Bes“ ns m ausm nnnninnn na nenn ERSSSHETPEITE Zn £ un. B 4°, . D Er Ei » N AN N \ “\ Er u lau \ j} D ’ \ 4) Er \ rn f . ’ AN Alex. Agassiz. Fibrarn of the Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. Pounded bp private subscription, In 1861. FRNINIIF? nm Deposited by ALEX. AGASSIZ. 4 No. , Hd 7. RR ‚e) W; 3 . l p BO 4 Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben Carl Theodor v „Siebold, und Albert v. Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Vierunddreissigster Band. Mit 36 Tafeln und 19 Holzschnitten. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. Sm, 1880. wer) E a ‘& Abe v ei, r P ’ . [vn sau c u b » , - gm \ 2 AT r . 12 je ‘2 5 pe .. em > 3 A B pen a vi n- j - a ra ve ee \ = J . N 1 - , . n h —— ’ Fi Wa a! r' - « 4 a “ 5 .. . ’ - 4 ’ & v ” j u sv ww 7% - . | er + n m - on - » \\ .. ae u on « un , \ © i ( Br j Bw . .r = - * D v > N Y ” rer ı l . f ai j h E, v EL # i A R h ee ET > 5 . ’ ' ER # Inhalt des vierunddreissigsten Bandes. mınnnnnnnNNnNG Erstes Heft. . Ausgegeben den 1. März 1880. Seite Das Kaugerüst der Brachyuren. VonE. Nauck. (Mit Taf. I u. 2 Holzschn.) 4 7 % Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cida- riden. Von H. Ludwig. (Mit Taf. II u. III und 4 Holzschnitt.). . . 70 Die Wurmfauna von Madeira. III. Von P. Langerhans. (Mit Taf. IV—Vl.) 87 Über Madeira’s Appendicularien. Von P. Langerhans. (Mit Fig. 66, 68—73 | ne ae NR eu Graffia muricicola, eine parasitische Rhabdocoele. Von H. v. Ihering. (Mit EV a Ve een s RE Ei ae 2 5 ic u Zweites Heft. Ausgegeben den 7. Mai 1880. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntnis der Cesto- den. Von Z. Kahane. (Mit Taf. VII und 4 Holszchn.) . . .. . . 475 Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. Von G. Haller. (Mit aan 10) ee N ER. N RR ee Kat ker > Über den Bau und die Entwicklung der Bursa Fabricii. Von L. Stieda. nschur]: 2,2 an re ee ae ee . 296 3 Über den primären Steinkanal der Crinoideen nebst vergleichend-anatomischen Bemerkungen über die Echinodermen überhaupt. Von H. Ludwig. BEE En. Wenn. ee ee er 3 Be eue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. Von H. Ludwig. (Mit Taf. a NN VI). 40; . 0. a a a a ER ET Re 333 IV Drittes Heft. Ausgegeben den 30. Juli 1880. . Seite Physiologische und histiologische Untersuchungen über das Geruchsorgan der Insekten. Von G. Hauser. (Mit Taf. XVII—XIX.). . ..... 367 Über eine eigenthümliche Bildung des Rückengefäßes bei einigen Epheme- ridenlarven. Von O0. Zimmermann. (Mit 4 Holzschnitten.). . .. . 404 Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. Neunte Mittheilung. Die Plakiniden. Von F.E. Schulze. (Mit Taf. XX—XXI.) 407 Kleine Beiträge betreffend die Vertheilung der Geschmacksknospen bei den Säugethieren (Fortsetzung). Von J. Hönigschmied,. (Mit 4 Holzschn.) 452 Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. Il. Die Organisation des Echiurus Pallasii. Von J. W. Spengel. (Mit Taf. XXIIIT—XXVI und 2 Holzscehn.) 460 Viertes Heft. Ausgegeben den 10. September 1880. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. Von F. Sommer. (NEE TER ER VHNRRI) . VII RA IT Wal, EEE Beschreibung des Nervensystems von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- und Käferzustande. Von H. Michels. (Mit Taf. XXXIII—XXXVL) . 644 Das Kaugerüst der Brachyuren. Von Dr. Ernst Nauck in Göttingen. Mit Tafel I und zwei Holzschnitten. 2 ee und kurze Beschreibungen des Magens von Deka- = ‚ speciell des Magens von Astacus fluviatilis lieferte zuerst Röseı ER in seinen » Insectenbelustigungen « Bd. III, p. 305, Taf. LVI. Die Figuren Dt ei > sind theilweise copirt und um einige neue (die weniger guten) vermehrt inischen Zoologie« Bd. II, p. 62, mit einer wenig ausführlichen reibung und Abbildung im Atlas Taf. XI. Succow’s Arbeit: anat. zur Vergleichung heran. Von diesem ausgehend erkennt er, dass: isposition de l’appareil osseux de l’estomac est essentiellement la ® chez tous les autres Crustaces decapodes ja I, p. 65 ff.). Seine schrift f. ‚wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. ‘ 4 Ernst Nauck, Der Magen der Dekapodenkrebse zerfällt bekanntlich in zwei Ab- 3 theilungen : einen vorderen cardiacalen und einen hinteren pyloricalen, an den sich der Darm ansetzt. Der erste ist der bei weitem grössere, ihm ist das Kaugeschäft übertragen, während der letztere wohl nur als : ein Seihapparat aufzufassen ist. Im Cardiacalmagen finden sich de wichtigsten Stütz- und Kauapparate, an ihn setzen sich die stärksten und wirkungsvollsten Muskelbündel an. Bei einer Betrachtung respec- tive Vergleichung des Magengerüstes der Brachyuren werden wir daher auch auf diesen Magenabschnitt das Hauptaugenmerk zu richten haben, während der pyloricale Theil mit dem Darmansatz !) erst in zweiter Linie zu berücksichtigen sein wird. x Wie schon Mw.ne-Epwarps genauer beschrieben, gehen von der Oberseite des Magens vier starke Muskelbündel aus: zwei nach vorn und zwei nach hinten. Das vordere Paar setzt sich einerseits an die Scheitel- fortsätze, anderntheils an die Oberseite des vorderen Superomedianum an, das zu diesem Zwecke mit mehr oder weniger starken Cristen am oberen Rande versehen ist. Das hintere Paar heftet sich über und hin- ter dem Pyloriecalmagen an den Gephalothorax und vorn an die mittleren Superolateralia so wie an das hintere Superomedianum an. Während also das letztere den Zweck hat, durch seine Verkürzung eine Zermal- a mung der Nahrung zwischen den Seitenzähnen zu bewirken, erfolgt durch die Verkürzung des ersten Paares eine Vor- und Rückwärtsbe- wegung des Mittelzahnes auf dem Inferomedianum, wodurch wahr- scheinlich unter einer secundären Zerquetschung das vorher schon zer- kleinerte Nahrungsmaterial in den pyloricalen Abschnitt hineingetrieben wird. Entgegen Huxrey übertrage ich das Kaugeschäft (dass es sichum ein wirkliches Zerkleinern der Nahrung im Cardiacalmagen handelt, nehme ich mit Huxıey gegen OEsTERLEN an) fast allein den Seitenzähnen. Wenn, wie Huxıey annimmt, auch der Mittelzahn beim Kauen in erster Linie durch seine Reibung an den Seitenzähnen mitwirken sollte, so müssten sich meiner Meinung nach bedeutendere Spuren von Ab- nutzung an den Seitenzähnen, besonders deren Lamellen finden, als dies thatsächlich der Fall ist. Dass ein gegenseitiges Reiben aller drei Zähne an einander stattfindet, ist auch mir zweifellos, scheint mir aber nur 4) Wie nach Frey und LEUCKART op. cit. p. 205 von Pagurus bekannt, dass der RS Darm nicht geradlinig verläuft, so bildet auch bei einigen Brachyuren z. B. Micippe u. a. der Darm eine einfache Schlinge. Auch bei den Leucosiadeen scheinen Diffe- ; renzen vom normalen Verlaufe vorzukommen, die-ich jedoch nicht genauer consta- tiren konnte, da an conservirten Exemplaren eine Beobachtung nur dann möglich ist, wenn ursprünglich der Darm straff gefüllt war und dann alles Uebrige wegmace- rirt ist. EN ae a ae Ran el et BE a ar Ba SE Fr ie BE re RR TREE Y Yen ‚ Ph . 4 Ze E Das Kaugerüst der Brachyuren. 5 + n Zweck zu haben, einen Verschluss des cardiacalen Abschnittes e. den pyloricalen zu bewirken, so dass alle Nahrung gezwungen wird, sich zwischen dem Inferomedianum und dem Mittelzahn hindurch- N Die borstenförmigen und nach innen gebogenen Fortsätze, die sich ch an der Oberseite der Seitenzähne finden, scheinen aid um die een sadäch bei a meisten Gattungen fh eine- has ;se Zahl von Einksen spitzen Borsten, welche schon aus ihrer gan- Stellung nach hinten, dem Pylorusabschnitt zu, schliessen lassen, R2% Succow und Parker kann ich bestätigen, dass auch bei Hyas aranea a s allein mir frisch zu Gebote stand) eine Anzahl von Muskelbündeln an die Magenwand und deren Harttheile ansetzt; auch ihre Ur- prung selbst habe ich nicht beobachtet) Sehnenfasern an die Zahn- »le gehen. Es erscheint demnach möglich, dass mit der Bewegung en eine Bewegung des Magens herbeigeführt wird derart, dass _ Die Untersuchung des Magengerüstes der Brachyuren wurde im 00 ER 2 ostornischen Institut der, Universität Göttingen ausgelüht, “ durch. den Erwerb der von Semper auf den Philippinen gesam- Krebse erheblich bereichert war. Natürlicher Weise hält an bei 2. Kae pi n, Weichtheile def chitinige Magen hit seinen Verkalkungen aufs . Allzulange dürfen jedoch die Exemplare nicht conservirt sein, 6 | Ernst Nauck, ‚denn es tritt nach einer bestimmten Zeit ein Brüchigwerden der stücke ein, welches die Untersuchung sehr behindert. , Die Eröffnung der Leibeshöhle ist bei gewisser Vorsicht durchaus 3 nicht mit Schwierigkeiten verknüpft. Mit Ausnahme einiger Gancrinen, z. B. Carpilius convexus und der meisten Calappiden, wo ein Aufsägen des Cephalothorax auf der einen Seite sich nöthig zeigte, genügte ein einfaches Abheben des Rückenschildes, um eine Trennung der oberen und der unteren Hälfte herbeizuführen. Wird der Gebrauch der Säge nöthig, so wird der Schnitt am besten von der einen Hinterecke des Ge- phalothorax auf der Unterseite bis vor die Einlenkungsstelle des Arms geführt. Das weitere Verfahren unterscheidet sich dann nicht von dem bei d&n übrigen. Nachdem man ein Messer unter den Hinterrand des Cephalothorax geführt und etwa noch bestehende Verbindungen gelöst hat, hebt man vorsichtig die Schale in die Höhe. Wenn nöthig, wird darauf nochmals mit dem Messer gelockert und dann das Rückenschild. nach vorn, der übrige untere Theil unter einigem Drehen und Wen- den nach hinten gezogen. Nur in den seltensten Fällen wird eine Ver- letzung der äusseren Mundtheile stattfinden. Den Oesophagus schneidet man möglichst tief unten durch!!). Die Betrachtung des Gerüstes selbst geschieht nach meinen Erfah- rungen am einfachsten derart, dass man zwischen dem einen vorderen Superolaterale und dem darauf folgenden mittleren einschneidet, bis zum hinteren Superomedianum vorgeht und zwischen diesem und seinen Nachbarstücken den Schnitt weiterführt. Man ist dann im Stande, ohne die Lage der Stücke zu einander, die man ja übrigens immer wieder herstellen kann, allzusehr zu RER die Gestaltung der Sue und ihren Zusammenhang genau zu erkennen. Die Haupttheile des Brachyurenmagengerüstes sind von MıLne-En- WARDS, wie schon erwähnt, richtig erkannt und beschrieben wor- 4) Nachdem man den Magen herausgenommen hat, kann man aus der Leibes- ‚höhle, um für später reinliche Exemplare zu erhalten, die Macerationsproducte ge- wöhnlich durch einfaches Ausspülen mit Wasser leicht entfernen. Darauf drückt man die Theile wieder auf einander, wobei es allerdings selten ohne Zerstörung eines Theiles der Kiemen abgeht. Wenn dies auch in den meisten Fällen genügt, so kann man doch am besten durch Umbinden mit einem Faden späterer Lockerung und dem Auseinanderfallen des betreffenden Exemplares vorbeugen. Der Magen wird dann an der Vorderseite geöffnet, vermittels einer Spritzflasche der Inhalt entfernt und dann durch vorsichtiges Kochen mit Kalilauge die etwa noch anhängende Muskelsubstanz entfernt. Kocht man zu lange, oder in zu concentrirter Lösung, so wird ein Theil des Magengerüstes zerstört, besonders leicht die Verbindung der Zähne mit ihren Stücken gelockert. RE d Ion. Es wird sich tTOjBEIEHE da sich bei der Vergleichung einer grüsse” . ‚Die verkalkten Stücke nehmen!im cardiacalen Magenabschnitt den interen kleineren Theil ein; sie zörtahleg ihrer Lage nach in obere, tere und seitliche oder Zwischen-Stücke. In Verbindung mit ihnen > steht ein gut entwickelter Reusenapparat. Ihrer Wirkung nach sind die ;% Stü ücke Kau- oder Stützapparate. Fig. 2. Vsl, vorderes mittleres Superomedianum Msl, mittleres? Superolaterale | Hsl, hinteres Vsp, vordere\ ..,: Hsp, hintere Y Seitenplatte Jfm, Inferomedianum Vifl, vorderes Hi, hinteres i Inferolaterale se oberen Theile des Gardiacalmagens finden sich stets ‚Stücke, drei unpaare mediane und drei Paar laterale. 1) Das vordere Superomedianum. Im Gegensatz zu den übrigen Dekapoden, wo dieses Stück die en des Magens einnimmt, finden wir a den Brachyuren dies arelk ist, Wie schon oben mitgetheilt, trägt es auf seiner Hinter- Oberseite fast immer eine scharfe Crista, die bei sehr vielen For- 8 Ernst Nauck, men median nach vorn und unten verlängert wird. Gegen das mittlere Superomedianum ist das vordere mehr oder weniger abwärts geneigt. Auch bei Dromia (cfr. Fig. 29) finden wir ein vorderes Superomedianum von dreieckiger Gestalt; wegen der Form aber der vorderen Superolate- P2 ralia, die mit der bei den übrigen Anomuren und Makruren überein- stimmt, glaube ich dieses so wie die verwandten Genera zu den Ano- “ muren rechnen zu müssen. Es scheint somit in Dromia und vielleicht noch mehr in Latreillia eine Reihe von Uebergangsformen zu den Bra- chyuren erhalten zu sein). 2) Die vorderen Superolateralia. Sie liegen entweder vor (Gelasimiden, Pinnotheriden) oder neben (alle übrigen Brachyuren) dem vorderen Superomedianum. Der erste Fall scheint bei den übrigen Dekapoden nicht vorzukommen; liegen aber die Stücke neben einander, so ergiebt sich sofort ein tiefgehender Unterschied zwischen den Makruren und Anomuren einerseits und den Brachyuren andererseits. Waren bei jenen die vorderen Superolateralia nur kleine Sförmig gebogene Verkalkungen, so wird bei den Brachyuren der Haupttheil des vorderen Stützapparates durch sie gebildet. Seine Form ist im Allgemeinen die eines Dreiecks mit zwei sehr langen (der vorderen und der hinteren) und einer kurzen (der inneren) Seite. Die vorderen Stücke sind entweder ganz von einander getrennt, oder nur im vorderen Abschnitt der Seitentheile mit einander verwachsen. Der letztere Fall tritt am häufigsten ein, der erste findet sich typisch bei den Oxyrrhynchen. Bei diesen ist daher auch die Gestalt des vor- deren Superomedianum am besten zu erkennen. Auch das vordere Superolaterale trägt regulär auf der Hinterseite einen Randwulst, aus- nahmsweise auch auf der Vorderseite. Die drei vorderen Stücke liegen meist in einer Ebene und bilden zusammen die »vordere Spange« Huxıev’s. 3) Das mittlere Superomedianum ist bei den Brachyuren nach zwei Richtungen hin ausgebildet. Es ist entweder im Verhältniss zu seiner Länge schmal und an der Oberseite mit starken Seitenranderhöhungen versehen (Catometopa und Oxyr- rhyncha), oder verhältnissmässig breit und ohne oder nur mit sehr klei- nen oberen Seitenranderhöhungen ausgestattet (Oxystomata und Cyclo- 4) Eine ähnliche Reduction des vorderen Superomedianum findet bei den Pe- naeiden statt. Hier sind jedoch die übrigen Verhältnisse der Stücke überhaupt so verändert, dass wohl kaum daran gedacht werden kann in ihnen nähere Verwandte der Brachyuren zu suchen. Das Kaugerüst der Brachyuren. 9 metopa). Eine Ausnahme machen auch hier nur die Gelasimiden und - Pinnotheriden, bei denen das Stück mit hohen Seitenrändern bei grosser Breite versehen ist. Nach diesem Unterschied kann man zwei grosse Gruppen unter- ee ‚scheiden: Goelostylidea und Platystylidea. Hierdurch glaube = ich nicht etwa die Grundlage zu einem natürlichen System der Bra- nu ehyuren geben zu können, vielmehr will ich damit nur gewisse Entwick- Jungssiufen innerhalb der Brachyurenreihe präcisiren und zugleich E andeuten, dass ich die von anderer Seite vorgenommene Gegenüberstel- lung der Catometopen, Cyclometopen und Oxyrrhynchen einerseits und Be er Oxystomaten andererseits nicht für natürlich halte. | Bei den Coelostyliden tritt meistens an der Unterseite ein Höcker auf, der das Stück in zwei Abschnitte theilt ;: oft ist hier die schmalste Suelle des Stücks. Die vordere Abtheilung, dem vorderen Superomedia- num zu, verbreitert sich im Allgemeinen sehr stark ; ich werde sie im : igenden die Basalverbreiterung nennen. An seiner Unterseite BE ‚trägt das Stück den Mittelzahn, der stets endständig ist. Er besteht ent- = weder aus einem einfachen Höcker oder aus zwei oder mehreren Lamel- len. Ganz hiervon abweichende Bildungen des Mittelzahnes finden wir ® bei Gelasimiden und Pinnotheriden, die ich deswegen so wie wegen der Nr: Lagerung in der vorderen Spange ie Heterodontea den Coelostyli- s deen undPlatystylideen alsdenGycelodonteagegenüberstellen werde. 92 Me _ Die Stelle des Stücks, wo der Mittelzahn aufsitzt, ist auf der Ober- E5- seite stets stark ausgehöhlt und mit erhöhten Seitenrändern versehen. DR: _ Unterbrochen werden diese an der Hinterseite, und hier setzt sich das = hintere Superomedianum auf, das mit dem vorigen Stück articulirt. - Eben so wie bei Astacus fluviatilis stehen vor dem Zahn öfters zwei Rt: kleine seitliche Höcker, die » Gardiacalzähne« Huxıey's. Der Mittelzahn Sa a B AZ Ic er re 4 -articulirt nie mit dem ETAR Superomedianum. Bei Astacus ist das Verhältniss bekanntlich ein anderes. Huxrey sagt op. eit. p. 284: »Von der Mitte des Stücks erstreckt sich ein star- Ber verkalkter ER raonaeksur: nach hinten und unten und endigt 4 .- Dies ist für Astacus nicht ganz hier vielmehr kann man sich - leicht davon überzeugen, dass Mittelzahn und hinteres Superomedianun B ‚mit einander articuliren, wenn man den Mittelzahn festhält und dann jenes zu bewegen Berneck, Nach hinten wird das von der Ruhestellung 10 | Ernst Nauck, aus allerdings nicht möglich sein, nach vorn kann man es jedoch leicht dicht auf den Mittelzahn auflegen. Richtig ist, dass der Mittelzahn mit dem übrigen Stück articulirt. Verwachsen fand ich den Mittelzahn und das hintere Su num bei Penaeus, es fehlte hier jedoch die Einlenkung zwischen dem Mittelzahn und dem mittleren Superomedianum. Getrennt waren Zahn und hinteres Superomedianum bei Dromia, Pagurus, Porcellana, Lithodes und den Macruren Nephrops und Thalassina. Nur bei dem letzten der genannten articulirte Mittelzahn und der Rest des mittleren Superome- dianum. Es scheint demnach, als ob sich bei Astacus und Thalassına das ursprüngliche Verhältniss erhalten habe. Dort finden sich in der oberen Medianlinie vier Stücke, von denen, wie auch bei allen übrigen Dekapoden, die zwei vorderen mit einander eng verbunden, die hinteren zwei von dem vorigen und unter einander getrennt sind. Bei Dromia, Pagurus etc., so wie bei allen Brachyuren verschmelzen das zweite und dritte, bei Penaeus das zweite, dritte und vierte. Die Verwachsung des zweiten mit dem dritten ist bei den Brachyu- ren in einer Quernaht dicht vor dem Zahn oft noch kenntlich. 4) Das hintere Superomedianum sitzt, wie schon gesagt, dem Hinterrande des mittleren auf und ist, wie bei Astacus, nach oben und vorn gerichtet. Seine Gestalt ist sehr verschieden, jedoch lassen sich alle Differenzen auf eine Grundform, ein auf die Spitze gestelltes Dreieck zurückführen. Verschmelzen die Schen- kel mit einander, so erhalten wir das von Mırne-Epwarns bei Maja be- schriebene T; vereinigen sich die Schenkel nur zum Theil, so entsteht entweder ein X oder ein Y mit einer oberen » Querleiste«. Diese behält nur in den wenigsten Fällen eine geradlinige Richtung, vielmehr werden meistens die Seitentheile derselben und mit ihnen die Schenkel nach vorn gezogen und die Mitte mehr oder weniger nach unten eingebogen. Der nicht verkalkte Raum zwischen ihnen ist sehr oft nach innen einge- stülpt. Neben dem hinteren Superomedianum stülpt sich die Magenwand meist nach innen ein und ist dann auf der Innenseite stärker mit Haaren versehen als der übrige Magen. Meist pinselförmig, werden diese Ein- stülpungen in einem Falle, bei Etisus utilis in Kämme umgewandelt. Sie werden bei der Bewegung des hinteren Superomedianum mitbewesgt, und zwar bedingt, wie man es bei Etisus besonders gut beobachten kann, ein Vorwärtsbewegen des hinteren Superomedianum ein Zusam- menschliessen, eine Rückwärtsbewegung ein Auseinandergehen dieser Gebilde. Hieraus geht wohl als ziemlich gewiss hervor, dass sie den Das Kaugerüst der Brachyuren. 11 Zweck haben, etwa noch nicht in genügender Weise zerkleinerte und zur Aufnahme für den Pylorusabschnitt vorbereitete Nahrungsmassen ‚bei dem Hin- und Hergang des Mittelzahnes auf dem Inferomedianum wieder mit zurück in den Cardiacalmagen zu nehmen, während gut zer- malmter Mageninhalt durch die Haarreusen hindurchfliessen kann. 5) Die mittleren Superolateralia. Rechts und links, die Grenze der Oberseite des Magens lateral bil- _ dend und von vorn nach oben und hinten verlaufend , fügen sich an die äusseren Winkel der vorderen Superolateralia die mittleren an. Mit ihrer Hinterseite schliessen sie den Cardiacalmagen gegen den pyloricalen Theil ab. Auf ihrem hinteren und unteren Theile tragen sie auf tiefen Einstülpungen nach innen die Seitenzähne. Diese haben im Allgemeinen eine elliptische Gestalt, sind aber nie so einfach gebildet, wie unter Um- _ _ ständen der Mittelzahn. An der Vorderseite trägt die Zahneinstülpung stets eine starke randständige Schneide, die wohl zunächst das gröbere Zerkleinern der Nahrung zu besorgen hat. Diese Schneide umschliesst entweder einen grossen mehr oder weniger ausgehöhlten Raum, die erste Abtheilung des Seitenzahns, oder es folgen auf sie direct Lamellen und Zähnchen. Ist eine erste Abtheilung vorhanden, so wird sie ge- wöhnlich durch eine starke Querleiste abgeschlossen. In diesem Falle folgen dann meist an der Unterseite höckerförmige Zähnchen, auf der Oberseite feinere Lamellen, die sich, wie schon erwähnt, nach oben und _ innen in Borstenfortsätze verlängern können. Statt der Zähnchen treten an der Unterseite auch lange Schneiden auf, die aus der Verschmelzung der Zähnchen entstanden, oft sägeartig ausgeschnitten erscheinen. Die Lamellen der Oberseite können schwinden, die Zahnhöcker sich ver- _ grössern und der Seitenzahn ist dann nur aus wenig hinter einander stehenden Höckern zusammengesetzt. Statt der Lamellen auf der Ober- seite treten auch dichte aus kurzen Härchen zusammengesetzte Bildun- gen auf der Oberseite auf. Vorderes und mittleres Superolaterale kann durch Zwischenstücke, die unter Umständen (Gecarcinus) eine recht charakteristische Form an- _ nehmen, sehr eng verbunden werden. Br Die Gestalt der mittleren Superolateralia ist im Allgemeinen die ki einer Sichel mit zahlreichen Unebenheiten an der Aussenseite. Die } Z - Ober- so wie die Unterseite ist immer mit einem starken Randwulste “ versehen; zu diesen kommt sehr oft noch eine dritte, vor dem Zahn auf = _ der Aussenseite gelegene, die die beiden ersten verbindet. 12 Ernst Nauck, 6) Die hinteren Superolateralia sind von MıLne-Epwarns richtig erkannt und in Fig. 7, Taf. IV op. cit. abgebildet, aber nicht mit einem Buchstaben versehen, auch sonst inder Beschreibung nicht besonders erwähnt; HuxLey hat sie bei Astacus über- sehen. Allerdings sind sie hier nicht sofort erkennbar wie bei den mei- sten Brachyuren. 2 Das hintere Superolaterale schiebt sich keilförmig zwischen den Seitenzahn und das mittlere Superolaterale ein. Es ist gewöhnlich nach vorn gerichtet und schlägt sich um die hintere Spitze des mittleren wul- stig herum. An seine Vorderseite setzt sich das pyloricale Superomedia- num an, das an der Verbindungsstelle stark verkalkt ist und um die Seitentheile des hinteren cardiacalen Superomedianum sich herum- schlägt. Bei den Oxystomaten setzt sich das hintere Superolaterale in eine Aushöhlung der Seitentheile des hinteren Superomedianum di- rect ein. Die Seitentheile des Gardiacalmagens tragen jederseits vier Zwischenstücke, die sämmtlich dem Stützgerüst angehören. 1) Die oberen Zwischenstücke ‚setzen sich meist an die vorderen Superolateralia an, mit denen sie durch einen oberen nicht verkalkten Abschnitt zusammenhängen. Sie können aber auch an die mittleren Superolateralia herantreten;; stets findet dies statt bei den Oxyrrhynchen. I Im Allgemeinen von stabförmiger Gestalt, verbreitern sie sich oft nach unten; an ihr Unterende setzen sich die mittleren Zwischen- stücke an. 2) Die mittleren Zwischenstücke, von ovaler, kreisförmiger oder halbkreisförmiger Gestalt, umgeben eine Einstülpung der Magenwand, die auf der Innenseite des Magens mit vielfachen Borsten und Haaren besetzt ist: die »brosses« und » räpes« von MıLne-Enwarns. Diese Gebilde, die ich die mittleren Aufsätze nennen will, liegen vor und unter dem Seitenzahn. Die mittleren Zwi- schenstücke verlängern sich an der Unterseite oft zapfenförmig. Ent- weder an diese Verlängerungen oder an die Zwischenstücke selbst setzen sich die unteren Zwischenstücke an. | 3) Die unteren Zwischenstücke verlaufen zuerst nach unten und wenden sich, in der Höhe des Bodens des Inferomedianum angekommen, im Bogen nach vorn. Längs des Das Kaugerüst der Brachyuren. 13 $ Bodens, an dessen Aussenrändern, verlaufen sie dann, um sich am Vor- BR " derende desselben wiederum scharf nach oben umzubiegen. Dabei ver- x breitern sie sich ein wenig, während sie sonst überall stabförmig sind, Mn ns 2 2 _ und treten in Verbindung mit einer stärkeren Verkalkung der hinlären ie Seitenplatte. Da wo sie neben dem Boden des Inferomedianum ver- 5 Br laufen, tragen sie auf der Innenseite des Magens einen dichten Haar- besatz. © FT 4) Die hinteren Zwischenstücke. Er FR Aus der Zahneinstülpung der mittleren Superolateralia entsprin- > gend, setzen sich die hinteren Zwischenstücke mit ihrem Unterende an = die vorderen oder die hinteren Inferolateralia an. Sie haben die Gestalt eines Stabes, der an der Oberabtheilung, da wo er aus der Zahneinstül- e pung hervortritt, krückenförmig umgebogen ist. e Der retentorale Zweck der mittleren Aufsätze ist schon hervorge- heben worden; im Uebrigen spannen die Zwischenstücke wohl nur den Se Magen auf, Sarien als Verbindungsglieder zwischen den oberen und un- _ teren Stücken und erhöhen die Festigkeit des Magens, ohne die Beweg- Sn ‚lichkeit der einzelnen Stücke gegen einander zu hemmen. Vor den Zwischenstücken und hauptsächlich in Verbindung mit Nee: Sonn mittleren und unteren treten mehrere, unter Umständen drei schwache flächenhaft ausgebreitete Verkalkunsen der Magenwand auf, FR von denen jedoch nur eine, die hintere Seitenplatte von Bedeutung ist. Die beiden vorderen sind nur durch einen dichteren, aus längeren 5 _ Haaren bestehenden Haarbesatz ausgezeichnet; die hintere legt sich R _ dieht an das mittlere und untere Zwischenstück an und trägt zwei Ein- Ber stülpungen, eine kleinere an der Oberseite, eine grössere an der Unter- Se. ‚seite. Die obere Einstülpung trägt einen weniger gut entwickelten, die = _ untere einen oft recht bedeutenden Haaraufsatz, den unteren Auf- 7 > ‚satz, der z. B. bei Atergatis dilatatus die Länge von mehr als 4 mm es , = Sa a Die Unterseite des cardiacalen ie ge ist a ME 'F in in r% “ x 14 Ernst Nauck, Der Boden, an seinem unteren Ende stets mit einem nach unten sich verbreiternden Einschnitt versehen, stellt sich als eine einfache Platte dar, deren Seitenränder oft erhöht sind. Der Oberrand dieser Platte ist oft abgeflacht und trägt gewöhnlich einen Einschnitt, in dem sich der _ Mittelzahn auf seinem Hin- und Hergänge bewegt. Dic Ränder des Ein- schnittes so wie der abgeflachte Oberrand sind in verschiedenster Weise mit Leisten etc. ausgestattet.‘ Der Einschnitt selbst verlängert sich oft bis in den hinteren Theil des Inferomedianum. Dieser ist entweder sehr kurz und dann abgerundet oder stark nach unten verlängert. Im letzten Falle ist dieser Abschnitt in der mannigfachsten Art in Bezug auf Ver- theilung, Stärke, Menge, Grösse und Gestalt mit Haaren und Borsten be- setzt, deren Zweck, so weit sie randständig sind, kaum ein anderer sein kann, als ein Zurückströmen festerer Theile aus dem pyloricalen in den cardiacalen Magenabschnitt zu hindern, wozu sie vermöge ihrer Stellung nach aussen und hinten als ganz besonders geeignet erscheinen. Der umgekehrte Erfolg wird wahrscheinlich durch die oben erwähnten Seiten- haarreihen der unteren Zwischenstücke erreicht, indem diese die Nah- rungsmassen zwingen, sich auf dem Boden nach oben zu bewegen und grösseren Stücken nicht gestatten, sich zwischen Magenwand und Infero- medianum durchzudrängen. Die Unterseite des Inferomedianum bietet wenig Bemerkenswerthes, sie ist nach unten und vorn gerichtet, verläuft also dem Boden fast parallel. Ihr unteres Ende wulstet sich auf und verschmilzt aufs innigste mit den hinteren Inferolateralstücken. Die Inferolateralia dienen als Seitenstützen des Inferomedianum. 2) Die vorderen Inferolateralia liegen neben dem Boden des Inferomedianum und sind oft nach oben verbreitert und dann nach innen umgeschlagen, ihr Unterende ist im- mer stabförmig. ! 3) Die hinteren Inferolateralia legen sich an die Seitentheile der Unterseite des Inferomedianum an, sind meist rudimentär, können jedoch unter Umständen eine recht be- deutende Grösse erreichen , wobei sie sich nach unten zu stark ver- breitern. Im Cardiacalmagen ist jetzt nur noch eines Gebildes Erwähnung zu thun. Bei vielen Formen, besonders bei Gatometopen, ist der Oesopha- gus mit einer Klappenvorrichtung versehen. Es stehen dann zu beiden Seiten desselben an der Stelle, wo er in den Magen einmündet, Hauteinstülpungen mit fast quadratischer Oberfläche, die mit einem dich- ten Haarbesatz bekleidet sind. A Das Kaugerüst der Brachyuren. | 15 Eu AN w.r ur \ er A fi . ir oe Y # = Wo &s mir nicht gelungen, sie wenigstens bei der genannten Gruppe nachzuweisen, liegt das wohl an der Art der Präparation. Da ich sie _ zunächst nicht beachtete, sie dann für vereinzelt stehende Gebilde hielt, - wurde, wie es am bequemsten, ohne Rücksicht auf den Oesophagus 3 möglichst kurz unter dem Vorderende des Inferomedianum abgeschnitten. $ Bei einigen Formen konnte ich das Versäumte nachholen, bei anderen - leider nicht. Der Zweck dieser Klappenvorrichtung erscheint zweifelhaft. Dienen ‚sie dazu bei starker Füllung und gleichzeitiger Bewegung des Magens sich auf den Oesophagus zu pressen, diesen zu verschliessen und etwaigen Wiederaustritt..der Massen zu verhindern? In diesem Fall würden sie # an oh geeignet erscheinen, die nicht besonders starken Muskelbündel, _ die den Oesophagus umgeben, bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Oder © treten sie vielleicht mit einem der Muskeln, die von unten nach oben an - den oberen Oesophagealrand gehen, in Verbindung? Dann würden sie - sich bei der Contraction des Muskels erheben und durch ihren dichten b 5, _ Haarbesatz einen ersten Seihapparat bilden. " Bei Hyas aranea habe ich dies letztere nicht nachweisen können, B und die wohl passendsten Objecte Cardisoma hirtipes und Gecareinus _ ruricola, welche diese Klappen in ganz besonders grosser Ausbildung size , waren bei Weitem zu stark im Innern in Maceration überge- ?: BD gangen, Eis dass eine Untersuchung darauf hin hätte möglich erscheinen können. R; BR Der von den Seitenzähnen zermalmte, von dem Mittelzahn auf dem x ann zerriebene, durch die Haaraufsätze des hinteren Supero- medianum durchgeseihte Mageninhalt gelangt in den Pylorusmagen, wo & ah ‘er wahrscheinlich nur eine Art Quetschung erleidet, da beim Mangel > aller Zahn- oder Cristenbildung an ein anderes Zerkleinern nicht wohl gedacht werden kann. Der von Huxrry op. cit. p. 286 beschriebene Apparat findet sich zwar eben so wie bei Astacus bei den Brachyuren, en es ist aber nicht wahrscheinlich, dass durch ein Reiben an den » bare Es Sn _ lelen Rippen des medianen Era irgend ein bemerkenswerther _ _ Effect hervorgerufen werden kann, und dadurch scheint doch nach _ Huxıey das » Zerkleinern « herbeigeführt werden zu sollen. Mir scheinen 2: vielmehr ; jene Haarbildungen auf den Rippen, die lange Haarbekleidung der Leisten etc. nur den Zweck zu haben, in Verbindung mit dem blatt- Er oder zungenförmigen medianen Klappenfortsatz einen sehr dichten Seih- _ apparat zu bilden, der die Nahrung so lange zurückhält, bis sie durch _ Quetschung so verarbeitet ist, dass sie, zugleich durch das jedenfalls DEREN END 2 a a 16 ° "Ernst Nauck, Die Kalkstücke des Pylorusmagens, ihrem Zweck nach wohl nur als Stützapparate aufzufassen, zerfallen eben so wie die des CGardiacalab- I A schnittes ihrer Lage nach in obere, untere und seitliche Zwischenstücke. E- Ueber sie kann ich, da sie bei der nachfolgenden Beschreibung desKau- gerüstes einzelner Formen nicht mit berücksichtigt sind, also wenig oder gar nicht in den Rahmen dieser Arbeit gehören, bedeutend schneller hin- weggehen als über die cardiacalen Stücke. Die Form des dem Cardiacalmagen zunächst liegenden Pylorus- abschnittes wird hauptsächlich bestimmt durch das vordere Superome- dianum, das, wenn es auch nicht immer ganz verkalkt, vielmehr in den meisten Fällen eine mediane unverkalkte Naht übrig bleibt, doch, wie E es ja factisch auch bis jetzt geschehen, als ein unpaares Stück aufzu- fassen sein dürfte. Es ist mit dem hinteren cardiacalen Superomedia- num und den hinteren Superolateralien aufs innigste verbunden und hat die Form eines Ringabschnittes. Wie die Vorderseite wird auch die Hinterseite des oberen Pylorusmagens durch ein unpaares Stück, das hintere Superomedianum, abgeschlossen. Seine Gestalt ist wechselnd, wie überhaupt die der meisten Pyloricalstücke. Die grösste Ausdehnung erlangt es bei den Gelasimiden, bei denen auch der Darm verhältniss- ' mässig ein sehr grosses Lumen hat; anscheinend sind diese hauptsäch- lich Pflanzenfresser. Zwischen den beiden unpaaren Stücken liegen rechts und links von der Medianlinie die Superolateralia, die nach hin- ten aus einander gehend, in ihrem Vorderabschnitte sich vereinigen kön- nen und dann zusammen eine Iyraähnliche Figur bilden. Von ihnen gehen häufig Seitentheile nach vorn und unten ab, die vorderen und mittleren queren Zwischenstücke; die einen setzen sich an das Vorder- ende, die andern an das Hinterende der Superolateralia an. Ein drittes, das hintere quere Zwischenstück , schliesst sich an das hintere Supero- medianum. An dies letzte Paar schliesst sich jederseits ein longitudi- nales Stück an, das sich nach unten an die unteren Pyloricalstücke an- schliesst, während es nach oben durch dünne Seitenplatten, die durch Verkalkung der Haut entstehen, mit dem Superomedianum in Verbin- dung tritt. Die unteren Pyloricalia, ebenfalls in wechselnder Zahl und Gestal- | tung vorhanden, sind fast nur Querstücke. Das vordere Inferomedia- num schliesst sich dicht an den Unterrand der Unterseite des cardiacalen Inferomedianum und die cardiacalen Inferolateralia an. Es folgt darauf der »Wulst« OrsTErLEN’s, die »ampoules cartilagineuses « MILNE-EDwARDS. Es ist dieses Stück, das bei allen Decapoden gleichmässig entwickelt zu sein scheint, eine Einstülpung der Magenwand, die sich nach aussen und oben fast schneckenhausartig umschlägt und deren Innenseiten die stark Das Kaugerüst der Brachyuren. \ 17 _ verkalkte untere Medianleiste tragen. Durch Kalkanlagerungen, die auf der Aussenseite netzförmige sehr zierliche Figuren bilden und median verschmelzen, erscheint das Stück als ein unpaares. Zwischen die bei- den letztgenannten medianen Stücke schiebt sich eben so wie auf der Oberseite jederseits ein vorderes Inferolaterale ein. Den Schluss des "unteren Pyloricalgerüstes bilden dann drei Kalkstücke, von denen das j mittlere mediane sich dicht an das mittlere Inferomedianum anschliesst, _ während die hinteren Inferolateralia, einen Bogen nach oben beschrei- bend, median einander genähert sind. P Im Innern des Pylorusmagens finden sich die schon erwähnte un- _ tere Medianleiste und zwei seitliche. Alle drei tragen auf ihrer Oberseite einen langen Haarbesatz. Den Schluss des genannten Abschnittes bildet die ebenfalls schon berührte zungenförmige Klappe. Sie ist etwas nach hinten gerichtet und - ragt in den Darm hinein. Sie sitzt dem hinteren Inferomedianum auf E-, und legt sich mit ihrer Vorderseite an die untere Medianleiste. Auch sie ist, besonders am Rande, mit einem Kranze sehr langer und dichtstehen- der Haare besetzt. FE | . I. Heterodontea. z X 2 Die Mittelzähne bestehen nie aus einfachen Querlamellen. Die car- diacalen Superolateralia liegen vor dem Superomedianum (Gelasimiden und Pinnotheriden). Vorderes Superomedianum: Trägt auf der Oberseite stets %3 eine stark entwickelte Crista, die median tief ausgeschnitten ist. Die _ Medianlinie ist kurz, so dass der Winkel an der Spitze ein sehr stumpfer Be wird. Die Hinterseite !) ist sehr breit, länger als das mittlere Supero- Br 'medianum. Mit den Seiten des Stückes aufs innigste verbunden P>: sind die Er Norderen Superolateralia. Diese sind sehr klein ud lau- * a fen nach innen sehr spitz zu. Ihre beiden Vorderseiten bilden eine Ge- & rade, und so wird die Hinterseite des Stückes bei den übrigen Brachyu- ren zu der kürzesten und seitlich gelegenen bei den Heterodonteen. Die Eilerssite wird an den äusseren Ecken abgestumpft, um für die Ver- ® _ bindungsstücke zwischen ihnen und den mittleren Superolateralien und Er _ den oberen Zwischenstücken einen Anheftungspunkt zu gewähren. Die ; - Hinterseite ist oft mit einem in steilen Bogen verlaufenden Randwulst erschen, Ne 4) Unter Länge oder Breite der Hinterseite verstehe ich die Entfernung der 3 Ri Endpunkt der Hinterseite von einander. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Ba. " 18 Ernst Nauck, Mittleres Superomedianum: Mit oder ohne Höcker an der E* Unterseite. Der Mittelzahn von der verschiedensten Form. Oberseite ‚mit hohen Seitenrändern. Hinteres Superomedianum: Xförmig bei den Gelasimiden, wobei die oberen Schenkel doppelt so lang sind als die unteren. Vförmig bei den Pinnotheriden. Obere Querleiste kaum eingebogen; Schenkel : nicht nach vorn gezogen. . Mittleres Superolaterale: Ober- so wie Unterseite verlaufen in einfachem Bogen; die letzteren bis kurz vor den Zahn, so dass das Stück die Form eines halben Meniscus hat. Der Seitenzahn ist einfach. Die Vorderrandschneide beginnt an der Spitze, ist nur kurz. Auf sie folgt eine zweite längere, die sich etwa über die Hälfte oder über die ganze Unterseite erstreckt. Die Breite des Zahns wird durch Querlamel- = len eingenommen, die an der Oberseite zum Theil in Borsten auslaufen. Hinteres Superolaterale: Oberrand nach aussen umgeschla- gen, sehr verdünnt. & Oberes Zwischenstück: Normal. Mittleres Zwischenstück: Mit Ausnahme von Myctiris nor- mal, mit zahlreichen Borsten, die feine Haare in grosser Menge ein- schliessen. Unteres Zwischenstück: Tritt an die Hinterseite des mitt- £ leren. Hinteres Zwischenstück: Setzt sich, an der Unterseite mäs- sig verbreitert, an das vordere und hintere Inferolaterale an. Inferomedianum: Boden kurz, steil ansteigend ; Hinterseite gross, stark abfallend. Oberrand des Bodens mit oder ohne Einschnitt, theilweise bedeutend abgeflacht und mit verschiedenfachen Wulst- En Cristenbildungen versehen. breitert. Macrophthalmus definitus Wh. 41: 591) (Fig. A und 2)- Hinteres Inferolaterale: Sehr lang, nach unten stark ver- Vorderes Superomedianum: Hintere Crista nach vorn ver- längert unter gleichzeitiger Verbreiterung. Breite 7mm, Länge der Me- dianlinie 4 mm. Vorderes Superolaterale: An die schräg abgeschnittene Aussenecke setzen sich zwei stabförmige Stücke an. Das vordere tritt in Verbindung mit dem oberen Zwischenstück und ist sehr dünn; das 4) Die beiden Zahlen hinter dem Namen geben die Dimensionen des für die Untersuchung benutzten Thieres an und zwar ist die erste die Länge der Median- linie, die zweite die der grössten Breite, in Millimetern angegeben. \ Das Kaugerüst der Brachyuren. _ 19 hintere verbindet sich mit dem mittleren Superolaterale und ist doppelt | 3 so dick als jenes. Der zwischen ihnen liegende Raum theilweise ver- kalkt. Länge der Vorderseite: 2,5 mm. - Mittleres Superomedianum: Höcker an der Unterseite dicht vor der Basalverbreiterung. Hinter demselben steigt das Stück allmälig - an, während median eineLeiste nach hinten zu verläuft. Unter gleichzei- _ tiger starker Verbreiterung senkt sich dann das Stück wieder ein wenig, um sich darauf nach einer geringen Verschmälerung terminal zu verbrei- tern. Die mediane Criste verschärft sich nach hinten und sendet hinter der ersten Verbreiterung nach rechts und links je einen Zweig aus. Diese fallen nach hinten scharf, nach vorn allmälig ab, wobei sich die - vorderen Flächen der Medianlinie zuwenden. Hierdurch entstehen zwei erste blattförmige Lamellen. ‘ Zwei weitere seitliche Lamellen bilden sich dadurch, dass die - Zweige der Mediancriste nach hinten weitere Zweige abgeben. Auch a diese verbreitern sich lateral. Nach hinten laufen sie in Spitzen aus, der Vorderrand verläuft parallel dem Hinterrande der vorderen Lamellen. Von der hinteren Spitze nach den Enden der Vorderseite schlägt sich ein x. _ scharfer mit vielen Zähnchen versehener Rand nach innen um. Zwischen = dieses hintere Lamellenpaar schiebt sich eine zweite stärkere mediane Leiste ein, die sich am Ende wiederum theilt und am Ende des ganzen | SE Stückes ein letztes kreisbogiges Zahnstück trägt. Dies letztere hat also 2 mit der Leiste zusammen die Gestalt eines Ankers, über die vorher- men Zahntheile ragt es bedeutend herab. - Länge 6mm, Durchschnitisbreite 2,5 mm. L Hinteres air Breite 5,5 mm, Höhe 3,8 mm. SR Seitenzahn: Die Vorderrandschneide umfasst zwei Lamellen ; E: die zweite an der Unterseite verläuft bis ans Ende und hat 47 : S = : über sich, die meistens in Borstenfortsätze auslaufen. 3 eres Zwischenstück: Von Anfang an wenig verbreitert, an ee ‚der Hinterseite mit schwachem Randwulst. Mittlerer Aufsatz: ca. 13 Borsten. Be Inferomedianum: Oberrand- und Seitenranderhöhungen mit 23 _ dichtem Haarbesatz ; Einschnitt sehr klein. Davor der Oberrand stark Be. verkalkt und in der Mitte erhöht. In dieser Erhöhung finden sich jeder- ; seits zwei Einschnitte: der vordere ist schmal und lang, verläuft im Bogen nach vorn, wobei er sich lateral ein wenig verbreitert, der hin- ER tere ist aussen breit, verengt sich aber nach innen schnell. Zwischen 2 den beiden Bösschnitten ist das Gebilde vertieft, der hintere Abschnitt steigt nach hinten jederseits an. Länge des Obeitsiiides 1,7mm. Hinter- BT seite langgestreckt, herzförmig, am Rande stark mit Haaren besetzt. 3 * a5 ” &; $ £ 20 ® | Ernst Nauck, Heloecius signatus Hess. 16; 25. Vorderes Superomedianum: Crista mit sehr scharfer Schneide, deren Höhe gleich der Länge der Medianlinie. Breite 4,7 mm. Vorderes Superolaterale: Hinterer Randwulst sehr dünn, biegt sofort nach unten und vorn um. Seitlicher Abschnitt eben so lang "wie die Vorderseite. Die beiden vorderen Stücke sind nur im vorderen Abschnitt von einander getrennt , wo auch eine Verdickung des Stückes eintritt. Mittleres Superomedianum: Die Seiten des Stückes ver- laufen fast geradlinig, nur unter dem hinteren Abschnitte des Zahnes . verbreitert sich jenes etwas. Basalverbreiterung dünn. Auf sie setzt sich dicht am Vorderrande des Stückes eine Erhöhung desselben auf, die. sich unter Seitenverengerung und medianer Schneidenbildung bis an den Mittelzahn erstreckt. Dieser besteht aus zwei Abtheilungen: die vordere ist herzförmig gestaltet, die Spitze des Herzens nach hinten ge- richtet, die Seiten etwas abgeflacht. Der hintere Theil legt sich theil- weise um den vorderen herum. An der Hinterseite tief ausgeschnitten und am breitesten (1,9 mm) verengt er sich allmälig nach vorn zu, ver- läuft dann mit seiner Vorderseite nach innen und umgiebt die Spitze des vorderen Herzens. Die Seiten der Hinterabtheilung sind einmal leicht eingeschnitten. ee 3mm, Durchschnittsbreite 1,3 mm, Länge des Zahns 2 mm. | Hinteres Superomedianum: Breite 3mm, Höhe 1,8 mm. Seitenzahn: Vorderrandschneide sehr wenig ausgehöhlt, ziem- lich flach, aber nach oben scharf zugespitzt, setzt sich über die ganze Unterseite fort. Oberseite mit 20 feinen Lamellen, die sämmtlich Bor- stenfortsätze tragen. Länge 3 mm. ! Mittlere Aufsätze: Verlaufen ganz geradlinig, mit sehr vielen kleinen Haaren und Borsten besetzt. Inferomedianum: Seiten verlaufen fast parallel, Seitenerhöhun- gen stark. Hinterer Ausschnitt tief, jederseits mit einem starken Zahn bewaffnet, der eine dünne Criste seitwärts von der Hinterseite aus- schickt. Hinterseite etwas nach vorn zurückgebogen, Seiten verlaufen fast geradlinig, Ränder mit dichtem Haarbesatz. Parallel dem Rande die Hinterseite eingebuchtet. Untere Aufsätze: Breit, flach, nach oben wenig zugespitzt, gut behaart. Das Kaugerüst derBrachyuren. 21 Gelasimus bellator A. u. Wh. 21; 36 (Fig. 3 u. 2. Vorderes Superomedianum: Hinterseite zuerst steil an- _ steigend, dann lateral abgeflacht ; mit geringer Schneide. Breite 4,5 mm. — Vorderes Superolaterale: Abschnitt der Vorderseite sehr gross, diese daher ausserordentlich klein. Verbindungsstücke wie Ma- erophthalmus. | Mittleres Superomedianum: in lenseite mit Höcker. Vor diesem verbreitert sich das Stück unter gleichzeitigem Ansteigen nach oben und medianer Leistenbildung; die Seitentheile wenig ausgehöhlt. Dann verengt sich das Stück wieder, verläuft fast geradlinig. An den Seiten der medianen Crista entstehen Schneiden, die fast geradlinig nach vorn und seitwärts verlaufen. Hinter diesen eine Vertiefung, zu der die Vorderseite des Zahns abfällt. Der Mittelzahn ist median erhöht N und fällt von da mit nach vorn und unten verlaufenden Lamellen beider- seits ab, unter gleichzeitigem Ansteigen nach hinten. Die Hinterseite ist ein Kreisbogen, die Seitentheile nach innen eingebogen, die Vorderseite gerade. Länge 3,5, grösste Breite 2 mm. Hinteres Superomedianum: Querleiste wenig eingebogen, in der Mitte nach unten verdickt;"obere Schenkel an der Oberseite wenig nach innen eingebogen. Breite 2,5, Höhe 1,7 mm. ’ Mittleres Superolaterale: Bogen der Oberseite sehr stark _ nach aussen ausgebuchtet. Seitenzahn: Vorderrandschneide wenig ausgehöhlt, umschliesst zwei Lamellen; zweite untere Schneide scharf, aber niedrig, verläuft bis _ zum Ende des Zahns. Lamellen, von vorn nach hinten an Stärke abneh- _mend, verlaufen zuerst geradlinig, dann immer mehr gekrümmt. OberesZwischenstück: Ueberall verbreitert und sehr dünn. Inferomedianum: Die abgeflachte Oberseite des Bodens trägt E einen Aufsatz, dessen Hinterseite abgerundet, dessen Seitentheile fast geradlinig nach vorn verlaufen, sich am Boden in einer Spitze treffen, von der kurze, wenig ausgebildete Cristen seitlich abgehen, die sich - _jederseits mit einer die Hinterseiten der erhöhten Seitentheile abschlies- senden Crista verbinden. Seitenplatte: Mit sehr starkem oberen Haarbesatz. Untere Aufsätze: Klein, pinselförmig. Vor dem Inferomedianum, zwischen diesem und dem Oesophagus Tu mediane Einstülpung der Magenwand von Tütenform und mit lan- gem Haarbesatz. Tee Be PS 22 ; Ernst Nauck, Myctiris longicarpis Latr. 25; 21 (Fig. 5—7). Vorderes Superomedianum: Hinterseite wie Macrophthal- mus; Vorderseiten dicht neben der Medianlinie, etwas nach oben einge- schnitten. Breite 4,5. Länge 1 mm. Vorderes Superolaterale: Ist ganz rudimentär geworden und nur noch ein stabförmiges, vorn etwas verbreitertes Gebilde vor- handen. Die beiden Superolateralia treffen sich median und sind nur durch einen sehr kleinen nicht verkalkten Zwischenraum von einander geschieden. An der Vorderseite entspringt das zum oberen Zwischen- stück führende accessorische Stück, in dem Winkel zwischen ihm und dem vorderen Superolaterale das zum mittleren Superolaterale füh- rende. Mitleres Superomedianum: Unterseite ohne Höcker.' Unge- fähr in der Mitte des Stücks verbreitert es sich plötzlich, um dann bis zum Zahn wieder an Breite abzunehmen. Die oberen Seitenranderhöhun- gen werden an der breitesten Stelle lateral von der unteren Verbreite- rung überragt. Der Mittelzahn ist verhältnissmässig einfach: von dem stark erhöhten hinteren Rande, der mit einer Schneide versehen ist, die sich seitwärts fortsetzt und anfangs ein wenig nach vorn umschlägt, geht eine kurze Crista nach vorn. Von dieser, der hinteren und seitlichen Schneide fällt die Zahnoberfläche nach dem vorderen Theile ziemlich steil ab. | Hinteres Superomedianum: Querleiste nicht eingebogen, median sehr wenig erhöht. Breite 2,5, Höhe 1,5 mm. Mittleres Superolaterale: Oberseite wie‘ Gelasimus. Seitenzahn: Vordere Leiste sehr flach und eng mit der zweiten verbunden; diese erstreckt sich bis etwa über zwei Drittel des Zahns unter gleichzeitiger Breitenzunahme desselben. Hinter der zweiten Schneide nimmt er an Breite schnell ab. Verlauf der Lamellen wie bei Gelasimus. - „Oberes Zwischenstück: An seinem Oberende stark ver- breitert. Mittleres Zwischenstück: Fast dreieckig; die Spitze articu- lirt mit dem oberen Zwischenstück. | Inferomedianum: Seiten verlaufen parallel; Seitenränder des Bodens erhöht. Hinterer Ausschnitt tief und mit seitlich erhöhten schar- fen Rändern, die sich vorn median vereinigen und in eine Spitze aus- laufen. Hinterseite steil absteigend, von der Form einer halben Ellipse, deren Rand leicht aufgewulstet und mit langen spärlichen Haaren be- setzt ist. je a Das Kaugerüst der Brachyuren. 2 33 Seitenplatte wie Gelasimus. Untere Aufsätze: Lang, dünn, pinselförmig, mit dichtem - Haarbesatz. = 2 Mediane Einstülpung vor dem Inferomedianum wie Gelasimus. x. er Die bis jetzt untersuchten Pinnotheriden, nämlich Pinnotheres Br "Rouxi, villosus, Mytilorum, flavus und Holothuriophilus trapeziformis R zeigen in Bezug auf ihr Kaugerüst eine so tiefgehende Uebereinstim- 3 mung mit den Gelasimiden, dass, wenigstens.bis jetzt, an einer natür- lichen Verwandtschaft beider Gruppen nicht gezweifelt werden kann.. _ Endgültig ist begreiflicher Weise bei der geringen Anzahl der untersuch- ten Arten die Frage nicht gelöst, obgleich es immerhin auffallend ist, dass die übrigen philippinischen Arten mit dem P. Mytilorum aus der _ Nordsee so genau übereinstimmen. - Das für die Gelasimiden oben Gesagte passt alles genau auf die Pinnotheriden. = Das Inferomedianum ist mit starken Seitenrändern versehen, - und der Boden läuft nach oben in eine Spitze aus. 2 Die einzelnen Formen unterscheiden sich von einander nur durch ES die verschiedenartige Gestalt des mittleren Superomedianum (das übrigens stets mit einem Höcker an der Unterseite versehen ist) BER und des Mittelzahns. Pinnotheres RouxiM.-E. (Fig. 8). _ Unter dem Zahn stark verbreitert, nimmt das vor demselben leicht eeeeehnurt erscheinende Stück bis zur Basalverbreiterung allmälig an Breite ab. Im Anfang dieser liegt der untere Höcker. Der Mittelzahn ist ein einfacher Höcker, der von hinten nach vorn langsam, an der Hinter- seite steil abfällt. Die Vorderseite dieses Höckers hat median einen Ein- - schnitt, der sich dem Stücke zu nach unten verengt. Um diesen Ein- schnitt legt sich ein wenig erhöhter Randwulst herum. E: Eben so ist das Verhältniss bei = > P: E Pinnotheres villosus Guer. Pinnotheres Mytilorum Bast. E laufen die Seitentheile des Randwulstes in ı Spitzchen aus, die sich nach _ vorn Bmphiegen. Pinnotheres flavus n. sp., cfr. Anhang. Das mittlere Superomedianum ist da, wo der Zahn aufsitzt, nicht 24 Ernst Nauck, ab. Der mediane Einschnitt des Mittelzahns ist sehr kurz und der Rand- 5 wulst undeutlich. Desto besser entwickelt sind die lateralen Zähnchen, in die auch hier die Seitentheile des Randwulstes auslaufen. Dazu kom- men zwei weitere Zähnchen, die etwa in der Mitte des Zahns, am Rande des Stückes selbst N pringend nach den Seiten gerichtet sind. Die Spitzen derselben sind leicht nach vorn umgebogen. Holothuriophilus trapeziformis .n. g.n. sp. cfr. Anhang. Die Seiten des Stückes verlaufen fast parallel. Der mediane Zahn- einschnitt ist breit und der Randwulst erreicht fast die Hinterseite des Zahnhöckers. Die Seitentheile des Wulstes in Zähnchen ausgezogen. II. Cyclodontea. Der Mittelzahn besteht (mit einer Ausnahme) aus Lamellen, die meist im Kreisbogen verlaufen. Die vorderen Superolateralia liegen neben dem vorderen Superomedianum. A. Coelostylidea. Die Oberseite des mittleren Superomedianum mit stark erhöhten Seitenrändern. 1. Gatometopa. Vorderes:-Superomedianum der Catometopen ist mit dem vorderen Superolaterale aufs innigste verbunden; nur im hinteren Ab- sehnitt tritt eine Trennung beider ein. Die Form des Stückes meist nicht zu erkennen. Vorderes und mittleres Superomedianum stehen fast senk- recht auf einander. | Vorderes Superolaterale: "Stück seitwärts oft bedeutend verschmälert. Vorderseite nach aussen schräg abgeschnitten. Hinter- seite fast geradlinig. Mittleres Superomedianum: Mit oder ohne unteren Höcker. Basalverbreiterung stets deutlich. Vor ihr nimmt das Stück meist an Breite allmälig bis zum Zahn zu. Vom Höcker aus steigt das Stück selbst nach vorn rasch, nach hinten allmälig an. Der Mittelzahn besteht aus einer Anzahl von starken Querlamellen, die von vorn nach hinten zuerst in ihrer Mitte stark eingeknickt sind, um dann unter immer grösser werdendem Winkel sich dem Kreisabschnitt und der Geraden zu nähern. Die letzte Zahnlamelle sitzt stets dem aufgewulsteten Hinter- rande des Stückes auf. | Hinteres Superomedianum: Querleiste wenig eingebogen 2 - “ Br ar u ' er, a a 5 OR Pe Re ER re- Te 6 N Eu ae 4 ” Au “ rs 4. F Das Kaugerüst der Brachyuren. 25 _ und wenig nach vorn gezogen. Gestalt Xförmig, die Verwachsung der Schenkel lässt sich in einer Längsnaht oft noch nachweisen. Mittleres Superolaterale: Zwischen dieses und das vordere - Superolaterale schiebt sich oft ein verkalktes Stück ein, das sich an die abgeschnittene Vorderseite des letzteren legt. Form des Stückes fast die einer Sichel mit geringer Krümmung; Innenseite fast glatt, selten vor ‘dem Zahn ein Höcker. Der Seitenzahn entweder mit einfacher Vorder- _ randschneide, die sich an der Hinterseite nicht nach vorn verlängert, _ oder ein kleiner, wenig nach oben gebogener erster Abschnitt, der nach vorn und innen ansteigt. An der Unterseite zahnförmige Höcker, denen "Lamellen in unregelmässiger Weise und verschiedener Anzahl entspre- chen. Die Höckerchen der Unterseite können theilweise zu einer ge- zähnelten Crista verschmelzen. Hinteres Superolaterale: Um den Rand des mittleren weit umgeschlagen, verläuft fast direct nach vorn. Oberes Zwischenstück: Entspringt vor dem accessorischen Stück zwischen vorderem und mittlerem Superolaterale, mit dem es durch Chitinbänder vereinigt ist. Am Unterende meist verbreitert und gleich- ‚zeitig verdünnt. Mittleres Zwischenstück: Oval, meist ganz geschlossen. 5 _ Die Unterseite läuft oft in eine nach aussen gerichtete, den Thelphusa- z ni ”. Ri - * W a 4 . N v le ceen fehlende Spitze aus, die dicht über dem Boden des Inferomedia- num liegt. An diese setzt sich das Untere Zwischenstück, das also zuerst von aussen nach innen verläuft. Mittlerer Aufsatz: Mit vielen starken Borsten, die an der Vor- derseite im Kreisbogen gelagert sind und sich oft bis unter die Unter- _ seite des Seitenzahns fortsetzen. Zwischen den Borsten ein dichter _ Haarbesatz. Seitenplatte und untere Aufsätze vorhanden. Inferomedianum: Unten schmal, nach oben stark verbreitert ; _ innere Seitenranderhöhungen meist vorhanden. Boden median öfters I: & erhöht, so dass zwei seitliche Furchen entstehen. Oberer Bodenrand meist Aheflacht. mit Ausschnitt und vielfachen Cristen. Hinterseite gross und nach unten verlängert. Vorderes Inferolaterale: Lang und sehr breit. Hinteres Inferolaterale: Lang und von oben nach unten an e Breite bedeutend zunehmend. Oesophagealklappen öfters gefunden. na DE A ee er 2 ar j E 26 Ernst Nauck, Cardisoma hirtipes Dana 82; 99 (Fig. 9 u. 10). Vorderes Superomedianum: Hinterseite mit starker Crista, Breite Iimm, Einbuchtung der Hinterseite mm. Länge der Median- - linie mm. j Vorderes Superolaterale: Breite der Hinterseite 41 mm, grösste Breite des Stückes 6mm. An der Hinterseite zwei Randwülste. Der erste verläuft zunächst vom vorderen Superomedianum seitlich, wendet sich dann nach vorn und vereinigt sich mit einem schwachen vorderen. Der zweite hintere Randwulst entspringt neben dem ersten und nimmt nach aussen an Dicke zu. Der von den dreien einge- schlossene Raum ist verdickt. ; Mittleres Superomedianum: Länge 18,5mm, Breite am Hinterende 6,5mm, engste Stelle (am unteren Höcker) 1,6mm. Länge der Basalverbreiterung 4mm. Länge des Zahns 7mm, grösste Breite desselben 4,5 mm. | Der Mittelzahn besteht aus sechs Lamellen (fünf bei C. carni- fex D.), zwischen die vordersten schiebt sich ein einfacher Höcker von dreieckiger Oberfläche ein. Die zwei letzten Lamellen verlaufen gerad- linig, die vierte ist die breiteste. Hinteres Superomedianum: Höhe 7mm, Breite (der Quer- leiste) 9,1 mm. | Seitenzahn: ca.27 von vorn nach hinten an Stärke abnehmende Lamellen, ausser der Vorderrandschneide, die nicht nach hinten an der Unterseite verlängert ist. Nur die sieben ersten Lamellen haben keine Borstenverlängerungen nach oben. Mittlerer Aufsatz: Zahlreiche Borsten an der Ober- und Vor- derseite. | Inferomedianum: Länge 16,5 mm, grösste Breite 7,3 mm, Höhe der Seitenränder des Bodens 3mm. Hinterer Ausschnitt tief, mit erhöhten Seitenrändern. Oberrand des Bodens abgeflacht. Von der Vorder- und Hinterseite des Ausschnittes gehen zwei parallele Gristen jederseits nach vorn und den Seiten. Hinterrand der Oberseite um den Ausschnitt erhöht und mit Haarbesatz. Hinterseite neben der Median- linie mit drei Paar starken Borsten (vier Paar bei C. carnifex) versehen; das oberste Paar kleiner als die folgenden. Untere Aufsätze 5,5mm lang, an der Basis 2,4 mm breit. Gecarcinus ruriecola Latr. 73; 96. Vorderes Superomedianum: Breite 6,2 mm, Länge der Ein- buchtung 3,5, der Medianlinie 3 mm. | - Das Kaugerüst der Brachyuren. 27 e Vorderes Superolaterale: Breite der Hinterseite 13,5 mm, össte Breite 6,6mm. Der wie bei Cardisoma durch drei Randwülste egrenzte äussere Abschnitt ca. drei Mal so dick als der übrige Theil des ‚Stückes. Der verdickte Raum fast dreieckig, nimmt ca. drei Viertel des ganzen Stückes ein. Vorderer Randwulst dick, innerer nach oben eine Schneide ausgezogen. Das accessorische Zwischenstück: Hammerförmig ; der Stiel des Hammers erstreckt sich nach hinten in den von den ER cken umschlossenen Raum in einer Länge von 5,4 mm. Mittleres Superomedianum: Länge 16mm; Breite der Hin- seite 4,5 mm; engste Stelle 1,5mm. Länge der Basalverbreiterung 9,51 mm. Der Zahn besteht aus 7 (?) Lamellen. [Der betreffende Zahn var so abgenutzt, dass die Zahl nur annähernd bestimmt werden ei Vorletzte Lamelle ist die breiteste; nur die letzte verläuft ge- radlinig. Hinteres Superomedianum: Höhe 6mm; Breite 7,5 mm. Schenkel ‚nehmen von der Vereinigungsstelle nach abe und unten an Be 7 grosse und 42 sehr dünne. An der Unterseite ca. 15 Oberes Zwischenstück: Länge 20mm, ist sehr stark ge- es 3, 4mm. Oberseite des Baden abe Ränder des Aus- an es "erhöht. Die Erhöhung nimmt von hinten nach vorn ab und _verlä längert sich bis an den Boden. Hinterseite des Ausschnittes mit dich- tem I Ha tarbesatz. Ausschnitt setzt Raten in die FERBETBONG fort. Diese mit £ Die ‚folgenden Gruppen unterscheiden sich von den Gardisomaceen dur ch, dass der untere Höcker nicht an der schmalsten Stelle des mitt- Sesarma intermedia D.H. 34; 38. Ö 'orderes Su peromedianum: Hinterseite tief ausgeschnitten mit scharfer Crista. Medianlinie sehr kurz. Breite 4,5 mm. _ Pi en En ie) .. 28 Ernst Nauck, Vorderes Superolaterale: Verengt sich seitlich sehr stark, ie nach der Medianlinie des Magens tief eingebogen. Nur eine Crista ander Hinterseite, die, innen scharf, mit der Verschmälerung des Stückes wul- stig wird. : Mittleres Superomedianum: Verbreitert sich vor dem Zahn etwas, wodurch das Stück die Gestalt einer hohen Vase bekommt. Brei- teste Stelle 2,5 mm, engste 4 mm, Länge7,9mm. Mittelzahn: besteht aus vier Lamellen, die vorderste ist stark eingeknickt, die zweite ein Kreissegment, die dritte und grösste fast geradlinig, an den Ecken leicht nach vorn umgeschlagen, ragt nicht über die Seiten des Stückes hinaus. Die letzte ist median etwas nach vorn verlängert. Hinteres Superomedianum: Der Winkel, unter dem die Schenkel aus einander gehen, ist sehr gross; diese verbreitern sich zu- gleich im obersten Abschnitt ein wenig, so dass der freie Raum ein Pentagon ist, dessen Basis durch die Unterseite der Querleiste gebildet wird, auf der die beiden anliegenden Seiten senkrecht stehen. Seitenzahn: Vorderrandschneide wie Gardisoma; dahinter 8 grosse Lamellen und ca. 10 feinere, denen eine gezähnelte Schneide an der Unterseite entspricht, während zu den ersten acht Lamellen vier Zähnchen gehören. Borstenfortsätze fehlen. Länge des Zahns 4,5 mm. Oberes Zwischenstück: In der Mitte verbreitert. Mittlerer Aufsatz: Nur an der Vorderseite Borsten. | Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt ziemlich flach, nur in der Mittellinie etwas eingeschnitten. Oberrand des Bodens abgeflacht und mit dichtem Haarbesatz. Hinterseite am Rande eine Reihe Borsten, deren Spitzen häckchenartig nach innen umgebogen sind, darunter ein dichter Haarbesatz. Der von ihnen eingeschlossene Raum leicht nach aussen ausgestülpt. Untere Aufsätze: Lang, dünn, stark behaart und leicht ge- krümmt. Helice Leachii Hess. 15; 17. VorderesSuperomedianum: Hinterseite tief eingeschnitten ; Crista verläuft fast geradlinig. Breite 2,5 mm. Vorderes Superolaterale: Vorderseite nach der Medianlinie zu wenig eingebogen, sonst wie Sesarma. Breite 3 mm. Mittleres Superomedianum: Form wie Sesarma. Mittelzahn: Um einen kleinen vorderen, nach vorn zugespitzten Tuberkel legt sich dicht eine sehr breite und flache Lamelle, deren Seitentheile nach vorn umgeschlagen sind. Eine zweite, die Endlamelle, us ENT PR 2 Pre | Das Kaugerüst der Brachyuren. ” "ist schmäler aber höher als die vorige, sie trägt einen medianen Fort- . satz nach vorn wie Sesarma. — — Seitenzahn: vVorderrandschneide wie Cardisoma; dahinter 5 se; ‚starke und circa 15 feine mit Borstenfortsätzen versehene Lamellen. Mittlerer Aufsatz: Wie Sesarma; wenige Borsten. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt weit nach hinten ge- B: rückt, mit schwachen Seitenrändern, die sich nach vorn verlängern und % eine starke Crista nach dem oberen Rande des Bodens ausschicken. - Häkchen- und Haarbesatz der Hinterseite wie Sesarma. | . Platynotus depressus D.H. Vorderes Superomedianum: Hinterseite wenig ausgeschnit- ten; Crista scharf, geradlinig nach oben verlaufend mit medianem Fort- salz nach vorn. Breite 2,5 mm. 3 Vorderes le slatsrale: Vorderseite fast geradlinig ver- "laufend, Hinterrandwulst dünn. Breite 4,7 mm. E- 0 Miitleres Superomedianum: Form wie Sesarma. Zahn 3 - Lamellen; vorn ein sehr kleiner Halbkreis, dann ein dicht um diesen geschlagener Kreisbogen, zum Schluss eine fast gerade verlaufende, sehr ER starke Lamelle, die jedoch kleiner als die vorhergehende ist. IE enrzahn: Vorderrandschneide wie Cardisoma, stark zuge- spitzt. Dahinter viele Zahnhöcker und Lamellen mit Borstenfortsätzen. Mittlerer Aufsatz: Wie Sesarma. — Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt flach, mit verschärftem, | _ kreisbogenförmigem vorderen Rande. Hinterseite mit sehr vielen rand- ständigen Haaren. 3; Varuna litterata Fahr. 34; 32. —_ Norderes Superomedianum: Mit sehr geringem Einschnitt. mn Orista sehr scharf, median unter gleichzeitiger Verbreiterung verlängert. \ "Mittleres Superomedianum: Die Seitenränder der Ober- seite ‚schlagen sich zwischen dem unteren Höcker und dem Zahn nach E innen um. Der Zahn besteht aus einem vorderen triangulären Stück, . dessen Spitze nach hinten gerichtet ist und sich median mit der ersten, er en wien Lamas A ra ae darauf folgende ist 30 Ernst Nauck, S | Be und höchste Lamelle ist nur etwa halb so breit, als die vorhergehende, Er und ebenfalls gebogen. Medianer Fortsatz derselben nach vorn vor-- handen. Seitenzahn: Vorderrandschneide wie Cardisoma; dahinter eirca 21 Lamellen von denen nur die 3 ersten keinen Borstenfortsatz tragen. Die letzten 12 haben an ihrer Unterseite Zähnchen, die unter einander verschmelzen. Den ersten 8 grösseren Lamellen entsprechen 4 Zähne an der Unterseite. ? z Mittlerer Aufsatz: An der Ober- und Vorderseite Borsten. IE Inferomedianum: Ausschnitt flach, aber ziemlich steilabwärts geneigt. Von der Vorderseite desselben verläuft eine Crista am Ober- rande des Bodens. Hinterseite mit dichtem Randhaarbesatz, der einen leicht nach aussen ausgestülpten herzförmigen Raum frei lässt. Re Oesophagealklappen vorhanden. | Coelochirus crinipes n. g., n. Sp. 33; 36, cfr. Anhang. Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief ausgeschnitten. Breite 4 mm. a Vorderes Superolaterale: Wie Varuna. Breite 4 mm. 5 Mittleres Superomedianum: Form wie Sesarma, gröste _ Breite 2 mm, geringste 1 mm. Der Mittelzahn besteht aus 3 Lamel- ‚len; die vorderste ist klein, aber doch schon lateral nach vorn umge- schlagen, die zweite ist sehr breit (2 mm) und ragt beiderseits über das Stück hinaus; die letzte Lamelle wie Varuna. BR Hinteres Superomedianum: Wie Sesarma. Ei Mittleres Superolaterale: Sehr dünn. Seitenzahn: Vor- E derrandschneide wie Gardisoma: dahinter 7 starke Lamellen und 4 1 Zähnchen, darauf 13 sehr dünne, sämmtlich mit Borstenfortsätzen an der Oberseite. ‚3 Inferomedianum: Der abgeflachte Oberrand trägt median eine Erhöhung, deren Grenzen nach vorn und hinten durch die Grenzen der Abflachung, deren Seitentheile durch nach innen gehende Bogen be- stimmt werden. In der hinteren Hälfte trägt dies Gebilde den Aus- schnitt, der klein und flach durch erhöhte Seitenränder ausgezeichnet ist. Hinterseite herzförmig, glatt mit randständigem Haarbesatz. 2 Mittlere Aufsätze: Borsten nur an der Vorderseite. Re - Pachystomum philippinense n.g.,n.sp. 16; 20, cfr. Anhang. Vorderes Superomedianum: Hinterseite wenig ausge- schnitten, Medianlinie kurz. Breite 1,1 mm. DE Vorderes Superolaterale: An der Seite sehr schmal, ver- Das Kaugerüst der Be 31 eitert sich nach der Mitte zu allmälig, um sich zum vorderen Supero- ; : am in starkem Bogen nach innen zu wenden. Breite der vorde- ren Spange 2,7 mm. Mittleres Superomedianum: Höcker nach vorn stark abge- setzt. Zahn besteht aus drei Lamellen, die vorderste rudimentär , dicht - vor der zweiten, die in flachem Kreisbogen verlaufend , über die Seiten des Stückes mit sehr stark zugespitzten, nach vorn umgeschlagenen - Seitentheilen hinausragt. Die letzte verläuft. geradlinig, ist bedeutend E _ kleiner als die vorhergehende. © Hinteres Superomedianum: Querleiste ziemlich tief, einge- bogen. Seitenzahn: Vorderrandschneide wie die vorigen. An der Unter- seite drei Zähnchen und eine Schneide; auf die Zähnchen kommen vier starke, auf die Schneide acht feine Lamellen. = E Mittlere Aufsätze: Borsten an der Ober- und Vorderseite. — Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt flach; Hinterseite wie Coelochirus. ' Untere Aufsätze pinselförmig. Kr EN Er Acanthopus planissimus Herbst. 19; 18,5. = VorderesSuperomedianum: Hinterseite breit, fast geradlinig. Crista sehr scharf. Breite 1,5 mm. ee = 6% : _ VorderesSuperola ie rale: Hinterer Randwulst ungefähr halb so Ba dick als die Crista des vorigen Stückes. Breite der vorderen Spange 4 mm. >> Mittleres Superomedianum: Höcker nach vorn stark abge- ., setzt. Zahn besteht aus zwei Lamellen. Die vordere legt sich dicht um _ einen sehr gering entwickelten, vorderen, medianen Höcker und bildet “z einen flachen Kreisbogen , die hintere ist sehr dick, in der Mitte erhöht : nach vorn umgeschlagen. Länge 3,5 mm. # Beer eres a ee ri Neben dem Zahn tritt ein Höcker Ka: zwei Abtheilungen. Die vordere ee löffelförmig vergrössert, leicht F nach oben gebogen, an der Unterseite mit einer Randschneide Yerschene An der Unterseite ein weiteres Zähnchen, dann eine lange Schneide. | Zum Zähnchen gehören zwei Lamellen, zur Schwelle ca. zwölf sehr feine, = _ von vorn nach hinten an Grösse abnehmende. Mittlere Aufsätze: Viele feine Borsten an der Ober- und Vor- B: i endete Ben; Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt tief, setzt sich auf der 32 Ernst Nauck, Untere Aufsätze lang, dünn, an der Vorderseite mit wenigen ” starken, nach unten gebogenen Borsten. Metopograpsus latifrons Wh. 35; 45. Vorderes Superomedianum: Hinterer Einschnitt sehr flach, Mittellinie sehr kurz. Breite 4,5 mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite mit sehr schwachem Randwulst. Vorderseite lang und in flachem Bogen sich zum vorigen Stücke wendend. Breite 3,5 mm. Mittleres Superomedianum: Obere Seitenränder von vorn _ nach hinten allmälig abnehmend. Der Mittelzahn besteht aus drei La- mellen. Vor der ersten ein kleiner Höcker mit triangulärer Oberfläche, um den sich die in der Mitte scharf geknickte erste Lamelle legt, wobei beide median sich berühren. Wiederum median vereinigt sind erste und zweite Lamelle, welch letztere einen sehr flachen Bogen beschreibt. Die letzte Lamelle nimmt mehr den Charakter eines starken Höckers an. Länge des Stückes 5,5 mm; schmalste Stelle a breiteste Stelle (an der ersten Lamelle) 1 ‚> mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung vorhanden, gross, aber flach (bei vorliegendem Exemplar stark abgenutzt). An der Unierseile ein Höcker- chen und eine lange Schneide. Zum Randhöcker gehören drei obere La- mellen, zur Schneide ca. 20. Borstenfortsätze nach oben klein. Länge des Zahns 5 mm. . Neben dem Zahn ein Wulst, der denselben an der Oberseite umgiebt. Mittlere Aufsätze: Wie Metopograpsus. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt tief, setzt sich nach vorn mit scharfen Seitenrändern bis an die Oberkante des Bodens fort und verlängert sich an der Hinterseite in einer tiefen Rinne bis an deren Unterrand. Hinterseite mit starkem Haarbesatz. Untere Aufsätze: Lang, pinselförmig, nur an der Spitze mit langen Haaren dicht besetzt. Grapsus strigosus Leach. 53; 58 (Fig. 41 u. 12). Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief ausgeschnitten. Seitentheile der gut entwickelten Crista nach vorn gezogen. Breite 5,4 mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite mit starkem Rand- wulst; Vorderseite lateral leicht eingeschnitten. Breite 4,6 mm. | Mittleres Superomedianum: Breiteste Stelle bei der ersten Lamelle des Zahns. Höcker nach vorn stark abgesetzt. Mittelzahn: Besteht aus drei Lamellen, die von vorn nach hinten an Höhe zunehmen. Das Kaugerüst der Brachynren. 33 _ Höcker vor der ersten wie bei Metopograpsus; die erste Lamelle leicht 4 Si Hinteres N} Die Schenkel vereinigen sich = unter sehr spitzem Winkel. Höhe 2,5, Breite 3,7 mm. 0 Mittleres Superolaterale: Neben dem Seitenzahn ein star- Er Höcker. Der Zahn selbst hat an dem Vorderrande einen starken E:- Höcker, der nach hinten wenig ausgehöhlt ist; an der Unterseite da- - hinter zwei kleinere Höcker und eine Schneide. Zu den ersteren gehören B: 4, zu der Schneide ca. 13 Lamellen. Oberes Zwischenstück: In der Mitte verbreitert, sonst stab- B: förmig. - = Inferomedianum wie Metopograpsus, eben so die unteren Au fsätze. % Die Gruppe der Thelphusaceen mit Ocypoda unterscheidet sich von Er den übrigen Catometopen dadurch, dass das mittlere Superomedianum Eremueig breit ist und Be der Höcker der Unterseite fehlt. ‚Die 3 er die Seitenränder Ei demnach vorhanden, aber weniger De als hei den übrigen. Die oberen Zwischenstücke setzen sich an die Vorderseite des mittleren Superolaterale an. Parathelphusa sinensis M.-E. 34; 40. _ Vorderes Superomedianum: An der Hinterseite tief ausge- nie, hintere Crista scharf, verlänger t sich median nach vorn. rderes Superolaterale: Vorderer so wie hinterer Rand- N Ist schwach; nach der Mitte zu stark umgeschlagen. Breite 4,5 mm. _ Mittleres een Breite Am, Länge 6mm. 34 Ernst Nauck, Der Mittelzahn besteht aus drei Lamellen. Vor der ersten ein kleiner, kugelabschnittförmiger Tuberkel, um den sich die erste dicht im Halbkreis legt; die zweite ist die breiteste, lateral leicht umgeschla- gen, aber nicht über die Seiten des Stückes hinausragend. Letzte La- melle wie Sesarma. Hinteres Superomedianum: Die Querleiste ist sehr stark verbreitert, halb so dick als breit. 'Seitenzahn: Hinter der Vorderrandschneide sieben starke La- mellen, entsprechend vier Zahnhöckern an der Unterseite. Darauf fol- gen sieben feinere Lamellen, denen eine gezähnte untere Schneide ent- spricht. Länge des Zahns 4,5 mm. Mittlere Aufsätze: An der Oberseite nur 3—k, an der Vor- derseite ca. 12 Borsten. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt sehr klein und flach. Rand desselben mit einer Crista versehen, die nach vorn lang ausge- zogen, einen fast zahnartigen Eindruck macht und nach hinten mit einem Tuberkel endigt. Seitenränder der Hinterseite mit mehrfachem starken Haarbesatz. Sy: Untere Aufsätze: Stark gebogen und innen und oben mit langen Haaren besetzt. Thelphusa Lechenaudii M.-E. 41; 49. VorderesSuperomedianum: Wie Parathelphusa. Breiteö mm. Vorderes Superolaterale: An den Seiten schmal, nach der Mitte zu abgeflacht. Hinterer Randwulst schwach. Breite 5,2 mm. Mittleres Superomedianum: Seiten verlaufen parallel bis zur Basalverbreiterung. » Gabel« auf der Oberseite deutlich, der »Stiel« derselben nach vorn etwas erweitert. Der Mittelzahn besteht aus drei Lamellen. Vor der vordersten ein kleiner Höcker, den sie im schar- fen Knick umschliesst; Lamelle zwei ein Kreisbogen, drei geradlinig verlaufend, die beiden letzten gleich gross. Breite 2,Amm, Länge 7,2 mm. Hinteres Superomedianum: Schenkel sehr weit vereinigt, mit medianer Längsnaht an der Vereinigungsstelle., Querleiste tief ein- gebogen; Seiten mässig nach vorn gezogen. Seitenzahn: Vordere Schneide stark, darauf ca. 12 feine La- mellen, denen an der Unterseite vier Zähnchen und eine Schneide ent- sprechen. Mittlerer Aufsatz: Nur an der Vorderseite Borsten. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt fehlt; Oberseite einfach E } i ü Ä j Das Kaugerüst der Brachyuren. 35 nach hinten und unten abgerundet. Hinterseitenrand mit dichtem Haar- besatz. Ocypoda longecornutaD. 32; 38,5 (Fig. 13). Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief eingeschnitten, - median im Bogen abgerundet, verlängert sich, stark verdünnt, median “nach vorn. Breite mm, Länge der Medianlinie 1,7 mm. Vorderes Superolaterale: Der äussere Raum verdickt wie bei Cardisoma; Vorder- und Hinterseite verlaufen fast geradlinig. Mittleres Superomedianum: In der Mitte zwischen Zahn und Basalverbreiterung das Stück verbreitert. Zahn: Ein Höcker, der aus der Verschmelzung von zwei Lamellen entstanden zu sein scheint. Hinterseite in einer Spitze median nach vorn umgeschlagen. An der _ Vorderseite fällt der Zahnhöcker steil ab, nach den Seiten allmälig. _ Seiten des Höckers etwas eingebogen. Länge 5,7, breiteste Stelle 2,7 mm, _ engste (vor der Basalverbreiterung) 1,5 mm. | Hinteres Superomedianum: Höhe und Breite 2,2mm. Die N. Schenkel steigen zuerst fast geradlinig an und biegen sich im oberen Abschnitt nach aussen und vorn. Querleiste tief eingebogen. ı Seitenzahn: Erste Abtheilung vorhanden, wenig ausgehöhlt, leicht nach oben umgebogen. An der Unterseite drei grössere Zähnchen mit Schneiden und leichter Aushöhlung nach oben, darauf ca. 15 sehr kleine. Auf der Unterseite ca. 28 Lamellen, die alle mit Borstenfortsätzen u versehen sind. Mittlere Aufsätze: Wie Thelphusa. — Inferomedianum: Seitenranderhöhungen treten nur im oberen Abschnitt des Bodens auf, sonst der Boden flach. Hinterer Ausschnitt lang und flach, mit andwnlss, der sich vorn bis an die Oberkante des i Bodens verlängert, dort in eine Spitze ausläuft, die nach den Seiten hin Cristen ausschickt. Hinterseite dreieckig,, Ba vorn zurückgeschlagen. = Die Ränder mit wenigen langen Haaren besetzt. 2. Oxyrrhyncha. | Vorderes Superomedianum: Die Trennung vom vorderen - Superolaterale meist sehr deutlich. Die Stücke stossen oft nur an der ' Hinterseite zusammen, während sie nach vorn immer mehr aus einander B: "weichen. Die Hinterseite ist im Verhältniss zum vorderen Superolaterale E _ meist schmal. Vorderes Superolaterale: Die inneren Ecken spitzen sich E gewöhnlich zu, sie umschliessen das vordere Superomedianum fast voll- B ständig oder völlig, ohne sich jedoch median zu vereinigen. 3 * 36 Ernst Nauck, Mittleres Superomedianum: Basalverbreiterung meist gut ausgeprägt, davor das Stück verengt. Ein unterer Höcker mehr oder weniger deutlich vorhanden. Der Mittelzahn besteht entweder aus einem Höcker, oder aus einer Endlamelle mit davor liegendem Höckerchen, oder aus zwei Lamellen. Vor dem Zahne liegen gewöhn- lich auf einer Verbreiterung des Stückes laterale konische und nach vorn umgebogene Seitenzähnchen. Hinteres Superomedianum: Die Schenkel verlaufen ent- weder vereinigt bis zur Querleiste oder trennen sich etwa in der Mitte. Im letzteren Falle sind meist die bei den Cyclometopen (vergl. dieselben) sehr häufig vorkommenden Verlängerungen der Schenkel nach innen und oben vorhanden. Mittleres Superolaterale: Nimmt allmälig an Breite zu; ist in seinem vorderen Abschnitt stabförmig und abgerundet, erst nach dem vordersten Drittel an der Aussenseite ausgehöhlt. Der Seitenzahn zeigt die verschiedenste Ausbildung. Eine vor- dere Abtheilung ist allerdings gewöhnlich vorhanden, aber von sehr wechselnder Grösse. Die Oberseite trägt Lamellen in stark wechselnder Anzahl, die Unterseite Zähnchen oder Schneiden. Aa Hinteres Superolaterale: Sehr wenig ausgebildet, klein und kurz. Oberes Zwischenstück: Setzt sich unter oder an der Seite des ersten Drittels des mittleren Superolaterale durch chitinige Bänder an; zur Änheftung oft eine besondere Vorrichtung vorhanden. Mittleres Zwischenstück: Nach oben geöffnet, mit einem dreieckigen Fortsatz nach unten. Aufsätze im Halbkreis gebogen mit wenig Borsten. Unteres Zwischenstück: Legt sich in den Hohlraum des zweiten hinein wie das hintere in die Zahnaushöhlung des mittleren Superolaterale. Hinteres Zwischenstück: Setzt sich an das vordere Infero- B laterale an. Untere Aufsätze: Gut entwickelt, in einem Falle verschmelzen die Aufsatzhaare zu einem starken Stachel. Inferomedianum: Seitenränder des Bodens wenig erhöht. Hin- terseite wenig nach unten verlängert, Ausschnitt regulär. | Vorderes Inferolaterale: Nach oben verbreitert und nach innen umgeschlagen. | 2 Hinteres Inferolaterale: Rudimentär. SR a ee ee Ir a % u we r Das Kangerüst der Brachyuren. 37 Micippe cristataL. 37: 36 (Fig. 14 % — Norderes Superomedianum: Trennung vom Nebenstück überall deutlich, der Zwischenraum zwischen beiden aber sehr gering. _ Hintere Crista verlängert sich median bis fast an die Spitze bei geringer Breitenabnahme. Breite 2,5 mm, Medianlinie 1,5 mm. Vorderes Superolaterale: An der Hinterseite zwei Rand- wülste, von denen der innere sich nach aussen und vorn wendet, der "äussere, sich dicht an den vorigen anlegend, ganz an der Hinterseite verläuft. Hinterseite geradlinig. Vorderseite zuerst allmälig, dann sehr stark’sich verbreiternd. Breite 2,7 mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn nicht stark, vor der Basalverbreiterung bedeutend verschmälert, dazwischen breit. Seitenranderhöhungen der Oberseite nehmen von hinten nach vorn an Höhe ab. Bei Beginn der Basalverbreiterung theilt sich die Seitenrand- erhöhung und ein Theil verläuft jederseits geradlinig bis an die Grenze ‚des vorderen Superomedianum. Vor dem Zahn das Stück wenig ausge- höhlt, so dass schwache Seitenrandwülste entstehen. Unterer Höcker _ undeutlich. Mittelzahn: Vor einer hinteren endständigen, halbkreis- förmigen Lamelle eine zweite, ebenfalls abgerundete, fast höckerartige. - Seitenzähnchen vorhanden, entspringen dicht neben der Medianlinie, verlaufen zuerst nach aussen und wenden sich dann, scharf zugespitzt, nach vorn. Vor diesen Zähnchen ein kleiner Höcker. Länge 6 mm, ge- _ ringste Breite I mm. HinteresSuperomedianum: Basal stark verbreitert; Schen- -kel verlaufen geradlinig nach oben ; Querleiste tief ausgeschnitten, wenig nach vorn gezogen. Breite 1,6mm, Höhe 2 mm. Be , = ET F.- Er “ =» “ a 5 Mittleres Superolaterale: Etwa in der Mitte der vorderen - Abtheilung an der Unterseite ein sehr kleiner stabförmiger Ausläufer als ‚Anheftungsstelle für das Band zum oberen Zwischenstück. Seiten- _zahn: Erste Abtheilung klein, wenig ausgehöhlt und nach oben ge- dreht. Darauf folgt zunächst eine starke Querlamelle, die sich quer ' über den ganzen Zahn erstreckt und nach unten in einen Höcker aus- läuft. Dann an der Unterseite drei starke Höcker, auf der Oberseite drei dicke wulstige Lamellen. Hintere Abtheilung des Zahns tief ausgehöhlt. Länge des Zahns 4 mm, der zweiten Abtheilung 2,3 mm. Inferomedianum: Bodenseitenränder von unten nach oben ® wenig an Höhe zunehmend; Oberseite abgeflacht; hinterer Ausschnitt tief, nach unten etwas verengt. Hinterseite fast halbkreisförmig, mit vielen Haaren um den Ausschnitt. Länge 3,5, Breite 2,5 mm. a" ri 38 Ernst Nauck, Untere Aufsätze sehr lang, ca. 1,5mm. mit dichtem Haar- besatz. Dolcea muricata M.-E. 40; 39. Vorderes Superomedianum: Hinterseite schmal, wenig ausgeschnitten; Stellung zu den vorderen Superolateralien wie bei Mi- cippe; hintere Criste wenig nach vorn verlängert. Breite 2mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite geradlinig, mit zwei Randwülsten; der von aussen nach innen gehende längere nimmt in dieser Richtung allmälig an Höhe zu, der innere kleinere ist sehr dick und verlängert sich unter starker Verdünnung an den inneren Seiten- rändern des Stückes. Form wie Micippe. Breite 3,4 mm. Mittleres Superomedianum: Gestalt wie Micippe, unterer Höcker vor der Verschmälerung deutlich. Mittelzahn: Besteht aus zwei Lamellen, einer vorderen kleineren und einer hinteren grösseren wie bei Micippe gestalteten. Davor zwei Seitenzähnchen, die an den Seiten des Stückes entspringend, von konischer Form und nach vorn und aussen gerichtet sind. Länge des Stückes 4,7 mm, schmalste Stelle 0,7 mm. Hinteres Superomedianum wie Micippe. Mittleres Superolaterale: Die Bänder zum oberen Zwischen- stück setzen sich an der Unterseite direct an das Stück selbst an. Seitenzahn: Erste Abtheilung und Querlamelle wie Micippe; La- mellen der Oberseite fehlen, an der Unterseite ein grösseres und drei kleinere Zähnchen. Länge des Zahns 3,5 mm. Inferomedianum: Seitenranderhöhungen des Bodens gering. Oberrand desselben läuft in eine mit scharfer Crista versehene abgerun- dete Spitze aus. Hinterer Ausschnitt fehlt; die Hinterseite nach dem Rande zu mit Haaren besetzt. Länge 4,1 mm, Breite 2,5 mm. Untere Aufsätze: Lang, pinselförmig. Vorderes Inferolaterale: Nach oben wenig verbreitert und nach innen umgeschlagen. Camposecia retusa Latr. 30; 21. Vorderes Superomedianum: Hinterseite verhältnissmässig breiter als bei den übrigen Formen; Crista nicht nach vorn verlängert; Seiten leicht nach aussen abgerundet. Breite 5 mm. Vorderes Superolaterale: An der Vorder- und Hinterseite je ein Randwulst. Stück von aussen nach innen allmälig verbreitert. In- nenecken laufen sehr spitz zu. Breite 2,1 mm. MittleresSuperomedianum: Vorderer Höcker der Unterseite Das Kaugerüst der Brachyuren. ...839 E: er hoch und nach vorn tief hen ist. Davor zwei Seitenhöcker E“ wie bei Doclea. Vor diesen das Stück mässig ausgehöhlt und mit schwa- Br: chen Seitenrandwülsten versehen. Form wie Micippe. Länge 3,7 mm, Br - Seitenzahn: Erste Abtheilung ziemlich gross, nach vorn zuge- - spitzt, tief ausgehöhlt; darauf eine Querlamelle, die an der Unterseite in eine nach hinten gerichtete Schneide ausläuft. Zum Schluss an der _ Unterseite ein grosser dreieckiger Zahnhöcker. Auf der Oberseite An- E- deutungen von drei Lamellen. Die Bänder zum oberen Zwischenstück £ setzen sich dicht vor dem Ende der stabförmigen Abtheilung an einer abgeflachten Stelle der Aussenseite an. n ‚Der mittlere Aufsatz besteht aus einem einzigen, konischen, en x - Untere Aufsätze und vorderes Inferolaterale wie bei oclea. Be. | Maja verrucosa M.-E. 65; 57 (Fig. 15). v ER we # —— _ Norderes Superomedianum: Hinterseite schmal, wenig aus- D- geschnitten. Crista nach vorn über das ganze Stück verlängert, nimmt in dieser Richtung stark, nach den Seiten allmälig an Höhe ab. Das - Stück selbst wird von ben vorderen Superolateralien bedeutend über- agt. Gestalt wie Gamposcia. Breite 3,6mm. Vorderes Superolaterale: Auf der Hinterseite nur ein f Jar dwulst, der sich kurz vor dem inneren Ende stark verdickt und » einen Ausläufer nach vorn schickt. Die inneren Seiten des Stückes sind weniger gebogen als die des vorigen und so wird der Zwischenraum ischen ihnen immer grösser. Länge der Hinterseite 5mm. Ban: Mittleres Superomedianum: Form wie Micippe. Unterer ee Sr schwach entwickelt. RER: Ein Höcker , der an der nor Kobische Seitenhöcker, deren Seiisen leicht nach vorn umge- Br, 2 ogen sind. Länge 8,5, schmalste Stelle 1,9 mm. Hinteres Superomedianum: Die Seiten verlaufen, mit einer 40 Ernst Nauck, Längsnaht zwischen sich, vereint bis etwa !/; der Höhe zusammen, dann fast geradlinig nach den Seiten und oben. Querleiste fast nicht einge- bogen und nach vorn gezogen. Breite 2,9mm, Höhe 3,5 mm. Mittleres Superolaterale: Ki vor dem Ende der stabför- migen Abtheilung heftet sich das Zwischenband zum oberen Zwischen- stück an eine seitliche Verlängerung des Stückes. Seitenzahn: Erste Abtheilung gross, tief ausgehöhlt und stark nach oben umgebogen. Hin- tere Abtheilung an der Unterseite zwei starke Zähnchen, davor die Krone tief ausgehöhlt, an der Oberseite nur sehr schwache Andeutungen von drei Lamellen. Länge des Zahns 4,1 mm, der zweiten Abtheilung 2,4mm. a Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt breit und flach, nach unten sich verengend. Hinterseite nach unten verlängert, fast dreieckig, am Rande mit langen und feinen Haaren besetzt. Länge 5,5 mm, Breite 4,5 mm. Untere Aufsätze lang, pinselförmig. Länge 1,5 mm. Vorderes Inferolaterale: Nach oben wenig verbreitert, stark nach innen umgeschlagen. Hyas aranea Leach. 60; 46 (Fig. 16). Vorderes Superomedianum: Wie Maja; Breite 3,5 mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite mit einem Randwulst, der sich nach der Mitte zu ein wenig verdickt. Form wie Maja. Breite 4,1 mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn stark verbrei- tert, aber ohne Seitenhöcker, dann geringe Verschmälerung, eine stärkere vor der Basalverbreiterung. Unterer Höcker fehlt. Zahn ein einfacher Höcker,, flach ansteigend, median an der Hinterseite in eine stumpfe Spitze ausgezogen. Länge 7 mm, geringste Breite 1,5 mm. Hinteres Superomedianum: Schenkel etwa bis zu !/, der Höhe vereinigt ohne Längsnaht, trennen sich dann in sehr spitzem Winkel und wenden sich kurz darauf sehr stark nach aussen und vorn. Schenkel- verlängerungen nach oben vorhanden. Mittleres Superolaterale: Bandansätze wie Maja. Eben so der Seitenzahn: Lamellen auf der Oberseite nur noch durch feine Linien angedeutet. Länge des Zahns A,4, der vorderen Abtheilung 1,9 mm. Inferomedianum: Wie Maja. Länge 4 mm, Breite 3,9 mm. Untere Aufsätze: Sehr dünn. Vorderes Inferolaterale: Wie Maja. h u Dec" ae BE u 1 un du u Du un a a 4 U 5 m 7 Re u “ > £ E: B-: Br #- Bi Das Kaugerüst der Brachyuren. 41 Egeria indica Leach. 20; 16 Vorderes Superomedianum: Hinterseite sehr schmal, wenig ausgeschnitten; Crista wenig nach vorn verlängert. Trennung von den Nebenstücken wie bei Doclea. Länge und Breite 0,9 mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite mit einem Randwulst - ohne besondere Verdickungen. Stück nimmt allmälig an Breite zu. - Länge der Hinterseite 1,5 mm. Mittleres Superomedianum: Nur vor der Basalverbreite- rung das Stück ein wenig verengt. Unterer Höcker klein. Zahn be- steht aus zwei Querlamellen; die vordere kleiner als die hintere ; beide verlaufen in ziemlich weiten Bogen. Davor zwei randständige stumpf- | konische Seitenhöcker. Länge 2,5 mm, geringste Breite 0,5 mm. De Hinteres Superomedianum: Schenkel steigen in flachem Bogen allmälig nach aussen und oben an, Querleiste tief eingebogen, lateral wenig nach vorn gezogen. Seitenzahn: An der Vorderseite eine Schneide, an der Unter- seite 3 Höcker von ungefähr gleicher Grösse. Bandansätze wie bei Maja. Inferomedianum: Boden mit mässigen Seitenrändern. Hinte- rer Ausschnitt mit starken Randerhöhungen. Untere Aufsätze: Sehr lang und breit. Vorderes Inferolaterale: Nach oben stark verbreitert und _ nach innen umgeschlagen. CGhorinus aries Latr. 30; 22. Vorderes Superomedianum: Crista median sehr weit nach _ vorn verlängert unter Breitenabnahme. Nach den Seiten nimmt die Crista _ an Dicke zu. Breite 1,6 mm, Länge 1,2 mm. Vorderes Superolaterale: Ernllerseite mit einem Randwulst, in der Mitte etwas nach vorn eingebogen. Breite 2,6 mm. - Mittleres Superomedianum: Form wie Egeria, unterer _ Höcker stark abgesetzt. Mittelzahn: Eine scharfe endständige La- 2 _ melle, davor ein nach vorn steil abfallender Höcker. Länge 4,4 mm, - schmalste Stelle 0,6 mm. - Hinteres Superomedianum: Schenkel bis über die Hälfte i verbunden, dann wenig aus einander weichend. Erst nach dem letzten S x Drittel der Höhe wenden sich dieselben unter starker Verdünnung nach - aussen. Querleiste nicht eingebogen und die Seitentheile nicht nach vorn gezogen. Mittleres Superolaterale: Kurz nach dem Vorderende ver- 42 Ernst Nauck,. breitert sich das Stück etwas für den Bandansatz des oberen Zwischen- stücks. Seitenzahn: Scharfe Vorderrandschneide; darauf an der Unter- seite fünf Zähnchen von ungefähr gleicher Höhe. Auf der Oberseite sechs Lamellen. Länge des Zahns 2,5 mm. Inferomedianum: Boden fast ohne Seitenranderhöhungen. Hinterer Ausschnitt fehlt. Oberseite des Bodens mit starkem Rand. Länge 3,6 mm, Breite 2,5 mm. VorderesInferolaterale und untere Aufsätze wie Egeria. Inachus thoracicus Roux. 29; 25. Vorderes Superomedianum: Wie Egeria. Breite 1,5 mm, Länge 1,2 mm. | N Vorderes Superolaterale: Seiten stark verschmälert, nimmt nach der Mitte zu plötzlich an Breite zu. Hinterseite mit einem Rand- wulst, fast geradlinig. Breite 2,6 mm. Mittleres Superomedianum: Das Stück nimmt von hinten nach vorn allmälig an Breite zu. Basalverbreiterung kurz ; dicht vor ihr der gut entwickelte Höcker. Zahn: Langsam ansteigende mit scharfer Schneide versehene Lamelle; davor zwei randständige Seitenhöcker, die nach aussen und vorn gerichtet sind. Länge 5 mm, schmalste Stelle 1,2 mm. Hinteres Superomedianum: Wie Chorinus, aber Querleiste tief eingebogen. Breite 1,5 mm, Höhe 1,2 mm. | Mittleres Superolaterale: PBandansatz an der Unterseite ohne besondere Vorrichtung. Seitenzahn: Hinter der Vorderrand- schneide an der Unterseite vier gut entwickelte Zähnchen, von denen die drei ersten sich von ihrer Vorderkante in quer über die Zahnoberfläche verlaufende Lamellen fortsetzen. Inferomedianum: Wie Chorinus, abe: mit flachem hinterem Ausschnitt. Länge 2,5 mm, Breite 2 mm. Naxia spec.? Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief ausgeschnitten, Crista über die ganze Länge nach vorn verlängert unter starker Höhen- abnahme. Breite 3 mm, Länge 1,1 mm. Vorderes Superolaterale: Innere Ecken und die vordere Spitze des vorigen Stückes berühren sich fast. Das Stück nimmt von aussen nach innen allmälig an Breite zu. Hinterseite mit einem Rand- wulst. Breite 2,9 mm. Mittleres Superomedianum: Die Seiten BR fast paral- EEE EP TRELNG Gülle ua ET Das Kaugerüst der Brachyuren. 43 _ lel; unterer Höcker nach vorn sehr stark abgesetzt. Mittelzahn: Be- steht aus zwei Lamellen, einer kleineren vorderen und einer grösseren hinteren. Beide verlaufen im Kreisbogen. Vor dem Zahn zwei rand- "ständige Seitenhöcker. Länge 5,4 mm, Breite 1,3 mm. - Hinteres Superomedianum: Wie Inachus. Breite 2,5 mm, Höhe 2 mm. Mittleres Superolaterale: Wie Inachus. Seitenzahn: Erste Abtheilung vorhanden, gross, tief ausgehöhlt, nach oben gebogen ; dahinter an der Unterseite zwei abgerundete Zähnchen,, auf gen Ober- ‚seite Andeutungen von vier Lamellen. Mittlerer Aufsatz: 6—-7 Borsten (die höchste erreichte Zahl "bei den Oxyrrhynchen).. Inferomedianum: Seitenranderhöhungen gut entwickelt, Ober- seite abgeflacht. Hinterseite lang, mit randständigem Haarbesatz. Aus- - sehnitt breit und tief. Länge 3,5 mm, Breite 3 mm. Vorderes Inferolaterale: Nach oben stark erweitert und nach innen gebogen. Untere Aufsätze tragen einen langen spitzen Stachel. Vor dem ‚Inferomedianum eine mützenförmige Einstülpung nach innen. „Eryptopodia fornicata Herbst. 19; 17. (Auf der Unterseite gemessen: Vom Mund zum Abdomen und eben so die seitlichen Flügelfortsätze des Cephalothorax nicht mitgerechnet.) Vorderes Superomedianum: Hinterseite schmal; hintere Crista median etwa bis zur Hälfte des Stückes verlängert. Trennung von den vorderen Superolateralien deutlich. Breite 0,7 mm. Vorderes Superolaterale: Verbreitert sich allmälig. Hinter- seite mit einer Crista. Breite 1,5 mm. Mittleres S uperom ah m: Die Seitenranderhöhungen sind e wenig hoch. Nach einer Verschmälerung des Stücks, die auf eine dicht vor dem Zahn stehende Verbreiterung folgt, nimmt das Stück nach vorn ‚an Breite stetig zu. Mittelzahn: Ein steil ansteigender Höcker, der median in eine nach vorn umgebogene Spitze ausgezogen ist. Länge - 2 mm. Durchschnittsbreite 0,9 mm. Hinteres Superomedianum: Tförmig, Seitentheile der Quer- leiste nach vorn gezogen. Breite 4,1 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung gross, tief ausgehöhlt, aber wenig nach oben gebogen. Dahinter verläuft eine Querlamelle über die ganze Breite der Zahnoberfläche und setzt sich an der Unterseite in eine Schneide fort. Oberseite mit circa 10 Lamellen. Länge 1, mm, der # ersten Abtheilung 0,7 mm. 44 Ernst Nauck, Oberes Zwischenstück: Heftet sich an den Vorderrand des vorigen Stückes an. | Ä Inferomedianum: Seitenranderhöhungen fehlen fast ganz, eben so hinterer Ausschnitt. Länge 2 mm, Breite 1,5 mm. Untere Aufsätze: Lang, pinselförmig. Parthenope horridaL. 69; 86. Vorderes Superomedianum: Trennung von den Neben- _ stücken nicht deutlich. Hintere Crista verdickt sich nach den Seiten zu etwas und verlängert sich median über das ganze Stück. Hinterseite tief ausgeschnitten. Breite 4,5 mm, Länge 2 mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite im innersten Drittel leicht nach vorn eingeknickt, sonst wie Naxia. Breite 4,5 mm. Mittleres Superomedianum: Fast ohne Seitenränder auf der Oberseite. Vor dem Zahn eine kurze aber beträchtliche Verbreiterung des Stücks. Dann verlaufen die Stücke parallel bis zur langen und starken Basalverbreiterung. Vor dem Zahn das Stück ausgehöhlt, daher auf der Unterseite deutliche Randwülste. Zahn: Ein einfacher nach vorn und den Seiten abfallender Höcker. Länge 8,1 mm, Breite 2,1 mm. Hinteres Superomedianum: Tförmig, Querleiste tief einge- bogen, Seitentheile nicht nach vorn gezogen. . Mittleres Superolaterale: Nimmt bis zum Zahn äusserst ' wenig an Dicke zu. Seitenzahn: Erste Abtheilung wie Cryptopodia. Dahinter eine Querlamelle, die nur etwa über die Hälfte der Zahnober- fläche, dann an der Unterseite verläuft, dort in eine Schneide übergeht, die bis über die Hälfte der Unterseite ansteigt und dann bedeutend steiler wieder abfällt; auf der Oberseite circa 15 Lamellen. Oberes Zwischenstück: Anheftung wie Gryptopodia. Inferomedianum: Boden flach, Ausschnitt von geringer Tiefe, nach vorn in eine wenig scharfe Spitze auslaufend. Um den Ausschnitt dichter Haarbesatz, der sich auf die Hinterseite fortsetzt. Hinterseite kurz. Länge 7,4 mm, Breite 4 mm. Untere Aufsätze: Lang, pinselförmig. Ä Mit Parthenope stimmt Lambrus (verglichen wurde Lambrus con- wrarius Herbst) aufs genaueste überein. Die letzten beiden Formen führen direct über zu den Platystylideen. B. Platystylidea. Die Oberseite des mittleren Superomedianum hat keine oder sehr wenig erhöhte Seitenränder. ‚ ee Ef SE aRrL? BAT 23 v. gs e a me ‚ ’ Pr - BERN» - . B . vw . e“ > Das Kaugerüst der Brachyuren. 45 I. Oxystomata. a. Calappidea. Vorderes Superomedianum: Die Trennung von den vorderen Superolateralien meist nicht möglich, nur bei Calappa Lophos sind beide so zu einander gelagert, dass der gerade Verlauf der Vorderseiten er- kennbar wird. Die Crista der Hinterseite steigt beiderseits gerade an B (Calappa) oder ist leicht gekrümmt (Matuta); verlängert sich nach vorn "bis in die Spitze. Vorderes Superolaterale: Vorder- und Hinterseite verlaufen geradlinig (Calappa) oder Vorderseite leicht gekrümmt (Matuta). Das Stück selbst schmal und mit dem mittleren Superolaterale durch ein langes stabförmiges Stück kalkiger oder chitiniger Natur verbunden, das - sich um die Unter- und Aussenseite der letzteren herumlegt und mit ihm articulirt. Mittleres Superomedianum: An der Zahnaufsatzstelle ver- - engt, dicht vor dem Zahn eine geringe Verbreiterung, auf der sich bei Matuta die bei den Oxyrrhynchen so oft vorkommenden Seitenzähnchen aufsetzen. Vor dem Zahn das Stück auf der Unterseite ausgehöhlt, so dass die Seitentheile in Form von Längswülsten hervortreten. Der Zahn ist viereckig, Vorderseite leicht gekrümmt, nach hinten mässig ansteigend. Hinterseite median nach vorn zipfelartig umgeschlagen und ander Hinterseite mit einem flachen Ausschnitt versehen, der zum hin- teren Superomedianum verläuft. Hinteres Superomedianum: T-förmig bei Ealappn, wobei ‚der Mittelstab dünn, die Oberseite stark eingebogen, die »Arme « stark nach vorn gezogen, an den Enden nach unten und hinten umgeschlagen Fi . . . . . sind. In diese Aushöhlungen setzt sich das hintere Superolaterale ein. * em ’ £ ” 2 EZ % 6% $ E | - öffnet ist. _ Matuta hat ein Y-förmiges Stück mit Schenkelverlängerungen nach oben. Mittleres Superolaterale: Nimmt entweder allmälig an - Breite zu, wie bei den Oxyrrhynchen (Calappa), oder es verbreitert sich nach einem vorderen stabförmigen Abschnitt plötzlich sehr stark. Der Seitenzahn zerfällt in zwei fast gleiche Abtheilungen. Die erste, löffelförmig gestaltet, ist sehr gross, mehr oder weniger nach oben ge- 3 ' dreht. Die zweite Abtheilung hat zunächst eine starke Querlamelle, dahinter an der Unterseite Zähnchen oder Schneiden, an der Ober- - seite Lamellen. Mittleres Zwischenstück: Halbkreis, der nach oben ge- 46 Ernst Nauck, Inferomedianum: Ohne erhöhte Seitenränder, flach, von oben nach unten an Breite abnehmend. Oberseite halbkreisförmig. Unteres Zwischenstück: Mit der Unterseite des mittleren eng verbunden. Calappa Lophos Herbst. 87; 126. Vorderes Superomedianum: 6mmbreit, Medianlinie 2,5 mm, Vorderseite 4 mm. Vorderes Superolaterale: A,5mm breit. MittleresSuperomedianum: Länge A0 mm, schmalste Stelle 3mm. Zahn: Vordere Breite 3mm, Länge 3 mm. Hinteres Superomedianum: Höhe und Breite 4,5 mm. Seitenzahn: Die Vorderseite der ersten Abtheilung verbindet sich mit der Querleiste der zweiten, an der Unterseite ein Zahn, ca. 15 Lamellen auf der Oberseite. Mittlerer Aufsatz: A Borsten. Inferomedianum: Länge 11,5mm, Breite 5,1 mm. Oberseite des Bodens abgeflacht, von vorn nach hinten an Breite zunehmend, und mit dichtem, in derselben Richtung an Länge zunehmendem Haarbesaätz. Ausschnitt flach aber lang; Seiten fast parallel. Calappa tuberculata hat einen tieferen Einschnitt an der Hinterseite des Mittelzahns, so dass das Verhältniss der Länge zur Vorderseite ist 4 : 4,5 mm. Mittlerer Aufsatz: 3 Borsten. Calappa philargius und Galappa fornicata wie Gal. Lophos, nur werden hier die bei den übrigen Arten ganz rudi- mentär gebliebenen unteren Aufsätze durch ein Büschel langer Haare kenntlich. Matuta picta Hess. 34; 39 (ohne Seitenstachel). Vorderes Superomedianum: Breite 2,2 mm. Vorderes Superolaterale: Breite der Hinterseite 3 mm. Mittleres Superomedianum: Länge 5mm, Breite 1,9 mm. Zahn an den Seiten erhöht, in der Mitte ausgehöhlt, verengt sich nach hinten. Hinteres Superomedianum: Breite und Höhe 2 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung quer über die zweite gerückt, tief ausgehöhlt mit scharfem Rande. Querlamelle an der Unterseite in einen gut entwickelten Zahn endigend, dem etwa acht andere kleinere folgen. Oberseite mit 14 feinen Lamellen. Das Kaugerüst der Brachyuren. 47 Aufsatz des mittleren Zwischenstückes mit zwei Borsten. “ Untere Aufsätze: Sehr dünn, pinselförmig. Inferomedianum: Länge 3,5 mm, Breite 3mm. Hinterer Aus- schnitt vertreten durch eine geringe Abplattune. b. Raninidea. Ranina dentata Latr. 98; 83 (Fig. 17 u. 18). Vorderes Superomedianum: Trennung von den Neben- stücken überall deutlich; Seiten geradlinig. Hintere Crista nach den Seiten gebogen und nach vorn bis in die Spitze verlängert. Breite 7 mm, Medianlinie 2,9mm, Vorderseite 4,5 mm. _ Vorderes Superolaterale: Innenseiten kürzer als die ent- sprechenden Vorderseiten des vorigen Stückes. Breite 5,5 mm. Mittleres Superomedianum: Der Zahn sitzt einem vereng- ten Theile des Stückes auf; vor ihm eine beträchtliche Verbreiterung desselben, das nach vorn nicht ganz so stark abnimmt als es zugenom- _ men hat. (Vorderseite des Zahns 2,5mm;, praedentale Verbreiterung 4,Amm, Verengerung davor 3,8 mm.) Von da an nimmt das Stück all- mälig an Breite zu. Basalverbreiterung fehlt, vielmehr sind die Vorder- ecken etwas nach innen umgeschlagen. Vor dem Zahn das Stück etwas ausgehöhlt. Mittelzahn von fast parabolischer Form, an der Oberseite fast glatt, Rand mit einer von vorn nach hinten an Schärfe zuuehmen- " den Schneide. — Hinteres Superomedianum: T-förmig, mit einer medianen Längsnaht am »Stiel«. Oberseite wenig eingebogen. Höhe 4,1 , Breite 6 mm. MittleresSuperolaterale: Form wie Galappa. Seitenzahn: _ Erste Abtheilung gross mit scharfem Rande, auch an der Unterseite. Zweite Abtheilung ohne Querlamelle, an der Unterseite zwei sehr grosse _ nach oben gebogene Zähne, auf der Oberseite circa 10 Lamellen. Mittleres Zwischenstück fast ganz geschlossen. Mittlerer Aufsatz: Ein starker Stachel von 1,6 mm Länge. Inferomedianum: Boden glatt. Länge 9, Breite 6,5 mm. Ober- seite einfach abgerundet, ohne Einschnitt mit dünnem Haarbesatz. c. Leucosiadea. Vorderes Superomedianum: Nur an dem Hinterende von | den Nebenstücken getrennt, gegen das mittlere Superomedianum sehr Br. ek geneigt. Hinterseite mit schwacher Crista, wenig oder gar nicht eingeschnitten. Mit den 48 Ernst Nauck, Vorderen Superolateralien bildet das vorige Stück einen Kreisbogen, da letztere bei sehr geringer Dicke weit nach hinten ge- zogen sind. | Mittleres Superomedianum: Die Seiten verlaufen fast paral- lel bis zur Basalverbreiterung, in die sie allmälig übergehen. Vorder- ecken ein wenig nach innen umgeschlagen. Vor dem Zahn das Stück 2 wenig erweitert, trägt auf dieser Erweiterung zwei laterale Zähnchen. DerMittelzahn ist ein flacher Höcker. dessen Hinterrand sich median nach vorn umschlägt. Hinteres Superomedianum wie Ranina. Mittleres Superolaterale: Form wie Matuta. Der Zahn trägt an seinem Vorderende einen dicken, nach vorn scharf zugespitzten, nach hinten wenig ausgehöhlten ersten Abschnitt. Auf ihn folgen auf der Unterseite 2—3 etwas kleinere Zähnchen, auf der Oberseite: viele Querlamellen, zum Theil mit Borstenfortsätzen oder ein dichter Haar- besatz. Mittlerer Aufsatz: Ein Stachel wie Ranina. Inferomedianum: Form des Bodens wie Calappa. Seine Ober- seite läuft median in eine nach vorn gerichtete Spitze aus, von der über den abgeflachten Oberrand jederseits eine Grista verläuft. Zu beiden Seiten derselben ein haarfreier Raum, den ein Kranz dichten und sehr _ feinen Flaumes umschliesst. Hinterer Ausschnitt nach unten verengt.‘ Myra fugax Fabr. 33; 26. Breite der vorderen Spange 5,1 mm,.des vorderen Superome- dianum: 4,7mm. Mittleres Superomedianum: Länge 3 mm, schmalste Stelle mm. Seitenzahn: Länge 2 mm, circa 20 Lamellen an der Ober- seite. Inferomedianum: Länge des Bodens 3 mm, grösste Breite 2 mm. Leucosia pallida Bell. Die Seiten des mittleren Superomedianum nehmen von hinten nach vorn allmälig an Breite zu. Basaltheile mehr nach innen geschlagen als Myra. Breite der Basis 0,9, grösste Breite mm, engste Stelle (vor dem Zahn) 0,5, Länge 4,5mm. Seitenzahn: Das dritte Zähnchen der Unterseite ist bedeutend. kleiner als die vorhergehenden. Statt der Lamellen auf der Oberseite ein dichter Haarbesatz. nn lat nn nm ni nn Lee 5 7 BE ad It Das Kaugerüst der Brachyuren. 49 Leucosia marmorea Bell. An der Oberseite des Bodens des Inferomedianum fehlt der mediane Höcker fast völlig. Ausschnitt sehr flach und lang. Philyra platycheira D.H. Seitenzahn: Wie bei Leucosia pallida. Boden des Inferome- dianum in seinem oberen Abschnitt gegen den unteren nach vorn um- gebogen. i Persephona Guia Bell. Seitenzahn: Mit circa 13 sehr feinen Lamellen. d. Dorippidea. Dorippe quadridentata Latr. 28; 30. Vorderes Superomedianum: Hinterseite sehr schmal, da beim mittleren Superomedianum statt der Basalverbreiterung eine Basal- verengerung eintritt. Die Grenzen zu den vorderen Superolateralien nicht deutlich erkennbar. Hintere Crista weit nach vorn verlängert. Breite der Hinterseite 4 mm. Vorderes Superolaterale: Breite 5,5mm. Hinterseite ver- läuft fast geradlinig, eben so die Vorderseite an den Seiten, so dass dort das Stück sehr eng ist; nach der Mitte zu steigt die Vorderseite dann plötzlich sehr steil an. Mittleres Superomedianum: In der Mitte am breitesten, nimmt es nach vorn und hinten an Breite ab. In der vorderen Hälfte eine weitere Verbreiterung, die aber, anstatt in eine Basalverbreiterung überzugehen, wieder fast geradlinig zur Medianlinie abfällt. Vor den Zahn das Stück tief ausgehöhlt auf der Unterseite. Zahn ein einfacher Höcker. Länge des Stückes 3,7mm, grösste Breite 2mm. Hinteres Superomedianum: Wie Galappa; eben so die An- ‚heftung des hinteren Superolaterale. Mittleres Superolaterale: Form wie Matuta. Seitenzahn: Erste Abtheilung gross, tief ausgehöhlt,, hinterer Abschnitt mit starker Querlamelle, die über die ganze Breite verläuft und sich an der Unterseite in einer Schneide fortsetzt. Lamellen der Oberseite fehlen. Mittleres Zwischenstück: Kreisrund, mit einem kleinen ab- gerundeten Höcker als Aufsatz. Inferomedianum: Boden kurz, nach oben an Breite stark zu- nehmend. Ausschnitt nach hinten und unten verlängert; Seiten fast _ geradlinig, mit erhöhten Rändern, die vorn zusammentreflen und in eine Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. A 50 Ernst Nauck, Spitze auslaufen, die mit einer Verschärfung desOberrandes des Bodens zusammentrifft. Hinterrand des Ausschnittes aufgewulstet, mit geringem Haarbesatz. Hinterseite sehr kurz. Länge 2,2mm, grösste Breite 2,1mm. nn 2. Gycelometopa. Die beiden grossen Gruppen der Cyclometopen, die Cancrinen und die Portuniden, lassen sich ihrem Kaugerüst nach nicht vollständig von einander trennen. Es lassen sich vielmehr auch nur, wie z. B. bei den Oyxrrhynchen, gewisse Reihen aufstellen, die die Umwandlung des Magengerüstes innerhalb bestimmter Grenzen zeigen. Vorderes Superomedianum: Die Trennung von den vor- deren Superolateralstücken ist nur bei einigen wenigen Cancrinen mög- lich und bei diesen ergiebt sich wiederum, dass seine Form dreieckig ist. Die Spitze ist manchmal abgerundet. Vorderes Superolaterale: Die Vorderseite biegt sich allmälig nach vorn, um dann im Bogen zum vorigen Stück sich wieder zurück- zuwenden. Hinterseite nicht geradlinig, wie bei den meisten übrigen Formen, sondern gewöhnlich etwas nach innen eingebuchtet. Mittleres Superomedianum: Im Verhältniss zu seiner Lage meist breit, zeigt es bald mehr Aehnlichkeit mit dem der Catometopen, bald mit dem von Ranina und anderen. Der Zahn besteht regulär aus zwei Lamellen, die beide im Bogen verlaufen, und zwar ist die vordere weniger nach hinten gezogen als die letzte. Beide lateral oft vereinigt. Hinteres Superomedianum: Auch hier finden sich alle Uebergangsformen von V zum Y. Die totale Verschmelzung der Scher- kel zum T kommt nicht vor. Schenkel oft nach oben und innen in den umschlossenen Raum verlängert. Mittleres Superolaterale: Wie bei einigen Oxystomaten all- gemein zuerst stabförmig, dann plötzlich nach unten verbreitert. Die Verbreiterungsstelle nach aussen mit einer starken Leiste versehen. Der Zahn hat eine erste Abtheilung von schwankender Grösse, von 1/, bis zu !/, der Zahnlänge. Zähnchen, Schneiden, Lamellen der hinteren Ab- theilung in wechselnder Zahl und Anordnung. Hinteres Superolaterale: Wie bei den Catometopen. Das obere Zwischenstück: Setzt sich an die Vorderseite des mittleren Superolaterale an. Mittlere Aufsätze: Bestehen nur aus wenigen Borsten und verlaufen im Bogen, der sich nicht unter den Zahn fortsetzt. Unteres Zwischenstück: Setzt sich an die Unter- oder Hinter- seite des mittleren an. ' U an Zu u 4 nl ua. 7. Das Kaugerüst der Brachyuren. 51 | Hinteres Zwischenstück: Setzt sich wie bei den vorigen ‚Gruppen an das vordere Inferolateralstück. _ Inferomedianum: Der Boden mit wenigen Ausnahmen flach und ohne Seitenranderhöhungen. Hinterseite kurz umgeschlagen , die _ Unterseite sehr klein im Verhältniss zum Boden. Daher sind auch die Vorderen Inferolateralia: Sehr lang, unten stabförmig, erst im oberen Ende ein wenig verbreitert und nach innen umgeschlagen. Hinteres Inferolaterale: Rudimentär. Untere Aufsätze: Oft rudimentär. Isolirt der Gestaltung des Mittelzahns wegen steht Xantho. Xantho octodentatus M.-E. 40; 73. Vorderes Superomedianum: Hinterseite schmal, Crista nach den Seiten so wie nach vorn, wohin sie median verlängert, an Stärke abnehmend. Breite 3mm. E Vorderes Superolaterale: An den Seiten sehr stark ver- dünnt, nur ein Randwulst an der Hinterseite. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn wenig ver- breitert, dann so wie vor der starken Basalverbreiterung verschmälert, dazwischen verbreitert. Der Mittelzahn: Zeigt Aehnlichkeit mit dem von Gelasimus. Er besteht aus einer endständigen Lamelle, die in lang- gezogenem Bogen steil ansteigt. Davor, durch eine Rinne getrennt, fällt ein Höcker nach den Seiten steil ab, der jederseits vier Lamellen trägt. In der erhöhten Medianlinie ist von diesen (in Folge der Abnutzung’) _ nichts zu bemerken. Länge des Stücks 6,4 mm, 'grösste Breite 2,2 mm, geringste 1,4 mm. Hinteres Superomedianum: Y-förmig, Schenkel etwa bis zur halben Höhe vereinigt. Querleiste wenig eingebogen. Höhe und Breite 3 mm. FE Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, aber tief ausgehöhlt mit scharfer unterer Schneide. In die Aushöhlung hinein erstreckt sich die stark nach hinten ansteigende erste Lamelle. An der Unterseite circa 42 Zähnchen, auf der Oberseite sehr viele und feine Lamellen, fast alle mit Borstenfortsätzen versehen. Länge des Zahns 4 mm, der ersten Ab- theilung 1 mm. Mittlerer Aufsatz: 6—7 starke Borsten. 3 Inferomedianum: Boden flach. Hinterer Ausschnitt klein und wenig tief; zu beiden Seiten desselben dichter Haarbesatz. Chlorodius eudorus Herbst. 25; 42. Vorderes Superomedianum: Ueberall deutlich von den vor- . 4* N a en 7 RE nie) Be ri > 52 Ernst Nauck, x deren Superolateralstücken getrennt; Crista sehr scharf und unter star- ker Höhenabnahme nach vorn verlängert. Breite 3,5 mm. Vorderes Superolaterale: Lateral stark verdünnt nimmt es ' nach der Mitte plötzlich an Breite zu, indem die Vorderseite der Innen- seite fast parallel verläuft. Dann wendet sie sich im flachen Bogen nach innen und bildet mit jenen eine Spitze, die die Spitze des vorigen Stückes berührt. Breite 4,2:mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn bedeutend ver- breitert und auf der Verbreiterung mit zwei lateralen konischen Höckern versehen ; sonst wie Xantho. Mittelzahn: Besteht aus-zwei parallelen in flachen Bogen ver- laufenden Lamellen. Länge 4,7 mm, grösste Breite 4,9 mm, geringste I mm. Hinteres Superomedianum: Y-förmig. Querleiste tief ein- gebogen. Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, stark nach oben gebogen, tief ausgehöhlt. Querlamelle der hinteren Abtheilung vorhanden, steigt schnell an und bildet an der Unterseite einen Zahnhöcker, dem ein zweiter und dann eine lange mit gezähnelter Oberseite versehene Schneide folgt. Länge des Zahns 2,4 mm, der ersten Abtheilung 0,9 mm. Aufsätze des mittleren Zwischenstücks: Circa acht Borsten. Untere Aufsätze: Gut entwickelt mit sehr langem und dichtem Haarbesatz. Inferomedianum: Kurz, stark verbreitert, median tief ausge- höhlt, so dass den bei den Catometopen ähnliche Seitenranderhöhungen des Bodens entstehen. Ausschnitt tief und breit, nach unten verlängert; Vorderseite mit scharfer Crista, Seitentheile mit dichtem Haarbesatz. Hinterseite wenig nach unten erlangen. fast herzförmig. Länge 3,9 mm, Breite 2,6 mm. Ghlarbdins sehr nahe steht 3 Ozius lobatus Heller. 49; 57. Vorderes Superomedianum und vorderes Superolate- rale: WieChlorodius. Breite des ersteren 3,9 mm, des letzteren 4,1 mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn auf eine kurze Strecke stark verbreitert, nimmt das Stück bis zur Basalverbreiterung ganz allmälig ab. Seitenranderhöhungen auf der Oberseite sehr gering. Mittelzahn: Besteht aus den zwei regulär gebildeten, lateral nicht vereinigten Lamellen. Spitze der hinteren nach vorn umge- schlagen. Länge 5,8 mm, grösste Breite 2,2 mm, geringste 4,2 mm. Das Kaugerüst der Brachyuren. 93 Hinteres Superomedianum: Y-förmig, Querleiste wenig eingebogen. Breite 2,5 mm, Höhe 2,7 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, wenig ausgehöhlt, stark nach oben gebogen ; Querlamelle der zweiten erstreckt sich über die ganze Breite des Zahns. Dahinter an der Unterseite zwei Zähnchen, von denen der hintere in eine lange Schneide übergeht; auf der Oberseite ‚circa 43 sehr dünne Lamellen. Länge des Zahns 3,5 mm, der vorderen Abtheilung 1,2 mm. Mittlere Aufsätze: Sechs starke Borsten. Untere Aufsätze: Dünn behaart. Inferomedianum: Mit geringen Seitenranderhöhungen des Bodens. Hinterer Ausschnitt breit und flach nach unten verengert fort- geselzt. Seiten mit dichtem Haarbesatz. Hinterseite wie Chlorodius. 7 a er Pilumnus vespertilio Fbr. 33; 44 und P. ursulus Ad. und Wh. Beim ersteren ist die Trennung der drei vorderen Stücke von ein- ander meist deutlich, beim letzteren nur im hinteren Abschnitt. Bei Pilumnus vespertilio ergiebt sich als Form für das Vordere Superomedianum: Ein langgezogenes Dreieck mit ‚ abgerundeter Spitze. Hinterseite tief eingeschnitten. Breite 2 mm. Vorderes Superolaterale: Breite 4,5 mm. Mittleres Superomedianum: Auf der praedentalen Ver- breiterung zwei stumpf konische Seitenhöcker, sonst wie Ghlorodius. Mittelzahn: Wie Ozius. Hinteres Superomedianum: Wie Xantho. Seitenzahn: Erste Abtheilung mässig gross, tief ausgehöhlt, stark nach oben gebogen ; Querlamelle der zweiten nach unten stark an- ‚steigend, dahinter zwei Zähnchen, auf der Oberseite circa 42 dünne La- mellen. Länge des Zahns 3 mm, der vorderen Abtheilung 4,2 mm. Mittlere Aufsätze: Circa acht Borsten. Untere Aufsätze: Wie Chlorodius. | Inferomedianum: Länge 4 mm, Breite 3 mm, sonst wie Ozius. Rüppellia Rumpbhii Herbst. 26; 37. Vorderes Superomedianum: Crista nach vorn verlängert, nach allen drei Richtungen an Stärke abnehmend. Breite 1,9 mm. Vorderes Superolaterale: An der Hinterseite zwei Cristen, _ eine innere dickere und eine äussere dünnere. Breite 2,6 mm. Mittleres Superomedianum: Form wie Xantho. Mittel- 94 Ernst Nauck, zahn: Erste Lamelle ein flacher Bogen, zweite bedeutend höher, fast geradlinig verlaufend, lateral wenig nach vorn umgebogen. Länge k mm, geringste Breite 1,4, grösste Breite 2,9 mm. Hinteres Superomedianum: Schenkel mit inneren Verlänge- rungen nach oben. Breite 2,9 mm, Höhe 1,2 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, tief ausgehöhlt, nach vorn in eine Spitze ausgezogen. Zweite Abtheilung mit gut entwickelter Querlamelle, die nach unten sich bedeutend erhöht und an der Ober- seite mit der Randschneide der ersten Abtheilung vereinigt. An der Unterseite vier Zähnchen, auf der Oberseite sehr viele dünne Lamellen. Länge des Zahns 2,1 mm, der vorderen Abtheilung 0,8 mm. Mittlere Aufsätze: 6 starke Borsten. Untere Aufsätze: Gut entwickelt, mit langen Haaren, pinsel- förmig. Inferomedianum: Boden wenig ausgehöhlt, mit geringen Seiten- randerhöhungen. Hinterer Ausschnitt tief und breit, vorderer Rand des- selben mit starker Crista, die nach den Seiten in nach oben und hinten gerichtete Höcker ausläuft. Länge 3,5, Breite 2mm. Actaea areolata Dana. 18; 29. Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief eingeschnitten. Breite 2,4 mm. Vorderes süiperplatefale: Form wie Ozius. Breite 3,2 mm. Mittleres Superomedianum: Form wie die vorigen. Mit- telzahn: Vordere Lamelle ein flacher Bogen, hintere länger gezogen, bedeutend höher als jene, median nach vorn umgeschlagen. Länge 3,5 mm, schmalste Stelle vor der Basalverbreiterung I mm. HinteresSuperomedianum: Y-förmig, Schenkel bis etwa 2/; der Höhe vereinigt, dann stark aus einander gehend. Breite 4,8 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung ziemlich gross, flach, stark nach oben gedreht. Querlamelle der zweiten Abtheilung über die ganze Breite verlaufend; dahinter an der Unterseite zwei Zähne, von denen der hin- tere in eine lange, an Höhe abnehmende Schneide übergeht. Mittlere Aufsätze: 4 Borsten. Unterer Aufsatz: Wie Rüppellia. Inferomedianum: Boden wie Rüppellia. Ausschnitt flach, unter Verengerung nach unten verlängert. Vorderseite mit starker Schneide, Seitentheile mit kurzen starken Börstchen besetzt. Hinterseite verlängert, fast dreieckig. Länge 2,8 mm, Breite 2 mm. ver Das Kaugerüst der Brachyuren, [b} | [B} | Galene ochtodes Herbst. 21; 38. Vorderes Superomedianum: Crista median bis zur Spitze verlängert, sehr scharf. Breite 1,7 mm. Vorderes Superolaterale: Breite 2,2mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn wenig verbrei- _ tert. Diesen Verbreiterungen sitzen zwei Seitenhöcker auf, die fast direet nach vorn gerichtet sind. Von da bis zur Basalverbreiterung ver- laufen die Stücke fast parallel. Zahn wie Actaea. Länge 3,2mm, ge- ringste Breite I mm. - Hinteres Superomedianum: Y-förmig. Querleiste tief ein- gebogen. Breite und Höhe 1,5 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, wenig ausgehöhlt und nach oben gedreht. Querlamelle der zweiten erstreckt sich in den freien Raum der ersten. Unterseite mit drei kleinen Zähnchen, die von vorn nach hinten stark an Höhe abnehmen. Oberseite mit vielen Lamellen. Länge des Zahns 2mm, der ersten Abtheilung 0,7 mm. Inferomedianum: Boden wie Rüppellia, Ausschnitt wie Actaea. Rückseite kurz umgebogen. Platycarcinus pagurus Latr. 39; 60. VorderesSuperomedianum: Trennung von den Nebenstücken überall deutlich. Crista weit nach vorn verlängert, nach allen drei Rich- tungen an Breite abnehmend. Hinterer Einschnitt ziemlich flach. Breite 2 mm, Länge 4 mm. | Vorderes Superolaterale: Nach der Mitte zu an Breite all- mälig zunehmend; innere Ecken das vordere Superomedianum über- ragend. Breite 3,5 mm. Mittleres Superomedianum: Form wie die vorigen. Mit- telzahn: Erste Lamelle rudimentär, die zweite läuft median in eine nach vom gerichtete Spitze aus. Länge 5,2 mm, grösste Breite 3 mm, . geringste 1,2mm. Hinteres Superomedianum: Schenkel im untersten Drittel vereinigt, dann wenig aus einander weichend. Querleiste tief einge- bogen. Daher der umschlossene Raum von der Form eines beinahe gleichzackigen Sterns. Höhe 1,7 mm, Breite 2,8 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung mässig gross, flach und wenig nach oben gebogen. Querleiste der zweiten niedrig, flach und wenig nach unten erhöht; dahinter an der Unterseite circa 40 nach hinten an Höhe abnehmende Zahnhöckerchen, auf der Oberseite sehr viele und "feine Lamellen. Länge 3,1 mm, der vorderen Abtheilung 1,3 mm. 96 Ernst Nauck, Mittlere Aufsätze: 3 starke Borsten. Untere Aufsätze rudimentär. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt gering und flach. Hinter- seite wenig nach unten verlängert; Seitentheile mit feinem Haarbesatz, der sich nach unten hin fortsetzt. Boden flach. Länge 4,6, Breite 2,7 mm. CGarcinus Moenas Leach. 47; 62. Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief ausgeschnitten ; Crista bis in die Spitze verlängert. Breite 3 mm, Länge 0,5 mm. Vorderes Superolaterale: Form wie Chlorodius. An der Hinterseite zwei Randwülste, von denen der äussere ganz am Rande verläuft, während der innere sich bald nach vorn wendend vor den äusseren legt. Länge der Hinterseite 1,5 mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn etwas verbrei- tert; von der darauf folgenden Verschmälerung an Breite bis zur Basis zunehmend. Auf der praedentalen Verbreiterung jederseits ein kleiner stumpfer Höcker. Mittelzahn: Nur aus einer Lamelle bestehend, die an der Vorderseite wenig nach innen eingebogen ist. Länge 5,5, ge- ringste Breite 1,2 mm. Hinteres Superomedianum: Querleiste tief eingebogen, Schenkel im untersten Drittel mit medianer Längsnabt vereinigt; oben stark nach vorn gezogen. Innere Schenkelfortsätze nach oben vorhan- den. Breite 2mm, Höhe 2,5 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, tief ausgehöhlt, wenig nach oben gebogen. Querlamelle der zweiten fehlt; an der Unterseite zwei grosse Zahnhöcker, von denen der hintere in eine allmälig an Höhe ab- nehmende Schneide übergeht, auf der Oberseite circa acht kurze La- mellen. Länge 2,5 mm, der vorderen Abtheilung 0,7 mm. Mittlerer Aufsatz: A starke Borsten. - Inferomedianum: Boden median wenig ausgehöhlt, ohne Seitenranderhöhungen. Hinterer Ausschnitt tief mit scharfem Vorder- rande; zu beiden Seiten dichter Haarbesatz. Länge 4,2, Breite 3mm. Carpilius convexus Forsk. 5%; 74. Vorderes Superomedianum: Trennung von den Superolate- ralstücken nur in der hinteren Hälfte deutlich, seine Form scheint aber die eines Dreiecks mit vorn abgerundeter Spitze zu sein. Hinterseite wenig eingeschnitten. Breite 3,2 mm. Vorderes Superolaterale: Form wie Chlorodius, an der Hinterseite nur ein Randwulst. Breite 6mm. | h x SEIT IH ERRN .“ Dh El im En m Ze and u vn. Das Kaugerüst der Brachyuren, 97 Mittleres Superomedianum: Vor der Basalverbreiterung das Stück wenig verengt, sonst dem der folgenden ähnlich. Mittel- zahn: Erste Lamelle rudimentär, hintere stark ansteigend, median wenig nach vorn ausgezogen. Länge 5,2 mm, Breite 2,3 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, wenig ausgehöhlt und nach „oben gebogen. Querlamelle der zweiten fehlt. An der Unterseite eine Schneide. Auf der Oberseite eirca 15 Lamellen. Länge 3,5mm, der ersten Abtheilung 1,1 mm. Inferomedianum: Boden sehr schmal, median stark vertieft und mit deutlichen Seitenranderhöhungen. Hinterer Ausschnitt fehlt. Länge 6 mm, Breite 3mm. Die Genera Atergatis, Etisus und Eriphia unterscheiden sich von ' den übrigen durch die Form des mittleren Superomedianum. Atergatis dilatatus D. H. 52; 92 (Fig. 19—21). Vorderes Superomedianum: Hinterseite breit, tief ausge- schnitten. Crista scharf, wenig nach vorn verlängert. Breite 5 mm, Länge median 1,5 mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite mit zwei Randwül- sten. Der innere verläuft bis über die Hälfte auf dem Rande, wendet sich dann unter Verdünnung nach vorn und verschwindet an der Vorder- seite. Breite 6,5 mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn wenig, vor der Basalverbreiterung sehr stark verschmälert, dazwischen ziemlich stark verbreitert. Mittelzahn: Aus den zwei regulären Lamellen bestehend, die lateral vereinigt sind. Länge 10,8, Breite vor dem Zahn 3mm, vor der Basalverbreiterung 1,5 mm, breiteste Stelle 4 mm. Hinteres Superomedianum: Höhe Amm, Breite 5 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung gross, stark ausgehöhlt, an der Oberseite mit leichtem Einschnitt. Querlamelle des hinteren Abschnittes gut entwickelt, verläuft über die ganze Breite des Zahns. An der Unter- seite circa 12 von vorn nach hinten an Höhe abnehmende Zähnchen, auf der Oberseite circa 20 Lamellen. Länge des Zahns 7,5 mm, der ersten Er Abtheilung 3 mm. Mittlere Aufsätze: Circa acht starke Borsten. Untere Aufsätze: Sehr gross, stark behaart. Inferomedianum: Der untere Einschnitt des Bodens nach oben etwas erweitert. In dieser Erweiterung liegt eine tütenförmige Einstül- . pung der Magenwand, nach innen mit dünnem Haarbesatz. Hinterer - Ausschnitt sehr tief und mit einer scharfen, gezähnelten Crista am Vor- derrande versehen. Rings um den Ausschnitt ein dichter Haarbesatz, 58 Ernst Nauck, der sich nach vorn bis an die breiteste Stelle des Bodens fortsetzt. = Länge 8,6, Breite 6,2 mm. | | Etisus utilis Homb. u. Ja. 65; 101. Vorderes Superomedianum: Wie Atergatis; Grista nicht nach vorn verlängert. Breite 9,5 mm, Länge 2,5 mm. | Vorderes Superolaterale: (Cristen an der Hinterseite wie Atergatis, dazu kommt eine dritte an der Vorderseite, mit der sich die innere hintere vereinigt. Breite 9mm. Mittleres Superomedianum: Form wie Atergatis. Mittel- zahn: Wie Atergatis normal. Hintere Lamelle median in einen Zipfel nach vorn ausgezogen. Länge I2 mm, breiteste Stelle k,2mm, vor der Basalverbreiterung 3,2 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung grösser als die zweite. Quer- lamelle stark, aber sehr kurz, verläuft quer über die ganze Breite der hier bedeutend verengten Zahnkrone. An der Unterseite ein Zahnhöcker, der nur durch einen leichten Einsehnitt von einer darauf folgenden Schneide getrennt ist. Auf der Oberseite acht Lamellen. Länge 7,2 mm, der ersten Abtheilung 4,5 mm. Inferomedianum: Wie Atergatis, aber ohne die Einstülpung und die Verbreiterung des vorderen Einschnitts. Länge 8,7mm, Breite 7,2mm. Hinteres Superomedianum: Höhe 5, Breite 5,1 mm. i Untere Aufsätze: Sehr gross und breit, gut behaart. | L; af Sr ar Dan Eriphia laevimana Latr. 40; 55. 4 Vorderes Superomedianum: Hintere Crista am Ausschnitt sehr hoch, lateral schnell an Dicke abnehmend, nicht nach vorn verlän- gert. Breite 4 mm. Vorderes Superolaterale: Hintere Crista gut entwickelt. Stück an den Seiten sehr schmal. Länge der Hinterseite 6mm. Mittleres Superomedianum: Form wie die vorigen, jedoch die Verschmälerungen verhältnissmässig geringer. Mittelzahn: Erste Lamelle rudimentär. Länge 8mm, Durchschnittsbreite 2,2 mm. Hinteres Superomedianum: Querleiste sehr diek, verläuft fast geradlinig. Breite 3,5 mm, Höhe 3mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung sehr gross, tief ausgehöhlt und bedeutend nach oben gebogen. Querlamelle der zweiten fehlt; an der Unterseite drei Zahnhöcker, auf der Oberseite circa acht Lamellen. Länge des Zahns Amm, der vorderen Abtheilung 2,5 mm. Mittlerer Aufsatz: Circa fünf starke Borsten. , RETTEN EEE EEE Er ER Das Kaugerüst der Brachyuren, 59 Unterer Aufsatz: Lang, pinselförmig. Inferomedianum: Boden median leicht ausgehöhlt, ohne Seiten- randerhöhungen. Hinterer Ausschnitt tief, sich nach unten verengend. Hinterseite mit vielen Haaren dicht besetzt. Länge 6, Breite 4,2 mm. Scylla serrata Forsk. 75; A414 (Fig. 22—24). Vorderes Superomedianum: Hintere Crista scharf, nach den Seiten verdünnt und nach vorn über das ganze Stück verlängert. Breite 7 mm. Vorderes Superolaterale: Vorder- und Hinterseite verlaufen . geradlinig, erstere nur nach der Mitte zu etwas abgeflacht. Hinterseite mit einem Randwulst. Breite 6mm. Mittleres Superomedianum: Form wie Xantho. Länge 41,5mm, geringste Breite 2mm. Mittelzahn: Erste Lamelle sehr weit nach hinten gezogen (2,4mm auf 3mm der ganzen Zahnlänge). Die Seitentheile der zweiten vereinigen sich mit der vorderen etwa in der Mitte der Seiten derselben. Vor dem Zahn das Stück wenig ausgehöhlt ; in der Mitte dieser Vertiefung verläuft eine Leiste nach vorn. Hinteres Superomedianum: Innere Schenkelverlängerungen nach oben vorhanden. Breite 4,9mm, Höhe 5mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung gross, tief ausgehöhlt und scharf nach oben gedreht. Querlamelle der hinteren Abtheilung erstreckt sich über die ganze Zahnbreite. Auf der Oberseite 114 Lamellen, an der Unterseite sieben von vorn nach hinten an Grösse abnehmende Zahn- höcker. Mittlerer Aufsatz: Sieben Borsten. Inferomedianum: Länge 13mm, Breite 6mm. Boden flach; eben so der einfach dreieckige hintere Ausschnitt. Hinterseite mit dich- ' tem, kurzem Haarbesatz, kurz nach vorn umgeschlagen. Hedrophthalmus thalamitoides nov. gen. nov. spec. 13; 25, cfr. Anhang (Fig. 25). VorderesSuperomedianum: Steigung der Crista nicht gleich- mässig, vielmehr hebt sich dieselbe zuerst sehr stark, flacht sich dann ab, um darauf gegen das Ende wieder etwas abzufallen. Breite 1,8mm. Vorderes Superolaterale: Hinterseite in der Mitte etwas nach vorn eingebogen. Breite 1,7 mm. MittleresSuperomedianum: Form wie Xantho. Länge 2,5, schmalste Stelle Imm. Auf der praedentalen Verbreiterung jederseits - ein stumpfer Seitenhöcker. Mittelzahn: Regulär. Hinteres Superomedianum: Wie Scylla. ei Ernst Nauck, Seitenzahn: Erste Abtheilung kaum !/, der Zahnlänge ; Quer- lamelle der zweiten wenig entwickelt, an der Unterseite acht Zähncher, auf der Oberseite circa 43 Lamellen. Mittlerer Aufsatz: Circa 42 Borsten, die nach oben etwas im Bogen verlaufen. Inferomedianum: Wie Scylla. Lissocarcinus boholensis Semp. n. sp. 44; 17, efr. Anhang. Dem vorigen sehr ähnlich. Mittelzahn: Die erste Lamelle ver- läuft fast geradlinig, die hintere sehr weit nach hinten ausgezogen. Länge des Inferomedianum: 7 mm. Podophthalmus vigil Fabr. 38; 98. Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief ausgeschnitten, Crista nach vorn verlängert. Breite 3 mm. | Vorderes Superolaterale: Vorderseite fast geradlinig. Vor- der- und Hinterseite mit einem Randwulst versehen. Breite 5 mm. MittleresSuperomedianum: Praedentale Verbreiterung ge- ring, aber jederseits mit einem stumpfen Seitenhöcker. Länge des Stücks 6,5 mm. Mittelzahn: Normal. Hinteres Superomedianum: Schenkelfortsätze nach oben vorhanden. Höhe 2,5 mm, Breite 3,1 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, schräg über die zweite ge- rückt ; Querlamelle der zweiten entspringt in der Aushöhlung der ersten; wenig hoch. Auf der Oberseite und Unterseite sehr viele Lamellen und Zähnchen. Länge 4,6 mm, der ersten Abtheilung 1,4 mm. Mittlere Aufsätze: AO Borsten. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt klein, mit dichtem Haar- besatz an den Seiten. Länge 6 mm. Thalamita sima M.-E. Vorderes Superomedianum: Hinterseite breit, tief einge- schnitten, Crista unter Verdünnung nach vorn verlängert. Breite 3,5 mm. Vorderes Superolaterale: Wie Podophthalmus. Breite 7 mm. Mittleres Superomedianum: Starke Verbreiterung vor dem Zahn auf eine kurze Strecke. Vor der Basalverbreiterung eine sehr ge- ringe Verschmälerung. Mittelzahn: Beide Lamellen ungefähr gleich gross. Hinteres Superomedianum: Schenkelfortsätze nach oben wenden sich etwas nach aussen. Höhe 1,5 mm, Breite 2,6 mm. 4 a un . ET TTS ee Das Kaugerüst der Brachyuren. 61 Seitenzahn: Erste Abtheilung klein, stark vertieft. Querla- melle der zweiten über die ganze Zahnbreite verlaufend, schmiegt sich in die Aushöhlung der ersten hinein, erhöht sich nach unten. An der Unterseite circa neun Zähnchen, auf der Oberseite circa 15 Lamellen. Länge 4,4 mm, der ersten Abtheilung 1,2 mm. Mittlerer Aufsatz: Sieben starke Borsten. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt klein und flach. Länge 7 mm, Breite 3,6 mm. Platonyx bipustulatus M.-E. 58; 80 (Fig. 26). VorderesSuperomedianum: Hinterseite tief eingeschnitten, Seitentheile der Crista verlaufen fast geradlinig, median nach vorn ‚verlängert. Vorderes Superolaterale: Wie Podophthalmus. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn das Stück stark auf eine kurze Strecke verbreitert, von der darauf folgenden Verschmä- lerung nimmt das Stück bis zur Basis allmälig an Breite zu. Die vor- deren Ecken ein wenig nach innen eingeschlagen. Mittelzahn: Vor- dere Lamelle fast geradlinig, nur in der Mitte wenig eingebogen, mit der hinteren lateral verschmolzen. _ Hinteres Superomedianum: Ohne Schenkelfortsätze nach oben. Höhe 3 mm, Breite 3,5 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung löffelförmig, flach, wenig ausge- höhlt; Querlamelle der hinteren, nach unten sich stark erhöhend, läuft in einen Zahnhöcker aus und vereinigt sich an der Oberseite mit dem, Vorderrande der vorderen Abtheilung. Unterseite mit drei Zähnen, auf der Oberseite 40 Lamellen. Mittlerer Aufsatz: Fünf Borsten. Unterer Aufsatz: Sehr klein mit geringem Haarbesatz. Inferomedianum: Hinterer Ausschnitt fehlt fast ganz, nur durch eine kaum merkliche Abplattung vertreten. Haarbesatz der Hin- terseite dünn. Länge 8 mm, Breite 5,6 mm. Goniosoma cruciferum Fabr. 75; 1419 (Fig. 27). Vorderes Superomedianum: Wie Podophthalmus. Breite 6 mm. | | Vorderes Superolaterale: Wie Podophthalmus. Breite 7 mm. MittleresSuperomedianum: Praedentale Verbreiterung gross. Länge 12,5 mm, geringste Breite 2 mm. Vordere Ecken leicht nach _ innen umgeschlagen. 62 Ernst Nauck, Hinteres Superomedianum: Schenkelfortsätze nach oben sehr dünn. Höhe 4 mm, Breite 5,5 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung gross, tief ausgehöhlt, stark nach. oben gedreht. Querlamelle der hinteren Abtheilung kurz aber sehr hoch, steil ansteigend. Unterseite mit 42 Zähnchen. Oberseite mit circa 14 Lamellen. Mittlerer Aufsatz: Acht Borsten. Inferomedianum: Wie Podophthalmus. Länge des Bodens 10,5 mm, Breite 6.5 mm. Neptunus pelagicus Bleeker. 