- phie Fig. 3 auf Taf. VII) und erscheinen in einem etwa gelblich- grünen Tone, während der Ganglienzellkern einen dunkelblauen und der Zellleib einen lila Farbenton annimmt, und zwar zeigen intra- wie extracelluläre Sphären und von letzteren sowohl die intercellulä- ren wie die in der Zentralsubstanz auftretenden Sphären resp. ihre Zerfallprodukte stets fast denselben gelblichen Ton. Auch auf den Hämatoxylinschnitten sondern sich also die Sphären samt den aus ihnen hervorgehenden Mitochondrien resp. Chondromiten scharf vom Ganglienzellprotoplasma, lassen aber die. feinen Details ihres Baues nicht so deutlich erkennen wie bei den Jodgrün-Fuchsinschnitten. Übrigens nehmen auch bei den Hämatoxylinpräparaten die Mitochon- drien, je größer sie werden, einen mehr blaßgelben Farbenton an, ebenso verliert sich auch bei den Körnchenhaufen mA» bisweilen der Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. 67 intensiv grünlichgelbe Ton, der sie in der Regel auszeichnet, und. zwar scheinbar um so mehr, je kleiner die Häufchen werden. Es treten also offenbar bei den Mitochondrien nach ihrer Ablösung von den Sphären chemische oder vielleicht auch physikalische Verände- rungen ein. Bemerken will ich zum Schluß noch, daß bei den Sphären von Teihys, besonders den extracellulären, genau wie bei den Sphären der Froschspinalganglien Zweiteilungen vorkommen, durch welche eine Vermehrung der Sphären, nicht aber ein Zerfall der Sphären eingeleitet wird, wie dies die Fig. Le der Taf. VI erläutert, welche große Überein- stimmung mit manchen Sphärenbildern der Figg. 16—-18 der Taf. XVII der zweiten Abhhandlung dieser Zelluntersuchungen! zeigt. III. Vergleichender Teil: Die bei Tethys aus den zerfallenden Sphären hervorgehenden Kügelchen und fädigen Bildungen entsprechen den Mitochondrien und Chondromiten der Autoren. Die eben im zweiten Teil beschriebenen Sphären von Tethys sind zweifelsohne denen der Spinalganglien des Frosches an die Seite zu stellen. Beide bestehen (vgl. Figg. 1 und 2 der Taf. VI und in der zweiten Abhandlung dieser Zelluntersuchungen! die Figg. 224 —22d der Taf. XVII) aus einem Zentralkorn, aus radiär angeordneten peri- pheren Körnchen und aus einer homogenen Grundsubstanz, welche be- sonders in der nächsten Umgebung des Zentralkorns als heller Hof zur deutlichen Beobachtung kommt, beide kommen extra- und intracellulär vor, beide zerfallen in kleine scheinbar strukturlose Kügelehen und sehen aus solchen wieder hervor und zwar mit genau denselben Strukturveränderungen, beide stechen durch Färbung als besondere Elemente dem Zellleib und Zellkern gegenüber hervor usw. Von den Sphären des Frosches habe ich in der zweiten Ab- handlung dieser Untersuchungen! ausführlich gezeigt, daß sie vielen Sphären der Autoren durchaus gleich gebaut sind und zweifelsohne auch diesen identisch sind. Also sind auch die Sphären von Tethys den Sphären vieler Autoren gleich zu setzen. In diesem dritten Teile meiner Arbeit will ich nachzuweisen versuchen, daß die von mir im zweiten Teil beschriebenen, in den Gan- slienzellen von Tethys auftretenden eigenartig gefärbten Kügelchen, 1,r.6; 68 Emil. Rohde, welche aus den zerfallenden Sphären hervorgehen, den Mitochondrien der Autoren, resp. die fädigen Strukturen, welche die zerfallenden Sphären oft annehmen, den Chondromiten der Autoren entsprechen. Nach dieser Richtung ist besonders interessant die Arbeit von HEIDENHAIN!, mit der ich mich bereits in der zweiten Abhandlung dieser Zelluntersuchungen? beschäftigt habe. HEIDENHAIN gibt in dieser Arbeit mit einer dankenswerten Genauigkeit alle Einzelheiten der Mitochondrien, resp. Chondromiten an. Seine Beobachtungen be- ziehen sich auf die Samenzellen von Proteus. Hier kommen nach HEIDENHAIN typische, mit Zentralkorn versehene große Sphären vor, welche an ihrer Oberfläche von einem stark färbbaren Fadenwerk umhüllt werden, das HsiDENnHAIN infolge seiner Beziehungen zu den Sphären als Zentralkapsel bezeichnet. Ähnliche Fäden, wie sie die Kapsel bilden, fand HEIDENHAIN oft in weiterer Entfernung von den Sphären, meist regellos durcheinander liegend, oft aber noch in einer Anordnung, die auf ihre Zusammengehörigkeit mit den Sphären hindeutete. Infolge ihres chromosomenähnlichen Aussehens nennt sie HEIDENHAIN Pseudochromosomen. Ich gebe einen großen Teil der einschlägigen Figuren HEIDENHAINs diesmal als Textfig. A—D wieder. Die Beschreibung, welche HEIDENHAIN in seinen Zentral- kapseln und Pseudochromosomen gibt, deckt sich teilweise fast vollkommen mit den Strukturen, welche die zerfallenden Sphären von Tethys in vielen Fällen annehmen. Er sagt S. 518: »Ich be- trachte als spätere Zustände die übergroße Mehrzahl der in meinen Präparaten vorhandenen Spermatocyten, deren Plasma sich bei der Eisen-Hämatoxylinfärbung mehr oder weniger extrahieren läßt, bei denen aber zwei Klassen von Körpern in völlig geschwärztem Zu- stande zurückbleiben, nämlich I. chromosoma- oder schleifenartige Fäden (Fig. 35)3, welche, wie der erste Blick lehrt, im Protoplasma, außerhalb des Territoriums der Sphäre liegen; II. kern- oder spirem- artige Körper (Fig. 1, 2, 3A)* von sehr verschiedener Bildung, welche, je einer in einer Zelle, — anscheinend — auf dem Territorium der Sphäre gelegen sind, bezw. diese einschließen (Fig. 145, der fragliche Körper im optischen Durchschnitt). Die ad I. genannten Bildungen ! M. HEIDEnHAIN, Über die Zentralkapseln und Pseudochromosomen usw. Anat. Anz. 1900. 1:8; meiner Textfigur D. meinen Textfiguren A, 5, C. 2 3 4 5 meiner Textfigur 41. | Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. 69 können füglich, wenn man per exelusionem schließt, nichts andres sein als die »Chondromiten« von BENDA-MEvVES, welche aus einer | Fig. C. Fig. D. Fig. A—D aus M HiıpenHam, Über die Zentralkapsel und Pseudochromosomen in den Samenzellen von Proteus, sowie über ihr Verhältnis zu den Idiozomen, Chondrumiten und Archoplasmaschleifen usw. Anat. Anzeiger 1400. Fig. A2—4. Zentralkapseln aus den Sumenzellen von Proteus; die Sphäre sph ist bei Fig. 47 erhalten, bei Fig. A2 4 verloren gegangen. Vergr. 2500. Fig. B. Samenzelle von Pıwteus. Die Zentralkapsel befindet sich in dem Zustand, in welchem ihre Zusammensetzung aus einzelnen schleifenartıgen Fäden (Pseudochromosomen oder Chondromiten erkennbar wird. Vergr. 25u0. Fig. C und D. Zwei Samenzellen von Protens. In Fig. C steht an Stelle des Idiezoms ein spiremartiger Körper, welcher aus der Einfaltung einer fädigen Kapsel hervorgegangen ist. In Fig. D sieht man die Pseudochromosomen des Zellplasmas rings um das Idiozom herum liegen, linearen Zusammenreihung der Mitochondrien (spezifischen Cytomikro- somen) hervorgehen. Sie stimmen mindestens teilweise überein mit den von HERMANN sogenannten »Archoplasmaschleifen«, und: bei 70 Emil Rohde, meinem Objekte sehen sie in den typischen Fällen derartig chromo- somenähnlich aus, daß ich sie einstweilen — nur für den Gebrauch dieses Artikels — mit dem Namen Pseudochromosomen belegen will; was für eine Bezeichnung in Zukunft gebraucht werden kann, das wird sich wohl erst nach weiteren Untersuchungen und nach einer völligen Identifizierung aller in Frage kommenden Bildungen heraus- stellen. Die ad II genannten kern- oder spiremartigen Körper gehen, wie ich glaube, ebenfalls aus der Aneinanderreihung der Mitochon- drien hervor. In den einfachsten Zuständen sehen sie aus wie eine tiefschwarz gefärbte, durchlöcherte Kapsel (Fig. 1)!, und diese schließt dann das Idiozom in sich ein (sofern das letztere überhaupt wahr- nehmbar ist). Diese Gebilde sind wesentlich das gleiche wie die von BALLowıTz aus den Zellen des DEsScEmETschen Epithels beschriebe- nen Faserkörbe«. S. 519: »Zur weiteren Charakteristik muß ich so- gleich erwähnen, daß jene schleifen- oder fadenartigen Bildungen — Pseudochromosomen — bei weitem nicht in allen Spermatocyten vorkommen, daß dagegen die kapsel-, kern- oder spiremartigen Körper überall vorhanden sind (bei den Zellen des nämlichen Ent- wicklungsstadiums). Beiderlei Gebilde halten die Hämatoxylin-Eisen- farbe enorm fest, und bei energischer Extraktion derselben gibt der Kern sie bei weitem früher ab. Nach dieser vorläufigen Orientierung gehen wir zunächst auf die im Umfang oder an der Stelle der Sphäre gelegenen zentralen kernartigen Körper näher ein. Das morpho- logische Wesen dieser Körper wird am leichtesten aufgefaßt und er- kannt in den Fällen, in denen es sich um kugelrunde oder ovoide, gefensterte Kapseln — Zentralkapseln — handelt.« S. 519: »Diese Kapseln sind nun in meinen Präparaten häufig überfärbt, total schwarz, und gestatten keinen Einblick ins Innere. Ist der Ausziehungsgrad günstig, so treten die Fenster hervor. Diese sind im Gegensatz zu den Faserkörben (Centrophormien) der Descemerschen Epithelzellen gewöhnlich klein, daher der Eindruck einer Hülse, einer Schale, einer Kapsel in den meisten Fällen der vorherrschende ist. In vielen Fällen nehmen sich die Öffnungen der Kapsel wegen ihrer Kleinheit, selbst bei 1000facher Vergrößerung, nur so aus wie feine Poren, so daß man, weil nur sehr wenig Licht durch das Gebilde hindurchdringen kann, den Inhalt der Kapsel nicht zu erkennen vermag. Die von mir gegebenen Abbildungen (Fig. 1)! zeigen schon Fälle, wo die Fenster relativ groß sind. Die zwischen den Fenstern gelegenen ı = meiner Textfigur 4. Untersuchungen über den Bau der Zelle. II. Zi Züge der Kapselsubstanz sehen daher hier schon mehr aus wie ana- stomosierende, flache Bänder. In Fig. 1 DB! sieht man eine Kapsel, deren obere Hälfte weggeschnitten ist: bei Fig. 1 CO? ist sowohl oben wie unten ein Stück fortgeschnitten, in Fig. 1 D®? wiederum nur ein Stück der oberen Hälfte. Diese Fälle führen zu andern hinüber, bei denen die Kapselwand mehr wie ein Gitterwerk aussieht (Faserkörbe, Centrophormien von BALLowIrz), wobei die Balken des Gitters wie rundliche Fäden erscheinen. In den extremen Fällen sieht es so aus, als seien diese Fäden in geschwungenen, schleifenartigen Linien über die Oberfläche eines kugelartigen Körpers hinweggebogen, nur daß man eigentümlicherweise in den meisten Fällen das jedenfalls ab origine in der Kapsel eingeschlossene Idiozom nicht mehr gewahren kann. Zwei Zellen, die sich derartig verhalten, habe ich in Fig. 24 abgebildet. Dazu muß ich jedoch bemerken, daß die schleifen- oder chromosomaartigen Bildungen, die man dort sieht, nur scheinbar völlig voneinander isoliert sind, daß sie vielmehr unter sich zu- sammenhängen. In der Zelle rechts konnten diese Brücken zwischen den einzelnen Fäden recht gut wahrgenommen werden. Soviel sieht man jedoch sofort, dab hier die Fäden der Zentralkapsel individuali- sierte Gebilde sind, und die Analogie mit den Pseudochromosomen, welehe in manchen Fällen direkt neben der Zentralkapsel gelegen sind, springt sogleich ins Auge. Da diese Zentralkapseln ganz ge- nau die Lage und auch beiläufig etwa die Größe gewöhnlicher Sphären haben, wie man sie sonst bei Geschlechtszellen, Leukocyten und Bindegewebszellen findet, so wird jetzt zunächst das Verhältnis zwi- schen Sphäre (Idiozom) und Zentralkapsel genauer zu bestimmen sein. Im ersten Augenblick nach der Auffindung der Dinge (Anno 1894) glaube ich, daß die Kapsel eine Differentiation innerhalb der Van BE- NEDENSchen Körnerlage sei; denn es sah mir so aus, als setze sich die Kapsel aus einzelnen Körnern zusammen. Indessen habe ich mich später überzeugt, daß die Kapseln mit der Sphäre (Idiozom) direkt nichts zu tun haben. Vielmehr steckt die Sphäre in der Kapsel drinnen (Fig. 1 A)5. Ich habe unter anderm Fälle gesehen, wo die Sphäre bedeutend kleiner war als die Kapsel, ganz lose in ihr lag und selbst wiederum einen dunklen Randkontur zeigte, der meiner meiner Textfigur A2. meiner Textfigur A3. meiner Textfigur A4. ie eine von ihnen ist als Textfigur B abgebildet. meiner Textfigur 47. Sa 1 2 3 4 B) | 72 Emil Rohde, Auffassung nach das Analogon des VAn BENEDENSchen Stratums ist. Daß die Sphäre etwas andres ist, als die Kapsel, geht auch schon daraus hervor, daß in den Fällen, in denen die Kapsel sich zu Spitzen auszieht oder knospenartige Buckel treibt, die Sphäre diese Umgestaltung der Form nicht mitzumachen braucht, vielmehr ihre rundliche Form beibehalten kann; gleichwohl sehe ich sie in andern Fällen der Deformation der Kapsel folgen. Daß die Sphäre (Idio- zom) nur in seltenen Fällen innerhalb der Kapsel zu finden war, wurde schon erwähnt. Meist erschien die Kapsel ganz leer oder ent- hielt nur einige undeutliche Körnchen, die ich für meinen Teil nicht mit Sicherheit als Zentralkörper zu identifizieren vermag. Auch BArLowırz fand innerhalb seiner Faserkörbe schlechterdings nichts von der Sphäre, glaubt hingegen die Zentralkörper überall gefunden zu haben. Bei meinem Objekt sah die Sphärensubstanz, wenn vor- handen, eigenartig grau aus (nach Eisen-Hämatoxylinfärbung), dabei klar und homogen, und füllte in den gewöhnlich vorkommenden Fällen die Kapsel aus, so daß man, wenn nur solche Bilder vorgelegen hätten, darüber im Zweifel hätte bleiben müssen, ob die Kapsel ein Teil der Sphäre ist oder nicht. War die Sphäre vorhanden, so war auch das Mikrozentrum meist ganz deutlich. Ich glaube also, daß die Kapsel eine konzentrische Differentiation des Zellenprotoplasmas ist; nach Bildern wie sie in Fig. 2! vorliegen, muß man annehmen, daß in ihre Bildung eine Reihe von Chondromiten oder Pseudochromosomen eingegangen sind. Dabei muß ich es dahingestellt sein lassen, ob die Chondromiten das erste waren und in die Kapsel sich verwan- deln, oder ob es die Kapsel ist, welche gelegentlich sich in die Chondromiten zerlegt. Die wahre historische Reihenfolge vermag ich, wie oben schon zugegeben wurde, nicht mit Bestimmtheit herzustellen. Die bisher betrachteten, durchaus regelmäßigen, kugeligen oder ovoi- den Formen der Zentralkapseln finden sich in meinen Präparaten im ganzen Selten; es herrschen die unregelmäßigen Formen vor, wenn- gleich viele nur wenig von der rundlich begrenzten Gestalt abweichen. In den einfachsten Fällen sieht die Oberfläche der Kapsel wie höck- ig aus, der Kontur der Kapsel gewinnt ein knittriges Ansehen. Längere, spitzig zulaufende Ausziehungen sind seltener (Fig. 1 C)2 Dagegen sind ungemein häufig alle möglichen Formen von finger-, röhren- oder knospenartigen Hervortreibungen. Da diese Dinge schwie- rig zu zeichnen sind, so habe ich einstweilen nur eine Kapsel 1 2 meiner Textfigur D. meiner Textfigur 43. II Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. 73 abgebildet, die eine einzelne regelmäßige, knospenartige Exkreszenz trägt (Fig. 1 D)!. Die Knospen scheinen unter Umständen sich ab- schnüren zu können; man sieht sie dann wie kleine Ringe oder Bläschen neben der Zentralkapsel liegen. Die hierzu gehörigen Übergangszustände sind in feingestielten Knöspchen gegeben. Ehe wir nun fortfahren, die wahrhaft proteusartigen Umwandlungen der Zentralkapsel weiter zu verfolgen, möchte ich die Frage aufwerfen, ob die Kapseln vollständige, allseitig geschlossene Membranen, wahre Kapseln im eigentlichen Sinne des Wortes sind, in welchem Falle dann die »Fenster« durch ein feinstes Häutchen geschlossen sein müßten, oder ob die Kapselwand, wie bisher angenommen wurde, nach Analogie eines Maschenwerkes gebaut ist. Wenn nur solche Fälle vorkämen, wie die in Fig. 2? gezeichneten, so würde man diese Frage gar nicht aufwerfen. Die chromosomaartigen Fäden er- scheinen dermaßen individualisiert, daß das Vorhandensein einer membranartigen Verbindung der fadigen Teile eigentlich gar nicht vermutet werden kann. Wenn derartige Kapseln Protuberanzen trei- ben, so nehmen sich diese lediglich -aus wie ösen- oder schleifenartig hervortretende Windungen jener Pseudochromosomen. Ganz anders liegt die Sache bei den in Fig. 13 abgebildeten Kapseln und bei jenen so überaus häufigen Extremen der Reihe, wo die Kapselwand nur feine, porenartige Öffnungen zeigt. Hier kann ich, wenn ich alle Voreingenommenheit beiseite lasse, nur sagen, daß die färbe- rischen Erscheinungen auf einen membranösen Verschluß der Fenster deuten. Oder es ist vielleicht besser, nicht von eigentlichen Mem- branen zu reden, sondern zu sagen, daß anscheinend in der Ebene der Fenster eine ein wenig stärker färbbare plasmatische Materie gelegen sei. Sind die Kapseln total überfärbt, so treten die Fenster überhaupt nicht hervor; wird stärker extrahiert, so hat man den Eindruck einer allmählichen Aufhellung der Fenster, welche zuerst stark dunkelgrau, später heller erscheinen. Treiben solche Kapseln knospen- oder fingerartige Fortsätze, so hat man den Eindruck von wirklichen Bläschen oder feinsten Röhrchen, welch letztere etwa an einen Handschuhfinger erinnern. Man hat also gerade nicht jenen ösen- oder schleifenartigen Charakter der Protuberanzen, welcher bei den Gitterkapseln von der Art der Fig. 2 oftmals so deutlich hervor- tritt.« 8. 523—524: »Die Metamorphose der Kapseln und Faserkörbe 1 2 3 meiner Textfigur A4. meiner Textfigur 2. meiner Textfigur A. le 14 Emil- Rohde, bestehen nicht nur darin, daß sich an ihnen Exkreszenzen heraus- bilden (in Form von Knospen, fingerartigen Fortsätzen usw.), sondern die Kapselwand wird auch ungemein häufig nach einwärts eingefaltet. Die Formen, die hier zutage treten, sind im übrigen ungemein wechselnd. . Ein besonderes Interesse beanspruchen jedoch die Fälle, in welchen die Bälkchen der Kapselwand mehr fadenartig sind und den Chondromiten oder Pseudochromosomen gleichen. Tritt hier das Phänomen der Einfaltung der Wand ein, so werden die Fädchen des Gitterwerks in der Richtung nach einwärts scharfwinklig ein- seknickt. Hierdurch kommt es zu einer Beschränkung jenes Raumes, in welchem sonst das Idiozom liegt; in den extremen Fällen ver- schwindet der Binnenraum der Kapsel, welcher nun von Bestand- teilen der Kapselwand, bezw. den Fädchen des Faserkorbes durch- zogen wird. Hieraus ergeben sich Bilder, die Kerngerüsten oder Spiremen gleichen.« S. 524: »Das vorläufige Resultat wäre also, daß die als Chondromiten angesprochenen Fäden der Kapselwand, — Pseudochromosomen meiner Ausdrucksweise, nunmehr einen Körper bilden, der an Stelle der Sphäre steht, und sich kern- oder spirem- artig ausnimmt. Wo das Idiozom samt seinen Zentralkörpern dabei hinkommt, das kann ich einstweilen nicht sagen.« Von dieser Beschreibung HEIDENHAINs interessieren uns beson- ders folgende Angaben. HEIDENHAIN bemerkt, daß die Chondromiten im einfachsten Falle wie eine Kapsel die Sphäre umhüllen, diese letztere aber in der Mehrzahl der Fälle im Innern der Kapsel ganz fehlt. Kapselbildungen fast genau derselben Art, wie sie die HEIDEN- HAInschen Figuren zeigen (vgl. Textfig. A), haben wir oben bei den Sphären von Tethys kennen gelernt, z. B. in der Fig. 8 (Taf. V]) beia. Die Fäden der Kapsel sind hier aus den Körnchen der Rinden- schicht der Sphäre durch Verklebung hervorgegangen, wie ich oben ausgeführt habe. Auch HxipEnHaIn betont, daß seine Kapseln, resp. ihre Fasern oft den Eindruck machten, als wenn sie sich aus Kör- nern zusammensetzten. Sieht man sich seine Figuren genauer an, so erkennt man in der Zentralkapsel hellere und dunklere Stellen, welche deutlich auf ihre Zusammensetzung aus Körnern hinweisen. Auch die Angabe HEiDEnHaAIns, daß die Kapseln entweder ganz leer erschienen oder nur einige wenige Körnchen enthielten, trifft für die Sphären von Teihys zu (vgl. z. B. a in Fig. 8). In der zweiten Ab- handlung dieser Zellstudien! sprach ich diesbezüglich die Vermutung I. Untersuchungen über den Bau der Zelle. Ill. 75 aus, daß in diesen Fällen die Sphäre, die ich für einen Parasiten hielt, einfach aus der Zelle ausgewandert sei und nur ihre Hülle, d.h. die Zentralkapsel, welche ich mit HEIDENHAIN als ein Produkt des Zellprotoplasmas ansah, zurückgelassen habe. Nach den Erfah- rungen bei den Sphären des Tethys bin ich zu der Erkenntnis ge- kommen, daß diese Erklärung nicht das Richtige trifft, daß nicht _ eine Auswanderung der Sphäre, sondern eine vollständige Verände- rung der Sphäre hier vorliegt, welche zu kapselartigen Bildungen mit zentralem Hohlraum von der Art, wie sie z. B. Fig. 8 (Taf. VI) bei a zeigt, führen kann. Nach HEIDENHAIN erscheint ferner die Kapsel oft in komplizier- terer Form, welche dadurch entsteht, daß die Kapsel sich einfaltet, bisweilen in dem Maße, daß der Binnenraum der Kapsel ganz ver- schwindet und nur von den Bestandteilen der Kapselwand bezw. den Fäden des Faserkorbes durchsetzt wird. Die sich daraus ergebenden Bilder gleichen nach HEIDENHAIN oft Kerngerüsten oder Spiremen. In der Figur, die er als Beleg anführt (vgl. meine Textfig. C), er- innert die Sphäre stark an diejenigen bei @ und 5 in meiner Fig. 14 (Taf. VI. Was die Kernähnlichkeit anlangt, so trifft dies bei Tethys besonders für die Sphären der Zentralsubstanz zu (Figg. 4, 6—8, Taf. VI), welehe ich anfangs direkt für Kernbildungen hielt, zu- mal auch die Teilungsbilder der Sphären hier oft an die Karyokinese erinnern (vgl. Fig. 4 der Taf. VI bei x und %), wie ich oben ausge- führt, habe. Drittens gibt HEIDENHAIN an, daß die Fenster seiner Kapsel resp. die Zwischenräume des Faserkorbes wie von einer Membran überzogen aussehen, und nimmt an, daß sie in der Ebene der Fenster von einer plasmatischen Materie erfüllt sind. Das Analogon dieser Zwischenmasse finden wir bei den Sphären von Teihys in der homo- sen oder feinstgekörnt aussehenden Grundsubstanz, welche die Zwischenräume des Faser- resp. Körnchenwerks erfüllt, wie dies z. B. die Sphären a und 5 der Fig. 14 (Taf. VI) deutlich zeigen. HEIDENHAIN beschreibt viertens bläschenförmige Knospenbildun- gen, die oft am Ende der Chondromiten der Zentralkapsel resp. des Faserkorbes entstehen und sich ablösen. Genau solche bläschen- förmige Endanschwellungen, die sich später lostrennen, haben wir auch bei den Chondromiten der Sphären von Teihys kennen gelernt, so z. B. in der Sphäre 5 von Fig. 14 (Taf. VI), besonders bei «. Fünftens ist von Bedeutung, daß HEIıDENHAIN betont, statt des Fädenwerks öfter nur einen Körnerhaufen gefunden und von den 76 Emil Rohde, Kapseln und Sphären dann nichts mehr gesehen zu haben. Auch die sich auflösenden Sphären von Tetkhys erscheinen oft nur noch als Körnchenhaufen, wie wir wissen und die Figg. 4, 6, 7, 8, 10—14 der Taf. VI zeigen. Sechstens hebt HEIDENHAIN die proteusähnliche Mannigtaltigkeit im Bau der Zentralkapsel und die große Schwierigkeit auch nur an- nähernd die komplizierte Struktur der Kapsel wiederzugeben hervor. Auch dies trifft für die Sphären von Tethys zu. Die sich auflösen- den Sphären erscheinen hier in den eigenartigsten Formen, und es Mi 7 SUN? ’ N ” N N 9% —E |) 0 n EN 0 l \ 0 ON ° N I RUN \ N Textfig. 1. Normale Fritillaria pellucida. Nach dem Leben. Leızz, Obj. 1, Ok. 4. gl, Drüsen; 7, Hoden; 7, Herz; sp, Spiraculum; ch, Chorda; ov, Ovar; d, Darmknäuel; oes, Ösophagus; m, Mundöffnung; mu, Schwanz- muskulatur. und durchsichtig und läßt vom histologischen Bau wenig erkennen. Ziemlich deutlich gewahrt man in jedem Segment einen zentralen, halbkugel- bis kugelförmigen Hohlraum. Wenn man etwas jüngere Stadien zu Gesicht bekommt, deren Körper zwar schon ziemlich lang ausgewachsen, aber noch nicht deutlich segmentiert ist (Taf. XI, Fig. 15), so bemerkt man bald, daß der Hohlraum ursprünglich einheitlich wie seine Umkleidung ist, und daß jedes sich bildende Segment einen Teil des Hohlraumes für sich in Anspruch nimmt. Kerne, oder, wie ich ganz im Anfang erwartete, einen Kern, konnte ich am lebenden Objekt nicht wahrnehmen; wohl aber gelang Über Lohmannella catenata. 141 es mir mehrfach, bei so oberflächlicher Einstellung, daß die Hohl- räume fast ganz verschwinden, ziemlich deutliche Zellgrenzen zu erkennen, die das Tier aus verhältnismäßig vielen Zellen zusammen- gesetzt erscheinen lassen. In diesem Falle hat man genau das Bild, wie es ein frisches Plattenepithel, von der Fläche gesehen, zeigt (Taf. X, Fig. 2). Die vom breiteren Vorderende ausgehenden Fortsätze machen den Eindruck von Rhizopoden-Pseudopodien, die bald ziemlich breit fingerförmig, bald fein verästelt nach vorn und nach den Seiten ver- laufen. Da der Darm- knäuel der Fritillaria sewöhnlich von dunkel gefärbten Nahrungs- stoffen gefüllt ist, las- sen sich die über ihn hinziehenden Pseudo- podien oft nicht erken- nen, sondern nur die nach den Seiten ab- gehenden; doch zeigen Taf. X, Fig. 2 und Fig. 6, wie der ganze Darmknäuel von ihnen umsponnen wird. Der Leib der Loh- manmella ist meist ein ziemlich regelmäßig „ Textfg. 2. | 2 Fritillaria pelluecida mit Lohmamnia calenata. Nach dem Leben. konischer Zapfen, des- Lerrz, Obj. 3, Ok. 1. sen Basis dem Darm- knäuel zugewendet ist, während die abgerundete Spitze des letzten Segmentes zwischen den Hörnern das Ektoderm des Wirtes zu er- reichen strebt (Textfig. 2). Doch sah ich auch manchmal etwas ge- krümmte Exemplare (Taf. XI, Fig: 19), oder solche, deren Hinterende wenig schmaler als das vordere war, wobei dann die einzelnen Segmente im optischen Schnitt mehr viereckig erscheinen (Taf. X, Fig. 1. Bei genauerem Zusehen ließ sich meist noch der bisher beschriebene Parasit als von einer feinen, membranösen Hülle umgeben erkennen, von der sich zunächst nieht entscheiden ließ, ob sie ein 142 Eugen Neresheimer, Bestandteil des Parasiten oder etwa eine vom Wirte um diesen herum ausgeschiedene Hülle sei. Für die erstere Ansicht sprach der Um- stand, daß diese Hülle an der dem Darmknäuel abgewendeten Spitze des Zapfens starre spitzige Fortsätze trug, die etwas an die Pseudo- podien des Vorderendes erinnerten, aber stets viel kleiner waren. Soviel ließ sich am lebenden Material feststellen. Zum Fixieren verwandte ich, so ziemlich mit gleich gutem Resultat, Pikrinessig- säure nach BOvERI, Pikrin-Essigsäure-Formol nach Boumn, Chloro- form-Eisessig-Alkohol nach OARNOY, FLEMMINGsche, HERRMANNsche, PErENnYısche und ZENKERSsche Flüssigkeit. (Nur Sublimatgemische ergaben keine guten Resultate) Auch mit 5°, Formalin erzielte ich sehr gute Erfolge. Die so fixierten Objekte ließen sich gut färben; außerdem zeigten sich an Präparaten, die später einfach in dieselbe Flüssigkeit eingeschlossen und wie Glycerinpräparate um- randet wurden, Wirtstier und Parasit noch nach Monaten so, dab man sie fast mit lebenden Exemplaren verwechseln konnte Für kleinere durchsichtige Wassertiere möchte ich diese Methode dringend empfehlen. | Von Farbstoffen gebrauchte ich Boraxkarmin, WEIGERTSches Pikrokarmin und Hämatoxylin nach DELAFIELD, die alle drei sehr befriedigende Färbungen ergaben. Es wurde eine geringe Anzahl von Quer- und Längsschnitten hergestellt, doch ließen sich die meisten Fragen an gut gefärbten Totalpräparaten völlig entscheiden. Ich gehe nun zur näheren Beschreibung der Lohmannella über, wobei ich zunächst nur die mehr erwachsenen Formen, wie man sie meistens findet, berücksichtigen werde. Die überwiegende Mehrzahl der von mir beobachteten Exemplare zeigte 3—6 Segmente, die schon ziemlich deutlich durch Querwände voneinander abgeschieden waren und jedes seinen eignen Hohlraum besaßen. Das längste Tier, das ich sah, wies neun wohl unterscheidbare Segmente auf (Taf. X, Fig. 5); seine Länge betrug ohne Pseudopodien 378 u, seine größte Breite 135 u. "Ich will hier gleich bemerken, daß die Segmentierung nicht regelmäßig so vor sich geht, daß immer am Hinterende ein neues Segment abgeschnürt wurde, sondern sie verläuft ganz unregelmäßig. Irgend ein Segment zeigt zunächst eine quere Ringfurche, die dann immer tiefer einschneidet und das Ganze schließlich in zwei Segmente teilt. Erst dann wird die Scheidewand gebildet, die auch den Hohl- raum teilt. In selteneren Fällen (Taf. X, Fig. 1 und Taf. XI, Fig. 21) fand ich im Kopfstück schon zwei selbständige Hohlräume vor, noch Uber Lohmannella catenata. 143 bevor sich das zu dem zweiten gehörige Segment abgegrenzt hatte. Den gewöhnlichen Modus der Segmentierung sieht man deutlich auf Taf. X, Fig. 4, die eins der längsten Exemplare, mit Hämatoxylin sefärbt, darstellt. Die zwei hintersten Segmente sind vollkommen gegeneinander abgegrenzt; jedes von ihnen zeigt seinen Hohlraum durch Scheidewände von den andern getrennt. Dagegen sind die - beiden folgenden (von hinten nach vorn gerechnet) Segmente erst im Begriff, sich zu trennen: die Scheidewand ist noch nicht gebildet, der Hohlraum noch einheitlich. Ebenso verhalten sich die beiden nächstfolgenden. Hierauf folgt ein kurzes, aber schon in sich selbst abgeschlossenes Segment, und darauf eins, das erst undeutlich von dem pseudopodientragenden Vorderstück abgetrennt ist. Ganz ähn- lich verhält sich auch das in Taf. X, Fig. 3 nach dem Leben ge- zeichnete Exemplar. Fig. 4 gibt auch im übrigen ein anschauliches Bild vom Habitus unsrer Lohmannella. Die Hauptmasse des segmentierten Körpers, derjenige Teil, der bei nicht sehr genauer Betrachtung allein ins Auge fällt, zeigt sich als aus einer einfachen Zellschicht bestehend, die die inneren Hohl- räume umkleidet. Die Zellgrenzen sind, wie gesagt, am konservierten und gefärbten Tier nicht wahrnehmbar (auch durch Indulin konnte ich sie nicht sichtbar machen); aber die Anordnung der Kerne erweist das Gebilde, wie bei Amoebophrya, deutlich als ein einschichtiges Epithel. Die Kerne sind verhältnismäßig groß, elliptisch, und mit einem stark färbbaren, kugeligen zentralen Nucleolus ausgestattet!. Im Nucleolus konnte ich mehrfach einen hellen Kreis, wohl eine Vakuole, wahrnehmen (Taf. X, Fig. 11). Nach verschiedenen Messungen ergab sich als der längste Durch- messer des Kerns 12—15 «, als der Querdurchmesser 9—13 u. Der Durchmesser des Nucleolus betrug 3—D u. Auf Schnittpräparaten (Taf. X, Fig. 7) zeigte sich der Kern oft von einer schmalen, unge- färbten Zone umgeben, gleichsam in einer Vakuole liegend, was vielleicht auf Schrumpfungen bei der Reagenzienbehandlung zurück- zuführen ist. Auch der Nucleolus war öfters von einer hellen Zone umgeben, wohl aus demselben Grunde (Taf. X, Fig. 11). Die Dicke der Plasmawand, in die diese Kerne eingelagert sind, wechselt ganz außerordentlich. Ich erhielt Maße von 16—39 u. Die 1 Kernteilungen habe ich nirgends gesehen. 144 Eugen .Nereshe m Kerne liegen in dieser Wand etwas mehr nach außen gewendet, den längsten Durchmesser senkrecht auf die Längsachse des Tieres ge- stellt, in ziemlich regelmäßiger Anordnung. Die Scheidewände zwischen den einzelnen Segmenten sind kernlos. Ein ganz andres Aussehen als die übrigen hat das erste, meist dem Darmknäuel des Wirts zugewendete, mit Pseudopodien ausge- stattete Segment, das ich m Zukunft der Einfachheit halber als »Kopfstück« bezeichnen werde. Hier liegen am Vorderende dieses Segments die Kerne noch viel mehr peripher, wie die Totalpräparate Taf. X, Fig. 4 u. 6, Taf. XI, Fig. 17, 18 u. 19, der Querschnitt Taf. X, Fig. 8 und der Längsschnitt Fig. 9 zeigen. Auch sind diese Kerne stärker färbbar als die andern; sie lassen keinen Nucleolus erkennen, sondern sind gleichmäßig fein granuliert. Sie sind von ganz unregelmäßiger Gestalt, klumpig, rundlich, oft auch länglich, fast stabförmig, in diesem Falle steht auch ihre Längsachse meist senkrecht. auf der Längsachse des Tieres (Taf. X, Fig. 5). Ich habe viele dieser Kerne gemessen und will hier die Maße von dreien der- selben anführen, um die große Variabilität zu illustrieren: I. Länge 51,0 u, größte Breite 9,0 u. ie > 15,0 U, > » 7,9 U. 1877 > 27199272 > >»: dh u. Zum Vergleich habe ich in Taf. X, Fig. 11 einige Kerne aus den auf das Kopfstück folgenden Segmenten, in Fig. 12 einige Kerne aus dem Kopfstück, bei derselben Vergrößerung gezeichnet, abge- bildet. (Es sind dies nicht eben dieselben Kerne, deren Maße oben angegeben wurden. Alle diese Kerne sind in einem und demselben Präparat enthalten.) Von diesen größeren Kernen des Kopfstückes scheint mit ziem- licher Regelmäßigkeit jeder einem Pseudopodium anzugehören. Ich nenne diese Gebilde mangels eines besseren Ausdrucks Pseudopodien (»Tentakel« scheint mir noch weniger zu passen), obwohl nach dem eben Gesagten jedes einzelne den Formwert einer Zelle besitzt, und obwohl ich nichts darüber aussagen kann, ob die Lohmannella diese »Pseudopodien« willkürlich einzuziehen und an beliebiger Stelle wieder auszustrecken vermag. Ich glaube letzteres aber nicht, wenn ich auch ganz schwache Bewegungserscheinungen, Verkürzungen und Verlängerungen, an ihnen wahrgenommen zu haben glaube. Auf die Form dieser Pseudopodien werde ich noch weiter unten näher einzugehen haben; zunächst will ich mieh mit den erwähnten, Pam. ee u ee a er er a Über Lohmannella eatenata. 145 zu ihnen gehörigen Kernen beschäftigen, die ich einfach als »Pseudo- podienkerne« bezeichnen will. Am Totalpräparat wie an Quer- und Längsschnitten gewinnt man den Eindruck, als seien diese Kerne mit dem wenigen, sie umhüllenden Plasma aus Raummangel gleich- sam herausgequollenes Material. Ich habe in meiner vorläufigen Mitteilung dieses Material mit dem aus einem übervollen Trinkglase herausgeguollenen Schaum verglichen; und ich finde in der Tat keinen treffenderen Vergleich. Betrachten wir z. B. Taf. XI, Fig. 18. Der Körper des Tieres gleicht einem Becher, dessen Öffnung durch eine dünne, kernlose, etwas nach außen gewölbte Membran ver- schlossen ist. Rings um den Rand dieses Bechers sitzen die Pseudo- podienkerne diesem dicht an und senden, wie Taf. X, Fig. 4 am deutlichsten zeigt, ihre Pseudopodien nach oben und nach den Seiten aus. Fast stets trifft zu, was ich in meiner vorläufigen Mitteilung besonders betont habe, nämlich, daß da, wo Pseudopodienkerne vor- handen sind, dafür an dieser Stelle die inneren Kerne, die »Körper- kerne«, fehlen, so daß auch an dieser Stelle die Lagerung der Kerne eine Zweischichtigkeit nicht zum Ausdruck bringt (vgl. die Quer- schnitte Taf. X, Fig. 7 u. 8). Nur in zwei Fällen, von denen der eine in Taf. XI, Fig. 19 dargestellt ist, reichten die Pseudopodien- kerne bis in die Region der Körperkerne hinab, so daß ein Quer- schnitt durch den hintersten Teil des Kopfstückes zwei Kernschichten zeigen müßte. Da es sich aber beide Male um noch verhältnismäßig Junge Individuen handelt, glaube ich, daß hier später auch das normale Verhalten eingetreten wäre. Dieses oben mit dem Schaum am Trinkbecher verglichene Material nun, die Pseudopodienkerne mit der sie umgebenden Proto- plasmamasse, bietet die Ansatzstelle für die eingangs erwähnte Membran, die ich im folgenden als »Hüllmembran« bezeichnen werde. Das »übergequollene« Material, das am Kopfstück peripher angelagert ist und das Vorderende desselben mehr oder weniger weit umgreift, setzt sich nach hinten rund um den Körper herum in die Hüllmembran fort. Diese vollständig kernlose Membran umgibt den ganzen seg- mentierten Körper wie ein dünner Sack. Gewöhnlich ist zwischen dem segmentierten Körper und der Hüllmembran ein geringfügiger, aber wohl erkennbarer Zwischenraum zu bemerken, doch kann die Membran dem Körper stellenweise auch ganz dicht anliegen. Auf Taf. X, Fig. 3, 4 und Taf. XI, Fig. 18, 19 ist sie deutlich zu sehen. Da sie, besonders an lebenden Exemplaren, nicht immer deutlich zu erkennen ist, und da ich sie auch zuerst, als ich nur lebendes Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXV]. Bd. 10 146 Eugen Neresheimer, Material untersuchte, zeitweise für ein Ausscheidungsprodukt des Wirtstieres hielt, habe ich sie bei mehreren nach dem Leben ange- fertigten Zeichnungen (Taf. X, Fig. 1, 2, Taf. XI, Fig. 21) weg- gelassen. (Es ist auch möglich, daß sie im einen oder andern dieser Fälle wirklich nicht mehr vorhanden war, wie ich später auseinander- setzen werde.) Was mich zuerst auf den Gedanken brachte, daß dieses Gebilde doch ein Bestandteil des Parasiten sei, war die schon erwähnte, auffallende Erscheinung, die ich mehrfach am Hinterende des Sackes beobachtete. Hier nämlich zeigten sich vielfach spitz zulaufende kurze Fortsätze, die etwas an die Pseudopodien des Vorderendes erinnerten (Taf. X, Fig. 5, 4, Taf. XI, Fig. 18, 19). Aber der Habitus dieser »Membranfortsätze«, wie ich sie bezeichne, ist doch ein ganz anderer als der der Pseudopodien. Sie sind kernlos, starr und gerade, nicht verästelt, sie umgreifen oder umspinnen kein Organ des Wirtes und dienen dem Parasiten keinesfalls zur Nahrungs- aufnahme. Auf mich machten sie fast den Eindruck eines rudimen- tären Organs. Auch konnte ich sie in manchen Fällen nicht nach- weisen, ein Umstand, auf den ich noch zurückkommen werde. Eine weitere Erscheinung, die ich später noch zu besprechen haben werde, zeigte die Hüllmembran einiger Exemplare von Loh- mannella. Hier setzte sich nämlich das zu den Pseudopodienkernen gehörige Material nicht direkt in die feine Hüllmembran fort, sondern etwa bis an die Ansatzstelle des auf das Kopfstück folgenden Seg- ments oder noch etwas weiter erstreckte sich eine deutlich sichtbare Membranverdiekung, die dann ziemlich plötzlich abnahm und in die eigentliche Hüllmembran überging. Diese Membranverdiekung ist scharf vom übrigen Körper des Tieres getrennt (Taf. X, Fig. 6) und zeigt sich von da an, wo sie sich von dem den Pseudopodienkernen angehörigen Material sondert, kernlos und rein protoplasmatisch. Nur in einem Falle entdeckte ich im optischen Längsschnitt jederseits an der Außenseite der Membranverdickung einen kleinen, platten Kern angelagert. Dies ist der zweite der beiden oben erwähnten Fälle, in denen eine Zweischichtigkeit des Kopfstückes durch die Lagerung der Kerne zum Ausdruck kam. Auch hier handelte es sich um ein noch ziemlich junges Individuum. Was die Hohlräume im Inneren des segmentierten Körpers an- geht, so sind sie von ziemlich unregelmäßiger Gestalt, kugelig, halb- kugelförmig, elliptisch, usw. Im allgemeinen nähern sie sich, je mehr sich das Segment von den übrigen abschnürt, um so mehr der Über Lohmannella catenata. 147 Kugelform (Taf. XI, Fig. 21), doch können sie auch birnförmig sein. Irgend ein Inhalt ließ sich in ihnen nicht nachweisen. Am unregel- mäßigsten gestaltet, und zugleich auch in der Größe sehr wechselnd ist der Hohlraum des Kopfstückes (vgl. Taf. X, Fig. 1, 4, 5, 6, 8, Taf. XI, Fig. 20. Er ist hier auch oft weniger scharf ‘begrenzt, oder wenigstens sind die Grenzen nicht so gut unterscheidbar. In manchen Fällen zeigte sich der zentrale Hohlraum des Kopfstückes umgeben von einer Menge großer, unregelmäßig gestalteter Vakuolen (Taf. X, Fig. 8), die ich nicht auf beim Konservieren eingetretene Schrumpfungen zurückzuführen geneigt bin. Wie dieser so auffallend gestaltete Körper sich entwickelt, konnte ich, soweit nämlich die Entwicklung im Innern des Wirtstieres vor sich geht, an einer Reihe von Präparaten recht gut verfolgen. Das Material hierfür ist ziemlich selten, und außerdem sind die Anfangs- stadien nur sehr mühsam zu bekommen. Beim Suchen danach an lebenden Fritillarien muß man sich wegen der großen Zartheit und der geringen Lebenszähigkeit dieser Tiere ziemlich beeilen und kann also keine besonders starke Vergrößerung anwenden, weshalb man diese kleinen Formen leicht übersieht oder mit den noch unreifen Gonaden des Wirtes verwechselt. Mein Material von Entwicklungs- stadien wäre somit ein völlig unzureichendes gewesen, wenn ich nicht glücklicherweise alle nicht oder scheinbar nicht infizierten Fritillarien konserviert und mitgenommen hätte, die ich überhaupt erlangen konnte. Ebenso nahm ich große Quantitäten von in toto konserviertem Auftrieb mit, aus dem ich dann in München die Fritillarien heraus- suchte. Dieses große Material wurde gefärbt und Stück für Stück in Nelkenöl untersucht. Dieses Verfahren ist allerdings sehr müh- selig und zeitraubend; aber ich glaube, daß es das einzige ist, das zum Ziele führen kann. Jedenfalls erhielt ich auf diese Weise eine Reihe von jungen, für die Kenntnis unsres Parasiten sehr wertvollen Exemplaren. | Die jüngsten Stadien, die ich besitze, sind in den Fig. 15—15 abgebildet. Die beste Vorstellung von diesem Stadium gibt Fig. 14. Das Tier ist auf dieser Entwicklungsstufe völlig zweischichtig, es gleicht fast genau einer typischen Gastrula, nur scheint die Stelle, wo der Urmund zu suchen wäre, verschlossen, wenn auch hier die Kerne jetzt schon fehlen. Auf Fig. 15 sieht man zwar an dieser Stelle einen rundlichen, hellen Fleck, der eine Öffnung darstellen könnte. Doch ist dies der einzige Fall einer derartigen Andeutung, 10* 148 Eugen Neresheimer, und ich möchte daher kein größeres Gewicht darauf legen, bis nicht weitere, und womöglich noch jüngere Stadien bekannt geworden sind. Zum weiteren Unterschied von einer echten Gastrula sind auf allen diesen Bildern schon einige wenige Pseudopodien zu sehen; so zeigt der optische Schnitt Fig. 14 schon jederseits einen finger- förmigen Fortsatz, die das noch ganz intakte große Ovarium des Wirtes umgreifen. Vom Hoden ist auf diesem Präparat schon nichts mehr zu sehen. Die beiden Schichten des Gastrula-förmigen Gebildes sind überall deutlich voneinander abgesetzt, so daß die Innenschicht als eine seschlossene Hohlkugel innerhalb der äußern liegt. Sie besitzt einen Hohlraum, der völlig exzentrisch dem Vorderende genähert liest, wodurch hier die Wand auf eine ganz unscheinbare Schicht reduziert wird. Ähnlich wie der Hohlraum zu der innern Kugel, verhält sich diese zu der äußern Umhüllung. Jedoch ist auf diesem Stadium die kernlose Wand, die das Vorderende verschließt, verhältnis- mäßig noch bedeutend dicker als auf späteren Stadien, wo man auch die beiden Schichten, aus denen sie gebildet ist, nicht mehr zu unter- scheiden vermag. Die Differenz der Kerne zeigt sich schon ganz deutlich. Die der Innenschicht haben die charakteristische elliptische Form und den runden, stark färbbaren Nucleolus; die der Außenschicht sind schon etwas größer, unregelmäßiger geformt und anders färbbar. (In Fig. 14 sind sie dunkler, in Fig. 15 auffallenderweise heller gefärbt als die Innenkerne.) Fig. 15 zeigt bereits die künftigen Membranfortsätze an der Außenschicht, ebenso Fig. 13. Die Größe der Innenkerne ist nicht sehr verschieden von der bei älteren Exemplaren beobachteten. Der Längsdurchmesser eines derselben (in Fig. 14) beträgt 9,5 u, der Querdurchmesser 7 u, der Durchmesser des Nucleolus 3 u. Von den Außenkernen erhielt ich Maße zwischen 7 und 13 u. Das ganze Tier ist 54 u lang und 84 u breit. Die von der Innenschieht gebildete Hohlkugel ist 36 u lang und 48 u breit. Die Dieke der Außenschicht beträgt hinten 5 u, seitlich 15—18 u, vorn 3 u. Das in Fig. 13 dargestellte Exemplar ist wesentlich kleiner. Seine Länge beträgt 38, seine Breite 66 u. Die Maße der innern Hohl- kugel sind 30 und 42 u. Ein Innenkern zeigt eine Länge von 10, eine Breite von 8,5 «u, sein Nucleolus hat einen Durchmesser von 4 u. Der größte Außenkern ist 13,5 « lang und 10,5 u breit. Auch die geringe Anzahl der Kerne erweist das Gebilde als das By = ey Über Lohmannella ceatenata. 149 Jüngste mir bekannte Stadium. Jedoch möchte ich die weitere Be- sprechung dieser Form auf eine andre Gelegenheit verschieben. Die nächste Veränderung, die mit der jugendlichen Lohmannella vor sich geht, stellen die Figuren 16 und 17 (Taf. XI) dar. Der ganze innere Körper des Tieres ist unter Vermehrung seiner Kerne und unter Vergrößerung seines innern Hohlraums in die Länge gewachsen, und hat dabei die Außenschicht, die offenbar eines selbständigen Wachstums und einer genügend raschen Vermehrung ihrer Elemente nieht fähig ist, vor sich hergetrieben und dabei natürlich zu einem dünnen Häutchen, der Hüllmembran, ausgedehnt. Die Kerne der Außenschicht, offenbar die späteren Pseudopodienkerne, bleiben um das Vorderende herum liegen. Am Hinterende liegen die Membran- fortsätze. Diese sahen wir bei Fig. 15 und 15 mehr seitlich als hinten hervorragen, und zwar in Fig. 13 in zwei getrennten Gruppen. Auch Fig. 17 zeigt noch eine kleine Gruppe von Membranfortsätzen an einer Seite; das Endergebnis des Wachstums scheint aber stets das zu sein, daß sie zusammen am Hinterende des Tieres liegen. Wir sehen nun den Körper der Lohmannella xasch nach hinten weiter wachsen, wobei die Pseudopodienkerne mit dem sie umhüllen- den Material auf einen relativ immer geringeren Raum am Vorderende des Kopfstückes zusammenschmelzen. Offenbar wird dieses Plasma- material währenddessen zum großen Teil zur Neubildung von Pseudo- podien verwendet; denn bei älteren Stadien finden sich deren viel mehr als bei jüngeren. Auch die Zahl der Pseudopodienkerne muß sich vermehren, aber langsamer; denn die jüngsten Stadien besitzen mehr Pseudopodienkerne als Pseudopodien, während bei älteren Tieren auf jedes Pseudopodium ein Kern kommt. Wenn nun der Innenkörper des Parasiten eine gewisse Länge erreicht hat, so beginnt er sich durch quere Ringfurchen einzuschnüren (Taf. XI, Fig. 18) und es folgt der Segmentationsprozeß, wie ich ihn oben geschildert habe. Die Zahl der Segmente und die Länge des Tieres nehmen nun meist so lange zu, bis das Hinterende des Para- siten ungefähr die äußere Wand der Keimhöhle zwischen den Hörnern der Fritillaria erreicht hat. Ist dies geschehen, so lockert sich der Verband der einzelnen Segmente untereinander etwas (Taf. XI, Fig. 20), und die einzelnen Segmente fangen an sich abzurunden. Zuletzt bilden sie sich zu hohlen, einschichtigen, völlig einer Blastula ähn- lichen Kugeln um (Taf. XI, Fig. 21, 22); was dabei mit den bisherigen kernlosen Scheidewänden geschieht, vermag ich nicht anzugeben. Die äußere Wand der Keimhöhle wird nun eben zwischen den Hörnern 150 Eugen Neresheimer, durchbroehen (wobei vielleicht die spitzen Membranfortsätze eine Rolle spielen?), hierauf platzt die Hüllmembran, und die einzelnen Hohl- kugeln gelangen ins Freie. Da diese Hohlkugeln zwar eine große Ahnlichkeit mit einer typischen Blastula zeigen, aber nicht wie diese einem typischen Furchungsprozeß ihre Entstehung verdanken, will ich ein solches Gebilde als ein Blastoform bezeichnen. Ich habe mehrere Exemplare von Lohmannella eingefangen und beobachtet, die dem in Fig. 21 abgebildeten glichen. Ein geringer Reiz, gewöhnlich schon das Herauspipettieren und Übertragen auf den Objektträger, oder auch ein noch so vorsichtig aufgelegtes und noch so ausgiebig gestütztes Deckgläschen, oder endlich die be- sinnende Verdunstung des Seewassers, kurz, der geringste Reiz löste diesen Vorgang sehr plötzlich aus. Mit großer Geschwindigkeit, und mit verhältnismäßig nicht geringer Gewalt wurde ein Blastoform nach dem andern eine ziemlich große Strecke weit ins umgebende Wasser hinausgestoßen. Dasselbe geschah beim Fixieren. Es gelang mir nie, eine ganze Kette von vier bis fünf Blastoformien, wie ich sie öfters fand, in ihrer natürlichen Lage im Wirtstier zu konservieren. Beim Zusatz von Fixierungsflüssigkeiten wurden die Blastoformien ebenso rasch hinausgeschleudert; und ich bin nur so weit gekommen, ein Kopfstück mit einem dahinter liegenden Blastoform konservieren und färben zu können. Dieses Blastoform zeigt eine in der Längs- richtung etwas abgeplattete Kugelform: sein Längsdurchmesser beträgt 105, sein Querdurchmesser 132 u. Der Hohlraum ist ausnahmsweise birnförmig (meist ist er kugelig). Die größte Dicke der Wand ist 39 u. Die Kerne unterscheiden sich nicht von denen der noch nicht abgelösten Segmente. Das zurückgebliebene Kopfstück beginnt gleich nach der Abstoßung der Blastoformien wieder neue Segmente zu bilden, die auf dieselbe Weise abgerundet und ausgestoßen werden. Die einmal gesprengte Hüllmembran schließt sich nun aber nicht wieder, sondern scheint vielmehr völlig zu degenerieren. Hieraus erkläre ich mir das Fehlen der Hüllmembran auf einigen Präparaten; namentlich macht mir das auf Taf. X, Fig. 1 abgebildete Tier den Eindruck, als ob es zum zweitenmal proliferierte, da die Hinterfläche des letzten Segments so außergewöhnlich breit ist (vgl. Taf. X, Fig.5). Ich habe mehrere in reines Meerwasser ausgestoßene Blasto- formien lange beobachtet, ohne eine Bewegungserscheinung, Cilien- bildung oder sonst irgend eine Veränderung an ihnen wahrnehmen zu können. Nach Verlauf etwa einer Stunde gingen sie stets zu- grunde Auch versuchte ich sie in Gefäßen mit Meerwasser zu Über Lohmannella”catenata. 151 züchten, und zwar mit normalen jungen und älteren Fritillarien zu- sammen, um etwas über den Vorgang der Infektion zu erfahren — leider ganz ohne Erfolg, da beides, Blastoformien und Fritillarien, stets innerhalb weniger Stunden abstarben. Gleichwohl bin ich überzeugt, daß diese Blastoformien ein wichtiges, wenn nicht das einzige Mittel zur Übertragung der In- fektion auf andre Fritillarien darstellen. Wie diese vor sich geht, darüber kann man allerdings nur Vermutungen äußern. Ich habe öfters, besonders auch in dem von Messina stammenden Auftrieb, Exemplare von Fretillaria pellucida gefunden, bei denen die Gonaden oder wenigstens die Hoden in eine sehr große Zahl von verschieden sroßen, teils kugeligen, teils unregelmäßig geformten Stücken zer- fallen war (Taf. XI, Fig. 23). Da ich weiß, daß die jüngsten, von mir mit Sicherheit erkannten Parasiten eine ähnliche Wirkung her- vorrufen!, so liegt es nahe, auch hier eine Lohmannella als Ursache dieser Erscheinung zu vermuten. Ich weiß nicht, wie das jüngste, eben eingedrungene Tier aussehen mag, und ob es nicht unter den verschiedenen Klumpen und Kugeln (es sind viele Hohlkugeln darunter) sitzt. Nachdem die Lohmannella in ihrer typisch zweischichtigen Ge- stalt, wie sie in Fig. 13—15 abgebildet ist, von der Keimhöhle Besitz ergriffen und irgend einen Teil der Gonaden in Angriff genommen hat, verschwinden diese Fragmente meist sehr schnell, und wenn der Parasit nur etwas größer geworden ist und beginnt, sich an den Darmknäuel anzulegen, so findet man nur sehr selten noch Reste der Genitalien in der Keimhöhle vor. Ein einziges Mal fand ich ein schon ziemlich großes Exemplar mit vier Segmenten, das in der gewohnten Weise den Darmknäuel mit seinen Pspeudopodien umsponnen hatte, während sein Körper in beträchtliche Mengen vollständig zerfallener Gonadenreste eingebettet lag. Auch auf den Verdauungstraktus des Wirtes übt der Parasit eine deutlich erkennbare Wirkung aus. Bevor ich auf diesen Prozeß näher eingehe, muß ich von einigen Erscheinungen sprechen, die normalerweise bei zunehmender Geschlechtsreife der Fretillaria pellu- cida (und wohl auch andrer Fritillarienarten) eintreten. 1 Und zwar, wie es scheint, nicht rein mechanisch, sondern durch ihre bloße Gegenwart in der Keimhöhle; denn wenn das ganz junge zweischichtige Tier zum Beispiel das Ovar angegriffen hatte (Fig. 14) und den Hoden noch gar nicht erreicht haben konnte, war dieser doch schon in unzählige Fragmente zerfallen oder ganz verschwunden. Vielleicht wird vom Parasiten ein Giftstoff ausgeschieden, der diese Wirkung auf die Gonaden äußert ? 152 Eugen Neresheimer, SEELIGER (»Tunikaten« in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs, III. Bd., Suppl. S. 131) sagt: »Bei manchen Formen scheint schon während des Beginnes der Geschlechtsreife, noch bevor der Hoden seine volle Reife erlangt hat, eine Atrophie des Elterntieres sich einzuleiten..... Gewöhnlich aber beginnt erst nach dem Aus- stoßen der Spermatozoen die Rückbildung, die sich auf alle Organe, mit Ausnahme der Schwanzmuskulatur und natürlich des Ovariums, erstrecken kann... .« Besonders den ersten Teil dieser Aussage konnte ich an den außerordentlich zahlreichen Exemplaren von Fritillaria pellucida, die ich untersuchte, vielfach bestätigen. Das erste Zeichen dieser be- sinnenden Degeneration, das mir auffiel, zeigt sich an den Kernen des Epithels des Darmknäuels. Schon in einem Stadium, wo die Appendicularie noch keineswegs ausgewachsen ist, und wo die Go- naden noch kaum die Hälfte ihres definitiven Umfangs erreicht haben, beginnen diese Kerne, die erst regelmäßig rund oder oval gestaltet sind und einen großen, stark färbbaren, kugeligen Nucleolus um- schließen, unregelmäßige, lappige Fortsätze auszusenden. Zugleich verschwinden die Nucleoli, und der ganze Kern erscheint gleichförmig von kleinen Chromatinpartikelchen durchsetzt. Von hier an bis zur Reife des Hodens und dem Austritt des Spermas wachsen diese Kerne immer weiter an, wobei ihre Form immer amöbenartiger wird (»ge- flammter Kern« der Autoren) und zugleich immer ärmer an Chromatin. Ich besitze einige Präparate von solchen Fritillarien, bei denen das Ovar sehr groß und mit fast reifen Eiern gefüllt ist, während das Sperma teilweise schon entleert ist und den ganzen Körper bedeckt oder erfüllt. Bei diesen Tieren sind die Kerne der Darmwand ganz exzessiv vergrößert. Hierauf erfolgt die Reifung und Ausstoßung der Eier. Mit diesem Prozeß Hand in Hand geht eine vollständige Degeneration fast des ganzen Fritillarienkörpers. Der Kiemendarm wird ganz unförmlich und unkenntlich; im Darmknäuel verschwinden die Kerne völlig. | Ich besitze u. a. ein Exemplar, das nur noch etwa ein Dutzend reifer Eier in der Keimhöhle trägt, und bei dem dieser Auflösungs- prozeß am weitesten fortgeschritten ist. Wenn ich es nicht unter dem Mikroskop noch ziemlich lebhafte Bewegungen des Ruderschwänz- chens hätte ausführen sehen, so würde ich das gefärbte Präparat für ein von einem lange abgestorbenen Tier angefertigtes halten. Von Kiemendarm und Herz ist nichts mehr zu unterscheiden, auch der Darmknäuel macht einen sehr reduzierten Eindruck. Durch Über Lohmannella catenata. 153 Färbung waren in seinem Epithel keinerlei Kernelemente mehr nachzu- weisen. | Wir sehen also, daß der oben geschilderte »geflammte Kern« ein Zeichen beginnender Degeneration ist. Sein Auftreten möchte ich zurückführen auf die ungeheure Steigerung der Ansprüche, die mit dem Wachstum der Gonaden an die Leistungsfähigkeit des Ver- dauungstraktus notwendig gestellt werden müssen. Ich habe in Text- figur 3a die Umrisse der Gonaden einer jungen Fritillaria pellueida dargestellt, in Fig. 35 bei derselben Vergrößerung die einer fast geschlechtsreifen. Dem Tier, dem Fig. 3@ entnommen ist, gehören die in Textfig. 4a abgebildeten Kerne der Darmwand an; zu Fig. 35 gehört, wieder mit der- selben Vergrößerung gezeichnet, Fig. 4b. Der enorme Größenunter- schied der dargestellten Gonaden spricht am besten für meine An- sicht. Ich verweise auch auf R. Herrwics (17) bekannte An- sicht, daß die Kerngröße mit der von der Zelle geleisteten Arbeit - zunimmt. a, Textfig. 4c zeigt nun ein paar erthe 3 und?i Kerne aus der Magenwand einer u, Gonaden einer jungen Fritillaria pellucida. von Lohmannella befallenen Fritil- a ee ER le ER laria. Ich erinnere mich nicht, ein infiziertes Exemplar von Fritillaria pellucida gesehen zu haben (näm- lich, wenn der Parasit schon den Darmknäuel angegriffen hatte), das nicht gleichfalls in der Wand des Darmknäuels dieselbe Erscheinung der geflammten Kerne mehr oder weniger ausgeprägt gezeigt hätte. Und zwar befanden sieh darunter Tiere, die, nach ihrer Größe und der Größe ihrer Keimhöhle zu schließen, noch sehr jung waren und normalerweise Kerne wie die in Fig. 4a abgebildeten hätten auf- weisen müssen. Es scheint also, daß der Parasit, nachdem er die völlige Kastration des Wirtes herbeigeführt hat, dessen Leben wenig- stens nicht wesentlich abkürzt, sondern die langsam tötende Wirkung der durch ihn ersetzten Gonaden ausübt. Auch die Ursache dürfte wohl dieselbe sein; denn auch durch die Anwesenheit der Lohmannella 154 Eugen Neresheimer, ist offenbar der Verdauungstraktus des Wirtstieres zu übermäßigen Leistungen gezwungen. Denn obwohl es nicht direkt wahrnehmbar ist — ich konnte nie innerhalb der Pseudopodien irgend welche Strömung sehen —, zweifle ich nicht daran, daß die Lohmannella ver- mittels ihrer Pseudopodien ihre Nahrung direkt aus den umsponne- nen Gewebeteilen der Fretsllaria bezieht, also meist aus dem Darm- knäuel. Ob in Form von kleinen Partikelchen oder in flüssiger Form, wage ich nicht zu entscheiden. Für gewöhnlich findet man keinerlei Anhäufungen von Nährstoffen im Innern des Parasiten, besonders en I, & \ \ EN = 4 N_ & 2 \ E N’ EN BL 3 ; — N j\ \ G | IF EN - = Rt } TI) 2 un \ % ’ = N x) Textfig. 4 a—e. Kerne der Darmwand. «, einer jungen, db, einer älteren, c, einer von Zohmannella infizierten Fritillaria pellucida. Leitz, Obj. 7, Ok.1. Pikrokarmin. niemals in den Hohlräumen der Segmente oder in den Blastoformien. Nur einmal fand ich etwas, das sich so deuten ließe. In Fig. 15 (Taf, XI) ist in der äußeren Schicht des jungen Tieres ein großer, intensiv gefärbter Klumpen in das Plasma eingelagert. Da er in Größe und Habitus zu sehr von den Außenkernen verschieden ist, um einen solchen vorstellen zu können, so möchte dieses Gebilde vielleicht doch als aufgespeicherte Nahrung zu deuten sein. In Fig. 24 (Taf. XI) gebe ich noch ein Bild, das mich erst glauben ließ, die Lohmannella nehme ihre Nahrung in fester Gestalt zu sich. Hier scheint der Parasit ein großes Fragment vom Hoden seines Wirtstieres förmlich zu verschlingen, und zwar durch eine Öffnung am Vorderende des Kopfstückes in den vordersten Hohlraum hineinzu- pressen. Nachdem ich mich aber durch in verschiedenen Ebenen ge- führte Längsschnitte überzeugt habe, daß die das Vorderende ver- schließende, kernlose Plasmawand keine Öffnung aufweist (Taf. X, Fig. 9) kann ich mir das Bild nur so erklären, daß der Parasit sich an das zu verzehrende Stück so andrückt, daß dadurch die ver- Über Lohmannella catenata. 155 schließende Membran in den Hohlraum des Kopfstückes hineingestülpt wird. Ich erwähne und zeichne den Fall absichtlich, um alles zu seben, was auf die Ernährungsart der Lohmannella Licht werfen könnte; ich glaube aber bestimmt, daß sie sich ausschließlich vermittels der Pseudopodien ernährt. Ein weiterer Beweis dafür ist mir die Ähnlichkeit zwischen den- jenigen Kernen von Wirt und Parasit, die die Verdauungstätigkeit regeln; denn wenn meine Annahme richtig ist, so müssen bei der Lohmannella die Pseudopodienkerne diese Funktion ausüben. Ebenso wie die Kerne der Darmwand bei älteren Fritillarien sind sie größer, unregelmäßiger geformt als die andern Kerne, entbehren des Nucleo- lus und zeigen das Chromatin in Form einer regelmäßigen Granula- tion im ganzen Kern verteilt (vgl. Taf. X, Fig. 12 und Textfig. 4). Ich habe noch einen Ausnahmefall zu erwähnen, den ich nur zweimal beobachten konnte, nämlich, daß die Lohmanmella unregel- mäßig segmentiert war. Im einen Falle konnte ich weiter nichts Auffälliges bemerken, außer, daß die einzelnen Segmente unregelmäßig drei- bis vieleckig gestaltet und nicht in einer Reihe hintereinander angeordnet, sondern untereinander geschachtelt waren; das Kopf- segment hatte sein normales Aussehen. Im zweiten Falle (Taf. XI, Fig. 25) schien der ganze Parasit krankhaft verändert. Daß es sich einfach um Auflösungserscheinungen nach dem Absterben des Tieres handelte, schien mir nicht der Fall zu sein, da ich öfters unsern Parasiten absterben und zerfallen sah, was ein ganz andres Bild zu bieten pflegte. Außerdem war in diesem Falle die Arrtillaria selbst noch ganz munter. Was allerdings die hier kurz zu beschreibende Abnormität zu bedeuten hat, und ob sie für die Kenntnis der Lohmannella überhaupt von Wichtigkeit ist, kann ich nicht entscheiden. Die äußere Form und Anordnung der Segmente war ungefähr dieselbe wie in dem vorhin erwähnten Fall. Jedoch zeigte sich am gefärbten Präparat, daß die Kerne nur stellenweise das gewöhnliche Aussehen hatten. Von den Körperkernen waren einige vergrößert und ohne Nucleolus, etwa von dem Aussehen und der Struktur der Pseudopodienkerne. An vielen Stellen, wie zum Beispiel im hinter- sten Segment, fehlten sie ganz. Dafür war das Innere mehrerer Segmente ausgefüllt von einer sehr stark gefärbten, streifig oder klumpig angeordneten Masse. Am meisten verändert war das Kopfstück. Es war blasig auf- getrieben, unregelmäßig geformt und ohne deutlich erkennbaren 156 Eugen Neresheimer, Hohlraum. Stärker gefärbte, gestalt- und strukturlose Massen waren an verschiedenen Stellen eingelagert. Am Vorderende war nur ein einziges, kleines, fingerförmiges Pseudopodium zu erkennen. Das Tier war normalerweise mit dem Vorderende gegen den Darmknäuel des Wirtes hin gewendet. Bevor ich nun auf die Stellung der Lohmannella im System der Tiere zu sprechen komme, habe ich noch eines Dimorphismus zwi- schen den von mir untersuchten Exemplaren zu gedenken, der mich veranlaßt hat, die Gattung Lohmannella vorläufig in zwei Arten zu zerlegen. Es ist natürlich auch denkbar, daß es sich um zwei verschiedene Zustände desselben Tieres, etwa um einen Geschlechts- dimorphismus, Generationswechsel oder dergleichen handeln könnte; allein solange wir nichts Näheres über die Fortpflanzung unsres Tieres wissen und insbesondere von geschlechtlicher Fortpflanzung keinerlei Andeutung gefunden haben, scheint es mir am besten, die beiden Formen, die mehrere auffällige Verschiedenheiten aufweisen, als zwei verschiedene Arten zu beschreiben. In den Textfigg. 5 und 6 habe ich eine schematische Skizze des Habitus und der Entwieklungsweise beider Formen gegeben. Lohmannella catenata (Fig. $9a—e) ist die bei weitem häufigere Form. Von meinen Exemplaren gehören etwa 75°/, dieser Art an. Sie unterscheidet sich von Lohmannella paradoxa nov. spec. (Fig. 6 a —d) zunächst durch die reich verästelten Pseudopodien, womit sie den Darmknäuel und die umliegenden Organe des Wirtstieres umspinnt. In Taf. X, Fig. 10 habe ich ein solches Pseudopodium dargestellt, wie es eine der einzelligen Drüsen der Fretsllaria umgreift. Taf. X, Fig. 5 stellt ein Kopfende von Lohmamnella catenata dar, das schon einmal fertige Blastoformien abgestoßen hat und eben aufs neue zu proliferieren beginnt. Taf. X, Fig. 6 stellt genau dasselbe Stadium von Lohmannella paradoxa dar. Der Unterschied in der Form der Pseudopodien fällt sofort in die Augen. Bei der ersten Form sind sie reich verästelt; die einzelnen Äste laufen in feine Spitzen aus. Bei Lohmannella paradoxa dagegen sind sie einfach und unverzweisgt, stumpf lappen- bis fingerförmig, und reich vakuolisiert. Noch ein weiterer Unterschied fällt an diesen beiden Figuren auf: Bei Loh- mannella catenata geht die Hüllmembran ohne weiteres direkt aus der Pseudopodienregion hervor; bei Lohmannella paradoxa dagegen ist erst eine deutliche Membranverdickung eingeschaltet. Ferner konnte ich die Membranfortsätze nur bei Lohmanmnella Über Lohmannella catenata. 157 eatenata nachweisen, bei der andern Form fehlen sie immer. Nach _ diesem Merkmal glaube ich schon die frühesten mir bekannten Jugend- - stadien bestimmen zu können; von den auf Taf. X und XI abgebil- y N { i [ a, a | N SW B ; er Ra } Gase i Gr 7 } \ Ä 14 \W Ss IE WEN 7 a Mey Kg R ! N: ' I 1 rt‘ Re. 3 Y WR \ SS N hi es \ H 8 \ \ ; / ) » BA il = N % A j 2 were Ds il N i r < We s N a [2 < e Nur ße KR eg N \ el; & een = ve ; Ä a ee, de Ne Zu) = ea ; ® ® 7 Be & N rt Di Ehe 2@% RE ner a) Ne > IE AT f ae RN £& ve JARe 9} wg ar ? aM ., ww. 19, e u N 7% Textfig. 5 a—e. Schema des Habitus und der Entwicklung von Zohmannella catenata. x AR a } Aa } f | AN FaN &) | I bel A: 9 ; ee F = i 8 I. i h r \ 5 2 N N 8 N wu, unn BE Ma a I EUEBENT; Man, HM Mai BnN Nu AU Ve ABER EWiEWD.T: MMAÄBRD e , tr N a BU k i \ N al] t eng “ j 8 8 re Ir « I ee | | al wi ge 7 I 2a SEN o Ne a ® Pr“ Fa A jeN —s r® N © 2 % ei F: we \f >) \ (ws Er er 3 go ® P- nn 1 ® w) \ er e | \w / € Y { RA / \ i N . REN T SR \& J a “| 2 2 d Textfig. 6 a—d. Schema des Habitus und der Entwicklung von Zohmannella paradozxa. deten rechne ich Fig. 13, 15, 16, 17 zu Lohmannella catenata, Fig. 14 zu Lohmannella paradozxa. Auch in der Entwicklung zeigen sich bemerkenswerte Verschie- denheiten, die ich in Textfig. 5 und 6 zum Ausdruck zu bringen gesucht habe. Während Lohmannella catenata in einen langen, durch 158 Eugen Neresheimer, viele Ringfurchen eingeschnürten Hohlkegel auswächst, sich dann in eine größere Anzahl von Segmenten teilt, die alle zu gleicher Zeit oder sehr rasch nacheinander zu fertigen Blastoformien ausreifen und zu mehreren abgestoßen werden, unterbleibt bei Lohmannella paradoxa die Bildung längerer Ketten. Hier wird das erste Segment, das sich bildet, meist schon abgeschnürt und in ein Blastoform verwandelt, während sich ein oder höchstens zwei weitere Segmente anlegen. Das fertige Blastoform wird dann schon sehr bald allein abgestoßen, so daß Reihen fertiger hintereinanderliegender Blastoformien, wie eine in Taf. XI, Fig. 21 für Zohmannella catenata abgebildet ist, hier nicht vorkommen. So kann man auch hieran die beiden Arten schon verhältnis- mäßig früh unterscheiden: auf einem Stadium mit drei bis vier Seg- menten sind diese bei Lohmannella catendta gewöhnlich erst durch Ringfurchen angedeutet, ohne daß die Hohlräume schon separiert wären (Textfig. 5, 6, Taf. XI, Fig. 18). Bei Lohmannella paradoxa dagegen ist auf diesem Stadium meist schon ein fertiges Blastoform vorhanden, und das hierauf folgende Segment fast schon ebenso weit sediehen (Textfig. 6c). Über die Verbreitung der Gattung Lohmannella kann ich folgen- des angeben: Verhältnismäßig häufig fanden sich infizierte Fritillarien bei Villafranca im Februar und März 1903, und zwar von 500 m aufwärts, jedoch häufiger an der Oberfläche. Ferner fand ich im Plankton aus Messina vom März 1899 unter außerordentlich vielen Fritillarien eine einzige mit Lohmannella catenata infizierte Fritillarıa haplosioma. LOHMANN gibt als Fundorte an: den Nordäquatorialstrom, den Guineastrom, die Sargassosee, Neapel. Als Wirte nennt er wie ich: Fritillaria pellucida Busch und haplostoma Fol; ferner Fritillaria formica Fol und Fritillaria Sar- gasst Lohmann. Ich komme nun auf die Stellung der Gattung Lohmannella im System der Tiere. Wenn ich das Recht haben soll, dieses Wesen als ein Mesozoon zu bezeichnen, wie ich dies in meiner vorläufigen Mitteilung getan habe, so muß es sich in einem wesentlichen Merkmal Über Lohmannella eatenata. 159 von allen wirklichen Metazoen unterscheiden. In der Literatur über die Mesozoen fällt es nun aber auf, daß ein derartiger, durch- sreifender Unterschied zwischen Meso- und Metazoen nirgends an- segeben wird. VAn BENEDEN (Recherches sur les Diey&mides. Bull. d. l’Acad. royale des sciences de Belg. 2=° serie T. 41 u. 42. 1876), der zuerst die Gruppe der Mesozoen für die Dieyemiden geschaffen hat, gibt als Hauptmerkmale an: »Les Dieyemides n’ont aucune trace de feuillet moyen« (a.a. 0. S. 77) und: »Ils ne possedent aucun organe differencie ni aucune eavit& interne« ($. 78). Betreffs des Mangels eines Mesoderms verweise ich auf E. HAECKEL, Nachträge zur Gastraea-Theorie (Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. XI. N. F. Bd. IV) S. 75: ».... Zweitens aber halte ich es nicht für möglich, die Ausbildung eines selbständigen Mesoderms in der vor- seschlagenen Weise als oberstes Klassifikations-Prinzip zu verwerten. Denn innerhalb der Zoophyten-Gruppe, ja sogar innerhalb der einen Hydromedusenklasse finden wir nebeneinander nächstverwandte Orga- nismen, von denen die einen ein vollkommen selbständiges Mesoderm besitzen, die andern nicht. Vor allen sind hier die Hydroidpolypen zu nennen, welche größtenteils (wenn nicht sämtlich) zweiblättrig sind und kein wahres Mesoderm besitzen. « Daß die weiteren Merkmale nicht genügen konnten, erhellt schon daraus, daß man später allgemein, soweit man überhaupt an die Existenz der Salinella salve Frenzel glaubte, dieses Tier als ein typisches Mesozoon betrachtet hat, obwohl es über einen darmähnlichen Hohl- raum verfügen sollte. Ähnlich ist auch die Definition, die ROULE in seiner Anatomie comparee gibt. DELAGE in seinem »Traite de zoologie conerete« legt gleichfalls ein Hauptgewicht auf das Fehlen des Mesoderms. Auch betont er, ebenso wie METSCHNIKOFF, die Notwendigkeit einer intracellularen Verdauung. Jedoch hindert ihn dies nicht, auch die Salinella als Mesozoon gelten zu lassen, ebenso Pemmatodiscus und die Physemarien, die sämtlich einen — wohl verdauenden — Hohlraum besitzen. Man hat also offenbar die Gruppe der Mesozoen bisher einfach als eine Art systematischer Rumpelkammer benutzt, zur Aufbewahrung der- Jenigen Tiere, die man weder den Protozoen noch einem der sechs Metazoentypen einreihen konnte. Will man nun weder dieses Verfahren fortsetzen noch mit 160 Eugen Neresheimer, CaurzerY und MessıL (»Recherches sur les Orthonectides<, Arch. d’anat. mierose. t. IV, fase. IV. 1901) die Gruppe der Mesozoen über- haupt aufheben!, so muß man notwendig ein Merkmal angeben können, das alle Metazoen gleichmäßig besitzen, während es ebenso allen Mesozoen fehlt. Als ein solches Kriterium betrachte ich die Zurückführbarkeit aller Metazoen auf ein Gastrulastadium, das im Laufe ihrer Ontogenie ein- mal auftreten muß. (Siehe HAECKEL, Systematische Phylogenie, Bd.II, p. 1: »Der Inhalt des Metazoen-Begriffes wird demnach ganz scharf und klar durch die ontogenetische Bildung der Gastrula [phylogene- tisch Gastraea] bestimmt.) VAn BENEDEN behauptet zwar, daß im Laufe der Dieyemiden- Entwicklung ein Gastrulastadium auftritt, aber, wie schon METSCHNI- KOFF (22) bemerkt hat, mit Unrecht. Denn wenn wir die physio- logische Bedeutung des Entoderms bedenken, so entspricht das, was bei dieser »epibolischen Gastrula« das Entoderm darstellen soll, gar nicht einem wirklichen Entoderm, da es nicht zum Verdauen, sondern als keimbereitendes Organ dient, und somit, wie CAULLERY und MesnıL (a. a. O.) meinen, eher mit dem Mesoderm zu analogi- sieren wäre. Ähnlich verhält es sich mit unsrer Lohmannella. Die zweischich- tige Jugendform, wie sie in Fig. 15 und 14 abgebildet ist, besitzt 1 Dies dürfte wohl nicht zu empfehlen sein. Denn um die verschiedenen, als Mesozoen zusammengefaßten vielzelligen Tiere unter die Metazoen einreihen zu können, müßte man eben den Begriff der Metazoen entsprechend erweitern und hier die entsprechenden Klassen, Ordnungen usw. einschalten. Ich mache also diesen Versuch der Klassifikation der Mesozoen hauptsächlich im Interesse der Übersichtlichkeit des Metazoensystems. Ich verhehle mir natürlich nicht, daß das im folgenden aufgestellte System ebenso wie die bisherigen nur vor- läufige Geltung haben könnte, bis uns eine genauere Kenntnis von der Fort- pflanzung und Entwicklung der in Rede stehenden Organismen besser in Stand setzt, ihre natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen zu ergründen. Auch mahnt Ja der Umstand, daß es sich meist um parasitische, und eben durch den Parasi- tismus wohl mehr oder weniger beeinflußte Organismen handelt, um so mehr zur Vorsicht. Um Mißverständnisse zu vermeiden, bemerke ich noch, daß ieh durch die Einreihung unter die »Mesozoen« nicht etwa der Meinung Ausdruck geben will, als seien diese Tiere wirklich oder wahrscheinlich phylogenetische Zwischen- glieder zwischen Proto- und Metazoen, und somit die Ahnen der letzteren; sondern einfach, daß diese Organismen sich durch gemeinsame Merkmale hin- reichend von den Protozoen sowohl als auch von den Metazoen unterscheiden, um eine Sonderstellung im System beanspruchen zu können. Über Lohmannella catenata. 161 allerdings eine große äußerliche Ahnlichkeit mit einer Invaginations- gastrula. Aber auch hier liefert der Zellkomplex, der dem innern Blatt entsprechen würde, nichts einem wirklichen Entoderm Vergleich- bares, da fast das gesamte Material zur Bildung von Blastoformien, also von (vermutlich ungeschlechtlichen) Fortpflanzungskörpern auf- gebraucht wird, während gerade das dem Ektoderm entsprechende Material die Funktion des Verdauens übernimmt. Auch glaube ich, daß dieses Gebilde keineswegs durch Ein- stülpung, sondern im Gegenteil durch Umwachsung entsteht. Ich schließe dies aus dem auf Taf. X, Fig. 12 abgebildeten Stadium, offenbar dem allerjüngsten, das ich überhaupt besitze. Es ist wesent- lich kleiner als die in Fig. 15 und 14 abgebildeten Individuen, wie die oben angegebenen Maße beweisen; auch besitzt es noch so wenig Kerne, daß man sie zählen kann. Die innere Schicht besitzt elf bis zwölf, die äußere nur sechs Kerne. Ich kann daher kaum an- nehmen, daß hier die sämtlichen Kerne am Hinterende der Außen- schicht schon von der wachsenden Innenschicht zur Seite gedrängt worden sei, wie etwa in Fig. 15. Ich glaube im Gegenteil dieses Stadium so interpretieren zu müssen, daß das herausgequollene Material hier erst im Begriffe steht, die Innenschicht von den Seiten her nach hinten zu umwachsen. Doch dies erwähne ich nur nebenbei; denn das vorhin angeführte Argument scheint mir vollkommen zu beweisen, daß wir hier keine wirkliche Gastrula vor uns haben und somit berechtigt sind, die Gattung Lohmannella unter die Mesozoen zu rechnen. Wenn wir nun unter den gewöhnlich als Mesozoen bezeichneten Organismen Umschau halten, so treffen wir zunächst auf einige, die, wenn unsre Definition Gültigkeit haben soll, unter die Metazoen zu verweisen sind. So vor allen der von MoNTIcELLI in Rhizostoma pulmo gefundene Pemmatodiscus socialis. Nach der Beschreibung und den Abbildungen von MonTicELLı handelt es sich hier um eine typische Gastrula. Sollte es ein selbständiges Wesen ohne weitere Entwicklung Sein, so wäre es als eine Gasträade an die unterste Stufe der Metazoengruppe zu stellen. Wie mir aber Herr Professor Dr. Maas - freundlichst mitteilt, dürfte es sich hier wohl einfach um Gastrula- stadien von Medusen, vielleicht von Rhrxostoma selbst, handeln. Ebenso wären die Physemarien als primitive Spongien zu be- trachten, wie dies ja auch HAEckEL von jeher getan hat. (E. HAEcKEL, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 11 162 Eugen Neresheimer, Die Physemarien. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. XI NE. Bd. IV. 1877.) Siedleckia nematoides Caullery et Mesnil wird von diesen beiden Autoren, wohl mit Recht, als Sporoz00n reklamiert. Salinella salve Frenzel erscheint mir zu zweifelhaft, um überhaupt im System Platz finden zu können. Es blieben somit an echten Mesozoen zunächst die von HATSCHEK (Lehrb. d. Zool. Bd. I) als Planuloides zusammengefaßten Klassen der Dieyemiden und Orthonectiden, die sich durch den Besitz eines Ektoderms mit einer darin eingeschlossenen keimbildenden Masse, sowie durch die Art ihrer Fortpflanzung und Entwicklung von den übrigen Mesozoen genugsam unterscheiden, um sich solchergestalt von ihnen als selbständiger Unterstamm abtrennen zu lassen!. Alle Planuloidea sind Entoparasiten mariner Organismen. Als weiteren, den Planulordea gleichwertigen Unterstamm be- trachte ich die Gruppe der Mesenchymia (DELAGE), umfassend I. Trichoplax adhaerens F. E. Schulze und II. Treptoplax reptans Monticelli. Diese Gruppe ist charakterisiert durch den Besitz einer dorsalen und einer ventralen Epithelschicht mit einer dazwischen eingeschalte- ten mesenchymartigen Gewebsschicht und durch die amöbenartige Fortbewegung. Nur ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Teilung ist bekannt. Beide Vertreter dieser Gruppe leben frei im Meerwasser. Es bleibt uns nun noch außer unsrer Lohmannella ein Organismus übrig, der von den bisherigen Bearbeitern merkwürdigerweise als ein Suetorium betrachtet wurde, nach meiner Überzeugung aber ein typisches Mesozoon darstellt. Ich meine die Gattung Amoebophrya Köppen. Dieses in marinen Protozoen schmarotzende Wesen stellt im erwachsenen (resp. dem ältesten bisher bekannten) Stadium einen einschichtigen, vorn geschlossenen, oft hinten offenen, mit Cilien be- setzten Schlauch dar. Im Wirtstier liegt der Parasit in Gestalt eines Gastrula-ähnlichen Wesens, nämlich das spätere Vorderende hand- schuhfingerartig in das Hinterende hineingestülpt. Beim Ausschlüpfen durchbohrt das Vorderende das ihm gegenüberliegende Hinterende, 1 Während der Drucklegung ging mir die vorläufige Mitteilung HARTMANNS über den Zeugungskreis der Dieyemiden (Biol. Centralbl. Bd. XXIII. »Die Fort- pflanzungsweisen usw.«) zu, die diese Entwicklungsweise genauer darstellt und zugleich meine Auffassung der Dieyemiden als mit den Metazoen nicht vergleich- barer Formen bestätigt. Über Lohmannella catenata. 163 und der ganze Körper folgt durch diese Öffnung nach, so daß die ursprüngliche Innenseite nun zur Außenseite wird. KÖPPEN und nach ihm BorseErT haben dies Tier, wie gesagt, als ein Suctorium betrachtet, und zwar ersterer auf Grund von Befunden, die BORGERT als irrtüm- lich nachweist, BORGERT selbst aber auf Grund von (wie mir scheint, nur sehr äußerlichen) Ähnlichkeiten des ausgeschlüpften Tieres mit einigen Suetorienschwärmern. Das Tier besteht auf diesem Stadium aus einer Lage einschichtigen Epithels, in einer Spiralfurche (KoroT- NEFF spricht statt dessen von einer Reihe von Ringfurchen) stehen die Cilien. Herr Dr. DorLEin hatte die Güte, mir einige Präparate von Noctiluca miliarıs zu überlassen, in denen ebenfalls Amöbophryen enthalten sind; und diese Präparate bestärken mich in der Meinung, die ich schon nach dem Studium der BoRGERTschen Arbeit hatte, daß die Amoebophrya ein typisches Mesozoon darstellt. Die ausschwärmende Amoebophrya stellt offenbar einen Fort- pflanzungskörper dar, der in seiner Einschichtigkeit, eine gewisse Analogie mit den Blastoformien der Lohmanmella zeigt. Noch größer wäre die Ähnlichkeit, wenn sich BoRGERTs wiederholte Beobachtung, »daß vor oder bei seinem Austritt aus dem Wirte der Parasit bis- weilen in eine Anzahl selbständiger Teilstücke zerfällt,« sich als die Regel herausstellen würde, so dass dieses Zerfallen für gewöhnlich eben einige Zeit nach dem Ausschlüpfen eintreten würde. Eine weitere beachtenswerte Ähnlichkeit zwischen beiden Gattungen liegt darin, daß die jugendlichen Tiere als gastrulaförmige zweischichtige Wesen im Innern des Wirtes liegen, so daß beim Ausschlüpfen, resp. beim Ausstoßen der Blastoformien, die Innenschicht die äußere durch- brechen muß. Auf Grund dieser Analogien bin ich geneigt, diese Gruppe mariner Entoparasiten, die Gattungen Amoebophrya und Lohmannella, unter dem Namen Blastulordea den Planulordea und Mesenchymia gegenüber- zustellen. München, im September 1905. 11* 164 Eugen Neresheimer, Literaturverzeichnis. ArATHy, Kritische Bemerkungen über das FREnzeLsche Mesozoon Salinella. Biol. Centralbl. Bd. XII. 1892. E. VAN BENEDEN, Recherches sur les Diey&mides. Bull. de l’Acad. roy. des sciences de Belg. 2meserie T. XLI et XLII. 1876. Derselbe, Contribution & l’'histoire des Dieyemides. Arch. de Biol. T. III. 1882. A. BORGERT, Beiträge zur Kenntnis des in Sticholonche zanclea und Acantho- metridenarten vorkommenden Parasiten. Diese Zeitschr. Bd. LXIII. 1897. CAULLERY et MESNIL, Recherches sur les Orthonectides. Arch. d’Anat. micerose. T. IV. Fase. 4. 1901. Y. DELAGE et HEROUARD, Trait& de Zoologie concrete. 1899. J. FRENZEL, Das Mesozoon Salinella. Biol. Centralbl. Bd. XI. 1891. Derselbe, Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. Salinella salve n. g. n. sp. Archiv f. Naturgesch. Jahrg. 88. Bd. 1. 1892. H. For, Etudes sur les Appendieulaires du dötroit de Messine. M&m. de Phys. Hist. nat. Geneve. Bd. XXI. Geneve et Bäle 1872. C. GEGENBAUR, Bemerkungen über Pilidium usw. Diese Zeitschr. Bd. V. 1854. Derselbe, Organisation der Appendicularien. Ebenda. Bd. VI. 1855. E. HAECKEL, Studien zur Gastraeatheorie. Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. VII." NE. Ba. Tr. 397% Derselbe, Nachträge zur Gastraeatheorie. Ebenda. Bd. XI. N.F. Bd. IV. 1877. Derselbe, Die Physemarien. Ebenda. Bd. XI. N.F. Bd. IV. 1877. Derselbe, Systematische Phylogenie. Bd. II. Berlin 1896. HATSCHEKX, Lehrbuch der Zoologie. Jena 1888. R. Herrwig, Über das Wechselverhältnis von Kern und Protoplasma. München 1903. CH. JULIn, Contribution & l’'histoire des M&sozoaires. Recherches sur l’or- ganisation et le d&veloppement embryonnaire des Orthonectides. Arch. de Biologie. Vol. III. 1882. N. Körpen, Amoebophrya sticholonchae n. g.n. sp. Zool. Anz. Bd. XVII. 1894. A. KOROTNEFF, Zoologische Paradoxen. Diese Zeitschr. Bd. LX. 1891. H. LoHMANN, Die Appendicularien der Planktonexpedition. Ergebnisse d. Planktonexp. d. Humboldtstift. Bd. II. 1896. E. METSCHNIKOFF, Untersuchungen über Orthonectiden. Diese Zeitschr. Bd. XXXV. 1881. Derselbe, Embryologische Studien an Medusen. Wien 1886. MonricEuuı, Adelotacta zoologiea. Mitth. a. d. Zool. Stat. Neapel. Bd. XII. 1896. E. NERESHEIMER, Lohmannia catenata n.g.n.sp. Biol. Zentralbl. Bd. XXI. 1903. Über Lohmannella catenata. 165 26. L. RouULE, Anatomie comparde des animaux basee sur l’embryologie. T. I. Paris 1898. 27. F.E. ScHhuLze, Triehoplax adhaerens n. g.n. sp. Zool. Anz. Bd. VI. 1883. 28. Derselbe, Über Trichoplax adhaerens. Abh. d. k. preuß. Akad. d. Wissensch. zu Berlin. 1891. 29. O. SEELIGER, Tunicata. BRonns Klassen u. Ordn. Bd. III. Suppl. Leipzig 1895. 30. C. VogT, Recherches sur les animaux inferieurs de la möditerrande. Second memoire: Sur les tuniciers nageants de la mer de Nice. Mem. de linst. national Genevois. Tome I. 1854. 31, C. Vosr u. E. Yung, Vergleichende Anatomie. Bd. I. Braunschweig 1888. Erklärung der Abbildungen, Sämtliche Figuren sind teils mit einem LEITzZschen Zeichenokular, teils mit einem ApBEschen Zeichenapparat von ZEISS gezeichnet. Alle angegebenen Ob- jektive und Okulare sind von Leitz. Buchstabenerklärung: c, Herz bl, Blastoform d, Lumen des Darmknäuels hm, Hüllmembran dw, Wand des Darmknäuels Ss kk, Körperkern; S dk, Kerne der Darmwand S mf, Membranfortsätze S gl, Drüse S mv, Membranverdickung S oes, Ösophagus S ps, Pseudopodium S sch, Schwänzchen ei psk, Pseudopodienkern ° a8 sp, Spiraculum = v, Vakuole, peripher vom Kopfstück| & 90, Ovar x, Nahrungsballen? in der äußern = %, Zerfallsprodukte der Gonaden Schicht Tafel X. Fig. 1. Lohmannella catenata, ein Tier, das vermutlich zum zweiten Male proliferiert. Die Segmente sind nicht so rund wie gewöhnlich. Im Kopfstück zwei Hohlräume. Hüllmembran nicht zu sehen. (Der Übersichtlichkeit halber ist der Körper des Parasiten dunkler gehalten.) Vergr. Obj. 3, Ok. 1. Nach dem Leben. Fig. 2. Lohmannella paradoxa. Oberflächliche Einstellung; Zellgrenzen er- kennbar. Vergr. Obj. 5, Ok. 4. Nach dem Leben. Fig. 3. Lohmannella catenata. Längstes Exemplar mit neun Segmenten. Vergr. Obj. 5, Ok. 1. Nach dem Leben. Fig. 4. Lohmannella catenata. Lange Kette, optischer Längsschnitt. Vergr. Obj. 5, Ok. 1. Hämatoxylin. Fig. 5. Lohmannella catenata. Ein Kopfstück, das zum zweiten Male zu proliferieren beginnt. Oberflächliche Einstellung; Körperkerne daher nicht sicht- bar. Vergr. Obj. 5, Ok. 4. Boraxkarmin. Fig. 6. Lohmannella paradoxa. Ein Kopfstück, das zum zweiten Male zu 166 Eugen Neresheimer, Über Lohmannella catenata. proliferieren beginnt. Optischer Längsschnitt. Vakuolisierte Pseudopodien. Mem- branverdickung. Vergr. Obj. 7, Ok. 1. Pikrokarmin. Fig. 7. Lohmannella catenata. Querschnitt durch die Region der Körper- kerne. Vergr. Obj. 7, Ok. 1. Hämatoxylin. Fig. 8. Dasselbe Exemplar. Querschnitt durch die Region der Pseudo- podienkerne. Vergr. Obj. 7, Ok. 1. Hämatoxylin. Fig. 9. Lohmannella catenata. Medianer Längsschnitt. Vergr. Obj. 5, Ok. 1. Hämatoxylin. Fig. 10. Lohmannella catenata. Ein Pseudopodium, eine Drüse des Wirtes umspinnend. Vergr. Apochr. Immers. 2 mm, Komp.-Ok. 4. Boraxkarmin. Fig. 11. Lohmannella catenata. Körperkerne. Vergr. Apochr. Immers. 2 mm, Komp.-Ok. 8. Boraxkarmin. Fig. 12. Dasselbe Exemplar. Pseudopodienkerne. Vergr. Apochr. Immers. 2 mm, Komp.-Ok. 8. Boraxkarmin. Fig. 13. Lohmannella catenata. Jüngstes, zweischichtiges Exemplar. Vergr. Aprochr. Immers. 2 mm, Komp.-Ok. 4. Pikrokarmin. Fig. 14. Lohmannella paradoxa. Junges, zweischichtiges Exemplar. Vergr. Obj. 7, Ok. 1. Pikrokarmin. Tafel XI. Fig. 15. Lohmannella catenata. Zweischichtiges Stadium. Vergr. Homog. Immers. 1/12, Ok. 1. Pikrokarmin. Fig. 16. Lohmannella catenata. Darauffolgendes Stadium. Vergr. Obj. 7, Ok. 1. Pikrokarmin. Fig. 17. Lohmannella catenata. Ein dem vorigen entsprechendes Stadium. Vergr. Obj. 3, Ok. 1. Nach dem Leben. Fig. 18. Lohmannella catenata. Darauffolgendes Stadium. Vergr. Obj. 7 Ok. 1. Auf die Hälfte verkleinert. Pikrokarmin. Fig. 19. Lohmannella catenata. Weiteres Stadium. Vergr. Obj. 5, Ok. 1. Pikrokarmin. Fig. 20. Lohmannella catenata. Weiteres Stadium; Lockerung des Segment- verbandes. Vergr. Obj. 5, Ok. 2. Boraxkarmin. Fig. 21. Lohmannella catenata. Exemplar mit drei reifen Blastoformien. Vergr. Obj. 1, Ok. 4. Nach dem Leben. Fig. 22. Lohmannella paradoxa. Reifes Blastoform, optischer Schnitt. Vergr. Obj. 7, Ok. 1. Hämatoxylin. Fig. 23. Fritillaria pellucida. Zerfall der Gonaden. Vergr. Obj. 3, Ok.1. Nach dem Leben. | Fig. 24. Lohmannella catenata. Scheinbare Aufnahme geformter Nahrung. Verg. Obj. 5, Ok. 1. Pikrokarmin. Fig. 25. Lohmannella spec. Krankhaft verändertes Exemplar. Vergr. Obj.1l, Ok. 1. Pikrokarmin. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. Von F. Schwangart. Mit Taf. XII und XII und 4 Figuren im Text. (Aus dem zoologischen Institut der Universität München.) Einleitung. | Über die Entstehung des Darmepithels bei den pterygoten In- sekten bestanden bis vor wenigen Jahren zwei Anschatungen, welche von einer beträchtlichen Anzahl Beobachter erörtert worden sind, ohne daß eine von beiden allgemein zur Annahme gelangt wäre. Es ist im Gegenteil in neuerer Zeit eine dritte hinzugekommen, die sich jetzt mit mehr Entschiedenheit als die früheren Geltung zu verschaffen sucht. Einig ist man nur über folgende Punkte: Das Mitteldarmepithel entwickelt sich von zwei lateralen, in der Längsrichtung des Keim- streifs verlaufenden Zellstreifen aus, welche das blinde innere Ende des Stomodäums mit dem des Proktodäums verbinden. Diese beiden Zellstreifen gewinnen im weiteren Verlaufe der Entwicklung erst ventral, dann dorsal Zusammenhang, indem sie die im Innern des Embryo befindliche Dottermasse umwachsen. In dem aus dieser Umwachsung hervorgegangenen Zellenrohr hat man die innere Schicht des Mitteldarms, das Darmepithel, vor sich. Den ersten Anlaß zu den obenerwähnten Meinungsverschieden- ‚heiten über den Ursprung des Mitteldarmepithels gaben die Be- ziehungen der Darmdrüsenblattstreifen zum »unteren Blatte«x und zum Dotter. Das untere Blatt entsteht durch einen Einstülpungs- oder Einwucherungsprozeß von einem langgestreckten Urmund aus, dessen Form der länglichen Gestalt des Embryo entspricht. Es dringt auf der ganzen Strecke, auf der später die Mitteldarmstreifen angelegt werden, von seiner Ursprungsstelle aus nach beiden Seiten vor, indem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 2- 168 F. Schwangart, es sich zwischen das Ektoderm und die unter dem Keimstreif ge- legenen Dotterzellen hineinschiebt. »Die Gastrulaeinstülpung ist somit nicht, wie wir sie zu beobachten gewohnt sind, ein mit Ausnahme des Urmundes völlig geschlossener Sack, sondern besitzt eine am Grunde der Einstülpung gelegene Öffnung« (0. und R. Herrwiıc). Diese Öffnung wird durch die Dotterzellen geschlossen. Sie bildet eine Verbindung zwischen der Gastrulahöhle und der primären Furchungshöhle, welche von den Dotterzellen erfüllt ist. In den seitlichen Teilen des eingestülpten Materials entwickeln sich die Cölome!; aus ihnen gehen die paarigen Anlagen des Darm- faserblattes hervor, zwei schmale Streifen von Zylinderzellen, welche durch die Öffnung am Grunde des Gastrulasackes voneinander ge- trennt werden. An den dem Dotter zugewandten Rändern der Darm- faserblattanlagen treten die oben erwähnten Zellstreifen auf, von denen aus die Anlage des Mitteldarmepithels beginnt. Auf die Umwandlung der Dotterzellen in Zellen des Mitteldarmepithels stützt sich die eine von den beiden älteren Anschauungen über die Mitteldarmbildung der Pterygoten (Donrs, BALFOUR, die Brüder HErTwIG, WILL, BOBRETZKY und TICHOMIROFF für Lepidopteren, Hrymoss fürOdonaten u.a.). Danach werden die Dotterzellen, während der Embryo den Dotter umwächst, in sein Inneres aufgenommen. Dort wird der Dotter aufgelöst, die Zellen werden frei und schließen sich zur Bildung der Anlagen des Mittel- darmepithels zusammen. Aus dem unteren Blatte lassen die Anhänger dieser Anschauung nur das Mesoderm hervorgehen. Zugunsten der Ansicht, daß die Bildung des Mitteldarmepithels von den Dotterzellen ausginge, lassen sich analoge Fälle aus den andern Arthropodenklassen anführen. In neuerer Zeit hat außerdem Hevmons diese Art der Darmbildung bei Apterygoten ( und Lepisma) beobachten können. Die Anhänger dieser Anschauung betrachten die Dotterzellen als gleichwertig dem »sekundären Entoderm« einer typischen Gastrula, etwa der der Chätognathen. Es geschah das zuerst im Hinblick auf die Lagebeziehungen der Dotterzellen und der ersten Zellen des Darm- epithels, welche an den Rändern der Anlagen des Darmfaserblattes sichtbar ‘werden, zu dem unteren Blatte. — Ich habe oben darauf hingewiesen, daß die Gastrulaeinstülpung an ihrem Grunde nicht ! Wo sie überhaupt zur Ausbildung gelangen. Im Verlauf der folgenden Untersuchungen werden sich für das Vorderende des Embryo von Eindromis modifizierte Verhältnisse ergeben. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 169 seschlossen ist, und daß die Öffnung, welche sich hier zwischen den Anlagen des Darmfaserblattes befindet, anfangs von Dotterzellen aus- gefüllt wird. Die Brüder Herrwıe knüpften an diese Beobachtung folgende Erörterungen: »Diese Wahrnehmung ist für die Beurteilung der Insektengastrula von großer Bedeutung, da sie lehrt, daß die dotterarmen kleinen Zellen, welche in ihrem Aussehen mit den Ele- menten des Blastoderms übereinstimmen, nicht für sich allein die Gastrulaeinstülpung bilden, sondern in dieser Funktion durch die Dotterzellen ergänzt werden. Beiderlei Zellen gehören somit zusammen und repräsentieren den primären eingestülpten Entoblast.« Und ferner: »Da die ersten Zellen des Darmdrüsenblattes an den Enden des Darmfaserblattes auftreten, so hat die Annahme große Wahrschein- lichkeit für sich, daß das Darmdrüsenblatt ursprünglich eine direkte Fortsetzung dieser Zellenschicht war. Eine solche Annahme würde mit der Beobachtung übereinstimmen, daß die das Darmdrüsenblatt repräsentierenden . Dotterzellen in den ersten Stadien der Gastrula- einstülpung den zum Mesoblast werdenden Teil der Einstülpung er- sänzen. — Das aber ist im wesentlichen die Anordiiung der Keim- blätter, wie wir sie bei den Chätognathen kennen gelernt haben.« Die Besonderheit der Insektengastrula, daß hier die »Entodermzellen« lange Zeit die ganze Furchungshöhle anfüllen, anstatt im eingestülpten Zellmaterial von Anfang an den Platz einzunehmen, der ihnen in typischen Fällen zukommt, führen die Brüder Herrwıc auf die starke Anhäufung von Dottermaterial in den Entodermzellen zurück. Der Auffassung, daß die Dotterzellen dem Darmdrüsenblatt der Chätognathen vergleichbar seien, erwuchsen Schwierigkeiten aus der eigentümlichen Entstehungsweise dieser Zellen. In allen Fällen näm- lich, welche bis zum Erscheinen der »Entwicklungsgeschichte der Aphiden« von Wırn bekannt waren, trennen sich die Dotter- zellen von den übrigen Zellen der Keimanlage in einer Weise, welche mit einer typischen Gastrulation nicht die mindeste Ähnlichkeit hat: Ihre Kerne bleiben entweder auf dem Stadium der Blastodermbildung, wenn die Mehrzahl der Furchungskerne an die Oberfläche des Eies steigt, im Dotter zurück (z. B. Lepidopteren nach BoBRETZKY) oder sie wandern nach erfolgter Blastodermbildung von verschiedenen Stellen des Blastoderms aus in den Dotter ein (»diffuse Entoderm- bildung« nach KOROTNEFF, z. B. Gryllotalpa, Phryganiden). Der oben beschriebene Gastrulationsprozeß, welcher das Mesoderm liefert, findet in diesen Fällen in einer weit späteren Entwicklungsperiode statt als die Differenzierung der Dotterzellen und steht in keinerlei 12* 170 F. Schwangart, Beziehung zu ihr. — Die Untersuchungen Wırrs ergaben, daß bei den Aphiden mehr ursprüngliche Verhältnisse vorliegen. Bei diesem Objekt unterbleibt an einer bestimmten Stelle die Bildung des Blasto- derms. Diese Stelle wird zum Blastoporus. »Am Rande des Blasto- porus vermehren sich die Blastodermzellen besonders lebhaft; ein Teil derselben löst sich los und wandert in Form amöboider Zellen« (welehe vorläufig als Dotterzellen funktionieren) »in das Innere des Eies, um das Entoderm zu bilden.«e An der gleichen Stelle beginnt, im Anschluß an die Loslösung der »Entodermzellen«, die Bildung der Mesodermfurche. »Die Ränder des Blastoporus geben da- mit sowohl dem Entoderm als dem Mesoderm ihre Ent- stehung.« Die Untersuchungen Wırrs führten demnach zu dem Ergebnis, daß die Differenzierung der Dotterzellen aus dem Blastoderm bei den Aphiden mit der Entstehung des sekundären Entoderms in typischen Fällen große Ähnlichkeit hat, im Gegensatz zur Bildung der Dotterzellen bei andern Insekten. WırL schloß daraus, meiner Ansicht nach mit Recht, daß die Bildungsweise der Dotterzellen bei andern Insekten ein abgeleitetes Verhalten darstelle und erklärte die Dotterzellen sowohl der Aphiden als der übrigen Insekten für gleich- wertig dem sekundären Entoderm einer typischen Gastrula. Damit stimmten die Resultate überein, welche Wırr bei den Aphiden und eine beträchtliche Anzahl von Autoren bei andern Pterygoten, über das weitere Schicksal der Dotterzellen erhalten hatten: daß die Dotterzellen das Mitteldarmepithel bilden und daß sie dabei in der oben beschriebenen, für den sekundären Entoblast charakteristischen Weise die Gastrulaeinstülpung ergänzen sollten. Die andre von den beiden älteren Anschauungen über den Ursprung des Mitteldarmepithels basiert auf Beobachtungen von KOWALEVSKY, GRASSI, BÜTSCHLI, HEIDER und andern und ist neuer- dings durch ausführliche Untersuchungen von ESCHERICH gestützt und ausgebaut worden. Die Anhänger dieser Richtung lassen die Dotter- zellen als abortiven Teil der Furchungszellen zugrunde gehen, nach- dem sie ihrer embryonalen Funktion, der Verflüssigung des Nahrungs- dotters genügt haben. Heıper hält es für wahrscheinlich, daß man sie »als einen abortiven Teil des Entoderms betrachten dürfe«. — Die seitlichen Zellstreifen, von denen aus das Mitteldarmepithel ent- steht, gehen nach der Ansicht der genannten Autoren aus dem unteren Blatte hervor und gelten für entodermal. Unter den Anhängern dieser Auffassung herrschte anfangs die Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. hl Vorstellung, daß die Darmdrüsenblattstreifen, gleich den Anlagen des Darmfaserblattes, auf der ganzen Strecke zwischen Stomodäum und Proktodäum aus den seitlichen Teilen des unteren Blattes entständen. Diese Vorstellung ließ eine befriedigende Erklärung für die oben erwähnte Öffnung am Grunde des Gastrulasackes vermissen. Fortgesetzte Untersuchungen von KOWALEVsKY und von GRASsSsI führten dann zu dem Ergebnis, daß die Darmdrüsenblattstreifen von zwei isolierten Zellgruppen des unteren Blattes ausgingen, von denen die eine am Vorder-, die andre am Hinterende des Embryo gelegen sein sollte. Auf der zwischen diesen beiden Zellgruppen gelegenen Gastrulationsstrecke sollte nur Mesoderm gebildet werden !. Die Darm-. drüsenblattstreifen entstehen, nach Ansicht der genannten Forscher, auf folgende Weise: Die »Entodermkeime«, welche in den beiden terminalen Zellgruppen des unteren Blattes enthalten sind, werden bei der Anlage des Stomodäums und des Proktodäums mit dem blinden inneren Ende dieser Ektodermeinstülpungen in die Tiefe geschoben. Dann gabelt sich jede von den beiden Entodermanlagen in zwei seitliche Zellstreifen. Der rechte Zellstreifen am Stomodäum wächst dem rechten am Proktodäum, der linke am Stomodäum dem linken am Proktodäum entgegen, bis beide Paare sich treffen und verschmelzen. Damit sind die beiden Zellstreifen des Darm- drüsenblattes hergestellt, welche nunmehr Stomodäum und Proktodäum verbinden. | Um den Vorgang der Differenzierung der beiden Entodermkeime aus der gesamten Masse des unteren Blattes auf die typische Bildungs- weise des Darmdrüsenblattes (Sagetia) zurückzuführen, hat KOWALEVSKY hervorgehoben, daß bei Musca an den betreffenden Stellen der me- diane Teil des unteren Blattes das Material zur Bildung des Entoderms liefere, während die lateralen Partien in mesodermalen Organen aufgingen. Diese Auffassung wurde durch Befunde von BÜrscHLı und von EscHERICH gestützt. Die Untersuchungen dieser Forscher ergaben, daß am Vorder- und am Hinterende des Muscidenembryo die Gastrulaeinstülpung durch Faltenbildung in drei Divertikel zer- fällt; davon soll das mittlere die Entodermanlage bilden, die seitlichen 1 Da somit im unteren Blatte die Anlagen des Entoderms und des Meso- derms enthalten sein sollten, belegte es KowALEvskyY mit dem Namen »Ento- mesoderm«. Nach ESCHERICH ist bei den Musciden »Ento- und Mesoderm von Anfang an deutlich differenziert; eine Entomesodermschicht kommt also nicht - vor«e. Bei Ohalicodoma sollen nach CARRIERE Entoderm und Mesoderm sogar getrennt voneinander angelegt werden. 172 F. Schwangatt, sollen Mesoderm liefern. Die auffallende Ähnlichkeit der geschil- derten Verhältnisse mit der Bildung des Darmdrüsenblattes bei den Chätognathen hat die genannten Autoren zu dem Schlusse geführt, daß bei Mausca ein besonders ursprünglicher Zustand erhalten sei. Für Insekten, bei denen sich die Trennung von Entoderm und Meso- derm ohne Divertikelbildung vollzieht, wird von ihnen eine weiter- sehende cänogenetische Abänderung angenommen (Orthopteren, Dermapteren, Lepidopteren).. Besondere Beachtung haben HEIDER und EschHericH einigen Fällen geschenkt, bei denen sich die Mittel- darmanlagen erst nach der Bildung von Stomodäum und Proktodäum vom Ektoderm dieser beiden Einstülpungen sondern sollen (Orthopteren, Dermapteren nach Heyumoxs). Heiper deutet diese Befunde, indem er annimmt, »daß bei den Orthopteren und Dermapteren die Vorder- darm- und Enddarmanlage auch eine latente Entodermgruppe in sich enthalten, die erst später zur Sonderung gelangt«. Die Ursache dieser verspäteten Trennung der Keimblätter soll das besonders frühzeitige Auftreten des Vorderdarmes und Enddarmes sein. Den Ausfall des Entoderms auf der mittleren Gastrulationsstrecke und die eigentümliche Bildungsweise des Darmepithels von zwei ge- trennten Entodermanlagen aus hat man durch die sogenannte »Zer- reißungshypothese« zu deuten gesucht: Durch die starke Längs- streckung, welche der Insektenembryo erleidet, bevor die Gastrulation stattfindet, sei der Zusammenhang des Entoderms in der Mitte ver- loren gegangen; er werde durch das Wachstum und die Begegnung der Darmepithelstreifen wieder hergestellt (KowALEVSKY, HEIDER). Wırr, der das Mitteldarmepithel von den Dotterzellen herleitet, stimmt in einem wesentlichen Punkte mit den Anhängern der eben geschilderten Anschauung überein. Nach seiner Ansicht schließen sich die Dotterzellen zuerst am vorderen und am hinteren Ende des Embryo, am Grunde des Stomodäums und des Prokto- däums, zur Bildung des Darmepithels zusammen. Der mittlere Teil des Darmrohres bildet sich aber nieht durch Wachstum der terminalen Entodermanlagen, sondern durch den Zusammenschluß und die Um- wandlung weiterer Dotterzellen. Die Anhänger der neuesten Auffassung (WITLAcZIL, RABITO, VOELTZKOW, LECAILLON, HEYMONs, SCHWARTZE für Lepidopteren und DEEGENER) schließen sich insofern der zuerst besprochenen An- sicht an, als auch sie in den Dotterzellen das ursprüngliche Entoderm der Pterygoten erblicken, während der Gastrulationsprozeß lediglich Mesoderm liefern soll. Mit den Vertretern der zuletzt genannten Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 173 Anschauung stimmen sie dagegen darin überein, daß sie die Dotter- zellen zugrunde gehen und das Mitteldarmepithel von zwei getrennten - Anlagen aus, einer vorderen und einer hinteren, entstehen lassen. Sie lassen aber die beiden Zellgruppen am Grunde des Stomodäums und Proktodäums, von denen sie das Mitteldarmepithel herleiten, aus dem Ektoderm dieser Einstülpungen selbst hervorgehen, erklären also das Mitteldarmepithel der pterygoten Insekten für ekto- dermal, die pterygoten Insekten im postembryonalen Zustande für Tiere ohne Entoderm. Nur bei den Odonaten kämen, nach HEYMONS, Dotterzellen bei der Mitteldarmbildung mit zur Verwendung. Material und Methoden. Als Material zu meinen Untersuchungen verwandte ich Eier von Endromis versicolora L., einem Bombyeiden, und von drei Zygänen- arten, Zygaena minos, trifolii und filipendulae. Da ich die Ent- wicklung des Mitteldarmes an Endromis eingehend studiert habe, werde ich meine Befunde an Zygänen nur in Fällen heranziehen, wo diese Objekte den Vorzug größerer Deutlichkeit haben. Eindromis legt ihre Eier im April an Birken- und Erlenzweige. Die Entwicklung im Ei dauert 3 Wochen und darüber. Die Ent- wicklungsdauer der Zygäneneier beträgt etwa 8 Tage, wenn sie von Frühsommer-, und bis zu 14, wenn sie von Spätsommergelegen stammen. Die Eier sämtlicher Arten konservierte ich am besten mit er- hitzter Perenyischer Mischung. Um das unerläßliche Abschälen vor dem Färben und Schneiden zu erleichtern, wurden die dickschaligen Bier von Endromis 4—5 Stunden in Sprozentige Lösung von Formol gebracht und vor dem Übertragen in die Färbeflüssigkeit sorgfältig mit destilliertem Wasser ausgewaschen. Zygäneneier wurden ohne weiteres abgeschält. Zum Färben eignet sich am besten für die Zygäneneier Pikrokarmin nach WEIGERT, für die von Endromis leichte Stückfärbung mit Pikrokarmin (etwa 24 Stunden) und Nachfärbung der Schnitte mit DeLArıerpschem Hämatoxylin, um die Kerne mehr hervorzuheben. Die Dicke der Schnitte beträgt, je nach Bedürfnis, 7:10,0der. 15% 1. Untersuchungen. Bevor ich die Entstehung der Mitteldarmanlagen zu schildern beginne, möchte ich einige Worte über den Dotter und sein Verhalten zum Keimstreif auf Stadien vor Beginn der Gastrulation voraus- schicken. Die betreffenden Präparate stammen von Zygaena. Dasjenige, 174 F. Schwangart, nach welchem die Abbildung Fig. 1 hergestellt ist, ist mir von - Herrn Professor R. Herrwıg gütigst überlassen worden, der es bei Gelegenheit seiner Studien zur Cölomtheorie angefertigt hat. Es handelt sich um ein wenige Stunden altes Stadium. Man unter- scheidet auf dem abgebildeten Schnitte eine innere blasser und eine äußere dunkler gefärbte Sphäre. Erstere ist von feinen Dotterplättehen erfüllt, zwischen welche große, stark gefärbte Kerne eingelagert sind. Der größere Teil von diesen ist in einem Kreise eingestellt, die übrigen liegen ungeordnet innerhalb der Peripherie dieses Kreises. Von den im Kreise angeordneten Kernen aus ziehen Plasmastränge gegen die Mitte des Schnittes hin; in der Regel fließen dabei benachbarte Stränge zusammen. Während die in der Mitte gelegenen Kerne wohl die ersten »Dotterkerne« vorstellen, waren die im Kreise eingestellten, meiner Ansicht nach, auf der Wanderung nach der Oberfläche des Eies hin begriffen, um dort das Blastoderm zu bilden; die Plasma- stränge machen den Eindruck, daß die Masse des Protoplasmas den Kernen bei ihren Teilungen und auf ihrem Wege zur Oberfläche des Eies nicht habe folgen können und daß eine nachträgliche Verteilung des Plasmas auf die einzelnen Kerne stattfinde. Die dunkle breite Randzone enthält weder Dotterplättchen noch Kerne und erscheint rein plasmatisch. Ich deute sie als Keimhautblastem und möchte dabei erwähnen, daß ein solches weder von BOBRETZKY noch von SCHWARTZE bei Lepidopteren vorgefunden worden ist. Fig. 2 ist nach einem Schnitte durch einen etwa 60 Stunden alten Embryo von Zygaena (Spätsommergelege) hergestellt. Die Schnittrichtung ist der Sagittalebene durch den Embryo annähernd parallel. Man unterscheidet den Dotter in der mittleren Region und eine Randzone, welche zum größeren Teil von dem dünnen, aus ein- schiehtigem Zylinderepithel gebildeten Keimstreif eingenommen wird; wo dieser fehlt, reicht der Dotter bis an einen feinen, hellgefärbten Streifen an der Peripherie des Eies, die aus Plattenepithel ‘gebildete Serosa; von den beiden Enden des Keimstreifs erheben sich die Amnionfalten. Der übrige Teil des Amnions liegt der Serosa noch so dicht an, daß er bei der Vergrößerung von Fig. 2 nieht deutlich von ihr zu unterscheiden ist. Der Dotter hat sich im Vergleiche mit dem der Fig. 1 wesentlich verändert. Er besteht aus deutlich be- grenzten Schollen! von sehr ungleicher Größe, von denen die meisten ı! Die leeren Räume, welche hier an den meisten Stellen zwischen den Dotterzellen bemerkbar sind, entstehen, besondere später zu erörternde Fälle ausgenommen, durch leichte Schrumpfung des Dotters beim Konservieren. Wo Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 175 mehrere Kerne enthalten. Die Kerne liegen häufig nahe beisammen in der mittleren Region ihrer Schollen, ein Verhalten, das für frühe Stadien bei meinen beiden Objekten charakteristisch ist. Die Kerne sind oft von einem deutlich sichtbaren Plasmahof umgeben; ver- bindende Plasmastränge sind nirgends wahrzunehmen. Man hat in den Dotterschollen die oben erwähnten »Dotterzellen« vor sich; die Abgrenzung des Dotters in solche bezeichnet man als »Dotterfurchung«. Bei geeigneter Färbung zeigen die Dotterzellen von Zygaena bis zur vorgeschrittenen Gastrulation die in Fig. 3 wiedergegebene feinere Struktur. In der näheren Umgebung der Kerne erscheint der Dotter fein granuliert und von Plasma reichlich durchsetzt, in größerer Ent- fernung von ihnen besteht er aus gröberen Plättchen. Auf der Ab- bildung ist nur die erstgenannte Zone wiedergegeben. Die Kerne sind im Vergleich zu denen im Keimstreif meistens sehr groß, doch kommen auch solche vor, die jene an Größe nicht übertreffen. Ihre Form ist meist regelmäßig, rund bis oval. Sie enthalten stets meh- rere stark gefärbte Chromatinstücke von rundlicher Gestalt. Der Rest ihres Inhalts ist blaß gefärbt und ungleichmäßig fein granuliert. SCHWARTZE hat an Dotterkernen von Lasiocampa schon auf frühen Stadien einen beginnenden »Zerfall der Chromatinsubstanz« wahr- genommen und daraus auf den Beginn der Degeneration dieser Dotterzellen geschlossen. Ich kann in der eben geschilderten feinen Verteilung des Chromatins, wie sie in den Dotterkernen von Zygaena bis zur vorgeschrittenen Gastrulation — und in denen von Eindromis bis zur vorgeschrittenen Mitteldarmbildung — zu beobachten ist, kein An- zeichen von Degeneration erblicken. — Für die Histologie der Dotter- kerne von Zygaena nach Beendigung der Gastrulation stehen mir keine günstigen Präparate zur Verfügung. Die Darstellung der Dotterkerne verlangt schon bei jungen Stadien eine weit stärkere Differenzierung als sie für die Zellen des Keimstreifs nötig ist. Unterbleibt oder versagt die Differenzierung, so färben sich Teile der plasmatischen Zone der Dotterzelle, welehe die Dotterkerne umgibt, stark mit, so daß es nicht mehr möglich ist, Plasma und Kerne genau zu unter- scheiden. Je älter die Embryonen sind, desto schwieriger wird die Darstellung ihrer Dotterkerne. Zygaena ist ein besonders günstiges Objekt für das Studium der Übergänge zwischen Dotterzellen und Zellen des Keimstreifs auf diese unterblieben ist, liegen die Dotterzellen einander sowohl als dem Keim- streif dicht an. Aber auch dann sind die Grenzen zwischen ihnen deutlich zu erkennen. 176 F. Schwangart, Stadien vor der Bildung des unteren Blattes. Wo der Dotter an die Innenfläche des Blastoderms grenzt findet man häufig in ihm große, wenig Dotter enthaltende Zellen, die dem Keimstreif dicht anliegen oder mit einem Teile ihres Plasmaleibes zwischen seine Zellen ein- sefügt sind. Daneben sieht man im Verbande des Keimstreifs auf- fallend große blasige Zellen mit großen Kernen, die sich durch diese Eigenschaften als Übergänge zu Dotterzellen erweisen (Fig. 4, auch Fig. 2 ubg).. HeyMmons und SCHWARTZE erklären solche Zellen für »Paracyten«, die aus dem Keimstreif in den Dotter auswandern und dort ausnahmslos zugrunde gehen. Ob es sich bei Zygaena um eine Auswanderung von Zellen aus dem Keimstreif handelt und nicht vielmehr um Dotterzellen, welche sich dem Keimstreif anschließen, muß ich unentschieden lassen. Dafür, daß die Zellen zugrunde singen sind keinerlei Anhaltspunkte zu finden: Degenerationserschei- nungen, wie sie für »Paracyten« charakteristisch sind, und wie sie auch SCHWARTZE von Lasiocampa beschrieben hat, habe ich an den geschilderten Übergangszellen weder bei Zygaena noch bei Endromis wahrgenommen. Am häufigsten habe ich derartige Zellen bei beiden Objekten in der Gegend des Hinterendes gefunden. Doch handelt es sich stets nur um wenige Zellen: An keiner Stelle geht ein größerer Bezirk des Keimstreifs in die Zellenmasse des Dotters über. Bildung des unteren Blattes. Ich wende mich nunmehr zu einem etwa 64 Stunden alten Stadium von Eindromis. Zuerst einige Worte zur allgemeinen Charakteristik: Der schmale Keimstreif liegt bereits tief in den Dotter versenkt; er ist »immers«. Er kehrt seine Bauchseite, welche noch keine Spur von Extremitäten und von Segmentierung zeigt, der Oberfläche des Eies zu und ist mit beiden Enden eingekrümmt!, etwa parallel der Oberflächenkrimmung des Eies. Sein Vorderende besitzt zwei wenig umfangreiche Vorwölbungen, die durch eine mediane, sagittal ver- laufende Rinne gegeneinander abgesetzt sind. Man bezeichnet diese Vorwölbungen als »Kopflappen<. Vorder- und Hinterende sind i Infolge dieser Einkrümmung war es mir nieht möglich, von allen Regio- nen des Embryo genaue Querschnitte zu erhalten. Wenn man die Embryonen so orientiert, daß die Mitte genau quer getroffen wird, so ergibt sich auch für die eingekrümmte vordere und hintere Partie eine Reihe günstiger Schnitte. In den Bereich dieser Schnitte fallen am Vorderende die vordere Entodermanlage und die Anlage des Stomodiums. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 177 annähernd gleich breit!, die Mitte ist beträchtlich schmäler als die Enden. Die Querschnitte (Textfig. 1) geben den Breitenunterschied zwischen Mitte und Vorderende genau wieder. Der Dotter ist überall deutlich abgefurcht. Seine Zellen sind meist unregelmäßig gestaltet und liegen einander und dem Keimstreif dicht an, doch finden sich, hauptsächlich in der Nähe der Innen- fläche des Keimstreifs, rundliche isolierte Dotterzellen; diese sind meistens von geringerer Größe als die unregelmäßig gestalteten. In Fig. 5 sind zwei Dotterkerne abgebildet. Sie unterscheiden sich von den oben beschriebenen von Zygaena durch ihre unregelmäßige Ge- stalt und ihr ungleichmäßiger verteiltes Chromatin. Von diesen Unterschieden scheint die Art der Chromatinverteilung konstant zu sein. Dagegen findet man auf allen meinen Stadien außer unregel- mäßig geformten regelmäßig runde und ovale Dotterkerne. Bis zur vorgeschrittenen Mitteldarmbildung sind die regelmäßig geformten sogar entschieden in der Mehrzahl. Die beiden abgebildeten Kerne machen den Eindruck, als ob sie vor kurzem aus einer, Teilung her- vorgegangen seien. Man findet nicht selten solche Bilder. Da es mir nie gelungen ist, mitotische Figuren aufzufinden, liegt es-nahe an eine direkte Teilung der Dotterkerne zu denken, wie sie an Dotter- kernen und in der Serosa von Lasiocampa (SCHWARTZE) erschlossen worden ist. Sie wurde in dem genannten Falle, gemäß der von FLeummng und ZingLer begründeten Anschauung, als Zeichen von Degeneration aufgefaßt? In der Serosa von Endromis habe ich ähn- liche Bilder gesehen. Überblickt man die Abbildungen der umstehenden Textfig. 1 (Querschnitte), ohne sich auf das Stadium einzelner Schnitte einzu- lassen, so sind überall zunächst Dotterzellen und Keimstreif zu unter- scheiden. An letzterem erkennt man außer dem aus zylindrischen Zellen gebildeten Blastoderm (bl) eine weniger umfangreiche Zell- gruppe, welche aus blasigen und polygonalen Zellen besteht und von der Mitte des Blastoderms aus dorsal — auf allen Figuren ist die Dorsalseite nach oben gekehrt — in den Dotter vorragt (vb). Beide Bestandteile des Keimstreifs sind durch Übergangszellen miteinander 1 Bei wenige Stunden jüngeren Embryonen ist das Hinterende bedeutend breiter. 2 Auf den vorliegenden Fall paßt die Ansicht ZıEGLERs, daß Amitose bei Metazoen »vorzugsweise ..... bei Kernen vorkommt, welche einem ungewöhn- lich intensiven Sekretions- oder Assimilationsprozeß vorstehen«. Daß die Amitose nicht immer auf diese Ursache zurückzuführen ist, beweist ihre Rolle bei der Eibildung von Tubularia (DOFLEIN). 178 F. Schwangatt, verbunden. Es ist wohl erlaubt, mit Rücksicht auf die einfachere Benennung in der folgenden Schilderung, die anerkannte Tatsache, daß es sich bei solchen Bildern um einen Gastrulationsprozeß handelt, i 7: y 2 (mpl.) I) EEE FAR Textfig. 1a—g. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 179 vorweg zu nehmen; ich bezeichne den medianen Zellkomplex ud als »unteres Blatt«. und vermeide absichtlich den Namen Entomesoderm, da der entodermale Charakter dieses Blattes bestritten wird. Verfolgt man die Querschnitte in der Richtung von vorn nach hinten, so trifft man zunächst einige (Textfig. 1a), welche die Kopf- lappen flächenhaft getroffen haben. Das Blastoderm erscheint auf solchen Schnitten mehrschichtig, was aber wohl nur auf die schiefe Sehnittrichtung zurückzuführen ist. Von einem unteren Blatte ist noch nichts zu bemerken. Einige Schnitte weiter hinten (Textfig. 1b) ist der Keimstreif merklich breiter geworden. Das Blastoderm zeigt an seiner Ventralseite eine seichte Einsenkung. Dorsal ist ihm eine Reihe blasiger und polygonaler Zellen angelagert, welche hier das untere Blatt bilden. In der Mitte sind zwischen beiden Blättern Übergänge sichtbar, während die seitlichen Zellen des unteren Blattes segen das Blastoderm abgegrenzt sind. Auf den folgenden Schnitten zeigt der Keimstreif das gleiche Aussehen, nur nimmt das untere Blatt von Schnitt zu Schnitt an Masse zu und die Stelle des Zusammen- hanges zwischen beiden Blättern wird beständig breiter (Textfig. 1 c). Dann beginnt der Keimstreif allmählich schmäler zu werden, und als wichtigster Unterschied tritt eine deutliche Kerbe in der Mitte seiner Ventralseite auf; es ist also in dieser Region, inı Gegensatz zur eben beschriebenen, eine Gastrularinne vorhanden (Textfig. 1d). Dement- sprechend ist auch das untere Blatt schmäler geworden und ragt in der Mitte weiter gegen den Dotter vor. Wenige Schnitte weiter hinten beginnt die vordere Einkrümmung des Embryo. Auf dieser Strecke fallen die Schnitte flächenhaft aus; eine genauere Beschrei- bung ist deshalb nicht statthaft. Hervorzuheben ist, daß die Bildung des unteren Blattes nirgends unterbrochen wird. Hinter der Biegung trifft man auf den ersten Schnitten den in Textfig. 1d abgebildeten Typus wieder, er geht aber bald in den der Textfig. 1e über. Es entsteht hier das Bild einer Gastrulation mit »Mittelplatte« (mpl) und »Seitenplatten« (spl). Man stellt sich diesen Vorgang folgendermaßen vor: In der Region, in welcher die Gastrulation nach dem genann- ten Typus stattfindet, sondern sich am Keimstreif nebeneinander dre Platten. Die mittlere Platte wird in die Tiefe versenkt, wäbiend sich die Seitenplatten über sie wegschieben und in der Mediane mit- einander verwachsen. Aus der Mittelplatte geht dabei das untere Blatt, aus den Seitenplatten des Ektoderm hervor. Dieser Auffassung (KorscHELT und HEIDER) gemäß hätte man in Textfig. 1e, fund y verschiedene Stadien der Gastrulation mit Mittelplatte und Seiten- 180 F. Schwangatt, platten vor sich. Bei g läge die Mittelplatte (»»pl) noch zwischen den Seitenplatten (spl). Bei e und f wäre sie schon deutlich diffe- renziert und in die Tiefe geschoben, die Seitenplatten hätten sich aber noch nicht über ihr zusammengeschlossen. Von den drei Schnitten ist der in e dargestellte am weitesten vorn geführt, der der Fig. f wenig weiter hinten und der der Fig. g eine größere Strecke hinter dem von f.. Was die Art anlangt, wie in solchen Fällen die Mittelplatte versenkt werden soll, so unterscheidet man zwischen dem Prozeß der »Einstülpung« und dem der »Überschiebung« (an Lepi- dopteren beobachtet von KOWALEVSKY, BOBRETZKY und SCHWARTZE). Für die »Einstülpung« soll die lange Dauer des Zusammenhanges der Mittelplatte mit den Seitenplatten vermittels seitlicher Falten und die Einkrümmung der Mittelplatte zu einem deutlichen Rohre, für die »Überschiebung« soll das Fehlen der Einkrümmung und der Falten- bildung und die frühzeitige Trennung der Mittelplatte von den Seiten- platten charakteristisch sein. Wie die Figuren zeigen, fehlt bei Eindromis die Einkrümmung der Mittelplatte, zugleich aber ist ein dauernder Zusammenhang der drei Platten vorhanden und die Falten- bildung (bei e und f) angedeutet (sf. Man wird daher in diesem Falle am besten von einem Übergang zwischen den genannten beiden Typen sprechen, wie ihn bereits GRABER für Lepidopteren angegeben hat, und diese Art der Bildung des unteren Blattes als Einstülpung ohne Bildung eines deutlichen Rohres bezeichnen. Ich werde auf diese Deutung bei Gelegenheit der Beschreibung eines späteren Sta- diums (Textfig. 2) zurückkommen. | Zwischen Textfig. 1eund 1, sind folgende Unterschiede bemerk- bar. Bei e sind die Seitenplatten einander in der Mediane mehr senähert, der Zusammenhang zwischen den beiden Blättern ist deut- licher, das untere Blatt ist weniger in die Breite ausgedehnt. Über die Bedeutung dieser Unterschiede bin ich zu keinem endgültigen Resultat gekommen. Da Bilder, wie die in e und f wiedergegebenen, in der mittleren Gastrulationsstrecke mehrmals miteinander abwech- seln, darf man vielleicht an segmentale Unterschiede denken, die sich bei der Bildung des unteren Blattes geltend machten, bevor noch Segmente äußerlich am Embryo zu erkennen sind. Nahe der hinteren Einkrümmung des Embryo gehen die Bilder nach Typus g in solche mit einschichtigem Blastoderm ohne Andeutung einer Gastrulation über. Man trifft in dieser Region besonders häufig Über- gangszellen zwischen Keimstreif und Dotter, wie ich sie oben beschrie- ben habe. Auf Fig. 19 sind bereits einige solche Zellen (ug) sichtbar. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 181 Die Untersuchung des eben geschilderten Stadiums ergibt hin- sichtlich der Bildung des unteren Blattes folgende Hauptresultate: Das untere Blatt wird zuerst in der mittleren und der vorderen Region (mit Ausschluß der Kopflappen) des Embryo angelegt. Die Anlage auf dieser Strecke findet auf dreierlei Art statt: Vorn ohne Rinne, durch Einwucherung des Blastoderms, dahinter durch Ein- wucherung unter Bildung einer Rinne, schließlich durch Bildung einer Mittel- und zweier Seitenplatten. Das untere Blatt der ersten Region geht in das der zweiten, das untere Blatt der zweiten in das der dritten ohne Unterbrechung über. Um das Verhalten des unteren Blattes auf der Strecke der vorderen Biegung des Keimstreifs genauer zu untersuchen, wurde die Schnittserie angefertigt, welcher das Bild der Fig. 6 entnommen ist. Es handelt sich um einen der Sagittalebene durch den Embryo annähernd parallelen, nahe der Mediane verlaufenden Schnitt. Das Alter des betreffenden Eies betrug, wie beim zuletzt erwähnten Sta- dium, etwa 64 Stunden. Auf der Abbildung ist nur die vordere Hälfte des Schnittes wiedergegeben, da weiter hinten das untere Blatt noch fehlt. Man unterscheidet am Keimstreifen das (auf der Abbildung dunkler gefärbte) aus zylindrischen Zellen gebildete Blastoderm (dl), dem das aus polygonalen und blasigen Zellen be- stehende untere Blatt (vub und mab) anliegt. Auf der weitaus länge- ren Strecke hängen beide Blätter innig zusammen, nur an seinem vorderen und hinteren Ende ist das untere Blatt gegen das Blasto- derm abgegrenzt infolge der leichten Abweichung der Schnittrichtung nach der Transversalebene zu, wodurch an den beiden genannten Stellen die Linie des Zusammenhanges der Blätter überschritten wurde. Das untere Blatt bildet in seiner ganzen Länge eine ununter- brochene Zellenmasse. Es erscheint in der vorderen Region des Keimstreifs (vu) und in der mittleren (eb) annähernd gleich stark entwickelt; an der Grenze beider aber, in der Gegend der vorderen Einkrümmung, ist eine Stelle wahrzunehmen (x), wo es an Wachs- tum beträchtlich zurückgeblieben ist. Zieht man die übrigen Schnitte der Serie, soweit auf ihnen das untere Blatt getroffen ist, zum Ver- gleiche heran, so ergibt sich außerdem, daß das untere Blatt an der fraglichen Stelle auch weniger weit seitwärts ausgebreitet ist als an den übrigen. Die Sagittalschnitte bestätigen somit, daß die Bildung des unteren Blattes auf der vorderen Einkrümmung nirgends unterbrochen ist, zeigen aber zugleich, daß zwischen seiner vorderen und seiner 182 F. Schwangart, mittleren Region eine Strecke besteht, auf der es an Wachstum zurückbleibt. Das Stadium, zu dem ich nun übergehe, ist etwa 70 Stunden alt. Die Segmentierung ist bereits deutlich ausgeprägt. Extremitätenanlagen Textfig. 2a—h. fehlen noch. Von den beiden Enden ist jetzt das hintere’merklich schmäler; den Unterschied zwischen Vorderende und Mitte veranschau- licht Textfig. 2. — Am meisten fällt, im Vergleich mit dem zuletzt besprochenen Stadium, die starke Erweiterung der Kopflappen auf. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 183 "Einen Querschnitt nahe hinter der medianen, sagittal verlaufen- den Rinne zwischen den Kopflappen gibt Textfig. 2@ wieder. Die Stelle entspricht annähernd derjenigen in der zuletzt beschriebenen Querschnittserie, welcher der Schnitt der Textfig. 1a entnommen ist. Wie dort fehlt am Blastoderm eine ventrale Einkerbung, eine Gastrula- rinne. Das untere Blatt liegt, wie bei Textfig. 1b dem Blastoderm als breite Zellenmasse an, nur dehnt es sich weiter nach den Seiten aus und läßt drei eng aneinandergrenzende Zellengruppen unter- scheiden: Eine mittlere (ent), welche am weitesten in den Dotter vorspringt und in ihrer ganzen Breite mit dem Blastoderm durch Übergänge verbunden ist, und zwei seitliche (mes) flachere, welche sesen das Blastoderm abgegrenzt sind. Nach vorn zu lassen sich diese drei Gruppen in die Kopflappen hinein verfolgen. Dabei nimmt die mittlere beständig an Masse ab, so daß die seitlichen bald nur mehr durch eine Reihe von Zellen miteinander verbunden sind. Die vordersten Schritte sind flächenhaft und ungünstig zur Beurteilung der Verhältnisse. Ich kann daher nicht entscheiden, ob das Blasto- derm der Kopflappen selbst an der Bildung des unteren Blattes in dieser Region beteiligt ist. Man kann nur erkennen, daß die Zellen der seitlichen Gruppen des unteren Blattes bis an die vordere Wölbung der Kopflappen reichen. Wenn man die Verhältnisse von der Stelle der Textfig. 2a weiter nach hinten verfolgt, so fällt vor allem das beständige Anwachsen der mittleren Zellmasse des unteren Blattes (en?) auf, welche schon wenige Schnitte hinter Fig. 2@ die Dimensionen und die histologische Beschaffenheit erreicht, wie sie Textfig. 25 wiedergibt. Das Blasto- derm besteht hier in seinem mittleren Teile aus einer auffallend dünnen Schicht, die Strecke seines Überganges in das untere Blatt ist außerordentlich breit. Das untere Blatt ragt als mächtiger Zellen- kegel (ent) in den Dotter hinein. Die oben beschriebenen seitlichen Zellgruppen des unteren Blattes bestehen nur mehr aus wenigen Zellen. Der in den Dotter vorragende Zellenkeil besteht zum größten Teil aus großen blasigen Zellen. An den Grenzen dieses Keiles gegen den Dotter sind sie besonders groß und locker aneinander gelagert. Hier finden sich häufig Übergänge von blasigen Zellen zu Dotterzellen. An der am weitesten in den Dotter vorgeschobenen Partie des unteren Blattes sind die Endzellen in Spitzen ausgezogen. Auf dem nächsten Schnitte hinter dem von Fig. 2b sind die ge- schilderten seitlichen Gruppen des unteren Blattes nicht mehr zu unterscheiden. Hier und auf den nächstfolgenden Schnitten besteht Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 13 184 er F. Schwangart, das untere Blatt- aus einer einheitlichen, tief in den Dotter hinein- ragenden Masse von blasigen Zellen. Auf meinen Präparaten von diesem Stadium ist die beschriebene Zellmasse auf 7 bis 8 Schnitten zu je 10 u sichtbar. Das untere Blatt bildet also hier in der ver- deren Region eine besonders mächtige Anhäufung. Ich bezeichne diese Anhäufung, der einfacheren Ausdrucksweise halber, im folgen- den als »Gastrulakeil«!. Weiter hinten flacht sich die Zellmasse des unteren Blattes all- mählich ab, der Keimstreif wird immer schmäler, und es tritt auf der Ventralseite des Blastoderms eine anfangs seichte, dann immer tiefer einschneidende Kerbe auf, genau wie das auf dem zuletzt beschrie- benen Stadium zu bemerken war. Zugleich wird die Übergangsstelle vom Blastoderm zum unteren Blatt wieder schmäler und das untere Blatt ragt immer weiter nach den Seiten vor. Ein derartiges Bild ist in Textfig. 2c wiedergegeben. Dieser Gastrulationstypus läßt sich bis in die vordere Biegung des Embryo und hinter dieser noch einige Schnitte weit verfolgen. Dabei breitet sich aber das untere Blatt nicht überall gleich weit nach den Seiten aus, sondern es wird eine regelmäßig wechselnde Ab- und Zunahme dieses Blattes im Verlaufe der genannten Strecke bemerkbar. Hinter der vorderen Biegung wird die mediane Rinne immer tiefer, und es erscheinen Bilder wie die von Textfig. d und e. Beide lassen sich auf den dritten Gastru- lationstypus zurückführen, der am zuletzt beschriebenen Stadium beobachtet wurde, auf die Bildung des unteren Blattes durch Diffe- renzierung des Blastoderms in eme Mittel- und zwei Seitenplatten. Bei d hat sich die Mittelplatte (mpl) nach beiden Seiten weit aus- gebreitet, die beiden Seitenplatten (spl) sind einander in der Mediane stark genähert. Etwas weiter hinten, auf dem Schnitte von e fällt die geringe Masse des unteren Blattes auf, das hier auf die Mitte des Schnittes beschränkt ist; die Seitenplatten sind, im Vergleich zu d weit voneinander entfernt. Auf beiden Figuren sind Seitenplatten und Mittelplatte durch Übergangszellen zwischen Blastoderm und unterem Blatte miteinander verbunden, nur treten diese Übergänge auf Textfig. 2e infolge der geringeren Entwicklung des unteren Blattes mehr hervor. Daher trägt diese Figur deutlicher den Charakter der 1 Dieser Gastrulakeil wurde bereits von HATScHEk (Taf. VII, Fig. 4) ab- gebildet und richtig gedeutet; er bezeichnet ihn als »Entoderm« und erblickt in ihm »die Anlage des Mitteldarmes«. — SCHWARTZE bezeichnet den Gastrula- keil als »Mesodermanhäufung«, läßt aus ihm nur die Blutzellen hervorgehen und bringt ihn zum Mitteldarmepithel nicht in Beziehung. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 185 Einstülpung. Eine Einkrümmung der Mittelplatte zu einem Rohre ist auf keiner der beiden Abbildungen zu bemerken. Hinter der Region von Fig. e wächst die Masse des unteren Blattes wieder an, bis wieder Bilder mit dem Aussehen von d erscheinen. Es folgen dann weiter bis zur hinteren Biegung des Embryo regelmäßig wech- selnd An- und Abschwellungen des unteren Blattes. Die Schnitte durch die Anschwellungen zeigen bald den Typus der Textfig. 2f, diejenigen durch Stellen mit schwächerer Entwicklung des unteren Blattes den von Textfig. 29. In beiden Fällen zeigt sich eine Ab- nahme der Masse des unteren Blattes, bei f im Vergleich mit d, bei g im Vergleich mit e. Bei f ist außerdem die Entfernung der Seiten- platten in der Mitte bedeutend größer und die Gastrulafurche weniger tief als bei d. Auf Fig. g ist die Mittelplatte nur schwach gegen den Dotter vorgewölbt. In der Region hinter 9, nahe der hinteren Biegung des Embryo, liegt die Mittelplatte noch zwischen den Seiten- platten (Textfig. 27). Es lassen sich hier noch regelmäßige An- und Abschwellungen der Zellmasse der Mittelplatte verfolgen. In Fig. h ist die Stelle einer solehen Anschwellung getroffen. Im Verlaufe der hinteren Biegung ist die Mittelplatte noch zu unterscheiden, jenseits der hinteren Biegung, am Hinterende des Embryo, fehlt das untere Blatt noch vollkommen. Man findet demnach, im Einklang mit meinen Befunden an der zuletzt beschriebenen Querschnittserie, auch hier einen allmählich von vorn nach hinten vorschreitenden Gastrulations- prozeß. Infolge der Krümmung des Embryo am vorderen und hinteren Ende ist es nicht möglich, die Zahl der Anschwellungen des unteren Blattes auf Querschnittserien festzustellen und mit der Anzahl der sesmentalen Mesodermanhäufungen zu vergleichen, welche auf Sagittalschnitten zu bemerken sind (vgl. Textfig. 4 mes). Ich halte es aber für höchst wahrscheinlich, daß es sich auch auf den Quer- schnitten um nichts andres als um diese segmentalen Anhäufungen handelt. Den Bildern der Sagittalschnitte gemäß. fielen die An- schwellungen mit den Segmenten, die Stellen mit schwächerer Ent- wicklung des unteren Blattes mit den Segmentgrenzen zusammen. Den eben beschriebenen Querschnittbildern (Textfig. g und h) zufolge wären diese segmentalen Unterschiede auf der Gastrulationsstrecke mit Mittel- platte und Seitenplatten bereits ausgeprägt, bevor die Einstülpung der Mittelplatte begonnen hat. Auch am Hinterende findet die Bildung des unteren Blattes nach dem Typus einer Gastrulation mit Mittelplatte und Seitenplatten statt. 13* 186 F; Schwangart, Von »seitlicher Überschiebung«, wie ScHuwArTzE sie am Hinterende von Lasiocampa gefunden hat, darf aber bei Endromis auch hier nicht gesprochen werden, da der Zusammenhang mit den Seiten- platten noch erhalten bleibt, wenn die Mittelplatte bereits in die Tiefe gesunken und eine deutliche Gastrulafurche sichtbar ist. Das untere Blatt bildet am Hinterende keine wesentlich dickere Lage als in der mittleren Region des Embryo. Der größeren Breite des Hinterendes entsprechend wird aber hier bedeutend mehr Zellmaterial eingestülpt, und das untere Blatt breitet sich weiter nach den Seiten aus. Ge- nauere Untersuchungen der Verhältnisse mittels Querschnitten werden bald durch die Einkrümmung nach innen erschwert, welche das Hinterende noch vor Beendigung der Gastrulation erleidet. Die Trennung der Keimblätter auf der Strecke vom vorderen Ende der Gastrulafurche an bis zum hinteren Ende des Keimstreifs findet von vorn nach hinten vorschreitend statt. Wenn die Furche sich geschlossen hat, kann man auf Querschnitten noch immer das Alternieren von Stellen mit stark und solchen mit schwach entwickel- tem unteren Blatt bemerken. An ersteren ist es weit nach den Seiten ausgebreitet, an letzteren ist es auf die Mitte beschränkt. Dann dringt es an den Stellen, an denen es schwach entwickelt ist, nach den Seiten vor und läßt schließlich die Mitte vollkommen frei, wäh- rend es auf den Strecken, wo es Anschwellungen bildet, auch nach der Trennung der Blätter in der Mediane dem Ektoderm noch dicht anliegt. Hier verläßt das untere Blatt erst bei der Anlage der Cölomsäckchen die Mediane. Mit diesen Beobachtungen stimmt die Angabe SCHWARTZES überein, wonach das Mesoderm an den »Seg- mentgrenzen« früher nach den Seiten zurückweichen soll als in der »Segmentmitte«. SCHWARTZE fügt hinzu, das »Einstülpungsrohr« schließe sich an den ersteren früher als an der letzteren. Diesen Unterschied habe ich bei Endromis nicht auffinden können, auf keinen Fall ist er bei meinem Objekte bedeutend. | Der Abschluß der Gastrulation am Vorderende des Embryo soll im folgenden im Zusammenhang mit der Bildung des Stomodäums und der vorderen Mitteldarmanlage behandelt werden. Bildung des Stomodäums und der vorderen Mitteldarmanlage. Der Embryo der Querschnittserie, nach welcher die Figg. 7—9 gezeichnet sind, war etwa 80 Stunden alt. Er zeigt annähernd die- selben Breitenverhältnisse wie der von Textfig. 2. An seinem vorderen Abschnitt trägt er ein Paar deutliche Extremitätenanlagen. Diese Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 187 erheben sich nahe vor der Stelle, an welcher das stark verbreiterte Vorderende (Region der Gastrulation ohne Rinne, Textfig. 2) ziemlich unvermittelt in die schmale mittlere Partie (Region mit Gastrula- furche, Textfig. 2) übergeht. Der Lage nach halte ich diese Anlagen für die der Antennen. Da aber auf Stadien mit zwei Paar Glied- maßenanlagen das zweite Paar stärker entwickelt ist, und da ich genaue Vergleiche an Oberflächenbildern nicht angestellt habe, will ich die Möglichkeit nicht ausschließen, daß es sich um die Mandibeln handeln könne. Fig. 7 stellt einen Querschnitt durch die vordere Region vor, an der Stelle, an der der »Gastrulakeil« beginnt. Die beiden Blätter (ekt und «b) sind in ihren seitlichen Partien scharf gegeneinander ab- gegrenzt, in der Mitte hängen sie zusammen (ent). -Vom Ektoderm aus ragen hier einige Zellen gegen das untere Blatt vor (som), welche den Zusammenhang zwischen beiden Blättern vermitteln, sich aber durch ihre dunkle Färbung und gedrängte Lagerung als Abkömmlinge des Ektoderms erweisen. Einen Schnitt weiter vorn ragen die Zellen dieser Gruppe noch stärker vor. Eine scharfe Grenze zwischen beiden Blättern ist auch hier nicht vorhanden. Das untere Blatt bildet hier in der Mitte eine bedeutend dünnere Lage als auf dem Schnitt von Fig. 7. Ich will gleich erwähnen, daß die vorragenden Ektoderm- zellen die Stelle bezeichnen, an der sich das Stomodäum als Ekto- dermeinstülpung anlegt. — Dann folgen, immer in der Richtung nach vorn, mehrere Schnitte, auf denen sich die Vorwölbung des Ektoderms allmählich verliert und die beiden Blätter sich auch in der Mitte immer deutlicher gegeneinander abgrenzen. Dabei bildet hier das untere Blatt eine immer dünnere Lage, während seine seitlichen Partien stark entwickelt sind, entsprechend dem Befunde auf dem Stadium der Textfig. 2. Die seitlichen Partien des unteren Blattes breiten sich an den Innenwänden der Kopflappen aus und bilden hier das »Kopf- mesoderm«. Ich verfolge nunmehr das Verhalten der Keimblätter hinter der Stelle, welche durch die vorragenden Ektodermzellen als Ursprungs- stelle des Stomodäums gekennzeichnet war. Auf dem Schnitt von Fig. 8, dem nächsten hinter dem von Fig. 7, sind an den Seiten die Blätter wie bisher gegeneinander abgegrenzt, während in der Mitte Übergänge vorhanden sind. Das Ektoderm ragt hier median nur mit wenigen Zellen gegen das untere Blatt vor, der mittlere: Teil des unteren Blattes ist stärker entwickelt und weiter in den Dotter vorgeschoben als bei Fig. 7. Zwei Schnitte weiter hinten 188 F. Schwangart, (Fig. 9) sind die Blätter überall durch eine deutliche Grenze von- einander getrennt. Am Ektoderm ist ventral auf jeder Seite eine Vorwölbung bemerkbar, die Basis der oben genannten Gliedmaßen- anlagen. Das untere Blatt ist in der Mitte flacher geworden. Einige blasige Zellen ragen hier vom unteren Blatte aus in den Dotter vor. Zwei Schnitte weiter hinten beginnt der Übergang der verbreiterten vorderen Region des Embryo in die schmale mittlere. Die Trennung der Keimblätter ist hier überall vollzogen. Der Gastrulakeil in der vorderen Region ist bei dem geschilderten Präparate auf neun Querschnitten zu je 10 u getroffen. Er ragt nirgends mehr so weit in den Dotter vor, wie das beim vorher ge- schilderten Stadium in der Region von Textfig. 25 der Fall war (man vergleiche diese mit Fig. 8). Wenn man die Seitenpartien des unteren Blattes auf diesen beiden Figuren vergleicht, bemerkt man eine bedeutend stärkere Entwicklung ihres Zellenmaterials auf Fig. 8. Die Abnahme des mittleren Teils ist aber wohl nicht allein auf diese Zunahme an den Seiten zurückzuführen. Auf den meisten Quer- schnitten hinter dem von Fig. 9, soweit sie noch den Gastrulakeil getroffen haben, sieht man Reihen von blasigen Zellen, welche sich von der mittleren Partie des unteren Blattes aus in den Dotter hinein erstrecken; andere blasige Zellen liegen, ohne Zusammenhang mit dem unteren Blatte, zerstreut zwischen den Dotterschollen. Man wird an eine Loslösung von Zellen aus dem Verbande des unteren Blattes denken müssen, wie sie SCHWARTZE für die »vordere Meso- dermanhäufung« von Lasiocampa angegeben hat. Diese Loslösung würde, den eben beschriebenen Bildern nach, in der hinteren Partie der Anhäufung beginnen. Querschnittserien von en im Alter von etwa 80 bis 88 Stunden lassen eine zunehmende Auflockerung des Zellmaterials des Gastrulakeiles erkennen. An seinem Vorderende, an der Stelle, an der im eben beschriebenen Stadium die beiden Blätter median zusammenhingen, erscheint auf diesen Präparaten in der Mitte eine deutliche dorsal gerichtete Einsenkung des Ektoderms. Da ich die Ektodermeinsenkung als Anlage des Vorderdarms, als das Stomodäum, deute, will ich sie von vornherein mit diesem Namen bezeichnen. Die Querschnittserie, welcher Fig. 10 bis Fig. 13 entnommen ist, stammt von einem Embryo im Alter von ungefähr 88 Stunden. Die vordere Region dieses Embryo hat, im Vergleich mit der am Embryo von 80 Stunden, an Breite beträchtlich zugenommen; zugleich aber ist sie auf weniger Querschnitten getroffen und erscheint daher Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 189 kürzer. Diese Verkürzung beträfe hauptsächlich die Strecke vom Vorderende der Kopflappen an bis zu dem des Gastrulakeiles. Auf Grund von Vergleichen an Längsschnitten bin ich der Ansicht, daß es sich dabei nicht oder nur zum geringen Teil um eine tatsächliche Abnahme an Länge handelt; die Erscheinung beruht vielmehr auf der stärkeren Einkrümmung der Kopflappen auf diesem Stadium. Hinter der äußeren Mündung des Stomodäums, einem schmalen Quer- spalt, wird ein weiterer Unterschied bemerkbar: Zwei längs ver- laufende, nach hinten divergierende Ektodermfurchen, welche bis zu der Stelle reichen, an der die verbreiterte vordere in die schmälere Mittelregion übergeht, grenzen auf der Ventralfläche einen mittleren Abschnitt gegen zwei seitliche ab. Diese Furchen waren schon auf dem zuvor beschriebenen Stadium am Hinterende der Kopfregion angedeutet (Fig. 9), jederseits neben der Ansatzstelle der zuerst an- gelegten Extremität. Ich halte diese Gebilde für identisch mit der »Kopffalte«, welche EscHEericn am Muscidenembryo beschrieben hat. Der Embryo von 88 Stunden hat in der Kopfregion zwei Paare Ex- tremitätenanlagen, von denen das hintere stärker entwickelt ist. Der Schnitt Fig. 10 hat die Gegend der Stomodäummündung (stom) getroffen und läßt das Lumen dieser Ektodermeinstülpung als einen Spalt erscheinen, dessen zellige Umrahmung beiderseits stark in die Breite ausgezogen ist. An der Dorsalseite ist das Ektoderm des Stomodäums gegen das lockere, blasige Zellmaterial des unteren Blattes deutlich abgegrenzt, an den beiden seitlichen Ecken dagegen sind die Zellen des unteren Blattes dem Ektoderm so dicht angelagert, daß nur mehr auf Grund histologischer Unterschiede eine Grenze zwischen beiden Blättern gezogen werden kann. Das Zellmaterial an den Ecken des Stomodäums geht ohne Grenze in die seitlichen Partien (mes) des unteren Blattes über. (Die Trennungsstelle auf der linken Seite vom Beschauer aus ist künstlich verursacht.) Diese seitlichen Partien sind, wie es auf dem Stadium von 80 Stunden der Fall war, deutlich vom Ektoderm getrennt. Auf dem nächsten Schnitt in der Riehtung nach hinten (Fig. 11) sind das Stomodäum und das ventrale Ektoderm nur mehr durch wenige Zellen verbunden. Die mittlere Partie des ventralen Ektoderms wölbt sich nach der ventralen Seite zurück. Die zurückgewölbte Partie wird von zwei seichten Einsenkungen des Ektoderms begrenzt, der ersten Andeutung der oben besprochenen Längsfurchen. Vom Lumen des Stomodäums ist nur mehr ein schmaler Spalt sichtbar. An der zelligen Umrahmung dieses Spaltes kann man wieder zwei Schichten unterscheiden: Eine 190 F. Schwangart, innere dicht gelagerte, mit ektodermalem Charakter, und eine äußere, welche aus helleren, lockerer gefügten, größtenteils blasigen Zellen besteht und somit als Bestandteil des unteren Blattes zu betrachten ist. An der dorsalen Wand des Stomodäums sind die beiden Blätter wie bei dem zuletzt beschriebenen Schnitte voneinander getrennt, während sie an den Seiten innig zusammenhängen. Von der dicht gelagerten Ektodermschicht bis zu den blasigen Zellen sind hier alle Übergänge vorhanden. Ich habe den Zellen, welche nicht ausge- sprochen den Charakter des unteren Blattes tragen, die Farbe des Ektoderms gegeben. — An das Zellmaterial an den Seiten des Stomo- däums schließen sich wieder die seitlichen Zee z des unteren Blattes (mes) ohne Unterbrechung an. Einen Schnitt weiter hinten (Fig. 12) ist die von den Seiten- furchen begrenzte mittlere Partie des ventralen Ektoderms breiter, die Seitenfurchen sind tiefer. Das Lumen des Stomodäums ist hier nicht mehr sichtbar. An seiner Stelle sieht man eine (dunkel an- gegebene) Gruppe dicht gelagerter Zellen, welche nach allen Seiten hin, auch ventral, in Zellmassen vom histologischen Charakter des unteren Blattes übergeht. Ich deute die mittlere Zellgruppe als Ekto-. derm der hinteren Wandung des Stomodäums. Die Zellmasse des unteren Blattes, welche mit dieser Wandung zusammenhängt, ist dorsal am schwächsten entwickelt; ventral geht sie deutlich in die mittlere Partie des Ektoderms der Bauchwand über; nach den Seiten ragt sie beträchtlich vor. Sie ist aber hier, im Gegensatz zu ihrem Verhalten auf den beiden eben geschilderten Schnittfiguren, sowie auf den Figg. 7—9, von den weiter seitlich gelagerten Partien des unteren Blattes (mes) durch eine kleine Lücke getrennt. Auf dem Schnitte hinter dem von Fig. 12 ist vom Stomodäum nichts mehr zu bemerken. Das Ektoderm der Bauchwand geht wieder median in die mittlere Partie des unteren Blattes über. Diese besteht aus einer locker zusammengefügten Anhäufung von blasigen Zellen, von denen die am weitesten dorsal gelagerten in regellosen Gruppen in den Dotter vorgeschoben sind. Wenn man diesen Schnitt mit dem der Fig. 12 zur Deckung bringt, so bemerkt man, daß die Zellen der Anhäufung des unteren Blattes einen Teil der als Ektoderm der hin- teren Stomodäumwand gekennzeichneten Zellmasse der Fig. 12 nicht bedecken. Es kommen somit einige Zellen der ektodermalen hin- teren Stomodäumwand direkt mit dem Dotter in Berührung. — Einen Schnitt weiter hinten (Fig. 13) hat der mittlere Abschnitt des ven- tralen Ektoderms abermals an Breite zugenommen, die Seitenfurchen ag Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 191 haben sich wieder vertief. Das Ektoderm hängt median mit dem unteren Blatte nur an einer schmalen Stelle und undeutlich zusam- men. Die Anhäufung des unteren Blattes (e»t) ist flacher geworden. Sie läuft dorsal in der Mitte in eine Anzahl runder und lang ge- streckter blasiger Zellen aus, welche sich, locker aneinander gereiht, weit in den Dotter hineinerstrecken. Diese Zellen fallen zum Teil durch besondere Größe und durch ihren Reichtum an Dotter auf. Den Seitenteilen des Ektoderms sind wenige Zellen (mes) angelagert, welche hier die mehrfach erwähnten »seitlichen Partien« des unteren Blattes vertreten. Diese Zellen sind vom Ektoderm sowohl als von der mittleren Partie des unteren Blattes deutlich getrennt. — Auf dem nächsten Schnitte ist der Zusammenhang zwischen beiden Blät- tern noch immer vorhanden. Das untere Blatt ist in der Mitte auf eine dünne Lage von Zellen reduziert, seine seitlichen Partien sind dagegen etwas stärker entwickelt. Außerdem sind eine Menge bla- siger Zellen regellos zwischen den Dotter- zellen im Dotter ver- teilt. — Ein ähnliches Bild bietet der nächste Schnitt, nur haben hier die seitlichen Partien des unteren Blattes wieder an Masse zu- senommen. — Einen Textfig. 3. Schnitt weiter hinten beginnt der Übergang der verbreiterten vorderen Partie des Keim- streifs in die dahinter gelegene schmalere Region. Auf diesen und den folgenden Schnitten sind die Keimblätter deutlich voneinander getrennt. Die beiden seitlichen Partien des unteren Blattes sind in der Mitte durch eine einschichtige Lage von Zellen verbunden (Textfig. 3). Hier zeigt also das untere Blatt bereits das Verhalten, welches für die mittlere Region des Embryo auf diesem Stadium charakteristisch ist: das untere Blatt ist hier im Begriff in der oben geschilderten Weise die Mediane zu verlassen und nach den Seiten vorzudringen. Auf den meisten von diesen Schnitten sieht man noch reichlich blasige Zellen, einzeln und in Gruppen, im Dotter liegen. Weiter hinten treten sie nur mehr vereinzelt und in geringer Anzahl auf. — In der mittleren Region 192 iR Schwangart, des Embryo sind Ektoderm und unteres Blatt deutlich voneinander getrennt. Am Hinterende ist ihr Zusammenhang noch eine Strecke weit gewahrt. Der Zusammenhang wird hier nur mehr durch wenige mediane Zellen gebildet. Da man, der allgemeinen Anschauung gemäß erwarten muß, daß sich das Mitteldarmepithel zuerst im Zusammenhang mit dem am inneren Ende des Stomodäums angehäuften Zellmaterial entwickeln wird, so dürfte es von Wichtigkeit sein, die Resultate zusammen- zufassen, welche die eben beschriebene Schnittserie in bezug auf das Verhalten der beiden Blätter an dieser Stelle ergibt. Danach hat die Auflockerung im Zellmaterial des Gastrulakeiles weitere Fort- schritte gemacht; in seinem hinteren Abschnitte hat sich der Gastrula- keil zum größten Teil in Zellengruppen und einzelne blasige Zellen aufgelöst, welche zwischen den Dotterzellen zerstreut liegen oder im Begriffe sind in den Dotter vorzudringen. Das Stomodäum aber ist ventral, dorsal und auf beiden Seiten von Zellen des unteren Blattes umgeben, nur an seinem inneren blinden Ende kommen einige me- dian gelegene Ektodermzellen direkt mit dem Dotter in Berührung. An seiner Dorsalseite sind die Blätter auf der längsten Strecke getrennt, lateral dagegen, besonders deutlich in der Gegend des inneren Endes, besteht die feste Verwachsung zwischen Ektoderm und unterem Blatte fort, welche schon auf dem Stadium von 80 Stun- den in der entsprechenden Region, nämlich am vorderen Teile des Gastrulakeiles, zu bemerken war. — Eigenartig erscheint der Über- gang des unteren Blattes der vorderen Region in das der mittleren. Während in der Gegend des Stomodäums die seitlichen Partien des unteren Blattes im Vergleich mit der mittleren schwach entwickelt sind, nehmen sie, je weiter man sie nach hinten verfolgt, desto mehr an Masse zu und zwar auf Kosten der mittleren Partie, welche immer mehr abnimmt und schließlich nicht mehr als gesonderte Zellgruppe zu unterscheiden ist. — Wo die mittlere Partie an Masse überwiegt, hängt das untere Blatt noch mit dem Ektoderm zusammen. Weiter hinten, wo die seitlichen stärker entwickelt sind, ist dieser Zusammen- hang verloren gegangen. Ich will hier noch eine Erscheinung erwähnen, welche zwar an der soeben geschilderten Schnittserie fehlt, an zwei andern von wenig älteren Embryonen stammenden dagegen deutlich zu erkennen ist. Hier folgen nämlich im Verlaufe der vorderen Region, nach dem weiter vorn schon eine Reihe von Schnitten nach dem Typus von Textfig. 3 aufgetreten ist, wieder solche, auf denen in der Mitte Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 193 eine in den Dotter vorragende Masse von aufgelockertem blasigem Zellmaterial erscheint. In der Umgebung dieser Zellmasse sind blasige Zellen in beträchtlicher Anzahl im Dotter verteilt. Im einen Falle ist der Zusammenhang der mittleren Partie des unteren Blattes mit dem Ektoderm noch vorhanden, im andern sind die Blätter ge- trennt. Die beschriebene Stelle ist im ersten Falle von drei, im andern von sechs Schnitten zu je 10 u getroffen; sie liegt in beiden Fällen nahe vor der vorderen Krümmung des Embryo, also auf der Strecke, wo früher die Bildung des unteren Blattes »vom Boden einer Rinne aus« stattfand. Heymons und L&cAILLon (Chrysome- liden) haben bei ihren Objekten eine Bildung von Wanderzellen (»Blut- zellen«) in der ganzen Länge des Embryo vorgefunden, SCHWARTZE gibt für Lasiocampa an, daß hier die Auswanderung »beschränkt ist auf diejenige Stelle des Embryo, an der sich die Ektodermrinne vorn zuletzt schließt,< auf die »vordere Mesodermanhäufung«. Bei Zndro- mis kommt, dem Gesagten zufolge, auch an einer weiter hinten ge- legenen Stelle eine Bildung und Ablösung von blasigen Zellen vor, so daß dieses Objekt zwischen den genannten Typen die Mitte hält, falls die Beobachtungen sämtlicher Autoren zutreffen. Auf Querschnittserien durch Embryonen, welche einige Stunden älter sind als der zuletzt beschriebene, nimmt man in der vorderen Region folgende Veränderungen wahr: Die ganze Region nimmt weiter an Breite zu. Das Stomodäum plattet sich auffallend dorso- ventral ab. Das Zellmaterial der hinteren Partie des Gastrulakeiles wird immer mehr aufgelockert und nimmt beständig an Masse ab. Blasige Zellen, einzeln und in Gruppen, treten immer weiter hinten im Dotter auf. Dabei bleibt der Zusammenhang zwischen den beiden Blättern auf den nächsten Schnitten hinter dem Stomodäum gewahrt und der hinteren Wandung des Stomodäums bleibt, besonders dicht an den Seiten, eine Masse blasiger Zellen angelagert. Schnitte durch das blinde innere Ende des Stomodäums ergeben wieder, wie bei dem Stadium von 88 Stunden, einen innigen Zusammenhang zwi- schen seinem Zellmaterial und den anliegenden Zellen des unteren Blattes, während die dem Stomodäum dorsal angelagerte Zellmasse stark aufgelockert ist. Reihen von Zellen ragen von ihr aus in den Dotter hinein, und blasige Zellen liegen in ihrer Nähe im Dotter zerstreut. — Häufig sieht man auf diesen Stadien Übergänge von Zellen des unteren Blattes zu Dotterzellen. Die meisten dieser Über- Sangszellen trifft man an der Grenze des seitlich dem Stomodäum anhaftenden Zellmaterials gegen den Dotter und im Dotter selbst an 194 F. Schwangatt, Stellen, wo ihm blasige Zellen in größerer Anzahl eingelagert sind. Zwischen dem Zellmaterial, welches ursprünglich dem Gastrulakeil angehörte, und dem des Dotters besteht also ein inniger Zusammen- hang. — Diese Erscheinung soll unten eingehend erörtert werden. — Von wesentlichen Veränderungen, welche sonst auf diesen Stadien, im Vergleich mit dem Embryo von 85 Stunden zu bemerken sind, erwähne ich das Auftreten von Extremitätenanlagen am Thorax und von Neuroblasten im Ektoderm. Am Hinterende ist noch immer eine schmale Übergangsstelle zwischen den Blättern vorhanden. Der Embryo der Querschnittserie von Fig. 14 und Fig. 15, zu der ich nunmehr übergehe, hat das eben beschriebene Stadium der Orga- nisation noch nicht überschritten, abgesehen von einigen wichtigen Veränderungen am Stomodäum. Auf allen Schnitten durch das Sto- modäum fällt die bereits erwähnte dorso-ventrale Abplattung in allen seinen Teilen auf (vgl. Fig. 14). Die Zahl der Schnitte, welche das Stomodäum getroffen haben, ist mehr als doppelt so groß wie auf dem Stadium von 85 Stunden. Dieser Umstand ist nur zum Teil auf das Längenwachstum des Stomodäum zurückzuführen. Annähernd gleich- altrige Embryonen sind nämlich oft von ungleicher Größe. Der Embryo von 88 Stunden ist bedeutend kleiner als derjenige, von dem die hier beschriebene Serie stammt, und auch unter den weiter vorgeschrittenen Embryonen sind mehrere kleiner; auch diese älteren Embryonen haben ein kürzeres Stomodäum. Auf den Schnitten, welche die Mündung des Stomodäums ge- troffen haben, läßt seine Wandung wieder deutlich zwei Schichten erkennen, von denen die innere, dunkler gefärbte in das Ektoderm, die äußere, an den Dotter grenzende, in das untere Blatt der be- nachbarten Teile des Keimstreifs übergeht. Die beiden Schichten sind, im Gegensatz zu dem Befunde auf dem Stadium von 83 Stun- den, auf den vorderen Schnitten auch an den seitlichen Eeken des Stomodäums deutlich voneinander getrennt. — Auf den weiter hinten eführten Schnitten, welehe die Mündung des Stomodäums nicht mehr getroffen haben, auf denen also das Stomodäum rings ge- schlossen ist, nimmt an seiner Dorsalseite das untere Blatt? immer mehr an Masse ab; auf den letzten Schnitten (Fig. 14) vor dem blin- den Ende des Stomodäums wird seine dorsale Wandung so schmal, ! Ich habe in Fig. 14 und 15 nur eine Farbe angewandt, um den innigen Zusammenhang, der an manchen Stellen zwischen den Keimblättern besteht, mög- lichst naturgetreu wiederzugeben. Die seitwärts vom Stomodäum gelegenen Teile des Embryo sind auf Fig. 14 und 15 weggelassen. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 195 daß die Zellen stellenweise in einer Reihe liegen; doch kommen überall, besonders nach den Seiten zu, blasige Zellen frei im Dotter oder im Zusammenhang mit der Stomodäumwandung vor. Man kann diese Reduktion des dorsalen Zellmaterials am Stomodäum wohl nicht auf das Längenwachstum des Stomodäumspaltes allein zurückführen, sondern muß gemäß den Befunden auf den vorher beschriebenen Stadien, die Annahme eines Zellverlustes durch Auswanderung herbeiziehen. — Ventral vom Stomodäum hat sich aus dem Zellmate- rial des Gastrulakeiles eine gesonderte mittlere Gruppe (sÖs) heraus- differenziert, welche auf den hinteren Schnitten den Zusammenhang mit dem Ektoderm des Stomodäums sowohl, als mit den mehr seit- lich gelegenen Partien des unteren Blattes an den meisten Stellen verloren hat. Mit dem Ektoderm der Bauchwand dagegen hängt sie . deutlich zusammen. An dieser Gruppe fällt die besondere Größe einiger Zellen auf. Manche darunter enthalten zwei oder mehrere Kerne. Bemerkenswert ist, daß diese Zellen Dottereinschlüsse ent- halten: Es geht aus dieser Anlage der »Subösophagealkörper« her- vor, dessen Zellen später dotterfrei sind. Heymons schreibt diesem Zellenkomplex exkretorische Funktion zu. SCHWARTZE hat ihn von Lasiocampa beschrieben. — Die seitlichen Zellen am Stomodäum laufen in eigentümliche, langgestrecekte Fortsätze aus, welche sich der ektodermalen Bauchdecke dicht ansechmiegen. An weiter vorn gelegenen Schnitten sind diese Zellen stellenweise gegen die Ekto- dermzellen der Stomodäumwinkel abgegrenzt; weiter hinten hängt an den Seiten des Stomodäums das ganze Zellenmaterial zusammen (Fig. 14). Auf Schnitten, welche so weit hinten geführt sind, daß sie das Lumen des Stomodäums nicht mehr treffen (Fig. 15), findet man fol- gende Zellgruppen: Eine mittlere, nach wie vor mit dem Ektoderm zusammenhängende (sbs), welehe die Fortsetzung des Subösophageal- körpers bildet, und zwei seitliche (mda), welche durch eine Zellen- brücke miteinander verbunden sind. Wenn man diese Schnitte mit dem letzten Schnitt, welcher den Stomodäumspalt getroffen hat (Fig. 14) zur Deckung bringt, so deckt die Zellenbrücke den mittleren Teil des Stomodäumspaltes, die seitlichen Zellengruppen (Fig. 15 mda) kommen auf die Winkel des Stomodäumspaltes und auf die seitlichen Zellpartien am Stomodäum (Fig. 14) zu liegen. Das gesamte Zell- material ist blasig und enthält reichlich Dottereinschlüsse. — Die Fig. 15 stellt den zweiten Schnitt hinter dem Abschlusse des Stomodäums vor. Die Sonderung der Gruppen ist hier besonders deutlich. 196 F. Schwangart, Zusammenhänge zwischen ihnen sind aber hier, wie auf allen Schnitten, auf denen diese Gruppen erscheinen, vorhanden. Die lateralen Par- tien (mda) liegen dem ventralen Ektoderm dicht an; sie heften sich mit ihren seitlichen Zellen förmlich an das Ektoderm, so daß man kaum eine Grenze erkennen kann. Je weiter man diese lateralen Partien nach hinten verfolgt, desto mehr nehmen sie an Masse ab. Auf dem vierten Schnitte hinter dem Abschlusse des Stomodäums sind noch seitliche Zellen von ihnen sichtbar, während die mittlere Zell- brücke auf dem dritten Schnitte hinter ihm zum letzten Male er- scheint. Man hat in der dem Stomodäumgrunde angelagerten Zellmasse die vordere Mitteldarmanlage vor sich. Ihre lateralen Zell- sruppen (mda) sind die Anlagen zweier, nach hinten verlaufender Zellstreifen, der beiden vorderen Darmdrüsenblattstreifen. Auf Grund der zuletzt behandelten Querschnittserien von Endromis, welche einen beständigen Zusammenhang zwischen den Keimblättern an den Seiten- partien der hinteren Stomodäumwandung, sowie eine Anhäufung von blasigem, dem Gastrulakeil entstammenden Zellmaterial unmittelbar hinter dem Stomodäum aufwiesen, bin ich der Ansicht, daß die vordere Mitteldarmanlage aus dem unteren Blatte der vorderen Gastrulationsstrecke hervorgegangen ist, und zwar aus dem Gastrulakeil. Weiter hinten haben sich die Verhältnisse im Vergleich mit den zuletzt besprochenen Stadien wenig verändert. Die mediane Zell- partie des unteren Blattes, in welche sich die Anlage des Suböso- phagealkörpers fortsetzt, nimmt nach hinten zu von Schnitt zu Schnitt an Masse ab, verliert ihren Zusammenhang mit dem Ektoderm und schwindet schließlich ganz. — Weiter hinten wird auf einer Reihe von Schnitten das untere Blatt an der Innenfläche des Keimstreifs nur von wenigen Zellen gebildet. Diese sind regellos verteilt und können nicht als Bestandteile von bestimmten Gruppen des unteren Blattes aufgefasst werden. Dann erst beginnt die Strecke mit dem Typus von Textfig. 3, mit der für die mittlere Region des Keimstreifs charakteristischen Anordnung des unteren Blattes. Auf der Über- sangsstrecke von der vorderen in die mittlere Region hat sich also hier, im Gegensatz zu dem Befunde am Embryo von 83 Stunden eine Lücke im Verlaufe des unteren Blattes herausgebildet. Die Ursache dieser Erscheinung ist, meiner Ansicht nach, die fortgesetzte Los- lösung von Zellen des unteren Blattes, welche in den Dotter aus- sewandert sind. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 197 In Fig. 16 und Fig. 17 sind zwei Schnitte abgebildet, welche das Vorderende eines Embryo annähernd sagittal getroffen haben. Das Alter des Embryo betrug etwa 96 Stunden. Seine Entwicklung steht ungefähr auf der gleichen Stufe wie die des Embryo der zu- letzt beschriebenen Querschnittserie. Der Schnitt von Fig. 16 ist näher an der Mediane, der von Fig. 17 weiter seitlich geführt. Beide Schnitte haben das Stomodäum (stom) getroffen. An dieser Einstül- pung läßt sich, wie bei den Querschnittserien, eine dicht gelagerte, dunkler gefärbte Schicht unterscheiden, welche vom Ektoderm aus eingestülpt ist, und eine lockerer gefügte, helle, welche in das untere Blatt der benachbarten Partien übergeht und von dem als Gastrula- keil bezeichneten Teil des unteren Blattes abstammt. Bei Fig. 16, also mehr der Medianebene genähert, ist das untere Blatt dem Sto- modäum dorsal und ventral angelagert, bei Fig. 17 ist es auch an seinem blinden inneren Ende gut entwickelt. Im ersteren Falle gren- zen also wieder einige Zellen des Ektoderms der hinteren Stomo- däumwand direkt an den Dotter, wie das an der Querschnittserie der Fig. 12 zu bemerken war. In Fig. 16 sind die Blätter dorsal und ventral am Stomodäum eine Strecke weit deutlich voneinander ge- trennt, was ihrem Verhalten in der Mediane bei. der zuletzt beschrie- benen Querschnittserie entspricht; bei dem seitlichen Schnitt Fig. 17 dagegen ist ventral und am inneren Ende ein inniger Zusammenhang vorhanden. Die ektodermale Wand des Stomodäums geht hier in eine umfangreiche Gruppe von Zellen des unteren Blattes (mda) über. Ich deute diese Zellgruppe (da) als einen Teil des einen von den beiden oben geschilderten »Mitteldarmstreifen«. Die Zellgruppe läßt sich, auf weiter seitlich geführten Schnitten, auf denen bald das Lu- men des Stomodäums verschwindet, seitwärts bis an das ventrale Ektoderm verfolgen. Dort endigt sie mit einigen langgestreckten Zellen, wie es den bei der zuletzt beschriebenen Querschnittserie vorgefundenen Verhältnissen entspricht. Auf beiden Figuren sind noch weitere Abkömmlinge des unteren Blattes zu bemerken, nämlich eine große Anzahl blasiger Zellen, deren Ablösung vom Gastrulakeil bereits besprochen worden ist. Der Vorgang der Ablösung ist durch Reihen von Zellen angedeutet, welche einerseits in den Dotter hineinragen, andrerseits mit dem blinden Ende des Stomodäums oder mit dem hinter dem Stomodäum ge- legenen unteren Blatt zusammenhängen (vgl. auch Fig. 13). Andre liegen gruppenweise tiefer im Dotter. Eine bereits mehrfach erwähnte wichtige Erscheinung möchte 198 nö F. Schwangart, ich hier näher besprechen, nämlich die Übergänge zwischen dem unteren Blatte des Stomodäums und den Dotterzellen in seiner Um- gebung. Mit Hilfe stärkerer Vergrößerungen bemerkt man, daß alle Zellen, welche das Stomodäum umgeben, Dottereinschlüsse enthalten (vgl. Fig. 14 und 15). Die blasigen Zellen haben dabei den Vorzug vor den kompakten, und unter den ersteren sind diejenigen am reich- lichsten mit Dotter versehen, welche am innigsten mit Dotterzellen in Berührung kommen, vor allem also die, welche vom Keimstreif losgelöst im Dotter liegen. Die Zellen erreichen dort mit der zu- nehmenden Anhäufung von Dotter in ihrem Plasma immer bedeutendere Größe. Einzelne von ihnen gleichen vollkommen den Übergangszellen zwischen Dotterzellen und Zellen des Keimstreifs, wie ich sie für frühere Stadien von Zygaena beschrieben habe. — Ein typisches Bild gibt Fig. 16 wieder. Vom unteren Blatte am inneren Ende des Stomodäums erstreckt sich hier eine Reihe blasiger Zellen in den Dotter einer Dotterzelle (dx) hinein. Im Inneren der Dotterzelle be- merkt man eine dichtgelagerte Gruppe von Zellen, in denen Kerne auf allen Übergangsstadien von runden, gleichmäßig dunkel gefärbten, wie man sie in den blasigen Zellen antrifit, bis zu typischen Dotter- kernen mit scharf umgrenzten, unregelmäßig verteilten Chromatin- stückchen. | Schon TicHonIRoFF hat bei Lepidopteren solche Übergangszellen im Inneren von Dotterzellen gefunden. Er spricht die Ansicht aus, daß sich in solchen Fällen Dotterzellen in darmbildende Zellen ver- wandeln. In dem Falle, den Fig. 16 veranschaulichen soll, handelt es sich, meiner Meinung nach, zum Teil um blasige Zellen, welche aus dem Keimstreif ausgewandert und in die Dotterzelle eingedrungen sind, um sich hier an der Verflüssigung des Dotters zu beteiligen. Daß dabei, eben mit Hilfe dieser Tätigkeit der blasigen Zellen, Kerne und Plasma aus der Dotterzelle frei werden, halte ich für höchst- wahrscheinlich. Es läge das auch mehr in der Tendenz der Ent- wicklung, als die Annahme, daß die Kerne der blasigen Zellen zu »echten« Dotterkernen werden und schließlich degenerieren sollten, wie dies neuerdings für die gesamten Dotterkerne bei den Pterygoten angenommen wird. Bei der Schilderung der weiteren Entwicklung der Mitteldarmanlagen soll diese Frage näher erörtert werden. Die weiteren Veränderungen im Verhalten der beiden Blätter in der vorderen Region bis zu der Zeit, in der die Anlagen des Darm- drüsenblattes mit denen des Darmfaserblattes in Verbindung treten, sind folgende: Die Mitteldarmstreifen wachsen, der Innenfläche der NEUN! < EN Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 199 Bauchdecke dicht anliegend, immer weiter nach hinten aus, während die mediane Zellschicht am inneren Ende des Stomodäums immer dünner wird. Schließlich grenzt das Stomodäum an seinem inneren Ende (»vordere Grenzlamelle« SCHWARTZES) mit einer einzigen dünnen Zellschicht an den Dotter. Die seitlichen Teile des Stomodäums grenzen sich gegen das untere Blatt immer mehr ab. Die Trennung der Keimblätter schreitet von vorn nach hinten zu vor. Es bleibt schließlich nur an der Basis der Mitteldarmstreifen eine Stelle des Überganges zwischen Ektoderm und Entoderm bestehen. Ich habe diesen Übergang auf den spätesten Stadien, welche mir zu Gebote standen, noch gefunden. Der beständige Zusammenhang zwischen Ektoderm und Entoderm an dieser Stelle ist wohl für SCHWARTZE ein Anlaß gewesen, die Mitteldarmstreifen von dem Ektoderm des Stomodäums herzuleiten. Dazu kommt der Umstand, daß bei ZLasiocampa, nach SCHWARTZES Angaben, die Auswanderung der »Blutzellen« auf dem Stadium, auf dem sich das Stomodäum anlegt, bereits beendigt, die »vordere Mesodermanhäufung« (Gastrulakeil) abgeflacht ist. Der genetische Zusammenhang zwischen dem Gastrulakeil und der Mitteldarmanlage am blinden Ende des Stomodäums ist infolgedessen bei Lasiocampa schwerer zu erkennen als bei Andromis. — Das untere Blatt nimmt in der hinter dem Stomodäum gelegenen Region allmählich wieder an Masse zu und breitet sich überall seit- ich aus. Ob dies durch Vorrücken des unteren Blattes von hinten . her, oder lediglich durch starke Vermehrung der wenigen, vom Gastrulakeil herstammenden Zellen an Ort und Stelle geschieht, habe ich an den mir zu Gebote stehenden Stadien nicht genauer verfolgen können. Die Zellen, aus welchen die Mitteldarmstreifen in der vorderen Region bestehen, werden allmählich kleiner und schließen sich dichter zusammen; ihr Dottergehalt nimmt bedeutend ab. Über die Entwicklung der Mesodermstreifen, aus denen das Darmfaserblatt hervorgeht, herrschen keine wesentlichen Meinungs- verschiedenheiten. Sie entstehen aus der dorsalen Wand der Ur- segmente. Diese letzteren gelangen auf der Strecke, welche früher der Gastrulakeil eingenommen hat, nicht zur Ausbildung; daher reichen 1 Bei Zygaena tragen die Mitteldarmstreifen, im Gegensatz zu Endromis, von Anfang an epithelialen Charakter. Dadurch wird die Beurteilung ihrer Her- kunft bei diesem Objekte erschwert. Der gleiche Fall liegt, nach SCHWARTZES Abbildungen, bei Lasiocampa vor. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 14 200 F. Ss chwangart, auch die Darmfaserblattstreifen nicht bis in diese Region hinein. Die Darmdrüsenblattstreifen müssen somit ein Stück weit nach hinten wachsen, bis sie die Darmfaserblattstreifen erreichen. Fig. 19, welche diese Verhältnisse veranschaulichen soll, gibt einen etwas schräg geführten Querschnitt durch die vordere Region eines Embryo wieder, der um einige Stunden älter ist, als der von Fig. 16 und 17. Man sieht hier die Mitteldarmstreifen (nda) zu beiden Seiten dem Ektoderm unmittelbar anliegen; in der Mitte wird das untere Blatt von blasigen Zellen gebildet, welche zerstreut an der Innenfläche des Ektoderms liegen. Es sind dies Zellen, welche nach Ablösung des größten Teiles des Gastrulakeiles an dieser Stelle übrig geblieben sind. Infolge der Ablenkung des Schnittes nach der Sagittalebene zu ist der — vom Beschauer aus — rechts gelegene Darmdrüsenblatt- streifen etwas weiter hinten getroffen als der linke. Der rechte er- scheint daher auch schwächer entwickelt. Der linke reicht mit einigen langgestreckten Zellen bis dicht an die median gelegenen blasigen Zellen heran. Ob die Mitteldarmstreifen von diesen Zellen aus einen Zuwachs erfahren, muß ich dahin gestellt lassen. Bildung des Proktodäums und der hinteren Mitteldarmanlage. Die Anlage des Proktodäums beginnt ungefähr 16 Stunden später als die des Stomodäums. Die bereits erwähnte Textfig. 4 (Medianschnitt) stammt aus einer Serie von Sagittalschnitten durch einen Embryo von etwa 96Stunden. Aufder Figur ist nur die hintere Region wiedergegeben. Am Stomo- däum sind in diesem Stadium die Mitteldarmstreifen schon angelegt (vgl. Figg. 16 und 17), . am Hinterende hat sich die Trennung der Keimblätter erst vor kurzem vollzogen. Dieses Ende zeigt die oben erwähnte Einkrümmung nach innen. Das Texttig. 4. untere Blatt an der einge- krümmten Stelle steht mit dem der weiter nach vorn gelegenen Strecke des Keimstreifs in Ver- bindung und zeigt eine der oben beschriebenen segmentalen Anschwel- lungen (ent). — Der Hauptzweck der Abbildung besteht darin, zu zeigen, daß am Hinterende, im Gegensatz zu der Region, in der sich Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 201 das Stomodäum bildet, die beiden Blätter vor dem Auftreten der Ektodermeinstülpung überall deutlich getrennt sind. Die Sagittalschnitte Fig. 20 und Fig. 21 stammen von einem etwas älteren Embryo. Auf beiden ist wieder nur die hintere Region abgebildet. Der Schnitt Fig. 21 ist seitlich, der von Fig. 20 etwas weiter nach der Mitte zu geführt. Auf beiden hat sich am einge- krümmten Teil des Hinterendes eme umfangreiche Ektodermeinstül- pung gebildet, das Proktodäum (proct,. Auf dem mehr median ge- führten Schnitte Fig. 20 ist das Lumen des Proktodäums sichtbar, auf dem mehr seitlichen ist seine Wand flächenhaft getroffen. Auf Fig. 21 ist das untere Blatt weit stärker entwickelt als auf Fig. 20. Noch weiter nach der Mitte zu ist es auf eine dünne Lage von Zellen reduziert, die sogar stellenweise unterbrochen ist, so daß auch hier, wie beim Stomodäum, eine Anzahl median gelegener Ektoderm- zellen direkt an den Dotter grenzen. Diese Lücken im Verbande des unteren Blattes sind wohl die Ursache davon, daß eine genaue Scheidung zwischen dem Zellmaterial der beiden Blätter an solchen Stellen nicht immer möglich ist. Die diekere Lage des unteren Blattes auf den seitlichen Schnitten, die auf dem zuletzt beschriebenen Stadium nicht zu bemerken war, kommt sicherlich zum Teil auf Rechnung der mehr flächenhaften Richtung dieser Schnitte im Ver- gleich mit den median geführten. Diese Erscheinung hat aber meiner Meinung nach noch eine weitere Ursache: Es wurde bereits erwähnt, daß das untere Blatt nach der Trennung der Keimblätter von der Mediane nach den Seiten vordrinst. Wenn eine solche Ver- lagerung am Proktodäum stattfindet, so wird auch hier auf den mittleren Schnitten vom unteren Blatt weniger zu sehen sein als auf den seitlichen. Fig. 22 zeigt einen der Sagittalebene annähernd parallelen seit- lichen Schnitt durch ein etwas älteres Proktodäum. Auch auf diesem Stadium sind die beiden Blätter am Proktodäum deutlich getrennt. Das untere Blatt ist im Vergleich mit dem des seitlichen Schnittes Fig. 21 ziemlich schwach entwickelt. Weiter medianwärts geführte Schnitte zeigen ähnliche Verhältnisse wie die Medianschnitte der zuletzt beschriebenen Schnittserie; auf weiter seitlich geführten nimmt man wahr, daß das untere Blatt an den Seiten des Proktodäums stark entwickelt ist, ein Verhalten, welches Querschnitte bestätigen. Die gesamte Masse des unteren Blattes, welche auf Fig. 22 sicht- bar ist, besteht aus zwei histologisch voneinander verschiedenen Zellengruppen: Eine von epithelialem Aussehen (coel), welehe an die 14* 202 F. Schwangart, ektodermale Bauchwand grenzt und den Winkel zwischen dieser und dem Proktodäum ausfüllt, und eine von mehr lockerem Ge- füge, welche dem inneren Ende des Proktodäums angelagert ist. An der epithelialen Partie kann man drei Komplexe unterscheiden (coel 1, 2, 3), in deren jedem sich die Kerne in Reihen angeordnet haben, welche eine mittlere lichte Zone von größerem oder geringerem Umfang freilassen. Jeder dieser drei Zellkomplexe stellt die Anlage zu einem Cölomsäckchen dar. In der von Kernen freien Zone dieser Anlagen bilden sich später die Hohlräume der Cölomsäckehen aus. Die Cölomsäckchen reichen also nach hinten bis an das Proktodäum heran, im Gegensatz zu ihrem Verhalten in der vorderen Region, wo sie das Stomodäum nicht erreichen. — Die Zellpartie des unteren Blattes, von der an zweiter Stelle die Rede war, die dem inneren Proktodäum- ende angelagerte, aus lockeren Zellen bestehende Masse, ist ein Teil der hinteren Mitteldarmanlage. Auf dem hier abgebildeten Schnitte ist die Mitteldarmanlage auf der längsten Strecke gegen die Cölom- säckchen abgegrenzt; nur in der Richtung gegen den Winkel zwischen Proktodäum und Bauchwand zu geht sie in die benachbarte Partie des unteren Blattes über. Die wenigen Zellen, mit welchen die Mittel- darmanlage an die beiden mehr nach vorn gelegenen Cölome (I, 2) srenzt, gehören dem einen der beiden Mitteldarmstreifen (mda) an. Dieser Mitteldarmstreifen ist von sieben Längsschnitten zu je 10 « getroffen. Ich rechne die hintere Mitteldarmanlage zum unteren Blatte, da die Zellgruppe, aus welcher sie hervorgeht, schon vor der Ent- stehung des Proktodäums vom Ektoderm getrennt ist und in die benachbarten Partien des unteren Blattes übergeht. Eine Serie von Frentalschnitten durch das Proktodäum (Fig. 23), welche von einem etwas älteren Embryo stammt, zeigt noch denut- licher, daß der Zusammenhang der hinteren Mitteldarmanlage mit dem unteren Blatte, welches das Proktodäum umgibt, auch nach der Differenzierung der Cölomsäckchen erhalten bleibt. Die Mitteldarm- streifen (mda) haben hier an Länge, im Vergleich zu denen auf Fig. 22 bedeutend zugenommen. Sie hängen am inneren Ende des Proktodäums median mit einer Zellmasse zusammen, welche vom angrenzenden Ektoderm getrennt ist, in das seitlich am Proktodäum gelegene untere Blatt dagegen übergeht und selbst histologisch den Charakter des unteren Blattes trägt. Die mediane Zellmasse ist ein Teil der . hinteren Mitteldarmanlage. Das Verhalten zu den Keimblättern, welches sich aus der vorstehenden Abbildung für diesen Teil ergibt, wird durch die übrigen Schnitte der Serie für die ganze Mitteldarmanlage bestätigt. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 203 Im Ektoderm des Proktodäums auf Fig. 22 ist eine rundliche Öffnung (vınp) sichtbar, ein Durchschnitt durch das Lumen des einen von den beiden Vasa Malpigshi. Dieses Getäß ist hier an seiner Ur- Sprungsstelle aus dem Proktodäum getroffen. Am Embryo von Fig. 23 sind bereits zwei Paare Vasa Malpighi angelegt. Der Schnitt, welchen die Abbildung wiedergibt, hat ein Paar davon getroffen (vmp). Auf _ dem Durchschnitt erscheinen sie als zwei rundliche, deutlich vom. Zellmaterial ihrer Umgebung getrennte Gruppen epithelialer Zellen an der Basis der Mitteldarmstreifen. Das links gelegene Gefäß zeigt ein Lumen; am rechts gelegenen ist keines sichtbar, da der Schnitt dieses Gefäß an seinem blinden Ende getroffen hat. Weitere Entwicklung des Darmdrüsenblattes bis zur Begegnung der vorderen und hinteren Mitteldarmstreifen. Wie ich bereits erwähnt habe, macht sich, zugleich mit dem Er- scheinen der freien blasigen Zellen, in der vorderen Region des Embryo eine Veränderung in der Lagerung und Gestalt einzelner Dotterzellen bemerkbar. Während hier auf jüngeren Stadien in der Regel große unregelmäßig gestaltete Dotterzellen dicht aneinander und an den Keimstreif grenzten, nehmen vom Beginne der Auflocke- rung des unteren Blattes an solche von rundlicher Gestalt und meist seringerer Größe überhand. Zwischen diesen erscheinen weite Lücken, in welche sich mehr oder minder dotterhaltige blasige Zellen von verschiedener Größe einlagern. Auch im Innern der Dotterballen selbst findet man häufig blasige Zellen, deren Kerne in ihrer Struktur ursprünglichen Dotterkernen bisweilen nahe kommen. Ich habe ferner erwähnt, daß sich die blasigen Zellen, welche vom Gastrulakeil herstammen, immer weiter nach hinten zu verbrei- ten. Fig. 24 soll über die Art und Weise dieser Verbreitung und über das Verhalten der blasigen Zellen zum Dotter orientieren, auf einem Stadium, auf dem ihre Auswanderung annähernd beendigt ist und auf dem die vorderen Mitteldarmstreifen eine kleine Strecke weit nach hinten ausgewachsen sind. Es handelt sich um einen Sa- gittalschnitt, der das Vorderende nahezu median getroffen hat und nach hinten zu etwas seitlich abweicht. Auf der Abbildung ist die vordere Hälfte des Schnittes wiedergegeben. Während präoral - das untere Blatt reichlich vorhanden ist, ist es hinter dem Stomo- däum (stom) infolge der oben beschriebenen Auswanderung der bla- sigen Zellen schwach entwickelt, abgesehen von einer Gruppe be- sonders großer Zellen, welche der ventralen Wand des Stomodäums 204 F. Schwangart, anliegen (sbs). Die Zellen gehören dem Subösophagealkörper an. Dieser Zellkomplex hat also hier den auf dem Stadium von Fig. 14 vorhandenen Kontakt mit der Bauchwand verloren und sich dafür dem Stomodäum dicht angeschmiegt. Von den losgelösten blasigen Zellen liegen einige nahe hinter dem inneren Ende des Stomodäums, andre in der mittleren Region des Dotters; die weitaus überwiegende Masse aber ist — wenn man einige größere Unterbrechungen nicht beachtet — in einem Bogen gelagert, welcher der Krümmung der Innenfläche des Keimstreifs nahezu konzentrisch ist. Dieses Verhalten der blasigen Zellen zur Innenfläche des Keimstreifs hängt damit zu- sammen, daß diese Zellen in eine erneute innige Beziehung zu ihr treten sollen, und zwar auf einer längeren Strecke als diejenige war, welche sie bei ihrer ursprünglichen Lagerung am Vorderende ein- genommen hatten. Die meisten von den blasigen Zellen, welche in dem erwähnten Bogen angeordnet sind, liegen noch in der vorderen Region; in den Dotter, welchen die hintere Hälfte des Embryo um- schließt, sind noch keine solchen Zellen vorgedrungent. Die Zerklüftung, welche oben im Dotter in der Umgebung des Stomodäums bemerkbar war, hat auf diesem Stadium auf den größten Teil des Dotters übergegriffen. Dotterzellen, deren Dottermasse in Auf- lösung begriffen ist, trifft man am häufigsten an Stellen, wo besonders viele blasige Zellen vorhanden sind. Die Dotterzellen sind dann nicht mehr deutlich konturiert, Dotterplättehen und Dotterflüssigkeit sind zwischen die benachbarten blasigen Zellen eingedrungen (ubg 1); oft liegen auch hier wieder blasige Zellen im Innern der Dotterzellen. Zellen, welche zwischen blasigen und Dotterzellen in ihrem Aussehen die Mitte halten, findet man auch an: Stellen, bis zu denen typische blasige Zellen noch nicht vorgedrungen sind (udg 2). Ich folgere daraus, daß es sich in solchen Fällen um Dotterzellen handelt, welche 1 Schon HATSCHER hat diese »amöboiden« Zellen beobachtet. Er leitet sie von dem Gastrulakeil her, bezeichnet sie richtig als »Entodermzellen« , ohne indes auf ihre Beziehung zum Darmepithel hinzudeuten, und hebt ihre » Ahnlich- keit mit den später die ganze Leibeshöhle und das Herz erfüllenden Blutzellen« hervor. »Sie werden«, fügt er hinzu, »in größter Menge im vorderen Theil des Embryo ... gefunden, nach hinten werden sie immer spärlicher, kommen aber noch, dem Keimstreifen entlang, bis in die Gegend des Hinterdarmes vore. SCHWARTZE rechnet die Wanderzellen irrtümlich zum Mesoderm und läßt aus ihnen lediglich Blutzellen werden. Wenn ich mich für ihre Teilnahme am Aufbau des Mitteldarmepithels ausspreche, so soll damit nicht geleugnet sein, daß ein Teil von ihnen zu Blutzellen werden kann; ich halte das, im Gegen- teil, ihrem Aussehen nach für wahrscheinlich. — Die Stadien, deren man zur Entscheidung dieser Frage bedarf, standen mir nicht zur Verfügung. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 205 unter Verlust ihres Dottergehaltes das Aussehen von blasigen Zellen annehmen. Aus meinen Angaben über die Anlage des Proktodäums und der hinteren Mitteldarmstreifen geht hervor, daß am Hinterende keine Auswanderung einer größeren Anzahl von blasigen Zellen stattfindet; wohl aber trifft man vereinzelte blasige Zellen und Übergänge von solehen zu Dotterzellen in der Umgebung des Proktodäums (Fig. 22 ubg), bevor noch die Zellen, welche vom Gastrulakeil herstammen, sich bis in die hintere Region des Embryo verbreitet haben. Ich schließe daraus, daß auch am Hinterende eine Ablösung von Zellen aus dem Verbande des unteren Blattes, allerdings nur vereinzelt, vor- kommt. Die vorderen und hinteren Darmdrüsenblattstreifen wachsen auf- fallend langsam. Vom Auftreten der vorderen am Innenende des Stomodäums bis zu ihrer Begegnung mit den hinteren vergehen über 100 Stunden. Um diese Zeit sind die Mitteldarmstreifen in der mitt- leren Region des Embryo noch sehr dünn; auf Querschnitten sind meistens nur wenige ihrer Zellen getroffen, oft nur eine einzige. Mitosen sind zur Zeit des Erscheinens der Mitteldarmstreifen am Vorder- und Hinterende in ihren Zellen häufig zu beobachten; in der mittleren Region des Keimstreifs dagegen habe ich Teilungen in ihrem Zell- material niemals angetroffen. Dieser Umstand spricht dafür, daß die Zellen, welche das Mitteldarmepithel in der genannten Region bilden, nicht alle aus dem Zellmaterial der terminalen Mitteldarmanlagen hervorgegangen sein können; gegen diese letztere Auffassung über die Herkunft des gesamten Zellmaterials der Mitteldarmstreifen oder _ gar des ganzen Darmepithels ist ohnedies schon in der verhältnis- mäßig: geringen Anzahl der Zellen, welche die terminalen Darmdrüsen- blattanlagen bilden, ein Einwand gegeben. Besonderes Interesse bietet in dieser Beziehung das Studium der histologischen Zusammensetzung der Mitteldarmstreifen in der mitt- leren Region des Embryo und ihres Verhaltens zu den im Dotter befindlichen Zellelementen. Fig. 25 stellt einen Querschnitt durch die mittlere Region eines Embryo vor, in dem sich die hinteren und die vorderen Mitteldarmstreifen nahezu erreicht haben. Sie liegen (nda) zu beiden Seiten den Anlagen des Darmfaserblattes (dfb) an. Im Innern des Embryo erblickt man die oben beschriebenen verschie- denartigen Zellelemente: Dotterzellen, blasige Zellen und Übergänge zwischen diesen beiden. Auch den Mitteldarmstreifen sind Zellen von verschiedenartigen Aussehen angelagert, welche miteinander 206 ir. Schwangart, verglichen, Übergänge von den Zellen dieser Anlagen bis zu echten Dotterzellen bilden. Man könnte dem Bilde gemäß vermuten, ent- weder daß hier Mitteldarmzellen in Umwandlung zu Dotterzellen be- sriffen sind, oder daß sich Zellen aus dem Dotter den Mitteldarm- streifen anschließen. Die erste Annahme verliert wohl schon durch die eben angeführten Einwände jeder Berechtigung, die zweite ge- winnt aus denselben Gründen an Wahrscheinlichkeit und wird auber- dem noch durch folgende Beobachtungen gestützt: Erstens sind in den Dotterzellen, welche sich in der Nähe der Mitteldarmanlagen befinden, die oben erwähnten, allgemein als Amitosen gedeuteten Kernteilungsfiguren häufiger, als an anderen Stellen. — Auf früheren Stadien treten sie niemals in so großer Anzahl auf. Zweitens hat trotz dieser Teilungen die Zahl der echten Dotterkerne, im Vergleich mit früheren Stadien, merklich abgenommen. Einen Kernzerfall, auf den man diese Abnahme zurückführen könnte, habe ich, wie bereits gesagt, in den Dotterzellen nicht wahrnehmen können. Die dritte Beobachtung, welche ich für meine Anschauung von der Umwandlung von Zellen. aus dem Dotter in darmbildende Zellen geltend machen möchte, ergibt sich, wenn man die Zahl und die histologische Be- schaffenheit der Zellen, welche einen von den Mitteldarmstreifen zu- Sammensetzen, auf mehreren, hintereinander geführten Querschnitten vergleicht. Dabei stellt sich heraus: 1) Die Mitteldarmstreifen ver- jüngen sich nicht gleichmäßig in der Richtung von ihrem terminalen Ursprung gegen die Mitte des Embryo zu, wie das bei einer Ent- wicklung ihres Zellmaterials lediglich aus der vorderen und hinteren Anlage heraus zu erwarten wäre. Es treten vielmehr in ihrem Ver- laufe in der mittleren Region des Embryo unregelmäßig wechselnde An- und Abschwellungen auf, bisweilen sogar vollständige Unter- brechungen. So fand ich zum Beispiel an einem der beiden hinteren Mitteldarmstreifen, den ich auf Querschnitten in der Richtung von hinten nach vorn zu verfolgte, nachdem auf einem Schnitte in der mittleren Region nur mehr drei Zellen von ihm sichtbar waren, auf den weiteren Schnitten die folgende Anzahl: 2 Zellen, 0 Zellen, 2 - Su 1 os I HHeoke I EN ) Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 207 Damit war. das vordere Ende des Mitteldarmstreifens erreicht. 2) Die histologische Beschaffenheit des gesamten auf den einzelnen Quer- schnitten durch die mittlere Region sichtbaren Zellmaterials der Mitteldarmstreifen ist an manchen Stellen von derjenigen der vor- deren und hinteren Mitteldarmanlage durchaus verschieden. Diese Verschiedenheit ist um so bedeutender, je weniger Zellen von den Mitteldarmstreifen auf einem Querschnitte sichtbar sind. Die Zellen, aus denen die vordere und die hintere Mitteldarmanlage bestehen, tragen seit der Sonderung dieser Anlagen aus dem Verbande des unteren Blattes histologisch einen gleichartigen Charakter; in der mittleren Region dagegen wechseln im Zellenmaterial der Darm- _ epithelstreifen kleine darmbildende Zellen (mda der Fig. 25) mit blasigen Zellen von verschiedener Größe ab. — Wo Unterbrechungen im Verlaufe der Darmepithelstreifen eintreten, sind den Darmfaser- blattstreifen Dotterzellen von verschiedenem Umfange dicht ange- schmiegt. Auf einem Querschnitte der vorstehenden Tabelle z. B., für den ich keine (0) Mitteldarmzellen angegeben habe, liegt an der genannten Stelle eine typische große Dotterzelle, deren Kern die Lage dicht am Rande des splanchnischen Streifens einnimmt, in welcher auf dem vorhergehenden und dem folgenden Schnitte kleine darmbildende Zellen angetroffen werden. Dieses Verhalten, welches ‚ich mehrfach beobachtet habe, scheint mir besonders deutlich auf eine Umwandlung von echten Dotterzellen in Zellen des Mitteldarmepithels hinzuweisen. Aus den angeführten Gründen bin ich der Ansicht, daß ein Teil des Zellmaterials, welches den Mitteldarm bildet, aus den im Dotter angehäuften Zellelementen hervorgeht, höchst wahrscheinlich sowohl aus blasigen Zellen, welche ursprünglich der vorderen Anhäufung des unteren Blattes angehörten, als aus echten Dotterzellen. Die Umwachsung des Dotters durch die Mitteldarmstreifen habe ich bei Endromzes nicht verfolgen können, da mir die nötigen Stadien nicht zu Gebote standen. Ich hoffe diese Lücke in einer Fortsetzung dieser Arbeit ausfüllen zu können. Es soll dabei wieder besonders das Verhalten der Dotterzellen zum Darmepithel berücksichtigt wer- den. Daß aus den geschilderten Zellstreifen tatsächlich das Darm- epithel hervorgeht, davon habe ich mich an Präparaten von Zygaena und von Sphinxz pinastri überzeugen können. Der Darm kommt hier entsprechend der allgemein verbreiteten Anschauung zuerst ventral, dann dorsal zum Verschluß. 208 F. Schwangatt, Zusammenfassung. Die Anschauungen, welche ich auf Grund vorliegender Studien über die Entstehung des Darmdrüsenblattes gewonnen habe, lassen sich dahin zusammenfassen: 1) Die vordere und die hintere Darmdrüsenblattanlage gehen aus Teilen des unteren Blattes hervor, welche bei der Einstülpung des Stomodäums und Proktodäums mit den blinden Enden dieser Darmteile in die Tiefe geschoben werden. 2) Die vordere Mitteldarmanlage differenziert sich aus einer durch einen Gastrulationsprozeß ohne Bildung einer Gastrularinne entstan- denen Anhäufung des unteren Blattes in der vorderen Region des Embryo (Gastrulakeil). 3) Der größere Teil dieser Anhäufung löst sich in Gestalt dotter- reicher, blasiger Zellen aus dem Verbande des unteren Blattes los und wandert in den Dotter aus. Diese blasigen Zellen beteiligen sich an der Resorption des Dotters. Schon vor ihrer Auswanderung bemerkt man Zellen, welche zwischen ihnen und ursprünglichen Dotterzellen die Mitte halten und vermutlich diesen beiden Zellarten ihren Ursprung verdanken. Später findet man in dem im Innern des Embryo gelegenen Dotter Dotterzellen, blasige Zellen und Über- sänge zwischen diesen beiden Zellarten gemischt. Die Darmdrüsenblattstreifen werden durch Zellen aus dieser Dottermasse verstärkt. Daran beteiligen sich höchst wahrscheinlich ursprüngliche Dotterzellen und Zellen, welche dem Gastrulakeil ent- stammen. 4) Eine frühzeitige strenge Trennung von Entoderm und Meso- derm läßt sich bei Zndromis nicht durchführen. — Das untere Blatt der mittleren Region liefert zum weitaus größten Teil Material für das Mesoderm; in der Region des Gastrulakeiles wird vorwiegend Entoderm gebildet; das Massenverhältnis der beiden Blätter am Hinterende konnte ich nicht mit Sicherheit abschätzen. Wo beide Blätter nebeneinander auftreten, sind sie in der be- kannten charakteristischen Weise gelagert: Das Entoderm in der Mitte, das Mesoderm zu beiden Seiten. Eine Divertikelbildung kommt im unteren Blatte weder am Vorder- noch am Hinderende vor. Ich erblicke darin ein abgeleitetes Verhalten. 9) Im Verhalten des Entoderms zum Ektoderm macht sich ein segensatz zwischen vorderem und hinteren Ende geltend. Während am Hinterende Ektoderm und Entoderm frühzeitig getrennt sind, Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 209 bleibt am Vorderende der Zusammenhang zwischen diesen Blättern vom Beginn der Gastrulation an bis zur vorgeschrittenen Mitteldarm- entwicklung bestehen, wenn er auch zuletzt auf eine verhältnismäßig kleine Strecke am innern Ende des Stomodäums beschränkt ist. Mit theoretischen Erörterungen über die vorstehenden Ergebnisse will ich bis zur Beendigung weiterer Studien zur Entodermfrage zu- rückhalten. Zum Schlusse möchte ich nieht versäumen Herrn Professor Dr. R. Herrwie für seine liebenswürdige Unterstützung bei der vor- liegenden Arbeit meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. München, im September 1903. Literaturverzeichnis, BALFOUR, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Übers. von Dr. B. VETTER. Jena 1880. BOBRETZKY, Über die Bildung des Blastoderms und der Keimblätter bei Insek- ten. Diese Zeitschr. Bd. XXXI. 1878. BÜTscHLI, Zur Entwicklungsgeschichte der Biene. Diese Zeitschr. Bd. XX. 1870. BürscHLı, Bemerkungen über die Entwicklungsgeschichte von Musca. Morph. Jahrb. Bd. XIV. 1888. CARRIERE U. BÜRGER, Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene (Chalicodoma muraria Fabr.) im Ei. Nova Acta. Abh. Kais. Leop.-Carol. Bd. LXIX. 1897. DEEGENER, Entwicklung der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydro- philus. Diese Zeitschr. Bd. LXVIII. 1900. DorFLeıin, Die Eibildung bei Tubularia. Diese Zeitschr. Bd. LXII. 1896. DoHrn, Notizen zur Kenntnis der Insektenentwicklung. Diese Zeitschr. Bd. XX VI. 1876. 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Erklärung der Abbildungen, Zeichenerklärung: am, Amnion ; dx, Dotterzellen; bl, Blastoderm; ekt, Ektoderm; bm, Bauchmark ; ent, Entoderm; coel, Cölom ; kfl, Kopflappen ; (dfb, Darmfaserblatt; mda, Anlage der Darmepithelstreifen; Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. 211 mes, Mesoderm; ubg, Übergangszelle; von Zellen des mub, unteres Blatt in der mittleren Re- Keimstreifs oder von Wanderzellen gion des Embryo; zu typischen Dotterzellen ; proct, Proktodäum; vmp, Vas Malpighii; sbs, Subösophagealkörper; vub, unteres Blatt der vorderen Re- ser, Serosa; gion des Embryo; stom, Stomodäum; x, Stelle, an der das untere Blatt von ir, Tracheenanlage; Anfang an schwach entwickelt ist. ub, unteres Blatt; Tafel XII und XIII. Die Figuren sind mit Hilfe der Apgeschen Camera (ZEıss) gezeichnet. Das Ektoderm ist dunkel, das untere Blatt hell angegeben, entsprechend der Färbung der beiden Keimblätter auf den Präparaten. Fig. 1—4 beziehen sich auf Zygaena, die übrigen auf Endromis versicolora L. Fig. 1. Furchungsstadium von Zygaena. Beginn der Differenzierung von Blastoderm- und Dotterkernen. Am Rande ein deutliches Blastem. Vergr. LEITZ Obj. III, Ok. 3. Fig. 2. Sagittalschnitt durch ein etwa 60 Stunden altes Ei von Zygaena. Der. Dotter ist gefurcht. Übergänge (ubg) von Dotterzellen zu Zellen des Keim- streifs sind sichtbar. Vergr. Leırz, Obj. III, Ok. 3. Fig. 3. Die Kerne einer Dotterzelle von Zygaena. Vergr. Leitz, homog. Ölimmersion 1/12, Ok. 4. Fig. 4. Eine Stelle mit Übergangszellen vom we zu den Dotter- zellen. Vergr. Leitz, homog. Ölimmersion 1/12, Ok. Fig. 5. Zwei Dotterkerne von Endromıs, ar vermutlich kurz vor der Konservierung aus einer Teilung (Amitose?) hervorgegangen sind. Vergr. LEITZ, homog. Ölimmers. 1/12, Ok. 4. Fig. 6. Sagittalschnitt durch die vordere Hälfte eines etwa 64 Stunden alten Embryo von Endromis. Die Bildung des unteren Blattes (wvub und mub) hat begonnen. x bezeichnet die Stelle, an der das untere Blatt von Anfang an schwächer entwickelt ist. Vergr. LEırz, Obj. II, Ok. 2. Fig. 7, 8, 9. Querschnitte durch einen Embryo von 80 Stunden. Die Schnitte haben die Region der Anhäufung des unteren Blattes am Vorderende, den »Gastrulakeil<«, getroffen. Schnitt7 und 8 sind durch die Anlage des Stomo- däums (stom) geführt, welche auf diesem Stadium erst durch eine Gruppe gegen das untere Blatt (vb) vorragender Ektodermzellen angedeutet ist. Die Keimblätter hängen hier zusammen. — Der Schnitt Fig. 9 ist weiter hinten geführt. Die Keimblätter sind hier getrennt. Vergr. Leitz; Obj. V, Ok. 0. Fig. 10—13. Querschnitte durch die gleiche Region von einem Embryo von ungefähr 88 Stunden. Die Schnitte Fig. 10—12 haben das Stomodäum (stom) getroffen. An den seitlichen Winkeln und am blinden Ende (Fig. 12) des Stomo- däum hängen die Keimblätter zusammen, an seiner dorsalen Wand sind sie ge- trennt. — In Fig. 13 ist der zweite Schnitt hinter dem Stomodäum abgebildet. Die Auswanderung der Entodermzellen (ent) in den Dotter hat hier begonnen. Nerer. Leitz, Obj. V, Ok. 0. Fig. 14 u. 15. Querschnitte durch die gleiche Region von einem etwas älteren Embryo. Der Schnitt von Fig. 14 hat das Lumen des Stomodäums ge- troffen. Der von Fig. 15 ist 20 « weiter hinten geführt; er zeigt die Anlagen der beiden Darmepithelstreifen (mda), welche aus dem Entoderm des Gastrula- 212 F. Schwangart, Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. keiles hervorgegangen sind. Aus dem Entoderm ist außerdem der Subösophageal- körper (sbs) entstanden. Vergr. Leitz, Obj. VII, Ok. 1. Um !/; verkleinert. Fig. 16 u. 17. Sagittalschnitte durch das Vorderende von einem etwa gleich- altrigen Embryo. Schnitt Fig. 16 nahe der Mediane, Fig. 17 weiter seitlich geführt. Beide haben das Stomodäum getroffen. Fig. 16 zeigt Übergänge von entoder- malen Wanderzellen zu Dotterzellen (dx). Auf Fig. 17 ist die Anlage des einen von den beiden Darmepithelstreifen (mda) getroffen. Beide Figuren veranschau- lichen die Auswanderung von Entodermzellen in den Dotter. Vergr. LEITZ, Obj. V, Ok. 0. Fig. 18. Eine Wanderzelle bei stärkerer Vergrößerung. Der Kern ist von regelmäßig rundlicher Form. Im Plasma sind reichlich Dottereinschlüsse ent- halten. Vergr. Leitz, homog. Ölimmers. 1/12, Ok. 4. Fig. 19. Querschnitt durch die vordere Region an einer Stelle, an der der größte Teil des unteren Blattes durch Auswanderung von Zellen verloren ge- sangen ist. In mda sind die beiden vorderen Darmepithelstreifen getroffen. Vergr. Leitz, Obj. V, Ok. 0. Fig. 20 u. 21. Sagittalschnitte durch das Proktodäum. Fig. 20 mehr me- dian, Fig. 21 mehr lateral. Auf beiden Figuren sind Ektoderm und unteres Blatt deutlich getrennt. Vergr. Leıtz, Obj. 5, Ok. 0. Fig. 22. Seitlicher Sagittalschnitt durch das Proktodäum eines älteren Embryo. In coel sind die Anlagen von drei Cölomsäckchen, in mda ist einer der beiden hinteren Darmepithelstreifen getroffen. Die Öffnung vmp ist der Durchschnitt durch die Ansatzstelle eines Vas Malpighii. Vergr. Leitz, Obj. V, Ok. 0. Fig. 23. Frontalschnitt durch. das Proktodäum eines noch älteren Embryo. Die Darmepithelstreifen hängen an ihrer Basis mit dem Mesoderm der Umge- bung zusammen und sind vom Ektoderm des Proktodäum deutlich getrennt. Vergr. LEiTz, Obj. V, Ok. 0. Fig. 24. Sagittalschnitt durch die vordere Hälfte eines Embryo vom Alter des Embryo der Fig. 22. Zeigt die Art der Verteilung der Wanderzellen in einem der Innenfläche des Keimstreifs konzentrischen Bogen. Verschiedenartige Übergänge zwischen Wanderzellen und Dotterzellen (ubg, und ubg>). Vergr. Leitz, Obj. II, Ok. 3. Fig. 25. Querschnitt durch die mittlere Region eines weiter entwickelten Embryo. An den Anlagen des Darmfaserblattes (dfb) haften die Zellen der in Bildung begriffenen Darmepithelstreifen (mda). Den letzteren schließen sich blasige Wanderzellen an. Im Dotter sind alle Übergänge von Dotterzellen bis zu kleinen blasigen Zellen sichtbar. Die Figur soll die Umwandlung von Zell- elementen des Dotters in Zellen der Darmepithelstreifen veranschaulichen. — In ir sind zwei Tracheenanlagen, in dm die Anlagen des Bauchmarks getroffen. Vergr. Leitz, Obj. V, Oe. 3. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. Die Entwicklung der Rhabdocölen und Alloiocölen. Von Dr. Ernst Bresslau, Privatdozent an der Universität Straßburg. (Aus dem zoologischen Institut der Universität Straßburg.) Mit Tafel XIV—XX und drei Figuren im Text. Einleitung. Als ich im Frühjahr 1898 die Untersuchungen begann, deren Ergebnisse ich hiermit der Öffentlichkeit vorlege, existierten in der Literatur über die Entwicklungsgeschichte der rhabdocölen Turbel- larien außer einzelnen verstreuten und wenig sagenden Angaben älterer Autoren nur kurze Mitteilungen von HALLzz (1879), die, so unvollständig sie auch waren, dennoch zu ergeben schienen, daß hier »trotz der Anwesenheit der Dotterzellen die Entwicklung in ähnlicher Weise verläuft wie bei den Polyeladen«!. Da andrerseits die Rhab- docöliden nach ihren anatomischen Bauverhältnissen unzweifelhaft innige Beziehungen zu den durch ihre im höchsten Maße eigenartigen Entwicklungsverhältnisse ausgezeichneten Trieladen aufweisen, so war zu hoffen, daß eine erneute, eingehende Bearbeitung ihrer Onto- genie unmittelbar zu wichtigen Aufschlüssen über die Phylogenie des ganzen Turbellarienstammes führen würde. Meine Untersuchungen haben indessen, wie ich bereits vor 41/, Jahren in einer kurzen vorläufigen Mitteilung (1899) gezeigt habe, als erstes Resultat ergeben, daß sämtliche Angaben von HALLEZ, Soweit sie die Entwicklung der Rhabdocölen des süßen Wassers betreffen, vollständig irrig sind, daß hier vielmehr ganz andre, höchst eigentümliche ontogenetische Verhältnisse vorliegen, die ohne 1! Zitiert nach KORSCHELT-HEIDERs Lehrbuch der vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte. Jena 1890. S. 114. 214 Ernst Bresslau, weiteres keinerlei Verknüpfung mit den von den Polycladen oder Trieladen her bekannten Entwicklungsvorgängen zulassen, sondern, anstatt die erhofften phylogenetischen Aufklärungen zu liefern, durch ihre Eigenart selbst dem Verständnis große Schwierigkeiten bereiten. Da es mein Wunsch sein mußte, wenigstens den Versuch zu machen, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden, beschloß ich mit der defini- tiven Veröffentlichung meiner Ergebnisse so lange zu warten, bis ich auch die Entwicklung verwandter Formen, so der Trieladen und vor allem der Acölen und Alloiocölen!, aus eigner Anschauung kennen gelernt hätte. So kommt es, da nebenher auch noch andre Unter- suchungen meine Zeit in Anspruch nahmen, daß das Erscheinen dieser Arbeit sich bis jetzt verzögert hat. Allerdings bin ich mir wohl bewußt, von einer Lösung der Probleme, die die Entwicklung der Rhabdocöliden oder gar erst die Stammesgeschichte der Turbellarien darbietet, auch jetzt noch weit entfernt zu sein. Andrerseits aber glaube ich, mit der ausführlichen Darstellung meiner Ergebnisse, soweit sie bis jetzt vorliegen, nicht noch länger zurückhalten zu dürfen, da es völlig ungewiß erscheint, wann und ob die Untersuchungen, die ich an einer Reihe bestimmter Turbellarienformen noch vorzunehmen gedenke, den erhofften theore- tischen Abschluß bringen werden. Von den Trieladen, über deren Entwicklung ich hier zunächst nicht zu berichten beabsichtige, abgesehen, erstrecken sich meine Untersuchungen bis jetzt nur erst auf verhältnismäßig wenige Formen der Rhabdocöliden, die allerdings alle drei Unterordnungen derselben repräsentieren: von den Acölen diente die Helgoländer Comvoluta paradoxa Oerst., von den Rhabdocölen eine Anzahl zur Familie der Mesostomiden gehöriger Süßwasserformen, von den Alloiocölen das bei Neapel ungemein häufige Plagiostomum girardı (@. Schm.) als Untersuchungsobjekt. Was die Rhabdocölen betrifft, so habe ich die Entwicklung der Süßwasserformen seit der Publikation meiner vor- läufigen Mitteilung nochmals einer gründlichen Bearbeitung unter- zogen und vor allem die damals noch vorhandenen zahlreichen Lücken in der Beobachtung soweit als möglich auszufüllen gesucht. Leider gelang es mir bis jetzt nicht, von marinen Vertretern dieser Unter- ordnung zu entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen brauchbares Material zu erhalten, trotzdem ich mich verschiedentlich darum be- müht habe. Besonders bedauere ich es, daß mir die Individuen des ! Nach dem von v. GRAFF (1882) aufgestellten System enthält die Ordnung der Rrhabdocoelida die drei Subordines der Acoela, Rhabdocoela und Allovocoela. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 215 marinen Paramesosiomum neapolitanum (v. GRAFF), die ich zwar nicht in Neapel — wo ich es vergeblich gesucht habe —, wohl aber dank den durch freundliche briefliche Mitteilungen ergänzten Angaben von Arrems (1896) in Helgoland erbeutete, niemals Eier geliefert haben. In der vorliegenden Arbeit sollen zunächst nur die Beobachtungen über die Entwicklung der Rhabdocölen und Alloiocölen, sowie in einem dritten Teile die unmittelbar daraus sich ergebenden theo- retischen Schlußfelgerungen behandelt werden. Die Darstellung der Acölenentwicklung dagegen soll, da ich meine Befunde in einigen Punkten nochmals einer Nachprüfung unterziehen möchte, einer zweiten, besonderen Abhandlung zum Gegenstand dienen, die ich indessen gleichfalls binnen kurzem in Druck geben zu können hoffe. Meinen hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. GorTTE, der die Arbeit angeregt und ihre Ausführung mehr denn 5 Jahre hindurch mit ebensoviel Geduld wie Anteilnahme verfolgt hat, bitte ich den Ausdruck meines aufrichtigsten Dankes entgegenzunehmen. I, Teil. Die Entwicklung der Rhabdocölen. Untersuchte Arten und ihre Eier. Die Mehrzahl der bei Straßburg vorkommenden zahlreichen Arten von Süßwasserrhabdocölen besitzt außerordentlich kleine und oben- drein meist auch noch mit überaus harten Schalen ausgestattete Eier, die zu entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen so gut wie voll- ständig ungeeignet sind. Infolgedessen beschränkte ich mich auf folgende vier Species aus der Familie der Mesostomiden, die durch ihre Körpergröße und dementsprechend auch durch die Größe ihrer Eier weit vor allen andern Formen hervorragen, und zwar sind dies: Mesostomum ehrenberge ©. Schm. Mesostomum productum (0. Schm.) Mesostomum lingua O. Schm. Bothromesostomum personatum (0. Schm.). Von diesen vier Arten haben die beiden zuletztgenannten weitaus die größte Verbreitung, da sie während der ganzen wärmeren Jahres- zeit in den meisten der zahlreichen Teiche, Tümpel und Gräben der Umgebung Straßburgs in großen Mengen anzutreffen sind. Mesostomum produelun ist in seinem Vorkommen auf die kürzere Spanne von Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 15 216 Ernst Bresslau, Ende Mai bis Mitte Juli beschränkt. Mesostomum ehrenbergt endlich findet sich an den meisten Stellen nur vereinzelt, so daß ich in der ersten Zeit meiner Untersuchungen nur weniger Exemplare habhaft werden konnte Erst in den letzten Jahren entdeckte ich einige Tümpel im Rheinwalde, in denen diese schönen Tiere in so großer Zahl vorkommen, daß es — von der Mückenplage abgesehen — ein leichtes ist, an warmen Tagen binnen weniger Stunden viele Hunderte von ihnen zu erbeuten. Alle vier Arten befinden sich fast während der ganzen Zeit ihres Vorkommens in regster Ge- schlechtstätigkeit und liefern daher stets reichliches Untersuchungs- material. Die Eier der Mesostomiden sind, wie bei den meisten Rhabdo- cölen, zusammengesetzte Bildungen, insofern das zu ihrer Ent- wicklung notwendige Dottermaterial nicht direkt innerhalb der Keim- zelle aufgespeichert, sondern dieser in Gestalt besonderer, von sepa- raten Organen, den Dotterstöcken, erzeugter Dotterzellen beigegeben ist. Das Ei setzt sich hier somit aus der Keimzelle und den Dotter- zellen zusammen, die von einer gemeinsamen, vom Uterus des Mutter- tieres gelieferten Schale umschlossen werden. Es ist verschiedentlich - vorgeschlagen worden!, diese zusammengesetzten Eier zum Unter- schiede von den nur aus der einfachen Eizelle bestehenden Eiern der meisten andern Metazoen als Kokons zu bezeichnen. Es erscheint mir jedoch besser, bei den Turbellarien diese Bezeichnung ausschließ- lich auf die Eibildungen anzuwenden, die mehrere, auch wirklich zur Entwicklung gelangende Keimzellen enthalten, wie dies z. B. unter den Alloiocölen bei Plagiostomum girardi (s. Teil I) der Fall ist. Die Zusammensetzung der Eier aus Keimzelle und Dotterzellen ist aber nicht ihre einzige Eigentümlichkeit. Wichtiger erscheint vielmehr noch der Umstand, daß die Eier bei allen vier von mir untersuchten Arten und noch bei einer kleinen Anzahl andrer Meso- stomiden nacheinander in zwei verschiedenen Formen auftreten, die man als Sommer- und Wintereier oder auch als Subitan- und Dauereier zu bezeichnen pflegt. Die Sommereier, die regelmäßig zuerst gebildet werden, besitzen eine äußerst dünne, glashell durch- sichtige Eihaut und entwickeln sich innerhalb des Muttertieres sehr rasch, die Wintereier dagegen sind größer und zeichnen sich durch die dunkelbraune Farbe ihrer harten chitinartigen Schale, sowie durch i Vgl. KORSCHELT-HEIDERS Lehrbuch, Allgemeiner Teil. I. Jena 1902. S. 283/284 und S. 364. Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 97 den langsamen Verlauf ihrer Entwicklung, die erst nach dem Frei- werden der Eier sei es durch Ablage nach außen oder durch Zu- srundegehen des Muttertieres ihren Abschluß findet, aus. In einer vor kurzem erschienenen Arbeit (1903) habe ich. mich mit der Bedeutung dieser beiden Eiarten eingehend beschäftigt und dabei zeigen können, daß die Wintereier den primären Ei- typus darstellen, der ursprünglich bei allen Mesostomiden allein bestanden hat und auch heute noch bei einer großen Anzahl von Arten, die keine Sommereier bilden, allein besteht, während sich die Sommereier erst sekundär infolge eines ganz bestimmt serichteten Entwicklungsprozesses als besondere An- passungsbildungen aus den Wintereiern entwickelt haben. Als das wesentliche dieses Prozesses, der zu der Entstehung der Sommereier führte, konnte der Umstand festgestellt werden, daß der Zeitpunkt, in dem die Tiere mit der Eibildung zu beginnen pflegen, allmählich in immer frühere Stadien ihrer individuellen Entwicklung verlegt wurde, in denen die Organe des weiblichen Geschlechts- apparates die zur Erzeugung der typischen Wintereier erforderliche Reife noch ‚nicht erlangt haben und daher Bildungen hervorbringen, die mit weniger Dottermaterial und mit schwächeren Schalen aus- gerüstet eben als Sommereier sich darstellen. Diese zeitliche Ver- schiebung des Beginnes der Eibildung — wie sie zuerst vielleicht rein zufällig infolge irgendwelcher besonderer Ernährungs- oder Witterungsverhältnisse oder sonstiger, durch irgendwelche lokale Umstände bedingter Einflüsse eintrat — mußte zur Folge haben, .daß durch die fortschreitende Reduktion der Masse des Dotters und der Festigkeit der Schale und durch die damit Hand in Hand gehende progressive Ausschaltung dieser den Gang der Entwicklung verlang- samenden und den Zeitpunkt des Ausschlüpfens verzögernden Momente die Schnelligkeit des gesamten Entwicklungsverlaufes allmählich mehr und mehr gesteigert wurde, und daß infolgedessen die Sommer- eier besser als die Wintereier geeignet waren, der Art nach Ein- treten der günstigen Jahreszeit eine möglichst rasche und möglichst sroße Ausbreitung zu geben. So begreift es sich, daß die infolge dieser Verfrühung des Beginnes der Eibildung zuerst, wie bereits sesagt, wohl rein zufällig entstandenen, unvollkommen ausgestatteten Eier — und etwas andres stellen die Sommereier im Vergleich mit den typischen Wintereiern zunächst nicht dar — im Laufe der Gene- rationen nicht ausgemerzt, sondern im Gegenteil immer mehr und mehr in ihrer Eigenart einseitig ausgebildet wurden, da sie als 19% 218 Ernst- Bresslau, besonders angepaßte, zur rascheren Propagation der Art in vorzüg- licher Weise geeignete Bildungen steigenden Wert gewannen. Die soeben vorgetragenen Anschauungen basieren aber nicht etwa lediglich auf theoretischen Überlegungen, sondern lassen sich, wie ich ebenfalls bereits in der obengenannten Arbeit auseinandergesetzt habe, in allen ihren Punkten durch noch heute zu beobachtende Tatsachen mit voller Sicherheit beweisen. Es ist dies deshalb mög- lich, weil die Sommereier bei den vier von mir untersuchten Arten nicht etwa ‚alle das gleiche Verhalten zeigen, sondern in selten glücklicher Weise verschiedene Etappen des durch jene Verfrühung des Eibildungsbeginnes veranlaßten Entwicklungsprozesses darstellen. Wie ich zeigen konnte, ist bei Dothromesostomum personatum diese zeitliche Verschiebung noch so wenig bedeutend, daß Sommer- und Wintereibildung hier noch fast unmittelbar ineinander übergehen und demgemäß beide Eiarten auch nur sehr wenig voneinander verschieden sind. Bei Mesostomum lingua und Mesostomum productum, die in ihrem Verhalten vollkommen miteinander übereinstimmen, hat bereits eine weitergehende Verfrühung des Beginnes der Sommerei- bildung stattgefunden, so daß dementsprechend auch größere Unter- schiede zwischen den Sommer- und Wintereiern bestehen. Bei Mesostomum ehrenberge endlich beginnt die Bildung der Sommereier bereits in so frühen Stadien, daß zwischen ihnen und den Winter- eiern kaum noch irgendwelche Vergleichspunkte sich finden lassen. Alle diese Verhältnisse werden übrigens später bei Besprechung des Baues der Sommereier der einzelnen Arten noch eingehender dar- gestellt werden. Es kann nicht Wunder nehmen, daß gemäß den Verschieden- heiten zwischen Sommer- und Wintereiern auch ihre Entwicklung einen verschiedenen Verlauf nimmt, und daß in gleicher Weise auch die Unterschiede, die wiederum die Sommereier der verschiedenen Arten voneinander trennen, in entsprechenden Verschiedenheiten der bei ihnen sich abspielenden Entwieklungsvorgänge sich kundgeben. Wenn ich mich trotzdem bei der folgenden Darstellung der Ent- wicklungsverhältnisse nicht an die Reihenfolge halte, die den oben postulierten genetischen Beziehungen der verschiedenen Eiarten zu- einander entspräche, — eine Reihe, die von den Wintereiern über die Sommereier von Bothromesostomum personatum, sowie von Meso- stomum lingua und productum zu denen von Mesostomum ehrenberge führt, — sondern umgekehrt mit der Schilderung der Entwick- lung der Sommereier von Mesostomum ehrenbergi beginne, — 80 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 219 geschieht dies einmal aus praktischen Gründen, da ich hier die Ent- wicklungsvorgänge am eingehendsten verfolgen konnte, dann aber vor allem auf Grund theoretischer Erwägungen, die später ihre Er- läuterung finden sollen. Uniersuchungsmethoden. Die Untersuchung der Eier geschah wesentlich mit Hilfe der Schnittmethode, die allein die genaue Feststellung der Entwicklungsvorgänge ermöglichte. Ihre Ergebnisse wurden selbstverständlich, soweit dies angängig war, durch Beob- achtung der ganzen Eier kontrolliert. Ein Abpräparieren der undurchsichtigen Wintereischalen erwies sich bei der Beschaffenheit der Embryonen (vgl. das auf S. 293 Gesagte) als völlig unmöglich. Bei der Anfertigung der Schnitte mußte, je nachdem ob es sich um Sommer- oder Wintereier handelte, verschieden vorgegangen werden. Zur Untersuchung der Sommereier wurden, da es besonders in den ersten Entwicklungsstadien fast vollkommen unmöglich ist, sie zu orientieren, und es daher darauf ankommen mußte, möglichst große Massen von ihnen zu schneiden, stets die ganzen Tiere mitsamt ihrem Eiinhalt — oft 30—40 oder noch mehr Eier — in Schnitte zerlegt. Das Schneiden der Eier bereitet, wenn sie einmal erst in Paraffin eingebettet sind, keine Schwierigkeiten, da weder die dünne Schale noch die Dotter- masse — ausgenommen in den jüngsten Stadien der Sommereier von Mesostomum productum, lingua und Bothromesostomum personatum — irgendwelche nennens- werten Hindernisse bietet. Sehr große Schwierigkeiten bereitet es dagegen, die überaus empfindlichen Eier durch die zahlreichen Prozeduren der Konservierung, Härtung und Einbettung so hindurchzubringen, daß sie am Ende ihre ursprüngliche Gestalt bewahrt haben und nicht, wie dies BRAun (1885) angibt und Fig. 11 auf Taf. V der v. GrAFFschen Rhabdocölenmonographie (1882) in drastischer Weise zeigt, vollkommen geschrumpft sind. Meist bringen schon die Konservierungsflüssig- keiten, deren ich eine große Zahl sowohl in kalten wie in warmen Lösungen durch- probiert habe, erhebliche Deformierungen der Eier hervor, die dann im Verlauf der weiteren Behandlung noch mehr gesteigert werden. Tadellose Resultate hat mir eigentlich nur das von TELLYESNICZKY (Arch. f.mikr. Anat. Bd. LII) angegebene Kaliumbichromat-Essigsäuregemisch ergeben, das ich, nachdem ich seine Vor- züge für die Konservierung der Sommereier einmal kennen gelernt hatte, später- hin fast ausschließlich angewandt habe. Für die ersten Stadien empfiehlt es sich die Lösung kalt anzuwenden, wobei man ganz ausgezeichnete Bilder der Reifungs-, Befruchtungs- und ersten Teilungsvorgänge erhält, in älteren Stadien dagegen verdient die unmittelbar vor dem Gebrauch auf 60— 70° erwärmte Flüssigkeit den Vorzug. Ich habe die Tiere mitsamt den Eiern stets 10—12 Stunden in der Lösung gelassen und dann ebensolange in mehrfach gewechseltem Wasser aus- gewaschen. Besondere Vorsicht erfordert sodann die Überführung in Alkohol, da eine jede nur ein wenig zu rasche Steigerung der Konzentration besonders im Anfang des Härtungsprozesses unweigerlich eine Schrumpfung der Eier her- beiführt. Ebenso vorsichtig müssen die Eier auch in das Vorharz, wozu ich stets Zedernholzöl benutzte, und später in Paraffin übergeführt werden. Ich habe oftmals die Enttäuschung erlebt, daß noch im Zedernholzöl vollkommen unge- schrumpfte Eier bei zu eiliger Einbettung Schaden erlitten. Viel größere Schwierigkeiten bereitete dagegen die Untersuchung der 220 Ernst Bresslau, Wintereier, und zwar wegen der Sprödigkeit ihrer harten Schalen, die — ausge- nommen in den jüngsten Stadien (s. Fig. 41) — für Paraffin völlig undurehgängig sind. Das summarische Verfahren, die ganzen Tiere zu schneiden, das bei der Untersuchung der Sommereier so gute Dienste leistete, konnte daher hier nicht Anwendung finden, vielmehr mußte jedes Ei einzeln behandelt werden. Nach langen, vergeblichen Versuchen kam ich schließlich auf folgendes Verfahren, das nach einiger Übung ausgezeichnete Resultate lieferte. Die lebenden Eier werden mit einer möglichst fein zugespitzten Nadel an einem Pol ganz vorsichtig an- gestochen, so daß nur eine kleine Öffnung entsteht, der Eiinhalt aber möglichst gar nicht verletzt wird. Alsdann werden sie mit der erwärmten Konservierungs- flüssigkeit — neben dem TELLYESNICZKYschen Gemisch erwies sich hier auch konzentrierte Sublimatlösung als brauchbar — übergossen, nach längerer Ein- wirkungsdauer sodann ausgewaschen und langsam in Alkohol übergeführt. In 950%/yigen Alkohol wird sodann mit äußerster Vorsicht ein zweites Loch an dem dem ersten entgegengesetzten Pol der Schale angebracht, was meist gelingt, da sich während des Härtungsprozesses der Eiinhalt gewöhnlich etwas von der Schale zurückgezogen hat. Nach der Aufhellung in Zedernholzöl wird das Ei sodann in Paraffin übertragen, das infolge der Durchbohrung der Schale nun- mehr leicht eindringt. Trotzdem lassen sich die Eier nur in sehr seltenen Fäl- len schon in diesem Zustande schneiden, da die spröde Eischale fast unvermeid- lich herausspringt und bei der Kleinheit der Eier dabei so gut wie regelmäßig den Schnitt völlig zerstört. Es muß daher die Eischale entfernt werden, wobei ich folgendermaßen verfahre. Nachdem die Eier kurze Zeit im Paraffın gewesen sind, lasse ich erstarren und entferne nun mit einem feinen Skalpell an einer Stelle ein Stückchen der Eischale, was bei einiger Übung fast stets ohne Ver- letzung des Eiinhaltes gelingt. Danu wird von neuem eingebettet und die Proze- dur an einer andern Stelle der Schale wiederholt, darauf wieder eingebettet u. s.1., bis schließlich die Schale ganz oder zum größten Teile abgeschält ist. Um den Eiinhalt besser sichtbar zu machen, empfiehlt es sich, ihn während der Alkohol- passage mit Eosin etwas vorzufärben. Nur mit Hilfe dieser allerdings etwas umständlichen Schälmethode, die ja in ähnlichen Fällen auch schon von andern Autoren, z. B. von HEsSSE zur Ent- fernung der Cuticula der Insektenaugen, angewandt worden ist, gelingt es brauchbare Schnitte von den Wintereiern zu erhalten. Ich habe dieselbe Methode auch bei den Trieladeneiern angewandt, wo sie wegen der Größe der Kokons viel leichter gelingt. Endlich ist es mir nur durch sie möglich gewesen, die Alloiocölenentwicklung zu studieren (vgl. Taf. XX). Ich habe hier wohl mehrere Hunderte verhältnismäßig sehr kleiner Eier in tadellose Schnitte zerlegt. Die Dicke der Schnitte betrug bei den Sommereiern 7,5—10 u, bei den Wintereiern 10—15 «. Es wurde ausschließlich Schnittfärbung angewandt, und zwar wurde vorzugsweise mit Boraxkarmin, Hämatoxylin und Eisenhämatoxylin gefärbt. Auch Doppelfärbungen mit Borax-Indigkarmin und Eosin-Hämatoxylin gaben gute Resultate. A. Die Entwicklung der Sommereier von Mesostomum ehrenbergi. 1. Bildung der Eier. Wie in allen zusammengesetzten Eiern, so ist auch in den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi die Keimzelle außerordentlich ° Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 2a klein und zwar schwankt die Größe ihres Durchmessers zwischen 0,035 und 0,04 mm. Ihre Gestalt ist unmittelbar nach dem Verlassen des Keimstockes ungefähr kuglig, bisweilen mehr ellipsoidisch zu nennen (Fig. 1). Exzentrisch in ihrem spärlichen, schwach, aber äußerst gleichmäßig granulierten, in mäßigem Grade Farbstoffe an- nehmenden Plasma liegt der meist etwas abgeplattete, bläschenförmige große Kern von ungefähr 0,025 mm Durchmesser. Die Kernmembran ist scharf abgesetzt; in dem äußerst zartmaschigen Kerngerüst ist ein großes Kernkörperchen eingelagert, das aus einer sich intensiv färben- - den, stark lichtbrechenden Substanz besteht und jeweils ein oder mehrere tröpfehenartige Binnenkörper von ebenfalls sehr hohem Licht- brechungsvermögen und verschiedener Größe in seinem Innern ein- geschlossen enthält. Sein Durchmesser beträgt 0,007—0,008 mm. Die Keimzelle gelangt aus dem keimbereitenden Abschnitt des Keimstockes in das diesem unmittelbar angeschlossene, mit Sperma erfüllte kuglige Receptaculum seminis, wo alsdann die Besamung! stattfindet. Nach den Angaben ScHNEIDERs (1873, 1883), die sich ebenfalls auf Mesostomum ehrenberge beziehen, sollen regelmäßig drei bis 4 Spermatozoen in die Keimzelle eindringen, ja HALrez (1879) will sogar bei der von ihm fälschlich als Mesostomum rostratum bezeichneten Castrada radiata (0. F. Müll.) eine große Anzahl von Samenfäden innerhalb der Keimzelle beobachtet haben. In der Tat findet man die Keimzelle im Receptaculum regelmäßig dicht von Spermatozoen umdrängt, und es ist mir, da eine Dotterhaut entgegen den Angaben SCHNEIDERS sicher nicht gebildet wird, unbekannt, wie eine Über- fruchtung vermieden wird. Indessen habe ich selbst niemals beob- achten können, daß mehr als ein Spermatozoon wirklich in die Keimzelle eingedrungen wäre. In der Regel liest es mehr oder minder nahe der Peripherie der Keimzelle (Fig. 2 sp), nicht selten habe ich es jedoch auch — und zwar sowohl bei lebenden wie bei konservierten Eiern — (in der bereits von SCHNEIDER [1883, Taf. III, Fig. 1]) beschriebenen und gezeichneten eigentümlichen Lage, schleifen- förmig um den Kern herumgeschlungen (Fig. 15p) gesehen. 1 Ich unterscheide die Besamung, d. h. das Eindringen des Spermato- zoons in die Eizelle, von dem eigentlichen Befruchtungsvorgang, d.h. der Ausbildung der beiden Geschlechtskerne, da zwischen beiden Vorgängen, wie wir sehen werden (vgl. S. 224), die Reifung der Keimzelle liegt. Ein unreifes Ei kann nicht befruchtet werden. (Zusatz bei der Korrektur: Wie ich sehe, haben auch VEJDOVSKY und MRAZEK in einer soeben erschienenen Arbeit [Umbildung des Cytoplasmas während der Befruchtung und Zellteilung, Archiv für mikr. Anat. Bd. LXTT, Heft 3) in ähnlicher Weise zwischen Besamung und Befruchtung unter- schieden.) 222 Ernst Bresslau, Vom Receptaculum seminis aus gleitet die Keimzelle darauf durch den langen diekwandigen Ausführungsgang des Keimstocks in das Atrium genitale und von hier aus in einen der beiden Üterusschenkel. Die erste Keimzelle gelangt, wie dies bereits SCHNEIDER (1875) beobachtet hat, immer nach rechts und zwar, wie ich annehme, wohl deshalb, weil der Keimstock selber rechts gelegen ist. Indem dann die folgenden Keimzellen immer regelmäßig zwischen links und rechts abwechseln, werden schließlich beide Uterusschenkel gleichmäßig mit Eiern gefüllt. Bei Mesostiomum ehrenbergi bilden die beiden Uterusschenkel zusammen eine H-Figur, indem sie mit kurzen queren ' Stämmen aus dem Atrium entspringen und sich alsdann lateral T-förmig je in einen nach vorn und einen nach hinten ziehenden Ast gabeln. Dicht neben der Stelle, an der die beiden queren Uterus- schenkel aus dem Atrium entspringen, münden in sie jederseits mit zwei Dottergängen die beiden Dotterstöcke, die, wie ich in meiner früheren Arbeit (1903) auseinandergesetzt habe, zur Zeit der Sommerei- bildung sich noch in vollkommen unentwickeltem Zustande befinden. Demgemäß versorgen sie die Keimzelle mit einem im Verhältnis zu den Wintereiern überaus kümmerlichen Dottermaterial, was sich schon in der geringen Anzahl (40—50) der auf je eine Keimzelle entfallen- den Dotterzellen zu erkennen gibt. Diese Dotterzellen werden nun der Keimzelle bei ihrem Übertritt in den einen der beiden Uteri beigesellt, worauf dann das ganze Zellenpaket durch das mit einer kräftigen Ringmuskulatur versehene quere Anfangsstück desselben rasch hindurchgetrieben wird, bis es an die Stelle gelangt, wo dieses sich in seine beiden Längsäste gabelt. Hier wird alsdann von dem Uterusepithel eine überaus zarte, klar durchsichtige, strukturlose Haut (Fig. 2s) um das Ganze abgesondert und damit die Bildung des Sommereies vollendet. Seine Größe ist zunächst überaus gering; der Durchmesser des ganzen Eies beträgt nur ungefähr 0,06— 0,08 mm, also höchstens das Doppelte der Keimzelle, trotzdem einige 40 Dotter- zellen zu dieser hinzugekommen sind. Die im Verhältnis zur Keimzelle sehr kleinen Dotterzellen be- halten im Sommerei von Mesostomum ehrenbergi ihre Zellengestalt fürs erste vollkommen unverändert bei (Fig. 2d), entgegen den An- gaben O. Scaamiprs (1858), Ep. van BENEDENS (1870) und v. GRAFFS (1882), die niemals ganze Dotterzellen, sondern nur aus deren Zerfall hervorgegangene Dotterflüssigkeit haben in das Ei eintreten sehen wollen. Sie besitzen ungefähr kubische Gestalt. Ihr Plasma ist nur wenig stärker granuliert als das der Eizelle und enthält eine mäßige Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 223 Anzahl kleiner und kleinster Vacuolen, deren klarer, schwach licht brechender Inhalt nur Spuren von Farbe annimmt. Außerordentlich stark dagegen tingieren sich ihre großen, unregelmäßig rundlichen Kerne, die sich durch eine scharf begrenzte Kernmem branund äußerst grobkörnigen Chromatingehalt auszeichnen, in dem 1—3 Nucleolen nur wenig an Größe hervortreten. In der ersten Zeit nach der Bildung des Eies kann man an der Keimzelle nicht selten amöboide Gestaltveränderungen erkennen (Fig. 2), ähnlich denen, die Harnez (1879) von der Eizelle von Pro- rhynchus stagnalis beschreibt und die auch sonst von den Eiern andrer Tiere bekannt sind. Nach dem Aufhören dieser Bewegungen findet man die Keimzelle inmitten der Dotterzellen stets derart exzen- trisch gelegen, daß sie von ihnen auf der einen Seite ihres Umfanges in einfacher, auf der andern in doppelter Schicht umgeben ist (Fig. 3). Diese höchst charakteristische Anordnung, die natürlich nur aus Schnitten von geeigneter Richtung unmittelbar zu erkennen ist, rührt daher, daß die Anzahl der Dotterzellen für eine einfache Umschichtung der Keimzelle zu groß ist, so daß ein Drittel bis ein Viertel derselben — ich zählte in einem Falle 11 von 43, in einem zweiten 15 von 45 Dotterzellen — auf der einen Seite eine zweite Dotterzellenlage bilden muß. Daß durch diese Anordnung der Dotterzellen etwa eine Polarität der Keimzelle bedingt würde, wie man vielleicht erwarten könnte, habe ich nicht feststellen können, dagegen scheint sie mir eine gewisse Bedeutung für das spätere Verhalten der Dotterzellen selbst zu besitzen, worauf ich schon hier hingewiesen haben möchte. Die ganze Bildung des Sommereies — von dem Austritt der Keimzelle aus dem Receptaculum seminis an gerechnet — nimmt nur überaus kurze Zeit in Anspruch. Ebenso rasch muß auch die Bildung der einzelnen Eier nacheinander erfolgen, wie daraus her- vorgeht, daß stets sämtliche Sommereier ein und desselben Indivi- duums — nicht selten 40—50 an der Zahl — sich in nahezu dem gleichen Entwicklungsstadium befinden. Sie liegen alsdann jederseits diehtgedrängt in einer Reihe hintereinander in den beiden Fruchthältern aufgereiht, deren den Eiern eng anliegende Wandungen (Fig. 2 «t) mehr und mehr von ihnen ausgedehnt werden, dabei aber so nach- giebig sind, daß sich die Eier nur selten durch gegenseitigen Druck in irgendwie nennenswerter Weise gegeneinander abplatten. Vielmehr kann man mit Leichtigkeit beobachten, daß die Eier sich bei den Bewegungen der Tiere mannigfach verschieben und nach den ver- schiedensten Richtungen hin um ihre Achse drehen. Demzufolge 224 Ernst Bresslau, liegen die Eier und Embryonen im Uterus desselben Individuums vollkommen unorientiert nebeneinander, so daß hier von einem richten- den Einfluß der Schwerkraft auf ihre Entwicklung, obwohl diese schon von der ersten Teilung an inäqual verläuft, keine Rede sein kann. 2. Entwicklungsvorgänge bis zur Bildung der Embryonalanlage. a. Reifung, Befruchtung und Herstellung der ersten Teilungsspindel. In dem eben gebildeten Sommerei hat die Keimzelle noch den Wert einer Oocyte I. Ordnung, da ihre Reifung erst innerhalb des- selben beginnt, mithin wohl erst durch die vorher im Receptaculum seminis erfolgte Besamung angeregt wird. Ich möchte hier richt auf die Einzelheiten der überaus interessanten, in vielen Punkten mit den vor kurzem von Harxkın (1901) und GorpscHhmipr (1901) bei der Reifung und Befruchtung der Eier von Polystiomum integerri- mum beobachteten Verhältnissen übereinstimmenden Vorgänge ein- gehen, da ich in einer besonderen, ausführlich diesem Gegenstand gewidmeten Arbeit darauf zurückzukommen gedenke. Ich werde mich daher hier nur auf die Anführung einiger weniger Daten be- schränken, soweit sie aus den Figuren der Taf. XIV zu erkennen sind. Von Angaben in der Literatur über die Eireifung bei den Rhabdocölen habe ich nur eine Notiz von Harızz (1879) zu er- wähnen, der bei Gyrator hermaphroditus Ehrbg. (von HArLLez als Prostomum lineare bezeichnet) in einer eben gebildeten Eikapsel die Abschnürung eines Richtungskörperchens beobachtet zu haben angibt. SCHNEIDER (1883) dagegen hat bei seinen an Mes. ehrenbergi ange- stellten Untersuchungen die eigentlichen Reifungserscheinungen voll- ständig übersehen und stellt daher die Bildung von Richtungskörper- chen gänzlich in Abrede. Gewisse den Reifungsprozeß einleitende Veränderungen am Kerne, die in einer eigentümlichen, zur Bildung stumpflappiger Fortsätze führenden Einschnürung (Fig. 2, 3) desselben bestehen, hat er dagegen richtig beobachtet und gezeichnet. Der Beginn des Reifungsprozesses äußert sich darin, daß sich der Eikern auflöst, unter sehr interessanten Erscheinungen, die hier auch nur andeutungsweise zu behandeln, zu weit führen würde. Nach der Auflösung des ursprünglichen Kernes erfolgt sodann die Abschnürung zweier kleiner Richtungskörperchen, jedesmal unter Bildung einer Richtungsspindel, die die mehr oder minder regel- mäßig ellipsoidisch gestaltete Keimzelle fast in der ganzen Länge ihres kleineren Durchmessers durchsetzt (Fig. 4), wie dies nach Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 295 HALKIN und GOLDSCHMIDT auch bei Polystomum der Fall ist. Wie Fig. 4 zeigt, nehmen an der zweiten Richtungsspindel zehn Chro- mosomen teil, die sich als kurze, kräftige, äußerst intensiv gefärbte Stäbchen von haken- oder winkelförmiger Krümmung darstellen. Fünf von ihnen verbleiben in der Keimzelle, während die übrigen fünf in die zur Bildung des künftigen Richtungskörperchens führende Plasma- vorwölbung eintreten; neben dieser ist das erste Richtungskörperchen (Fig. 4 ri,) als helles Bläschen mit dunkelgefärbtem Chromatininhalt zwischen den Dotterzellen (in der Figur nicht mitgezeichnet) ein- gckeilt erkennbar. Nach der Abschnürung der Richtungskörperchen treten meist sehr bald deutliche Zerfallserscheinungen in ihnen auf, die in der Regel rasch zu ihrer Auflösung führen. Mitunter jedoch bleiben sie oder Reste von ihnen noch längere Zeit als dunkle zwischen oder neben den Blastomeren gelegene Körperchen sichtbar (Fig. 17 ro). Noch vor Abschluß der Reifungsvorgänge in der Keimzelle treten an dem in sie eingedrungenen Samenfaden eine Reihe von Verände- rungen auf, die seine Umbildung in den späteren Spermakern und damit den Beginn des eigentlichen Befruchtungsaktes einleiten. Die Spermatozoen von Mesostomum ehrenbergi sind fadenförmig und laufen an ihrem Vorderende in eine feine kurze Spitze aus, die zwei Geibeln trägt. Ein sog. Kopf fehlt ihnen, das Homologon des Spermatocyten- kernes bildet vielmehr ein von v. GraFF (1882) zuerst beschriebener zentraler Achsenstrang, der durch die ganze Samenzelle verläuft. Nach dem Eindringen des Spermatozoons in die Keimzelle innerhalb des Receptaculum seminis verliert es sein hyalines Plasma und seine Geißeln, bleibt aber im übrigen bis zur Fertigstellung des Sommer- eies und noch einige Zeit nach seiner Bildung im wesentlichen unver- ändert; der Achsenstrang ist während dieser Zeit auf den Schnitten als ein mehr oder minder stark gebogener, tief gefärbter Faden im Innern der Keimzelle zu erkennen (Fig. 2 sp). Die Umbildung dieses Spermaachsenstranges in den Spermakern verläuft nun in einer Weise, die der Spermakernbildung von Poly- siomum, wie sie vor allem GoLDscHMmIDT beschrieben hat, in einer Reihe von Punkten außerordentlich ähnlich ist. Ich möchte zum Beweise dafür hier nur auf Fig. 4 hinweisen, wo sich der Spermakern (sp) aus einer größeren Anzahl kleiner Chromatinkügelchen, die unter- einander durch schmale Züge einer blaßgefärbten Substanz verbunden sind, zusammengesetzt darstellt, also genau dasselbe Verhalten zeigt, wie es GoLDSCHMIDT ebenfalls um die Zeit der zweiten Richtungs- spindel bei Polystomum beobachtet hat. 226 Ernst Bresslau, Auf die weiteren Stadien der definitiven Ausbildung von Samen- und Eikern möchte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen, obwohl eine Reihe der dabei zu beobachtenden Vorgänge, da sie sich in ähnlicher Weise auch bei der Bildung der Kerne der ersten Teilungs- zellen wiederholen, bereits aus den zu andern Zwecken gezeichneten Figuren der Taf. XIV zu erkennen ist. So sieht man in den Zellen A und C der Fig. 6 den Zerfall der Chromosomen in kleine Chromatin- kügelchen — von GOLDSCHMIDT nach dem Vorgange Bönnms als Ka- ryomeriten bezeichnet — sich vorbereiten, während in Zelle 5 der gleichen Figur dieser Zerfall bereits vollendet ist und die einzelnen Karyomeriten sich mit hellen Höfen umgeben haben. Das Verhalten dieser Karyomeritenbläschen in Zelle ©, der Fig. 12 gibt sodann einen Begriff davon, wie sich aus ihnen weiterhin der Kern selbst wieder aufbaut; doch mögen diese Andeutungen hier genügen, da alle wei- teren Einzelheiten der späteren speziellen Arbeit über diesen Gegen- stand vorbehalten bleiben sollen. Nach der Herstellung der beiden Vorkerne beginnt die Bildung der Ohromosomen der ersten Teilungsspindel, die im Gegensatz zu den kurzen kräftigen Chromosomen der Richtungsspindeln lange und verhältnismäßig dünne Fäden darstellen. Ihre Anordnung zur Äqua- torialplatte — allerdings nicht der ersten, sondern der zweiten Tei- lungsspindel — zeigt Fig. 17 (Zelle A), ihr Auseinandertreten in die Tochterplatten Fig. 5. Wie aus ersterer Figur hervorgeht, finden sich in der Keimzelle, in der nach der Ausstoßung der Richtungskörper- chen fünf Chromosomen zurückgeblieben waren, nunmehr zehn, so daß also das Spermatozoon seinerseits ebenfalls fünf Chromosomen in das Ei eingeführt hat. Die Ausbildung der Tochterplatten aus der Aquatorialplatte geht derart vor sich, daß die langausgewachsenen Chromosomfäden sich in continuo mit ihrer einen Hälfte auf dieser, mit der andern auf jener Seite der Teilungsspindel einstellen und dadurch zu einer nach beiden Polen hin konvergierenden Figur an- ordnen (vgl. Fig. 12, Zelle A,), ein Verhalten, das auch SCHNEIDER (1883, Taf. III, Fig. 7) bereits gezeichnet hat. Wenn sich sodann die langen Chromosomen in der Richtung der Äquatorialebene der Quere nach spalten, sind beide Tochterplatten, jede mit zehn Tochter- chromosomen, auf einmal fertig ausgebildet. Sie rücken alsdann der Richtung der Spindelachse folgend allmählich mehr und mehr aus- einander, worauf die Teilung der Keimzelle selbst sich vorbereitet. Interessanterweise zeigen hierbei (Fig. 5), wie bei den nächsten Teilungen (Fig. 6, Zelle A und C), die im folgenden Abschnitt besprochen Beiträge zur Enntwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. ar werden sollen, die Centrosomen dasselbe Verhalten, das GOLDSCHMIDT bei Polystomum feststellen konnte, daß nämlich ihre Größe »der Größe der durch die Teilung entstehenden Tochterzellen proportional ist«. b. Teilungsprozeß. Wie Fig. 5 zeigt, nimmt sogleich die erste Teilung der Keim- zelle einen inäqualen Verlauf, indem sie zwei an Größe wesentlich verschiedene Blastomeren, ein Makromer A und ein Mikromer D liefert, deren Durehmesser sich wie 3:2 verhalten. Die Ablösung von B scheint an demselben Eipol zu erfolgen, an dem vorher die Aus- stoßung: der Richtungskörperchen stattgefunden hat, wie man wohl bei Bildern ähnlich wie Fig. 17 (ri neben dem Anschnitt von D) aus der Lage der letzteren schließen darf, wenn natürlich auch zu be- denken ist, dab die Teilung der Keimzelle notwendigerweise eine Verschiebung der Richtungskörperchen mit sich bringen muß. Von den beiden ersten Blastomeren bleibt PD zunächst unverändert, während sich A sofort zu einer weiteren Teilung vorbereitet (Fig. 17'). Diese verläuft wie die erste wiederum inäqual und führt zur Abschnürung eines zweiten etwas kleineren Mikromers © (Fig. 6), das neben D zu liegen kommt. In genau der gleichen Weise teilt sich sodann A noch ein drittes Mal, so daß sich zu B und C noch ein weiteres Mikromer D hinzugesellt (Fig. 7), das wiederum etwas kleiner ist als sein Vor- sänger. Man findet alsdann die drei Mikromeren D, C und D im Drei- eck angeordnet auf dem Makromer A liegen. Alle vier Blastomeren runden sich sofort nach der Teilung zu fast vollkommenen Kugeln ab, die nur ganz geringe Abplattungen gegeneinander erkennen lassen. Der inäquale Verlauf dieser Teilungen läßt sich nicht nur aus Schnitten konstatieren, sondern auch ganz gut an den lebenden Eiern beobachten, sei es, daß man sie im ganzen betrachtet oder nach sorgfältigem Zersprengen der Eischale und vorsichtigem Ablösen der Dotterzellen den Blastomereninhalt aus ihnen herauspräpariert. Die Angaben SCHNEIDERS (1873), daß sich in den Sommereiern von Mesosto- mum ehrenbergi die Keimzelle zuerst in zwei, dann in vier annähernd gleich große Blastomeren teilt, sind demnach falsch. Ebenso irrt auch Haurez (1879), wenn er, wie schon hier bemerkt sein mag, bei den Wintereiern mehrerer Rhabdocölen, darunter auch einiger Mesosto- miden einen äqualen Verlauf der ersten Teilungen beobachtet zu haben glaubt. Nur eine seiner Figuren (Taf. XI, Fig. 23), die ein 1 Das Verhalten der Dotterzellen hier soll zunächst unbeachtet bleiben, da es später in einem besonderen Abschnitt Besprechung finden wird. 398 Ernst Bresslau, Dreizellenstadium von Castrada radiata (mit einem Makromer und zwei Mikromeren) darstellt, stimmt mit meinen Befunden überein, wird aber von ihm, da sie nicht zu seiner Annahme eines äqualen Teilungs- verlaufes paßt, als abnorm bezeichnet. Die nach der Erreichung des Vierzellenstadiums sich abspielen- den Teilungsvorgänge lassen sich am lebenden Ei nicht mehr mit Sieherheit erkennen, vielmehr ist man zu ihrer Feststellung lediglich auf die Untersuchung der Schnittserien angewiesen. Durch sorgfäl- tige Rekonstruktionen nach diesen, wobei ich mich sowohl kleiner in Knetwachs hergestellter Modelle, wie der graphischen Methode, die durch Übereinanderzeichnen der einzelnen Schnitte erhaltenen Umrißbilder der ganzen Embryonalstadien plastisch auszuführen !, bediente‘, gelingt es indessen verhältnismäßig leicht auch über die nächsten Teilungsprozesse ins klare zu kommen, bis schließlich andre Gründe auch dies unmöglich machen. | Die Teilungsvorgänge, die auf das Vierzellenstadium folgen, sind von ganz andrer Art als die vorhergehenden, indem nunmehr für das Makromer A, das bis dahin allein die Kosten der Teilung bestritten hat, eine Ruhepause eintritt, während deren sich die Mikromeren zu teilen beginnen. Auch hier verlaufen die Teilungen keineswegs völlig äqual, die Größendifferenzen zwischen den entstehenden Blastomeren sind indessen meist nur äußerst gering und werden schließlich viel- fach kaum mehr wahrnehmbar. Zunächst teilt sich das zuerst ent- standene Mikromer Din zwei ungleiche Zellen, von denen die größere mit D,, die kleinere mit D, bezeichnet werden mag (Fig. 8). Die Teilung erfolgt in der Regel derart, daß 5, sich zwischen CO und D einschiebt und beide Zellen auseinanderdrängt, wie dies aus der zu dem Schnitt in Fig. 8 gehörigen Rekonstruktion (Fig. 9) aufs deut- lichste ersichtlich ist. Das gleiche Verhalten, wie diese Seitenansicht, läßt auch Fig. 10, wo ein etwas älteres Stadium in Ansicht von oben dargestellt ist, erkennen. Inzwischen hat sich gleichzeitig Ü' zur Teilung vorbereitet und ebenso findet man auch meist in dem Ma- kromer A wieder die ersten Anfänge einer Spindelbildung (Fig. 10). Die Spindel von C stellt sich dabei ungefähr parallel zu der Lage von 5, und D,, deren Richtung selbst wieder etwas schief zu der Spindelachse von A verläuft. Es erfolgt zunächst die Teilung von C in eine etwas größere Zelle C, und eine etwas kleinere O5. Letztere kommt in die Furche zwischen B, und 5, zu liegen, während (; ! Auf diese Weise wurden die Figg. 7,9, 10, 11 und 13—16 der Taf. XIV hergestellt. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 229 über BZ, etwas hinausrast (Fig. 11). Wenn dann auch die Teilung des Makromers A in die beiden ungefähr gleich großen Blastomeren A, und A, — also anscheinend die erste äquale Teilung — sich vollzogen hat, erhalten wir das in Fig. 11 in Ansicht von oben dar- sestellte Siebenzellenstadium, das in den Schnitten verhältnismäßig häufig anzutreffen ist und demgemäß wiederum eine gewisse Ruhe- zeit durchzumachen scheint. Bis zu diesem Stadium pflegen sich die Teilungsvorgänge fast regelmäßig in der oben geschilderten Aufeinanderfolge zu vollziehen. Häufiger findet sich nur eine kleine Abweichung in der Beziehung, daß das Ruhestadium des Makromers A, das nach der Abschnürung des dritten Mikromers D beginnt und in der Regel bis nach Ablauf der Teilung von 5 in 5, und 5, dauert, in einzelnen Fällen noch längere Zeit fortbestehen kann, so daß man bisweilen Stadien mit fünf oder, wenn sich inzwischen auch schon D geteilt hat, mit sechs Mikromeren begegnet, in denen A noch ungeteilt ist. Immerhin kann man aber — von dieser Unregelmäßigkeit abgesehen — bis hierher noch von einem typischen Entwicklungsverlauf reden. Dieser würde, wenn man noch hinzunimmt, daß bei den weiteren sogleich zu be- _ sprechenden Teilungen die des Mikromers D in der Regel allen übri- sen vorauseilt (Fig. 13), sich etwa dahin zusammenfassen lassen, daß sich zunächst von dem Makromer A nacheinander drei sukzessive kleiner werdende Mikromeren DB, C und D ab- schnüren, die sich alsdann ihrerseits wieder in der glei- chen Reihenfolge inäqual teilen, während inzwischen A in zwei annähernd gleich große Blastomeren zerfällt. Die weiteren Teilungen verlaufen sodann in einer höchst eigen- tümlichen Weise. Nach Ablauf der im Siebenzellenstadium durch- semachten Ruhezeit beginnen nämlich fast alle Blastomeren sich nahezu gleichzeitig nach verschiedenen Richtungen hin und zwar die einen äqual, die andern inäqual zu teilen; außerdem gehen diese Teilungen nicht etwa in allen Eiern auf die gleiche Weise, sondern vielfach recht verschieden vor sich, so daß es völlig unmöglich wird, in den elf-, zwölf-, dreizehn- oder mehrzelligen Stadien, die man als- dann wieder mit größtenteils ruhenden Kernen antrifft, die Herkunft der einzelnen Blastomeren mit Sicherheit zu ermitteln. Einige Bei- spiele an der Hand der Figuren mögen zum Beweise hierfür dienen. In dem Siebenzellenstadium der Fig. 12 und 13 (Schnitt und zuge- hörige Rekonstruktion) sind in den vier Blastomeren A,, As, D, und D karyokinetische Figuren ausgebildet, ©, zeigt die Anfänge der 230 Ernst Bresslau, Chromosomenbildung und nur C, und BD, besitzen ruhende Kerne!. A, teilt sich imäqual, indem es nach vorn und medianwärts ein kleineres Blastomer abzuschnüren sich anschickt, wie aus der Form der Zelle und der Lage der Spindel hervorgeht. Ebenso ist D im Begriff sich in eine etwas kleinere obere und eine größere untere Zelle zu teilen, während BD, und A, anscheinend äquale Teilungen vorbereiten. Was endlich die Richtung der zukünftigen Teilungen betrifft, so erhellt aus den Figuren besser als aus jeder Beschreibung, daß sie kreuz und quer in allen möglichen Richtungen schief zueinander er- folgen. Es ist klar, daß es bei der Unmöglichkeit einer Beobachtung am lebenden Ei unter diesen Umständen außerordentlich schwierig sein würde, das nach Ablauf aller der hier eingeleiteten Teilungen sich ergebende Zwölfzellenstadium auf das Siebenzellenstadium, aus dem es hervorgegangen ist, zurückzuführen. Immerhin müßte es bei genügender Ausdauer vermittels der Rekonstruktionsmethoden ge- lingen, auch hier zum Ziele zu kommen, — wenn nur die Teilungen selbst in den verschiedenen Eiern stets den gleichen Verlauf nehmen würden. Nun vergleiche man aber mit Fig. 13 das in Fig. 14 dar- gestellte Siebenzellenstadium, dessen Rekonstruktion nach einem augenscheinlich in der gleichen Richtung geschnittenen Ei erhalten wurde. Hier zeigen die Zellen B,, C, und C, noch ruhende Kerne, in B, sind eben erst die Anfänge der Chromosomenbildung erkenn- bar, während sich A, A, und D auf ungefähr der gleichen Höhe des Teilungsprozesses befinden. Wie in Fig. 13, so scheint auch hier A, sich äqual zu teilen, in gleicher Weise schnürt A, nur eine kleine Zelle, hier aber medianwärts und nach oben ab; dagegen bereitet D hier eine in viel höherem Maße inäquale Teilung vor als dort, bei der diesmal umgekehrt die größere Tochterzelle nach oben, die klei- nere nach unten zu liegen kommt. Außerdem finden hier infolge der Teilungen viel größere Verschiebungen der einzelnen Blastomeren zu- einander statt, als in Fig. 13, indem einmal durch die Teilung von A, die Zellen B, und ©, in die Höhe gehoben werden, indem ferner die kleinere Tochterzelle von A, sich hier zwischen D und A, schiebt und endlich durch die kleinere Tochterzelle von D die Makromeren A, und A,, die sich vorher berührten, auseinandergedrängt werden. ! Der Ausdruck »ruhende Kerne« ist hier nicht im absoluten Sinne, son- dern nur im Gegensatz zu den Kernen der übrigen Blastomeren gebraucht. Tatsächlich kommt es ja während der ersten Entwicklungsstadien bei der raschen Aufeinanderfolge der einzelnen Teilungsakte in den Pausen zwischen ihnen fast nie zur Ausbildung ruhender Kerne s. str. | Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 231 Nach Ablauf dieser Teilungen würde man also ein ganz andres Bild erhalten, als es das vorher geschilderte Stadium (Fig. 15) ergeben haben würde. Hieraus erklärt es sich, daß es mir trotz außerordentlich zahl- reicher Rekonstruktionsversuche, die ich im Laufe meiner Unter- suchungen anstellte, nicht gelungen ist, den Gang der auf das Sieben- zellenstadium folgenden Teilungen im einzelnen festzustellen, nicht sowohl deshalb, weil durch die komplizierte Verlaufsrichtung der Teilungen selbst die Spuren der Abstammung der einzelnen Blasto- meren voneinander vollständig verwischt werden, sondern vor allem, weil infolge der‘ Verschiedenheit, mit der die Teilungen in den ein- zelnen Eiern vor sich gehen, niemals ein Schluß von einem Fall auf den andern möglich ist. Um die Aussichtslosigkeit aller Versuche, trotz- dem die Schicksale der einzelnen Blastomeren weiter zu verfolgen, zu demonstrieren, möchte ich noch besonders auf die beiden in den Figg. 15 und 16 dargestellten Zwölfzellenstadien hinweisen, die ich unter meinen zahlreichen Rekonstruktionen deshalb ausgewählt habe, weil die ihnen zugrunde liegenden Eier anscheinend in ähnlicher Richtung geschnitten sind, wie die Stadien der Figg. 13 und 14. Beide Figuren lassen auf den ersten Blick eine Reihe von Beziehungen zu den dort abgebildeten. Siebenzellenstadien erkennen, indem z. B. in Fig. 15 die Zellen 3 und 1 der Zelle D und die Zellen 2 und 7 der Zelle A,, ebenso in Fig. 16 die Zelle 7 der Zelle A, in Fig. 14 usw. zu entsprechen scheinen. Man kann die Identifizierungsversuche noch viel weiter treiben, aber man tappt schließlich völlig im dunkeln und kommt stets an dem einen oder andern Punkte in solche Schwierig- keiten, daß man auf ihre Durchführung verzichten muß. Es erscheint daher zweckmäßig, von vornherein von allen wei- teren Versuchen, die Schicksale der einzelnen Blastomeren bei den nun folgenden Teilungen zu ermitteln, abzustehen und statt dessen die weiteren Entwicklungsvorgänge an ihrer Gesamtheit — als Ganzes (Embryonalanlage) betrachtet — zu verfolgen. Diese Vorgänge scheinen im wesentlichen zunächst nur in einer Vermehrung der Blastomeren zu bestehen, die durch rasche Teilungen derselben her- beigeführt -wird. Die Teilungen folgen zuerst wahrscheinlich noch in gewissen Intervallen aufeinander, was sich daraus vermuten läßt, daß man anfangs nicht selten Eier findet, in denen fast sämtliche Kerne im Ruhezustand sich befinden (Fig. 18, Schnitt durch ein Fünfzehnzellenstadium). Aber auch diese Andeutungen einer Perio- dizität der Teilungsakte hören sehr bald auf, und man findet alsdann Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 16 232 Ernst Bresslau, stets weitaus die Mehrzahl der Kerne in Mitose (Figg. 19, 20). Auch über die Riehtung und Art der Teilungen läßt sich nichts Bestimmtes aussagen, da sie bald äqual erscheinen (Diasterstadium in der Mitte der Fig. 19), bald deutlich inäqual verlaufen (Fig. 23, Zelle x). Ebenso- wenig läßt sich hier von Keimblättern oder von einem irgendwie be- stimmten Formzustand der Embryonalanlage reden. Das Charakteri- stische dieser ersten Entwicklungsvorgänge ist vielmehr nicht die Hervorbringung irgend welcher frühzeitig determinierter Bildungen, sondern im Gegenteil die Schaffung eines Materials zahlreicher und annähernd gleichartiger Blastomeren, aus dem, wie schon hier be- merkt sein mag, die Differenzierung der einzelnen Organe und Ge- webe erst verhältnismäßig spät auf Grund. der gegenseitigen Lage- beziehungen der Blastomeren zueinander vor sich geht. c. Umwandlung der Dotterzellen. Während der im vorstehenden geschilderten Teilungsvorgänge haben sich inzwischen auch an den Dotterzellen weitgehende, höchst eigentümliche Veränderungen vollzogen, die in dieser Art nur hier in den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi zu beobachten sind, sonst aber sich weder bei den Dotterzellen der Wintereier dieser Species, noch bei denen der Sommer- und Wintereier der übrigen von mir untersuchten Arten finden. Es darf dies nicht Wunder nehmen, wenn man bedenkt, daß ja die Unterschiede im Bau der verschiedenen Eiarten vor allem durch die hochgradige Verschiedenheit der Dotterzellen bedingt sind. Wie bereits auseinandergesetzt, sind die 40—50 Dotterzellen im eben gebildeten Sommerei stets so angeordnet, daß sie die Keimzelle auf der einen Seite ihres Umfanges in einfacher, auf der andern Seite in doppelter Schicht umgeben und zwar derart, daß die äußere der eiden Schichten etwa !/, bis 1/, der gesamten Dotterzellenzahl ent- hält (Fig. 3). Anfangs sind sämtliche Dotterzellen von mehr oder minder kubischer Gestalt und besitzen ein verhältnismäßig reich- liches, ziemlich grob granuliertes, von kleinen Vacuolen durchsetztes Plasma (Fig. 2). Diese gleichartige Beschaffenheit der Dotterzellen bleibt jedoch nur kurze Zeit nach der Bildung des Eies bestehen. Sobald nämlich — kurze Zeit nach dem Anfang des. Reifungs- prozesses in der Keimzelle — die ersten Umwandlungen an ihnen sich zu vollziehen beginnen, zeigt es sich, daß diese Veränderungen sich in zwei völlig divergenten Richtungen bewegen und sofort eine Unterscheidung der Dotterzellen in zwei verschiedene Gruppen nötig machen. Da diese Trennung der Dotterzellen in zwei Gruppen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 235 mit ihrer Anordnung in zwei Schichten zusammenfällt und sonst kein Grund vorhanden ist, warum die von denselben Organen annähernd zu derselben Zeit erzeugten, in ihrem Bau einander sich völlig glei- chenden Zellen ein so verschiedenes Verhalten zeigen sollten, so muß angenommen werden, daß, wie schon oben betont wurde (S. 223), eben diese Anordnung den Anlaß dazu bildet. Es scheint also der Umstand, ob die Dotterzellen mit der Keimzelle in direkter Berührung stehen oder nicht, für ihr späteres Verhalten von ausschlaggebender Bedeutung zu sein. Betrachtet man zunächst diejenigen Dotterzellen, die in inniger Berührung mit der Keimzelle diese in ihrem ganzen Umfange in einfacher Schicht umgeben und daher alle in gleicher Weise ihrer Beeinflussung direkt zugänglich sind, so erkennt man bei einem Ver- gleich der Figg. 17 bis 20 auf den ersten Blick, daß die an ihnen sich vollziehenden Veränderungen wesentlich in einer gewaltigen Ver- mehrung des ihnen ursprünglich (Fig. 2) beigegebenen Vacuolen- inhaltes bestehen. Anfangs vermehrt sich in diesen Dotterzellen, für die daher der Name Vacuolenzellen in Anwendung gebracht wer- den soll, wesentlich die Zahl der Vacuolen (Fig. 17 v), während eleichzeitig die Zellgrenzen verschwinden, dann aber nehmen die Vacuolen selbst mehr und mehr an Größe zu (Fig. 18 v), wobei das ursprünglich kompakte Plasma der Zellen zu zahlreichen, immer dünner werdenden Lamellen ausgezogen wird, die die einzelnen Va- cuolen wabenartig voneinander trennen. Nur in der Umgebung der Kerne, deren anfängliche Gestalt sich dabei zunächst nicht verändert, bleibt jeweils eine größere Plasmaansammlung erhalten. Im Laufe der weiteren Entwicklung wachsen dann die Vacuolen zu immer srößeren Dimensionen an (Fig. 191), bis sie schließlich so stark an- schwellen, daß die Mehrzahl der sie voneinander trennenden, über- mäßig gedehnten Plasmalamellen dem Drucke nicht mehr stand- halten, sondern platzen und dadurch veranlassen, daß jeweils mehrere kleinere Vacuolen zu einer einzigen mächtigen Blase zusammen- fließen. Den Anfang zu diesem Verhalten zeigt Fig. 19, wo eine (v,), weitere Fortschritte sodann Fig. 20, wo bereits mehrere derartige große Vaecuolen, die der Schnitt teils vollständig (v), teils im Anschnitt (v,) getroffen hat, ausgebildet sind. Das Bild, das die Vacuolenzellen- masse darbietet, ändert sich auf diese Weise vollständig. Während sie vorher ein wabenartiges, feinmaschiges Syncytium vorstellte, in ! Man beachte die verschiedene Vergrößerung der Figuren! 16* 254 Ernst Bresslau, das Kerne eingestreut lagen, ohne daß man die Zellen erkennen konnte, zu denen sie gehört hatten, treten jetzt beim Zusammenfließen der kleinen Vaceuolen zu großen Blasen .(Fig. 20 bis 28 v) an diese wieder Kerne heran, so daß man scheinbar wieder einzelne, je eine große Vacuole enthaltende Zellen vor sich hat. Indessen scheint es mir fraglich, ob dabei immer gerade die ursprünglich zu ein und der- selben Vacuolenzelle gehörigen Vacuolen sich vereinigt haben, so dab dadurch eine Regeneration der alten Vacuolenzellen aus dem Syncy- tium bewirkt worden wäre. Ich halte es vielmehr für wahrscheinlicher, daß bei diesem Zusammenfließen der Vacuolen lediglich mechanische Wirkungen maßgebend sind und daß es daher nur ein Zufall sein kann, wenn wirklich einmal eine der großen Blasen genau einer der ursprüng- lichen Vacuolenzellen entspricht. Die protoplasmatischen Wände der sroßen Blasen, für die ich jedoch der Einfachheit halber trotzdem den Namen Vacuolenzellen beibehalten möchte, sind meist ganz außerordent- lich dünn, ausgenommen sind nur die Stellen, wo die Kerne liegen und wo meist noch einige kleine Vacuolen erhalten bleiben (Fig. 20 v). Auch die Kerne erfahren dabei eine wesentliche Veränderung: wäh- rend sie vorher ungefähr Kugelgestalt hatten (Figg. 17, 18 v), werden sie jetzt durch den Druck der Vacuolen zu Scheiben abgeplattet, die außerdem der Krümmung der Blasenwand entsprechend leicht gewölbt sind. Ich verweise hierfür auf Fig. 20» und Fig. 21, wo «a einen oberflächlichen Schnitt durch die Vacuolenzellenmasse eines etwas älte- ren Stadiums wie Fig. 20, und 5 den auf dem vorhergehenden Schnitt getroffenen Kern der Vacuolenzelle v, (s. Fig. 21a) darstellt. Ein ganz anderes Verhalten als die Vacuolenzellen zeigen da- segen diejenigen Dotterzellen, die an der einen Seite des Eiumfanges die äußere der beiden Dotterzellenlagen bilden, mithin nieht in di- rekter Berührung mit der Keimzelle stehen. Demzufolge unterliegen sie auch nicht dem Vaecuolisierungsprozeß, der die Vacuolenzellen kennzeichnet, sondern werden im Gegenteil unter allmählichem Schwin- den ihrer eignen Vacuolen durch den aus dem allmählichen An- schwellen der Vacuolenzellen resultierenden Druck abgeplattet, so daß sie unter Verlust ihrer gegenseitigen Grenzen zu einer gegen diese mit einer feinen Grenzlinie sich absetzenden, epithelartigen Schicht sich zusammenschließen, wie die Figsg. 17 und 18 (A) zeigen. Die letztgenannte Figur (15) läßt gleichzeitig, da der Schnitt die äußere Dotterzellenkappe — ähnlich wie in Fig. 3 — senkrecht getroffen hat, die Neigung dieser epithelartigen Schicht (R) erkennen, sich unter zunehmender Abplattung mehr und mehr über den ganzen Umfang Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 235 des Eies auszubreiten. Indem dies geschieht — wobei gleichzeitig auch die anfangs noch rundlichen und nach innen buckelartig sich vorwölbenden Kerne (Fig. 18) allmählich mehr und mehr abgeplattet werden —, entsteht schließlich eine vollkommen zusammenhängende, einheitliche Membran (Figg. 19 bis 25 .%)), die, der Innenseite der Eihaut (s) dicht anliegend, das ganze Ei umgibt und daher mit dem Namen Hüllmembran bezeichnet werden soll. Die soeben geschilderten Verhältnisse sind auch an den lebenden Sommereiern ziemlich gut erkennbar, so daß man an ihnen die aus den Schnitten gewonnenen Resultate hinreichend kontrollieren kann. Auch ScHNEIDER (1875), der als einziger bisher sich mit den Sommer- eiern von Mesostomum ehrenbergi näher beschäftigt hat, hebt hervor, daß »die Durchsichtigkeit der Sommereier erlaubt, die Veränderungen der (Dotter-)Zelien während dieser Zeit zu verfolgen. Anfangs um- seben sie das Eichen wie ein dickes Epithel. Bald aber nehmen sie Flüssigkeit auf und bilden große Vacuolen, welche aber nur nach der Mitte zu liegen. Nach außen unter der Eihaut bildet die Substanz der Zellen eine ununterbrochene Schicht.« Wie aus diesen Sätzen hervorgeht, hat also bereits SCHNEIDER einiges von den zur Differenzierung der Dotterzellen in Hüllmembran und Vacuolenzellen führenden Vorgängen beobachtet. In den Stadien der Figg. 19 und 20 sind ferner schon die An- fänge weiterer Entwicklungsvorgänge erkennbar, die nochmals das Aussehen der Sommereier gänzlich verändern. Man sieht, daß die Umwandlung der wabenartigen Vacuolenzellen in den Blasenzustand nicht gleichmäßig im ganzen Umfang der Embryonalanlage erfolgt, sondern nur an einer Seite, die ich in den Figuren nach oben ge- stellt habe. Auf der andern Seite dagegen nähern sich die Blasto- meren der Embryonalanlage — wohl infolge eines durch raschere Teilungen bedingten einseitigen Wachstums — mehr und mehr der Hüllmembran und verdrängen dabei die ursprünglich zwischen dieser und ihnen gelegenen Vacuolenzellen, indem sie sie seitlich in die Höhe schieben. Ob ihnen dabei nicht auch einzelne dieser Vacuolen- zellen (Figg. 19, 20 »,) zum Opfer fallen, mag dahingestellt bleiben; für die Mehrzahl derselben kann das jedoch mit Bestimmtheit in Abrede gestellt werden, da man die Vacuolenzellen später, wenn sie vollständig aus der unteren Eihälfte verdrängt sind (Fig. 23, 25), nicht mehr wie ursprünglich in einfacher, sondern in zwei oder drei Schichten über der Embryonalanlage liegend antriift. Bei einem Vergleich der Figsg. 23 und 25 mit den vorausgegangenen Stadien (Figg. 19, 20) 236 Ernst Bresslau, wird unmittelbar klar, wie außerordentlich stark das gesamte Bild der Sommereier durch diese auf verhältnismäßig einfachen Wachstums- verhältnissen beruhenden Umlagerungen verändert wird. Embryonal- anlage und Vacuolenzellenmasse sind nach Ablauf derselben voll- kommen voneinander geschieden, erstere nimmt der Hüllmembran dicht anliegend die untere, kleinere (Fig. 25) Eihemisphäre ein, letztere erfüllt mit ihren großen Vacuolenzellen den ganzen übrigen Raum des Eies (Vacuolenzellenhemisphäre). Diese Bilder sind es, die wohl den meisten Untersuchern, die jemals Exemplare von Mesostomum ehrenbergi mit Sommereieın unter dem Mikroskop beobachtet haben, bekannt sind, da die großen durchsichtigen Blasen der Vaeuolenzellen diesen ein ebenso auffallendes wie charakteristisches Aussehen verleihen. Wie die neben den Figuren regelmäßig angegebenen Vergröße- rungszahlen beweisen, sind die im vorstehenden geschilderten Vor- sänge von einer ganz außerordentlichen Größenzunahme der ganzen Eier begleitet. Ist doch der Durchmesser des Eies von 0,06—0,08 mm zur Zeit seiner Bildung im Stadium der Figg. 19 und 20 bereits auf 0,1—0,15 mm und in dem der Figg. 23—25 auf mehr als 0,2 mm angewachsen. Es kann, wie sich aus den Figuren ohne weiteres ergibt, keinem Zweifel unterliegen, daß diese Größenzunahme in erster Linie auf Rechnung der Vacuolenzellen zu setzen ist, die, wie ja schon SCHNEIDER (vgl. S. 255) hervorgehoben hat, durch Aufnahme von Flüssigkeit in ihre Vacuolen mehr und mehr sich vergrößert haben. Mit dem Stadium der Figg. 23—25 ist aber dies Anwachsen der Vacuolenzellen noch keineswegs beendet; vielmehr bewirkt es, daß der Durchmesser der Sommereier in den Stadien der Figg. 27—37 weiter auf 0,25 —0,5 mm steigt und erst mit ungefähr 0,4 mm (Fig. 38), also mit etwa dem Sechsfachen seiner ursprünglichen Länge schließlich sein Maximum erreicht. Im ganzen wird somit dadurch das Volumen des Eies um mindestens das 200fache vergrößert! Gleichzeitig führt dies kolossale Anschwellen der Vacuolenzellen eine gewaltige Ausdehnung der das Ei umgebenden Hüllen herbei. Die Eihaut wird schon sehr bald ganz außerordentlich dünn, weshalb ich sie in den auf Fig. 18 folgenden Figuren nicht mehr mitgezeichnet habe; in gleicher Weise wird auch die Hüllmembran überaus stark gedehnt, so daß ihr Vorhandensein schließlich nur noch aus ihren Kernen, die mehr und mehr abgeplattet werden (Figg. 20, 23, 30, 39, 37 h), zu diagnostizieren ist. Aber auch die Vacuolenzellen selbst werden durch die Vergrößerung ihres Vacuoleninhaltes allmählich Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 237 verändert. Anfangs sind sie, wie Fig. 22, ein Querschnitt durch eine Vacuolenzellenhemisphäre, und ebenso auch die nach dem Leben gezeichneten Figg. 24—27 zeigen, noch ungefähr kuglig; bei weiterem Anwachsen der in ihnen enthaltenen Vacuolen werden sie jedoch mehr und mehr gegeneinander abgeplattet (Figg. 28, 29), so daß sie schließlich eine fast polyedrische Gestalt erhalten, die auf den Schnitten (Figg. 23, 36) noch schärfer ausgeprägt erscheint, als am lebenden Ei selbst zu beobachten ist. Gleichzeitig werden ihre Wände dabei außerordentlich verdünnt und zerreißen daher beim Schneiden außer- ordentlich leieht, weshalb man besonders in den älteren Stadien auf den Schnitten vielfach nur geringe Reste (Figg. 31, 33, 35, 37 v) von ihnen antrifft. Durch den von den Vacuolen ausgeübten Druck werden ferner ihre Kerne, die ursprünglich keinerlei bestimmte Lage besitzen (Figg. 20, 22, 24—27), mehr und mehr nach den Ecken zu verdrängt (Figg. 25, 36), an denen die Vacuolenzellen zusammenstoßen, und hier unter Verlust ihrer Scheibengestalt zu kleinen rundlichen Körpern zusammengepreßt, die schließlich degenerieren, indem sie ihre Struktur verlieren und dadurch zu intensiv sich färbenden und stark lichtbrechenden, vollkommen homogenen Kugeln werden (Figg. 55—37v). Als Abnormität muß noch erwähnt werden, daß in seltenen Fällen die Vacuolisierung einzelner Dotterzellen unterbleiben kann. Diese Zellen, die man mitunter noch in relativ späten Stadien (Fig. 23 v,) findet, zeigen alsdann sowohl nach der Beschaffenheit ihres Plasmas wie ihres Kerns vollkommen das ursprüngliche Aussehen der Dotterzellen, nur in vergrößertem Maßstabe. 3. Entwicklungsvorgänge bis zur Bildung des Embryos. Die bisher geschilderten Entwicklungsvorgänge haben gezeigt, daß durch den Teilungsprozeß die Keimzelle in einen Haufen zahl- reicher Blastomeren (Embryonalanlage) zerlest wird, an dem weder die Differenzierung von Keimblättern noch sonst irgendwie determinierter Bildungen zu erkennen ist. Anfangs ist diese Em- bryonalanlage inmitten des Eies rings von Vacuolenzellen umgeben gelegen (Figg. 18, 19). Da aber ihre Zellen infolge rascherer Teilungen an der einen Seite des Eies die zwischen ihnen und der Hüllmembran gelegenen Vacuolenzellen nach und nach verdrängen, während gleich- zeitig auf der andern Seite die Vacuolenzellen durch Vermehrung ihres Flüssigkeitsgehaltes außerordentlich anschwellen (Fig. 20), erhält sie allmählich eine mehr und mehr exzentrische Lage, bis sie schließ- lich an der einen Seite des Eies der Hüllmembran direkt anliegt 238 Ernst Bresslau, (Figg. 23, 25). Das Ei ist alsdann in einer äußerst charakteristischen Weise polar differenziert: die eine — kleinere (Fig. 25) — Hälfte des Eies, die mit Rücksicht auf die weitere Entwicklung schon jetzt als die ventrale bezeichnet werden kann, wird ausschließlich von der Embryonalanlage eingenommen, die andre dorsale Hemisphäre wird vollständig von den Vacuolenzellen ausgefüllt (Vacuolenzellen- hemisphäre). Ob diese polare Differenzierung mit der schon früher geschilderten Polarität des Eies unmittelbar nach seiner Bildung, wie sie durch die anfängliche Anordnung der Dotterzellen bedingt wurde (Fig. 3, vgl. S. 223), oder mit der Polarität der Keimzelle, wie sie in den ersten inäqualen Teilungen derselben zum Ausdruck kam (vgl. Fig. 17), zusammenhängt, muß ich dahingestellt sein lassen. Es ist mir nicht gelungen, die eine auf die andre zurückzuführen. Wenn dies Stadium erreicht ist, die Embryonalanlage also an der einen Seite ihres Umfangs mit der Hüllmembran in direkter Berührung steht, stellen die meisten Zellen ihre raschen Teilungen ein, so daß auf den Schnitten wiederum die ruhenden Kerne vor- herrschen (Fig. 25). Die Mehrzahl der Blastomeren scheint nach der Größe ihrer Kerne zu urteilen, von annähernd gleicher Größe zu sein. Nur dorsalwärts, an der den Vacuolenzellen zugekehrten Seite der Embryonalanlage finden sich in der Regel noch größere Zellen in beträchtlicherer Anzahl (Figg. 25, 30), was jedoch nicht Wunder nehmen kann, da, wie schon hervorgehoben, die ventralen Blastomeren sich rascher geteilt haben. Gleichzeitig verschwinden die Grenzen der einzelnen Blastomeren, die bis dahin gut erkennbar waren, so gut wie vollständig und rufen dadurch den Eindruck hervor, als ob die Embryonalanlage in einen syneytialen Zustand übergegangen wäre. Tatsächlich aber stellt dieses Fehlen der Zellgrenzen, das mich längere Zeit, — so lange ich mich nur auf die an meinen Schnitten gemachten Befunde stützte —, irregeführt hat, nur eine Folge der Konservierung dar, die das zwischen den diehtgedrängten, großen und intensiv ge- färbten Kernen liegende, spärliche Plasma der Blastomeren ineinander fließen läßt. Dagegen läßt sich durch Beobachtung lebender Eier mit Sicherheit feststellen, daß alle Blastomeren während der ganzen Entwicklung deutlich gesondert bleiben. Nachdem dergestalt der eigentliche Teilungsprozeß sein Ende gefunden hat, vollziehen sich an der Embryonalanlage durch scheinbar äußerst geringfügige Veränderungen sehr wichtige Sonderungen, die 1) die Herstellung der bilateralen Symmetrie, 2) die erste Anlage der künftigen Organe und 3) durch Differenzierung = Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 239 der Epidermis die Ausbildung des Embryos (im Gegensatz zur Embryonalanlage) herbeiführen. a. Herstellung der bilateralen Symmetrie. Die bilaterale Symmetrie der Embryonalanlage wird dadurch her- beigeführt, daß sich ihre Blastomeren, nachdem ihre regen Teilungen aufgehört haben, in einer ganz bestimmten Weise anordnen, derart nämlich, daß der ganze Zellenhaufen in zwei annähernd symmetrische Hälften zerfällt. Die Ebene, in der diese Sonderung erfolgt, verläuft durch die Dorsoventralachse des Eies und bildet die Medianebene des künftigen Embryos. Betrachtet man ein lebendes Ei dieses Stadiums von der Dorsalseite her (Fig. 24), so erkennt man durch die durch- scheinende Vacuolenzellenhemisphäre hindurch die vollzogene Sonde- rung daran, daß die Embryonalanlage (e) scheinbar durch einen in der Richtung der Medianebene verlaufenden, feinen Längsspalt in eine rechte und eine linke Hälfte zerlegt wird. An beiden Enden der durch den scheinbaren Spalt gekennzeichneten Längsachse ist die Embryonalanlage leicht eingeschnitten; außerdem läuft sie nach dem einen Ende derselben — das, wie sich zeigen wird, das künftige Vorderende darstellt (in der Fig. links) — etwas stumpfer zu als nach dem andern, wie auch aus der in Fig. 25 gezeichneten Seiten- ansicht eines ähnlichen Stadiums zu erkennen ist. Nimmt man Querschnittsbilder zu Hilfe (Fig. 23)1, so erkennt man, daß die in der Totalansicht so deutlich erscheinende symmetrische Sonderung der Embryonalanlage nicht durch ein vollständiges Aus- einanderweichen in zwei Teile, sondern vielmehr nur durch eine überaus gleichmäßige Anordnung der Kerne ihrer Zellen zu beiden Seiten der Medianebene bewirkt wird. Ein wirklicher Längsspalt ist dagegen so wenig vorhanden, daß man aus Schnitten, die nicht genau senkrecht zur Sagittalebene gefallen sind — in denen daher diese symmetrische Anordnung der Kerne nicht zum Ausdruck kommt — überhaupt nichts von der bilateralen Sonderung der Embryonal- anlage wahrnehmen kann, was nicht der Fall sein könnte, wenn zwischen den beiden Hälften eine regelrechte Trennung zustande käme. Gleichzeitig erklärt sich hierdurch, daß ich früher (vgl. meine 1 Der in dieser Figur dargestellte, mit Rücksicht auf das bereits beschrie- bene Verhalten der unvacuolisiert gebliebenen Dotterzelle v, ausgewählte Quer- Schnitt ist zwar senkrecht zur Sagittalebene, aber etwas schief zur Dorsoventralachse des Eies (vgl. die Pfeile in Fig. 25) ausgefallen, so daß er das Größenverhältnis zwischen Embryonalanlage und Vacuolenzellenhemisphäre nicht richtig darstellt. 240 Ernst Bresslau, vorläufige Mitteilung, 1899) mangels wirklich exakter Querschnitte übersehen habe, daß diese frühzeitige Ausbildung der bilateralen Symmetrie der ersten Organanlage vorausgeht und nicht, wie ich damals schrieb, erst durch sie veranlaßt wird, b. Bildung der ersten Organanlagen. Die ersten Anfänge der die Organbildung einleitenden Vorgänge, die dem die Bilateralität der Embryonalanlage herbeiführenden Sonderungsprozeß außerordentlich ähnlich sind, sind wiederum am ganzen Ei bei Betrachtung von der Dorsalseite her ziemlich gut zu erkennen (Fig. 26). Innerhalb der Embryonalanlage (e) sondert sich nämlich eine größere Zellenmasse von ihrer Umgebung ab und bildet einen annähernd kugligen Haufen (9%), der ungefähr in der Mitte gelegen, aber etwas mehr dem stärker eingekerbten Hinterende der Embryonalanlage genähert ist. Infolgedessen ist der nur wenig ein- sebuchtete, vor der zentralen Zellenanhäufung gelegene Abschnitt der Embryonalanlage schon an und für sich mächtiger als der hinter ihr gelegene; gleichzeitig aber findet in ihm — was allerdings in der Totalansicht nicht deutlich hervortritt — außerdem noch eine An- sammlung von Zellen statt, die entsprechend der bilateral-symme- trischen Anordnung der Zellen zu beiden Seiten der Medianebene paarig ist und daher die Bildung zweier symmetrischer Zellenan- häufungen zur Folge hat, die vor der zentralen Zellenansammlung (ph) zu beiden Seiten der Medianebene gelegen sind (Fig. 26g%, gh). Viel klarer werden die geschilderten Verhältnisse an der Hand von Schnitten, besonders wenn man dazu ein wenig ältere Stadien wählt, in denen die eben beschriebenen Sonderungen schon voll- ständig beendet sind. Dabei ist es mit Rücksicht auf die gegen- seitigen Lagebeziehungen dieser Sonderungen vorteilhaft, sich nicht nur ausschließlich exakter Sagittal- oder Frontalschnitte zu bedienen, — die zu zwei Hauptebenen des Embryos senkrecht stehlen — son- dern vor allem auch solcher, die nur eine dieser Hauptebenen senk- recht treffen, zu der zweiten aber um ein geringes geneigt sind, wie dies z. B. in den Fig. 30 und 31 der Fall ist. Die erstgenannte Figur stellt einen etwas schief zur Längsachse der Embryonalanlage geführten Sagittalschnitt dar, dessen Richtung durch die in Fig. 26 mit den Ziffern 30 bezeichneten Pfeile angedeutet ist. Fig. 31 gibt einen schiefen Frontalschnitt durch eine Embryonalanlage desselben Alters wieder; seine Schnittriehtung wird von den mit den Ziffern 31 bezeichneten Pfeilen in Fig. 30 angegeben. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 241 Dem Verlauf des Schnittes entsprechend findet man in Fig. 30 zuerst die rechte der in Fig. 26 mit 9% bezeichneten paarigen Zellen- anhäufungen (Fig. 30 9%) und dahinter die zentrale kuglige Zellen- masse (ph) getroffen. Fig. 31 dagegen zeigt die paarigen Verdickungen beide (g%, gk) getroffen und zwischen ihren nach hinten und unten sich fortsetzenden Ausläufern (le) eingeschlossen den Anschnitt der zentralen Anhäufung (p%). Innerhalb der mit 9% bezeichneten paarigen Verdiekungen erkennt man in beiden Figuren eine feingranulierte helle Masse, deren Ausbildung in den am meisten zentral gelegenen Zellen beginnt und sich von hier konzentrisch ausbreitet, wobei die Kerne der Zellen anscheinend zugrunde gehen, eine Zeitlang aber noch, besonders in den peripheren Partien, ganz schwach gefärbt sichtbar bleiben (Fig. 31). Aus dem Vorhandensein dieser fein- granulierten Massen, die in ihrer ganzen Erscheinung der für das Zentralnervensystem zahlreicher niederer Tiere charakteristischen sog. Levovisschen Punktsubstanz entsprechen, ergibt sich unmittelbar, daß die beiden vorderen Zellenanhäufungen als die paarige Anlage des Gehirns aufzufassen sind. Die Richtigkeit dieser Deutung zeigt sich bald darauf, indem in den folgenden Stadien die beiden Punkt- substanzen bei weiterer Ausbreitung ineinanderfließen und beide Ganglien dadurch zu einer einheitlichen Bildung verschmelzen, die sich auf das deutlichste als das Hirn des späteren Embryos kenn- zeichnet (Fig. 35 gh). Nicht so einfach ergibt sich die Deutung der zentralen kugligen Zellenanhäufung, die in Fig. 26 mit ph bezeichnet ist. Betrachtet man ihr Schicksal in den folgenden Stadien, so findet man, daß sich zunächst an ihrem hinteren Ende ein schmaler, sichelförmig gebogener Streifen absondert (Figg. 27, 29 gr), der eine Anzahl größerer durch ihre in mitotischer Teilung begriffenen Kerne ausgezeichneten Zellen enthält (Fig. 30 gr). Seine Bedeutung wird erst bei einem Vergleich mit noch älteren Stadien (Figg. 33, 37, 58 gn) klar, indem er sich hier als die Anlage des Geschlechtsapparates darstellt, während die übrige kuglige Masse p%h sich als die Anlage der künftigen Schlund- muskulatur erweist. Schlundmuskulatur- und Genitalanlage werden also zuerst durch einen gemeinsamen Sonderungsvorgang als einheitliche Anlage aus der übrigen Masse der Embryonal- anlage herausdifferenziert (Fig. 26 pl) und dann erst in getrennte Anlagen für jeden der beiden Organkomplexe gesondert (Figg. 27, 29, SO ph und gn). 242 Ernst Bresslau, c. Differenzierung der Epidermis. Am auffälligsten erscheint bei den bisher geschilderten Entwick- lungsvorgängen wiederum — wie bei dem TeilungsprozeßB — wohl das gänzliche Fehlen auch der geringsten Andeutung einer Keim- blätterbildung. Mit der Unterdrückung dieser Primitivorgane mag es daher wohl auch zusammenhängen, daß bisher noch keinerlei Spuren einer Anlage der Epidermis und des Darmes zu erkennen waren, also jener Organe, die bei den Embryonen andrer Tiere nach der Bildung der Keimblätter gerade zuerst in Erscheinung zu treten pflegen. Erst jetzt, in diesem verhältnismäßig späten Stadium der Entwicklung, beginnt die Anlage der äußeren Hautbedeckung, während die Bildung des Darmes noch viel längere Zeit auf sich warten läßt. Die Bildung der Epidermis erfolgt auf Kosten der am meisten peripher gelegenen Zellen der Embryonalanlage, indem diese sich allmählich von den übrigen Zellen etwas absondern und zu einer epithelialen Schicht anordnen und zusammenschließen. Die ersten Ansätze zu einer derartigen Anordnung der peripheren Zellen können vielleicht schon in Stadien wie Fig. 23 erblickt werden, einen deut- lichen Anfang der Epithelbildung erkennt man jedoch erst in dem Stadium der Figg. S0 und 31{ep). Dabei ist vor allem als bemerkens- wert hervorzuheben, daß die das Epithel bildende Schicht mit der Hirnanlage in engstem Zusammenhang steht, was besonders aus dem Schnitt der Fig. 30 zu erkennen ist. Hier haben sich an der Vorderseite der Embryonalanlage nach oben hin bereits zwei deutliche Epithel- zellen (ep) differenziert, während die zunächst ventralwärts davon gelegenen Zellen noch keilförmig zwischen die Zellen des Hirn- ganglions hineinragen, so daß schwer zu entscheiden ist, ob man sie noch zu diesem oder schon zum Epithel zu rechnen hat. Man findet ferner stets die erste deutliche Epithelbildung in der Gegend der Hirnganglien, so daß von hier aus der Anstoß zu seiner Differen- zierung auszugehen scheint. Demgemäß würde sich der paarigen Hirnanlage entsprechend auch das Epithel paarig anlegen müssen, was allerdings bei der Schnelligkeit, mit der sich die Epithelbildung vollzieht, hier nur schwierig festzustellen ist. Immerhin sprechen eine Reihe von Beobachtungen dafür, wie z. B. der in Fig. 27 ab- gebildete Fall, wo die paarige Anlage des Epithels (ep) über den beiden Hirnganglien (9%) sich dadurch zu erkennen gibt, daß der Kern einer Hüllmembranzelle (%) sich zwischen beiden Epithelanlagen stark ins Innere vorbuchtet und gleichzeitig die einander zugekehrten Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 243 beiden freien Epithelenden, die nicht miteinander in Verbindung stehen, dadurch nach innen drängt. Ich habe des öftern Hüll- membranzellenkerne in dieser charakteristischen Lage gefunden und neige mit Rücksicht auf die weiter unten zu beschreibenden Befunde bei den andeın Mesostomeen, bei denen die paarige Anlage des Epithels vollkommen klar und deutlich in Erscheinung tritt, dazu, ihr eine gewisse typische Bedeutung zuzusprechen. Wie schon bemerkt, geht die Sonderung des Epithels bei Meso- stomum ehrenberge äußerst rasch vor sich, so daß sehr bald eine einheitliche Epithelschicht vorhanden ist, die die ganze Ventralfläche der Embryonalanlage überkleidet (Fig. 33 ep). Diese hat dann, um mich eines schon in meiner vorläufigen Mitteilung (1899) angewandten Vergleiches zu bedienen, die Gestalt einer Schüssel, was besonders sut bei Betrachtung eines ganzen Eies von der Seite her zu erkennen ist (Fig. 28). Näher wird dies noch durch die plastisch gehaltene schematische Zeiehnung in Fig. 28@ erläutert, die die ventrale Partie eines solchen Eies darstellt, von dem der größere obere Teil durch einen etwas schrägen Frontalschnitt (in der Höhe der in Fig. 28 eingezeichneten Pfeile) abgetragen worden ist. Die periphere Wand der Schüssel, die wesentlich durch die ventrale Epithelschieht und ein bis zwei Lagen noch undifferenzierter Zellen der Embryonalanlage (vgl. den Sagittalschnitt in Fig. 33) gebildet wird, ist nach vorn zu erheblich verdickt durch die beiden bereits miteinander verschmolzenen Hirn- sanglien (9). In der übriggebliebenen Höhlung steckt als kugliger Pfropf die Anlage des Schlundes (p%) und dahinter der sichelförmig sehogene Streifen der Genitalanlage (gr). Der Rest des freien Raumes enthält noch einzelne locker gelagerte, undifferenzierte Zellen, und über dem Ganzen ruht, um wieder zur Betrachtung der Totalansicht (Fig. 28) zurückzukehren, der Komplex der Vacuolenzellen (v), mit der Embryonalanlage durch die Hüllmembran » und die (in der Figur nicht gezeichnete) Eihaut zusammengehalten. Die Zellen des Epithels haben in diesem Stadium eine noch als kubisch zu bezeichnende Gestalt, da ihr Breitendurchmesser (etwa 0,015-- 0,017 mm) kaum das Doppelte des Höhendurchmessers (etwa 0,008 0,009 mm) beträgt. Ihre Plasmaleiber sind — im Gegensatz zu denen der übrigen Zellen der Embryonalanlage — stets sehr deutlich zu erkennen und erscheinen auf Flächenschnitten als höchst zierlich und regelmäßig angeordnete Fünf- oder Sechsecke, in deren Mitte sich die großen rundlichen, nur selten stumpf gelappten und infolge ihres reich- lichen, ziemlich grobkörnigen Chromatingehalts sich stark tingierenden 244 Ernst Bresslau, Kerne befinden. Aus Schnitten erkennt man bei stärkerer Ver- größerung (Fig. 34 ep), daß die Zellen mit ihrer nach außen gerich- teten Oberfläche sich buckelartig gegen die zu einem äußerst zarten Häutehen ausgedehnte Hüllmembran (R) vorwölben und deren Kerne dabei eigentümlich eindrücken, so daß diese mit kleinen Zacken zwischen die Vorwölbungen der Epithelzellen eingreifen. | Die dergestalt gebildete Epithelschicht enthält aber, obwohl sie zunächst die Embryonalanlage dorsalwärts nirgends überschreitet (vgl. Figg. 28, 33 und 34), bereits das Material für die gesammte Haut- bedeckung des künftigen jungen Tieres. Trotz genauen Zusehens habe ich niemals einen Nachschub von andern Zellen wahrnehmen können, die sich etwa an die bereits gebildeten Epithelzellen ange- lagert hätten, um an der dorsalen Überkleidung des Embryos teilzu- nehmen. Auch Teilungen der einmal differenzierten Epithelzellen habe ich in keiner Weise zu Gesicht bekommen. Vielmehr wird die Bildung der dorsalen Hautschicht des Embryos ausschließlich von der bereits gebildeten Epithelschicht besorgt, indem deren Zellen sich mehr und mehr abplatten und auf diese Weise eine immer größere Oberfläche bedecken. Es ergibt sich dies aus den Bildern der fol- genden Stadien (Figg. 36, 37ep) auf das deutlichste, insbesondere er- sieht man aus Fig. 36, wie sich das Epithel infolge der Abplattung seiner Zellen allmählich der Hüllmembran folgend mehr und mehr nach der Dorsalseite des Eies hinaufgeschoben hat. Auf die Weise wird schließlich eine zusammenhängende Hautschicht gebildet (Fig. 37), die sich bald darauf mit Wimpern bedeckt (Fig. 38). Außerordentlich merkwürdig und auffällig ist bei diesen Vor- gsängen der Umstand, daß nicht nur die Embryonalanlage, sondern gleichzeitig auch die Vacuolenzellen dorsal von der Epidermis um- wachsen werden Es haben also an dem Aufbau des Embryos, von dem erst jetzt, nach vollendeter Bildung der Haut, die Rede sein kann, nicht nur die Embryonalanlage, sondern auch die Vacuolenzellen, die doch als Produkte des Dotter- stocks eigentlich für den Embryo fremde Elemente darstel- len — fürs erste wenigstens — Anteil. Dies Verhalten steht inso- fern einzig da, als in allen übrigen Fällen im Tierreich, wo der Eizelle Dotterzellen beigegeben sind, diese entweder außerhalb des Embryos liegend von diesem allmählich resorbiert werden (Trematoden, Cestoden), oder aber, wenn sie schon ins Innere des Embryos ge- langen sollen, wie Nahrungsbissen durch einen Schluckakt des Embryo- nalpharynx hineinbefördert werden (Trieladen). Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Turbellarien. I. 245 4. Entwicklung des Embryos zum jungen Wurm. a. Ausbildung der einzelnen Organe. Die weiteren Entwicklungsvorgänge, die sich in Embryo ab- spielen und zum Teil schon während der Bildung der Epidermis ihren Anfang genommen haben, betreffen die Ausbildung der einzelnen Or- _ gane und zwar zunächst derjenigen, deren erste Anlagen bereits im vorigen Abschnitt beschrieben worden sind. Hirn, Nervensystem und Augen. Wie bereits berichtet, wird das Hirn sehr bald nach der Sonderung seiner paarigen An- lage (Fig. 31 9%), durch Verschmelzung der beiden Ganglien zu einer einheitlichen Bildung. Nach der Vereinigung weist nur noch eine mediane Einschnürung, die als rinnenartige Furche sowohl auf der dorsalen (Fig. 29 gh), wie auf der ventralen Seite erhalten bleibt und auch beim erwachsenen Tier deutlich zu erkennen ist, auf seine paarige Entstehung hin, die ja auf Grund vergleichend anatomischer Untersuchungen schon seit langem angenommen wurde. Wenn aller- dings v. GRAFF in seiner Monographie (1882, S. 110) die Längsnerven als das Primäre hinstellt, »aus deren Anschwellung und Verschmel- zung das Gehirn hervorgeht,« so kann ich mich dieser Ansicht, mag sie auch phylogenetisch nicht unbegründet sein, hier für den spezi- ellen Fall nicht anschließen. Zwar zeigt sich die Anlage der beiden Längsnervenstämme schon sehr frühzeitig, noch vor der Verschmel- zung der beiden Hirnganglien, in Gestalt zweier von diesen nach hinten und ventralwärts sich erstreckender Zellenstränge (Fig. 31 !n), aber dieselben erscheinen doch eher als Ausläufer der Ganglien, aus denen sie, nach der Anordnung ihrer Kerne zu schließen, scheinbar hervorsprossen. Außerdem kommt die Fasermasse, wie die Punkt- substanz beweist, zuerst in den beiden Hirnganglien zur Ausbildung, während die Längsnervenanlagen zunächst noch rein zellig bleiben. Ihre Umwandlung zu echten Nerven durch Differenzierung von Fibrillen innerhalb ihrer Zellen erfolgt vielmehr erst nach der Bildung des ein- heitlichen Gehirns (Fig. 35, 37, 39 1»); gleichzeitig wird schon in diesen Stadien die zuerst von SCHNEIDER (1873) beschriebene Kommissur der beiden Längsnervenstämme unmittelbar hinter dem Pharynx angelegt. Etwas später als die beiden nach hinten ziehenden Längsnerven- stämme treten die beiden das Vorderende des Tieres versorgenden Hauptnervenstämme auf, was leicht verständlich ist, wenn man be- denkt, daß ursprünglich das Hirn ja direkt mit der Epidermis in Zusammenhang steht (Fig. 30) und auch nach der Verschmelzung der 246 Ernst Bresslau, beiden Hirnganglien und vollständiger Ausbildung der beiden hinteren Längsnerven noch längere Zeit dicht unter ihr gelegen bleibt (Figg. 33, 37). In diesen Stadien findet man alsdann auf Frontal- schnitten die Anlage der beiden vorderen Nervenstämme als zwei rein zellige Ausläufer der vorderen lateralen Hirnabschnitte, die keil- förmig, mit ihrer breiten Basis dem Hirn aufsitzend, dem Vorderende des Körpers zustreben. Als eigentliche Nervenstämme stellen sie sich erst dar, nachdem das Hirn weiter in die Tiefe verschoben ist! (Fig. 38, 39, 40 vn). Sie zeigen alsdann schon ihre definitive Aus- bildung, indem sie sich je in zwei Äste gabeln (Fig. 39), von denen, wie zuerst LEUCKART (1852) vom erwachsenen Tier beschrieb, der innere ausschließlich die Körperspitze, der letztere dagegen die Seiten- wände des Vorderendes innerviert. v. GRAFF (1882) hat die vorderen Hauptnerven von Mesostomum ehrenbergi als eine direkte Fortsetzung der hinteren Längsnervenstämme über die Hirnanschwellung hinaus angesehen und demgemäß denen der‘ übrigen Rhabdoeöliden segenübergestellt, bei denen die Längsstämme im Gehirn endigen und das vordere Körperende durch sekundäre Äste desselben inner- viert wird. Wie die Entwicklung lehrt, ist diese Unterscheidung, zu der v. GRAFF durch die Stärke und die Lagebeziehungen der beiden vorderen Nerven von Mesostomum ehrenbergi veranlaßt wurde, . nicht aufrecht zu erhalten, sondern vielmehr das gleiche Verhalten hier wie bei den übrigen Rhabdocöliden anzunehmen. Außer den bisher erwähnten beiden (vorderen und hinteren) Hauptnervenpaaren, die schon seit langem bekannt sind, hat FuHr- MANN (1894) noch zwei weitere Nervenpaare beschrieben, die sich seitlich — und zwar ventral und dorsal je ein Paar — vom Gehirn abzweigen. Ihre Anlage findet sich schon in sehr frühen Stadien, sehr bald nach Verschmelzung der beiden Ganglien zum unpäaren Hirn, in Gestalt zweier kurzer seitlicher Ausläufer desselben, die von Anfang an Fibrillenbildung zeigen (Fig. 35 sn). Jederseits ist jedoch nur ein einziger derartiger Nervensproß nachzuweisen, so daß die beiden seitlichen Nervenpaare, die FuUHRMANN beschreibt, aus einer einheit- lichen, erst sekundär sich teilenden Anlage hervorgehen. Mit Rück- sicht auf die Genese darf also bei Mesostomum ehrenbergi nicht von vier Hauptnervenpaaren (FUHRMANN) gesprochen werden, sondern nur von dreien: einem vorderen und einem hinteren Längsnervenpaar, sowie von einem seitlichen Nervenpaar. ! Vgl. hierzu das auf S. 255 Gesagte. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 247 Es erübrigt noch die Entstehung der Augen kurz zu betrachten, die beim erwachsenen Tier innerhalb der vorderen Ganglienzellen- masse des Gehirns etwas vor und dorsal von der zentralen Punkt- substanz gelegen sind. Wie FuHrMmann (1894) zuerst beschrieben hat, werden die beiden Augen durch einen breiten Faserbalken verbun- den, der den vordersten Abschnitt der Leypısschen Punktsubstanz quer durchsetzt und an ihren: vorderen dorsalen Seitenkanten nach vorn umbiegt. Die Ausbildung dieses Faserzuges mit seinen seitlich nach vorn und dorsal umbiegenden Ausläufern geht der Differen- zierung des Auges selbst voraus, wie aus den Schnitten der Figg. 35 und 37 (aun) ersichtlich ist. Erst in den darauf folgenden Stadien findet man die Augen selbst gebildet (Figg. 38, 39, 40 au) und zwar bestehen sie aus einem zellisen Pigmentbecher, dessen feinkörniges Pigment in den Schnitten bräunlichgelb erscheint, und aus einer von ihm umschlossenen Sehzelle (Fig. 40 sz), die an ihrer hinteren, dem Pigment zugekehrten Seite eine Stiftehenkappe (Hesse, 1897) trägt, nach vorn aber mit dem eben beschriebenen Faserzug in Verbindung steht. Die Differenzierung dieser Bildungen erfolgt ausschließlich innerhalb der Zellen der Hirnanlage, wie aus der Betrachtung der Figuren ohne weiteres hervorgeht. Schlundapparat. Gleichzeitig mit den eben geschilderten Vor- gängen am Nervensystem vollzieht sich die endgültige Ausbildung des Pharyngealapparates, von dem die Darstellung bisher nur die Entwickelung eines Bestandteiles, der Anlage der Schlundmus- kulatur, kennen gelehrt hatte. Zu dieser, einen soliden kugligen Zellenhaufen im Innern des Embryos darstellenden Bildungs (Fig. 50p%h) zesellt sich nunmehr ein zweiter, von der äußeren Haut abstammen- der Bestandteil, der die Herstellung des den künftigen Pharynx aus- kleidenden Epithels besorgt. Die erste Anlage dieses Schlundepi- thels findet man in Stadien, die ungefähr in der Mitte zwischen denen der Figs. 30 und 33 stehen, und zwar als eine solide Wuche- rung der Epidermis (Fig. 32 phe), die sich von der Ventralseite her dem kugligen Zellenhaufen der Schlundmuskulaturanlage (ph) entgegen- stülpt. Im folgenden Stadium (Fig. 33 phe) hat diese Epitheleinwu- cherung alsdann die Schlundmuskulaturanlage vollständig durchsetzt, so daß sie von dieser (ph) ringwulstartig umgeben wird. Gleichzeitig hat sich in ihr ein Lumen ausgebildet, das aber nach außen wie nach innen hin vollständig abgeschlossen ist. Seine eigentümliche Gestalt, die durch die Figur (Fig. 33) besser als durch jede Be- schreibung erläutert wird, deutet bereits auf die in den folgenden Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 17 248 Ernst Bresslau, Stadien sich vollziehenden Veränderungen hin, die zu der definitiven und für die Mesostomeen charakteristischen Ausbildung des Pharyngealapparates führen. Diese Veränderungen bestehen darin, daß sich das Schlundepithel in den Raum zwischen Haut und Schlund- muskulaturanlage, in dem nur locker und vereinzelt noch undifferen- zierte Zellen der peripheren Wandschichten liegen, zunächst als seichte Ringfalte (Figg. 36 und 37), dann als breite Einsenkung (Fig. 38) einstülpt und auf diese Weise die bei allen Mesostomeen und über- haupt bei der Mehrzahl der Rhabdocölen vorhandene äußere Pharyngealtasche (pAt.ä) bildet. Gleichzeitig vollzieht sich ein ähnlicher Prozeß an der andern (inneren) Seite des Ringwulstes der Schlundmuskulaturanlage, indem sich hier das dorsal über ihn hinaus- ragende, blinde Ende des Schlundepithels (Fig. 33) zu einer ent- sprechenden taschenähnlichen Aussackung umwandelt und gegen die Vacuolenzellenmasse vorwölbt (Figg. 36—88 pht.i). Diese von mir in meiner vorläufigen Mitteilung als innere Pharyngealtasche be- zeichnete Bildung stellt die Anlage zu dem später — nach Ausbildung des Darmes — die Verbindung zwischen diesem und dem Schlund vermittelnden Ösophagus der fertigen Tiere (Fig. 400e) dar, der zu- erst von O. Schmipr (1858) beschrieben und von ihm für gleichartig mit dem einen besonderen Darmabschnitt bildenden Ösophagus der Vorticiden gehalten worden war. Demgegenüber hat bereits v. GRAFF in seiner Rhabdocölenmonographie (1882) auf Grund ana- tomischer Befunde (Beschaffenheit der Zellen, Vorhandensein einer dem Darmepithel fehlenden Museularis) die durch die Entwicklung hiermit vollkommen bestätigte Vermutung ausgesprochen, daß der Ösophagus der Mesostomiden — im Gegensatz zu dem zum Darm gehörigen Ösophagus der Vorticiden — als Teil des Schlundes an- zusehen sei. Die Zellen der Schlundauskleidung haben während dieser Vor- sänge eine Vermehrung anscheinend nicht erfahren. Statt dessen platten sie sich bei der zunehmenden Ausdehnung des von ihnen zu überkleidenden Raumes ganz außerordentlich ab und bilden daher ein allmählich immer feiner werdendes Häutchen (Figg. 36, 37, 38). Ihre Kerne werden dabei ebenfalls stark abgeplattet; nur an zwei Stellen, in der Nähe sowohl der äußeren wie der inneren Mündung des eigentlichen Pharynxrohres ragen je vier ins Kreuz gestellte Kerne ganz außerordentlich auffällig hervor (Figg. 38 und 39phe) und schließen mitunter sein Lumen gegen die beiden Pharyngealtaschen fast völlig ab (Fig. 36). Diese auffällige Größe der Kerne ist wohl Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. IL 249. mit der außerordentlichen Wachstumsleistung der zugehörigen acht Zellen in Verbindung zu bringen, da auch später beim erwachsenen Tier die gesamte innere Auskleidung des mächtig entwickelten Pharynxrohres nur von ihnen geliefert wird. Wenigstens findet man auch hier auf Querschnitten durch das Pharynxrohr im Epithel seiner Auskleidung stets nur die beiden Vierergruppen von Kernen. Durch die allmählich weitergreifende Ausstülpung der äußeren Pharyngealtasche ist der ursprünglich ringförmige Wulst der Schlund- muskulaturanlage (Figg. 33, 36, 37) schließlich zu einer echten Ring- falte geworden, die bulbusartig in den Raum der äußeren Pharyngeal- tasche hineinragt (Figg. 38, 40). Von den in ihr enthaltenen Zellen (Figg. 33, 36 ph) stellt die weitaus größere Mehrzahl Muskelbildungs- zellen dar, die die überaus komplizierte Muskulatur des defini- tiven Pharyngealbulbus liefern, von deren Zusammensetzung v. GRAFF (1882) in seiner Monographie eine ausgezeichnete Beschrei- bung geliefert hat. Was das muskulöse Pharyngealseptum anbetrifft, das den Schlundbulbus von der Leibeshöhle abschließt (Fig. 40 phs) und auf dessen Wichtigkeit für die Unterscheidung des Pharynx bulbosus von andern Schlundformen der Rhabdocöliden eben- falls v. GRAFF zuerst hingewiesen hat, so entsteht es, wie die Figg. 33, 34 und 36 (phs) lehren, aus der äußersten Zellenschicht der zur Zeit der ersten Organbildung abgesonderten Schlundmuskulatur- anlage (Fig. 30 pk), die sich allmählich in das platte muskulöse Sep- tum umwandelt, das den definitiven Zustand (Fig. 38, 40 phs) kenn- zeichnet. v. GRAFF hat für seine Entstehung nur zwei Möglichkeiten ins Auge gefaßt, einmal die Abspaltung vom Hautmuskelschlauch, dann die Bildung durch nachträgliche Anlagerung von Muskelzellen des Parenchymgewebes an den Pharyngealbulbus. Wie aus dem An- seführten hervorgeht, trifft aber weder die erste, von v. GRAFF selbst für unwahrscheinlich erklärte Annahme, noch auch die zweite das Richtige. Den nächst der Muskulatur wesentlichsten Bestandteil der Schlundmasse bilden die Pharyngealzellen v. GrAFFs, ein Bü- schel großer, birn- oder keulenförmiger Zellen, die bei Mesostomum ehrenbergi mit ihren Spitzen nach der freien Pharynxmündung hin konvergieren (Fig. 40 phz). v. GRAFF hat mit Rücksicht auf ihre morphologische Bedeutung die Frage aufgeworfen, ob sie Bindegewebs- zellen oder umgewandelte und ihrer sekretorischen Funktion verlustig gegangene Speichel- oder Hautdrüsen darstellen und auf Grund seiner anatomischen Befunde sich für die bindegewebige Provenienz der 1 U 250 Ernst Bresslau, Pharyngealzellen ausgesprochen. Dem gegenüber habe ich zu bemerken, daß nach meinen Präparaten die Pharyngealzellen zwar aus Zellen her- vorgehen, die inmitten der eigentlichen Schlundmuskulaturanlage ge- legen sind und somit keinesfalls umgewandelte Hautdrüsen darstellen können, daß sie aber sowohl unmittelbar nach ihrer Differenzierung (Fig. 38), wie beim ausgeschlüpften Tier (Fig. 40 phz) an den in den Figuren mit ++ bezeichneten Stellen mit feinen Ausführungsgängen münden, die das Epithel der Schlundauskleidung vollkommen durch- setzen. Auch beim fertig erwachsenen Wurm sind, was v. GRAFF übersehen hat, bei guter Konservierung auf geeigneten Schnitten fast stets noch die zu ganz feinen Fäden ausgezogenen Ausführungsgänge dieser Pharyngealzellen nachzuweisen. Nimmt man noch den Um- stand hinzu, daß ihr Inhalt sich mit den meisten Farbstoffen außer- ordentlich stark tingiert und dabei gleichzeitig ein stark lichtbre- chendes Aussehen zeigt, so scheint mir dies Verhalten ihre drüsige Natur hinreichend sicher zu beweisen. Die Pharyngealzellen der Mesostomiden stellen sich demnach wohl als Bildungen dar, die den mit langen Ausführungsgängen das Epithel des Schlundes durch- setzenden drüsigen Pharyngealzellen der Mikrostomiden (vgl. v. GRAFF 1882, Taf. XV, Fig. 8) homolog sind, wie dies übrigens auch schon Bönnig (1891) angenommen hat. In Stadien wie Fig. 38 findet man sodann auch die Schlund- bewimperung ausgebildet und zwar erstreckt sie sich ausschließlich ‚auf den freien ventralen Rand des Pharyngealbulbus genau bis zur Mündungsstelle der Pharyngealzellen (Figg. 38, 40 +}). Nach den früheren Angaben sollte der Wimperbesatz der Schlundauskleidung weiter reichen, indem z. B. noch v. GrAFF (1882) schreibt, daß bei Mesostomum ehrenbergi »die äußere Pharyngealtasche und das Epithel des freien ventralen Pharyngeälrandes bis zur Mündung der Pharyngeal- höhle mit Flimmerhaaren bedeckt zu sein scheine. Wie die Figg. 38 und 40, die sich mit den Befunden am erwachsenen Tier vollständig decken, zeigen, ist dies nicht richtig, da sowohl die äußere Pharyn- gealtasche gänzlich frei von Wimpern, als auch die Angabe »Mün- dung der Pharyngealhöhle« zur Lokalisierung einer bestimmten Stelle nicht geeignet ist. Vielmehr lehrt ein Vergleich der Figg. 38 und 40, wie aus der Lage der Mündungsstellen der Pharyngealzellen (+ f) ersichtlich ist, daß der Eingang in die Schlundhöhle je nach dem Kontraktionszustande des Pharyngealbulbus eine wechselnde Begren- zung erhält. Daß die Pharyngealhöhle von Anfang an sowohl nach innen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 951 wie nach außen völlig abgeschlossen ist, ist bereits oben hervor- sehoben worden und kann auch mit Rücksicht auf ihre Entstehung als Hohlraum innerhalb einer soliden Epithelwucherung nicht Wunder nehmen. Dieser Zustand erhält sich noch bis zu der Zeit, in der die vollkommen fertig entwickelten Tiere ausschlüpfen. Erst dann bricht infolge der heftigen Saug- und Schluckbewegungen des Pha- rynx die innere Pharyngealtasche in den Darm durch (s. unten S. 253), während sich gleichzeitig die äußere Pharyngealtasche in den Mund öffnet, der sich bereits längere Zeit vorher durch eine sekundäre Ein- stülpung der äußeren Haut gebildet hat (Figg. 38, 40 m), von der Schlundhöhle aber bis dahin durch die dünne Epithellamelle der äußeren Pharyngealtasche vollkommen abgeschlossen geblieben war. Exkretionsorgane. Die äußere Einstülpung des Mundes bildet gleichzeitig die Ausmündungsstelle (Wassergefäßbecher d. Aut.) des Exkretionsapparates, der bei lebenden Jungen, die die Eihaut eben verlassen haben, schon vollkommen in der typischen Ausbildung zu erkennen ist. Seine erste Anlage habe ich in Stadien, die der Fig. 35 entsprechen, entdecken können. Man findet hier auf Quer- schnitten an der peripheren Seitenwand des Embryos zu beiden Seiten des Pharynx zwei Zellenhaufen, von denen aus solide Zellenstränge jederseits zur Mitte der Bauchseite hinabziehen und zwar zu der Stelle, wo das eben gebildete Pharyngealepithel mit der äußeren Haut zusammenhängt. In etwas älteren Stadien findet man zunächst in den lateralen Zellenhaufen jederseits einen längs verlaufenden Kanal differenziert und schließlich erscheinen dann auch die beiden zu der Stelle des späteren Mundes hinabziehenden Stränge (Fig. 36 wg) selbst kanalisiert. Es ergibt sich hieraus also, daß von dem Wassergefäß- system von Mesostomum ehrenbergi zuerst die paarige Anlage der beiden Längsgefäßstämme auftritt, und erst von diesen aus sekundär die beiden queren, zum Munde (Wassergefäßbecher) hinziehenden Aus- führungsgänge sich differenzieren, ein Resultat, das sich mit den von v. GRAFF (1882) aus seinen vergleichend-anatomischen Befunden gezogenen Schlüssen vollständig deckt. Geschlechtsorgane. Verhältnismäßig gering erscheinen die Veränderungen, die sich inzwischen an der Genitalanlage voll- zogen haben, da auch beim fertig entwickelten Embryo (Figg. 38, 39 gn) der Geschlechtsapparat noch im wesentlichen dieselbe Gestalt besitzt, wie zur Zeit seiner ersten Anlage (Figg. 30, 33 gn). Wie damals, so stellt er sich auch jetzt als eine sichelförmig gebogene, mäßig dieke Zellplatte dar, die mit ihrer konkaven Krümmung der hinteren 252 Ernst Bresslau, Pharynxkonvexität dicht angeschmiegt ist. Innerhalb dieser Zellplatte erscheint auf Frontalschnitten nach rechts hin (m Fig. 39 links an der durch den Weisungsstrich gr bezeichneten Stelle) ein keulenförmiger Absehnitt gesondert, der in den Stadien der Fig. 40 sich bereits deutlich als Ovarium erkennen läßt; außerdem ziehen von ihr aus jederseits nach vorn und hinten Zellenstränge, die sich als die ersten Anlagen der Hoden und Dotterstöcke darstellen. Die genauere Entwicklung dieser Organe habe ich jedoch, da sie sich erst in den bereits ausgeschlüpften Tieren vollzieht, nicht verfolgt. Darm, Parenchym und Schizocoel. Zu allerletzt endlich, in Stadien, in denen die Bildung der äußeren Haut bereits vollendet ist, differenziert sich der Darm und gleichzeitig mit ihm das den Leibesraum erfüllende Körperparenchym. Bis dahin findet sich an ihrer Stelle die den ganzen dorsalen Abschnitt des Embryos einnehmende Masse der Vacuolenzellen, deren Wände allmählich zu außerordentlich dünnen Plasmalamellen ausgedehnt sind, während ihre Kerne durch ihr hyalines, überaus stark gefärbtes Aussehen deutliche Spuren von Degeneration verraten (Fig. 36 v). Daß die Aus- bildung des Darmes mit der Rückbildung der Vacuolenzellen in inni- gem Zusammenhang stehen muß, ist klar, da notwendigerweise, nach- dem die letzteren ihre Rolle ausgespielt haben, die Bildung andrer Organe, die für die Ernährung sorgen, einsetzen muß. Die Bildung von Darm und Parenchym geht einmal von den undifferenzierten und locker angeordneten Zellen der peripheren Wandschichten des Em- bryos aus, sodann von ähnlichen Zellen, die zwischen den verschie- denen, bisher beschriebenen Organanlagen in unregelmäßiger Ver- teilung gelegen sind. Der indifferente Zustand aller dieser Zellen wird wohl am besten dadurch gekennzeichnet, daß sie (Figg. 30, 31, 33 und 35— 97) zahlreiche Teilungen zeigen, während sich, wie schon bemerkt, in den bereits differenzierten Organen (mit Ausnahme der Genitalanlage) so gut wie nie mitotische Kerne finden. Für die erste Ausbildung der Darmanlage kommt außerdem speziell noch eine Anzahl solcher Zellen in Betracht, die schon im Stadium der Fig. 33 dorsal von der Schlundanlage der Aussackung der inneren Pharyngealtasche aufgelagert zu erkennen sind. Diese Zellen schieben sich allmählich den Wänden der Vaeuolenzellen folgend dor- salwärts hinauf und bilden so die ersten Anfänge eines Darmepithels (Fig. 36 da). Gleichzeitig erhalten die Zellen dieser Darmanlage ein reichlicheres Plasma und zwar auf Kosten der Vacuolenzellen., wie daraus hervorgeht, daß man in ihnen nicht selten die durch ihre Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 2353 starke Färbung und Lichtbrechung auffallenden, degenerierten Kerne derselben eingeschlossen (Fig. 36 »,) findet. Auf diese Weise wird, indem allmählich mehr und mehr Darmzellen sich differenzieren und die entgegenstehenden Vaeuolenzellen schließlich vollständig auf- zehren, die Herstellung des Darmes herbeigeführt. Sein Aussehen er- scheint beim ersten Anblick höchst eigentümlich (Fig. 38 da). Da näm- lich in den Darmzellen, wie schon aus Fig. 36 (da, oberste Darmzelle links) ersichtlich, ebenfalls ein Vacuolisierungsprozeß stattfindet und allmählich zur Bildung großer Vacuolen in ihrem Innern führt, so erhält man dadurch ein Bild, das durchaus an die Anfangsstadien der Vacuolenzellenbildung erinnert. Nur haben wir es hier nicht mit umgewandelten Dotterzellen, sondern mit echten Zellen des Embryos zu tun, die an die Stelle der ersteren getreten sind und mitunter noch einzelne degenerierte Kerne derselben eingeschlossen enthalten (Fig. 38 v). Anfänglich bilden diese vacuolenhaltigen Darmzellen, deren Kerne meist peripher gelegen sind, eine kontinuierliche Masse, in der ein Lumen nicht vorhanden ist. Erst sekundär wird durch Auseinandertreten derselben die Darmhöhle (Figg. 38, 40 dl) herge- stellt, umgekehrt wie bei den übrigen Mesostomeen, bei denen sich, wie ich bereits in meiner vorläufigen Mitteilung (1899) ausgeführt habe und weiter unten noch genauer ausführen werde, zuerst das Darm- lumen und dann erst das Darmepithel bildet. Da die innere Pha- ryngealtasche (Fig. 38 pk£.t) zunächst noch geschlossen bleibt, erhält der Darm fürs erste keine Kommunikation mit der Außenwelt. Wie bereits erwähnt, erfolgt der Durchbruch erst um die Zeit des Aus- schlüpfens der jungen Tiere, indem infolge der heftigen Aktionen des Schlundes die dünne Epithelwand der inneren Pharyngealtasche in der Mitte zerreißt, wodurch sie zu dem Darm und Schlund ver- bindenden Ösophagus (Fig. 40 oe) umgewandelt wird. Der Rest der indifferenten Zellen des Embryos, soweit sie nicht zur Darmbildung verbraucht worden sind, hat unterdessen, gleichfalls unter Einschmelzung von Vacuolenzellen, das Körperparenchym hergestellt, innerhalb dessen zahlreiche kleinere und größere Spalt- räume das durch seine Geräumigkeit für Mesostomum ehrenbergi cha- rakteristische Schizocoel bilden. Von besonderen Bildungen des Parenchyms ist einmal das sowohl dorsal wie ventral unterhalb der Haut gelegene feinmaschige Reticulum (Fig. 38, 40 pad, pav), sowie vor allem das System der Dorsoventralmuskulatur zu erwähnen. Ersteres wird von Zellen gebildet, die sich reich verästeln und binde- gewebigen Charakter annehmen, das letztere zeigt sich in seinen 254 Ernst Bresslau, ersten Anfängen bereits auf dem Stadium der Fig. 37 in Gestalt spindel- förmiger Zellen (Fig. 37 dvm), die sich zu Muskelzellen umwandeln. Im Stadium der Fig. 38 ist sodann die Ausbildung dieser sagittalen Muskulatur schon weiter fortgeschritten, so daß sie beim ausgeschlüpf- ten Tier bereits annähernd den definitiven Zustand erreicht hat. Bildung der Stäbchen. Kurz vor dem Ausschlüpfen des Embryos, einige Zeit nachdem die Epidermis an ihrer Außenfläche sich mit Wimpern bedeckt hat (Fig. 38ep), bemerkt man in ihren Zellen — und zwar zuerst am Vorder- und Hinterende — eine äußerst zarte und feine, fibrilläre Strichelung, die sich allmählich zunächst über die Bauchseite, dann auch über den Rücken ausdehnt. Es scheint sich hierin die erste Anlage der Stäbchen zu dokumen- tieren, die beim jungen ausgeschlüpften Tier (Fig. 40) bereits die ganze Haut erfüllen, während nur vereinzelte Zellen innerhalb des Parenchyms zu finden sind, die als Stäbchenbildungszellen des er- wachsenen Tieres (sd) zu bezeichnen wären. v. GRAFF (1882) hat bereits auf dies letztere, von ihm ebenfalls bei Jungen von Mesostomaum ehrenbergt beobachtete Verhalten gestützt eine Entstehung der ersten Stäbchen des jungen Tieres innerhalb der Epidermiszellen ange- nommen; ich glaube, daß diese Ansicht durch den Nachweis der in ihnen während des embryonalen Lebens auftretenden, auf einen der- artigen Differenzierungsvorgang hindeutenden, fibrillären Strichelung wesentlich unterstützt wird. | b. Bildung der äußeren Körperform. Bis zum Stadium der Fig. 37 besitzt der Embryo, der das ganze Ei ausfüllt, die diesem eigne kugelförmige oder ovoide Gestalt. Während er bei andern Arten, die einen mehr rundlichen Körper besitzen (vgl. Bothromesostomum »personatum), in diesem Zustande die Eischale verläßt, erfolgt hier bei dem im erwachsenen Zustande stark abgeplatteten Mesostomum ehrenbergi das Ausschlüpfen noch nicht sofort, wenn auch im übrigen die Entwicklung beendet ist und der Embryo, der innerhalb der Eihüllen langsam zu rotieren beginnt und mit dem Pharynx mitunter einzelne schwache Schluckbewegungen ausführt, sich bei künstlicher Frühgeburt, durch Zersprengen der KEihüllen, als lebensfähig erweist. Vielmehr vollzieht sich vorher an ihm noch ein verhältnismäßig beträchtlicher Wachstumsprozeß, der den Übergang von der Kugelgestalt des Embryos zu der flachgestreekten Körperform des fertigen Wurms herbeiführt. | Es geschieht dies in der Weise, daß vor allem die Haut des Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Turbellarien. I. 955 Embryos infolge zunehmender Abplattung der Zellen eine sehr erheb- liche Oberflächenvergrößerung erfährt und daher entweder unter Zusammendrückung der weichen Dorsalseite die festere — weil die sroßen Organe enthaltende — ventrale Seite von vorn und hinten her umwächst (Fig. 38) oder aber sich direkt von der dorsalen Seite her in den Embryo einstülpt (Textfig. I), der dabei je nachdem über die Bauchseite oder die Rückenseite stark zusammengekrümmt wird. Gleichzeitig wird dabei das Vorderende des Embryos, das ursprünglich unmittelbar vor dem Hirn gelegen war (Fig. 30, 33, 37), nicht unbeträchtlich verlagert, während das Hirn sein ursprüngliches Lageverhältnis zum Schlund beibehält (Fig. 38, Textfig. I) und dadurch tief in das Innere des Embryos zu liegen kommt. Eine zweite Folge dieser Ein- krümmung ist, wie die beiden zuletzt genann- Textfig. I. ten Figuren unmittelbar zeigen, die erhebliche „er ulnessehubb Auch ein Sommerei von Mesostomum Abplattung und Längsstreckung, die der Em- etrendergi mit fertig entwickel- ; a tem und dorsal zusammen- bryo durch sie erfährt, so daß er, wenn er nun- une ae, mehr die Eihüllen (Eihaut und Hüllenmembran) verläßt, sofort seine definitive Körpergestalt besitzt. Die nach dem Aus- schlüpfen sofort munter umherschwimmenden Jungen unterscheiden sich von den erwachsenen Tieren außer durch ihre geringere Größe nur noch durch den unreifen Zustand ihres Geschlechtsapparates. >] A B. Die Entwicklung der Sommereier von Bothromesostomum personatum. 1. Bildung der Eier. Die Bildung hellschaliger Sommereier bei dem dunkelgefärbten bothromesostomum personatum ist bisher nur von FuHurmAann (1894) beobachtet worden. Vorher hatte HaLtez (1878) angegeben, dab diese Art nur dunkle, hartschalige Wintereier zu bilden imstande seil, ebenso hatte Braun (1885) bei ihr nur Wintereier gefunden. In neuester Zeit endlich führt Dorner (1902) an, bei Bothromesostomum personatum ebenfalls nur Wintereier, niemals aber Sommereier, wie - sie FunrMmANnN beschreibt, gesehen zu haben? Vielleicht kommt also, ı Über seine hierauf basierte Ansicht von der Bedeutung der Sommereibildung als einer besonderen Schutzvorrichtung der durchsichtigen Turbellarien vgl. meine kürzlich erschienene Arbeit (1903). ? Dagegen soll das verwandte Bothromesostomum esseni Braun, wie DORNER und vor ihm BrAun angibt, sowohl Sommer- wie Wintereier bilden. 256 Ernst Bresslau, wenn diese Autoren die Erzeugung von Sommereiern bei Bothro- mesostomum personatum nicht etwa doch übersehen haben, ihre Bil- dung nur bei Individuen bestimmter Gegenden (Schweiz, Elsaß) vor. Der Prozeß der Sommereibildung bei Bothromesostomum perso- natum weicht in einer ganzen Reihe von Punkten von dem gleichen Vorgang bei Mesostomum ehrenberge ab. Demgemäß ist natürlich auch die Gestalt und das Aussehen der Sommereier hier wesentlich anders als dort. Wie ich bereits in meiner früheren, die biologischen Verhältnisse der Eibildung bei den Mesostomiden behandelnden Arbeit (1903) aus- einandergesetzt habe, ist für die charakteristische Gestaltung der Sommereier von Mesostomum ehrenbergi der Umstand maßgebend, daß ihre Bildung zu einer außerordentlich frühen Zeit erfolgt, in der die Geschlechtsorgane des sie erzeugenden Tieres, vor allem die Dotter- stöcke, noch weit davon entfernt sind, ihre volle Reife erlangt zu haben. Ganz anders liegen dagegen die Verhältnisse bei Bothro- mesostomum personatum. Hier beginnt die Bildung der Sommereier erst verhältnismäßig kurze Zeit vor Anfang der Wintereiertracht, wenn die Geschlechtsorgane bereits verhältnismäßig weit entwickelt sind; und indem diese bald darauf ihren definitiven Ausbildungszustand erreichen, geht schließlich die Periode der Sommereibildung ganz allmählich in die der Wintereibildung über. Da ich in meiner früheren Arbeit die Schilderung der hierbei zu beobachtenden Erscheinungen etwas kurz gehalten habe, ist es nunmehr am Platz, ihrer in ein- gehenderer Weise gerecht zu werden. In erster Linie ist hervorzuheben, daß die Versorgung der Sommereier mit Dottermaterial infolge des höheren Ausbildungsgrades der Dotterstöcke bei .Bothromesostomum personatum einen ganz andern Umfang erreicht wie bei Mesostomum ehrenbergi. Während hier die Dotterstöcke zur Zeit der Sommereibildung noch so unent- wickelt sind, daß sie pro Keimzelle nur 40—50 sehr kleine und nur wenig Dottermaterial enthaltende Dotterzellen zu liefern imstande sind (gegen S00—400 Dotterzellen in der Wintereiperiode) und dem- nach die Sommereier (Fig. 2) anfangs nur einen Durchmesser von 0,06—0,08 mm besitzen, der erst im Laufe der Entwicklung durch lüssigkeitsaufnahme von außen her zu seiner normalen Größe von etwa 0,4 mm heranwächst, erhalten bei Bothromesostomum perso- natum die Sommereier von vornherein den zu ihrer Entwicklung erforderlichen Nährstoff in Gestalt mehrerer Hunderte von Dotter- zellen (Fig. 42), die mit Dottermaterial reichlich beladen sind. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 957 Infolge davon besitzen sie natürlicherweise nach ihrer Bildung sofort ihre definitive Größe (ungefähr 0,2 mm Durchmesser), die sie, ohne noch weiter zu wachsen, während ihrer ganzen Entwicklung beibe- halten. Dotterzellenreichtum und während der ganzen Ent- wicklung sich gleichbleibende Größe bilden also die beiden wesentlichsten Merkmale, durch die sich die Sommereier von Bothro- mesostomum personatum von denen von Mesostomunm ehrenberg? unter- scheiden. Die beiden ebengenannten Eigenschaften sind aber gleichzeitig auch den Wintereiern (vgl. Fig. 41) eigentümlich, so daß also die Sommereier von Dothromesostiomum personatum in diesem Punkte mit den Wintereiern übereinstimmen. Der Übergang von der einen zur andern Eiart wird aber noch viel deutlicher, wenn man folgende Tatsachen berücksichtigt. Untersucht man eine größere Anzahl Indi- viduen von Bothromesostomum personatum, so findet man regelmäßig, daß eine Reihe von ihnen gleichzeitig Sommer- und Wintereier (d. h. hell- und dunkelschalige Eier) und außerdem oftmals noch eine Anzahl bereits ausgeschlüpfter, im Innern des Muttertieres herum- kriechender Jungen enthält, was bei Mesostomum ehrenberge — nOL- malerweise wenigstens — niemals der Fall ist. Wie ich bereits früher (1903) hervorgehoben habe, ist diese Erscheinung als Zeichen dafür aufzufassen, daß bei Bothromesostomum personatum die Bildung der Sommereier erst so spät beginnt, daß ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, wenn die Wintereiperiode anfängt; bei Mesostomum ehrenbergi dagegen sind beide Eibildungsperioden zeit- lich durch einen Zwischenraum getrennt, dessen Dauer die für die - Entwieklung der Sommereier notwendige Zeit noch um 3—4 Tage übertrifft, so daß also die aus den Sommereiern ausschlüpfenden Jungen bereits geboren sind, wenn die Wintereibildung beginnt. Sieht man nun genauer zu, so findet man oftmals weiter, daß bei Bothromeso- stomum personatum die hellschaligen Sommereier nicht sämtlich gleich gebildet sind, sondern sowohl, was den Grad ihrer Entwicklung, wie ihre Größe und die Beschaffenheit ihrer Schale betrifft, untereinander gewisse Verschiedenheiten aufweisen. Zunächst läßt sich konstatieren, daß die Sommereier innerhalb ein und desselben Individuums sich nicht sämtlich auf annähernd der gleichen Entwicklungsstufe befinden, wie bei Mesostomum ehrenberg?, sondern verschiedene Alterszustände ! Meine Angaben beziehen sich auf die bei Straßburg in den Monaten Juni, Juli und August vorkommenden Exemplare von Bothromesostomum perso- natum; ähnliches hat auch BrRAun (1885) bei Bothromesostomum esseni gefunden. 258 Ernst Bresslau, repräsentieren, die sich in folgende drei Gruppen einteilen lassen: 1) Eier, aus denen die Jungen eben im Ausschlüpfen begriffen oder bereits ausgeschlüpft sind, 2) Eier, die einen mehr oder minder unvoll- ständig entwickelten Embryo enthalten und 3) Eier, die sich noch in den ersten Teilungsstadien befinden, mithin erst verhältnismäßig kurze Zeit gebildet sein können. Was sodann die Größe der Sommereier be- trifft, so lassen sich — und zwar nicht nur bei den Eiern verschiede- ner Individuen, sondern oftmals auch bei denen, die sich innerhalb eines einzigen Individuums finden — ganz erhebliche Schwankungen beobachten, indem ihre Durchmesser zwischen den Grenzen von 0,18 bis 0,24 mm sich bewegen können. Die Beschaffenheit der Schale endlich zeigt insofern Verschiedenheiten, als neben vollkommen farblosen, äußerst zarten Hüllen, wie sie auch z. B. den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi eigen sind, etwas festere Schalen vorkommen, die einen selblichen bis bräunlichen Ton besitzen, der an die Färbung der Winter- eierschalen erinnert, nur daß er der geringeren Dicke der Schale ent- sprechend hier viel lichter und durchsichtiger erscheint als dort. Es ist nun von größtem Interesse festzustellen, daß diese Unter- schiede im Entwicklungsgrad, in Größe und Schalenbeschaffenheit der Eier nicht willkürlich und unabhängig voneinander vorkommen, sondern in engem Zusammenhang miteinander stehen, insofern als die zuletzt gebildeten Sommereier (d. h. die Eier, deren Entwicklungs- zustand im Moment der Untersuchung der am wenigsten vorange-. schrittene ist) gleichzeitig den größten Durchmesser und die am intensivsten gefärbte Schale besitzen, während die vorher gebildeten Eier kleiner und ihre Schalen weniger gefärbt oder ganz farblos sind. Es ergibt sich hieraus mit vollkommener Sicherheit, daß die Sommereier bei Bothromesostomum personatum nicht, wie bei Meso- siomum ehrenbergi eine einzige, lange vor der Periode der Winter- eier gebildete und von diesen völlig verschiedene Generation dar- stellen, sondern kurz vor der Wintereiperiode in mehreren Schüben nacheinander gebildet werden, wobei die ein- zelnen Generationen der Sommereier allmählich mehr und mehr den Wintereiern selbst ähnlich werden. Von Anfang an stimmen sie mit diesen — im Gegensatz zu den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergg — in den zwei Merkmalen des Dotter- reichtums und der Konstanz ihrer Größe während der Dauer der ganzen Entwicklung überein, und ihre wesentlichen Unterschiede segenüber jenen, Zartheit und Farblosigkeit der Schale, sowie geringere Größe werden im Laufe ihrer aufeinanderfolgenden Generationen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 259 mehr und mehr ausgeglichen. Es kann daher keinem Zweifel unter- liegen, daß bei Bothromesostomum personatum Sommer- und Winter- eibildung ineinander übergehen. Auf die biologischen Konsequenzen dieser Feststellungen für die Bedeutung und Entstehung der Sommereier aus den Wintereiern habe ich hier nicht weiter einzugehen, um so weniger, da dies bereits an ‚anderer Stelle (1903, vgl. auch S. 217) geschehen ist. Dagegen müssen noch einige Einzelheiten über das Aussehen I Sommereier ‚nach ihrer Bildung nachgeholt werden. Die Sommereier von Bothromesostomum personatum (Fig. 42) sind von rundlicher, oftmals etwas länglich ovoider Gestalt. Die Länge ihres Durchmessers schwankt zwischen 0,18 und 0,24 mm; als Durchschnitt können 0,2 mm gerechnet werden. Ihre Schale ist, wenn farblos, sehr dünn, etwas dieker dagegen in den Fällen, in denen sie den an die Schalen der Wintereier erinnernden bräunlichgelben Farben- ton besitzt; irgend eine besondere Struktur ist an ihr unmittelbar nach ihrer Bildung nicht nachzuweisen. Außer der Keimzelle um- schließt sie in der Regel mehrere Hunderte (etwa 300-—400) von Dotterzellen. Zweimal habe ich jedoch »taube« Eier gefunden, d.h. leere Schalen, die in ihrem Innern außer einer klaren Flüssigkeit nur einige krümelige Detritusmassen enthielten. Die Keimzelle liegt im Inneren des Eies meist mehr oder weniger in der Mitte, ringsum von Dotterzellen umgeben, in einzelnen Fällen jedoch ganz exzentrisch und der Schale genähert (Fig. 44). Ihr Durchmesser beträgt im ruhenden Zustand 0,05—0,033 mm (Fig. 43), ihr Aussehen sowie das Verhalten ihres Kernes und Kernkörperchens ist dem der Keimzelle in den Sommereiern von Mesostomum ehrembergti sehr ähnlich. Ganz anders dagegen verhalten sich hier die Dotterzellen. Ihre Gestalt (Fig. 42 d) erscheint auf Schnitten durch eben gebildete Eier unregelmäßig polygonal, bei unbestimmten Konturen; an Größe können sie der Keimzelle nahezu gleichkommen. Ihre Kerne färben sich außerordentlich stark, so daß deswegen ihre genauere Struktur nicht zu ermitteln ist. In dem nur schwach sich färbenden Plasma der Dotterzellen sind massenhafte kleine und größere Tröpf- Chen einer Flüssigkeit von ölartigem, überaus starkem Lichtbrechungs- vermögen eingeschlossen, die das Dottermaterial vollständig undurch- ‚Sichtig machen, so daß die lebenden Eier mit farbloser Schale bei auffallendem Licht weißlich erscheinen. Auf den Schnitten verleihen diese Tropfen den Dotterzellen ein nahezu schaumiges Aussehen, 260 Ernst Bresslau, besonders bei gewissen Färbungen (Boraxkarmin [Figg. 42—46], Hä- matoxylin), bei denen sie so gut wie gar keinen Farbstoff annehmen !. Dagegen tingieren sie sich sehr stark mit Anilinfarbstoffen (Eosin) und Indigo, so daß sich bei Anwendung von Hämatoxylin-Eosin oder des Borax-Indigkarmin-Gemisches sehr schöne Doppelfärbungen der Eier erzielen lassen. Besonders charakteristisch für das färberische Verhalten der Dotterkugeln ist hier wie bei andern Eiern der Um- stand, daß sie durch Beizen für Hämatoxylin aufnahmefähig werden; man erhält daher bei Anwendung der HEIDExHAINschen Eisenhäma- toxylinmethode Bilder, in denen alle Dottertropfen, die größten wie die kleinsten, tief blauschwarz gefärbt sind (Fig. 47). Die ursprüngliche Gestalt der Dotterzellen bleibt aber nur ganz kurze Zeit erhalten. Oftmals findet man schon im eben gebildeten Ei eine Reihe von Erscheinungen, die ihren völligen Zerfall einleiten. Der Zerfall der Dotterzellen dokumentiert sich darin, daß ihre ur- sprünglich vorhandenen Grenzen (vgl. Fig. 42) gegeneinander voll- ständig verschwinden, so daß die Dottermasse alsdann ein einheitliches Konglomerat zahlreicher, größerer oder kleinerer Dottertropfen dar- stellt, deren Zwischenräume von einer anfangs noch verhältnismäßig deutlichen, gleichmäßig schwach gefärbten Masse, — vielleicht den verschmolzenen Resten des ehemaligen Dotterzellenplasmas — aus- gefüllt werden (Figg. 43, 44). Diese anscheinend plasmatische Zwi- schenmasse verschwindet aber in den folgenden Stadien immer mehr und mehr, indem sie wahrscheinlich verflüssigt wird. Ebenso gehen auch die Kerne der Dotterzellen verhältnismäßig rasch zugrunde, da schon kurz nach Beginn der Zerfallserscheinungen nur noch einzelne Überreste von ihnen innerhalb kleiner Plasmainseln zu erkennen sind (Fig. 44.d,). Gleichzeitig verschmelzen die meisten der kleinen und kleinsten Dottertröpfehen zu etwas größeren Kugeln, an denen man anfangs noch ihre Entstehung aus mehreren kleineren Tröpfehen nicht selten mehr oder minder deutlich erkennen kann (s. die mit d bezeichneten Dotterkugeln in den Figg. 44, 46, 47 c), und die später, nach vollen- deter Verschmelzung ein ganz außerordentlich hohes Lichtbrechungs- vermögen besitzen. Ich habe diesem Verhalten nur in ganz wenigen Figuren (Figg. 59, 60 a, b) Rechnung getragen, sonst aber meist die Dotterkugeln nur als einfache Kreise gezeichnet. ! In älteren derartigen Präparaten, die ich seit einigen Jahren in Kanada- balsam eingeschlossen aufbewahre, findet man nicht selten im Innern der Dotter- tropfen eine Anzahl kleiner kristallähnlicher Körperehen ausgeschieden. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 261 Der Uterus ist bei Bothromesostomum personatum insofern ähnlich gebaut wie bei Mesostomum ehrenbergi, als er ebenfalls die Gestalt eines H besitzt, indem er am Atrium mit zwei quer und etwas dorsalwärts verlaufenden Gängen beginnt, die sich lateral je in einen auf- und absteigenden Ast (Längsschenkel) gabeln. Diese Längsschenkel bilden jedoch hier im Gegensatz zu Mesostomum ehrenbergi, wo die einzelnen Eier in ihnen perlschnurartig hintereinander aufgereiht liegen, große weite Hohlräume, deren Wandungen so wenig fest die Eier um- schließen, daß diese oft zu zweien oder dreien neben- und überein- andergelagert bei den Bewegungen des Tieres sich ungehindert an- einander verschieben können. Von einer Dreigliederung des Uterus, wie sie BRAun (1885) von Dothromesostomum esseni beschreibt, ist bei Bothromesostomum personatum keine Spur wahrzunehmen. Demzufolge findet man hier die Eier aus den verschiedenen Generationen innerhalb der Uterusschenkel vollständig durcheinandergewürfelt liegen, wie sie sich eben bei den durch die Bewegungen des Tieres bedingten, gegen- seitigen Verschiebungen zufällig angeordnet haben. 2. Entwicklungsvorgänge bis zur Bildung der Embryonalanlage. Wie bei der verschiedenen Gestalt der Sommereier von Dothro- mesostomum personatum und Mesostomum ehrenberge und insbesondere bei dem vollkommen verschiedenen Verhalten ihrer Dotterzellen nicht anders zu erwarten ist, zeigen auch die Entwicklungsvorgänge bei beiden Formen eine ganze Reihe von Verschiedenheiten, wenn auch natürlicherweise, was die Hauptzüge ihres Verlaufs anbetrifft, im wesentlichen Übereinstimmung herrscht. So hat denn im folgenden das Hauptgewicht auf der Darstellung der unterscheidenden Momente zu liegen, während dagegen die Schilderung der Punkte, in denen die Verhältnisse hier und dort die gleichen sind, möglichst kurz ge- halten werden kann, da diese ja in den vorausgegangenen Abschnitten eine ausführliche Beschreibung erfahren haben. Wie bei Mesostomum ehrenbergti, so findet auch hier bei Bothro- mesostomum personatum die Besamung der Keimzelle aufihrem Wes aus dem keimbereitenden Teil des Eierstocks in den Uterus beim Passieren des Receptaculum seminis statt. Man kann dann im fertig gebildeten Ei mitunter noch den kaum veränderten Achsenfaden des Spermatozoons innerhalb der Keimzelle liegend antreffen, genau so wie das in Fig. 41, allerdings von einem Winterei von Mesostomum ehrenbergi, dar- gestellt ist. Auch die Reifungs- und Befruchtungsvorgänge vollziehen Sich erst nach Bildung des Eies und zwar wahrscheinlich in ganz 262 Ernst Bresslau, ähnlicher Weise wie bei Mesostomum ehrenbergi, wie ich aus den Stadien, die ich davon zu Gesicht bekommen habe, schließe. Sie genauer zu verfolgen, ist mit sehr großen Schwierigkeiten ver- knüpft, da die Eier gerade in diesen ersten Entwicklungsstadien sehr schlecht zu schneiden sind. Die Dotterzellen werden nämlich durch die Masse der in ihnen aufgespeicherten Dotterkugeln äußerst spröde und springen, da sie in dieser Zeit untereinander noch wenig zusammenhängen, sehr leicht aus den Schnitten heraus, wobei sie oftmals die Keimzelle oder Teile derselben mit wegreißen. Dazu kommt noch der Umstand, daß man es bei der Untersuchung hier ganz auf den Zufall ankommen lassen muß, ob man unter den ge- schnittenen Eiern auch wirklich die gewünschten Stadien antrifft. Während man bei Mesostomum ehrenberge infolge der Durchsichtig- keit der ganzen Tiere und der in ihnen enthaltenen Eier vor dem Schneiden sich ziemlich genau davon überzeugen kann, was man für Stadien vor sich hat, muß man bei Bothromesostomum personatum in- folge der völligen Undurchsichtigkeit der Tiere und Eier aufs Geratewohl darauf los schneiden, nur um in vielen Fällen schließlich die betrübende Erfahrung zu machen, daß keine der verfertigten Serien das gesuchte Stadium enthält. Mit denselben Schwierigkeiten hat natürlicherweise auch die Feststellung der ersten Teilungsvorgänge zu kämpfen, wobei noch hinzukommt, daß man hier durch das Herausspringen einzelner Blastomeren noch leichter zu Vorstellungen gelangen kann, die den wirklichen Verhältnissen nicht entsprechen!. Ich möchte mich daher auch hier mit der Angabe begnügen, daß der Teilungsprozeß in den Sommereiern von Bothromesostomum personatum höchstwahrscheinlich denselben Verlauf nimmt wie bei Mesostomum ehrenberge. Wie die Figg. 44 und 45 zeigen, liefert die erste Teilung ganz ähnlich wie dort ein Makromer A und ein sehr viel kleineres Mikromer BD. So- fort danach bereitet sich das Makromer zu einer zweiten Teilung vor (Fig. 45) und schnürt alsdann ein zweites etwas kleineres Mikromer C ab (Fig. 46). Es wird sodann noch ein drittes Mikromer gebildet, 1 So erklärt sich die irrige Angabe, daß sich die Keimzelle zuerst in zwei annähernd gleich große Blastomeren teilt, in meiner vorläufigen Mitteilung (1899) daraus, daß der Schnitt, auf den sich diese Angabe stützt, keinem Zwei- zellenstadium, sondern höchstwahrscheinlich einem Dreizellenstadium (vgl. Fig. 46) angehört. Der auf den die »zwei annähernd gleich großen Blastomeren« ent- haltenden Schnitt folgende Schnitt zeigt nämlich eine Lücke, die ich erst später bemerkt habe, und aus der, wie ich vermute, das Makromer beim Schneiden herausgesprungen ist. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 263 worauf sich dann alle vier Blastomeren — und zwar wahrscheinlich wie bei Mesostomum ehrenbergi zuerst die Mikromeren 5 und © — der Reihe nach teilen. Von den Befunden, die in meinen Präparaten dafür sprechen, reproduziere ich nur einen, und zwar in Fig. 47, die in drei aufeinanderfolgenden Schnitten ein Achtzellenstadium mit sechs Mikro- meren und zwei Makromeren (4, und A») zeigt. Dieses Stadium würde ungefähr dem in Fig. 13 dargestellten Stadium von Mesosto- mum ehrenbergi entsprechen, wenn man sich dort die Teilung des Mikromers D bereits vollzogen denkt. Der Grund, warum ich die Identität der Teilungsvorgänge hier und dort nicht mit voller Sicher- heit behaupten kann, liegt darin, daß meine Präparate zufällig keine Bilder enthalten, die die Teilung der zuerst gebildeten Mikromeren B und © zeigen. Noch mehr Zeit aber, als ich bisher schon dafür verwandt hatte, an die Herstellung weiterer Schnittserien zwecks Er- langung dieser Stadien zu setzen, dazu konnte ich mich in Anbetracht der geringen Wichtigkeit des dadurch etwa zu gewinnenden Ergeb- nisses nicht entschließen. Nach dem Achtzellenstadium folgen wie bei Mesostomum ehren- bergi die weiteren Teilungen der Blastomeren rasch aufeinander, wie z. B. Fig. 48, ein Schnitt durch ein Stadium von 25 oder 26 Zellen, lehrt, indem von elf hier getroffenen Blastomeren nicht weniger als neun karyokinetische Kerne aufweisen. Durch diese regen Teilungen, deren Verfolgung im einzelnen natürlich ebensowenig möglich ist als bei Mesostomum ehrenbergi, steigt die Zahl der Blastomeren sehr schnell; das Resultat des Teilungsprozesses ist daher schließlich hier das gleiche wie dort: die Herstellung eines Haufens zahlreicher und annähernd gleichartiger Blastomeren, der zunächst keinerlei Differen- zierungen erkennen läßt und als Embryonalanlage bezeichnet werden soll (Fig. 49). Während selbstverständlicherweise im Verlauf des Beilinespre‘ zesses die einzelnen Blastomeren an Größe rasch abgenommen haben, hat gleichzeitig die Gesamtmasse der Embryonalanlage gegenüber der Masse der Keimzelle eine beträchtliche Vergrößerung erfahren, wie ein Vergleich der Figg. 42 und 49 unmittelbar lehrt. Ich würde über diese Erscheinung, die gleicherweise auch bei Mesostomum ehrenbergt (vgl. Fig. 17 mit den darauf folgenden Figuren) zu beobachten ist, weiter kein Wort verlieren, wenn nicht hier bei Dothromesostomum personatum gewisse Besonderheiten zu beobachten wären, die eine Erwähnung nötig machen. Es ist von vornherein klar, daß das Anwachsen des Gesamtvolumens der Blastomerenmasse während ihrer Teilungen durch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 18 264 Ernst Bresslau, Resorption und Assimilation von Teilen der sie umgebenden Dotter- masse geschehen muß, da eine Aufnahme von Flüssigkeit von außen her, wie dies bei Mesostomum ehrenberge der Fall ist, nicht statt- findet. Immerhin ist wohl anzunehmen, daß in der Regel die Dotter- kugeln vor ihrer Resorbierung erst völlig verflüssigt werden, so daß es sich hier um einen analogen Vorgang wie dort handeln würde; in einzelnen Fällen, besonders bei Eisenhämatoxylinfärbung, kann man aber auch erkennen, daß Dotterpartikelehen direkt ins Innere der Blastomeren aufgenommen werden (rd in Fig. 475 und ce). Den Einwand, daß es sich bei den hier innerhalb der Blastomeren zu be- obachtenden schwarz gefärbten Kügelchen um Kunstprodukte, wie Farbstoffniederschläge oder aber um ursprünglich außerhalb der Zellen gelegene und erst beim Schneiden in diese hineinverschobene Dottertröpfehen handeln könnte, glaube ich nach meinen Präparaten ausschließen zu können. Von den in den Blastomeren der Fig 470 sicht- baren Karyomeriten unterscheiden sie sich durch ihre Größe und das Fehlen der jene umgebenden hellen Höfe, sowie auch durch etwas andere Färbung, außerdem aber finden sie sich auch in zur Teilung sich vorbereitenden Blastomeren (Fig. 47c), wo eine jede Verwechs- lung mit Karyomeriten ausgeschlossen ist. 3. Entwicklungsvorgänge bis zum Ausschlüpfen des Embryos. Auch die nunmehr zu schildernden Entwicklungsvorgänge nehmen, von gewissen charakteristischen Unterschieden abgesehen, im großen und ganzen einen Ähnlichen Verlauf, wie bei Mesostomum ehrenbergi. Ich kann mich daher vielfach auf die dort gefundenen Verhältnisse berufen, was den Gang der Darstellung sehr erleichtert. Denn da es infolge der Undurchsichtigkeit der Dottermasse von Bothromesostomum personatum unmöglich ist, die so überaus eigentümlichen Vorgänge bei der Bildung des Embryos auch am lebenden Ei zu studieren, ist man zu ihrer Feststellung ausschließlich auf die Kombination von Serien- schnitten angewiesen, deren Verständnis aber ohne die Kenntnis der bei Mesostomum ehrenbergi beobachteten Verhältnisse sehr viel schwie- riger sein würde. In dem zuletzt betrachteten Stadium (Fig. 49) bildete die Em- bryonalanlage einen im Innern der Dottermasse gelegenen, unregel- mäßig begrenzten Haufen zahlreicher Zellen, die wie das Vorherrschen der ruhenden Kerne beweist, ihre regen Teilungen eingestellt haben. Da auf den Schnitten keine Zellgrenzen mehr zu erkennen sind, wird wie in den entsprechenden Stadien von Mesostomum ehrenbergi ein Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 265 syneytiales Verhalten vorgetäuscht; indessen läßt sich durch Zerzupfen lebender Eier nachweisen, daß die einzelnen Blastomeren deutlich gegeneinander abgegrenzt sind. Man erkennt aber aus Fig. 49 weiter noch folgendes. Die Em- bryonalanlage ist, wie der Schnitt beweist, nicht kuglig, was bei einer nach allen Seiten hin gleichmäßigen Teilung und Ausbreitung der Blastomeren der Fall sein müßte, sondern etwa scheibenförmig, indem eine ihrer Achsen den beiden andern gegenüber verkürzt er- scheint. Gleichzeitig ist die Embryonalanlage im Innern des Eies derart exzentrisch gelegen, daß sie sich ganz innerhalb einer Hemi- sphäre desselben befindet, und zwar fällt die vertikale Achse dieser Hemisphäre mit der kürzesten der drei Achsen der Embryonalanlage zusammen. Es beweist dies, daß ein bestimmt gerichtetes Wachstum der Embryonalanlage stattfindet, das wie bei Mesostomum ehrenbergi eine polare Differenzierung des Eies herbeiführt. Vom Stadium der Fig. 49 ab kann daher an dem Ei mit Rücksicht auf die späteren Verhältnisse eine dorsale und eine ventrale Hemisphäre unterschie- den werden: die dorsale enthält ausschließlich Dottermasse (Dotter- hemisphäre), innerhalb der ventralen befindet sich die Embryonal- anlage; im Gegensatz zu Mesostomum ehrenbergi liegt sie jedoch der Eischale (Fig. 49 s) nicht direkt an, sondern wird von ihr durch einen verhältnismäßig recht beträchtlichen Streifen von Dottermasse (d) ge- trennt. Durchmustert man die ganze Serie, von der Fig. 49 den mittel- sten Schnitt darstellt, so fällt an ihr weiter nichts Besonderes auf: man findet zuerst einige Schnitte, auf denen nur Dottermasse ge- troffen ist; dann beginnt die Embryonalanlage sichtbar zu werden; diese breitet sich aus, erreicht schließlich die in Fig. 49 abgebildete größte Ausdehnung und nimmt dann wieder an Größe ab; nachdem sie verschwunden ist, enthalten die Schnitte ebenso wie zu Anfang nur noch Dottermasse. Betrachtet man dagegen etwas ältere Stadien, so findet man eine Reihe weiterer Veränderungen. Ich verweise hierfür auf Fig. 50 a—, wo ich von einem derartigen Ei diejenigen Schnitte gezeichnet habe!, auf ! Zum Verständnis der Figuren sei angeführt, daß in ihnen nur die Ge- samtumrisse sowohl der Eihülle wie der Embryonalanlage mit dem Zeichen- appzrat gezeichnet worden sind. Die Zellen der Embryonalanlage sind dagegen in dem Umriß derselben nur schematisch durch kleine Kreischen angedeutet, die Kugeln der Dottermasse aber, die in dem Raum zwischen der die Eischale bezeichnenden äußeren Umrißlinie und der.Embryonalanlage gelegen sind, über- haupt nicht gezeichnet worden. 