100; 210. Vorderes Superomedianum: Hinterseite tief ausgeschnitten. Crista unter Verbreiterung nach vorn verlängert, Breite 7,5 mm. Vorderes Superolaterale: Breite 10 mm. Mittleres Superomedianum: Vor dem Zahn bis zur Basis tief ausgehöhlt. Vorderecken stark nach innen umgeschlagen. Mittel- zahn: Nur bei diesem ausgesucht grossen Exemplar fanden sich mehr als zwei Lamellen. Es liegt eine erste kleine Lamelle in der Gestalt einer halben Ellipse innerhalb der zweiten halbkreisförmigen. Die letzte ist wiederum sehr lang gezogen und lateral mit der vorigen vereinigt. Bei kleineren Exemplaren fanden sich nur die letzten zwei normalen La- mellen. Es scheint demnach, als ob jene sich erst mit dem höheren Alter entwickele. | Hinteres Superomedianum: Wie Goniosoma. Breite 8 mm, Höhe 5,7 mm. | Seitenzahn: Erste Abtheilung gross, tief ausgehöhlt quer über die zweite gerückt. Querlamelle dieser kurz bei grosser Höhe. An der Unterseite 40 Zähnchen, auf der Oberseite circa 43 Lamellen. Länge 8,2 mm, der vorderen Abtheilung 4,2 mm. > Mittlere Aufsätze: Wie die vorigen. Länge 17,5 mm, Breite 8,5 mm. Lupocyclus philippinensis Semp. n. sp. 16,5; 20, cfr. Anhang. VorderesSuperomedianum: Hinterseite wenig ausgeschnit- ten. Breite 1,5 mm. Vorderes Superolaterale: Breite 2 mm. Mittleres Superomedianum: Wie Neptunus. Mittel- zahn: Beide Lamellen ungefähr gleich gross. Länge 3 mm, geringste Breite 4 mm. Seitenzahn: Erste Abtheilung wie Neptunus. Querlamelle der zweiten erstreckt sich über die ganze Breite des hier stark verschmäler- VERTERT Dual Zee Dr ce HI) N ® Das Kaugerüst der Brachyuren. 63 ten Zahnes. Dahinter Höckerchen und feine Lamellen in grosser An- zahl. Mittlerer Aufsatz: Fünf Borsten. Inferomedianum: Regulär wie die vorigen. Länge 3 mm. Die Gattung Trapezia wurde von MıLne-Epwarps in Verbindung mit den Gattungen Eriphia und Melia zusammengestellt und alle drei unter dem Namen Canceriens quadrilateres den übrigen Cancrinen gegenübergestellt. Melia stand mir nicht zur Verfügung, Eripbia liess sich, wie oben auf p.58 gezeigt wurde, ganz gut unter die übrigen Cancrinen einreihen. Trapezia zeigt dagegen so viel Eigenthümliches und von den übrigen Cyclometopen Abweichendes, dass sie wohl am besten zunächst für sich allein gestellt wird.’ Trapezia fusca H. u. J. (Fig. 28). Vorderes Superomedianum: Hinterseite sehr breit, tief ein- geschnitten, Medianlinie kurz. Crista nach den Seiten wenig an Dicke abnehmend. Trennung von den Nebenstücken nicht deutlich. Vorderes Superolaterale: Von den Seiten aus allmälig ver- _ breitert, die Innenecken nach dem vorderen Superomedianum umge- schlagen. Hinterseite mit einfacher Crista, die gegenüber dem End- punkt der Crista des vorigen Stückes in ein Knöpfchen ausläuft. Mittleres Superomedianum: Am Vorder- und Hinterende _ verbreitert, ist die schmalste Stelle mehr als halb so lang als das ganze Stück. Mittelzahn: Sehr lang (über !/, der Länge des Stückes), ein einfacher, nach hinten allmälig ansteigender Höcker,, dessen Seiten, mit Ausnahme der median wenig eingeschnittenen Hinterseite, fast gerad- | linig verlaufen. Hinteres Superomedianum: Schenkel von der Basis an bis ' „etwas über die Hälfte vereinigt, dann sehr wenig aus einander weichend. Querleiste kaum eingebogen, in der Mitte verdünnt, so dass der um- ‚schlossene Raum die Gestalt eines nach oben abgerundeten Keils hat. Seitentheile wenig nach vorn gezogen. Mittleres Superolaterale: Wie die Gyclometopen. Zahn: Dem der Gelasimiden sehr ähnlich. An der Vorderseite eine etwas stär- kere Lamelle, die sich noch etwas an der Unterseite fortsetzt. In dem _ von ihr umschlossenen Raum liegen circa fünf sehr feine Lamellen. en folgt eine grosse Anzahl von ebensolchen Lamellen, denen eine ungefähr gleiche Zahl von Zähnchen an der Unterseite eriisppiohe: Beide - sind durch eine feine glatte Linie von einander getrennt. Oberes Zwischenstück: Ueberall stabförmig. ET, a DEN Are a a N Ze Art h Er Ar: „ u . RER P BL, y ® } 64 Ernst Nauck, 4 Mittleres Zwischenstück: Halbkreisförmig, nach oben ge- öffnet, mit wenig Borsten und Haaren als Aufsatz. Inferomedianum: Von vorn nach hinten an Höhe zunehmende starke Seitenranderhöhungen des Bodens vorhanden. Hinterseite kurz umgeschlagen. Hinterer Ausschnitt flach und klein, an den Seiten mit dichtem, kurzem Haarbesatz. Seitenplatte vorhanden, an der Unterseite mit stärker verkalktem Theile, auf dem die kleinen unteren Aufsätze liegen. Vorderes Inferolaterale: Mit dem hinteren Zwischenstück verbunden und nach oben wenig verbreitert. Untersucht wurde neben Trapezia fusca Tr. serratifrons H. u. J.; beide stimmen unter einander sehr genau überein. Aus den vorstehenden Angaben lässt sich schliessen: 1) Die einheitliche Abstammung sämmtlicher Brachyuren wird durch das Kaugerüst aufs Neue bestätigt. Die anscheinend wegen der Stellung des vorderen Superomedianum zu den vorderen Superolateral- stücken von den übrigen so bedeutend abweichenden Formen der Gela- simiden und Pinnotheriden werden durch die Trapeziden als Ueber- gangsform mit den übrigen Kurzschwänzen verbunden. Das zeigt sich in der Form, dem Längen- und Breitenverhältnisse des mittleren Supe- romedianum, in der Gestaltung der Seitenzähne, so wie der bedeutenden Seitenranderhöhungen des Bodens des Inferomedianum. 2) Das Magengerüst der Brachyuren zeigt eine solche Gonstanz innerhalb gewisser Gruppen, dass, wenn es auch nicht geeignet sein mag, generelle oder gar specielle Trennung einzelner Formen zu be- gründen, vielmehr zu diesem Behufe die von den älteren Autoren ein- geführte Systematik ihren unbestreitbaren Werth behalten muss, doch auffallende Differenzen in der Gestaltung und Lagerung einzelner Theile des Magengerüstes die Trennung grosser Gruppen bedingen dürften. Ich hoffe daher die Scheidung der Brachyuren in Heterodontea und Cyclodontea, so wie die Abtrennung der Trapeziden von den Gyclome- topen genügend begründet zu haben. 3) Die vorliegende Untersuchung erstreckte sich über zu wenig Genera, als dass es hätte gelingen können — wenn solches überhaupt möglich — etwa eine ununterbrochene Reihe der verschiedenen Diffe- renzirungen des Magengerüstes bei den Brachyuren zu geben. Die von mir vorgeschlagene Anordnung hat daher einstweilen auch nur einen sehr hypothetischen Werth. Trotzdem lässt sich vermuthen, dass der Entwicklungsgang des cardiacalen Theils des Magengerüstes folgender gewesen sei: ee ce A i e,, ? Br > MERIED LAS 4 De } % r TE FE Das Kaugerüst der Brachyuren. 65. a) Das ursprünglich breite und dünne, mit geringen Seitenrand- erhöhungen versehene mittlere Superomedianum streckt sich, wird _ dicker, erhält eine starke Basalverbreiterung und als weitere Stütze einen unteren Höcker, während zu gleicher Zeit die Anzahl der Quer- _ Jamellen des Mittelzahns sich vermehrt. : b) Das mittlere Superolaterale, dessen ursprüngliche Gestalt wir uns in der der Heterodonteen zu denken hätten, geht allmälig durch die der Gyclometopen in die Stabform der Oxyrrhynchen, eines Theiles der Oxystomaten, und in die der Catometopen über, und das was es an Breite verliert, gewinnt es an Festigkeit. ce) Der zur Zermalmung festeren Nahrungsmaterials nur wenig taug- lich erscheinende Seitenzahn der Heterodonteen und Trapeziden ver- grössert seine Vorderrandschneide und es entsteht die grössere oder ge- ringere erste Seitenzahnabtheilung der meisten Krabben ; die erste oder - eine der ersten feineren Lamellen wird zur Querlamelle der zweiten Ab- theilung bei sehr vielen Formen. Wird dagegen eine grössere Anzahl von Lamellen verdickt, so entsteht der Seitenzahn der Gardisomaceen _ und anderer. d) Der ursprünglich flache Boden des Inferomedianum (Neptuniden) _ verkürzt sich und erhält erhöhte Seitenränder; seine Hinter- so wie Unterseite vergrössern sich und mit der letzteren die hinteren Inferola- teralia. Das Anfangs zur Stütze des vorderen Superolaterale dienende _ hintere Zwischenstück wird dabei nach hinten verschoben, um so eine festere Verbindung der einzelnen Theile unter einander wieder herzu- stellen. e) Die ursprünglich wohl in geringer Anzahl vorhandenen Borsten der mittleren Aufsätze werden immer zahlreicher und legen sich theil- weise an die Unterseite des Seitenzahns. f} Die Anfangs sehr kleinen unteren Aufsätze entwickeln sich zu x immer bedeutenderer Grösse. 8) In wie weit damit die verschiedenartige Gestaltung des hinteren _ Superomedianum, so wie die Verschiebung der Breitenverhältnisse inner- - halb der vorderen Spange Hand in Hand gehen, hat sich bis jetzt nicht - bestimmen lassen. Es scheinen vielmehr diese Modificationen ausser- 4 halb des grösseren Entwicklungsganges zu liegen und hierauf indivi- _ duelle Einflüsse einzuwirken. Ohne Erklärung bleibt ferner einstweilen die so sehr abweichende ' Mittelzahnbildung bei den Heterodonteen. Aus der bis jetzt ganz ver- - einzelt dastehenden Mittelzahngestaltung von Xantho glaube ich keine Schlüsse ziehen zu dürfen. Aus dem Vorigen folgt dann: _ Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV.Bd. 7 y> 66 | Ernst Nauck, Ä 4) In den Gelasimiden, Pinnotheriden, Portuniden und Cancrinen haben wir die verhältnissmässig ältesten Repräsentanten der Brachyuren vor uns. Dieses Resultat entspricht (ausgenommen die Pinnotheriden, die wegen der Weichheit des Gephalothorax auch kaum erhaltungsfähig erscheinen) im Grossen und Ganzen den palaeontologischen Funden. Anhang. Pinnotheres flavus nov. spec. Regio cardiaca deutlich ausgeprägt, Hinterränder des Gephalothorax wenig aufgewulstet. An den Seiten und der Stirn so wie auf den dün- nen Beinen und Armen mit dichtem Flaum bedeckt. Merognathus unten und oben verengt, in der Mitte stark verbreitert. Carpognathus und Prognathus fast dreieckig, ersterer oben abgerundet, letzterer zugespitzt. Dactylognathus länger und dünner als der Progna- thus, an der Unterseite leicht eingebogen. Farbe gelblich. Fundort: Philippinen. Holothuriophilus trapeziformis nov. gen. nov. Spec. Cephalothorax breiter als lang, Stirn im flachen Bogen verlaufend, Hinter- und Seitenränder geradlinig. Oberfläche abgerundet. Merognathus in der Mitte nach innen verbreitert, Aussenseite unten leicht eingebogen. Carpognathus grösser als der Prognathus, oben stark eingebogen. Prognathus zugespitzt. Dactylognathus länger als die vorigen; dem Ende zu keulenförmig verbreitert. Parasit in Holothuria maxima Semper. Genus Coelochirus: nov. gen. Füsse wie Pseudograpsus, Stirn vorgeschoben, äussere Mundtheile nicht klaffend. Ischiognathus nach unten verengt, länger als der Mero- gnathus. | | Scaphognatus eben so breit oder breiter als der Ischiognathus, ist auffallend dick und mit langem Fühler. Basiserit zwischen Stirn und Unteraugenhöhlenlappen. Finger an der Spitze stark ausgehöhlt. Coelochirus crinipes n. Sp. Vorderseite des Cephalothorax mit drei starken nach oben und vorn gerichteten Zähnen. Cardiacalfurche tief. Füsse mit langen schwarzen Haaren an der Unterseite dicht besetzt. Hände gleich gross. Finger oben und unten mit drei starken und mehreren kleineren Zähnchen besetzt. Fundort: Mariveles (Philippinen) Süsswasser. u, | Das Kaugerüst der Brachyuren. 67 = Genus Pachystomum nov. gen. Füsse wie Pseudograpsus, Stirn leicht nach unten geneigt; äussere Mundtheile wenig klaffend. Ischiognathus länger als Merognathus, letzterer stark geöhrt und oben zur Aufnahme des Palpus ausgeschnitten. Jugalgegend mit regel- _ mässigen feinen Granulationen besetzt, die sich auf die Mundtheile fort- _ setzen. Stellung der äusseren Antennen wie Coelochirus. Körper fast quadratisch. P. philippinense noy. spec. Cephalothorax fast glatt, nur die Linea cordis deutlich. Seitenrand an der Vorderseite leicht gekielt, mit zwei schwachen Einschnitten. Scheeren gleich gross, kurz, wenig kräftig. Finger gleichförwig schwach gezähnt. Fundort: Philippinen. Genus Hedrophthalmus nov. gen. Würde i im System neben Podophthalmus zu stehen haben. Wie bei - diesem liegt die grösste Ausdehnung in die Breite zwischen den Orbiten ; T von da nach hinten nimmt der Körper stetig an Breite ab. Die Augen stehen aber nicht auf langen Stielen, sondern sind kurz wie bei den übrigen Portuniden. Hedr. thalamithoides n. sp. Cephalothorax wenig gewölbt; Stirn vorspringend, in sechs Lappen getheilt. An den Seiten des Eephaloihoraz ausser dem äusseren Orbital- zahn zwei spitze Zähnchen. Arme lang, prismatisch. Scheeren auf der Oberseite mit vier, dicht daneben und davor an der Aussenfläche zwei Zähne. Finger löffelartig ausgehöhlt. Füsse kurz, am dritten und vier- ten Gliede mit einem Dorn versehen; hinterstes Fusspaar am vorletzten A - Gliede mit einer Reihe Stacheln bewaffnet. Ä Fundort: Philippinen. Lissocareinus boholensis — Semper!) nov. spec. 8 Cephalothorax länger als breit, Stirn vorspringend, in vier Lappen zerfallend; die äusseren zwei sehr klein, fast zahnartig, der mittlere & _ grössere Theil springt fast kreisförmig vor mit kleinem Einschnitt in der Medianlinie. Cephalothorax im übrigen glatt, nur am Vorderende mit Be 4) Von SEMPER als nov. spec. erkannt und mit Namen versehen. . 5* 68 Ernst Nauck, parallelen Linien versehen. Scheeren aussen und oben rauh, Arme kurz und stämmig. Farbe in Spiritus gelblich weiss mit dunkleren Flecken. Fundort: Bohol. Lupocyelus philippinensis Semper nov. spec. Stirn zerfällt in vier zahnarfige Lappen, von denen die mittleren am meisten vorstehen. Aeussere Fühler lang und wie die Orbitalränder mit ziemlich langen Haaren besetzt. Füsse verhältnissmässig länger und dünner als Lup. rotundatus. Unterarm an der Innenseite 8—9, an der Aussenseite zwei Zähne, die Hand drei. Füsse und Arme unbehaart. Cephalothorax eben so wie Lupocyeclus rotundatus mit Tuberkeln etc. besetzt. Am Vorderseitenrande sechs spitze nach vorn und oben gerichtete Zähne. Göttingen, den 23. September 1879. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. In allen Figuren bedeutet: Vsm, vorderes Jfm, Inferomedianum, Msm, mittleres ), Superomedianum, Au, dessen hinterer Ausschnitt, Hsm, hinteres Bd, dessen Boden, H, unterer Höcker des Msm, Oes, Oesophagus, Mz, Mittelzahn, Oek, Oesophagealklappen, Vsl, vorderes Hbs, Haarbesatz der unteren Zwischen- Msl, mittleres\, Superolaterale, stücke, Hsl, hinteres Amz, mittlere Aufsätze, Sz, Seitenzahn, Vifl, vorderes : 3 Inferolaterale As, accessorisches Verbindungsstück zwi- Hifl, hinteres h 4 schen vorderem und mittlerem Supe- Hsp, hintere Seitenplatte, rolaterale, Uau, unterer Aufsatz. Ozw, oberes Mzw, mittleres Uzw, unteres Hzw, hinteres Zwischenstück, Fig. 4. Mittleres Superomedianum von innen 1 hthalmus definitus. Fig. 2. Inferomedianum. Obere Hinterseite } von Macro 1 x h Fi; S N # nes i ER ’ 2 . = r ge RE se = ’% Pe r BN 2 # ee ZEREE E 7. ES Er ur. , DEE A ea > ” > y ec» E . F Ben Das Kangerist r nn,“ 69 ur, \ j 2 EM’ E 3 . Mittleres Superomedianum von innen 4, Inferomedianum. Obere Hinterseite 9, & 5. Innenseite des mittleren Superomedianum e* 6 = maenzeite des mittleren Superolaterale von Myctiris longicarpis. \ von re bellator. 2 E. von Cardisoma carnifex von innen. a. Oberseite % . ER 18. 3. Seitenansicht) 9 des mittleren ee von Grapsus BIBOUE m Von Micippe cristata 45. Von Maja verrucosa 46. Von Hyas aranea (von aussen). Ei Von Ranina dentata (von innen). ' (von innen). 9—24. Von Atergatis dilatatus. : 22. Von Scylla serrata (von aussen). 23. Von Scylla serrata (von innen). 24. Hinteres Inferolaterale von Scylla serrata. 25. Mittleres Superomedianum von Hedrophthalmus thalamitoides. 26. ‘Von Platonyx bipustulatus. ‚27. Von Goniosoma cruciferum. .38. Von Trapezia fusca. 29. Von Dromia spec.? 0 und 34. Halbschematische Abbildung des Sehnenapparates bei Ozius Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidariden .von Dr. Hubert Ludwig, Direktor der naturwissenschaftlichen Sammlung in Bremen. Mit Tafel II und III und einem Holzschnitt. Über Asthenosoma varium Grube. Mit Tafel II. Eine glückliche Verknüpfung von Umständen hat mich in die sel- tene Lage gebracht, drei Exemplare jener merkwürdigen Seeigel mit biegsamer Körperwand untersuchen zu können, von denen wir GRuBE ! die erste Kunde, W. Tuomson?2 und A. Asassız® ausführlichere Mit- theilungen verdanken. Die mir vorliegenden Thiere sind Eigenthum des Museum Goperrroy in Hamburg und stammen aus der Java-See; Näheres über den Fundort konnte ich nicht ermitteln. Von den drei Exemplaren sind zwei ganz übereinstimmend gebaut und gehören offen- bar in dieselbe Species; das dritte Exemplar zeigt einige Abweichungen, von denen es zweifelhaft sein kann, ob man sie als Merkmale einer be- sonderen Species oder nur einer besonderen Varietät der ersten Artan- sehen soll. ! A. E. GrUBE, Über mehrere Seeigel (Asthenosoma varium n. sp.). 45. Jahres- bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Breslau 1868. p. 42 bis 44. 2Wwyv. Taousox, On the Echinoidea of the »Porcupine« Deep-sea Dredging- Expeditions. Philos. Transact. of the Royal Soc. of London. Vol. 164. Part. II. London 1874. p. 730—744. Pl. LXII-LXVII. — The Voyage of the »Challenger«. The Atlantic. London 4877. Vol. I. p. 446—448. 3 A. Acassız, Revision of the Echini. Cambridge, Mass. 1872—1874. p. 93, 272—273, 422—423. Pl. IIc, Fig. 4—5; XXIV, Fig. 44; XXX VII, Fig. 7—9. — Zoo- logical Results of the Hassler-Expedition I. (Illust. Catal. Mus. Comp. Zool. Har- vard College No. VIII.) Cambridge, Mass. 1874. p.3—5. Pl. II, Fig. 1—2. — Prelimi- nary Report on the »Challenger « Echini. Proceed. of the Americ. Acad. of Arts and Sciences. Vol XIV. 1879. p. 200—202. 7 3 | N > = ” Amaw,G R z* u et ie nn u Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidaridem, 71 - Im Ganzen kennen wir aus der Familie der Echinothuriden, eine "Benennung, unter welcher W. Tnousox die Gattung Asthenosoma Grube (= Calveria W. Thomson) und seine Gattung Phormosoma wegen ihrer Beziehung zu der fossilen Form Echinothuria floris Woodward'! zu- sammengefasst hat, zwölf Arten; sieben davon gehören zur Gattung Asthenosoma (A. varium Grube, A. hystrix A. Agassiz [|W. Thomson ‚sp.], A. fenestrata A. Agassiz |W. Thomson sp.], A. pellucida A. Ag., A. Grubei A. Ag., A. coriacea A. Ag., A. tessellata A. Ag.), fünf zur ‚Gattung Phormosoma (Ph. placenta W. Thomson, Ph. uranus W. Thom- son, Ph. hoplacantha W. Thomson, Ph. luculenta A. Ag., Ph. tenuis A. Ag.). Genauer bekannt sind davon bis jetzt nur die drei Arten: A. hystrix, A. fenestrata und Ph. placenta. Die von A. Acassız aus der Ausbeute des »Challenger« aufgestellten neuen Formen sind erst ganz _ kurz und vorläufig beschrieben. Auch die Originalspecies der ganzen Familie, A. varium, ist nur unvollkommen bekannt. Nach einem sorgfältigen Vergleiche mit allen angeführten Be- sehreibungen bin ich zu dem Schlusse gelangt, dass von meinen Exem- plaren die beiden gleichartigen in die Gruse’sche Species Asthenosoma varium gehören. Dieses Ergebnis war mir ein sehr willkommenes; der treffliche Erhaltungszustand der Thiere setzte mich in den Stand, die Lücken der Grusge’schen Beschreibung auszufüllen, so dass es, wie ich ‚hoffe, an der Hand der hier folgenden Notizen in Zukunft leicht sein wird, die von GrusE aufgestellte Species zu erkennen. Im Anschlusse an die Beschreibung der beiden Exemplare von Asthenosoma varium, soll dann ferner auch das dritte abweichende Exemplar besprochen wer- den; einige allgemeinere Bemerkungen werden sich dabei von selbst ergeben. _ Beide in Weingeist conservirte Exemplare von Asthenosoma varium ' haben die Gestalt abgeplatteter runder Scheiben; das eine Exemplar, _ welches ich vorwiegend den folgenden Angaben zu Grunde lege, hat einen horizontalen Durchmesser von 62 mm; der vertikale Durch- _ messer beträgt in der Mitte der Scheibe 9 mm, am Rande der Scheibe nur5ö mm. Die Körpergestalt des lebenden Thieres war jedenfalls mehr gewölbt, da an den beiden conservirten Exemplaren durch einen wahr- RE} RETTET 6%, Y LEN BRUNS rg eo Mr Pa nehmbaren Einstich die Körperflüssigkeit entleert und dadurch ein Ein- sinken der Körperwand hervorgerufen worden ist. Am Rande der Scheibe sind die Interambulacra doppelt so breit wie die Ambulacra; Erstere messen 26 mm, Letztere 13 mm Breite. Die Zusammensetzung der Ambulacren und Interambulacren ist ganz ähnlich wie bei den von — 458,P. WoopwiArpD, On Echinothuria floris, anew and anomalous Echinoderm from the Chalk of Kent. The Geologist. Vol. VI. London 1863. p. 327. Pl. XVII. 72 N Hubert Ludwig, Tuonmson und Acassız beschriebenen Formen. Dorsalseite und Ventral- seite des Körpers zeigen keine wesentlichen Differenzen in der Platten- bildung. Die Platten der Interambulacren sind mit ihrem medianen Ende ein wenig adoralwärts gerichtet. Die Ambulacralplatten haben eine umgekehrte Lagerung; mit ihren medianen Abschnitten aboralwärts ge- richtet. In der Nähe des Peristomes ist diese differente Lagerungsweise der ambulacralen und interambulacralen Platten nicht mehr deutlich. wohl aber in der Nähe des Apex. Jede Ambulacralplatte trägt an ihrem lateralen Ende, mit welchem sie an die Interambulacralplatten anstößt, einen Doppelporus. Zwischen den lateralen Abschnitten der auf einander folgenden Ambulacralplatten. bleiben Zwischenräume, in welche zwei kleine sekundäre Ambulacral- plättchen mit je einem Doppelporus eingelagert sind’; wir haben also hier ganz dieselbe Anordnung wie sie Tuomson von A. hystrix und A. fenestrata beschreibt und abbildet!. Der mediane Abschnitt der pri- mären Ambulacralplatten ist bald eben so schmal, wie der laterale Ab- schnitt, bald bedeutend, um mehr als das Doppelte, verbreitert; in letzterem Falle dient die verbreiterte Partie zur Aufnahme eines der großen Stachelhöcker. In der Nähe des Peristoms sind alle primären Ambulacralplatten in ihrem medianen Abschnitte verbreitert, gegen den Rand der Scheibe wechseln verbreiterte mit nicht verbreiterten Platten und auf der Dorsalseite folgt häufig erst auf zwei wenig oder gar nicht verbreiterte Platten eine verbreiterte. Auf dem schmäleren Theile der primären Ambulacralplatten der Ventralseite sitzen drei bis vier kleinere Stachelhöcker, die eine unregelmäßige horizontale Reihe bilden; gegen den Apex hin schwinden diese kleineren Stachelhöcker allmählich. Die Interambulacralplatten tragen nahe am Peristom gewöhnlich zwei große Stachelhöcker, einen am medianen und einen am lateralen Ende. Gegen den Rand der Scheibe hin schiebt sich zwischen je zwei derartige Platten eine Interambulacralplatte ein, welche den großen Stachel- höcker in der Mitte trägt und an ihrem medianen und lateralen Ende verschmälert ist. Auf der dorsalen Seite des Körpers hören die großen Stachelhöcker auf den Interambulacralplatten bald ganz auf; die Platten sind bis zum Apex an ihrem medianen und lateralen Endabschnitt ganz frei von Stachelhöckern; nur die Mitte der Platten trägt ein bis drei kleinere Höcker für die Einlenkung der mit weichhäutigen Anschwel- lungen besetzten Stachel, die wir nachher noch näher zu betrachten haben. Die Interambulacren der Dorsalseite sind in Folge dessen an ihrem Rande und in ihrer Mitte frei von Stacheln. !].c. p. 738; Pl. LXV, Fig. 4; Pl. LXVII, Fig. 4. Fr NR al FU “ Be Fr ' BETR >% N - Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidariden. 73 Auf der ventralen Seite zähle ich in der interambulacralen Mittel- linie 44 Platten jederseits, in der ambulacralen Mittellinie 47 Platten jederseits; auf der dorsalen Seite ist das Verhältnis ein ganz ähnliches, hier kommen auf 27 Platten jeder interambulacralen Reihe 33 ambula- crale Platten. Die Stachelhöcker sind wie bei den Cidariden und Diadematiden durchbohrt; sie sind niemals crenulirt; die größeren sind mit einem seichten Hofe umgeben. Die Stacheln, welche auf den größten Gelenkhöckern der Ventral- seite und des Randtheiles der Corona aufsitzen, sind bis zu 1,5 cm lang, kaum mm dick, ceylindrisch. An ihrem freien Ende sind sie ein wenig dicker und meistens schief abgestutzt. Das in der dicken muskulösen Gelenkkapsel steckende Basalstück dieser Stacheln ist gleichfalls eylin- drisch und 1,5 mm lang. Was die Farbe dieser Stacheln anbelangt, so ist die Grundfarbe grüngelb; vier bis sechs violette Ringe umgeben die Stacheln in Abständen, welche durchschnittlich drei Mal so breit sind, als die violeiten Ringe selbst. Die eben beschriebenen Stacheln sind in ihrem Vorkommen auf die ventrale Seite und den Randtheil des Körpers beschränkt und sind hier auf den großen Gelenkhöckern der Interambu- lacral- und Ambulacralplatten eingelenkt. Sie sind eben so wie die -Stacheln der Diadematiden in ihrer Achse von einem hohlen Kanal durchbohrt. Am auffälligsten ist eine andere Art von Stacheln, welche sich vor- "wiegend auf der Dorsalseite finden und hier den mittleren Bezirk der Interambulacralplatten und Ambulacralplatten besetzen. Sie sind durch- schnittlich 4 cm lang, cylindrisch, dünner als die vorigen, endigen fein zugespitzt und stecken bis zu ihrer Spitze in einer häutigen Hülle, welche zwei bis drei knotige Anschwellungen bildet. Diese Anschwel- Jungen sind gelb gefärbt; zwischen ihnen, so wie über.der letzten von ihnen, also unter der Spitze des Stachels, besitzt die Hülle je einen vio- letten Fleck, der den Stachel mitunter ringförmig umgiebt. Die Stacheln der Ambulaeren sind seltener mit Anschwellungen der Hülle besetzt, gleichen aber sonst ganz denjenigen der Interambulacren. Auch die dünneren Stacheln der Ventralseite sind ganz ähnlich, entbehren aber meistens der Anschwellungen völlig, oder besitzen doch nur eine solche, meist violett gefärbte, nahe an ihrer Spitze. Die Stacheln der Mundhaut sind durchschnittlich 2mm lang, an der “ Basis eylindrisch, gegen die Spitze hin spatelförmig verbreitert und ein oder zwei Mal violett geringelt. Von Pedicellarien kommen drei verschiedene Sorten vor, die sich schon nach der Größe von einander unterscheiden. Die größte Form - 74 Hubert Ludwig, ist zugleich die weniger häufige. Ihr Vorkommen ist auf den Randtheil und auf die Ventralseite der Corona beschränkt. Der Kopf derselben hat eine durchschnittliche Länge von 2—2,2mm. Ihre Gestalt erinnerttam meisten an die größte Sorte der bei Asthenosoma hystrix! vorkommen- den Pedicellarien, ohne jedoch damit übereinzustimmen. Wie Fig. 1 zeigt, besitzen die einzelnen Greifarme an ihrem Endabschnitte fünf lap- pige Ausbuchtungen ihres Randes, mit welchen sie in die entsprechen- den Einbuchtungen ihrer Partner eingreifen. Diese eigenthümliche Bil- dung der Enden der Greifarme ist auch schon von Acassız nach einem von GrugE erhaltenen Präparate abgebildet worden ?; die Übereinstim- mung jener Abbildung mit den von mir beobachteten Pedicellarien ist einer der Hauptgründe, wesshalb ich meine Exemplare zu der GruüBE- schen Art stelle. E Die zweite mittelgroße Pedicellariensorte unterscheidet sich wesent- lich von der vorigen. Hier berühren sich, vergl. Fig. 2, die Greifarme der Pedicellarien in der ganzen Länge ihrer beiden äußeren Dritttheile und der Berührungsrand selbst ist nicht, wie bei den vorhin beschrie- benen, in eine bestimmte Anzahl von Lappen ausgebuchtet, sondern mit zahllosen, in gerader Linie neben einander gestellten feinen Zähnchen besetzt. An der Innenseite eines jeden Greifarmes setzt sich die die Muskelgruben des basalen Abschnittes trennende senkrechte Lamelle in Gestalt einer mit fünf bis sechs unregelmäßigen kurzen Dornen be- setzten Leiste bis in den Endabschnitt des Greifarmes fort (vergl. Fig. 3). Das Köpfchen dieser Pedicellarien hat eine Länge von 0,45—0,55 mm. Die dritte kleinste Sorte der Pedicellarien trägt ein Köpfchen von nur 0,3—0,35 mm Länge und weicht in ihrer Form am wenigsten von den kleinsten Pedicellarien der übrigen Echinothuriden? ab. Ihre Greifarme verbreitern sich an ihrem Endabschnitte und sind an ihrem Berührungsrande mit zahlreichen feinen Zähnchen besetzt (Fig. 4 und 5). — Viertheilige Pedicellarien, etwa von jener wunderbaren Form, wie sie W. Tnonson bei A. fenestrata aufgefunden hat, kommen bei A. varium nirgends vor. Wie bei den übrigen bis jetzt genauer bekannten Echinothuriden sind auch bei unserer Art die Füßchen auf der Dorsalseite des Thieres anders gebaut als diejenigen der Ventralseite. Jene besitzen keine Saug- scheibe, sondern endigen zugespitzt; in ihrer Wandung kommen Kalk- 1 W. Taomsox ]. c. Pl. LXIV, Fig. 4 und A. Asassız, Hassler Expedition I. |. c. p. 5. Fig. A. - 2 A. Acassız, Revision of the Echini. Pl. XXIV, Fig. 44. 3 W. Taonmson, 1. c. Pl. LXII, Fig. 6; Pl. LXIV, Fig. 6; Pl. LXVII, Fig. 8. * A. Acassız, Hassler Expedition I. I. c. p. 5. Fig. 2. a « a I a Di o . 7 = - Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidariden. 75 körperchen nur äußerst spärlich vor und haben dann die Gestalt klei- - ner, an einem Ende mitunter kurz gegabelter Stäbchen. Die ventralen Füßchen aber besitzen eine Saugscheibe, welche durch eine aus ge- wöhnlich fünf Stücken zusammengesetzte Kalkrosette (Fig. 9) gestützt wird. Die Kalkrosette ist an ihrem äußeren Rande gedornt und gleicht in ihrer Gesammtform einer Schüssel, deren Rand mit Zacken besetzt ist und deren Boden fehlt; die Concavität der Rosette entspricht der Concavität der Saugscheibe. Bei Asthenosoma hystrix und A. fenestrata scheint die Kalkrosette, nach den Tnuomson’schen Abbildungen zu schließen , eine ganz ähnliche Form zu haben. Die Kalkkörper in der Wandung der ventralen Füßchen sind zwar weit zahlreicher als in den dorsalen Füßchen, jedoch noch lange nicht so dicht gelagert wie bei A. hystrix und A. fenestrata.. Am engsten bei einander liegen sie dicht - unter der Kalkrosette der Saugscheibe und werden von hier an gegen die Basis der Füßchen allmählich seltener. Sie haben die Gestalt kleiner _ ästiger, mitunter auch ein oder zwei Mal durchlöcherter Körperchen (Fig. 10). So stark entwickelte Kalkkörperchen wie bei A. hystrix und A. fenestrata habe ich bei A. varium niemals gefunden. Am auffälligsten istdie bilateral-symmetrischeAnordnung der Kalkkörperchen der Füßchen. Während sie dicht unter der Kalkrosette in ziemlich gleichmäßiger Vertheilung das ganze Füßchen umgreifen, ordnen sie sich weiter gegen die Füßchenbasis hin. in zwei einander gegenüberliegende Reihen an, zwischen denen die Füßchen- wand gänzlich frei von kalkigen Einlagerungen ist. Eine ähnliche auf- fällige bilaterale Anordnung der Kalkkörperchen der Füßchenwandung ist meines Wissens von anderen Echinodermen bis jetzt noch nicht be- kannt geworden. Für die Beurtheilung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Echinothuriden ist es nicht ohne Bedeutung festzustellen, ob am Peri- ‚stome Kiemen vorhanden sind oder nicht. W. Tnomson! behauptet das letztere. Dieser Behauptung glaube ich mit aller Bestimmtheit wider- sprechen zu müssen. Die mir vorliegendenExemplare wenig- stens besitzen Kiemen, und da diese Organe keineswegs zu den schwankenden Charakteren am Echinidenkörper gehören , sondern bei allen Familien mit alleiniger Ausnahme der echten Cidariden constant - vorhanden sind, so darf ich wohl auch annehmen, dass ihr Vorkommen bei den Echinothuriden nicht auf die von mir untersuchten Formen be- - schränkt ist, sondern sich auch bei den von W. Tnomson und A. Acassız - beschriebenen Arten bei näherer Untersuchung wird nachweisen lassen. 1]. c.p. 731. 76 Hubert Ludwig, Die Lage der Kiemen bei Asthenosoma varium erhellt aus untenstehendem Holzschnitte. Dieselben liegen in dem peripheren Theile der Buccalmem- bran zwischen den am Peristome endigenden Interambulacralplatten der Corona und den sich auf die Buccalmembran fortsetzenden Ambulacral- platten. Die nächste Umgebung der Ursprungsstellen der Kiemen ist nicht verkalkt, sondern weichhäutig, von derselben Beschaffenheit wie die weichhäutigen Partien zwischen den Platten der Buccalmembran und der Corona. Einschnitte am Peri- stomrande der Interambulacren für die Aufnahme der Kiemen sind nicht vorhanden. Dieser Umstand, so wie auch die Zart- heit und verhältnismäßige Klein- heit der Kiemen haben es wahr- scheinlich verschuldet, dass sie von Tnonsox und, wie es scheint, auch von Acassız übersehen wor- den sind. Das Peristom hat einen Durchmesser von 47 mm und ist nicht kreisrund, sondern abge- rundet-pentagonal. Ansicht eines Theiles des Peristoms von Aus dem Mundeingange Asthenosoma varium Grube bei viermali- ragen die an ihrer Innenseite ger Vergrößerung und nach Entfernung nicht gekielten Zähne hervor. der Stachel, Pedicellarien und Füßchen. > 3 r K, Kieme; a, Buccalplatten; b, radiale Kara De Iniersuckung des Platten der Corona; c, interradiale Platten Kauapparates, wie überhaupt der Corona. der inneren Organe, war mir nicht gestattet. Die Buccalmembran ist von Plattenreihen eingenommen, welche in ähnlicher Weise, wie bei den Cidariden, eine Fortsetzung der Platten- reihen der Corona darstellen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass in dieser Hinsicht dennoch ein ganz fundamentaler und bis jetzt nicht beachteter Gegensatz zu den Cidariden besteht. Bei den Cidariden setzen sich nämlich sowohl die Platten der Ambulacren als auch die Plat- ten der Interambulacren auf die Buccalmembran bis zum Mundrande fort; auf der Buccalmembran der Cidariden können wir also eben so wie in der Corona aller lebenden und der meisten fossilen Echinoideen zehn Paare von Plattenreihen, fünf ambulacrale und fünf interambula- erale, unterscheiden. Bei Asthenosoma und Phormosoma aber liegen die Verhältnisse anders; hier hören die interambulacralen Platten, eben so Balz ai. U a0 a? in "| ' ’ Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidariden, Ta wie bei allen anderen Seeigeln mit Ausnahme der Cidariden , am Peri- -stomrande der Corona auf und es setzen sich nur die ambula- eralen Platten auf die Buccalmembran fort; indem sich im Bereiche der Buccalmembran die ambulacralen Platten bis zur Median- ebene der Interradien verlängern, bilden sie eine aus nur fünf Paaren von Plattenreihen gebildete Bedeckung der Buccalmembran. Während also die Cidariden zehn Paare von Buccalplattenreihen besitzen, kom- men den Echinothuriden nur die fünf ambulacralen Paare zu. Mit diesem Befunde steht die Angabe im Widerspruch, welche W. ' Tuomson ! in seiner Charakteristik der Echinothuriden macht: »The peristome is covered byten double rows of imbricated calcareous scales, and five alternate double rows of these are perforated for the passage of tube feet in continous series with those of the ambulacral areas of the corona, as in the Cidaridae.« Glücklicherweise kann man aber schon aus Tnomson’s eigenen Abbildungen die Unrichtigkeit dieser "Schilderung beweisen. Aus den Figuren, welche er vom Peristom von Phormosoma placenta? und Asthenosoma hystrix ? giebt, lässt sich er- sehen, dass auch hier, ähnlich wie in den mir vorliegenden Exemplaren, die Buccalmembran nur fünf Paare von ambulacralen Plattenreihen, die sich aber in die interradiären Bezirke bis zur gegenseitigen Berührung ausdehnen, besitzt. Die Echinothuriden stehen also hinsichtlich des Baues ihrer Buccal- membran den Cidariden keineswegs so nahe, wie W. Tuomson und A. Acassız geglaubt haben. Die Cidariden unterscheiden sich nach wie vor von allen anderen Echiniden dadurch, dass alle Plattenreihen der Corona sich auf die Mundhaut fortsetzen. Bei den Echinothuriden setzen sich, wie wir sahen, nur die ambulacralen Plattenreihen auf die Mund- haut fort; dasselbe findet im Grunde genommen auch bei allen anderen regulären Seeigeln statt, denn man kann nicht zweifeln, dass die zehn Platten, welche bei Salenia, Diadema, Arbacia, Echinometra, Echinus die allbekannten Mundfüßchen, die neuerdings seltsamer Weise neu ent- deckt wurden ?, in die Reihe der ambulacralen Platten zu stellen sind. Der Unterschied zwischen den Echinothuriden und den letztgenannten Seeigelfamilien liegt hier nur darin, dass bei jenen eine größere Zahl (in 1].c. p. 730; ferner p. 732 von Phormosoma placenta, p. 740 von Astheno- soma hystrix. 2 Pl. LXII, Fig. A. 3 pl. LXV, Fig. 1, 2. *4F,C. Norr, Einige Beobachtungen im Seewasser-Zimmeraquarium. Zoolog. Anzeiger Nr. 34. 4879. p. 405: »Eigenthümliche Organe bei den Seeigeln«. H. Lup- wie, Notiz über die von F. C. Norr beschriebenen eigenthümlichen Organe der Seeigel. Zoolog. Anzeiger. Nr. 36. 1879, p. 455—456. - 8 - Hubert Ludwig, unserem Falle mindestens acht Paare) von ambulacralen Platten in die Buccalmembran gerückt sind, bei diesen aber immer nur je zwei Platten eines jeden Ambulacrums. Wir können also bei den regulären Seeigeln unterscheiden: I. solche mit Ambulacral- und Interambula- ceralplatten in der Buccalmembran : Cidaridae; II. solche nur mit Ambulacralplatten in der Buccalmembran; und unter diesen kön- nen wir wieder zwei Unterabtheilungen aufstellen: IIa. solche, deren Buccalmembran mehr als je zwei Platten eines jeden Ambula- crums enthält: Echinothuridae; und IIb. solche, deren Buccalmembran immer nur je zwei Platten eines jeden Ambulacrums in sich auf- nimmt: Salenidae, Arbaciadae, Diadematidae, Echinometradae, Echi- nidae (s. str.). Die Kalkplättchen, welche in der Gruppe IIb sehr häu- fig den ganzen, von den zehn ambulacralen Buccalplatten freigelassenen Bereich der Mundhaut einnehmen, betrachte ich demnach nicht etwa als interambulacrale Platten, welche auf die Buccalmembran sich erstreckt haben, sondern als sekundäre Skelettbildungen sui generis, die mit den Interambulacralplatten der Corona nichts zu schaffen haben. Zu dieser Auffassung berechtigt erstens der Umstand, dass jene Kalkplättchen der Mundhaut niemals in ihrer Zahl und Anordnung sich als Fortsetzungen der zehn interambulacralen Plattenreihen erweisen lassen. Zweitens aber spricht dafür, und es scheint das besonders beachtenswerth zu sein, die Lage der Kiemen. Bei Asthenosoma sahen wir, dass die Kie- men da auftreten, wo die interambulacralen Plattenreihen endigen. Bei den Seeigeln der Gruppe IIb sind überall Kiemen vorhanden, stets liegen dieselben am Peristomrande der Corona. Wollte man nun bei den Seeigeln der Gruppe IIb die in der Mundhaut auftretenden Plätt- chen als umgewandelte und verschobene Interambulacralplatten be- trachten, so müsste man sich consequenter Weise zu der durch nichts bewiesenen Annahme verstehen, dass die Kiemen hier zwischen den Interambulacralplatten liegen, während sie bei den Echinothuriden sich adoralwärts von denselben befinden. Dieser Schwierigkeit geht man aus dem Wege, wenn man die Kalkplättchen, welche in der Mundhaut der Gruppe IIb auftreten, als sekundäre Bildungen betrachtet; eine Auffassung, mit welcher die Unregelmäßigkeit in Zahl und Anordnung dieser Plättchen vollkommen im Einklange steht. Die Kiemen bezeich- nen also in der ganzen Gruppe II das adorale Ende der interambula- cralen Plattenreihen. . Wie aber verhalten sich die Kiemen in der Gruppe I, bei den Cida- riden? J. Mürter! stellt hier ihre Existenz gänzlich in Abrede und ich ! Joa. MüLLer, Über den Bau der Echinodermen. Berlin 4854. p. 26. ur ’ Huzr he N u br ut “77 > h- “ 2 4 + vn aid a inne AN AI U U Ze Anl can ab a Lan an Alla 2 nie 6 N, on ah, daran nd 7 a va) lee Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidariden. 79 - muss ihm beipflichten trotz des Widerspruches, den A. Asassız! gegen seine Angabe erhoben hat. Bei Doroeidaris papillata, Goniocidaris cana- liculata und Cidaris tribuloides habe ich mich vergeblich bemüht die Kiemen aufzufinden. Nach Acassız sollen sie an dem Mundrande der Buccalmembran in den schon von J. MürLer gezeichneten ? Einschnitten liegen. Acassız verweist auch auf einige seiner eigenen Abbildungen 3; aber auch mit dem besten Willen kann ich dort eben so wenig etwas von Kiemen sehen, wie an den genannten mir vorliegenden Thieren. Die fünf Einschnitte an dem Mundrande des von J. Mürzer abgebildeten - Exemplars von Cidaris tribuloides, auf welche Acassız sich beruft, scheinen mir nach dem Verhalten des von mir untersuchten Exemplars derselben Species darin ihre Erklärung zu finden, dass J. Mürrer ein trockenes Exemplar vor sich gehabt hat, an welchem die nicht verkalkte Hautpartie, welche den von ihm gezeichneten, an Spiritusexemplaren - aber gar nicht vorhandenen Einschnitten entspricht, eingeschrumpft oder _ ganz entfernt war. Der völlige Mangel der Kiemen scheint mir demnach für die Cidariden eben so charakteristisch zu sein, wie für die übrigen ” regulären Seeigel deren Besitz. Ich möchte desshalb den Vorschlag machen, die Cidariden als »Kiemenlose « allen anderen Familien gegenüber zu stel- _ len. Wir können dann die regulären Seeigel in zwei Hauptgruppen schei- den: I. Abranchiata, ohne Kiemen; Il. Branchiata, mit Kiemen. Der Apicalapparat von Asthenosoma varium hat einen Durchmesser von 42 mm, von dem äußeren Winkel einer Genitalplatte zum äußeren "Winkel der gegenüber liegenden Ocularplatte gemessen. In seiner Zu- sammensetzung unterscheidet er sich (Fig. 7) nur in untergeordneten Punkten von demjenigen von A. fenestrata, wie ihn Tuomson abbildet. ‚Die Genitalplatten sind verhältnismäßig länger und die Ocularplatten verhältnismäßig kürzer als bei jener Art. Die Genitalöffnungen sind bei - Weitem nicht so groß wie dort. Die Madreporenplatte ist bis auf ihre äußere Spitze von gleichmäßig vertheilten feinen Poren bedeckt und trägt keine Stacheln , während die vier anderen Genitalplatten in der Nähe ihres inneren Randes zwei oder drei kleine Stachelhöcker besitzen. Auch _ die Ocularplatten und eben so die Platten des Periproktes tragen kleine Stachelhöcker. Die Bildung des Apex an dem von GrusBE beschriebenen Exemplar halte ich in Übereinstimmung mit der schon von ihm ge- äußerten Vermuthung für eine individuelle Abnormität. Die Gesammtfärbung des ganzen Thieres ist ein lebhaftes Roth- = 1 A. Acassız, Revision of the Echini. p. 645, 694, 699, 700. 2J. MüLLer, |. c. Taf. II, Fig. 7 von Cidaris tribuloides. 3 Revision of the Echini. p. 700; Pl. I, Fig. 6; Pl. IIdb, Fig. 2, 3; Pl. Ic, g. M. 4]. c. Pl. LXVI, Fig. 4, 2. s0 Hubert Ludwig, braun, das ins Violette spielt. Die dünne über den Kalkplatten gelegene obere Hautschicht, welche die Trägerin der Pigmentirung ist, lässt sich in zusammenhängenden Stücken abheben. Bei näherer Betrachtung er- kennt man bald, dass die Grundfarbe des Körpers ein helles, gelbliches Rothbraun ist, welches von einer Unzahl von winzigen, runden, dunkel- rothbraunen bis violetten Pünktchen dicht übersät ist. Das zweite mir vorliegende Exemplar ist kleiner (Querdurchmesser — 4,8 cm) als dasjenige, welches den vorstehenden Angaben zu Grunde liegt, stimmt aber sonst in allen Beziehungen so sehr mit demselben überein, dass ich nicht weiter darauf einzugehen brauche. Das dritte mir vorliegende Exemplar von Asthenosoma zeigt einige bemerkenswerthe Verschiedenheiten von den beiden anderen. Zunächst möchte ich in dieser Hinsicht erwähnen, dass während die beiden klei- neren Pedicellariensorten sich ganz so wie A. varium verhalten, die größere Sorte abweichend gestaltet ist. Dieselbe besitzt ein nur Imm langes Köpfchen (Fig. 6), dessen Greifarme verhältnismäßig plump und gedrungen sind und an ihrem Berührungsrande nicht fünf, sondern ge- wöhnlich sieben lappige Ausbuchtungen besitzen. Der Querdurchmesser dieses Thieres beträgt 3cm; die Höhe 7 mm. Die Höhe ist am Rande und in der Mitte des Körpers fast genau dieselbe, was wohl damit zusammenhängt, dass an diesem Exemplare nicht, wie bei den beiden anderen, die Körperflüssigkeit durch einen Einstich ent- leert und dadurch ein Einsinken der dorsalen Körperwand verursacht ist. Der Randkontur dieses Exemplars ist leicht fünfeckig; die Ecken des Pentagons entsprechen den Ambulacren; eine Andeutung dieses Verhaltens ließ sich auch bei den beiden anderen Individuen wahrneh- men. Häutige Anschwellungen an den Stacheln fehlen. Besonders auffällig ist der Bau des Apicalapparates bei diesem Exemplare. Wie aus Fig. 8 hervorgeht, hat derselbe im Allgemeinen dieselbe Zusammensetzung wie derjenige von A. varium. Betrachtet man aber die Genitalplatten näher, so sieht man, dass nur eine dersel- ben, und zwar die als Madreporenplatte dienende, einen großen Geni- talporus besitzt; von den vier anderen haben drei eine ganz kleine Öffnung und die vierte, es ist dies die rechts auf die Madreporenplatte folgende, besitzt zwei kleine Öffnungen. Ferner liegt der große Genital- porus der Madreporenplatte nicht, wie gewöhnlich, in der Mittellinie der Platte, sondern am seitlichen Rande derselben. Eine derartige seitliche Verschiebung der Genitalöffnung ist, so weit ich mich erinnern kann, bis jetzt bei regulären Echiniden noch nicht beobachtet worden. Eben so weiß ich keinen bekannten Fall aufzuführen, in welchem, wie hier, die Genitalöffnungen von so beträchtlicher Größendifferenz sind, dass u Ka j Zug Bä _ Über Asthenosoma varium Grube und über ein nenes Organ bei den Cidariden. s1 man zu der Vermuthung gedrängt wird, nur eine derselben, die große, sei in Funktion getreten, die anderen aber in Rückbildung begriffen. Der Umstand, dass eine der fünf Genitalplatten nicht eine, sondern zwei Öffnungen besitzt, steht nicht ganz vereinzelt da. Es sind in der Litteratur bereits mehrere derartige interessante Vorkommnisse verzeich- net. So erwähnt — um zunächst bei lebenden Formen zu bleiben — A. Acassız, dass bei Stephanocidaris bispinosa mitunter zwei Genital- öffnungen in den Genitalplatten vorkommen ; in der zugehörigen Abbil- dung haben zwei einander benachbarte Genitalplatten je zwei nahe bei- ‚sammen liegende Öffnungen !. Ferner beobachtete HowarD STEWART ein abnormes Exemplar von Echinus Flemingii, bei welchem die Genital- platten eine kleine von fünf Öffnungen umgebene Papille besaßen; eine der Platten besaß nur drei Öffnungen?. Nicht ohne Bedeutung scheint mir zu sein, dass solche Fälle von vermehrten Genitalöffnungen sich verhältnismäßig häufig bei den paläozoischen Seeigeln finden, zu denen ja die Gattung Asthenosoma ohnehin schon Beziehungen besitzt. So finden sich bei Archaeocidaris Harteiana Baily in jeder Genitalplatte, mit "Ausnahme der Madreporenplatte, sechs Poren®. Bei Palaechinus ele- gans M’Coy kommen in jeder Genitalplatte drei Öffnungen vor®. Ähnlich bei Palaechinus sphaericus Scouler; hier besitzen vier Genitalplatten je drei Öffnungen, die fünfte aber nur eine einzige. Auch bei der Gat- ‚tung Melonites wechselt die Zahl der Poren in jeder Genitalplatte von ' zwei bis fünf; bei dem von Röner® beschriebenen Exemplare besitzen vier Genitalplatten je drei und die fünfte nur zwei Porenöffnungen. Ferner kommen ähnliche Verhältnisse vor bei Oligoporus nobilis Meek u. Worthen”? und Perischodomus biserialis M’Coy®. 1 A. Asassız, Revision of the Echini. 1872—4874. p. 393. Pl. I, Fig. A. ü -2 Tuos. HowArp STEwART, On a Malformation in Echinus Flemingii, Ball. Ann. and Mag. Nat. Hist. 3. Ser. Vol. V. 4860. p. 343. | 3 W.H. Baıty, Remarks on the Palaeozoic Echinidae, Palaechinus and Archaeo- eidaris. Journ. of the Royal Geological Society of Ireland. Vol. IV. 4374. 4 W.H. Baıry, 1. c. und Lov£s, Etudes sur les Echinoidees. p. 80. Fig. 2. —— 5L. pe Konınck, Sur quelques &chinodermes remarquables des terrains paldo- zoiques. Bull. de l’Acad. roy. des scienc. de Belgique. 2. Ser. T. XXVIII. Bruxelles 4869. p. 544—552. ci 6F. RÖMER, Über den Bau von Melonites multipora, ein Echinid des amerika- - nischen Kohlenkalks. Archiv für Naturgesch. 1855. I. p. 312—330. S "F. B. Meex and A. H. WorrsEn, Remarks on some types of Carboniferous Fi Crinoidea, with descriptions of new Genera and Species of the same, and of one - 5 - Echinoid. Proceed. Acad. Nat. Scienc. Philadelphia. XX. 1868. p. 335—359. p. 358 —359. n ‚8 FREDERICK M’Coy, On some new Palaeozoic Echinodermata. Ann. and Mag. 5 Nat. Hist. 2. Ser. Vol. III. 1849. p. 244—254. p. 253— 254. E Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 6 v9 L \ 2 | Hubert Ludwig, Um auf das vorliegende Exemplar zurückzukommen, so erhebt sich die Frage, ob die erwähnten Unterschiede von den beiden anderen Exemplaren groß genug sind, um darauf eine besondere Species zu gründen. Ich möchte diese Frage bejahen. Doch will ich davon ab- stehen dem Thiere einen neuen Speciesnamen zu geben, daich ver- 3 muthe, dass dasselbe zu der einen oder anderen » Challenger «-Art ge- hört, deren genaue Beschreibung von Ar. Asassız zu erwarten steht. P. Schließlich möchte ich mir noch einige Worte über die schon einige Male berührte Eintheilung der regulären Echinoideen ge- 3 statten. Craus! hat in der neuesten Auflage seiner Grundzüge der Zoo- logie die » Echinothurideae « (Familie: Echinothuridae) als gleichwerthige ; Unterordnung neben die »Cidarideae« (Familien: Saleniadae, Cidaridae und »Echinideae« (Familien: Arbaciadae, Diadematidae, Echinidae, - Echinometradae) gestellt. Mit dieser Anordnung kann ich mich nicht 4 einverstanden erklären, denn einerseits besitzen die Cidaridae Merkmale, 4 welche sie allen anderen Familien scharf gegenüber stellen, und ander- seits sind die Beziehungen der Echinothuriden zu den Diadematiden und zum Theil auch zu den Arbaciaden so innige, dass eine so scharfe Los- lösung derselben nicht gerechtfertigt erscheint. Ich glaube, dass die Verwandtschaftsverhältnisse der regulären Echinoideen einen richtigeren systematischen Ausdruck gewinnen, wenn man, wie oben vorgeschlagen, zunächst eintheilt in Abranchiata und Branchiata. Zu den Abranchiaten, die sich außer durch den Mangel der Kiemen auch noch dadurch von den Branchiaten unterscheiden , dass sämmtliche zehn Plattenreihen der Corona sich auf die Mundhaut fortsetzen , gehört nur allein die Familie der Cidaridae (mit Ausschluss der von Acassız mit ihnen vereinigten 4 Salenien). Unter den Branchiaten, die nicht nur durch den Besitz von Kiemen, sondern auch dadurch charakterisirt sind, dass nur die Ambu- lacralplatten der Corona auf die Mundhaut sich fortsetzen, unterscheiden wir dann: 4) solche mit mehr als je einem Paar von Ambulacralplatten- in der Mundhaut: Familie der Echinothuridae; — 2) solche mit nur je einem Paar von Ambulacralplatten und häufig zahlreichen sekundären Platten in der Mundhaut; hierhin gehören die Salenidae, Diadematidaas | Arbaciadae, Echinidae ud Echinometradae. ’2 Ein neues Organ bei den Cidariden. Mit Tafel Ill. Der Kauapparat der regulären Seeigel ist schon so oft Gegenstand von Untersuchungen und Beschreibungen gewesen, dass man denselben als i Craus, Grundzüge der Zoologie. 4. Auflage. I. Bd. Marburg 1879. p. 355 bis 358. 2 j d 9 Cr gen hi ” R Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidariden. 53 hinreichend bekannt betrachten dürfte. Dennoch ist das nicht der Fall, wie mich ein interessanter Fund bei der anatomischen Zergliederung _ einiger Cidariden belehrte. Als ich ein 4,5 cm im Querdurchmesser messendes Exemplar von ‚Cidaris tribuloides Bl. von der Dorsalseite her öffnete, bot der Kauappa- _ rat von oben gesehen einen mich völlig überraschenden Anblick dar. Unmittelbar unter der Gabelung eines jeden der fünf Gabelstücke nimmt ein zierlich geformtes Organ seinen Ursprung, das weder in der Littera- tur erwähnt wird, noch auch mir selbst bis jetzt vor Augen gekommen ist. In Fig. 1 habe ich die obere Ansicht des Kauapparates wiederzu- geben versucht. Jedes der fünf unter der Gabelung der Gabelstücke hervortretenden und frei in die Körperhöhle ragenden Organe (Fig. 1 a) stellt einen von seiner Basis bis zu seiner Spitze sich allmählich ver- engernden hohlen Sack dar, dessen Hohlraum nach der Körperhöhle hin ‚allseitig geschlossen ist, an seiner Basis aber mit dem inneren Hohl- _ raume der Pyramiden in offenem Zusammenhange steht. Die fünf sack- "a förmigen Organe sind eben so wie die Gabelstücke in der Richtung der Ambulacren gelegen; wir wollen sie desshalb, da sich, wie wir sehen werden, über ihre Funktion noch nichts Sicheres ermitteln ließ, ein- fach als die radiären Blindsäcke des Kauapparates be- _ zeichnen. Jeder radiäre Blindsack besteht aus einer dünnen Wandung, welche durch zahlreiche, eingelagerte Kalkkörper ziemlich starr geworden ist und so den inneren Hohlraum stets offen hält. Der ganze Blindsack hat durebschnittlich eine Länge von 8 mm und ist an seiner Basis oder Ur- sprungsstelle 3 mm breit. Das sich allmählich verjüngende freie Ende ist nach oben gekrümmt. Der Blindsack ist in der Ansicht von oben oder unten breiter als in der Seitenansicht. Wir können also an ihm eine obere dorsale und eine untere ventrale Oberfläche unterscheiden. Beide Oberflächen verhalten sich nicht ganz gleichartig. Während die dorsale keine Ausbuchtungen zeigt, ist die ventrale Oberfläche mit kurzen _ Ausbuchtungen besetzt, welche in der Fig. 4 am Rande der Blindsäcke sichtbar sind. Die Ausbuchtungen unterscheiden sich in ihrem Baue _ durchaus nicht von dem Bau des ganzen Blindsackes überhaupt; ihr Hohlraum ist nur eine unmittelbare Fortsetzung des Hohlraumes des 'Sackes selbst. Eine bestimmt ausgesprochene Muskelschicht vermochte - ich in der Wandung des Blindsackes nicht aufzufinden. Die Kalkkörper in der Wandung des radiären Blindsackes sind so stark entwickelt, dass sie an manchen Stellen in Gestalt kurzer Dornen oder Stschelchen über die äußere Oberfläche des Organs emporragen. Am dichtesten liegen sie in der dorsalen,, keine Ausstülpungen tragen- 6* 84 | Hubert Ludwig, den Wand. Ihre Gestalt lässt sich durchgängig auf eine dreistrahlige Anlage zurückführen, deren Äste gewöhnlich in ungleichen Winkeln von einander abstehen. In Fig. 2 bis Fig. 7 sind eine Anzahl dieser Kalk- körper abgebildet. Fig. 2 stellt die jüngste und einfachste Form, die 3 dreistrahlige Grundform, dar; sie hat eine Größe von meistens 0,04 mm, doch kommt die gleiche Form auch bis zu einer Größe von 0,07 mm vor. Die in Fig. 5 gezeichnete Form findet sich vorzugsweise in der ventralen Wand und in den Ausbuchtungen derselben; sie misst circa 0,3 mm. Die übrigen Formen, Fig. 3, k, 6, 7, trifft man namentlich in der dor- salen Wand des Organs an. Die Kalkkörperchen der Fig. 6 und 7 mes- ‚sen 0,5—0,6mm. Dass sie auf eine dreistrahlige Anlage zurückzuführen sind, geht aus den Abbildungen ohne Weiteres hervor. Außer den so eben beschriebenen dreistrahligen Kalkkörpern kommen in den radiären Blindsäcken vereinzelt auch noch größere, bis zu 0,9 mm Länge messende, leicht gebogene stabförmige Kalkkörper vor; sie lassen sich durch An- nahme einer unvollkommenen Ausbildung eines Strahles gleichfalls auf die dreistrahlige Grundform zurückführen. Rechts und links von der Basis des radiären Blindsackes befinden sich noch je ein kleineres, mit Ausbuchtungen besetztes Blindsäckchen, welches in seinem Bau mit dem radiären Blindsacke durchaus überein- | stimmt, auch eben so wie dieser mit dem inneren Hohlraume der Pyra- miden in offenem Zusammenhange steht. Wir wollen diese beiden klei- neren Blindsäckchen als Nebenblindsäcke bezeichnen (Fig. 1b). Die so eben beschriebenen Organe sind bis jetzt völlig unbekannt, wenigstens kann ich in der mir zugängigen Litteratur nirgends ein An- zeichen davon entdecken, dass dieselben jemals beobachtet worden seien. Auch A. Acassız, obschon er einige anatomische Abbildungen derselben Species in seiner Revision of the Echini (Pl. XXVIII, Fig. 3, %) giebt, erwähnt dieselben mit keinem Worte. Die nächste Frage nach dem Funde dieser eigenthümlichen Gebilde war die, ob dieselben auch bei anderen Echinoideen vorkommen, oder auf die vorliegende Art beschränkt seien? So weit mir Material zu Ge- bote stand, suchte ich diese Frage zu beantworten und gelangte dabei zu folgenden Ergebnissen. Bei einem Exemplar von Cidaris metularia Blainv. von A,4cm Querdurchmesser sind die fünf radiären Blindsäcke und die zehn Nebanz blindsäckchen gleichfalls vorhanden; die ersteren haben eine Länge von 2mm;, ihr Lumen wird durch die Kalkkörper der Wandung weit offen gehalten, ihre Gestalt wiederholt die bei Cidaris tribuloides geschilder- E ten Verhältnisse. Die Nebenblindsäcke sind ganz winzig. Die Kalk- körper haben eine durch die Dünnheit der Kalkstäbe bedingte zierliche . ar Bi u a a el it ie! 5 2 Über Asthenosoma varium Grube und über ein neues Organ bei den Cidariden. S5 ‚Gestalt und messen 0,3—0,45 mm. In Fig. 11—13 sind einige derselben ‚gezeichnet, um ihren Habitus anzudeuten. Auch bei Dorocidaris papillata A. Ag., wovon ich ein 2,5cm im - Querdurchmesser messendes Exemplar zergliedern konnte, sind die fünf radiären Blindsäcke vorhanden; hingegen vermisse ich hier die Neben- _ blindsäckchen, welche also bei dieser Art gar nicht zur Ausbildung ge- langt sind. Die radiären Blindsäcke haben eine Länge von 5mm. Da in ihrer Wandung die Kalkkörper nicht entfernt so zahlreich sind, wie bei den beiden untersuchten Cidaris-Arten, namentlich bei Cidaris tribuloides, so ist sie nicht starr, sondern weich und zart. Doch liegen auch hier die Kalkkörper in der dorsalen, nicht ausgebuchteten Wand näher bei einander, als in der mit Ausbuchtungen besetzten ventralen "Wand. Fig. 8, 9 und 10 stellen die beiden Hauptformen der Kalkkörper dar: die dreistrahlige, nicht durchlöcherte und die durchlöcherte. Von Goniocidaris canaliculata A. Ag. untersuchte ich ein Exemplar von 3,4cm Querdurchmesser. Auch hier fand ich die neuen Organe, und zwar sind nicht nur die circa 5 mm langen radiären Blind- säcke, sondern auch die fünf Paare der 1,5 mm langen Neben- _ blindsäckchen vorhanden. Was aber diese Organe bei Goniocidaris ' canalieulata von denjenigen der drei anderen vorhin besprochenen Cidariden unterscheidet, ist der gänzliche Mangel von Kalkkörpern in ihrer Wandung. Da ich keine anderen Cidariden zur Verfügung hatte, konnte ich die Untersuchung auf keine größere Zahl von Arten ausdehnen. Doch glaube ich, dass auch schon die mitgetheilten Befunde genügen, um in den radiären Blindsäcken des Kauapparates eine der ganzen Familie der Cidariden eigenthümliche Einrichtung zu erkennen. Um das etwaige Vorkommen dieser merkwürdigen Organe bei anderen Seeigelfamilien festzustellen, untersuchte ich aus der Familie der Echinometren Echino- _ metra lucunter, aus der Familie der Arbacien Arbacia punctulata und aus der Familie der eigentlichen Echinen Sphaerechinus granularis. In allen diesen Fällen war das Nachsuchen resultatlos, nicht eine Spur der - Blindsäcke vermochte ich nachzuweisen, so dass ich mich berechtigt r\ r ” Z . ® glaube, den genannten drei Familien die radiären Blindsäcke des Kau- apparates überhaupt abzusprechen. Nur bei den Diadematiden konnte ich bis jetzt eine Spur jener den Cidariden eigenthümlichen Organe wiederfinden. Bei Diadema setosum Gray fand ich an denselben Stellen des Kauapparates, an welchen bei ‚den Cidariden die radiären Blindsäcke anhängen, fünf ganz ähnliche, dünnhäutige Organe, die sich nur dadurch von jenen unterscheiden, dass sie einfach sackförmig, nicht mit Ausbuchtungen besetzt sind. Da > . en A Ar a ee ee 4 Wr We 86 Hubert Ludwig, Über Asthenosoma var, Grube u. üb. ein neues Org. bei d. Cidariden. % man aus hier nicht weiter zu erörternden Gründen berechtigt ist die. Cidariden für älter als die Diadematiden zu halten, so kann man das Vorkommeu der radiären Blindsäcke am Kauapparat der letzteren als ein Festhalten einer ererbten Eigenthümlichkeit betrachten , welche den Arbacien, Echinen und Echinometren verloren gegangen ist. Über die morphologische Bedeutung der radiären Blindsäcke am Kauapparat der Cidariden jetzt schon eine bestimmte Ansicht aufstellen zu wollen, scheint mir verfrüht zu sein. Dazu wäre vor allen Dingen ein besseres morphologisches Verständnis des ganzen Kauapparates der Echiniden nothwendig, als wir es zur Zeit besitzen. Eben so wenig bin ich im Stande, schon jetzt mich über die physiologische Bedeutung jener Organe zu äußern. Es wird die Aufgabe einer Untersuchung der leben- den Tbhiere sein, nach dieser Richtung zu einer gesicherten Auffassung vorzudringen. Bremen, 12. November 1879. Erklärung der Abbildungen. Tafel II. Fig. 4. Asthenosoma varium. Einer der drei Greifarme einer Pedicellarie der ersten Sorte; 45/1. R Fig. 2. Asthenosoma varium. Pedicellarie der zweiten Sorte; 440/A. Fig. 3. Einer der drei Arme der vorigen Pedicellarie im vertikalen Durch- schnitt um die Dornen der inneren vertikalen Leiste zu zeigen; 140/1. Fig. 4. Asthenosoma varium. Pedicellarie der dritten, kleinsten Sorte; 440/14. Fig. 5. Ein einzelner Greifarm der vorigen; 110/1. Fig. 6. Asthenosoma varium spec. nov,? Pedicellarie der ersten, grössten Sorte ; 45/4. Fig. 7. Asthenosoma varium. Apicalapparat; 3/1. Fig. 8. Asthenosoma varium spec. nov.? Apicalapparat; 3/1. Fig. 9. Asthenosoma varium. Theilstück der Rosette in der Saugscheibe eines Füßchens der Bauchseite;; 4180/1. Fig. 40. Asthenosoma varium. Kalkkörperchen aus der Wand eines Füßchens der Bauchseite;; 480/1. Tafel II. Fig. 4. Obere Ansicht des Kauapparates von Cidaris tribuloides. 2/1. a, die radiären Blindsäcke; b, die Nebenblindsäcke; c, die Gabelstücke ; Darm und Stein- kanal sind abgeschnitten bis auf ihre Anfangsstücke. Fig. 2—7. Kalkkörper aus einem radiären Blindsacke von Cidaris tribuloides. 140/A. Fig. s—40. Kalkkörper aus einem radiären Blindsacke von Dorocidaris papil- lata. 140/4. Fig. 44—13. Kalkkörper aus einem radiären Blindsacke von Cidaris metularia. 140/1. v RR 2 ? En A A l a an WR N Rh a Ur 2 a PR j ! LEN BuY) ee Fact nn kn 4 at u se ih ih k 2 a u a ae Zr IE ’n Ni 3 Jg =. m 7 r ni Die Wurmfauna von Madeira. IH. Von Dr. Paul Langerhans, Professor in Freiburg, z. Z. Arzt in Madeira. Mit Tafel IV—V1. Typhloscolecidae. 1) Typhloscolex Mülleri Busch. Diese zuerst von Busch bei Triest beobachtete Form ! ist dann von dem Russen N. Wacner russisch beschrieben? und Sagitella Kowalevskii benannt. Als ich sie 1877 fing, hielt ich sie für neu und gab ihr den Namen meines Lehrers, wie das Busch eben so gemacht hatte. Seit- dem haben R. Greerr * und M. Ursanın5 über dieses Thier Arbeiten ver- P2 öffentlicht, die mich namentlich den Lesern dieser Zeitschrift gegenüber einer Reproduktion meines Aufsatzes entheben, zumal unsere Beob- achtungen sehr gut übereinstimmen. Nur in Bezug auf die Geschlechts- produkte besteht ein Widerspruch: GRreEFF erklärt das Thier für ge- - trennt geschlechtlich, Ursawın für hermaphroditisch. Auch in Hinsicht auf die Stellung der Gattung sind wir nicht einig. GREEFF und ich rechnen sie zu den Polychaeten, Ursanın zu den Oligochaeten. E 14851. Beobachtungen über Anatomie und Entwicklung einiger wirbelloser Seethiere. p. 113. 2 Nouveau groupe d’Ann&lides. (Travaux de la societe des. Naturalistes de St. _ _ Petersbourg. Ill. p. 344. 1872.) a B; h- Pas er. 3 Über Acicularia Virchowii, eine neue Annelidenform. Monatsber. der königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin. 26. Nov. 4877. 4 Über pelagische Anneliden von der Küste der kanarischen Inseln» Diese Zeit- schrift. Bd. XXXII. p. 237 und Typhloscolex Mülleri, ebenda p. 661. 5 Archives de Zoologie experimentale. VII, 4. (Febr. 4879.) A TE Ze DT FREI F SE re Werd ee, £ +79 > > rar t N -, I De BE REP - Dh > - = > ET PRE er” w ea E Bar er z . « - wu Ye — »- SE x EEE zu >. ‘Fr I z - 2 ® En Wi E - > a, r u 55 Paul Langerhans, ei BE: 2) Tomopiteris scolopendra Kef. == Nach Grerrr's Aufsatz über pelagische Anneliden der kanariscen Inseln! gehört eine in zwei Exemplaren von mir gefangene Tomopteris B- zu Kererstein’s T. scolopendra aus dem Mittelmeer. Sie hatten 9 und 412 Ruder-tragende Segmente, keinen Schwanzanhang, ein Paar Stirn- fühler, ein Paar kleine Fühlercirren mit Borste, welche die Stirnfühler an Länge übertrafen, und ein Paar lange Fühlereirren mit Borste. Augen schwarz. mit einer Linse, Hirn breit. Die Borste der großen Fühlereirren ist seitlich in regelmäßigen Intervallen gekerbt {wie bei den Trophonien cf. Fig. 14 a), die der kleinen Fühler nicht. < ‘ Ariciea. 3) Aricia acustican. CrararepE hat in Port-Vendres eine kleine Aricia gefangen ?, deren E interessanteste Eigenschaft ihm aber entgangen ist, um von Marıon und Bosrerzky ? beobachtet zu werden: nämlich das Vorkommen je eines Paares von Gehörkapseln auf mehreren auf einander folgenden Segmen- ten des Körpers, ein Umstand, der für die Höhe der Entwicklung, welche das einzelne Segment zu erreichen im Stande, eben so wichtig ist, wie die segmentalen Augen von Polyophthalmus. | h Eine verwandte Aricia ist in Madeira sowohl, als in Tenerife E: (Puerto de la Orotava) häufig auf den bewachsenen Strandfelsen. Sie ist farblos oder leicht gelblich, bat einzelne braune Pigmentflecke in der Haut, wird bis 1,5 cm lang und besitzt 50 bis 60 Segmente. Der runde Kopf hat zwei schwarze Augen; er sowohl als das Mundsegment und ein zweites Segment sind ohne Anhänge. Am 3. Segment be- sinnen die Füße, zwei Ruder, jedes aus einem einfachen Cirrus be- stehend, neben dem das Borstenbündel austritt. Vom 44., seltener vom 13. Segment an dorsal jederseits eine einfach zungenförmige Kieme, die hinten nur auf den letzten Segmenten fehlt. Anal vier breite Papillen. Pharynx ausstülpbar, einfach; der Darm nimmt im 18. Segment ein Paar Coeca auf, die vorn bis ins 15. Segment reichen. E Die Geschlechter sind getrennt; es finden sich Eier aber nur in wenigen Segmenten, meist im 30. bis 33., seltener im 27. bis 30., je vier Eier pro Segment. Die Spermabildung erstreckt sich über viele Segmente. Segmentalorgane bräunlich, leicht zu erkennen. x x > 1 Diese Zeitschrift. Bd. XXXI. p. 256. ? Glanures 4864. p. 42. _ 3 Ann. des sciences naf. Ser. VI. Zool. T. U. 1875. p. 68. N Fe u * “ r ’ re ls ar Wr { MYIER PN h Die Wurmfauna von Madeira. 89 Die ersten neun ventralen Ruder sind stärker bewaffnet als die folgenden ; ihre Borsten sind in mehreren Reihen angeordnet, eine vor- ‚dere Reihe Fig. I b, eine hintere «a und c, dazu vom 3. Ruder an zwei ‚sehr dicke einfache Borsten, von denen eine mit feiner Spitze (Fig. 1 d). - Vom 40. Ruder an nur einige Borsten c und zwei e. Die dorsalen Ruder sind einfacher: sie bestehen vorn nur aus stärkeren und feineren Borsten c, und vom 7. Ruder an einer, selten zwei Fig. 4 f. Bei jünge- - ren Thieren war die Zahl der starken ventralen Ruder kleiner, nur 6 bis 7. Die Gehörorgane sitzen dorsal auf dem 8. bis 11. Segment. Jüngere Thiere haben nur 2. bis 3. Paar; die Vierzahl sah ich nur zwei Mal um ein Paar überschritten. Immer aber ist das 8. Segment oder das 6. bewaffnete das erste mit Ohren. Marıon und BopreErzkı fanden bei A. Oerstedii 5 bis 6 Paar Ohren, beginnend am 5. setigeren Seg- ment, während dieselben bei BosrEtzky's A. capsulifera auf dem 3. Seg- ment anfangen. Unsere Art ist somit bei aller Ähnlichkeit leicht von beiden zu unterscheiden. Die Gehörorgane sind kleine längliche oder runde Kapseln, welche seitlich unmittelbar unter der Rückenhaut sitzen. Sie besitzen eine Menge kleiner Otolithen, die theils schwarz, theils farblos sind, und _ durch Wimperung der Kapselwand in lebhafter Bewegung erhalten werden. Vor der Kapsel (Fig. 4 g) liegt ein kleines Grübchen in der Haut, und es scheint fast als münde ein feiner Gang hier aus, der die Kapsel mit dem umgebenden Medium verbinde. Nerven nachzuweisen gelang nicht; das Centralnervensystem läuft ventral in der Mittellinie, beide Stränge neben einander ohne deutliche Ganglienanschwellungen. Hinter den mit Ohren versehenen Segmenten hat jedes Segment fast an derselben Stelle offene Wimpergrübchen; es liegt nahe, in diesen Vorläufer oder Jugendstadien der Kapseln zu vermuthen. Spiodea. 4) Spio atlanticusn. Von einem Fischkorbe bekam ich eine Anzahl kleiner reifer Spio von I cm, 30 bis 32 Segmenten und bräunlicher Zeichnung auf dem Rücken, die dem S. Mecnikowianus Clap.! sehr ähnlich waren. Der Kopf, vorn in zwei rundliche Lappen getheilt, mit vier Augen, war ganz wie der der Mittelmeerart; die großen Fühler trugen gelbe Ringe, wie bei ihr, oder waren ganz gelbbraun. Die Kiemen saßen auf dem 2. bis 1 Annelides de Naples. II. p. 64. 90 Paul Langerhans, 20. bis 22. Segment, das Mundsegment hat einen rudimentären Fuß. Borsten in beiden Rudern Haarborsten, vom 9. an ventral dazu ein bis zwei Haken (Fig. 2 b). So weit stimmt Alles mit S. Mecnikowianus überein; abweichend aber sind die Füße, denn wir haben an ihnen (Fig. 2 «) neben der ganz freien Kieme einen oft braunen Cirrus dor- salis, während bei der Mittelmeerart dieser fehlt und die Borsten an der Wurzel der Kieme austreten. Anal vier Cirri, von denen die breiteren ventralen oft braun sind !. R 5) Prionospio Steenstrupi Mlern. MALNnGREN 2 stellte 1867 die Gattung Prionospio auf für ein an der Küste von Island in 40 Faden Tiefe gefangenes Thier, dessen charakte- ristische Eigenschaften der Besitz gefiederter Kiemen und der Mangel der Spio-Fühler war. CrarArkpe 3 erhielt in Neapel eine ähnliche, aber specifisch verschiedene Form, P. Malmgreni, die ebenfalls gefiederte Kiemen besaß und der die langen Fühler fehlten. Marıon und BoRRETZKY ! -haben dann in Marseille die Mittelmeerart mit wohl erhaltenen Fühlern gefangen, und ich bin in der Bai von Funchal der typischen Art der Gattung in zahlreichen Exemplaren mit schönen Spio-Tentakeln begeg- net. Die Gattung Prionospio hat somit das Schicksal anderer Gattungen der Familie getheilt: nämlich, des Mangels der großen Fühler geziehen zu werden, während sie dieselben besaß. Sie bleibt somit nur, aber genügend, charakterisirt durch den Besitz gefiederter Kiemen. P. Steenstrupi lebt bei Madeira in einer Tiefe von 10 bis 30 Faden im Sande; meine Exemplare maßen nur bis 2,0 cm mit 60 Segmenten, waren somit kleiner als MaLmGren’s nordisches Specimen, das 4,0 cm mit 100 Segmenten und noch abgerissen war. Selbst farblos, hatten sie durch die Farbe des Blutes einen röthlichen Stich. Der Kopf ist in einen vorn breiten, aber fühlerlosen Stirnlappen ausgezogen und trägt ein Paar Augen und hinter ihnen je einen großen rostbraunen Pigmentfleck. Das 1. Segment hat ein rudimentäres Ruder, keine Kiemen und. die großen oft bis !/, des Thieres messenden Tentakel. Das 2. und 5. Seg- ment tragen jedes ein Paar lange fadenförmige Kiemen , die mit vier Reihen Fiedern besetzt sind. Am 3. und 4. Segment sitzen an ihrer Stelle je ein Paar einfach zungenförmige Kiemen, in denen, abweichend von anderen Spioiden,, starke Kapillaren die beiden Längsgefäße ver- 1 Die Drüsen der ventralen Ruder beginnen am 5. Segment und reichen bis hinten. Segmentalorgane in reifen Segmenten stark geschwollen. 2 Annulata polychaeta etc. p. 204. 3 Ann. de Naples. II. p. 73. &1.-.C.rp.5%; Die Wurmfauna von Madeira. 91 binden. In einer großen Anzahl von Exemplaren war diese äußerst - charakteristische Anordnung der Kiemen konstant. Die Füße sind vom 2. Segment an zweiästig; die Cirren sind an den vorderen ! Segmenten zu hohen Blättern entwickelt, nehmen nach der Mitte zu ab, und hinten hängen die Cirri dorsales durch eine Quer- leiste zusammen. | Anus ventral mit einem unpaaren längeren (Fig. 3a) Cirrus und ‚einem Paar kürzerer, die oft bräunlich pigmentirt sind. Borsten ? vorn starke Haarborsten, die nach hinten allmählich feiner werden; vom 40. Segment an ist bis zum 15. die unterste Borste des unteren Ruders stärker und gekrümmt (Fig. 3 c). Vom 15. Segment an ventral Haken (Fig. 3 d); nur selten finden sich schon im 13. Segment welche. Weiter hinten, eirca vom 37. Segment an, auch dorsal Haken neben den Haarborsten. Segmentalorgane im 4., 5. und 6. Segment als braune Schläuche ‚leicht erkennbar. Bei dieser Art ist auffallend, dass die g' viel kleiner sind als die®. Ich fing im Februar reife Thiere, von denen die © 2,0cm erreichten, "während die g' nur selten 0,5 überschritten und nur einzelne die Größe kleiner © hatten. Die Borstenvertheilung ist bei beiden Geschlechtern dieselbe. | - Am Centralnervensystem dieser Art finden sich die starken L£ypic- schen Fasern, die CrararkDE bei so vielen anderen Chaetopoden nach- gewiesen hat, und zwar jederseits eine. Dieselben nehmen im Osmium die charakteristische Farbe des Fettes und des Myelins an: sie werden dunkelschwarz (Fig. 3 b). Man kann sie nach vorn bis in die Schlund- kommissur verfolgen; am dorsalen Schlundganglion hören sie auf. Bei anderen Anneliden erhielt ich mit Osmium stets nur schwächere Fär- bungen des Nervensystems. Die starke Färbung dieser Fasern hier "scheint mir geeignet, sie als markhaltige Nerven zu legitimiren, eine a Auffassung, auf die schon CrAPraripe in den Annelides sedentaires hin- gewiesen. SEMPER war bekanntlich eine Zeit ne geneigt, sie für Homo- er. nen der Chorda zu halten. 6) Polydora ciliata var. minuta Grube. = Im Herbst 1876 bekam ich aus 18 Faden Tiefe in einer alten Schale, wohl dem Stück einer Pinna, lebend, eine Kolonie von Polydoren, und ! Circa 44. MALMGREN nennt im Text nur 4, bildet aber Fig. 55 41 mehr ab. 2 Die Borsten werden von Mc Intos# genauer beschrieben als von MALMGREN. (Valorous-Annelids. p. 507.) ‚3 Archiv f. Naturgeschichte. 1844. p. 107. f - 92 Paul Langerhans, ein Jahr später an einer alten Pinna aus größerer Tiefe eine zweite Ko- lonie. Die Thiere waren bis 1,5cm lang, schwach gelblich gefärbt und hatten 41 bis 84 Segmente. Kopf in zwei stumpfe Lappen ausgezogen; einmal war einer von ihnen gespalten. Augenflecken fehlten oft oder waren unregelmäßig, Fühler groß, farblos; am Mundsegment das erste Ruder, das mit kleinem Cirrus dor- salis und dorsalem Borstenbündel, größerem Cirrus ventralis und ven- tralem Borstenbündel versehen ist. Am 5. Segment fünf starke Borsten, die bei manchen Individuen einfach stumpf sind, bei anderen zwei stumpfe Zähne haben; dazu die gleiche Zahl lanzenförmige Borsten, so wie ein feines dorsales und ventrales Bündel von Haarborsten. Sonst tragen die ersten 6 Segmente gesäumte Haarborsten; am 7. Segment ist Borstenwechsel, d. h. es treten ventral zweizähnige Haken auf neben den anderen Borsten. Am 6. bis 9. Segment die eigenthümlichen Drüsen, deren Mündungen ventral von dem ventralen Borstenbündel liegen. Die Kiemen fangen am 8., 9. oder 10. Segment an und reichen bis zum 38. bis 41.; bei kleinapei Thieren reichen sie relativ weiter nach hinten als bei ren: Anal eine runde Scheibe. Ein © hatte röthliche Eier vom 23. Segment bis zum 58.; ein g' Sperma fast in allen Segmenten. Diese Art, die ich der verwickelten Synonymie wegen genauer be- schreiben musste, scheint mir mit Jounston’s typischer P. ciliata ! über- ein zu stimmen, eben so mit OErsTED's ciliata?, vielleicht mit LEuckArr's mutica?. Auch QuaArtrerage's P. audax und Fabricii? scheinen mir hier- her zu gehören. Dagegen ist Kerzrstein’s P. ciliata® durch die geringe Zahl der Kiemen verschieden , OERSTED’S coeca wohl durch Größe und Farbe und Crararkoe’s Agassizii6 durch die gelbe Ringelung der Fühler und den Mangel des ventralen Ruders am Mundsegment. Die anderen Arten der Gattung haben differente Bewaffnung. 7) Polydora hamatan. CrarArkpE hat zuerst mit seiner P. hoplura eine Art dieser Gattung beschrieben, welche in einer eigenthümlichen Bewaffnung der letzten Segmente eine Anpassung an die Lebensweise im Kalkskelett der Balanen zeigt. Eine ähnliche Form ist diese hier; ich fing sie im Kalkbelag der Strandfelsen in einem stets wasserhaltigen Tümpel. Farblos, 1,0 cm, 58 bis 66 Segmenie ; Kopflappen (Fig. 4 a) vorn 1 Catalogue. p. 205. 2 Annul. Danic. consp. p. 39. 3 Archiv für Naturgesch. 1849. p. 200. * Anneles. II. p. 298, 300. 5 Diese Zeitschrift. Bd. XII. p. 116. 6 Ann. de Naples. II. p. 54. u Zn u Ze Ei ae DEE REIT NE CE WE LE Die Wurmfauna von Madeira. 93 mit rundlicher Oberlippe (Fig. 4b); zwei Paar Augen, welche manchen Bividuen fehlen. Fühler sehr lang, bis zum 2%. Segment reichend, farblos. Mundsegment mit kleinem dorsalen und ventralen Ruder. Am x. 5: Segment acht bis neun starke einzähnige Borsten (Fig. #% e), eben so viel Lanzen und Bee Bündel kleiner Borsten, kein dorsales. Bor- _ stenwechsel am 7. Segment, die ventralen Haken haben oft ein braunes Halsband (Fig. 4 d) und werden nach hinten zu kleiner (c). Die dor- 'salen Borsten sind gesäumte Haarborten ; vom 15. Segment an werden allmählich 1 bis 2 derselben länger und feiner; in den letzten circa 30 Segmenten sitzen 1 bis 2 stärkere, gekrümmte, bräunliche Borsten (Fig. 4 f) im dorsalen Bündel. Analscheibe deutlich vierlappig. Die Kiemen sind am 7. Segment angedeutet, vom 8. bis zum 23. bis 27. gut en dann fehlend. Die Drüsen der ventralen Borsten- bündel im 7. bis 9. Segment; vom 10. an zwei dorsale Reihen von Fol- cn. Die © haben nur im 17. und 18. Segment jederseits ein großes gelbes, die Segmente stark dehnendes Ei, die 5! dagegen Sperma vom 45.—17. Segment an bis hinten hin. Segmentalorgane in den mittleren Segmenten deutlich. Im Ganzen stimmt diese Beschreibung mit der von P. cornuta Bosc durch Crarartpe !; aber die eigenthümlichen Borsten der letzten Seg- mente werden hier nicht erwähnt. Sollten sie dennoch vorhanden sein, dann müsste natürlich meine Art den alten Namen annehmen. 8) Polydora armatan. Auch diese Art gehört zu denen mit besonderer Bewaffnung der letzten dorsalen Ruder. Ich bekam aus dem pflanzlichen Kalkbelag der Strandfelsen sechs unreife Exemplare von kaum 0,5 cm, 27 bis 33 Seg- 3 menten, farblos. Kopf vorn in zwei Spitzen ausgezogen, ohne Augen (Fig. 5 b). Fühler mäßig lang. Das Mundsegment greift dorsal weit in e das zweite Segment hinein; sein dorsales Ruder ist klein, nur mit zwei M _ dünnen Borsten Bälfaeh. Auch am 2. Segment ist das dorsale Ruder 4 noch weit nach oben gerückt. Im 5. Segment nur 2 bis 3 große, bräun- liche Borsten , stumpf dreizähnig (Fig. 5 c), ohne Lanzen; sowohl dor- b - sal als ventral von ihnen ein kleines Borstenbündel. Borstenwechsel am 5 57: Den Haken wie in n k .d. Vom 42. Segment an werden die ! MüLrer’s Archiv. 1864. p. 542. 94 Paul Langerhans, Analscheibe mit dorsalem und ventralem Einschnitt voll glänzend weißer | = Drüsen, welche aber keinen Kalk enthalten. Kiemen vom 7. bis 12. Segment. Am 8. bis 11.die Drüsentaschen ; vom 9. Segment an dorsal zwei Paar von Schlauchdrüseppacketen. In den Kiemen Drüsenfollikel. | Die Kiemenzahl stimmt gut mit Kererstein’s P. ciliata! überein. Sollte sich vielleicht auch die eigene Bewaffnung der hinteren Segmente bei ihr finden ? Chastopterea. 9) Spiochaetopterus madeirensisn. Die fünf bis heut bekannten Genera der Familie zerfallen zunächst in zwei Gruppen: solche, bei denen der Leib in zwei Abtheilungen zer- fällt — Telepsavus mit grobzähnigen Unecini und einer starken Borste im 4. Segment; Ranzania, mit glatten Uncini und mehren starken Bor- sten im 4. Segment — und solche, bei denen er drei Abschnitte dar- bietet. Die letztere Gruppe besteht aus dem Genus Phyllochaetopterus, das außer den großen Fühlern am Kopf ein Paar kleine Fühler mit inne- ren Stütznadeln trägt, und zwei Genera, die keine solche Fühler haben: von diesen hat Chaetopterus im %. Segment mehrere starke Borsten und am letzten Thoraxsegment die flügelförmigen Anhänge, Spiochaetopterus entbehrt die letzteren und hat nur eine große Borste im 4. Segment. Es ist nur eine Art der letztgenannten Gattung bekannt: S. typi- cus Sars?: ich habe in 30 Faden Tiefe eine: zweite Art in zwei Exem- plaren gefangen, reife Q von über 2cm, in gegliedertem glashellen Tubus, beide unvollständig. Kopf mit zwei großen Augen (Fig. 6 a); Mundtrichter weit. Dann neun Thoraxsegmente, bewaffnet wie bei allen Thieren der Familie; am 4. bewaffneten Segment liegt zwischen zwei ventralen und fünf dorsalen kleinen Borsten eine kolossale, mit unbewaffnetem Auge sichtbare gelbe Keule (Fig. 6 b); das 7. Segment ist bei durchfallendem Licht dunkel. Auf den Thorax folgen bei dem einen Exemplar 9, bei dem anderen 40 Segmente mit Kiemen und ven- tralen Uncini (Fig. 6 c). Vom 6. Kiemensegment an Eier. Auf die Seg- mente mit Kiemen folgen einfachere Abdominalsegmente, deren Zahl ich wegen Verstümmelung meiner Thiere nicht angeben kann; es waren bei ihnen nur bis 7 erhalten. Die Gestalt sowohl der mittleren als der hin- ! Diese Zeitschrift. Bd. XII. p. 446. 2 Fauna litor. Norvegiae. II, 4. 4856. Die Wurmfauna von Madeira. 95 teren Segmente stimmt ganz vollkommen mit dem von ÜLAPAREDE ein- gehend beschriebenen Phyllochaetopterus socialis!. Cirratulea. 40) Macrochaeta clavicornis Sars. In seinen Beskrivelser etc. hat Sars 1835 ein merkwürdi ges kleines Thier als Nais (?) elavicornis beschrieben, welches im Jahre 1851 von Grugz den Gattungsnamen Macrochaeta arripfitg und zu den Amytideen gestellt wurde. Nach der Annexion dieser Familie an die Syllideen ist es dann, wenn auch mit Widerstreben, mit zu den Syllideen gestellt worden. Ich habe nun dies offenbar recht seltene Thier in mehreren Exemplaren in Madeira gefangen und mich überzeugt, dass es unmög- "lich zu den Syllideen gerechnet werden kann, sondern in die Nähe der Cirratuleen gehört. Es unterscheidet sich allerdings von den anderen Gattungen-der Familie durch den Besitz eines Fühlerpaares am Kopf und von zusammengesetzten Borsten im ventralen Ruder. Aber die er- neute Untersuchung, welche Gruse’s Acrocirrus frontifilis von Marıon und Bosretzky erfahren hat, haben auch bei diesem Thier die gleichen Theile nachgewiesen. Dasselbe ist von Macrochaeta immerhin durch sein Mundsegment mit zwei Paar Anhängen verschieden, bildet aber mit unserer Gattung eine Gruppe, welche offenbar auch zu Sphaero- dorum Beziehungen hat. * Die Diagnose von Macrochaeta lautet: Cirratuleen mit seitlichen Kiemen an einigen vorderen Segmenten und einem Paar Antennen am Kopf. Mundsegment ohne Anhänge. Die typische Art ist M. clavicornis. = Meine Exemplare stammten von Fischkörben, hatten 0,75 bis 1,0 cm, 32 Segmente, Körper am Kopf und den ersten 6 Segmenten mit braunen Körnern in der Haut und ganz mit kleinen Papillen bedeckt. - Kopf mit erhabenem Stirntheil, zwei keulenförmigen Antennen und vier Augen, von denen die äußeren viel größer sind (Fig. 7 a). Mundseg- ment ohne Anhänge; 2. bis 5. Segment jedes mit einem Paar langer, leicht keulenförmiger Kiemen. Borsten vom 4. Segment an dorsal, vorn eine, hinten mehrere Haarborsten, ventral 1 bis 2 zarte zusammen- gesetzte Haken (Fig. 7 b). Analsegment rundlich, ohne Cirren. Darm gelblich, mit etwas ausstülpbarem Pharynx, unbewaffnet. Eier braun- gelb. ; 1 Annel. de Naples. II. p. 85. 96 Paul Langerhans, 11) Dodekaceria concharum Oersted. In Oerstep’s Diagnose der Gattung Dodekaceria ! ist das Hauptmerk- mal, dass die Kiemen auf die vorderen 5 bis 6 Segmente beschränkt sind. Auch in der Beschreibung der Art D. concharum lässt er die Kie- men nur zu je einem Paar an den vorderen Segmenten entspringen. Aber er erwähnt. dass ein Exemplar am 1. Segment zwei Paar Kiemen gehabt habe, von denen die unteren dicker waren. Da bekanntlich diese Organe sehr geneigt sind, sich loszulösen, so ist wohl der Schluss gestattet, dass dieses untere Paar »dickerer Kiemen« ursprünglich bei 3 allen Exemplaren vorhanden war. Nehmen wir dasselbe in die Diagnose b der Gattung auf, dann lautet dieselbe: Cirratuleen mit einem Paar ven- : traler Tentakeleirren am Mundsegment, je einem Paar Kiemen am Mund- 4 segment und einigen darauffolgenden. Kopf ohne Anhänge. > Diese Diagnose stimmt dann vollkommen mit der, welche Quarre- : FAGES von Heterocirrus gegeben hat?, wie ich auch seine Art, H.ater, mit D. concharum für identisch halte. Gruse’s ursprüngliche Diagnose ® von Heterocirrus unterscheidet sich von der, zu der wir für die viel ältere Gattung Dodekaceria hier gekommen sind, dadurch, dass das Mundsegment dorsal Tentakeleirren trägt. Es scheint indess nach Marıon und BoBRrETZkY ? trotzdem Gruse’s typische Art, H. saxicola, mit D. concharum identisch zu sein. Wenn das wirklich der Fall ist, dann gehört also von der ziemlich bunten Gesellschaft, die sich allmählich im Genus Heterocirrus zusam- men gefunden hat, H. saxicola und ater zu D. concharum, H. frontifilis zu AcrocirrusGr., und es bleibt nur H. multibranchis, der aber durch- aus nicht zur GrugeE’schen Diagnose passt, wie schon QUATREFAGES be- merkt. D. concharum kommt auch in Madeira in dem vegetabilischen Kalküberzug der Strandfelsen vor. Ein reifes Q von 1,5cm hatte 49 Segmente; Farbe grünschwarz. Kopf- und Mundsegment zu einem an- sehnlichen Kegel verschmolzen , an dem Quatrer4szs® Augenreihen ge- sehen hat; ich habe sie an dem dunkel pigmentirten Thiere nicht be- merkt. Mund ventral fast terminal (Fig. 8 5b); Mundsegment ventral ’ ! Archiv für Naturgeschichte. 4844. p. 109. 2 Anneles. I. p. 465. 1865. 34855. Archiv für Naturgeschichte. p. 108. 44875. Ann. scienc. nat. p. 67. Leider ist mir die hier angeführte Arbeit von Mc. Istosa, On the Boring of certain Annelids nicht zugänglich. > Archiv für Naturgesch. 1863. p. 49; cf. QUATREFAGEs, Anneles. I. p. 467. &].c.p. 465. Taf. X, Fig. 13—17. Die Wurmfauna von Madeira. 97 _ zweiringlich; von seiner hinteren Hälfte entspringen ein Paar starker "Tentakeleirren von dunkler Farbe, und dorsal von ihnen ein Paar farb- lose viel dünnere und kürzere Kiemen. Das 2. Segment ist das erste setigere; es trägt ein Paar Kiemen; eben so das 3. Mehr als drei Paar Kiemen habe ich nicht gesehen, an einem Exemplar sogar nur zwei Paar; QuaTkErAGEs hat vier, OErsTten fünf bis sechs beobachtet. — Eier vom AA. setigeren Segment an. Die Borsten sind bei einem kleineren Thiere dorsal in 6 und ventral n 5 Segmenten nur Haarborsten mit fein gezähneltem Rand (Fig. 8a); größere Exemplare haben dorsal in 7 und 8, ventral in 6 und 7 Seg- menten nur Haarborsten. Bei dem kleineren Thier begannen dann, also dorsal am 7., ventral am 6. Segment, Haken, die Anfangs mit den Haar- borsten zusammen vorkommen, vom 8. Segment an aber die alleinige Bewaffnung bilden, ventral bald stärker werden und in jedem Bündel ungleich lang sind (Fig. 8 d). Vom 16. bewaffneten Segment an dorsal wieder Haarborsten (Fig. 8 c); die Haken werden zierlicher, Anfangs zwei (Fig. 8 e), später nur einer (Fig. 8 f). Ventral nehmen die Haken an Zahl ab, an Größe zu; vom 37. Segment an treten auch wieder Haar- _ borsten auf und die Haken werden zart, wie in den dorsalen Borsten- "bündeln. Während also dem kleineren Thier die Haarborsten in einer ganzen Reihe von Segmenten fehlen, wurden sie bei größeren nur in wenigen Segmenten vermisst, und die Haken waren mehr löffelförmig (Fig. 8 g). Im Vas dorsale dieselbe braune Gewebsmasse wie bei den Audou- inien. 12) Audouinia filigera Delle Chiaje. Eine Audouinia von offenbar sehr weiter Verbreitung scheint nach ÜLAPAREDE ! zuerst von DELLE GuiaJE benannt worden zu sein. Sie ist ' augenlos, von Farbe röthlich bis mahagonibraun, hat drei Ringe ohne - Borsten und trägt seitliche Kiemen vom 1. setigeren Segment an. Vorn _ istsie in beiden Rudern nur mit Haarborsten versehen. Neben diesen : Dseten unten früher als oben, und bei kleineren Thieren früher als bei a. & großen stärkere Borsten auf, die dorsal weniger krumm und weniger dick sind als ventral, wo sie fast eine S-förmige Krümmung erreichen. } $ Die Rückenfäden bilden eine Reihe auf dem 4. oder 5. setigeren Seg- ment. Ürararkpe giebt für Neapler Exemplare das 5. Segment an; - Rurake für solche aus Norwegen das 4. Ich fand bei drei Exemplaren =. ‚in Madeira die Fäden auf dem 4. Devanielen Segment; bei einer größe- 3 Ann. de Naples. II. p. 7. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. -) Re Zu SE Bash a ER a a ia ec .- - P ur m Aa ae d DEAL TS Es = Te u a 2 £ - Er 37 98 Paul Langerhans, ren Zahl in Tenerife indess bald nur auf dem 4., bald auch auf dem 5., bald nur auf dem 5. Ich halte demnach Rırtuke’'s Form, die er selbst ! als C. borealis beschrieb, und die Quarreraces? dann als Norvegica zu Audouinia stellte, nicht für trennbar von filigera; vielleicht werden auch Aupotvin’s und Epw. A. Lamarckii? und QuATrREFAGES’ crassa® damit zu vereinen sein, und in diesem Falle wird an Stelle all dieser Namen der Montasu'sche A. tentaculata treten müssen, der sogar vor DELLE CHıaJE die Priorität hat. 13) Girratulus filiformis Kef. Zwei Exemplare dieser normännischen® Art bekam ich von alten Fischkörben. Sie waren kaum 2,0cm lang, über 80 Segmente, gelb- grün, reife 31. Kopf ohne Augen; Kiemen vom ersten setigeren Seg- ment an, vereinzelt bis hinten hin. Am ersten bewaflneten Segment dazu ein Paar sehr lange dorsale Fäden. Borsten sehr lange Haarborsten, hinten weniger zahlreich als vorn. 44) Girratulus viridis n. Mehrere unreife Exemplare von den Pflanzen der Strandfelsen, grün, 1,0 cm, 50 Segmente, Kopf mit zwei Augen, Mundsegment lang, zweiringlig. Am 1. setigeren Segment zwei lange und dicke Rückenfäden und zwei zartere Kiemen, ganz wie bei der vorigen Art. Die Kiemen reichen , allmählich seltener werdend, bis hinten hin. Die Borsten sind vorn nur Haarborsten, neben denen dorsal am 7. bis 15. Segment Haken mit langem Stiel auftreten und bis hinten reichen. Ventral finden sich die gleichen Haken schon vom 3. bis 4. Ruder an (Fig. 9) ; sie sind hier zahlreicher, bis 8, und nur einzelne von ihnen von einer kleinen Haar- borste begleitet. 15) Ghaetozone macrophthalma n. MALNGREN hat, ohne eine Diagnose der Gattung zu geben, 1867 als Chaetozone’? setosa eine Cirratulee beschrieben, deren Borsten,, ähnlich wie bei Notomastus, im hinteren Leibesabschnitt sehr breite Bündel bilden, welche die ganze Seite der Thiere einnehmen und dorsal wie ventral nur wenig Raum frei lassen. Wenn ich dies Moment allein in die Diagnose der Gattung aufnehme, dann gehört eine Madeiraform hier- her, die sonst mit Maım6ren’s Art wenig gemein hat. Also: Chaetozone, ! Nova Acta Leop.-Carol. 4843. 2 Anneles. I. p. 460. 3 Classification. 4834. p. 274. 4].c.p. 464. 5 cf. Joanston, Catalogue. p. 209. 6 Diese Zeitschr. Bd. XII. p. 122. 7 Annul. polych. etc. p. 206. na >73 ug au PETE, VOTE ENT: ‚Die Wurmfauna von Madeira. 99 i i De . _ Cirratuleen, deren Kopf keine Anhänge hat und deren Borstenbündel hinten fast die ganze Circumferenz der Segmente einnehmen. Kiemen zahlreich. | Ch. macrophthalma (Fig. 10) habe ich in zwei Exemplaren erhal- ten, beide hinten abgerissen, das längste 66 Segmente, 4,0 cm; vom 47. Segment an mit gelben Eiern erfüllt und dadurch orangefarben, aus 20 Faden Tiefe. Kopf (Fig. 10 a) mit zwei großen rothen Augen mit Linse, Mundsegment lang, dann ein unbewaffnetes Segment. Auf dem ersten setigeren Segment ein Paar lange Tentakel von fast 1,0 cm; daneben seitlich ein Paar viel zarterer Kiemen, die auf allen folgenden Segmenten sich finden; die längsten von ihnen sind 0,3 cm lang. Borstenbündel stark, alle Haarborsten sehr lang, gesäumt. Vom eirca 40. Segment an ventral, vom 48. dorsal abwechselnd mit den Haarborsten in jedem Ruder 9 bis 10 stärkere einfache Borsten (Fig. 105), welche die ganze Seite der Segmente einnehmen. : Dorsalgefäß wie bei Audouinia mit grünlicher Masse, reicht nach vorn bis ins dritte bewaffnete Segment. Capitellacea. 16) Notomastus roseus n. Von den Pflanzen der Strandfelsen erhielt ich einige Exemplare einer rosafarbenen Capitellacee, Q, wenig über 1,0 em, bis 90 Seg- mente. Kopf in einen basalen Ring und ein dahin einziehbares End- glied getheilt, mit jederseits über 20 kleinen Augen. Mundsegment ‚ohne Borsten, mit den beiden ausstülpbaren Wimperläppchen der Gat- tung. Vom 2. bis 14. sind die Segmente deutlich zweiringlich und mit gesäumten Haarborsten bewaffnet; sie tragen seitlich zwischen den Borstenbündeln eine kleine Tastpapille. Vom 15. Segment an Haken 2 re 44), im dorsalen Bündel bis 20, im großen ventralen über 40. _ An einem Exemplar hatte das 14. en beide Formen Borsten. Vom 15. Segment an braungelbe Segmentalorgane. Lymphkörperchen an Copulationsapparat so wie g' wurden nicht beobachtet. Von N. rubicundus und lirieatus ist diese Form schon durch die geringere Entwicklung der ventralen Tori unterschieden, von allen be- Funen Arten durch die größere Zahl der Thoraxsegmente. FE vn ec * As 17) Gapitella minima. Ä Von einem Fischkorb bekam ich 6 Exemplare einer interessanten _ Capitella, welche wohl mit Ancistria minima Quatrefages! identisch ist. E. 4) Anneles. II. p. 252. 7* 100 Paul Langerhans, Sie hatten 40 bis 46 Segmente, fast 2,0 cm. Die Geschlechter sind auf- fallend verschieden. Der Kopf ist bei beiden ohne Augen, das Mund- segment ohne Borsten. Dann aber folgen bei den g! vier Segmente mit Haarborsten; vom FR: Segment an in allen Rudern Haken (Fig. 12 a), vom 12. Segment an Sperma.. Die ventralen Ruder des 9. und 40. Segmentes (d. h. des8. und 9. setigeren) sind jedes durch eine starke gekrümmte Borste re- präsentirt, die (Fig. 12 b) also einen Copulationsapparat darstellen, ähn- lich dem bei C. capitata. Bei den vier Q waren nur 3 Segmente mit Haarborsten bewaffnet, und die Haken begannen schon am fünften Segment; vom 9. oder A0. Segment an ist die Haut mit braunen Pigmentflecken versehen, vom 11. an liegt jederseits neben dem Darm ein Ovarium (Fig. 12 c). Dieselben Ruder, wie beim 31, nämlich die ventralen des 8. und 9. setigeren Segmentes sind in einen Copulationsapparat umgewandelt, der aus vier Bündeln starker Borsten besteht (Fig. 12 c), also viel mächtiger ist als beim g!. Wenn diese Art mit der oben angeführten übereinstimmt, dann war QUATREFAGES einziges Exemplar wohl ein junges g'. Opheliacea. 18) Polyophthalmus pictus Duj. In der sonst mit so eingehender Sorgfalt geschriebenen Arbeit von Cıararkpe! über P. pictus werden, wie auch GrusE ? bemerkt, die für die Gattung charakteristischen Segmentalaugen nicht genügend von den unregelmäßigen Pigmentflecken der Haut getrennt, und dadurch die ganze Beschreibung unklar. GruBE hat diesem Mangel abgeholfen: die zahlreichen Exemplare der Art, die ich an den Algen der Strandfelsen und an den Fischkörben fing?, stimmen ganz mit seiner Beschreibung überein. Sie hatten pro Segment einen braunen Fleck auf dem Rücken und jederseits zwei auf der Seite, die bald groß, bald klein waren, ge- legentlich auch ganz fehlten. Die schon durch ihre rothe Farbe davon deutlich unterschiedenen Augen, saßen auf dem 7. bis 18. bis 22. be- waffneten Segment. Eine »Linse« habe ich an ihnen auch nicht gesehen, aber dass sie von halbkugeliger Gestalt sind, mit centralem Hohlraum, ist leicht festzustellen. Die Zahl der bewaffneten Segmente ist 26 ! Glanures. p. 5. 2 Annul. Semperiana. p. 196, 497. 3 Ein Exemplar wurde pelagisch gefangen. Die Wurmfauna von Madeira. 101 bis 29; die Borsten überall zweizeilig, wie schon CLararkpe selbst ! seine frühere ? Angabe berichtigend, angab. Anal 7 bis 14 fingerförmige kurze Papillen. Mit dieser weit im nord-atlantischen Ocean verbreiteten Form glaube ich jedenfalls Quarrfrases agilis vereinen zu können. Ehren- bergi?® würde sich durch den Bau der Kopfaugen, P. dubius durch die - Duplieität der Segmentalaugen unterscheiden. Gruse’s P. australis® ist von pietus nur durch die schlankere Form der Analeirren getrennt und jedenfalls sehr nahe verwandt. Am meisten different ist ULAPARKkDE'S _ pallidus5 durch die Papille zwischen den Borstenbündeln. 49) Armandia oligops Marenzeller®. Nur ein Exemplar aus größerer Tiefe, farblös, 0,5 cm, 27 setigere Segmente. Kopf {Fig. 13) mit einem frontalen Fühler und drei Augen. - Wimperorgane eingezogen, aber deutlich. Die setigeren Segmente tragen jedes zwei ziemlich ansehnliche Bündel einfacher Haarborsten und einen kurzen papillenförmigen Cirrus dorsalis und ventralis. Dazu kommt vom 2. bis zum 22. eine einfache züngenförmige Kieme. Seg- mentalaugen roth, einfach, am 8. bis 17. setigeren Segment. Anal 8 dicke und kurze Papillen. Schlund zart, Darm trägt im 6. bewaffneten Segment ein Paar Coeca, ist im 8. bis 12. breiter. 20) Saccocirrus papillocercus Bobr. MArıon und BoprErzky haben”? eine eingehende Anatomie dieser Form gegeben. Ich habe sie reichlich unter Steinen, die bei der Ebbe trocken lagen, unmittelbar westlich von der Pontinha gefangen. Meine Exemplare hatten bis 3,0 cm Länge, 80 bis 90 Segmente und waren vorn farblos, vom circa 16. Segment an grün. Der kleine Kopf mit 2 schwarzen Augen, den beiden großen Tentakeln und den dorsalen Wimpergruben, die Gestalt des Mundes und die Anwendung desselben als Saugnapf, die Form der einfachen Borsten wie des Analsegmentes mit zwei dicken Cirren stimmen vollkommen mit der Schilderung der _ eitirten Autoren überein. Eben so kann ich ihre eingehende Beschrei- bung der Muskulatur bestätigen , nur sehe ich die Längsmuskularis der Seitenkammern auch median geschlossen (Fig. 17 mi2). Der eigenthüm- liche Gentralkanal der Tentakel mit den erweiterten Taschen im Mund- segment haben eine chitinöse Hülle, welche der Maceration in Wasser 1 Ann. de Naples. II. p. 34. 2 Glanures. 'p. 9. 3 Anneles. II, p. 203, R. 5 Ann. de Naples. II. p. 34. 6 Wiener Akad. Ber. 4874. p. 64. 7 Annales des sciences nat. 4875. Juin. p. 69. EEE a a ED ET Tr re, j re EU ’ > Rz ae 102 Paul Langerhans, lange widersteht; sie wird von Marron-BoBRETzkY nicht erwähnt, wohl aber eine starke Muskulatur, die ich nicht gefunden habe. Die Beob- achtungen über das Nervensystem (cf. Fig. 17 n) wie über den Darm- kanal kann ich einfach bestätigen. Von Gefäßen habe ich außer dem dorsalen (Fig. 17 vd) ein ventrales (vv) gesehen und in jedem Tentakel außen vom Centralkanal ein Längsgefäß, welches centripetal sich zu- sammenzieht. Die sehr interessanten Angaben über die Entwicklung des Samens, dessen Fäden bis | mm lang werden, die Lage der männ- lichen Geschlechtsöffnung dorsal von den Seitenkanälen, die Gestalt des ausstülpbaren Papillenpenis (Fig. 18) stimmen ganz mit meinen Notizen. Bei den © habe ich die ventrale Geschlechtsöffnung und das mit Sperma gefüllte Receptaculum seminis ebenfalls gesehen. Die den Vasa deferentia entsprechenden Ovidukte sind mir entgangen; ich will ihre Existenz indess keineswegs bestreiten, da ich seit der Bekanntschaft mit der Arbeit von Marıon und BoBrRETZKY keine Gelegenheit zu neuen „Beobachtungen hatte. Was die Stellung der Art anlangt, so bin ich mit Hartscaek ! der Meinung, dass man sie zu den Opheliaceen rechnen muss. Die Ver- wandtschaft mit Polygordius ist andererseits sehr auffallend; hätte Saceoeirrus nicht die äußere Quermuskulatur, so würde ihn nur der Besitz der Borsten von Polygordius scheiden. \ Chlorhaemina. 21) Brada inhabilis H. Rathke. In grobem Sand lebt von 10 Faden Tiefe abwärts eine Chlorhae- mine, welche wohl mit der im Norden weit verbreiteten, von RATuke ? kurz geschilderten Art übereinstimmt. Sie ist grau-braun, stark mit Sand inkrustirt, 0,5 bis 1,0 cm, 30 Segmente, von denen die vorderen 15 breiter, die hinteren schmäler und länger sind. Jedes Segment (Fig. 14 b) trägt zwei Borstenbündel, je aus drei bis sechs Borsten gebildet, die alle gleichartig spitz sind und die unvollkommene Gliederung zeigen, wie bei allen Formen der Familie (Fig. 14 a). Die dorsalen Borsten sind mehr aufgerichtet als die ventralen; die dorsalen Borsten des 1. bewafi- neten Segments, nur zwei an Zahl jederseits, sind länger und bil- den, nach vorn gerichtet, einen sehr unvollkommenen cage cephalique. Die ganze Haut ist mit Papillen bedeckt, welche zwischen den Borsten- bündeln am höchsten sind. te 1 Studien über Entwicklungsgesch. d. Anneliden. Arb. des zool. Inst. zu Wien. ; 3. 1878. Sep.-Abdr. p. 68. 2 Nova Acta Leop.-Carol. XX. p. 248. cf. MaLnseren, Annul. polych. p. 194. » ‘ # >» od PUR TER TI DEN Die Wurmfauna von Madeira. 103 Der einstülpbare Kopfapparat (Fig. 14 d) besteht aus einem Seg- ment mit Hautpapillen, aber ohne Borsten, und einem glatten Kopf, der zwei große, breite Tentakel trägt und acht Kiemen. Von den letzteren sind die vier dorsalen breiter und rein respiratorisch ; die vier ventralen haben eine breitere mit Wimperhaaren und Kapillaren versehene basale Hälfte, die also respiratorisch ist, und eine feinere Spitze, die nur starre Tasthaare trägt. Im inneren Bau schließt sich diese Form ganz an Stylarioides moni- lifer! an. Der Magen trägt vorn ein Coecum und am Munde münden - drei Drüsen : eine unpaare, deren Zellen braune Pigmentkörnchen ent- halten, und ein Paar Drüsen mit runden Konkretionen in den Zellen. Ich finde den ganzen Magen mit seinem Blindsack , die unpaare Drüse und den Fundus der einen Konkretionsdrüse von einem Blutraum inva- ginirt, wie den Darm der Serpeln. Maldaniae. 22) Axiothea eirrifera n. In 15 bis 30 Faden Tiefe kommt öfters eine Maldanie vor, die CLaı- PAREDE’SÄ. constricta ?sehr nahe steht. Ich habe oft unvollständige Exem- plare bekommen und nur einmal ein vollständiges, aber etwas kleineres. Dasselbe hatte 2,0 cm Länge, 19 setigere Segmente. Kopf ein kleiner Kegel ohne jeden Anhang mit mehreren Augenpunkten ; Mundsegment nackt. Vom I. setigeren Segment an ventrale Uncini (Fig. 16 5), die an allen Segmenten von der gleichen Form sind; an Zahl bei den größeren Exemplaren überall vier bis sechs, bei den kleineren vorn nur eins, vom 3. setigeren Segment an zwei bis vier. Die dorsalen Haarborsten sind ' überall von zweierlei Art, theils einfach gesäumte, theils zart gefiederte. Praeanal waren (Fig. 16 «) nur zwei Segmente ohne Borsten, und _ auch von diesen zeigte eines im Innern Anlagen von solchen. Das Thier - passt somit nicht ganz genau in MaLnsren’s Gattungsdiagnose, welche _ vier praeanale Segmente ohne Borsten verlangt. Indess es war einmal - noch unfertig; und dann ist wohl die Zahl der praeanalen Segmente nicht konstant genug, um die Bedeutung zu haben, die ihr MaLnGrEn er- - theilt. Auch Crararkpe's Art hat nur drei solche Segmente. Anal ein Kranz von 44 kleinen gleichen Papillen; ventral median ein längerer Cirrus, der über dem Papillenkranz befestigt ist. ! CLAPAREDE, Ann. de Naples. 1I. p. 98. 2 Ann. de Naples. H. p. 195. | 104 Paul Langerhans, Ammocharidea. 23) Myriochele Heeri Men. Im Jahre 4867 wurde ziemlich gleichzeitig für nahe verwandte, vielleicht ganz übereinstimmende Thiere von MaLmGren ! das Genus My- riochele, von GrusE? die Gattung Psammocollus aufgestellt. Sie unter- scheidet sich von den Maldanien durch Anordnung der ventralen Uneini in mehreren Reihen, von Ammochares durch den Mangel der Kopfkie- men. MaALnmGrEn stellt die neue Gattung zur Familie Ammocharidae, GruBE stellte Psammocollus zu den Maldanien , seine neueste Definition ? der Ammocharidea würde jedoch in Übereinstimmung mit MALMGREN die neue Form dieser Familie überweisen. Das eine Exemplar in Madeira habe ich in 30 Faden Tiefe im Sande gefangen. Es hat gegen 0,5cm Länge, circa 21 setigere Segmente, war unreif und farblos und zerbrach mit seinem sandbedeckten Tubus. Am konischen Kopf ein Paar Augen, dann 3 Segmente mit dorsalem Borsten- bündel ohne ventrale Haken. Dann neben dem dorsalen Bündel gerader Haarborsten ventral jederseits ein großer Torus, in dem in drei bis vier Reihen gegen 70 Uncini stehen. Diese (Fig. 15 b) sind an der Spitze zweizähnig; bei genauer Seitenlage decken sich indess beide Zähnchen so vollständig, dass die Häkchen einzähnig scheinen. Die dorsalen Haar- borsten haben sehr feine seitliche Fiedern; in den mittleren Segmenten sind die beiden am ventralen Ende des Bündels stehenden dicker, mit sehr feiner Spitze. — Die letzten drei Segmente haben ventral weniger Uneini. Anal drei breite Cirren (Fig. 15 a). Diese Form unterscheidet sich von MALnGrEn’s Heeri durch die Augen im Kopf: indess mein Exemplar war offenbar noch nicht ausge- wachsen, und so hat das wohl keine Bedeutung — ferner aber durch die Gestalt des Analsegments. Da dies indess an MaLnGren’s Zeichnung nicht ganz klar ist, so behalte ich lieber seinen Namen bei. GRrußBE’s - M. australis scheint sich durch Einzähnigkeit der Uncini zu unterschei- den: indess vielleicht ergiebt erneute Untersuchung auch hierin Über- einstimmung*. Ampharetea. MALMGREN hat in seinen Nordiska Hafs. Annulater5 die Familie Am- 1 Annul. polych. 4867. (40. April.) p. 244. 2 Novara-Anneliden. 4867. p. 30. 3 Annul. Semperiana. p. 203, 4 Ist Hansen’s M. Danielsseni wirklich specifisch different von M. Heeri? Anne- liden der norske Nordhavsexpedition von 1877. 5p. 362. BREITE WET RC ve Am a aaa RE LFERT | FR Ba 7 \ Die Wurmfauna von Madeira. 105 - pharetea aufgestellt und die nordischen Formen bearbeitet. Er legt auch hier auf Zahlen von Segmenten einen Werth, den sie in der That nicht haben. Das ergiebt schon die Durchsicht der noch kurzen Litteratur: Für Sabellides octocirrata giebt MaıLmsren 1A, Sırs nur 13 Segmente mit Haarborsten an. Die gleiche Beobachtung machte ich bei der einzigen Madeira-Art der Familie: sie hatte auch bald 13, bald 14 Thoraxseg- mente mit Haarborsten. Ich glaube desshalb, dass man diejenigen Genera, welche nur auf diesen Zahlen beruhen, aufgeben muss; dann ‚würden Lysippe und Sosanne mit Amphicteis zu vereinen sein. Dafür gehören noch zur Familie Isolda Fr. Müller ! und Branchiosabella Clap.?. 24) Ampharete minuta n. Farblos, 0,5 bis 1,5cm, in 10 bis 30 Faden Tiefe auf sandigem Grund in feinkörnigen braunen Röhren lebend. Kopf (Fig. 19 b) mit Stirn- und zwei seitlichen Lappen, zwei, seltener drei Augen und 10 bis 20 gefiederten Tentakeln, welche, wie bei den anderen Arten der Familie, in die Mundhöhle retrahirt werden können. Mund- und zweites Segment ohne Borsten. Am 3. Segment ein dorsaler Fächer einfacher, _ ungesäumter Paleen, die in vielen Exemplaren stärker als alle folgenden ‚sind, in anderen aber nicht. Dann folgen 13 bis 14 Segmente mit dor- salen gesäumten Haarborsten ; am 3. von ihnen (dem 6. des Körpers) be- - ginnen die ventralen Haken. Auf dem 3. und 4. Körpersegment dorsal jederseits vier fadenförmige einfache Kiemen, die kaum länger sind als der Körper breit. — Abdomen mit 41 bis 14 borstentragenden Segmen- ten; an jedem eine ventrale Epaulette mit Uncinis’ (Fig. 19d) und feinen Stützborsten; vom 3. Abdominalsegment an dazu ein Cirrus dorsalis (Fig.19 ec). Anal zwei Cirri; Anus ventral. Für die Uncini gilt dasselbe wie bei Lanice conchilega. Am Darmkanal ein ausstülpbarer farbloser Pharynx, dann ein rother Lebertheil, der bis zum Ende des Thorax reicht. Hier liegt der Darm in _ einer Windung, welche sich bei Ausstülpung des Schlundes ausgleicht. R Der Darm ist übrigens (Fig. 19 «) vom Ende des Pharynx an in ein Ge- w fäß invaginirt, wie bei den Sabellen u. A., und von diesem perienterälen Gefäß entspringt ein dorsaler Ast, der zur Wurzel der Kiemen tritt und - in sie Gefäße sendet. In diesem Ast liegt ein Darmblindsack (Fig. 19 a). Die Geschlechter sind getrennt; es scheinen die Z' meist größer zu sein; sie erreichen 1,0 cm und haben neben den dorsalen Borsten des 6. und 7. Segments eine ventrale Papille. Die Weibchen maßen nur 0,5 cm. Archiv für Naturgeschichte. 4858. 2 Normandie. 4863. p. 34. N a a a EB en rn are E { ; ?= EEE = ee: re en 3, R 106 RR ! Paul Langerhans, Von den vier bekannten Arten des Genus haben A.Grubei und gra- cilis ein differentes Analsegment, Go&si und arctica differente Paleen; die von minuta stimmen mit denen von gracilis vollkommen überein. Terebellacea. 25) Lanice conchilega Pallas. Aus größerer Tiefe bekam ich einige junge Terebellen, die ich auf die altbekannte nordatlantische Form beziehen zu können glaube. Sie maßen bis 2,0em und waren farblos. Kopflappen in eine mäßige rundliche Oberlippe ausgezogen, dorsal mit wenigen offenbar in Rückbildung begriffenen Augenpunkten. Mundsegment mit schwachem dorsalen Kragen, der sich seitlich und unten in einen nach vorn gerich- teten Lappen fortsetzt. Das 2. Segment trägt dorsal das erste Paar Kie- men und bildet ventral mit dem 3. Segment zusammen ein großes Bauchschild. Das 3. Segment trägt das zweite Kiemenpaar und seitlich einen fast die halbe Segmentbreite messenden Flügel. 4. Segment mit dem dritten Paar Kiemen und dem ersten Bündel dorsaler Haarborsten, die gesäumt, aber glatt sind. Solcher Bündel sind 17 vorhanden. Vom 3 5. Segment an Uncini in einer retrograden Reihe, vom 41. bis 20. ın zwei Reihen; vom 21. an wieder eine retrograde Reihe, aber epaulette- förmig prominent mit Stützborsten. Nur ein Exemplar war komplet: es hatte 30 Abdominalsegmente, vier Cirri anales und im 3. bis 6. Segment je ein Paar Segmental- organe. Die Uneini sind nicht, wie man allgemein angegeben findet, kleine nagelförmige Lamellen, die am freien Rande einige Zähne tragen, son- dern sie sind, wie schon CLAPAREDE in seinen Annelides sedentaires be- merkt und Möpıus so wie MARENZELLER ! für die Amphicteneen angegeben haben, ungefähr biskuitförmige Platten, deren eine Hälfte den Muskeln zum Ansatz dient, während die andere mit Zähnen besetzt ist, wie eine Bürste mit Haaren. Nur in der Profilstellung geben diese Uncini das ge- wöhnlich gezeichnete Bild, bei dem die Anzahl der gesehenen Zähnchen mit der Einstellung wechselt. Das gilt für die Uneini der A Ampharetiden, Terebellen und Serpeln. Bei unserer Art sind die Uncini am Thorax größer und mit weniger Zähnchen versehen (Fig. 20 a und 5b), am Abdomen kleiner mit mehr E i Über Lagis Koreni und die Hakenborsten der Amphicteneen. Verh. der k. k. zoologisch-botanischen Gesellsch. Wien 4874. Sep.-Abdr. p. 5. — cf. ferner MAREN- ZELLER, Südjapanische Anneliden. II. v x j W ar N + * Die Wurmfauna von Madeira. 107 Zähnchen (Fig. 20 c und d). Fig. 20 c ist doppelt so stark vergrößert Salsa: 26) Phenacia terebelloides Quatref. Die Terebella, welche ich mit Quarreraczs’ Ph. terebelloides! ver- einen zu dürfen glaube, stimmt wohl jedenfalls auch mit GLAPArEDE’S Ph. retrograda? überein. Sie ist ziegelroth, ohne besondere Zeichnung, und lebt von den Strandfelsen an bis zu den größten mir zugänglichen _ Tiefen. Ich habe junge Exemplare von wenigen Millimetern Länge und 30 Segmenten gefangen und reife von 2,0 bis 4,0 cm bis zu 70 Segmen- ten. Die Zahl der Tentakel war bei jungen Thieren gering, 8, 12,45, bei großen bis über 30, ihre Länge gegen 2mm. Der nach unten in die mäßige Oberlippe sich fortsetzende Kopflappen trug stets einen konti- ' nuirlichen Kranz von braunrothen Augen mit Linsen, deren Zahl bei _ kleinen Thieren 50, 100, bei großen über 300 betrug. Das Mundseg- ment war stets unbewaffnet; das 2. ebenfalls, aber bei einem Exemplar trug es ausnahmsweise ein dorsales Borstenbündel. Bei Thieren bis zu 30 Segmenten fehlten die Kiemen. Bei größeren traten zuerst auf dem 2. Segment vier einfache Fäden auf; sie nehmen mit dem Wachsthum des Thieres an Zahl zu und bilden bei reifen Exemplaren zwei Gruppen von fünf bis sechs Fäden. Das 3. Segment ist stets mit dorsalem Borsten- bündel versehen und trägt eine zweite Reihe Kiemenfäden , die Anfangs nur aus jederseits einem Faden besteht, bei reifen Thieren aber deren jederseits drei bis fünf hat. Das 4. Segment hat ebenfalls nur dorsale - Borsten, trägt keine Kiemen und ist, eben so wie das 5. und 6., mit einem Paar Segmentalorganen versehen. Am 5. Segment beginnen die ven- tralen Hakenwülste; alle Uncini sind retrograd; sie sind an allen Seg- "menten bis hinten hin vorhanden, springen in der hinteren Körperhälfte _ epauletteförmig vor und sind dann mit Stützborsten (chitinisirten Seh- nen) versehen. Die dorsalen Bündel von einfach gesäumten Haarborsten fehlen aber einer Anzahl von hinteren Segmenten — einem Thier von 30 Segmenten an 10, von 42 an 13, von 63 an 16, von 71 Segmenten _ anA7. Darin liegt der Hauptunterschied von der unserem Thiere sonst & so ähnlichen Heterophenacia circinnata, die MALMGREN? so genau ge- schildert hat. Für die Uncini (Fig. 24) gilt dasselbe, was oben bei Lanice - conchilega bemerkt worden ist; auch bei ihnen nimmt die Zahl der kleineren Zähne von vorn (Fig. 21 a) nach hinten (Fig. 21 c) zu, wenn auch nur wenig. 1 Anneles. Il. p. 375. 2 Ann. de Naples. II. p. 443. 3 Hafs-Annulater. p. 387. 108 | Paul Langerhans, 27) Leaena oculatan. Maınoren! hat zuerst Terebellen mit Gefäßsystem ohne Kiemen beschrieben und für sie die Genera Leaena, Lanassa und Laphania auf- gestellt. Diese Gattungen unterscheiden sich aber nur durch die Zahl der Segmente mit dorsalen Borstenbündeln, und das ist kein genügen- des Merkmal, da die Zahl dieser Segmente individuellen Schwankungen unterworfen ist, wie so eben bei Phenacia terebelloides bemerkt wurde. Ich schlage desshalb vor, diese Formen in ein Genus Leaena zu vereinen, dessen Diagnose dann sein würde: Terebellaceen s. str. ohne Kiemen, dorsale Borsten nur in einer beschränkten Zahl von Segmenten. Zu diesem Genus gehört dann auch eine Madeiraform für die sonst nach MALnGrEN’s Princip eine neue Gattung gemacht werden müsste. L. oculata lebt an Strandpflanzen, ist farblos und mit 4,0 cm, 52 Segmenten schon reif. Der Kopflappen setzt sich (Fig. 22 a) ventral in eine kurze Oberlippe fort und trägt über dieser gegen 15 lange, blasse Tentakel; seitlich hat er jederseits 6 bis 8 linsenlose Augen. Das Mund- segment ist unbewaffnet und ventral viel breiter. Das 2. und 3. Seg- ment sind ebenfalls unbewaffnet, am 4. beginnen die dorsalen Bündel glatter, breit gesäumter und langspitziger Haarborsten ; am Fuße jedes Bündels sitzen einige kürzere (jüngere?) Borsten gleicher Form. Die dorsalen Bündel reichen, 14 an Zahl, bis zum 17. Segment. Am 5. Seg- ment beginnen die Uncini mit einer retrograden Reihe; vom 41. an kommt dazu eine vordere progressive, welche vom 28. an kürzer wird und am 35. ganz geschwunden ist, während die retrograde Reihe bis zum Praeanalsegment reicht. Für die Unecini gilt dasselbe wie bei den anderen Terebellen (Fig. 22 b, c); ihre kleinen Zähne sind sehr klein und nehmen nach hinten nur wenig zu an Zahl. Der Darm hat einen stärkeren sog. Schlund, ist dann schmal bis zum circa 43. Segment, verbreitert, Leberdarm, bis zum 23., und dann wieder eng. Im 3. und 5. Segment je ein Paar Segmentalorgane. Von Gefäßen ist ein Vas ventrale und dorsale und ein dorsales Darmgefäß gut zu sehen (Fig. 22 a). | 28) Polycirrus aurantiacus Grube. Der von GrusE in Quarnero? und im Kanal gefangene P. aurantia- cus ist in Madeira am Strande selten, an Fischkörben und in größerer Tiefe häufig. Er hat eine dunkel orange Färbung, namentlich des Darmes, der Lymphkörper und der Segmentalorgane. Letztere sind 1.1,°C..P::385. 2 Archiv für Naturgeschichte. 1860. r a Zi B RN N TEE PER BUN. PET » Da e ri? ” MM ENTE ER EEE ER LET ERBEN NET. Rh RL RE ROTEN. ORERERN: BE Di 2 se nn Die Wurmfauna von Madeira. 109 stets in 3 Paaren vorhanden, im 1., 2., 3. bewaffneten Segment. Die Tentakel sind zahlreich, die en groß: Der Thorax zeigt ventral jederseits ‘8 Bauchschilder. Interessant ist die Anordnung der Borsten. Nr | Zahl der Tori beginnen | Segmente mit REITER | s. Segmente am \dorsalen Borsten 1 | 30 | 5. | 12 43. 2 | 36 6. 15 13. 3 | 40 6. und 7 17 | 13. 4 50 | 6. | 17 | 13. 5 || 50 7. 19 13. 6 52 | 7. | 29 13. 7 || 70 | 9. 37 | ? | | Diese Tabelle zeigt uns: 1) Dass man ganz unmöglich Polyeirrus-Genera oder Arten nach der Zahl der dorsalen Borstenbündel aufstellen kann. 2) Dass die dorsalen Borstenbündel mit dem Alter schnell an Zahl _ zunehmen. 3) Dass eine beschränkte Anzahl vorderer Segmente allmählich die Uneini verliert. 4) Dass das Segment, in dem die Uneini zuerst Stützborsten haben, Konstant ist. | Letzteres ist über die Grenzen der Art hinaus der Fall: ich finde bei zwei neuen Arten so wie bei CLarırkpe’s haematodes stets das 13. Segment als erstes mit Stützborsten der Tori. Die Form der Uncini ist vorn anders als hinten. Vorn sind sie kürzer (Fig. 23 a, 52 b) und mit mehreren sekundären Zähnen versehen ; allmählich werden sie länger und vom 13. setigeren Segment an haben sie ihre endgültige Form erreicht (Fig. 23 5b, 52 a). Es gilt für sie sonst ‘was ich bei der folgenden Art bemerke. B Es stehen P. pallidus und caliendrum Clap. dieser Art sehr nahe: _ sie sind nur verschieden durch die Zahl der Segmentalorgane, sechs | statt drei; ich glaube übrigens, dass beide zu vereinen sind. Wenn bei haematodes die von Crarırepe gegebenen Daten über die Uncini kon- _ stant sind, ist es sicher eine andere Art. 29) Polycirrus triglandula n. Diese Form unterscheidet sich von der vorigen vor Allem dadurch: - dass die Uneini am ganzen Körper von gleicher Gestalt sind. Reife Thiere, am Strande gefangen, haben 1,0 cm, bis 60 Segmente und sind 6: röthlich durch Färbung des Leberdarms. Segmente mit dorsalen Pha- 110 Paul Langerhans, retrae sind 47 bis 19 vorhanden; in fünf Exemplaren begannen die Un- cini am 7. setigeren Segment, nur eines davon zeigte sie auf einer Seite schon am 6. Dieselben bekommen am 13. bewaffneten Segment Stütz- borsten. In den dorsalen Köchern kann man größere und kleinere ge- Ba säumte Borsten unterscheiden (Fig. 24 d, e); die großen zeigen den einen Rand bei bestimmter Stellung feinzähnig. Die Haken eines Torus sind am dorsalen Ende desselben größer (Fig. 24 b) als am ventralen Ende (Fig.24 a), ein Unterschied, der sich nach hinten hin mit der Ver- minderung der Zahl der Uncini eines Torus sehr verwischt. Von der Fläche gesehen (Fig. 24 c) sind diese Uneini denen der Terebellen ähn- lich, aber sehr deutlich dadurch verschieden, dass nicht nur in der un- tersten Reihe ein großer Zahn sitzt, sondern auch in der zweiten Reihe ein mittlerer seine Nachbarn erheblich an Größe übertreffender Zahn sich findet. : In den vordersten Segmenten drei Paar rothe Segmentalorgane. Leber vom 7. setigeren Segment an. Eier roth. | 30) Polyeirrus tenuisetis n. Aus größerer Tiefe bekam ich zwei unreife, ganz weiße Polyeirren von 50 Segmenten, 0,5cm. Einer hatte 42, der andere 43 dorsale Köcher kürzerer und längerer, sehr zarter gesäumter Haarborsten. Die Tori fingen bei beiden am 8. setigeren Segment an, hatten vom 13. an Stützborsten; die Uncini sind zarter und länger als bei der vorigen Art und überall gleich gestaltet (Fig. 25 «, b). — Auch diese Form hat drei Paar Segmentalorgane. Der Darm zeigt vom 4. bis 10. Segment eine Erweiterung, vom 40. bis 12. Segment einen farblosen Abschnitt, dann Leberdarm. Die Epithelzellen des Darmes sind auffallend deutlich zu sehen. Serpulacea. MALMGREN hat eine Dreitheilung der Serpeln versucht, indem er, leider ohne Definition, für die Gattung Myxicola die Familie der Erio- _ graphidea aufstellte!. Da er für die Sabellaceen ein Collare als charak- teristisch angiebt, so hätte er der neuen Gruppe auch die Fabricien überweisen müssen, was er nicht that. CLarırkpe hat dann nach eini- gem Widerstreben ? die Marnsren’sche Familie als Tribus acceptirt?, in dem er alle Sabellen vereinigte, bei denen die Drüsen des Kopfes ver- 1 Hafs-Annulater. p. 408, 2 Ann. de Naples. II. p. 149. 3 Supplement. p. 499. Die Wurmfauna von Madeira. 111 eint münden, nämlich Myxicola, Leptochone und Amphiglena. Dieser Gruppe würde sich noch Fabrieia und Oria anschließen. Ich glaube nicht, dass diese fünf Genera eine natürliche Gruppe bilden. Amphi- glena steht offenbar nach ihrer Bewaffnung den echten Sabellen nahe, Leptochone und Myxicola den Chonen, und eben dahin gehören auch die anderen Formen. Ich bleibe also bei der Zweitheilung der Serpeln in einen Tribus ohne Thorakalmembran : Sabellidae, und einen Tribus ui A A ad Ab an a EA Bet Aa‘ are, Pr “ e EN h ‚ _ mit Thorakalmembran : Serpulidae. Die Genera der Sabellidae würden sich in folgender Weise grup- piren: I. Tori am Thorax mit zwei Reihen Borsten A. mit Collare. a. Kiemenblatt spiralig: Spirographis b. Kiemenblatt einfach: a. subterminale Kiemenaugen: Branchiomma ß. keine subterminalen Kiemenaugen: 4) dorsale Borsten am Thorax einerlei Art: Sabella 2) dorsale Borsten am Thorax zweierlei Art: Potamilla. B. ohne Collare: Amphiglena. II. Tori am Thorax nicht mit zwei Reihen Borsten A. Uneini des Abdomen wie bei den Sabellen a. Haken am Thorax gestielt: Jasmineira b. Haken am Thorax kurz: &. Kiemen mit dorsalen Anhängen : Dasychone #. Kiemen ohne dorsale Anhänge: Laonome y. Kiemen spiralig: Bispira. B. Uneini abdominales wie bei den Serpeln (und Terebellen) a. Kiemen mit Membran : «@. ohne Collare 4) Thorax ohne Uneini: Myxicola 2) Thorax mit Uncinis: Leptochone ß. mit Collare 1) keine Analrinne: Chone ° 2) Analrinne: Euchone 7 b. Kiemen ohne Membran: a. Kiemenfiedern enden nicht in einer Ebene: Dialychone ß. Kiemenfiedern enden in einer Ebene: 4) mit Collare: Oria 2) ohne Collare: Fabricia. 112 - Paul Langerhans, Tribus Sabellidae. 31) Sabella ‚Potamilla) reniformis O. F. Müller. Diese in allen europäischen Meeren ! verbreitete Form erreicht Ma- deira und Tenerife; sie baut ihre Röhren im pflanzlichen Überzug der Strandfelsen. An Größe stehen die meinen hinter den nordischen Exem- plaren zurück, sie messen nur 1,5cm mit 9 bis 41 bewaffneten Thorax- und 60 Abdominalsegmenten ; die langgefiederten Kiemen zählten jeder- seits acht Strahlen, an denen dorsal bis zu vier dunkelviolette Augen- flecke sitzen, mit Ausnahme der beiden mittleren dorsalen Strahlen, denen diese Flecke fehlen. Der Leib ist roth gefärbt, die Kiemen violett. DasCollare klafft dorsal, ist ventral median eingeschnitten und hat neben diesem Einschnitt einen kleineren jederseits. Am runden Analsegment mehrere violette Pigmentflecke. 32) Sabella (Potamilla) Torelli Men. Eine in größerer Tiefe häufige Sabella stimmt gut zu MaLmerens? Torelli; ich vermuthe aber, dass diese mit Gruse’s älterer S. fragilis® identisch ist und also deren Namen wird annehmen müssen. Die Röhre ist sehr lang, glashell, aber reichlich mit Sand inkrustirt und an Austern und Pinnae angeklebt. Die Thiere habe ich von 1,0 bis 6,0 cm Länge gefunden, ohne Kiemen. Diese maßen bis 2,0 cm, hatten jederseits 6 bis 13 Hauptstrahlen ohne Augenflecke und waren entweder farblos oder braun geringelt. Die Spitze war an jüngeren Kiemen länger und etwas verdickt, an älteren nicht so lang wie die Fiedern, welche ihrerseits (Fig. 26 a) sechs Mal die Dicke der Strahlen übertrafen. Der Knorpel der Strahlen hat nur zwei Zellen im optischen Längsschnitt. Dorsal waren an den Kiemenstrahlen einzelne starke Büschel von Sinneshaaren auf kleinen Epithelanschwellungen befestigt. Die Kiemen wurden von den Thieren in Gefangenschaft spontan abgeworfen ; sie waren auch bei frischgefangenen Thieren oft ganz kurz und offenbar in Regeneration. Der Leib ist farblos mit weißgelben Flecken. Collare dorsal klaf- fend, ventral (Fig. 26 b) gespalten und zugespitzt. Thorax hat 7 bis 9 setigere Segmente. Das erste hat ein Paar ovale Augenpunkte und ein kleines dorsales Borstenbündel aus längeren und kürzeren gesäumten Haarborsten; die letzteren bilden den Übergang zu den sogenannten Paleen (soies en pioche) an den anderen Thoraxsegmenten. Diese haben ‘ cf. MALNGREn, Annul. polych. p. 222 und Marıos-BoBRETZKY, ]. c. p. 9. 2 Hafs-Annulater. p. 402, 4866. 3 Archiv für Naturgeschichte. 1863. gi ul wa I EEE Die Wurmfauna von Madeıra. 113 alle dorsal Paleen und gesäumte Haarborsten, ventral Tori mit den bei- den Borstenarten der Gattung (Fig. 26 d). Abdomen mit 30 bis 70 Seg- menten,, die ventral mit langen, gebogenen Haarborsten, dorsal mit un- gestielten Uncinis versehen sind. Diese Uncini, und zwar die des Thorax wie des Abdomen, zeigen, wie bei den Terebellaceen, die sekundären Zähnchen in großer Zahl (Fig. 26 e) neben einander: aber alle von glei- ‚cher Größe. Das Analsegment trägt stets mehrere Augenpunkte (Fig. 26 c). 33) Sabella (Potamilla) rubra n. sp. . Eine zierliche Sabella lebt in hellen Röhren, die ganz im Kalküber- zug versteckt sind, in kleinen Tümpeln auf den Strandfelsen. Sie misst nur 1,5cm, von denen 0,35 auf die Kiemen kommen, und ist an Leib und Kiemen gleichmäßig roth gefärbt. Die Kiemen haben jederseits 4 bis 6 Hauptstrahlen, deren Knorpel unten drei Zellen im optischen Längs- _ schnitt (Fig. 27 a) hat, nach oben aber schnell an Dicke abnimmt. Die ‚Spitze der Strahlen (Fig. 27 b) unterscheidet sich nicht von den Fiedern, welche bis 0,5 mm lang, während die Kiemenstrahlen unten circa 0,1 mm dick sind. Augen oder Flecke fehlen den Kiemen ganz. Collare wie bei fragilis, 9 bis 10 setigere Thoraxsegmente, von ‚denen das 4. zwei Augenflecke und nur ein dorsales Bündel gesäumter ‚Haarborsten hat (Fig. 27 d). Die anderen haben die ventralen Tori mit ‚den beiden Borstenformen der Gattung (cf. Fig. 26 d), und tragen dor- . sal neben größeren gesäumten Borsten sehr breite Paleen (Fig. 27 e). Abdomen mit über 40 Segmenten, deren ventrale (Fig. 27 f) Bor- sten sehr breit gesäumt sind. Die dorsalen Uncini (Fig. 27 c) zeigen, wie die gestielten Uncini des Thorax, die sekundären Zähnchen so eng . neben einander, dass sie fast eine Masse bilden. Ein Exemplar hatte am 2. Segment links die gewöhnliche Bewafl- mung, rechts aber ventrale und dorsale Borsten doppelt; es war somit einerseits in zwei auf einander folgende Segmente getheilt, andererseits nicht. a Y. Jasmineira n. g. | Sabellaceae hamis uniserialibus manubrio longo thoracalibus; ab- _ domine hamis brevibus ut in genere Sabellae formatis armato. Die Form, für die ich diese neue Gattung aufstelle, steht in man- cher Beziehung CLararkpe’s Genus Dialychone nahe; der Unterschied liegt nur in der Form der abdominalen Haken, die bei Dialychone Tere- ‚ bellenform haben, bei Jasmineira die der Sabellen. So geringfügig das Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XNXIV. Bd. N 2 Ri - r .y Er . ’ 114 Paul Langerhans, aussieht, so scheint es mir von genügendem Belang, um der neuen Form zusammen mit Bispira, Dasychone und Laonome eine Zwischenstellung anzuweisen zwischen der Gruppe Sabella (Spirographis, Branchiomma, Potamilla, Sabella) und der Gruppe Chone (Euchone, Chone, Dialychone, Oria, Fabricia, Leptochone, Myxicola). 34) Jasmineira caudatan. sp. An Strandpflanzen gefangene farblose Thiere von 0,5 cm; Blut grün. Kiemen jederseits sieben Strahlen, ohne Membran, ohne Augen, ohne dorsale Anhänge; Fiedern lang und zart. 1. Segment unbewaffnet (Fig. 32 a), mit großer Gefäßschlinge und zwei oblongen rothen Augen. Collare nur dorsal median mit Ein- schnitt. 2. Segment mit ein Paar Ohren mit einem runden Otolithen und einem dorsalen Bündel gesäumter Haarborsten. 3. bis 9. Segment dorsal mit gesäumten Haarborsten und sogenannten Paleen, also mit der Bewaffnung der Potamillen; ventral dagegen mit einer Reihe gestielter Haken (Fig. 32 ec). Abdomen mit 17 setigeren Segmenten, welche ventral bajonett- förmige Haarborsten, dorsal kurze Sabellenhaken tragen (Fig. 32 d). Die letzteren nehmen in jeder Reihe nach oben zu stark an Größe ab. Analsegment (Fig. 32 b) ohne Augen, mit terminaler Spitze; Anus dorsal. 35) CGhone Duneri Malmgren. Ein an einem Fischkorbe gefangenes unreifes Exemplar einerChone glaube ich auf Marneren’s! kurz beschriebene Ch. Duneri beziehen zu können. Es hatte 0,6 cm, wovon 0,2 auf die Kiemen kommen. Diese haben jederseits fünf Strahlen, welche (Fig. 44 b) bis etwas über die Hälfte ihrer Länge durch eine farblose Membran verbunden sind; jeder Strahl trägt bis weit über die Membran hinaus zwej Reihen langer Fiedern; sein im Längsschnitt aus zwei Zellenreihen bestehender Knor- pel ist basal mit weißem Pigment gefüllt; darüber sind die Kiemen gelb gefärbt mit zwei kurzen Strecken weißen Pigmentes; das Ende der Strahlen zeigt einzelligen pigmentgefüllten Knorpel, an dem die Mem- bran seitlich allmählich verstreicht. Die Fiedern sind gelb und nur oben einige mit Knorpelpigment. Neben dem ventralen Kiemenstrahl 3 Nebenstrahlen mit Knorpel und ein weicher Tentakel. Nach Loslösung der Kiemen bleiben (Fig. 44 a) ventral vom Munde zwei kurze wimpernde Fühler. Kragen dorsal klaffend, sonst ganz- ! Annulata polychaeta. p. 225. ; Die Wurmfauna von Madeira. 115 randig. Drüsen münden getrennt. Thorax mit 8 bewaffneten Segmen- ten, von denen das erste ein Paar Ohren mit einem ÖOtolithen und ein dorsales Bündel gesäumter Haarborsten trägt; die anderen haben dorsal daneben rund gesäumte Borsten, sogen. Paleen, und ventral gestielte Haken (Fig. 44 e). Abdomen mit 16 setigeren Segmenten, die dorsal eine Reihe nach der Bauchseite an Größe zunehmender Uncini tragen (Fig. 44 c, d), ven- 'tral bajonettförmige Haarborsten. Anal kurze Spitze, keine Rinne. Leberdarm vom zweiten setigeren Segment an. 36) Ghone arenicolan. sp. In einer Tiefe von 15 bis 30 Faden habe ich häufig in sandbedeck- ten Röhren eine kleine Ghone gefangen, die sich schnell und elegant vor- wie rückwärts bewegte. Sie maß ohne Kiemen 0,4 bis 0,75 cm, die Kiemen bis 0,4 cm. Der Leib ist farblos; die Kiemen, jederseits 4 bis 5 Strahlen, sind bis auf 3/, ihrer Länge durch eine Membran ver- einigt (Fig. 28 a). Jeder Strahl trägt dorsal 3 bis 5 runde Augen-ähn- liche Doppelflecke, bestehend aus rosa gefärbten Epithelzellen, ohne Linsen. Zwischen den Flecken sind die zu zweien neben einander liegen- ‚den Knorpelzellen der Kiemenstrahlen mit gelbem Pigment gefüllt, und so wechseln an den Kiemen gelbe und rosa Ringe ab. Die Fiedern - hören auf vor dem Ende der Membran; sie sind, so weit sie im Bereich der Augenflecke entspringen, mit rosa Epithelzellen versehen; an den Stellen, wo die Knorpelzellen der Strahlen Pigment enthalten, findet sich solches auch in der zarten Knorpelachse der Fiedern. Das erste Segment (Fig. 28 b) ist unbewaffnet, trägt auf dem großen Hirn jederseits ein Auge, ventral zwei wimpernde Tentakel, und wird zum Theil von dem Collare umfasst, welches ventral und seitlich sanzrandig ist, und nur dorsal eine schmale Incisur hat. Das zweite Segment trägt ein Paar Ohren mit einem runden Otolithen und ein dor- sales Bündel größerer und kleinerer gesäumter Haarborsten. Vom 3. - bis 9. Segment finden sich dorsal dieselben Borsten wie bei den Pota- millen, sogen. Paleen und gesäumte Haarborsten; ventral eine Reihe gestielter Uneini (Fig. 28 c), welche über ihrem großen Zahn einen Schopf kleiner Zähne tragen (Fig. 28 g). Mit dem zehnten Segment beginnt das Abdomen, das bis 43 Seg- mente hat, welche dorsal kurze Uncini (Fig. 28 ef), ventral bajonett- förmige Haarborsten tragen. Die Uncini eines Torus nehmen nach dem ventralen Ende desselben hin regelmäßig an Größe zu. Anal eine längere Spitze und ein kleiner ventraler Spalt, in dem der Anus mündet & (Fig. 28. d). N g* 116 Paul Langerhans, Im 1. Segment münden seitlich getrennt die Schalendrüsen aus (Fig. 28 b). Der Darm ist vom 3. Segment an Leberdarm und in ein Gefäß eingeschlossen. Von diesem setzt sich nach vorn ein dorsaler Stamm fort und theilt sich im ersten Segment in zwei Äste, die zu den Kiemen gehen und eine cerebrale Schlinge abgeben. Geschlechter getrennt. 37} CGhone collaris n. sp. An den Algen der Strandfelsen und den Fischkörben kam nicht selten eine farblose Chone vor, die bis 4,0 cm lang war, wovon 0,2 auf die Kiemen kamen. Diese hatten jederseits fünf Strahlen, die bis etwas über die Mitte durch eine Membran verbunden sind (Fig. 29 a); die Membran setzt sich dann an jedem Strahl bis nahe zur Spitze als brei- ter Stamm fort. Im Knorpel liegen zwei Zellen neben einander; stellen- weise sind sie mit röthlichem Pigment gefüllt. Die Fiedern reichen so weit nach oben, wie der Saum der Strahlen; sie sind zierlich , etwas länger als der gesäumte Strahl breit, gelegentlich gelb gefärbt. Das unbewaffnete Mundsegment (Fig. 29 b) hat dorsal zwei läng- liche Augen, und wird von einem Collare umfasst, welches nur dorsal klafft und einen äußerst zierlich languettirten Rand hat. Dazu trägt es zwei kurze ventrale Tentakel. Das zweite Segment hat ein Paar Ohren mit einem runden Otolithen und ein dorsales Bündel längerer und kürzerer gesäumter Haarborsten. Am 3. bis 9. Segment haben wir dorsal die Paleen (soies en pioche) und Haarborsten, wie bei der vorigen Art (cf. Fig. 27 e), ventral eine Reihe langgestielter Haken (Fig. 29 f). Das Abdomen hat circa 20 Segmente mit ventralen Bajonettborsten und dorsalen Uneinis, deren sekundäre Zähnchen zahlreich sind und eng an einander liegen (Fig. 29 d, e). Analsegment rund mit zwei Pig- mentflecken. Im Februar fing ich reife gJ' und ©. Die Eier waren roth. 38) Oria Armandi Clap. CLAPAREDE! beschrieb 1864 eine kleine Sabellacee als Amphicorina Armandi; QuATREFAGES stellte für sie die Gattung Oria auf? und VeIESe REDE acceptirte dann den neuen Namen. | Ich habe an Strandpflanzen zwei reife g' einer kleinen Oria ge- fangen, 1,0 mm, 14 Segmente und Analsegment. Zwei Tentakel; jederseits drei Kiemenstrahlen mit zwei Mal 6 Fiedern,, die alle in einer . 1 Glanures. p. 36. 2 Hist. nat. des Ann. II. p. 462. 3 Ann. de Naples. II. p. 153. 4Yy Die Wurmfauna von Madeira, 117 Höhe enden; an dem ersten ventralen Strahl eine längere Fieder unten. _ Collare dorsal klaffend, sonst ganzrandig , niedrig. Das 1. Segment ist unbewaflnet und trägt ein Paar rothe Augen; das 2. Segment hat ein Paar Ohren mit einem runden Otolithen, und ein dorsales Bündel ge- säumter Haarborsten. Am 3. bis 9. Segment dorsal dieselben Borsten, ventral gestielte Haken. Am Abdomen trägt das 10. bis 14. Segment ventrale Bajonettborsten, dorsale Uncini ohne Stiel (Fig. 30). Anal 2 rothe Augen; Sperma vom 5. Segment an. (LAPARkDE giebt an, dass die abdominalen Uneini nur dreizähnig . seien; ich denke, die Vergrößerung war ungenügend. 39) Oria Eimeri n. sp. An Strandpflanzen habe ich mehrere Mal reife Exemplare einer nur 4,0 mm langen Oria gefangen. Die Kiemen sind an der Basis gelbweiß ‚pigmentirt, haben jederseits drei große Strahlen und einen ventralen kleinen, und zeigen nur eine schwache Spur einer Membran (Fig. 31 a). Die Fiedern,, je 5 bis 6 Paar, sind lang und enden auf derselben Höhe. Das A. unbewaffnete Segment (Fig. 31 a) hat ein Paar roihe Augen, eine’ ventrale Wimperbinde und einen kurzen, dorsal klaffen- * den, ventral ganzrandigen Halskragen, dessen Rand wie bei Chone eollaris zierlich gezackt ist. Das 2. Segment trägt ein Bündel dorsaler gesäumter Haarborsten und ein Paar Ohren mit rundem Otolith. Vom 3. bis 9. Segment dorsal dieselbe eine Art Borsten, ventral eine Reihe Haken mit Stiel (Fig. 31 e). Abdomen mit 4 bis 8 setigeren Segmenten, die dorsal kurze Uneini (Fig. 34 c, d) tragen, ventral lange bajonettförmige Haarborsten. Anal- segment (Fig. 31 5) rund, mit 2 rothen Augen und ventralem Anus. ‚Am Darm beginnt die Leber schon im 2. Segment. Ein Z' hatte Sperma vom %. Segment an, ein © im 5. zwei große Eier. Schalendrüsen münden gemeinsam. Be; 40) Fabricia nigra n. sp. 4 B- Einmal fing ich an Strandpflanzen eine kleine Fabricia, die der - —_F. Sabella sehr ähnlich, aber doch von ihr verschieden war. 0,2 cm A lang, 12 Segmente Far Analsegment, kein Collare; Kiemen je vier Strahlen, deren Fiedern auf derselben Höhe enden und deren Spitzen Eee: sind (Fig. 33 c). Kiemenmembran fehlt; an der Basis und _ der Spitze der Strahlen opakes weißes Pigment im Epithel. Die ersten 2 Er Segmente sind schwarz gefärbt; das erste zweiringlich, vorn spitz, ' unbewaffnet, mit einem Paar Augen mit Linse; das zweite mit einem ' dorsalen Bündel größerer und kleinerer gesäumter Haarborsten ohne E 118 Paul Langerhans, Ohren. Vom 3. bis 9. Segment sitzt ventral eine Reihe gestielter Haken (Fig. 33 a), dorsal gesäumte Haarborsten, zu denen im 4. bis 7. Seg- ment breit gesäumte sogenannte Paleen kommen. Abdomen drei Segmente mit dorsalen Uncinis (Fig. 33 d) und ven- twralen Bajonettborsten; anal 4 Augenpunkte (Fig. 33 d). Darm in ein Blutgefäß eingeschlossen ; vom 3. Segment an Leber. Schalendrüsen münden gemeinsam. | Tribus Serpulidae. 41) Serpula vermicularisL. Röhre röthlich, stark gewunden, runzelig, mit gezähnten Leisten besetzt (Fig. 34 d) ; die beiden unteren Leisten oft kaum erkennbar. Reife Thiere werden über 3,0 cm lang, wovon 1,0 auf die Kiemen kommen, und haben 7 Thorax- und bis 140 Abdominalsegmente; klei- nere von 1,0cm nur 60 Abdominalsegmente. Die Farbe ist wechseind: bald gelblich, und dann sind auch die Kiemen gelblich, bald röthlich, und dann sind die Kiemen im Bereich der Membran roth, darüber bräun- lich mit zwei weißen Ringen. Operculum rechts mit 23 bis 40 Zähnen, bald farblos, bald roth mit weißem Ring am Stiel; Mittelfeld ohne Pa- pillen. Ein eroßes J' hatte rechts ein gut entwirkels Opereulum, links ein unentwickeltes kleines. Im Kopf zwei halbmondförmige Augenflecke. Schalendrüsen sehr deutlich, Kragen undeutlich dreilappig. Die Borsten sind im 1. setigeren Segment ein Bündel großer Bi (Fig. 34 c) und eines langer schmal gesäumter Haarborsten;; die anderen 6 Thoraxsegmente haben dorsal gesäumte Haarborsten, ventral Un- eini (Fig. 34 a) mit 5 Zähnen. Abdomen ventral sogenannte Spateln (ef. Fig. 35 b), hinten lange Haarborsten, dorsal Uncini, die nach hinten allmählich mehr Zähne bekommen Fig. 34 b). Mit dieser Art würde nach Gruse ! S. echinata und pallida zusam- menfallen und ich denke auch $. aspera und octocostata?. 42) Serpula concharum n. sp. In größerer Tiefe kommt auf Austern öfters eine Serpula vor, deren weißer Tubus ein sechsseitiges Prisma ist, mit einer Fläche befestigt. Nur drei Mal habe ich eine solche Röhre bewohnt gefunden; die Thiere waren 1,0, 1,5 und 2,0 cm lang, reif, und die Kiemen hatten fast 0,5 cm 1 Jahresber. der schles. Gesellsch. etc. 1864. 2 cf. CLAPAREDE, Ann. de Naples. II. p. 179. ; #7 Fa = ne Br a a a ES a a a a el 1% " on > a = a i Pi aY { . Die Wurmfauna von Madeira. 119 Länge. Sie hatten jederseits 9 bis 41 Strahlen und dazu ein den 1. dorsalen Strahl vertretendes Operculum. Dasselbe war nur einerseits, links, gut entwickelt, farblos, mit 20 bis 22 Zähnen, echtes Serpula- Operculum ; auf der anderen Seite nur eine kleine unentwickelte Anlage. Kiemen basal rosa, dann gelbrotb, abwechselnd mit weißem Pigment; keine Augenflecke, Fiedern und Endfaden ungefähr sechs Mal der Breite des Strahles gleich. Thoracalmembran leicht violett, Halskragen ventral ganzrandig, dorsal klaffend. Körper farblos, Eier gelbroth. Vorn zwei Augen. 7 Thoraxsegmente, das 4. dorsal mit einem Bündel stärkerer und einem Bündel schwächerer Borsten (Fig. 35 c), die anderen mit langen dor- salen gesäumten Haarborsten und ventralen Uneinis (Fig. 35.4). Abdomen mit 84 bis 86 Segmenten, dorsal Unceini mit mehr Zähnen, bis zu acht, ventral Spateln (Fig. 35 b) ; in den letzten 24 bis 34 Seg- menten sehr lange Haarborsten. Die sogenannten Spateln sind eigent- lich Kelche mit gezähntem Rand. Der Leberdarm beginnt schon im 1. setigeren Segment. Im 2. liegen zwei auffallende runde, zinnoberrothe Drüsen. 43) Vermilia infundibulum L. PERSE Diese Mittelmeerart! habe ich nur in wenigen Exemplaren aus ‚größerer Tiefe erhalten. Ihr vorn aus in einander gesteckten Trichtern bestehender Tubus ist hinten einfach rund. Die Kiemen haben meist ein etwas verdicktes Ende, jeder Strahl eine Doppelreihe Augen. Das Oper- culum (Fig. 36) ist bald rechts, bald links der zweite Strahl, einmal fand ich es doppelt, aber rechts unentwickelt. — Die dorsalen Borsten der 7 setigeren Thoraxsegmente sind überall einander gleich; die Haken der 6 Tori länger als die der abdominalen; beide haben nur eine einfache Reihe von 10 bis 15 Zähnen. Ventral hat das Abdomen lang- 2 . geschweifte »Spateln «, hinten lange Haarborsten. Man wird diese Form wohl von den Vermilien trennen müssen, so- wohl weil das Operculum nur hornig ist, als weil die Borsten des 1. Tho- raxsegments nicht von denen der folgenden verschieden sind. 4%) Vermilia polytrema Philippi. Der Tubus? dieser am Strand, an Fischkörben und in mäßigen Tiefen auf Steinen sehr häufigen Art ist rund, aber so weit er festsitzt, - mit drei Leisten versehen (Fig. 37 a), zwei basalen und einer dorsalen. i cf. CLAPAREDE, Ann. de Naples. Suppl. p. 523. 2 Archiv für Naturgeschichte. 1844. p. 449. a ZT a a PP EEE 3 “ı Fr \ Pr III rer ee Re en De it ne > x Bi BEN EN Q ar “ EERTERETE «€ ı F} 120 Paul Langerhans, ER Hi Diese Leisten sind hohl und zerfallen durch quere Scheidewände in eine Reihe von Kammern, welche durch feine Löcher mit dem umgebenden Medium kommuniciren. Das ist bei a schematisch dargestellt, bei b sieht man die Kammern der basalen Leisten von unten, bei d die Poren an der rechten basalen Leiste und die rechtsseitige Porenreihe, der nach vorn in einzelne Zähne aufgelösten dorsalen Leiste. — Oft sitzen die Röhren in ganzer Ausdehnung fest, oft aber erheben Sie sich vorn, und dann fallen die seitlichen Leisten weg und selbst von der dorsalen setzen sich nur zwei sehr zarte Leistchen auf den a: Tubus fort. — Das Darin (Fig. 37 g) sitzt dorsal links; sein horniger Stiel hat zwei Fortsätze, die ich unter sehr vielen Exemplaren nur ein Mal vermisste. Im Stiel läuft ein Gefäß, das bei jungen Thieren durch den hornigen Kegel des Operculum zu heiten ist. Dieser trägt oben eine einfache Kalkplatte, die bei jüngeren Individuen dicker ist. Reife Thiere sind 0,5 bis 1,0 cm lang und haben über 50 Segmente. Kiemen jederseits 6 bis 10 Strahlen, die in regelmäßiger Weise zwischen je zwei Fiedern geringelt sind (Fig. 37 c). Fiedern eng, ungefähr vier Mal so lang als die Strahlenbreite ; Endfaden wie eine Fieder. Von Farbe sind die Kiemen rothgelb und enthalten in wechselnder Vertheilung weiße Pigmentkörner im Epithel, die namentlich im Bereich der nicht hohen Membran oft rosa sind. Auch der Stiel des Operculum ist roth und weiß geringelt. | Kragen groß, ganzrandig, aber meist undeutlich in fünf Lappen ge- faltet, dorsal klaffend. Vorn zwei halbmondförmige Gruppen von Augen. we Thorax mit 7 setigeren Segmenten, das 4. hat ein dorsales Bündel stärkerer Borsten (Fig. 37 h), die anderen dorsal gesäumte Haarbor- sten (?), ventral Uneini (k, !). Am Abdomen ist eine Reihe vorderer _ Segmente, circa 7, viel länger als die folgenden und vorzugsweise Träger der Geschlechtsprodukte. Das 1. Segment ist ohne Borsten, dann ventral je zwei Spateln (e), die hinten langen Haarborsten (f) Platz machen; dorsal Uneini, die an Form denen des Thorax gleichen, aber nur halb so groß sind. 45) Placostegus tricuspidatus Sowerby. Die sehr auffallende Röhre dieser Form ist vollkommen glashell und dreikantig; an der Mündung springen alle drei Kanten in kleinen Spitzen vor (Fig. 38 a). Sie ist meist in 21/, bis 3 aufsteigenden Win- dungen angeordnet, bisweilen aber zum Theil gestreckt. In verdünnter Salpetersäure löst sie sich ohne Rückstand. Ich erhielt sie aus größerer _ Tiefe auf Korallen und Muschelschalen. Die Wurmfanna von Madeira. | 121 Fast dasselbe giebt Prıuippr! für das Mittelmeer an, während in Jounston’s Catalogue? nur bemerkt wird, dass die Art an Schottland’s und Irland’s Küsten vorkommt, ohne Angabe über die Tiefe. Jonnstox - führt übrigens den älteren Namen ein für den neueren crystalli- nus. Nach Grupr 3 ist auch Sars’ polita und Mırwe-Epwarps’ armata synonym. Das Operculum (Fig. 38 b) ist konisch , gelb, hornig mit dünner _ hakiger Endplatte. Lebend habe ich das Thier nur ein Mal gesehen. Es hatte jeder seits 44 Kiemenstrahlen, links das Operculum; die Kiemen mit zwei Reihen Fiedern, gelbbraun mit zwei farblosen Ringen. Die 6 Tho- raxsegmente haben dorsal gleiche Bündel gesäumter Haarborsten, ven- ital Tori mit sehr feinen Plättchen. Abdomen mit 42 Segmenten, die - vorderen nur mit Unecinis, welche viel kürzer sind als die am Thorax, die hinteren ventral dazu mit einigen langen Haarborsten. 5 | 46) Ditrupa arietina O.F. Müller. e Das Vorkommen von D.arietina bei Madeira ist schon durch Grus£! bekannt; ich stimme Jonnston bei, dass nach den vorhandenen An- gaben zwischen D. arietina, subulata und libera kein Unterschied be- Beth. - In 20 bis 40 Faden im Sande ist diese Form ganz außerordentlich ' häufig, sie ist indess etwas kleiner als im Norden. Denn während Sars die Länge der Schale auf 2 Zoll angiebt, erreichen meine Exemplare nur ausnahmsweise 2,5cm. Der vorderste Theil der Röhre ist oft, auch bei reifen Thieren, schmaler und scheint neu gebildet (Fig. 39 a). Das Operculum bildet links den ersten dorsalen Kiemenstrahl; es ist ganz _ hornig, konisch und auf seiner Endfläche koncentrisch gestreift, aber nicht gezähnt, wie bei den echten Serpeln. Die Kiemen giebt Sırs® zu 24 an, Jounston zu 22. Ich fand jeder- B: seits 41, eng besetzt mit zwei Bach Fiedern, von Farbe weiß mit E: zwei hen Ringen. Einzelne Individuen Eben vollkommen farblose B. Kiemen. # ‚Kragen nur dorsal klaffend. Vorn ein Paar halbmondförmige Augen. Die dorsalen Borsten (Fig. 39 c) der 6 Thoraxsegmente sind überall ! Archiv für Naturgeschichte. 4844. p. 192. 2 p. 347. 3 Jahresbericht der schles. Gesellsch. 1861. 4 4857. Annul. Oerstediana. 3 Catalogue. p. 347. 6 Beskrivelser etc. p. 52. 122 Paul Langerhans, gleich, Tori am 2. bis 6., mit vielzähnigen Uncinis (Fig. 39 db). Die Farbe des Leibes ist roth. Abdomen mit über 40 Segmenten, die ersten beiden ohne Borsten, dann dorsale Uneini. Ventral nur an den letzten 44 bis 16 Segmenten eine lange Haarborste. | Geschlechter getrennt, Sperma farblos. Eier roth. Die Thiere bewegen sich im Aquarium, indem sie das ausgestreckte Operculum irgend wo festklemmen und dann den Leib nachziehen. Das Operculum ist für Berührungen ganz unempfindlich, die Außenseite der . Kiemen aber sehr empfindlich, entsprechend der Menge der Fühlzellen. h 47) Salmacina aedificatrix Glap. Die kleinen runden Röhren dieser Art bilden in größerer Tiefe selb- ständige Stöcke. Ihr Bewohner hat jederseits vier spitz endende Kiemen- strahlen, kein Operculum. Auffallend ist die schwankende Zahl der be- waffneten Thoraxsegmente; CLarArkpE! giebt 9 an, ich finde 7, 8 oder 9. Das I. derselben trägt neben gesäumten Haarborsten dorsale Borsten eigener Form (Fig. 40 b), die etwas von Grararkpe’s Figur abweichen. Das 2. Segment hat dorsal nur gesäumte Haarborsten, erst vom 3. an kommen daneben die besonderen Borsten (Fig. 40 «). Diese fehlen so- mit den beiden ersten Segmenten, wie wir das auch bei Spirorbis Pagenstecheri finden. Ventral vom 2. Segment an Uncini (Fig. 40 d und e). Abdomen mit 30 Segmenten, hat ventral Haarborsten mit gezähn- tem Saum (Fig. 40 c), dorsal Uncini, die um !/, kleiner sind als am Thorax. 48) Salmacina incrustans (lap. Die runden Röhrchen dieser Art finden sich auf Steinen am Strande wie auf Fischkörben. Die Thiere sind roth, die Kiemen nur an ihrer Wurzel. Letztere haben jederseits vier Strahlen, an denen oben ein farbloses Kissen (Fig. 45 b) sitzt, gebildet von stärker entwickelten Epi- thelzellen. An der Spitze jeder Fieder finden sich ebenfalls einige solche Zellen. Bei der Mittelmeerform ist die Vertheilung dieser Zellen etwas abweichend?. Collare mit seitlichem Einschnitt, ventral ganzrandig. Thorax vorn ein Paar Augenflecke; 5, 6 bis 7 setigere Segmente, von denen das 1. ein dorsales Bündel von zweierlei Borsten trägt (Fig. 45 d). Das 2.Seg- 1 Ann. de Naples. Suppl. p. 524. 2 Anne]. de Naples. II. p. 177. Die Wurmfauna von Madeira. 123 ment hat ventral Uncini (Fig. 45 e, f), dorsal nur gesäumte Haarborsten. Vom 3. Segment an gesellt sich zu diesen eine Borste (Fig. 45a). Abdomen von sehr wechselnder Länge, je nachdem kürzlich eine Sprossung stattgefunden hat oder nicht. Es trägt dorsal kleinere Un- cini, ventral gesäumte Haarborsten (Fig. 45 c), deren Saum nicht ge- zähnt ist, wie bei S. aedificatrix. 49) Spirorbis granulatus!. Auf Steinen lebt eine schöne purpurne Spirorbis in einer Röhre, die einem halben sechsseitigen Prisma gleicht, das man aufgerollt hat (Fig. 41 g). Die obere Seite ist quer-gerunzelt, und an der Mündung tritt die ebene Basis der Röhre gegen ihre obere Wand zurück, so dass man nur die letztere von oben sieht. Die Röhre ist größer als bei den folgenden Arten. Die Thiere maßen 0,25 cm; Kiemen farblos, jeder- seits 5 Strahlen mit 6 bis 8 Paar Fiedern und zugespitztem Ende. Der - 2. Strahl links ist Operculum, das an seiner oberen Hälfte eine Kalk- schale hat und mit vier bis fünf hornigen, bisweilen in ihrer Achse . kalkigen Papillen besetzt ist (Fig. AI c); es steckt voll von Embryonen. | Thorax mit ganzrandigem dorsal klaffenden Collare, 3 bewaffne- ten Segmenten. Das I. hat nur dorsal ein Bündel sehr starker gelber und kleiner einfacher Borsten (Fig. 41 e); das 2. und 3. haben dorsal gesäumte Haarborsten (d), ventral große Tori vielzähniger Uneini (Fig. 41 a), deren Zähne zu zweien neben einander stehen. Abdomen mit circa 18 Segmenten, welche ventral große Borsten (Fig. 44 f) haben, dorsal kleinere Uneini, deren Zähne in mehrfacher Reihe eng neben einander stehen und sehr klein sind (Fig. #1 b). Vielleicht ist diese Art mit Montagui ? identisch. 50) Spirorbis Pagenstecheri Quatr. - PAGENSTECHER 3 hat die Brutpflege der Spirorbis an einer Mittelmeer- _ form entdeckt, die er als Sp. spirillum bezeichnete und die dann von E. (JUATREFAGES? mit Pagenstecheri benannt wurde. Sie ist inzwischen auch von Crarartpe 5 wieder beobachtet worden. Ich habe in Madeira, eben so häufig wie in Tenerife, eine kleine Art gefangen, die wohl damit übereinstimmt. Saß die Röhre an Algen, so E _ war sie sehr regelmäßig dreikantig mit Querrunzeln /Fig. 42 a), an der Mündung sprangen die drei Kanten ein wenig vor gegen die runde = 1 QUATREFAGES, 1. c. p. 491. — JoHNsToN, p. 348. > QUATREFAGES, Anneles. II. p. 492. — Jounstox, Catalogue. p. 350. 3 Diese Zeitschrift. Bd. XII. p. 486. 4 Anneles. II. p. 491. = 5 Ann. de Naples. II. p. 183. 124 Paul Laugerhans, untere Hälfte («). Auf Steinen hatte die Röhre selten diese Form; sie war weit öfter zwar dreikantig, aber mit einem kurzen runden, oft schmaleren Mundstück versehen (cf. Fig. 43 a), auf das sich die Kanten nicht fortsetzen, ähnlich wie bei Vermilia polytrema. Anderen Röhren fehlen die Kanten ganz, so dass sie nur quergerunzelte runde Tubi sind. Mit dieser Vielgestaltigkeit paart sich eine größere Unregelmäßigkeit der Aufwicklung. Das Operculum ist rechts der zweite Kiemenstrahl. Es hat bei un- reifen Thieren nur eine kalkige Endplatte (Fig. 42 c), die sich nach unten in einen Zapfen fortsetzt und auf ihrer Oberfläche eine Spirallinie undeutlich erkennen lässt. Bei reifen Thieren vergrößert sich die Höhle (Ah), füllt sich mit Embryonen, der Zapfen schwindet und es tritt außer der Endplatte eine einfache kalkige Fußplatte auf, die die Bruthöhle nach dem Stiel zu ab- schließt. | Die Tbiere messen 1,4 mm ohne Kiemen, diese 0,6 mm. Der Thorax ist bis auf den oft rothen Kragen farblos, das Abdomen roth bis auf das dicke, drüsenreiche, zweilappige Analsegment; der Darm ist am Leberabschnitt dunkel violett, die Eier roth. Die Kiemen haben jederseits vier Strahlen mit kurzer Spitze und zwei Reihen langer Fiedern. Kragen symmetrisch, dorsal klaffend, - sonst ganzrandig. Thorax mit 3 setigeren Segmenten, von denen das 4. ein Bündel größerer Borsten (Fig. 42 d) trägt; die ventrale Borste dieses Bündels ist kleiner und ohne Zähne. Das 2. Segment hat dorsal nur gesäumte Haarborsten; das 3. neben diesen zwei Borsten (Fig. 42 e)_ cf. oben Salmacina aedificatrix. Uneini am 2. und 3. Segment, etwas kleiner als bei der vorigen Art, aber von gleicher Form. PAGENSTECHER giebt an, auch das 1. Segment trüge Uneini; das muss ein Druck- fehler sein. Abdomen circa 12 Segmente; in den beiden ersten vier Eier, hinten Sperma. Die kleineren Uncini wie die ventralen Borsten sind etwas kleiner aber von derselben Form wie bei Sp. granulatus. 51) Spirorbis corrugatus Montagu. Auf Steinen fing ich eine kleine Spirorbis, die sich vielleicht auf Sp. corrugatus! beziehen lässt. Ihr Tubus glich dem der vorigen Art: nur die Mündung (Fig. 43 a) ist einfach rund. Das Operculum hat in seiner äußeren Hälfte eine poröse Kalkschale, die leicht in Fassdauben- ähnliche Stücke zerbricht (Fig. 43 b) und bisweilen die ganze Bruthöhle umgiebt; es findet sich dann auch eine abschließende Fußplatte. ! QUATREFAGES, 11. p. 492. — JOHNsToN, Catalogue. p. 349. Die Wurmfanna von Madeira. 125 Die Thiere haben dieselben Dimensionen wie bei der vorigen Art; sie sind vorn auch am Kragen farblos; die Leber und das Abdomen sind rotb, die Eier hellbraun. — Kiemen je 4 Strahlen, von denen der zweite rechts Operculum ist; Fiedern mäßig lang, Strahlen zugespitzt. Kragen ganzrandig, dorsal _ klaffend. Thorax mit 3 bewaffneten Segmenten, von denen das erste ein dorsales Bündel ganz abweichender Borsten trägt (Fig. 43 c); zu diesen gesellen sich kürzere ungesäumte Haarborsten, wie bei purpu- reus; die ventrale Borste des Bündels ist kleiner (Fig. 43 d). Das 2. und 3. Segment haben dorsal nur einfach gesäumte Haarborsten; die Salmacinaborste fehlt. Uncini am 2. und 3. Segment wie bei Sp. Pagen- stecheri. Abdomen mit 10 bis 12 Segmenten; dorsal kleinere Uneini, ventral - Borsten (Fig. 43 e). Anhang. 52) Polygordius Schneideri n. Am Strand unter Steinen lebt ein kleiner milchweißer Polygordius, der auch an einem Orte sehr häufig ist, an dem ein kleines Wasserrinn- sal den beider Ebbe zurückbleibenden Tümpeln einen brakigen Inhalt giebt und selbst in ganz süßem Wasser sich sehr wohl befindet. Er ist 0,75 bis 1,0 cm lang, hat gegen 40 Segmente und kriecht sehr lebhaft, _ ganz wie eine Nemertine. Am Kopf zwei lange Fühler und ventral (Fig. 47, 48) zwei rothe Augen. Der Mund bildet eine ventrale Längsspalte (Fig. 47), umgeben von einer Wimpergrube, die sich in eine bis zum Analsegment reichende Rinne fortsetzt (Fig 46 sc, 47), welche lebhaft von vorn nach hinten wimpert, und wohl dem Thiere zu seiner kriechen- den Lokomotion dient. Anal zwei te Lappen und ein kleiner dor- £ saler (Fig. 49 b). Die Haut lässt unter der feinen Cuticula die zellige Struktur überall 8.3 ‚deutlich erkennen, am höchsten sind die Zellen ventral neben der Wim- - perrinne. rip finden sich auch sonst in einzelnen Büscheln am er Körper; außerdem zahlreiche Follikel, die ihren Inhalt leicht entleeren - und starre Tastborsten, namentlich an sion Fühlern. Fa Die Körpermuskulatur besteht, genau wie dies Schxeiper ! be- _ schreibt, nur aus Längsfasern, welche » wie die Blätter eines Buches mit ihren Kanten neben einander auf der Haut stehen«; sie sind über der _ _Wimperfurche unterbrochen (Fig. 46). An den Seitenlinien und der © 4 ı J. Mürzer's Archiv für Anatomie etc. 1868. p. 54. 126 Paul Langerhans, dorsalen Mittellinie ist nur eine unvollkommene Unterbrechung vorhan- den. Die einzelnen Fasern sind lange Spindelzellen, an denen ein Kern nicht immer wahrzunehmen ist. Von den Seiten der Wimperrinne zur Seitenlinie laufen Quermuskeln, die aus einer unterbrochenen Reihe kurzer kernhaltiger Fasern (Fig. 49 a) bestehen, und vorn fehlen (Fig. 46, cf. Hatscnek, Annelidenentwicklung p. 56). - Das Nervensystem besteht aus einem cerebralen Ganglion, an dem ventral die Augen mit Linse und dorsal zwei größere Zellen (Fig. 48) liegen, die man leicht für Gehörorgane halten kann und die ganz an ähnliche Gebilde erinnern, welche Crararkpe bei Nephthys Hombergi beschrieben hat!. Vom Hirn gehen zwei Längsnervenstämme nach hin- ten, wie das Urjsanın bei P. flavocapitatus zuerst angegeben? hat; sie liegen bei unserer Art über der Haut (Fig. 46 n). Der Darm beginnt mit einem Ösophagus, der das lange erste Seg- ment einnimmt (Fig. 48), um sich, gleich nachdem er das erste Dissepi- ment passirt hat, zum eigentlichen Darm zu erweitern. Ventral vom Ösophagus liegt, wie bei den Euniceen, ein ausstülpbarer Rüssel, der aus einem zarten Anfangsstück mit starker Guticula und einem musku- lös-drüsigen Blindsack von gelblicher Farbe besteht. Bei der ventralen Ansicht (Fig. 47) kann man die Mündung des Ösophagus und des Rüs- sels hinter einander erkennen. Ein ähnlicher Rüssel scheint bei P. pur- ' pureus vorhanden zu sein®?, während UrJanın für seine Art an der hin- teren Wand des Ösophagus einen retortenförmigen muskulösen Apparat beschreibt. Das Gefäßsystem ist dem von flavocapitatus ähnlich. Es besteht aus einem Dorsalgefäß (Fig. 47 vd), welches zwischen Hirn und Öso- phagus in einen kurzen Querstamm mündet, von dem zwei ventrale Ge- fäße ausgehen (vv), die sich im 2. Segmente vereinen. In den Quer- stamm treten von vorn zwei Gefäße aus den Fühlern (Fig. 47 vt). Das Dorsalgefäß kontrahirt sich von hinten nach vorn, aber nur bis an die hintere Grenze des Mundsegments; die Tentakelgefäße kontrahiren sich von vorn nach hinten. Innen von den Gefäßen liegt, ganz wie bei Saccocirrus, in den Ten- takeln ein größerer Hohlraum (Fig. 47), welcher im Kopf zwischen Quer- gefäß und Hirn mit dem der anderen Seite zusammenhängt; von diesem Verbindungsstück geht ein kleiner dorsaler Fortsatz ab (Fig. 48). Durch die lebhaften Bewegungen der Fühler werden in diesen Hohlräumen lose Zellen hin und her getrieben; ob eine Kommunikation mit der Leibes- höhle stattfindet, konnte ich nicht entscheiden. ! Ann. de Naples. I. p. 489. 2 Diese Zeitschrift. Bd. XXVII. p. 389. 3 SCHNEIDER, |. C. p. 56. Die Wurmfauna von Madeira. 127 Die Segmentalorgane beginnen im 2. Segment und haben einen etwas komplicirteren (Fig. 47) Verlauf als bei P. lacteus. Sie wimpern. Das parietale Peritoneum enthält große Fettzellen (Fig. 46). Wenn die Thiere geschlechtsreif werden, was Ende Februar geschah, dann er- leiden diese Fettzellen eine Rückbildung. Die Geschlechter sind getrennt, Eier und Sperma farblos. Von den anderen mir bekannten Arten der Gattung sind purpureus und flavocapitatus Zwitter, lacteus und Schneideri getrennten Ge- schlechts. Unsere Art ist von lacteus leicht zu unterscheiden. durch Fühler, Rüssel, Analsegment und Wimperrinne. 53) Odontosyllis gibba Clap. Inzwischen habe ich auch diese vierte Art der Gattung in Madeira _ gefangen (cf. erster Theil. Diese Zeitschrift Bd. XXXII, p. 553), und - zwar ein reifes Q von 0,6cm, 35 Segmenten, das vom 7. Segment an Pubertätsborsten trug und mit weißen Eiern erfüllt war. Auch hier geschieht also die Fortpflanzung nur durch Annahme einer epitoken Form. 54) Sphaerosyllis erinacea Clap. Cf. d. Ztschr. Bd. XXXIL, p. 567 und meinen Aufsatz über kana- rische Anneliden. 55) Hermione hystrix Sav. -C#. Gruse, Annulata Oerstediana, p. 419, von OERSTED gefangen, mir nicht begegnet. 56) Polynoe scolopendrina Sav. Von OERSTED gefangen, von GruBE als P. variegata beschrieben (I. c. p-. 49), nach Marenzerter (Wien. Akad. Ber. 1874) gleich scolopen-’ drina. 57) Diopatra brevicirris Gr.|.c. 58) Portia maderensis Gr.|.c. Rückblick. Wir haben so im Ganzen 153 Chaetopoden in Madeira kennen ge- lernt. Von ihnen sind 57, oder etwas über ein Dritttheil, zur Zeit nicht - auf bereits bekannte Formen zu beziehen, und man könnte geneigt sein, sie als Repräsentanten einer eigenen westafrikanischen Fauna anzu- NE ON (- sehen. Das wird auch für einen Theil von ihnen richtig sein, aber weit- ‚128 aus nicht für Alle. und zwar: ı WB, Westbecken, nenne ich den Theil des Mittelmeeres westlich von Italien. Paul Langerhans, Denn eine genauere Bearbeitung der Anpehakn an der Küste von Frankreich und England wird ohne Zweifel von mancher Madeira-Art darthun, dass ihr junger Name dem einer lange bekannten, aber ungenügend beschriebenen Form weichen muss. 96 unserer Arten sind bereits an anderen Orten gefangen worden \ \ 2 Als S. violaceo-flava Grube, Ann. 3 Als S. cerina Grube? 4 Als O. arenicolor Grube ? ä Europäische E In fremden 7 | Mittelmeer Geakkleren | Arktisch Meinen Haplosyllis hamata | Pontus, WB.! | Philippinen? Krohnii Adria, WB. | England —— prolifera | Adria, WB. | variegata' | WB. | Kanal hyalina Adria, WB. | Norwegen Ehlersia cornuta Adria Norwegen, | Spitzbergen, PoilippinEnEE N England Nowaja Zembla Syllis gracilis | Pontus, WB. Westindien, | Südsee Pionosyllis divaricata Kanal compacta Spitzbergen Syllides longocirrata Adria, WB. | Norwegen Eusyllis Blomstrandi WB. England Spitzbergen monilicornis Adria Helgoland ? | Spitzbergen Odontosyllis gibba Adria, WB. Kanal fulgurans WB. —— Dugesiana WB. cetenostoma Adria, WB. Philippinen ?% Trypanosyllis zebra | , Pontus, Adria, WB. Grubea clavata Adria, WB. Kanal | pusilla | Adria, WB. Sphaerosyllis erinacea | Kanal Paedophylax claviger | Adria, WB. | ; veruger | WB. Eurysyllis paradoxa | WB. Autolytus prolifer | WB. England, Grönland, Nordsee Spitzbergen Proceraea picta Adria, WB. England —— aurantiaca Adria, WB. \ —— macrophthalma Adria | rubropunctata Adria, WB. brachycephala Adria | t Hermione hystrix WB. Kanal Hermadion pellucidum ı Adria, WB. | England | Lepidonotus clava | WB. ı England | Lagisca propinqua | | England, | | Norwegen | Polynoe spinifera | WB. | 1 Semperiana. in N in uhe —_ı n ) E Die Wurmfauna von Madeira. 129 s Europäische S In fremden | ae Obeanakusten AUEHBe | Meeren Polynoe scolopendrina | Kanal, Norwegen Sthenelais Idunae Adria Kanal, j l Norwegen Psammolyce Herminiae |/Algier, Tanger Amphinome carunculata Westindien Chrysopetalum fragile | Adria, WB. Ceratonereis Costae | Adria Leontis Dumerilii | Adria, WB. Ostsee, Westindien, Schweden, Japan | Kanal Lycoris procera | Georgia —— rubicunda Adria Perinereis cultrifera | Adria, WB. Kanal, Norwegen —— floridana Florida ‚Hyalinoecia tubicola WB. | . Kanal, ? | Norwegen Eunice vittata Adria, WB. —— Harassii WB. Kanal —— siciliensis WB. Philippinen . Lysidice Ninetta WB. Kanal, Engl. Nematonereis unicornis | Adria, WB, Kanal Lumbriconereis fragilis England, | Spitzbergen, | N. Amerika | Island Nowaja | Zembla, | Grönland —— gracilis Adria 'Staurocephaluserucaefor- | | mis - | Finnmarken —— Rudolphii | WB. Glycera tesselata | Adria, WB. Goniada maculata Nordsee, . Skandinav. Nephthys Hombergi Adria, WB. | Nordsee bis Nowaja Norwegen Zembla ' Syllidia armata Frankreich Magalia perarmata Marseille Hesione cirrata Kanal Phyllodoce Gervillei Kanal Eulalia viridis Adria, WB. | Kanal bis Grönland Br Island _ Typhloscolex Mülleri WB. Canaren Alciopa lepidota WB. Vanadis erystallina WB. Tomopteris scolopendra WB. Prionospio Steenstrupi Island Polydora ciliata-minuta WB. England, R- Island Macrochaeta clavicornis Norwegen ' Dodecaceria concharum WB. Kanal, x Norwegen Audouinia filigera WB. Kanal, >3 Norwegen | - Cirratulus filiformis | Kanal Capitella minima | la Rochelle | } Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 9 130 Paul Langerhans, %, > Europäische i In fremden \ Mittelmeer | Qoo, Krane Arktisch Armandia oligops Adria Polyophthalmus pictus Pontus, WB. Bai von Biscaya Saccocirrus papillocercus | Pontus, WB. Brada inhabilis Norwegen | Spitzbergen Myriochele Heeri Skagerak | Spitzbergen, Grönland Lanice conchilega Kanal, | Nordsee | Phenacia terebelloides | WB. Kanal Polycirrus aurantiacus Adria, WB. Kanal Potamilla reniformis Adria, WB. Kanal, Grönland |N. Amerika? Island | —— Torelli Adria Island Chone Duneri l England? | Spitzbergen, | Nowaja Zembla Oria Armandi WB. | Serpula vermicularis Adria Nordsee Vermilia infundibulum | WB. polytrema I WB. Placostegus tricuspidatus | WB. Kattegat, Spitzbergen | Norwegen Ditrupa arietina | England, Norwegen Salmacina aedificatrix l WB. incrustans | WB. Spirorbis granulatus | Nordsee, pe England —— Pagenstecheri | WB. corrugatus j England I Von diesen 96 Arten finden sich also nicht weniger als 72 im Mittel- meer wieder, oder fast die Hälfte der ganzen Madeiraformen. Von ihnen sind fast die Hälfte, oder genauer ungefähr ein Fünftel der ganzen Schar, nämlich 33, nicht nur im Mittelmeer gefangen wor-. den, sondern auch in größerer oder geringerer Ausdehnung an den euro- päischen Oceansküsten verbreitet und gehören somit zu dem, was man eine europäische Fauna nennen kann. Einige Mitglieder dieser Fauna, nämlich Ehlersia cornuta, Eusyllis Blomstrandi und monilicornis, Auto- ' Iytus prolifer, Nephthys Hombergi, Eulalia viridis, Potamilla reniformis, Placostegus tricuspidatus, reichen dabei bis tief in das Eismeer hinein und besitzen somit einen sehr weiten Verbreitungsbezirk, der sich bei einem, P. reniformis, bis nach Nordamerika erstreckt. Eine andere Form, Leontis Dumerilii, ist arktisch nieht beobachtet, aber in West- indien und Japan gefangen. Es lässt sich erwarten, dass mit zunehmen- der Kenntnis der Faunen die Zahl der Arten, die an allen europäischen Küsten sich finden, zunehmen wird. a 3 ; ‘ - .. - Die Wurmfauna von Madeira, 131 39 der Mittelmeerarten sind bis jetzt noch nicht an den Oceans- küsten Europa’s gefunden, und gerade von ihnen wird ein ansehnlicher Theil sich noch daselbst finden, zumal gerade unter ihnen einige Bei- spiele fast universeller Verbreitung sich finden. Das sind: Haplosyllis hamata, Syllis gracilis, Eunice siciliensis und vielleicht Odontosyllis ctenostoma nebst Ehlersia cornuta. Nicht im Mittelmeer beobachtet sind von unseren Arten 24, und diese Zahl wird kaum sehr abnehmen, da wir die Mittelmeerfauna so viel besser kennen, als alle anderen. Von diesen 24 sind am interessan- testen drei, welche in Europa überhaupt noch nicht gefunden sind, sondern der westindischen Fauna angehören: Amphinome carunculata, Nereis floridana und rubicunda. Andere vier sind bisher nur weit von Madeira entfernt im Norden gefangen, nämlich Pionosyllis compacta, _ Staurocephalus erucaeformis, Prionospio Steenstrupi und Chone Duneri; es ist klar, dass diese Arten auch an Zwischenstationen sich finden wer- den. Von den 24 Oceansarten erreichen außerdem nur drei den hohen Norden, Lumbriconereis fragilis, Brada inhabilis und Myriochele Heeri, - und nur die erste von ihnen ist auch in Nordamerika beobachtet. Wir sehen somit vor Allem, dass mit genauerer Kenntnis der Faunen ‚die Verbreitungsbezirke der einzelnen Arten zunehmen. Als QuATrE- _ FAGES die These aufstellte, die Mittelmeerformen seien von denen des Oceans specifisch verschieden, wer hätte da gedacht, dass man so bald nachher Annelidenarten kennen würde, welche über die ganze Erde ver- breitet sind. Das erste Beispiel einer solchen Verbreitung hat uns GRrUBE in Eunice siciliensis kennen gelehrt; das zweite ist Leontis Dumerilii, von MARENZELLER in Japan gefunden. Wir können ihnen schon Haplo- syllis hamata, Syllis gracilis und einstweilen noch mit Fragezeichen Odontosyllis etenostoma und Ehlersia cornuta zugesellen. Interessanter noch als diese Frage ist die nach den natürlich klei- nen Modifikationen , welche weit verbreitete Formen in verschiedenen _Lokalitäten erleiden. Diese Frage ist eigentlich erst für wenige Formen möglich; es sind _ namentlich Marenzeızer’s und MeIntosw’ Arbeiten über die Aphroditeen, welche in dieser Richtung förderlich waren und hoffentlich noch sein werden. Ich habe die kleinen Abweichungen der Madeiraformen bei den - einzelnen Arten angegeben. Dies schwierige Gebiet ist wohl nur durch Vergleichung der Exemplare und Präparate weiter zu kultiviren. Ich bin gern erbötig, dazu vorkommenden Falles behilflich zu sein. 9#* 132 Pan] Langerhans, Chaetognathen. Um die vier Madeira-Arten zu bestimmen, musste ich die vorhan- dene Litteratur in einer Weise durchsehen, dass eine kurze Monographie der kleinen Familie daraus wurde. Ich denke, sie wird Anderen Arbeit ersparen. Litteraturverzeichnis. 4775. SLABBER, Physikalische Belustigungen. p. 23. Nürnberg, erwähnt zuerst die Sagitta oder den pfeilförmigen Seewurm. Sie war 4 Linien lang, hatte keine Augen und kroch an der Wand des Glases entlang; die Ovarien wurden richtig gesehen. Das Thier gehöre in Lınse’s Klasse der unge- gliederten Würmer, bilde aber ein ganz neues Geschlecht. | 4820. ScorREsBY, Account of the arctic regions. Vol. II. Taf. XVI, bildet eine Sagitta ab (auctore Kronn). 1827. Quoy et GAIMARD, Ann. des sciences nat. X. p. 232, fingen bei Gibraltar eine Sagitta, die sie S. bipunctata nennen, sie war 5 Linien lang. 41834, D’Orsısny, Voyage dans l’Amerique me&ridionale. Mollusques. p. 440, be- schreibt drei Arten: Sagitta hexaptera, die nach Kronx gleich bipunctata ist; S. diptera ohne Seitenflossen, und S. triptera mit Medianflosse auf dem Rücken. 4844. CH. Darwın, Über Struktur und Fortpflanzung von Sagitta. Frorıep's Neue Notizen. Nr. 639. p. 4, hat überall Sagitten gefangen, auch in 4 Fuß Tiefe ; alle hatten zwei seitliche Flossenpaare. Unter dem 37. bis40.0südl. Breite kam p’Orsıcny’s hexaptera vor, im Kiefer mit 8 Zähnen, zwei Reihen kleiner Zähne. Der Darm und die cirkulirende Bewegung des Inhaltes der Leibeshöhle werden beschrieben. Die Generationsprodukte sollen im Schwanz entstehen und im Ovarium dann zu Eiern sich entwickeln. Hoden nicht gesehen. — Die Beobachtungen über Entwicklung gehören nicht zu Sagitta. 1844. Kroan, Anatomisch - physiologische Beobachtungen über die Sagitta bi- punctata. Hamburg, ». J. Eingehende Beschreibung einer 7,5 cm großen Sagitta aus Messina mit 5 Flossen, je 2 Reihen Nebenkiefern, Mund longi- tudinal, Kiefer mit 5 bis 7 Zähnen. Erste Beschreibung des Hodens und des Nervensystems. 1846. Wırms, Observationes de Sagitta mare germanicum circa insulam Helgoland incolente. Diss. Berlin. Beschreibt eine Sagitta von A bis 4,5 cm mit vielen »Borsten« (Sinnesorganen der Haut), 5 Flossen, longitudinalem Mund, Kiefer von 5 bis 8 Zähnen, 2 Paar Nebenkiefer von 4 bis 5 Zähnen (nach den Zeichnungen). Die Anatomie ist ganz in Übereinstimmung mit Kroas, nur wird, irrthümlich, ein vorderes Bauchganglion am Halse be- schrieben. 4847. JOHANNES MÜLLER, Archiv, p. 158, nennt die Wırms’sche Art S. setosa. 1847. Frey und LEUCKART, Beiträge zur Kenntnis wirbelloser Thiere. p. 447, nen- nen dieselbe Form S. germanica. 4849. OERSTED, Videnskabelige Meddelelser fra den naturhistoriske Forening i Kjöbn- havn 4849. Nr. 4 (citirt nach FrorıEr’s Tagesberichte. 1850. Juni Nr. 434. x BEE a Die Wurmfauna von Madeira. 133 Zoologie. I. p.201) fand Sagitta 1845 in der Nordsee, dem Kanal und atlanti- schen Ocean, und stellt sie zu den Gordiaceen. Augen, keine Seitenflossen. 4850. Huxey, Meeting of the British Association. Ipswıca und 4843 ForBes, Insti- 4854. 41853. 4853. 1854 ‚41856. 4857. Ess. W. tution p. 258 sind mir unzugänglich geblieben. Busch, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklung einiger wirbel- losen Seeihiere. Berlin. p. 93, beschreibt zwei Arten: 4) S. cephalop- tera, Orkney-Inseln, 0,5 cm lang, gedrungen,, mit einer Flosse, die von den Seiten des Kopfes zum Stamm geht und keine Strahlen hat, mit Maxillen zu 8 Zähnen; Nebenkiefer, 2 Tentakel am Kopf und flimmernde Rückenscheibe. Mund rund. Die Haut-Sinnesorgane »Stacheln« in & Reihen. — 2) S. rostrata‘, Mittelmeer, von der setosa nur durch einen Höcker auf dem Kopf unterschieden. In Bezug auf die Anatomie wird die Querstreifung der Muskeln zuerst beschrieben und die nervöse Natur des Kronn’schen Bauchganglion geleugnet. KrouN, Über einige niedere Thiere. MürLer's Archiv. p. 437, korrigirt den Irrthum von Busca in Bezug auf das Bauchganglion und bezeichnet zuerst den sogenannten Ausführungsgang des Ovarium als Receptaculum seminis. Kroun, Nachträgliche Bemerkungen über den Bau der Gattung Sagitta. Ar- chiv für Naturgesch. p. 266, bemerkt, dass seinen Arten der vordere Wırus’sche Nervenknoten fehle, und korrigirt seine eigene frühere An- gabe in Bezug auf eine Nervenschlinge am Oceiput; die optici entspringen vom Hirnganglion. Dann folgt eine Übersicht der bekannten Arten: 4) S. multidentata 4,5 cm, 5 Flossen, Kiefer 9 bis 14 Zähne, vordere Nebenkiefer 5 bis 8, hintere 42 bis 43; vorn am Rumpf große subcutane Zellen, viele Sinnesorgane der Haut. — 2) S. serrato-dentata, 1,0 cm, 5 Flossen; Kiefer 6 bis 8 Zähne mit gezähntem Rand, Nebenkiefer vorn 8, hinten 18 Zähne. — 3) S. Iyra, 3 bis 3,5 cm, 5 Flossen, Schwanz kurz, "Flossen jederseits in einander übergehend. Kiefer 6 bis 8, vordere Neben- kiefer 7, hintere 41 Zähne. Viele unregelmäßige Sinnesorgane. — 4) S. draco, 3 Flossen, dickwandige Zellen vorn sehr entwickelt, Schwanz lang, Rumpf kurz; seitlich jederseits ein Fadenbündel. Kiefer bis 10, Neben- kiefer vorn 8, hinten 48 Zähne; 4,0 cm, viele Sinnesorgane. — 5) S. bi- punctata, Nebenkiefer vorn 3 bis 4, hinten 5 bis 7 Zähne ; wohl verschie- den von Quvoy und GAIMARD’S Art. . Leuckart, Zool. Untersuchungen. Heft III, p. 1, Anm., hat in Nizza die echte S. bipunctata, Quoy und G., gefangen, dazu zwei andere Arten, und be- stätigt gegen Busca die nervöse Natur des Bauchganglions. Er stellt S. in die Nähe der Nematoden. MEIssnER, HenLe’s Jahresbericht. p. 637 (mir nicht zugänglich). GEGENBAUR, Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Halle. IV, hat bei Messina S. bipunctata gefangen, bis 5,5 cm lang. Dazu eine Art von 2,0 cm Länge mit zahlreichen Borstenbündeln,, Kopf fast dreieckig, vorn etwas zugespitzt, 5 Flossen. Ferner eine von 4,2 cm Länge fast cylin- drisch, breiter, mit vielen Borstenbündeln; vordere Seitenflossen be- ginnen am ersten Dritttheil, Schwanzflosse stark abgerundet. Entwick- lungsgeschichte. LEUCKART und PAGENSTECHER, MÜLLERS Archiv. p. 593, bestätigen nach Beob- achtungen bei Helgoland Wırns und Kroan, zeichnen die hinteren Para- gnathen mit 8, die vorderen mit 5 bis 6 Zähnen, bei S. germanica. 154 | | Paul Langerhans, 41863. KEFERSTEIN, Zeitschr. für. w. Zool. XII. p. 429, hat im Kanal S, setosa beob- achtet, er sieht das Receptaculum seminis als Eileiter an, hat aber Sperma darin gefunden; giebt an, dass die sogenannten Borsten Fortsätze der Epidermiszellen sind, bildet sehr gut den Nerven eines solchen Sinnes- organes ab, bestreitet aber seine nervöse Natur und eben so die des Bauchganglion. 1863. CLAPAREDE, Normandie. p. 9, hat S. cephaloptera gefangen, 0,5 cm, 2 Ten- takel, Wimperscheibe ; eine praeanale Flosse übergehend in die Schwanz- flosse; Kiefer mit 9 Zähnen, Nebenkiefer je zwei Gruppen von 8. »Schöne Epithelschicht an der Seitengegend des Kopfes und Nackens.« | 1863. PAGENSTECHER, Zeitschrift für w. Zool. XII. p. 308, S. gallica, Kiefer mit 7 Zähnen, Paragnathen vorn 5, hinten 5 Zähne, Flossen ein zusammen- hängendes Ganze bildend; 0,4 cm, reif. Am Kopf jederseits an Stelle der Tentakel ein kleiner Schlauch; am Anfang des Leibes ein Kranz gelber Zellen. 1874. A. KowALeEvsky, Petersburger Akad. Ber. 4874. Empbryol. Studien an Wür- mern und Arthropoden, giebt außer der bekannten Entwicklungsge- schichte eine eingehende Beschreibung des Bauchknotens, der aus cen- traler Fasermasse mit Höhle und peripheren Zellen besteht. Eben so zeigt das Hirn centrale weiße Substanz und periphere Ganglienzellen. Die » Tasthaare« zerfallen nach Behandlung in mehrere Fäserchen. 4875. Mösıus, Jahresbericht der Kommission zur wissensch. Untersuchung deut- scher Meere. p. 158, erwähnt S. bipunctata aus dem Belt und der Nord- see, und beschreibt S. hamata, 3,5 cm, 3 Flossen, Kiefer mit 8 bis 9 Zähnen, nur ein Paar Nebenkiefer mit 23 bis 26 Zähnen. 4875. GIArD, Revue des sciences nat. III. S. Batziana, eine große Seitenflosse, die vor dem Anus beginnt und bis hinten reicht; Schwanzflosse,, keine Ten- takel, wimpernde Rückenscheibe. Nombre des dents moins considerable. 4878. LANGERHANS, Berl. Akad. Ber. 44. März. Beschreibung des Schlundringes. Ich denke die hier beschriebenen Formen lassen sich in drei Grup- pen oder Genera ordnen. I. Körper schlank, zwei Paar Nebenkiefer, zwei Paar freie Seiten- flossen. Sagitta Slabber. A) Vordere Nebenkiefer weniger Zähne als die hinteren. 1) S. bipunctata Krohn, non Quoy und Gaimard. Cf. D’OrBIENY, GEGENBAUR, Mößıus. 5 bis 7,5cm, Kiefer mit 5 bis-7 Zähnen, Neben- kiefer vorn 3 bis 4, hinten 5 bis 7. — Mittelmeer. 2) S. setosa Wilms.-Joh. Müller, synonyma S. multidentata Krohn, germanica Leuckart; vielleicht GEGENBAurR’s zweite Art. 1,5 bis 2,0cm, viele und regelmäßige Sinnesorgane, Mund longitudinal. Kiefer mit 8 bis 15 Zähnen, Nebenkiefer vorn mit 4 bis 5, hinten mit 42 bis 15 Zäh- nen. Ich habe diese Art bei Madeira öfters gefangen; sie ist leicht an einer gewissen Starrheit des Körpers kenntlich. Die sogen. Borsten, deren Zusammenhang mit Epidermiszellen zuerst von KEFERSTEIN ange- Die Wurmfauna von Madeira. 135 | geben wurde, gehören in der That komplieirt gebauten Sinnesorganen an, die in vieler Beziehung an die Seitenorgane der niederen Vertebraten erinnern, und theils von den zum Bauchknoten ziehenden Nerven Aste _ empfangen, theils von den Bauchknoten, theils von den hinteren Nerven desselben. Sie stellen Querreihen von Tastborsten ‚dar, die so genau quer gestellt sind, dass sie im Profil sich wie eine Borste präsentiren und auch meist so beschrieben sind. Man muss die Thiere in andere Lagen bringen, als sie gewöhnlich einnehmen, oder sie mit Agentien be- handeln (Kowar.), um zu erkennen, dass die eine Borste aus einer gan- zen Querreihe starrer Haare besteht. Solche Reihen sind bei S. setosa in einer Höhe immer sechs vorhanden, und solche Ringe von Seitenorga- nen finden wir über 30 ; bei anderen Arten sind sie nicht so regelmäßig. Das sonst einschichtige Pflasterepithel erhebt sich zu kleinen, zweischich- tigen Hügeln (Fig. 53), auf deren Höhe eine quergestellte Spalte er- - scheint (Fig. 51), in welcher Zellen der tieferen Lage Bündel von starren Sinneshaaren nach außen senden. — Die Muskulatur, deren Querstrei- fung von Busch angegeben ist, lässt sich leicht in einkernige Spindel- CH 6. sr ı W Er zellen zerlegen, ähnlich denen des Froschherzens. Zwischen Muskeln und Haut findet sich ein eigenes Unterhautgewebe (Fig. 54), das aus pflanzenzellenähnlichen Elementen besteht, vorn am Halse am besten zu erkennen ist, und von Krrerstein (d. Zschr. XI, Taf. XI, Fig. 28) abgebildet wurde. — Diese Art ist in Mittelmeer, Nordsee, Madeira ge- funden. 3) Sagitta Iyra Krohn., bei 2 bis 3 cm schon reif, und eigentlich nur dadurch von bipunctata unterschieden. Kiefer mit 6—11 Zähnen, Nebenkiefer vorn 8 bis 9, hinten 12 bis 18 Zähne. Mund quer. Ich habe diese Art in Madeira gefangen; sie ist außerdem wohl mit GEGEN- BAUR'S dritter Art und vielleicht mit Quoy und Garmmarp’s identisch. Die Sinnesorgane sind wenig entwickelt, im Gegensatz zu setosa. 4) S. serrato-dentata Krohn. Zähne der Kiefer gezähnt. Mittel- meer. 5) (?) S. rostrata Busch. 1851. Mittelmeer. B) Vordere Nebenkiefer zahnreicher als die hinteren. 6) S. magna n. sp. Diese bei Madeira nicht seltene Art war mit 2 bis 3cm stets noch unreif und erst mit 4 cm entwickelt. In Gestalt sich ganz an die eben besprochenen Arten anschließend, unterschied sie sich durch die geringe 2 Entwicklung der Nebenkiefer, die vorn 4, hinten nur 2 bis 3 Zähne ‚hatten (Fig. 57, 60). Kiefer mit 7 bis 9 Zähnen, Mund quer. An dieser Art habe ich mit Hilfe von dünner Osmiumsäure das Nervensystem zu- 136 Paul Langerhans, erst gut gesehen und bilde es Fig. 57 und 60 ab. In Fig. 57 sieht man > das Hirn mit den N. optici (no), dem zum sogenannten Bauchganglion! gehenden Ramus posterior (r p), welcher einen Muskelast abgiebt (m), und den beiden vorderen Nerven (ra). In Fig. 60 sieht man die Rami anteriores ventral umbiegen, jederseits einen Ast zum Ganglion buccale geben (gb), das dann einen feinen Nerven zum Darm sendet. Weiterhin schwellen die Rami anteriores zum ventralen Schlundganglion (gv) an, welches mit dem der anderen Seite unmittelbar hinter der Unterlippe durch eine Kommissur zusammenhängt, und selbst zwei Muskeläste (m) entsendet. Bei den anderen Arten ist das Alles ganz eben so, nur wenn der Mund longitudinal ist, wie bei setosa, wird die Kommissur länger. II. Körper schlank; ein Paar Nebenkiefer, ein Paar freie Seiten- flossen. Genus Krohnia?n. 7) Krohnia hamata Möbius. III. Körper gedrungen, subcutanes Gewebe sehr entwickelt und bis zur einzigen Seitenflosse nach hinten reichend; zwei Paar Nebenkiefer. Genus Spadellan. 8) Spadella cephaloptera Busch. Zwei Tentakel, Flimmerscheibe. Orkney-Inseln, Kanal (GrArArkpe). 9) Spadella draco Krohn. Mittelmeer. Diese Art ist bei Madeira nicht selten (Fig. 50), 1,0cm; das flossenartig entwickelte subeutane Gewebe (Fig. 54) trägt jederseits ein Bündel starrer faseriger Fäden. Kiefer 10 Zähne, Nebenkiefer vorn 7, hinten 12 bis 14 Zähne; Mund longitudinal. 10) Spadella gallica Pagenstecher: 1863. 44) Spadella Batziana Giard. Wimperscheibe, keine Tentakel°. Nemertini. Dank den Arbeiten von McIntoss und Husrecnart ist an Stelle der ungeheuren Verwirrung, welche bis vor Kurzem in der Systematik der Nemertinen herrschte, eine übersichtliche Klarheit getreten. Es ist jetzt relativ leicht, Formen dieser Gruppe auf bereits bekannte zurückzu- 1 cf. Fig. 50. 2 Der Name Krohnia ist von QuArreries (Anneles. II. p. 157) für eine Alcio- pidengattung angewendet worden. Nachdem es sich inzwischen gezeigt, dass QuArrerages’ Definition vielmehr dem Genus Alciope selbst zukommt, ist er frei und es scheint mir billig, ein Genus unserer kleinen Familie, die Niemand besser be- arbeitet hat, als Ausust Kronn, nach ihm zu nennen. 3 Zur Zeit nicht erkennbar sind somit nur die Arten: triptera und diptera von D’OrBIGNY und Quoy und Gaımarp's bipunctata, - Die Wurmfauna von Madeita. 137 führen, und die Anzahl europäischer Arten in der Madeira-Fauna hat sich damit relativ nicht kleiner erwiesen als bei den Anneliden. Ich eitire der Kürze halber in der Regel nur Husrecur’s The Genera of Euro- ' pean Nemerteans critically revised, with descriptions of several new species. Notes from the Leyden Museum XIV. 4) Gephalothrix linearis Oersted. Am Strande auf Algen nicht selten, kaum 2,0 cm lang, unreif (cf. HuBrEcHT, p. 206). 2) Valeneinia longirostris Quatref. 5 Aus größerer Tiefe ein Exemplar, 2,0 cm lang, 0,3 breit, weiß, ohne Augen; Seitengruben groß; Rüsselöffnung kurz vor dem Hirn (Husrec#t, p. 208). 3) Lineus obscurus Dösor. Diese von McIxtos#? sehr genau geschilderte Art ist in Madeira ‚unter Steinen nicht selten, während sie in Tenerife an Strandalgen vor- kam. Auch hier sind meine Exemplare kleiner als die nordischen : 42,0 em ist eine ansehnliche Größe, während MceIntos# 9 Zoll lange Thiere fand. 4) Gerebratulus marginatus Renier. Im Sande in geringer Tiefe ist diese Form mit Nephthys Hombersgi zusammen nicht selten. Bei Berührung bricht sie sich in Stücke, die aber lange weiter leben; ein so abgebrochenes Vorderende in Regene- _ ration hat dann immer einen dünneren Schwanz. Der sich regenerirende Darm ist stets mit Divertikeln versehen (Fig. 65), welche sich später _ rückbilden. 5) Gerebratulus bilineatus Renier. In einer Tiefe von 30 bis 40 Faden, oft in leeren Röhren von Ditrupa | arielina lebt diese Art, von der reife Exemplare mit 3,0 cm auch wieder erheblich kleiner nz als ihre nordischen Brüder. ® und Jg! sind an Größe nicht verschieden, aber die g' sind dunkler gefärbt (Husrechr, Ep. 213). 1 Herr.Dr. HusrecuHt hat mir dabei brieflich wesentlich geholfen. * British Nemerteans. p. 484 (cf. HusreEcHTt, p. 210); als L. gesserensis. 138 Paul Langerhans, 2 ES Be 6) Gerebratulus roseus Delle Chiaje. An Strandpflanzen und Fischkörben habe ich diese Form gefangen 3 2,0 cm, gleichmäßig rosa, ohne Augen, rundlich (HusreEcHt, p. 248). 7) Cerebratulus Grubei Hubrecht. Ein Exemplar aus größerer Tiefe, 7,0cm, rund, rauchgrau, Kopf weiß eingefasst (Fig. 55), keine Augen. Seitengruben groß. 8) Gerebratulus assimilis Oersted. Einmal bekam ich aus größerer Tiefe mit einem Antipathes-Stock einen ziegelrothen Cerebratulus von 4,0cm Länge, flach und breit, nach hinten zugespitzt, vor dem Analende mit einem violetten Querband. Seitengruben groß, Seitenorgane hinter dem Hirn. Am Kopf jederseits zwei Gruppen von 8 bis 15 großen Augen. Ich glaube diese Form, welche mit C. fuscus (Husrecat, p. 219) Ähnlichkeit hat, aber viel mehr Augen trägt, auf Orrstev’s assimilis ! be- ziehen zu müssen. | 9) Gerebratulus Melntoshii n. sp. Nur einmal bekam ich von den Pflanzen der Strandfelsen ein un- reifes Exemplar einer prächtig gefärbten Nemertine. Es war 2,5 cm lang, drehrund, weniger als 0,1 cm breit. Sohle und Seiten farblos, der Rücken (Fig. 56) hellgelb; an der Spitze des Kopfes ein rother Fleck, von dem aus eine zinnoberrothe Mittellinie nach hinten zieht; an sie lehnen sich kleine sammetschwarze Dreiecke. Seitengruben groß; Seitenorgane hinter dem Hirn, das auf der Höhe des zweiten schwarzen Dreiecks liegt. Keine Augen; Rüssel un- bewafinet, mündet terminal. Nerven lateral; Darm gelblich. 10) Gerebratulus Hubrechti n. Auf Strandpflanzen nicht selten ist ein Gerebratulus, den ich in un- reifen Exemplaren bis 4,0 cm lang gefangen habe. Er ist dorsal dunkel- violett (Fig. 58) mit glänzend weißem Kopffleck, an dessen vorderen Rande zwei zinnoberrothe Augen liegen; ist also ähnlich dem €. pur- pureus, aber durch die Augen unterschieden, während €. opacus Quatre- fages jederseits 4 Augen hat und der Kopf nur subdistinctus ist. i Die Seitengruben sind groß, Seitenorgane hinter dem Hirn; der unbewaffnete Rüssel mündet vorn. | 1 Entwurf p. 90. — Mösıvs, Jahresbericht der Kommission etc. 4875. p. 155. Die Wurmfauna von Madeira. 139 11) Amphiporus dubius Hubr. An Fischkörben fing ich einige Exemplare dieser durch ihr Stilet (Fig. 59) charakterisirten Form. Die unreifen Thiere maßen 0,5 bis 4,0 cm, Haut hellbraun, schwarz gesprenkelt. Kopf ohne Zeichnung mit vier großen Augen, jedes zu zwei Linsen. Rüssel groß, voll breiter _ Papillen, Stilet cf. Fig. 59, zwei Reservetaschen. Darm gelbbraun (Huprschr, D: 222). 12) Tetrastemma flavidum Ehrb. Unter Steinen am Strande ist ein Tetrastemma häufig, das sehr kon- tractil ist; die Z' sind 2 bis 3cm lang, weiß oder hellroth, die Q brei- ter, bis 6cm, ziegelroth. Kopf ohne Zeichnung, vordere Augen etwas ‚größer; Stiletgriff rundlich. % Ich denke, die Art lässt sich noch mit T. flavidum (Husrechr, p. 227) _ vereinen. - 5 43) Tetrastemma vermiculatum Quatref. 3 - g'0Q,4cm, © 1,0cm, farblos oder gelblich, zwischen den Augen . jeder Seite oft, aber nicht immer ein brauner Längsfleck. Der Rüssel ist kurz, reicht nur bis zur Hälfte des Körpers ; Stilet klein, leicht zu über- sehen (Fig. 63); der hinter dem Reservoir gelegene Drüsenabschnitt des Rüssels ist erst eng, wird aber hinten weiter. Auf Strandpflanzen x (HuBrEenHr, p. 227). = 14) Tetrastemma melanocephalum Johnst. Dieses gelbe Thier mit violettbraunem Fleck auf dem Kopf ist hier ‘wie in Tenerife auf Strandpflanzen sehr häufig. Ich habe Thiere bis 4,0 cm lang gefangen, viele reife Q — nie ein gZ'. MelIxtos# hat nur unreife Exemplare gesehen. Wahrscheinlich sind die g' anders gefärbt y HußrecHt, p. 228). Ein Mal fing ich in Tenerife ein schwach gelbes eifes Z' von 0,5cm, ohne Fleck auf dem Kopf; gehört das vielleicht #J . 15) Tetrastemma quadristriatum n. Auf Strandpflanzen lebt nicht häufig ein Tetrastemma von 3,0 cm _ Länge, 0,2 cm Breite, wenig kontractil, mit vier braunen Längslinien auf dem Rücken (Fig. 67). Rüssel lang, Stiletgriff rundlich. Diese Form ist ‚al nlich dem T. Robertiana McIntosh und peronea Quatref., aber sie hat vier braune Längsbinden, wo jene zwei haben. 140 Paul Langerhans, | : Be 416) Oerstedia unicolor Hubrecht. An Fischkörben lebt häufig ein hoch-oranges Thier, bei dem alle Gewebe inclusive Eier orange gefärbt sind: nur das Sperma ist farblos. O und J' gleich, bis 2,0 cm; Kopf mit vier Augen, meist ohne Zeich- nung, aber gelegentlich mit braunem und davor weißem Querfleck. 9 Rüssel stark, Stilet wie bei T. melanocephalum (HusrecHt, p. 230); im. Gifttheil des Rüssels orange Körnchen in den Zellen. 17) Nemertes gracilis Johnston. 4 An Strandpflanzen, bis 14,0 cm, grüngrau, Eier roth (Husrecat, p- 230). j 18) Nemertes echinoderma Marion. Diese Art habe ich hier wie in Tenerife häufig an Strandpflanzen gefangen (Fig. 62); sie ist sofort charakterisirt durch die chitinigen Ge- bilde in der Haut (Fig. 64). Die g'! waren farblos, unter 1,0 cm; die © grünlich bis zu 3,0 em. — In Tenerife fand ich ein © in einer glas- hellen Röhre voll Eier sitzen. Aus diesen Eiern krochen nach einigen Tagen kleine Thiere aus, die sich durch die charakteristischen Haken der Haut als Kinder dieser Mutter legitimirten : aber sie hatten alle nur vier. Augen (Fig. 61). Es gelang nur wenige Tage diese Thierchen zu züch- ten, bis zur Entwicklung eines Stilets im Rüssel: da sie aber durch die Haut genügend gekennzeichnet waren, so scheint mir diese Beobachtung ein Licht auf die Stellung der Tetrastemmaform zu den anderen bewaff- neten Formen zu werfen. Sie gestattet uns die Vermuthung, aber frei- lich auch nicht mehr, dass Tetrastemma vielleicht eine ältere Form sei als die anderen. Weitere‘ Beobachtungen werden diese Vermuthung stützen — oder widerlegen. E HusrecHr zählt in seinem Verzeichnis 57 europäische Nemertinen auf; ihre Zahl würde, wenn mein C. assimilis richtig bestimmt ist, auf 58 sich erheben. Von diesen haben wir 15 in Madeira, und von diesen 15 sind 13 im Mittelmeer gefangen. Nur drei Arten sind bisher nicht in europäischen Meeren getroffen. Es scheint demnach die Verbreitung der Nemertinen eine noch weitere als die der Anneliden zu sein. | Madeira, 6. November 1879. Die Wurmfauna von Madeira. 141 ; 3 Erklärung der Abbildungen. u Tafel IV—VI Fig. 4. Aricia acustica. a bis f Borsten, g, ein Gehörorgan. Fig. 2. Spio atlanticus. a, Fuß, von der Seite gesehen; rechts ist vorn, b, Haken. Fig. 3. Prionospio Steenstrupi Mgn. a, Analsegment, b, große Nervenfasern mit Osmium, c, d, Borsten. Fig. 4. Polydora hamata. | a, Vorderende dorsal, db, ventral, c, d, e, f, Borsten. Fig. 5. Polydora armata. a, Borsten der hinteren dorsalen Ruder, db, Vordertheil dorsal, c, Borste des 5. Segmentes. Fig. 6. Spiochaetopterus madeirensis. a, Vordertheil dorsal, b, Borste des 4. Segmentes, c, Uncini. Fig. 7. Macrochaeta clavicornis Sars. a, Vordertheil dorsal, b, ventrale Borste. Fig. 8. Dodecaceria concharum Oerst. Sb a, dorsale Borsten des vorderen Segmentes, 5, Vordertheil ventral, c, d, r e, f, 9, Borsten. Fig. 9. Cirratulus viridis; Hakenborste. Fig. 10. Chaetozone macrophthalma. a, Vorderende dorsal, b, stärkere Borsten des hinteren Körperabschnittes. Fig. 44. Notomastus roseus. Hakenborste. Fig. 42. Capitella minima. a, Hakenborsten, db, $& Kopulationsapparat, c, © Kopulationsapparat. Fig. 43. Armandia oligops Marenz. Vordertheil ventral. Fig. 44. Brada inhabilis Rathke. a, Borste, db, Vordertheil dorsal mit eingezogenem Kopf, c, Segment im | Querschnitt, Bauchseite nach oben, d, Kopftheil ausgestülpt, rechts ® ist ventral. Fig. 45. Myriochele Heeri Mgn. a, Analsegment, b, Hakenborsten von vorn und von der Seite gesehen. Fig. 46. Axiothea cirrifera. a, Hinterende ventral, b, Haken. Fig. 47. Saccocirrus papillocercus, Durchschnitt. mt, Quermuskel, mi!, Quermuskel der Seitenkammer, ml3, ventrale Längs- bündel, m!!, dorsale Längsbündel, ml?, Längsbündel derSeitenkammer, S, Seitenkammer , vd, Dorsalgefäß, vv, Ventralgefäß, n, Nerven, a, Mesenterium. | ig. 48. Derselbe. 5 Geschlechtstheile, dorsal. 49. Ampharete minuta. a, Seitenansicht des Vordertheils, b, Dorsalansicht, c, abdominale Flosse mit Cirrus dorsalis, d, Uncinus. ig. 20. Lanice conchilega Pallas. a, b, Uncini am Thorax, ce, d, am Abdomen. 24. Phenacia terebelloides Quatref. a, Uncinus am Thoräx, b, c, am Abdomen. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. . 22. Leaena oculata. 2» f %. ee . 23. Polyeirrus aurantiacus Grube. . 24. Polycirrus triglandula. a bis e, Borsten. . 25. Polycirrus tenuisetis. a, b, Haken. . 26. Potamilla Torelli. . 27. Potamilla rubra. . 28. Chone arenicola. : R Oria Armandi. Haken des Abdomen. . 32. Jasmineira caudata. Paul Langerhans, | R Bee a, Vordertheil in Seitenansicht (vv, ventrales, vd, dorsales Gefäß), b, DE Uneini. Be ‘a, Haken vom Thorax, b, vom Abdomen. a, Kiemenspitze, 5, Vordertheil ventral, ce, Analsegment ventral, d, e, 3 Borsten. Fu a, Kiemenknorpel, 5b, Kiemenspitze, c, d, e, f, Borsten. a, Kiemen, b, Vordertheil dorsal, d, Analsegment ventral, ce, 9, Haken des Thorax, e, f, des Abdomen. 29. Chone collaris. a, Kiemen, b, Vordertheil dorsal, c, Analsegment ventral, d, e, f, Borsten. « . Oria Eimeri. a, Vordertheil ventral, db, Analsegment ventral, c, d, e, Borsten. a, Vordertheil dorsal, 5b, Analsegment dorsal, ec, Uncinus vom Thorax, d, vom Abdomen. 7 33, Fabricia nigra. 2 a, Haken vom Thorax, b, vom Abdomen, c, Spitze eines Kiemenstrahles, 3 d, Analsegment. 34, Serpula vermicularis L, 4, Uncini des Thorax, b, des Abdomen, d, Querschnitt der Röhre, c, Norsioi des 1. Segmentes. 35. Serpula concharum., | a, Uncinus des Thorax, 5b, Spatel, c, Borsten des 4, Segmentes. 36. Vermilia infundibulum. Operculum. 37. Vermilia polytrema Phil. a, idealer Querschnitt der Röhre, 5b, ein Vordertheil einer Röhre von. unten gesehen, c, Spitze der Kiemen, d, das Stück Röhre b von oben gesehen, e, Spatel, f, Spitze der Haarborsten der letzten Segmente, 9, Operculum, h, Borste des 4. Segmentes, i, dorsale Borste der ande- ren Thoraxsegmente, k, !, Uncinus thoracalis. 38. Placostegus tricuspidatus Sow. a, Tubus, b, Operculum. 39. Ditrupa arietina O. F. Müller. a, Tubus, db, Uncinus, c, Haarborste vom Thorax. 40. Salmacina aedificatrix Clap. a, Thoraxborste vom 3, setigeren Segment an, b, Borste des 4. Segmen- tes, c, ventrale Abdominalborste, d, e, ee vom Thorax. 43 44. Spirorbis granulatus Mont. E a, Uncinus vom Thorax, b, vom Abdomen, c, Operculum, d, dorsale Borste des 2. und 3. Segmentes, e, Borsten des 4. Segmentes, f, abdapyinadt ventrale Borste, g, Tubus. a De er 5 ee Fe ar Die Wurmfauna von Madeira. 143 Fig. 42. Spirorbis Pagenstecheri Quatr. a, Tubus, b, Borste vom 3. Segment, c, Operculum, d, Borste des 4. Seg- . .. .mentes. Fig. 43, Spirorbis corrugatus Mont. a, Tubus, b, Operculum, c, d, Borsten des 4. Segmentes, e (folgende Taf.), 23) ventrale Abdominalborste. Fig. 44. Chone Duneri Mgn. a, Vordertheil dorsal, b, Kiemenspitze, c, d, abdominale Uncini, e, Thorax- haken. Fig. 45. Salmacina incrustans Clap. a, Borste vom 3. Segment an, b, Kiemenspitze, c, ventrale abdominale Borste, d, Borsten des 1. Segmentes, e, f, Uncinus. Fig. 46. Polygordius Schneideri. Querschnitt aus den vorderen Segmenten. c, Haut, sc, Wimperrinne, m, Längsmuskulatur, p, Fettzellen des Perito- neum, n, Nerven, i, Darm, vd, Dorsalgefäß, vv, Ventralgefäß. Fig. 47. Derselbe. Vordertheil, Ventralansicht. vt, Tentakelgefäß, vv, ventrales Gefäß, vs, dorsales Gefäß, Fig. 48. Derselbe. Vordertheil. Seitenansicht. Fig. 49. Derselbe. a, Quermuskel, b, Analsegment. Fig. 50. Spadella draco Krohn. Fig. 51. Dieselbe. Ansicht eines Hautsinnesorganes von oben. ı Fig. 52. Polycirrus aurantiacus Grube. a, Haken vom Abdomen, b, vom Thorax. Fig. 53. Hautsinnesorgan von S. setosa. Fig. 54. Unterhautgewebe von Sp. draco. Fig. 55. Gerebratulus Grubei. Hubr. Fig. 56. Cerebratulus Mc. Intoshii. Fig. 57. Sagitta magna. Kopf dorsal. no, Opticus, ra, vorderer Nerv zum Schlundganglion, rp, hinterer Nerv - zum Bauchganglion, m, Muskelast. Fig. 58. Cerebratulus Hubrechti. ' Fig. 59. Ampbiporus dubius. Stilet. Fig, 60. Sagitta magna. Kopf ventral. l, Unterlippe, ra, vorderer Nerv, gb, Buccalganglion, gv, Schlundganglion, i m, Nerven zu Muskeln und Haut. Fig. 61. Nemertes echinoderma. Junges. Fig. 62. Derselbe. Altes. Fig. 63. Tetrastemma vermiculatum. Fig. 64. N. echinoderma. Haut mit Haken. Fig. 65. Cerebratulus marginatus, Hinterende in Regeneration. Fig. 67. Tetrasternma quadristriatum. Ä $. e- Ben, Über Madeiras Appendicularien. Von Professor Dr. Paul Langerhans. Mit Fig. 66, 68 bis 73 auf Tafel V1. — In einer Mittheilung an die Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin habe ich im Oktober 1877 einige Beobachtungen über Appen- dicularien berichtet. Ich komme hier kurz auf diesen Gegenstand zu- zurück, hauptsächlich, um einige Abbildungen zu geben. Das Studium der Appendicularien ist durch For’s Etudes sur les Appendiculaires du detroit de Messine! sehr erleichtert worden. Ich hatte nur in Bezug auf den Bau des Schwanzes unsere anatomischen Kenntnisse mehren können, ganz in dem Sinne, wie es nach Kuprrer’s Angaben über Ascidienlarven erwartet werden konnte. = Es gelang mir, die beiden quergestreiften Muskelbänder mit Hilfe von 33 procentiger Kalilauge und anderen Agentien jedes in 40 auf ein- ander folgende Muskelplatten zu zerlegen (Fig. 66), wie wir sie ganz ähnlich bei Amphioxus und Petromyzon kennen. Diese Zusammensetzung der Muskeln aus 40 ganz regelmäßigen Platten fand sich bei Formen der Genera Oikopleura eben so wie bei Fritillaria, und ich schloss daraus, dass der Schwanz der Appendicularien allgemein aus 40 Segmenten zu- sammengesetzt sei. \ Jedem dieser Segmente entsprach ein Paar motorischer Spinalnerven, von denen einige schon von For bei O. cophocerca und dioica beobach- tet waren, aber natürlich nicht richtig gedeutet werden konnten. Diese Nerven traten jeder in seine Muskelplatte ein (Fig. 74), liefen in der- selben ungefähr bis zur Hälfte ihrer Länge und endeten ohne Kerne, Knospen oder dergleichen. Mit Ganglien standen sie eben so wenig in 1 Tire des M&moires de la societe de Physique et d’Histoire naturelle de Geneve. 4 XXI. 2me partie. 1872. Über Madeiras Appendienlarien, 145 Verbindung. Es gelang mir übrigens nicht, an einem Individuum alle 10 Paare der motorischen Spinalnerven zu sehen; bei den Oikopleuren _ waren die beiden letzten Paare nicht zu sehen, bei Fritillaria formica das 8. und 9. nicht, während das 10. deutlich war. Während so die motorischen Spinalnerven regelmäßig segmental _ angeordnet waren und keine Ganglien hatten, waren die sensiblen Äste mit Ganglien in Verbindung, aber ganz unregelmäßig auf die Segmente _ vertheilt. Ich gebe in Fig. 68 ein Bild eines der vielen sensiblen Gan- - glien, das KowaLkwskv’s Angabe über die Zellennatur dieser kleinen An- schwellungen neueren Zweifeln gegenüber bestätigt. Diese kleinen ein- bis fünf- oder sechszelligen Ganglien waren bei den Fritillarien nur 8 bis 10 an Zahl, bei den Oikopleuren 42 bis 46. Von den Nerven, welche aus Ganglien entspringen, konnte nur der vom großen Kaudalganglion abgehende N. recurrens bei jungen Oikopleura velifera zu einem cutanen - Sinnesorgan verfolgt werden (Fig. 69). Die von mir gefangenen Arten waren folgende: 4) Appendicularia sicula. For, Archives de Zool. exper. III. 1874. . 2) Fritillaria furcata Vogt. For, Etudes p. 32. 3) Fritillaria megachile Fol. p. 33. 4) Fritillaria formica Fol. 1. c. p. 35. Die Forın der Oberlippe (Fig. 70) ist ein wenig von der Mittelmeer- | art abweichend und die CGhorda ragt etwas über die 40. Muskelplatte hinaus. 5) Oikopleura rufescens Fol. 1. c. p. 27 6) Oikopleura dioica Fol. l.c. p. 28. 7) Oikopleura fusiformis Fol. 1. c. p. 29. 8) Oikopleura velifera n. sp. Diese in Madeira im Winter 4877/78 weitaus häufigste Art ist der O. spissa Fol, I. ec. p. 26, sehr ähnlich. Ihr Körper wird bis 1,2 mm | aJang, 0,55 breit, ihr Schwanz 4,0 lang auf 0,9 bis 1,0 Breite. Im Bau ganz mit O. spissa FE naieend trägt sie wie Be zwischen Anus und Kiemenplatte eine Hautduplikatur, unterscheidet sich aber durch den Besitz einer zweiten Hautfalte (Fig. 72), die sich vorn unterhalb der Geschlechtsdrüsen anheftet, bis 0,5 mm lang und 0,7 breit ist und wie ein Schleier herabhängt. In den Epithelzellen des Schwanzes waren die _ Kerne sehr unregelmäßig konturirt. Rektum meist blau. — Die soge- nannte Schale hat die Form eines abgestumpften Kegels. 9) Oikopleura magna n. sp. Diese Art ist der ©. cophocerca Gegenbaur, cf. For, l.c. p.25, sehr ähnlich. Sie ist farblos, der Körper 4,0mm auf 2,0, der Schwanz 8,0 bi 40,0 mm auf 1,5. Am Munde zwei Speicheldrüsen. Der Darm zieht 4 Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 40 = x ee a rn Ze Ei ur? > . er: FREE * =. u = > ee -< ze in 146 Paul Langerhans, Über Madeiras Appendienlarien. (Fig. 73) in einfachem Bogen vom Ösophagus zum Anus, der Magen (Fig. 73 v) ist nur ein ihm aufgesetzter Blindsack. — Der Schwanz hat neben der Chorda ein Bindegewebe mit Sternzellen , welche rothe Fett- tropfen enthalten. Sein Epithel ist median granulirt. Auf der rechten - (unteren) Seite finden sich zwischen den Muskelbändern sieben große Sternzellen in einfacher Reihe. Madeira, 6. November 1879. Erklärung der Abbildungen. Fig. 66, 68 bis 73 auf Tafel VI. Fig. 66. Oikopleura velifera, Schwanz in seine Segmente zerlegt. Fig. 68. O. magna, sensibles Ganglion des Schwanzes. Fig. 69. O. velifera, junges Thier. Sinnesorgan am N, recurrens caudae, Fig. 70. Fritillaria formica. Oberlippe. Fig. 74. O. velifera, motorischer Spinalnerv und seine Endigung. Fig. 72. O. velifera. - Fig. 73. O. magna. oes, Ösophagus, ®, Magen, an, Anus. TE 7 T 2 wir Er N as f 1,0% I Fre BG en D EN B ; Ba x ar Graffilla' muricicola, eine parasitische Rhabdocoele. Von Dr. H. von Ihering in Leipzig. Mit Tafel VII, = Die vielfachen Beziehungen, welche sich zwischen den marinen - Nacktschnecken und den Turbellarien herausstellen, legten mir, nachdem ich bisher nur mit ersteren durch eigene Untersuchungen mich vertraut SE: Bemact, den Wunsch nahe, auch von letzteren Vertreter kennen zu lernen. Ich habe dazu einerseits Süßwasserplanarien untersucht, für = welche die Lang’sche Behandlungsweise recht günstige Erfolge eh = andererseits die Gelegenheit benutzt, welche sich mir zur Unsere = einer neuen in mehrfacher Beziehung interessanten Rhabdocoele darbot. ee Dieses Thierchen , für welches ich den Namen Graffilla muricicola vor- S% schlage, wurde von mir im Herbste 1876 in der zoologischen Station in T- Triest aufgefunden und damals nur flüchtig untersucht, daun in Neapel - bei meinem letzten Aufenthalte an der zoologischen Station wieder vor- genommen. Die in Pikrinschwefelsäure abgetödteten und schön conser- _ _ yirfen mitgenommenen Thiere gestatteten dann hier die Abschließung ‘ der Untersuchung. Endlich setzte mich die Güte des Direktors der zoo- logischen Station in Triest, des Herrn Professor Craus, in den Stand, 2 e Aurch eine Sendung von Murex brandaris hier nochmals frisch die \ Thiere zu beobachten. - Unser Thierchen lebt als Parasit in der Niere von Murex trunculus 1 Eine während des Druckes mir zugegangene Abhandlung von Levixson, in welcher der Name Graffia für eine Turbellarie vergeben ist, zwingt mich bei der 10* 148 | H. von Ihering, diesen Parasiten, welche durch ihre braunrothe Färbung leicht in die Augen fallen. Ich verfuhr dazu in der Regel so, dass ich mit dem Hammer das Gehäuse des Thieres zerschlug, was bei einiger Übung meist auch ohne Verletzung des Thieres gelingt. Übrigens kommt ja für diesen Zweck darauf nichts an. Schneidet man nun mit der Schere die obere Wand der Kiemenhöhle durch, so gewahrt man ganz im hinteren Ende derselben eine weite von wulstigen Lippen umgebene Öffnung, die in die Niere führt. In ihr leben die bezeichneten Parasiten meist in der Tiefe der Spalten, die sich zwischen den einzelnen vorragenden Läppchen und Falten der Niere befinden. Meist findet man alle Altersstadien von ganz ausgewachsenen mit Eierkapseln versehenen Thieren bis zu den kleinsten kaum 4 mm großen Jugendstadien. Es ist mir dadurch wahr- scheinlich geworden, dass auch die Entwicklung an derselben Stelle vor sich gehe, doch habe ich keine Larven oder Embryonen aufgefunden. Übrigens bedürfen diese Verhältnisse weiterer Beobachtung. Es wäre ja möglich, dass wie bei anderen Turbellarien, z. B. den Mesostomen, auch hier zweierlei Arten von Eiern vorkämen, dass also außer den doch wohl den » Wintereiern« zu vergleichenden hartschaligen von mir beobachteten Eiern noch andere vorkämen und dass dann der einen Sorte von Embryonen die Erhaltung der Art in dem einmal bewohnten Wirthe, der anderen die Besiedelung neuer Wirthe zur Aufgabe fiele, in ähnlicher Weise wie es nach E. van BEnepen’s Beobachtungen bei den Dieyemiden der Fall ist. Doch habe ich trotz der großen Zahl von mir untersuchter Thiere nichts darauf hinweisendes beobachtet. Außer in Murex habe ich bei keiner anderen Arthrocochlide diese oder ähnliche Parasiten angetroffen, doch ist wohl kaum anzunehmen, dass die in unserem Murex lebende Species die einzige unser Genus repräsen- tirende sei. Die Turbellarien liefern im Allgemeinen nur ein geringes Kontingent von Parasiten. Alles was darüber bisher bekannt geworden, hat P. J. vav BEnepen in seinem Buche: Die Schmarotzer des Thierreiches 1876 zusammengestellt. »Leıpy erwähnt parasitischer Planarien (Bdel- Jura) mit einer Saugscheibe am Ende des Körpers und Giarp hat eine blaue Art auf einem Botryllus gefunden « (l. c. p. 59). Er erwähnt die »Gattung Temnophila, welche zuerst Gay an chilenischen Krebsen, und später Professor Srmper an Krabben bei den Philippinen beobachtet hat«. Ferner als Parasit von Limulus »Planaria angulata Müller«, welche aber als Planaria limuli Graff! anzuführen ist. Endlich gehört dahin noch die Gattung Anoplodium Schneider mit A. parasitica aus Holothuria tubu- it cf. Zoolog. Anzeiger. II. Jahrg. 41879. Nr. 26. p. 202. | ) er Ki 67 < > a ZF 2 wär: m. » Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdocoele. 149 losa und A. Schneiderii aus Stichopus variegatus. Von Anoplodium unterscheidet sich Graffilla abgesehen vom Schlund auch durch den Bau und die bei Anoplodium terminale Ausmündung des Genitalapparates. Die Größe erreicht bei ausgewachsenen Exemplaren 3—4 mm und selbst bis 5 mm, bei einer Dicke von fast 4 mm im mittleren Theile des Körpers. Die äußere Form des Körpers ist eine von derjenigen anderer - Rhabdocoelen etwas abweichende, indem derselbe einen dieken Vorder- theil, und einen schmalen schwanzartigen Hintertheil besitzt, welche beide nicht allmählich in einander übergehen , sondern sich ziemlich scharf gegen einander absetzen. Indem ich nun mich zur Besprechung der einzelnen Körperabschnitte wende, werde ich zuerst die Haut, Muskulatur, Bindegewebe und Nervensystem besprechen und darauf den Darmkanal und den Geschlechtsapparat folgen lassen. Über die Beschaffenheit des Integumentes ist wenig zu bemerken. Dasselbe besteht aus einem ziemlich niedrigen Epithel von 0,007 mm Höhe mit einem nicht ganz eben so hohen Besatze von Flimmerhaaren. Die ein- zelnen Epidermiszellen sind 0,009— 0,044 mm breit, und enthalten einen 0,0035—0,005 mm großen Kern. Der letztere, welcher im unteren _ basalen Theile der Zelle gelegen ist (Fig. 8) hat bei der Ansicht von oben her ein etwas zackiges Aussehen. Von einer Abbildung des be- treffenden Bildes konnte ich absehen wegen der großen Übereinstim- - mung mit den von SchnEIDEr!, GRAFF u. A. gegebenen Zeichnungen. Eigenthümlich nimmt sich die Flimmerbewegung aus bei der Ansicht von oben, namentlich auf dem Vorderkörper , wobei man erkennt, dass die Flimmerbewegung auf parallele Längsreihen sich beschränkt, in einer Weise, welche das Bild des wogenden Kornfeldes anzuziehen nahe- legt. Die Grenzen der einzelnen Epidermiszellen, welche natürlich am lebenden Thiere gewöhnlich nicht zuerkennen waren, traten an geeigneten Präparaten der mit Pikrinschwefelsäure abgetödteten Thiere sehr schön _ hervor. Stäbchen oder Goncremente fehlten gänzlich, ein Umstand, welcher mir auch dafür zu sprechen scheint, dass diese Gebilde, zumal . die ersteren, Schutzeinrichtungen darstellen, welche dem Thiere seinen - Feinden gegenüber von Nutzen sind, und wälche unserem in solche Lage nicht gerathenden Parasiten entbehrlich sind. | Die nächste unter der Epidermis folgende Gewebeschicht ist der Muskelschlauch, welcher aus einer äußeren Ring- und einer inneren _ Eängsfaserschicht besteht. Nach Kernen habe auch ich an den Fasern _ vergebens gesucht. Zwischen Epidermis und Muskulatur, mit letzterer in näherer Beziehung bleibend, liegt noch eine bald deutliche, bald kaum 5 ! Bezüglich der Literaturangaben sei auf den allgemeinen Theil der Abhand- T- lung p. 162 ff. verwiesen. 150 H. von Ihering, oder nicht erkennbare, lebhafter sich färbende Protoplasmamasse, die Basalmembran der Autoren. Hinsichtlich der Anordnung der Muskelfasern siimmen meine Er- fahrungen also ganz mit denen von Grarr überein, was ich hier hervor- hebe, weil Scaneiper auch den Rhabdocoelen eine complieirtere Struktur des Hautmuskelschlauches zugeschrieben hat. Nach innen schließt sich an die Muskulatur unmittelbar das Binde- gewebe an, dessen Bau ich einigermaßen von den darüber vorliegenden Darstellungen abweichend finde. Es besteht dasselbe nämlich nur aus eigenthümlichen sehr großen Zellen, welche sich unmittelbar an ein- ander legen, ohne dass eine Spur von zwischengelagertem faserigem oder reticulärem Bindegewebe nachzuweisen wäre. Die Größe dieser Zellen ist eine zumal im Vergleich zur sonstigen Kleinheit der Gewebs- elemente unseres Thieres außerordentlich beträchtliche, indem sie 0,035 bis 0,05 mm beträgt und selbst bis 0,41mm steigen kann. Was an ihnen zunächst im besonderen Grade auffällt, ist die beträchtliche Dicke ihrer Membran, welche bisweilen etwas gefaltet ist und dann noch mehr ins Auge fällt. Sie sind mit einem gelbrothen Farbstoffe durchtränkt, welcher dem ganzen Thiere die erwähnte Färbung verleiht. Diese Zellen nehmen Farbstoff nur in geringem Grade an, und bei der Färbung mit Pikrokarmin nehmen sie lediglich die Pikrinfärbung an, was für die Un- tersuchung außerordentlich günstig ist, indem dadurch von dem gelben Grunde der Bindegewebemasse sich die eingelagerten lebhaft roth ge- färbten Organe gut abheben. Ich möchte auf diesen Umstand nament- lich desshalb ganz besonderen Werth legen, weil es hierdurch ermöglicht wird, sich gut über das Verhalten des Darmkanals zu informiren. Ein Darmlumen wird an den Querschnitten durch unser Thier meist ganz vermisst, ein Umstand, der zur Einreihung unter die » Acoelen« Anlass geben könnte. Bei letzteren soll bekanntlich nach Ursanın ein gesonder- ter Darm vollkommen fehlen und die Nahrung direkt in das Parenchym des Körpers gelangen. Zu einer solchen Annahme kann man auch bei unserem Parasiten leicht verleitet werden, so bald man es mit einer gleichmäßigen Färbung zu thun hat, wie ich sie z. B. mit Kochenille er- zielte und wie sie vermuthlich überhaupt durch alle reinen Karminprä- parate hervorgerufen wird. Es ist in diesem Falle kaum möglich, die Grenze zwischen Darm und Bindegewebe sicher zu erkennen, was, wie wir weiterhin sehen werden, selbst bei gelungener Pikrokarminfärbung mitunter schwie- rig ist. Das Protoplasma dieser großen Bindegewebszellen ist reich an | . 2 Graffilla muricicola, eine parasitische Rhabdocoele. 151 feinen Körnchen,, und außerdem kommen, vermuthlich nur als lokale _ Anhäufungen derselben, zuweilen dunklere Concretionen vor. Ein ganz eigenthümliches Verhalten bietet an diesen großen blassen diekmembranigen Bindegewebszellen der Kern dar. Derselbe ist ver- hältnismäßig klein, nämlich 0,005 mm bis 0,007 mm groß, und nament- lich dadurch auffallend, dass er sich nicht oder nur in Spuren färbt; er ist daher nur schwer zu erkennen, aber doch an vielen Zellen von mir ‚als ein regelmäßiges rundes, von einer dünnen Membran umschlossenes Gebilde erkannt worden. Am Gewebe des lebenden Thieres sind diese ‚Kerne oft besser zu sehen, als an gefärbten Präparaten. Woran es liegen - mag, dass diese Kerne so wenig geeignet sind zur Färbung, kann ich nicht sagen, doch möchte ich glauben, dass an der ausgewachsenen Bindegewebszelle durch eine Art von Erhärtungsprocess der Kern ver- ändert ist. Dem Bindegewebe zuzurechnen ist wohl ferner ein System von kleinen spindelförmigen oder verästelten Zellen, welche dicht nach innen von der Muskulatur gelegen sind. Man erkennt schon am lebenden - Thiere leicht diese vielfach unter einander durch ihre Ausläufer verbun- denen Zellen, wie es auch meine Zeichnungen, namentlich Fig. 4, er- kennen lassen, wo indessen die betreffenden Zellen zu groß gezeichnet sind. Diese Zellen färben sich sehr intensiv und heben sich dadurch gut ab gegen die großen Bindegewebszellen. Meist färbt sich dabei auch ihr Protoplasma so lebhaft, dass es nicht gut möglich ist, dasselbe von dem 0,007 mm langen Kerne zu unterscheiden. In dem Kerne er- kennt man zuweilen eine oder einige große Vacuolen, um den Kern ‚herum befindet sich nur eine verhältnismäßig geringe Schicht von Proto- plasma, welches sich nach den Enden hin zu einem feinen Fortsatze auszieht, wodurch die Zelle das spindelförmige Aussehen erhält. Die Ausläufer, welche sich häufig noch verästeln,, verbinden sich vielfach mit einander. 3; Es kommt auf diese Weise ein System verästelter und anastomosi- render Zellen zu Stande, welches unmittelbar unter dem Hautmuskel- = schlauche gelegen, ganz FR Aussehen eines Plexus darbietet, so dass _ ich mich der Vermuthung nicht entwebren kann, es möge diesen Plexus 2 nicht sowohl bindegewebiger Natur sein, als sidlanähr nervöser. Es be- stimmt mich dazu namentlich auch der Umstand, dass die kleinen Gan- Fr _ glienzellen, welche die Peripherie des Gehirns begleiten, nach Größe 2 und Beschaffenheit fast ganz mit den erwähnten subcutanen Zellen über- Bias einstimmen. Auch glaube ich mich am Vorderende des Körpers von ® dem Zusammenhang der vom Gehirn ausstrahlenden Nervenfasern mit e) ‚den Ausläufern der subcutanen Spindelzellen überzeugt zu haben. N 159 H. von Ihering, 5 | er “ Im Beginn meiner Untersuchungen dachte ich in diesem System 3 der subcutanen Spindelzellen das Wassergefäßsystem vor mir zu haben, _ welches ja HaLızz zufolge allen Rhabdocoelen zukommen soll. Die Unter- suchung der Schnitte zeigte mir aber dann, dass es sich in den betreffen- den Gebilden ja um solide Elemente handelt. Auch habe ich trotz eifri- gen Suchens nie etwas von Gilien oder Geißeln im Innern der vermeinten Wassergefäße entdecken können. Die Untersuchung des frischen Thieres weckt freilich immer wieder die Vermuthung, dass außer Spindelzellen auch Wassergefäßkanäle vorkämen, deren Lumen ja auf dem Quer- schnitt nicht ohne Weiteres erwartet werden darf. Ich will daher nicht als sicher behaupten, dass Graffia kein Wassergefäßsystem besitze, zu- mal ich bis jetzt dasselbe noch nicht von anderen Rhabdocoelen kennen gelernt habe, aber ich muss doch daran festhalten, dass ich mich von der Existenz eines solchen nicht habe überzeugen können. Hinsichtlich des Nervensytems ist wenig zu bemerken. Das- selbe ist wohl entwickelt und der centrale Theil desselben ist im vor- deren Körperende über und hinter dem Schlunde gelegen. Er verbrei- tert sich an den äußeren Enden etwas, dadurch eine Art von Gliederung in zwei durch eine breite Commissur verbundene Hälften andeutend. Die centrale Partie wird von Fasermasse gebildet, welcher ringsum, namentlich gegen die Seitentheile hin, die kleinen Ganglienzellen auf- liegen. Diese kleinen Zellen, welche sich lebhaft färben, senden nach außen hin Ausläufer, welche man wohl nicht umhin kann als Nerven- fasern in Anspruch zu nehmen. Von ihnen sind namentlich die gegen das Vorderende des Körpers verlaufenden zum Theil auffallend dick und plump. Im Allgemeinen ist es bemerkenswerth, wie zahlreiche Fasern vom Gehirn aus gegen das Vorderende des Körpers verlaufen, wo sie, unter der Haut angelangt, zusammenhängen mit anderen kleinen lebhaft gefärbten Zellen, die man ihrer Größe und sonstigen Beschaffenheit nach eben so wohl den Gan- glienzellen wie den subcutanen Spindelzellen zurechnen kann. Die Un- möglichkeit hier aus dem Bau oder der Lagerung und Verbindungsweise der betreffenden Zellen Unterscheidungsmerkmale zwischen unseren _ subcutanen kleinen Bindegewebszellen und Ganglienzellen abzuleiten, ist es eben, was, zumal mit Rücksicht auf den beschriebenen Zusam- menhang beider am vorderen Körperende, mich veranlasst, in dem gan- zen Systeme von subeutanen Spindelzellen einen nervösen Apparat zu erblicken, welcher die Sensibilität der Haut bewirkt. Was die übrigen vom Gehirn ausstrahlenden Nerven betrifft, so sind die bei anderen Turbellarien häufig so kräftigen seitlichen Längsstämme hier verhältnis- Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdocoele, 153 ; mäßig schwach entwickelt. Vom unteren Theile des Gehirns geht jeder- seits ein starker Nervenstrang nach abwärts; sollten, wie ich vermuthe, ie "aber nicht bestimmt nachweisen kann, beide unter dem Pharynx zu- 'sammenhängen, so würde ein echter Sehnndiing vorhanden sein. Ein deutlicher Nervus opticus wurde ein Mal vom Gehirn zu dem Auge ver- folgt, welches etwa in der Mitte zwischen Gehirn und Haut oder näher der letzteren in der Bindegewebsmasse eingelagert ist. Dasselbe ist 0,028 mm groß und enthält in einer mächtigen dunklen Pigmentmasse eine helle 0,009 mm große Linse. Gehörorgane fehlen. Auffallend ist die beträchtliche Größe des Gehirns an kleinen Thie- ren. Hier besitzt dasselbe namentlich am hintern Umfange sehr große bis 0,025 mm messende Ganglienzellen mit kleinen 0,0045 mm großen, stark sich tingirenden Kann Das Gehirn nimmt a fast den ganzen Querschnitt ein. Der Darmtractus setzt sich zusammen aus einem kräftigen Pharynx und einem sackförmigen afterlosen Darm. In der Regel ist der Darm einfach , ohne Äste abzusenden , zuweilen jedoch gehen von ihm, namentlich in der mittleren Körpergegend, einige oder ein einziger _ plumper unverästelter Fortsatz ab. Solche stets nach hinten verlaufende und meist dem Darm dicht _ anliegende Fortsätze sind, wie bemerkt, nicht regelmäßig vorhanden; ich - habe bei der Untersuchung lebender Thiere nichts von denselben wahr- genommen, ihre gelegentliche Existenz vielmehr erst aus Querschnitten erkannt. Es spricht dieser Umstand zu Gunsten der neuerdings sich geltend machenden Anschauung, wonach die einfache oder verästelte Beschaffenheit des Darmkanals nicht als ein absolut entscheidendes Merkmal angesehen werden kann. Was nun zunächst den Pharynx betrifft, so ist derselbe, wie sich alsbald ergeben wird, in mehrfacher Beziehung von Interesse. Derselbe- bietet dadurch, dass ihm eine Tasche vollkommen fehlt !, und er direkt _ mit dem Munde zusammenhängt, ein bisher von den Rhabdocoelen nicht bekanntes Verhalten dar. Ich verweise zum Verständnis für das Bonde auf meine Abbildung Fig. 14. Dieselbe stellt einen Längs- _ schnitt durch die vordere Körperhälfte dar, welcher in dorso-ventraler Richtung geführt durch den Mund gelegt ist. Es ergiebt sich daraus zu- nächst, dass der Mund etwas hinter der Spitze des Kopfes an der ven- SE. yi = r e 5 ! An absterbenden stark gequetschten Thieren sieht man zuweilen den Schlund = 2 zum Munde heraustreten, schließlich aber ganz sich ablösen. An frischen nicht “ ‚gedrückten Thieren habe ich das nie gesehen, dafür aber sehr oft den Schlund in 5 seiner Thätigkeit beobachtet, wobei die Mundhaut eine Strecke weit in den Schlund 2 " hineingezogen wird und man sieht wie der Mund direkt in den Schlund leitet. 154 H. von Ihering, tralen Seite des Körpers gelegen ist. Der am lebenden Thiere beob- achtete Mund ist eine Öffnung von nahezu runder Gestalt, welchen man häufig lebhafte Schluckbewegungen ausführen sieht. Das Epithel des | Mundrandes senkt sich im rechten Winkel in Gestalt eines zarten Gylin- F: ders in den Pharynx ein, um denselben in wesentlich gleichbleibender Weise zu durchsetzen, und am Ausgange desselben in das Darmepithel 3 überzugehen. Das Epithel des Schlundkopfes ist eine einfache Fort- _ setzung der Epidermis. Während ich den Befund der Schnitte so deutete, dass das Epithel des Pharynx Cilien trage, finde ich solche am lebenden Thiere nicht. Es zeigt sich vielmehr, dass die Flimmerung am Munde aufhört und die Cilien ersetzt werden durch feine steife hakenartige Borsten, die man vom Mundrande aus noch eine Strecke weit in den Pharynx verfolgen kann. I Der Bau des Pharynx ist nun folgender. Es setzt sich derselbe zu- sammen aus einer dem Epithel unmittelbar auflagernden inneren Ring- faserschicht von Muskelbändern, einer die äußere Begrenzung des Pharynx bildenden äußeren Ringfaserschicht, und einer zwischen bei- den gelagerten aus Radiärmuskeln und Bindegewebszellen bestehenden Ausfüllungsmasse. Der Masse nach überwiegt weitaus die Ausfüllung, da die beiden Ringfaserschichten nur aus je einer einzigen Lage von Muskelfasern bestehen und mithin von außerordentlich geringer, kaum 0,0035 mm betragender Dicke sind. Am Vorderende des Schlundes treten die Ringmuskeln zu einem kräftigen weiten Sphinkter zusammen. Derselbe liegt dicht unter der Epidermis und bei Ansicht des lebenden Thieres von der Ventralseite sieht man seine Konturen, namentlich den inneren, deutlich, was man wohl zu beachten hat, um nicht zur Deutung der betreffenden Linien als Grenzen einer vermeinten Schlundtasche zu kommen. Von Längsfasern habe ich weder an der äußeren noch an der inneren Ringfaserschicht etwas bemerken können, denn, wenn es auch am letzteren Orte zuweilen den Anschein hatte, als seien gegen das Epithel hin noch Längsfasern vorhanden, so zeigte sich doch bei näherem Zusehen, dass es sich nur um feine Längsfalten im Epithel handelte, welche sich daher auch noch eine kleine Strecke weit in das Darmepithel verfolgen ließen. Die Radiärfasern gehen von der äußeren Ringfaserschicht, resp. der diese Muskeln zusammenhaltenden feinen y strukturlosen Membran quer zur inneren Ringschicht hinüber, wo sie etwas verbreitert enden. Zwischen ihnen liegen nun die ovalen von einer Ringfaserschicht bis zur anderen reichenden und senkrecht zur _ Achse des Pharynx stehenden Bindegewebszellen. Dieselben entsprechen bis auf ihre geringere Größe, die 0,05 mm nicht übersteigt, ganz den Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdocoele. 155 großen das Körperparenchym bildenden Bindegewebszellen. Sie stim- men mit jenen auch im Besitze einer Membran überein. Bei älteren "Thieren sind, wie ja auch an den großen Bindegewebszellen ihre Kerne ‚schwer oder gar nicht nachweisbar, dagegen zeigt unsere Fig. 16 den Querschnitt vom Schlundkopfe eines jungen Thieres, an welchem die Kerne sämmtlich sehr gut erhalten und gefärbt sind. Diese Kerne ‚messen 0,004 mm und liegen näher dem äußeren Pole der Zelle. Am Schlundkopfe ausgewachsener Thiere ist es, wie bemerkt, meist nicht möglich die Kerne noch nachzuweisen, dagegen tritt hier ein weiteres die Übereinstimmung derselben mit den großen Bindegewebszellen des Körperparenchyms bezeugendes Moment hinzu, es treten nämlich in ihnen, in der aus Fig. 44 ersichtlichen Weise, relativ große Goncretionen ganz ähnlicher Art auf, wie wir sie ja auch von den großen Bindege- webszellen kennen gelernt haben. Dieser Umstand trägt dazu bei die Deutung dieser Zellen als Bindegewebszellen zu sichern, und es ergiebt sich daher, dass der ganze Schlundkopf ein complicirtes Gebilde re- präsentirt, an dessen Aufbau, abgesehen natürlich vom Epithel, sowohl muskulöse wie bindegewebige Elemente betheiligt sind. Auf die ver- ‚schiedene Deutung, welche bisher in der Literatur die eben besproche- ‚nen Theile gefunden haben, werde ich erst im allgemeinen Theile dieser Abhandlung zu sprechen Rn Ei Was nun den Darmkanal selbst betrifft, so bietet derselbe in so fern "interessante Verhältnisse dar, als er eine Mittelstufe einnimmt zwischen _ den sogenannten Acoelen und den Coelaten unter den Rhabdocoelen. : Auf dem Querschnitte ist nämlich in den meisten Fällen von einem Lumen des Darmes nichts zu bemerken, und auch da, wo ein solches vorhanden zu sein scheint, überzeugt man sich doch häufig davon, dass es sich in Wahrheit nur um eine künstliche Ruptur des Gewebes han- delt. Am lebenden Thier ist nie etwas von einem Lumen des Darmes zu sehen, mit Ausnahme nur von dem vordersten an den Schlund sich anschließenden Theile. Der Darm stellt sich eben in der Regel als ein solider Pfropf dar, dessen Abgrenzung gegen das umgebende Binde- e- nur dann deutlich wahrnehmbar ist, wenn, wie bei der Pikro- arminfärbung beide Gewebsmassen eine exquisit verschiedene Färbung ilweisen. Bessere Aufklärung über das Verhalten des Darmepithels gewinnt man an Längsschnitten, wie einen solchen unsere Fig. 44 dar- 5 llt. Es ist daran zunächst ersichtlich, dass die ventrale und die dor- ‚sale Wand des Darmes ein echicdemes Verhalten aufweisen. Es ist nämlich die ventrale Wandung gebildet von einem niedrigen 0,021 mm hohen Epithel. An demselben sind die Grenzen der einzelnen Zellen meist nicht sehr gut zu erkennen; an den basalen äußeren Enden der 156 H. von Ihering, Zellen liegt meist der kleine 0,007 mm messende Kern, der rund ist und 3 ein sich stark tingirendes Kernkörperchen enthält. Außerdem sind im Protoplasma der Zelle große und kleine Vacuolen vorhanden. Die obere Wand des Darmkanals zeigt nahe am Schlundkopfe das gleiche Verhal- ten, weiter nach hinten aber steigt die Länge der Zellen beträchtlich. An dem in Fig. 14 abgebildeten Längsschnitte betrug die Länge der mit 3 bezeichneten Zellen 0,125 mm, wogegen die Länge der weiter nach hinten folgenden fast auf das Doppelte stieg. Dabei sind dann diese so außerordentlich verlängerten Darmzellen nicht mehr von ganz regel- mäßiger Beschaffenheit, indem sie stellenweise breiter oder schmäler sind und außerdem nicht immer in derselben Ebene verlaufen. Auch an diesen großen Darmzellen finden sich, und zwar noch in weit besse- rer Entwicklung, die schon vorhin erwähnten großen Vacuolen wieder. . Die Zahl derselben ist nicht selten in einer Zelle, indem sie in der Längsrichtung derselben mehr oder minder unregelmäßig und von wechselnder Größe auf einander folgen, ziemlich bedeutend. Die Größe der Vacuolen beträgt nicht selten 0,042 mm oder mehr; ihr Inhalt be- steht meistens aus einem centralen oft ziemlich großen Ballen einer pro- toplasmatischen Substanz und außerdem aus einer wechselnden Zahl von meist an der Oberfläche jenes Ballens gelegenen stark lichtbrechen- den kleinen Concrementen von unregelmäßiger Gestalt. Einige solche vacuolenhaltige Darmzellen sind in Fig. 17 abgebildet. Zwischen den Vacuolen findet man im Protoplasma der Zellen meist wandständig die schon erwähnten kleinen Kerne. Eben solche findet man auch an der Basis derselben Zellen, also in verschiedener Höhe der Zelle. Wie dieses Verhältnis zu deuten ist, lässt sich nicht sicher ent- scheiden. Es wäre einerseits leicht möglich, dass bei dem Längenwachsthum der Zelle der Kern bald sich gleichfalls von der Basis der Zelle entfernt, bald an seiner ursprünglichen Stelle liegen bleibt. Andererseits aber macht die gleichmäßige Vertheilung der Kerne den Eindruck, als ob eine Ergänzung derselben am basalen Theile der Zelle stattfände, und ich muss es daher dahingestellt sein lassen, ob die großen Zellen noch als einkernige zu gelten haben. Jedenfalls findet am freien centralen Ende der großen Epithelzellen eine Auflösung in der Weise statt, dass die ge- ringen noch vorhandenen Reste von Protoplasma aus einander weichen, und die Vacuolen mit ihrer sie umgebenden verdichteten Hülle frei werden. Durch die eben beschriebenen Verhältnisse kommt es dahin, dass ein Lumen des Darmes nur im vorderen Abschnitte desselben existirt; _ da wo im hinteren Theile des Darmkanals die aus unserer Fig. 14 ersicht- 7 Graffilla murieieola, eine parasitische Rhabdoeoele. 15 Jichen Verhältnisse vorliegen, ist ein Lumen, wenn nicht wirklich , so doch theoretisch vorhanden, indem die beiden Lagen des Darmepithels sich zwar berühren, aber doch getrennt sind. Ich muss übrigens hinzu- bi fügen, dass die auf Querschnitten, namentlich des hinteren Körpertheils gewonnenen Bilder nicht dazu berechtigen , eine solche Trennung der gegen einander stoßenden Epithelflächen als jederzeit und überall vor- handen vorauszusetzen , indem vielmehr gar häufig die ganze den Darm __ repräsentirende Masse als ein einheitliches Gewebe erscheint, bei wel- chem von einer Zurückführung auf Epithellagen keine Rede sein kann. 3 Übrigens muss ich noch hervorheben, dass das oben von mir beschrie- bene und in Fig. 14 abgebildete Verhalten; welches, so viel mir be- - kannt, bisher an anderen Rhabdocoelen noch nicht aufgefunden wurde, trotzdem aber wohl kaum auf unsere Gattung beschränkt sein dürfte, _ von mir auf Längsschnitten durch verschiedene Individuen beobachtet wurde, mithin nicht als ein zufälliger Befund gedeutet werden kann. - Zerdrückt man ein lebendes Exemplar, so dass die Darmzellen hervor- 1 ‚quellen, so gewahrt man an ihnen schwache langsam sich vollziehende amöhoide Bewegungen. Dieselben bestehen zumal in der Hervortreibung Eunpsi großer Höcker, welche dabei meist nur von dem peripheri- schen nicht mit Körnern Mähsehsten Protoplasma gebildet werden. | Der Genitalapparat von Graffilla bietet in exquisiter Weise ein Verhältnis dar, welches schon von anderen Plattwürmern, namentlich _ auch den Dendrocoelen bekannt ist!, nämlich eine ungleichmäßige Ent- - wicklung des männlichen und des weiblichen Theiles, wobei der erstere in der Zeitfolge vorausgeht. Lange habe ich daher vergebens nach den - männlichen Geschlechtsdrüsen gesucht, da ich zur Untersuchung ledig- - lich die etwas größeren Exemplare verwendete, an welchen zwar noch - die Samenblase erhalten ist, aber nicht mehr die Hoden. Für eine vollständige Erkenntnis des Genitalapparates ist daher die - Vergleichung der von verschiedenen Altersstufen abgeleiteten Befunde _ unerlässlich, es ist desshalb namentlich die gesonderte Besprechung der _ jungen etwa Amm großen Thiere und der ausgewachsenen erforderlich. Bei den ersteren sind nur die beiden Hoden mit der großen Samen- blase und dem Penis vorhanden. Bei den großen ausgewachsenen Exem- = - plaren hat die Samenblase eine nicht nur relative, sondern auch abso- _ Iute Größenabnahme erfahren, und die Hoden haben eine vollständige . Rückbildung erlitten. Statt dessen sind denn die Theile des weiblichen =. 1 Nach ai: würden gerade die Rhabdocoelen minder typisch dieses Ver- halten aufweisen. Bekanntlich hat sich Merschsikorr dadurch bei Prostomum lineare . irre leiten lassen, indem er eine Verkümmerung des einen Theiles des Genitalappa- rates gefunden zu haben dachte, 158 H. von Ihering, < | Geschlechtsapparates ausgebildet, welche sich zusammensetzen aus zwei _ langen bandförmigen Ovarien, zwei reich verästelten Dotterstöcken, dem & Uterus mit dem in ihn einmündenden Receptaculum seminis, so wieeiner Anzahl von einzelligen in den Uterus sich öffnenden Drüsen, welchedie - Schale der Eikapsel zu liefern haben werden. Der Uterus liegt dicht unter dem Integument, welches er in Gestalt eines flachen Hügels her- vorwölbt. Eine einzige Öffnung führt aus demselben nach außen und diese ist eben so wohl für den männlichen wie für den weiblichen Theil die einzige Communication mit der Außenwelt. Was nun zunächst den männlichen Geschlechtsapparat betrifft, so besteht derselbe, wie schon bemerkt, aus zwei kolbenförmigen Hoden, deren Verhalten aus Fig. 3 ersichtlich ist. Aus jedem derselben geht ein Ausführungsgang zur Samenblase, dabei ist in der Regel, wo nicht immer, der eine von den beiden Ausführungsgängen bedeutend länger wie der andere. Die Samenblase ist ein birnförmiges Organ, welches mit seinem zugespitzten Ende an der Wand des Uterus sich anheftet. An dieser Stelle setzt sich in der durch Fig.7 erläuterten Weise die Samen- blase in den Penis fort, welcher seinerseits frei in den Uterus hineinragt. Accessorische Drüsen, welche nach HırLLrz dem männlichen Genital- apparat der Rhabdocoelen so allgemein zukommen, fehlen. Die Hoden 7 sind etwa 0,035 mm breit und auf unserer Fig. 44 im Querschnitte ge- troffen. Sie bestehen aus kleinen 0,007 mm großen Zellen, welche meist 4 dicht zusammenliegend, nichts von einem Lumen des Hodens erkennen lassen. In den Hodenzellen bemerkt man meist zahlreiche Kerne, die darauf hinweisen, dass aus einer Hodenzelle zahlreiche Spermatozoen entstehen. Hinsichtlich der Samenblase ist nur ein Punkt noch zu erwähnen, nämlich das Verhalten des in den Penis übergehenden verjüngten Endes derselben. An demselben zeigt sich ein in unserer Fig. 7 dargestelltes besonderes Verhalten der Wandung, indem nämlich die beiden dieselben zusammensetzenden Membranen, resp. die beiden die Wandung begren- zenden Konturen hier aus einander weichen oder eine Verdickung der Zwischenschicht erleiden. Blickt man von oben her auf die betreffende 3 Stelle, so stellt sie sich dar als ein zierlicher 0,042 mm großer Ring einer nicht sehr großen Anzahl (etwa acht) von stark lichtbrechenden Körnern, wie sie in unserer Abbildung Fig. 3 r erkenntlich sind. Bei gewissen günstigen Lageverschiebungen des betreffenden Apparates er- kennt man, dass diese vermeinten Körner der Ausdruck von kleinen Stäbchen sind. Erwähnen will ich noch, dass ich einmal ein Bild erhalten habe, = ee hu 20 a al A ne Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdoeoele, 159 bei der Untersuchung des frischen Thieres, welches ich nur so zu deuten vermochte, dass der gewöhnlich in den Uterus hineinragende Penis in die Samenblase eingestülpt war. Es ist daher möglich, dass der Penis zeitweilig in das Innere der Samenblase eingestülpt und erst beim Ge- brauche ausgestreckt wird. Übrigens bemerke ich, dass dieser Penis so dünn und zart ist, dass ich ihn nur wenige Male gesehen habe. Die Gestalt der Spermatozoen, welche zunächst eine einfache stab- förmige zu sein scheint, bietet, wie man bei sehr starker Vergrößerung erkennt, doch eine Besonderheit dar, indem am Vorderende sich gabelig zwei feine Ausläufer ansetzen (cf. Fig. 10). Es bewährt sich also auch ‚hier wieder die namentlich von GrArF mitgetheilte Erfahrung, wonach die Gestalt der Spermatozoen bei den verschiedenen Gattungen und Arten von Rhabdocoelen eine wechselnde und selbst specifische Merk- male liefernde ist. Übrigens ist das bezeichnete Verhältnis schwer zu sehen, und ich selbst habe die beschriebene Gabelung häufig nicht auf- finden können, so dass sie vielleicht nicht regelmäßig existirt. Indem ich mich nun zur Besprechung des weiblichen Genitalappa- rates wende, beginne ich mit den Ovarien. Dieselben unterscheiden sich bei unserer Gattung dadurch etwas von denen der anderen Rhab- docoelen, dass sie außerordentlich lang und bandförmig sind. Sie liegen an der Seite des Körpers in der Gegend zwischen der Genitalöffnung und dem Kopfe und sind häufig in Schlingen und Windungen gelegt. ‚Ihr blindes gegen den Kopf zu gelegenes Ende ist etwas angeschwollen. Bei großen Exemplaren sieht man sie schon mit bloßem Auge durch die Haut durchschimmern, indem sie dabei durch ihre hellere graue Farbe gegen die rothbraune des Körpers abstechen. Ihre Breite beträgt durch- - schnittlich etwa 0,05—0,074 mm. Bei schwacher Vergrößerung bieten dieselben das Aussehen einer Geldrolle dar, und es entsteht daher die Vermuthung, dass die einzelnen Abschnitte je einem oder je zwei an einander grenzenden Eiern entsprechen, in der Weise wie ich es ein Mal (Fig. 6) nach einem frischen Objekte für das mit dem Dotterstock in Berührung tretende Ende gezeichnet habe. Indessen ist eine derartig regelmäßige Anordnung der Eier doch nur eine ausnahmsweise. Es muss hier wohl beachtet werden, dass die Untersuchung des frischen Objektes allein noch nicht genügt. An gut gefärbten Schnitten erkennt man, dass das Verhalten in der Regel ein anderes ist, indem auf jedem Querschnitte mehr als zwei, nicht selten 4—6 Eier angetroffen werden. Dieselben zeigen dabei durchaus keine regelmäßige Anordnung und es ergiebt sich, dass der Eindruck der regelmäßigen Schichtung der Eier dann auf einem Irrthum | beruht, indem der Grund desselben in Falten zu suchen ist, welche die ae Ba Ba a BT a 3a es en < Ay UNE “ 5 u 5 Y rn END en i “ 4 24 it: 3:5 160 Il. von Ihering, | KERE ap a Membrana propria des Ovariums aufweist. Diese verlaufen übrigens ziemlich unregelmäßig ‚im Allgemeinen aber senkrecht zur Längsachse des Eierstockes, niemals parallel zu derselben. Ich verweise hierüber auf meine in Fig. 9 gegebene Abbildung. Die ganze Masse des Ovarial- schlauches wird also ausgefüllt von einer Protoplasmamasse, in welcher ohne bestimmt nachweisbare Ordnung die Kerne gelagert sind. Diese sind rund, enthalten ein deutliches lebhaft sich färbendes Kernkörper- chen , und sind 0,040 mm groß. Eine Zugehörigkeit des umgebenden Protoplasma zu den einzelnen Kernen, resp. also eine Abgrenzung der Zellenleiber gegen einander habe ich durchaus nicht wahrnehmen können. Ich bin daher auch der Meinung, dass eine solche überhaupt nicht existirt, und erst bei der Isolirung der Eier am Uterusende des Eierstockes auftritt. Ich muss also in dieser Beziehung den Angaben von E. van BEnEDEN beipflichten, im Gegensatze zu jenen von HauLrz, welcher eine deutliche Trennung der Eizellen angiebt. Übrigens ist ja durchaus nicht gesagt, dass hierin bei allen Rhabdocoelen die gleichen Verhältnisse obwalten müssten. Die Dotterstöcke zeichnen sich bei unserer Art durch eine auf- fallend reiche und weitgehende Verästelung aus. Man erkennt dies nicht nur beim Anblick des ganzen Thieres (Fig. 1 do), sondern namentlich auch an Querschnitten, wie Fig. 13 einen solchen durch den Schwanz darstellt. Jeder der beiden Dotterstöcke verbindet sich gegen den Uterus hin mit dem Ende des Eierstockes , wie es Fig. 6 erkennen lässt; von hier aus-beginnt nun gleich die Verästelung, wobei nur ein kleinerer Stamm nach dem Rücken und mit einem Äste auch etwas nach vorn ge- wandt ist, indess die anderen sich nach hinten begeben, und hier mit ihren zahlreichen Ästen den Raum zwischen Darmkanal und Haut ein- nehmen. Auf allen hinter dem Uterus geführten Querschnitten trifft man daher vom Geschlechtsapparat nichts als die Dotterstöcke an, wo- gegen Schnitte durch die vordere Körperpartie nur die Eierstöcke treffen, mit Ausnahme nur der hinteren dem Uterus angenäherten Par- tie, wo an der Dorsalseite zwischen den Ovarien die Dotterstöcke ge- troffen werden. Ein derartiger Schnitt ist in Fig. 12 abgebildet. Was die Struktur der Dotterstöcke betrifft, so sind dieselben solide, also jedes Ausführungsganges bar. Die einzelnen Äste bestehen aus ver- hältnismäßig leicht isolirt darstellbaren, meist 0,047 mm großen Zellen, welche mit stark lichtbrechenden Körnern erfüllt sind. Diese besitzen einen außerordentlich stark sich färbenden Mantel und einen großen hellen Hohlraum. Durch diese auch an ungefärbten Präparaten sehr auf- fallenden Körner wird der wie es scheint ziemlich helle Kern in der Regel ganz verdeckt. Diese Körner sind es denn auch, welche das Er- Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdocoele, 161 nährungsmaterial für die in den Uterus gelangte Eizelle abgeben. Ganze Dotterzellen findet man häufig im Uterus und ich muss also hierin HaLuez bezüglich der Homologisirung von Dotter- und Eizelle beipflichten. Ich möchte, bevor ich zu den übrigen Theilen des Geschlechtsappa- rates mich wende, nochmals auf die eigenthümliche Wirkungsweise dieser Drüse hinweisen, welche in einem Verbrauche der älteren Zellen besteht, mit entsprechendem Nachschube von der Peripherie her. Wo sonst ein derartiger Modus des Zerfallens von Zellen bei der Sekretion angetroffen wird, hat man es doch mit echten tubulösen oder acinösen Drüsen zu thun, in deren Lumen dann die zerfallenen Zellen hineinge- rathen. Hier dagegen liegt der Fall vor, dass die ganze Drüse ein solider Zellenkomplex ist, von welchem immer die ältesten, dem Uterus am nächsten befindlichen verbraucht werden. Die Dotterstöcke und die Ovarien jeder Seite vereinigen sich also mit einander an der Stelle, wo sie einmünden in einen besonderen von einer feinen Membran gebildeten Raum, dessen Lage am besten aus dem in Fig. 15 abgebildeten Präparate erhellt. Dieser Raum, den ich im An- ‘schluss an andere Autoren als Uterus bezeichne, obwohl vielleicht die O. Scamipr’sche Bezeichnung als Atrium genitale passender wäre, liegt dicht unter der Haut an der Bauchseite. Er treibt hier die Haut in Ge- stalt eines kleinen Hügels vor, welcher in seiner Mitte von einem engen kurzen Kanal durchsetzt wird, durch welchen das Atrium mit der Außenwelt communicirt Fig. 45). Die Genitalöffnung ist am lebenden Thier äußerst selten und schwer zu sehen, offenbar desshalb,, weil sie für gewöhnlich geschlossen ist, resp. nur einen feinen Kanal darstellt. An der Stelle, wo jederseits Dotterstock und Eierstock in das Atrium einmünden, treffen auch die Ausführgänge zahlreicher, ihr Sekret in dasselbe ergießender, einzelliger Drüsen zusammen. Dieselben (dr Fig. 15) sind mithin in zwei Gruppen angeordnet, und liegen im Bindegewebe eingebettet, den Raum erfüllend, welcher zwischen der Haut einer- seits, und den ÖOvarien so wie dem Receptaculum seminis andrerseits übrig bleibt. Die Funktion dieser 0,06 mm großen einzelligen Drüsen - besteht offenbar darin, dass sie die Substanz jener Kapsel liefern, welche die reifen im Uterus gelegenen Eier umgiebt. Sie entsprechen den Schalendrüsen der Trematoden. Endlich mündet noch zwischen den durch die genannten Theile bedingten Öffnungen der Ausführgang des ‚Receptaculum seminis. Dieses (Rs Fig. 15) ist eine große, an erwachsenen - Thieren 0,2—0,36 mm messende dünnhäutige Blase, welche man am - lebenden Thiere stets mit beweglichem Sperma erfüllt findet. Untersucht i man lebende etwas comprimirte erwachsene Thiere, so erkennt man leicht, dass außer dieser Blase ihr dicht anliegend noch eine andere vor- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. \ Tr BL 162 Il. von Ihering, Re handen ist, welche die Samenblase darstellt. Sie hat, wie aus einem _ meiner bezüglichen Querschnitte hervorgeht, ihre Lage zwischen Recepta- - culum seminis und Uterus. Ihre Größe wurde an größeren Individuen zu 0,085—0,028 mm gemessen, wogegen ihre Größe an den kleinen Thieren, bei welchen nur der männliche Theil des Geschlechtsapparates entwickelt ist, bis 0,15 mm beträgt. Es findet daher ganz unverkennbar im Laufe | des Wachsthums eine absolute Abnahme! der Größe statt. Dieser Ver- kümmerung und Rückbildung der Samenblase entspricht auch die Be- schaffenheit ihres Inhaltes. Während nämlich bei jungen Thieren die Samenblase strotzend mit Samen erfüllt ist, ist es nicht selten bei großen Thieren zu beobachten, dass die verkümmerte Samenblase nur _ noch einige wenige Samenfäden enthält. ) Im Uterus trifft man bei großen Individuen, und nur bei solchen, nicht selten- Eikapseln, welche in einer festen 0,085 bis 0,124mm großen braunen Kapsel zwei oder wohl auch einmal drei Eier enthalten, welche in einer den übrigen Theil der Kapsel erfüllenden Masse von Dotter gelegen sind, an welcher nicht selten noch ganze Dotterzellen er- kenntlich sind. Auch an dem in Fig. 15 abgebildeten Präparat war eine solche Eikapsel vorhanden, die nur in Folge der Conservation elwas ge- schrumpft zu sein scheint. > Die im Vorausgehenden geschilderten anatomischen Verhältnisse ergaben für die Gattung Graffilla folgende Diagnose. Graffilla nov. gen. Pharynx nach Art des Mesostomeenschlundes aus Muskelfasern und eingelagerten Bindegewebszellen bestehend, nicht in einer Tasche ge- legen, sondern direkt mit dem Munde zusammenhängend. Bursa copu- latrix und Receptaculum seminis durch ein Organ vertreten. Ovarien langgestreckt, bandförmig, Dotterstöcke sehr reich verästelt. Einzige Art: Gr. muricicola.n. sp. Von rothbrauner Farbe, in der Niere von Murex brandaris und Murex trunculus lebend. Nachdem im Vorhergehenden die Ergebnisse meiner Untersuchun- gen über die Organisation von Graffilla mitgetheilt worden, kann ich mich nunmehr dazu wenden, dieselben mit den bei anderen Rhabdocoelen I Bei einem großen Thiere maß das Rec. sem. 0,36 mm, die Samenblase 0,085 mm, bei einem anderen lauteten die entsprechenden Zahlen 0,22 und 0,028 mm. Bei einem 1,5 mm großen männlichen Thiere maß die Samenblase 0,143 mm; bei einem 4 mm großen Thiere war die Samenblase 0,1407 mm, das Receptaculum semi- nis 0,286 mm groß. .. j us Graffilla mnrieicola, eine parasitische Rhabdoeoele. 163 gewonnenen Erfahrungen zu vergleichen, um dadurch zu einem Urtheile darüber zu gelangen, in wie weit gewisse bei Graffilla angetroffene Ver- _ hältnisse als dieser Gatlung eigenthümlich angesehen werden können, und in welcher Weise demnach unsere neue Gattung im System einzu- reihen sei. Am meisten erregt bei Vergleichung mit anderen Rhabdo- coelen Graffilla ohne Zweifel durch die Beschaffenheit ihres Darmtractus Interesse. Es nimmt nämlich in dieser Beziehung Graffilla eine Art von 2% Mittelstellung ein, zwischen den Acoelen und den Coelaten. In der That erkennt man bei der Untersuchung des frischen Thieres nichts von einem Lumen, und auch die Querschnitte, namentlich durch den mittleren und hinteren Theil des Körpers, lassen ein solches in der Regel ver- missen. Ich beachtete Anfangs diesen Punkt wenig, in der Voraus- setzung, dass die vacuolenreiche, den Darmtractus erfüllende Masse Nahrung darstelle, welche das Thier dem Gewebe der Niere von Murex entnommen habe, eine Ansicht, welche indessen durch vergleichende ‚ Untersuchung des conservirten Materials sich als irrig erwies. Es ergab sich daher die Nothwendigkeit, zur Erklärung nach Vergleichungspunk- ten bei anderen Turbellarien zu suchen, was denn auch vollkommen gelang. Bekanntlich haben die neueren Forschungen hinsichtlich der Beschaffenheit des Darmes und des Modus der Verdauung bei den Tur- bellarien zu sehr eigenthümlichen überraschenden Ergebnissen geführt. Es hat sich dabei ergeben, dass in einer früher ungeahnten Weise an ‚der Aufnahme der Nahrungstheile durch das Darmepithel active Be- un Fi. wegungen des letzteren betheiligt sind. Den Anstoß zu den verschiede- nen zur Feststellung dieser Thatsache führenden Untersuchungen gab bekanntlich Merrsennikorr durch seine 1865 veröffentlichte Untersuchung . über Geodesmus, so wie die im Jahre darauf mitgetheilten,, Convoluta betreffenden Beobachtungen. Die darin niedergelegten Angaben, wonach die Darmzellen aktiv sich an der Verdauung der Nahrung betheiligen, ‚und ferner bei Gonvoluta ein Darmlumen vollkommen fehle, haben trotz ns a se Be der begreiflichen Bedenken, die sich ihnen entgegenstellten, von den verschiedensten Seiten, so namentlich von ULJanin, SALENSKY, GRAFF und Jensen entschiedene Bestätigung erfahren. Allerdings sind die An- gaben Merscunikorr's nicht in allen Punkten bestätigt worden, wie namentlich hinsichtlich des Mangels von Kernen in den Darmzellen, be- züglich dessen Merschnikorr ! selbst später seine frühere Darstellung korrigirte. Es hat sich daher herausgestellt, dass es nicht richtig war, wenn 1 METSCHNIKOFF, Über die Verdauungsorgane einiger Süßwasserplanarien. Zoo- logischer Anzeiger. I. Jahrg. Nr. 17. Dec. 1878. p. 387—390. a4* >= ee — 164 H. von Ihering, bei den Acoelen METScHNIKOFF und Ursanın die Nahrung durch den Mund in ein aus Eiweißstoff bestehendes Körperparenchym gelangen ließen, dagegen hat sich, wie METscunikorr selbst später auf dem Wege des Ex- perimentes festzustellen vermochte, gezeigt, dass der Anfangs nur eini- gen wenigen Formen zugeschriebene Verdauungsprocess in weiter oder allgemeiner Verbreitung den Turbellarien zukommt. »Gelangt«, so be- merkt Grarr !, »Nahrung in den Darm, so strecken sich die Darmzellen in die Länge, umfassen mit amöboiden Fortsätzen den Nahrungskörper und fließen schließlich mit den gegenüber liegenden Darmzellen zusam- men. Das Darmlumen ist dann verschwunden, und die ganze Höhle ausgefüllt von einem vacuolenreichen protoplasmatischen Netze, in dem der Nahrungskörper eingeschlossen ist.« Mit dieser Darstellung stim- men meine eigenen Erfahrungen sehr gut überein, und sie machen es begreiflich, wesshalb ich ein Darmlumen bei einem Theile der unter- suchten Exemplare auffand, bei anderen vermisste. Gleichwohl bleiben hierbei noch manche Fragen offen, für deren weitere Verfolgung die Beachtung der von mir gewonnenen Ergebnisse sich empfehlen dürfte. So hat sich, wie oben dargelegt wurde, ein verschiedenes Verhalten der ventralen und der dorsalen Wandung des Darmkanals ergeben, in- dem erstere aus einer einzigen Schicht niederer Zellen besteht, wogegen letztere außerordentlich gewuchert erscheint. Nicht recht verständlich ist dabei das Verhalten der Kerne, da solche durch die ganze von der dorsalen Darmwand ausgehende Ausfüllungsmasse vertheilt sind. Es bleibt zu untersuchen, ob ähnliche Verhältnisse auch bei anderen Tur- bellarien vorkommen. Auch in histologischer Beziehung bleibt noch eine Klärung der widersprechenden Angaben abzuwarten. Alle Beobachter stimmen überein hinsichtlich des Vorkommens von mehr oder minder großen Vacuolen in den Darmzellen, allein diese sind noch weit davon entfernt, allgemein in gleicher Weise aufgefasst zu werden. So weit meine Erfahrungen reichen , haben dieselben nie etwas mit dem Kerne der Zelle zu thun, und bilden sich im Umkreise einer später in der Mitte der Vacuole frei gelegenen protoplasmatischen Substanz; außerdem enthalten sie, sei es bei vielen, sei es bei allen hierher gehörigen Formen, noch kleine Gonceremente, welche METScHNI- KOFF wohl nicht mit Unrecht als Harnconcremente ansieht. Diese Vacuolenbildung ist es, welche den Anlass zu vielen Miss- deutungen gegeben hat. So äußert METscHNIKorFr selbst in einer späteren Arbeit, dass er durch diese Bilder irre geleitet worden, und auch da noch ! L. GrAFF, Geonemertes chalicophora. Morphol. Jahrb. Bd. V, 14879. p. 439. Anis ; IS Y Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdocoele. 165 glaube ich, dass er, den Inhalt der Vacuolen für aufgenommene Nahrung _ haltend, irre geht. Ich denke vielmehr, dass diese Vacuolenbildung, resp. die mit ihr zusammenhängende Sekretion ein bei Würmern wie bei Mollusken weit verbreiteter Vorgang ist, der bei manchen, wie na- ' mentlich bei Mollusken, auf die zur Leber umgebildete Partie des Darm- tractus beschränkt ist, wogegen bei anderen, wie namentlich den niede- ren Würmern, er dem Darmepithel als solchem zukommt, resp. auch einer bestimmten Region des Darmtractus. Ich kann hiernach auch die neueste von Harızz ! gelieferte Darstellung nicht für zutreffend erachten. Dieser Gelehrte stellt, im Gegensatz zu Grarr, das Verhältnis so dar, als ob bei der Verdauung unter Schwund des Kernes die Zelle sich bis zum zehnfachen ihres früheren Volumens vergrößere und dabei zu einer run- den, sich ablösenden und ins Lumen des Darmes fallenden blassen Kugel mit dunkeln CGoncretionen werde. Diese Kugeln nun sind, wie mir scheint, nichts anderes als die oben erwähnten, von einer dünnen Wand umgebenen Vacuolen, von denen auch ich bei Graffilla constatiren konnte, - dass sie frei werden und in das Lumen des Darmes gelangen können. Wir haben es mithin als ein namentlich durch METscunIKorr’s und Grarr’s Untersuchungen festgestelltes Ergebnis kennen gelernt, dass bei vielen, wo nicht bei allen Turbellarien die Darmzellen an der Verdauung aktiv Theil nehmen, und dass dabei das Lumen des Darmes oder seiner Verästelungen vollkommen verschwinden kann. Wenn damit das Lumen des Darmes zu etwas für die Verdauung Gleichgültigem wird, so kann es auch nichts Befremdendes mehr haben, wenn Verhältnisse, wie sie bei den meisten Turbellarien vorübergehend anzutreffen sind, bei ande- ren dauernd bestehen. Und dieser Fall liegt in der That bei einer Gruppe von Rhabdocoelen, den Acoelen Ursanın’s? vor. Hierüber kann, nachdem die ersten von METscunIKkoFF und ULJanın stammenden Mitthei- lungen von verschiedenen Seiten bestätigt sind, wohl kein Zweifel mehr ‚obwalten. Jensen ? theilt hierüber mit, dass bei Convoluta paradoxa Oer. die centrale Körpermasse Fetttröpfehen, Pigment und Speisereste ent- halte und amöboide Bewegungen ausführe. Diese Angaben dienen vollends dazu, die Homologisirung der centralen verdauenden Zellen- masse der Convoluten mit dem für gewöhnlich ein Lumen enthaltenden Darmtractus der coelaten Turbellarien zu sichern. In diesem Fall aber fallen natürlich jene Folgerungen hinweg, die beim ersten Bekannt- E 1 pP. Harrez, Contributions a l'histoire naturelle des Turbellaries. Lille 1879. 2 .p.48. 3 ® 2 ULsanın, Die Strudelwürmer des Sebastobolischen Hafens. Moskau 1870. 3 0. S. Jensen, Turbellaria ad litora Norvegiae occidentalia. Bergen 1878. p- 46. ri “ \ 166 H. von Ihering, werden der Thatsache sich aufdrängten und denen zufolge ein eigener Verdauungsapparat unseren Thieren feblen und die Nahrung, vergleich- bar den bei Infusorien bestehenden Verhältnissen, direkt in das Körper- parenchym gelangen würde. Die hervorgehobenen Verhältnisse zwin- gen vielmehr dazu, auch den Gonvoluten einen allerdings des Lumens entbehrenden zelligen Darmtractus zuzuschreiben, und sorgfältigere neue Untersuchungen werden gewiss auch im Stande sein, bei Gonvo- luta zwischen diesem Entodermzellenhaufen und dem Hautmuskel- schlauche noch Bindegewebsmassen nachzuweisen. Hierbei sind denn freilich die oben (p. 150) hervorgehobenen, die Färbung betreffenden Verhältnisse wohl zu beachten. Überhaupt muss man einräumen, dass alle bis jetzt über Gonvo- luta veröffentlichten Untersuchungen nicht den Anforderungen entspre- chen, die man zumal bei der Wichtigkeit des Gegenstandes zu stellen berechtigt ist. Der einzige abgebildete Schnitt, der von Ursanın (l.c. Taf. 1, Fig. 13), der Gonvoluta betrifft, ist bei schwacher Vergrößerung gezeichnet und offenbar nur zur Erläuterung der gröberen Verhältnisse bestimmt. Von Längsschnitten vollends existirt nichts, und nur durch solche wird sich feststellen lassen, ob ein Lumen des Darmes stets fehlt, oder ob nicht im vorderen Theile doch zuweilen eine Ändeutung des- selben vorhanden ist, etwa wie bei Graffilla. Die bei den »Acoelen« angetroflenen Verhältnisse stehen mithin keineswegs isolirt und unvermittelt den bei anderen Turbellarien sich findenden Einrichtungen gegenüber. Es ordnen sich vielmehr die ver- schiedenen Befunde in eine fast lückenlose morphologische Reihe. In dieser nehmen die Schizostomeen resp. die »Acoelen « die niederste Stelle ein. Sie repräsentiren hinsichtlich des Darmes zeitlebens eine Stufe, die bei den anderen nur in der Embryonalzeit anzutreffen ist. Denn der Darm der Turbellarien entsteht nicht gleich als Hohlraum, nicht als Ein- stülpung, sondern er organisirt sich erst allmählich aus dem centralen Haufen größerer Entodermzellen, welche bei der Furchung von den kleinen Ektodermzellen umwachsen werden. Dieses Stadium des soli- den Entodermzellenhaufens persistirt also bei den Acoelen zeitlebens. Bei anderen ihnen sehr nahestehenden, wie z. B. bei Macrostomum, ist schon eine Höhlung vorhanden, doch kann dieselbe, wie bei Graffilla, noch im hinteren Abschnitt des Darmes fehlen. Erst bei den mit vor- stülpbarem Schlund resp. Rüssel versehenen höheren Rhabdocoelen und Dendrocoelen ist ein einschichtiges das Lumen umgrenzendes Darmepi- thel vorhanden. Dass nun aber die morphologische Differenzirung wirklich in der angegebenen Richtung sich vollzieht, nicht etwa umgekehrt, das beweist Graffilla murieieola, eine parasitische Rhabdocoele. 167 die Hand in Hand damit gehende Vervollkommnung in anderen Organ- systemen, namentlich dem Schlund und dem Genitalapparate. Was letz- ‚teren betrifft, so besitzen alle Acoelen vereinigte Dotter- und Eierstöcke, _ welches Verhalten nach der von GEGENBAUR zuerst aufgestellten, neuer- dings von Harızz durch neue Beobachtungen befestigten Homologie als das ursprüngliche anzusehen ist. Es ergiebt sich nämlich hiernach, dass die Dotterstöcke der Turbellarien nichts anderes darstellen, als beson- ders differenzirte und selbständig gewordene Theile der Keimstöcke. Es ist bekannt, dass die Dotterzellen den Charakter abortirter Eier bei vielen Turbellarien sehr gut erkennen lassen. Es ist dies nicht ein auf die Turbellarien beschränktes Vorkommen, da z. B. ja von den In- sekten die Homologie der Eizellen mit den Dotterbildungszellen bekannt _ st. Die den niederern Zustand darstellende Stufe des Mangels beson- _ derer Dotterstöcke liegt nun gerade bei den Acoelen und bei den im Mangel eines Pharynx mit ihnen übereinstimmenden Gattungen Macro- stomum und Vera vor. Sicherer noch gestattet die Beschaffenheit des Kr _ Schlundes die Beurtheilung der Entwicklungsrichtung der bezeichneten Reihe. Bei den typischen höheren Rhabdocoelen, den Mesostomeen, Prostomeen, Derostomeen und Opisthomeen, ist bekanntlich der Schlund, der mit Ausnahme der letzten besser den Dendrocoelen zuzurechnenden _ Familie tonnenförmig ist, frei in einer Höhle oder Tasche gelegen, aus der er vorstülpbar ist, so dass der Mund nicht in den Schlund, sondern in die Schlundtasche führt. Genau dasselbe Verhältnis kehrt bei den Dendrocoelen wieder, deren Rüssel sammt Rüsseltasche den genannten Theilen der Rhabdocoelen homolog ist. Diese eigenartigen Verhältnisse wird man gewiss als eine erst innerhalb der Turbellarien erworbene - Einrichtung schon a priori betrachten dürfen, und das nun um so mehr, als noch die verschiedenen in dem kanipberen Schlund eipfelnden - Stufen innerhalb der Turbellarien sich nachweisen lassen. Eine dieser Zwischenstufen stellt Graffilla dar mit ihrem direkt, ohne Vermittlung einer Tasche nach außen mündenden Schlund. Allein dieser ganze, spheirt gebaute Schlund erweist sich wieder als eine nicht allen Rhab- docoelen zukommende Einrichtung, indem er den Schizostomeen fehlt. Bei diesen ist der Mund eine einfache Spalte, an welche in radiärer Richtung blasse Muskelfasern herantreten. Diese letzteren mitsammt den zwischen ihnen liegenden Bindegewebszellen bilden nun auch die Hauptmasse des Schlundes der höheren Formen. Es sind mithin schon bei den Schizostomeen die Elemente vorhanden, welche weiterhin in & 8 "Verbindung mit den dem Hautmuskelschlauche entstammenden Ring- _ fasern den Schlund zusammensetzen. Nach den bisherigen Auseinandersetzungen dürfte, denke ich, wohl 168 H. v. Ihering, über die Beziehungen von Graffilla zu anderen Rhabdocoelen kein weiterer Zweifel obwalten. Während bisher den niedersten des Schlundes ent- behrenden Formen die höheren mit ausstülpbarem Pharynx ausgerüste- ten unvermittelt gegenüber standen, ist durch Graffilla eine Brücke zwi- schen beiden geschlagen. Voraussichtlich wird bei weiterer extensiverer wie intensiverer Kenntnis der Rhabdocoelen noch manche andere Gat- tung hinzukommen, bei welcher der Schlund nicht in einer Tasche ge- legen ist und direkt nach außen mündet. 1 Zu erwähnen ist hier noch das Verhalten des Schlundes von Micro- stomum. Das Wesentlichste dabei ist, dass der Schlund von Microsto- mum frei nach außen mündet in dem Munde, ohne dass es zur Bildung einer Schlundtasche käme. Es liegt hierdurch nahe, zu vermuthen, dass das gleiche Verhalten wie bei Graffilla vorliege, allein das trifft, wenn meine Deutung richtig ist, doch nicht zu, denn der Schlund der Micro- stomeen ist eben demjenigen von Graffilla nicht homolog und eher dem von Macrostomum zu vergleichen. Denn wenn man sich an die von O. Scanipr ! und von M. ScuuLrtzE gegebene Darstellung hält, so zeigt sich, dass der ganze Schlund sich auf ein Epithelrohr (»Schlundröhre« O. Scanipr) beschränkt, welches in seinem Umkreise von einer großen Zahl von Zellen in radiärer Richtung umgeben ist, in denen ich nicht anstehe, die von mir im Schlunde von Graffilla nachgewiesenen Bindegewebs- zellen zu erkennen. Es liegt mithin hier ein an Macrostomum sich an- schließender Fall vor, nur dadurch noch sich auszeichnend, dass mit dem Munde bereits ein die Ausbildung des Schlundkopfes vorbereiten- des Schlundepithelrohr zusammenhängt. In diesem und in den um- gebenden Bindegewebszellen sind denn bereits die Elemente des späte- ren Schlundkopfes erkenntlich. Der Schlund selbst aber ist, wie wir sehen, ein complieirter aus Epithel, Bindegewebe und Muskeln aufge- bauter Apparat, dessen äußere Begrenzung die Ringfaserschicht bildet. Da diesen Bau der vordere Abschnitt des Darmtractus bei Microstomum nicht aufweist, so kann er vom vergleichend anatomischen Standpunkt aus auch nicht als homolog mit dem Pharynx der pharyngeen Rhabdo- coelen angesehen werden. Man wird daher dieses Mundrohr.von Mi- crostomum, wie ich es nennen möchte, dem Epithelbelag im Pharynx der höheren Rhabdocoelen vergleichen können. Es ergiebt sich daraus, dass ein dem Pharynx der pharyngeen Rhabdocoelen vergleichbarer Schlund den Microstomeen fehlt, wesshalb sie den Apharyngeen einzu- reihen sind. Sie erscheinen damit in der zur Ausbildung des Pharynx führenden morphologischen Reihe als Vorläufer von Graffilla. ! O0. Scunıpt, Die rhabdocoelen Strudelwürmer des süßen Wassers. Jena 1848, p: 57. Taf. V1, Fig. 1700. Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdocoele. 169 Übrigens wird wohl Microstomum hierin nicht isolirt unter den Apharyngeen resp. Acoelen dastehen. So beschreibt Jensen für das den Acoelen zugerechnete Genus Aphanostomum Oerst. in der Nähe des _ Mundes zwei Sorten von »Speicheldrüsen «, von denen die vordere klei- nere Gruppe (Fig. 13 f) gewiss den das Mundrohr bei Macrostomum umlagernden homolog ist. Ist meine Ansicht zutreffend, der zufolge diese das Epithelrohr des Schlundes resp. Mundrohres umlagernden Zellen der Apharyngeen den im Schlunde der Pharyngeen gelegenen Bindegewebszellen homolog sind, so lässt sich die Vergleichung des an- gezogenen Bildes von Aphanostomum mit dem Mesostomeenpharynx noch weiter durchführen, indem dann die weiter nach rückwärts gelegenen langstieligen Zellen jenen entsprechen, welche an den Schlund der Meso- stomeen herantreten, bei Mesostomum tetragonum von O. Scuaipr näher besprochen wurden (l. c. p. 45) und von Scuneiper ! als Speichelzellen erkannt wurden. Es ergiebt sich hieraus, dass ich die Ansicht von Jensen nicht theilen kann, welcher die Microstomeen sehr weit von den Acoelen abstehen . lässt, indem ich vielmehr die unmittelbare Zusammengehörigkeit beider annehme. Jensen ist dabei offenbar noch in der bisher verbreiteten irrigen Annahme befangen, wonach die Microstomeen einen After besitzen soll- ten und ganz von den Rhabdocoelen entfernt wurden, was mir selbst dann nicht begründet erscheinen könnte, wenn sie einen After doch be- säßen 2. Nun aber hat schon Grarr® das Vorhandensein des Afters be- zweifelt und Harızz ? es entschieden in Abrede gestellt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf einen in ‚dem HarLez- schen Werke enthaltenen Punkt hinweisen, in dem ich freilich dem Ver- fasser nicht beizupflichten vermag. Es ist die Angabe, dass bei den Nemertinen der Rüssel über dem Darm, aber unter dem Gentraluerven- _ system liege (l.c. p.33). Denn wenn dies auch für Dinophilus stimmen mag, für die Nemertinen trifft es doch nicht. Allerdings sind ja die bei- den Ganglien durch zwei Commissuren, eine untere und eine obere ver- ! A. ScHnEiDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Gießen 1873. p. 27. 2 Auch die anderen von M. ScauLtze für die Isolirung der Microstomeen ange- - führten Gründe erscheinen jetzt nicht mehr stichhaft. So kennt man ja jetzt auch andere Rhabdocoelen (z. B. Turbella) mit Seitenorganen und solche mit echten Nesselorganen (Convoluta Schultzii, Prostomeen). Und eben so wissen wir jetzt, dass Nemertinen nicht immer getrennt geschlechtlich sind, wogegen andererseits die vor- liegenden Beobachtungen über den Genitalapparat der Microstomeen nicht eben er- . schöpfend sind. 3 L. Grarr, Zur Kenntnis der Turbellarien. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 4874. pP 134. 2) 1.c.p. 446. 170 Se von Ihering, Er F; = a bunden, allein von diesen erweist sich doch durch Vergleichung sowohk | der ekicdenen Nemertinen unter einander wie mit den Turbellarien 4 die unter dem Rüssel gelegene als die hauptsächlichere und jener der Turbellarien homologe, während die obere eine accessorische ist. Dass sich eine solche zweite Commissur nicht bloß um einen Schlund zu ent- wickeln braucht, leuchtet ein, und es ist daher auch kein zwingender Grund dazu vorhanden, diesen » Rüsselring « als »Schlundring« zu deuten. Überhaupt werden die hierher gehörigen Versuche Sernper’s ! zur Aul- stellung ganz abweichender Homologisirungen wohl kaum sich noch ver- theidigen lassen, nachdem durch die übereinstimmenden Ergebnisse der Forschungen und Erörterungen von LEUCKART, ULJANIN, GRAFF, HAL- EZ u. A. die Homologie des Tastrüssels der Prostomeen mit dem Rüssel der Nemertinen erwiesen ist. In vergleichend anatomischer Beziehung erhebt sich die Frage, wie der Schlund von Graffilla mit dem der höheren Formen zu vergleichen, und welcher der beiden Munde der letzteren dem einen von Graffilla homolog sei. Die Frage lässt sich sicher beantworten, weil, wie ich gleich zeigen werde, der Schlundkopf von Graffilla ganz so gebaut ist, wie jener der Mesostomeen, so dass also auch deren an der Schlundkopf- spitze gelegener Mund dem Munde von Graffilla homolog sein muss. Die ganze Einrichtung der Schlundtasche ist daher als eine Einsenkung des Integuments anzusehen, wodurch denn der bei Graffilla frei zu Tage lie- gende Mund mitsammt dem Schlundkopfe in die neugebildete Tasche zu liegen kommt. Dieser Vorgang steht nicht isolirt da, indem er sich in anderen Gruppen des Tbierreichs wiederholt, wie unter den Hirudi- neen bei den Clepsinen und unter den Arthrocochliden (Prosobranchia aut.) bei den Proboscidiferen. Bei letzteren lässt sich der Vorgang der Rüsselbildung Schritt für Schritt verfolgen. Ich habe bei Darlegung der Morphologie jener Verhältnisse? für den an der Spitze des Rüssels ge- legenen Mund, welcher dem einen Munde der mit Schnauze versehenen Formen hombolog ist, den Namen Protostom eingeführt, im Gegensatz zu der die Rüsselhöhle nach außen hin öffnenden Mundöffnung der Probos- cidiferen, die als Deutostom bezeichnet wurde. Die gleiche Bezeich- nungsweise würde sich auch für die Turbellarien empfehlen, wobei dann also den Acoelen und Apharyngeen so wie auch Graffilla das Deu- tostom noch fehlt, das dann allen anderen Turbellarien zukommt. Der eben dargelegten Vergleichung liegt die Voraussetzung zu ! C..SEMPER, Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. Ill. Arbeiten a. d. zool.-zootom. Institut in Würzburg. Bd. Ill. 4876. p. 142. 2 H. v. Inerıng, Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken. Leipzig 1877. p. 148. E ? DENN a Nr 7% IR Fr Br BER SE 1 A ner read s ge u Te Dre { en 2E ? BR FETTE r> va Teen & x - Graffilla murieicola, eine Re Rhabdocoele, 171 aru de, dass bei Graffilla der Bau des Schlundes der gleiche sei wie bei esostomum. Diese Ansicht aber lässt sich aus einer Vergleichung der 5 lissyerständnisscn Anlass en hätten. So hat ©. Scamupr ! diesel, © ben zwar richtig gesehen und beschrieben, lässt sie aber nach außen in - den als Speicheldrüsen gedeuteten den Schlund umgebenden Drüsen i sich fortsetzen, was übrigens M. Scuurtze ? nicht bestätigte. Andererseits | haben Ursanın und Jensen in ihnen Hohlräume im Schlunde gesehen, wodurch der ganze Schlund innen gekammert erscheinen soll. Endlich hat Grarr diese Zellen für Muskelzellen gehalten und Schlauchmuskeln Een. Ich muss gestehen, dass mir diese Kategorie von Muskeln überhaupt nicht wohl mit unseren sonstigen histologischen Anschauun- gen in Einklang gebracht werden zu können scheint. Denn dass die strukturlose Hülle des Schlauches contractil sein soll, ist doch nur eine _ Vermuthung , übrigens von Grarr (l. c. p. 131) zuerst auch nur als solche hingestellt. Man wird aber zu einer solchen Einführung eines "besonderen höchst auffälligen histologischen Elements sich nicht ge- | - zwungen sehen können, wenn, wie bei Graffilla es jetzt geschehen, der - Nachweis sich erbringen lässt, dass die betreffenden Zellen Bindegewebs- zellen sind. Was diese Erkenntnis wohl namentlich verhindert hat, ist ; _ Auch bei Graffilla ist das ja an erwachsenen Thieren in der Regel unmög- lich, ganz wie auch an den das Körperparenchym bildenden Zellen, aber die Entwicklungsgeschichte lehrt uns, dass in der Jugend die Kerne - dieser Zellen sehr gut entwickelt sind. Eine besondere Funktion scheint - diesen Zellen weiter nicht zuzukommen; sie dienen, wie auch sonst das Bin ıdegewebe, zur Herstellung des Ger les des Schlundes,, um welches a dann in der beschriebenen Weise die Muskelfasern gruppiren. Der Bau des Schlundkopfes von Graffilla stimmt also mit dem der - Mesostomeen überein. Sehen wir uns unter den übrigen Familien der Rhabdocoelen um nach solchen , bei denen der gleiche Bau sich findet, 3 so treten uns nur die den Bon offenbar nahestehenden und von = “ — — 10. Scunmıpt, Die rhabdocoelen Strudelwürmer des süßen Wassers. Jena 4848. p- 45. | der Umstand, dass sich in diesen Zellen Kerne nicht nachweisen ließen. 