18* 266 Ernst Bresslau, denen die Embryonalanlage getroffen ist,. während die übrigen Schnitte der Serie, die nur Dottermasse enthalten, selbstverständlich fortge- lassen worden sind. Man ersieht hier zunächst aus den Schnitten b—f, daß die Hauptmasse der Embryonalanlage sich in zwei an- nähernd symmetrische Hälften (9%, g%) gesondert hat, während auf den beiden folgenden Schnitten 9 und A in der Mitte, also gerade an der Stelle, wo auf den vorhergehenden Schnitten die trennende Ebene zwischen den beiden symmetrischen Hälften hindurchging, eine kug- lige Zellenanhäufung (p%) zu erkennen ist. Nach den Verhältnissen, die wir von Mesostomum ehrenbergt kennen gelernt haben, kann es keinem Zweifel unterliegen, wie diese Befunde zu deuten sind: es handelt sich hier um eine Embryonalanlage, die dem in Fig. 26 dargestellten Stadium von Mesostomum ehrenbergi entspricht, und zwar stellen die Schnitte der Fig. 50 schräge Querschnitte durch dieselbe dar (etwa in der- selben Richtung, die die in Fig. 25 eingetragenen, mit 23 bezeichne- ten Pfeile angeben). Durch die symmetrische Sonderung (Schnitt &—f) ist zunächst die Bilateralität der Embryonalanlage hergestellt wor- den, indem die Achse, in der diese Sonderung durch die Embryonal- anlage verläuft, zu der Dorsoventralachse, die bereits im Stadium der Fig. 49 gegeben war, senkrecht steht und mit ihr die Medianebene bestimmt. Gleichzeitig sind auf den Schnitten aber auch schon die ersten Organanlagen erkennbar, indem die Verdickungen gh, gh der Schnitte c—e die paarige Anlage des Gehirns, die zentrale unpaare Zellenanhäufung ph auf den Schnitten 9 und h dagegen die erste Anlage der Pharyngealmasse darstellt. Dadurch wird die völlige Orientierung der in den Schnitten der Fig. 50 wiedergegebenen Em- bryonalanlage ermöglicht: Schnitt « hat ihr Vorder-, Schnitt © ihr Hinterende getroffen. Die Richtigkeit der soeben vorgetragenen Deutung wird unmittel- bar durch die Betrachtung der folgenden Stadien (Fig. 51) bewiesen. Die in Fig. 51 a—g abgebildete Serie stellt sieben aufeinanderfolgende Schnitte dar, die man sich als etwas schräge Frontalschnitte durch eine etwas ältere Embryonalanlage als Fig. 50 zu denken hat. Auch hier findet man vorn (Schnitt 5 und c) zuerst die paarige Gehirn- anlage (gh, gh) — als solche durch die paarige Ausbildung der Leypisschen Punktsubstanz deutlich charakterisiert — getroffen, wäh- rend auf Schnitt d (vgl. dazu Fig. 31 von Mesostomum ehrenbergi) sodann die Anlage der Pharyngealmasse sichtbar wird. Man erkennt gleichzeitig aber schon hier, daß sich von ihr nach hinten zu eine streifenförmige Masse abzusondern beginnt, die der ersten Anlage des zukünftigen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 267 Genitalapparates entspricht. Es differenzieren sich also auch bei ‚Bothromesostomum personatum ebenso wie bei Mesostomum ehrenberge Schlund- und Genitalanlage (ph + gn in Schnitt d und e, Fig. 51) erst nachträglich aus einer anfangs gemeinsamen Ahlene (ph in Schnitt g und 7, Fig. 50). Dank der Kenntnis der vorher bei Mesostomum, ehr 'enbergi konsta- tierten Verhältnisse gelingt es leicht, die aus den Schnitten der in den Figg. 50 und 51 abgebildeten Serien von Bothromesostomum personatum sich ergebenden Entwicklungsvorgänge, die die Herstellung der bilate- ralen Symmetrie und die Bildung der ersten Organanlagen innerhalb der Embryonalanlage herbeiführen, zu verstehen. Da ich aber zu Beginn meiner Untersuchungen nur über ganz spärliches Material von Meso- stomum ehrenbergi verfügte und im wesentlichen auf die Untersuchung der Sommereier von bothromesostomum personatum angewiesen war, wird man es begreifen, welche Schwierigkeiten es bereitete, aus der Fülle der oft recht bizarren Bilder, die die Embryonalanlage auf den Schnitt- serien durch die ohne vorherige Orientierung aufs Geratewohl ge- schnittenen Sommereier darbot, ein Verständnis der komplizierten und dabei so eigenartigen Entwicklungsvorgänge zu gewinnen. Wie bei Mesostomum ehrenbergi so erfolgt auch hier die Her- stellung der bilateralen Symmetrie und die Bildung der ersten Organ- anlagen, ohne daß an der Embryonalanlage irgend welche Spuren einer Differenzierung von Keimblättern zu erkennen sind. Daher kommt es, daß ebenso wie dort erst jetzt, also in einem verhältnis- mäßig späten Stadium, die Ausbildung der Epidermis beginnt. Die Differenzierung der Epidermis nimmt hier, bei Bo- thromesostomum personatum, etwas längere Zeit in Anspruch und die dabei sich abspielenden Vorgänge lassen sich daher klarer beobachten als bei Mesostomum ehrenbergi, wo die ganze Bildung sich sehr rasch vollzieht. Ich werde daher hier bei der Darstellung der dabei zutage tretenden Verhältnisse etwas ausführlicher zu verweilen haben. Ehe ich jedoch auf die Schilderung der Epidermisbildung selbst eingehen kann, muß ich noch einen Umstand hervorheben, durch den sich die Art und Weise, in der bei Bothromesostomum personatum die bilate- rale Symmetrie der Embryonalanlage hergestellt wird, von den bei Meso- stomum ehrenbergi zu beobachtenden Verhältnissen unterscheidet. Bei dem letzteren gibt sich die Ausbildung der Bilateralität darin zu er- kennen, daß die Zellen der Embryonalanlage sich zu beiden Seiten der Medianebene symmetrisch anordnen, ohne daß ein wirklicher Längsspalt zwischen beiden Hälften der Embryonalanlage zustande 268 Ernst Bresslau, kommt (vgl. Fig. 23). Bei Bothromesostomum personatum dagegen weicht die Embryonalanlage bei dem ersten Auftreten der bilateralen Symmetrie (Fig. 50) tatsächlich in zwei deutlich voneinander getrennte Hälften auseinander, die nur vorn durch die ineinander übergehenden Gehirnganglien (Schnitt c), ventral durch eine schmale Zellenbrücke (Schnitt e und f) und hinten durch die kuglige Masse der Pharyngeal- anlage (Schnitt g und %) miteinander in Verbindung stehen. Dieser me- diane — wenn auch, wie gesagt, die Embryonalanlage nicht vollständig durchschneidende — Längsspalt, der selbstverständlich von Dotter- masse ausgefüllt wird (vgl. Fig. 53, Schnitt 5), bleibt auch während der nun folgenden Stadien (Figg. 51, 52, 53) bestehen und gibt sich darin zu erkennen, daß die Embryonalanlage dorsal durch einen mächtigen Dotterpfropf der Länge nach tief ausgehöhlt wird, wäh- rend sie ventral durch einen in der Medianebene längs verlaufenden, verhältnismäßisg schmalen Dotterstreifen (d in n 52, Schnitt @ und D) rinnenartig eingebuchtet wird. Mit dieser Trennung der Embryonalanlage in zwei symmetrische Hälften hängt nun die paarige Anlage der Epidermis, wie sie hier bei Bothromesostomun personatum vollkommen klar in Erscheinung tritt — während sie bei Mesostomum ehrenbergi sehr wenig deutlich war — aufs innigste zusammen. Die ersten Anfänge der Epidermisbildung sind bereits in Stadien zu erkennen (Fig. 52), wo die paarigen Gehirn- anlagen (Schnitt a, g9k) noch nicht zu dem unpaaren Gehirn ver- schmolzen sind. Man bemerkt hier, daß jederseits die Zellen der ventralen peripherischen Schicht (ep) sich von den übrigen etwas absondern und zwar beginnt diese Sonderung in der Gegend der beiden Gehirnganglien (Schnitt «), während sie weiter nach hinten (Schnitt 5) weniger deutlich ist. Mit vollkommener Bestimmtheit aber läßt sich schon hier feststellen, daß diese Anlage der Epidermis der paarigen Gehirnanlage entsprechend von vornherein paarig auftritt und daß ihre beiden symmetrischen Hälften von Anfang an durch den ventral in die Embryonalanlage sich vorwölbenden medianen Dotterlängsstreifen (d) völlig voneinander getrennt werden. In den folgenden Stadien schreitet die Differenzierung der Epidermis auf der Ventralseite allmählich von vorn nach hinten fort, indem die Zellen der peripherischen Schicht allmählich mehr und mehr an Plasma ge- winnen und unter Annahme einer annähernd kubischen Gestalt sich egalisieren und zu einer epithelialen Schicht zusammenschließen. Auf diese Weise entstehen allmählich zwei symmetrische Epidermishälften (ep im Fig. 55 a—e), die schließlich die Embryonalanlage, in der Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 269 inzwischen durch Verschmelzung der beiden Hirnganglien das unpaare Gehirn sich gebildet hat (9b in Fig. 55, Schnitt «), in ihrer ganzen Ausdehnung ventral und seitlich überkleiden, ohne doch irgendwie in der ventralen Mittellinie miteinander zusammenzuhängen. Der ventrale Dotterlängsstreifen bildet auch hier, wiewohl er schwächer geworden ist, noch immer das Hindernis für die Vereinigung der beiden Epidermishälften. Diese so überaus charakteristische Paarigkeit der Epidermisanlage hat aber eine weitere, höchst eigentümliche Erscheinung zur Folge, die aus den Figg. 52 (Schnitt d) und 53 (Schnitt c) ohne weiteres sich ergibt. Während nämlich bei Mesostomum ehrenberge das Pharyngeal- epithel aus einer soliden, in die kuglige Anlage der Pharyngeal- muskulatur sich hineinstülpenden Einwucherung der Epidermis — deren paarige Hälften sich ja unmittelbar nach ihrer Entstehung ventral vereinigen — hervorgeht (vgl. Fig. 32 phe), ist das hier bei Dothromesostomum personatum nicht der Fall und zwar deshalb, weil zur Zeit, wo die Schlundauskleidung sich bildet, in der Mitte der Bauchseite unterhalb der Anlage der Schlundmuskulatur (p% in Schnitt d, Fig. 52) noch keine Epidermis vorhanden ist. Infolgedessen geht hier die Bildung der Schlundauskleidung auf eine ganz andre Weise vor sich. Man erkennt aus Schnitt 5 in Fig. 52, daß hier die Kerne der innersten Zellen (phe) der Pharyngealmasse (pl) etwas auseinander- weichen und sich in einer ganz bestimmten Weise anordnen, die durchaus der typischen Gestalt entspricht, die das zukünftige Schlund- epithel besitzt. Dieses entsteht dann in den folgenden Stadien, in- dem die in dem Schnitt 5 der Fig. 52 nur durch ihre besondere An- ordnung charakterisierten Zellen im Innern der Pharyngealmasse sich zu einer einheitlichen, epithelialen Schicht zusammenschließen (pLe in Schnitt e, Fig. 55) und sich gegen die übrigen Zellen der Schlund- muskulaturanlage durch eine scharfe Grenzlinie absetzen, während gleichzeitig nach innen zu ein Lumen auftritt. Die Gestalt des derart gebildeten Pharyngealepithels ist im wesentlichen die gleiche, wie wir sie seinerzeit bei Mesostomum ehrenberge (vgl. Fig. 33 phe) kennen ge- . lernt hatten, wie besonders daraus hervorgeht, daß auch hier von vornherein die Anlagen der beiden Pharyngealtaschen angedeutet sind. Die Art und Weise der Entstehung ist aber hier und dort himmel- weit verschieden: was dort aus einer Einstülpung des ventralen Epithels hervorgegangen ist, ist hier vollkommen unabhängig von der Epi- dermis entstanden, die ja, wie der Querschnitt c der Fig. 53 lehrt, in beträchtlicher Entfernung rechts und links vom Pharynx aufhört. 270 Ernst Bresslau, Das Pharyngealepithel wird vielmehr hier bei Bothromeso- stomum personatum in loco differenziert, d. h. es wird am Orte seiner definitiven Lage innerhalb der Zellen der Schlund- muskulaturanlage gebildet. Beinahe noch schöner als an den Querschnitten läßt sich die von der Epidermis unabhängige Differenzierung der Schlundauskleidung auf Sagittalschnitten demonstrieren. Ich verweise hierfür auf Fig. 55, die einen derartigen, etwas schrägen Sagittalschnitt darstellt. Wäre der Schnitt genau sagittal ausgefallen, so würden auf ihm außer vorn am Gehirn (gl) überhaupt keine Epidermiszellen (ep) zu erkennen sein, da in der Mittellinie der Bauchseite der bereits mehrfach beschriebene Dotterlängsstreif (d) sich in die Embryonalanlage vorwölbt und daher hier den Zusammenschluß der beiden Epidermishälften verhindert. Da derartige Bilder aber viel weniger instruktiv sind, habe ich statt dessen einen etwas schräg ausgefallenen Schnitt gewählt, dessen Schnittrichtung durch die in dem schrägen Frontalschnitt der Fig. 56 eingetragenen, mit den Zahlen 55 bezeichneten Pfeile angedeutet wird. Man findet hier vorn zunächst die rechte Gehirnhälfte (9%) ge- troffen und diese in ihrer ganzen Ausdehnung von der Epidermis (ep) überkleidet. Nach der Mitte des Schnittes zu hört ventralwärts die Epidermis auf, und es tritt statt dessen der in der Mittellinie gelegene ventrale Dotterlängsstreif in Erscheinung. Geht man weiter nach hinten, so hört, nachdem man die Mittellinie überschritten hat, der Dotterlängsstreif wieder auf, und man erkennt nunmehr wieder ein Stück Epidermis (ep,), das diesmal aber der linken Epidermishälfte angehört, die der von rechts vorn nach links hinten verlaufende Schnitt hier getroffen hat. In der Mitte des Schnittes findet man den kugligen Pharynx (pk) und dahinter den Anschnitt der Genital- anlage (gr). Im Innern der Pharyngealmasse ist das Schlundepithel in seiner typischen Gestalt ausgebildet; seine vollständige Unab- hängigkeit von der Epidermis leuchtet wohl auf den ersten Blick ein. In gleicher Weise ist das Fehlen eines Zusammenhangs zwischen der Epidermis (ep) und dem Pharyungealepithel (phe) auch aus dem in Fig. 56 dargestellten, schrägen (vgl. die mit 56 bezeichneten Pfeile in Fig. 55) Frontalschnitt durch eine Embryonalanlage des gleichen Alters zu erkennen. Die Figur ist besonders lehrreich, wenn man sie mit dem in Fig. 35 abgebildeten, ganz ähnlich geführten Schnitt durch ein entsprechendes Stadium von Mesostomum ehrenbergi ver- gleicht, wo natürlicherweise Epidermis und Schlundepithel direkt in- einander übergehen. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. DTE Wie aus den Figg. 52—56 hervorgeht, hat sich während der . Entwicklungsvorgänge, die die Differenzierung der Epidermis herbei- führen, die Embryonalanlage mehr und mehr der Eihaut der ventralen Hemisphäre genähert, so daß sie dieser schließlich teilweise, und zwar so weit als die Epidermis ausgebildet ist, — also lateralwärts — direkt anliegt (Figg. 55, 56). Der vollständige Kontakt zwischen Embryonal- anlage und Eihaut wird dagegen durch ebendenselben ventralen Dotter- streifen, der sich zwischen die beiden Hälften der Epidermis einkeilt (Fig. 55), zunächst noch verhindert. So kommt es, daß hier bei Bothromesostomum personatum ein Stadium, das dem in den Figg. 28 und 33 abgebildeten Stadium von Mesostomum ehrenbergi entspräche, zunächst noch nicht erreicht wird. Während man dort (vgl. Fig. 28a) die Embryonalanlage mit einer Schüssel vergleichen konnte, deren periphere Wand von der einheitlichen Epidermis gebildet wurde, müßte man hier, wenn man den Vergleich auch auf Botkromesostomum personatum übertragen wollte, betonen, daß die von der Embryonal- anlage gebildete Schüssel an ihrer Peripherie einen ventralen, medianen Längssprung — den Zwischenraum zwischen den beiden Epidermis- hälften — aufweist, einen Längssprung, der aber dadurch verkittet ist, daß er von dem ventralen Dotterlängsstreifen ausgefüllt wird. Erst längere Zeit nach erfolgter Bildung des Schlundepithels schließt sich die Epidermis auch an der Bauchseite und zwar derart, daß die beiden Epidermishälften sich ganz allmählich längs der ven- tralen Mittellinie von vorn nach hinten in einer Längsnaht vereinigen, wobei gleichzeitig der zwischen Embryonalanlage und Eihaut gelegene Dotterstreifen resorbiert wird. Die Anfänge dieses Vorgangs sind aus den sukzessiven Frontalschnitten der Fig. 54 ersichtlich. Der vorderste Schnitt (@) weist bereits eine einheitliche und der Eihaut direkt an- liegende Epidermis auf, auf dem ventralwärts darauf folgenden Schnitt ist die Vereinigung der beiden Epidermishälften durch eine von der Gehirnmasse sich abspaltende Zelle (x) erkenntlich, während auf den folgenden Schnitten die Epidermis in der Mitte weit klafft und dement- sprechend auch Dotterkugeln zwischen Embryonalanlage und Eihaut sich finden. Indem nun die hier in Fig. 54 erst beginnende Ver- einigung der beiden Epidermishälften in der gleichen Weise unter Resorption des Dotterlängsstreifens allmählich weiter von vorn nach hinten fortschreitet, kommt es schließlich dahin, daß die ganze Ventral- seite der Embryonalanlage von einer einheitlichen Epidermisschicht überzogen wird, die der Eihaut überall unmittelbar anliegt. Der direkte Kontakt zwischen Epidermis und Eihaut bezieht sich jedoch 272 Ernst Bresslau, nur auf die -Ventralseite; dorsalwärts dagegen ragt die Epidermis zunächst noch allseitig, soweit sie überhaupt gebildet ist, mit unregel- mäßigen Zacken zwischen die Dotterkugeln hinein (Fig. 55), um zwischen ihnen alsdann aufzuhören. Auf diese Weise kommen überaus eigentümliche Bilder zustande, wie z. B. der in Fig. 57 dargestellte, ein wenig schräg ausgefallene Frontalschnitt zeigt (vgl. die mit 57 bezeichneten Pfeile in Fig. 55, die die Schnittrichtung andeuten). Die Epidermis ist hier, soweit sie vom Schnitt getroffen ist, ringsum von Dottermasse umgeben, ihr kontinuierlicher Verband hört allmählich nach hinten zu, da die Schnittrichtung hier dorsalwärts ansteigt, auf; nur einzelne Zellen bezeichnen hier an den Stellen, wo der Schnitt die dorsalen zackigen Ausläufer der Epidermis getroffen hat, ihren Verlauf. Man erkennt hier so recht die Schüsselform der Embryonal- anlage, in die sich die Dottermasse der dorsalen Eihemisphäre überall hineinsenkt (vgl. auch Fig. 55). Im Zentrum der Schüssel liegt, ge- folgt von der Genitalanlage, die kuglige Pharynxanlage, von der auf dem Schnitt der Fig. 57 nur die dorsale Vorwölbung der epithelialen Auskleidung, die die Anlage der inneren Pharyngealtasche (pAt.r) darstellt, getroffen ist. Die derart durch Abspaltung der peripheren Zellenlage an der Ventralseite der Embryonalanlage gebildete Epidermisschieht enthält aber, wie bei Mesostomum ehrenbergi, bereits das Material für die gesamte Hautbedeckung des zukünftigen jungen Wurmes, indem die epitheliale Bekleidung der Rückenseite nicht etwa durch Differen- zierung neuer Epidermiszellen hergestellt wird, sondern vielmehr dadurch, daß die Zellen der ventralen Schicht sich mehr und mehr abplatten und in die Breite und Länge strecken, wie aus der Ver- teilung und Anordnung ihrer Kerne (Fig. 58ep) ohne weiteres hervor- geht. Infolgedessen schiebt sich die Epidermis unter Resorption der zwischen ihr und der Eihaut gelegenen Dottermasse allmählich längs der Eihaut mehr und mehr dorsalwärts in die Höhe und umwächst auf diese Weise nicht nur die Embryonalanlage, sondern auch die dorsale Dotterhemisphäre (Fig. 58). Auch hier wird also ähnlich wie bei Mesostomum ehrenbergi infolge der Umwachsung der Dottermasse der Embryo nicht von der Embryonalanlage allein, sondern von dieser im Verein mit der Dottermasse gebildet; wenn auch die letz- tere hierbei nur die ausschließlich passive — und vergängliche — volle spielt, einen Raum innerhalb des Embryos auszufüllen, der späterhin von andern Bildungen des Embryos selbst — Darm u Parenchym — eingenommen wird. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 273 Während dieser Umwachsung der Dottermasse durch die Epi- dermis geht gleichzeitig die Ausbildung des Pharyngealapparates vor sich, dessen Anlage wir in Fig. 55 kennen gelernt hatten. Auf die Einzelheiten dabei einzugehen, kann ich mir ersparen, da, wie die Figg. 58 und 59 lehren, der ganze Vorgang — sowohl die Bildung der beiden Pharyngealtaschen wie die Differenzierung der Muskulatur, der Pharyngealzellen und der Bewimperung — genau den gleichen Verlauf nimmt, wie ich ihn von Mesostomum ehrenbergi ausführlich beschrieben habe (S. 247 ff.). Auch was die Entwicklung des defini- tiven Gehirns (g%) aus der ursprünglich paarigen Anlage (Figg. 30—92) betrifft, genügt nach der früheren Beschreibung der entsprechenden Verhältnisse von Mesostomum ehrenberge wohl der einfache Hinweis auf die Figg. 590—97. Mit der vollendeten Umwachsung der Dottermasse durch die Epidermis ist sodann aber auch die Embryonalentwicklung bei Dothro- mesostomum personatum beendet, da der Embryo -— ohne daß in- zwischen weitere Veränderungen an ihm sich vollzogen haben — un- mittelbar, nachdem die Epidermis allseitig gebildet ist, und die letzten der zwischen ihr und der Eihaut gelegenen Dotterkugeln resorbiert sind, sich mit Wimpern bedeckt, die Eischale sprengt und ausschlüpft. Das Sprengen der Eischale wird dadurch vorbereitet, daß ein etwa ein Drittel des Gesamtumfanges betragendes Schalenstück sich etwas stärker zusammenkrümmt und sich infolgedessen kappenartig von der übrigen Schale absetzt. In der kreisförmigen Zirkumferenz dieses kappenartigen Stückes scheint durch diesen Vorgang ein locus minoris resistentiae geschaffen zu werden, jedenfalls erfolgt regelmäßig in ihrem Verlauf der den Embryo von seiner Umhüllung befreiende Sprung der Schale und zwar meist derart, daß das abspringende kappenartige Stück sich nicht sofort vollständig abtrennt, sondern zunächst noch an einer Stelle dem übrigen Schalenrest — wie ein Deckel — ansitzen bleibt. Durch dieses frühzeitige Ausschlüpfen der Jungen von Dbothro- mesostomum personatum ist scheinbar ein Unterschied gegenüber den bei Mesostomum ehrenbergv sich findenden Verhältnissen gegeben, da sich eine große Zahl der Entwicklungsvorgänge, die sich dort noch an dem in der Eischale eingeschlossenen Embryo abspielen, hier erst postembryonal vollzieht. Immerhin ist das Ausschlüpfen der Jungen auch hier nicht etwa identisch mit ihrer Geburt; vielmehr bleiben sie während der ganzen, im folgenden Abschnitt zu beschrei- benden postembryonalen Entwicklungsvorgänge im Innern des Mutter- 274 Ernst Bresslau, tieres eingeschlossen, in dessen weitgedehnten Uterusräumen sie sich lebhaft umherbewegen. Auch die Schalenreste bleiben zunächst noch im Uterus des Muttertieres liegen, um erst allmählich, wie dies auch bereits FUHRMANN (1894) beobachtet hat, durch die Geschlechtsöffnung herausgeschafft zu werden. 4. Postembryonale Entwicklungsvorgänge bis zur Geburt der Jungen. Die eben ausgeschlüpften Jungen von Dothromesostomum perso- natum unterscheiden sich von dem in Fig. 58 abgebildeten Embryonal- stadium wesentlich nur dadurch, daß ihre Epidermis vollständig ent- wickelt ist und Wimpern trägt, sowie durch einen etwas höheren Ausbildungsgrad des Pharyngealapparates (ähnlich wie in Fig. 59). Das Hirn ist zunächst noch augenlos und die ganze Körpergestalt nur sehr wenig gestreckt, noch fast kuglig zu nennen. Vom Darm ist noch keine Spur zu erblicken, vielmehr wird der ganze von der Epidermis umschlossene Innenraum der Tiere — von Hirn, Pharynx, Genitalanlage und zwei bis drei Reihen peripher gelegener, noch undifferenzierter Zellen abgesehen — vollständig von den stark licht- brechenden Dotterkugeln ausgefüllt. In den nächsten Stadien nun streckt sich der junge Wurm etwas mehr in die Länge (Fig. 59), bleibt aber zunächst im Querschnitt noch immer fast völlig drehrund (Fig. 60), um sich erst später auch im Querdurchmesser etwas abzuplatten. Mitunter findet man alsdann den Pharynx etwas hinter der Körpermitte gelegen (Fig. 59), wie dies auch FUHRMANnN (1894) und JAworowskı (1886) angeben. Allerdings habe ieh ihn niemals so weit nach hinten verlagert gefunden, daß eine Ähnlichkeit mit den für die Gattung Opistomum typischen Ver- hältnissen auch nur annähernd angedeutet gewesen wäre, wie dies Jaworowskı beobachtet haben will. Auf keinen Fall aber darf in dieser Verlagerung, selbst wenn sie sich gelegentlich wirklich derart hochgradig ausgeprägt darstellen sollte, ein Hinweis darauf erblickt werden, daß der Pharynx der Mesostomiden ursprünglich ähnlich wie bei den Opistomiden in der hinteren Körperhälfte gelegen hätte, oder gar darauf, daß die letzteren als die Stammformen der ersteren anzunehmen seien (JAWOROWSKI). Unmittelbar nach dem Ausschlüpfen besitzen die jungen Tiere noch kein Pigment und erscheinen daher zunächst rein schneeweiß. Erst etwas später findet sich ein bräunliches, körniges Pigment und zwar zuerst ausschließlich an der Ventralseite unterhalb der Epidermis (Fig. 59 pg). Es ist ein höchst reizvoller Anblick, die jungen Tiere Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 275 dieses Stadiums, wenn man sie aus dem Muttertier befreit hat, zu beobachten, wie sie rasch und behend umherschwimmend sich un- aufhörlich um ihre Längsachse drehen und dabei ihre bräunliche Bauch- seite und ihre schneeweiße Rückenseite in stetem Wechsel sichtbar werden lassen. Die Zellen der Epidermis selbst sind anfangs frei von Pigment (Fig. 59) und weisen statt dessen nur die feine fibrilläre Strichelung auf, die ich schon bei Mesostomum ehrenbergi als den Anfang der Stäbchenbildung gedeutet habe. In etwas älteren Stadien tritt jedoch auch in ihrem Innern und zwar zunächst ebenfalls nur an der Ventralseite ein gelbbräunliches Pigment auf (Fig. 61, 62), das in den Zellen, wie man besonders am Vorder- und Hinterende des Körpers, wo die Epidermis etwas verdickt ist, erkennen kann, jeweils nur den peripheren Abschnitt einnimmt, die basale Hälfte aber frei läßt. Allmählich breitet sich sodann sowohl das unter wie innerhalb der Epidermis gelegene Pigment von der Bauchseite lateral- wärts zur Rückenseite aufsteigend mehr und mehr über den ganzen Körper aus, so daß schließlich die Tiere vollständig pigmentiert sind; ihre Farbe ist zunächst hellbraun, wird aber bei zunehmender Dichtig- keit der Pigmentierung allmählich immer dunkler. | Um nunmehr, wie bei Mesostomum ehrenbergi zur Betrachtung der an den einzelnen Organsystemen sich weiterhin noch abspielen- den Entwicklungsvorgänge überzugehen, so ist zunächst vom Hirn zu erwähnen, daß sich von ihm aus das periphere Nervensystem (vgl. Fig. 562») in ganz ähnlicher Weise entwickelt, wie es dort be- schrieben wurde. Auch die Entstehung der Augen nimmt einen ähnlichen Verlauf wie dort, besonders was den Umstand betrifft, daß auch hier die Bildung der von der Levpısschen Punktsubstanz nach vorn zu den Augen ziehenden Faserzüge (Fig. 56 aun) der Bildung der Augen selbst vorausgeht. Gegenüber den bei Mesostomum ehren- bergi sich findenden Verhältnissen ist jedoch insofern ein Unterschied vorhanden, als die Augen nicht inmitten des Gehirns in unmittel- barer Nähe der Punktsubstanz entstehen, sondern ganz an seinem vorderen Ende durch Differenzierung der vordersten (Figg. 59, 61 au), an der Ursprungsstelle der vorderen Längsnerven (Fig. 62 vn) gelegenen Ganglienzellen. Im übrigen bedarf das Verhalten der Sehzellen mit ihrer gegen den Pigmentbecher zugekehrten Stiftchenkappe (Fig. 62x) keiner weiteren Beschreibung. Auch der Schlundapparat verhält sich, wie bereits angegeben, fast genau so wie bei Mesostomum ehrenbergi, vor allem finden sich auch hier die beiden charakteristischen Vierergruppen von Zellen mit 276 | Ernst Bresslau, ihren ins Kreuz gestellten Kernen, die die innere Ausbildung des Schlundbulbusrohres liefern (Figg. 59, 61, 62). In Fig. 62 habe ich das zierliche Bild, das ein Querschnitt durch den Pharynx auf diesem Stadium liefert, in möglichst getreuer Weise dargestellt. Daß der äußere Mund, ebenso wie bei Mesostomum ehrenbergi, durch eine sekundäre Epidermiseinstülpung entsteht, zeigen die Figg. 59 und 61 (m) aufs deutlichste, ebenso ist aus ihnen auch zu erkennen, daß die äußere Pharyngealtasche gegen den Mundbecher zunächst abgeschlossen bleibt. Was das Wassergefäßsystem betrifft, dessen Entstehung aus den Figg. 60a und 5 (wg) ersichtlich ist, so ist auch hier nichts Neues zu berichten, in gleicher Weise schließt sich auch das Verhalten des Genitalapparates vollkommen an die bei Mesostomum ehrenbergi beschriebenen Verhältnisse an. Wesentlich anders verläuft dagegen hier die Entwicklung von Darm und Leibeshöhlenparenchym. Wie bereits erwähnt, findet sich bei den soeben aus der Eischale ausgeschlüpften Jungen noch keine Spur von beiden Bildungen, ihre Entstehung fällt vielmehr vollkommen in postembryonale Stadien und geht auf eine ebenso eigenartige, wie einfache Weise vor sich. Es treten nämlich inmitten der Masse der Dotterkugeln, die das ganze Tier ausfüllen, zuerst meist mehrere kleinere, wahrscheinlich von Flüssigkeit (nach Verflüssigung der Dotterkugeln) erfüllte Hohlräume auf, die zunächst von keinerlei Zellen umgeben sind. Diese Hohlräume fließen über dem Schlunde allmählich zu einem einzigen größeren Raum zusammen, der vorn bis in die Gehirngegend, hinten bis zur Genitalanlage reicht und da- mit die erste Anlage des Darmes bildet (Fig. 59dl), indessen aber bloß das nackte Lumen desselben darstellt, da es ringsum von Dotter- kugeln umgeben wird, aber noch keine epitheliale Auskleidung be- sitzt. Diese entsteht erst sekundär und zwar teilweise von den Zellen aus, die bereits in Stadien wie Fig. 55 dorsal der innern Pharyngealtasche aufsitzend zu erkennen sind — die also ähnlich wie die entsprechenden Zellen -von Mesostomum ehrenbergte (vgl. Fig. 36da) die am frühesten differenzierten Darmzellen (Fig. 59da) zu sein scheinen — und teilweise von den zwei bis drei Schichten in- | differenter Zellen, die, wie schon mehrfach ausgeführt, die Tiere in ihrem ganzen Umfange umgeben und sich anscheinend durch direkte und indirekte Teilungen rasch vermehren. Von diesen Zellen (da) findet man zuerst einzelne (Fig. 59), dann mehrere (Fig. 60«) an den Rand des das Darmlumen bildenden Hohlraumes vorgerückt, sie treten alsdann allmählich miteinander in Verbindung und umgeben schließlich A of Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 277 als einheitliche Schicht das Darmlumen vollständig (Fig. 61 da). An- fangs sind es noch verhältnismäßig wenig Zellen, die das Darm- epithel bilden; es gesellt sich aber allmählich zu diesen ersten Darmzellen noch eine Anzahl ursprünglich zu den indifferenten Zellen sehöriger Zellen hinzu, so daß schließlich das Darmepithel mehr und mehr die massige Gestalt gewinnt, die es im definitiven Zustand - besitzt, während gleichzeitig dadurch das anfangs sehr weite Darm- lumen bis auf einen schmalen Längsspaltraum reduziert wird (Fig. 62 dl). Der Durchbruch der innern Pharyngealtasche in den Darm bereitet sich schon in etwas jüngeren Stadien vor, wie Fig. 605 zeigt. Auf genau die gleiche Weise wie die Herstellung des Darmes er- folgt aber gleichzeitig auch die Bildung der »Spaltleibeshöhle«, die hier ihren Namen im wahren Sinne des Wortes verdient. Außer in der Gegend des Darmes entstehen nämlich auch vor, hinter und neben ihm ähnliche Spalträume (s7) innerhalb der Dottermasse, die zunächst ohne zellige Auskleidung (Fig. 60a und b) die ersten Anfänge der Schizocölbildung darstellen. Erst später treten dann auch an sie einzelne der indifferenten Zellen heran (Fig. 61 sh), um sie schließ- lich mehr oder minder vollständig zu umgeben und so das eigentliche zentrale Leibeshöhlenparenchym zu bilden. Etwas verschieden davon stellen sich die peripheren Teile des Parenchyms dar, das dorsal (Fig. 61 pad) ein lockeres, großmaschiges Geflecht, ventral ( pa») dagegen ein äußerst dichtes Filzwerk bildet. Gleichzeitig entstehen ebenfalls auf Kosten indifferenter Zellen die übrigen histologischen Bildungen des Parenchyms, namentlich die Muskulatur und die zahlreichen Drüsenzellen des Körpers, auf die hier näher einzu- gehen zu weit führen würde. Ich möchte nur noch auf die ventral vom Gehirn auftretenden großen Drüsenzellen (Fig. 61 dr) hinweisen, die in den schon von O. ScHhmipr (1848) beschriebenen, genau in der Mittellinie zwischen Hirn und Schlund gelegenen ventralen Haut- blindsack münden, dessen Entstehung in Gestalt einer unpaaren, nach innen zu Y-förmig sich gabelnden, aber blindendigenden Eimstülpung der Epidermis ebenfalls in diese Stadien fällt. Die Funktion dieses eigentümlichen Organs, das von OÖ. ScHumipr als eine vordere Mün- dung des Wassergefäßsystems angesehen wurde, ist völlig unbekannt. Trotzdem bereits Braun (1885) festgestellt hat, daß dieser Hautblind- sack nichts mit den Exkretionskanälen zu tun hat, ist nach ihm JAworowsKı (1886) doch wieder für einen Zusammenhang beider Bildungen eingetreten, was aber nach meinen Beobachtungen sicher unrichtig ist. 278 Ernst Bresslau, In älteren Stadien schwinden sodann die im Innern (Fig. 61d) des Körpers gelegenen Dotterkugeln mehr und mehr, womit gleich- zeitig eine auffällige Vermehrung der indifferenten Zellen des Paren- chyms Hand in Hand geht (Fig. 62). Ich möchte auf diese Vermeh- rung, die in gleicher Weise auch bei den Trieladen zu beobachten ist, ein ganz besonderes Gewicht legen, da sie mir die Erklärung für die so überaus hohe Regenerationsfähigkeit der Turbellarien zu liefern scheint. | In Stadien wie Fig. 62, welcher Schnitt von einem noch in der Mutter eingeschlossenen Tier stammt, sind die Jungen reif zur Geburt. Sie unterscheiden sich alsdann von den erwachsenen Tieren außer durch ihre Kleinheit und etwas geringere Pigmentierung wesentlich nur noch durch die unvollständige Ausbildung ihres Geschlechtsapparates. - C. Die Entwicklung der Sommereier von Mesostomum lingua und productum. | Während die in meiner vorläufigen Mitteilung (1899) gemachten An- gaben sich auf Mesostomum productum beziehen, habe ich mich bei mei- nen weiteren Untersuchungen wesentlich an Mesostomum lingua gehalten, da mir von dieser Species aus dem neben dem zoologischen Institut ge- legenen Teich des botanischen Gartens in bequemster Weise zu er- langendes Untersuchungsmaterial in reichlicher Menge zur Verfügung stand, während die Exemplare von Mesostomum productum in größerer Zahl nur in entfernteren Tümpeln und Gewässern der Umgebung Straß- burgs erbeutet werden konnten. Es war dies für die Ergebnisse der Untersuchung deshalb gleichgültig, weil sowohl der Bau der Eier beider Species wie der Verlauf ihrer Entwicklung im wesentlichen der gleiche ist. Es ist aber zu beachten, daß der folgenden Dar- stellung, ebenso wie den Figuren der Taf. XIX, der größeren Einheit halber lediglich die bei Mesostomum lingua beobachteten Verhältnisse zugrunde liegen. | Noch eine zweite Bemerkung möchte ich vorausschieken. Wie schon eingangs dieser Arbeit ausgeführt wurde, nehmen die Sommer- eier von Mesostomum lingua (und productum) eine Mittelstellung zwischen den Sommereiern von Mesostomum ehrenberge und Bothromesostiomum personatum ein. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn dieser Umstand auch in dem Entwicklungsverlauf zur Geltung kommt, wie aus den folgenden Ausführungen sich sogleich ergeben wird. Um nun allzu häufigen Wiederholungen aus dem Wege zu gehen, sollen daher im folgenden nur die für Mesostomum lingua eharakteristischen Verhältnisse Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellen. 1. as) ausführlicher behandelt werden, während der allgemeine Gang der Entwicklung nach der in den vorausgegangenen Abschnitten gegebenen Darstellung als bekannt vorausgesetzt und daher nur in flüchtigen Umrissen angedeutet werden soll. 1. Bildung der Eier. Die Sommereier von Mesostomum linguwa besitzen im großen und ganzen eine Gestalt, die mehr an die der Sommereier von Bothro- mesostomum personatum als an die von Mesostomum ehrenbergi erinnert. _ Wie dies bei den Eiern der erstgenannten Form der Fall ist, wird auch hier der Keimzelle von vornherein die zur Entwicklung nötige Dotter- masse beigegeben. Infolgedessen ist eine nachträgliche Aufnahme von Nährflüssigkeit auf osmotischem Wege — wie bei den Sommereiern von Mesostomum ehrenberge — unnötig; es unterbleibt daher ein Anwachsen der Eier im Verlauf der Entwieklung, vielmehr besitzen sie von Anfang an ihre definitive Größe. Ihr Durchmesser, ungefähr 0,17 mm, ist etwas kleiner als der der Sommereier von Bothromesostomum perso- natum, ihre Gestalt oftmals die eines länglichen Ellipsoids (Fig. 68). Gleichzeitig unterscheiden sie sich von den Sommereiern von Bothromesostomum personatum dadurch, daß sie nicht in mehreren Schüben unmittelbar vor den Wintereiern, sondern lange Zeit vor Beginn der Wintereierperiode gebildet werden, so daß daher, von pathologischen Fällen abgesehen, hier ebenso wie bei Mesostomum ehrenbergi niemals beide Eiarten in demselben Individuum zu beob- achten sind. Dementsprechend sind hier die Dotterstöcke zur Zeit der Sommereibildung noch verhältnismäßig weit von dem Zustand völli- ser Reife, den sie erst in der Wintereiperiode erreichen, entfernt, und die Dotterzellen der Sommereier von denen der Wintereier in verhältnismäßig hohem Grade verschieden. Die Dotterzellen der Sommereier von Mesostomum lingua haben un- mittelbar nach dem Verlassen des Dotterstockes eine unregelmäßige, amöboid sich verändernde Gestalt (Fig. 65 d). Sie sind verhältnis- mäßig plasmareich, besitzen große, von einer stärker tingierten Plasma- schicht umgebene, bläschenförmige Kerne mit großen, sich stark färbenden Nucleolen und enthalten nur wenige (1—3), allerdings ziemlich große, kuglige Dottertropfen. Diese Dotterkugeln sind stark liehtbrechend und zeigen dieselben Farbstoffreaktionen, wie die der Dotterzellen von bothromesostomum personatum. In diesem Zustand bleiben die Dotterzellen jedoch nur ganz kurze Zeit nach ihrem Austritt aus dem Dotterstock erhalten. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd, 19 280 Ernst Bresslau, Unmittelbar nach der Bildung der Eischale scheinen sie zu zerfallen, so daß ich hier niemals Eier angetroffen habe, die noch intakte Dotterzellen besessen hätten, wie dies bei den beiden anderen Arten der Fall ist (vel. Fig. 2 und 42). Über die höchst eigentümliche Art, wie dieser Zerfall vor sich geht, werde ich später berichten. Über die Keimzellen, deren Durchmesser etwa 0,03 mm beträgt, ist nichts besonderes auszusagen, ihre Besamung erfolgt, wie Fig. 69 beweist, schon vor der Bildung der Eihaut beim Passieren des Recepta- culum seminis. Die Eihaut selbst ist überaus zart und dünn und vollkommen durchscheinend. Die Uteri stellen bei Mesostomum lingua ebenso wie bei Bothro- mesostomum personatum weite Hohlräume dar, in denen die Eier in mehreren Schichten nebeneinander Platz haben und demgemäß bei den Bewegungen des Muttertieres oftmals durcheinander gewürfelt werden. Sämtliche Eier desselben Individuums befinden sich jedoch, ähnlich wie bei Mesostomum ehrenbergi, auf annähernd der gleichen Entwiceklungsstufe; es kommt niemals vor, daß sie so weit verschie- denen Stadien angehören, wie dies bei Bothromesostomum personatum regelmäßig der Fall ist. 2. Entwicklungsvorgänge bis zur Bildung der Embryonalanlage. Was die Reifungs- und Befruchtungserscheinungen, sowie den Teilungsprozeß betrifft, so kann ich mich äußerst kurz fassen und mich wesentlich mit dem Hinweis darauf begnügen, daß diese Vorgänge hier mit den von den beiden anderen Arten her bekannten Verhältnissen fast völlig übereinstimmen, wie z. B. Fig. 66 zeigt, die das Ergebnis der ersten Teilung, ein Makromer und ein Mikro- mer, darstellt. Fig. 67 gibt einen Schnitt durch ein Zwölfzellenstadium wieder, auf dem fünf Blastomeren getroffen sind. Die weiteren Tei- lungen sind in ihrem Verlauf nicht genauer zu verfolgen, sie liefern wie bei Bothromesostomum personatum schließlich einen inmitten der Dottermasse gelegenen Haufen von Blastomeren, die Embryonal- anlage, an der irgendwelche besondere Differenzierungen nicht zu erkennen sind. Von weit größerem Interesse ist dagegen hier das Verhalten der Dotterzellen, die, wie ich bereits oben erwähnt habe, unmittel- bar nach der Bildung der Eihaut zerfallen. Der Zerfall beginnt damit, dab das Plasma der Dotterzellen untereinander verschmilzt, so daß zunächst eine einheitliche syneytiale Dottermasse zustande kommt, in deren Plasma die Dotterkugeln und die deutlich erkennbar | Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 281 bleibenden Kerne eingebettet sind (Fig. 66 d). Allmählich verschwindet dann der größte Teil des Dotterzellenplasmas, indem er anscheinend verflüssigt wird (Fig. 67). Von hoher Wichtigkeit ist nun aber, daß dabei nicht auch die Kerne der ursprünglichen Dotterzellen sämtlich mit aufgelöst werden und zugrunde gehen, sondern daß im Gegenteil eine Anzahl von ihnen jeweils mitsamt einem Teile des Plasmas, das sie umgeben hatte, erhalten bleibt, und daß diese derart rekonstruierten Zellen sich nach und nach an der Peripherie des Eies dicht unter der Eischale ansammeln (Fig. 67 d,). Diese Bildungen, die wir auch weiterhin antreffen werden, können wohl nur als Dotterzellen aufgefaßt wer- den, die sich ihres Dottermaterials entledigt haben; sie erinnern daher auch in diesem Punkte — ebenso wie durch ihre periphere Anordnung — an die Hüllzellen von Mesostomum ehrenbergi, die ja sleichfalls aus peripher gelegenen Dotterzellen, die ihren Vacuolen- inhalt verlieren, hervorgehen. Es ist demnach wohl gerechtfertigt, wenn wir auch diese Bildungen von Mesostomum lingua als Hüllzellen bezeichnen. | Das Dottermaterial selbst ist nach dem Zerfall der Dotterzellen in Gestalt größerer und kleinerer, äußerst stark lichtbrechender, kug- liser Tropfen innerhalb des ganzen Eies zerstreut (Fig. 67). Dabei erreichen die Dotterkugeln zum Teil eine viel bedeutendere Größe, als dies bei den Dotterkugeln von .Bothromesostomum personalum der Fall war, ein Verhältnis, das ja auch schon an den noch inner- halb der Dotterzellen gelegenen Dottertropfen zu erkennen war. Bei Färbung mit Eisenhämatoxylin läßt sich auch hier konstatieren, daß die Blastomeren kleinere Dottertropfen (Fig. 67 rd) anscheinend zum Zwecke der Resorption direkt in sich aufnehmen. ‘Ein besonderer Fall, der mir ähnlicher Art zu sein scheint, ist in Fig. 65 dargestellt. In der Keimzelle, die sich in Vorbereitung zur Bil- dung des ersten Richtungskörperchens befindet, ist hier an dem einen Pol nahe der Peripherie ein mit Karmin stark gefärbtes, rundliches Körperchen (x) zu erkennen, das von einer Vacuole umschlossen ist, die sich auch noch auf dem folgenden Schnitt findet. Was dies Gebilde zu bedeuten hat, ist mir nicht ganz klar geworden. Der Spermakern kann es wohl kaum sein, da in der Keimzelle noch außerdem der Achsen- faden eines Spermatozoons (sp) zu erkennen ist, — es würde sonst hier ein Fall von Doppelbef:uchtung vorliegen, — und da ferner der ‚Spermakern sonst nicht von einer Vacuole umschlossen zu sein pflegt. _ Dagegen besitzt das Körperchen x eine auffallende Ähnlichkeit mit 19* Mi 282 Ernst Bresslau, den Nucleolen der umliegenden Dotterzellen, so daß ich es für nicht unmöglich halte, daß es sich hier um einen solchen handelt. Es würde dann anzunehmen sein, daß die Keimzelle eine Dotterzelle aufge- nommen und assimiliert hätte, wobei das Kernkörperchen am längsten der Resorbierung Widerstand geleistet hätte. Für diese Auffassung würde auch der Umstand sprechen, daß die Keimzelle hier einen etwas größeren Durchmesser (etwa 0,041 mm) besitzt, als er normaler- weise diesen Stadien zukommt. 3. Entwicklungsvorgänge bis zur Geburt. Wie bei den beiden anderen Arten, so. gehen auch hier die Ent- wieklungsvorgänge, die von der undifferenzierten Embryonalanlage zur Bildung des Embryos hinüberleiten, den gleichen allgemeinen Gang, indem sie sich ebenfalls in den drei Akten der Herstellung der bilateralen Symmetrie, der Bildung der ersten Organanlagen und der Differenzierung der Epidermis abspielen. Während jedoch bei Mesostomum ehrenbergi alle drei Prozesse erst beginnen, nachdem die Embryonalanlage vollkommen in die eine Eihälfte zu liegen gekommen ist und mit ihrer Ventralseite die Eihaut überall direkt berührt (vgl. Fig. 23), während dagegen bei Bothromesostomum personatum dieselben Vorgänge an der ringsum von Dottermasse umgebenen Embryonalanlage, sich vollziehen und der Kontakt zwi- schen ihr und der Eihaut erst nachträglich, nachdem die Differen- zierung der Epidermis bereits begonnen hat (vgl. Fig. 55), hergestellt wird, fällt hier der Zeitpunkt, in dem Embryonalanlage und Eihaut zur Berührung kommen, mit der Zeit der Bildung der ersten Organ- anlagen zusammen, d. h. in die Mitte jener drei Entwicklungsakte. So kommt es, daß also auch in diesem, für das Bild des Entwicklungs- verlaufes so wichtigen Punkte die Verhältnisse bei Mesostomum lingua eine zwischen den extremen Typen der beiden andern Arten vermittelnde Stellung einnehmen, wie dies ja schon mehrfach her- vorgehoben wurde. Zu der Zeit, wo innerhalb der Embryonalanlage die bilaterale Symmetrie sich ausbildet, — indem zuerst ihre Blastomeren sich sym- metrisch anordnen, worauf das Ganze in zwei symmetrische Hälften auseinanderweicht (Fig. 68), — ist die Embryonalanlage noch rings von Dottermasse umgeben, die jedoch ventral nur noch eine einfache, dünne Schicht bildet, was natürlich auf dem Frontalschnitt der Fig. 68 ° nicht zum Ausdruck kommen kann. In etwas älteren Stadien da- gegen, wenn die Bildung der Organanlagen deutlich in Erscheinung y - r Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 283 tritt, findet man die Embryonalanlage ventralwärts mit der Eihaut in - direkter Berührung. Ich habe in der Fig. 69 sämmtliche Schnitte (Querschnitte) durch ein Ei dieses Alters abgebildet, auf denen die Embryonalanlage getroffen ist. Man erkennt vorn das Hirn (gA), charakterisiert durch die paarige Anlage der Leypıgschen Punkt- substanz (Schnitt ec), und dahinter auf den Schnitten e—g die unpaar- kuglige Pharyngealmasse (ph). Auf Schnitt % liegen an der ent- sprechenden Stelle eine Anzahl großer Zellen mit mitotischen Kernen (gn); sie stellen die hier noch unmittelbar mit der Pharyngealmasse zusammenhängende, erst sekundär von ihr sich abspaltende Anlage des Genitalapparates dar. Der Vorgang der Organbildung bewegt sich also vollkommen in den von den beiden andern Arten her be- kannten Bahnen. Interessantere Erscheinungen treten dagegen zutage, wenn man die Verhältnisse der Epidermisbildung einer genaueren Betrachtung unterzieht. Diese beginnt unmittelbar nachdem die Ventralseite der Embryonalanlage mit der Eihaut in Kontakt gekommen ist, also nur kurze Zeit nachdem die Differenzierung der Organanlagen ihren An- fang genommen hat. Wie die Schnitte der Fig. 69 lehren, erfolgt auch hier die Bildung der Epidermis auf Kosten der ventralen peri- pheren Zellenschicht der Embryonalanlage, indem die betreffenden Zellen sich aus dem Verbande der übrigen sondern, eine gleich mäßigere, etwa kubische Gestalt annehmen und sich zu einem epi- thelialen Gefüge zusammenschließen. Die Sonderung nimmt dabei inder Gehirngegend ihren Anfang und ist daher auf den dieser entsprechen- den Schnitten der Fig. 69 (c und d, ep) am weitesten vorgeschritten, während sie auf den mehr caudal gelegenen Schnitten (e—h) erst in ihren Anfängen begriffen ist. Wie bei Bothromesostomum personatum ist auch hier leicht zu konstatieren, daß die Epidermis nicht als ein- heitliche Bildung differenziert wird, sondern aus einer paarigen An- lage sich entwickelt, die mit der vorausgegangenen Sonderung der Embryonalanlage in zwei bilateral-symmetrische Hälften zusammen- hängt. Die sukzessiven Querschnitte der Fig. 69 zeigen nämlich, daß auch hier, bei Mesostomum lingua, die Ventralseite der Embryonal- anlage nicht sofort vollständig mit der Eihaut in Berührung tritt, und zwar aus dem Grunde, weil sie keine vollständig konvexe Oberfläche besitzt, sondern vielmehr aus der Zeit des ersten Auftretens der bi- lateralen Sonderung her in ihrer Mittellinie etwas eingeschnürt ist, so daß eine von vorn nach hinten verlaufende ventrale Rinne (vgl. in Fig. 68 die mit d bezeichnete Stelle) zustande kommt. In dieser 284 Ernst Bresslau, medianen Längsrinne erhält sich natürlich die Dottermasse auch dann noch, wenn im übrigen die Embryonalanlage der Eihaut direkt an- liegt, und eben dieser ventrale Dotterlängsstreifen (Fig. 69) ist es, der den Zusammenschluß der beider Epidermishälften in der Mittel- linie der Bauchseite verzögert und die paarige Anlage der Körper- haut daher aufs deutlichste zur Anschauung bringt. Immerhin dauert dies paarige Stadium der Epidermisanlage nicht im entferntesten so lange wie bei Dothromesostomum personatum. Vielmehr geht eben- falls bereits aus Fig. 69 hervor, daß der ventrale Dotterlängsstreifen . verhältnismäßig frühzeitig und zwar zuerst am Vorderende (Schnitt «) und von hier aus dann nach hinten fortschreitend resorbiert wird. So kommt es zu der interessanten Erscheinung, daß zu der Zeit, wo normalerweise die Bildung des Pharyngealepithels einzutreten pflegt, die Vereinigung der beiden Epidermishälften bereits so weit vor- geschritten ist, daß unmittelbar danach eine Verbindung der Epi- dermis mit der Schlundauskleidung hergestellt wird. Allerdings er- folgt auch hier die Differenzierung des Schlundepithels (pAhe) in loco, d.h. innerhalb der Zellen der zentralen kugeligen Pha- ryngealanlage (ph), wie sich aus geeigneten Schnitten (Fig. 70) er- gibt. Betrachtet man aber nur wenig ältere Stadien, so müßte man, wenn nur derartige Bilder zur Verfügung ständen, zu der Ansicht kommen, daß die Schlundauskleidung unmittelbar von der Epidermis abstammt. Noch ein weiterer Punkt verdient bei diesen Vorgängen, die die Differenzierung der Epidermis herbeiführen, besondere Be- achtung: das Verhalten der Hüllzellen nämlich und zwar deshalb, weil diese mit der Bildung der Epidermis zugrunde gehen. Wie Fig. 68 (k) zeigt, finden sie sich, selange die Embryonalanlage noch inmitten der Dottermasse gelegen ist, ringsum an der Peripherie der letzteren in größeren Zwischenräumen verstreut. Zu der Zeit aber, wo die Embryonalanlage ventral an die Eihaut herangerückt ist, gehen sie hier, da ihre Existenz anscheinend an das Vorhandensein von Dottermasse gebunden ist, teils zugrunde, teils werden sie nach der Mittellinie hin, wo sich ja der ventrale Dotterlängsstreifen noch einige Zeit erhält, verschoben, so daß man sie hier in verhältnismäßig großer Zahl antrifft (% in Fig. 69, Schnitte e, d, f, 9) Mit dem weiteren Fortschreiten der Epidermisbildung und der gleichzeitigen Resorption des Dotterlängsstreifens gehen sodann auch hier die meisten von ihnen zugrunde. Regelmäßig aber findet man un- mittelbar vor der Vereinigung der beiden Epidermishälften eine oder zwei Hüllzellen in der typischen, aus Fig. 70 (k,) ersichtlichen Lage — Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 285 senau in der Mittellinie der Bauchseite gelegen, wobei man sich er- innern wird, daß ich auch bei Mesostomum ehrenbergi (vgl. Fig. 27 h) ein ähnliches Verhalten beobachten konnte. Schließlich, nachdem die Epidermis an der Ventralseite vollständig ausgebildet ist, sind dann die Hüllzellen hier sämtlich verschwunden. In derselben Weise geht sodann auch der dorsal übrig gebliebene Rest der Hüllzellen (Fig. 70 %) zugrunde, sobald sich die Epidermis hierhin ausbreitet. Dies geschieht senau ebenso, wie bei den beiden anderen Arten, indem sich ihre Zellen abplatten und infolgedessen der Eihaut folgend dorsalwärts an dieser hinaufschieben. Über die Bildung des Embryos, die wie dort durch Umwachsung nicht nur der Embryonalanlage, sondern auch der dorsalen Dotterhemisphäre zustande kommt, brauche ich daher keine weiteren Mitteilungen zu machen. In gleicher Weise kann ich mich, was die weiteren Ent- wieklungsvorgänge bis zur Geburt anbetrifft, kurz fassen, da hierbei wichtigere Besonderheiten nicht zu beobachten sind. Die Bildung der Wimpern und Stäbchen, des Hirns (Fig. 72 gk), der Augen und des Nervensystems geht‘ genau so wie bei den beiden andern Arten vor sich. Auch die Entwicklung des Pharyngealapparates (Fig. 70, 71) nimmt einen ganz ähnlichen Verlauf, wenn auch in einzelnen, den feineren Bau betreffenden Einzelheiten, die auch am Pharynx der erwachsenen Tiere zu konstatieren sind, gewisse Ab- weichungen vorkommen. Ganz auf dieselbe Weise wie bei den beiden andern Arten erfolgt dagegen wiederum die Einstülpung des Mund- bechers und die Differenzierung des Wassergefäßsystems (Fig. 71 wg). In dem Bildungsmodus von Darm- und Leibeshöhle schließt sich Meso- stomum lingua vollständig an .bothromesostomum personatum an, indem erst verhältnismäßig spät innerhalb der Dottermasse, die ursprünglich den ganzen Embryo gleichmäßig erfüllt (Fig. 71, 72.d), Hohlräume entstehen, die sodann von Zellen aus der peripheren indifferenten Zellenmasse umschlossen werden. Dagegen folgt Meso- stomum lingua insofern dem Entwicklungstypus von Mesosiomum ehrenbergt, als alle diese Vorgänge nicht postembryonal, sondern an dem innerhalb der Eihaut eingeschlossenen Embryo sich vollziehen. Infolgedessen wird auch hier der Übergang aus der embryonalen Kugel- sestalt in die länglich gestreckte Wurmform durch eine ventrale oder dorsale Einkrümmung des Embryos innerhalb der Eihaut (vgl. Textfig. I, S. 255) vorbereitet, und damit zusammenhängend die scheinbare Verlage- rung des Hirns in das Innere des Körpers durch die bei jenem Vorgang tatsächlich erfolgende Verschiebung des Vorderendes herbeigeführt. 286 Ernst Bresslau, D. Die Entwicklung der Wintereier. In Anbetracht der außerordentlichen Schwierigkeiten, mit denen die Herstellung brauchbarer Schnittserien bei der Untersuchung der Wintereier verbunden ist, habe ich mich nur insoweit mit ihnen be- schäftigt, als es nötig war, um die wesentlichsten Züge ihrer Ent- wicklung kennen zu lernen. Das Ergebnis dieser Untersuchungen kann in folgenden zwei Sätzen sofort vorweggenommen werden: es hat sich nämlich gezeigt, daß 1) die Entwicklung bei den Wintereiern aller von mir untersuchten vier Arten den gleichen Verlauf nimmt und 2) daß dieser Entwicklungsverlauf sich eng an die bei Dothro- mesostomum personatum beobachteten Verhältnisse anschließt. 1. Bildung der Eier. Die eben gebildeten Wintereier (Fig. 41) gleichen den Sommer- eiern von Bothromesostomum personatum (Fig. 42) außerordentlich; einen wesentlichen — aber wie bereits gesagt (S. 258) bloß quantita- tiven — Unterschied bildet eigentlich nur die Schale, indem sie ein- mal viel dicker ist und ferner allmählich einen gelblichen, schließlich dunkelbraunrot werdenden Ton annimmt. Von besonderem Interesse sind die eigentümlichen Gestaltver- hältnisse, durch die sich die Wintereier der vier von mir untersuchten Arten und zahlreicher anderer Mesostomeen auszeichnen. Im Gegen- satz zu den kugligen oder ellipsoidischen Sommereiern nämlich be- sitzen diese Wintereier eine nach dem Vorgange v. GrArrs (1882) als platt zu bezeichnende Gestalt, d. h. sie stellen eigenartige Rota- tionskörper dar, die im Quetschpräparat kreisrund erscheinen, bei Betrachtung von der Seite her oder im Querschnitt aber sieh als Scheiben oder Linsen erweisen, deren Seiten ein meist verschiedenes Wölbungsverhalten zeigen. Bald sind beide Seiten konvex, aber ver- schieden stark gekrümmt (Textfig. Ild, S. 288), bald ist nur die eine Seite konvex, die andre dagegen plan oder sogar konkav (Textfig. II b), so daß das Ei Schüsselgestalt besitzt. Bei den Wintereiern einzelner Formen soll nach den Angaben O. ScHmipts (1858) sogar eine plan- plane, plan-konkave oder gar konkav-konkave Gestalt vorkommen. Ich selbst habe derartig extreme Typen niemals zu Gesicht bekommen, dagegen das Vorkommen der konvex-konkaven Eiform oftmals bei lebenden Individuen der von mir untersuchten Arten konstatieren können. Besonders leicht ist die Beobachtung bei jungen Sommer- tieren von Mesostomum ehrenbergi zu machen, wo man sich bei der Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 287 Durchsichtigkeit der Tiere vollkommen sicher von der Schüsselform der Wintereier überzeugen kann. Bei den andern Arten ist die Kon- statierung etwas schwieriger, da man die Eier aus den Muttertieren isolieren muß, wobei sie dann von selbst fast regelmäßig auf die kon- kave Seite fallen und in dieser Lage natürlich kreisrund gewölbt erscheinen. Mit einiger Geduld, besonders wenn man das Wasser durch Zusatz einer Spur Gelatinelösung eindickt, gelingt es jedoch auch hier, ein Bild von der konvex-konkaven Seitenansicht, wie ich es in meiner soeben erschienenen Arbeit über die Sommer- und Wintereier der Rhabdocölen (1903) von Bothromesostomum per- sonatum dargestellt habe, zu erhalten. Es fragt sich nun, wie diese merkwürdige Gestalt der Winter- eier zustande kommt? Bereits SCHNEIDER (1875) hat festgestellt, daß die Wintereier von Mesostomum ehrenbergt noch nach der Ablage ihre Gestalt ändern, indem sie zuerst halbkuglig seien, dann nach einiger Zeit aber kuglig werden sollen. Diese Beobachtung ist, wie so viele andre Angaben SCHNEIDERS, die ich im Laufe meiner Untersuchungen "bestätigen konnte, vollkommen richtig, aber sie ist unvollständig, insofern sie das Verhalten der Wintereier vor der Ablage unberücksichtigt läßt. Gerade die hierbei zu beobachtenden Verhältnisse liefern aber meines Erachtens die Antwort auf die oben gestellte Frage. Wenn man junge Sommertiere von Mesostomum ehrenbergi in kleinen Glasdosen — einerlei ob einzeln oder jeweils zu mehreren — aufzieht, so kann man das Verhalten der Wintereier bei und nach ihrer Bildung leicht beobachten. Die Erzeugung ‘von Wintereiern be- sinnt bereits 10—14 Tage nach der Geburt, da ja, wie ich früher (1903) auseinandergesetzt habe, die Sommertiere nicht die Fähigkeit besitzen, vor der Wintertracht zuerst Sommereier zu produzieren. Die Wintereier erscheinen unmittelbar nach ihrer Bildung infolge der Undurchsichtigkeit der Dottermasse rein weißlich, da ihre Schale zunächst noch völlig ungefärbt, also glashell durchscheinend ist. Wenn man derartige Eier isoliert, so findet man, daß die Schalensubstanz eine weiche, zähflüssige, klebrige und fadenziehende Masse darstellt, vor allem aber ist es wichtig, daß die Eier in diesem Zustand noch keineswegs eine platte, sondern eine mehr oder minder vollkommen kuglige oder ellipsoidische Gestalt besitzen (Fig. 41, Textfig. IL«). Binnen verhältnismäßig kurzer Zeit erstarrt jedoch die Schale, wobei sie einen gelblichen Ton annimmt, der allmählich mehr und mehr ins 288 Ernst Bresslau, Braunrote übergeht!. Gleichzeitig damit verändert sich scheinbar un- vermittelt die Gestalt der Eier, indem sie nämlich, sobald ihre Schale dunkel geworden ist, nicht mehr kuglig sondern konkav-konvex ge- formt sind (Textfig. II). a b c d Textfig. IT a—d. Wintereier von Mesostomum ehrenbergi in Seitenansicht: a, unmittelbar nach der Bildung; d, kurze Zeit nach dem Erstarren der Schale; c und d, ältere Stadien. Äußere Einflüsse, z. B. Kontraktionen der Uteruswandungen oder ein gegenseitiger Druck der Eier aufeinander, — woran man zunächst vielleicht denken könnte, — lassen sich für diese merkwürdige Ge- staltveränderung der Wintereier kaum verantwortlich machen, da man die Eier bei den Bewegungen der Tiere sich innerhalb der Uteri hin- und herdrehen sieht, so daß sie keinesfalls irgendwelchen be- sonderen Druckverhältnissen ausgesetzt sein können. Es bleibt daher wohl nichts andres übrig, als die Ursache dieser Gestaltveränderung innerhalb der Eier selbst zu suchen. Wie man sich nun erinnern wird, findet in den Sommereiern von Bolhromesosiomum personatum, sowie von Mesostomum lingua und pro- ductum unmittelbar nach ihrer Bildung ein Zerfall der ihnen beige- sebenen Dotterzellen statt, wobei zunächst ihr Plasma verflüssigt wird und die in ihnen ursprünglich eingeschlossen gewesenen Dotterkugeln sich eng aneinander legen (vgl. Fig. 42 und 45). Was aus der dabei entstehenden Flüssigkeit wird, läßt sich nur vermuten: ein Teil wird wahrscheinlich von der Keimzelle und den aus ihr hervorgegangenen Blastomeren resorbiert, ein andrer Teil vielleicht nach außen abge- geben. Bei den weichschaligen Sommereiern wird sich nun eine der- 1 Der eigentümliche Prozeß, der den Schalen der Wintereier beim Erstarren den gelben, später braunrot werdenden Farbenton verleiht, wird durch die Konservierung nur abgeschwächt, aber nicht völlig verhindert. So kommt es, daß die Schale des der Fig. 41 zugrunde liegenden Wintereies gelblich gefärbt ist, obwohl sie zur Zeit seiner Konservierung vollkommen farblos war. Bei Mesostomum lingua zeigt die Schale der Wintereier, ehe sie beim Erstarren dunkelbraunrot wird, oftmals einen grünlichen Ton, wie dies schon ©. SCHMIDT (1848) beobachtet hat. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 289 artige geringe Flüssigkeitsabgabe kaum bemerkbar machen, indem die weiche Schale der durch diese Schrumpfung eintretenden, wohl auch kaum bedeutenden Verkleinerung des Eies allseitig folgen wird. Ganz anders muß dagegen diese Flüssigkeitsabgabe bei den Wintereiern wirken, zumal wenn sie hier bei dem Zerfall der Dotterzellen, — der hier ebenso wie bei den Sommereiern stattfindet (vgl. Fig. 41 und 63), — ‚infolge der größeren Mächtigskeit der Dottermasse stärker ist als bei jenen. Hier macht die Elastizität der hart gewordenen Schale eine allseitig gleichmäßige Schrumpfung unmöglich; die Folge ist daher, daß sich das Ei einseitig, wie ein Gummiball, einstülpt und auf diese Weise seine konkav-konvexe Gestalt (Textfig. IIb) erhält. Mit dieser Annahme, daß die konkav-konvexe Gestalt der Winter- eier einerseits durch einen Schrumpfungsprozeß infolge von Flüssig- keitsabgabe beim Zerfall der Dotterzellen, andrerseits durch die Elastizität der Schale bedingt ist, stimmen nun auch die im weiteren Verlauf der Entwicklung an ihnen zu beobachtenden Erscheinungen überein. Denn, wie ja .schon aus der Angabe SCHNEIDERS hervor- seht, bildet diese Schüsselform nicht die definitive Gestalt der Winter- _ eier, sondern ändert sich, nachdem sie nur verhältnismäßig kurze Zeit bestanden hat. Bald nach Erreichen der Schüsselgestalt scheint nämlich wieder umgekehrt eine Aufnahme von Flüssigkeit von außen her ins Innere der Eier stattzufinden; wenigstens kann man an den lebenden Wintereiern von Mesostomum ehrenbergi nicht selten be- obachten, daß sie nach einiger Zeit die in Textfig. IIc im Umrib gezeichnete Gestalt annehmen, die man mitunter auch bei stark elasti- schen Gummibällen erhalten kann, wenn sie sich wieder mit Luft füllen. Indem sich nun bei anhaltender Flüssigkeitsaufnahme diese inmitten der konkaven Aushöhlung auftretende konvexe Vorwölbung mehr und mehr ausbreitet, erhält man allmählich die ovoide Gestalt, die in Textfig. IId gezeichnet ist, und diese wieder kann schließlich allmählich in die Kugelgestalt übergehen, in der dann die Eier bis zum Auskriechen der Jungen verharren. Was diese eigentümlichen Gestaltveränderungen der Wintereier zu bedeuten haben, wird natürlich durch die eben vorgetragenen Be- obachtungen nicht erklärt; wohl aber wird dadurch dargetan, wie es kommt, daß verschiedene Autoren verschiedene Angaben über die Gestalt der Wintereier derselben Tiere machen können. Wenn FuHRrMANN(1894) behauptet, niemals bei den von ihm untersuchten Meso- stomiden konvex-konkave, sondern nur ovale Wintereier beobachtet zu haben, so beweist das noch nicht, dab damit die anderen Autoren 290 Ernst Bresslau, die von den Wintereiern der gleichen Tiere die erstere Gestalt angeben, sich getäuscht! haben. Vielmehr haben den verschiedenen Autoren wahrscheinlich eben nur verschiedene Entwiecklungsstadien derselben Eier vorgelegen, deren Gestaltunterschiede, wie Textfig. II beweist, sehr bedeutend sein können. Es ist dies übrigens in ein- zelnen Fällen auch schon von O. ScHhmipr (1848 bei Mesostomum ietragonum, 1858 bei Mesostomum eyathus) beobachtet worden; in neuester Zeit gibt sodann auch DorxeEr (1902) an, bei Mesostomum cyathus meist konkav-konvexe, seltener plan-konvexe Wintereier be- obachtet zu haben. Wie oben bereits erwähnt, besitzen die Wintereier unmittelbar nach ihrer Bildung eine kuglige (Fig. 41) oder ellipsoidische Gestalt und erscheinen, da ihre Schale anfangs glashell durchscheinend ist (s. die Anmerkung auf S. 288), infolge der Undurchsichtigkeit der Dottermasse zunächst rein weiß. Ihre Größe ist dabei oftmals — in einzelnen Fällen sogar bei den Wintereiern desselben Tieres, was auch schon v. GRAFF (1882) bei Mesostomum rostratum beobachtet hat —, sehr verschieden, besonders bei Mesostomum ehrenbergi, wo ich Schwan- kungen zwischen 0,37 und 0,62 mm notiert habe. Allerdings ist da- bei zu beachten, daß es sich in diesen Fällen um Wintereier von Sommertieren handelte, die ich in kleinen Gefäßen groß zog, und die daher höchstwahrscheinlich sehr verschiedenen Ernährungsverhältnissen ausgesetzt waren. In der Natur dagegen bei Exemplaren, die in demselben Gewässer gefangen wurden, habe ich derart ungeheure Größenschwankungen nicht beobachten können. Nach zahlreichen Messungen ergibt sich hier vielmehr als Durchschnitt: für die Winter- eier von Mesostomum ehrenbergi ein Durchmesser von 0,45—0,5 mm, für Mesostomum lingua und Bothromesostomum persomatum ein Durch- messer von 0,26—0,5 mm. Im konkav-konvexen Zustand beträgt das Verhältnis zwischen längstem und kürzestem Durchmesser der Wintereier im Durchschnitt 25:1. Die Dotterzellen der Wintereier (Fig. 41d) haben ein vollkommen schaumiges Aussehen, insofern als sie total mit kleinen und kleinsten Tröpfehen stark lichtbrechenden Dottermaterials erfüllt sind, die nur durch spärliche Plasmamassen zusammengehalten werden. Ihre Kerne sind groß, stark tingiert und lassen eine feinere Struktur nicht erkennen. 1 Wie FUHRMANN ganz richtig hervorhebt, schrumpfen die Wintereier bei plötzlichem Alkoholzusatz stets derart, daß sie eine konkav-konvexe Gestalt annehmen. Es spricht dies ebenfalls dafür, daß das natürliche Auftreten dieser Gestalt einer Flüssigkeitsabgabe zuzuschreiben ist. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 291 2%. Entwicklungsvorgänge. Von der Keimzelle (Fig. 41 ex) ist nichts besonderes auszusagen, ihre Besamung findet vor, Reifungs- und Befruchtungsprozeß dagegen nach der Bildung des Eies statt. Auch auf die Teilungsvorgänge braucht nicht näher eingegangen zu werden. Fig. 63 zeigt einen Schnitt durch ein Stadium von etwa 30 Zellen, auf dem sich die Blastomeren in regster Teilung befinden. Von Keimblättern oder einem Gastrulationsvorgang, wie ihn HALLEZ (1879) gerade bei den Wintereiern beobachtet haben will, ist natürlich hier ebensowenig die Rede wie bei den Sommereiern. Vielmehr ist das Resultat des Teilungsprozesses wie dort die Bildung der un- differenzierten Embryonalanlage. Was die Dotterzellen betrifft, so sind, sie auf die gleiche Weise, wie es oben in den die Sommer- eier von Dothromesostomum personatum und Mesostomum lingua be- handelnden Kapiteln auseinandergesetzt wurde, kurze Zeit nach der Bildung des Eies zerfallen, indem ihr Plasma zuerst zu einem Syn- eytium sich vereinigt und dann sich auflöst. Wie bereits erwähnt, hat diese Auflösung des Dotterzellenplasmas wahrscheinlich eine.Ab- sabe von Flüssigkeit nach außen zur Folge und ist damit bei der Starrheit und Elastizität der Eischale, die nicht allseitig schrumpfen kann, die Ursache für die um diese Zeit sich ausbildende konkav- konvexe Gestalt der Wintereier (Fig. 64). Die weitere Entwicklung — Herstellung der bilateralen Sym- metrie, Bildung der ersten Organanlagen und der Epidermis — ist mit den bei Bothromesostomum personatum zu beobachtenden Vor- sängen so gut wie identisch. Nur ein einziger Unterschied besteht, und zwar darin, daß die Embryonalanlage, auch wenn die Epidermis an der Ventralseite bereits fertig gebildet ist (Fig. 64), noch allseitig von Dottermasse umgeben ist. Der Kontakt zwischen Embryonal- anlage und Eischale kommt also hier noch später zustande als bei bothromesostomum personatum, ohne daß hierdurch jedoch der Ver- lauf der Entwicklung im einzelnen irgendwie wesentlich modifiziert würde. Auch die weiteren Entwicklungsvorgänge bieten gegenüber den von den Sommereiern von BDothromesostomum personatum ge- schilderten Verhältnissen keinerlei Besonderheiten dar. Literatur über die Entwicklung der Rhabdocölen. Die ersten Angaben über die Entwicklung der Rhabdocölen finden sich bei FockE (1836), der bei Mesostomum ehrenbergi beobachtete, daß die Tiere »entweder lebendige Junge zur Welt bringen oder mit einer harten braunen Schale umgebene Eier 292 Ernst Bresslau, legen, aus denen sich die Jungen entwickeln«. Die Eier, die ihre Entwicklung im Muttertier durchmachen, enthalten in ihren jüngsten Stadien >eine aus großen wasserhellen Blasen bestehende Dottermasse«. »Diejenigen Organe, die sich am frühesten entwickeln, scheinen .... der Saugnapf (i. e. Pharynx) und die Augen mit den dazu gehörigen Muskeln (i. e. das Hirn) zu sein. Das ausgeschlüpfte Junge hat merkwürdigerweise die Fähigkeit. sehr schnell das Wasser nach allen Richtungen zu durchkreuzen, welche dem ausgebildeten Tiere ganz abgeht und scheint sich noch eine Zeitlang von dem in sein Inneres aufgenommenen Dotter zu ernähren.< Von etwas jüngeren Stadien gibt er an: »Die Gegend, wo alle später zu entwickelnden Organe liegen, besteht aus lauter größeren und kleineren Blasen..... Nur der Saugnapf ist deutlich abgegrenzt.«< Nach O..ScHMiDrT (1848) ist die Entwicklung der Sommereier der Mesostomiden folgende: »Das Ei streckt sich gewöhnlich zu einer elliptischen Form; dann wird an dem einen Ende der Dotter in eine ganz klare Flüssigkeit aufgelöst und die ersten wahr- nehmbaren Teile des Embryos sind die Augenflecke. Es bildet sich von vorn nach hinten eine Haut, an der sehr bald Wimpern und stabförmige Körperchen, erstere in voller Tätigkeit, sich unterscheiden lassen. Auch der Mund tritt nun hervor. Mit der Entfaltung dieser Organe verschwinden die von der Leibes- höhle des Embryos umschlossenen Dotterzellen mehr und mehr, sie sind jedoch selbst nach dem Auskriechen noch nicht ganz aufgezehrt.... Die in sich ge- krümmten Embryonen bewegen sich im Ei sehr lebhaft. Nachdem die Schale geplatzt ist, bleiben sie noch einige Zeit frei im Mutterleib, sind aber unempfind- lich gegen eine künstliche Frühgeburt, indem sie dann ohne Schaden im Wasser fortfeben und wachsen. Von Geschlechtsteilen ist in den Jungen keine Spur zu bemerken, es findet sich aber doch in dieser Entwicklung nichts, was mit einer Metamorphose verglichen werden könnte.«< LEUCKART (1852) gibt sodann, ebenso wie FOCKE und SCHMIDT, an, daß bei Mesostiomum ehrenbergi »die Embryonen sich ohne alle Metamorphose entwickeln«, sowie daß »zuerst von allen Organen der Pharynx, bald darauf auch das Augenpaar entsteht«. Über die Eibildung und die ersten Entwicklungsvorgänge bei Mesostomum ehrenbergi hat sodann SCHNEIDER (1873 und 1883) eine Reihe von Beobachtungen mitgeteilt, deren ich im Laufe dieser Arbeit sowie in meiner früheren Arbeit über die biologische Bedeutung der Sommer- und Wintereier der Rhabdocölen (1903) mehrfach gedacht habe. Wie ich dort ausgeführt habe, beruhen die meisten Angaben SCHNEIDERSs auf vollkommen richtigen Beobachtungen — so hat er als erster u. a. das verschiedene Verhalten der Dotterstöcke und der übrigen Organe des weiblichen Geschlechtsapparates in den Perioden der Sommer- und Winterei- bildung, sowie die Umwandlung der Dotterzellen der Sommereier von Mesostomum ehrenbergi in Hüll- und Vacuolenzellen (s. S. 235) gesehen —, der Wert dieser Beobachtungen wird aber oftmals durch die absonderlichen Schlußfolgerungen, die SCHNEIDER aus ihnen zu ziehen pflegt, stark beeinträchtigt. Neben diesen spärlichen Angaben der genannten Autoren stehen nun die Mitteilungen von HaAutezz (1879), die bisher die Grundlage unsrer Kenntnisse von der Entwicklung der Rhabdoecölen geliefert haben und, wie bereits eingangs (5. 213) zitiert, scheinbar ergeben, daß hier »trotz der Anwesenheit der Dotter- zellen die Entwicklung in ähnlicher Weise verläuft, wie bei den Polycladen«. | Nach HAurez führt der Teilungsprozeß in den Wintereiern der verschieden- sten Süßwasserrhabdocölen, nachdem sich die Keimzelle zuerst in zwei, dann in vier gleich große Blastomeren geteilt hat, in seinem weiteren Verlauf zur Bildung einer epibolischen Gastrula, die mit der von ihm bei den Polyeladen (Leptoplana Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 993 und Burylepta) beobachteten Gastrula fast vollständig übereinstimmen soll. Nach der Umwachsung des Entoderms durch das Ektoderm bedeckt sich das letztere mit Wimpern, mit deren Hilfe der Embryo in der Masse der Dotterzellen umher- schwimmt. Das Entoderm bildet sodann, indem sich seine Zellen in einer ein- fachen Schicht anordnen, den Darm. Gleichzeitig scheint aus ihm der Pharynx hervorzugehen und, nachdem er nach außen durchgebrochen ist, die Dotterzellen anscheinend durch Schluckbewegungen ins Innere der Darmhöhle zu befördern. Zur Bekräftigung dieser Angaben gibt HAaLuzez auf Taf. XI seiner Arbeit eine große Anzahl von Figuren, die tatsächlich alles das erkennen lassen, was er sesehen zu haben behauptet. So zeichnet er u. a. eine epibolische Gastrula von Mesostomum ehrenberge (Taf. XI, Fig. 30), bei der vier große Entodermzellen zur Hälfte von kleineren und rascher sich teilenden Ektodermzellen überwuchert sind; er zeichnet ferner ältere derartige Gastrulae verschiedener andrer Meso- stomiden, bei deren einer das Ektoderm bereits Wimpern trägt (Taf. XI, Fig. 25); er zeichnet endlich ‘ein ganzes Winterei von Mesostomum ehrenberge — anschei- nend im optischen Schnitt, obwohl die Eier der Schale wegen fast völlig undurch- sichtig sind! —, in dem inmitten der Dotterzellen ein das Ei noch nicht zur Hälfte ausfüllender, bewimperter, mit Pharynx und Mund versehener Embryo umherschwimmt, der anscheinend Teile von Dotterzellen frißt (Taf. XI, Fig. 31)! Daß alle diese Angaben und Zeichnungen vollkommen falsch und irrig sind, bedarf nach der vorausgegangenen Darstellung der wirklichen Entwicklungsvor- gänge wohl keiner weiteren Begründung. Interessant erscheint nur die Frage, wie HALLEZ zu diesen Angaben, und vor allem zur Zeichnung der sie beweisen sollen- den Figuren kommen konnte. Es scheint mir da nur eine Erklärung möglich zu sein, die auf einer Erfahrung beruht, die ich im Beginn meiner Untersuchungen selbst gemacht habe. Während die Angaben der älteren Autoren sich lediglich auf Beobachtungen an den ganzen Eiern stützen, ist HALLEZ bei seinen Unter- suchungen so vorgegangen, daß er die Embryonen aus den Wintereiern mit Nadeln herauszupräparieren versuchte. Ich habe anfänglich ebenfalls eine Reihe derartiger Präparationsversuche an Wintereiern vorgenommen und dabei in einer Anzahl von Fällen ein wimperndes, rundliches, unter rotierenden Bewegungen freischwimmendes Gebilde erhalten, das durchaus unversehrt erschien, und das ich zunächst für den von HALLEZ beschriebenen gastrulaähnlichen Embryo hielt, da an ihm eine wimpernde Außenschicht und ein deutliches inneres, eine schein- bare Darmhöhle umschließendes Epithel zu erkennen war. Bei genauerem Zusehen zeigte sich jedoch sehr bald, daß die vermeintliche Gastrula nichts andres darstellte als den losgerissenen, jugendlichen Pharynx, der infolge seiner festeren Beschaffenheit bei den Präparationsversuchen allein erhalten blieb, während die übrigen Teile des Embryos regelmäßig zerrissen wurden; wie denn schon bei einem Blick auf Fig. 64 unmittelbar einleuchtet, daß es überhaupt so gut wie vollkommen unmöglich ist, die Embryonen mit Nadeln unversehrt aus den Wintereiern herauszupräparieren. Fast könnte man daher auf die von HALLEZ mitgeteilten Angaben seine eignen Worte anwenden, mit denen er die von J. P. van BENEDEN (1860) durch Zersprengen der Eischalen erhaltenen Befunde über die Entwicklung der Alloiocölen? abfertigt: »quand on a essay6 cette inethode, on ne s’ötonne pas des resultats, auxquels est arıivd le professeur de ! Vgl. dazu meine Fig. 64, die einen wirklichen Schnitt durch ein Winterei darstellt. 2 8. darüber im folgenden Abschnitt $. 302. 294 Ernst Bresslau, l’Universit& de Louvain«, wenn es nicht doch erstaunlich erscheinen müßte, wie weit in diesem Falle falsche Beobachtungen im Verein mit vorgefaßten Meinungen den Forscher irregeführt haben. Abgesehen von einer kurzen, gelegentlichen Bemerkung F. v. WAGNERS 1893), in der er mitteilt, daß es ihm gelungen sei »betreffs der Pharynxbildung für die weichschaligen Eier von Mesosiomum ehrenbergi die ektodermale Ent- stehung des Pharyngealepithels in Form einer mehr oder weniger sackartigen Ein- senkung des ventralen Ektoderms feststellen zu können«, was mit meinen Be- funden vollständig übereinstimmt, sind bis zum Erscheinen meiner vorläufigen Mitteilung (1899) weitere Untersuchungen über die Entwicklung der Rhabdoeölen! nicht veröffentlicht worden. Erst in allerneuester Zeit haben CAULLERY und Mesnır (1903) gelegentlich ihrer Untersuchungen über die parasitische Rhabdocölengattung Fecampia auch einige Mitteilungen über die Entwicklung dieser interessanten Würmer gemacht, die sich im wesentlichen an meine Befunde anschließen lassen. Die in ver- schiedenen Crustaceen schmarotzenden Würmer, die den Vortieiden am nächsten verwandt erscheinen, verlassen zur Zeit der Fortpflanzung ihre Wirte und um- geben sich nach einer kurzen Zeit freien Lebens mit einer weißlichen, flaschen- förmigen, an Steinen oder Algen festgehefteten Hülle (Kokon der Verf.), deren Masse von zahlreichen in der äußeren Parenchymschicht des Körpers gelegenen Drüsenzellen sezerniert wird. Innerhalb dieser Hülle schreitet das Tier sodann zur Eiablage, die längere Zeit dauert, so daß schließlich die Hülle Eier in allen Entwicklungsstadien enthält, während das Muttertier selbst zu Grunde geht. Die einzelnen Eier — oder besser Kokons, da sie jeweils neben einer größe- ren Anzahl von Dotterzellen zwei kleine Keimzellen mit spärlichem Protoplasma enthalten, — sind von einer sehr zarten Hülle umgeben. Die Entwicklung der beiden Embryonen je eines Kokons schreitet stets gleichmäßig vorwärts. Der Teilungsprozeß, der im einzelnen nicht zu verfolgen ist, liefert zunächst in jedem Kokon zwei Haufen annähernd gleichartiger Blastomeren (Embryonalanlage), die innerhalb der dementsprechend ebenfalls in zwei Gruppen gesonderten Dotter- zellen gelegen sind (vgl. meine Fig. 49 mit Fig. 49 der Verf). Bei weiterem Anwachsen nimmt die Embryonalanlage allmählich »Hufeisengestalt< an, was die Verf. an einen Gastrulationsprozeß denken läßt. Mir scheint diese Annahme vollkommen unmöglich zu sein, vielmehr erinnert die Figur, in der die Verf. dies Stadium darstellen (Fig. 50), durchaus an die Bilder, die ich beim ersten Auftreten der bilateralen Symmetrie und der ersten Organanlagen beobachtet habe (vgl. meine Figg. 50—52). Dafür spricht auch, daß die Verf. nunmehr in vollkomme- ner Übereinstimmung mit meinen Befunden angeben, daß die dergestalt hufeisen- förmige Embryonalanlage »par une proliferation active< nach dem Rande der ihr zugehörigen Dottermasse zustrebt und diese, die durch Verschmelzen der einzelnen Dotterzellen zu einem Syneytium geworden ist, zu umwachsen beginnt. Dann treten am Vorderende, das sich schon früh durch eine größere Anhäufung von Zellen auszeichnet, die verschiedenen Organe auf, über deren Entstehung die Verf. nichts Näheres angeben, da die Differenzierung bei der Kleinheit der Zellen (die je zwei Embryonen enthaltenden Kokons haben nur einen Durchmesser von 0,15 mm) sehr schwer zu beobachten ist. Zuerst werden der schlauchförmige stomum esseni einige Untersuchungen angestellt zu haben, ist aber meines Wissens bisher nicht zu einer Veröffentlichung seiner Ergebnisse gekommen. 1 Braun (1885) kündigt zwar an, über die Entwicklung von Bothromeso- : > ’ Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 295 Osophagus und die durch die Punktsubstanz gekennzeichnete Anlage der Gehirnganglien wahrnehmbar. Der Embryo streckt sich dabei etwas in die Länge und nimmt eine zylindrische Gestalt an. Die Epidermis bedeckt sich mit Wimpern, und der junge Wurm beginnt sich innerhalb der Schale zu bewegen. In diesem Stadium besteht der Verdauungstractus alsdann aus folgenden Organen: er be- sinnt am Vorderende mit dem Mund, der in einen kleinen Pharynx führt. Auf diesen folgt der Ösophagus und darauf der Darm, dessen Wandungen von großen Zellen gebildet werden, die noch Dotterreste enthalten. Über die Entstehung des Darmes sagen die Verf. nichts; da aber nach ihren Figuren der ganze Körper der Embryonen bis zuletzt von Dottermasse erfüllt ist, scheint die Bildung in ähnlicher Weise zu erfolgen, wie ich sie bei Bothromesostomum perso- natum beobachtet habe. Vor dem Anfang des Darmes liegt das Gehirn mit zwei Augenflecken. Unter der Epidermis finden sich zahlreiche kleine Kerne, die dem Parenchym angehören. Nach dem Ausschlüpfen führen die Tiere eine Zeitlang ein freies Larvenleben und dringen dann in ihre Wirte ein. Sie ver- lieren dabei ihre Augenflecken, ihren Mund und den Pharynx. Allmählich schwindet sodann auch der Darm infolge einer mächtigen Proliferation des Parenchyms, die zur Ausbildung der Geschlechtsdrüsen und der dotterbereitenden Organe führt. Il. Teil. Die Entwicklung der Alloiocölen. Ein glücklicher Zufall fügte es, als ich mich im Februar und März 1901 an der Zoologischen Station zu Neapel aufhielt, um hier die Entwicklung der marinen Rhabdoeöliden zu studieren, daß in dieser Zeit gerade das durch seine Größe und Häufigkeit ausge- zeichnete Plageostomum girardı (0. Schm.) — v. GRAFF (1882) nennt es mit Recht die gemeinste Turbellarie des Neapler Hafens — auf der Höhe seiner Geschlechtstätigkeit sich befand. Ich glaube nicht, daß es mir gelungen wäre, die Untersuchungen in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung stand, einigermaßen zum Abschluß zu bringen, wenn sie angesichts der Schwierigkeiten, die hier zu überwinden waren!, an noch kleineren Eiern und an einem weniger reichlichen Material hätten vorgenommen werden müssen. Die Exemplare von Plagiostomum gerardi (Fig. 73), die mir dank der liebenswürdigen Fürsorge der Herren der Zoologischen Station stets in reichstem Maße zur Verfügung standen, finden sich an den Algen und Bryozoenstöcken — vorwiegend an Bugula avicularia — des Hafens von Neapel in überaus großen Mengen. Ihre Länge 1 Bei der Härte und Undurchlässigkeit der Eischalen mußte jede Eikapsel ein- zeln nach der oben (S. 220) für die Wintereier der Mesostomiden angegebenen, mühsamen Weise zum Schneiden präpariert werden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 20 296 Ernst Bresslau, schwankt zwischen 3 und 4 mm; die kleine von Bönnıe (1891) bei Triest gefundene Var. menor scheint bei Neapel nicht vorzukommen. Die Tiere lassen sich in kleinen Glasschalen sehr leicht lange Zeit halten, wenn man nur alle paar Tage das Wasser erneuert. Sie legen ihre Eier mit Vorliebe an Dugula-Stämmchen ab, befestigen sie jedoch auch an Algen und in Ermangelung andrer Gegenstände an den Wänden der Glasgefäße, in denen sie gehalten werden. Wie die nach der Natur gezeichnete Figur 73 zeigt, bilden die Individuen von Plagiostomum girardı jeweils nur eine Eikapsel, die mit einer äußerst harten, schon vor der Ablage einen bräunlich- selben Farbenton besitzenden Schale versehen ist. Bei genauerem Zusehen, besonders in älteren Stadien (Fig. 74a), ergibt sich, daß es sich hier um Kokons handelt, da man im Inneren der Schale eine größere Anzahl (10—12) Embryonen deutlich voneinander abge- grenzt erkennen kann. Die Eikapseln besitzen eine ungefähr birn- förmig zu nennende Gestalt bei einem mittleren Durchmesser von etwa 0,5 mm und werden mit kurzen, ungefähr 0,08—0,1 mm langen Stielen an der Unterlage befestigt, ähnlich wie dies von Plagiostomum vittatum und Promesostomum marmoratum bekannt ist. Diese Stiele befinden sich, wie aus einem Vergleich der in den Figg. 75 und 74 gezeichneten Kokons unmittelbar hervorgeht, nicht etwa regelmäßig an dem gleichen Pole der Eikapsel, sondern können ihr an allen möglichen Stellen, bald an dem spitzen (Fig. 75), bald an dem stumpfen Pol (Fig. 4b), bald gar an einer Breitseite (Fig. 74a, e) ansitzen. Dieses eigentümliche Verhalten scheint mir daher zu rühren, daß augenscheinlich nur die eigentliche Kokonschale von der Wandung des als. Uterus dienenden Geschlechtsatriums produziert, der Stiel dagegen von dem ebenfalls zur Sekretion von Schalensubstanz be- fähigten, aus dem Atrium zur äußeren Geschlechtsöffnung führenden Kanal gebildet wird. Infolgedessen hängt der jeweilige Sitz des Stieles an der Eikapsel (vgl. Fig. 73) nur von dem zufälligen Lage- verhältnis ab, in dem je nach den verschiedenen Kontraktionszuständen das Atrium genitale und der Ausführungsgang zu einander stehen. ? Von einigem Interesse erscheint auch die Art und Weise, wie N die Tiere ihre Kokons ablegen, ein eigenartiger Vorgang, den ich des öftern zu beobachten Gelegenheit hatte. Die Tiere stülpen 7 nämlieh (Fig. 73) den unmittelbar nach seiner Bildung noch zäh- flüssig-klebrigen Stiel etwas aus der Geschlechtsöffnung hervor und drücken sein freies Ende auf der Unterlage, auf der sie sich gerade befinden — im Falle der Fig. 73 auf dem Objektträger — fest an, 7 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 297 so daß es zu einer Art Haftscheibe abgeplattet wird. Ist der Stiel nach seinem Erstarren dann mit dieser Haftscheibe auf der Unterlage festgeklebt, so kriechen die Tiere weiter und ziehen sich, auf diese Weise ihre eignen Geburtshelfer spielend, selbst den Kokon aus der Geschlechtsöffnung heraus. Als ich die erste gelungene Schnittserie durch einen jungen derartigen Kokon unter dem Mikroskop betrachtete — Fig. 75 stellt einen Schnitt dieser Serie dar — entfuhr mir unwillkürlich ein Aus- ruf des Erstaunens, so sehr stimmten die Verhältnisse nicht mit den von den Rhabdocölen, sondern mit den von den Trieladen her bekannten Bildern überein. Die Überraschung über diese auffällige Übereinstimmung war um so größer, als ich erwartet hatte bei den marinen Alloiocölen, die auf Grund ihres anatomischen Verhaltens von v. GrAFF (1882) nächst den Acölen an die Wurzel des Turbel- larienstammes gestellt werden, einfachere Erscheinungen zu finden, nicht aber derartig komplizierte Verhältnisse, wie bei den Trieladen, wo sie bisher fast allgemein als Folge einer Anpassung an das Süßwasserleben aufgefaßt zu werden pflegten. | Die frisch abgelegten Kokons von Plagrostomum gerardi enthalten je 10—12 Keimzellen und eine sich auf mehrere Hunderte belaufende Anzahl von Dotterzellen. Die Keimzellen besitzen einen Durchmesser von etwa 0,06—0,07 mm und verhältnismäßig große, bläschenförmige Kerne. Die Dotterzellen zeigen unmittelbar nach der Bildung des Kokons fast vollkommen dasselbe Aussehen wie die Dotterzellen der Trieladen, wie sie anfangs auch prachtvoll die von diesen her be- kannten amöboiden Bewegungserscheinungen erkennen lassen. Sie besitzen eine längliche Gestalt und enthalten in ihrem Innern eine große Anzahl kleiner, lichtbrechender Kügelchen, die sich vorwiegend an der Peripherie der Zellen ansammeln. Besonders charakteristisch sind ihre Kerne, die sich durch ihre Kugelgestalt und ihre sich äußerst stark tingierende Kernmembran auszeichnen (Fig. dd) und sich dadurch bis in die spätesten Stadien hinein leicht von den Kernen der Embryonalzellen unterscheiden lassen. Einige Zeit nach der Bildung des Kokons, nachdem sich an der Keimzelle die Reifungs- und Befruchtungsvorgänge, auf die ich hier nicht näher eingehen will, abgespielt haben, schließen sich, ebenso wie dies bei den Triecladen zu beobachten ist, jeweils im Umkreise einer Keimzelle die diese umgebenden Dotterzellen eng zusammen, so daß der gesamte Kokoninhalt in ebensoviele Embryonalbezirke zerlegt wird, als Keimzellen vorhanden sind. Anfangs greifen diese 20* 298 Ernst Bresslau, einzelnen Embryonalbezirke, innerhalb deren die Grenzen der einzelnen Dotterzellen zunächst meist noch ziemlich gut zu erkennen sind (Figg. 75—8), mit ihren äußeren Konturen so innig ineinander, daß bei Betrachtung der Eikapseln in toto ihre Kokonnatur noch nicht zu erkennen ist. Allmählich aber fließen die Dotterzellen vom Zentrum der Embryonalbezirke her beginnend (Figg. 77—79) mehr und mehr zu einer syneytialen Masse zusammen, bis schließlich auch an der Außenfläche der Embryonalbezirke die Grenzen der einzelnen Dotter- zellen (Figg. 80, 81) vollständig verschwinden (Figg. 82, 85), und da- durch die Embryonalbezirke glatte und gegeneinander etwas abge- plattete Konturen erhalten. In diesen Stadien (Fig. 74a) lassen sich alsdann die einzelnen Embryonen schon bei Betrachtung der ganzen Kokons durch die Schale hindurch leicht wahrnehmen. Während dieser Auflösung der Dotterzellen zu einem Syneytium bleiben ihre Kerne zunächst vollkommen innerhalb der dabei entstehenden, ein- heitlichen protoplasmatischen Masse erhalten (Fig. 79). Allmählich unterliegen sie jedoch ebenfalls zum größten Teil einem Auflösungs- prozeß, indem sie nach und nach immer weniger färbbar werden (Figg. 80, 81) und schließlich fast vollständig verschwinden (Figg. 82, 83). Bei dem Teilungsprozeß, der sich innerhalb dieser Dottermasse an den Keimzellen — und zwar stets bei allen Keimzellen eines Kokons vollkommen gleichzeitig — abspielt, macht sich nun, wie beiden Trieladen, die auffällige Erscheinung geltend, daß die Blastomeren nicht mit- einander in Zusammenhang bleiben, sondern regelmäßig weit aus- einanderrücken, als ob sie in keinerlei Beziehungen zueinander ständen. Dabei verlaufen die einzelnen Teilungen selbst in einem sanz bestimmten Rhythmus, der sowohl von der bei den Rhabdoecölen, wie bei den Tricladen beobachteten Teilungsfolge sich unterscheidet. Die Keimzelle teilt sich zunächst, wie bei den Mesostomiden, inäqual in ein großes Makromer A und ein wesentlich kleineres Mikromer B (Fig. 75 links unten‘), die beide sofort nach der Teilung etwas auseinander rücken, indem sich etwas Dottermasse zwischen sie schiebt; das Mikromer B ist dabei stets peripherwärts, an der der Kokonschale zugekehrten Seite gelegen. Der nächstfolgende Teilungsakt führt darauf zur Bildung eines zweiten Mikromers C (Fig. 76), das sich unmittelbar nach seiner Abschnürung von A eben- falls etwas peripherwärts von diesem weg verschiebt. Wie Fig. 76 ! Die übrigen Embryonalbezirke dieser Figur enthalten nur Anschnitte der Makromeren. Die zugehörigen Mikromeren sind auf andern Schnitten der Serie getroffen. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 299 zeigt, bereitet sich sofort danach das Makromer A zu einer weiteren Teilung vor, die aber diesmal nicht inäqual, sondern äqual verläuft. Dadurch kommt das Vierzellenstadium zustande, dessen zwei Mikro- meren der Kokonschale zugekehrt sind, während die beiden Makro- meren jeweils nach dem Zentrum der Eikapsel zu liegen. Durch an- scheinend äquale Teilung der beiden Mikromeren wird sodann das Sechs- zellenstadium erreicht, aus dem unmittelbar darauf durch ebenfalls äquale Teilung der beiden Makromeren das Achtzellenstadium hervor- geht. Wie die Figg. (7 und 78, die Schnitte durch derartige Stadien darstellen, erkennen lassen, zeigen die Blastomeren, wenn sie auch auf beträchtliche Entfernungen auseinandergerückt sind, dennoch eine verhältnismäßig regelmäßige Anordnung. Vor allem ist das von Anfang an sich kundgebende Prinzip auch hier noch streng durch- geführt, daß die Mikromeren peripherwärts, die Makromeren zentral- wärts gelegen sind (Fig. 77). Die Anordnung der vier Makromeren zu einander zeigt Fig. 78, ein Schnitt, dessen Richtung im Verhältnis zu Fig. (7 durch die in dieser Figur eingetragenen, mit 78 be- zeichneten Pfeile angedeutet wird. Während die Kerne der Makro- meren zunächst noch im Ruhezustand verharren, bereiten sich die Mikromeren des Achtzellenstadiums sofort zu weiteren Teilungen vor (Fig. 77); ich habe diese folgenden Teilungsakte, an denen sehr bald auch die Makromeren teilnehmen, indessen im einzelnen nicht weiter verfolgt. Anfangs kann man noch deutlich zwischen den Makro- und Mikromeren unterscheiden, zumal da die letzteren stets an der der Kokonschale zugekehrten Seite der Embryonalbezirke zu finden sind (Fig. 79). Allmählich aber verwischen sich, da im Verlauf der zahlreichen Teilungen die Blastomeren immer kleiner werden, die Unterschiede zwischen ihnen immer mehr und mehr. Gleichzeitig rücken sie wieder im Inneren der Embryonalbezirke, in denen sie vorher weit zerstreut lagen (Fig. 79), dichter und dichter zusammen, bis sie schließlich einen Zellenhaufen bilden, dessen einzelne Blastomeren einander ungefähr gleichartig erscheinen (Fig. &0). Damit ist ein Stadium erreicht, das in gleicher Weise auch bei den Mesostomiden vorkommt, und das wir als Stadium der undifferen- zierten Embryonalanlage bezeichnet hatten. Während der Entwicklungsprozeß bis zu diesem Stadium in der ganzen Art seines Verlaufes große Ähnlichkeit mit den bei den Trieladen sich findenden Verhältnissen gezeigt hatte, stimmt sein weiterer Verlauf nunmehr durchaus mit den von den Rhabdoeöliden her bekannten Vorgängen überein. Auf geeigneten Schnitten (Fig. 80) 300 Ernst Bresslau, kann man zunächst feststellen, daß die Embryonalanlage schon sehr frühzeitig infolge der Anordnung ihrer Blastomeren eine bilaterale Gestalt erhält. In etwas älteren Stadien findet man sodann die ersten Organanlagen in ganz ähnlicher Weise differenziert, wie wir dies bei den Mesostomiden, speziell bei Bothromesostomum personatum kennen gelernt hatten. Wie dort, so handelt es sich auch hier zunächst um die Anlagen des Gehirns und der Pharyngealmasse, die auf sukzessiven Querschnitten, wie sie in Fig. 81 (a paarige Anlage des Gehirns, b Schlundanlage) abgebildet sind, deutlich vor Augen treten. Von besonderem Interesse ist, daß hier wie bei Bothromesostomum. perso- natum die gesamte Embryonalanlage noch rings von Dottermasse umgeben ist, daß aber nicht wie dort die beiden Gehirnanlagen, sondern im Gegenteil die Schlundanlage zuerst an die Außenfläche des Embryonalbezirks gelangt. Man erkennt m Fig. 815, daß hier an der Ventralseite der Pharyngealmasse (p%) ein Zellenkomplex (p%e) sich vorwölbt und bis an die Außenseite des Embryonalbezirks reicht. Dieser Zellenkomplex (pAhe) stellt nun gleichzeitig die erste Anlage des Pharyngealepithels dar, indem man auf etwas älteren Stadien konstatieren kann, daß sich in seinem Innern ein Lumen ausbildet, während sich die das Lumen umgebenden Zellen epithelartig zu- sammenschließen. Ich verfüge leider über keinen Schnitt, der hin- reichend senkrecht zu dieser Schlundepithelanlage gefallen wäre, so daß man auf ihm allein ihr Verhalten zur Genüge demonstrieren könnte. Indessen läßt sich dies durch Kombination mehrerer Schnitte mit aller Sicherheit feststellen. Es findet sich also bei Plagiostomum gerardi die charakteristische Erscheinung, daß hier die Anlage des Schlundepithels eher auftritt als die Epidermis, während bei den Süßwasserrhabdocölen das umgekehrte Verhalten zu konstatieren ist. Die Epidermis bildet sich vielmehr hier bei Plagiostomum girardı erst in noch etwas älteren Stadien, wenn die Embryonalanlage mit ihrer Ventralseite vollständig an die Außenfläche des Embryonal- bezirks zu liegen gekommen ist (Fig. 82). Ob sie dabei entsprechend der paarigen Gehirnanlage zuerst paarig entsteht und erst sekundär durch Vereinigung in der ventralen Mittellinie zu einem einheitlichen Epithelüberzug wird, wie dies bei den Rhabdocölen der Fall ist, habe ich mangels genau senkrechter Schnitte -—- eine Orientierung der Kokons vor dem Schneiden ist ja unmöglich und das Erhalten senk- rechter Schnitte daher allein vom Zufall abhängig — nicht feststellen können, ebensowenig wie mir aus demselben Grunde zur Demon- strierung des Stadiums der Epidermisbildung ein besseres Bild zur Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 301 Verfügung steht, als Fig. 82. Man erkennt aber schon aus diesem zwischen einem Sagittal- und einem Frontalschnitt etwa die Mitte haltenden, schiefen Schnitt zur Genüge, daß hier ganz ähnliche Ver- hältnisse, wie bei den Rhabdocölen vorliegen. Am vorderen Ende der Embryonalanlage findet sich das durch die Punktsubstanz charakte- risierte Gehirn (g%), dahinter die Pharyngealanlage mit der in ihrem Innern gelegenen, vom Schnitte schief getroffenen Anlage des Schlund- epithels (phe) und dahinter endlich die durch eine Anzahl größerer Zellen gekennzeichnete Genitalanlage (gr). Die ganze Ventralseite ist dabei von einer einheitlichen Epidermisschicht (ep) überzogen. Während dieser Vorgänge haben sich die bereits beschriebenen Veränderungen an den Dotterzellen vollzogen, indem diese unter Ver- lust ihrer Individualität mehr und mehr zu einer einheitlichen Masse zusammengeflossen sind. Die feinen Körnchen in ihnen, die ursprünglich in den peripherwärts gerichteten Teilen der Zellen angehäuft waren (Figg. 76— 78), haben sich dabei allmählich innerhalb des ganzen Syn- eytiums mehr oder minder gleichmäßig verteilt (Figg. SO, 81); doch findet man ab und zu innerhalb der Dottermasse hellere rundliche Räume, die z. T. frei von diesen Körnchen sind (Fig. 82), und deren Auftreten viel- leicht mit der Auflösung der Kerne der ursprünglichen Dotterzellen, die in diesen Stadien besonders rasch fortschreitet, in Zusammenhang steht. Von Wichtigkeit aber ist, daß eine Reihe von Dotterzellkernen mit einem kleinen Rest des sie umgebenden Plasmas von dem Auflösungs- prozeß verschont bleibt. Man findet diese Zellen (%), die sich durch ihr charakteristisches Aussehen kennzeichnen (Figg. 81a, 82, 83), stets an der Außenfläche der Embryonalbezirke, genau so, wie dies bei den Hüllzellen von Mesostomum lingua (vgl. Fig. 68%) der Fall war, denen sie wohl auch homolog sind. Was die weiteren Entwicklungsvorgänge betrifft, so kann ich mich kurz fassen, da sie wenig Besonderheiten darbieten. Fig. 83 zeigt einen schon verhältnismäßig weit entwickelten Embryo von Plagiostomum girardi, bei dem die Epidermis die zu ihm gehörige Dottermasse schon ziemlich weit umwachsen hat. Innerhalb des Ge- hirns (gk) haben sich bereits die Augen (az) gebildet und auch der Pharynx (p%) hat bereits annähernd dieselbe Gestalt wie beim fertigen Tiere. Entsprechend seiner definitiven Lage findet er sich unmittelbar hinter dem Gehirn und schräg nach vorn und unten gerichtet zur Längsachse des Embryos gestellt, während er bei den Mesostomiden stets eine senkrechte Lage zu dieser einnimmt. Ein weiterer Unter- schied diesen gegenüber ist darin gegeben, daß hier nur eine äußere 302 Ernst Bresslau, Pharyngealtasche vorhanden ist, eine innere aber fehlt, was damit zusammenhängt, daß die Plagiostomiden den für die Mesostomiden charakteristischen, aus der inneren Pharyngealtasche hervorgehenden Ösophagus nicht besitzen. Da ferner bei den Plagiostomiden der Geschlechtsapparat nahe dem Hinterende des Körpers gelegen ist, so ist die Genitalanlage, die ursprünglich dicht bei der Pharyngeal- anlage sich befand (Fig. 82 gr), inzwischen vollständig nach hinten gerückt. Da sie auf dem schiefen Sagittalschnitt der Fig. 83 selbst nicht getroffen ist, so habe ich die Stelle, an der sie sich auf den folgenden Schnitten findet, in dieser Figur durch ein + be- zeichnet. Wie aus Fig. 83 mit vollkommener Klarheit hervorgeht, ist auf diesem doch verhältnismäßig schon recht weit entwickelten Stadium noch keine Spur einer Darmanlage zu erkennen. Der Darm entsteht vielmehr erst, wenn die Umwachsung des Dotters von seiten der Epidermis nahezu beendet ist und zwar in vollständig der gleichen Weise wie bei Bothromesostomum personatum. Genau ebenso wie dort entstehen ferner die Bildungen des Leibesparenchyms, indem sich die indifferenten Bildungszellen der Randschicht (Fig. 83 pa) stark vermehren. Ich kann daher auf Beifügung von Figuren hierfür im Interesse des Raumes um so eher verzichten, als sie mit den Bildern, die ich von Bothromesostomum personatum gegeben habe (Figg. 61, 62), von den eben erwähnten, für die Gattung charakteristischen Unter- schieden in dem Bau und der Lage des Pharynx, sowie in der Lage des Genitalapparates abgesehen, fast vollständig übereinstimmen. Die Jungen bleiben, nachdem sie fertig entwickelt sind, noch einige Zeit innerhalb der Kokons, in denen man sie sich lebhaft um einander bewegen sieht. Wie sie die Eischale sprengen, um auszu- schlüpfen, habe ich nicht feststellen können. Vom Zeitpunkt der Ablage der Kokons bis zum Auskriechen der Jungen vergehen etwa 3—4 Wochen. Literatur: Über die Entwicklung der Alloiocölen finden sich in der Literatur bisher nur sehr wenige Angaben, auf die näher einzugehen kaum verlohnt. P. J. van BENEDEN (1860) beschreibt eine Reihe von Embryonal- stadien von Plagiostomum vittatum, Allostomum pallidum und einer von ihm als Monocoelis hyalina bezeichneten Art, deren systematische Stellung fraglich er- scheint. Plagvostomum vittatum legt birnförmige Kokons ab, die es mit Stielen an den Abdominalfüßen der Hummer befestigt. Jeder Kokon enthält eine größere Anzahl von Embryonen, die sich, nach der Zeichnung VAN BENEDENS zu schließen, nicht gleichmäßig rasch entwickeln. Die jüngsten Entwieklungs- stadien konnte VAN BENEDEN nicht auffinden, obwohl er zu diesem Zwecke die Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 303 Eischale zersprengte!, um die Embryonen zu isolieren. In älteren Stadien findet er die einzelnen Embryonen von einem »Blastoderm«, das die Dotter- masse umwachsen hatte, umgeben. Als erste Organe erscheinen der Pharynx und die Pigmentflecken der Augen, später erst, nachdem die Dottermasse sehr _ zusammengeschrumpft ist, der Darm. Dann strecken sich die jungen Tiere und schlüpfen aus, in einem Zustande, in dem sie sich nur durch den Mangel der Geschlechtsorgane und des für die Art charakteristischen Pigments von den ausgewachsenen Tieren unterscheiden. Noch dürftiger sind die Angaben über die Entwicklung von Allostomum pallidum. Bei der dritten Art endlich will VAN BENEDEN eine bewimperte, mit einem Mund versehene, kuglige Larve aus dem Ei ausschlüpfen gesehen haben, indessen ist die Beschreibung denn doch zu mangelhaft, als daß bei der fraglichen systematischen Stellung der Tiere mit dieser Beobachtung etwas anzufangen wäre. Nach VAN BENEDEN hat nur noch SALENSKY (1872/73) einige hierher gehörige Angaben gemacht, die ich, da mir die Original- arbeit nicht zugänglich war, nach einem von LEUCKART darüber gegebenen Referat zitiere. Es handelt sich um eine Alloiocöle aus der Bucht von Sebastopol, die SALENSKY als Enterostomum sp. bezeichnet. »Die Eier werden in Form kleiner Platten an Seepflanzen verschiedener Art abgelegt. Die Furchung ist eine un- regelmäßige, indem nach der Vierteilung von den vier großen Furchungskugeln vier kleinere sich abschnüren, welche sich rasch vermehren und die ersteren umwachsen. Sie liefern später die Haut- und Muskelschicht, während die zen- tralen Zellen dem Darmkanal den Ursprung geben.« III. Teil. Vergleichende Bemerkungen. Wenn wir zurückblicken auf das, was wir bis jetzt von der Ent- wicklung der Rhabdocölen und Alloiocölen kennen gelernt haben, so erhalten wir ein eigentümliches Bild, das sich nicht leicht auf irgend welche, von anderen Tieren her bekannte Verhältnisse oder auf eines der gebräuchlichen Entwieklungsschemata zurückführen lassen dürfte. Auch zu den verwandten Formen der Turbellarien, insbesondere zu den Polycladen, scheinen zunächst keinerlei Wege hinüberzuführen, die Aufschlüsse über gegenseitige Beziehungen ver- mitteln könnten, und die wenigen Erscheinungen, die in Übereinstim- mung mit der noch vollkommen rätselhaften Trieladenentwicklung zutage treten, werden dadurch nicht verständlicher, daß sie nunmehr auch bei den Rhabdocöliden festgestellt werden konnten. So dürfen wir kaum erwarten, mit Hilfe der bis jetzt gewonnenen Kenntnisse der Rhabdocölidenentwicklung die Probleme zu lösen, die die Phylo- Senie des Turbellarienstammes in sich schließt. Es muß genügen, 1 Auf diesen Modus procedendi bezieht sich die oben zitierte Bemerkung von HALLEZ (S. 293). 304 ‘ Ernst Bresslau, auf einige Punkte hinzuweisen, die dem Verständnis der beobachteten, eigentümlichen Tatsachen selbst dienlich sein dürften. a. Verhältnis zwischen Sommer- und Wintereientwicklung. In der nebenstehenden Tabelle (S. 305) habe ich die wichtigsten Punkte zusammengestellt, durch die sich die Wintereier von den Sommereiern, und die Sommereier der verschiedenen Arten unter- einander, was ihre Entwicklung anbetrifft, unterscheiden. Es geht daraus hervor, daß dieselbe Reihenfolge, in der die Eier der vier von mir untersuchten Arten auf Grund ihres Baues und ihrer genetischen Beziehungen zueinander angeordnet werden müssen, auch beizubehalten ist, wenn man als Richtschnur für ihre Anordnung den Verlauf ihrer Entwicklung zugrunde legt, wie dies, — ich habe es bereits eingangs dieser Arbeit (S. 218) betont, — auch nicht anders zu erwarten war. Da es nun nach meinen früheren Untersuchungen (1903) keinem Zweifel unterliegen kann, dal die Wintereier den primären Eitypus darstellen, aus dem sich die Sommereier erst sekundär entwickelt haben, so folgt hieraus mit Notwendigkeit, daß wir auch in der Ent- wicklung der Sommereier sekundäre Verhältnisse vor uns haben müssen. Ursprünglich muß die Entwicklung der Mesostomiden ganz allgemein nach dem in den Wintereiern sich abspielenden Typus sich vollzogen haben; mit der Entstehung der Sommereier wurde dann auch der Entwicklungsverlauf in entsprechender Weise abgeändert. Wenn wir jedoch die Entwicklungsverhältnisse selbst miteinander vergleichen, so kommen wir zu einer etwas andern Auffassung der Sachlage. Wie schon oben hervorgehoben wurde, lassen sich die be- obachteten Tatsachen nur mit Schwierigkeit auf die von andern Tieren her bekannten Verhältnisse zurückführen. Und dabei zeigt sich dann, daß dies vielfach nur gelingt, wenn wir nicht mit der Ent- wicklung der Wintereier, sondern am andern Ende der Reihe, bei den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi anfangen. Wenn wir z. B. die Entstehung des Schlundepithels bei den ver- schiedenen Formen betrachten, so sehen wir, daß es einerseits — bei den Sommereiern von Mesostomum ehrenberg — aus einer ventralen Einwucherung der Epidermis hervorgeht, andererseits aber — bei den Wintereiern und den ihnen am nächsten verwandten Sommer- eiern von Dothromesostomum personatum — vollkommen unabhängig von der Epidermis durch Differenzierung in loco, inmitten der Anlage der Schlundmuskulatur, entsteht. Den Übergang zwischen diesen beiden extremen Typen vermitteln die Verhältnisse bei den Sommer- 305 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. ‚soÄıIq -UI7] SP u9]JOZ 94U9TOFIPUL umygep sIq ypınp uoljez -U9JONIE A I9p Funzowygas -UIM UOA 95J0Jur U9Y9ISJUO uunyouossod umwogsosawosryog 190 9LM "PUIYISTOAIOU sIulopIdy} Top SUunIoyonM -UI7 UopWIUu9A A9UD SFME "U9STUTII9A 41008 Y9IS UOIFEUSTULIOP -IdgY uapıaq 9Ip Asse -1940(] u9puoJyaF SIpur4s -[[0A [EIJU9A I9P 93[0Jur ep ‘(LIIJIBYO9A nz TOMUYdS INU 1998 ‘Seeed yaulayasıyeM ‘ug Mey Top [eruoA 4501 ‚uojjpzusjonoe A ‚pun ul Un ac (omas 4q.1eJ93un ‘Fyomsydınp ‘uunp Jneymg uoyeygua UIZUWIINOAT HAEwIULT you mu o9Ip ‘u9]fez "wIor9.ToJur A UOp Ioq 9IM -UIQ.IOA ‘NIOIZUA.TOHIP 090T UI wmgDuos4od unwolsosgwosy2oT 199 9IM "SrudopIdy T79p Aw Sunppig -Toulos y9Bu YPRLS Y9opalyaıs 39p ‘481 UIWUWONOS SuniynIag ur neyım I9p JIUL [eIJuU9A 9sBjuepeuoÄrg -UIM 9IP WOPUYIBU ‘InE 48.19 yoopalyyıL "Streed yoınap -uIoT9I9Jur M UP I9q 9IM US TSZz LE H nz y9opal p.ıLM uUouyT UoA Iyezuy 9uld ‘OSFBULII0A uoyoıjJToyura T9uI9 NZ S[LOF -U9IKTN.LS IBEMZ UIZIIWUYS.IIA "+q.1BJ -odun “SuyoIsyaInp ‘uunp gneyIrg uofeyguo TELI -97BWIHJIOAT T9STU9M 19% ap ‘u9T[OZIONoA UOA [yez vb uaqua.lıya umıuors sa UOA AHTIIHWWOS umnposd pun ond -ur) WMUOISOSA7] UOA AOTPTHULULOS uIoroToyurq\ Up 19q am "uR Ofeyosıq TOP 39 -uIoI9ToJur A UP Tag IM -[IJOH 9U9J914937nR Is8ew -19390q I9Pp UI IoyIoA um soAIgwrq sop U9]JOZ Hua! -9OPIPuryoIs wopur wayagsud sıulopıdy ua] -U9S9JUNIOU YUNEL pun ua -B.YU9A I9p Sunp -IgsnY 1999pu9 -][0A yoeu oAıqug Juu9193 19] -J0A Y9Aınp ofeyasıy Op uoA|)-JoA yaru oAIguT "II9TZUOT -aPIp (eFejueınyejamgsmur | - -pyndoapungyas -punjy>g I9p "yIouur) 090] UI uıoro.Toyury up Ioq am en gem -ISSRULIONOA en 19p aejuy +91] Ofeyasıy TOp pun Ay uIoroToJur A uop Ioq OA uoyosinz :Srerd yormop aa. oFejuepeuoAıgumg -HIOSHBULIINOA I9p uayyruur|| "uUI9IOT9JUI MM. u9p I9dQ 9IM| -uUId I9OUId NZ u9ZzppWUISIIA 'I9.18J93 uneIgg[os YOIp yaıpworz Iory TOP [TO L waurs [9 9ITEYIS "TELIIFBTU -19490 q y9ıjy91oL Is y9ou 194% uoyjeuJu9 -194J0 UOA [EZ 9UIO]N AY9S| 957015 SIJRwstugjeUIHA YION SEMI9 U9]JEZIONOA 1o9p Iyez| pw yoısı [qezuvy 995015 gas] | ++ woTpZIONoA -OKBTULIINOAT UOYOIJIOU oreyog god |\...... 22-0 gg uneıg 9Y9IPp “u9]]9Z1I90A 2 T9uU9prJIg [ELIOIBULI9I0A Wwnuo7sosawo4Ay?og UOA AOTITYIWUOS uoyyansıayun doIfe TOT9ToJurM mn m el -LL > —-ll Z[|[[{ la ——————77777777717117979717717]1791777R SpP9IgDSI9JU/[] U9PU9IYIEQODAA nZ RERLENE ln IIW UOA I9P in IB 2 uU pun -1o3urM 19p Sunjyormyug op UI : q a Ze pun 1% I I3sUuU9wwBs a 306 Ernst Bresslau, eiern von Mesostomum lingua und productum, wo das Pharynxepithel zwar noch in loco differenziert wird, unmittelbar nach seiner Bildung aber mit der Epidermis in Verbindung tritt. Um nun die Frage zu entscheiden, wo der ursprüngliche Bildungsmodus zu suchen ist, brauchen wir nur die Entwicklung verwandter Formen — und es kann sich in diesem Falle nur um die Polyeladen handeln, bei denen die Verhältnisse völlig klar liegen -——, zum Vergleich heranzuziehen. Nach den Untersuchungen von Lane (1884) entsteht bei den Poly- claden das Epithel des Pharyngealapparates aus einer Einstülpung der Epidermis (des Ektoderms) und zwar in einer ganz ähnlichen Weise wie bei den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi, was aus einem Vergleich der LanGschen Schemata (18584, Textfig. 32) mit meinen Figg. 32, 33 und 36—38 unmittelbar hervorgeht. Ich glaube, es kann danach keinem Zweifel unterliegen, daß die Entstehungsweise des Schlundepithels bei den Sommereiern von Mesostomum ehrenberge den ursprünglichen Zustand darstellt. Wollten wir dagegen den andern Bildungsmodus — Entstehung des Pharyngealepithels aus der Schlund- muskulatur — als ursprünglich auffassen, so würde uns jede Möglich- keit eines Verständnisses für dies Verhalten fehlen. Es ließen sich noch weitere Gründe dafür anführen, daß tatsächlich in der Entwicklung der Sommereier von Mesostomum ehrenbergi und der übrigen Mesostomiden ursprünglichere Verhältnisse zutage treten als bei den Wintereiern, indessen wäre es dabei nicht zu vermeiden, auf Dinge einzugehen, die zweckmäßiger erst später! zur Besprechung kommen. Ich wende mich daher, ohne weiter hierbei zu verweilen, sofort der Frage zu, wie es zu verstehen ist, daß die Sommereier, ob- wohl sie den Wintereiern gegenüber zweifellos sekundäre Bildungen darstellen, in ihrer Entwicklung dennoch ursprünglicher sich verhalten. Zunächst muß hervorgehoben werden, daß die Wintereier, wenn sie auch im Kreise der Mesostomiden den primären Eitypus repräsen- tieren, dennoch im Vergleich mit den Eiern gewisser andrer Rhab- docöliden keineswegs als Bildungen ursprünglicher Art gelten kön- nen. Vergleichend-anatomische Betrachtungen, wie sie meines Wissens GEGENBAUR? (1870) zuerst angestellt und v. GrAFF (1882) anschaulich durchgeführt hat, lehren nämlich, daß die Scheidung der eibereitenden Organe des weiblichen Geschlechtsapparates in Keim- und Dotter- stöcke, wie sie den Mesostomiden und der Mehrzahl der übrigen ! 5. die phylogenetischen Auseinandersetzungen, die im Anschluß an ‚die | rrenne der Acölenentwicklung erscheinen werden. ? Grundzüge der vergleichenden Anatomie. II. Aufl. Jena 1870. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 307 Rhabdoeöliden eigentümlich ist, nicht von Anfang an bestanden haben kann, sondern sich erst allmählich in den verschiedenen Gruppen, die ursprünglich einfache Eierstöcke besaßen, nach dem »Prinzip der Arbeitsteilung« aus diesen entwickelt hat. Bei den primitivsten Rhab- docölen (Mecynostomum, Macrostomum, Stenostomum, Microstomum) und Alloiocölen (Acmostomum), sowie bei den Acölen fehlen Dotter- stöcke noch gänzlich. Sie besitzen statt dessen einheitliche, mächtig entwickelte Ovarien, die ausschließlich Eizellen produzieren. Bei einzelnen Formen (Stenostomum, SexerAa 1903, Microstomum, RywoscH 1887) findet sich jedoch bereits die Einrichtung, daß regelmäßig eine Anzahl dieser Eizellen abortiv wird und ihren Genossinnen als Nährzellen dient. Dies Verhalten leitet zu den sogenannten Keim- dotterstöcken (v. GRAFF 1882) einzelner Rhabdoeölen (Prorhynchus, Proxenetes) und Alloiocölen (Cylindrostomum) hinüber, bei denen nur noch bestimmte Abschnitte der Organe Keimzellen produzieren, der Rest aber konstant Nähr- oder Dotterzellen liefert. Bei Prorhyn- chus gehen die keim- und die dottererzeugenden Abschnitte noch ohne scharfe Grenze ineinander über, bei Proxenetes und Cylindro- stiomum dagegen sind beide bereits deutlich gegeneinander abgesetzt. Von diesem letzteren Verhalten aus ist es dann nur noch ein kleiner Schritt, der zu dem für die große Mehrzahl der Rhabdocölen und Alloiocölen typischen Zustand der vollständigen Zerlegung des Keim- dotterstockes in seine beiden Abschnitte und damit zur Ausbildung gesonderter Keim- und Dotterstöcke hinüberführt. Wie sich nun hieraus für die Dotterstöcke die Auffassung ergibt, daB sie sekundär abgezweigte Teile ursprünglich einheitlicher Ovarien darstellen, so folgt hieraus für die zusammengesetzten Eier, die neben der Keimzelle noch die von den Dotterstöcken gelieferten Dotterzellen enthalten — und die Wintereier besitzen stets die größte Zahl solcher Dotterzellen —, daß sie nur sekundäre Bildungen sein können, daß dagegen ursprünglich einfache Eier bestanden haben müssen, deren Dotter von den Eierstöcken selbst, sei es direkt oder in Gestalt abor- tiver Keimzellen, produziert wurde. Ersteres scheint bei den Makro- stomiden!, die auch sonst nach ihrem ganzen Bau eine der nieder- sten Familien der Rhabdocölen darstellen, letzteres dagegen bei den 1 Ich habe bereits seit längerer Zeit begonnen, die Entwicklung von Maerostomum hystric zu studieren, bin aber bei der verhältnismäßigen Selten- heit des Materials hier und infolge der Schwierigkeiten, die die Untersuchung der überaus kleinen Eier bereitet, noch zu keinen mitteilenswerten Resultaten gekommen. 308 - Ernst Bresslau, Mikrostomiden und Stenostomiden! der Fall zu sein. Gemeinsam ist allen diesen einfachen Eiern die Eigentümlichkeit, daß sie verhältnis- mäßig wenig Dotter und dünne farblose, seltener hellgefärbte Eischalen besitzen. | Nun bitte ich sich zu erinnern, daß die Sommereier aus den Wintereiern dadurch hervorgegangen sind, daß der Zeitpunkt des Beginnes der Eibildung in frühe Stadien der individuellen Entwick- lung verlegt wurde, in denen die Organe des weiblichen Geschlechts- apparates die zur Erzeugung der typischen Eier — eben der Winter- eier — erforderliche Reife noch nicht erlangt haben. Infolgedessen besteht das Wesen der Sommereier darin, daß sie im Vergleich zu den Wintereiern unvollkommen ausgestattet sind, d. h. weniger Dottermaterial und dünnere Schalen besitzen als diese. Die Abänderung der Sommereier gegenüber den Wintereiern bedeutet somit keine Abänderung in einer völlig neuen Richtung, sondern im Gegen- teil, mdem sie eine Annäherung an den Typus der einfachen Eier herbeiführt, einen Rückschlag auf Verhältnisse, die ursprünglicher sind als die, die wir in den Wintereiern repräsentiert finden. Die Bedeutung dieses Rückschlages begreift sich nun leicht, wenn man bedenkt, daß schon seit langer Zeit die schwer verständ- lichen Eigentümlichkeiten der Trieladenentwicklung der besonderen, gewaltigen Ausbildung der Dottermasse in erster Linie auf Rechnung gesetzt werden. Ganz dasselbe muß aber auch für die Wintereier der Rhabdocölen angenommen werden. Da nun in den Sommereiern die Mächtigkeit der Dottermasse wieder reduziert wurde, so wurde damit auch die Möglichkeit einer Vereinfachung des Entwicklungs- sanges gegeben. So ist es denn wohl kaum auffällig, wenn dabei auf die ursprünglichen Verhältnisse, wie sie vor der gewaltigen Aus- bildung der Dottermasse bestanden haben, zurückgegriffen wurde. Man vergleiche die in der Tabelle auf S. 305 zusammengestellten Unter- schiede in der Entwicklung der Sommer- und Wintereier und man wird finden, daß sie sämtlich mit der Reduktion der Dottermasse in Zu- sammenhang: stehen. Derartige Rückschläge, die ein Wiederauftreten ursprünglicher Verhältnisse im Gefolge sekundärer Abänderungen bedeuten, und die ich als konsekutive Rückschläge den gewöhnlich als Atavismus ! Bei Stenostomum z. B. scheint sich nach den neuesten Angaben von SEKERA (1903) das Ei aus vier Ovarialzellen aufzubauen, von denen eine zur Keimzelle wird, während die drei andern als Nährzellen dienen und resorbiert werden. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 309 bezeichneten, zufälligen und inkonstanten Rückschlägen gegenüber- stellen möchte, sind ja keineswegs seltene Erscheinungen im Tier- reich: ich erinnere nur an den unlängst — auf dem Würzburger Zoologentag 1903 — von WASMANN ausführlich erörterten, die flügel- lose Fliegengattung Termitoxenia betreffenden Fall. Wie dort der sekundäre Schwund der Flügel von einem konsekutiven Rückschlag auf die ursprünglichen Tracheenstummel begleitet worden war, so haben wir uns auch hier die Sommereier der Mesostomiden als konsekutive Rückschlagsbildungen vorzustellen, und es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn wir in ihrer Entwicklung gleichfalls ursprünglichen Verhältnissen begegnen. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß nunmehr alles, was wäh- rend der Entwicklung in den Sommereiern vor sich geht, notwendiger- weise ursprünglicherer Natur sein muß, vielmehr versteht es sich von selbst, daß in jedem einzelnen Falle die Frage, ob ursprünglich oder nicht, von neuem zu prüfen ist. Was im Vorstehenden dargetan werden sollte, war nicht der Satz, dal die gesamte Entwicklung der Sommereier primitivere Verhältnisse aufweist, als die der Wintereier, sondern die Berechtigung der Frage, ob nicht trotz der zweifellos sekundären Abänderung der Sommereier dennoch in ihnen ursprüng- lichere Zustände zu Tage treten können. Es sei dies, um Irrtümer zu vermeiden, hier ausdrücklich festgestellt. b. Verhalten der Dotterzellen. Wie wichtig es ist, in jedem einzelnen Fall neu zu untersuchen, ob ursprüngliche oder abgeänderte Verhältnisse vorliegen, zeigt sich besonders, wenn wir das Verhalten der Dotterzellen während der Entwicklung der verschiedenen Eiformen, wie ich es in der zweiten Spalte der Tabelle auf S. 305 zusammengestellt habe, be- trachten. Allerdings beziehen sich die Angaben dieser Tabelle nur auf die in den ersten Entwicklungsstadien der Winter- und der ver- schiedenen Sommereier bei den Dotterzellen zutage tretenden Unter- schiede, während auch ihr späteres Verhalten nieht minder beachtens- wert erscheint. Die Bedeutung der Dotterzellen in den zusammengesetzten Eiern wird schon seit langem auf Grund der bereits oben skizzierten, auf vergleichend-anatomische Befunde sich stützenden Auffassung der Dotterstöcke als sekundär abgezweigter Teile ursprünglich einheitlicher Ovarien beurteilt; denn es folgt hieraus, daß die Dotterzellen ihrer (enese nach den Keimzellen homolog und demnach den aus abortiven 310 ‘Ernst Bresslau, Eizellen hervorgehenden Nährzellen, denen wir bei Stenostomum und Micerostomum, sowie bei zahlreichen andern Tieren der ver- schiedensten Stämme (Cölenteraten, Würmer, Arthropoden, Mollusken) begegnen, vollkommen gleichwertig an die Seite zu stellen sind. Diese Auffassung läßt sich mit Leichtigkeit auf die Dotterzellen der Wintereier aller Arten, sowie der Sommereier von Dothromeso- stomum personatum anwenden. Hier stellen die Dotterzellen tat- sächlich Nährzellen vor, die allmählich aufgelöst und vom Embryo verbraucht werden, wenn auch ihr morphologisches Verhalten dabei sewisse Besonderheiten aufweist, die später zur Sprache kommen sollen. Ganz anders aber liegen die Dinge in den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi. Wie wir gesehen haben, gehen hier die Dotterzellen höchst eigentümliche Differenzierungen ein, indem sie sich teils in Hüll- teils in Vacuolenzellen umwandeln. Und wenn man auch, wie hier zunächst ohne weitere Begründung angenommen werden soll, die Vaeuolenzellen noch mit den Nährzellen vergleichen kann, da sie schließlich vom Embryo resorbiert werden, so ist dies doch für die Hüllzellen vollkommen unmöglich, da sie niemals im Embryo aufgehen, sondern bei seinem Ausschlüpfen mit der Eihaut abgeworfen werden. Rein morphologisch betrachtet erscheint es daher außerordent- lich schwierig, die obwaltenden eigentümlichen Verhältnisse zu ver- stehen. Dagegen glaube ich, daß es, wenn man physiologische Gesichtspunkte zu Hilfe nimmt, eher gelingt, eine einigermaßen plau- sible Vorstellung der Sachlage zu erlangen. Wegen ihrer außerordentlich frühzeitigen Ausbildung bei noch völliger Unreife der Dotterstöcke ist die Dottermasse in den Sommer- eiern von Mesostomum ehrenbergi im Vergleich zu der der Wintereier geradezu minimal zu nennen. Statt mehrerer Hunderte von Dotter- zellen wie in den Wintereiern, sind hier nur 40—50 vorhanden; dort sind die Dotterzellen groß, hier überaus klein, dort reich mit Dotter- kugeln erfüllt, hier fast völlig frei von jedweden Nährstoffen. Das Volumen der eben gebildeten Sommereier (Durchmesser 0,06—0,08 mm) ist daher etwa 300 mal kleiner als das der Wintereier (Durchmesser 0,45—0,5 mm). Nun stelle man sich — für einen Augenblick die wirklichen Geschehnisse außer acht lassend — vor, welehe Abänderungen der Entwicklungsgang selbst wohl hätte erleiden müssen, um den durch diese ungeheure Reduktion der Dottermasse, die bereits eine be- trächtliche Annäherung an die Verhältnisse der einfachen Eier (z. B. Beiträge zur Entwicklungsgeschiehte der Turbellarien. 1. 311 von Stenostomum, wo die Eier sich je aus einer Keimzelle und drei Nährzellen aufbauen) bedeutet, vollständig veränderten Form- bedingungen Rechnung zu tragen. Es wäre wohl kaum überraschend gewesen, wenn die Untersuchungen einen Entwicklungsverlauf er- seben hätten, der vollkommen von dem der Wintereier verschieden gewesen wäre — wie ja auch kaum zu erwarten ist, daß die Ent- wicklung der dotterarmen Eier von Macrostomum, Meierostomum oder Stenostomum sehr erhebliche Übereinstimmung mit der der Winter- eier zeigen dürfte. Statt dessen aber finden wir nun die Entwicklung in den Sommereiern von Mesostomum ehrenberge verhältnismäßig: wenige von der der Wintereier verschieden und nur in einzelnen Punkten, die sich direkt auf die Dotterreduktion zurückführen lassen, zu dem ursprünglichen Entwicklungsmodus, wie er vor Ausbildung der mächtigen Dottermasse bestanden haben muß, zurückgekehrt, — vielleicht deshalb, weil die Abänderung des Entwicklungsverlaufes mit der Schnelligkeit, mit der die Reduktion der Dottermasse vor sich ging, nicht Schritt halten konnte. Die Situation in den eben ge- bildeten Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi ist also die, daß einerseits eine Keimzelle vorhanden ist, die zu ihrer Entwicklung eine sehr große Masse von Nährsubstanz benötigt, andrerseits eine sehr kleine Anzahl von Dotterzellen, die vollständig unfähig sind, aus sich heraus der Keimzelle die erforderliche Nährmasse zu liefern. Aus diesem Zusammentreffen ganz besonderer Bedingungen erkläre ich mir nun das eigentümliche Verhalten, das die Dotterzellen hier zeisen. Da die Keimzelle selbst anscheinend kraft des ihr erblich vorgeschriebenen Entwicklungsganges nicht imstande ist, sich den obwaltenden Verhältnissen anzupassen, so springen, damit überhaupt die Entwicklung vor sich gehen kann, die Dotterzellen für sie in die Schanze. Sie können das hier aus dem Gründe, weil sie fast allen Dottermaterials ledig einen viel indifferenteren Zellenzustand repräsentieren als die mit Dotterkugeln reich beladenen Dotterzellen der Wintereier. Die Art und Weise, wie nun die Dotterzellen sich diesen Be- dingungen anpassen, scheint mir wiederum nur mit Hilfe physiolo- gischer Vorstellungen einigermaßen verständlich gemacht werden zu können. Ich stelle mir die Verhältnisse so vor: Von der Keimzelle oder nach ihrer Teilung von den Blastomeren, gehen, da in ihnen Mangel an gewissen, zu ihrer weiteren Entwicklung nötigen Stoffen eintritt, Reize chemisch-physikalischer Natur aus, die einen Ersatz dieser Stoffe fordern. Diese Reize treffen die Dotterzellen, in denen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LXXVI. Bd. 21 312 Ernst Bresslau, diese Stoffe selbst nieht vorhanden sind. Wohl aber finden sie sich in der die Eier umspülenden Uterus- oder Leibesflüssigkeit, wie wir notwendig annehmen müssen. Diese Stoffe müssen nun, wenn überhaupt eine Weiterentwicklung möglich sein soll, ins Innere des Eies hineingeschafft werden. Der einfachste Weg, auf dem dies geschehen kann, ist der der Osmose. Die Keimzelle oder die aus ihr hervorgegangenen Blastomeren können aber bei der Art und Weise, in der sich der Teilungsprozeß unter dem Einfluß ererbter Faktoren bei ihnen abspielt, selbst nicht osmotisch tätig sein, wohl aber sind, wie schon gesagt, die Dotterzellen infolge ihres indifferenten Zustandes und der Art ihrer Anordnung um die Keimzelle (vgl. Fig. 3) hierzu geeignet. Daher schaffen sie denn auch die beiden für den osmotischen Prozeß erforderlichen Bildungen, die osmotische Membran und den Raum, das Reservoir, in dem die aufgenommene Nährflüssigkeit aufgespeichert wird, indem ihre äußere Schicht zur Hüllmembran, ihre innere, der Keimzelle direkt anliegende Schicht zu den Vacuolenzellen sich differenziert. Ich habe ja in dem beschreibenden Teil eingehend zeigen können, wie diese Differenzierung der so verschiedenen Hüll- und Vacuolenzellen auf Kosten des Substrates der ursprünglich gleich- artigen Dotterzellen vor sich geht. In wie kolossalem Maßstabe sie in diesem umgewandelten Zustande alsdann die dem Embryo zu seiner Entwicklung nötigen Nährstoffe herbeischaffen, geht wohl am besten aus der Tatsache hervor, daß dank ihrer Tätigkeit das Ei im Ver- lauf der Entwicklung um mindestens das 200fache seines ursprüng- lichen Volumens zunimmt. Aus diesen Deduktionen, die, wie ich sehr wohl weiß, nur spekulativen Wert haben und nichts andres vorstellen wollen, als einen Versuch, höchst eigentümliche und einzigartige Verhältnisse einigermaßen einem Verständnis näher zu bringen, ohne daß es zu- nächst möglich wäre, die vorgetragenen Anschauungen im einzelnen zu beweisen, geht hervor, — und damit knüpfe ich wieder an bereits Gesagtes an -— daß das Verhalten der Dotterzellen im Verlauf der Entwicklung der Sommereier von Mesostomum ehrenbergt mit ursprüng- lichen Zuständen nichts zu tun haben kann, sondern vielmehr ganz besonderen Bedingungen angepaßt ist. Es kollidiert dies keineswegs mit der Annahme, daß das Zustandekommen dieser besonderen Be- dingungen selbst, d. h.. die Reduktion der Dottermasse, einem Rück- schlag auf ursprünglichere Verhältnisse zuzuschreiben ist. Zu dem Bilde, das wir uns soeben von dem Zustandekommen der eigentümlichen Differenzierung der Dotterzellen in den Sommereiern Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 313 von Mesostomum ehrenbergi gemacht haben, müssen nunmehr noch einige vergleichende Bemerkungen hinzugefügt werden. Was zunächst die Hüllmembran betrifft, so haben wir gesehen, daß sie nach unsrer Auffassung weniger dem Zwecke dient, eine Schutzhülle um das Ei zu bilden — hierzu würde ja wie bei den übrigen Sommereiern die Eihaut allein genügen — als vielmehr dazu, die für den osmotischen Prozeß erforderliche Membran zu liefern. Wenn ich indessen trotzdem schon in meiner vorläufigen Mitteilung (1899) diesen Namen gewählt habe, so geschah es deshalb, weil ich schon damals damit an die Hüllmembran erinnern wollte, die wir in der Entwicklung der den Turbellarien nächstverwandten Plathel- minthen, bei den Trematoden und Cestoden, finden. Bei diesen Formen erfüllt die Hüllmembran allerdings in der Regel wesentlich nur die Aufgabe, eine Hülle um den Embryo zu bilden, woraus schon hervorgeht, daß sie kaum von der einem ganz andern Zweck ange- paßten Hüllmembran von Mesostomum ehrenberge direkt abgeleitet werden kann. Wohl aber meine ich, daß morphologisch ein gemein- samer Ursprung für alle diese Hüllmembranbildungen angenommen werden kann und zwar in dem Verhalten, das gewisse Dotterzellen in den Sommereiern von Mesostomum lingua und productum, sowie in den Kokons von Plagiostomum girardi zeigen. In den die Entwicklung dieser Arten behandelnden Abschnitten der vorliegenden Arbeit habe ich ausdrücklich darauf aufmerksam semacht, daß nicht alle Dotterzellen an der Bildung des gemeinsamen Dottersyneytiums teilnehmen und darin sich auflösen, sondern dab einzelne von ihnen, nachdem sie das in ihnen aufgespeicherte Dotter- material an das Syneytium abgegeben haben, als Zellen für sich bestehen bleiben und allmählich an der Peripherie der Eier oder Embryonalbezirke sich ansammeln (vgl. Fig. 67—70, 81—83). Hier bleiben sie längere Zeit liegen, ohne daß ihnen irgend eine be- sondere Funktion zuzuschreiben sein dürfte, bis sie schließlich zu- srunde gehen. Diese Dotterzellen stimmen also nach ihren Lage- und Form- beziehungen durchaus mit den in den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi die Hüllmembran aufbauenden Dotterzellen überein, — weshalb ich sie auch als Hüllzellen bezeichnet habe, — nur daß sie noch nicht imstande sind, eine vollkommene Membran zu bilden. Was Mesostomum ehrenbergi betrifft, so kommt noch hinzu, daß die Sommer- eier von Mesostomum lingua und productum auch nach allen ihren übrigen Verhältnissen in der von den Wintereiern zu den Sommereiern 21* 514 ‘Ernst Bresslau, von Mesostomum cehrenbergi führenden Reihe den Platz unmittelbar vor den letzteren einnehmen. Die Annahme, daß demnach auch die Hüllmembran der Sommereier von Mesostomum ehrenbergi auf die Hüllzellen der Sommereier von Mesostomum lingua und productum zurückzuführen ist, liegt also zum mindesten sehr nahe. Andrerseits glaube ich nun von den Hüllzellen der Kokons von Plagiostomum girardi aus, die ja zweifellos den Hüllzellen der Sommer- eier von Mesostomum productum und lingua homolog sind, den An- schluß an die Hüllmembranbildungen der Trematoden und Cestoden gewinnen zu können, wenn damit auch keineswegs gesagt sein soll, daß nun etwa Plagiostomum girardi eine direkte Vorfahrenform dieser beiden Stämme bedeute. Wenn man nämlich die Figuren betrachtet, in denen die Hüllzellen bei Plagiostomum girardi m Erscheinung treten (Fig. 81—83), so kommen einem unwillkürlich die Bilder in Erinnerung, die das erste Auftreten der Hüllmembrän bei den Trema- toden und Cestoden, wie es vor allem SCHAUINSLAND (1883, 1885) beobachtet hat, veranschaulichen. Nun wird aber nach den übereinstimmenden Angaben aller Autoren, die sich damit beschäftigt haben, ganz allgemein angenom- men, daß die Hüllzellen der Trematoden und Cestoden Abkömmlinge der Keimzelle, also Teile des Embryos selbst darstellen.. Ich glaube indessen, daß diese Ansicht, die sich mit meiner Auffassung selbst- verständlich nicht vereinbaren läßt, in dieser Allgemeinheit nicht auf- recht erhalten werden kann. Ich kann hier natürlich nicht auf die Details der Hüllmembran- bildung bei den Trematoden und Cestoden (Bothriocephaliden!) ein- schen, da das viel zu weit führen würde. Indessen dürften auch folgende kurze Hinweise genügen. SCHAUINSLAND, der die Lehre von der embryonalen Natur der Hüllmembran begründet hat, stützte sich ! Wenn ich hier von der Besprechung der Täniadenentwicklung, deren Kenntnis wir den Untersuchungen von LEUCKART (1881), ED. VAN BENEDEN (1881) und Monızz (1881) verdanken, ganz absehe, so geschieht dies deshalb, weil hier Verhältnisse vorliegen, die nicht ohne weiteres zum Vergleich herangezogen werden können. Denn da hier, speziell bei der ihrer Entwicklung nach am genauesten bekannten Taenia serrata, von Anfang an neben der Keimzelle Dotterzellen nicht vorhanden sind, kann es nicht Wunder nehmen, wenn die als Homologon der Hüllmembran betrachtete »couche albuminogene« von der Keimzelle sich herleitet, genau so wie das für die den Dotterzellen entsprechende »cellule granuleuse«< VAN BENEDEN) oder »vitellogene« (Monızz) der Fall ist. Die Angaben von SALENSKY (1874) über die Entwicklung von Amphilina können wohl als der Nachprüfung bedürftig hier übergangen werden. a Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 315 darauf, daß er in zwei Fällen, bei Distomum tereticolle und Bothrio- cephalus rugosus, angeblich feststellen konnte, daß eine der die Hüll- membran bildenden Zellen vom Embryo abstamme. Dagegen ge- lang es ihm weder die Entst&hung der übrigen Hüllzellen dieser beiden Arten zu beobachten, noch bei irgend einer der zahlreichen, sonst noch von ihm untersuchten Formen auch nur den geringsten Zusammenhang zwischen Hüllmembran und Embryo nachzuweisen. Trotzdem glaubte er per analogiam ganz allgemein die Hüllmembran als eine embryonale Bildung ansehen zu dürfen. Meiner Ansicht nach hat sich nun SCHAUINSLAND in jenen beiden Fällen höchst wahrscheinlich getäuscht, indem er in noch erhaltenen Dotterzellen, die sich zu Hüllzellen umzuwandeln im Begriffe waren, irrtümlicherweise Embryonalzellen vor sich zu haben glaubte. Ein solcher Irrtum ist bei der Beobachtung der Eier in toto leicht mög- lich, da die Dotterzellen, wenn sie nach ihrer Umwandlung in Hüll- zellen all ihren Dotterinhalt abgegeben haben, in ihrem Aussehen den Embryonalzellen sehr ähnlich werden. Ganz dasselbe ist z. B. auch bei Mesostomum lingua der Fall (vgl. meine Fig. 67), wo ebenfalls eine große Ähnlichkeit zwischen den sich differenzierenden Hüllzellen und den Blastomeren vorhanden ist. Ganz unmöglich aber scheint es mir, bei den übrigen von SCHAU- INSLAND untersuchten Formen die embryonale Natur der Hüllmembran anerkennen zu können. Ich habe in Textfig. IT a—c (S. 316) drei seiner Figuren reproduziert, von denen « und b zwei aufeinanderfolgende Entwicklungsstadien von Disiomum globiporum. vor und nach der Hüllmembranbildung darstellen. Wenn man in Fig. IIIa die Kerne der ursprünglichen Dotterzellen im Inneren der Dottermasse betrachtet und damit Fig. III5 vergleicht, so scheint es mir viel wahrschein- licher zu sein, daß sie zusammen mit Resten des sie umgebenden Plasmas den Ausgangspunkt für die Bildung der Hüllmembran abgeben (vgl. dazu meine Figg. 67— 70 hx), als daß für diese eine embryonale Entstehung angenommen werden könnte!. Was sodann Fig. IIIe betrifit, die ein Entwicklungsstadium von Bothriocephalus latus darstellt, so kann ich mir ein überzeugenderes Bild für die Abstammung der Hüll- zellen von den Dotterzellen überhaupt nicht denken (vgl. dazu meine Figg. 831—83 hx). Trotzdem aber bemerkt ScHAumsLAnD (1885) zu dieser Figur: »den Ursprung dieser Hüllmembran konnte ich nicht 1 Ganz ebenso scheint mir auch nach den Abbildungen, die VOELTZKOW (1888) von Embryonalstadien von Aspidogaster conchteola gibt, eine le nıE der Hüllmembran vom Embryo unmöglich zu sein. 316 Ernst Bresslau, nachweisen; ich glaube aber trotzdem nicht fehl zu gehen, wenn ich nach Analogie mit Bothriocephalus rugosus annehme, daß sich auch hier sehr frühzeitig eine Zelle aus dem Verband der übrigen loslöst, durch die Dotterzellen hindurch an die Oberfläche rückt und dann unter allmählicher Teilung den gesamten Eiinhalt umwächst«! Dane °----- ebz Textfig. III a—ec. a und b Eier von Disiomum globiporum vor und nach der Hüllmembranbildung (nach ScHAUINSLAND 1883, Taf. III, Fig. 5 u. 6); c, Ei von Bothriocephalus latus im Stadium der Hüllmembranbildung (nach SCHAUINSLAND, 1885, Taf. VII, Fig. 31). dt, Dottermasse; diz, Dotterzellen; ebz, Embryonalzellen; ec, Ektoblast; en, Entoblast; Am, Hüllmembran ; kmz, Hüllzelle. Vollends die letzten Zweifel werden aber durch die vor kurzem erschienenen Mitteilungen GoLpscHamiprts (1902) über die Entwicklung von Zoogonus mirus zum Schwinden gebracht. GOLDSCHMIDT be- obachtete, daß hier der Keimzelle jeweils nur zwei Dotterzellen bei- gegeben werden, die aus den Dotterstöcken stammen, aber kaum noch Dotterkügelchen enthalten — ganz ähnlich wie die Dotterzellen der Dommereier von Mesostomum ehrenbergi! Diese zu einem Zellenpaar miteinander verschmelzenden Dotterzellen lagern sich der eiförmigen Eizelle am einen Pole an und umwachsen von hier aus mit ihren zu dünnen Plasmalamellen ausgezogenen Rändern die Eizelle, indem sie auf diese Weise die Hüllmembran bilden. Wir haben also hier — bei einem Trematoden — genau denselben Vorgang wie in den rt , 2 en . 2 H 2 u 3 h Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 317 Sommereiern von Mesostomum ehrenberge, wie dort so auch hier wegen der Reduktion der Dottermasse leicht zu verfolgen und klar in Erscheinung tretend. Ich glaube, daß damit die Frage nach der Entstehung der Hüllmembranen entschieden ist: sie haben, wo sie auftreten, bei den Rhabdocöliden, wie bei den Trematoden und Cestoden, nichts mit dem Embryo zu tun, sondern stellen Bildungen der Dotterzellen dar. Man könnte hier un- mittelbar an eine Analogie mit den Follikelhülien der Eier zahlreicher andrer Tiere der verschiedensten Stämme denken, wenn nicht die neuesten Untersuchungen mehr und mehr der Ansicht zuneigten, dab die Follikelzellen genetisch mit der Keimzelle nichts zu tun hätten, wogegen die Dotterzellen ja als abortive Keimzellen zu betrachten sind. Nachdem sich somit der Versuch, die Hüllmembran der Sommer- eier von Mesostomum ehrenbergi morphologisch zu würdigen, nicht als völlig ergebnislos erwiesen hat, bleibt uns nun. noch dasselbe für die Vaeuolenzellen zu tun. Rein physiologisch betrachtet ließen sie sich ja ohne weiteres als Nährzellen der Masse der Dotterzellen der übrigen untersuchten Formen an die Seite stellen, da sie, wie diese, dem Embryo Nährmaterial liefern und von ihm schließlich resorbiert werden, morphologisch scheinen sie dagegen zunächst doch ein vollkommen andres Bild darzubieten. Ich glaube indessen, dab es auch hier gelingt, die Sache dem Verständnis etwas näher zu bringen. Die Bedeutung der Dottermasse in den Wintereiern, sowie in den Sommereiern von Bothromesostomum personatum , Mesostomum lingua und Mesostomum productum! ist damit nicht erschöpft, daß sie allein eine Nährfunktion ausüben, sondern sie ist viel weitergehend, da sich die Dottermasse ja auch unmittelbar an der Bildung des Embryos beteilist. Die Art dieser Beteiligung ist allerdings eine höchst eigentümliche, rein passive, insofern als die Dottermasse vom Embryo,-gleich als wäre sie ein Stück von ihm, umwachsen wird. Immerhin muß aber doch hierauf besonderes Gewicht gelegt werden, da es ja theoretisch ebenso gut denkbar wäre, daß die Epidermis bei ihrer dorsalen Ausbildung nur den eigentlichen Embryo umwüchse, den Dotter aber als fremde Masse beiseite ließe. Wird doch auch bei den Trieladen oder bei den Trematoden und Cestoden die homo- loge Dottermasse nicht mit umwachsen, sondern erst sekundär, sei es 1 Ich sehe hier davon ab, daß bei den beiden zuletzt genannten Formen einzelne Zellen der Dottermasse zu Hüllzellen sich umwandeln. 318 Ernst Bresslau, durch einen Schluekakt oder durch allmähliche Resorption durch die Epidermis hindurch in den Embryo aufgenommen. Ich vermag mir diese wenn auch nur passive Beteiligung der Dottermasse am Auf- bau des Embryonalkörpers nur daraus zu erklären, daß die eigen- tümliche Versorgung der Keimzelle mit einem aus besonderen Dotter- zellen bestehenden Dottermaterial hier bei den Rhabdocöliden sich eben erst herausgebildet hat. Infolgedessen sind, — ebenso wie bei einzelnen Rhabdocölen (Stenosiomum, Mierostomum) abortive Keim- zellen der eigentlichen Eizelle direkt als Nährzellen einverleibt werden und damit ebenfalls passiv am Aufbau des Embryos teilnehmen, — auch bei den übrigen Rhabdocöliden die Beziehungen zwischen Embryo und Dotterzellenmasse noch so innige, daß in der Entwick- lung die Trennung ihrer Ursprungsorgane in Keim- und Dotterstöcke sich noch nicht geltend macht. Ganz ebenso wie die Dottermasse in den eben genannten Eiern morphologisch die Funktion hat, während eines Teiles der Embryonal- entwieklung die dorsale Hälfte des Embryos auszufüllen, d.h. den Raum herzustellen, den später Darm und Schizocöl einnehmen, trifft dies nun auch für die Vacuolenzellen zu, nur daß diese Funktion hier in noch erhöhtem Maße in Erscheinung tritt, weil in den Sommer- eiern von Mesostomum ehrenbergi der Raum, den beide Bildungen später einnehmen sollen, von Anfang an noch nicht vorhanden ist, son- dern erst im Verlauf der Entwicklung geschaffen werden muß. Aber auch bei der Schaffung dieses Raumes spielen die Vacuolenzellen nur eine rein passive Rolle. Indem ihnen durch die osmotisch tätige Hüll- membran allmählich mehr und mehr Flüssigkeit zugeführt wird, die gleichzeitig die für den Embryo notwendigen Nährstoffe enthält, werden sie in immer steigendem Grade aufgebläht, wobei sich natürlich das Volumen des ganzen Eies um ein Vielfaches vergrößert. Unter dem Einfluß dieser Bedingungen kommt alsdann das charakteristische Bild zustande, das die Vacuolenzellenmasse darbietet, indem sie — histo- logisch wie funktionell an die Chorda der Wirbeltiere erinnernd — das Gerüst schafft, das den von Flüssigkeit erfüllten, später von Darm und Leibeshöhle einzunehmenden Raum stützt. Der Hinweis auf die analogen Bilder der Chordaentwicklung erweist sich übrigens noch in einer andern Beziehung als förder- lich. Ich habe schon in dem beschreibenden Teil (S. 234) darauf hingewiesen, daß es fraglich erscheint, ob die großen, mit wand- ständigen Kernen versehenen Blasen der Vaeuolenzellenhemisphäre (vgl. Figg. 20—29 v) unmittelbar den ursprünglichen Vacuolenzellen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 319 entsprechen, die sich, nachdem sie eine Zeitlang ein Syneytium ge- bildet hatten (s. Figg. 17—19 v), aus diesem wieder regeneriert haben, oder ob nicht trotz des scheinbar andern, aber auf mechanische Be- dingungen zurückführbaren Aussehens das syneytiale Verhältnis bestehen bleibt. Der Vergleich mit den histologischen Bildern der Chordaentwicklung, wo ebenfalls schließlich nicht mehr von einzelnen Zellen, sondern nur noch von einem Gewebe die Rede sein kann, scheint nun gleichfalls für die letztere Annahme zu sprechen. Damit würde dann auch in diesem Punkte die Vaeuolenzellenmasse der gleichfalls syneytialen Dottermasse der Winter- und übrigen Sommer- eier vollkommen entsprechen. c. Bemerkungen zur Embryonalentwicklung. Wenn ich es unternehme, über diese außerordentlich heikle Frage noch einige Bemerkungen anzufügen, so geschieht dies weniger in der Absicht, schon jetzt eine Erklärung der beobachteten Verhältnisse zu eben, als vielmehr auf die Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, die sich allen Deutungsversuchen entgegenstellen. Ich halte es, um es gleich zu sagen, für unmöglich, auf Grund der bis jetzt mitgeteilten Entwieklungsverhältnisse die uns hier begegnenden ontogenetischen und phylogenetischen Probleme zu lösen, ohne sich in das Gebiet schrankenloser Spekulation hinauszuwagen. Erst ein weit eingehen- deres, entwicklungsgeschichtliches Vergleichsmaterial, vor allem aus dem Kreise der Rhabdocölen und Alloiocölen selbst, dürfte hier die ersehnte Klarheit bringen. Hoffentlich ist dies nicht allzuferner Zeit vorbehalten. Am ehesten gelingt es noch, für die ersten Teilungsvorgänge die Möglichkeit eines Verständnisses zu gewinnen, wenn damit zu- nächst auch nicht viel erreicht ist. Wie wir gesehen haben, stimmen die ersten Teilungen bei allen Rhabdocöliden darin überein, dab sie einen inäqualen Verlauf nehmen, indem sich bei den Rhabdocölen drei, bei den Alloioeölen zwei Mikromeren von der Keimzelle ab- schnüren. Bei den Rhabdocölen bleiben die Blastomeren dicht bei- einander liegen, bei den Alloiocölen dagegen trennen sie sich von- einander und wandern, wie man wohl sagen kann, in der Dottermasse umher. Immerhin folgen sie bei dem Auseinanderweichen zunächst noch bestimmten Gesetzen, da entsprechend der Achse der ersten Teilung die Mikromeren stets peripherwärts an der der Kokonschale zuge- kehrten Seite der Embryonalbezirke zu finden sind. Durch dies Auseinanderweichen der ersten Blastomeren erinnern die Alloiocölen 320 - Ernst Bresslau, ihrerseits wiederum an die Trieladen, bei denen genau der gleiche Vorgang zu beobachten ist. Dagegen unterscheiden sich die Trieladen nach den übereinstimmenden Beobachtungen von METSCHNIKOFF (1883), Irsıma (1884) und Haruez (1887) dadurch von den Rhabdoeöliden, daß bei ihnen die Teilung anscheinend völlig äqual verläuft. In den »Conelusions« zu seinen Untersuchungen über die Trieladen- entwicklung gibt nun HAuzzz (1887) der Ansicht Ausdruck, daß die eigentümlichen Teilungsvorgänge bei den Trieladen auf die Anordnung der Dottermasse zurückzuführen seien. Die Keimzellen der Trieladen könnten mit Recht als alecithal bezeichnet werden, besser sei es je- doch, sie mit Rücksicht auf die Dotterzellen ektoleeithal zu nennen. »Cette division particuliere me parait d’autant plus justifiee qu’elle correspond & un mode de segmentation a coup sür tres special. Les blastomeres se trouvent tous egalement plonges dans un milieu nutritif abondant, ils y vivent a la facon de parasites, s’y multiplient d’au- tant plus que la masse syneytiale est plus considerable, absorbant apres chaque division la quantite de nourriture dont ils ont besoin pour se diviser encore. De la resultent .... Tirregularite dans l’ar- rangement des blastomeres ...., de la la m&me forme et la m&me structure pour tous les blastomeres. En resume je crois que le developpement en quelque sorte anomal des Planaires d’eau douce tient aux conditions particulieres de distribution du deutoplasme nutritif.« Wenn wir diesen Überlegungen, die sehr viel für sich haben, zustimmen, so ergibt sich sofort die Frage, wie sind dann aber die Verhältnisse bei den Rhabdocöliden aufzufassen? Hier sind die Keim- zellen ebenfalls ektolecithal, aber trotz der gleichen Ausbildung der Dottermasse findet sich keine äquale, sondern eine inäquale Teilung und eine bis zu einem gewissen Grade bestimmte Anordnung der Blasto- meren, selbst bei den Alloiocölen, wo sie in ähnlicher Weise wie bei den Trieladen auseinanderweichen. Die Antwort auf diese Frage scheint mir nicht übermäßig schwierig. Während wir bei den Triela- den durchweg zusammengesetzte Eier haben, finden wir, daß in der Ord- nung der Rhabdocöliden diese sich erst allmählich aus einfachen Eiern entwickeln. Ich glaube daher, daß wir in dem inäqualen Verlauf der Teilungen bei den Rhabdocöliden ein Festhalten an ererbten! ! Auf die Frage, wo die Vorfahren zu suchen sind, die diese Verhältnisse auf die Rhabdocöliden vererbt haben, gehe ich hier nicht ein, verschiebe vielmehr die Erörterungen über alle weiteren phylogenetischen Probleme bis zur Veröffentlichung meiner Untersuchungen über die Acölenentwicklung. Beiträge zur Entwiceklungsgeschichte der Turbellarien. 1. 321 Verhältnissen zu erblicken haben, die erst allmählich unter dem Einfluß der veränderten Formbedingungen, die das Auftreten der äußeren Dotterzellenmasse mit sich brachte, aufgegeben wurde. Bei den Trieladen, die sich schon weit von den ursprünglichen Stammformen der Rhabdocöliden entfernt haben, ist dagegen der ur- sprünglich inäquale Teilungsmodus vollkommen aufgegeben, und es haben sich die Blastomeren, wie HALLEz meines Erachtens ganz richtig sagt, einer Art Schmarotzerleben in einer gemeinsamen Nähr- masse angepaßt. Die Anfänge hierzu, wenn auch ebenfalls noch von bestimmten, ererbten Gesetzen geleitet, finden sich nun bei den Alloio- cölen. Ich finde hierin einen erneuten Beweis für die Ansicht, daß die Trieladen von den Alloiocölen sich herleiten, eine An- sicht, die meines Wissens von v. GRAFF (1882) auf Grund vergleichend- anatomischer Befunde zuerst in bestimmter Weise ausgesprochen und sodann durch den Nachweis Vzspovskys (1895), daß die von BRAUN (1881) als Zwischenform zwischen den Rhabdocöliden und Trieladen beschriebenen Bothrioplaniden echte Alloiocölen darstellen, noch näher begründet worden ist. | Gelingt es somit wenigstens über die Verhältnisse der ersten Teilungsvorgänge sich einige Vorstellungen zu machen, so erscheint dies, was die weiteren Entwicklungsvorgänge betrifft, so gut wie unmöglich. Gewiß, man kann sich auch hier helfen und schlechtweg die eigenartige Anordnung der Dottermasse für alles, was man nicht versteht, verantwortlich machen; aber damit ist nichts gewonnen. Ebenso erscheint es mir zunächst ausgeschlossen, durch Hinweise auf gewisse Verhältnisse in der Entwicklung der Arthropoden, Mollusken oder Tunicaten, die hier und da analog erscheinen, etwas zu erreichen. Der einzige Weg, hier zum Ziele zu kommen, erscheint mir vielmehr, wie schon bemerkt, in der weiteren Untersuchung möglichst zahl- reicher andrer Rhabdocölen und Alloiocölen zu liegen, die, da sie sich vergleichend anatomisch recht gut in Reihen anordnen lassen, vielleicht auch entwicklungsgeschichtliche Reihen darbieten werden, in denen die gesuchten Aufschlüsse enthalten sind. Wenn wir uns nunmehr den speziellen Fragen zuwenden, so erscheint es zunächst unmöglich, in der Entwicklung der von mir untersuchten Rhabdocöliden einen Vorgang zu erkennen, der als Gastrulation gedeutet werden könnte. Ich gebe zu, daß vielleicht Ansätze dazu da sind; wie man z. B. bei Bildern wie Figg. 12 und 13 oder Fig. 79 allenfalls von einer beginnenden Epibolie reden könnte; aber mehr läßt sich nicht sagen. Im Gegenteil, es läßt sich bestimmt 322 -. Ernst Bresslau, behaupten, daß eine vollständige Epibolie sicher nicht zustande kommt, da ja die gesamte Epidermis von Zellen geliefert wird, die den Embryo nur an der ventralen Seite umgeben (s. Fig. 33 u. a.), während dorsal keinerlei Bildungszellen für die Epidermis vorhanden sind. Dies würde wiederum zu der Frage führen, ob die Gastrulation vielleicht in ähnlicher Weise sich vollzieht, wie z. B. an dem Keim- streifen der Insekten, ohne daß aber auch hierauf irgend eine be- friedigende Antwort gegeben werden könnte. Noch weniger aber als von einer Gastrulation kann in der Rhabdo- cölidenentwicklung von Keimblättern die Rede sein. Während ich in meiner vorläufigen Mitteilung (1899) noch die Ausdrücke Ecto-, Meso- und Entoderm angewandt habe, habe ich es daher in der jetzigen Darstellung vorgezogen, ganz auf diese Ausdrücke zu ver- zichten. Wir begegnen im Verlauf der gesamten von uns beobachteten Entwicklungsvorgänge niemals Bildungen, die als Keimblätter, sei es auch im weitesten Sinne des Wortes, angesehen werden können. Sobald innerhalb der undifferenzierten Embryonalanlage differente Bildungen” sichtbar werden, sind damit auch schon die definitiven Organe angelegt, ohne daß vorher irgendwelche primitive Sonderungen zu beobachten gewesen sind, die bei andern Tieren vor der Organbil- dung zu Tage zu treten pflegen. Wir wollen die Vorgänge beurteilen . und vergleichen, sind aber dazu auf die Erscheinungen angewiesen, die wir allein beobachten können. Wo nun die Erscheinungen fehlen oder unsrer Beobachtung zunächst nicht zugänglich sind, da hört die Möglichkeit auf, die gewünschten Vergleiche anzustellen. Ich möchte hier nicht weiter auf die Keimblätterfrage eingehen, obwohl noch einiges zu sagen wäre, da ich in meiner Arbeit über die Acölenentwicklung, wo ebenfalls sehr interessante Verhältnisse zu Tage treten, darauf zurückzukommen gedenke. Nur auf einige wenige Punkte sei noch hingewiesen. Das Fehlen evidenter Keimblattbildungen schließt natürlich nicht die Möglichkeit aus, die Frage nach der Homologie der beobachteten Organbildungen mit den Organen verwandter Formen zu untersuchen und darauf gestützt die Anteile zum leichteren Vergleich hypothetisch angenommener Keimblätter an ihrer Herstellung zu erwägen. Daß dies für die Beurteilung der Verhältnisse unter Umständen von großem Wert sein kann, hat schon oben die Erörterung der Frage nach der primären Entstehung des Schlundepithels der Rhabdocöliden be- wiesen. Ich komme auf diesen Punkt hier nochmals zurück, da ich ihm Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 323 eine ganz außerordentliche Bedeutung für die Beurteilung der in Frage stehenden Verhältnisse beilege.e Da es nach einem Vergleich mit der Entwicklung der Polyeladen wohl keinem Zweifel unterliegen kann, daß wir bei einer hypothetischen Aufstellung von Keimblättern die Epidermis der Rhabdoecöliden als eine Bildung ectodermaler, ihre Schlundmuskulatur als eine Bildung mesodermaler Natur anzusehen haben, so. folgt hieraus für die Entstehung des Pharyngealepithels, daß es in den Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi aus dem Ectoderm, in den Wintereiern desselben Tieres aber, ebenso wie in den Winter- und Sommereiern von Mesostomum lingua, Mesostomum productum und bothromesostiomum personatum scheinbar aus dem Mesoderm hervorgeht. Wir sehen damit unmittelbar vor unsern Ausen eine der Verschiebungen aufgedeckt, durch die das mächtige Anwachsen der Dottermasse die Entwicklung der Rhabdocöliden so eigenartig umgemodelt und entstellt hat, daß von den ursprünglichen Verhältnissen so gut wie nichts mehr erhalten geblieben ist. Wenn es der Zufall gefügt hätte, daß ich nur die drei letztgenannten For- men untersucht hätte, so würde die Homologisierung des bei ihnen scheinbar im Mesoderm entstehenden Schlundepithels mit dem ecto- dermalen der Polyceladen zweifellos nicht ohne Schwierigkeiten durchführbar gewesen sein. Geichzeitig ergibt sich hieraus, daß man außerordentlich vorsichtig sein muß, wenn man bei so eigenartigen Verhältnissen ein Urteil fällen soll, ohne über umfangreiches Ver- gleichsmaterial zu verfügen. Wie leicht man andernfalls zu schwerwiegenden Irrtümern ge- langen kann, dafür scheint mir das Nervensystem der Trieladen ein prägnantes Beispiel zu bieten, das bald aus theoretischen Gründen (0. und R. Herrwıg, 1881) auf Grund seiner Lage, bald auf Grund seiner Entwicklung (Iısıma, 1884), oder auf Grund der bei seiner Regeneration gemachten Befunde (E. Scuurtz, 1902) für mesodermal erklärt und damit in Gegensatz zu dem Nervensystem der Polycladen gestellt wurde. Ich glaube nicht, daß sich diese Ansicht jetzt, nach- dem wir die Befunde bei den Rhabdocölen kennen gelernt haben, noch aufrecht erhalten läßt. Auch hier haben wir beim erwachsenen Tier ein tief im Innern des Körpers gelegenes Hirn, aber wir sehen, wie es erst im Laufe der Entwicklung — durch Verschiebung des Vorderendes (S. 255) — dahin zu liegen kommt, während es vorher unmittelbar mit der Epidermis in innigstem Zusammenhang gestanden hat (s. Fig. 30). Ich zweifle keinen Augenblick, daß wir bei den primitivsten Rhabdocölen eine direkte Entstehung des Hirns aus dem 324 ‘ Ernst Bresslau, Ektoderm finden werden. Alsdann werden wir auch für das Hirn eine Reihe haben, die von diesen Formen über die Mesostomiden und Alloiocölen zu den Trieladen führt und in gleicher Weise seine allmähliche scheinbare Verlagerung in das Mesoderm vor Augen stellt, wie wir dies bei den verschiedenen untersuchten Mesostomidenformen für das Schlundepithel direkt beobachten konnten. Mit diesen wenigen Andeutungen möchte ich schließen. Ich hoffe bald Gelegenheit zu haben, auf sie zurückzukommen. Straßburg, im Oktober 1903. Literaturverzeichnis, 1896. C. Graf ArTTEms, Beitrag zur Kenntnis der rhabdocölen Turbellarien Helgolands. In: Wiss. Meeresunters. N. F. Bd. II. Heft 1. 1870. ED. VAN BENEDEN, Recherches sur la composition et la signification de Voeuf. In: M&m. couronn. Acad. royale de Belgique. Bd. XXXIV. 1881. —— Recherches sur le d&eveloppement embryonnaire de quelques Tenias. In: Arch. de Biol. Bd. H. 1860. P.-J. van BENEDEN, Recherches sur la faune littorale de Belgique. II. Turbellariöes.. In: Mem. des memb. 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Erklärung der Abbildungen, Allen Figuren gemeinsame Bezeichnungen: au, Auge; aun, zum Auge gehörige Nervenfaser- masse; d, Dotterzelle, Dottermasse; - da, Darmzelle; dl, Darmlumen; dvm, dorsoventrale Muskelfaser; dr, Drüsenzelle; e, Embryonalanlage; ep, Epidermis; ex, Eizelle; gh, Gehirn; gn, Anlage der Geschlechtsorgane; h, Hüllmembran, Hüllzelle; In, Längsnerv; m, Mund; 0, nes, pad, dorsales Parenchym; pav, ventrales Parenchym; pg, Pigment; ph, Anlage der Schlundmuskulatur; phe, Schlundepithel; phs, Pharyngealseptum; pht.ä, äußere Pharyngealtasche; pht.i, innere Pharyngealtasche; phz, Pharyngealzelle; rd, resorbierte Dottermasse; ri, Richtungskörperchen ; s, Eihaut, Eischale; sd, Stäbcehendrüse, Stäbehenbildungs- zelle; sh, Spaltleibeshöhle; sn, seitlicher Hirnnerv; sp, Spermatozoon, Spermakern; s%, Sehzelle; ut, Zelle der Uteruswand; v, Vacuolenzelle; vn, vorderer Hirnnerv. Sämtliche Figuren sind mittels des Aßgeschen Zeichenapparates entworfen. Die Zahlen neben den Figuren geben die jeweilige Vergrößerung an. Tafel XIV. Alle Figuren betreffen Sommereier von Mesostomum ehrenbergi. Fig. 1. Fig. 3. Desgl. einen Seite des Eiumfanges. 500 x. Aus dem Receptaculum seminis isolierte Eizelle. zoon hat sich um den Kern geschlungen. Nach dem Leben gezeichnet. Fig. 2. Schnitt durch ein frisch gebildetes Sommerei. Das Spermato- 55074 700>< Zeigt die doppelte Schichtung der Dotterzellen auf der Fig. 4. Eizelle im Begriff das zweite Richtungskörperehen abzuschnüren. Daneben das erste Richtungskörperchen (rü). 700 ><. Fig. 5. 700 ><. Aus zwei Schnitten kombiniert. Schnitt durch eine Eizelle im Stadium der ersten Teilungsspindel. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 327 Fig. 6. Schnitt durch ein Dreizellenstadium. Vom Makromer A schnürt sich soeben das zweite Mikromer CO ab. 700,x. Fig. 7. Übergang vom Drei- zum Vierzellenstadium, nach zwei Schnitten plastisch rekonstruiert. Seitenansicht. 700 x. Fig. 8. Übergang vom Vier- zum Fünfzellenstadium. Auf dem Schnitt ist nur das Makromer A, das Mikromer 0, sowie das in Teilung begriffene Mikromer B getroffen. 700 x. Fig. 9. Zu dem in der vorigen Figur dargestellten Schnitt gehörige Re- konstruktion (Seitenansicht). Man erkennt, daß sich B, zwischen die Mikromeren A und © schiebt. 700 x. Fig. 10. Ansicht des Fünfzellenstadiums von oben her, aus drei Schnitten rekonstruiert. Man erkennt, daß nach vollzogener Teilung von Bin 5, und B3 das Mikromer C und das Makromer A sich zur Teilung vorbereiten. 700 x. Fig. 11. Ansicht des Siebenzellenstadiums von oben her, aus drei Schnit- ten rekonstruiert. Das Makromer A hat sich in A, und As, das Mikromer ( in C, und (3 geteilt. 700 <. | Fig. 12. Schnitt durch ein etwas älteres Siebenzellenstadium, etwa in der Richtung der in Fig. 11 eingetragenen Pfeile. Die Zellen A,, Bı und As berei- ten sich zur Teilung vor. 700 <. Fig. 13. Zur vorigen Figur gehörige Rekonstruktion (Seitenansicht, nach drei Schnitten). Außer den bereits genannten Zellen befindet sich auch das Mikromer D in Teilung. Die Teilungsachsen verlaufen alle in verschiedenen Richtungen und Ebenen. 700 x. Fig. 14. Rekonstruktion eines ähnlichen Siebenzellenstadiums (Seitenansicht nach vier Schnitten). Die Teilung von D,, Aı und As ist schon weiter vorge- schritten, B} befindet sich noch in Ruhe. 700 x. Fig. 15 u. 16. Rekonstruktionen zweier Zwölfzellenstadien aus vier, bezw. fünf Schnitten. Die Abstammung der einzelnen Zellen von den Blastomeren des Siebenzellenstadiums ist nicht mehr zu ermitteln. Die Numerierung der Zellen zeigt die Reihenfolge an, in der sie auf den Schnitten nacheinander folgen. 700 >. Tafel XV. Alle Figuren betreffen Sommereier von Mesostomum ehremberge. Fig. 17. Schnitt durch ein ganzes Ei. Zweizellenstadium, das Makromer A bereitet sich zur zweiten Teilung vor (Aquatorialplatte). Neben dem Mikromer 5 ein Richtungskörperchen. Die Dotterzellen zeigen die ersten Anfänge der Diffe- renzierung in Hüll- und Vacuolenzellen. 700 x. Fig. 18. Desgl. Die Embryonalanlage, von der fünf Blastomeren getroffen sind, besteht aus 15 Zellen mit fast lauter ruhenden Kernen. Hüllmembran auf der einen Seite des Eies bereits differenziert. 600 x. Fig. 19. Desgl. Embryonalanlage vielzellig.. Hüllmembran vollkommen differenziert. Beginn der Ausbildung großer Vacuolen (v1). 400 x. Fig. 20. Desgl. Embryonalanlage vielzellig. Dorsal große Vacuolen, teils vollständig (v), teils im Anschnitt (v,) getroffen. Die ventralen Vacuolenzellen (v9) beginnen zu schwinden. Der Eidurchmesser beträgt etwa das doppelte seiner ursprünglichen Länge. 300 x. Zeitschrift f, wissensch, Zoologie. LXXVI. Bd. 22 328 Ernst Bresslau, Fig. 21a. Schnitt durch die dorsale Vacuolenzellenkuppe eines Eies wie Fig. 20. d, folgender Schnitt, zeigt den von der Fläche getroffenen Kern von ».. 175 x. Fig. 22. Schnitt durch die dorsale Vacuolenzellenkuppe eines älteren Eies. Die Umbildung der Vacuolenzellen ist beendet. 175 x. Fig. 23. Schnitt durch ein Ei im Stadium der Fig. 22 (die Schnittriehtung wird durch die mit 23 bezeichneten Pfeile in Fig. 25 angedeutet). Dorsal die Vacuolenzellenhemisphäre (v1, unvacuolisiert gebliebene Vacuolenzelle); die ven- tralen Vacuolenzellen sind vollständig verschwunden. Infolgedessen wird die ventrale Eihemisphäre von der Embryonalanlage, die hier der Hüllmembran direkt anliegt, vollständig ausgefüllt. In der Embryonalanlage ist die bilaterale An- ordnung der Kerne zu erkennen. 250 x. Fig. 24. Totalansicht eines Eies im Stadium der Fig. 25, von der Dorsal- seite aus betrachtet. Man erkennt durch die Vacuolenzellenhemisphäre hindurch die bilaterale Sonderung der ventral gelegenen Embryonalanlage. 150 x. Fig. 25. Seitenansicht eines ganzen Eies im gleichen Stadium. 150 x. Fig. 26. Dorsalansicht eines etwas älteren Eies. Innerhalb der Embryonal- anlage hat sich die paarige Anlage des Gehirns (gk, gh) und die gemeinsame Anlage der Schlundmuskulatur und des Genitalapparates (pA) differenziert. 150 x. Fig. 27. Dorsalansicht eines Eies, in dem die Sonderung der Organanlagen weiter fortgeschritten ist. Über den beiden Hirnganglien hat sich die Epidermis — in paariger Anlage -— differenziert, der zentrale Zellenhaufen hat sich in die getrennten Anlagen für Schlundmuskulatur und Geschlechtsapparat gesondert. 150 x. Fig. 28. Seitenansicht eines älteren Eies wie Fig. 27. Die Epidermis ist an der ganzen Ventralseite differenziert. 150 x. Fig. 28a. Schematische, plastisch gehaltene Darstellung der in diesem Ei zu beobachtenden Verhältnisse, nach Abtragung der oberen 2/3 in Höhe der in Fig. 28 eingetragenen Pfeile. Fig. 29. Dorsalansicht eines Eies etwa vom gleichen Stadium wie Fig. 28. Die beiden Hirnganglien sind zum unpaaren Hirn verschmolzen, doch ist der paarige Ursprung an der medianen Einschnürung desselben deutlich zu er- kennen. 150 x. Tafel XVI. Alle Figuren (außer Fig. 41) nach Sommereiern von Mesostomum ehrenbergi. Fig. 30. Etwas schiefer Sagittalschnitt durch die Embryonalanlage eines etwas älteren Eies als Fig. 26 (die dort eingezeichneten Pfeile — 30 — geben die Schnittrichtung an). Man erkennt vorn (in der Figur links) die Anlage des rechten Hirnganglions (g%), in der Mitte die Anlage der Schlundmuskulatur (pk) und dahinter die Genitalanlage (g9»). Vorn am Hirn beginnt die Differenzierung der Epidermis (ep), 300 >. Fig. 31. Schräger Frontalschnitt durch ein Ei wie Fig. 30, in der Richtung der dort eingetragenen Pfeile. Beide Gehirnganglien (gh), durch die in ihnen ausgebildete Punktsubstanz gekennzeichnet, sind getroffen; zwischen den von ihnen nach ventral und hinten ziehenden Anlagen der Längsnervenstämme (ln) eingeschlossen findet sich der Anschnitt der Schlundmuskulaturanlage (p%). uU >. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. 3929 Fig. 32. Erste Anlage des Schlundepithels durch eine solide Einwucherung der ventralen Epidermis in die Schlundmuskulaturanlage hinein. Teil eines Querschnitts; Kerne etwas schematisch gezeichnet. 250 x. Fig. 33. Etwas schiefer Sagittalschnitt durch ein Ei im Stadium der Fig. 28. Organanlagen, Epidermis, Schlundauskleidung fertig differenziert. 200 <. Fig. 34. Vorderer Teil eines Sagittalschnittes wie Fig. 33, die Endigung der Epidermis dorsal vom Gehirn und ihr Verhalten zur Hüllmembran, bei stär- kerer Vergrößerung, zeigend. 350 x. Fig. 35. Schräger Frontalschnitt durch ein etwas älteres Ei wie Fig. 33 (Schnittriehtung die gleiche wie bei Fig. 31, s. die Pfeile in Fig. 37). Die beiden Gehirnganglien sind zum unpaaren Hirn verschmolzen; von diesem ausgehend die Längsnerven (!») und die Anlagen der Seitennerven (sn). 200 >. Fig. 36. Querschnitt durch ein Ei vom gleichen Alter wie Fig. 35. Die Epidermis beginnt seitlich die Vacuolenzellenhemisphäre zu umwachsen. Die Schlundauskleidung hat die beiden Pharyngealtaschen gebildet. Jederseits vom Schlunde findet sich die Anlage des Wassergefäßsystems, dorsal beginnt die Bildung des Darmes. 200 x. Fig. 37. Schiefer Sagittalschnitt durch einen Embryo nach vollendeter Ausbildung der Epidermis. 150 x. Fig. 38. Etwas schiefer Sagittalschnitt durch einen innerhalb der Eihüllen stark zusammengekrümmten, fertig entwickelten Embryo kurz vor dem Aus- schlüpfen. 125 x. Fig. 39. Frontalschnitt durch einen Embryo, der etwas schwächer ge- krümmt ist, als der in Fig. 38 dargestellte. 125 x. Fig. 40. Etwas schiefer Sagittalschnitt durch einen jungen Wurm, kurz nach dem Ausschlüpfen. 125 x. Fig. 41. Schnitt durch ein eben gebildetes Winterei von Mesostomum ehren- bergi. 150 x. Tafel XVII. Alle Figuren betreffen Sommereier von Bothromesostomum personatum. Fig. 42. Schnitt durch ein eben gebildetes Ei. 350 x. Fig. 43. Schnitt durch eine Eizelle mit ruhendem Kern. 350 x. Fig. 44. Desgl. Amphiasterstadium. 350 x. Fig. 45. Schnitt durch ein Zweizellenstadium. 350 x. Fig. 46. Schnitt durch ein Dreizellenstadium. 350 x. Fig. 4’a—c. Achtzellenstadium in drei aufeinander folgenden Schnitten. Färbung mit Eisenhämatoxylin. 350 x. Fig. 48. Schnitt durch eine Embryonalanlage von etwa 25 Zellen. 350 x. Fig. 49. Schnitt durch eine fertig ausgebildete, undifferenzierte Embryonal- anlage. 225 x. Fig. 50a—:. Serie von neun aufeinanderfolgenden etwas schrägen Quer- schnitten durch eine Embryonalanlage, in der sich die Herstellung der bilateralen Symmetrie, sowie die Sonderung von Hirn- () und Schlund- + Genitalanlage (ph) eben vollzogen hat. Es sind nur die Gesamtumrisse der Figuren mit dem Zeichenapparat angefertigt. Die Zellen der Embryonalanlage sind in dem Umriß derselben schematisch durch kleine Kreischen angedeutet, den ausgesparten Raum zwischen der die Eihülle bezeichnenden Einfassungslinie und der 22* 330 Ernst Bresslau, Embryonalanlage hat man sich von der Dottermasse ausgefüllt zu denkeh. do dor- sal, ve ventral, r rechts, ! links. 175 x. Fig. 5la—g. Serie von sieben aufeinanderfolgenden schrägen Frontal- schnitten durch eine etwas ältere Embryonalanlage, in der sich die Anlagen der Schlundmuskulatur (pk) und des Genitalapparates (gn) eben zu sondern beginnen. Herstellung der Figur ebenso wie in Fig. 50. r rechts, ! links, vo vorn, Ai hinten. Na Fig. 52a—b. Zwei senkrechte Querschnitte durch eine etwas ältere Em- bryonalanlage: « Schnitt durch die Gehirngegend mit der paarigen Anlage der Punktsubstanz, 5 fünfter darauffolgender Schnitt durch die Schlundgegend. Innerhalb der Schlundmuskulaturanlage beginnen sich die innersten Zellen zum Pharyngealepithel zu differenzieren. 350 x. Fig. 53a—c. Drei jeweils durch zwei nicht mitgezeichnete Schnitte von- einander getrennte, senkrechte Querschnitte durch eine Embryonalanlage, an der die Sonderung der Organanlagen beendet ist. Man erkennt die paarige Anlage der Epidermis, das durch Verschmelzung der paarigen Anlage entstandene Ge- hirn und das innerhalb der Schlundmuskulaturanlage unabhängig von der Epi- dermis differenzierte Pharyngealepithel. 