172 -—H. von Ihering, ER en “= ihnen wohl abstammenden Prostomeen entgegen, jene interessante _ Gruppe von Rhabdocoelen, welche den Übergang zu den Nemertinen _ vermittelt; denn die von LEUCKART zuerst ausgesprochene, durch die wichtigen von Ursanın entdeckten neuen Gattungen, so wie durch die Arbeiten und Argumentationen von GRAFF, Harzzez u. A. sicherer be- gründete Homologie des Tastrüssels der Prostomeen mit dem Rüssel der Nemertinen muss, zumal nach der letzten ausführlichen Behandlung .durch Harıez!, als bewiesen anerkannt werden. Im Gegensatz dazu scheint bei den anderen Rhabdocoelen, namentlich den Derostomeen, der Schlund einen anderen Bau zu haben, namentlich ist bis jetzt nichts von jenen das rosettenförmige Aussehen bewirkenden Bindegewebszellen des Schlundes bekannt, welche jenen zukamen; indessen wäre es ja auch möglich, dass sie nur kleiner und sparsamer vertheilt vorkämen, und bleiben jedenfalls eingehendere Untersuchungen abzuwarten. | Wie schon bemerkt, sind bis jetzt noch keine anderen mit Schlund versehenen Rhabdocoelen bekannt, welche der Schlundtasche entbehr- ten. Da desshalb eine Einreihung von Graffilla in eine der bestehenden Familien der Rhabdocoelen nicht möglich ist, so ist eine eigene Familie der Graffilliden aufzustellen, welche sich durch den Mangel der Schlund- tasche charakterisirt. Es erhebt sich nun ferner die Frage, wie diese Familie zu den übrigen sich stellt. In dieser Beziehung ist zuerst die Stellung der Acoelen und Coelaten Ursanın’s zu erledigen. Nun ist aber, wie früher hervorgehoben, die ganze Frage durch die neueren Forschun- gen in ein neues Stadium getreten, so dass auch der früher von ULsanın eingenommene Standpunkt, wie schon Merscanikorr hervorhob, nicht mehr beibehalten werden kann. Das constante oder zeitweise Vorkom- men einer kleineren oder größeren Höhlung im Darmkanal kann gegen- wärtig nicht mehr als ein Charakter ersten Ranges in Betracht kommen, und eine Gruppe der Acoelen würde nur dann noch aufrecht erhalten werden können, wenn mit dem angeführten Merkmale noch andere wichtigere sich combinirten. Das ist nun allerdings der Fall, allein diese wichtigen, in dem Mangel des Schlundes und der Vereinigung der Dotter- und Eierstöcke bestehenden Charaktere theilen die Acoe- len mit zwei Gattungen (Macrostomum, Vera) der CGoelaten, welche bei Ursanın eine Unterabtheilung der Apharyngea bilden. Es werden mithin diese beiden Gattungen mit den » Acoelen« in eine Gruppe zu vereinigen sein, wie sie es früher schon waren, in der Familie der Schizostomeen. Immerhin aber ist der Unterschied zwischen den des Schlundes entbehrenden und den mit einem solchen ausgerüsteten Rhab- ae Graffilla murieicola, eine parasitische Rhabdocoele. 173 4 ish ein derartiger, dass mir eine Trennung beider erforderlich F> ‚scheint, so dass die Rhabdocoelen zunächst in zwei Unterabtheilun- gen zu zerlegen wären, die Apharyngea und die Pharyngea, von denen erstere ek Acoela und von den Coelata die Apharyngea ent- hielte. Innerhalb der Pharyngea würde dann die Familie der Graffilliden FR niedersten Rang einnehmen, falls man nicht geradezu sich dazu “ entschließen sollte, die RE wieder in solche mit und solche ohne Sehlundtasche zu Besen. “4 In einer, ein allgemeineres Interesse in Anspruch nehmenden, Be- Ex Esehong sind die eben dargelegten Verhältnisse wohl geeignet, Stoff zu - reiflicher Überlegung abzugeben. Es zeigt sich nämlich hierbei, dass die acoelen Rhabdocoelen die tiefststehenden sind, dass mithin die Aus- - bildung einer Darmhöhle als der secundäre spätere Zustand erscheint. Wenn nun in einer der niedersten Gruppen der Würmer die niederst E stehenden Formen ein solches abweichendes Verhalten darbieten, so N ‘4 giebt das gewiss zu denken. Knüpft doch der herrschenden Theorie zu- folge die Entstehung aller Metazoen an eine aus der (eine Kolonie von Protozoen repräsentirenden) Planaea durch Einstülpung hervorgegangene * Gastraea an. Bei diesem Magenthierchen ist sicher der Magen nichts Un- wesentliches Wenn wir nun aber bei einer der tiefststehenden 2 Würmergruppen eine Höhlung im Darmtractus nicht finden, diese über- haupt eine geringe Rolle spielen sehen und Verhältnisse on Verdauung 3 . antreffen , welche lebhaft an die bei Infusorien bestehenden erinnern, so sehen wir wie die auf vergleichendem Wege den Ursprung innerhalb _ begrenzter Gruppen verfolgende Forschungsweise und die andere, welche aus der Ontogenie unmittelbar die Phylogenie reconstruirt, wicht zur Deckung gelangen. Mich bestärken solche Erfahrungen nur in meiner . RER dass wenigstens für Würmer und Mollusken der Ursprung nicht an eine — nur die älteste Larve repräsentirende — Gastraea, nicht an Protozoenkolonien, sondern an Protozoenindividuen an- % knüpft, und dass diese Ansicht weit davon entfernt ist, zu sein: »ein ® _ verzweifelter Versuch, der mit den Erfahrungen der irslaichenden Anatomie und Embry olossa im Widerspruch steht«2. Wenn gerade bei 1 E: E den niedersten Metazoen Verhältnisse wie die oben besprochenen vor- ef en Ci Be Sn Bez ARTE a... PRIOR. er ® Re w v2 : 1 HaeckEL, Anthropogenie 4874, p. 393, bemerkt: »Dass die einschichtige rs Zellengesellschaft der kugeligen Planaea angefangen hat, an einer Stelle der Ober- De Näche vorzugsweise Nahrung aufzunehmen. An dieser nutritiven Stelle der Kugel- oberfläche bildete sich durch natürliche Züchtung allmäblich eine grubenarlige Er Vertiefung. Die Anfangs ganz flache Grube wurde im Laufe der Zeit immer tiefer.« 2 0. Bürschuı, Beiträge zur Kenntnis der Flagellaten. Diese Zeitschr. Bd. XXX, pP. 207. ec L A = - ee 174 H. von Ihering, Graffilla neieicel eine Seraiiliehe Rliabiloroele, liegen, dann dürften solche erahnen « doch vielleicht, ohne i irgend. bi wie prineipiell etwas zu entscheiden, in Manchem Zweifel darüber auf- kommen lassen, ob denn alle diese Fräskn bereits durch die Gastraea-. L theorie gelöst seien und ob wir nicht vielleicht erst am Anfange des Anfanges stehen. | >. a ei Leipzig, den 14. November 1879. Be Erklärung der Abbildungen. Gemeinsame Buchstabenbezeichnung. b, Bindegewebszelle, ov, Eierstock, do, Dotterstock, p, Penis, D, Darm, r, Stäbchenring der Samenblase, e, Epidermis, Rs, Receptaculum seminis, K, Kern, Sbl, Samenblase, M, Mund, Sdr, Schalendrüsen, N, Nervensystem, t, Hoden, oc, Auge, ut, Uterus. Tafel VII. Fig. 1. Ausgewachsenes großes Individuum von Graffilla murieicola leicht com- primirt. Vergrößerung 480:4, BL Fig. 2. Zwei subcutane Spindelzellen. Vergrößerung 600 :4. 4 Fig. 3. Männlicher Geschlechtsapparat eines jungen Thieres. Vergr. 350: 4. Fig. 4. Jugendliches 4,5 mm großes Thier mit männlichem Genitalapparat. Ver- \ größerung 180:4. 2 Fig. 5. Uterus mit einer Eikapsel. Vergrößerung 350:4. ”2 Fig. 6. Anfangsstück von Ovarium und Dotterstock. Vergrößerung 350:4. Fig. 7 Einmündung von Samenblase und Receptaculum seminis in den Uterus. _ Vergrößerung 350 :1. Fig. 8. Von einem Querschnitt durch die mittlere Partie des Körpers. Ver- größerung 600:4. r, Ringfasern, !, Längsfasern der Muskulatur, sp, subcutane Spindelzellen. R Fig. 9. Partie des Ovarium. Vergrößerung 350:4, Be Fig. 10. Spermatozoon. Vergrößerung 600:4. Fig. 11. Querschnitt durch ein junges Thier in der Gegend hinter der Samen- blase. Vergrößerung 45:4. e Fig. 42. Querschnitt durch ein erwachsenes Exemplar etwas vor dem Uterus geführt. Vergrößerung 480:4, = Fig. 43. Querschnitt durch dasselbe Thier, hinter dem Uterus. Vergr. 480:4. —_ Fig. 44. Längsschnitt sagittal durch ein erwachsenes Thier geführt. Vergröße- rung 180:4. z, Darmzellen. . Fig. 45. Querschnitt durch ein ausgewachsenes Thier in der Gegend des Uterus. Vergr. 480:4. Das Receptaculum seminis mit einer Menge von Sperma erfüllt. Fig. 16. Querschnitt durch den Pharynx,, etwas schräg gefallen. Vergrößerung 350:4. ep, Epithel, ar, äußere und ir, innere Ringsmuskelschicht, ri, Radiärfasern. Fig. 47. Stück Darmwandung von einem blindsackförmigen Fortsatz. Vergr. 600:4,. va, Vacuolen, = a Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss E der Gestoden'. Von Zygmunt Kahane, Professor-Adjunkt an der höh. landwirthschaftl. Landeslehranstalt in Dublany bei Lemberg. Mit Tafel VIII und einem Holzschnitt. Bei Beurtheilung der hier vorliegenden Arbeit wünschte der Ver- _ fasser zwei Gesichtspunkte festgehalten zu sehen, dieselben, die er bei ihrer Ausführung festhielt. | Die Kenntnisse, die wir in Bezug auf den Bau der Cestoden besitzen, sind trotz der massenhaft angewachsenen Literatur, und trotz der glänzenden Namen vieler der auf diesem Felde thätigen Forscher, doch noch sehr fern von ihrem Abschlusse. 3 Den besten Beweis dafür finden wir leicht darin, dass uns ein, selbst für die am genauesten bekannten Cestoden, d.i. die Taenien, allgemein geltendes Eintheilungsprincip fehlt. Mit Rücksicht darauf dürfte die genaue und sorgfältige Untersuchung einer Species, die den bisher am eingehendsten studirten Blasenband- E würmern sehr fern steht, nicht ganz ohne Nutzen, und als Vermehrung = der faktischen Grundlagen zu etwaigen zukünftigen Arbeiten allgemeine- ren Inhalts, sogar erwünscht sein. Andererseits wird kaum Jemand leugnen, dass in Bezug auf so 2 manche histologische und physiologische Fragen die Meinungen und Ur- 1 Der thatsächliche Inhalt der vorliegenden Abhandlung wurde vom Verfasser _ am 20. Mai 4878 mitgetheilt in der Sitzung der math.-naturw. Klasse der k. k. Aka- _ demie der Wissenschaften in Krakau. Auch wurde die Abhandlung selbst in etwas ba veränderter Form in polnischer Sprache veröffentlicht in: Denkwürdigkeiten der > k. k. Akademie der Wissenschaften in Krakau. Math.-naturw. Klasse. Bd. IV. Krakau 1878. . > Zeitschrift £, wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 12 NR, Pr r 176 Zygmunt Kahane, theile der Autoren noch sehr weit aus einander gehen, so wie, dass in manchen hierher gehörigen Arbeiten eine eigenthümliche Einseitigkeit und eine nicht leicht zu vertheidigende Vernachlässigung älterer For- schungsresultate zu Tage tritt. Der erstere Umstand möge es entschuldigen, dass ich in der Be- schreibung manches scheinbar Unwesentliche zu breit ausführte, und dass ich mir die Freiheit nahm, hin und wieder den Bereich des That- sächlichen zu verlassen und den Weg zu allgemeineren Standpunkten anzubahnen; ich that das Letztere immer nur unter Hinzuziehung schon festgestellter Beobachtungen, und halte das von mir Gebotene eher für eine Fragestellung, als für eine endgültige Beantwortung dieser Probleme. Der zweite Umstand möge erklären, warum ich in manchen Fragen die vorliegende Literatur vielleicht allzusehr heranzog, und dadurch etwa schon Bekanntes und Fesigestelltes nochmals zum Gegenstand der Discussion machte. Ein Zuviel ist hier eben so wie ein Zuwenig nur schwer zu vermeiden, und dürfte mit Recht auf Nachsicht Anspruch machen. Die der Arbeit zu Grunde liegenden Untersuchungen habe ich im Sommer und Herbste des Jahres 4877 im Laboratorium des Leipziger zoologisch-zootomischen Instituts ausgeführt. Wenn ich seinem ver- ehrten Leiter, Herrn Geheim. Hofr. Leuckarr, wie so viele meiner Vor- gänger es gethan haben, und hoffentlich noch viele Nachfolger es thun werden, am Eingange meiner ersten wissenschaftlichen Publikation meinen Dank für seine Leitung und Hilfe ausspreche, so werde ich da- durch zwar der conventionellen Pflicht der Höflichkeit genügt, aber keineswegs die Gefühle, die ich für ihn nähre, erschöpft haben. Zu nicht minderem Danke fühle ich mich auch Herrn Professor Zürn, dem ich mein sämmtliches Untersuchungsmaterial verdanke, und unter dessen Leitung ich zuerst das Mikroskop zu gebrauchen lernte, verpflichtet. A. Allgemeines. I. Feststellung des Speciesumfanges, Dimorphismus, Körperform. Taenia perfoliata Göze. T. equina Pallas. T. quadrilobata Abildgaard. Alyselminthus lobatus Zeder. Halysis perfoliata Zeder. Wie man aus dem vorstehenden Synonymenverzeichniss leicht ersehen kann, wurde das Thier, das den Gegenstand unserer Unter- suchung abgab, zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Autoren } E 7 Pe 4 ? ns stand mir nicht zu Gebote. a a Zu ae ww EREEA PP NG, ET r - d x ‚Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 177 verschiedentlich benannt. Außerdem umfasste der von Göze herrührende - Name Taenia perfoliata, in dem Sinne, in dem er von seinem Ur- ER heber angewandt wurde, nicht nur die, diesen Namen auch heute füh- = rende Species, sondern gleichzeitig ei eine andere. Andererseits aber - war von den mir zu Gebote stehenden Exemplaren bloß ein Theil als Taenia perfoliata diagnostieirt, während der andere unter, dem Namen Taenia plicata in meinen Besitz gelangte. Diese zwei Umstände veranlassen mich, der Beschreibung des vor- 3 _ liegenden Cestoden einen knappen Rückblick auf die historische Ent- wicklung des Speciesnamens vorauszusenden. Daraus werden wir seinen heutigen Umfang ersehen und zugleich erfahren , wie diese zwei . ganz entgegengesetzten Verwechslungen möglich waren. Die erste und zwar ganz umständliche Beschreibung unseres Thieres ‚finde ich bei Pırzas!. Dieser Forscher giebt an, dass er im Magen von Pferden einen Bandwurm finde, den er früher fälschlich als durch un- ‚günstige Lebensbedingungen degenerirte Exemplare von Taenialata? ' angesehen habe, jetzt aber als eine besondere Art unter dem Namen _ T.equina qualificire. Auch‘halte er diesen Bandwurm für identisch _ mit dem von p’ÄAugenton ® in französischen Pferden gefundenen. Die darauf folgende Beschreibung beweist, dass die von Parıas be- obachteten Thiere ein sehr verschiedenartiges Aussehen hatten. Zuerst erwähnt er nämlich Exemplare, die »1—3 Zoll lang, nach hinten zu gemeiniglich lancettförmig zugespitzt, doch stumpf, vorn hingegen etwas breiter und stumpf abgerundet« waren, bei anderen hingegen war: »auch der Hintertheil breitabgeschnitten«. Diese beiden Formen gehören , wie wir uns später überzeugen werden, der T. per- foliata an, keineswegs können jedoch derselben Species Thiere zu- gezählt werden, die nicht nur in ihrem allgemeinen Aussehen von den vorigen differiren, sondern auch eines Charakters entbehren, den wir später als einen für unsere Species ausschlaggebenden kennen lernen werden. Diese Abweichung von der obigen Form drückt Pırras folgen- ve Be eeBen aus: »die kürzer zusammengezogenen Thiere haben da, wo der Kopf ansitzt und wo die Runzeln gleich angehen, auf jeder Seite zwo ziemlich beträchtliche Fleischwarzen, wovon ich an ı P.S. Pırıas, Neue Nordische Beyträge. I. Bd. 4784. p. 71 sqq. 2 Idem. Elenchus Zoophyt. p. 41.: Capitis structura et facies longiorum _ ex his taeniis, eas hujas speciei e latae) Sepenerarn esse FUNBEIWIOREUNN ut orelaını 3 itatem multa posse, quis dubitat. 3 p'AuBENToN, Hist. natur. Kleine Ausgabe. T. IV. p. 444, citirt bei Parras; 12* Er ri a ee U a ee En we ng FT, Pr “ah Fr ” i a 4 Br Dr DR FIR; vr 2 TER ee ee Re EEE: A 178 8 Zygmunt Kahane, | dem längsten (40 Zoll), dessen Kopf schmal verlängert re allmählich abnehmend ist, keine Spur wahrgenommen habe«. Das so gekennzeichnete Thier kann bloß der heutigen T. pli- cata entsprechen. Wenn übrigens der Text noch irgend welche Zwei- fel in Bezug auf die Richtigkeit dieser Deutung zuließe, so müssten die- selben angesichts der beigegebenen Figuren vollständig weichen, denn Fig. 20 stellt unbestreitbar eine T. plicata vor, während Fig. 21 und 23 die eine (lancettförmig zugespitzt ParLas), Fig. 24 aber die andere Form von T. perfoliata darstellen. Bei Göze! finden wir zuerst eine lateinische Artdiagnose, worin die »bini in quovis capitis latere lobi membranacei« nicht fehlen, worauf sehr angelegentlich nachgewiesen wird, dass Pırras mit vollem Rechte die Taeniaequina von der T. lata gesondert habe. Bei dieser Ge- legenheit wendet GözE zum ersten Mal den Namen Taenia equina per- foliata, der »durchblätterte Pferdebandwurm« an. Der Umfang dieser Species ist bei Göze identisch mit dem, den sie bei Pırras hatte, obgleich auch dieser ausgezeichnete Forscher beide Arten zu Gesicht bekam; es geht dies hervor aus den Worten: »— — — die 'meinigen waren nicht länger als eines Daumens Breite und gingen hin- ten nicht lancettförmig zu«, und etwas weiter (in der Anmer- kung): »Am 2. Oktober bekam ich... . einen Transport dieser Wür- mer. Es waren keine alten, die sich zusammengezogen hatten, sondern lauter junge mit geschlossenem Hintertheil, an deren Köpfen auch die Fleischlappen nicht zu sehen waren. Einige Strecken waren dabey, an denen die Glieder nicht so blättierförmig auf einander lagen.« Diese Exemplare nun, die nach seiner Meinung verbildet waren, konnten nun wieder nichts Anderes als Exemplare von T. plicata sein. Die hierher gehörigen Abbildungen 44, 42 und 43 auf Taf. XXIV beziehen sich bloß auf T. perfoliata. AsırnaaarnD? hebt die von Pırzas herrührende Vereinigung zweier verschiedener Species zuerst hervor, und entschuldigt dieselbe durch die große Ähnlichkeit, die zwischen den Köpfen beider besteht. Gleichzeitig behebt er diesen Übelstand, indem er die heutige Taenia plicata unter dem Namen T. magna von der von ihm als quadrilobata be- schriebenen heutigen T. perfoliata abtrennt. Während GözE keine lancettförmigen Exemplare unseres Thieres 1 J. A. E. GözE, Versuch einer Naturgesch. der Eingeweidewürmer thierischer Körper. Blankenburg 4782. p. 353 fl. : 2 Zoologia danica, seu Animalium Daniae et Norvegiae rariorum ac minus notorum Descriptio et ete. Auctore O.F. MüLrer. Descripsit et tabulas addidit P. Car. ABILDGAARD. Havniae 1799. p. 50 sqg. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 179 beschreibt, sagt im Gegentheil AsıLnaaarn ganz allgemein und unbe- schränkt: »Corpus lanceolatum, versus caput dilatatum, ad extremita- tem posticam sensim incaudam acutam desinens.« 2 — Zeper ! bringt neben einer lateinischen Artdiagnose eine umständ- - liche Beschreibung seines »Alyselminthus lobatus«, der unserer heutigen (nicht der Göze’schen) T. perfoliata entspricht. Den Haupt- nachdruck legt er darin, wie aus dem, dem Thiere beigelegten Namen _ lobatus ersichtlich, auf die Zapfen oder Warzen. Die Weitläufigkeit der Beschreibung, die er von dieser Species liefert, rechtfertigt er durch - die bei Pırras vorliegende Verwechslung, und um für die Zukunft alle solche Irrungen gänzlich auszuschließen, stellt er (s. o. p. 250 ff.) eine sehr sorgfältige Differentialdiagnose von Alyselminthus lobatus ren perfoliata) und Alyselminthus plicatus (T. pli- cata) auf. Aus der hier vorliegenden Beschreibung kann man ersehen, dass ' Zeper beide Formen von T. perfoliata gesehen, aber diesen Wengenad a nicht allzusehr berücksichtigt habe, denn an einer Stelle sagt er: »Kör- - per breit, flach,..... an den jungen lancettförmig«, und an ande- rer Stelle: »Glieder sehr kurz, nach hinten erweitert.«. In einer weiteren Anmerkung hebt noch Zeper hervor, dass GmELın ? diese zwei Cestodenspecies mit vollem Recht aus einander hält, dass er aber in den entgegengesetzten Irrthum verfällt, wenn er aufGrund einer falsch gedeuteten Stelle bei MüLrer ?, neben diesen beiden Species, d. i. T. magna (plicata) und T. quadriloba (perfoliata), die Tae- niaequinatals dritte besondere Species anführt. © In seinem anderen Werke bringt Zeper5, mit Ausnahme des neuen Namens Halysis perfoliata, nichts über dieses Thier, was hier her- vorgehoben werden müsste. - ScHranK ® führt unseren Cestoden unter der Bezeichnung »durch- E: blätterter Bandwurm« auf. Seine Beschreibung ist so allgemein = gehalten, dass man trotz der ausdrücklich hervorgehobenen »zween ER RAR 1 J.G. H. Zeven ‚ Erster Nachtrag zur Naturgeschichte der Eingeweidewürmer von J.A.E. Göze. 1800. p. 24. E 2 Gweuin,, Syst. Nat. Linn. p. 3069. Nr. 87 und 88. Citirt nach Zever, da mir 2 dieses Werk nicht vorlag. x 3 MüLLER im XIV. Stck. d. Naturf.: »Taenia equi, capite quadrangulo, fora- - minibus quatuor, osculis inconspicuis, articulis brevissimis«. Citirt bei Göze a.a.0. 4 GueLis, Syst. Nat. Linn. p. 3074. Citirt bei ZEDEr a. a. O. h 5 J. G. H. Zeper, Anleitung zur Naturgesch. der Eingeweidewürmer. Bamberg 4803. p. 330ff. Bi ‚6 Franz A Bes SCHRANK, Verzeichniss der bisher hin!änglich bekannten Einge- 180 | Zygmunt Kahane, | en Be. . häutigen Lappen « an den Seiten des Kopfes, doch versucht wäre zu ver- muthen, es sei darunter die besonders nicht angeführte, T. plicata auch mit einbegriffen. Eine Vermuthung, die um so plausibler erscheint, wenn man bedenkt, dass Schrank, der doch nicht auf eigenen Unter- suchungen fußte, sein Werk vor AsıLpaaarp’s und Zeper's Werken er- scheinen ließ, also lediglich auf PaLtas und Göze angewiesen war. Ruporraı! bezeichnet unser Thier als »Taenia capite tetragono, postice utrinque bilobo, collo nullo, articulis perfoliatis«, erwähnt also die allgemeine Leibesform gar nicht. Zur Unterscheidung der beiden Species aber bringt er? die Notiz: »Catalogus viennensis typis impressus hanc et T. perfoliatam Gözii conjunxerat, sed ulteriore examine in- stituto, Bremserus utramque diversam esse agnovit«, die in so fern unrichtig ist, als die T.perfoliata nach Göze eben eine Vereinigung beider war. Aus der Beschreibung Gurrr's®, der diese beiden Bandwürmer ge- trennt behandelt, kann man vermuthen, dass ihm bloß lancettför- mige Exemplare vorgelegen hatten, denn er sagt: »Der Wurm ist... nach hinten zu beträchtlich verschmächtigt«, und ferner: »Die vorderen Glieder des Körpers sind breiter als der Kopf, die hinter ihnen liegenden nehmen bis gegen die Mitte (des Körpers) an Breite zu, die hintersten werden wieder schmäler als der Kopfe«. Dusarvın* dagegen scheint nur die andere Form beobachtet zu haben, denn er erwähnt auch nicht mit einem Worte einer gegen das dem Kopfe entgegengesetzte Ende eintretenden Verschmächtigung des Körpers. Nach diesem Forscher, der natürlich auch die T. plicata von der T. perfoliata sondert, ist diese letztere ungefähr 18—25 mm lang und 3—4 mm breit und besteht aus 40—100 Gliedern, die »tres-larges et epais« sind. Der Kopf, den Dusarpın unbegreiflicherweise »assez petite« nennt, 0,6—1,0 mm breit, ist »prolongee en arriere par des lobes lateraux plus ou moins distinets«. Von den Gliedern sagt er: »Les. six ou huit premiers articles sont de plus en plus larges, tres- courts et souvent rendus plus minces au milieu par la courbure, dans laquelle se loge la t&te.« Von hier angefangen besitzen alle Glieder »tous de m&me cöte un penis long de 0,15mm large de 0,06 mm, tres-fine- ment herisse, sortant d’une gaine saillante, tubuleuse ou en entonnoire, ! CAror. Asm. RupoLpaı, Entoz. Synopsis. p. 445. 2 Idem., I. c. Mantiss. p. 490 unter T. plicata. 3 GukLT, Lehrb. d. path. Anatomie der Haussäugetbiere. Berlin 1834. I. p. 379. * Feriıx Dusaroın, Hist. natur. des Helminthes. p. 580. Atlas, Pl. XI. G. 1—8. 5 In parenthesi führt er jedoch an, dass nach Ruporpaı die Länge 80 mm und die Breite 9 mm betrage. R hr % Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 181 . large de 0,23 mm, couverte de tr&s-petites papilles et ordinairement re- E: tournee en arriere.« Die darauf folgenden Glieder besitzen keine männ- = lichen Geschlechtsorgane mehr, »seulement un ovaire ramifi6 en forme 4 de palmette transverse«. Die Eier besitzen eine dreifache Schale, die äußere ist: »oblongue et triquetre, longue de 0,094, large de 0,062 — 0,068mm, avec 8 plis ou sillons longitudinaux sur chacune des trois En. Die mittlere ist bloß an dem Drucke ausgesetzten Eiern sicht- bar und hat 0,061—0,065 mm Dicke, während die innere »globuleuse « 0,025 mm misst. Der Embryo, 0,017—0,020 mm lang, ist mit Haken - von 0,006— 0,008 mm Länge ausgestattet. Die Figuren stellen den Kopf mit den ersten Gliedern, ein Glied mit erigiriem Penis und Eier mit Em- bryonen dar. Dızsıng’s! Charakteristik bezieht sich wieder bloß auf die lan- nu ” ı”, tar n, 1 Pr 7 P, J h IR s % cettförmigen Thiere, denn sie lautet: »Gorpus retrorsum decrescens«. - Im Übrigen weiß Dissıns von unserem Thiere gar wenig zu berichten, - selbst neben »Apperturae genitalium« setzt er — fünf Jahre nach Er-. scheinen von Dusarvın's Arbeit — einen Gedankenstrich. & Von neueren Arbeiten über unsere Species existirt bloß eine Ab- x - handlung über einige Organisationsverhältnisse derselben von BLungerg 2, er die aber von der Körperform nicht handelt, hier also füglich übergangen > "werden kann, um an anderer Stelle desto öfter berücksichtigt zu wer- den, ferner eine gelegentliche Erwähnung der T. perfoliata bei SCHNEIDER 3, auf die wir auch noch zurückkommen werden. Aus diesem historischen Rückblick treten uns nun die zwei Ein- gangs erwähnten Erscheinungen schlagend hervor: erstens, dass der Speeiesbegriff Taenia perfoliata ehemals, und namentlich im Sinne Göze’s ein anderer war, als gegenwärtig, und zweitens, dass die ein- zelnen Exemplare dieser Art eine so verschiedene Körperform besitzen können, dass ihre Identität bei Abwesenheit der Kopflappen, die wir bis jetzt als das beste Charakteristikum kennen lernten, gar nicht festzustellen wäre. Fi Der erstere Umstand wird uns hier nicht weiter beschäftigen: AsınpeAarnD und namentlich Zeoer haben genugsam nachgewiesen, dass die Bezeichnung Taenia perfoliata von Göze jetzt nur noch mit dem ‚ Beisatze »ex parte« anzuwenden sei; bei dem zweiten Umstande je- ! M.C. Dıssıse, Systema Helminthum. Viennae 4850/41. 1. p. 499. 2 Coxst. BLuMsers, Ein Beitrag zur Anatomie von T. plicata, T. perfoliata und T. mammillana im Archiv für wissensch. und prakt. Thierheilkunde. 4877. Januar. 3 A. SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Gießen 1873. Separat- _ abdruck aus d. XIV. Jahresberichte der oberhess. Gesellschaft für Natur- und Heil- kunde. ; En 182 | Zygmunt Kahane, ‚doch müssen wir ein wenig verweilen, da wir darin einen Vorgang ken- nen lernen, wie er bisher von keinem einzigen Cestoden sonst be- kannt ist. | Fig. 4 und 2 zeigen uns zwei Exemplare von Taenia perfoliata in nahezu natürlicher Größe. Auf den ersten Blick erkennt man, dass die oben angeführten Beschreibungen von ABıLDGaarnp und GurLT sich bloß auf die in Fig. 1 dargestellte Form beziehen können, während die Beschreibung von GözeE und Dusarvın bloß aufFig.2, die von PıLLas und ZEDER dagegen sowohl auf die eine als die andere passen. Die mir zu Gebote stehenden Exemplare waren, wie ich schon vor- hin bemerkte, nur in so fern als Taenia perfoliata bezeichnet, als sie mit Fig. 2 übereinstimmten, während die übrigen auf Fig. 1 Beh den den Namen T. plicata führten. Erst die vollständige Übereinstimmung im Baue des Kopfes beider, die ich sowohl an Quer- als an Längsschnitten constatirte, so wie die ausnahmslose Anwesenheit von Kopflappen oder -Zapfen führten mich zu der Vermuthung, dass ich es mit einer einzigen Thierspecies zu thun habe, und geboten mir ein eingehenderes Studium der einschlägigen Literatur. Dieses im Vereine mit den vorzüglichen Abbildungen im Bremser’schen Atlas bestärkte mich in der Vermuthung, und nachdem es mir gelungen war, ein zwar nicht vollständiges Exemplar von T.pli- cata im zoologischen Museum der Universität Halle zu Gesicht zu bekommen, wich diese Vermuthung der Gewissheit, dass mir bloß ein _ Thier vorliege. Es galt nun die Frage zu beantworten, wie diese zwei Formen zu vereinigen wären, und welche genetische Beziehung zwischen ihnen be- stehen könnte. Pr Das nächstliegende wäre jedenfalls gewesen, in diesen zwei Formen verschiedene Entwicklungsstufen zu vermuthen und den endlichen Übergang der einen in die andere glaubhaft zu finden. Die Art jedoch, wie das plausibel zu machen sei und wie namentlich der Übergang statt- fände, war nicht so leicht aufzufinden. Ein für alle zusammengesetzten Cestoden bis jetzt allgemein geltendes Gesetz lässt uns in dem Thierstocke, als den wir den Band- wurmkörper ansehen, die allerletzten Glieder , welche auch gewöhnlich am umfangreichsten sind, zugleich als die ältesten und in der Ge- schlechtsarbeit vorgerücktesten erkennen. Dieses Gesetz nun konnte offenbar auf das vorliegende Thier keine Anwendung finden. Man konnte nämlich das gegenseitige Verhältniss beider Typen zweifach auffassen. Entweder man nahm an, dass die in Fig. 4 dargestellten lancettförmigen Thiere die jugendlichen wären 2 Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Oestoden. 183 mit der Zeit in die, Fig. 2 dargestellten, übergingen, oder man ließ ; Entgegengesetzte gelten. Die zweite dieser Vermuthungen musste sogleich fallen gelassen erden, denn es war nicht abzusehen, wie es denn möglich wäre, dass En Fig. 4 fortbilden und entwickeln sollte. Die erste Vermuthung dagegen hatte mit keinem solchen Bedenken zu u kämpfen, sie schien im Gegentheil mit allem uns über CGestodenbau und -Entwicklung Bekannten vollständig in Einklang zu stehen. Wenn ‚jedoch gegen das Resultat dieses Übergangs nichts einzuwenden war, so war dessen ungeachtet der Modus desselben noch nicht abzusehen. Schon die Anzahl der respectiven Glieder erregte Bedenken, denn die nett Form, in die sich doch die lan Erirluemidn verwan- eln sollte, zählt weniger Glieder als letztere. Mehr noch aber stellte Be sich esr: Vermuthung der Umstand entgegen, dass die Proglottiden Ber lancettförmigen Tbiere bis zur Mitte der ganzen Kette an Breite zu- Pralinen, um sich von hier an wieder zu verschmächtigen. Aus diesem jefunde folgt, dass man annehmen müsste, die Proglottiden dieses Tbie- s es würden sich, um vollständig auszuwachsen, zuerst einer Reduction ihrer absoluten Größe unterwerfen müssen. Die ganze Frage, die, wie ersichtlich, auf diese Weise nicht ausge- 8 tragen werden konnte, wurde endgiltig bloß durch die mikroskopische R Untersuchung des Baues und der Entwicklungsstufe der Geschlechts- - organe in den einzelnen Gliedern entschieden. | R Wenn wir durch ein abgestutztes Exemplar unseres Thieres [2% eine Reihe von Schnitten legen, die in der Richtung der Längsachse der | Kette verlaufen und zugleich parallel zu der sogenannten Bauch- und eenttiche sind, die ich also hinfort horizontale Längsschnitte n nenne n will, so sehen wir auf denselben eine vom Kopf zum BE sren Ende verlaufende ununterbrochene Ent- m eklungsreihe desGeschlechtsapparates vor uns;inden allerletzten namentlich sehen wir neben fast vollstän- . c Beer Rückbildung der Keim- und Begattungsorgane, wie bei allen Gestoden, eine colossale Entfaltung de it embryonenhaltigen Eiern erfüllten Uterus. „Wenn wir aber ein lancettförmiges Thier in eben solche Schnit zerlegen, so sehen wir auch hier eine ganz normale Entwicklung der Geschlechtsorgane, fortschreitend von len allerersten, hinter dem Kopfe liegenden Gliedern, 184 | Zygmunt Kabane, | | E a bis zu denen, die als die breitesten die Körpermitie ein- nehmen. Die Stufe, die wir hier antreffen, kann man als unreife weibliche Stufe ansehen: der Keimstock ist noch nicht vollständig 3 entwickelt, die Albumindrüse erst in ihrer Anlage als wenig umfang- reicher Zellenhaufen vorhanden, eben so der Uterus, der als einfache 4 Röhre in der Richtung der, beide Gliedränder verbindenden, Querachse verläuft. Von hier aberangefangen, zeigtbis zumhinteren. Körperende kein einziges Glied auch nur eine Spur des Geschlechtsapparates oder seiner Anlage. k In Anbetracht dieses Umstandes, der durch wiederholte sehr sorg- fältige Untersuchungen festgestellt wurde, erübrigt nichts, als anzuneh- men: 4) es entstünde ursprünglich durch Knospung vom Kopfe unseres Bandwurms eine Anzahl Glieder, dievon Anfang an vollständig steril sind, dann 2), dass erst eine Zeit lang darnach neue Glieder sprossen, die mit einer nachträglich sich normal entwickelnden Geschlechts- anlage versehen sind, und endlich 3), dass auf einer ge- wissen Lebensstufe des Thieres die sterilen Gliedersich als Ganzes von der Kette lösen, so dass die in der abge- stutzten Form als die reifsten auftretenden Proglottiden nicht den Endgliedern des lancettförmigen Thieres ent- sprechen, sondern die ausgewachsene Form derjenigen Proglottiden darstellen, die in dem lancettförmigen Thiere als die breitesten die Mitte der ganzen Folge einnahmen. Aus diesem Sachverhalt könnte Jemand vielleicht sehr weitrei- chende Folgerungen in Betreff der Selbständigkeit der einzelnen Pro- glottiden erschließen: ich für meinen Theil würde es für allzugewagt halten, auf Grund einer einzigen, wenn auch sicheren Beobachtung ‘ solche allgemeine Schlüsse zu basiren, will aber versuchen, einen Er- klärungsgrund für diese bis jetzt beispiellose Erscheinung wenigstens anzudeuten. | Es werden dies aber, wie ich nochmals hervorhebe, bloß Andeu- tungen und Vermuthungen sein können. Denn, in so fern wir überhaupt über das Verhältniss des thierischen Baues zu seinen Verrichtungen im Klaren sind, oder, wenn ich mich anders ausdrücken soll, in so fern wir ein Recht haben, in jeder Abweichung eines Organs von der bei den nächstverwandten Thieren beobachteten Gestaltung auch eine veränderte physiologische Bedeutung zu vermuthen, würde man in dieser Ausnahme von der allgemeinen Regel des Gestodenbaues nichts anderes, denn eine sogenannte Anpassung an äußere Lebensbedingungen sehen müssen. Es Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 185 müsste uns also, zur endgültigen Erklärung dieses Phänomens, eine vollständige Kenntniss der Lebensbedingungen unseres Thieres zu Gebote stehen, und diese fehlt uns eben. Wissen wir doch nicht einmal genau, welche Gegend des Verdauungsapparates der Pferde von unserem Thiere bewohnt wird. Runorrnt (s. 0.), ZEDER (s. 0.) und Gurrr (S. 0.) ver- setzen unseren Helminthen einmüthig in das Coecum und Colon, "Parrzas (s. 0.) will ihn im Magen gefunden haben, eben so wie Göze (s. 0.), obzwar dieser letztere sich eigentlich auf eine fremde (D. Reıcn aus Laubach) Angabe stützt. AsıLnaaArD (s. 0.) weist ihm Magen und Dünndarm, ausnahmsweise bloß den Dickdarm als Wohnsitz an. Dusandın (Ss. 3 weiß, dass ihn Andere im Dickdarm gefunden haben wollen, selbst hat er ihn bloß ein einziges Mal und zwar im Duode- num gefunden. Brumses (s. 0. p. 34) fand ihn bloß im Duodenum und Ileum, in einigen Exemplaren auch im Magen. Ich selbst kann leider zur Entscheidung dieser Frage gar nichts bei- tragen, denn es gelang mir nicht, trotz der angestrengtesten Bemühun- gen in den von mir untersuchten Pferden die T. perfoliata zu finden. Obgleich man nun, wie ersichtlich, nicht behaupten kann, es wäre diese oder jene Eigenschaft des speciell vom vorliegenden Thiere be- wohnten Darmstücks oder seines Inhalts diejenige Causa efficiens, die dieses Verhalten hervorruft, so glaube ich doch nicht fehlzugehen, wenn ich die Meinung ausdrücke, dass die uns näher nicht bekannten Bedin- gungen ganz allgemein als dem Wachsthum des Thieres ungünstige zu bezeichnen sind. Schon die allgemeine Körperform, so wie die Gestalt der einzelnen Glieder weisen darauf hin, dass eine Vergrößerung des Thieres in der Richtung der Längsachse auf große Hindernisse stößt. Die Lagerung der inneren Organe, vollständig dem äußeren Aussehen angepasst, ist nur ein fernerer Beleg dafür. Es dürfte also vielleicht kein voreiliger Schluss - sein, wenn man behauptete, dass diejengen Proglottiden, die sich zu - allererst vom Kopfe sondern, mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, dass das ganze zur Verfügung stehende Bildungsmaterial zum - Aufbau der stützenden, zur (passiven) Abwehr der Wachsthumshinder- nisse geeigneten Gewebe verwendet wird, so dass für die Geschlechts- organe kein weiterer Zuschuss vorhanden ist. Erst unter dem Schutze dieses, gleichsam als Strebepfeiler und schützender Wall zugleich wirken- den Körperabschnittes, würden dann in den späteren Gliedern die Ge- - schleehtsanlagen zur Geltung gelangen. Wenn man nun diese, vorläufig hypothetische Erklärungsweise des _ Baues unseres Gestoden annehmen würde, so hätten wir in diesem dann 4 einen Tbierstock, dessen einzelne Individuen einen Theil ihrer Individua- x yo “ ” 156 Zygmunt Kahane, lität eingebüßt hätten, und gleichsam zu Organen herabgesunken wären, wir hätten Etwas, was, wenigstens in _entferntem Grade, dem Verhalten - der Siphonophoren an die Seite gesetzt werden könnte. % Hoffen wir, dass es gelingen möge, durch ein eingehenderes Stu- dium unseres Thieres, namentlich unter Zurathehaltung des Verhaltens der verwandten T. plicata und T. mammillana dieser Vermutbung eine strietere Form zu geben, oder sie durch eine andere Erklärungs- 3 weise auszuschließen. E Das äußere Aussehen der Taenia perfoliata ist ein solches, dass es selbst im Vergleiche mit dem anderer Gestoden noch auffallen kann. | Der Kopf ist einer der größten, wenn nicht der größte von allen, die wir bei Taenien antreffen. Was seine Gestalt anbelangt, so könnte i er noch am ehesten mit einem Würfel verglichen werden, dessen vor- dere und seitliche Flächen abgerundete Ränder besitzen. Alle vier Rän- der, die in der Richtung der Längsachse des Thieres verlaufen, sind nach hinten zu, in die schon oft beregten »Fleischwarzen « oder »Kopf- lappen« Fig. I und 2 (lc) verlängert, welche schon sogar mit freiem Auge sichtbar sind. An den Stellen, welche den vorderen Körper- winkeln des Würfels entsprechen, finden wir die, gleichfalls mit freiem Auge sichtbaren vier Saugnäpfe, die trichterförmig eingesenkt sind. Das Nähere über den Bau derselben wird bei der Beschreibung der Muskulatur unseres Thieres berücksichtigt werden. Einen Hals, das heißt einen ungegliederten Körpertheil zwischen Kopf und Proglottiden giebt es nicht, es ist im Gegentheil der vordere Rand der vordersten Glieder, wie das schon Dusarvın (S. 0.) richtig be- merkte, zur Aufnahme des eingesenkten Kopfes vorn concav, so dass die Seitenränder der ersten Glieder bis an die Seitenflächen des Kopfes heranreichen. In diesem vollständigen Mangel eines Halses könnte man _ vielleicht die Erklärung für die Bedeutung der Kopflappen finden. Es findet sich nämlich bei älteren Autoren nirgends auch nur die Spur einer Andeutung bezüglich der physiologischen Bedeutung der- selben, ja Göze sagt ausdrücklich (s. 0.): »Die Absicht der Fleisch- lappen .... kann ich noch nicht erklären.« Ein Versuch darin irgend ein Stütz- oder Hilfsorgan für die Arbeit der Saugnäpfe zu erblicken, scheitert an dem gänzlichen Mangel einer stark ausgeprägten und ent- ; sprechend angeordneten Muskulatur. Andererseits erscheint es mir ganz einleuchtend anzunehmen, dass bei einem Thiere, dessen Längenwachs- ihum mit großen Hindernissen zu kämpfen hat, Alles eine Verschiebung in der Richtung der Querachsen erfährt. Für die Glieder ist dies er-. wiesen, und für die Identifieirung dieser Gebilde mit dem nach den Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 187 Einen ausgebreiteten Halse würde der Umstand sprechen, dass der dunkle Parenchymstreif (Fig. 41 ps), der das Keimlager für die künfti- 1 Proglottiden abgiebt, eine Verbindung der entgegengesetzten Kopflappen herzustellen scheint. Eine fernere Stütze für diese Ver- 8 br muthung könnte man darin erblicken, dass die Taenia plicata in " i, einem, den hinteren Umfang des Kopfes REN ununterbrochenen - Hautwulst ein vollständiges Analogon dieser Bildung besitzt. Das an- H E: geführte Gebilde wird von ApıLnGaarn (a. a. O.) als: »sub capite collare Br plica cingente corpus sive collum excipit« beschrieben. | Die Länge der Kopfzapfen beträgt 0,22 mm bei 0,11 mm Breite. Bemerken muss ich jedoch hierzu, so wie in Bezug auf sämmtliche Größenangaben , dass ich selbst dadseihön einen bloß relativen Werth beilegen kann, in so fern sämmtliche von mir benutzte Exemplare, da sie, als sie in meinen Besitz gelangten, schon längere Zeit in Spiritus Eeeleeen hatten, wohl durch unregelmäßige Schrumpfung gelitten haben . Bien Die Proglottiden zeichnen sich durch eine ganz ungewöhnliche Kürze aus. Eine einzelne Proglottide aus dem Zusammenhange gelöst, E> Bid flach, d. h. so gelegt, dass ihre Länge zur Dicke des Präparates ge- 1% ‚worden ist, stellt uns ein stark ausgezogenes Oval dar (Fig. 6), dessen \ lange Seiten der Bauch- und Rückenfläche, die kurzen aber den Seiten- rändern des Thieres entsprechen. Dieses Oval besteht aus zwei Ovalen, _ von denen das innere von dem äußeren wie von einem Ringe umfasst | wird. Der innere Theil entspricht vollständig der »Mittelschicht« der _ anderen Cestoden, ist also durch eine doppelte Muskellage von dem äußeren abgegrenzt, und umfasst demgemäß auch die Haupttheile des Geschlechts-, Gefäß- und Nervenapparates, während in dem äußeren, der »Rindenschicht«, bloß die Ausführungsgänge des Geschlechts- und Y die peripherischen Theile des Gefäß- und Nervenapparates gelagert sind. \ Während sich nun die Mittelschicht unseres Thieres durch gar nichts "von dem entsprechenden Körpertheile anderer Cestoden auszeichnet, ! | unterscheidet sich die Rindenschicht durch ihre Lagerungsverhältnisse | u und ihren Umfang sehr bedeutend von dem, was sich als die Rinden- "schicht bei anderen Bandwürmern darstellt. Sie scheint nämlich nicht | > cylinderförmige Umhüllung der Mittelschicht zu bilden, sondern % _ umgiebt dieselbe fächerförmig in der Fläche ausgebreitet. Diesem Ver- en das im Grunde keine Abweichung von der Norm darbietet, son- dern den Ausdruck der Kurzgliedrigkeit der T. perfoliata zur Geltung bringt, hat das Thier auch seinen Namen zu verdanken: es steht die tindenschicht nämlich in einer zur Längsachse des Thieres fast senk- "aa Ir fi a eehten, bloß etwas nach hinten geneigien Fläche, von der Mittelschicht BE HE ER EN A a a a is aa, RER eh « ERS ENTER SR 13 en i £ „ RS 188 | Zygmunt Kahane, | | ee abi und gewährt in einer Folge von Proglottiden wirklich den Anblick, den Göze mit dem Ausdrucke » durchblättert « bezeichnete. 2 Randgrübchen, welche bei langgliedrigen Bandwürmern ar j freiem Auge leicht ee werden können, bemerkt man hier gar nicht. | Die Länge der Glieder ist in allen Fällen so gering, dass sie, bei der früher erwähnten Behandlung, als Dicke des Präparats kein wesentliches Hinderniss der nikroskppischen Untersuchung abgiebt. II. Untersuchungsmethoden. In Bezug auf Anwendung von Färbemitteln war ich durch den Um- stand beschränkt, dass, wie bemerkt, meine Exemplare schon vorher in Spiritus gelegen hatten, folglich mit Goldchlorid, salpetersau- rem Silber und Überosmiumsäure nicht behandelt werden konnten, was um so störender war, als ich mir gerade von diesen Färbe- mitteln mancherlei Aufklärung über histologische Fragen versprechen durfte. Das Eosin, das nach Zograr ! sehr schöne Kernfärbung gewähren soll, dessen Anwendungsweise jedoch nicht näher angegeben wird, hat sich mir weder in alkoholischer noch in wässeriger Lösung bewährt; in beiden Fällen gab es, auch nach kürzester Einwirkung, eine zwar äußerst intensive, aber zugleich äußerst diffuse Färbung. Proben mit Rosanilin misslangen dessgleichen. Keine besseren Erfahrungen machte ich mit Tincetura Ratanhae, die ich auf Anempfehlung Brumgerg’s? und nach dessen Vorschrift als Härtungs- und Färbemittel zugleich anwandte. Sie gab eine sehr schöne und für die Augen sehr angenehme braune Färbung, die aber nicht das mindeste histologische Detail erkennen ließ. | GerLacn's carminsaures Ammoniak, Pikrocarmin und saures Garmin, namentlich das letztere, leisteten mir die besten Dienste, während ich zugleich dem Hämatoxylin so manchen Ein- . blick in die Gewebe verdanke, im Ganzen aber dasselbe den vorigen nachstellen muss. Ich habe sowohl Köpfe, als ganze Gliederstrecken »in toto« gefärbt, und empfehle ich zu diesem Zwecke hauptsächlich eine äußerst ver- ı H.E. 3orpa®s: TleıgmuHro1noruyeckia 3ambrku in: Hashcria umu. Vbmecrsa ar6ureneii Ecrecrzosuania etc. upu Mockosckom5 Vuuzepcurert. Tome XXL Bsimyck& 2. (Russisch.) Zo6rAr, Helminthologische Beiträge in den »Mittheilungen der kaiserl. Gesellschaft der Freunde der Naturforschung etc. bei der Moskauer Uni- versität.« Bd. XXIII. Heft 2. p. 42. Be 2 BLUMBERG, a. a. O. p. 35. £ 1 Fre ge en BE a El FE > s Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 189 ER Lösung von Pikrocarmin bei 3 bis Atägiger, oder eine eben Beaenete saure Garminlösung bei 4 bis 2tägiger Einwirkung. pi ; gefärbten Stücke wurden, ebenfalls im Ganzen, entwässert, in Nel- kenöl aufgehellt und nach sorgfältiger Abtrocknung mittelst feinem Filtrir- papier i in auf 400°. erhitztes Paraffin eingebettet. Aus den Schnitten wurde das letztere auf dem Objectträger mittelst Benzin entfernt, worauf _ die Schnitte mit einem Tropfen Canadabalsam bedeckt wurden. Die Dicke der T. perfoliata gestattete es nicht, aus einer Unter- suchung mittelst der Quetschmethode irgend einen Nutzen zu ziehen. Die von Stıepa ! beschriebene, doch auch schon vorher vielfach ange- _ wandte Methode, beruhend in einer Ablösung der Rindenschicht und E _ dadurch bewirkten Verringerung der Dicke des Objects, konnte wegen der eigenthümlichen Leibesbeschaffenheit unseres Thieres ebenfalls nicht 5, _ angewendet werden. Es verblieb also nur noch die Schnittmethode. Schnitte durch den Kopf ‚konnten in der Richtung aller drei Körperachsen gelegt werden und _ ergaben immer instructive Präparate, durch die Proglottiden jedoch ‚ konnte man keine Querschnitte hindurchführen, da bei der geringen _ Länge der Proglottiden und bei der bogenförmigen Gestaltung des vor- deren und hinteren Proglottidenrandes immer mehr als eine Proglottide durch einen und denselben Schnitt getroffen wurde. Es verblieben also ‚bloß die erwähnten horizontalen und außerdem dorsoventrale Längs- ‚schnitte, welche auch durchweg in Anwendung kamen. Die von PAGEnsTEcHerR bei Arhynchotaenia critica Pagen- stecher angewandte Fertigung sogenannter natürlicher Quer- _ schnitte?, die, wie erwähnt, darin beruht, dass man eine losge- - schälte Proglottide so auf den Objectträger legt, dass ihre Länge zur # Dicke des Präparates wird, habe ich, unabhängig von ihm, und wie ich _ aus der so eben citirten Arbeit ersehe, gleichzeitig (Sommer 1877) mit ‚demselben angewendet, ich verwarf sie jedoch sehr bald. Die Dicke der si entstandenen Präparate würde sie zwar zu einer Beobachtung bei nicht gerade starker Vergrößerung geeignet machen, es gelingt jedoch | ‚niemals, die Loslösung so auszuführen, dass nicht Gew ebstheile von den angrenzenden Proglottiden daran haften bleiben und diese machen das _ Studium des Zusammenhanges der Organe und des histologischen De- tails vollständig unmöglich und geben Anlass zu sehr weitgehenden Irr- | ae j 2 u. A. Each, "Zr Nolsskrach. d. Cestoden. Diese Zeitschr. Bd. XXX . Taf. X). p. 175. \r- ne u. y- 2 5. REN, =, ARTE - PA TOT a WE 1, FUN IE er. a TE er SE TRRNER SUR ran N y > > £ ME en > 190 | Zygmunt a a ER NE = En Die Schnitte wurden zum allergräßten Theile mit der Hand ange- er fertigt, ausnahmsweise wurde jedoch auch das neuerdings wieder ni vom Leipziger zootomischen Institut ausgehenden Verbesserungen ! aus- gestattete Rıver-Leyser'sche Mikrotom angewendet, und es lag nicht. an diesem vortrefflichen Instrumente, sondern an der Eigenart des zu untersuchenden Thieres, wenn seine Verwendung eine so beschränkte war. | ri Die Zeichnungen sind mittelst einer Osernäuser’schen Camera ange- fertigt. B. Specielles. I. Die Cuticula und das subcuticulare Zellenlager. Nach Sommer und Lannoıs ? besteht die äußere Bedeckung der Ce- stoden aus einer Cuticula und einem subeuticularen Zellen- lager. Die Cuticula ist eine structurlose Membran, durchsetzt von horizontal verlaufenden Fasern, welche ihrem ganzen Verhalten nach von. diesen Autoren als möglicherweise elastischer Natur gedeutet wer- den. In verticaler Richtung wird die Cuticula von einer großen Menge äußerst feiner Canälchen durchbrochen, welche theils den protoplasma- tischen Fortsätzen der subcuticularen Zellen, theils den feinsten Endi- gungen des vorhanden sein sollenden »plasmatischen Gefäßsystems« zum | Durchtritt dienen. Die Protoplasmafortsätze sollen theils vereinzelt, theils in Büscheln zu 5—6 je einer Subcuticularzelle entsprechend auf- treten, und sollen bis auf die äußere Fläche des Thieres gelangen, die sie streckenweise fast mit einem Protoplasmanetz bedecken. Zwischen Cuticula und subcuticularem Zellenlager bestätigen Sommer und Lan- poıs die von Srtıepa® beschriebenen Muskelfasern. Die subceuticu- laren Zellen sind spindelförmig und vertikal auf der Längsachse des Thieres stehend, entbehren der Hüllen und verschwimmen in Folge dessen leicht an ganzen Strecken so mit einander, dass nur noch die Kerne ihr ehemaliges gesondertes Dasein verrathen. E Der Befund, den wir hier haben, stimmt im Wesentlichen vollstän- dig bis auf das Wimpern der Oberfläche mit den Angaben Leuckant'st 1 Siehe Dr. REICHENBACH, Archiv für mikr. Anatomie. 1878. p. 434—136,. Das Instrument ist zu beziehen von seinem Erzeuger CARL FrANCK, Leipzig, SchröVerae BASLRPR, 2 Sommer und Lanpois, Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothr. lat. Diesäl Zeitschr. Bd. XXII (p. 40—90); auch als: Beiträge zur Anatomie der Plattiwürmer. 4. Heft. Leipzig 1872. p. 5 und 6. 2 3 STIEDA, MÜLLER'S Arch. 4864. (s. 0.) p. 181. j 4 R. LEUcKkART, Die menschlichen Parasiten. 1863—4869. I. p. 165. De: Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 191 rein, denn nach diesen findet man unter der Cuticula eine Zellen- 2 lage, » die sich continuirlich unter derselben hinzieht«, und in Ermang- lung derselben » eine körnerreiche Parenchymschicht«. N SCHIEFFERDECKER ! giebt eine sehr ausführliche Beschreibung dieser E° Gebilde, wie er sie bei Taenia solium vorfand. Die subcuticu- laren Zellen sind spindelförmig, sehr stark in die Länge gezogen, mit ovalen Kernen versehen. In die freien Zwischenräume zwischen den schmächtigen distalen Enden dieser Zellen schieben sich einige dem | _ Längsmuskelschlauche angehörige Muskelfasern ein und bilden auf diese Weise die subcuticularen Muskeln. Die eigentliche Guticula besteht aus vier Schichten: die innerste besitzt neben den horizontalen Fasern _ verticale Porencanäle, die theils von den Protoplasmafortsätzen der Sub- _ euticularzellen,, theils von feinsten Sehnen der Musculi dorso-ventrales . durchsetzt werden; die nach außen daran stoßende Schicht, »fein- punktirte Schicht« ScHIEFFERDECKERS, enthält neben zahlreichen dunklen Punkten, die er für den optischen Ausdruck der Sehnenendi- gungen hält, auch Porencanälchen, in denen aber nur noch Protoplasma- - fortsätze zu finden sind, welche ohne jede andere Begleitung in der _ dritten Schicht, der »Schicht der Porencanälchen« vorzufinden } sind. Von der letzteren unterscheidet sich die äußerste, die »Deck- ‚schicht«, lediglich durch ibr dunkleres Aussehen. Die Protoplasma- fortsätze erscheinen an frischen und zart behandelten Präparaten als _ ungemein kleine Wimpern. STEUDENER ? unterscheidet sich in seiner Auffassung der Guticula “nicht allzusehr von seinen Vorgängern. Die Guticula hesteht nach ihm _ aus zwei Schichten ; die innere enthält Porencanälchen und die bekann- _ ten horizontalen Fasern, die äußere bloß Porencanälchen, durch welche _ aber nichts anderes hindurchtritt als nur Protoplasmafortsätze der Sub- _ euticularzellen. Diese selbst sind spindelförmig, mit einem ovalen und so umfangreichen Kern versehen, dass dieser den Umfang der Zelle an _ entsprechenden Stelle ausbuchtet. Die Zellen sollen in so fern ein eigen- & (hümliches Verhalten darbieten, als der distale Abschnitt aus einem trü- ben, körnigen, nur schwach steh färbenden und mit dem der Nachbar- 5 zellen leicht in einander fließenden Protoplasma bestehen soll, während _ der proximale, nach innen vom Kerne liegende Abschnitt ein ganz ent- _ gegengesetztes Verhalten darbietet. Wenn wir das von STEUDENER für einige Species angegebene ziemlich complicirte Verhalten der Subeuti- & 1 P, SCHIEFFERDECKER, Beiträge zur Kenntniss des feineren Baues der Taenien. 2 Zeitschr. f. Naturw. VII. Bd. Neue a I. Bd. 1874. p. 471—476. 2 Er 4 ie f. wissensch, RES XXXIV. Ba. 43 192 Zygmunt Kahane, 2 ar EEE cularmuskeln als weniger wesentlich hier übergehen, so hätten wir nur noch hervorzuheben, dass er bei einigen Taenien (T.elliptica, T. solium und T. medioc.) zwischen den subecuticularen Zellen einzellige Haut- drüsen gefunden haben will, die sogar an lebenden Thieren beobachtet werden konnten. - ZoGrar! erkennt drei Cuticularschichten, von denen die zwei äuße- ren mit einander sehr genau, mit der inneren aber sehr lose zusammen- hängen und sich in Folge dessen von ihr sehr leicht als Ganzes abtrennen. Die Cuticula des Kopfes (von Triaenophorus nodulosus) hat Porencanäl- chen und Protoplasmafortsätze, folglich wimpert auch die Oberfläche des Kopfes, während die Wimperung an der Gliederoberfläche ganz eben so fehlt, wie auch die Cuticula der Glieder der Porencanälchen und Proto- plasmafortsätze entbehrt. Die subcuticularen Zellen sind im Allgemeinen spindelförmig, doch ist ihr innerer Abschnitt oft: verbreitert und abge- rundet, wodurch sie eine mehr flaschenförmige Gestalt erhalten. Die Zellgrenzen verschwinden sehr leicht, namentlich an älteren Spiritus- exemplaren, und dann entsteht eine Körnerschicht, wie. sie auch S4- LENSKY ? für Amphiline beschreibt. Wenn so in Bezug auf den Bau dieser Gewebe eine fast ungewöhn- liche Übereinstimmung zwischen den Forschern besteht, so ist man in Bezug auf die Auffassung und Deutung dieser Gebilde weniger einig. Die nächstliegende Auffassung wäre jedenfalls die, dass man die subeuticulare Zellenlage als eine Epithelschicht, die darüber befindliche Cuticula als ihre Absonderung ansehen würde. Diese auf allgemeiner Analogie fußende Ansicht würde dadurch gestützt werden, dass wir überhaupt jedes aus Zellen ohne oder mit sehr spärlicher Intercellular- substanz bestehende Gewebe, und ein solches liegt hier vor, als Epithel- gewebe aufzufassen geneigt sind. In diesem Falle könnte man eine fer- nere Begründung dieser Ansicht auf noch zwei andere Umstände basiren: auf die Anwesenheit erstens der Cuticula und zweitens der Protoplasmafortsätze. Denn so wie die Cuticula allgemein als Aus- scheidung des Epithels gilt, eben so schreiben wir Protoplasmafort- sätze gemeiniglich auch bloß Epithelzellen zu. Ferner könnte man eben in der Anwesenheit der Protoplasmafortsätze, welche, wenn sie wirklich bestehen, in der Ernährungsfrage unserer Thiere eine Rolle zu spielen (s. u.) scheinen, auch noch eine Stütze für diese Ansicht vom physiologischen Standpunkte aus erblicken. Es ist nämlich leicht abzusehen, dass wenn diese Zellen, entgegen der Ansicht ScHIEFFER- 1 ZOGRAF, a. a. 0. p. 6. ? SALENSKY, Über den Bau und die Entwicklung von Amphiline Wagn. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. EEE TEEN EM TEN bi "Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 193 _ DECKER’S, wirklich zur Nahrungsaufnahme von außen dienen sollen, sie durchaus den Charakter von möglichst wenig differenzirten Protoplasma- zellen haben müssen ; und als solche lebens- und leistungsfähige Zellen kennen wir bei sämmtlichen Metazoön bloß Epithelzellen, die ja überall die verdauenden, absorbirenden und secernirenden Flächen auskleiden, und hier um so eher vermuthet werden dürfen, -als das trübe, körnige, schwer nur sich färbende Protoplasma gegen diese Annahme doch nicht im geringsten spricht. Dessen ungeachtet bestreiten zwei Autoren diese Auffassung, und da ich, mit Ausnahme einer kurzen einschlägigen Bemerkung bei Scuier- FERDECKER und bei STEUDENER, nirgends einer Widerlegung dieses Ein- wurfs begegne, so möge es gestattet sein, bei diesem Gegenstande noch ein Weilchen zu verbleiben. SCHNEIDER behauptet !, es könnten diese Zellen nicht als Epithel- schicht aufgefasst werden, da nach außen von ihnen noch ein anderes Gewebe, nämlich die subcuticularen Muskeln sich befänden. Abgesehen ' davon, dass es denn doch erst constatirt werden müsste, dass es über- haupt ein Thier giebt, das ohne Ektoderm geboren wird, oder dasselbe auf irgend einer Lebensstufe abwirft, um ohne dasselbe dauernd fort- _ zuexistiren, scheint mir der Einwurf nicht so stichbaltig in so fern, als diese Muskeln gar nicht die weitgehende Bedeutung haben müssen, die ihnen Schneider zuschreibt. Sie bilden nämlich kein continuirliches Stratum , das etwa die Cuticula von der Zellenlage trennen würde, sie lassen sich im Gegentheil ohne jeden Zwang in die Grenzen zurück- _ weisen, die ihnen SCHIEFFERDECKER vorgezeichnet hat, und als einzelne, _ zwischen die spitzen Abschnitte der Zellen eingedrungene Bestandtheile des Hautmuskelschlauches auffassen. Was soll man ferner mit der Cuti- cula beginnen, wenn man Scaneiper’s Ansicht theilt? Ist etwa der Name »Basementmembrane «, der diesem Gebilde beigelegt wird, auch zugleich eine Erklärung seiner Abstammung? Und nach einer solchen müssten wir unbedingt suchen, denn es würde wohl schwerlich Jemand den _Muskel- oder Bindegewebszellen die Fähigkeit zusprechen, solche mäch- tige Membranen abzusondern. Der Einwurf, den Rınprreisch? gegen den Epithelcharakter dieser Gebilde erhebt, ist ein anderer und namentlich ein histologischer. Der Existenz der Muskelfasern zwischen Zellen und Cuticula misst _ Rınprıeisch keine Bedeutung bei, da er sie auch für verirrte Fasern hält, er glaubt aber gefunden zu haben, dass das Gewebe an sich keine 1 SCHNEIDER, a. 4. 0. p. 35. 2 Rınoreeısch, Zur Histologie der Cestoden. Arch. f. mikr. Anat. I. p. 140. 43* 194 Zygmunt Kahane, durch eine feingranulirte Zwischensubstanz mit einander verbunden und diese ginge dann unmittelbar in die geschwungenen Fibrillen über, die dem das ganze Parenchym durchziehenden Stützgewebe angehören. Da dieser Einwurf auf histologischer Beobachtung beruht, so will ich zu dem aus den Beobachtungen Anderer vorausgeschickten Material, das zu seiner Widerlegung dienen soll, noch das von mir Gesehene hin- zufügen. In Bezug auf diese Gebilde habe ich noch vielleicht am wenigsten Veranlassung, das von früheren Forschern Festgestellte zu bestreiten. Die Subeuticularzellen (Fig. 3 cs) erscheinen auch mir als Spindelzellen, wenn auch nicht gar so sehr in die Länge gezogen, wie sie SCHIEFFER- DECKER darstellt; sie haben 0,008 mm Längs- und 0,004 mm Querdurch- messer. Ihr Kern (n) ist rundlich zu nennen und die Protoplasmafort- sätze (pf) sind überall zu sehen, wo nur die Zelle intakt ist. Die ziemlich zahlreichen Muskelfasern (ms) habe ich bloß auf Querschnitten beobachtet; die eigenthümlichen Gestaltungsverhältnisse des Thieres ließen nämlich die Anfertigung von Präparaten, wo die Cuticula in einer zur Körperoberfläche parallelen Schicht zu sehen wäre, nicht zu. Die Cuticula selbst scheint mir eher aus drei, als aus zwei oder vier Schich- ten zu bestehen. Die innerste, den Zellen anliegende, enthält die bereg- ten , etwas wellenförmig verlaufenden Cuticularfasern (cf) und Poren- canälchen, die zwei äußeren besitzen nur noch die letzteren und unter- scheiden sich von einander dadurch, dass die äußerste dunkler, gleichsam fester gefügt erscheint. Die Porencanälchen durchdringen die ganze Dicke der Guticula; wimpernde freie Enden der Protoplasmafortsätze bemerkte ich jedoch niemals, was aber die Möglichkeit ihrer Existenz gar nicht ausschließt, da meine Thiere, ihrer verzwickten Gestalt wegen, zum Behufe der Härtung zwischen zwei fest an einander gefügten Glas- platten untergebracht werden mussten. Trotz dieses negativen Befundes fühle ich mich doch veranlasst, der Wimperung das Wort zu reden, es zwingt mich dazu der Umstand, dass die ganze Dicke der Cuticula von den Porencanälchen durchbohrt wird. Die Endigungen des »plasma- tischen Gefäßsystems«, die Sommer und Lanpoıs (s. 0.) in der Cuticula unterbringen, entgingen mir vollständig, wie ich denn überhaupt von diesem ganzen Apparate nicht das Mindeste zu Gesicht bekam (s. u. excretorisches Gefäßsystem). Eben so wenig gelang es mir die, nach SCHIEFFERDECKER’S Angabe eine Anzahl von Porencanälchen durchziehen- den Sehnen der Mm. dorso-ventrales aufzufinden. Auf diesen Beobachtungen, die fast durchgehends das schon früher Behauptete bestätigen fuß end, glaube ich ein Recht zu haben, die Ein- würfe von RınprLeisch zurückzuweisen. Sie beruhen nämlich, wie er- 2 Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 195 - wähnt, hauptsächlich darauf, dass die angeblich granulirte Intercellular- ” 2 u . y A ri 5 D. - E* 3 >: e b; “eo bu substanz der Subcuticula sich in die Fibrillen des Stützgewebes fortsetzt. Im Gegensatz hierzu wurde von keinem einzigen Beobachter, mich nicht ausgenommen, auch nur das Mindeste von einer Intercellularsubstanz wahrgenommen, ja die meisten heben die Continuirlichkeit der Zellenlage hervor (LeuckArT: continuirliche Zellenlage) , oder behaupten, statt der- selben sogar eine » körnerreiche Protoplasmaschicht«, also eine Menge in einander geflossener Zellen gesehen zu haben. Außerdem bemerkte RınprLeisch die Protoplasmafortsätze der Zellen nicht, welche doch schwerlich als Bestandtheile von Bindegewebszellen angesehen werden dürften. Schließlich vergessen sowohl SchnEiper als RınDrLeisch, dass sie es mit darmlosen Thieren zu thun haben, die sich auf endosmotischem Wege ernähren müssen, und dass die Thätigkeit der Nahrungsaufnahme, wie oben bemerkt, wohl sehr gut von Epithel-, aber kaum von Binde- gewebszellen besorgt werden kann. Wenn nun also auch die directe Abstammung dieser Zellen aus dem Ektoderm des Embryo auf histogenetischem Wege erst nachzuweisen ist, so hege ich doch die unmaßgebliche Ansicht, dass uns sowohl das bis jetzt bekannte histologische Detail, als auch physiologische Gründe dazu zwingen, das subcuticulare Zellenlager als Epithelschicht und die Cuticula als deren Derivat anzusehen. II. Das excretorische Gefäßsystem. Wenn es überhaupt bei der Beschreibung einer vorher anatomisch nicht genügend bekannten Cestodenspecies genügen würde, bloß das faktisch Beobachtete, ohne jede Anlehnung an die bestehende Literatur, _ zu veröffentlichen, so müsste man doch in Bezug auf dieses System vor der Hand eine Ausnahme machen. Denn gerade in Hinsicht auf dieses System stehen sich einige einander vollkommen widersprechende Beob- achtungen und Meinungen unvermittelt entgegen, und hier namentlich zeigt sich eine fast nicht zu rechtfertigende Perlacllalenne der Ergeb- - nisse älterer Forschung. Aus diesem Grunde möge es mir also gestattet sein, die natürlichen Schranken meiner Arbeit, die ich sonst überall respectire, hier zu durch- brechen und einen etwas umfassenderen Rückblick auf die verschiede- nen Ansichten, die man von diesen Gebilden zu verschiedenen Zeiten hatte, zu werfen. Zum Behufe einer größeren Übersichtlichkeit und zur Vermeidung E von Wiederholungen werde ich die einzelnen Bestandtheile dieses Sy- _ stems gesondert besprechen. ea ee ES ET DEE re ag ed Er Aa a en at — e Fi =. F > “ Pe, . 196 Zygmunt Kahane, In diesem Sinne theile ich es ein in: 1) die Seitencanäle oder Längsgefäße, 2) die Anastomosen, 3) die Capillargefäße, 4) den Flimmerapparat und 5) den pulsirenden Schlauch oder die pulsirende Blase. Die größte Übereinstimmung herrscht noch verhältnissmäßig in Be- zug auf die Seitencanäle oder Längsgefäße. Die Beschreibung, worauf auch noch die heutige Ansicht von die- sem Gebilde zurückzuführen ist, stammt von G. WasceEner. Derselbe giebt namentlich an, dass bei Cysticercus tenuicollis beiderseits je zwei, im Ganzen also vier Längsgefäße » anguineo decursu « verlaufen. An der Grenze zwischen Kopf und Hals haben sie sämmtlich einen und denselben Durchmesser, im weiteren Verlaufe jedoch wird beiderseits das Lumen des nach innen liegenden enger. In einer weiteren Arbeit ? bestätigt er die Anwesenheit derselben Gebilde bei Tetrarhynchus, ferner für Taenien und Bothriocephalen im Allgemeinen ®, und behauptet endlich, dass im embryonalen Zustande ein oder zwei Paare dieser Gebilde anzutreffen wären®. v. SIEBOLD°®, MEISSNER®, van BENE- DEN’ und Leuckarr ° stimmen in ihren Angaben sowohl mit WAGEnER als unter einander überein. Von den Neueren führt Stıeda® bei Bothrioc. latus bloß ein Paar Längsstämme an, die sich überdies stellenweise der Beobachtung entziehen, Böttcher !" bei demselben Thiere zwei Paare, wovon jedoch das eine (wie wir weiter unten sehen werden) diesem Systeme gar nicht ! G. WAGENER, Enthelminthica. Diss. inaug. Berol. 1848. p. 24 u. 25. 2 Derselbe, Enthelminthica in MürLer's Arch. 4854. p. 25—27. 3 Derselbe, Die Entwicklung d. Cestoden in Verh. d. k. L.-C. Akad. Bd. XXIV. Supp!.; im besonderen Abdruck (Breslau 485%). p. 44. 4 Derselbe, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer in »Verbandelingen van de hollandsche Maatschapiij der Wetenschaappen te Haarlem, 13. Deel, II. Verzameling.« 4857. p. 7. 5 C. Ta. v. SıesoLD, Über den Generationswechsel der Cestoden. Diese Zeit- schrift. Bd. II. p. 206. R 6 G. MEıssser, Zur Entwicklungsgeschichte und Anat. d. Bandw. Diese Zeit- schrift. Bd. V. p. 388. 7 P.J. van BENEDEN, Recherches sur la Farne littorale de Belgique: Vers cesto- ides — in Mem. de l’Acad. roy. de Belg. T. XXV. 8 R. Leuckart, Blasenbandwürmer p. 132 und Parasiten. I. p. 170 fi. 9 STIEDA, MÜLLERS Archiv. 4864. p. 184. 10 A. BÖTTCHER, Studien über den Bau des Bothr. lat. Vırcaow’s Arch, f. path. Anat. Bd. XXX. p. 108 und 109. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 197 | angehört. Denselben Fehler begehen auch Sommer und Lanpoıs !, geben aber durch die detaillirte Beschreibung dieser Gebilde zugleich Ver- . anlassung, dieselben ganz aus dem Gefäßsystem äAuszuscheiden. Sreu- DENER? hat bei Taenien in Übereinstimmung mit Wagener beiderseits je zwei Gefäße beobachtet, zugleich aber bemerkt, dass das Lumen des einen sich fortwährend verengert und das Gefäß selbst endlich ver- schwindet, ohne dass man sagen könnte, ob es blind endigt, oder in das weitere mündet. Bei den Bothriocephalusarten, mit Einschluss von Triaenophorus nodulosus soll sich jederseits eine größere - Anzahl (8®—10) von Längsstämmen vorfinden. Zosrar3 dagegen sah bei Triaenoph. nodul. jederseits nur ein einzelnes Gefäß. = Die Anastomosen müssen wir trennen in die im Kopfe und die in den Gliedern befindlichen. G. WAGEnER * lässt die Seitengefäße im Kopfe der Taenien mittelst einer ringförmigen Anastomose in Verbindung stehen. Bei Bothrio- cephalus und Tetrarhynchus dagegen soll diese Anastomose keine ringförmige sein, sondern als ein im.Halstheil auftretendes, ver- schieden gestaltetes Gefäßnetz erscheinen, während die Seitengefäße ihren Ursprung aus einem feinen Netzwerk , das einen jeden Saugnapf, resp. Rüsselscheide umgiebt, nehmen sollen. Auch nach van Benepen5 ist der Ursprung der Seitencanäle bei Tetrarhyn chus der gleiche, die Anastomosen im Halse sind jedoch so zahlreich, » que l’on croirait avoir un reseau capillaire sur les yeux«. Levckart® bringt eine Zeichnung der Gefäßanastomosen im Köpf- E chen (Gysticercus pisiformis) und sagt an anderer Stelle’, dass E sich eine Ringanastomose am hinteren Rande einer jeden Proglottide = wiederhole, jedoch bloß bei Taenien, während bei Bothriocepha- Iiden® die Seitenstämme einer jeden Verbindung entbehren. 2 Dieselbe Behauptung von Soxmer und Lanvoıs ?in Bezug auf Bothr. latus ist wesenlos, da die Gefäße, die keine Anastomosen aufweisen, = keine Gefäße, sondern »spongiöse Stränge« sind. Bei Taenia (solid Be und medioc. ) verhalten sich die Anastomosen nach Sonuer !? in den Glie- 4 Sommer und Lanooıs, a. a. O0. p. 42 und 43. z 2 STEUDENER, a. a. O.p. 12 ff. 3 ZoGRAF, a. a.0. p. 7. % G. WAGENER, Verh. der k. L.-C. Akad. a. a. O. p. 14. 5 vAN BENEDEN, a. a. 0. p. 39 und 40. BE - 6 Leuckart, Blasenbandw. Fig. 9. Taf. IV. % 7 LEUCKART, Paras. ]. p. 174. $ LEUCKART, Paras, I. p. 427. 9 SOMMER und Lanpois, a. a: O. p. 13. &: 10 Sommer, Bau u. Entwicklung der Geschlechtsorg. von T. solium u. T. medioc. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. p. 499—563;; auch als: Beiträge zur Anatomie der Platt- würmer, II. Heft, Leipzig 1874. p. 17. Aa 198 Zygmunt Kahane, dern vollständig so, wie sie Leuckarr beschrieb (den Kopf hatte Sommer “* nicht untersucht), und sind außerdem nur noch die Klappen bemerkens- werth, die sich in den Hauptgefäßen an der ÄAbgangsstelle der anastomo- sirenden Seitenzweige befinden. STEUDENER !, dem von allen neueren Forschern das meiste und ver- schiedenartigste Material zu Gebote stand, beschreibt im Kopfe der Taenien an der Basis des Rostellums, oder wo ein solches fehlt, an entsprechender Stelle eine ringförmige Anastomose. Dieser Gefäßring. ist bei den meisten Taenien einfach, bei einigen (T. crassicollis) je- doch verzweigt und vielfach plexusartig verflochten. In den Gliedern wiederholt sich die Anastomose, aber bloß zwischen den stärkeren Ge- fäßen jeder Seite (das schwächere Gefäßpaar participirt nicht daran), und geschieht dies nicht etwa mittelst eines Ringes, sondern mittelst einer einfachen Commissur. Bei Botriocephalus konnte er eine Anasto- mose im Köpfchen nicht eruiren, eben so wie er die Anordnung der zahlreichen, bald queren, bald schrägen Anastosomen, die bei diesen Thieren in der Gliederkette,auftreten, in gar keinen Zusammenhang mit der Abgrenzung der einzelnen Glieder bringen konnte. Die Frage nach der Existenz eines Gapillargefäßnetzes in den Gliedern, die wir gleichzeitig mit der Untersuchung über das Bestehen des Wimperapparates abhandeln können, ist diejenige, in Bezug auf welche wohl am wenigsten Einigkeit vorhanden ist. Hier stehen sich zwei Parteien schroff gegenüber, und vertreten zwei ganz verschiedene und unvermittelte Meinungen. Die älteren Forscher behaupten einmüthig die Existenz eines, das ganze Parenchym durchdringenden Netzes von äußerst feinen Gefäßen. WAaGEnER 2 führt es zuerst für den Kopf der Gestoden an, lässt es aber später? den ganzen Körper durchziehen. Den Flimmerapparat be- schränkt er bloß auf die Gapillargefäße. Meıssner* und van BENEDEN bestätigen die Aussage WAGENER’S, eben So LEUCKART®. MEISSNER unter- scheidet sich nur in so fern, als er den Flimmerapparat auch den Haupt- gefäßen zuschreibt. v. SıesoLp bestreitet an einer Stelle? vollständig die Existenz solcher Capillaren, freilich für einen Jugendzustand (Cysticerc. ex Arione emp.), an anderer Stelle® ist er im Zweifel darüber, ob der unbestreitbar vorhandene Wimperapparat auch wirk- 1 STEUDENER, a. a. ©. p. 10—145. 2 WAGENER, Enthelm. p. 25. 3 WAGENER, MÜLL. Archiva.a.O.p. 246 u. Verh. d.k. L.-C. Akad. 4,4. 0.p.44.- 4 MEISSNER, a. a. 0. p. 388. 5 vAN BENEDEN, 4. a. O. p. 39. 6 LEUCKART, Paras. I. p. 171. 7 v. SIEBOLD, Diese Zeitschr. Bd. II. p. 206, 3 v, SIEBOLD, Diese Zeitschr, Bd. IV. p. 420. | Me SR Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 199 - lieh im Inneren von feinen Gefäßen, die mit den Längsgefäßen com- municiren, auftrete. % Ganz von dem Dargestellten verschieden sind die Ansichten Neuerer. Das »plasmatische Gefäßsystem«, das Sommer und Lanpoıs ! bei Bothr. lat. gefunden haben wollen, gehört offenbar gar nicht hier- her. Schon der Mangel einer jeden Verbindung zwischen denselben und den Seitengefäßen spricht dagegen, aber auch außerdem giebt es - eine Menge von Anzeichen, die eine solche Identificirung ausschließen. Die »plasmatischen Gefäße« sollen als äußerst feine Röhren in der _ — Rindenschicht des Thieres, und zwar parallel mit der Längsachse des- selben verlaufen, und Seitenäste, sowohl nach innen, ale nach außen abgeben. Diese Seitenäste, welche nach Sommer und Lanpoıs (Fig. 2, Taf. IV) schon nicht im geringsten die, Gefäßen mit selbständigen Wan- dungen zukommenden Eigenschaften aufweisen, sollen mit Bindege- webskörperchen ähnlichen Zellen in Verbindung treten, und einen Theil derjenigen Gebilde ausmachen, die, wie wir oben sahen, durch die — Porencanälchen der Cuticula hindurchziehen. E- Wenn es gelingen würde die Existenz dieses »plasmatischen Ge- h fäßnetzes« wirklich zu bestätigen (bis jetzt entbehrt es jeglicher Be- stätigung), so müsste es, der ursprünglichen Ansicht Sommer und Lanpoıs’ conform, von dem Seitengefäßsystem gesondert bleiben. Die äußerst zahlreichen, über die ganze Körperoberfläche verstreuten, mikro- 5: skopisch feinen Mündungen dieser Gefäße schon lassen sie uns nicht als Theile desjenigen Systems erscheinen, dessen Haupttheil die Seiten- 5 stämme bilden. Es müsste ganz im Gegentheil dieser Apparat, wenn | sein Bestand außer Frage wäre, im Sinne seiner Entdecker als ein ge- sondertes, zur Circulation der Nahrungsstoffe, resp. Nahrungssäfte, dienendes System aufgefasst. werden. Für diese Ansicht sprechen - mancherlei Anzeichen: die oben beregten zahlreichen Mündungen an der Körperoberfläche eines darmlosen in Nahrungsstoffen flottirenden - Thieres, der Zusammenhang mit Parenchymzellen, und nicht minder der Inhalt, den Sommer und Lanpoıs als » Tränkungsflüssigkeit mit mattem Fettglanz « bezeichnen. So weit ich mir jedoch schon jetzt ein Urtheil darüber erlauben darf, so glaube ich, dass man sich vor der Hand noch mit der Auffassung _ begnügen müsse, es wären dies keineswegs selbständige Gefäße, son- dern bloß mit » Tränkungsflüssigkeit« erfüllte Gewebslücken. Übrigens werden wir dieser Frage an anderer Stelle nochmals begegnen. Wenn wir nun von diesen hier erwähnten Capillargefäßen absehen, t Sommer und Lanpois, a. a. 0. p. 10. 200 Zygmunt Kahane, so finden wir eine Bestätigung der Existenz eines capillaren Ex- cretionsgefäßnetzes nur bei Knoca!, so wie auch eine analoge Beobachtung bei Börrcuer?. Sommer und Lanvois (s. 0. p. 35) be- streiten es direkt, während STEUDENER (s. 0. p. 13) sich einer Kritik dieser Angaben enthält, selbst aber nichts Ähnliches gesehen zu haben behauptet. Wenn wir nun fragen würden, woher denn dieser Gegensatz zwischen den Beobachtungen der älteren und der neueren Helmintho- logen herrühre, so glaube ich, dass man eine Antwort darauf lediglich in dem Unterschiede der betreffenden Untersuchungsmethoden finden dürfte. Die älteren Helminthologen untersuchten durchgehends ganze, ja wo möglich sogar noch lebende Thiere, und, wenn sie, wie z. B. LEUCKART, die Schnittmethode anwandten, so war ihnen dieselbe ein, zu ganz speciellen Zwecken dienendes Hilfsmittel; die neueren dagegen basiren ihre Untersuchung vollständig auf Anfertigung von Schnitten gehärteter und gefärbter Thiere. Während also den ersteren die Be- wegung der (körnigen) Flüssigkeit in den Capillargefäßen den besten Wegweiser zur Entdeckung der Gefäße selbst abgab (noch Knocn ent- deckte die Capillargefäße auf diese Weise), hing bei der Methode der letzteren alles von glücklicher Härtung und Färbung, von günstiger . Schnittriehtung und anderen äußerlichen Umständen ab. Von sämmtlichen Bestandtheilen des excretorischen Gefäßsystems bleibt uns also nur noch die »pulsirende Blase«, die seine Mündung nach außen vermitteln soll, zu betrachten. Diese Blase wird den Gestoden zugeschrieben von v. SıEBoLn® und VAN BENEDEN *, der übereinstimmend mit Wacener 5 behauptet, sie läge bei Ligula und in dem Scolexzustande anderer Cestoden am hin- teren Körperende, wäre aber bei gegliederten Formen bloß so lange zu finden, als noch keine Proglottiden abgestoßen wurden. Leruckarr 6 be- obachtete (an T. cucumerina) das Entstehen dieser Blase und hält sie für pulsirend, eben so wie er den Längsgefäßen selbständige Contracti- lität zuerkennt’”. 1°J. Knoc#, Naturgesch. des breit. Bandwurms u. s. w. in M&m. de I’ Acad. de St. Petersbourg. VII. Serie. Tom. V. Nr. 5. p. 1148—120. ? A. BÖTTCHER, Über d. oberfl. Gefäßnetz von Bothr. lat. Vırcn. Arch. 1869. P.28,7.0% 3 v. SIEBOLD, Diese Zeitschr. Bd. IV. 4 van BENEDEN, a.a. O. p. 41. 5 G. WAGENER, Verh. d. k. L.-C. Akad. a. a. O. p. 15 und 46. 6 LEUCKART, Paras. I. p. 173. 7 Außerdem hält Leuckart auch noch eine vordere, gleich hinter dem Kopfe liegende Mündung des Gefäßsystems (WAGENER, KÖLLIKER [MÜLLERS Archiv 1843|) aufrecht, Jr Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden, 201 Von neueren Autoren berührt diese Frage bloß Srteupener und be- hauptet, es gebe weder eine Contractilität der Gefäßwände, noch eine _ pulsirende Blase; es geschähe die Ausmündung ganz einfach mittelst eines von der letzten Quercommissur abgehenden Astes. Meine eigenen Beobachtungen in Bezug auf dieses System sind in Kürze folgende: - Um sich eine gehörige Vorstellung von der Lagerung der im Kopfe ein sehr dichtes Netz bildenden Gefäße im Raume zu entwerfen, fertigte ich vom Kopfe in drei Ebenen liegende Schnitte an. Querschnitte, also Schnitte, welche auf der Längsachse des Thieres senkrecht stehen, zeigen mehrere in der Schnittfläche selbst lie- gende, folglich in Bezug auf den Körper quer verlaufende Gefäße. Diese Gefäße beschreiben krumme Linien, Abschnitte von Kreisen oder kreis- - ähnlichen Curven, füllen den Zwischenraum zwischen den Saugnäpfen und sind überdies so angeordnet, dass sie den auf Fig. 5 sichtbaren Muskelzapfen (mz, mz,), der sich auf Querschnitten als Kreuz darstellt, kranzförmig umfassen. Die Richtung so wie der Krümmungsradius der einzelnen Gefäßabschnitte zeigen jedoch genugsam, dass dieser Kranz nicht als Derivat eines einzigen, etwa spiralig verlaufenden Gefäßes an- gesehen werden darf. Diese Anordnung der Gefäße würde demnach nicht den Gebilden entsprechen, die Steupener (a. a. 0. p. 14) der Mehrzahl der Taenien zuschreibt, sondern eher dem Befunde, den er bei T. crassicollis constatirte und (Taf. XXVIII, Fig. 6) abbildete. In dieser Zeichnung vermisse ich jedoch etwas, das auf meinen Präparaten _ allenthalben stark hervortritt und auch unbedingt angetroffen werden muss, wenn von einem Plexus, und von einem solchen spricht ausdrück- - lich Sreupener, die Rede sein soll: ich meine nämlich die sich als Kreis- resp. Ovalöffnungen darstellenden Quer- und Schrägschnitte der in die - Hauptäste einmündenden Verbindungsgefäße. In den weiter nach hinten gelegenen Theilen des Kopfes vermissen - wir mehr und mehr jene vorerwähnten Quergefäße, statt deren hier - bloß Querschnitte von Längsgefäßen auftreten. Diese Längsgefäße lassen sich in zwei Gruppen scheiden: die eine, bestehend aus 4—5 Stämmen, füllt die Räume zwischen den Armen des oben angeführten Muskelkreu- zes, die Stämme der anderen vertheilen sich um den Umfang der Saug- - näpfe. Die Zahl dieser letzteren wechselt mit der Entfernung des be- treffenden Schnittes vom Gefäßringe. Ein horizontaler Längsschnitt durch das Köpfchen ergänzt 3 das auf obige Weise hervorgebrachte Bild: die Gefäße, welche dort als _ Haupitheile des Gefäßringes oder -Plexus in der Schnittebene lagen, sehen wir hier bloß als einfache runde oder rundliche Öffnungen, wäh- 202 Zygmunt Kahane, rend die longitudinal verlaufenden sich hier als wirkliche Canäle dar- stellen. Aus diesem plexusartigen Gefäßringe nun entspringen, außer zahl- reichen feinen Seitenzweigen, die Längsgefäße der Bandwurmkette. Es sind ihrer jederseits zwei. Sie liegen bekanntlich in der Mittelschicht der Proglottiden , unweit ihres äußeren Randes, aber nach innen von den »spongiösen Strängen«. Die beiden Gefäße einer Seite liegen in einer dorso-ventralen Ebene, d. h. in gleicher Entfernung von der Längsachse des Körpers, jedoch so, dass das eine mehr der dorsalen, das andere der ventralen Körperoberfläche genähert ist. Aus diesen La- gerungsverhältnissen erklärt es sich auch, warum man auf horizontalen Längsschnitten immer nur je eines dieser Gefäße zu sehen bekommt und dass man, um beide zu sehen, bei der Unmöglichkeit Querschnitte an- zufertigen, zur Herstellung von dorso-ventralen Längsschnitten greifen muss. Den Verlauf der Längsgefäße nannte WAGENER (S.0.) » geschlängelt«, bei unserem Thier könnte man ihn sogar spiralig nennen, und wenn auch vielleicht die starken Krümmungen theilweise auf die starke Gon- traction des Thieres zurückzuführen sind, so wird es doch einleuchten, dass sie, zum größten Theile wenigstens, durch die allgemeine Körperform des Thieres bedingt sind. Bei der bis zum Extrem verringerten Länge der Glieder ließ sich eben auf keine andere Weise eine Verlängerung der Gefäße erzielen. Auf denselben Umstand werden wohl auch die zahlreichen lakunenartigen Erweiterungen des Lumens zurückzufüh- ren sein. | Die Seitenzweige, die aus diesen Längsstämmen entspringen, sind theils der Mittel-, theils der Rindenschicht zugekehrt. Die ersteren die- nen zur Herstellung der Queranastomosen in den einzelnen Gliedern. Aus ihrer Anordnung folgt, dass wir uns an Leuckarr's Deutung dieser Anastomosen als ringförmiger, trotz der entgegenstehenden Behauptun- gen Sommer’s (Ss. 0.) und STEUDENER’S (S. 0.), anschließen müssen, ob- wohl es unmöglich war, den vollständigen Ring zu erhalten, der, wie natürlich, bloß auf Querschnitten darzustellen ist. | Die hier erwähnten Quergefäße sind jedoch nicht die einzigen Ver- zweigungen, die dies System überhaupt aufweist, denn wir finden auf jedem in beliebiger Richtung geführten Schnitte äußerst zahlreiche und sehr feine Gefäßzweige, die in den verschiedensten Richtungen das Par- enchym durchsetzend, offenbar Theile eines ungemein dichten Capillar- netzes sind. Ihre Anwesenheit selbst dort, wo die Genitalorgane am mächtigsten entwickelt sind und das Körperparenchym bei Seite drängen, zwingt Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 203 uns zu dem Schluss, dass die Beobachtungen der älteren Forscher, die sämmtlichen Cestoden ein solches Gefäßnetz zuschreiben, die richtigen waren, so wie ferner, dass die gegentiheiligen Beobachtungen jüngerer Autoren lediglich das Product der angewandten Untersuchungs- resp. Behandlungsmethoden sind. Denn, wenn ich auch gern zugeben will, dass bei einem Thiere von so gedrungenem Bau, wie ihn Taenia per- foliata besitzt, die Maschen des Netzes wohl enger sein mögen, als bei Taenien mit vorwiegender Längsentfaltung, so kann ich doch anderer- seits nicht absehen, warum mein Untersuchungsobject die einzige - Taenienform sein sollte, bei der diese Bildung vorkäme. Eine solche Vermuthung wäre um so haltloser, als ich mich, abgesehen von älteren Angaben, auf die Befunde Kxoc#’s und Börrcuer's, ja selbst STEUDENER’S berufen kann, der, trotzdem er die Anwesenheit von Capillaren im Kör- per der Taenien leugnet, dieselben doch dem Bothrioc. probose. _ und der Ligula simpl. zuschreibt. 4 Die histologischen Eigenschaften der Wände dieser Gefäße sind noch keineswegs festgestellt. Schon früher wurde bemerkt, dass von y mehreren Autoren theils dem ganzen System, theils bloß seinem capil- Ei laren Antheil wimpernde Wandungen zuerkannt werden, die man von = anderer Seite wieder hartnäckig leugnet, eben so wie die selbständige Contractilität derselben. Er Meine eigenen Untersuchungen können zur Entscheidung der erste- ren Frage leider nichts Positives beitragen: sie wurden an Exemplaren 3 ausgeführt, welche in Folge langdauernder Aufbewahrung in Spiritus ; = diese Eigenschaft mit Bestimmtheit verloren hätten, wenn sie ihnen auch ursprünglich in hohem Grade zugekommen wäre. Einiges Bedenken _ hege ich doch, und zwar aus rein theoretischen Gründen gegen die Zu- lässigkeit des Wimperbesatzes. Wir stellen uns nämlich einen jeden - Flimmerapparat als eine Summe von Fortsätzen vor, die aus dem frischen, undifferenzirten Protoplasma der darunter liegenden Zellen ausgehen, und diese Zellen eben fehlen uns hier gänzlich. Wagener ! sagt ausdrücklich : »Diese Cilien haben nie Zellen zu ihrer Basis,« und andere Autoren wenden auf die Structur der Wandungen consequent die Ausdrücke: »glashelle Haut«, »structurlose Membran « u. s. w. an. | 4 STEUDENER ? hat zwar in seltenen Fällen in der körnigen Masse, die die R Wandungen der Gefäße bedeckt, einzelne Kerne entdeckt, welche als Zellkerne gedeutet werden könnten, er schreibt ihnen aber diese Be- - deutung nicht mit Bestimmtheit zu, und die den Worten beigegebene - Zeichnung ist nicht darnach, um die Behauptung zu stützen. Trotz- 1 WAGENER, MÜLLER'S Arch. 4854. p. 246. _ 2 STEUDENER, a. 4. O. p. 15. Fig. 41, Taf. XXVIII. a er 65 ge REEL EHE a eis R - ns I 204 Zygmunt Kahane, dem würde ich es doch nicht wagen, auf Grund einer negativen Beobachtung und eines theoretischen Beden- kens ein Factum zu leugnen, welches physiologische Erwägungen in hohem Grade befürworten, und für wel- ches Beobachtungen solcher Forscher, wie LEuCKART und WAGENnER-einstehen. Auf meinen Präparaten finde ich das Bild, das diese Gefäßwände gewähren, auch bei Anwendung verschiedener Färbemittel im Ganzen sehr übereinstimmend. Sowohl das Haematoxylin als das saure Garmin färben die eigentliche Gefäßwand sehr intensiv, und wenn auch die, durch Pikrocarmin hervorgerufene Färbung schwächer ist als die vor- hergehenden,, so ist sie doch mehr als ausreichend, , um dieses Gebilde von der, in diesem Falle gänzlich ungefärbten Grundsubstanz des Binde- gewebes abzuheben. Auber dieser Imbibitionsfähigkeit für Farbstoffe ist es nur noch eine Eigenschaft, welche die Gefäßwandungen zur Wahr- nehmung gelangen lässt, es ist dies das Lichtbrechungsvermögen der- selben. Dieser Eigenschaft namentlich haben wir es zu verdanken, dass die doppelten Gontouren dieser Haut selbst dort nicht verschwinden, wo- sowohl das Lumen des Gefäßes, als die Dicke der Wandung die mini- malsten Ausmaße besitzen. Eine Differenzirung der Wandung selbst konnte jedoch nicht wahr- genommen werden, und es erübrigt nichts als diese Gefäßhaut auch ferner den structurlosen Membranen beizuzählen. Eine Faltung der Membran ist hin und wieder leicht zu beobachten, ob es aber noth- wendig ist, diese Falten mit STEUDENER als etwas Primäres und als Aus- druck der Erweiterungsfähigkeit der Gefäße anzusehen, scheint mir zweifelhaft; ich würde lieber die Haut für elastisch, und die Falten für eine Schrumpfungserscheinung halten. Nach außen von der Membran liegen ziemlich zahlreiche Zellen, die man, namentlich bei schwacher Vergrößerung, leicht als Bestandtheile ' der Wandungen selbst beanspruchen könnte. Eine sorgfältigere Prüfung jedoch zeigt in allen Fällen, dass man diese Zellen dem Körperparen- chym zuweisen muss. Man ist nämlich nicht im Stande, irgend ein charakteristisches Merkmal aufzufinden, das diese Zellen von denen des Bindegewebes unterscheiden würde. Ein stark gefärbter Kern, um- schlossen von einem in mehrere Ausläufer sich verlängernden Proto- plasma, wodurch das Ganze eine zackig polygonale Form erhält, ist diesen Zellen, so wie den Zellen des Bindegewebes gemeinsam, Auch lässt es sich nicht nachweisen, dass diese Zellen so angeordnet wären, wie die Zellen des Endothels der Wirbelthiere, d. h. mit ihren Grenzen unmittelbar zusammenstoßend continuirliche Membranen bildeten, wie Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 205 wir sie etwa in den Wandungen der Capillargefäße, oder den Hüllen der Sehnenfibrillen bei Wirbelthieren vorfinden. In Zusammenhang damit würde ich auch eine selbständige Con- tractilität dieser Gefäße nicht für möglich halten, und glaube dieselbe verneinen zu müssen, sowohl aus dem Grunde, dass uns jegliche histo- logische Basis hierzu fehlt, als auch aus dem, dass zur Fortbewegung des flüssigen Inhalts der Gefäße die Action der Körpermuskeln um so eber ausreichen dürfte, als man eine große Anzahl von bedeutend höher - organisirten Thieren kennt, bei denen die Bewegung des Darminhalts -so wie der in besonderen Gefäßen kreisenden Blutflüssigkeit lediglich durch die Körpermuskulatur bewerkstelligt wird. Sonuer beschreibt ! einen in den Hauptgefäßen an der Abgangsstelle der anastomosirenden Seitenzweige befindlichen Klappenapparat. Ob- wohl die Zulässigkeit, ja die Nothwendigkeit eines solchen, die Richtung, in der sich die in den Gefäßen vorfindliche Flüssigkeitssäule bewegen soll, bestimmenden Apparates von selbst einleuchtet, kann ich doch aus eigener Anschauung seine Existenz nicht bestätigen. Welche Vorrichtung dazu dient, die Flüssigkeit von dem vorderen -gegen das hintere Körperende zu lenken und zugleich das Misslingen von entgegengesetzt gerichteten Injeetionsversuchen (SOMMER, STEUDENER) zu verursachen, kann ich, wenn es nicht schon die Richtung der ab- gehenden Seitenzweige leisten kann, wahrlich nicht vermuthen. Es erübrigen noch ein paar Worte in Bezug auf die physiologische Deutung dieses Apparates. Dass diese Gefäße eine harnähnliche Flüssig- keit enthalten, steht fest, und es wäre wahrlich überflüssig, heute noch diejenigen Gründe gegen die Auffassung dieses Organs als Verdauungs- = oder Kreislaufsapparat ins Feld zu führen, die einst van BENEDEN oder 4 LeuckArT zur Bekämpfung dieser irrigen Meinung anwenden mussten. £ Wenn wir auch nicht die directe Bestätigung für diese Auffassung des Gefäßsystems hätten, die Lızserküan 2 durch Nachweis von Guanin, und Sommer 3 durch Nachweis einer Guanin- oder Xanthin-ähnlichen Sub- stanz geliefert haben, so müssten wir, bei dem colossalen Stoffumsatze, den wir aus verschiedenen Gründen als bei den Cestoden bestehend er- er schließen, doch die Vermuthung aufstellen, dass irgend ein Apparat zur Ausscheidung und Abfuhr der Zersetzungsproducte stickstoffhaltiger Körper bestehen müsse, und in diesem Falle müssten wir unwiderruf- B- lich auf den beregten Apparat verfallen. Doch scheint es mir nicht ganz _ überflüssig, hier an einen Umstand zu erinnern, der bei der Bezeich- 1 SomMER, a. a. O. p. 47. Anmerkung. 2 LEUCKART, Paras. I. p. 173. 3 SOMMER, a. a. 0. p. 17. Anmerkung. [3 Auen) Be; 206 Zygmunt Kahane, nung dieses Apparates als eines »excretorischen Gefäßsystems« bis jetzt vollständig unberücksichtigt geblieben ist. Um als »exeretori- sches Organ « in der wahren Bedeutung des Wortes zu gelten, müssten die Gefäße jedenfalls das, was für ausscheidende Organe, also Drüsen, unerlässlich ist, nämlich ein Epithel, besitzen. Bei dem vollständigen Mangel eines als Epithel zu deutenden zelligen Belages dieser Gefäße er- übrigt, meiner unmaßgeblichen Ansicht nach, nichts, als diese Gänge für ein System von Ausführungsgängen anzusehen, zu dem das Körper- parenchym sich als eigentliche Drüse verhält. Eine andere Deutung der obigen Gebilde ist jetzt dnkchaus UNZU- lässig, am wenigsten aber eine solche, wie sie ihnen BrungErG zu geben versucht. Er behauptet! nämlich : 1) »Die Nahrung der Taenien besteht aus Chylus oder Blut der Parasitenträger«, 2) »Die Nahrungsaufnahme findet mittelst der Saugnäpfe statt«, und 3) »Der Gefäßapparat der Tae- nien...... hat sowohl die Bedeutung eines Darmes, als auch eines Blut- gefäß- und Excretionsgefäßsystems «. Diese Behauptungen mögen hier eine kurze Berücksichtigung finden, um so eher, als sich BLungerg beklagt, man hätte Mund und Darm der Taenien ganz einfach geleugnet, und sich um die Art, wie die Dr aufgenommen werde, nicht weiter gekümmert. Die thatsächliche Grundlage, auf welche BrLumgErg seine vorher- gehenden Behauptungen stützt, ist nun folgende. Er will beobachtet haben, dass die Poren der die Saugnäpfe auskleidenden Cuticula, die theils glatt, theils wie mit kleinen Papillen besät ist, mit Gefäßen in Ver- bindung stehen, die zwischen die radiären Muskelbündel der Saugnapf- wand gelagert sind und am Grunde des Saugnapfes ein förmliches Netz- werk bilden, aus welchem größere Gefäße entspringen, die aus ihrer Vereinigung die Längscanäle entstehen lassen. In dem Hohlraum der Saugnäpfe will ferner Brumgere einen Inhalt, bestehend aus » meisten- theils rundlichen Gebilden von der Größe von Blut- oder Chyluskörper- chen « vorgefunden haben, die sich mit Garmin intensiv roth färben und die durch die Cuticula hindurch in die Gefäße der Saugnäpfe dringen und dieselben ganz ausfüllen. Nachdem nun die Frage nach der ferneren Umwandlung der Nah- rung im Gestodenkörper völlig offen gelassen wird, wird nur noch die Vermuthung ausgesprochen, dass »der Gefäßapparat vielleicht in der Art eines zu- und abführenden angelegt sein dürfte«, in welchem Falle »die zuführenden als Darm, die abführenden als excretorische Gebilde in Anspruch genommen werden könnten «. Welche Theile aber als zu- 1 BLUNBERG, a. a. O. p. 39—41 und 43. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 207 und welche als abführende Gefäße anzusehen wären, und warum sie es sein könnten, wird aber nicht einmal angedeutet. Auf eine Beleuchtung dieser Ansichten vom physiologischen Standpunkte aus will ich mich hier nicht einlassen , aus dem einfachen _ Grunde, dass die ganze physiologische Schlussfolgerung hinfällig wird, falls sich ihre anatomische Begründung als falsch erweist. Ich habe meine Untersuchungen an demselben Thiere angestellt, an dem Brungere die _ seinigen ausführte und kann die Deutung Brumserg’s keineswegs accep- tiren, trotzdem das Substrat, das ihn zu derselben verleitete, auch mir vorlag. ; Das Lumen der eingesenkten Saugnäpfe umschließt thatsächlich - einen Inhalt, in welchem ich jedoch nichts anderes, als etwa Fetzen von, - von der Darmschleimhautdes Wirthes abgelöstem Epithel erblicken kann. - Bei sehr starken Vergrößerungen kann man zwar in dieser histologisch gar nicht qualificirbaren Masse einzelne Kerne, die mit Garmin intensiv gefärbt sind, unterscheiden ; worauf sich aber ihre Berechtigung, als Blut- oder Chyluskörperchen zu gelten, gründen soll, ist für mich gänz- - lich unfassbar. Ich für meinen Theil würde darin lieber, in Folge von - Zerfall der Darmepithelzellen freigewordene Kerne derselben vermuthen, - besonders, da es leicht einzusehen ist, was Bıunsers selbst (p. 34) her- vorhebt, dass die Stellen der Darmschleimhaut, an denen die Saugnäpfe haften, des Epithels beraubt sind. In Bezug auf die zweite Beobachtung - desselben Autors, betreffend die zwischen den radiären Muskelfasern der Saugnapfwände gelagerten, angeblich mit denselben Körperchen er- - füllten Gefäße, kann ich hier, da an anderer Stelle (siehe Muskulatur) - ausführlicher darüber gehandelt wird, bloß allgemein anführen, dass von - Gefäßen keine Rede sein kann, wo keine Spur von Wandungen anzu- treffen ist, so wie ferner, dass die angeblichen Blutkörperchen nichts a anderes denn Querschnitte einer dritten, den Saugnäpfen _ zukommenden longitudinalen Muskellage sind. 3 Doch muss ich andererseits BLunsere beipflichten , wenn er über die Physiologie der Ernährung der Cestoden näheren Aufschluss wünscht; _ erist vollkommen im Rechte, wenn er behauptet, wir wüssten darüber - äußerst wenig, er übersieht jedoch, dass in den letzten Jahren zwei Ver- suche gemacht wurden, ein wenig Licht in die Sache zu bringen. Ich - meine hier die Behauptung Sommer und Lanpoıs’! von der Existenz des ce nr 3 DE ir Zt « ge, er ze die Wanderung des Fettes im Körper der Taenien nachzuweisen. | Es kann nicht geleugnet werden, dass es bis jetzt Niemandem ge- g ie 1 Sommer und Lanvors, a. a. 0. p. 10. 2 SCHIEFFERDECKER, 4. a. O. p. 480—484. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 44 F‚ re rt DE Fchr, ar re ” a 2 >. te R Fr + wiri a er 308 All Zygmunt Kahane, \ Jungen ist, den einen oder den anderen Modus der Nahrungsaufnahme zu bestätigen , so wie ferner, dass diese beiden Erklärungsversuche auf so entgegengesetzten Grundlagen beruhen, dass sie sich gegenseitig, in so fern man sie schon jetzt beurtheilen darf, auszuschließen scheinen. Die erstere muss nämlich auf die resorbirende Thätigkeit des Zellproto- plasma zurückgeführt werden, da doch die feinsten Ausläufer des »plas- matischen Gefäßsystems « Zellen als Ausgangspunkte haben, während wir in der zweiten, den bis jetzt wohl einzig dastehenden Versuch einer Er- klärung der Nahrungsaufnahme ohne Mitwirkung des Proto- plasma besitzen. Das plasmatische Gefäßsystem von Sommer und Lanpois ist bis jetzt von Niemandem weiter aufgefunden worden, ja diese Autoren selbst fanden es in geschlechtsreifen Proglottiden nicht vor, so dass man vor der Hand seine Existenz doch noch in Frage ziehen darf; Färbungen mit Osmiumsäure, denen SCHIEFFERDECKER seine Auffassung verdankt, sind von STEUDENER und ZoGrAF angewendet worden: keiner von ihnen sah jedoch irgend etwas, das auch im entferntesten an die Bilder ScHiEFFER- DECKER'S erinnern würde. ü Meine Untersuchungen, ausgeführt an Thieren, die mit Osmium- säure nicht zu färben waren, können in Bezug auf SCHIEFFERDECKER'S Än- sicht keine Klärung verschaffen, während ich glaube, dass mir an meinen das minutiöseste histologische Detail zum Ausdruck bringenden Präpa- raten der Nachweis des »plasmatischen Gefäßsystems«, wenn dasselbe überhaupt darstellbar ist, gelungen wäre. Vorläufig erübrigt uns, wie ich meine, nichts anderes, als an dem »fressenden Zellprotoplasma « festzuhalten, und den Wimpern der Hautoberfläche, neben der mecha-- nischen Bedeutung, die sie bei Reinerhaltung der Körperoberfläche und Fortspülung etwa anklebender fester Theilchen haben mögen, auch noch eine Thätigkeit bei der Nahrungsaufnahme zuzuweisen. III. Der Genitalapparat. Dank den Arbeiten LeuckArr's und den sie ergänzenden von SOMMER und Lannoıs und Sommer haben wir einen Typus des Baues der Geschlechts- organe der Cestoden, an dem festgehalten werden kann und festgehalten werden wird. Doch kann nicht geleugnet werden, dass, wenn wir auch im Allgemeinen annehmen können, dass sich der Geschlechtsappa- rat sämmtlicher Gestoden immer aus denselben Bestandtheilen und nach demselben Anordnungsgesetze aufbaut, wir dies eigentlich bloß von den Blasenbandwürmern und den Bothriocephaliden wissen; von den gewöhnlichen Bandwürmern (Cystoideae Lkt.) könnte man das- selbe kaum behaupten. E F R Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 209 In so fern man diese Bandwürmer schon heute kennt, und unsere Kenntnisse versteigen sich in dieser Richtung nicht allzuweit, scheint der Schluss nicht ganz ungerechtfertigt, dass man sie in drei distincte, E in systematischer Beziehung verwerthbare Gruppen trennen könnte und zwar in die kurzgliederigen Taenien, in die Taenien mit doppelseitiger Geschlechtsöffnung, und drittens in die NVogeltaenien. Die erste von diesen drei Gruppen glaube ich aus dem Grunde auf- stellen zu dürfen, dass uns eine Anzahl von Bandwürmern mit eysti- cercoidem Jugendzustande bekannt ist, die nicht nur in Bezug auf äußere Körpergestalt eine ungewöhnliche Übereinstimmung, beruhend in einer ganz außerordentlichen Kürze der einzelnen Proglottiden, aufweisen, sondern sich auch durch eine große Concordanz sowohl in dem Baue der einzelnen Geschlechtsorgane, als auch in der Zusammensetzung der- selben zu einem Ganzen auszeichnen. Mit dem Baue der Geschlechts- organe dieser Thiere beschäftigten sich: Lruckarr, der einige Theile > derselben von Taenia nanavy. Sieb. und T. flavopunctata Wein- land beschrieb 1 und Srıeva, dem wir eine ebenfalls theilweise Be- schreibung dieser Organe von T. omphalodes, T. uncinata und T. furcata verdanken?. STEUDENER giebt3 eine Beschreibung sämmt- "licher Genitalorgane von T. insignis Steudener, und der wahrschein- - lieh hierher gehörigen T. tripunctata Batsch, ferner PAGENSTECHER ? - dievonArhynchotaenia critica Pagenstecher. Bemerkt muss wer- den, dass außer diesen hier aufgezählten Speeies, von denen uns wenig- stens Theile des Geschlechtsapparates bekannt sind, auch noch hierher = gezählt werden müssen Species, deren Genitalapparat uns gänzlich un- bekannt ist, deren Körperbau und Lebensverhältnisse aber eine nahe Verwandtschaft mit den vorbergehenden zu verbürgen scheinen; es wären dies in erster Linie: T. plicata und T. mammillana vom Pferde, und die von Murıe 5 beschriebene T. magna von Rhinoceros $ indieus, nach Prrers® identisch mit T. gigantea von Rhinoceros africanus. E- In Bezug auf Taenien mit beiderseitigen Genitalöffnungen existirt bloß eine Beschreibung des Genitalapparates von T. elliptica, geliefert 9.40 1 LEUCKART, Paras. I. p. 393—400. Be: 2 StıEDA, Beiträge zur Kenntniss der Taenien. TroscHer's Arch. für Naturgesch. XVII. Jahrg. Bd. I. p. 204—209. ex 3 STEUDENER, 4. a. 0. p. 22—26. 4 PAGENSTECHER, Diese Zeitschr, Bd. XXX. a.a. O0. 5 Murıe, Proceed. of Zool. Soc. 1870. p. 608. 6 PETERS, ibid, 4874. Febr. 44% 210 Zygmunt Kahane, von LEUcKART, in seinem Parasitenwerke, und eine eben solche von STEUDENER (a. a. O.). Aus diesen Beschreibungen zu schließen, wäre der Genitalapparat dieser Taenien dem der Blasenbandwürmer sehr nahestehend,, meine eigenen , leider noch nicht abgeschlossenen Unter- suchungen an T. expansa vom Schafe, und eine unlängst von Rıvortz ! ‘ veröffentlichte, wenn auch äußerst unzulängliche, ja etwas confuse Be- schreibung von T. globipunctatan.sp., T.ovipunctatan.sp. und T. centripunctata.n. sp., die sämmtlich im Schafe leben, und nach des Verfassers Ansicht von T. expansa zu trennen sind, liefern den Beweis, dass diese Gruppe höchst wahrscheinlich in zwei kleinere zer- fällt werden müsste. Die eine davon (T. elliptica) würde sich an die Blasen-, die andere (T. expansa) an die kurzgliederigen Bandwürmer anschließen. Von den Vogeltaenien, die eine ungemein scharf abgegrenzte Gruppe zu bilden scheinen, wissen wir bis jetzt nur äußerst wenig. PAGENSTECHER’S? Beschreibung von Taenia microsoma?Crepl., und FEUEREISEN’S Anatomie? von T. setigera Fröhlich, T. fasciata Rud. und T. uncinata Göze reichen bei Weitem nicht aus, um eine genaue Vorstellung von der Gestalt und dem Zusammenhang der einzelnen Be- standtheile des Genitalapparates dieser Thiere zu erlangen. Die Taenia perfoliata gehört nicht nur zu den kurzgliederigen Taenien, sondern kann vielleicht als die extremste unter ihnen ange- sehen werden. Da es mir nun, wie ich im Folgenden zu zeigen hoffe, gelungen ist, die sämmtlichen Geschlechtsorgane nach ihrem Baue und Zusammenhange, und so viel es, bei den ungünstigen aus der Körper- form unseres Thieres resultirenden Verhältnissen möglich war, auch in ihrer Entwicklung zu verfolgen, und die Übereinstimmung derselben mit denen der aus der Beschreibung anderer Autoren bekannten nahe verwandten Species zu constatiren, so glaube ich hierdurch den Bau der Geschlechtsorgane für kurzgliederige Taenien, die man wohl auch Taenien mit querverlaufendem Uterus nennen könnte, festgestellt zu haben. | Porus genitalis. Die Geschlechtsöffnung der T. perfoliata ist, wie bei allen Taenien, randständig, und zwar in sämmtlichen Proglottiden an einer und derselben Seite befindlich. Dieser Umstand scheint für sämmtliche 1 Ses. RıvoLrA, Sopra alcune specie di Tenie delle pecore et etc. Pisa 4874. 2 PAGENSTECHER, Diese Zeitschrift. Bd. IX. p. 523—528. 3 Jon. FEUEREISEN, Beiträge zur Kenntn. der Taenien. Diese Zeitschr. Bd. XVIH. p. 164—205. ET a 2 N V ee a a u Er Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Gestoden. BE kurzgliederige Taenien Regel zu sein, wenigstens stimmen alle diesbe- - züglichen Angaben überein; bloß Srteupener giebt an, bei T. tripunc- tata unter 150 Gliedern zwei gefunden zu haben, bei denen die Ge- schlechtsöffnung auf der entgegengesetzten Seite befindlich war, welche Ausnahme wohl nur als Bestätigung der Regel angesehen werden darf. Der Porus genitalis, der bei langgliedrigen Bandwürmern mit einer, schon dem freien Auge bemerkbaren Papille umgeben, ein ansehnliches Gebilde darstelli, und bei Vogeltaenien sogar eine bis zur Hälfte der ganzen Gliedbreite reichende Geschlechtskloake abgeben kann !, ist hier eine ziemlich flache, trichterförmige Einsenkung, in deren Umkreise ich die von LruckArr 2 vorgefundenen, zum Abschluss der Kloake » durante coitu« dienenden Circulärmuskeln nicht auffinden konnte. Eine fernere Abweichung von den langgegliederten Taenien in Be- 2 zug auf die Geschlechtsmündungen finde ich in der Lagerung des äuße- ren Vaginalostiums im Verhältnisse zur Cirrhusöffnung. Während diese Mündungen in langgliederigen Formen bekanntlich so gelagert sind, dass sich die männliche Geschlechtsöffnung vor der weiblichen befindet, stehen hier beide in gleicher Entfernung von dem vorderen und hinteren Gliedrande,, aber dafür die eine der dorsalen, die andere der ventralen Gliedfläche genähert. Dieses Verhalten ist schon von LeuckArr3 für T. nana angeführt worden, und ist leicht als Anpassungserscheinung an die Verkürzung der Längsachse der Glieder zu erklären. Es ist mit Be- stimmtheit anzunehmen, dass auch die übrigen, von uns hierher gestell- ten Taenien diese Bildung, wenn auch nicht in so eclatanter Weise zeigen müssen. Ein dorso-ventraler Längsschnitt durch die, unmittelbar auf den Kopf folgenden Glieder, wie ihn Fig. 10 darstellt, belehrt am besten über dies Verhalten. Im ersten deutlich abgesetzten Gliede schon, und zwar fast genau in der Mitte seiner Dicke, die sich natürlich als Breite = des Präparates darstellt, bemerken wir einen Haufen von Zellen (pog), die durch ihre dunkle Färbung auffallen, sich aber sonst noch histo- logisch nicht näher bezeichnen lassen. Dieser Zellenhaufen, der Anfangs einen kreisrunden Umfang besitzt, plattet sich in den darauf folgenden Gliedern ab, und wird zu einem Oval, dessen längerer Durchmesser in der Querachse des Gliedes liegt. So viel man aber aus der ferneren Gestaltung desselben absehen kann, ist diese Abplattung bloß eine Er- E. 3 'scheinung, die durch Contraction dei Proglottiden bewirkt wird. Eine _ weitere Umbildung treffen wir im 6. Gliede an. Der ursprünglich ein- . 1 FEUEREISEN, a. a. O0. p. 168. Taf. X, Fig. 10, 2 LEUCKART, Paras. I. p. 263. 5 8 LeuckaRt, Paras, I. p. 396, 212 Zygmunt Kahane, fache und gleichförmige Zellenhaufen ist hier in zwei Theile zerfallen, einen inneren und einen äußeren, welch letzterer den anderen ringför- mig umgiebt. Der innere Abschnitt, der noch von keiner Öffnung durch- bohrt ist, hat nicht mehr das zellige Aussehen von früher, er erscheint uns jetzt als ein, aus in der Schnittfläche liegenden Fasern bestehendes Gebilde, während der äußere durch seine eigenthümlichen Licht- brechungsverhältnisse zu der Ansicht zwingt, dass er aus querdurch- schnittenen, also auf der Schnittebene senkrecht stehenden Fasern ge- bildet ist. (Das Nähere über beide Faserschichten siehe » Cirrhusbeutelc«.) In der 7. Proglottide finden wir. im Umkreise dieses Gebildes zwei Öff- nungen (cr, ©), die aber nicht neben, sondern hintereinander liegen, wobei wir uns gleichzeitig überzeugen, dass bloß die vordere Öffnung innerhalb des central gelegenen Abschnittes gelegen ist, während sich die hintere in dem peripherischen Theile befindet. Erst in den darauf folgenden Gliedern finden wir eine Nebeneinanderlagerung beider Öff- nungen , womit gleichzeitig ein Auseinandertreten beider zu bemerken ist, so dass wir endlich zwei, auf gleichem Niveau liegende, völlig ge- trennte Mündungen vor uns haben. Die eine von ihnen, weiter als die andere, ist zugleich mit dickeren Wandungen umgeben, die vollständig so angeordnet sind, wie wir es bei Glied 6 kennen gelernt haben, also aus inneren circulären und äußeren longitudinalen Fasern bestehen. Diese Öffnung ist die Mündung des männlichen Geschlechtsapparates, und ihre Wandungen sind die Cirrhusbeutelmuskeln, zu denen wir später, wie oben bemerkt, nochmals zurückkehren werden. Diese Neben- und nicht Hintereinanderlagerung der beiden Ge- ‚schlechtsöffnungen erklärt es auch, warum wir auf Fig. 44, die uns eben solche Glieder, aber in einem horizontalen Längsschnitte, darstellt, nicht in allen Gliedern außer Cirrhus und Cirrhusbeutel auch den Ver- lauf der Vagina bemerken können. — Gleichzeitig dient Fig. 11 dazu, die durch Fig. 10 illustrirten Vorgänge zu erhärten, und die allmähliche Umbildung des distalen Endes, des, seit Leuckarr als ursprüngliche An- lage des Genitalapparates bekannten queren Parenchymstreifens von der Fläche darzustellen. 4) Männnlicher Genitalapparat. a) Hoden. Die ersten Spuren ihres Auftretens trifft man eigentlich schon in dem Körpertheile an, der noch nicht als gegliedert angesehen werden kann. Der vorhin erwähnte Parenchymstreif zeigt schon hier in großen Zwischenräumen Zellenhaufen, die sich von der Umgebung sondern. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Gestoden. 213 "Diese Zellenhaufen, Anfangs kugelig oder queroval, bestehen nur aus wenigen Zellen und haben einen Durchmesser von 0,017 mm. Ihr - Umfang wächst jedoch mit rapider Schnelligkeit. Wahrscheinlich kommt ‚diese Vergrößerung durch Theilung der ursprünglichen Zellen zu Stande, der Vorgang konnte jedoch, eben in Folge der Schnelligkeit, mit der.er stattfindet, nicht beobachtet werden. Schon im 4. oder 5. Gliede näm- - lich finden wir die Hoden bedeutend vergrößert, und die Zellen, aus denen sie bestehen, von ausgesprochen epithelialem Charakter. Im 12. ‚Gliede (Fig. 13) sehen wir schon eine weitere Umbildung derselben. Die Zellen schwinden, oder, um es genauer auszudrücken, es schwindet ihr Protoplasma, während die Kerne noch wohl erhalten sind. Die Stelle des Protoplasma nehmen die Samenfäden ein, die als dichte, fase- rige Masse im Hohlraum der Hoden immer mehr Überhand nehmen und, selbst gelblich gefärbt, die rothen Zellkerne noch eine Zeit lang unter- . scheiden lassen. Die Zahl der Kerne vermindert sich unterdessen, so dass in einer gewissen Entfernung von dem Köpfchen nichts anderes, denn mit, zu Strängen verbundenen Samenfäden erfüllte Bläschen sind. Ob die Zellkerne zur Bildung der Samenfäden, namentlich zur Bil- dung der als feine schwarze Punkte wahrnehmbaren Köpfchen derselben "beitragen, oder ob sie sich bei dem ganzen Vorgange passiv verhalten, kann ich auf Grund directer Beobachtung nicht entscheiden. Die Schnel- ligkeit der Entwicklung hinderte mich hier, wie bei vielen Gelegenheiten - sonst, an der Möglichkeit, solche histogenetische Fragen beantworten zu - können. Sommer, der diesen Process an T. mediocanellata beobachtete, an einem Thiere also, bei dem die besagte Entwicklung, die bei unse- rem Cestoden auf weniger als zwanzig Glieder zusammengedrängt ist, sich in einer Kette von rund 300 Proglottiden abspielt, behandelt diese Frage sehr eingehend. Er gelangt zu dem Schlusse, dass die Zellkerne an der Bildung der Samenfäden keinen Antheil nehmen und nach ge- sehehener Entwicklung der letzteren, vorerst durch Aufnahme von Flüssigkeit aufquellen, um nachträglich durch Resorption zu schwinden. Dieses Verhalten stünde jedoch in einem solchen Widerstreite mit Allem, ' was an anderen Thieren in dieser Hinsicht beobachtet wurde, dass es wohl freisteht, eine weitere Bestätigung dieses Befundes abzuwarten. = Über die Anzahl der Hoden in den einzelnen Proglottiden kann ich keine Angaben machen. Es folgt dies aus der Gestalt der Proglottiden - und den Lagerungsverhältnissen der Hoden in denselben. Die einzige Möglichkeit, diese Gebilde zu Gesicht zu bekommen, liegt in der Anferti- gung von horizontalen Längsschnitten, und die auf diese Weise entstan- 4 I Sommer, a. a. 0. p. 11—46, u, 214 | Zygmunt Kahane, denen Präparate lassen es nie entscheiden, ob die in denselben enthal- tenen Hodenbläschen mit den im vorhergehenden Schnitte gesehenen . ein Ganzes bilden, oder gesondert gezählt werden müssen. Die Lagerung derselben dagegen lässt sich auf diese Weise ganz gut. erkennen. Dieselbe ist gänzlich von der Lagerung der Hoden bei lang- gegliederten Bandwürmern verschieden, und als ursächliches Moment dieser Verschiedenheit wirkt wieder nichts anderes als die eigenthüm- liche Körperform unseres Thieres. Das Gesetz, welches für die Wachs- thumsrichtung und die Lagerungsverhältnisse sämmtlicher Organe dieses Gestoden gilt und dem wir noch öfter begegnen werden, lautet: »Ent- faltung und Vergrößerung der beiden Querachsen des Körpers, einzeln oder zugleich, neben Verkürzung der Längsachse.« Alles nun, was bei langgliederigen Bandwürmern in der Richtung der Längsachse aus- wächst, oder sich in derselben Richtung hinter einander lagert, ver- größert oder wiederholt sich hier entweder in der Richtung von Seiten- . rand zu Seitenrand, oder von Fläche zu Fläche. Daher lässt es sich auch begreifen, warum der von LEuckaArt ! für alle Cestoden aufgestellte Satz, dass die eine Körperfläche vorwiegend männlich, die andere vorwiegend weiblich sei, hier nicht nur seine volle Geltung hat, sondern eher dahin lauten sollte, dass die eine Fläche aus- schließlich männlich, die andere weiblich sei. Es zeigte sich dies schon oben, wo von der Lagerung der Genitalöffnungen die Rede war, hier zeigt es sich nicht minder. Trotzdem, dass die weiblichen Genitalorgane schon ganz bedeutend entwickelt sind, bevor die männlichen ihre Reife erlangt haben, ist es dennoch schwer, eine Übersicht über die gegen- seitige Lagerung beider Apparate zu erhalten. Die Anfertigung eines Schnittes, wie ihn Fig. 12 darstellt, gelingt nur in den seltensten Fällen. Das Präparat, das dieser Zeichnung zu Grunde lag, belehrt uns nun, dass die Hoden (t) den dem vorderen Rande anliegenden Theil des Gliedes einnehmen, und die Nothwendigkeit, den Tubus zu heben resp. zu senken, je nachdem wir, bei Betrachtung des Präparates, die Hoden oder die dem hinteren Gliedrande genäherten weiblichen Genitalorgane untersuchen wollen, zeigt, was oben angedeutet wurde, dass diese Ge- bilde je in verschiedenen horizontalen Ebenen gelagert sind. Dieselbe Zeichnung weist des ferneren auch nach, dass die Hoden hier dem Vas deferens näher als bei anderen Gestoden angelagert, oder mit anderen Worten, dass die Vasa efferentia dieses Thieres äußerst kurz sind. In Folge dessen nimmt der Samenleiter mitsammt den Hoden einen be- deutend einheitlicheren Charakter als bei anderen verwandten Thieren ! LEUCKART, Paras. I. p. 254. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 215 an und stellt das Bild einer um den Ausführungsgang stark centrirten, in ihrer Gesammtheit an ein gefiedertes Blatt erinnernden Drüse dar. Demselben Umstande entstammt die sonst beispiellose Analogie der Bildung von Hoden und Keimstock (kd), dessen Follikel um ihren ge- meinsamen Ausführungsgang ganz eben so gelagert sind, wie die Hoden um den Samenleiter. Diese Analogie ist so bedeutend, dass bloß histo- logische Merkmale und der Modus der Entwicklung zur Auseinander- haltung dieser zwei Keimdrüsen befähigen. | Dieselbe Lagerung der Hoden, die wir bei T.perfoliata antreffen, hat, wie man erschließen kann, StEuDEner bei seiner T. insignis ge- funden, obgleich es ihm nicht gelang, den Zusammenhang zwischen Hoden und Vas deferens darzustellen. Dieser Vermuthung scheint zwar seine Behauptung !, dass sich das Vas deferens um die Mitte des Gliedes in Vasa efferentia spalte, zu widersprechen, der Umstand jedoch, dass in seiner Zeichnung (Taf. XXVIII, Fig. 6) diese Vasa efferentia nicht zu finden sind, ferner die aus derselben Zeichnung ersichtliche Gruppirung der Hoden, so wie die Kürze der Proglottiden (0,1—0,15 mm), bestär- ken in der obigen Voraussetzung. Ganz bestimmt dagegen sind die Hoden unseres Thieres analog mit den Hoden von Arhynchotaenia eritica Pagenstecher ?, obwohl die Auffassung dieses Autors eine ganz verschiedene ist. Er lässt nämlich (a. a. ©. p.181) den Samenleiter am äußeren Umfange des angeblichen Eierstockes (des eigentlichen Dotter- ' stockes) in zwei Zweige zerfallen, von denen der eine an der Bauch-, der andere an der Rückenfläche verlaufen soll. Diese Auffassung, die mir bloß ein Ausfluss der oben erwähnten Untersuchungsmethode Pı- GENSTECHER’S zu Sein scheint, klingt schon desswegen unglaublich , weil sie ohne mindeste Analogie dasteht und der Auffassung der einen Kör- perfläche als der männlichen und der anderen als der weiblichen wider- spricht; vollständig hinfällig wird sie jedoch in Anbetracht dessen, dass - der eine dieser angeblichen Samenleiteräste sich als integrirender Be- - standtheil des weiblichen Genitalapparates erweisen lässt. Etwas ver- schieden scheinen sich im Vergleiche damit die Hoden der von StıEpA ? beschriebenen T. omphalodes und T. uncinata zu verhalten, wäh- - rend wir von T. nana und T. flavopunctata in dieser Hinsicht gar nichts wissen. Börrener's Ansicht; vom Baue der Bandwurmhoden ? ist schon von Sommer und Lanpoıs widerlegt worden, es genüge hier also zu consta- + 1 STEUDENER, 4. a. O. p. 25. 2 PAGENSTECHER, Diese Zeitschrift. Bd. XXX. Taf. X, Fig, 4. 3 STIEDA, TroscHEL's Archiv. 4862. * BÖTTCHER, VIrcHoW’S Archiv. Bd. XXX. p. 124—126, [zZ 216 Zygmunt Kahane, liren, dass auch ich nicht den mindesten Anlass gefunden habe, die Hoden als etwas anderes, denn als einfache Bläschen aufzufassen, als Bläschen, deren Hülle structurlos ist und deren Inhalt oben beschrieben wurde. In Bezug auf die Frage, ob diese structurlose Hülle dem Kör- perparenchym oder den Hodenzellen entstamme, kann ich keine ent- scheidende Antwort geben, vielleicht dürften jedoch die Verhältnisse, wie wir sie in den Uteruswandungen antreffen , etwas zu ihrer Lösung beitragen. | b) Vasa efferentia. Es sind dies feine Ganälchen mit äußerst zarten, kaum wahrnehm- baren Wandungen. Charakteristisch in Bezug auf unser Object ist ihre sehr geringe Längenausdehnung. Auch gehen sie nicht etwa wirtelför- mig, vom proximalen Ende des Samenleiters aus, nach den einzelnen Hodenbläschen aus einander und sind eben so wenig als Endverzweigun- gen zweier oder mehrerer Hauptäste des Vas deferens wie bei anderen Gestoden anzusehen, sondern münden unmittelbar an den Längsseiten des Samenleiters in denselben und bringen so das früher erwähnte Bild eines gefiederten Blattes hervor. Ihre geringe Länge bei einer verhält- nissmäßigen Weite verursacht, dass das mit einem Vas efferens in Ver- bindung stehende Hodenbläschen nicht einer auf einem langen, dünnen Stiele aufsitzenden Beere, sondern einem Blindsack mit erweitertem Fun- dus gleicht. c) Samenleiter. = Im Gegensatz zu fast sämmtlichen, ihrem anatomischen Baue nach bekannten Cestoden besitzt Taenia perfoliata keinen gewundenen Samenleiter. Fig. 12 zeigt, dass dieser Gang (vd) bei unserem Thiere von der Samenblase an fast direct, und dem vorderen Gliedrande paral- lel gegen den den Geschlechtsöffnungen entgegengesetzten Seitenrand verläuft. Ob die in obiger Figur dargestellte Länge desselben seine wirkliche Länge ist, d. h. ob er sich nicht auch noch über diesen Grenz- punkt hinaus erstreckt, ob er ferner seinen Abschluss in einem end- ständigen Hodenbläschen findet, oder als Samenleiter blind endigt, konnte leider nicht eruirt werden. Denn wenn auch sein Verlauf im Allgemeinen ein gestreckter ist, so ist doch die Möglichkeit vorhanden, dass er stellenweise, entweder in Folge seiner ursprünglichen Anlage, oder in Folge einer ungleichmäßigen Contraction des Gliedes, sich der einen oder der anderen Körperfläche so nähert, dass sich ein Theil des- selben der Beobachtung entzieht. Sofern mich meine, übrigens sorgfältigen Beobachtungen nicht täu- Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 217 schen, lassen sich an dem Vas deferens hinsichtlich der histologischen ‚Beschaffenheit seiner Wandungen zwei Abschnitte unterscheiden. Derjenige Abschnitt, der an die Samenblase stößt und vor der Ein- mündung der am weitesten gegen die Geschlechtsöffnungen vorgescho- benen Hoden liegt, hat in seinen Wandungen ganz vorzüglich ausge- prägte, sehr leicht unterscheidbare Muskelfasern. Dieselben verlaufen im Ganzen in der Längsrichtung des Samenleiters, sind aber ein wenig verfilzt und lassen weder nach außen, noch nach innen zu, eine zweite etwa ringförmige Schichtung unterscheiden. Auch kann man außer ihnen keinerlei andere, zum Aufbau der Wandungen dienende histolo- gische Elemente erkennen. Während nun so die Beschaffenheit dieses Abschnittes des Samen- leiters feststeht, ist bei den folgenden Angaben über den zweiten, zwi- schen den Hoden gelegenen Abschnitt die Möglichkeit eines Irrthums nicht ausgeschlossen. Die Untersuchung ist hier nämlich durch die dar- auf und darunter liegenden, strotzend mit Sperma gefüllten Hodenbläs- chen so erschwert, dass ich nur mit Verwahrung den Satz aufstelle, dass dieser Abschnitt des Vas deferens aus einer Lage epithelartiger Zellen besteht. Die selbständige Muskelwand nun, die LeuckArr dem Vas de- ferens der Bothriocephaliden mit Bestimmtheit!, dem der Tae- nien dagegen? mit Wahrscheinlichkeit zugesteht, und welche von BÖTTCHER in Bezug auf Bothriocephalus (latus)® und von Fevuer- EISEN in Bezug auf Taenia (setigera) * bestätigt wird, wäre an unserem -Thiere wenigstens für einen Theil dieses Gebildes erhärtet. d) Samenblase. Das Vas deferens des vorliegenden Thieres mündet, oder wenn man lieber will, geht nicht unmittelbar in denCirrhus über. Vor seinem Ein- _ tritt in den Girrhusbeutel bildet es eine ganz genau umgrenzte und gar nicht zu missdeutende Samenblase. Diese Samenblase (Fig. 12 und 44 vs) hat die Gestalt zweier Kegel, die mit den Grundflächen an einander stoßen und mit ihren Spitzen den zwei Seitenrändern der Proglottide zugekehrt sind. Die eine dieser Spitzen bildet den Übergang in das, die directe Fortsetzung der Samenblase bildende Vas deferens, während die andere die Muskelwände des Cirrhusbeutels durchbricht, um in den Cirrhus hinüberzuführen. Die Ausmaße, ja sogar die Gestalt des Ge- bildes bleiben sich nicht in allen Gliedern gleich, da sie offenbar von der Größe des durch die Samenansammlung ausgeübten Druckes abhän- 1 LEUCKART, Paras. I. p. 428, 2 LEUCKART, Paras. I. p. 263. 3 BÖTTCHER, VırcHow’s Archiv. Bd. XXX. p. 416. 4 FEUEREISEN, a. a. O. p. 470. 218 Zygmunt Kahane, | . gen. Die Wände der Samenblase zeigen die dem Vas deferens zukom- ° mende Structur, doch ist die Erforschung derselben durch das massen- haft angesammelte und in Strängen oder Locken angeordnete Sperma sehr erschwert. So viel steht jedenfalls fest, dass hier keinerlei neue, in der Wand des Samenleiters nicht vorfindliche Elemente hinzu- treten. Ob diese Samenblase mit dem als »kugelförmiger brauner Körper «- (Leucrart) oder »glockenförmiges Organ« (Börtcuer) beschriebenen Gebilde des Bothriocephalus latus so ohne Weiteres identifieirt werden kann, erscheint fraglich. LeuckArrt ! hebt nämlich ausdrücklich hervor, es sei dies bloß eine Verdickung der Muskelwandungen des Samenleiters, ohne eine Erweiterung seines Lumens, während BÖTTcHEr ? auch die letztere, angefüllt mit braunen Spermamassen, bemerkt haben will, und Srıepa 3, trotzdem er eine Erweiterung des Lumens vorfand, dennoch sagt: »Ich möchte trotzdem dieses Gebilde nicht als Samen- hlase .... sondern einfach nur als das mit besonders starker Muskulatur versehene Ende des Samenleiters ansehen.« Wenn wir nun auch auf diese Weise keine sichere Analogie für das bei unserem Thiere angetroffene Gebilde finden können, so unterliegt es doch nicht dem mindesten Zweifel, dass FEuEREISEn bei Taenia seti- gera eine Samenblase beobachtete, die sich von der bei T. perfo- liata vorfindlichen höchstens dadurch unterscheidet, dass sie nicht in der verlängerten Richtung des Cirrhusbeutels, sondern hinter dem- selben, parallel mit ihm und dem vorderen Gliedrande gelagert ist; wo- gegen die, eben da beschriebene T. fasciata eine Samenblase besitzt, die sich selbst in Lage und Richtung von der hier geschilderten nicht unterscheidet. Ein Unterschied in der Bildung zwischen der Samen- blase unseres Thieres, und der von Fevrreisen beschriebenen wäre höchstens darin zu finden, dass dieser Autor der Samenblase so wie dem Samenleiter neben der Längs- auch noch eine Ringmuskulatur zuerkennt, während ich hloß die erstere constatiren konnte. PAGEN- STECHER erwähnt zwar in der Schilderung von T. microsoma?° eine Vesicula seminalis mit keinem Worte, doch scheint Fig. I f der beige- gebenen Tafel auf ein ähnliches Organ zu deuten. Endlich versichert LeuckArt 6, dass ein bei T. nana angetroffenes Gebilde, das mit großer 1 LEUCKART, Paras. I. p. 428. 2 BÖTTCHER, Vırcuow’s Arch. Bd. XXX. p. 146—117. 3 STIEDA, MüLrer's Arch. 1864. p. 490. 4 FEUEREISEN, a. a. O. p. 196. Fig. 45 und A6. 5 PAGENSTECHER, Diese Zeitschrift. Bd. IX. 6 LEUCKART, Paras, I. p. 396, Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 219 Leichtigkeit hierher gezählt werden könnte, mit »aller Gewissheit« als - Receptaculum seminis dem weiblichen Genitalapparat angehört«, was jedoch, wie er selbst zugiebt, nicht aus an diesem Thiere direct beob- achteten Verbindungen, sondern höchst wahrscheinlich aus Analogie (mit Blasenbandwürmern) gefolgert wird. Doch wenn auch nicht ein einziger Cestode sonst ein analoges Ge- bilde besäße, für unseren Bandwurm wäre der Besitz einer unmittelbar beobachteten, nicht etwa auf theoretischem Wege erschlossenen Samen- blase unbestreitbar. Eben so leicht wie der anatomische Befund festzu- stellen war, eben so leicht lässt sich auch eine physiologische Erklärung ihres Auftretens erbringen. Das Vas deferens ist hier, im Vergleiche mit dem sehr langen und vielfach gewundenen Samenleiter anderer (lang- gegliederter) Taenien, als ein sehr kurzer, und fast ganz gerader Gang zu bezeichnen. Da nun das in den Hoden und in ihm selbst enthaltene Sperma beständig unter dem, als Propulsivmittel wirkenden, und durch die Action der Muskulatur des Samenleiters verstärkten Drucke der - Körpermuskeln steht, so müsste jede Partie Samen, allsogleich nach , ihrem Reifwerden, unmittelbar in den Cirrhus gelangen, wenn nicht - eine partielle Erweiterung des Samenleiters eine allmähliche Ansamm- } . Jung von größeren Spermamengen ermöglichte, und dadurch eine Fül- - lung des Cirrhus erst unmittelbar vor bevorstehender Begattung herbei- führen würde. . e) Cirrhus und Girrhusbeutel. Der Schnelligkeit, mit der die Entwicklung der Hoden stattfindet, entspricht vollständig die Schnelligkeit, mit der sich das distale Ende des zur Bildung der Genitalorgane bestimmten Parenchymstreifens zu den Begattungsorganen umwandelt. Schon oben (bei Beschreibung der Genitalöffnungen) hatten wir Gelegenheit darauf hinzuweisen, hier wollen - wir das, dort im dorsoventralen Längsschnitt Dargestellte, auf einem E horizontalen Längsschnitt erproben. Fig. 41 ist die Abbildung eines solchen, durch die auf das Köpfchen unmittelbar folgenden Glieder ge- - führten Schnittes. Der mit (ps) bezeichnete Streif lässt uns noch im Zweifel darüber, ob er die Anlage eines Gliedes im Ganzen, oder bloß - die Andeutung künftiger Genitalorgane darbietet. Der Streifen dagegen, der uns als der 7. der Reihe nach erscheint, kann schon mit Bestimmt- heit als Genitalanlage gedeutet werden, und obwohl er eigentlich in dem ersten wohl abgegrenzten Gliede unseres Thieres auftritt, entspricht er dennoch dem, was Sommer im 287. Gliede von T. mediocanellata vorfand. Einige Glieder weiter finden wir schon neben einander die m a - w Bi, FE en Ra 2 ir "ir ae a an Pr 754 220 Zygmunt Kahane, apparate. Im 14. Gliede ist der Cirrhus (cr,) schon erigirt, also der männliche Geschlechtsapparat auf der Höhe der Entwicklung, oder min- destens unfern davon. Diese Schnelligkeit der Fort- und Rückbildung des männlichen Zeugungsapparates kannte schon Dusarpın, dessen Ansicht darüber wir Eingangs mittheilten. Festgestelli muss aber werden, dass DuJarDın irrthümlich behauptet, es wäre vom 22. Gliede angefangen , auch nicht eine Spur dieses Apparates, sondern bloß ein Ovarium (eigentlich der Uterus) aufzufinden: denn wir werden uns überzeugen, dass Reste dieser Gebilde auch noch in bedeutend älteren Gliedern persistiren. Obwohl der Cirrhus mitsammt seinem Beutel zu denjenigen Or- ganen des Cestodenkörpers gehört, die am frühesten richtig gedeutet wurden, so sind doch die Ansichten in Bezug auf seine Anatomie und Histologie bei Weitem noch nicht einig. Nach Leuckart! besitzen T. solium und mediocanellata so wie Bothrioc. latus keinen gesonderten Cirrhus, dessen Thätig- keit bei der Begattung »bloß das« hervorstülpbare » diekere Muskelende des Samenleiters« verrichtet, nur der T. echinococcus? soll ein eigentlicher Cirrhus, »ein selbständiges Organ, das in die vordere Röhre des Cirrhusbeutels, wie die Glans in das Praeputium eingelagert ist «, zukommen, über dessen feineren Bau aber gar nichts angegeben wird. Sommer ? giebt auch nichts über den Bau der eigentlichen Cirrhus- wandungen an, sondern erwähnt nur die Muskelfasern, die vom Cirrhus- beutel kommend, sich an der Peripherie des ersteren festsetzen sollen, und auf die wir später eingehen müssen. Börrcher *, der den Cirrhus mittelst einer Schere abtrennte und gesondert untersuchte, lässt ihn aus einem Maschenwerk feiner Fasern aufgebaut sein, und schreibt dieser Bildung sogar eine physiologische Bedeutung zu, indem er sie mit dem cavernösen Gewebe höherer Thiere parallelisirt. Auf meine Untersuchungen gestützt, bin ich gezwungen dem Cirrhus der T. perfoliata seine Selbständigkeit, sowohl dem Cirrhus- beutel, als auch dem Vas deferens gegenüber zu vindiciren. Sowohl Quer- als Längsschnitte vom Cirrhus, als auch dieser selbst in intactem Zustande, gewährten mir Bilder, die mit einander vollkommen überein- stimmend, das Gedachte zur Genüge darlegen. In allen Fällen erwies sich die Wand desselben als eine, unter Umständen ziemlich starke, bloß im Zustande höchster Dehnung einfach, sonst doppelt contourirte Haut, die sich mit Garmin sehr intensiv, jedoch durchaus einförmig im- bibirt, und vollständig homogen erscheint. Ihre äußere Fläche ist mit 1 LEUCKART, Paras. 1. p. 178, 179 und 428. 2 LEUCKART, Paras. I. p. 338. ' 3 °SoMMER, a. a. 0. p. 23, 4 BÖTTCHER, Virchow’ s Arch. Bd. XXX. p. 112. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 221 kleinen, dicht stehenden, conischen, mit der Basis nach dem freien, mit der Spitze nach dem entgegengesetzten Cirrhusende gerichteten Stacheln besetzt, die schon Dusarpın kannte, da er, wie oben bemerkt, den Cirrhus als » tres-finement herisse « bezeichnete. Eben so kannte solche Stacheln am Cirrhus (von Tetrarrhynchen) van Beneden ! und nicht minder Leuckarr 2, der ihnen sogar eine Rolle bei der Begattung zuerkennt. Die Gestalt- und Lagerungsverhältnisse des Cirrhus sind in ver- schiedenen Zeiten und auf verschiedenen Entwicklungsstufen verschie- den, und der Bau dieses Organs ein ausnehmend complicirter. Der Cirrhus unseres Thieres ist nämlich nicht nur selbständig, er ist über- dies auch noch zusammengesetzt. re a" + er Wenn man einen horizontalen Längsschnitt unseres Thieres, der offenbar zugleich ein Flächenschnitt durch den Cirrhusbeutel desselben ist, und zwar von einem Gliede, wo noch, oder wo schon kein Sperma in den männlichen Genitalorganen vorfindlich ist, betrachtet, so sieht man in der Höhlung des Cirrhusbeutels einen, nicht in einer Ebene ge- schlängelten,, sondern in mehrere, in verschiedenen Ebenen liegende Theile geknickten Gang mit ziemlich weitem, gleichförmigen Lumen und homogenen stachelbesetzten Wandungen. Ist aber das Glied männlich- reif, dann findet man statt dessen in dem erweiterten Fundus des Cir- - rhusbeutels einen mächtigen birn- oder keulenförmigen Körper , der eine colossale Menge Sperma enthält, und neben, und zugleich nach außen von ihm, den früher erwähnten Gang. Da die Glieder als Ganzes nicht untersucht werden konnten, so ist es ganz selbstverständlich, dass a: De a r = neben diesem Körper von bedeutender Dicke der Gang in seiner Totali- tät und in seinem Zusammenhange mit der gedachten Blase nicht auf einmal zur Wahrnehmung gelangte. Die einzelnen Schnitte lieferten 7 5:5 a u ai Re un eben bloß Theilbilder, die ergänzt und zusammengestellt werden muss- ten. Ein besonders schönes Bild bot dasjenige Stadium, in welchem sich die Blase mit Sperma zu füllen begann und wo man einen rück- laufenden, der Wand der Blase anliegenden, ferner einen noch stark ge- schlängelten und endlich einen dem ersten entgegengesetzten, gegen den _Porus genitalis verlaufenden Theil des Ganges unterscheiden konnte. Nicht minder schön und bezeichnend waren die Bilder, die ein Glied ® mit erigirtem Cirrhus darbot. Der Blasentheil des Cirrhus war hier nicht mehr so umfangreich und von dem canalförmigen Antheil nicht so bestimmt abgesetzt, er war eher ein conischer, sogar spindelförmiger ; _ Körper, der nach innen zu stumpf abgerundet, oder, in anderen Fällen, - stumpf zugespitzt, nach außen zu gleichmäßig an Breitendurchmesser 1 van BENEDEN, a. a. O. p. 57. 2 LEUCKART, Paras. I. p. 178. 233 Zygmunt Kahane, abnahm und dessen unabgegrenzte, vollkommen gestreckte Fort- setzung der Canaltheil des Cirrhus bildete, um über den Rand des Glie- des hinaus in ziemlicher Länge hervorzustehen. Diese sorgfältig ausgeführten und des öfteren wiederholten Beob- achtungen zwingen mich eben, wie Eingangs bemerkt, die Selbständig- keit des Cirrhus zu vertreten. Nach. dieser Anschauungsweise wäre nun der Cirrhus der T. perfoliata ein von dem Vas deferens verschiedener, im Cirrhusbeutel aufgeknäuelter, mit structurlosen Wandungen umgebe- ner Gang, der sich zu einer gewissen Zeit in seinem hinteren Abschnitte durch die Einwirkung des massenhaft eindringenden Sperma in eine stark aufgetriebene Blase verwandelt, um bei noch stärkerer Anfüllung, und nach Eintritt einer später zu erwägenden Muskelaction wieder im Ganzen die Ge- stalt eines keil-, oder ungleich spindelförmigen Ganges anzu- nehmen, und sich mit dem äußersten Ende als Begat- tungsorgan hervorzustrecken. Da von dem Mechanis- Schematische Darstellung der Cirrhusbildung. vs, Vesicula seminalis; m, äußere Cirrhus- beutelmuskellage; m,, innere Cirrhusbeutel- muskellage; c, Cuticula der Körperober- fläche; sc, Subcuticularzellen derselben; ce}, Cuticula, die die Innenfläche des Cirrhus- beutels auskleidet (äußeres Rohr der Ein- stülpung); sc, subcuticulare Zellen dazu; C9, Cuticula, die den Cirrhus bildet (inneres mus der Begattung an anderer Stelle nochmals die Rede sein soll, so sei es gestattet hier einer anderen Frage Aufmerk- samkeit zu schenken, nament- Rohr der Einstülpung); vd, Endstück des Vas deferens (Verbindungsgang zwischen Samenblase und Cirrhus). lich der nach der morpholo- gischen Deutung dieses. Or- gans. Wenn der Cirrhus keine Fortsetzung des Vas deferens ist, wenn man ihn, wie der Augen- schein und der Vorgang bei seinen Formveränderungen lehren, als außer Zusammenhang mit der Muskulatur des Cirrhusbeutels stehend, auf- fassen muss: so erübrigt nichts anderes, als ihn für eine Einstülpung der äußeren Bedeckung, eine Fortsetzung der die Geschlechtskloake auskleidenden Schicht anzusehen. Diese Deutung, welche in Folge der unzweifelhaften Homogenität der Wandung nahe liegt, findet auch schon darin eine Stütze, dass Leuckarr ! nicht nur die innere Auskleidung des Porus genitalis für eine Fortsetzung der äußeren Cuticula ansieht, sondern dieselbe sich auch noch in die gesonderten Geschlechtswege fortsetzen lässt. Ich denke mir nun die Bildung auf die Weise entstan- 1 LEUCKART, Paras. I. p. 263, Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 223 _ den, dass ein nach innen eingestülpter Antheil der Guticula zu einem doppelten Rohre geworden ist, und dass das peripherische die Innen- wand des Cirrhusbeutels auskleidet, das centrale aber, selbständig ge- worden, die Mündung des Vas deferens aufnimmt, und den Cirrhus _ darstellt. Ich finde diese Deutung um so glaubwürdiger, als es gelingt, stellenweise im Hohlraum des Cirrhusbeutels Zellen zu entdecken, die ‚einen ausgesprochen epithelialen Charakter haben, so dass auch die zur Guticula gehörige subcuticulare Zellenlage nicht fehlt. Diese Darstellung des Cirrhus und seiner Entstehungsweise ist eigentlich bloß eine Bestätigung dessen, was FEUEREISEN bei T. seti- gera vorfand! und das nur unwesentlich von dem an meinem Unter- - suchungsobjecte Gefundenen abweicht. Ich habe es jedoch vorgezogen, diese Bildung hier zu besprechen, statt einfach auf Frurrkisen’s Arbeit hinzuweisen, da ich mich überzeugt habe, dass in keiner der nach FEUEREISEn’S Untersuchungen erschienenen Abhandlungen dieses so hoch - interessante Verhalten berücksichtigt wurde, woran wohl der Umstand = Schuld tragen dürfte, dass Feurreisen den factischen Befund zwar ganz richtig darstellt, eine Erklärung desselben anzuführen aber gänzlich unter- R lässt. Auch in Bezug auf die Muskulatur des Cirrhusbeutels stimmen die Resultate meiner Untersuchung mit den geläufigen Vorstellungen nicht - überein, ich muss also an dieser Stelle eine gedrängte Übersicht dessen, was darüber bekannt ist, einfügen. EB: LEuckArT sagt bei Besprechung des Baues der Geschlechtsorgane - bei Gestoden überhaupt? ganz allgemein, dass der Cirrhus »im Innern A _ einer zwiebel- oder beutelförmigen, gleichfalls muskulösen Kapsel « liege. Aus der Lage dieser Kapsel jedoch, in einer Einsenkung der die Grenze # rischen Rinden- und Mittelschicht bildenden Muskulatur, folgert? er weiter, dass dieser letzteren auch eine Rolle bei der Austreibung des E. Sperma zukomme. Bei Beschreibung des Bothr. latus ferner? wird der Cirrhusbeutel als ein »eiförmiger Muskelapparat, ....der....an 8 ‚seinen beiden Enden mit der peripherischen Moäkeildee Ach Mittelschicht _ in continuirlichem Zusammenhange steht « angeführt. Die Muskeln die- ses Apparates sind Ringmuskeln. Nach Börrcher 5 existirt dieser Zu- _ sammenhang zwischen den meridional verlaufenden Muskeln des Cir- - rhusbeutels und den Körpermuskeln, die beiderseits »an ihm (sc. dem - Cirrhusbeutel) vorüberziehen«, — nicht. Srırpa® bemerkte zweierlei t% FEUEREISEN, a. a. O0. p. 172 sqq. 2 LEUCKART, Paras. I. p. 179. 3 LEUCKART, 1. c. I. p. 264. - 4 LEUCKART, ]. c. I. p. 428. 5 BÖTTCHER, VircHow’s Arch. Bd. XXX. p. 113. RR 6 STIEDA, MüLLer's Arch. 1864. p. 189. Be mut wissensch. Zoologie. XXXIV.Bd, 15 Ya Pe m ren - an u a ee TE EN RRTEE 224 Zygmunt Kahane, Muskeln, Ringmuskeln (identisch mit LEUCKART’S Ring- und BöTTcHeEr’s Meridionalmuskeln), die die äußere Lage bilden und in unmittelbarem Zusammenhange mit der Ringmuskulatur des Körpers stehen, und nach innen davon Muskelfasern,, die radiär, von der äußeren Cirrhusfläche zur inneren Fläche der vorigen Schicht verlaufen. Sommer und Lanpoıs! bestätigen Stıepa’s Angaben, behaupten aber daneben, dass zur Ver- stärkung der Ringmuskulatur Fasern dienen, welche den Körperring- muskeln der Bauchseite angehören, während sich den Radiärmus- keln Fasern beimischen, die von der Ringmuskulatur der Rücken- fläche kommen. Dieselbe Lagerung der Muskelschichten nimmt auch Sommer ? für seine Taenien in Anspruch, schweigt aber vollständig in Bezug auf irgend einen Zusammenhang derselben mit den Körpermus- keln. Abweichend ist die Ansicht Steupener's, T. insignis soll dar- nach ? neben einer bloßen Ringmuskulatur als Bestandtheil des Girrhus- beutels nur noch eine nach außen davon liegende homogene Hüllmembran besitzen, die schon, wie bekannt, von EscHricHt ? angenommen wurde, deren Nichtexistenz jedoch Leuckarr erwies. Dagegen soll nach Stzu- DENER dieser Bandwurm keine radiären Cirrhusbeutelmuskeln besitzen, während die radiären Fasern, die bei anderen Gestoden angetroffen werden®, keine Muskel-, sondern elastische oder Bindegewebsfasern sein sollen. Meinen Beobachtungen zufolge besitzt nun unser Bandwurm in seinem Cirrhusbeutel ebenfalls zwei Muskellagen, doch verhalten sich dieselben zum Theil anders als bei den früher angeführten Thieren. Wie aus dem oben geschilderten Verhalten des Cirrhus leicht zu ersehen ist, hat auch der Cirrhusbeutel keine bleibende Form, sondern schwankt zwischen einer fast cylinderförmigen, bloß ein wenig zuge- spitzten und einer birn- oder eiförmigen,, je nach dem Füllungs- und Lagerungszustande des eingeschlossenen Cirrhus. Jedoch selbst in den extremsten Fällen der Gestaltsänderung lassen sich die beregten zwei Muskelschichten nachweisen. Die Richtungen beider kreuzen sich unter einem rechten Winkel und lassen sich mit Worten etwa auf folgende Weise beschreiben: Wenn wir uns den Cirrhusbeutel als ein in die Länge gezogenes, mit seiner Längsachse in der Richtung der Querachse der Proglottide liegendes Sphäroid denken, dann bilden die Muskeln der äußeren Schicht die Meridiane, die der inneren die Parallelkreise dieses Körpers. 1 SOMMER und Lanpoıs, a.a. O. p. 48. 2 SOMMER, a. a. O0. p. 23. 3 STEUDENER, 4. a. O0. p. 25. 4 Escuricat, Nova Acta Ac. L.-C. Bd. XIX. Suppl. 2. p. 44 u.a. m. O0, 5 STEUDENER, a. a, O. p. 20 und 27. Anatomie von Taenia perfoliata Cöze, als Beitrag zur Kenntniss der Gestoden. 225 Die Richtung der der äußeren Schicht angehörenden Muskeln ist, wie ersichtlich, längst als die der Ring- oder Meridionalmuskeln be- | | kannt, die der inneren wurde bisher nie beobachtet und offenbar durch E: die radiäre Muskulatur substituirt. Ob die letztere bei anderen Cestoden nicht wirklich nachweisbar ist, kann ich natürlich nicht verbürgen, so viel aber steht für mich fest , ee sie bei T. perfoliata nicht anzu- treffen ist, während die von mir den inneren Muskeln zugeschriebene Richtung sich sowohl auf Längs- als auf Querschnitten auf das Klarste ‚darstellt. * Auf dorso-ventralen Längsschnitten , wie z. B. Fig. 10, sehen wir, wie schon oben bemerkt wurde, um das Lumen des Cirrhus zwei Schichten gelagert. Die Fasern der inneren umfassen, in der Schnitt- ‚ebene liegend, ringförmig die Mündung des Cirrhus, können folglich keine Radiärfasern, die auch hier radiär gestellt sein müssten, sein, son- dern entsprechen vollkommen den oben aufgestellten Parallelkreisen ; die Fasern der äußeren Schicht dagegen stehen senkrecht zur Schnitt- fläche, sind also Meridionalmuskeln. — Horizontale Längsschnitte durch die Glieder, welche naturgemäß auch Längsschnitte des Cirrhusbeutels sind, zeigen verschiedene Bilder, je nachdem sie der Bauch- oder - Rückenfläche des Gliedes mehr genähert sind, oder mehr in die Mittel- ebene desselben fallen. Die ersteren, deren Schnittebene also sowohl : einer der Flächen des Cirrhusbeutels, als auch dem Umfange der Kreise, die die Quermuskeln beschreiben, genähert ist, zeigen Fasern, welche von der einen Seite der Innenfläche des Cirrhusbeutels zur anderen ver- laufen und welche bei oberflächlicher Betrachtung leicht als Radiär- fasern, die bloß von der Innenfläche der äußeren Cirrhusbeutel-Muskel- _ lage zur Außenfläche der Cirrhuswand verlaufen, angesehen werden könnten. Bei eingehender Prüfung jedoch, namentlich nach Verände- rung des Focalabstandes, wird es offenbar, dass sie, je nachdem, an der oberen oder unteren Fläche des Cirrhusumfanges vorüberziehen, um an die entgegengesetzte Fläche des Cirrhusbeutels heranzureichen. Die E Schnitte dagegen, die den Cirrhus seiner Mittelebene näher treffen, ' zeigen bereits keine Spur dieser scheinbar radiären Fasern, sondern, _ nach innen von der in der Schnittebene verlaufenden meridionalen Muskulatur, eine Lage von vollständig rein quer getroffenen Fasern. Eine weitere Bestätigung dieser Anordnung finden wir an Schnitten, wo der Cirrhus in Folge seiner ursprünglichen Anordnung und der un- gleichmäßigen Contraction der Körpermuskeln, in verschiedenen Theilen verschieden tief durchschnitten wurde, wo wir also auch die Kreise der 15* 226 Zygmunt Kahane, “reinen Querschnitte und dem scheinbar radiären Verlaufe auf einem Bilde überblicken können. Irgend einen Zusammenhang zwischen Körper- und Cirrhusbeutel- muskulatur nachzuweisen, gelang mir nicht. Die physiologische Deutung dieser Gebilde dürfte sich, dem voran- gesandten anatomischen Befunde zufolge, ziemlich einfach gestalten. Die unablässig sich wiederholende abwechselnde Contraction der Längs- und Quermuskulatur des Körpers wirkt auf den Inhalt der Hoden und des Vas deferens wie die peristaltische Bewegung des Darmes höherer Thiere auf den Darminhalt, und schiebt den ersteren, unterstützt durch die Muskulatur des Vas deferens in die Samenblase, und nach deren Überfüllung in den Cirrhus. Der innere Abschnitt des Cirrhus ver- wandelt sich durch die Aufnahme dieser Massen in eine Blase, wobei natürlich ein immer größerer Theil seiner Windungen ausgeglichen wird. Die Muskulatur des Cirrhusbeutels verhält sich während dieses ganzen Vorganges passiv und wird secundär auch ausgebaucht. Endlich dürfte aber die durch den Seitendruck in den Muskeln des Cirrhusbeutels her- vorgebrachte Spannung als auslösendes Moment auf ihre Gontractilität wirken und ihre Action hervorrufen. Ob beide Schichten nun gleich- zeitig, oder abwechselnd wirken, ist vollständig irrelevant, ihre Con- traction muss sich, sei dem wie es wolle, gegenseitig unterstützen. Die Folge derselben kann in keinem Falle etwas anderes sein, als die Her- vorstreckung der ausgeglichenen leer gebliebenen Windungen des, frei im Cirrhusbeutel befindlichen Cirrhusrohres, und zugleich eine Ver- minderung des Umfangs der hinten gelegenen Blase, in Folge ihrer Ent- leerung. Diese Auffassung steht, obwohl hier keine Umstülpung des Cirrhus stattfindet, der Auffassung dieses Vorganges, wie wir sie bei Leuckarr ! finden, nahe, während sie sich mit der Auffassung Srtıepa’s (a. a. O.), Sommer und Lanpois’ (a. a. O.) und Sommer’s (s. 0.) nicht vereinigen lässt, da nach diesen Autoren die inneren Muskeln als Retractoren, also als Antagonisten der äußeren wirken müssten. Die Ausführung des Befruchtungsactes bei Cestoden ist bis jetzt auch noch nicht festgestellt. van BEnEepEn? fasst den Befruchtungsvor- gang als Selbstbegattung der einzelnen Proglottiden auf, und be- schreibt ihn nach Beobachtungen an Phyllobothrium lactuca und anderen Species. LEuckArr 3 stellte ebenfalls die Thatsache der Immis- sion des Cirrhus in die Vagina, namentlich bei Hundebandwürmern fest. 1 LEUCKART, Paras. I. p. 179. 2 van BENEDEN, a. a. O. p. 64. 3 LEUCKART, Paras. I. p. 264 und Holzschnitt p. 339. % 3; £ Anatomie von Tania perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenniniss der Cestoden.. 227 AR Dem entgegen behaupten Sommer und Lanpoıs! es fände keine Be- gatlung statt, und folgerecht wäre der Cirrhus auch kein Begattungs- organ; sie stützen sich namentlich darauf, dass es ihnen nie gelungen ist, eine Immission des Cirrhus zu beobachten, dass sie jedoch des öfte- ren bei nicht erigirtem Cirrhus einen Strom Sperma aus der männlichen Genitalöffnung in die weibliche hinüberwandern sahen. Außerdem ver- suchen sie auch auf theoretischem Wege, aus der Lagerung dieser beiden Mündungen bei Bothr. latus die Unmöglichkeit eines Coitus zu dedu- ciren. Dasselbe ergaben die Untersuchungen Somner’s? an T.solium und mediocanellata, nur dass sie hierbei noch LeuckArr's® Angabe vom Abschlusse der Randgrübchen bestätigen , obwohl Sommer die Existenz _ eines, dies bewirkenden Schließmuskels leugnet. Stiepı so wie BÖTTCHER erklären den Vorgang der Erection, schweigen aber in Bezug auf die F Frage der Begattung, Stıepa * erwähnt bloß, er habe nie den Cirrhus in - der Vagina angetroffen. 1 Ich selbst hatte keine Gelegenheit den Act der Begattung zu beob- ; achten, glaube aber nicht anstehen zu dürfen, die Selbständigkeit des - _ Cirrhus als eine mit der Möglichkeit der Ausübung eines Coitus zu- E sammenhängende Eigenschaft aufzufassen. 2) Weiblicher Genitalapparat. a) Vagina und Receptaculum seminis. Die Vagina der Taenia perfoliata liegt dem hinteren Glied- - _ rande ein wenig näher als das Vas deferens, aber zugleich, wie erwähnt, _ um ein Bedeutendes der demselben abgewandten Körperfläche genähert. - Ihr Verlauf ist, wie man aus Fig. 11 und 14 ersehen mag, im Ganzen parallel mit der Längsachse des Cirrhusbeutels und zugleich mit dem vorderen und hinteren Gliedrande. Nach einem kurzen, und fast voll- ständig gestreckten Verlaufe, erweitert sie sich ziemlich plötzlich, und wird auf diese Weise zum Receptaculum seminis (Fig. 44, 15 und I6 rs). Anfangs. bildet das letztere auch in Bezug auf seine Richtung bloß eine Fortsetzung der Vagina (Fig. 44). Allmählich jedoch, und zwar in dem Maße, als die übrigen Theile des weiblichen Geschlechtsapparates an * Umfang zunehmen, erfährt das Receptaculum seminis eine Drehung seiner Längsachse, so namentlich, dass sich sein medialer Abschnitt um - ein Bedeutendes dem vorderen Gliedrande nähert, wie es Fig. 15 und 16 e:.. 2 Sommer und LAnpoıs, a. a. 0. p. 18 und 19. 2% SOMMER, a.a.0. p. 8—9. 3 LEUCKART, Paras, I. p. 263, #4 Srıepa, Müner’s Arch. 1864. p. 191, 228 Zygmunt Kahane, zeigen. In dieser Lage bildet der vordere Rand desselben mit dem vor- deren Rande der Vagina einen nach vorn und außen offenen Winkel, und die Übergangsstelle beider in einander erscheint geknickt. Das Recepta- culum seminis hat eine fast spindelförmige Gestalt, doch ist sein nach außen gerichteter Abschnitt enger als der innere, und während der erstere sehr allmählich und ohne merkbaren Absatz in die Vagina über- geht, ist der aus dem hinteren, breiteren Ende entspringende Verbin- dungsgang zu den übrigen Genitalorganen (Fig. 15 und 16 rsg) deutlich, nach Art eines Stieles, abgeschnürt. Vagina, Samentasche und der aus dieser entspringende Gang bilden ein Ganzes nicht nur in Hinsicht auf ihre Gontinuität, sondern auch in Bezug auf die histologische Beschaffenheit ihrer Wandungen. Diese be- stehen bei allen diesen Organen aus einer sehr zarten homogenen Mem- bran, als deren Grundlage Zellen gelten müssen, die, mit den Zellen des inneren Abschnittes des Vas deferens vollkommen identisch, alle Merk- male von Epithelzellen besitzen. Ein Unterschied zwischen diesen Gebilden ließe sich höchstens darin finden, dass in der Vagina und dem Verbindungsgange die Zellen eine continuirliche Lage bilden, während sie in der Wand des Receptaculum durch Zwischenräume von einander getrennt sind. Ich für meinen Theil erblicke darin jedoch kein ursprüng- liches Merkmal, sondern eine secundäre Erscheinung, hervorgerufen durch die starke passive Ausdehnung des Receptaculum, wodurch bei der bekannten Elasticität solcher cuticulaartiger Membranen, die structur- lose Haut ausgedehnt, die Zellen aber aus einander gezerrt werden. Ferner kann ich auch den Umstand nicht verschweigen , dass auf den meisten meiner Präparate den Wandungen der Scheide und Samen- tasche Muskelfasern so constant anliegen, dass es fast den Anschein ge- winnt, als wären sie ein integrirender Bestandtheil derselben. Es wäre dies eine Bestätigung dessen, was v. SıesoL» ! behauptet, es scheint mir jedoch, trotz der großen Constanz mit der die Fasern auftreten, ein wenig zu gewagt, diesen Umstand als ganz sicher hinzustellen, nament- lich da diese Muskeln eine Richtung haben, die mit dem Verlaufe der Ringmuskulatur des Körpers identisch ist, da also die Möglichkeit eines Irrthums nicht völlig ausgeschlossen ist. Sommer ? erwähnt neben einer structurlosen Membran und einer Lage von Zellen, die mit den meinigen vollkommen übereinstimmen, nur noch einer im Lumen der Vagina liegenden Chitinlamelle und eines Chitinbesatzes der structurlosen Membran. Diese chitinösen Gebilde ! v. SiEBOLD und Stannıus, Vergleichende Anatomie. Berlin 1848. Bd.I. p. 445 bis 447. 2 SoMMER, a. a. O. p. 48 und 19, 0 Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Gestoden. 229 kannte und beschrieb (bei T.echinococcus) schon vorher Leuckarr !, keiner von ihnen erwähnt jedoch einen Muskelbelag, eben so wie es SrEUDENER nicht thut. Die beregten Chitingebilde konnte ich nicht aus- findig machen, bin aber trotzdem weit entfernt ihre Existenz wegzu- leugnen. Die Ansicht einer jungen, leeren aber vollständig ausgebilde- ten Vagina von unserem Thiere zu erhalten ist ungemein schwierig, und in einer, strotzend mit einer Menge von verfilzten Samenfäden gefüllten, diese feinen Dinge aufzufinden, ist auch kein Leichtes. Ich muss es also unentschieden lassen, ob unser Thier diese chitinöse Bewaffnung, die wahrscheinlich eine wichtige physiologische Aufgabe, nämlich die Ver- hinderung einer rückläufigen Bewegung der Spermamassen, zu verrich- ten hat, nicht auch besitzt. Bemerkt muss noch werden, dass das Sperma, welches innerhalb der männlichen Genitalorgane in Stränge und Locken angeordnet war, hier zum großen Theile in Ballen oder Patronen geformt ist, wie sie sonst bei Gestoden bisher nicht bekannt waren, wie wohl sie bei vielen anderen Thieren in eben der Form auftreten. Diese Ballen, die in Fig. 16 abgebildet sind, haben die Gestalt linsenförmiger Körper, und erinnern fast an die großen rothen Blutkörperchen der Amphibien. b) Der Keimstock. So sehr das ausgebildete Ovarium unseres Thieres leicht aufzufin- den, ja sogar geeignet ist, die übrigen Organe der Beobachtung zu ent- ziehen, dadurch, dass es dieselben allenthalben überwuchert, so schwer ist es andererseits irgend welche Einsicht in seine Entwicklung zu er- 3 langen. Überdies ist man bei Untersuchung gerade dieses Organs der Gefahr ausgesetzt, Verwechslungen zu machen, und Irrthümer zu be- gehen, von denen man sich nachträglich nur mit Mühe befreit. E Wenn wir den, auf Fig. 14 abgebildeten horizontalen Längsschnitt « durch zwei Glieder betrachten, so werden wir sehr leicht einsehen, worauf die Möglichkeit in solche Irrthümer zu verfallen , beruht. Der E Zellenhaufen (dd), der, bei näherer Prüfung, einen ihn durchsetzenden, geschlängelten Gang aufweist, der ihn mit dem, fast das ganze Glied in querer Richtung durchziehenden Gang (ut) verbindet, scheint, da in dem letzteren die Anlage des künftigen Uterus leicht zu erkennen ist, _ nichts anderes als der Eier- oder richtiger Keimstock zu sein. In einem solchen Falle ist, so schließt man weiter, der von dem ersten _ medianwärts liegende, zweite Zellenhaufen (sd) offenbar der Dotter- stock, während die in zwei Reihen längs des vermeintlichen Uterus ! LEucKART, Paras. 1. p. 339 Text und Holzschnitt, 230 - - Zygmunt Kahane, | E. FR, gelagerten, rundlichen aus Zellen bestehenden Haufen (kd) nichts ande- res sein können, denn Hoden, die in Rückbildung begriffen sind, und in Folge dessen keine Verbindung mehr mit dem Endstück des Vas defe- rens aufweisen. | | Diesen Schluss dürfte die Analogie mit den betreffenden Organen langgliederiger Taenien dietiren, und die etwaigen Abweichungen von diesem Typus, wie z. B. die Verschmelzung beider Keimstockhälften, die Sonderung der Mündungen des Keim- und Dotterstockes etc. könnte man ohne Zwang als Folgen der Anpassung an die Gesammtform des Thieres auffassen. Eine solche Deutung wäre jedoch bloß in so fern richtig, als sie den Uterus betrifft, in Bezug auf Hoden und Keimdrüse wäre sie jedoch ein Irrthum, den ich auch anfänglich selber begangen hatte. Fig. 15, eben so wie Fig. 16, die das Mittelstück der vorhergehen- den bei stärkerer Vergrößerung darstellt, belehren uns davon. Wir sehen hier von jedem Seitenrande der Proglottide her einen, mit dem vorderen und hinteren Gliedrande und dem Uterus parallelen Gang, gegen die Mitte des Gliedes zu, verlaufen, wir sehen ferner, dass diese beiden Gänge (ovg) sich in der Mitte des Gliedes, etwas nach innen von dem medialen Ende des darunter liegenden Receptaculum seminis in Gestalt eines Y vereinigen, und dass dieser so entstandene gemeinschaft- liche Gang (ovgc) sich mit dem vom Receptaculum kommenden Gange über dem Uterus verbindet. Der vor der gegenseitigen Vereinigung dieser beiden Gänge liegende Theil derselben zeichnet sich durch eine große Anzahl anhängender handschuhfingerförmiger Blindsäcke mit er- weitertem Fundus (kdf) aus, und erinnert in diesem Zusammenhange stark an die Gesammtansicht, die die Hoden im Vereine mit dem Vas deferens darboten. Der in Rede stehende Gang hat Wandungen, die mit denen der Vagina und des Receptaculum seminis vollkommen iden- tisch sind, die Schläuche jedoch, die ihm anhängen, bestehen aus inner- halb einer structurlosen Membran liegenden Zellen, die einen wahr- nehmbaren Kern und ein davon gut differenzirtes schwach gefärbtes Protoplasma besitzen, und sich durch Aussehen und Größe von den Zellen der Wand des Ganges sehr wohl unterscheiden. Die letzteren, die etwas länglich-oval und abgeplattet erscheinen, und an denen der Kern nicht gut wahrnehmbar ist, haben einen Querdurchmesser von 0,0027 mm und einen Längsdurchmesser von 0,004 mm, während die ersteren, fast kugelrund und nur durch gegenseitigen Druck ein wenig polygonal, einen Durchmesser von 0,0068 mm und einen Kern von 0,003 mm haben. Dass dieses Gebilde der eigentliche Keimstock unseres Thieres ist, Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 231 bodlarf wohl keines eingehenderen Nachweises. Das unverkennbare, die späteren Eikeime bildende Drüsenepithel der Schläuche, die Anord- 2 nung derselben ganz nach dem bei anderen Taenien (T. Bokn und T. medioc. Sommer) nachgewiesenen Typus einer tubulösen Drüse, die Ver- einigung der Ausführungsgänge der beiden Drüsenhälften, die Vereini- gung dieses mit dem Gange des Receptaculum seminis, an den sich auch, _ wie wir später sehen werden, der Schalendrüsen- und Dottergang an- lehnen, alles lässt die Natur dieser Drüse sehr leicht erkennen. Ihre Gestalt, langgezogen und schmächtig, nicht aber, wie bei langgliedrigen Taenien ein umfangreiches Packet von langen verflochtenen Gängen bildend, darf uns — bei dem so oft erprobten Einflusse der Körperform des Thieres auf Lagerungs- und Gestaltungsverhältnisse der inneren Or- gane — wahrlich nicht abschrecken. — Einen weiteren Behelf zur Orien- “ tirung in Bezug auf Lage des Eierstockes und dessen Verhältniss zu den " Hoden, bietet Fig. 12. Eine, dem hier vorliegenden Befunde vollständig gleichende Eeinang des Keimstockes finden wir bei der, von PAGEnsTECHER (Diese Zeitschr. Bd. XXX.a.a. 0.) beschriebenen Arhynchotaeniacritica, natürlich jedoch nur dann, wenn wir von der unrichtigen Deutung, die E: wir hier antreffen, absehen. PAGENSTECHER unterscheidet nämlich ein »centrales Ovar« und »peripherische Eiersäcke«. Weiter unten, wo von dem Dotterstocke unseres Thieres die Rede sein wird, wird es sich herausstellen , und bei dem Anblicke von PAGENSTECHER’s Fig. 4, Taf. X, und deren Vergleichung mit meiner Fig. 46 wird es alsogleich ersicht- lich, dass der vollkommen richtig wiedergegebene, als »Hauptovar« ge- deutete Körpertheil der Arhynchotaenia, sowohl vermöge seiner 4 Lage als seines Inhalts der ganz regelrechte Dotterstock dieses Thieres F ist. Die sogenannten »Eiersäcke« dagegen. correspondiren nach Lage R und Inhalt vollständig mit den Blindschläuchen unseres Keimstockes, Be: und müssen dem Gange anhängen, den, wie schon früher erwähnt, PAGENSTECHER als einen der Hauptzweige des Vas deferens in Anspruch _ nahm, und der sich nun als Eier(Keim-)stocksgang herausstellt. In Srıepa’s Darstellung der Geschlechtsorgane von T.omphalodes kann ich bloß vermuthen,, dass eine gegenseitige Verwechslung von Keim- und Dotterstock stattfand. Zu einer Sicherstellung derselben reichen weder Text noch Zeichnung hin !, aber der Umstand, dass der angebliche Keimstock einfach, der Dotterstock dagegen zweigetheilt ist, lässt die enus dass dem so Sa wahrscheinlich ergeheinen; namentlich FRTM 2.2 WRIENTG \ T de Y 232 | Zygmunt Kahane, entscheidenden Arbeit Sonner’s erschienen war. Wäre diese Voraus- setzung richtig, dann hätten wir in diesem, so wie in dem ganz ähn- lichen Keimstocke von T. uncinata (Stıena, Ss. o. Fig. 5 ders. Tafel), ganz vortreffliche Übergangsstufen von der Gesammitgestalt des Keim- stockes langgliedriger Taenien, zu der der T. perfoliata. Denselben Fehler scheint mir auch Frurr£isen (a. a. O. Fig. 13, Taf. X) in Bezug auf F. setigera begangen zu haben, während er uns zur richtigen Auf- fassung des Keimstockes der übrigen von ihm behandelten Taenien gar keine Anhaltspunkte giebt. Ganz ungezwungen endlich lässt sich das von STEUDENER ! beschriebene und bildlich dargestellte Verhalten des Keimstockes bei T. insignis hier einreihen, während sich die, freilich aus längeren Gliedern aufgebaute T. tripuncetata mehr an langge- gliederte Formen anzulehnen scheint. 'c) Dotterstock (Albumindrüse). Den Dotterstock sehen wir anfänglich (Fig. 14 dd) als einen wenig umfangreichen, dicht neben dem Receptaculum dem Uterus anliegenden Zellenhaufen. Bei Anwendung stärkerer Vergrößerungen löst sich dieser Zellenhaufen in einen vielfach gewundenen, in den Uterus einmünden- den Gang oder Schlauch auf. (In dem hier abgebildeten Präparate ist die Mündung des von der Samentasche kommenden Ganges nicht zu sehen.) Fig. 15 und 16 zeigt, dass dies Gebilde, auf einer weiteren Ent- wicklungsstufe angelangt, eine mächtige Vergrößerung erfahren hat, und sowohl einen Theil des Receptaculum, als auch fast das ganze, anfäng- lich medianwärts von ihm gelegene Organ (sd) bedeckt. Gleichzeitig mit dieser Vergrößerung findet eine eigenthümliche Verschiebung der gegen- seitigen Lage dieser beiden Gebilde statt: während nämlich Anfangs das letztere, wie gesagt, medianwärts von dem ersteren und in derselben horizontalen Fläche damit lag, finden wir, dass jetzt der Dotterstock nicht nur der Fläche nach sich verbreitert, sondern sich zugleich auch der weiblichen (Bauch-) Fläche so genähert hat, dass sein Verhältniss zu den Nachbarorganen ein von dem früheren ganz verschiedenes geworden ist. Im Zusammenhange damit steht auch die Verschiebung, die das Recepta- culum seminis erfuhr und die schon oben berücksichtigt wurde. Auf dieser Stufe finden wir nun, dass der Gang, aus dem der Dotterstock besteht, in Folge einer Zunahme seines Lumens und in Folge des Auf- tretens vielfacher Ausbuchtungen fast vollständig das Aussehen einer traubigen Drüse gewonnen hat. Seine Wand besteht aus einer äußerst zarten, homogenen Membran, ! STEUDENER, a. a. O. Fig. 6, Taf. XXXI, Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der.Cestoden. 233 und sein Inhalt auf dieser Entwicklungsstufe aus vollständig homogenen, stark glänzenden, fettartigen Kügelchen von 0,004 mm Durchmesser, die in Folge ihrer Anhäufung und ihres starken Lichtbrechungsver- mögens dem ganzen Gebilde ein dunkles, in dickeren Lagen fast schwar- zes Aussehen verleihen. Ihre Entwicklung aus den ursprünglich vor- "handenen Zellen konnte nicht verfolgt werden. Der Ausführungsgang dieser Drüse, der ganz das Aussehen derselben besitzt, mündet gemeinschaftlich, wie es scheint, mit dem Samentaschen- und Schalendrüsengang in den vereinigten Eierstocksgang, wodurch der letztere zum eigentlichen Eileiter wird. Dieser Mündungsvorgang ist mir, ich muss es gestehen, nicht vollständig klar geworden; was Fig. 16 nachweist, ist das meiste, was ich darüber erfahren konnte. Dass die drei zuletzt genannten Gänge hier zusammenfließen,, erscheint mehr als wahrscheinlich, ihre Einmündunssstelle in den Ovarialgang jedoch, so wie die Einmündungsstelle desselben in den Uterus genau zu bezeichnen, ist rein unmöglich. Man bekommt nämlich entweder solche Schnitte, wie Fig. 16 einen darstellt, wo die mächtige und dunkle Masse des Dotter- stockes die entsprechende Stelle überlagert und verdunkelt, oder man erhält zwar keinen Dotterstock , aber dafür auch nur noch Fragmente dieser Gänge, die, wie ich als sicher annehmen muss, nicht etwa in einer zur Uterusebene parallelen horizontalen Fläche verlaufen , sondern auf die Art einmünden, dass sie von der Bauchfläche her, also in der - Ebene der dorso-ventralen Querachse des Körpers auf den Uterus zu gerichtet sind. Wie in Betreff aller bis jetzt behandelten Genitalorgane, lässt sich auch bezüglich dieses Gebildes eine Verwandtschaft zwischen unserem Thiere und anderen kurzgliederigen Species nachweisen. Der von PAGENSTECHER für Arhynchotaenia critica bean- spruchte » Haupteierstock « ist, wie früher beiläufig erwähnt wurde, un- widerlegbar der Dotterstock dieses Thieres. Sein Inhalt ist, wie ihn PAGENSTECHER Fig. 6, Taf. X zeichnet, nicht im mindesten mit Zellen überhaupt, und am wenigsten mit Eizellen zu vergleichen, sondern offenbar nichts anderes als eine Ansammlung von Dotterkörnchen. Eine Stütze dafür findet man im Texte, namentlich dort, wo von einem Sacke mit structurloser Haut und gelappten Contouren die Rede ist. Dass PAGENSTECHER die Zellen, welche ja auch bei T. perfoliata ursprüng- lich an dieser Stelle anzutreflen sind, in Folge einer langsameren Ent- wicklung der Geschlechtsorgane bei seinem Untersuchungsobjecte, auch während des Überganges in Dotterkörner beobachten konnte, was mir _ nicht gelang, und dass er in Folge dessen von Zellen dort spricht, wo er Dotterkörner zeichnet: das alterirt die Identität beider Gebilde nicht im 234 Zygmunt Kahane, mindesten. Das von PaEnstecHer angeblich entdeckte und als Dotter- drüse fungirende »Schlauchorgan «, das dem decentralisirten Dotter- stocke der Bothriocephaliden nachgebildet ist, existirt gar nicht, sondern scheint der optische Ausdruck der durch die Präparirmethode dieses Autors hergestellten rauhen und zottigen Fläche der sogenannten » natür- lichen Querschnitte« zu sein. Die Dotterstöcke der von Srtiepa und FEuEREISEN beschriebenen Taenien sind, falls meine oben erwähnte Vermuthung von der Ver- wechslung der Keim- mit den Dotterstöcken richtig ist, auch sackförmig und nicht wie bei langgliedrigen Taenien aus einem verflochtenen Röhrennetze bestehend; vollständig dagegen mit dem Dotterstocke meines Objectes identisch sind die Dotterstöcke der von STEUDENER be- schriebenen T. insignis und T. tripunctata. d) Schalendrüse. Von keiner der bis jetzt anatomisch bekannten kurzgliedrigen Taenienspecies liegt die Beschreibung einer Schalendrüse vor. Trotzdem es nun in Folge dessen scheinen dürfte, als besäßen diese Thiere kein solches Organ, und als würde an Stelle desselben vielleicht bloß ein. Zellenbelag des Eileiters oder des Uterus fungiren, sehe ich mich doch veranlasst, für die T. perfoliata wenigstens die Existenz der Schalen- drüse zu behaupten. Auf-Fig. 14 treffen wir, medianwärts von der An- lage des Dotterstockes, einen Zellenhaufen (sd), der sich nicht wie dieser als aufgewundener Schlauch erweist, und für den wir, da er schon in diesem Zustande vom Dotterstocke zu unterscheiden ist, und neben einem auch schon angelegten Keimstocke auftritt, keine Verwendung hätten, wenn wir ihn nicht als Schalendrüse deuten wollten. Doch brauchen wir es nicht bei dieser Vermuthung bewenden zu lassen, denn in reifen Gliedern tritt uns seine Bedeutung unwiderleglich zu Tage. In dem Winkel, welcher (Fig. 16) von dem vorderen Rande der Dotter- stockslappen und dem hinteren Rande des Samentaschenganges begrenzt wird, sehen wir einen Körper (sd), der durch sein ganzes Aussehen von dem, ihn halbkreisförmig umschließenden Dotterstocke absticht. Sein Inhalt besteht nicht aus den bekannten Dotterkörnchen, sondern aus Zellen von 0,044 mm Durchmesser, die sich durch ihre helle Färbung von dem dunklen durch den Dotterstock gebildeten Hintergrunde ganz vorzüglich abheben. Dieser Körper, von dem bloß ein Theil sichtbar ist, da den Rest die überlagernden Dotterstocksmassen der Beobachtung entziehen, dessen Gestalt und Größe also nicht näher zu bestimmen sind, setzt sich, wie erwähnt, mittelst eines besonderen Ganges (sdg) mit den übrigen Geschlechtstheilen in Verbindung. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 235 e) Uterus. _ Verhältnissmäßig einfacher als die übrigen Bestandtheile des weib- lichen Geschlechtsapparates gestaltet sich der Uterus. Anfangs (Fig. 14 ut) hat er die Gestalt eines quer durch beinahe das ganze Glied ver- laufenden Ganges, oder eigentlich eines aus Zellen, wie wir sie in den Wandungen der Geschlechtsorgane allenthalben vorfanden, aufgebauten soliden Stranges, dessen äußerste Enden bloß ein Lumen aufweisen. Das den äußeren Genitalöffnungen zugekehrte Ende desselben schmiegt sich an die Wand des Receptaculum seminis so an, dass es bloß durch Einstellung des Mikroskops als gesondertes Gebilde unterschieden werden kann. Hier sehen wir zugleich die Anfänge jener Krümmung in vertikaler Richtung, welche oben als eine Folge der Größenzunahme und der Lageveränderung des Dotterstockes hervorgehoben wurde. Aus der Ansicht, die uns obige Figur gewährt, können wir zugleich ersehen, dass der Uterus nicht in einer und derselben Ebene mit dem Recepta- culum und dem Keim- und Dotterstocke liegt, worauf übrigens auch - schon oben bei Besprechung der Einmündung des Eileiters hingewiesen 5 _ wurde. Wir finden namentlich, dass er im Vergleiche mit jenen Organen ‚mehr dorsalwärts gelegen ist, während Fig. 42 und 45 wieder zeigen, dass er zugleich näher als der Eierstock gegen den hinteren Gliedrand - _ vorgeschoben ist. In dem Zustande, wie ihn uns Fig. 15 in seiner ganzen Länge, und Fig. 16 in einem Theile derselben vorführt, ist der Uterus schon in seinem ganzen Verlaufe kein solider Strang mehr, son- _ dern in ein an beiden Enden kolbig aufgetriebenes Rohr umgewandelt. Die Wandungen desselben bestehen aus einer fast continuirlichen Lage der schon des öfteren erwähnten epithelartigen Zellen, die von innen mit einer feinen, hellen und homogenen Membran ausgekleidet ist. 2 In den Proglottiden , welche älter, als die in Fig. 15 abgebildete, sind, treten längs beider Seiten des Uterus immer mehr und immer tiefere Ausbuchtungen auf, während sich der Hohlraum des Uterus mit Eiern füllt, in denen alsbald Furchungserscheinungen wahrzunehmen - sind. Diese Ausbuchtungen, Anfangs verhältnissmäßig flach und mit einfach gerundetem Rande, bewirken, daß die im Uterus dicht gedräng- ten und mittelst eines Kittes eng verbundenen Eier, wenn sie bei Be- _ handlung des Präparates herausgepresst werden, eine Eierschnur dar- stellen, welche einer Doppelsäge mit abgerundeten Zähnen gleicht. Bei _ zunehmender Reife der Glieder verwandelt sich die innere Umrandung des Uterushohlraums noch einmal, es ireten nämlich im Bereiche der E; primären Ausbuchtungen zackige Ausläufer des Körperbindegewebes, an = ihrem freien Rande natürlich mit Zellen und darauf liegender structur- 236 Zygmunt Kahane, loser Membran ausgekleidet auf, und die Wand erhält dadurch das un- regelmäßig gezahnte, an das Aussehen eines von Caries angegriffenen Knochen erinnernde Aussehen, das in Fig. 17 und stärker vergrößert in Fig. 18 dargestellt ist. Die Eier, die in dem so gestalteten Uterus vor- findlich sind, und in denen schon mehrere Furchungskugeln von einem Durchmesser von 0,002 mm auftreten, während das ganze Ei 0,0415 mm im Durchmesser hält, bilden kein, den ganzen Hohlraum ausfüllendes eng vereinigtes Ganzes, sondern liegen in einzelnen Gruppen in die ver- schiedenen Hohlräume vertheilt. Diese Eigruppen sind sowohl von ein- ander, als von der Uteruswand abgesetzt, worin ich eine Schrumpfungs- erscheinung erblicken zu müssen glaubte, und in Folge dessen von irgend einer eingehenderen Beobachtung des Furchungsprocesses ab- stand. Neben dem auf dieser Entwicklungsstufe befindlichen Uterus findet man an sonstigen Genitalorganen unschwer Theile des Dotter- stockes, der Samentasche, ja mitunter des Cirrhusbeutels und Cirrhus, während vom Eierstock und offenbar auch von den Hoden keine Spur mehr zu sehen ist. Die reifen, einen Embryo enthaltenden Eier (Fig. 19), zeichnen sich durch eine eigenthümliche Gestalt, die man als die eines sphärischen Tetraöders bezeichnen könnte, aus. Ich wäre geneigt gewesen, diese abenteuerliche Form als eine Schrumpfungserscheinung aufzufassen, wenn die oben citirte Beschreibung Dusarvın’s, der frische Eier unter- sucht hatte, mich nicht eines besseren belehrt hätte. Zu einer Unter- suchung der Schale und der Häute eignen sich die Eier in dem Zustande, in dem sie mir vorlagen, nicht mehr. Lange Ausführungen behufs Zurückführung dieser Uterusform auf die bei langgliedrigen Bandwürmern auftretende, dürften wohl über- flüssig sein, eben so wie es kaum nothwendig sein dürfte darauf hin- zuweisen, dass die sonst mit meinem Thiere so auffallend überein- stimmendeArhynchotaenia critica höchst wahrscheinlich einen eben so gestalteten Uterus besitzt, und dass derselbe bei der Plattlegung und Quetschung einer die Keimdrüsen in floribus enthaltenden Proglottide, sich, wie es in Anbetracht seiner Lage ganz einleuchtend ist, der Beob- achtung entzog. Jedenfalls ist es aber im höchsten Grade unwahrschein- lich, dass sich ein Bandwurm, und lebte er auch in einem pflanzen- fressenden Wirthe, seines Uterus entschlagen und sich mit Eierstöcken, die bloß transitorisch die Rolle von Bebrütungsräumen übernähmen, be- gnügen würde, wie es PAGENSTECHER von Seiner Arhynchotaenia ceritica verlangt, In Bezug auf die anderen, von mir den kurzgliedrigen Bandwürmern - Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 237 zugezählten Species steht es fest, dass keine von ihnen einen in der Richtung der Körperlängsachse verlaufenden Uterus besitzt. Die von Srıeva (T. omphalodes) und Srrupener (T. insignis) beigebrachten Ab- bildungen zeigen einen querverlaufenden Sack mit ausgebuchteten Rändern, dessen, im Vergleiche mit dem Uterus von T. perfoliata, größere Weite sich aus der größeren Länge der Proglottiden ohne Zwang ableiten lässt. Bei T.nana und T. flavopunctata ist nach Leuckarr's Darstellung der Uterus ein ungelappt bleibender, den ganzen Binnen- _ raum der Proglottide ausfüllender, fast eubischer Sack, also auch eine Bildung, die dem Typus der T. perfoliata zum mindesten näher, als dem Uterus der langgegliederten Taenien steht. Auf jeden Fall dürfte die obige Darstellung dargethan haben, dass die Kurzgliedrigkeit der gedachten Taenien solche Charaktere involvirt, die systematisch verwendbar sind, so wie ferner, dass das nähere und zugleich eine größere Anzahl von Species umfassende Studium des Baues der Geschlechtsorgane wohl dazu beitragen dürfte ein wenig Ordnung in das wüste Chaos der eysticerecoiden Bandwürmer zu bringen. Gleichzeitig schien es mir dankenswerth zu zeigen, wie beständig einer- seits der Typus der Geschlechtsorgane bei Taenien ist, und wie streng andererseits die Gesetze sind, die diesen Typus zu einer der jedes- maligen Körperform und den Lebensbedingungen conformen Variation zwingen. IV, Das Nervensystem. En: Seitdem JoHannEs MüLLer im Jahre 1836 bei einer Tetrarhynchus- _ > species ein Nervensystem aufgefunden zu haben glaubte, tauchte die Vermuthung, dass den Cestoden ein solches zukomme, immer wieder von Neuem in der helminthologischen Literatur auf. Wenn man jedoch E- die diesbezüglichen Angaben Mürzer’s mit denen der Neueren vergleicht, so ist es leicht nachzuweisen, dass zwischen dem vermeintlichen Nerven- _ system Mürrxr’s und dem heute dafür gehaltenen Gebilde kein Zu- _ sammenhang besteht. ” Mürzer sagt!: bei Tetrarhynchus attenuatus »liegt in der Mitte zwischen den Ausgangsstellen der vier Rüssel eine kleine platte _ Anschwellung, von welcher Fäden zu den Rüsseln und zugleich zu den Röhren gehen, wahrscheinlich ein Nervensystem.« Diese Behauptung ist Alles, was wir darüber von Mürzer erfahren; ein näherer Nachweis, histologische Details oder selbst eine Abbildung fehlen gänzlich. 1 MÜLLER, MÜLLERS Arch. 4836. p. CVI. 238 | Zygmunt Kahane, - Als Mürter’s Nachfolger in Rücksicht auf das Nervensystem können bezeichnet werden BLancHArD und G. WAGENER. Der erstere behauptet!, dass das Gentralorgan des Nervensystems aus zwei Ganglien, »unis par une bandelette transversale au centre de la tete« bestehe. Aus diesem Centraltheile nun entspringen erstens Nervenzweige, welche sich nach hinten wenden und den ganzen Körper der Länge nach durchziehen, und zweitens Äste, »qui s’anastomosent avec un ganglion situ& A la base de chacune des ventouses, des crochets, ou des pro&minences correspondentes de la tete«. Was für Gewebe BLAncHARD irrthümlicherweise für Ganglien und Nerven hielt, das lässt sich nicht bestimmen ?. WAGEnER spricht den Verdacht aus, es hätte BrancHArD das bloß zum Theil gesehene Gefäßsystem falsch gedeutet. An derselben Stelle jedoch behauptet WAGENER, an einem schon früher (Jahre vorher) von Ruporpuı geöffneten und (Synops. Taf. II, Fig. 10) ab- gebildeten Exemplare eines Tetrarhynchus grossus ein Nerven- system gesehen, und es auch an anderen Tetrarhynchen erprobt zu haben. Die Beschreibung dieses angeblichen Nervensystems lasse ich hier wörtlich folgen, da ich in späteren Arbeiten über Cestoden nur deren kurze Erwähnung vorfinde. WAGENnER sagt nun wörtlich (p. 16) Folgen- des: »Nodulus Tetrarhynchi grossi, qui paululum in musculis fornicis capitis situs esse videtur, planus est, forma oblonga, colore eodem ut musculi ejusdem animalculi. Invenis eum inter ambas fossas suctorias capitis et in utroque latere duas vaginae fossas.« So stellt sich dieser Knoten von der Schmalseite des Thieres aus dar, wird das Thier an der Breitseite geöffnet, dann sieht man auch nicht die Kante, sondern die Fläche des Knotens. Bei Tetrarhynchus grossus entspringen nun aus den zwei vorderen Winkeln des Ganglions kurze Nervenfäden für die Muskeln des Scheitels, aus jedem der hinteren dagegen entspringen je zwei Nerven- zweige, von denen sich jeder längs der benachbarten Rüsselscheide ver- laufend, in zwei Zweige spaltet, die die Rüsselscheide umfassen. Der Verlauf und die Anzahl der Nerven ist bei Tetrarhynchus mega- locephalus etwas verschieden, was jedoch für uns von minderem Belange ist, wichtiger ist, was WAGENER über die histologischen Charak- tere dieser Gebilde berichtet. Er versuchte einen vorderen, an die 1 E. BLancHArD, Recherches sur l’organisation des Vers. Ann. d. Sc. nat. Zool. ame Serie. Tome X. p. 321 —362. 2 Die Abbildungen BraxcaHArp’s konnte ich nicht vergleichen, da das mir zu Gebote stehende Exemplar der »Ann. d. Sc. nat.« statt der 414. und 42. zoologi- schen, die 44. und 42. botanische Tafel enthielt. 3 G. WAGENER, Enthelm. Diss. inaug. p. 16 und 47. | Scheitelmuskeln tretenden Zweig und sagt: »Massa praeparata constitit | ex muscularibus fibris longitudinalibus.« Die anderen (hinteren) Nerven- äste konnten nicht genauer untersucht werden, »quia facillime frangun- _ _tur«, Auch sie bestanden jedoch aus Fasern, aber diese waren »fibris _ nerveis vertebratorum longe spiritu maceratorum similiores«. Das Gan- glion selbst wies histologisch nichts nach, »num hoc nomen rectum sit, nee ne«. In einer anderen Abhandlung! behauptet er, den Knoten an fri- schen Präparaten als eine körnige Masse gefunden zu haben, und sagt: »Sie erinnert an die, welche im Gehirn der höheren Thiere und im - Ganglion der Salpen sich findet ,« und ferner: »Die abgehenden Fäden bestehen aus Fasern, die ebenfalls an die Nervenfasern der niederen - _Thiere erinnern.« E Die zur Erklärung dieser Beschreibung dienenden Zeichnungen finden wir in einer dritten Arbeit Wacener’s?. Fig. 4 und 2, Taf. IV und Fig. 4, Taf. V dieser Abhandlung dienen zu diesem Zwecke. Dass % in diesem Falle keine Verwechslung mit dem excretorischen Gefäßappa- : rat vorlag, ist diesen Zeichnungen nach offenbar, was aber WAGENER in Wirklichkeit vor sich hatte, ist nicht zu entscheiden. So viel jedoch steht i _ fest, dass sich solche drehrunde, wohl isolirte, an die Nerven der höheren - Thiere erinnernde Nervenzweige bei Cestoden nicht vorfinden. 4 Mit diesen Angaben schließen die älteren Untersuchungen über das - Nervensystem der Cestoden ab, und die Versuche Neuerer, ein solches F nachzuweisen, sind mit den vorhergehenden ohne jeglichen Zusammen- hang. | ; : Sommer und Lanpors beschreiben 3 bekanntlich und wie schon an _ anderer Stelle auch dieser Arbeit hervorgehoben wurde, an jeder Seite a von Bothrioc. latus je zwei excretorische Längsgefäße. Das innere von beiden ist unbestreitbar ein wirklicher Bestandtheil des genannten - Systems, das äußere jedoch, das sie (p. 43) mit folgenden Worten - eharakterisiren: »An Querschnitten .... kaum durch scharfe Rand- grenzen vom Körperparenchym abgesetzt.« »Das Innere zeigte einen _ spongiösen Bau, und war von einem Netzwerk äußerst feiner Bälkchen “ _ und Plättchen ausgefüllt, welches ..... in seinen Maschenräumen eine neueren Forschungen nach dem Nervensystem der Cestoden. Sommer beobachtete dasselbe Gebilde an T. solium und T. 1 G. WaßGEneER, Acta Acad. L.-C. Bd. XXIV. Suppl. 2 G. WAGENER, Natuurkund. Verhandelingen van de hollandsche Maatschapp d. Weetensch. etc. s. 0. 3 SoMmMER und LanDoıs, a. a. 0. p. 12. e Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIV. Ba. 16 240 | Zygmunt Kahane, medioc., trennte ! es aber schon vollständig von dem excretorischen Apparat, indem er es auf Grund seines Inhalts unter dem Namen »plasmatisches Längsgefäß« (nicht zu verwechseln mit Sommer und Laxpoıs’ » plasmatischem Gefäß n etz« bei Bothrioe. lat.), als Cireu- lationsorgan für eine » Nutritionsflüssigkeit, oder, wenn man lieber will, Blut« qualificirte. Unerklärlicher Weise jedoch, was hier beiläufig he- merkt werden muss, versetzt SOMMER, sowohl im Text, als in der Zeich- nung, dieses Gebilde nach innen vom excretorischen Längsgefäße, wäh- rend ich dasselbe sowohl bei T. perfoliata als auch bei T. me-dio- canellata constant nach außen davon gefunden habe. Die Unmöglichkeit, dieses Organ auch für die Zukunft dem excereto- rischen Apparat zuzuzählen, sucht Nırsche ? nachzuweisen, zeigt ferner, dass es bei anderen Cestoden auch vorkomme, so wie, dass es jeder- seits aus mehreren Strängen (T. crassicollis zehn) bestehen könne, und spricht endlich die Vermuthung aus, dass man es hier mit einem neuen, bis jetzt übersehenen Organ des Cestodenleibes zu thun habe. Er ist zugleich der erste, der dafür die Benennung » spongiöse Stränge « gebraucht. SCHNEIDER gebührt das Verdienst, zuerst darauf hingewiesen zu haben, dass in diesen Strängen das Nervensystem zu suchen sei, er sagt 3 nämlich: »Ich habe dieselben schon seit längerer Zeit beobachtet, und bin .... zu der Überzeugung gekommen, dass sie das Nervensystem der Gestoden darstellen.« Diese Behauptung stützt er jedoch nicht etwa auf histologische Eigenschaften des in Rede stehenden Organs, sondern bloß auf Analogien; denn zwischen die beiden Hälften des oben eitirten Satzes fügt er den Passus: ».... durch die Ähnlichkeit, welche sie durch ihre Lage und ihr ganzes Ansehen mit dem Nervensystem der Nemertinen haben ‚« ein. Einen Beitrag zur Bereicherung unserer Kenntniss des betreffenden Organs liefert Scuneiper durch den Nachweis einer vorderen, im Köpf- chen liegenden Commissur der spongiösen Stränge, die er bei Ligula simplicissima aus CGyprinus brama, bei Ligula sp.? aus Gastero- steus aculeatus und endlich bei unserer T. perfoliata entdeckte. In histologischer Hinsicht ist bloß der folgende Satz bemerkens- werth: »Es enthält die Anastomose Kerne und Fibrillen, auch die seitlichen Hauptstämme, die nach rück wärts gehen, sind nach Rücken- und Bauchseite zu deutlich mit Zellen belegt. Was darauf folgt, interes- 1 SOMMER, a. a. O. p. 47 und 18. Anm. ?2 H. Nirsche , Unters. über den Bau der Taenien. Diese Zeitschr. Bd. XXIH. p. 195 —1986. 3 A. SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen, s. o. p. 34. E . N 4 - k 2 3 = x Mi F & E Be } I: u "3 : N ” Mi Nr Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 241 _ sirt uns vorläufig nicht, da es bloß eine speciellere Durchführung der Eingangs angedeuteten Änatobie enthält. Einen weiteren Schritt in dieser Richtung that ScHIEFFERDECKER, der die Frage nach ‚dem Nervensystem der Taenien, »die kitrliohäte der - ganzen Untersuchung« nennt. In den Gliedern von T. solium fand SCHIEFFERDECKER ! (das Köpfchen untersuchte er nicht) jederseits drei Stränge der »spongiösen Substanz,« von denen der mittlere an Umfang den beiden seitlichen gleichkommt. Sie bestehen auf Querschnitten (Längsschnitte anzufertigen wollte ihm nicht gelingen) aus einem Netz äußerst zarter Bälkchen, dessen Maschen mit »einer feinkörnigen Proto- _ plasmamasse« ausgefüllt scheinen. Ferner ist eine bedeutende Anzahl runder, mit einem Kernkörperchen versehener Kerne, die sich mit Hämatoxylin lebhaft färben, zu bemerken. Diese Kerne besitzen voll- ständig den Charakter der Bindegewebskerne, und bloß die größten - darunter übertreffen die letzteren an Größe. r Die wichtigste Stütze jedoch für die Auffassung dieser Stränge als | eines Nervensystems, findet ScHiEFFERDECKER darin, dass er in denselben weder Kalkkörperchen , noch Fetttröpfehenzüge (s. o. seine Ansicht von { der Ernährung der Gestoden), noch auch Nervenendigungen ? vorfand, - die sämmtlich doch sonst aller Orten im Parenchym auftreten. Seine ferneren Ausführungen sind ein Raisonnement, und bereichern unsere factischen Kenntnisse nicht, können folglich his außer Acht gelassen werden; wichtig, denn den Stand der ganzen Frage charaklterisirend, ist der Schlusssatz, den ich mir auch noch anzuführen erlaube: »Fasst man das oben Gesaglte zusammen, so wird man zu dem Schlusse ge- langen, dass die Hypothese, diese Säulen von spongiöser Substanz bilden das ventrale (sie! offenbar statt centrale) Nervensystem der Cestoden, eine durchaus berechtigte ist, die ganze Frage einer defini- _ tiven Entscheidung noch entgegensieht.« STEUDENER ? hat das von SCHIEFFERDECKER für T. solium festge- stellte, für eine > grobe Anzahl von Gestoden au sammntlichen, ‚die er 4 stätigt, war Aber nicht i in der Lage, die von hi che definitive Entscheidung herbeizuführen. Von histologischen Details, die wir diesem Autor verdanken, ist be- ! 1 SCHIEFFERDECKER, a. a. OÖ. p. 473—480. 2 SCHIEFFERDECKER glaubt sowohl sensorische (Nervenendkörperchen) , als motorische Nervenendigungen entdeckt zu haben, da es jedoch nach ihm Nie- - mandem gelang etwas ähnliches zu constatiren,, so lasse ich es bei dieser Notiz be- _ wenden. - 8 STEUDENER, a. a. 0. p. 1619. 16* 242 Zygmunt Kahane, merkenswerth, dass er durch Anfertigung von Längsschnitten die Rich- tigkeit der Voraussetzung SCHIEFFERDECKERS bestätigte, dass in den Maschen des Balkennetzes feine Fibrillen liegen, »Zellen oder Kerne ‚« setzt er jedoch hinzu, »habe ich niemals diesen Fasern beigemischt ge- funden.« Er führt des Ferneren an, dass die vordere Anschwellung dieser Stränge, die zwar auch im Kopfe , aber noch vor der Commissur (d. h. zwischen den Gliedern und der Commissur) liegt, in Bezug auf die Structur von den Strängen selbst abweicht. Jene Fibrillen nämlich weichen in der Anschwellung einer immer mehr Überhand nehmenden körnigen Substanz, innerhalb welcher »man in gut erhärteten Präparaten ziemlich große, runde, mit Kernkörperchen versehene Kerne erkennen kann.« Die Zellen ER denen diese Kerne zugehören müssen, ließen sich » nach keiner Methode « nachweisen. Zum Schlusse spricht auch Srteupener die Ansicht aus, dass das ganze anatomische Verhalten dieses Gebildes darin ein Nerven- system vermuthen lasse, obwohl »der sichere Nachweis der Gan- glienzellen bisher noch immer nicht beigebracht ist.« In seltsamem Widerspruch mit der so ausdrücklich hervorge- hobenen Unmöglichkeit Zellen nachzuweisen, steht die Fig. 18 auf Taf. XXVIH, auf welcher mit großer Genauigkeit sogar zweierlei Zellen gezeichnet sind, von denen, laut beigegebener Erklärung, die einen (bgz) als Bindegewebs-, die anderen (x) als große kernhaltige Zellen in Anspruch genommen werden. Wesentlich mit den bisher angeführten Angaben übereinstimmend ist das, was ZoGrar! in dieser Hinsicht aussagt. Er bemerkte an den Rändern der Commissur Reihen von mit Garmin stark sich imbibirenden Kernen, um welche jedoch »keine Spur von Zellprotoplasma bemerkbar ist«, was uns jedoch nicht wundern darf, da unser Autor bloß die Binde- gewebskörperchen sah, die, wie auch aus meinen Zeichnungen ersicht- lich ist, im Umkreise der spongiösen Stränge in geringeren Abständen als sonst auftreten. BrLumgerG ? endlich behauptet den directen Nachweis für die Exi- stenz eines Nervensystems, zunächst bei den drei von ihm untersuchten ‚Pferdetaenien erbracht zu haben. Die Angaben Brumsere’s erfordern eine nähere Auseinandersetzung, da an denselben zwei verschiedene Theile zu unterscheiden sind: erstens der Nachweis der Ganglienzellen, und zweitens die Auffassung des auf diese Weise festgestellten Nervensystems. In Bezug auf das Erstere sind wir eigentlich bloß auf die beigefügte | 1 ZoGRAF, 4.2.0. p. 8. ? BLUMBERG, a. a. O. p. 44—43, 5 Y DEE Das aa an Al A a a a Ta al en rn ne Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Gestoden. 243 Abbildung (Fig. 1) angewiesen, da der Text nur ungemein spärliche Angaben enthält. Die theils runden und fortsatzlosen,, theils eckigen und mit zwei bis vier Fortsätzen versehenen , hier abgebildeten Zellen, haben wirklich eine unverkennbare Ähnlichkeit mit Ganglienzellen. Von den Angaben des Textes ist hervorzuheben, dass BLungerG es für sehr möglich hält, diese Zellen mit den Zellen des umgebenden Bindegewebes zu verwechseln, was uns um so mehr verwunderlich erscheint, als auf der Zeichnung (zu messen war Brunserg verhindert) die Ganglienzellen, im Vergleich mit den umliegenden Bindegewebszellen, wahre Riesen, und überdies wohlcharakterisirte Zellen sind, während das Bindegewebe der Umgebung eher aus structurlosen Hohlräumen oder leeren Bläschen, als aus wirklichen Zellen zu bestehen scheint, und auch wirklich blasig genannt wird. Des Weiteren wird nur noch angeführt, dass die Zellen eine verschiedene Größe, einen Kern und mehrere Ausläufer (das Letztere trifft nicht immer zu) besitzen. Die morphologische und physiologische Auffassung dieser Gebilde, _ wie wir sie bei BLumgerG antreffen, wird am besten dadurch gekenn- 3 zeichnet, dass er bloß diejenigen Angaben über das Nervensystem der Cestoden, die wir oben als die aus der ersten Periode, d.h. von Jon. MüLLer, BLAncHARD und Wagener stammenden bezeichneten, berücksichtigt. Da - die bier aufgezählten Autoren auf falscher Basis fußen (wie es z. B. von , BrancHarn feststeht, dass er die Schlundganglien und die Schlund- - eommissur der Anneliden bei den Gestoden wiederfinden wollte, um die letzteren von den Zoophyten auszuscheiden), so kann es uns nicht _ wundern, dass Brumsere’s Auffassung mit unseren heutigen Vorstel- - Jungen von dem Aufbau des Cestodenleibes gar nicht übereinstimmen will. Er übersieht vollständig, dass, wie wir oben ausführten, Nirsche die Aufmerksamkeit auf die spongiösen Stränge, als auf ein räthselhaftes Organ hinlenkte, dass Schneipder deren vordere Commissur auffand, und - SCHIEFFERDECKER dessen Vermuthung, sie wären ein Nervensystem, zu stützen und zu beweisen suchte, und in Folge dessen » wagt es« Brun- BERG »nicht, zu entscheiden,« » welche Bewandtniss es mit Sommer und Lanpoıs’ » spongiösen «« Körpern hat,« und ist » bloß nicht abgeneigt, sie - als Nervenstränge in Anspruch zu nehmen. « Bei Darauf nun ist es zurückzuführen, dass Bıumsere an dem von * BuancnAarn aufgestellten Schema des Nervensystems festhält. Er be- - hauptet, das centrale Nervensystem befände sich »zwischen den Saug- - näpfen« und bestehe »aus mehreren, verschieden großen Conglomeraten 4 von Ganglienzellen, die unter einander durch Nervenfäden in Ver- _ bindung stehen.« Die Anzahl der Ganglienhaufen konnte er nicht fest- En ? 244 Zygmunt Kahane, stellen, hauptsächlich aber bemerkte er zwei große; ein besonderes andion für jeden Saugnapf, » wie es BrLancuarD angiebt,« konnte nicht aufgefunden werden. Der peripherische Theil des beregten Systems besteht nach Bıun- BERG aus Strängen, die an die Saugnäpfe und die Peripherie des Kopfes abgehen (die wir aber auf den Zeichnungen, eben so wie die die Gan- glien unter einander verbindenden Nervenfäden, nicht wiederfinden), und aus zwei starken Nervensträngen, die sich beiderseits, leicht ge- wellt, in der Mittelschicht durch den ganzen Taenienleib hinziehen. Diese letzteren Nervenstränge geben Ausläufer für die einzelnen Proglot- tiden ab, bestehen aus zarten , etwas geschlängelten Fäden, die stellen-. weise durch feine, das Licht stark brechende Körnchen unterbrochen sind, und weisen aan schnitten »kreisförmige (!) Zellen « auf, welche »SC ober e« Zellen sich » von dem Bindegewebe, in welches sie ohne Hülle eingelagert sind, durch ihren geringeren Durchmesser und größere Zartheit« unterscheiden. Dieser, hier zum größten Theile absichtlich wortgetreu angeführte Befund, zeigt deutlich, dass Buumsgerg’s Auffassung schon aus dem einen Grunde unhaltbar ist, als sie dem Umstande keine Rechnung trägt, dass ein Cestode eine Thiercolonie ist, mithin in seiner Gesammtheit nicht so ohne Weiteres einem individualisirten Trematoden (Brunserg beruft sich zur Stütze seiner Ansicht auf die letzteren) gleich gesetzt werden kann. Bevor ich auf meine eigenen diesbezüglichen Untersuchungen ein- gehe, muss ich nur noch erwähnen, dass Börrcner sowohl die spon- giösen Stränge, als auch deren vordere Gommissur nicht nur gesehen, sondern auch correct abgebildet hat!, ohne jedoch auf eine richtige Deutung derselben zu verfallen. Die spongiösen Stränge der T. perfoliata durchziehen die ganze Länge der Thierkette. Sie liegen, wie es Fig. 6 (GS) nachweist, in der Mittelschicht des Thieres, nach außen von den Hauptästen des excreto- rischen Gefäßapparates, obwohl auch noch nach außen von den ersteren feinere Gefäßäste (Fig. 7 wg) vorkommen, was STEUDENER (a. a. O.p. 17) zwar für Bothriocephaliden gelten lassen will, in Bezug auf Taenien hin- gegen leugnet, was aber übrigens bei Anwesenheit eines weitverzweigten Capillarnetzes auch gar nicht anders möglich ist. Die Entfernung des Querschnittes der spongiösen Stränge von der inneren (Ring-) Muskula- tur der Mittelschicht ist nur gering. Dieser Querschnitt ist fast kreisrund, und zeigt sich auf solchen (natürlichen) Querschnitten unseres Thieres nirgends eine Vervielfältigung dieser Gebilde, respective eine Trennung 1 BÖTTCHER, VırcHow’s Arch. Bd. XXX. Taf. 1, Fig. 40 und 44, Taf. U, Fig. 1. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 245 oder Spaltung derselben durch sich eindrängende Muskelbündel, wie sie - von Nırtsche , SCHIEFFERDECKER Und STEUDENER zu verschiedenen Malen - beobachtet wurde. Eines Weiteren belehren uns diese Querschnitte | nicht, namentlich können sie, in Folge der oben erwähnten Anfertigungs- methode der bezüglichen Präparate, zu keiner histologischen Prüfung verwendet werden. Auf horizontalen Längsschnitten, welche durch eine Folge von Pro- slottiden gelegt sind, und von denen uns Fig. 7 einen vorführt, er- sehen wir, dass der Verlauf des spongiösen Stranges kein geradliniger, sondern, in einer Reihe von Proglottiden zusammengefasst, ein wellen- - förmiger ist. Diese Wellenform wird durch zwei Momente hervorge- bracht, erstens dadurch, dass der spongiöse Strang in jedem Gliede eine Bogenlinie beschreibt, durch deren Summirung allein schon der obge- dachte Anblick hervorgebracht werden würde, und zweitens dadurch, dass der Durchmesser desselben nicht in der ganzen Proglottide gleich - bleibt, sondern sich gewöhnlich am Vorder- und Hinterrande größer als - in der Mitte erweist. Diese Abweichungen sind zu inconstant, als dass man einen Durchmesser für breitere und schmälere Stellen gesondert bestimmen dürfte; ich habe es also vorgezogen, aus mehreren, an ver- schiedenen Stellen bewirkten Messungen ein Mittel zu bilden, das 0,083 mm beträgt. Bei Anwendung stärkerer Vergrößerungen ist es leicht nachzuweisen, dass in vielen Gliedern, von diesen Verbreiterungen aus, Fortsätze entspringen, die unter rechtem Winkel, sowohl nach der - Mittel- als nach der Rindenschicht abgehen können. Ein solcher Fortsatz ist Fig. 8 (nl) abgebildet. Aus dem Umstande, dass diese Fortsätze überall angetroffen werden können, aber nicht überall thatsächlich nach- zuweisen sind, kann man erschließen, dass sie, im Vergleich mit dem Hauptstamım , nicht nur einen geringeren Breiten-, sondern auch einen eben solchen Diekendurchmesser besitzen , dass sie also in Folge dessen dort nicht zu treflen sind, wo der Hauptstamm nicht in der Mitte seiner * Dicke, sondern näher der Bauch- oder Rückenfläche durchschnitten wurde. Nach ihrem Eintritt m den Kopf verdicken sich die spongiösen Stränge, nachdem sie sich vorher in ihrem Verlaufe der hier auftreten- den Verschmälerung durch eine bogenförmige Umbiegung nach innen angepasst hatten, und erscheinen keulenförmig aufgetrieben. Diese Auf- - treibung scheint eine allseitige, und nicht nur durch eine Vergrößerung E. . des Breitendurchmessers hervorgebrachte zu sein. 5 Das weitere Verhalten der Stränge, namentlich die Gestaltung der Commissur zeigt Fig. 5. Wie diese Figur belehrt, vereinigen sich die = beiderseitigen Stränge, nachdem sie fortwährend eine convergirende LE ni a u a ee 2 Be b r a vi > an “ a Te > nr e > . + * > - 246 Zygmunt Kahane, rn Richtung eingehalten hatten, endlich, und das quere dadurch entstan- dene Band (nc) füllt den Raum zwischen den Basen zweier einander zugekehrter Muskelzapfen (mz, mz,), deren morphologische Deutung ich an anderer Stelle zu liefern versuche. Der hintere, den Gliedern zuge- kehrte Rand dieser Commissur zeigt, wie aus der Figur ersichtlich, eine sattelförmige Einsenkung, in welche sich die höchste, kuppelförmige Erhebung des hinteren Muskelzapfens hineinschmiegt, während der vordere an entsprechender Stelle eine Einsenkung mit convexem Mittel- stücke zur Aufnahme des correspondirend gestalteten hinteren Randes des vorderen Muskelzapfens aufweist. Eben so wie die Gommissur aus zwei hinteren Schenkeln entstanden ist, eben so entstehen aus ihr wie- der zwei, in gerade entgegengesetztem Sinne, also nach vorn gerichtete und divergirende Schenkel (na) aus gleicher Substanz bestehend. Diese Schenkel lassen sich eine Strecke weit verfolgen, bis sie endlich unter die mächtigen Muskelbündel der Saugnapfwände gerathen, wodurch sie sich jeder ferneren Untersuchung entziehen. Nachdem ich die von verschiedenen Autoren herrührende Beschrei- bung dieses Apparates vorausgeschickt habe, dürfte es wohl unnöthig sein, im Einzelnen nachzuweisen, in wie fern mein Befund mit dem Anderer übereinstimmt, oder davon differirt, namentlich, da eine wesentliche Abweichung nicht zu constatiren ist. Die sorgfältigste Untersuchung ergab auch nicht eine Spur von irgend einer gesonderten Hülle, die die spongiösen Stränge von den umgebenden Gebilden abgrenzen würde, und ich glaube in Folge dessen die diesbezügliche Angabe Brunserg’s mil Recht zurückweisen zu müs- sen. Doch kann man sich mit Leichtigkeit überzeugen, dass, wie er- wähnt, die Bindegewebskörperchen allenthalben in der Umgebung, sowohl der Stränge, als der Commissur, in größerer Menge als sonst im Parenchym auftreten, ganz in derselben Weise, wie es schon bei Be- schreibung des excretorischen Gefäßapparates hervorgehoben wurde. Diese verschiedenartig gestalteten, theils runden, theils abgeflachten Körperchen, die kaum eine Sonderung in Kern und Protoplasma zulassen, gleichförmig gefärbt sind, und eine nur geringe Verschiedenheit in dem Lichtbrechungsvermögen ihrer feinsten Bestandtheile aufweisen, sind Bindegewebskörperchen,, wie sie der ganze Cestodenleib eben überall enthält. Ich glaube ferner nicht zu irren, wenn ich annehme, dass die- jenigen Kerne ohne umhüllendes Protoplasma, die, wie oben angegeben, von anderen Autoren vielfach angeführt, und zum Theil als Zellen des Stützgerüstes und als integrirender Bestandtheil der Stränge selbst ge- deutet wurden, als solche, bloß im Umkreise derselben liegende, Bindegewebskörperchen zu deuten sind. Meine Präparate wenigstens 4 ‘r PR N 2 Ki ET I a a m m hl 2 u | >; = Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenutniss der Cestoden. 247 ‘erhärten diese Ansicht : ich habe nämlich die zu untersuchenden Glieder -in Serien geschnitten , so dass keiner von den Schnitten verloren ging, und jeder folgende wirklich der dem vorhergehenden anliegende war; ich habe ferner so feine Schnitte angefertigt, dass fast ein jeder derselben " mit einem Immersionssysteme untersucht werden konnte, und habe trotzdem gefunden , dass ein Schnitt, der unmittelbar auf einen solchen folgte, der den spongiösen Strang wie am vollständigsten einschloss, keine Spur davon mehr aufwies. Aus diesem Umstande nun muss ich ‚eine ungewöhnlich geringe, das Durchschimmern eines solchen intensiv gefärbten Körperchens ermöglichende Dicke des ganzen Gebildes an- nehmen. Die eigentliche Substanz der spongiösen Stränge besteht aus unge- mein zarten, wellig verlaufenden Fasern, die fast gar keine Färbung an- nehmen, und von denen es unmöglich ist auszusagen, ob sie der ganzen Länge des Stranges entlang laufen, oder nur eine bestimmte, geringere Länge besitzen. Die Zwischenräume zwischen denselben sind mit einer molecularen ebenfalls ungefärbt bleibenden Masse erfüllt. Ob an den Abgangsstellen der peripherischen Nerven, so wie zur Bildung der Gom- missur neue quere Fäserchen entstehen, oder ob zu diesem Behufe die Längsfasern umbiegen, ist auch nicht festzustellen. Sowohl in den spongiösen Strängen, als in der Commissur und den vorderen Fortsätzen, nicht aber in den Seitennerven finden wir außer- E© dem Zellen, die in der Commissur und den vorderen Strängen am zahl- reichsten, in den Strängen dagegen in bedeutend geringerer Menge auf- treten. 3 Diese Zellen sind mit keinen anderen der sonst im Körper unseres _ Thieres vorfindlichen zu verwechseln, wie dies ein Blick auf Fig. 8 und 9 zur Genüge zeigt. Sie sind zwar ihrer Gestalt nach nicht gleichartig, man $ findet kugelrunde,, oblonge, dreieckige , fortsatzlose und mit Fortsätzen versehene: eines aber haben alle gemeinsam , nämlich einen körnigen, dunklen, manchmal ein Kernkörperchen enthaltenden Kern, und ein denselben gleichmäßig umgebendes, schwach gefärbtes, fast homogenes Protoplasma. Das letztere ist in allen Fällen von der Umgebung scharf _ und deutlich abgesetzt, doch ist dabei der Rand so zart contourirt, dass es schwer hält, von einer gesonderten Zellmembran zu sprechen. Der Durchmesser einer von den größeren runden Zellen misst 0,015 mm, der ihres Kernes 0,004 mm; der Längsdurchmesser der in Fig. 8 abge- bildeten dreieckigen Zelle beträgt 0,027, der Querdurchmesser 0,008, _ der Durchmesser des Kernes 0,005 mm. Die Fortsätze, die an manchen sehr gut sichtbar sind, und sich eine Strecke weit rkblaon lassen, um E dann plötzlich zu chen. können eine verschiedene Richtung 248 Zygmunt Kahane, haben; an einer Zelle traten sie beide convergirend von einer und der- selben Seite her ein. Die in den obigen Figuren neben den hier be- schriebenen Zellen sichtbaren Körperchen sind Gebilde, die von früher her bekannt, wie ich oben ausführte, in den Umkreis der Stränge verlegt werden müssen, — sie haben einen Längsdurchmesser von 0,008 und einen Querdurchmesser von 0,004 mm. Dass die hier beschriebenen Zellen untrügliche Charaktere von Ganglienzellen tragen, wird wohl schwerlich zu bestreiten sein, eben so wie es nicht abzusehen ist, auf welche Weise, bei dem vollständigen Mangel ähnlicher Gebilde im übrigen Körper unseres Thieres, eine Ver- wechslung zu Stande gekommen sein könnte. Ich stelle desshalb die Behauptung der Existenz von Ganglienzellen im Gestodenkörper mit aller Bestimmtheit auf, und das um so eher, als ich mir dessen wohl be- wusst bin, dass ich der einschlägigen Behauptung Brunserg’s das größte Misstrauen entgegenbrachte, und als von Allen, die von meinen Präpa- raten Einsicht nahmen, ich gerade derjenige war, der sich zu allerletzt von dem Augenschein überzeugen ließ !. Wenn man nun das Nervensystem als erwiesen und als aus den hier aufgezählten Theilen bestehend ansieht, so entsteht die Frage, welcher Antheil als Gentralorgan zu gelten habe, und was uns an peri- pherischen Gebilden bekannt ist. Auf Grund der Vertheilung der Gan- glienzellen müssen, meiner Ansicht nach, sowohl die spongiösen Stränge, als die Kopfcommissur, als auch die vorderen Fortsätze als Nervencentra in Anspruch genommen werden. Auf diese Weise bleiben als einzige peripherische Theile bloß die ganglienlosen Proglottidennerven; denn die nach Brunsers zur Oberfläche des Kopfes tretenden Nervenfäden und deren Endigungen konnte ich eben so wenig, als die von ScHIEFFER- DECKER entdeckten motorischen und sensiblen Nervenendorgane, wieder- finden, welch letzteren übrigens auch StEuDEneEr vergeblich nachforschte. Vorläufig würde ich ein näheres Eingehen auf die morphologische Deutung dieses Organs, namentlich den Versuch einer Homologisirung desselben mit dem Gentralnervensystem anderer höherer Thiere für ver- früht halten : ich glaube, es wäre wünschenswerth vorher noch das Ver- halten desselben bei anderen, in ihrem Baue von Taeniaden und Bothrio- cephaliden bedeutend abweichenden Gestoden, z. B. Tetrarhynchen und Tetraphylliden näher kennen zu lernen, so wie, was mir nicht minder t Zu meiner größten Freude ersehe ich, schon nach Niederschreibung der vor- liegenden Arbeit, dass mein hochverehrler Lehrer, Professor LEUCKART, die Existenz von Ganglienzellen im Cestodenleibe auf Grund meiner Untersuchungen für er- wiesen hält, siehe: LeuckArr, Archigetes Siboldi etc. Diese Zeitschrift, Bd. XXX. Suppl. p. 600. Anm. 2. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 249 wichtig zu sein scheint, den Bau der Kopfmuskulatur zu erforschen. Wen es jedoch durchaus nach einer theoretischen Auffassung gelüstet, der möge sich mit der ganz plausiblen Deutung Scaneiper’s (a. a. 0. p- 35) begnügen, der zufolge die einfache Bandeommissur eine Vorstufe des Schlundringes ist, und sich in denselben eben durch das Auftreten des Schlundes verwandelt, obwohl es sich nicht verhehlen lässt, dass : man mit demselben Rechte die Commissur als eine nach der Rück- bildung des Ösophagus aufgetretene Vereinfachung des Schlundringes _ ansehen könnte, eben so wie man andererseits die Stränge selbst ent- weder in der ganzen Proglottidenreihe oder in jeder Proglottide insbe- sondere füglich als noch undifferenzirtes Bauchmark ansehen dürfte. } Eines würde ich jedoch auf jeden Fall vorschlagen, d. i. den bis- herigen Namen »spongiöse Stränge «, der eher für ein erectiles als für Nervengewebe passt, aufzugeben, und einen anderen, etwa den der »ganglionären Stränge« dafür zu adoptiren: ich glaube dies um so eher thun zu dürfen, als doch die beregten Stränge von allen neueren Autoren mit Ausnahme Brungerg’s für einen Theil des centralen Nerven- systems angesehen werden, also selbst dann noch diesen Namen tragen _ könnten, wenn sich meine Ganglienzellen als illusorische Gebilde er- weisen würden. V. Muskulatur. Bezüglich der histologischen Beschaffenheit der Muskulatur habe ich bei T. perfoliata nichts vorgefunden, was dem bisher Bekannten ent- gegenslände oder eine Erweiterung unserer Kenntnisse darböte. Einen Kern sicher nachzuweisen gelang mir nicht, obwohl der mittlere, stark ausgebauchte Theil der spindelförmigen Muskelzellen von dem Reste immer durch Färbungs- und Lichtbrechungsverhältnisse ein wenig zu unterscheiden ist. Dieser Befund findet eine Stütze in den Angaben Srıepa’s (Mürzer’s Archiv 1864), Nırsene’s (a. a. ©.) und SCHIEFFERDECKER'S (a. a. O.), während LeuckArT und ScHNEIDER einerseits eine solche Differenzirung vollständig in Abrede stellen, und Weısmann andererseits (bei T. serrata) einen ausgesprochenen,, kleinen, ovalen Kern gefunden haben will. Dichotomische Spaltung der Muskelzellen, die ich öfters zu beobachten Gelegenheit hatte, ist schon früher (von _ SCHIEFFERDECKER) für Gestoden,, so wie auch für andere Platoden ! fest- gestellt worden. Auch in Bezug auf die Anordnung der Körpermuskulatur in den Wu Gliedern habe ich nichts anzuführen, mit Ausnahme der einzigen Be- 1 Minor, Studien an Turbellarien: Arbeiten d. zool. Inst. Würzburg. Bd. II. 250 | Zygmunt Kahane, merkung, dass die T. perfoliata zu den muskelstärksten Bandwür- mern zu gehören scheint. In Bezug auf die Muskulatur der Saugnäpfe jedoch glaube ich die bisherige Vorstellung verlassen zu müssen, und werde mir daher er- lauben auf den Bau derselben näher einzugehen. Leuckart erwähnt! zweier Muskellagen in den Wandungen der Saugnäpfe: einer äquatlorialen und einer meridionalen. Ich finde, dass auf Schnitten, die durch die Saugnäpfe senkrecht auf die Längsachse des Thieres, also Querschnitte der Saugnäpfe sind, die Anordnung sich folgendermaßen darstellt. Das Lumen der Saug- näpfe ist, wie Fig. 4 zeigt, mit einer Cuticula (C) ausgekleidet, unter welcher subeuticulare Zellen (cs) zu sehen sind, darauf folgt eine Muskelschicht, bestehend aus radiär zum Lumen, also in der Schnitt- ebene des Präparates verlaufenden Muskelfasern (mr), die dicht gedrängt und stellenweise verfilzt sind, sich also oft nicht in ihrer ganzen Länge überblicken lassen. Stellenweise werden sie überdeckt von Muskel- fasern (mo), die ebenfalls in der Schnittebene liegen, aber Bögen be- schreiben, die einer mit dem Rande des Saugnapflumens concentrischen Curve angehören, die also als Ringfasern gelten müssen. In diesen zwei Schichten nun, die beide in der Ebene der Querachse des Kopfes liegen, hätten wir nun die »irisartig« angeordneten Muskeln der Saug- näpfe, die bis jetzt bloß als die alleinigen angenommen wurden. Wir - bemerken jedoch auf unserem Schnitte in den Zwischenräumen, welche die zu isolirten Bündeln vereinigten Radiärmuskeln übrig lassen, Körper (mv), welche unverkennbar Muskelquerschnitte sind, welche also, da sie hier senkrecht getroffen werden, offenbar eine Richtung verfolgen, die mit der Längsachse des Körpers parallel ist, und welche, da sie bis jetzt vollständig unbeachtet geblieben, Brunsgers zur Aufstellung der oben erwähnten Ernährungstheorie der Cestoden Anlass gaben. Diese Muskeln sind, da sie vom vorderen gegen das hintere Körperende zu verlaufen , also durch ihre Contraction eine Abflachung des Saugnapfes, eventuell ein Einziehen seiner vorderen (Scheitel-) Fläche in den Hohl- raum des Kopfes herbeiführen, geeignet, die Thätigkeit der beiden ersten Muskelgruppen zu unterstützen, haben also keineswegs als Antagonisten derselben zu gelten. Der äußere Umfang der den Saugnapf zusammen- setzenden Muskelzüge ist von einer structurlosen Hülle, die meines Wissens bisher auch noch niemals erwähnt wurde, umgeben. Eine Erklärung des Modus, nach welchem sich der Kopf der Cesto- den im Allgemeinen, und der der Taeniaden insbesondere, aus den viel- 1 LEUCKART, Paras. 1. p. 258. Be ip Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Gestoden. 251 | fachen, denselben zusammensetizenden Muskelzügen aufbaut, eine Zurückführung desselben auf ein einheitliches und — einfaches Schema, wäre unbedingt eine lohnende und dankenswerthe Aufgabe. An die- ‘ser Stelle jedoch kann sie noch nicht unternommen werden: es reichen dazu weder meine eigenen Untersuchungen noch der Vorrath der dies- bezüglichen in der Literatur festgestellten Thatsachen aus. Einige Be- merkungen jedoch, die eher als Anhaltspunkte für zukünftige Unter- suchungen, denn als Behauptungen aufzufassen sind, mögen hier Platz _ finden. Vorerst bestätigt der Kopf unserer Taenie vollständig die Behaup- tung Schneiper’s !, wonach in Bezug auf die Anordnung der Muskulatur bei den Platoden eine Stamm- und eine Generationsform zu unterschei- den sei. Wir finden nämlich im Kopfe außer den zwei gewöhnlichen auch den Muskelschlauch der Glieder bildenden Muskelschichten noch eine dritte, nach außen von jenen liegende, mächtige Ringfaserschicht, wie sie Fig. 5 (me) sehr deutlich zu sehen ist, meines Wissens aber sowohl vor, als nach Schneiper vollständig unberücksichtigt blieb. Eine ‚eingehendere Beachtung verdient ferner die Behauptung ScnxEIDEr’s, dass sich die Mannigfaltigkeit in der Anordnung der Muskelzüge im Kopfe daraus erklären lasse, dass durch das Auftreten der Saugnäpfe, als fester Punkte, eine Knickung der Muskelbündel des Körpermuskelschlauches hervorgerufen werde. ZoGrAr? hat es versucht den Bau des Bothrio- cephalidenkopfes auf dieses Schema zu reduciren und es zugleich plausibel zu machen, dass der Taenienkopf vom vorhergehenden bloß desswegen verschieden sei, weil statt zweier, bei diesem vier solche - Angelpunkte auftreten, welche den Verlauf der inneren Ringmuskel- j ‚schicht alteriren. Auf dieser Grundlage versucht es unser Autor ferner - eine auf Verwandtschaftsverhältnissen beruhende, systematische Reihen- 3 folge der Gestoden zu skizziren. Dieselbe beginnt mit der ganz unge- gliederten Amphiline, steigt dann, den Garyophyllaeus und die Ligula als Vorstufen benutzend, zu den Bothriocephaliden, unter denen Triaenophorus als undeutlich gegliedert die tiefste - — Stufe einnimmt, empor, um endlich in den Taeniaden, die am 3 deutlichsten gegliedert zugleich die verwickeltste (?) Kopfbildung be- sitzen, zu gipfeln. E: Obzwar ich nicht in der Lage bin, gegen diese »genealogische Skizze«, die jedenfalls das Verdienst besitzt, dass sie einem wirklichen _ Bedürfnisse zu genügen strebt, thatsächliche Einwürfe zu erheben‘, so - muss ich doch eine Beobachtung, die an der Grundlage dieser Hypothese 1 SCHNEIDER, Unters, über Plath. a. a. O.p, 8. 2 ZOGRAF, a. a. 0. p. 21—28, 252 Zygmunt Kahane,_ RR rüttelt, namhaft machen. Wenn sich nämlich auch sämmtliche Muskel- richtungen des Taenienkopfes auf die früher erwähnte Weise aus dem Auftreten der Saugnäpfe erklären ließen, der doppelte muskulöse Zapfen, der (Fig. 5 mz, mz,) zu sehen ist, und sich auf Querschnitten des Kopfes als muskulöses Kreuz darstellt, würde sich doch nicht auf die umgeformte Ringmuskelschicht reduciren lassen. | Ein genaueres Studium desselben , ich bin dessen gewiss, obwohl ich es heute mittelst Thatsachen noch nicht erhärten kann, wird nach- weisen, dass ich nicht irre, wenn ich denselben als ein Residuum des muskulösen Ösophagus der frei lebenden nächsten Verwandten der Cestoden in Anspruch nehme. Dass in diesem Falle der muskulöse Theil des Verdauungsapparates länger persistiren würde, als der eigentlich verdauende, kann uns nicht wundern, da uns Scaneiper! Thiere kennen gelehrt hat, die einen voll- ständigen mit Muskeln versehenen, aber obliterirten Darm, und andere, die nur den vordersten, blind endigenden (Ösophageal-) Theil desselben besitzen. Wenn man ferner die vielfache Gestaltung des Rüssels der Turbellarien ? in Betracht zieht, so wird man vielleicht auch noch eine Stütze für die obige Ansicht, nicht minder aber zugleich eine Erklärungs- . weise für den rostellumlosen,, und den mit verschiedenartig gestaltetem Rostellum ausgestatteten Taenienkopf finden. Würde aber dieser, hier bloß verlangte, Nachweis geliefert sein, dann müsste man vielleicht die von Zosrar aufgestellte Reihenfolge ge- radezu umkehren. Denn, wenn anders unsere Vorstellung eine richtige ist, dass ein Parasit als Parasit desto vollkommener ist, je unvollkommener er als Thier überhaupt erscheint, so würden die Taenien vielleicht die Aus- gangsstufe der Cestoden bilden müssen, als deren höchste Staffel viel- leicht Ligula, gerade als die einfachste, also von der ursprünglichen, frei lebenden Stammform am meisten entfernte, gelten müsste®. Die Theilung in Proglottiden, resp. der Mangel derselben, dürfte uns hierbei nicht alteriren, da in den Überbleibseln des Darmes jedenfalls ein wich- tigeres morphologisches und phylogenetisches Moment, als in dem mehr äußerlichen Anpassungsvorgang der Proglottidenbildung liegt. Doch alles zuletzt Gesagte soll nur eine Andeutung, nicht eine Be- hauptung sein. Leipzig, den 1. Mai 1878. 1 ScHNEIDER, Monographie der Nematoden. 2 MınoT, a. a. O. p. 421 —424. 3 Für diese Ansicht würde auch der Umstand sprechen, dass Taenia in Warm- blütern, Ligula in Fischen lebt; siehe hierüber äußerst interessante Andeutungen bei LEuckART, Archigetes Sieboldi a. a. O. Anatomie von Taenia perfoliata Göze, als Beitrag zur Kenntniss der Cestoden. 253 Erklärung der Abbildungen. Tafel VIII. Fig. 4. Lancettförmiges Exemplar von Taenia perfoliata. Nat. Gr. c, Kopf, .0s, Saugnäpfe, !c, Kopflappen. Fig. 2. Abgestutztes Exemplar von Taenia perfoliata. Nat. Gr. Bezeich- nung wie oben. Fig. 3. Horizontaler Längsschnitt durch einen Theil einer Proglottide. GunpLAcH VII & Immers. OsEerHäus. Camera. C, Cuticula, SC, subeuticulare Schicht, es, Subcuticularzellen, n, Kerne derselben, pf, Protoplasmafortsätze, ms, subeuticulare Muskelfasern, f, Bindegewebe, cc, Kalkkörperchen, cf, Cuticularfasern. Fig. 4. Querschnitt durch die Wandungen eines Saugnapfes. Guspr. V. Camera. x, Inhalt des Saugnapflumens, M, Muskelwand des Saugnapfes, mr, Radiärmuskeln mo, Ringmuskeln |de Saugnapfwand, mv, longitudinale Muskelfasern h, homogene Grenzmembran. Fig. 5. Horizontaler Längsschnitt durch den Kopf. Guspt. V. me, äußere Ringmuskeln, mo, innere Ringmuskeln, mi, Längsmuskeln, mz, vorderer Muskelzapfen, mzı, hinterer Muskelzapfen, ne, Nervencommissur, na, vorderer Schenkel des Nervensystems, wg, Wassergefäße, pg, Proglottiden. Die übrigen wie oben. Fig. 6. (Natürlicher) Querschnitt durch eine Proglottide. Gunpt. I. Camera. R, Rindenschicht, I, Mittelschicht, mi, Längsmuskelschlauch, mo, Ringmuskelschlauch, = GS, ganglionärer (Sommer'scher) Strang. Fig. 7. Horizontaler Längsschnitt durch einige Proglottiden. Harrn. 4. Cam, gz, Ganglienzelle. Fig. 8. Ein Theil des vorigen Schnittes. Hartnack 8. Camera. mi,, dichotomisch gespaltene Muskelfaser, fz, Bindegewebszellen, ngz, Kern der Ganglienzelle (gz), nl, seitlicher Ast des ganglionären Stranges, = ; Be < 3 ee FE Be 2 . en * . rt = 254 Zygmunt Kahane, Anat. von Taenia perf, Göze, als Beitr. zur Kenntn, der Cestoden. he Fig. 9. Vordere Commissur der ganglionären Stränge (Fig. 5 ne). Gunpe. VII. ’ a Immers. gzı, bipolare Ganglienzelle. j Fig. 410. Dorso-ventraler Längsschnitt durch eine Reihe von Proglottiden un- er mittelbar hinter dem Köpfchen. Gunpte. I. Camera. - pog, Porus genitalis vor der Trennung in Cirrhus und Vagina, er, Cirrhus, i crb, Cirrhusbeutel, v, Vagina. Fig. 44. Horizontaler Längsschnitt durch eine eben solche Proglottidenreihe. ps, Parenchymstreif, als ursprüngliche Aulage der Genitalorgane, resp. der Proglottiden, er}, ausgestülpter Cirrhus. Fig. 42. Horizontaler Längsschnitt durch eine reifere Proglottide. Gunpt.I. Cam. vd, Vas deferens, vs, Vesicula seminalis, kd, Keimstock, dd, Dotterstock (Albumindrüse). Fig. 13. Ein eben solcher Schnitt vom entgegengesetzten Rande. wgc, Capillaren des excretorischen Gefäßsystems, t, Hoden, A, ein Hodenbläschen mit zelligem Inhalt, B, ein Hodenbläschen mit Samenfäden. Beide isolirt und stärker ver- größert. Fig. 44. Horizontaler Längsschnitt durch die breitesten Progloltiden eines lan- cettförmigen Thieres. Gunpt. II. Camera. ute, blindes Ende des Uterus, sd, Schalendrüse, rs, Receptaculum seminis. Fig. 45. Ein eben solcher Schnitt durch eine reifere Proglottide. Gunpr. II. Cam, sdg, Schalendrüsengang, ovg, Ovarialgang, rsg, Gang von dem Receptaculum seminis zum Ovarialgang. Fig. 46. Das Mittelstück der vorigen Figur stärker vergrößert. GunpL. V. Cam. kdf, Ovarialfollikel, ovgc, vereinigter Ovarialgang, sp, Spermapackete. Fig. 47. Eine noch reifere Proglottide eben so durchschnitten. Guxpt. II. Cam. o, Eier. £ Fig. 48. Ein Stück vom vorigen Schnitte, stärker vergrößert. GunpLAcH VII a Immers. ec, epithelartige Zellen in den Uteruswänden. Fig. 19. Embryonenhaltige Eier. Die Buchstabenbezeichnung ist in sämmtlichen Figuren dieselbe, ist also bloß dort angeführt, wo ein Gebilde zum ersten Male erscheint. Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. Von Dr. phil. &. Haller in Bern. Mit Tafel IX—XI. I. Nachtrag zu den ‚‚Weiteren Beiträgen zur Kenntnis der Dermaleichen Kochs‘‘!. Seitdem meine bescheidene Studie über die Dermaleichen unter obiger Überschrift in dieser Zeitschrift zum Abdrucke kam, ist nur "Weniges über diesen Gegenstand geschrieben worden, es muss jedoch _ zweier Arbeiten von Professor Canestrinı in Padua gedacht werden. Die eine derselben erschien 1878 in den »Atti del R. Istituto veneto di _ scienze, lettere ed arti« und ist überschrieben »Nuove specie del genere _ Dermaleichus«. Sie enthält die genaue Beschreibung einer Reihe für den Verfasser neuer Arten, d. h. solcher, welche weder von Koca noch von ‚Buca#norz geschildert worden waren. Diese Studie wird von drei mittel- _ mäßigen Tafeln begleitet. Bis diese Beschreibungen publieirt wurden, erschienen aber außer der prachtvollen Monographie von Rosın und Mi&enın noch meine »Beiträge«. Durch beide wurde eine große Anzahl - neuer Arten bekannt gemacht. Dieselben sind zum größten Theile _ synonym mit den von Can£strinı geschilderten, wesshalb er noch einmal - auf sie zurückkommen musste. Dieses geschieht in einer zweiten Arbeit: % » Intorno ad alcuni acari parassiti ete.«, in den »Atti della societä Veneto- Br Er ah - Verfasser zunächst eine Zusammenstellung der bisher bekannten Genera - der Analgen mit kurzen Diagnosen. Dabei sind einige Veränderungen $ 1 Vergl. Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 514 u. fl. Taf. XXXIU—XXXV. E- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XNXIV. Ba. 17 256 --G. Haller, der noihwendig gewordenen Berichtigungen. Hierbei gedenkt der Ver- ee fasser auch einiger anderen schmarotzenden Milbengattungen, nämlich Myocoptes, Listrophorus, eines parasitischen Cheyletus und Homopus. 4 Endlich beschreibt er als neue Art und neues Genus einen Alloptes pal- matus von Fringilla caelebs. Die Studie wird von einigen Tafeln (l.c. I—IV) begleitet, die in der Qualität den vorigen noch nachstehen. | Was nun die oben erwähnten Veränderungen anbelangt, so sind z sie, wenn wir uns durch die Reihenfolge seiner Aufzählung leiten lassen, - folgende: Die von mir aufgestellte Gattung Crameria soll mit Pterolichus Ch. Robin zusammenfallen, weil der italienische Zoologe die allgemeinen Gestaltsunterschiede für ungenügende Merkmale hält. Auch sieht er in seinem Pterolichus squatarolae eine Übergangsform zwischen beiden Gattungen. Diese Art ist mir nur aus seiner Beschreibung bekannt. Trotzdem muss ich an dem Genus Crameria festhalten, da sich meine Beschreibung außer auf die höchst auffallenden Gestaltsunterschiede auch auf die Gestalt und Lage der zwei hinteren Beinpaare, endlich auf die überaus breiten Weibchen stützte; kurz gefasst würde sie etwa lauten: » Allgemeine Körperform der Männchen quadratisch ; Weibchen sehr breit. Geschlechtlicher Unterschied daher fast verschwunden. Auch fehlen die Unterschiede im Baue der Beinpaare.« (Ich verweise auf die langgestreckten Vorderbeine der Männchen von Pterolichus faleigerus Megnin, an die mit Haken endenden und stark verdickten Extremitäten von Pt. lunula u. s. w.) »Die hinteren Extremitäten ganz an der Bauch- fläche, doch nahe dem Seitenrande; stets nach ein- und unterwärts ge- krümmt.« Die von mir in obigen »Beiträgen« gesicherten Genera Analges und Dimorphus lässt Canestrını dagegen gelten. Nur unterbreitet er der Gattung Dimorphus eine etwas veränderte Bedeutung, indem er sie charakterisirt: »Beine des dritten Paares beim Männchen mehr ent- wickelt als die übrigen und alle in Haftlappen auslaufend.« Es würden dadurch die Arten ausgeschlossen, welche zwei gleich stark verdickte hintere Beinpaare besitzen. | Eine neue Gattung bildet Canestrını aus Pterolichus claudicans Robin, welcher sich vor seinen Genossen dadurch auszeichnet, dass beim Männchen die Beine des vierten Paares äußerst schmächtig sind und in eine Kralle auslaufen. Wir finden dieses neue Genus in dieser Zusammenstellung unter der Bezeichnung Xoloptes. Eine zweite neue B Gattung, Alloptes genannt, bildet Canesırını aus einigen von ihm neu beschriebenen Arten, welche sich durch das sehr vergrößerte vierte Fuß- paar auszeichnen. Eines der Glieder dieses Genus, nämlich Alloptes 3 cerambieis, lebt auf Cerambyx cerdo. Aus der Abbildung Canzstrin!s VELTE EN Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 257 scheint sich ein abweichender Bau der Mundtheile zu ergeben, dessen in "seiner Beschreibung nicht gedacht wird. Die Zusammenstellung dieses Epizo@ön von einem Käfer mit Parasiten warmblütiger Thiere ist daher einstweilen mit Misstrauen aufzunehmen. u. | Über die Gattung Listrophorus Pagenstecher und eine neue Art derselben (Taf. IX, Fig. 1—3). Diese Zeitschrift. 1861. vol. XI. p. 156. Taf. XVIN. CLAPAREDE, Studien an Acariden. Diese Zeitschr. 1868. vol. XVII. p.536. Taf. XXXIX, Fig. 140 und 11. Me£anın, Cheyletides parasites, Journ. de l’Anat. etc. 1878. p. 419. _ CANESTRINI, Int. adalc. acari parassitiete. loc. ind. p. 13. Taf. I—IIl, Fig.8. Beim Absuchen kleinerer Säugethiere nach parasitischen Milben fand sich jeweilen auf dem Eichhörnchen und dem kleinen Wiesel eine eigene -Listrophorus-Art. Von letzterer kenne ich nur die Weibchen, benannt und beschrieben kann daher nur jene erstere werden. Ich widme die- selbe dem ersten Monographen der Gattung. Sie bietet uns in ihren deutlich ausgebildeten Mundtheilen ein willkommenes Material, um noch - ein Mal auf eine Frage ausführlicher einzugehen, welche, wie mir scheint, von PAGENSTECHER auf irrthümliche Weise gelöst worden ist. Die Mundtheile der Dermaleichen werden von oben durch ein aus- gebildetes Epistom bedeckt, welches gewöhnlich nicht bis zur Spitze _ der Scherenmandibeln reicht. Von der Rückenfläche aus zieht sich die ; _ Körperdecke in Gestalt einer leichten Falte nach vorn über den Ursprung E: des Mundschildes. Und dieser bedeckt den von den französischen Auto- - ren Gamerostom genannten Mundraum, in welchem die Mandibeln liegen, ' - seitlich begrenzt von den Tastern. Unter diesen bildet eine »Unterlippe « den Abschluss der Mundöffnung. Bei Listrophorus Pagenstecheri er- - kennen wir alle diese Bildungen mehr oder weniger deutlich ausgeprägt wieder. Vor Allem tritt uns ein mächtig entwickeltes Epistom (Fig. 3 a) - entgegen, das nicht nur von oben gesehen uns die sämmtlichen Mund- _ theile der Beobachtung entzieht, sondern uns dieselben auch seitwärts - durch mehr oder weniger stark entwickelte Seitenflügel verbirgt. Eben - so erfreut sich jene Fortsetzung der Körperdecke an der Rückenfläche _ einer merkwürdigen Ausbildung. In der Medianlinie ist dieselbe aller- ; ; ‚dings gänzlich zurückgeblieben und kaum als schwache Hautffalte sicht- E. ‚bar, dagegen haben sich ihre Seitentheile (in uns. Fig. b, b) stark ent- An den bisher bekannten Arten sind sie stärker chitinisirt, entbehren $ 2 47* 258 G. Haller, der Ringelung und erscheinen bräunlich gefärbt. Bei unserer neuen Art machen sie sich durch gleiche blasse Färbung und durch die näm- liche Querringelung als Derivate der Körperdecke bemerkbar. Überdies lassen sich ihre Grenzlinien leicht bis in die Nackengegend verfolgen, wo sie mit einander korrespondiren und in die Scheidelinie zwischen Epistom und Rückenfläche übergehen. An der unteren Fläche des Epistoms und zwar in dessen äußerer Hälfte nehmen wir nun die in der That sehr kleinen, jedoch deutlich und kenntlich umgrenzten Mandibeln und Taster (uns. Fig. c und d) wahr. Ihrer äußerst geringen Größe wegen werden sie leicht übersehen, ihre Anwesenheit kann aber nicht geleugnet wer- den. Sie erinnern gänzlich an diejenigen der Dermaleichen. Die Man- dibeln sind sehr kurz, dabei breit und plump, ihre Spitze erreicht den Vorderrand des Epistoms nicht mehr, eben so wenig überragt das hin- tere abgestumpfte Ende die Grenzlinie, welche man sich zwischen vor- derer und hinterer Hälfte des Rostrums gezogen denken kann. Die Palpen sind etwas länger, sie ragen nach hinten über die Mandibeln hin- aus. Dicht hinter diesen letzteren nehmen wir endlich die ebenfalls deutlich vorhandene » Unterlippe« wahr. Sie hebt sich als eine sehr deutliche Linie von ihnen ab. Die Mandibeln ergeben sich als scheren- förmig, ihre hintere Hälfte als eiwas größer wie die vordere, welche die Schere einnimmt. Diese letztere kennzeichnet sich durch ihren starken Glanz, auch erkennen wir an ihren Innenkanten zwei Höckerzähne. Die Palpen sind dreigliedrig, wie bei allen Dermaleichen. Wir sehen vor Allem ein stark aufgetriebenes Basalstück, das sich auch durch seine stark verdickten Chitinwandungen bemerklich macht (Fig. 4 d,). Auf dasselbe folgt ein längeres schmales zweites Glied, das überall die näm- liche Breite hat (Fig. 4 ds). Seine Länge ist ungefähr derjenigen des Grundstückes gleich, an Breite steht es aber dem letzteren etwa um das Doppelte nach. Seine Spitze wird von einem sehr kleinen eiförmigen Endgliede (Fig. 4 d,) gekrönt. Es hat zwar dasselbe mit dem vorher- gehenden gleiche Breite, wird aber von ihm an Länge ungefähr um das Vierfache übertroffen. Die » Unterlippe « besitzt zwei freie abgerundete Vorderecken und am Vorderrande eine in der Mitte vorstehende un- paare Spitze. Haben wir nun im Baue der Mundwerkzeuge aufs Unzweideutigste die nahe Verwandtschaft der Listrophoren mit den Dermaleichiden er- kannt, so ist dieses in eben demselben Maße mit fast allen übrigen Ver- hältnissen der Fall. Hier wie dort findet sich ein recht bedeutender geschlechtlicher Unterschied. Die Männchen erinnern in ihren allge- meinen Formen sehr an diejenigen der Gattung Pterolichus Ch. Robin; auch die Weibchen sehen Analgesweibchen nicht unähnlich, wenn sie he a . 13 > Ki ae ea a ee x run ee e Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 359 sich auch durch ihre mehr walzliche Gestalt von ihnen unterscheiden. Dringen wir mehr in Einzelnheiten ein, so finden wir auch hier zahl- reiche Anknüpfungspunkte. Die Bewaffnung der Füße ist bei beiden vollkommen dieselbe, selbst die langen Borsten der Dermaleichen finden wir, wenigstens am vordersten Extremitätenpaare. In freilich sehr redu- cirtem Maßstabe erkennen wir bei Listrophorus auch die Borsten der Rückenfläche wieder. Wir haben beim Männchen ein Paar vorderer _ Randborsten und ein bis mehrere Paare von Endborsten gesehen. Die äußeren Geschlechtsorgane des Männchens stimmen in ihrer Form fast vollkommen mit denjenigen von Freyana anatina Koch , die Organe des Weibchens durchaus mit denjenigen der Analgesweibchen überein. Bei Erwägung aller dieser Thatsachen muss jeder Zweifel schwinden, dass die Listrophoren mit den Dermaleichen in nahem systematischen Zu- 'sammenhange stehen. Andererseits lässt sich nicht leugnen, dass eine Reihe von Merkmalen aufgefunden wird, welche eine vollständige Unterordnung dieser Säugethierparasiten unter die Vögel bewohnenden Dermaleichen nicht zulassen. Hierhin gehört vor Allem die durchaus walzliche Gestalt , die eigenthümliche Entwicklung der Mundtheile, die - Stellung sämmtlicher Beinpaare u. s. w. Sie müssen daher den »Sarcop- tides avicoles « Mesnıw’s als eine eigene Gruppe entgegengestellt werden. Dabei bedarf aber, was übrigens unwesentlich scheint, der Ausdruck »Sarcoptides gliricoles« einer Beschränkung, da Listrophoren auch auf anderen kleinen Säugethieren vorkommen. Höchst anziehend lauten die Beobachtungen M£snın’s, nach welchen die unbehenden Listrophoren im Haarkleide ihrer Wirthe von den über- aus hurtigen Cheyletiden gejagt und in Menge gefressen werden. Für Kurt) A jr Weiteres verweise ich auf die betrefiende oben angeführte Stelle. Wie ich nun noch nachträglich bemerke, wird dieselbe auch durch die bei- gefügten schwarzen Holzschnitte interessant, indem M£enın die Mund- theile weit richtiger dargestellt hat, wie dieses von den bisherigen Autoren geschehen ist. Listropborus Pagenstecheri mihi (Fig. 1—3). Die beiden Geschlechter zeigen in Größe und Gestalt wesentliche Unterschiede; sie müssen daher getrennt beschrieben werden. Das Männchen (Fig. I) ist bedeutend kürzer und von geringerer E Breite wie das Weibchen, seine Gestalt eine doppelt konische, wobei die beiden stark abgeplatteten Kegel mit ihren Grundflächen zusammen- stoßen, ihre Spitzen abgestutzt sind. Die größte Breite liegt zwischen - dem Ursprunge des zweiten und dritten Beinpaares. Der vordere Konus _ ist beinahe um seine eigene Länge kürzer, wie der hintere, wesshalb az _ auch der Leib am vorderen Ende breiter erscheint, wie am hinteren, wo a EB VE ED VE 7 EEE ee ann = 3 7 a a a m 260 G. Haller, Er er stark verjüngt zuläuft. Hier auch erleidet er eine tiefe dreieckige Incisur, in welcher eine helle Membran ausgespannt ist, die mit zwei Spitzenpaaren, einem größeren, äußeren und einem inneren bedeutend kleineren, über den hinteren Körperrand hervorragt. Die Spitzen des Körpers selbst enden in zwei kleine löffelförmige Gebilde aus, an deren jedem eine Endborste ihren Ursprung nimmt. Eiwas hinterhalb den Haftnäpfen, welche nur dem Männchen zukommen, entspringen am Seitenrande zwei auf Papillen inserirte und rückwärts gebogene Haken- dornen. Zwischen dem 3. und 4. Fußpaare nehmen wir endlich zwei stark chitinisirte Leibesstellen wahr, welche gleich schmal dreieckigen Flügeln nach unten vorspringen. Mit Ausnahme derselben ist der ganze Körper wie beim Weibchen mit feinen Querringeln dicht überzogen. Wie bei den übrigen Arten entspringt das erste Beinpaar, welches auch das längste ist, ganz am Vorderrande des Körpers zu beiden Seiten 1er LT.) Pi PT des Pseudocapitulums; die übrigen Extremitäten werden nach hinten zu kürzer und stärker, sie stehen in gleichen Abständen nahe der Mittellinie an der Bauchfläche. Am ersten Beinpaare fallen uns durch ihre Länge sofort die zweiten Glieder auf; wir bemerken an ihrer Innenseite unge- fähr in der Mitte einen flachen aber breiten dreieckigen Zahn. Die drei letzten Glieder tragen jeweilen eine längere steife Borste, welche am ersten derselben am längsten, an den folgenden jeweilen etwas kürzer ist. Die Epimeren des ersten Paares sind am längsten und treten bald zu einem einzigen nach hinten spitz auslaufenden Endstück zusammen. Diejenigen der übrigen Extremitäten sind merklich kürzer, am zweiten Paare treten sie nach hinten, am dritten und vierten schräg nach vorn und innen. Die Epimeren des zweiten Beinpaares sind schwach nach innen gekrümmt, ihre Spitzen werden durch eine wellige kurze Chitin- leiste verbunden. Dicht dahinter zieht sich eine längere solche Quer- leiste, mit welcher sich die Epimeren des dritten Paares vereinigen. Von längeren Borsten finden wir auf der Körperoberfläche nur ein kurzes Paar vorderer Randborsten und zwar dicht hinter der Insertion des ersten Beinpaares. Sodann erkennen wir auch zwei Endborsten, von denen ein vorderes kleineres, ungefähr auf der Höhe der Taschen inserirtes Paar und ein hinteres längeres zu unterscheiden sind. Letzte- res nimmt seinen Ursprung auf den löffelförmigen Endspitzen des Kör- pers, ragt gleich dem vorderen steif nach seitwärts und kommt an Länge ungefähr der vordersten Extremität gleich. Weibchen (Fig. 2). Seine Gestalt ist eine bedeutend einfachere. Es erscheint walzlich mit gleichmäßig zugespitztem Vorder- und Hinter- 4 ende. Die vordere Spitze wird jedoch durch das Trugköpfchen verdeckt. Nur wenig vorderhalb der Mitte der Bauchfläche liegen die äußeren weib- Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. a ; lichen Geschlechtsorgane, deren schon oben gedacht wurde, die Anal- _ spalte nimmt ganz die hintere Körperspitze ein. Seitlich von derselben stehen zwei lange nach hinten gerichtete Endborsten. Die Beine verhal- ten sich ähnlich wie beim Männchen. Das erste Fußpaar trägt eine ein- zige steile Borste am dritten Gliede, die anderen entbehren derselben durchaus. Die Epimeren des zweiten und letzten Beinpaares scheinen zu fehlen, die des ersten und dritten sind jeweilen zu einem einzigen kurzen und nach hinten bogigen Chitinstück reduecirt. Die Länge des Männchens beträgt ungefähr 0,7, diejenige des Weib- ehens etwa 0,9 mm. Wohnt auf dem Eichhörnchen (Seiurus vulgaris). III. Über die Gattung Homopus Koch (Taf. IX, Fig. 4—6). Homopus Koch. Übersicht des Arachnidensystems. Nürnberg 1839— 1845. _ Dermaleichus (Homopus) seiurinus Koch. Crust., Myr. und Arachn. 33; 7. Deut. Insekten. 133; 7. Dermaleichus (Homopus) hypudaei Koch. Crust., Myr. und Arachn. 39; 4. Deut. Insekten 189; 24. Hypopus arvicolae Dujardin. Ann. des sc. nat. 3.serie. T. 12. Pl. 14, Fig. 15. Homopus elephantis Fürstenberg. Krätzmilben des Menschen und der Thiere. Leipzig 1861 in Fol. p. 208. Fig. 80 u. 81, Taf. VI. Labidophorus talpae Cramer. Wıersmann’s Archiv 1877. p. 219. Taf. XVI, Fig. 1—3. _ Homopus seiurinus Koch. re in dieser Zeitschr. Bd. XXX, p. 79. Dermaleichus (Homopus) seiurinus Koch. Ganesteinı in Acari parassiti 1879. p. 13. Tav. IV, Fig. 8. In seinen »Myriapoden, Arachniden und Crustaceen Deutschlands « =. "beschäftigte sich Kocn zum ersten Male mit den eigenthümlichen von ihm auf dem Eichhörnchen und auf Hypudaeus arvalis vorgefundenen Parasiten, welche er bald als Dermaleichus, bald als eine eigene Gattung Homopus beschreibt. So fehlerhaft und unzureichend auch seine Be- _ schreibung derselben (Übersicht des Arachnidensystems), so unzuläng- lich auch seine Zeichnungen , namentlich ihrer Kleinheit halber sind, welche jedes Eingehen in Einzelnheiten unmöglich macht, lässt sich doch daraus erkennen, dass wir wirklich das vor uns liegende Thier Homopus nennen müssen. Geben wir daher gleich hier Anfangs eine ganz kurze Schilderung der Milbe, um sie in den zu besprechenden - Arbeiten wieder erkennen zu können. Körper im Verhältnis zur Länge breit, schildförmig, dabei sehr flach und niedergedrückt. Am Hinterleibe stark chitinisirte Greifplatten. Vor denselben eine Leibesöffnung umgeben von scheinbar haftnapfartigen = 262 6. Haller, Bildungen. Beine kurz und dick, alle nach Art der Hypopen nach unten und innen gekrümmt. Die sechs vorderen Extremitäten enden mit großen Krallen, das hinterste mit einem Paare langer Borsten. Mundwerkzeuge fehlen ganz, sogar die dieselben vertretende Lamelle ist nicht vorhanden. Lange blieb nun dieser winzige Parasit in Vergessenheit bis 1849 Dusarnın seine Abhandlung »Sur les Acariens sans bouche« mit der damit zusammenhängenden Note »Additions au m&moire sur les Hypopes« schrieb. In beiden gedenkt er einer in Menge auf Arvicola subterranea vorgefundenen Milbe, welche er Hypopus arvicolae nannte. Da die Beschreibung uns das Thier nur ungenügend erkennen lässt, ent- nehmen wir der guten, nur etwas zu kleinen Abbildung die nothwendigen Merkmale. Wir erkennen den schildförmigen , allerdings nur wenig ge- drungenen Leib, sehen die Haftplatten am hinteren Körperende, deren auch im Texte gedacht wird und vermissen eben so wenig die Tricho- dactylus-ähnliche Endigungsweise der Beinpaare. Wir haben es mithin offenbar mit einem Homopus zu thun. Nun hat aber bereits Kocn auf einer nahen Verwandten der erwähnten Maus seinen Homopus hypudaei gefunden; es mögen mithin beide Benennungen ein und derselben Milbe gelten. Eine weitere, jedoch nur scheinbare Bereicherung unseres Genus verdanken wir FÜRSTENBERG. Derselbe beschrieb eine auf dem Elephan- ten vorgefundene Milbe als Homopus elephantis. Wie aber bereits M&snın in seiner »Me&moire sur les Hypopes« gezeigt hat, geht aus der Beschrei- bung und Abbildung hervor, dass Fürstensers keine echte Hypopusform vorgelegen hat. Wenigstens lässt sich keine Spur der so charakteristi- schen Platten erkennen, welche er doch schwerlich übersehen haben würde. Labidophorus talpae heißt Cramer in seinem Aufsatze » zwei para- sitische Milben des Maulwurfes«, eine weitere Milbe, welche er selbst mit dem Hypopus arvicolae Dujardin vergleicht. Sie weicht in durchaus nichts Wesentlichem von den für die Interimsgattung Homopus aufge- stellten Merkmalen ab. Wir vermissen die Endigungsweise der Füße nach Art eines Trichodactylus eben so wenig wie die Platten am Hinter- ende des Körpers oder die schildförmigen Körperumrisse. Freilich weicht diese Form eben so sehr von Homopus sciurinus wie von Hom. hypudaei ab, mag uns daher als neu interessiren. Wenn aber Cramer seinen Labi- dophorus talpae für den Typus einer neuen Gattung und gar für ein ge- schlechtsreifes Thier hält, so geht er unbedingt zu weit, denn dass Homopus nur eine Larvenform ist, liegt außer Zweifel. Bei Anlass meiner » Weiteren Beiträge« habe ich bereits auf diesen Umstand aufmerksam gemacht und gleichzeitig gezeigt, wieHomopus wahrscheinlich als Larven- nn ee ; f A be 7 ae lu a a Se le EEE er R Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten, 263 form einem auf dem Eichhörnchen lebenden neuen Parasiten entspricht. CAnESTRINI in seinen » Acari parassiti « pflichtet mir bei und giebt gleich- ‚zeitig eine Abbildung von Homopus sciurinus Koch. Dieselbe ist zwar in vielen Beziehungen besser , wie diejenige des ersten Beschreibers der - Art, so bringt sie z. B. zum ersten Male von dieser Stammform die Greif- platten zur Anschauung, ist aber gleich den übrigen Zeichnungen GanE- STRIn!s manirirt, hat z. B. einen höchst sonderbaren Rüssel erhalten ete. Der Ansicht, dass Homopus gleich Trichodactylus, Hypopus u. s. w. nur eine Entwicklungsphase einer höher organisirten Milbe ist, erklären sich übrigens noch mehrere Autoren, so PAGENSTECHER in seiner » Allgemeinen Zoologie«, M&cnın in jener bereits oben eitirten Arbeit ete. Die allgemeinen Körperumrisse (Fig. 4 und 5) ergeben sich im Ganzen als schildförmig, dabei verhält sich die Länge zur Breite ziemlich genau wie 4:4!/,. Von der Seite betrachtet erkennen wir, dass der Körper im dorsoventralen Durchmesser stark zusammengedrückt ist; die Bauch- wie die Rückenfläche gleichzeitig schwach konvex sind. Die größte Breite befindet sich dicht hinter der Insertion des zweiten Fuß- paares. Hier theilt auch eine tief einschneidende Furchenreihe den Körper in zwei hinter einander liegende Abschnitte. Der vordere weitaus kleinere beginnt mit etwas vorspringenden abgerundeten Schulterecken und spitzt sich dann sehr rasch und stark zu. Der hintere weitaus größere besitzt stark bauchige nach hinten immer mehr konvergirende . Seitenränder, so wie einen abgestutzten, etwas ausgebuchteten Hinter- rand. Die Spitze der vorderen Abtheilung entbehrt sämmtlicher Mund- theile, ja sogar jener Lamelle Dusarvın’s!, welche Cramer 2 mit Mund- stachel übersetzt, und die von M&enın 3 für die Unterlippe gehalten wird. An Stelle dieser Bildung erkenne ich bei Homopus sciurinus stets nur eine stärker chitinisirte Jängliche, und vermuthlich röhrenartige Erhabenheit (Fig. 4 r), welche die Körperwandung durchbricht und sich nach hinten stark triöhterförmig erweitert. An ihrer Spitze befindet sich höchst wahrscheinlich die Mundöffnung, wovon ich mich noch nicht überzeugen _ konnte. Doch steht dieses wohl außer allem Zweifel, denn erstlich hat M&enın mit vollkommener Sicherheit für die Hypopen eine Mundöffnung nachgewiesen; sodann lässt sich im Innern des Körpers von Homopus sehr oft ein dunkler Kothballen erkennen , welcher wahrlich ohne vor- | _ herige Nahrungsaufnahme nicht vorhanden sein könnte, endlich dürfen wir wohl auch aus der Anwesenheit einer Aftermündung auf eine Mund- öffnung schließen. Die vordere kleinere Abtheilung trägt auch die zwei 1 Dusarpın, loc. ind. Pl. 44, Fig. 3. 2 CRAMER, loc. ind. p. 254. 3 MEenın, loc. ind. p. 243. Pl. IX, Fig. 3. 264 G. Haller, | 73 = 2 - ersten Beinpaare, wogegen die zwei hinteren von dem hinter der Trennungsfurche gelegenen größeren Abschnitte ihren Ursprung nehmen. Das letzte Viertheil dieses hinteren Abschnittes ist durch eine Quer- furche vom übrigen Körpertheile abgeschnürt (Fig. 6); auch optisch unterscheidet sie sich auf den ersten Blick (Fig. 7) durch den gänzlichen Mangel jener schwärzlichen Granulationen,, welche den Seitenrand des 4 übrigen Körpers einnehmen. Es scheint sich somit die Körperhöhle nicht bis in diesen Anhang zu erstrecken, wohl aber finden hier noch Muskeln Platz. Längs der hinteren Hälfte des Körpers erstreckt sich ein blasser und schmaler Marginalsaum. Dicht vor dem letzten Viertheile des hinte- ren Körperabschnittes erkennen wir eine lange Analöffnung, welche einer weiten Klaffung fähig ist (Fig. 4 a) und dann ungefähr die Form eines mit der Spitze nach vorn gerichteten Schildchens annimmt. Sie erscheint von zwei nach vorn, wo sie sich verschmelzen, verjüngten, nach hinten, wo sie getrennt bleiben, verbreiterten Platten (Fig. 4 pp) wie geflügelt. Nach hinten von der Aftermündung entspringen auf den- selben drei kleine Härchen, deren von Wällen umgebene Insertionen an Haftnäpfe erinnern , für welche sie offenbar von Dusirpın gehalten wur- den. In dem von den Platten frei gelassenen Felde entspringt ein ein- zelnes und unpaares größeres Haar. Den größten Theil des hinter dem After gelegenen kleinen Ab- schnittes nehmen die stark gebräunten Greifplatten (Fig. 4 pp) in Be- schlag. Kocu deutet dieselben einfach durch die bräunliche Färbung am Hinterende seiner Figur an. Duwsarvın und Cramer haben dieselbe für ihre Arten recht kenntlich beschrieben. Crararipe benutzte die Dar- stellung Dusarvın’s in seinen »Studien an Acariden«! zu einer lehrreichen, im Interesse der Darwın' schen Theorie unternommenen Vergleichung mit den Haftplatten des Mundapparates von Listrophorus. Wenn nun auch seine Ansicht über die Bedeutung dieser letzteren durch meine vor- stehende Beschreibung der Mundtheile bedeutend modificirt worden ist, wenn auch die Haftplatten der Homopen nicht aus den Haftnäpfen, was man freilich aus der etwas manirirten Abbildung Dusarnın’s entnehmen könnte, sondern aus einer Hautduplikatur ihren Ursprung nehmen, so behält dennoch die Quintessenz jener interessanten Abhandlung ihren Werth. Es ist höchst instruktiv zu sehen, wie die Anpassung zwei scheinbar so sehr verschiedene Gebilde schuf, wie die Seitenflügel des Fressapparates von Listrophorus und die Greifplatten am hinteren Ende der Bauchfläche der Homopusformen. Beide Gebilde können ihren Ur- sprung aus einer einfachen Hautfalte nicht verleugnen, beide erfüllen ! Diese Zeitschr. Bd. XVII. p. 538. ER. U PELGEN uf Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten, 265 gleich gut ihren Zweck, das Anklammern an die dünnen Haare des _ Wirthes zu unterstützen. Kehren wir nun nach dieser Abschweifung auf ein oft besprochenes Gebiet zur Beschreibung der Platten selbst zurück! Wenn wir diese entfernen, so sehen wir, dass sie aus sehr lang gestreckter ringförmiger Basis entspringen (Fig. 6 bp). Die Mitte dieses Ringes, dessen Ränder stark chitinisirt erscheinen, wird durch einen Hohlraum beansprucht, welcher sich Anfangs in die Platten selbst er- streckt, sich rasch verengert, um nach kurzer Strecke ganz verdrängt zu werden. Die Greiforgane erscheinen uns nun als die soliden dünnen Platten, welche ihnen die Bezeichnung verschafft haben. Ein koncise- rer Beweis für die Entstehung derselben aus bloßen Hautduplikaturen lässt sich wohl kaum verlangen. Bei Homopus sciurinus erfreuen sich diese Gebilde einer kräftigen Entwicklung; doch bleibt zuweilen die eine Platte etwas kleiner. Ihr oberer Rand ist fast gerade, der untere stark ausgeschnitten, ihre innere Kante ergiebt sich ungefähr von halber Breite wie ihr Ursprung. Endlich lassen sie eine große Anzahl nach dem inneren Rande hin konvergirender Querrippen erkennen. Diesem Appa- rate steht ein System bewegender Muskeln zur Verfügung. Wir erwähnen unter ihnen nur des Hauptsächlichsten, dessen stark chitinisirte Sehne als länglicher stark bräunlich gefärbter Wulst (Fig. 4 und 6 cm, cm) der äußeren Seite des Ringes anliegt, von welchem die Platten ihren Ur- sprung nehmen. Bereits, wiewohl sehr undeutlich, durch die braunen Platten hin- durch, noch deutlicher aber wenn wir dieselben entfernen, nehmen wir zwei eigenthümliche Haargebilde (Fig. 6h) wahr. Dieselben ent- springen an der Innenseite des äußeren Randes des Chitinringes aus einem sehr kurzen , schwach becherförmigen Chitinwalle, streben von hier aus nach abwärts, durchbrechen die innere Wandung und verbrei- tern sich nun bald zu einem löflelförmigen Gebilde. Ihre Bedeutung ist mir nicht klar geworden, vielleicht haben wir sie als Sinnesorgane zu betrachten, welche in Beziehung zu den Haftapparaten stehen. Ihr - Kanal erstreckt sich jedoch nur bis zu der löffelartigen Verbreiterung. Aus der Configuration dieser letzteren und aus jenem Umstande ließe sich vielleicht eher schließen, dass sie berufen sind das Sekret jener baldigst zu besprechenden Drüsen , welche nach dieser Seite hin mün- den aufzufangen und zu irgend einem mir unbekannten Zwecke aufzu- bewahren. Was nun die innere Anatomie unserer Larven anbelangt, so kann ‚darüber noch außerordentlich wenig gesagt werden. Ein oftmals vor- handener Kothballen lässt auf einen inneren Darmtraktus schließen. Wie - derselbe beschaffen ist, vermag ich nicht anzugeben. Längs des ganzen 266 6. Haller, Seitenrandes (Fig. 5) zahlreich angeordnete hell lichtbrechende Granu- lationen,, welche bei auffallendem Lichte milchweiß erscheinen, ver- rathen ein ausgebildetes Exkretionssystem. Allermeist sind dieselben auf zwei breite Längszüge geordnet, die am hinteren Ende in einander übergehen. Der äußere läuft längs des ganzen Körperrandes und folgt dessen Biegungen; dicht vor der Spitze des vorderen Abschnittes ver- bindet er sich mit dem der gegenüber liegenden Seite. Der innere Längs- zug erstreckt sich nur etwa bis zur Hälfte des hinteren Abschnittes und scheint hier zu enden; sich vielleicht in einen Abschnitt des Darm- kanales zu öffnen. Geschlechtsorgane lassen sich nicht wahrnehmen, weder männliche, noch weibliche. Die Spalte, welche von Cramer ! für die äußere weibliche Geschlechtsöffnung gehalten wurde, entspricht vollkommen der von mir ausführlicher beschriebenen Analspalte. Endlich sind noch die Exkretionstaschen zu erwähnen, deren An- wesenheit ich bereits gedacht habe. Sie liegen dicht vor dem letzten, die Greifplatten tragenden Abschnitte, und indem sie sich quer vor den- selben legen, bilden sie gewissermaßen eine breite Grenzlinie zwischen dem die Körperhöhle bergenden und jenem rein mechanischen Zwecken untergeordneten Abschnitte, die nur in der Mitte eine geringe Unter- brechung erfährt (vergl. Fig. 5 und 6 et). Diese Taschen sind etwa drei Mal so lang wie breit, wurstförmig mit abgerundeten Enden. Bezüglich ihres Sekretes, welches eine rothbraune Färbung hat, erscheinen sie unter verschiedenen Phasen. Entweder sind sie prall mit Sekret ange- füllt, oder dasselbe beginnt sich zu entleeren, es entstehen rissige, den Inhalt zerklüftende Sprünge; sodann kann der Inhalt beinahe gänzlich entleert sein und ihre Wandung legt sich in Falten und endlich werden sie, wenn das färbende Sckret gänzlich entleert ist, kaum mehr wahrge- nommen, weil ihre eigene Färbung mit derjenigen der Körperbedeckung übereinstimmt. An ihrem inneren Ende liegt jeweilen eine große an der Bauchfläche nach außen mündende Ausfuhröffnung, welche direkt unter den oberen inneren Ecken der Greifplatten und über dem Anfange der Verbreiterung jener löffelförmigen Haargebilde steht. Nachdem ich so der Beschreibung sämmtlicher Körperverhältnisse so weit als möglich gerecht geworden bin, eile ich über auf die ausführ- liche Schilderung der Extremitäten. Unsere Milbe ist, wie wir wissen, gleich den Hypopus und Trichodactylus ein achtbeiniges Larvenstadium. Die zwei Vorderbeinpaare entspringen in kurzen Abständen und nur wenig nach einwärts am Vorderrande des vorderen kleineren Abschnittes. Ziemlich weit von ihnen nach hinten und stark an der Bauchfläche 1 CRAMER, loc. ind. p. 249. Tav. XVI, Fig. 1. Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 367 nehmen in einer geraden Linie hinter einander die zwei hinteren Ex- tremitäten ihren Ursprung. Alle vier sind kurz und dick und mit unter sich ungefähr gleichen Gliedern ausgestattet, das fünfte dieser letzteren läuft stumpf zu. Bei Homopus sciurinus erweisen sich die hinteren zwei Extremitäten, was die Größe betrifft, als kaum verschieden von den vor- deren. Genau wie dieses Cramer für seinen Labidophorus beschrieben hat, enden die drei ersten Beinpaare in lange aber sehr dünne am Ende hakenartig gebogene Krallen, das letzte trägt an Stelle derselben eine verschieden lange (bei Hom. sciurinus sehr lange) Borste. Wir erblicken "in diesen Verhältnissen eine unverkennbare Ähnlichkeit mit Hypopus und Trichodactylus. Alle Extremitäten sind außerdem mit mehreren kurzen rigiden Haaren ausgestattet. Die Epimeren des ersten Paares vereinigen sich kurz nach ihrem Ursprunge zu einer gemeinsamen schmalen zugespitzten Chitinleiste, die bis weit nach hinten, fast bis auf die Höhe der Insertion des dritten Fußpaares zieht. Fast gerade, eben- falls sehr lange und sich allmählich verjüngende Leisten sind die Epi- meren des zweiten Fußpaares, welche nach innen stark konvergiren ‚und erst auf fast gleicher Höhe mit dem unpaaren mittleren Chitinstücke enden. Diejenigen der zwei hinteren Paare werden nur durch undeut- liche Leisten mäßiger Länge gebildet, die fast gerade nach vorn gehen. Alle Epimeren heben sich von dem schmutzig gelblich-weiß gefärbten Körpertegumente gleich den Extremitäten durch ihre bräunliche Fär- bung ab. Die Totallänge des Homopus sciurinus beträgt etwa 0,5, die Breite von einem Seitenrande zum anderen gemessen 0,3 mm. Aus der öfters erwähnten Ähnlichkeit mit solchen Formen, welche un- längst von M£cnın und von Rosın als die interimistischen und accessori- schen Larvenformen von Tyroglyphen erkannt worden sind, aus dem Mangel aller Andeutung von Geschlechtsorganen , gewiss auch aus dem so ganz rudimentären Fressapparate dürfen wir mit voller Sicherheit - folgern,, dass Homopus kein geschlechtsreifes Thier, sondern, wenn wir uns des Ausdruckes bedienen können, die Hypopusform einer höher ent- wickelten Milbe ist. Leider ist es mir trotz mannigfachen Beobachtungen nie vergönnt gewesen eine jener Häute aufzufinden, wie sie Mtanın ab- bildet und welche uns im Innern das Bild der zukünftigen Form zeigen. Ich bin daher gezwungen, auf indirektem Wege, d. h. durch Schlüsse die Form aufzufinden, die als entwickeltes Thier Homopus entspricht. AlsParasiten vom Eichhörnchen haben wir nun außer Homopus seiurinus, einen Ixodes kennen gelernt, von diesem können wir sofort absehen. Eben so kann Listrophorus Pagenstecheri mihi nicht in Frage stehen, da der erste Monograph dieser Gattung uns vollkommenen Aufschluss 268 | ; Ü Haller, SS BRn$. : über die Entwicklung derselben gab. Von Milbenparasiten habe ich bei sehr zahlreichen untersuchten Exemplaren stets nur noch nach- stehende als Dermacarus sciurinus zu beschreibende neue Art aufgefun- den. Wie ich bereits in meinen » Weiteren Beiträgen etc.« sagte, halte ich denselben für das »Imago« von Homopus. Es herrscht offenbar zwischen demselben und dieser Larvenform einige Wechselbeziehung : Auf Eichhörnchen, wo zahlreiche Homopen gesammelt werden, findet sich fast nie Dermacarus oder doch nur in vereinzelten Exemplaren, namentlich jungen Thieren, und umgekehrt verdrängt Dermacarus stets Homopus. Sodann haben die jüngsten vorgefundenen achtfüßigen Sta- dien von Dermacarus gerade ungefähr die Größe der Homopen. Es spricht der Umstand, dass man auch auf dem Maulwurfe solche Derma- carusarten nur in etwas abweichenden Formen vorfindet,, gewiss eben- falls zu Gunsten meiner Ansicht: Homopus ist keine selbständige Gattung, sondern nur die Larvenform von Dermacarus! Solche Hypopusstadien finden sich übrigens bei den Milben in weitester Verbreitung. Verschiedene der bisher als selbständige Gat- tungen beschriebenen Thiere scheinen solchen zu entsprechen. Dieses ist namentlich mit Tarsonemus Canestrini oder Dendroptus Gramer der Fall. Ich habe diese Milbe in den letzten Sommerferien (1879) sehr häufig, wenigstens die » Weibchen «, als Inquilinen in Phytoptus-Gallen gefunden. Von der Zusammengehörigkeit der » Männchen« und » Weib- chen« konnte ich mich nie überzeugen , dagegen eher vom Gegentheil. Äußere Geschlechtsorgane entdeckt man nicht, eben so wenig innere, Dagegen ist der mangelhafte Bau der Mundtheile, die Übereinstimmung mit den Hypopusformen, welche sich im Bau der Extremitäten aus- spricht, wirklich überraschend. IV. Dermacarus nov. gen. Ein parasitirender Tyroglyphus. (Tafel IX, X und XI.) Nachstehend zu beschreibende Acarine wurde in Menge auf dem Eichhörnchen gesammelt. Es fanden sich sowohl zahlreiche geschlechts- reife Individuen mit bedeutender geschlechtlicher Differenz, als viele un- reife Jugendstadien von sehr verschiedener Größe. Die kleinsten unter diesen letzteren hatten ungefähr die Größe von Homopus sciurinus. Dieses Verhältnis und der Umstand, dass keine sechsfüßigen Jugend- formen aufzufinden waren, spricht aufs Neue dafür, dass Homopus die Larvenform von Dermacarus ist. Das Fehlen jener ersten Altersstufe er- klärt sich dadurch, dass sämmtliche Individuen wegen bevorstehendem Wechsel des Winterkleides in Homopen umgewandelt waren, aus wel- chem sich hernach im Sommerkleide die achtfüßigen Dermacaren ent- % v x \ 4 al ae a en» on r i > a ne ar Ne EEE Me Ar De Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten, 269 wickelten. Etwas Ähnliches ist durch die schönen Beobachtungen von Mesnın längst für die Dermaleichen bekannt. Am aller unwahrschein- _ lichsten klingt die Annahme, dass die ersten Jugendstadien ganz ausge- fallen sind. - Was die systematische Stellung der Gattung anbelangt, so bildet sie offenbar einen hübschen Übergang zwischen den echten Tyroglyphen - einer- und den Dermaleichen andererseits. An jene erinnern sie durch den plumpen nicht deprimirten Körper und den einfachen Hinterleib, außerdem spricht sich diese Verwandtschaft in der inneren Anatomie aufs Unzweideutigste aus. Sie stehen somit diesen näher als den Derma- leichen, mit welchen sie übereinstimmen in der parasitischen Lebens- weise, dem immerhin noch auffallenden geschlechtlichen Unterschiede, den stark verdickten hinteren Beinpaaren des Männchens, dadurch dass sämmtliche Extremitäten in Haftläppchen ausenden,, welche allerdings wieder als Anklang an jene winzige Krallen tragen u. s. w. Das Männchen (Taf. IX, Fig. 7 und 8) ergiebi sich als etwas mehr ‚wie halb so groß als das Weibchen, dabei verhält sich seine Breite zur - Länge ungefähr wie 2:3, es resultirt hieraus eine sehr gedrängte Ge- _ stalt. Die größte Breite liegt dicht hinter dem zweiten Fußpaare, hier _ ist von der Rückenfläche aus keine sichtbare Abgrenzung vorhanden, an der Bauchfläche zieht sich dagegen eine an den Rändern stark ein- schneidende Trennungsfurche quer über den Körper und trennt diesen - in zwei Hälften, eine vordere kleinere, den CGephalothorax, und eine 3 hintere weitaus größere, das Abdomen. Jener ist sehr kurz und spitzt sich rasch zu, seine Spitze wird durch ein mächtiges und breites Pseudo- _ eapitulum in Beschlag genommen, zu dessen beiden Seiten auf treppen- } förmigen Absätzen die zwei vorderen Beinpaare entspringen. Der Hinter- E leib erweist sich als ungefähr länglich rechteckig; doch werden seine vorderen Ecken durch die breit vorspringenden Schultern verdeckt, die P ‚hinteren dagegen scheinen bloß schräg abgestuzt oder zugleich merklich ausgerandet. Die Seitenränder sind ebenfalls leicht ausgebuchtet und konvergiren nach hinten kaum merklich, eben so zeigt der Hinterrand eine leichte Ausbuchtung. Auf der Rückenfläche haben wir noch einer beträchtlichen Anzahl sehr langer Borsten zu gedenken, die über den - Seitenrand hinausragen und daher zum Theil auch von der Bauchfläche aus zu sehen sind. Wir erkennen, dass sie zwar einzeln stehen aber - durchaus symmetrisch zu beiden Seiten des Körpers vertheilt sind. Es liegt je eine an dem Ursprunge der vorderen Beinpaare, zwei fast paar- weise und hart am Rande der Schulterecken. Auf gleicher Höhe mit - den hinteren Schulterborsten liegen nach innen die ersten Rückenborsten, - diesen folgen jeweilen in gleich weiten Abständen drei weitere gleich zu 270 6. Haller, benennende Paare, welchen nach außen nahe dem Seitenrande eben so viele Randborsten entsprechen. Endlich macht eine ganz am hinteren“ Leibesende in gleicher Linie mit den mittleren Rückenborsten inserirte Endborste den Beschluss. / Wenden wir nun das Thier auf die Rückenseite, so werden wir an der Bauchfläche (Taf. IX, Fig. 8) jener schon oben erwähnten Grenzlinie gewahr, welche die Insertionen der Beinpaare in zwei Gruppen scheidet. Die vorderen treten ganz am Vorderrande auf treppenförmigen Absätzen hervor, die hinteren entspringen ganz an der Bauchfläche, doch nur wenig vom Seitenrande entfernt und von einander durch einen ungefähr gleichen Zwischenraum getrennt wie die vorderen. Alle vier Paare sind nach dem freien Ende hin gleichmäßig zugespitzt, geben sich mithin als Schreitbeine zu erkennen ; vor denjenigen des Weibchens kennzeichnen sie sich durch ihre große Dicke bei geringerer Länge, so wie durch die . stärkere Chitinisirung und dadurch erzeugte weit intensivere Färbung. Wie bei den Weibchen und den Jungen enden alle vier in kurze keil- förmige Haftläppchen aus (Taf. IX, Fig. 12). Von oben gesehen scheinen dieselben einen einfachen Chitinstab zu enthalten, von der Seite aus (Taf. IX, Fig. 13) erkennt man aber, dass dieser einer äußerst kleinen Hakenkralle entspricht. Das erste Glied erscheint als das kürzeste, glockenförmig und nach einer Seite hin schräg abgestutzt; das zweite am Anfange etwas verjüngt, sonst gleich lang und gleich dick wie die zwei nachfolgenden; das letzte endlich erweist sich als nur wenig stelzen- arlig zugespitzt und als etwa ein und ein halb Mal so lang als das vor- hergehende. Ungefähr in seiner Mitte beginnt eine schwache Kante, welche gegen das Ende hin immer höher wird und dasselbe endlich in Form eines schwachen Zahnes überragt, welcher vielleicht die Funktionen einer Kralle übernimmt. Diese Bildung (Taf. IX, Fig. 11) ist nur dem Männchen eigen und dient daher vielleicht, ähnlich dem von mir! an dem letzten Beinpaare nachgewiesenen Gebilde von Dimorphus Phaöätonis Buchh. zum Festhalten des Weibchens beim Begattungsakte und ersetzen so die bei manchen Tyroglyphen zu beiden Seiten der Afterspalte auf- tretenden, bei Dermacarus sciurinus aber fehlenden Haftnäpfe. Ein jedes Glied der vier Extremitäten trägt jeweilen eine lange Borste, das letzte außerdem verschiedene kürzere , unter. welchen sich wiederum zwei an der Außenseite des Gliedes durch bedeutendere Größe auszeichnen. Wir vermissen aber durchaus jene kölbchenartigen Haargebilde, wie sie die Tyroglyphen an den beiden ersten Beinpaaren besitzen. Die Dermacaren tragen alle vier Extremitäten, nach ein- und unterwärts gebogen. Die I » Weitere Beiträge«, I. c. p. 546. Taf. XXXIII, Fig. 13, 47 und 20. Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 271 Epimeren sind beim Männchen verschieden von denjenigen des Weib- chens. Am ausgebildetsten treten sie für das erste Fußpaar auf. Sie konvergiren in der Mittellinie des Körpers und etwas vorderhalb einer Linie, welche man sich durch den Ursprung des zweiten Fußpaares ge- legt denken kann und laufen von hier an in eine gemeinsame Spitze aus, welche sich bis zur Trennungslinie erstreckt, in unserer Fig. 8 der Taf. IX theilweise unter den Spitzen der beiden letzten Fußpaare der linken Seite verborgen ist. Die Epimeren des zweiten Fußpaares sind eben- falls sehr lang, schwach nach außen gekrümmt und streben schräg nach hinten, wo sie auf der Höhe der Grenzfurche in eine scharfe Spitze aus- laufen, gleich denen des ersten Paares sind sie am Anfange stark ver- dickt. Die Epimeren der beiden hinteren Fußpaare sind schwache und _ kurze wellig gekrümmte Chitinleisten, diejenigen des dritten Paares streben wagerecht nach einwärts, diejenigen des letzten schräg nach vorn und innen. Ungefähr am Anfange der zweiten Hälfte der Mittellinie erkennen wir den äußeren männlichen Geschlechtsapparat. Derselbe er- freut sich im Vergleich zu denjenigen der übrigen tyroglyphenartigen Milben einer sehr kräftigen Ausbildung, wie ich dies denn auch als vor- läufiges Kennzeichen für die Art bereits in meinen » Weiteren Beiträgen « erwähnt habe. Seine Beschreibung folgt nachstehend unter den ana- tomischen Bemerkungen. Dicht dahinter liegt die lange Afterspalte, deren Anfang und Ende von kurzen aber starken Chitinschenkeln um- schlossen wird (Fig. 8, Taf. IX). Der hintere dieser letzteren wird als kurzer Dorn über dem Hinterrande des Körpers sichtbar. Wie beim - Weibchen wird die Analspalte jederseits von einer einfachen Reihe kurzer _ Härchen gesäumt, von denen die letzten nach hinten über den Körper- rand hervorstehen. Endlich soll noch einer langen Borste gedacht wer- den, welche jederseits etwas vom After entfernt an der Bauchfläche steht. Das Weibchen, von dem mir wiederum zwei verschiedene Formen bekannt geworden sind, giebt sich uns durch seinen beträchtlicheren Umfang auf den ersten Blick zu erkennen. Die erste Form, d. h. diejenige welche begattet wird, besitze ich leider nur in zwei schlecht erhaltenen zusammengeschrumpften Exemplaren. Sie kennzeichnen sich durch ihre schmälere Gestalt, die noch deutlich verschlossene Geschlechtsspalte und durch den Besitz einer noch später zu beschreibenden Geschlechtsöffnung am Hinterende von der nachfolgenden, mit welcher sie sonst übereinstim- _ men. Da ich von dieser letzteren zahlreiche wohl erhaltene Exemplare besitze, so gebe ich die ausführliche Beschreibung nur von dieser Form. Das Weibchen (Fig. 9, Taf. IX) überragt das Männchen beinahe zwei Mal an Körperumfang,, dabei erweist sich der Körper als dick, plump, sackähnlich und erinnert dadurch eher wie derjenige des Männchens an "Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 18 PAR) G. Haller, die Tyroglyphen. Das Verhältnis der Länge zur Breite ergiebt sich un- gefähr wie zwei zu eins. Der Körper spitzt sich von der Insertion des zweiten Fußpaares an nach vorn hin allmählich zu, nach hinten erscheint er dagegen breit abgestutzt mit ausgebuchtetem Rande und eben so stark wie breit zugerundeten Hinterecken. Von der Insertion des zweiten Fuß- paares an bis zum Hinterende bleibt er, die abgerundeten Hinterecken abgerechnet, so ziemlich von gleicher Breite, erfährt aber etwas hinter- halb der Mitte eine geringe Einschnürung, welche am Rande als leichte nach beiden Seiten hin ganz allmählich verstreichende Einbuchtung sichtbar wird. Endlich erscheint auch hier der zugespitzte Vorderrand in zwei treppenförmige Absätze zerlegt, auf deren jedem ein Beinpaar entspringt, die Spitze dieses Abschnittes nimmt das Pseudocapitulum in Anspruch; die Schulterecken springen nicht vor. Die Borsten der Rücken- fläche sind die nämlichen wie beim Männchen. Die Beinpaare erweisen sich als sehr dünn und lang, mit sehr stark verlängertem und zugespitztem Endgliede, mithin als echte Stelzenbeine, die zwei letzten entbehren der falschen Kralle des Männchens, alle be- sitzen aber ein gleichartig zusammengesetztes Haftläppchen. Die Vor- derbeine sind merklich kürzer wie die hinteren. Alle acht lassen die Ausrüstung mit Borsten erkennen, die weiter oben beschrieben wurde. Ihre Epimeren zeigen dagegen ein abweichendes Verhalten. Im Allge- meinen sind die vorderen viel kürzer, die hinteren etwas stärker; die mit ihnen zusammenhängenden Porenplatten finden sich zwar auch beim Männchen, sind aber beim Weibchen viel ausgeprägter. Das erste Paar der Epimeren konvergirt zwar auch hier gegen die Mitte hin, es kommt aber nicht zur Vereinigung, sondern beide stoßen mit einer kleinen bogenförmigen Leiste zusammen, welche nach vorn den äußeren weib- lichen Geschlechtsapparat begrenzt. Für die übrigen Epimeren gilt mit den angegebenen Unterschieden das für die Männchen, weiter oben be- schriebene Verhalten. Des weiblichen äußeren 23 soll weiter unten gedacht werden. Es bleibt mir endlich noch übrig der achtfüßigen normalen Larvenstadien (Fig. 10, Taf. IX) in einigen Worten zu gedenken. Dieselben gleichen bei Weitem mehr dem Männchen, wie dem Weibchen ; doch zeigen sie uns noch deutlicher wie jenes die höchst wahrscheinlich für die Gattung charakteristische Leibesform, an welcher ich auf den ersten Blick jenen Dermacarus arvicolae von den übrigen Milben erkannte und welcher die Larve von den ähnlichen Altersstadien der Tyroglyphi- den auszeichnet. Die größte Breite liegt auf der Höhe der Schulterecken, wo wir vergeblich jene Linie suchen, welche den Körper der Tyrogly- phen auf so markante Weise in zwei Abschnitte zerlest. Hierauf ver- . ie 2 a ah a tr. m Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 273 _engert sich der Hinterleib ganz allmählich bis ungefähr zur Mitte hin, von welcher an er sich wieder in gleichem Maße erweitert, um auf der Höhe der Exkretionstaschen zum ersten jener Vorsprünge anzuschwellen, welche nach hinten gerade abgebrochen den Hinterrand des Körpers in - eine Reihe hinter einander liegender treppenförmig abnehmender Ab- schnitte zerlegen. Der letzte derselben erscheint durch die Ausbuchtung des Hinterrandes in zwei Höcker zerlegt, welche wohl als Fortsätze zu betrachten sind. Borsten finden wir weniger wie bei den Erwachsenen, doch kommen vor je eine an der Insertionsstelle der vorderen Fußpaare, jederseits zwei Schulterborsten, eine längere und eine kürzere, ein äuße-_ res und ein inneres Paar Mittelborsten auf der Höhe der Exkretionstaschen, endlich drei Paare Endborsten, von denen die ersten weit nach vorn dicht hinter dem ersten treppenförmigen Absatze, ein zweites schwach nach einwärts auf der Höhe des zweiten derselben und ein drittes end- lich auf den Höckern des Hinterrandes entspringen. Die Beinpaare ver- halten sich schließlich ziemlich ähnlich wie beim Weibchen, sie bleiben dünn und gestreckt; erst die erwachsenen Männchen tragen die verdick- ten Extremitäten zur Schau. Mithin entwickeln sich dieselben erst mit der letzten Häutung, genau wie die modificirten Gehwerkzeuge der Dermaleichen. Was schließlich die verschiedenen Maße unserer neuen Art anbe- langt, so beträgt die Länge der Männchen 0,6—0,7, ihre Breite 0,%, die- jenige der Weibchen 1,0—1 ,2 und 0,5—0,7, endlich das entsprechende Größenverhältnis einiger gemessenen Larven 0,4—0,6 und 0,2—0,3 mm. Die einfache Färbung des Körpertegumentes ist aus der Abbildung er- sichtlich, wobei nur zu erwähnen ist, dass die Larven sich den Weib- chen nähern, ihre Färbung aber noch nicht so ausgesprochen ist. V. Tyroglyphus Megninii nov, spec. (Taf. X, Fig. 4 u. Taf. IX, Fig. 16.) ‚Körper sehr gedrungen, im dorsoventralen Durchmesser schwach deprimirt, im Umrisse ungefähr eiförmig, Verhältnis der Länge zur Breite wie zwei zu eins, Schulterecken nur unmerklich vorstehend. Grenzlinie zwischen Vorder- und Hinterleib mehrfach und tief einschneidend. Vor- derleib gedrungen kegelförmig, kaum merklich breiter wie der Hinter- leib, nicht ganz zwei Mal so breit wie lang. Hinterleib nicht ganz zwei und ein halbes Mal länger, nur wenig schmäler in der hinteren Hälfte sich nach hinten zu allmählich zurundend. Auf der Rückenfläche nur wenige und sehr kurze Borsten. Erstes Paar nach vorn über die Mund- theile hervorragend, zweites Paar dicht über der Insertion des zweiten _ Fußpaares, drittes an den Schulterecken und zwei letzte als vordere und hintere Endborsten ganz am Hinterrande des Abdomens. Pseudocapitu- 18* 274 G. Haller, lum sehr lang und schmal, Mandibeln und Palpen gestreckt und schmäch- tig. Alle vier Beinpaare sehr kurz und dick, die hinteren den Rand des Abdomens nicht überragend, nach vorn und innen gekrümmt. Vordere - und hintere Beinpaare nach dem freien Ende kaum verschmälert. Erstes Glied kurz, glockenförmig, nach der einen Seite hin schräg abgestutzt, zweites birnförmig, kaum zwei Mal so lang wie breit, äußerer Rand an der Streckseite mit kurzem aber starkem Dorn. Glied drei und vier kurz ringförmig, etwa zwei Mal so breit wie lang. Drittes an der Streck- . seite entsprechend dem zweiten mit kurzem Dorn. Viertes an der ent- sprechenden Stelle mit sehr langer Borste. Letztes Glied nicht stelzen- artig zugespitzt, dagegen an den Tastfuß der Trombidien erinnernd, kaum so lang wie breit; Ecke der Beugeseite zur Insertion der sehr starken sichelförmigen Kralle verlängert, diese in die Ausbuchtung des freien konkaven Randes einziehbar. An der Streckseite folgen sich ein kurzes kolbenförmiges Riechhaar, ein kleineres erstes und ein zweites größeres dolchförmiges Borstengebilde, letzteres von schwachem Haare begleitet, eben so die Kralle. Etwas vor der Mitte an der Beugeseite ein einfacher Dorn. Hintere Beinpaare einfacher und mit weniger Auszeichnung. Diese seltene Milbe, welche sich durch ihre stark verkürzten Beinpaare von allen bisher beschriebenen Arten unterscheidet,” wurde von mir auf faulenden Wurzelstücken absterbender Pflanzen gefunden. Ich be- nenne sie nach P. Me£cnın, der bereits Vieles zur Kenntnis der Milben beigetragen hat. VI. Versuch einer Schilderung der inneren Anatomie von Tyroglyphus und Dermacarus. Meine nachstehend mitzutheilenden Resultate lauten so überaus ab- weichend von allem bisher Bekannten, dass es nicht unnütz sein möchte gleich hier Eingangs zu erwähnen, dass sehr gute Präparate als Belege zu dem Mitgetheilten und namentlich auch zu den Zeichnungen aufbe- wahrt werden. Bei Dermacarus und Tyroglyphus besteht das Nervensystem (Taf. IX, Fig. 14 a und Taf. X, Fig. 2 a) stets nur aus einem einzigen Ganglion von sehr unbedeutendem Umfange und verkehrt herzförmiger Gestalt. Dasselbe liegt ganz an der Basis des Pseudocapitulum, in das es noch mit der stark zugestumpften nach vorn gerichteten Spitze her- einragt. Dieser einfache Nervenknoten, an welchem ich weder um- gebende Kapsel, noch ausstrahlende Nerven auffinden konnte, wird vom Ösophagus seiner ganzen Länge nach durchbrochen. Bei Dermacarus (Taf. IX, Fig. 14) kennzeichnet er sich durch leicht gelbliche Färbung und schwache Punktulirung. Specifische Nervenendigungen, die als Zur Kenutnis der Tyroglyphen und Verwandten. 