225 x. Tafel XVIII. Alle Figuren betreffen Bothromesostomum personatum, 54-62 Sommereier, 63 und 64 Wintereier. Fig. 54a—e. Serie von fünf aufeinanderfolgenden Frontalschnitten durch das Vorderende eines etwas älteren Embryos wie Fig. 535. a der am meisten dorsale, e der am meisten ventrale Schnitt. Die Resorbierung des ventralen medianen Dotterlängsstreifens und damit die Verschmelzung der beiden Epi- dermishälften beginnt dorsal in der Hirngegend und schreitet von da nach hinten und ventralwärts fort. 200 x. Fig. 55. Schiefer Sagittalschnitt durch einen Embryo des gleichen Alters wie Fig. 54. Der Schnitt hat ventral vorn die rechte {ep}, hinten die linke Epidermis- hälfte (epı) getroffen. In der Mitte der ventrale Dotterlängsstreifen. Das Schlund- epithel steht mit der Epidermis in keiner Verbindung. 200 x. Fig. 56. Schräger Frontalschnitt durch einen Embryo wie Fig. 55, in der Richtung der dort eingetragenen Pfeile. 200 x. Fig. 57. Annähernd exakter Frontalschnitt durch einen Embryo wie Fig. 55, in der Höhe der inneren Pharyngealtasche (s. die in Fig. 55 eingetragenen Pfeile). 200 x. Fig. 58. Sagittalschnitt durch einen etwas älteren Embryo mit fast fertig entwickelter Epidermis. Die äußere Pharyngealtasche ist durch Sehrumpfung etwas eingedrückt. 200 x. Fig. 59. Etwas schiefer Sagittalschnitt durch einen fertig entwickelten, eben ausgeschlüpften, im mütterlicehen Uterus frei herumkriechenden jungen Wurm. Innerhalb der Dottermasse hat sich das Darmlumen (dl) als einfacher, epithelloser Spaltraum gebildet. 200 >. Fig. 60a—b. Zwei aufeinanderfolgende Querschnitte durch die Schlund- gegend eines etwas älteren Wurmes. Beginn der Darmepithel-, Schizoeöl- und Wassergefäßbildung. Die Epidermis links beim Schneiden etwas abgehoben. 30 >. Fig. 61. Etwas schiefer Sagittalschnitt durch einen noch innerhalb des Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der 'Furbeliarien. I. 331. mütterlichen Uterus befindlichen jungen Wurm mit eben differenziertem Darm- epithel. Im Leibesraum noch zahlreiche Dotterkugeln. 200. x. Fig. 62. Frontalschnitt (Richtung der Pfeile in Fig. 61) durch einen jungen Wurm kurz vor dem Auskriechen aus dem- mütterlichen Uterus. 200 x. Fig. 63. Schnitt durch die etwa 30zellige Embryonalanlage eines Winter- eies. 30 x. Fig. 64. Schiefer Sagittalschnitt durch ein Winterei. Der Embryo ist etwas älter als der in Fig. 55 dargestellte. Das Hirn ist erst auf dem zweitfolgenden Sehnitt getroffen. 135 x. Tafel XIX. Alle Figuren nach Sommereiern von Mesostomum lingua. Fig. 65. Schnitt durch eine Eizelle inmitten der Dotterzellen. & resor- bierter Nucleolus einer Dotterzelle? 350 x. Fig. 66. Schnitt durch ein Zweizellenstadium. 350 x. Fig. 67. Schnitt durch ein Ei im Zwölfzellenstadium. Der ganze Schnitt, auf dem fünf Blastomeren getroffen sind, gezeichnet. Bei der Färbung mit Eisenhämatoxylin hat sich die Dottermasse vollkommen schwarz tingiert. dı Reste des Dotterzellenplasmas mit Kernen (Anlagen der Hüllzellen). 350 x. Fig. 68. Schnitt durch eine Embryonalanlage mit beginnender Differen- zierung der paarigen Gehirnanlage. 350 <. Fig. 69a—h. Serie von acht aufeinanderfolgenden Schnitten durch eine etwas ältere Embryonalanlage. Man erkennt die Anlagen des Gehirns (g%), der Schlundmuskulatur (p%) und des Geschlechtsapparates (gr), sowie die paarige Anlage der Epidermis (ep). 350 x. Fig. 70. Querschnitt durch die Schlundanlage eines älteren Embryos. Das Schlundepithel hat sich differenziert, gleichzeitig beginnen die beiden Epidermis- hälften in der Medianebene zu verschmelzen. 350 x. Fig. 71. Querschnitt durch einen Embryo mit fertig entwickelter Epi- dermis. Die Wassergeräße sind angelegt, die Darmbildung hat noch nicht be- gonnen. 320. x. Fig. 72. Frontalschnitt durch einen gleichalterigen Embryo in der Höhe der inneren Pharyngealtasche. 320 x. Tafel XX. Alle Figuren betreffen Plagiostomum girardi. Fig. 73. Geschlechtsreifer Wurm, nach dem Leben gezeichnet. Durch die Haut des weißlichen Wurmes schimmert der dunkelgefärbte Darm hindurch. Das Hinterende des Körpers enthält einen Kokon, dessen Stielende zur Geschlechts- öffnung herausragt. Wenn das Stielende an der Unterlage durch Andrücken festgeklebt ist, kriecht der Wurm weiter und zieht sich auf diese Weise den Kokon selber aus seiner Geschlechtsöffnung heraus. Etwa 20 x. Fig. 74a. An ein Bryozoenstämmchen befestigter Kokon, in dessen Innerem man 10 Embryonen zählt. 35 >. b und e zwei andre Kokons. 30 x. Fig. 75. Schnitt durch einen jugendlichen Kokon. Es sind acht Embryonal- bezirke ‘im Zweizellenstadium) mehr oder minder vollständig getroffen. 150 x. Fig. 76. Schnitt durch ein Dreizellenstadium. Die Blastomeren weichen nach der Teilung auseinander. 300 x. 332 Ernst Bresslau, Beiträge zur Entwicklungsgesch. der Turbellarien. I. Fig. 77. Schnitt durch ein Achtzellenstadium. Der Peripherie des Kokons zugekehrt liegen vier Mikromeren mit mitotischen Kernen (auf dem Schnitt sind nur drei getroffen), nach innen zu vier Makromeren mit ruhenden Kernen (nur zwei getroffen... 300 x. Fig. 78. Desgl. Schnitt quer durch die vier Makromeren N der Pfeile in Fig. 7%). 300 x. Fig. 79. Schnitt durch ein Sana von etwa 20 Zellen. Die Mike en peripher, die Makromeren zentralwärts gelegen. 300 x. Fig. 80. Schnitt durch eine Embryonalanlage, deren Blastomeren wieder zu einem Haufen zusammengerückt sind, der bilateral- symmetrisch erscheint. 300 x. Fig. 83la—b. Zwei Querschnitte durch eine Embryonalanlage, in der die Differenzierung der Organanlagen begonnen hat. a Schnitt durch die Hirn-, b durch die Schlundgegend. In a zu der Hüllzellen-, in 5 der Schlund- epithelbildung. 300 x. Fig. 82. Schiefer Schnitt durch einen Embryo mit deutlich entwickelten Örgananlagen. Beginn der Epidermisbildung. 300 x. Fig. 83. Schiefer Sagittalschnitt durch einen Embryo mit ziemlich weit entwickelter Epidermis. Auge, Hirn, Schlund fertig differenziert, keine Spur einer Darmbildung. 300 x. Über die Häutung und über einige Elemente der Haut bei den Insekten. Von W. Plotnikow St. Petersburg. Mit Tafel XXI, XXII und 6 Figuren im Text. Vor drei Jahren hat mir Herr Prof. CuoLoDKovsky vorgeschlagen den Häutungsprozeß bei Insekten hauptsächlich in histologischer Hinsicht zu erforschen. Die vorliegende Arbeit ist nun ein Versuch, die genannte Auf- gabe zu lösen und hat zu ihrem Gegenstand einige Vertreter der holometabolen Insekten. Ich teile meine Arbeit in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Im ersten Teil. betrachte ich solche Häutungserscheinungen, - die bei allen Insekten und überhaupt Arthropoden gleich sind, — nämlich die Separation der alten Cuticula vom Hypoderma, die Exuvialflüssigkeit, das Wachstum der neuen Cuticula, die Härchen- entwicklung und das Abwerfen der alten Cuticula. Der zweite Teil ist der Untersuchung der Exuvialdrüsen gewidmet. I. Allgemeiner Teil. A. Die Separation der alten Cuticula vom Hypoderma. Beim Betrachten der zum Abwerfen bestimmten Outicula des sich häutenden Insekts habe ich gefunden, daß die unterste (tiefste) Schicht derselben sich mit Hämatoxylin (DELAFIELD) und Hämalaun (MAYER) intensiv färben läßt (Fig. 1 und 35 e). Obgleich nun die genannte Schicht bei den letzten Häutungen besonders deutlich hervortritt, ist sie auch bei früheren Häutungen leicht zu unterscheiden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 23 354 .W. Plotnikow, Erwachsene Larven von Tenebrio molitor, mittelgroße Raupen und Puppen von Bombyx mori, Ocneria, Orgyia, Sphinc u. a. und Puppen von Chrysopa, Coceinelliden, Chrysomeliden u. a. können dafür schöne Beispiele liefern. Diese Schicht liegt an der Innenseite der abzuwerfenden Cuticula und überzieht alle Fortsetzungen derselben, nämlich die Cuticula der Tracheen, des vorderen und hinteren Darmes und der Ausführungs- sänge verschiedener Drüsen. Man muß aber diese Schicht von den innersten Schichten der eigentlichen Cuticula, die sich zuweilen ebenfalls mitfärben, streng unterscheiden. Der Bequemlichkeit halber wollen wir diese Schicht, nach ihrer Färbungsfähigkeit, die »plasmatische« Schicht nennen, zumal da auch PAUTEL! dieselbe als umgewandeltes Protoplasma der Hypodermiszellen ansieht. Wenn die Cuticula und das Hypoderma zufällig auseinander gehen und dabei die bereits entwickelte »plasmatische< Schicht zer- reißen, sieht man auf den Querschnitten der betreffenden Stelle, daß von der Innenseite der alten Cuticula, sowie von der Außenseite des Hypoderma fetzenartige Fortsätze nach innen, beziehungsweise nach außen sich erstrecken (Fig. 2 c). Dabei scheint es, als ob zwischen der Cuticula und dem Hypoderma eine dünne, aus flüssigen Eiweiß- stoffen bestehende Schicht sich befinde. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß sich in den Falten der neuen Outicula An- sammlungen der »plasmatischen« Schicht bilden (Fig. 48). Auch in den Tracheen der hinteren Segmente habe ich zwischen der alten und neuen Cutieula der sich häutenden Ocneria-Raupen ähnliche Ansammlungen eines färbbaren Stoffes bemerkt (Fig. 3). Sie stehen auch hier mit der unter der alten Outicula gelagerten »plasmatischen« Schicht in unmittelbarer Verbindung. Diese Ansammlungen der »plasmatischen« Schicht sind aber von einem ebenfalls färbungsfähigen, in der Exuvialflüssigkeit sich be- findenden Eiweißstoff zu unterscheiden. Die soeben beschriebene »plasmatische« Schicht scheint nun bei den Raupen gerade zur Zeit aufzutreten, wo bei ihnen die Erstarrungs- periode anfängt. Ich habe eine erstarrte Larve von Tenebrio molitor untersucht, die gerade im Stadium der Bildung der erwähnten Schicht sich befand. ! PAUTEL, Sur le celivage de la euticule, en tant que processus temporaire ou permanent. Compt. Rend. CXXVI 1898. Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 335 Die »plasmatische« Schicht ist in diesem Stadium vom Hypoderma deutlich abgegrenzt (Fig. 12), färbt sich mit Hämatoxylin stärker als die letztere und zeigt auch etwas von der für die Cutieula charak- teristischen horizontalen Schichtung und feiner senkrechten (hier aber kaum merkbaren) Streifung. Die senkrechte Streifung ist in diesem Falle auch in den Hypodermiszellen sichtbar (Fig. 12). PAUTEL, der die Häutung bei Thrixion beobachtet hatte, sagt folgendes darüber: »lorsque doit s’organiser la cuticule de remplace- ment, le siege du travail cuticulogene se transporte plus profondement; la nouvelle couche cuticulaire ne se formant pas immediatement au- dessous des anciennes, mais a une certaine distance, tandis que la couche protoplasmatique interposee aux deux feuillets ainsi separes devient brillante, molle et homogene, comme si les trabeeules du reticulum s’y resorbaient progressivement. Cette couche constitue une sorte de magma de remplissage dans laquelle la cuticule nouvelle peut librement developper des tubercules ou des piquants, la cutieule ancienne etant simplement jetee A la maniere d’un pont sur les parties saillants. « PAuTEL hält also die »plasmatische« Schicht für einen umge- wandelten Teil des Hypoderma. Die Eigenschaften der »plasmatischen« Schicht machen die An- nahme wahrscheinlich, daß diese Schicht die Bewegungen des Hypo- derma unter der Cutieula erleichtert; darin besteht, glaube ich, ihre Hauptrolle. Sie begünstigt eine Faltenbildung beim Vergrößern der Oberfläche der neuen Haut, beseitigt das Reiben beim Herausziehen der alten Cuticula aus den Tracheen und Ausführungsgängen der Drüsen usw. Anfänglich erfüllt sie diese Rolle allein und ganz selbständig, später aber wirkt sie mit der Exuvialflüssigkeit zusammen. Da aber die neue Outieula mit ihren Anhängen sich eben erst gleichzeitig mit der Ansammlung der Exuvialflüssigkeit zu bilden anfängt, so kann die »plasmatische« Schicht nicht als das angesehen werden, was PAUTEL als »magma de remplissage« bezeichnet. Wir können wohl annehmen, daß die »plasmatisches Schicht bei der Häutung aller Arthropoden gebildet wird. Nach WAGNERSs! - Beobachtungen trennt sich bei Spinnen die neue Cuticula von der alten ab, indem sie eine dünne »elastische« Unterschicht derselben mit sich fortreißt. Wie wir weiter sehen werden, kann auch die »plasmatische« Schicht bei den Insekten unter dem Einflusse der 1 Wr. WAGNER, Beobachtungen über die Araneina. Arbeiten der St. Peters- burger Gesellschaft der Naturforscher. Bd. XXI. 1890. (Russisch.) 23* 336 W, Plotnikow, zwischen derselben und der alten Cutieula eindringenden Exuvial- flüssigkeit auf der Außenseite der neuen Cuticula haften bleiben. B. Die Exuvialflüssigkeit. Es wurde von vielen Forschern bei den Insekten und überhaupt bei den Arthropoden während der Häutung eine Ansammlung der Flüssigkeit unter der alten Cuticula bemerkt, deren Herkunft aber nur für die Insekten mehr oder weniger erklärt worden ist. E. VERSoN! war der erste, der nachgewiesen hat, daß wenigstens die von ihm bei den Raupen von bombyx& mort entdeckten Haut- drüsen an der Bildung der Exuvialflüssigkeit teilnehmen. Später sind die Versoxschen Drüsen von E. HoLMGREN? bei mehreren Macrolepidopteraraupen gefunden. Diese Drüsen scheiden periodisch das Sekret aus, das sie bei den Häutungen in den Raum zwischen der alten Cuticula und Hypo- derma ergießen. Neulich fand Tower? bei Larven von Leptinotarsa 10-lineata, daß die Exuvialflüssigkeit bei den früheren Häutungen durch die haarbildenden Zellen abgesondert werden soll; in den zwei letzten Larvenstadien sollen aber alle Härchen verloren gehen, während die Zellen derselben als große einzellige Exuvialdrüsen bestehen bleiben. Meine Beobachtungen über die Exuvialdrüsen einiger Chryso- meliden- und Coceinelliden-Larven, worauf wir noch später zu sprechen kommen, stimmen mit den Angaben von TOWER nicht überein. Ich habe nämlich gefunden, daß bei diesen Larven in allen Lebensaltern wohl gesonderte Exuvialdrüsen, ebenso wie Härchen existieren. Die haarbildenden Zellen aber scheinen gar keinen Anteil an der Bildung der Exuvialflüssigkeit zu nehmen. Außerdem werde ich unten noch einige neue Exuvialdrüsen be- schreiben, die bei Larven einiger Insekten (nämlich Tenebrio molitor, einer Chrysopa-Art, einer Mikrolepidopteren-Art und einer Nema- tiden-Art) vorkommen. Ich zweifle auch nicht, daß bei weiteren Untersuchungen Exuvialdrüsen auch bei andern Insektenordnungen sich finden werden. ! E. VERSON, Di una serie di nuovi organi esceretori scoperti nel filugello. R. Staz. bacol. di Padova. 1890. | ® E. HOLMGREN, Studier öfver hudens och de körtelartade hudorganens.... Kongl. Sven. Vetensk. Acad. Handl. Bd. XXVII. 1895. | ®> W. Tower, Observations on the structure of the exuvial glands. Zool. Anz. 1902. Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 337 An dieser Stelle halte ich auch für nötig, auf die merkwürdige Tatsache hinzuweisen, daß die Exuvialdrüsen nach dem Larvenleben verschwinden; die bei der Puppenhäutung entstehende Exuvialflüssig- keit muß also auf irgend eine andre Weise sich bilden. Schon bei der letzten Häutung der Raupen von Orgyia und Bomby& mori bemerkte ich das Erscheinen der Vacuolen in den Hypodermazellen. Man kann diese Erscheinung auch bei früheren Häutungen beobachten, aber sie ist dann bei weitem nicht so deutlich. Die winzigen Vacuolen befinden sich dicht unter der äußeren Oberfläche des Hypodermas und bilden also eine oberflächliche Vaeuo- larschicht (Fig. 4). Zwischen den kleinen Vacuolen kommen auch srößere vor; sowohl diese, als jene befinden sich auch innerhalb der Hypodermazellen. Bei der Verpuppung der Larven von Tenebrio molitor und bei den Chrysomeliden fand ich ebenfalls die Vaeuolenschicht und die einzelnen Vacuolen in den Hypodermazellen (Figg. 35, 47). Bei den sich häutenden Puppen von Papilkio podalirvus und Orgyia sind die Vacuolen viel größer (Fig. 5). Ich muß hier aber bemerken, daß ich die Vacuolarisation nicht gleichzeitig in dem gesamten Hypoderma, sondern nur auf einzelnen Strecken desselben beobachtet habe, woraus offenbar zu schließen ist, daß dieselbe entweder nur stellenweise, oder jedenfalls nicht überall gleichzeitig vacuolarisiert wird. Da die Vacuolen offenbar eine Flüssigkeit enthalten, so ist es wohl möglien, daß PAuTEL!, wenigstens zum.Teil, recht hat und daß das Hypoderma eine der Quellen der Exuvialflüssigkeit bildet. Wie aus dem Vorhergehenden erhellt, erscheinen die Vaecuolen in den Hypodermazellen nicht nur bei den Larvenhäutungen, wo die Exuvialdrüsen vorhanden, sind, sondern auch bei der Puppenhäutung, wo keine Exuvialdrüsen existieren. | Es ist sehr möglich, dab es noch eine dritte Quelle der Exuvial- flüssigkeit gibt. Nach VERsons? Forschungen über die Seidenraupe besteht näm- lich die zwischen den beiden Cuticulae der sich häutenden Raupe befindliche, von den Exuvialdrüsen abgesonderte Flüssigkeit bis zur vierten Häutung aus einer Lösung oxalsaurer Salze, während bei den darauffolgenden Häutungen — also bei der Entstehung der Puppe und der Imago — dieselbe harnsaure Salze enthält. Ganz ebenso ver- 338 W. Plotnikow, hält sich aber auch der Inhalt der MArrıcHischen Gefäße in ver- schiedenen Lebensperioden des Insekts. Bei meinen Untersuchungen über die Häutung der Seidenraupe und andrer Raupen habe ich niemals in den Versonschen Drüsen Kristalle gefunden. Dafür gelang es bei der zweiten Häutung der Seidenraupe oxalsauren Kalk außerhalb dieser Drüsen zu finden. Als die neue Cutieula noch sehr dünn war, konnte ich zwischen den Cutieulae keine Spur von Kristallen dieses Salzes sehen, während dagegen die Marriecnischen Gefäße mit denselben überfüllt waren; später — vor dem Ende der Häutung — erscheinen die Kristalle des oxalsauren Kalks zwischen den beiden Cutieulae in großer Menge, die MAupisHischen Gefäße sind aber von denselben fast vollständig frei. Die zwischen den Cuticulae befindlichen Kristalle erscheinen hier in der Form länglicher Platten mit abgerundeten Enden; außer- dem kamen auch aus etwas kleineren Platten zusammengesetzte Drusen vor (Fig. 6). Daß die betreffenden Kristalle aus oxalsaurem Kalk bestanden, zeigte mir ihre Unlöslichkeit in Essigsäure. In den Versonschen Drüsen habe ich dieselben weder in der ersten, noch in der zweiten der obenerwähnten Häutungsperioden beobachtet. Das Erscheinen der Kristalle zwischen den Cuticulae und das gleichzeitige Verschwinden derselben in den MALrıcnıschen Gefäßen sprechen zugunsten der von TicHoMIROW ! geäußerten Meinung, daß die in dem Raume zwischen den beiden Cuticulae befindliche Flüssigkeit aus den MarrIsHIschen Gefäßen stammen kann, indem dieselbe zwischen dem Epithel des Hinterdarmes und seiner Chitinintima sich ansammelt und unter die Haut vordringt. Wenn das wirklich der Fall ist, so geschieht es jedenfalls nur zu der Zeit, wo die Häutung bald zu Ende ist. Die Exuvialflüssigkeit enthält auch, wie schon oben kurz erwähnt wurde, einen färbbaren Eiweißstoff. Große Ansammlungen dieses Stoffes sind zwischen den neugebildeten zahlreichen Härchen der Larven von Ocneria und Orgyia zu beobachten. Wenigstens teilweise wird dieser Stoff von den VErsonschen Drüsen ausgeschieden. Ich habe nämlich bei Bombyx mori, Ocneria u. a. beobachtet, daß die Vacuolen einiger Versonschen Drüsen mit färbungsfähigem körnigem Stoffe angefüllt waren. Jetzt wollen wir zu erklären versuchen, wie die Flüssigkeit unter die separierte alte Cuticula eindringt. Noch bevor die Bildung der ! A. TıcmoMmIROW, Grundzüge des praktischen Seidenbaues. Moskau 189. (Russisch. Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 339 neuen Cutieula angefangen hat, wird schon die alte Cuticula unter dem Einflusse der Flüssigkeit vom Hypoderma abgehoben. In der Regel dringt die Exuvialflüssigkeit zwischen das Hypoderma und die »plasmatische« Schicht ein, wobei gewöhnlich ein unbedeuten- der Teil der letzten am Hypoderma haften bleibt (Fig. 1 c). Es geschieht aber manchmal, dab der größere Teil, ja sogar die ganze »plasmatische« Schicht, auf der Seite des Hypoderma liegen bleibt. Das Eindringen der Exuvialflüssigkeit geschieht, wie es auch PAureu! beschrieben hat, in folgender Weise: in der »plasmatischen « Schicht erscheinen Vacuolen, die in horizontaler Richtung gegen- einander wachsen und sich miteinander vereinigen. Mit der Ansammlung der Flüssigkeit bildet sich also zwischen der Cuticula und dem Hypoderma ein freier Raum für das Wachsen der Härchen, Cuticulardörnchen u. del. Die Ansammlung der Exuvialflüssigkeit dauert bis zum Abwerfen der alten Cutieula; zu gleicher Zeit bildet sich die neue Cuticula. Die Exuvialflüssigskeit, die in erster Linie zum Abschieben der alten Outicula bestimmt ist, dient zugleich auch zum Erweichen der- selben und kann in einigen Fällen sogar den größten Teil derselben auflösen. Der alte Panzer des Flußkrebses nimmt, nach BRAUNs? Beobachtungen, in der Dieke ab und wird ärmer an Kalksalzen. Bei Diplopoden (nach VERHOEFF?) wird die Quticula vor dem Abwerfen weich und dünner; das Erweichen geschieht infolge der unter dem Einflusse der Harnsäure entstandenen Auflösung des Kalkes. Bei der Larve von Tenebrio molitor habe ich die zum Abwerfen bestimmte Cutieula, mit Ausnahme der pigmentierten Oberschicht und des unter derselben liegenden unbedeutenden Teils, vernichtet gefunden (Fig. 36). Auf den Querschnitten der mit Sublimat und Essigsäure fixierten und mit Karmin gefärbten Larven sieht man, daß an der Stelle des ver- nichteten Teils der Cuticula, ein gefärbter körniger Streifen bleibt, der, wie es scheint, nichts andres ist, als ein Produkt der Auflösung der alten Outicula. Das Erweichen und das Verdünnen der Cuticula habe ich auch bei den sich häutenden Puppen von Papelio podalirvus beobachtet. ui.c. 2 M. Braun, Über die histologischen Vorgänge bei der Häutung von Asta- cus flwviatilis. Arb. Zool.-Zoot. Inst. Würzburg. Bd. 11. 1875. 3 VERHOEFF, Die Häutung der Diplopoden. Ref. in Zool. Centralbl. 1901. 340 _W. Plotnikow, C. Die Bildung und der Bau der Cuticula. Ich habe bei Ocneria-Raupen in dritter Häutung nur zwei Schiehten oder Lamellen der neuen Öuticula beobachtet. Stellenweise waren diese Lamellen zufällig voneinander getrennt und beide trugen Dörnchen; daraus kann man schließen, daß die unteren Dörnchen innerhalb der Dörnchen der oberen Lamelle steckten. Bei den Raupen von Bombyx mori sieht man deutlich, daß die Fort- ANFR- sätze der Hypodermazellen in die Höhle der Dörn- chen sich erstrecken (Fig. 7). Das beweist uns, dab © ® die Bildung der jungen Cuticula durch das Ablagern der Cuticularlamellen auf der Oberfläche der Hypo- Textfig. 1. dermazellen und der Fortsätze derselben geschieht (Bextno)r Mit dem Wachsen der Cutieula verlängern sich auch die Fort- sätze. Zu gleicher Zeit nähern sich die Fortsätze jeder Hypoderma- zelle basalwärts allmählich aneinander und bilden zuletzt ein kom- paktes Stielchen. Auf diese Weise entstehen an den Hypodermazellen büschelförmige Fortsätze (je ein Fortsatz an jeder Zelle), die sich in der horizontal geschichteten Cuticula in senkrechter Richtung lagern (Fig. 8). Die Spitzen der ursprünglichen Fortsätze lassen sich _ ‘mit Hämatoxylin nicht färben, dagegen sind der Stiel und die Basen der ursprünglichen Fortsätze färbungsfähig. Zwischen den färbbaren und den färbungsunfähigen Teilen läßt sich keine scharfe Grenze führen. Bei den erwachsenen Raupen von Smerinthus habe ich in der Outicula gleiche Bildungen beobachtet, die sich von den soeben beschriebenen nur dadurch in ihrem Aussehen unterscheiden, daß die einzelnen ursprünglichen Fortsätze mehr gleichmäßig miteinander verschmelzen. E. HOLMGREN ! beobachtete in der Cuticula der Abdominalfüßchen der Raupe von Smerinthus ocellatus (für meine Präparate habe ich die Haut des Rückens verwendet) fadenförmige Fortsätze der Hypo- dermazellen, die in der Richtung der Outiculardörnchen gestreckt waren, wobei einzelne Fäden in diesem Falle basalwärts zu einem allgemeinen Stiel sich nicht vereinigten. In einem andern Falle, wo jedes Cutieulardörnchen einer Hypo- dermazelle entsprach, hat HOLMGREN gefunden, daß die Fortsätze jeder Zelle in der Richtung der Dörnehenspitze sich einander näherten. 12,26. Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 341 Ähnliche Zellenfortsätze, wie bei Bombyx-Raupen, habe ich auch in der Haut einer Syrphiden-Larve beobachtet; von einer Hypo- dermazelle gehen hier aber mehrere Fortsätze (Fig. 10) aus, die jedoch in diesem Fall von der Anwesenheit der Cutieulardörnchen nicht abhängig sind. Beim Untersuchen der fast fertigen Cuticula einer Larve von Tenebrio molitor habe ich folgende Beziehungen zwischen der Outicula und dem Hypoderma beobachte. Von den Hypodermazellen geht eine Menge fadenförmiger Fortsätze aus, die eine Strecke lang auch im Protoplasma der Zellen sich verfolgen lassen (Fig. 11). Sie erstrecken sich in der Cutieula fast bis zur äußeren Oberfläche derselben hin- durch, wie es wenigstens aus der feinen vertikalen Streifung der Cutieula zu erschließen ist. Bei der zufälligen Trennung der Cuticula vom Hypoderma in diesem Stadium behält oft das letztere seine faden- förmigen Fortsätze, von welchen dasselbe, wie mit langen und dichten Flimmerhaaren besetzt ist. Bei Nematiden-Larven und bei den Puppen von Orgyia, Oeneria, Sphinx, Smerinthus wird die jüngste, unterste, sich von der übrigen jungen Cuticula leicht trennende Lamelle durch die protoplasmatischen Fäden, die eine Strecke lang in Hypodermazellen sichtbar sind, durchdrungen. Auf ihrer äußeren Oberfläche sind die Cutieular- dörnchen nicht zu sehen (Fig. 13). Der obere dicke Teil der jungen Cutieula hat eine merkliche vertikale Streifung: die protoplasmatischen Fäden sind hier bereits euticularisiert. Die Cutieularsubstanz lagert sich also auf der Oberfläche des Hypoderma ab, während dieselbe auf der Oberfläche der fadenförmigen Fortsätze nicht abgesondert wird, d. h. in der Cutieula sind Kanäle vorhanden, in welchen die erwähnten fadenförmigen Fortsätze sich lagern; die letzteren ceuti- cularisieren sich allmählich von den Distalenden proximalwärts. Ich habe keine horizontale Schichtung in der Cutieula von Nematus-Larven und in der jungen Cutieula der Puppen von Smerinthus, Orgyia und der Larven von Tenebrio molitor beobachtet; in der fast fertigen Cutieula der Puppen von Papilio podalirius, Sphinz und der Larve von Tenebrio ist aber diese Schichtung ebensogut wie die senkrechte Streifung zu sehen. Aber auch bei den erstgenannten Insekten muß die Cutieula horizontal geschichtet sein, worauf schon das leichte Trennen der unteren Lamelle von der übrigen Cuticula hinweist. Das Ablagern der Cuticularlamellen bei den genannten Insekten scheint mir mit dem hier beigegebenen Schema (Textfig. 2) ausgedrückt werden zu können. Es geschieht wahrscheinlich nach 342 - W. Plotnikow, diesem Schema auch die sukzessive Bildung der Lamellen in den unteren Schichten der Cuticula der Raupen von Bombyx, Ocneria, Sphinz U. 2. e | Wollen wir jetzt den Bau der fertigen Cuticula bei einigen In- sekten betrachten. Auf dem Rücken der Larve von Tenebrio molitor bildet die oberste Schicht der Cuticula eine stark lichtbrechende, strukturlose Membran (Fig. 12 e). Die unmittelbar unter dieser Membran liegende Cuticula ist bis in eine gewisse Tiefe diffus gelblichbraun pigmentiert; sie ist sehr fest und zeigt eine deutliche senkrechte Streifung. Der übrige nicht pigmentierte Teil der Cuticula (der als ihr Hauptteil betrachtet | werden kann) ist ungefähr 10—12mal so diek als Textfig. 2. die pigmentierte Schicht. Außer der senkrechten Streifung ist hier auch eine horizontale Schich- tung deutlich zu sehen. Dieser dieke Teil besteht aber eigentlich aus zwei Schichten, die keine scharfe Grenze zwischen sich ziehen lassen; die Lamellen der unteren Schicht sind gröber, als diejenigen der oberen Schicht (was an der mit Kalilauge behandelten Cutieula sich besonders deutlich erkennen läßt) und sind weicher als die - letzteren. An den Stellen, wo die Cuticula Falten bildet, — wie z. B. an der Grenze der Rücken- und Bauchschilder und zwischen den Seg- menten, — trägt die obere, lichtbrechende Cuticularmembran harte pigmentierte kegelförmige Bildungen (Fig. 15), die in der dieselben umgebenden weicheren Cuticula eingeschlossen und deren Spitzen nach innen gerichtet sind. Diese Bildungen stellen also eine Art von innerer Skulptur der Cuticula dar und entsprechen einzelnen voneinander getrennten Teilchen der harten pigmentierten Schicht der Cutieula. Stellenweise fehlt in der Cutieula die pigmentierte Schicht, so daß nur die lichtbrechende Membran und die pigmentlose Haupt- masse der Cutieula beständig vertreten sind. Fast dasselbe läßt sich auch von der Cuticula der Puppen von Sphinz ligustri, Smerinthus, Papilio podalhirius u. a. (vgl. Fig. 14) sagen. Von der Fläche betrachtet läßt die Cuticula der Larve von Tenebrio molitor eine Einteilung in kleine sechseckige, durch sehr feine helle Grenzen voneinander geschiedene Felder beobachten. Die Cuticula der von mir beobachteten Raupen weist ebenfalls eine oberflächliche, dünne stark lichtbrechende Lamelle auf, die an dem Bau der Cuticulardörnchen teilnimmt. Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 343 Während aber die Cuticula der härchentragenden Warzen bei erwachsenen Oeneria-Raupen eine harte pigmentierte oberflächliche Membran bildet, ist bei denselben Raupen im ersten Lebensalter die sanze Cuticula der Warzen hart und pigmentiert (Fig. 33 p). In der Regel liest unter der dünnen äußerlichen Membran der Cutieula eine -_ pigmentlose, aus horizontalen Lamellen bestehende Schicht, in welcher senkrechte cutieularisierte Fortsätze der Hypodermazellen in Bündeln selagert sind (Fig. 9). Es sind also auch bei den Raupen nur zwei Schichten der Cuticula beständig zu finden, nämlich eine oberflächliche Membran und eine untere diekere Schicht. Von der Fläche betrachtet zeigt sich die Cuticula der erwach- senen Raupen von Smerinthus in ihren obersten Schichten durch undeutliche helle Grenzen in kleine Felder eingeteilt; die Grenzen sind als Zwischenräume der Distalenden der einzelnen soeben er- wähnten Bündel zu betrachten. Bei einer Syrphiden-Larve ist ebenfalls eine äußerliche, ziemlich dicke, stark lichtbreehende Membran der Cuticula zu beobachten; unter derselben liegt die geschichtete, bündelartig gruppierte eutieu- larisierte Fortsätze der Hypodermazellen enthaltende Cutieularsubstanz. Die Cuticula der von mir untersuchten Insekten besteht also aus einer oberen stark lichtbrechenden Membran und einer unteren lamel- lösen Schicht, welche die Hauptmasse der Cutieula bildet. In dieser unteren Schicht sind entweder einzelne senkrechte Fasern, oder senk- rechte bündelartige Bildungen eingeschlossen. Diese und jene stellen euticularisierte Fortsätze der Hypodermazellen dar. Die Lamellen der unteren Schicht legen sich um so enger aneinander, je näher dieselben zur Oberfläche zu liegen kommen, so daß zuletzt die Grenzen der Lamellen sich fast vollständig verlieren. Stellenweise werden die obersten Lamellen sehr hart und sind ebenso wie die äußere Membran pigmentiert, oder aber es bleiben dieselben farblos, so dab allein die äußere Membran pigmentiert wird. Das Hartwerden und die Pigmentierung sind aber nicht überall gleichmäßig verbreitet und können sogar in benachbarten Strecken der Cuticula eine verschieden sroße Zahl von Lamellen derselben einnehmen (vgl. über die innere Skulptur). Jetzt will ich über die physiologische Bedeutung einzelner Ele- mente der Outicula einige Worte sagen. M. Braun! hat den Cuticulardörnchen eine ursprüngliche Be- u — 344 : - W. Plotnikow, deutung in der Häutung zugeschrieben; sie dienen, nach seiner Mei- nung, zur mechanischen Ablösung: der abzustreifenden Cutieula von dem Hypoderma. Dagegen muß ich bemerken, daß bei den Insekten, wo die Bildung der »plasmatischen® Schicht und der Exuvialflüssig- keit dem Erscheinen der Cutieulardörnchen vorausgehen, diese Dörn- chen eine solche Bedeutung nicht haben können. Außerdem sprechen gegen die Brauxsche Auffassung noch folgende Tatsachen: 1) ein und dasselbe Insekt ist im gewissen Stadium mit Cutieulardörnchen ver- sehen, im andern besitzt es dieselben nicht, 2) einige Insekten haben gar keine Cutieulardörnchen, 3) oft sind die erwähnten Dörnchen nur stellenweise auf der Cutieula vorhanden. Ich will hier ein Urteil über die Bestimmung der Cutieular- dörnchen in verschiedenen Fällen nicht aussprechen und erlaube mir nur die Ansicht von EscuericH! kurz anzuführen. Er sieht nämlich die Skulptur als den Ausdruck einer speziellen Anpassung an, durch welche die Cuticula eine Festigkeit und zugleich eine Biegssamkeit bekommt. Von gleicher Bedeutung ist auch wohl zweifellos die innere Skulptur bei der Larve von Tenebrio molior und bei den Puppen von Sphinz, Papvlio podalirius u. a. Wie man aus dem oben Gesagten sehen kann, sind die senkrechte Streifung der Cuticula der Larve von Tenebrio moltor, der Puppen von Sphinz, Papilio u. a. und auch die bündelartigen Cutieular- figuren in der Cuticula der Raupen von Ocneria, Bombyx, Smerinthus u. a., sowie der von mir untersuchten Syrphiden-Larve auf eutieu- larisierte Fortsätze der Hypodermiszellen zurückzuführen. Es scheint mir nun, daß ihre Bestimmung erstens darin besteht, daß sie die Lamellen der Cuticula zusammenbinden und dadurch der Cutieula eine Festigkeit verleihen; zweitens, daß sie die Cutieula und das Hypoderma aneinander befestigen, ungefähr in derselben Art, wie nach N. HoLMGRENs? Angaben die Muskeln an der Cutieula befestigt werden. Diese Fortsätze werden bei der Häutung in der sich bildenden »plasmatischen« Schicht resorbiert, wodurch also die »Separation« u F alten Cuticula vom Hypoderma zustande kommt. R Was den feineren Bau der Cutieula, d.h. den Bau der Lamellen Y selbst, der senkrechten Fasern und der bündelartigen Cutieularfiguren ° ! K. EsCHERICH, Einiges über die Häutungshaare der Insekten nach ihrem Funktionswechsel. Biol. Centralbl. Bd. XVII. 1897. 2 N. HoLMGREN, Über das Verhalten des Chitins und Epithels zu den unter- liegenden Gewebearten bei Insekten. Anat. Anz. Bd. XX. 1902. 2, Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten.- 345 anbetrifft, — so scheinen die Lamellen homogen, die in denselben sich befindenden bündelartigen Figuren aber faserig zu sein, wie man es in der Cuticula der Raupe von Smerinthus deutlich sehen kann. Die letzteren entsprechen wohl ohne Zweifel Komplexen von einfachen Fasern der Cutieula der Larve von Tenebrio molitor. Bei den von mir untersuchten Insekten habe ich in der Cuticula Bürscauis! wabige Struktur nicht gefunden. Auf mit Kalilauge be- handelten Querschnitten der Cuticula der Puppe von Papiko podalirius ist nur ein aus horizontalen Lamellen und senkrechten Fasern bestehen- des Kreuzwerk zu sehen. In der Mitte des Schnittes ist dieses Bild besonders deutlich. Nach Eintrocknen des Schnittes verdunkeln sich die Zwischenräume der senkrechten Fasern und der horizontalen Lamellen und es entsteht infolgedessen ein Mosaikbild. Jedes Teilchen dieses Bildes entspricht in der Wirklichkeit der Durchkreuzung einer senkrechten Faser mit einer horizontalen Lamelle. Diese Teilchen sind also in horizontalen und senkrechten Reihen geordnet. In die unteren Teile der Cutieula dringt infolge der bedeutenden Eintrocknung, die durch großen Wasserverlust entsteht, die Luft in die Zwischen- räume herein, so daß auf dem Präparat diese Zwischenräume bei durchgehendem Licht schwarz erscheinen. Es entsteht dadurch ein schwarzes, grobes Netz, welches den größten Teil der Cuticular- elemente unserm Auge entzieht. In kleinen Maschen dieses Netzes liegen ganz voneinander isolierte Cutieularteilchen, die den Durch- kreuzungspunkten der horizontalen Lamellen mit senkrechten Fasern entsprechen. Auf einem Flächenschnitt derselben Cuticula sieht man bei starken Vergrößerungen (Zeiss Imm. 1/;, Comp. Oe. 12. Tub. 200) ein mit hellen Punkten dicht besätes Feld; diese Punkte entsprechen den durchsehnittenen senkrechten Fasern. Das ganze Feld erscheint wieder in kleine Felder eingeteilt, welche den Hypodermazellen ent- sprechen. Die Zwischenräume dieser Felder sind von den durch- schnittenen Fasern frei. Auf Querschnitten der Cuticula sieht man ebenfalls faserfreie senkrechte Streifen. Nach Eintrocknen des Flächen- schnittes verdunkeln sich die Räume zwischen den hellen Punkten und wir bekommen ein Bild, welches dem von BürscHLı gegebenen Bild eines Flächenschnittes des Panzers des Flußkrebses (Taf. VI, Fig. 20) fast gleich ist. Die Grenzen der Feldehen bleiben hell. 1 0. BürscaLuı, Vorläufiger Bericht über fortgesetzte Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokıystallen und die Struktur von Cellulose und Chitinmembranen. Verh. Nat.-Med. Ver. Heidelberg. Bd. V. 1897. 346 - W. Plotnikow, Kürzlich hat BIEDERMANN! eine besondere faserschichtige Struktur in Panzerbildungen der Arthropoden beschrieben. Ich habe solche Struk- tur im Panzer des Flußkrebses beobachtet und konnte dieselbe mit dem Bau der Cutieula der Puppe von Paptlio podalirius vergleichen. Die Lamellen der letzteren sind aber alle einander gleich und die zwischen den senkrechten Fasern sich befindende Cuticularsubstanz, aus welcher die Lamellen bestehen, zeigt gar keine Zusammensetzung aus Fasern, die in verschiedenen Richtungen verlaufen sollten. Auch die Anwesenheit von senkrechten Fasern in der Cuticula der Papiko podalirius-Puppe und der andern von mir studierten Insekten steht wohl außer Zweifel. Im Panzer des Flußkrebses befinden sich anstatt dieser Fasern Porenkanäle. Außerdem haben die Schichten (Lamellen) des Panzers keine scharfen Grenzen, da die horizontalen Fasern einer Schicht in die anders verlaufenden Fasern der benachbarten Schicht übergehen. Der Bau und die Bildungsweise der Outicula geben uns einen Aufschluß über den Ursprung der Cutieularsubstanz, worüber schon mehrmals verschiedene Meinungen ausgesprochen worden sind. Meine Untersuchungen haben mir gezeigt, daß die Cuticula zuerst zwischen den Fortsätzen der Hypodermiszellen sich ablagert, wobei ihre Sub- stanz vom Hypoderma deutlich abgegrenzt ist, — man kann also diese Substanz für ein Absonderungsprodukt des Hypoderma erachten. Andrerseits verlieren die Fortsätze der Hypodermiszellen distalwärts allmählich ihre Färbungsfähigkeit: das weist darauf hin, daß die Cutieularsubstanz auch ein Umwandlungsprodukt des Protoplasmas sein kann. Auch die Bildung der »plasmatischen« Schicht läßt eine solehe Umwandlung vermuten, da diese Schicht die Eigenschaften des Protoplasmas von Hypodermazellen besitzt und vielleicht einer in der Entwicklung zurückgebliebenen Cuticularschicht entspricht. D. Die Entwicklung der Härchen. In diesem Kapitel werde ich nur die Entwicklung der auf den Rückenwarzen erwachsener Ocneria-Raupen (in der vierten Häutung) sich befindenden Härchen besprechen, und die in den Härchenzellen selbst vorgehenden Veränderungen mit Stillschweigen übergehen. In den von der Exuvialflüssigkeit gefüllten Raum unter der alten Cuti- cula tritt aus einer Härchenzelle ein faseriger Fortsatz hervor. Dieser” Fortsatz wird zu gleicher Zeit mit dem Hypoderma von einer dünnen 7 BIEDERMANN, Über die Struktur des Chitins bei Insekten und Crustaceen. Anat. Anz. Bd. XXI. 1902. Fe Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 347 Cutieularschicht bedeckt. Dabei bildet sich um die Basis des Härchens herum eine ringförmige Vertiefung der Epithelschicht. Die Cutieula der äußeren Wand dieser Vertiefung gehört der zweiten Härchenzelle (Textfig. 3a). Allmählich trennt sich nun die eutieulogene Oberfläche dieser Zelle von der Cuticula ab und bedeckt sich mit einer neuen Cutieula, wodurch der Outicularbelag der äußeren Wand der ring- förmigen Vertiefung zweischichtig wird (Textfig.3D). Die äußere Schicht bildet nun die Verbindungshaut des Härchens, die innere aber — seine Theca, die un- mittelbar in die Cuticula des Härchens selbst über- geht. Später verdickt sich die Theca sehr stark (ihr Verbindungsteil mit der Härchenbasis ausge- nommen) und wird stark liehtbrechend. Zugleich wächst und verdickt sich die Cuticula der Haut und des Härchens und die Theca wird von der Hauteutieula rings dicht umschlossen (Textfig. 3 ce. Gegen die Zeit des Fertigwerdens der Härchen- cuticula geht der im Härchen steckende Fortsatz der Trichogenzelle allmählich zugrunde und es bildet sich also im Härchen eine Höh- lung, die sich auch etwas in die Trichogenzelle hinein erstreckt, woselbst sie schließlich mit einer dünnen Cuticularmembran ausge- kleidet wird. Bei der Häutung, wenn die alte Cuticula sich vom Hypoderma ablöst, wird auch die Cuticularmembran aus der Trichogenzelle heraus- gezogen. Sie erscheint dann in verschiedener Form und Größe, bald als eine geräumige, zusammengefallene Röhre, bald in der Gestalt eines feinen langen zylindrischen Kanals. Diese Exuvien befestigen sich an der Basis der Härchen und ihre Höhle setzt sich in die Höhle der Härchen fort (Textfig. 3 c; pl »plasmatische« Schicht). E. Das Abwerfen der alten Cuticula. Es ist vor allem interessant, diejenige Stelle, wo die zum Ab- werfen bestimmte Cuticula zuerst platzt, histologisch zu untersuchen. Zu diesem Zwecke können Schmetterlingspuppen und verschiedene Larven, bei welchen diese Stelle sich in der Mittellinie des Rückens N 48 - W. Plötnikow, befindet und meistens durch einen hellen Streifen bezeichnet wird, mit großer Bequemlichkeit benutzt werden. Auf einem entsprechen- den Querschnitt der Cuticula einer Larve von Tenebrio mohtor finde ich eine Unterbrechung der harten, pigmentierten Schicht, während die obere dünne, lichtbrechende Membran und die dicke pigmentlose weiche Schicht ununterbrochen bleiben (Fig. 12. Da nun, wie wir schon früher gesehen haben, die pigmentlose Schicht durch den Ein- fluß der Exuvialflüssigkeit allmählich vernichtet wird, so ist es klar, daß an der betreffenden Stelle die Cuticula sehr leicht aufreißt. Eine ähnliche Unterbrechung der harten, pigmentierten Schicht der Cuti- cula habe ich auch am Kopfe einer Nematiden-Larve beobachtet. II. Spezieller Teil. A. Die Versonschen Drüsen. VERSON! hat die Exuvialdrüsen zuerst bei dem Seidenwurme beschrieben. E. HoLMGREN! fand sie bei vielen Makrolepidopteren- raupen. | Die Lage, der Bau und die Funktion der Versonschen Drüsen bei den Lipariden-Raupen weisen manche Besonderheiten auf, so daß ich über dieselben weiter unten besonders sprechen werde. Die Verteilung der Drüsen bei den von mir erforschten Raupen von Bombyx mori, Smerinthus, Gastropacha pini, Phalera bucephala und einigen andern (undeterminierten) Arten ist dieselbe, wie sie VERSON für Bombyx mori beschreibt. In den Thorakalsegmenten liegen sie zu zwei Paaren in jedem Segmente: das obere Paar befindet sich vor den Stigmen oder auf den denselben entsprechenden Stellen, das untere liest aber an der Basis der Füßchen. Die neun Abdominalsegmente sind nur mit je einem Paare von Drüsen versehen. Hier haben die Drüsen überhaupt eine gleiche Lage, wie die oberen Drüsen der Thorakalsegmente; nur im neunten Segmente, wo die Stigmen fehlen, liegen die Drüsen etwas mehr nach hinten und in gleicher Höhe mit den Stigmen des achten Abdominalsegments. Bei den erwachsenen Raupen (im vierten Lebensalter) haben sie in der Regel die Gestalt blattartiger Organe, die an der Innenseite” der Haut befestigt sind und in der Leibeshöhle liegen. Die größten ” von ihnen befinden sich im dritten Thorakal- und im ersten 1 1, 8e, Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 349 Abdominalsegmente; von hier an verkleinern sie sich allmählich nach hinten, während die zwei vordersten thorakalen Paare sehr klein sind. Bei einigen Raupen habe ich dieselber im ersten Thorakalsegment gar nicht gefunden; vielleicht befinden sie sich hier in einem redu- zierten Zustande. Die Drüsen der jungen Raupen sind mehr oder weniger von sleicher Größe und treten immer in der vollen Zahl auf. Bei Raupen von Smerinthus populi im vierten Lebensalter sind die blattartigen Drüsen ungefähr 1 mm groß, fast horizontal (parallel der Körperoberfläche) gelagert und mit ihrem nach vorn gerichteten Halse an der Haut befestigt. Bei andern Raupen liegen sie nicht parallel der Körperoberfläche, sondern sind gegen dieselbe mehr oder weniger schief gerichtet. Mit dem Wachsen der Raupe vergrößern sich auch die Drüsen; wäh- rend dieselben im ersten Alter etwa 0,02—0,03 mm messen, erreichen sie bei der letzten Häutung der Raupe eine Länge von mehr als 2 mm. Bei den erwachsenen, sich häutenden Raupen von Bombyx mort, Gastropacha pini u. a. lassen sich alle Bestandteile der Versonschen Drüsen deutlich sehen. Den Hauptteil der Drüse bildet die sekre- torische Zelle, deren Form die blattförmige Gestalt des ganzen Organs bedingt. Im proximalen (also der Haut zugewendeten) Teile der Drüse sieht man zwei Zellen, welche in ihrem Protoplasma den Ausführungs- sang enthalten, der sich in einer dieser Zellen stark verzweigt. Der Ausführungsgang läßt sich besonders gut zu der Zeit be- obachten, wo die neue COuticula noch ziemlich dünn ist. Sein Outi- eularbelag setzt sich nach außen in die Cutieula der Haut fort. Die ausführenden, d. h. den Ausführungsgang umschließenden Zellen, unterscheiden sich von den gewöhnlichen Hypodermazellen durch ihre bedeutende Größe. Sie haben ein fast homogenes Protoplasma und einen großen, verzweigten gebogenen Kern. Zwischen beiden Zellen läßt sich eine deutliche Grenze sehen (Figg. 24, 26). Das Verhältnis der Drüsenzellen zum Hypoderma läßt sich be- sonders gut an Längsschnitten der Raupen studieren, auf welchen man deutlich sehen kann, daß alle drei Zellen der Drüse zusammen eine an das Hypoderma sich anschmiegende Reihe bilden (Figg. 26, 23), die von vorn nach hinten gerichtet ist, wobei die sekretorische Zelle den Schluß der Reihe bildet. Die Zellen der Drüse sind also, aller Wahrscheinlichkeit nach, aus drei modifizierten Hypodermazellen entstanden, die allmählich nacheinander in die Tiefe versenkt wurden. Beim Studieren von Querschnittsserien mehrerer Raupen habe Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 24 350 W. Plotnikow, ich mich überzeugt, daß die Versonsche Drüse immer aus drei Zellen besteht, von denen zwei den Ausführungsgang umschließen, die dritte aber zur Bildung des Sekrets dient. Dies widerspricht den Angaben von E. HoLMGREN! und Nassonow2, nach welchen die VERsoNnsche Drüse aus zwei Zellen bestehen soll. ' Die embryonale Entwicklung der Versonschen Drüsen habe IE nicht studiert. Im Anfang des ersten Lebensalters der Raupe von Bombyx mori besteht die Drüse nur aus zwei Zellen und ist ungefähr 0,02 mm groß. Die distale große, also die spätere sekretorische Zelle bildet manchmal Fortsätze und enthält einen großen verzweisten Kern (Fig. 16). Die andere (proximale) Zelle hat ebenfalls manchmal einen verzweigten Kern; sie legt sich nicht dieht der Cutieula an, sondern ist etwas in die Tiefe gesunken, wobei über dieser Zelle im Hypo- derma ein heller Raum sich befindet, in welchem, obgleich undeutlich, der Ausführungsgang zu sehen ist. Die obere stark liehtbrechende Schicht der Cuticula sendet auf der entsprechenden Stelle einen kurzen Fortsatz nach innen, in welchem aber kein Lumen zu sehen ist (Figg. 16, 18). Wir haben also hier gleichsam einen verstopften Ausführungsgang vor uns. In einem Fall habe ich aber wirklich einen äußerst feinen, ziemlich langen und geschlängelten Ausführungs- sang beobachtet. Der Bau desselben ist an der abgetrennten alten Cutieula, die ihn aus der Drüse herausgezogen hat, deutlich zu sehen; da bemerkt man, daß an seiner Bildung die beiden Cutieularschichten (d. h. die lichtbrechende Membran und die untere Schicht) teilnehmen ; daraus kann man schließen, daß die Drüse und ihr Ausführungsgang noch vor dem Erscheinen der Cuticula der äußeren Haut beim Embryo sich bilden. Schon im Anfang des ersten Lebensalters des Seidenwurmes werden vom Kern der Sekretzelle Chromatinkörnchen abgetrennt, die im Protoplasma sich zerstreuen (Fig. 17). Um jedes Körnchen herum bildet sich eine Vacuole und schließlich erscheint das Protoplasma der Sekretzelle durch und durch vacuolarisiert. In jeder Vacuole steckt ein Chromatinkörnchen von verschiedener Größe (Fig. 18). Was aus diesen Körnchen später wird, kann ich nicht mit Bestimmt- heit sagen; bei späteren Häutungen einiger Raupen habe ich aber derartige Körnchen in den Vacuolen wieder beobachtet und dieselben auch im Ausführungsgang gefunden. Zu gleicher Zeit mit der Vacuolisation der Sekretzelle habe ieh Bi C. ? Nassonow, Kursus der Entomologie. Teil I. 1901. (Russisch.) Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 351 in einigen Fällen gefunden, daß die dritte Zelle der Drüse von der Hypodermazelle sich abgetrennt (Fig. 18). Bei der ersten Häutung erscheint "das Protoplasma der Sekret- zelle stark vacuolisiert und die Zelle selbst bedeutend vergrößert, indem sie bis 0,09 mm groß wird. Bei der zweiten Häutung erreichen die Drüsen schon die Größe von 0,2—0,3 mm. Jetzt ist es schon ganz deutlich zu sehen, daß die Drüse aus drei Zellen besteht und einen verzweigten Ausführungs- sang hat (Figg. 19, 20). Der Kern der Sekretzelle behält bis zur Verpuppung eine be- sondere Form, die durch gerundete Vorsprünge des Protoplasmas be- dingt wird (Figg. 19, 20, 22, 23). Bei der Verpuppung (bei der letzten Häutung der Raupe) verliert aber der Kern diese Form und entspricht der blattartigen Gestalt der Zelle. Bei gelungener Konservierung! tritt in einigen Stellen eine cha- rakteristische Struktur des Kerns klar hervor. Sie stellt, wie es schon von E. HOLMGREN? gezeigt worden ist, ein deutliches Linin- netz dar, auf dessen Fäden sich die Chromatinkörnchen lagern (Figg. 24, 25). In verschiedenen Stadien sind die Vacuolen entweder vollständig durchsichtig, oder aber, sie enthalten — und zwar sehr oft — ver- schiedenen Inhalt. Bisweilen werden sie mit körnigem, sich stark färbenden Stoffe angefüllt, wie es bei der ersten Häutung in den Drüsen des achten oder neunten Abdominalsegments vorkommt. In andern Fällen sind einzelne chromatinähnliche Körnchen in einigen Vaeuolen zu sehen. In den Drüsen des achten oder neunten Ab- dominalsegments sah ich bei der zweiten Häutung von Bombyx mori rundliche, in die Vacuolen eindringende Protoplasmavorsprünge. Ein solcher Vorsprung nimmt bisweilen fast die ganze Höhle der Vacuole ein und enthält seinerseits kleine Vacuolen (Fig. 21). Das Bild er- innert an die Lage des MArpıcHischen Körperchens in der BowMmAn- schen Kapsel. Sehr oft enthalten die Vacuolen noch farblose Körper- chen von unregelmäßiger Form (Fig. 19). Nach dem Abwerfen der alten Cutieula verkleinert sich die Sekretzelle merklich, wobei ihre Vacuolen verschwinden (Fig. 22). In solchem Zustande bleibt aber die Drüse nicht lange bestehen und die Vacuolisation fängt bald von neuem an, so daß man die Sekret- 1 Bei der Fixierung mit Sublimat bildet sich oft an der Stelle des Kerns eine Höhlung und die Sekretzelle schwillt zu einer Blase an. 2. €: 24* 352 W. Plotnikow, zelle zum Anfange des nächsten Lebensalters wieder im vaecuolisierten Zustand findet. | Nach Versons Meinung fließt der Inhalt der Vacuolen in die Zentralhöhlung der Drüse und von dort durch den Ausführungsgang in den Raum zwischen der Cuticula und dem Hypoderma aus; auch soll sich die Zentralhöhle an der Stelle des ursprünglichen Kerns bilden. Sowohl die erste als auch die zweite Meinung sind aber nicht richtig. Die Sekretzelle hat immer den Kern. In einer der ausführenden Zellen verzweigt sich der Ausführungsgang in allerfeinste Röhrchen, aber es gelang mir nicht, eine Verbindung derselben mit den Vacuolen der Sekretzelle zu beobachten. E. HoLMGREN findet im Protoplasma der ruhenden Sekretzelle ein Netz von allerfeinsten Kanälchen, die mit dem Ausführungsgang m Verbindung stehen. Diese Kanälchen erweitern sich stellenweise, nach seinen Beobachtungen, in der tätigen Zelle und bilden Vacuolen, die ein schaumiges Aussehen der Sekretzelle bedingen. Es gelang mir nicht, HOLMGRENS intracellu- läre Kanälchen in ruhender Sekretzelle der VERsonschen Drüse bei Bomby& mori zu finden, aber ich bin geneigt, dieses negative Resultat der ungenügenden Konservierung zuzuschreiben. Deutlich habe ich die- selben aber in VERsonschen Drüsen der Lipariden-Raupen gesehen. Die Mündung des Ausführungsganges bleibt, nach meinen Be- obachtungen, nach der Häutung entweder geöffnet, oder aber, sie wird durch eine besondere, braune, sehr harte Substanz verstopft. Diese Substanz ist offenbar ein Sekretionsprodukt der Drüse. Vor ihrem Verhärten muß diese Substanz von flüssiger Konsistenz sein; das zeigt uns die Form, in welcher sie im Mündungskanal erscheint (Figg. 23, 26). Außerdem trennen sich dabei die ausführenden Zellen von der Outicula ab. Infolgedessen erscheint der euticulare Ausführungs- gang aus seinen Zellen herausgezogen. Da die weichen Cutieular- wände des Ausführungsganges dabei zusammenfallen, so wird das Ausfließen des Sekrets nach außen dadurch verhindert (Figg. 22, 23), und zwar sogar in dem Falle, wo die Mündung der Drüse nicht verstopft ist. Im Puppenstadium verschwinden die VErsonschen Drüsen gänz- lich; ich habe wenigstens dieselben bei reifen Puppen von E. lanestris nicht gefunden. Die Versonschen Drüsen bei Lipariden-Raupen unterscheiden sich in vieler Hinsicht, nämlich nach ihrer Lage, ihrem Aussehen, ihrer Funktion und nach andern Eigenschaften von den soeben Uber die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 353 beschriebenen Drüsen von Bombyx mori, obgleich der allgemeine Bautypus im wesentlichen der gleiche -ist. Ich habe nur drei Species von Lipariden-Raupen, nämlich Ocneria monacha und dispar sowie Orgyia antigua studiert. Während der vier ersten Häutungen funktionieren Drüsen, welche nach ihrer Lage mit einigen Exuvialdrüsen der Seidenraupe voll- ständig übereinstimmen. Es sind die unteren Drüsen des zweiten und dritten Thorakalsegments und die Drüsen des achten und neunten Abdominalsegments!. Aber alle diese Drüsen sind nur bei Ocneria- Raupen vertreten, während bei Orgyia die Drüsen der Thorakal- segmente fehlen. Bei der ersten Häutung von Ocneria habe ich auch die unteren Drüsen des ersten Thorakalsesments beobachtet, doch waren sie sehr klein. Diese Drüsen bestehen ebenfalls nicht aus zwei, sondern aus drei Zellen und erleiden bei ihrer Funktion dieselben Veränderungen, wie diejenigen von Bombyx mort. Sie haben aber feinere und längere Ausführungsgänge, die infolge dessen in den dieselben umschließenden Zellen geschlängelt erscheinen. Nach der Häutung wird auch hier der Ausführungsgang durch die oben beschriebene braungefärbte Substanz verstopft, was beson- ders gut zu sehen ist, wenn er an der abgetrennten alten Cuticula hängen bleibt. Die Vacuolen der secernierenden Zellen des achten und neunten Abdominalsesments sind bei den ersten drei Häutungen mit einem sich färbenden Stoffe angefüllt, bei der vierten Häutung sind sie aber durchsichtig. Die Vacuolen der Thorakaldrüsen habe ich bei allen vier Häutungen durchsichtig (d. h. sich nicht färbend) gefunden. Bei der fünften Häutung, d. h. bei der Verpuppung, funktionie- ren die unteren Drüsen der Thorakalsegmente und die Drüsen des achten und neunten Abdominalsegments nicht und scheinen sogar zu fehlen. Bei dieser Häutung vergrößern sich aber stark die dor- salen Drüsen des zweiten und dritten Thorakal- und ersten bis siebenten Abdominalsegments. Es ist merkwürdig, daß bei früheren Häutungen diese Drüsen sich gar nicht verändern. In den Thorakalsegmenten haben sie die- selbe Gestalt als ruhende Versonsche Drüsen (Fig. 27). Die Drüse 1 Die Drüsen der erwähnten Abdominalsegmente sind schon von Professor KuLagın bemerkt worden (N. KouLacın, Structure des glandes cutanees chez les chenilles du ver & soie impair. Annales de l’Institut agronomique de Moscou. Annee III. 1897). 354 _W. Pletnikow, besteht aus drei Zellen; zwei von denselben, die an dem Hypoderma liegen, umschließen einen Ausführungsgang, der auf der Oberfläche der Haut mündet. Dieser Ausführungsgang hat, wenn er an der abgetrennten Cuticula hängen bleibt, die Gestalt eines ziemlich langen und dünnen Röhrchens. Die dritte — die sezernierende — Zelle ist ziemlich groß, und die ganze Drüse erreicht im fünften Lebensalter 0,4 mm Länge. Im ersten, zweiten, dritten, vierten und fünften Abdominalses- ment von Ocneria-Raupen befinden sich ebenfalls paarige dorsale Drüsen, die teilweise schon von Prof. KuLAGın! beschrieben worden sind. Jedes der genannten Segmente ist mit einem Paar hügelartiger Erhebungen versehen, die zwischen großen haartragenden Rücken- warzen und hinter sehr kleinen haartragenden Wärzchen liegen. Diese Hügelchen sind gelblich gefärbt und mit bloßem Auge schwer zu bemerken. Manchmal fehlen sie auf einem oder mehreren Segmen- ten, besonders auf den zwei oder drei hintersten, oder aber sie sind auf einzelnen Segmenten nicht paarig, indem nur das linke oder rechte vorhanden ist. Auf den ersten zwei Abdominalsegmenten habe ich aber diese Hügelchen immer gefunden. Jedes Hügelchen hat eine sackförmige Vertiefung, in deren Boden der Ausführungs- gang einer Drüse mündet. Aber auch in den Fällen, wo das Hügel- chen selber fehlt, öffnet sich der Ausführungsgang der Drüse auf der betreffenden Stelle. Auf dem sechsten und siebenten Abdominalsesment befinden sich in der Mittellinie zwei gelbliche, deutlich sichtbare Hügelchen, welche ebenfalls eine sackförmige Vertiefung tragen, in deren hinteren Wand Ausführungsgänge von zwei Drüsen münden. Die Lage der dorsalen Drüsen der oben erwähnten Thorakal- und Abdominalsegmente ist also nicht ganz dieselbe, wie die Lage der entsprechenden dorsalen Drüsen bei der Seidenraupe. Sie liegen nämlich den Stigmen gegenüber und sind an der Mittellinie mehr genähert, indem ihre Ausführungsgänge im sechsten und siebenten Abdominalsegment sogar paarweise in den Vertiefungen der Hügel- chen sich öffnen. | In den Thorakal- und den fünf ersten Abdominalsegmenten sind die Drüsen ziemlich klein und erreichen kaum 0,5 mm Größe, aber im sechsten und siebenten Abdominalsegment werden sie bis 1,5 mm groß. Jede der abdominalen und thorakalen Drüsen besteht aus drei 1;],& Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 355 Zellen, von denen zwei einen sehr feinen geschlängelten Ausführungs- sang einschließen, der in der Vertiefung des Hügelchens nach außen mündet (Fig. 28). | Die sezernierende Zelle hat auch hier eine abgeplattete Form; die Form ihres Kerns entspricht zwar im allgemeinen der Form der Zelle, da aber das Protoplasma gegen den Kern Vorsprünge bildet, so bekommt der Kern eine Gestalt, die schon oben für die entsprechen- den Kerne von Bombyx mori u. a. beschrieben ist (Fig. 27). Es ist mir gelungen noch einige Details im Baue der Abdominal- drüsen aufzudecken. Im distalen Ende des Ausführungsganges sieht man eine ovale helle Figur, die ein eigentümlich verzweigtes System von feinsten Kanälchen enthält (Fig. 50). In den Drüsen des sechs- ten und siebenten Abdominalsegments ist diese Figur stark ver- längert, indem die lateralen Zweige des zentralen Kanälchens ver- kürzt erscheinen (Fig. 31). Um diese Figur herum liegen wieder kapillare intracelluläre Kanälchen, die sich mit intracellulären Gängen der sezernierenden Zelle verbinden. In den oberflächlichen Teilen dieser Zelle ist zuweilen eine radiäre Streifung zu bemerken (Fig. 30). Der Ausführungsgang dieser Drüsen ist immer offen und seine Zellen trennen sich nach der Häutung von der Cutieula nicht ab, wie es bei der Seidenraupe der Fall ist. Während der Häutung wird der Cutieularbelag des Ausführungsganges herausgezogen (Fig. 29) und die Sekretzelle zeigt keine Tätigkeit. Die soeben beschriebenen Drüsen spielen wahrscheinlich eine besondere Rolle im Larvenleben, zumal diejenigen des sechsten und siebenten Abdominalsegments. Einige Autoren halten dieselben für Schutzorgane der Raupe. Im ersten Lebensalter von Ocneria-Raupen sind die sackförmige Vertiefungen tragenden Hügelchen nicht vorhanden. Auf den ent- sprechenden Stellen befinden sich aber auch hier unter der Cuticula die charakteristischen Drüsen, die jedoch nur aus zwei Zellen be- stehen. Die doppelten Drüsen des sechsten und siebenten Abdominal- segments sind ziemlich groß (0,13 mm) (Fig. 33), diejenigen der fünf ersten Abdominalsegmente (die paarigen Drüsen) sind viel kleiner. In der Proximalzelle legt ein Ausführungsgang, der keine Cuticula- auskleidung hat und auf der Körperoberfläche nicht mündet. Bei Orgyia-Raupen habe ich Versoxsche Drüsen, die in sack- förmigen Vertiefungen der Haut mündeten, gefunden. Sie liegen in den vier ersten Abdominalsegmenten, wie bei Ocneria-Raupen. Im fünften Abdominalsesment sind sie dicht aneinander gelagert. Im 356 W. Plotnikow, sechsten und siebenten Abdominalsegment liegen sie noch dichter aneinander. Die Drüsen dieser letzteren Segmente sind schon von E. HoOLMGREN! ausführlich beschrieben worden. Auf diesen beiden Segmenten bemerkt man von außen zwei lebhaft rote hügelförmige Erhebungen, die je eine Vertiefung tragen; diese Vertiefung hat noch zwei sekundäre Vertiefungen, in welche je ein Ausführungsgang der Drüsen mündet. Jede der dorsalen Drüsen von Orgyia-Raupen besteht wieder aus drei Zellen (Fig. 34). Die proximale und die mittlere Zelle der Drüse enthält den geschlängelten Ausführungsgang. Die mittlere Zelle ist in den vorderen Abdominalsegmenten ziemlich lang, so daß die große sezernierende Zelle gleichsam auf einem Stielehen aufgehängt erscheint. | Im Protoplasma der Sekretzelle sind intracelluläre Kapillargänge deutlich zu sehen, die mit dem Ausführungsgange in Verbindung stehen. Die dorsalen Drüsen scheinen im dritten Thorakalsegment von Orgyia-Raupen ebenfalls vorhanden zu sein. Bei der Verpuppung von Ocneria-Raupen vergrößern sich die oben beschriebenen Dorsaldrüsen sehr stark, indem sie eine Größe von 2 mm und mehr erreichen. Diese Veränderung betrifft haupt- sächlich die sezernierende Zelle, die breit und blattartig wird. Eine ent- sprechende Form bekommt auch der Kern dieser Zelle. Zwischen dem letzteren und der Oberfläche der Zelle liegt eine Reihe der großen Vacuolen (Fig. 32). Die Drüsen des sechsten und siebenten Ab- dominalsegments vergrößern sich verhältnismäßig sehr wenig und die Vacuolisation ist in ihnen nur wenig ausgedrückt. Bei der entsprechenden Häutung von Orgyia habe ich die Drüsen der ersten bis siebenten Abdominalsegmente im Zustand der Tätig- keit beobachtet. Die Intracellularkapillaren der Sekretzelle erweitern sich und bilden Vacuolen verschiedener Größe; zwischen den Vacuolen und der Oberfläche der Zelle bleibt eine nicht vaeuolisierte Proto- plasmaschicht. | | Im Puppenstadium findet man nur noch Reste von Drüsen, in welchen der Kern der Sekretzelle von einer sich nicht färbenden dünnen Protoplasmaschicht umschlossen ist. Bei der Häutung der Orgyia-Puppen (also vor dem Ausschlüpfen des Schmetterlings) habe ich diese Drüsen nicht gefunden. | Auf der abgezogenen alten Cuticula der sich häutenden Puppe ı], e. Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 357 von Orgyia kann man (das fünfte Abdominalsegment ausgenommen) von einem dunkelbraunen Stoffe verstopfte Öffnungen der VERSON- schen Drüsen sehen. Diese Öffnungen sind noch von der Zeit der Verpuppung geblieben. Textfig. 4 zeigt die Verteilung dieser Öffnungen. Die den oben beschriebenen ähnlichen Drüsen sind von einigen Autoren bei andern Liparidenraupen gefunden worden. Bei den Raupen von Porthesia sind die mittelstän- digen Hügelchen auf dem sechsten und siebenten Abdominalsegmente vorhanden. Bei der Raupe von Dasychira pudibunda befindet sich ein solches Hügelchen nur auf dem siebenten Abdominalsegment ?. Bei Raupen von Dasychira fascelina fand E. HOLMGREN? auf dem sechsten und sieben- ten Abdominalsegment je zwei Hügelchen, die an den beiden Seiten der Mittellinie liegen; in einer sackförmigen Vertiefung jedes Hügelchens mündet der Ausfüh- rungsgang einer VErSonschen Drüse. Bei Raupen von Leucoma salicis befinden sich Textfig. 4 auf dem ersten und zweiten Abdominal- segment paarige stielartige Hügelchen mit sackförmigen Vertiefungen und den denselben entsprechenden Drüsen‘; auf dem siebenten Ab- dominalsegment befindet sich eine doppelte sackförmige Drüse, auf dem sechsten aber (nach E. HoLMGREN) zwei Drüsen ohne sackförmige Vertiefungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind bei diesen Raupen auch in andern Segmenten dorsale Drüsen vorhanden, wie es bei den Raupen von Ocneria und Orgyia der Fall ist. Diese Drüsen spielen wahr- scheinlich bei. der letzten Häutung der Raupe eine Rolle und dienen offenbar als Exuvialdrüsen. Abdominal- segmenle: : Bei einer Tineiden-Raupe habe ich ebenfalls Versonsche Drüsen gefunden. Die oberen Drüsen sind hier ebenso verteilt, wie es von 1 PASSERINI, Bull. Soc. Ent. Ital.e Anno XIII. 1881. 2 POULTOnN, Trans. Ent. Soc. Lond. 1886, 1887. a PR * KLEMENSIEwIcZ, Verh. d. Zool. Bot. Ges. Wien. Bd. XXXII. 1883. 358 __W. Plotnikow, VERSON für Dombyx mori beschrieben worden ist. Die unteren Thorakaldrüsen habe ich bei dieser Raupe nicht bemerkt. Da die Drüsen, der Größe’ des Räupchens entsprechend, sehr klein waren, so vermochte ich nicht, ihre Bestandteile näher zu erkennen. Aber ich zweifle nicht, daß dieselben wenigstens aus zwei Zellen, nämlich einer verhältnismäßig großen sekretorischen und einer kleineren aus- führenden Zelle bestehen. Der äußerst feine Ausführungsgang ist an der abgetrennten alten Cuticula des sich häutenden Räupchens deut- lich zu sehen. Die sekretorische Zelle hat ein schaumiges Aussehen, was bei der Verpuppung besonders ausgedrückt wird. Bei der überwinternden und auch bei der sich häutenden Puppe habe ich solche Drüsen nicht gefunden. B. Die Exuvialdrüsen bei den Larven von Tenebrio molitor. Bei der Untersuchung der Häutungsprozesse dieser Larven habe ich zwischen den Hypodermazellen mehrere drüsige Zellen gefunden. Ihr Sekret fließt zweifellos in den Raum zwischen der alten und neuen Cuticula. | Im Anfang der Häutung unterscheiden sie sich nicht von andern Hypodermazellen. Sobald aber eine unbedeutende Cutieularschicht gebildet ist, gehen die drüsigen Zellen in einen tätigen Zustand über. Jetzt kann man sie durch ihre Größe und durch die schwache Färb- barkeit ihres Protoplasmas deutlich unterscheiden. Mit dem Fort- schreiten des Häutungsprozesses wird das Protoplasma dieser Zellen vacuolarisiert (Fig. 35). Wenn die Cuticula eine bedeutende, fast definitive Dicke erreicht, ist das gesamte Protoplasma der drüsigen Zelle in ein weitmaschiges protoplasmatisches Netz verwandelt, dessen Räume mit Sekret gefüllt sind (Fig. 36). Nach der Häutung treten diese Drüsen in einen Ruhezustand und läßt sich ihre Verteilung nur durch ihre Ausführungsgänge bestimmen, da sie in diesem Zustand sich von gewöhnlichen Hypodermazellen nicht unterscheiden. Der Kern der drüsigen Zelle ist entweder an die Seite oder an den Boden derselben herangerückt. Mit der soeben beschriebenen sezernierenden Zelle ist wenigstens eine ausführende, d. h. einen Ausführungsgang einschließende Zelle verbunden. Diese letztere bildet einen durch die Cuticula nach außen führenden Fortsatz (Fig. 36 Fs), der von einer mehr oder weniger geräumigen Scheide (Figg. 39, 40 Sch) umgeben wird. Dieser Fort- satz erreicht nun entweder die äußere liehtbrechende Membran der a ne Zr Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 359 Cutieula, und dann ist er sehr fein, oder er kann mehr oder weniger verkürzt sein, und dann erscheint er dicker. Die Ausführungsgänge der Drüsen kann man an der abgetrennten Cutieula leicht studieren, so lange die letztere noch nicht ganz zu- grunde gegangen ist. Die ursprüngliche Gestalt dieser Ausführungs- gänge ist die Form eines Härchens. Indem der hohle Stiel des Härchens durch den Hals einer Vertiefung der Cutieula nach außen kommt, ist die kugelförmige Basis dieses Härchens in dieser Ver- tiefung gelegen (Fig. 37); in die Höhle des Härchens öffnet sich ein feiner und ziemlich langer Kanal. Beim Untersuchen der Larvenhaut kann man verschiedene Größenstufen dieser Härchen bis zum kaum merkbaren Dörnchen (Fig. 38) und sogar bis zum vollständigen Ver- schwinden desselben (Fig. 39) verfolgen. Also bleibt schließlich nur der Kanal übrig, der auf der Oberfläche der Cutieula zu münden scheint; wenigstens habe ich vielmals drüsige Zellen am Grunde solcher einfachen, in der Regel sehr feinen Kanäle, also Ausführungs- gängen, gefunden {Fig. 36). Es gibt aber auch andre viel kompli- ziertere Veränderungen der soeben beschriebenen Härchen und also auch kompliziertere Formen der Ausführungsgänge. Die kugelförmige Basis des Härchens vertieft sich nämlich mehr in die Cutieula hinein; der Härchenstiel wird in ein kurzes und sehr feines Röhrchen (Fig. 40 St) verwandelt, das die Basis des reduzierten Härchens mit dem sehr schmalen Halse (Fig. 40 Zs) der Vertiefung verbindet; an der Basis des reduzierten Härchenstieles (d. h. des Röhrchen St) ist nun der eigentliche Ausführungsgang % befestigt. - Also setzt sich hier der ausführende Weg für das Drüsensekret aus dem eigentlichen Ausführungsgang, aus dem reduzierten Härchenstiel und aus dem Halse der Vertiefung zusammen. Infolge des Zusammenwachsens des reduzierten Härchenstieles mit dem Halse der Vertiefung sondert sich der breite Teil Bt der Vertiefung ab und scheint allseitig ge- schlossen zu werden. Dann liegt die abgeschnürte Vertiefung ent- weder dicht an der Oberfläche der Cutieula, oder auf einer gewissen Tiefe innerhalb derselben und ist verschieden groß; unter dieser Vertiefung liegt ein Kanal — die den Fortsatz der ausführenden Zelle umgebende Scheide, die von der Vertiefung durch eine Cuticular- membran abgetrennt wird. Der eigentliche Ausführungsgang erscheint als ein sehr feines und ziemlich langes Röhrchen, dessen Lumen manchmal so eng ist, daß es sich sogar bei starken Vergrößerungen fast dem Auge entzieht. In seinem äußersten Teil schwillt der eigentliche Ausführungsgang ein wenig an. Die bei der Häutung 360 -W. Plotnikow, herausgezogenen Ausführungsgänge, — die veränderten und unver- änderten Teile der Härchen ausgenommen, also die eigentlichen Aus- führungsgänge, färben sich stark mit Hämatoxylin und Hämalaun (das hängt, scheint mir, hier von der Anwesenheit der »plasmatischen« Schicht ab) und werden von Kalilauge aufgelöst. Wenn der unter der äußeren stark lichtbrechenden Membran und der pigmentierten Schicht liegende Teil der Cuticula, wie wir wissen, später zugrunde geht, bleiben die Ausführungsgänge unversehrt und erhalten sich infolgedessen als Anhänge an dem nachgebliebenen Teil der Cutieula (Fig. 36). Man bespüle die soeben abgeworfene Cuticula der Larve mit Wasser, entfalte sie und schließe sie in Glyzerin mit Essigsäure ein: dann treten zahlreiche auf der Innen- seite der Cuticula zerstreute einfache und komplizierte Ausführungs- sänge der Exuvialdrüsen deutlich zutage. Unter denselben befinden sich Kanäle, welche an den Basen der Härchen befestigt sind. Bei der sich häutenden Puppe von Tenedrio molitor fand ich keine Drüsen zwischen den Hypodermazellen. In der neuen Outieula (d. h. in der Cuticula des Käfers) kommen zuweilen den komplizierten Ausführungsgängen ähnliche Bildungen vor. Solche Bildungen habe ich auch in der Cutieula von Chrysomeliden- und Nematidenlarven gefunden. Da diese Bildungen in letztgenannten Fällen in keiner Beziehung zu Hautdrüsen stehen, so halte ich für wahrscheinlich, daß dieselben hier Sinnesorgane vorstellen (vgl. die Arbeit von Gräfin v. LINDEN, — siehe weiter unten). In der Cuticula von Tenebrio molitor im Käferzustande sind sehr oft Härchen zu finden, die sich in kolbenförmigen Vertiefungen lagern. Der Härchenstiel geht durch den Hals der Vertiefung hin- dureh und ist seitwärts gebogen (Fig. 41), so daß das Härchen sich über den Rand der schüsselförmigen Grube, in deren Mitte dasselbe nach außen kommt, nicht erhebt. Diese Härchen entsprechen wahr- scheinlich den bei Puppen einiger Schmetterlinge von Gräfin v. LINDEN! beschriebenen Sinneshärchen. Also scheinen die Exuvialdrüsen der Larve und die Härchen des Käfers von Tenebrio molitor einander homolog zu sein. | C. Die Exuvialdrüsen bei Chrysomeliden- und Coccinellidenlarven. Es standen mir mehrere nicht näher determinierte Species, sowie Larven von Chrlocorus remipustulatus zur Verfügung. Die Lage der Exuvialdrüsen ist bei diesen Larven dieselbe, wie 1 Gräfin v. LInDEn, Verhandl. Deutsch. Zool. Ges. 12. Jahresversamml. 1902. 2 ‘| Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 361 die Lage der Versonschen Drüsen bei verschiedenen Raupen. Die dorsalen Drüsen (Textfig. 5) befinden sich in jedem Körpersegmente beiderseits neben der Mittellinie, fast gegenüber den Stigmen oder den den Stigmen entsprechenden Stellen. Die ventralen Drüsen lagern sich ebenfalls in jedem Körpersegmente, mit Ausnahme des letzteren (neunten), der Stig- REN _ men beraubten Abdominalsegments, unterhalb 2 N der Stigmen; in den Thorakalsegmenten liegen aan dieselben nach außen von den Füßen. Textfig. 5. Bei der Larve von Chzlocorus remipustulatus und bei einer nicht determinierten Chrysomeliden-Larve ist an den betreffenden Stellen je eine Drüse gelagert; bei einer Coccinella- Larve und einer andern Chrysomeliden-Larve aber befindet sich anstatt einer dorsalen Drüse eine Gruppe von Drüsen, deren An- zahl die Ziffer sechs erreichen kann, wie es im dritten Thorakal- segmente der Coccinella-Larve der Fall ist; die Anzahl der Drüsen in diesen Gruppen vermindert sich von hier ab nach vorn und nach hinten. Außer den Exuvialdrüsen des Rumpfes fand ich solche bei der ersten Häutung einer Chrysomeliden-Larve auch im Kopf. Sie sind an der Rückenseite zu drei Paaren hintereinander gelagert. Im ersten Thorakalsegmente (in seiner oberen Hälfte und an der vorderen Grenze) befinden sich ebenfalls acht Drüsen, die ich in demselben Stadium beobachtet habe. Bei der letzten Häutung (d. h. bei der Verpuppung) der Cocer- nella-Larve aber habe ich überhaupt keine typischen dorsalen Drüsen im ersten Thorakalsegmente gefunden. Die sezernierenden Zellen der Drüsen ragen über die Reihe der Hypodermazellen hinaus in die Leibeshöhle hinein (Fige. 46, 47). Sie erreichen bei der Verpuppung eine Größe von 0,13 mm. Bei Chrysomeliden-Larven enthält oft das Protoplasma der Sekretzelle nur einige ziemlich große Vacuolen (Figg. 47, 42), oder aber es sammelt sich das Sekret am proximalen Ende der Zelle (Fig. 44), Bisweilen wird auch das gesamte Protoplasma der Sekret- zelle vacuolarisiert (Fig. 43) oder bleibt nur der periphere Teil der- selben homogen. Nach der Häutung verkleinern sich in der Regel die Vacuolen, ich habe aber einige Drüsen im ersten Lebensalter stets im Zustand der Tätigkeit gefunden (Figg. 42, 43). Bei den sich häutendenCoceinelliden-Larven ist das Protoplasma der Sekretzelle ganz schaumig (Fig. 46). Nach der Häutung ver- kleinern sich die Vacuolen sehr stark. 362 . W. Plotnikow, v Oben und seitwärts legt sich an die Sekretzelle eine andre, von den Hypodermazellen abgetrennte Zelle an (Figg. 45, 46, 47), die einen Aus- führungsgang einschließt, der sich auf der Oberfläche der neuen Cuti- cula öffnet. Er bleibt bei den Chrysomeliden-Larven immer geöffnet. Bei den sich häutenden Puppen von Ohrlocorus renipustulatus und Lina populi habe ich keine Exuvialdrüsen gefunden. ' D. Die Exuvialdrüsen bei Tenthredinidenlarven. Aus dieser Familie habe ich etwas vollständiger nur die Exuvial- drüsen einer nicht näher bestimmten Nematiden-Larve untersucht. Ich muß aber bemerken, daß ich ähnliche Drüsen auch bei den Larven von Nematus und Oimbex gefunden habe. Die typische Lage der Drüsen in den Körpersegmenten ist die fol- sende (Textfig. 6): die oberen Drüsen (zwei Paare) liegen symmetrisch beiderseits der Mittellinie, fast gegenüber den Stig- : men oder den denselben entsprechenden Stellen; A das eine Paar ist der Mittellinie mehr genähert, als << > das andre. Die unteren Drüsen (ein Paar) befin- den sich nach außen von den Thorakal-, beziehungs- weise nach vorn von den Abdominalfüßen. Textfig. 6. . In einer entsprechenden Weise sind auch Drü- sen im hinteren Teile des Kopfes verteilt. Auch im vorderen Teil des Kopfes sind Drüsen, obgleich in geringerer Anzahl, vorhanden. Im ersten und zweiten Thorakalsegment findet man noch Drüsen an der Bauchseite zwischen den Füßen; außerdem liegen im zweiten Thorakalsegment an der Stelle der beiden mittleren oberen Drüsen zwei Drüsenpaare. Im letzten, der Stigmen entbehrenden, Körpersegment fehlt ein Paar der oberen Drüsen. Die sezernierende Zelle kann mehr oder weniger in die Leibes- höhle hineinragen, oder aber sie bleibt im Niveau der Hypoderma- zellen liegen. Ihr Protoplasma stellt ein zartes Schaumwerk (Fig. 48) dar. Um die ziemlich große sezernierende Zelle herum liegen einige, durch dieselbe etwas zusammengedrückte Hypodermazellen, von denen eine etwas größer ist, als die übrigen und eine sichelartige Gestalt hat. Indem die große sezernierende Zelle in die Leibeshöhle hinein- ragt, wird sie von dieser sichelförmigen Zelle begleitet. Ein anderes Verhalten der Hypodermazellen finden wir im ersten und zweiten Thorakalsegment, wo die obengenannten sich zwischen den Füßen Über die Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 363 befindenden Exuvialdrüsen von besonderen in die Leibeshöhle hinein- ragenden Gruppen der Hypodermazellen umgeben werden. Die sichelförmige Zelle ist zweifellos die zweite Zelle der Drüse und schließt einen Ausführungsgang ein. Der letztere öffnet sich auf der Oberfläche der neuen Cuticula der sich häutenden Larve. Nach der Häutung erscheint das Protoplasma der sezernierenden Zelle fast homogen und zeigt höchstens eine leichte Spur eines schaumi- sen Baues (Fig. 49). Der Ausführungsgang wird verstopft (Figg. 49, 50), was durch die Verdickung seiner Wände bedingt zu sein scheint. Zwischen den Häutungen bekommt das Protoplasma der Sekret- zelle von neuem einen schaumigen Bau. In dieser Hinsicht sind die soeben beschriebenen Drüsen den Versoxschen Drüsen der Raupen von Bombyx mori mehr oder weniger ähnlich. Ich habe keine Gelegenheit gehabt, die Verpuppung der After- raupen zu beobachten. Es würde sehr interessant sein, diesen Vor- sang zu studieren, da hier in der Regel die exuviale Natur der Drüsen am besten ausgedrückt ist. Die Häutung der Puppe habe ich ebenfalls nicht beobachtet und kann also nicht sagen, ob dabei Exuvialdrüsen vorhanden sind oder nicht. E. Die Exuvialdrüsen einer Chrysopalarve. ‘Darüber kann ich nicht viel mitteilen. Im zweiten und dritten Thorakalsegment beobachtete ich ebenso selagerte Exuvialdrüsen, wie die oberen Drüsen bei der Nematiden- Larve. Im ersten Thorakalsegment sowie im 1., 2., 3. und 4. Ab- dominalsegmente fehlt je ein Paar der seitlich gelegenen Drüsen und es bleibt also nur ein Paar näher zur Mittellinie des Rückens ge- lagerter Drüsen. Im dritten Abdominalsegmente befindet sich noch ein Paar der Drüsen unterhalb der Stigmen. Die Lage der Drüsen in den übrigen Segmenten habe ich nicht studiert, da mir nur ein Exemplar der Chrysopa-Larve in der vorletzten Häutung zur Verfügung stand. Die Drüsen ragen etwas in die Leibeshöhle hinein. Das Proto- plasma der Sekretzelle wird bei der Häutung stark vacuolisiert. Zwischen den Häutungen zeigen die Drüsen keinen Unterschied von den übrigen Hypodermiszellen. Die Exuvialdrüsen der genannten Larve scheinen zweizellige Bildungen zu sein. Bei der sich häutenden Puppe habe ich keine Exuvialdrüsen be- obachtet. St. Petersburg, im Oktober 1909. 364 W. Plotnikow, ° Nachtrag. Schon nach dem Absenden meiner Arbeit habe ich von Herrn Prof. Nassonow seinen die Frage über den Bau und die Entwicklung der Versonschen Drüsen behandelnden Aufsatz! erhalten, in welchem ich einige meiner noch früher publizierten Mitteilungen? bestätigt finde, — nämlich die Angabe, daß die Versonschen Drüsen der Makro- lepidopteren aus drei Zellen bestehen und daß der Ausführungs- sang derselben nach dem Abschluß ihrer Tätigkeit mit bräunlicher Substanz verstopft wird (obgleich NAssonow einen Verschluß des Ganges durch das gleichzeitige Wachsen der Cutieula annimmt). Außerdem hat NAssoxow die Versonschen Drüsen auch bei Mikro- lepidopteren (Hyponomeuta evonymella) gefunden, woselbst sie ebenfalls aus drei Zellen bestehen sollen.. Weiter hat NAssonow die Entwicklung der in Frage stehenden Drüsen bei Bombyx more unter- sucht und direkt die Entstehung derselben aus dem Hautepithel nachgewiesen. Was die Morphologie der Häutungsdrüsen im allgemeinen an- langt, so haben dieselben unzweifelhaft überall einen epithelialen Ursprung und bestehen immer aus zwei oder drei Zellen, von denen die eine (die am tiefsten liegende) eine Sekretzelle ist, die übrigen aber den Ausführungsgang umschließen. Die Drüsen von Tenebrio- Larven ausgenommen, besitzen dieselben überall eine ähnliche seg- mentale Verteilung und können also sämtlich dem Typus der VER- soxschen Drüsen zugezählt werden, was NAssonow für die lateralen sackförmigen Drüsen von Lina populi auch tut, obgleich gewisse Formen der oben beschriebenen Drüsen zweifellos nur aus zwei Zellen bestehen. Die Häutungsdrüsen der Tenebrio-Larve gehören aber nach ihrem Bau und ihrer Verteilung zu einem besonderen Typus, der auf eine morphologische Veränderung der Härchen zurück- zuführen ist. St. Petersburg, den 27. Januar 1904. 1 N. Nassonow, Zur Morphologie der VERSoNschen und STEINnschen Drüsen der Insekten. Warschau 1903. (Separatabdruck, russisch.) 2 W. PLoTnıkow, Über die Häutung der Insekten. Tagebuch der XI. Ver- sammlung russischer Naturforscher und Ärzte in St. Petersburg. 1901. (Russisch.) Über die ‚Häutung u. über einige Elemente der Haut bei d. Insekten. 365 Erklärung der Abbildungen. Erklärung der Buchstaben: a, das Hypoderma; n, der Kern der sezernierenden Zelle; db, b’, die alte und die neue Cuticula; o, die Vacuolarschicht; c, die »plasmatische« Schicht; p, die pigmentierte Cuticula; d, die Basalmembran; s, die sezernierende Zelle (Sekretzelle); e, die äußere lichtbrechende Membran 4, *, die den Ausführungsgang ein- der Cutieula;' schließenden Zellen; £, die zuerst f, die Fortsätze der Hypodermazellen; entstehende, ?’, die später an Z sich h, das Rückengefäß. anschließende Zelle. Tafel XXI. Fig. 1. Ein Stück Haut vom Rücken der Raupe von Ocneria dispar bei der vierten Häutung. Fig. 2. Ein Stück Haut vom Rücken der Raupe von Ocneria monacha beim Anfang der vierten Häutung. Fig. 3. Querschnitt einer Trachee des letzten Körpersegments bei der vierten Häutung von Ocneria dispar. Fig. 4 Ein Stück Haut von einer sich verpuppenden Raupe von Org Wach antiqua. Die alte Cuticula ist nicht abgebildet. Fig. 5. Ein Stück Haut bei der Häutung der Puppe von Orgyia antiqua. Die alte Cutieula ist nicht abgebildet. Fig. 6. Kristalle oxalsauren Kalks zwischen den beiden Cuticulae bei der zweiten Häutung von Bbombyx mort. Fig. 7. Ein Stück Haut vom Rücken der Raupe bei der vierten Häutung von Bombyx mori. Die alte Cuticula ist weggelassen. Fig. 8. Ein Stück Haut vom Rücken der Raupe von Bombyx mori im vierten Lebensalter. Fig. 9. Ein Stück der abgetrennten Cutieula vom Rücken der Raupe von Smerinthus populi (vierte Häutung). Fig. 10. Ein Stück Haut von einer Syrphiden-Larve. Fig. 11. Ein Stück Haut einer sich häutenden Larve von Tenebrio mohtor. Die alte Cutieula ist weggelassen. Die Häutung ist bald zu Ende. Fig. 12. Ein Stück Haut vom Rücken beim Anfange der Verpuppung einer Larve von Tenebrio molıtor. Fig. 13. Ein Stück Haut bei der Verpuppung von Smerinthus populi. Die alte Cutieula ist weggelassen. Fig. 14. Ein Stück Cutieula an der Grenze der Segmente bei einer Puppe von Papilio podalirvus. Fig. 15. Dasselbe bei einer Larve von Tenebrio moltor. Fig. 16—25. Bombyx mort. Fig. 16, 17, 18. Die Versonsche Drüse im ersten Lebensalter in ver- schiedenen Stadien ihrer Tätigkeit. Fig. 19. Die VEersonsche Drüse des mittleren Abdominalsegments bei der zweiten Häutung. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 25 366 W. Plotnikow, Über die Häutung usw. bei den Insekten. Fig. 20. Dieselbe des achten oder neunten Abdominalsegments bei der zweiten Häutung. Fig. 21. Ein Stück Sekretzelle derselben. Fig. 22. Die Versonsche Drüse eines der vorderen Abdommalsegmente nach der dritten Häutung. Fig. 23. Die Versonsche Drüse eines der vorderen Abdominalsegmente im vierten Lebensalter. Nur ein Teil der Sekretzelle ist abgebildet. Fig. 24. Die Versonsche Drüse eines der vorderen Abdominalsegmente bei der vierten Häutung. Nur ein Teil der Sekretzelle ist abgebildet. Die alte Cutieula ist weggelassen. Fig. 25. Ein Teil der Sekretzelle der Versonschen Drüse bei der Ver- puppung. Fig. 26. Die VEersoxsche Drüse bei der vierten Häutung von Smerinthus populi. Tafel XXII. Fig. 27. Die VERSonsche Drüse des zweiten Thorakalsegments einer Raupe von Ocneria monacha im fünften Lebensalter. | Fig. 28. Die VERSonsche Drüse mit der sackförmigen Vertiefung der Haut in einem der vorderen Abdominalsegmente einer Raupe von Ocneria monacha im vierten Lebensalter. Fig. 29. Dieselbe bei der vierten Häutung. : Fig. 30. Ein Teil der Fig. 28, stärker vergrößert. Fig. 31. Ein entsprechender Teil der Versonschen Drüse des sechsten oder siebenten Abdominalsegments. Fig. 32. Die Versonsche Drüse des dritten 'Thorakalsegments bei der fünften Häutung (Verpuppung) von Ocneria dispar. Fig. 33. Die Versonschen Drüsen (die zukünftige doppelte sackförmige Drüse) des sechsten Abdominalsegments im Anfange des ersten Lebensalters von Ocneria monacha. Fig. 34. Die VeRSonsche Drüse mit der sackförmigen Vertiefung eines der vorderen Abdominalsegmente einer Raupe von Orgyia antıqua im fünften (letzten) Lebensalter. Fig. 35. Ein Stück Haut von einer sich verpuppenden Larve von Tenebrio mohtor. Fig. 36. Ein Stück Haut von einer Larve von Tenebrio mohtor in einem etwas späteren Stadium als in der Fig. 35. Fig. 37, 38, 39, 40. Härchen, einfacher und komplizierter Ausführungsgang an der abgefrennton Cuticula einer Larve von Tenebrio mohtor. Fig. 41. Das Härchen in der neuen Cuticula des Käfers von Temebrio moltor (schematisch). Fig. 42, 43. Die Exuvialdrüsen einer Chrysomeliden-Larve im ersten Lebensalter. Fig. 44. Eine Exuvialdrüse einer Chrysomeliden-Larve bei der Ver- puppung. Fig. 45. Dieselbe vor der Verpuppung. Fig. 46. Eine Exuvialdrüse der sich verpuppenden Coceinella-Larve. Fig. 47. Eine Exuvialdrüse der sich verpuppenden Chrysomeliden- Larve; beiderseits derselben sieht man zwei sezernierende Zellen der benach- barten Drüsen. Fig. 48. Eine Exuvialdrüse der sich häutenden Nematiden-Larve. Fig. 49. Dieselbe nach der Häutung. Fig. 50. Ein verstopfter Ausführungsgang in der alten Cuticula. Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). Von Dr. Ludwig Cohn, Assistent am Zoologischen Institut in Greifswald. Mit Tafel XXIII und einer Figur im Text. Im Verlauf meiner Untersuchungen über Plathelminthen war es mir von einem speziellen Gesichtspunkt aus von Interesse, über Amphilina foliacea und ihren anatomischen Bau Genaueres zu er- fahren, als die älteren vorliegenden Arbeiten boten, deren Nachprüfung in mehr als einer Hinsicht zweckmäßig erschien. Da sonst kein Material zu beschaffen war, wandte ich mich an Herrn Professor SCHIMKEWITSCH-Petersburg, der denn auch die große Güte hatte, mir einige Exemplare aus der Sammlung des Zootomischen Instituts zu überlassen. Die Untersuchung derselben gibt mir Anlaß, in mehreren zum Teil recht wichtigen Punkten von der bisherigen Darstellung, die ja hauptsächlich auf der verdienstlichen Arbeit von SALENSKY! beruht, abzuweichen. | Die mir vorliegenden Exemplare sind bis 26 mm lang bei 19 mm Breite. Bei dem einen sind die Ränder allseitig nach der Bauchfläche zu eingekrümmt, deren wabenförmiger Bau sehr distinkt ausgesprochen ist. Die »Saugnapföffnung« am spitzer auslaufenden Körperende zeigt sich als sehr kleine, rundliche Einsenkung. Die Tiere waren ganz ausgewachsen, wie nicht nur die Größe, sondern auch der mit Eiern gut gefüllte Uterus zeigt. Meine Resultate sind daher nur mit denen SALENSKYS an erwachsenen Individuen vergleichbar. Bei diesen unterscheidet er im »Hautmuskelschlauch« vier Schichten, von denen die Cuticularschicht die äußerste sei und in Form einer allerfeinsten Membran vorkomme. »Die Existenz der ı W. SALENSKY, Über den Bau und die Entwicklungsgeschichte der Amphi- lina. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 1874. 25* 368 Ludwig Cohn, Cutieula kann man nur daraus ersehen, daß die darunter liegende Hautschicht nach außen mit einer feinen Kontur abgegrenzt ist« (S. 299-300). Grimm hingegen! hat keine, von der zunächst folgen- den differente äußerste Schicht gefunden. Daß nicht etwa in beiden Fällen eine echte Cutiecula von meßbarer Dicke verloren gegangen ist, dafür sprieht, daß beide Autoren lebendes Material besaßen. Das meine nun ist im übrigen so gut, selbst für feine histologische Strukturen, wie die Abgrenzung der einzelnen Epithelzellen, erhalten, daß keine absolute Abstoßung der Cuticula anzunehmen ist, — und doch finde ich, selbst auf feinsten Schnitten, keine Spur einer solchen. Das Fehlen derselben ist auch bei Berücksichtigung des vollkommen seschützten Aufenthaltes der Amphilina in der Bauchhöhle verständ- lich, da das Tier hier nicht, wie andre Plathelminthen, dem Einflusse zerstörender Körperflüssigkeiten, wie Darminhalt oder Galle, aus- gesetzt ist. Die alleräußerste Hautschicht zeigt zwar einen Streifen von etwas differentem Aussehen, was sich immerhin aus der Be- rührung mit der Umgebung erklären wird, —- eine Cutieula ist aber nicht vorhanden. | Als äußerste Schicht müssen wir also SALENsSKYsS »Hautschicht« annehmen, deren direkten Übergang in die darunter liegende » Körner- schieht« der Autor selbst angibt, wenn er auch beide durch die da- zwischenliegende Körpermuskulatur getrennt sein läßt. Da er in der Hautschicht Kerne fand, nimmt er die ursprünglich zellige Struktur derselben an, und zwar ganz mit Recht. Sie ist von der Körner- schicht iiberhaupt nicht zu trennen. An den Stellen, wo sie zur Bildung der Leisten an der Bauchfläche eine größere Dicke erreicht, tritt die »Körnerschicht«, wie meine Fig. 2 zeigt, durch die Musku- latur hindurch in die Hautschicht hinen. Von der »Körnerschicht« allerdings hatte SALENSKY eine irrige Vorstellung. »Das Protoplasma stellt eine diekflüssige Masse dar, die sich um die Kerne nie in Zellen absondert. Die ganze Körnerschicht stellt also ein Gewebe dar, das aus zusammengeflossenen Zellen besteht und die Kerne als Reste der früher gesonderten Zellen enthält< (S. 301). Die Zellen sind nicht zusammengeflossen. Braun? verglich die Körnerschicht bereits mit der Subeutieularschieht der Cestoden; es läßt sich denn auch ihre Zusammensetzung aus distinkten Zellen nachweisen. Die äußerste »Hautschicht« hingegen ist ein Derivat dieser Schicht und ! 0. GrımMm, Zur Anatomie der Binnenwürmer. Diese Zeitschr. XXIII. 1872. 2 M. Braun, 'Klassen und Ordnungen des Thierreichs. BRONN. Vermes. 3d. 1. 6. 8. 1154. A EN FEINEN, Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 369 bildet allerdings eine homogen gekörnelte Masse, in welcher nur noch vereinzelte Kerne (abgesehen von »den erwähnten Einbruchs- stellen des Epithels) auf den früher zelligen Charakter hinweisen. Die Dieke der Hautschicht ist auf der Bauchfläche bedeutender, als auf dem Rücken, indem sie sich auf der Bauchseite in zwei zu- einander senkrechten Richtungen leistenförmig verdickt, so daß die netzförmigen Vertiefungen entstehen. An der Bildung der Leisten partizipiert hauptsächlich die äußere, homogene Hautlage (Fig. 2, doch bricht das Epithel gerade an diesen Stellen mit seinen Zell- haufen durch die Längsmuskulatur in die äußerste Lage ein. Außerhalb und inmitten der Zellschicht befindet sich der recht starke, wenn auch relativ zum bedeutenden Durchmesser der Amphr- lina nicht sehr entwickelte Hautmuskelschlauch, in dessen Darstellung ich von SALENSKY abweichen muß. Unter den Muskelgruppen sind hier drei Richtungen zu unterscheiden. Zu äußerst, an der Grenze beider Hautschichten verlaufend, liegt die Längsmuskulatur. Sie bildet keinen geschlossenen Schlauch, wie bei den Trematoden und Cestoden, sondern besteht aus oft recht weit getrennt verlaufenden, starken Muskelbündeln. Nach innen zu folgt auf sie eine Schicht schief zur Längsachse verlaufender, diagonal sich kreuzender Muskel- bündel, der Diagonalmuskeln, wie wir sie bei den Trematoden und bei einigen Cestoden kennen; zu innerst folgen dann in geringen, aber unregelmäßigen Abständen starke Ringmuskelbündel in einer Lage und in etwa gleicher Höhe. Sie liegen meist direkt an der inneren Grenze der Zellschieht und haben meist langgestreckten Querschnitt, dessen längere Achse senkrecht zur Körperoberfläche steht. SALENSKY kennt nun diese Ringmuskelschicht nicht; er unter- scheidet nur zwei Muskellagen, die Längs- und die Diagonalmusku- latur (die letztere bezeichnet er zwar als »Quermuskelfasern«, doch ist es klar, daß er die diagonalen meint; abgesehen von seiner Ab- bildung folgt das aus seiner Angabe, daß die »Quermuskelfasern« erstens direkt auf die Längsmuskeln folgen, und zweitens sich unter- einander kreuzen, während sie »in verschiedener Richtung schief und doch parallel der Längsebene des Tieres« verlaufen. Gesehen hat er die Ringmuskeln wohl, — aber falsch gedeutet; was er als »Drüsenschicht«, die von ihm angegebene dritte und innerste Lage der Hautschicht, beschreibt, besteht eben aus diesen Muskeln. Eine Drüsenschicht ist bei der erwachsenen Amphilina nicht vorhanden. Es wäre ja nun möglich, anzunehmen, daß SALENSKY sie bei jüngeren 370 Ludwig Cohn, Exemplaren gesehen habe: dagegen aber spricht, neben dem Über- sehen der sehr kräftigen Muskelbündel, die Angabe über die Gestalt der Drüsen und daß sie »immer in derselben Ebene unter der Körner- schicht ihren Platz einnehmen<; beides trifft für die übersehenen Ringmuskeln zu, und selbst was SALENSKY über die mutmaßlichen Ausführungsgänge der Drüsen sagt, läßt sich mit dem weiter unten erwähnten Verhalten der Ringmuskeln vereinbaren. Die Bündel bestehen aus dichtstehenden, feinen Fasern, so daß man SALENSKYS Angabe, die Drüsen beständen aus einer sehr feinen Hülle nebst feinkörnigem Inhalt, wohl verstehen kann. Die »Hülle« existiert natürlich als solche nicht und ist die parenchymatöse Umrandung, — sie soll auch am gefärbten Präparat »kaum wahrnehmbar« sein. Außerdem sah SALENSKY in den einzelnen Drüsen auch einen Kern, doch ist dieser nach der Beschreibung »den andern Kernen des Hautmuskelschlauches vollkommen ähnlich«. Die Drüsenkerne der Plathelminthen unterscheiden sich aber von andern Kernen, wie ich an dem verschiedensten Material feststellen konnte, immer von ein- fachen Gewebszellkernen, — was er sah, waren eben einfache Kerne . der Subeuticularzellen. Die Ringmuskelbündel sind ja öfters ge- spalten, so daß Kerne benachbarter Zellen durchscheinen können. Auf die »Ausführungsgänge der Drüsen« gehe ich später ein. Außer den genannten drei Schichten des Hautmuskelschlauches, die den drei Schichten in der Haut der Trematoden homolog, wenn auch anders zueinander geordnet sind, finden sich noch Muskeln, welche speziell der äußeren, homogen umgewandelten Hautschicht angehören. SALENSKY hat sie hier schon gesehen und zum Teil abgebildet; seine Beschreibung stimmt aber nicht. »Die Fasern... ziehen in verschiedenen Richtungen durch das Innere der Schicht und erscheinen selbst bei stärkerer Vergrößerung nur als feinste Fibrillen, an denen keine Struktur zu unterscheiden ist.« Einen Teil derselben deutet er sehr richtig als die nach der Körperfläche zu ausstrahlenden, sich in einzelne Fibrillen feinsten Kalibers auf- lösenden Enden der dorsoventralen Parenchymmuskeln; im übrigen will er sie zurückführen auf »die Zellen der peripheren Lage, deren Kerne in der Schicht noch existieren und deren Protoplasma wahr- scheinlich die bedeutendste Rolle bei der Bildung der Fasern spielt«. BrAUN präzisiert diese Ableitung durch den Ausdruck Protoplasma- Strukturen, indem er auch darauf hinweist, daß SALENsKY diese, den Ausläufern der Parenchymmuskeln nieht gleichwertigen Fasern viel blasser zeichnet. Doch auch diese Fasern sind echte Muskeln, und ee. en re u Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 371 zu der blasseren Zeiehnung SALENSKYS lag eigentlich kein Grund vor, da sie nicht nur ebenso stark, sondern häufig noch viel stärker, als die Ausläufer der Parenchymmuskeln sind. Zum Teil lassen sie sich direkt auf die Züge der Hauptmuskulatur der Haut zurückführen. Es verlaufen nämlich in der äußersten, homogen erscheinenden Haut- schicht: 1) Längsmuskelfasern, doch nicht kontinuierlich den Körper durchziehende, sondern kürzere Fasern, welche bald innerhalb eines der Leistenhügel (Fig. 2) ausgespannt sind, bald um die Grube herum aus einer Leiste nach der benachbarten ziehen, — diese Muskeln werden direkt zur Veränderung der Oberflächenstruktur dienen, und aus ihrer Kontraktion beim Abtöten erklärt sich das stärkere Hervor- treten der wabenförmigen Struktur der Haut am konservierten Material. 2) Fasern, die sich von den Längsmuskeln der Haut ab- zweigen und nach der äußersten Peripherie ziehen. 3) Fasern, die von den Ringmuskelbündeln sich abzweigen und sich ebenfalls an der Oberfläche inserieren. Die einzelnen Muskelrichtungen sind bei Amphilina eben noch nicht strikte gesondert. Trotz der an sich deutlichen Scheidung in Längs- und Diagonalmuskeln sehen wir beide Systeme durch häufige, schief verlaufende Fasern und Bündel in Verbindung stehen, und auch die Ringmuskeln entsenden zu den anders gerichteten Muskelgruppen Kommunikationsfasern, wie sie solche in die äußerste Hautschicht hinein entsenden. Diese letzten Fasern sind es nun, welche SALENSKY für die Ausgänge der Drüsen hielt, welche ihm die Ringmuskel-Querschnitte vortäuschten. Da hier der Querschnitt des Muskelbündels in die Längsansicht der Faser übergeht, so ist es auch verständlich, daß »der feinkörnige Inhalt der Zellen< in diesen »Ausführungsgängen« vollständig ver schwindet. Eine Ausmündung konnte SALENSKY natürlich nicht. sehen, selbst wenn es ihm gelungen wäre, die Fasern bis zu ihrem Verlauf in die oberflächlichste Hautlage zu verfolgen. Die Parenchymmuskulatur ist recht kräftig; hauptsächlich sind es die dorsoventralen Muskelbündel, die, überall zahlreich, an den beiden Körperenden sich beträchtlich häufen. Die Längsmuskeln sind mehr auf die Randzone beschränkt. Ich komme jetzt zu einer Tatsache, welche in großem Wider- spruch zu den bisherigen Darstellungen steht. Allgemein wurde der Amphilina ein Saugnapf zugesprochen; SALENSKY zeichnet ihn nicht nur am Totalpräparat, sondern gibt auch eine Schnittzeichnung, die er, trotzdem sie nicht den typischen Bau eines Saugnapfes wieder- gibt, als den Saugnapf anspricht. Wohl hauptsächlich wegen dieses DV2 ‘Ludwig Cohn, Saugnapfes wurde dann auch das betreffende Ende des Tieres als das Vorderende bezeichnet, was dureh die von LanG! konstatierte Nervenkommissur, die sich dahinter befindet, noch gestützt schien. Es erweist sich nun nach meinen Schnitten, daß ein Saugnapf nicht vorhanden ist. Nach SALENSKY ist der sogenannte Saugnapf tassenförmig und besteht aus zwei Schichten: der »häutigen Bekleidung« (inneren Cuti- cula) und der »muskulösen Schicht«. Die letztere enthält wiederum drei Muskelsysteme: »Ring-, Längs- und Radiärmuskeln. An sein hinteres Ende aber setzt sich ein mächtiger Retraktor an; dieser ent- springt »auf der inneren Fläche des Hautmuskelschlauches an beiden Seiten des Körpers in Form zweier Muskeln, welche abgesondert nach vorn verlaufen, bis sie endlich den Saugnapf erreichene. Der Re- traktor soll in den Saugnapf eintreten und sich an der Muskelwandung desselben beteiligen. »Als Grenze zwischen beiden Teilen des Re- traktors, namentlich der innerhalb und außerhalb des Saugnapfes (sich) befindenden Muskelportionen desselben, dient ein sehnenförmiger Ring, der zugleich einen Fixationspunkt für die beiden darstellt. Diese Sehne liegt im unteren Teil des Saugnapfes und läßt sich so- gleich an ihrer gelben Färbung erkennen.« Ich zitiere hier SALENSKY ausführlich, da sich alle diese Teile auch in der Tat an der betreffen- den Stelle vorfinden, — allerdings aber in ganz anderem Zusammen- hang und mit andrer Bedeutung. Eine abweichende Darstellung gibt Lane (l. e.). Einen Saug- napf sieht auch er, — wenigstens nennt er das Gebilde so, wenn auch seine eigne Darstellung eigentlich gegen die Saugnapfnatur spricht. Die betreffende Stelle lautet in extenso: »Bevor ich nun ihr Verhalten {der Nerven, L.C.) im vordersten Körperteile beschreibe, muß ich noch bemerken, daß ich gerade an der Stelle, wo SALENSKY die außerordentlich starken Rückziehmuskeln des von ihm beschriebe- nen Saugnapfes abbildet, die zahlreichen, zu einem dieken Strange vereinigten Ausführungsgänge von Drüsen sehe, die, im vorderen Körperteil in großer Zahl dem Parenchym eingelagert, noch weit gegen den hintersten Körperteil zu vorkommen. Es färben sich diese Drüsen, die in allen möglichen Formen vorkommen, sehr stark mit Farbflüssigkeiten, ebenso ihre Ausläufer, die sich nicht etwa direkt gegen den Saugnapf wenden, sondern meist mit unregelmäßigem ' ARNOLD LANG, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie und Histo- logie der Plathelminthen. Mittheil. aus der Zoolog. Station zu Neapel. 1881. Il. Bd. 8. 394—39. | Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 373 Verlaufe, bald nach innen, bald nach außen verlaufend, bald dicker, bald dünner werdend, das Parenchym durchziehen, bis sie sich zu dem erwähnten Strange vereinigen.< Der Strang soll in das hintere Ende des Saugnapfes münden (!), die Drüsen sollen mit SALENSKYS »problematischen Zellen« identisch sein und von den großen birn- förmigen Drüsen der Larve abstammen. Auch in dem, was Lan über die zum sogenannten Saugnapf- ende ziehenden Stränge sagt, ist wieder ein Teil Wahrheit; die Re- traktoren SALENSKYS in toto sind aber doch nichts weniger als Drüsenausgänge. Der Aufbau des spitzeren Endes der Amphilina, an welchem der Saugnapf sitzen soll, ist vielmehr wie folgt: ‘ SALENSKY gibt zwar an, daß der Uterus sich an dem Saugnapf- ende öffnet, geht darauf aber nicht näher ein; der Uterus soll »in der Nähe des Saugnapfes<« mit einer Öffnung münden. Sagittale und quer verlaufende Schnittserien durch das betreffende Körperende er- gaben mir nun folgendes. An dem spitzer auslaufenden Ende befindet sich eine kleine und recht seichte Einsenkung (Fig. 4), welche von den überall die Hautschieht bildenden Elementen begrenzt wird, nur daß hier die äußerste, homogene Schicht auf ein Minimum redu- ziert erscheint. Diese Einsenkung als Saugnapf zu bezeichnen ist absolut unmöglich, da ihr alle histologischen Merkmale eines solchen fehlen; da, wie wir sehen werden, an ihrem Grunde der Uterus mündet, so könnte man sie höchtens als Genitalatrium auffassen. Die Einsenkung ist nicht rund, sondern in der Flächenebene der Amphi- lina gestreckt und nur schmal. Querschnitte, welehe schon unter- halb der Einsenkung durch den Parasiten gelegt werden (siehe Text- figur), zeigen nun in der Mitte zwei von starken Muskelsystemen umgebene Öffnungen, welche schief dorsoventral nebeneinander liegen: es verlaufen also an der Spitze zwei Kanäle längs, die dicht beieinander am Grunde der genannten Einsenkung ausmünden. 374 Ludwig Cohn, Betrachten wir dieselben gesondert; Fig. 3 und 4 stellen dieselben in Sagittalschnitten dar, wobei Fig. 3 einen einzelnen Schnitt wieder- gibt, Fig. 4 eine schematische Rekonstruktion aus mehreren Schnitten ist. Fig. 3 zeigt, daß der eine Kanal nichts andres ist, als der Endteil des Uterus. Nachdem sich dieser in seinem dritten Segment (siehe unten) in starken Windungen und beträchtlicher Breite mit dabei nur dünner Wandung dem Körperende genähert hat, verändert er unvermittelt sein Aussehen: die Wandung verdickt sich, das Lumen wird zu einem engen Ausführungsgang, der sich mit einer mächtigen Muskulatur umgibt. Wie aus Fig. 3 ersichtlich, besteht die Musku- latur aus drei Schichten: einer zu innerst dem Lumen zunächst liegen- den Längsmuskelschicht und einem darauf folgenden System sich unter rechtem Winkel kreuzender schiefer Diagonalfasern, welchem als drittes zu äußerst eine Ringmuskulatur folgt. Es fällt gleich in die Augen, daß wir es hier mit den gleichen drei Muskelsystemen zu tun haben, wie in dem Hautmuskelschlauch, und daß sie auch in gleicher Reihenfolge liegen (vom Kanallumen nach außen gerechnet), wie in der Haut von außen nach innen. Man wird also mit Recht diesen ganzen Ausführungsgang des Uterus als eine tiefe, schmale Einstülpung der Körperbedeckung der Amphilina auffassen können. In der Mitte der Länge des Ausführungsganges habe ich auf der einen Seite einen Drüsenhaufen eingezeichnet; er verläuft um den Kanal herum, und da er etwa so weit vom Ende entfernt ist, wie in SALENSKYS Fig. 6 der »sehnige Ring«, so ist es klar, daß wir hier dasselbe Gebilde vor uns haben, von dem SALENSKY sagt, daß es sogleich an seiner gelben Farbe zu erkennen sei. Weniger klar als hier liegen die Verhältnisse bei dem andern Gange, dessen Lumen wir auf dem Querschnitt schief neben dem Uterusausführungsgang liegen sahen. Der Kanal, in dessen enges Lumen mehrere Wülste regelmäßig einspringen, verläuft anfangs in gleicher Weite nach innen zu. In der Höhe, in welcher der Drüsen- ring um den Uteruskanal liegt, erweitert er sich ampullenförmig und teilt sich dann, auf die frühere Weite reduziert, in drei Arme, die aber nur auf eine ganz kurze Strecke verlaufen. Auch dieser von der Endeinbuchtung nach innen ziehende Kanal hat stark muskulöse Wandungen, doch sind hier die Muskeln ganz anders angeordnet, als ° bei dem Uterusende Das Lumen ist von einer homogenen, sehr dieken Schicht begrenzt —, der Fortsetzung der äußersten homogenen # Hautschicht; außerhalb von dieser umgibt den Kanal (Fig. 4) m direktem Übergange von der allgemeinen Körperbedeckung auf die s Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.) 375 Kanalwand, die Zelllage der Haut, und auf diese folgt eine Ring- muskelschicht. Über dieser nun liegen die "Muskeln, welche haupt- sächlich SALENSKY irregeführt haben und ihm eine Saugnapfstruktur des Vorderendes vortäuschten. Es sind das Muskeln, die von der Ausmündungsstelle des Kanals an und dann an der Kanalwand nach innen zu bis zur ampullenartigen Erweiterung sich inserieren, im Bogen nach innen den ganzen oben beschriebenen Kanalteil samt den kurzen Verzweigungen umlaufen und in die betreffenden Muskeln der andern Seite übergehen: der ganze Kanal ist also der Länge nach von meridionalen Fasern überspannt. Außerdem inserieren sich an seiner Wandung noch weitere Fasern, die an der dorsalen und der ventralen Körperfläche verlaufen und bei ihrer Kontraktion den Kanal erweitern werden. Es fehlen also, wie man sieht, alle Kriterien, auf welche hin man die Einbuchtung als Saugnapf ansprechen könnte. Sehen wir davon ab, daß ein langgestreckter, enger Kanal keine Ähnlichkeit mit einem Saugnapflumen hat: es fehlt dem Gebilde jede eigne Begrenzung durch eine feste Membran, und die Radiärmuskeln, anstatt sich, wie SALENSKY (Fig. 6) zeichnet, an diese hypothetische Umgrenzungsmem- bran des Saugnapfes anzusetzen, inserieren sich, wie alle Parenchym- muskeln, in der allgemeinen Hautschicht, abgesehen noch davon, daß doch die Subeuticula und Cuticula der allgemeinen Körper- bedeckung sich nicht in einen Saugnapf hinein erstreckt, und sein Lumen in kontinuierlichem Verlauf bis in die Tiefe hinein auskleidet. Wir haben es eben hier ebenfalls nur mit einer tiefen Einsenkung der Körperoberfläche zu tun, worauf schon der Verlauf der Sub- - eutieularschicht hinweist; die Muskeln des Kanals lassen sich eben- falls auf die Muskulatur des Hautmuskelschlauches und Parenchym- muskeln zurückführen. So gewinnen wir eine ganz andre Auffassung vom Bau des »Saugnapfendes« bei Amphilina: ein Saugnapf ist nicht vorhanden; die beiden sogenannten Retraktoren desselben sind die muskulösen Wände zweier Kanäle, von denen der eine der Ausführungsgang des Uterus ist, der zweite, wie weiter unten folgt, mit dem Wassergefäß- system in Verbindung steht. Lana hat ganz richtig beobachtet, daß Drüsen an der Bildung des Ganzen partizipieren, — er hat die um die Uterusmündung herumliegenden Drüsen gesehen, welche SALENSKY wieder, der die doppelte Natur des Retraktors sehr richtig erkannte und ihn nur irrtümlich von der Körperwand abgehen ließ (mit der 376 Ludwig Cohn, ja der zweite Kanal in Verbindung seht), an richtiger Stelle in seinem »sehnigen Ring« abbildete. Etwa um die Dicke des Hautmuskelschlauches von der Ring- muskulatur nach innen zu entfernt, verläuft jederseits ein starkes Längsgefäß des Wassergefäßsystems. Es verläuft in sehr starken Windungen und spitzwinkligen Knickungen; seine Wandung ist eine dünne, strukturlose Membran; Zellkerne liegen ihr zwar außen dicht auf (unregelmäßig und selten), hingegen sah ich sie nie innerhalb der Membran selbst. Über das Verhalten der Kanäle in bezug auf die dorsoventrale Parenchymmuskulatur komme ich zur Besprechung der gleichen und viel stärker ausgeprägten Beziehungen des Uterus zurück. Außer den Hauptlängsgefäßen findet man noch innerhalb der Hautschicht, und zwar meist an der Grenze der homogenen und der zelligen Schicht, Kanalschnitte, die aller Wahrscheinlichkeit nach Wassergefäße sind und einen losen oberflächlichen Plexus bilden würden. | | Hier wäre auch die Stelle, wo die »problematischen Zelleni« SALENSKYS zu erwähnen wären. Ich habe auf allen Schnittserien vergebens nach Elementen gesucht, die von den gewöhnlichen, bei Plathelminthen bekannten Elementen des Parenchyms abwichen; ich konnte absolut nichts Problematisches finden. Wenn es mir auch klar geworden ist, daß sich diese seltsamen Stränge zum überwiegen- den Teil auf den Uterus (siehe dort) zurückführen lassen, so mag auch hier und da eine der großen und stark tingierbaren Wimper- flammen, die die Amphilina hat, mitsamt dem anstoßenden Kanal- anfang unter die problematischen Zellen mit aufgenommen sein. Ich komme auf diese Gebilde nochmals ausführlich zurück. Da SALENSKY sie auch bei ganz erwachsenen Exemplaren zeichnet, so ist es meines Erachtens absolut ausgeschlossen, daß es sich um irgend welche Reste etwa der großen Drüsen des Embryo handelte; die »Zellen« sind Kunstprodukte. Die Hauptwassergefäße ziehen bis nahe ans Ende der Amphslina, an dem Cirrus und Vagina ausmünden, biegen hier in weitem Bogen nach innen, verbinden sich aber nicht direkt, sondern bilden einen diehten Plexus engerer Verzweigungen, der etwa auf der Höhe der Mitte der Vagina liegt (Fig. 1) und von dieser wie vom männlichen Kanal durchsetzt wird. Nach dem »Saugnapfende« zu behalten die Längskanäle nur bis kurz vor dem zweiten, ampullenartig erweiterten : eingestülpten Gang ihre normale Breite; dann werden sie enger und 5 wenden sich nach innen, eben dem innern Ende des Ganges zu. Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 377 Enge Wassergefäße verlaufen auch noch an den Seiten bis zur äußersten Spitze. Auf Querschnitten kann man nun sehen, wie die verengten Wassergefäße bis ganz dicht an das blinde Ende des ein- gestülpten Ganges herantreten; direkt in die Muskelmasse seiner Wandung eintreten und kontinuierlich mit dem Ganglumen in Ver- bindung treten sah ich sie zwar nicht, — bei der Mächtigkeit der _ Wandmuskulatur, die sich natürlich bei der Konservierung stark kontrahiert hat (wie auch das Ganglumen es erkennen läßt), kann es aber nicht Wunder nehmen, daß die dünnwandigen Wassergefäß- ausmündungen hier vollkommen kollabiert und zusammengedrückt sind. Es besteht für mich kein Zweifel, daß sie in das blinde Ende des Ganges münden, der also eine Exkretionsblase wäre. Irgend- welche andre Ausmündungen des Wassergefäßsystems, etwa am Plexus des andern Körperendes, sind nicht vorhanden. Kräftig entwickelt ist das Nervensystem der Amphilina, was die Dicke der Stämme anbelangt. An jeder Seite verläuft ein Seiten- nerv; da er dem innern Rande des Wassergefäßkanals dicht anliegt, so nimmt er einen ebenso gewundenen Verlauf, wie dieser. Das Nervensystem hat Lang recht eingehend untersucht; er hat auch weit mehr, als SALENSKY, gesehen, seine Darstellung ist aber doch nicht ohne wesentliche Irrtümer. Am »Saugnapfende« beschreibt er eine »Gehirnkommissur«. »Diese Gehirnkommissur durchdringt den Strang von Drüsenaus- führungsgängen so, daß sie denselben in eine obere und eine untere Hälfte teilt ..... Von ihren verdickten seitlichen Enden geht jeder- seits ein kräftiger Nerv als Fortsetzung der Längsstämme nach vorn ab. Er läßt sich bis ans vorderste Körperende .. .... verfolgen.« Diese Querkommissur ist vorhanden; was aber fehlt, ist eine aus- gesprochene Verdickung an ihrer Abgangsstelle, — die Verbreiterung ist eben nicht größer, als sie bei einer Abzweigung sein muß. Andrer- seits ist der weitere Nerv, der nach dem »vordersten« Körperende zieht, nicht um das mindeste (zu Anfang) dünner, als der Haupt- längsnerv in seinem ganzen Verlauf. Ich gewann durchaus den Eindruck, daß die Seitennerven an der Kommissurstelle ununter- brochen weiter zum Körperende ziehen und nur durch den Quer- stamm in Verbindung treten. Der Verlauf der Kommissur ist richtig angegeben: sie geht zwischen Uterusende und Exkretionsblase mitten durch. Die Hauptnerven entsenden, wie oben in der Nähe der Kom- missur, so auch in ihrem ganzen Verlauf, nach außen zum Haut- 378 . Ludwig Cohn, muskelschlauch feine Äste (siehe Lane). Nach innen zu deutet Langs Abbildung aber nur einige wenige feine Nervenabgänge an: »Hier und da geben sie auch kleine Ästchen nach innen ab.« Diese Angabe wäre zu ergänzen. Es sind nicht »kleine Ästchen«, die etwa, wie die nach außen abgehenden, quer verlaufen, sondern es verläuft um die ganze Amphrlina in ihrer ganzen Länge ein System recht nahe aufeinander folgender dorsaler und ventraler Kommissuren. zwischen beiden Längsnerven, so daß eine Reihe von Nervenringen aufeinander folgt, wie das von Trematoden sowohl, als: auch von Cestoden bekannt ist. Ein solcher Ring liegt auch auf gleicher Höhe mit der »Gehirnkommissur« LAnGs. | » Am hintersten Leibesende konvergieren sie (die Hauptnersen, L.C.) und treten jederseits an den Ductus ejaculatorius heran, wo sie in- einander übergehen.« Die Zeichnung von Lane gibt die Lage dieser Nervenverbindung nicht ganz richtig wieder. Die Stämme konver- sieren nicht so allmählich, vereinigen sich auch nicht so weit nach innen, — an dieser Stelle liegt bereits der Wassergefäßplexus. Die Längsnerven ziehen vielmehr bis nahe ans Körperende und sind dureh einen Bogen mit geringer Krümmung verbunden: an den Stellen, wo die Längsnerven in diesen Bogen übergehen, tritt eine Ver- diekung auf. Zu ganz andern Resultaten, als LAnGg, komme ich bezüglich der Ganglienzellen. In der »Gehirnkommissur« will Lang »außer zahl- reichen eingelagerten Kernen schöne, meist bipolare Ganglienzellen« gesehen haben, — von solchen an der Nervenvereinigung am andern Körperende spricht er nicht, so daß man annehmen müßte, sie seien dort nur ebenso häufig, wie sonst in dem Verlauf der Längsnerven. Dem ist aber nicht so. An dem »Saugnapfende« habe ich vergebens nach einer Ganglienzellanhäufung gesucht; ich fand dort Ganglien- ‘zellen, aber nur vereinzelt, wie auch sonst in den Längsnerven: gerade in der bogenförmigen Verbindung am andern Ende aber sind typische Ganglienzellen sehr häufig, die gar nicht, wie Lane für die von ihm gesehenen Zellen meint, große Ähnlichkeit mit den »den Sagittalmuskeln anliegenden Zellen«, also den echten Muskelzellen, haben. Von der bogenförmigen Kommissur gehen nach dem äußersten Körperende Nerven ab, — und zwar nicht so feine Fasern, wie sie sonst im Verlauf der Längsnerven nach außen zu ausstrahlen, sondern es gehen recht kräftige Nervenäste, einerseits die Vagina, andrerseits den Ductus ejaculatorius begleitend, bis zu deren Ausmündung mit. Die ganzen oben dargelegten Verhältnisse veranlassen mich, das Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 379 Nervensystem der Amphilina ganz anders aufzufassen, als Lang. Ich örientiere es umgekehrt und halte gerade die bogenförmige Kom- missur am Vagina-Körperende für die Gehirnkommissur. Erstens verlaufen die Seitennerven kontinuierlich und in gleicher Breite an der Querkommissur des »Saugnapfendes< vorüber, während die Querkommissnr dünner ist, als es die Längsnerven sind. Zweitens vermisse ich die ganglionäre Anschwellung an den beiderseitigen Abgangsstellen der Querkommissur. Drittens sehe ich weder an den Abgangsstellen, noch in der Kommissur selbst mehr Ganglienzellen, als sie sonst in den Längsstämmen vorhanden sind. Dieses sind die drei Punkte, welche gegen die Auffassung der Querkommissur als Hirn- kommissur sprechen. Durch die Annahme, daß an dem betreffenden Ende ein Saugnapf vorhanden sei, der für die Auffassung dieses - Endes als des Vorderendes wohl entschieden haben würde, mag LAnG beeinflußt worden sein. Ich meinerseits fasse die Querkommissur nur als eine rein funktionelle Bildung infolge der mächtigen Ausbildung der Muskulatur an den beiden am Körperende ausmündenden Ein- stülpungen auf. Hingegen spricht dafür, daß die Bogenkommissur die Hirnkommissur ist: erstens die Verdiekung an ihrem Abgange beiderseits; zweitens das Auftreten zahlreicher Ganglienzellen nächst dem Abgange und im Verlauf der Kommissur; drittens die Lage der Kommissur nahe dem Körperende (während doch die Querkommissur ganz bedeutend nach innen verlagert ist); viertens der Abgang starker Nerven nach dem Körperende zu, die aber immerhin sich durch ihre, den Seitennerven wie der Kommissur selbst bedeutend nachstehende Dicke als Nervenäste dokumentieren, was bei den über die Quer- kommissur hinauslaufenden Nervenenden nicht der Fall ist; zudem gehen diese Äste rechtwinklig, wie alle Apicalzweige, vom Bogen ab. Aus allen diesen Gründen halte ich die bogenförmige Kommissur für die Hirnkommissur und dementsprechend das Körperende der Amphilina, an welchem Vagina und Ductus ejaculatorius ausmünden, für das vordere. Weitere Folgerungen aus dieser umgekehrten Orientierung der Amphilina, welche jetzt, nachdem der sogenannte Saugnapf als fehlerhafte Beobachtung sich erwiesen hat, keinerlei Schwierigkeiten machen kann, folgen zum Schluß. Ich komme nunmehr zur Besprechung der Genitalorgane, deren Gesamtaufbau SALENSKY sehr richtig wiedergibt, ohne aber in seiner Darstellung auch in den Einzelheiten immer das Richtige getroffen zu haben. Nach dem wirklichen Tatbestand ist manche Eigentüm- lichkeit, welche der Amphilina eine isolierte Stellung zuwies, nicht 380 - Ludwig Cohn, vorhanden; ihr Bau ist bis in alle Einzelheiten mit dem andrer Plathelminthen gleich. Wenn. ich im folgenden von Vorder- und Hinterende der Amphilina spreche, so gelten diese Bezeichungen für die oben motivierte Orientierung: das Vorderende ist dasjenige, an dem Vagina und Ductus ejaculatorius münden, das Hinterende das bisherige »Saugnapfende«, an welchem der Uterus ausmündet. Die weiblichen Genitaldrüsen liegen ganz zu vorderst, und zwar etwas submedian nach der linken Seite zu. Von ihnen liegt das Ovarium (vom Dotterstock abgesehen) am weitesten nach hinten. Wie schon aus Fig. 5 erhellt, ist es ein hantelförmiges Organ (Breite 1,32 mm), doch ist seine Kontur nicht etwa geradlinig, sondern stark gebuchtet und gelappt; Parenchymwände ziehen von allen Seiten her weit ins Innere hinein, so daß die beiden Seitenteile in rundliche Lappen zerfallen und nur der mittelste Teil eine größere gemeinsame Höhlung hat. Der Oviduet geht etwa in der Mitte des Verbindungs- teiles nach vorn und nach der Seite zu ab. Die Darstellung SALENSKYS ist nicht ganz zutreffend, indem er angibt, daß sich im Innern des Ovariums ausschließlich Eier befinden; gerade bei der Größe der Eier der Amphilina gelingt es, andre Verhältnisse festzustellen, welche einiges Licht auf die Eibildung werfen. Einiges hiervon ist in Fig. 6 zu sehen. Die Eier der Asn- phrelina sind groß und unregelmäßig rund, wo sie freiliegen, während sie in den seitlichen Teilen des Ovars, in denen sie enger lagern, sich gegenseitig abplatten. Im Eiplasma liegt ein sehr großer ovaler Kern mit einem großen Kernkörperchen, neben dem sich aber stets noch kleine chromatophile Körnchen finden; von diesen kann eines gelegentlich dem Kernkörperehen an Größe wenig nachstehen. Das Kernkörperchen liegt stets nach der Mitte des Kernlumens zu, nie der Wand direkt an. Außer diesen charakteristischen Eiern finden sich nun in den seitlichen Teilen des Ovariums (ich spreche einst- weilen nur von diesen) noch andre Zellen von ganz anderm Aus- sehen. Sie sind bedeutend kleiner und ihr Kern, der entsprechend geringere Größe hat, ist auf den ersten Blick von den Eikernen zu unterscheiden: er hat kein einzelnes dominierendes Kernkörperchen, sondern sein Inhalt weist eine größere Anzahl kleiner Körner auf, die im Kreise der Kernwandung innen anliegen. Da sie den Kern zum größeren Teil ausfüllen, so heben sich die Kerne der kleinen Zellen auch durch ihre weit stärkere Färbung im Präparat von den Eikernen ab. Ich konnte nun feststellen, daß sich die Keimschicht rings am Rande des Ovars befindet, und zwar liegt dem Rande eine Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 381 Schicht an, in welcher sich sowohl Eier als auch kleine Zellen be- finden, die letzteren numerisch in der Überzahl. Die der Wandung noch ansitzenden Eizellen sind oft kleiner, als die bereits nach innen, dem Lumen zu vorgerückten, haben aber immer schon den typischen, oben beschriebenen Eikern. Die kleineren Zellen finden sich auch im Innern des Ovars, von der Wandung losgelöst, und zwar, wie auch Fig. 6 zeigt, bald in kleinen Komplexen zwischen den Eizellen, bald einzeln nebeneinander in Ketten zwischen die Eier geklemmit. An der Wandung konnte ich oft sehen, daß eine Eizelle nicht nur zwischen zwei solchen kleinen Zellen saß, sondern von andern gleichen auch in ihrem oberen, die Nebenzellen überragenden Teile flankiert war. Füge ich noch hinzu, daß die Kerne der kleinen Zellen sich in nichts von den Parenchymkernen in der Umgebung des Ovars unterscheiden, so ist die Deutung des Ganzen gegeben. Im Keim- lager des Ovariums sind zwei Zellarten vorhanden: Eier und Begleit- zellen, welche als Nährzellen der Eier fungieren. Sie umlagern das noch an der Wandung sitzende und hier wachsende Ei und wandern dann mit ihm zusammen in das Lumen hinein, wo sie sich noch zum Teil in ihrer ursprünglichen Lage zu den Eizellen finden. Während aber die Eizellen im freien Lumen des Ovars weiter wachsen, sind die Begleitzellen bald in Zerfall begriffen: am Rande, ebenso wie die Eier, stets deutlich konturiert und voneinander abgegrenzt, — der Erhaltungszustand meines Materials erwies sich als vollkommen be- friedigend — verschmelzen die Bindegewebszellen, wenn losgelöst, bald zu Plasmamassen ohne innere Zellgrenzen, die sich auch färbe- risch anders verhalten, als die intakten Zellen an der Wandung. Die Begleitzellen lösen sich eben auf, so daß man im Innern dann viel- fach nur noch ihre Kerne findet, und die so frei werdende Plasma- masse wird das Material zur Ernährung und zum weiteren Wachstum der Eizellen abgeben. In den Seitenteilen des Ovars, wo die Eier noch im Wachsen begriffen sind, zeigen sie stets deutlich den oben beschriebenen Kern. Das Bild verändert sich, wenn wir uns mehr dem Mittelteile des ÖOvars nähern. Die Eizellen liegen weniger dicht und runden sich daher mehr ab. Allmählich häufen sich die Exemplare, in welchen der Kern undeutlicher wird und endlich sehen wir die Mehrzahl ohne einen deutlichen Kern: das Kernkörperchen hat sich aufgelöst, die Kernmembran ebenfalls. Weiterhin treten dann schön färbbare Karyo- kinesen auf. Aus dieser Reihenfolge ist es klar, daß es sich um die Bildung des ersten Richtungskörperchens bereits im Innern des Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LXXVI. Bd. 96 3 382 -Ludwig_ Cohn, Ovariums handelt. Noch weiter nach dem Oviduct zu sieht man dann die Zahl der Karyokinesen abnehmen, und in der Ausbuchtung end- lich, von der der Oviduct abgeht, wieder nur Eier mit großem bläschenförmigen Kern und mit einem großen Kernkörperchen. In dieser Form verlassen die Eier das Ovarium. Die Dotterstöcke liegen an beiden Seiten als langgestreckte Stränge, die hinten bis zur flachen Einstülpung und vorn bis zur Mitte der Entfernung zwischen Ovar und Vorderrand reichen. Die Dotterzellen sind sehr groß, rund und flach, wie ein Geldstück. Die Dottergänge gehen am vordersten Ende jederseits ab und stoßen hinter dem Ovar zusammen, an dieser Stelle ein kleines Dotter- reservoir bildend. Der gemeinsame Ausführungsgang verläuft dann von diesem geradlinig nach hinten zur Schalendrüse, welche der Mitte des Vorderrandes des Ovarium nahe angelagert ist. Rechts von der Schalendrüse und auf gleicher Höhe mit der- selben liegt das große ovale Receptaculum seminis, das etwa bis zur Mittellinie der Amphilina reicht. In ihr distales Ende mündet die Vagina, ein enger, langer Kanal mit innerer Längs- und äußerer Ringmuskulatur, dicht von Bindegewebskernen begleitet, der schief nach rechts und vorn die Mittellinie kreuzt und seitlich am Vorder- ende ausmündet. Das Zusammentreffen aller weiblichen Genitalgänge in der Schalendrüse habe ich in Fig. 5 schematisch dargestellt; man sieht, daß das Verhalten von der Darstellung SALENSKYs etwas abweicht und sich durchaus dem von den Fascioliden bekannten Typus nähert. Der Oviduct zieht durch die Schalendrüse von hinten nach vorn, und am Vorderende tritt, nachdem der Kanal allmählich an Breite zugenommen hat, der Uterus heraus. Der Dottergang tritt von vorn an die Schalendrüse heran, kreuzt den Uterus und macht eine Schleife nach links, innerhalb deren Verlauf sein Lumen sich stark verbreitert; sich wieder verengend, mündet er dann etwa im Zentrum der Schalendrüse in den Oviduct. Eine gleiche Schleife nach links bildet auch der Ausführungsgang des Receptaeulum seminis, der am hinteren Rande der Schalendrüse erst den Oviduet kreuzt. Der Uterus biegt erst einmal nach der Mittellinie zu aus, wendet sich dann, all- mählich sich verbreiternd, nach links zurück und geht in den ersten, nach dem Hinterende zu verlaufenden Ast über. Fig. 1 gibt ein genaues Bild des Uterusverlaufs in einem reifen Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 388 Exemplar, so wie es schon WAGENER! und SALENSKY angegeben haben. Nur daß die Windungen in Wahrheit stärker sind, als in Wagzners Abbildung. Die beiden ersten Äste (auf- und absteigend) haben engere Windungen und laufen einander parallel; dicht bei- einander gelagert, nehmen sie einen schmalen, dem Dotterstocke parallelen Streifen auf der linken Seite ein. Nachdem aber der zweite, wieder dem Vorderende zustrebende Ast direkt hinter dem Ovar auf die rechte Seite hinübergezogen ist, werden die Windungen viel breiter, so daß sie als querliegende Schlingen die ganze rechte Seite vom Dotterstock bis zur Mittellinie ausfüllen. Am Hinterende werden die Windungen des rechten Astes wieder klein, und er mündet dann zuletzt in den oben beschriebenen Endabteil ein, der als Ein- stülpung andrer Herkunft ist, als der parenchymatöse Uterus. Irrtümlich ist SALENsKys Darstellung der wechselnden Weite des Uterus. »Man kann eigentlich in diesem zwei Teile unterscheiden, welche miteinander abwechseln, nämlich a) kleine zylindrische Röhr- chen und b) große Erweiterungen, in welche die ersteren einmünden« (S. 326). Solche »Erweiterungen« sollen schon von außen sichtbar sein, die Röhrchen also nicht. Schon meine Fig. 1 zeigt, daß hier ein Irrtum vorliegt: der Uterus ist am Totalpräparat in allen Einzelheiten in seinem gesamten Verlaufe zu sehen, und hat, wenn er auch in seinen einzelnen Ästen allmählich an Breite zunimmt, doch keinerlei Scheidung in enge, zwischen Höhlungen geschaltete Röhrchen: er ist ein kontinuierliches Rohr, und SALENSKYs Auffassung ist nur aus falscher Deutung von Schnitten zu erklären (auf denen ja die »Röhr- chen« allein zu sehen sind), indem er an Stellen, wo in einer scharfen Krümmung zwischen zwei Uterusstellen der Kanal nur ganz ober- flächlich getroffen war, ein »Röhrchen« zu sehen glaubte; solche Bilder findet man bei der starken Windung des Uterus auf Schritt und Tritt. De facto verschieden, wenn auch nicht prinzipiell, ist hingegen der Bau der Uteruswandung in seinen verschiedenen Abschnitten. Ein Querschnitt durch den Uterus nächst seinem Austritt aus der Schalendrüse zeigt ein sehr charakteristisches Bild. Das Uteruslumen ist von einer recht dicken Wand umgrenzt. Außen hat diese einen dichten Belag großer, senkrecht aufliegender langer Zellen, dem Inneren der Wandung liegt eine Schicht einer glasigen Masse auf, 1 @. WAGENER, Enthelminthiea. Nr. 5. Über Amphilina foliaces (Mono- stomum foliaceum Rud.), Gyrocotyle Dies. und Amphiptyches G. W. Archiv für Naturgesch. Jahrg. XXIV. Bd. I. 1858. S. 244—249. 26* 384 Ludwig Cohn, die unregelmäßig, zipfelförmig in das Lumen hineinragt, so daß sie auch einen zelligen Eindruck macht; doch sind in diesem inneren Belage nie Kerne enthalten, Dieser Belag ist streng zu unterscheiden von der körnigen Masse, welche die Eier selbst umgibt, und die aus überschüssigem Spermatozoen- und Schalendrüsenmaterial ' besteht. Ziehen wir in Betracht, daß die Eier im Uterus noch beträchtlich wachsen, so ist die Deutung nicht schwer: die um den Uterus liegen- den Zellen (deren Ausführungsgänge SALENSKY ja gesehen hat) se- zernieren nach dem Innern des Uterus zu; das Sekret muß wohl das weitere Wachstum der Eier bedingen, — und dieses Sekret ist eben in der geronnenen Masse, die der Wandung innen anliegt, zu sehen. Je weiter wir den Uterus verfolgen, desto breiter wird er: die Wan- dung dehnt sich und wird dünner, und ebenso wird auch der äußere Zellbelag gezerrt; die einzelnen Zellen werden niedriger und breiter, bis wir zuletzt am Uterus, bei großer Breite desselben, bei schwächerer Vergrößerung nur noch Kerne seiner Membran anliegen sehen, während die Zellkörper ganz flach und breit auseinandergezogen sind. Ein kontinuierlicher Zellbelag bleibt aber auch in diesem Stadium er- halten. | In ein besonderes Verhältnis tritt der Uterus zu den dorsoventralen Parenechymmuskeln, indem diese sich den Uteruswänden sehr eng anlegen. In den tief einspringenden Winkeln nun, welche durch die schroffen Windungen des Uterus entstehen, finden sich stets einige Fasern zu einem Bündel lose beieinander, während sonst an ihrem Auftreten neben dem Uterus keine Regelmäßigkeit zu sehen ist. Das gleiche Verhalten sehen wir für die Parenchymmuskeln auch an den noch weit spitzeren Kniekungen der Längswassergefäße. Bezüglich der Eibildung möchte ich nur einige Bemerkungen machen. Daß die Eier nach ihrer Bildung noch bedeutend an Größe zunehmen, ist bekannt. Im Anfang des ersten, nach hinten ziehenden Astes des Uterus messen die jungen, eben erst in die Furchung ein- tretenden Eier 0,09: 0,046 mm, das Wachstum geht sehr allmählich vor sich; die Eier im Endabschnitte des Uterus messen 0,12 :0,072 mm, sind also breiter im Verhältnis zur Länge, wie anfangs. Betreffs der Eibildung kann ich bestätigen, daß die Schale anfangs (noch in der Schalendrüse) offen ist, und zwar an dem Pole, dem die Eizelle an- liegt; sie schließt sich aber vollkommen noch vor dem Verlassen der Schalendrüse. In den Gängen der letzteren, sowie in der ersten sehr schmalen Partie des Uterus, wo die Eier oft sehr eng beieinander liegen, zeigen sie noch eine beträchtliche Plastieität der Schale; beim Zur Anatomie der Amphilina foliacen (Rud.). 385 Vorrücken spitzt sich das hintere Ende oft stark zu, doch ver- schwindet das alsbald im Uterusanfang. Hier haben einzelne Schalen noch einen kleinen Appendix am Dotterpole, der bald gestreckter, bald als unregelmäßig geformte Masse dem Ei anhängt. Der Appen- dix geht aber bald verloren und sich furchende Uteruseier haben ihn nicht; er ist kein Organ der Schale, sondern ein zufälliger Rest von der Schalenbildung her. Daher muß es auf einem Irrtum be- ruhen, wenn SALENSKY sagt: »In der Uterinalhöhle heftet sich das Ei vermittels seines Stieles an die Uteruswände an und bleibt dort während der ganzen Zeit der Embryonalentwicklung.<« Erstens ist kein soleher permanenter Stiel vorhanden, zweitens heften sich die Eier überhaupt nicht fest, was ja jeder anderweitigen Erfahrung wider- sprechen würde, sondern rücken in der den Uterus füllenden Flüssig- keit langsam weiter, so daß man, je weiter man im Uterus sucht, desto weiter fortgeschrittene Embryonalstadien vorfindet. Die Eier schreiten aber auch nicht alle gleichmäßig schnell fort, besonders auf den ersten Stufen; man findet sehr häufig unter Eiern, die bereits das Zweizellenstadium des Keimes zeigen, solche, die noch unge- teilt mit unverändertem Keimbläschen sind, zweizellige unter mehr- zelligen usw. Über den männlichen Genitalapparat habe ich kaum etwas den Angaben von GRIMM! und SALENSKY hinzuzufügen. Die Hoden sind bald ovoid, bald gestreckter elliptisch, sie schwanken in ihren Maßen zwischen 0,32 :0,19 und 0,26: 0,2; nach vorn zu erreichen sie (in der Mittellinie) fast noch das Ovarium, immer der dorsalen Fläche näher gelagert. Auch ich unterscheide einen, wenig hinter dem Ovarium beginnenden, gewundenen, gemeinsamen Ausführungsgang, das Vas deferens, das noch die strukturlose Wand der Vasa efferentia hat, von der ebenfalls aus einem gewundenen Schlauch bestehenden Vesieula seminalis, die nicht nur um ihre dieke, muskulöse Wandung Zellen gelagert zeigt, sondern auch im Innern einen Wandbesatz sroßer Zellen hat. Was SALEnsky nicht erwähnt, ist eine bedeutende Anzahl von Prostatadrüsen, welche die Vesicula und den Canalis ejacu- latorius begleiten. Die ganze Umgebung derselben ist von großen Drüsenzellen angefüllt, so daß sie große Ähnlichkeit mit der Schalen- drüse gewinnt; der Drüsenkomplex (der mit dem Gefäßplexus der Exkretionskanäle zusammenfällt) wird von dem Genitalgange durch- setzt. Besonders groß sind die dem Ductus ejaculatorius ansitzenden ı 0. Grimm, Nachtrag zum Artikel des Herrn Dr. SALENSKY usw. Diese Zeitschr. 1875. Bd. XXV. S. 214—216. 386 Ludwig Cohn, Drüsen. In der Mittellinie und etwa auf der Höhe des hinteren Schalendrüsenrandes kreuzt die Vesicula die Vagina, an welcher sie ventral vorüberzieht. Über den Cirrus macht Grımm genaue und glaubwürdige Angaben; da ich ihn nirgends ausgestülpt sah, kann ich dem nichts hinzufügen. Die abweichende Auffassung gegenüber der bisher gültigen Dar- stellung, die ich aus meinen Untersuchungen über Anatomie und Histologie der Amphrlina gewonnen habe, muß auch die Stellung der Plathelminthen im System beeinflussen, und das Resultat, zu welchem ich in diese Beziehung komme, findet engen Anschluß an die Ausführungen von Lünuer! über die Gruppe der Cestodarier. LünHe hebt hervor, daß zwischen Caryophyllaeus und Archigetes einerseits, Gyrocotyle und Amphilina andrerseits nichts Gemeinsames, was sie den übrigen Plathelminthen gegenüberstellte, vorhanden sei, wenn man die Einzahl der Genitalorgane außer Betracht lasse. Auf Grund eines eingehenden Vergleichs verweist er Archigetes und Caryophyl- laeus als echte Cestoden unter die Pseudophylliden, womit ich voll- kommen einverstanden bin; wenn er schon zwischen ihnen und den beiden andern Cestodariern eine weite Differenz sah, so erweitert sich dieselbe jetzt noch beträchtlich, indem nach meiner oben be- gründeten Auffassung Amphilina umgekehrt im Vergleich mit der bisherigen Darstellung zu orientieren ist, so daß zu allen Unter- schieden auch noch eine entgegengesetzte Lagerung der gesamten Genitalien hinzukommt: bei Archigetes und Caryophyllaeus die Hoden vorn, die weiblichen Genitaldrüsen hinten, der gewöhnliche Cestoden- typus; bei Amphilina das männliche Genitalfeld in der hinteren Hälfte?. Lüne scheint aber die beiden Cestodarier immerhin mehr in die Nähe der Cestoden, als der Trematoden, zu stellen. Musku- latur- und Wassergefäßsystem, die Lagerung der Genitalorgane, das Wachsen der Eier beim Vorrücken im Uterus und die Andeutung ! M. LÜHE, Urogonoporus armatıs usw. in: Archives de Parasitologie. Paris 1902. V. No. II. p. 229-236. > Wenn ich auch nicht selbst Gelegenheit hatte, Gyrocotyle zu unter- suchen, so möchte ich, als Analogieschluß aus Amphilina, für wahrscheinlich halten, daß LÖNNBERG die Gyrocotyle zutreffend umgekehrt orientierte, als bis dahin üblich (Verh. des biol. Ver. Stockholm. Bd. III. 1890). LÖNNBERG gibt, im Gegensatz zu andern Autoren, an, daß in der Nervenkommissur am »Saugnapfende« nur vereinzelte Ganglienzellen vorkommen, während diese in der Nervenkommissur am Trichterende sich in großer Anzahl vorfinden. Nach der Orientierung LÖNNBERGS würde aber auch Gyrocotyle diejenige gegen- seitige Lagerung der Genitaldrüsen aufweisen, die sich bei Amphilina findet. Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.). 387 einer Deckelung der Eier, die im nachträglichen Anfügen eines deckel- förmigen Endes bei der Eibildung zum Ausdruck kommt, scheinen mir aber eher für die Stellung der Amphelina nächst der Wurzel des Trematodenstammes zu sprechen, wogegen ich der. Darmlosigkeit kein ausschlaggebendes Gewicht in der systematischen Bewertung zu- sprechen möchte. Greifswald, September 1903, Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIII. Fig. 1. Totalbild der Amphelina foliacea (Rud.) nach einem Kreosotpräpa- rat. 4/1. Fig. 2. Ein Sagittalschnitt durch den Hautmuskelschlauch. 220/1. Lm, Längsmuskeln; Dm, Diagonalmuskeln; Rm, Ringmuskeln: K%k, Kalkkörperchen ; Dvm, Dorsoventralmuskeln. Fig. 3. Sagittalschnitt durch das Hinterende: der Endabschnitt des Uterus und sein Abgang von der letzten Uteruswindung. U, Uterus; Ue, Endabschnitt des Uterus; Dr, Drüsen; N, Nerv; Wg, Wassergefäß. 60/1. Fig. 4. Sagittalschnitt durch das Hinterende. Rekonstruktion der zweiten Einstülpung, dem Endapparat des Wassergefäßsystems. Ron, Radiärmuskeln; Igm, Ringmuskeln; Bm, Bogenmuskeln; Wg, Wassergefäß; U, Uterus. 54/1. Fig. 5. Flächenschnitt durch das Vorderende. (rk, Cirrhus; Dig, Dotter- sang; Dir, Dotterreservoir; N, Nerv; Or, Ovarium; Rs, Receptaculum seminis; U, Uterus; Vg, Vagina; Wg, Wassergefäß. Fig. 6. Schnitt durch einen Teil eines Seitenfeldes des Ovariums. Px%, Parenchymzellen; Ex, Eizellen. 230/1. Fig 7. Teil eines Flächenschnittes.. Kreuzung der Vagina (vg) und des Vas deferens (vd). Buchstaben wie in Fig. 5, außerdem: Ua, erste quere Uterus- windung; 4, Hoden; Sch, Schalendrüse. 44/1. Fig. 8. Rekonstruktion der Genitalgänge innerhalb der Schalendrüse. Buch- staben wie in Fig. 5, außerdem: Od, Oviduct; Sch, Schalendrüse. Histologische Mitteilungen. 1. Die Urgenitalzellen der Ctenophoren. Von Dr. Karl Camillo Schneider, Privatdozent an der Universität Wien. Mit Tafel XXIV.- In meinem »Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere«< habe ich für Dero& ovata Urgenitalzellen an den seitlichen Rändern der enterodermalen Rippenröhren beschrieben und von ihnen die im Epithel der Röhren sich entwickelnden Genitalzellen abgeleitet. Neuer- liche Untersuchung meines Materials (FLEMmMINnG-Konservierung) hat mich belehrt, daß die in Frage stehenden Zellen, welche in Figg. 4, 5 und 8 mit x bezeichnet sind, nicht als Urgenitalzellen aufgefaßt werden dürfen (über ihre Deutung siehe später), daß aber in der. Tat Urgenital- zellen vorkommen, die dem Mesoderm entstammen. Man findet in der Gallerte überall, vor allem in der Nähe der Epithelien, relativ große Zellen, die bald fast kugelrund erscheinen, bald kurz spindelig gestreckt sind und auch kurze plumpe Ausläufer aufweisen. Figg. 1—3 stellen sie dar. Der Kern ist groß und typisch bläschen- förmig, mit großem Nucleolus und dunkler Randzone ausgestattet; am Nucleolus unterscheidet man gelegentlich eine verschieden dicke Nucleomrinde, und im Innern eine hellere Füllmasse (Paranucleom), die sich mit Hämatoxylin nieht, dagegen schwach mit Säurefuchsin färbt. In einem Falle sah ich im Paranucleom einen kleinen dunklen Fleck, der vielleicht als Vaeuole zu deuten ist. Das Sark ist manch- mal in Umgebung des Kerns besonders dunkel gefärbt (Fig. 1) und neigt überhaupt stark zur Aufnahme von Hämatoxylin. Man erkennt hellere und dunklere Partien, eine deutlich kömige, fädige oder schaumige Struktur tritt aber nicht hervor. Solche Zellen kommen auch im Enteroderm der Rippenröhren (und auch der anderen Röhren) vor. Sie liegen hier im seitlichen Urgenitalzellen der Ctenophoren. 389 und inneren niedrigen Epithel in spärlicher Zahl; auf mehrere Quer- schnitte einer Röhre kommt etwa eine Zelle. Die Identität dieser, in den Lücken zwischen den Nährzellen gelegenen Elemente, mit den erwähnten Gallertzellen ergibt sich ohne weiteres aus der Form und Struktur (siehe Figg. 4 und 5); man kann aber auch direkt Einwande- rungen beobachten, wie Figg. 7 und 8 darstellen. In Fig. 7 ist das flache Epithel der inneren Röhrenwand schräg getroffen; die starke Kontur der aus Bindesubstanz bestehenden, vom Mesoderm gebilde- ten Grenzlamelle erscheint bei hoher Tubuseinstellung, die zarte bei tiefer. Unter die platten Epithelzellen, deren Kerne immer paar- weis liegen, klemmt sich eine der erwähnten Zeilen ein, die Epithel- zellen von der Lamelle abhebend; sie ist vermutlich soeben ein- gewandert. In Fig. 8 sehen wir eine Zelle noch außerhalb des Epithels, aber bereits die Lamelle durchbrechend. Ich hebe hervor, daß die angrenzenden Schnitte die Lamelle deutlich zeigen, im dargestellten Sehnitt fehlt sie aber an der Einwanderungsstelle vollkommen. Die Zellkerne der eingewanderten Zellen unterscheiden sich von den Enterodermkernen, die im übrigen auch bläschenförmig sind, durch größeres Volumen. Sowohl in den frei in der Gallerte, wie in den ins Enteroderm eingewanderten Zellen kann man nicht selten zwei Kerne beobachten. Diese liegen meist dicht nebeneinander im gleichartig beschaffenen Sark. Fig. 6 ist kein Beispiel für dies Verhalten; hier handelt es sich vielmehr ohne Frage um eine Zellteilung, denn im Umkreis der beiden großen Kerne haben sich Sarkbezirke ziemlich scharf voneinan- der gesondert; eine Durchschnürung steht bevor. Diese Zelle wurde in der Nähe der männlichen Gonade gefunden, und zwar bestan- den die benachbarten Gonadenteile aus isolierten rundlichen Gruppen von Spermogonien, deren Ableitung von solchen einzelnen Zellen sich, dem Bild entsprechend, geradezu von selbst aufdrängte. Be- merkenswert ist auch die in Fig. 7 dargestellte Zelle. Sie liegt im äußeren Epithel, und zwar gegen das Röhrenlumen hin, zwischen diesem und der kompakten männlichen Gonade. Man trifft in dieser Lage (lateralwärts) oft jugendliche Spermogonienballen, die sich der bereits weiter entwickelten Hauptmasse des Hodens angliedern und bei der Verbindung mit ihr wie Höcker derselben erscheinen. Die erwähnte Zelle kann nun mit großer Bestimmtheit als Mutterzelle eines Spermogonienballens angesehen werden; ich mache auf ihre große Ähnlichkeit mit Fig. 2 aufmerksam. Von den Enterodermzellen ist sie leicht zu unterscheiden. 390 Karl Camillo Schneider, Immer finde ich im Röhrenepithel auch die von mir früher als Urgenitalzellen gedeuteten kleinen rundlichen Elemente, die durch einen kleinen kompakten Kern und helles, mit Orange leicht gelb sich färbendes Sark ausgezeichnet sind. Man erkennt im Sark ein zartes netzig ausgebildetes Gerüst mit undeutlich radialen Faserzügen; eine äußere glatte Kontur der Zelle ist oft sehr deutlich wahrzunehmen. Der Kern liegt immer einseitig, manchmal ist er in doppelter Zahl vorhanden. Man findet auch diese Zellen in der Gallerte, in spär- licher Zahl, wieder. Sie sind hier etwas kleiner, zugleich aber auch von dichterer Struktur, worin wohl ein differentes physiologisches Verhalten zu sehen ist. Teilungen des Kerns konnten beobachtet werden, wie Fig. 9 sie darstellt; nicht selten trifft man in einer Zelle drei oder mehr, gelegentlich unscharf gesonderte, wie zu einem Band vereinigte Kerne. Übrigens können diese Zellen wohl auch bedeuten- dere Größe durch Stoffaufnahme erreichen. Man trifft wenigstens in der Gallerte manchmal größere, mit Orange sich gelblich färbende, wie mit einer feinen Körnelung beladene oder homogen erscheinende Zellen mit den entsprechenden Kernen. Ich möchte diese kleinen Zellen, die in keiner sicher nachweis- baren Beziehung zur Bildung der Genitaizellen stehen, jetzt als eine Art von Lymphzellen auffassen, die primär nur der Gallerte zu- kommen, sekundär aber auch ins Enteroderm einwandern können. Einzelne Bilder schienen mir für die Einwanderung zu sprechen, doch konnte ich sie nicht sicher feststellen. Amöboide Fortsätze habe ich in keinem Falle wahrgenommen. Die großen Zellen, aus denen sich die Genitalzellen entwickeln, bezeichne ich als Urgenitalzellen. Sie sind schon lange bekannt, nur über ihr Vorkommen im Enteroderm war man nicht unterrichtet. R. Hertwie sagt von den »Bindesubstanzzellen« der Deroe, daß sie »im allgemeinen spärlich hier und da zwischen die übrigen Elemente« (der Gallerte — Muskelfasern und Nervenzellen) »eingestreut sind und wie kleine Amöben aussehen. Ihr Protoplasmakörper nimmt die mannigfaltigsten Formen an, ist bald spindelig, bald in Lappen aus- gezogen und auf seiner Oberfläche mit spitzen pseudopodienähnlichen Fortsätzen bedeckt, welche sich aber niemals auf große Strecken hin verfolgen lassen. Ich zweifle nicht, daß bei der Beobachtung im frischen Zustand die Zellen sich als amöboide Gebilde erweisen werden. Der Kern der Zelle ist rundlich und von reichlichem kör- nigem Protoplasma umgeben«. Auch Eimer hat amöboide Beweglich- keit angenommen, und SamassA schließt sich beiden Autoren an; ich Urgenitalzellen der Ctenophoren. | 391 selbst habe kein frisches Material untersucht, glaube aber auch, daß die Urgenitalzellen ebenso amöboid beweglich sind wie die ganz ähnlich beschaffenen Elemente der Spongien. Auch SamAssA nennt die Urgenitalzellen »Bindegewebskörperchen«, doch fügt er hinzu: »Ich deute diese Bindegewebskörperchen als Zellen des Mesoderm- streifens, die sich in ihrem embryonalen Zustande erhalten haben und nenne sie Embryonalzellen. Von ihnen geht die Bildung der Muskel- fasern aus.« Ich habe dazu folgendes zu bemerken. Von den Urgenitalzellen haben wir wohl in der Tat die Muskelzellen abzuleiten, aber auch die Bindezellen stammen von ihnen ab. Man darf jedoch nicht die Ur- senitalzellen direkt als Bindezellen bezeichnen; die eigentlichen Binde- zellen von Bero& sind vielmehr wesentlich anders beschaffen, nämlich mit längeren Fortsätzen ausgestattet (SamaAssAa), haben ein helles schaumiges Sark und einen hellen Kern mit kleinem Nucleolus und deutlichem Mitom (Fig. 10). Sie sind die Bildner der Gallerte und der faserig-lamellösen Bindesubstanz, die besonders unter den Epi- thelien und zwischen den Muskelfasern entwickelt ist, im allgemeinen aber recht spärlich vorkommt. Genauer habe ich sie zuerst in meinem Lehrbuch (S. 289) beschrieben. Diese typischen Bindezellen sind durch Übergänge mit den Urgenitalzellen verbunden. Man trifft alle möglichen Mittelstufen an. Da nun, wie erwähnt, auch die Muskel- zellen und Genitalzellen von den dunkeln Zellen mit großen bläschen- fürmigen Kernen sich ableiten, so können die letzteren allerdings, mit SAMASSA, gut als embryonale Mesodermzellen bezeichnet werden und würden derart den Archäocyten (SoLLAs) der Spongien entsprechen, aus denen auch differente Elemente (Skleroblasten, Speicherzellen — Thesocyten, Genitalzellen) hervorgehen. Ich be- halte hier jedoch den Ausdruck Urgenitalzellen bei, da es mir bei Berücksichtigung dieser Zellen in erster Linie auf die Ableitung der Genitalzellen von ihnen ankommt. Die Gonaden der Ctenophoren wurden bis jetzt entweder vom Entoderm (CHun, GARBE) oder vom Ektoderm (R. Herrwiıs) oder vom Mesoderm (ich, 1902) abgeleitet. Die Ableitung vom Ektoderm stützte HeRTwIıG auf Befunde an Callianira bialata, welche Ver- bindungsstränge zwischen Ektoderm und Gonaden besitzt. Diese Stränge sollen sich vom flaschenförmig verdünnten Anfangsteil flim- mernder Säckchen ableiten, die bei jungen Tieren beobachtet wurden und deren innerer erweiterter Teil die Gonaden liefern soll. Indessen mußte HeRrrwıG selbst zugestehen, daß die Säckchen vielleicht doch 392 Karl Camillo Schneider, nichts mit den Gonaden zu tun haben, sondern Sinnesorgane reprä- sentieren dürften (was auch CHun annimmt); daß sie ferner nur auf der Seite der weiblichen Gonaden vorkommen. Nach CHUNs neueren Befunden (1892) kann nun von einer Ableitung der Gonaden von den Säckehen nicht mehr die Rede sein, da diese sich erstens nur bei Callianira finden, zweitens hier aber auch neben den reifen Gonaden vorkommen. Es entfällt damit die Ableitung der Gonade vom Ekto- derm. — Über die Verbindungsstränge siehe unten. Für einen Teil der weiblichen Gonade dürfte indessen die Ab- leitung vom Ektoderm vielleicht doch zu Recht bestehen. Man findet an den Ovarien folgenden Aufbau. Lateralwärts liegen die jüngsten Stadien (Oogonien), medialwärts die ältesten; die großen reifenden Eier treiben gegen innen hin das Röhrenepithel weit vor. An der äußeren Gonadenfläche findet sich nun bei Dero& und andern Formen ein epithelartig geordneter Zellstreif (bei Bolina sollen drei Schichten nachweisbar sein: CHun), dessen schmale zylindrische Zellen in die Mitte der Gonade hinein vorragen und Ballen von intensiv färbbarem (eosinophilem) Sekret absondern, die sich im Gonadenzentrum an- sammeln und vielleicht der Ernährung (Dotter), nach Caun der Bildung der Eihülle (?), dienen. Dieser Drüsenzellstreifen (Drüsengewebe) ist immer deutlich von dem eigentlichen Ovarialgewebe, das ihn umgibt, gesondert. HERTwIG zieht nun die Möglichkeit in Betracht, daß er ektodermaler Herkunft sein dürfte, da ähnliche Drüsenzellen nur im Ektoderm nachweisbar sind. Ich möchte derselben Ansicht zuneigen, obgleich ein sicherer Beweis des Zusammenhangs mit dem Ektoderm nicht zu erbringen war; auffällig ist aber die oft überraschend innige Lagebeziehung zum Ektoderm und die nicht selten ganz unscharfe Abgrenzung gegen die Gallerte, die für die übrige a soweit sie peripher liegt, nicht gilt. Die Ableitung der Gonade vom Entoderm (CHun) stützt sich aut die Einlagerung der Gonaden in das äußere Epithel der enter odermalen Rippenröhren. CHuN setzt in seiner Arbeit von 1892 auseinander, daß man an Jugendstadien von Bolina die »Keimzellen« zwischen den Zylinderepithelzellen der Röhren einzeln oder zu Gruppen vereint antrifft. Mit diesem Befund ist aber die entodermale Entstehung der Urgenitalzellen keineswegs erwiesen; finden wir doch auch bei den Hydroiden die im Ektoderm entstehenden (WeEısmAnn) Urgenitalzellen vorübergehend im Entoderm, das sie hier allerdings wieder verlassen, um ins Ektoderm zurückzukehren. Samassa hat diesen Gedanken einer Einwanderung bereits geäußert (1893), aber dabei die Möglieh- Urgenitalzellen der Ctenophoren. 393 keit der Einwanderung vom Ektoderm im Auge gehabt, wogegen Chun sich 1898 nochmals aussprach. Neuerdings hat sich GARBE an Chun angeschlossen. Auch nach ihm treten an jungen Tieren (Pleurobrachia rhodopis und püeus) die Genitalzellen im Entoderm auf (bei pileus sogar in den Schlund- und Tentakelröhren) und sind als kleine Haufen von »Urkeimzellen« nachweisbar, »die durch Pro- liferation der Gefäßwandungen sich gebildet haben«. Worauf GARBE diese Angabe der Proliferation begründet, ist mir nicht klar geworden; denn von einer Ableitung der Zellhaufen von einzelnen Entoderm- zellen ist bei ihm nicht die Rede und es kommt ja auch die Mög- lichkeit einer Einwanderung der Urgenitalzellen schon deshalb in Betracht, weil wir bereits an den Larven ein zelliges Mesoderm finden, während ein solches bei den Hydroiden überhaupt ganz fehlt (von sewissen Ausnahmen bei den Siphonophoren [Cnun] abgesehen). Bei den Spongien legen sich z. B. die mesodermalen Urgenitalzellen bei der Entwicklung zu Genitalzellen nicht selten aufs innigste ans Enterodermepithel an (z. B. bei Sycon), zweifellos weil sie hier günstige Entwieklungsbedingungen finden. Der Gedanke, daß die Genitalzellen mesodermaler Herkunft sein dürften, ist mir seinerzeit aufgestiegen, als ich die eigentümliche Art, wie die Gonaden ins Enteroderm eingelagert sind, wahrnahm. R. Herrwie hat bereits darauf hingewiesen, daß sich beide Gewebe ziemlich scharf voneinander abheben; doch muß ich offen gestehen, daß an den lateralen Randpartien der Gonaden die Abgrenzung keine übermäßig scharfe ist, wie schon daraus hervorgeht, daß man bei beroe einzelne Spermogonienballen isoliert, neben der eigentlichen Gonade, in der Tiefe des Epithels, dort wo die Röhrenverzweigungen abgehen, finden kann und ja auch die oben beschriebenen Urgenital- zellen einzeln im seitlichen und auch im innern Entoderm vorkommen. Aber was in hohem Maße bemerkenswert ist, ist folgendes. Die Gonaden bestehen nicht aus losen Massen von Genitalzellen, die zwischen die einzelnen Entodermzellen sich einschieben und von diesen durchbrochen werden, was ja für die Hydroidengonaden silt; sondern sie schieben sich vielmehr als einheitliche kompakte Masse ins Enteroderm ein und werden von dessen Zellen in toto umgrif- ien. Sie sind völlig solide, gesonderte Organe, die subepithelial zum Enteroderm liegen und es breit vorwölben, deren Elemente aber nicht basiepithelial sich zwischen den Enterodermzellen verteilen. GARBE hebt hervor, daß an. Jugendstadien die Genitalzellen »nicht in das Lumen der Gefäße hineingepfropft sind, sondern das Lumen der 394 Karl Camillo Schneider, Gefäße sichelförmig umgreifen«. Ferner ist zu erwähnen das Vor- kommen eines Genitalsinus an den Gonaden verschiedener Formen. Bei Beroe fehlen Sinusbildungen vollständig. Sie kommen z. B. vor bei Callianira (an den Hoden), wo HERTWIG sie auf die Säckchen zurückführte, welche Ansicht aber von Cuun angefochten wird. Nach CHun sind die Sinusbildungen, die er auch bei andern Formen (Bo- lina z. B.) konstatierte, selbständige Gefäße, die mit den Genital- röhren lokal zusammenhängen, also Teile des Enterons (bei CHuX des »cölenterischen Apparates«); auch die HErTwIsschen Verbindungs- stränge zum Ektoderm hin werden von ihm als entodermale Divertikel gedeutet. GARBE bestreitet im Gegensatz zu CHuun die Verbindung der Sinus mit den Rippenröhren; nach ihm handelt es sich (Pleuro- brachia) um eine sekundäre Bildung innerhalb der Gonade, derer keine besondere morphologische Bedeutung zuschreibt. Ich möchte nun doch eine solche Bedeutung annehmen. Wo ein Sinus ausge- bildet ist, würde er aus einer inneren Wand, welche die Gonade bildet und das Enteroderm gegen das Lumen der Röhren vorbuchtet, und aus einer äußeren, von Plattenepithel gebildeten Wand, die beide seitlich ineinander umschlagen, gebildet sen. Somit erschiene die Gonade eigentlich als ein Schlauch mit einseitiger Anhäufung der Genitalzellen. — Wie schon bemerkt, fehlt bei Dero& jede Spur einer Sinusbildung. Hier ist auch die Anordnung des Gonadengewebes derart, daß von einer Schlauchbildung nicht im entferntesten geredet werden kann. Die Gonaden gleichen vielmehr Bändern, die der Länge nach zusammengefaltet sind. Die Faltenkante wendet sich gegen innen und treibt das Röhrenepithel vor; die laterale Faltenhälfte enthält die jungen Elemente und zwar finden sich die jüngsten Zellen dort, wo das äußere Röhrenepithel in das laterale umbiegt. Die mediale Hälfte enthält die reiferen Zellen; bei den weiblichen Gonaden keilt sich nun noch, wie erwähnt, der Drüsenzellstreifen, von außen her, zwischen beide Faltenhälften ein. In jenen Fällen demnach, wo die Gonade schlauchförmig ist, müßte sie eine ab- weichende Beschaffenheit haben. Berücksichtigen wir nun die oben mitgeteilten Befunde über die Identität der von mir als Urgenitalzellen gedeuteten Elemente im Enteroderm mit gewissen embryonalen Gallertzellen, so ist die Ent- stehung der Gonade vom Mesoderm aus als im höchsten Maße wahrscheinlich zu betrachten. Es lassen sich aber noch weitere Gründe in gleicher Hinsicht anführen. Besonders wichtig erscheinen mir die Befunde WıLLrys an Ctenoplana Korotneffi. Urgenitalzellen der Ctenophoren. 39 Wırrey fand die Hoden (Ovarien wurden vermißt) als Bläschen in der Umgebung kurzer Blindsäcke des Enterons (genital coeca), von deren Epithel sie sich deutlich sondern. An reifen Hoden wurden die Coeca vermißt. WILLEY sagt zwar, daß »the genital products appear to arise as proliferations of the walls of the coeca«; aber er tut das wohl nur in Hinsicht auf die ziemlich allgemein akzeptierte Cauxnsche Anschauung der Entstehung der Gonaden vom Entoderm. aus. Denn der Zeichnung nach ist das enterodermale Epithel scharf vom umgebenden Gonadengewebe gesondert, und außerdem mündet, wie WırLeyY nachwies, jeder Hoden durch mehrere selbständige Genitalgänge direkt nach außen. Dieser Befund ist äußerst wichtig, denn er zeigt uns am drastischsten die Unabhängigkeit der Gonade vom Enteroderm, in dessen Röhren hinein die reifen Zellen bei den typischen Ötenophorenformen entleert werden. Wir sehen also inner- halb der Ctenophorengruppe die Gonade in aufsteigend morpholo- gischer Differenzierung begriffen. Berücksichtigen wir die Spongien mit (Sycon) , so wären vier Differenzierungsschritte zu verzeichnen. Der erste zeigt die Gonade aus einzelnen mesodermalen Zellen be- stehend, die sich an das Enteroderm anlegen, hier reifen und ins Enteron entleert werden (Sycon).. Der zweite zeigt die weibliche und männliche Gonade aus Zellsträngen bestehend, die auch vom Mesoderm stammen, sich aber dieht am Enteroderm, in subepithelialer Lage, entwickeln und deren reife Produkte auch ins Enteron fallen. Die dritte Stufe zeigt zur zweiten den Unterschied, daß die Gonaden sich zu Schläuchen (Genitalsinus) entwickeln, in deren einer Wand die Genitalzellen liegen. Nach Cuuxn kommunizieren diese Sinus mit dem Enteron, woraus aber noch nicht ohne weiteres auf ihre entero- dermale Natur gefolgert werden kann; nach GARBE existiert keine Verbindung. Die vierte Stufe (Ctenoplana) zeigt zwar noch An- lagerung der Genitalsäcke (Hoden) an Enteronröhren (genital coeca), aber selbständige Ausmündung derselben durch eigne Genitalgänge nach außen. Schließlich möchte ich noch, betreffs der Ableitung der Genital- zellen vom Mesoderm, wie bereits in meiner Histologie, auf die außer- ordentliche Eintönigkeit des Enteroderms hinweisen, die direkt an die Spongien erinnert, aber einen auffallenden Unterschied zu den Cnida- riern bedeutet. Sie wurde bereits von Herrwıc hervorgehoben. Im Entoderm, das richtiger, wie hier geschehen, als Enteroderm zu be- zeichnen ist, finden sich nur Nährzellen, die mit Wimpern versehen sind (wohl zwei für jede Zelle, s. Fig. 6). Die kleinen Wimperzellen der 396 Karl-Camillo Schneider, Rosetten stellen nur eine unwesentliche Modifikation des allgemeinen Typus vor. Drüsenzellen fehlen fast ganz (die Verdauung ist intracellu- lar: METSCHNIKOFF); ebenso fehlen Muskel- und Sinneszellen (R. HERT- wıG u. a... Muskelfasern kommen zwar in longitudinalem Verlaufe an den Schlundröhren vor, die den Schlund in der Lateralebene be- gleiten; sie liegen hier zwischen den platten Nährzellen der äußern, an die Tentakelwurzeln grenzenden Wand und der Grenzlamelle. Trotz dieser Lage möchte ich auf Entstehung der Muskelfasern vom Mesoderm aus schließen, da auch das Ektoderm der Fasern ganz im allgemeinen entbehrt, dagegen das Mesoderm eine Fülle differenter Muskelfasern liefert, die sich nachweislich zum Teil den Epithelien innig anlegen. Wenn wir diese histologischen Tatsachen klar ins Auge fassen, so muß von vornherein die Entstehung der Genitalzellen von Entodermzellen als sehr unwahrscheinlich bezeichnet werden. Die Bedeutung der mesodermalen Genitalzellentstehung bei den Ctenophoren kann gar nicht hoch genug ver- anschlagt werden. Ich habe ja die Konsequenzen daraus bereits in meinem Lehrbuch gezogen, will aber hier nochmals mit ein paar Worten auf die Verwandtschaftsverhältnisse der Ctenophoren näher eingehen. Vollkommen unhaltbar ist, wie ja schon von mancher Seite geäußert wurde (R. HERTWIG, LANG, HATSCHEK, KORSCHELT und HeEıper) die Eingliederung der Ctenophoren in den Cnidariertypus (gegen HAECKEL, CHUN, GOETTE u. a.). Es liegen anatomisch, histo- logisch und embryologisch fundamentale Differenzen vor, die sich auf keine Weise überbrücken lassen; sie seien im folgenden kurz auf- gezählt. Der apicale Pol ist bei den Ctenophoren Sinnespol, bei den Cnidariern ist es dagegen der orale (prostomale) Pol. Die Cteno- phoren schwimmen mit dem oralen voran, die Cnidarierlarven und die Medusen dagegen mit dem apicalen. Die Ctenophoren schwimmen durch Wimperung und die Muskulatur dient nur bei wenigen Formen der Lokomotion (Kriechen mit der Mundfläche bei Lampetia, Cteno- plana, Coeloplana), die Medusen dagegen schwimmen durch Muskel- kontraktion. Die Tentakel der Ctenophoren sind dem apicalen Pol zugeordnet und strukturell ganz unvergleichbar den Tentakeln der Cnidarier, die den oralen Pol umgeben. Die Ctenophoren haben ein verzweigtes Enteron, das ausschließlich der Verdauung dient; die Cnidarier haben dagegen ein Cölenteron, das sowohl der Verdauung, als auch der Kontraktion, der Empfindung, der Propagation (Seypho- und Anthozoen) und der Bindesubstanzbildung (Stützlamelle, an deren Bildung sich übrigens auch das Ektoderm beteiligt) dient. Die Urgenitalzellen der Ctenophoren. 397 Enterodermröhren der Ctenophoren sind daher ganz unvergleichbar den Divertikelbildungen der Anthozoen (den Radialkanälen der Medusen sind sie erst recht unvergleichbar) und können nicht als »cölenterischer Apparat« (Cuus), sondern nur als Zweige des Enterons gedeutet werden. Die an ihnen befindlichen Wimperrosetten sind spezielle Differenzierungen der Ütenophoren, die nach CHuun Ausströmungs- öffnungen für die ernährende Lymphe, in die Gallerte hinein, re- präsentieren. — Das Epithel des Körpers und Enterons bildet weder Muskeln noch Bindesubstanz, ist daher nicht als Ektoderm und Ento- derm, wie bei den Cnidariern, sondern als Epiderm und Enteroderm, wie bei den Würmern, zu bezeichnen (auch die Muskulatur der Ten- takel ist als mesodermale aufzufassen, siehe meine Histologie). Die Ctenophoren haben ein echtes Mesoderm, das embryonal vom Ekto- derm aus entsteht; die Cnidarier aber nicht. Vom Mesoderm der Ctenophoren werden die Muskulatur, das Bindegewebe und die Go- naden, ganz wie bei den Würmern, gebildet. Wie ich bereits in meiner Histologie anführte (S. 185), hat HarscHEr festgestellt (un- publizierte Befunde), daß die von METSCHNIKOFF angegebenen Meso- dermanlagen, die sich vom sog. Entoblast abgliedern sollen, nichts anders als die Anlagen der Tentakelröhren sind. Das Mesoderm entsteht vielmehr, wie schon erwähnt, vom Ektoderm aus und zwar am Urmundrande. — Das Epiderm der Ctenophoren produziert keine Nesselzellen, dagegen an den Tentakeln die eigenartigen Greifapparate, die Bildungen vollkommen andrer Art sind (siehe meine Histologie). Die sog. Nesselzellen der Euchlora (Cuux) sind so zweifelhafte Ge- bilde, daß sie zur Zeit besser unberücksichtigt bleiben. — Die Fur- chung der Ctenophoren ist eine determinierte, die der Cnidarier eine indeterminierte. Wenn derart von irgend welch verwandtschaftlicher Beziehung der Ctenophoren zu den Cnidariern nicht die Rede sein kann, so scheint mir dagegen wirkliche Verwandtschaft zu den Spongien vorzuliegen. Zwar widerspricht dieser Hypothese auf den ersten Blick auffällig die geringe Differenzierung der Spongiengewebe, die Festsetzung der Larve mit dem Mundpol, der Besitz von isolierten enterodermalen Kammern mit Prosopylen und Apopylen, von Dermalporen und Oseula, ferner der Mangel von Sinnesorganen am apicalen Pol und die Bildung eines Kalk- oder Kieselskeletts bei den Spongien. Aber trotzdem gelingt es, wesentliche verwandte Züge nachzuweisen, die meiner Ansicht nach weit schwerer wiegen. Die Spongien besitzen wie die Ctenophoren ein echtes Mesoderm, das in engster genetischer Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LAXVI. Bd. 27 398 Karl Camillo Schneider, Beziehung zum Ektoderm steht. Es enthält Vorstufen der Muskel- zellen (kontraktile Faserzellen), Bindezellen und Genitalzellen; die Skleroblasten sind eine Besonderheit der Spongien. Das Epithel der verdauenden Räume (Geißelkammern —= Enteromeren, ich, 1902) ist als Enteroderm, wie bei den Otenophoren, zu bezeichnen; seine Ausbildung als Kragenzellepithel ist ebenfalls eine Besonderheit der Spongien, der aber kein Gewicht beizulegen ist, da Kragenzellen auch im Enteroderm andrer Metazoen vorkommen (siehe meine Histologie, S. 27). Die Vielgliedrigkeit des Enterons der Ctenophoren knüpft vielleicht an die Vielteiligkeit desselben Organsystems bei den Spongien an; auch könnte man die Ausströmungsöffnungen der Enteronröhren auf die Ostien (Apopylen) der Geißelkammern beziehen. Die Tentakeln und Sinnesorgane der Ctenophoren sind Besonderheiten dieser Gruppe; sie stehen in Beziehung zum apicalen Pole, der aber, wie bei den Spongienlarven, beim Schwimmen der hintere ist. Eine Besonderheit der Ctenophoren ist ferner der Schlund, der aber doch vielleicht phylogenetisch zum ektodermalen Kanalsystem der Spongien in Be- ziehung steht. Um diese Ähnlichkeiten und Differenzen eingehender würdigen zu können, wäre es nötig, ausführlich auf Bau und Ent- wicklung der Spongien einzugehen, was hier nicht möglich ist; ich verweise in dieser Hinsicht auf meine Histologie. Alles in allem halte ich an der dort aufgestellten Vereinigung der Spongien und Cteno- phoren zu einer einheitlichen Radiatengruppe (Dyskineten), neben den Cnidariern, die allein typische Cölenteraten im Sinne LEUCKARTS sind, durchaus fest. In den Ctenophoren ist die Wurzel der Zygoneuren zu suchen. Diese von A. LanG begründete Anschauung hat sich ja nach und nach so viele Freunde erworben, daß ich hier nicht näher darauf einzugehen brauche. Ich hebe nur hervor, daß sie einerseits durch den HarscHexschen Befund über die ausschließliche Entstehung des Mesoderms vom Ektoderm der Larve aus, anderseits durch den hier mitgeteilten Befund über die Ableitung der Gonade vom Mesoderm gewichtige Stützen empfangen hat. | Wien, im November 1903. Urgenitalzellen der Utenophoren. + 399 Literaturverzeichnis. 1880. €. Cuun, Die Ctenophoren des Golfes von Neapel. In: Fauna Flora Golf Neapel. Bd. I. 1892. —— Die Dissogonie, eine neue Form der geschlechtlichen Zeugung. In: Festschrift LEUCKART. Leipzig. Die Ctenophoren der Plankton-Expedition. In: Ergebn. Plankton- Exped. Bd. I. 1901. A. GARBE, Untersuchungen über die Entstehung der Geschlechtsorgane bei den Ctenophoren. In: Diese Zeitschr. Bd. LXIX. 1880. R. Herrwig, Über den Bau der Ctenophoren. In: Jen. Zeitschr. Naturwiss. Bd. XIV. 1885. E. METSCHNIKOFF, Vergleichende embryologische Studien. 