275 Sinnesorgane zu deuten wären, scheinen bei dieser Gattung ganz zu fehlen, wir finden nicht ein Mal die höchst einfachen als Tast- und Ge- ruchswerkzeuge anzusprechenden Gebilde, welche sogleich für Tyro- _ glyphus beschrieben werden sollen. Die Tastwerkzeuge (Taf. X, Fig. 2 und 3 bb) beobachten wir an solchen Stellen, welche uns am geeignetsten zur Empfangnahme der Eindrücke erscheinen. Wir beobachten sie daher eben so wohl an der Spitze der Palpen, wie am Ende der Fußglieder. An beiden Stellen haben sie durchaus die Gestalt der hell lichtbrechenden und scharf um- srenzten Taststifte (ler Insekten. Stets treten sie mit großer Regelmäßig- keit auf: an der Spitze der Palpen erhebt sich ein einziger dieser Stifte; an den stelzenförmig zugespitzten Endgliedern der Beine fehlen sie eben- falls nur höchst selten und werden dann durch lange blasse und sehr dünne Haare ersetzt (vgl. Fig. 16, Taf. IX), meist aber stehen neben der Kralle zwei bis drei dieser Gebilde (Fig. 3, Taf. X). Den längeren Haaren der Rückenfläche ist dagegen schwerlich Tastvermögen zuzu- sprechen. Auch muss nachstehend einer Leibesstelle gedacht werden, _ die zur Aufnahme von Tastempfindungen geeignet erscheint. Als eines weiteren Sinnesorgans sind die kolbenförmigen Haargebilde (vgl. Fig.2cc, Taf. X) zu erwähnen, welche sich in ganz allgemeiner Verbreitung an den zwei Vorderfußpaaren beobachten lassen. Sie stehen stets vereinzelt 1 2. ee rn az Au nahe und untenher der Basis des letzten Gliedes. Im Allgemeinen er- giebt sich ihre Gestalt als kolbenförmig (Fig. 4, Taf. X), indem sie sich aus dünnerer Basis nach vorn hin stark verdicken, seltener sind sie mehr wie ein Trommelschlägel oder Klöppel geformt (Fig. 5, Taf. X), in beiden Fällen ist ihr Umfang ein sehr geringer. Durch ihren Bau erinnern sie wesentlich an die blassen säbelförmigen Organe an den Antennen man- cher Crustaceen. Sie sind ihrer ganzen Länge nach von einem Kanal durchzogen, welcher sich entsprechend dem angeschwollenen Ende ebenfalls erweitert. Nahe der kolbenförmigen Verbreiterung, auffallen- der Weise etwas seitwärts steht die Binnenhöhle durch eine ovale Öff- nung mit der das Thierchen umgebenden Luft in Verbindung. Auch hier lässt sich, wie bei den Crustaceen, ein graulicher granulirter Inhalt wahr- nehmen. Beim langsamen Gange der Milbe sehen wir diese Kölbchen (Fig. 2, Taf. X) stets fast senkrecht nach der Unterlage gerichtet, auf welcher das Thierchen sich bewegt. Es scheint daher dieses Gebilde ‘vor Allem dazu geeignet bei der Aufsuchung und Erkennung der Nah- rung als Geruchsorgan zu wirken. Ein Herz, wie solches Cramer bei den Gamasiden beobachtet haben will, fehlt stets. Auch dort habe ich es immer vergeblich ge- sucht. Die Tyroglyphiden entbehren stets der Tracheen, sie athmen 276 G. Haller, durch die Haut, wozu sie durch die weiche nicht geschilderte Leibes- decke, welche oft durch Querrippung eine beträchtliche Vergrößerung erfährt, besonders geeignet erscheinen. CRAMER verweist sie in seiner vorzüglichen Eintheilung der Acarinen der zweiten Abtheilung, den tracheenlosen Milben oder Acarina atracheata zu. Das Verdauungssystem (Fig. 14, Taf. IX und Fig. 2, Taf. X) ist bei den beiden hier hauptsächlich zu Grunde liegenden Gattungen. ziemlich übereinstimmend gebaut. Die Mundtheile von Tyroglyphus sind zur Genüge bekannt, diejenigen von Dermacarus ergeben sich als etwas abweichend. Zwar bilden sie auch hier in ihrer Gesammtheit das Trug- köpfchen, auch finden sich einfache, jedoch sehr plumpe Scherenkiefer ; doch erweisen sich die Palpen bei genauerer Betrachtung als deutlich fünfgliedrig. Sie sind knieförmig nach unten gebogen, so dass die zwei letzten Glieder nur in der Seitenansicht zu Tage treten. Von oben wird der Mundraum durch eine sehr breite Porenplatte, das Epistom, ge- deckt, unter welchem nur die Spitzen der Scherenkiefer hervorstehen. Die Speiseröhre öffnet sich erst an der Basis des Pseudocapitulums, hier erkennt man bei Tyroglyphus (Fig. 6, Taf. X) einen schmalen Chitinring, welcher die häutigen Wandungen stets weit klaffend erhält. Der Öso- phagus (Taf. IX, Fig. 16 b) erweist sich als ziemlich weit, zieht gerade nach hinten, durchsetzt das Gehirn und endet erst etwas hinterhalb dem- selben in einer sanft anschwellenden und eben so leicht verstreichenden bulbusförmigen Erweiterung. Er mündet in einen ungemein geräumigen aber sehr einfachen Verdauungstractus. Der Magen (Taf. IX, Fig. 14 c und Taf. X, Fig. 2 eund e’) erscheint beinahe kugelig und entsprechend der Grenzfurche am Körper von Tyroglyphus durch eine tiefe Einschnü- rung in zwei etwa retortenförmige Hälften zerlegt. Die vordere (Taf. X, Fig. 2 e) liegt innerhalb des Gephalothorax,, als ihr Hals ist die Speise- röhre zu betrachten, die hintere (Taf. X, Fig. 2 e’) liegt im Abdomen und findet ihre Fortsetzung im Enddarm. Wir finden im Magen stets noch fein zermahlene Speiseüberreste, welche sonderbarer Weise immer der ° oberen Decke des Magens anhängen. Dicht hinter der Einschnürung mündet auf jeder Seite des baldigst zu beschreibenden Enddarmes ein weiter einfacher Blindsack (Taf. IX, Fig. 14 d und Taf. X, Fig. 2 g), wel- cher sich bis an den Hinterrand des Leibes erstreckt. Über den Magen und diese Blindsäcke findet sich eine beträchtliche Zahl großer Zellen (Taf. X, Fig. 15) zerstreut, welche sich namentlich am blinden Ende jener häufen. Vielleicht sondern sie ein dem Lebersafte der höheren Spinnen analoges Produkt ab und könnten in dem Falle mit den Leberschläuchen der Crustaceen verglichen werden, z. B. mit denjenigen der Gaprelliden, mit welchen sie auch in der Zahl und der Einmündung (Taf. IX, Fig. 14 e, Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten, 277 Taf. X, Fig. 2 f) übereinstimmen. Der Enddarm entspringt auffallender Weise etwas oberhalb der Blindsäcke, etwa um einen Dritttheil seines eigenen Durchmessers;; er bleibt in seinem kurzen Verlaufe einfach und bietet nur am Anfange und am Ende eine kugelige Anschwellung dar, in deren jeder wir gewöhnlich einen Kothballen (Taf. IX, Fig. 14 Ak u. 4’) finden. Diese letzteren sind rundliche unregelmäßige Körper, welche in eine festere Haut eingeschlossen sind, in der wir fast stets eine große Menge schwärzlicher Körnchen verschiedener Größe erkennen, welche bei auffallendem Lichte weißlich erscheinen, mithin dem Inhalte der Malpighischen Gefäße bei den Gamasiden entsprechen. Die Analspalte findet sich an der Mittellinie der Bauchfläche, nahe dem Hinterrande des Körpers (Taf. IX, Fig. 14 f). Ihre Ränder sind meist von stärker chitini- sirten Säumen umgeben, welche höchst wahrscheinlich einen muskulösen Schließring der Beobachtung entziehen. Geöffnet wird sie durch ein System von Längsmuskeln; zwei starke konvergirende Bündel dieser letzteren (Taf. IX, Fig. 14 ggund g’g’, vergl. auch Taf. X, Fig. 11) treten von beiden Seiten zum After heran und inseriren in der oberen Hälfte desselben nahe bei einander am chitinisirten Randsaume. Bei Dermacarus, aber nur bei dieser Gattung, habe ich außer den eben beschriebenen Verhältnissen noch längs des vorderen Körperrandes, hinter den Insertionen der beiden ersten Fußpaare, im Körperraume zwei längliche schwach gelbliche Körper (Taf. IX, Fig. 14 hh und h’h’) beob- achtet, welche vielleicht den Speicheldrüsen entsprechen, doch war keinerlei Kommunikation mit dem Anfangstheile des Darmtractus aufzu- finden. Auch besitzt diese Gattung ein deutliches Exkretionssystem (Taf. IX, Fig. 8 und 9), welches vermuthlich Tyroglyphus ebenfalls zu- kömmt. Es erinnert an dasjenige der Gamasiden, und wird durch eine sehr große Anzahl jener oben beschriebenen körnchenartigen Elemente verrathen, welche zwei Malpighischen Schläuchen angehören, von denen jeder Körperhälfte einer zukommt. Sie ordnen sich zu mehr oder weni- ger breiten Streifen, welche folgenden Verlauf nehmen. An der Rücken- seite merklich hinterhalb einer Linie, welche man durch die Insertion . des letzten Beinpaares ziehen könnte mit ganz verschmälerter Spitze be- ginnend, laufen sie von hier aus, ganz allmählich dicker werdend, etwas nach unten und namentlich nach außen, biegen am Körperrande nach der Bauchseite um und ziehen dann wieder, jedoch nur wenig, nach oben, - wo sie ihr Sekret in die zweite jener Anschwellungen des Enddarmes ‚ergießen. In dieser finden wir fast stets einen jener oben beschriebenen Kothballen und es gewinnt dann den Anschein als ob sie sich zu einer mittelständigen, birnförmigen Exkretionstasche verbinden würden, was _ leicht zu Missdeutungen Veranlassung geben kann. Be FEN Yu EU u lt» ee re A a re FR s 378 G. Haller, Se Te Bei beiden Gattungen beobachtet man am Anfange des hinteren Ab- schnittes des Abdomens, nur wenig hinterhalb der Einlenkung der letz= ten Beinpaare eigenthümliche mit stark lichtbrechendem Inhalte erfüllte Bläschen von sehr verschiedener Färbung. Bei den Tyroglyphen (Taf. X, Fig. 2 h) ist ihre Gestalt stets eine mehr oder weniger pflaumenähn- liche, bei den jungen Dermacaren (Taf. IX, Fig. 10) eine querovale, bei den erwachsenen (Taf. IX, Fig. 7), wo sie geräumig sind, eine länglich rechteckige mit abgerundeter oberer Innenkante. Ein äußerer Ausführ- gang lässt sich stets wahrnehmen, bald in der Form eines kleinen Halb- mondes, bald als winziges Pünktchen. Der erste, welcher diese Organe auffand, ist M. Rosın, welcher sie sehr kenntlich für das Weibchen von Tyroglyphus siro, der Käsemilbe, beschrieb. CLararkpe erkannte zuerst ihre allgemeine Verbreitung bei beiden Geschlechtern, ihren äußerlichen Ausführgang und ihre Bedeutung als Exkretionstaschen. Die aus- führlichste Beschreibung erfuhren sie von M£enın !, welcher sie für Tyr. mycophagus sehr eingehend schildert, wobei freilich einige Irrthümer mit unterlaufen. Er fährt dann fort: »Den Ausführgang CLAPARkDE'S. haben wir stets vergeblich gesucht, allein wir haben an dessen Stelle oft eine Borste gefunden , welche auf dem Integumente gerade gegenüber diesen Bläschen inserirt ist, wir sahen dieselbe ausgefallen, worauf nur der Chitinring — welchem sie eingepflanzt waren — zurückblieb, wel- cher freilich täuschend einen Ausführgang nachahmte. Wäre dieses viel- leicht die Mündung des Crararkpe’schen Kanales? Indem wir diese Bläs- chen aufmerksam untersuchten, saben wir deutlich an ihrer nach innen gekehrten Fläche eine Art Kanal mit Mündung, welchen wir auf Taf. VII, Fig. 5 A abbildeten , allein diese Öffnung ist, wir wiederholen es, eine innere, keine äußere.« Wie ich bereits ausführlich für die Derma- leichen ? beschrieben und gezeichnet habe, wie ich es auch zahlreiche Male bei den Hypopen, Homopen und Tyroglyphen gefunden habe, ist ein Ausführgang nach außen stets vorhanden, genau wie es CLAPARKDE beschrieben hat. Einen inneren konnte ich dagegen niemals beobachten, weiß auch nicht, was M&cnın zu seiner Darstellung verführt hat. Höchst sonderbar ist auch die Rolle, welche der französische Monograph diesen Organen zuschreibt. Nach ihm sind es nicht Exkretionstaschen ; »sie scheinen nach der Häutung eine derjenigen der Krebssteine oder Krebs- augen analoge Rolle zu spielen, allein wir kennen die Natur der Flüssig- keit, welche sie enthalten, und welche ölartig scheint, noch durchaus nicht.« Die uns von Crararkpe übermachte Erklärung scheint dieser Theorie gegenüber gehalten die naturgemäßere. Auch lässt sich nur mit 1 Me&moire s. l. Hypopes, in Journ. de l!’Anat. 1874. p. 238. ? Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 553, Taf. XXXIII, Fig. A, e, Fig. B, Fig. 42 etc. Pr . d > Di Ka N a Fa a Ze a a el ie u in Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 379 jener die Mündung des ausführenden Kanals nach außen in Einklang bringen. | Der gesammte Geschlechtsapparat dieade Milben zerfällt stets - in einen eben so ausgebildeten äußerlichen, wie innerlichen Theil. Jener ist der ausführende, chitinisirte Apparat, dieser der die Geschlechtspro- dukte erzeugende und leitende, häutige und drüsige. Jener liegt, wie bei den Dermaleichen, stets an der Bauchfläche des Abdomens, und zwar der weibliche weit nach vorn verlegt, dicht hinter der Trennungsfurche, der männliche weiter nach hinten zu, zwischen oder etwas binterhalb des letzten Beinpaares. Dem entsprechend erstreckt sich auch der Drüsen- _ apparat: der weibliche dehnt sich mit seinen Ausläufern durch das ganze Abdomen aus, der männliche nimmt nur den hinteren Theil desselben in Beschlag. Zwischen den Geschlechtsorganen der Männchen und der Weibchen lassen sich daher nur sehr wenig übereinstimmende Punkte auffinden. Wie bereits weiter oben bemerkt, charakterisirt sich der äußere männliche Geschlechtsapparat von Dermacarus (Taf. X, Fig. 7 bis 40) vor demjenigen der Tyroglyphen durch die starke Entwicklung _ und Chitinisirung seiner einzelnen Theile; etwas annähernd Gleiches finden wir bei einigen Dermaleichen , wo mitunter die Ruthe eine ganz erstaunliche Länge erreicht. Auch hier fällt vor Allem der Penis, freilich mehr durch die ihn stützenden Platten in die Augen. Er besteht aus einem unpaaren röhrenförmigen Chitinstück (Taf. X, Fig. 9 und 10 p), welches am freien hinteren Ende einen viele Male kürzeren zugerundeten, einer Eichel vergleichbaren Endabschnitt (uns. Fig. p’) besitzt. Diese Ruthe erfreut sich einer nicht unbeträchtlichen Länge, zwar erscheint - sie von der Fläche aus beträchtlich verkürzt, doch lässt sich ihre wahre - Ausdehnung in der Seitenansicht konstatiren. Sie läuft nämlich nicht parallel mit der Bauchfläche, sondern steigt nach hinten etwas über die- - selbe empor. Ihren Ursprung nimmt sie an der Innenseite einer mittel- % ständigen, handförmig vorgewölbten Platte (uns. Fig. «) , welche von _ einem feinen Loche durchbrochen wird, das der Anfangsmündung des ® ‚die Ruthe durchbohrenden feinen Kanales entspricht. Diese rundliche - Öffnung umschließt ein von seiner Umgebung durch blassere Färbung - abgehobener Ring, welcher den Wänden der Röhre als Ursprung dient. Von hier aus tritt das einfache Röhrenstück nach oben und außen, schmiegt sich seiner Unterlage innig an und wird von einem System stark gebräunter Platten gleich wie das Rohr eines Geschützes von den Lafetten getragen. Diese Platten haben eine sehr verschiedene Form, welche sich am besten aus der beigefügten genauen Abbildung ergiebt. j _ Von der Bauchfläche aus sieht man nur ihre die Bauchdecke durch- 280 6. Haller, brechenden Spitzen, sie weisen daher scheinbar eine viel geringere Größe auf als von der Seite gesehen, wo man nun leicht erkennt, wie sie in die Leibeshöhle eindringen und die häutigen Wandungen der Samenblase zwischen sich fassen. Was ihre Zahl anbelangt, so sind drei Paare vorhanden, von denen die zwei ersten an einander und an die un- paare Platte anstoßen, das letzte Paar von diesen etwas entfernt ist. An Größe ragt über alle das zweite Paar (Taf. X, Fig. 9 und 10 bb) hervor, wogegen sich das letzte (näml. Fig. dd) als das kleinste ergiebt. Nach diesem tritt die Unterlage der Ruthe plötzlich auf das Niveau der Körper- decke zurück, so dass der eichelförmige Abschnitt über eine schmale Grube hervortritt. Nach dieser Einbuchtung erhebt sich die Körperhaut noch einmal zu einer leichten Falte. Zu beiden Seiten des ersten und zweiten jener Plattenpaare liegen die beiden »genitalen Haftnäpfe« (uns. Fig. hh und h’h’), welche als ein vorderes und ein hinteres Paar unter- schieden werden können. Gewöhnlich liegen sie, wie meine Figur durch die undeutlichen Umrisse anzugeben sucht, in einer Falte der Körper- decke zurückgezogen und treten erst beim Gebrauche hervor. Ihre Form kommt derjenigen eines Apfelkernes gleich ; das vordere Paar kehrt seine breite Basis derjenigen des hinteren zu, dieses letztere mithin seine Spitze nach hinten. Dieser ganze Apparat wird von einer schmalen Chi- tinleiste von schwach gelblicher Färbung umgeben, welche annähernd ein sehr langgestrecktes Fünfeck mit nach vorn gerichteter Spitze und nach hinten gewendeter kleinster Seite beschreibt. In seiner hinteren Hälfte erscheint dieser Rahmen durch eine siebartig durchbrochene Platte wie geflügelt. Die kleinste Seite des Fünfeckes ist schwach verbreitert, da wo an sie die Flügelplatten anschließen, sind leichte und undeutliche Ausbuchtungen vorhanden, in welchen lange Haare stehen, welche senk- recht nach unten ragen und daher in der Flächenansicht stark verkürzt erscheinen. Der männliche Geschlechtsapparat von Tyroglyphus (Taf. X, Fig. 11) weist ebenfalls einen Penis auf, welcher aber von so geringer Größe bleibt, dass er von Mtenın übersehen wurde. Er liegt der oberen Seite eines zungenartigen vorstehenden Höckers dicht aufgelagert. Die drei Seiten, in unserer Figur daher mit be, be’ und d bezeichnet, scheinen den oben beschriebenen Plattenpaaren zu entsprechen. Dieser Hügel wird von einer stärker chitinisirten Stelle, wie von einem dreickigen gelb- lichen Hofe mit zugerundeten Ecken umgeben. Zu beiden Seiten des Hügels finden wir die » Haftnäpfe«, auf die wir näher eingehen müssen. Unter den in großer Menge gesammelten Dermacaren fand sich eine vorwiegende Anzahl männlicher Larven, an welchen die Entwicklung des ausgebildeten männlichen Apparates zu verfolgen war. Die ersten De an Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten, 281 Spuren zeigten sich an einer etwa 0,5 mm großen Larve (Taf. X, Fig. 7). Rechts und links von der Mittellinie der Bauchfläche und dem entsprechen- den Gebilde der gegenüber liegenden Seite sehr genähert, fand sich genau an der Stelle, welche später der äußere männliche Geschlechtsapparat ein- nimmt, je ein einziger Haftnapf in Gestalt einer äußerlichen Hautwarze. Ein einfacher unten rechtwinklig nach außen abgebogener Hautsaum trennte je eines dieser Gebilde von dem gegenüber stehenden. Bei einer elwas größeren Larve (Taf. X, Fig. 8) hatte sich die ursprünglich einfache Warze verdoppelt und der Abstand in der Mittellinie erweitert. Es war nun- mehr bereits ein vorderes und ein hinteres Paar dieser »genitalen Haft- - näpfe« zu unterscheiden, welche bereits ihre bleibende Form erlangt hatten. Gleichzeitig wölbte sich von jeder Seite aus eine pentagonale Platte über die Haftnäpfe (Taf. X, Fig. 8 pl). Jene berührten sich kaum in ihrer Mitte und verwuchsen an ihrer Innenseite nicht mit der Bauch- _ fläche. Es bildete somit eine jede dieser Platten mit ihrer Unterlage eine Tasche, in welcher die Haftnäpfe in der Ruhe zurückgezogen liegen, die offenbleibende Innenseite dagegen den Spalt, durch welche diese Or- .gane nach außen treten, sobald sie in Aktion gesetzt werden. Gleich- zeitig beobachten wir in dem von dem vorderen zugespitzten Ende jener schützenden Platten freigelassenen dreieckigen Raum die Bildung jener ersten unpaaren Platte, an welcher sich der Penis inserirt. Dieses ganze Bild wird von einem einfachen Hautsaume umrahmt, welcher vermuthlich später zu den geflügelten Chitinleisten wird. Hier hören meine Beob- achtungen über die Entwicklung des äußeren männlichen Apparates auf, weil ich trotz allem Suchen zwischen dem geschlechtsreifen Männchen - und den beschriebenen Larven keine Zwischenstufen mehr fand. | Die »genitalen Haftnäpfe«, welche in der Ruhe in diesen Taschen - zurückgezogen sind (Taf. XI, Fig. 1), werden zum Gebrauche auf ähn- 2 liche Weise wie die Hörner einer Schnecke oder der eingestoßene Finger - eines Handschuhes hervorgetrieben (Taf. XI, Fig. 2). Man erkennt u dass sie aus einer inneren muskulösen Par tie (Taf. XI, Fig. 2 ß), "welche nur am abgestutzten Ende frei zu Tage tritt, und aus einer 4 äußeren, diese locker umschließenden, gefalteten Chitinhaut (Fig. 2 «) H bestehen. Wenn das Gebilde zurückgezogen ist, nehmen wir an seinem x Grunde eine meist mit deutlichem Kern und Kernkörperchen versehene mächtige Zelle wahr, welche durch Anwendung von Osmiumsäure und - Pikrokarmin lebhaft gefärbt wird (Taf. XI, Fig. I y); ähnliches Verhalten ‚zeigt auch die Mittelpartie des ausgestoßenen Cylinders, namentlich deren freies handförmiges Ende. Wir dürfen wohl hieraus auf die reich- liche Innervation des Cylinders und auf eine Nervenzelle schließen. Diese Gebilde erscheinen daher höher organisirt wie simple Haftorgane, u a Te, dd A ee a TEN a a ar, BON > L ee i KByte 282 | | > & Haller, auch scheinen sie dazu nicht geeignet, wegen ihrer verborgenen Lage , und Weichheit, wie dieses denn auch von Cıararkpe betont worden ist. Sie werden aenee als Hilfsorgane bei der Begattung beansprucht wer- den müssen und ihre physiologischen Funktionen haben sich entsprechend der hohen Ausbildung vermehrt. Wie bereits Mtsnın erwähnt, dienen sie beim Weibchen zum Hervorstoßen des die Geschlechtsspalte passiren- den Eies, sie bringen es weit vom Weibchen weg, an die Stelle der Unterlage, wo es vermöge seiner eigenen klebrigen Oberfläche haften bleibt. Vielleicht dürfen wir aus der Analogie schließen, dass sie beim Männchen dazu dienen, die intime Vereinigung bei der Begattung aufzu- heben. Dieses ist jedoch nicht ihr einziges Amt; sie mögen vielmehr beim Gatten zur Erkennung des Weibchens, zur Aufsuchung der winzi- gen Stelle, an welcher einzig die Begattung von Erfolg sein kann, dienen; vielleicht vermitteln sie ihm bei der Kopulation auch den erwünschten Genuss. Das Weibchen tastet vor dem Eierlegen mit ihnen umher, wohl um die günstigste Unterlage zum Fallenlassen des Geschlechtsproduktes aufzusuchen u. s. w. Die Bezeichnung von Haftnäpfen verdienen allein das Paar teller- förmiger Organe zu beiden Seiten der Analspalte der Tyroglyphen (Taf. X, Fig. 14 An), bei den Dermacaren konnte ich sie nicht auffinden. Sie allein vermitteln die intime Vereinigung und kommen nur den Männchen zu; in ihrem Baue entsprechen sie durchaus denjenigen der Derma- leichen !, sie haben nur den Vorrang beträchtlicherer Größe. An den 2 hinteren Beinpaaren der Dermaleichen finden wir einige allerdings neben- sächliche accessorische Hilfsorgane bei der Begattung. Etwas Ähnliches - wurde weiter oben für Dermacarus beschrieben, auch bei Tyroglyphus lässt sich etwas Entsprechendes finden. Bei einigen Arten, zu welchen 2 z. B. Tyrogl. farinae gehört, verlängert sich die obere Kante der Beuge- seite am zweiten Gliede der Vorderfüße (Taf. XI, Fig. 3) in einen starken nach vorn und auswärts gekrümmten Fortsatz. Beim Beugen dieser Ex- tremität beugt sich das dritte und vierte Glied über diesen Fortsatz hin- aus, indem nun dessen Spitze das Ende des vierten berührt, entsteht eine schmale überall geschlossene Höhlung, in welche das Endglied der - weiblichen Hinterfüße festgepackt wird. Um das Hinausgleiten der- selben zu verhüten springen am verdickten Innenrande des dritten Gliedes zwei schwache und mäßig breite Höckerchen vor, die gegen die Chitinhaut eingestemmt werden. 4 Die ersten Anlagen des inneren Geschlechtsapparates waren bei jenen oben beschriebenen Larven noch frühzeitiger aufzufin-" den, wie diejenigen des äußeren. Bereits bei denjenigen, welche das ! Weitere Beiträge, l.c, p. 555. Taf, XXX, Fig. 41, ER a Fan a en re ee = Flag ra 7 - . N rJ « Bi; 0 Zur Kenntnis der Tyrogiyphen und Verwandten. 283 erste der oben geschilderten Verhalten zeigte, war der Drüsenapparat durch die Chitindecke hindurch durch leichte zertiiollonde Gontouren zu erkennen. Man beobachtete hier sogar die Anwesenheit der Samenblase und die Ausführgänge der drei Hodenpaare, welche am erwachsenen Männchen durch die chitinisirte Genitalgegend der Beobachtung entzogen sind. Von den entsprechenden Organen der Erwachsenen unterschieden - sie sich bloß durch geringere Größe, vollständige Farblosigkeit und den Mangel jeder Verbindung mit den Anfängen des ausführenden Apparates. Bei den geschlechtsreifen Männchen wird die Samenblase nur in der Seitenansicht erkannt (Taf. X, Fig. 10 s) und auch jetzt nur undeutlich als wenig geräumiger heller Hof, welcher sich dicht unter dem äußeren Apparate in dessen ganzer Länge ausdehnt und als direkte Fortsetzung eben so dicht unter der Chitindecke den Ausführgang des letzten Hoden- paares empfängt (Fig. 10 at?). In unserer Abbildung (Taf. X, Fig. 40 x) erblickt man im hinteren Abschnitte der Samenblase einige farb- lose Körperchen von unbestimmten Umrissen, welche vielleicht den Samenkörperchen entsprechen, die von mir nie mit genügender Sicher- | heit erkannt wurden. Am jugendlichen Thiere ergiebt sich die Form dieser Vesicula seminalis als eine quer dreieckige mit abgerundeten "Ecken. Unter allen dem inneren Geschlechtsapparate zuzuweisenden 'Gebilden erstreckt sich die Samenblase am weitesten nach vorn, nach ihr treten von hinten und seitwärts her die drei Hodenpaare zusammen. — Die beiden ersten derselben ergeben sich als keulenförmig und laufen - von dem nach hinten und außen gerichteten, nahe dem Leibesende ge- % legenen, verbreiterten Ende nach der Mitte und nach oben hin sich all- mählich verjüngend zu. Beim erwachsenen Männchen wird der der - Samenblase zunächst gelegene Theil vom Chitinapparat bedeckt, bei der Larve beobachten wir, dass das erste Paar (Taf. X, Fig. 9 t!) fast direkt, _ das zweite (1?) vermittels eines kurzen Ausführganges in die Blase mündet. Ganz hinten am Leibesrande, in den beiden zugerundeten - Fortsätzen des Hinterrandes und zu beiden Seiten des letzten Dritttheiles der Afterspalte liegt das letzte Hodenpaar (£°). Es unterscheidet sich von 2 dem vorhergehenden durch seine kürzere gedrungene, fast plump schuh- förmige Gestalt. Seine Spitzen sind nach außen gerichtet, die Sohle nach hinten, der Öffnung des Schuhes entsprechend verjüngt sich der Drüsen- 3 körper zum langen und gestreckten Ausführgange (at?), welcher fast ge- rade und mit dem der gegenüber liegenden Seite ziemlich parallel ver- "laufend zur Samenblase herantritt. : Was nun den männlichen inneren Geschlechtsapparat von Tyrogly- phus (Taf. X, Fig. 11) anbelangt, so ist es mir zu meinem Leidwesen nicht gelungen, denselben in allen seinen Grundzügen zur Anschauung 284 : G. Haller, zu bringen. Die Hoden scheinen bei oberflächlicher Betrachtung eine einzige kompakte Masse auszumachen, welche die Bauchseite des hinter dem letzten Fußpaare gelegenen Abschnittes des Abdomens gänzlich in Anspruch nimmt. Bei stärkerem Drucke verschiebt sich dieselbe jedoch in vier paarweise gelagerte Drüsenkörper, die zwei Hodenpaare, welche in Gestalt sowohl, wie in der Zusammensetzung aus Elementartheilchen wesentlich verschieden sind. Das erste (t!) wird durch einen massigen, am Anfang stark verdickten, gegen das Ende hin sich ziemlich rasch ver- jüngenden, schräg nach hinten und außen gerichteten Körper gebildet. Es besteht aus polygonalen Zellen mit granulirtem Inhalt und Kern. Die hinteren Hoden (1?) lassen sich als ungefähr von der Form einer plum- pen Erbse beschreiben , welche schräg von außen und von vorn, nach hinten und innen gestellt und deren vordere Spitze breit abgestutzt ist. Sie scheint aus regellos zusammengeworfenen Bläschen mit stark licht- brechendem Inhalte zusammengesetzt. Ungefähr in der Mitte eines jeden dieser Körper liegt an der einen Fläche ein Haufen rosettenartig zusammen- gestellter dunkler umschriebener und größerer Zellen, welche vielleicht dem Anfang des ausführenden Ganges, des Samenleiters entsprechen. Diesen letzteren verfolgte ich ein einziges Mal mit voller Sicherheit; er verläuft als ein blasser Strang zu beiden Seiten des Afters, parallel und getrennt vom gegenüber liegenden, von hinten gerade nach vorn. Eine Samenblase fehlt vermuthlich auch hier nicht, ist aber derartig unter der Genitalgegend versteckt, dass ich sie nicht zu sehen bekam. ; Die Begattung vollzieht sich ähnlich wie bei den Dermaleichen! und ungefähr folgendermaßen: Das Männchen naht dem Weibchen von hinten und zwar nach rückwärts, ergreift den Hinterleib des letzteren und schiebt seinen eigenen hoch über denselben empor. Durch die Haft- näpfe wird die Verbindung eine sehr innige, die bei einigen Arten da- durch vermehrt wird, dass das Männchen mit seinen umgebildeten Vor- derbeinen die hinteren Extremitäten des Weibchens festhält. Aus der vortrefflichen Abbildung M&£enın’s?, welche die beiden Thierchen in dieser Stellung sehr getreu wiedergiebt, geht hervor, dass bei der Kopulation eine Berührung des winzigen Penis der männlichen Tyroglyphen und des Afters der Weibchen eine vollkommene Unmöglichkeit ist, vielmehr liegt zwischen diesen beiden Gebilden der ganze dicke Hinterleibsrand. -Es ist daher vollkommen unbegreiflich, wie Mtcsın gleich PAGENSTECHER noch immer von einer Einführung des Spermas in den hinteren Theil der Analspalte sprechen. Es lehrt uns aber ein weiterer Blick auf die Zeichnung des französischen Monographen, dass das Eindringen des stets 1 Vergl. »Weitere Beiträge«, l. c. p. 545 u. ff. 2 Memoire sur les Hypopes, |. c. Fig. 5, Taf. VII. Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 285 _ hinter den letzten Beinpaaren gelegenen Griffels in den Körper der Weib- chen einzig durch eine rückenständige Öffnung denkbar ist; wir werden später sehen, dass dieses wirklich der Fall ist. Der Ghitinapparat der weiblichen Geschlechtsorgane von Dermacarus (Taf. IX, Fig. 9) liegt in der Mittellinie der Bauchfläche sehr weit an die Vorderbrust verschoben; er beginnt auf der Höhe zwischen dem ersten und zweiten Fußpaare und schließt mit dem letzten derselben ab. Bei dieser Länge, welche unter den Tyroglyphen ihres Gleichen vergeblich sucht, charakterisirter sich durch sehr geringe Breite ' der marginalen Chitinwälle. Dieselben sind übrigens nur wenig stärker chitinisirt als die Bauchdecke und heben sich daher von ihr kaum durch ausgesprochenere Färbung ab; nach vorn wird der gesammte Apparat durch eine kurze bogenförmige Leiste abgegrenzt, deren Fortsetzung als kleine aber stark gebräunte Platte und in Gestalt einer hohlen Hand gegen die Körperhöhle vorragt, wo sie dem vorderen Ende des Eileiters zur Stütze dient. Am Anfange des hinteren Abschnittes nehmen wir neben dem äußeren weiblichen Apparat die beiden »genitalen Haftnäpfe « wahr; was über dieselben zu sagen ist, vergleiche man oben beim Männ- REEL BERGETZETEN ‘chen. Es entspricht ihnen am Rande der Chitinwälle eine spaltförmige Öffnung, durch welche hindurch sie nach außen treten. Zwischen den wallartig erhobenen Rändern der Geschlechtsspalte liegt eine nicht ver- dickte Stelle der Bauchdecke, welche bei den jungen Weibchen ge- schlossen ist. Der Austritt der Eier ist jedoch einzig durch sie denkbar und so muihmaßten bereits die früheren Autoren ein Öffnen derselben zu diesem Zwecke, doch gelang die direkte Beobachtung, wie wir weiter oben sahen, erst M£snın. Bei mit reifen Eiern vollgepfropften Weibchen von Dermacarus beobachtete ich diese Stelle mehrmals als klaffenden Spalt, dessen Ränder durch ihr eigenthümliches zackiges Aussehen dafür Zeugnis ablegten, dass sie auf unregelmäßige Weise, mithin etwa durch Platzen aus einander getreten seien. Der äußere Chitinapparat (Taf. XI, Fig. 4 und 2) von Tyroglyphus ‚liegt weit mehr nach hinten, dicht hinterhalb der Grenzfurche ; er cha- rakterisirt sich vor jenem durch seine geringe Länge bei bedeutender Breite. Er besteht nur aus zwei unter einem spitzen Winkel zusammen- stoßenden Chitinplatten (in uns. Fig. pp). Dieselben sind ungefähr zwei Mal so lang wie breit und erinnern in ihrer Gestalt an langgestreckte Rechtecke mit zugerundeten Ecken. Sie konvergiren von außen und hinten nach innen und oben. So weit sie hier zusammenstoßen, öffnet sich später die Bauchdecke zum Austritt der reifen Eier. In der Mitte dieser Platten öffnet sich eine senkrechte klaffende und von schmalem Rande umsäumte Spalte (Taf. X, Fig. 2 sp); sie trennt diese Wälle in 286 6. Haller, eine innere solide und eine äußere hohle Hälfte, welche die Taschen birgt, in denen in der Ruhe die Haftnäpfe zurückgezogen liegen (Taf. XI, Fig.4). Bei der Aktion treten sie zu jenen Spalten hervor (Taf. XI, Fig. 2) und man staunt nun, wie billig, über die beträchtliche Länge dieser im Querdurchmesser drehrunden oder mehr ovalen Gebilde. Ihr Ende ist nicht zugerundet, wie Me£snin es beschreibt, sondern abgestutzt und schwach konkav. Sie erscheinen dadurch zum Betasten der Flächen recht eigentlich geschaffen. Durch die Körperdecke hindurch lässt sich in manchen Fällen unter diesen Platten noch der blind an der geschlossenen Körperdecke endende Eileiter wahrnehmen und es entsteht dann das von M£snın wiedergegebene Bild '!. Ba: Der innere weibliche Apparat von Tyroglyphus weicht auf- fallend von Allem, was bisher über die Geschlechtsorgane der Milben ge- schrieben wurde, ab. Er zerfällt in einen die Geschlechtsprodukte er- zeugenden und in einen sie ausführenden Apparat, in welch letzterem die Eier zugleich die nothwendige Reife abwarten, zwischen beiden lässt sich keinerlei direkte Kommunikation auffinden. Jener liegt an der Bauchfläche dicht unter diesem und dieser erstreckt sich bis etwa zu - zwei Dritttheilen der gesammten Körperhöhe. Am weitesten nach oben und dicht unter der Rückendecke findet sich das muthmaßliche Recepta- culum seminis. Die Eierstöcke liegen zu hinterst im Körper zu beiden Seiten des Enddarmes. Es sind große kugelige Ballen, von deren jedem eine ein- fache Kette nach vorn läuft (Taf. X, Fig. 12). Diese letzteren entspringen am vorderen Pole der Ovarien und enden dicht hinter dem äußeren Apparat. Ein jeder derselben verläuft fast parallel und nur wenig mit demjenigen der anderen Seite konvergirend. Wie im folgenden und letz- ten Abschnitte ausführlicher gezeigt werden soll, lösen sich die reifen- _ den Eier von ihnen durch Abschnürung seitwärts ab, sie gelangen dann frei in den Leibesraum um sofort wieder von dem ausführenden Appa- rat aufgenommen zu werden. Der ausführende Apparat (Taf. X, Fig. 13), welcher Ovidukt und Uterus gleichzeitig entspricht, besteht aus einem einfachen, nach hinten zu vermuthlich blind endenden Eileiter (el), welcher sich etwa in der _ Höhe der Ovarien in eine große Anzahl in traubenartiger Anordnung um ihn gruppirter Divertikel (ei und ei’) auflöst, welche durch ihre Menge den Hauptstamm vollkommen verdecken. Die Weite des letzteren ist nicht überall die nämliche, im Gegentheil beobachten wir in semem vor- deren von Divertikeln nicht entstellten Ende eine allmähliche Verjüngung 1 Mem, s. les Hyp. 1. c. Taf. VII, Fig. 4. { z “ 945 Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 287 nach vorn hin. Die zahlreichen Eitaschen (et und ef’), wie seine Diver- tikel heißen mögen, sind im Ganzen kurz gestielt und eiförmig. Wie bei den Trombidien ! sind auch hier die Taschen verschließbar, doch ist die Verschlussvorrichtung keine sekundäre Bildung, sie ist im Gegentheil bereits vor dem Eintritt der Eier in diese Taschen vorhanden. Es hängt nämlich von der einen Seite der Wandung und nahe dem Eingange ent- springend ein aus drüsigen Elementen zusammengesetzter Lappen (Ö) frei in das Divertikel herein. Nach dem Eintritte des Geschlechtspro- duktes wird er zurückgedrängt und schließt dann die Öffnung. Gleich ihm weist auch die gegenüber liegende Stelle der Wandung (d’) drüsige Elemente auf. Zwischen den Ovarien und dem ausführenden Apparate ist durchaus keine Kommunikation aufzufinden ; wie gelangen daher die Eier von jenem in diesen? Es war mir lange Zeit nicht möglich diese Frage zu beantworten. Endlich wurde ich auf eine Stelle in der Wand des Eileiters aufmerksam, welche nach innen von einer Falte (k7’) im Innern des Oviduktes nach außen von einem fast rechtwinklig geknick- ten Wandstücke (pl) desselben begrenzt wird. Von der Leibeswand her treten an dieses klappenartige Seitenstück drei Bündel longitudinaler Muskelfasern (m), welche fast parallel verlaufend sich bald an dasselbe ansetzen. Die Klappe öflnet sich ungefähr in einer Höhe, welche den abgestoßenen Eiern entspricht. Wie bereits oben ausführlich besprochen, bleibt die bauchständige große Geschlechtsspalte bis ins späte Alter gänzlich verschlossen, die Einführung des Penis kann daher nicht durch dieselbe stattfinden , wir müssen eine andere Öffnung zur Begattung suchen. Von PAGENSTECHER, M&snın u. Ss. w. wurde eine Einbringung der Ruthe in den hinteren Theil des Afters angenommen. Aus oben ausführlicher angegebenen Gründen ist diese Theorie zu verwerfen, wir haben uns nach einer anderen Öffnung umgesehen und gefunden, dass dieselbe auf dem hin- teren Theile des Rückens, nahe dem Hinterrande des Körpers befindlich _ sein muss. In der That entdecken wir mit sehr starker Vergrößerung die - gesuchte Öffnung an dem abschüssigen Theile der Rückenfläche, nahe dem Hinterrande und — man gestatte mir, mich über das räumliche Missver- hältnis wegzusetzen ! — genau in der Mitte zwischen diesem und dem "After. Diese Lage darf uns nicht überraschen, denn M&£snın hat auch für ‚die männlichen Organe, allerdings bei den parasitirenden Cheyletiden, _ Ähnliches nachgewiesen. Srmrer führt Entsprechendes für die Anal- - spalte der Hirudineen an, und weist nach, dass die Stellung der Organe 1 PAGENSTECHER'S Beiträge. Heft I. p. 22. Fig. XII, Taf, II. - Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 19 er _ D 288 G. Haller, nen Untersuchungen gedenken, so erinnere ich daran, dass ich auch für die Dermaleichen nachgewiesen, dass die Begattung durch eine post- anale Öffnung stattfindet, und füge bei, dass sich dieses bei erneuten Untersuchungen stets bestätigte. Ihrer Größe nach entspricht diese Öff- nung der Hälfte des Binnenraumes eines jener Ghitinringe, welchen die langen Borsten der Rückenfläche eingepflanzt sind; ihre Form ist da- gegen nicht kreisrund, sondern etwa halbmondförmig. Durch sie ge- langt man in eine kugelige Blase (Taf. X, Fig. 12 d und 15) mit in starke Falten gelegter vorderer und eben so glatter wie zarter hinterer Wan- dung. Sie stößt nicht direkt an jene Öffnung an, sondern der einge- führte Penis muss erst eine hütchenförmige Verschlussvorrichtung (Taf. X, Fig. 15 e) passiren. Die Befruchtung findet, wie wir später erkennen werden, in den Ketten des Eileiters statt; der Zweizahl dieser letzteren entsprechend sehen wir nun aus dem Halse dieses muthmaßlichen Re- ceptaculum seminis zwei sehr feine Gänge treten (Taf. X, Fig. 12u.15/f’), welche stark divergirend im Bogen nach beiden Seiten ziehen. Die Blase sammt deren Anhängen ist stets farblos, Spermatozoiden habe ich in ihr nie mit voller Sicherheit erkannt. Aus nachstehend angegebenen Gründen ist es mir nie gelungen die weiblichen Geschlechtsorgane von Dermacarus so bestimmt zur Ansicht zu bringen wie die vorbeschriebenen von Tyroglyphus. So lückenhaft meine Kenntnisse auch in dieser Beziehung geblieben sind, so ergiebt sich aus ihnen doch manches Abweichende. Die Gestalt der Ovarien ist eine unregelmäßige Nierenform (Taf. XI, Fig. k und Taf. IX, Fig. 9e), mit nach vorn gewendeter Rundung, nach hinten gekehrter größter Seite. Die innere Spitze erscheint stärker verdickt als die äußere. Die ketten- artigen Ausläufer sind hier nicht wahrzunehmen, im Gegentheil scheint es als ob sich die Geschlechtsprodukte direkt von den Eierstöcken ab- lösten und ohne weitere Vermittlung in ihre Taschen gelangten, wenig- stens liegen die frei gewordenen Eier von der Größe der letzten im Ova- rium enthaltenen stets dem Ovarium zunächst und bereits in ihren Divertikeln. Die Begattungsöffnung findet sich hier ganz am Hinterrande des Körpers und wird von einem becherförmigen Gebilde geschützt. Durch dasselbe gelangt man in ein kugeliges Receptaculum seminis (Taf. X, Fig. 14), das meist einseitig über den Ovarien verschoben ist (Taf. IX, Fig. 9 rs). Es fällt sofort durch die stark geschrumpften gelb- lichen Chitinwandungen in die Augen, hierdurch und durch die weit kürzere Verschlussvorrichtung, welehe stark bräunlich gefärbt ist und einen Raupenkopf nachahmt, unterscheidet sie sich von dem ent- sprechenden Gebilde der Tyroglyphen. Diese anatomischen Verhältnisse sind nur sehr schwierig wahrzu- am ı A a2 4 ad „b. LASSE « he ee RE 5 Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 289 nehmen und zwar hauptsächlich an jungen Weibchen. An älteren - Thieren dieses Geschlechts verbirgt die große Anzahl der reifenden Eier das Gesammtbild mit Ausnahme der Ovarien, des Receptaculum semi- nis, einiger Andeutungen leerer Divertikel zur-Seite des Rectums. Doch auch bei jungen Individuen hüte man sich einen voreiligen Schluss zu ziehen, denn man wird nie des ganzen Apparates ansichtig; die in den Zeichnungen wiedergegebenen Bilder habe ich nur an wenigen ganz guten Präparaten beobachtet, welche ich natürlich getreulich aufhebe. Suchen wir nun aus obigen Beschreibungen die Merkmale für die neue Gattung Dermacarus zusammenzuziehen,, so erhalten wir folgende abgekürzte Diagnose: Tyroglyphiden mit bedeutendem Geschlechtsunter- schiede. Männchen beträchtlich kleiner. Körper mehr oder weniger demjenigen der Tyroglyphen ähnlich. Bei Männchen und Weibchen der Leib nach hinten zu treppen- förmigabnehmend, beim Weibchen mehr Acarusähnlich. Hypopiale Nymphenform entspricht den Arten der Gat- tung Homopus Koch sive Labidophorus Cramer. Trug- köpfchen kurz und breit, Mandibeln einfach, scherenför- mig, Palpen fünfgliedrig. Die vier Extremitäten des Männchens stark verdickt, diejenigen des Weibchens dünner und länger, namentlich die zwei hinteren Paare. Äußerer Geschlechtsapparat des Männchens mächtig ent- wickelt, namentlich das denselben stützende Plattenge- rüst. Ghitinapparatdes Weibchenssehrlangundschmal. Beim Männchen drei Hodenpaare. Ovarien des Weib- chens unregelmäßig nierenförmig, die brückenartigen Ausläufer scheinen zu fehlen, Die einzige bis jetzt beschriebene Art Dermacarus sciurinus mihi lebt auf unserem Eichhörnchen. VII. Zur Kenntnis der Eier von Tyroglyphus und einigen anderen Milben. Die Ovarien von Tyroglyphus und Dermacarus zerfallen in eine Kern- und Rindenschicht, welche jedoch nur undeutlich getrennt sind, und ganz allmählich in einander übergehen. Jene (Taf. XI, Fig. 4) be- steht aus den kleinsten Eichen («) , welche statt des Kernes eine helle, glänzende Stelle erkennen lassen, nach außen zu werden dieselben immer größer, bis wir in der Rindenschicht nur noch ganz große Zellen (y), _ ähnlich derjenigen in den kettenartigen Ausläufern, doch meist mit deut- lichem Kern erkennen. In diesen letzteren zählen wir nie mehr als vier 19 * 290° G. Haller, “ “ Eier, die in einer geraden Linie hinter einander liegen (Taf. X, Fig. 16). - Nahe dem vorderen Ende treffen -wir stets ein bis zwei Eier (ex), welche man in allen Stadien der Abschnürung überrascht, zwischen solchen mit breiter Basis und kurz gestielten fehlt es nicht an Übergängen. Was ihren Kern anbelangt, so zeigen sie ein verschiedenartiges Verhalten. Mehrere Male beobachtete ich im ersten der kurzen Reihe (Taf. X, Fig. 16 ek 6) eine einem weiblichen Aster ähnliche Bildung. Es scheinen daher die Eier kurz nach ihrem Austritte aus den Ovarien befruchtet zu werden. Das nächste der Reihe (0’) zeigt einen erlöschenden Kern und bei dem folgenden Stadium (6) verschwindet er ganz, bis am kurz gestielten Geschlechtsprodukt (Taf. X, Fig. 47), nahe dessen Peripherie, ein dunkles Keimbläschen mit hellerem Kerne erscheint. Eben so ver- schieden erweist sich ihr Inhalt. Derjenige der im Ovarium enthaltenen Eier erweist sich als fein granulirt. Je mehr sich dieselben dem Ende der Ausläufer nähern, treten in ihnen hell lichtbrechende fett- oder öl- artige Kügelchen auf, bis im letzten Eie der Kette der gesammite Inhalt in solche verwandelt ist. Mit dem vorrückenden Stadium des Ab- schnürens verändert sich auch der Umfang dieser Kügelchen. Es ver- einigen sich mehrere derselben durch Zusammenfließen zu Tröpf- chen zweiter Größe. Bei den tracheenlosen Milben bleibt diese Größe konstant; bei einigen Gamasiden (Taf. X, Fig. 18) aber treten nun noch oft sehr große Kugeln verschiedenen Umfanges auf, welche dem ge- sammten Ei ein eigenthümliches Aussehen geben, welches noch dadurch vermehrt wird, dass die übrigen Fetttröpfehen keine einfach kugelige Gestalt, sondern eine unregelmäßige Knochen- oder scherbenartige haben, auch erscheinen sie weit stärker lichtbrechend. Die großen Kügelchen entstehen wahrscheinlich durch Verschmelzen einer großen Anzahl der kleineren, ähnlich wie ich dieses direkt für die Kügelchen im Eie von Tyroglyphus beobachtete. Hand in Hand mit diesen Processen geht die Bildung einer ersten Eidecke. Die einfachen Eizellen in den Ovarien sind vollkommen hüllenlos und nur durch helle Interstitialräume ge- trennt; dieses Verhalten zeigen sie noch in den kettenartigen Ausläufern. Dagegen wird das Ovarium von einer durch doppelte Gontouren ange- deuteten Hülle umgeben, welche sich kontinuirlich auf die Eiketten fort- setzt. Der Abschnürungsprocess erstreckt sich nun nicht bloß auf die _ Eier selbst, sondern auch auf den Theil der sie umschließenden Hülle der Ketten und dieser bildet, nachdem er vorn geschlossen die erste dünne Decke des Geschlechtsproduktes. | | Nun schnüren sich die Eier ab und gelangen frei in den Leibesraum, wo sie jedoch nur vorübergehenden Aufenthalt nehmen. Es öffnet sich die klappenartige Seitenöffnung (kl) des Eileiters (vergl. Taf. X, Fig. 13) en 5 ER Zur Kenntnis der Tyrogiyphen und Verwandten. 391 durch Kontraktion der Muskelbündel, die Eier treten in sie ein und wer- den von der inneren Falte (kl) abgewiesen, sie gelangen in die Diver- tikel, wo sie nun einige Zeit verweilen. Selten beobachtet man sie frei in der Leibeshöhle, wo man sie an den einfachen Contouren erkennt; dagegen erscheinen sie, so wie sie in die Taschen eingetreten, von einem hellen Hof umgeben, welchen wieder ein dunkler, an einer Seite nur undeutlich geschlossener Ring abschließt. Der Hof erscheint auffallen- derweise an den reifen Eiern von Dermacarus sehr weit, wogegen er bei Tyroglyphus als ziemlich schmal beschrieben werden muss, es lässt sich hieraus auf den Durchmesser der Divertikel schließen. Den Durch- tritt durch die klappenförmige Öffnung gelang es mir noch nicht direkt zu beobachten, doch scheinen alle Verhältnisse dies als Schlussfolgerung zu gestalten. Kaum, dass die Eier in ihre Taschen eingetreten, beginnt die Bil- ‚dung. einer zweiten äußeren Eidecke (er). Von den Geschlechtsproduk- ten selbst wird dieselbe wohl nicht abgesondert, sie scheint vielmehr eine Sekretion jener weiter oben als aus drüsigen Elementen aufge- _ bauten Stellen (d und ö’) der Divertikel zu sein und tritt stets unter der Form eines Anfangs dickflüssigen , viscösen Sekretes auf, das in den einen Fällen noch vor Austritt des Eies erhärtet, in den anderen Fällen nach Zutritt der Luft nach der Ablage erstarrt. Bei Tyroglyphus und Dermacarus überzieht sie das Ei in unregelmäßiger Dicke und bildet eigenthümliche Vorrichtungen zum Schutze derselben. Bei Dermacarus (vergl. Taf. IX, Fig. 9) überzieht sie zwar das gesammte Ei, springt aber in mehreren wellig ausgerandeten Längskanten vor. Da wir nicht _ genau wissen, ob das Ei im Freien abgelegt wird oder im Haarkleide des Wohnthieres können wir auch den Nutzen dieser Vorrichtung nicht durchschauen ; besser gelingt dieses bei den Tyroglyphen. Bei Tyr. seti- ferus nova species bildet sie einen unregelmäßigen borkenartigen Über- zug (Taf. X, Fig. 19), der von zahllosen feinen und senkrecht zum Mittelpunkte verlaufenden Kanälen durchbrochen wird. Das Ei dieser Milbe wird auf faulenden Strünken, eingekellerten Kartoffeln u. s. w. abgelegt. Die zweite Eidecke bildet daher hier vermuthlich eine dick aufgetragene Kruste um das Ei vor Zerdrücktwerden zu sichern. Als ausgebildeter ergiebt sich der Apparat von Tyr. farinae (Taf. XI, Fig. 5). Diese Milbe lebt in altem Mehlstaube, wo auch das Ei abgelegt wird. Vermuthlich würde dasselbe hier untersinken und ersticken, hätte nicht die Natur durch einen eigenthümlichen glockenförmigen Apparat dieses verhindert. Die zweite Eidecke umgiebt das Ei nämlich nicht dicht an- 2 ‚liegend, sondern bauscht sich weit darüber auf; es wird dadurch die . Oberfläche bedeutend vergrößert, ohne dass das Gewicht wesentlich ver- 292 G. Haller, “ | > S mehrt würde. Des Haftapparates am Ei von Dermaleichus Haliaeti! habe ich bereits früher gedacht. Auch bei Tracheen besitzenden Milben kommen ähnliche Vorrichtungen vor. NıcoLer 2 zeichnet bereits Eier von Oribatiden mit ähnlichen Vorsprüngen, mit geknöpften Stielchen, welche senkrecht abstehend die ganze Oberfläche überziehen. Der Nutzen der- selben ist nicht recht einzusehen, da nach ihm die ganze Familie der Oribatiden ovovivipar ist. Wie ich vor Kurzem anderwärts zeigte, legen viele, vielleicht alle Oribatiden ein einziges Winterei, das auf ver- schiedene Weise vor den Unbilden der Witterung geschützt wird. Die Hoplophoren bringen dasselbe in dem nach der Häutung abgelegten ab- dominalen Panzerstücke unter und befestigen es an der einen Seite ver- mittels eines schmutzig orangegelben Sekretes (Taf. XI, Fig. 7). Um die Frage über die Natur desselben zu lösen, ging ich auf die Mutter zu- rück und fand im Innern der Geschlechtsorgane ein dem eben erwähn- ten durchaus ähnliches, längs ovales Ei (Taf. XI, Fig. 6). Bereits hier umgab dasselbe ein freilich erst in weichen und zerfließenden Linien angedeuteter Haftapparat, der augenscheinlich der äußeren Eidecke ent- sprach. Seinen oßtischen Ausdruck erhielt derselbe in einer großen An- zahl von unter sich parallel gelagerter Zapfen von sehr ungleicher Größe. Am mächtigsten erwiesen sie sich am hinteren Ende des Eies, am kleinsten an dessen unteren Seite. Suchen wir uns nun mit Hilfe einer entsprechenden Vergrößerung Aufschluss über die Struktur jener Kittmasse zu verschaffen, so sehen wir zu unserer Überraschung, dass sie vollkommen mit dem oben beschriebenen Bilde übereinstimmt. Bei anderen Oribatiden bleibt die äußere Decke einfach, es wird dann auf andere Weise zum Schutze für das theure Geschlechtsprodukt gesorgt: Die Milbe trägt das von einem Deckelchen geschützte Ei auf ihrem Rücken herum. Anhang. Nicht nur die Eier der Oribatiden sind durch merkwür- dige Vorrichtungen geschützt, sondern es ist auch für die Erhaltung der einzelnen Larven gesorgt. Wie bei einigen Käferlarven, so findet sich auch hier ein ausgesprochenes Maskirungsvermögen. NıcoLEr? gedenkt desselben bereits für das erwachsene Thier von Damaeus verticillipes Nie. Es sei gestattet hier als Schlussbemerkung und im Anhang an die Beschreibung der Schutzvorrichtungen der Eier eines weiteren derartigen Falles zu gedenken. Nicht selten beobachtet man die bereits von dem französischen Monographen ? beschriebenen Larven von Damaeus geni- 1 Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 549. Taf. XXXIII, Fig. 5. 2 NicoLET, 1. c. Pl. XXV, Fig. 3 u. #. 3 NicoLEr, ]l. c. Pl. VIII, Fig. 20. p. 484. 4 NIcoLkrt, |. c. Pl. IL, Fig. 8. p. 396. NEN ’ k PR "x fi a a a 2 a nn a add a U ai 2. - 5 Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 293 eulatus Nic. mit einem unförmlichen braunen Höcker beladen (Taf. XI, Fig. 8), welcher sich als etwa zwei bis drei Mal so groß erweist wie der gesammte Körper des noch sechsfüßigen Thieres. Derselbe ist in der Mitte vollkommen undurchdringlich, nur seine unregelmäßigen Ränder etwas durchscheinend. Seine äußere Oberfläche muss als rauh und schilferig bezeichnet werden. Suchen wir ihn vom Thiere zu trennen, so geht dieses nicht ohne Mühe, denn er ist von den Rückenborsten des Thieres innig durchwachsen und durchflochten. Durch Zerzupfen mit Nadeln gelingt es uns sodann ihn in seine eigenen Bestandtheile zu zer- legen. Dieselben erweisen sich als zwei bis drei Häute, offenbar zer- knitterte Zeugen früherer Häutungen des Thieres selbst. Dazu gesellen sich allerlei Unrath, wie feine Rindenabfälle, wie sie sich eben auf den Reisen durch das Moos an der Milbe festsetzen, Kothkrumen, wohl von ihr selbst herstammend und dergl. Das langsam einherschreitende Thier mit auffallendem grünlichem Körper, dessen Decke noch weich ist, bedarf dieser entstellenden Anhäufung um sich den Verfolgungen seiner hurtigeren Feinde zu entziehen. Um so mehr ist dieses der Fall, als auch die erwachsenen Thiere stets darauf bedacht sind ihren stark -chitinisirten, schwarzen und glänzenden Körper unter irgend einem fast mikroskopischen Mooszweiglein oder dergleichen zu verbergen. Bern, im November 1879. Erklärung der Abbildungen. NB. Die angegebenen Kombinationen beziehen sich auf ein kleines HARTNAcK- sches Mikroskop bei eingestoßener Kammer. Die Zeichnungen wurden mit wenigen _ Ausnahmen mit Hilfe der Camera lucida von NAchrr ausgeführt und ohne weitere - Präparation mit Reagentien nach guten Harzeinschlüssen angefertigt, zu allen sind belegende Präparate vorhanden. Tafel IX. Fig. 1—3- beziehen sich auf Listrophorus Pagenstecheri. Bei 4 und % sind der Einfachheit zu Liebe die Extremitäten nur einseitig ausgeführt worden. Fig. 1. Das Männchen bei Oc. 4, Syst. 6 von der Bauchfläche gesehen. Fig. 2. Das Weibchen in der nämlichen Ansicht, aber bei Oc. 3, Syst. 6. Fig. 3. Die Mundtheile von unten bei Oc. 3, Syst. 7. a, Epistom, 5, Seitenflügel der Nackenfalte, c, die Mandibeln, d, die Pal- pen, an denen die Glieder der Ordnung gemäß numerirt sind. Fig. 4—6 beziehen sich auf Homopus sciurinus. Fig. 4. Das Thier in der Ansicht von der Bauchfläche bei Oc. 3, Syst. 7. a, Alter, fs, Analplatten , cm, chitinisirter Muskel, pp, Platten des Greif- apparates, r, Rüssel. 294 6. Haller, R 5 , \ r 4 £ na . Fig. 5. Die Milbe von der Rückenfläche ohne Extremitäten bei Oc, 3, Syst. 6. Man sieht das muthmaßliche Excretionssystem und die Taschen, letztere in et. Fig. 6. Caudaler Anhang des Thieres bei Oc. 3, Syst. 7. | bp, Binnenraum am Ursprung der hier weggeschnittenen Platten, h, löffel- förmige Haargebilde, cm, wie oben, eben so et, an letzteren die großen kreisrunden Öffnungen. Fig. 7—16 beziehen sich auf Dermacarus sciurinus. Fig. 7. Ein größeres Männchen von der Rückenfläche ohne Extremit. Oc.3,Syst.6. Fig. 8. Ein kleineres Männchen von der Bauchseite. Oc. 3, Syst. 6. Fig. 9, Weibchen unter den nämlichen Bedingungen. e, Ovarien, rs, Recepta- culum seminis. Fig. 40. Achtfüßiges Larvenstadium von oben, Hinterbeine durch den Körper versteckt. Oc. 3, Syst. 6. Fig. 14. Die falsche Kralle an den hinteren Extremitäten des Männchens. Oc. 7 Syst. 7. Fig. 42. Haftläppchen von der Fläche. Oc. 4, Syst. 7. Fig. 13. Dasselbe von der Seite. Oc. 4, Syst. 7. Fig. 44. Darstellung des Verdauungs- und Nervensystems in einer Larve von circa 0,5 mm. Die Körpergestalt in Umrissen und ohne Extremitäten angedeutet. Oc. 4, Syst. 6. a, Gehirn, b, Ösophagus, c, Magen, dd’, Blindsäcke, e, Rectum, f, After mit gg den beiden Zügen von Längsmuskeln, hh’, die muthmaßlichen Speicheldrüsen, kk’, die Kothballen. Fig. 15. Ende eines der Blindsäcke des Darmtraktus mit den gehäuften IERERE zellen. Oc. 4, Syst. 7. Fig. 16. Eines der Vorderbeine von Tyroglyphus Megninii mihi. Oc. 3, Syst. 7. Die einzelnen Glieder in ihrer Reihenfolge numerirt. c, Riechkölbchen. Tafel X. Fig. 4. Tyroglyphus Megninii mihi von der Rückenfläche;; die Vorderbeine nur rechterseits angedeutet, die Hinterbeine durch den Körper verdeckt. Oc. 3, Syst. 6. Fig. 2. Tyroglyphus setiferus Weibchen von der Seite. Oc. 4. Syst. 6. a, Gehirn, b, Taststifte, c, Riechkölbchen, d, Speiseröhre, e, vordere, e', hintere Magenhälfte, f, erste Anschwellung des Rectums, g, Blind- sack, h, Excretionstasche, er er, reife Eier in ihren Taschen. Fig. 3. Vordere Extremität von Tyroglyphus farinae. Oc. 3, Syst. 7. Glieder in ihrer Reihenfolge numerirt. bb, Taststifte, e, Riechkölbchen, f, Fortsatz am zwei- ten Gliede. Fig. 4 und 5. Verschiedene Formen von Riechkölbchen. Frei gezeichnet. Fig. 4 kölbchen-, Fig. 5 trommelschlägel- oder klöppelförmiges Gebilde. Fig. 6. Ösophagus von Tyroglyphus mit dem Chitinring. Oc. 3, Syst. 7. Fig. 7—10 beziehen sich aufden männlichen Geschlechtsapparat von Dermacarus. - Fig. 7 und 8 die ersten Anlagen desselben bei Larven, Fig. 9 der ausgebildete Apparat von der Fläche, Fig. 10 von der Seite. Oc. 4, Syst. 7. a, unpaare Platte, bb, cc, dd, die verschiedenen Plattenpaare, hh und h’h’, die »genitalen Haftnäpfe«, pl, die vorgewölbten Platten, welche die Taschen von oben bedecken, p, Penis, p’, dessen eichelartiger Ab- schnitt, rr, winklig abgebrochene Chitinsäume, s, Samenblase, t!, 22, t3, die Hodenpaare, at?, Ausführgang von t?, x, vermuthliche Samen- körperchen. SUISSE Cr Zur Kenntnis der Tyroglyphen und Verwandten. 295 Fig. 44. Männlicher Geschlechtsapparat von Tyroglyphus farinae. Oc. 4, Syst. 7. be, be’, die den Platten in Fig. 5 entsprechenden Seiten des zungenförmi- Pa gen vorragenden Hügels, welcher den kleinen Penis p trägt, hh’, die | falschen Haftnäpfe, hnhn, die echten zur Seite des Afters, {1, t?, die Hodenpaare. ne Fig. 42, 43 und 15 beziehen sich auf den weiblichen Geschlechtsapparat von Tyroglyphus setiferus, Fig. 44 auf den Apparat von Dermacarus (in Betreff desletzte- ' ren vergl. man auch Fig. 9 auf voriger Tafel). Fig. 12. Der Ei erzeugende Theil, darunter angedeutet die für gewöhnlich er- " kennbaren Spuren des ausführenden. Oec. 4, Syst. 6. Fig. 13. Der ausführende Apparat, so weit er mit vollkommener Sicherheit er- kannt wurde. Oc. 3, Syst. 7. Fig. 14 und 45. Die Receptacula seminis bei Oc. 4, Syst. 7. In obigen 4 Figuren bedeuten : d, Blase des Receptac. sem., c, deren Aus- führgang, ea, Eier im Stadium der Abschnürung von ek, den Eiketten, el, Ovidukt, er, reifende Eier in ihren Taschen, er’, reifes Ei im Ovi- dukt, est, Eierstöcke, et und et’, Divertikel des Oviduktes, et mit Ei, et’ ohne dieselben (in diesen d, Verschlusslappen , d’, drüsige Stelle der Wandung), ff’, Ausführgänge der Receptac. semin., kl, äußere, Kl, innere Klappe des Oviduktes, lt, leere Taschen zu beiden Seiten des Rectums, m, Öffnungsmuskeln der äußeren Klappenvorrichtung des Oviduktes. Fig. 16. Eikette mit zwei Eiern im Stadium der Abschnürung und dem vor- deren Pole des Ovariums. Oc. 4, Syst. 7. ea, ek,est, wie oben, 888, mittelgroße Eier im optischen Durchschnitte des Ovariums, d, 0’, 0”, die drei Glieder der Kette in ihrer Reihenfolge. Fig. 47. Letztes Stadium der Abschnürung, kurz gestieltes Ei mit Keimbläschen nahe der Peripherie. Oc. 3, Syst. 7. Fig. 18. Ei der Gamasiden mit den großen Fettkugeln. Oc. 4, Syst. 6. Fig. 19. Ei von Tyrogl. setiferus im optischen Durchschnitte und am vorderen Pole mit angedeuteten Fettkügelchen. Oc. 4, Syst. 7. Tafel xXI. Fig. 4. Äußerer Chitinapparat des Weibchens mit zurückgezogenen, Fig. 2 mit hervorgestülpten falschen Haftnäpfen ; beide Oc. 4, Syst. 7. hh und h'h’, wie oben, sp, longitudinale Spalte, pp, Platten. An den fal- 2. \ schen Haftnäpfen «, die äußere lockere Hülle, 8, der muskulöse weiche * - Mitteleylinder, y, die Nervenzelle am Grunde der Organe. E- Fig. 3. Oberflächliche Ansicht der Ovariumkugel von Tyroglyphus wie nachf. Oc. 4, Syst. 7. Fig. 4. Optischer Querschnitt durch das unregelmäßig nierenförmige Ovarium von Dermacarus. ««, die kleinsten Eier mit hellem Fleck an Stelle des Kernes, £ß, mittelgroße, y, größte Eizellen, dd, abgelöste Eier in ihren Taschen. Fig. 5. Apparat am Ei von Tyrogl. farinae. Oc. 4, Syst. 7. Fig.6. Ei von Hoplophora spec. indet. mitdemÜberzuge von Zapfen. Oc.4, Syst. 7. Fig. 7. Abdominales Panzerstück mit dem geborgenen Ei. Oc. 3, Syst. 6. Fig. 8. Larve von Damaeus geniculatus Nic. mit dem verunstaltenden Unrath- haufen. Oc. 3, Syst. 6. Über den Bau und die Entwicklung der Bursa Fabricii. Von Dr. Ludwig Stieda, Professor der Anatomie in Dorpat. Mit 5 Holzschnitten. Bei allen bisher untersuchten Vögeln liegt zwischen der Wirbel- säule und dem Rectum ein kleines in die Kloake einmündendes drüsiges Hohlorgan. Dasselbe ist durch Fasrıcıus ab Aquäpendente zum ersten Male beschrieben worden und desshalb nach ihm benannt. Die Funktion des Organs ist bisher unbekannt. Die Bursa Fabricii ist — vielleicht wegen der Räthselhaftigkeit ihrer Funktion — wiederholt anatomisch untersucht worden. Über die Funktion ist, wie bemerkt, kein bestimmtes Resultat erzielt worden; in Betreff des Baues sind gerade durch die Arbeiten der letzten 140 Jahre völlig widersprechende Angaben zu Tage gefördert worden. Vor nunmehr 12 Jahren nahmen zwei meiner damaligen Schüler, - die jetzigen Dr. med. Ta. Bornuaurt und Mag. vet. W. Garen, auf meine Veranlassung und unter meiner Anleitung Untersuchungen über die Entwicklung und den Bau der Bursa Fabricii vor. Dr. BornHaupt ging weit über das ihm gestellte Thema hinaus; seine Inauguralabhandlung, » Untersuchungen über die Entwicklung des Urogenitalsystems beim Hühnchen«, 43 Seiten in Quart, 1867, berücksichtigt nur kurz die Ent- wicklung der Bursa Fabricii. Mag. Gain dagegen schildert den Bau der ausgebildeten Bursa in seiner erst im Jahre 1871 veröffentlichten Magister-Dissertation, Über die Bursa Fabricii, 3% Seiten in 8°. f Beide kamen zu dem — wie zu erwarten war — übereinstimmen- den Resultat, nämlich, dass die Bursa Fabricii ein drüsiges Organ, und dass die in derselben befindlichen Follikel epitheliale Bildungen seien. Über den Bau und die Entwieklung der Bursa Fabrieii. 397 Im vollen Gegensatz hierzu kommen die beiden neuesten Arbeiter auf diesem Gebiete: Auzsı (in Neapel) und Forszs (in London) zu dem Schluss, dass die Bursa Fabrieii und die Follikel derselben zu den Iymphoiden Organen zu rechnen sei. Vınc. Auzsı hat seine Abhand- lung »Sulla borsa di Fabricii negli uccelli« in den Atti della Societa Italiana di Scienze naturali (Vol. XVII, A. 1875, p. 137—174) niedergelegt; bei seinen Untersuchungen hat er sich mit Vorliebe dem feineren Bau der Bursa zugewandt und zugleich auch die Vorgänge beim 'Schwund der Bursa genau verfolgt. W. A. Forses (On the Bursa Fabricii in Birds. Proc. of the Zool. Society in London 1877, Nr. XX, p. 304—318) berücksichtigt mehr die Form und Gestalt der Bursa bei den verschie- denen Vogelspecies und erst in zweiter Linie den Bau. In Betreff der Beschaffenheit der Follikel stimmt er mit Arzsı, wie schon bemerkt, völlig überein : es seien die Follikellymphoide Bildungen. Es ist diese An- sicht nicht neu, sie ist bereits von Leypie (Lehrbuch der Histiologie 1857, p. 321 und 327) ausgesprochen worden. Die beiden Abhandlungen Bornkaupr’s und GAL£n’s sind den ge- nannten Autoren Arzsı und Forses entgangen. Dass die Abhandlung GaLin’s, eine am hiesigen Veterinär-Institut vertheidigte Dissertation, sich keiner großen Verbreitung erfreut, ist vielleicht erklärlich. Die Ab- _ handlung Bornuaupr’s ist dagegen genugsam bekannt geworden; oflen- bar haben aber weder Arrsı noch Forses gewusst, dass in derselben ' unter anderen auch Mittheilungen über die Entwicklung der Bursa Fa- bricii gemacht worden sind. In Berücksichtigung des Umstandes, dass die Resultate BornHAuPT’s und Garen’s in Betreff der Bursa Fabricii nicht bekannt geworden sind, und weiter in Berücksichtigung dessen, dass ich — auch nach Kennt- nissnahme der Arbeiten von Arzsı und Forges — noeh an meiner frühe- m ren Ansicht der epithelialen Natur der Follikel der Bursa festhalten muss, sehe ich mich zu einer kurzen Mittheilung über denBau und die Entwicklung der Bursa veranlasst. Dass ich mich dabei nicht allein auf die vor Jahren gemachten Untersuchungen GAL£n’s und Born- Haupr’sbeschränke, sondern — speciell zur Kontrolle der Angaben Aussr's und Forses’ — eine Reihe eigener Untersuchungen angestellt habe, brauche ich kaum hervorzuheben. Besonders nothwendig erschien es mir, die in Bornuaurr's Arbeit befindliche Lücke in Betreff der Weiter- - . Ps h | entwicklung der Bursa auszufüllen, so wie auch durch einige Abbil- dungen die verschiedenen Stadien der Entwicklung zu erläutern. Den Bau der völlig ausgebildeten Bursa Fabrieii untersuchte ich an Hühnern und Enten, die Entwicklung der Bursa verfolgte ich nur anHühner-Embryonen. Daich keine neuen Methoden bei meinen 298 ! Ludwig Stieda, Arbeiten anwandte, so halte ich eine Aufzählung der bekannten Här- = tungs-, Färbungs- und Schnittverfahren für völlig überflüssig. Da ich hier keine Monographie über die Bursa Fabrici i schreibe, so lasse ich die sonst übliche historische Übersicht bei Seite. Es ist ver- hältnismäßig viel über die Bursa Fabricii geschrieben worden; darunter sind einzelne sehr umfassende Specialarbeiten. Die meisten Autoren geben mit Genauigkeit die sehr verschiedenen — leider oft sehr wenig begründeten Ansichten ihrer Vorgänger wieder, so auch Aızsı und Forses. Die größte Zahl von Abhandlungen über die Bursa Fabriei findet sich bei GaL£n (p. 8—26) zusammengestellt; leider ist die chrono- logische Reihenfolge nicht genügend beobachtet. Auf einzelne Arbeiten werde ich im Verlauf dieser Zeilen zurückkommen. In Betreff der äußeren Beschreibung, der Form, Gestalt und Lage der Bursa Fabricii stimmen alle Autoren so ziemlich überein. In den älteren Abhandlungen von Barkow und BERTHOLD, in den neueren von Auzsı und Forses haben die bei verschiedenen Species differenten Ver- hältnisse ihre Beschreibung gefunden. | Die Bursa Fabricii liegt in der Beckenhöhle der Hühner frei in der Mittellinie des Körpers zwischen Wirbelsäule und Rectum. Sie grenzt nach unten an die Kloake und mündet hier dicht vor der Öfl- nung des Rectums mit einer runden, ziemlich weiten Öffnung. Ihre Gestalt schwankt zwischen einer kugeligen und einer kolbenförmigen. Ihre Farbe ist weiß oder weißlichgrau, mit einem leicht röthlichen An- fluge je nach der Anfüllung der Blutgefäße. Bei erwachsenen Hühnern der hiesigen Rasse ist am Schluss des vierten Monats des ersten Lebensjahres die ausgebildete Bursa Fabricii eiförmig. Ihre Länge schwankt zwischen 18—30 mm, ihre Dicke zwi- schen 12—18 mm; unweit der Einmündung der Bursa in die Kloake geht die Bursa in einen kurzen Hals von 3 mm Länge und 2 mm Durchmesser über. Die Größe des Organs wechselt je nach der Verschiedenheit der Rasse, so wie auch des Ernährungszustandes des betreffenden Thieres. Bei einem jungen Hühnchen von einem Monat ist die Bursa etwa 8 mm, mit zwei Monaten 12 mm, mit drei Monaten etwa 20 mm lang; am Schluss des vierten Monats erreicht die Bursa ihre größte Ausdehnung mit circa 30 mm. Nach dem Ende des fünften Monats beginnt die Rück- bildung der Bursa Fabricii, welche im 9. oder 10. Monat abgeschlossen ist, selten erhalten sich noch Rudimente bis in den 41. oder 12. Monat hinein. Dicke zwischen 5—7 mm. "Die Bursa Fabricii ist ein Hohlorgan ; sie lässt eine äußere Umhüllung Et u ri ww 2% n Di a 7,20 ah 2 a Dr nl Bere ha le En ie Zara A uh Bu aa Sun 4» u Bei Enten variirt die Länge der Bursa zwischen 25>—40 mm, die i Über den Bau und die Entwieklung der Bursa Fabricii. 299 und eine innere ziemlich dicke Schleimhaut erkennen. An einer ausge- bildeten Bursa zeigt sich, dass an die Innenfläche eine Anzahl von Längs- falten, 12—14 etwa, vorspringen; einzelne Falten sind durch kleinere Spalten oder Einschnitte nochmals getheilt. Die Gestalt und Form der Falten ist sehr wechselnd ; irgend etwas Charakteristisches ist nicht an ihnen zu erkennen: ein Querschnitt durch die Bursa giebt ein übersicht- liches Bild. So ist das Verhalten bei Hühnern und wie Gar£n angiebt bei Krähen, Sperlingen, Kanarienvögeln und Waldschnepfen. Eine Ausnahme macht die Bursa Fabricii der Ente. Hier existiren nur zwei große Längsfalten. Betrachtet man einen beliebigen Schnitt der Bursa bei schwacher _ {eirca 80 facher) Vergrößerung, so erkennt man die äußere bindege- webige Hülle der Bursa, dann die ins Innere der Bursa vorspringenden Falten, so wie das die letzteren überziehende Epithel und schließlich rundliche, in die Substanz der Falten eingelagerte Massen. Aus der Kom- bination von Längs- und Querschnitten geht hervor, dass diese Massen zum größten Theil kugelig, ovoid oder eckig sind. Das sind die sogenannten »Follikel« der Bursa Fabrieii, um deren Bau es sich hier handelt. — Die in die Schleimhaut der Bursa Fabricii eingelagerten Gebilde, - für welche ich den in neuerer Zeit gebrauchten Ausdruck »Follikel« _ beibehalte, sind den älteren Autoren nicht entgangen. So spricht z. B. Barkow (Mecker’s Archiv für Anatomie und Physiologie, Jahrg. 1829, - p. 443) von Acini und von Drüsenöffnungen in den Wänden der Bursa. BerrnorLn (Nova Acta phys. med. Acad. Caes. Leop. Carol. Tom. XIV, p- II. Bonn 1829. p. 903— 918) meldet, dass die Innenhaut der Bursa von vielen kleinen Drüsen, welche er den Drüsen des Vormagens ver- - gleicht, durchsetzt ist. R. Wacner (Lehrbuch der vergleichenden Ana- tomie. Leipzig 1834—1835. p. 284) schreibt über die Bursa Fabrieii : » Auswendig ist er (der Beutel) mit einer muskulösen Faserschicht be- _ deckt, inwendig finden sich Gruben und die ganze Wand ist dicht mit - kleinen rundlichen, weißen Bälgen (Schleimdrüsen) be- | setzt, deren kleine Poren in die Höhle münden.« Auch H. Srmannıus kennt die fraglichen Gebilde: »Seine (des Beutels) innere Schleimhautfläche ist nicht selten stark gefaltet und namentlich bei jungen Vögeln mit den Mündungen zahlreicherabsondernder Follikel besetzt.« — Es mögen diese Citate genügen. — Die Zahl der Autoren, welche von absondernden Drüsen in der Bursa reden, ist groß. ü Diese Anschauung wurde durch Leypıe’s Untersuchungen modificirt. Es heißt bei ihm (Lehrbuch der Histologie. Frankfurt am Main 1857. p. 321): »Erwähnung verdient auch, dass die Schleimhaut der Bursa + > 40 Ludwig Stieda, Fabricii der Vögel mit Ausschluss anderer drüsiger Bildungen der Pever- schen Follikel in größter Menge besitzt. Die Bindesubstanz der Schleimhaut grenzt lauter geschlossene, rundliche Follikel ab, die dicht neben und über einander liegen und bei der Ente durch besondere lokale Entwicklung in der Bursa zwei oder mehrere für das freie Auge auf- fallende Längswülste erzeugen. Übrigens sind die Bälge verschieden groß und außer einem feinzelligen in Essigsäure sich trübenden Inhalt noch deutlich von Blutkapillaren durchzogen.« Der Auffassung Levnig’s sind andere Forscher beigetreten : Ich nenne 2. B. Hırrına (Leerboek van de grondbeginselen der Dierkunde. Il. Deel. 1867. p. 385). In neuester Zeit haben sich nun Forses und auf Grund eingehender und genauer eigener Untersuchungen Vınc. Arzsı für die Deutung der Follikel der Bursa als Pryer’sche, d.h. als Iymphoide Organe ausgesprochen. Dieser Deutung gegenüber behaupte ich nun im Anschluss an GaL£En und BornHaupt, dass die Follikel der Bursa nicht den Peyer’schen Follikeln zu vergleichen sind, sondern dass es epitheliale Gebilde eigener Art sind. Ich versuche — an der Hand der beigefügten Abbildungen — diese Behauptung durch die nachfolgende Beschreibung des Baues der Follikel, so wie durch eine Schilderung der Entwicklung zu rechtfertigen. Die äußere Hülle der Bursa ist etwa 0,60 mm dick und wird durch fibrilläres Bindegewebe gebildet. Glatte Muskelfasern, von denen einige Autoren sprechen, finde ich nicht darin. Ich kann demnach der äuße- ren Hülle nicht den Charakter einer Muscularis oder einer Muskelhaut zuschreiben. Von der äußeren bindegewebigen Hülle gehen Scheide- wände von derselben Beschaffenheit in die Schleimhaut hinein; sie reichen bis an das Epithel. In den größeren Falten zieht ein größeres (primäres) Septum in der Mitte durch die ganze Höhe der Falte und giebt seitlich eine Menge kleiner (sekundärer) Scheidewände ab, welche eben- falls bis zum Epithel laufen und sich meist mit einer unter dem Epithel befindlichen, gleichfalls aus fibrillärem Bindegewebe bestehenden Schicht vereinigen. Durch die Septa wird das Schleimhautgewebe mehr oder weniger regelmäßig in Fächer getheilt — insbesondere regelmäßig er- scheint ein Durchschnitt durch eine größere Falte, in so fern als die durch 3 die Scheidewände gebildeten Fächer sich in zwei Längsreihen um die durchschnittene Hauptscheidewand als Achse gruppiren. Eine gute Ab- bildung giebt auch V. Arzsı in der vierten Figur der seiner Abhandlung beigefügten Tafel. Ein von den Scheidewänden und der unter dem Epithel befindlichen bindegewebigen Schicht begrenztes Gebiet der Substanz der Falte ist be w ws “ > = # rg N ” - > y% E A a eh te N Gen ae DE ih F- EEE WERE TTTEN v PN N; auch bei Hühnern konstatiren dunkler, undurchsichtiger; ein Über den Bau und die Entwicklung der Bursa Fabrieii. 301 nun ein sogenannter »Follikel« (Fig. A). Bei der Durchmusterung größerer Serien von Schnitten kommt man leicht zur Überzeugung, dass die Gestalt der Follikel keineswegs stets als rundlich, kugelig, sphärisch zu bezeichnen ist, sondern dass sehr mannigfache oft auch eckige Formen sich sehen lassen. Es erscheinen die Formverschiedenheiten mir von keiner Bedeutung — bei jungen Hühnern walten offenbar die rundlichen Formen vor. Bei weiterer Untersuchung des Follikel-Inhalts — es genügt dazu schon eine schwache Vergrößerung von etwa 80 — bemerkt man, dass das von jener fibrillären bindegewebigen Hülle eingeschlossene Gewebe nicht durchweg gleichmäßig ist. Bei Enten bin ich zuerst darauf aufmerksam geworden und habe es dann können ; jeder Follikel lässt eine centrale Substanz und eine peri- pherische Substanz (Rinden- schicht) unterscheiden (Fig. 1 e und b). Die centrale Substanz erscheint heller, durchsichtiger: die peripherische Substanz bald mehr bald weniger deut- licher Gontour oder Saum trennt Fig.4. Auseinem Schnitt durch die Schleim- die beiden Substanzen von ein- haut der Bursa Fabricii eines Huhns von € ; : 4 Monaten; die Blutgefäße sind injiecirt. ander. Gewöhnlich laufen diese Vergr. 80. j Contouren und die Begrenzungs- schicht der einzelnen Follikel einander parallel; an einzelnen Bursae je- doch erscheint der Grenzcontour unter der Form einer äußerst unregel- mäßig gezackten Linie. Die Differenz im Inhalt eines Follikels ist über- aus deutlich von Aızsı beschrieben und bildlich wiedergegeben worden (Arzsı, ]. c. Fig. 40). Er unterscheidet: »uno strato corticale piü compatto, edunasostanze centrale piü cchiara« (l.c. p. 152). Auch bei GaL£n ist von diesem Gegensatz die Rede; derselbe ist nur anders ausgedrückt. Aussı weiß keine Erklärung für die Thatsache zu geben — er vergleicht, wie bemerkt, die Follikel mit Lymphdrüsen und will bei einigen der letzteren denselben Unterschied zwischen einer Rindensubstanz und einer centralen Masse gesehen haben. Prüft man eingehend den Follikel-Inhalt — bei stärkeren Vergröße- rungen (über 350) — so ergiebt sich Folgendes. Zwischen der centralen ‚und peripherischen Substanz eines Follikels bestehen deutliche Differen- zen. Die centrale Substanz erscheint, wie bemerkt, durchsichtiger, die a ET, ya a We ı 309 Ludwig Stieda, . peripherische undurchsichtiger; nach Färbung mit Karmin sieht die cen- trale Substanz mehr roth, die peripherische mehr bräunlich aus. Bei schwächerer Vergrößerung erscheint die ganze Masse des Follikels, cen- irale wie peripherische Substanz, gleichmäßig aus kleinen rundlichen Zellen zusammengesetzt (Fig. 1 e, b); bei stärkeren Vergrößerungen da- gegen erkennt man einen sehr tief einschneidenden Unterschied. Die centrale Substanz zeigt nur kleine, mit einem Kern versehene stark lichtbrechende rundliche Zellen von 0,004—0,008 mm Durchmesser (Fig. 2 e); irgend eine Zwischensubstanz ist nicht zu erkennen. Um den rein zelligen Bau der centralen Substanz zu konstatiren, genügt es nicht, Schnittpräparate allein zu prüfen — es ist unbedingt noth- ' wendig, kleine möglichst dünne Schnittchen auszupin- seln oder tüchtig mit Wasser zu schütteln. An derarti- satz zur centralen Substanz die Rindenschicht die globirter Drüsensubstanz (Henne) hat: ein zartes aus gen Schnittchen sieht man nun weiter, dass im Gegen- Beschaffenheit von adenoidem Gewebe (Hıs) oder con- Fig. 2. Aus ei- anastomosirenden Zellen gebildetes Netzwerk, in dessen nem aussepin® Maschen kleine, 0,004 mm messende Zellen eingebettet selten Schnitt B i 5 e ß durch einen sind (Fig. 2 b) (die Zellen sind durch Auspinseln ent- Follikel; die beidenSubstan- zen desselben bei 340 f. Vergr. In Fig. 4 u.2be- . deutet: e, den epithelialen Be- standtheil, b, den adenoiden Bestandthel ei- nes Follikels., fernt). Die Rindenschicht hat demnach wirklich eine Be- schaffenheit wie sie von den Lymphfollikeln bekannt ist. Wie ist nun aber die zellige Beschaffenheit der cen- tralen Substanz aufzufassen ? Diese Frage hat damals bei der in Gemeinschaft mit GAL£En vorgenommenen Unter- suchung lange unsere Aufmerksamkeit in Anspruch ge- nommen, bis endlich günstige Schnitte, und zwar zu- Kur, erst bei der Ente, die gewünschte Erklärung schafften. — Gewöhnlich erscheint der zellige Bestandtheil des Follikels, die cen- trale Substanz, allseitig von der Rindenschicht umschlossen und desshalb . durchaus von dem die Schleimhaut deckenden Epithel getrennt. Dieser Umstand hat offenbar Leyvic irre geführt; eben so ist auch Auzsı hiervon 4 geleitet nicht im Stande gewesen, den richtig aufgefundenen Unterschied zwischen centraler und peripherischer Substanz des Follikels zu er- klären. An günstigen Schnitten aber sieht man die zellige centrale Substanz desFollikels direkt ohne Grenze in die tiefere Schicht des Epithels übergehen. An solchen Präparaten ist die 4 betreffende centrale Substanz nicht allseitig begrenzt, sondern der die centrale Substanz gegen die Rindenschicht abgrenzende Contour geht ohne Unterbrechung in die unter dem Epithel befindliche bindegewebige Grenzmembran über, Über den Bau und die Entwicklung der Bursa Fabricii. 303 Ich muss hier ein paar Worte über das Epithel der Bursa ein- schieben : das Epithel ist — darüber sind alle Autoren einig — ein so- genanntes geschichtetes nicht flimmerndes Cylinderepithel. Die oberste Schicht besteht aus kegelförmigen Zellen (sog. Cylinderzellen der Auto- ren) zwischen denen sich andere spindelförmige oder sonst langgestreckte Zellen befinden; in der Tiefe liegen kleinere rundliche oder eckige Zellen dicht an einander, so dass mitunter nur die Kerne allein sichtbar sind. Die kegelförmigen Zeilen sind 0,024 mm lang und an der Basis 0,006 mm breit; die Kerne messen durchweg 0,003 mm, sind scharf contourirt mit durchsichtigem Inhalt. — Das Epithel im Ganzen misst etwa 0,045 mm. Die tiefste Schicht des Epithels sitzt der aus fibrillärem Bindegewebe bestehenden, darunter liegenden, etwa 0,003 mm messenden Lage auf. _ Die oberste Lamelle dieser bindegewebigen Schicht erscheint als ein ein- facher scharfer Contour und muss als Grenzmembran angesehen werden. Diese Grenzmembran allein pflanzt sich nun als einfacher aber scharfer Contour in das Innere des Follikels fort und begrenzt somit die centrale - Substanz gegen die Rindenschicht. Gleichzeitig setzt sich die unterste Schicht des Epithels ohne Unterbrechung in die tiefste der Grenzmem- - bran des Follikels aufsitzende Zellenlage fort. In den Follikeln der Ente hat diese tiefste Schicht wegen ihrer regelmäßig neben einander ge- lagerten Zellen das Ansehen eines Epithels und unterscheidet sich da- durch von den übrigen Zellen der centralen Substanz. In den Follikeln der Hühner ist zwischen den Zellen der tiefsten Schicht und den übrigen keine Differenz nachzuweisen — man kann nur sagen, dass das Epithel allmählich — ohne deutliche Grenze — in die Zellenmassen der centra- len Substanz übergeht. Die Grenzmembran der centralen Substanz eines Follikels ist meist durch einen einfachen Contour repräsentirt; mitunter hat man den Eindruck, als sei ein doppelter Contour vorhanden. Bei genauer Betrach- _ tung stellt sich dann heraus, dass ein Kapillargefäß die Grenze bilde, d. h. dass die Zellen der centralen Substanz unmittelbar der Wand der ; ‚Kapillargefäße aufsitzen. Von der anderen Seite setzen sich dann an die Grenzmembran der centralen Substanz oder an die dieselbe ersetzenden Kapillargefäße die Ausläufer der verästelten Zellen der aus adenoidem = Gewebe bestehenden Rindenschicht. Es unterliegt hiernach meiner Ansicht nach keinem Zweifel, dass _ die centrale Substanz eines Follikels epithelialer Natur ist. So hat es RRETBERREN TUN bereits Gau£n aufgefasst (l. c.p. 30), welcher vom Epithel als der inne- ren Schicht des Follikels spricht. Die seiner Abhandlung beigefügte Figur (2) giebt — freilich stark schematisirend — immerhin sehr klar die rich- tige Vorstellung wieder. GaLtx schreibt: » Die Wandung des einzelnen. > Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 30 304 Ludwig Stieda, Follikels besteht aus drei Gewebsschichten von verschiedener Mächtig- keit, einer äußeren fibrillären Bindegewebsschicht, welche eine Fortsetzung der äußeren bindegewebigen Hülle der Bursa ist und einer mittleren Schicht adenoiden Gewebes, welchem das DPreDSE als innere Schicht aufliegt.« Eine Bestätigung der Auffassung der centralen Substanz des Fol- likels als einer epithelialen finde ich vor Allem in dem Verhalten der Blutgefäße. Die in die Bursa von außen her eindringenden Blutgefäße (Arterien) senden in die Scheidewände kleine Ästchen hinein, von wo aus weitere Ästchen in die Follikel eindringen, um in der Rindenschicht ein sehr zierliches Kapillarnetz zu bilden (Fig. 1 5). Indie centrale Substanz dringen keine Blutgefäße ein, wohl aber überzieht ein zartes Netz von Kapillaren die Oberfläche der centralen Substanz. Dass man nur an solchen Bursae, deren Blutgefäße mit farbiger Masse injieirt sind, zu einer richtigen Anschauung über die Vertheilung der Blutgefäße gelangen kann, ist selbstverständlich — an anderen nicht in- jicirten Bursae treten die überaus zarten und dünnwandigen Kapillaren wegen der großen Menge der sie bedeckenden Iymphoiden Zellen der Rindenschicht gar nicht hervor. Die Entwicklung der Follikel der Bursa Fabricii bestätigt durchaus die oben aufgestellte Behauptung von der epithelialen Natur der- selben. Diesen Nachweis hat zuerst BorwHAupr in seiner oben citirten Dissertation (]. c. p. 37) geliefert und ich kann nicht anders, als der dort gegebenen Schilderung beistimmen. In den Arbeiten Barr’s, so wie auch in der speciell der Entwicklung der Bursa gewidmeten Abhandlung Huscake’s »de bursae Fabricii origine « (Jena 1838. 4%), darf man ein Ein- gehen auf die beregte Frage nicht erwarten : beide Autoren richteten bei den bezüglichen Untersuchungen ihre Aufmerksamkeit auf andere Ziele. Überdies ist auch in Betreff der ersten Anlage der Bursa BorNnHAUPT zu andern Resultaten gelangt, als die genannten Autoren : Huscuke hat (Born- HAUPT, 1. c. p. 34 und 45) die erste Anlage der Bursa Fabricii gar nicht _ gesehen, sondern hat die am 5. und 6. Tage sich ausbildende Aus- buchtung der hinteren Kloakenwand dafür gehalten. Das Epithel der Bursa Fabricii entwickelt sich aus den epithelialen Elementen, welche ursprünglich dem blinden Hinterdarm angehörig sind. Von der hier befindlichen medianen Epitheliallage wächst der Theil, welcher in das Schwanzende hineinragt, zu einem Anfangs soliden kugel- förmigen Körper aus (vergl. Fig. 13 B auf Taf. III der Bornuaurr'schen Dissertation). Das ist die erste Anlage der Bursa Fabricii. Im Centrum des Körpers bildet sich durch Atrophie der central gelegenen Zellen eine Über den Bau und die Entwicklung der Bursa Fabricii. 305 - kleine Höhle aus (Fig. 18 B bei Bornnaurr), welche später mit der After- spalte in Kommunikation tritt. Um diesen Körper ordnen sich die Zellen des umliegenden Gewebes zu koncentrischen Schichten. Man kann nun an der Bursa Fabricii bereits eine dicke bindegewebige Hülle und ein den Hohlraum der Bursa auskleidendes Epithel unterscheiden. Dies ge- _ schieht am 7. oder 8. Tage, zu einer Zeit, wo der Darm noch nicht in _ die Afterspalte einmündet. Gasser (Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Allantois, der Mürer’schen Gänge und des Afters. Frankfurt a. M. 487%. 4°. p. 68) stimmt der von Bornxuaupr gelieferten Schilderung bei, giebt jedoch an, dass die erste Bildung der Bursa schon früher, bereits am 6. Tage, stattfinde. Die Differenz ist offenbar von keiner Bedeutung. Gasser äußert sich über die Weiterentwicklung der Bursa nicht, BorNn- _ Haupt macht darüber am Schluss des vierten Kapitels (Weitere Entwick- _ lung der Kloake und Entwicklung der Bursa Fabricii) p. 34 folgende An- | gabe, welche ich hierher setze: »Die weitere Entwicklung der Bursa Fabrieii ist sehr einfach. Je größer sie wird, desto höher steigt sie zwi- schen dem Mastdarm und der Wirbelsäule hinauf. Anfangs kugelrund, nimmt sie mit zunehmendem Wachsthum immer mehr eine eiförmige Ge- stalt an. Je weiter die Höhle der Bursa Fabricii wird, desto dünner wird - verhältnismäßig ihre äußere Hülle. Am 11. Tage bilden sich die ersten Längsfalten, sie beginnen an der Einmündungsstelle in die Afterspalte und enden an derselben, müssen daher in der Mittellinie am längsten E und zu den Seiten hin kürzer sein. In die Faltenbildung wird die äußere Hülle mit einbezogen. Vom 13. und 44. Tage ab erheben sich auf der primären — sekundäre Falten. Am 45. Tage verdickt sich das Epithel _ stellenweise zu kleinen, Anfangs in der Höhle der Bursa prominirenden - Knötchen. Alsbald schnüren sich diese Knötchen vom Epithel derartig ab, dass sie Kugeln bilden, die im Stroma der Falten eingebettet liegen E und nur an einem Pole mit dem Epithel zusammenhängen. Nachträglich e. wachsen dieselben so bedeutend aus und vermehren sich so stark, dass - dadurch das Stroma der Falten fast vollständig verdrängt wird. Über das - — endliche Schicksal dieser Knötchen kann ich, gestützt aufMitthei- lungen, die mir Prof. Srıepa gemacht, und aufPräparate, - die er mir gezeigt hat, Folgendes angeben. Bei jungen Hühnern ; findet man die Falten der Bursa Fabrieii durchsetzt von großen länglich E runden Körpern, die eine bindegewebige Hülle haben, „aueh welehe sie 4 man indessen wahr, dass die sesiwehige Hülle an einer Stelle fehlt : E und dass hier das Epithel der Falte in kontinuirlichem Zusammenhange s mit einem, die Innenwand der Hülle auskleidenden einfachen Pflaster- jepithel stöht. Demnach können die besprochenen Organe für schlauch- Di 20* 306 Ludwig Stieda, förmige Drüsen gehalten werden, deren Inhalt das Produkt des sie aus- kleidenden Pflasterepithels ist. Falsch ist demnach die allgemein ver- breitete Ansicht, dass die Drüsen der Bursa Fabricii geschlossene Follikel sind. Eben so findet die von Leypıc ausgesprochene Vermuthung, dass _ diese Drüsen, analog den Follikeln des Darmrohrs, Iymphatische Gebilde wären, ihre Widerlegung in der von mir erwiesenen Thatsache, dass sie vom Darmdrüsenepithel gebildet werden.« Diese damals von Bornuaupt gemachte Angabe kann ich nun ergän- zen, indem ich das weitere Schicksal der epithelialen Knötchen der Bursa schildere. Ich verfolgte die Weiterbildung bis zur völligen Aus- bildung der Follikel an einer kontinuirlichen Reihe von Hühner-Embryo- nen und greife bei der Schilderung einige Stadien heraus. Bei Hühner- Embryonen von 35 mm Länge erscheint die Bursa Fabrieii mit primären und sekundären Falten bereits versehen ; man unterscheidet deutlich — an Schnitten unter dem Mikroskop — die Hülle der Bursa, das bindege- webige Stroma und das geschichtete Epithel. In diesem Epithel nun finden sich an einzelnen Stellen hier und da e- kleine Verdickungen (Fig. 3 e'). Das Epithel N L misst etwa 0,015 mm in der Dicke — an den | verdickten Stellen etwa 0,030 mm. An die- = sen Verdickungen lässt sich weiter nichts Fig. 3. Aus einem Schnitt Wahrnehmen, als dass die hier gelegenen durch die Bursa Fabricii eines Epithelialzellen vermehrt sind — sonst’unter- ee ne "scheiden sich die Zellen der verdickten Stel- len durch nichts von den benachbarten. Dass es sich hier um eine Zellenwucherung handelt, ist selbstverständlich. Was die erste Anlage zu dieser Wucherung giebt, hat sich eben so wenig ergründen lassen, wie sonst bei derartigen Vorgängen. Die Zellenan- sammlung ist nach unten zu durch den scharfen Contour der das Epithel von der unterliegenden bindegewebigen Grundlage trennenden Grenz- ‘membran ebenfalls von dem anstoßenden Bindegewebe getrennt. Allein auch hier in dem darunter liegenden zellenreichen Gewebe zeigen sich die Kennzeichen einer vermehrten Thätigkeit, die Spuren einer vermehr- ten Zellenbildung, indem die unmittelbar der epithelialen Verdickung anliegenden Zellen kleiner aber länglicher sind als die übrigen dem Epi- ihel angrenzenden Bindegewebszellen. Die beschriebene Zellenwuche- rung im Epithel erinnert durchaus an die epithelialen Keime, welche der Bildung der Haare z. B. vorausgehen; es wird sich daher wohl nichts dagegen einwenden lassen, sie als »Follikelkeime« zu bezeichnen, denn eben aus ihnen werden später die epithelialen Bestandtheile der Follikel. 3 +. Über den Bau und die Entwicklung der Bursa Fabrieii. 307 Bei einem größeren (älteren) Hühner-Embryo von circa 50 mm Länge finde ich die beschriebenen »Follikelkeime« gleichfalls aber in _ verhältnismäßig größerer Menge — daneben aber auch einzelne, wel- che offenbar ein weiteres Entwicklungsstadium repräsentiren. Die Fol- Jikelkeime stellen kleine, etwa 0,030—0,045 mm im Durchmesser haltende rundliche Körperchen (Fig. 4 e') dar — für sie passt der von Bornuaupr gebrauchte Name »Knötchen «. Die » Knötchen « der Föllikel- keime sind, wie ersichtlich, größer geworden, ragen weiter in das Stroma der Schleimhaut hinein und grenzen sich sogar innerhalb des Epithels deutlich von der übrigen Epithelschicht ab, indem die den »Follikel- keim« bildenden Zellen kleiner sind, und ihre stark lichtbrechen- dem übrigen bindegewebigen Stroma unter- ‚Knötchens schließt sich ein kleines Gewebs- den Kerne fast dicht an einander gedrängt dazuliegen scheinen. Es macht ganz den Eindruck, als sei ein kugeliges »Knötchen « in das Epi- thellager der Schleimhaut eingesenkt. An den in das subepitheliale Gewebe eindringenden Theil (— Fundus —) des Follikelkeims oder territorium, welches sich sehr auffallend von r R ‘ . = r = r 1,50 > I 5 scheidet. Letzteres zeigt nichts Auffallendes, N I: es sind durchweg die embryonalen spindel- EDS IEetereS .: \ , € e =: rk —a— förmigen oder rundlichen Zellen in ganz ge- ee en wöhnlicher Weise zu sehen. In deman den Fig. 4. Aus einem Schnitt _Follikelkeim sich anschließenden Gewebs- durch die Bursa Fabricii eines SauH Hühner-Embryo von 50 mm territorium, welches auf entsprechenden Länge. Vergr. 340. ‚Querschnitten durch das Epithel etwa sichel- oder halbmondförmig erscheint, tritt ein sehr zartes Netzwerk feinster Fasern auf, in dessen Maschenwerk einzelne Zellen liegen (Fig. 4b’). Ich sehe hierin die erste Anlage der die centrale Substanz des ausgebildeten Follikels umgebenden Rindenschicht, welche, wie oben beschrieben, aus adenoidem Gewebe besteht. Hiermit sind eigentlich schon die beiden oben " namhaft gemachten Bestandtheile des ausgebildeten Follikels angelegt und die weitere Entwicklung besteht nur in einer schärferen Differenzi- ‚rung des Angelegten. | Bei größeren Embryonen von 60 und 70 mm zeigen sich einmal wieder »Follikelkeime« und dann die weiteren entwickelten Follikel, deren Anlage bereits in früheren Stadien stattgefunden hat. Bei der _Weiterentwicklung findet statt: eine bedeutende Zellenvermehrung im IF wrr tum Follikelkeim (Fig. 5 e'). Die Zellen sind klein, rundlich, der Kern stark - _ Jichtbrechend ‚ glänzend, dicht an einander gedrängt. Dabei rückt der _Follikelkeim stark in die Tiefe der Falte hinab, während zugleich die Verbindung ‚mit dem Epithel der Falte immer mehr sich löst. Man sieht TR a N 7 308 Ludwig Stieda, — namentlich bei Hühner-Embryonen über 70 mm Länge — sehr viele Follikel, welche gar keinen Zusammenhang mit dem Epitheliallager mehr zeigen. Ob in diesen Fällen durch den ungünstig gefallenen Schnitt nicht die Verbindung zwischen Epithel und Follikel getroffen ist, oder ob wirklich eine vollständige Abschnürung oder Trennung des einmal an- gelegten Follikelkeims stattfinde, darüber bin ich nicht zu einer endgül- tigen Entscheidung gekommen. Ich muss bekennen, dass ich eigentlich mehr zu letzterer Ansicht hinneige, weil ich — wie gesagt — bei älteren Embryonen oder bei eben ausgeschlüpften Hühnchen so äußerst selten noch den. bestehenden Zusammenhang zwischen dem Epithel der Schleim- haut und dem Follikelinhalt konstatiren kann. Während der Vermehrung der Zellen des Follikelkeims und der dadurch allmählich sich vollziehen- den Größenzunahme des Keims geht allmählich auch die bereits einge- leitete Verwandlung des den Follikel um- gebenden bindegewebigen Stroma vor sich, indem sich dasselbe zu adenoidem Gewebe umbildet. Dass sich bei dieser allmählichen Differenzirung auch Blut- gefäße bilden, ist selbstverständlich — es bleibt aber diese Bildung auf das Stro- ma beschränkt. In die epithelialen Fol- likel dringen keine Blutgefäße ein. N \ PUEWITTE Ne We WE EEE. ; WE 5 u A un - 3 Fig.5. Auseinem Schnitt durch die Bursa Fabriecii eines Hühner-Em- bryo von 60 mm Länge. Vergr. 340. InFig. 3, 4 und 5 haben fol- gende Buchstaben gleiche Bedeu- tung: e, Epithel; e’, Verdickung des Epithels (Follikel-Keim) ; 5, Bindegewebe; b’, erste Anlage der adenoiden Schicht des Follikels. dung der Follikel scheint erst spät, nach dem zweiten Lebensmonat der ausge- ; Der allendliche Abschluss der Bil- F } krochenen Hühnchen zu erfolgen, in so fern sich bei zweimonatlichen Hühnchen noch immer nicht die das Stroma durch- ziehenden Scheidewände vollständig ausgebildet haben. Wie dem auch sei, die Entwick- lungsgeschichte der Follikel der Bursa konstatirt mit Sicherheit, dass die Follikel vom Epithel des »Hinterdarms« abstammende Gebilde, also epitheliale und keine Iymphoiden Gebilde sind. | h Mit diesem Resultat ist freilich für die Auffassung der Bursa Fabrieii nichts gewonnen. Das bisher räthselhafte Organ bleibt auch jetzt in Be- ireff seiner Funktion räthselhaft. Die Follikel als sekretorische zu fassen, B dazu fehlt jeglicher Anhaltepunkt — wenn, was mir sehr wahrscheinlich ist — die Follikel sich schließlich ganz vom Epithel der Schleimhaut ab- schnüren, so kann von einer Sekretion der Follikel keine Rede sein. Allein, wenn auch der ursprünglich existirende Zusammenhang zwischen DZ „7 ” Über den Bau und die Entwicklung der Bursa Fabricii. 309 Epithel und Follikel bestehen bleibt — wie soll man diesen durchweg ‚soliden Körper für eine secernirende Drüse erklären ? Die alte Anschau- ung, dass die Follikel der Bursa absondernde Schleimdrüsen sind, lässt sich eben so wenig festhalten als die Ansicht Leypıc’s und Arzsı's, dass . die Follikel der Bursa den Lymph- oder Pryer’schen Follikeln zu ver- gleichen wären — es sind eben epitheliale Bildungen sui ge-. neris. Höchst wahrscheinlich hat die Bursa Fabricii mit ihren Follikeln bei - Hühnchen gar keine funktionelle Bedeutung, — sie kann, was bei der sogenannten Kastration der Hühner geschieht, ohne jeglichen Schaden entfernt werden. Die Bursa geht bekanntlich im Laufe der ersten Lebens- jahre durch allmähliche Atrophie zu Grunde. Eine Erklärung für das räthselhafte Organ dürfte am ehesten von der vergleichenden Anatomie zu erwarten sein — vielleicht, dass bei andern Wirbelthieren an analo- ger Stelle ein noch funktionirendes Organ gefunden wird? oder haben vielleicht die längst ausgestorbenen unbekannten Vorahnen der Vögel hier ein funktionirendes Organ besessen? Die Bursa Fabricii könnte in gewissem Sinne mit der Thymusdrüse der Säugethiere verglichen werden, welche letztere bekanntlich auch durch Atrophie zu Grunde geht. Das Stroma der Schleimhaut der Bursa besteht aus adenoidem Gewebe, das der Thymus gleichfalls. In der Bursa finden sich aber jene epithelialen Follikel. Für die Thymus fehlt vor der Hand der sichere Nachweis von epithelialen Elementen im Innern der Follikel, doch ist nicht zu übersehen, dass längst im Innern der Follikel von einzelnen Autoren eigenthümliche zellige Gewebe beschrieben worden sind und dass neuerdings KörLiker (Embryologische Mitthei- lungen. Halle 1879. p. 8) abermals der Betheiligung epithelialer Ele- mente bei der Entwicklung der Thymus das Wort geredet hat (vergl. Köruiker, Entwicklungsgeschichte. 2. Aufl. Leipzig 1879. p. 876) !. ‚Freilich ist durch eine Ähnlichkeit der Thymus mit der Bursa Fa- bricii eine Erklärung für die räthselhafte Bedeutung beider Organe nicht gewonnen. 1 Späterer Zusatz: Ich kann nachträglich auf Grundlage eigener Unter- suchung die Entdeckung KöLLıkEr’s, dass epitheliale Elemente sich an der Entwick- lung der Thymus betheiligen, bestätigen. Eine ausführliche Mittheilung darüber wird folgen. Über den primären Steinkanal der Grinoideen, nebst vergleichend- anatomischen Bemerkungen über die Echinodermen überhaupt. Von Dr. Hubert Ludwig, Direktor der naturwissenschaftlichen Sammlungen in Bremen. Mit Tafel XII und XII. Die von mir entdeckten Zuleitungskanäle am Wassergefäbringe der erwachsenen Crinoideen, für welche die Bezeichnung »Steinkanäle« einst- weilen beibehalten werden mag, da ihre Homologie mit den » Steinkanä- len« der übrigen Echinodermen unzweifelhaft ist, besitzen zwei beson- ders bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten. Erstens sind sie in ihrem Vorkommen nicht auf einen bestimmten Interradius beschränkt, sondern finden sich in gleicher Weise in allen fünf Interradien und zweitens stehen sie nicht in direktem Zusammenhange mit der Außenwelt, son- dern münden in die Leibeshöhle. In Hinsicht auf den ersterwähnten Umstand kennen wir bei manchen Holothurien, einigen Seesternen und einer Anzahl Euryaliden ähnliche Verhältnisse, indem auch dort in mehr als einem Interradius Steinkanäle zur Ausbildung gelangt sind; ein be- sonders interessantes Beispiel habe ich in dem von mir beschriebenen Trichaster elegans bekannt gemacht. Die andere Eigenthümlichkeit, dass die Steinkanäle sich in die Leibeshöhle öffnen, kommt bekanntlich auch bei allen Holothurien vor. Da nun aber bei allen bis jetzt bekannt gewordenen Jugendstadien der Echinodermen mit alleiniger Ausnahme derjenigen der Grinoideen der Wassergefäßring durch einen einzigen Kanal, den wir als den pri- mären Steinkanal bezeichnen können, in direkter Kommunikation mit dem umgebenden Seewasser steht, so erhebt sich die Frage, wie jenes abweichende Verhalten der Grinoideen zu erklären sei? Ist auch bei ihnen anfänglich ein primärer Steinkanal vorhanden, dernurineinem einzigen Interradius vorkommt und direkt nach außen mündet? Und wenn es so ist, haben wir dann darin überhaupt ein für die ganze ya N, Pi N a Ein enin as t r ie DE hen Zr 2+4 v ii E Üb. d. prün. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem. üb. die Echinod. überh,. 311 LTE ww; 5 Klasse der Echinodermen ursprüngliches und typisches Verhalten zu er- kennen? Oder werden wir zu der Auffassung gedrängt, dass ursprüng- lich in jedem Interradius des Echinoderms sich ein oder mehrere _ Steinkanäle befanden ? Die Beantwortung dieser Fragen scheint mir von um so größerer Wichtigkeit, weil sie gerade das für die Echinodermen so ganz besonders charakteristische Wassergefäßsystem betreffen und sehr geeignet sind zur Aufklärung der Phylogenie der Echinodermen bei- - zutragen. Die Frage, um die es sich hier also zunächst handelt, lautet präciser gefasst: welches ist die ursprüngliche Form des Zuleitungsapparates des Wassergefäßsystems bei den Grinoideen? | Eine thatsächliche Kenntnis der Entwicklung der Steinkanäle und Kelehporen der Crinoideen besitzen wir bislang nicht!. Das einzige, was wir mit Bestimmtheit wissen, ist die Thatsache, dass bei dem _ jungen Thiere von Antedon rosacea in jedem Interradius statt der un- gemein zahlreichen Poren des erwachsenen Thieres sich nur ein einziger Kelehporus findet?. Wenn auch die Zahl der Kelchporen und die Zahl der Steinkanäle bei dem erwachsenen Thiere nicht unmittelbar von ein- ander abhängig sind, so dürfen wir doch vermuthen, dass ähnlich den Kelehporen auch die Steinkanäle anfänglich in geringerer Zahl auftreten. Diese Vermuthung wird bestärkt durch den Umstand, dass bei Rhizo- crinus lofotensis, den man in so mancher Hinsicht mit den Jugendstadien der Gomatuliden vergleichen kann, ebenfalls in jedem Interradius nur ein Kelchporus und auch nur ein einziger Steinkanal vorkommt. So- nach war es höchst wahrscheinlich, dass auch bei Antedon rosacea an- fänglich, entsprechend dem Verhalten der Kelchporen, sich in jedem Interradius nur ein einziger Steinkanal finden werde. Um diese Wahr- scheinlichkeit durch die Beobachtung zur Thatsache zu erheben, unter- suchte ich zahlreiche pentacrinoide Jugendstadien von Antedon rosacea, _ welche mir mein Freund Dr. Spenge in vorzüglich konservirtem Zustande von Neapel besorgt hatte. Was ich fand, übertraf meine Erwartungen, obschon ich das Stadium, nach welchem ich zunächst suchte, nicht vor Augen bekam — die mehr als hundert untersuchten Pentacrinoid-Larven besaßen statt des einen Porus und eineh Steinkanals, den ich in jedem der fünf Interradien zu finden erwartete, nur in einem einzigen ! cf. Görtz, Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Comatula mediterranea. _ Arch. f. mikrosk. Anat. XII. 1876. p. 583—648. Taf. XXV—XXVIN. 2 PERRIER, Recherches sur l’anatomie et la regeneration des bras de la Comatula rosacea. Arch. de zool. exper. et. gener. T. II. 1873. p. 42. 3 H, Lupwıs, Zur Anatomie des Rhizocrinus lofotensis. Morphol. Stud. an Echi- nodermen, Bd.1. p. 147—1448. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. p. 63—64. ‘in An r TERN, A ee ee I 1 =” RUE u y. A 312 - Hubert Ludwig, InterradiuseinenSteinkanalundeinenPorus. Dieser Befund brachte mich der Lösung der Frage nach dem ursprünglichen Verhalten des Zuleitungsapparates des Wassergefäßsystems bei den Grinoideen um vieles näher als ich gehofft hatte. Wenn man gut konservirte Pentacrinoid-Larven von Antedon, welehe eine Länge von circa 4,2 mm besitzen, durch sehr vorsichtiges Entkalken und Einschluss in Lack durchsichtig macht, so kann man von der inne- ren Organisation alle Einzelheiten klar und bestimmt erkennen, selbst ohne Anfertigung von Schnitten. Die Bilder werden noch schärfer und bestimmter, wenn man vorher mit Karmin oder Hämatoxylin gefärbt hat. In Fig. 2 habe ich einen Überblick über den Bau der Larve nach entkalkten Präparaten zu geben versucht. In den Vorhof des Mundes ragen die Tentakel hinein. Dieselben entspringen aus dem Wasserge- fäßringe; jedem späteren Radius entsprechend findet sich eine Gruppe von drei größeren Tentakeln 7, T’, deren mittlerer, T, genau zwischen je zwei Oralplatten zu liegen kommt; zwischen den fünf Gruppen der größeren Tentakel erheben sich je zwei kleinere Tentakel 7” in den Vor- raum des Mundes. Nach außen von der Basis des mittleren der größe- ren Tentakel liegt in der Körperwand je ein rothbrauner kugeliger Körper! von genau derselben Beschaffenheit, wie man sie an den er- wachsenen Thieren rechts und links von den Ambulacralrinnen findet. Da uns- die Tentakel selbst und deren weitere Schicksale hier nicht interessiren , so verweise ich in Bezug darauf auf die Mittheilungen von W. Taomson? und W. B. Carpenter®. Nur im Hinblick auf die Angabe - GREEFF’S?, wonach es scheinen könnte als besitze die Larve in einem bestimmten Stadium zehn Tentakel, möchte ich mir die Bemerkung ge- statten, dass nach den Beobachtungen der genannten englischen For- Y r ET a u ET aa Yet a A a I‘ APFLTEIE . 5 SAX ae N aachen A scher, die ich meinerseits bestätigen kann, gerade ein Stadium mit zehn 4 Tentakeln nicht vorzukommen scheint. Die Larve besitzt zuerst fünf (radiale) Tentakel; im nächsten Stadium treten fünfmal zwei interra- diale Tentakel hinzu, so dass die Larve im Besitz von fünfzehn Tentakeln ist; in dem darauffolgenden Stadium finden sich durch das Hinzukommen von fünfmal zwei radialen Tentakeln im Ganzen fünfundzwanzig. Auch auf die Schilderung der Skeleitheile der Larve will ich nicht ! cf. Morphol. Studien an Echinodermen. Bd. I. p. 50, 413. Diese Zeitschr. Bd. XXVIII, p. 304 und Bd. XXIX, p. 59. 2 W. Taomson, On the Embryogeny of Antedon rosaceus. Philos. Transact. Vol. 155. 4865. 3 W. B. CARPENTER, Researches on the Structure, Physiology and Development i of Antedon rosaceus. Part I. Philos. Transact. Vol. 4156. A866. 4 R. GREEFF, Über den Bau und die Entwicklung der Echinodermen. 5. Mitthei- F lung. Marburger Sitzungsberichte. 1876. Nr. 5. p. 89. er Üb. d. prim. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem. üb. die Echinod. überh. 313 näher eingehen. Dieselben sind von Tuomson und ÜCARPENTER So allseitig und erschöpfend behandelt worden, dass ich nichts Wesentliches hinzu- zufügen weiß. Ich setze für das Folgende die Kenntnis der Skelettheile und ihrer Anordnung voraus. In der von dem Kranze der Tentakel umgebenen Mundscheibe liegt die Mundöflnung nicht genau centrisch, sondern nach einer Seite hin verschoben. Sie führt in den Darmtractus, der aus denselben drei Ab- ‘schnitten sich zusammensetzt, denen wir überhaupt bei den Larven der Echinodermen begegnen : einem kurzen Vorderdarm, D’, einem geräu- "migeren sackförmigen Mitteldarm, D”, und einem engeren Enddarm, D’”. Der Darmtractus macht in seinem Verlaufe eine im Allgemeinen hori- zontale Windung, die fast ganz auf Rechnung des zweiten und dritten Darmabschnittes kommt, während der erste Abschnitt ziemlich senkrecht in die Leibeshöhle eindringt. Die Windung des Darmtractus ist stets und immer dieselbe. Ohne dass auch nur eine einzige Ausnahme zur Beobachtung gekommen wäre, verläuft der Darm stets so, dass er sich, _ wenn man die Larve von der Mundseite betrachtet, von links nach rechts wendet, also dieselbe Richtung verfolgt wie der Zeiger der Uhr. Bei den erwachsenen Thieren ist dies Verhältnis ganz das gleiche geblieben ! und bei Rhizocrinus lofotensis habe ich ebenfalls konstatiren können 2, dass der Darm denselben soeben beschriebenen Verlauf nimmt. Auch W. B. CArPEnTeER 3 beschreibt die Windungsrichtung des Darmes bei der pentacrinoiden Antedonlarve in ganz übereinstimmender Weise. Bezüg- lich des feineren Baues des Darmkanals mag erwähnt sein, dass ich die langen Wimperhaare des den Mitteldarm auskleidenden Epithels an meinen Präparaten mit Sicherheit konstatiren konnte; dieselben sind schon von W. B. CArPENTER beobachtet worden. In seinem ganzen Verlaufe ist der Darm durch feine bindegewebige Aufhängefäden , welche die Leibeshöhle durchsetzen, an die Innenseite . der Körperwand befestigt. Diese bindegewebigen Bildungen, die auch schon von W. B. CArPENTER erwähnt worden sind, treten in der späte- ren Entwicklung der Larve in immer stärkerem Maße auf, bis sie end- lich jenen hohen Grad der Ausbildung erfahren, den wir von dem er- wachsenen Thiere kennen. In dem vorliegenden Stadium sind sie noch weit von jener schließlichen Ausbildung entfernt und es ist noch keine Andeutung von den verschiedenen Abtheilungen vorhanden , in welche 1 cf. Morphol. Stud. an Echinodermen. Bd. I. p. 49—50. ? Morphol. Stud. an Echinodermen. Bd. I. p. 118—1449. 3 W. B. CARPENTER, On the Structure, Physiology and Development of Antedon rosaceus. Proceed. Roy. Soc. Nr. 166. 4876. Pl. 9, Fig. 40, 4A. 314 Hubert Ludwig, Lie ERST BER! Be durch sie die Leibeshöhle des erwachsenen Thieres zerlegt wird — axiale, interviscerale, circumviscerale Leibeshöhle !. 3 Der Stengel der Larve ist von einem Faserstrange durchsetzt, > 2 cher sich in die Leibeshöhle fortsetzt, dieselbe bis zur oralen Decke durchzieht und sich hier inserirt. In diesem Faserstrange haben wir zweifellos die Anlage des dorsalen Organs, des Herzgeflechtes , vor uns. GreErF giebt an, dass im Centrodorsalstück des von ihm beobachteten Larvenstadiums schon eine bläschenförmige Erweiterung des Herzge- flechtes als Anlage des fünfkammerigen Organs vorhanden sei. In dem von mir beobachteten Stadium habe ich vergeblich nach einer derartigen bläschenförmigen Anlage gesucht. Im Übrigen kann ich über den Ver- lauf des dorsalen Organs nur die Angaben W. B. Carrenter’s bestätigen. Der Wassergefäßring der Larve besitzt schon ganz die Zusammen- setzung, welche wir von dem erwachsenen Thiere kennen ; namentlich sind die quer durch das Lumen gespannten Muskelfäden leicht wahrzu- nehmen (Fig. I, Fig. 3). Der Wassergefäßring steht an keiner Stelle mit der Leibeshöhle in unmittelbarer Kommunikation. Die betreffende An- gabe W. B. CarrEnter’s? beruht, wie auch aus den Beobachtungen Görre's folgt, auf einem Irrthum. Wenden wir uns nun endlich zu dem uns hier besonders interes- sirenden Zuleitungsapparat des Wassergefäßringes. Wie oben schon angedeutet wurde, besteht derselbe aus einem ein- zigen Steinkanalundeinem einzigen Kelchporus. Stein- kanal und Kelchporus liegen immer in demselben Inter- radius. Der Steinkanal entspringt aus dem Wassergefäßring als ein ceylindrischer Kanal, dessen dünne bindegewebige Wandung ein inneres Epithel trägt, yielckiee an Höhe ungefähr eben so viel misst als 4 wie das innere Lumen an Querdurchmesser. In seinem Bau gleicht der. i Steinkanal völlig den Steinkanälen, welche wir bei dem erwachsenen Thiere finden. Der Verlauf des Steinkanals ist der folgende. Nach seiner Abgangsstelle von der der Leibeshöhle zugekehrten Wand des $- Wassergefäßringes liegt er eine ganz kurze Strecke weit eingelagert in 4 die dünne Bindegewebsschicht, welche den Wassergefäßring von der Es Leibeshöhle scheidet. Von dieser Region jener Bindegewebsschicht ent- = springt ein gleichfalls bindegewebiger Strang, welcher schief zur be- E nachbarten Innenfläche der seitlichen Körperwand hinüberzieht und so einen in Fig. I mit L’ bezeichneten Raum von der Leibeshöhle abtrennt; ! cf..Morphol. Stud. an Echinodermen. Bd. 1. p. 52, 89. 2 |. c. Proc. Roy. Soc. p. 227. In Fig. 41, Pl.9. Der CArpENTER' schen Mittheilung ist überdies die Bezeichnung re (» oral sem an die falsche Stelle der Figur gesetzt, während die gleiche Bezeichnung in Fig. 10 richtig angebracht ist. i > Üb.d. prim. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem, üb. die Eehinod. überh. 315 indessen ist diese Abtrennung keine vollständige, sondern es bleibt der Raum L’ in offenem Zusammenhange mit dem Haupttheile der Leibes- höhle Z. Man könnte sich versucht fühlen, jene, durch einen Binde- sewebsstrang bewerkstelligte unvollständige Abtrennung des Raumes Z’ als den ersten Anfang zu der späteren Zerlegung der Leibeshöhle in eine interviscerale und eine circumviscerale zu betrachten ; der Bindegewebs- strang wäre dann als erste Andeutung des sogenannten Eingeweide- sackes des erwachsenen Thieres zu deuten. Der Steinkanal biegt sich nun stets so um, dass er in jenen Raum Z’ hineingelangt und dabei dem Haupttheil, Z, der Leibeshöhle die Konvexität seiner Krümmung zukehrt. Das Ende des Steinkanals ist, wie ich an zahlreichen Präparaten auf das Bestimmteste beobachten konnte, hier eben so wie beim erwachsenen Thiere nicht blind geschlossen, sondern mündet offen mit leicht umwall- tem Porus in den Raum L’ (vergl. auch Fig. 5). Mitunter, aber nicht immer, konnte ich feststellen, dass das offene Endstück des Steinkanals an den Bindegewebsstrang, der Z und Z’ von einander trennt, ange- löthet ist. In denselben Leibeshöhlenabschnitt, Z’, in welchen der Stein- kanal mündet, führt nun auch der einzig vorhandene Kelchporus. Derselbe beginnt auf der äußeren Oberfläche des Larvenkörpers unge- fähr in der Höhe der oberen Wand des Wassergefäßringes und zieht von dort, die Dicke der Körperwand schief nach innen und unten durch- setzend in den Raum L’. Da weder die Krümmung des Steinkanals, noch auch der Kelchporus, in ein und derselben vertikalen Ebene liegen, so gelingt es weder an optischen, noch an wirklichen Vertikalschnitten alle hier berührten Lagerungsverhältnisse in einem einzigen Bilde zu übersehen; um zu einem Einblick in die erwähnten Lagebeziehungen zu gelangen, bedarf es der Durchmusterung einer größeren Anzahl von guten Präparaten. Der Schnitt, aus welchem Fig. 3 genommen ist, hat den Kanal des Kelchporus in seinem ganzen Verlaufe der Länge nach ‚getroffen mit Ausnahme des äußersten Anfangsstückes, welches durch- scheinend gezeichnet ist; der Steinkanal ist in diesem Schnitte quer ge- troffen. In Fig. 4 fällt der größte Theil des Steinkanals in die Ebene des Bildes, nicht aber der Kelchporus; letzterer wird erst bei einer _ Änderung der Einstellung des Mikroskopes sichtbar. Es verhalten sich also Kelchporus und Steinkanal der Larve ganz eben so wie die gleichen, nur weit zahlreicheren und in allen fünf Inter- radien auftretenden Organe der erwachsenen Thiere: Beide Organe stehen auch bei der Larve nicht in unmittelbarem Zusammenhang, son- dern münden in die Leibeshöhle. Das durch den Kelchporus aufge- nommene Seewasser gelangt also auch hier zunächst in die Leibeshöhle, _ aus welcher es durch die Öffnung des Steinkanals in diesen letzteren 316 Hubert Ludwig, aufgenommen und in den Ringkanal des Wassergefäßsystems weiter befördert wird. | REN Damit ist der Nachweis erbracht, dass auch bei den Crinoideen an- fänglich nur ein einziger Steinkanal vorhanden ist, dass also auch in dieser Hinsicht ein Gegensatz zwischen ihnen und den übrigen Echino- dermen nicht besteht. Ein Differenzpunkt liegt jedoch noch darin, dass der primäre Steinkanal der Grinoideen in demjenigen Stadium, in wel- chem wir ihn vorhin kennen gelernt haben, nicht unmittelbar nach außen, sondern in die Leibeshöhle führt, während doch bei allen ande- ren Echinodermen, auch dann, wenn wie bei den Holothurien im späte- ren Leben der Steinkanal in die Leibeshöhle mündet, anfänglich eine direkte Kommunikation mit der Außenwelt vorhanden ist. Es wird die Aufgabe weiterer Untersuchungen jüngerer Larvenstadien sein, die Er- klärung für diesen Differenzpunkt zu geben. Da bei allen anderen Echi- nodermen in der Jugend eine unmittelbare Kommunikation der Wasser- gefäßanlage mit dem umgebenden Wasser durch den sogenannten Rückenporus der Larve besteht, so ist es wahrscheinlich, dass auch bei den Grinoideen ursprünglich ein gleiches Verhalten als Ausgangspunkt für die spätere, abweichende Bildung gedient hat. Es wäre aber auch anders denkbar; es könnte sich herausstellen, dass bei der Crinoideen- larve die Abtrennung der Wassergefäßanlage von der Leibeshöhlenan- lage keine ganz vollständige ist, sondern dass beide Anlagen durch das später im primären Steinkanal gegebene Rohr in oflener Verbindung bleiben, und dass nicht wie sonst die Wassergefäßanlage, sondern die Leibeshöhlenanlage sich durch den, dem Rückenporus der anderen Echi- nodermenlarven zu vergleichenden, Kelchporus nach außen öffnet. Wenn man die zuletzt erwähnte Möglichkeit auch nicht ohne Weiteres von der Hand weisen kann, so spricht doch aller Anschein dafür, dass sich der primäre Steinkanal der Grinoideen in der ersterwähnten Weise entwickele. Für den Augenblick ist es zwecklos sich länger in Vermuthungen darüber zu ergehen, da einschlägige Beobachtungen noch vollkommen fehlen. Wenn wir nun auch bei diesem Mangel an thatsächlichen Kennt- nissen die Frage nach dem allen Echinodermen gemeinsamen Ausgangs- punkt in der Entwicklung des Zuleitungsapparates des Wassergefäßsystems noch nicht nach allen Seiten definitiv beantworten können, so vermögen wir doch das Eine schon jetzt für alle Echinodermenklassen ohne Ausnahme zu konstatiren, dass ursprünglich nur ein einziger Steinkanal vorhanden war, dass also alle Fälle, in welchen beim ausgebildeten Thiere eine Vermehrung der Steinkanäle und Vertheilung derselben auf mehr als einen Interradius vorkommt, als sekundäre Erscheinungen aufgefasst werden müssen. Üb, d. prim. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem. üb. die Echinod. überh. 317 Eine für die Morphologie des Echinodermenkörpers höchst wichtige und interessante Frage lässt sich hier sofort anknüpfen, ich meine die Frage, ob denn nun, wenn ursprünglich bei allen Echinodermen nur ein einziger Steinkanal vorhanden war, der Interradius, in welchem derselbe liegt, bei allen Echinodermen ein und derselbe ist? Könnte diese Frage bejaht werden, dann wäre in der Lage des primären Stein- kanals ein sicherer Anhaltspunkt gegeben, um die Körperregionen der - einzelnen Echinodermenklassen mit größerer Sicherheit auf einander be- ziehen zu können als es bisher möglich war. Bevor ich jedoch eine Beantwortung der soeben aufgeworfenen belangreichen Frage versuchen will, möge noch ein anderer Punkt, der den primären Kelchporus der Crinoideen betrifft, hervorgehoben werden. Man hat sich neuerdings daran gewöhnt, es als eine ausgemachte Sache zu betrachten, dass die Genitalplatten im Apicalapparat der Echi- noideen den Basalia der Grinoideen homolog seien!. Der ganze Beweis für diese Auffassung liegt darin, dass, wenn man von dem Mittelpunkt der dorsalen Oberfläche des Thieres ausgeht, bei den Crinoideen die Basalia, bei den Echinoideen die Genitalia die ersten Platten sind, welche stets und immer in der Richtung der Interradien angeordnet sind. Irgend welche unmittelbaren Beziehungen zu den inneren Or- ganen des Thierkörpers sind bei dieser lediglich auf die räumliche Anordnungsweise jener Platten gegründeten Homologisirung nicht in Betracht gezogen worden. Es besitzen aber die Genitalplatten der Echi- noideen zu wichtigen inneren Organen sehr bemerkenswerthe direkte Beziehungen , welche meines Erachtens bei Vergleichung der morpho- logischen nicht unbeachtet bleiben dürfen. Zunächst ist zu berücksich- tigen, dass die Genitalplatten der Echinoideen dadurch ausgezeichnet sind, dass sie von den Ausführungskanälen der Geschlechtsorgane durch- bohrt werden. Für die Vergleichung mit den lebenden Crinoideen fällt dieser Punkt nicht weiter ins Gewicht, da bei den letzteren bekanntlich die produktiven Theile der Genitalorgane und die Genitalöffnungen in die Pinnulä verlegt sind. Und da wir schon unter den Echinoideen in einzelnen Fällen sehen, dass die Genitalöffnungen die Genitalplatten verlassen und auch unter den Asterien bei Asterina gibbosa ein Fall von weitgehender Verlagerung der Genitalöffnungen bekannt geworden ist, so haben wir um so weniger Grund bei den Crinoideen die Homologa 1 Vergl. namentlich: P. H. CArPENTER, On the Oral and Apical Systems of the Echinoderms, Part. I. Quart.. Journ. of Microscop. Science. Vol. XVII. 4878. p. 351—383, . 2 cf. Morphol. Stud. an Echinod. I. p. 290. (Diese Zeitschr. Bd. XXXI. p. 395.) Über die Genitalorgane der Asterina gibbosa, a ED ET TE el TE ar > er ehr ER Er a SS u a ae a a ” w. Be € vs a a <- ir >. 318 Hubert Ludwig, | der Genitalplatten der Echinoideen da zu suchen, wo sich die Genital- öffnungen befinden. Durchaus konstant aber ist die Beziehung, welche eine (oder mehrere) der fünf Genitalplatten der Echinoideen, indem sie sich zur Madreporenplatte umbildet, zum Wassergefäßsystem besitzt. Diese Beziehung der Genitalplatten zum Wassergefäßsystem ist bei allen Echinoideen eine so unabänderliche, dass bis jetzt auch nicht ein ein- ziger Fall bekannt geworden wäre, in dem die Madreporenöffnungen sich von den Genitalplatten entfernt hätten; ja wir können sagen, die Verbindung mit dem Zuleitungsapparat des Wassergefäßsystems ist für die Genitalplatten der Echinoideen noch charakteristischer und wesent- & licher als die Verbindung mit den Genitalöffnungen. Wenn also die Annahme, dass die Basalplatten der Crinoideen, speciell die Basalia der pentacrinoiden Antedonlarve, den Genitalplatten der Echinoideen homo- log seien, gerechtfertigt ist, so müsste man erwarten, dass sich eine ähnliche Beziehung zwischen den Basalien der CGrinoideen und dem Wassergefäßsystem werde nachweisen lassen, wie wir sie soeben bei den Echinoideen als wesentliches Merkmal der Genitalplatten hervorge- hoben haben. Das ist nun aber nicht der Fall. Der primäre oben ge- schilderte Kelchporus der pentacrinoiden Antedonlarve liegt niemals in einer Basalplatte, sondern er durchsetzt, wie ich mich auf das Bestimm- teste überzeugen konnte, den seitlichen Randtheil einer Oralplatte. Da die Oralplatten bekanntlich eben so wie die Basalplatten interradiär ge- lagert sind, also auch in dieser Hinsicht mit den Genitalplatten der Echinoideen übereinstimmen, so scheint mir aus dem Gesagten unab- I WERT, „ Se wi ' A un a 2 u lt a ae weislich zu folgen, dass nicht, wie man neuerdings anzunehmen geneigt war, die Basalplatten, sondern vielmehr die Oralplatten der Gri- noideen es sind, welche mit den Genitalplatten der Echi- noideen verglichen werden müssen. Gegen die enigegenge- setzte Auffassung, dass die Basalplatten der Crinoideen den Genitalplatten der Echiniden homolog seien, spricht übrigens auch die Lage der Afteröffnung. Denn die letztere liegt adoralwärts von den Basalplatten der Grinoideen, aber aboralwärts von den Genitalplatten der regulären - Echiniden. Setzt man aber die Oralplatten der Grinoideen den Genital- platten der Echinen gleich, so liegt in beiden Fällen der After aboral- wärts von den genannten Platten. Die Homologie der Oralplatten der Grinoideen mit den Genitalplatten der Echinoideen bietet einen festen Anhaltspunkt für die Beurtheilung . einzelner Körperregionen der Grinoideen und Echinoideen. So finden wir bei den CGrinoideen adoralwärts von den Oralplatten keine Skelet- platten im späteren Leben des Thieres auftreten ; die Oralplatten können ke allerdings in den späteren Lebensstadien des Thieres immer undeutlicher u nn; üb.d, prim. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem, üb. die Echinod. überh. 319 werden und selbst ganz dahinschwinden, sie können aber auch als be- trächtlich große Skeletstücke durch das ganze Leben bewahrt bleiben, _ wie es bei Hyocrinus! der Fall zu sein scheint. Die Ausbildung des Perisoms des Crinoideenkelches geschieht durch Einlagerung von Skelet- platten an der aboralen Seite der Oralplatten. Anders aber liegt die Sache bei den Echinoideen. Hier entfernen sich die den Oralplatten der "Grinoideen homologen Genitalplatten immer weiter von dem Munde, in- dem die Bildung des Perisoms des erwachsenen Thieres, genauer die Bildung der Interambulacralfelder, an der adoralen Seite der Genital- platten erfolgt. Eben so wie es also für die Echinoideen charakteristisch ist, dass die Einschiebung neuer Skeletplätten an der adoralen Seite der Genitalplatten stattfindet und so die letzteren immer weiter vom Munde entfernt, eben so ist es für die Crinoideen charakteristisch, dass die Einschiebung neuer Skeletstücke an dem aboralen Rande der Oral- platten geschieht und so die letzteren in ihrer ursprünglichen Nachbar- ‚schaft zum Munde belässt. In Konsequenz dieser Anschauung kann man dann auch für die Interambulacralfelder der Echinoideen am Körper der Crinoideen kein morphologisches Äquivalent finden, sondern muss be- haupten, dass in dieser Hinsicht zwischen Echinoideen und Crinoideen ‚ein fundamentaler Gegensatz besteht. Eine weitere Konsequenz aus der Homologie der Oralplatten der Crinoideen mit den Genitalplatten der Echinoideen besteht darin, dass die Basalplatten der Crinoideen bei den Echinoideen ohne Vertretung ‚sind; denn bei letzteren finden wir in der Jugend im Inneren des von den Genitaltafeln gebildeten Kreises nur eine einzige centrale Platte, die man entweder mit der Dorsocentralplatte2 oder mit der Endplatte des Stengels® der Crinoideen vergleichen kann; zwischen dieser centralen Platte und den Genitalplatten ist ein Kreis von fünf interradiär gestellten Skeletstücken, welche den Basalplatten der Crinoideen entsprächen, bis jetzt noch in keinem Falle nachgewiesen. Nach dieser Abschweifung über die Homologie der Oralplatten der Grinoideen mit den Genitalplatten der Echinoideen und über einige aus jener Homologie zu ziehenden Folgerungen kehren wir zu der oben auf- geworfenen Frage zurück: ist derInterradius des Steinkanals bei allen Echinodermen der gleiche? Bei dem Versuche, zu i W. Tuonsox, Notice of new living Crinoids belonging to the Apiocrinidae. Journ. of the Linn. Soc. Vol. XIII. Nr. 66. Dec. 41876. p. 51—53. 2 S. Loven, Etudes sur les Echinoidees. Kongl. Svenska Vetensk.-Akad. Hand- lingar. B. 41. Nr. 7. Stockholm 4874. p. 65 sqq. ; 3 P. H. CArPENTER, On the Oral and Apical Systems of the Echinoderms. Part. I. l. ce. p. 374. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. a 320 Hubert Ludwig, einer Beantwortung dieser Frage zu gelangen, wollen wir zunächst die Verhältnisse der Echinodermenlarven betrachten. | Bei den oben geschilderten Crinoideenlarven liegt der Steinkanal ausnahmslos in demselben Interradius; es ist dies derjenige Interradius, welcher, wenn man den Körper der Larve in der durch die Darmwin- dung gegebenen Richtung umkreist, unmittelbar auf den den After be- herbergenden Interradius folgt, vergl. die schematische Figur 2. Ich habe mehr als hundert Larven darauf untersucht und niemals eine Aus- nahme von dieser Regel gefunden. Denkt man sich die Larve in ihrer natürlichen Haltung so aufgestellt, dass sie den Interradius des Afters dem Beschauer zukehrt , so gelangt man, wenn man sich nach links um die Larve herumbewegt, schon nach dem Überschreiten eines einzigen Radius in den Interradius des Steinkanals, nach rechts aber muss man vier Radien überschreiten, bevor man den Interradius des Steinkanals erreicht. Mit Hilfe dieser konstanten Beziehung zwischen dem Interradius des Afters und dem Interradius des Steinkanals ist es leicht den letzte- ren aufzufinden. Auch ein anderes konstantes Verhältnis erleichtert das Aufsuchen des primären Steinkanals der Antedonlarve. Stengel und Kelch sitzen nämlich nicht in einer senkrechten Achse über einander, sondern die Längsachse des letzteren ist gegen die Längsachse des ersteren ein wenig geneigt. Diese Neigung bedingt einen stumpfen Winkel zwischen Kelch und Stengel und zwar regelmäßig an derselben Seite des Thieres, nämlich an derjenigen, welche dem den Interradius des Afters vom Interradius der Madreporenplatte trennenden Radius entspricht. Bei den Larven der Asterien, Ophiuren, Echinoideen und Holo- thurien ist es hinlänglich bekannt, dass der im Rückenporus aus- mündende primäre Steinkanal in derselben Region des Körpers, links neben der Mittellinie des Larvenrückens, sich befindet. In dieser Hin- sicht braucht nur auf die zahlreichen darüber vorliegenden Beobachtungen verwiesen zu werden; sie alle stimmen in diesem Punkte mit einander überein und es wäre mehr als überflüssig , wollte ich die eigenen Be- obachtungen, die ich an Auricularien, Bipinnarien, Brachiolarien und Pluteus darüber angestellt habe, ausführlich mittheilen. Da die Über- einstimmung aller zuletzt erwähnten Echinodermenklassen in Betreff der: Lage des primären Steinkanals eine aisnahmslose ist, so dürfen wir wohl auch annehmen, dass auch die Crinoideenlarven sich dieser Gesetz- mäßigkeit fügen werden, dass also auch bei ihnen derjenige Bezirk des Körpers, welcher den primären Steinkanal und den primären Kelch- porus beherbergt, dem Rücken der übrigen Echinodermenlarven ent- sprechen wird. Um hier alle Zweifel zu beseitigen, ist zwar das Stu- zz Be a ag Zi ‚ x 2 es Üb. d. prim, Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem. üb. die Fehinod. überh. 