4. Über die Gastrulation und Mesodermbildung der Ctenophoren. In: Diese Zeitschr. 1898. Bd. XLI. 1892. P. SAMASSA, Zur Histologie der Ctenophoren. In: Arch. mikr. Anat. Bd. XL. 1893. ——- Über die Entstehung der Genitalzellen der Ctenophoren. In: Verh. Nat.-Med. Ver. Heidelberg. Bd. V. 1902. K. C. SCHNEIDER, Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere. Jena. 1899. A. Wırıey, On Ctenoplana. In: Quart. Journ. Mier. Se. (2) V. XXXIX. Erklärung der Abbildungen. Sämtliche Figuren sind von Bero& ovata nach Schnitten mit dem Zeichen- apparat gezeichnet. Außer Figg. 4 und 6, die mit Ocular 4 und Objektiv 7 ge- zeichnet wurden, sind alle anderen Figuren mit Ocular 4 und der homogenen Immersion 1/12 (System LEITZ) gezeichnet. Allgemein gültige Abkürzungen: ke, Kern; En, Enteroderm; Gr.S, Grundsubstanz; v, Vacuole; L, Lamelle; do.k, Dotterkorn; urg.“, Urgenitalzelle; m.f, Muskelfaser; wi, Wimpern. x, Lympbzelle (?); 5.8, Bindesubstanz; Tafel XXIV. Fig. 1-3. Freie Urgenitalzellen in der Gallerte. Fig. 4—6. Urgenitalzellen im Enteroderm der Rippenröhren, und zwar im lateralen Epithel. In Fig. 6 Teilung des Zellleibes. Fig. 7. Urgenitalzelle in einer Vacuole des medialen Epithels (Rippenröhre). Fig. 8. Urgenitalzelle im inneren Epithel, dicht an der Grenzlamelle (Rippen- röhre). Lamelle schräg getroffen, L! bezeichnet die tiefer liegende Kontur. Fig. 9. Urgenitalzelle einwandernd aus Gallerte in Epithel einer Rippenröhre. Fig. 10. Lymphzellen (?) aus der Gallerte, zum Teil mit Kernteilungsfiguren. Fig. 11. Typische Bindezelle der Gallerte. 27* Pa Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. Von Dr. W. Hein. (Aus dem zoologischen Institut der Universität Tübingen.) Mit Tafel XXV und XXVL Nach Erscheinen der Arbeit von Sarensky (15) im Jahre 1874 sind eingehendere Untersuchungen über Amphelina foliacea nicht an- gestellt worden. Es schien daher erwünscht, besonders nach den Befunden, welche BLOCHMANN an Cestoden und Trematoden (2) -vor einigen Jahren mitteilte, auch bei einer Cestodarie,. welche wie Am- philina, lange in ihrer systematischen Stellung zweifelhaft erschien, die Verhältnisse des Epithels und der Muskelsysteme mit Hilfe der neuen Technik einer eingehenden Durchsicht zu unterziehen. Gleich- zeitig hatte ich Gelegenheit über das Exkretions- und andre Organ- systeme genauere Untersuchungen anzustellen, deren Ergebnisse in folgendem ebenfalls mitgeteilt werden sollen. Ich nehme die Gelegenheit wahr, Herrn Prof. BLOCHMANN, welcher mir die Untersuchung vorschlug und durch stete Förderung und mannigfache Anregung zum Fortgang der Arbeiten wesentlich beitrug, meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Auch verdanke ich Herrn Prof. BLOCHMANN das Sublimat-Material, welches er mir in freund- lichster Weise zur Verfügung stellte. Ein Versuch, einige lebende Exemplare zu erhalten, schlug fast ganz fehl, da Amphelhina in der Leibeshöhle des Sterlets gefunden wird und dieser Fisch vor allem schwer zu erlangen ist, außerdem aber nur spärlich, häufig überhaupt nicht infiziert ist. Das eine mir lebend zur Verfügung stehende Exemplar habe ich in einem von vier Sterlets, welche zur Untersuchung gelangten, im vorderen Teil der Leibeshöhle zwischen den Leberlappen gefunden. ;ringt man die lebenden Tiere in physiologische Kochsalzlösung, “ Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 408 so ind in kurzer Zeit schwache Kontraktionen zu konstatieren, welche wellenartig von hinten nach vorn über den Körper des Wurms ver- streichen. Die Kontraktionen sind zu schwach, um auf glattem Unter- grund eine Fortbewegung zur Folge zu haben. Der endständige Saugnapf bleibt bei diesen Kontraktionen in Ruhe und scheint seine ursprüngliche Funktion als Haftorgan verloren zu haben. Wenigstens bei dem geschlechtsreifen Tiere, wie ich es zu beobachten Gelegenheit hatte, war eine aktive Tätigkeit des Saugnapfes nicht zu bemerken. Auch in der Leibeshöhle ihres Wirtes liegen die Würmer frei und nicht festgeheftet, so daß sie »deswegen ohne jeden Widerstand heraus- genommen werden« können (15, S. 294). Nach kurzer Zeit erfolgte, wahrscheinlich durch die Kontraktionen des Körpers, eine Ablage von 15—17 Eiern, welche sich in der Zeit von 48 Stunden, während welcher ich das- Tier in schwacher Chloralhydrat-Lösung hielt, noch dreimal wiederholte. Nachdem die Kontraktionen äußerst schwach geworden waren, scheint die Behandlung mit den Reagentien die weiteren Ablagen verursacht zu haben. Im Anschluß an die beigegebenen Zeichnungen werde ich im folgenden meine Befunde über das Epithel, die Hautmuskulatur, das Parenchym, das Exkretionsorgan und die Geschlechtsorgane mitteilen, gleichzeitig werde ich noch einige andre Beobachtungen, welche ich an meinen Präparaten machte und welche mit denen früherer Autoren in Widerspruch stehen, kurz erwähnen. | Die Oberfläche von Amphilina foliacea zeigt. schon bei schwacher Vergrößerung kleine polygonale, meist sechseckige Grübchen, welche eng nebeneinanderliegend und den ganzen Körper bedeckend eine wabenartige Struktur der äußeren Bekleidung des Wurmes erkennen lassen. Schon WAGENER (17) hat diese Eigentümlichkeit beobachtet und Grıumam (8) führte sie auf zellenartige Körperchen zurück, welche durch ihre eigenartige Form dem Tier das beschriebene Aussehen verleihen sollten. Erst Sauensky (15, S. 295) hat die wahre Natur dieser Erscheinung in Form von Grübchen erkannt und richtig be- schrieben. Lebende Exemplare lassen diesen Bau der Körperoberfläche weniger deutlich zutage treten, als konserviertes Material, bei welchem die mehr oder weniger immer auftretenden Kontraktionen und Scehrumpfungen durch Fixations- und Konservierungsmittel die Kon- turen der einzelnen Waben schärfer hervortreten und dadurch die Grübehen deutlicher werden. Die Vertiefungen sind durch schmale wall- oder dammartige Wülste voneinander getrennt. Die Wülste 402 ayw\Y. Hein; scheinen mit Muskelfasern in Verbindung zu stehen (s. u.), welche die Ausdehnung der Grübehen in Tiefe und Breite bis zu einem gewissen Grade zu varlieren vermögen. Wenigstens kann man an lebenden Tieren beobachten, daß unabhängig von Kontraktionen des Körpers die Waben ihre Gestalt zeitweilig in einem oder dem andern Sinne ändern. Es erscheint daher nicht unwahrscheinlich, daß die oberflächlichsten Schichten der Tiere bei Fortbewegungen in engen Grenzen aktiv einzugreifen imstande sind. Nach den Untersuchungen BLOCHMANNs unterlag es keinem Zweifel, daß bei Amphilina ein wahres Epithel zu erwarten war. Nach ihm (2, S. 3) versteht man »unter äußerem Epithel -eine Zellschicht, die entweder selbst die äußere Oberfläche des Tierkörpers begrenzt, oder auf ihrer Oberfläche eine vom Zellplasma chemisch mehr oder weniger differente Membran erzeugt, die dann ihrerseits den äußeren Überzug des Körpers bildete. An Ligula (2) und Triaenophorus (19) sind die Verhältnisse untersucht und Amphilina schließt sich denselben eng an, wenn auch hier die Epithelzellen einen komplizierteren Bau zeigen als die oben genannten Formen. ‚Wenn meine Befunde mit denen SALENSKYs nicht übereinstimmen, so liegt es wohl zum größten Teil an den veränderten Umständen, unter denen die Untersuchungen vorgenommen wurden. SALENSKY (15) unterscheidet vier Schichten der Haut: Die Cutieular-, Haut-, Körner- und Drüsenschicht. Die Cutieularschicht zeigte sich ihm als »allerfeinste Membran«. »Die Existenz der Cuticula kann man nur dadurch ersehen, daß die darunterliegende Hautschicht nach außen mit einer feinen Kontur abgegrenzt ist« (S. 299). Die Haut- schicht besteht nach ihm aus einer »feinkörnigen Substanz, die eigent- lich die Hauptmasse dieser Schicht bildet« (S. 300). Neben dieser feinkörnigen Substanz finden sich noch Fasern, die »in verschiedenen Richtungen« ziehen und nur als »feinste Fibrillen, an denen keine Struktur zu unterscheiden ist<, sich zu erkennen geben. Ferner beschreibt SALENSKY Kerne in der Hautschicht, die in geringer Zahl einzeln zerstreut liegen, nach innen aber an Zahl sehr stark zunehmen, so daß er die folgende Schicht mit dem Namen »Körnerschicht« belegen zu müssen glaubte. Ein weiterer Grund zu dieser Trennung in eine dritte Schicht waren die Muskelsysteme, welche zwischen Haut und Körnerschicht hindurchziehen. »Die ganze Körnerschicht stellt ein Gewebe dar, das aus zusammengeflossenen Zellen besteht und die Kerne als Reste der früher gesonderten Zellen enthält« (5. 301). Diese Kerne sind denen der Hautschicht durchaus ähnlich. Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 403 Die Drüsenschicht endlich besteht aus kolbenförmigen Drüsenzellen, die »mit ihren erweiterten Körperenden schon außerhalb der Körner- schicht liegen« (S. 302). Die Drüsen sollen »röhrenförmige Aus- läufer« besitzen, welche »die Hautschicht durchsetzen und sich als Ausführgänge der Drüsen erweisen«. | Nach meinen Untersuchungen wird der äußere Überzug von einer Cutieula dargestellt, welche, die wabenartigen Vertiefungen der Körperoberfläche auskleidend, den ganzen Körper in nahezu gleicher Dieke umgibt. Einzelne Schichtungen in derselben sind nicht zu erkennen, wohl aber.an dünnen Schnitten eine feine radiäre Struktur, welche die Cuticula in ihrer ganzen Tiefe durchsetzt. Wenn auch chemisch die ganze Masse der ceuticularen Substanz auf Färbemittel usw. nahezu gleichartig reagiert, so scheint doch physikalisch die äußere Schicht der Cuticula von der innern verschieden zu sein; sie besitzt eine geringere Elastizität und zeigt an kontrahierten Stellen auf Schnitten häufig kleine Knickungen, während die innere Schicht genug Biegsamkeit besitzt, um den einzelnen Windungen und Falten nachzugeben. An die Cutieula treten feine Fortsätze von Zellen heran, welche tief in das Innere des Tieres hineingerückt sind. Diese Zellen liegen im Parenchym eingebettet als kolben- bis bläschenförmige Gebilde mit deutlichem meist zentral gelagertem Kern und Kernkörperchen. Sie liegen in ihrer Hauptmasse gleich denen der andern Cestoden innerhalb der peripheren Muskelsysteme. Die Verbindung mit der Cutieula wird durch Fortsätze hergestellt, welche, in Ein- oder Mehr- zahl, als relativ kräftige Äste aus den Zellen nach außen entspringen, die Muskellagen durchbrechen und dann unter starker unregelmäßig- dichotomischer Verästelung sich in eine große Zahl feiner und feinster Fäden ausziehen, welche dann einzeln an die Cuticula herantreten (Fig. 1 und 2). Häufig verhindern die Muskelbündel den direkten Durchtritt der Protoplasmafortsätze und bewirken, daß dieselben auf kurze Strecken von ihrer Richtung nach der Oberfläche abweichen und die Muskelbündel begleiten, bis die Konstellation der einzelnen Muskelsysteme den Durchtritt gestattet. Die starke Verästelung der Protoplasmaausläufer führt zu einem nahezu unentwirrbaren Geflecht, dessen einzelne Endfäden mit einer kleinen ‚trichter- oder kegel- förmigen Verdiekung die Basalmembran durchbrechend mit der Outi- cula in Verbindung stehen. Ob zwischen den einzelnen Ausläufern und Fäden der Fortsätze Anastomosen vorkommen, ließ sich der Feinheit der Objekte wegen nicht mit Sicherheit feststellen. Er- 404 - -W. Bein, schwert wird die Lösung dieser Frage noch durch den Umstand, daß Ansammlungen von Plasmakörnehen und Klümpehen, welche häufig und von Stelle zu Stelle die feinen und aus einer scheinbar homogenen Plasmamasse bestehenden Fäden und Bälkcehen unregel- mäßig knotenartig anschwellen lassen, das mikroskopische Bild stark beeinträchtigen und selbst auf dünnen Schnitten das Verfolgen der einzelnen Fäden auf weitere Strecken hin meist unmöglich machen. Die äußerst feine Verteilung der Protoplasmaausläufer wird nach den Figuren 1 und 2 erst ersichtlich, wenn ich erwähne, daß die Schnitte, nach welehen die Zeichnungen gefertigt sind, «u nicht überschreiten. Da die Entfernung in Fig. 1 vom Punkt x bis zum Punkt % 9 u beträgt, so ist in Wirklichkeit die dendritische Ver- teilung der Ausläufer um ‚das Mehrfache größer als ein Schnitt zeigen kann, da die andern Ausläufer auf dem vorhergehenden und folgen- den Schnitt anzutreffen sind. Die Länge der Fortsätze vom Zellkörper bis zur Cutieula unter- liegt großen Schwankungen, ebenso wie die Masse der eigentlichen Zellkörper inkonstant ist. Ersteres hängt naturgemäß mit den Er- höhungen und Vertiefungen der Oberfläche zusammen, da die Lage der Zellen selbst nieht von der Wabenstruktur der Oberfläche, son- dern vielmehr von dem Hautmuskelschlauch beeinflußt wird. Die Zellen liegen häufig eng zusammengedrängt innerhalb der Muskel- "systeme in einer mehr oder minder kontinuierlichen Schicht zusammen und können sehr leicht stellenweise einen mehrschichtigen Eindruck machen, da sie durch den gegenseitigen Druck häufig mehr nach der inneren oder äußeren Seite aus ihrer normalen Lage herausgedrängt erscheinen. Die beschriebenen Zellen stellen die Epithelzellen von Amphr- lina dar. Die eigentümliche Erscheinung, daß die Epithelzellen von Cestoden und Trematoden in die Tiefe gerückt sind, ist von BLOCHMANN er- kannt und später auch von ZERNECKE (19) mitgeteilt worden. Die Länge und die starke Verästelung der Epithelzellenausläufer scheint Amphilina vor Ligula (2) und Triaenophorus (19) auszuzeichnen, welche in der einen oder andern Beziehung um das Mehrfache hinter Amphilina zurückbleiben. Zigula hat spindelförmige Epithelzellen mit sehr langen Fortsätzen, welche zwar in Mehrzahl, aber immer- hin in nur beschränktem Maße auftreten (2, Taf. I und II, Figg. 2, 3, 9, 6) und Triaenophorus besitzt zylindrische Zellen, welche »neben- einander senkrecht zur Cuticula angeordnet sind« und durch die = Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. A405 »äußern Muskellagen feine Fortsätze zur Cutieula« entsenden. Die Fortsätze sind: hier, ebenfalls in Mehrzahl, sehr kurz, sie erreichen (19, Figg. 43 und 45) kaum die Länge eines Drittels des größten Durchmessers des Zellkörpers. Daß in der Tat die oben beschriebenen Zellen. bei Amphelina epithelialer Natur sind und die Cuticula als wahre Cuticula aufzu- fassen ist, geht daraus hervor, daß die Cutieula vollständig kernlos ist, und die in das Innere gerückten Epithelzellen, durchaus ver- schieden von denjenigen des Parenchyms, sich in die beschriebenen Ausläufer ausziehen, welche mit der Cutieula in direktem Zusammen- hang stehen. Die Cutieula erscheint dann als das Produkt der in die Tiefe gerückten und mit zahlreichen Protoplasmaausläufern an sie herantretenden Epithelzellen. Wenn zwischen den Zell- körpern und der Cutieula die Muskelsysteme eingelagert sind und die Interpretation an ausgebildeten Tieren zuerst erschweren, so ist dies das Resultat des frühzeitigen Vordringens der Zellen in das Innere. BLocHMAnN (2) hat die hier in Betracht kommenden Ver- hältnisse beleuchtet und sie mit Betunden bei andern Tierklassen in Verbindung gesetzt. Seine Befunde an Zigula sowie diejenigen von ZERNECKE an Triaenophorus und auch die oben beschriebenen Ver- hältnisse bei Amphilina bestätigen die Existenz eines Epithels, wie es den Cestoden lange vorenthalten wurde. Ich glaube auf die aus- führlicheren Mitteilungen der beiden angeführten Autoren zurück- weisen zu können. Gerade das Vorkommen ganz ähnlicher Verhält- nisse bei einer so aberranten Form, wie sie Amphelina unter den Cestoden darstellt, dürfte als weiterer Beitrag zur Beurteilung der Epithelfrage der Bandwürmer nicht unerwünscht sein. Nimmt man nun SALEnskys Abbildung (Taf. XXIX, Fig. 8) zur Hand, so ersieht man aus ihr, abgesehen von der Cutieula, welche nur als Umriß gezeichnet ist, daß SALENSKYs »Hautschicht« der peri- pheren Region entspricht, wo die Ausläufer der Epithelzellen sich verästeln und das enge oben beschriebene Geflecht bilden, bevor sie an die Cuticula herantreten. Sein Bericht von der Existenz der »fein- körnigen Substanz« beruht auf den knotenartigen Anschwellungen der einzelnen feinen Fäden der Ausläufer, und die Fasern, welche er hier fand, sind teils auf eigentümliche Fasern zurückzuführen, welche nach allen Richtungen parallel der Cutieula sich hinziehen (s. Mus- keln), teils auf die Endigungen der Dorsoventralmuskeln, welch letztere auch schon bei SALENSKY Erwähnung finden. Der Umstand, daß Muskellagen die »Hautschieht«< von der »Körnerschicht« trennen, 406 .. W. Hein, zeigt, daß SALENSKY unter »Körnerschieht« die Lage der Epithel- zellen selbst versteht, soweit sie mit ihren halbkugeligen kompakten Zellkörpern innerhalb der Muskellagen sich befinden. Wenn er diese Kerne, wenn auch nur in geringerem Maße, schon in der »Haut- schieht« vorfand, so liegt hier ein Irrtum vor, der, wie ich gelegent- lich der Besprechung des Parenchyms zeigen werde, zur Zusammen- fassung ungleichnamiger Elemente führte. Während die Kerne der »Körnerschicht« den Epithelzellen angehören, — ja vielleicht nach den Abbildungen zu urteilen, teilweise die Epithelzellen selbst dar- stellen, — sind die Kerne der Hautschicht parenchymatösen Ursprungs, sie sind Kerne von Bindegewebszellen. Die Auffassung, daß die Kerne der »Körnerschicht« Reste von »zusammengeflossenen Zellen« sind, kann sehr wohl durch die Tatsache hervorgerufen sein, daß die Epithelzellen sehr dicht zusammengedrängt liegen und bei un- zulänglichen Tinktionen und Sehnitten ihre Grenzen nicht zu erkennen seben. An demselben Umstand scheint es auch zu liegen, wenn SALENSKY noch von einer vierten Schicht, einer »Drüsenschicht« sprechen zu müssen glaubt. Die von ihm als Drüsen gedeuteten Ge- bilde (Fig. 2 Drsck) sind die halbkugeligen Enden derjenigen Epithel- zellen, welche durch den gegenseitigen Druck aus der Reihe ihrer Nachbarzellen nach innen gedrängt sind und durch ihre mehr oder weniger große Isolierung, im Parenchym gelagert, an den bläschen- förmig angeschwollenen Enden die körnige Struktur ihres Proto- plasmas unverhältnismäßig besser erkennen lassen, als die zwischen andern eingelagerten Epithelzellen. Die Fortsätze, welche diese aus der normalen Lage und nach innen gedrängten Zellen an die Outi- cula entsenden und welche sich zwischen den andern Epithelzellen hindurch drängen, erwecken sehr leicht die Vorstellung von sich ver- Jüngenden Ausführgängen, womit für SALENSKY der Auffassung typi- scher Drüsenzellen nichts mehr im Wege zu liegen schien. Durch die Auflösung der »feinkörnigen Substanz« der »Haut- schicht« in mit Protoplasmaklümpchen besetzte Fäden und Bälkchen und durch den Nachweis, daß diese Fäden, von den Epithelzellen herstammend mit der Cutieula in Verbindung treten, ist naturgemäß die Auffassung der ganzen oberflächlichen Region von Amphilina eine andere geworden. Wir sehen unter den peripheren Muskelzügen ansehnliche sackartig aufgetriebene Zellen mit großen Kernen und reichlichem Protoplasma. Die Zellen entsenden einige Ausläufer, welche die Muskelsysteme durchbrechen, sich dann in eine große = Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 407 Menge feiner und feinster Astchen und Fäden rasch auflösen und in feinster Verteilung an die Cutieula herantreten. In bezug auf die Anordnung der Muskelbündel ist zunächst mit- zuteilen, daß man vier verschiedene Systeme am Hautmuskelschlauch von Amphilina foliaces unterscheiden kann, denen sich die Paren- chymmuskeln in Form der Dorsoventralmuskeln und der Retraktor des Saugnapfes angliedern. Die vier Muskelsysteme des Hautmuskelschlauchs sind von außen nach innen: 1) die subeuticulare Muskulatur; 3) die Diagonalmuskulatur und 2) die Längsmuskulatur; 4) die Transversalmuskulatur. Die subeutieulare Muskulatur ist am schwächsten von allen Systemen ausgebildet. Sie besteht aus einzelnen Fasern, die in ihren Lagebeziehungen scheinbar unregelmäßig angeordnet, bald die Richtung der Längsmuskeln, bald die der Transversal- oder Diagonal- muskeln verfolgen. Auf Flächenschnitten (Fig. 3), wo die Fasern sich am übersichtlichsten darstellen lassen, sieht man, daß die ein- zelnen Fasern innerhalb der Ebene, in der sie verlaufen, an irgend- welche Richtungen im Verhältnis zum Wurmkörper nicht gebunden sind. An Längs- und Querschnitten läßt sich feststellen (Fig. 4), daß diese einzelnen Fasern, die in Länge je nach den Kontraktions- zuständen der durchschnittenen Körperregion sehr stark variieren, mit ihren Enden an der unter der Cuticula verlaufenden Basalmembran inserieren. In der beigegebenen Figur sieht man links drei solcher Insertionspunkte abgebildet, während die Enden der Fasern rechts auf dem folgenden Schnitt anzutreffen sind. Günstige Stellen dünner Schnitte lassen ferner erkennen, daß die Muskelfasern sich meist dort vorfinden, wo die wall- oder dammartigen Erhöhungen der Oberfläche sich erheben, welche die weiter oben beschriebenen waben- artigen Vertiefungen voneinander trennen. Wenn ich gelegentlich der Besprechung der oberflächlichen Schichten des Wurmkörpers glaubte, denselben bei der Lokomotion in beschränktem Maße eine aktive Rolle zuerkennen zu müssen, so beruht diese Auffassung neben direkten Beobachtungen am lebenden Tier auf dem Vorhandensein dieser Muskelfasern, welche nach ihrer Lage und ihren Insertionspunkten dem Wurm ermöglichen bei seinen Bewegungen die wabenförmigen Grübchen der Oberfläche zu ver- tiefen oder abzuflachen. 408 - W. Hein, Die muskulösen Elemente, die nicht selten stellenweise spiralig aufgewunden sind, zeigen sich immer als einzelne isolierte Fasern; mehrere zu einem Bündel vereinigt, wie es die andern Muskelzüge des Hautmuskelschlauches aufweisen, traf ich nicht an. Kerne oder Protoplasmareste, welche einen Aufschluß über die Entstehung dieser Fasern hätten geben oder Vermutungen hätten nahelesen können, konnten nicht ermittelt werden. Die Verschleierung des mikrosko- pischen Bildes durch das enge Geflecht der epithelialen Zellfortsätze in Verbindung mit den protoplasmatischen knotenförmigen Anschwel- lungen der einzelnen Fäden läßt Details nur unsicher erkennen. Der Lage dieser Fasern nach wäre ein Ringmuskel zu erwarten, welcher bei Cestoden als äußerste Muskellage auftritt. Die Auf- fassung, daß die Ringmuskellage als solche sich in ihre einzelnen Fasern aufgelöst hat und zu der eigentümlich gestalteten Oberfläche in die angeführten Beziehungen getreten ist, wäre ohne weiteres nicht von der Hand zu weisen, wenngleich es auch nicht vorerst ohne Schwierigkeiten zu erklären bliebe, daß die Fasern neben der Auflösung des Ringmuskels ebenfalls ihre Richtungen je nach den Umständen der Körperoberfläche angepaßt haben. Die Tatsache, daß die äußeren Muskelfasern den ganzen Körper umfassen und auch an den Stellen zur Ausbildung gelangen, wo die obere Körper- fläche des Wurmes in die untere (ventrale) übergeht, ließe sich zugunsten der Ringmuskulatur dieser subeuticularen Muskelfasern heranziehen. Der Gedanke, daß diese Faserlage vielleicht auf Rudi- mente früherer Stachelmuskeln, wie sie BETTENDORF bei Distomum hepaticum (1, 8. 330) in fanktionsfähiger Ausbildung beschreibt und abbildet, zurückzuführen wäre, bedarf auch der Erwägung. Entwick- lungsgeschichtliche Studien dürften hier vielleicht zu einem befrie- digenderen Resultat über die Herkunft dieser Muskelfasern führen. SALENSKY scheint diese Fasern, welche auf den »Quer- und Längsschnitten sehr leicht wahrzunehmen sind«, gesehen zu haben. Die »ziehen sich in verschiedenen Richtungen durch das Innere der Schicht (Hautschicht SaLunskys) und erscheinen selbst bei stärkerer Vergrößerung nur als feinste Fibrillen, an denen keine Struktur zu erkennen ist« (15, S. 300). Daß jedoch diese Fasern parallel der Oberfläche verlaufen, gibt SALENnsKkY nicht an, er scheint auch die Natur dieser Fasern nicht erkannt zu haben, da er sie mit den >Verästelungen der Muskelfasern des Körperparenehyms« (Dorso- ventralmuskeln) gemeinsam als Elemente der »Hautschicht« be- zeichnet. Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 409 Während die zarten Muskelfasern, die ich soeben beschrieb, frei in dem Geflecht der Epithelzellenfortsätze liegen, bilden die drei andern Muskelsysteme des Hautmuskelschlauchs mehr oder weniger starke Bündel, welche, von außen nach innen an Dichtigkeit zu- nehmend, der angegebenen Reihenfolge nach tiefer gelagert sind, ohne jedoch aus der Region der Epithelzellenausläufer herauszutreten und die Tiefe der Epithelzellen zu erreichen. Sämtliche Muskel- stränge liegen vielmehr innerhalb der ersten Verzweigungen der Epithelzellenfortsätze außerhalb der Zellregion selbst. Von außen’ nach innen vorschreitend, trifft man zuerst auf die . Längsmuskelbündel, diesen folgt sofort die Diagonalmuskulatur, weleher sich die Transversalmuskeln unmittelbar in ihrer Lage an- schließen. Die Längsmuskelbündel sind von den drei erwähnten Systemen am schwächsten und ihrer Bündelzahl nach am spärlichsten zur Aus- bildung gekommen. Die einzelnen Fasern dieser Muskelzüge stellen langgestreckte Gebilde dar, welche, an ihren Enden sich allmählich verjüngend, mit diesen sich aneinander legen und so einen konti- nuierlichen Muskelstrang bilden. In Querschnitten von Muskelbündeln läßt sich leicht an den Fasern eine äußere kontraktile Rindenschicht erkennen, welche kreisrunde, biskuit-, manchmal hufeisenförmige Gestalt aufweist. Im Innern tritt eine helle gefärbte Schicht, die Markschicht, hervor. Zwischen den einzelnen Fasern jedes Muskel- bündels sieht man eine fast homogene Substanz, welche, offenbar parenchymatischer Natur, die Fasern umhüllt und von der Umgebung abschließt. Da diese Kittsubstanz an allen andern Muskelsystemen in gleicher Ausbildung wiederkehrt, will ich hier hervorheben, daß an den Dorsoventralmuskeln die Verhältnisse derselben am besten zu beobachten sind. Dort tritt besonders hervor, daß diese Kittmasse, in der die einzelnen zu einem Bündel vereinigten Fasern eingebettet liegen, nicht vollständig der parenchymatischen Grundsubstanz gleichen, sondern auf Färbemittel stärker wie die Parenchymgewebe reagieren. Die Diagonalmuskeln, welche in beiden Richtungen schräg ver- laufen, bilden durch ihre Lagerung ein Netz mit nahezu regelmäßigen Maschen, auf beiden Flächen des Körpers. Die Bündel sind um weniges stärker als die des Längsmuskelsystems, aber bedeutend häufiger; sie lösen sich in der Art der Transversalmuskeln an den Rändern des Wurmkörpers in ihre Fasern auf. Die Fasern scheinen sich ihrerseits mit denen der Diagonalmuskeln der entgegengesetzten 410 .. W. Hein, Seite zu verflechten. Die Struktur der Muskeln und Fasern ist dieselbe wie bei den Längsmuskeln. Die Diagonalmuskeln sind bei Cestoden im allgemeinen nicht auf- gefunden, und nur bei Trematoden zur Ausbildung gekommen. Unter den Cestoden nehmen die Querfasern von Orygmatobothrium longi- colle nach ZSCHORKE (20) einen abweichenden Verlauf, indem sie beiderseits schräg von oben nach unten von einem Seitenrande zum andern verlaufen und sich kreuzen. Die Diagonalmuskeln liegen wie bei Amphilina unter den Längsstämmen und bilden rechteckige regel- mäßige Maschen. Weitere Diagonalmuskeln sind häufig an Saug- näpfen beobachtet worden, sie lassen sich jedoch zum größten Teil auf die Endigungen der Längsmuskeln zurückführen und fallen somit als Diagonalmuskelsysteme außer Betracht. Die Transversalmuskeln, am weitesten nach innen gelegen, stellen die am stärksten entwickelten Muskelstränge dar. Die einzelnen Muskelbündel liegen nahe aneinander, und lassen nur geringe Lücken zwischen sich frei, ebenso ist die Zahl der Fasern, welche in den Bündeln vereinigt sind, um das Mehrfache größer als bei den vorher beschriebenen Systemen. Ä Schon Grimm (8) versuchte die Muskellagen des Hautmuskel- schlauchs von Amphilina foliacea zu zergliedern und gab Quer- muskeln als die äußerste Muskellage an. SALENSKY fand dann die Längsmuskeln außen, denen nach innen zu die Quermuskellage (Transversalmuskel) folgen sollte. Nach seinen Mitteilungen muß man annehmen, daß SALENSKY auch die Diagonalmuskulatur gesehen hat und nur in Ermangelung guter Flächenschnitte, welche die Ver- hältnisse am prägnantesten klarlegen, davon abgestanden hat, eine weitere Gliederung vorzunehmen. So scheint es wenigstens, wenn er schreibt: »Die Längsmuskellage besteht aus Muskelfasern, die in verschiedenen Richtungen schief und doch parallel der Längsebene des Tieres verlaufen. Danach könnten zwei Arten unterschieden werden, die einen von rechts nach links und die andern in entgegen- gesetzter Richtung verlaufend.. Man könnte noch eine dritte gerade Richtung annehmen, aber die Fasern, welche dieser letzteren folgen, existieren nur in sehr beschränkter Zahl. Beide Arten von Fasern kreuzen sich in ihrem Verlauf und bieten somit ein Fasernetz dar, das also die obere Lage der Muskelschicht bilde. Die Richtung, in welcher die Quermuskelfasern (Transversalmuskel .d. Verf.) ver- laufen, kann man auch nicht als genau äquatorial bezeichnen. »ie weicht davon ab, so daß die Muskelfasern nicht zueinander parallel Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 411 gestellt sind, sondern sich unter gewissem Winkel kreuzen, und dadurch ebenfalls ein Netz bilden, welches vom Längsfasernetz nach innen liegt« (S. 302). Allerdings läßt die von SALENSKY gegebene Fig. 8 darauf schließen, daß die Längs- und Diagonalmuskeln, soweit sie überhaupt als solche erkannt wurden, doch nur mehr gefolgert als beobachtet wurden. Zum erstenmal scheint ScHnEIDER (16, S. 120) eine’ Diagonal- faserschicht gefunden zu haben, doch gibt er dieselbe als außer- halb der Längsfaserschicht liegend an. In seiner Figur 5, welche in der Tafelerklärung als »Querschnitt« angegeben ist, als solcher aber der Figur 4, einem »Längsschnitt durch den Oesophagus«, wider- spricht, kommt, wenn man diese Abbildung ebenfalls als Längsschnitt auffaßt, folgende Reihenfolge von außen nach innen: Äußere sehr schwach ausgebildete Querschicht, äußere Längsschicht, Diagonal- schicht, innere Querschicht, und weiter nach innen, innere Längs- schicht. Letztere kommt nach meinen Untersuchungen bei Amphilina nicht zur Ausbildung. Was SCHNEIDER nach seiner Abbildung 5 als »äußere Querschicht« bezeichnet, würde nicht in die von mir be- schriebenen Verhältnisse sich einreihen lassen, wenn man nicht an- nehmen will, daß damit die subeuticularen Muskelfasern gemeint sind. Die Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit, da SCHNEIDER be- richtet, daß diese Muskellage wenig stark zur Ausbildung gelangt sei. Es ist schwer, nach den SCHNEIDERschen Mitteilungen sich ein klares Bild über die angezogenen Verhältnisse zu machen, da er auf das Studium der Tafel »mit Hilfe der Erklärung« (Anm. 1, S. 120) verweist, und es ihm im Text auf das Thema »weiter einzugehen un- nötig scheint; die Erklärungen fehlen dann aber entweder vollstän- dig, wie in Fig. 6, oder widersprechen sich (Taf. XVII, Fig. 4 und 5). Die Dorsoventralmuskeln sind durch Faserbündel repräsentiert, welche in ziemlich großer Anzahl (in einer Querebene etwa 12—16) auftreten und je 14—20 Fasern zeigen. Die Struktur dieser Fasern ist von derjenigen der beschriebenen Hautmuskelfasern nicht ver- schieden, soweit die Bündel in der parenchymatischen Rinden- und Markschicht verlaufen. Während die Bündel der Diagonal- und Transversalmuskeln erst kurz vor ihrem Ende sich in ihre einzelnen Fasern auflösen und sich mit den Fasern der gegenüberliegenden Seite kreuzen, beginnt dieser Auflösungsvorgang bei den Dorsoven- tralmuskeln beim Eintritt der Bündel in die Region der Epithel- zellen und geht hier bedeutend weiter als bei den andern Muskel- systemen. Bevor die Bündel an die basalen Teile der Epithelzellen 412 - W. Hein, herantreten, ist häufig eine Teilung derselben in 2—5 Stränge zu beobachten. Die einzelnen Stränge treten zwischen den kernhaltigen Teilen der Epithelzellen hindurch, durchdringen die Muskellagen des Hautmuskelschlauchs und lösen sich dann in ihre Fasern auf. Die Auflösung der Stränge ist eine. vollständige, so daß es schwer fällt, in geringer Entfernung von den Muskellagen mehrere Fasern noch zusammenliegend anzutreffen. Die isolierten Fasern scheinen einer nochmaligen Teilung in ihrem Verlauf bis zur Basalmembran anheim- zufallen. Die Enden sämtlicher Fasern des Dorsoventralbündels erreichen anscheinend die Basalmembran und inserieren sich hier, so daß durch die Ausstrahlung der Muskelstränge ein verhältnis- mäßig großes Feld der Oberfläche von einem Bündel beherrscht wird (Fig. 5). Ä Häufig treten dem Dorsoventralmuskel an der Stelle, wo die basalen Teile der Epithelzellen und die peripheren Muskellagen zu durchbrechen sind, durch Verschiebungen dieser Elemente im Raum, Hindernisse in den Weg, und es ist dann zu beobachten, daß sie von ihrer Richtung nach der Cuticula abbiegen und eine Strecke seitwärts sich wenden, bis ein Durchtritt möglich wird. Da dieses Abweichen von der Richtung, soweit es innerhalb der Region der Epithelzellen und Muskellagen geschieht, immer von sämtlichen Strängen eines Muskelbündels gleichsinnig ausgeführt wird, so glaube ich dasselbe auf jeweilige Kontraktionszustände bei der Fixierung zurückführen zu können. Erst in der äußeren Schicht der Epithel- zellenfortsätze angelangt, strahlen die Fasern in der beschriebenen Weise breit und besenartig auseinander. Während die Myoblasten der Hautmuskellagen in der Schicht der basalen Epithelzellenteile liegen und von diesen umgeben werden und für die Untersuchung aus diesem Grunde ungünstig sind, erlauben die dorsoventralen Muskelzüge infolge ihrer Lage im Parenchym einen genaueren Einblick in die Verhältnisse. | Auf gut orientierten Querschnitten durch Amphilina, welche diese Muskelzüge häufig in ihrer ganzen Ausdehnung längs treffen, läßt sich leicht feststellen, daß diese Muskelbündel die Erzeugnisse je eines Myoblasten sind. Die Muskelzellen liegen meist annähernd in der Mitte und seitwärts des von ihnen gebildeten Bündels, frei im Parenchym und von der Grundsubstanz umgeben. Die Myoblasten fallen schon bei mäßigen Vergrößerungen durch die Größe ihrer Kerne und durch die wabige Struktur ihres Protoplasmas auf und lassen dadurch eine Verwechslung mit Parenehymkernen ausgeschlossen Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 413 erscheinen. Jeder Myoblast steht mit dem von ihm gebildeten Muskelbündel in Verbindung. Auf der dem Bündel abgewandten Seite meist halbkugelförmig, entsendet die Zelle auf der andern Seite mehrere zipfelförmige Ausläufer, welche mit verhältnismäßig großem Durchmesser entspringend sich bald stark verjüngen und in Form feiner Fäden an die einzelnen Fasern des Bündels herantreten (Fig. 6). Die einzelnen feinen Fäden, in die jeder Zipfel sich auszieht, zeigen feine protoplasmatische, knotenartige Anschwellungen; sie dringen in die Kittsubstanz, in der die Fasern zu dem Bündel vereinigt zusammen- liegen ein und treten mit je einer Faser in Verbindung. Die zipfelartigen Fortsätze der Myoblasten scheinen aber nur _ auf kurze Strecken den Konnex zwischen Myoblast und Bündel auf- recht erhalten zu können, denn nicht selten sieht man den Kern und damit den halbkugeligen Teil der Zelle weit von dem zugehörigen Bündel entfernt gelegen. Die Zelle nimmt dann eine schlauchartige Form an, indem der Körper des Myoblasten sich lang auszieht und erst in der Nähe des Bündels die besprochenen Verbindungszipfel und Fäden an das Bündel entsendet. Wie weit diese schlauchartige Umgestaltung der Myoblasten gehen kann, zeigen Befunde, von denen hier einer genauer angegeben werden soll. Der Kern zeigte einen Durchmesser von 0,00167 mm, die Entfernung von dem im stumpfen Ende der schlauchförmigen Zelle gelegenen Kern bis zum Muskel- bündel betrug 0,048 mm. Mithin erreichte die Entfernung, welche von dem schlauchartigen Teil der Zelle und den Fortsätzen über- brückt wurde, fast das neunundzwanzigfache des Kerndurchmessers. Das Verhalten der Verbindungsfäden der Myoblasten, wie sie aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei den Muskeln des peripheren Systems vorkommen, zu den einzelnen Fasern, konnte der Feinheit des Objekts wegen mit Sicherheit in den Details nicht erkannt werden. SALENSKY hat ebenfalls über die »Sagittalmuskeln« Unter- suchungen angestellt und ist dabei zu Resultaten gelangt, die, später von ZERNECKE aufgegriffen (19, S. 103), für ZLigula ihre Bestätigung zu finden schienen. SALENSKY gibt an (15, S. 305), »daß jede Muskelfaser (des Dorsoventralmuskels d. V.) eine Muskelzelle darstellt, welche aus zwei Bestandteilen zusammengesetzt ist«. Es sind dies die von mir ebenfalls gefundene Rinden- und Markschicht. Er fährt dann (15, S. 306) fort: »Die Marksubstanz wird durch die eigentliche Zelle vertreten, und läßt alle Bestandteile einer solchen an sich nachweisen.« »Die Rindenschicht stellt an dem größten Teil der Muskelfasern ein Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 28 414 en Rohr dar, welches die Marksubstanz im Innern einschließt. Die Marksubstanz geht nur in dem Mittelteile der Muskelfaser nach außen heraus, um hier in Form einer Zelle anzuschwellen. In diesem Mittelteile, wo die Fasern der Rindenschicht am dieksten sind, stellen sich die letzteren nicht mehr in Form eines Rohres dar, sondern bilden zusammen eine Rinne, durch welche nun die Zell- anschwellung heraustritt.« | Man könnte sehr wohl die Befunde SALENsKYs als Vorstufen der Entwicklungsstadien auffassen, wie ich sie fand, wenn man annimmt, daß er jugendliche Stadien untersucht hat, bei welchen jeder Myo- blast erst eine Muskelfaser gebildet hat und das Auseinanderrücken von Muskelzelle und Faser noch nicht begonnen hat oder doch noch in den ersten Stadien der Entwicklung begriffen ist. Es wäre ver- ständlich, daß die Muskelzelle zuerst der von ihr gebildeten Faser eng anliegt und dann im Laufe der Entwicklung und unter Hervor- bringung weiterer Fasern allmählich von den Fasern abrückt, bis Entwicklungsstadien erreicht sind, wie ich sie fand und beschrieb. Damit wäre auch, wenn sich die SaLenskyschen Befunde an Amphrlına bestätigen sollten, die Art der Verbindung der Myoblast- fortsätze mit den einzelnen Fasern beleuchtet und der entwicklungs- geschichtliche Nachweis erbracht, daß die von mir bei Amphilina beobachteten Plasmafäden die. periphere kontraktile Schicht der Fasern durchbrechen und mit der Markschicht in Verbindung bleiben, ein Nachweis, der an den mir zur Verfügung stehenden Exemplaren durch die subtilen Verhältnisse nicht zu erbringen möglich war. Allerdings wird diese Zusammenstellung SALENSKYsS und meiner Befunde unmöglich gemacht, da SaLensky von »problematischen Zellen« spricht, die er bei älteren und jüngeren Exemplaren von Amphilina gefunden hat. Ich habe diese von SALENSKY beschriebenen »problematischen Zellen« wieder aufgefunden und ihre Verbindung mit dorsoventralen Muskelbündeln beobachtet. Es sind die schlauch- förmig ausgezogenen Myoblasten. SAaLknsky bildet diese »proble- matischen Zellen in Fig. 17 B ab, konnte aber ihre Zusammen- gehörigkeit mit Muskelbündeln nicht auffinden und glaubte sie mit Parenchymzellen in Verbindung bringen zu müssen. »Die feinen Zweige!, welche von dem gemeinschaftlichen Strang (es ist wohl der ! Die Zweige, von denen SALENSKY spricht, sowie die Bemerkung, daß die problematischen Zellen< im Gegensatz zu den Zellen des Körperparenchyms »Immer ungefärbt« bleiben, deutet vielleicht darauf hin, daß er Gefäße des Ex- kretionsorgans gesehen hat, was jedoch durch seine Zeichnung Fig. 17 widerlegt # zu werden scheint. Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 415 schlauchförmige Myoblast darunter zu verstehen d. V.) entspringen, setzen sich weiter zwischen die Zellenäste der Parenchymschicht fort. Sie werden dabei immer feiner, bis sie sich endlich in die feinste Spitze ausziehen und dann von dem Protoplasma der Paren- chymschicht nicht mehr zu unterscheiden sind« (15, S. 304). Durch die Auffindung dieser nunmehr als Myoblasten erkannten »proble- matischen Zellen« auch bei jüngeren Exemplaren, wie SALENSKY angibt, muß von einer Angliederung meiner Befunde an die seinen Abstand genommen werden; hat SALEnskY die »problematischen Zellen« gesehen, und sind diese den Myoblasten identisch; so muß die Entwicklung so weit fortgeschritten gewesen sein, daß Stadien von Muskelzellen, wie er sie beschreibt, nicht mehr existieren konnten. Es liest daher die Annahme nahe, daß SALEnskY mit Schnitten zu tun hatte, in welchen die Myoblasten zu den Bündeln so orientiert waren, daß sie, obwohl außerhalb der Bündel gelegen, dieselben teilweise von oben bedeckten und SALENsKY durch die damaligen optischen und technischen Hilfsmittel nicht imstande war, die hier vorliegenden Eigentümlichkeiten zu ermitteln. Dies scheint auch daraus hervorzugehen, daß er von »Muskelfasern« spricht, und solche auch in Fig. 8 und 18 abbildet, während die kontraktilen Elemente hier ganz allgemein in Bündeln zusammenliegen. Die Teilung der Dorsoventralbündel nach der Oberfläche hin scheint somit SALENSKY als auf einer mehrfachen Teilung der Faser beruhend anzusehen, während ich in dieser besenartigen Aufteilung der Bündel in.erster Linie eine Dissoziation in ihre einzelnen Fasern erblicke. Daß in der Nähe der Basalmembran, also nahe an den Insertionspunkten der einzelnen Muskelelemente Teilungen auch innerhalb der Fasern statt- finden können, soll damit nicht negiert sein. Es muß hier noch auf den Saugnapf mit seinen verschiedenen Muskellagen und den Retraktor desselben kurz eingegangen werden. Die Form und die muskulöse Beschaffenheit, sowie die einzelnen Muskellagen, welche den endständigen Saugnapf durchziehen, sind von SALENSKY genauer beschrieben (15, S. 312, Fig. 6). Er unter- scheidet von innen nach außen Ring- und Längsmuskeln, welche von einem System von Radiärmuskeln durchzogen werden. Er betont die relativ schwache Ausbildung der Muskelzüge im Vergleich zu andern Platoden und andern mit Saugnäpfen ausgestatteten Tieren. Was den Retraktor anbelangt (Fig. 15 SR), so tritt er schon bei gut mit Karmin gefärbten Exemplaren, wie sie mir von Herrn Prof. BLOCHMANN gütigst zur Verfügung gestellt wurden, deutlich hervor. 28* 416 - W. Hein, Schon Waszner (17, 8. 246) berichtet vom Saugnapf, daß »mit seinem Boden ein Faserbündel in Verbindung stand, der nach dem Innern des Tieres pinselartig auseinanderfuhre.. Ich kann diese Angabe aus dem Jahre 1858 dahin erweitern, daß die muskulösen Elemente bis zum Beginn des zweiten Drittels des Tierkörpers sich hinziehen. Schon an Totalpräparaten läßt sich erkennen, daß die einzelnen Muskelstränge an sich wenig kräftig, nur aus wenigen Fasern bestehend, an Zahl um so beträchtlicher sind. Sie verlaufen nahezu parallel, nach hinten etwas divergierend und verlieren sich mit ihren hintern Enden in den Maschen des Parenchyms. Ihr histo- logischer Bau scheint, wie ich an Schnitten mich zu überzeugen Gelegenheit hatte, dem der übrigen Muskelsysteme gleich zu sein. Das häufige Auftreten von Zellen zwischen den einzelnen dünnen Bündeln, welche den im Parenchym eingebetteten Myoblasten der Dorsoventralmuskeln in Struktur und Färbung ähneln, ist geeignet, diese Auffassung zu erhärten. / Die Teilung des Retraktors in zwei Muskelzüge, welche SALENSKY »abgesondert nach vorn verlaufen« läßt, sowie der »sehnenförmige Ring«, welchem er zugleich die Funktion eines »Fixationspunktes« für die beiden Muskelzüge zuschreibt, konnte nicht aufgefunden werden. Der »sehnenförmige Ring«, welcher »vermutlich einen chitinisierten Teil des Retraktors darstellt« (15, S. 313), hätte sich, angenommen, das er in Balsampräparaten unkenntlich geworden wäre, auf Schnitten zweifellos nachweisen lassen müssen. Ich glaube viel- mehr, daß SALENskY hier die Hirnkommissur, welche unter dem Saugnapf liegt, im Auge hatte und durch unrichtige Interpretation dieses Organs dasselbe mit dem Retraktor in Verbindung brachte. Lane (10, S. 394), welcher gelegentlich seiner Untersuchungen über das Nervensystem von Amphelina auch die hier in Betracht kommenden Gebilde gesehen hat, beschreibt dieselben und sieht in ihnen »die zahlreichen zu einem dieken Strang vereinigten Ausführ- gänge von Drüsen«, welche in das hintere Ende des Saugnapfes münden sollen. Er »zweifelt nicht daran, daß diese Drüsen den von SALENSKY beschriebenen ‚problematischen Zellen‘ des Parenchyms entsprechen«. Über die Natur der »problematischen Zellen« habe ich weiter oben berichtet und sie als Myoblasten gekennzeichnet; für die drüsige Natur der vom Saugnapf nach hinten ziehenden Stränge gaben meine Präparate keinen Anhalt, vielmehr zeigen Schnitte durch die Region sehr deutlich die dünnen zahlreichen Muskelfasern und Bündel. Soweit Lang seine Beobachtung an Total- Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 417 präparaten vornahm, ist der Irrtum sehr naheliegend, da die einzelnen Fasern häufig spiralig aufgewunden sind und leicht den Eindruck tubulöser Drüsen®machen. Das Parenchym von Amphilina fohacea zeigt kleine runde bis ovale Kerne mit kleinen, häufig seitlich gelegenen Kernkörperchen. Die Kerne sind im ganzen Körper relativ selten anzutreffen, häufig von kleinen Plasmaklümpchen umgeben, welche dieselben von allen Seiten umlagern. Die anscheinend fast nackten oder auch die mit wenig Plasma umgebenen Kerne sind in einem Maschenwerk von Balken und Bälkchen eingebettet, welches das Innere des Wurm- körpers vollständig erfüllt. Die Maschen sind groß, wo keine Organe an sie angrenzen, sie werden in der Nähe eingelagerter Organe, wie Geschlechtsapparat oder Muskeln, kleiner, bis die diesen Einlage- rungen direkt anliegenden Maschen am kleinsten sind. Mehr ist an Eosin-Hämatoxylin-Präparaten an den Zellen und dem Gewebe nicht festzustellen. Mit Hilfe der Thionin- Ammoniummolybdänat-Tinktion und starken Vergrößerungen läßt sich jedoch weiteres ermitteln. Die Färbung wirkt auf Protoplasma und Grundsubstanz des Parenchyms in verschieden starkem Maße ein. Bei guter Tinktion erscheinen die protoplasmatischen Teile nach dieser Färbung intensiv gefärbt, wäh- rend die Grundsubstanz ungefärbt bleibt oder nur schwach getönt erscheint. An solchen Präparaten sieht man, daß die Kerne von einem meist dünnen Protoplasmabelag umgeben sind, welcher sich in lange, sich verästelnde Fortsätze auszieht. Die feinen Fortsätze sind an günstigen Stellen. eine längere Strecke zu verfolgen und liegen in den feineren oder gröberen Balken der Grundsubstanz. Zwei Zellen sind in Fig. 7 und 8 mit ihren Ausläufern dargestellt. ZERNECKE gelang es mit Hilfe der Gorsı-Methode (19, Figg. 16 bis 19) für Zigula die Ausläufer der Parenchymzellen in bedeutender Ausdehnung mit den feinsten Fortsätzen und Ästehen darzustellen. Da nach diesen Untersuchungen die große Ausdehnung der Fortsätze der Parenchymzellen festgelegt war, wurden hier ebenfalls Zrgula- Schnitte mit Thionin- Ammoniummolybdänat behandelt und es ergab sich, daß diese Färbung auch bei ZLegula nur einen verhältnismäßig seringen Teil der Ausläufer zu färben vermochte. Es liegt daher die Annahme nahe, daß bei Amphelina die Fortsätze der Parenchym- zellen in der Grundsubstanz eine viel größere Ausdehnung erlangen, als die zur Verfügung stehenden Präparate erkennen lassen ; wenigstens läßt die Thioninfärbung an Zigula, wo die Gorgr-Methode die Ver- 418 -W. Hein, ästelung der Parenehymzellenfortsätze in überraschender Weise zeigt, nicht mehr erkennen, als an Amphelina. Gestützt könnte diese An- nahme werden durch das Vorhandensein kleiner runder bis ovaler und länglicher Gebilde, welche bei Anwendung starker Vergrößerungen auf Thioninpräparaten in der Grundsubstanz anzutreffen sind und den Eindruck feiner Quer- und Längsschnitte einzelner feiner Fort- sätze machen. Ob allerdings die von ZERNECKE beschriebenen Ver- hältnisse der Parenchymzellen und ihrer Ausläufer unter sich und in bezug auf Muskelfasern (19, S. 98) in vollem Umfang auch für Amphi- ling aufrecht erhalten werden können, muß in Ermangelung spezi- fischer Färbemethoden dahingestellt bleiben. Die Parenchymzellen mit ihren Fortsätzen scheiden eine fast homogene, teilweise feinfaserige Grundsubstanz aus, welche die Zell- körper und Ausläufer umgibt und mit derjenigen der Nachbarzellen zusammenfließt. Die Grundsubstanz bildet mehr oder weniger dicke Balken und lamellöse Bälkchen, welche zusammen ein Maschenwerk bilden, das das Innere des Tieres ausfüllt und alle Organe umhüllt. Zwischen der parenchymatischen Grundsubstanz kommt durch die Anordnung des Stützgewebes ein System kommunizierender Hohl- räume zustande, welches auf Schnitten unregelmäßig-runde bis biskuit- förmige Figuren zeigt. Außer der Ausscheidung der Grundsubstanz fällt den Parenchym- zellen die Produktion der Kalkkörperenen zu. Besonders in der Rindenschicht des Parenchyms, teilweise auch außerhalb der Muskel- systeme des Hautmuskelschlauchs, differenzieren sich Parenchymzellen, indem es in ihrem Innern zu Kalkausscheidungen kommt, welche meist in Einzahl und in Form kleiner kugelartiger Gebilde im Protoplasma des Zellkörpers gelagert sind. Die Größe dieser Kalkkörperchen unterliegt großen Schwankungen. Bei besonders großen Kalkein- lagerungen sieht man die Kerne der Zellen seitwärts neben dem ausgeschiedenen Kalkkörper liegen. Häufig scheint aber, wenn die Abscheidung nicht sehr weit fortgeschritten ist, die Zelle ihren typischen parenchymatischen Charakter nieht zu verlieren, sondern zeigt, wie dies in Fig. 8 zur Abbildung kommt, die langen Ausläufer und verzweigten Fortsätze in unveränderter Form. Gerade dieser Befund, daß die mit Thionin-Ammoniummolybdänat gefärbten Zellen, welche ich als Parenchymzellen ansprechen zu müssen glaube, neben ihrem typischen Verhalten in der Form, auch in der Lage sind, Kalkkörperchen auszuscheiden, scheint jedem Zweifel an ihrer paren- chymatösen Natur entgegenzutreten. Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 419 Dort, wo Organe wie Muskeln, Geschlechtsapparat, Nerven- stränge usw. den Körper nicht durchziehen, sind die von der Grundsub- stanz gebildeten Maschen von derben Lamellen und Balken umgeben. Sämtliche Organe sind mit einem dünnen Belag von Grundsubstanz von dem Hohlraumsystem, welches sich durch den ganzen Körper hindurchzieht, abgeschlossen. Ebenso wie Muskeln, Geschlechtsorgane usw. liegen auch die Epithelzellen in der Grundsubstanz des Parenchyms eingebettet, welches seinerseits zwischen den häufig eng zusammengedrängten Epithelzellen hindurchtritt, die Muskelsysteme umfaßt und weiterhin die dendritisch verzweigten Fortsätze der Epithelzellen ebenso um- gibt, wie es bei den Muskeln usw. der Fall ist. Wenn hier das Maschenwerk weniger deutlich zutage tritt, wie im Innern des Tieres, so liegt der Grund in der äußerst feinen Verteilung der Maschen und Lamellen, welche durch die starke Verästelung der epithelialen Zellausläufer bedingt ist. In dieser Körperschicht finden sich denn auch Kerne, welche denen des Parenchyms im Innern des Körpers identisch zu sein scheinen, was Form und Intensität der Färbung anbelangt. Sie sind in unregelmäßigen Abständen aber kon- stant anzutreffen (Figg. 2 und 3 PK). Kleine Plasmalagen mit zarten Ansätzen von Ausläufern konnten auch hier teilweise beobachtet werden. Auch das Verhalten dieser Kerne zu der Tetrabromfluorescin- Wasserblaufärbung ist ebenso wie das der übrigen Parenchymkerne: sie färben sich weniger intensiv als alle andern Kernarten, beson- ders bedeutend weniger als die Kerne der Myoblasten, an die hier vielleicht zuerst gedacht werden könnte. Die Annahme, daß diese Kerne Bestandteile von Myoblasten sind, scheint im höchsten Maße un- wahrscheinlich, da, abgesehen von ihrem Verhalten den Farbstoffen gegenüber, auch ihre Größe derjenigen der Kerne der parenchymati- schen Mark- und Rindenschicht gleichkommt, und ferner der protoplas- matische Teil der Myoblasten einen bedeutenden Teil der Zelle selbst ausmacht, während hier bei gewöhnlichen Färbungen das kernumgebende Protoplasma nur protuberanzenartige Fortsätze erkennen ließ. Bei Myoblasten ließen sich ferner nur kurze Ausläufer und Fortsätze auf einer, der den Muskelfasern zugewandten Seite erwarten (siehe oben), während bei den im Bereich der Epithelzellenfortsätze aufgefundenen Kernen die zarten Plasmaerhebungen nach allen Seiten hin, rings um den fast kugeligen Kern, zu erkennen sind. In Fig. 5 rechts ist ein soleher Kern dargestellt, ebenso in Fig. 2. Letztere Abbildung zeigt auch den feinen Plasmabelag und den Begiun zartester Ausläufer. 420 ‘ W. Hein, Die Basalmembran tritt bei Amphilıma nur sehr wenig zum Vor- schein. Es liegt dies zum Teil an ihrer geringen Ausbildung, zum weitaus größten Teil aber an den terminalen kegelförmigen Anschwel- lungen der Epithelzellenfortsätze, welche an sie herantreten und sie durchbohren, um mit der Cutieula in Verbindung zu treten. Infolge des Durchtritts der Epithelzellenfortsätze gleicht die Basalmembran einem stark durchlöcherten Sieb, welches das Parenchym gegen die Cutieula hin abschließt. Die bisherigen Untersuchungen von Amphilina lassen Berichte über den Exkretionsapparat gänzlich vermissen, wenn man von den »Seitengefäßen« SALENSKYS absieht, welche Lang (10) später als Längs- nervenstränge erkannte und beschrieb. Es war daher von besonderem Interesse gerade diese Verhältnisse einer genaueren Untersuchung zu unterziehen. Zu den bekannten Schwierigkeiten, welche das passive Verhalten der Terminalzellen den gebräuchlichen Färbemitteln gegen- über hervorruft, kam die Kleinheit der Objekte, welche hier zu be- schreiben sein werden, hinzu. Die Wimpertrichter liegen ausschließlich in der Rindenschicht des Parenchyms, zwischen den Körpern der Epithelzellen einerseits und den eingelagerten Organen, Dotterstöcken, Uteruswindungen usw. andrerseits. Sie reichen in großer Anzahl bis in die Nähe des Saug- napfes und finden sich in gleicher Menge am hinteren Ende des Körpers hinter den Geschlechtsorganen; nur in der Mitte des Körpers scheinen die Wimpertrichter an Zahl etwas nachzulassen. Ihr Vor- kommen ist nur auf die Rindenschicht des Parenchyms beschränkt. Mehrfach fand ich Wimpertrichter im fast unmittelbarer Nähe der Epithelzellenkörper, die Mehrzahl derselben scheint aber in einiger Entfernung der Epithelzellen zu liegen, während weiter nach dem Innern die Zahl der Endtrichter rasch abnimmt. Mit dem Übergang der Rinden- in die parenchymatische Markschicht hören die End- organe ganz auf, so daß die Markschicht in ihrer ganzen Ausdehnung von ihnen frei ist. Die Terminalzellen sind sternförmig verästelte Zellen von meist blaß gefärbtem, fast homogenem Protoplasma, das sich in eine größere Reihe von Fortsätzen auszieht und einen großen bläschenartigen Kern mit deutlichem Kernkörperchen enthält. Eine Zellmembran läßt sich bei den angewandten Färbungsmethoden nicht auffinden, doch tritt der Zellkörper scharf genug aus dem Parenehym Nervor, um seine Grenzen deutlich erkennen zu lassen. Die einzelnen Äste der Endzelle Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 421 verlieren sich, den Fortsätzen der Parenchymzellen gleich, zwischen den Maschen des feinwabigen Parenchyms. Wenn es auch nicht ge- lang die Äste auf Schnitten weiter zu verfolgen, so ist es doch sehr wahrscheinlich, daß die Äste und Ausläufer der Terminalzellen sich in ähnlicher Weise ausziehen wie die der Parenchymzellen. Es wür- den dann ähnliche Gebilde zu konstatieren sein, wie sie PINTNER für Phyllobothrium gracıe (12, Taf. I, Fig. 3) und BusgE in erhöhtem Maße für Taenia expansa (6, Taf. II, Fig. 26, 30—32) beschreibt und abbildet. Während die dem Parenchym zugewandte Seite der Terminal- zelle in die Ausläufer ausgezogen ist, zeigt die dem Gefäß zugewandte Seite derselben eine Reihe einzelner Wimperflammen, welche an Zahl zwischen 158 und 30 schwanken. Die Wimperflammen sind häufig in Traubenform angeordnet (Fig. 9a), wobei dann der Kern der Ter- minalzelle an der Spitze der Wimpertraube liegt; meist jedoch ist die Gruppierung weniger regelmäßig, wie Fig. 95 und ce zeigt. Bei genauerer Untersuchung der einzelnen Wimperflammen einer Terminalzelle läßt sich feststellen, daß jede Wimperflamme in je einer handschuhfingerartigen Vertiefung festsitzt, welche in den Körper der Terminalzelle eingesenkt zu sein scheint, resp. von dem Protoplasma derselben umgeben wird. Diese einzelnen Wimpersäckchen öffnen sich in ein gemeinsames Lumen, welches von der Terminalzelle um- geben wird, und welches als Sammelraum für die Exkrete der sämt- lichen Wimpertrichter der Terminalzelle bestimmt ist. Die Wimperläppchen entspringen in den handschuhfingerförmigen Vertiefungen der Endzelle mit einem meist weniger intensiv gefärb- ten Abschnitt. Der weitaus größere Endteil zeigt eine lanzettartige Form und läßt eine äußerst feine Längsstreifung der Flamme er- kennen. Die Wimperflammen und die sie beherbergenden Hohlräume sind von verschiedener Länge. So beträgt zum Beispiel in Fig. 9a die Länge der-Wimpern im Durchschnitt 0,000 685 mm, in Fig. 9 cc ist die Länge der größten Wimperflamme 0,00112 mm, die der kleinsten 0,00038 mm. Es liegen also hier Größenverhältnisse vor, die die von PınTner angegebenen Durchschnittsmaße (0,00812—0,01015 mm, 12, S. 15) an Kleinheit bedeutend überholen. Die große Anzahl der Wimperflammen einer Terminalzelle bei Amphilina ist um so mehr bemerkenswert, da meines Wissens ähn- liche Verhältnisse bisher nicht aufgefunden wurden. Allerdings sind zwei und mehr Wimperflammen am Ende eines Gefäßstammes beobachtet 422 _W. Hein, worden (Distomum endolobum, 11, Fig. 186, Distomum lanceolatum, 6, Figg. 58—60) doch sind dann von den Autoren Entwicklungs- und Vermehrungsvorgänge gleichzeitig aufgefunden worden, welche das Auftreten mehrerer Flammen zu erläutern schienen. Bei Amphilina sind Teilungsvorgänge der beschriebenen Terminalzellen mit ihren Flammen vollkommen ausgeschlossen. Durch das häufige Auftreten der Endorgane des Exkretionsgefäßes (etwa 300 in einem Exemplar) habe ich eine große Reihe Terminalzellen zu untersuchen Gelegenheit gehabt und immer die Zelle in Ruhe und mit einem großen Kern vorgefunden. Außerdem scheint eine Vermehrung der Wimperflammen und Terminalzellen bei ausgewachsenen geschlechtsreifen Tieren immerhin noch fraglich, da die Anlage des Exkretionsgefäßes und der Endorgane wahrscheinlich auf früheren Stadien der Entwicklung endgültig festgelegt wird. Auch ließe sich bei eventuellen Teilungs- stadien der Terminalzelle die Beobachtung einiger weniger Flammen sehr wohl erklären. Bei einer so großen Anzahl von Flimmerläpp- chen, wie Amphilina sie zeigt, sind Teilungen, soweit sie die Termi- nalzelle selbst angehen, bei der Beurteilung dieser immerhin auf- fallenden Verhältnisse auszuschalten. Die Ausbildung der in die Terminalzelle eingesenkten Wimper- säckchen, in denen je eine Flamme entspringt, hat wohl nur/einen sekundären Charakter. Nach Pıntner würden die einzelnen Wimper- flammen nur pendelartige Bewegungen machen, wenn nicht durch die engen Wände die Wimperflamme zu wellenförmigen oder schlängelnden Bewegungen gezwungen würde Die Wimperflamme schlägt an die Wand des Säckchens an und wird wellenförmig gebrochen, »ähnlich wie ein hin- und herschwingendes Band sich sogleich wellig schlängelt, sobald man durch Festhalten des freien Endes pendelartige Seiten- bewegungen hindert«. Der aberrante Bau der Terminalzellen mit zahlreichen Flimmer- läppchen bei Amphilina foliacea läßt sich sehr wohl auf den bekannten Typus der Wimpertrichter bei Cestoden und Trematoden zurückführen. Bemerkenswert bleibt aber dennoch die sehr große Zahl der Wimper- flammen einer einzelnen Terminalzelle. Das den einzelnen Wimperflammen gemeinsame Lumen geht, sich rasch verjüngend, in das Gefäß über, welches die Exkrete weiter befördert. Morphologisch sind nach den Untersuchungen PINTNERS nur die Gefäße als Kapillaren anzusprechen, welche einen Mangel jeder Struktur aufweisen. Er faßt sie als einen Teil der Terminalzellen auf, der sich zu diesen ebenso verhält, wie der Ausführungsgang einer Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 423 einzelligen Drüse- zum Drüsenkörper. Kapillaren im eigentlichen Sinne besitzt daher Ampkilina nicht, denn die Gefäße letzter Ordnung besitzen einen doppelten Kontur und zeigen von Stelle zu Stelle Kerne, welche unzweifelhaft nicht dem Parenchym, sondern den Ge- fäßen selbst angehören. Als letzten Rest von Kapillaren wären die Wandungen des sich bald verjüngenden gemeinsamen Sammelraumes bis zu dem abgehenden doppelt konturierten Gefäß hin anzusehen. Aber auch hier wird man zuerst an die Trichter der bekannten ein- flammigen Wimpertrichter denken und somit die Kapillaren als solche für Amphelina ganz ausschalten müssen. Wie schon angedeutet, verjüngt sich das Lumen, in das sämtliche Flammen der Terminalzelle einmünden, sehr rasch zu einem Gefäß, ‚ welches in mehr oder weniger großen Windungen nach den Haupt- stämmen hinzieht. Von der Terminalzelle an zeigen diese Aus- führungsgänge einen doppelten Kontur, von denen der innere als scharfe Linie zutage tritt und gleichmäßig das Lumen des Gefäßes umgibt, während der äußere sich bei stärkeren Vergrößerungen in einen ziemlich unregelmäßigen Belag auflöst, der, zwar kontinuirlich, aber bald dünner bald dieker die innere Auskleidung des Gefäßes umgreift. Dieser Belag ist auf Zellen zurückzuführen, welche in kleineren oder größeren Zwischenräumen im Verlauf des Gefäßes sich wiederholen. Es sind dies Zellen mit großem intensiv gefärbtem Kern, welche mit ihrem Protoplasma ringartig das Gefäß umgeben; nach oben und unten nimmt das Protoplasma derselben bald ab und der äußere Kontur der Zelle geht allmählich in den äußeren Umrib des Gefäßes über, welcher an Stellen, wo diese Zellen dem Gefäße aufliegen, nicht zu beobachten ist. In Fig. 10 ist eine solche Zelle zur Abbildung gebracht. Die auf dünnen Schnitten zu Tage tretende körnige Beschaffenheit des Gefäßbelags, sowie der Umstand, daß der Kontur des Zellkörpers in den äußeren Kontur des Gefäßes unver- mittelt übergeht, scheint die Auffassung, daß der äußere Kontur des Gefäßes auf das dasselbe umgebende Protoplasma der jeweiligen ringförmigen Zellen zurückzuführen sei, zu bestätigen. Das Kaliber der Gefäße letzter Ordnung ist bis auf sehr geringe Schwankungen im Verlauf eines jeden dasselbe, wenngleich auch die einzelnen Gefäße untereinander ziemlich variiren. In Fig. 10 sind zwei solcher Gefäße abgebildet. Die Abbildung zeigt ferner, daß bei Kom- munikation zweier Nebenstämme letzter Ordnung in ein Gefäß vor- letzter Ordnung dieses nicht die Summe der Lumenverhältnisse der Stämme aufweist, welche es zusammensetzen, ein Verhalten, auf 424 - W. Hein, welches übrigens von früheren Autoren bei andern Vertretern ver- wandter Arten des öftern hingewiesen wurde. Nach vergeblichen Bemühungen, ein übersichtliches Bild des Gefäßnetzes durch Schnittserien zu erhalten, wurde das eine mir lebend zur Verfügung stehende Exemplar von Amphilina mit Berliner- blau injiziert. Über den Erfolg der Injektion gibt Fig. 11 Aufschluß. Ebenso wie RıEum (13), welcher bei Schistocephalus dimorphus die Injektionsflüssigkeit aus den seitlichen Foramina secundaria heraus- treten sah, konnte man noch während der Injektion das Berlinerblau aus den Gefäßen durch den Porus excretorius in das Wasser über- treten sehen. Damit war die Mündung des exkretorischen Apparates am hinteren Ende des Wurmes festgelegt. Fig. 11 zeigt, daß die Hauptstämme des Exkretionsgefäßes auf beiden Seiten des Tieres wirr sich verzweigen und Anastomosen bilden, so daß auf der ven- tralen wie auf der dorsalen Fläche unregelmähßige Netze entstehen, welche an den Rändern des Wurmes mit mehreren schlingenartig gebogenen Gefäßstämmen unter sich zusammenhängen. Am vorderen Ende weniger stark, nehmen die Stämme nach der Mitte und nach hinten an Mächtigkeit zu, um nach dem Ende hin wiederum abzu- nehmen und in vier Stämmen auszulaufen, welche kurz vor dem Porus exceretorius zusammentreffen und gemeinsam nach außen münden. Über den feineren Bau der Hauptstäimme kann hier noch mit- geteilt werden, daß sie, ausschließlich in der Rindenschicht des Parenchyms eingelagert, dieselben Eigentümlichkeiten zeigen, wie die vorherbeschriebenen Nebenstämme und Gefäße. Sie besitzen wie diese einen doppelten Kontur, welcher stellenweise von Zellen unterbrochen wird, welche dem innern Kontur, wie es scheint, der euticularen Ausscheidung dieser Zellen aufliegen. An solchen Stellen entfernen sich die beiden Konturen voneinander und schließen den Zellkörper, der sich durch einen großen häufig ovalen Kern mit dunkel gefärbten Kernkörperchen auszeichnet, in sich ein. Durch die Anlagerung dieser Zellen scheint fast regelmäßig, wie das an den beigegebenen Figg. 12 a—c ersichtlich ist, eine lokale Ver- engung des Gefäßes stattzufinden, indem der Zellkörper den inneren Kontur auf Kosten des Gefäßlumens auszuweichen zwingt. Durch ein ebensolches Ausweichen des äußeren Konturs des Gefäßes in entgegengesetzter Richtung wird der Raum für den Zellkern und eine größere Menge von Protoplasma geschaffen oder mit andern Worten: die die innere cutieulare Auskleidung der Gefäße liefernden Zellen liegen dieser Auskleidung in ihrem ganzen Umfang an; an Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 425 Stellen, wo die Zellkerne liegen, erfährt die Gefäßwand eine mehr oder minder große Vertiefung nach dem Lumen hin, in welcher der Kern mit einem Teil des Zellplasmas eingelagert is. Durch den Kern und die kompakte Protoplasmamasse wird das parenchymatische Maschenwerk fast ebensoviel zurückgedrängt, als die eutieulare Aus- kleidung der Gefäße an solchen’ Stellen -nachgibt. Wenn diese Zellen, im Gegensatz zu denen der Nebenstämme, nieht mehr imstande sind, die Gefäße in der ausgesprochenen Weise ringförmig zu umgreifen, so liegt der Grund wohl in der Ausdehnung, welche die Hauptstämme annehmen. Auf den Nachweis hin, daß der zartere äußere Kontur an den Hauptstämmen immer zu beobachten ist und auf den Befund hin, daß dieser Kontur des Gefäßstammes ebenso wie bei den Gefäßen zweiter Ordnung mit der Grenze der aufgelagerten Zellen zusammenfällt, resp. nur die Verlängerung der letzteren parallel dem innern Kontur darstellt, glaube ich, daß der Plasmabelag der Gefäße als Bestandteil der Zellen anzusehen ist, welche somit einen kontinuierlichen Überzug über die Gefäßstämme abgeben. Wieweit die einzelnen Zellen sich über die Gefäßstämme ausdehnen und in welcher Art sie mit ihren Nachbarzellen in Be- ziehung treten, darüber fehlen genaue Beobachtungen. Daß jedoch relativ große Flächen der Gefäße von je einer Zelle resp. deren Protoplasma- überzogen werden, dafür scheint das verhältnismäßig wenig häufige Vorkommen von Zellkernen im Verlauf eines Gefäßes zu sprechen. Ob kontraktile Elemente an den Stämmen und Gefäßen des Exkretionsorgans bei Amphilina vorkommen, ließ sich mit den an- sewandten Färbemitteln nicht mit Sicherheit feststellen. Sind die Gefäße schräg getroffen, so kann man allerdings stellenweise zu der Annahme gelangen, als seien äußerst feine Längsfibrillen zur Aus- bildung gekommen, eine Erscheinung, welche aber auch auf die schräg durchschnittene eutieulare Ausscheidung der gefäßumgebenden Zellen und ihren Protoplasmabelag zurückzuführen sein dürfte. Die Verbindung einer Terminalzelle mit einem Hauptstamm konnte ich nicht verfolgen. Durch die häufigen Windungen, welche die Nebenstämme ausführen und ihre außerordentliche Feinheit, sowie durch die Gleichartigkeit der Färbung der Nebenstämme und dem sie umgebenden Parenchym verlieren sich die Gefäße auf Schnitt- serien sehr leicht zwischen dem komplizierten Maschenwerk des Parenchyms, bevor man ihren Zusammenhang mit einem Hauptstamm auffinden konnte. Wenn damit auch die Frage nach dem Grade der 426 W. Hein, Verästelung der Haupt- in Nebenstämme bis zu den Endorganen zur- zeit nicht beantwortet werden kann, so scheint mir nach den Prä- paraten die Verästelung der Nebenstämme verhältnismäßig gering zu sein, was um so erklärlicher erscheint, da die großen Hauptstämme, soweit die Rindenschicht des Parenchyms in Betracht kommt, nach allen Richtungen hin den Körper des Wurmes durchziehen, und von welcher Stelle des Körpers es auch sei, alsbald die Beförderung der Exkrete übernehmen können. Damit würde auch der Befund über- einstimmen, daß engere Gefäße höherer Ordnung ziemlich wenig im Verhältnis zur großen Zahl der- WIRpeRLEn EN zur Beob- achtung kamen. | Die wenigen Hauptstämme, welche am Ende zusammenstoßen, um nach außen zu münden, bilden auf eine kurze Strecke einen gemeinsamen Kanal, welcher seiner Lage nach der Exkretionsblase der Trematoden ähnelt. Der kurze Kanal zeigt ein enges Lumen, welches durch Längsfalten und -Leisten der ihn auskleidenden Wände bedeutend verengt erscheint. Auch die cuticularen Wände sind um das Mehrfache stärker als die der Gefäße. Eine zarte zirkuläre Muskulatur ließ sich an diesem Endabschnitt des exkretorischen Apparates nachweisen, welche bis zum Ende hin den kurzen Kanal umgreift. Funktionell scheint dieser Ausführungsgang jedoch nichts mit einer Blase gemeinsam zu haben, da seine Ausdehnung im Ver- hältnis zu dem sehr stark entwickelten Gesamtorgan zu unscheinbar ist, und die ihn umgebenden Muskelfasern nicht imstande sein dürften, dauernd auf die Art der Exkretion einzuwirken, wenn auch die Falten der Wandung auf eine gewisse Ausdehnungsfähigkeit schließen lassen. Über das Nervensystem von Amphilina foliacea vermag ich nur kurze Angaben zu machen, da meine Präparate nicht geeignet waren, genauere Untersuchungen über dieses Gebiet anzustellen. Nach den Totalpräparaten und auf Grund meiner Schnittserien teile ich einige Einzelheiten mit, die bei der Schwierigkeit, das Material zu erhalten, und den wenigen Arbeiten, welche über dieses Gebiet vorliegen, immerhin erwünscht sein könnten. Schon SALENSKY berichtet von zwei Längsstämmen, von denen Queräste abgehen und welche ihm am vorderen Ende in zwei Öff- nungen auszumünden schienen. Der von ihm beschriebene »spongiöse« Bau dieser Stränge deutet auf Nervenstämme hin, obwohl SALENSKY mehr zu der Auffassung zu neigen scheint, sie als Gefäße des Wasser- E Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. | 427 gefäßsystems anzusprechen. Später hat Lang über das Nervensystem von Amphilina berichtet. »Was die Seitennerven anbetrifft, so schwellen sie ungefähr vier Saugnapflängen vom vordersten Körper- ende entfernt, jederseits zu einer kleinen Verdickung an, die mit der andern Seite durch eine dünne Querkommissur verbunden ist.« »Da die Seitennerven hier noch ziemlich weit voneinander entfernt sind, so ist sie verhältnismäßig sehr lang. Von ihren verdickten seitlichen Enden geht jederseits ein kräftiger Nerv als Fortsetzung der Längs- stämme nach vorn ab« (10, S. 395). Die Längsstämme liegen auf beiden Seiten innerhalb der lang ausgezogenen Dotterstöücke und konvergieren am hinteren Ende, um ineinander überzugehen. Die hintere Verbindung der beiden Seitenstämme geht zwischen den beiden endständigen Öffnungen, iiber dem männlichen Geschlechtsporus und unter dem Exkretionsporus, hindurch. Die Queräste der Längs- stimme, von denen SALENskY berichtet, hat Lang wieder gefunden und bezeichnet sie als »Ästchen, die wahrscheinlich die Hautmusku- latur innervieren« (10, S. 394). Meine Befunde bestätigen die Unter- suchungen Lanss. Nur fand ich, daß die Kommissur nicht ungefähr »vier Saugnapflängen vom vorderen Körperende« entfernt liegt, son- dern, wie Schnitte zeigen, gleich unter dem Saugnapf, auf einem Quetschpräparat sogar noch etwas weiter nach vorn verlagert er- scheint. Ich füge hinzu, daß an allen Stellen, wo Queräste aus den Seitennerven austreten, kleine knotenartige Anschwellungen der Seiten- nervenstämme zu sehen sind, welche bei Totalpräparaten den Längs- stämmen von außen anzuliegen scheinen und schon bei schwachen Vergrößerungen erkennen lassen, wo die Nerven aus den Längs- stämmen austreten. Die Austrittspunkte sind von Stelle zu Stelle, ungefähr 30 an der Zahl, zu finden (Fig. 15 N). Die abgehenden Ästehen entspringen meist senkrecht nach außen und verlieren sich bald in den Maschen des Parenchyms. Querschnitte zeigen, daß die Längstämme sowie die Kommissur wie alle andern Organe von einer parenchymatischen Hülle umgeben sind, welche sich durch eine große Reihe eingelagerter Kerne auszeichnet. Das enge spongiöse Netzwerk, welches innerhalb dieser Hülle liegt, läßt feine Maschen erkennen, welche durch äußerst feine Fasern getrennt erscheinen. An den nicht verdiekten Stellen ähneln die Querschnitte von Ampkilina denen, die ZERNECKE (19, Figg. 53 und 54) für Zigada gibt, ganz. Längsschnitte der Deitenstämme, sowie der Kommissur unterhalb des Saugnapfes zeigen eine äußerst feine fibrilläre Struktur, in welcher ovale bläschenförmige Kerne in kleinen unregelmäßigen Zwischenräumen auftreten. 428 w. Hein, Es bleibt noch hervorzuheben, daß Lang die Kommissur, welehe Amphilina am vorderen Ende der Seitenstämme aufweist und welche die beiden seitlichen Nervenstränge verbindet, auf die entsprechenden Teile der Trematoden zurückführt, z. B. von Distomum hepaticum. »In der Tat, denkt man sich den Pharynx dieses letzteren weg, so braucht die Kommissur nicht mehr in einem dorsalen Bogen zu ver- laufen, sie kann hinter dem Saugnapf in gerader Linie die beiden seitlichen Verdiekungen verbinden. Rückt sie weiter vom Mund- Saugnapf weg nach hinten, so haben wir das für Amphilina charak- teristische Verhalten vor uns.«< Bei Gelegenheit der mitgeteilten Untersuchungen schien es ferner nicht unerwünscht, nach‘ den älteren und meines Wissens letzten ausführlichen Mitteilungen über Amphilina fohacea von SALENSKY auch die Geschlechtsorgane in den Bereich der Arbeit zu ziehen und teils an Totalpräparaten, teils an Schnitten die Angaben SALENSKYS zu kontrollieren. Seine Beobachtung, daß das weibliche und männliche Geschlechts- organ »sich durch ein kurzes Rohr verbinden, welches von dem Receptaculum seminis zu einer der Windungen der Vesicula seminalis seht und damit die Kommunikation dieser beiden immer mit Sperma prall erfüllten Organe vermittelt« (15, S. 330), schien nach den Re- sultaten, welche bei andern Cestoden gefunden wurden, von vorn herein unwahrscheinlich. Nachdem zuerst diese Verhältnisse bei der vorliegenden Untersuchung nachgeprüft wurden, fanden sich auch weitere Angaben desselben Autors, welche sich durch meine Prä- parate nicht bestätigen ließen, so die Angabe, über die kompakte Natur der Dotterstöcke mit den löffelartig ausgebildeten Endorganen, welche am Beginn der paarigen Dottergänge zu finden sein sollen, weiter die Angaben über die Ausführungsgänge des weiblichen Ge- schlechtsapparates, insbesondere des Ootyps und der verschiedenen in dasselbe einmündenden Organe. Ich gebe in folgendem eine kurze Übersicht über die Lage und Organisation des gesamten Geschlechtsapparates, kurz, insoweit die Untersuchungen SALENSKYS bestätigt sind; bei den Punkten, wo die Untersuchungen auseinandergehen, ist eine genauere Mitteilung ein- geschaltet. In der übrigen Literatur finden wir ältere Angaben von G. WAGENER (17) über die Dotterstöcke und das »rosettenförmige Organ« (17, S. 246), was »ganz dem Keimstock der Cestoden ähneln« soll. Grıum (8 und 9) berichtete später über den männlichen Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 429 Geschlechtsapparat, welchen WAGENER unerwähnt ließ. Seinen Mit- teillungen stehen die Angaben SatEnskys gegenüber, welche denn auch durch ihre Ausführlichkeit und relative Genauigkeit besondere Beachtung verdienen. Beginnen wir mit dem männlichen Geschlechtsapparat, so fallen auf gefärbten Quetschpräparaten sofort die Hodenbläschen auf, welche als runde oder annähernd ovale Körper in den ersten beiden Dritteln des Wurmes im Parenchym gelagert sind (Fig.13Z). Im ersten Drittel zahl- reicher, nehmen sie nach hinten allmählich ab, um sich kurz vor den weiblichen Geschlechtsorganen ganz zu verlieren. Wo der Retraktor des Saugnapfes das Parenchym durchzieht, und in den ihn umgeben- den Schichten des Bindegewebes, fehlen die Hodenbläschen, so daß die Gesamtanlage der Bläschen einen gegabelten Eindruck macht: vorn jederseits längliche mit Bläschen erfüllte Parenchymregionen, welche sich hinter dem Retraktor zu einer einzigen vereinen!. Auf Schnitten läßt sich feststellen, daß es der von den Exkretionsstämmen begrenzte Raum ist, in dem die Hodenfollikel gelagert sind, soweit derselbe nicht von den Uterusschlingen beansprucht wird. Schnitte zeigen ferner diese Bläschen mit Samenbildungszellen in den ver- schiedenen Phasen der Entwicklung erfüllt, während ein scharfer Kontur sie gegen das Körperparenehym abgrenzt. SALENSKY zeichnet in Fig. 11 einen Schnitt eines Samenbläschens, welcher nur darin mit meinen Befunden nicht übereinstimmt, daß er einen Ausführungs- gang aufweist, wie ich ihn nicht fand. Die Ausführwege, welche die Spermatozoen benutzen, müssen bedeutend feiner sein und sich un- merklich vom Parenchym abheben, da ich selbst bei stärksten Ver- srößerungen (Zeiss Apochromat) sie nicht verfolgen konnte. Die einzelnen Ausführgänge der Samenbläschen müssen sich vereinigen, sie treten erst hinter der Region der Hodenbläschen in Form eines einfachen Kanals in die Erscheinung, welcher ab und zu an seinem Ende noch den Zusammenfluß der Vasa efferentia in Form einer oder zweifacher Gabelung erkennen läßt. Die Vasa efferentia benachbarter Hodenfollikel scheinen sich zu vereinen und die so entstandenen Ausführgänge zweiter Ordnung ebenfalls zusammenzutreten, bis nach weiterem Zusammenfluß das Vas deferens entsteht. Wenigstens lassen die an Totalpräparaten beobachteten Gabelungen des Vas deferens in der Richtung nach den Hodenfollikeln zu, auf diesen Verlauf der Vasa 1 Wenn in Fig. 13 die Region des Retraktors nicht vollständig von Samen- bläschen frei erscheint, so ist dieses auf die Quetschung bei der Präparation zurückzuführen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LXXVI, Ld. 29 430 © w. Hein, efferentia schließen. Das Vas deferens (Fig. 14 .Vd) führt als ein- heitliehe Sammelröhre sämtlicher Follikelsekrete an dem Ovarium vorbei und geht in seinem weiteren Verlauf in die Samenblase (SB) über, welche die Verlängerung desselben darstellt und in mannig- fachen unregelmäßigen Windungen nach hinten und seitlich von den weiblichen Geschlechtsorganen liegt. Nach den mir zur Verfügung stehenden Präparaten und Sarenskys Abbildungen scheint dieser Abschnitt eine bedeutende Fähigkeit zu besitzen, seine Form und: sein Lumen. je nach den Samenquantitäten, welche er zu beherbergen hat, zu regulieren. Während meine Abbildungen nur knotenartige, dunkel- gefärbte Anschwellungen des Ausführgangs aufweisen, welche. sich als Spermatozoenballen und. Knäuel erweisen, zeichnet SALENSKY dicke schlauchartige Windungen, welche von Samenmassen prall erfüllt sind. Die Windungen des Samenbehälters verlaufen in ihrer Hauptrichtung nach hinten und gehen dann in den geraden und letzten Abschnitt der männlichen Geschlechtswege, den Ductus ejaculatorius (De) über, welcher am hinteren Ende des Wurmes median und rand- ständig ausmündet. Gleich im Anfang schwillt dieser Abschnitt zu einer -spindelförmigen Erweiterung an, welche sich durch äußerst starke zirkuläre Muskellagen, denen sich einige wenige Längsmuskeln nach dem Parenchym hin -anschließen, ‘auszeichnet. Die zirkuläre Muskulatur nimmt an Mächtigkeit mit dem Ende der Erweiterung ab, zieht sich aber, bis zur Ausmündung des Ductus ejaculatorius in relativ starker Ausbildung fort. _Ansehnliche Komplexe akzessorischer Drüsen in birnförmiger Gestalt und mit diekkörnigem Inhalt finden sich in der. Umgebung des Ausführungsganges und sind besonders: am Über- gang des kurzen stark muskulösen in den langen im Vergleich zu ersterem weniger kontraktilen Teil desselben besonders groß ausge- bildet. Eine starke cuticulare Wand, welche stellenweise Zotten und Stächenbesatz erkennen läßt, schließt das Lumen von den umgebenden Geweben ab. Einige wenige — auf einem Querschnitt ein bis zwei — Kerne, welche bei Eosin-Hämatoxylinpräparaten sich deutlich absetzen und der cuticularen Auskleidung eng anliegen, bezeichnen die Zell- zentren der die innere Wand des Ductus ejaculatorius bildenden Zellen. SALENSKY beschreibt bei Amphelina eine birnförmige Blase, welche vorn an der gewundenen Samenblase mit ihrer. breiten Basis festsitzt.. Er bezeichnet diese Blase als Cirrusbeutel, da in ihr ein Penis ansetzt, welcher in den lang ausgezogenen hinteren Teil des Ductus ejaeulatorius 'hineinragen soll (15, ‘Fig. 14). Schon GRIMM hat einen Penis bei Amphilina beschrieben und einen Besatz von Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 431 feinsten Stacheln an ihm beobachtet. SALENskY konnte seine Be- funde nicht mit denen GrImms in Einklang bringen und bestreitet den Stachelbesatz. Er fand an der Spitze des Penis einige »in sehr seringer Anzahl« vorkommende »hakenförmige Gebilde« (15, 8. 321). Sie sollen nach ihm mit den Embryonalhaken der jungen Larven vollkommen übereinstimmen und auch in derselben Zahl, nämlich zehn, auftreten. Wie aus meinen oben wiedergegebenen Untersuchungen hervor- seht, vermisse ich einen Penis bei Amphihina ganz, sowohl auf Schnitten als auch bei Quetschpräparaten. Auch einen Hakenkranz, der auf Quetschpräparaten in Balsam leicht durch die Aufhellung unsichtbar werden könnte, habe ich auf Schnittserien nachdrücklich aber vergebens aufzufinden gesucht. Gehen wir zur Betrachtung der Teile des weiblichen Geschlechts- apparates über, so ist zuerst das Ovarium (Fig. 14 O) zu erwähnen, welches ungefähr in der Mitte des letzten Körperdrittels als asym- metrisches gelapptes Organ zu finden ist. Grımım beschreibt es als einen kugelförmigen Körper, jedoch konnte SALENSKY auch bei jüngeren Exemplaren diese Form niemals auffinden, sondern schreibt demselben eine unregelmäßige Gestalt zu. Der Versuch SALENSKYS dennoch das Ovarium in zwei »symmetrische ziemlich gleiche Hälften« zu zerlegen, da »die Grenze zwischen beiden durch den Insertions- punkt des Oviductes bestimmt werden kann«, scheint in Anbetracht der äußerst variabeln Form, welche das Ovarium je nach den Entwicklungszuständen annehmen kann, wenig glücklich. Auch bei Keimstöcken, welche anscheinend ihre Entwicklung noch nicht voll- ständig beendet haben, lassen sich paarige Drüsen, die aus zwei Drüsensäcken und einem Mittelstück, dem Keimleiter, bestehen, wie es in der Regel bei Cestoden der Fall ist, nicht feststellen. Will man besonders genau die Lage des Ovariums fixieren, so ließe sich sehr wohl der Satz aufstellen, daß das Ovarium in seiner Hauptmasse vom Oviduct aus mehr nach der Seite gelagert ist, an welcher das Vas deferens nicht an ihm vorbeizieht. Meine sowohl wie SALENSKYS Abbildungen (15, Fig. 2) ließen sich zum Beleg dafür heranziehen. Auf Schnitten läßt sich leicht feststellen, daß die Ausdehnung des Ovariums selbst bei stark entwickelten Geschlechtsorganen fast aus- schließlich in transversaler und longitudinaler Richtung zunimmt, die einzelnen sackartigen Ausstülpungen dorsoventral jedoch den einmal erreichten Durchmesser beibehalten. Aus dem Ovarium führt ein kurzer Kanal, der Keimleiter, welcher die unbefruchteten Eier nach 29* 432 W. Hein, dem Ootyp überführt, wo dieselben befruchtet und mit Dotterzellen versehen in ungedeckelte Schalen eingehüllt werden. Das Lumen des Ootyps ist die etwas erweiterte direkte Fortsetzung des Oviducts, in das einerseits die Vagina, sowie die Ausführgänge der Dotterstöcke und der Schalendrüse einmünden, und welches andrerseits aus sich den Uterus entspringen läßt. Das zur Befruchtung erforderliche Sperma wird in einem Re- ceptaculum seminis (RS) aufbewahrt, welches sich als beutel- oder sackartige Erweiterung der Vagina erweist, und, wie es scheint, bei geschlechtsreifen Tieren immer mit Spermatozoen angefüllt ist. Das Receptaculum steht durch einen kurzen engen Kanal einerseits mit dem Ootyp in Verbindung, andrerseits geht es in die langausgezogene Vagina (Vg) über. Eine scharf gegen das Parenchym sich abhebende kernhaltige Membran bildet seine Wandung, welche auch auf die eigentliche Vagina in derselben Ausbildung übergeht und das enge Lumen derselben umgibt. Eine weitere Verbindung des Recepta- culums mit einer der Windungen der Samenblase, wie SALENSKY angibt, existiert nicht, so daß damit die Möglichkeit der Selbst- befruchtung, soweit sie innerhalb der Organisation unsres Wurmes liegt, ausgeschlossen erscheint. Die Vagina selbst zeigt vom Re- eeptaculum bis zu ihrer Öffnung, entgegen den Sarenskyschen An- gaben, welcher hinter dem Receptaculum eine plötzliche Ausdehnung und allmähliche Verminderung des Lumens bis zur Öffnung hin be- schreibt, dasselbe Kaliber; sie ist vom Receptaculum bis zur seitlich vom distalen männlichen Geschlechtsporus sich befindenden Öffnung, von unbedeutenden Krümmungen abgesehen, gerade gestreckt und mit akzessorischen Drüsen versehen, deren Kerne auf Schnitten im ganzen Verlauf die vaginale Röhre umgeben. Die Vagina scheint immer auf der Seite des Wurmes zu liegen, auf welcher die Vesicula seminalis des männlichen Organs zu finden sind, so daß eine Kreuzung von Vagina und Duetus ejaculatorius zustande kommt, welche nach meinen Präparaten konstant bei der stark muskulösen Erweiterung des Ductus ejaculatorius stattfindet (vgl. SALENsKY, Fig. 15). Ein weiteres Organ, welches im Ootyp mündet, sind die paarigen Dotterstöcke (D). Sie ziehen sich als zwei langgestreckte Zellstreifen an beiden Seiten des Körpers, außerhalb der Längsstämme des Nervensystems hin und beginnen am vorderen Teil des Wurmes m der Nähe des Saugnapfes, um auf der Höhe des Ovariums oder je nach ihrer Ausbildung weiter hinten in die paarigen Dottergänge auszumünden. Die Zellen der Dotterstöcke liegen, auf Totalpräpa- Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. 433 raten den Eindruck einer Kette ungeschliffener Korallen machend, mit Dotterschollen angefüllt unregelmäßig aneinander, sie zeigen deutliche Zellgrenzen und Kerne. Eine Membran, welche die Dotter- zellen vom Parenchym abgrenzt, existiert nicht, vielmehr liegen die Dotterzellen an ihrer freien Seite dem parenchymatischen Grund- sewebe an. Im Gegensatz zu SALENSKY, welcher die Dotterstöcke als »kompakte aus Zellen bestehende Körper« (S. 325) auffasst, stimmen meine Befunde mit denen von GRIMM (8) überein, welcher ein Rohr fand, das die Dotterstöcke durchsetzt, wenn auch Ausläufer, welche er beschreibt, nicht von mir gefunden wurden, sondern nur stellenweise geringe Ausbuchtungen des Kanals zu beobachten waren. Diese Ausbuchtungen des zentralen Kanals scheinen teilweise auf die asymmetrisch polyedrischen Dotterzellen zurückzuführen zu sein, welche epithelartig den Kanal umgeben, und das Lumen durch ihre ungleiche Form und ihren wechselnden Dotterinhalt bald weiter bald enger erscheinen lassen. Häufig erscheinen die Dotterzellenkomplexe in verschiedene Gruppen abgeteilt, welche dann von dem zentralen _ Gang untereinander verbunden werden (Fig. 15). Das Rohr, welches die Dotterstöcke in ihrer ganzen Länge durchsetzt, stellt einen Kanal dar, welcher nahezu am vordersten Ende der Dotterstöcke beginnt und sich zwischen den großen Dotterzellen hindurch windend bis zu den in das Parenchym eintretenden paarigen Dottergängen (PD) hinzieht. Diese bilden die Fortsetzung der in den Dotterstöcken liegenden Kanäle, wenden sich nach innen nnd vereinigen sich in der Mitte zu dem unpaaren Dottergang (UD), welcher die Dotterzellen in sich aufnimmt und nach vorn verlaufend zum Ootyp hinführt, in welches er in der Nähe des uterinalen Eingangs hinter, resp. unter- halb der Öffnung des Receptaculum seminis einmündet. Die paarigen sowie der unpaare Dottergang werden von Zellen mit großen Kernen gebildet, welche mit ihrem Protoplasma einen dicken Belag um das Lumen derselben bilden und nach innen durch eine cuticulare Aus- scheidung das Lumen des Kanals begrenzen. SALENSKY beschreibt an der Stelle, wo die unpaaren Dottergänge von den Dotterstöcken abgehen, eine »löffelförmige Aushöhlung« derselben, »welche von dem Anfangsteil des Dotterganges umfaßt wird, so daß die Dottergänge an ihren Insertionsstellen triehterförmig erweitert sind« (S. 324). Aus dem oben Erwähnten geht hervor, daß die Dotterstöücke sowie die Ableitungswege anders beschaffen gefunden wurden, als der ange- führte Autor angibt. Ebenso fand ich die verschiedenen Windungen, die der unpaare Dottergang, bevor er in das Ootyp mündet, machen 434 Ow. Hein, soll, nicht wieder. Die Verhältnisse liegen hier so deutlich, und der unpaare Dottergang erscheint auf meinen Präparaten so scharf durch Dotterinhalt vom umgebenden Gewebe abgesetzt, daß ich nicht wie SALENSKY »bei einiger Aufmerksamkeit nach den gefüllten. Stellen auch den Verlauf des ganzen Rohres ergänzen« (S. 325) mußte. Als letzter Teil des weiblichen Geschlechtsorgans, welcher zur definitiven Eibereitung dient, bleibt die Schalendrüse (SchD) zu be- sprechen. Sie besteht aus einer großen Reihe birnförmiger einzelliger Drüsen mit hellem Inhalt und wenig Protoplasma, welche das Ootyp in mächtiger Schieht umgeben und mit Hilfe feinster Kanäle das Sekret in das Ootyp abgeben. Da die Drüsenzellen in fast gleicher Ausdehnung an allen Seiten des Ootyps ausgebildet sind, erscheint die Schalendrüse auf Totalpräparaten als dieker dunkler Belag des Ootyps in annähernd gleicher Form wie dieses. Aus dem Ootyp gelangen die befruchteten und beschalten Eier in den Uterus (U), welcher die Fortsetzung des Ootyps darstellt. Der Uterus stellt ein je nach der stattgehabten Eiproduktion mehr oder minder diekes Rohr dar, welches zuerst nach hinten zieht, dann an der der vaginalen Öffnung gegenüberliegenden Seite nach vorn um- biegt, am vorderen Körperende wiederum sich zurückwendet und bis - zu dem Ovarium verläuft, um zum drittenmal seine Richtung zu verändern und nach vorn zu gehen, wo am Saugnapf die Ausmündung stattfindet (Fig. 13 U). Die Hauptschlingen des Uterus sind durch viele kleine und besonders im letzten Abschnitt auch größere sekun- däre Windungen zusammengesetzt. Die Eier liegen meist dicht gepackt in dem Hohlraum und, wenn die Uteruswindungen weniger gefüllt sind, in einzelnen Ballen. Die uterinalen Wandungen bestehen aus einer Membran, welcher häufig Zellkerne anliegen. Nach dem Parenchym hin folgt eine spärlich ausgebildete Längsmuskulatur, welche weiter nach außen von stärkeren zirkulären Muskeln abgelöst wird. In den ersten Hauptwindungen tritt diese Muskulatur in schwächerem Maße auf, sie nimmt gegen das Ende jedoch bedeutend an Stärke zu, so daß kurz vor der Uterus- öffnung dieke Muskelzüge, besonders Fasern der zirkulären Musku- latur, den Kanal umziehen. Die Öffnung des Uterus liegt entgegen- gesetzt den früheren Berichten nicht neben dem Saugnapf, sondern, wie Schnitte durch das Vorderende sofort zeigen, über demselben. Da das Ende des Uterus sowie der Saugnapf naturgemäß stark muskulös sind, so liegt die Gefahr nahe, daß bei der Quetschung des Wurms gelegentlich der Präparation die Uterusmündung künst- Beiträge zur Kenntnis von. Amphilina foliacea. 435 lich verschoben wird und neben dem Saugnapf erscheint, wie das auch in meiner Figur dem Quetschpräparat entsprechend gezeichnet ist. Schnitte belehren jedoch eines andern. | Was die Funktion des weiblichen Geschlechtsapparates anbelangt, so ist dieselbe ohne weiteres verständlich. Die befruchtungsfähige Eizelle gelangt aus dem Ovarium durch den kurzen Oviduct in das Ootyp, wird dort durch Spermatozoen des der Vagina ansitzenden Receptaculums befruchtet, mit Dotterzellen ausgestattet und mit einer Schale umgeben. Sie gelangt von dort in den Uterus, in dem sie einen sroßen Teil ihrer Entwicklung durchmacht und wird mittels des Muskelbelags weiterbefördert und zuletzt nach auben entleert. Es würde zu weit führen, meine Beobachtungen ‘im einzelnen denen SALENSKYS’ gegenüberzustellen, besonders da teilweise unsre Auffassungen bedeutend divergieren. Wie man sieht, ist der Ge- schlechtsapparat in den Teilen, welche der definitiven Eibereitung dienen, dem Ootyp und den in dasselbe einmündenden Kanälen be- deutend einfacher und übersichtlicher gebaut, als SALENSKY angibt. Auch die Schalenbildung ist durch die. Organisation der an derselben beteiligten Hohlräume weniger kompliziert, wie es nach SALENSKY den Anschein hat. Da das Ootyp unvermittelt in den Uterus über- seht, so ist ein durch die muskulösen Elemente bewirktes Weiter- schieben der befruchteten und beschalten Eier ausreichend, um sie in den Uterus gelangen zu lassen und die Schale kann am Ende des Ootyps von vornherein in ihrer definitiven Ausbildung das Ei mit den Dotterzellen umhüllen, ohne zuvor den von SALENSKY beschrie- benen zeitweiligen trichterförmigen Bau anzunehmen. Tübingen, im Oktober 1903. Literaturverzeichnis. 1. H. BETTENDORF, Über Muskulatur und Sinneszellen der Trematoden. Zool. Jahrbücher. Abth. f. Anat. u. Ontog. Bd. X. 189. 2. F. BLOCHMANN, Die Epithelfrage bei Cestoden und Trematoden. Vortrag gehalten auf der 6. Jahresvers. der Deutsch. Zool. Gesellsch. zu Bonn. 1896. 3. F. BLOCHMAnN u. H. BETTENDORF, Über Muskulatur und Sinneszellen der Trematoden. Biolog. Centralblatt. Bd. XV. 1895. \ 4. M. BrAun, in Bronns Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. IV, Abth. 1. b, Cestoden. 1894—1900. 436 W. Hein, 5. Jon. G. 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Zeichenerklärungs: ©, Cutieula; KZ, Parenchymzelle mit Kalkkörper- D, Dotterstock; chen; | De, Ductus ejaculatorius; LM, Längsmuskel; DM, Diagonalmuskel; M, Myoblast; DVM, Dorsoventralmuskel; MS, männliche Geschlechtsöffnung; ES, Exkretionsgefäß; N, Längsnervenstamm; EZ, Epithelzelle; OÖ, Ovarium ; FEZ, Fortsätze der Epithelzellen; PD, paariger Dottergang; A, Hodenfollikel; PK, Parenchymkerne; Beiträge zur Kenntnis ven Amphilina, foliacea. A437 ’ PZ, Parenchymzelle; TM, Transversalmuskeln; RS, Receptaculum seminis: TZ, Terminalzelle; S, Saugnapf; } U, Uterus; SB, Samenblase; UD, unpaariger Dottergang; SchD, Schalendrüse; UO, Uterusöffnung; SM, subeutieulare Muskeln; Vd, Vas deferens; SR, Retraktor des Saugnapies; Vg, Vagina. Sämtliche Zeichnungen sind mit Hilfe von Apochromaten (Zeiss) und der Camera lueida ausgeführt. | Tafel XXV und XXVL Fig. 1. Querschnitt. Epithelzelle mit ihren an die Cutieula herantretenden Fortsätzen. Thionin-Ammoniummolybdänat. Vergr. 753. Fig. 2. Längsschnitt. Epithelzelle. In dem dendritischen Geflecht der nach der Cuticula hinziehenden Fortsätze ist ein Parenchymkern mit Spuren von Protoplasma sichtbar. Thionin-Ammoniummolybdänat. Vergr. 753. Fig. 3. Schräger Flächenschnitt, der die oberflächlichen Vertiefungen der Cutieula rechts getroffen hat. Von rechts nach links folgen der subeuticularen Muskulatur die Längsmuskeln, Diagonal- und Transversalmuskeln. Die Epithel- zellenfortsätze sind ebenso wie die Zellen selbst quer getroffen. Die Parenchym- kerne reichen bis in die Nähe der Cutieula. Eosin-Hämatoxylin. Vergr. 288. Fig. 4 Querschnitt. Eine Reihe der kontraktilen Fasern der subeutieula- ren Muskellage längs getroffen. Einige Parenchymzellen mit Kalkkörperchen, welche teilweise oder ganz durch die Präparation zugrunde gegangen sind, liegen außerhalb der Transversalmuskeln. Tetrabromfluoresein-Triphenilrosanilintrisulfo- saurer Kalk. Vergr. 753. Fig. 5. Längsschnitt. Der Dorsoventralmuskel durchbricht nach einigen Teilungen die peripheren Muskellagen und löst sich in die einzelnen Fasern auf. Tetrabromfluoresein-Triphenilrosanilintrisulfosaurer Kalk. Vergr. 753. Fig. 6. Querschnitt. Dorsoventrale Muskelfaser mit Myoblast. Eosin- Hämatoxylin. Vergr. 663. Fig. 7. Querschnitt durch das Vorderende. Parenehymzelle mit Ausläufern Thionin-Ammoniummolybdänat. Vergr. 1030. Fig. 8. Querschnitt durch das Vorderende. Parenchymzelle mit Ausläufern und Kalkkörperchen. Thionin-Ammoniummolybdänat. Vergr. 663. Fig. 9a—c. Terminalzellen mit Wimpertrichtern in verschiedener Form. Größe sowie Anordnung der einzelnen Wimpertrichter- und Flammen divergie- ren. Eosin-Hämatoxylin. Vergr. 753. Fig. 10. Doppeltkonturierte Kanäle des Exkretionsgefäßes letzter Ordnung vereinigen sich zu einem Gefäß vorletzter Ordnung. Links umgibt das Gefäß eine ringförmige Zelle, deren Protoplasma das Gefäß umgreift und dasselbe be- gleitet. Die Gefäße sind teilweise angeschnitten. Eosin-Hämatoxylin. Ver- größerung 1080. Fig. 11. Injektionspräparat mit Berlinerblau, die Hauptstämme des Ex- kretionsorgans und den Porus exeretorius zeigend. Schwach vergrößert. Das Exemplar ist 18,2 mm lang (nach Quetschung). 438 W. Hein, Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliace Fig. 12a«—e. Schnitte durch Hauptstimme des Exkretionsorga Stämme sind doppelt konturiert und lassen an Stellen, wo die Kontu einanderweichen, Kerne mit!ansehnlichen Protoplasmamengen erkennen. | Hämatoxylin; b und ec, a N == (nach One. Sehmwäch vergrößert. BI du Fig. 14. Totalpräparat. Boraxkarmin. Das Hinterende stärker vergrö um die Geschlechtsorgane zu zeisen.. N Fig. 15. Querschnitt durch den Dotterstock und den ihn durchsetzenden Sa Kanal. Eosin-Hämatoxylin. Vergr. 375. a) | Zur Morphologie des Insektenkopfes. I. Zum metameren Aufbau des Kopfes der Chironomuslarve. Von. Nils Holmgren. Aus dem zootomischen Institut zu Stockholm.) Mit Tafel XXVII und XXVII, Das Problem der Metamerie des Insektenkopfes ist von ver- schiedenen Forschern bearbeitet worden; es liegt aber nicht im Be- reiche meiner Aufgabe über alle die Versuche zu berichten, welche im Laufe der Zeit das Tageslicht erblickt haben; ich muß mich hier auf einige der jüngsten beschränken. Die älteren erwähne ich nur flüchtig, ohne mich näher auf ihre Angaben einzulassen. Die Frage ist von drei verschiedenen Seiten aus in Angriff ge- nommen worden!. Die älteren Forscher begnügten sich mit einer rein äußeren Untersuchung des Objekts und schlossen vom Vorhanden- sein rein äußerer Strukturen, Linien, Nähten, Bindehäuten usw. auf die Zahl und Verbreitung der Segmente. Neueren Forschern wurde es aber bald klar, daß die Frage nicht mit solcher Leichtigkeit gelöst werden konnte. Sie benutzten deshalb die Embryologie und Anatomie des Insektenkopfes als Mittel um Kriterien aufzusuchen, Zur Orientierung über die Auffassung älterer Forscher mögen folgende summarische Angaben genügen. So unterschied nach PAckArn (1898), BURMEISTER im Insekten- kopf zwei, Carus und AupuoIn drei, MAcLEAY und NEWMAN vier, STRAUSS-DÜRCKHEIM sieben, HuxLey (1878) sechs und MEInerr (1881) außer einer »Lamina cephalica« drei Segmente. Ohne mich über :diese Angaben zu äußern, gehe ich zu den 1 Den meisten »Entomologen«, den A Een, ist die Metamerie des Insektenkopfes vollständig gleichgültig. 440 Nils Holmgren, Forschern über, welche die Frage auf embryologischer Basis ange- sriffen haben. | NEWPORT war der erste, der einen Schritt in dieser Richtung tat, indem er schrieb: »It is only by comparing the distinetly indi- cated parts of the head in the perfeet insect with similar ones in the larva that we can hope to ascertain the exaet number of segments of which it is composedi.« Im Anschluß hieran fand er, daß der Kopf von Hydrous piceus aus vier Segmenten zusammengesetzt sei. Er bezeichnete aber diese Segmente als »Subsegmente«, weil sie zu- sammen ein Ganzes, den Kopf, bilden. Auf embryologische Befunde gestützt, bestimmte PACKARD (1871) die Zahl der Kopfsegmente auf vier; zu demselben Resultat kam GRABER (1879). | Als grundlegende Arbeiten für die Auffassung des Insektenkopfes muß man die Arbeiten PArrens (1884), VIALLAnEs (1887) und WHEELERSs (1889) bezeichnen. Sie untersuchten nämlich die Genesis und den anatomischen Bau des Gehirns verschiedener Insekten und fanden, daß das obere Schlundganglion aus drei Primärganglien be- steht. (Dazu kommen nach CArRIERE (1890) und HEIDER (1889) die Eingeweideganglien.) Da ja zu jeder Neuromere ein Körper- abschnitt gehört, so dürfte der primäre Kopfabschnitt aus drei Seg- menten bestehen. Da PATrEn und WHEELER das Ganglion frontale aber zu den Gehirnganglien rechneten, wurde ihre Auffassung etwas verschieden. Hierauf komme ich jedoch unten zurück. Außer dem primären Kopfabschnitt, über welchen die Meinungen, wie aus der Seite 442 gegebenen Übersicht hervorgeht, ziemlich ver- schieden sind, gehören, nach der übereinstimmenden Meinung der meisten Forscher [Hzymons (1895, 1, 2; 1896; 1897, 1, 2, 5), HEIDER (1889), Weısuann (1863), WHERLER (1889), CARRIERE (1890), BÜRGER (1897), Parren (1884), Janer (1899, 2) u. a.), drei Kiefersegmente, das Mandibularsegment, das erste Maxillarsegment und das zweite Maxillarsegment zur Bildung des Kopfes. Nur BeneTtson (1897) und Forsom (1899, 1900) sind abweichender Meinung. Die BENGTsoNsche Auffassung, welche sich auf Untersuchungen einer Dipterenlarve stützt, werde ich unten näher besprechen; über die FoLsousche kann ich mich leider nicht äußern, da meine Studien über die Apterygoten hierzu nieht ausreichen. Nur zwei Forscher, Benstson (1897) und Janer (1899, 2) ver- 1 Zitiert nach PACKARD (1898). 1 2 Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 441 suchten es, den morphologischen Aufbau des Insektenkopfes ana- tomisch zu begründen. | Die Ben@tsonsche Arbeit, welche eine Fülle von topographisch- anatomischen Tatsachen darbietet, bildet sozusagen das Verbindungs- slied zwischen den älteren und den jüngeren Forschern über diese Fragen. Seine Arbeit ist nämlich auf äußere Merkmale basiert; er hat aber als Kriterien seiner Auffassungen in verschiedenen Fragen anatomische Verhältnisse verwendet. Da er aber der Anatomie des Kopfes allzu wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat, so kommt er oft zu Schlußfolgerungen, welche nicht zutreffend sind. Nach BEen@Ttson besteht der Kopf der Phalacrocera-Larve außer dem »primären Kopfabschnitt« aus folgenden vier Metameren in nach- stehender Ordnung: dem Mandibularsegment, dem Endolabialsegment, dem Maxillarsesment und dem Ektolabialsegment. In der Metameriefrage des ausgebildeten Insektenkopfes, über welche PACKARD (1898) sagt: ».... if we confine ourselves to the imago alone, it is impossibel to arrive at a solution of the problem, « tritt mit Janet (1899, 2) eine neue Epoche ein. Die Janetsche Arbeit (1899, 2) bietet einen sehr beachtenswerten und originellen Versuch dar, die Metamerie des völlig entwickelten Insektenkopfes auf rein anatomischem Weg zu bestimmen. Er geht von der ohne Zweifel vollständig richtigen Voraussetzung aus, daß zu jeder Metamere, eine Neuromere, eine (paarige) Myomere und ein Extremitätenpaar gehöre. Nun bestimmt er die Grenzen jeder Metamere in der Weise, daß er an der Kopfkapsel die Ursprungsstellen der Muskeln einzeichnet. Hiernach umgrenzt er die Organe (Muskel- ursprungsflächen, Appendieulärorgane, Sinnesorgane), welche von ein und derselben Neuromere innerviert werden, mit einer Linie, welche offenbar der Grenzlinie der wirklichen Metamere nahe kommt. Ferner postuliert er mit Recht, daß jede Metamere ursprünglich ring- förmig ist. Auf diese hier skizzierte Weise bestimmt er die Zahl der Kopf- metamere von Myrmica und Vespa auf neun. Siehe die tabellarische Übersicht. In der folgenden tabellarischen Übersicht (8. 442) habe ich die wichtigeren Angaben über die Segmentierung des Insektenkopfes zusammengestellt. Aus derselben geht hervor, daß die Frage über den segmentalen Aufbau des Insektenkopfes durchaus nicht gelöst ist, sondern noch die verschiedensten Auffassungen zuläßt. Im vorliegenden Aufsatz habe ich mir die Aufgabe vorgelest, Nils Holmgren. (yuoursosperg -WI Yu9wsos (guauu -IB][IXeM 'Z) -Z98[eLgeT) (wO9STELgLTT) (yuawsospergeT) Ju9UL.og8 JU9ULS9S - - yuout yuaouı yuawm yu9uu A "XI -TeIJIXeM ‘3 "IIA, -S9s[eLgBIopNA ec a aor] "IA -Soste]xe NS "TLA|-FOsterpxe 'Z "ILA| -Fosregpxem zZ IA yuawsoas -TeI]IXeM °T) JUHULSIS[EULF uU9ULS9S yuau yuouL yu9u 'Juout -BUSOMOCL "IILA -TECITEX®N T IA | WIOSIEITIKEI GE -Fosıejpixen "A -SOSIBIJIXENE "T "IA |-DOSIEJJIXCIE T IA | -SOSIEIEKeN TA (gu9wsas wsosend yuouu -Ie[NgIPUe) -umodns "A |-398felgejopunf£ Ju9uLdos yus wsosıe] JU9UL JU9ULD9S JU9uLads 3u9WwL.sas yu9w -[ereusogorg 'IIA -ngIpurm "AT |-Sosiepngrpuen s|-epngrpury "AT -epngıpuep A -TejnqIpue "A |-Sosleingıpuem "AI EEE ARE Fee) EAERLUE dh ERERREENE F ERE (JusuLdos | -[JEUU9JURBISOT) Ju9WLSISTEIA, JU9TLSOS | JU9ULDOS 9u9m yu9u nn. 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Ebenso werde ich hier einige anatomische Fragen zur Behandlung aufnehmen. Daß meine Untersuchung bedeutend an prinzipiellem Wert verliert, nachdem die Janersche Arbeit erschienen ist, ist klar. Obgleich die leitenden Prinzipien aber dieselben wie die JANETschen gewesen waren, stimmen die daraus hervorgegangenen Resultate doch nicht mit den JanErtschen überein. Ich glaube deshalb, daß diese meine Untersuchung mir ein Recht zur Teilnahme an der Diskussion der morphologischen Natur des Insektenkopfes gewährt. Im einzelnen kann für ihre raison d’etre die Tatsache sprechen, daß es über die Anatomie des Kopfes der Dipterenlarve keine eingehendere anato- mische Untersuchung gibt. Denn die Ben@rsonsche scheint schon von vornherein allzu unwahrscheinliche theoretische Begründungen vorzulegen, als daß man sie a priori für zuverlässig halten könnte. Ferner scheint es mir, als wäre diese meine Untersuchung ein not- wendiger Ausgangspunkt für das Verständnis des Kopfbaues andrer Dipterenlarven, wie z. B. der mit reduziertem Kopf ausgerüsteten. Ehe man nämlich sich über die Reduktion ein Bild schaffen kann, muß man die Morphologie des wohlentwickelten Kopfes kennen, um aus einer solchen Kenntnis Vergleichungspunkte erhalten zu können. Der Kopf der Chironomus-Larve hat als Gegenstand embryo- logischer Untersuchungen gedient. WeısmanNn (1865) [und MiALL und Hammoxp (1900)) haben die Genese des Kopfes in verdienstvoller Weise behandelt. Ich kann diese Untersuchung somit gut als Krite- rıum meiner eignen gebrauchen. Der äußere Bau des Cheronomus-Kopfes wurde von BRAUER (1883), MEınerr (1886), MriarL et Hammonn (1892, 1900) u. a. bearbeitet. Diesen Arbeiten entnehme ich, was ich für meinen Zweck brauche. Ebenso war mir die BEn@grsonsche Untersuchung in vielen Fällen von nutzen. Die oben eitierten Arbeiten von MrauL und HaumonD lieferten mir bei der ersten Orientierung meiner Schnitte, besonders betreffend die Lage der imaginalen Organe, gute Dienste. Dasselbe kann ich von der Weısuannschen Untersuchung (1866) über die postembryonale Entwicklung der Dipterenlarve sagen. Bei diesen Untersuchungen bediente ich mich hauptsächlich der Schnittmethode. Durch den Chironomus-Kopf wurden Schnittserien (von 6 «u Dicke) angefertigt, aus welchen die inneren Organe mittels der Projektionsmethode rekonstruiert wurden. Makroskopische Prä- A444 Nils Holmgren, paration habe ich nur seltener, so z. B. beim Studium der Schlund- ganglien, Nervenwurzeln usw., benutzt. - Äußere Beschreibung des Kopfes der Chironomuslarve. Ehe wir zum eigentlichen Thema dieser Untersuchung übergehen, möchte es notwendig sein, eine äußere Beschreibung des Chironomus- Kopfes vorauszuschicken !. Der Kopf ist verhältnismäßig klein, von ovaler Form, nach hinten ein wenig ausgebreitet, in dorso-ventraler Richtung abgeplattet. Der dorsale hintere Rand streckt sich weiter nach hinten als der ventrale. Die Mitte der Dorsalläche wird von einer schmalen dreieckigen Platte, dem Clypeus (Fig. 1, 18 Clyp), eingenommen, dessen Seiten- ränder nach hinten konvergieren, bis sie nahe am Hinterrande des Kopfes zusammenstoßen. Vorn strekt sich diese Platte zwischen den Antennen hervor, um vor diesen mit einer scharfen queren Kante zu enden. An den beiden Seiten des Clypeus wird der Kopf von einer über den Lateralteil desselben gebogenen Platte (»Ventralplatte«) ge- bildet, die dorsalwärts vomClypeus und der Antennenbasis (Fig. 18 axt.xo), ventralwärts von einer ziemlich breiten, stark chitinisierten Platte, Mentum (Fig. 5 m) und Submentum (Fig. 5 8m), begrenzt ist. An den Seitenteilen des Kopfes sind vorn die zwei Paar Augen gelegen, das eine mehr oder weniger dorsal, das andre ein wenig lateral. Vor dem Clypeus liegt das Labrum (Oberlippe, Fig. 18 Lab), das nach der Ventralseite des Kopfes so umgebogen ist, daß der freie Rand mehr oder weniger nach hinten gerichtet ist. Dieser ist mit einer’ Anzahl Zähnchen bewaffnet. In der Mitte dieser ventralwärts gerichteten Fläche ist eine viereckige Partie, Epipharynx (Fig. 1, 18 Ep), welche von einer Chitinverdiekung umgeben, mit paarig gelegenen Bürsten und Zähnen bewaffnet ist. Die Ventralseite des Kopfes ist von einer sroßen, vorn in der Quere zweigeteilten Platte, die apical mit einer Anzahl starker, schief nach vorn und oben gerichteter Chitinzähnchen oder Bürsten ausgerüstet ist, gebildet. Diese Platte repräsentiert, wie aus dem Untenstehenden hervorgehen wird, ein Mentum und ein Submentum. Die Appendicularorgane des Larvenkopfes werden von den Antennen, den Mandibeln, den ersten Maxillen und den zweiten Maxillen (Endolabium) repräsentiert. Die Antennen sind kurz, fünfgliedrig. Das Basalglied (Fig. 18 ‘ Zum Vergleich verweise ich auf die Arbeiten von MıALL u. HAMMOND (1900), MEINERT (1886) usw. wi - Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 445 Ant.w) ist ziemlich breit. An der Seite desselben ist ein ringförmiges Organ gelegen, das von Meınerr (1886) und MiauLt und HAmmonD (1900) als ein Sinnesorgan aufgefaßt ist. Die übrigen Antennenglieder sind kurz, schmal. Von der Spitze des Basalgliedes entspringt eine lange blattähnliche Borste. | Die Mandibeln sind ziemlich kräftig, an der Innenseite mit drei bis vier spitzen, groben Zähnchen versehen. Wenigstens bei älteren Larven sind diese Zähne ventralwärts gerichtet, um ihren mentalen und endolabialen Antagonisten zu begegnen. Die ersten Maxillen sind ziemlich wohlentwickelt. Ihr Basal- glied ist ein wenig bläschenförmig. Ihr innerer Rand ist in eine kegelförmige Partie ausgezogen, die einige Bürsten und ein blatt- ähnliches Zähnchen trägt. Die Maxillarpalpe ist schwach kegel- förmig, mit kurzen, apicalen Papillen. Die zweiten Maxillen sind miteinander verschmolzen und bilden das »Endolabium« (Fig. 5 end) der Autoren, dessen Vorderrand mit ziemlich kräftigen Zähnchen oder Bürsten bewaffnet ist. Ihre Lage und Aussehen wird durch Taf. XXVIH, Fig. 10 der MiALL und. Hammonpschen Arbeit beleuchtet. Ich weise in bezug hierauf auf diese Tafel hin. Dorsal vom »Endolabium« ist eine wohlentwickelte Ausstülpung, die von MiALL und HammoxD als »Lingua« ‚ von BEnGTsoNn (für Phalacrocera), als »Hypopharynx« (Fig. 5 hyp) be- zeichnet ist. Zwischen diesem »Hypopharynx« und dem »Endolabium« münden die beiden Glandulae labii (Fig. 9 gl.lab). Die Terminologie, die ich in dieser Beschreibung gebraucht habe, und die Auffassung von dem Bau des Insektenkopfes, auf welche diese Beschreibung sich stützt, stimmt nicht mit der Auffassung, welche Weısmann (1863), MiALL und Haumono (1900), BRAUER (1883), MkEınerr (1886), Ben@tson (1897) u. a. vorher vertreten haben, überein. Der innere Bau des Chironomuskopfes. Was bei einer anatomischen Untersuchung des Kopfes der Chironomus-Larve sich zuerst bemerkbar macht, ist die übrigens bei Dipterenlarven gewöhnliche Tatsache, dab das Zentralorgan des Nervensystems nicht seine Lage in der Kopfkapsel hat!. Es ist aus dieser ausgewandert und man findet es in dem ersten Thorakal- segment. BRAUER (1885) charakterisiert die Gruppe der Eucephalen, wozu er Chironomus rechnet, folgendermaßen: »Larven mit vollständig i Vgl. MiaALL und HAammonD (1900, S. 30-31). Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LXXVI. Bd. 30 446 Nils Holmgren, differenziertem Kopf, welcher die ersten Ganglien und zuweilen Augen enthält« usw. Dies ist somit keine Diagnose, welche auf wenigstens alle Ohironomus-Arten paßt. Die Auswanderung des Cerebralganglions aus dem Kopf veran- laßt BRAUvER (l. c.), den Kopf der Dipterenlarven, wo solch eine Auswanderung vorkommt, als eine »Kieferkapsel« zu bezeichnen. Dem BrAuzgschen Beispiel folgt BEn@gTsoxn. Diese Verfasser schreiben somit dem Kopf als notwendige Attribute darin eingeschlossene Ganglien zu. Daß diese Betrachtungsart nicht wissenschaftlich be- rechtigt ist, geht aus der Tatsache hervor, daß beispielsweise bei dem Chironomus-Embryo sowohl obere wie untere Schlundganglien in der »Kieferkapsel« liegen. Ich hebe dies hervor, weil ich es für gänzlich unwissenschaftlich halte, rein morphologische Begriffe mit physiologischen Benennungen zu beladen. Dies kann höchstens Ver-. wirrung und Mißverständnis über den wahren morphologischen Wert hervorrufen, wie wir es betreffend »Epipharynx«, »Hypopharynx«, »Lingua« usw. finden. Ich bezeichne also den Ohironomus-Kopf als einen vollständigen Kopf, obgleich die Schlundganglien daraus aus- sewandert sind, denn die Kopfganglien gehören morphologisch zum Kopf, mögen sie im (Thorax oder im) »Kopf« liegen, oder nicht. Es ist nicht nur die äußere lineare Begrenzung, welche die Grenzen des Kopfes bildet, sondern es gibt auch eine innere, und die Begrenzung ist keine Linie, sondern eine krumme Fläche. Diese Fläche umfaßt natürlich auch die Schlundganglien. Muskulatur des Chironomuskopfes. Die Muskulatur des Dipterenkopfes ist nie gründlich studiert worden. Freilich teilt BEn@Tson (l. ce.) einiges über diesen Gegen- stand mit. Dies ist aber von morphologischem Gesichtspunkt aus so gut wie völlig unverwendbar, wenigstens für meine Zwecke Er beschreibt nämlich nur die Anhaftstellen an den Appendicularorganen, ohne die Ursprungsstellen an der Kopfkapsel näher zu bestimmen. Ferner bringt er keine Angaben über die Innervation der Muskeln. Ich kann somit von den BEen@Tsonschen myologischen Beobachtungen nichts für meinen Zweck verwerten!. Die Muskelstudien, welehe von PAntTEL und WANDOLLEK in der ! MıALL hat auch ein wenig über die Muskulatur des Ohöironomus-Kopfes mitgeteilt. Seine Angaben sind auch de facto richtig, nur einige der z. B. in Fig. 19 gezeichneten Muskeln sind nicht diejenigen, welche die Bezeichnungen | angeben, Mandibularmuskeln, sondern es sind Labralmuskeln. Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. AA4T Literatur niedergelegt sind, kann ich auch nicht verwenden, da sie sich auf sehr stark umgewandelte Arten beziehen, die es ganz un- möglich machen, sichere Homologien aufzustellen. Auch hier vermibt man Angaben über die Innervation. Labrale Muskeln. Die Labralmuskeln sind zweierlei Art, nämlich solche, welche sowohl am Labrum und Clypeus entspringen als an diesen inserieren, und solche, welche nur am Labrum oder Clypeus Rs aber am armkamil inserieren. Die ersteren sind: Musculus retractor labri medialis (Musculus adductor labri) (m.r.l.m), M. retractor labri lateralis (M. abductor labri) (m.r.l.l) und Museuli constrietores labri (m.constr.lab). M. retractor labri medialis (Fig. 2, 5, 18; m.r.l.m) entspringt nahe der Mediallinie des Kopfes nahe der Mitte des Clypeus. Sein Ursprung ist kräftig und die Ursprungsfläche ist ziemlich lang, wenig breit. Der Muskel streckt sich vorwärts, ein wenig lateralwärts gerichtet und inseriert auf der Ventralseite des Labrum, nahe dessen Basis ein wenig lateral von der Mittellinie desselben. M. retractor labri lateralis (Fig. 3, 18; m.r.l.l) ist ein langer gleich breiter, ziemlich kräftiger Muskel, der ein wenig hinter und lateralwärts von dem vorigen entspringt. Er inseriert lateral, nahe dem ventralen Vorderrand des Labrums. Mm, constrietores labri (adductores epipharyngis) (Fig. 1, 5, 18; m.constr.lab) bestehen aus drei Paar kurzen, schwachen Muskeln, welche nahe am Vorderrand des Labrums nahe der Mittellinie so entspringen, daß ihre Ursprungsstellen in einer Reihe, parallel der Mittellinie des Labrums, liegen. Sie inserieren ebenso in einer Reihe auf den verdickten Seitenrändern des Epipharynx (Fig. 1,5 Ep). Sie dienen zur Bewegung des eigentümlichen Zahnapparates, der hier vorhanden ist. Die Muskeln des Nahrungskanals. Die Muskeln des Darmes sind von zwei verschiedenen Arten, nämlich teils solche, welche dem Darm allein, teils solche, welche zugleich andern Teilen des Kopfes angehören. Die ersteren sind die sog. Mm. eireumeireulares (Fig. 5 Drm) pharyngis und oesophagi. Sie bilden eine einfache Ringmuskellage. Weiter gehört zu dieser Klasse von Muskeln der M. retraetor tubae bucealis inferior (Fig. 4, 5 m.r.t.b.i). Dieser paarige äußerst schwache 30* 448 Nils Holmgren, Muskel entspringt von dem ventralen Teil der Tuba buccalis und streckt sich der Ventralseite des Nahrungsrohres entlang nach hinten in den Thorax hinein. Dieser Muskel bildet die ganze Längsmusku- latur des stomodäalen Teils des Nahrungskanals. Zu den Muskeln des Nahrungskanals gehören ferner folgende vom Clypeus entspringende Muskeln: .M. retraetor tubae bucealis superior (Fig. 2, 3, 5, 18 m.r.t.b.s) und Mm. dilatatores pharyngis I, U, II, IV und V (Fig. 2, 5, 18 m.d:ph). M. retractor tubae buccalis superior ist ein sehr kräftiger, paariger Muskel, der mit ovaler, nahe der Medianebene gelegener Ursprungsfläche, unmittelbar (obschon der Mittellinie mehr genähert) hinter dem M. retractor labri lateralis entspringt. Er verläuft, sich stark verjüngend, nach vorn ventral- und ein wenig lateralwärts, um an der Grenze zwischen Tuba buccalis und Pharynx zu inserieren. Die Mm. dilatatores pharyngis sind drei Paar gleich breite, schwache Muskeln, welche vom Clypeus entspringend in ventraler, etwas apicaler Bichlime verlaufen, um auf der Dorsalseite des Pharynx zu inserieren. M. dilatator pharyngis I entspringt nahe der Mittellinie des Kopfes kurz vor dem M. retraetor labri lateralis und inseriert medial an der Grenze zwischen Tuba buccalis und pharynx. M. dilatator pharyngis II entspringt unmittelbar hinter, aber etwas lateralwärts vom vorigen und inseriert in der Nähe, aber etwas lateral von demselben. M. dilatator pharyngis III enlepnietl etwas medianwärts vor und in derselben Transversalebene wie der M. retractor tubae bucealis superior. Er verläuft lateralwärts nach vorn und inseriert nahe der Mitte des Pharynx. M. dilatator pharyngis IV entspringt ziemlich nahe hinter dem M. retractor tubae buccalis, beinahe median und streckt sich ventral- wärts und etwas vorwärts, um mit zwei Partien an dem hinteren Teil des Pharynx zu inserieren. M. dilatator pharyngis V entspringt vom Hinterrande des Clypeus und inseriert bald hinter dem vorigen. | Die Mm. dilatatores können bei verschiedenen Individuen ziem- lich stark variieren. Aus dem Vorstehenden geht hervor, daß sowohl die Labral- (aus- genommen die Mm. constrietores labri) wie die Ösophagealmuskulatur auf dem Ölypeus ihren Ursprung haben. Zur Morphologie des Insektenkopfes. I. 449 Die Muskulatur der Antennen. Es gibt zwei Paar Antennenmuskeln, nämlich M. abductor antennae und M. adductor antennae. (Bei Phalacrocera soll die Antennenmuskulatur nach Ben@rson fehlen[?]). M. abduetor antennae (Fig. 18 m.abd.ant) ist ein ziemlich kräf- tiger Muskel, der mit drei Köpfen: Caput I, II und III lateralseits der Clypealnaht seinen Ursprung hat. M. abd..ant. Caput III, ist der kräftigste und entspringt hinter den beiden übrigen ungefähr in derselben Höhe wie M. retractor labri lateralis, aber lateralwärts von dessen Ursprungsstelle. Caput II entspringt nahe vor dem Caput III, etwas medialwärts davon. Caput I nimmt seinen Ursprung vor- und medialwärts von Caput IL. Caput II und III vereinen sich bald miteinander, um sogleich mit dem Caput I zusammenzufließen. Der so gebildete einheitliche Muskelteil inseriert lateralwärts an dem Basalteil der Antenne. M. adductor antennae entspringt von dem vordersten latero- ventralen Teil der Tuba buccalis mit drei äußerst schwachen Köpfen, welche sich bald zu einem schwachen Muskel vereinen, der sich in dorsaler Richtung gegen die Antennenbasis streckt, um dort an deren Medialseite zu inserieren. Die Mandibularmuskulatur. Die Muskulatur der Mandibeln ist die kräftigste des ganzen Kopfes, was ja mit ihrer wichtigen Funktion im Dienst der Nahrungs- aufnahme und Ortsbewegung nahe zusammenhängt. Sie besteht aus zwei Paar kräftigen zusammengesetzten Muskeln: ein Paar Adductoren (Fig. 2, 3, 4, 18 m.ad.mand) und ein Paar Abductoren (Fig. 2, 3 m.abd.mand) (oder richtiger für Chironomus, wo die Kiefer in senk- rechter Richtung sich bewegen, ein Paar Depressoren und ein Paar Levatoren). M. adductor (depressor) mandibulae ist der kräftigste dieser zwei starken Muskeln. Er entspringt mit vier Köpfen, dem Caput I, II, III und IV, von dem hinteren Teil der dorsolateralen, lateralen und ventrolateralen Seite des Kopfes, auf der Dorsalseite lateralwärts vom Olypeus, auf der Ventralseite lateralwärts vom Submentum. Caput I, II und IV entspringen ganz nahe dem Hinterrand des Kopfes. Caput I, das das kräftigste ist, hat seine Ursprungsstätte dorsalwärts in unmittelbarer Nachbarschaft des Hinterrandes des Kopfes nahe dem Lateralrand des Clypeus. Seine Ursprungsfläche ist groß, in 450 Nils Holmgren, die Länge ausgezogen, sowohl in dem vorderen wie im hinteren Teil zugespitzt. Die Längsrichtung des so gebildeten umgrenzten Teils der Kopfkapsel ist ein wenig schief zur Längsachse des Tieres, so daß der hinterste Teil desselben der Medianlinie mehr ge- nähert ist, als der vorderste. Caput III entspringt lateral vom Hinter- rande des Kopfes und besitzt eine dreieckige Ursprungsfläche. Es ist dem vorigen an Größe bedeutend unterlegen. Caput IV entspringt vom Hinterrand des Kopfes. Die Ursprungsfläche ist dreieckig. Dieser Muskelkopf ist ebenso kräftig wie Caput II. Caput II be- sinnt lateralwärts vom Caput I in derselben Höhe wie die Mitte seiner Ursprungsfläche, ein wenig medialwärts und vorwärts vom Caput IH. Die Ursprungsfläche dieses Muskelkopfes liegt somit vor dem Hinterrand des Kopfes auf dessen dorsolateraler Seite. Diese vier Köpfe des M. adductor mandibulae vereinen sich mit- einander und inserieren mit einer chitinösen Sehne an der ventro- medialen Seite der Mandibel!. M. abductor mandibulae entspringt mit drei Köpfen, Caput I, Il und III, vor den Adductoren, von den dorsalen und dorsolateralen Teilen des Kopfes. Caput I hat seinen Ursprung unmittelbar vor dem Öaput I des M. adductor mand. Es ist ein relativ schwacher Muskel. Caput II, jedenfalls ziemlich schwach, entspringt ein wenig vor dem Caput II des Adductors. Caput III, der kräftigste der Abduetoren- köpfe, entspringt vor und ein wenig lateralwärts von demselben Adductorenkopf. Diese drei Köpfe vereinen sich, nachdem sie sich ziemlich schnell verjüngt haben, in einer Sehne, die neben dem dorso- lateralen Rand der Mandibel inseriert. Die Muskulatur der Maxillen. Obgleich die Maxillen ziemlich wohl entwickelt sind, ist ihre Muskulatur doch äußerst schwach. Dies beruht gewiß darauf, daß sie ihre Funktion als Kiefer in eigentlichem Sinne längst eingebüßt haben. Nunmehr sind sie wohl als Träger von Sinnesorganen der einen oder andern Art aufzufassen und brauchen als solche keine größere Beweglichkeit zu besitzen. ! Die näheren Beziehungen zwischen den Muskeln und den durch sie be- wegten Organen zu bestimmen, fand ich vollständig unnütz, da es nur aus ver- gleichend-anatomischer Hinsicht Interesse beanspruchen kann. Es können aber Jetzt keine vergleichenden Gesichtspunkte herausgefunden werden, da es in der Literatur kein Vergleichsmaterial gibt. Ich lasse deshalb alle Vergleiche bei- seite, bis solche wirklich durch gesammeltes Material möglich werden. Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 451 Die Muskulatur beschränkt sich auf einen Musculus adduetor maxillae (Fig. 2, 4, 18 m.add.max), der mit zwei schwachen Köpfen ventrolateral bald hinter der Mitte des Kopfes ungefähr in derselben Höhe wie M. abduetor mand. Caput I entspringt. Er inseriert an der medialen Seite der Basis der Maxille. Ein Abduetor maxillae ist nicht vorhanden. Die Muskulatur des Labiums (Endolabiums). Die Muskulatur des Endolabiums und Hypopharynx wird hier im Zusammenhang behandelt werden, weil diese Organe, samt Mentum und Submentum, eine morphologische Einheit, das Labium, bilden. Die Muskeln des Endolabiums werden durch ein Paar Mm. ad- duetores endolabii (Fig. 2, 3, 4, 18 m.add.end) repräsentiert, welche an dem lateralen Teil des Submentums in der nächsten Nachbarschaft des Hinterrandes des Kopfes entspringen. Es sind verhältnismäßig kräftige Muskeln, die nahe dem ventralen hinteren Rand des Endo- labiums inserieren. Als Abductor dient wohl ein Muskel, M. endo- labii-hypopharyngis (Fig. 5 m.e.h), der von der dorsalen Fläche des Hypopharynx entspringt und sich schief nach hinten, nach dem Dorsal- rand des Endolabium, streckt, wo er nahe der Mündung der Glandula labii inseriert. Mentum (Fig. 5 m) und Submentum (Fig. 5 Sn) entbehren völlig eigner Muskulatur. Die Sinnesorgane des Kopfes. In diesem Abschnitte ist es nicht meine Meinung, eine er- schöpfende Analyse der verschiedenen Sinnesorgane, welche ihren Sitz auf dem Kopfe der Chironomus-Larve haben, zu geben. Ich zähle dieselben nur mit Angabe ihrer Lage auf. 1. Frontale Sinnesorgane. Zu dieser Kategorie der Sinnesorgane gehören zwei Paar Augen und ein Paar große Organe schwer begreiflicher Natur (Fig. 18 Org.fr). Die Augen sind eigentümliche, mehrlinsige Punktaugen (Fig.18v.P, h.P)1, welche gänzlich unter der Hypodermis liegen und in vielen Bezie- hungen an die Augen des Peripatus erinnern. Da ihr feinerer Bau hier nicht näher interessiert, übergehe ich ihn bis auf weiteres. 1 Über diese Augen sagt MıALL und HammoxD (1900, 8. 27): »The lateral (epieranial) plates bear two pairs of rudimentary eyes (which are mere pig- ment-spots without lenses).....< 452 Nils Holmgren, Sie liegen ziemlich weit nach vorn auf dem Kopfe, hinter und an der Seite der Antennenbasis,. Das mediale Auge, welches unbe- deutend vor dem lateralen liegt, ist diesem ein wenig an Größe unterlegen. Hinter diesen Augen und in demselben Sagittalplan, nahe der Mitte des Kopfes liegen auf jeder Seite der Medianlinie die oben erwähnten eigentümlichen Sinnesorgane, denen ich unten einen eignen Abschnitt widmen will. | 2. Labrale Sinnesorgane. Diese werden durch gewöhnliche, auf dem Epipharynx gelegene . Sinnesbürsten repräsentiert. 3. Antennale Sinnesorgane. Diese liegen auf den Antennen und sind zweierlei Art: 1) ein eigentümliches, kreisrundes, auf dem längsten Antennenglied ge- legenes, von MEInErT (1866) als Gehörorgan aufgefaßtes Sinnes- organ, und 2) die für Antennen gewöhnliche Sinnesbürste. 4. Mandibulare Sinnesorgane. In den Mandibeln gibt es zahlreiche Nervenendigungen, welche jedoch nicht an Sinnesbürsten gebunden sind. 5. Maxillare Sinnesorgane. An den kurzen Maxillarpalpen befinden sich zahlreiche Sinnes- bürsten. | 6. Labiale Sinnesorgane. An dem Vorderrande des Endolabiums sind zahlreiche Sinnes- bürsten und Nervenendigungen. Das Mentum ist durch zahlreiche Nervenendungen charakterisiert. Das Submentum scheint gar keine Sinnesorgane zu besitzen, falls die zwei langen Borsten, welche an dem Submentum gelegen sind, nicht etwa mit einem Nervenapparate verbunden sind. Der Nahrungskanal und die Glandula labii. Aus Untersuchungen von Ganın (1874), WırraczıL (1884), VOoELTzkow (1889, 1,2), GrABER (1889, 1890), CARRIERE (1890), CARRIERE und BÜRGER (1897), Hevmons (1894, 95, 2) u. a. ergibt sich für die Pterygoten, daß der Nahrungskanal aus einer vorderen Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 453 (Stomodäum) und einer hinteren Einstülpung (Proktodäum) hervor- gegangen ist, welche sich im Laufe der Entwicklung miteinander verlöten, um den ganzen Nahrungskanal zu bilden. Dieser ist somit vollständig ektodermal!. Immerhin kann man im Stomodäum drei Ab- schnitte unterscheiden, welche im Kopf topographisch gesondert sind, nämlich: Tuba buccalis, Pharynx und Ösophagus. Ich mache jedoch darauf aufmerksam, daß die Grenzen zwischen diesen Organen bis auf weiteres nicht als strukturelle Grenzen zu betrachten sind, son- dern nur postulierte morphologische sein können. Das Verhalten der Darmmuskulatür scheint freilich die Grenzen ungefähr, aber nicht genau angeben zu können. Die Tuba buccalis bildet den Eingang des Darmkanals. Sie ist ziemlich kurz, steigt dorsalwärts auf und ist von dem Pharynx durch eine Chitinverdickung abgegrenzt. Der Pharynx ist bedeutend länger als die Tuba bucealis. Er verläuft in der Längsrichtung des Kopfes. An den dorsalen und lateralen Wänden des Pharynx inserieren, wie oben gesagt, einige dem Clypeus entspringende Muskeln. Die Ringmuskellage des Pharynx schließt ihn in einer ziemlich weiten Röhre ein, so daß ein Zwischen- raum zwischen dem Pharynxepithel und seinen Ringmuskeln entsteht. Dieser Zwischenraum ist von zahlreichen zerstreuten Muskelfäden durchsetzt, welche sich von der Ringmuskellage abspalten, um sich an der Pharynxintima zu befestigen. Der Ösophagus ist eine gleich weite Röhre, welche gerade nach hinten verläuft, um im Thorax von dem Schlundringe eingeschlossen zu werden. Er ist von einer dicht anliegenden Ringmuskellage um- geben. h Die Glandula labii (Figg. 2, 3, 5, 9—17 gl.lab) ist eine große paarige, wohl entwickelte Drüse, die im Thorax hinter den Öso- phagealganglien liegt. Ihre Ausführungsgänge verlaufen parallel nach vorn, um mit einem kurzen gemeinsamen Kanal in der Falte zwi- schen Endolabium und Hypopharynx zu münden. Das Nervensystem. Wie oben hervorgehoben, liegen die Schlundganglien im Pro- thorax. Die Verlagerung der Ganglien hat zur Folge gehabt, daß die von ihnen stammenden Kopfnerven in die Länge ausgezogen worden sind. Daß diese Verhältnisse als sekundäre zu betrachten ı Vgl. CARRIERE und BÜRGER (1897, S. 362). 454 Nils Holmgren, sind, ist unzweifelhaft. Ebenso ist nicht zu bezweifeln, daß solch eine Verlagerung bei verschiedenen Insekten ganz unabhängig hat vor sich gehen können!, und daß also dieser Charakter keine her- vorragende phylogenetische Bedeutung haben kann. Die Lage des Gehirns kann somit nicht als systematisches Moment verwendet werden. | Die Schlundganglien (Figg. 7, 8) sind durch breite kurze Kom- missuren miteinander verbunden. Das obere Schlundganglion ist in der Längsrichtung des Körpers zusammengedrängt und wölbt sich folglich in der Querrichtung des Körpers herauf. Es besteht aus zwei Hauptloben, welche vorn durch eine ziemlich enge Brücke miteinander in Verbindung stehen. Diese Loben sind von oben gesehen elliptisch. Ihre Längs- achsen divergieren nach hinten, so daß ihre Hinterränder weit von- einander entfernt sind. Das untere Ganglion ist breit, oben ziemlich flach, unten aber gewölbt. Es ist vorn ziemlich tief ausgerandet, sogar zweigeteilt und ist von oben gesehen größtenteils vom oberen Schlundganglion bedeckt. Siehe übrigens die Figg. 7 und 8. Oberes Schlundganglion. Die äußere Form dieses Ganglions wird aus den Figuren ohne weiteres klar. Ich will hier nur auf die Auswölbung aufmerksam machen, welche nach hinten lateral vorhanden ist und ein Ganglion opticum repräsentiert, von wo ein kräftiger Nervus opticus ausgeht. Von diesem Nervus optieus (Fig. 4, 9, 12, 13, 7, 8 n.opt), welcher die Sehorgane, sowohl die imaginalen als die larvalen, versieht, erwähne ich drei Hauptzweige, welche sich im vorderen Teil des Kopfes vom Hauptstamm abzweigen, und von denen sich zwei nach den zwei Punktaugen, der dritte nach dem Frontalorgan begeben. Basal nahe am Vorderrand des oberen Schlundganglions ent- springt jederseits ein kräftiger Nervus antennarum (Figg. 4, 7, 8, 10, 11 n.ant), der die imaginale Antennenanlage wie die Larvalantenne innerviert. Bedeutendere Zweige sind nicht zu bemerken. Als dem oberen Schlundganglion angehörend ist ferner der Labrofrontalnerv, Nervus labro-frontalis (Figg. 4, 7, 8, 9-11 n.!f) zu notieren. Dieser ist sehr kräftig, verläuft vorwärts seitlich vom Darmtractus ! Dies geht auch daraus hervor, daß z. B. bei einigen Ohironomus-Larven die Schlundganglien im Kopfe, bei andern aber im Thorax liegen. Außerdem liegen die Kopfganglien der Dipterenlarven mit rückgebildetem Kopfe im Thorax. Niemand wird wohl aber diese von den Chironomiden-Larven mit thorakalen Ganglien phylogenetisch ableiten wollen?! Zur Morphologie des Insektenkopfes. I 455 und sendet einen kräftigen Zweig, N. frontalis, zum Ganglion frontale, „ während ein andrer Zweig die Labialmuskeln, N. labialis, innerviert. Vom Vorderrande des unteren Schlundganglions geht ein sehr kräf- tiger Nervus mandibulo-maxillaris (Figg. 4, 7, 8, 9—11 n.md.m«) aus, der mit einem langen kräftigen Proximalteil sich in den Kopf streckt, um sich auf der Höhe des Museulus adductor maxillae in _ zwei Äste zu verzweigen, von denen der eine, N. mandibularis, die Mandibelmuskeln innerviert, während der andre zu den Maxillen- muskeln und zu den Sinnesborsten der Maxille sich begibt. N. mandi- bulo-maxillaris entspringt aus zwei verschiedenen Stammganglien des unteren Schlundganglions, nämlich dem Ganglion mandibulare und maxillare, und repräsentiert somit die beiden Nn. mandibularis (Fig. 4 n.md) und maxillaris (Fig. 4 n.m«). Unweit hinter der Austrittstelle des vorigen Nerven am hinteren Schlundganglion entspringt der ziemlich schwache Nervus labialis (Figg. 7, 8, 9—12 n.l), der sich nach vorn begibt, um die Labial- muskulatur und Sinnesorgane zu innervieren. Wir finden also, daß Chironomus sich nicht wie Insekten im allgemeinen verhält, indem die Nn. frontalis und labralis wie mandi- bularis und maxillaris nicht frei aus den Schlundganglien entspringen. Daß dies Verhältnis auf eine sekundäre Abänderung zurückzuführen ist, scheint mir unzweifelhaft zu sein. Aus den Untersuchungen von VIALLANES (1887) geht hervor, daß das obere Schlundganglion aus drei primären Stammganglien besteht, Protocerebrum, Deutocerebrum und Tritocerebrum. Diese drei Stammganglien kann ich auch bei der Chironomus-Larve unterschei- den. Das Tritocerebrum ist aber sehr unbedeutend und liegt an der Schlundkommissur. JANET (1899, 1, 2)ist der Ansicht, daß Nervus labralis und frontalis bei Myrmica und Vespa aus dem Protocerebrum ihren Ursprung nehmen. Bei der Stalis-Larve, wo diese Verhältnisse am deutlichsten ausgebildet sind (siehe die Fig. 6), gehen diese Nerven unstreitig aus dem Tritocere- brum hervor, ebenso bei der Chironomus-Larve, wo die Verhältnisse allerdings nicht so klar liegen, wie bei Sialis. VIALLANES (1887) hat für Oedipoda coerulescens und Caloptenus vitalicus dasselbe festgestellt. Die embryologischen Untersuchungen von CARRIERE und BÜRGER (1897) und HEIDER sagen nichts von einer protocerebralen Verbindung. Janer (1899, 8. 299) fertigt diese Frage folgendermaßen ab: »6. Les connectifs du ganglion frontal c. 3 ete. (pl. II, fig. 1 Conn.g.fr). Cette interpretation suppose que les connectifs qui relient les 456 - Nils Holmgren, ganglions frontaux au cerveau aboutissent A la portion de cet organe qui est, morphologiquement, la plus anterieure, c’est-A-dire au proto-+ cerebron. Ces: connectifs semblent, il est vrai, sortir de la partie inferieure du trito-eerebron, mais je crois que, en realite, leur origine reelle se trouve dans le protocerebron et que, jusqu’au point ou on les voit devenir libres, ils suivent la commissure primitive du proto- cerebron, commissure qui va prendre part a la formation de la com- missure transverse sous-@sophagienne.« . Dieses Zitat ist alles, was Janet über diese grade Frage anzuführen hat. Es scheint mir, als wäre dies eine der wichtigsten Grundsäulen seines Gebäudes, und deshalb eine Frage, welche die senaueste Behandlung verdiente. Bis Janer die Belege für seine Auffassung vorlegt, muß man sie als unbegründet auffassen, | Bei der Larve der Phalacrocera findet BENGTSsoN (l. e.), daß das untere Schlundganglion aus vier verschiedenen Ganglien bestehe, nämlich dem Ganglion mandibulare, endolabiale, maxillare und labiale in eben genannter Ordnung. Durch das Entgegenkommen des Herrn Privatdozenten rn der mir das erforderliche Material überließ, wofür ich ihm hier meinen besten Dank abstatte, wurde ich in die Lage versetzt, seine Angaben einer genauen Prüfung zu unterziehen. Hierbei zeigte es sich, daß ein Nervus endolabii nebst Endo- labialganglion der Phalacrocera ganz fehlt. Was von ihm als N. endo- labii aufgefaßt wurde, scheint mir ein sehr schwaches Muskelfädchen sewesen zu sein (M. retractor tubae buccalis inferior, Wenigstens ist dieser dünne Muskel das einzige, was in der Region des von ihm abgebildeten Nerven mit einem Nerven verwechselt werden kann. Die dorsalen Auswölbungen des unteren Schlundganglions, welche er als einen Ausdruck ihrer Zusammensetzung aus vier Primärganglien auffaßt, sind von der Segmentierung des unteren Schlundganglions ganz unabhängig und beruhen (vielleicht) auf anderen Ursachen, z. B. auf der Behandlung des Objekts. Im übrigen sind seine Angaben über das untere Schlundganglion vollständig korrekt. Im folgenden werde ich die Schlußfolgerungen, welche BENGTSON Ä auf seine Angaben basiert, näher besprechen. Das Darmnervensystem. Das Darmnervensystem besteht aus: 1) dem Ganglion frontale (Figg. 2, 5 g.fr), das Nerven an die Tuba R buecalis und den Epipharynx abgibt. Das Ganglion frontale ist ein IE Fe ee Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 457 ziemlich großes, auf Längsschnitten dreieckiges Gebilde, welches die Ganglienkerne in seinem dorsalen Teil enthält. Wie oben schon her- vorgehoben, steht das Ganglion frontale durch den Frontal- resp. Labro- frontalnerven mit dem Tritocerebrum des oberen Schlundganglions in Verbindung. 2) Dem Nervus recurrens (Figg. 3, 4, 5, 9-11 n.rec), welcher an der hinteren ventralen Eeke des Ganglion frontale entsteht, sich nach hinten streckt und dorsal vom Darmtractus verläuft. Er liest anfangs in der Lichtung des Dorsalgefäßes, seht aber, kurz bevor er den Schlundring erreicht, in die ventrale Wand des Dorsalgefäßes (v.d) über, um in dieser gelagert in den Schlundring einzutreten. 3) Dem Ganglion oesophagi (Figg. 12, 13 g.oe), welches als eine kleine spindelförmige gangliöse Anschwellung des Nervus recurrens in der Höhe des Schlundrings sich bemerkbar macht. Dies Ganglion liegt, wie die hinteren Partien des Nervus recurrens, in der Herzwand. 4) Zwei groben Nervi ventrieulares (Figg. 14—17 n.ventr), welche von dem hinteren Teil des Ganglion oesophagi ausgehen und sich, unter Abgabe einiger Zweigchen, nach hinten begeben. 5) Dem paarigen Ganglion ventrieulare (Magenknoten, Ganglion prestomacal, Ganglion de gesier usw.), welche an den N». ventriculares gelegen sind. Im Verhältnis zum Darmtractus ist ihre Lage lateral des Darmes ein wenig vor dem Proventrieulus, zu dem von diesen Ganglien Nerven abgehen. Diese Ganglien sind ziemlich wohlent- wickelt spindelförmig. Wie aus dem obigen hervorgeht, verhält sich Cheronomus be- züglich des Schlundnervensystems wie die meisten andern Insekten. MıatL und Hammonp (1900) bilden das Schlundnervensystem der Chironomus-Larve ab. Diese Abbildung ist ganz unrichtig. Ihre »dorsal vessel ganglia« sind die Ganglia ventricularia und stehen mit dem Ganglion oesophagi, das übrigens von MıALL und HAMMOND übersehen wurde, in Verbindung. Die »paired ganglia«, welche sie an den Nervi ventriculares liegen lassen, sind die Corpora allata und haben nichts mit dem Nervensystem zu tun. Corpora allata. Die Corpora allata (Fig. 17 c.al) der Chironomus-Larve sind zwei breit ellipsoidische Körper, welche, dem Darmtractus ziemlich dicht anliegend, ein wenig hinter dem Schlundringe ungefähr mitten zwischen dem Ganglion oesophagi und ventrieulare liegen. Die Cor- pora allata sind ganz unabhängig vom Schlundnervensystem. Hingegen A58 Nils Holmgren, steht jedes Corpus allatum mit einem Trachealzweig (Fig. 17 7r) in Verbindung. Der Nervus ventrieularis schmiegt sich dem Corpus allatum nahe an, jedoch, wie es scheint, ohne es zu innervieren. Der Nervus ventrieularis wird an der Berührungsfläche ganglionär, ohne jedoch ein ausgesprochenes Ganglion zu bilden. Der feinere Bau des Corpus allatum ist sehr bemerkenswert. Dasselbe besteht 1) aus einer dünnsten Peritonealbekleidung, 2) aus einer Lage beinahe kubischer großkerniger Zellen, welche das Lumen des Bläschens auskleiden. Diese Zellen sind wahre sezernierende Drüsenzellen, welche mehr oder weniger mit Exkrettropfen gefüllt sind. Im Lumen des Bläschens gibt es solche Tropfen in ziemlich sroßer Menge. Infolgedessen muß ich den Corpora allata eine sezernierende resp. exkretorische Tätigkeit beilegen. Aber die Bauverhältnisse und Lagebeziehungen der fraglichen Organe sind derartige, daß man die Art der Tätigkeit anatomisch nicht be- stimmen kann. In dieser Hinsicht sind mir die Corpora allata ebenso problematisch geblieben, wie sie es den übrigen Autoren gewesen sind, welche versucht haben, sich über die Natur der Corpora allata eine Vorstellung zu machen. Der Nachweis der Drüsennatur der Organe scheint mir jedoch die Frage ihrer Lösung einen wesentlichen Sehritt näher gefördert zu haben. Ich will hier bemerken, daß mir die nähere Begründung der Funktion der Organe nicht so überaus schwierig erscheint. Ich stelle mir nämlich vor, daß man durch vitale Einspritzungen von Farbstofflösungen, vielleicht Exkretions- vorgänge in den Corpora allata wird studieren können. Leider bin ich augenblicklich nicht imstande, eine solche Untersuchung vor- zunehmen; ich muß eine solche auf eine künftige Gelegenheit ver- schieben. Die Corpora allata wurden von Branpr (1835), Levpıe (1864), PavrovA (1895) und PAckarn (1898, S. 230) als paarige Ganglien des Schlundnervensystems aufgefaßt, während MeEınerr (1860), FOREL (1814), Janzr (1894, 98, 99, 1), Heymons (1897a, 99)! und BÜRGER und CARRIERE (1897) sie als nicht dem Nervensystem angehörende Gebilde auffassen. Ihre Genesis wurde von Hrymons (1895, 2) und CARRIERE und E BÜRGER (1897) studiert. Die Resultate stimmen ganz miteinander überein. Sie haben konstatiert, daß sie an der Grenze zwischen den ! Heymons (189%, 2) spricht diese Corpora allata als Ganglien an, betont jedoch, daß sie von einem andern Bau wie die andern Ganglien sind. Th a u a nel End Mut n a La‘ u Een null ln al An An Au 2 A mr Zur Morphologie des Insektenkopfes. I. 459 Mandibular- und den Maxillarmetameren aus einer ektodermalen Zell- wucherung entstehen. Die Zellen wuchern nach innen und verlieren bald ihren hypodermalen Zusammenhang. Der so gebildete Epithel- körper wandert nach hinten und lagert sich endlich hinter den Schlundganglien als anfangs solider, später ausgehöhlter Körper. Nach Hrynmons (1899) bildet sich in diesem Körper bei Phasmiden Chitin. Janer (1899, 1) sucht die Corpora allata morphologisch als die Reste einer Furca mandibularis zu begründen. Während die Furca maxillaris sich als Stützorgan der Muskeln zur Tentorialpartie aus- bildet, blieb die Furca mandibularis ganz frei als rudimentäres Organ stehen. Den von Hrymons gebrachten Nachweis von Chitin in den Corpora allata bei Phasmiden verwendet JAnET als Stütze seiner Meinung, ebenso die gleichartige Entwicklung des Tentoriums und der Corpora allata. Meinesteils finde ich die JAnerschen Auseinander- setzungen sehr geistvoll, muß aber bemerken, daß sie nicht als hin- reichend begründet anzusehen sind. Die Funktion der Corpora allata ist den Forschern, welche diese Organe studiert haben, problematisch Nur JAner (1899) hat ver- sucht, sie als Bildungsstätte der cephalen Tracheen anzusprechen. Für eine solche Auffassung spricht meiner Meinung nach ihre Ver- bindung mit Tracheen. In ihrem anatomischen Aufbau findet sich aber nichts, was eine solche Auffassung stützen kann. In einem Organ, aus welchem Trachealzellen produziert werden, müssen leb- hafte Zellteilungen vorhanden sein; solche gibt es hier aber gar nicht. Mehr aber als eine theoretische Begründung zum Vorteil oder Nach- teil der einen oder andern Auffassung scheint mir die Drüsennatur der Corpora allata auszusagen. Die Gebiete der Innervation. Am Protocerebrum werden folgende Teile innerviert: durch N. optieus: die beiden Paar Punktaugen und das Frontalorgan, sowie die Imaginalorgane der Facettenaugen. Am Deutocerebrum werden innerviert: durch N. antennarum: die beiden Antennen nebst Sinnesorganen, Muskulatur und Imaginalanlagen. Am Tritocerebrum werden innerviert: durch N. frontalis der Labro-Frontalierv: 460 | Nils Holmgren. das Schlundnervensystem mit Nerven: Ganglion frontale, oesophagi, ventriculare, der stomodäale Teil des Darmtractus und die Sinnesorgane des Epipharynx, durch N. labri der Labro-Frontalnerv: die Muskulatur des Labrum. Am Ganglion mandibulare werden innerviert: durch N. mandibulare der Mandibulo-Maxillarnerv: die Mandibeln nebst Sinnesorganen und Muskulatur. Am Ganglion maxillare werden innerviert: durch N. maxillare der Mandibulo-Maxillarnerv: die Maxillen nebst Sinnesorganen und Muskulatur. Am Ganglion labii werden innerviert: durch N. labii: ö das »Endolabium« nebst Sinnesorganen und Muskulatur, der »Hypopharynx«, SH | das Mentum und die Glandula labii (?). (Ob wirklich die ganze Drüse durch N. labii innerviert ist,.ist fraglich.) Die Metamerie des Kopfes (Fig. 18)1. Auf das Vorhergehende gestützt, können wir nun leicht sowohl die inneren, wie die äußeren Grenzen der im Kopf integrierenden Metameren bestimmen. Ehe ich aber zu diesem Versuch übergehe, will ich kurz die hier maßgebenden Prinzipien rekapitulieren. Zu jedem Metamer gehören wenigstens ein Neuromer und ein Myomer. Alle Organe, welche aus demselben Neuromer innerviert werden, gehören zu dem entsprechenden Metamer. Die Partie . der Hypodermis (oder des Nahrungskanals), an welcher ein Organ befestigt ist, das von einem gewissen Neuromer innerviert wird, schl zum Metamer dieses Neuromers. i | Der Kopf der Insekten war ursprünglich aus einander gleich- wertigen Metameren zusammengesetzt, welche in sich ein Ganglion einschlossen, und welche von einem Abschnitt des Nahrungskanals ; durchbohrt den Also muß man in”jedem Metamer einen suböso- > phagealen und einen supraösophagealen Teil unterscheiden können. Jeder Körperring muß somit ringförmig die Mundöffnung umfassen. ! Ich weise für das Verständnis der Metamerieeinteilung auf die Fig. 18 4 ‘ und die derselben gegebenen Bezeichnungen hin. 3 Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 461 Nach diesen Auseinandersetzungen ist es leicht, mit Stütze aus dem vorigen Kapitel die Begründung der Metamerie des Chzronomus- (und Insekten-)Kopfes vorzunehmen. 1. Metamer. Augenmetamer. Zum ersten Metamer gehören: Neuromer: Protocerebrum mit Nervus on Myomer: Fehlt. Übrige Organe: Die Punktaugen Fig. 18 (v.P, h.P) und das Frontalorgan (Org.fr.). Infolgedessen rechne ich vom Kopfintegument bis zum ersten Metamer: Eine ziemlich ausgedehnte Integumentpartie lateral vom Clypeus, welche die Augen und das Frontalorgan enthält. Ferner postuliere ich für dieses Metamer ein hypothetisches Integumentstreif- chen, das unter der Antennenwurzel sich nach vorn gegen die von derselben umfaßte Mundöffnung streckt. Unter den Untersuchern, welche die morphologische Zusammen- setzung des Insektenkopfes begründet haben, ist VıarLuanzs (1887) der einzige; dessen Auffassung des ersten Metamers mit der meinigen übereinstimmt. Er sagt nämlich (S. 117): »2) Le premier zoonite porte les yeux composes et les ocelles«. “ Heymons (1895, 1,2; 1896; 1897, 1,2,5) rechnet zu dem ersten Metamer sowohl die Augen wie Labrum, Epipharynx und Clypeus. Daß diese Auffassung, welche sich auf embryologische Untersuchungen stützt, nicht richtig ist, geht meiner Meinung nach ohne weiteres aus der doppelten Innervation, aus Protocerebrum und Tritocerebrum, hervor. ' Das erste Metamer, wie es HEymons auffaßt, wurde von PATTEN (1888) für" Acilius, von WHEELER (1889) für Doryphora, von CAR- RIERE (1890) und von CArRıErE und BÜRGER (1895) für Chalicodoma als aus zweien zusammengesetzt aufgefaßt. Nach diesen Angaben, welche sich etwas von den Parrzwschen unterscheiden, sind diese zwei Segmente. das. Oberlippensegment und das Gehirnsegment. WHEELER, CARRIERE und CARRIERE und BÜRGER stützen ihre Ansicht auf das Vorhandensein von vier Kopfganglien, nämlich: Ganglion frontale, Protocerebrum, Deutocerebrum und Tritocerebrum. Sie fassen somit das Eingeweidenervensystem als Ganglien im Verlaufe der Ganglienkette auf, wie es Janer (1899, 2) später getan hat. Es scheint mir, daß das Stehen oder Fallen der Theorie der Zweiteilung des Heryuonsschen ersten Segmentes.ganz auf der Auffassung des Ein- geweidenervensystems beruhe. Sind die Darmganglien als gewöhnliche Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 31 462 "Nils Holmgren, Ganglien im Verlauf der Ganglienkette anzusehen oder nicht, ist somit die erste Frage, welche wir uns hierbei stellen müssen. JAnET (1899, 1) beantwortet diese Frage mit einem Ja. Betrachten wir aber die Entwicklungsgeschichte des Nervensystems, so finden wir, daß sowohl die Bauchganglienkette wie die Gehirnganglien gleichzeitig gebildet werden (PATTEN, HEIDER, GRABER), während die Darmganglien erst sekundär mit dem übrigen Nervensystem in Ver- bindung treten (HEIDER, CARRIERE). Anatomisch sind die Darmgan- glien auch von den Ganglien der Ganglienkette verschieden. Die Ent- wicklungsgeschichte lehrt somit, daß die Darmganglien nicht mit den übrigen Ganglien gleichzustellen sind. — Ihre Argumente für die Zweiteilung des ersten Hrymonsschen Segmentes sind somit nicht stichhaltig. Das schwerwiegendste Argument für die Zweiteilung des Heymonsschen ersten Segments liefert, scheint mir, die doppelte Innervation desselben. Obgleich die obengenannten Forscher ein un- verwendbares Argument gebraucht haben, haben sie doch das Richtige getroffen. — Ich will jedoch betonen, daß sie, wenn sie, wie es JAnET (1899) aus denselben Prämissen tut, die Schlußkonsequenzen gezogen hätten, nämlich das Ganglion oesophagi und ventriculare als mit den übrigen Ganglien homolog hielten, zu der JAnetschen Auf- fassung gekommen wären. Wie aus der Tabelle S. 442 hervorgeht, teilt Janer (1899) das erste Segment von HEYMoxs in vier Segmente ein: nämlich eins für jedes der Ganglien: Protocerebrum, Ganglion frontale, oesophagi und ventrieulare. Ich habe oben mein Bedenken gegen eine solche Auffassung im Prinzip herxorgehoben. Als Extremitäten des ersten Segments faßt CARRIERE (1890) die Oberlippe auf. Gegen eine solche Auffassung tritt Hzrymons (1895) unter Hinweis auf das Verhalten, daß die Anlage der Oberlippe sich zwischen den seitlichen Ausbreitungen der- Neuralwülste entwickelte, entschieden auf. Das zweite Metamer:: Antennenmetamer. Neuromer: Deutocerebrum; Nervus antennarum. Myomer: Musculus abductor antennae (M. adduetor antennae). Übrige Organe: Die Antennen und die Ursprungsflächen der Antennenmuskeln. Hierzu füge ich ein postuliertes hypothetisches Integumentstreifchen, welches in allen Teilen den Grenzen der ersten Metamere folgend und dieselben sowohl dorsal wie ventral von der Mundöffnung dies umfassend, die Ursprungsflächen der Antennen- muskeln mit der Ansatzstelle der Antennen verbindet. Zur Morphologie des Insektenkopfes. I. 463 Das zweite Metamer ist somit bedeutend reduziert. Das Ver- halten dieses Metamers erinnert an das entsprechende der Myrmica, ist aber wesentlich mehr reduziert, indem das »organe chordotonale des antennes« hier auf den Antennen gelegen ist. Die Extremitätenanlagen des zweiten Metamers sind die Anten- nen. Sie erweisen sich als solche sowohl durch ihre Genesis wie auch durch sonstige morphologische Eigenschaften. Das dritte Metamer: Oberlippenmetamer. (Prämandibular- oder Postantennalmetamer.) Neuromer: Tritocerebrum, N. labri, frontalis, Ganglion frontale, N. recurrens, Ganglion oesophagi, N. ventrieularis, Ganglia ventri- eularia. | Myomer: Die von Olypeus und Labrum entspringenden Muskeln. Übrige Organe: Clypeus, Labrum, Epipharynx (mit Sinnes- organen) und der stomodaeale Teil des Nahrungskanals. Für dieses Metamer postuliere ich ein hypothetisches Integumentstreifchen, welches das erste und -zweite Metamer lateral umfaßt und in welchem etwa vorhandene Extremitätenrudimente liegen. ' Dieses Streifchen umfaßt die Mundöffnung ventral. Dorsal wird die Mundöffnung von dem Labrum und dem Epipharynx umfaßt. Bei der Chironomus- Larve fehlen Extremitätenanlagen auf diesem Metamer. Nur VIALLANEsS (1887) stimmt mit mir in der Auffassung des dritten Metamers überein, er sagt nämlich: »Le troisieme (zoonite), qui est depourvu d’appendices, porte le labre, piece qui, pas plus chez les Insectes que chez les Crustaees, ne peut &tre consideree comme le resultat de la soudure de deux appendices.« Seine Argu- mentation ist auch dieselbe wie die meinige. Extremitätenanlagen auf dem dritten Metamer (Vorkiefersegment, Prämandibularsegment, Postantennalsegment) der Autoren sind von folgenden Forschern bei verschiedenen Insekten gefunden: von CLAr- POLE (1898), WHEELER (1893) und Forsonm (1900) für Anurida, von Heymons (1897, 1) für Lepisma, von Uzeu (1897, 98) für Campodea, von ZOGRAF (1885) für Geophilus, von FoLsom (1899) für Tomocerus und Orchesella, von Heyumons (1897, 2) für Scolopendra und Glomeris, von Bürscauı (1870) und Grassı (1884) für die Honigbiene, von CARRIERE und BÜRGER (1897) für Chalicodoma, von TICHOMIROFF (1882) für Bom- byx mori usw. al 464 Nils Holmgren, Das vierte Metamer: Mandibularmetamer. Neuromer: Ganglion mandibulare und Nervus mandibularis. Myomer: M. adductor und abductor mandibulae. Übrige Organe: Die Mandibeln, eine verbreitete Partie des Daches und der Seiten der Kopfkapsel, welche die Ursprungsflächen der Mandibelmuskeln enthält. Außerdem rechne ich zu diesem Meta- mer ein schmales Band, das nahe am Hinterrande des Kopfes den dorsomedialen Teil des Metamers bildet. Zu diesem Metamer rechne ich weiter ein schmales Band des Integuments, das die Mundöffnung ventral umschließt. Das vierte Metamer ist somit auf den Seiten ausgebreitet, während es dorsal und ventral reduziert ist. Dies hängt natürlich mit der Lage der Mandibularmuskulatur zusammen. Die Appendicularorgane des vierten Metamers sind die Mandibeln. Das vierte Metamer der Chironomus-Larve stimmt in seiner Ver- breitung nicht mit dem vierten der Myrmica, wie es von JANET (1899, 2) definiert ist. Bei Myrmeica umfaßt es einen gleich breiten Ring des Lateral- und Dorsalteils des Kopfes. Bei Chironomus ist es dagegen dorsal verengt (sogar hypothetisch?). Diese Differen- zen sind aus dem Verhältnis leicht erklärlich, daß die Kiefer der Myrmica gegeneinander wirken, während sie bei der Chironomus- Larve vertikale Bewegungen ausführen. Ebenso hängt es mit der Form des Kopfes zusammen. Jedem der einen Myrmica-Kopf und einen Chironomus-Kopf vergleicht, wird dies Verhältnis ohne weiteres klar. Ich brauche deshalb über diese Frage keine Worte mehr zu verlieren. Das fünfte Metamer: Maxillenmetamer. Neuromer: Ganglion maxillare und Nervus maxillaris. Myomer: Musculus adductor maxillae. Übrige Organe: Die Maxillen mit ihren Sinnesorganen. Von dem Integument gehören zu diesem Metamer die ventralen und lateralen Teile des Kopfinteguments, die Ursprungsstellen des Maxillarmuskels einschließend, und den Dorsalteil des Kopfes mit einer postulierten verengten Partie umfassend. Ferner postuliere ich einen ventral von der Mundöffnung sich streekenden verengten bandförmigen Teil. Es ist somit dorsal und ventral reduziert, lateral aber ausgebreitet, und stimmt somit mit dem entsprechenden Metamer der Myrmica gut überein. Appendiculäre Organe sind die Maxillen. Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 465 Das sechste Metamer (Labialmetamer). Neuromer: Ganglion labii, Nervus labii. Miyomer: M. adductor endolabii und M. endolabii-hypopharyngis. _ Übrige Organe: Hypopharynx, Ganglion labii, Endolabium, Mentum, Submentum und eine verengte, postulierte dorsale Partie des . lateralen und dorsalen Hinterrandes des Kopfes. Dieses Metamer ist somit ventral ausgebreitet, lateral und dorsal reduziert. Es stimmt somit relativ ziemlich gut mit dem JAnETschen sechsten Metamer. Ein appendieuläres Organ ist das Endolabium. Kritische Bemerkungen über die spezielle einschlägige dipterologische Literatur. Nachdem ich also definiert habe, wie die verschiedenen Meta- meren nach meiner Auffassung aussehen, möchte ich einen Blick auf die Ansichten, welche von älteren Verfassern über den Aufbau des Dipterenkopfes publiziert worden sind, werfen. Hierbei kann es sich jedoch nicht darum handeln, Vergleichungen mit Untersuchungen, wie z. B. den Meınerrschen (1881) u. a., welche keine eigentlichen Stützen für die supponierte Richtigkeit ihrer Resul- tate vorgebracht haben, zu ziehen. Ich will mich also an diejenigen Untersuchungen über die Metamerie des Kopfes der Dipterenlarven halten, welche für ihre raison d’etre Belege anzuführen vermögen. Diese Arbeiten sind meines Wissens nur zwei, nämlich die WEISMANN- sche (1863) über die Entwicklung der Chironomus-Larve und die BEnGTsonsche (1897) über den Bau der Phalacrocera-Larve!. Aus der WeısmAnnschen Arbeit geht hervor, daß der Kopf der Ohironomus-Larve aus fünf verschiedenen Metameren, nämlich »primä- rem Kopfabschnitt<, Antennenmetamer, Mandibularmetamer, erstem Maxillarmetamer und zweitem Maxillarmetamer oder Labialmetamer be- steht. Abgesehen von meiner Auffassung über die Segmente des pri- mären Kopfabsehnittes stimmt dies auch mit meinen Befunden. Gehen wir aber zu Einzelheiten über, so finden wir, daß bei WEISMANN die zwei- ten Maxillen den Teil des Kopfes bilden, den ich als Mentum bezeichnet habe. Während ich also das Endolabium als das Produkt der ver- wachsenen zweiten Maxillenpaare bezeichne, faßt WEISMAnN das »Mentum« als dieses Produkt auf. Das Endolabium wird nicht er- wähnt, die Annahme wäre deshalb nicht unmöglich, daß WEISMANN ! MıALL u. HAmMmonD beschäftigen sich nicht mit den fraglichen Problemen. 466 Nils Holmgren, dieses Organ überhaupt nicht gesehen habe. Dies scheint aber, wie aus dem. Untenstehenden mit großer Wahrscheinlichkeit hervorgehen wird, nicht der Fall zu sein. Studieren wir nämlich die Figg. 42, 43 und 44, welche Weıs- MANN seinem Werke beigefügt hat, so finden wir, daß die Ontogenese, die er beschreibt, nicht unzweideutig aus seinen Figuren hervorgeht. Vielmehr laden sie zu einer andern Deutung ein. Wenden wir uns zuerst zur Fig. 42, so sehen wir, daß unmittelbar von der Spitze des Basalteils des Labialmetamers zwei Extremitätenanlagen ausgehen. Dies sind die Anlagen der zweiten Maxille. An der Fig. 43 wird dies Verhältnis auf einem späteren Stadium beleuchtet. Die Anlage der Maxillen ist in der Mediallinie miteinander vereint und bildet eine einheitliche, vorn ein wenig eingeschnittene Platte, die basalwärts durch eine Furche von der Basalpartie abgesondert ist. An der Fig. 44 (mx2), welehe ein noch späteres Stadium repräsentiert, soll nach WEISMANN ersichtlich gemacht werden, wie die Maxillenanlagen mit dem Basalteil des Metamers wieder verschmolzen sind und das »Labium« bilden. Dieser Entwieklungsgang ist ziemlich unverständ- lich. Ein ursprünglich einheitliches Organ (die Maxillenanlagen + der Basalteil} wird zuerst durch eine Furche in zwei Teile abgeteilt, um bald wieder durch Auslöschung dieser Furche einheitlich zu wer- den. Dies Verhältnis hat mich auf den Gedanken gebracht, daß der auf Fig. 44 mit mx? bezeichnete Teil nicht dem ganzen Labium ent- spricht. Die Deutung seiner Figuren, welche ich ihnen beilegen will, st folgende: Die Furche, welche an der Fig. 43 den basalen Teil des Maxillarsegments von dem apiealen trennt, vertieft sich im Laufe der Entwicklung auf einem Stadium zwischen Figg. 45 und 44 immer mehr. Dadurch, daß diese Vertiefung in der Richtung nach hinten geschieht, wird das Appendicularorgan nach hinten ge- zogen, und kommt auf einem Stadium, wie Fig. 44, hinter dem Basalteil versteckt zu liegen. Der Vorderrand des auf Fig. 44 mit mx? bezeichneten Organs möchte somit dem Vorderrand des durch eine Furche vom Appendicularorgan abgegrenzten Basalteil ent- sprechen. ; Auf diesem Wege werden die Resultate der Weısmannschen embryologischen Untersuchung in dieser Hinsicht mit den meinigen in Einklang gebracht. Wird die Richtigkeit der vorstehenden Be- gründung nicht als zutreffend anerkannt, so gibt es schwerlich irgend eine Möglichkeit, ein Endolabium im Insektenkopf einzuräumen, da man ja kaum vermuten kann, daß ein Forscher wie WEISMANN bei Zur Morphologie des Insektenkopfes. I. 467 seiner Untersuchung die Anlagen eines der größeren Organe des Chironomus-Kopfes übersehen haben könnte. Ich halte es also nicht für unberechtigt, wenn ich für meine Resultate über das Labialmetamer der Chironomus-Larve meine Deutung der Wersmannschen Untersuchung als eine fernere Stütze benutze. Die Auffassung der Zusammensetzung des Kopfes, welche BEnGTson verfochten hat, ist so eigenartiger Natur, daß ich es nicht unterlassen kann, ihnen eine eingehendere Kritik zu widmen. Er sagt nämlich in seiner Abhandlung S. 27: »I Phalacrocera-larvens hufyvud tänker jag mig fyra segmenter ingä jemte det embryo- nala »primärer Kopfabschnitt« med dess laterala utbredningar, -»Kopflappen«, hvilket sista äfven hos larven och den utbildade in- sekten tager största andelen i hufvudets bildning. Ä denna region äro, sasom förut anfördt, elypeus och labrum att uppfatta som en senare, ur ett antagligen gemensamt »Vorderkopf<-anlag framgangen, differentiering, samt antennerna säsom samma hufvuddels appendi- kulära bildningar. Äfven ögonen ha ä denna sin plats. De 4 käksegmenten äro: | 1) ett främsta (?) eller mandibularsegment, uppbärande man- diblerna; - 2) .ett endolabialsegment, uppbärande endolabium ; 3) ett maxillarsegment, bärande maxillerna; samt 4) ett bakersta eller understa ectolabialsegment, uppbärande ectolabium.« Auf der folgenden Seite (S. 28) lesen wir: »Hufvudkapseln hos Phalacrocera-larven, liksom hos Tipulid- larverna m. fl. uppfattas med rätta säsom ett ofullständigt afslutadt och differentieradt hufvud, eftersom ju en större del af dess undre och bakre begränsning eller vägg saknas och i stället intages af Ööppningar.« Wir begnügen uns vorläufig mit diesen zwei Zitaten! Bleiben wir zuerst bei dem letzten Zitate. Wenn BEngrson von dem Kopfe der Phalacrocera-Larve sagt, er sei »unvollständig ab- geschlossen und differenziert«, kann er wohl nichts andres meinen, als daß er einen ursprünglichen Typus bilde, welcher seine volle Entwicklung noch nicht erreicht habe, da »ein größerer Teil seiner unteren und hinteren Begrenzung oder Wand nicht vorhanden ist und anstatt dessen durch Öffnungen eingenommen ist«. Der unvollständige Phalacrocera-Kopf wäre somit ein Kopf, der 468 - Nils Holmgren, in der Entwicklung begriffen ist, und würde demnach einen ursprüng- licheren Charakter als die vollständigen Dipterenköpfe aufweisen. Die Unhaltbarkeit dieser Auffassung wird unmittelbar ersicht- lich, wenn wir bedenken, daß in allen Insektengruppen, wenigstens im Embryonalstadium, der vollständige Kopf vorkommt. Wäre ein unvollständiger Kopf das Primäre, so wäre zu erwarten, daß wir im Embryonalstadium solch eine Unvollständigkeit wiederfinden würden. Dies ist aber nicht der Fall. Schon aus diesem Grunde wird völlig klar, daß der Phalacrocera-Kopf kein »unvollständig abgeschlossener und differenzierter< Kopf ist. Er ist vielmehr ein stark reduzierter Kopf und folglich in dieser Hinsicht weniger ursprünglich als der Chr- ronomus-Kopf. Ich mache also darauf aufmerksam, daß das oben Ge- sagte nur von der Kopfkapsel, nicht aber von den Appendieularorganen, worauf ich unten bald zurückkomme, gilt. — Daß die Antennen nicht die Appendieularorgane des »primären Kopfabschnittes« sein können, geht aus ihrer Innervation aus dem Deutocerebrum so deutlich her- vor, daß ich darüber kein Wort mehr zu verlieren brauche. Gehen wir nun zur Ben@rsonschen Metamereinteilung über, um sie mit der meinigen zu vergleichen, so finden wir, daß sie nicht miteinander übereinstimmen. In dem BEn@Tsonschen ersten Me- tamer, »primärer Kopfabschnitt« (ein Ausdruck, der wohl verschwin- den dürfte), ist sowohl mein erstes, wie mein zweites und drittes Metamer einbegriffen, da sie ja sowohl mit Augen wie Antennen aus- gerüstet sind. Daß die Auffassung BEnGTsons des »primären Kopfabschnittes« völlig unrichtig ist, geht ohne weiteres aus der zweifachen Innervation von Protocerebrum und Deutocerebrum hervor. Bei der Phalacerocera-Larve unterscheidet BENGTSoN vier Kiefer- segmente. Von diesen Segmenten kann ich nur die Mandibel- und Maxillensegmente, als im Ben@ersonschen Sinne existierend, an- erkennen. BENGTSON muß, um zu seiner Auffassung kommen zu können, einen Irrtum begangen oder sich in irgend einem Bauver- hältnis geirrt haben. Im folgenden werden wir die Argumente näher besprechen, welche ihn zum Aufstellen seiner Endolabial- und Ekto- labialsegmente geführt haben. Wir beginnen somit mit dem Endo- labialsegment. Als Stütze seiner Auffassung über die Extremitätennatur des Endolabiums führt BEnGTsoN an: 1) sein selbständiges Innervieren aus einem eignen Nervenpaar vom unteren Schlundganglion, sowie gewisse sprechende Strukturverhältnisse dieses letzteren ; 2) sein Verhalten während der Entwicklung, beim Anlegen der imaginalen Mundteile; und 3) den Vergleich mit andern Formen. Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 469 Es kann überflüssig sein die Ben@rsonschen Argumente näher zu besprechen, da ich über die Extremitätennatur des Endolabiums zu übereinstimmenden Resultaten gekommen bin. Ich tue es aber, um zu zeigen, daß die oben angeführten Gründe nicht genügend stich- haltig sind, um zu beweisen, was BkEn@rson damit beabsichtigt. Das Endolabium der Chironomus-Larve wird von einem Nerven- paar innerviert, nämlich N. labii, das auch Mentum (Eetolabium) und Hypopharynx innerviert. Über die Nerven, welche vom unteren Schlundganglion aus- gehen, ist zu bemerken, daß sie sich prinzipiell wie bei der Chironomus-Larve verhalten. Einen N. endolabii gibt es somit gar nicht. Abgesehen also vom »selbständigen Innervieren« des Endo- labium, so bleiben die »talande strukturförhallande« (sprechenden Strukturverhältnisse) des unteren Schlundganglion übrig: Diese sind leicht abzufertigen, da sie nach einer von mir vorgenommenen Unter- suchung von Phalacrocera gar nicht existieren. (Dieselbe Kontroll- untersuchung ergibt auch deutlich, daß sich Phalacrocera, im Bau des unteren Schlundganglions, prinzipiell ganz wie Chironomus ver- hält und daß somit die Ordnung der Ben@grsonschen Segmente ganz fehlerhaft ist.) - Ferner ist die postembryonale Entwicklung, wie BENG'rsoN es tut, nieht verwendbar, um die morphologische Natur des Endolabiums zu begründen. Denn er weiß in der Tat noch weniger über die Extre- mitätennatur der Proboseis, alser über die Extremitätennatur des Endo- labium weiß, und nicht die Natur der Probosecis soll die Natur des Endolabium beleuchten, sondern gar das Entgegengesetzte. Er geht somit von einem Satze aus, den er beweisen soll, macht sich also eines »circulus in demonstrando« schuldig. Was nun das letzte Argument betrifft, so ist es nicht sicherer als die früheren. Er mag nämlich den Bau des Endolabiums mit dem jeder andern Art vergleichen, es wird doch ebenso fruchtlos sein, denn bei keiner Art ist vorher die Extremitätennatur des Endo- labium bewiesen. Als labiale Teile habe ich im vorigen die Glandula labii und den Hypopharynx in Anspruch genommen, und die Argumente hierfür ent- wickelt. Diese sind die Innervation aus dem Ganglion labii und die Lage des Musculus endolabii hypopharyngis. Dies streitet gegen die BENGT- sonsche Auffassung der fraglichen Organe. Er faßt nämlich den Hypo- pharynx als eine pharyngeale Ausstülpung auf und läßt die Glandula labii sich im Pharynx öffnen, d. h. ein pharyngeales Derivat sein. AO Nils Holmgren, Für diese seine Auffassung der beiden Organe gibt er aber keine wirklich stützenden Gesichtspunkte an. Er führt freilich an, daß die Speicheldrüsen der » Otenophora-Larve« in die zarte untere Pharyngeal- wand über dem »Endolabium« münden. Dies ist gut und schön, aber welches Kriterium gibt es wohl für die Auffassung, daß diese Partie wirklich die Pharyngealwand ist. Bei der Chironomus-Larve gehört die entsprechende Partie wenigstens nicht der Pharyngeal- wand an. Vergleichen wir nun das Eetolabium der Phalacrocera mit dem Mentum des Chironomus, so finden wir sogleich, daß sie völlig gleich- wertig sein müssen. Für das Mentum der Chironomus-Larve habe ich soeben bewiesen, daß es die Basalpartie des Labiums ist. BENGTsoN hält diese Partie der Phalacrocera-Larve als aus zwei Extremitäten- anlagen gebildet. Hierbei stützt er sich in erster Linie auf die Weısmannsche oben zitierte Abhandlung über die Entwicklung der Chironomus-Larve im Ei. Indessen wurde vorher nachgewiesen, daß die Begründung WEISMANNs an einem gewissen Irrtum leide. Indem ich dies nachwies, gab ich auch dem Benarsoxschen »Eetolabial- sesment« den Todesstoß. Die »undisputablen« Labialnerven, welche aus dem unteren Schlundganglion ausgehen, und das »Ectolabium« innervieren, gehen beim Chironomus nicht direkt aus dem unteren Schlundganglion heraus, sondern sind Äste des N. labii, welcher auch das Endolabium innerviert. Diese Nerven können somit nicht als Stütze einer »Eetolabialsegment-Theorie« dienen. Ich habe somit der Bex@rsonschen Theorie der Extremitätennatur des Endo- und Ectolabiums jede Stütze entzogen. Immerhin ist die Extremitäten- natur des Endolabium durch meine Deutung der WEISMANnNschen Resultate hinreichend begründet, während die des »Eetolabiums« ganz falsch ist. ’ Oben versuchte ich zu zeigen, daß die Phalacrocera-Larve sich, betreffend die Stammteile des Kopfes, nicht ursprünglich verhält. Wenden wir uns nun zu den Appendicularorganen, so finden wir, und hier stimmt uns Ben@Tson bei, daß die Antennen der Phalacrocera- Larve bedeutend reduziert sind. Sie haben nach BENGTsoN ihre Muskulatur eingebüßt. Die vermeintliche Ursprünglichkeit des Baues der Mandibeln, welche BEn@Tson hervorhebt, ist leicht zu widerlegen. Er beschreibt, daß die Phalacrocera-Larve vor der zweiten Häutung gegenständige Mandibeln hat, während sie nach dieser vertikal be- wegliche aufweist. Diese Angabe wäre gewiß von Bedeutung, wenn die »Erucaeformia« wirklich allein mit solehen Mundteilen da ständen. Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 471 Dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Aus den Untersuchungen WEISMANNs geht hervor, daß die Chironomus-Larven gegenständige Kiefer besitzen, wenn sie das Ei verlassen. Die Kiefer sind nun schon stark chitinisiert und können somit nicht vor der ersten Häu- tung ihre Form verändern. Ältere Chironomus-Larven haben vertikal _ bewegliche Mandibeln. Die Chironomus-Larven verhalten sich somit mit der Phalacrocera-Larve ziemlich übereinstimmend. BENGTson vergleicht ferner die Mandibeln der Phalacrocera-Larve mit denen der Thysanuren. Ohne auf diese Frage näher einzugehen, wage ich doch die Vermutung auszusprechen, daß ein Vergleich in dieser Hinsicht zwischen der Chironomus-Larve und den Thysanuren dieselben Anknüpfungspunkte ergeben sollte. Aus dem vorigen geht aber hervor, daß die dem Kopfbau ent- nommenen Gründe, welche BzngTson beim Konstruieren seines Stamm- baumes (S. 102) verwendet, nicht im BEn@’rsonschen Sinne für diesen Zweck verwertet werden können. Der Kopf der Phalacrocera-Larve ist ein stark abgeänderter Larvenkopf, in welchem die Mundteile (wie bei Larven überhaupt), sich primitiv verhalten. Die Lage der Schlundganglien in der Kopf- kapsel! ist freilich primitiv, ihre Lage im Thorax sekundär, aber diese Verhältnisse als systematischen Grund zu verwerten, wie es BRAUER tut, ist nicht zulässig, da ja die Verlagerung dieser Teile wohl bei verschiedenen Arten hat parallel geschehen können ?. Das Frontalorgan (Fig. 19). Ehe ich diesen Aufsatz zum Abschluß bringe, möchte ich einige - Worte über das für die Chrronomus-Larve neuentdeckte Frontal- organ sagen. Schon im voraus will ich hervorheben, daß die Natur des Organs _ mir wenig klar geworden ist. Nur das kann ich bestimmt aussagen, daß es ein Sinnesorgan ist. | Betrachten wir es von der Fläche heraus, so erscheint es als eine abgerundete Scheibe, in welcher wir eine Zahl vom Mittelpunkt ! Die Schlundganglien der Phalacrocera-Larve liegen auf der Grenze zwi- schen Kopf und Prothorax, und haben somit keine typische Lage im Kopfe, wie es BEn@tson behauptet. Wenigstens ist dies bei den Larven der Fall, die ich untersucht habe. 2 Dies wird durch die Tatsache angedeutet, daß es in der Gattung Ohiro- nomus sowohl Arten gibt, welche die Ganglien in der Kopfkapsel haben, wie solche, wo die Ganglien thorakale Lage haben. 472 - Nils Holmgren, ausstrahlender dunkler Bänder sehen. Außerdem sieht man bei hoher Einstellung des Mikroskoptubus in der Mitte der Scheibe, in dem sie bekleidenden Chitin einen runden scharf begrenzten ziemlich unansehnlichen Körper (oder Borste?). Ein Querschnitt durch das betreffende Organ zeigt: 1) daß die cellulären Bestandteile von einer doppelten Chitin- schicht überlagert sind. Die äußere Schicht ist basophil, die innere acidophil. 2) daß sich in der Mitte des Organs in der äußeren Chitinlage eine Vertiefung befindet. In diese Vertiefung eingesenkt ist ein sphärischer Chitinkörper, zum größten Teil aus basophilem Chitin gebildet. An dessen äußerer Seite ist aber eine kleinere Partie nicht färbbares Chitin (siehe die Fig. 19). 3) daß das Organ im Innern aus einem konischen Teil besteht, welcher aus bipolaren Ganglienzellen gebildet ist, die in unmittel- barer Verbindung mit Nervenfasern stehen; diese bilden einen ziemlich kräftigen Nerv, der sich mit dem Nervus opticus vereint. Außerdem beteiligen sich Hypodermiszellen am Aufbau des Organs. und 4) daß die radialen dunklen Bänder ziemlich rätselhaft sind. Sie bestehen aus einem körnigen Zellprodukt. Als Pigmentbänder kann ich sie nicht anerkennen, denn sie sind nicht scharf gefärbt, glänzend, sondern nur dunkel graufarbig (bei ungefärbtem Material). Von Eisenhämatoxylin werden sie schwarz, von EnrLıcus Hämatoxy- lin werden sie nicht gefärbt, Kongorot färbt sie stark rot. Das so aufgebaute Organ möchte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Punktauge besitzen. _ Die Chitinlinse macht die Annahme, daß es ein Punktauge ist, nicht unwahrscheinlich. Wäre es aber ein normal fungierendes Punktauge, würde es normales Pigment besitzen. Ich möchte die Auffassung des Organs vertreten, daß es ein reduziertes Punktauge sei, welches im früheren Larvenleben funktio- niert hat. | Bei den Dipteren sind einfache Augen nur selten gesehen worden. So sagen Mira und Hammonp (1900) in ihrer Monographie über Chironomus (8. 91): »There are no functional simple eyes, but bet- ween the compound eyes and near the top of the head are a pair of small stalks, which in the pupa are connected with the brain by a single median nerve.e Durour (1851, p. 178) has described, in the erane-fly (Teipula oleracea), a minute ocellary nerve terminated by a pigmented retina, and also a small rounded prominence behind the insertion of each antenna. These he regards as the functionless Zur Morphologie des Insektenkopfes. 1. 473 representatives of the ocelli of other Dipterous families. The Culi- eidae, Chironomidae, Psychodidae, Tipulidae, like the Simulidae and most Cecidomyidae, have as a rule no ocelli. Scnhiner (1862-—64) has however found traces of ocelli in some Chironomidae, especially Tanypus. OSTEN-SACKEN (1887, p. 169) notes that Trichocera has distinet ocelli, and he thinks that Pedieia has something like them.« Mraut und HanmmonD (l. ec.) bilden einen Schnitt durch die fron- talen Fortsätze der Chironomus-Puppe ab, aus dem zu sehen ist, daß damit ein ziemlich kräftiger Nerv in Verbindung steht und dab sie einen mit dem Nervenendapparat der Frontalaugen der Cheronomus- Larve analog gebauten Endapparat besitzen. Es scheint mir deshalb außer Zweifel zu sein, daß die Stirnhöcker der voll entwickelten Fliege mit den Frontalaugen der Larve homolog sind. Die frontalen Fortsätze der entwickelten Fliege sind somit morpho- logisch mit den Punktaugen identisch. Stockholm, im Dezember 1903. Verzeichnis der zitierten Litteratur, S. BENGTSon, 1897. Studier öfver Insektlarver. I. Till kännedomen om Larven of Phalacrocera replieata (Lin.). Akad. Afhandl. Lund. (Lunds universi- tets Ärsskrift, Bd. XXXIID. 8. 1—117. Pl. I-IV. JOA. FRIEDR. BRAnDT (1835). Bemerkungen über die Mundmagen- oder Einge- weidenerven der Evertebraten. Mem. Acad. imp. des Sc. de St. Peters- bour=.2..06,.% MI], part 2. (Se. nat., T. I.) F. BRAUER, 1883. Die Zweiflügler des Kaiserlichen Museums zu Wien. III. Syste- matische Studien der Dipterenlarven usw. Wien. Akad. Denkschr. EV. 7100 8. "PL I—V. O0. BürscaHzı, 1870. Zur Entwicklungsgeschichte der Biene. Diese Zeitschr. Bd. XX. S. 519—564. Taf. XXIV—XXVL. J. CARRIERE, 1890. Die Entwicklung der Mauerbiene (Chalicodoma muraria Fabr.) im Ei. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXV. S.141—165. Taf. VIII, VIlla. J. CARRIERE, (1893) 1897. Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene (Chalico- doma muraria Fabr.) im Ei. Herausgegeben und vollendet von OÖ. BÜRGER. Nova Acta Akad. Leop.-Carol. der Naturforscher. Bd. LXIX. Nr. 2. Ss. 255—419. Taf. XII—XXV. N. CHOLODKOWSKY, 1891. Die Embryonalentwicklung von Phyllodromia (Blatta) germanica. M&m. Ac. St. Petersbourg. Bd. XXXVIU. A. M. CLAYPoLE, 1898. The Embryology and Oögenesis of Anurida maritima (Gu£r.). Journ. ofMorph. Vol. XIV. 8. 219—800. Pl. XX—XXXV, 11Fig. L. Durour, 1851. Recherches anatomiques sur les Dipteres. Acad. des Sciences, Sav. Etr. X1. p. 171-360. Pl. I-XI. 474 "Nils Holmgren, J. W. FoLsom, 1899. The Anatomy and Physiology of the Mouth-Parts of the Collembolan, Orchesella eineta L. Bull. Mus. Comp. Zoöl. Vol. XXXV. No. 2. p. 7—39. 4 pl. J. W. Forsom, 1900. The Development of the Mouth-Parts of Anurida mari- tima Guer. Bull. Mus. Comp. Zoöl. Harvard College. Vol. XXXVI. No. 5. p. 87-157. Pl. I-VM. AUGUSTE ForEL (1874. Les Fourmis de la Suisse. 1874. M. 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Berlin. 66 S. 2 Taf. R. Heymons, 1897. 1) Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Lepisma saccharina L. Diese Zeitschr. Bd. LXII. S. 583 -631. Taf. XXIX u. XXX, 3 Fig. R. Heymons, 1897. 2) Mittheilungen über die Segmentirung und den Körper- bau der Myriopoden. Sitzungsber. Königl. Prenß. Akad. Wiss. Berlin. Bd. XL. 8. 915—923. 2 Fig. R. Heymons, 1897. 3) Über die Organisation und Entwicklung von Baeillus rossii Fabr. Ebenda. Phys.-math. Klasse. S. 363. R. Hzymons, 1897. 4) Über die Bildung und den Bau des Darmkanals bei nie- deren Insekten. Sitzungsber. Ges. Nat. Freunde Berlin. R. Heymons, 1897. 5) Über die Zusammensetzung des Insektenkopfes. Ebenda. R. Heymons, 1899. Über die bläschenförmigen Organe bei den Gespenstheu- schrecken. Ein Beitrag zur Kenntnis des Eingeweidenervensystems bei den Insekten. Sitzungsber. der K. Preuß. Akad. der Wiss. zu Berlin. T. XXX. S. 563. T. H. Huxuey, 1878. A Manual of the Anatomy of Invertebrated Animals. 596 S. 158 Fig. New York. 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De eucephale Myggelarver. Vidensk. Selsk. 6 Rakke, naturvid. og math. Afd. IIL,5. p. 373—493. Pl. I—-IV. L. ©. Mıatu and A. R. Hammoxp, 1892. The Development of the Head of the imago of Chironomus. Linn. Trans., Zool. 2ud ser. V. p. 265—279. Pl. XXVII—XXX1. L. C. Mıatn and A. R. Haumoxp, 1900. The Structure and Life-History of the Harlequin Fly (Chironomus)'. Oxford. p. 1—196. 1 Taf., 129 Fig. C. R. v. ÖSTEN-SACKEN, 1886—1887. Studies on Tipulidae. Part I. Berlin. Ent. Zeitschr. XXX. p. 155—188. Part I. Ibid. XXXI p. 163—242. A. S. PACKARD, 1871. Embryologieal Studies on Diplax, Perithemis and the Thysanurous Genus Isotoma. Mem. Peabody Acad. Sei. No. 2. 21 pag. 3 pl., 6 fig. A. S. Packarp, 1898. A Text-Book of Entomology. New York. p. 1—729. 2 pl., 654 fig. | W. PATTEn, 1884. The Development of Phryganids, with a Preliminary Note on the Development of Blatta germanica. Quart. Journ. Mier. Sci. Vol. XXIV. p. 549—602. Pl. XXXVIA—XXXVIC. Mlle MARIA YvAan PAvLovA (1895). 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VOELTZKOW, 18389. 2) Melolontha vulgaris, ein Beitrag zur Entwicklung im Ei bei Insekten. Ibid. IX. Bd. S. 49-64. Taf. V. H. VIALLANES, 1887. Etudes histologiques et organologiques sur les centres nerveux et les organes des sens des animaux artieulös. Ann. Sei. Nat. Ser. 7. Zool. T. IV. 120 pag. pl. I-VI. > ’> Ei mu Ba$ ae 476 . Nils Holmgren, A. Weısmann, 1863. Die Entwicklung der Dipteren im Ei, nach Beobachtungen an Chironomus spec. Musca vomitoria und Pulex canis. Diese Zeitschr. XIII. Bd. S. 107-210. Taf. VU—XIU. A. WEISMANN, 1866. Die Metamorphose der Corethra plumicornis. Ibid. XVI. Bd. Ss. 45—127. Taf. III—VUO. W. M. WHEELER, 1889. The Embryology of Blatta germanica and Doryphora decemlineata. Journ. of Morph. Vol. III. p. 291—386. Pl. XV—XXI, 16 Fig. W. M. WHEELER, 189. A Contribution to Inseet Embryology. Ibid. Vol. VI. p. 1160. Pl. I-VI, 7 Fie. E. Wrrraczır, 1884. Entwicklungsgeschichte der Aphiden. Bd. XL. 8. 559. Taf. XXVII—XXXIV. N. ZOGRAFF, 1883. Contributions to the Knowledge of the Embryological Deve- Diese Zeitschr. lopment of Geophilus ferrugineus L. K. and Geophilus proximus L. K. Studies Lab. Zool. Mus. Moscow Univ. Vol. I. Pt.1. 77 pag. 108 fie. Erklärung der Abbildungen, Erklärung der Figurenbezeichnungen: ant, Antenne; ant.w, Antennenwurzel; c.al, Corpora allata; elyp, Clypeus; conn.I, erstes Konnektiv (zwischen unte- rem Schlundganglion und erstem Thoraxganglion); D, Darmtractus; D.rm, Ringmuskeln des Darmes; Dt.m.IV—VI, Dorsalteil des IV.— VI. Metamers; end, das Endolabium; Ep, der Epipharynx; Ff, Fußfalte; 9.fr, Ganglion frontale; gl.lab, Glandula labii; g.oe, Ganglion oesophagi; g.opt, Ganglion opticum; g.tr.f.im, Leitband (Muskel) der Trans- versalfalte des imaginalen Kopfes; h, Hals des Kopfes; h.K, hinterer Kopfrand; h.P, hinteres Punktauge; hyp, der Hypopharynx; im, Jmaginalorgan; im.ant, Imaginalorgan der Antennen; im.end, Imaginalorgan des »Endola- biums«; im.F', Imaginalorgan der Facettenaugen ; K, Kopffalte; lab, Labrum (Oberlippe); l.d, Deutocerebrum ; Lg.clyp, Lateralgrenze des Clypeus; ‚Lg.m.I—V, Lateralgrenze des De: Metamers; l.pr, Protocerebrum ; l.t, Tritocerebrum ; rn, Mentum; m.abd.ınand, Musculus abduetor mandi- bulae; m.add.end, Musculus adduetor endo- labii; m.add.nand, Museulus adduetor mandi- bulae; m.add.ınax, Musculus adductor maxillae; m.constr.lab, Musculus constrietor labri; md, Mandibula; m.d.ph.I— V, Museulus dilatator pharyn- gis I-V; m.e.k, Musculus endolabii hypopharyn- gis; M.gl.lab, Mündung der Speicheldrüse ; m.r.l.l, Musculus retractor labri late- ralis; m.r.l.n, Museulus retractor labri me- dialis; ! Zur Morphologie das Insektenkopfes. I m.r.t.b.t, Musculus retractor tubae buc- ealis inferior; m.r.t.b.s, Musculus retracetor tubae buc- calis superior; mx, Maxilla; n.ant, Nervus antennarum; n.fr, Nervus frontalis; n.l, Nervus labi; n.lab, Nervus labralis ; n.lf, Nervus labro-frontalis; n.md, Nervus mandibularis; n.md.nx, Nervus mandibulo-maxillaris; n.mzx, Nervus maxillaris; n.opt, Nervus opticus; n.rec, Nervus recurrens; AT n.ventr, Nervus ventricularis; Org.fr, Frontalorgan ; proth, Prothorax; Schlg, Schlundganglion; Sk, Schlundkonnektiv (Schlundring) ; Sm, Submentum; Th.g.I, erstes Thoracalganglion; Tr, Traehee, welche in Verbindung mit den Corpora allata steht; ir.f.im, Transversalfalte der imaginalen Kopfanlage; «.Schlg, unteres Schlundganglion ; v.clyp, Vorderrand des Clypeus; v.d, Dorsalgefäß (Herz); v.P, vorderes Punktauge. Tafel XXVII Vierter Querschnitt aus einer Schnittserie von 95 Schnitten durch Querschnitt durch den Thorax auf der Höhe des hinteren Kopfrandes. 10 u. 11. Querschnitte durch den Thorax auf der Höhe der imaginalen Querschnitt durch den Thorax auf der Höhe des Schlundringes. Querschnitt durch den Thorax auf der Höhe des Ganglion oesophagi. Querschnitt durch den Thorax auf der Höhe des ersten Konnektivs. Querschnitt durch den Thorax auf der Höhe des ersten Thora- Querschnitt durch den Thorax auf der Höhe der Corpora allata (c.al). Riss L: den Kopf. Fig. 2. 43. Querschnitt daher. Fig. 3. 58. Querschnitt daher. Fig. 4. Horizontalschnitt durch den Kopf; ein wenig schief. Fig. 5. Sagittalschnitt durch den Kopf. Fig. 6. Oberes Schlundganglion von der Stalis-Larve. Fig. 7. Schlundganglion von unten gesehen. Fig. 8. Schlundganglion in seitlicher Ansicht. Fig. 9. Fig. Facettenaugen. Tafel XXVII. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Querschnitt des Thorax durch das Ganglion optieum. Fig. 15. Fig. 16. calganglions. Bie. 17. Fig. 15. Schematische Darstellung der Kopfmetameren. Fig. 19. Frontalorgan. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. Von Erich Zugmayer. (Aus dem zoologischen Institut der Universität Heidelberg.) Mit Tafel XXIX und zwei Figuren im Text. Geschichtlicher Überblick. Die ersten Mitteilungen über das Vorhandensein von lichtempfind- lichen Organen — von solchen soll der Hauptsache nach die Rede sein — an Muscheln rührt von J. X. PoLı (1) her, der die Genera Pecten und Spondylus daraufhin untersuchte. Im Jahre 1840 nennt W. GRUBE (2) als augentragende Muscheln nur Peeten und Lima, mit der Begründung, daß nur bei diesen Gattungen infolge ihrer größeren Bewegungsfähigkeit sich vorteilhafterweise Sehorgane bil- den konnten. J. G. F. Wırr (8) beschrieb vier Jahre später (1844) augenähnliche Organe bei Cardium edule und Tu. v. SızBoLD (4) er- wähnte sie 1848 mit folgenden Worten: »Die Arten von Cardium können eine außerordentliche Menge kontraktiler Stiele, an deren Spitze ein einen Edelsteinglanz von sich gebendes Auge angebracht ist, von den äußeren Mündungen der beiden kurzen Mantelröhren zwischen den klaffenden Schalen hervorstrecken.« Nun folgt, soweit Cardium in Betracht kommt, eine große Lücke bis zum Jahre 1885. Um diese Zeit untersuchten zwei Forscher, J. CARRIERE und B. SHARP (5, 6) die augenartigen Organe dieses Genus. Der erstere äußert sich über die fraglichen Organe folgendermaßen: »Die Tentakel erscheinen hier gegen die Spitze hin mit einer größeren Anzahl metallisch glänzender Punkte besetzt, während die einstülp- bare Spitze selbst mit einer rötlichen Masse erfüllt ist .... Augen jedoch sind es nicht und deshalb kann ich an dieser Stelle keine eingehendere Beschreibung der leuchtenden Zellen des Epithels und der Tentakelspitze geben. Ich glaubte nun Leuchtorgane vor mir zu haben. Schließt man aber das Licht gänzlich ab, so erlischt der Uber Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 479 Glanz und es findet hier somit keine selbständige Lichtentwicklung statt.«c Eine bestimmte Deutung der Funktion des Organs gibt CAr- RIERE nicht. — SHARP erzielte keinerlei Erfolg; die Tatsache, daß er nieht einmal die äußerlich sichtbaren Pigmentflecke wahrnehmen konnte, ist ihm seither so oft vorgeworfen worden, daß es wenig Sinn hat, dies nochmals zu wiederholen, zumal er selbst die Möglich- keit zugibt, daß sein Material durch mangelhafte Konservierung ver- dorben gewesen sei. Im folgenden Jahre (1886) berichteten W. PATTEn und K. Drosr (7, 8) über die in Rede stehenden Organe. Beide Autoren schreiben ihnen Liehtempfindlichkeit zu, fassen aber ihren Bau vollkommen verschieden auf. — B. Rawrız (9), der 1892 die Untersuchungen von PATTENn und Drosrt kontrollierte, gelangt zu einer dritten abweichen- den Meinung, gibt jedoch ebenfalls die Lichtempfindlichkeit der Tentakel- organe als höchst wahrscheinlich zu. — W. Nager (11) erwähnt die europäischen Cardium-Arten, besonders Cardium edule, als »licht- empfindliche, augenlose Tiere«. Derselbe Autor beschreibt bei Car- dium oblongum »rätselhafte Organe« (12), die jedenfalls mit dem haartragenden Sinnesorgan identisch sind, das bei verschiedenen Species von Cardium vorkommt. R. Hesse (13) endlich gedenkt des Genus Cardium nur nebenbei unter Beziehung auf Parrzn und K. KısHinouyE (10). Die Untersuchungen des letztgenannten Forschers stehen von den bisher genannten ziemlich abseits, da er als erster über die Augen der japanischen Species Cardıum muticum berichtet, die von denen des Cardium edule stark abweichen. Im folgenden soll nun auf die einzelnen von mir untersuchten Formen näher eingegangen werden. Cardium edule L. (Figg. 1-3). An den kurzen, kaum den Mantelrand überragenden Siphonal- wülsten dieser Muschel findet sich eine Anzahl von kontraktilen Ten- takeln, von denen die Mehrzahl knapp unterhalb der Spitze, und zwar auf der der Siphonalöffnung zugekehrten Seite, einen bräunlichen Pigmentfleck trägt, der schon mit unbewaffnetem Auge leicht erkenn- bar ist. Bei dem größten Exemplar, das mir zur Verfügung stand und dessen Schale einen Längsdurchmesser von nahezu 4 cm hatte, zählte ich unter 95 Tentakeln 70 oder 71, die den erwähnten Pig- mentfleck aufwiesen; sie waren, ebenso wie die übrigen, pigment- josen Tentakel, auf Anal- und Branchialsipho annähernd gleichmäßig verteilt. Da ich nur konserviertes Material untersuchen konnte, und 32* 480 Erich Zugmayer, die Tentakel sich naturgemäß beim Fixieren Kontrahiert hatten, vermochte ich die Länge eines ganz gestreckten Tentakels nicht zu messen. Doch ließ sich immerhin aus der stärkeren oder schwächeren Fältelung des Tentakels der Grad der Kontraktion annähernd bestim- men. Die längsten Tentakel, die ich in diesem Zustande maß, waren 1!/,—1°/, mm lang, doch fanden sich auch solche, die scheinbar sehr wenig zusammengezogen waren und doch bloß eine Länge von höchstens 0,9 mm aufwiesen. Dies gilt für die pigmentierten Tentakel; die pig- mentlosen waren im allgemeinen kürzer; wenn- sie auch oft genug 1!/, mm erreichten, so waren sie doch niemals länger, als die längsten unter den pigmentierten, was ja leicht begreiflich ist, da diejenigen Tentakel, die an ihrer Spitze ein Sinnesorgan tragen, vorteilhafter- weise länger sein müssen, als die übrigen. Den von mehreren Au- toren erwähnten Edelsteinglanz konnte ich nicht beobachten, da er jedenfalls nur dem lebenden Tier zukommt. Schon an einem ganzen, leicht gefärbten und aufgehellten Ten- takel lassen sich in Umrissen die einzelnen Teile erkennen, aus denen sich das kleine Tentakelsinnesorgan zusammensetzt. Über die funktionelle Bedeutung: dieser Teile gehen freilich die Meinungen stark auseinander; ich beschränke mich daher zunächst auf eine rein deskriptive Aufzählung. Denken wir uns den Tentakel von der Seite gesehen (vgl. Fig. 1), so daß der Pigmentfleck nur zur Hälfte sichtbar ist, so sehen wir zunächst in der Längsachse des Tentakels einen starken Nerv (N) ver- laufen, der von parallel ziehenden Muskelbündeln umgeben und durch transversale Bindegewebsstränge vielfach eingeschnürt und zu Krüm- mungen gezwungen wird. Die Hauptmasse der Muskeln verläuft auf der dem Pigmentfleck abgekehrten Seite des Nervs und nimmt ihren Weg nach einer an der Tentakelspitze gelegenen Grube, die je nach dem Grad der Kontraktion mehr oder minder vertieft ist. Der Nerv bleibt gleich stark bis zu der Stelle, wo er sich dem Sinnesorgan nähert; hier gabelt er sich und entsendet einen Ast nach der Scheitel- grube, während der andre Ast (Sg) fast rechtwinkelig abbiegt und sich dem Sinnesorgan zuwendet; sein weiterer Verlauf kann bei dem in toto aufgestellten Tentakel nicht verfolgt werden. Wenden wir uns nun zu dem Komplex, den ich gleich als Sinnesorgan bezeichne, so sehen wir, daß das Pigment der Epidermis angehört und daß dieser pigmentierte Teil der Epidermis (Pm) sich wie eine braune Kappe knapp unterhalb der Tentakelspitze ausbreitet und zwei deutlich unter- scheidbare Gebilde umschließt. Erstens einen annähernd kugeligen Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 481 Körper (Z), der aus großen lichten Zellen mit eben solchen Kernen besteht und mit seiner der Scheitelgrube zugewendeten Seite fast bis an die dort nicht pigmentierte Epidermis heranreicht, und zweitens: eine dunklere, faserige Masse (Ag), die den kugeligen Körper proximal- wärts becherförmig umfaßt und daher im optischen Durchschnitt halb- mondförmig erscheint. Beide Körper werden vom Pigmentepithel halb verdeckt, weshalb es nicht möglich ist, ohne Zuhilfenahme des Mikro- toms weiteres zu erkennen. Bevor ich die Resultate meiner eignen Untersuchungen wieder- sebe, will ich rekapitulieren, was die Ansichten der drei Forscher (Drost, PATTEn und Rawızz) sind, die den fraglichen Organkomplex genauer untersuchten. Die Arbeiten von Drost und PATTEN sind im Anfang des Jahres 1886 erschienen, doch kannte keiner der beiden Autoren die Arbeit des anderen vor der Veröffentlichung seiner eignen Resultate. Drosrt behandelt die Gebilde an den Tentakelspitzen nicht als einheitliches Sinnesorgan, sondern unterscheidet: »Erstens das pig- mentierte liehtempfindliche Sinnesepithel an der Wölbung unterhalb der Cirrenspitzen, zweitens das aus Stützzellen und äußerst lang- haarigen Sinneszellen zusammengesetzte Organ, welches in einer Ein- senkung der Cirrenspitze gelegen ist« (S. 185). Den erwähnten kugeligen, aus großen, lichten Zellen bestehenden Körper faßt er als ein zu dem pigmentierten Sinnesepithel gehöriges Ganglion auf, das sich direkt in den Stammnerv fortsetzt. Das Gebilde endlich (Ag), das den kugelisen Körper (das Ganglion nach Drosr) becherförmig um- schließt, nennt er »faserige, den kompakten Schleimzellen verwandte Masse«. Bei seinen Versuchen an lebenden Oardien konnte er fest- stellen, daß die Teentakel, die im Ruhezustand radiär und horizontal um die Siphonalöffnungen ausgebreitet sind, so daß ihre Spitzen von dem Sipho abgekehrt sind und die Pigmentflecken daher nach oben zu liegen kommen (d.h. wenn wir von oben oder außen auf die Siphonalöffnung sehen), sich mitsamt den Siphonen rasch kontrahieren, sowie ein Schatten auf die Muschel fällt. Die Tentakel legen sich dabei nach innen um, so daß sie die Siphonalöffnungen reusenartig ver- schließen und die pigmentierten Stellen nunmehr nach innen und unten gekehrt sind; gleichzeitig wird die Schale geschlossen. Diese An- ordnung erscheint allerdings sehr zweckmäßig, wenn man sich der Auffassung Drosts anschließt, da bei der ausgebreiteten Lage der Tentakel ein möglichst großes Gesichtsfeld — wenn dieser Ausdruck gestattet ist — beherrscht wird. 482 Erich Zugmayer, Abgesehen davon, daß PATTEn den Apparat für ein einheitliches, lichtempfindliches Sinnesorgan hält, tritt er sofort in prinzipiellen Gegensatz zu Drost, indem nach seiner Ansicht das Pigmentepithel durchaus kein reizbares Sinnesepithel ist, sondern dazu dient, den Liehtzutritt an den pigmentierten Stellen zu verhindern. Auch be- hauptet Parren, daß die Pigmentflecken auf der den Siphonal- öffnungen abgekehrten Seite der Tentakel lägen. Wenn diese letztere Behauptung richtig wäre, dann wäre freilich die strahlige Ausbreitung der Tentakel auch im Sinne PArTEns sehr zweckmäßig, da dann die Pigmentflecken nach unten zu liegen kämen und die dem Licht zu- gängliche Seite oben wäre. Doch kann ich nicht verstehen, wie PArrEn zu dieser Ansicht gekommen ist. Bei den Muscheln, die ich untersuchte, waren infolge des Abtötens im konservierenden Medium Siphonen und Tentakel stets kontrahiert und infolge dessen ihre Lage so, wie sie sie nach DrRosT einnehmen, wenn die Muschel durch einen auf sie fallenden Schatten beunruhigt wird. In diesem Zustand war von oben (d.h. bei dem Blick auf die Siphonalöffnungen) von Pig- ment überhaupt nichts zu sehen, sondern man bemerkte den dunklen Fleck an der Tentakelspitze erst, wenn man die Tentakel mit einer Nadel zurückbog. Nicht bei einem einzigen Tentakel konnte ich den Pigmentfleck auf der äußeren Seite finden; ansnahmslos lag er auf der der Siphonalöffnung zugewendeten Seite. Die übrigen Teile des Sinnesorgans faßt PATTEN, wie schon ge- sagt, in einer von Drosts Ansicht völlig abweichenden Weise auf mit Ausnahme der haartragenden Zellen in der Scheitelgrube des Tentakels; hier hat er »tufts of stiff sense hairs« gefunden und deutet sie mit Drosrt als Sinnes- nicht als Wimperhaare. Der kugelige, aus großen, lichten Zellen bestehende Körper (ZL), Drosrs Ganglion, ist nach PArTEn die Linse; das faserige, becherförmige Gebilde nennt er »Argentea« oder »Tapetum«. Zwischen Linse und Argentea unter- scheidet er zwei weitere Bestandteile, die Drost überhaupt nicht er- wähnt. Doch sind gerade sie es, auf die sich PArrens Meinung von dem einheitlichen Augencharakter des Organkomplexes stützt. Auf dem Schnitt gesehen, stellen sich diese zwei Bestandteile nach PAr- tens Zeichnung und Beschreibung folgendermaßen dar. Der Argentea zunächst, also proximal, liegt eine Reihe von Zellen, deren Längs- achse etwa parallel zu der des Tentakels ist. Sie sind an ihrem distalen Ende verbreitert und dort befinden sich, die Enden der Zellen ausfüllend, die großen, hellen Kerne. Jeder Kern hat einen deutlichen Nucleolus und um diesen findet sich eine kreisförmige, u ve Be ae A | Uber Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 483 nahezu farblose Zone, während die Peripherie des Kernes dunklere, körmige Substanz aufweist. Die Zellen liegen nicht dicht neben- einander, sondern getrennt in einer gemeinsamen Grundmasse. In dem schmalen freibleibenden Band zwischen dieser Zellenreihe und der Linse finden sich einige dunkle, schmale Kerne, deren Achse senkrecht zu der des Tentakels steht. Die erstgenannten, großen Zellen faßt PATTEn als Retinazellen auf, die andern, von denen nur die Kerne zu sehen sind, als Zellen des Sehganglions. Sonach wären nach PATTEN mit Linse, Pigment, Retina, Ganglion und Tapetum »all the elements characteristice of an eye« gegeben. Vollkommen verschieden ist die Meinung, welche Rawırz über das fragliche Sinnesorgan äußert. Der Auffassung Drosrts schließt er sich insofern an, als er den pigmentierten Epithelzellen ebenfalls Lichtempfindlichkeit zuschreibt; ebenso teilt er im allgemeinen Drosrts Ansicht über das Gebilde, das PArrEn »Argentea« nennt. DRrosr bezeichnete es als »faserige, den kompakten Schleimzellen verwandte Masse«. Rawırz als »Tropfenmasse«. Sie soll nach Rawırz von der Linse (PArTren) abgeschieden werden, während Drosr die Masse aus jenen Zellen hervorgehen läßt; welche den Linsenzellen vollkommen gleichen, und die in der Tentakelhöhle überall zerstreut sind (Fig. 1 bgx). Als Sekret wird also die Masse von beiden Autoren gedeutet. Rawıtrz schreibt ihr sogar giftige Eigenschaften zu, was er aus ihrem 'färberischen Verhalten erkannt haben will. Das Gift soll dazu dienen, kleine, der Muschel schädliche Organismen, die in den zuführenden Sipho eindringen, abzutöten. Die Ausführgänge für dieses Sekret vermutet Rawırz zwischen den pigmentierten Epithelzellen, obgleich er sie nicht gesehen hat. Rawrırz hat jedenfalls auch übersehen, daß das fragliche Gewebe deutlich faserig ist, was bei einer sezernierten »Tropfenmasse« schwerlich der Fall sein könnte, und noch mehr, daß die Fasern Zellen angehören, deren Kerne sich mit Boraxkarmin leicht erkennbar färben. Die Annahme, daß es sich hier um eine von sezernierenden Zellen herrührende, aus kleinen Tröpfchen be- stehende Substanz handle, ist somit ganz hinfällig. Wenn RawItz ferner sagt, daß das von ihm sogenannte »Sekret« bei vielen Ten- takeln nicht anzutreffen sei, muß ich ihm gleichfalls widersprechen; ich habe eine gute Anzahl von Exemplaren verschiedener Herkunft untersucht und stets das in Rede stehende Gewebe als einen Komplex faseriger, kernhaltiger Zellen vorgefunden (s. Textfig. 1). Drosr begründet seine Meinung, daß die Linse PArrEns das zu dem lichtempfindlichen Pigmentepithel gehörige Ganglion sei, 484 Erich Zugmapyer, damit, daß er den Nerv bis zu dem angeblichen Ganglion verfolgen konnte. Im Anfang meiner Untersuchungen glaubte auch ich Ähn- liches zu erkennen. Bei Anwendung der Brochmannschen Binde- gewebsfärbung (s. Technisches) zeigte sich jedoch klar, daß das, was Drosr für Nervenfasern gehalten hat, nur bindegewebige Stränge sind, die die Linse umgeben und auch zwischen deren Zellen Aus- läufer entsenden (Fig. 3). Ich kann mich sonach weder mit der Auffassung Drosts noch mit der von RAwITz einverstan- den erklären, sondern schließe mich in allen Hauptpunkten PAr- TEN an, indem ich bei Cardıum edule das Vorhandensein eines wenngleich einfach gebauten Auges behaupte, und das, was PATTEN LEERE ae on Cara ann use, Retina, Ganglion und Argen- mit zwei Retinazellen (Rz). Vergr. etwa 00. tea nennt, ebenfalls als solche be- zeichne Nur in geringfügigen Punkten befinde ich mich mit PArren in Widerspruch, und diese sollen in der nun folgenden Wiedergabe meiner eignen Unter- suchungen genauer besprochen werden. Das die Tentakel überziehende Epithel (Fig. 1 Ep) besteht aus einer Lage zylindrischer Zellen, die im allgemeinen etwa doppelt so hoch wie breit sind, und deren Kerne sich nahe dem basalen Ende befinden, vielfach dort der Zellwand direkt anliegen. Nur bei Faltenbildung der Epidermis sind sie mehr der Cuticula zugerückt. Alle Kerne der Epithelzellen enthalten Nucleoli. An der ganzen Oberfläche des Tentakels sind diese Zellen gleichartig und nicht durch anders gestaltete unterbrochen, mit Ausnahme der zwei Stellen, die schon erwähnt wurden, nämlich des Pigmentepithels und des Sinnesepithels in der Scheitelgrube (Fig. 1Pm und SZ). Die pig- mentierten Zellen sind, wie sich auf dünnen Schnitten erkennen läßt, etwas schmäler und höher als die des übrigen Epithels, doch liegt ihr Kern ebenfalls am basalen Ende. Das Pigment, das selbst auf gleich dieken Schnitten nicht immer gleich intensiv ist, besteht aus zahlreichen, kleinen, braunen Körnchen, die die ganze Zelle, den Kern umgebend, ausfüllen, stets aber gegen die Cutieula zu dichter gedrängt sind, als um den Kern. Ich habe übrigens bemerkt, daß das Pigment allmählich verschwindet, wenn das Material einige Monate in Alkohol liegt, so daß hierin wohl eine Erklärung dafür Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 485 zu suchen ist, daß Suarr das Pigment bei lange aufgehobenem Alkoholmaterial nicht auffinden konnte. ._Noch deutlicher bemerkte ich diese Pigmentauflösung bei Cardium muticum, wovon später zu sprechen sein wird. Als ich in Besitz des Materials dieser Art gelangte, März 1903, befand sich dasselbe wohl schon gegen zwei Monate in Alkohol von 95°%,, aber trotzdem war das Pigment noch tiefschwarz. Im. August jedoch bestand bei den meisten Tentakeln nur mehr ein mattgrauer Fleck, während bei vielen das frühere Vorhandensein von Pigment auch bei Anwendung einer starken Lupe kaum mehr festzustellen war. Das Pigment leistet also dem Alkohol keinen so starken Widerstand, wie meistens angenommen wird. Die Cutieula (Fig. 2 Cu) ist mäßig diek, von gelbbrauner Farbe und wird über dem Pigmentepithel noch bedeutend stärker. Viel dünner ist sie über dem Sinnesepithel der Scheitelgrube, wo sie den Sinneshaaren Durchtritt läßt. — Das Sinnesepithel wird sowohl von RAwITz als auch von PATTEN und Drost für mechanisch reizbar erachtet; obwohl ich lebendes Material nicht untersucht habe, glaube ich mich doch dieser Meinung anschließen zu können, die Drosr durch seine Experimente erhärtet hat. Insbesondere hat Drosr fest- gestellt, daß es sich hier nicht um Cilien, sondern um Sinneshaare handelt, welcher Schluß aus dem bloßen Bau der Zellen nicht sicher gezogen werden kann. Über den feineren Bau des Sinnesepithels jedoch bin ich andrer Ansicht als Drost; dieser beschreibt schmale, . haartragende Sinneszellen mit sehr kleinem, rundem Kern, die von indifferenten Stützzellen umgeben sind. Bei einer Gelegenheit glaubt er auch einen Nervenfortsatz der Sinneszellen gefunden zu haben, obzwar er dies nur als Vermutung wiedergibt. — Ich habe, ebenso- wenig wie RAwITz, sehen können, daß in dem Sinnesepithel zweierlei Zellen enthalten seien. Drosrt, der die Zellen durch Maceration und Zerzupfen isoliert hat, ist vielleicht durch die verschieden starke Schrumpfung, beziehungsweise Quellung der Zellen irregeleitet worden; auch sind die Sinneshaare lange nicht bei jedem Präparat gut er- halten, so daß man auch dadurch auf den Gedanken kommen kann, haartragende und indifferente Zellen vor sich zu haben. Ich konnte, wie gesagt, nur eine Kategorie von Zellen in dem Sinnesepithel fest- stellen. Allerdings ist dieses, da es in einem ungefähr kreisförmigen Fleck den Boden der Scheitelgrube bedeckt, allseitig von gewöhnlichen Epithelzellen umgeben, aber zwischen den Sinneszellen findet sich nichts, was die Ansicht Drosrs plausibel machen könnte. Die Sinneszellen, wie ich sie gesehen habe (Fig. 2 Sx), sind ein wenig schmäler als A486 Erich Zugmayer, die Zellen des allgemeinen Epithels; ihre Kerne sind dementsprechend kleiner, oval oder kreisrund und ebenfalls am basalen Ende der Zelle gelegen. Die proximalen zwei Drittel jeder Zelle sind von etwas dunklerem Protoplasma gebildet, als es die übrigen Epithelzellen zeigen; darüber folgt ein schmaler, im Sinne der Längsachse ge- streifter Saum und in dem Restteil der Zelle ist bereits die Differen- zierung in die einzelnen Sinneshaare deutlich zu sehen. Die Sinnes- haare selbst haben, wo sie gut erhalten sind, eine Länge, die das Doppelte der Sinneszellen erreicht. Da diese eine Höhe von oft über 8 u haben, ergibt sich für die Sinneshaare eine Länge von 15—18 u; Drost gibt sie sogar mit 25—80 u an, doch habe ich so lange Haare nicht gesehen, wie denn überhaupt bei meinem konser- vierten Material die Sinneshaare meist in einen körnigen Detritus zerfallen waren. Die Zellen des Epithels zeigen an ihrer Basis einen alveolären Saum, der schwach radiärgestreift ist und der sich zwischen den ge- wöhnlichen Epithelzellen fast bis zur Cutiecula verfolgen läßt (Fig. 2 As). Für die Sinneszellen trifft dies jedoch nicht zu; diese liegen dicht aneinander und der alveoläre Saum ist dort heller und dünner. Dies hängt jedenfalls mit dem sackartigen Komplex keulenförmiger Zellen (@x) zusammen, der an dieser Stelle der Innenseite des Epithels anliegt und den RAwıtz sowohl wie Drosr als ein Ganglion für das Sinnes- epithel deuten. Ich schließe mich dieser Anschauung vollkommen an, zumal ich, was Rawırz nicht gelungen ist, den betreffenden Ast des Hauptnervs deutlich bis an diese Ganglienzellen verfolgen konnte (Fig. 2). Den feineren Zusammenhang der Nervenenden mit den Ganglienzellen festzustellen, war ich leider nicht in der Lage. Eben- sowenig konnte ich direkte Verbindungen zwischen den Ganglien- zellen und denen des Epithels erkennen, obwohl ich manchmal zu sehen glaubte, daß ganz feine Fäserchen aus dem Ganglion durch den basalen Saum des Epithels zu den Sinneszellen gingen. PATTEN erwähnt dieses Ganglion nicht und setzt in seiner Zeichnung an dessen Stelle den Ansatz eines Muskelbündels, so daß es nicht ausgeschlossen erscheint, daß er die Ganglienzellen für die verbreiterten Enden des Rückziehmuskels gehalten hat. Ich konnte immer nur eine deutliche Ansatzstelle des Muskels finden, und zwar desjenigen Bündels, das auf der dem Pigmentfleck abgekehrten Seite des Nervs verläuft; dieser ist zwar in seinem proximalen Teil, also nahe dem Ursprung aus dem Mantelrand, allseitig von Muskelbündeln umgeben, aber nur eines davon, das eben erwähnte, erreicht in geschlossener Masse die Tentakel- Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 487 spitze. Dort breiten sich die Muskelzellen aus und heften sich mit den kerntragenden Enden an die Innenseite des Epithels (Fig. 1 M). Die übrigen Muskelpartien, deren Zellen schmale, dunkle Kerne tragen, im Gegensatz zu den runden, hellen Kernen der Ansatzstelle, ver- lieren sich nach der Spitze des Tentakels zu immer mehr und es _ bleiben nur noch einzelne Zellen übrig, die im allgemeinen die Längs- richtung des Tentakels innehalten. Über die Linse, diesen vielumstrittenen Körper, ist nach dem bereits Erwähnten nicht mehr viel zu sagen. Sie nach Drosr als ein Sehganglion zu betrachten, halte ich für ganz verfehlt und habe auch schon dargetan, daß Drosr sich irrt, wenn er behauptet, die sroßen Linsenzellen stünden mit dem Nerv in Zusammenhang. Drosr sucht seine Ansicht auch dadurch zu begründen, daß er angibt, feine Verbindungen nervöser Natur zwischen »Sehganglion« und Pigment- epithel festgestellt zu haben. Dieser Beobachtung kann ich allerdings nichts andres entgegenstellen, als die Tatsache, daß ich diese Ver- bindungen trotz besten Willens nicht finden konnte. Doch darf ich mich hierbei auch auf Rawrrz_ stützen, der ebenfalls nichts Ähnliches sah. Dagegen vermutet Rawırz zwischen den Pigmentzellen die Ausführgänge für das giftige Sekret, das seiner Meinung nach von den in Rede stehenden großen Linsenzellen ausgeschieden wird. Da aber weder er noch ich diese Ausführgänge sehen konnten, wird es schwer halten, einen Beweis für seine Annahme zu finden. Wie schon gesagt, halte ich auch das, was Rawırz für giftige Sekret- masse hält (die Argentea), nicht dafür, denn es handelt sich hier nicht um Ansammlungen von Tröpfchen, sondern um ein Gewebe von faserigen oder blätterigen, kernhaltigen Zellen. Wo aber kein Sekret ist, braucht man auch nicht nach sezernierenden Zellen zu suchen, und als einen Komplex von solchen faßt Rawırz die Linse auf. Da diese auch nach der Meinung von Rawırz kein Ganglion sein kann, andrerseits, wie ich glaube klargelegt zu haben, auch kein sekret- absondernder Körper ist, so sehe ich keinen Grund, sich der An- nahme PATTENs zu verschließen, der den besprochenen Körper als Linse deutet, wobei er noch zugibt, daß er nebenbei noch eine andre Funktion haben könne; für letzteres wäre aber erst der Beweis zu erbringen. Die durch die ganze Tentakelhöhle mehr oder minder spärlich verteilten großen, hellen Zellen (Fig. 1 92), welche Drosr als FLeuumınssche Bindegewebszellen bezeichnet, sind denen der Linse an Größe, Gestalt und Aufbau so ähnlich, daß der Gedanke 488 nl Erich Zugmayer, naheliegt, die Linse habe sich durch Zusammentreten solcher Zellen gebildet. Da nach Parrens Untersuchungen auch die Linse von Pecten mesodermaler Herkunft ist, wäre der gleiche Fall auch hier nicht sehr verwunderlich. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, daß so- wohl die einzeln verstreuten Zellen als auch die Linse auf Ein- wanderung von Epithelzellen zurückzuführen sind. Proximal von der Linse liegt das ebenfalls schon erwähnte Gebilde (Ag), das Rawırz und Drost als Sekretmassen auffassen. Ich finde keinerlei Anhaltspunkt dafür und teile die Meinung PATTENs, der zufolge es gleichzeitig als Argentea und Abschluß des Augenkörpers fungiert. Es setzt sich auf der dem Pigmentfleck zugekehrten Seite deutlich genug in die Bindegewebshülle fort, die die Linse umgibt und auch zwischen deren Zellen Ausläufer ent- sendet. Demnach könnte man es im Vergleich mit dem Peeien-Auge als die »Augenkapsel« CARRIERES auffassen, während der Ausdruck »Tapetum« als irreleitend vermieden werden sollte. Nach PATTEN umgibt die Argentea das ganze Auge kontinuierlich und gestattet dem Nerv nur durch feine Öffnungen Zutritt. Ich konnte jedoch wieder- holt deutlich sehen, das an der Eintrittsstelle des Nervs das um- hüllende Gewebe auf eine ganze Strecke unterbrochen ist, so daß der Nerv als er wenngleich schmaler Strang hindurch- . ziehen kann. ; | Drosr läßt die bene die in seinem Sinn eine faserige Sekretmasse ist, der Linse direkt anliegen, und erwähnt zwischen diesen beiden Körpern keine weiteren Gebilde Rawırz dagegen hat gesehen, daß zwischen Linse und Argentea noch einiges andre liegt. Nach seiner Darstellung wird die Linse — die er für Sekretzellen erklärt — basalwärts durch ein Septum abgeschlossen und zwischen ° Septum und Argentea liegt eine Reihe von dunklen Kernen. »Die Zellen dieser Partie sind in ihrer Gestalt nicht genau zu erkennen, weil die gegenseitigen Konturen nicht zu sehen sind. Die Kerne liegen der Lamelle (dem Septum) dicht an und bilden eine Reihe; sie sind kleiner und intensiver gefärbt, als die der vorigen Partie« (der Linse). Doch bezeichnet Rawrrz sowohl das Septum, als auch das“ ganze umhüllende Bindegewebe als zufällige Erscheinungen, die ebenso oft fehlen können, als sie vorhanden sind; dies ist insofern richtig, als besonders der basale Abschluß der Linse schärfer oder undeut- licher ausgeprägt sein kann. Über die Bedeutung der erwähnten Kerne äußert RawIrz keine Meinung. Nach ihrer Lage zu schließen, müssen es die Kerne des Sehganglions (Sg) sein, das allerdings der Ben ET a ea Fa Uber Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 489 proximalen Grenze der Linse dicht anliegt. Darunter, also zwischen Ganglion und Argentea, liegt die sehr einfach gebaute Retina (Fig. 1 Rx). Sie besteht aus einer geringen Anzahl — 20—30 — relativ großer Zellen, die scheinbar ohne regelmäßige Anordnung nebeneinander stehen, jedoch einander nicht anliegend, sondern durch eine kern- lose Zwischensubstanz getrennt. Ihre Längsachse liegt ungefähr parallel zu der Hauptachse des Tentakels; die Kerne, in denen sich ein Nucleolus erkennen läßt, sind groß, füllen das distale Ende der Zellen nahezu oder vollständig aus und färben sich stets ziemlich schwach. Die Verbreiterung am oberen Ende der Zellen, die PATTEN in seiner Zeiehnung (loc. eit. Taf. 31, Fig. 112) angibt, konnte ich nur in wenigen Fällen feststellen, doch kann man wohl annehmen, daß dies ihre natürliche Gestalt sei. Die Retinazellen scheinen überhaupt — und dies ist eine Hauptschwierigkeit bei der Untersuchung — sehr schwer konservierbar zu sein. Die oben geschilderten Verhältnisse konnte ich ganz deutlich nur bei einigen Tentakeln erkennen, die aber von verschiedenen Exemplaren, teils aus Bergen, teils aus Neapel, stammten. Oft waren die Zellgrenzen undeutlich, manchmal auch nur die Kerne zu unterscheiden; diese aber waren regelmäßig zu sehen und so kann ich schwer verstehen, daß Drosr über alles, was zwischen Linse und Argentea liegt, stillsehweigend hinweggehen konnte. Die schmalen, dunklen Ganglienzellen sind nach PATTEN so angeordnet, daß je eine von ihnen vor jeder Retinazelle liegt, so daß ihre Achse auf der der Retinazelle senkrecht steht. Diese Orientierung der Kerne konnte ich auch feststellen (Fig. 1 Sg), doch schien mir, als ob eine spezielle Zugehörigkeit jedes Kernes zu einer Retinazelle nicht zu beobachten sei. Nervenfibrillen, Stäbchen und direkten Zusammenhang der Retinazellen mit dem Ganglion konnte ich ebensowenig sehen, wie PATTEN. Fasse ich alles bisher Gesagte noch einmal kurz zusammen, so ergibt sich, daß meiner Meinung nach Cardium edule an einer großen Anzahl seiner Siphonaltentakel einfach gebaute, aber als solche wohl erkennbare Augen besitzt, in denen sich Pigmentepithel, Linse, Seh- sanglion, Retina und ein abschließendes Gewebe unterscheiden lassen, welch letzteres man beliebig als Argentea oder Augenkapsel be- zeichnen kann. Außerdem findet sich nicht nur an den augentragen- den, sondern auch an vielen der übrigen Tentakel ein langhaariges Sinnesepithel mit zugehörigem Ganglion in einer Grube an der Spitze des Tentakels. Der Stammnerv des Tentakels entsendet je einen Ast in das Auge und nach dem Ganglion des Sinnesepithels. Was 490 Erich Zugmayer, den einfachen Bau der Retina betrifft, so möchte ich nicht wie RAwırtz über die phylogenetischen Bemerkungen PATTENSs mit Geringsehätzung hinweggehen. Parrens Annahme, daß die Augen von Cardium edule früher höher entwickelt, jetzt aber degeneriert seien, ist zwar nicht bewiesen, sie erscheint. aber andrerseits nicht ganz unwahrscheinlich, und vielleicht würde eine Untersuchung der ontogenetischen Ent- wicklung des Organs zu einer Lösung der Frage in diesem Sinne führen. Jedenfalls scheinen mir die Resultate PATTENs, die ich ja in allen wesentlichen Punkten zu bestätigen in der Lage war, die am besten fundierten zu sein, die bisher aus den Untersuchungen an Cardium edule hervorgegangen sind. Cardium paucicostatum Sowerby und C. oblongum Chenu (Figg. 4—5). Diese beiden Species sollen gemeinsam besprochen werden, da sie in keinem wichtigen Merkmal voneinander abweichen und ich einen typischen Unterschied, soweit die Ausbildung der Organe an den Tentakelspitzen in Frage kommt, nicht finden konnte. Licht- empfindliche Organe besitzt keine der beiden Species. Die Zahl der Tentakel ist hier viel größer, als bei Cardium edule, und die Tentakel sind auch länger und dicker, wie dort. Eine Ver- schiedenheit liegt m dem Prozentsatz der sinnesorgantragenden Ten- takel; dieser ist bei Cardium paucicostatum etwa die Hälfte, bei Cardium oblongum vielleicht ein Drittel aller Tentakel. Nacer (12) hat bei Cardium oblongum »rätselhafte Organe« be- schrieben, die jedenfalls mit den von mir studierten identisch sind. Wenn er den feineren Bau nicht erkennen konnte, so ist der Grund dafür wahrscheinlich darin zu suchen, daß er nur einfach in Alkohol fixiertes Material untersuchte. Auch ich war im Anfang meiner Unter- suchung wenig vom Glück begünstigt; das erste Dutzend Tentakei zeigte nicht die Spur eines Sinnesorgans, so daß ich Oardium oblongum schon als für mich unwichtig beiseite stellen wollte. Später jedoch begünstigte mich der Zufall mehr und ich fand an einer ganzen Anzahl das zu besprechende Organ, so daß ich nicht fehlzugehen glaube, wenn ich, wie oben, das Verhältnis der organtragenden Tentakel zu den leeren wie eins zu zwei angebe. Einen Unterschied in der Verteilung auf die beiden Siphonen konnte ich bei Cardium oblongum ebensowenig finden, wie bei Cardium paucicostatum. RAwırz (9) hat außer Cardium edule auch Cardium oblongum und Cardium tuber- culatum untersucht und bei beiden das Vorhandensein von Sinnes- organen an den Tentakeln in Abrede gestellt. Für die letztere Species Be Be ee ee AN in ., Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 491 stimmt dies mit meiner Beobachtung, bei Curdiuum oblongum jedoch scheint es RAwITz ebenso gegangen zu sein, wie anfangs mir. Es ist aber nicht unmöglich, daß die Zahl der Organe bei verschiedenen Individuen stark schwankt und vielleicht sogar auf Null herunter- gehen kann, sonst hätte Rawırz das Organ wohl sicher gefunden. Über Cardium paucicostatum habe ich in der mir zur Verfügung stehenden Literatur nichts gefunden. Abgesehen von ihrer größeren Zahl, Länge und Dicke unter- scheiden sich die Tentakel von Cardium paucicostatum und Cardium oblongum durch den durchgängigen Mangel an Pigment von denen des Cardium edule. Die Einstülpung an der Spitze, die nach dem Grad der Kontraktion verschieden tief sein kann, liegt nicht seitlich, sondern zentral, so daß, da an der tiefsten Stelle das Epithel be- deutend verdickt ist, ein sekundärer Hügel entsteht (Fig. 4). Die Zellen dieser Partie sind dieker und bis achtmal so hoch wie die des übrigen Epithels, das nach außen von einer mäßig dieken Cuti- ceula, nach innen von einem scharf unterscheidbaren basalen Saum abgegrenzt ist. Die bindegewebige Füllung der Tentakel ist sehr spärlich, die Hohlräume zwischen der Wand und dem von Mus- kelbündeln umgebenen Nerv sind sehr groß und nur von einigen transversalen Bindegewebssträngen durchsetzt, was besonders auf Querschnitten deutlich zu sehen ist. Neben dem faserigen Binde- gewebe finden sich ziemlich viele einzelne, große Zellen (Dyx), die den bei Cardium edule vorkommenden sehr ähnlich sind. Ihre Kerne enthalten Nucleoli und sind von einer hellen Zone umge- ben, während die Peripherie dunkleres, körniges Plasma aufweist. Durch einen scheinbaren Zusammenhang einer dieser Bindegewebs- zellen mit dem Stammnerv, den man auf einem meiner Schnitte wahrnehmen konnte, geriet meine bisherige Meinung über die relative Bedeutungslosiskeit jener Zellen etwas ins Wanken; doch blieb der Fall trotz eifrigen Suchens vereinzelt, so daß ich nicht glaube, ihm besondere Wichtigkeit beimessen zu können. Sonst lagen die großen Bindegewebszellen stets isoliert in der Tentakelhöhle, ohne mit an- dern Gewebsteilen in Berührung zu treten. Der starke Stammnerv teilt sich schon in ziemlicher Entfernung von der Spitze in ein becher- förmiges Astwerk. Daß dies der Fall ist, erhellt aus der Tatsache, daß man auf beliebig gerichteten, axialen Längsschnitten durch die Tentakel stets das Bild der Fig. 4 erhält, während man auf seitlichen Schnitten die Becherwand von der Fläche getroffen wahrnimmt. An der Teilungsstelle des Nervs gehen auch die Muskelbündel ausein- 492 Erich Zugmayer, ander, nachdem sie sich zuvor gekreuzt haben, so daß sie nach den ihrer ursprünglichen Lage entgegengesetzten Seiten des Grubenbodens verlaufen, wo sie sich mit ihren verdickten, kerntragenden Enden an die Basis der Epidermis anheften (Fig. 4 M). | Den Hügel in der Mitte der Grube umgeben zwei eng aneinander- liegende, konzentrische Reihen von Sinneszellen (Sx), und unter diesen ein Ring von großen keulenförmigen Zellen. Der mediane Längsschnitt sibt diesen letzteren natürlich als zwei säckehenartige Gebilde wieder (Fig. 4 Gx). Die Zellen dieser Säckchen erinnern in Lage und Form sehr an das bei Cardium edule beschriebene Ganglion des Sinnes- epithels, und da ich auch bei Cardium paueicostatum und Cardium oblongum den Nerv wiederholt bis zu diesen Zellen verfolgen konnte, wird man schwerlich fehlgehen, wenn man von einem ringförmigen Ganglion spricht (Fig. 5 @). Die Sinneszellen (Fig. 5 $z) sind dieker, aber nicht so hoch, wie die nächstgelegenen Zellen des Epithels, haben einen bedeutend größeren Kern, der einen Nucleolus enthält, ebenso wie die Epithelzellen, sich aber dunkler färbt als die Kerne bei diesen. Auch das Plasma der Sinneszellen färbt sich tiefer. In dem Zwischenraum zwischen den Sinneszellen (S) konnte ich niemals Kerne finden; es scheint demnach, daß es sich um eine vielleicht von den Sinneszellen ausgeschiedene stützende Lamelle handelt, die ringförmig ‚die beiden konzentrischen Reihen ‚von Sinneszellen trennt. Der di- stale Teil der Zellen zeigt einen feingestreiften Saum, ein Zeichen, daß auch hier die Differenzierung in die einzelnen Sinneshaare be- reits im Inneren der Zelle beginnt. Die Haare selbst sind lang und dicht und scheinen ebenso steif zu sein, wie bei Cardium edule, ob- gleich sie etwas wellig gebogen sind. An den der Stützlamelle (Fig. 5 St) zugekehrten Seiten enthalten die Sinneszellen ein trom- petenförmiges Gebilde, das wie eine Fortsetzung der Sinneshaare in das Innere der Zelle erscheint. Es ist längsgestreift und verjüngt sich dem proximalen Ende zu. Hier setzt es sich in einen feinen, mehrfach gekrümmten Strang fort, der die basale Begrenzung des Epithels durchbricht und sich zwischen den keulenförmigen Zellen des Ganglions verliert (Fig.5 f). Er läßt sich aber nicht bis nach dem Nerv verfolgen, der an die verdickten Enden der Ganglien- zellen herantriti. Auch fehlen hier die feinen Verbindungen zwischen den Ganglien- und Sinneszellen, die bei Cardium edule angedeutet sind, so daß jedenfalls in dem Fortsatz f die reizleitende Bahn von den Sinneszellen nach dem Ganglion liest. Anfangs war ich der Meinung, daß auf jedem Bild zwei Ganglienzellen sich direkt mit Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 493 den Sinneszellen in Verbindung setzen, bis ich wiederholt deutlich sehen konnte, daß es ein Fortsatz der Sinneszellen ist, der sich zwischen die Ganglienzellen erstreckt und dort vermutlich in ganz feine Ästehen auflöst. Für den Nerv, dessen feineren Zusammenhang mit den Ganglienzellen ich nicht erkennen konnte, gilt jedenfalls das- selbe. Vielleicht sogar treten die feinsten Nervenenden mit den Fort- sätzen der Sinneszellen direkt in Berührung, doch ist dies eine Vermutung, für die ich keinerlei greifbare Unterlage habe. Der innere Bau der hier besprochenen Sinneszellen erinnert so sehr an den von Flimmerzellen, daß man versucht sein kann, die Haare an ihnen nicht als Sinneshaare, sondern als Cilien aufzufassen. Da aber keiner der Autoren, die lebendes Material untersucht haben, eine Wimperbewegung erwähnt, sondern, wie z. B. Parrkv, die Haare als »tufts of stiff sense hairs« bezeichnet, muß man wohl von der Mei- nung zurückkommen, daß es sich hier um Flimmerzellen handeln könne. Über die Art von Reizen, welche die Flimmerzellen vermitteln, kann ich eine bestimmte Meinung nicht äußern. Im allgemeinen schreibt man ja solchen Zellen eine Empfindlichkeit gegen mecha- nische Reize zu, doch werden sie auch als chemisch reizbar auf- gefaßt. Die Stoßempfindlichkeit hätte wenig Vorteil, da ja auch die organlosen Tentakel gegen Berührung sehr empfindlich sind. Eher scheint es mir die Aufgabe dieser Zellen zu sein, das umgebende Wasser auf seine chemische Beschaffenheit zu prüfen. Daß sich die Sinneszellen nicht bloß an den Tentakeln um den Einströmungssipho gebildet haben, der dabei zunächst interessirt ist, sondern auch um den Analsipho, bildet kein Hindernis für diese Annahme. Cardium tuberculatum L. und Cardium rusticum L. Wie schon bei der Besprechung der beiden Species Cardium paucieostatum und Cardium oblongum erwähnt wurde, hat Rawırz bei Cardium tubereulatum keinerlei Sinnesorgan finden können. Auch mir ist es nicht gelungen, andres zu finden, als die einstülp- bare Grube an der Tentakelspitze, den Stammnerv, der sich aber nach der Spitze zu verliert, ohne an Sinneszellen heranzutreten, und endlich die Retractormuskeln nebst dem ausfüllenden Bindegewebe. Dasselbe gilt für Cardium rustieum. Somit könnten wir die beiden Species als für unsre Untersuchungen gänzlich unwichtig beiseite stellen, wenn nicht PArtEn eine, wie mir scheint, haltlose Ansicht über Cardium tubereulatum ausgesprochen hätte (loc. eit. S. 613). PArten hat bei Cardium tuberculatum experimentell bedeutende Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 33 494 Erich Zugmayer, Lichtempfindlichkeit feststellen 'können und glaubte auch in einer Doppelreihe von Zellen, die die ganze Länge des Tentakels durch- zieht und sich oben kugelig abrundet, den Sitz der Reizaufnahme vermuten zu dürfen. Doch habe ich absolut nichts entdeckt, was diese Meinung rechtfertigen könnte, und die »two rows of ova-like, elosely packed cells« nur als regellosen Haufen von Bindegewebs- zellen gesehen ohne irgendwelche Differenzierung. Auch fehlt bei Cardium tuberculatum Pigment gänzlich, und dieses wäre doch im allgemeinen ein wichtiges Erfordernis, wenn man von einem licht- empfindlichen Organ sprechen wollte, einerlei, ob im Sinne Drosts oder PATTENs. Durch meine Erfahrungen bei Cardium oblongum vorsichtig gemacht, ging ich bei Cardium tuberculatum möglichst genau zu Werke. Aber trotzdem ich’ die reichbesetzten Siphonen meiner Tuberculatum- und Rustieum-Exemplare in Stoppelfelder ver- wandelte, konnte ich keine Spur eines Sinnesorgans finden; und so vermag ich denn nur die Meinung auszusprechen, daß Cardium ru- stieum und Cardium tuberculatum an ihren Tentakeln nichts be- sitzen, was auf den Namen eines Sinnesorgans auch nur einigen Anspruch machen könnte. Cardium muticum Reeve (Figg. 6—10). Wenn wir fanden, daß die Mehrzahl der bisher besprochenen Species von Cardium gar keine Sinnesorgane an ihren Tentakeln besitzen, oder doch nur einfach angeordnete Haarsinneszellen, und daB einzig Cardium edule ein einfaches Sehorgan entwickelt, — so einfach, daß viele Forscher es als solches nicht einmal anerkennen, — so überrascht es in hohem Grad, einen Vertreter desselben Genus zu finden, dem ein hochentwickeltes Auge, sogar eine ganze Menge von solchen, zukommt, die nicht nur von den Augen bei Cardium edule in einigen wichtigen Punkten abweichen, sondern auch eine Höhe der Aus- bildung erreicht haben, wie sie nur von wenigen Muscheln übertroffen wird. Herr K. KısuınovyE in Tokyo, der diese Augen zuerst be- schrieben hat (10), und dem ich auch das von mir untersuchte Material verdanke, hat damit ein interessantes Kapitel angeschlagen, besonders in stammesgeschichtlicher Hinsicht. Wenn man den gleichen Fall bei hochstehenden Tieren anträfe, wenn zum Beispiel alle Angehöri- gen des Genus Fels blind wären, d. h. überhaupt keine Augen hätten, und man dann beim Jaguar ein sehr einfaches und beim Tiger ein davon recht verschiedenes und dazu höher entwickeltes Auge entdeckte, so würde dieser Fall entschieden in den weitesten ae Tr Aus au 2 ui u 225 Guy Zt DE nn a 2 Be EL ge En FE m nA m ur ht u 7 un u Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 495 Kreisen großes Aufsehen erregen. Die Annahme wäre naheliegend, daß ursprünglich alle Katzen Augen gehabt und daß diese nur beim Tiger sich erhalten hätten, dagegen beim Jaguar sehr und bei allen übrigen ganz rückgebildet worden wären. PArrEn hat, ohne von Kıshınouves Entdeckung zu wissen, von den Augen von Cardium edule behauptet, sie müßten rudimentär sein, und wenn auch seine wissenschaftlichen Gegner diese Idee belächelten, so scheint sie mir doch nicht so ganz aus der Luft gegriffen zu sein. KısuinouyE hat die ontogenetische Entwicklung der Augen bei Cardium muticum beschrieben und wenn man denselben Vorgang auch bei Cardium edule untersuchen würde, könnte man vielleicht interessante phylogenetische Parallelen ziehen. Leider teilt Kısnı- NOUYES Veröffentlichung das Schicksal der meisten Erstuntersuchun- gen, nämlich, daß sie, befriedigt von dem vielen Neuentdeckten, zu wenig ins Detail geht und auch manchen Irrtum enthält, der für denjenigen leicht erkennbar ist, der auf dem bereits Bekannten fußend, weiter forscht. So bin ich Herrn KısminouyE sehr zu Dank ver- pfiichtet, daß seine Liebenswürdigkeit mich in die Lage versetzt hat, seine grundlegenden Untersuchungen weiter auszudehnen, sie im wesentlichen zu bestätigen und manchmal sogar zu berichtigen. Cardium muticum gehört zu den größten Vertretern des Genus Cardium und demzufolge ist auch die Siphonalpartie sehr groß; der Branchialsipho ist der geräumigere von beiden und seine Öffnung hat über lcm im Durchmesser. Die Zahl der Tentakel beträgt etwa 200; sie stehen in dichten, unregelmäßigen Reihen um die Siphonal- öffnungen und füllen auch den Raum zwischen beiden aus. Die den Öffnungen zunächst stehenden Tentakel erreichen nicht einmal die Länge von 1lmm und sind dünne Fädchen, die überall gleich diek sind; sie tragen keine Augen; diese sind vielmehr nur auf den von den Siphonen weiter entfernten Tentakeln zu finden, die propor- tional zur Entfernung an Länge zunehmen; sie können 7—8 mm er- reichen, haben an der Basis eine Dicke von 1—11/, mm und ver- jüngen sich nach der Spitze zu rasch. Die Augen sind in ihrer völlig pigmentlosen Umgebung auch mit freiem Auge leicht als pechschwarze Pünktchen von 150 —300 u Durchmesser zu erkennen. Sie liegen ebenso wie bei Cardium edule auf der dem Sipho zu- gekehrten Seite. Bei Erwähnung dieser Tatsache bezieht sich KısurnouyE auf PArTrEn, nach dessen Angaben ja die Augen von Cardium edule »on the side away from the siphonal openings« liegen sollen. Doch beziehen sich die Worte »on the shell side of the 496 Erich Zugmayer, mantle<, mit denen PATrEn dort zitiert wird, gar nicht auf die Ten- takel. Die betreffende Stelle lautet bei PATTEn (S. 610): »The re- maining portion of the-mantle is pigmentless, with the exception of a narrow band on the shell side of the mantle.« Gemeint ist also die der Schale anliegende Seite des Mantelrandes, nicht aber die Tentakel. Bei der Besprechung von Cardium edule habe ich schon dargetan, daß PArren die Lage der Augen unrichtig angibt; sie liegen, wie außer mir auch Drost und Rawırz feststellten, auf der dem Sipho zugekehrten Seite, und so ist es auch bei Cardium mutbicum. Die Augen füllen die Spitze des Tentakels nicht aus Fig. 6), sondern lassen auf der dem Sipho abgewendeten Seite Raum für eine Grube, in der ein Haarsinnesorgan liegt, sowie weiterhin für eine vorgestülpte Spitze, die bei starker Kontraktion sich wie eine Kappe schützend über das Auge legt, in gestrecktem Zustand dagegen die in Fig. 6 dargestellte Form hat (Fig. 6 S). Von oben gesehen erscheint das Pigment als Ring, der eine kreisförmige »Pupille« von 20—40 u Durchmesser freiläßt. Die Epidermis ist eine einschichtige Lage von Zylinderzellen, mit mäßig dieker Cuticula und deutlichem basalen Saum. Ihre gleichmäßige Anordnung wird durch eine große Anzahl von Haut- drüsen unterbrochen, unter denen sich zwei Typen unter- scheiden lassen (siehe Teext- figur 2). Erstens solche Drü- sen, die, ohne die Epidermis nach oben oder unten zu überragen, in ziemlich regel- Textfig. 2. mäßigen Abständen zwischen a a a ann som, den, Epithelzeilonilie ui Saum; D1u. D2, Drüsenzellen; P, Austrittsporen derselben. Sind deutlich abgegrenzte, birnförmige Bläschen, die die Epidermiszellen an Dieke übertreffen und neben ihrem körnigen Inhalt einen kleineren Kern aufweisen. Zweitens die weit selteneren und größeren, die in das Epithel eingesenkt sind und an ihrer Basis einen großen, blasser gefärbten Kern mit Nucleolus enthalten (vgl. auch Fig. 6 D und D,). Austrittsstellen durch die Cutieula sind bei beiden Kategorien deutlich zu sehen. Außer durch diese Drüsen, deren Funktion ich bei meinem konservierten Material natürlich nicht feststellen konnte, er- leidet das Gleichmaß der Epidermiszellen noch durch das nachher zu besprechende Haarsinnesorgan in der Scheitelgrube eine Störung Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 497 und endlich vor der Pupille selbst, wo die Zellen sehr dünn und flach werden und so eine Art von Cornea bilden (Fig. 6 5x u. ()). Der starke, von Längsmuskeln begleitete Stammnerv (N) ver- läuft etwas außerhalb der Tentakelachse auf der vom Sipho abge- wendeten Seite. Kurz bevor er den Augenkörper berührt, gabelt er sich; der eine Ast innerviert das Auge, der andre geht nach dem Organ in der Scheitelgrube (Fig. 6 N, N}, N). Über den weiteren Verlauf dieser Nervenäste wird später zu sprechen sein. Im Gegensatz zu Cardium edule gehört das Pigment (Fig. 6 Pr) bei Cardium muticum nicht der Epidermis an, sondern bildet eine innere, wie KIsHINOUYE richtig angibt, urnenförmige Umhüllung um den ganzen Augenkörper, mit Ausnahme der kreisförmigen Pupille und der einen Stelle an der Basis, wo der Nerv eintritt. KısHuinouyYE beschreibt noch eine zweite Eintrittsstelle des Nervs auf der anti-siphonalen Seite etwa in halber Höhe der Pigmentkapsel. Diese Stelle konnte ich jedoch trotz sorgsamen Suchens an Hunderten von Schnitten nie- mals finden. Da KıshurnouyE das Organ in der Scheitelgrube nicht erwähnt, hat er auch vielleicht aus der Gabelung des Nervs in zwei Äste und aus einer bei der Konservierung gelegentlich entstandenen Lücke im Pigment geschlossen, daß dort der Nerv durehtreten müsse. Er braucht diesen Nervenast auch, um die Innervierung der Retina zu erklären; da ich aber gefunden habe, daß das Auge vollkommen vom Nervenast N, (Fig. 6) versorgt wird, ist dies ein weiterer Grund zur Annahme, daß KısmmnouyE sich geirrt haben muß. Wo die Pig- menthülle gut erhalten ist, und dies war fast stets der Fall, bildet sie eine kontinuierliche Lage von großen Zellen, die mitunter ein bischen übereinandergeschoben sind, im allgemeinen jedoch eine einfache Schicht bilden. An dem Saum um die Pupille — diesen Ausdruck wähle ich der. Einfachheit halber — liegen mehrere Zellen über- einander und bilden so einen verdiekten Rand der Urne. An der Siphonalseite ist die Pigmentkapsel durch eine bindegewebige Lage von der Epidermis getrennt. Diese Lage setzt sich auch unter die Cornea sehr dünn fort und geht dann wieder in die faserige, kern- führende. Bindesubstanz über, die die Innenwand des Tentakels aus- kleidet und seinen Hohlraum in zahlreichen transversalen Strängen durchsetzt. Die großen FLEeuminsschen Bindegewebszellen, wie sie bei den andern Species zu finden sind, fehlen hier gänzlich. Schon bei der Besprechung von Cardium edule erwähnte ich, daß das Pigment von Cardium muticum dem Alkohol nicht standhält, son- dern nach einigen Monaten ganz verschwindet. Bei frisch konservierten 498 Erich Zugmayer, Exemplaren ist es sehr dicht und tief schwarzbraun, so daß die ein- zelnen Zellen und deren Kerne nur bei sehr dünnen oder künstlich gebleichten Schnitten zu erkennen sind. An der Innenseite der Pigmentkapsel, dieser direkt anliegend, findet sich eine körnig-faserige Lage, die KısaınouyE als Tapetum bezeichnet. Dieser Ausdruck scheint mir für das vorliegende Gebilde nicht angebracht, doch will ich ihn vorläufig beibehalten. KısHINOUYE schreibt darüber: »It consists of many thin, shining layers, stained deeply and homogeneously by colouring solutions. I cannot find any sign of cellular structure, though according to PATTEN the likenamed part of Pecten and Cardium edule is said to have been produced from cell layers.< Allein schon der Lage nach entspricht das Tape- tum von Oardium muticum dem von Pecten gar nicht, denn letzteres liegt direkt zwischen der basalen Pigmentzellenschicht und der Stäbchen- zone der Retina, während das Tapetum von Cardium muticum außerhalb des zusammenhängenden Komplexes liegt, der den genannten Teilen des Pecten-Auges homolog ist. Außerdem ist KısHınouyE im Irrtum, wenn er angibt, das Tapetum zeige keine Spur von zelliger Struktur. Ich habe darin auf mehreren Schnitten sehr deutliche, länglich ge- streekte Kerne gefunden, mitunter sogar drei bis vier auf einem ein- zigen Schnitt (Fig. 6 Tpt). Das Tapetum von Pecten. ist nach Hesse »als eine einzige, große, napfförmige Zelle zu deuten, in deren Boden der Kern liegt« ... Wenn dies richtig ist, — und ich habe keinen Anlaß daran zu zweifeln — so kann schon aus diesem Grund das Pecten-Tapetum mit dem von Cardium muticum nicht wohl homolog sein, abgesehen von der verschiedenen Lage. | Wenn man an der Auslegung Bürschrıs! festhält, nämlich, daß bei Pecten die Retina und ihre Stäbchenzone die vordere, das basale Pigmentepithel dagegen die hintere Wand einer eingestülpten Epidermis- blase (Augenblase) sei, so wird KısHINouyEs Irrtum bald klar, denn, wie er gefunden hat, setzt sich die Retina von Cardium mutieum direkt in eine andre Zellenlage fort, die KısuInouyYE im Vergleich mit dem Wirbeltierauge »Chorioid« genannt hat. Ich fand sie (Fig. 6 Ch) eben- falls in kontinuierlichem Zusammenhang mit dem Rand der Retina. Somit haben wir auch bei Cardium muticum eine Blase, wie bei Pecten, das Tapetum aber müßte dann nach Analogie im Innern dieser Blase liegen; dieses ist aber durchaus nicht der Fall. In seiner Darstellung der Entwicklung des Muticum- Auges sagt KısHINOUYE: 1 0. BürscaHLı, Notiz zur Morphologie des Muschelauges. Heidelberg, Festschrift des naturhist.-mediz. Vereins. 1886. ee ET Lie A > Ze Ze DE Ai . u Zn DE due sl Eh u Ze U a0 Dee ED nd Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 499 »late in development the retinal portion is divided in two layers, the retina proper and the chorioid«. Damit ist gesagt, was auch aus dem übrigen Text hervorgeht, daß »the retinal portion« sich erst sekundär in »retina proper« und »Chorioid« spaltet, anstatt, daß in der primären Blase Vorder- und Hinterwand sich aufeinander legen. KısuinouyE läßt die Retina nebst Chorioid auch nicht im Sinne Bürscatis entstehen; vielmehr tritt nach ihm zunächst eine massive, kugelige Verdiekung des Epithels an der Spitze des Tentakels auf. Im Innern dieser Verdiekung sondert sich eine solide, kugelige Masse von Zellen als Linse ab, wogegen der äußere, blasenartige Rest der ursprünglichen Verdiekung, soweit er mit dem äußeren Epi- thel der Tentakelspitze zusammenhängt, zur Cornea wird, dagegen in seinem proximal der Linse gelegenen Teil zur »retinal portion«. Diese »retinal portion« differenziert sich dann in die eigentliche Retina und das Chorioid (vgl. d. Abb. loc. eit. Taf. IX). Wenn dies der Fall wäre, so wäre es durchaus nicht nötig, daß Retina und Chorioid an den Rändern zusammenhängen. Überdies habe ich an mehreren Präparaten zwischen Retina und Chorioid einen deutlichen Hohlraum gefunden, und obwohl ich nicht ein einziges Entwicklungsstadium eines Muticum-Auges gesehen habe, ist das Bild der zusammengedrückten Blase so klar, daß ich keinen Augen- blick an ihrer Entstehung, so wie BürscHLı es vermutet, zweifeln kann. Für gewöhnlich bildet sich die Cornea doch durch Wiederzusammen- schluß des Epithels nach Abschnürung der eingestülpten Augenblase; besonders deutlich ist dies bei den Augen der Gastropoden und Üe- phalopoden gezeist worden. Von diesem Entwicklungsgang würde nach KısHInouvE die Bildung der Muticum-Augen stark abweichen; dasselbe silt für die Bildung der Linse, welche nach PArrEn bei Pecten mesodermaler Herkunft sein soll, bei Cardium muticum da- gegen, wie KISHINOUYE angibt, ektodermalen Ursprungs ist. Im Tapetum konnte KısHtnouyYE, wie schon gesagt, weder Kerne ‚noch überhaupt zellige Struktur erkennen; er vermutet, daß es von den Zellen abgeschieden wird, die das Chorioid, also die Hinterwand der Augenblase, zusammensetzen. Mit der Bezeichnung »Chorioid« kann ich mich nicht befreunden; sie ist dem Wirbeltierauge entlehnt und führt leicht irre, da ja dort die Entstehungsverhältnisse der Augenblase ganz andre sind. Aber um Mißverständnisse zu ver- meiden, will ich mich einstweilen der Nomenklatur KısHINOUYES anschließen. Gegen die Auffassung des Tapetums als Sekretmasse spricht außer der Anwesenheit von Kernen der Umstand, daß Chorioid 500 Erich Zugmapyer, und Tapetum durch die die Retina innervierenden Nervenäste getrennt sind, auf die ich noch zu sprechen komme. Ich halte das Tapetum für eine bindegewebige Schicht, die ohne wichtige Funktion, außer vielleicht einer strahlenreflektierenden, die Hinterwand des Auges überkleidet und an die sich dann erst die Pigmenthülle anlegt, die ja, wie KISHINOUYE gezeigt hat, aus der umgebenden Bindesubstanz des Tentakels zusammenrückt. Ein Tapetum, wie bei Pecten und Spondylus, ist im Auge von Cardıeum muticum nicht vor- handen. Einen passenderen Namen für diese basale Gewebsschicht zu finden, muß ich demjenigen überlassen, der ihre Funktion erklärt, was mir bei meinem konservierten Material nicht möglich war. Bevor ich mich der Retina und dem Chorioid zuwende, will ich vorerst die Linse und den Glaskörper besprechen (Fig. 6 Zu. GR). KısmmnouyE erwähnt von beiden Gebilden nur die Linse. Sie hat die Gestalt eines in dem Äquator eingeschnürten Ellipsoids, dessen Achse parallel zu der des Tentakels liegt. Die mittlere Einschnürung wird von dem verdiekten Randwulst des Pigmentbechers umfaßt, der nach vorn zu noch zwei, auf Schnitten fingerförmige Fortsätze ent- sendet, die die Linse weiterhin umkleiden und nur die kleine, kreis- förmige Pupille freilassen. Vielleicht kommt diesem Fortsatz die Funktion einer einfachen Iris zu, indem sich das Pigment mehr oder weniger über die Linse schieben kann. Doch konnte ich keine dies- bezüglichen Muskeln entdecken, ebenso wie mir jeder Apparat zur Akkommodation der Linse zu fehlen scheint. Wenn jedoch der Rand des Pismentbechers kontraktil wäre, könnte durch dessen Verengerung auch die Linse in die Länge gedrückt werden; dadurch würde sie ver- mutlich auf näherliegende Gegenstände eingestellt, und selbst wenn gleichzeitig die Pupille kleiner wird, würde dies kein Widerspruch sein, da ja durch das Längerwerden der Linse ihr Querschnitt an Fläche abnimmt. In der Tat habe ich auf verschiedenen Präparaten die Linse bald länger, bald kürzer und dicker im Verhältnis zu den übrigen Teilen des Auges angetroffen und dementsprechend auch den Pigsmentring enger, beziehungsweise weiter. Da H&sse (l. e. S. 396 ff.) beim Pecten-Auge eine Einrichtung zur Gestaltveränderung der Linse beschrieben hat, wäre der Fall nicht weiter sehr verwunderlich. Die Linse ist auf ihrer ganzen Oberfläche von einer Hülle über- zogen (Ak), die sie vom Glaskörper trennt. An der Stelle, wo sie durch den Pigmentwulst eingeschnürt wird, zerlegt diese Hülle sich in zwei Lagen, deren eine den basalen Teil der Linse umkleidet, während die andre zwischen Glaskörper und Pigmentschicht weiterläuft. 1£ li ce Ei er nn Fr A a En Sb u ne mi en Uber Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 501 Vermutlich umgibt sie auch den Glaskörper gegen die Retina zu, aber dies konnte ich nie sicher feststellen. Auch zwischen Linse und Glaskörper ist die Scheidewand sehr dünn und ich konnte sie nur bei Anwendung der BLocHmAnnschen Färbung (s. Technisches) sanz verfolgen, während sie an der Teilungsstelle ziemlich diek und auch bei einfachen Färbungen kenntlich ist. Anfangs glaubte ich, diese Hülle um Linse und Glaskörper setze sich an der Innenwand der Pismentschicht kontinuierlich in das Tapetum fort, und ich ‚dachte schon, daß ich eine Augenkapsel wie im Pecten-Auge ge- funden hätte. Doch färben sich sowohl mit Boraxkarmin-Osmium, als beim Verfahren nach BrocHmAnN, die Hülle und das Tapetum sanz verschieden, so daß sie unmöglich einheitlicher Natur sein können. Immerhin entspricht der Überzug der Linse einigermaßen dem, was PArtEen als »Pseudocornea«, Hesse als »Corneabinde- sewebe« und CARRIERE als » Augenkapsel« bei Pecten beschrieben, und ich gebe ihm den letzteren Namen (Fig. 6 Ak). Vielleicht setzt sich der andre Teil, den ich nie weiter als zwischen Glaskörper und Pigment hinein verfolgen konnte, als ganz dünne Schicht über die ganze Innenwand des Pigmentbechers fort, oder aber dringt zwischen dessen Zellen ein; mit dem Tapetum aber hängt er sicher nicht zusammen. Die Zellen der Linse sind groß und flach, vollkommen farblos und durchsichtig, ebenso wie ihre Kerne, die an der Peripherie liegen. Auf axialen Sagittalschnitten erscheinen sie in zwei Längs- reihen angeordnet, die verdiekten, kerntragenden Enden nach außen, die verjüngten Enden nach innen gerichtet. Auf Querschnitten sieht man, daß sie radiär in Form von Kreissektoren liegen, von denen jeder etwa ein Zehntel der Schnittfläche einnimmt (Fig. 7). Daraus und aus der Zahl der Zellen auf dem Sagittalschnitt läßt sich an- geben, daß die ganze Linse aus 120 —150 Zellen besteht. Wo diese nicht dicht aneinander gepackt liegen, läßt sich zwischen ihnen eine schwach färbbare, hyaline Grundmasse erkennen, vermutlich ein quellbares Sekret der Linsenzellen. KısminouyE hat angegeben, daß die Linse proximalwärts bedeutend breiter wird als am distalen Ende, und ihre Form demnach ganz anders angenommen, als 'ich sie ge- sehen habe. Der Grund ist der, daß KısmnouyE den Glaskörper ganz außer acht ließ. Dieser ist jedoch sehr leicht erkennbar, nicht nur wegen seiner durch die schon erwähnte Zwischenlage bewirkten Abtrennung, sondern auch wegen der Form seiner Zellen und ‚ mehr noch durch seine von der der Linsenzellen ganz verschiedene Färbbarkeit. Er füllt den Raum zwischen Linse und Retina fast 502 Erich Zugmayer, vollständig aus, was allerdings nur bei gut konservierten Präparaten zu sehen ist, während sonst mitunter durch das Zerreißen der zarten oberen Partien der Retina scheinbar ein Hohlraum zwischen ihr und dem Glaskörper vorgetäuscht wird. Die Gestalt des Glaskörpers ist napfförmig und in der nach oben zu gerichteten Höhlung steekt der proximale Teil der Linse. Die Zellen des Glaskörpers sind radıär angeordnet, wie die der Linse und tragen die Kerne ebenfalls an der Peripherie, während die zentralen Enden sehr dünn auslaufen und ein Faserwerk bilden, dessen einzelne Teile nur schwer zu unterscheiden sind. — Nach dem, was KısuinouyE über die Entstehung der Linse sagt, müßte man sich den Glaskörper als aus dem basalen Teil der Linse differenziert denken; dies kann aber unmöglich so sein. Denn bei Anwendung der BLOocHMANNschen Färbung wird die Linse gelblich-braun, der Glaskörper dagegen färbt sich intensiv blau, woraus man schließen muß, daß er bindegewebiger Herkunft ist, wäh- rend die Linse durch eine Epidermiseinwucherung entsteht. Jedenfalls wird er durch Einwanderung von Zellen aus dem Bindegewebe gebildet, das dann die Augenkapsel und die Pigmenthülle liefert, sowie das soge- nannte Tapetum. Wenn in meinem Material Entwicklungsstadien vor- gekommen wären, die ich sicher zu finden erwartet hatte, so könnte ich eine bestimmtere Meinung über den Fall äußern. Aber an den vielen Tentakeln, die ich unter dem Mikroskop hatte, konnte ich nur einmal ein nicht vollentwickeltes Auge finden; aber dieses war erstens schlecht erhalten und zweitens schien es nicht normal zu sein; bei einem in Bildung begriffenen Auge müßte nach KısHinouyE das Pigment zuletzt auftreten; dies eine Präparat dagegen wies fast nur Pigment auf und eine ganz deformierte Retina; sonst war überhaupt nichts daran zu erkennen. Daran, daß größere, aber noch nicht ganz ausgewachsene Individuen noch immer neue Augen bilden, will ich nicht zweifeln; der gleiche Fall ist ja z. B. bei Pecten wohlbekannt; aber dann waren meine Exemplare jedenfalls schon ganz ausgewachsen, oder aber die Bildung der Augen findet periodisch statt, etwa nur zu einer gewissen Jahreszeit oder unter sehr günstigen Lebensbedingungen. Ich wende mich nun zu dem Chorioid und der Retina (Fig. 6 Chu. R). Diese beiden Bestandteile stellen sich, wie bereits bemerkt, als Hinter- und Vorderwand einer Blase dar, deren basaler Teil seine halbkugelige Form bewahrt hat, während der distale sehr verdickt ist und den durch die Hinterwand gebildeten Napf bis auf ein geringfügiges Lumen ausfüllt. Das Chorioid besteht aus einer fase- rigen Zellenlage mit ziemlich verstreuten großen Kernen. Es läßt Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 503 zwischen sich und dem sog. Tapetum nur einen schmalen Spalt, durch den der Nerv, der an der Basis der Pigmentkapsel auf der dem Sipho abgekehrten Seite eintritt, in becherförmiger Ausbreitung nach der Retina aufsteigt, dergestalt die Augenblase ebenso umfas- send, wie dies auch bei Peeien der Fall ist. Ein Unterschied je- doch liegt darin, daß nur ein Nervenast in das Auge eintritt, nicht zwei, wie bei Pecten und wie es nach der irrigen Ansicht Kısm- nouysks auch bei Cardium muticum sein soll. Das Chorioid wird nach den Übergangsstellen in die Retina zu sehr dünn, so daß seine Kontinuität mit dieser nur bei sehr gut konservierten Tentakeln zu erkennen ist, dann aber mit desto größerer Deutlichkeit. Bei der Untersuchung der Retina selbst hatte ich mit ziemlichen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Konservierung war meist wenig zufriedenstellend, oftmals war die Retina zu einer undefinierbaren, kernführenden Masse zerfallen, andrerseits, wo sie besser erhalten war, meist sehr zerrissen, so daß die Kerne am Glaskörper hingen, während der proximale Teil in seiner Lage geblieben war. So kostete es viel Zeit und Mühe, und ich mußte eine große Zahl von Schnitten anfertigen, bis ich endlich auf einigen ein klares Bild finden konnte. Trotzdem aber fürchte ich, weder im Text noch in der Ab- bildung, die Anordnung der Elemente, wie sie im Leben ist, genau wiedergeben zu können. Zunächst lassen sich zwei Zonen der Retina unterscheiden: »die distale der lichtempfindlichen Zellen und die proximale der Stäb- chen. Die lichtempfindlichen Zellen (Fig. 9 Rx) sind hell, das Plasma nahezu homogen, ebenso wie das der Kerne. Nach dem Glaskörper zu verjüngt sich jede Zelle und geht mit einem — manchmal glaubte ich auch zu sehen, mit mehreren — Ausläufern in je eine Nerven- faser über. Der Nerv zeigt schon beim Eintritt in das Auge schmale, dunkel färbbare Kerne, während er in seinem übrigen Verlauf nur aus relativ dicken, vielfach geschlängelten Fasern besteht, Kerne dagegen nicht erkennen läßt. Im Innern des Augenkörpers sind die Kerne besonders zwischen Retina und Glaskörper leicht auf- zufinden. ‚Ich nenne diesen Teil der Nervenausbreitung nach der Homologie mit dem Pecten- und andern Augen Sehganglion (Fig. 6 Gx,, Fig. 9 G%). Proximalwärts setzt sich jede Retinazelle in ein langes, feines Stäbchen fort, das bis an die Basis der unteren Retina- zone herabreicht (Fig. 9 st) und von einer äußerst zarten, feinkörni- gen, dunkleren Hülle umgeben ist, die ich als Pigment deute (Fig. 8 pm). Diese Pigmenthülle fehlt dem Stäbchen des Pecten-Auges. Während 504 Erich Zugmayer, ferner bei Pecten die Stäbchen in ununterbrochener Reihe neben- einander stehen, sind sie hier durch ziemlich weite Abstände und “noch durch zwei verschiedene Bestandteile voneinander getrennt. Erstens ist jedes Stäbchen von einer helleren Zone umgeben, die es wie ein Mantel einhüllt; dieser Stäbehenmantel zeigt auf. Längs- schnitten, ebenso wie das Stäbchen selbst, eine feine, horizontale Querstreifung (Fig. 9 M). Auf feinsten Querschnitten durch die proximale Zone der Retina erkennt man ferner, daß sowohl die Querschnitte der Stäbchen als auch die des sog. Stäbehenmantels eine sehr feine, anscheinend radiärfaserige Struktur zeigen ($). Die radiären Fasern des Stäbehens entspringen von einem feinen Punkt in dem Zentrum seines Querschnittes, der möglicherweise eine das Stäbehen längsdurchziehende Nervenfibrille sein könnte, wie sie PAT- TEN für Pecten beschreibt und abbildet (loc. eit. Taf. XXIX, Fig. 24—28). Dort wird jedes Stäbchen von einer axialen Fibrille durchzogen, die nach der Wand des Stäbchens zu radiäre Ausläufer entsendet; diese Ausläufer treten mit ebenfalls längsgerichteten Fibrillen in Verbin- dung, die in der Wand des Stäbchens verlaufen und die PArrEn als »external nervous fibrillae« bezeichnet hat. Ich muß jedoch beson- ders hervorheben, daß ich bei Cardium muticum auf Längsschnitten durch die Stäbchen nie etwas von solchen axialen oder andern Längsfibrillen bemerken konnte, sondern nur die oben erwähnte feine Querstreifung von Stäbchen und Mantel. Die Querstreifung des Man- tels erinnert an einen Stiftehensaum, wie Hesse ihn an den Stäbchen der Augen von Turbellarien, sowie einiger Mollusken und Ar- thropoden beschrieben hat. Das Bild des Querschnittes spricht jedoch wenig für diese Annahme, da nur einige wenige radiär an- seordnete Fasern zu sehen sind, wodurch sich das Bild von dem charakteristischen Aussehen eines Stiftehensaumes weit entfernt. Hinsichtlich der feineren Struktur der Stäbehen und des sog. Stäbehenmantels bin ich geneigt, folgende Auffassung für wahr- scheinlich zu halten. Sowohl die Struktur des Stäbchens wie die des Mantels ist eine alveoläre oder wabige. Das Stäbchen wird, wie die (uerschnitte lehren, von einer einfachen Lage radiär um seine Achse gestellter Alveolen gebildet. Ob in dieser Achse, wie möglich, eine Fibrille verläuft, vermochte ich, wie gesagt, weder festzustellen noch zu widerlegen. Der sog. Stäbehenmantel ist ebenfalls eine einfache Schicht radiär gerichteter Alveolen, und die Querstreifung daher ebenso wie die Radiärstreifung auf dem Querschnitt kein Bild von Fasern, sondern von Alveolenwänden, resp. der optischen Schnitte Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 505 von Lamellen. Dabei fragt es sich jedoch ferner, ob dieser alveoläre Mantel den Stäbchen als ein aus ihnen hervorgegangener Anteil zu- gehört, oder ob er eine sekundäre Umhüllung der Stäbchen ist. Wie die Verhältnisse bei Cardium muticum liegen, halte ich es für wahr- scheinlich, daß der Stäbehenmantel zu den gleich zu behandelnden Zwischenzellen gehört, nicht aber zu den eigentlichen Stäbchen. Als trennende Substanz zwischen den einzelnen Stäbchen samt ihren zugehörigen Mänteln fungiert eine wabig strukturierte, dunkle Zwischenmasse (Fig. S und 9 Zn), in die in regelmäßigen Abständen je ein. Stäbehen mit seinem Mantel eingebettet ist. Diese Zwischen- substanz enthält Kerne, die denen der Retinazellen sehr ähnlich sind, sich von ihnen aber durch ihre körnigere und etwas dunklere Sub- stanz unterscheiden, was in Fig. 9 etwas übertrieben dargestellt ist. Daß diese Kerne zu der Zwischenmasse gehören und daß letztere daher als eine Art Syneytium von indifferenten, hier nicht pigmen- tierten Zellen (resp. Stützzellen) zu erachten ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Da, wie schon hervorgehoben, gerade die Retina in meinem Material mangelhaft konserviert und im besonderen die distale Region der Retina von der Stäbchenregion häufig abgerissen war, so waren auch die Kerne der Zwischenzellen von den zugehörigen Zellkörpern vielfach abgetrennt. Da sich jedoch gelegentlich auch einzelne besser erhaltene Präparate fanden, auf denen der Zusammenhang zwischen jenen Kernen und der wabig protoplasmatischen Zwischenmasse in der auf Fig. 9 dargestellten Weise sicher festzustellen war, so hege ich keinen Zweifel an der Richtigkeit der oben vorgetragenen Auffassung. Schließlich bleibt mir noch das Haarsinnesorgan in der Tentakelgrube zu besprechen. Dieses ist im Prinzip dem von Car- dium paueicostatum und Cardium oblongum so ähnlich, daß ich mich damit besnüge, die Unterschiede hervorzuheben. Anstatt eines Doppel- ringes von Haarsinneszellen finden wir bei Cardum muticum nur einen einfachen Ring, der den kleinen Hügel in der Tentakelgrube umsibt (Fig. 6 Sx.@:, und Fig. 10). Den feineren Bau der Sinnes- zellen konnte ich nicht so gut erkennen, wie bei den andern Species, wofür ich namentlich der Konservierung die Schuld geben muß. Aus demselben Grund kann ich auch nicht angeben, ob sich die Sinnes- zellen hier ebenfalls in einen Ausläufer (Fig. 5 f) fortsetzen. Bei der sonstigen Ähnlichkeit der Organe bei allen drei Species glaubte ich aber annehmen zu dürfen, daß sich in dieser Hinsicht zwischen Car- dium muticum einerseits und Cardium paueicostatum und Cardium oblon- gum andrerseits kein nennenswerter Unterschied bemerkbar macht. 506 Erich Zugmayer, Technisches. Das mir zur Verfügung stehende Material stammte teils von Bergen, teils von Neapel und Triest; aus Japan die Siphonen von Cardium muticum, die mir Herr KısHINouUYE gesandt hatte. Zur Fixierung war Pikrinsalpetersäure oder Sublimat-Essigsäure verwendet worden, zum Aufbewahren 90°, Alkohol. Als stärkste Vergrößerung gebrauchte ich bei meinen Untersuchungen SEIBERT 2 mm homog. Immersion mit Ocularen 8, 12 und 18. Die Mikrotomschnitte waren meistens 5 u, selten dieker, und in einigen Fällen bloß 3 u, selbst 2 u. Die zu schneidenden Tentakel wurden in Paraffın eingebettet und dann nach eventuell erfolgter Nachfärbung auf dem Objektträger in Kanadabalsam aufgestellt. Im Anfang versuchte ich verschiedene Färbungen, hielt mich aber im weiteren Verlauf meiner Unter- suchungen an einige wenige, die ich mit Erfolg angewendet hatte. Mit der Eisenhämatoxylinfärbung nach HEIDENHAIN konnte ich keine guten Resultate erzielen; dagegen erwies sich die Färbung mit Borax- karmin-Hämatoxylin -chromsaurem Kali nach ScHUBERG als recht gut. Die Tentakel wurden dabei in toto auf 12—24 Stunden in Borax- karmin gelegt, darauf die überschüssige Farbe mit 70°%/, Alkohol, der !/,0/, Salzsäure enthielt, extrahiert. Auf dem Objektträger wurden die Schnitte dann für 10—15 Minuten, je nach der Dicke, in ein Ge- misch von drei Teilen Wasser und einem Teil 1°/,iger Hämatoxylin- lösung gebracht, darauf gut ausgewaschen und für 5—8 Minuten in eine einprozentige wässrige Lösung von chromsaurem Kali gelest; da- nach mußte, wieder gut in fließendem Wasser gewaschen werden. Für die Differenzierung von Bindegewebe und Muskulatur ver- wendete ich mit gutem Erfolg nach Angaben von Prof. SCHUBERG eine Abänderung der von BLOCHMANN modifizierten VAN GIESoNschen Bindegewebsfärbung. Ich benutzte eine ungefähr 0,01 P/,ige Lösung von triphenylrosanilintrisulfosaurem Natrium in gesättigter wäßriger Pikrinsäurelösung. Schnitte von 5 «, die mit Boraxkarmin vorbehan- delt waren, erhielten in dieser Flüssigkeit, aus der sie sehr rasch in. absoluten Alkohol überführt werden müssen, schon in 2—21/, Minuten die gewünschte Abtönung, wobei sich das Bindegewebe tiefblau, die Epidermis gelbbraun, alles übrige mattblau und die Muskulatur schön orangegelb färbt, was in Verein mit der Karminfärbung der Kerne schöne und brauchbare Bilder gibt. Am liebsten und mit den besten Resultaten verwendete ich jedoch die Färbung Boraxkarmin-Osmium-Holzessig nach ScuußErg. Die in Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 507 der angegebenen Weise mit Boraxkarmin vorbehandelten Tentakel wurden in toto nach erfolgtem Extrahieren in eine einzehntelprozentige Lösung von »Überosmiumsäure« gebracht, in der sie am besten 6 Stunden gelassen wurden. Nach kurzem Ausspülen in Wasser kommen die Tentakel sodann in unverdünnten Holzessig, bis sie ganz schwarz geworden sind, was in einigen Stunden eintritt. Hierauf werden sie wie gewöhnlich eingebettet und geschnitten. Man kann auch den Holzessig weglassen, doch müssen dann die Tentakel 24—56 Stunden in einprozentiger Osmiumsäure liegen. Mit diesem Verfahren erzielt man eine Bräunung der Nerven- und Ganglien- substanz, die immer noch sehr wertvoll genannt werden muß, sclange es für konserviertes Material keine brauchbare spezifische Nerven- färbung gibt. Die vorliegende Arbeit entstand im zoologischen Institut der Universität Heidelberg auf Veranlassung meines verehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr. Bürscuhuı, dem ich gleich an dieser Stelle für seinen ständigen Rat und seine freundliche Hilfe meinen aufrichtigsten Dank erstatte. Auch Herr Prof. Dr. Schugere hat mich durch zahlreiche wertvolle Winke, besonders in technischer Hinsicht, außerordentlich verpflichtet. Ferner hat auf die liebenswürdige Vermittlung des Herrn Prof. Iısıma in Tokyo Herr K. KısHInouyE sich der Mühe unterzogen, einige Exemplare von Cardium muticum für mich zu konservieren und zu senden, wodurch es mir möglich wurde, meine Untersuchungen auch auf diese wenig erforschte Species auszudehnen ; beiden genannten Herren danke ich hierfür bestens. Heidelberg, im Oktober 1903. Literaturverzeichnis, 1. 1795. J. X. PoLı, Testacea utriusque Siciliae eorumque historia et anatome tabulis aöneis illustrata. Parma 179. 2. 1840. W. GrUBE, Über Augen bei Muscheln. MÜLLERS Archiv f. Anat. u, Physiol. 1840. 3. 1844. J. G. F. Wırr, Über die Augen der Bivalven und Ascidien. FRORIEPS . neue Notizen aus dem Gebiet der Natur- und Heilkunde. Bd. XXIX. S. 81—87 und 99—103. 4. 1848. TH. v. SIEBOLD, Vergl. Anatomie der Wirbellosen. p. 262. 5. 1885. J. CARRIERE, Die Sehorgane der Thiere. 6. 1885. B. SHARP, On the visual organs of Lamellibranchiata. Mitth. d. Zool. Station Neapel. Bd. V. 8. 447—470. 7. 1886. W. PATTEn, Eyes of Mollusecs and Arthropods. Ebenda. Bd. VI. S., 542 —756. 508 Erich Zugmayer, Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. 8. 1886. K. Drost, Über Nervensystem und Sinnesepithelien der Herzmuschel. Morph. Jahrbuch. Bd. XII. S. 1653—201. 9. 1892. B. Rawırtz, Der Mantelrand der Acephalen. Teil III. Jen. Zeitschr. f. Med. und Naturwiss. Bd. XXVII. 10. 1894. K. KısHINOUYE, Note on the eyes of Cardium muticum Reeve. The Journal of the college of science. Imperial University Tokyo. Bd. VI. p. 279— 285. 11. 1896. W. NAGEr, Der Lichtsinn augenloser Thiere. Jena. 12. 1897. W. NAGEL, Über räthselhafte Organe an den Siphopapillen von Car- dium oblongum. Zool. Anzeiger. Bd. XX. S$. 406. 13. 1900. R. Hzsse, Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Thieren. Theil VI. Diese Zeitschr. Bd. LXVII. S. 379. Erklärung der Abbildungen, Die Figg. 1, 4 und 6 mußten, da auf einem Schnitt nie alle charakteristi- schen Elemente vertreten waren, aus mehreren Schnitten mit möglichster An- lehnung an die Präparate konstruiert werden. Gemeinsame Bezeichnungen: Bgw, Bindegewebe; Dgx, FLemminGsche Bindegewebszellen; Cs, Cutieula; Ep, Epidermis; @G, Ganglion; @x, Ganglienzellen; Z, Linse; M, Muskulatur; N, Nerv; Pm, Pigmentzellen; /x, Retinazellen; Sz, Haarsinneszellen. Tafel XXIX. Fig. 1. Medianer Sagittalschnitt durch einen augentragenden Tentakel von Oardium edule. Vergr. etwa 350. Ag, Argentea; SE, Sinnesepithel; Sg, Seh- ganglion. 6 Fig. 2. Sinnesepithel von Oardium edule. Vergr. etwa 1200. As, Alveolar- saum; 2x, Epithelzellen. Fig. 5. Partie aus der Linse von Cardam edule. Vergr. etwa 1200. Fig. 4 Medianer Sagittalschnitt durch einen Tentakel von Cardium paucico- statum. Vergr. etwa 350. Fig. 5. Teil des Sinnesorgans von Cardium paucicostatum. Vergr. etwa 1300. ‚Stl, stützende Lamelle zwischen den beiden Ringen von Sinneszellen ; f, Fortsatz der Sinneszellen zwischen die Ganglienzellen. Fig. 6. Medianer Sagittalschnitt durch ein Auge von Oardium muticum. Vergr. etwa 350. AK, Augenkapsel; C, Cornea; Ch, Chorioid; D, D,, Drüsen- zellen; GK, Glaskörper; R, Retina; S, Spitze des Tentakels, die bei Kontrak- tion das Auge überdeckt; 7pt, Tapetum. Fig. 7. Querschnitt durch die Linse von Cardium mutieum. Vergr. etwa 350. AK, Augenkapsel; Zm, hyaline Zwischenmasse. Fig. 8. Querschnitt durch die Stäbehenzone der Retina von (ardeum muti- cum. Vergr. etwa 2500. Pr, Pigmenthülle, um die Stäbchen; si, Stäbchen;«f, axiale Fibrille; rf, radiäres Fachwerk des Stäbchenmantels M; ZM, Zwischenmasse. Fig. 9. Partie aus der Retina von Cardium muticum im Längsschnitt. Vergr. ‚etwa 1200. M, Mantel; KZM, Kerne der Zwischenmasse; st, Stäbchen; ZM, Zwischen- masse. Fig. 10. Haarsinnesorgane von Cardium muticum im Längsschnitt. Vergr. etwa 1200. . Myenchus bothryophorus, ein in den Muskelzellen von Nephelis schmarotzender neuer Nematode. | Von | August Schuberg und Olaw Schröder in Heidelberg, (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Heidelberg.) Mit Tafel XXX. Im Sommer 1898 beobachtete ich zum ersten Male in mehreren Exemplaren von Nepkelis vulgaris Moqg. Tand. [Herpobdella atomarıa (Carena)|, aus dem Neckar bei Heidelberg, einen kleinen Nematoden, der beim Zerzupfen der Wirtstiere in Kochsalzlösung frei hervortrat und den ich nach Herstellung von Macerationspräparaten auch in den Muskelzellen antraf. Obwohl diese bemerkenswerte Lebens- weise meine Aufmerksamkeit erregte und wiederholte Beobachtung des Wurmes, den ich bald auch in den abgelegten Kokons von Ne- phelis auffand, die wichtigsten ÖOrganisationsverhältnisse kennen lehrte, fand ich doch nicht die Zeit, die Untersuchung in genügender Weise zu Ende zu führen. Ich bin daher Herrn OÖ. SCHRÖDER sehr zu Danke verpflichtet, daß er bereit war, den Gegenstand gemeinsam mit mir zu bearbeiten. Einige Lücken in der Lebensgeschichte des Tieres, die noch geblieben sind, hoffen wir später ausfüllen zu kön- nen. Da der Nematode sich als bisher unbekannt erwies, haben wir ihm den Namen Myenchus bothryophorus beigelegt!. A. SCHUBERG. 1. Bau des ausgebildeten Tieres. Die ausgebildeten, geschlechtsreifen Exemplare von Myenchus bothryophorus, die wir unsrer Beschreibung zugrunde legen wollen, erhält man am einfachsten dadurch, daß man die lebenden Exemplare 1 Eine vorläufige Mitteilung erschien in den Verhandl. des Naturhist.-med. Vereins Heidelberg. Bd. VII. 1904. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 34 510 August Schüberg und Olaw Schröder, von Nephehis in einem Uhrschälchen mit physiologischer Kochsalz- lösung in kleine Stücke zerschneidet. Die hierbei frei gewordenen Parasiten besitzen die typische, langgestreckt-wurmförmige Gestalt der Nematoden. Die Länge der männlichen Tiere beträgt 0,42 bis 0,44 mm, die der weiblichen 0,38—0,4 mm, die größte Breite in bei- den Geschlechtern ungefähr 0,021 mm. Das Vorderende, das sich allmählich etwas verjüngt, ist am Munde ziemlich deutlich quer abgestutzt. Im optischen Längsschnitt erscheinen die Ecken des abgestutzten Endes etwas vorgewölbt (Fig. 17,2), was vermutlich der Anwesenheit von Lippen bildungen zuzuschreiben ist, doch konnte nicht mit Sicherheit entschieden wer- den, um wie viele es sich handelt; wahrscheinlich dürften jedoch drei Lippen vorhanden sein. Die von diesen Lippen eingeschlossene Partie ist gewöhnlich leicht vorgewölbt (Fig. 1, 2); sie kann jedoch auch, namentlich bei etwas gepreßten Individuen, noch stärker vor- sewölbt sein (Fig. 3). In ihrer Mitte liegt die äußerst feine Mund- öffnung (m, Fig. 1, 2, 3). Das Hinterende des Körpers spitzt sich allmählich, doch ziem- lich scharf zu; diese Zuspitzung macht sich insbesondere von der After- öffnung (a) an geltend. Bei männlichen Tieren ist der Schwanz, das hinter dem After gelegene Stück des Körpers, verhältnismäßig kürzer (Fig. 2) als bei weiblichen (Fig. 1), so daß das Hinterende der Weib- chen etwas schlanker und spitzer erscheint, als das der Männchen. Die Spitze des Hinterendes ist bei beiden Geschlechtern in drei kleine Fortsätze zerteilt, von denen einer dorsal und zwei ventral zu stehen scheinen; doch ist dies bei der Kleinheit der Verhältnisse schwer zu entscheiden (Fig. 1, 2, 11). Das Hinterende ist oft etwas ventralwärts gekrümmt, aber beim Männchen nicht stärker, als beim Weibchen; eine ständige Einrollung des männlichen Hinterendes ist also nicht vorhanden. Die Afteröffnung (a, Fig. 1, 2) liegt, wie schon angedeutet, kurz vor dem Hinterende, auf der Bauchseite. Bei den männlichen Tieren mündet in sie auch das Genitalorgan. Bei den weiblichen dagegen findet sich eine besondere Geschlechtsöffnung oder Vulva (®), _ die ungefähr am Anfang des letzten Körperviertels liegt; die Ent- fernung der Geschlechtsöffnung vom After ist um ein weniges größer, als die des Afters von der Spitze des Hinterendes. 1 Ich bemerke dieses besonders mit Rücksicht auf Fig.2. Die Einrollung des Hinterendes ist hier nur zurällig und findet sich in ähnlicher Weise gelegent- lich auch bei Weibchen. Le Myenchus bothryophorus usw. 511 Während die 'bisher beschriebenen Verhältnisse durchaus nichts Ungewöhnliches erkennen lassen, beansprucht ein andrer Punkt be- sonderes Interesse. Es ist dies eine eigentümliche grubenartige Ein- senkung der Körperoberfläche, die auf der Bauchseite ungefähr an der hinteren Grenze des vordersten Körperfünftels gelegen ist. Diese »Bauchgrube« (bg), wie wir das Organ nennen wollen, ist bei allen Individuen leicht zu erkennen und macht auf den ersten Blick durch- aus den Eindruck eines Saugnapfes. Eine kleinere Ellipse, die von einer zweiten nahen, konzentrischen Linie begleitet sein kann (Fig. 2), liegt innerhalb. zweier ebenfalls konzentrischer größerer ellipsoider Linien (Fig. 1,2). Zwischen der kleineren und der inneren größeren Ellipse läßt sich mitunter eine zarte, radiäre Streifung bemerken (Fig. 1). Genauere Untersuchung ergibt, daß die kleinere Ellipse in eine kleine Grube führt, deren Ausdehnung in die Tiefe indessen schwer zu beurteilen ist. Mit Sicherheit ließ sich jedoch feststellen, daß sie von der "Cuticula des Körpers ausgekleidet wird; denn in einem Falle, bei einem stark gequetschten Tiere, wurde dieser eingesenkte Teil der Cutieula durch den Druck nach außen gepreßt und saß dann der Öffnung der Grube wie ein kleines zylindrisches Röhrchen auf. Ob die »Bauchgrube« wirklich die Bedeutung eines Saugnapfes hat, ist nicht zu entscheiden. Außer der oben erwähnten äußeren Ähnlichkeit liegen uns keinerlei Beobachtungen vor, welche in dieser Hinsicht etwas zu beweisen imstande wären. Die Saugnäpfe, welche bei einigen wenigen Arten von Nematoden angetroffen werden, so bei der Gattung Heterakist und bei Oxysoma lepturum?, liegen zwar unpaar auf der Ventralseite, jedoch am Hinterende des Tieres und kommen nur den Männchen zu?. Nach den vorliegenden Angaben, wie nach dem, was wir über die Bauchgrube von Myenchus fest- stellen konnten, läßt sich jedenfalls eine Identifizierung der beiderlei Organe nicht sicherstellen. ! A. SCHNEIDER, Monographie der Nematoden. Berlin 1866. S. 68. Taf. IV, Fig. 2. 2 Ebenda S. 116. Taf. XII, Fig. 3. 3 Über andre, als »Saugnäpfe« gedeutete Organe von Nematoden vergleiche man die Arbeit von L. A. JÄGERSKIÖLD, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Nematoden. In: Kgl. Svenska Vetensk.-Akad. Handl. Bd. XXXV. 1901. S. 71 ft. JÄGERSKIÖLD faßt diese sog. »vorderen akzessorischen Organe« vieler männlicher Nematoden als Drüsen auf, wie das vor ihm auch schon BÜrscHLı getin hatte (Beitr. z. Kenntnis d. freilebenden Nematoden. In: Nova Acta Ks. Leop.-Carol. deutsch. Ak. d. Naturf. Bd. XXXVI. 1873. S. 57). 34* 512 August Schuberg und Olaw Schröder, Dasselbe ergibt sich bei einem Vergleich mit den sog. Seiten- kreischen! oder Seitenorganen?, wie sie für viele freilebende Nematoden beschrieben wurden. Es sind dies meist kreisrunde oder elliptische, doch auch spiralig oder noch anders erscheinende euti- culare Organe, welche in geringer Entfernung hinter dem Kopfende liegen und »bisweilen mit einem zentralen dunklen Fleck versehen« sind®. Dadurch ähneln sie der Bauchgrube von Myenchus; nament- lich die Seitenorgane von Monhystera-Arten erinnern in mancher Hin- sicht an sie. Indessen sind die Seitenorgane so wenig genau be- kannt, dab schon aus diesem Grunde eine genauere Vergleichung unmöglich ist. Als wichtiger Unterschied ist aber ferner schon die Lage hervorzuheben: während die Bauchgrube von Myenchus als unpaares Organ auf der Bauchseite gelegen ist, treten die Seiten- organe stets paarweise, je eines in den Seitenlinien der Hals- gegend auf. Berücksichtigt man die Lage der Bauchgrube — auf der Ventral- seite nahe dem Vorderende — so liegt der Gedanke nahe, sie könnte mit dem Porus, der Öffnung des Exkretionsorgans, etwas zu tun haben. Soweit mir bekannt, wird der Porus für die meisten Nema- toden als eine einfache, in der Regel sehr feine Öffnung: beschrieben, in welche sich die Cutieula als enges Röhrchen einstülpen kann. Nur in zwei Fällen finde ich besondere Differenzierungen am End- abschnitt des Exkretionsapparates angegeben, nämlich bei Atrackis dactylura (Duj.), einem Parasiten aus Testudo graeca, und bei Atractıs cruciata v. Linstow aus Metopoceros (Iguana) cornutus. Bei der ersteren Art wird der Exkretionsporus von HALLEZ> folgendermaßen geschildert: »Au niveau de la dilatation stomacale, en arriere du bulbe (fig. 1 P), et sur la ligne ventrale, se trouve le pore exereteur qui communique avec une poche a laquelle aboutissent les deux ! Vgl. O. BürschLı, Beitr. zur Kenntnis der freilebenden Nematoden. S. 16. 2 Vgl. ©. BürscHuı, Zur Kenntnis der freilebenden Nematoden insbesondere der des Kieler Hafens. In: Abh. SENCKENB. naturf. Gesellsch. IX. Bd. 1874. S. 5. J. G. DE Man, Die frei in der reinen Erde und im süßen Wasser leben- den Nematoden der niederländischen Fauna. Leiden 1834. S. 8 und: Anatom. Untersuchungen über freilebende Nordsee-Nematoden. Leipzig 1886. S. 2. 3 DE MAN, Die frei in der reinen Erde und im süßen Wasser lebenden Nematoden. 8. 8. 4 Vgl. z. B. J. G. DE Man, Troisieme note sur les Nömatodes libres de 1a Mer du Nord et de la Manche. In: M&m. Soe. zool. France. T. II. 1889. Pl. V, Fig. 1 et 1o. 5 P. HALLEZ, Anatomie de l’Atractis dactylura (Duj.). Extrait des Mem. Soc. Sci. Lille. 4e ser. T. XV. 1886 (1887). p. 12. ar Je De Myenchus bothryophorus usw. 513 trones anterieurs et les deux posterieurs, ... Sur le vivant (fig. 9) la poche, designee aussi sous le nom de saccule, a l’apparence d’une ‚vesicule ridee a la surface, en communication avec l’exterieur par un canal tres £troit, pere& dans l’epaisseur de la eutieule. Je n’ai jJamais pu constater la moindre contraction dans cette vesicule. La figure 8 est la reproduction d’une preparation a l’acide pierique.... On voit autour du pore P un espace chitineux (ZC) avec des rides rayonnantes, puis un cerele tres finement stri& radiairement (ZS), et enfin la vesicule proprement dite avec son ouverture inferieure qui la met en communication avec les trones exereteurs....« Über den Porus von Atractis cruciata aber berichtet v. Linstow'!: »er ist sehr merkwürdig gebildet (Fig. 4); die Mündung ist von einem Kranz von gelblichen Chitinstäbehen eingefaßt, deren Spitzen frei hervorragen«. Ob die bei den angeführten zwei Atractis-Arten? vorkommenden Differenzierungen des Exkretionsporus miteinander identisch sind, läßt sich nach den vorliegenden Beschreibungen und Abbildungen, die recht große Unterschiede aufweisen, nicht sagen; immerhin wäre es merkwürdig, wenn die gerade bei zwei Arten des gleichen Genus vorkommenden Bildungen, die sich anscheinend sonst nicht finden, nichts miteinander zu tun haben sollten. Noch weniger aber läßt sich entscheiden, ob die Bauchgrube von Myenchus mit dem Porus der Atractis-Arten verglichen werden darf; ob etwa die radiäre Streifung, die oft zu beobachten ist, mit der radiären Streifung am Porus von Atractis dactylura oder dem Kranze von »Chitinstäbehen« bei Atractıs cruciata etwas zu tun hat. Aber auch wenn dies nicht zutrifft, was mir das Wahrscheinlichste dünkt, so zeigen diese Fälle immerhin, daß wenigstens bei manchen Nematoden besondere Differenzierungen am Porus vorkommen und daß es also nicht aus diesem Grunde un- möglich wäre, die Bauchgrube als Porus aufzufassen. Allerdings fehlen jegliche Beobachtungen über Exkretionsgefäße selbst bei Myenchus und es bleibt allein die Lage des Organs, welehe für eine solche Deutung sprechen könnte. So bleibt uns denn nichts übrig, als allein das Vorhandensein 1 v. LINSTOW, Atraetis eruciota und Oxyurıs monhystera, zwei neue Nema- toden aus Metopoceros cornutus, In: Centralbl. Bakteriol. Parasitenk. I. Abtlg. XXXI. Bd. Originale. 1902. S. 30. 2 Über den Porus der dritten bekannten Atractis-Art, A. opeatura Leidy, liegen keinerlei Angaben vor. Vgl. J. Leypy, Notices of Entozoa. In: Proceed. Acad. Nat. Se. Philadelphia. 18%. Part III (1891). p. 411. 514 August Schuberg und Olaw Schröder, der Bauchgrube festzustellen; die Frage nach ihrer morphologischen Bedeutung und Funktion müssen wir leider unentschieden lassen. Die Anatomie und Histologie der inneren Organe von Myenchus sind bei der Kleinheit des Objekts nicht leicht zu untersuchen. Es selang uns, das Folgende festzustellen. Der Darmkanal (d) durchzieht den Körper als ein nur ganz wenig gebogenes Rohr fast der ganzen Länge nach (Figg. 1 und 2). Die Mundöffnung (m) führt zunächst in einen engen und geraden Abschnitt (Figg. 1, 2, 3), welcher wohl der »Mundhöhle« andrer Nema- toden entspricht, aber vollständig von einem geraden, stärker licht- brechenden Mundstachel (st) ausgefüllt wird. Ob dieser hohl oder solid ist, konnte nicht entschieden werden. Anschwellungen an seinem hinteren Ende, wie sie bei verwandten Formen vorkommen, wurden nicht wahrgenommen. Der Ösophagus besitzt zwei wenig hervortretende, unmittelbar aufeinanderfolgende Anschwellungen (Figg. 1, 2,3 oe). Der daran sich anschließende Darm ist zunächst ziemlich schmal, verbreitert sich dann in der Mitte des Körpers wieder etwas, wird hierauf wieder schmäler und geht schließlich in ein blasig aufgetriebenes Rectum (Figg. 1,2 r) über, welches durch ein kurzes und feines Röhrchen sich in den After (@) öffnet. Das Reetum ist von einem Kranze blasser Linien umgeben, die etwas vor dem After nach vorn ausstrahlen und wohl auf Muskeln zurückzuführen sein dürften. Der After selbst ist eine kleine quere, nach vorn schwach mondsichelartig umgebogene Spalte. Die Geschlechtsorgane der weiblichen Tiere (Fig. 1) be- stehen aus einem unpaaren Rohr, das in drei Abschnitte differenziert ist. Der vorderste Abschnitt, das Ovarium (o), beginnt blind unge- fähr in der Mitte zwischen Mundöffnung und Bauchgrube und reicht bis etwas hinter die Mitte des Tieres. Namentlich am Anfang läßt es eine Querstreifung erkennen, welche auf die Anordnung seiner Zellen zurückzuführen ist. Nach hinten zu verbreitert es sich all- mählich, um dann mit einem verschmälerten Abschnitt in den kurzen zylindrischen Oviduct (od) zu münden. In diesem sind die einzelnen, aus dem Ovarium losgelösten Eizellen als dicht zusammengelagerte Kugeln zu erkennen. Der gegen das Schwanzende gerichtete Teil des Oviduets verschmälert sich zu einem kurzen engen Röhrchen, das ihn mit dem Uterus verbindet. Der Raum zwischen dem Oviduct und dem abgerundeten vorderen Ende des Uterus wird durch sym- metrische, nach vorn sich verschmälernde Körper (dr) ausgefüllt, die wir für Drüsen halten. Der Uterus nimmt fast die ganze Breite des Myenchus bothryophorus usw. 515 Körpers ein. In die Vulva mündet er mit einem kurzen trichter- förmigen Abschnitt und erstreckt sich als ein weiter Blindsack («’) hinter der Vulva noch bis zum Beginn des Enddarmes (r). Im Uterus sind meistens 9—8 Eier enthalten, welche nun schon eine feine Schale erkennen lassen, die als dünnes Häutchen die Eizellen umgibt, jedoch in ziemlich großem Abstand von deren Oberfläche. Indem die von den Eiern abgehobenen Schalen einander berühren und in der Form gegenseitig beeinflussen, kann der Anschein erweckt werden, als sei der Uterus durch feine quere Wände gekammert. Die Geschlechtsorgane der Männchen (Fig. 2%) stellen ebenfalls ein unpaares Rohr dar. Es reicht in der Regel weniger weit nach vorn, als die weibliche Genitalröhre und liegt in seiner sanzen Länge deutlich ventralwärts vom Darme. Eine scharfe Gliede- rung in einzelne Abschnitte ist nicht vorhanden. Beim lebenden Tier unterscheidet sich die hintere Partie von der vorderen durch den deut- licheren zelligen Inhalt, doch ist eine scharfe Abgrenzung beider nicht wahrzunehmen. Am hinteren Ende kann die männliche Ge- schlechtsröhre, die hier natürlich als Vas deferens (vd) funktioniert, bis zum Reetum verfolgt werden; doch blieb die Art und Weise der Verbindung mit dem Endabschnitt des Darmes unklar. Spicula sind stets zwei vorhanden; bei Betrachtung des Tieres von der Seite wird das eine durch das andre verdeckt (Fig. 2 sp). Deutlich werden dagegen natürlich beide bei Beobachtung von der Ventralseite (Fig. 5). Sie sind ventralwärts und nach vorn ziemlich stark umgebogen und besitzen eine verbreiterte, etwas nach vorn vorgebogene und am Außenrand leicht eingebuchtete Basis (Fig. 5), die an ihrer Innen- fläche ausgehöhlt erscheint (Fig. 6). | Über die übrigen Organe liegen uns sichere Beobachtungen nicht vor. | Erwähnt mag noch werden, daß einigemale Tiere angetroffen wurden, die anscheinend in Häutung begriffen waren. Sie hatten sich innerhalb der alten Cuticula zurückgezogen (Fig. 4), wobei sich zeigte, daß der Anfangsteil des Darmes — wohl mit dem Stachel(?) — eben- falls erneuert wird. Vermutlich waren dies wohl Individuen, die gerade aus Muskelfasern frei geworden waren und nun weiter zu wachsen begannen. 2. Vorkommen und Entwicklung. Die ausgebildeten Tiere, wie sie der vorstehenden Beschreibung zugrunde liegen, findet man innerhalb des Körpers der Nephelis im 516 August Schuberg und Olaw Schröder, Bindegewebe, sowohl in dem zwischen den inneren Organen sich ausbreitenden Gewebe, wie unmittelbar unter der Epidermis. Die Tiere liegen im Bindegewebe stets frei, ohne Cyste. Und in der Tat ist nach dem, was über die Lebensweise sonst ermittelt werden konnte, wohl anzunehmen, daß die Tiere sich nur vorübergehend im Bindegewebe aufhalten, so daß das Fehlen einer Cyste, wie wir sie sonst bei den im Bindegewebe vorkommenden Nematoden so häufig finden, erklärlich ist. Den eigentlichen Wohnsitz des Myenchus innerhalb des Nephelis-Körpers bilden vielmehr die Muskelzellen. Am besten überzeugt man sich hiervon an Macerationspräparaten. Es gelang auf verschiedene Weise, die Muskelfasern in vorzüglichster Weise durch Maceration zu isolieren, am besten mit etwa 5%, iger Salzsäure bei einer Temperatur von 40° (1,—1 Tag) und zweitens durch Kochen von in Sublimat konservierten Tieren in Wasser!. 1 Sowohl Salzsäure wie kochendes Wasser sind als Macerationsflüssigkeiten nicht neu, doch scheinen sie in der oben angegebenen Weise bisher noch nicht benutzt worden zu sein, namentlich nicht für Muskelfasern, für welche sie sich indessen sehr gut eignen. Die Salzsäure (5°9 der gewöhnlichen ziemlich konzentrierten Salzsäure, die etwa 370/, HCl enthält), hat den Nachteil, daß die Färbbarkeit der Kerne leidet, was beim Kochen in Wasser nicht geschieht. Zu letzterem Zwecke verwende ich nie frisches, sondern in Sublimat konserviertes Material, dessen gute Konservierung durch das Kochen in keiner Weise zu leiden scheint. Ich bringe kleinere Tiere, wie Nephelis, in destilliertem Wasser in ein kleines Reagensröhrchen, das ich an einem eingebogenen Drahtdreiecke in ein mit Wasser gefülltes Bechergläschen hereinhänge, und lasse dann das Wasser eine bis mehrere Stunden kochen. Bei sehr vielen Objekten gelingt es dann, durch kräftiges Schütteln die Muskeln in schönster Weise zu isolieren. Natürlich werden auch zahlreiche Elemente andrer Organe in brauchbarer Form isoliert. Sowohl die in Salzsäure, wie die in kochendem Wasser isolierten Muskel- zellen werden im Röhrchen weiterbehandelt, gefärbt und bis in Xylol übergeführt. Dabei benutzte ich die Corısche Laboratoriumszentrifuge, die ich überhaupt sehr empfehlen kann (Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. Bd. XII, S. 303). Zur Färbung eignete sich am besten DELAFIELDSches Hämatoxylin (verdünnt und mit Essigsäure ange- säuert) und Eosin (1/30/, in Wasser). Da durch das Zentrifugieren die isolierten Elemente wieder etwas zusammengeballt werden, so muß man sie im Kanada- balsıam wieder etwas auseinanderwirren. Noch schonender und einfacher aber als mit Nadeln geschieht dies dadurch, daß man eine kleine Probe des isolierten Materials auf ein Tröpfchen Kanadabalsam auf den Objektträger bringt, also das Xylolmaterial dem Balsam zusetzt, nicht umgekehrt. Es breitet sich dann das Xylol auf dem Balsam aus und zwar in so rascher Weise, daß dadurch die Muskelzellen usw. auseinandergewirrt werden. Ich kann beide Methoden für zahlreiche Objekte, an denen ich sie versucht habe, bestens empfehlen. Myenchus bothryophorus usw. SESNET In derartig hergestellten Präparaten, zu denen man die ganzen Tiere von Nephelis verwendet, findet man bei stärkerer Infektion oft zahlreiche Individuen von Myenchus in deutlichster Weise innerhalb der Muskelzellen. Man kann sich aufs sicherste davon überzeugen, daß sie wirklich in der Zelle liegen (Figg. 7, 8, 9), was sich übrigens auch auf Schnitten durch Nephelis leicht bestätigen läßt. Jüngere _ Stadien von Myenchus liegen gestreckt in der »röhrenförmigen« Muskelzelle und zwar in dem innern, nicht kontraktil differenzierten Protoplasma (Fig. 9), in welchem sie in einen kleinen Hohlraum ein- geschlossen sind. Den Kern der Muskelzelle (») sieht man sehr häufig unverändert erhalten, wie auch die Muskelzelle selbst durch den Parasiten weder aufgetrieben, noch — abgesehen von der Zerstörung eines Teiles des Protoplasmas — sonst irgendwie verändert erscheint. Manche Individuen, vor allem größere, sind ein- oder zweimal um- gebogen (Figg. 7 und 8); durch die größere Breitenausdehnung, die sie in dieser Lage innerhalb der Muskelzelle beanspruchen, kann dann wohl die kontraktile Rindenschicht etwas verdünnt werden (Fig. 8), doch ist dies nicht immer der Fall. Die Größe der in den Muskel- zellen eingeschlossenen Nematoden, bei welchen in der Regel von dem Geschlechtsapparat nichts deutlich erkennbar war und die wohl anscheinend auch noch nicht geschlechtsreif waren, beträgt ungefähr 0,2—0,3 mm, also die Hälfte bis drei Viertel der freien Individuen. Der Entwicklungszyklus von Myenchus konnte bis jetzt noch nicht experimentell festgestellt werden; auch fehlen uns noch einige andre Tatsachen, welche uns in den Stand setzten, ihn bis jetzt mit Sicherheit anzugeben. Doch dürfte er sich, nach den bisher geschilderten und nach gleich noch zu erwähnenden Beobachtungen, wohl folgendermaßen verhalten. Die jungen Tiere entwickeln sich zunächst im Innern der Muskel- zellen und dringen dann aus diesen in das Bindegewebe ein, wo sie, vermutlich nach einer oder mehreren Häutungen, weiter wachsen und &eschlechtsreif werden. Ihr weiteres Schicksal aber scheint sich außerhalb des Körpers des Wirtstieres abzuspielen. Im Sommer nämlich findet man nicht selten die geschlechtsreifen Myenchus in den abgelegten Kokons von Nephelis. Wie sie hierhin gelangen, ist bis jetzt nicht möglich gewesen zu ermitteln. Sie könnten entweder mit den Eiern in die Kokons abgelegt werden oder aber während der Bildung des Kokons durch die Körperwand hindurch in sie eingedrungen sein. Welchen Weg sie in Wirklichkeit wählen, wissen wir bis jetzt noch nicht; doch ist zu betonen, daß die zweite 518 August Schuberg und Olaw. Schröder, Möglichkeit jedenfalls mit in Betracht zu ziehen ist. Wie oben erwähnt wurde, findet man die Nematoden auch in dem Bindegewebe unmittel- bar unter der Epidermis, so daß es nicht undenkbar erscheint, daß sie während der Bildung oder während des Abstreifens der Kokons durch die Körperoberfläche in diese eindringen könnten. Eine aktive Durchwanderung des Körpers muß jedenfalls wohl angenommen werden, sei es nun, daß die Parasiten auf diese Weise den Körper der Wirtstiere verlassen oder daß sie erst in dessen Geschlechtsaus- führgänge eindringen und durch diese mit den Geschlechtsprodukten in die Kokons gelangen. Vielleicht ist für die Durchwanderung der Gewebe des Wirtstieres der Mundstachel. von Bedeutung. In den Kokons selbst dürfte dann vermutlich die Eiablage und möglicher- weise auch schon die Neuinfektion der jungen Nephelis erfolgen. Beobachtungen hierüber liegen uns bis jetzt nicht vor. Wir konnten nur noch feststellen, daß gelegentlich bei Untersuchung der lebenden Myenchus in Kochsalzlösung Eier aus dem Uterus der Weibchen heraustraten. Allerdings beobachteten wir dies nur in Präparaten, bei welchen möglicherweise der Druck des Deckgläschens an dem Heraustreten der Eier schuld war. Daß es sich jedoch um reife Eier handelte, dürfte daraus hervorgehen, daß sie Richtungs- körperchen bildeten. Wir sahen wiederholt zwei frei in der Schale liegende Richtungskörperchen (die anscheinend aus der Teilung des ersten abgeschnürten Körperchens entstanden waren), während ein weiteres im Begriff war, sich von der Oberfläche des Eies loszulösen (Fig. 10 rk). Diese Beobachtungen zeigen wenigstens, daß die im Uterus enthaltenen, bzw. aus ihm herausgetretenen Eier reif und befruchtet sind und daß die oben ausgesprochene Vermutung zulässig ist: daß nämlich die Eier normalerweise in den Kokons von Nephelis abgelegt würden und sich dort weiterentwickelten, um eventuell schon die jungen auskriechenden Nepkelis zu infizieren. Indessen bedürfen diese Dinge noch besonderer Untersuchung. 3. Systematische Stellung der Gattung Myenchus. Die nächsten Verwandten von Myenchus dürften wohl zweifellos in den Gattungen Tylenchus und Aphelenchus zu finden sein, wie namentlich aus dem Besitze des einfachen und ungeknöpften Mund- stachels, indessen auch aus andern Tatsachen der Anatomie, so z. B. dem Besitze des hinteren Uterusblindsackes hervorgeht. Von 7ylen- chus unterscheidet sich Myenchus vor allem durch das Fehlen der Bursa und des akzessorischen Stückes der Spieula, das fast allen j j a ce Zend in Ze Ze A Br en m daS Zul 3 ZB ZU dl ZU 22 ma Myenchus’bothryophorus usw. 919 Tylenchus-Arten zukommt. Von Aphelenchus trennt ihn dagegen die solide Beschaffenheit des Mundstachels; doch ist darauf wohl kein großes Gewicht zu legen, da vielleicht nur die Kleinheit des Objektes daran schuld ist, daß das Lumen des Stachels bei Myenchus nicht erkannt werden kann, wie dies auch DE Man für den Mundstachel von Tylenchus vermutet!. Was aber Myenchus von Aphelenchus und Tylenchus, wie überhaupt von andern Nematoden unterscheidet, das ist der Besitz der Bauchgrube, die wohl schon für sich allein dazu nötigt, für den Nematoden der Nephelis-Muskeln eine besondere Gattung aufzustellen. Ven BürscHLı wurde unter dem Namen Aphelenchus rivahıs ein freilebender Nematode beschrieben?, der »an Steinen im Main« ge- funden wurde. Diese Art besitzt am Hinterende (es wurden nur männliche Tiere beobachtet) ähnlich wie Myenchus drei kleine Fort- sätze. Man könnte daher auf die Idee kommen, daß Aphelenchus rivalıs die ins Freie gelangte Form von Myenchus sein könnte, eine Vermutung, welche durch das Vorkommen an Steinen im Wasser, an denen ja auch Nephelis lebt, eine weitere Stütze erhalten könnte. Indessen beschreibt BürschHLı für seine Form ein akzessorisches Stück der Spieula, sowie »zwei deutliche in ziemlicher Entfernung hinter dem After stehende Medianpapillen«. Von beiden, weder von dem akzessorischen Stücke der Spicula, noch von den Medianpapillen, konnte bei Myenchus etwas nachgewiesen werden. Andrerseits darf man wohl als ausgeschlossen betrachten, daß BürscaLıi die Bauch- srube, die so auffällig ist und leicht beobachtet werden kann, hätte übersehen können. Es ist daher wohl auch eine Identität des Myen- chus mit Aphelenchus rivahıs auszuschließen. Da die Gattungen Aphelenchus und Tylenchus die nächsten Ver- wandten von Myenchus darstellen dürften, so ist deren Parasitismus in einem tierischen Organismus um so bemerkenswerter, als jene beiden Gattungen, soweit mir bekannt, nur freilebende oder in Pflanzen schmarotzende Arten umfassen. Von besonderem Interesse ist jedoch der intracelluläre Para- sitismus von Myenchus, namentlich insofern, als diese Art wohl der erste bis jetzt bekannt gewordene Nematode sein dürfte, der innerhalb der glatten Muskelzellen eines Wirbellosen schma- rotzt. Denn die wenigen bis jetzt bekannten intracellulären Muskel- parasiten aus der Abteilung der Nematoden leben alle in den 1 Die frei in der reinen Erde ... lebenden Nematoden usw. S. 141. 2 Beitr. z. Kenntnis d. freileb. Nematoden usw. S. 48. Taf. III, Fig. 16. 520 August Schuberg und Olaw Schröder, End quergestreiften Muskelfasern von Wirbeltieren, so Trichina spiralis', Trichina anguillae Bowmann?, Ascarıs sp. aus Talpa europaea? und Myoryctes weismannt Eberth®. Die letztgenannte Form war bis- her, soviel ich sehe, außerdem die einzige Anguslluliden-Art, die als intracellulärer Muskelschmarotzer bekannt war. Da alle eben ange- führten Formen in quergestreiften Muskeln vorkommen, die stets mehrkernig sind, so dürfte der Parasitismus von Myenchus, eines vielzelligen Tieres, in einer einkernigen Muskelzelle immer- hin auch dadurch besonders bemerkenswert erscheinen. Schließlich mag noch darauf hingewiesen werden, daß bis jetzt meines Wissens nur eine Nematodenart als Parasit von Hirudineen beobachtet wurde, nämlich ein unreifer, 1,43 mm langer Nematode, der von CastLE5 in der Leibeshöhle von Glossiphonia stagnalıs (L.) (Clepsine bioculata Sav.) aufgefunden, jedoch nicht genauer be- schrieben wurde. Aus Gnathobdelliden scheinen Nematoden bis jetzt nicht bekannt geworden zu sein. Heidelberg, den 19. November 1903. 1 Von CHATIN war die alte Angabe, daß Trichina in die Muskelfasern ein- dringe, angefochten worden. Über die Widerlegung der CHuArınschen Ansicht, die durchaus irrtümlich ist, vgl. besonders: R. HERTWIG und J. Y. GRAHAM, Über die Entwicklung der Triehinen. In: Münchner Med. Wochenschr. 1895, Nr. 21, sowie J. Y. GRAHAM, Beiträge zur Naturgeschichte der Trechina spiralis. In: Arch. mikrosk. Anat. Bd. L. 1897. 2 Vgl. O. v. Linstow, Compendium der Helminthologie. 1878, S. 271. Es ist mir nicht bekannt, ob die »Trichina angurllae< in neuerer Zeit genauer unter- sucht worden ist. 3 R. LEUCKART, Die menschlichen Parasiten usw. II. Bd. 1876, S. 120, Ferner: A. E. SHIPLEY, On the Nematodes parasitic in the earthworm; in: Arch. de Parasitol. VI. 1902, p. 620: »The whole question of this form seems to re- quire reinvestigation«. 4 Vgl. C. J. EBERTH, Über Myoryctes weismanni, einen neuen Parasiten des Froschmuskels; in: diese Zeitschr. Bd. XII. 1863. Die neueren Mitteilungen von J. van REES sind mir leider nicht zugänglich gewesen (Myoryctes weis- mannmt; in: Tijdschr. Nederl. Dierk. Ver. [2] 1. Deel. 1886. — Zijn de Spierfibrillen als gepraeformeerd te beschouwen? in: Maandblad Natuurwet. 1886). 5 W. E. CAsTLE, Some North American Fresh-water Rhynchobdellidae and their parasites. In: Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard Coll. Vol. XXXVI. No.2. 1900. at Bl ak a En Myenchus bothryophorus usw. 521 Erklärung der Abbildungen. Die Figuren wurden unter Benutzung eines ZEıssschen Mikroskops mit dem Appeschen Zeichenapparat auf Objekttischhöhe entworfen. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen. A, After; n, Kern der Muskelzelle sp, Spiculum ; bg, Bauchgrube; von Nephelis; st, Mundstachel; d, Darm; o, Ovarium; u, Uterus; dr, Drüsen des Eileiters; od, Oviduct; w, hinterer Blindsack des h, Hoden; oe, VQesophagus; Uterus; !, Lippen; r, Rectum; v, Vulva; m, Mund; rk, Richtungskörperchen; vd, Vas deferens. Tafel XXX. Fig. 1. Geschlechtsreifes weibliches Tier, in seitlicher Ansicht, lebend untersucht in physiologischer Kochsalzlösung. Obj. DD. Comp.-Oc. 8. Vergr. 440. Fig. 2. Geschlechtsreifes männliches Tier, in seitlicher Ansicht, in physio- logischer Kochsalzlösung lebend untersucht. Obj. DD. Comp.-Oc. 8. Verg. 440. Fig. 3. Vorderende eines etwas gepreßten Tieres. Mundstachel etwas her- ausgedrückt. Apochromat. 2 mm. Comp.-Oc. 8. Ohne Zeichenapparat. Fig. 4 Häutungsstadium. Am Vorder- und Hinterende hat sich die Cuti- ceula abgehoben. Obj. DD. Comp.-Öc. 4. Zeichenapparat. Vergr. 220. Fig. 5. Spieula von der Ventralseite gesehen. Das Tier war unter dem Deckgläschen etwas gepreßt worden. Apochromat 2 mm. Comp.-Oec. 8. Ohne Zeichenapparat. Fig. 6. Spiculum von der Seite gesehen. Apochromat 2 mm. Comp.-Oe. 8. Vergr. 1000. Fig. 7. Jüngeres Tier in Muskelzelle. Macerationspräparat. Muskelzelle nur teilweise gezeichnet. Die Unregelmäßigkeit der Konturen der Muskelzellen in dieser und den beiden folgenden Figuren beruht auf der Konservierung. Obj. DD. Comp.-Oe. 6. Zeichenapparat. Vergr. 330. Fig. 8. Jüngeres Tier in Muskelzelle. Macerationspräparat. Muskelzelle nur teilweise gezeichnet. Obj. DD. Comp.-Oe. 6. Vergr. 330. Fig. 9. Jüngeres Tier in Muskelzelle. Macerationspräparat. Obj. C. Comp.- Oec. 6. Zeichenapparat. Vergr. 180. Fig. 10. Reifes Ei. kurz nach der Ablage. In physiologischer Kochsalz- lösung. Apochromat 2 mm. Comp.-Oc. 8. Vergr. 1000. Fig. 11. Hinterende eines Tieres. Apochromat 2 mm. Comp.-Oe. 8. Vergr. 1000. Zur Kenntnis der Spermatogenese bei den Poriferen und Gölenteraten nebst Bemerkungen über die Oogenese der ersteren. Von Wilhelm Görich. Mit Tafel XXXI und 4 Figuren im Text. Beim Beginne meiner Untersuchungen hatte ich mir die Auf- sabe gestellt, die Oogenese und Spermatogenese der Poriferen zu verfolgen. Bald jedoch gab ich das Studium der Eibildung auf und widmete mich besonders der Spermatogenese, wobei ich meine Unter- suchungen anfangs nur vergleichsweise, später eingehender, auch auf die Cölenteraten ausdehnte. Einige von den über die Eibildung ge- machten Beobachtungen möchte ich bei dieser Gelegenheit ebenfalls kurz mitteilen. Wegen der Kleinheit der zelligen Elemente war es mir übrigens nicht möglich, alle Einzelheiten der Ausbildung der Spermatozoen zu verfolgen, doch dürften meine Beobachtungen inso- fern nicht ohne Interesse sein, als über die feineren Vorgänge der Spermatogenese bei den Cölenteraten und besonders den Poriferen noch sehr wenig Genaues bekannt ist. Als Untersuchungsobjekte dienten mir von Schwämmen Sycandra raphanus und Spongella fluviatihs, und von Cölenteraten Aureha au- rita, Chrysaora, Nausithoe punctata, Euchiota und Tubularia indi- visa. Die Konservierung geschah bei den Schwämmen zum Teil mit Sublimat und mit HeRMAnNscher Lösung, zum Teil mit Alkohol absol. Die Exemplare von Sycandra mußten vor dem Einbetten entkalkt werden, während Spongilla mit den Nadeln geschnitten wurde. Als Färbemethode benutzte ich fast durchweg HEIDEnHAInsches Eisen- hämatoxylin, wozu noch bei Doppelfärbungen Bordeaux-Rot oder Magenta-Rot kamen. Die Dieke der Schnitte betrug zwischen 2 bis 5 u, letztere wurde nie überschritten. Die Spermabildung der Schwämme untersuchte ich nur auf Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 523 Schnitten, diejenige der Cölenteraten zum Teil auch an Strichpräpa- raten, die mir von Herrn Dr. Tönnises in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt wurden, wie ich auch Herrn Professor W. " WELTNER in Berlin wertvolles, sehr gut konserviertes Material von Spongilla fluwviatelıs verdanke und beiden Herren hier meinen Dank aussprechen möchte. Vor allem aber möchte ich meinem hochver- ehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. KorscHerr für die Anregungen und Ratschläge während der Bearbeitung dieses Themas meinen aufrich- tigen Dank abstatten. Bemerkungen über die Oogenese der Poriferen. Herleitung der weiblichen Geschlechtszellen der Poriferen. Bei meinen anfänglichen Untersuchungen kam es mir zunächst auf die Herleitung der: weiblichen Geschlechtszellen der Poriferen an. Schon F. E. Schurze leitet in seiner Abhandlung »Über den Bau und die Entwicklung von Sycandra raphamus« die Generationszellen von amöboiden Wanderzellen des Mesoderms ab, indem er sagt: »Ich meinerseits bin der Ansicht, daß die Eier zunächst aus jenen eben beschriebenen, rundlichen amöboider Bewegung fähigen großkernigen Zellen durch einfaches Wachstum aller Teile hervorgehen, die ich bei allen untersuchten Tieren im Mesoderm antraf.« OÖ. Maas verlegt die Differenzierung der Geschlechtszellen schon in ein sehr frühes Entwicklungsstadium des Schwammes und stellt den Satz auf: »Wir können eine direkte Abstammung der Keimzellen der einen Generation vom Ei nachweisen, indem durch Subtraktion aller somatischen spezialisierten Elemente schließlich eine Anzahl indifferent gebliebener Elemente übrig ist, die Urgeschlechtszellen.« Wieweit diese erste Differenzierung der Geschlechtszellen rück- wärts zu verfolgen ist, konnte ich an dem mir zur Verfügung stehen- den Material nicht nachweisen. Die Ausführungen von F. E. SCHULZE über diesen Punkt finden dagegen in meinen Untersuchungen eine volle Bestätigung. Übergänge von jenen kleinen amöboiden Zellen zu erwachsenen Eizellen kamen auch mir in großer Zahl zu Gesicht. Dieser Übergang ist so allmählich, daß man nie mit Bestimmtheit sagen kann, ob man noch eine amöboide Zelle oder schon eine junge Eizelle vor sich hat. Wachstum des Eies. In bezug auf die Ausbildung des Eies fand ich durch meine Beobachtungen früher Bekanntes bestätigt, doch möchte ich eine Episode aus der Eibildung etwas näher beschreiben. Durch Nahrungsaufnahme vergrößert die amöboide Zelle ihr Volumen 524 Wilhelm Görich, stark und nimmt nach Verlust ihrer Bewegungsfähigkeit allmählich eine länglich ovale Gestalt an. Diese Volumenzunahme erstreckt sich auch auf den Kern, der schließlich ein helles Bläschen mit stark färbbarem Nucleolus darstellt. An Exemplaren von Sycandra raphanus war es mir möglich, den Vorgang der Nahrungsaufnahme der sich entwickelnden Eizelle ge- nauer zu verfolgen. Die amöboiden Wanderzellen werden nicht alle zu Eizellen, vielmehr dient ein Teil derselben den heranwachsenden Eiern zum Aufbau. In Figg. 1—6 sind die Verhältnisse der allmäh- lichen Verzehrung einer amöboiden Zelle durch eine Eizelle darge- stellt. Danach spielt sich dieser Vorgang ungefähr folgendermaßen ab: Eine durch ihre Lage begünstigte junge Eizelle umfaßt wie eine Amöbe eine ihr benachbarte, weniger begünstigte Zelle und zieht sie nach und nach vollkommen in sich hinein. Oft entsendet zu diesem Zwecke die Eizelle nach der Nährzelle — wie ich die kleine Zelle bezeichnen will — einen Fortsatz, wie dies in Fig. 1 dargestellt ist. Anfangs ist bei der Resorption die Membran der Nährzelle noch völlig erhalten, so daß man sie noch deutlich erkennen kann. Fig. 2 zeigt eine solche Nährzelle, die durch die Schnittführung etwas von der Eizelle losgerissen wurde. Sobald sich aber ein größerer Teil derselben im Innern der Eizelle befindet, beginnt hier die Auflösung der Membran (Fig. 3). Bei diesen Vorgängen ist der Kern der Eizelle nicht ohne Mitwirkung, denn auf einigen Bildern zeigte er an der Seite der Nährzelle eine Einbuchtung, an der man häufig finger- förmige Ausläufer unterscheiden konnte (Fig. 4). Im Innern der Nähr- zelle hat sich inzwischen auch manches geändert. Der Kern, der anfangs noch verhältnismäßig groß und von einem feinen Chromatin- netz durchzogen war, ist stark zusammengegangen. Dabei ballt sich das Chromatin zu dichteren Massen zusammen, so daß der vorher deutlich sichtbare Nucleolus vollständig verschwindet (Figg. 5 und 6). Auffallend war mir, daß in allen Nährzellen neben dem Kern stets ein fast gleich großer stark färbbarer Körper zu sehen war, dessen Natur vielleicht als Nahrungskörper zu deuten ist. Nach und nach ist dann das Protoplasma der Nährzelle vollkommen in das der Ei- zelle übergegangen, und man erkennt nur noch den Kern und neben ihm jenen eben erwähnten schwarzen Ballen. Von einem Fressen der Eizelle, wie es bei den Amöben uns entgegentritt, kann man eigentlich hier nicht sprechen, denn dort werden die Nährstoffe in einer Vacuole niedergelegt und allmählich verdaut, während hier das Plasma der Nährzelle völlig von dem der Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 525 Eizelle aufgesogen wird, und starke Veränderungen in ihm nicht nachweisbar sind. Die Verhältnisse, die uns hier bei Sycandra raphanus entgegen- treten, ähneln in ihrem ganzen Verlaufe sehr den Erscheinungen, die von andern Autoren bei Tubularıa beobachtet wurden. Die Schil- derungen, die A. BRAUER, DOFLEIN und GRÖNBERG von der Eibildung bei Tubularia geben, lassen sich mit den oben dargelesten Vorgängen insofern vergleichen, als auch hier für die Ausbildung des Eies eine Anzahl von Zellen verwandt wird, die in früheren Stadien ganz das Aussehen von Keimzellen besitzen. Auch bei Tubularia werden die umgebenden Nährzellen ganz vom Ei aufgenommen und in seinem Innern aufgelöst. Dabei verliert es seine amöboide Gestalt, und sein Kern bildet sich zum Keimbläschen um, während die Kerne der Nährzellen allmählich resorbiert werden. Eine Teilung des resor- bierten Kernes der Nährzelle, wie sie DorLeiw bei Tubularia gesehen hat, konnte ich bei Sycandra raphanus nicht entdecken. Vielmehr deute ich stark färbbare Massen im Innern des Eies als letzte Reste der unterdrückten Nährzellkerne. Sehr nahe kommen meinen Befunden die Beobachtungen, die SMALLWOOD bei Pennaria tiarella gemacht hat. Auch hier entwickelt sich das Ei durch Aufnahme kleinerer umliegender Geschlechtszellen. Die allmähliche Resorption dieser letzteren geht ebenso wie diejenige bei Sycandra raphanus vor sich, so daß die Abbildung, die SMALL- woop von diesem Vorgange gibt, mit den meinigen vollkommen übereinstimmt. Lage und Verteilung der weiblichen Geschlechtszellen. Wie schon oben flüchtig erwähnt, ist die Lage der Eizellen nicht ohne Einfluß auf ihre ganze Ausbildung. Aus meinen Beobachtungen er- gibt sich, daß diejenigen Zellen, die direkt an der Wand des Schwamm- gewebes liegen, zu Nährzellen, die nach der Innenseite des Gewebes gelegenen dagegen sich zu Eizellen entwickeln. Ich erkläre mir dies so, daß die ersten Zellen. von vornherein in ihrer Ausdehnung etwas behindert sind, wogegen den anderen bei ihrer Volumenzunahme nichts im Wege steht, und ihre Ernährung eine bessere ist. Hieran lassen sich wohl am besten einige kurze Betrachtungen über die Lage und Verteilung der Geschlechtszellen im Schwamm- körper knüpfen. SCHULZE bemerkte in der oben angeführten Arbeit über Sycandra raphanus als auffällig, daß: »Diese Zellen zwar in jeder beliebigen Partie der hyalinen Grundsubstanz vorkommen können, besonders reichlich aber von mir in einzelnen ganz bestimmten Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Ba. 35 596 Wilhelm Görich, Regionen angetroffen zu werden pflegen. Dahin gehört zunächst die an das Entodermlager der Radialtuben und deren Ausbuchtungen direkt anliegende Grenzschicht, in welcher jene Zellen auf manchen Schnitten bisweilen förmlich reihenweise dem Entodermzellenlager gleichsam außen aufsitzend, immer aber vollständig in die gallertige Grundmasse eingebettet erscheinen. Ferner finden sich die erwähnten Zellen häufig in derjenigen Parenchymmasse des Schwammkörpers, die sich an der Gastralwandung in Form eines diekbalkigen Netz- werkes zwischen den Gastralostien der Tuben oft ziemlich stark ent- wickelt zeigt. Hier kommen sie dann in der reichlich vorhandenen Grundsubstanz stets regellos zerstreut vor, variieren aber auch in der Zahl bei den einzelnen Individuen be- deutend, ohne daß sich eine be- stimmte Beziehung ihrer Zahl zu andern Momenten hätte erkennen lassen. « Mit diesen Angaben stimmen 00 meine Resultate im wesentlichen == \ überein, jedoch kann ich sie in bezug ? / aufdie Lagerung der Eier noch etwas erweitern. Zunächst fand ich bei den meisten Sycandra-Exemplaren eine ganz bestimmte Grenze, bis zu der sich die Entwicklung und Lagerung der Eier im Schwammkörper vollzieht (Textfig. 1). Es ist dies ungefähr 2); der Höhe des ganzen Tieres vom Ä Grunde aus gerechnet. Auch sah ich Textfg. 1. fast nie in allzugroßer Nähe der Verteilung der Geschlechtsprodukte im Körper Außenwand Eizellen liegen, sondern “ a ae, stets befanden sie sich nach der Gastralhöhle zu. Diese Lagerung wird noch mehr spezialisiert, indem sich besonders an der Mündung der Radiärkanäle in den Gastralkanal die Eizellen zu größeren Massen ansammeln, ein Vorgang, der sich auch an einzelnen Radialtuben zeigt. Eine gewisse Lokalisierung der Eier ist auch von andern Schwämmen San PER N. 227) ( Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 527 beschrieben worden, so von Aplysilla violacea, wo sie sich ebenfalls in Gruppen zusammenlegen. Eine Vereinigung der Eier in einer besonderen Bindesubstanz, wie sie bei Zuspongia« officinalis vorkommt, Konnte ich bei Sycandra raphanus nicht konstatieren. Hier legen sich viel- mehr die Eier an den Ausmündungen der Radialtuben in den Gastral- raum nur in der Art zusammen, wie dies in Textfig. 2 zu sehen ist, Textfig. 2. Mündung eines Radialtubus von Sycandra raphanus in den Gastralraum. Auf beiden Seiten Eianhäufungen. die zwei soleher Eianhäufungen darstellt. Die Lagerung der Eier in unmittelbarer Nähe des Gastralkanals ist für »Sycandra insofern die günstigste, als einmal die Eier besser ernährt werden können, und es dann auch den ausschwärmenden Larven auf diese Weise am leichtesten ist, mit dem Wasserstrom in den Gastralkanal und somit nach außen zu gelangen. Spermatogenese. 1. Poriferen. Meine spermatogenetischen Untersuchungen der Poriferen er- streckten sich auf Sycandra raphanus und Spongella fluviatılıs, und zwar verfolgte ich die ersten Teilungen der Samenmutterzellen bei Sycandra raphanus, die letzten Reifestadien dagegen bei Spongella fluviatılıs. Herleitung und Lagerung der Samenzellen. Die Frage der frühen Differenzierung der Generationszellen konnte ich, wie schon eingangs gesagt, nicht behandeln und nehme deshalb mit den andern Autoren als Zellen, die den Spermatogonien zum Ursprung dienen, jene amö- boiden Wanderzellen an, aus denen auch die Eier sich entwickeln. 30* 528 Wilhelm Görich, Auch in den Samenmutterzellen haben wir es mit stark wachsenden Zellen zu tun, die wie die Eizellen mit einem bläschenförmigen Kern und stark färbbarem Nucleolus versehen sind. Im Gegensatz zu den Eizellen erreichen jedoch die Ursamenzellen keine solche Größe, son- dern runden sich bedeutend früher ab. Wie sich aus meinen Schnittpräparaten ergab, finden sich die Samenzellen von Sycandra raphanus im oberen Drittel des Tieres, wäh- rend, wie oben angegeben, sich die Eier in dem unteren Teile des Tieres entwickeln (Textfig. 1). Bei Spongella traf ich die Spermato- cysten fast ausschließlich oberhalb der Hälfte der Schwammdicke. Die Lagerung der Samenzellen bei Sycandra ähnelt sehr den Ver- hältnissen bei Aydra, wo sich die Hoden ebenfalls in den oberen Teilen des Tieres anlegen, und die Ovarien tiefer stehen. Bei Spor- gila wird die Lage der Samenzellen wohl aus Opportunitätsgründen eine solche sein, denn auf diese Weise gelangen die Samenfäden mit dem Wasserstrom schnell nach außen. In Textfig. 1 sind die Verhältnisse bei Sycandra eingetragen. Deckzellen. Schon kurz nachdem sich die Ursamenzellen durch starke Volumenzunahme aus den Wanderzellen herausdifferenziert haben, werden sie vön einem hellen Protoplasmasaum kapselartig umgeben. Die Entstehung dieser Hülle — der »Deckzelle« — wurde von POLEJAEFF bei Sycandra raphanus und von K. FIEDLER bei Spon- gila beschrieben. Beide Autoren sind der Ansicht, daß diese Deck- zelle sich zugleich mit der Ursamenzelle aus derselben Wanderzelle entwickle, daß beide Elemente Tochterzellen ein und derselben Zelle seien. Nach den Angaben beider Autoren teilt sich der Kern der Wanderzelle in zwei ungleiche Teile. Der kleinere Teil wird zum Deckzellenkern, rückt aus dem Zentrum der Zelle und umgibt sich mit hellerem Protoplasma; der größere Teilkern wird zum Samen- zellkern, bleibt in zentraler Lage und wird von dunklerem Proto- plasma en | Dagegen zeigen meine Untersuchungen, daß Deck- kan Samen- zelle nicht in diesem Verhältnisse zueinander stehen. Beide sind Zellen der mittleren Schicht, aber: in Gestalt und Größe voneinander unterschieden. Die Zellen, aus denen sich die Deckzellen entwickeln, sind etwas kleiner als die Samenzellen, und auch ihr Kern bleibt an Größe hinter dem der letzteren zurück; sein Nucleolus ist deut- lich in dem dichten Chromatinnetz zu erkennen. Fig. 7 zeigt zwei Zellen, eine amöboide (obere) und eine der eben beschriebenen Art (untere) nebeneinander liegend. Das Cytoplasma der letzteren ist weit Du ui wa Zn Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 529 weniger färbbar und zeigt eine feinere Körnelung als das der Samen- zelle. | Die Bildung der protoplasmatischen Umhüllung der Samenzelle ‚geschieht durch Umlagerung und ist in Figg. 8S—14 dargestellt. In Fisg. 8 und 9 sehen wir die Deckzelle — so sei mit POLEJAEFF die hellere Zelle genannt — mützenförmig der Samenzelle aufsitzen. Ihre Ränder sind noch vollkommen frei, und aueh das Innere der Deckzelle ‚weist noch keinerlei Veränderungen auf. Allmählich beginnen nun die Ränder der Deckzelle sich fester an die Samenzelle anzulegen, so daß sie an den äußersten Stellen ganz in die Grenzen der letzteren übergehen (Figg. 10 und 11). Die Grenze des Protoplasmas beider Zellen ist jedoch an den Berührungsstellen ebenso deutlich wie zu- vor. Das Plasma der Deckzelle schiebt sich nun immer weiter über die Samenzelle, so daß wir am Ende des Umlagerungsprozesses jenen kapselartigen hellen Beleg haben, der die Samenzelle in seinem Innern birgt (Figg. 12 und 13). Die den Kern der Deckzelle betreffenden Veränderungen bestehen zunächst in einer Abnahme seines Volumens. Sein Chromatin verdichtet sich und hüllt den Nucleolus vollkommen ein. Deutlich wahrnehmbar war der Kern der Deckzelle noch auf einem Stadium, auf dem die Ursamenzelle sich schon in vier Tochterzellen geteilt hatte (Fig. 14). Die Form und innere Struktur dieser Deckzellen stimmt im wesentlichen überein mit derjenigen von amöboid beweglichen Zellen, die E. A. MinchHin bei einigen Species von Olathrina beschreibt. Be- sonders ist es die feine Granulierung des Plasmas und dessen Färbung, die den Deckzellen von Sycandra raphanus und jenen »wandering cells«e von Clathrina gemeinsam ist. Die Zellen, die MincHin in Figg. 43—47 Pl. 41 von (lathrina contorta darstellt, gleichen sehr denen, die mir bei Sycandra raphanus und weiterhin auch bei Spon- gilla fluveatelis zu Gesicht kamen. Wie das weitere Schicksal der Deckzelle sich bei Sycandra vapha- nus gestaltet, kann ich nicht angeben, da ich die weiteren Studien der Spermatogenese an Exemplaren von Spongella anstelle. Dagegen fand ich bei Spongilla Deckzellen von einer Art, wie sie FIEDLER beschrieben hat. Oft nur zu zweien, aber auch zu mehreren, um- geben sie die Spermatocyten als mehr oder minder flächenförmig verbreiterte Zellen, die im Querschnitt gebogenen Spindeln gleichen (vgl. Textfig. 3). An der Stelle, wo der Kern liegt, sind sie am dicksten und flachen sich nach beiden Seiten hin stark ab. Sehr charakteristisch ist das Aussehen dieses Deckzellenkerns; sein Inneres 530 Wilhelm Görich, wird von einem Netz zarter Chromatinfäden durchzogen, in das zahl- reiche Kernkörperchen eingelagert sind. Diese Gestalt des Kerns und dazu noch die Konstitution des Protoplasmas der Deckzellen bestätigen die vorher aufgestellte Be- hauptung, daß wir es in ihnen ebenfalls mit echten Parenchymzellen wie bei Sycandra raphanus zu tun haben. Es finden sich nämlich im sanzen Körper von Spongella Zellen, die in Kern- und Cytoplasma- struktur vollkommen mit derjenigen der Deckzellen übereinstimmen. Dies sind aber dieselben Zellen, die FIEDLER »amöboide Nährzellen« nennt und aus denen er den Follikel des Eies von Spongella fluvatilis entstehen läßt. Daraus ergibt sich also, daß die Cyste, die die Spermatozoen in sich birgt, dem Eifollikel genetisch gleich zu setzen ist. Textfig. 3. Spermatocyste von Spongila Auviatilis. D.z, Cystenzellen; Sp.C.7/ Spermatocyten zweiter Ordnung. Über die Teilungsweise und Vermehrung der Deckzellen kann ich nichts aussagen, da ich die betreffenden Stadien trotz aller darauf verwandten Mühe nicht auffinden konnte. Die Spermatogenese untersuchte ich besonders bei Spongella fluvia- tılvs, da die Exemplare von Sycandra raphanus zu jung waren, um die ganze Entwicklung bis zur Reife der Spermatozoen verfolgen zu können. Den Befunden der früheren Autoren kann ich jedoch bezüglich der Ausbildung der Spermatozoen einige wichtige Punkte hinzufügen. Die Spermatogenese verläuft, wie schon erwähnt, in den Sper- ınatocysten. Diese Cysten bestehen aus wenigen Zellen, deren Zahl mit der Vermehrung der Samenzellen zunimmt. So fand ich die Jüngeren Oysten aus zwei, die älteren, größeren aus vier bis sechs Zellen bestehend (Textfig. 3). Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 531 Die sich mehrfach wiederholende Teilung der Samenzellen liefert immer kleinere Zellengenerationen. und geht auf mitotischem Wege vor sich. Innerhalb derselben Spermatocyste weisen alle Kerne meist dieselbe Phase der Teilung auf, und zwar findet man selten einen Kern im Ruhestadium, meist in Knäuelform. Auch die Bildung der Äquatorial- und Tochterplatten sowie die Einschnü- rung des Zellenleibes konnte man trotz der Kleinheit der Objekte deutlich erkennen. Die Elemente der beiden letzten Teilungen der Samenzellen, die Spermatiden, sah ich öfters eng beieinander liegen. Ä | Den Gang der weiteren Ausbildung beschreibt FIEDLER wie folgt: »Nach der letzten Teilung entsteht aus der Knäuelform des Kerns eine völlig kompakte Chromatinkugel. Dabei wird der Kern natürlich noch etwas kleiner und dichter als vorher und infolge da- von nicht nur stärker lichtbrechend, sondern auch durch Farbstoffe noch tiefer färbbar. Die Tinktionsfähigkeit des Protoplasmas ist dagegen im Vergleich zu den Anfangsstadien der Entwicklungsreihe erheblich geringer geworden. - Die nächste Umwandlung besteht nun darin, daß dieser kleine Protoplasmarest, der zuvor den Kern mantel- förmig umgab, sich ausschließlich an einer Seite desselben ansam- melt und hier sich endlich zu dem langen, dünnen Schwanzfaden des Spermatozoons auszieht.« Diese Darstellung stimmt zum Teil mit meinen Befunden über- ein, erfährt aber durch sie verschiedene Erweiterungen. Schon zu der Zeit, wo der Kern der Spermatide noch nicht ganz zur Ruhe gekommen ist, bemerkt man an seiner einen Seite zwei kleine Körn- chen, die Zentralkörper (Fig. 15). Das eine ist etwas größer als das andre, und beide liegen so, daß ihre Verbindungslinie tangential zur Kernmembran verläuft. In einem weiteren Stadium sind die Zentral- körper vom Kern weg nach der Zellperipherie gerückt und haben sich senkrecht zu ihr gestellt, wobei das kleinere nach innen zu liegen kommt. Die allmähliche Verlagerung der Centrosome ist in Figg. 16—18 dargestellt. Nun beginnt das innere Öentrosom nach dem Kern hinzuwandern und bildet hierbei einen feinen Verbindungs- faden nach dem äußeren Centrosom aus. An der Stelle, wo das Centrosom den Kern berührt, ist häufig eine dellenartige Einbuch- tung zu erkennen. Fast gleichzeitig legt sich an dem äußeren Cen- trosom schon ein kleiner extracellulärer Schwanzfaden an (Fig. 18). Während dieser Vorgänge macht der Kern nur insofern eine Veränderung durch, als sein Chromatin sich mehr und mehr verdichtet. 532 Wilhelm Görich, Dabei wird sein Volumen etwas geringer, während seine Färbbarkeit zunimmt. 2 An der den Centrosomen gegenüberliegenden Seite des Kerns, oft auch etwas mehr seitlich davon, beobachtet man schon ziemlich früh ein kleines, stark lichtbrechendes Körnchen, das sich von dem Chromatin des Kerns deutlich abhebt. Seine Herkunft festzustellen gelang mir nicht, doch darf man wohl in Analogie mit den sper- matogenetischen Vorgängen andrer tierischer Objekte annehmen, daß es auf die Sphäre zurückzuführen ist (Fig. 19). Alle weiteren Differenzierungen kamen mir erst durch Doppel- färbungen zu Gesicht. Färbt man nämlich mit Bordeaux-Rot die Schnitte kurz vor und mit Eisenhämatoxylin nach, so erkennt man, daß sich unter dem Zentralkörper, der dem Kern anliegt, eine dünne Platte angelegt hat (Fig. 20). Diese verläuft anfangs als schmaler Saum längs der Kernmembran, verdickt sich aber bei der weiteren Ausbildung des Spermatozoons immer mehr. Auch an der vorderen Seite des Kerns hat sich eine ebensolche Platte angelegt, die in ihrer Mitte das oben erwähnte Körnchen trägt. Dieses vordere Körnchen ändert nun auch seine Gestalt. Wäh- rend es anfangs kugelig war, nimmt es allmählich die Form eines Kegels an, der sich im Laufe der Entwicklung zu einer feinen Spitze auszieht (Fig. 21). An seiner Basis befindet sich die nunmehr ver- breiterte Platte und bildet mit ihm zusammen das Spitzenstück des reifen Spermatozoons. Die nunmehr sich an der Spermatide vollziehenden Veränderungen beziehen sich auf Lageverschiebungen von Kern und Protoplasma. Die vorher geschilderten Umbildungen am Kern der Spermatide voll- zogen sich alle zu einer Zeit, wo dieser noch auf allen Seiten gleich- mäßig von Protoplasma umgeben im Zentrum der Spermatide lag. Schon kurz nach der Bildung des Spitzenstücks nimmt der Kern eine exzentrische Lage ein (Fig. 22), so daß das Protoplasma mehr und mehr an den hinteren Teil der Spermatide zu liegen kommt. Oft hatte es hierbei auch den Anschein, als ob sich der Kern an einer Seite der Zellperipherie anlegte, und das Protoplasma sich über die andre Seite nach hinten verschob. So kommt es, daß die im Innern entwickelte Spitze schließlich die Zellgrenze durchbricht, und diese dem vorderen Teile des Kerns fest anliegt (Figg. 23 und 24). Mit der zunehmenden Länge des Schwanzfadens geht eine Ver- minderung des Protoplasmas Hand in Hand. ‚Man findet es am Ende der Samenbildung mützenförmig dem hinteren Teile des Spermatozoons Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 533 aufgelagert uud schließlich im ausgebildeten Samenfaden nur noch als Kuppe am Grunde des sehr langen Schwanzes (Figg. 25 und 26). Demnach unterscheidet man am reifen Spermatozoon von Spon- gila flwviatiis einen rundlichen Kopf, dem vorn auf einer Platte be- festigt ein Spitzenstück aufsitz. Zwischen dem Schwanzfaden und dem Kopfe liegt ein Abschnitt, den ich als Mittelstück bezeichnen möchte. Er besteht aus der dem Kopfe anliegenden Platte mit daraufsitzendem Zentralkörper, der durch einen kurzen intracellulären Faden mit dem zweiten, äußeren Zentralkörper verbunden ist. Ähnliche Differenzierungen am Spermakopfe von Poriferen wur- den schon von früheren Autoren beschrieben. Bei Kalkschwämmen hat HAEcKEL, bei Spongella GanINn und WELTNER am Kopfe des Spermatozoons das Auftreten eines kleinen Körperchens besprochen, und F. E. SCHULZE schreibt über die Spermatozoen von Aplysilla sulfurea: »Sind die Spermatozoen noch nicht ganz reif, so lassen sich in dem alsdann nicht mehr kugelig gestalteten und stärker auf- getriebenen, aber glatt und scharf konturierten Körper ein oder zwei dunkle Flecken wahrnehmen, von denen gewöhnlich der eine, der kleinere, wie ein stark lichtbrechendes Körnchen aussehend, am vor- deren Pole, seltener an der Seite, der andre (nicht immer wahr- nehmbare) blassere und etwas erößere in der Nähe der Insertions- stelle des Schwanzfadens liegt.< Desgleichen sagt derselbe Autor von Halisarca lobularıs: »Bei noch nicht ganz ausgebildeten, aber schon zu lebhafter Bewegung befähigten, unreifen Spermatozoen ist das Köpfchen etwas voluminöser, weniger lichtbrechend und mehr kugelig gestaltet. Man erkennt in demselben gewöhnlich seitlich von der Insertionsstelle des Schwanzfadens nahe der Peripherie ein dunkelglänzendes Körnchen, das möglicherweise zur vorderen Spitze des reifen Spermatozoons wird. Zuweilen schien mir auch dicht vor der Insertionsstelle des Schwanzes ein größerer dunkler Fleck in dem sonst hellen, kugeligen Kopfe zu liegen, vielleicht die Anlage des späteren Hinterkopfes.« Bei einem Vergleich meiner Befunde am: Spermatozoon von Spongilla mit den Darstellungen F. E. Schunzes würde man das Körperchen am Vorderende des Spermakopfes von Aplysilla sulfwrea dem Spitzenstück des Spongillaspermatozoons gleichsetzen. Der dunkel- glänzende Fleck, der sich vor der Insertionsstelle des Schwanzfadens von Halisarca lobularis befand, entspricht dann dem vorher beschrie- benen Mittelstück des Samenfadens von Spongella. Auch das von WELTNER erwähnte hellglänzende Korn, das sich an verschiedenen Stellen des Spermatozoenkopfes von Spongella befindet, entspricht 534 Wilhelm Görich, möglicherweise dem von mir beschriebenen Spitzenstück, wenn dies allerdings auch mit der von WELTNER angegebenen verschiedenen Lage nicht ganz zu stimmen scheint. Jedenfalls vermag ich für die Bedeutung dieses hellen Korns keine andre Erklärung zu geben. 2. Cölenteraten. Den spermatogenetischen Untersuchungen der Poriferen schloß ich diejenige einiger Cölenteraten an. Genauer verfolgte ich die Spermatogenese von Tubularıa indivisa und Aurelia aurita, vergleichs- weise dann noch diejenige von COhrysaora spee., Euchilota spec. und Nausithoe punctata und Olindias müllerı. Diese Untersuchungen wurden sowohl an Schnitten wie an Strichpräparaten angestellt. Ernährungsverhältnisse im Innern des Hodens. a. Tubularia. Bei Tubularia indivisa stieß ich während der spermatogenetischen Untersuchungen auf eigentümlich gestaltete Nähr- zellen. Der Hoden von Tubularia wird nach außen hin von ver- schiedenen Zellenlagen begrenzt. Unter der Exumbrella und Subum- brella liegt noch eine dritte Zellschicht, deren Elemente größtenteils sehr flach erscheinen. An einigen Punkten wölben sich in größeren oder kleineren Abständen voneinander Zellen über die andern Grenz- zellen empor und ragen in den Hoden hinein. Der Kern, der gleich- zeitig mit einer solchen Zelle sein Volumen stark vergrößert hat, dreht sich nun um 90°, so daß seine Längsachse senkrecht zur Hoden- oberfläche steht (Figg. 28 und 29). Die vorgewölbte Stelle des Zellleibes zieht sich stetig weiter aus, so daß die Zelle schließlich zipfelförmig in den Hoden hineinragt (Figg. 28 und 29). Die Zellgrenze ist an der Basis sehr deutlich wahrnehmbar und wird nach dem vorspringenden Teile zu immer undeutlicher, bis sie an der Spitze ganz aufgelöst erscheint. Hier liegen auch die meisten Spermatozoen, die sich dicht an die Nähr- zelle anpressen. Die Auflösung der Zellgrenze vollzieht sich nach und nach bis zum Grunde der Nährzelle, und gleichzeitig beginnt auch das Cytoplasma sich in den Hoden hinein auszubreiten. Figg. 30 und 31 zeigen solche Stadien, bei denen die umliegenden Sperma- tozoen vollkommen im Plasma der Nährzelle eingebettet liegen. Mit der allmählichen Auflösung der Zellgrenze und der Aus- breitung ihres protoplasmatischen Inhalts geht die Reduktion des Kernes Hand in Hand. Dieser ist inzwischen mit dem Plasma der Nährzelle ins Innere des Hodens eingedrungen und beginnt nun, an Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 535 seinem Rand sich einzubuchten (Figg. 30 und 31). Hat sich alles Protoplasma zwischen die Spermatozoen eingelagert, so zerfällt der Kern, der vorher stark tingierbare Nucleolus löst sich auf, und man sieht schließlich ihre Reste in Form eines kleinen Körnchenhaufens zwischen den Spermatozoen liegen (Figg. 32—-34). | b. Euchilota. Dieselben Erscheinungen, wie ich sie eben von. Tubularia indivisa geschildert habe, traten mir bei der Untersuchung des Hodens von Euchrlota spec. entgegen. Auch hier erheben sich in Abständen voneinander einzelne Zellen der Hodenwand und ragen schließlich zipfelartig in den Hoden hinein.: Dabei rücken ihre Kerne ebenfalls von der Wand des Hodens weg nach dem Innern zu und legen sich zugleich mit dem Cytoplasma der zugehörigen Zelle zwischen die in der Ausbildung begriffenen Spermatozoen. Wie bei Tubularia liegen auch hier die Spermatozoen nach der Ausbreitung des Cytoplasmas dieser Nährzellen vollkommen in demselben ein- sebettet. Der allmähliche Zerfall des Kerns geht fast gleichzeitig mit der Einlagerung des zu- gehörigen Cytoplasmas zwi- - schen die Spermatozoen vor sich (Textfig. 4. Die Ver- hältnisse, die wir bei Tubu- laria indivisa gesehen haben, wiederholen sich also in glei- cher Weise bei Buchzlota. c. Olindias mülleri. Eine ähnliche Art von Ernährung traf ich in dem Hoden von | Olindias mülleri. Der Ho- Textfig. 4. den dieser M d er Nährzellen aus dem Hoden von Zuchtlota. a, Erhebung eduse 18 ge- einer Nährzelle über ihre Umgebung; b, Beginn der Aus- fächert, indem er von Stütz- breitung des Cytoplasmas an der Spitze der Nährzelle; } c, Kern einer Nährzelle im Zerfall; noch von einem Plasma- fasern quer durchzogen wird. olaigohen ip Spertiathzeent Innerhalb der einzelnen Fä- cher geht die Bildung der Spermatozoen so vor sich, daß die Spermato- sonien im Innern, die Spermatozoen nach außen zu liegen kommen. Fig. 37 stellt ein Fach des Hodens dar, das auf beiden Seiten von Stützfasern (St) und außen vom Hodenepithel (7.E) begrenzt ist. Aus letzterem entwickeln sich die Nährzellen, deren Bildung und Resorption in Figg. 35—39 wiedergegeben ist. Fig. 35 zeigt eine Stelle der Hoden- wand, an der eine Epithelzelle im Volumen ihre Nachbarzellen über- trifft und in das Hodeninnere sich vorwölbt. Dies ist das erste 536 a "Wilhelm Görich, Entwicklungsstadium der Nährzellen von Olindias mülleri. Nun be- sinnt eine solche Zelle sich von dem Verbande der übrigen Epithelzellen zu trennen und allmählich sich nach den Geschlechtsprodukten zu schieben (Fig. 37). Bei diesem Vorgang zeigt der Kern oft ganz eigen- tümliche Formveränderungen, die ganz der Lagerung der sich ent- - wiekelnden Genitalprodukte entspricht. Fig. 36 läßt einen solchen Kern erkennen, der eine Spermatogonie mit zwei Fortsätzen zu umfassen scheint. Sehr weit dringen die Nährzellen nicht in das Hodeninnere ein, meist sah ich sie in geringer Entfernung von dem Hodenepithel schon in voller Auflösung begriffen. Diese beginnt damit, daß die Zellgrenze an der Seite, an der die Geschlechtsprodukte liegen, ver- schwindet. Fast gleichzeitig buchtet sich der Kern an derselben Stelle ein und zeigt hier häufig zackige Erhebungen, wie dies in Figg. 38 und 39 ersichtlich ist. Gerade die letztere zeigt deutlich, wie sich die Auflösung der Nährzelle weiter vollzieht. Ähnlich den geschilderten Vorgängen bei Tubularıa indivisa und Euchrlota breitet sich hier das Plasma der Nährzelle zwischen den benachbarten Spermatozoen aus, und der Kern geht durch allmähliche Resorption vollkommen zugrunde. Während aber bei jenen beiden Formen die Auflösung der Nährzellen an der Stelle ihrer Entstehung vor sich geht, wandern die Nährzellen von Olindias müälleri von der Hodenwand aus zwischen die Genital- produkte ein. Je nach der Lage dringen die Nährzellen direkt ins Hodeninnere vor, wie in Fig. 36 dargestellt ist, oder sie schieben sich längs der Stützfasern nach dem Ort ihrer Auflösung hin (Fig. 37). Die Nährzellen von Tubularia indivisa und Euchrlota erinnern namentlich wegen der Lagerung der Spermatozoen lebhaft an die Basal- zellen der Gastropoden, da auch hier die Spermatozoenköpfe in dem Plasma der Nährzelle eingebettet liegen (vgl. KORSCHELT-HEIDER, Lehrbuch der vergl. Entwicklungsgesch. Allgem. Teil Figg. 285—286). Die Ernährungsverhältnisse von Olöindias ähneln sehr denjenigen, die W. ApErs von Aurelia aurita beschreibt. Hier wie dort wandern die Nährzellen zwischen die sich entwickelnden Geschlechtsprodukte ein und werden von diesen vollkommen resorbiert. Eine Teilung der Nährzellkerne, wie sie dort stattfindet, konnte ich jedoch nicht auffinden, auch ist es nicht wahrscheinlich, daß sie vorhanden ist, da die Verhältnisse hier wesentlich anders liegen. Samenbildung einiger Cölenteraten. a. Aurelia aurita. Meine Untersuchungen über die Spermato- senese der Cölenteraten begann ich mit Aurelia aurita, da bei Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 537 dieser Art die Verhältnisse wegen der Größe der Zellenelemente am deutlichsten waren. Die Bildung der Samenfäden von Aureha aurita beschreibt W. Apers etwa in folgenden Zügen: »Zumeist befinden sich die Keimzellen in lebhafter Vermehrung, so daß mitunter in den Follikeln überhaupt keine ruhenden Spermatogonien vorhanden sind. Nach dem Innern der Acini zu liegen häufig Gruppen von größeren und kleineren Zellen, die ich als Spermatocyten 1. und 2. Ordnung auf- gefaßt habe. Das Chromatin der Spermatocyten 2. Ordnung ver- dichtet sich zur Anlage des Spermatozoenkopfes, an dessen einem Pole sich das Spitzenstück anlegt in Form eines dunkelgefärbten Kügelchens, das in einer hellen Partie (vermutlich der Sphäre) ent- steht, und das mit dem Kern vermittels eines Stieles in Verbindung steht. Am entgegengesetzten Pole des Kerns liegt ein Körnchen, das mit dem Schwanzfaden in engster Verbindung steht, und das als Zentralkörper zu deuten ist. Zwischen dem letzteren und dem Kopf liegt eine hellere Partie, welche von einem zarten, stark dunkel- sefärbten Faden, der mit einer Kernplatte, die die Basis des Kopfes bildet, verbunden ist, durchzogen wird.