321 dium jüngerer Crinoideenlarven als der von mir untersuchten noch durchaus nothwendig. Dennoch dürfte es nicht zu gewagt erscheinen schon jetzt zu behaupten, dass bei allen Echinodermenlarven der pri- märe Steinkanal in derselben Körperregion gelegen ist. Unter der Voraussetzung, dass diese eben gemachte Annahme das Richtige trifft, kommt es nun ferner darauf an zu zeigen, dass die Rücken- region der Larve, in so weit sie den primären Steinkanal enthält, bei allen Echinodermen in dieselbe Region des erwachsenen Thieres über- geht. Da wir bei allen erwachsenen Echinodermen den Steinkanal in einem Interradius finden, so dürfen wir ohne Weiteres schließen, dass jene Rückenregion der Larve in einen Interradius des erwachsenen Thieres aufgenommen wird und es fragt sich nur noch, ob es immer ein und derselbe Interradius ist, welcher den Steinkanal und Rücken- porus der Larve in sich herüber nimmt? Die als Radien und Interradien bezeichneten Regionen am Körper des erwachsenen Echinoderms wer- den hervorgerufen durch die Anordnung der vom Wassergefäßringe ausstrahlenden Wassergefäße. Diese Wassergefäße entstehen später als der primäre Steinkanal der Larve; sie bilden sich an der bereits mit dem primären Steinkanal versehenen Wassergefäßanlage rechts und links oder vielleicht auch nur an einer Seite von der Einmündungsstelle des primären Steinkanals in die Wassergefäßanlage. Es spitzt sich also die Frage schließlich dahin zu, dass festgestellt werden muss, ob die Einmündungsstelle des vom Rückenporus der Larve kommenden pri- - mären Steinkanals in die Wassergefäßanlage mit Bezuz auf die aus o oO oO letzterer sich ausbuchtenden radiären Wassergefäße eine konstante ist? Die Fälle, die hier denkbar sind, wären etwa folgende: 1) alle fünf ' radiären Wassergefäße entspringen links von der Einmündunssstelle des primären Steinkanals; 2) links entspringen vier, rechts ein radiäres Wassergefäß; 3) links entspringen drei, rechts zwei radiäre Wasser- 'gefäße; 4) links entspringen zwei, rechts drei; 5) links eins, rechts vier; 6) rechts alle fünf radiären Wassergefäße. Es könnte sich zeigen, dass bei den Echinodermen alle diese sechs Fälle ganz beliebig vor- kämen, oder dass bei der einen Gruppe der eine Fall, bei der anderen Gruppe ein anderer Fall konstant ist, oder endlich, dass bei allen Echi- nodermen ein und derselbe Fall zum Gesetz geworden ist. In den bis jetzt vorliegenden entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten finden sich keine hinreichend bestimmten Angaben, um die eben präeisirten Fragen jetzt schon entscheiden zu können. Es ist überhaupt der hier berührte Punkt noch von keiner Seite scharf ins Auge gefasst worden. Aus - diesem Grunde darf ich wohl um so mehr betonen, dass es sich hier um einen Kernpunkt von größter Bedeutung für das Verständnis der Echi- > 94 * 322 Hubert Ludwig, Dr nodermenentwicklung handelt. Die sichere Feststellung der Lagebe- | ziehung zwischen der Einmündungsstelle des primären Steinkanals und den sich entwickelnden radiären Wassergefäßen an der Wassergefäßan- lage wird den Ausgangspunkt für die Beantwortung vieler wichtigen morphologischen und phylogenetischen Fragen bilden. Schon im Folgen- den hoffe ich zeigen zu können, wie eng verknüpft damit das Verständ- nis der eigenthümlichen Lagerung des Afters bei den einzelnen Echino- dermenklassen ist. | | Oben habe ich bereits hervorgehoben, dass bei den Crinoideen, bei den pentacrinoiden Larven sowohl als auch bei den erwachsenen Thieren, die Richtung der Darmwindung immer die gleiche ist. Dieser Satz lässt sich auf alle Echinodermen, bei denen überhaupt im er- wachsenen Thiere eine Windung des Darmes vorhanden ist, ausdehnen _ und gewinnt dadurch eine allgemeinere Bedeutung. Stets und immer verläuft der Darmtractus der Echinodermen so, dass er sich, wenn man das Thier von der Mundseite betrachtet, wie der Zeiger einer Uhr, also von links nach rechts, be- wegt. Für die Crinoideen habe ich den Nachweis für die Konstanz der Darmwindungsrichtung oben schon erbracht; für die Asterien, Echinoi- deen und Holothurioideen lässt sich dieselbe Gesetzmäßigkeit nach- weisen; nur für die Ophiuren kann der Beweis, dass der Darm eine Windung von links nach rechts besitze, nicht geliefert werden, da der Darmtractus hier einen genau in der Dorsoventralachse des Körpers ge- legenen blind geschlossenen Sack darstellt, der keinerlei Anzeichen irgend einer Windung zu erkennen giebt. Zwar liegt auch bei den Asterien der Darm, wenn wir von den radiären und interradiären Blindsäcken desselben absehen,, in seinem centralen Haupttheile genau in der Dorsoventralachse des Thieres. Es könnte also auf den ersten Anblick scheinen, als sei hier eben so wenig wie bei den Ophiuren eine Darmwindung vorhanden. Es liegt aber der After der Asterien — die wenigen afterlosen Asterienformen wollen wir hier für den Augenblick 'außer Acht lassen — niemals genau im Cen- trum der Rückenseite, sondern in der Richtung eines Interradius ver- schoben. Das Endstück des Darmes, welches den Magensack mit dem After verbindet, verläuft in Folge dessen bei den Asterien nicht gerad- linig aufsteigend in der senkrechten Dorsoventralachse, sondern macht eine kurze Biegung um den excentrisch gelegenen After zu erreichen. Diese Biegung des kurzen Enddarmes erfolgt, wie die zahlreichen dar- _ über angestellten Beobachtungen mich belehrten, stets von links nach rechts. Bei den afterlosen Asterien fehlt, ähnlich wie bei den Ophiuren, mit dem After und Enddarm auch die Nachweisbarkeit einer Darm- FR: er Br ®: Üb.d. prim. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl,-anat. Bem, üb. die Echinod. überh, 323 windung. Für die Links-Rechts-Windung des Darmkanals der Asterien ist auch noch eine Beobachtung anzuführen, welche Jon. Mürz:r an dem noch mit der Larve verbundenen Seesterne der Bipinnaria asterigera ge- macht hat. Er fand, dass in diesem Entwicklungsstadium der Darm eine deutliche Windung macht, welche, vom Rücken des Seesternes aus gesehen, von rechts nach links, also vom Bauche gesehen von links nach rechts, verläuft!. Der Interradius, in welchem bei den Seesternen der After liegt, ist immer derselbe; wenigstens gilt diese Regel für alle fünfstrahligen ‚Seesterne. Schon Jon. MüLzer und Fr. Troscnzr haben auf die Gesetz- mäßigkeit in der Lage des Seesternafters aufmerksam gemacht? und Perrıer hat neuerdings die Lage des Afters bei zahlreichen Asterien genau angegeben 3. Alle diese Beobachtungen haben das übereinstim- ‚mende Resultat ergeben, dass der Interradius des Afters rechts vom Interradius der Madreporenplatte liegt, wenn man den Seestern von der Mundseite aus betrachtet. Wenn man den Seestern nur von außen untersucht, ist es bei konservirten Exemplaren nicht immer leicht, den E After aufzufinden und hat man ihn gefunden, so kann man oft im Zwei- — _fel sein, ob er in der Richtung des an den Interradius der Madreporen- Kir platte anstoßenden Radius oder ob er in der Richtung des darauf fol- genden Interradius lieg. Wenn man aber den Seestern öffnet und die Rückenwand des Körpers von innen betrachtet, kann jener Zweifel nicht aufkommen und man erkennt mit Sicherheit, dass der After dem rechts auf den Interradius der Madreporenplatte folgenden Interradius ‚angehört. Es wird die sichere Beobachtung der Lage des Afters desshalb an der Innenseite der dorsalen Körperwand erleichtert, weil sich hier ; o eine Muskulatur befindet, die in ihrer Anordnung durch die Lage des - Afters beeinflusst wird. Es verläuft nämlich an der Innenseite der dorsalen Wand eines jeden Seesternarmes genauin derMittellinie ein Längsmuskel in Gestalt eines platten . Bandes. Bei den einen Arten ist dies Band verhältnismäßig breit, bei _ anderen schmal. Diese dorsalen Längsmuskel der fünf Arme treffen im E Centrum der Scheibe auf einander und verbinden sich hier zu einer _ eentralen Muskelmasse. Die Winkel, welche die fünf dorsalen Längs- 0 1cf.J. MüLzer, Über die Larven und die Metamorphose der Echinodermen. 1. Abhandlung. Berlin 4849. p. 46. Taf. II, Fig. 3; und III. Abhandlung. Berlin 1850. Taf. VII, Fig. 7 und 8. 2 MürLer und TroscHEL, System d. Asteriden. Braunschweig 1842. p. 101. Ferner: Jos. Mürter, Über den Bau der Echinodermen. Berlin 1854. p. 9. “1 3 E. Perrıer, Revision des Stellerides du Museum d’Hist, nat, de Paris, Archiv. > de Zool,. experim, et gener, T, IV et V. 4875, 1876, 324 | Hubert Ludwig, muskel der Arme an ihrer Abgangsstelle von der centralen Muskelmasse = mit einander bilden, sind gleich groß mit alleiniger Ausnahme desjeni- gen Winkels, welcher dem Interradius des Afters entspricht. Derselbe ist größer als jeder der vier anderen Winkel und in ihm liegt stets der Enddarm. Die soeben erwähnte dorsale Muskulatur der Seesterne ist bis jetzt fast völlig unbeachtet geblieben, obschon sie nicht gerade sehr schwer zu konstatiren ist. Ich habe in der Litteratur mich- ganz vergeblich nach einer genauen Beschreibung dieser Muskulatur umge- sehen. Nur allein bei Derre GuraJE ! fand ich eine Stelle, welche offenbar auf die dorsalen Längsmuskel der Arme zu beziehen ist, — keiner der anderen Forscher thut derselben auch nur Erwähnung. In Fig. 6 habe ich die Innenansicht der dorsalen Körperwand einer Culcita abgebildet; die fünf dorsalen Längsmuskel sind mit M bezeichnet. Kurz nach ihrem Ursprunge aus der centralen Muskelmasse geben sie rechts und links einen Zweig, M’, ab, der gleichfalls der Innenseite der dorsalen Körper- wand dicht anliegt und bald sich undeutlich verliert, während der mittlere Hauptstamm sich bis zur Spitze des Armes verfolgen lässt. Bei anderen Seesternen, z. B. Echinaster, Linckia, Oreaster habe ich das Vorhandensein der dorsalen Längsmuskulatur der Arme ebenfalls kon- statirt; die Anordnung ist immer die gleiche, nur fehlen die bei Guleita beobachteten seitlichen Zweige entweder ganz oder sind nur schwach ausgebildet. Bei den Echiniden ist es eine allgemein bekannte Thatsache, dass sich der Darmkanal in einer doppelten Windung durch die Körperhöhle hinzieht. Wie die schematische Fig. 7 dem Leser ins Gedächtnis zurückruft, wendet sich der Darm zunächst in den Inter- radius der Madreporenplatte; die Insertionslinie seines Mesenteriums zieht dicht neben dem vorderen? Ambulacrum einher. Dann über- schreitet der Darm das letztere und verläuft alsdann in Wellentouren bei der Ansicht von der Mundseite von links nach rechts, bis er ! Descrizione e notomia degli animali invertebrati della Sicilia citeriore. Na- poli 1844. Tav. 428, Fig. 2 sind von Ophidiaster ophidianus (= Asterias variolata Delle Chiaje) der dorsale Längsmuskelstreif und rechts und links davon dünnere seitliche Längsmuskelstreifen eingezeichnet, in der Tafelerklärung heißt es dazu: »]o strato muscolare mediano m,, laterale !,«. Auf den dorsalen Längsmuskel ist auch der Streifen zu beziehen, den Derre CuıaJE Tav. 129, Fig. 2 von Astropecten aurantiacus abbildet und in der Tafelerklärung mit den Worten erläutert : »le fasce analoghe agli ambulacri degli echini it,«. 2 Ich bemerke zum besseren Verständnis, dass ich mir den Echinus in der Lovsn’schen Orientirung aufgestellt denke, wobei die Madreporenplatte bei der An- sicht von der Mundseite in den linken vorderen Interradius zu liegen kommt. ef; 2 ur > ne | = e Üb. d. prim. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem. üb, die Echinod. überh, 325 wieder in den-Interradius der Madreporenplatte gelangt. Dort biegt er um und geht denselben Weg zurück, den er gekommen ist, bewegt sich also jetzt umgekehrt wie der Uhrzeiger; er gelangt aber nicht mehr bis zu seinem Ausgangspunkt, sondern macht an der rechten Seite des vor- deren Radius Halt. Von dieser Stelle an zieht er neben dem vorderen Radius bis zum Apex, überschreitet den Mittelpunkt des Apex um ein Weniges und mündet endlich in dem After nach außen. Der After liegt bekanntlich auch bei den regulären Echinoideen. excentrisch; er ist in der Richtung des hinteren Interradius verschoben. Lov£x giebt zwar an, dass der After in der Richtung des rechten hinteren Radius liege !, untersucht man indessen die Lage des Afters recht sorgfältig nicht nur von außen, sondern auch von der Innenseite, so erkennt man, dass der- selbe zwar nicht genau in die Mittellinie des hinteren Interradius aber auch nicht genau in die Mittellinie des hinteren rechten Radius fällt, sondern, wie auch aus einigen der Lov&n’schen Abbildungen hervorgeht, dem an den hinteren rechten Radius anstoßenden seitlichen Bezirke des hinteren Interradius entspricht. In der Fig. 7 habe ich der Übersicht- lichkeit halber und um die Beziehung zu den Spatangen (Fig. 8) recht deutlich hervortreten zu lassen, die Afteröffnung genau in die Mittellinie des hinteren Interradius gezeichnet. Es fragt sich, ob wir auch den komplicirten Darmverlauf eines Echinus einfach als eine Links-Rechts-Windung auffassen können? Mir scheint ja. Die Schwierigkeit für die Zurückführung auf eine einfache Windung von links nach rechts liegt namentlich in der auffälligen Um- biegung des Darmes und der dadurch entstehenden rückläufigen Bie- gung. Wenn wir aber erwägen, dass Mund und After für den Darm- verlauf die fixen Punkte sind, so müssen wir erwarten, dass die Um- änderungen, welche dem Darme des Echinus seinen eigenthümlichen Verlauf gegeben haben, wesentlich das frei in der Leibeshöhle suspen- dirte Mittelstück des Darmes betroffen haben; eben so müssen wir erwarten, dass die unmittelbar an den Mund und den After sich an- schließenden Darmabschnitte, also der Vorderdarm und der Enddarm, am längsten ihre ursprünglichen Lagebeziehungen bewahrt haben. Nun liegt der Vorderdarm des Echinus stets und immer links vom vorderen Radius — das Thier immer in der Ansicht von der Mundseite gedacht —, der Enddarm liegt eben so konstant rechts vom vorderen Radius. Ver- bindet man Vorderdarm und Enddarm durch ein möglichst kurzes Zwischenstück , so erhält man damit eine Darmwindung, von welcher man mit Recht vermuthen kann, dass sie dem ursprünglichen Verlaufe wzi.cpT, 326 Hubert Ludwig, des Darmes bei den Echinen entspricht. In Fig. 10 habe ich diese Kon- struktion ausgeführt. Es geht daraus ohne Weiteres hervor, dass in diesem einfachen Verhalten der Darm der Echinen sich in derselben Richtung windet wie derjenige der Grinoideen und Asterien, nämlich von links nach rechts. Die eigenthümliche Gestalt der Dein die wir nun an Stelle jener einfachen Biegung bei den Echinen in Wirk- lickeit vorfinden, kann man sich in zwangloser Weise so entstanden denken, dass das Zwischenstück, mit welchem wir vorhin die Verbin- dung zwischen Vorderdarm und Enddarm herstellten , sich immer wei- ter nach rechts ausgebuchtet hat, bis schließlich die Umbiegungsstelle der Ausbuchtung im Interradius der Madreporenplatte anlangte. Mit punktirten Linien habe ich den eben erwähnten Vorgang, durch den ich mir die Darmwindung des Echinus aus der oben erörterten einfachen Grundform ableite, in der Fig. 10 angedeutet. Bei den Spatangen begegnen wir derselben komplicirten Dar m- windung, die wir soeben bei den Echinen besprachen (vergl. Fig. 8); dass sie sich hier in derselben Weise wie dort auf eine einfache Links- Rechts-Windung zurückführen lässt, braucht nicht näher dargelegt zu werden. Es ist von Teuscher behauptet worden, dass die Darmwindung eines Spatangus wesentlich verschieden sei von derjenigen eines Echi- nus!. Den Zwischenraum zwischen der Umbiegungsstelle des Darm- kanals und dem Anfangsstück desselben nennt er die Darmlücke. Der wesentliche Unterschied zwischen den Echinen und Spatangen besteht nun nach ihm darin, dass bei Echinus die » Darmlücke« in dem unpaaren Interradius, d. h. also in demjenigen Interradius liegt, welcher die Madreporenplatte enthält, dass hingegen bei Spatangus die Darmlücke dem unpaaren Radius entspreche: »so liegt also, wenn der Beobachter die Madreporenplatte zwischen sein Auge und den Scheitelpol des Thieres bringt, die Darmlücke bei Spatangus von ihm abgewendet, bei Echinus ihm zugewendet«. Der hier von Teuscuer behauptete Gegen- satz zwischen Echinus und Spatangus ist in der Hauptsache darin be- gründet, dass der genannte Forscher den Echinus, um ihn mit dem Spatangus zu vergleichen, mit der Madreporenplatte nach hinten auf- stellt. Der ganze Gegensatz aber schwindet sofort ganz und gar und verwandelt sich, wie meine Fig. 7 und 8 zeigen, in völlige Überein- stimmung, wenn man den Echinus nach der von Lov£n ausführlich und mit bewundernswerther Meisterschaft begründeten Orientirungsweise _ aufstellt, also bei der Ansicht von der Mundseite mit der Madreporen- I R. TEUSCHER, Beiträge zur Anatomie d. Echinodermen. IV. Echinidae. Jenai- sche Zeitschr. f. Naturw. X. 4876. p. 534. j 2 Üb. d. prim, Steinkanal d. Crinoideen, nebst veral,-anat. Bem. üb. die Echinod. überh, 327 platte im linken vorderen Interradius. Die Übereinstimmung, welche bei der Lovgn’schen Orientirungsweise des Echinus für den Darmver- lauf der Echinen und Spatangen erzielt wird, beweist, dass die Loven- sche Orientirung, die von ihrem Urheber nur auf das Verhalten der Skelettheile begründet wurde, auch mit dem Verhalten innerer Organe, speciell des Verdauungskanals, in schönstem Einklange steht und da- durch eine neue kräftige Stütze erhält. Es erübrigt, dass wir auch noch die Darmwindung der Holo- tihurien einer Betrachtung unterziehen um zu prüfen, ob sich auch bei ihnen eine Links-Rechts-Windung des Darmes nachweisen lasse. Wenn wir die verhältnismäßig wenigen Fälle, in denen der Darm gerad- linig vom Munde zum After verläuft, hier unberücksichtigt lassen, so ist der Darm bei allen Holothurien bekanntlich so angeordnet, dass er zu- ‚erst vom Munde bis zum Hinterende des Körpers verläuft (erster ab- _ steigender Darmabschnitt), hier umbiegt und wiederum bis ins Vorder- ende des Körpers zurückkehrt (aufsteigender Darmabschnitt), dann nochmals umbiegt und zum After hinzieht (zweiter absteigender Darm- ‚abschnitt). Die auf solche Weise zu Stande gekommene Windung liegt nun aber nicht in einer einzigen Ebene, etwa der Medianebene des Thieres, sondern der Darm macht gleichzeitig mit der eben erwähnten "Windung auch noch eine Biegung um die Längsachse des Thieres. Es geht das ohne Weiteres aus einer Betrachtung der gesetzmäßigen Anordnung der Mesenterien hervor. Das Mesenterium des ersten absteigenden Darm- abschnittes ist im mittleren dorsalen Interradius befestigt, das Mesenterium des aufsteigenden Darmabschnittes im linken dorsalen Interradius und das Mesenterium des zweiten absteigenden Darmabschnittes im rechten ventralen Interradius. Denkt man sich also eine Holothurie so aufge- stellt, dass sie dem Beobachter das Vorderende des Körpers zuwendet, so dreht sich der Darm, wie ich es in der schematischen Fig. 414 anzu- deuten versucht habe, in der Richtung von links nach rechts um die Längsachse des Körpers. Wenn wir die Holothurie zugleich so drehen, _ wie dies auch in Fig. 11 geschehen ist, dass nicht der mittlere ventrale Radius, sondern der rechte ventrale Interradius genau nach unten und folglich der linke dorsale Radius genau nach oben zu liegen kommt, und dann das oben besprochene Verhalten der Echinoideen (Fig. 7, 40) zum Vergleiche heranziehen, so ergiebt sich die wichtige That- sache, dass nicht nur die Windungsrichtung des Darmes bei Holothurien und Echinoideen die gleiche ist, sondern dass es auch ganz dieselben Interradien sind, welche bei beiden Klassen den Vorderdarm und den Enddarm enthalten. Der Vorderdarm ist in beiden Gruppen in dem ‚Interradius der Madreporenplatte befestigt und der Interradius des 328 Hubert Ludwig, _ Enddarmes ist immer derjenige, welcher zur linken Seite des Beob- achters durch zwei und zur rechten Seite des Beobachters durch drei Radien vom Interradius der Madreporenplatte getrennt ist. 2 Im Vorhergehenden glaube ich den Beweis, dass die Darmwin- dungsrichtung bei den Echinodermen eine konstante ist, hinreichend geliefert zuhaben. Wenn wir aber nicht nur die Richtung der Darmwin- dung, sondern auch die Beziehung des Darmverlaufes zu den als Radien und Interradien bezeichneten Regionen des Körpers ins Auge fassen, so ergiebt sich eine durchgreifende Verschiedenheit zwischen den Crinoi- deen und den Asterien einerseits und den Echinoideen und Holothurien anderseits. Bei jenen (Fig. 9) überschreitet der Darm vier Radien; in Folge dessen ist der Interradius des Afters nur durch einen einzigen Radius vom Interradius des Munddarmes getrennt. Bei den Echinoideen und Holothurien (Fig. 10 und 44) aber überschreitet der Darm in seinem ursprünglichen einfachen Verhalten nur drei Radien, so dass der Inter- radius des Afters um zwei Radien vom Interradius des Munddarmes entfernt bleibt. Während also die Lage des Munddarmes mit Bezug auf die durch die Anordnung des Wassergefäßsystems gegebenen Regionen bei den Echinodermen immer die gleiche ist, indem der Munddarm immer im Interradius der Madreporenplatte liegt, ist der Interradius des Enddarmes bei den Asterien und Crinoideen ein anderer als bei den Echinoideen und Holothurien. Es erhebt sich nun die Frage, ob die eigenthümliche Kon- stanz in der Windungsrichtung des Darmes, so wie die VerschiedenheitinderLage desEnddarmesauf embryo- logische Verhältnisse zurückgeführt und dadurch morpho- logisch erklärt und verstanden werden könne? Wir besitzen bis jetzt keine Untersuchungen, welche sich die bestimmte Aufgabe stellten, jene Frage zu beantworten. Dennoch lassen die von anderen Gesichts- punkten ausgegangenen, zahlreichen Beobachtungen anderer Forscher über die Entwicklungsgeschichte der Echinodermen erkennen, dass die erschöpfende Beantwortung jener Frage erreichbar sein wird. Und wenn wir Alles durchmustern, was bis jetzt über die Entwicklung der Echinodermen bekannt geworden ist, so scheint es mir, als wenn wir eine vorläufige und nur in den groben Umrissen gehaltene Beantwortung jetzt schon versuchen könnten. Bei den Echinodermenlarven finden wir niemals einen geradlinigen Darmtractus, sondern der Darm macht stets eine in der Medianebene der Larve gelegene Biegung, deren Konvexität nach der Rückenseite und deren Konkavität nach der Bauchseite der Larve gerichtet ist. Die Wassergefäßanlage liegt in der linken Hälfte der Larve; indem sie sich Bc Üb. d. prim. Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat. Bem. üb. die Echinod. überh. 329 weiter entwickelt verbleibt sie vorwiegend links von der Medianebene ‘der Larve auch dann, wenn sie, um den Larvendarm zu umfassen, in die rechte Larvenhälfte hinübergreift. Da durch die Wassergefäßanlage die spätere Mundseite des Echinoderms bedingt ist, so können wir das Verhältnis der Mundseite des Echinoderms zur Medianebene der Larve auch so ausdrücken, dass wir sagen, die Mundseite des Echinoderms entwickelt sich zu ihrem größeren Theile in der linken Hälfte der Larve. Wenn wir nun die Larve von ihrer linken Seite, in welcher vorzugs- weise die Bildung der Mundseite des Echinoderms vor sich geht, be- trachten, so erscheint die Darmwindung der Larve als eine Windung von links nach rechts (wie der Zeiger der Uhr). In derselben Richtung windet sich der Darm des fertigen Echinoderms, wenn man dasselbe von der Mundseite ansieht. Die konstante Richtung der Darmwindung - des ausgebildeten Echinoderms beruht also wesentlich auf zwei embryo- logischen Verhältnissen, erstens darauf, dass der Darm der Larve eine konstante Biegung nach dem im hinteren Theile der Bauchseite ge- _ legenen After besitzt und zweitens darauf, dass die Wassergefäßanlage und damit auch die orale Seite des Echinoderms sich hauptsächlich links von der Medianebene der Larve entwickeln. Wäre die Biegung des Larvendarmes eine umgekehrte, läge der After im hinteren Theile der Rückenseite der Larve und verliefe also der Darm mit seiner Konkavität nach der Rückenseite und mit seiner Konvexität nach der Bauchseite der Larve gerichtet, so müsste auch im ausgebildeten Echinoderm der Darm eine umgekehrte Windungsrichtung haben , umgekehrt wie der Zeiger der Uhr. Dasselbe müsste eintreten, wenn bei einer sonst normalen Larve die Wassergefäßanlage abnormer Weise nicht links, sondern rechts von der Medianebene der Larve sich entwickelte. In Fig. 45 habe ich eine Kopie einer Görte’sche Abbildung gegeben, welche sehr geeignet ist; das Gesagte zu erläutern. Man blickt auf die linke Seite der Larve und erkennt sofort, dass bei dieser Ansicht der Darm die für den ausgebildeten Seestern charakteristische Windungsrichtung besitzt (vergl. Fig. 9). | Aus derselben Abbildung vermag man auch zu entnehmen, dass die Wassergefäßanlage rechts von der Insertion des primären Steinkanals nur ein radiäres Wassergefäß, links davon aber die vier übrigen radiä- ren Wassergefäße aus sich hervorsprossen lässt. Wenn sich nun die den Darm umgreifende Wassergefäßanlage zu einem Ringe schließt, so kommt die Schlussstelle des Ringes über den After und Enddarm zu liegen. Der After ist alsdann nach der einen Seite um nur einen und nach der anderen Seite um vier Radien von dem Steinkanal entfernt. Das entspricht in überraschender Weise dem oben besprochenen Ver- 330 Hubert Ludwig, halten des ausgebildeten Seesterns. Es wird also in diesem Falle die Lage, welche der After im ausgebildeten Echinoderm erhält, bedingt durch den Umstand, dass die ınit dem, dem After ursprünglich gegen- über liegenden, primären Steinkanal verbundene Wassergefäßanlage ihre radiären Wassergefäße asymmetrisch entwickelt und zwar so, dass links vom Steinkanale vier, und rechts nur ein radiäres Gefäß entstehen. Bei den Echinen und Holothurien sahen wir, dass der Interradius des Afters ein anderer ist als bei den Asterien und Crinoideen. Nicht | ein, sondern zwei Radien liegen bei den Echinen und Holotburien zwischen dem Interradius des Afters und dem Interradius der Madre- porenplatte. Demnach darf man vermuthen, dass dieses abweichende Verhalten auch schon bei den Larven der Holothurien und Echinen zum Ausdruck kommt. Sind die im Vorstehenden geäußerten Anschauungen richtig, so muss man erwarten, dass bei den Holothurien und Echinen sich an der Wassergefäßanlage rechts vom primären Steinkanal zwei und links vom primären Steinkanal drei radiäre Wassergefäße bilden. Ob das wirklich so ist, werden erst neue Untersuchungen zeigen, da die vorhandenen keinen genügenden Aufschluss darüber geben. Seit Jos. MüLrer ! mit größter Energie die Auffassung vertreten hat, dass Bivium und Trivium einer sohligen Holothurie von eben den- selben Radien gebildet werden, welche in die gleichnamigen Körper- regionen eines Spatangus eintreten, hat man sich gewöhnt es als eine ausgemachte Sache zu behandeln, dass Bivium und Trivium bei Holo- thurien und Spatangen morphologisch gleichwerthig seien. Nach dem Vorgange Jon. Mürer’s pflegt man beide Thierformen in der Weise von der idealen Kugelgestalt eines Echinus abzuleiten, dass man in dem einen Falle, um einen Spatangus zu erhalten, die Kugel so um eine quere Achse dreht, dass das Bivium mehr oder weniger nach unten zu liegen kommt, und dass man um eine Holothurie zu erhalten, die Kugel um dieselbe quere Achse, jedoch dergestalt dreht, dass das Bivium nach oben und das Trivium nach unten gelangt. Meines Wissens hat sich seit Jon. MürLter Niemand von dieser geläufigen Auffassung entfernt. Dennoch zwingen mich die oben über die Windungsverhältnisse des Darmes und die Lagebeziehungen desselben zum Interradius der Madre- porenplatte dargelegten Beobachtungen eine Ansicht zu vertreten, welche in schärfstem Widerspruch zu der Auffassung Jon. MüLLer’s steht. Wenn man einen Echinus, eine Holothurie und einen Spatangus so aufstellt, dass sie die Mundseite dem Beschauer zukehren, und dass der ' Jon. MÜLLer, Über den Bau der Echinodermen, Berlin 1854. p. 141—13. « PY - Pe $ = Üb. d. prim, Steinkanal d. Crinoideen, nebst vergl.-anat, Bem. üb, die Echinod, überh. 331 ; Interradius der Madreporenplatte vom Beschauer abgekehrt liegt, und wenn man ferner die Radien mit 7, II, III, IV, V bezeichnet, indem man von der Madreporenplatte aus in der Richtung des Uhrzeigers fort- schreitet, so erkennt man, wie Fig. 12, 13, 14 zeigen, dass das, was man Bivium und Trivium bei einer Holothurie nennt, durchaus nicht identisch ist mit dem, was bei einem Spatangus eben so benannt wird. Das Trivium der Holothurie wird gebildet von den Radien /I, /Il, IV, - das des Spatangus von den Radien Y. 7, IT; ferner wird das Bivium der Holothurie gebildet von den Radien V, /, das Bivium des Spatangus aber von den Radien /IT, IV. Daraus erhellt‘(vergl. auch Fig. 41), dass das Trivium der Holothurie nur einen Radius, den Radius IT, besitzt, der auch im Trivium des Spatangus vorkommt; dieser Radius ist bei der Holothurie der linke untere (ventrale), bei dem Spatangus der linke vordere. Das Bivium der Holothurie aber wird von zwei ganz anderen Radien gebildet als das Bivium des Spatangus. Wenn wir die in Fig. 13 und 44 angedeuteten Kriechseiten einer Holothurie und eines Spatangus vergleichen, so sehen wir, dass die Radien //IJ und /V beiden Kriech- seiten zukommen, in die Kriechseite der Holothurie wird aber außer- dem auch noch der Radius // aufgenommen. Aus dem Gesagten scheint mir der unabweisliche Schluss zu folgen, dass die Körperregionen, welche man bei Holotihurien und Spatangen als Trivium und Bivium bezeichnet, nicht identisch sind. - Der grundsätzliche Gegensatz der eben vorgetragenen Ansicht zu der von Jon. MüLer aufgestellten besteht darin, dass Jon. MüLLEr von der Lage des Afters ausgeht, während ich mich auf die Lage der Madre- porenplatte und die Windungsrichtung des Darmes stütze. Jom. MüLLEr - betrachtet den Interradius des Afters bei allen Echinodermen für ein und denselben, dagegen soll der Interradius der Madreporenplatte wechseln können. Die Madreporenplatte gehört als solche zu demselben Organsystem, welches die Radien zu Radien und die Interradien zu Interradien macht. Es scheint mir also richtig zu sein die Radien und Interradien nach ihrer Lagebeziehung zur Madreporenplatte zu be- stimmen und dabei die letztere als konstant in ihrer Lage zu betrachten. Die Beziehung der Madreporenplatte oder genauer des Steinkanals zu den Radien und Interradien ist jedenfalls eine primäre, während die Beziehung des Afters nur von sekundärer Bedeutung sein kann. Wenn man ferner mit Jos. MüLLEr annimmt, dass das Trivium der Holothurien identisch ist mit dem Trivium der Spatangen, dann bleibt völlig unver- ständlich, dass bei den Holothurien der Enddarm, bei den Spatangen aber der Vorderdarm im Trivium liegt. Bremen, 13. December 1879. 339 Hubert Ludwig, Über den primären Steinkanal der Crinoideen ete. Erklärung der Abbildungen. Tafel XII. Fig. 4. Optischer Längsschnitt durch eine Antedon-Larve; 220/41. M, Mundein- gang; D’, Vorderdarm; D”, Mitteldarm; L und L’, Leibeshöhle; Bi, Bindegewebs- strang zwischen Lund L’; H, Anlage des Herzgeflechtes; F, Faserstrang in der Achse des Stengels; W, Wassergefäßring; St, Steinkanal; 7, Tentakel; K, rothbrauner Körper. Fig. 2. Schema über den Bau der Antedon-Larve. D”’, Enddarm; A, After; P, Kelchporus; 7, T’, T’, Tentakel; die übrigen Buchstaben bedeuten dasselbe wie in Fig. A. Fig. 3. Kelchporus, P‘, im Längsschnitt (nur das äußerste Stück ist durch- scheinend gezeichnet) ; Wassergefäßring, W, und Steinkanal, St, im Querschnitt; Mu, die Muskelfäden im Lumen des Wassergefäßringes;; aus einem optischen Längs- schnitt; 380/A. Fig. 4. Ansicht der Darmwindung und der Herzgeflecht-Anlage ; 220/14. Fig. 5. Aus einem optischen Schnitte; Kelchporus und Steinkanal von außen gesehen; P, Kelchporus; St, Steinkanal; L und L’, Leibeshöhle. Das offene Ende des Steinkanals ist an den Z und ZL’ von einander trennenden Bindegewebsstrang festgelegt; 350/14. Tafel XIII, Fig. 6. Ansicht der Innenseite der dorsalen Körperwand einer Culeita. St, Stein- kanal; S, interradiale Septen; Bl, dorsaler Blutgefäßring; M, dorsaler Längsmuskel des Armes; M’, seitliche Abspaltungen des vorigen; D, Enddarm, abgeschnitten. Fig. 7. Schema über den Verlauf des Darmes bei Echinus. In der Mitte der Figur sind die Platten des Apex angedeutet. Fig. 8. Schema über den Verlauf des Darmes bei Spatangus. Fig. 9. Schema über den Verlauf des Darmes bei Antedon und Rhizocrinus (passt auch für die Asterien). Fig. 40. Schema über die muthmaßliche Entstehung des Darmverlaufes bei den Echinoideen. Fig. 414. Schema über den Verlauf des Darmes bei den Holothurien. Die drei Mesenterien sind durch Doppellinien angegeben. Die Radien //, III, IV bilden das Trivium der Holothurie, die Radien V, /, II dasjenige des Spatangus. Fig. 42—14. Schematische Figuren zur Erläuterung der Beziehungen der Kör- perregionen des Spatangus und der Holothurie zur idealen Kugelgestalt des Echinus. Der Interradius der Madreporenplatte ist in diesen drei Figuren schraffirt. in den Figuren 7—44 ist die Anordnung des Wassergefäßsystems (des Wasser- gefäßringes, der radiären Wassergefäße und des Steinkanals) durch blaue Linien an- gedeutet. Die Bezeichnung der Radien: /, II, III, IV, V ist in den Figuren 6—14 die gleiche; alle diese Figuren sind bei der Ansicht von der Mundseite gedacht. Fig, 15. »Seesternscheibe einer Brachiolaria von links und etwas vorn, d.h. von der künftigen oralen (Bauch-) Seite gesehen.« (Kopie nach : GöTTE , Vergleich. Ent- wicklungsgeschichte der Comatula mediterranea. Archiv f. mikr. Anat. XII. 4876. Taf. XXVI, Fig. 22.) A, After; D, Darm; St, primärer Steinkanal; 7, II, III, IV, V, die hervorknospenden fünf radiären Wassergefäße an der Wassergefäßanlage. Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. Von Dr. Hubert Ludwig, Direktor der naturwissenschaftlichen Sammlungen in Bremen. Mit Tafel XIV— XV. Im Anschlusse an die Mittheilungen , welche ich in einer früheren Arbeit! über das Arm- und Mundskelet, so wie über die Generations- organe und die Bursae der Ophiuren gemacht habe, sind die folgenden Zeilen anderen Organsystemen derselben Thiere gewidmet; sie behan- deln das Wassergefäßsystem, das Blutgefäßsystem, das Nervensystem und die perihämalen Räume ?. Um das Verständnis der Einzelheiten zu erleichtern und ein über- sichtliches Bild von der Organisation einer Ophiure zu geben, habe ich nach Präparaten von Ophioglypha albida und O. Sarsii den schemati- schen Vertikalschnitt (Fig. 18) entworfen. Der Schnitt ist so gelegt, dass seine linke Hälfte genau der Medianebene eines Interradius, seine rechte - Hälfte der Medianebene des gegenüber liegenden Radius entspricht. Aus dem mit den Zähnen (Z) umstellten Vorhofe des Mundes gelangen wir an die eigentliche Mundöffnung (O0), welche von einer kreisförmigen i Lippe (Zi) umsäumt ist. Die Mundöffnung führt in den sackförmigen Darm (D), von dessen zehn kurzen Ausbuchtungen links eine der fünf interradiären und rechts eine der fünf radiären durch den Schnitt ge- _troffen ist. Der Darmsack ist von einem hohen Epithel ausgekleidet. An die Körperwand (KW) ist der Darm allerwärts durch dünnere und dickere bindegewebige Fäden und Stränge (Bi) befestigt. In der linken Hälfte der Figur sehen wir bei ME auf die Be- rührungsfläche eines Mundeckstückes mit seinem Partner. Von den beiden Muskeln, welche die beiden zu einer Mundecke gehörigen Mund- 1 Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. Morphologische Studien an Echinoder- men, Bd. I, p. 244—289; mit 4 Tafeln. (Diese Zeitschrift. Bd. XXXI. 4878. p. 346.) 2 Einige der im Folgenden mitgetheilten neuen Angaben habe ich schon vor- läufig bekannt gemacht in Nr. 40 des »zoologischen Anzeigers« 4879, p. 540. 334 | Hubert Lndwig, eckstücke mit einander verbinden, haben wir bei Mi’ den Querschnitt des äußeren, aboralen, bei Mi’ den Querschnitt des inneren, adoralen, jenen nennt TeuscHher den Musculus interradialis externus, diesen den Musculus interradialis internus. Zwischen dem Mundeckstücke und den Zähnen liegt der der Länge nach durchschnittene Zahnträger, der sogen. Torus angularis (T). In einer Rinne an der dorsalen Seite des Mund- eckstückes finden wir den quer getroffenen Nervenring (N) und den ihm anliegenden oralen Blutgefäßring (oB); der Perihämalkanal des letzteren (ePH) ist nach oben geschlossen von einer bindegewebigen Wand, in welche die Peristomalplatten (A,), die wir, wie ich früher zeigte, als umgebildete erste Ambulacralplatten betrachten können, eingelagert sind. Über den letzteren befindet sich ein zweiter den Mund um- kreisender weiter Kanal ((PH), welcher von der Leibeshöhle durch das Septum (S) abgeschlossen ist. Der Kanal iPH entspricht dem inneren, der Kanal ePH dem äußeren perihämalen Ringkanal im Peristom der Asterien. Am aboralen Rand der dorsalen Seite des Mundeckstückes begegnen wir dem Querschnitte des Wassergefäßringes (W), der an dieser Stelle als Anhangsgebilde eine Porsche Blase (P) trägt. An den aboralen Rand der Ventralseite des Mundeckstückes grenzt das Mund- schild (MS), über welchem und ihm dicht anliegend wir den aboralen Blutgefäßring (aB) mit seinem Perihämalkanal (PH) finden. In der rechten Hälfte der Abbildung sehen wir, außer den durch den Schnitt getroffenen Theilen, eine Mundecke von ihrer adradialen - Seite; MF! ist das erste, MF? das zweite Mundfüßchen. Nervenring und oraler Blutgefäßring setzen sich in den radiären Nerven (Nr) und in das radiäre Blutgefäß (Br) fort und sind eben so wie die letzteren gegen die Außenwelt durch die Bauchplatten (B,, B,, B; etc.) geschützt. Der Kanal ePH setzt sich fort in den radiären Perihämalkanal (rPH). Über dem radiären Perihämalkanal und dicht unter der Wirbelreihe des Armes (As, As, A, etc.) liegt das radiäre Wassergefäß (Wr). Das- selbe kommt vom Wassergefäßringe, welcher in diesem Theile des Peri- stoms näher an dem Nervenringe und oralen Blutgefäßringe liegt als im Bereiche der Interradien. Einen unteren Quermuskel, wie er den Wirbelhälften der Asterien zukommt und dieselben einander zu nähern bestimmt ist, besitzen die Ophiuren nur an dem zweiten Wirbel (A,); hier schiebt derselbe (M), ganz wie bei den Asterien, sich zwischen das radiäre Wassergefäß und die darunter gelegenen Theile ein. Unter der dorsalen Körperwand, genauer unter den Radialschildern des Scheiben- rückens, begegnen wir wiederum dem aboralen Blutgefäßringe (aB) und seinem Perihämalkanale (PH). Die eigenthümliche Thatsache, dass der aborale Blutgefäßring im Bereiche der Interradien (vergl. die linke Hälfte 14 Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 335 der Figur) der ventralen Körperwand und im Bereiche der Radien der dorsalen Körperwand anliegt, wird später näher erläutert werden. Das Wassergefäßsystem. Das Wassergefäßsystem der Ophiuren ist in den letzten Jahren von verschiedenen Forschern untersucht worden. Jedoch kann man nicht sagen, dass die Kenntnis desselben bereits so weit vorgeschritten wäre, dass es hier keine wichtigen Fragen mehr zu erledigen gäbe. Im Folgenden werde ich meine Beobachtungen über die Madreporenplatte, den Steinkanal, den Ringkanal mit seinen Anhängen und die radiären Wassergefäße mittheilen und dabei auch die Angaben der früheren Forscher in Betracht ziehen. Bekanntlich ist bei den Ophiuren eines der Mundschilder zurMadre- porenplatte umgestaltet. Dasselbe zeichnet sich vor den übrigen - meistens schon durch seine Gestalt aus, indem es entweder stärker kon- vex ist oder in anderen Fällen eine nabelartige Vertiefung zeigt. Im Innern beherbergt die Madreporenplatte einen Kanal, den Zuleitungs- kanal des Wassergefäßsystems. Die Öffnung, mit welcher dieser Kanal mit der Außenwelt in Verbindung steht, wollen wir als den Porus, den Kanal selbst als den Porenkanal der Madreporenplatte bezeichnen. Der Porus der Madreporenplatte wurde von Jos. MÜLLER zuerst beobachtet und beschrieben!. Nachdem Mürzer lange vergeblich da- nach gesucht hatte?, war es ihm endlich gelungen denselben bei Ophio- _ glypha lacertosa Lyman (= Ophiolepis ciliata M. Tr.) aufzufinden. Diese Entdeckung ist in der Folgezeit ziemlich unbeachtet geblieben und neuerdings von Sımkortu® mit Unrecht Bronn, dessen Angabe doch nur eine Reproduktion der J. Müzer'schen ist, zugeschrieben worden. Ob Sımroru selbst den Porus bei Ophiactis virens sicher und bestimmt ge- sehen hat, ist mir aus seiner Schilderung nicht ganz klar geworden. _ TeuscHer hat den Porus nicht beobachtet, erwähnt auch die J. MüLLrr- sche Angabe über denselben nicht. Dass die letztere auch von anderer 2 Seite nicht berücksichtigt worden ist, zeigen unsere Handbücher. So lässt GesEngaur® den Steinkanal der Ophiuren das Wasser aus der 'Leibeshöhle aufnehmen ohne dass ein Porus die Verbindung mit der u Be 1 J. MüLLer, Über die Gattungen der Seeigellarven. Abhandlungen d. kgl. Akad. _ d. Wissensch. zu Berlin aus dem Jahre 1854. Berlin 1855. p. 33—34. Taf. IX, Fig. 2. 2 J. MüLLer, Über den Bau der Echinodermen. Abhandlungen d. kgl. Akad. d. Wissensch. zu Berlin aus d. Jahre 4853. Berlin 1854. p. 81—82. | 3 H. Sımrot#, Anatomie und Schizogonie der Ophiactis virens. I. Diese Zeit- schrift. Bd. XXVII. p. 452. = . 4 C. GEGENBAUR, Grundzüge der vergleichenden Anatomie. II. Aufl. Leipzig1870. - pP. 336; und Grundriss d. vergl. Anat. II. Aufl. Leipzig 1878. p. 236. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 99 336. Hubert Ludwig, a Außenwelt herstelle. Jon. MüLzer aber giebt ausdrücklich an: » Der Porus liegt in dem fraglichen Mundschild auf dem linken Rande des- selben, dicht bei dem vorderen Ende der angrenzenden Genitalspalte, und lässt sich an jedem trockenen Exemplare dieser Ophiure mit der Lupe sogleich erkennen; er führt ins Innere des Schildes, nämlich in - ein in der Substanz des Schildes versteckt liegendes Madreporenlaby- rinth, welches sich in die auf der inneren Seite des Schildes befindliche Aushöhlung oder den Anhang des Steinkanals öffnet. Der äußere Porus. gehört dem Rande des Schildes selbst an, ist gänzlich äußerlich und setzt daher den Steinkanal und das Tentakelsystem mit dem Seewasser in Verbindung.« Abgesehen davon, dass unter dem, was MüLLer hier den » Steinkanal« nennt, der ganze aus dem wahren Steinkanal, dem Herz- geflecht und dem Perihämalraume des Herzgeflechtes gebildete Organ- komplex zu verstehen ist, finde ich seine eben angeführte Schilderung durchaus korrekt. Und nicht nur für die von ihm untersuchte Art trifft das zu, sondern auch für die übrigen von mir zum Vergleiche benutzten Formen : Amphiura filiformis, Ophiocnida brachiata, Ophiacantha setosa, Ophioglypha albida und Ophioglypha Sarsii. Wie aus J. Mürzer's Ab- bildung hervorgeht und durch meine Untersuchungen ausnahmslos be- stätigt wird, liegt der Porus stets an der linken Seite des betreffenden Mundschildes (links vom Beobachter, wenn man sich denselben, bei natürlicher Lage der Ophiure, in der dorsoventralen Achse stehend, mit dem Antlitze dem Mundschild zugewendet denkt). Bei allen genannten Ophiuren ist immer nur ein einziger Porus, nie- mals mehrere, an der bezeichneten Stelle vorhanden. Mit ihm beginnt der äußere Abschnitt des Porenkanals, welcher bei Ophioglypha albida zunächst in einer zur Symmetrie-Ebene des Mundschildes recht- winkligen Richtung in das Mundschild eindringt und bis zur Mitte des Letzteren in gerader Linie verläuft (vergl. Fig. 2). Alsdann macht er, noch immer in dem verkalkten Gewebe des Mundschildes liegend, eine Biegung nach der dorsoventralen Achse hin, verläuft also von hier an in der Richtung der Medianebene des Mundschildes, entweder in dieser - Ebene oder doch nahe neben und parallel mit ihr gelegen. Der Poren- kanal der Ophioglypha lacertosa hat also im Allgemeinen die Gestalt eines rechten Winkels. Die beiden Schenkel des rechten Winkels, der übrigens auch mitunter durch eine etwas stärkere oder eine etwas - weniger starke Knickung zu einem Winkel von weniger oder von mehr als 90° werden kann, sind nicht gleich lang. Der mit dem äußeren Porus beginnende Schenkel, den wir desshalb auch den äußeren Schen- kel nennen wollen, ist ein wenig länger als der andere, innere Schenkel. Das Lumen des Kanals bleibt sich in der ganzen hier betrachteten Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 337 - Strecke nicht überall gleich ; es zeigt allmählich in einander übergehende Verengerungen und Erweiterungen, die aber beide immer verhältnis- mäßig unbedeutend bleiben. Ausgekleidet wird das Lumen von einem hohen Epithel, welches sich nach dem äußeren Porus hin ein wenig ver- flacht, in seinem Gesammthabitus aber durchaus dasselbe Verhalten kund giebt, welches das Epithel der Kelchporen der Crinoideen und der Porenkanäle der Madreporenplatte der Asteriden besitzt. Während aber bei den Kelehporen der Crinoideen und den Porenkanälen der Madre- ‚porenplatte der Asteriden das Epithel sich im inneren Abschnitte der Kanäle bedeutend abflacht und ganz niedrig wird, behält es bei den Ophiuren durch das ganze Mundschild hindurch seine hohe Form. Das Epithel ist überkleidet von einer feinen Cuticula und trägt, wie ich aus den analogen Verhältnissen der übrigen Echinodermen mit Sicherheit glaube schließen zu dürfen, Wimperhaare, die ich an meinem Spiritus- - exemplare zwar nicht mehr erkennen konnte, die sich aber an lebenden Thieren zweifellos werden nachweisen lassen. - Wir haben soeben den Porenkanal der Madreporenplatte bei Ophio- glypha albida als einen knieförmig gebogenen Kanal kennen gelernt. So verhält er sich jedoch nur, so lange das Thier noch unerwachsen ist. Später aber, in erwachsenen Thieren, sind die Verhältnisse komplieir- ter geworden. Eben so finden wir auch bei erwachsenen Individuen _ von Ophiacantha setosa (Fig. 3) eine verwickeltere Bildung des Kanals. Aus einer vergleichenden Untersuchung der hier auftretenden Kompli- kationen geht hervor, dass sie sämmtlich auf eine innere Oberflächen- vergrößerung hinzielen und sich auf Ausbuchtungen des einfach recht- winkligen Kanals zurückführen lassen. Die Ausbuchtungen sind bald - nur Ausweitungen des Lumens, bald aber auch verlängern sie sich zu kleinen, dem Hauptkanal ansitzenden Blindsäcken. In Fig. 4 und in Ne 3 habe ich zwei Fälle solcher Ausbuchtungen dargestellt. Fig. 3 ist ‚einer horizontalen Schnittserie durch die Madreporenplatte von Ophia- “ eaniha setosa entnommen, Fig. 4 einer ähnlichen Serie von Schnitten durch die Bi dröborenpae einer mittelgroßen Ophioglypha albida. Beachtenswerth erscheint, dass die Ausbuchtungen niemals am äußeren Schenkel des knieförmigen Hauptkanals, sondern entweder am inneren Schenkel oder an der Umbiegungsstelle oder an beiden letztgenannten A Abschnitten sich finden. Vergleichen wir diese Art der inneren Ober- _ _ flächenvergrößerung mit den bei Asterien, Crinoideen und Echinoideen gewöhnlich vorliegenden Verhältnissen, so ergiebt sich, dass bei den letzteren Echinodermengruppen Ausbuchtungen und Aussackungen von - der Art, wie sie die Ophiuren zeigen, bis jetzt an den Kanälen der _Madreporenplati und an den gleichwerthigen Porenkanälen in der TR 933 * are DR ng Pen Ai x 21 LE 1 BE u IE na En + s Ian. 338 | ‚Hubert Ludwig, Kelchdecke der Crinoideen nicht beobachtet sind; dagegen zeichnen sich die letztgenannten Gruppen, wenn wir von einigen Ausnahmen ab- sehen, durch die große Zahl der Poren und Porenkanäle aus, während die Madreporenplatte der echten Ophiuren fast immer nur einen Porus mit einem zugehörigen Kanale aufzuweisen hat. Bei den Euryaliden aber nähern sich die Verhältnisse der Madreporenplatte denjenigen der Echiniden und Asteriden; denn hier treffen wir eine Vermehrung der Poren, sei es in der Weise, dass in jedem Interradius ein Porus auftritt, oder so, dass die Madreporenplatte statt von einem von zahlreichen Poren durchsetzt wird; Ersteres ist der Fall bei Trichaster elegans, Letzteres bei den meisten anderen Euryaliden !., Es scheinen aber auch schon unter den echten Ophiuren Fälle vor- zukommen, in denen die Madreporenplatte eine größere Zahl von Poren besitzt. So hat Lürken? darauf aufmerksam gemacht, dass es Ophiuren giebt, deren Madreporenplatte eine ganze Reihe von Öffnungen trägt; er erwähnt namentlich Amphiura Holballi Lütk. und Ophiolepis imbri- cata Müll. und Trosch. Von ersterer Art beschreibt er3, und eben so auch Lyman, die Madreporenplatte als an den Rändern mit zahlreichen Poren besetzt. Von Ophiolepis imbricata Müll. und Trosch. (= Ophio- plocus imbricatus Lyman) geben MüLLer und TroscHEL zwar im » System der Asteriden« an » das mit dem Umbo versehene Mundschild besitzt auf der Oberfläche zerstreute Poren«°; doch scheint mir die Sache einer Nachuntersuchung dringend bedürftig, denn es ist zu auffallend, dass J. MüLLer später, mehr als 10 Jahre nach dem Erscheinen des » Systems der Asteriden«, versichert, bis dahin vergeblich nach Öffnungen auf der Madreporenplatte der Ophiuren gesucht zu haben. Auch bei Ophionereis annulata Lyman finden sich an der Madreporenplatte mehrere Poren; Le Conte? beschreibt bei dieser Art acht deutliche, am Rande der Madreporenplatte stehende Poren. Etwas Ähnliches scheint sich auch bei Ophionereis reticulata Lyman zu finden, denn Lürken 8 erwähnt dort 1 Näheres darüber findet sich in meinem kleinen Artikel über Trichaster ele- gans. (Diese Zeitschr. Bd. XXXI. 4878. p. 59.) Morphol. Studien an Echinodermen. I. p. 216—217. 2 Lürken, Additamenta ad historiam Ophiuridarum, I. Kongelige Danske Sels- kabs Skrifter. 5. Räkke. Bd. 5. Kjebenhavn 1859. p. 43. 3.1.1€.;P. 55. Taf), Eig.98%. 4 Lynan, Ophiuridae and Astrophytidae. Illust. Catal. Mus. Comp, Zool. Nr. I. Cambridge, Mass. 1865. p. 448 »madreporic shield bearing pores on its edge «. 5 MÜLLER und TROSCHEL, System der Asteriden. Braunschweig 41842. p. 93. 6 J. MÜLLER, Über die Gattungen der Seeigellarven. Berlin 4855. p. 34. 7 Joan L, Le ConteE, Zoological Notes. Proceed. of the Acad. of Natur. Scienc. Philadelphia. Vol. V. 1852. p. 316—3%20. p. 317. 8 Lürken, Additamenta ad historiam Ophiuridarum, Il. I. c. p. 2412. Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 339 einige feine Poren am äußeren Rande der Madreporenplatte. LE GoNTE „ ET beschreibt auch noch von drei anderen Arten den dort allerdings immer nur einfachen Porus; es sind dies die Formen Ophiolepis geminata Le Conte (= Amphiura geminata Lütken), Ophiolepis simplex Le Conte (= Ophiactis simplex Lütken), Ophiolepis hispida Le Conte (=Ophiocnida hispida Lyman). J. Mürzer hat von der kleinen Mittheilung LE Gonte’s offenbar keine Kenntnis gehabt, als er einige Zeit später den Porus bei Ophioglypha lacertosa entdeckte; streng genommen ist LE CGonte der _ erste Entdecker desselben. Über der Madreporenplatte liegen fest mit einander verbunden zwei wichtige Organe, von denen wir das eine, das Herzgeflecht, bei Be- sprechung des Blutgefäßsystems genauer zu behandeln haben werden, von denen aber das andere, der Steinkanal, uns an dieser Stelle _ interessirt. Steinkanal und Herzgeflecht sind von einem Hohlraume um- geben (Fig. 1, 2, 3 Z), der offenbar dem Hohlraume gleichzusetzen ist, welcher bei den Asterien dieselben Organe beherbergt und dort von mir als Perihämalraum des Herzens bezeichnet worden ist!. Derselbe ist - hier wie bei den Asterien ein Theil des perihämalen Kanalsystems und in letzter Linie ein Theil der Leibeshöhle; er steht auch hier in offenem Zusammenhang mit dem inneren oralen Perihämalkanal, auf den wir später näher einzugehen haben werden. In nächster Nähe der Stelle, . an welcher der innere Schenkel des in der Madreporenplatte gelegenen Kanals sich öffnet, beginnt der Steinkanal. Eine Frage von nicht ge- ringer Bedeutung ist nun die, ob Steinkanal und Porenkanal an dieser Stelle mit einander in geschlossener Verbindung stehen oder nicht? Es . ist mir trotz langen Bemühens noch nicht gelungen, diese Frage so be- stimmt und befriedigend zu lösen, wie ihre Wichtigkeit es forderte. Das Eine konnte ich allerdings zweifellos an zahlreichen Präparaten konsta- tiren, dass der Steinkanal, so weit er die für ihn charakteristische Zu- sammensetzung, namentlich sein hohes Epithel besitzt, sich nicht un- mittelbar an den inneren Porus der Madreporenplatte ansetzt, sondern neben dem letzteren beginnt. In Fig. 4 und 2 habe ich diese Verhält- nisse nach Präparaten von Ophioglypha albida zu veranschaulichen gesucht. Ist nun der zwischen dem inneren Porus der Madreporenplatte und der Anfangsöffnung des eigentlichen Steinkanals gelegene Raum nur ein Theil des das Herzgeflecht und den Steinkanal umgebenden Hohl- raumes und damit der Leibeshöhle, oder ist dieser Raum ein zwischen den Madreporenkanal und den eigentlichen Steinkanal eingeschobenes 1 Morphol. Studien an Echinodermen. I. p. 204, p. 471. (Diese Zeitschr. Bd. E: XXX. ı87\. p. 153, p. 120.) 3 “ 340 Hubert Ludwig, Zwischenstück, das zwar anders gebaut ist als die beiden Kanäle, die es verbindet, das aber dennoch allseitig geschlossen ist und so die Kontinuität der Lumina beider Kanäle nicht unterbricht? Namentlich der Hinblick auf die Asterien musste das Vorhandensein eines derartigen Zwischenstückes wahrscheinlich machen. Bei den Asterien weitet sieh ja der Steinkanal, da wo er sich an die Madreporenplatte ansetzt, am-. pullenförmig aus und zeigt im Bereich dieser Ampulle nicht mehr das hohe Epithel, das er sonst besitzt, sondern ein ganz niedriges. In einem meiner Horizontalschnitte durch Ophioglypha albida, woraus die Fig. 4 und 2 entnommen sind, beobachtete ich ein Verhalten , welches ich analog dem der Asteriden glaube auslegen zu dürfen. Steinkanal und Porenkanal der Madreporenplatte münden in diesem Präparate in eine weite ampullenartige Ausbuchtung (Amp), die allseitig geschlossen er- scheint; sie entspricht, wie mir scheint, der Ampulle des Steinkanals der Asteriden. Ich glaube mich davon überzeugt zu haben, dass sie allseitig geschlossen ist; ich will aber noch einmal hervorheben, dass ich gerade diesen Punkt nicht so sicher eruiren konnte, wie ich es selbst ge- wünscht hätte. Weder meine horizontalen noch meine vertikalen Schnittserien halfen mir über alle Zweifel hinweg und ich vertröste mich einstweilen damit, dass es recht bald einem anderen Forscher oder vielleicht auch mir selbst möglich sein werde durch Experimente am lebenden Thiere oder an einem für die anatomische Untersuchung - günstigeren Objekte diese Frage definitiv zu entscheiden. Bis dahin neige ich mich zu der oben schon vertretenen Ansicht, dass die Verhält- nisse hier analog denjenigen der Asterien liegen, also ein ampullenför- miges Zwischenstück zwischen Steinkanal und Porenkanal vorhanden ist, wodurch deren Lumina in ununterbrochener Kommunikation stehen. Nach Sımrorn ! sollen bei Ophiactis virens Ausbuchtungen des »Herzens « in die Madreporenplatte eintreten und dort mit Ausbuch- tungen des Steinkanals kommuniciren. Nach meinen auch auf Ophiactis virens ausgedehnten Untersuchungen muss ich zunächst konstatiren, dass unter den Ausbuchtungen des »Herzens«, von denen SımroTH hier spricht, zum Theil auch Ausbuchtungen des Perihämalraumes des Herzens zu verstehen sind. Von der von Sımrorn behaupteten Kom- munikation habe ich mich nicht überzeugen können und halte über- haupt nach meinen Erfahrungen die Ophiactis virens für ein zur Ent- scheidung dieser Frage sehr ungünstiges Objekt. Nach allen meinen bei den. oben genannten Ophiuren angestellten Untersuchungen kann von einer Kommunikation zwischen dem Porenkanal und dem eigent- lichen Herzen, wie wir es in dem Abschnitte über das Blutgefäßsystem 1.1:50.,P7467. 3 Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren, 341 kennen lernen werden, nicht die Rede sein. Nur darum kann es sich handeln, ob der Porenkanal der Madreporenplatte in den Perihämalraum | des Herzens, d. h. also in einen Abschnitt der Leibeshöhle, hineinführt oder ob er durch Vermittelung eines ampullenähnlichen Zwischen- stückes in alleiniger Verbindung mit dem Steinkanale steht; nach dem vorhin von Ophioglypha albida mitgetheilten Verhalten habe ich mich für die letztere Auffassung entscheiden zu müssen geglaubt. Das, was Jon. Mürter den Steinkanal der Ophiuren nanntel, ist, wie zuerst von Sımrora richtig erkannt worden ist?, nicht der eigent- - liche Steinkanal. Letzterer liegt dem Herzgeflechte dicht an und wird mit ihm von dem Perihämalraume desselben umgeben. Smroru# be- | - schreibt auch das Epithel des Steinkanals; dass er dasselbe aber | mit den Kalkringen im Steinkanale der Asterien vergleicht, kann ich mir | nur durch die Annahme erklären, dass Sımrota den letzteren nicht aus eigenen Untersuchungen kennt. Denn bei den Asterien® findet sich im - Steinkanal ganz dieselbe Epithelform wie bei den Ophiuren, der Unter- schied liegt darin, dass die bindegewebige Wand des Steinkanals bei - ersteren verkalkt ist, bei letzteren aber nicht, so wie ferner darin, dass bei ersteren in mannigfacher Weise eine innere Oberflächenvergröße- _ rung durch Faltenbildung etc. eingetreten ist, während bei den Ophiuren der Steinkanal immer nur ein einfaches gleich weites cylindrisches Rohr darstellt. Das innere Epithel des Steinkanals ist aber nicht nur bei Asterien und Ophiuren ganz gleichartig gebaut, sondern auch bei den Holothurien, Echinoideen und Grinoideen. Dasselbe findet sich in gleicher Gestalt, wenn wir die Porenkanäle der Madreporenplatte, die eine ganz ähnliche Zellenauskleidung besitzen, ausnehmen, in keinem einzigen anderen Organe des Echinodermenkörpers. Es ist so charakteristisch, dass man daran allein den Steinkanal in irgend einem beliebigen Echinodermenpräparate mit Sicherheit erkennen kann. TEuscHER ® ist in der Erkenntnis des Steinkanals weit hinter SInkoTH 'zurückgeblieben. Bei ihm heißt » Steinkanal « ähnlich wie bei Jon. Mürzer der ganze aus dem eigentlichen Steinkanale, dem Herzgeflechte und dem umgebenden Perihämalraume gebildete Organkomplex. Was er den _ »Stiel des erdbeerförmigen, im Innern des Steinkanals gelegenen Körpers« nennt, ist der wirkliche Steinkanal; er beschreibt denselben als vein 4 ra Rn a ae EEE? Be Pa yet > 5 che a N TEN a a Re nn an 3 Sa a 1 J. MüLzer, Über den Bau der Echinodermen. 1854. p. 81—82. Taf. VI, Fig. 10, 44. 2 SIMROTR, 1. c. p. 455. Er. 3 Morphol. Studien an Echinodermen. I. p. 157. (Diese Zeitschr. Bd. XXX. 4 Bi p. 106.) Fr r 4 R. Kae Beiträge zur Anat. d. Echinodermen; Il. Opbiuridae, Jenaische Zeitschr. f. Naturw. X. 4876. p. 270. Taf. VIII, Fig. 10. 342 ; Hubert Ludwig, f glashelles Rohr, im Innern mit einer dichten Zellenlage besetzt, die Jedenfalls einen Kanal begrenzt « und vergleicht ihn ganz richtig mit dem »Gentralkanal im Steinsack von Holothuria tubulosa «. Da die Verbindungsstelle des Steinkanals mit dem Wassergefäß- ringe bis jetzt noch von Niemandem bei den Ophiuren beobachtet worden ist, so gebe ich in Fig. 4 eine Darstellung derselben. Das Präparat ist von Ophioglypha albida und zeigt auf das Klarste wie die dünne binde- gewebige Wand des Steinkanals sich in die entsprechende Schicht des Wassergefäßringes unmittelbar fortsetzt, während das hohe Epithel des Steinkanals an der Übergangsstelle seine Beschaffenheit allmählich ver- liert und in die weit niedrigere Zellenauskleidung des Wassergefäßringes übergeht. Aus der für die Ophiuren durchaus konstanten, bis jetzt ohne jede Ausnahme dastehenden Beziehung der Mundschilder zum Wasser- gefäßsystem, die darin besteht, dass eines der Mundschilder zum Träger des Zuleitungsapparates des Wassergefäßsystems geworden ist, folgt, dass die Mundschilder den Oralplatten der Crinoideen homolog sind; denn die letzteren besitzen bei der Larve von Antedon rosacea, wie ich dies vor Kurzem gezeigt habe !, dieselbe Beziehung zum Wassergefäßsysteme. Aus dem gleichen Grunde gehören auch die sog. Genitalplatten der Echinoideen und Asterien in dieselbe homologe Reihe von Skeletstücken. Bei Besprechung des Blutgefäßsystems werden wir noch einmal auf die Homologie der Mundschilder der Opbiu- ren mit den Genitalplatten der Echinoideen und ÄAsterien zurückkommen und erkennen, dass diese Homologie auch durch die Beziehungen der genannten Skelettheile zum aboralen Blutgefäßringe gestützt wird. Den schon von Jon. MÜLLER ?, SImROTH ® und TEUSCHER ? geschilderten Wassergefäßring kann man als hinlänglich bekannt betrachten. Hinzufügen möchte ich nur eines, dass die Muskulatur seiner Wandung nur schwach entwickelt ist; die einzelnen Muskelfasern verlaufen vor- wiegend in ceirculärer Richtung. Um dem Leser die Anordnung des Wassergefäßringes und der damit in Zusammenhang stehenden Theile ins Gedächtnis zurückzurufen, wird die Fig. 5 genügen. Die Poli’schen Blasen, welche bei den Ophiuren bekanntlich zuerst von J. MürLer beobachtet wurden, besitzen bei Ophioglypha albida eine wohlent- wickelte Ringmuskulatur. Ähnlich wie bei der genannten Ophiure fand ! Über den primären Steinkanal der Crinoideen etc. Morphologische Studien an Echinodermen. Bd. II. p. 34. (Diese Zeitschr. Bd. XXXIV, 1880. p. 310.) 2 J. MüLter, Über den Bau der Echinodermen. p. 78. 3 SIMROTA, |. c. p. 453—455. 4 TEUSCHER, |. c. p. 270. 5 J. MÜLLER, 1. c. p. 79. Taf. VI, Fig. 12. a en £ J Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 343 ich auch bei Ophiacantha setosa in jedem Interradius mit Ausnahme desjenigen des Steinkanales eine Poli’sche Blase. Bei Ophiothrix fragilis hingegen sollen nach Teuschzr ! die Poli’schen Blasen gänzlich fehlen. Bei Ophiactis virens entdeckte Sımrorn? zahlreiche röhrenförmige Schläuche, die in den verschiedensten Richtungen und Windungen die Leibeshöhle der Scheibe durchziehen. Er fand ferner, dass diese Schläuche aus den interradialen Bezirken des Wassergefäßringes ent- springen und desswegen, so wie auch wegen ihres Baues, zum Wasser- gefäßsysteme zu rechnen seien. Dass sie an ihren freien Enden blind geschlossen sind, hat er zwar nicht sicher beobachtet, hält es aber für wahrscheinlich. Er nannte sie »die Wassergefäße der Bauchhöhle, vasa ambulacralia cavi« und stellte sie in eine Kategorie mit den Porr'schen Blasen und den Tırprmann’schen Körperchen 3. Ich kann Sımrorn’s Be- funde nur bestätigen und hinzufügen, dass ich die blinde Endigung der Schläuche mit Bestimmtheit gesehen habe. Auch der Zusammenstellung dieser Anhangsgebilde des Wassergefäßringes der Ophiactis mit den Porrsschen Blasen pflichte ich bei; nur in der gleichzeitigen Vereinigung derselben mit den Tıepemann’schen Körperchen scheint mir Sımrora ein wenig zu weit gegangen zu sein, denn die letzteren haben, wie aus ihrem Baue hervorgeht, eine andere funktionelle Bedeutung als die PoLı- schen Blasen und die Schläuche der Ophiactis, wenn sie auch, gleich jenen, morphologisch nur Ausstülpungen des Wassergefäßringes dar- stellen. Bei den Holothurien finden sich bekanntlich * die verschieden- artigsten Modifikationen der Porr'schen Blasen sowohl hinsichtlich ihrer Form als auch ihrer Zahl; in ähnlicher Weise sind bei Ophiactis virens die den Pori'schen Blasen homologen Anhänge des Wassergefäßringes ‘in großer Zahl vorhanden und theils kugelig, blasenförmig (— Porrschen Blasen im engeren Sinne), theils von der Gestalt langgestreckter, eylin- drischer Schläuche (— Wassergefäße der Bauchhöhle, Sımrora). Die zahlreichen schlauchförmigen Porr’schen Blasen der Ophiactis virens sind neuerdings von P. H. CArPENTER benutzt worden, um gegen die Homologie der von mir entdeckten Steinkanäle der Crinoideen mit denjenigen der übrigen Echinodermen zu polemisiren. Er hält jene Schläuche für homolog mit den von mir als Steinkanäle be- zeichneten am Wassergefäßringe der Crinoideen anhängenden Kanälen ; da sie bei Ophiactis blindgeschlossen seien und neben dem wahren 1 R. TEUSCHER, 1. c. p. 270. 2 SIMROTH, 1. C. p. 456. 3 SIMROTA, |. c. p. 460—462. 4 Vergl. Jos. MüLLer, Über den Bau der Echinodermen. p.84. Taf. IX, Fig. 2,5. (Die von SIMROTH p. 460 citirten Angaben GEGENBAURS sind nur eine Reproduktion der J. MüLLer’schen.) 344 Hubert Ludwig, Steinkanal existirten, so könnten sie bei den Crinoideen nicht als Stein- kanäle aufgefasst werden!; dazu komme, dass er eben so wie GREEFF sich nicht habe überzeugen können, dass die betreffenden Kanäle bei den Crinoideen offen in die Leibeshöhle münden. Letzteres ist aber thatsächlich dennoch der Fall, wie ich ausführlich beschrieben? und bei erneuerten Untersuchungen bestätigt gefunden habe. Oben habe ich schon auf den charakteristischen Bau, namentlich des inneren Epithels, der Steinkanäle der Echinodermen hingewiesen. Diesen Bau besitzen auch die Steinkanäle der Crinoideen, dagegen fehlt den Blindschläuchen am Wassergefäßringe der Ophiactis das typische Steinkanalepithel und sie schließen sich in ihrem Baue völlig den Porr'schen Blasen an. Dass P. H. CArPENTER beide Gebilde dennoch für homolog erklären und folg- lich den Steinkanälen der Crinoideen ihre Bedeutung als solche ab- sprechen will, kann ich mir nur allein auf die Weise verständlich machen, dass ich annehme, der genannte Forscher kenne die betreflen- den Organe der Ophiactis virens nicht aus eigener Anschauung. Vom Wassergefäßringe gehen auch die Zweige ab, welche das erste und zweite Füßchen, die sogenannten Mundfüßchen oder Mundtentakel versorgen. Bei Ophioglypha albida entspringen die Zweige zum ersten und zum zweiten Mundfüßchen nicht gesondert, sondern durch Ver- mittelung eines gemeinsamen Stammes aus dem Wassergefäßringe (vergl. Fig. 5). Dieser gemeinsame Stamm senkt sich sofort nach seinem Ur- . J u 3 = 5: e 4 sprunge in die Kalksubstanz des Mundeckstückes ein und theilt sich im Innern desselben in zwei Äste, von denen der eine, kürzere, das erste Mundfüßchen, der andere, längere, das zweite versorgt. Das gleiche Verhalten habe ich schon früher für Ophiarachna incrassata® und Astrophy- ton arborescens * beschrieben ; Amphiura filiformis, Ophiacantha setosa, Ophniocnida brachiata, kurz alle von mir bis jetzt untersuchten Formen verhalten sich eben so. Auch bei Ophiactis virens beobachtete ich stets das gleiche Verhalten, während Smrors, mit dessen Angaben in Bezug auf das normale Verhalten ich ganz übereinstimme, eine interessante Abnormität zu konstatiren vermochte; in diesem abnormen Falle wurde das zweite Mundfüßchen vom radiären Wassergefäße gespeist®. Der- artige Abnormitäten sind jedenfalls nicht häufig; bei allen den zahl- 1 P.H. CArPENTER, On the Apical and Oral Systems of the Echinodermata. Quart. Journ. Microsc. Science. Vol. XIX. 4879. p. 10—44 (des Separatadruckes). 2 Morphol. Studien an Echinod. I. p. 47—48. p. 447. (Diese Zeitschr. Bd. XXVIH, 4877. p. 304—302. Bd. XXIX, 4877. p. 63.) 3 Morphol. Studien an Echinod. Bd.I. p. 256. Fig. 42. (Diese Zeitschr. Bd. XXXI, 4878. p. 364.) | * Morphol. Studien an Echinod. Bd. II. p.11—142. (Diese Zeitschr. Bd. XXXII, 1879. p. 682—683.) 5 SIMROTA, 1. c. p. 454. - Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. j 345 reichen von mir untersuchten Ophiuren fand ich immer und ausnahms- BE los ‚das vorhin als normal beschriebene Verhalten. Demnach bin ich der - Meinung, dass die Verschiebung der Wassergefäßzweige zum ersten und _ zweiten Füßchen vom radiären Wassergefäße, von welchem alle anderen Füßchen versorgt werden, auf den Wassergefäßring und die gleichzeitige 2 Vereinigung derselben zu einem gemeinschaftlichen Stamme eine allen en - Ophiuriden gemeinsame Einrichtung ist. Diese Verschiebung und Zu- 3= _ sammendrängung steht offenbar in inniger Verbindung mit der hoch- _ gradigen Zusammendrängung, welche, wie ich früher gezeigt habe, die beiden ersten Wirbelsegmente des Armskeletes am Peristom der Ophiu- 'riden erleiden. ‘ Teuscher ! hat die Behauptung BEE STIOEh EN, Jor. MüLzer habe im Arme der Ophiuren das »Nervengefäß« (= radiärer Perihämalkanal) für das radiäre Wassergefäss gehalten, letzteres selbst aber über- sehen. Eine nähere Begründung jener Behauptung vermisse ich bei _ TeuscHER um so mehr als mir aus den betreffenden Angaben J. Mürzer’s? e ‚hervorzugehen scheint, dass der letztere das radiäre Wassergefäß ganz I richtig gekannt hat. Der letztgenannte Forscher hat auch schon die _ Seitenzweige des radiären Wassergefäßes, welche die Füßchen ver- Ei sorgen und deren Verlauf im Innern der Kalkmasse der Wirbel be- = schrieben3. Vor Teusc#er haben auch Laxee ? und Sımroru5 das radiäre i _ Wassergefäß und seine Zweige beschrieben. Am ausführlichsten und _ völlig mit meinen Beobachtungen übereinstimmend sind die Angaben _ — Laner’s; dieselben schildern den Bau der radiären Wassergefäße so zu- _ trefiend, dass ich mich mit dem einfachen Hinweise darauf begnügen = kann; zum Überflusse habe ich auch noch in Fig. 7 eine übersichtliche - Darstellung der Anordnung der Muskelfasern im radiären Wassergefäße und seinen Seitenzweigen gegeben. Es geht daraus wie auch aus den ‚angeführten Beobachtungen von Lange hervor, dass auch die Ophiuren sieh dem von mir früher $ aufgestellten Satze fisch; der lautet, dass in | den einzelnen Abschnitten des Wassergefäßsy stems der Echinodermen “ Ein Ventilapparat an der Eintrittsstelle der Sörcnwenie des _ radiären Wassergefäßsystems in die Füßchen, wie ihn JourDarx, Lanse 1 TEUSCHER, |. c. p. 269. 2 Jos. MüLter, Über die Ophiurenlarven des adriatischen Meeres. Berlin 4852, p- 1—2; und: Über den Bau d. Echinodermen. Berlin 4854. p. 52—353. 3 1. c. Vergl. auch Lupwiıs: Beiträge zur Anat. der Ophiuren. Morphol. Studien an Echinodermen. Bd. I. p. 246. (Diese Zeitschr. Bd. XXXI, 4878. p. 351.) 4 SZEANGE, 1; c. B: 249— 250; ud »Bemerkungen zum Beitrag zur Anatomie und - 346 | Hubert Ludwig, und ich bei den Asterien beschrieben haben 1, ist bis jetzt beianderen Echinodermen noch nicht aufgefunden worden. Indessen scheint eine derartige taschenförmige Ventileinrichtung weit verbreitet zu sein. So will ich beiläufig erwähnen, dass ich eine ganz ähnliche Vorrichtung auch bei Sphaerechinus granularis gefunden habe. Unter den Ophiuren habe ich den Ventilapparat am genauesten’bei Ophioglypha albida beob- achtet, ohne damit sagen zu wollen, dass er nicht auch bei anderen Ophiuren eben so wohl entwickelt anzutreffen sei. Lange sagt: ihm scheine bei Ophiura texturata (= Ophioglypha lacertosa) die Öffnung des Wassergefäßzweiges in das Füßchen »nur in einem schmalen Schlitz « zu bestehen. Bei Ophioglypha albida aber sieht man deutlich, dass die Ränder dieser auch hier schlitzförmigen Öffnung sich in das Lumen des Füßchens erheben und so zur Bildung zweier gruben- oder taschen- förmigen Räume rechts und links von dem Schlitze beitragen. In Fig. 10 habe ich ein derartiges Ventil von Ophioglypha albida schematisch ge- zeichnet; die Figur stellt einen Schnitt durch das Ventil, quer zur Längs- richtung des Schlitzes dar; in Fig. 9 sieht man von dem Hohlraume des Füßchens her auf die schlitzförmige Öffnung; Fig. 8 stellt den in das Lumen des Füßchens ragenden freien Rand der schlitzförmigen Öffnung von der Seite gesehen dar. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass auch die Mundfüßchen der Ophiuren denselben Ventilapparat besitzen. Bezüglich des Baues der Füßchen will ich hier nur auf die An- gaben von SımrorH ? und TEuscHeEr 3 verweisen; ein sorgfältiges Studium derselben an frischem Materiale scheint mir vorzugsweise geeignet um verschiedene Fragen der noch so sehr im Argen liegenden Histologie der Echinodermen einer Lösung näher zu führen. Da ich hoffe, dass mir die Gelegenheit wieder einige Zeit am Meere arbeiten zu können in Bälde gegeben sein wird, so gedenke ich dann auch den Bau der Füßchen näher zu untersuchen und unterlasse desshalb einstweilen die Mittheilung dessen, was ich an konservirtem Materiale darüber beobachtet habe. Ähnlich verhält es sich in Hinsicht auf den sogenannten Fühler am Ende des Armes* und den Inhalt des Wassergefäßsystems; Letzterer bedarf ganz besonders einer Untersuchung am lebenden Thiere. Das Blutgefäßsystem. Ähnlich dem Blutgefäßsystem der Asterien setzt sich auch dasjenige der Ophiuren zusammen aus zwei Blutgefäßringen , einem beide Blut- 1 Morphol. Studien an Echinodermen. I. p. 164. 2 ]. c. p. 477—480. 3]. c.p. 269. 4 Vergl. R. GrREEFF, Über die marine Fauna von Helgoland. Sitzungsber. der Gesellsch. zur Beförd. d. gesammt. Naturw. zu Marburg. Febr. 4874. p. 34. Anm. Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 347 gefäßringe mit einander verbindenden Herzen, und den von den Blut- gefäßringen ausgehenden Blutgefäßen zu einzelnen Organen. Von den - beiden Blutgefäßringen umgiebt der eine den Mundeingang und wird dess- halb als oraler Blutgefäßring bezeichnet; von ihm gehen fünf Stämme aus, welche, unmittelbar über den radiären Nerven liegend, die Arme durchziehen und rechts und links Seitenzweige zu den Füßchen abgeben. _ - Der andere Blutgefäßring liegt bei den Asterien der dorsalen Wand der > 2,7 £ sa ph u “ Scheibe angelagert und kann desshalb als dorsaler Blutgefäßring be- zeichnet werden. Bei den Ophiuren aber liegt derselbe zum Theil im dor- ' salen und zum anderen Theil im ventralen Bezirke der Scheibe; es er- weist sich hier also die Bezeichnung »dorsaler « Blutgefäßring als unzu- treffend, wesshalb wir die Benennung »aboraler« Blutgefäßring vorziehen. Er steht durch das dem Steinkanal angelagerte Herzgeflecht mit dem oralen Blutgefäßringe in Verbindung und giebt, ähnlich wie bei den Asterien, Äste ab, welche die Genitalorgane versorgen. Von den hier aufgeführten Theilen des Blutgefäßsystems sind die beiden Blutgefäß- ringe und die zu den Genitalorganen gehenden Gefäße bis jetzt noch nie- “mals beobachtet worden, während das radiäre Blutgefäß mit seinen 'Seitenzweigen von W. Lange entdeckt worden und die erste, wenn auch unvollständige Kenntnis des Herzens auf J. MürLLer zurückzuführen ist. Wir wollen die nähere Schilderung des Blutgefäßsystems mit dem bis jetzt am besten bekannten Theile, dem von W. Lange zuerst beschrie- benen radiären Blutgefäße, beginnen. W. Lange fand — und ich kann die Richtigkeit seiner Angaben nur bestätigen —, dass bei Ophioglypha texturata (= O. lacertosa) in der ganzen Länge der Arme unmittelbar über dem Nerven ein Gefäß (radiäres Bauchgefäß, Lange) liegt, welches namentlich in der Nähe der Scheibe ' mitunter Erweiterungen besitzt, sonst aber allmählich sich verdünnend den ganzen Arm durchzieht und rechts und links von Armglied zu Arm- ‚glied je einen Seitenzweig zu jedem Füßchen abgiebt; auch da, wo die Seitenzweige von dem Gefäßstamm abgehen, ist der-letztere ein wenig angeschwollen !. In Fig. 41 habe ich das Verhalten des radiären Blutge- fäßes und seiner Seitenzweige wiederzugeben versucht. Die Abbildung ist bei der Ansicht von der Ventralseite gezeichnet; der radiäre Nerv und seine Füßchenzweige, welche von der Ventralseite her das radiäre Gefäß und dessen Seitenäste verdecken, sind in der Zeichnung weggelassen. Querschnitte durch den Arm zeigen, dass das radiäre Gefäß immer dem ‘Nervenbande unmittelbar aufgelagert ist und dass eben so die zu den Füßchen gehenden Zweige derselben den Zweigen des Nervenbandes 1 W. Lange, l. c. p. 265, 268. Taf. XVII, Fig. 42, 44a, A4b, 45, 48. 348 | Hubert Ludwig, dicht aufliegen. Der feinere Bau des radiären Blutgefäßes ist mir nicht ganz klar geworden, eben so wie ich über die Natur seines Inhaltes Keine erschöpfende Angabe zu machen im Stande bin. Letzterer nahm sich in meinen Präparaten stets wie ein feines, körniges Gerinnsel aus und färbte sich, eben so wie die Wandung des Gefäßes bei Hämatoxylinbehandlung sehr lebhaft. Der innere Hohlraum des Gefäßes scheint mir von feinen | Fäden und Membranen unregelmäßig durchsetzt zu sein und so ein ähn- liches maschiges Gefüge zu besitzen, wie ich das bei anderen Echino- dermen beobachtet habe. Zu einer befriedigenden Einsicht in den Bau und den Inhalt der Blutgefäße sind hier eben so wie bei den anderen Echinodermen Untersuchungen an lebenden Thieren unbedingt erforder- lich und wenn sie auch dort nicht sogleich zu einem sicheren Ergebnisse führen werden, so kann das nur daran liegen, dass überhaupt die Histo- logie der Echinodermen noch in gar vielen Beziehungen eine terra in- cognita ist. | Das erste und zweite Fülschenpaar eines jeden Armes, die soge- nannten Mundfüßchen oder Mundtentakel, erhalten ihre Wassergefäß- zweige nicht von dem radiären Wassergefäße, sondern von dem Wasser- gefäßringe. Für die Entscheidung der Frage, ob dieses Verhalten der Mundtentakel zu dem Wassergefäßringe ein ursprüngliches sei oder ob dasselbe durch die Annahme einer sekundären Lageverschiebung erklärt werden müsse, war es von Wichtigkeit die Beziehungen der Mundtentakel zu dem radiären Blutgefäße, so wie auch dem radiären Nerven festzu- stellen. Die darauf gerichtete Untersuchung ergab, .dass die beiden Paare der Mundtentakel ihre Blutgefäße und Nerven nicht, analog dem Verhalten der Wassergefäße, von dem oralen Blutgefäßringe und dem Nervenringe erhalten, sondern von dem radiären Blutgefäße und dem radiären Nerven. Daraus scheint mir zweifellos hervorzugehen, dass auch die Wassergefäßzweige der Mundtentakel ursprünglich von dem radiären Wassergefäße ausgingen und erst später auf den Wassergefäßring ver- schoben worden sind; dieser Auffassung ist bereits oben bei der Schilde- rung des Wassergefäßsystems Ausdruck gegeben worden. Über dem radiären Blutgefäße der Ophiuren liegt ein Hohlraum, welcher nach oben von dem radiären Wassergefäße und den Wirbeln . des Armes begrenzt wird. Dieser Hohlraum , der keinem der früheren Beobachter entgangen , jedoch in verschiedener Weise gedeutet worden ist, entspricht seiner Lagerung nach dem radiären Perihämalkanale der Asterien. Er unterscheidet sich von letzterem allerdings dadurch, dass er meistens nur einen einfachen Kanal darstellt, der nicht wie bei den Asterien durch häutige Septen in kleinere Räume getheilt ist. In- dessen fehlen auch bei den Ophiuren derartige Septenbildungen im “ 7 - Hi, N {2 RR Fi \ E a, A N a cs ET PER ELITE BETT ns ED Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 349 = Pa radiären Perihämalkanale nicht vollständig, wie mir aus den von Sımrorn - für Ophiactis virens gemachten Angaben, die wir sogleich noch etwas _ näher zu besprechen haben werden, hervorzugehen scheint. In Fig. 18 ist der radiäre Perihämalkanal mit rPH bezeichnet; zugleich geht aus dieser Abbildung hervor, dass der genannte Kanal bei den Opbiuren in "ähnlicher Weise wie bei den Asterien sich in den äußeren der beiden ‚oralen Perihämalkanäle (ePH) fortsetzt. Auch Sımrorn und Teuscner haben das radiäre Blutgefäß beobachtet. Sımroru ! unterscheidet am Arme von Ophiactis virens: 1) ein mittleres % Armblutgefäß, 2) zwei seitliche Armblutgefäße. Das » mittlere Armblut- - gefäß«, welches er nur ausnahmsweise wahrzunehmen vermochte, ‚möchte ich für identisch mit dem von LanGeE und mir beobachteten ra- diären Blutgefäße halten. Die beiden »seitlichen Armblutgefäße« aber, welche Sımkorn unterscheidet, sind nichts Anderes als der durch ein vertikales Septum in zwei neben einander liegende Theile zerlegte radiäre Perihämalkanal. Sie gehören bei den Ophiuren eben so wenig wie die Perihämalräume der Asterien zum Blutgefäßsystem, sondern sind hier wie dort als eine Dependenz der Leibeshöhle zu betrachten. Indem sie seitlich die Füßchenbasen umgreifen, ergießen sie sich in die die - Wirbelkörper umgebende enge Leibeshöhle der Arme. Noch zahlreichere Gefäße als Sınroru beschreibt Teuscher ? am Arme der Ophiuren. Er zählt auf: 4) das Nervengefäß, 2) das Rückengefäß, 3) Verbindungsgefäße, 4) zwei Seitengefäße. Als »Nervengefäß « be- zeichnet er den zwischen dem radiären Nerven und dem radiären Wasser- _ gefäße befindlichen Hohlraum, also denselben Hohlraum, den Sımroru bei Ophiactis virens durch eine senkrecht gestellte Lamelle in zwei neben einander liegende Räume getheilt fand und als »seitliche Armblutgefäße« beschrieb; ich habe schon vorhin diesen Raum für den radiären Peri- hämalkanal erklärt. »Rückengefäß« nennt Teuscuer den über den Wirbel- ' körpern gelegenen sehr verengten Theil der Leibeshöhle, welcher den _ ganzen Arm durchzieht und, wie Trusch£r selbst Anelcbe 3, unmittelbar in die Leibeshöhle der Scheibe einmündet. Auch die von Teuscher als »Seitengefäße« unterschiedenen Räume rechts und links von den Wirbel- körpern der Arme, so wie die die Seitengefäße mit dem »Rückengefäße « und mit dem Nervengefäße vereinigenden »Verbindungsgefäße« sind nur | 3 Theile der Leibeshöhle des Armes. Und da auch der radiäre Perihämal- = ' kanal eigentlich nur ein Abschnitt der Leibeshöhle ist, so sind alle vier von Teuscher als Gefäße am Arme der Ophiuren beschriebenen Räume zu- 4 Sımrota, 1.c. p. 464—465. Taf. XXXII, Fig. 16, 18,24; Taf. XXXV, Fig.39,40,4. 2 TEUSCHER, |. c. p. 265—266. Taf. VIII, Fig. 1—5. 3 TEUSCHER, |. c. p. 268. 7234... 350 Hubert Ludwig, die Leibeshöhle des Armes und haben mit dem Blutgefäßsystem nur das Eine zu thun, dass der eine von ihnen zum radiären Blutgefäße in das Verhältnis eines Perihämalkanals getreten ist. Dennoch ist das wirkliche radiäre Blutgefäß von Teuscaer nicht übersehen worden. Er beschreibt! unmittelbar über dem radiären Nerven veinen runden Strang«, dieser Strang »sendet in jedem Armgliede Zweige nach beiden Seiten, deren weiteren Verlauf ich nicht verfolgen konnte«. Weiterhin rechnet dann TEuscHER diesen Strang, der nichts anderes ist als das radiäre Blutgefäß, irrthüm- licherweise zum Nervensystem und schildert ihn mit folgenden Worten: - »Der obere, runde Nervenstrang erscheint auf dem Querschnitte als aus zwei Theilen bestehend: einer hyalinen Hülle und einem zelligen Inhalt.« Die radiären Blutgefäße nehmen wie bei den übrigen bis jetzt darauf untersuchten Echinodermen ihren Ursprung von einem Ringgefäße, welches den Mund umkreist. Dasselbe liegt bei Ophioglypha al- bida, wo ich mir dasselbe am klarsten zur Anschauung bringen konnte, dem Nervenringe unmittelbar an und verhält sich zu demselben ganz eben so wie das radiäre Blutgefäß zu dem radiären Nerven. Fig. 16 stellt die Stelle dar, an welcher sich das radiäre Blutgefäß mit dem oralen Blut- gefäßringe verbindet; dicht an dieser Verbindung gehen von dem radiä- ren Blutgefäße die Zweige ab, welche das erste Paar der Mundtentakel versorgen. Ferner wird aus der Fig. 16 und 18 die dichte Anlagerung des oralen Blutgefäßringes an den Nervenring ersichtlich. Nicht immer besitzt der orale Blutgefäßring eine drehrunde Gestalt, sondern ist häufig mit kleinen Ausbuchtungen besetzt. Was Sımrorn als » Blutgefäßring « beschrieben hat?, ist ein dem Nervenringe und dem oralen Blutgefäß- ringe anliegender Hohlraum, der eine Fortsetzung des radiären Perihä- malkanals darstellt und rings um den Mund einen perihämalen Ringkanal (Fig. 18 ePH) bildet. Auch der »Nervengefäßring«, dessen TEUSCHER ® Erwähnung thut, ist mit diesem oralen, perihämalen Ringkanal identisch. In demselben Interradius, in welchem vom Wassergefäßringe der Steinkanal abgeht, setzt sich der orale Blutgefäßring in Verbindung mit dem Herzen, welches dem Steinkanal dicht anliegend nach der Innen- seite der Madreporenplatte verläuft. Das »Herz« ist bei den Ophiuren ganz ähnlich gebaut wie bei den Crinoideen ? und Asterien d, es besteht 1 TEUSCHER, 1. c. p. 273, 274, 275. Taf. VIII, Fig. 12, 43. 2 SIMROTA, 1. c. p. 466. Taf. XXX, Fig. 49; Taf. XXXII, Fig. 23, 24. 3 TEUSCHER, |. c. p. 266. 4 Morphol. Stud. an Echinod. Bd. I. p. 69, 74. (Diese Zeitschr. Bd. XXVIII, 1877. p. 323, 328.) | 5 Morphol, Stud. an Echinod. Bd. 1. p. 169. (Diese Zeitschr. Bd. XXX, 4877, p- 118.) Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 351 auch hier nur aus einer dichten Anhäufung zahlreicher geflechtartig mit einander verbundener Blutgefäße. Da wir an keiner anderen Stelle des Blutgefäßsystems eine so bedeutende Ansammlung von Blutgefäßen finden, so scheint mir auch hier bei den Ophiuren die Bezeichnung »Herz « oder »Herzgeflecht« nicht unpassend, vorausgesetzt, dass man damit keine bestimmte der Herzthätigkeit höherer Thiere entsprechende physio- logische Vorstellung verbindet, sondern nur die Anschauung, dass wir es hier mit einem Centralorgan des Blutgefäßsystems zu thun haben. Vielleicht empfiehlt es sich, statt von einem »Herzen« oder »Herzgeflecht« der Echinodermen zu sprechen, die Benennung »Gentralgeflecht« des Blutgefäßsystems zu gebrauchen. Der Verlauf dieses Organs ist ganz der gleiche wie derjenige des Steinkanals: es steigt an der aboralen Seite des die Mundeckstücke zweier benachbarten Radien mit einander ver- bindenden Muskels herab und endigt über der Innenseite der Madre- porenplatte neben der Stelle, an welcher sich der Steinkanal mit der Madreporenplatte verbindet. Die erste Wahrnehmung des Herzens der Ophiuren ist wohl von J. MüLLer gemacht worden ; denn die »pulpöse Masse «, welche er »in der blasigen Erweiterung des Steinkanals« beobachtet hat!, kann nur auf das Herz bezogen werden. J. MüLLer versteht nämlich, wie wir bei der Besprechung des Wassergefäßsystems gesehen haben, unter Stein- kanal den ganzen aus dem wirklichen Steinkanal, dem Herzen und dem umgebenden Hohlraume bestehenden Organkomplex. Was Sımrora als »Herz« bei Ophiactis virens beschreibt ?, ist zum Theil das wirkliche Herzgeflecht, zum Theil der umgebende Perihämalraum. Die Unbe- stimmtheit der Sımroru'schen Angaben erklärt sich aus dem Mangel einer scharfen Unterscheidung zwischen Blutgefäßen und Perihämalräumen. Der »erdbeerförmige Körper, aus einer gelatinösen Masse bestehend, welche zahlreiche dunklere und konsistentere Körner enthält,« den TEUSCHER beschreibt, ist offenbar identisch mit dem Herzgeflecht, dessen Bedeutung Teuscher allerdings nicht erkannt hat. Unmittelbar vor seiner Endigung steht das Herz in Zusammenhang mit dem aboralen Blutgefäßringe, den wir seiner eigenthüm- lichen Lagerung wegen genauer beschreiben müssen: Derselbe hat die Gestalt eines Ringes mit fünf tiefen nach dem Centrum des Ringes ge- richteten Einbuchtungen. Wie aus der Fig. 12 ersichtlich ist, wird da- durch der ganze Ring in verschiedene Abschnitte zerlegt, als welche wir unterscheiden können: A) fünf der Ringperipherie angehörende, nach außen konvexe Bogenstücke (aBl?); 2) fünf Mal zwei ungefähr in der Rich- 1 J. MüLter, Über den Bau der Echinodermen. 4854. p. 82. 2 Sımrota,1.c.p. 466— 467. 3 TEUSCHER,1.!c. p. 270—274.Taf. VIII, Fig. 40. “Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Ba. 33 tung von Radien nach dem Centrum des Ringes hinziehende Sei der fünf Einbuchtungen (aBR); 3) fünf in der Tiefe der Einbuchtungen ‚gelegene, tangential gerichtete Stücke (aBl!). Die sub 4) aufgeführten Abschnitte des aboralen Bluigefäßringes liegen im dorsalen Bereiche der Scheibe, nahe am Rande derselben und über dem Eintritte der Arme i in die Scheibe. Sie sind der Scheibenwand von innen angelagert und ver- halten sich zu ihr ganz eben so wie der dorsale Blutgefäßring der Aste- rien sich zum dorsalen Perisome derselben verhält. Von oben her werden sie schützend bedeckt von den Radialschildern. Rechts und links treten sie zwischen dem Radialschilde und dem dasselbe mit der Bursalspange verbindenden Adductormuskel (Fig. 1%, 47 M!)t, hindurch, Ey der genannte Muskel kommt also nach innen von ihnen zu liegen; alsdaoın biegen sie adoralwärts um und gehen in die sub 2) aufgeführten Seiten- stücke der Einbuchtungen über. Gerade bevor sie um den Adductor- muskel herumgehen, geben sie ein verhältnismäßig starkes Gefäß ab Armabschnittes über der Bursalspange und in adoraler Richtung hin- zieht und die dort befindlichen Genitalschläuche mit Blut versorgt. Dieses Genitalgefäß entspricht sowohl in seinem Ursprunge, als auch in der Richtung seines Verlaufes und in seiner Beziehung zu den Ge- schlechtsorganen dem Genitalgefäß der Asterien?. Hier wie dort haben E73 u (Fig. 12, 14 BIG), welches an der Seite des in der Scheibe gelegenen wir zehn vom aboralen (= dorsalen) Blutgefäßringe in adoraler Rich- tung ausgehende und zu den Genitalorganen tretende Genitalgefäße. Die Seitenstücke der fünf Einbuchtungen des dorsalen Blutgefäß- ringes verbleiben nicht, wie die peripheren unter 1) aufgeführten Stücke _ an der Innenseite der dorsalen Scheibenwand. Sie verlassen vielmehr merkwürdigerweise den dorsalen Scheibenbezirk und legen sich an die Innenseite des ventralen Perisoms. Hier verlaufen sie am abradialen ? Rande der Bursae, bis zum Bursalrande der Mundschilder. Dort ange- kommen gehen sie in das sub 3) aufgeführte innere Stück der Einbuch- tungen über, welches quer über das Mundschild zum gegenüber liegen- i Der Adductormuskel, welcher die Bursalspange und das Radialschild einander zu nähern vermag, ist von L. Asassız im Jahre 1839 bei den Euryaliden entdeckt, seither aber meines Wissens nicht wieder erwähnt worden. Er bildet zusammen mit dem am peripheren Ende des Radialschildes befestigten Abductor (Fig. 44 M2) eine besondere Muskulatur der Bursalspalte,, die wir passend als die bursale Muskulatur bezeichnen können. Vergl. L. Asassız, Notice sur quelques points de organisation. des Euryales, accompagnee de la description detaill&e de ’espece de la Mediterranee. Mem. de la societe des science. natur. de Neuchätel. T. II. 4839, p. 8. 2 Morphol. Studien an-Echinodermem. Bd.I. p. 180, 493. Fig. 25. (Diese Zeitschr. Bd. XXX, 1877. p. 129, 442.) 3 Vergl. über diesen Terminus: Morphol. Studien an Echinod. Bd. I. p. 274. (Diese Zeitschr. Bd. AXXı 1878. p. 379.) SI Nene Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 353 den Bursalrande desselben seinen Weg nimmt und dann in das andere Seitenstück derselben Einbuchtung umbiegt. Beachtenswerth ist, dass die an der abradialen Seite einer jeden Bursa befindlichen Genital- schläuche nicht von dem Gehitalgefäße versorgt werden, sondern von dem aboralen Blutgefäßringe selbst, und zwar von den Seitenstücken der Einbuchtungen desselben. Die Genitalschläuche inseriren sich nämlich mit ihren kurzen Ausführungsgängen, wie ich das früher geschildert habe, an die Bursalwandung in einer im Allgemeinen dem Rande der Bursalspalte parallelen Linie!. Das Seitenstück jeder Einbuchtung des aboralen Blutgefäßringes verläuft nun der Insertionslinie der an der ab- radialen Bursalwand ansitzenden Genitalschläuche entlang und bildet um jeden Genitalschlauch durch einen kurzen Seitenzweig einen Blutsinus. Als ich in meiner früheren, die Anatomie der Ophiuren betreffen- den Arbeit die Bemerkung machte?: »Die Blutsinus sämmtlicher Geni- 'talschläuche stehen mit einander in Zusammenhang durch ein Gefäß, welches der Reihe der Insertionspunkte der Genitalschläuche entlang an der nach der Leibeshöhle schauenden Oberfläche der Bursa verläuft ‚« war mir der aborale Blutgefäßring noch nicht vollständig bekannt. Jener Passus muss jetzt genauer etwa folgendermaßen lauten: »Die Blutsinus der an der adradialen Seite der Bursa gelegenen Genitalschläuche stehen _ mit einander in Zusammenhang durch ein Gefäß, welches der Reihe ihrer Insertionspunkte entlang verläuft und von dem aboralen Blutgefäßringe herkommt; dasselbe ist dem Genitalgefäß der Asterien homolog. Die an der abradialen Bursalwand ansitzenden Genitalschläuche aber erhalten _ ihre Blutsinus von dem eingebuchteten Theile des aboralen Blutgefäß- ringes selbst, der an ihren Insertionspunkten vorbeizieht.« Der am meisten mundwärts liegende Theil des aboralen Blutgefäß- ringes ist das innere Stück der Einbuchtungen. Dasselbe hat, wie schon angegeben, seine Lage dicht über dem Mundschilde, über welches es in querer Richtung verläuft. In demjenigen Interradius, dessen Mundschild En zur Madreporenplaite umgebildet ist, verbindet sich das in Rede stehende Stück des aboralen Blutgefäßringes mit dem Herzgeflecht und durch dieses mit dem oralen Blutgefäßringe. Fig. 42 giebt einen schematischen Überblick über die hier geschil- derte Anordnung des Blutgefäßsystems der Ophiuren. In den Umriss der Scheibe und der Arme sind die Blutgefäße durch rothe Linien einge- tragen. Die radiären Blutgefäße und ihre Seitenzweige, welche bei der 1 Morphol. Studien an Echinodermen. Bd. I. p. 274—275. Fig. 24, 22. (Diese Zeitschr. Bd. XXXI, 1878. p. 379—380.) 2 Morphologische Studien an Echinodermen. Bd. I. p. 276. (Diese Zeitschr. = Bd. XXXI, 4878. p. 384.) 23 * Be ee RE En An 354 Hubert Ludwig, Ansicht von der Dorsalseite, in der das Schema gedacht ist, nicht sicht- e bar sind, sind durch anlernehe Linien angedeutet. Auch dem aboralen Blutgefäßringe fehlt der umhüllende Perihä- malkanal nicht. Am leichtesten lässt sich derselbe an dem über den Mundschildern gelegenen Theile nachweisen (Fig. 13). Er ist wie bei den Asterien so auch bei den Ophiuren eine Fortsetzung des Steinkanal und Herz umgebenden Raumes. Bezüglich des feineren Baues besitzt der aborale Blutgefäßring der Ophiuren, wenigstens bei geschlechtlich ent- wickelten Individuen, eine Eigenthümlichkeit, die besonders hervorge- hoben zu werden verdient. Er beherbergt nämlich in seinem Innern einen zelligen Strang, der durch feine Fäden frei im Innern des Blutge- fäßes aufgehängt ist. Wie ein Vergleich der Fig. 15 mit der Abbildung, welche ich früber von dem Genitalstrange im Arme der Crinoideen ge- geben habe!, ohne Weiteres lehrt, haben wir in beiden Fällen ganz ähnliche Verhältnisse: Ein zelliger Strang wird allseitig umgeben von einem Blutgefäße und dieses wieder wird umgeben von einem Perihä- malkanal. Bei den Crinoideen habe ich den zelligen Strang als den eigentlichen Genitalstrang bezeichnet, weil er sich unmittelbar in die Geschlechtsorgane fortsetzt und letztere gleichsam die Früchte sind, die an ihm als dem Stamme anhängen. Bei den Ophiuren verhält sich der innere Strang des aboralen Blutgefäßringes ganz eben so zu den ein- zelnen Genitalschläuchen. Auch hier ist der Eier oder Samen erzeugende innere Theil der Genitalschläuche ein Anhangsgebilde jenes Stranges und eben so wie bei den Crinoideen kann man auch bei den Ophiuren die Zellen des Genitalstranges als sterile Ei- oder Samenbildungszellen be- trachten. Der Genitalstrang liegt in beiden Fällen im Innern eines Blutgefäßes, das selbst wieder von einem Hohlraum umschlossen ist. Diesen Hohlraum nannte ich früher bei den Crinoideen Genitalkanal. Wie aus seiner Beziehung zu dem Genitalgefäß hervorgeht, kann er auch als Perihämalkanal bezeichnet werden. Dass ich diese Bezeichnung nicht schon damals gebraucht habe, liegt nur daran, dass ich den Begriff der Perihämalräume erst später, bei Gelegenheit der Untersuchung der Asterien, eingeführt habe?. Die eigenthümliche Form und Lagerung des aboralen Blutgefäßringes der Ophiuren ist für die vergleichende Anatomie der Echinodermen von hoher Bedeutung. Zunächst kann nicht bezweifelt werden, dass er dem dorsalen Blutgefäßringe der Asterien und Echinoideen homolog ist; es 1 Morphologische Studien an Echinod. Bd. I. p. 30—32. Fig. 43, 44, 15. (Diese Zeitschr. Bd. XXVIII, p.”284—286.) 2 Morphologische Studien an Echinod. Bd. I. p. 474 sqq. (Diese Zeitschr. Bd. XXX, 1877. p. 123.) ir ” Nene Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 399 geht das aus seiner Beziehung zum Herzen und zu den Generations- organen mit aller Sicherheit hervor. Nun aber hat.der dorsale Blutgefäß- ring bei den Asterien eben so wohl als bei den Echinoideen eine ganz bestimmte Lagebeziehung zu den Skelettheilen der Körperwand; bei den Echinoideen liegt er unter, d. h. nach innen von den fünf Genitalplatten des Apex, von denen eine, oder bei exocyclischen Formen mehrere oder alle, zur Madreporenplatte umgebildet ist; bei den Asteriden sind es dieselben fünf Platten, welche den dorsalen Blutgefäßring überdecken und von denen eine zur Madreporenplatte geworden ist. Die Genital- platten der Echinoideen und Asterien bezeichnen also nicht nur die Lage der Ausführungsöffnungen der Generationsorgane und der Einfuhröff- nungen des Wassergefäßsystems, sondern auch die Lage des dorsalen Blutgefäßringes. Es fragt sich nun, ob auch bei den Ophiuren eine ähn- liche Lagebeziehung zwischen dem aboralen Blutgefäßringe und fünf be- stimmten interradiären Skeletplatten vorhanden ist? In der That ist dies der Fall. Die Mundschilder der Ophiuren verhalten sich zum aboralen Blutgefäßringe eben so wie die Genitalplatten der Echinoideen und Aste- ' rien und eben so wie bei den letztgenannten Echinodermen die Genital- platten zugleich in den Dienst des Wassergefäßsystems treten, indem eine oder mehrere von ihnen zu Madreporenplatten werden, so ist auch bei den Ophiuren eines der Mundschilder zur Madreporenplatte umge- staltet. Um die Übereinstimmung zwischen den Mundschildern der Ophiuren und den Genitalplatten der Echinoideen zu einer ganz voll- ' ständigen zu machen, wäre nur noch nöthig, dass die Mundschilder auch noch die Geschlechtsöffnungen trügen. Das ist nun allerdings, so weit bis jetzt bekannt, nirgends bei den Ophiuren der Fall. Indessen stört das die Homologie, die nach Obigem zweifellos zwischen den Mundschildern der Ophiuren unddenGenitalplatten der Echinoideen und Asterien besteht, durchaus nicht. Denn auch bei den beiden letzteren Gruppen kommen Fälle vor, in denen die Geni- talplatten ohne Zusammenhang mit den Genitalöfinungen sind. So liegen 2. B. bei Clypeaster rosaceus L. die Genitalöffnungen nicht in den Genital- _ platten, sondern zwischen den Plattenreihen der Interambulacren und bei Asterina gibbosa Forb. zeigte ich, dass die Genitalöffnungen eine ähn- N ‚liche Verschiebung erfahren haben !. > Das Nervensystem. Die Entdeckung des Nervensystems der Ophiuren ist auf Jon. MÜLLER zurückzuführen. Derselbe beschrieb in Kürze sowohl den den Mund 1 Morphol. Stud. an Echinod. Bd. I. p. 290—295. (Diese Zeitschr. Bd. XXXI, 1878. p. 395 - 400.) 356 3 | Hubert Ludwig, umkreisenden Nervenring! als auch die fünf davon ausstrahlenden radiä- ren Nerven ?. Genaue und eingehende Schilderungen des Nervensystems aber sind erst in den letzten Jahren veröffentlicht worden und zwar von LAnGE, SIMROTH und TEUSCHER. > Betrachten wir zunächst den radiären Nerven. Jon. Mürzer be- schreibt ihn als ein über den Ventralplatten der Arme gelegenes Längs- band. Lange? aber ist anderer Ansicht über die Natur dieses Bandes; er rechnet dasselbe zum Integumente und ist der Meinung, dass der eigentliche Nerv in Gestalt eines Ganglienstranges der dorsalen Ober- fläche jenes Bandes aufgelagert sei. Die beiden anderen neueren Beob- achter, Sımror# * und Teuscuer d, haben sich dieser Ansicht von LAnGE nicht angeschlossen, sondern vertheidigen die schon von JoH. MüLLER vertretene Auffassung, dass jenes Band selbst den Nerven darstelle; ich will gleich hier bemerken, dass mich meine eigenen Untersuchungen zu dem gleichen Resultate geführt haben. Der radiäre Nerv stellt nach den übereinstimmenden Befunden von SımroTH, TEUSCHER und mir ein über den Ventralplatten der Arme ge- legenes Band dar, welches auf Querschnitten zwei Hauptschichten er- kennen lässt, eine äußere, den Ventralplatten des Armes zugekehrte, deut- lich zellige Schicht, und eine innere, dem radiären Perihämalkanal zuge- wendete, aus feinen Längsfasern bestehende Schicht. Eben so lautet .die Beschreibung von Lange, nur mit dem schon angedeuteten Unter- schiede, dass er das Band nicht als Nerv auffasst. Den Lange’schen »Nerven« wollen wir nachher näher betrachten. Sımrora beschreibt am radiären Nerven der Ophiactis virens je einem Armglied entsprechend ganglionäre Verdickungen. Ich habe vergeblich versucht mir davon bei der genannten Ophiure eine klare Anschauung zu verschaffen und habe auch bei den anderen Ophiuren nichts derartiges zu beobachten ver- mocht. Auf dem Querschnitte durch den radiären Nerven unterscheidet Sımrorn fünf Abschnitte oder Gruppen der Fasermasse®. Ähnliche Ver- hältnisse habe ich auch bei Amphiura filiformis beobachtet, bei anderen Formen indessen vermisst, so dass ich darin keine allgemeine Einrich- tung der Ophiuren erkennen kann. Auffallend bleibt, dass in den an- geführten beiden Fällen die Faserschicht des Nervenbandes durch symmetrisch ausgebildete Einbuchtungen ihrer an die Zellenschicht an- 1 Über den Bau der Echinodermen. 1854. p. 79. 2]. c. p. 52—53. 3 LANGE, 1. c. p. 264—269 und: Bemerkungen zum Beitrag zur Anatomie und Histiologie der Asterien u. Ophiuren. Morphol. Jahrb. III. p. 451—452. 4 SımroTa, l. c. p. 474—472 und: Nachtrag zur Anatomie der Ophiactis virens. Diese Zeitschr. Bd. XXVII. p. 457—458. 5 TEUSCHER, |. c. p. 273—275. 6 Vergl. namentl. Sımrora's Fig. 46 u. 40. .M > u u: _ rt “ ” =, - Neue Beiträge zur Anatomie der Ophinren. 357 * 'stoßenden Oberfläche auf dem Querschnitte den Eindruck macht, als sei sie aus mehreren dicht zusammengedrängten Faserbündeln zusammen- gesetzt. Jedenfalls aber dürfte der Vergleich, den Sımrora zwischen - diesen anscheinenden Fasergruppen und den von Semper ! am radiären ee VE u I N u eh 5a al u Ki H v r >. > = % - i ” == + fi :® = ve. > 4877. p. 139—140.) Nerven der Holothurien angeführten Bestandtheilen versucht hat, einer näheren Untersuchung gegenüber sich nicht durchführen lassen. TevuscHer hat auch das über dem Nerven gelegene radiäre Blutge- _fäß für einen Theil des Nerven gehalten und als runden Nervenstrang beschrieben ; diese Auffassung ist, wie ich schon bei Besprechung des - Blutgefäßsystems bemerkt habe, durchaus irrig. Bei den Asterien fand Lange eine der dorsalen Fläche des radiären Nerven aufgelagerte Zellenschicht, welche er als den eigentlichen Nerven deutete. Die Gründe, welche mir gegen diese Ansicht Lance’s zu ‚sprechen scheinen, habe ich in den Beiträgen zur Anatomie der Asterien ? aus’einander gesetzt. Bei den Ophiuren ist die Streitfrage eine ganz ähnliche. Auch hier entdeckte Lange über dem Nervenbande zellige und faserige Elemente, welche er sowohl wegen ihrer Form als auch wegen ihrer eigenthümlichen Anordnung als das wahre Nervensystem des Armes in Anspruch nimmt. Rechts und links vom radiären Blut- gefäß und adoralwärts von dessen zu den Füßchen tretenden Seitenästen liegt nach Lange ein Zellenhbaufen, » Ganglion«; die einzelnen Ganglien- .paare sollen durch Längskommissuren und Querkommissuren in Zu- sammenhang stehen. Was zunächst die von Lange als Ganglien be- zeichneten Zellenanhäufungen an der dorsalen Seite des Nervenbandes angeht, so habe ich dieselben bei Ophioglypha lacertosa und O. albida deutlich beobachten können, fand sie aber niemals so bestimmt und gleichmäßig begrenzt, wie Lange es in seiner Abbildung zeichnet. Ähn- liche Zellen, wie sie in den fraglichen »Ganglien« vorkommen, finden sich in mehr zerstreuter Anordnung auf der ganzen dorsalen Seite des Nervenbandes und rings um die zu den Muskeln und Füßchen . tretenden Seitenästen des Nervenbandes. Die aus Fasern bestehenden 2 Sn Er Längskommissuren kann ich als besondere, dem radiären Nervenbande aufgelagerte Gebilde nicht gelten lassen. Dazu kommt, dass Lange selbst _ ihr Vorhandensein nicht unzweifelhaft erweisen konnte und später, in seiner gegen TEuscHER gerichteten Polemik, erklärt hat, seine Längskom- missuren könnten auch feinere Muskelnerven sein. Nicht besser steht es mit den Querkommissuren. Auch sie lassen sich nicht mit Bestimmt- _ 1 Semper, Reisen im Archipel der Philippinen. II, 4. Holothurien. Leipzig 4868. — p. 147—148. Taf. XXXVII, Fig. 2, 5. - ? Morphel. Studien an Echinod. Bd. I. p. 190—191. (Diese Zeitschr. Bd. XXX, 358 Hubert Ludwig, heit als etwas von ihrer bindegewebigen Unterlage Verschiedenes nach- weisen und Lange selbst »vermag nicht zu entscheiden, wie viel von ihnen Nervenfaser, wie viel Bindegewebe sei«. Wir sehen, auf welch’ schwankendem Grunde die Laner’sche Ansicht des Nervensystems auf- gebaut ist, und noch bedenklicher wird man gegen dieselbe, wenn man seine Bemerkung liest, dass die Bilder, die er von Ophiura (— Ophio- glypha) albida und Ophioscolex glacialis erhalten, seine »oben dargelegte Abgrenzung des Nervensystems weniger stützen als die Präparate von Ophiura texturata«. Lange beruft sich ferner darauf, dass die zu den Zwischenwirbelmuskeln gehenden Nerven einzig und allein aus den von ihm als Ganglien gedeuteten Zellenanhäufungen, nicht aber aus dem darunter gelegenen Nervenbande ihren Ursprung nehmen. Dieser An- gabe Lange’s muss ich mit aller Bestimmtheit widersprechen, ich konnte die Fasern der Muskelnerven mit aller wünschenswerthen Sicherheit bis in das Nervenband verfolgen und eben so verhalten sich die zu den Füßchen tretenden Nerven. Demnach scheint mir bei den Bphäuren eben so wenig wie bei den Asterien ein hinreichender Grund vorzuliegen, die Lange’sche Deutung zu acceptiren. Auch bei den Ophiuren sehe ich in den »Ganglien « Lange’s nur dichtere Ansammlungen der den radiären Perihämalkanal ausklei- denden Zellen und seine »Kommissuren« halte ich für Bestandtheile der bindegewebigen Membran, welche den radiären Nerven von dem radiä- ren Perihämalkanal trennt. Von dem radiären Nerven gehen Seitenzweige zu den Füßchen, die Füßchennerven, und andere Zweige zu den Zwischenwirbelmuskeln, die Muskelnerven, ab. Die Ersteren verlaufen unmittelbar unter den Seitenästen, welche das radiäre Blutgefäß zu den Füßchen abgiebt, und liegen mit jenen zusammen in den, zuerst von Jon. MÜLLER erwähn- ten, für sie bestimmten, feinen Rinnen an der Ventralseite der Wirbel. Die Letzteren durchsetzen adoralwärts von den Wassergefäßzweigen der Füßchen die Kalkmasse der Wirbel um zu den von ihnen innervirten Muskeln zu gelangen. Der genauere Verlauf der Füßchennerven und Muskelnerven ist bei Gelegenheit der Schilderung der Wirbel ! von mir besprochen worden, so dass ich an dieser Stelle nicht länger dabei zu verweilen brauche. Dass die beiden Mundfüßchenpaare ihre Nerven- zweige nicht vom Nervenringe, sondern vom radiären Nerven beziehen, ist schon bei der Schilderung des Blutgefäßsystems erwähnt worden; der Nervenzweig und das Blutgefäß zum zweiten Mundfüßchen sind auch niemals mit dem Nervenzweige und dem Blutgefäße zum ersten 1 Morphol. Stud. an Echinod. Bd. 1. p. 245—246. Fig. 7. (Diese Zeitschr, Bd. XXXI, 1878. p. 350— 351.) Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 359 Mundfüßchen in der Nähe ihres Ursprunges zu einem gemeinsamen Stammstück vereinigt, sondern entspringen gesondert von einander, unterscheiden sich also auch darin von den Wassergefäßen des ersten und zweiten Füßchens, welche mit gemeinsamem Stammstücke ent- springen. Noch spärlicher als über den radiären Nerven sind die in der Litte- ratur vorhandenen Mittheilungen über den Nervenring. Seit seiner "Entdeckung durch J. Mürer ist derselbe eigentlich nur von Sımrorn ! bei Ophiactis virens genauer studirt worden. Bei Teuscher finden wir denselben zwar in den Abbildungen angegeben, jedoch im Texte nicht näher besprochen. Seine Zusammensetzung ist ganz übereinstimmend mit derjenigen des radiären Nerven, wie jener besteht er aus einer äußeren Zellenschicht und einer inneren Faserschicht. Die Fasern der Faser- schicht verlaufen in der Richtung der von dem Nervenringe beschriebe- nen Kreisbahn, sind also Längsfasern; sie sind unmittelbare Fort- setzungen der Längsfasern der radiären Nerven. Nach außen ist der Nervenring von einer dünnen Integumentschicht überdeckt, welche eine unmittelbare Fortsetzung der die Bauchplatten der Arme enthaltenden Integumentschicht ist. Nach innen grenzt der Nervenring an den ihnı dicht anliegenden oralen Blutgefäßring und an einen Hohlraum, den TEuscHEr als Nervengefäßring bezeichnete. _ Dieser Hohlraum (vergl. Fig. 18) ist eine Fortsetzung des radiären Perihämalkanals und verhält sich in seiner Lagerung zum Nervenringe und oralen Blutgefäßringe ganz ähnlich wie der äußere perihämale Ring- kanal am Peristome der Asterien ; wir können denselben also auch bei den Ophiuren als den äußeren oralen Perihämalkanal bezeichnen. Derselbe ist identisch mit dem Hohlraume, den Sımrorta bei Ophiactis virens als oralen Blutgefäßring beschrieb. Über ihm, und durch eine bindegewebige Lamelle von ihm getrennt, findet sich ein zweiter den Mund umkreisender Ringkanal (Fig. 18 :PH), welcher ein weit größeres Lumen besitzt und nach der Mundöffnung hin durch die Wand der kreis- a 1.1 a en Zi r ° ’ Pr: Fa ‘ förmigen Lippe des Mundes, gegen die Leibeshöhle hin aber durch ein besonderes Septum (Fig. 18 S) abgeschlossen wird. Tsuscher hat auch | diesen Hohlraum schon beobachtet und als »Lippenhohlraum« be- schrieben ?, während ich denselben bei Sınror# nirgends erwähnt finde. Dass derselbe in letzter Instanz als ein Theil der Leibeshöhle zu betrach- _ ten ist, hat Teuscher gleichfalls richtig erkannt, doch ist ihm die Homo- logie mit dem inneren oralen Perihämalkanale der Asterien verborgen geblieben. Vergleicht man die Anordnung der hier in Be- ! Sımroru, I. c. p. 474. 2 TEUSCHFR, ]. c. p. 377. 360 Hubert Lndwig, Ri OR x tracht kommenden Organe am Peristom der Asterien und Ophiuren, so leuchtet ein, dass die Differenz in den beiden oralen Perihämalkanälen beider Echinodermengruppen wesentlich nur darin besteht, dass die sie trennende bindegewebige Membran bei den Ophiuren stärker ver- dickt ist und in den interradialen Bezirken die zu den Peristomalplatten umgebildeten ersten Ambulacralplatten theilweise in sich aufnimmt. Der innere orale Perihämalkanal ist zwar bei den Ophiuren verhältnismäßig viel geräumiger als bei den Asterien, in beiden Fällen aber entspringt das ihn von der Leibeshöhle ähschliehlenie Septum an der der Leibes- höhle zugekehrten Seite des Wassergefäßringes!. Außer den bis jetzt beschriebenen Theilen des Nervensystems, die alle schon meinen Vorgängern mehr oder weniger bekannt waren, ist es mir gelungen noch fünf Paare von Nerven aufzufinden, welche bislang sich der Kenntnis gänzlich entzogen hatten. Es sind das die Nerven, welche die für die Ophiuren so charakteristischen Bursae versorgen; ich will sie desshalb als Bursalnerven bezeichnen. Wie Fig. 6 zeigt, ent- springen die Bursalnerven vom radiären Nerven und zwar aboralwärts von dem Ursprunge des zum zweiten Mundfüßchen gehenden Nerven- zweiges. Von hier aus ziebt der Bursalnerv, indem er an der aboralen Seite des genannten Füßchens vorbeiläuft, nach der nächstbenachbarten Bursalspalte; er umgreift den adoralen Winkel der Bursalspalte und ge- langt so an die abradiale Seite der Bursalspalte, immer dicht unter dem Integumente gelegen. Weiterhin vermochte ich denselben nicht zu ver- folgen, so dass ich nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob er einzig und allein die Bursa innervirt oder ob er auch Nervenzweige für die Gene- rationsorgane abgiebt. Seinem Baue nach verhält sich der Bursalnerv ganz übereinstimmend mit den vom radiären Nerven abgehenden Füßchennerven und Muskelnerven;; er ist nur wenig schwächer als der Nerv des zweiten Mundfüßchens. | So viel über das Nervensystem der Ophiuren. Auch hier ist für spätere Untersuchungen noch ein reiches und dankbares Feld offen. Namentlich die histologischen Verhältnisse versprechen hier wie über- haupt bei den Echinodermen eine Fülle interessanter Ergebnisse und werden die Mühen des Forschers sicherlich lohnen. Es bedarf viel- leicht einer Art von Entschuldigung, dass ich in den vorstehenden Mit- theilungen, wie auch in meinen seitherigen Arbeiten über Echinodermen, es möglichst vermieden habe in histologisches Detail einzugehen. Der Grund dafür liegt darin, dass die Zielpunkte meiner Untersuchungen zunächst und vor allen histologischen Detailstudien ein Eindringen in 1 Vergl. Fig. 48 und Morphol. Stud. an Echinod. Bd. I. Holzschnitt, p. 474; Fig. 20. (Diese Zeitschr. Bd, XXX, 1877. p. 420. Taf. VI, Fig. 20.) Nene Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 361 die allgemeineren morphologischen Verhältnisse des ausgebildeten und des sich entwickelnden Echinodermenkörpers verlangen. Wo es noch so viel zu ihun giebt, wie bei den Echinodermen, kommt man nicht weit, wenn man Alles auf einmal thun will. Sind erst die einzelnen Organe in ihrer Form, Anordnung und gegenseitigen Lagebeziehung, in ihrer Entstehung und Umbildung und damit der Gesammtbau des Thierse dem Verständnis näher gerückt, dann werde ich mir auch die Zeit nehmen können, auf den feineren Bau der Gewebe und Organe aus- führlicher als bisher einzugehen. Noch erwünschter aber wäre es, wenn das Gebiet der Echinodermen auch von anderen Forschern in umfassen- derem Maße als es bisher geschehen ist, in Angriff genommen würde. | Schließlich noch einige Worte über das perihämale Kanal- system der Ophiuren, dessen einzelne Bestandtheile wir schon ge- legentlich kennen gelernt haben. Im Großen und Ganzen ist dasselbe - ähnlich angeordnet wie bei den Asterien. Wir haben auch hier einen inneren und einen äußeren perihämalen Ringkanal, von welchen der Letztere die radiären Perihämalkanäle abgiebt, während Ersterer sich in den Perihämalraum des Herzens fortsetzt. Der Perihämalraum des Herzens (L, Fig. 4, 2, 3) steht, wie bei den Asterien, in Verbindung mit dem Perihämalkanale des aboralen Blutgefäßringes. Die radiären Peri- hämalkanäle stehen an den Seiten der Wirbel durch die von TEuscHER als »Verbindungsgefäße« bezeichneten Räume in Zusammenhang mit der Leibeshöhle des Armes. Durch diesen Zusammenhang wird bewiesen, _ dass die perihämalen Räume der Ophiuren eben so wohl wie diejenigen der Asterien in letzter Instanz als Abschnitte der Leibeshöhle betrachtet werden müssen. Von dem äußeren oralen Perihämalkanal gehen auch die fünf Räume aus, von welchen je einer adoralwärts von dem Muscu- lus interradialis externus jeder Mundecke liegt und von TeEuscHer ! als Canalis interradialis bezeichnet worden ist. Die »dünne, häutige und ; sehr permeable Scheidewand«, welche nach Teuscher den Canalis inter- _ _ radialis von dem äußeren oralen Perihämalkanal trennen soll, ist nicht vorhanden; wohl aber ist der Canalis interradialis auch bei Ophiothrix, er wo TEuscHER eine direkte Kommunikation desselben mit der Außenwelt behauptet, durch das Integument von der Außenwelt abgeschlossen. * Dass bei den übrigen Ophiuren gleichfalls keine derartige Verbindung - mit der Außenwelt besteht, sondern dass bei ihnen, wie es nach meinen "Untersuchungen auch bei Ophiothrix der Fall ist, der Ganalis interradia- lis an der ventralen Seite des Musculus interradialis externus mit der 'Leibeshöhle in offenem Zusammenhang steht, wird auch von TeuscHEr EN 1 TEUSCHER, |. c. p. 267. Taf. VIII, Fig. 6, 9 cir. | 362 Hubert Ludwig, richtig angegeben. Der Hauptunterschied des perihämalen Kanalsystems bei Ophiuren und Asterien besteht darin, dass sich bei den Ophiuren ein damit in Verbindung stebendes Hautkanalsystem nicht ausgebildet hat, wenigstens bis jetzt nicht nachgewiesen werden konnte; in so fern sind die Ophiuren weniger hoch differenzirt als die Asterien; im Übrigen aber stimmt das perihämale Kanalsystem der Ophiuren und Asterien in allen wesentlichen Punkten überein. Übersicht der Ergebnisse. 4) Der von J. MürzLer und Le GontE entdeckte Porus der Madre- porenplatte der Ophiuren führt in einen nach den Arten und nach den Altersstadien verschiedenartig geformten Kanal, den Porenkanal, der höchst wahrscheinlich einzig und allein mit dem Steinkanal in Verbin- dung steht. 2) Die Verbindung zwischen Porenkanal und Steinkanal besteht, ähnlich wie bei den Asterien, in einem ampullenförmigen Zwischenstück. 3) Das, was J. Mürter als Steinkanal der Ophiuren beschrieb, ist der aus dem wahren Steinkanal, dem Herzgeflecht und dem umgeben- den Perihämalraum gebildete Organkomplex. Der wahre Steinkanal ist zuerst von SIMRoTH richtig und scharf unterschieden worden ; TEUSCcHER hat denselben nur unvollständig beobachtet und falsch gedeutet. 4) Die von Sımroru beschriebenen »vasa ambulacralia cavi« der Ophiactis virens sind Homologa der Porr'schen Blasen und haben mit den Steinkanälen der Crinoideen, denen P. H. CARPENTER sie vergleichen will, nichts zu schaffen. 5) Die Versorgung der beiden Paare der Mundfüßchen vom Wasser- gefäßringe aus ist eine den Ophiuren gemeinsame Eigenthümlichkeit und muss phylogenetisch als eine sekundäre Einrichtung aufgefasst werden. 6) Der Ventilapparat an der Eintrittsstelle des Wassergefäßzweiges in das zugehörige Füßchen findet sich nicht nur bei den Asterien, son- dern auch bei den Ophiuren und Echiniden. 7) Das Blutgefäßsystem der Ophiuren besteht aus denselben Haupt- abschnitten wie dasjenige der Asterien. 8) Von den beiden, bis jetzt ganz unbekannt gewesenen Blutgefäß- ringen zeichnet sich der aborale durch seine eigenthümliche Form und Anordnung aus, während der orale sich nicht wesentlich von dem der Asterien unterscheidet. 9) Das beide Blutgefäßringe mit einander verbindende Herz- oder Centralgeflecht ist bisher nur unvollständig durch J. Müuzer, SımroTH und Teuscher bekannt gewesen; in Bau, Lage und Verbindung stimmt es völlig mit dem der Asterien überein. Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 363 . 40) Die von Lange entdeckten und richtig aufgefassten radiären Blutgefäße sind von Sımkor# mit Perihämalräumen zusammengeworfen, von TEUSCHER sogar als Nerven gedeutet worden. 44) Aus den Beziehungen zum Wassergefäßsystem und zum Blut- gefäßsystem folgt, dass die Mundschilder der Ophiuren den Oralplatten der Crinoideen und den Genitalplatten der Echinoideen und Asterien homolog sind. x 42) Die Ophiuren besitzen ähnlich wie die Crinoideen einen im Innern von Blutgefäßen gelegenen Genitalstrang, an welchem die ein- zelnen Geschlechtsschläuche ansitzen. 43) Die von Lange vertretene Auffassung des Nervensytems im Arme der Ophiuren ist eine irrthümliche. v 44) Zu jeder der zehn Bursae der Ophiuren geht ein Bursalnerv, | welcher sich vom radiären Nerven, zwischen dem zweiten und dritten Füßchennerven, abzweigt. 45) Am Peristom besitzen die Ophiuren eben so wie die Asterien _ einen inneren und einen äußeren perihämalen Ringkanal. 16) Das perihämale Kanalsystem ist bei den Ophiuren in ähnlicher Weise wie bei den Asterien ausgebildet und erweist sich auch hier als ein Abschnitt der Leibeshöhle. u rn en © A » 2 Bremen, den 28. December 4879. “ N re Lat ee Fo: . # DAR Erklärung der Abbildungen. Tafel XIV. _ Fig. 4. Aus einer horizontalen. Schnittserie durch die Madreporenplatte von Ophioglypha albida ; 220/1. Ansicht von der Ventralseite. Msch, das Mundschild b: _ (Madreporenplatte); Z, der den Steinkanal und das Herzgeflecht umschließende Theil - der Leibeshöhle (= Perihämalraum des Herzens); St!, der Porenkanal der Madre- 3 porenplatte; St2, der Steinkanal; Amp, die St! mit St? verbindende Ampulle; die 3 Pfeile bedeuten die Richtung, welche das durch den Porus der Madreporenplatte aufgenommene Wasser nimmt. Fig. 2. Dasselbe Präparat wie in Fig. 1, schwächer vergrößert; 60/4. Ansicht vonder Ventralseite. Msch, L, St!, St?, Amp, wie vorhin; SMsch, die Seitenmund- schilder; H, das Herzgeflecht; P, der Porus der Madreporenplatte; B, die Bursae. Fig. 3. Aus einer borizontalen Schnittserie durch die Madreporenplatte von Ophiacantha setosa; 440/4. Ansicht von der Ventralseite. Die Buchstaben haben die gleiche Bedeutung wie in Fig. 4 und 2. = x 364 .. Hubert Ludwig, Fig. 4. Aus einem Horizontalschnitt durch das Peristom von Ophioglypha al- bida; 220/1. W, der Wassergefäßring; St?, der Steinkanal; bei a die Übergangs- stelle des Steinkanals in den Wassergefäßring. Fig. 5. Übersicht über die Anordnung des Wassergefäßringes und des Nerven- ringes bei Ophioglypha albida; 45/4. Ansicht von der Dorsalseite. Mu, Rand des Mundeinganges des Darmkanals; N, Nervenring; W, Wassergefäßring; Po, Poli- sche Blase; Wr, radiäres Wassergefäß; Nr, Abgangsstelle des radiären Nerven; F! + F2, Abgangsstelle des für die Wassergefäßzweige zum ersten und zweiten Füß- chen (den Mundfüßchen) gemeinsamen Stammes; F3, Wassergefäßzweig zum dritten Füßchen. Fig. 6. Aus einem Horizontalschnitt durch den in das Peristom eintretenden Armabschnitt einer Ophioglypha albida; 440/4. Ansicht von der Ventralseite. Nr, der radiäre Nerv; NF?2, Ast des radiären Nerven zum zweiten (Mund-) Füßchen F?; N’, der zur Bursa ziehende Bursalnerv, Fig. 7—40. Zur Erläuterung der Anordnung der Muskulatur in den radiären Wassergefäßen und der Ventile der Füßchen; nach Präparaten von Ophioglypha albida; 440/A. Fig. 7. Stück des radiären Wassergefäßes von Ophioglypha albida; 440/4; um die Anordnung der Muskulatur zu zeigen. Wr, radiäres Wassergefäß; WF, Wasser- gefäßzweig zum Füßchen F. Fig. 8. Seitenansicht der Übergangsstelle des Wassergefäßzweiges in das Füß- chen; 440/4. WF, F, wie vorhin; V, eine der beiden Klappen des Ventils von der Fläche gesehen. Fig. 9. Die schlitzförmige Öffnung zwischen den beiden Klappen des Ventils, von dem Innenraum des Füßchens her gesehen ; 440/4. 3 Fig. 40. Schematischer Schnitt durch das Ventil am Eintritt des Wassergefäß- zweiges in das Füßchen ; Buchstabenbezeichnung wie vorhin; 440/4. Tafel XV, Fig. 44. Das radiäre Blutgefäß und seine Seitenäste, in der Ansicht von der Ventralseite, von Ophioglypha albida; 60/4. Das Mikroskop ist so eingestellt, dass man von dem in dieser Ansicht unmittelbar über dem Blutgefäße gelegenen Nerven- bande nichts wahrnimmt. rBl, das radiäre Blutgefäß; BIF, seine zu den Füßchen gehenden Zweige; rW, das radiäre Wassergefäß;; F?, das zweite (Mund-) Füßchen; F3, das dritte Füßchen; M, der untere Quermuskel des zweiten Wirbels; L’, die seitlichen Theile der Leibeshöhle des Armes; a, die Grube, in welcher das Füßchen sich inserirt. Fig. 42. Schema über die Anordnung des Blutgefäßsystems der Ophiuren. Das Thier ist in der Ansicht von der Dorsalseite gedacht. Der Kontur der Scheibe und der Arme ist mit schwarzen Linien angedeutet, Die unter den Wirbelreihen der Arme gelegenen Theile des roth gezeichneten Blutgefäßsystems sind durch punktirte Linien angedeutet; B, die Bursalspalte; oBl, der orale Blutgefäßring; aBl, der abo- rale Blutgefäßring, dessen einzelne Theile mit aBl!, aBl2, aBl3, bezeichnet sind; BiG, das Genitalgefäß, welches eben so wie der Abschnitt aBl2 des aboralen Blut- gefäßringes Zweige zu den einzelnen Genitalschläuchen abgiebt ; H, das Herzgeflecht; rBl, das radiäre Blutgefäß;; BIF, dessen Äste zu den Füßchen. Fig. 43. Der dicht über dem Mundschilde gelegene Theil des aboralen Blutge- fäßringes, in der Ansicht von der Ventralseite, von Ophioglypha albida; 45/4. aBll, der aborale Blutgefäßring; PH, der Perihämalkanal desselben; Msch, das durch die Neue Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. 365 Entkalkung durchsichtig gewordene Mundschild ; SMsch, Seitenmundschild ; B, Bur- salspalte. ‚Fig. 44. Das unter den Radialschildern gelegene Stück des aboralen Blutgefäß- ringes; in der Ansicht von der Ventralseite, von Ophioglypha albida; 60/i. aBl3, aboraler Blutgefäßring mitsammt seinem Perihämalkanale; BIG, das vom vorigen _ abgehende Genitalgefäß; aBl?, Anfangsstück des in Fig. 42 mit aBl? bezeichneten Theiles des aboralen Blutgefäßringes; RSch, Radialschild; B, Bursa; D, radiäre Ausbuchtung des Darmsackes; M!, der Adductor, M?2, der Abductor der Bursal- muskulatur. Fig. 15. Ein Stück des aboralen Blutgefäßringes von Ophioglypha albida, stärker vergrößert um den das eigentliche Blutgefäß aBl umgebenden Perihämalraum PH "und den von ihm umschlossenen Genitalstrang G@ zu zeigen; PH und aBlsind durch den Schnitt der Länge nach geöffnet. Fig. 46. Übergangssteile des radiären Blutgefäßes in den oralen Blutgefäßring von Ophioglypha albida ; 220/4. a, die Zellenschicht, b, die Faserschicht des Nerven- ringes N; Bl, der orale Blutgefäßring; rBl, das radiäre Blutgefäß; BIF!, der zum ersten Mundfüßchen ziehende Blutgefäßzweig. Fig. 47. Vertikalschnitt durch den aboralen Blutgefäßring, dort wo er den Ad- ductormuskel umgreift (cf. Fig. 44), von Ophioglypha albida; 45/1. RSch, Radial- schild; BSp, Bursalspange; Bu, Wand der Bursa; L, Leibeshöhle; M!, Adductor; aBl, aboraler Blutgefäßring, umgeben von seinem Perihämalkanal, quer durch- schnitten. Tafel XVI, N Fig. 48. Schematischer Vertikalschnitt durch eine Ophiure, zunächst im An- schlusse an Präparate von Ophioglypha gezeichnet. Links geht der Schnitt durch _ einen Interradius, rechts durch einen Radius. KW, Körperwand; O0, Mund; Li, Lippe; D, Darm; L, Leibeshöhle; L’, Leibeshöhle des Armes; Z, Zähne; T, Torus angularis; ME, Mundeckstück ; MS, Mundschild ; A,, erstes Ambulacralstück (= Peri- stomalplatte), Aa, Ag, Ay, As, Ag, zweites bis sechstes Ambulacralstück , B,, Ba, B3, Ba, Bs, Be, erste bis zweite Bauchplatte (= Subambulacralstück); MF!, erstes, MF?, zweites Mundfüßchen;; M, unterer Quermuskel des zweiten Wirbels;, M?’, Musculus interradialis externus, Mi”, Musculus interradialis internusder Mundecke; Bi, Binde- gewebsfäden, die den Darm an die Körperwand befestigen; W, Wassergefäßring ; Wr, radiäres Wassergefäß; P, Poli’sche Blase; N, Nervenring; Nr, radiärer Nerv; oB, oraler Blutgefäßring; Br, radiäres Blutgefäß; aB, aboraler Blutgefäßring mit seinem Perihämalkanal PH; rPH, radiärer Perihämalkanal; ePH, äußerer und iPAH, _ innerer oraler Perihämalkanal; S, das den letzteren von der Leibeshöhle trennende Septum, Von den Farben bedeutet blau Wassergefäßsystem, roth Blutgefäßsystem und gelb Nervensystem. Berichtigung. In dem Aufsatze von O. METSCHNIKOFF, Zur Morphologie des Becken- und Schulter- bogens der Knorpelfische (Diese Zeitschrift Bd. XXXIII) sind folgende Berichtigungen anzubringen: p. 430 Zeile 7 von unten und p. 438 zu Fig. 43 ist anstatt Heptanchus cinereus zu lesen Spinax acanthias; p. 432 Zeile 5 und 48 von unten und p. 438 zu Fig. 46 ist anstatt Spinax acanthias zu lesen Heptanchus cinereus. Auf der dazu ge- hörigen Tafel XXIV soll in Fig. 2b die Grenze zwischen dem vorletzten und dritt- letzten Segmente eine vollständige sein, und in Fig. 7 ist das Verhältnis der Radien in so fern nicht ganz richtig dargestellt, als die beiden letzten Radien auf dem Meta- pterygium befestigt sein sollen. Physiologische und histiologische Untersuchungen über das Geruchsorgan der Insekten. \ Von Gustav Hauser in Erlangen. Mit Tafel XVI—XIX. Einleitung. Die Existenz eines Geruchsorgans bei den Insekten wurde noch niemals von einem Forscher bestritten, denn zahllose Beispiele aus dem Leben und Treiben dieser Thiere weisen mit großer Bestimmtheit darauf hin, dass viele derselben sogar einen außerordentlich scharfen Geruchs- sinn besitzen. Ich erachte es daher für zwecklos, diese unbestrittene Thatsache noch durch besondere Beispiele erläutern zu wollen, zumal mich der dritte Abschnitt dieser Arbeit ohnedies zu eingehenderen Betrachtungen über die verschiedengradige Entwicklung des Geruchssinns bei den Insekten führen wird. Eine schon vielfach erörterte Streitfrage ist es aber, wo das Geruchs- organ bei den Insekten seinen Sitz habe. - Im Jahre 1838 erschien ein Aufsatz von LEFEBYRE!, in welchem der- selbe, sich stützend auf physiologische Experimente, welche er mit einem Kornwurm und Wespen veranstaltet hatte, die Antennen der Insekten als Geruchsorgane erklärte, entgegengesetzt der Ansicht Okex’s, welcher in die Antennen dieser Thiere den Gehörsinn verlegte. Der Oxzw’schen Ansicht schlossen sich in den folgenden Jahren die meisten Forscher an, welche sich mit dieser Frage beschäftigten, wie BURMEISTER, NEWPORT, GOUREAU, LACORDAIRE und andere, bis 1847 Erıch- son, durch seine wichtigen Entdeckungen über die äußeren Struktur- 1 ALex. LEFEBVRE, Note sur le sentiment olfactif des Insectes. Ann. Soc. entom. France. Tom. 7. 1838. p. 395—399. ‚2 Erıcason, De fabrica et usu antennarum in Insectis. Berolini, typis fratrum A , Unger, 1847. 4. (45 pag., 4 Kupfertafel.) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV.Baä. 94 368 | Gustav Hauser, verhältnisse der Insektenfühler veranlasst, die bereits von er enE auf- gestellte Theorie wieder vertrat. Hatte Erıcason durch anatomische Untersuchungen nachzuweisen gesucht, dass der Geruchssinn bei den Insekten seinen Sitz in den An- tennen habe, so betrat Perrıs im gleichen Sinne wieder den Weg des physiologischen Experimentes. Perrıs’! Untersuchungen waren ent- schieden für die Lösung der Frage von der größten Bedeutung; sie bildeten eine nothwendige Ergänzung der Erıcnson’schen Arbeit. Darauf erschien 1855 Levpıe’s Klassische Arbeit » Zum feineren Bau der Arthropoden«?. Leypıc unterzog die von Erıcuson entdeckten Gruben an den Fühlern der Insekten einer eingehenden Untersuchung; er weist dieselben nicht nur an anderen Insekten nach, sondern macht auch die wichtige Entdeckung, dass sowohl diese Gruben, als auch eigenthümliche, zapfenähnliche Organe, welche sich an den Antennen vieler Insekten, Krebse und Myriapoden vorfinden, vom Antennennerv mit Ästen versorgt werden; ja von Calliphora vomitoria L. giebt er selbst eine Zeichnung von den Riechstäbchen, ohne jedoch dieselben als die letzten Endigungen des Fühlernerven erkannt zu haben. ' Leypig zeigt sich in dem genannten Aufsatze geneigt, die fraglichen Organe als Geruchsorgane zu deuten. Zwei Jahre später beschrieb Hıcks®, ohne von Levoig’s Arbeit Kennt- nis gehabt zu haben, eine größere Anzahl von Fühlergruben, welche er an Insekten verschiedener Ordnungen gefunden hatte. Seine Befunde stimmen mit denen Levpie’s überein, doch knüpft der erwähnte Forscher keine physiologischen Fragen an seine Entdeckungen. Gegen- die Anschauung von ErıcHson, Perrıs und Levpie trat nun wieder Lespis* auf, indem er die Antennen der Insekten aufs ent- schiedenste als Gehörorgane erklärte; er beschreibt ebenfalls die Fühler- gruben vieler Insekten und vergleicht die über dieselben ausgespannte Membran, welche sich bei vielen Arten vorfindet, mit dem Trommelfell höherer Thiere. Lespks’ Arbeit hatte bezüglich des feineren Baues der Fühlergruben im Wesentlichen wenig Neues gebracht, das Meiste war schon vorher von Levpig aufs ausführlichste beschrieben. Nachdem durch Lesp&s’ Arbeit die Frage über den Sitz des Geruchs- 1 Ep. Prrrıs, M&moire sur le siege de l’odorat dans les Articules. Ann. Science. natur. 3. Ser. Zool. Tom. 44. 4850. p. 4149—178. ? MüLLer's Archiv f. Anat. 1855. p. 376—480. 3 J. Br. Hıcks, On a new structure in the antennae of Insects. Transact. Linn. Soc. Vol. 22. P. 2. 1857. p. 447—154. (Mit 2 Tafeln.) 4 Cu. Lesp£s, M&moire sur l’appareil auditif des Insectes. Ann. Seienc. nat. 4. Ser. Zool. Tom. 9. 1858. p. 225—249. Physiologische u. histiologische Untersuchungeu über d. Geruchsorgan d. Insekten. 369 sinnes bei den Insekten von Neuem eröffnet war, erschien erst 1875 die äußerst umfangreiche Schrift von Woırr! »Über das Geruchsorgan . der Biene«. Worrr glaubt mit solcher Zuversicht an seine Entdeckungen, dass er kurzweg von der »Nase« der Insekten spricht und die ganze Termino- logie aus der menschlichen Anatomie auf das von ihm bei der Biene auf- gefundene Organ überträgt. Er behandelt mit großer Ausführlichkeit den Chemismus des Riechschleims, durch welchen allein eine Geruchs- . empfindung stattfinden könne; dass die Antennen als Geruchsörgane zu deuten seien, hält WoLrr schon wegen der Trockenheit dieser Organe ‚für unwahrscheinlich; auch glaubt er, dass ein Geruchsorgan stets mit dem Athmungssystem im engsten Zusammenhange stehen müsse. Die Unrichtigkeit der beiden letzten Behauptungen bedarf keines weiteren Nachweises. Die jüngsten Arbeiten nun, welche die Frage über den Sitz des Geruchsorgans bei den Insekten berühren, sind die vor Kurzem er- schienenen Abhandlungen von Vrrus GraBer ? und PauL MavER. GRABER glaubt in den von Leyvıe längst beschriebenen Fühlergruben der Fliegen ein neues Organ aufgefunden zu haben; er hält diese Gruben für ge- schlossen und will einen Otolithen in denselben entdeckt haben, wess- halb er sie als ausgesprochene Gehörorgane erklärt und ihnen den Namen Otocysten beilegt. Paur Mayer veröffentlichte kurz darauf im zoologischen Anzeiger eine kurze Kritik der Grager’schen Arbeit, in welcher er GrABER gründ- lich widerlegte, und jüngst erschien nun von dem gleichen Verfasser eine größere Abhandlung 3 über die von GrABER als Otocysten bezeich- neten Fühlergruben. Paur Mayer bespricht in derselben die Fühlergruben der Diptera brachycera bezüglich ihres Baues und ihrer Verbreitung; auch giebt er eine ziemlich genaue Beschreibung der in den Gruben sich vorfindenden = Nervenendigungen und hebt deren Beziehungen zum Fühlernerv hervor, ohne jedoch für irgend eine Funktion der betreffenden Organe sich zu entscheiden. ' Die Frage, wo bei den Insekten der Sitz des Geruchsorgans sei, ist daher immer noch als eine offene zu betrachten; ich will desshalb in Fol- 1 Dr. 0. J. B. WoLrF, Über das Geruchsorgan der Biene. Nova Acta d. kaiser]. Leop.-Carol. Deutschen Akademie d. Naturf. 4875. 2 V. GRABER, Über neue, otocystenartige Sinnesorgane der Insekten. Archiv f. _ mikr. Anat. 14878. Bd. XVI. p. 36—57. Taf. III und IV. 3 PaAoto MAYER, Sopra certi organi di senso nelle antenne dei Ditteri. Reale Accademia dei Lincei, Anno CCLXXVI (4878—1879). 24 * 370 | Gustav Hauser, gendem versuchen, gestützt auf histiologische Untersuchungen und phy- siologische Experimente, so wie unter Zuhilfenahme der Darwın’schen Theorien von der geschlechtlichen und natürlichen Zuchtwahl, einen Bei- trag zur Lösung dieser Frage zu liefern. Der histiologische Theil der vorliegenden Arbeit wurde von mir zum größten Theil im zootomischen Institut zu Erlangen unter Anleitung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Professor Dr. Emir SELENkA, voll- endet; nur ihm verdanke ich die günstigen Resultate meiner Arbeit, indem mich derselbe, wenn mich bei den oft äußerst mühsamen Unter- suchungen die Geduld verlassen wollte, immer wieder aufs Neue ermun- terte und mich durch Rath und That unterstützte. Mit Freuden spreche ich daher Herrn Professor Dr. SELEnkA hier meinen wärmsten Dank aus. Eben so fühle ich mich Herrn Professor Dr. O. Leuse, welcher die Güte hatte, mir das Immersionssystem, ZEıss Nr. 3, für meine Untersuchungen zur Verfügung zu stellen, so wie Herrn Professor Dr. W. RosenHAuer, welcher mich mit Material in freundlich- ster Weise unterstützte, und Herrn Dr. Brock, Assistenten am zootomi- schen Institute, zum größten Danke verpflichtet. I. Physiologische Experimente zur Feststellung des Sitzes des Geruchsorgans bei den Insekten. Um die Funktion der Antennen zu erforschen, kann man wohl kaum eine bessere Untersuchungsmethode einschlagen, als die experimentelle. Man beobachtet zunächst genau die normalen Thiere in ihrem Verhalten gegen gewisse riechende Substanzen, deren Dämpfe übrigens keine ätzenden oder die Respiration störenden Eigenschaften besitzen dürfen ; hierauf schneidet man den Thieren die Antennen weg und prüft nach einigen Tagen, welche Veränderungen in dem Verhalten des Thieres gegen jene Substanzen eingetreten sind. Um keine falschen Resultate zu bekommen, ist es oft nothwendig, die operirten Thiere ein bis zwei Tage ruhen zu lassen; denn unmittel- bar nach der Operation sind dieselben in der Regel so unruhig, dass ein sicheres Experimentiren unmöglich ist. Die Exstirpation der Antennen wird von verschiedenen Insekten in verschiedener Weise ertragen; manche ertragen dieselbe sehr leicht und können nach der Operation. noch Monate lang leben, während andere schon nach Verlauf weniger Tage an der Verletzung zu Grunde gehen. Am wenigsten scheinen die Thiere beeinträchtigt zu werden, wenn man die Operation zu einer Zeit vornimmt, wo dieselben sich noch im Win- Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 371 terschlafe befinden ; Pyrrhocoris apterus L. lieferte mir von diesem Ver- halten einen sehr schlagenden Beweis. Ich sammelte Ende Februar eine größere Anzahl dieser Thiere, in- dem ich dieselben aus ihren unter Moos und Baumrinden befindlichen Verstecken hervorholte. Von etwa 20 operirten Thieren starben damals innerhalb 4 Wochen nur 5, während sich die übrigen vollkommen ge- sund und munter verhielten. Ende April wollte ich abermals mit Pyrrhocoris Experimente an- stellen; ich brachte wiederholt eine bedeutende Menge der Thiere, welche jetzt ihren Winterschlaf beendigt hatten und sich zum großen Theil bereits paarten, nach Hause und schnitt ihnen die Antennen weg. ‚Allein es glückte mir nicht mehr, mit den Tbieren in dieser Weise einen Versuch anzustellen, denn schon am andern Tage kränkelten dieselben, wurden steif und schwerfällig und nach 3 bis 4 Tagen waren sie meistens alle zu Grunde gegangen. Auch viele andere Insekten zeigten das gleiche Verhalten. Bei solchen Arten versuchte ich daher die Funktion der Antennen dadurch auszuschalten, dass ich letztere in flüssiges Paraffin tauchte, so dass dieselben von einer Paraffinschicht vollständig überzogen wurden und der Zutritt der Luft dadurch abgehalten war. Die Experimente, welche ich mit derartig behandelten Thieren an- stellte, ergaben genau das gleiche Resultat, als wenn die Fühler entfernt worden wären; dabei blieben die Thiere gesund und zugleich bot diese Methode den Vortheil, dass die Versuche kurz nach der Operation ge- macht werden konnten. | Die von mir angestellten physiologischen Experimente lassen sich bezüglich ihres Zweckes in drei verschiedene Gruppen bringen. Bei den Experimenten der ersten Art untersuchte ich die Thiere in ihrem Ver- halten gegen stark riechende Substanzen, wie Terpentin, Karbol- säure u. Ss. w., vor und nach Exstirpation der Antennen. Die zweite _ Gruppe umfasst Experimente über das Verhalten der Thiere bei dem Aufsuchen ihrer Nahrung, die dritte Gruppe endlich Experimente über das Verhalten beider Geschlechter bezüglich der Begattung vor und nach Exstirpation der Antennen. 