« Mit diesen Angaben stimmen meine Befunde insofern überein, als sie sich auf die ersten Teilungen der Keimzellen bis zu den Spermatiden beziehen, die Ausbildung der Spermatozoen stellte sich mir jedoch etwas anders verlaufend dar. | Die junge Spermatide zeigt in ihrem Innern einen stark färb- baren Kern, der von hyalinem Protoplasma umgeben ist. Schon kurze Zeit, nachdem der Kern ganz zur Ruhe gekommen ist, erkennt man an der einen Seite der Zellgrenze zwei kleine Körnchen von verschiedener Größe, die Zentralkörper (Fig. 40). Alsbald rückt nun das kleinere von diesen Körnchen nach dem Kern hin und legt sich eng an diesen an. Mit dem zweiten, noch an der Zellgrenze liegen- den Körnchen, ist es durch einen Faden verbunden, der beim Aus- einanderrücken beider entstanden ist (Fig. 41). Auf diesem Stadium erkennt man auch schon deutlich auf der entgegengesetzten Seite des Kerns ein stark lichtbrechendes Körnchen, das um so mehr zur Geltung kommt, je mehr sich das Chromatin des Kerns verdichtet. Es wird wohl ebenso wie früher bei Spongella auf die Sphäre zurückzuführen sein. Auch die erste Anlage des Schwanz- fadens läßt sich hier konstatieren, der seinen Ursprung an dem äußeren Zentralkörper nimmt. Auf Schnitten, die mit Eisenhämatoxylin und Bordeaux-Rot be- 538 Wilhelm Görich, handelt waren, ließen sich am Kern verschiedene Differenzierungen erkennen. Zunächst zeigte sich unter dem innern, d. h. dem Kern anliegenden Zentralkörper eine dünne Platte. Dasselbe konnte man auch an dem vorderen Körperchen bemerken, das gleichzeitig seine kuglige Gestalt verloren und sich kegelförmig zugespitzt hatte (Fig. 42). Von den nun folgenden Veränderungen kommen namentlich die- jenigen des Kerns und des Cytoplasmas der Spermatide in Betracht. Der Kern vertauscht in den weiteren Stadien seine kugelige Gestalt mit der eines langgestreckten Ellipsoids, und das Plasma folgt auch seinerseits dieser Formänderung. Bei der weiteren Streckung des Kerns beginnt nun das Cytoplasma sich von der Spitze des Kerns aus an ihn anzulegen. So kommt es, daß schließlich die letzte Masse von Plasma am hinteren Pole des Spermakopfes sich ansammelt, während dessen vorderer Teil und namentlich die dort befindliche Spitze frei von ihm erscheinen (Fig. 43). Mit der Streckung des Kerns gehen auch Formveränderungen der ihm anliegenden Gebilde Hand in Hand. Während der Kern immer schmäler wird, nehmen die vordere und hintere Platte an Dicke bedeutend zu Die anfangs kegelförmige Spitze an seinem Vorderende beginnt mehr und mehr in die Länge zu wachsen und stellt schließlich einen verhältnismäßig langen Faden dar (Fig. 44). Auch der äußere Zentralkörper ist inzwischen voluminöser ge- worden, und der Schwanzfaden ist mit der Verringerung des Proto- plasmas parallel gehend bedeutend gewachsen. Den letzten Rest des Plasmas der Spermatide sehen wir in Form einer Kuppe dem Hinterende des Spermatozoons von Aurelia aufsitzen (Figg. 45 und 46). Hiernach hat das Spermatozoon im ausgewachsenen Zustande einen langen, vorn zugespitzten Kopf, dem ein fadenförmiges Spitzen- stück und ein sehr langer Schwanzfaden ansitzt. Auch hier kann man zwischen Kopf und Schwanz ein Mittelstück erkennen, das aus denselben Teilen zusammengesetzt ist wie das Spermatozoon von Spongilla (Fig. 47). Eine Beschreibung des reifen Samenfadens von Aurela aurita gibt schon E. BaALLowItTz. Er sagt: »Der Kopf ist kurz, zylindrisch und spitzt sich nach vorn allmählich zu. Seinem vorderen Ende sitzt eine feine, sehr lange und deutliche Spitze auf, die bisweilen umgebogen ist, das Spitzenstück. An das hintere, quer abgeschnittene Kopfende schließt sich ein fast kugeliger Körper an, der meist die- selbe Breite hat, wie der Kopf, bisweilen aber auch etwas breiter erscheint. Ohne Zweifel handelt es sich im dem hinteren Abschnitte Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 539 um ein Verbindungsstück.< Auch W. Apers unterscheidet am Sper- matozoon von Aurelia aurita ein Spitzenstück und ein Mittelstück, an dem er ebenfalls das äußere Centrosom erkennen konnte. Die Beschreibung, die BALLowITz gab, stimmt insofern mit meinen Befunden überein, als auch er ein Spitzen- und Mittelstück erkannte. Auch die von ADErs gegebene Schilderung läßt sich un- schwer in den von mir gegebenen Gang einfügen und wird durch meine Untersuchungen bestätigt und namentlich in bezug auf die Bildung des Spitzenstücks erweitert. b. Tubularia indivisa. Von Hydromedusen habe ich auf Sper- matogenese nur Tubularia indivisa genauer untersucht. Die hier er- haltenen Bilder ähnelten sehr denjenigen von Aurelia aurita. Die Teilungen der Spermatogonien und diejenigen der Spermatocyten 1. und 2. Ordnung gehen auch hier sehr lebhaft vor sich. Auch die sonstige Ausbildung der Spermatozoen gleicht sehr den Vorgängen bei Aurelia. Dabei ist jedoch hervorzuheben, daß das Cytoplasma der Spermatide sehr lange um das heranreifende Spermatozoon ge- lagert ist. Es verschwindet- dann so schnell auf den Seiten des Kopfes, daß man keine Übergangsstadien von der Zellenform der Spermatide zum reifen Spermatozoon findet. Im übrigen verläuft aber die Anlage des Spitzen- und Mittelstücks fast ebenso wie bei Aurelva. c. Chrysaora, Euchilota, Olindias mülleri, Nausitho& punctata. Außer den beiden genannten Vertretern der Cölenteraten untersuchte ich, allerdings nur oberflächlich, die Spermabildung von Chrysaora, Euchilota, Nausithoe punctata und Olindias mäüllerı an. Die mir hierbei zu Gesicht gekommenen Stadien ähneln so sehr den Bildern von Aurela aurita, daß ich es mit Gewißheit aussprechen kann, daß sich bei den genannten vier Formen die einzelnen Momente der Spermabildung sehr ähnlich, wenn nicht gleich denen von Aurelia aurita abspielen. | Die Bildung des Spitzen- und Verbindungsstückes geht auch bei diesen Formen ebenso vor sich wie bei Aurelia aurita. An letzterer beteiligen sich die Zentralkörper, während das Spitzenstück seinen Ursprung einem stark tinktionsfähigen Körperchen verdankt. Das Cytoplasma, das bei Olindias mälleri sehr lange den heranreifenden Kopf des Spermatozoons umgibt, wird bei den genannten Formen ganz zur Bildung des Schwanzes verwandt und sitzt nur noch in dem Verbindungsstück als schwacher Rest dem Kopfe an. 540 . Wilhelm Görich, Schlußbetrachtung. Fasse ich die Resultate meiner spermatogenetischen Unter- suchungen vergleichend zusammen, so tritt zunächst eine große Über- einstimmung in der Ausbildung des Spermatozoons von Spongilla fluviatilis und Aurelia aurita zutage. Hier wie dort entstanden aus, den Zentralkörpern der intra- und extracelluläre Achsenfaden und das Mittelstück des reifen Spermatozoons. In beiden Fällen kommt ein typisches Spitzenstück zur Ausbildung. und der lange Schwanz geht aus dem Protoplasma der Spermatide hervor. Die Objekte sind zwar nicht besonders geeignet, um alle Einzel-. heiten der Spermatogenese in demselben Maße zu verfolgen, wie dies bei den neueren spermatogenetischen Untersuchungen an höheren Metazoen und Wirbeltieren möglich war. Jedoch ist aus der hier gegebenen Darstellung ohne weiteres zu entnehmen, daß die. Vor- gsänge der Spermatogenese sich bei diesen niederststehen- den Metazoen im Prinzip außerordentlich übereinstimmend mit den von andern Autoren für die höher entwickelten Metazoen geschilderten abspielen. Zum Vergleiche seien hier einige neuere Arbeiten über Ener togenese herangezogen. So beschreibt Meves die Histogenese der Samenfäden von Salamandra maculosa ungefähr folgendermaßen: »Die Centrosome werden bei der Endphase der Spermabildung zu- nächst verdoppelt. Während sie erst der Zellwand parallel liegen, drehen sie sich, so daß ihre Achse senkrecht zu derselben steht. Zwischen Kern und Centrosomen liegt die Sphäre in Form eines Ballens.. Aus dem. größeren Centrosom wächst ein Fädchen nach außen und bildet die erste Anlage des Achsenfadens. Die Centro- some wandern dem Kerne zu, und die Zellmembran buchtet sich ein, da wo der Achsenfaden austritt. Das äußere Centrosom. wird ringförmig und der Achsenfaden tritt. durch dasselbe hindurch. Das innere Centrosom wird stäbehenförmig und bleibt mit dem. äußeren in Verbindung. Der stäbehenförmige Zentralkörper dringt durch. die Kernmembran in den Kern ein und bildet hier ein Knöpfchen. An seinem hinteren Teile ist anfangs eine Platte vorhanden, die, später verschwindet. Aus dem Knöpfehen entwickelt sich durch Wachstum das Mittelstück. « Auch K. v. KORFF sagt, daß bei der Spermabildung von Heliw pomatia ein inneres Zentralkorn zu einem Stäbchen auswächst, das Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw, 541 sich dem Kern unmittelbar anlegt und die Anlage des Mittelstücks bedingt. Die gleichen Schilderungen von der Bildung des Mittel- stücks geben B. Suzukı bei Selachiern und C. BEnDA bei Gastro- poden, bei denen ebenfalls der intracelluläre Achsenfaden durch das Auswachsen eines Centrosoms zustande kommt. Mit diesen bei so ganz differenten Vertretern der höheren Meta- zoen in prinzipiell übereinstimmender Weise sich abspielenden sper- matogeenetischen Vorgängen lassen sich auch die von mir an Poriferen und Cölenteraten beobachteten Bildungsprozesse durchaus in Über- einstimmung biingen, wie die vorhergehende Darstellung meiner Untersuchungen zeigt. Marburg, im Dezember 1903. Literaturverzeichnis, W. M. ApDers, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese bei den Cölenteraten. Diese Zeitschr. Bd. LXXIV, 1. Heft. E. BALLowırz, Bemerkungen und spermatologische Beiträge betr. die Tunicaten, Mollusken, Würmer, Echinodermen und Cölenteraten. Monatsschr. f. Anat. u. Phys. 1894. C. BENDA, Über Spermatogenese der Vertebraten und höheren Evertebraten. Arch. f. Physiol. 1898. Heft 4. A. BRAUER, Entstehung der Geschlechtsprodukte und Entwicklung von Tubu- laria mesembryanthemum. Diese Zeitschr. Bd. LI. C. CLAUS, Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung der Medusen. Prag-Leipzig. 1883. F. DorFLEıs, Die Eibildung bei Tubularia. Diese Zeitschr. Bd. LXI. K. FIEDLER, Über Ei- und Spermabildung bei Spongilla fluviatilis. Diese Zeit- schrift. Bd. LXVIL M. GAnIn, Zur Entwicklung der Spongilla fluviatilis.. Zool. Anz. I. Jahrg. Nr. 9. 1878. G. GRÖNBERG, Beiträge zur Kenntnis von Tubularia. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. XT Bd. 1301. E. HAEckEL, Über die sexuelle Fortpflanzung und das natürliche System der Schwämme. Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. VL 1871. F. HERMANN, Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese. Mikrosk. Anat. Bd.L. 1897. OÖ. u. R. HERTwıG, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keim- blättertheorie. Denkschr. d. med. naturw. Gesellsch. Jena. 1880. K. v. Korrr, Zur Histogenese der Spermien von Helix pomatia. Mikrosk. Anat. Bd. LIV. 189. KORSCHELT-HEIDER, Lehrbuch der vergl. Entwieklungs-Geschichte der wirbel- losen Tiere. Allgem. Teil. Jena. 1902. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 36 542) | Wilhelm Görich, 0. Maas, Über die Differenzierung von Generations- u. Spermazellen bei Spon- gien. Verhandl. d. deutsch. zool. Gesellsch. Leipzig. 1894. Fr. Meves, Struktur u. Histogenese der Samenfäden von Salamandra maculosa. Mikrosk. Anat. Bd. L. 189. E. MıncHin, Materials for a Monograph of the Ascons. Quart. Journ. of Mierose. Science. London. 1898. N. POLEJAEFF, Über Sperma u. Spermatogenese bei Sycandra raphanus. Sitz.- Ber. d. Akad. d. Wissensch. Wien. 1882. Bd. LXXXV1. C. SCHNEIDER, Untersuchungen über die Zelle. Arb. im zool. Institut. Wien. 1891. Bd. IX. F. E. ScHuLze, Über den Bau u. die Entwicklung der Spongien. Sycandra ra- phanus Haeckel. Diese Zeitschr. Bd. XXV. Suppl. —— Familie der Aplysinidae. Ebenda. Bd. XXX. —— Die Metamorphose von Sycandra raphanus. Ebenda. Bd. XXXL —— Familie der Spongidae. Ebenda. Bd. XXXI. A. SMALLWOOD, Contribution to the Morphologie of Pennaria tiarella.. American. Natural. Bd. XXXII. 18%. B. Suzukı, Entstehung des Mittelstücks der Samenfäden bei Selachiern. Anat. Anzeiger. Bd. XV. 189%. J. THaLLwırz, Über die Entwicklung der männlichen Keimzellen bei den Hy- droideen. Jen. Zeitschr. f. Medizin u. Naturw. Bd. XVIII. Jena. 1885, A. WEISMANN, Entstehung der Sexualzellen der Hydromedusen. Jena. 1883. _ _W. WELTNER, Der Bau des Süßwasserschwamms. Blätter f. Aquarien- u. Terrarien- freunde. Bd. VII. 1896. Erklärung der Abbildungen, Tafel XXXI. Fig. 1—6. Oogenese von Sycandra raphanus. (Imm. 1/ıs. Oec. 3.) Fig. 1. Eix Eizelle einen Fortsatz nach der Nährzelle N.x entsendend. Fig. 2. Nährzelle (N.x) durch die Schnittführung von der Eizelle (Erx) ge- trennt. Fig. 3. Nährzelle zur Hälfte von der Eizelle eingesogen. Fig. 4. Der Kern der Eizelle entsendet Fortsätze nach der Nährzelle hin.- Fig. 5. Die Nährzelle vollkommen im Innern der Eizelle löst ihre Zell- grenze auf. Fig 6. Das Plasma der Nährzelle völlig resorbiert. Nur der Nährzellkern Nx.k noch sichtbar. Fig. 7—14. Bildung der Spermatocyste (Deckzelle) von Sycandra raphanus. (Imm. 1. 0Oe. 6.) Fig. 7. Deckzelle (Dx) und Spermazelle (Sp.x) nebeneinander. Fig. 8. Erste Anlagerung der Deckzelle an die Samenzelle, Fig. 9 u. 10. Die Deckzelle mützenförmig aufsitzend. Fig. 11. Die Umlagerung fast beendet. Fig. 12—14. Die Spermatocyste gebildet und erste Teilungen der Samenznll Fig. 15—26. Spermatogenese von Spongilla flwviatilis. (Imm. !/ıs. Oe. 12.) Fig. 15. Junge Spermatide. (© Zentralkörper am Kern anliegend. Zur Kenntnis der Spermatogen. bei d. Poriferen u. Cölenteraten usw. 543 . Fig. 16—17. Die Zentralkörper sind an die Zellperipherie gerückt und haben sich gedreht. | Fig. 18. Erste Anlage des intracellulären Achsenfadens und des Schwanzes. Fig. 19. Auftreten des Spitzenstücks (Sph). Fig. 20. Bildung der Kernplatten unter dem Spitzenstück und inneren Zentralkörper. Fig. 21. Das Spitzenstück beginnt seine fädige Gestalt anzunehmen. Fig. 22—25. Bildung des Mittelstücks (M.st. Fig. 26. Ausgebildetes Spermatozoon von Spongilla flwiatihs. Fig. 27—34. Nährzellen im Hoden von Tubularıa indivisa. (Imm. 1/ıs. Oe. 6.) Fig. 27. Erste Erhebung einer Nährzelle über das Hodenepithel (H.E). Fig. 28—29.. Die Nährzelle ragt in den Hoden hinein und ihre Zellgrenze löst sich an der Spitze auf. Sp Spermatozoen. Fig. 30—31. Das Nährzellplasma (Nx.pl) zwischen den Spermatozoen aus- gebreitet. Nx.%k Nährzellkern. Fig. 33—34. Allmählicher Zerfall des Kerns der Nährzelle. Fig. 35—39. Nährzellen im Hoden von Olöndias Müll. (Imm. Yıs. Oe. 6.) Fig. 35. Hervorwachsen einer Nährzelle (Nx). ZH.E Hodenepithel, Sp.g Spermatogonien. Fig. 36—38. Eingewanderte Nährzellen zwischen heranwachsenden Ge- schlechtsprodukten. Deformation des Kerns. Sp.t Spermatide. St Stützfasern. Fig. 39. Die Nährzelle breitet ihr Plasma zwischen die Spermatiden aus.. Auflösung des Zellkerns. : Fig. 40—47. Spermatogenese von Aurelia aurita. (Imm. !/ıs. Oc. 12.) Fig. 40. Junge Spermatide. C Zentralkörper. | Fig. 41. Erstes Erscheinen des Spitzenstücks Sp.h und Anlage des Achsen- fadens. Fig. 42. Bildung der Basalplatten am Kopfe. . Fig. 45—44. Allmähliche Streckung des Kopfes und Bildung des Mittel- stücks (M.st).. Das Spitzenstück wird fadenförmig. Fig. 45—46. Übergänge zum reifen Spermatozoon. Fig. 47. Ausgebildetes Spermatozoon von Aurelia auria. Sp.st Spitzen- stück; X Kopf; M.st Mittelstück. 36* Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. Döveloppement de l’appareil branchial par Charles Julin, Professeur & l’Universite de Liege, Avee 42 figures. Pendant un sejour que j’ai fait, au printemps de 1902, & la Station zoologique de Naples, je me suis occupe de completer les etudes comparatives que j’avais entreprises naguere sur la blasto- genese de Distaplia, des Pyrosomes et des Salpes. Mon but etait de rechercher si, comme le pretendent les auteurs qui se sont oceupes de cette question en ces dernieres annees, il est exact qu’il existe des connexions etroites entre les Pyrosomes et les Salpes, d’une part, les Aseidies composees du genre Distapha, d’autre part. Mes recherches anterieures, en partie publiees (1895), confir- maient, d’une facon generale, la maniere de voir defendue par mes predecesseurs. Elles montraient que, chez la larve de Distaplia, il se produit un bourgeon precoce qui, se comportant comme le stolon precoce de l’embryon (Cyathozoide) de Pyrosoma, se subdivise trans- versalement en un petit nombre de troncons, qui se transforment en- suite en autant de blastozoides, les premiers Ascidiozoides de la jeune colonie. | J’ai consacre une partie de mon recent sejour & la Station zoo- logique de Naples a etudier, par des recherches suivies et aussi completes que possible, ce que deviennent les produits de la division du bourgeon larvaire de Distaplia et la part qu'ils prennent a V’edi- fication de la jeune colonie. Mes resultats, que je ne tarderai pas a publier, sont, sur certains points, d’accord avec ceux obtenus par mes predecesseurs et avec ceux que j’ai moi-meme exposes en 189, tandis que, sur d’autres points, ils en different. Je me bornerai, pour le moment, a dire que mes eftudes Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 545 % nouvelles sur la hlastogenese de ee m’ont amene aux conclu- sions suivantes: Pr 1°. L’oozosde, resultant du developpement de l’embryon, persiste tres longtemps, mais ne devient jamais sexu6& et s’atrophie plus tard, 2°. Les premiers blastozoides, nes par division du bourgeon lar- vaire, homologue du stolon prolifere du Cyathozoide des Pyrosomides, du stolon ventral des Doliolides et du stolon des Salpes, deviennent les premiers Aseidiozoides de la colonie. Ils acquierent des organes sexuels comme les quatre premiers Ascidiozoides de la colonie tetra- zoide des Pyrosomes; mais ces organes sexuels ne se forment que tardivement. Avant de devenir sexues, ces Ascidiozoides de premiere generation engendrent, a leur tour, de nouveaux bourgeons, qui se detachent et deviennent sexues d’une facon plus pre&coce. 3°. Comme le bourgeon larvaire, les jeunes bourgeons qui pro- viennent des diverses generations consecutives de blastozoides jouissent du pouvoir de se diviser transversalement. Cette division n’est done pas exclusivement propre au bourgeon larvaire. Mais si le bourgeon larvaire de Distaplia, comme celui des Pyro- somes et comme le stolon prolifere de la Salpe solitaire, jouit du pouvoir de se subdiviser transversalement pour donner naissance A des blastozoides qui deviennent sexues, en resulte-t-il que Distaplia presente des relations genetiques tres etroites avec les Pyrosomes et les Salpes? En resulte-t-il notamment qu’il faille ranger les Pyro- somidae parmi les Ascidiens, comme le font certains auteurs? Telle est la seconde question que je me suis attache a resoudre. Dans ce but, je me suis occupe specialement du developpement de la branchie chez ces formes. On sait, en effet, que: 1°. chez Salpa adulte (oozoide aussi bien que blastozoide) il n’existe pas de stigmates branchiaux proprement dits, chacune des deux cavites peribranchiales communiquant avec la cavite branchiale uniguement par un large orifice; 2°. chez l’oozoide de Pyrosoma il n’existe jamais ni fentes branchiales, ni stigmates branchiaux; mais chez le blastozoide, la cavit& branchiale communique avec chacune des cavites peribranchiales, par l’intermediaire d’une seule rangee longitudinale de stigmates branchiaux transversaux, longs et etroits; 3°. chez Distaplia (oozoide et blastozoide), cette communi- cation s’effeetue par 4 rangees transversales de stigmates branchiaux longitudinaux et £troits. \ J’ai cherche a etablir quelles relations existent entre ces 546 Charles Julin, dispositions si differentes. Dans ce but, j’ai etudie comparativement le developpement de l’appareil branchial chez l’oozoide et le blastozoide de Distaplia, ainsi que chez le blastozoide de Pyrosoma et de Salpa. J’eusse desire completer cette &tude par des recherches sur le developpement .de l’oozoide de Pyrosoma et de Salpa. Malheureuse- ment les materiaux que j’ai pu recueillir sur ce sujet —- surtout concernant les embryons des Salpes — pendant mon sejour a la Station zoologigue de Naples, ont et& trop incomplets. Quoiqu’il en soit, mes recherches, dont je publierai tres prochaine- ment les resultats in-extenso, ont etabli qu’en ce qui concerne l’ap- pareil branchial, il existe une difference essentielle entre les Salpes et les Pyrosomes, d’une part, Distaplia d’autre part. C’est ce que nous allons- examiner suceinetement. I. Distaplia. 1°. Chez l’embryon de Distaplia, les parois epi- theliales interne et externe des deux cavites peribranchiales se for- ment, tout entieres, aux depens de deux invaginations de l’ectoderme. 2°. L’embryon de Distaplia passe par une phase, d’assez longue dur&e, pendant laquelle la eavit6 branchiale communique, de chaque cöte, avec la cavite peribranchiale correspondante par l’intermediaire de deux orifices, places lun derriere l’autre. Ces orifices se for- ment simultanement mais ind&ependamment l’un de l’autre. Chacun d’eux est le produit d’un accolement localise, suivi de perforation, de l’epithelium branchial (endodermique) avec l’epithelium peribranchial interne (ectodermique. Chacun de ces orifices constitue une formation homologue a une fente branchiale de Cephalochorde et de Vertebre. 3°. Tous les stigmates branchiaux des quatre rangees transversales qu’offre, de chaque cöte du corps, la branchie de l’oozoide de Distaplia completement developpe, sont les produits de subdivisions successives et speciales des deux fentes branchiales correspondantes. Contraire- ment a l’opinion defendue par tous mes predecesseurs, les stigmates branchiaux de l’oozoide de Distaplia ne se forment done pas, chacun individuellement, par une perforation auto- nome des parois epitheliales Haieiiale et peribranehiale interne accolees. Bl 4°. Chez le blastozoide de Distaplia, les parois epitheliales interne et externe des deux cavites peribranchiales se developpent aux depens de deux evaginations laterales (plissements) de la vesieule interne du jeune bourgeon. En outre, si on le compare au mode de formation qui s’accomplit chez l’oozoide, le processus du d&veloppement des 4 rangees Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 547 transversales de stigmates branchiaux, que possede chaque moitie de la branchie du blastozoide, constitue un mode de developpement, notable- ment raccourei, de ces organes. A aucun moment de la blastogenese, en effet, il n’existe deux paires d’orifices repondant aux fentes bran- chiales de l’oozoide; mais les 4 rangees de stigmates se forment simultanement. Neanmoins les stigmates d’une me@me rangee transversale quelconque ne naissent pas, comme on l’admet, chacun individuellement par une perforation autonome des epitheliums branchial et peribranchial interne accoles. Is se forment aux depens d’une ebauche commune, suivant un pro- cessus qui n’est qu’une modalite coenogenique du mode de formation des stigmates d’une möme rangee transversale chez l’oozoide (Voir plus loin). Or, en depit des differences que nous montrent, dans leur mode de developpement, les cavites peribranchiales et les 4 rangees de stigmates branchiaux, chez l’oozoide d’une part et chez le blastozoide d’autre part, on ne peut pourtant songer a nier que ces formations soient homologues de part et d’autre. | .Je conclus de l’ensemble de mes recherches que Distaplia est un Tunicier pourvu de deux paires de fentes branchiales, subdivisses secondairement en plusieurs (4) rangees transversales de stigmates branchiaux. II. Salpa et Pyrosoma. 1°. Je n’ai pas de certitude absolue concernant l’origine des parois epitheliales des cavites peribranchiales chez les blastozoides de Salpa et de Pyrosoma. Toutefois mes ob- servations, quoique incompletes, m’engagent a conclure provisoirement qu’il est tres probable que ces parois se forment, comme dans le bourgeon de Distaplia et de toutes les autres Ascidies sociales et composees, aux depens de deux &vaginations laterales (plissements) de la vesicule interne du jeune stolon prolifere. 2°, Quoi qu’il en soit, chez le blastozoide de Salpa, chacune des deux cavites peribranchiales ne se met secondairement en communi- cation avee la cavite branchiale que par un seul orifice, large, qui est, sans aucun doute, homologue a une fente branchiale de Cephalochorde ou de Vertebre. En effet, il n’est pas douteux que cet orifice.ne soit homologue a celui qui, chez l’oozoide de Salpa, fait communiquer la cavit& branchiale avec la eavite peribranchiale correspondante, Or, il resulte des observations de TopAro et de BROOKS notamment, que chez l’oozoide cet orifice est bien l’"homologue d’une fente branchiale de Cephalochorde ou de Vertebre. 548 Charles Julin, Comme celui des Appendiculaires, l’appareil branchial de Salpa ne prösente donc qu’une seule paire de fentes branchiales, qui restent indivises pendant toute la durde de la vie. 3°. Chez Pyrosoma, Vappareil branchial ne presente, non plus, qu’une seule paire de fentes branchiales; mais l’ebauche de chacune d’elles, consistant en une invagination de l’epithelium peribranchial in- terne, accolee a une tres legere evagination de l’epithelium branchial, est fort allongee. Toutefois, au lieu de se perforer d’un orifice unique, cette longue &bauche se perfore simultanement ou presque simultane- ment en plusieurs points, equidistants, de son &tendue, disposes, les uns en arriere des autres, en une serie longitudinale unique. Il en resulte qu’au lieu d’une fente branchiale indivise il se forme, de chaque cöte du sae branchial, une rangee longitudinale d’orifices (stigmates branchiaux), qui s’allongent ensuite transversalement. Dans son en- semble, cette rangee unique de stigmates branchiaux represente, en fait, une fente branchiale subdivisee. Pyrosoma est done un Tunicier pourvu d’une paire de a branchiales subdivisees. | Il est probable qu’il en est de m&me pour les Dokel Je conclus done de mes observations qu’en ce qui concerne la valeur morphologique de leur appareil branchial, il existe, entre les Salpes et les Pyrosomes d’une part, Distaplia d’autre part, une difference essentielle. Tandis que les Salpes et les Pyrosomes sont, comme les Appendicularides et probablement aussi les Doliolides, des Tuniciers pourvus d’une seule paire de fentes branchiales, Pisianhı. est un Tunicier pourvu de deux paires de fentes branchiales. Chez les Appendiculaires, chacune des deux fentes branok communique, directement et separement, avec l’exterieur, par l'inter- mediaire d’une courte et etroite cavite peribranchiale, representee par la portion ectodermique du tube branchial. Chez les Salpes, les deux fentes branchiales restent indivises comme chez les Appendieculaires, mais les deux cavites peribranchiales s’unissent secondairement, en arriere, en un cloaque commun, qui les fait communiquer, l’une et Pautre, avec l’exterieur, par un orifice eloacal unique et. median. Les m&mes rapports des deux cavites peribranchiales avec le cloaque existent chez tous les autres Tuniciers. Mais, chez les Pyrosomides — et probablement aussi chez les Doliolides — chacune des deux fentes branchiales se subdivise pour donner naissance a une rangee unique de stigmates branchiaux. Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 549 Chez Distaplia enfin, il se forme, non pas une paire unique de fentes branchiales subdivisees, comme c’est le cas chez les Pyroso- mides et probablement chez les Doliolides, mais deux paires de fentes branchiales, qui se subdivisent pour engendrer tous les stigmates de la branchie. Or, on sait depuis longtemps que les Ascidies simples de la famille des Ascidiidae et de la famille des Molgulidae ainsi que les Aseidies sociales du genre Olavelina passent, au cours de leur deve- loppement ontogenique, par une phase d’assez longue duree, caracterisee par le fait que la cavit& branchiale communique, & droite et a gauche, avec la cavite peribranchiale correspondante, par l’intermediaire de deux orifices, places l’un derriere l’autre. Chacun de ces orifices, auxquels on a donne le nom de protostigmates primaires, nait, d’une facon autonome, par une perforation localisee des parois bran- chiale et peribranchiale interne aceol&es. Des recherches plus recentes, relatives a des especes appartenant aux familles des Ascidüdae et des Molgulidae, ont etabli, en outre, que, beaucoup plus tardivement, dans le cours de l’ontogenese de ces Ascidies simples: 1°. il se forme en- core, par le m&me processus, en arriere du plus posterieur de ces deux orifices, un 9°=® protostigmate primaire, de chaque cöte du sac branchial; 2°. c’est aux depens de ces 3 paires d’orifices que se forment tous les stigmates branchiaux, quels que soient leur nombre, leur forme et le nombre des rangees transversales qu’ils constituent chez l’adulte. Mais si ces faits sont bien etablis, par contre il n’en est pas de m&me de la valeur morphologique des protostigmates primaires. (es orifices, qui font communiquer la eavite branchiale avee les eavites peribranchiales, sont-ils homologues aux fentes branchiales des Cephalo- chordes et des Vertebres, ou bien constituent-ils des formations de valeur morphologique differente, propres aux Urochordes? Les resultats certains que m’avaient fournis mes recherches sur le developpement de la branchie de Pyrosoma et surtout de Distaplia m’amenerent a entreprendre de nouvelles etudes sur la formation des cavites peribranchiales, des soi-disant protostigmates primaires et, enfin, des stigmates branchiaux chez des Ascidies sociales ainsi que chez des representants de cha- cune des trois familles connues d’Ascidies simples: les Ascidiidae, les Molgulidae et les Cynthiidae. 1 Ce fait a te etabli avec certitude pour les Molgulidae par MM. WiıLLEY DE SELYS et DAmAS et, pour les Ascidirdae par M. DE SELYS. 550 Charles Julin, Ces recherches m’ont conduit aux conelusions generales suivantes, que je me propose de developper un peu plus longuement dans la suite de la presente notice: | 1°. Chez lembryon de toutes les Aseidies simples et sociales que j’ai etudiees, les parois epitheliales interne et externe des cavites peribranchiales sont, comme chez l’embryon de Distaphia, tout en- tieres, d’origine ectodermique. 2°, Chez l’embryon de Clavelina et de Perophora, il apparait, comme chez l’embryon de Distaplia, deux paires de fentes branchiales autonomes et distinetes. Ü’est a leurs depens que se forment, par subdivisions successives et regulieres, tous les stigmates de la branchie de l’oozoide. Toutefois, le processus suivant lequel s’accomplit la transformation des deux paires de fentes branchiales en les rangees transversales de stigmates branchiaux presente des differences, d’une part chez Olavelina, d’autre part chez Perophora. Comme l’oozoide de Distaplia, parmi les Ascidies com- posees, l’oozoide de Clavelina ou de Perophora, parmi les Ascidies sociales, constitue done un Tunicier pourvu de deux paires de fentes branchiales, qui se subdivisent secondairement de facon a donner naissance a tous les stigmates bran- chiaux des rangees transversales du sac branchial. 3°. Comme dans le blastozoide de Distapkia, chez le blastozoide de Clavelina et de Perophora, les parois epitheliales interne et ex- terne des deux cavites peribranchiales se developpent aux depens de deux evaginations lat&rales (plissements) de la vesicule interne du jeune bourgeon. En outre, si on le compare au mode de formation qui s’accomplit chez l’oozoide, le processus du developpement des stigmates branchiaux du blastozoide constitue un mode de developpe- ment coenogenique. Pas plus que le blastozoide de Distaplia, celui de Olavelina et de Perophora ne possede jamais deux paires d’ori- fices repondant aux fentes branchiales de l’oozoide; mais, comme dans le blastozoide de Distaplia, il apparait simultanement, aussi bien chez le blastozoide de Clavelina que chez celui de Perophora, 4 rangees transversales de stigmates, situees les unes derriere les autres!. Neanmoins, les stigmates d’une m&me rangee transversale audleonduE ne sent pas, comme on a kadmet, chacun individuellement, 1 Chez le blastozoide de Per ne ces 4 rangces transversales de stigmates branchiaux deviennent, comme chez Distaplia, les 4 rang&es definitives de T’adulte. Chez le blastozoide de Olavelina, il se forme, en outre, aux depens des rangees anterieure et posterieure, de nouvelles rangees transversales (voir plus loin). Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 551 par une perforation autonome des Spiheliume branchial et peribran- chial interne accoles. En depit de ces differences que nous montrent, dans leur mode de developpement, les cavites peribranchiales et les’ rangees trans- versales de stigmates branchiaux, chez l’oozoide d’une part et chez le blastozoide d’autre part, on ne peut pourtant songer a nier que ces formations soient homologues de part et d’aufre. Je concelus donc que, comme Destaplia, Clavelina et Perophora sont des Tuniciers pourvus de deux paires de fentes branchiales, subdivisöes en plusieurs rangees de stigmates branchiaux. 4°. Chez toutes les Ascidies simples que j’ai etudiees et qui appartiennent aux trois familles du groupe (Ascidiidae, Molgulidae et Cynthiidae), il se forme, au cours de l’ontogenese, trois paires de soi-disant protostigmates primaires, qui ont, en realite, la valeur -morphologique de trois paires de fentes branchiales. Les deux pre- mieres paires de fentes branchiales apparaissent successivement (Styelopsis) ou simultanement (Phallusia, Ascidia, Ciona, Lithonephrya, Molgula). Quand elles naissent successivement (Styelopsis), la paire anterieure apparait avant la paire posterieure. Ce n’est que tar- divement, chez la jeune Ascidie fixee, qu'il se forme, par le m&me processus, une 3°=® et derniere paire de fentes branchiales, en arriere de la 2°me paire formee. C’est aux depens de ces trois paires de fentes branchiales que, chez toutes les Aseidies simples etudiees jusqu’a ce jour, se forment, suivant un processus qui offre d’ailleurs des variations d’ordre secon- daire, d’abord des protostigmates (protostigmates secondaires de M. DE SELys), puis, tous les stigmates de la branchie de l’adulte. Je conclus done que toutes les Ascidies simples, dont le deve- loppement a 6t6 studie jusqu’a ce jour, sont des Tuniciers pourvus de trois paires de fentes branchiales. | | Sans vouloir.entrer, pour le moment du moins, dans les details de ces questions, je desire pourtant resumer mes observations rela- tives aux trois points prineipaux que j’ai touches dans l’expose tres suceinet qui precede. Ce sont: I. La formation des cavites peribranchiales, des deux premibres paires de fentes branchiales et du cloaque chez l’embryon des Ascidiens. I. La formation des stigmates branchiaux chez les Tuniciers. III. Quelques considerations generales concernant l’histoire phylo- genique des Tuniciers. 552 Charles Julin, I. Formation des cavites peribranchiales, des deux premieres paires de fentes branchiales et du eloaque chez Pembryon des Asecidiens. J’ai etudie: 1. parmi les Ascidies simples: des Ascidiidae (Phal- lusia mamillata, Ascidia mentula, Oiona intestinalis), des Molgulidae (Lithonephrya eugyranda, Molgula occulta); un representant de la famille des Cynthiidae (Styelopsis grossularia); 2%. parmi les Ascidies sociales: Clavelina Ressoana, Cl. lepadiformis, Perophora Listeri; 30%, parmi les Ascidies composees: Distaplia magnilarva, D. rosea. A. Formation des cavites peribranchiales. 1. Chez toutes ces especes, je Vai dit deja, les parois epitheliales interne et externe des cavites peribranchiales sont d’origine eetodermique (voir fig. 143 eine 30): 2. Chez toutes ces especes, les premiers indices de la formation des deux cavites peribranchiales apparaissent au meme moment de Vontogenese: lorsque s’ebauchent les diverses parties constitutives du tube digestif ainsi que l’organe cardio-pericardique; lorsque la partie anterieure, renfl&ee, du tube nerveux commence & sa differeneier en tube hypophysaire, vesieule sensorielle et ganglion du trone, mais avant qu’apparaissent les premieres granulations de pigment sen- soriel. | 3. Tandis que chez les Asecidiidae, les Ascidies sociales et les Ascidies composees que j’ai etudiees, il se forme deux invaginations (invaginations peribranchiales), distinetes et symetriques, de l’ectoderme, chez les Molgulidees et la Cynthiadee que j’ai etudiees, le point d’invagination est unique, median et dorsal. Neanmoins, ce point d’invagination unique se continue avec deux diverticules late- raux, symetriques, correspondant par leur situation aux deux inva- ginations ectodermiques laterales des autres Ascidiens. 4. Chez tous les Ascidiens que j’ai etudies le ou les deux points d’invagination de l’ectoderme siegent immediatement en arriere du futur sanglion du tronc. Parmi les especes que j’ai observees et qui mon- traient deux points d’invagination bien distinets, celles dont l’oeuf est petit et peu charge de vitellus (Phallusia mamillata, Ascidia men- tula, Ciona intestinalis) nous montrent les deux points d’invagination beaucoup plus ecartes l’un de l’autre et, par consequent, de la ligne medio-dorsale, que les especes dont l’oeuf est plus volumineux et contient plus de vitellus. Parmi ces dernieres il convient de Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 553 distinguer encore a ce point de vue. C’est ainsi que chez Olavehina et Perophora, dont l’euf est beaucoup moins volumineux et contient beaucoup moins de vitellus que celui de Distaplia, la distance qui separe les deux points d’invagination des ebauches peribranchiales est plus grande que chez cette derniere espece. 5. Chez tous les Ascidiens que j’ai etudies et qui monfraient deux points d’invagination bien distinets, les deux invaginations Fig. 1. Fig. 2. Fig. 1. Distaplia magnilarva. Embryon, vu par la face dorsale. ip, invagination peribranchiale. Fig. 2. Distaplia magnilarva. Embryon (fragment), vu par la face dorsale, ip, invagination peri- branchiale, debut de la formation des deux sacs peribranchiaux; zb, invagination buccale. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 3. Distaplia magnilarva. Embryon (fragment), vu par la face dorsale. p, les deux sacs peri- branchiaux. Fig. 4. Distaplia magnilarva. Embryon (fragment), vu par la face dorsale. p, les deux sacs peribran- chiaux; 7 et II, ebauches des deux paires de fentes branchiales. peribranchiales, en s’acceroissant, s’insinuent progressivement tant dorso-ventralement que dans le sens antero-posterieur, entre l’&pi- derme et l’epithelium branchial, de facon & constituer deux sacs 554 Charles Julin, peribranchiaux, dont les parois Epitheliales sont d’origine purement eetodermique. A chacun de ces sacs il y a lieu de distinguer: une paroi interne ou profonde, une paroi externe ou superficielle, un bord ventral, un bord dorsal, un bord anterieur et un bord posterieur. Les parois interne et externe sont lächement adjacentes respectivement a la paroi branchiale et a l’epiderme. Suivant les quatre bords signales, les parois interne et externe se continuent l’une avec l’autre, sauf sur une petite etendue, qui repond au point d’invagination (orifice peribranchial) et qui siege au bord dorsal du sac peribranchial. A ce niveau, la paroi interne de ce sac se continue, par lintermediaire de la levre interne de l’orifice peribranchial, avec la partie correspondante de V’epiderme, interposee entre les deux orifices peribranchiaux, la paroi externe du sac se continuant, par lintermediaire de la levre externe de l’orifice peribranchial, avee le restant de l’epiderme. B. Formation des deux premieres paires de fentes branchiales (Figg. 4,5, Tet8). 1. Chez tous les Ascidiens que j’ai etudies les E ebauches des premieres fen- tes branchiales apparaissent lorsque se montrent les pre- mieres granulations de pig- ment sensoriel dans la vesi- cule cerebrale. Chez sStyelopsis, . les ebauches de la premiere paire de fentes branchiales se forment seules a ce stade; celles de la seconde paire n’apparaissent que plus tard, sion de la larve. Chez toutes les autres especes que jai observees, les ebauches des deux premieres paires Fig. 5. -. se montrent simultanement. Distaplia magnilarva. Embryon vu, un peu obliquement, De chague eöte du plan par la face dorsale. Les deux paires de fentes branchiales (Z et II) viennent de se perforer. median , Vebauche de la re fente branchiale (fig. 4, 7) apparait vers le milieu du bord anterieur et l’ebauche de la 2ime fente branchiale (IT), vers le milieu du bord posterieur du sac peribran- chial correspondant. Tandis que dans tout le restant de son peu de temps avant l’eelo- u BE ZT A ET Fr eh Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 555 etendue la paroi peribranchiale interne n’est que lächement adjacente a la paroi branchiale, au niveau de l’ebauche de chacune des fentes branchiales futures l’epithelium branchial (d’origine endodermique), epaissi en un epithelium eylindrique simple suivant une zone eircu- laire, s’evagine (fig. 7) de telle sorte que le fond de l’evagination est intimement accole & V’epithelium peribran- chial interne (d’origine ectodermique). Un peu plus tard (fig. 5), au centre du fond de levagination (fig. 8), apparait, entre des cel- Fig. 6 lules contigues desdeux Distaplia magnilarva, Embryon. Partie dorsale d’une coupe trans- EN : : Ä it EB sribra :; Bu epitheliums accoles, un versale zu par les deux invaginations peribranchiales, zip izle correspondant ä la fig. 1. ec, ectoderme; en, endoderme; n, systäme tout petit pertuis nerveux central. ou canalicule line- aire, qui, prolongeant la cavite d’evagination perpendiculairement aux surfaces epitheliales accolees, fait communiquer la cavite branchiale avec la cavite peribranchiale correspondante. Plus tard encore, le calibre de ce canalicule s’accroit par Ecartement des cellules Epi- theliales qui le deli- 96 n x SToT 990 mitent, et aini se 7 |2cTTTns E ° P © <= Po trouve constituce la Te o (ee A, fi . 4 } © > else] SQ ente branchiale. La 2 BRGUT wzzoor paroi de cette fente, ee ‚actuellement cireu- laire, est, dans la presque totalite de son etendue, formee Fig. 7. SEM Distaplia magnilarva. Embryon. Partie dorsale d’une coupe trans- par des cellules eP1- versale, passant par l’orifice cloacal (oc), les sacs peribranchiaux (p) et l’&bauche d’une fente branchiale (fb). Stade correspondant theliales eylindriques ee d’origine branchiale ou endodermique; seules quelques cellules surbaissees, delimitant le pourtour de la levre externe ou peribranchiale de la fente, sont d’ori- gine peribranchiale ou ectodermique. Seules les cellules eylindriques, d’origine endodermique, deviendront ciliees ulterieurement. 2. C'est a ce stade du developpement qu’eclöt la larve de toutes les Ascidies simples que j’ai etudiees Phallusia mamillata, Ascidia mentula, Oriona intestinalis, Lithonephrya eugyranda, Molgula occulta | 556 Charles Julir, et Styelopsis grossularia. Toutefois il convient d’etablir une distine- tion en ce qui concerne cette derniere espece. Tandis que la larve des autres especes que je viens de citer est, au moment de l’Eelosion, pourvue des deux premieres paires de fentes branchiales perfor&es, quand la larve de Siyelopsis eclöt, seules ses fentes branchiales de la 1° paire sont perforees et meme deja assez allongees perpendiculairement & l’endo- style, tandis que les fentes de la 2®me paire ne sont encore qu’a l’etat d’ebauches tres cour- tes, non perforees. D’autre part, au moment de l’eclosion, les larves de Phal- lusia mamillata, d’Ascidia men- Fig. 8. tula et de Crona intestinalis Distaplia magnilarva. Embryon. Fragment d’une coupe sont — et resteront longtemps transversale passant par une fente branchiale per- : ; foree (fb). Stade correspondant ä la fig. 5. encore apres leur fixation — pourvues des deux orifices peribranehiaux distinets et assez ecartes l’un de l’autre. Par contre, au moment de leur eclosion, les larves de Lithonephrya, de Molgula et de Siyelopsis sont deja pourvues de leur orifice eloacal, qui n’est autre d’ailleurs que l’orifice d’invagination primitif et commun des deux sacs peribranchiaux. Quant aux embryons de Olavelina, de Perophora et de Distapla, ils sont encore loin d’eelore au moment ou les deux paires de fentes branchiales sont perfordes, c'est A dire au stade correspondant A l’eclosion de la larve des Ascidies simples. Mais les transformations que subissent leurs fentes branchiales a partir de ce stade sont du ressort de la formation des rangees transversales de stigmates bran- chiaux, de sorte que nous les examinerons dans le $ suivant. C. Formation du cloaque. Le moment de l’ontogenese ou se forme le eloaque et plus speceialement le moment ou lorifice eloacal est constitu& varient chez les diverses especes que j’ai etudiees. Chez les Ascidiidae cela ne se realise que longtemps apres l’eelosion, non seulement apres que la 3me paire de fentes branchiales s’est formee, mais m@me quand, aux depens des fentes branchiales ont commence a se former les rangees primitives de stigmates branchiaux. Chez les Ascidies sociales que j’ai observees (Olavelina et Perophora), le cloaque et Toorifice eloacal se forment vers le moment de l’Celosion Recherches sur la phylogenese des Tunieiers. 557 de la larve. Si l’on prend ce moment de l’eclosion comme terme de comparaison, il existe done une difference entre les Aseidiidae et les Aseidies sociales et il existe m&me une difference entre Clavelina et Perophora, attendu que chez Perophora le eloaque et l’orifice eloacal unique sont formes avant l’eclosion de la larve, tandis que chez Clavelina ils se forment, soit au moment mö&me. de l’eelosion, soit immediatement apres l’eelosion. Mais cette difference n’existe plus si ’on prend comme terme de comparaison l’etat de developpement de la branchie. En effet, le cloaque et l’orifice cloacal se forment chez les Aseidies sociales que j’ai etudiees, tout comme chez les Aseidiidae, quand les fentes branchiales sont tres sensiblement au m&me stade de leur transformation en les rangees primitives de stigmates. Par contre, chez Destapla (Fig. 7), le eloaque et l’orifice eloacal se forment d’une facon plus precoce, au moment me&me 'oüu,:chez l’em- bryon, se perforent les deux paires de fentes branchiales. Enfin, chez les Molgulidae et chez Styelopsis, cette formation est encore plus pre- coce, puis qu’elle se confond avec celle des deux sacs peribranchiaux. Quoi quwil en soit de ces differences concernant le moment de leur apparition, la cavite cloacale et l’orifice cloacal se developpent essentiellement de la m&me maniere chez tous les Aseidiens dont les ebauches des deux cavites peribran- chiales sont distinctes. Leur mode de formation consiste essentiellement dans le fait que les deux orifices peribranchiaux se rapprochent du plan median pour finir par se confondre en un orifice eloacal unique. Ce processus comprend, en realite, deux phenomenes qui s’accomplissent d’une facon eoncomitante: d’une part, un mouvement de descente, une sorte d’invagination, de la partie de l’epiderme dorsal comprise entre les deux orifices peribranchiaux; d’autre part, le soulevement des levres externes des orifices peribranchiaux, suivi de leur union dans le plan median. Il se produit pourtant des differences accessoires. Lorsque, comme c’est le cas chez les Ascidiidae, la distance qui separe les deux orifices peribranchiaux est notable, le phenomene d’invagination de la bande epidermique, assez etendue, qui separe les deux orifices peribranchiaux est plus apparent, plus marque que lorsque cette distance est moindre et la bande epidermique plus restreinte (Olavelina, Perophora et sur- tout Distaplia). En outre, quand le processus de formation du eloaque et de l'orifice eloacal s’accomplit pendant le developpement embryon- naire (Perophora, Distaplia), alors (fig. 7) les epitheliums qui eonstituent Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 37 558 Charles J ulin, respectivement le plancher et la voüte de la cavite cloacale, e’est ä dire la bande epidermigue dorsale invaginee et la partie de l’epi- thelium peribranchial externe avoisinant les levres externes des orifices peribranchiaux, s’accolent tres intimement au point de paraitre soudes, et cette disposition persiste pendant une partie du developpement embryonnaire. Or, fait a signaler, cette union intime entre les parois du celoaque existe aussi chez les Molgulidae et chez Styelopsis. 1 en resulte que chez les especes ou la formation du celoaque et de Vorifice eloacal a lieu au cours du developpement embryonnaire, le cloaque est, pendant une periode plus ou moins longue, represente par une fente virtuelle, l’orifice eloacal etant aussi virtuel, tandis que les cavites peribranchiales sont constamment reelles. Plus tard, dans la derniere periode du developpement embryonnaire, les parois epitheliales du cloaque se decollent et la cavite cloacale devient reelle. Enfin, ce n’est que plus tard encore, soit au moment de l’eelosion, soit meme au debut de la metamorphose, que l’orifice cloacal, dont les levres s’&taient soudees, s’ouvre definitivement. Ces partieularites, qui ne sont pas sans offrir la plus grande analogie avec l’ocelusion secondaire et transitoire du sac conjonctival (soudure de l’epithelium des bords libres des paupieres) et des orifices externes des fosses nasales chez certains mammiferes pendant la vie foetale, ne se presentent nullement chez les especes d’Aseidiens ou la formation du cloaque et de l’orifice eloacal s’effeetue apres l’eelosion de la larve. Elles sont manifestement d’ordre secondaire et en corre- lation avec le fait que cette formation s’accomplit pendant la vie embryonnaire. II. Formation des stigmates branchiaux chez les Tuniciers. On admet actuellement qu’il existe deux modes de formation dis- tinets des stigmates branchiaux chez les Tunieiers. L’un est caracterise par le fait que les stigmates d’une m&me rangee transversale se forment par divisions d’une fente qui, au prealable, s’allonge trans- versalement (dans le sens dorso-ventral), constituant alors un proto- stigmate (protostigmate secondaire de M. DE SELYS). L’autre serait earacterise par le fait que chaque stigmate d’une m@me rangee transversale se formerait par une petite perforation locale, autonome et distinete, des parois epitheliales branchiale, et peribranchiale interne accolees. Le premier mode, qui a ete signale pour la premiere fois par Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 559 M. Ep. van BENEDEN et moi-meme, a .ete decerit ensuite par MM. GARSTANG, WILLEY, SEELIGER, DE SELYS et Damas chez les Ascidiidae, les Molsulidae et les Cynthiidae parmi les Aseidies simples, ainsi que chez l’oozoide des Botryllidae et des Polystyelidae, parmi les Ascidies composees. M. GARSTANG a admis, en outre, que les stig- mates branchiaux transverses qui siegent, disposes en une serie longi- tudinale, sur chacune des parois laterales du sac branchial de Pyro- soma sont, en realite, des protostigmates non subdivises en stigmates. Mais, tandis que MM. ED. van BENEDEN, SEELIGER, GARSTANG et moi- m&me admettions qu’il se forme, au cours de l’ontogenese, autant de protostigmates distinets et autonomes qu'il y aura, plus tard, de rangees transversales de stigmates branchiaux, MM. WILLEY, DE SELYS et Damas ont etabli que chez les Aseidiidae et les Molgulidae, il ne se forme jamais que 6 protostigmates (protostigmates secondaires de MM. DE SELyYs et Damas) de chaque cöte du sac branchial, ces protostigmates provenant, par couples, de 3 fentes primitives (proto- stismates primaires de MM. pe SeLys et Damas). Par mes recherches actuelles: 1°. je confirme les observations de MM. pE SELYs, Damas et WILLEY, en ce qui concerne la for- mation des 6 paires de protostigmates chez les Molgulidae et celles de M. ve Serys chez les Ascidiidae; 2°. j’tablis que chez les Cynthiidae (Styelopsis) le nombre des paires de protostigmates de- vient secondairement plus considerable et je montre qu’elles derivent neanmoins toutes de 3 paires de fentes branchiales, comme chez les Molgulidae et les Aseidiidae; 3°. j’etablis done que dans les 3 fa- milles d’Ascidies simples les protostigmates, quel que soit leur nombre, derivent tous. de 3 paires de fentes branchiales; 4°. je demontre, enfin, que les stigmates transverses de Pyrosoma ne sont pas les homologues des protostigmates des Ascidiens, mais sont bien des stigmates branchiaux. Quant au 2me mode de formation des stigmates branchiaux, mentionne plus haut, on admet qu’il se realise, non seulement chez l’oozoide de Distaplia, de Clavelina et de Perophora, mais encore dans le blastozoide des Ascidies sociales et composees. Or, mes recherches actuelles demontrent que ce second mode de formation des stigmates branchiaux n’existe pas. J’ai pu etablir, entre les deux termes extr&mes representes respectivement par le processus qui s’accomplit chez COlavelina (oozoide) et les Ascidies simples, et par celui qui se passe dans le blastozoide des Aseidies sociales et composces, toute une serie de modalites qui eonstituent 37* 560 | Charles Julin, des transitions graduelles entre eux. C’est de cette importante question que je desire m’oceuper maintenant. Il serait rationnel de decrire en premier lieu ce qui se passe chez le blastozoide de Pyrosoma, puis chez l’oozoide de Olavelina, attendu que chez eux la paire ou les deux paires de fentes branchiales se transforment direetement en la rangee unique (Pyrosoma) ou en les deux rangees primitives (Clavelina) de stigmates branchiaux, sans quil se produise jamais d’el&ments correspondant aux protostigmates des Aseidies simples, tandis qu'il s’en produit, au contraire, chez l'oozoide de Distaplia et de Perophora. Des eonsiderations didactiques m’engagent a adopter pour l’expose resume de mes observations l’ordre suivant: 1. oozoide de Clavelina,; 2. Aseidies simples; 3. oozoide de Distaplia; 4. oozoide de Perophora,; 5. hlasto- zoide des Ascidies sociales et composees; 6. blastozoide de Pyrosoma. - 1. Formation des stigmates branchiaux chez l’oozoide de Clavelina Rissoana. A.Formation des deux rangees transversales primitives!. 1. Lorsque, chez l’embryon, les deux paires de fentes branchiales se sont per- forees, chaque fente constitue un orifice eirculaire, qui ne tarde pas A s’allonger a peu pres transversalement (fig. 9). Elle se divise ensuite en deux troncons egaux, qui prennent bientöt la forme de croissants transverses (fig. 10) a concavite dirigee vers le sinus sanguin trans- verse rudimentaire, qui separe les deux fentes branchiales d’un m&me cöte du corps. La concavite des deux croissants transverses de la 1®° rangee, derivant de la 1° fente branchiale, est done tournee en arriere, tandis que la concavite des deux croissants transverses de la 2eme yangee, derivant de la 2m® fente branchiale, est tournee en avant. Plus tard encore (fig. 11), chacun de ces croissants se divise, perpendieulairement a son axe transversal, en 2 stigmates egaux, de forme eirculaire, dont l’ouverture est tres petite. Le eroissant 1 J’entends par rangöe transversale primitive l’ensemble des stig- mates qui, disposes en une m&me rangee transversale & un moment du deve- loppement, proviennent de divisions successives, perpendiculaires ä l’axe trans- versal (dorso-ventral), d’une m&me fente branchiale (Olavelina) ou d’un m&me protostigmate (Ascidies simples, Perophora, Distaplia). Dans la suite du deve- loppement, il peut se faire que les range&es primitives se dedoublent, par suite de la division de tous les stigmates des rangees preexistantes, ces divisions s’operant alors parallelement ä la direction de l’axe transversal des a, mates. Ües rangees, je les appelle secondaires. Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 561 ventral se divise souvent avant le croissant dorsal de la m&me rangee. | Telle est la disposition realisee au moment ot la larve &elöt (fig. 12): il existe, sur chacune des parois laterales du sac branchial, deux rangees transversales, l’une anterieure (Z) et l’autre posterieure Fig. 9. Clavelina Rissoana. Embryon. Vue d’ensemble, par la face gauche. (ZI), de 4 stigmates branchiaux primitifs, petits et eirculaires, dont les levres sont formees.par un &pithelium eylindrique simple. 2. Au debut de la m&tamorphose, les 4 stigmates primitifs (1, 2,3, 4) de chacune des deux rangees primitives s’accroissent dans le sens antero-posterieur, de telle sorte que, dans chaque rangee, leur taille est d’autant moindre qu’il s’agit d’un stigmate plus rapproche de la ligne medio-ventrale (fig. 13). Les levres des trois stigmates dorsaux primitifs (7, 2, 3) deviennent ciliees avant celles du stigmate ventral primitif (4). Enfin, le bord ventral de ce dernier s’epaissit: cet Eepais- sissement est la premiere ebauche, pleine, d’un nouveau stigmate ventral (5): elle se detache ensuite de son lieu de formation, avant de se perforer. | 3. En m&me temps qu’apparait cette ebauche pleine du premier 562 Charles Julin, stigmate ventral neoforme (5), ou bien un peu plus tard (fig. 14), quand deja ce premier stigmate ventral neoforme (5) s’est separe et perfore ou möme a deja fourni l’Ebauche pleine d’un second stigmate ventral neoforme (6), apparait dans la 1° rangee primitive (fig. 14 et 15) l’ebauche pleine d’un premier stigmate dorsal n&oforme (7’), aux de- Fig. 10. Clavelina- Rissoana. Embryon. Vue d’en- semble, par la face gauche, des deux ran- gees transversales (/ et II) de croissants transverses. d, ligne medio-dorsale; «a, limie': de la cavite peribranchiale; p, orifice peri- branchial gauche. \ i ie N Ne EA 0 a Fig. 11. Fig. 12. Clavelina Rissoana. Embryon. Idem. Stade Clavelina Rissoana. Larve au moment de l’eclosion. plus avance. Face gauche. pens de l’extremite anterieure, Eepaissie, du bord dorsal du stigmate dorsal primitif (2). 1 C’est pourtant generalement (fig. 15) au moment ou ce premier stig- mate dorsal neoforme (7’) de la 1% rangee primitive se perfore, que se forme l’ebauche pleine du deuxieme stigmate ventral neoforme (6), aux de- pens du bord ventral du premier stigmate ventral neoforme et perfore (5). A ce stade done (fig. 15), ou dans la larve metamorphosee il n’y a plus de vestiges de la queue larvaire, le sac branchial est generale- ment constitue de la maniere suivante: Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 563 1° rangee primitive: 6 stigmates ouverts; ce sont le premier dorsal et anterieur neoforme (7') encore tout petit et provenant du premier dorsal primitif (7); puis, les 4 stigmates primitifs et eilies (12, 2,3, 4), dont la taille va diminuant du dos vers le ventre, et, enfin, le premier stigmate ventral n&oforme (5), perfor& mais non cilie, tout petit encore, plus petit que 4 et derive de ce dernier, le bord ventral de ce stigmate 5 etant epaissi en l’Ebauche, pleine, du futur stig- mate 6. | 2eme yangee primitive: les 4 stigmates primitifs ouverts et cilies (1,2, 3, 4), eonstitues comme les correspondants de la 1°° rangee; puis, un stigmate ventral neoforme (5), tout petit, ouvert mais non eilie, detache de 4 dont il derive et ayant, lui-m&me, son bord ventral epaissi en l’Ebauche du futur second stigmate ventral neoforme (6). 4. Telle que nous venons de la decrire, la 1% rangee primitive, abstraction faite des stigmates intercalaires quelle formera plus tard, est A peu pres complete. Elle le devient (comparer les fig. 15, 16, 17 et 18) de la maniere suivante. Le premier stigmate dorsal neoforme (1) s’allonge d’avant en arriere, s’insinue progressivement entre le stigmate dorsal primitif (7) et la ligne medio-dorsale, en meme temps que l’extremite anterieure de son bord dorsal s’Epaissit pour eonstituer l’Ebauche d’un nouveau stigmate dorsal (2”), plus dorsal que lu. Ce 2me stigmate dorsal neoforme (7”), tout en s’allongeant legerement d’avant en arriere, peut encore donner naissance, par l’extremite anterieure, epaissie, de son bord dorsal, a un 3®"e stigmate dorsal (2”). Telle est la constitution de la 1®° rangee transversale primitive (fig. 18), au moment ou elle va commencer ä& se dedoubler: Elle ecomprend done: 1°. les 4 stigmates primitifs (7, 2, 3, 4), resultant d’une double division egale de la 1° fente branchiale; 2°, Jes stigmates dorsaux neoformes (Z', 7” et 7”) qui resultent, en dlerniere analyse, d’une exeroissance du bord dorsal du stigmate dorsal primitif (2), exeroissance qui, au fur et a mesure quelle progresse & la fois en avant et vers la ligne medio-dorsale, se coupe en disques epitheliaux pleins, qui se perforent ensuite pour constituer les trois stigmates dorsaux neoformes, disposes en une serie obliquement dirigee en avant et vers la ligne medio-dorsale; 3°. enfin, deux stigmates ventraux neoformes (5 et 6), resultant d’une exeroissance du bord ventral du stigmate ventral primitif (4), exeroissance qui, au fur etä mesure qu’elle progresse vers la ligne medio-ventrale, se coupe en disques epitheliaux pleins, qui se perforent ensuite pour constituer les deux stigmates ventraux neoformes. L’ensemble des stigmates de la 564 „Charles Julin, 1®° rangee forme alors une serie obliquement dirigee dorsalement et en avant. Dans cette serie, abstraction faite du ou des deux derniers stigmates dorsaux neoformes, dont la taille va en decroissant vers la ligne medio-dorsale et qui ne siegent qu’en avant, tous les autres stigmates, non seulement occupent toute la hauteur actuelle de la serie, mais leur longueur va en deeroissant progressivement du dos vers le ventre. Tout le processus de la formation de la 1% rangee transversale primitive peut done se resumer de la facon suivante (comparer les 1299 18), | La 1° fente branchiale se subdivise d’abord en deux parties egales; chacune d’elles prend la forme d’un croissant transverse, qui se subdivise, a son tour, en deux parties egales. La fente branchiale a alors donne naissance a 4 stigmates primitifs, egaux et eirculaires: un dorsal (7), un latero-dorsal (2), un latero-ventral (3) et un ventral (4). Puis, ces 4 stigmates primitifs s’aceroissent inegalement dans le sens antero-posterieur, de telle sorte qu’ils sont d’autant plus allonges qu’ils sont plus rapproches de la ligne medio-dorsale. Enfin, le bord ventral du stigmate ventral primitif (4) s’aceroit, vers la ligne medio- ventrale, en une excroissance pleine qui, au fur et a mesure qu’elle pousse ventralement, se divise successivement en deux stigmates ven- traux neoformes (5 et 6). Un processus semblable s’accomplit & Vextremite anterieure du bord dorsal du stigmate dorsal primitif (7), de facon que cette excroissance pousse a la fois dorsalement et en avant. A ses depens se forment, l’un apres l’autre, 2 ou 3 stigmates dorsaux neoformes (2’, 2” ou !', 1" et 1”). Le premier dorsal neo- forme (7’) seul, en s’accroissant d’avant en arriere, finit par acquerir la m&me longueur que le stigmate dorsal primitif (7), tandis que le ou les deux autres (2” ou 1” et /”’) restent petits et reportes en avant. Quoi qu’il en soit, la formation des stigmates neoformes, tant dorsaux que ventraux, n’est, en derniere analyse, que le resultat de deux processus cons&cutifs: d’une part la cerois- sance des deux extremites de la fente branchiale; d’autre part, la subdivision de ces extremites accrües; mais ces deux processus se couvrent partiellement. Quant a la 2° rangee primitive, pour se completer apres le stade que j’ai deerit plus haut (fig. 15), elle subit aussi du: cöte dorsal des modifications semblables a celles qui se passent a l’extremite dorsale de la 1% rangee. Ces modifications commencent a se produire, soit en m&@me temps, soit, le plus souvent, un peu plus tardivement que Recherches sur la phylogenese des Tnniciers. 565 8 1 N ? 1 1 j i j 3 ' 1 4 ‘ L 4 ! r ’ u WW He ES = Eie. 18. Fig. 13 419. Olavelina Rissoana. Oo- zoide. Stades successifs de la forma- tion des 4 premieres rangees trans- versales de stigmates branchiaux du eötE droit (voir le texte). d, ligne medio-dorsale. 566 Charles Julin, celles de la partie dorsale de la 1° rangee [fig.-16). L’extremite posterieure du bord dorsal du stigmate dorsal (7) de la 2me rangee s’epaissit, puis donne un bourgeon plein, qui se detache, se perfore et constitue le premier stigmate dorsal neoforme (7’). Pendant que ce stigmate s’allonge d’arriere en avant, il donne, par le m&me pro- cessus et aux depens de son extremite posterieure, naissance a un 2eme stigmate dorsal neoforme (7”), plus dorsal que lui (fig. 17). Finale- ment la 2°me rangee primitive se trouve constitu6e comme la 1°, avec cette seule difference (fig. 17) que le dernier stigmate dorsal neo- forme (2”), au lieu de sieger au bord anterieur de la rangee, siege a.son bord posterieur, tous les autres stigmates de la rangee, a partir du premier dorsal neoforme (7’) constituant une serie d’orifices allonges, dont la longueur va en deeroissant du dos vers le ventre. Tout le processus de la formation des stigmates de la 2°=e rangee primitive, issus de la 2°=° fente branchiale, s’accomplit done selon les memes lois que la formation des stigmates de la 1° rangee primitive. B. Formation des quatre premiöres rangees transversales secon- daires. Augmentation du nombre des stigmates dans chaque rangee. La situation occupee par les stigmates dorsaux neoformes autres que le premier (1’) dans les deux rangees au stade que je viens de decrire (fig. 17) est, en realite, le premier indice de la subdivision des deux rangees primitives en les quatre premieres rangees secondaires. Üe dedoublement s’accomplit de la m&me facon dans les deux rangees primitives; mais il commence dans la 2°=° rangee, un peu plus töt que dans la 121218) TI debute, dans l’une comme dans l’autre (fig. 18 et 19), par la division, en deux parties egales, du stigmate /’, a l’aide d’une saillie epitheliale qui, procedant de son bord dorsal, le divise perpendicu- lairement A son grand axe antero-posterieur. Or, etant donne qu’a ce moment (fig. 19) les stigmates 1” et 1” de la 1®° rangee primitive ne siegent encore qu’a son bord anterieur, il en resulte qu’ils se trouvent naturellement &tre les deux stigmates les plus dorsaux de la 1®° rangee secondaire en voie de formation, (7’) lorsque 1’ est divise en son milieu. De me&me (fig. 18), etant donn& que 1” et 1”. de la 2me rangee primitive ne siegent encore qu’ä son bord posterieur, ils se trouvent &tre les stigmates les plus dorsaux de la 4° rangee- secondaire en voie de formation, lorsque /’ s’est divise en son milieu fig. 19 IV’). Apres que s’est effeetuge cette subdivision de 7‘, le stigmate plus ventral que lui (7) subit le m&me sort et ce processus de division en deux parties egales s’accomplit de proche en proche Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 567 pour chacun des stigmates de plus en plus ventraux de chaque rangee primitive. En m&me temps, un vaisseau transverse interserial, proce- dant de la ligne medio-dorsale, pousse progressivement entre les deux moities de chaque stigmate subdivise. Au debut done les 2 rangees primitives ne se dedoublent en 4 rangees transversales secondaires que du cöte dorsal, tandis que dans tout le restant de leur etendue, elles sont encore indivises. Mais pendant que ce processus de dedoublement se poursuit pro- gressivement dans le sens dorso-ventral, le nombre des stigmates de chaque rangee existante augmente: 1°. par formation, A l’extremite ventrale de la rangee primitive (fig. 18 et 19), de nouveaux stigmates de plus en plus ventraux, formation qui s’accomplit suivant le processus, deerit plus haut pour le developpement des premiers stigmates ventraux neoformes (excroissance epithe- © liale, pleine, du bord ventral du dernier 0 £ stigmate ventral neoforme, qui se detache 3 Un puis se perfore); 2°. par formation, suivant 7 00 Ö 0 0 Ö 77 le m&me processus, d’un petit nombre de Toon. r nouveaux stigmates dorsaux, aux depens pa ul? du bord dorsal, epaissi, du stigmate le plus dorsal de la rangee (fig. 18 et 19); 2a 3°. enfin, par formation, suivant le möme 7 processus, de stigmates intercalaires, aux depens des extremites anterieure et poste- Fie. 20. rieure, epaissies, des longs stigmates antero- C«velina Rissoana. Blastozoide RE { Me&me image que dans l’oozoide le plus posterieurs exıstants (fie. 18). avance que j’aie etudie. Les 4 pre- mieres rangees transversales de stig- Lorsque ce processus de dedoublement je ö NE. R mates, dont la region dorsale seule des deux rangees primitives, a progres- est representee, sont formees; la 107 B N x s I ... (2') et 1a 4°M® (IV) commencent ä se SIon dorso- ventrale, gest poursulvi pen- dedoubler a leur extremite dorsale. dant un certain temps, il arrive un moment 4, ligne medio-dorsale; c, projection ] A 3 sr de l’orifice cloacal; an, anus, ä gauche (il y a alors une vingtaine de stigmates a par rangee) ou lon voit le plus ventral des stigmates actuels de la rang&e primitive, tout petit encore, se diviser en deux par un plan transversal, c’est a dire perpendieulaire a son diametre antero-posterieur. C’est le premier indice du dedouble- ment de la rangee primitive a son extr&emite ventrale. A ce stade done, chaque rangce primitive est dedoublee en 2 rangees secondaires: 1°. sur une assez grande etendue, du cöte dorsal; 2°. sur une tres 568 Charles Julin, petite etendue (1 stigmate), a son extremite ventrale. Dans le restant de son etendue elle est indivise encore. A partir de ce moment, le dedoublement des deux rangees primitives, par subdivision, en deux parties egales, des stigmates intermediaires encore indivis, progresse, a la fois dorso-ventralement et ventro-dorsalement, jusqu’a ce quelle soit achevee. A Ainsi les deux rangees primitives ont fourni, par dedoublement, 4 rangees secondaires, placees les unes derriere les autres et derivant, par couples, des deux rangees primitives (fig. 20). C’est le stade le plus avance que j’aie pu obtenir par culture de l’oozoide. Mais j’ai pu poursuivre la suite du developpement du sac branchial chez le blastozoide. J’en parlerai plus loin. 2. Formation des stigmates branchiaux chez les Ascidies simples. A. Formation des protostigmates. ‚Chez Clavelina, Perophora et Distaplia, il ne se forme que deux paires de fentes branchiales, tandis que chez toutes les Aseidies simples etudiees jusqu’a ce jour, il s’en forme trois paires autonomes: ce sont ces orifices que MM. DE SELYS et Damas appellent proto- stigmates primaires. D’autre part, MM. WILLEY, DE SELYS et Damas, pour les Molgulidae, et M. DE SeLys, pour les Aseidiidae, ont demontre que chacun de ces orifices, apres s’&tre allonge, se recourbe en fer: a cheval par son extremite ventrale; puis, se coupant au niveau de la courbure du fer a cheval, se subdivise en un couple d’orifices, places Yun derriere l’autre, que ces auteurs appellent protostigmatessecondaires et que j’appellerai simplement proto- stigmates, attendu que j’ai demontre que les soi-disant proto- stigmates primaires sont, en realite des fentes branchiales. J’ai repris, a mon tour, l’etude de la formation des protostigmates chez les Aseidiidae (Orona intestinalis) et chez les Molgulidae (Mol- gula occulta) et j’ai etudie, en outre, cette m@me question chez un representant de la famille des Cynthiidae, Styelopsis grossularia. 1. Aseidiidae. Chez COona intestinalis (fig. 21 a 25) — et mes observations sur ce point ne font que confirmer l’opinion emise par M. pe SeLys — chaque fente branchiale s’allonge transversalement, puis se recourbe a son extremite ventrale de facon a prendre la forme d’un fer a cheval ouvert dorsalement et a branches inegales. Mais tandis que la 1®® et la 3®we fentes branchiales se recourbent en arriere, de telle sorte que des deux branches du fer a cheval que forme chacune d’elles, la plus longue est anterieure et la plus courte, Pos- De Ne a ” Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 569 terieure; au contraire Ja 2we fente branchiale se recourbe en avant et se transforme en un fer a cheval dont la branche la plus longue Fig. 23. Fig. 21 & 23. Ciona intestinalis. Larves en metamorphose. Trois stades successifs de la formation des 4 premiers protostigmates (7 a IV) aux depens des deux premieres fentes branchiales. Face laterale droite. e, endostyle. Fig. 24. Fig. 25. - Fig. 24. Ciona intestinalis. Le 30Me fente branchiale droite commence ä se perforer. Fig. 25. (iona intestinalis. Debut de la formation des protostigmates V et VI aux depens de la 3Cme fente branchiale. Les 4 premiers protostigmates sont divises en deux. est posterieure, tandis que la plus courte est anterieure. Il en resulte que chez Oiona — comme chez toutes les autres especes d’Aseidiidae etudiees jusqu’a ce jour — la situation oceupee par les protostigmates 570 Charles Julin, 7, IV et V est eelle qw’oceupaient respectivement les fentes bran- chiales /, 2 et 3. | 2. Molgulidae. Chez Molgula occulta, que j’ai etudiee, le mode de formation des protostigmates s’accomplit suivant le processus que MM. pe Serys et Damas ont deerit chez M. ampulloides et M. WiLLey, chez M. manhattensis. Chacune des 3 fentes bran- chiales d’un möme cöte s’allonge transversalement, puis se recourbe en arriere, par son extremite ventrale, de facon a prendre la forme d’un fer a cheval, ouvert dorsalement et a branches inegales. La branche anterieure est la plus longue des deux. Il en resulte que, quand les deux branches de chaque fer a cheval se sont separees, par une division effeetuge au niveau de la courbure du fer & cheval, la situation oceupee par les protostigmates /, III et V est celle qu’oc- cupaient respectivement les fentes branchiales /, 2 et 3. 3. Cynthiidae. Jusqu’a ce jour aucune espece de la famille des Cynthiidae n’avait fait l’objet d’etudes suivies concernant le mode de formation des fentes branchiales et des protostigmates. M. GARSTANG pourtant a pretendu — et j’ai moi-meme admis naguere — que les protostigmates de Styelopsis grossularia naissent, chacun isolement, par une perforation autonome de la paroi epitheliale du sae branchial accolde a l’epithelium peribranchial interne. C’est de cette meme espece que j’ai repris l’etude. | a) J’ai deja dit plus haut que chez la larve de Styelopsis, au moment de l’eclosion, une seule paire de fentes branchiales, la 1@® ou anterieure, est ouverte. Ües fentes sont m&me assez allongees perpendieulairement a l’endostyle, tandis que les fentes de la 2ime paire ne sont encore qu’a l’etat d’ebauches tres courtes, non perforees et situees au voisinage du futur sillon retropharyngien. b) Cette disposition persiste encore, pendant un certain temps, apres la fixation de la larve. c) Plus tard, au moment ou la 2°”® fente branchiale, encore courte, se perfore, la 1°°, plus allongee encore que precedemment, s’est re- courbee en arriere, par son extremite ventrale. Elle eommence done a affeeter la forme d’un fer a cheval (1* fer a cheval), a branche anterieure longue, a branche posterieure courte et a courbure ventrale. La concavite du fer a cheval est ouverte dorsalement. Je n’ai ob- serve ce stade, que sur des speeimens debites en coupes serices. d) Le stade suivant montre la premiere apparition des deux pre- miers sinus longitudinaux. Aux depens du 1* fer a cheval, se sont constitu6s deux protostigmates separes (7 et IT) et places Yun deıriere Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 571 V’autre, [I est un peu plus eourt que Z, mais un peu plus allonge transversalement que la 2?ne fente branchiale, qui est situde en arriere. Cette derniere, assez allongee deja, commence A se transformer en un fer a cheval (le 2’me), dispose comme l’etait le 1” fer a cheval au stade preeedent, e’est a dire que la 2me fente branchiale, dont il derive, s’est recourbee en arriere, par son extremite ventrale. Le 2me fer a cheval de Styelopsis se dispose done comme le correspondant des Molgulidae et non pas comme celui des Ascidiidae. e) Plus tard encore, il existe 4 protostigmates (7 a IV) trans- verses et paralleles entre eux. Leur longueur (diametre transversal) va en deeroissant regulierement d’avant en arriere, c’est a dire du protostigmate / au protostigmate IV. Les protostigmates III et IV derivent manifestement de la 2°=® fente branchiale, par section de la ceourbure du 2me fer a cheval. | f} Il existe deja 4 protostigmates (7 a IV), generalement indi- vis et croises par les deux premiers sinus longitudinaux, lorsque se montre, comme une ebauche pleine, non perforee et autonome, la Je fente branchiale (fig. 26). Elle est situ&e un peu en avant du Fig. 26. Fie. 27. Fig. 26. Styelopsis grossularia. Formation de la 3@WE fente branchiale (V) aux depens d’une ebauche pleine, autonome. Dans les fig. 26 & 28, les chiffres romains indiquent les divers [protostigmates. 1 et 2, les deux premiers sinus longitudinaux formes; 3 et 4, les sinus longitudinaux qui se forment en second lieu; e, endostyle. Fig. 27. Styelopsis grossularia. Situation du 6° We protostigmate (VI) au moment oü il vient de se former. sillon retropharyngien, en arriere et a quelque distance de l’extre- mite ventrale du protostigmate IV. Elle apparait, sur les coupes, eomme une evagination epaissie de l’epithelium branchial, tres intime- ment unie A l’&pithelium peribranchial interne. C’est de cette facon que se montre aussi, comme les fentes branchiales des deux premieres paires, celles de la 3°=e paire chez les Ascidiidae et les Molgulidae. g) La 3°"® fente branchiale se perfore ensuite; puis, elle s’allonge transversalement, surtout vers la ligne medio-dorsale. 572 Charles Julin, Bien que je n’aie pas observe& direetement le fait, je ne doute pourtant pas que la 3°“® fente branchiale, se comportant, & son tour, comme l’ont fait precedemment la 1®° et Ja 2%me ne se recourbe, en arriere, en un fer a cheval (le 3") par son extr&mite ventrale, pour fournir ensuite, en se divisant au niveau de sa cour- bure, les protostigmates V et VI, que j’ai observes. Ce qui me fait admettre qu’il doit en etre ainsi, c’est qu’au moment (fig. 27) ou le protostigmate VI, deja separe de V, est pourtant encore tres petit quoique perfore, il est situe immediatement en arriere de l’extre- mite ventrale du protostigmate V, a la m&me distance de l’endo- style, tandis qu’il n’en est pas de meme (fig. 28 XI) pour les proto- stigmates suivants, a partir de VII y compris et dont j’ai pu suivre directement le mode de formation. Il me parait impossible d’admettre que le protostigmate VI naisse par perforation d’une ebauche pleine, autonome, si je m’en refere d’une part a son mode de formation chez les autres Aseidies simples etudieces, et d’autre part a la situation et aux rapports de son extremite ventrale vis-a-vis du protostigmate V (fig. 27) ainsi qu’a la suite du developpement de la branchie chez Styelopsis. h) Chez Siyelopsis, en effet, de chaque cöte du sac branchial, il ne se forme pas 6 protostigmates seulement, comme c’est le cas chez toutes les Ascidiidae et les Molgulidae etudiees jusqu’a ce jour. J’ai suivi toutes les phases successives du developpement de la branchie jusqu’a l’apparition du protostigmate XII et je n’oserais m&me pas affırmer que le nombre des protostigmates ne puisse devenir plus consi- derable encore. Toutefois tandis que les 6 premiers (7a VT) se deve- loppent par couples aux depens des 3 fentes branchialesi, suivant le processus que je viens de decrire et qui est identique a celui qui s’accomplit chez les Molgulidae, les protostigmates suivants, a partir de VII y compris, se developpent d’une autre facon. i) Lorsque le protostigmate VI s’est allonge dans le sens ventro- dorsal, sa paroi epitheliale posterieure envoie, en arriere, un diverticule creux. Ce diverticule, dans l’etendue duquel l’epithelium s’est &paissi, est la premiere &bauche du protostigmate VII. Le protostigmate VII ne nait nullement, comme c’est tres probable- ment le cas pour le protostigmate VT, aux depens d’un cul de sae de l’extremite ventrale du protostigmate precedent, recourbee en arriere. 1 J’ai observ& le fait pour les 2 premiers couples (protostigmates I a IV) qui derivent des 2 premieres fentes branchiales et j’ai dit sur quelles raisons je m’appuie pour admettre que le 3me couple (protostigmates V et VI) derivent de la 3eme fente branchiale. Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 573 Son @bauche apparait, au contraire, a queique distance de l’ex- tremite ventrale du protostigmate VT et.elle procede, tout entiere, de la paroi epitheliale posterieure de ce dernier (voir fig. 28, qui montre la formation du protostigmate XI, formation qui s’accomplit de la m&me maniere pour tous les precedents a partir du VII®, e’est-a-dire pour tous A nen In Ei o Fig. 28. Styelopsis grossularia. Figure theorique, constitude ä l’aide d’une serie de figures reelles et destinde ämontrer: 10le mode de formation des protostigmates surnume6raires (XI); 20 la formation progressive des rangees transversales primitives aux depens des divers protostigmates. X, protostigmate surnumeraire en train d’en former un nouveau (XJ); IX, protostigmate indivis; VIII, division en 2 demi-protostig- mates; VII, division en 4 quarts de protostigmate egaux; VI, les deux stigmates primitifs extrömes (ventral et dorsal) s’allongent, puis se divisent en deux (V) pendant que les deux protostigmates inter- mediaires prennent la forme de croissants transverses; IV, rangee transversale de 6 croissants trans- verses, en train de se diviser en 6 couples de stigmates obliques (/II). Chacun de ces couples fournit probablement (II) 3 stigmates longitudinaux de la rangee primitive (I). les protostigmates que j’appelle surnumeraires).ı Le point de cette paroi ou cette ebauche se forme est parfaitement determine; il repond toujours a l’espace, tres restreint, ecompris entre les extr&mites posterieures des deux premiers sinus longitudinaux formes (I et 2). Dans la suite, ce diverticule s’etrangle, puis se separe de son lieu de formation pour constituer un petit orifice, a paroi epitheliale Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 38 574 02000% Charles Julin, epaissie. C’est le protostigmate VII, qui s’allonge ensuite transversale- ment tant vers la ligne medio-ventrale que vers la ligne medio-dorsale. Puis, suivant le meme processus, ce protostigmate VII fournit a son tour, aux depens de sa paroi epitheliale posterieure, V’ebauche du protostigmate VIII, et ainsi de suite. Chaque fois, ’ebauche du nouveau protostigmate nait aux depens de la partie de la 'paroi epitheliale posterieure du protostigmate pr&ece&dent, comprise entre les extremites posterieures des 2 premiers sinus longitudinaux formds, qui, sur ces entrefaites, se sont acerfis en arriere. J’ai, comme je l’ai dit, suivi le processus en question jusqu’au moment de la formation du protostigmate AL, dernier stade que jaie etudie. Tl resulte de ce mode de developpement que, de chaque cöte du corps, chez Styelopsis grossularıa, la formation. des 6 premiers protostigmates s’accomplit, suivant le m@me processus que chez les Molgulidae, aux depens des 3 fentes branchiales. Mais tandis que chez les Molgulidae et les Ascidiidae, il ne se forme jamais que ces 6 protostigmates, chez Styelopsis il s’en forme un plus grand nombre. Toutefois il faut distinguer entre le mode de formation des 6 premiers protostigmates et celui des suivants, que j’appelle surnum&raires. Les 6 premiers (7 & VI) naissent, comme les 6 protostigmates des Molgulidae, par section de 3 fers A cheval, la branche /anterieure de chaque fer & cheval devenant le protostigmate d’ordre impair (7, III ou V), alors que sa branche posterieure devient le protostigmate d’ordre pair (ZZ, IV ou VI) du couple correspondant. Par contre, chacun des protostigmates surnumeraires (VII, VIllete.) est le pro- duit de la separation d’un court diverticule du protostigmate situe immediatement en avant de lui. Les protostigmates I et II pro- viennent done de la 1% fente branchiale; I/T et IV proviennent de la 2me fente branchiale; la 3° fente branchiale donne naissance; non seulement A V et VI, mais encore & tous les protostigmates surnume- vaires. La formation de ces derniers est en correlation avec le mode special de croissance du sac branchial. Elle a pour consequenee la forme en entonnoir, a sommet tronque posterieur, qu’ affeete cet or- gane. Il’serait interessant de.rechercher si ces protostigmates sur- nume6raires sont propres A Siyelopsis, ou bien s’ils eonstituent des formations communes ä d’autres esp&ces de la famille des Cynthiidae. Mais, quoi quil en soit des differences econcernant le nombre des protostigmates qui se forment chez les Molgulidae, les Aseidiidae et les Cynthiidae, il se degage des ‘observations faites jusqu’ a ce jour Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 575 sur la formation de ces organes, cette loi que toutes les Ascidies simples sont des Tuniciers pourvus de 3 paires de fentes branchiales. B. Formation des rangees transversales de stigmates branchiaux. Les belles recherches de MM. DE SeLys et Damas chez les Mol- gulidae (Molgula ampulloides) et celles de M. DE SeLyvs chez les Asci- diidae (Corella parallelogramma) ont &tabli que chaque protostigmate, apres s’etre acerü transversalement dans une certaine mesure, se subdivise d’abord en deux demi-protostigmates, puis, par une seconde division, en #.quarts de protostigmate. Elles ont demontre, en outre, a la derniere evidence, que de ces 4 quarts de protostigmate, trans- formes au prealable en 4 croissants verticaux ou plutöt transversaux, les deux exträmes, le ventral et le dorsal, eontinuent a croitre res- pectivement vers la ligne medio-ventrale et vers la ligne medio- dorsale, pour se subdiviser ensuite, Yun et l’autre, en deux nouveaux eroissants, ce qui fait que chaque protostigmate finit par fournir 6 eroissants, dont les deux ventraux et les deux dorsaux proviennent respectivement de l’accroissement, suivi de la division, du eroissant ventral et du eroissant dorsal- primitifs, tandis que les deux croissants moyens primitifs (le” latero-dorsal et le latero-ventral) ne croissent guere ou ne croissent plus. Les 6 croissants ainsi formös donnent naissance a tous les stigmates de la möme serie transversale. MM. DE SELYS et Damas ont parfaitement etabli comment a lieu cette deri- vation chez Molgula ampullordes et chez Corella parallelogramma. Il serait inutile de rappeler ici ce processus. Je me suis attache a e&tablir la formation des stigmates bran- chiaux, d’une part, chez une espece d’Ascidiidae, Orona intestinalis, dont la. forme et la disposition des stigmates sont aussi differentes que possible de celles des stigmates de Corella et ressemblent le plus a celles de la’ grande majorit6 des autres representants de la famille; d’autre part, chez une Cynthiidee, Styelopsis grossularia, fa- mille dans laquelle le processus n’avait pas eneore &te suivi. Ce sont les r&sultats de ces recherches que je vais exposer d’une facon sommaire, me bornant a’ parler des seuls stigmates branchiaux et laissant de cöte, pour le moment du moins, ce qui est relatif aux autres organes de la branchie. | 1. Oiona intestinalıs (fig. 29). a) Comme chez Corella, chacun des protostigmates (7) se subdivise d’abord en deux parties egales (demi- protostigmates), a l’aide d’une saillie epitheliale de division (2), procedant du sinus interserial impair, (sinus transverse d’ordre 38* 576 Charles Julin, impair de MM. DE SELYs et Damas). Puis, a l’aide d’une seconde saillie de division, procedant du m&me sinus, chaque demi-protostigmate Fig. 29. Ciona intestinalis. Figure theorique, constituce ä l’aide d’une serie de figures reelles et destinde & montrer comment se forment progres- sivement les rangees primitives aux depens des protostigmates (voir le texte). La ligne pointillee indique la ligne medio-laterale du sac branchial. dre pair regardent en avant par leur concavite 2. se subdivise (5), de nouveau, en deux par- ties egales (quarts de protostigmate), fentes allongees, & grand axe transver- sa. Chaque quart de protostigmate se transforme ensuite en un croissanttrans- verse; il en resulte (4) que chacune des parois laterales du sac ‚branchial se trouve alors perforee de 6 rangees transversales de 4 croissants trans- verses chacune!. Dans une rangee transver- sale quelconque, la concavite des crois- sants est toujourstour- nee vers le sinusinter- serial impair corres- pondant, de sorte que les eroissants des rangees d’ordre im- pair ont leur bord concave tourne en arriere, tandis que ceux desrangees d’or- Nous distinguerons 1 En realite, comme les transformations que subissent les divers proto- stigmates, sont, d’une facon generale, d’autant plus avanc&es dans leur evolution que le stigmate est plus anterieur, il n’arrive jamais que toutes les 6 rangees transversales primitives se trouvent au m&me stade du developpement. Cette obser- vation se rapporte naturellement ä& tous les stades cons&eutifs que je vais d£erire. 2 Nous pouvons appeler le bord concave de tout croissant queleconque son bord de division, voulant exprimer par lä que c’est de ce bord ex- Recherches sur ia phylogenese des Tuniciers. DIT dans chaque rangee transversale (2): un croissant ventral primi- tif, situ& A l’extremite ventrale de la rangee: un croissant dorsal primitif, oceupant l’extremite dorsale de la rangee; un croissant latero-ventral primitif et un croissant lat&ro-dorsal primi- tif, ces deux derniers &tant separes par ce que j’appellerai la ligne medio-laterale du sac branchial (ligne pointillee de la fig. 29), voulant qualifier par la la ligne antero-posterieure, qui passe par le milieu de la face laterale de l’organe. b) Les deux croissants latero-dorsal primitif et latero-ventral primitif se subdivisent, a leur tour (5), en deux parties egales par une saillie de division, qui, procedant du milieu du bord concave, finit par se souder avec le milieu du bord convexe du croissant. Les deux produits de cette subdivision constituent un couple de stigmates obliques, dont l’obliquite correspond exactement a celle qu’ont prise les deux moities du croissant transverse en question. Pendant ce temps, les deux croissants dorsal et ventral primitifs se sont accrüs (5) respeetivement vers la ligne medio-dorsale et la ligne medio-ventrale. C’est alors qu’ils montrent les premieres traces d’une subdivision en deux parties egales, constituant aussi un couple de stigmates obliques (6), disposes a la facon des couples de stigmates obligues provenant des croissants latero-ventral et latero-dorsal; toutefois ils sont naturellement un peu plus grands et plus obliques que ces derniers. La subdivision des deux croissants dorsal et ventral primitifs s’effeetue, en general, apres celle des deux croissants latero-dorsal et latero-ventral primitifs, ce qui est dü, sans aucun doute, a ce fait qu’au prealable les deux croissants extr&mes s’ac- eroissent plus que les deux croissants intermediaires de la rangee. Quand cette subdivision est achevee, la rangee se compose donc de 4 couples de stigmates obliques (6. Dans un m&me couple queleonque, les deux stigmates obliques sont sensiblement de m&me taille. Afın d’eviter de longues eirconlocutions dans l’expose des stades ulterieurs du developpement, convenons d’appeler stigmate obligque a (7), celui des deux stigmates qui, dans un quelconque des 4 couples, est le plus rapproche de la ligne medio-laterale du sac branchial, reservant & l’autre, qui en est plus &earte, le nom de stigmate oblique 5. Appelons enfin, couple ventral, couple latero- clusivement ou de ses derives que, comme pr&cedemment, naitront toutes les saillies de division, qui se produiront plus tard, pour determiner la sub- division des fentes respiratoires, quelle que soit leur forme. 578 Charles Julin, ventral, eouple latero-dorsal et couple dorsal, chacun des couples de stigmates obliques provenant respectivement des croissants transverses primitifs ventral, latero-ventral, latero-dorsal et dorsal. | c) Le stigmate oblique « de chacun des 4 couples ne tarde pas a croitre plus rapidement que le stigmate oblique b des. m@mes eouples (7), Le m&€me processus s’accomplit progressivement dans les 6 rangees transversales. Il en resulte: 1°. que l’angle que for- ment les deux stigmates obliques d’un m&me couple queleongue devient plus aigu et que ces stigmates deviennent un peu moins obliques, plus longitudinaux ; 2°. que chaque moitie du sac branchial s’aceroit, a la fois, dans le sens antero-posterieur et dans le sens dorso-ventral, cette augmentation des deux diametres s’effectuant simultanement suivant quatre zones correspondant a la situation des 4 croissants transverses primitifs des diverses rangdces. Comme ces croissants eux-memes, ces zones de croissance sont, de chaque eöte du sac branchial: l’une ventrale, une autre dorsale et les deux der- nieres, respectivement latero-ventrale et latero-dorsale. d) Le stigmate oblique « de chacun des couples latero-ventral et latero-dorsal apres s’etre acerü (7), se subdivise (6), a peu pres perpendiculairement a son grand axe, en deux parties egales ou inegales, la saillie de division se produisant toujours sur celui des bords du stigmate qui derive du bord concave du croissant transverse primitif dont provient ce stigmate oblique. ' A la suite de ce processus, chaque croissant latero-ventral et latero-dorsal est done represente par 3 stigmates (9. L’un d’entre eux, plus grand que les deux autres, n’est autre que le stigmate obligue 5, qui tend de plus en plus a devenir un stigmate droit longi- tudinal (10). Les deux autres, resultant de la subdivision du stigmate obligue «a du couple, sont d’abord trapus et imbriqgues (9); mais, en S’aceroissant progressivement par leurs extremites, — dont Y’une cor- respond a l’une des extr&mites epaissies du stigmate oblique a, tandis que l’autre correspond & l’epaississement £pithelial de la saillie qui a determine la subdivision du m&me stigmate oblique @ —, ces deux stigmates glissent, en quelque sorte, un a cöte de l’autre et tendent de plus en plus & devenir droits et. longitudinaux (70). Ce sont les 3 seuls stigmates longitudinaux (17), que chacun des eroissants latero- dorsal et latero-ventral fourmnira a la rangee transversale primitive. Pendant que ces phenomenes s’accomplissent dans les couples latero-ventral et latero-dorsal, le stigmate oblique a de chacun des Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 579 couples ventral et dorsal s’accroit d’abord (7), soit en conservant sa forme de stigmate oblique, soit — ce qui est le cas le plus frequent — en prenant la forme d’un ceroissant oblique. Puis, ce dernier se divise (8) en deux parties egales ou inegales (9) qui, se comportant ensuite comme les deux stigmates resultant de la division du stigmate oblique « de chacun des couples latero-dorsal et latero-ventral, glissent un & ceöte de l’autre (10 et 1!) en s’accroissant, se redressent et se transforment peu a peu en deux stigmates droits longitudinaux de la rangee primitive (12). Pendant que s’accomplit cette division, le stig- mate oblique 5 de chacun des m&mes couples ventral et dorsal s’accroit aussi en prenant peu a peu la forme d’un croissant trans- verse (d). Ce dernier, se comportant un peu autrement que les croissants transverses primitifs, se subdivise, a son tour, il est vrai, comme eux en deux parties egales ou inegales (9); mais, cette fois, la partie la plus rapprochee de la ligne medio-laterale et qui, par consequent, repond actuellement au stigmate oblique « des 4 couples primitifs, ne se divise plus en deux stigmates, comme l’a fait ce dernier. Elle eonstitue un stigmate (20, 11 et 12), oblique d’abord, qui se redresse ensuite en s’allongeant et devient un stismate droit longitudinal de la rangee transversale primitive. L’autre partie du eroissant trans- verse, au contraire, celle qui oceupe l’extremite ventrale ou dorsale de la rangee et qui, par consequent, repond au stigmate oblique 5b des couples primitifs, se subdivise (Z0) en deux stigmates trapus (17), comme l’avait fait le stigmate oblique a des couples primitifs. Ces deux stigmates trapus, en s’accroissant, se redressent pour constituer les deux derniers stigmates droits longitudinaux, les plus ventraux ou les plus dorsaux de la rangee transversale primitive (12). ‘e) I resulte de ce processus: 1°. Aux depens de chacun des croissants transverses ventral et dorsal primitifs se forment deux croissants, comme P’ont observe MM. DE SELYS et DamAs chez les Molgulidae et M. DE SELYS chez Corella, ce qui revient A dire que, apres s’&tre subdivise en quatre par- ties egales, le protostigmate continue & croitre par ses extremites. Au stade a 6 rangees transversales de 4 eroissants trans- verses primitifs (4) suecede done, en fait, un stade a 6 rang6es trans- versales de 6 croissants (5 a 8). Toutefois, chez Ciona, les deux croissants resultant de la subdivision de chacun des croissants trans- verses ventral et dorsal primitifs n’ont pas la m&me valeur: l’un, le croissant oblique, plus rapproche de la ligne medio-laterale, ne 580 Charles Julin, fournit, en effet, & la rangee transversale primitive que 2 stigmates; Vautre, le eroissant transverse extreme, lui en fournit 3. 2°. Chaque rangee transversale primitive (22) comprend finalement 16 stigmates droits ou longitudinaux: 8 d’entre eux siegent dans la moitie dorsale et les 8 autres, dans la moitie ventrale de la paroi laterale du sac branchial. Des 8 stigmates droits de la moitie ven- trale ou de la moitie dorsale, les 5 les plus ventraux ou les plus dorsaux derivent du croissant ventral primitif ou du croissant dorsal primitif, tandis que les 3 autres, les plus proches de la ligne medio- laterale, derivent du croissant latero-ventral primitif ou du croissant latero-dorsal primitif. | f) C’est quand ces rangees transversales primitives de 16 stig- mates droits sont constituees (12), que commence & se manifester le signe preeurseur de leur dedoublement et de la formation des rangees transversales secondaires: je veux parler du sinus transverse serial. Il se forme, comme on le sait, aux depens de papilles qui, naissant de la paroi interne ou branchiale des sinus interstigmatiques de la möme rangee transversale, vers le milieu de la longueur de ces sinus, se bifurquent transversalement, pour se souder ensuite par les ex- tremites de leurs branches de bifurcation et finir par constituer un vaisseau transverse unique. Ce sinus serial, proeminant legere- ment dans la cavite branchiale, est uni aux sinus interstigmatiques par de courts sinus anastomotiques; il croise tous les stigmates droits de la rangee, perpendiculairement a leur grand axe et vers le milieu de leur longueur. Les papilles, qui constituent les premieres ebauches de ces sinus anastomotiques et du sinus serial, apparaissent, il est vrai, avant que ia rangee transversale primitive de stigmates soit complete (11); mais elles ne se montrent que dans les parties de cette rangee dont les stigmates sont devenus definitivement droits et longitudinaux. Or, comme c’est aux extremites ventrale et dorsale de la rang6e que se forment en dernier lieu les stigmates droits, il en resulte que le sinus serial n’apparait aux extremites de la rangee primitive que quand il est deja forme& dans le restant de son etendue. g) L’augmentation du nombre des stigmates dans chaque rangee transversale et du nombre des rangees transversales a ete bien etudie par MM. WıLLev et Damas chez l’espece qui nous occupe. Je ne puis que confirmer leur maniere de voir, qui se resume de la facon suivante. L’augmentation du nombre des stigmates dans chaque rangee est le resultat de divisions, souvent fort inegales, des stigmates droits h E 3 i . Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 581 existants, par des plans de section obligques, qui en isolent de la sorte de petits fragments, lesquels, en s’accroissant, s’allongent entre les stigmates droits existants. D’augmentation du nombre des rangees transversales procöde, d’une facon generale, d’avant en arriere: elle s’opere pour ainsi dire successivement dans les rangees de plus en plus posterieures. Elle est, en outre, le resultat de la division, en deux parties egales, de tous les stigmates droits d’une m&@me rangee, par un plan de section qui les divise perpendieulairement, au milieu de leur longueur, c’est-a-dire au niveau du sinus transverse serial “qui, de la sorte, devient interserial. Ce double processus se renouvelle un certain nombre de fois consecutivement pour chacune des rangees primitives. 2. Styelopsis grossularıa. La formation des rangees transversales de stigmates branchiaux aux depens des protostigmates s’accomplit, en general, tres regulierement d’avant en arriere, la subdivision du protostigmate / s’effectuant avant celle du protostigmate II, et ainsi de suite. } En general, la premiere subdivision du protostigmate / ne debute que quand la 3°=® fente branchiale commence a se perforer (entre le stade Fig. 26 et le stade Fig. 27). Cependant j’ai observe un cas de subdivision precoce, non seulement du protostigmate Z/, mais aussi du protostigmate II: Tun et l’autre etaient subdivises, perpendieu- lairement ä leur grand axe, en deux moities presque egales, alors que l’ebauche pleine de la 3° fente branchiale n’etait m&me pas encore formee. J’ai aussi constate qu’au moment oü la 3° fente branchiale se perfore, l’etat de la subdivision du protostigmate /, le seul qui, le plus commune&ment, se subdivise alors, varie entre cer- taines limites, d’un specimen & un autre. Le plus souvent, le pro- tostigmate / est simplement divise en deux parties &gales (demi-pro- tostigmates). Quoi qu'il en soit de ces variations, voici comment se produit typiquement la formation d’une rangee transversale primitive (fig. 28) de stigmates branchiaux droits et longitudinaux, aux depens d’un meme protostigmate: a) Le protostigmate transversal, apr&s avoir atteint une certaine longueur, se subdivise (fig. 28, VIII) en deux parties egales ou pres- que egales (demi-protostigmates), & Vaide d’une saillie epitheliale epaissie, qui procede de l’un de ses bords et gagne le bord oppose, avec lequel elle se soude. Pour le protostigmate /, cette saillie de division procede, ä coup sür de son bord posterieur. Pour les 582 Fr Charles Julin, protostigmates [7 & VT, je n’ai pu etablir avec certitude de quel bord elle procede; mais pour les protostigmates Surnumbraiz Bez a partir du VII, elle procede du bord posterieur. | A la fin de cette premiere division, la rangee transversale est done representee par un a .. ventral et un denipges stismate dorsal. b) Le demi-protostigmate dorsal d’abord (fig. 97, 7), puis, un peu plus tard, le demi-protostigmate ventral se dere Pun.et Pautre, en deux parties egales. — Il y a alors dans chaque rangee: un quart dorsal, un ventral, un latero-dorsal et un latero-ven- tral (fig. 28, VII). | c) Le quart dorsal et le quart ventral, s’accroissent ensuite plus rapidement (fig. 28, VI) que les deux quarts lateraux; puis, .ils se subdivisent, a leur tour, ’un et l’autre (fig. 28, V) en deux parties gales, qui ne tardent pas a prendre la forme d’un croissant trans- verse (/V), forme qu’ont aussi acquise, sur ces entrefaites (V) le quart latero-dorsal et le quart latero-ventral. A la fin de ce pro- cessus, la rangee transversale, issue d’un m@me protostigmate, est done constituee par 6 croissants transverses (/V). Parmi les 6 croissants, les deux plus dorsaux et les deux plus ventraux resul- tent respectivement de l’aceroissement rapide, suivi de division en deux, du quart de protostigmate dorsal et du quart de protostigmate ventral du stade preeedent. Les deux autres croissants transverses sont les deux quarts latero-dorsal et latero-ventral a peine modifies. Le mode de formation des 6 croissants transverses, tel que je viens de le deerire, se reconnait aisement pour la premiere rangee. Pour les autres rangees, il est le plus souvent tres modifie. C’est ainsi que, tr&s communement, j’ai observe que la premiere division des protostigmates autres que le premier est fort imegale et s’accomplit de telle sorte que des deux parties, la plus petite ne represente que le futur croissant le plus dorsal du stade a 6 croissants transverses, l’autre partie, la plus grande, representant ce qui deviendra plus tard les 5 autres croissants transverses de la rangee. i d) Quoi qu’il en soit, typiquement, chacun des 6 croissants trans- verses de la rangee se subdivise en deux parties egales, constituant un couple de stigmates obliques (fig. 28, III), en contact par celles de leurs extremites qui correspondent au point de division du croissant transverse. La rangee transversale est done alors repre- sentee par 6 couples semblables de stigmates obliques. e) Plus tard, enfin, la range transversale dans laquelle debute Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 583 la fermation des premieres ebauches du sinus serial, rangee que jappelle primitive, consiste en 18 stigmates droits a grand axe antero-posterieur (7). Comment ce stade derive-t-il du pre- cedent? Je n’ai pu l’etablir avec certitude; mais il m’a sembl& — et e’est ce que j’ai represente sur la figure theorique 28, IT — que des deux stigmates obliques d’un meme couple, Yun se transforme direetement en un stigmate droit, tandis que l’autre s’accroit, puis se subdivise en deux stigmates arrondis et trapus, qui, en se trans- formant a leur tour en stigmates droits, glissent l’un & cöte de l’autre, jusqu’a ce qu’ils atteignent toute la hauteur de la rangee. Chacun des 6 croissants donnerait ainsi 3 stigmates droits. Telle est la constitution des rangees transversales primitives: 18 stigmates droits (fig. 28, T). Lorsque la 1° rangee primitive, issue du protostigmate ZI est constituee, il existe habituellement 8 rangdes transversales, dont les 4 ou 5 posterieures ne sont encore representdes que par les proto- stigmates indivis correspondants; les rangees ZI et III, correspon- dant aux protostigmates ZI et /IZ, sont, par contre, deja assez avan- cees dans leur formation. f) O’est aux depens de ces rangees primitives que se forment les rang&es secondaires. Dans une rangee quelconque, le nombre des stigmates augmente par formation de stigmates inter- calaires.. Ces derniers naissent: 1°. soit, par division en deux parties - egales, presque egales ou tres inegales, mais perforees, d’un stigmate droit, longitudinal, & Paide d’une saillie de division qui, procedant de Vepithelium de l’un des bords longitudinaux du stigmate, coupe oblique- ment son axe longitudinal; 2°. soit, par separation d’un bourgeon epithelial plein, procedant de l’une des extremites epaissies du stigmate droit. Pour ce qui regarde l’augmentation du nombre des range6es transversales, elle s’accomplit comme chez Ciona intestinalis. Le dedoublement d’une rangee quelconque debute d’abord du cöte dorsal, puis du cöt& ventral, pour s’achever en un point de l’&tendue de la rangee, toujours plus proche de son extremite ventrale que de son extremite dorsale. J’ai observe des variations individuelles en ce qui concerne le moment ou commence & s’effectuer le dedoublement de la 1®° rangee, de m@me qu’en ce qui regarde l’ordre exact suivant lequel se produit le dedoublement des diverses rangees. Mais ces faits n’ont pas d’in- teret pour nous, pour le moment du moins. 584 Charles Julin, 3. Formation des 4 rangees transversales de stigmates branchiaux chez l’oozoide de Distaplia magnilarva et D. rosea. Chez ces deux especes d’Ascidies composees, le processus s’aceom- plit exaetement de la m&me facon. | Tandis que chez Clavelina les deux paires de fentes branchiales se subdivisent directement pour donner naissance aux deux paires de rangees transversales primitives de stigmates, de sorte que, chez cette Ascidie sociale, il ne se forme pas d’elements comparables aux protostigmates des Ascidies simples, chez Distaplia — et il en est de m&me chez Perophora — les deux paires de fentes branchiales donnent naissance a 4 elements comparables A des protostigmates. Puis ehacun d’eux se transforme en une rangee transversale de stig- mates branchiaux. Il se forme done 4 rangees transversales primi- tives, qui deviennent les 4 rangees definitives. Examinons suceinetement ce processus, qui s’accomplit presque entierement au cours du developpement em- bryonnaire. a) Apres s’etre ac- crües, tout en restant eireulaires et situees une, la 1®, non loin du milieu du bord ante- rieur, l’autre, la 2=e, non loin du milieu du bord posterieur de la cavi- te peribranchiale corres- pondante, les deux fen- tes branchiales d’un mäme cöte du corps ne tardent pas a se modifier Fig. 30. Distaplia magnilarva. Embryon (fragment), vu par la face laterale € droite et montrant les 2 fentes branchiales (27 et 2) en voie de division profondement dans leur pour constituer le premier stigmate forme de chacune des 4 ran- gees transversales. forme. Elles s’allongent A peu pres parallelement & la ligne mödio-dorsale de ’embryon et eommencent a s’etrangler en leur milieu (fig. 30). Mais tandis que la 1° fente branchiale (7) s’allonge d’avant en arriere, la 2®me fente branchiale (2) s’allonge, au eontraire, d’arriere en avant. Il en r&sulte que l’extremite posterieure de la 1 fente branchiale se rapproche de l’extr&mite anterieure de Recherches sur la phylogenese des Tunieciers. 585 la 2°me fente, bien qu’elles soient encore separees l’une de l’autre par une distance egale a la propre longueur de chacune de ces fentes. L’etranglement qu’elles montrent, l’une et l’autre, vers le milieu de leur longueur est le premier indice de leur subdivision pour con- stituer le premier stigmate forme de deux futures rangees trans- versales consecutives de stigmates branchiaux. Les rangees I et IT (fig. 31 A) deriveront de la 1° fente branchiale, les rangees III et IV, de la 2me fente. Mais tandis que le 1° stigmate forme de la rangee I repond par sa situation a celle qui, primitivement, etait occupee par la A b C D Fig. 31 A—D. Fig. 314. Distaplia magnilarva. Embryon (fragment), vu par la face laterale droite et montrant le debut de la formation des premiers stigmates ventraux des 4 rangees. Fig. 31B et C, fragments de coupes mendes respectivement suivant cd et ab Fig. 314. Fig. 31D, fragment de coupe semblable au moment oü le 1®F stigmate ventral neoforme (2eMe stigmate forme) de la rangee vient de se perforer. Dans ces 3 figures l’epithelium fonc& & noyaux teintes en noir est l’6pithelium branchial; l’epithelium plus päle & noyaux clairs est l’epithelium peribranchial interne. 1° fente branchiale, c’est le 1® stigmate forme de la rangee IV qui correspond, par sa situation, A celle qu’occupait primitivement la 2°me fente branchiale. Si nous songeons que la suite du developpement demontre que tous les stigmates branchiaux d’une m&me rangee quelconque derivent du 1° stigmate forme de cette rangee, nous pourrons dire que cet element represente, en fait, un protostigmate d’Ascidie simple, dont le diametre transversal (dorso-ventral) serait tres court; nous pourrons dire, en outre, que l’origine de chacun des 4 protostigmates est, par rapport aux deux premieres fentes branchiales, la möme chez Dista- plia que chez les Ascidiidae. 586 Charles Julin, b) Quoi qu’il en soit de cette interpretation, pendant quil est encore en continuite avec son congenere, par l’intermediaire d’un retrecissement, chacun de ces 4 stigmates primitifs en voie de forma- tion ne tarde pas a montrer des partieularit6s remarquables au niveau de son bord ventral. Voiei en quoi elles eonsistent (fig. 31 A). Si l’on examine par transparence des embryons entiers et convenable- ment £claireis, on constate non seulement que tout le pourtour .du stigmate. primitif en voie de formation apparait plus opaque, plus fonce que les parties avoisinantes, mais, en outre, que du cöte de la ligne medio-ventrale, cette bordure foneee se prolonge en une sorte de bande courte, un peu dilatee et convexe a sa limite ventrale (7 et /IT). Au centre de cette dilatation terminale de la bande (Z/ et IV) appa- rait, un peu plus tard, un point eireulaire, plus päle, qui deviendra finalement un petit orifice faisant communiquer la cavite branchiale “ avec la cavit& peribranchiale: e’est un nouveau stigmate (le 2ime formed) de la rangee transversale future. Pendant que cet orifice se perfore, ' sa bordure, comme celle du 1® stigmate forme, reste opaque, tandis que la partie de la‘bande interposee entre elles devient plus päle (fig. 32). L’examen de coupes seriees du stade represente par la fig. 31 A, nous permet de nous rendre compte de ce qui s’est pro- duit. Une coupe menee suivant cd (fig. 31 A) montre (fig. 31 B) que dans l’etendue de la bande opaque formee par l’allongement du bord ventral du 1° stigmate forme, les epitheliums branchial et peri- branchial ‘interne, le premier. surtout, sont eleves .et eylindriques simples comme däns le restant de la bordure de ce stigmate. Puis, plus tard, au niveau du point central, plus päle (coupe suivant.ab de la fig. 31. A) de la dilatation terminale, ventrale, de la bande, l’epithelium branchial se deprime, s’evagine (fig. 31 C), jusqu’a ce que le fond de cette evagination finisse par se perforer, pour constituer l’ebauche, canali- eulaire, du 2me stigmate de la rangee en question. La bordure epitheliale de ce nouveau stigmate (fig. 31 D) tout. comme celle du 1” stigmate forme, reste Epaisse, eylindrigue simple, tandis qu’entre ces.bordures epaissies, les parois branchiale et peribranchiale interne s’aplatissent, s’amineissent, pour constituer respectivement la paroi epitheliale interne et la paroi epitheliale externe du futur sinus interstigmatique correspon- dant. De la sorte, le 2?m° stigmate de la rangee a perdu toutes connexions apparentes avec le bord ventral, Epaissi, du 1“ stigmate forme. Ilen proeede, eependant, A la facon dont le premier stigmate ventral neo- forme (fig. 13 a 15, 5) procede du bord ventral epaissi du stigmate ven- tral primitif chez l’oozoide de Clavelina (voir plus haut p..561 et 562). Recherches sur la phylogenese des Tunieiers. 587 Le m&me processus se reproduit au niveau du bord ventral du 2°me stigmate forme: un Ze stigmate, plus ventral que li, se forme a son tour, et ainsi de suite. Il en resulte qu’A un stade donne (üg. 32) il existe 4 rangees transversales de stigmates. branchiaux, placees les unes derriere les autres. Dans chaque rang6e les stig- mates perfores et eirculaires sont nettement separes les uns des autres, et leur diametre est d’autant plus reduit qu’ils occupent dans la rangee une situation plus ventrale; enfin, & l’extremite ventrale de la rängee se trouvent encore les Ebauches non perfordes d’un ;£ ou de deux stigmates, en con- / tinuite entre elles, aussi bien # qu’avee le plus ventral des stige- / / = mates perfores de la rangee, par | / Fintermediaire d’une fine bande, fonede quand on l’examine par. transparence et qui, sur les‘cou- \ pes, se caracterise par un epais- sissement notable des epithe- hums branchial et peribranchial interne. 12 Il peut. deja exister dans | Ey la rangee. plusieurs stigmates Fig. 32. f SW lor il jer tie Distaplia magnilarva. Stade plus avance (voir le texte). per oLeSs, ‚alors que ie SL1S- L’embryon (fragment) est vu par sa face dorsale. mate forme de la rangee. est. | | encore uni en haltere avec son congenere, issu, avec lui, de la sub- division d’une m&me fente branchiale (fig. 32). | | © Tout ce processus eonsiste done essentiellement en ce fait qu’au fur et.a mesure que le 1® stigmate forme d’une ‚rangee s’aceroit ventralement, aux depens de son bord ventral, en une bande £pi- theliale Epaissie, celle-ei subit une sorte de subdivision perpendiculaire A son axe. En ce qui concerne la formation des stigmates branchiaux, d’une m&me rangee transversale, la difference qui existe avec ce qui se passe chez les Ascidies. simples, consiste, dans ce seul fait que, ehez ces dernieres, les protostigmates perfores s’allongent notablement avant de commencer a se subdiviser, tandis que chez Distaplia le pro- cessus est coenogenique, la subdivision du protostigmate s’effeetuant d’une facon. presque concomitante avec son allongement. Mais au fond, ce n’est.meme qu’une difference .de degre, attendu que chez les Asei- dies simples, comme nous l’avons vu, les protostigmates, meme apres 588 Charles Julin, s’etre divises en quatre parties egales, s’allongent aux depens de leurs extremites. Ce qui le prouve c’est que, quand le protostigmate s’est subdivise en 4 quarts ou croissants transverses, chez les Asci- dies simples, le quart dorsal et le quart ventral s’allongent beaueoup plus que les deux quarts ou ceroissants intermediaires et fournissent, un et l’autre, par subdivision, deux croissants dorsaux ou ventraux: c’est le passage du stade de 6 rangees de 4, a 6 rangees de 6 crois- sants transverses. Une autre difference, qui existe entre Distaplia et les Ascidies simples, consiste en ce fait que, tandis que chez ces dernieres le protostigmate s’allonge a la fois par son extremite ventrale et par son extremite dorsale, chez Distaplia le 1° stigmate formed (protostig- mate) s’allonge d’abord excelusivement par son extremite ventrale. Mais ce fait est en relation avec cette eirconstance que, chez Distapka, V’oeuf “ etant tres volumineux en m&me temps que les cavites peribranchiales sont exelusivement dorsales au debut, ces cavites s’aceroissent beau- coup plus vers la ligne medio-ventrale que vers la ligne me&dio-dorsale. c) C’est seulement apres que chaque rangee transversale se trouve constituee par 4 ou 5 stigmates, ventraux par rapport au 1 forme, que celui-ci commence a manifester les premiers indices d’une trans- formation qui constitue le signe precurseur de la formation de stig- mates, peu nombreux d’ailleurs, plus dorsaux que lui. Jusqu’a ce moment il n’est pas rare de voir persister, entre le 1® stigmate forme d’une rangee queleonque et son congenere, issu par division de la m&me fente branchiale, le p&dicule fort aminei qui les unissait precedemment et suivant lequel l’epithelium branchial etait reste cylindrique (fig. 32). Au stade qui nous occupe (fig. 33) le 1° stigmate forme de la rangee (protostigmate) a continue a croitre, mais dans le sens trans- versal (voir 1,2, 3et 2). Puis, il s’etrangle en son milieu, pour se subdiviser en un stigmate plus ventral et en un stigmate plus dorsal de la rangee. Le bord dorsal, epaissi, de ce dernier, se comportant alors comme l’avait fait precedemment le bord ventral du 1° stigmate forme de la rangee (fig. 31 A), donne naissance, par le m&@me processus, & un nouveau stigmate, plus dorsal, cette fois, que celui dont il emane. Et le m&me phenomene se reproduit un petit nombre de fois (d a 6 fois) progressivement vers la ligne medio-dorsale, qui ne tarde pas a etre atteinte. Ce processus n’est done, au fond, que l’ac- eroissement tardif du bord dorsal du 1” stigmate forme de la rangee (protostigmate). Quand il est acheve, comme l’accroissement a Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 589 continu& & progresser du cöt& ventral, chaque rangee transversale est constituee par une douzaine de stigmates, dont les extr&mes seuls, tant dorsaux que ventraux, sont encore imperfores et relies par une bande £pitheliale &paissie, tandis que tous les intermediaires sont per- fores et devenus independants. A partir d’un point correspondant & la situation du 1° stigmate forme de la rangee, ils vont en diminuant regulierement de diametre, tant vers la ligne medio-dorsale que vers la ligne medio-ventrale. Fig. 33. Distaplia magnilarv«. Embryon vu par sa face dorsale. La branchie gauche est seule representde avec une partie du syst&me nerveux central, l’anus et l’orifice cloacal. — Origine des premiers stigmates dorsaux des 4 rangees transversales. Voir le texte. d) Mais, comme Tl’accroissement vers la ligne medio-dorsale est beaucoup plus limite que vers la ligne medio-ventrale, on ne tarde pas a voir se produire un ehangement d’aspect. Les stigmates qui se sont formes tardivement du cöte dorsal, ont fini par atteindre la meme taille que ceux qui, les premiers, se sont forme&s plus ventrale- ment, de sorte que chaque rangee se trouve alors constituee par une quinzaine de stigmates, qui se sont allonges dans le sens antero- posterieur et dont la taille est d’autant plus reduite qu’ils sont plus ventraux. Le ou les deux derniers ventraux de la rangee, encore imperfores, sont seulement en voie de formation. Cette disposition persiste m&me chez l’adulte, de sorte qu’une coupe transversale, interessant, en leur milieu, les stigmates les plus ventraux d’une m&me rangee, a un stade quelconque du developpement Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 39 590 Charles Julin, postembryonnaire et m&me chez l’adulte, permet encore de se rendre compte de la facon dont se developpent les stigmates. Il suffit d’&tudier cette coupe en allant de l’extr&mite ventrale de la rangee vers la partie dorsale. C'est une coupe transversale de ce genre que represente la fig. 34 5. I s’agit d’une larve fixe depuis 10 jours (fig. 34 A). La rangee transversale comprenait 24 stigmates perfor6s, plus l’&bauche d’un 25®=e, Je plus ventral. L’examen de la coupe, qui interesse les stigmates 22 a 25, nous montre qu’au niveau du 25m stiemate en voie de formation, l’Epithelium peribranchial interne aussi bien que A P’epithelium branchial sont &pais, eylindriques simples et intimement accoles en un point de leur etendue, au voisinage du bord ventral de la cavit& peribranchiale. En ce point, les deux epitheliums, mais surtout T’epithelium branchial, forment un cul-de-saec, un plissement, au fond duquel s’effectuera la perforation du 25me stig- mate, comme cela s’est fait au niveau du 24®me stigmate. Les parois du sinus interstigmatique qui separe le 24me du 23me stismate sont encore toutes cylindriques, tandis que l’on voit deja commencer a s’aplatir les parois epitheliales interne et externe du sinus inter- stigmatique qui separe les stig- mates 23 et 22, perfores Tun et Fig. 34 R I: | ’autre. Enfin, cet aplatissement Distaplia magnilarva. Larve eultivse, 10 jours St plus marque encore au niveau aprös 1a fization. A, vuo d ensemble de Fezixe- ‚dn sinus, interstismatiguege parını mite ventrale de la branchie (moiti& gauche). B, fragment de la coupe transversale passant les stigmates Donet 21, le stigmate Die A a 22 etant deja eili6 sur son pour- tour. | Si, par la pensee, nous nous representions imperfores tous les stigmates d’une m&me rangee transversale, les epitheliums peribranchial interne et branchial se montreraient plisses, l’un et T’autre, les plis deerits par l’epithelium branchial etant pourtant plus accuses, plus profonds, que ceux deerits par l’epithelium peribranchial interne. Le fond de chaque pli representerait le lieu de perforation du futur stigmate correspondant, les saillies intermediaires entre deux plis voisins representant les parois interne et externe du futur sinus inter- stigmatique correspondant. Cette disposition serait semblable a celle Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 591 qui se trouve realisee — comme on le verra plus loin — dans la rangee unique des stigmates branchiaux en voie de formation chez Pyrosoma, avec cette difference que chez Pyrosoma, e’est l’epithelium peribranchial interne qui se plisse le plus fortement. En parlant de Pyrosoma j’insisterai sur ce fait ainsi que sur les consequences qu’il entraine. e) Pendant que se developpent ainsi les 4 rangees transversales de stigmates branchiaux, la cavite peribranchiale s’accroit vers la face ventrale, en m&me temps que dans le sens antero-posterieur. Ses limites sont toujours tres nettement visibles sur des preparations d’ensemble. Son bord ventral est particuliörement interessant. D’abord parallele a l’endostyle, il prend peu & peu la forme, qu’il conservera chez l’adulte (fig. 34 A), d’une ligne brisee ou festonnee, le sommet de chacun des 4 festons correspondant exactement aux stigmates les plus ventraux, en voie de formation, d’une des rangees transversales. En m&me temps se forment successivement: 1°. les 3 sinus trans- verses interseriaux; 2°. les 3 languettes dorsales de Lister; 3°. les 4 sinus transverses seriaux.” | Des 3 sinus transverses interseriaux, c’est le 2’"e celui qui est interpose entre la rangee II et la rangee III, qui apparait en premier lieu; il se developpe progressivement du dos vers le ventre. Des 3 languettes dorsales, qui ne sont que des expansions des sinus interseriaux du cöte gauche, e’est encore la 2me, qui est la plus longue, du moins jusqu’au moment de l’eelosion. Enfin, les ebauches des sinus seriaux apparaissent peu de temps avant l’Eclosion de la larve; elles se montrent dans les rangees I et IV avant de se montrer dans les rangees II et II. Tous ces faits sont en parfaite harmonie avec l’origine et le mode de developpement des rangees de stigmates branchiaux, tels que je les ai fait connaitre plus haut. Je n’insisterai pas davantage ieci; cela m’entrainerait trop loin. 4. Formation des 4 rang&es transversales de stigmates branchiaux chez l’oozoide de Perophora Listeri. Nous venons de voir que la formation des 4 rangees transver- sales de stigmates chez l’oozoide de Distaplia n’est, en somme, qu’une modalite eoenogenigue du processus qui s’acecomplit chez les Asecidies simples et que, par leur origine et leur mode de formation, les 4 rangees de Distaphia sont parfaitement homologues, chacune A chacune, aux 4 premieres rangees primitives de stigmates qui, chez ay- 592 Charles Julin, les Aseidiide, derivent des 2 premieres fentes branchiales. La diffe- rence unique consiste en ce que, chez Distaplia, chaque protostigmate se subdivise, en quelque sorte, au fur et & mesure quil s’aceroit, tant vers la ligne medio-ventrale que vers la ligne medio-dorsale. Chez l’oozoide de Perophora Listeri, la formation des 4 rangees transversales de stigmates suit essentiellement la m&me marche que chez l’oozoide de Distaplia. Les differences sont purement secon- daires et en correlation avec le volume moindre de l’euf ainsi qu’avec le fait que les cavites peribranchiales sont, relativement au volume de l’@uf, des le debut du developpement, plus etendues ventralement que chez Distaplia. | | Chacune des deux fentes branchiales d’un m&me cöte du corps, apres 8’6tre acerüe tout en restant eireulaire, s’allonge ensuite dans le sens ant&ro-posterieur, pour se subdiviser, enfin, par etranglement, en deux stigmates circulaires egaux, places l’un derriere l’autre, a quelque distance de la ligne medio-dorsale. Chacun de ces orifices constitue le 1° stigmate forme d’une rangee transversale Suivant le m&me processus que chez Distaplia, ce 1° stigmate forme s’aceroit en un epaississement des epitheliums constituant ses bords ventral et dorsal. Tandis que chez Distaphia Vallongement du 1 stigmate de chaque rangee future se fait en deux temps, d’abord vers la ligne medio-ventrale, puis vers la ligne medio-dorsale, chez Perophora, il se fait simultanement dans les deux sens: c’est la une difference secondaire. Quand cet epaississement des bords ventral et dorsal du 1* stigmate de la rangee a atteint une certaine extension, il se renfle, & son extr6ömit6 terminale en un petit disque, qui se sdpare ensuite de son lieu d’origine et se perfore, en son centre, pour constituer un petit stigmate nouveau, circulaire. Puis, le m&me processus re- commence respectivement au bord ventral du stigmate ventral neo- forme et au bord dorsal du stigmate dorsal neoforme. Toute la suite du developpement est parfaitement conforme a ce qui s’accomplit chez l’oozoide de Distaplia. 5. Formation des stigmates branchiaux chez le blastozoide des Ascidies sociales et compos&es. J’ai etudie ce processus chez ÜOlavelina, Perophora et Distapla. La formation des 4 rangees transversales de stigmates chez le blasto- zoide de Perophora et de Distaplia, ainsi que celle des 4 premieres rangees transversales du blastozoide de Olavelina s’accomplissent essentiellement de la m&me maniere. Mais, tandis que chez Perophora Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 593 et Distaplia, elles ne se dedoublent jamais, chez Olavelina, le nombre des rangees transversales augmente notablement dans la suite du developpement, A. Formation des 4 premieres rang6es transversales de stigmates branchiaux chez le blastozoide de Clavelina et des 4 rangöes trans- versales chez le blastozoide de Perophora et de Distaplia. Chez le blastozoide de ces 3 especes — les seules que j’aie etudiees — non seulement ces 4 rangees de stigmates d’un möme cöte du corps se forment simultanement, mais leur developpement est eneore plus raccourei que chez l’oozoide de Distaplia et de Perophora, en ce sens qu’elles ne derivent pas, deux a deux, par subdivision d’un orifice comparable aux fentes branchiales de l’oozoide. 1. Apres que les cavites peribranchiales se sont completement separees de la vesicule interne du bourgeon, il apparait, simultane- ment a droite et a gauche, a quelque distance de la ligne medio- dorsale, 4 &paississements localis6es de l’&pithelium branchial, places les uns derriere les autres.“ A leur niveau, l’epithelium branchial est eylindrigque ou cubique simple, tandis que, dans tout le restant de son etendue, il est beaucoup plus aplati, pavimenteux. Ces 4 Epaississe- ments ne sont pas toujours absolument equidistants, mais souvent l’espace compris entre le 2°=e et le 3me est un peu plus grand que celui qui separe le 1* du 2?=e ou le 3me du Aue, 2. Chacun de ces Epaississements de l’epithelium branchial, en s’aceroissant vers la face ventrale, se transforme en une courte bande transversale, epaissie, qui, de distance en distance se dilate en un petit disque eirculaire de cellules epitheliales cylindriques. Ces petits disques, peu nombreux d’ailleurs, constituent autant d’ebauches de stigmates branchiaux (fig. 35 A). Chaque rangee trans- versale en comptait 5, dont 4 (1, 2, 3, £) se voyaient par la face dorsale du blastozoide. Une coupe transversale, interessant, & ce stade, dans presque toute sa longueur, l’une des bandes transversales nous fournit l’image representee par notre fig. 3 DB. Une coupe transversale voisine, passant entre deux bandes consecutives, nous montre que les epitheliums branchial et peribranchial interne sont, un et l’autre, pavimenteux simples et söpar6s par un espace sanguin. Un peu plus tard, le plus dorsal des disques ceireulaires de chaque bande correspondant a I de la fig. 35 A, s’en separe, les cellules epitheliales qui l’unissaient au restant de la bande, s’etant fortement aplaties. En m&me temps qu’il se separe, il se perfore 594 Charles Julin, en son centre et constitue le 1 stigmate forme de la rangee. Pendant que la bande epaissie d’epithelium branchial eontinue & s’allonger ventralement, tout en se renflant de distance en distance, chacun des disques epaissis situes plus ventralement que le 1 stig- mate forme, se comporte comme l’avait fait le premier, s’isole de la bande commune et se perfore en un nouveau stigmate II en resulte qu’en lieu et place de la bande transversale, il existe bientöt 2 ou 3 petits stigmates circulaires, distinets, separes, dont le plus ventral se continue avec un Epaississement transversal de l’epithelium branchial, ayant un aspect moniliforme, chaque renflement etant destine 4 &%) Ss Fig. 35 A et B. Distaplia magnilarva. L’un des blastozoides issus du bourgeon laryaire. A, vue d’ensemble par la face dorsale. B, fragment d’une coupe transversale passant par les stigmates 2 & 5 de la rangee II. Veir le texte. a devenir un stigmate de la rangee. Ces stigmates perfores et separes correspondent aux stigmates 1, 2, 3 de chaque rangee de notre fig. 39 A. Ce processus se ramene done a un phenomene de croissance de la bande £pitheliale transversale vers la ligne medio-ventrale, suivi d’une sorte de subdivision progressive de cet Epaississement de l’epithelium branchial en autant d’ebauches de petits stigmates branchiaux, dont la formation est d’autant plus recente qu’ils sont plus ventraux. Comme on le voit, c’est le phenomene identique a celui que j’ai decerit chez l’oozoide de Distaplia pour la formation des stigmates ventraux, a partir du 1® forme de la rangee. Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 595 Lorsqu’il s’est ainsi forme 3 ou 4 petits stigmates perfores, eir- eulaires, on voit le bord epithelial dorsal du 1° forme, e’est-a-dire du plus dorsal actuel de la rangee, s’epaissir, s’accroitre vers la ligne medio-dorsale, en se subdivisant progressivement en autant d’ebauches de stigmates nouveaux, qui se perforent ensuite. Ainsi se complete, du cöte dorsal, chacune des rangees transversales de stigmates. | De ce processus il resulte qu’a un moment donn& chaque rangee est constituee de la facon suivante. A partir d’un stigmate perfore, encore eireulaire mais un plus grand que tous les autres de la me&me rangee (c’est le 1° forme), on compte, tant vers la ligne medio-ventrale que vers la ligne medio-dorsale, un petit nombre (3 ou 4) stigmates eireulaires perfores, dont le diametre va en decroissant; puis, plus ventralement ou plus dorsalement encore, un ou deux petits stigmates non perfores et, enfin, une bande d’accroissement, consistant en un epaississement de l’epithelium branchial, bande aux depens de laquelle continuent A se former, par le m&me processus, les derniers stigmates ventraux ou dorsaux de la rangee. Un fait special, digne d’etre signale, concerne Olavelina. Tandis que les stigmates les plus dorsaux des 2 rangees intermediaires (IT et //7) sont situes dans le prolongement direct des autres stigmates de la rangee dont ils font partie et forment avec eux une rangee par- faitement transversale, au contraire les plus dorsaux de la 1% rangee (Z) sont reportes plus en avant et ceux de la 4me rangee (IV), plus en arriere que les autres stigmates de la rangee correspondante. A ce stade, par consequent, caracterise par la presence de 4 rangees transversales de stigmates, la disposition, chez le blastozoide de Olavelina est la meme qu’au stade correspondant que j’ai decerit chez V’oozoide (p. 368). B. Augmentation du nombre des rangees transversales secon- daires et du nombre des stigmates d’une m&me rangee chez Clave- lina. 1. Dans la suite du developpement, la plus posterieure des 4 rangees transversales formees se subdivise la premiere (voir fig. 20) en deux rangees, suivant le processus deerit, chez l’oozoide, pour la subdivision des deux rangees primitives, c’est-a-dire que la subdivi- sion des stigmates en deux parties egales se fait progressivement en procedant de l’extremite dorsale de la rangee vers son extremite ventrale; puis, quand cette subdivision a atteint un certain nombre de stigmates dorsaux (9 a 10), ce sont les stigmates les plus ventraux 596 Charles Julin, de la rangee qui commencent a se diviser en deux et ce processus progresse de proche en proche, mais vers la face dorsale. Ces deux progressions marchant de conserve, la rangee finit par &tre complete- ment dedoublee. Quand le dedoublement de cette 4me rangde est presque complötement acheve, la 1° range6e (la plus anterieure) com- mence, a son tour, a se subdiviser dorsalement. Il y a done, de la sorte, un stade a 5 rangees, dont les deux plus posterieures procedent de la subdivision complete de la 4’®e rangee du stade a 4 rangees, et dont la plus anterieure commence a se subdiviser dans sa partie dorsale. Puis, quand cette derniere s’est dedoublee, par le m@me processus qui a amene la subdivision de la 4m rangee, et qu’il existe, par conse- quent, 6 rangees de stigmates, la plus posterieure des 6 rangees existantes se dedouble par le m&me processus et il existe alors 7 ran- gces de stigmates. Le m&me phenomene se repete alternativement dans la suite pour chacune des rangees extrömes, qui seules se dedoublent. Quant aux rangees intermediaires, une fois formees elles ne se subdivisent jamais. 2. La multiplication des stigmates dans une m&me rangee quel- conque s’effectue, soit par formation, sur l’un des bords longitudinaux des stigmates, d’une saillie epitheliale oblique, epaissie, qui, en s’appro- fondissant, finit par diviser le stigmate en deux parties egales, presque egales ou fort inegales, soit par formation d’un bourgeon £pithelial plein, proc&dant de l’une des deux extr&mites du stigmate. Parfois meme, on voit apparaitre simultanement un de ces bourgeons & cha- cune des deux extremites d’un m&me stigmate. Ce bourgeon plein se place ensuite sur le cöte du stigmate dont il procede, se perfore, puis s’accroit en s’allongeant dans le sens antero-posterieur, comme le font d’ailleurs les deux stigmates qui, dans le cas de subdivision par une saillie epitheliale oblique, resultent de la subdivision d’un me&me stigmate. Le sac branchial de Clavelina s’accroit done: dans le sens dorso- ventral, c’est-a-dire dans le sens de son diametre transversal, par suite de l’augmentation du nombre des stigmates des diverses rangees; dans le sens antero-posterieur, c’est-a-dire dans le sens de son dia- metre longitudinal, par dedoublement alternatif des rangees poste- rieure et anterieure existantes. Il s’allonge done, d’arriere en avant, aux depens de sa rangde anterieure et, d’avant en arriere, aux de- pens de sa rangee posterieure. Ces faits expliquent comment il reste parfaitement cylindrique. a: ; = Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 597 6. Formation des stigmates branchiaux chez Pyrosoma elegans (blastozoide). Stade I (fig. 36). A droite et a gauche, la paroi £pitheliale laterale de la cavite branchiale est deprimde et, dans cette depres- sion, est recue la paroi Epitheliale interne de la cavite peribranchiale correspondante. La paroi laterale du sac branchial ainsi que tout ’epithelium des sacs peribranchiaux est eylindrique simple. Stade II (fig. 37). Tandis que l’epithelium de la paroi externe des cavites peribranchiales s’est fortement aplati, celui de leur paroi Fig. 36. Fig. 36. Pyrosoma elegans. Jeune blastozoide. Stade I. Coupe transversale. Voir le texte. Fig. 37. Pyrosoma elegans. Blastozoide. Stade II. Formation de la fente branchiale. | Coupe transversale. Voir le texte, interne est devenu cubique le long des bords anterieur, posterieur, dorsal et ventral de ces cavites. Dans le restant de son etendue, Vepithelium peribranchial interne s’est &paissi, par proliferation de ses cellules, suivant une bande longitudinale continue, qui siege contre la paroi epitheliale laterale, restee cylindrigue, du sac branchial. Cette zone epaissie de l’epithelium peribranchial interne a, dans son ensemble, la forme d’un ovale, dont le grand axe est longitudinal ou, plus exactement, oblique d’avant en arriere et ventro-dorsalement. Dans toute l’etendue de cette bande epaissie on constate, par l’examen des coupes seriees que les deux epitheliums (branchial et peribran- chial interne) sont fortement adherents l’un & Y’autre, tandis que sur le pourtour de cette zone ovalaire les deux e&pitheliums sont läche- ment accoles et peuvent m&me &tre separes par quelques cellules du mesenchyme, disseminees entre eux (fig. 37). L’ensemble de cette formation est absolument identique a l’ebauche de la fente branchiale, telle que je l’ai ob- 598 Charles Julin, servce chez le blastozoide de Salpa, dont je la tiens pour l’homologue. Mais, tandis que chez Salpa, cette zone ovalaire se perfore d’un large orifice unique, qui est la fente branchiale, chez Pyrosoma, elle subit d’autres transformations, que je vais faire con- naitre et qui offrent, comme on le verra, les plus grandes analogies avec les transformations que, chez le blastozoide des Ascidies sociales et composees (voir plus haut), subit chaque bande transversale, aux depens de laquelle se forme une rangee transversale de stigmates branchiaux. Stade III. Le blastozoide est un peu plus developpe. La bande ovalaire, suivant laquelle l’epithelium de la paroi laterale du sac branchial est accol& a la partie epaissie de l’epithelium peribranchial Fig. 384 et B. Pyrosoma elegans. Blastozoide. Stade III. Coupes transversales pratiquees: A, au niveau de la ere ebauche de l’un des 3 premiers stigmates branchiaux; BD, au niveau de la premiere ebauche de un des deux premiers sinus interstigmatiques (sinus transverses des auteurs). interne, s’est allongee. L’examen minutieux des coupes seriees montre que, dans l’etendue de cette bande, ces deux epitheliums sont restes fortement adherents (fig. 38 A) en 3 points, A peu pres equidistants, et dont le 2me siege vers le milieu de la longueur de la bande, tandis que le 1 est plus anterieur et le 3e, plus posterieur. Par contre, dans les parties intermediaires entre ces points (fig. 38.5), les deux £pitheliums sont tres lächement accoles; par ei par la m&me, ils sont separes l’un de l’autre, comme sur le pourtour de la bande, par quelques cellules de mesenchyme disseminees. [0 7} Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 599 Stade IV. Examine par transparence (fig. 39 A), le blastozoide montre, sur chacune des parois laterales du sac branchial, a la place de la zone ovalaire des stades precedents, trois formations ellipsoi- dales, a grand axe a peu pres perpendieulaire a l’endostyle. Ües formations sont nettement delimitees par un rebord fonce. De ces trois organes, l’un, le 2’me, qui siege vers le milieu de la longueur de la paroi laterale eorrespondante du sae branchial, est un peu plus developpe transversalement que les deux autres. Ces formations ont ete considerees par mes predecesseurs comme des stigmates branchiaux perfores. Mais si l’on compare cette figure d’ensemble (fig. 39 A) a des coupes frontales (fig. 39 B) et transversales (fig. 39 C et D), on constate qu’il n’en est rien. Les bords fonces repondent a la coupe Sog Fig. 9A & D. Pyrosoma elegans. Blastozoide. Stade IV. A, vue, par transparence, de l’une des parois laterales du sac branchial; B, coupe frontale suivant ab; C, coupe transversale suivant cd; D, coupe transversale suivant ef. Voir le texte. optique tangentielle des levres d’une invagination transversale assez profonde de l’epithelium peribranchial interne. Les espaces plus clairs qui les separent, repondent: les uns, au nombre de 3, a autant d’invaginations de l’epithelium peribranchial interne; ce sont ceux qui sont eirconserits par les bords fonces (fig. 39 A); les autres, aux espaces (futurs sinus interstigmatiques), qui, compris entre deux in- vaginations consecutives, sont souvent occupes par quelques cellules du mesenchyme et sont interposes entre l’epithelium branchial et Pepithelium peribranchial interne. L’examen de la coupe frontale menee suivant ab (fig. 39 B) nous montre que: 1°. V’epithelium peribranchial interne, epaissi dans toute l’etendue de la zone ovalaire, presente 3 plis et il est reste eubique, tant dans l’eEtendue de ces plis qu’entre eux; 2°. dans toute cette etendue, l’epithelium de la paroi laterale du sac branchial est eubique; 600 | | Charles Julin, 3°. au fond de chaque pli, l’epithelium peribranchial est tres intime- ment uni a l’epithelium branchial. Ces plis ou invaginations transversales de l’epithelium peribranchial sont les ebauches de 3 stigmates branchiaux transverses, non perfores encore. Stade V. Il s’agit d’un des 4 Ascidiozoides d’une jeune colonie tetrazoide. Le sac branchial et les cavites peribranchiales se sont acerües. Sur chacune des parois laterales du sac branchial, exa- minees par transparence (fig. 40 A), on distingue 9 formations ellipsoi- dales semblables a celles du stade precedent. Elles sont d’autant moins allongees transversalement qu’elles se trouvent plus rapprochees des extremites anterieure et posterieure de la branchie. Ce sont les stigmates branchiaux qui, comme nous le verrons, ne sont encore que fort incompletement perfores. De plus, il existe 7 barres longitudi- nales, apparaissant comme des lignes sombres. Une coupe frontale (fig. 40. B) passant, suivant cd (fig. 40 A), entre deux barres longitudi- nales voisines, montre que 2 stigmates (4 et 5) sont perfores et que la perforation s’est faite au fond des plis formes par l’epithelium peri- branchial interne (comparer les fig. 39 B et 40 5); les autres stigmates ne sont pas encore perfores. Elle nous montre, en outre, que l’epithe- lium peribranchial interne est reste cubigque et epais dans toute son etendue, aussi bien au niveau des plis qu’entre deux plis conseeutifs. Elle nous montre encore que les deux parois anterieure et posterieure des stigmates derivent manifestement de l’epithelium peribranchial in- terne. Nous constatons, enfin, qu’ a ce niveau, c’est a dire. dans les espaces compris entre les barres longitudinales, l’&pithelium branchial s’est fortement aminci. Par contre, une coupe frontale, interessant une barre longitudinale, suivant ab (fig. 40 A) nous montre (ig. 40 C) qu’ a ce niveau l’epithelium branchial est reste cubique; les plis deerits par l’epithelium peribranchial interne sont tout aussi marques et ont la m&me texture que sur la fig. 40 B; mais le fond de ces plis est souvent separe de l’epithelium branchial par une mince fente, en continuite avec les deux sinus interstigmatiques voisins. Nous verrons que les barres longitudinales, restees cubiques, de l’epi- thelium branchial deviendront la paroi epitheliale interne des soi-disant sinus longitudinaux. | Stade VI (fig. 41 A). C’est la disposition du sac branchial realisce chez l’un des 4 Ascidiozoides d’une colonie tetrazoide presque sur le point de sortir du cormus maternel. La paroi laterale du saec branchial montre 13 stigmates (7 & 13), dont les extremes, tant Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 601 anterieurs que posterieurs, vont en diminuant graduellement de diametre transversal. Il existe 9 soi-disant sinus longitudinaux (TA IX) et - deux languettes dorsales. L’animal est vu par sa face laterale gauche, Fig. 404 & C. Pyrosoma elegans. Blastozoide. Stade V. A, vue, par transparence, de l’une des parois laterales du sac branchial; B, coupe frontale reelle suivant cd; C, coupe frontale reelle suivant ab; cb, cavite - branchiale; cp, cavit& peribranchiale; est, estomac; ©, intestin; g.i, glande intestinale. mais c’est la paroi droite qui est dessinee, examinee par sa face interne ou branchiale. Les stigmates sont tous perfords et leurs bords garnis de eils vibratiles, a l’exception des deux plus anterieurs, 7 et 2, et du plus posterieur, 13, qui ne sont pas encore perfores. 602 Charles Julin, Une coupe frontale (fig. 41 B) menee suivant ab (fig. 41.A), e’est-a-dire entre les sinus longitudinaux IV et V, interesse non seulement tous les stigmates perfores, a bords eilies (3 & 12) mais encore les stig- mates en voie de formation 1 et 2. Dans l’etendue des stigmates 1 et 2, qui sont voisins du bord anterieur de la cavite peribranchiale, ’epithelium peribranchial interne est cubique!; mais, tandis que dans l’etendue du stigmate /, qui est moins developpe que le stig- mate 2, ’epithelium branchial est cubique, au niveau du stigmate 2, qui est pret a se perforer, il est aplati comme dans toute l’etendue de la paroi interne de tous les soi-disant sinus transverses (sinus in- terstigmatiques) qui separent les stigmates perfores consecutifs. Au niveau de ces derniers sinus, l’Cpithelium peribranchial interne s’est differeneie: sur la face externe des sinus il s’est fortement aplati, tandis que sur les bords des stigmates il est devenu eylindrique simple et vibratile. Comme nous savons que, plus tard, le nombre des stigmates branchiaux sera plus considerable encore, nous pouvons conclure, en comparant le stade que nous decerivons actuellement aux stades pre- cedents, que par ses extr&mites anterieure et posterieure la fente branchiale s’aceroit graduellement, en y conservant ses caracteres primitifs et en continuant a y former de nouveaux stigmates, par plissement, suivi de perforation localisee, de son epithelium peribranchial interne. L’etude de ces extremites de croissance de la fente branchiale est interessante, parce qu’elles nous montre qu’a leur niveau, a un stade queleonque, m&me tr&s avancs, du developpement, on retrouve les phases successives de la formation des stigmates branchiaux des stades plus jeunes. Il s’accomplit aux extr&mites de crois- sance de la fente branchiale de Pyrosoma des processus analogues a ceux qui se passent aux extremites de crois- sance (ventrale et dorsale) d’une möme rangee transver- sale primitive quelconque de stigmates chez le blastozoide des Aseidies sociales et composees. L’etude du stade qui nous occupe nous montre encore quentre les stigmates branchiaux perfores et garnis de ceils vibratiles, c’est a dire au niveau des soi-disant sinus transverses de Pyrosoma, Vepi- thelium peribranchial interne s’aplatit secondairement, comme dest le cas pour l’epithelium branchial, au niveau des sinus interstigmati- ques chez les Ascidiens. Aussi, quand cette transformation est operee, ! Une disposition semblable existe, mais pres du bord posterieur de la cavite peribranchiale, au niveau du stigmate 13 en voie de formation. Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 603 @ 7 g g ee I a a 75 Da a ne — — A Pan I Br Bram, msn. > = zu se m ne m a aa a Em Bug Be En Bear an 1 a a AUF 7 „eure u ‚7/0 x »=r.y b ' Fig. 4AA FF. Pyrosoma elegans. Blastozoide. Stade VI. A, vue, par sa face interne, de la paroi laterale droite dusac branchial; B, coupe frontale mende suivant ab; C, fragment d’une coupe frontale passant par un sinus transverse serial (sinus longitudinal des au- teurs); D, coupe transversale theorique interessant dans toute sa longueur un stigmate bran- chial; Z, coupe transversalethe&o- riqgue interessant dans toute sa longueur un sinus interstig- matique; 7, coupe transversale reelle interessant obliquement 2stigmates branchiaux et 2sinus interstigmatiques. e, endostyle; oes, oesophage; cp, cavite peribranchiale; cb, ca- vit6 branchiale; a, sinus inter- stigmatique; c, sinus transverse serial; b, court sinus anastomo- tique; S, stigmate branchial, 604 EN ' Charles Julin, semble-t-il que les divers stigmates branchiaux ont apparu comme des perforations autonomes, localisees et sans connexions entre elles, des parois branchiale laterale et peribranchiale interne. En realite, nous avons vu que tous les stigmates transver- ses de la rangee longitudinale unique de Pyrosoma se for- ment, a la facon des stigmates longitudinaux d’une m@me rangee transversale primitive du blastozoide d’une Ascidie sociale ou compos&e, aux depens d’une m&me Ebauche. 1 existe pourtant une differenee. Tandis que chez le blastozoide des Aseidiens les stigmates d’une m&@me rangee transversale procedent du plissement d’une m@me bande Epaissie de l’epithelium branehial, chez Pyrosoma, ils procedent du plissement d’une m&me bande epaissie de l’epithelium peribranchial interne (&Ebauche peribranchiale de la fente branchiale). Quelle est la cause premiere de cette dif- ference? Ü’est ce que je ne puis, pour le moment, decider. Mais, ce qui est certain, c’est qu’elle a pour consequence imme- diate que, chez tous les Ascidiens (oozoides et blastozoides), les bords cilies des stigmates branchiaux procedent de la paroi epitheliale du sac branchial, tandis que chez Pyrosoma, ils procedent de la paroi epitheliale interne de la eavite peribranchiale, de sorte que les sinus interstigmatiques des Ascidiens ont leur seule paroi externe d’origine peribranchiale, tandis que leurs homologues chez les Pyrosomes, les soi-disant sinus transverses, ont leur seule paroi interne d’origine branchiale. Tl en decoule necessairement une autre consequence qui, d’une part, touche a la formation et a la nature des parois des sinus trans- verses seriaux, qui, dans le developpement de la branchie des Asei- diens, coupent transversalement, en leur milieu, les stigmates d’une m@me rangee transversale primitive, et, d’autre part, touche a la for- mation et a la nature des soi-disant sinus longitudinaux des Pyrosomes, sinus qui, dans ma maniere de voir, doivent &tre les homologues de ces sinus transverses seriaux des Ascidiens. On sait, en effet, que chez les Ascidiens, ces sinus transverses seriaux — et il ne saurait en &tre autrement attendu qu’ils se forment secondairement apres que les stigmates se sont perfores — ont pour origine des papilles de la paroi interne (branchiale) des sinus interstigmatiques d’une m&me rangee transversale de stigmates, pa- pilles dont le nombre est, en general, egal a celui de ces sinus inter- stigmatiques et qui se soudent ensuite par leurs extremites bifurquees. Il en resulte que toutes les parois des sinus transverses seriaux des FL. di Ai ie Bd Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 605 Aseidiens procedent de l’epithelium branchial. Il n’en est pas de meme pour les soi-disant sinus longitudinaux des Pyrosomes, qui se forment en m&me temps que les stigmates branchiaux se perforent, ce qui est en correlation avec le fait que ces stigmates resultent du plissement de l’epithelium peribranchial interne et non pas, comme chez les Ascidiens, du plissement de l’epithelium branchial. Nous avons vu qu’au stade precedent (fig. 40 C), au niveau de chaque barre longitudinale, suivant laquelle l’epithelium branchial est reste eubique, le fond des plis peribranchiaux etait constitue, comme leurs parois anterieure et posterieure, par un £pithelium eu- bique, souvent separe de l’epithelium branchial par une mince fente, etablissant une communication entre les deux sinus interstigmatiques voisins. Cette fente est l’&bauche d’une portion du soi- disant sinus longitudinal correspondant. | En effet, au stade qui nous occupe actuellement, une coupe fron- tale (fig. 41 C) interessant une barre longitudinale suivant sa longueur nous montre que: 1°. les- petites fentes dont je viens de parler se sont accerües et transformees en un espace sanguin continu (soi-disant sinus longitudinal) (c) qui communique (b) avec tous les sinus interstig- matiques (a); 2°. Vepithelium du fond des plis peribranchiaux est devenu pavimenteux simple et constitue la paroi externe de ce sinus c; 3°. les parois epitheliales anterieure et posterieure de ces plis peri- branchiaux sont restees cylindriques et devenues ciliees, comme au niveau des parties perforees des plis (stigmates branchiaux). D’autre part, ’examen des coupes transversales (fig. 41 D, E, F) nous montre, en outre, que dans toute leur longueur les barres lon- gitudinales du stade precedent font saillie dans la cavite branchiale et constituent la paroi interne des soi-disant sinus longitudinaux (ec). Comme on le voit, ces sinus de Pyrosoma ont leur paroi externe d’origine peribranchiale et leur paroi interne, d’origine branchiale. Or, en depit de l’origine partiellement differente de leurs parois, les soi-disant sinus longitudinaux de Pyrosoma sont homologues aux sinus transverses seriaux des Aseidiens et ne correspondent nullement aux sinus longitudinaux de ces derniers. C’est ce que je developperai plus loin, dans mes eonelusions relatives a la branchie de Pyrosoma. Les fig. 41 D et 41 E, qui representent respectivement une coupe transversale theorique, interessant, dans toute sa longueur, un stig- mate branchial (fig. 41D) et un sinus interstigmatique (fig. 41%) ren- dent bien compte du processus que je viens de faire connaitre. La fig. 41 F, qui est une figure reelle, representant un fragment de coupe Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 40 606 Charles Julin, transversale de la branchie au stade qui nous oecupe, nous montre associces les images fournies par ces deux figures theoriques, ce qui depend de ce qu’une coupe transversale reelle ne peut jamais interes- ser, dans toute sa longueur, un seul stigmate ou un seul sinus inter- stismatique, mais interesse obliquement plusieurs de ces organes. De l’ensemble de mes recherches sur la formation et la struc- ture des stigmates branchiaux de Pyrosoma je conclus: 1°. L’ebauche commune, aux depens de laquelle se forment tous les stigmates branchiaux transverses d’un m&me cöte du sac branchial est V’homologue de la fente branchiale correspondante d’une Salpe et de l’une des 2 ou 3 fentes branchiales d’un Ascidien. 2°. Pyrosoma est done un Tunicier pourvu d’une Beulp paire de fentes branchiales. 3°. L’ensemble des stigmates branchiaux transverses, disposes en une rangee longitudinale unique, que presente chaque paroi laterale du sac branchial, est ’homologue de l’ensemble des stigmates qui, chez un Ascidien, derivent d’une m&me fente branchiale, oblique ou transversale. 4°. Les stigmates branchiaux de Pyrosoma ne sont pas homo- logues aux protostigmates des Aseidiens, qui, en fait, ne sont que des formations secondaires, ainsi que le prouve leur absence chez Clavelina! et qui ne representent que les produits d’une division transversale precoce des fentes branchiales, düe sans doute & une inegalite de croissance entre les fentes branchiales et les cavites peribranchiales. Ils sont homologues aux stigmates d’une m&me rangee primitive de Olavelina. De part comme d’autre, ils sont les produits de divisions successives operees par des plans de section perpendicu- laires au grand axe d’une me&me fente branchiale. | 5°. Les soi-disant sinus transverses de Pyrosoma sont homologues aux sinus interstigmatiques des Aseidiens. 6°. Les soi-disant sinus longitudinaux de Pyrosoma correspondent bien aux sinus transverses seriaux et non pas aux sinus longitudinaux des Aseidiens. Comme les sinus transverses seriaux des Ascidiens, non seulement ils coupent les stigmates branchiaux perpendieulairement a leur grand axe, mais leur union avec les sinus interstigmatiques est primitive, tandis que les sinus longitudinaux des Ascidiens, d’apres leur mode de formation, ne sont primitivement unis qu’avee les sinus interseriaux primitifs qui separent les fentes branchiales. (C’est pourquoi il ne peut exister de sinus longitudinaux que chez des 1 On verra plus loin qu il en est de meme chez Archiascidia neapolitama, qui est, sans aucun -doute, un Ascidien plus Pe que Olavelina. ee RE a N Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 607 Tunieiers pourvus de deux fentes branchiales au moins. Si les sinus transverses de Pyrosoma paraissent longitudinaux, e’est que la fente branchiale unique, d’oblique quelle &tait primitivement, comme le montre sa premiere &bauche, a acquis seeondairement une position longitudinale. | III. Quelques considerations generales concernant Fhistoire phylogenique des Tuniciers. De cet ensemble d’observations concernant le developpement de la branchie des Tuniciers, je erois pouvoir deduire les conclusions suivantes relatives a la phylogenese des Tuniciers. 1°. La forme la plus simple des Tuniciers de la nature actuelle est representee par les Appendiculaires, Tuniciers errants, qui sont les plus voisins de la forme-souche de tout l’embranchement, forme-souche que jappellerai Prototunicata. Les Appendiculaires sont, comme l’etait Prototunicata, pourvus d’une pseudo-queue locomotrice et d’un sac bran- chial s’ouvrant & l’exterieur par une paire unique de tubes branchiaux. Chaque tube branchial (FOL, GOLDSCHMIDT) est le resultat de T’ac- colement, suivi de perforation, d’une evagination laterale, tubulaire, de la paroi du sac branchial et d’une invagination laterale, tubulaire, de l’eetoderme. Ces deux culs-de-sacs epitheliaux, d’origine distincte, ont sensiblement la m&me profondeur. L’anneau eilie, qui siege au point de soudure de ces deux culs-de-sacs, est ’homologue d’une fente branchiale de Cephalochorde et de Vertebre. 2°, Les Salpes derivent direetement de formes organisees a la facon des Appendiculaires. L’appareil branchial a, chez elles, subi des modifi- eations secondaires.. Tandis que l’evagination branchiale de chaque fente branchiale s’elargissait, sa profondeur, par contre, se reduisait. Mais, l’invagination de l’eetoderme, tout en s’elargissant, a continue, en m&me temps, A s’approfondir et est devenue l’une des cavites peribran- chiales. Il en est resulte, d’une part, que les fentes branchiales de la paire unique sont beaucoup plus etendues que chez Appendiculaires et, d’autre part, que les deux cavites peribranchiales se sont accolees, puis fusionnees, pour constituer un eloaque, w’ouvrant a l’exterieur par un orifice cloacal unique, produit de lunion des deux orifices externes (peribranchiaux) de ces cavites. Ce cloaque, une fois apparu, s’est maintenu, au cours de la phylogenese, chez tous les autres Tuniciers. | Quant aux gouttieres eiliees, que MM. TopAro et LAHILLE ont 40* 608 Charles Julin, deerites chez les Salpes sous le nom d’h&mitr&mas, elles n’ont rien a voir avec la formation des stigmates branchiaux. 3°. Mais, si les Appendiculaires et les Salpes sont des Taniciers errants pourvus d’une seule paire de fentes branchiales indivises, les autres Tuniciers errants, Pyrosomides et Doliolides — les pre- miers a coup sür et les seconds probablement — sont pourvus aussi d’une seule paire de fentes branchiales, mais ces fentes se sont subdivisees perpendiculairement a leur grand axe. Cette complication, en correlation sans doute avec la premiere etape d’un accroissement de la surface respiratoire, a eu pour resultat la transformation de la fente branchiale unique en une rangee unique de stigmates branchiaux. Chez les Doliolides, cette rangee est, d’une facon generale, oblique | par rapport & l’axe antero-posterieur du sac branchial. Chez les Pyrosomides, elle devient secondairement parallele a cet axe. 4°. Tous les Tuniciers errants de la nature actuelle sont done pourvus d’une seule paire de fentes branchiales, indivises chez les Appendiculaires et les Salpes, sub- divisees en une rangee unique de stigmates branchiaux chez les Pyrosomides — et probablement chez les Doliolides. 5°. Chez tous les Ascidiens de la nature actuelle, pendant une longue phase de l’ontogenese, il existe deux paires de fentes branchiales indivises. L’histoire du developpement nous montre que les deux fentes branchiales d’un m&me cöte du corps apparais- sent successivement ou simultanement, mais en tout cas separement, V’une derriere l’autre, et nous n’avons aucune raison d’admettre que ces deux fentes proviennent de la subdivision d’une m&me fente primitive. Tout tend & prouver, au contraire, que la 2°me fente a apparu secondairement en arriere de la 1®e. Ce stade primitif du developpement des Ascidiens, stade caracterise par la presence de deux paires de fentes branchiales indivises, tout en persistant longtemps, n’est pourtant que transitoire dans l’ontogenese des Ascidiens actuels. Aucun Tunicier connu n’offre cette disposition a l’etat permanent. J’admets neanmoins quil a dü exister au cours de la phylogenese et jappellerai Protoascidia cette forme hypothetigue, qui a dü £tre la souche de tous les Ascidiens. Elle derivait probablement de Proto- tunicata par adjonetion d’une nouvelle paire de fentes branchiales en arriere de la 1° et il est probable que Protoascidia ne possedait pas de cloagque. 6°. Par subdivisions successives de chacune des fentes branchiales de Protoascidia, subdivisions operees perpendieulairement au grand axe Recherches sur la phylogen&se des Tuniciers. 609° de ces fentes, s’est constitude une autre forme, & surface respiratoire plus considerable encore, que j’appellerai Archiascidia. Elle est caracterisee par la presence d’un eloaque et de deux paires de fentes branchiales, placees l’une derriere l’autre, mais subdivisees de facon a constituer deux paires de rangees de stigmates branchiaux. Ce stade important de l’histoire phylogenique des Ascidiens est represente transitoirement, mais pendant une longue periode du developpement ontogenique, chez Clavelina. Jusqu’a e6& jour, il etait inconnu & l’etat permanent, parmi les Aseidiens vivant actuellement. J’ai eu la chance de le trouver realise chez un Tunicier de la Baie de Naples. Il est represente par une jolie petite Aseidie transparente, que je pro- pose d’appeler Archzascerdia neapolitana et que je deerirai prochainement d’une facon detaillee. Par tout l’ensemble de son organisation, Archi- ascidia neapolitana, quoique voisine de Ulave- lina, est une forme beaucoup plus primitive. Pour le moment, je ne m’attacherai qu’a signaler le trait essentiel de la structure de son sac bran- chial. De chaque cöte du corps (fig. 42), il existe, chez l’animal adulte, deux range6es transversales de stigmates branchiaux. Fait interessant, dans son ensemble la rangee anterieure est, comme la rangee unique des Doliolides, oblique par rapport a l’axe antero-posterieur du sac bran- Fig. 42. Archiascidia neapolitana. Vue, chial, ou plutöt elle deerit une courbe, dont in peu oblique, par la face late- la concavit& regarde en avant et ventrale- "!e droite, du sae branchial, end, endostyle; e, embryon dans ment. La rangee posterieure, dans son en- la chambre incubatrice. semble, est disposee, comme la rangee unique des Pyrosomides, parallelement a l’axe antero-posterieur du sac branchial; elle siege du cöte dorsal seulement, le long de la ligne medio-dorsale. Tandis que les stigmates branchiaux, allong&s, de la rangde anterieure ont leur grand axe oblique, ceux de la rangee posterieure ont leur grand axe transversal. Que ces deux rangees resultent bien de la subdivision de deux fentes branchiales, homologues a celles de Proto- ascidia, c’est ce dont je ne puis douter, ayant eu l’occasion d’etudier quelques stades du developpement embryonnaire de cette espece vivi- pare, et notamment le stade a deux paires de fentes branchiales indivises, s’ouvrant dans les deux cavites peribranchiales, dont les 610 | „Charles Julin, orifices peribranchiaux sont tres ecartes de la ligne medio-dorsale. Chez V’adulte, bien qu’il existe un eloaque, resultant du fusionnement des deux cavites peribranchiales, du cöte dorsal, cependant les limites de ces dernieres ne s’etendent pas, du cöte ventral, au dela de la region occupee lateralement par les stigmates branchiaux; il y a done une longue distance entre l’endostyle et le bord ventral des deux cavites peribranchiales, du moins au niveau des stigmates de la 2?me rangee. 7°. Mais, chez Olavelina, qui est la forme actuelle la plus voisine de Archiascıidia, les deux rangees de stigmates branchiaux, issues des deux fentes branchiales, se dedoublent secondairement, suivant le processus que j’ai indique plus haut et la branchie se complique de cette facon, en augmentant encore la surface respiratoire. Toutefois, ce qui est caracteristique, c’est que chez cette forme d’Aseidien, tres primitive encore, il n’ existe jamais de protostigmates, ce qui revient a dire qu’il y a harmonie parfaite entre la croissance des fentes branchiales dans le sens transversal et la croissance des cavites peri- branchiales dans le m&me sens. Chez tous les autres Ascidiens, au contraire, il se forme des protostigmates. Quelle est la signification de cette nouvelle aequisition ? La facon dont les protostigmates se forment chez les Ascidies simples, ou ces elements atteignent leur apogee, semble nous demontrer que cette acquisition nouvelle a eu pour origine une desharmonie entre la eroissance transversale de la fente branchiale et celle du sac bran- chial. On a l’impression comme si la fente branchiale, ne trouvant pas d’espace suffisant pour continuer a croitre vers la ligne medio- ventrale, se recourbait en fer a cheval vers la face dorsale du sac branchial, pour se couper ensuite, perpendiculairement a son grand axe primitif, au niveau de cette courbure. Ce phenomene a dü w’effectuer deja chez des Aseidiens pourvus de deux paires de fentes branchiales seulement. Nous avons vu quil s’accomplit, en effet, chez Perophora et Distaplia. Toutefois, chez Perophora et Distaplia — et ceci est sans doute en correlation avec le volume plus considerable de l’oeuf et l’accumulation du vitellus — le processus primitif s’accomplit sous une forme coenogenique. J’admets que notamment la plupart des Ascidiens que M. LAHILLE a reunis dans son Ordre des Aplousobranchiata! derivent d’une forme, tres voisine de Distaplia et de Perophora Listeri, caracterisee par ce fait que les deux paires de fentes branchiales, donnaient naissance: ! A l’exception, bien entendu, des Pyrosomides et des Doliolides, que M. LAHILLE range parmi les Aseidiens. Recherches sur la phylogenese des Tuniciers. 611 d’abord A 4 paires de protostigmates, allonges dans le sens transversal; puis, & 4 paires de rangees transversales de stigmates branchiaux. De cette forme, dont le sae branchial, comme celui des Ascidiens plus primitifs, etait encore depourvu de sinus longitudinaux, seraient issues, non seulement d’autres formes d’Aseidiens aplousobranches, chez lesquelles les 4 rangees primitives de stigmates branchiaux se dedoublent secondairement, mais encore des Ascidiens qui, tout en n’etant pourvus que de deux paires de fentes branchiales, ont acquis, en outre, des sinus longitudinaux plus ou moins complets et peut-etre meme deja des plis longitudinaux de la branchie, toutes formations determinant un nouvel accroissement de la surface respiratoire. La disposition realisee chez Perophora Banyulensis Lahille et le fait que chez l’embryon des Ascidiide, des Molgulide et des Cynthiidz les premiers sinus longitudinaux apparaissent quand il n’existe encore que 2 paires de fentes branchiales en train de se transformer en les 4 pre- mieres paires de protostigmates prouvent, en effet, que c’est chez des Ascidiens pourvus de 2 paires de fentes branchiales que se sont for- mes, pour la premiere fois, les sinus longitudinaux. Une fois apparus, ces sinus longitudinaux se sont maintenus, au cours de la phylogenese, chez tous les Ascidiens plus r¢s. 8°. A ces formes d’Aseidiens, caract6risces essentiellement par la ‚presence de deux paires de fentes branchiales divisces en 4 paires de protostigmates et par la presence de sinus longitudinaux, ont suceede, enfin, dans le cours de la phylogenese, les formes les plus &levees actuelles, caracterisees surtout par l’apparition, en arriere de la 2ime -fente branchiale, d’une 3®“® fente branchiale, qui s’est comportee comme ‚les deux premieres. Telles sont notamment toutes les Aseidies sim- ples appartenant aux familles des Aseidiide, des Molgulide et des Cynthiid. Il conviendrait de rechercher si les Ascidies composees telles que les Polystyelide et les Botryllide qui, comme les Aseidiid, les Mol- sulide et les Cynthiide, possedent des sinus longitudinaux ou des plis longitudinaux de la branchie, sont, comme ces dernieres, des Ascidiens pourvus de 3 paires de fentes branchiales, ou bien si elles n’en possedent que 2 paires. Liege le 20 novembre 1903. Über Ostracolethe und einige Folgerungen für das System der Gastropoden, Von Dr. Heinrich Simroth (Leipzig-Gautzsch). Mit Taf. XXXI. In den folgenden Blättern lege ich den Fachgenossen eine Arbeit vor, die schon im Frühjahr 1902 niedergeschrieben wurde. Sie ist nur so weit abgeändert, als eine Anzahl der darin niedergelegten Schlüsse bereits auf der Versammlung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft in Gießen vorgebracht wurde. Auf jeden Fall fühlte ich mich verpflichtet, die im Zoologischen Anzeiger (35) in vorläufiger Mitteilung geschilderte merkwürdige Schnecke in breiterer Ausführung, auf Abbildungen gestützt, zu beschreiben, wodurch hoffentlich die weiteren Ableitungen eine festere Grundlage erhalten. Die Diagnose der neuen Gattung, die ich auf Grund aller- dings nur eines Exemplars gegeben habe (35), würde in präziser Form etwa so lauten: Eine Nacktschnecke mit frei nach Art einer Gehäuseschnecke hervortretendem Eingeweidebruchsack, der auf einem tiefen Ausschnitt des Fußrückens ruht. Der Bruchsack ist überzogen von einem dün- nen Mantel, unter dem sich eine eigenartige Schale befindet. Sie besteht vorn aus einer breiten, kurzen Kalkplatte, die zur Oberfläche des Bruchsackes fast senkrecht steht und fest in die Eingeweide ein- gedrückt ist. An ihrem Hinterrande setzt sie sich in eine außer- ordentlich dünne Conchinmembran fort, welche sich zunächst nach vorn auf die Platte legt, dann den Eingeweidebruchsack überzieht und mit einem hinteren Zipfel aus einer feinen Mantelspalte frei herausragt. Der Mund liegt in einer kreisrunden Scheibe. Der Fuß ist Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 613 schmal, aulacopod, sein Rücken hinten gekielt; er läuft in ein kleines Horn aus, ohne dafs indes darunter eine Schwanzdrüse läge. Die Radula enthält viele Reihen kleiner, zweispitziger Zähne, je 650-700 in einer Reihe. Die Radulascheide hat einen breiten Hinterrand, der beiderseits aufgerollt ist, wie die Volute einer ioni- schen Säule. Die Genitalenden sind durch die Ausgestaltung des Epiphallus, wie durch Anhänge und Verbindungsgänge gleichermaßen ausge- zeichnet. Nachdem sich der Samenleiter vom Oviduct getrennt hat, 'verschmilzt er bald wieder mit ihm, um sich dann definitiv abzulösen und zum Epiphallus zu ziehen. Dieser ist birnförmig, mit distaler Verjüngung und hat zwei ebensolche, kleinere Nebenanhänge. Von der Verschmelzungsstelle geht außerdem ein Gang (oder Muskel?) nach dem distalen Penisende; ebenso sitzt an der gleichen Stelle ein aus flachen, muskulösen, in der Mitte durchbohrten, in einer Ebene ausgebreiteten und der Körperwand angehefteten Scheiben aufgebautes Organ, vermutlich ein Samenfilter, den Genitalwegen an. Species: Ostracolethe Fruhstorferi Simroth. Da die Genusdiagnose nach einem Individuum gemacht ist, läßt sich nicht entscheiden, wie viel von ihr der Art, wieviel der Gattung zukommt. Die Länge des Tieres erreicht etwa 25 mm, die srößte Sohlenbreite noch nicht 3 mm. Hab. Tongking. Mt. Mausson. Historisches. Wiewohl die Form erst am 30. Dezember 1901 das Licht der literarischen Welt erblickte, erscheint doch bereits eine historisch- kritische Bemerkung am Platze.e An demselben Tage nämlich ver- öffentlichte CorLLınse die Beschreibung seiner neuen Gattung Myo- test mit mehreren Arten (?). Die Tiere stammen von demselben Fundort und aus derselben Quelle. Sie sind im Äußeren der Ostra- colethe so ähnlich, daß ich sofort an Identität dachte (36). Leider sind die Bemühungen, noch Material zu einem gründlichen Vergleiche zu erlangen, umsonst gewesen. Herr COLLINGE schreibt mir, daß er weder den conchinösen Teil der Schale, noch das aus scheiben- förmigen Abschnitten aufgebaute Samenfilter finden konnte. Nun sind aber die nach England gewanderten Exemplare beträchtlich srößer als das Stück, das mir vorlag. Es wäre daher wohl denkbar, daß das zarte Periostracum mit zunehmendem Alter einer mehr oder weniger weitgehenden Resorption anheimfiele, ebenso daß das Samen- 614 4 - Heinrich Simruih, Ben filter, schon bei meiner Schnecke fest an die Körperwand geheftet, mit weiterem Wachstum in die Muskulatur des Integuments sich verbärge und von ihr überwachsen würde. Es bleibt mir nichts übrig, als künftige Sammler auf die interessanten Tiere aufmerksam zu machen, damit die meiner Meinung nach noch offene Frage ge- löst werden möchte. Beschreibung des Äußeren. Umriß und Habitus ergeben sich etwa aus Fig. 1—4, wobei Fig. 1 allerdings die Schlankheit des Schwanzes und die scharfe Ab- trennung des Intestinalsackes wenig scharf zum Ausdruck bringt, weil sie hergestellt wurde vor jeder weiteren Manipulation, um zunächst den natürlichen Habitus zu gewinnen. Um so besser tritt das Ver- hältnis des Bruchsackes zu dem tiefen Schwanzausschnitt hervor in Fig. 2, wo der Mantel bis auf die Mantelkappe wegpräpariert und der Vorderkörper vom Schwanz abgebogen wurde. Der Ausschnitt des Schwanzes hat, wie bei Parmacella und Verwandten, eine glatte Haut. Rings läuft eine Fußleiste scharf abgesetzt entlang, hinten gegen das Ende verbreitert und oben ein kurzes Hörnchen bildend. Die Skulptur der Haut besteht aus den gewöhnlichen, aber recht feinen, scharfen, länglichen Runzeln, die jedoch nach vorn, im Um- fange und unter der Mantelkappe, so weit zurücktreten, daß die Seiten des Nackens völlig glatt erscheinen und die sonst übliche Rinnenskulptur nur durch die Zeichnung angedeutet wird. Die Sohle, vorn fast 3 mm breit, verschmälert sich allmählich nach hinten. Die Rinnen sind deutlich, das Mittelfeld ist, wenig- stens in der vorderen Hälfte, ebenso breit wie die Seitenfelder. Die Umgebung des Mundes bildet eine kreisförmige Scheibe (Fig. 7) mit ziemlich genau und symmetrisch verteilten Runzeln und Rinnen, im Bogen über dem Kiefer, unten eine senkrechte Mittel- runzel, und von beiden Seiten rechts und links unten gegen diese konvergierend die übrigen Rinnen. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit mit der kreisförmigen Endfläche der Cyelostoma-Schnauze ist der Skulptur wegen kaum anzunehmen, daß eine Beteiligung an der Lokomotion statthat. | Vier Fühler wie gewöhnlich, soweit aus den retrahierten Organen ein Urteil zu gewinnen ist, ebenso die Fußdrüsenspalte u die Ge- schlechtsöffnung hinter den reehten Tentakeln. Ein Unterschied gegen CoLLinGes Beschreibung findet = viel- leicht noch in der Lage des Pneumostoms. In der Skizze Fig. 4 Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 615 liegt es hinter der Mitte des Mantels, wenn man diesen von dem Vorder- ende der Kappe bis zur Spitze des Intestinalsackes rechnet. COLLINGE gibt an, daß es bei Myotesta vor der Mitte liegen soll. Doch ist wohl deshalb weniger auf die Bestimmung zu geben, weil von einem Mantel in dem gewöhnlichen Sinne der Limaeiden nicht geredet wer- den kann. Ich habe leider auf diese Kleinigkeit nicht genau geachtet, ob etwa in Fig. 4 die Ansicht des Mittelkörpers schräg von vorn ge- - nommen ist. An dem zerschnittenen Stück ist die Kontrolle unmög- lich. An und für sich kommt gerade hier nichts darauf an, denn es handelt sich keineswegs um einen Rückschluß auf die anatomischen Verhältnisse, wie etwa bei Limax und Arion, wo allerdings die ge- naue Lagebestimmung von wesentlichem Einfluß ist. Noch ist endlich eines feinen Schalenzipfels zu gedenken, der als ein ganz kleines Schwänzchen im linken hinteren Umfange aus dem Überzug des Intestinalsackes hervortritt (Fig. 5 s2). Er fällt wenig auf, ja es gelang mir nicht bei vorsichtigem Zerschneiden die feine Spalte nachzuweisen, durch die er aus der Schalentasche hervortrat, trotzdem ich ihn von innen her leicht hereinzog, selbstverständlich nach Eröffnung dieser Tasche. Jedenfalls bezeichnet die Stelle den Mantelporus, den TÄuBER bei allen Nacktschnecken fand, die er darauf untersuchte (42). Die Färbung. Wenn wir an den Seiten des Fußes allerlei Fleckung und Scheckung sehen von wenig typischer Verteilung (Fig. 1), so wird man, wie ich glaube, zu einem richtigen Urteil nur gelangen unter der wiederholt von mir vertretenen Annahme, wonach die Haut der Stylommatophoren zugleich ein Exkretionsorgan darstellt, das außer dem Schleim noch mancherlei Stoffe entweder nach außen befördert oder aber in seinen Zellen aufspeichert. So dunkel das Kapitel noch ist, so liegen doch Gründe vor für die Annahme, daß die abgeschiedenen Stoffe nicht aus dem Ektoderm stammen, sondern aus tieferen Gewebselementen, vermutlich in letzter Instanz aus dem Blute. Für das Pigment läßt sich’s am wahrscheinlichsten machen, und ich halte die Farbzellen, wenigstens die meisten, mögen sie auch zwischen dem Epithel liegen, so gut wie bei den Wirbeltieren, für Elemente von mesodermaler Natur. Noch jüngst konnte ich bei der Phelomycus-Reihe darauf hin- ‚weisen, daß das Pigment ursprünglich in der Cutis liegt und erst bei den fortgeschrittensten Formen oberflächlich, ja daß es bei einer der ursprünglicheren Arten noch an die Arterien des Vorderkörpers sich 616 a Heinrich Simroth, bindet (41). Bei unseren Limaces und Arionen haben wir entsprechend das Pigment bald in der Haut fest, bald aus Farbdrüsen nach außen entleert und dem Schleim beigemischt. Anders steht es mit dem dicken weißlichen Farbstoff, der bei manchen tropischen Nacktschnecken, ohne nach außen durchzu- brechen, sich in den Epithelien ablagert. Noch fehlt es an geeigne- ten Untersuchungen, und es ist bloß eine auf den Augenschein ge- sründete Vermutung, daß es sich um Stiekstoffverbindungen aus der Harnsäuregruppe, vielleicht um Harnsäure selbst, handelt. Ja es scheint, daß derartige Hautablagerungen bei den Gehäuseschnecken fehlen, und man hätte wohl anzunehmen, daß dieser Stickstoffüberschuß bei ihnen in der Conchinunterlage der Schale seine Verwendung findet. Bei deren Rückbildung würde er dann in die Haut verlagert werden können, die man als Speicherniere betrachten könnte. Mag die Vermutung im einzelnen das Richtige treffen oder nicht, jedenfalls haben wir es in der Haut der Ostracolethe mit zwei der- artigen Stoffen zu tun, einem schwarzbraunen Pigment und einer dick weiblichen Materie. Soweit sie an den Körperseiten die einzelnen Runzeln ausfüllt, haben wir die hellen Flecken, wo sie fehlt, den dunklen Grund. Vorn im Nacken laufen drei dunkelschwarze verwaschene Linien nach vorn, eine im Gebiet der medianen Nackenfurchen (Fig. 3), und zwei seitlich im Gebiet der sogenannten Genitalfurchen, von denen freilich bloß die rechte nach der Geschlechtsöffnung herabzieht. So lange die dunkeln Stellen bei der Alkoholkontraktion noch von irgend- welchem Plasmagerinnsel der Epithelien oder des Schleimes getrübt werden, erscheinen sie blau. Beim Aufweichen im Wasser ist der Farbstoff rein schwarz. Vorn zwischen den Fühlern strahlt eine An- zahl nach vorn zugespitzter schwarzer Streifen aus (Figg. 3 und 6), durch je eine Furche getrennt, welche den Rand der Mundscheibe einkerbt und hier in eine Furche zwischen den Runzeln über dem Kiefer übergeht. An den Genitalfurchen (Figg. 1, 2, 4) werden die dunkeln Streifen eben von den Furchen und ihrer Verzweigung = von hellen Stellen unterbrochen. Die glatte Haut des Rückenausschnittes, auf der der Intestinal- sack ruht, ist hinten schwarz und wird nach vorn, also immer weiter unter dem Intestinalsack, heller und heller. Der braune Mantel hat eine feine netzartige Zeichnung mit helle- ren, rundlichen, oft zusammenfließenden Ausschnitten (Fig. 1 und 3); links verliert sie sich etwa in dem Niveau, in welchem der Schalenzipfel A Kai a 0 DEE a Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 617 heraussieht, d. h. in der Linie, in welcher der Mantel angewachsen ist, die zugleich die hintere untere Begrenzung der Schalentasche ausmacht. Noch bemerke ich, daß die hellen Flecke des Mantels nicht von der opaken weißlichen Substanz der Seitenrunzeln aus- gefüllt sind. Die Seitenfelder der Sohle sind vorn etwas grau angeflogen. Innen ist kein Pigment vorhanden, mit Ausnahme allein der schwarzen Chromatophorenmuskeln. Manteltasche und Schale. Der Mantel erweist sich als eine zwar dünne, aber derbe, von verschiedenen sich kreuzenden Muskelbündeln durchzogene, glatte, sewissermaßen trockene Haut, welche dem Eingeweidesack ganz eng anliegt. Es bleibt nur Platz für ein äußerst dünnes Conchinhäutchen, das ich, auf seine Existenz nicht vorbereitet, leider nicht unverletzt herausbekam. Es ist mindestens so zart, wie das letzte Ende jener feinen Conchinmembran, welche bei manchen Formen aus der Parma- rivon-Gruppe hinten um den Eingeweidesack heruntergreift. Rechts, wo eine Brücke den Sack mit dem Pneumostom verbindet, greift es auch hinter dieser bis in den letzten Winkel der Schalentasche. Hinten ragt ein Zipfel, wie erwähnt, frei heraus; ich zog ihn leicht herein. Da es mir aber nicht gelang, die Spalte wahrzunehmen, und ich auch an der vorsichtig abgelösten Decke mit dem Mikroskop keine Spur einer Öffnung finden konnte, muß sie wohl unmittelbar am hinteren unteren Rande der Schalentasche gelegen haben. Vorn ist man nun überrascht, eine tiefe Einbuchtung unter dem Visceralsack zu finden, in der eine kleine Kalkplatte steckt. Die Platte füllt die Höhle zunächst ganz aus, und in Fig. 2 sieht man diese nur nach stärkerem Auseinanderbiegen. Das Plättchen liest also keineswegs dem Manteldach, wie sonst bei Nacktschnecken, platt an, sondern vergräbt sich, steil dagegen gerichtet, unter dem nach vorn übergewölbten Intestinalsack. Übrigens ist das Plättchen (Fig. 8) schief nach vorn und rechts gerichtet, nach dem Pneumostom zu, vorn zeigt es mehr Conchinüberzug oder Periostracum, hinten erscheint es nur weiß kalkig. An seinem Hinterrand aber setzt sich’s in die zarte Conchinschale fort, die sich zunächst nach vorn biegt und sich voll- ständig auf die Platte legt, um nachher auf die Oberseite des Intestinal- sackes sich hinüberzuschlagen. Die schematische Rekonstruktion zeigt die Textfigur, die ich früher gab (39). | Bei Betrachtung der dichten Mantelstruktur glaube ich nicht mehr, 618 var 2 er Heinrich Simroth; gegenüber der Bemerkung in der vorläufigen Mitteilung, daß der Mantel im Leben so erweiterungsfähig: ist, daß sich der Schalenknick wieder ausgleichen’ und die Kalkplatte dem Dach der Schalentasche wie- der anschmiegen kann. Das würde eine viel zu starke Verlagerung und Beeinflussung der sog. Pallialorgane, namentlich der Lunge, be- dingen. Auch spricht die Zerknitterung des Zipfels der Conchinschale dagegen. Während diese ganz strukturlos und glatt ist (Fig. 9), zeigt sich der Zipfel, der aus der Mantelspalte heraussieht, in einer Weise zerknittert und in allerfeinsten Zickzackfalten zusammengeschoben (wovon Fig. 10 nur einen oberflächlichen Eindruck geben kann), daß wohl nur eine ganz allmähliche Umbildung und fortdauernder Druck eine derartig gründliche Zusammenfassung bewirken konnte. Eine einmalige plötzliche Kontraktion im Alkoholtode hätte wohl das Ende kaum durch eine ganz feine Spalte herausgepreßt und dabei höch- stens einige Falten erzeugt; auch wäre schwerlich der Zipfel so charakteristisch nach oben umgebogen. Bei unserer Form ist die Schale nicht nur in Rückbildung begriffen und ihrer Funktion ent- kleidet worden, sondern sie ist bis zu einem Grade aus ihren nor- malen Lagebeziehungen herausgedrängt und vernachlässigt, wie es schwerlich von irgend einem Gastropoden bisher bekannt ist. Ich habe den Gattungsnamen danach gewählt. Es ist wohl ohne weiteres verständlich, warum ich die Schale mit einer Ballonmütze verglich, die hinten in einen Zipfel ausgeht. Die Kalkplatte stellt den Schirm dar. Bevor ich die Schalentasche verlasse, möchte ich noch auf die Oberfläche des freigelegten Intestinalsackes hinweisen (Fig. 2), deren Deutung mir im einzelnen freilich nicht gelang. Man sieht bräun- liche Massen mit lauter runden Läppchen, die Leber (. Außerdem liegt ein Teil des Vormagens (s. u.) als schwarzer Fleck der Fläche an (d). Sodann aber wird sie überzogen von einigen groben Zweigen, die zum Gebiet der Eingeweidearterie gehören (c). Wie die Intestinal- arterie bei manchen Arten, z. B. Arion empiricorum, weiße Kalk- ablagerungen in ihren Wänden hat, so zeigen sich hier weibgelbe weiche Massen als ein unregelmäßiger flacher Belag meist am Rande, weniger auf der Fläche der Zweige. Sie gehören zu den mancherlei noch sehr zweifelhaften, jedenfalls aber für die Ökonomie des Gastro- podenkörpers wichtigen Dingen, die man vorläufig wohl unter den Begriff des Bindegewebes einreiht. Eisessig hat weiter keine Ein- wirkung darauf, also ist Caleiumcarbonat ausgeschlossen. Vermutlich hat man an eine sog. Speicherniere zu denken. I H { | Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 619 Von den Verdauungswerkzeugen. Der: blaßgelbe Kiefer (Figg. 7 und 11) ist auffallend weich, jedenfalls wenig widerstandsfähig für kräftiges Beißen. Seine Seiten sind etwas gerippt, in der Mitte ist die Vorderfläche eingesunken, ohne Parallele bei andern Pulmonaten. Die Radula gleicht in ihrer Papille den Janelliden und manchen Hinterkiemern; denn ihr Hinter- rand mit den Odontoblasten bildet nicht die einfache gewöhnliche Rinne, sondern eine Doppelvolute, wie bei der ionischen Säule. Außer- dem läßt sie sieh, wenigstens in ihrer hinteren Hälfte, nicht in eine Fläche ausbreiten, sondern ist in scharfe und dauerhafte Längsfalten selest (Fig. 12), so daß allemal eine erhobene Stelle von einer gleich breiten Vertiefung abgelöst wird. Dem entspricht die Beschaffenheit des Odontophors. Wir finden keine regelrechten knorpeligen Zungen- balken, sondern eine Menge von Muskelbündeln, die sich in die Falten hineinlegen; so weit sich’s eben klar legen ließ. Die Bezah- nung ist außerordentlich fein und gleichmäßig. Es sieht aus, als liefen übersponnene Klaviersaiten quer über die Fläche. Ich zählte etwa 180 solcher Querreihen, und in einer nicht weniger als etwa 670 Zähne (in der vorläufigen Mitteilung sind infolge eines Versehens 630-640 angegeben). Ich glaube aber, daß ich die Seitenteile noch gar nicht ganz mitbekommen habe, infolge der komplizierten Faltung. Die Zahl steigt wahrscheinlich noch beträchtlich höher an. Ein Rhachis- zahn ließ sich kaum mit Sicherheit unterscheiden. Jeder Zahn hat zwei Spitzen, nach der Mitte zu scharf, nach außen stumpfer; die äußere ist länger. An ein paar Stellen kamen Unregelmäßigkeiten vor, die sich natürlich in den verschiedenen Querreihen wiederholten. Die Summe der Zähne ist auf mindestens 120000— 150000 zu schätzen, eine ganz außerordentlich hohe Zahl, und dabei vielleicht eins der gleichförmigsten Gebisse, die wir bei Schnecken finden. Der kurze Schlund ging in einen ganz ungewöhnlich langen, zylindrischen, zartwandigen Vormagen über. Er durchzog den ganzen Vorderkörper, dann bog er durch eine weite Öffnung hinauf in den Eingeweidesack, indem er eine Schlinge bildete und sich seiner Ober- fläche anlegte. Der ganz dünnwandige durchsichtige Schlauch war dicht mit schwarzem Detritus gefüllt, die Schnecke lebt von Moder oder Humus, den sie wohl mehr einschlürft als eigentlich frißt. Die Länge des Vormagens entspricht dem geringen Wert der Nahrung, von der große Quantitäten aufgenommen werden müssen. Ich kenne kaum eine Schnecke, die eine derartig lange Schlunderweiterung 620 | Heinrich Simroth, hätte. Die Speicheldrüsen, länglich, wenig gelappt, die linke fast gar nicht, dabei ziemlich klein, liegen oben auf dem Vormagen, wo sie sich kaum berühren, viel weniger verschmelzen (Fig. 14). Leider war es nicht möglich, die übrigen Darmsehlingen bei der Zartheit des Intestinalsackes mit Sicherheit zu verfolgen. Sie schienen wie bei einer Helix etwa, doch vielleicht kürzer. Die Leber beschränkt sich auf den Rückensack. Muskeln und Drüsen. Der Spindelmuskel (Fig. 15) kommt mit einfacher Wurzel von der Rückwand des Intestinalsackes, wenigstens wurde er von der Leibeshöhle des Vorderkörpers aus durch das weite Loch in den In- testinalsack bis zu seinem Ursprunge verfolgt, ohne daß dieser aller- dings topographisch genau festgelegt wäre, — vielleicht ein Fehler für die Beurteilung der ursprünglichen Aufwindung. Der gemeinsame Stamm teilt sich ziemlich spät und unsymmetrisch in zwei Zweige, und diese spalten sich wieder unsymmetrisch, der linke eher als der rechte (Fig. 15). Der weitere Verlauf schien normal. Der rechte Ommatophorenretractor kreuzt sich mit dem Penis (Fig. 15«). Außer- dem gab der Zweig einen Ast ab zum kleinen Tentakel und noch einen weiteren medianen zu einem Lappen, der wohl als die rechte Hälfte des SEMPERSchen Organs oder aber als ein besonders gut einstülpbares Lippententakel gelten muß, was sich nicht entscheiden läßt. Auffallend genug bleibt der Ast auf jeden Fall. Die tiefe und proximal weit zu- rückliegende Schwärzung des Ommatophorenretractors läßt auf reich- liche Ausstattung der Fühler schließen, nach Länge und Beweglichkeit. Die Fußdrüse, wie gewöhnlich, in den Fuß eingebettet, doch von der Leibeshöhle aus zu erkennen. Der Schlundring (Fig. 16). Die oberen und unteren Schlundganglien zeigen hohe Verschmel- zung. Die Cerebralknoten bilden beinahe ein Rechteck mit vor- springender Medianlinie, dadurch allein die Cerebralkommissur noch andeutend; abgegliederte Lappen sind nicht zu erkennen. Ähnlich ist es unter dem Schlund. Die Visceralknoten sind zu einer einheit- lichen, nach hinten in einen Nervenschopf auslaufenden Masse ver- schmolzen, und diese wieder mit den Pedalganglien, und zwar rechts breiter als links, so daß die ideale Achse der Visceralmasse und der Nervenschopf nach rechts geneigt sind. Nur die Buccalganglien haben eine gesonderte Kommissur zwischen sich. % Über Ostraeolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 621 Die Geschlechtswerkzeuge (Figg. 17—22). Die Gonade liest im Bruchsack, die übrigen Teile fast ganz im Vorderkörper. Die Zwitterdrüse, aus kleinen Acinis aufgebaut, zeigt nichts Un- gewöhnliches, ebenso wie der wenig geschlängelte Zwittergang. Von da an aber beginnen die Besonderheiten. Wo er mit der zweilappigen Eiweißdrüse und dem Spermoviduct zusammentrifft, ist eine Aus- sackung, eine Tasche, die, für eine Vesiecula seminalis zu groß, durch ihre Dicke und ihre gelbe Farbe sich von einer solchen unterscheidet (Fig. 17 und 17a). Man wird sie für eine spezialisierte Drüse nehmen müssen, die freilich ihrer Lage nach wohl nur aus einer Vesicula seminalis hervorgegangen sein oder ihr umgekehrt die Entstehung gegeben haben kann. Auf eine mäßige Strecke ist der Spermoviduct slatt und einfach, so daß .dem weiteren Eileiterteil ein feiner Samen- gang rinnenartig ansitzt (Fig. 17). Nachher erweitert sich plötzlich der Leitweg, indem der Spermateil zu einer blättrigen Prostata wird, der Eileiter aber stark anschwillt und quillt. In Fig. 20 sieht man Vas deferens und Oviduct auseinandertreten und eine kurze Strecke weit nebeneinander hinziehen, um sich dann nochmals bei x zu verbinden. Über diese zweite Stelle war es mir unmöglich, im einzelnen voll- kommen klar zu werden. Von hier aus sieht man wieder die Kanäle auseinandergehen als weiten Oviduct und engen Samenleiter. Der Oviduct geht nach einer Biegung in das kurze Atrium über. Der Samenleiter verdickt sich zu einem birnförmigen Epiphallus, der sich wieder bis zum Beginn des Penis verjüngt. Diesem Epiphallus sitzen aber noch zwei ebenso geformte, aber kleinere Organe an (Fig. 19 fl), ein mittleres und ein kleines. Sie münden in das distale Ende des sroßen. Die Nomenclatur kommt hier in Verlegenheit. Das große Organ hat, soweit sich’s makroskopisch übersehen läßt, dieselbe Struk- tur wie die kleinen, derbwandig, wie gewöhnlich ein Epiphallus aus- sieht. Die Bezeichnung Epiphallus würde aber bloß dem. größten Organ zukommen, da es allein die Strecke des Vas deferens darstellt, bez. von ihm durchbohrt wird. Die kleineren würde man gewöhn- lich als Flagellen bezeichnen. Wahrscheinlich haben alle drei die gleiche Funktion, nämlich die Bildung einer komplizierten Sperma- tophorenhülse. Am Übergang von Epiphallus und Penis sitzt der Penisretraetor an (Fig. 18, 19, 20 r.p), eigentlich zwei, ein derbes kurzes und ein längeres schmächtiges Bündel. Ihr Ursprung am Integument ist Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd, 41 622 Heinrich Simroth, auffallend genug, sie kommen weder von der Seite noch von hinten, vom Diaphragma her, sondern von oben und vorn, vom Nacken, neben dem rechten Ommatophoren. Der Penis besteht aus einem weiteren proximalen und einem engeren distalen Abschnitt, der ins Atrium mündet. Der proximale hat in locker abstehender Hülle einen kräftigen, gekrümmten Muskel- zylinder, der wohl als eigentlicher Penis fungiert. Namentlich an seiner oberen Hälfte erkennt man deutlich die kräftige Ringmusku- latur (Fig. 20). Die zweite Anheftungsstelle zwischen Oviduet und Samenleiter (Fig. 20) ist noch in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Hier sitzt zunächst an das Reeeptaculum seminis, wiewohl es so im Sperm- oviduct vergraben war, daß präzise Angaben schwer sind. Fig. 21 zeigt es vergrößert. Der Stiel hat einige Längsfalten, die fein ge- kräuselt sind; sie lassen sich nicht auseinanderziehen, weil Kräuse- lungen benachbarter Falten brückenartig zusammenhängen; nach oben ist die Wand gefeldert, d.h. wohl mit Kissen von Drüsenepithel aus- gestattet. Ich gebe die Zeichnung, weil sie von einem Organ stammt, das offenbar noch nicht funktioniert hat. Nach der ersten Copula werden sich seine Wände vermutlich dehnen und die Struktur ver- wischen. Herrn CoLLınses größere Exemplare mögen vielleicht Spermatophoren enthalten. | Ferner geht nun von dieser Stelle © ein Gang ab, der gerade zum Atrium, zur Vereinigung von Oviduct und Penis herabzieht (Fig. 19 9). Er zeigte sich als ein Längsmuskel, der ein Lumen zu haben schien. Ich will die Möglichkeit nicht ganz von der Hand weisen, daß wir es hier mit dem distalen Abschnitt des Blasenstiels zu tun haben; denn die Präparation gelang deshalb nur mangelhaft, weil die bewußte Stelle durch viele Muskelbündel fest an die rechte Körperwand geheftet war. Doch auch an der herausgenommenen Partie erschien der Gang unter dem Mikroskop vollständig, und es ist wohl wahrscheinlicher, daß wir es mit einer Vorrichtung zu tun haben, welche das Sperma bei Selbstbefruchtung aus dem Penis in den Eileiter hinaufführt. Der Fall stände ja nicht mehr isoliert, namentlich allerdings sind manche Raublungenschnecken der Selbst- befruchtung fähig, mit einer etwas verschiedenen Leitung. Das Wunderlichste an der Stelle x sind endlich die knopfartigen Körper, die, in einer Ebene gelegen, ebenda der Körperwand sich anschmiegen, wo die Befestigung statthat (Figg. 18, 20, 22). Vier- zehn Stück von annähernd gleicher Größe drängen sich anscheinend Über Ostraeolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 623 ohne bestimmte Ordnung, ein kleines fünfzehntes findet sich unmittel- bar am Eileiter (Fig. 22 sch). Jede der Seheiben hat ein feines, spalt- förmiges, zentrales Lumen, sie ist aus dichten Ringmuskeln gebildet, untermischt mit radiären Fasern, die einzelne besonders kräftige Strah- len bilden. Bei dem kleinen fünfzehnten Stück, das wohl eine sich bildende Scheibe darstellt, sieht man bei verschiedener Einstellung deutlich, daß sich um das Lumen eine spiralige Muskulatur herum- windet. Leider macht es die Lichtbrechung der Strahlenbündel un- möglich, einen Gang zu finden, der Lumen mit Lumen verbindet; und doch ist ein solcher vermutlich da. Die Stellung der zentralen Lu- mina, die in Fig. 22 möglichst genau wiedergegeben ist, deutet darauf hin, daß ein Kanal (oder mehrere) von rechts nach links durch die 14 Scheiben und schließlich durch die engste 15. geht und von da weiter zu den Geschlechtswegen. Diese Auffassung wird unterstützt durch die ganz gleichen Scheibenbilder, die man erhält, wenn man die Muskelpapille eines Penis, z. B. von atlantischen Vitrinen, oder den gleichen Muskelzylinder am distalen Ende des Epiphallus eines Prophysaon in grobe Querschnitte zerlegt. Ich stehe nicht an, den wunderlichen Apparat als ein in eine Anzahl von Scheiben zerlegtes Samenfilter anzusprechen, wobei wir allerdings bis jetzt keine Ahnung haben, wozu solche Filtration dienen mag, zur Ausrichtung, zur Pressung der Spermaköpfe, um ihre verschiedenen Chromosomen besser zu vereinigen oder dergleichen. Diese Unklarheit ist indes genau dieselbe, wie oben bei dem kompakten Penis oder dem Muskelzylinder jenes Epiphallus.. Die genaue Aufklärung des Zusammenhanges der Scheiben untereinander und mit den Genitalwegen muß wiederum der Zukunft überlassen bleiben, woraus keineswegs folgt, daß man den merkwürdigen Apparat nicht vorläufig beschreiben sollte. Das Atrium genitale endlich ist innen mit enormen, dicken Fal- tenbildungen ausgestattet. Von der vorderen sah ein Endchen heraus aus dem Genitalporus, vielleicht als Reizkörper. Ihre der hinteren Falte zugewandte Fläche ist kompliziert gekräuselt und eingefaltet, die andre äußere trägt eine tiefe Spiralfurche und hat außerdem wieder ein verwickeltes Relief von Quer- und Längsfältelung. Die Mantelorgane. Leider ist bei der Umformung gerade dieser Teile an der zarten Schnecke vieles unklar geblieben. Es war nur möglich festzustellen, daß Niere und Lunge, diese ohne vorspringende Gefäße, durch den in den Intestinalsack eingedrückten Schalenschirm auf das wesent- 41* 624 Heinrich Simroth, lichste in ihrer Lage beeinflußt sind, so zwar, daß die Organe teils unter dem Schirm, teils zurückgeschlagen, mit der oberen Fläche nach unten, über ihm liegen, also geradezu eingedrückt und einge- knickt sind. Es schien, als ob der Ureter innen Querfalten trüge und als wenn die Lunge sich mit je einem schmalen Flügel zu beiden Seiten der Niere erstreckte. Das Pericard war deutlich, die Aorta, blendend weiß, zog nach vorn, ohne sich an das Diaphragma zu heften. Es handelt sich wohl um die gleichen Einlagerungen, die an den Ästen der Visceralarterie beschrieben wurden, und ebensowohl um die gleichen, wie sie in den Hautrunzeln zur Ablagerung gekommen sind, also vermutlich um Harnsäure. Ich habe die Überzeugung, daß man über die Mantelorgane nur an neuem sorgfältig konservierten Material mit der Schnittmethode Aufschluß erhalten wird. Vorläufig kann die zusammengedrückte Lungenhöhle mit engem Lumen als erwiesen gelten. Die neue Familie der Ostracolethidae. Bereits in der vorläufigen Mitteilung habe ich die Schnecke zu dem Typus einer neuen Familie erhoben. Es ist vorderhand unmöglich, die Familie zu präzisieren. Erst ein reicherer Inhalt kann die Bedeutung der einzelnen Organe für die Umgrenzung ins rechte Licht setzen; denn es ist unwahrscheinlich, daß alle auffallenden Merkmale zu- sammen in gleicher Weise bei den Verwandten auftreten. Augen- blieklich treten drei Organe als besonders auffällig hervor, von denen jedes allein merkwürdig genug sein dürfte, um eine tiefgreifende Ab- srenzung zu rechtfertigen, nämlich: a) Die Schale, mit dem steil zur Oberfläche in den Intestinal- sack eingedrückten Kalkschirm, mit der großen dünnen Conchinhaut und dem aus einer Mantelspalte herausschauenden Zipfel. b) Der weiche Kiefer und die Radula mit ihrer beiderseits auf- sewundenen Papille und der ungemein großen Zahl gleichmäßig zwei- spitziger Zähne, dazu die kreisrunde Mundscheibe. c) Das in eine Anzahl von Muskelscheiben zerlegte Samenfilter. Als Besonderheiten kann man ferner betrachten die zu einer Drüse erweiterte Vesicula seminalis sowie die Eigenart des Spermoviducts, nach normalem proximalen Anfang plötzlich stark aufzuschwellen. Die Versorgung des Lippenfühlers mit einem Zweige des Tentakel- retractors dürfte ebenso ohne Pendant sein. Wichtiger scheinen mir die mancherlei Folgerungen für das Verständnis andrer, bisher völlig isolierter Gruppen. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 625 Beziehungen zu den Janelliden. Einen kurzen Hinweis gab ich schon an andrer Stelle (39) PrLArE hat auf Grund seiner Studien die Janelliden als Tracheo- pulmonaten allen übrigen Stylommatophoren als Vasopulmonaten gegenübergestellt (25). Ganz abgesehen von der Tatsache, daß die Janelliden oder Athoracophoriden wahrscheinlich einen jüngeren Zweig darstellen als die Soleoliferen oder Vaginuliden (Vaginula und Atopos im weiteren Sinne), daß also die scharfe Abtrennung der Tracheo- pulmonaten dem natürlichen Zusammenhang, welcher die Soleoliferen bei den Vasopulmonaten beläßt, kaum entsprechen dürfte, — so fehlt vor allen Dingen bis jetzt jede Möglichkeit einer näheren Anknüpfung. Wenn sie sich irgendwo begründen läßt, dann, wie mir scheint, bei Ostra- colethe. Das Merkwürdigste an den Janelliden ist wohl die Schale und demnächst die Beschaffenheit der Lunge. Die Schale bildet bald ein längliches festes Stück, das ganz eng von der Haut um- schlossen wird, bald mehrere, die wieder aus einzelnen aufs dich- teste aneinandergefügten Partikeln bestehen. Man wird kaum fehl- sehen, wenn man die erste Stufe als die ursprünglichste nimmt. Da liegst es aber nahe genug, dieses Schalenstück nach Stellung und Form mit der Kalkplatte von Ostracolethe zu vergleichen mit folgen- der Ableitung. Östracolethe ist, nach dem relativ hoch am Intestinalsack ge- legenen Ursprung des Spindelmuskels, von irgend einer höhergewun- denen Gehäuseschnecke abzuleiten. Ich habe bereits aus dem ver- schiedenen Verhältnis der Kalkplatte zu ihrem Schaleneonchinrest bei der Parmarion-Gruppe früher die Folgerung gezogen, daß die Vor- fahren verschiedene Gehäuseschnecken gewesen sein müssen, teils mit gekielter, teils mit kugeliger Schale. Wir haben darunter noch Formen, welche nur Teile der Spira resorbierten (32). Andre haben die gesamten unteren und inneren Schalenpartien zum Schwunde ge- bracht, so daß nur von dem letzten Umgang das Stück geblieben ist, welches die Mantelorgane deckt und schützt. Bei Ostracolethe sind nun zweifellos alle inneren Partien der Schale vollständig geschwun- den, und die Organe haben sich so ineinander geschoben, daß an ihnen der Grad der früheren Aufwindung nicht mehr zu erkennen ist. Unter dem andauernden Einfluß gleichmäßiger tropischer Feuch- tigkeit (— die Schnecke lebt an Bergabhängen mit den höchsten Nieder- schlägen, an denen beispielsweise im malaiischen Archipel auch die hygrophilen Lebermoose ihre höchste Entfaltung zeigen —) hat der 626 Heinrich Simroth, Mantel die Schale vollständig umwachsen. Unter seinem Einfluß wurde der Kalk, da die Schale jetzt vollkommen ins Innere verlegt ist, resorbiert bis auf den vorderen Rand über den Mantelorganen. Unter dem Muskeldruck des Mantels wurde dieses Randstück in den Eingeweidesack eingedrückt und steil zur Oberfläche gestellt. Von hier bis zu den Verhältnissen der Janelliden sind noch zwei Schritte zu machen. Der eine betrifft die vollständige Resorption der Con- chinschale und den Abschluß der Kalkplatte in ihrer engen Tasche, der andre hat die weitere Herabdrängung der Eingeweide aus dem Intestinalsack in den Fuß, die Umwandlung zu den Umrissen einer echten Nacktschnecke, zur Folge. Es ist nicht nötig, die Schritte hypothetisch weiter auszumalen. Denn für beide liegen aus dem gleichen Gebiete die Parallelen vor, für die Resorption die erwähnte Parmarvon-Gruppe, für die Umwandlung zur Nacktschnecke etwa die Kette: Parmarion- Girasia-Urocyelus. Hat man aber diese Metamorphose als wahrscheinlich oder mög- lich zugegeben, dann stellen sich sogleich weitere Argumente ein. Die Radulascheide der Janelliden ist ebenso auffallend aufge- wunden, oder »evolut«, im Gegensatz zu der gewöhnlichen rinnen- förmigen, wie die von Östracolethe, und die Radula ist ähnlich mit sehr vielen, wenn auch nicht mehr ganz so zahlreichen gleichmäßigen Zähnen besetzt. Der einzelne Zahn hat freilich mehr Dentikel und mag aus einer Verschmelzung von mehreren entstanden sein, wie- wohl darüber nähere Vermutungen anzustellen verfrüht sein dürfte. Ebenso liefern die Genitalien weitere Beweise. Die Janelliden haben oben an der Eiweißdrüse eine rundliche Drüse, die sich kaum in eine bessere morphologische Verbindung bringen läßt, als mit der entsprechenden, nur etwas kleineren Drüse von ÖOstracolethe, die wieder aus einer gewöhnlichen Vesicula seminalis hervorgegangen zu sein scheint. Bei den Janelliden trennen sich Ei- und Samenleiter sehr bald, Ostracolethe zeigt dazu wenigstens größere Neigung als das Gros der Stylommatophoren. Der mittlere Teil des Eileiters bildet bei den Janelliden eine große Schleimdrüse, wie sie PLATE nennt, bei Ostracolethe schwillt derselbe Abschnitt mächtig auf gegen- über dem engeren proximalen. Als Besonderheit bleibt für Osira- colethe hauptsächlich das Scheibenorgan oder Samenfilter, wie denn das bisher ohne alle Parallele dasteht und zunächst aus jeder Erör- terung der Phylogenie auszuscheiden hat. So haben wir noch als wesentlichsten Unterschied die Tr acheo- pulmonie. Auch sie dürfte sieh leicht erklären. Man muß im Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 627 Auge behalten, daß die Lungenvenen und ihre Verzweigungen in der Lungenwand bei den Schnecken keine echten Gefäße sind, sondern wandlose Sinus oder Gewebslücken. Nun haben wir gesehen, daß die Kalkplatte von Ostracolethe gerade in die Mantelorgane einge- drückt wird. Dadurch wird der Atemraum eingeengt, und es kann nur spärliche Luft eintreten. Um sie nach Möglichkeit auszunutzen, wird sich das Blut in den Sinus herandrängen und deren Wände vor- schieben ins Lumen der Lunge hinein, sie werden Lamellen, Fächer und durch Verschmelzung Röhren bilden; man braucht nicht einmal Verschmelzung anzunehmen, sondern bloß den gewöhnlichen Lungen- sefäßbaum der Pulmonaten mit seinen ineinander greifenden Zweigen sich in solcher Weise umbilden zu lassen, und man hat die Tracheen- Junge. Ich muß natürlich vorläufig auf eine genaue Analyse ver- zichten, bis reicheres Material die genügende Aufklärung von Ostra- colethe erlaubt. Die Grundzüge der Beziehungen zwischen ihr und den Janelliden dürften indes schon jetzt feststehen. Beziehungen zwischen Ostracolethe und den Hedyliden. Auch hierfür wurde bereits von mir vorläufig berichtet (39). Die Hedyliden (4) sind eine Gruppe von nudibranchen Hinter- kiemern, welche bisher morphologisch und biologisch völlig vereinzelt steht. Die einzige Möglichkeit, ihren Ursprung zu verstchen, liegt wohl bei Ostracolethe, soweit mein Urteil reicht. Die Sonderheiten der Familie beruhen auf ihrer Morphologie und ihrem Vorkommen. Die Hedyliden bilden die einzigen Nudibranchien, die den Eingeweidesack nach Art einer Gehäuseschnecke auf dem kücken tragen und zudem die einzigen Hinterkiemer überhaupt, welche im Süßwasser oder doch mindestens im Brackwasser leben, das mit dem Meere in direkter Verbindung steht!. Dabei haben sie keine Spur von Schale, und ebensowenig Kiemen, worin sie aller- dings mit einer Reihe von andern Nudibranchien übereinstimmen. Die Atmung erfolgt lediglich durch die Haut, man könnte höchstens eine sekräuselte Falte, die zum mindesten bei einer Form symmetrisch rechts und links am Intestinalsack hinaufzieht, als beginnende Kiemen- bildung bezeichnen, d. h. als ein Mittel, die respirierende Hautfläche zu vergröbern. Noch ist die Systematik innerhalb der Familie nicht senügend geklärt, da STRUBELL in seiner kurzen Mitteilung zwei 1! Wenn neuerdings noch Aneylodoris vom Baikalsee durch DyBowskı be- kannt geworden ist, so handelt sich’s um ein Relikt in früherem Salzwasser, das dann ausgesüßt wurde. 628 i Heinrich Simroth, wesentlich verschiedene Formen als Acochlidium bezeichnet hat, von denen nur die eine mit BEersus Hedyle generisch zusammengehört. Diese größeren Formen sind bisher nur im Unterlauf der Flüsse vom Malaiischen Archipel nachgewiesen. Dazu kommen jene Zwergformen, die KOwALEVsKY im Schwarzen Meere, das ja in der Hauptsache als brackisch bezeichnet werden muß, zu unsrer Überraschung entdeckte, von wo sie allerdings an der kleinasiatischen Küste — bei Mytilene — weiterzugehen scheinen (14). Morphologisch wird man die Tiere nur mit Ostracolethe zusam- menstellen können, trotzdem die Radula sich auf drei Zähne in jeder Querreihe beschränkt. Die Radula macht jedoch insofern keine Schwierigkeiten, als jede ihrer drei Platten sich aus einer Reihe gleichmäßiger Zähne verschmolzen erweist, nach BERGHs Figuren. Der Verlust des Kiefers erklärt sich leicht, da er schon bei Osira- colethe zur Rückbildung neigt. Die Umwandlung des Darmkanals zum cladohepatischen Typus erfolgt beinahe selbstverständlich. Nach- dem die Schale weg und der Bruchsack symmetrisch geworden ist, lagern sich auch die beiden Lebern symmetrisch. Daß die Nahrung bei den Pulmonaten in die Leber aufgenommen und daselbst resorbiert wird, kann wohl seit BIEDERMANNS Arbeit als ausgemacht gelten. Bei der symmetrischen Lage wird das Eindringen wesentlich erleich- tert, der Chymus geht bis in die einzelnen Leberläppchen, kurz es kommt das von BERrGH gegebene Bild zustande, in welchem die beiden Lebergänge parallel a und die Leberläppchen auf der Außenseite tragen. Somit ist die ganze Konstruktion leicht genug. Man hat sich vorzustellen, daß eine Gehäuseschnecke den Mantel vollständig über die Schale hinwegwuchern ließ und daß die Schale, vielleicht mit infolge immer stärkerer Anpassung an die Feuchtigkeit, die schließ- lich zur Einwanderung ins Süßwasser führte, vollständig resorbiert wurde. Noch ist der Mantel, der Überzug des Intestinalsackes, in hohem Grade muskulös und bedingt eine starke Beweglichkeit dieses Körperteiles, worauf mich KowALEVSKY vor seinem Hinscheiden brief- lich besonders aufmerksam machte. Daß die Lunge bei immer fort- schreitender Hautatmung schließlich ganz rückgebildet wurde, bedeutet nur den letzten Schritt in der Richtung, die Ostracolethe schon ein- geschlagen hat. | Das scheint mir die einzig mögliche Ableitung der Hedyliden zu sein; sie wird auf das Nachdrücklichste unterstützt durch die geo- graphischen Beziehungen. Doch auf diese komme ich unten zurück. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 629 Die Herkunft der Aeolidier. Auch hierüber gab ich vorläufige Bemerkungen (39). Mehr als einmal ist in der Literatur, auch von mir, der tastende Versuch gemacht worden, einzelne Formen nackter Stylommatophoren von Hinterkiemern abzuleiten, meist auf einzelne Ähnlichkeiten hin. Die Versuche sind sämtlich wieder aufgegeben worden, und sie mußten es, weil sie die Sache am verkehrten Ende anfaßten. Und selbst in dem Falle, daß eine einzelne solche Beziehung aufgedeckt wäre, würde für das Ganze nur wenig gewonnen sein; denn kein Mensch hat bisher vermocht, eine begründete Hypothese über den Ursprung der Nudibranchien aufzustellen, da die auf Trochus und Actaeon ge- stützten Ableitungen sich immer auf die Teetibranchien beschränkten. Auch die Nacktkiemer finden jetzt, so weit es wenigstens die eine Hälfte, die Cladohepatiker, betrifft, zum Teil ihre Erklärung. Manche Janelliden sind bereits in ihrer Hautstruktur den Aeoli- diern bis zu gewissem Grade ähnlich geworden. Auf der Medianlinie hat sich eine Mittelrinne gebildet, von der rechts und links Rinnen nach unten und hinten zum Sohlenrande hinunterziehen. Zwischen diesen Schräglinien tragen einige Formen Reihen von Papillen, in ebensolchen Linien. Eine derartige Figur gleicht genau einer Aeolıs, der man die Rückenpapillen oder Notoceraten abgetrennt hat, wie sie BERGH mehrfach abbildet und zur Zählung und Lagebestimmung der Papillen benutzt. Denkt man sich von Ostracolethe aus den Weg, der zu Hedyle führte, mit demselben Weg verknüpft, der die Janel- liden hervorgehen ließ, mit der Herabdrückung des Intestinalsackes nämlich in den Fuß, dann sind die Momente für die Grundlagen der Aeolidier gegeben. Die einzelnen Leberaeini verbinden sich mit je einer Warze und brechen unter Umständen hindurch, unter Bildung der Nesselsäcke. Es scheint selbst, daß eine solche Form noch vorhanden ist in dem von KOowALEvs&y (14) jüngst beschriebenen Pseudovermis para- doxus Periaslavzeff. Hier sind noch keine Rückenpapillen vorhan- den, sondern nur die in einer doppelten Linie vom Darm nach außen führenden Nesselsäcke. Bei Pseudovermis papülifera Kow. sind daraus bereits verlängerte Rückenpapillen geworden, und bei den echten Aeo- lidiern tritt eine Vermehrung ein, so daß aus einer Rückenpapille je eine Querreihe geworden ist. Auch die Genitalien der Aeolidier stimmen am meisten mit denen der Janelliden überein. Ich unterlasse den Vergleich im einzelnen, wie es mir vorläufig auch unmöglich ist, die Verzweigung der Cladohepatiker im einzelnen zu verfolgen. 630 | Heinrich Simroth, Mutmaßlicher Ursprung der Holohepatiker. Für die andre Gruppe der Nudibranchien, für welche die Doriden als typisch gelten können, fehlte bisher jede Spur der Ableitung so gut als wie für die Cladohepatiker. Die Geschlechtsöffnung liest rechts vorn, der After aber hinten in der Mittellinie. Es gibt keine Hinterkiemer weiter, die ähnliche Topographie aufwiesen. Wiederum scheint mir die Anknüpfung nur bei nackten Pulmonaten möglich, und da zeigt sich allerdings eine Form mit der gleichen Lage der Leibesöffnung, es ist die südafrikanische Apera (s. Chlamydophorus), die man als Raubschnecke meist sehr oberflächlich zu den Testacel- liden gestellt hat. Leider war mir es bisher nicht vergönnt, die Form zu untersuchen, und die anatomischen Angaben von ÜOLLINGE (9) sind zu spärlich, als daß sie weiter zu Aufschlüssen benutzt werden könnten. Nur aui eins möchte ich hinweisen, was zur Erklärung der merkwürdigen Kalkspieula in der Haut dienen kann. Eine reiche, halb krystalline, der Haut aufgelagerte Kalkabscheidung habe ich bereits bei einem Stylommatophoren nachweisen können, in den Dermoecaleiten von l’armacochlea (33). Die Form stammt vom Nord- zipfel Australiens, der genug Beziehungen zur Malaiischen Inselwelt zeigt. In ihren Umrissen hat sie Ähnlichkeit mit Parmarion und Östracolethe, etwa als Zwischenform zwischen beiden. Dieselbe Reihe also, die in Indochina zur Nacktschneckenbildung führte, hat auch schon die freie Kalkbildung des Integumentes erworben (oder von Vorfahren ererbt und beibehalten). Leider lassen sich zunächst nur diese Fingerzeige auftreiben; immerhin eröffnen sie Aussicht auf sangbare Bahnen, gegenüber einem absoluten Chaos. | Man hätte also als Ausgangsform für die Doriden oder Holohe- patiker Pulmonaten, bzw. Stylommatophoren zu nehmen, deren Leibes- öffnungen mit denen von Apera übereinstimmten und deren Integu- ment die Kalkabscheidung auch außerhalb der Schale von frühen Vorfahren beibehielten. Riechfühler und Kriechsohle. Bei allen diesen Formen ist darauf hinzuweisen, daß besondere Riechfühler, Rhinophorien Ber6H, ausgebildet zu sein pflegen, welche, zumeist mit einer Blätterstruktur versehen, in besondere Scheiden zurückziehbar sind. Es liegt nahe, anzunehmen, daß die Scheide noch auf die Beschaffenheit der retraktilen Landschnecken- fühler zurückgeht, unter gleichzeitiger Steigerung des Endknopfes Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 631 mit seinem Ganglion. Die Steigerung besteht in der größeren Flächen- entwicklung, wie sie sich ebenso in den Rückenpapillen, am stärk- sten etwa in der Verzweigung von Dendronotus ausspricht und wie sie nach einem allgemeinen Gesetz dem Einfluß des Wassers, speziell des Meeres, bei fast allen seinen Bewohnern zugeschrieben werden muß (Quallen, wie die Cyaneen, mögen etwa ein Maximum bedeu- ten). Kein Wunder, daß die Riechfühler einen Rest von der auf dem Lande erworbenen Retraktilitäit im Wasser bewahrt haben, da die freiere Ausbildung der sensoriellen Endfläche für diese auch im Wasser besonderen Schutz heischte. Verlust einer eigentlichen Ein- stülpbarkeit der Tentakel findet sich bereits auf dem Lande, bei Janelliden und Vaginuliden. Eine zweite biologische Eigentümlichkeit scheinen speziell die Aeolidier vom Lande her beibehalten zu haben, die geordneten lokomotorischen Wellen der Sohle. Das Bild, das nach MoEBIUS (17) von einer kriechenden Aeolis alba in die Handbücher, FiscHEr 2. B.. (10), übergegangen ist, zeigt noch beinahe dieselbe Schärfe der Querwellen wie die Stylommatophoren. Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß wir darin ein hervorragendes Charakteristikum der Land- pulmonaten haben, denn bei diesen fehlt die Einrichtung nirgends und erreicht in den Vaginuliden oder Soleoliferen ihren höchsten Grad, während sie im Meere eben nur sporadisch auftritt und den Basomma- tophoren des Süßwassers vollständig fehlt. Die Erhaltung bei den Aeolidiern hängt wahrscheinlich einmal mit der relativ jungen Ver- erbung und sodann mit ihrer hohen Beweglichkeit zusammen, mit der sie sich in der Tang- und Florideenzone umhertreiben, gegenüber den Doriden, die mehr träge Bodenformen zu sein scheinen. Nur mit solcher halben Seßhaftigkeit ließ sich wohl die Durchsetzung des Notaeums mit den Spieulis vereinen, wie nebenbei bemerkt werden mag. Die Oneidiiden. Samenrinne, Trochophora und Urniere. BERGH möchte die Oncidien mehr den Hinterkiemern angliedern ; PLarE, der ihre Verwandtschaft am ausführlichsten besprochen hat (24), faßt sie als einen alten Seitenzweig aus der den Teetibranchien und Pulmonaten gemeinsamen Wurzel; er soll ungefähr an derselben Stelle abgehen, an der später die Vaginuliden, unter Übergang aufs Land, entsprossen sind. Die Vaginuliden sollen teilweise selbst ur- sprünglichere Züge bewahrt haben. »Hierhin rechne ich, « sagt er (S. 226), »daß der After sich noch in die Lunge öffnet, daß ein Kiefer vor- handen ist, daß der letzte Abschnitt des Enddarmes mehr oder weniger 632 Heinrich Simroth, weit der Wand der Atemkammer eingelagert ist, obwohl alle Über- gänge bis zu fast völliger Loslösung des Darmes beobachtet werden, daß die Aorta sich gleich an der Wurzel in die beiden Hauptgefäße teilt, daß der Zwittergang sich an seinem unteren Ende, wie bei Oncidien und den Basommatophoren, in Oviduct und Vas deferens spaltet, und daß endlich der Geschlechtsapparat triaul ist, da das Receptaculum seminis einen Ausführgang zur Vagina und einen zum Vas deferens abgibt. Es sind das alles Charaktere, welche wir für die Stammform der Pulmonaten in Anspruch nehmen müssen, da sie auch manchen Basommatophoren und Stylommatophoren zukommen. « Ich selbst habe, was PLArE unbegreiflich erscheint, den ent- gegengesetzten Standpunkt eingenommen. Ich denke an Gehäuse- schnecken als Vorfahren, wie es doch wohl notwendig erscheint, wobei ich es dahingestellt sein lasse, wieweit die Schale der Vorfahren in bezug auf Kalkgehalt und Aufwindung entwickelt war; nach den Angaben, welche Sarasıns (27) über die Entwicklung von Vaginula machen, dürfte sie in beiden Richtungen nicht eben weit vorgeschritten sein. Wie bei gewöhnlichen Pulmonaten, liegen bei Aitopos noch Pneumostom und After zusammen, daneben die weibliche Geschlechts- öffnung; nur die männliche ist etwas nach vorn gerückt neben den rechten Ommatophoren. Das Vas deferens hat noch keinen Ver- bindungsgang zum Receptaculum, der triaule Typus, der durchaus nicht das ursprüngliche Stadium zu sein braucht, ist noch nicht er- reicht. Die Verkürzung des Darmes ist eine Folge der räuberischen Lebensweise, ebenso der Verlust der einen Leber, während die blei- bende den ganzen Chymus in sich aufnimmt und verwertet. Die Radula ist die der Raublungenschnecken. Die Vaginuliden sind einen Schritt weiter gegangen und haben das Pneumostom und den After als gemeinsame Kloakenöffnung ans Ende verlegt. Die Oneidien endlich schieben auch die weibliche Öffnung ans Ende. Ihre Rück- wanderung in die Gezeitenzone läßt die Soleolae, die schärfste Gliederung der Sohle auf dem Lande, wieder zurücktreten. Dabei ist allerdings die Reihe keineswegs so einfach in direkter Linie ge- gangen, die Lunge ist noch mehr von der Niere getrennt geblieben. Aber die Entwicklungsrichtung läßt sich meiner Meinung nur in solehem Sinne verstehen. Auch die Penisdrüse der Oneidien läßt sich nur auf die der Vaginuliden zurückführen, wenn sie auch nur einen Schlauch hat statt vieler, so gut wie die Pfeildrüse der Stylommatophoren bei manchen Formen im eigentlichen Drüsenab- schnitt sich vervielfacht. Der Magen der Vaginuliden ist der einfache, a a he Pl a ee En Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 633 diekwandige, ziemlich muskulöse Magenstiefel vieler Stylommatophoren. Wenn er bei den Oneidien viel stärker muskulös geworden ist, nach Art der meisten Basommatophoren und Tectibranchien, so kann darin wohl nur eine Konvergenz gefunden werden, die wahrscheinlich auf Schlammfresserei beruht. Denn die Verhältnisse dieses Darmabschnit- tes wechseln sehr mit der Lebensweise; so haben alle die Raub- lungenschnecken, welche ihre Beute ganz verschlingen, einen besonders derben und erweiterungsfähigen Magen, während er bei dem saugen- den Atopos gar nicht zur Ausbildung kommt. Wer durchaus den dicken Muskelmagen der Teetibranchien, oft noch mit hornigen Chitin- oder Conchinplatien, zum Ausgangspunkte nehmen will, müßte erst noch sein Auftreten phylogenetisch erklären, da nach üblichem Schema die Teetibranchien von Trochus-artigen Vorderkiemern abgeleitet zu werden pflegen, die den Muskelmagen nicht haben. So bleibt denn im wesentlichen noch ein Merkmal, das die Oneidien mit: den Tectibranchien zu verknüpfen scheint, die Flimmer- inne zwischen der weiblichen Öffnung und dem Vorderende, wo sie allerdings nicht in den Penis oder an ihm hinauf zu laufen scheint. Das Wunderliche ist aber, daß unter der Rinne bei den Oneidien in der Haut noch ein geschlossenes Vas deferens verläuft. PLATE hilft sich mit dem Gedanken, daß sich der Kanal vom Grunde der Rinne abgespalten hat, und daß doch noch die Rinne geblieben ist zu gelegentlicher Selbstbefruchtung. Dann müßte der Penis sich zu- rückbiegen und sein Sperma in die Rinne ergießen. Man kann genau so gut annehmen, dab der Penis sich mit dem durch die Rinne zu- seführten Sperma fülle, wofür unter den Gastropoden Clone borealis ein Analogon bilden würde nach N. WAGNER (44). Zu dem Zwecke müßte eine Verbindung zwischen der Rinne und dem Vas deferens an der weiblichen Öffnung bestehen. In der Tat lauten die Angaben so, daß man wohl eine derartige Deutung suchen möchte. Während SEMPER und IHERING einen Nebenkanal finden wollten, leugnet ihn PLATE entschieden, vermutlich wohl deshalb, weil er ihn in andrer Riehtung suchte, nämlich nach dem Receptaculum hin. Wenn meine Interpretation richtig ist, dann ist das Verständnis nicht allzu schwer. Auf dem Lande war ursprünglich ein Kanal für das Sperma vor- handen; im Wasser wird er überflüssig, und es tritt eine äußere Leitung in derselben Richtung an seine Stelle. Bei den Oneidien bleiben beide Leitungen bestehen, genau entsprechend ihrem amphibio- tischen Verhalten, die innere für Copula auf dem Lande, die äußere im Wasser. 634 Heinrich Simroth, Dafür, daß eine Rinne aus einem Vas deferens entstehen kann (nicht aber umgekehrt), konnte ich kürzlich einen eigentümlichen Be- leg bringen, von Oopelta nämlich (41). Diese Arionide läßt sich auf solche Familiengenossen zurückführen wie etwa Prophysaon. Hier hat der enge Epiphallus vor dem Eintritt in das Atrium einen starken Muskelbelag, so daß ein besonderes spindelförmiges Organ gebildet wird; die männlichen Endteile bilden kein ausstülpbares Begattungs- werkzeug. Bei Oopelta dagegen liegt der Muskelzylinder als Papille für sich, ein Stück weiter oben ist der Samenleiter mit neuer Öffnung durchgebrochen, so daß ein Penis zustande kommt. Der distale Ab- schnitt dagegen ist als Rinne erhalten, die in keiner Weise mehr zu fungieren scheint. Der triaule Typus scheint mir so wenig als ursprähii BE. lage gerechtfertigt, als etwa eine bei Trematoden zur Selbstbefruch- tung entstandene nachträgliche Verbindung für ein Erbteil von den Turbellarien her genommen werden mub. Die Oneidien bringen noch eine andre Frage in Fluß, die nach der Trochophora-Larve. Die Trochophora soll die schwimmende Ur- form für eine Reihe niederer Typen sein. Doch hat noch niemand den Beweis versucht, wie aus derselben Wurzel in demselben freien Meere bald der gekrümmte Hinterkörper der Schnecken, bald der bilaterale gegliederte der Anneliden entstehen soll und dergleichen mehr. Bei den Oneidiiden ist es äußerst unwahrscheinlich, daß alle Formen solche Trochophoren haben wie die Oncidiella celtica von Europas Westküste; Oncis montana wird schwerlich imstande sein, zur Fort- pflanzung von hohem Bergeshange ins Meer zu wandern. Doch auch davon abgesehen, die Trochophora der Schnecken mit ihrer gekrümm- ten Schale findet eine viel einfachere Erklärung. Das Stirnsegel mit seinem Wimperkranz entspricht vermutlich der Nackenblase der Em- bryonen von terrestrischen Formen, die selbst vielen Vorderkiemern nicht fehlt, obgleich sie keine Podocyste haben, durch deren Druck sie am Gegenpol entstanden sein könnte (vgl. die Zusammenstellung bei MEISENHEIMER, 16). Bei der erschwerten Bewegung auf dem Lande, welche das Fortschaffen der gesamten Körperlast erfordert, kann nur der bilaterale Bau aufkommen; dem Vorderende wird die stärkste Bildung der Sinne und der Bewegungsfähigkeit notwendiger- weise übertragen, anfangs, bei Turbellarien oft genug noch, ohne daß der Mund in diese Region mit einbezogen wäre. So ist es dieser Stirnteil, der, von Anfang an am beweglichsten, auch die Zirkulation der Leibesflüssigkeit beim Embryo übernimmt — die Podocyste tritt Über Ostraeolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 635 nur bei den Stylommatophoren sekundär dazu. Derselbe bewegliche Körperteil aber übernimmt beim Freiwerden der jungen Larve im Meere die Ortsbewegung, so zwar, daß sich die Energie nicht in Muskel- kontraktion, sondern im Geißelschlag äußert, unter gleichzeitiger Er- weiterung des Areals zur Glocke, die nichts anderes darstellt als die Anpassung an die Schwebeform, sei es, daß mehr seitliche Aus- ladungen die Flächenvergrößerung bewirken, sei es, daß mehr die Glockenform der Medusen erreicht wird. Unter diesen Gesichtspunkt fällt mancherlei, der Räderapparat der Rotatorien, die Eichel der Balanoglossen wu.d das Stirnschild von Chaetoderma, der Rüssel des Bonellia-Weibehens usw. Man wird leicht geneigt sein, die Urniere der Trochophora als Einwand zu benutzen und ihre gemeinsame Vererbung von einer Ur- form zu behaupten. Doch scheint mir auch hier eine andre Auf- jassung am Platze Harn- bzw. Stickstoffabsonderung ist eine physiologische Forderung, die mit lebhafter Bewegung Hand in Hand seht. Die Pflanzen haben keine Nieren. Nun ist bei dem Stylommato- phorenembryo so gut wie bei der Trochophora die Nackengegend der aktive Körperteil, aus dem unausgesetzt stickstoffhaltige Abfallprodukte nach außen zu schaffen sind. Folglich bildet sich in dieser Gegend, der bilateralen Anlage entsprechend rechts und links eine Stelle, die einen lebhaften Strom nach außen führt. Das einfachste Mittel ist je eine Geißelzelle, deren Geißel in einer zentralen Vertiefung liegt. Durch diese geringe Formabweichung wird ein Doppeltes erreicht; eine freie Geibel an der Oberfläche würde Lokomotion des Tieres bewirken, eine eingesenkte bloß einen Strudel; gleichzeitig aber wird der Boden dieser Zelle so dünn, daß gerade hier ein osmotischer Strom von innen herbeigezogen wird; die Geißelbewegung wirkt ge- wissermaßen saugend auf das Innere. Die nächste Stufe wäre zur Verstärkung die Heranziehung einer zweiten ebensolchen Zelle; die erste rückt weiter ins Innere, die andre liegt distal von ihr, so daß sie zusammen eine kurze Säule bilden. Die Anordnung bringt es, wie mir scheint, ohne weiteres mit sich, daß der dünne Boden der distalen Zelle durchbohrt wird. Wir haben also die bekannte intra- celluläre Lage des Ausführgangs der Urmmiere. Soviel ich weiß, hat man als einfachste derartige Urnieren bisher solche zweizellige ge- funden, wie ich sie eben ableitete.e Ob es die einfachste Form, die aus einer Zelle mit Wimperflamme besteht, gibt, muß freilich da- hingestellt bleiben. Doch ist wahrscheinlich, daß eine derartige erste Anlage bisher sich der Beobachtung entzog, weil sie naturgemäß 636 Heinrich Simroth, leicht mit gewöhnlichem Geißelepithel verwechselt werden wird. Eine einzelne Zelle als Urniere wurde beobachtet, aber nur deshalb, ve sie mit Harnkonkrementen beladen wurde (16). Ich kann also nach diesen Darlegungen weder die Trochophora oder den Veliger der Gastropoden mit der gekrümmten Schale als Be- weis der Abstammung der Schnecken von einer gemeinsamen Trocho- phoride ansehen, noch die Oncidien deshalb, weil einzelne diese Larvenform erworben haben, von maritimen Vorfahren ableiten. Die Gastropodentrochophora erscheint vielmehr als nachträgliche Anpas- sung an die See, ausgehend von der Pulmonatenlarve mit ihrer Nackenblase. Die Larve mußte die Urnieren erwerben auf Grund physiologischer Forderung. Über die Porostomen. BErGH hat als Porostomata zwei Familien von Nudibranchien zusammengefaßt, die Doriopsiden und Phyllidiiden (5). FiIscHer reißt sie in seinem Manuel wieder auseinander und verweist sie an ver- schiedene Stellen des Systems (10). Dadurch allein wird die ganze Unsicherheit der Gruppe genügend gekennzeichnet; sie erscheint noch schärfer angesichts der Tatsache, daß auch FiscHER nur ganz ober- flächliche Ähnlichkeiten für die Einordnung verwerten kann. Das Eigenartige ist, daß die Tiere die Radula eimgebüßt und einen Saugmund erworben haben. Eine Art von Kopf mit zwei Ten- takeln paßt bei den Phyllidiiden (Phylkdia und Fryeria) in einen Ausschnitt vorn unter dem Notaeum. Seitlich liegen unter ihm jederseits zahlreiche Kiemenfalten. Lebhafte Farben zeichnen die Schnecken aus. Mir scheint, daß möglicherweise auch diese Formen auf Stylom- matophoren zurückgehen, auf die Atopiden oder, wie sie SARASINS nennen, die Rathouisiiden (27). Auch von diesen wissen wir, daß sie ihre Beute aussaugen. Da mag denn die Radula leicht verloren sehen. Das Verhältnis von Kopf und Tentakeln zum Notaeum ist das gleiche. Für die Verlagerung des Afters nach hinten käme dieselbe Entwicklungsrichtung in Frage, wie bei Vagınula. Die Kiemenblätter wären Neuerwerbungen am Hyponotum. Die Rathouisiiden gehören zu den buntesten Lungenschnecken, wie die Phyllidiiden unter den Nudi- branchien sich durch schreiende Farben besonders hervortun. Die Ähnlichkeiten weiter zu verfolgen, ist bis zu genauerer Kennt- nis nicht angezeigt. Mir lag nur an dem Hinweis, daß wir mit der Annahme einer polyphyletischen Entstehung der Nudibranchien von Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 637 Stylommatophoren aus mehr Aussicht für ein natürliches Verständnis sewinnen, als wenn wir den Begriff der Opisthobranchien festhalten und hineinzwängen, was schwerlich zusammenpaßt. Schon zeigen sich an verschiedenen und wichtigen Stellen Übergänge, die erst völlig klar liegen werden, wenn die veränderten Ideen das Messer des Zootomen leiten und die Richtung seiner Untersuchungen bestimmen. Über den Ursprung der Vorderkiemer. Operculum. Hier brauche ich nur kurz zu referieren, was ich an andrer Stelle ausgeführt habe (40). Nach BouviEr (6) hat eine Pleurotomaria hinter den kurzen, rand- ständigen Kiemen ein echtes Lungengefäßnetz, wo eine andre nach M. WoopwarDp eine Hypobranchialdrüse trägt. HESCHELER hilft sich damit, das Lungengetäßnetz ebenfalls als solche zu deuten (12). Das kann aber nicht als naturgemäß gelten. Wie wir auf dem Boden des Genfer Sees Limnaeen haben, welche ihre Lunge mit Wasser füllen, was erst neuerdings wieder von ANDRE (2) bezeugt wird, so muß Pleurotomaria beurteilt werden. Auch sie hat ihre Lunge auf dem Lande erworben, so gut wie die Patellen ein Atemgefäßnetz an der Decke ihrer Kiemenhöhle tragen. | Der Schluß würde vielleicht anfechtbar sein, wenn nicht andre Tatsachen, vor allen Dingen geographische, zu dem gleichen Ziele hindränsten. Die Pleurotomarien leben in den tieferen Schichten der Litoralzone an identischen Punkten, Westindien und Japan, in an- nähernd gleicher Entfernung von den Schwingpolen Sumatra und Ecua- dor. Sie verhalten sich genau wie andre altertümliche Formen, Zimudus, Lingula, die Pedipalpen. Ihre Vorfahren haben einst an den Schwing- polen als Gebieten kontinuierlichen Lebens mit ihren Kiemen auf dem Lande gelebt, nicht anders als die Baumneritinen mit ihrer Kieme in der gleichmäßig feuchtwarmen Luft atmen, so gut wie im Wasser. Damit stimmt ferner überein, daß die Landprosobranchien bei weitem ihre Maxima an Gattungen und Arten in Westindien und auf den Philippinen erreichen, an identischen Punkten in Schwingpollage. Ich habe sofort daraus den Schluß gezogen, daß die ältesten Gastropoden als Landtiere Begattungswerkzeuge hatten (zu gunsten meiner alten Theorie, daß die einseitige Anlage der Genitalien, — im Gefolge der breiten Sohle — die Ursache der asymmetrischen Aufwindung bilde). Die Entleerung der Zeugungsstoffe durch die Niere ist eine Folge der Rückwanderung ins Meer, wie bei allen Tieren mit solcher Fortpflanzung. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bd. 42 638 Heinrich Simroth, Damit sind wir vorläufig bis an die Grenze gelangt, über die wir rückwärs nicht rechnen können. Ältere Schneckenversteinerungen kennen wir nicht. Wir wissen also nicht, ob etwa die ersten Kiemen auf dem Lande entstanden oder im Wasser. Denn an und für sich liegt nach dem Gesetz, daß der osmotische Gasdruck im Wasser derselbe ist wie in der Luft, kein Grund vor, daß nicht eine größere Atemfläche auch auf dem Lande durch äußere Anhänge erreicht werden könnte. Die Arealgewinnung durch Ein- stülpung wird sich erst nötig machen, wenn Ungleichmäßigkeit der Luft nach Temperatur und Trocknis für die zarte Respirationsfläche Schutz verlangt. Da mag es immerhin näher liegen, den Ursprung der Kiemen im Wasser zu suchen. Gleichwohl ist auch das fraglich genug. Wenn die Ableitung der Weichtiere von Turbellarien, die nach meiner Überzeugung die einzig mögliche ist, durch die Erhär- tung des Rückens als eines Trockenschutzes außerhalb des Wassers geschah, und wenn sich die Gewinnung besonderer Atemwerkzeuge (nebst Kreislauf) eben als eine Folge der Entziehung des Rückens für die Hautatmung darstellt, dann ist es eigentlich selbstverständlich, daß das erste Respirationsorgan auf dem Lande erworben wurde und zwar als Lungeneinstülpung. Die Pleurotomaria-Kiemen würden dann sogar erst das Produkt der Rückwanderung ins Wasser bil- den. Doch sind die Gründe vielleicht noch nicht ganz zwingend. Es kommen andre dazu. | Als ein Trockenschutz auf dem Lande stellt sich sofort das Operculum dar. Es geht oft wieder verloren, zumal dann, wenn an seiner Stelle Mündungsfalten die Schalenöffnung verengern und die Verdunstung herabsetzen; so schon unter den Rhipidoglossen bei den Helicinen. | Dasselbe Operculum findet sich nun aber auch bei den Pul- monaten, und zwar unter den Stylommatophoren so gut wie unter den Basommatophoren. Von den Basommatophoren haben es solche Formen konserviert, über die sich die Malakologen streiten, ob sie zu den Tectibranchien zu verweisen seien, die Amphiboliden. Unter den Stylommatophoren sind zwei Gruppen gedeckelt, die Clausilien (zum großen Teil) und das kleine Relikt von S. Thome: Thyrophorella. Bei beiden ist das Operculum beweglich mit der Schale verbunden, bei Thyrophorella nach Art eines einfachen Schar- niers, bei den Clausilien in Kombination mit Mündungs-, bzw. Spindel- falten. Daß es auch bei ihnen eine Abscheidung des Fußrückens bedeutet, kann niemand bezweifeln. Mir scheint aber, daß diese Über Ostraeolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 639 Deckel nach Bau und Lage ursprünglicher sind, als die der meisten Vorderkiemer. Zunächst stoßen sie noch unmittelbar an die Schalen- mündung, liegen also an der Grenze des Mantelrandes, so daß man wohl kaum Bedenken zu tragen braucht, auch den Teil des Fußrückens, der sie trägt, noch zum Mantel zu rechnen, als einen auf den Fuß übergetretenen Mantellappen. Das würde aber jedenfalls der ersten Entstehung mehr entsprechen, als die Entfernung von diesem Rande, die freie, von der Schale entfernte Lage mehr nach dem Hinterende des Fußes zu, wie wir sie bei vielen Prosobranchien haben. Auch ist sicherlich das Clausilium einfacher struiert, als der Deckel vieler Vorderkiemer, wobei wieder die sog. Landdeckelschnecken, nament- lich in den kleinen Formen Südostasiens, die höchste Komplikation und den größten Formenreichtum aufweisen, wenn man etwa das Opereulum von Neritina dazu rechnet. Andrerseits braucht diese ver- wiekelte Konstruktion allerdings auch kein Beweis für eine abwei- chende Linie und weitere Umbildung zu sein, sondern läßt sich aus dem Vergleich mit dem Mantel und der Schale herleiten. Wenn Hovzay die verschiedenen Teile des Operculums auf zwei Kompo- nenten zurückgeführt hat, die an der Fußmuskulatur angewachsene Fläche und andre, von einem Deckellappen aus aufgelagerte Partien, so könnte man die letzteren auf das vom Mantelrande erzeugte Peri- ostraeum, vielleicht noch mit dem Ostracum beziehen, die Anwachs- fläche aber mit der Insertionsfläche des Spindelmuskels parallelisieren. Der Deckel entspricht dann einer Schale, bei welcher das Peristom unmittelbar an die Insertionsfläche stößt. Die übrigen Teile fehlen. Wahrscheinlich ist das die richtige Lösung. Da bei den Landpulmonaten der Spindelmuskel sich streng auf die Spindel beschränkt, so entsprechen sie in diesem Merkmal am ersten der theoretischen Forderung, welche wir an die ursprüngliche Schöpfung der Gastropoden stellen müssen. Die Schale hat sich ge- wissermaßen um den Spindelmuskel aufgewunden. Alle abweichen- den Insertionen, die bei den Prosobranchien so häufig sind, müssen als sekundär gelten. Zu der ursprünglichen Beziehung paßt vor- trefflich die Lage des Clausiliums und des Thyrophorella-Deckels. Bei alledem kann der Deckel doch kaum als ein erster Erwerb, als ein ältestes Erbteil der Gastropoden gelten. Der erste Trocken- schutz war die Schale. Erst als diese infolge des Landaufenthaltes aufgewunden war, stellte sich bei abermaligem, wenn auch geringem Klimawechsel als zweiter Schutz das Operculum ein. Sonst wäre kaum seine bestimmte feste Lage auf dem Fußrücken denkbar, es 42* 640 Heinrich Simroth, hätte die Drehung mitmachen müssen and wäre mit um den Körper herumgeführt worden. Wenn der Deckel bei den Prosobranchien spiralig gewunden wird, im entgegengesetzten Sinne der Schalenspira, dann dürfte das erst eine sekundäre Erscheinung sein, nachdem er sich vom Rande der Schale gelöst hatte und ein wenig auf dem Fußrücken nach hinten verlagert war. Bei den Pulmonaten ist von solcher Auf- windung noch nichts zu sehen. Es liegt doch aber gewiß näher, die Lage und Bildung des Deckels an und vom Mantelrande als Ur- sprüngliches anzunehmen und nicht erst eine weiter rückwärts ge- legene Bildung, die erst nachträglich mit dem Peristom sich verbindet. Weiter läßt sich in den theoretischen Konsequenzen vorläufig schwerlich kommen. Wohl aber lohnt es zu betonen, daß Vorder- kiemer und Lungenschnecken gleichermaßen bis ins Palaeozoicum zurückreichen. Wenn die Pulmonaten allerdings erst im Karbon auf- treten, dann entspricht das nur den geringen Aussichten der Land- tiere, überhaupt versteinert zu werden und der hohen Wahrschein- lichkeit, mit der die oberflächlichen sie umschließenden Schichten wieder verwittern. Selbstverständlich bin ich weit entfernt, die Pulmonaten in ihrer je'zigen morphologischen Ausbildung, mit konzentrierten Ganglien und einfacher Niere, für Urformen anzusehen. Wohl aber dürfte anzu- nehmen sein, daß die gemeinsamen Vorläufer in vieler Hinsicht, namentlich in den Geschlechtswerkzeugen (s. u.), den heutigen Pul- monaten näher standen als den Diotocardien. Niere und Vorkammer muß doppelt gewesen sein, im Nervensystem war zum mindesten die Visceralkommissur noch lang und die Fußganglien hatten die Form von Marksträngen. Der Schluß mag so lauten: Auf dem Lande, wo der Anstoß zur Bildung gegeben wurde, spitzt sich diese auch bis zur letzten Um- bildung weiter zu, nur in dem Gleichmaß des Wassers wurden die rück- gewanderten Formen in geringerer Abänderung (so weit das Wasser nicht zum Teil solche bedingt) erhalten. Es ist derselbe Schluß, nach welchem sich Limulus, die alte, spinnenverwandte Landform, in der Litoralzone erhielt, oder nach welchem in der Brandung, der die ‚Chitoniden nach meiner von PLATE (26) näher begründeten Ansicht Entstehung und Eigenart verdanken, nicht die altertümlichsten Formen mehr hausen, sondern die in konsequenter Weiterbildung am meisten umgemodelten, die Acanthopleuriden; die atavistischen Lepidopleuriden haben sich in tieferem Wasser erhalten. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 641 Auf zwei Folgerungen, die sich aus der Lungenatmung und dem Landleben der alten Pleurotomarien ergeben, mag noch kurz hin- gewiesen sein. Ähnlich wie die Hedyliden des Süßwassers sich von der terrestren Ostracolethe ableiten, so hat die potamophile Valvata allein noch die Randkiemen der Pleurotomarien, von denen nur noch die eine fungiert. Ebenso erklärt sich, worauf ieh schon hinwies (40), die wunderliche Lunge von Ampullaria über der Kiemenhöhle, von dieser aus durch ein Loch zugänglich, leicht aus früherem Landauf- enthalte. Die Decke war erst eine echte Lunge neben der Kieme. Bei der Rückwanderung ins Süßwasser wurde schließlich jede Luft- blase, die sich eben an dieser Decke noch hielt, möglichst ausgenutzt, indem die Wände rings sich herandrängten, wodurch das Diaphragma oder die durchbohrte Decke der Kiemenhöhle entstand. Um den Wert auch der relativ kleinen Blase zu würdigen, braucht man sich nur des außerordentlich geringen Luftverbrauchs unsrer Schnecken zu erinnern. Über die Tectibranchien. Ich habe kaum nötig anzudeuten, wie die verschiedenen Autoren einen Zusammenhang zu konstruieren versuchen zwischen Vorder- kiemern, Tectibranchien, Basommatophoren und Stylommatophoren. BouviEr knüpfte zuerst Actaeon an die Trochiden an, v. IHERING war wohl der erste, der Basommatophoren und Tectibranchien in näheren, begründeten Zusammenhang brachte, PELSENEER (20), Pate u. a. nahmen die Aurieuliden für erste Pulmonaten, von den Teectibranchien aus, PLATE suchte eine weitere Stufe bei den Achatinen oder Bulimen. Das alles bildet einen tastenden Zusammenhang. Die wichtigsten Argumente hat man vom Nervensystem herge- nommen. Es zeigt seine gleichmäßigste Ausgestaltung bei den Bas- ommatophoren, wo LACAZE-DUTHIERS, der Meister monographischer Darstellung, die klarste Übersicht gab. Alle Ganglien erscheinen hier getrennt und abgerundet, zwei Cerebralganglien, zwei Buccal-, zwei Pedal-, zwei Pleural-, zwei Parietalganglien und ein Visceral- knoten, alle in engem Verbande um den Schlund. Da kam Bouvızers Entdeckung, daß bei Actaeon das System durch eine lange, noch etwas gekreuzte Visceralkommissur ausge- zeichnet ist; das gab die Anknüpfung an die Chiastoneuren oder Vorderkiemer (5). Dem steht aber PLAtes Entdeckung gegenüber, daß auch Chiline, ein echtes Basommatophor, eine ähnliche Visceralkommissur hat (25). 642 Heinrich Simroth, In dieser Hinsicht kann man also die Basommatophoren ebenso als Grundlage und Ausgangspunkt nehmen. Die Sache wird bereits bestimmter, wenn wir GUIARTS neuste Arbeit über die Tectibranchien (11) zur Hand nehmen. Hier haben wir überall, und zwar bereits bei Aciaeon, eine Verschmelzung der Cerebralganglien mit den pleuralen, also keineswegs mehr ursprüng- liches, sondern abgeleitetes Verhalten. Damit ist der Schwerpunkt bereits verlegt, und die Basomma- tophoren bringen das postulierte Schema am reinsten zum Ausdruck. Es ist beiläufig genau dasselbe Nervensystem, das wir auch bei den Clausilien finden, selbst in der Reinheit der doppelten Pedal- kommissur. Damit sind wir schon so weit gediehen, daß die Basommatophoren die Wurzel bilden für die Tectibranchien, und nicht umgekehrt. Ich habe längst den Standpunkt vertreten, die Basommatophoren seien ursprünglich Landtiere (34). Eine Lunge entsteht eben nicht im Wasser. Es kommt jetzt nur noch darauf an, weitere Beweismittel zu suchen, bzw. zu prüfen, ob die Auffassung auch für die übrigen Merkmale außer dem Nervensystem Stich hält. Soviel ich sehe, für alle, sofern wir von denen absehen, die überhaupt noch keine Dis- kussion zulassen, wie etwa das Osphradium. Darauf, daß Basommatophoren, allmählich in die Tiefe versetzt, Wasser in die Lungenhöhle nehmen, ist bereits hingewiesen. Es fragt sich, wo die Kieme der Teetibranchien herkommt. Man kann hier an Ancylus erinnern, der schon keine echte Lunge mehr besitzt, sondern statt dessen einen Hautlappen, und an den Protaneylus von Celebes, welcher an Stelle des Lappens nach Sarasıns eine gefaltete Kieme hat (27). Man kann sich fragen, ob der Lappen am Athem- loch der großen Planorbis, den sie unter Wasser durch Blut dehnen und als Kieme gebrauchen, in die Reihe gehört. Scharf zählt aber hierher die Miratesta von Celebes mit ihrer echten Tectibranchien- kieme (27). Ob diese Kieme auf eine alte Randkieme von Pleuro- tomaria-Valvata zurückgeht oder als Neuerwerbung'zu betrachten ist, muß noch dahingestellt bleiben. In der Schale stehen wohl zwei Formen als abweichend, man 'möchte sagen, intermediär da, Miratesta und die großen Auriculaceen. Man könnte sie, die von unbestrittenen Pulmonaten stammen, leicht an die derbsten Stylommatophorengehäuse oder an Vorderkiemer an- reihen. Jedenfalls erscheinen ihnen gegenüber die meisten, ja wonl alle Schalen der Teetibranchien als zart und abgeleitet. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 643 Die Fühler von Physa, die bis ins Palaeozoicum zurückreichen soll, und von Planorbis sind die schlanksten, die am meisten ans Landleben erinnern in ihrem derberen Gefüge. Die der Limnaeen sind unter dem Einfluß des Wassers gelockert. Der Planorbis-Fühler hat an der Basis eine nervöse Anschwellung. Bei Meratesta stellt sie sich als eine kleine Tasche dar. Von hier mögen die taschen- förmigen Rhinophorien der Aplysien stammen. Unter den Teeti- branchien haben wir aber die stärkste Rück- und Umbildung, wenn die Fühler zum bohrenden Kopfschild verwachsen. Der Fuß hat bei den Tectibranchien in den Parapodien Neu- bildungen gewonnen, die so recht dem ungestörten Auswachsen im Wasser entsprechen. Der Kiefer ist bei Limnaea wohl der ursprünglichste, insofern als noch ein oberes Mittelstück da ist, wie bei den Stylommatophoren. Nachher bilden sich die Seitenteile immer stärker aus, als Schutz- platten für die seitlichen Pharynxwände beim Schlammfressen. Mit der gleichen Eigentümlichkeit hängt der Muskelbelag des Magens und seine Auskleidung mit Kauplatten zusammen. | Die Geschlechtswerkzeuge leiten sich etwa in der gleichen Diffe- renzierungsrichtung von Östracolethe-artigen Formen ab, wie wir’s bei den Janelliden und Öncidien verfolgt haben; stärkere Zerlegung der drüsigen Abschnitte, zunehmende Trennung der Leitungswege, Ver- legung des Penis nach vorn, schließlich im Meere Ersatz des distalen Endes des Samenleiters durch die äußere Samenrinne, wobei Actaeon mit noch geschlossenem Kanal (20) trefflich an die Übergangsstelle paßt. Hier mag die Bemerkung am Platze sein, daß dieser biologisch begründete Weg viel gangbarer erscheint, als die umgekehrte Hypo- these, nach welcher die Samenrinne in ganz verschiedenen Gruppen (Prosobranchien und Hinterkiemern) ohne Parallele in anderen Tier- klassen entstanden sein und sich nachträglich geschlossen haben sollte. So spitzt sich alles darauf zu, daß die Teetibranchien von be- s>halten Pulmonaten abstammen, gleichgültig ob die Vorfahren schon zu echten Stylommatophoren differenziert waren, — so gut wie die Nudibranchien von nackten Stylommatophoren. Über den Hermaphroditismus der Mollusken. PELSENEER hat die Zwitterformen unter den Weichtieren zu- sammengestellt und ihre Entstehung erörtert (19). Die Fälle sind die folgenden: | Scaphopoden und Cephalopoden: 0. 644 Heinrich Simroth, Amphineura: Alle Neomenilden. Gastropoden: Streptoneura: Valvata, Onchidiopsis, Marsenina, Entoconcha (ebenso andre Schmarotzer). Dazu sporadisch: diöcische Ampullarien. Doch sind auch Docoglossen nicht ausgeschlossen, spora- disch Patellen, wenn sie nicht nach Art der Acmaeen zu beurteilen sein sollten, denn diese sind nach WirLcox anfangs männlich, später weiblich, mit kurzem Übergangsstadium. Alle Euthyneuren (Opisthobranchien und Pulmonaten). Lamellibranchien: Arten von Pecten, Ostrea, Cardium, Enio- valva, Cycladen, Poromyiden, alle Anatinaceen. Dazu sporadisch: diöcische Anodonten. Bisherigen Anschauungen entsprechend, kommt PELSENEER zu dem Schluß, daß Diöcie für die Mollusken das Ursprüngliche sei und Hermaphroditismus nachträglich erworben und zwar in ver- schiedener Weise, da die Zwitterdrüse sich verschieden verhält, je nach engerem Nebeneinander oder schärferer Trennung der weib- lichen und männlichen Keimzellen. Nach meiner Anschauung verhält sich die Sache umgekehrt. Gehen wir auf Landgastropoden zurück, dann ist zunächst klar, wie oben auseinandergesetzt, daß anfangs Begattungswerkzeuge da sein mußten. Das Stadium der Diotocardien, welche die Zeugungsstoffe frei entleeren, ist ein sekundäres. Das wird wohl am klarsten durch die neuen Untersuchungen über die Neritiden, zuletzt von THIELE (43) bewiesen; wir finden bei ihnen besondere Genitalwege und Genital- poren, und nur im weiblichen Geschlecht wird noch die rechte Niere, die beim Männchen verloren geht, zu Receptaculum seminis und Va- gina umgewandelt. Wir haben also kein Recht, die Verhältnisse der anderen Diotocardien als ursprünglich zu betrachten. Nehmen wir vielmehr das Konvergieren der ältesten Vorderkiemer, Hinterkiemer und Lungenschnecken auf dem Lande, dann haben wir die einfache Lösung, daß die Urformen, so gut wie ihre Vorfahren, die Turbel- larien, Zwitter waren; die Lungenschnecken haben das meiste Recht, in bezug auf die Genitalien als die ursprünglichsten genommen zu werden, wobei ich mich freilich noch hüte, ihre mannigfachen sekun- dären Anhänge im einzelnen phylogenetisch zu deuten. Von diesem Gesichtspunkte aus wird die ganze Entwicklung jedenfalls viel einfacher, beinahe selbstverständlich. Die vereinzelten Vorkommnisse von Hermaphroditismus unter den Muscheln sind Rück- in. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 645 schläge, bei der Langsamkeit der Tiere von Vorteil. Ebenso stellen sich Schmarotzer. Man kann hier recht wohl als Parallele die niederen Wirbeltiere anführen. Der vereinzelte Hermaphroditismus niederer Gruppen, Kröten und Cyclostomen, wird doch allgemein als Rückschlag auf- gefaßt, nieht aber als Neuerwerbung. Valvata, mit Bezug auf die Kieme so altertümlich wie die Pleuro- tomarien (8. o0.), ist im Süßwasser Zwitter geblieben, denn die Diöcie ist am schärfsten bei der erzwungenen halben Sessilität in der Bran- dungszone, gleichzeitig mit der freien Aussaat der Zeugungsstofle (Ja man muß wohl Diöcie ohne Copula den Zwittern gegenüber als Verarmung bezeichnen). Ebenso wie Valvata sind die Ampullarien mit gelegentlichem Hermaphroditismus aufzufassen. | Schwierigkeiten machen eigentlich nur die Lamellariiden. Aber ich stehe nicht an, zu behaupten, daß diese Tiere mit den mannig- fachsten anatomischen Eigenheiten, die uns BErGH kennen lehrte, und mit der wunderlichsten ontogenetischen Komplikation die merk- würdigsten Schicksale von allen Vorderkiemern hinter sich haben. Sie sind u. a. die einzigen, welche auf der Zwischenstufe zwischen Gehäuse- und Nacktschnecke stehen geblieben sind, gewissermaßen Halbnacktschnecken, wie wir sie sonst nur in reicher Entwicklung auf dem Lande am Ostpol, und ganz vereinzelt in Amerika antreffen. Diese Gruppe bedarf noch besonderer Durcharbeitung. Ich habe bereits auf verschiedene Anhaltspunkte für ihre weitgehende Um- bildung hingewiesen (39). Schließlich mache ich noch darauf aufmerksam, daß die alter- tümlichsten Mollusken, die Neomeniiden, mit dem Hermaphroditismus auch Copulationsorgane, Reizspieula u. dgl. zu besitzen scheinen. Kurz, der Hermaphroditismus mit Copula scheint das Ursprüngliche zu sein, und er findet sich ausnahmslos allein bei den Pulmonaten und den davon abgeleiteten Hinterkiemern. Geographische Beziehungen. Unter Erweiterung stelle ich hier zusammen, was schon früher vorgebracht wurde (38, 39). Vorwiegend geog'raphische Grundlagen sind es, von denen meine Ableitungen ihren Ausgang nehmen (40). Ecuador und Sumatra sind als Schwingpole Gebiete kontinuierlichen Lebens bis in die ältesten Zeiten zurück; der Schwingungskreis, durch die Behringsstraße über 646 Heinrich Simroth, Europa und Afrika, brachte die meisten Änderungen, die teils in morphologischer Umgestaltung, teils in Auslöschung ihren Ausdruck fanden. An den Ostpol gliedert sich die ganze Landmasse von West- asien, Europa und Afrika an, anfangs bis nach Amerika reichend, solange es dem Wasser, welches die Geoidform einzunehmen strebt, noch nicht gelang, den Atlantic auszufurchen, wie es schon früher den Pacifie ausgefurcht hatte. Das Einzelne möge man in meiner Skizze (38) nachlesen. Ich betone nur noch, daß der Ostpol der feuchtere, der West- pol der höhere und trocknere ist, und daß der erstere das Haupt- schöpfungsgebiet darstellt, sei es wegen stärkerer Zerklüftung, sei es wegen fortwährenden Austausches mit den Rückwanderern von der srößeren Landmasse. Mit demselben Umstand hängt es wohl zu- sammen, daß die Schöpfung Amerikas vielfach gegen die altweltliche um eine Stufe zurückgeblieben ist. Identische Punkte sind Orte, die je zum Ostpol und zum West- pol auf beiden Erdhälften die gleiche Lage haben, so daß sie gleicher solarer Einwirkung ausgesetzt sind. Der größere Reichtum des Ostpolgebietes zeigt sich von Anfang an durch die Erhaltung von Nautilus im Gebiete der alten Küsten- linie, er läßt sich bis zur Gegenwart leicht verfolgen in einer uner- schöpflichen Fülle immer neuer Gattungen und Familien im Wasser und namentlich auf dem Lande. Man braucht nur die Mollusken- literatur durchzugehen. Im Meere fehlt leider meist noch die ge- nügende Trennung beim Pacific; wenn man z.B. die sorgfältigen Angaben von BERGH beachtet, bei wie vielen Formen einfach paei- fisches Vorkommen registriert wird, so wird man in den meisten Fällen annehmen können, daß es sich um die alte Erstarrungszunge handelt, die von Ostasien bis zu den Marquesas reichte, nicht aber um die Westküste Amerikas. Damit wird aber ein ganz gewaltiges Plus ı Für diejenigen Leser, welche sich mit der geologischen Seite des Pro- blems befaßt haben sollten, bemerke ich, daß das wichtigste einschlägige Werk, das von KREICHGAUER (— die Äquatorfrage in der Geologie —) bald nach den betr. Veröffentlichungen von P. REIBISCH und mir erschien. Im großen und ganzen läßt KREICHGAUER, auf Grund geologischer Studien, Nord- und Südpol um die ganze Erde wandern, über Afrika und durch den Paeifie, d.h. ungefähr auf der Linie des Schwingungskreises, und ich könnte alle meine biogeographi- schen Deduktionen ebensogut mit REIBISCH wie mit KREICHGAUER in Einklang bringen, gewiß ein Beweis mehr für ihre Stichhaltigkeit. An anderm Orte soll zu zeigen versucht werden, in welcher Weise KREICHGAUERS Ableitungen ver- mutlich zu modifizieren sind. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 647 von Nudibranchien an den Ostpol angegliedert, zu dem ebenso der ganze Indie bis zum Roten Meere und Ostafrika in ähnlicher Ab- hängigkeit steht. Es ist jene Summe mariner Mollusken, von denen HEDLEY mit Recht behauptet, daß sich bei einer vorgelegten Art nieht entscheiden läßt, ob sie von den Seychellen oder etwa von den Tonga-Inseln stammt. Das alles bildet die große Menge jener Schal- tiere, deren pelagische Jugendformen den alten Küstenlinien vom Ostpol aus gefolgt sind und noch folgen. Für die höchste Steigerung dieser Fauna habe ich wiederholt die bunteste Ausfärbung der Dentalien von der Sulu-See zu erklären Gelegenheit genommen. Hiermit stimmt aufs beste überein, was PıLsgry von den Land- mollusken der Südseeinseln festgestellt hat (22): eine alte zusammen- gehörige Fauna, die indes keine Beziehungen zu Amerika zeigt. Als Beispiele identischer Punkte mögen etwa gelten die Pleuro- tomarien von Japan und Westindien, die maximale Steigerung der Landprosobranchien auf den Philippinen und Westindien, eine Stei- gerung, deren hoher Betrag alle übrigen Tropengebiete der Erde weit hinter sich läßt; Afrika steht um ein Vielfaches zurück. So weit wie die Pleurotomarien, geht vielleicht auch die Clau- siliengattung Apostrophia Ehrmann zurück, sie umfaßt die Garnieria- Gruppe von Sumatra, die Nenien vom Westpol, mit vereinzelten Relikten von den Pyrenäen und Madeira (Papillifera und Boettgeria). Unter den Muscheln erwähne ich zunächst nur zwei Gruppen, eine marine und eine potamophile. Die echten Perlmuscheln haben ihre Zentren im West- und Ostpolgebiet. Vom ÖOstpol reichen sie nach Westen bis zum Persischen Golf und Roten Meere. Um Afrika im Schwingungskreis sind sie ausgelöscht. Unter den Unioniden sind die dickschaligen, mit Knoten verzierten Formen an zwei Stellen verbreitet (14), im Mississippigebiet, einschließlich der canadischen Seen und in Nordostasien, also ganz identisch. In Slavonien gehören sie zu den Tertiärpetrefakten, als Beweis für die Überwanderung von Osten nach Westen. Die canadischen Seen mußten ihren Abfiuß nach dem Mississippi nehmen zur Glacialzeit, als Canada noch weiter nörd- lich, also höher über dem Meeresspiegel lag als jetzt. Die Erklärung ist wohl einleuchtend genug, jedenfalls unendlich plausibler, als ein Austausch zwischen dem Mississippi und dem Amur über das Felsen- gebirge weg, wo sich noch dazu keine Spur findet. Der Weg der Wanderung wird durch die neueste Arbeit über die Atlantis ziemlich genau angedeutet. SCHARFF kommt, ohne irgend- welche Beziehung zu den hier vorgetragenen Ideen, ganz unabhängig 648 Heinrich Simroth, zu dem Schluß, daß die Azoren noch bis weit in die Tertiärzeit hinein landfest gewesen sein müssen (28). Ähnlich auf dem Lande die Philomyeiden und Arioniden. Die Philomyeiden gehen vom Ostpol nach Nordosten: Borneo (10), Java, Celebes, Ostchina, Formosa, Korea, Japan, Amurland, in Nordamerika bewohnen sie entsprechend die südöstlichen und östlichen Staaten (2]). Die Arioniden gehen vom Ostpol nach Nordwesten (zunächst Anadenus), mit stärkster Steigerung unter dem Schwingungskreis in Westeuropa, nach Gattungen (Arion, Arvunculus, Geomalacus) und Arten. Der Zweig, der nach Südwesten sich abtrennte, hat seine Erhaltung und weiteste Umbildung gefunden in der Oopelta«a vom Kaplande. In Nordamerika sind die Arioniden entsprechend auf den Westen be- schränkt in andern Gattungen. Dabei zeigt sich das relative Zurück- stehen der amerikanischen Fauna in der Erhaltung der beschalten Zwischenformen oder Halbnacktschnecken, am charakteristischsten in Westindien. Wir können hier weiter anknüpfen und betonen, daß damit die Halbnacktschnecken vom Westpol beinahe erschöpft sind, infolge seiner höheren Trockenheit. Dafür sind hier die langgestreckten clausilienähnlichen Stylommatophoren am reichsten entwickelt, Frhodea, Fucalodium, Coelaxis usw. Die höhere Feuchtigkeit des Ostpoles verleiht ihm die größere Schöpfungskraft. Neritinen auf Bäumen, Oncidien auf Bergeshang, eine Acanthopleura über der Flutlinie sind drastische Zeugen. Dazu eine Fülle von Halbnacktschnecken und Nacktschnecken. Außer den erwähnten Ostracolethe und die Hedyliden, die große Parmarion- Gruppe, Atopos, die Janelliden, von ihnen abgeleitet verschiedene Gruppen von Nudibranchien (s. o.); die Phyllidiiden gruppieren sich noch jetzt um den Ostpol, vom Roten Meer bis zum Pacific. Dabei zeigen die Atopiden oder Rathouisiiden und die Janellen deutlich den Einfluß der Erdsehwingungen, jene, indem sie, unmittelbar auf Sumatra einsetzend, nach Osten und Nordosten gehen, bis zu den Philippinen und China, diese, indem sie umgekehrt ihre Verbreitung nach Osten und Südosten nehmen, bis nach Neuseeland. Die Parmarion-Gruppe hat zwei Zweige nach Westen abgegeben, einen nördlichen, in der Tertiärzeit, als wir in Tropenlage waren, Parmacella und das Heer der Limaciden, und einen südlicheren, die madagassisch-afrikanischen Urocycliden. Unterwegs haben die ersteren einen besonderen Entwicklungsantrieb erhalten im Kaukasus, teils weil dieses Gebirge in der Tertiärzeit, als seine Umgebungen dem Ba nn Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 649 Äquator näher lagen und daher größere Wasserbedeckung hatten, feuchter war, teils weil überhaupt die höheren Gebirgslagen mit ihren Elevationsregen die Nacktschneckenentwicklung begünstigen, teils endlich weil der Kaukasus unter dem steigenden Wasserdruck bei starker, noch andauernder vulkanischer Tätigkeit erst spät empor- sepreßt wurde und vermutlich gerade jetzt noch emporgepreßt wird. Seine Veränderungen haben ihren beredten Ausdruck gefunden (30) in dem außerordentlichen Reichtum von Nacktschnecken nach Fami- lien (kaukasische Raublungenschnecken), Gattungen (Paralimazx, Meta- Iimax, Momochroma) und Arten (Ackerschnecken, Paralimax und viele andre). | Jetzt erscheint es auch nicht mehr als Zufall, daß gerade die zentral-europäischen Nacktschnecken jene wunderbare Expansions- kraft erhalten haben, die viele von ihnen zu Kosmopoliten gemacht hat. Unter dem Schwingungskreis haben sie die stärksten klimatischen Veränderungen durchgemacht, und da sie dieselben überstanden, ohne zu unterliegen, ist ihre Konstitution jetzt noch gegen alle Schwan- kungen gefeit. Es wäre auffallend, wenn der Ostpol seine lies zur Nackt- schnecekenbildung nicht schon viel früher zur Geltung gebracht hätte, auch an den altertümlichen Neritinen, die wir dort auf dem Lande antreffen. In der Tat dürfte die von BERGH beschriebene, zu ihnen gehörige, als Nacktschnecke unter den Vorderkiemern so auffällig isolierte Tetiscania von den Philippinen einst auf dem Lande zur Nacktschnecke geworden sein. Noch erwähne ich von den Ballen: die Basommatophoren. Der feuchte Ostpol hat die altertümlichsten Formen bewahrt, so weit sie ihre Kieme erhalten hatten: Meratesta, Protancylus, — das trocknere Westpolgebiet, so weit ihnen ihre Visceralkommissur eine ursprüng- liche Stelle anweist: Ohrline. Alle übrigen, von allen andern Gegen- den, sind höher entwickelt. Endlich schließe ich vorläufig diesen Abschnitt mit dem Hinweis, daß Apera, vielleicht das am weitesten ümgewandelte Stylommatophor, unter dem Schwingungskreis im Kapland haust; und wenn wirklich von derselben Wurzel die Dorididen ihren Ausgang genommen haben sollten, so finden wir, in Übereinstimmung damit, deren größte und höchste Formen, Hexabranchus u. Verw., in der geographischen Nachbarschaft bei Madagaskar!. i Spezialuntersuchungen an den von Herrn Dr. NEUMANN in Abessinien gesammelten Nacktschnecken, deren Ergebnisse demnächst vorgelegt werden, 650 Heinrich Simroth, Eine besondere Beachtung verdienen die Kategorien der Tief- seeschnecken, und nochmals die Süßwasser- und Küsten- formen. Wieder müssen einzelne Beispiele eintreten, wo die Ver- hältnisse genügend klarliegen. Für Tiefseeschneeken nehme ich eine Arbeit von LoCARD (16) über die abyssicolen Gastropoden der Nordhälfte des Atlantie und zitiere der Kürze wegen nach meinem Referat im Zoologischen Centralblatt (V, S. 465). »Auf Grund der Ausbeute des Travailleur und Talisman zeigt sich, daß die abyssische Fauna eine viel großartigere Ausbreitung hat, als man bisher annahm. Der Zusammenhang zwischen Tiefsee- formen niedriger Breitengrade und Flachwasserformen aus dem Norden läßt sich Schritt für Schritt verfolgen, in völliger Abhängigkeit von der Temperatur. Die Bodenschwelle nördlich von Bergen haben die betreffenden Formen nordwärts nicht überschritten; sie sind südwärts in die Tiefe gewandert, und zwar auf beiden Seiten des Atlantie gleichmäßig und nicht bloß an den Kontinenten entlang, sondern auch im freien Ozean, zu den Azoren, selbst bis Ascension und St. Helena. Im Busen von Guinea und ebenso auf der amerikanischen Seite auf der Breite von Pernambuco finden sie ihre Südgrenze, infolge ent- gegengesetzter Strömungen (?). Man kann sich das Terrain dieser Arten als ein unregelmäßiges Dreieck vorstellen, dessen Spitze unter 75° n. B. liegt und dessen Basis unter 15° n. B. sich zwischen Afrika und Amerika ausspannt, die Spitze liegt im flachen Wasser, die Basis auf der amerikanischen Seite in 800 m, auf der afrikanischen in 2000 m Tiefe. »Bei dieser Wanderung dienten einerseits der Biskayische Meer- busen, andrerseits der Golf von Mexiko und das Karibische Meer als eine Art von Sackgasse, deren Tiefen sich mit nordischen Formen anreicherten. Manche sind auf der europäischen Seite durch den Kanal bis nach Holland und zur Ostküste Englands vorgedrungen.« Als diese Dinge vor fünf Jahren geschrieben wurden, mußte man sich natürlich nach irgend einer Erklärung umsehen; und so verfiel Locarp auf Temperatur, Bodenschwellen und Strömungen. Das haben genaue Beziehungen in nord-südlicher Richtung ergeben, keine dagegen in ost-westlicher, ganz der Schwingungsrichtung gemäß, wobei das Hoch- land von Abessinien die Einbruchspforte darstellt, durch welche die süd- europäische Fauna nach dem Süden gelangen konnte. Eine reiche Menge von Ackerschnecken knüpft an Südosteuropa und den Kaukasus an, während ander- seits Sperotoxon vom Kilimandscharo heraufreicht. Man kann darauf hinweisen, daß Clausilien und Vitrinen die gleiche Linie einhalten. Du A a Da nn a a A 1, PIE AT ie rs ee. 8 FE I nr Ze SE a Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 651 kommt natürlich alles ebenso in Betracht, aber erst sekundär. Jetzt halte ich Locarps Ergebnisse für eine der glänzendsten Bestätigungen der Schwingpoltheorie. Die tiefsten Punkte des Dreiecks lagen einst in der Urzeit weiter im Norden in der Litoralregion. Die Schwingung nach Süden brachte sie immer tiefer unter Wasser. Gleichzeitig drangen die Formen, der Geschwindigkeit der Schwingung entspre- chend, im Litoral weiter nach Norden vor, immer den Punkt der anfänglichen Isotherme festhaltend, der eben weiter nach Norden rückte. Durch Fortsetzung dieses Vorganges mußte das gegenwärtige Bild entstehen. Wer bloß mit der Wärme rechnen wollte, hätte Schwierigkeiten mit der verschiedenen Tiefe auf der amerikanischen und europäischen Seite. Die Schwingpoltheorie hebt sie auf, denn sie fordert die Differenz. Die Überflutung ist am stärksten unter dem Schwingungskreis und nimmt kontinuierlich nach dem Westpol zu ab. Noch bin ich nicht in der Lage, die Zeiten des Herganges genau zu bestimmen; dazu gehört eine gründliche Durcharbeitung der Paläontologie. Sicherlich liegt aber hier ein Kernpunkt vor, an den sich später genaue Rechnung anlegen wird. | ‚Ich mag aber nicht unterlassen, eine prächtige Parallele aus der Geologie anzuführen, es ist WAAGEns berühmter Nachweis von der allmählichen Umwandlung der indischen Ammoniten, nicht in den _ einzelnen Species, sondern in ganzen übereinandergelagerten Faunen. Setzen wir den Fall, welcher wohl der allgemeinen Annahme ent- spricht, daß die Ammoniten hemipelagische Formen waren, dann er- klärt sich das Phänomen einfach aus einer Zeit, wo Indien dem Äquator zu schwankte. Die Küste rückte immer weiter nach Norden, der Wohnort wurde immer wärmer. Die ganze Fauna als solche mußte sich ändern, teils wohl infolge der Wärme, teils auch vielleicht, weil die Tiere sich weiter von der Küste entfernten. Indien aber ist vermutlich ein geeigneterer Ort für die Erscheinung als Europa, weil der Betrag der Schwingung hier viel geringer war und die Fauna Zeit hatte, den Änderungen zu folgen, ohne vernichtet zu werden. Die Verhältnisse des Süßwassers zum Meere einerseits, zum Lande andrerseits sind schwer zu verfolgen. Bei neuen Meeresver- bindungen durch Einbruch geht es wohl noch am besten. So hat die östliche Ostsee Nordformen (Oyprina islandica namentlich) aus dem Weißen Meere geschöpft nicht zur Eiszeit, als der Norden höher aus dem Wasser herauslag und} infolgedessen die nordischen Gletscher 652 Heinrich Simroth, stärkere Neigung nach Süden hatten, sondern vorher beim Schwanken nach Süden. Beim Tanganjika mit seiner abyssischen marinen Fauna hat sich MoorE vermutlich versehen, wenn er die Verwandten im Indie suchte. Der Tanganjika schöpfte, wie wir jetzt wissen, aus dem Atlantie, der Kongo hat immer die tiefste Stelle des Landes innegehalten. Die Zeit des Einbruchs dürfte unsrer Eiszeit ent- sprechen, als unsre Erdhälfte nach Norden schwankte. Eine Folge unsrer jetzigen Bewegung nach dem Äquator zu zeigt sich sehr scharf auf beiden Seiten des Atlar.ie darin, daß fast alle Flüsse, die ihm hüben und’ drüben zuströmen, ihre Betten noch eine Strecke weit als submarine Rinnen in den Ozean vorschieben, — der beste Beweis für die zunehmende Überflutung. (Ausgenommen sind nur solche Ströme, die durch eine ungeheure Sedimentmasse die Rinne zuschütten, wie der Mississippi). Es versteht sich von selbst, daß bei solchem Untertauchen der Küste Land- und Süßwasserformen ins Meer kamen, und ich habe oben die Nudibranchienschöpfung auf solche Vorgänge zurückgeführt. Es fragt sich, ob auch bei uns unter dem Schwingungskreis solche Umformungen statthaben oder ob der hohe Betrag der mit der maximalen Bewegung verbundenen Klima- schwankungen die Anpassung der Binnenformen an das Seewasser verhindert. Die umgekehrte Schwankung, während der Eiszeit, mußte notgedrungen ebensoviel marine Litoralformen aufs Land und in die Flüsse verlegen. Leider wissen wir gerade von diesen Über- sangsformen noch wenig genug. Die großen scheinen zumeist aus- gelöscht zu sein, wenigstens unter den Schnecken. Unter den Muscheln kommen namentlich seßhafte in Betracht mit ihrer hohen Ortsstetig- keit, und da kann man wohl die Miesmuscheln sowie die Flußaustern aus dem Unterlauf von Guadiana, Tejo, Garonne anführen. Unter den Schnecken sind es eine Reihe kleiner Formen, die das Zwischen- sebiet kennzeichnen und wahrscheinlich die Wurzeln für Neuschöpfun- gen enthalten, die Neritina in der Ostsee, ähnlich die schwierigen Hydrobien, die Assimineen, im Süden namentlich die Truneatellen; dazu kommen etwa die Auriculaceen, sowie die Thalassophilen. Auch die Unsicherheit über die systematische Aufteilung der Melanien &ehört wohl hierher. Erst die schärfere Entscheidung für das eine oder andre Gebiet wird, unter entsprechender physiologisch-morpho- logischer Umwandlung, wohl ein reiches Aufblühen dieser Gruppen zur Folge haben. Die Morphologie hat jetzt noch genug zu tun mit der Aufklärung der gröberen, von der Natur längst festgelegten Unter- schiede. Erst die Zukunft kann das Verständnis für die prospektiven Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 653 Formen gewinnen. Als eine Gattung, die erst in jüngerer Zeit einen solehen Schritt vom Lande ins Süßwasser getan hat, muß Succineu gelten, wie ich schon früher ausführte. Dem entspricht die schärfere Trennung der älteren kleinen, rein terrestren Suceinea oblonga, welche für äolische Lößbildungen charakteristisch ist, also gewiß ganz auf dem Trocknen lebte, und das Aufbrechen der größeren amphibischen Formen vom Wasserrande in eine Menge schwer definierbarer Species; ja die Artbildung ist hier noch weiter im biologischen Flusse, als Lebensalter und Geschlechtsreife zwischen einem Sommer und mehreren Jahren schwanken. Es mag genügen, das unsichere Übergangsgebiet gestreift zu haben; die besten Aufschlüsse sind von Sannnmnlelie, namentlich vom an, zu erhoffen. Die Heteropoden. Ich habe bis jetzt darauf verzichtet, die pelagischen Schnecken in den Kreis der Betrachtungen zu ziehen. Vorläufig kann ich auch noch nieht den Versuch wagen, etwa Phyllirrhoe!, Glaucus oder Jan- Ihina geographisch oder geologisch abzuleiten. Diese zirkumäquato- rialen Formen stehen zu isoliert, als daß man über vage Hypothesen hinauskäme. Nur das läßt sich annehmen, daß sie als Erwachsene ins hohe Meer gingen, vielleicht von einem untergetauchten Atoll oder dergleichen. Dasselbe muß von den Pteropoden gelten, die nach PEL- SENEERS Ableitung in zwei Kolonnen von Tectibranchien aus, durch stärkere Entwicklung der Parapodien, das Schwimmen lernten. Deren Differenzierung ist schon zu weit gegangen, sie sind zu alt, als dab die Rechnung leicht wäre. Anders scheint es bei den Heteropoden. Die Ähnlichkeit ihrer Fußgliederung mit der der longieommissuraten Neotaenioglossen, der Strombiden etwa, ist zu auffallend, als daß sie auf bloßem Zufall beruhen sollte. Die Ähnlichkeit wird noch größer, wenn man sein Augenmerk auf die einfachste und ursprünglichste Form, auf Atlanta richtet, deren Fuß neben Schale und Deckel die Verwandtschaft am reinsten zum Ausdruck bringt. Die Atlanta-Larve hat nach GEGENBAUR dieselben langen gespaltenen Velarzipfel, wie sie vielen eupelagi- schen Vorderkiemerlarven eigen sind, den Tritonium-Larven z. B., um eine Form der erwähnten Gruppe zu nennen. Diese Larven, streng, wie die Heteropoden, auf das Warmwassergebiet beschränkt, sind 1 Für Phyllirrhoe ist inzwischen Aussicht geworden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXVI. Bad. 43 654 Heinrich Simroth, auf unsrer Erdhälfte nirgends häufiger, als im Indie. Einige von ihnen gehen so weit, daß ich früher schloß, daß sie noch jetzt in jahrelanger Wanderung von Westindien nach Ostindien gelangen oder vermutlich umgekehrt. Die genauere Feststellung des Weges, den sie am meisten innehalten, dürfte die alte Küstenlinie ergeben, welche Afrika mit dem Ost- und Westpol verband (38). Vorläufig liegen nur Andeutungen vor. Nach den Strömungen, die jetzt im Meere herr- schen, scheint es fast unmöglich, daß diese Formen um Afrikas Süd- spitze herumkommen, wegen des kalten Wassers, das an der West- seite aufsteigt. So sehr ich zu der Vermutung neige, es möchte doch zu irgend einer Jahreszeit die Passage durch geringe Stromverschie- bungen frei sein, so müßte die entgegengesetzte Feststellung zu der Deutung führen, daß namentlich die Dokum-Larve von beiden Polen aus noch jetzt der Linie folgt, soweit es eben geht. Es lohnt vorläufig nicht, der Sache weiter nachzuhängen, bis neue Unterlagen da sind. Wohl aber liegt es nahe, aus solchen eupela- gischen Larven bei der großen Ähnlichkeit die Atlanten und die Heteropoden schlechthin abzuleiten. Dazu wäre die Annahme nötig, daß die Larven, auch ohne anzulanden, im freien Meere geschlechts- reif geworden wären. Diese Annahme stößt wohl kaum auf ernsten Widerspruch. Ob mit dieser Geschlechtsreife, bez. mit dem Be- sattungstriebe, der bei Schnecken in den Genitalorganen ganz außer- ordentliche morphologische Umwandlungen hervorgebracht hat, auch die erste Herausbildung des Kielfußes zusammenhängt, ist zwar frag- lich, läßt sich aber doch wahrscheinlich machen. Wenn die Haft- scheibe, die bei dem Männchen vorwiegt und als Rest der Kriech- sohle gedeutet wird, wirklich dazu da ist, die Tiere während der Copula im Meere zusammenzuhalten, so kann man sich recht wohl vorstellen, daß das Spiel der Wellen, bestrebt, die Tiere auseinander- zureiben, einen Zug ausgeübt hat, der den Hautmuskelschlauch als Kiel hervorzog. Durch Funktionswechsel würde dann die Platte nachträglich zum Schwimmorgan geworden sein. Als Schöpfungsherd kann wiederum wohl nur der Ostpol ge- nommen werden; denn dessen Meere enthalten nicht nur die zirkum- äquatorial verbreiteten Formen, sondern dazu noch den ganz ab- weichenden Typus mit der breiten Ausladung des gequollenen Körpers: Pterosoma. Der Schwingungskreis mit seinen starken Temperatur- schwankungen konnte auf diese stenothermen Formen höchstens vernichtend wirken, nicht aber schöpferischh Das hohe Wärme- bedürfnis weist an und für sich auf einen Schwingpol hin. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 655 Allgemeine morphologische und systematische Beziehungen. Die Hauptveränderung, welche die hier vertretene Betrachtungs- weise gegen die frühere verbreitete Auffassung bringt, betrifft die Vertiefung der Mantelhöhle, meinetwegen des Prorhipidoglossum, als Lunge, auf dem Lande. In der Tat hat wohl bisher kein Mensch daran gedacht, die Kiemenhöhle einer Form, welche nur am Mantel- rande hervorstehende Kiemen hat, wie Valvata, dadurch zu erklären, daß man den hinteren, der Länge nach festgewachsenen Teil der Kieme, den schon BürscHLı für den sekundär erworbenen nahm, wieder verloren gehen ließ. Man hat überhaupt an gar keine Er- klärung gedacht. Jetzt löst sich das Rätsel ohne weiteres. Pleuro- tomaria zeigt ebenso durch ihr Lungengefäßnetz, wie durch ihre Verbreitung, daß die ältesten Schnecken eine Lunge hatten. Es liegt vielleicht nahe, anzunehmen, daß die Lunge überhaupt den Kiemen vorherging und daß die Opisthobranchienkieme nur infolge einer Kon- vergenzerscheinung von Lungenschnecken gewonnen wurde. Doch verlieren sich diese Vorgänge in nebelgrauer Ferne, und man kann höchstens mit Wahrscheinlichkeiten rechnen. Der Umstand, daß die Neomeniiden überhaupt keine Kieme haben, deutet wohl darauf hin, daß selbst die Kiemen sekundäre Erwerbungen sind nach der Lunge. Alle die Schlüsse, die neuerdings THIELE zieht (43), gehören hierher. Er erklärt sowohl die Chitonkiemen, als die von Chaeto- derma, für Neuerwerbungen, die mit einem ursprünglichen Ctenidium nichts zu tun haben. Ich sehe also keinen Grund, den Gastropoden von Anfang an ein Kiemenpaar zuzusprechen, sie besaßen selbst Randkiemen nicht- Man müßte, wenn man sie aus dem Wasser mit aufs Land genommen sein lassen wollte, die einzigartige Bewegung durch lokomotorische Wellen, die allein den ungegliederten ältesten Metazoen die Lastüber- windung auf dem Lande zu ermöglichen schienen, an einer zweiten Stelle, eben da wo sich nach üblicher Auffassung die Stylommato- phoren von den Basommatophoren abzweigen sollten, entstanden sein lassen. Dies widerspricht aber allen Tatsachen. So sehr ich mich im Laufe der Jahre bemüht habe, die Lokomotion verschiedener Land- schneckengruppen zu studieren, stets hat sich bei Stylommatophoren das scharfe Spiel lokomotorischer Querwellen gezeigt, in höchster Steigerung bei Vaginula, während umgekehrt bei anderen, die sicher auf späterer Auswanderung beruhen, irgend ein neuer, unvollkommner Modus, der nie zur Geschwindigkeit der Stylommatophoren führt, 43* 656 Heinrich Simroth, trotz anscheinend viel größerer Anstrengung, erworben wurde, so bei Oyclostoma (29), bei Pomatias (31), bei Pedipes (30). Die Erwerbung und Ausbildung der lokomotorischen Wellen ist von Anfang an eine ’olge des Landlebens und nur auf dem Lande kontinuierlich weiter gebildet worden. Sobald das Tier einmal ins Wasser geriet, ging zum mindesten bei der so sehr erleichterten Lokomotion (da das Wasser die Körperlast trägt) die Regelmäßigkeit jener Wellen ver- loren (Basommatophoren und wohl die meisten Opisthobranchien), oder es wurden, wenn die Gruppe zeitweilig (im geologischen Sinne) in der Gezeitenzone halb seßhaft geworden und die Sohle zum Saug- napf umgestaltet war, eben ganz neue Faktoren zu erneuerter Be- weglichkeit eingeführt (Längsteilung der Sohle bei vielen Vorder- kiemern), wobei noch schwache Reste des Wellenspiels vorkommen können, wie bei Trochus nach ROBERT. Wenn somit die Gleitsohle mit den lokomotorischen Wellen durchaus als eine kontinuierliche terrestrische Kette erscheint von den Planarien bis zu allen Stylommatophoren, so ist umgekehrt nichts leichter als der Nachweis, daß die Kieme immer von neuem dis- kontinuierlich erworben wurde. Ich brauche nur an die Poly- ceriden oder Dorididen zu erinnern, oder um etwas zu nennen, was schon mehr ins übliche morphologische Schema hineinpasst, an die Seitenkiemen der Phyllidiiden und Pleurophyllidiiden, die der Lage nach wieder mit den Chiton- und Patellenmantelrandkiemen zusam- menpassen, lauter Konvergenzen. Nun versteht sich’s wohl von selbst, daß die ersten Randkiemen an das erste Atemorgan, die Lunge, an- knüpfen, schon wegen der Nachbarschaft des Herzens. Diese ältesten Randkiemen, dem bilateralen Bau entsprechend in der Zweizahl, haben im Laufe der Zeit den besten für eine Kieme geeigneten Bau ange- nommen, in bezug auf Blutzu- und -abfuhr, Stützlamellen und geringe Dieke der respirierenden Blätter, sie mögen daher als Ctenidien unterschieden werden. Die späteren gleichartigen Erwerbungen gleichen ihnen um so mehr, je älter sie sind, so daß die Chitoniden in erste Reihe kommen; die jüngsten Adaptionen, etwa die der Nudi- branchien, haben am wenigsten den typischen Bau durchgeführt. Man lasse ihnen Zeit, und sie werden immer mehr zu echten Ctenidien werden. Ich hoffe, man wird solcher Auffassung den Wert echter deseendenz-theoretischer Denkungsart nicht versagen. LAMARCK und Entwieklungsmechanik kommen immer wieder zu ihrem Recht. Das Wichtigste beinahe, was mit einer solchen Ableitung der Pulmonaten in direkter Linie von Landturbellarien gewonnen ist, Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 657 scheint mir in den Genitalien zu liegen. Über den Hermaphroditis- mus habe ich mich oben ausgesprochen. Aber die große Mannig- faltigkeit der Genitalanhänge, Drüsen, Stilette, Pfeilsäcke, Reizkörper findet, wie mir scheint, seine einfache Erklärung in ähnlichem Reich- tum der Turbellarien, während Neuerwerbungen dieser Dinge überall und überall auf Hindernisse stoßen und ohne Parallele dastehen. Ohne noch bis ins einzelne nachzurechnen, leuchtet sofort die Mög- lichkeit der Lösung sämtlicher Schwierigkeiten ein!. Bei der Ableitung der Stylommatophoren in direkter Linie wird natürlich nicht daran gedacht, das Nephridium von Anfang als einfach zu nehmen. Die Reduktion mußte gerade so gut vor sich gehen als im Wasser, vielleicht und wahrscheinlich noch schneller deshalb, weil das Landleben durchweg schärfere Ökonomie, coneisere äußere und innere Formen verlangt. Das Gleichmaß des Wassers hat vielfach auch die älteren Zwischenstufen konserviert. Einen logischen Zwang die Niere der Pulmonaten von der Hinter- oder Vorderkiemerniere abzuleiten, würde ich nur dann anerkennen, wenn die Nephridien der verschiedenen größeren oder kleineren Schneckengruppen eine zusammenhängende Reihe bildeten, die sich phylogenetisch deuten ließe. Bekanntlich ist das keineswegs der Fall, und das Stylomma- tophorennephridium ist vielfach eine einfache Urinkammer im Hinter- srunde der Lungenhöhle, die durch die Nierenspritze mit dem Pericard, durch den Nierenporus mit der Außenwelt kommuniziert, ohne alle weitere Komplikation. Ein ähnlicher Gesichtspunkt gilt für das Nervensystem. Ob ich im Komplex der Mantelorgane zunächst eine Lunge annehme oder Ötenidien, macht schwerlich einen Unterschied. Es wurden Visceral- ganglien dadurch gesetzt, so oder so. Die Nervenzentren sind anfangs Markstränge wie bei Plattwürmern. Ihre Konzentration zu Ganglien i Eine merkwürdige Angabe PLArzs (24, S. 221) möchte hier festgelegt zu werden verdienen. Um die Behauptung zu stützen, daß die Oncidiiden »der opisthobranchiaten Stammform der Lungenschnecken näher stehen, als irgend eine zur Zeit bekannte Pulmonatengruppe<, führt er u. a. an: »die Bewaffnung des Penis mit Zähnen ist bei den Hinterkiemern eine gewöhnliche Erscheinung, unter den Pulmonaten nur den Oneidiiden und Triboniophorus eigentümlich«. Da braucht man bloß auf eine große Zahl von Stylommatophoren zu verweisen aus den verschiedensten Gruppen, die sich solcher Zähne, häufig allerdings als Reizpapillen bezeichnet, erfreuen. Freilich macht es keinen Unterschied, ob sie auf der Innenwand der Penisscheide sitzen, denn diese wird bei der Ausstülpung zur Außenwand des Penis. — Ich füge die Bemerkung ein, um nicht den Iır- tum festwurzeln zu lassen. 658 Heinrich Simroth, seht nichts weniger als gleichmäßig. Wenn auch wieder im Meere das größte Heer der in dieser Hinsicht altertümlichsten Formen er- halten ist, so fehlt es doch keineswegs an Schnecken mit pedalen Marksträngen auf dem Lande oder im Süßwasser: Cyclophorus, Am- pullaria, Paludina. Umgekehrt hat die kleine hermaphroditische Valvata mit der atavistischen Kiemenbildung hoch konzentrierte Pedalganglien. Man kann also wiederum bloß mit einer allgemeinen Entwicklungsbahn rechnen ohne strenge gegenseitige Ableitung. Im Gebiete der Visceralkommissur hat das Süßwasser unter den Basom- matophoren die älteste Konfiguration aufbewahrt: Cheline. Wo haben wir nun die Prorhipidoglossen! zu suchen? Gemäß dem Grundsatz, rein konstruktive Formen möglichst auszuschließen und soweit angängig, mit Wirklichkeiten zu rechnen, werden wir uns unter den Napfschnecken umsehen. Hier haben wir Vertreter unter allen Ordnungen, unter den Pulmonaten auf dem Lande die ostindische Gattung Camptonyx, ihrem geographischen Vorkommen nach wohl die altertümlichste, zwar zu den Auriculaceen, speziell zu den amphibi- schen Otiniden gezählt, aber streng terrestrisch nach Patellenart am Felsen klebend, unter den Limnaeaceen die Aneyliden, unter den Thalassophilen, an der Grenze vielleicht zwischen Pulmonaten und Opisthobranchien die Siphonarien, unter den Diotocardien die Doco- glossen, unter den Monotocardien die Capuliden und Verwandte. Ein sanzes Heer konvergenter Schalen. Im Meere kommt es vor, daß Schnecken mit äußerer napfförmiger Schale ohne wesentliche Ver- änderung über diese hinaus wachsen, wie die Umbrellen. Nicht so auf dem Lande; denn hier wird entweder bei völligem Gleichmaß der Luftfeuchtigkeit die Schale zur inneren, oder bei wechselnder Sättigung ist nur dann freiere Bewegung möglich, wenn das Gehäuse jederzeit den Körper ganz in sich aufzunehmen vermag. Hier mag sich also zuerst der Vorgang der Schalenaufwindung und Asymmetrie vollzogen haben, sei es mehr nach dem von LanG entwickelten Prinzip, der Atemhöhle freieren Zugang zu schaffen, sei es mehr unter der Ein- wirkung der bei schon verbreiterter Sohle nur noch einseitig mög- lichen Copula, wovon ich ausging, auf die Tatsache gestützt, dab von allen sonst paarigen Weichtierorganen bei den Schnecken durchweg nur die Gonade unpaar erscheint, sei es, daß beide Prinzipien gleich- zeitig wirkten. ! So deplaciert oder mindestens ungenau der Name Prorhipidoglossum jetzt erscheint, so mag ich mich doch der Bequemlichkeit wegen zunächst nicht ent- schließen ihn fallen zu lassen oder durch einen neuen zu ersetzen. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 659 Der Unterschied zwischen Neomenia und den ältesten Gastro- poden wäre nach dieser Auffassung der:. Beide gehen auf den Kreis der Turbellarien zurück, die Nemer- tinen mit eingerechnet, aber Neomenia, indem bei der Wurmgestalt das ganze Integument eine Cuticula abscheidet und nur die Mittel- sohle freiläßt, die Gastropoden, indem nur die Rückenfläche eine Cutieularplatte bildet, welche zum Schutz an die Unterlage ange- drückt wird. Ob etwa der Unterschied auf verschiedenem Boden beruht — Neomenia auf und in trocknendem Erdreich, die Schnecken am Felsen —, dafür läßt sich höchstens die biologische Tatsache zur Entscheidung ins Feld führen, daß alle altertümlichen Landschnecken mit Vorliebe Flechten fressen, die Clausilien (deren Bedeutung s. 0.) sogar ausschließlich. Flechten sind aber wohl ursprünglich in An- passung an Felsen entstanden. Die Herleitung vom flechtenbedeckten Felsen hat vielleicht noch mehreres für sich; der senkrechte Zug nach unten bedingte die Schalenform der Jakobinermütze, die »Torsion ventrale«, die so oft betont wurde. Er wirkte weiter zur Verlängerung der Schale bei der Aufwindung, ja er drückte, im LAan&schen Sinne, sehr bald die hinten gelegene Lunge zusammen und zwang sie zu seitlicher Ab- weichung. Hingewiesen mag aber darauf werden, daß die von THIELE so oft betonte Differenz zwischen dem Fuße der Solenogastren und Chitonen sich jetzt aufs einfachste erklärt. Wenn er mit Reeht darauf hinweist, daß die schmale Bauchrinne der Neomenien unmöglich der ganzen Chitonsohle entsprechen könne, daß vielmehr die Lage der Pedalstränge bei den Aplacophoren zwingt, ihr seitliches, in die Cu- tieularbedeckung einbezogenes Integument der Hauptfläche des Chiton- fußes zu parallelisieren, dann handelt es sich bei den Vorfahren der Neomenien um Formen mit schmaler, bei denen der Chitonen um solche mit breiter Kriechsohle; beide mochten im übrigen nahe genug miteinander verwandt sein. Bei solcher Ableitung erscheint der so häufig als archaistisch an- gesehene Schalenschlitz der Gastropoden als ein sekundärer, erst erworben, um auch die im Wasser dazu gekommenen Randkiemen . zu überdecken. Dagegen mag das Operculum sehr bald auf dem Lande gewonnen sein, zunächst auch am Felsen, wie bei den Clau- silien, sobald die flache Schale zur spiraligen geworden ist. Auch die Form und Umwandlung des Columellaris gewinnt jetzt an Klarheit. Er ist in der Tat zuerst ein echter Spindelmuskel, wie bei den Stylommatophoren, und die Fühler werden bald einstülpbar. 660 Heinrich Simroth, Alle die übrigen Anheftungen an der Schale, die namentlich bei Prosobranchien so stark wechseln, sind sekundäre Erwerbungen und Verschiebungen, gewonnen im Bereich der Brandung, wo ein festes Ansaugen vonnöten wird. Hier haben bloß die Formen, die bei der Pendulation der Erde in tiefere Regionen des Litorals unterhalb der Brandung sich hinabführen ließen, einigermaßen normale An- heftung bewahrt, wie die Pleurotomarien, von denen aus sich an submarinen Felsen höhere und beweglichere Vorderkiemer entwickelten. Die Gründe für die Umwandlung der retraktilen Fühler in kon- traktile, und für die Zerlegung eines Columellaris in seine Kompo- nenten, für ihre allmähliche Rückbildung lassen sich leicht den Pulmonaten entnehmen und zwar ganz verschiedenen Gruppen, den Philomyeiden und Arioniden, den Testacellen und Libanien unter den Testacelliden, Pseudomilax unter den kaukasischen Raublungen- schnecken, den Janelliden, bei denen der eigentliche Ommatophoren- retractor kaum noch aus verschiedenen, in der benachbarten Haut wurzelnden Muskelbündeln herauszufinden, den Vaginuliden und On- eidiiden, bei denen er ganz geschwunden ist, eine beredte Reihe. Was auf dem Lande am Kopfende von Anhängseln erworben wurde, wächst unter Umständen im Gleichmaß des Wassers weiter, aus, verzweigt sich wohl und wiederholt sich an den Seiten des Körpers; so entsteht das, was BERGH bei vielen Nudibranchien als Mantelgebräme bezeichnet, so bildet sich das Epipodium mit seinen Fühlern, die unter Umständen, bei Trochus z. B., genau die histo- logische Struktur und die Sinnesknospen enthalten, die zuerst am Kopf erworben wurden. Als Parallele sind die Seitenorgane der Anneliden und der Fische zu nennen, die nichts weniger darstellen, als phylogenetisch verwandte Dinge. Betreffs der Radula habe ich (im Bronn) darauf hingewiesen, daß wohl die Pleurotomarienraspel, die nach allgemeiner Auffassung die altertümlichste sein soll und auf die ich den Gruppennamen » Hystrichoglossa« gegründet habe, in dem Besatz lateraler Zähne mit einer Bürste einzelner Haare wohl den ersten Anfang enthält, insofern als jede Borste vielleicht einem Odontoblasten entstammt und der ganze Zahn ein Verschmelzungsprodukt darstellt. Jetzt kann ich die Radula von Ostracolethe an die Seite stellen; sie ist vielleicht noch ursprünglicher. Die große Menge der gleichmäßigen Zähne übertrifft wohl an Zahl reichlich die von Pleurotomaria, ja man kann ver- muten, daß die Dentikel auf einzelne Zellen zurückgehen. Die Längsfalten aber legen selbst den Gedanken nahe, daß die Uber Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 661 Pleurotomarienradula aus der von ÖOstracolethe oder einer ähnlichen entstanden sein möchte. Man braucht nur die Längsfalten weniger und derber werden zu lassen, um daraus die Verschiedenheit der Pleurotomarienzähne in ihren allmählichen Übergängen zu erhalten. Der Pharynx leitet sich wohl am leichtesten von dem der Tur- bellarien ab. Den ursprünglichen Darm mit seinen Seitentaschen kann man sich wohl am leichtesten als Parallele zum Nemertinendarm, der doch auch auf Turbellarien zurückgeht, vorstellen. Bei den Pulmonaten ist er in schärfster Zusammenfassung auf die einfache Abtrennung der Leber losgegangen, die mannigfachen Zwischenstufen, die sich morphologisch vielfach verzweigt haben, sind bei den rückgewander- ten Vorderkiemern im Wasser erhalten geblieben. Daß ich den Darm der Cladohepatiker von dem der Stylommatophoren herleite, ist oben gezeigt worden. Die Speicheldrüsen sind, wie bei andern Tiergruppen auch, Er- werbungen des Landlebens; im Wasser war Einspeicheln der Nah- rung überflüssig. Im Meere haben dann die Speicheldrüsen mancher- lei andre Funktionen übernommen, Abscheidung von Giften und Säuren. | Noch endlich eine biologische Bemerkung. Der Schnecken- körper hat die Fähigkeit, Nesselkapseln und Nesselgift zu erzeugen. Die Cnidocysten könnten nur auf Cölenteraten oder Turbellarien (oder auf die Trichocysten der Infusorien) zurückgeführt werden. Die Ableitung der Weichtiere von Anneliden würde hier gar keine Er- klärung ermöglichen. Wichtig erscheint hier die von ANDRE fest- gestellte Tatsache (1), daß auch bei terrestrischen Stylommatophoren noch Nesselorgane vorkommen, und zwar hier allein in der äußeren ' Haut, die Phylaciten der Hyalinien; daß diese nicht mehr das ur- sprüngliche Gepräge tragen, sondern besondere Form angenommen - haben, entspricht nur der vervollkommnenden Form des Landlebens überhaupt. Schließlich möchte ich darauf hinweisen, daß für die kritische Prüfung der hier vorgetragenen Ansichten vielleicht die Untersuchung der so zahlreichen und untereinander im Äußeren so sehr verschie- denen Landdeckelschnecken, deren anatomische Kenntnisse noch ganz im Argen liegen, beste Aussicht bietet. Sie sind freilich schwer zu beschaffen und klein. Möglicherweise aber bringen sie manchen unerwarteten Aufschluß, pro oder contra. 662 Heinrich Simroth, Versuch einer systematischen Übersicht. Da über die übrigen Klassen Neues hier nicht vorgebracht wird, beschränke ich mich auf die Amphineuren und Gastropoden. Ich suche beide von Landturbellarien, bez. von Landnemertinen abzuleiten, und zwar wohl von Anfang an in zwei getrennten, wie- wohl nahe beieinander liegenden Anpassungen, beide an trocknere Örtlichkeiten, die Aplacophoren an trockneren Boden, die Schnecken an die Felsenwand mit ihren Flechten oder Algen. Dabei dürfte ein Gedanke, der viel zu fest in die gewöhnlichen phylogenetischen Erörterungen sich eingenistet hat, zurückzuweisen sein, der Gedanke an eine bestimmte Urform, die gesucht werden müßte. Das Leben ist von Anfang in jeder Organismengruppe vielseitig differenziert. Die Ansicht von WAAGEN, daß ganze Faunen modifiziert werden, muß immer mehr Platz greifen, so sehr auch logische Deduktionen auf scharfe Einzelbegriffe hindrängen. Wie aber v. GRAFF nicht ein- mal die Landplanarien einheitlich, sondern nur polyphyletisch zu fassen vermag, so hat man wahrscheinlich auch die Mollusken poly- phyletisch von Landplanarien abzuleiten, ja vermutlich die Copula- tionsorgane der Rhabdocölen mit in Betracht zu ziehen. Unter den Planarien haben wir Formen genug mit schmaler oder mit breiter Gleitsohle oder Kriechleiste, wie sie v. GRAFF nennt, man braucht nur an unsre Erdform Rhynchodemus oder an die tropischen Bipa- lien, die um den Ostpol bei Japan und Madagaskar verbreitet sind, zu denken. Aber selbst bei den Schnecken scheint mir es, als ob abermals Formen mit verschiedener Gleitsohle von Anfang an zu- srunde zu legen wären, denn wir sehen holopode Formen, wie ° Clausilia, gleich scharf getrennt von den aulacopoden; doch mag die ” Umwandlung der Aulacopodie in die Holopodie auch erst innerhalb der Gastropoden eingetreten sein, wie sie denn an manchen Stellen, bei den Arioniden z. B., sich noch zu vollziehen scheint (vgl. den Arion limacopus WESTERLUNDS). ü Trocknis führte Bodenformen von rundem Querschnitt wohl in Neomeniiden über, bei denen eine schmale Gleitsohle allein von der Cutieularerhärtung verschont blieb; flache Felsenformen dagegen drückten sich mit der Unterseite dem Gestein an, und nur der Rücken erhielt seinen Cutieularschutz mit weichem oder höchstens mit Spieulis besetztem Hyponotum darunter. In beiden Fällen wurde am Hinter- ende eine Einstülpung, die erste Mantelhöhle, als Lunge gebildet, um das Atemareal der Haut wieder zu vergrößern. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 663 Eine solche Auffassung hat noch eine andre erfreuliche Verein- fachung der Rechnung zur Folge. Die Einwanderung ins Meer er- scheint nicht mehr als eine freiwillige, willkürliche, sondern als passives Untertauchen. Dabei kommen ohne weiteres die Formen des flachen Erdbodens auf Sand und Schliek, die des Felsens an den Felsenstrand. Die Neomenien bleiben also Neomenien, soweit sie sich nicht nachträglich aus Bodenformen zu Halbschmarotzern um- wandeln und auf Hydroiden und Korallen mehr oder weniger sessil werden, die flachen Formen dagegen mit Notum und Hyponotum geben als Prorhipidoglossum in der Felsenbrandung zunächst den Chitoniden, weiter den übrigen bilateralen Gruppen, den Scaphopoden, Lamellibranchien und Üephalopoden den Ursprung. Vergrößerter Leibesumfang verlangt Kiemen, die denn bald in den größeren Reihen der Chitoniden, bald als ein Paar auftreten und dann als echte Ötenidien bezeichnet werden mögen. Die Gastropoden erhalten ihre asymmetrische Aufwindung bereits am Felsen, auf dem Lande. Da keine sicheren Andeutungen vor- liegen, daß jemals die Keimdrüse innerhalb der Klasse paarig war, so vollzog sich die Verschmelzung wahrscheinlich bereits bei den Turbellarienvorfahren, wofür Gyrator ein Beispiel bildet. Ebenso ist es möglich, daß der Ausführgang von Anfang einfach war, d.h. daß sich der Turbellariengenitalporus zur Seite vorschob an den Mantel- rand. Wenn dabei Ovarien und Hoden zur Zwitterdrüse verschmelzen und die Dotterstöcke die Eiweißdrüse abgeben und gleichzeitig die Begattungswerkzeuge unverändert fortbestehen, dann zieht sich der proximale Teil des Atrium genitale zum Spermoviduct aus. Die Nieren müssen anfangs paarig gewesen sein. Das Verhalten des Osphradiums ist durchaus unsicher. Anfangs paarig als Sinnesleiste am Hinterende, scheint bei den aulacopoden Stylommatophoren ihr Ort in der zu den Limaciden und Janelliden führenden Reihe zumeist konstant geblieben zu sein, so daß sie in die Aufwindung nicht mit einbezogen wurden und jetzt ein paariges Sinnesorgan in der Mittel- linie hinter dem Mantel bestehen bleibt, bald scheint das Organ mit dem Pneumostom gewandert, bei den Testacellen, wo es in der Lungen- höhle liegt, bei den Basommatophoren, wo es zum Lacazeschen Organ in der Nähe des Atemloches umgewandelt ist; der linke Partner (bei linksgewundenen der rechte) ist dann verloren gegangen. Bald nach der Aufwindung wurde als weiterer Trockenschutz das Oper- culum erzeugt, vermutlich von einem Mantellappen, bald mit der Schale in Beziehung und vom Fuß gelöst (Clausilien, Thyrophorella), bald 664 | Heinrich Simroth, mit dem Fußrücken verwachsen (Prosobranchien. Das zentrale Nervensystem besteht anfangs aus Marksträngen, die sich allmählich zu Ganglien konzentrieren, in letzter Instanz zu einem um den Schlund gruppierten Ringe; die Konzentration eilt bald in den pedalen, bald in den visceralen Ganglien schneller voraus. Die höchste Konzen- tration erreichen die zuletzt von den Stylommatophoren abgezweigten Nudibranchien (Tethys). Die Übergänge sind in verschiedener Weise erhalten, am meisten nach dem Rückwandern ins Meer; doch fehlen pedale Markstränge nicht auf dem Lande (Cyclophoriden) und im Süßwasser (Ampullarien, Neritinen, Paludinen). Höchst bezeichnend ist es dabei, daß das ursprüngliche Strickleiternervensystem des Fußes sich trotz der Konzentration der Ganglien in seiner peripheri- schen Ausbildung erhält bei den Stylommatophoren, weil sie die ur- sprüngliche Bewegung durch lokomotorische Wellen beibehalten. Bei dem Untertauchen ins Wasser entwickeln sich am Rande der Atemhöhle zwei Randkiemen. Wenn die Schnecke sich, im Meer, vergrößert, wächst die Schale über diesen weiter und läßt den Schalen- schlitz frei: Pleurotomaria, wenn das Tier im Süßwasser auf der geringeren Größe der alten Landlungenschnecken verharrt, bleiben die Verhältnisse unverändert: Valvata. Die Atrophie der linken Kieme vollzieht sich parallel im Meere und im Süßwasser. Anfangs erhält die marine Form, Pleurotomaria, noch ihr unverändertes Lungen- areal zur Wasseratmung bei, im Süßwasser grenzt sich dieses Areal zu einer besonderen Lungenkammer ab bei Ampullaria. Die Kieme verlängert sich überall nach hinten in das alte Lungenareal hinein, außer bei Pleurotomaria und Valvata. | Die Nephridien bilden sich in ähnlicher Weise um wie die Kiemen, indem das eine verloren geht. Die Zwischenformen sind ähnlich, wie die Kiemenlunge von Pleurotomaria am reinsten erhalten geblieben im Gleichmaß des Meeres. Bei dem Pulmonatenstamm, der auf dem Lande die Parallelentwieklung durchgemacht haben muß, sind die Zwischenformen verloren gegangen bei der knapperen Ökonomie des Landlebens. Die Untersuchung steht noch aus für das Gros der kleinen Landdeckelschnecken. Durchweg ist im Wasser, bei dessen größerer Tragkraft, das Spiel der lokomotorischen Wellen in der Gleitsohle verloren gegangen außer bei den zuletzt untergetauchten Nudibranchien. Keine auf das Land zurückgewanderte, bez. bei den Schwingungen der Erde auf das Land zurückversetzte Form hat diese Bewegungsart wieder zu erwerben vermocht. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 665 Bei der Rückwanderung ins Meer ist Diöcie eingetreten, die Zeugungsstoffe wurden, bei der mehr oder minder starken Sessilität in der Brandung, durch Dehiscenz frei ins Wasser entleert, wobei die eine Niere als Ausführgang benutzt wurde. Freie Beweglichkeit führte zu erneuter Begattung und Gewinnung eines Penis, vorausgesetzt, daß er sich nicht in direkter Linie erhalten hat. Denn es scheint nicht ausgeschlossen, daß nur die halbsessilen Formen in der Brandung das Organ verloren haben, während andre, wie die Trochiden, es be- wahrten und den abgeleiteten höheren Gruppen übermittelten. Auf dem Lande ist Hermaphroditismus bestehen geblieben, ebenso zum Teil bei unmittelbarer Rückwanderung ins Süßwasser: Valvata und Ampullarien (individuell). Somit nehmen die Urformen meiner Meinung nach als terrestrische Lungenschnecken eine Mittelstellung zwischen Pleurotomarta und den heutigen Stylommatophoren ein. Mit ersterer teilten sie die doppelte Niere, den vielfach gegliederten Darm, die Markstränge, das Oper- em mit letzteren die De molanolen Wellen, den SD den Hermaphroditismus, die Lunge. Die Pulmonaten haben sich in mehr direkter Linie zu ihrer heutigen Höhe entwickelt. Die Vorderkiemer sind umgekehrt im Wasser weiter differenziert. Hier gewannen sie die Diöcie, neue Penes, die Kiemen, das Epipodium. Wieweit die Rückwanderung unmittelbar ins Süßwasser erfolgte, oder ins Meer, läßt sich schwer entscheiden. Nur im Süßwasser haben ihre Entwicklung vollzogen Valvata, Ampullaria und vermut- lich Paludina; Neritina ist wahrscheinlich weiter aus dem Süßwasser ins Meer gewandert. Umgekehrt hat das Süßwasser eine Anzahl Formen aus dem Meere zurückerhalten, z. B. Potamides, Hydrobia, sowie die halolimnischen Tiefenformen des Tanganjika. Ebenso unsicher ist der Weg für viele Rückwanderer aufs Land. Man wird wohl jetzt schon behaupten dürfen, daß alle sog. Landdeckelschnecken einmal untergetaucht waren; aber ob sie aus dem Meere oder aus dem Süßwasser auf das Land zurückversetzt wurden, läßt sich zur- zeit für die wenigsten entscheiden. Littorina, kann man sagen, ist eben dabei, auf das Land überzugehen — ein unausgesetzt sich wiederholender Prozeß. Von den Stylommatophoren aus sind zeitig genug die Basommato- phoren ins Süßwasser zurückgewandert, sowie die teetibranchiaten Opisthobranchien ins Meer; von ihnen haben sich früh, mit Hilfe ihrer Parapodien im erwachsenen Zustande, die Pteropoden aufs hohe 666 Heinrich Simroth, Meer begeben, oder sind dorthin versetzt worden, und zwar in zwei Kolonnen (PELSENEER). Alle diese Umbildungen haben sich in Anlehnung an die Pendu- lation der Erde vollzogen. Die Tiere sind bei ihrer Ausbreitung von einem Schwingpol aus zum andern gewandert. Meist läßt sich bei . den alten Formen (Landdeckelschnecken, Basommatophoren, Pleuroto- marien, Ampullarien u. a.) nicht mehr entscheiden, in welcher Richtung die Wanderung. ging. Die altertümlichsten Formen haben sich an den Schwingpolen erhalten (Clausilien, Pleurotomarien, Basomma- tophoren, Landdeckelschnecken); da aber für viele Pulmonatengruppen, ja für die meisten, die Herkunft vom Ostpol ziemlich sicher ist, kann man vielleicht die Schöpfung der Schnecken, zum mindesten der meisten Gruppen, auf diesen zurückführen. Velum und Veliger oder Trochophora-Larve sind wohl auf die pulsierende Nackenblase der Pulmonaten zu beziehen, als Anpassung an die marine Lebensweise. Die höchste Ausbildung haben in dieser Hinsicht die longicommissuraten Neotänioglossen erfahren, deren Larven zum Teil von einem Schwingpole zum andern wandern. Immer stärkere Verdrängung aufs hohe Meer hinaus ließ diese Formen im freien Ozean geschlechtsreif werden und schuf, vom Ostpol aus, die Heteropoden. Die meisten näheren Aufschlüsse geben die Stylommatophoren. Der Umstand, daß der Westpol die meisten langgestreckten Schalen besitzt, legt den Gedanken nahe, daß die Schöpfung anfänglich von ihm ausgegangen sei. Doch läßt sich vorläufig hier keine Klarheit sewinnen. Der Hauptherd für weitere Differenzierung ist zweifellos der Ostpol. | Dessen Feuchtigkeit bedingt bei vielen Formen Zartwerden der Schale und Überwuchern der Mantelränder auf sie hinauf. Das stärkste Beispiel einer normalen, ganz im Mantel eingeschlossenen Schale liefert Ostracolethe. Wird dabei die Schale völlig resorbiert, so entsteht die Form mit schalenlosem Eingeweidebruchsack, die ersten Nudibranchien oder Hedyliden (Hedyle und Acochlidium), am Ostpol im Süßwasser, in kleinen Formen bis zum Schwarzen Meer ausgestrahlt. | Ostracolethe zeigt andrerseits den Weg, wie durch Herabdrücken des Bruchsacks in den Fuß, also echte Nacktschneckenbildung, die stylommatophoren Janelliden entstehen. Sie reichen schon weiter als Ostracolethe, bis Neuseeland, d. h. bis zu den alten Grenzen des Süd- ostkontinents, Auch sie sind im Wasser untergetaucht und haben Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 667 im Meere die Aeolidier, vielleicht die Hauptmasse der Oladohepatiker ergeben. | Ein andrer alter Nacktschneckenzweig von den Stylommatophoren aus betrifft die Vaginulidengruppe; hier ist das Prinzip der Gleit- sohle zu seiner höchsten Differenzierung gelangt in den Soleolae. Den ältesten Typ dieser Gruppe bilden die Rathouisiiden, und deren Ver- breitung zeigt, daß sie in entgegengesetzter Schwingungsphase der Erde entstanden als die Janelliden. Die Vaginuliden haben sich auch weiter ausgebreitet und endlich im Westpolgebiet eine besondere Gruppe mit den größten Formen erzeugt, die Phyllocaulier. In West- afrıka unter dem Schwingungskreis ist Vaginulopsis abgezweigt. Untertauchen der Rathouisiiden oder Atopiden scheint die porostomen Phyllidiiden, eine Nudibranchiengruppe des Ostpols, erzeugt zu haben, . das der Vaginuliden die Oncidiiden. Die einzige Stylommatophorenform mit medianer Lage des Afters ist Apera unter dem Schwingungskreis in Südafrika. Vielleicht schuf das Untertauchen dieses Zweiges die Dorididen. Damit sind vorläufig die noch sehr unklaren phylogenetischen Beziehungen der Nudibranchien erschöpft. Während der Westpol reicher an langgestreckten felsenbewohnen- den Stylommatophoren ist, treffen wir am feuchteren Ostpol mehr Nacktschneckenbildung. Doch fehlt es auch nicht, außer den erwähn- ten Vaginuliden an Gruppen, die beiden Polen gemeinsam sind. Als ältester dieser Zweige muß wohl Philomycus gelten, und zwar muß er in alter geologischer Epoche von einem Pol zum andern gewandert sein, ohne daß von den schalenlosen Schnecken Reste erhalten bleiben konnten. Die jetzigen Nachkommen haben Identitätsstellung ange- nommen, von den Polen aus nach Nordosten. In Asien geht die Kette von Borneo über Java und Celebes bis zum Amur, teils auf den Inseln, teils auf dem Festlande, in Amerika sind es die östlichen Vereinigten Staaten von Georgia und Carolina bis Canada, die die entsprechenden Arten beherbergen. In Asien läßt sich eine morpho- logisch immer weiter differenzierte Reihe von Java bis Japan ver- folgen (die chinesischen Arten fehlen mir). Die andre, mit den Philomyeiden nächstverwandte, beiden Ge- bieten gemeinsame Familie sind die Arioniden. Sie sind von den Polen aus nach Westen hin entwickelt, und zwar so, daß hier offen- bar die Halbnacktschnecken mit noch weit offenem Mantelloch die Wanderung von einem Pol zum andern ausführten und aus ihnen zwei parallele Reihen entstanden, die voneinander nach allen 668 Heinrich Simroth, Gattungen vollkommen getrennt sind. Die Halbnacktschnecken sind in Nordamerika noch erhalten, auf den Antillen und weiter nordwestlich in zwei Gattungen, im Osten scheinen diese Vorfahren bereits er- loschen. In Amerika leben die betreffenden Genera, Prophysaon, Arvolimas, Hesperarion usw. von Californien bis hinauf nach Colum- bien; vom Ostpol ist ein Zweig nach Nordwesten gegangen, Anadenus und in Europa die eigentlichen Arioniden s. s., die im Westen des Erdteils am stärksten entwickelt sind, der andre Zweig ging wohl nach Südwesten, die meisten Glieder der Kette versanken im Indie, das letzte und am meisten abweichende hat sich in Südafrika er- halten: Oopelta. Anfänge der Halbnacktschneckenbildung haben wir am stärksten im Ostpol, Maerochlamys, die vitrinenähnlichen u. dgl., sie sind nach Europa als Vitrinen gekommen; die nordamerikanischen Veiri- noxonites scheinen sich durch eine Schwanzdrüse zu unterscheiden und in besonderer Reihe entwickelt zu haben. Hier herrscht noch keine Klarheit, wohl aber etwas mehr bei den Halbnacktschnecken des Ostpols, Parmarion, Microparmarion, Damayantia, Parmacochlea, Girasia, Austenia u.a. Sie haben sich auf dem Wege nach Westen immer mehr zu Nacktschnecken umgebildet, als älteste Parmacella, von ihr aus von Zentralasien nach Europa die massenhaften Lima- ciden mit vielen Gattungen und Arten, von Indien aus über Lemurien nach Afrika die Urocycliden. Diese Formen zeigen den Einfluß der Feuchtigkeit, die den Anfang zu ihrer Bildung gab, am allerschärfsten auf den Gebirgen, sobald sie bis in die Höhe reichlicher Elevations- regen sich erhoben, so der Kilimandscharo mit den Arten von 7recho- toxon u. verw., und als eins der jüngsten Gebirge der Kaukasus mit vielen Spezialformen, darunter zahlreichen aus der Parmacellenwurzel entwickelten nackten Raublungenschnecken, in ähnlicher, doch schwächerer Einwirkung die Alpen. Ich mag nicht über das Gebiet hinausgehen, das ich ganz be- herrsche. Die Gehäuseschnecken bilden jedenfalls keinen Einwurf gegen die Schwingpoltheorie, wenn auch gerade hier noch viel Unklarheiten bestehen, weil die anatomische Untersuchung mit der Schalenkenntnis nicht überall auf gleicher Höhe steht. Eine Reihe von Tatsachen, wonach die Vertreter einer Gruppe sich um den Ost- und Westpol parallel anordnen unter Übergehung von Afrika ließe sich bereits anführen. Andrerseits ist bekannt, wie sehr man hier mit Konvergenzerscheinungen zu rechnen hat. Keine von allen scheint so häufig wiederholt zu sein, als die, welche die Form des Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 669 ursprünglichen Prorhipidoglossum wiederholt, welche somit das Prinzip, nach dem die Schnecken entstanden, am klarsten zum Ausdruck bringt, die Form der Napfschnecke. Auf dem Lande ist sie am seltensten, in Ostpolnähe: Camptonyx von Östindien, an Felsen haftend; ver- breiteter wird sie im Süßwasser: die Ancyliden; sie wird am häufig- sten in den oberen Teilen der Litoralzone: Siphonaria, die Doco- elossen, die Fissurelliden, die Capuliden. Überall zeigt sie die Bedeutung des Schutzes. Nur im Meere haben wir sie, bei der größeren Freiheit, die hier der tierischen Form erlaubt ist, auch außerhalb der Felsen: Umbrelliden und Tiefsee-Docoglossen. Das einzige Doco- glossum aber, das über die Flutgrenze hinausgeht, ist Acmaea fluwi- atilis vom Ostpol. | Leipzig-Gautzsch, im November 1909. Zitierte Schriften. 1. E. ANDRE, Organes de defense tegumentaire de Hyalinia. Revue suisse zool. VIII. 1900. 2. —— Note sur une Limnee de la faune profonde du lac Leman. Sun of malac. VIII. 1901. 3. R. BERGH, Die Nudibranchiata holohepatica porostomata. Verhandl. zool.- bot. Ges. Wien. 189. 4. —— Die Hedyliden, eine Familie der kladohepatischen Nudibranchien. 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XII. 189. 25. —— Mittheilungen über zoologische Studien an der chilenischen Küste. Über Chilina dombeyana Orb. Sitzungsber. Berl. Akad. 189. 26. —— Die Anatomie und Phylogenie der Chitonen. Zool. Jahrb. 1887, 1899 u. 1901. 27. P.u. F. SArAsın, Materialien zur Naturgeschichte der Insel Celebes. I. 1898. 28. R. SCHARFF, Söme remarks on the Atlantis Problem. Proe. Irish Ac. XXIV. 1903. 29. H. SmmrortzH, Über die Bewegung und das Bewegungsorgan des Cyclostoma elegans. Diese Zeitschr. XXXVI 1881. 30. —— Zur Kenntnis der Azorenfauna. Arch. f. Naturgesch. 1888. 3l. —— Einige Bemerkungen über die Neurobranchier, insbesondere Pomatias tessellatus. Zool. Anz. VIII. 1885. 32. —— Über einige Parmarion-Arten. Max WEBER: Zool. Ben. einer Reise in niederländisch Ostindien. 33. —— Über die Gattungen Parmacochlea, Parmarion u. Microparmarion. Zool. Jahrb- Abth. an XI. 1898. 34. 35. der Stylommatophoren. _Zool. Anz. XXV. 1%1. 36. —— Über einige kürzlich beschriebene neue Nacktschnecken, ein Wort zur Aufklärung systematischer Verwirrung. Ibid. 1902. 37. —— Die Nacktschneckenfauna des Russischen Reichs. Petersburg 1901. 38. —— Über die wahre Bedeutung der Erde in der u. OSTWALDS Ann. d. Philos. I. 1902. 39. —— Das natürliche System der Erde. Ber. der Versamml. 4. D. Zool. Me. - 1902. 40. —— Über Gebiete kontinuierlichen Se und die Entstehung äfr Gastro- poden. Biol. Centralbl. 1902. 41. —— Über Philomyeiden und Arioniden. Salz Naturf. Ges. . Löiprig: 1902. St. Petersburg. 1900. ' at, Atrium genitale; be, Buccalganglien; ' e, Konkremente an den Intestinalge- __ fäßen (Speicherniere); cer, Cerebralganglien; -d, Darm; - ei, Eiweißsdrüse; _ ep, Epiphallus; ' fl, Flagellum, epiphallusartig; 9, Gang zwischen Spermoviduet und | Atrium genitale (sekundärer Samen- { leiter? Muskel ?); 7, Leber; ' m, Muskeln des Samenfilters; ms, Schnittlinie, in welcher der Man- I tel abgetragen ist; od, Oviduct: Fig. 1. ' Schale und Mantel. En Fr. jo) reihen etwas deutlicher. F rechts vom Rande. Fig. 2. Dieselbe, stärker vergrößert, von links. Über Ostracolethe u. einige Folgerungen für d. Syst. d. Gastropoden. 671 | 42. TÄUBER, Beiträge zur Morphologie der Stylommatophoren. Ann. Mus. Zool. j 43. .J. TEIELE, Die systematische Stellung der Solenogastren und die Phylo- senie der Mollusken. Diese Zeitschr. LXXII. 1902. 44. N. WAGNER, Die Wirbellosen des Weißen Meeres. Erklärung der Abbildungen, Bedeutung der Buchstaben: ospd, Spermoviduct; p, Penis; ped, Pedalganglien; rp, Penisretractor; s, Vertiefung, in der die Kalkschale lag; sch, Samenfilter; sp, Speicheldrüsen ; sz, Schalenzipfel ; t, Ommatophor; fo, kleiner Fühler; !s, Lippenfühler; vd, Vas deferens; ves, Vesicula seminalis (Drüse?); vis, Visceralganglien ; xd, Zwitterdrüse; xg, Zwittergang. Tafel XXXII. Östracolethe Fruhstorferi Srth. Vergr. 3:2. Nach Weenahme von fe) Vorderende derselben, von oben. Vergrößert. . Kalkiger Teil der Schale, links von oben, rechts von unten. Fig. 4 Vorderende derselben, von rechts. Fig. 5.. Teil derselben, von links. Fig. 6. Mittlerer Teil der Schnauze, von oben. Fig. 7. Schnauze von vorn, mit dem Kiefer. Fig. 8 Vergr. 13:5. Fig. 9. Hinterer Teil der Conchinschale, in der Mitte eingerissen. Fig. 10. Hinterende derselben, vergrößert. Fig. 11. Kiefer von vorn, vergrößert. Fig. 12. Rechte Hälfte vom Hinterende der Radula, darüber drei Zahn- Fig. 13. Zähne aus einer Reihe, links von der Mitte, einer von der Seite, Fig. 14. Vorderende: des -Vormägens;-mit: den:Speicheldrüsen. 44* 672 Heinrich Simroth, Über Ostracolethe und einige Folgerungen usw. Fig. 15. Columellarmuskel, in der Mitte die Bündel für den Pharynx, seit- lich die für die Fühler. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 15a. Der rechte Fühlermuskel mit seinen Zweigen. 16. Der Schlundring von oben. 16a. Derselbe von rechts. 165. Derselbe von links. 17. Proximale Hälfte der Geschlechtswerkzeuge. 17a. Teil derselben, mit genauerer Ansicht des Zwittergangs. 18. Die Geschlechtswerkzeuge (ohne Zwitterdrüse). 19. Dieselben in andrer Ansicht der Endwege, ohne Samenfilter. 20. Die Endwege, weiter auseinandergelegt. 21. Das Receptaculum seminis, stärker vergrößert. 22. Das Samenfilter, vergrößert. sch, die kleinste der knopfförmisen Bildungen, wohl der Anfang. mit spiraliger Muskelanordnung. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Zeitschrift f wiss. Zoologte. Ba.LXA. 5 e NA em UN N PN NG er Jo‘ r Verlag von Wi — = . | ö | & eK SEE ORORR) Dan - RR Ba S & arte Base R FERIEN ML 098 E SER It s a Dee | A Zn 2 ME: > er I 4% Zen 2 N 3 f > Re En AM 4 ®& Zeitschrift Üwiss. Zoologie. BANN. e - . = 2 ; Tal. 7. Verla BerWiAhelEU B'gelnann. Deinzig Zeitschrift f. as: Zoologte. Ba.LXMV. KA Dun > ED EA eo ER 58 2 oo = °0°08° ©, E SEIN 8020 SIERT z.o °» sa 80%, S.® © Verlag von Wi Taf: I. 4 ze Saar —/ \ De: DI Si— A & S H T ’ r r | ® 2 or i ® inzid. > einzig Tith, Anst. v. Werner a Winter, Frankfurt SM Taf: I. ologie. BA.LNVI. © Zeitschrift F wiss. Zoi © ar / L 7 el = gen an hm, Jeinzig LunAnstıv.Werner a Winter, Frankfurt 14 Bi D ) * Dun Zeitschrift E wiss. Zoologte. Bd.LXMM. eo Ba Sa % 2 a Mes Uran VERBERGEN RT 3 2 D Verlag von Wi! Taf! m. 5 ' | Ü — 8 Zeitschrift Kwiss. Zoologie. Ba.IANT. er —— N EM a. Taf. ——PIS: =gM6l Ansuu Werner kWinvn Erankfurt/M. s. Zoologie. Ba. LXXV. MTS if eitschruft 7 Lı ® = 44-2424 4121002 0040 0 (m - SO r . I Daran > ÄEETETEREE N > 19 Taf W. Yeitschril Kwiss. Zoologie: Ba. NN. 4 Frank v. Warner & Winzer, ‚Lithı Aust y Swiss. Zoologie Ba.LAKVI. Ischrift C.Hemmüngs gez. Zei Ö. = Eu =ssme> STE LithAnstv. KA Funke Leinz TithAnstvE-A.Pi Aeilschrift fwiss.Zoologie Ba. LXAVI Fig. Fe ware ® „2 oo Brenn nen %o e ‚Zoologie Ba. LAXVI Zeitschrift J.w1s Paul Haschka et E a “ tachrift.f wiss. aplogies.a Bil .. „sph ® ei r p Fig. a, 2 18. 12— 14, Taf. VL) nenn ea ee - es. U RE 5 an; - | \ { i VE are wenn ERNEST EEREEIE 9 Sr sph' | Fig. 4. Fig. 3 (cf. Fig. 3. Taf. VL) (ef. Fig. 10, 11. Taf. VL.) zu n \ Ep U ne ro ee > u spw Fig. 2a. (ef. Fig. 12—14. Taf. VI) Fig. 4. (ef. Fig. 3. Taf. VI.) Fig. 3 (ef. Fig. 10, 11. Taf. VI.) = be . | Fig.9- Fig. 5. eh TE ee Se ee... (et. Fig. 4. Taf. VL) ngelmann in Leipzig. ey Bd. LXXV1. . tschrift f. wiss. Zoologie. Rohde phot Zei E. Taf. VII a) a en 1 r 5 A { Ks ar 1? c 2 % Kay Lichtdruck von C. G. Röder, Leipzig. Ä nn in Leipzig. Ba. LXXVI. 06. tschrift f. wiss. Zoologi D Ze Rohde phot, E Leipz; G. Röder, [2) & g ie} 5 3 3 A s.Zoologie Ba. LXAVT. IDLS Zeitschriff f 2.3 Fig Thesing gez. v 74 Zul. Li r in leinzir Zeitschrift Kwiss, Zoologie Bd. LXXVT. _ Fig-l. Fig.2. Fig.3. Fig-#. Fig. Fig.I10. Fig.23. Fig.22. R Fig. 24, ] — R- .E ith.Anst Julius Klinkhardt Leipeig An ı u era MOD Engelmann EN Zeitschrift Rıviss.Z, oologie ba. LAAM. rg | | un ja TE EN: G.Ihesing gez. Tan EX, R 5 Lith. Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig. an Tendir Zeitschriff I.IDisS. Zoologie hd, IXKM. ee Fig.2. Fig.l. Fig.7. I je U Thesing gez J Today mit ngelmann ipzig, s.Zoologie Bd.LAAVT. JDIS. Zeitschriff £ d Lith. Anst. Julius Klinkhardt,Leipzig. Zeitschrift Kwiss.Zoologie Bd.LXAVI. OR 2 Nereshaimer gez Gear Mil Yoyeann: Leipzig. 5 | Lith Anst Julius Rlirikhardt Leipzig. Zeitschritf Kwiss.Zoologie Bd. LXAT. Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bad. LAXTT. = % ‚ERy! N A (©) en ee X, SR Sue IsEsr fe 1er ERS Oo Dos Eon BDO 5 PREA DC N er [sot® IS MLES ö sen stont > 0) 32) h & Lith Anst.v E AFunks Lei pzig, in Leipzig br, Zeitschrift f wis Zoologie Ba.]AMT. eu a stont tschrift f. wıss.Zoologie Ba. LXAV7. L Ze Finleia 8 9\ N EURE NUN KOSER © LIES: 2 an in Leipzig. Lith.Anstw.E.A.Funke, leipzig. Zeitschrift fuwiss.Zoologie Ba-KKUT. D er E.Schwangart ges. elm Engelmann in Leipzig, Y u 6 a P MTS. Zeitschrift f — s. Zoologie. Ba. LM. . Zeitschrift Kwiss. Zoologie. Ba. LAN. ’ Mesostomaumt ehren bergi. Bi. Anst w Warner anfinter, Frankturt ML TafXxıv at Verlag vun Hilkeins Engelmann Yinzig al IM. r L gie. BA.LX 'ss. Zoolo 7 [2 Zeitschr en 4 ut rw Taf. XV. J urn IL. rankfart” {2 & Ter, 7} Hd rn“ Zeitschrift fwiss. Zoologie. BA.LNNVE. I o zT] = Engelmann, Jeinzıg. Mesostot um, ehrenbergi: ZE Eh Ant icWernera HeRzer, Franken. Zeitschrift £ wiss. Zoologie. BALXMV. esse N Er N) ERTL” I ee) IR HA an ..- Y 7 ö N - > “ ER [03 F 9” # ® Y " MD l ez Taf: XI. se Ir £ RT > no ge eh, Ihe fahr, leinzii ih. Anst.v. Werner Winter, Frankfurt 7M. renbergi. Zeitschrift # wiss. Zoologie. Ba.LNM. Br Tac X. rs / gu Te [} ©, IL [= . IN e & x Sae% S, “ “ a? wo Den u 3° 8 ., Hr 22 SS EI S bn \) S = 2 ke, = ER BORN, ne2° = _ oe, ER —< © AN ss « x une Sal Tod von Wilhelm Engelmann, Join I a" Be Tan Ans u Wernar Winter, Franktunt Mesostomum ehrenbergi. Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bad. LXMMW. a N 280 | re \ u %o f Schar t & | Tonne; = \ Sodeare, 20858 [ Ro N > { RES » IE) LAN. >o O0 BD „9 \ I ED DOSES B26 \ en RS RE 223 - Day >o985° / & er) ER 9, 22 Br R / 9% Be BAR / Ida BE RSRE ! EEE 7 LEN en ABER a \ SR rl 228) ErEN \ ‚d 2, 2 BZ \ rs Bro: ga; 0225 b Page? 79,09 8895° 2 SL E en, Be 2 a m _ en 2 / BE BIC LST N = ae Dr an a 5°, | ds, „90 DR 2 | RE LER ER | I) ae > Taf: XVII. [4 „ Selle Sl: Om N N \ BSH - SEEN (Ei eh TN ae A | ) Ne) ım ’ I ie er wat ALL @) I eat 0 PERS Son Dr N i Ruo \ ver) ) ) FI JON IT Don R\@)"‘. ARE TY SE | EN aan ill KA Pre | Re De Deo HUN © lersonatım Zoologie, Bd.EXNM. Zeitschrift Kwi Bothromesostomum nersonatım Warner a Wander Franke Zrrtschrift wiss. Zoologie. Bd. LXXI. 17.2 Ver, Bothromest 60° ersonatum. - - De Zeitschrift Rwiss. Zoologie , Bi. LXNIT. 61 m ph ta 200 1 Tat XV. Terlag Ton nal ann, konzia al Bothromesosintum nersonatum. ner aWinten rankl 1 Zeitschrift Ewiss. Zoologie. BA.IXMVI. Taf XIX u” ee ae Flingua. TatXIX Zeitschrift wiss. Zoologie. BA.LXXIT. Mesostomum Lingua, 3 Zeitschrift f wiss. Zoologie. BA.LXM. Pr slau 2 = BYE Verlag von Wil Plagiost« Ta NK ‚th. Anst.v.Werner &Winten Frankfurt®M. Zeitschrült K wiss. Zoologie. Ba.LANN. 73 Verlag von Mi an ] ferner iWiatn Frankfurt RT Plagostom®n girardi VE Zeitschrift F wiss. Zoologie Bd. LAAM. Fig.1. af! AA Aa. \ Me nn ra d \% Ben Kgl. Univers. Druckerei v. H.Stürtz, Würzburg. Zeitschrift £ wiss. Zoologte Bd. ZAATE. l be a x ee IE TE 5. i Taf: KM. Fig. Fig.23. EELLTERT PETE Kgl.Univers, Druckerei v.H.Stürtz, Würzburg. 7. a 4 Zeitschrift. F. wiss. Zoologte Ban Be) \ Verlag von. \N > Saf! XAU. 000000000 = Kgl.Univers. Druckerei v, H.Stürtz, Würzburg. Zeitschrilt £ wiss. Loologie Bd. LAXU. .s autlalse,, a er er, = eo ..> n re Bes ee LI 6%; Pistntkow Anl = e — — — — u - — —— _ 5 Kyl, Uniwerm Druckerei w HM. Stürte, Würdkung er Zeitschriff L.wiss.Zoologie Bd. LXAVT. we Sohn del. Zeitschriff Kwiss.Zoologie Bd. LXNM. Zu v. Crh. Big.3. Lith.Anst. Julius azl a lırı del schriff Kıwiss. Zoologie Bd. LXXVI. Tas, XXI ( | UrGZL ung.z j------ ung, z U NER N. K.C. Schneider gez. Lith. Anst Julius Kinkhardt, Leipzig Verlag v. Wilhe | BEER ’ Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. LXXV. Y. Hei zT Lith Anst vB.ARunke Leipzig, in.Leipzig. Zeitschrift J. wiss. Zoologie Bd. IX. : ar r « 2 # re wi ; t r Y 5 - * \ F ; € N h H x ; [) = ei) 4 } ‘ ar 2 r " Zeüschrift f: wiss. Zoologie Bd. LXXTI. | S 10. R ee .. Wu.J.V.Hein Br > : Verlag v.Wilhel Taf. XXVI Tith.Anst vE.AFunkeleipzig Zeitschrift £ wiss. Zoologie Bd.J. AXIZ. Taf XNVI. e; I. WuJVHen Jith.AnstvEARuneLeipzg Zeitschriff E.wiss.Zoologie Bd. LAAVT. m.r Im. “ I ım.ant, m.abd.mand. > add. MAX. Y I m.add.mand. | m.add.end.! gllab, 2 im.end mrtbs. mal 10; 3. m.abd.mand. N, INES Y m.addmahd. 5 m.add.end. n.md.mx. Fig.9. Taf XAVZ. ın.rt.b.s. ” 2 | IRRE ARZFFR, N 5 HHHNNSTERERE, N U a N) DIET I ER N) va N) I, II S N \ Y, LIED, DV N ö z € rn = SE BEE = \ | ae 2: 5> || \ "gi.lab. Sa ir f Um. \ IS Sm. \ x N RL f ! end. meh. M.gl.lab, mrt.b.i. ,T.TEC. M.Opt. om Fig.10. f $ DI ke. iR „um.F Te So ae n.rec. SEHR gl.Alab. int. im. Fig.8. 7 Ir? L- Du / / \ \ III B-------- n.md.mx I ———nnn N nl. n.md.mx. T4+r} N Tealına Wienlsh anAt Tas, Lith. Anst. Julius Klinkhardt, Leivzig. L u g.fr: mr.Im. N mud;pl EHE 1q. 2% Im.ant, N x "Sm. \ m.add.mand. H ! 3 \ di, meh. M.gl.lab. m.rtbi. m.add.nd.‘ gllab. im.endt mrAbS- mal, m.abd.mand: \ m = x (2 el ER I | \ n.md.mx. = Lit. Anst. Julius Rlinkhardt Leipzig. Atcilmgren gez en inte Zeitschriff .wiss.Zoologie Bd.LAAIT. Fig. 18. Fig.15, >>eonn.lT. „N. ventr: elek; ----gl. lab. N T. Holmgren gez. ee ea Zeus EEE EEE Tarları rm Walhael Taf AXVI. „g. tr fimm. --n.abd.mand.d. ---m.abd.mand.V. ----m.abd.mand Hl. = m. add.mand.J. ----n.add.mand.l. Lith. Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig. nn in Leinzia 5 R e j < r ‘ = z Zeitschrift Rwiss.Zoologie Bd. LXATT. : Taf: AUT. ‚gt: Fimm. N i.19 Fig.19. Lg.m.V-----—-——7 „n.ventr N. Holmgren gez. Tat Anst. Julius Klinkhardt Leipzig. K J >) mie U l H S oO N) \ \ \ S S S N rQ 5, So Ren 7 „oO! ZZ : = I RQ N S S R S R =s R S | I Zeits Verlag v.Wilheln E, Zugmayer gez. Taf: XXIX. & al nmasmnnunnaseE As: riecht ee S SS Trinsdogne Ta Tith.Anst vRAfınkeleipag ee Sc a —, WERNE u N jo 4 Be R EN Taf: XXIX. Zeitschrift f wiss. Zoologie Bd.IXXM. EZ) rn ED ) U _ \& a AN ar N > = EN S 72 R Cr m Di ARE > oT Eooe TS a Rapper z OR N Mr 2 a2 . S RUIOSTIE u NN — ee n f “ TitAnstwEAFinkelepag, Per > a“ inleipzig DR UT Bgz or E Zugmayer gez ‚Zoologie. BA. LX. WISS tschrift £. 1 „el Taf XXX Lith. Anst.w Werner x Winter, BrankfuertM. ie & u I Ri E Zeitschrift Rwiss. Zoologie. BANN. ee ln en: Aschinerg w0.Schr, Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. LXXVW. W.Görich del. Tal. XXX: Nah u R 8) en a) VER ._-- BI EEE . Tith.AnstvE.AFunke Leipzig. elmann inLeipzig. Zeitschrift f wiss.Zoologie Bd. IXXM. Verlag 7Wihemängemann inleipzig BE: SCH he chrift £ wiss. ZoBlogil per Peirs rp #059 7 Lith Anst vE.Afınkeleipzig ik En asp N ui Am \ M em, Bi ek CN! giinTlen gar Erere m ge a a Co M Verlag v Wilhelm Engelmann inleinzig Zeitschrift | für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Dechsundsiebzigster Band Erstes Heft Mit 11 Tafeln und 18 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann = 1904. Ausgegeben den 19. Januar 1904. Inhalt. Seite Die Entwicklung und Bedeutung des Glaskörpers. Von A. Kölliker. (Mit Taf: I-IV.\ ur ZT Re ee 1 Das Tömösvarysche Organ der Myriopoden. Von Curt Hennings. (Mit Taf. V und einer. Figurim Text) 7 2% 1202.22. 0 Vo 26 Untersuchungen über den Bau der Zelle. III. Die Entstehung von Mito- chondrien und Chondromiten aus eigenartigen intra- und extrazellulären »Sphären« (Idiozomen.. Von Emil Rohde. (Mit Taf. VI—-VII und 11 Pig. im. Text), asa8. 9. 2 Ra Rn ee 53 Beiträge zur Spermatogenese der Cephalopoden. Koh Curt Thesing. (Mit Taf. VII nd IR N a ARTE Se, 2 A 94 Über Lohmannella catenata. Von Eugen Neresheimer. (Mit Taf. X—XI und‘6 _Fig..im' Text... 2 u. RT eG Re 137 Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. DIE UMSCHAU !\ BERICHTET ÜBER DIE FORTSCHRITTE - Ü HAUPTSÄCHLICH DER WISSENSCHAFT ı* # UND TECHNIK, IN ZWEITER LINIE DER LITERATUR UND Kunst. Jährlich 52 Nummern. Illustriert. »Die Umschau« zählt nur die hervorragendsten Fachmänner zu ihren Mitarbeitern. Prospekt gratis durch jede Buchhandlung, sowie den Verlag H. Bechhold, Frankfurt a. M., Neue Kräme 19/21. Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Sechsundsiebzigster Band Zweites Heft Mit 9 Tafeln und 7 Figuren im Text. ! Verlag von Wilhelm Engelmann 1904. Ausgegeben den 8. März 1904. Inhalt. Seite Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. Von F. Schwangart. (Mit Taf. XII u. XIHN u. 4 Fig. im Text.) .... 7.0.22 167 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Turbellarien. I. Die Entwick- lung der Rhabdocölen und Alloiocölen. Von Ernst Bresslau. (Mit Taf. XIV-XX. u. 3 Fig. im Text.) - 22. 8 22 2 re 213 Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. III WESTESZERETSSER En Wir offerieren: 1 Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, herausgegeben von Siebold u. Kölliker. Band 1 bis 62, 4 Supplemente und Register zu 1 bis 45. Gebunden in Halbfranzband — = Preis 718200, 2, ——e Joseph Baer & Co., Frankfurt a. M. Hochstraße 6. a om aD So Be eo oe en Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE | begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Dechsundsiebzigster Band Drittes Heft Mit 9 Tafeln und 9 Figuren im Text. | LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1904. Ausgegeben den 22. März 1904. Inhalt. Seite Über die Häutung und über einige Elemente der. Haut bei den Insekten. Von W. Plotnikow. {Mit Taf. XXI, XXII u. 6 Figuren im Text) 333 Zur Anatomie der Amphilina foliacea (Rud.. Von Ludwig Cohn. (Mit. Taf. XXIII. u. einer Figur im Test.) . . 2 20207. See 367 Histologische Mitteilungen. 1. Die Urgenitalzellen der Ctenophoren. Von Karl Camillo'Schneider. (Mit Taf: XXIV... 2. er pe 388 Beiträge zur Kenntnis von Amphilina foliacea. Von W. Hein. (Mit Taf.,.XXV u. XXVE) De nu ne RS 400 ‚Zur Morphologie des Insektenkopfes. I. Zum metameren Aufbau des Kopfes der Ohöronomus-Larve. Von NilsHolmgren. (Mit Taf. XXVII UARNIIE). Sen ee a N Po 439 Über Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. Von Erich Zugmayer. (Mit Taf. XXIX u. 2 Figuren im Text) ....... 478 Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Das Herz und seine Tätigkeit im Lichte neuerer Forschung. Festrede gehalten am Stiftungstage der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen am 2. Dezember 1905 von Th. W. Engelmann. gr. 8. 1904. 1% —.60. 590,545” | 4 schrift | für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen Dechsundsiebzigster Band Viertes Heft Mit 3 Tafeln und 46 Figuren im Text. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 718896 1904. / Ausgegeben den 12. April 1904. Inhalt. Seite Myenchus bothryophorus, ein in den Muskelzellen von Nephelis schmarotzen- der neuer Nematode. Von August Schuberg und Olaw Schröder. (Mit Tat. XXX.) iv. Sn. al Le 509 Zur Kenntnis der Spermatogenese bei den Poriferen und Cölenteraten nebst . Bemerkungen über die Oogenese der ersteren. Von Wilhelm Görich. (Mit Taf. XRXU u. 4 Pig. im Text). .... 0 m 522 Recherches sur la phylogen®se des Tunieiers. D&veloppement de l’appareil branchial par Charles Julin. (Avec 42 figures) . „mr 544 | Über Ostracolethe und einige Folgerungen für das System der Gastropoden. Von Heinrich Simroth. (Mit Taf. XXXIL) Mitteilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift Ä üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagsbuchhandlung Die Herausgeber Wilhelm Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Goldfuss, Otto, Die Binnenmollusken Mitteldeutschlands mit besonderer Berücksichtigung der Thüringer Lande, der Provinz ‘ Sachsen, des Harzes, Braunschweigs und .der angrenzenden Landesteile. 7 gr. 8. 1900. ”g rl 3 M8— m R 13 vu | Meyer, H, ‚ K, Möbjus, Fauna der Kieler Bucht. 2 Bde. Folio. Meyer, H. A, u, K, Möbius, 1865, 1872. Herabges. Preis kart. 430.—. ° B IMMNINNIIMINANUNN 3 9088 01316 6228