4) Verhalten der Insekten gegen riechende Substanzen vor und nach Exstirpation der Antennen. Am 26. Februar fand ich 10—12 Exemplare des Philonthus aeneus R. unter einem Steine verborgen, wo dieselben noch ihren Winterschlaf hielten. Ich brachte die Thiere in ein großes Glas, dessen Boden ich mit Erde, Moos und trockenem Laub bedeckt hatte. Im warmen Zimmer 312 - Gustav Hauser, wurden die Käfer sehr bald munter, hielten sich jedoch am Tage ver- steckt. Um daher besser beobachten zu können, setzte ich eines der Thiere in ein umgestürztes Becherglas, dessen Boden entfernt war, so dass man bequem ein Glasstäbchen dem Käfer nähern konnte. Nach einigen vergeblichen Bemühungen, an der etwas einwärts ge- neigten Wand des Glases emporzuklettern, blieb das Thier ruhig sitzen; ich näherte nun langsam einen dünnen, reinen Glasstab und setzte ihn dicht vor dem Kopfe desselben auf. Es fühlte sich dadurch nicht im mindesten belästigt und verharrte ruhig auf seinem Platze, selbst wenn. ich das Stäbchen längere Zeit nicht entfernte. Darauf tauchte ich das Glasstäbchen in Karbolsäure und verfuhr in gleicher Weise, wie ich eben geschildert habe. Schon auf eine Entfer- nung von etwa 40 cm wurde das Thier aufmerksam, es hob den Kopf, drehte ihn nach verschiedenen Richtungen und machte dabei fortwäh- rend lebhafte Bewegungen mit seinen Antennen. Kaum aber hatte ich das Glasstäbehen ihm vollends nahe gebracht, so fuhr es erschreckt zu- rück, machte eine plötzliche Wendung und lief äußerst beunruhigt in entgegengesetzter Richtung fort. Auch als ich den Glasstab wieder ent- fernt und das Becherglas durch mehrfaches rasches Aufheben gelüftet hatte, beschäftigte sich das Thier noch einige Zeit mit seinen Antennen, indem es dieselben mit Hilfe der Vorderbeine wiederholt durch den Mund zog, obwohl sie mit der Karbolsäure selbst durchaus nicht in Be- rührung gekommen waren. In gleicher Weise war die Reaktion gegen Terpentinöl und noch heftiger gegen Essigsäure. Nachdem ich mehrmals das Verhalten der normalen Thiere gegen die erwähnten Substanzen sorgfältig geprüft hatte, exstirpirte ich ihnen mit einem Messer die Antennen in den Gelenkgruben. Als ich am zwei- ten Tage darauf abermals mit den Thieren experimentirte, zeigten sie durchaus keine Reaktion mehr, weder gegen Karbolsäure, noch gegen Terpentinöl, ja nicht einmal gegen Essigsäure, obgleich ich mit dem ein- getauchten Glasstäbchen unmittelbar vor und über dem Kopfe längere Zeit, oft ein bis zwei Minuten, verweilte. Die Thiere blieben vollkom- men ruhig und unbeweglich sitzen, bewegten höchstens etwas die Taster. Wurden sie hingegen an irgend einer Stelle des Körpers be- rührt, so suchten sie augenblicklich zu entfliehen, wobei sie, wie fast alle Stapbylinidae, den Hinterleib in die Höhe krümmten. Sie zeigten überhaupt sonst durchaus keine Veränderungen in ihrer Lebensweise und in ihrem Benehmen; sie fraßen mit großer Begierde vorgelegtes Fleisch oder getödtete Insekten und einige derselben waren noch im Mai vollkommen munter. er g - a a. EB Yan hu ar da A Zr ET CK IE Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d, Insekten. 373 Es hatten also diese Käfer durch die Exstirpation der Antennen lediglich den Geruchssinn, durch das Experiment nachweisbar, ein- gebüßt; wie weit der Tastsinn verloren gegangen war, konnte ich experimentell nicht entscheiden. Das gleiche Resultat ergaben die Experimente mit Arten der Gat- tungen Ptinus, Tenebrio, Ichneumon, Formica, Vespa, Tenthredo, Satur- nia, Vanessa Ei ERS ferner vielen Arien der Diptera a Or- 'thoptera; auch Julus und Lithobius, so wie manche Larven reagirten in ähnlicher Weise. Minder befriedigend verliefen die Experimente mit Carabus, Melo- lontha und Silpha; es unterliegt zwar keinem Zweifel, dass auch die Thiere dieser Gattungen durch Exstirpation der Antennen in der Schärfe - ihres Geruchsvermögens mehr oder weniger beeinträchtigt wurden; allein niemals zeigten sich dieselben gegen stark riechende Stoffe gänzlich empfindungslos. Wirkte der Reiz der Substanz längere Zeit auf die der Antennen beraubten Thiere ein, so wurden sie unruhig, wandten sich von dem vorgehaltenen Glasstäbchen ab und entfernten sich; doch waren _ alle Bewegungen weniger energisch, überhaupt die ganze Reaktion un- bestimmter und abgeschwächt. | i£ Ein noch ungünstigeres Resultat ergaben die mit Hemiptera an- gestellten Versuche; auch nach Verlust der Antennen reagirten die Thiere fast eben so heftig, als sie dies im unverletzten Zustande thaten. 2) Experimente über den Werth der Antennen beim Aufsuchen der Nahrung. In dieser Hinsicht gelang es mir nur mit Silpha, Sarcophaga, Galli- phora und Cynomyia Experimente anzustellen. Bei Silpha und deren Larven verfuhr ich in folgender Weise: Ich brachte Thiere dieser Gattung in einen größeren Kasten, dessen Boden ‚ich mit Moos u. s. w. bedeckte; in eine Ecke des Kastens legte ich ein - Gläschen mit kleiner Öffnung, in welches ich riechendes Fleisch gebracht hatte. So lange die Thiere im Besitze ihrer Antennen waren, fanden sie _ regelmäßig nach einiger Zeit das im Gläschen dargebotene Fleisch auf, ' während sie nach Exstirpation der Antennen dasselbe niemals mehr berührten. Br Ganz ähnlich verhielten sich die Arten der Gattungen Sarcophaga, Galliphora und Cynomyia. Hier stellte ich ein Gefäß mit einem großen Stücke faulen Fleisches auf meinen Schreibtisch. In kurzer Zeit hatten E- sich durch die geöffneten Fenster des Zimmers einige Exemplare aus den genannten Gattungen eingefunden. Je öfters ich die Thiere von dem ° Fleische verjagte, desto zudringlicher umschwärmten sie dasselbe. Ich 374 Gustav Hauser, schloss nun die Fenster, fing sämmtliche Fliegen weg, beraubte sie ihres dritten Füblergliedes und setzte sie darauf wieder in Freiheit. Sie schwärmten noch eben so wie zuvor im Zimmer umher, aber keine Fliege ließ sich mehr auf dem Fleische nieder, noch suchte eine sich demselben zu nähern. Saß eine Fliege am Vorhange oder hatte sich sonst wo nie- dergelassen, so gelang es mir mehrmals, das Fleisch direkt unter das Thier zu stellen, so dass ihm der volle Geruch des faulen Fleisches ent- gegenströmen musste. Aber selbst dann ließ sich keine Fliege auf dem Fleische nieder. 3) Experimente zur Feststellung des Einflusses der Antennen bei dem Auffinden der Weibchen. Zu diesem Zwecke wählte ich Arten, bei welchen die Antennen der Männchen von denen der Weibchen sich durch sekundäre Sexual- charaktere auszeichnen und von welchen bekannt ist, dass sie sich auch in der Gefangenschaft leicht begatten, wie Saturnia pavonia L., Ocneria dispar L. und Melolontha vulgaris L. Bei den beiden erstgenannten Arten fand nach Exstirpation der Antennen niemals eine Begattung statt. Von Melolontha vulgaris L. hatte ich 20 Paare in eine mäßig große Kiste gebracht; am andern Morgen traf ich 12 dieser Paare in der Begattung begriffen. Ich setzte darauf, nachdem ich die ersteren entfernt hatte, 30 andere Paare in die gleiche Kiste, schnitt aber zuvor sämmtlichen Männchen und auch einer Anzahl Weibchen die Antennen weg. Am folgenden Morgen fanden sich diesmal nur 4 Paare in der Begattung und erst nach Verlauf von 3 Tagen fanden 5 weitere Begattungen statt. Es ist bei diesem Experiment allerdings zu berücksichtigen, dass sich die der Antennen beraubten Thiere in so äußerst günstigen Ver- hältnissen befanden, wie dieselben im Freien sich wohl niemals vorfin- den werden; denn der Raum, in welchem sich die Thiere bewegten, war für ihre Anzahl immerhin so beschränkt, dass Männchen und Weibchen sich nothwendig begegnen mussten. Gleichwohl aber kann das Resultat des Experimentes nicht‘ als absolut beweiskräftig dafür gelten, dass das Männchen nach Verlust der Antennen nicht mehr im Stande wäre, das Weibchen aufzufinden, indem bei den oben erwähn- ten Schmetterlingsarten unter den gleichen Bedingungen nach Exstir- pation der Antennen keine Begattung mehr stattfand. Wenn auch die angeführten Experimente nicht alle zu dem ge- wünschten Resultate führten, so glaube ich doch auf Grund derselben, so wie der noch zu besprechenden Resultate meiner histiologischen Untersuchungen den Satz aufstellen zu dürfen, dass bei dem größten Theile der Insekten das Geruchsorgan in den Antennen seinen Sitz habe. - Te er Fr ra ı RER N. 1 " ; ; BIETT ’ ; - ee al? 1 a 5 ei £ ae = er klei kb an 72% Pr Physiologische n. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d, Insekten, 375 Ganz besonders möchte ich noch auf die ausgezeichneten Beob- achtungen von Perris hinweisen, welcher bei seinen Versuchen fast die gleichen Resultate erzielte. II. Histiologische Untersuchungen über. das Geruchsorgan der Insekten. Da mir bei der vorliegenden Arbeit vor Allem daran gelegen war, die physiologische Frage über das Geruchsorgan der Insekten zu ent- scheiden, so lag es in der Natur der Aufgabe, dass ich meine histio- - logischen Untersuchungen auf alle Insektenklassen ausdehnen musste, um zu erfahren, wie weit die Resultate der physiologischen Experi- mente mit den anatomischen Verhältnissen im Einklange stünden. Ich will nun die bei den einzelnen Klassen gefundenen Resultate der Reihe nach besprechen und versuchen, dieselben am Schlusse unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen. 4) Orthoptera. Von den Orthoptera unterzog ich Oedipoda coerulescens L. und Galoptenus Italicus einer näheren Untersuchung; da die anatomischen Befunde bei beiden Arten vollkommen übereinstimmende Resultate lieferten, so werde ich, um eine Wiederholung zu vermeiden, nur von dem Endapparate der letzteren Art eine genaue Beschreibung mittheilen. Der Fühler von Caloptenus Italicus hat eine borstenförmige Gestalt, ist jedoch an der Basis etwas schmäler, als gegen die Mitte hin; im Querschnitte zeigen sich die einzelnen Glieder ‚nahezu rund, nur die Endglieder sind von oben nach unten ziemlich stark abgeflacht. Der Fühler zählt 22 Glieder, hat eine Länge von 7—8 mm und durchschnitt- lich eine Dicke von 0,47 mm; seine Färbung ist dunkelbraun. Die Oberfläche der einzelnen Glieder ist durch schmale, mäßig vertiefte Furchen in zahllose kleine, etwas erhabene Felderchen von meist rhom- bischer Form eingetheilt, welche sich wieder durch kleine, erhabene _Querrunzeln auszeichnen. An dem Basalgliede und den zunächst folgenden Gliedern konnte ich nur ziemlich lange, zerstreut stehende, steife, mit einem Gelenke versehene Borsten wahrnehmen, welche als einfache Tastborsten zu deuten sind, wie sie bei allen Insekten vorkommen. Vom achten oder neunten Gliede an aber finden sich außer diesen Tastborsten noch runde, tellerförmige, oft etwas unregelmäßig gestaltete Öffnungen, welche mit einer zarten Membran (Fig. # m) überspannt und von. einem erhabenen, dunkelbraunen, von der Oberfläche des 376 Gustav Hauser, Fühlers sich scharf abhebenden Chitinwalle (Fig. 4 a) umgeben sind. 7 1 Sie sind wie die Borsten in unregelmäßiger Anordnung über die ein- zelnen Fühlerglieder zerstreut, theils in Gruppen, theils einzeln, oft kommt es auch vor, dass zwei, seltener drei sich gegenseitig berühren; diese sind dann an der Berührungsstelle gegen einander abgeflacht und zeigen im senkrechten Schnitt eine gemeinsame, sie trennende Scheide- wand. Ein Fühlerglied zählt oft gegen 50 Gruben; an den vorderen Gliedern sinkt jedoch ihre Anzahl auf ungefähr 30 herab. Fertigt man einen Längsschnitt des Fühlers an, so werden die Gruben in senkrechter Richtung durchschnitten; Figur 4 stellt eine solche Grube im senkrechten Schnitt mit dem zu ihr gehörigen End- apparat des N. olfactivus bei tausendfacher Vergrößerung dar. Die Chitinhülle des Fühlers hat eine Stärke von etwa 0,043 mm, nimmt aber in der Nähe der Gruben etwas ab. Letztere lassen sich als eine deutliche Einstülpung der äußeren chitinösen Fühlerdecke er- kennen; während sie im Querschnitt fast vollkommen rund erscheinen, zeigen sie im senkrechten Schnitte einen mehr oder weniger abgeflach- ten Boden, in dessen Mitte sich eine kreisrunde Öffnung von 0,009 mm befindet, welche von einem schmalen Chitinwall umgeben ist und durch welche das Stäbchen der Riechzelle in das Lumen der Grube hinein- ragt. Die Grube misst in ihrem weitesten Durchmesser durchschnittlich 0,04 mm, während ihre größte Tiefe 0,03 mm beträgt. Die Wand der Grube, welche also lediglich als Einstülpung der äußeren Fühlerhülle zu betrachten ist, wird gegen unten bedeutend dünner und bildet mit der inneren Fühlerwand einen scharfen Winkel. Die nach außen ge- richtete Öffnung der Grube ist ebenfalls kreisrund und hat einen Durch- messer von 0,04 mm; sie scheint aber, wie schon erwähnt, von einer äußerst zarten, strukturlosen Membran (Fig. 4 m) überspannt zu sein, denn die Öffnungen waren bei mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten niemals vollkommen hell, sondern stets etwas bläulich gefärbt; doch gelang es mir niemals, wie z. B. bei der Biene, Präparate herzustellen, bei welchen die Membran theilweise losgerissen gewesen wäre, wodurch ihre Existenz durch das Hervortreten scharfer Ränder an den Rissstellen vollkommen sicher gestellt worden wäre. Durch das Vorhandensein einer serösen Flüssigkeit in den Fühler- gruben, welche man bei den Fühlergruben aller Insekten anzunehmen berechtigt ist, indem dieselben stets mit den Blutflüssigkeitsräumen des Fühlers kommuniciren, ist durchaus nicht die Nothwendigkeit eines membränösen Verschlusses der Gruben nach außen hin gegeben; denn die Öffnungen der Gruben sind stets so minimal, dass ein Austreten von Flüssigkeit aus denselben ganz undenkbar ist. * * RE ER \ = r > vra2- t br Zus E Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 377 Der einer jeden Grube zugehörige nervöse Endapparat besteht aus einer großen Stäbchenzelle von ovaler Form, welche an ihrem vorderen Pole etwas ausgezogen ist und eine Länge von 0,088 mm und in ihrer - Mitte eine Breite von 0,04—0,05 mm besitzt. Die Entwicklungsgeschichte des gleichen Endapparates bei Vespa crabro L. zeigt nun, dass der große eiförmige Theil der Zelle (Fig. 4 n) als deren Kern aufzufassen ist, während nur der kleinere, nach vorn ausgezogene, unmittelbar hinter _ dem Stäbchen gelegene Theil der eigentlichen Zelle entspricht (Fig. 1 ER Das Protoplasma des Zellenleibes und des Kernes ist feinkörnig getrübt; letzterer erscheint bei Hämatoxylinfärbung etwas dunkler als das Stäb- chen, so wie die Zelle selbst, und besitzt 10—14 große, runde, dunkle Kernkörperchen von durchschnittlich 0,042 mm im Durchmesser, welche wieder eine größere Anzahl kleinerer, dunkel gefärbter Körnchen ein- schließen. Das Stäbchen (Fig. 4 RS) bildet eine unmittelbare Fortsetzung ‚der Zelle selbst; es hat die Gestalt eines stumpfen, nach oben zu sich nur wenig verjüngenden Stiftchens und besitzt eine Länge von 0,018 mm und an der Basis eine Dicke von 0,0045 mm. An die Basis der Zelle, das ist unten an den Kern derselben, tritt eine ziemlich starke Nerven- faser (Fig. I d), welche die Verbindung des Endapparates mit einem der großen Antennen-Nerven herstellt. Der ganze außerhalb der Grube gelegene Theil des Endorgans ist reichlich von dunkel rostfarbenem Pigment (Fig. 1'P) und Hypodermis- - zellen umgeben; doch gelingt es leicht, Schnitte zu erhalten, welche den _ ganzen Apparat fast gänzlich pigmentfrei erscheinen lassen. We” a HN r Ganz ähnliche Gruben, wie die eben beschriebenen, bildet Hıcks - von den Fühlern einer Art der Gattung Tettix ab, doch ist die von ihm angewandte Vergrößerung eine viel zu geringe, um den in der Grube befindlichen Sinnesapparat zu erkennen; immerhin macht Hıcks an sei- ner Zeichnung wenigstens eine unbestimmte Andeutung, dass irgend ein Organ mit der Grube in Verbindung stehe. Es ist. höchst wahrscheinlich, dass sämmtliche Orthoptera, welche in dem Bau ihrer Fühler mit den Arten der Gattung Caloptenus überein- stimmen, die gleichen Gruben aufweisen; wenigstens fand ich dieselben auch bei Stenobothrus lineatus’Pnz. und St. rufus L., so wie bei Oedi- poda. Auch Gryllotalpa scheint ganz die nämlichen Gruben zu besitzen ; " sie finden sich hier vom 25. Gliede an fast an jedem Fühlergliede in einer Anzahl von 4—6, so dass also Gryllotalpa zwischen 300 und 400 - Gruben an jedem Fühler besitzt. . Übrigens stellen bei den Orthoptera die Gruben nicht die einzige Form dar, unter welcher sich der Hilfsapparat des Geruchsorgans, ent- & wickelt; denn bei Mantis religiosa L. z. B. konnte ich überhaupt keine 378 no | Gustav Hauser, Gruben entdecken, sondern es fanden sich auf den einzelnen Gliedern, mit Ausnahme der 8 ersten, je gegen 200 kleine, gekrümmte, in Grüb- chen stehende, hohle Chitinkegel, welche vorn eine feine Öffnung besitzen. Bei den zu den Orthoptera zu zählenden Libellulidae hingegen kom- men nach der Abbildung von Hıcks große, im Innern des Fühlers viel- fach ausgebuchtete Gruben vor, welche wahrscheinlich, wie die zusam- mengesetzten Gruben der Fliegen, eine größere Anzahl von Nervenendi- gungen enthalten. 2) Neuroptera. Von den Netzflüglern untersuchte ich nur die Antennen einer Chry- sopa; es finden sich an den Fühlern dieses Thieres außer zahlreichen, sehr langen Tastborsten äußerst kleine, blasse, durchscheinende Zäpf- chen von 0,046 mm Länge und etwa 0,0027 mm Breite (Fig. 2). Es sind dieselben in einer Anzahl von 15—20, nahe dem Vorderrande aller Glieder, mit Ausnahme der ersten 6, vorhanden; ob dieselben vorn offen sind, konnte ich nicht entscheiden, doch ist dies, wie man aus ana- logen Fällen bei anderen Insekten schließen kann, sicher anzunehmen. Gruben konnte ich bei Chrysopa nicht entdecken. 3) Hemiptera. Bei den Wanzen ist es mir trotz der mühsamsten Untersuchungen, welche ich an Pyrrhocoris apterus L. und anderen Arten anstellte, nie- mals gelungen, an den Antennen, außer 2 Arten von Tastborsten, welche sich nur durch ihre verschiedene Länge unterscheiden, irgend ein an- deres Organ zu entdecken. Lespts giebt allerdings mit Bestimmtheit an, dass die Hemiptera am 4. oder am letzten Fühlergliede Gruben besäßen ; allein ich muss mich streng an meine eigenen Beobachtungen halten, welche mir zeigten, dass es bei weniger sorgfältiger Untersuchung sehr leicht möglich ist, die Gelenkgrube einer ausgefallenen Tastborste für eine selbständige Fühlergrube zu betrachten. Eine Öffnung konnte ich an den Borsten der Fühler ebenfalls nicht wahrnehmen und es sind so- mit noch bessere und eingehendere Untersuchungen nöthig, um zu kon- statiren, ob an den Antennen der Wanzen ebenfalls ähnliche Papane nen wie bei anderen Insekten. 4) Diptera. Die Fühlergruben der Fliegen sind diejenigen, welche bis jetzt am genauesten studirt waren, und es sind hierin insbesondere die in der Physiologische u, histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 379 Einleitung bereits erwähnten Arbeiten von Lrypie, GRABER und PauL Mayer hervorzuheben. | Meine Untersuchungen, welche sich auf mehr als 60 Fliegenarten “erstrecken, stimmen mit denen Pau Mayer’s im Wesentlichen überein; doch da dem genannten Autor die direkte Verbindung des Sinnesappa- rates mit dem Antennennerv entgangen ist und derselbe nur schema- tische Zeichnungen seinem Aufsatze beifügt, so erachte ich es nicht für überflüssig, wenn ich die Resultate meiner eigenen Untersuchungen aus- führlich bespreche. Die Fühlergruben sind bei den Diptera brachycera wohl ausnahms- los auf das dritte Fühlerglied beschränkt, d. h. sie finden sich niemals am ersten und zweiten Gliede. Die Anzahl der Gruben schwankt bei den verschiedenen Arten außerordentlich ; Helophilus floreus L. z. B. hat auf jeder Fühlerscheibe nur eine einzige Grube, während Echinomyia grossa L. deren über 200 besitzt. Am Schlusse der Arbeit soll diese merkwürdige Erscheinung einer eingehenderen Betrachtung gewürdigt werden. Während bei den Orthoptera, die Libellulidae wahrscheinlich aus- genommen, in einer Fühlergrube immer nur eine Nervenendigung vor- _ handen ist und niemals eine Verschmelzung mehrerer Gruben zu einer größeren stattfindet, begegnen wir bei den Fliegen innerhalb gewisser Familien fast ausschließlich zusammengesetzten Gruben, welche 10, 20, ja oft gegen 400 Riechhaare in sich schließen und theilweise offenbar durch Verschmelzung mehrerer Gruben entstanden sind. Solche Gruben sind dann meistens durch Scheidewände in mehrere Kammern abgetheilt, deren Zusammengehörigkeit nur ‘durch den gemeinschaftlichen Ausfüh- rungsgang bedingt ist. Einfache Geruchsgruben mit einem Riechstäbchen fand ich nur bei den Tabanidae (Fig. 5), Asilidae, Bombylidae, Leptidae, Dolichopodidae, Stratiomydae und Tipulidae; bei letzteren scheint die zusammengesetzte Form gar nicht vorzukommen, während bei den übrigen angeführten Familien auch zusammengesetzte Gruben, welche 2—A0 Nervenendi- gungen enthalten, sich vorfinden. Die Fühlergruben der Fliegen sind stets nach außen offene, sackför- mige Einstülpungen der äußeren Fühlerdecke von mannigfaltiger Gestalt, welche niemals durch eine Membran geschlossen sind. Da dieselben bei den verschiedenen Arten in ihrer Struktur nur sehr wenig oder gar nicht von einander abweichen, so werde ich mich auf die ausführliche Be- schreibung der Gruben nur einer Art beschränken. Betrachtet man die Fühlerscheibe von Cyrtoneura stabulans Fall. von oben, so erscheinen die Gruben als dunkle, oft fast kreisrunde, oft 380 - | Gustav Hauser, mit unregelmäßigen Ausbuchtungen versehene, im Inneren des Fühlers liegende, durch die äußere Fühlerdecke durchscheinende Ringe (Fig. 3 a). Fertigt man einen sagittalen Längsschnitt durch das dritte Fühlerglied von Gyrtoneura stabulans Fall. an, so erhält man die in der Mitte der Fühlerscheibe gelegenen Gruben horizontal durchschnitten, während die außen am Rande mündenden Gruben in ihrer Längenachse durchschnit- ten sich darstellen. Ihre Gestalt ist im Allgemeinen triehterförmig; sie beginnen mit einer kleinen runden Öffnung von 0,008—0,01 mm im Durchmesser, welche von einem aus einfachen Cuticularerhebungen be- stehenden Borstenkranze geschützt ist. Das Lumen der Grube erweitert sich rasch und erreicht in seiner größten Weite durchschnittlich einen Durchmesser von 0,026 mm, bei den größeren Gruben von 0,06—0,09 mm; ihre Tiefe beträgt 0,03—0,09 mm. Der Boden der Grube zeigt regelmäßig eine ziemlich starke Wölbung, deren Konvexität gegen das Innere des Fühlers hin gerichtet ist. Ihre Längenachse bildet mit der Längsachse des Fühlers meistens einen spitzen Winkel, so dass also ihre Öffnung von der Basis des dritten Fühlergliedes weiter entfernt ist, als der Mittelpunkt ihres Bodens. Daher kommt es, dass häufig die äußere Fühlerdecke selbst einen Theil der Grubenwandung bildet (Fig. 3 d). Sowohl diese als auch der Grubenboden stehen der äußeren Fühler- hülle an Dicke wenig nach; es beträgt dieselbe durchschnittlich 0,002 mm. Der ganze Boden und auch ein Theil der Grübenwand ist mit klei- nen, zarten, blassen, borstenförmigen Guticularerhebungen ausgekleidet (Fig. 4 B). Zwischen diesen befinden sich auf dem Boden kleine, dünn- wandige, blassgefärbte, bläschenförmige Erhabenheiten, welche, von oben betrachtet, als kleine, runde, stark glänzende, weiße Körperchen sich darstellen (Fig. 3 u. 4 b) und meistens durch die äußere Fühler- decke durchscheinen. Die Anzahl dieser Wülstchen hängt ganz von der Größe der Grube ab; sie schwankt zwischen dreißig und hundert. In ihrer Mitte zeigen sie eine kleine Öffnung, durch welche die Riechstäb- chen hindurchtreten und in das Lumen der Grube hineinragen. Figur A zeigt einen kleinen Abschnitt des Grubenbodens mit den dazu gehörigen Riechzellen von Cynomyia mortuorum L. bei fünfzehn- hundertfacher Vergrößerung. Die Riechstäbchen (Fig. 4 RS) erscheinen als blasse, fast glashelle, nach oben hin sich mäßig verjüngende, stumpfe Stäbchen von 0,009—0,04 mm Länge und einer durchschnittlichen Dicke von 0,0008 mm. Sie stehen in direkter Verbindung mit rundlichen, etwas in die Länge gezogenen Zellen, welche ein grobkörniges Proto- plasma haben und in ihrer Mitte einen großen runden, mit zahlreichen kleinen Kernkörperchen versehenen dunkleren Kern. Die Länge der Zellen beträgt 0,007—-0,008 mm, ihre Breite 0,006—0,007 mm. An Phyeiloische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 381 - ihrem vorderen Pole, an welchem das Riechstäbchen aufsitzt, sind die "Zellen etwas kegelförmig ausgezogen, so dass der Übergang in das Stäb- ehen allmählich stattfindet; immerhin ist die Grenze zwischen Stäbchen und Zelle sehr deutlich, indem letztere grobkörniges Protoplasma be- "sitzt. Der große Fühlernerv schickt zu jeder Grube einen ziemlich star- ken Ast, welcher sich aber unmittelbar vor den der Grube anliegenden Zellen mehrfach theilt und zu jeder Riechzelle eine äußerst feine Ner- venfaser sendet (Fig. 4 d). Die eben geschilderte Form der heise und des dazu ge- hörigen Nervenendapparates ist typisch für sämmtliche Diptera brachy- cera. Die vorkommenden Unterschiede beschränken sich lediglich auf die Größe der Gruben und die Anzahl der Nervenendigungen, welche dieselben in sieh schließen. Die Gruben der Tipulidae scheinen einen etwas abweichenden Bau zu haben, wie sich aus ihrer nach außen füh- | renden Öffnung schließen lässt. Dieselbe ist kreisrund, mit einem klei- nen Ghitinwalle umgeben und nicht durch Borsten verdeckt. Es er- innert daher eine solche Grubenöffnung in ihrem äußeren Ansehen sehr ‚an die der Heuschrecken und vieler Hymenoptera. Sie sitzen regelmäßig am dritten Fühlergliede; Pachyrhina pratensis L. hat deren gegen 60, eben so Tipula oleracea L. und Gtenophora; von den beiden letzteren giebt Hıcks eine Abbildung des dritten Fühlergliedes, allein leider lässt sich aus seinen Zeichnungen von der Struktur der Gruben nicht das Mindeste erkennen. 5) Lepidoptera. Über die Fühlergruben der Schmetterlinge konnte ich in der Litte-. ratur außer den Arbeiten von Hıcks und Lesp£s nur wenige Angaben finden; Hrers bildet allerdings in der schon mehrfach erwähnten Arbeit nicht allein den Fühlerkolben von Argynnis Paphia L. ab, sondern stellt auch die in demselben sich vorfindenden Gruben im senkrechten Schnitte % und von der Oberfläche aus betrachtet dar; allein auch diese Zeichnun- gen vermögen über den Bau und die histiologischen Details eben so _ wenig Aufschluss zu geben, als die vorhin angeführten Abbildungen der - Fühlergruben von Tipula und Ctenophora. Lespts, welcher die Verbreitung der Fühlergruben sämmtlicher In- £ sektenklassen bespricht, behauptet, dass dieselben bei den Tagschmet- terlingen auf die zwei Endglieder beschränkt seien, während sie sich bei - den Spannern an allen Gliedern, mit Ausschluss der beiden Endglieder, vorfänden; von den mit Kammfühlern ausgestatteten Spinnern und Eulen sagt er: »La face superieure de chaque lame est couverte de poils; la face inferieure porte des tympanules«. Lespts glaubt nämlich, dass die a a 382 Gustav Hauser, Fühlergruben sämmtlicher Insekten mit einer Membran, einem Trommel- fell nach seiner Anschauung, überspannt seien. Hıcks hat richtig erkannt, dass die Gruben von Argynnis PaphiaL. einer Membran, wie sie Lesp£s gefunden haben will, entbehren; auch sind dieselben nicht, wie Lespts von den Tagschmetterlingen sagt, allein auf die beiden Endglieder beschränkt, sondern verbreiten sich in großer _ Anzahl über den ganzen Fühlerkolben, was höchst wahrscheinlich auch für die übrigen Tagschmetterlinge geltend ist. Bei Vanessa Jo L. hat jedes Glied des Fühlerkolbens gegen 50 Gru- ben. Figur 5 stellt eine Fühlergrube von Vanessa Jo L. im senkrechten Schnitte bei 2500facher Vergrößerung dar. Es istaußerordentlich schwie- rig von dem Fühlerkolben dieses Schmetterlings schöne Präparate zu erhalten, da sich die Schnitte ungemein schwer färben ; am geeignetsten scheint mir für die Färbung Hämatoxylin oder Anilinviolett zu sein. Die Chitinhülle des Endkolbens (Fig. 6 Ch) hat durchschnittlich eine Stärke von 0,046 mm und ist dicht mit Borsten, oder richtiger mit ziemlich langen, dünnen Stacheln besetzt, welche aber kein Gelenk be- sitzen, sondern unmittelbare Erhebungen der Cuticula bilden; doch kommen auch Gelenkborsten vor, aber in ziemlich spärlicher Verbrei- tung. In sehr großer Anzahl sind hingegen Schuppen vorhanden, ähn- lich denen der Flügeloberfläche. Die Fühlergruben sind gerade so wie bei den Heuschrecken und Fliegen durch eine Einstülpung der Chitinhülle des Fühlers gebildet. Mit den Fühlergruben der Fliegen zeigen sie eine außerordentliche Ähn- lichkeit; denn sie entbehren wie diese einer Membran und ihre nach außen mündende Öffnung ist ebenfalls durch die borstenförmigen Er- hebungen der Chitindecke geschützt. Doch konnte ich meistens nur ein- fache, selten zusammengesetzte Gruben finden; letztere enthielten dann höchstens zwei Nervenendigungen. Es haben die Gruben mehr oder weniger die Gestalt eines umge- kehrten Trichters, indem der Grund derselben die nach außen führende Mündung im Durchmesser oft beträchtlich übertrifft. Die Mündung hat eine durchschnittliche Weite von 0,045 mm, während der Durchmesser der Grube nahe ihrer Basis 0,02 mm und darüber beträgt; ihre Tiefe schwankt zwischen 0,033 und 0,04 mm. Die Wandungen der Grube werden gegen den Boden hin allmählich dünner; ihre Dicke beträgt hier nur noch 0,0045 mm. In der Mitte des Bodens einer jeden Grube be- findet sich eine kleine, runde Öffnung von 0,007 mm im Durchmesser, welche von einem etwas erhabenen, mit steifen Borsten besetzten Rande umgeben ist (Fig. 6 a); diese Borsten, sechs bis acht an der Zahl, sind jenen oben schon beschriebenen Cuticularerhebungen der scher: a, 03 4 Er Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 383 Fühlerhülle und der Grubenwandung vollkommen gleichwerthig; sie konvergiren nach oben hin etwas und umfassen die durch die Boden- öffnung hindurchtretende Verlängerung der Riechzelle so wie das Riech- stäbchen (Fig. 6 RS), welches frei in das Lumen der Grube hineinragt. Der Nervenendapparat von Vanessa Jo L. zeigt mit dem der Ortho- ptera und Hymenoptera eine große Ähnlichkeit, indem sich bei ihm ebenfalls eine bedeutende Vergrößerung des Kerns vorfindet. Die Länge des ganzen Endapparates, also die Entfernung vom Ende des Riech- stäbchens bis zu der zur Zelle tretenden Nervenfaser beträgt 0,06 mm; die des Kerns allein aber 0,032 mm, also etwas mehr als die Hälfte des ganzen Apparates. Der Kern hat eine länglich runde Gestalt und besitzt ein feinkörnig getrübtes, etwas dunkles Protoplasma ; in seinem Innern befinden sich fünf bis acht dunklere, etwas grobkörnig erscheinende Kernkörperchen von verschiedener Größe; die Breite des Kerns beträgt etwa 0,02 mm. Unmittelbar vor der Bodenöffnung der Grube verschmälert sich die Zelle zu einem schmalen, cylindrischen Zapfen (Fig. 6 c), welcher eine Länge von 0,04 mm und eine mittlere Breite von 0,003 mm be- sitzt; sein Protoplasma färbt sich bedeutend heller als das des Kerns. Dieser Zapfen, welchem das Riechstäbchen aufsitzt, tritt durch die Bodenöffnung der Grube hindurch und reicht fast bis zu dem Ende des die Öffnung umgebenden Borstenkranzes. Das Riechstäbchen (Fig. 6 RS) ist ebenfalls von fast cylindrischer Form; es verjüngt sich nach oben hin nur sehr unbedeutend und hat ein abgerundetes, stumpfes Ende. Es ist ziemlich durchsichtig, hell und vermag das Licht stärker zu brechen als das Zellprotoplasma; seine Länge beträgt 0,014 mm, die Dicke 0,0042 mm. Bei sämmtlichen übrigen Familien der Schmetterlinge ist es mir leider nicht gelungen die Fühlergruben zu entdecken, obwohl Lesp&s den Sitz derselben genau bezeichnet. Immerhin kann ich Lespzs’ Be- x _ hauptungen nicht absolut in Abrede stellen, indem sich gerade bei den Bombycidae, Noctuae und Geometrae an den Antennen die auffallendsten _ sekundären Sexualcharaktere vorfinden, welche nur durch die Annahme, dass in den Antennen der Sitz des Geruchssinnes sei, sich ungezwungen und befriedigend erklären lassen. 6) Goleoptera. Auch die bei den Käfern angestellten histiologischen Untersuchungen ergaben im Allgemeinen ein recht ungünstiges Resultat, so dass ich leider auch hier den Angaben Lespts widersprechen muss. So giebt Lespts z. B. an, dass bei den Carabidae die Gruben sich Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV.Bd, 25 Es 384 | Gustav Hauser, auf den vier ersten Gliedern befänden. Ich konnte aber bei keiner Art der Carabidae, obwohl ich deren eine beträchtliche Anzahl untersuchte, überhaupt nur Fühlergruben entdecken. Stets sind. nur Tastborsten vor- ‚handen, deren Gelenkgruben allerdings häufig, zumal wenn die Borsten ausgefallen sind, offenen in das Lumen des Fühlers führenden Gruben sehr ähnlich sehen. Das gleiche Verhalten zeigten fast alle von mir unter- suchten Gerambycidae, Gurculiones, Chrysomelidae und Cantharidae. Dicht an den Tastborsten finden sich zwar bei Callidium und Gan- tharis äußerst kleine, runde Öffnungen, allein ich wage nicht, dieselben den bisher geschilderten Geruchsgruben an die Seite zu stellen. Mono- chammus sartor F. und sutor L. hat auf den letzten Fühlergliedern sehr eigenthümlich modificirte Borsten (Fig. 7 und 8 B); dieselben sind sehr kurz, auf der einen Seite stark gewölbt, auf der anderen gerade mit einer rinnenartigen Vertiefung und haben eine kurze schnabelartige Spitze. Mit der geraden Seite liegen sie der Fühlerdecke fast vollkommen auf und verdecken so drei bis vier kleine in das Innere des Fühlers führende Grübchen (Fig. 7 P, Fig. 8 Pc), in welche, wie es mir schien, feine Nervenfasern hineinragen. Leider erhielt ich keine Präparate, welche hierüber mit Bestimmtheit hätten Aufschluss geben können, und so muss ich die Entscheidung über die Bedeutung dieses ganzen Appa- rates einer späteren Untersuchung anheimstellen. Wohl unzweifelhaft ist das Vorkommen von Fühlergruben bei Silpha, _ Necrophorus, Staphylinus, Philonthus und Tenebrio. Die Öffnungen der Grübchen sind klein und mit einem schmalen Chitinringe umgeben ; bei Silpha, Necrophorus und Tenebrio lassen sich dieselben freilich von den Gelenkgruben der Borsten kaum unterscheiden, bei Philonthus und Staphy- linus aber sind sie mit diesen nur schwer zu verwechseln, indem sie sich durch ihre etwas bedeutendere Größe und die oft mehr ovale Form aus- zeichnen. Bei Philonthus aeneus R. (?) befinden sich auf dem letzten Fühlergliede gegen 400 solcher kleiner Grübchen (Fig. 9 @) in zerstreu- ter Anordnung, welche durchschnittlich einen Durchmesser von 0,006 mm haben; außerdem besitzt aber diese Art auf jeder Seite des Endgliedes noch einen Apparat, welcher von oben betrachtet genau einer zusammen- gesetzten Fühlergrube, wie sie bei den Fliegen allgemein verbreitet sind, gleicht und zweifellos auch als solche zu deuten ist. Es ist dies nämlich eine nach außen durch eine kleine Öffnung mündende größere Grube (Fig. 9 Gz) von 0,036 mm im weitesten Durchmesser, deren Boden mit 30 kleinen, runden, durchsichtigen, das Licht stark brechenden Wülst- chen bedeckt ist, in der nämlichen Weise, wie wir dies bei den zu- sammengesetzten Fühlergruben der Diptera brachycera gefunden haben. Obwohl ich keinen durch eine solche Grube angefertigten Schnitt besitze, | Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 385 so zweifle ich doch nicht, dass diese kleinen glänzenden Wülstchen gerade so wie bei den Fliegen den Riechstäbchen zum Durchtritt in das Lumen der Grube dienen. Bei Staphylinus fand ich nur die oben er- wähnten einfachen Grübchen. Sehr merkwürdige Gruben finden sich an den Fühlerlamellen von Melolontha vulgaris L. und anderer Lamellicornia. Nur an den beiden nach außen gekehrten Flächen des ersten und siebenten (beim Q sechs- ten) Fühlerblattes, so wie an den Rändern der übrigen Blätter kommen zerstreut stehende Borsten vor; die nach innen gekehrten Flächen des ersten und siebenten Blattes hingegen, so wie die beiden Flächen des zweiten bis sechsten Blattes sind mit dicht an einander gereihten, ziem- lich seichten Vertiefungen von unregelmäßiger Gestalt besetzt; es zeigen sich alle möglichen Abstufungen von fast kreisrunder bis zu regelmäßig hexagonaler Form. Diese Grübchen (Fig. 40 G) haben eine durchschnitt- liche Weite von 0,048 mm und eine Tiefe von 0,04 mm. In ihrer Mitte befindet sich eine kleine trichterförmige Öffnung von 0,008 mm im Durch- messer, welche in einen schmalen, in dasInnere desFühlerblattes münden- den Kanal führt und von einer kleinen, wallartigen Erhöhung (Fig. 40 a) desGrubenbodens ringförmig umgeben ist. Von diesem kleinen Chitinwalle aus erhebt sich eine äußerst zarte, dünne Membran, welche die Öffnung des Kanals in der Form eines stark gewölbten, von oben her aber etwas abgeflachten Bläschens (Fig. 10 v) verschließt. Es ist außerordentlich schwer die zu diesem Apparate gehörigen Nervenelemente zu erkennen. Nach meinen Untersuchungen gehört zu jeder Grube eine rundliche, häufig etwas in die Länge gezogene Zelle (Fig. 10 c) mit dunklerem Kern, welche in jenen Kanal einen fadenförmigen Fortsatz (Fig. 40 n) sendet. Ob diese Zelle einer Stäbchenzelle entspricht, vermag ich nicht zu entscheiden. Die Anzahl der eben geschilderten Gruben ist bei Melolontha vulga- ris eine enorme; das Männchen zählt deren etwa 39 000, das Weibchen ungefähr 35 000 an jeder Antenne. Sehr deutlich sind die Fühlergruben bei Dytiscus marginalis L.; es liegen bei dieser Art an den beiden oberen Dritttheilen der inneren Seite der sieben letzten Fühlerglieder Gruppen von je 60—80 kleiner Grüb- chen, welche gegen das Ende der Glieder hin dichter stehen. Diese Grübchen sind fast vollkommen kreisrund, von einem schmalen Chitin- walle (Fig. 14 a) umgeben und haben eine mittlere Weite von 0,04 mm; sie verengern sich Anfangs trichterförmig, gehen aber dann in einen weiten Kanal über (Fig. 11 c), welcher mit einer weiten Öffnung in das Innere des Fühlers mündet. Es ist wahrscheinlich, dass diese Grübchen mit einer zarten Membran, ähnlich wie bei Apis, überspannt sind; doch 35* 386 Gustav Hauser, kann ich deren Anwesenheit nicht mit Bestimmtheit versichern, da mir keine Schnitte vorliegen. Außer diesen Fühlergruben finden sich aber bei Dytiscus margina- lis L. noch zapfenähnliche Gebilde, welche den später zu beschreiben- den Geruchskegeln von Vespa crabro L. durchaus ähnlich sind und jedenfalls auch die gleiche physiologische Bedeutung haben. Sie kommen sehr zerstreut ebenfalls auf den sieben letzten Gliedern vor, beschränken sich aber meistens auf das letzte Dritttheil derselben ; am zahlreichsten sind sie am Endgliede, welches an seiner Spitze eine Gruppe von 45 bis 20 solcher Zapfen trägt. Es stehen dieselben in becherförmigen Gruben (Fig. 12 f) von 0,02 mm im Durchmesser, aus welchen sie nur wenig hervorragen; sie sind dünnwandig, an der Spitze offen, haben eine kegelförmige Gestalt, zeigen aber etwas oberhalb der Mitte eine starke Einschnürung (Fig. 12 :); ihre ganze Länge beträgt 0,02 mm, die nach . außen mündende Öffnung ungefähr 0,0008 mm. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Fühlergruben und Zapfen von Dytiscus marginalis denen der Bienen und Wespen morphologisch und physiologisch vollkommen gleichzustellen sind. Leider kann ich aber aus Mangel an mikroskopischen Schnitten über die Nervenelemente dieser Apparate keinen Aufschluss geben. Bei Anophthalmus Bilimekii St. fand ich an den letzten Fühlerglie- dern ebenfalls je gegen 60 Zapfen, welche aber von den eben beschrie- benen in ihrer Form wesentlich abweichen; dieselben sind sehr blass, durchsichtig, cylindrisch, langgestreckt und im ersten Dritttheil in der Weise stumpfwinklig abgebogen, dass die beiden letzten Dritttheile mit der Längsachse des Fühlers parallel verlaufen (Fig. 43). Die Länge die- ser merkwürdigen Zapfen beträgt 0,035 mm, ihre Breite 0,005 mm. Ich fand sie nur bei Anophthalmus, sonst bei keiner anderen Art der Cara- bidae; am meisten gleichen sie noch den bei Chrysopa beschriebenen Zapfen. Sehr allgemein scheinen Zapfen von der Form, wie ich sie bei Dytiscus marginalis L. beschrieben habe, an den Kiefer- und Lippen- tastern der Käfer vorzukommen. Dytiscus marginalis L. selbst besitzt am Ende eines jeden letzten Tastergliedes Gruppen sehr kleiner Zäpf- chen, eben so Anophthalmus Bilimekii St., Melolontha vulgarisL. u. s. w. Bei Carabus violaceus L. fand ich an den Kiefertastern große, schon makroskopisch sichtbare, weiße Scheiben, welche mit einer großen An- zahl äußerst kleiner Zäpfchen besetzt sind. Ob die an den Tastern der Käfer vorkommenden genannten Organe ebenfalls als Geruchsorgane oder als Geschmacksorgane zu deuten sind, kann nur auf dem Wege des physiologischen Experimentes entschieden Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 387 werden; vermutblich werden dieselben Geschmacksnervenendigungen enthalten. | 7) Hymenoptera. Die Hymenoptera boten mir ein für histiologische Zwecke so außer- ordentlich günstiges Material, dass es mir gelang, den Endapparat des Geruchsnerven nicht allein am entwickelten Thiere genau zu unter- "suchen, sondern auch einige Phasen aus der Entwicklungsgeschichte des- selben zu erkennen. Ich benutzte nämlich zu meinen Untersuchungen Puppen von Vespa crabro L. in drei verschiedenen Stadien der Ent- wicklung, welche wegen ihrer verhältnismäßig noch sehr geringen Chi- tinabsonderung und wegen der Weichheit der Chitinschicht die Anferti- gung von sehr vollkommenen und dünnen Schnitten gestatteten. Leider bin ich nicht im Stande, vom ersten und zweiten Stadium das Alter der Puppen mit Genauigkeit anzugeben. 1. Stadium. Puppe ohne irgend eine Spur von Färbung, durch- aus gelblichweiß, sehr weich, die Flügel noch unentwickelt und in den kurzen Flügelscheiden steckend; vielleicht sechs Tage alt. In diesem Stadium ist die von den Hypodermiszellen abgesonderte - Chitinschicht (Fig. 14 Ch) noch äußerst dünn; sie misst kaum 0,007 bis 0,008 mm und es sind keine Spuren von Einstülpungen oder Ausstül- pungen wahrzunehmen. Die beiden Muskeln des Basalgliedes bestehen aus lose an einander liegenden, einfachen Primitivbündeln kontraktiler Muskelsubstanz, ohne irgend welche Streifung; dazwischen liegen zahl- reiche Zellen mit einem großen, deutlichen Kern. Die beiden großen ' Tracheenstämme, welche im Basalgliede eine Stärke von 0,06—0,08 mm besitzen, sind wohl entwickelt und zeigen bereits sehr deutliche Spiral- windungen; die sie umgebende Membran ist mit zerstreuten Kernen besetzt. | Es treten in jeden Fühler zwei große, dicht an einander liegende, in der Fühlergeißel sich theilende Nervenstämme ein, von welchen der schwächere 0,04 mm, der stärkere 0,08 mm dick ist. Es ist wahrschein- lich, dass der stärkere dieser beiden Nerven die Riechzellen mit Nerven versorgt, während der schwächere seine Fasern den Tastborsten zusen- det; denn es kommen auf eine Tastborste des Fühlers an der Geißel mehr denn 20 Geruchsgruben und Geruchskegel. Beide Nerven sind im gegenwärtigen Stadium mit allen ihren Ramifikationen schon vollkom- men entwickelt und es sind bereits Nervenfasern mit Hypodermiszellen in Verbindung getreten; das Perineurium der großen Stämme und Äste ist mit ziemlich zahlreichen, langgestreckten, spindelförmigen Kernen bedeckt. 388 Gustav Hauser, Die unter der dünnen Chitinhülle des Fühlers gelegene Schicht von Hypodermiszellen bietet den wichtigsten Theil für die Untersuchung dar, Dieselbe besteht aus einer Lage dicht an einander gereihter Zellen, welche sich gegenseitig abplatten, so dass sie, von oben betrachtet, un- regelmäßig polygonale Contouren zeigen. Sie besitzen ein helles, fein- körnig getrübtes Protoplasma und einen großen runden Kern mit zahl- reichen, kleinen Kernkörperchen. Fertigt man einen Längsschnitt durch einen Fühler an, so erschei- nen die Hypodermiszellen keilförmig und sehr bedeutend in die Länge gestreckt (Fig. 14 H); ihr vorderes, breites Ende ist gerade abgeplattet und grenzt an die schwache Chitinschicht, während ihr nach innen ge- richtetes Ende in einen langen, fadenförmigen Fortsatz ausläuft, welcher häufig Anschwellungen zeigt und mit einer, die Hypodermiszellen gegen das Innere des Fühlers hin abgrenzenden, bindegewebigen Membran (Fig. 14 m) in Verbindung steht. Zwischen diese einfache Zellenlage schieben sich weitere Hypodermiszellen von gleicher Struktur, welche aber, da sie die Chitinschicht selbst nicht erreichen, an ihrem nach außen gekehrten, breiteren Ende nicht abgeplattet sind, sondern ab- gerundet oder zugespitzt erscheinen. Die Dicke der ganzen Hypodermis- zellenschicht, d. i. also die Länge einer von der Chitinschicht bis zur inneren Membran reichenden Hypodermiszelle, beträgt 0,1 mm. Den eben geschilderten Charakter zeigt die Hypodermiszellenschicht am deut- lichsten und reinsten im Basalgliede des Fühlers, wo späterhin keine Sinneszellen zur Entwicklung kommen, sondern lediglich ein derber Chitinpanzer abgesondert wird. Wesentlich verschieden gestaltet sich aber das Bild in der Fühler- geißel; eine große Anzahl der Zellen ist hier so bedeutend modifieirt, dass die ursprüngliche Form der Hypodermiszellen an manchen Stellen ganz verändert erscheint. Statt der einfachen, langgestreckten Zelle mit dem fadenförmigen Fortsatz, finden wir 4—5 Mal so breite Zellen, welche vorn zugespitzt sind, in der Mitte eine starke Einschnürung zei- gen, zwei mächtige, mit Hämatoxylin und Karmin sich dunkler färbende Kerne besitzen und sich von der Chitinlage etwas zurückgezogen haben (Fig. 14 Sz). Der obere, kleinere Kern ist 0,02—0,025 mm breit und lang, rundlich, fast immer nach außen gerückt und hat 10—15 große, dunklere, grob granulirte Kernkörperchen. Der in der unteren Hälfte der Zelle gelegene Kern ist so mächtig, dass das eigentliche Zellenproto- plasma ganz verdrängt erscheint; er hat durchschnittlich eine Länge von 0,044 und eine Breite von 0,025—0,03 mm, doch kommen auch fast vollkommen runde Kerne vor. Er ist in der Regel etwas dunkler als der obere Kern und enthält 233—30 grob granulirte Kernkörperchen, welche 2 Physiologische u, histiologische Untersuchungen über d, Geruchsorgan d. Insekten. 389 bei Tinktion eine sehr intensive Färbung annehmen. Nicht selten sieht man, dass unten an den Kern eine Nervenfaser tritt, welche mit der Sinneszelle eine vollständige Verbindung eingeht (Fig. 14 n). - Eine Vorstufe zu den eben beschriebenen Zellen bilden wahrschein- lich Hypodermiszellen, welche im Verlaufe ihres proximalen, fadenför- migen Fortsatzes eine bedeutende Anschwellung mit grobkörnigem Proto- plasma besitzen (Fig. 14 a). Unter dieser Voraussetzung würde eine solche Sinneszelle sich aus einer einzigen Hypodermiszelle entwickeln, indem dieselbe sammt der entstandenen Anschwellung ein bedeutendes Wachsthum eingeht. Der ursprüngliche Kern nimmt ebenfalls mächtig an Größe zu und theilt sich schließlich in zwei Kerne, von welchen der untere sich zum bleibenden Kern entwickelt, während der obere sammt dem oberen Zellenabschnitt zur weiteren Bildung des Endapparates verwandt wird. Leider konnte ich den Akt der Theilung des ursprünglichen Kerns nicht beobachten, da hierzu Puppen eines noch jüngeren Stadiums nöthig gewesen wären. 2. Stadium. In den Augen hat sich Pigment abgelagert, sie er- scheinen daher dunkelviolett;; die Oberkiefer sind am Rande gelbbräun- lich gefärbt; alle übrigen Theile der Puppe sind weißgelb, die Flügel stecken noch in den kurzen Flügelscheiden. Das Alter beträgt vielleicht zwölf Tage. Die abgesonderte Chitinschicht hat nun eine Stärke von 0,007 mm erreicht und zeigt schon eine deutliche blassgelbliche Färbung. Sämmt- liche aus ihr hervorgehenden Hilfsapparate für die Sinneszellen sind be- reits deutlich angelegt, ja theilweise fast vollständig entwickelt. Die - ganze äußere Oberfläche der Fühlergeißel ist mit zahllosen Längsspalten (Fig. 15 G) durchsetzt, welche die Eingangsöffnungen der späteren Ge- - ruchsgruben bilden; außerdem finden sich zerstreute, theils in der Aus- stülpung begriffene (Fig. 15 Z,), theils schon ausgestülpte, hohle, nach außen offene Geruchskegel (Fig. 15 Z) und Tastborsten. Die ganze Fühleroberfläche ist außerdem vertieft punktirt. Die Entstehung der _ Spaltöfinungen ist leicht erklärlich, wenn man dieselben im Querschnitte oder Längsschnitte betrachtet. Indem nämlich die dünne Chitinlamelle _ im ganzen Umfange der sich bildenden Spaltöffnung, also in der Form einer sehr langgestreckten, in der Richtung der kurzen Achsen sehr ab- geplatteten Ellipse, sich einzustülpen beginnt (Fig. 15 f., vergl. auch Fig. 17), so entsteht an jener Stelle, um welche herum die Einstülpung stattfindet, ein so starker, von allen Seiten wirkender Zug, dass es noth- wendig zu einem Riss in der Chitinhülle kommen muss. Auch die Ge- 3 'ruchskegel legen sich zuerst durch eine Einstülpung der Chitinhülle an, welche aber in der Form eines Trichters vor sich geht; späterhin findet 390 Gustav Hauser, dann aber wieder eine Ausstülpung statt, so dass der vollendete Kegel als ein stumpfer Kegel über die Oberfläche des Fühlers emporragt. Erst nachdem die Spaltöffnungen und Kegel sich schon vollkommen entwickelt haben, bildet sich der zu ihnen gehörige Kanal, indem unter ihnen die chitinogenen Zellen durch eine Sinneszelle verdrängt sind, mithin in die- sem Bereiche keine weitere Chitinabsonderung stattfinden kann. Außer den Spaltöffnungen, Kegeln und Tastborsten sind auf der Fühleroberfläche noch zerstreut liegende, schuppenartige Gebilde (Fig.15 S) vorhanden, welche als unmittelbare Erhebungen des Chitins zu betrach- ten sind. Die Muskelfasern der beiden im ersten Gliede befindlichen Muskeln zeigen bereits eine Andeutung von Querstreifung. Eine bedeutende Veränderung ist ferner an den Sinneszellen vor sich gegangen. Der obereKern hat sich aufgelöst und statt seiner finden sich 2—3 kleinere, körnig getrübte Kerne (Fig. 15 X,), meistens an der Seite des nun nahezu cylindrisch geform- ten Zellenkörpers vor. Die ursprüngliche Einschnürung ist mehr oder weniger verstrichen; dagegen hat sich der vorderste Theil des Zellkör- pers mehr zugespitzt und sich durch einen Kranz von äußerst kleinen, dunklen, länglich viereckigen, durch Tinktion sich intensiver färbenden Körperchen, von welcheneinesehrzarteStreifung ausgeht, von dem rückwärts gelegenen Theil der Zelle scharf ab- gegrenzt (Fig. 15 SK). Von ihm selbst wieder hat sich genau in der glei- chen Weise, also durch einen zweiten derartigen Kranz ein kur- zes kegelförmiges Zäpfchen (Fig. 15 RS) abgeschnürt, welches sich späterhin zum Riechstäbchen entwickelt. Sowohl die zu den Kegeln als auch die zu den Spaltöffnungen ge- hörigen Sinneszellen zeigen genau die eben beschriebene Struktur; sie unterscheiden sich lediglich durch ihre Größe, welche bei den zu den Zapfen gehörigen Zellen 0,1 mm, bei den anderen 0,08 mm beträgt. An den Spaltöffnungen findet sich aber außerdem noch eine höchst merkwürdig gestaltete Zelle (Fig. 15 MZ), deren weiteres Schicksal ich trotz der angestrengtesten Untersuchungen nicht mit Bestimmtheit fest- stellen konnte. Diese Zelle liegt dicht neben der Sinneszelle; sie hat einen ziemlich kleinen, einfachen, grobkörnig getrübten Kern, neben welchem häufig noch ein kleinerer vorkommt. Gegen die Spaltöffnung hin verbreitert sich die Zelle bedeutend und bildet in dieser eine der Spaltöffnung entsprechende Platte (Fig. 15 M), in welcher sich meist nahe dem Rande eine kleine runde Öffnung (Fig. 15 a) befindet. Ich besitze mehrere, mit Hämatoxylin gefärbte Präparate, bei welchen sich diese eigenthümliche Zelle von der darüber liegenden Chitinschicht iso- lirt vorfindet, so dass über deren Vorhandensein kein Zweifel sein kann. Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d, Geruchsorgan d. Insekten. 391 Ich werde sie membranbildende Zelle nennen, denn es scheint in der That, dass sie eine die Spaltöffnung schließende Membran erzeugt. 3. Stadium. Die ganze Puppe ist gelblich gefärbt, nur die Beine, Fühler und Flügel zeigen noch eine mehr weißgelbe Färbung; die Augen sind sehr dunkel pigmentirt, die Punktaugen treten deutlich hervor; die Oberkiefer sind am Rande dunkelbraun; der Thorax ist oben und unten braun gefärbt, die beiden breiten Mittelstriemen auf der Rückenseite dunkelgelb; die Ränder der Hinterleibssegmente erscheinen ebenfalls bereits dunkler, die Flügel sind noch nicht entfaltet, aber sonst vollkom- men entwickelt. Die Puppe steht wenige Tage vor dem Ausfliegen. In diesem Stadium sind sämmtliche Organe des Fühlers bereits voll- kommen entwickelt, nur ist die Chitinschicht, welche nun ihre definitive Stärke von 0,06 mm und eine blassgelbe Färbung erreicht hat, noch ziemlich weich, so dass die Anfertigung sehr feiner Schnitte immer noch keine großen Schwierigkeiten darbietet. Die Kegel sind nun alle aus- gestülpt; die ganze Länge eines solchen, also von der Spitze desselben bis zur tiefsten Stelle der ursprünglichen Einstülpung gemessen, beträgt 0,034 mm, seine Höhe von der Fühleroberfläche aus berechnet 0,02 mm, die feine, porenförmige Öffnung an der Spitze 0,0044 mm. Unter dem Kegel hat sich ein weiter, in seinem Querschnitte kreisförmiger Kanal gebildet, in welchem der ganze obere Theil der Sinneszelle liegt, so dass das Riechstäbchen (Fig. 16 RS) fast bis zu der nach außen führenden Kegelöffnung hinaufragt. Ein gleicher, nur wenig schmälerer Kanal hat sich unter den Spalt- öffnungen, welche eine Länge von 0,036 mm und eine Breite von 0,0046 mm besitzen, gebildet; das Lumen dieses Kanals entspricht aber in sei- ner Form nur auf eine sehr kurze Strecke dem der Spaltöffnung, indem es allmählich in eine ebenfalls kreisförmige Gestalt übergeht, so dass also die außen mündende Öffnung einer Fühlergrube spaltförmig, die in das Innere des Fühlers führende kreisförmig erscheint (Fig. 16 u. 17 @). Figur 48 stellt einen Tangentialschnitt eines Fühlers von Vespa crabro L. dar, an welchem die Fühlergruben, Kegel und Tastborsten (Fig. 18 G, Z, TB) in verschiedenen Höhen quer durchschnitten sind; an den nicht in den Schnitt gefallenen Spaltöffnungen sieht man die innere, runde Grubenöffnung durch die Fühlerdecke durchscheinen (Fig. 18 @). Sehr merkwürdig, zugleich aber äußerst schwierig für die Unter- suchung, ist das Verhalten der schon oben erwähnten membranbilden- den Zelle. Dieselbe findet sich ausnahmslos in jeder Fühlergrube und liegt immer dicht der Sinneszelle an; es scheint in der That, dass sich dieselbe vor der Spaltöffnung fächerartig verbreitert und eine zarte, die Spaltöffnung verschließende Membran bildet (Fig. 16 M). Zugleich 392 Gustav Hauser, Eee KARTE. -- % Z = scheint dieselbe an ihrer der Sinneszelle zugewandten Seite etwas ein- gebuchtet zu sein, indem sie an Frontalschnitten des Fühlers, welche also quer durch die Spaltöffnungen geführt sind, stets einen tiefen, länglich runden Einschnitt (Fig. 17 a) zeigt. Werden die Gruben hori- zontal durchschnitten, so findet man dieselben je nach der Höhe, in welcher der Schnitt geführt wurde, von jener membranbildenden Zelle entweder vollständig oder theilweise umschlossen (Fig. 18 @,); im letzte- ren Falle gewahrt man meistens in dem frei bleibenden Theile das Ende des Riechstäbchens. Ich muss gestehen, dass ich trotz der sorgfältigsten Untersuchungen mir über diese Zelle nicht vollständig klar geworden bin; denn es färbte sich zumal der obere Theil derselben mit der von ihr gebildeten Membran stets so unvollkommen, dass man niemals scharfe Contouren wahrnehmen konnte; außerdem ist es mir aber niemals ge- lungen, Präparate herzustellen, an welchen man die Membran isolirt oder theilweise eingerissen hätte sehen können, wie ich dies z. B. bei den Fühlergruben von Apis mellifica L. gefunden habe. Eine Verbin- dung der Zelle mit einer Nervenfaser konnte ich niemals bemerken. Um so schöner und deutlicher sind dagegen die Sinneszellen, welche nun ebenfalls ihre höchste Entwicklung erreicht haben, in ihren feinsten Strukturverhältnissen zu erkennen. Der große Kern mit seinen zahlreichen, dunklen Kernkörperchen hat eine mehr ovale Gestalt ange- nommen und besitzt nun eine durchschnittliche Länge von 0,046 mm und eine Breite von 0,028 mm. Der Zellkörper ist langgestreckt, fast walzenförmig; der im Chitinkanal gelegene Abschnitt ist schmäler, leicht - bauchig erweitert, gegen den unteren Stäbchenkorb hin sich allmählich verjüngend. Von dem früheren oberen Kern sind noch ein bis zwei kleine Kerne vorhanden, welche in der Regel an dem unteren, außerhalb des Kanals gelegenen Theil der Zelle ihren Sitz haben. Der im Kanal ge- legene Abschnitt zeigt eine mitunter sehr deutliche Längsstreifung; die einzelnen Streifen scheinen mit den kurzen, stäbchenartigen Gebilden des unteren Stäbcehenkranzes (Fig. 16 SK), welche nun scharf contou- rirt sind und eine Länge von 0,003 mm, eine Breite von 0,0005 mm erreicht haben, in Verbindung zu stehen. Der untere Stäbchenkranz besteht aus 20—24, der obere aus 18—20 solcher Stäbchen, die des oberen Kranzes sind etwas schmäler als die des unteren. Wahrschein- lich sind diese Stäbchen einfache Verdickungen der Zellmembran, welche vielleicht den Zweck haben die Festigkeit des Apparates zu er- höhen. Bei Tinktion nehmen sie stets eine dunklere Färbung an, als die übrigen Zellentheile mit Ausnahme der Kernkörperchen. Zwischen beiden Stäbchenkränzen und eine kurze Strecke über dieselben hinaus verschmälert sich die Zelle kegelförmig und zeigt hier j Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 393 bei Tinktion regelmäßig eine etwas blassere Färbung. Darauf reiht sich das Riechstäbchen, ein langes, blasses, stumpf zugespitztes Stäbchen “ als unmittelbare Fortsetzung an (Fig. 16 RS); es hat eine Länge von 0,03 mm und eine mittlere Breite von 0,003 mm; mit Hämatoxylin und Karmin färbt es sich zwar ziemlich blass, aber sehr deutlich. Die Riechzellen der Gruben unterscheiden sich von denen der Kegel nur durch ihre geringere Größe und man kann daher annehmen, dass sie mit ihnen auch gleiche Funktion haben. In dem Kanal der Kegel finden sich neben der Riechzelle stets noch zwei eigenthümliche Zellen miteinem langen peitschen- förmigen Fortsatz, welcher in der Mitte ein helles Fleckchen be- sitzt. Die Zelle (Fig. 16 GZ) hat einen kleinen runden Kern und gleicht im Übrigen vollständig einer Hypodermiszelle. Da ich an ihr niemals einen Zusammenhang mit einer Nervenfaser finden konnte, so glaube ich, dass sie als Flimmerzelle fungirt. Was schließlich die Verbreitung der Gruben und Kegel bei Vespa crabro L. anbelangt, so besitzt jedes Glied der Fühlergeißel zwischen 1300 und A 400 Gruben, gegen 60 Kegel und etwa 70 Tastborsten; am Endgliede dagegen sind mehr als 200 Kegel vorhanden; es trägt dem- nach jeder Fühler zwischen 13 000 und 14000 Geruchsgruben und etwa 700 Kegel. Figur 19 stellt einen Querschnitt durch das vorletzte Fühler- glied von Vespa crabro L. dar; man erkennt hier, wie dicht die Spalt- öffnungen auf der Fühleroberfläche an einander gereiht sind und wie regelmäßig die Vertheilung der Kegel ist. Die Verbreitung der Geruchsgruben und Geruchskegel, wie ich sie eben geschildert habe, ist bei den Hymenoptera eine sehr allgemeine; die vorkommenden Abweichungen sind so geringfügig, dass kein Grund vorliegt mehrere Typen anzunehmen. — Fühlergruben mit einer spaltförmigen Öffnung kommen außer bei den mit Vespa zunächst verwandten Gattungen vorzüglich noch bei 'sämmtlichen Ichneumonidae, Braconidae und Cynipidae vor. Die Spalt- ‘öffnungen sind aber bei diesen Familien bedeutend länger und haben oft eine etwas gewundene Form. Bei allen Arten mit hellen Fühlern kann man die innere, in den Fühler mündende Grubenöffnung als eine runde oder nahezu runde, meist unter der Mitte des Spaltes gelegene - Scheibe erkennen. Bei Anomalon misst die Länge der Spaltöffnungen 0,08 mm, also mehr als das Doppelte wie bei Vespa crabro L., die Breite egan nur etwa 0,0014 mm; die innere Öffnung hat einen mittleren Durchmesser von ungefähr 0 ‚02 mm. Eine blasig erhobene, die Spalt- F öffnung schließende re wie sie Hıcks abbildet, Eals ich aber 394 Gustav Hauser, an den Gruben der Ichneumonidae niemals finden; sie scheinen über- haupt einer Membran zu entbehren. Mit Sicherheit konnte ich eine solche bei Apis mellifica L. nach- weisen, wo es mir gelang, dieselbe sowohl unversehrt als in losge- rissenen Stücken isolirt darzustellen. Die Fühlergruben von Apis melli- fica L., eben so die von Bombus unterscheiden sich von den bisher besprochenen noch dadurch, dass sie keine spaltförmigen, sondern fast kreisrunde äußere Öffnungen besitzen (Fig. 20); das Gleiche gilt wahr- scheinlich auch von den übrigen hierher gehörigen Gattungen. Die Verbreitung der Geruchskegel scheint auch bei den Hymenoptera viel beschränkter zu sein, als die der Gruben; bei den Ichneumonidae konnte ich solche niemals entdecken ; Apis mellifica L. besitzt an jedem Fühlergliede nur gegen 20 schlanke, blasse Kegel, also kaum den dritten Theil von V. crabro L., Formica hingegen, von welcher Gattung ich einige Arten untersuchte, scheint weit mehr Kegel als Gruben zu be- sitzen; die Kegel sind verhältnismäßig lang, blass, durchsichtig und fast keulenförmig; sie sind denen von Chrysopa nicht unähnlich. Nur an dem Endgliede gelang es mir, runde Öffnungen aufzufinden, welche in eine flaschenförmige Einstülpung der Fühlerdecke führen und wahr- scheinlich ein Riechstäbchen enthalten. Ausschließlich Kegel und nie- mals Geruchsgruben begegnete ich bei den Tenthredinidae. Sirex hat auf der Unterseite der neun letzten Glieder eines jeden Fühlers eine Gruppe von je 200—300 kleinen Kegeln, welche genau denen der Vespa crabro L. gleichen; Lyda trägt auf den letzten Gliedern je etwa 100 Kegel. Stellt man bei der Untersuchung das Mikroskop nicht auf verschie- dene Ebenen ein, so kann man leicht in den Irrthum verfallen, die Gelenkgruben der bei den Blattwespen so zahlreich vorhandenen Tast- _ borsten für Grubenöffnungen zu halten. Lespts und Erıcuson behaupten zwar auch von den Tenthredinidae, dass sie Geruchsgruben besitzen, allein ich konnte mich durch meine Untersuchungen nicht davon über- zeugen. Meine histiologischen Untersuchungen führten mich nun unter Be- rücksichtigung der oben besprochenen physiologischen Experimente zu folgendem Resultat: Das Geruchsorgan besteht bei den Insekten, d. h. sämmtlichen Orthoptera, Pseudoneuroptera, Diptera und Hymenoptera, ferner bei einem großen Theile der Lepidoptera, Neuroptera und Üoleoptera, 1) aus einem starken, von den Gehirnganglien entspringenden Nerv, welcher in den Antennen dieser Thiere verläuft; ES es % 14 - SESN Physiologische u. histiologische Untersuehungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 395 2) aus einem pereipirenden Endapparat, welcher aus Hypodermis- zellen hervorgegangene Stäbchenzellen darstellt, mit welchen die Fasern jenes Nerven in Verbindung treten; 3) aus einem Stütz- und Hilfsapparate, welcher durch die oben be- schriebenen, mit seröser Flüssigkeit gefüllten Gruben oder Kegel, die als einfache Einstülpungen und Ausstülpungen der Epidermis zu betrachten sind, gebildet wird. Anmerkung. Über die Verbreitung der Gruben und Zapfen bei den Larven der Insekten kann ich leider keinen Aufschluss geben, indem - meine Untersuchungen auf diesem Gebiete durchaus nicht hinreichend sind. Es schien mir aber, dass bei den Larven vorzugsweise Kegel ver- breitet sind und zwar ist deren Vorkommen nicht allein auf die Anten- nen beschränkt, sondern auch auf die Taster ausgedehnt. Bei sehr vie- len Larven aber vermochte ich weder Gruben noch Taster zu finden. Auch bei den Myriapoda finden sich an den Antennen kegelähnliche Gebilde; ich fand solche bei Lithobius forficatus L. und Leypıe bildet dieselben von Julus terrestris L. ab. Bei Lithobius sitzen je 3—5 Kegel am Vorderrande der einzelnen Fühlerglieder; sie stellen sehr kleine, fast eylindrisch geformte, blasse Organe dar. II. Untersuchungen über die verschiedengradige Entwicklung des - Geruchsorgans der Insekten nach den Gesetzen der natürlichen und geschlechtlichen Zuchtwahl. Da die Größe der Funktionsfähigkeit eines Fühlers als Träger des - Geruchsorgans sich nicht nach seinem äußeren, makroskopischen An- sehen allein beurtheilen lässt, so reichen die von mir durch meine ana- tomischen Untersuchungen gewonnenen Resultate leider nicht hin, um die Gesetze der natürlichen und geschlechtlichen Zuchtwahl auf die verschie- dengradige Entwicklung der Antennen sämmtlicher Insektenordnungen in gleicher Weise ausdehnen zu können. Ich muss mich daher bei die- sen Betrachtungen auf die Klassen der Hymenoptera, Lepidoptera, Dip- tera und Ortboptera beschränken und werde die Coleoptera, Neuroptera und Hemiptera gänzlich übergehen. “ Sind die von mir beschriebenen Gruben und Kegel in der That Ge- _ ruchsorgane, so muss deren Verbreitung nach den angeführten Darwın- - schen Gesetzen mit der Lebensweise der Thiere in so fern im Einklange = stehen, als dieselben sich bei Insekten, deren Biologie uns lehrt, dass sie eines scharfen Geruchssinnes zu ihrer Erhaltung benöthigt sind, be- sonders zahlreich vorfinden müssen, gegenüber solchen Insekten, deren Lebensweise einen schärferen Geruchssinn nicht erfordert. ’ 396 Gustav Hanser, dasselbe am deutlichsten bei den Diptera und Hymenoptera erkennen, indem gerade in diesen Ordnungen die größten Verschiedenheiten in der Lebensweise der Thiere sich geltend machen. Unter den Fliegen zeichnen sich alle diejenigen Arten, welche von faulendem Fleische oder vom Kothe leben, durch eine verhältnismäßig _ große Anzahl von Geruchsgruben aus; zugleich erreichen die Gruben oft eine bedeutende Größe, so dass zusammengesetzte Gruben mit mehr als 100 Riechstäbchen vorkommen. So besitzt Sarcophaga carnaria L. 60—80 große, zusammengesetzte Geruchsgruben an jedem Fühler, Calli- phora vomitoria L. 100—120 und Scatophaga stercoraria L. über 1 50 Gruben, während bei den von Pflanzen lebenden Tetanocerinae, Trype- tinae, Sapromyzinae und anderen hierher gehörigen Gruppen an einem Fühler nur 2—5 Gruben sich vorfinden. Sämmtliche Arten von Eristalis, Syritta und Rhingia leben im Lar- venstadium entweder von frischem oder faulendem Koth. Eristalis pra- torum Mg. hat an jedem Fühler gegen 30 größere, zusammengesetzte Gruben, von welchen zwei wohl über A400 Riechstäbchen enthalten; Rhingia rostrata L. zählt deren 10—15 und Syritta pipiens L. vollends gegen 30. Gerade bei diesen drei Gattungen ist die verhältnismäßig große Anzahl von Geruchsgruben höchst charakteristisch, indem bei den übrigen Syrphidae, deren Larven größtentheils im Mulme alter Bäume und im Mark von Pflanzen, in Schwämmen, theilweise auch von Blatt- läusen oder in Hummelnestern leben, meistens nur 4—3 Gruben an jedem Fühler vorhanden sind. So besitzen z. B. Syrphus ribesii L. vier, Volucella inanis L. und plumata Deg. drei, Cheilosia pulchripes Lw. und Xanthogramma ornata Mg. zwei und Helophilus floreus L. nur eine Füh- lergrube an jedem Fühler. Einen ziemlich hoch entwickelten Geruchssinn müssen wir ferner bei den Tabanidae, überhaupt bei allen blutsaugenden Insekten voraus- setzen; denn es ist eine bekannte Thatsache, dass dieselben in die Ställe unserer Hausthiere selbst durch eine Fuge in der Wand eindringen, so dass man nicht annehmen kann, es hätten sich die Thiere in einem solchen Falle durch ihren Gesichtssinn leiten lassen. Ganz entsprechend finden wir bei den Tabanidae an jedem Fühler zwischen 200 und 300 allerdings kleine, einfache Fühlergruben. Eben so besitzen die vom Raube lebenden Fliegen, nämlich die Asilidae, Therevidae, Empidae und Dolichopodidae vollkommen im Ein- , klange mit ihrer Lebensweise eine beträchtliche Anzahl meist einfacher Geruchsgruben. Auch die Oestridae haben entsprechend ihrer Lebensweise eine E Dieses Verhältniss findet nun in der That statt und zwar lässt sich __Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 397 hohe Anzahl von Geruchsgruben ; Gastrophilus equi F. besitzt an einem ‚Fühler etwa 140 zusammengesetzte Gruben. Überhaupt müssen wir fast bei allen Insekten, deren Larven eine parasitische Lebensweise führen, einen sehr hoch entwickelten Geruchssinn voraussetzen; denn nur da- durch vermögen wir die merkwürdige Thatsache.zu erklären, dass keine Fliege oder Schlupfwespe auf eine bereits von einem anderen Parasiten heimgesuchte Raupe mehr ein Ei ablegt. Wir finden daher bei allen Bombylidae und Tachinariae, deren Larven fast alle in Schmetterlings- raupen leben, eine hohe Anzahl von Geruchsgruben. Dexia rustica F. besitzt zwei größere und über 300 kleinere Gruben an jedem Fühler; Gonia trifaria Z. zählt gegen 80, Demoticus plebeius Fll. gegen 100 und Echinomyia grossa L. über 400, Bombylius maior L. über 120 Gruben an jedem Fühler. Das Gleiche gilt von den Conopidae, deren Larven bekanntlich im Abdomen der Bienen und Hummeln sich entwickeln. Bei Gonops flavi- pesL. fand ich auf dem dreigliedrigen Endgriffel und dem dritten Fühler- gliede zusammen über 300 Fühlergruben und bei Myopa picta Pz. über 200. Bei den Hymenoptera, welche stets nur einfache Geruchsgruben oder Geruchskegel besitzen, steigt die Anzahl derselben bis ins Unglaub- liche; und zwar finden wir die höchsten Zahlen bei den Vespidae und Apidae. Die Honigbiene hat an einem Fühler zwischen 14000 und 15000 Geruchsgruben und über 200 Kegel; Hıcks schätzt die Zahl der Gruben sogar auf 20 000 für jeden Fühler. Hylaeus grandis und Anthi- dium manicatum L. haben beide über 6000 Gruben an jedem Fühler; bei Vespa crabro L. finden sich, bi ao oben erwähnt wurde, an jeder Fühlergeißel zwischen 13000 und 44000 Gruben und etwa 700 Kegel; ein ähnliches Verhältnis gilt für Vespa vulgaris L., Polistes und 'Odynerus. Sämmtliche Bienenarten tragen Honig ein, um sich und ihre Brut zu ernähren; dabei sind dieselben in den Blüthen, welche sie zu diesem Zwecke besuchen, oft sehr wählerisch, so dass häufig bestimmte La ne u we ec Pflanzen von gewissen Bienenarten ausschließlich oder wenigstens mit großer Vorliebe heimgesucht werden. Es ist sehr einleuchtend, dass bei ‘ einer solchen Lebensweise für diese Thiere ein hoch entwickeltes Ge- ruchsorgan vom größten Vortheile sein muss. Das Gleiche gilt von den Vespidae, welche selbst von Honig und anderen süßen Stoffen leben, während sie ihre Brut mit zerkleinerten Insekten auffüttern. Wir finden daher auch bei den Grabwespen, welche ebenfalls ihren Larven andere Insekten zur Nahrung darreichen, eine ziemlich bedeu- tende Anzahl von Geruchsgruben. Ammophila sabulosa L. und Pompilus viaticus L. z. B. haben an jedem Fühler gegen 3 000 Gruben. 4 L D N - - N zu. 2 £ “ Y 398 Gustav Hauser, Ganz besonders aber zeichnen sich bei den Hymenoptera die Schlupfwespen aus, und zwar weniger durch die hohe Anzahl der Ge- ruchsgruben, als vielmehr durch deren eigenartige Entwicklung. Es besitzen nämlich deren Spaltöffnungen, wie schon oben erwähnt wurde, eine so außerordentliche Länge, dass sie bei manchen Arten die der Fühlergruben der Vespidae selbst um das Dreifache übertreffen. Es ist kaum zu bezweifeln, dass ein derartiger Bau ganz besonders zur Per- ception von Gerüchen befähigt, indem den die Geruchsempfindung her- vorrufenden Stoffen der Zutritt zu den Endigungen des Geruchsnerven wesentlich erleichtert wird. Dabei erreichen die Fühler der Schlupf- wespen eine oft sehr bedeutende Länge und in der Regel eine große Beweglichkeit, so dass die Thiere im Stande sind, dieselben in die klein- sten Öffnungen und Ritze einzusenken. Wer einmal eine Rhyssa beob- achtet hat, wie sie mit ihren Fühlern die Rinde eines Baumes untersucht, in welchem sie Insektenlarven vermuthet, der wird über die Funktion der Antennen dieses Thieres nicht mehr im Zweifel sein können. Rhyssa persuasoria Grav. hat an jedem Fühler etwas über 2000 Gruben mit außerordentlich langen Spaltöffnungen; Paniscus besitzt gegen 3 000, Anomalon gegen 4 000 und Ichneumon gegen 5 000 Geruchs- gruben an jedem Fühler. DieBlattwespen, welche alsPflanzenfresser den übrigen Hymenoptera gegenüber eines scharfen Geruchssinnes am wenigsten bedürfen, scheinen auch ein weit weniger entwickeltes Geruchsorgan zu besitzen. Gruben konnte ich an den Antennen dieser Thiere überhaupt niemals entdecken; bei Lyda finden sich an jedem Fühler etwa 600 kleine Kegel von dem gleichen Bau wie bei Vespa crabro L. Bei einer Tenthredo fand ich deren etwa 4 200, die höchste Anzahl aber bei Sirex gigas L., bei welcher Art wohl über 2 000 Kegel an jedem Fühler vorhanden sind. Vergleichen wir die Lebensweise der Blattwespen mit der der übri- gen Hymenoptera, so begreifen wir vollkommen, warum gerade bei ihnen das Geruchsorgan verhältnismäßig schwächer entwickelt ist. Die Blattwespen, welche sämmtlich Pflanzenfresser sind und für ihre Brut keine Nahrung herbeizuschaffen haben, indem sich ihre Larven selbstän- dig ebenfalls von Pflanzenstoffen nähren, finden die zu ihrem eigenen Unterhalte und zu dem ihrer Brut nöthige Nahrung überall in so reich- licher Menge vor, dass sie zu deren Auffindung überhaupt keines beson- ders hoch entwickelten Sinnesorgans benöthigt sind. Von der verschiedengradigen Entwicklung des Geruchssinnes bei den Orthoptera lässt sich wenig sagen, indem dieselben lange nicht so mannigfaltigen Lebensbedingungen unterworfen sind, wie die beiden eben besprochenen Ordnungen. Von hohem Interesse ist es aber, dass \ Wen | Fur,‘ L er Physiologische u. histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 399 die Libellulidae im Vergleich zu den übrigen Orthoptera eine so außer- ‘ordentlich geringe Anzahl von Geruchsgruben besitzen. Denn während die eigentlichen Heuschrecken, wie z. B. Stenobothrus lineatus Pnz. und St. rufus L., Caloptenus Italicus u. s. w. 450—300 Gruben an jedem Fühler haben, besitzt Libellula depressa L. deren nur 10—12. Dieses merkwürdige Verhältnis erklärt sich aber durch folgende Umstände: Fürs Erste scheinen die Gruben von Libellula zusammengesetzte zu sein, ‚so dass dieselben, wenn eine Grube nur 10 Nervenendigungen enthält, 4100—120 einfachen Gruben der übrigen Orthoptera entsprechen wür- ‘den. Dann aber sind sämmtliche Libellen, insbesondere die größeren Arten, Thiere, welche einen außerordentlich hoch entwickelten Gesichts- sinn besitzen und sich bei der Erjagung ihrer Beute lediglich der Augen zu bedienen scheinen. In allen den bisher besprochenen Fällen findet die mehr oder min- der hochgradige Entwicklung des Geruchsorgans durch das Darwın’sche Gesetz der natürlichen Zuchtwahl die befriedigendste Erklärung. Denn "es ist keinem Zweifel unterworfen, dass alle jene Thiere, bei welchen _ eine hohe Anzahl von Geruchsgruben sich vorfindet, bei der ihnen eigen- . J 2 we thümlichen Lebensweise eines scharfen Geruchssinnes benöthigt sind. Es werden daher entschieden diejenigen Individuen der oben genannten Arten, welche durch die größere Anzahl ihrer Geruchsgruben zugleich mit einem schärfer entwickelten Geruchssinn begabt waren, sowohl in ‚der Auffindung ihrer eigenen als der für ihre Brut bestimmten Nahrung einen Vortbeil vor solchen Individuen gehabt haben, welche in dieser Hinsicht minder. begünstigt waren. Da es nun aber eine hinlänglich be- wiesene Thatsache ist, dass die verschiedensten Organe eines Thieres ‚variiren und die Abänderungen, wenn sie vortheilhaft sind, durch Ver- erbung erhalten werden können, so ist es leicht einzusehen, wie die so verschiedengradige Entwicklung des Geruchsorgans zu Stande kam. Die natürliche Zuchtwahl allein reicht aber nicht hin, um alle Fälle, in welchen wir bei den Insekten einer besonders hochgradigen Entwick- lung des Geruchssinnes begegnen, zu erklären. Auch diegeschlecht- liche Zuchtwahl spielt oft eine große Rolle und wir finden daher an den Antennen, vorzüglich bei den Nachtschmetterlingen, auch sekundäre Sexualcharaktere, welche einer höheren Entwicklung des Geruchssinnes ihre Entstehung verdanken. _ Bekanntlich haben viele männliche Nachtschmetterlinge, insbe- sondere aus der Familie der Bombyeidae oft sehr schöne, stark gekämmte - oder gefiederte Antennen, so dass durch dieses Merkmal allein die beiden Geschlechter auf den ersten Blick unterschieden werden können. Ins- ‚besondere sind es die Männchen von Saturnia, Aglia, Bombyx, Lasio- 2 Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 26 400 Gustav Hauser, campa, Ocneria, Porthesia, Orgyia, Psyche u. s. w., ferner sind hierher eine große Anzahl von Noctuae zu rechnen und namentlich viele Spanner-- arten, wie Hibernia, Bupalus u. s. w. Fragen wir nach den Ursachen, warum gerade bei den genannten Gattungen die geschlechtliche Zuchtwahl in der Vervollkommnung der Antennen von so großer Wirkung war, so finden wir eine äußerst un- gezwungene, natürliche Erklärung, wenn wir die Lebensweise beider Geschlechter ins Auge fassen. Bekanntlich bringen die Weibchen. von den oben angeführten Thieren fast ihre ganze Lebenszeit in träger Ruhe an irgend einem verborgenen Orte zu; ihre ganze Thätigkeit besteht ausschließlich darin, dass sie ein Männchen für die Begattung abwarten, um darnach für die künftige Brut durch massenhafte Eierablage zu sorgen. Das Weibchen von Ocneria dispar L. z. B. besitzt eine so außer- ordentliche Trägheit, dass man es bequem an seinem Ruheort mit einer Nadel anspießen kann, ohne dass es nur den geringsten Fluchtversuch machen wollte. Wir können uns aber auch durch das Gesetz der natürlichen Zucht- wahl erklären, wie die Weibchen der genannten Thiere zu dieser trägen Lebensweise kamen. Sämmtliche gehören Arten an, welche während des ganzen Jahres nur eine Generation erzeugen ; die Raupe ist dadurch, dass sie zu ihrer Entwicklung des ganzen Sommers bedarf, entschieden weit längere Zeit Anfeindungen und Gefahren aller Art ausgesetzt, als die Raupen solcher Schmetterlinge, welche eine kürzer dauernde Ent- wicklung zu durchlaufen haben; dazu kommt noch, dass die Raupen vieler Arten, wie z. B. von Bombyx rubi L., Bb. pini L. u. s. w. zu überwintern haben; so dass noch eine große Anzahl derselben durch die Ungunst der Jahreszeit zu Grunde gehen kann. Endlich ist das Zahlen- verhältnis bei diesen Arten für die Weibchen ein weit ungünstigeres, als dies bei anderen Insekten der Fall ist. Allen diesen Umständen konnte die natürliche Zuchtwahl nur da- durch wirksam begegnen, dass sie die Weibchen der betreffenden Thiere zu einer immer massenhafteren Eierproduktion veranlasste, welche aber nothwendig eine immer stärker werdende Ausbildung der Eierstöcke ‘ und damit eine Vergrößerung des Abdomens zur Folge haben musste. Eben diese Vergrößerung des Abdomens aber, welche bei vielen Arten eine außerordentliche ist, führte die Trägheit der Weibchen herbei. Das Fliegen musste dem Thiere mit der Zeit immer größere Kraftanstrengung kosten, so dass es schließlich nur dann von seinen Flügeln noch Ge- brauch machte, wenn es durch Gefahren gezwungen wurde, oder die Eierablage es erforderte. Wie dieser fortgesetzte Nichtgebrauch schließ- lich zur gänzlichen Verkümmerung der Flügel führte, zeigen die Weib- I = Se Physiologische u, histiologische Untersuchungen über d. Geruchsorgan d. Insekten. 401 _ ehen mancher Spinner, insbesondere vieler Psyche-Arten, und die Weibchen vieler Spanner. Es ist nun bei einer so gestalteten Lebensweise der Weibchen selbstverständlich, dass anderseits irgend ein Sinnesorgan der Männchen in Folge von geschlechtlicher Zuchtwahl eine besondere Ausbildung er- fahren musste, welche ihnen das Auffinden der Weibchen zur Begattung ermöglichte; in der That fand dies auch statt, indem die Antennen der Männchen sich bis zu der bekannten Vollkommenheit entwickelten. Dass aber mit der stärkeren Entwicklung der Antennen zugleich der Geruchs- sinn dieser Thiere zu einer größeren Schärfe gelangt, beweist schon der Umstand, dass z. B. Männchen von Aglia tau L., Saturnia carpini B., - Ocneria dispar L. u. s. w. mit großer Zudringlichkeit eine Schachtel umschwärmen, in welcher sich ein frisch getödtetes Weibchen der gleichen Art befindet. Auch sprechen die im ersten Abschnitt meiner Arbeit erwähnten physiologischen Experimente entschieden für die An- nahme, dass auch bei den Spinnern in den Antennen der Geruchsnerv endigt, obgleich ich dies anatomisch nicht zu beweisen vermochte. | _ Unter den Hymenoptera zeichnen sich die Männchen von Lophyrus durch die stärkere Entwicklung der Antennen vor den Weibchen aus; ; . auch bei diesen Thieren ist das Weibchen schwerfällig und träge. Man kann es überhaupt als ein in allen Insekten- | ordnungen durchgreifend sich geltend machendes Ge- setz ansehen, dass die Männchen stärker entwickelte Antennen haben als die Weibchen, sobald letztere in 2. 24 & sr se er E ‚ibrer Lebensweise in der Art von den Männchen ab- _ weichen, dass sie besonders träge und schwerfälligsind und sich an geschützten und verborgenen Orten auf- halten. Erlangen, im December 1879. 26 * 402 Gustav Hauser, Erklärung der Abbildungen. Tafel X 2 2 we 3 x ). E 2 n- E B j } = . 3 £ Hypodermiszellen; SZ, Sinneszelle; MZ, membranbildende Zelle; a, durch den Schnitt entstandene Lücke in derselben. Vergrößerung 864 :4. Fig. 18. Tangentialschnitt der Fühleroberfläche von Vespa crabro L. G, unver- letzte Geruchsgruben;; G,, angeschnittene Geruchsgruben ; Z, angeschnittene Kegel; TB, angeschnittene Tastborsten; man sieht in allen Öffnungen auch die in den Schnitt gefallenen Nervenendapparate. Vergrößerung 864 :1. Fig. 49. Querschnitt durch ein Glied der Fühlergeißel von Vespa crabroL. n, Stämme des Fühlernerven, bereits getheilt; n;, starker Ast desselben; Tr, aufge- triebene Stelle einer Trachee;, ir, Tracheenstämme. Die übrige Erklärudg der Figur ergiebt sich von selbst. Vergrößerung 126: 1. Fig. 20. Die beiden Endglieder der Fühlergeißel von Bombus terrestris L. der _ Länge nach durchschnitten;, das Endglied nur angeschnitten. Ch, Chitinhülle des - Fühlers mit Geruchsgruben und Tastborsten ; an der noch vorhandenen Fühlerober- ‚Näche des Endgliedes sieht man die runden Öffnungen der Geruchsgruben; n, große Nervenstämme; SZ, Sinneszellen; ir, Tracheenstämme. Vergrößerung 135:4, Über eine eigenthümliche Bildung des Rückengefälses bei einigen Ephemeridenlarven. Von 0. Zimmermann, Mühlhausen in Th. Mit 4 Holzschnitten. Die Larven der Eintagslliegen werden beim Unterricht sehr häufig verwendet, um die Blutkörperchen der Insekten zur Anschauung zu bringen, indem man auf dem Objektträger eine der Schwanzborsten durchschneidet. Die verhältnismäßig große Anzahl der Blutkörperchen in dem ausgetretenen Blute veranlasste mich, den Blutlauf in den Schwanzborsten näher ins Auge zu fassen. Dabei zeigte sich, dass die Schwanzborsten im Gegensatz zu den übrigen Körperanhängen von beson- 4 dern, am lebenden Thiere in ihren Längscontouren deutlich sichtbaren iz borsten, welcher die Existenz eines wirklichen Gefäßes außer Zweifel setzt, zeigt zugleich (Fig. 1), dass dasselbe Fig. 1. Querschnitt durch eine der an der Oberseite der Borste verläuft. Schwanzborsien von Clo& dipiera,- Da nun die Fortführung des Blutes m ce, Cuticula ; @, Wandung der Borste; : d, Lumen derselben; db, Wandung Pulsationen erfolgt, die Gefäße selbst des Lumen des- aber keine Kontraktionen zeigen, so muss man auf einen Zusammenhang mit dem kontraktilen Rückengefäß schließen, welcher sich in der That in der in Figur 2 abgebildeten Form nachweisen lässt. Die letzte Herz- kammer (k) verjüngt sich nämlich gegen das Körperende hin und theilt sich dort in die drei erwähnten Gefäße, welche in die Schwanzborsten eintreten. -8 Blutgefäßen versorgt werden. Ein Querschnitt durch eine der Schwanz- 4 Jher eine e fen, Bildung des Rückengefäßes bei einigen Ephemeridenlarven. 405 LuyR lorbei entsteht aber die Frage, wie der auffallende, der Richtung Fe ‚des Blutstroms im vordern Theil des Rückengefäßes entgegengesetzte Blutlauf in diesen Gefäßen zu Stande kommt. — Die Erklärung wird _ uns durch die Bildung der letzten 8 _ Herzklappe gegeben. Während nämlich r 3 die neun vordern Herzklappen mehr 3 oder. weniger nach vorn gerichtet sind (Fig. 2 kl), wodurch bei Kontraktion des je Rückengefäßes die Blutbewegung nach Rx. dem Kopf zu ermöglicht oder doch er- 3 ‚leichtert wird, hat die letzte Klappe (a) eine sehr ausgeprägte Stellung von vorn “nach hinten. Diese Klappe schließt nun BE der Zusammenziehung der letzten - Kammer (k) diese gegen die vorhergehende 2 ER dass das Blut seinen Weg durch die offne Verbindung nach den Gefäßen B: der Schwanzborsten nehmen muss. Br Fig. 2. Die drei letzten Hinter- Br... Aus diesen Gefäßen tritt das Blut jeibsrinze von Clo& diptera mit a: dann durch langovale, gegen Ende der den Anfängen der dreiSchwanz- borsten; r, der zugehörige End- _ Schwanzborsten gelegene Öffnungen (Fig. _ theil des Rückengefäßes; kl, die ee 0) an der Unterseite der Gefäße und Klappen der vorletzten und dritt- nr letzten Kammer; %k, die letzte wird durch den Hohlraum (Fig. 1 d) der Kammer mit ihrer Klappe a; b, Borsten langsam nach vorn getrieben, Gefäß der rechten Schwanz- E borst E a 2 ae sich die ‚Blutkörperchen in dem & _ wähnten Erscheinung Anlass geben. Ob die erwähnten Öffnungen Spalten sind, welche sich nur in Folge des Blutdrucks_ bei der Systole der letz- ten Herzkammer öffnen, so wie die genaue Zahl und Lage der ee zu bestimmen, muss En einer. weitern Untersuchung vorbehalten bleiben. Die hier beschriebene Einrichtung habe ich bei fünf Arten von Eintagsfliegenlarven gefun- Fig. 3. Sechsundzwan- | ‘den, von denen ich jedoch nur drei, nämlich ee Glo® diptera L., Clo&binoeulataL. und Palingenia - ten; d, der zugehörige 4 IongicaudataL. Eihs bestimmen können, da für die Theil dor Bihleofäben; übrigen mir die ausgebildeten Besen fehlten. Um ferner festzustellen, ob die Gefäße auch bei den Imagines be- stehen bleiben, wurden Dosen durch die Schwanzborsten von los Bestellt, welche zwar zeigten, dass jede Borste durch eine Längs- A Kr % I E». 27 scheidewand in zwei Hohlräume getheilt ist, die Existenz eines eigent- j lichen Blutgefäßes aber zweifelhaft ließen. Da die Schwanzborsten der ij Imagines undurchsichtig sind, so konnte auch nicht durch Beobachtung des Blutlaufs direkt nachgewiesen werden, dass einer jener beiden Hohlräume als Blutgefäß funktionirt, beziehungsweise mit dem Rücken- gefäß in Verbindung steht, was nach einer Beobachtung von WAGENER | (vgl. Burmeister, Handb. d. Entomologie, Bd. I, p. 439) über die Menge des aus der durchschnittenen Schwanzborste ausströmenden Blutes nicht unwahrscheinlich ist, aber zum Be- weise noch weiterer Untersuchung be- darf. | Zur Beantwortung der naheliegen- den Frage nach der physiologischen — 1 Bedeutung der hier geschilderten Ein- richtung lassen sich zunächst nur Vermuthungen aufstellen. Es ist mir indessen wahrscheinlich, dass dieselbe respiratorischen Zwecken dient, da die Schwanzborsten sehr wohl eine Haut- athmung vermitteln könnten. Jeden- falls darf man die Schwanzborsten ‚ Fig. 4. Die drei Brustringe von Cloe der Ephemeridenlarven nicht mehr als diptera mit dem zugehörigen Theil |].ße Steuerapparate betrachten. des Rückengefäßes, welchesim zwei- PP ten Brustring die Blase b trägt; kl, Bei der Larve von Glo& diptera, Er ER f, Flügel an welcher vorzüglich die obigen Be- obachtungen gemacht sind, zeigt das Rückengefäß noch eine andere Eigenthümlichkeit (Fig. %). Der Mittel- brusttheil des Rückengefäßes nämlich trägt an seiner Oberseite eine kurz- gestielte Blase (b), welche sich nach rückwärts legt und sich unregelmäßig und schwach an den Kontraktionen des Rückengefäßes betheiligt. Über die Bedeutung dieser Blase, deren Ausdehnung und Zusammenziehung wahrscheinlich nur eine Folge des wechselnden Blutdrucks ist, und welche ich nur bei Glo& diptera gefunden habe, wird ebenfalls erst eine eingehendere Untersuchung Klarheit bringen können. Mühlhausen in Th., im December 1879. a ef a ee > , k- h b _ Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. | Neunte Mittheilung. Die Plakiniden. Von Franz Eilhard Schulze in Graz. Mit Tafel XX— XXI. | Aus der großen Reihe der Kieselspongien greife ich zunächst eine kleine Gruppe neuentdeckter Formen heraus, welche im Mittelmeergebiete weit verbreitet, an einzelnen Stellen sogar häufig zu sein scheinen, und wahrscheinlich nur desshalb bisher keine Beachtung gefunden haben, weil sie als kleine unscheinbare Krusten den Blicken der Forscher leicht entgehen konnten. Auf die Darstellung des anatomischen Baues und der zur Beob- achtung gelangten Entwicklungsphasen werde ich als einen zweiten Theil dieser Arbeit den Versuch folgen lassen, jene Beobachtungsergeb- nisse für die Beurtheilung der Verwandtschaftsbeziehungen der beschrie- benen Arten zu verwerthen. Plakina monolopha. An der Unterseite von Steinen, welche man vom Grunde der Bai von Muggia bei Triest oder des Triester Hafens aus einer Tiefe von 2—4 Meter heraufholt, finden sich häufig kleine gleichmäßig flache Krusten von I—3 mm Höhe und unregelmäßig rundlicher oder lappi- ger Umrandung. Gelegentlich kommen auch wohl rundliche Lücken in der Platte vor, wie bei dem in Fig. 4 abgebildeten Exemplare. Die Farbe ist rein weiß oder zart rosa, und scheint in so fern nach der Jahreszeit zu wechseln, als im Hinter und im Frühling häufiger weiße, im Sommer und Herbst dagegen mehr rosafarbene Krusten zu N = - 3 - ae BE ale En et A DE ” a 3 TEEN NEE TE DE RE ERIE EESDEL EEE WERE -- - Vier «a! \ Zr ee oa 4 > - Ne h 1 “ . + >» r r ? Rn f - + 5 R BY En Fa I 408 Franz Eilhard Schulze, finden sind. Oft aber habe ich auch beide Farben neben einander an- getroffen. Schon bei flüchtiger Betrachtung fällt es auf, dass die feinhöckerige Oberfläche ! von einem etwas in die Höhe gebogenen schmalen Rand- saume allseitig kontinuirlich umschlossen wird. Ein gleicher Saum um- randet auch die in manchen Krusten befindlichen Lücken. Bei genauerer Untersuchung mittels der Lupe oder schwacher Mikroskopvergrößerung im auffallenden Lichte zeigt sich folgendes Ober- flächenrelief. Zahlreiche halbkugelig vorgewölbte Kuppen verschiedener Breite stehen in unregelmäßiger Anordnung neben einander und ragen sämmtlich bis zu annähernd gleichem Niveau empor. Dieselben sind durch spaltenförmige Vertiefungen getrennt, welche jedoch nicht ein kontinuirlich zusammenhängendes und jene Vorwölbungen völlig von einander isolirendes, gleichmäßig tiefes Furchennetz bilden, sondern sich so ungleich vertiefen, dass zwischen den Höckern hier und da Ver- bindungsbrücken verschiedener Breite zu erkennen sind ; wie sie ähn- lich auch den am äußeren Krustenrande befindlichen glatten gewölbten Saumwall mit den ihm benachbarten Höckern in Verbindung setzen. Aus diesem etwa 4 mm breiten Randwalle erhebt sich übrigens bei kleinen Krusten an einer Stelle, bei größeren an mehreren und dann immer möglichst weit aus einander gelegenen Punkten je ein zartwandiges Röhrchen von 4—-3 mm Höhe, welches sich am äußeren Ende etwas verjüngt und daselbst eine rundliche Endöffnung besitzt. Beim Versuche, eine solche Kruste von der Unterlage abzulösen, überzeugt man sich, dass sie mit einer im Allgemeinen glatten Unter- seite versehen, und nur mit einzelnen vorspringenden Wärzchen ange- heftet ist, also größtentheils hohl liegt. Ein tieferer Einblick in die Bau- und Organisationsverhältnisse kann selbstverständlich nur an feinen Durchschnitten bei Anwendung _ starker Vergrößerungen gewonnen werden. Die Betrachtung senkrechter Durchschnitte lehrt zunächst, dass jede Kruste aus einer dünnen, ziem- lich ebenen Basalplatte, und einer dieser letzteren parallel gelegenen dickeren Masse besteht, welche sich als eine reich gefaltete Platte dar- stellt. Am ganzen äußeren Krustenrande biegt sich die Basalplatte mit ziemlich gleichmäßiger Krümmung in die Höhe und geht unter Bildung eines hohlen Randwulstes direkt in jene obere gefaltete Platte über, so 1 Da die Plakina-Krusten an der Unterseite von Steinen oder anderen festen Körpern sitzen, so ist ihre freie Fläche in der natürlichen Situation die untere, und die dem festen Körper anliegende die obere. Ich ziehe es jedoch vor bei der Beschreibung mir den Schwamm so orientirt zu denken, dass die feste Unterlage unten liegt und die freie Schwammoberfläche nach oben gewandt ist. 0 4 . x a a a im). EG = Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 409 F: dass also die ganze Kruste einem flachen Sacke gleicht, dessen unterer, A & Sr 'h. der Unterlage aufliegender Wandtheil glatt und eben ist, während ® _ der übrige Theil seiner Wandung in einer eigenthümlichen gleich näher E zu besprechenden Weise reich gefaltet ist. Dabei wäre jedoch noch zu 2 bemerken, dass zwischen diesen beiden verschiedenen Platten hier und Pe: da Verlöthungen vorkommen, welche in Gestalt von Verbindungssträngen das Sacklumen durchsetzen. Vergleicht man ein Durchschnittsbild, wie ich es in Fig. 4 dargestellt habe, mit der vorhin geschilderten und in - Fig. 5 wiedergegebenen Oberflächenansicht, so wird klar, dass die an der letzteren bemerkten Vorwölbungen papillen- oder handschuhfinger- z förmigen Divertikeln der oberen Sackwand, dass der äußere Ringwall dem hohlen Randwulste und dass die zwischen jenen Vorwölbungen in die - Tiefe dringenden Spalten den blind endigenden Vertiefungen zwischen den -— hohlen Papillen, resp. zwischen diesen und dem Randwulste entsprechen. Während nun die Basalplatte sammt ihrem emporgebogenen Rand- _ theile und den zur oberen Sackwand ziehenden Verbindungssträngen 3 beiderseitig von glatten Flächen begrenzt ist, gilt dies keineswegs von der so reich gefalteten oberen Sackwand. Da nämlich in dieser letzteren 2 ‚die sämmtlichen annähernd kugeligen Geißelkammern eingelagert sind, ° so ist dadurch nicht nur eine sehr ungleichmäßige Wanddicke, sondern PX erde en ar ee % auch eine siebartige Durchlöcherung bedingt. Denn einerseits mündet ‚jede einzelne Geißelkammer entweder unmittelbar mit ihrer eirca 15 u weiten kreisrunden Ausgangsöffnung oder mittels eines kurzen Aus- führungsganges von gleicher Weite in den Hohlraum der papillenförmigen - Erhebungen, resp. des Randwulstes oder in das große gemeinsame Sack- _ lumen ein, und führt so eine Durchlöcherung der gesammten Innenfläche _ der gefalteten oberen Sackwand herbei; andererseits durchsetzen zahl- reiche engere Kanäle oder einfache Lochporen die äußere Oberfläche jener Wand als Eingangsöffnungen der Geißelkammern. Hiernach ergiebt sich nun für den Durchzug des Wassers von selbst folgender Weg. Durch die an der gesammten Außenfläche der gefalteten _ oberen Sackwand befindlichen Poren wird das Wasser von außen in die Geißelkammern hineingezogen, tritt sodann durch deren weitere Aus- _ gangsöffnung in den Hohlraum der Sackdivertikel, resp. des Randwulstes ‚oder auch direkt in das Sacklumen ein. Von diesem großen Binnenraum _ wird es schließlich durch ein oder mehrere schornsteinartige Oscular- _ röhren, welche aus dem hohlen Randwulste emporsteigen, wieder nach außen geleitet. Nach dieser allgemeinsten Orientirung über den Bau der Kruste gehe ich zur Schilderung ihrer histiologischen Struktur über. Wie bei allen bisher besprochenen Spongien, so konnte ich auch 410 Franz Eilhard Schulze, hier deutlich drei differente Gewebsschichten, nämlich ein äußeres Plattenepithellager, die Bindesubstanzmasse und die Kragenzellen der Geißelkammern unterscheiden, Das Plattenepithel, welches die ganze vom Wasser bespülte Fläche des Schwammkörpers mit alleiniger Ausnahme der Geißelkammern — also eben so wohl die höckerige Oberfläche mit ihren spaltenförmigen Vertiefungen und ihrem wallartig erhobenen Außenrande, als die hohlliegende Basalfläche, als auch das ganze System der abführenden Kanäle sammt dem großen sackartigen Binnenraum, dem Lumen des Randwulstes und der Oscular- röhren — in kontinuirlicher einschichtiger Lage deckt, resp. auskleidet, tritt gerade hier so deutlich hervor, dass es nicht nur an versilberten oder tingirten Präparaten, sondern schon am lebenden Schwamme leicht erkannt werden kann. Es besteht gleich dem bei Halisarca lobularis früher eingehend beschriebenen und dort kurzweg als Ektoderm be- zeichneten Zellenlager der nämlichen Lage und Ausdehnung aus platten 4—6seitigen Geißelzellen, durch deren körnigen, nach außen etwas vorgewölbten Plasmakörper ein central gelegener heller bläschenförmiger Kern mit kleinem glänzenden Kernkörperchen deutlich hindurchschim- mert, während von dem vorspringendsten Punkte der gewölbten Außen- fläche eine lange, feine, spitz auslaufende Geißel hervorragt. Während ıman an gehärteten Präparaten die benachbarten Plattenzellen durch ein- fache dunkle Grenzlinien getrennt sieht, bemerkt man an günstig ge- legenen Theilen lebender Schwämme ziemlich breite helle Grenzzonen (Fig. 6), und kann sich so leicht von der Selbständigkeit der Zellen überzeugen. Dazu kommt, dass an Krusten, welche in Alkohol konser- virt waren, sich die äußeren Geißelzellen zuweilen in Gestalt einer locker zusammenhängenden Platte ablösen, und dann ohne Mühe voll- ständig isolirt werden können. Sehr deutlich treten diese platten Geißelzellen an Goldpräparaten hervor, an denen sich sogar in der Regel die feinen langen Geißeln erhalten zeigen. Die Bindesubstanzschicht. Die gallertig erscheinende Grundsubstanz der hier nur spärlich ent- wickelten Bindesubstanzlage ist entweder vollständig hyalin oder nur in nächster Nähe des deckenden Epithellagers mit wenigen feinen Körnchen stärkeren Lichtbrechungsvermögens so durchsetzt, dass eine leichte Trübung zu Stande kommt. Wenn nun auch diese Trübung in der un- mittelbaren Umgebung der die Geißelkammern auskleidenden Kragen- zellen hier und da etwas deutlicher hervortritt, so kann sie doch auch k Ed da nn | Untersuchungen über den Bau und die Entwieklung der Spongien. 411 Fr: hier keineswegs mit jener reichen Körncheneinlagerung verglichen _ werden, welche sich bei Chondrosia, Chondrilla und den meisten Hornspongien, wie Aplysina, Euspongia, Cacospongia, Hircinia etc. so ausgeprägt findet. Br Überall lassen sich in der gallertigen Grundlage die nämlichen verästigten, hier und da anastomosirenden Zellen wahrnehmen, welche in der Bindesubstanzschicht aller bisher von mir untersuchten Spongien nachgewiesen werden konnten. Dass auch zwischen jenen sternförmigen Bindegewebskörperchen klumpige amöboide Zellen und gelegentlich Zellen mit stark lichtbrechenden, knolligen, von mir als Reservenahrung F gedeuteten Einlagerungen vorkommen, ist mir zwar wahrscheinlich, aber nicht ganz sicher geworden, da die Beobachtung dieser am lebenden Schwamm zu studirenden Elemente durch die überall reichlich vorhan- - denen Kieselspicula allzusehr gehindert wurde. Um eine Übersicht über diese zwar nur kleinen aber zahlreichen und außerordentlich verschiedengestaltigen Skelettbildungen zu gewinnen, theile ich dieselben zunächst in vier Hauptgruppen, welche ich nach der Zahl und Beschaffenheit ihrer stachelartigen Hervorragungen als Vier- strahler, Dreistrahler, Zweistrahler und Kandelaber! be- zeichne. Davon kommen die drei ersten durch den ganzen Körper gleichmäßig vertheilt aber ohne eine bestimmte Orientirung vor, wäh- rend die sogenannten Kandelaber auf die äußere Grenzschicht des ganzen Schwammes, d.h. die frei vorliegende Oberfläche, den Randwall und die Basalplatte beschränkt sind, und hier auch nur in einer einzigen Schicht mit ganz bestimmter Orientirung angeordnet liegen. Die im Allgemeinen seltenen Vierstrahler bestehen aus vier den Achsen eines regulären Tetraeders entsprechend orientirten und von einem gemeinsamen Knotenpunkte ausgehenden, drehrunden, allmählich spitz auslaufenden, geraden Strahlen von annähernd gleicher (25—30 u) Länge (Fig.2a, eundd). Abweichungen von dieser Grundform bestehen 3 darin, dass erstens nicht alle vier Stachel gleich lang sind, zweitens die = Winkel nicht dieselben bleiben und drittens leichte Biegungen in S- oder einfacher Bogenform bei einzelnen oder sämmtlichen vier Stacheln vor- kommen (Fig. 2b und ce). Bei der zuerst erwähnten Abweichung wird _ gewöhnlich nur einer der vier Strahlen erheblich kürzer gefunden als X ‘die unter sich noch gleich langen übrigen drei; und es kann diese Re- _ duktion eines Strahles sogar so weit gehen, dass derselbe nur noch als % ein kleiner rundlicher Höcker zu bemerken ist. 2 I Aa u a 1 Diese Bezeichnung »Kandelaber« wurde, so viel ich weiß, zuerst von O. - -Scanipr für gewisse den hier gemeinten ähnliche Kieselkörper von Corticium cande- _ Jabrum gebraucht. 412 | Franz Eilhard Schulze, Die zahlreich vorhandenen Dreistrahler bestehen meistens aus dri gleich langen (ebenfalls 25—30 u) und unter gleichen Winkeln in der- selben Ebene ausstrahlenden drehrunden und bis an das spitze Ende allmählich sich verschmälernden Stacheln. Auch hier kommen Längen- differenzen der Stacheln vor; doch meistens nur eine derartige, dass zwei gleich lang bleiben, der dritte dagegen mehr oder minder stark verkürzt erscheint. Auch Abweichungen in der Winkelgröße finden sich nicht selten, und zumal bei solchen Formen, deren einer Strahl verkürzt ist. Hier pflegt dann der von den beiden gleich langen Stacheln umschlossene Winkel vergrößert zu sein, während die beiden andern jederseits neben dem kurzen Stachel gelegenen Winkel zwar verkleinert aber von gleicher Größe erscheinen (Fig. 2 f). Flammenförmige Biegungen kommen bald bei allen drei Strahlen vor, bald nur bei dem einen oder dem andern (Fig. 2 h, h). Die von mir als Zweistrahler bezeichneten, durchschnittlich 70—90 u langen, ebenfalls häufigen Spicula stellen eine meines Wissens bisher noch nicht beschriebene Form von Kieselnadeln dar, deren Be- sonderheit darin liegt, dass in der Mitte der jederseits spitz auslaufenden und meistens gerade gestreckten drehrunden Nadel stets eine Unregel- mäßigkeit, bald in Form eines Höckers, bald einer Knickung, einer kurzen welligen Biegung oder dergleichen vorkommt (Fig. 2 I—t). Man könnte sie demnach wohl als Spindeln mit unregelmäßig höckeriger oder- geknickter Mitte bezeichnen, und gerade durch diese zwar oft nur schwach entwickelte aber doch immer vorhandene Unregelmäßigkeit leicht von den in der Mitte durchaus glatten einfachen Spindelnadeln der Renieriden oder andern Umspitzern unterscheiden, welche mit einer ganz regelmäßig gebildeten centralen Anschwellung versehen sind, und von Oscar ScHmiprt! bei Papyrula candida und Pachastrella connectens, von CARTER? bei Pachastrella amygdaloides, P. geodioides u. a. beschrieben sind. Jeder der beiden spitz auslaufenden, durch die erwähnte centrale Unregel- mäßigkeit von einander getrennten Haupttheile gleicht nun aber durch- aus einem jener Stachel wie wir sie bei den Drei- und Vierstrahlern oben kennen lernten, und kommt auch eben so wie jene außer in ganz gera- der auch noch in verschiedenartig gebogener Form vor. Aus diesem Grunde halte ich mich für berechtigt, diese Umspitzer als Zweistrahler zu bezeichnen. Die Kandelaber lassen sich als Vierstrahler auffassen, deren einer Strahl in halber Länge eine Theilung in mehrere, zwei bis sechs, büschelförmig aus einander fahrende Stacheln oder sekundäre Strahlen ! Spongien von Algier p. 48 und Spongien des atlant. Gebietes p. 65. 2 Annals of n. h. S. IV. Vol. 18. Pl. 44, 22 k. N ’ La 2 ee lu an Daun El / Dual Du | Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 413 = erfährt 1. Die drei einfachen Stachel gleichen denjenigen der oben be- schriebenen Dreistrahler, nur sind sie niemals ganz gerade sondern zeigen eine einfache oder schwach S-förmige Biegung, welche an allen drei Strahlen ein und desselben Kandelabers gleich zu sein pflegt und ihre Konvexität nach der dem Büschelstrahl entgegengesetzten Seite kehrt (Fig. 3). Die von dem kurzen Stiele des vierten Strahles schräg nach außen “unter annähernd gleichen Winkeln divergirenden zwei bis sechs sekun- dären Strahlen haben etwa die halbe Länge der einfachen Hauptstrahlen _ und sind ein wenig nach außen konvex gebogen. Sie laufen entweder spitz aus oder theilen sich am Ende in drei oder vier äußerst kleine schräg divergirende Spitzchen (Fig. 3 c und h). Da sämmtliche Kandelaber den mit sekundären Strahlen versehenen Strahl nach außen, d. h. resp. gegen die obere, untere oder Seiten- fläche der Kruste kehren, so starrt die ganze äußere Oberfläche mit - Einschluss der Basalfläche von zahllosen feinen Spitzchen. | Bemerkenswerth erscheint es mir, dass sich bei keiner von diesen verschiedenen Kieselnadeln ein Achsenkanal erkennen ließ. Ob der- BE ‚selbe hier wirklich fehlt oder nur wegen seiner großen Feinheit nicht sichtbar zu machen ist, muss ich unentschieden lassen. Eine bestimmte Beziehung der Spicula zu den Bindesubstanzzellen - habe ich bei ausgebildeten Plakinakrusten nicht nachweisen können. Sie erschienen hier einfach der gallertigen Grundsubstanz eingelagert und blieben durchaus auf diese beschränkt. Die Kragenzellen En stehen neben einander auf der Innenfläche der Geißelkammern, welche sie bis auf die Eingangsporen und die Ausgangsöffnung vollständig aus- _ kleiden. In diesen Lücken der Kammerwand grenzen sie an jene platten geißeltragenden Epithelzellen, welche schon oben besprochen wurden. B# x Die Länge der Kragenzellen ist nicht bedeutend. Sie gleichen in dieser wie auch in den meisten andern Beziehungen den Kragenzellen der Hornschwämme und etwa der Halisarca lobularis. Ihre kleinen kuge- ligen Kerne mit feinem glänzenden Kernkörperchen nehmen begierig ‚Farbstoffe auf und sind dadurch leicht zu markiren. Genitalprodukte trifft man im Sommer und Herbst bis zum Oktober hin in allen Stadien 1 Der Umstand, dass hier immer nur einer von den vier Hauptstrahlen der 3 Kandelaber sich in ein Büschel von sekundären Strahlen auflöst, hat die Veran- 2 lassung zu der Speciesbezeichnung monolopha gegeben. 414 - Franz Eilhard Schulze, der Entwicklung neben einander, und zwar sowohl Eier als Sperma- klumpen in derselben Kruste neben und durch einander. Plakina monolopha ist also ein hermaphroditischer Schwamm. Obwohl die Keimzellen nicht auf bestimmte Stellen lokalisirt oder gar wie bei Eu- spongia in besondere Nester zusammengedrängt sind, vielmehr ziem- lich unregelmäßig vertheilt liegen, so ist es doch eine bestimmte Region der Kruste, in welcher sie vorwiegend zur Entwicklung gelangen. Es ist dies die dem Haupthohlraum zunächst gelegene, also innerste Partie der so vielfach gefalteten und die Geißelkammern führenden oberen Platte. Wenn demnach die reifenden Genitalprodukte sich einerseits unmittelbar neben und zwischen den Geißelkammern befinden, liegen sie andrerseits doch auch dem großen gemeinsamen Binnenraume des abführenden Gangsystems so nahe, ja so unmittelbar benachbart, dass sie bei fortschreitendem Wachsthum während der Entwicklung sich in der Regel in diesen Hohlraum mit ihrer Hülle vordrängen und schließ- lich nach erlangter Reife in denselben hineingelangen, um mit dem Wasserstrom durch ein Oscularrohr hinausbefördert zu werden. Bis- weilen sah ich reife Larven tagelang in dem Binnenraum oder der Rand- wulsthöhlung einer lebenden Kruste herumirren, bevor sie nach außen gelangen konnten. Das Sperma kommt in kugeligen Ballen von circa 40 u Durchmesser vor, welche zwischen den Eiern und Embryonen ganz unregelmäßig vertheilt liegen, und wegen ihrer geringen Abweichung in Form und Größe von den ja ebenfalls kugeligen Geißelkammern sich nicht immer leicht erkennen lassen. Am deutlichsten markiren sie sich in feinen Schnitten, welche mittels Alaunkarmin oder Pikrokarmin tingirt wurden, und zwar dess- - halb, weil die Spermatozoenköpfchen den Farbstoff ganz besonders be- sierig aufnehmen. In diesem stark gefärbten Zustande sind dann die Spermaballen um so leichter von den gleich großen Geißelkammern zu unterscheiden, als sie ja ziemlich solide Klumpen bilden, während jene eben einen verhältnismäßig großen centralen Hohlraum besitzen. Die Eier entstehen aus unregelmäßig rundlichen, amöboider Bewegung in hohem Grade fähigen Zellen mit auffällig großem bläschenförmigen Kern und großem Kernkörperchen, welche zwischen den sternförmigen Bindesub- stanzzellen in der gallertigen Grundlage liegen. Während des Wachs- thums des schließlich einen Durchmesser von 0,1 mm erreichenden annähernd kugligen Eies trübt sich dessen Plasmakörper durch Ent- y ee " Ian" SE Ve GE Untersnehnngen über den Ban und die Entwicklung der Spongien, 415 wicklung zahlreicher stark lichtbrechender Dotterkörnchen. Den Kern fand ich bei reifen Eiern bis nahe an die Oberfläche gerückt oder sah an seiner Statt nur eine undeutlich begrenzte lichtere Stelle. Zu einer genauen Untersuchung der Metamorphose des Eikerns und der ersten Furchungsphänomene bin ich zwar nicht gekommen, jedoch ließ sich eine solche Menge verschiedener Furchungsstadien beobachten, dass ich über den Gang der Furchung Folgendes erschließen konnte. Die beiden annähernd gleich großen Zellen, in welche das Ei durch die erste Furchung zerfällt, theilen sich wieder in je zwei nicht wesentlich diffe- rente Zellen. Aus dieser vierzelligen Anlage entsteht durch weitere Zweitheilung jedes einzelnen Elementes das achtzellige Stadium. Doch wollte es mir nicht gelingen, die Lage der verschiedenen Furchungs- ebenen genau zu bestimmen, oder eine Differenz unter den um den ge- meinsamen Centralpunkt in einer Lage zusammengedrängten Zellen zu entdecken. Auch bei der weiter fortschreitenden Vermehrung der Ele- mente nach dem zweitheiligen Typus habe ich keine Hauptachse oder eine erhebliche Differenzirung der Furchungszellen nachweisen können, ohne desshalb ihre absolute Gleichartigkeit behaupten zu wollen, oder auch nur für wahrscheinlich zu halten. Es ist möglich, dass vom Beginn der Furchung an eine kleine centrale Lücke besteht; deutlich lässt sich eine solche jedoch erst erkennen, wenn die Zellenzahl eine erhebliche geworden ist. Bei weiter fortschreitender Theilung der Zellen wächst diese centrale Furchungshöhle sodann bedeutend und führt zur Aus- bildung einer Blastosphaera oder Blastula (Fig. 4), deren einschichtig geordnete Zellen Anfangs noch breit und dunkelkörnig erscheinen, spä- ter aber bei reichlicher Vermehrung durch Theilung zu schmalen lang- gestreckten Cylinderzellen werden, 'in deren hellerem Plasmakörper der Kern nicht mehr (wie anfänglich in den dunkelkörnigen Blastulazellen) central liegt, sondern gegen das äußere Ende zu verrückt erscheint. Um diese Zeit streckt sich der Embryo etwas in die Länge, so dass eine Hauptachse ausgeprägt ist, und nimmt eine Hühnereiform an, wodurch auch eine Unterscheidung der beiden Endpole ermöglicht ist. Die bisher farblosen Larven beginnen nun sich rosa zu färben; und zwar erreicht die Färbung an dem spitzeren Pole eine größere Intensität als an den übrigen zwei Dritttheilen des Larvenkörpers. Endlich treten an der ganzen äußeren Oberfläche lange feine Geißelhaare auf, deren jedes vom Centrum der Endfläche je einer prismatischen Zelle ent- springt. Jetzt durchbricht die zu selbständiger Bewegung befähigte Larve die umschließende Hülle und gelangt mit dem Wasserstrom nach außen. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXiV. Bd. 97 416 Franz Eilhard Schulze, Sie hat Hühnereiform mit einer seichten ringförmigen Seitendepres- sion zwischen der Mitte und dem schmaleren Endtheil. Die Länge der Hauptachse beträgt circa 0,2 mm, die größte Breite 0,15 mm. Während der breitere Theil der Larve sammt der etwas eingezogenen Gürtelzone eine lichte rosa Färbung zeigt, ist der schmalere Endpol sammt seiner nächsten Umgebung bis zu der gürtelförmigen Einziehung hin bedeutend intensiver doch mit der nämlichen Farbe tingirt. Die langen feinen Geißelhaare, welche den ganzen Larvenkörper gleichmäßig dicht be- setzen, stehen nur an dem breiteren helleren Theile annähernd recht- winklig zur Oberfläche, während sie an dem dunkler gefärbten schmale- ren Körperende sich schräg zur Oberfläche richten, um am hinteren Körperpole selbst sich zu einem kurzen Schopfe zusammenzulegen. An dem entgegengesetzten breiteren Pole bemerkt man im Gegensatze dazu ein leichtes Auseinanderweichen der Geißeln (Fig. 22). Sämmtliche Larven schwimmen mit dem breiteren Pole voran und drehen sich dabei fortwährend um die Längsachse; sie schrauben sich demnach gleichsam durch das Wasser. Das Licht scheinen sie zu fliehen, denn ich fand die in meinen kleinen vierseitigen Aquarien ausgeschlüpf- ten Larven stets in der dem Lichte abgewandten Ecke zusammengehäuft. Erst nach längerem, ein bis drei Tage währendem Umherschwärmen setzen sie sich fest. Den feineren Bau der schwärmenden Larven habe ich an feinen Durchschnitten studirt, welche ich mittels des Leiser’schen Mikrotoms berstellte, nachdem die Larven mit Osmiumsäure oder Alkohol absolutus gehärtet, sodann mit Haematoxylin, Pikrokarmin oder Alaunkarmin tin- girt und nach vollständiger Entwässerung in Paraffin eingebettet waren. An solchen Schnitten konnte ich mich zunächst davon überzeugen, dass während des Umherstrudelns wichtige Veränderungen im Körper der Larve vor sich gehen. Während nämlich der Bau eben ausgeschlüpfter Larven noch nicht wesentlich von dem der oben geschilderten zum Aus- schwärmen reifen Embryonen abweicht, so zeigen sich bei etwas älteren Larven die Kerne der prismatischen Geißelzellen stärker in die Länge gezogen, fast stäbchenförmig. Bei solchen Larven dagegen, welche schon längere Zeit herumschwärmten, sieht man die Kerne nicht mehr am äußeren Ende, sondern in der mittleren oder inneren Region des Zellkörpers gelegen und wieder einfach oval (Fig. 24). Ferner zeigen sich hier in der den inneren Larvenraum erfüllenden, durch die ange- wandten Erhärtungsmittel zu einer schwach körnig getrübten Gallerte geronnenen Masse hier und da ovale mäßig stark lichtbrechende Gebilde, ganz ähnlich jenen Kernen der äußeren Prismenzellen (Fig. 24). Ich glaube dieselben auch als wirkliche Zellkerne ansehen und auf Zellen Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 417 beziehen zu dürfen, welche in die gallertige Binnenmasse hineinge- wandert sind. Den Akt des Festsetzens dieser so beschaffenen Larven direkt zu beobachten, ist mir nicht gelungen. Dagegen habe ich zahlreiche Larven bald nach dem Festsetzen in verschiedenen Stadien ihrer Umwandlung und Ausbildung zum vollkommenen Schwamm theils lebend, theils nach ihrer Erhärtung und Färbung sowohl in toto als an feinen Durchschnitten studiren können. Einige wahrscheinlich erst seit wenigen Stunden fixirte Larven, welche theils am Wasseroberflächenhäutchen, theils an grünen Algen- blättern sitzend aufgefunden wurden, stellten sich als solide, flache, un- regelmäßig rundliche, fast farblose Platten von circa 2 mm Durchmesser dar, deren etwas gewölbte freie Oberfläche eine centrale seichte Depres- sion aufwies, welche sich im durchfallenden Lichte als heller centraler Fleck gegen die dunklere Umgebung mehr oder minder deutlich abhob. An diesen ganz jungen durchaus soliden Platten ließen sich nur zwei differente Zellenlager unterscheiden, welche sich zuweilen — besonders nach Osmiumsäure-Behandlung — von einander trennten. Das eine derselben bestand aus einem die ganze Platte sowohl an ihrer freien Oberfläche als auch an der Anheftungsfläche deckenden einschichtigen Lager polygonaler, platter, epithelartiger Zellen, welche hier und da, zumal am äußersten Randsaume spitze, hyaline Fortsätze aussandten. Die von diesem einschichtigen Plattenzellenlager umschlossene Masse er- schien als ein kompakter Haufen von dicht gedrängt liegenden, unregel- mäßig polyödrischen, ziemlich uncharakteristischen Zellen. An anderen Platten, welche bereits mehrere Stunden festsaßen, ließ sich bei der Flächenansicht im durchfallenden Lichte außer dem centra- len lichten Flecke noch in dem diesen letzteren umgebenden breiten dunkleren Ringwalle eine ziemlich scharf begrenzte schmale helle Zone erkennen, welche beim Heben und Senken des Tubus den Eindruck einer im Innern des Ringwalles befindlichen Spalte (Fig. 25) machte. Während diese Zeichnung in manchen Fällen (einen völlig geschlossenen Ring darstellend) rings herum lief, umfasste sie in anderen Fällen nur etwa drei Viertel oder gar nur die Hälfte des Mitteltheiles der Platte und lief dann an den beiden Enden spitz aus (Fig. 25). An senkrechten Durchschnitten solcher Platten zeigte es sich nun, dass jene kreis- oder sichelförmige schmale helle Zone der Flächenansicht in der That der optische Ausdruck einer wirklich im Ringwalle befindlichen klaffen- den Spalte war, welche mit heller Flüssigkeit erfüllt, und von glatten Wandflächen begrenzt war (Fig. 26). An feinen gut gefärbten Durch- 27* 418 Franz Rilhard Schulze, schnitten der Art! ließ sich ferner hinsichtlich der histiologischen Ver- hältnisse Folgendes ermitteln. j Das äußere Plattenepithellager erschien wenig verändert, höchstens ließ sich bemerken, dass die einzelnen Zellen etwas breiter und dem entsprechend flacher und durchscheinender geworden waren. Darunter aber folgte jetzt eine Gewebsmasse, welche zumal in der dickeren Rand- partie der Kruste sehr deutlich als die bekannte gallertige Bindesubstanz mit unregelmäßig sternförmigen Zellen in hyaliner Grundlage erkannt werden konnte, während in dem centralen, der oben erwähnten äußeren Depression entsprechenden Theile noch die nämlichen gedrängt neben einander liegenden Zellen zu finden waren, wie sie früher den ganzen von Plattenepithel umschlossenen Binnenkörper ausmachten. Die im Ringwalle gelegene Ringspalte war dagegen mit einem kontinuirlichen einschichtigen Lager niedriger Cylinderzellen ausgekleidet, in deren jeder ein verhältnismäßig großer längsovaler Kern durch besonders inten- sive Tinktion deutlich hervortrat (Fig. 26). Schnitte, welche ich durch eine etwas ältere, weiter entwickelte, die centrale Depression der Oberfläche nicht mehr zeigende Larve legte, ließen statt der an zwei Stellen getroffenen Ringspalte eine einzige flache sackförmige Höhle erkennen, welche mit dem nämlichen Gylinderepithel ausgekleidet war, wie früher die Ringspalte. Hier er- schienen ferner die Zellen des äußeren Plattenepithels etwas mehr ab- geflacht, und die zwischen den beiden Epithellagern, dem äußeren und inneren, gelegene Gewebsmasse ganz und gar aus echtem Gallertgewebe bestehend (Fig. 27). Die nächstfolgenden Stadien, welche ich untersuchen konnte, waren schon mit einer Anzahl ausgebildeter Geißelkammern versehen, welche sämmtlich in der oberen Wand der einem flachen Sack gleichenden Kruste lagen und annähernd in koncentrischen Kreiszonen angeordnet waren. Die einzelne Kammer stellte einen mit Kragenzellen ausgekleideten ei- förmigen Hohlraum dar. Der äußerste und höchst wahrscheinlich zuerst gebildete Kreis von Geißelkammern, welcher bei den jüngsten der hier in Betracht kommen- den Stadien meiner Beobachtung 8—10 Kammern enthielt, liegt in der Gegend der früheren Ringspalte. Der nächstinnere, Anfangs nur drei bis vier Kammern enthaltende Kreis umschließt dann noch eine kammer- 1 Die besten Schnitte erhielt ich von solchen Platten, welche auf dünnen Algen- blättern sich festgesetzt hatten, und sammt ihrer Unterlage zunächst in Osmium- säure erhärtet, sodann nach einander mit Spiritus von 52°, Alaunkarmin, Aq. dest., Alkohol von 520°—700—950, Alkohol absolutus, Ol. Terebinth. behandelt, und schließ- lich in Paraffin eingebettet waren. Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 419 freie Centralregion, in welcher nur ein einfaches Qylinderzellenlager aber noch keine gesonderte Kammer zu sehen ist. Allmählich wächst dann die Anzahl der Kammern, wobei jedoch die ursprünglich so deutliche Regelmäßigkeit ihrer Anordnung in kon- centrischen Kreisen sich mehr und mehr verwischt (Fig. 28). - Zugleich mit der Ausbildung der Geißelkammern gehen noch folgende Veränderungen vor sich. Bei dem nicht unbedeutenden Wachsthum der Kruste erfolgt ihre Ausdehnung doch nicht nach allen Seiten hin gleichmäßig, sondern es schieben sich vom äußeren Rande lappige Fortsätze in radiärer Richtung vor, wodurch die äußere Rand- contour aus der Kreisform zu einer unregelmäßig gelappten umgewandelt wird. In diese marginalen Vorsprünge dringt jedoch die centrale Höhle nicht immer mit entsprechenden Aussackungen ein; vielmehr sind jene Fortsätze in der Regel nur an ihrer Basis von innen her durch ein kleines Divertikel der Binnenhöhle schwach ausgehöhlt, im Übrigen -aber solide. Sie bestehen aus gallertiger Bindesubstanz und der dieselbe deckenden einschichtigen Lage epithelialer Plattenzellen, beides direkte Fort- setzungen der entsprechenden Gewebslagen des Haupttheiles der Kruste. Zuweilen fand ich die große gemeinsame Binnenhöhle des jungen Schwammes an einer Stelle der Randpartie bis zur Außenfläche vorge- baucht und daselbst mit einer rundlichen Öffnung von circa 20 u Durch- messer nach außen mündend. Ich bin um so mehr geneigt, in dieser Öffnung ein Osculum zu sehen, als die ganze übrige freie Oberfläche der Kruste von zahlreichen kleinen rundlichen Löchern durchbohrt ist, welche sich zweifellos als Einströmungsöffnungen, pori, darstellen. Wenn ‚auch nicht jedes dieser Löcher gerade über je einer Geißelkammer gelegen ist und un- - mittelbar in eine solche öffnet, so lässt sich doch von jedem derselben ein kanalartiger Zugang zu einer nächstgelegenen Geißelkammer ver- folgen. Merkwürdigerweise liegen bei allen etwas älteren Krusten die pori fast sämmtlich zwischen je zwei Geißelkammern (Fig. 28), und es führt von jedem porus erst ein sich gabelnder Kanal in die Tiefe, dessen Äste dann in die nächstgelegenen Kammern einmünden (Fig. 29). Hiernach macht also das den jungen Schwamm durchströmende Wasser folgenden Weg. Durch die an der Oberfläche befindlichen zahl- reichen rundlichen Hautporen gelangt es in kurze nach innen führende und sich hier verästelnde Kanäle, aus deren Endästen in die Geißel- kammern, und durch die weitere Ausgangsöffnung der letzteren in den großen Binnenhohlraum der immer noch einem flachen Sack gleichenden Kruste. Von diesem Binnenraum aus dringt es dann schließlich durch die am Rande gelegene Oscularöffnung nach außen. 420 Franz Eilhard Schulze, Es muss auffallen, dass hier das Osculum nicht im Centrum der Oberfläche entsteht, und zwar um so mehr, als noch jüngst KrLıer bei einem entsprechenden Entwicklungsstadium seiner Chalinula fertilis die neugebildete Oscularöffnung wirklich in der Mitte gefunden hat. Indessen scheint mir doch gerade bei Plakina monolopha die erste Anlage des Osculum am Rande nicht nur aus dem Umstande verständlich, dass beim erwachsenen Schwamme die Oseularröhre oder die Oscularröhren sich ebenfalls nicht in der Mitte sondern auf dem marginalen Ringsinus erheben, — sondern vielmehr direkt aus der eigenthümlichen ring- förmigen Anlage des ganzeninnerenHohlraumes erklärlich zu sein. Ich glaube nämlich die erste Entstehung der Oscularöffnung der Spongien überhaupt in folgender Weise erklären und sogar auf rein mechanische Ursachen zurückführen zu können. Sobald die ersten Geißelkammern angelegt sind und die langen Geißeln der Kragenzellen ihre Thätigkeit beginnen, wird durch die Kammerporen Wasser von außen in die Höhle des jungen sackförmigen Schwammes hineinge- trieben, und deren Wandung allmählich bei der zunehmenden Füllung so ausgedehnt, dass dieselbe an der nachgiebigsten Stelle platzt. Voraussichtlich wird dies gerade in einer solchen Region geschehen, in welcher keine Geißelkammern liegen und die Wand am dünnsten ist, also bei Plakina monolopha am Rande nach außen von dem ersten Geißelkammerkreise da, wo sich früher die erste Ringspalte gebildet hatte und wo sich später der Randsinus entwickelt. Bei andern Spon- gien, wo die eben fixirte junge Kruste eine obere Konvexität besitzt und dem entsprechend sich die erste Spalte nicht ringförmig, sondern gleich von vorn herein im Centrum plankonvex anlegt, wird die dünnste oder nachgiebigste Stelle voraussichtlich nicht am Rande, sondern central liegen und dem entsprechend auch die Oscularöffnung im Centrum der Oberfläche durchbrechen — gerade wie KerLer es bei Chalinula fertilis beschrieben hat. Die später erfolgende Ausbildung der frei vorragenden Oscularröhre ist ebenfalls auf das mechanische Moment des kräftig ausströmenden Wassers zurückzuführen. Es wird eben der dünne Randsaum der ur- sprünglich einfachen Oscularöffnung durch den Wasserstrom mit her- vorgezogen und sich allmählich zu einer frei vorstehenden Röhre mit terminaler Öffnung ausdehnen. Während nun die geschilderten Bauverhältnisse der ganz jungen Kruste schon bei verhältnismäßig geringer, etwa 100 maliger Vergröße- rung leicht zu konstatiren sind, werden die nunmehr zu besprechenden histiologischen Details erst bei Anwendung stärkerer Vergrößerung deutlich. Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien, 421 Das äußere einschichtige Plattenepithel besteht aus 4—6 eckigen Zellen, in deren feinkörnigem Plasmakörper je ein heller centraler Kern liegt. Jede dieser durch helle schmale Grenzzonen getrennten Zellen trägt in der Mitte ihrer Außenfläche eine schlagende Bewegungen ausführende lange, feine Geißel, wie sie auch beim erwachsenen Schwamme jeder Zelle des äußeren Plattenepithels zukommt. Nur an dem Endtheile der oben besprochenen lappenförmigen Randvor- sprünge besitzen die der Unterlage anliegenden Epithelzellen statt der Geißel spitz ausgezogene, hyaline pseudopodienartige Fortsätze, die ohne Zweifel zur Fixirung dienen (Fig. 29). Die gallertige Bindesub- stanz, welche zwischen diesem äußeren Plattenepithel und dem die Binnenhöhle, resp. die Geißelkammern auskleidenden Epithellager liegt, und im Ganzen als ziemlich zellenarm bezeichnet werden muss, enthält bereits Kieselspicula. Obwohl ich nicht die allererste Entstehung der letzteren direkt habe beobachten können, so ließ sich überall leicht erkennen, dass eine sehr innige Verbindung zwischen den neuen Kieselnadeln und den zelligen Elementen besteht. Am besten konnte dies Verhältnis in den hellen Randfortsätzen lebender, an der Unterseite eines Deckblättehens im hangenden Tropfen in der feuchten Kammer untersuchter Schwamm- krusten bei Anwendung starker Vergrößerungen studirt werden. So leicht es nun aüch gelingt, sich davon zu überzeugen, dass jedes Junge Spiculum mit einer den gemeinen Bindesubstanzzellen bis auf den Mangel der Ausläufer durchaus gleichenden Zelle in unmittelbarer Verbindung steht, und dass der Kern der letzteren dicht neben dem Gentraltheile des Spiculums das feinkörnige Zellenplasma dagegen an den nach verschiedenen Seiten abgehenden Stacheln anliegt oder diese umfasst, so schwer ist es sicher festzustellen, ob das Kieselspiculum wirklich ganz von dem Zellenkörper umschlossen wird, oder demselben nur anliegt, resp. seitlich eingebettet liegt. Angesichts der genauen und bestimmten Mittheilungen Merschnı- Korr's! jedoch, welcher die erste Entstehung der Kalknadeln in Meso- dermzellen bei ganz jungen Ascetta und Sycandra beobachtete, den deutlichen Zeichnungen in Ganin’s leider russisch geschriebenen Arbeit über die Entwicklung von Spongilla, und den älteren Angaben Oscar Sennipr's?, welcher bei Esperien gewisse Kieselgebilde im Innern membranhaltiger Zellen liegen sab, scheint allerdings die erstere An- nahme die größere Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Welche Nadelform zuerst entsteht, habe ich wegen Mangels des 1 Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 361. 2 Bericht über die Expedition zur Untersuchung der Ostsee. 1873. p. 148. 422 Franz Eilhard Schulze, betreffenden Entwicklungsstadiums nicht ermitteln können, dagegen war es leicht zu erkennen, dass jede einzelne Form gleich als solche von vorn herein angelegt wird, d. h. also, dass nicht etwa aus einem schon fertig gestellten Zweistrahler durch nachträgliches Auswachsen eines weiteren Stachels ein Dreistrahler entsteht, sondern, dass jeder Dreistrahler von vorn herein als ein mit drei Zacken versehenes Körperchen, ein Vier- strahler gleich mit vier Zacken seinen Anfang nimmt, und dass später diese Fortsätze sich nur verlängern und verdicken. Ältere Entwieklungsstadien der Krusten als‘ die in Fig. 28 darge- stellte habe ich zwar nicht beobachtet, glaube jedoch, dass es keine Schwierigkeit haben kann, den weiteren Entwicklungsgang zu er- schließen, und sich den wahrscheinlichen Übergang jenes Stadiums in eine völlig ausgebildete Kruste vorzustellen. Es bedarf dazu nur der gewiss nahe liegenden und einfachen Annahme einer reichlichen Falte- lung des die Geißelkammern enthaltenden oberen Blattes und partieller Verwachsungen jenes sich faltelnden Blattes mit dem einfach platten- förmigen basalen Blatte. Die Ausbildung des marginalen Ringsinus ist durch einfache Ausweitung der äußeren Randzone des Sacklumens, und die Entstehung des Oscularrohres durch Erhebung der Umrandung der schon in dem geschilderten Entwicklungsstadium vorbandenen Aus- gangsöffnung ohne Weiteres verständlich. Plakina dilopha. In einer Plakinenkrustensendung aus Triest, welche durch die Für- sorge des Herrn Stationsinspektors Dr. GraErFFE besonders reichlich aus- gefallen war, fanden sich neben vielen Exemplaren von Plakina mono- lopha auch einige Krusten, die jenen zwar im Allgemeinen ähnlich erschienen, jedoch durch schneeweiße Farbe, auffällige Glätte und einen gewissen Seidenglanz meine Aufmerksamkeit erregten. Eine schnell vorgenommene Prüfung des Baues und der Nadelformen ergab zwar neben wesentlicher Übereinstimmung einige Abweichungen von der anderen Form, jedoch blieb ich noch in Zweifel, ob es sich um eine von jener wirklich scharf abzugrenzende zweite Art oder nur um eine vielleicht durch Übergänge eng verbundene Varietät handle. Diese Ungewissheit, welche mir zunächst nur durch genaue Untersuchung zahlreicher Exemplare beider Formen lösbar erschien, ließ sich jedoch zu meiner Freude durch eine einzige wirklich überraschende Beobachtung sehr schnell entscheiden. Es fand sich nämlich, dass die Flimmerlarven, welche aus einer jener glatten atlasglänzenden Krusten während ihrer Isolirhaft in einem kleinen Aquarium hervorkamen, nicht nur eine Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 423 wesentlich andere Form besaßen, als die oben beschriebenen Larven der Plakina monolopha, sondern auch durch einen breiten Fleck schwarzen körnigen Pigmentes am hinteren Pole von jenen sich auffällig unter- schieden. Hierdurch war natürlich sofort jeder Zweifel an der Artver- schiedenheit beider Formen beseitigt. Die äußere Erscheinung der Plakina dilopha-Krusten gleicht zwar im Allgemeinen derjenigen von Plakina monolopha; Ausdehnung, Dicke und Form stimmt sogar vollkommen überein, und auch die rein weiße Farbe weicht nicht wesentlich von derjenigen mancher Plakina mono- lopha-Exemplare ab. Jedoch zeigt eine genauere Betrachtung mehrere Unterschiede, von welchen ich die Glätte und den Atlasglanz schon er- ‚ wähnt habe. An der ziemlich gleichmäßig ebenen Oberfläche sieht man statt der bei Plakina monolopha vorhandenen, die Papillen umrahmen- den Spalten unregelmäßig zerstreute rundliche Löcher verschie- dener Weite, deren größere bei Lupenbetrachtung im Grunde noch schmale leistenförmige Erhebungen erkennen lassen. Gegen den äuße- ren Rand zu kommen nur kleinere Löcher vor und an der äußersten Kante fehlen dieselben gänzlich. Ein äußerer Ringwall ist hier nicht vorhanden. Zwar setzt sich die Kruste überall deutlich gegen die Unter- lage ab, zeigt aber an ihrem Rande keine Aufbiegung, sondern im Gegentheil einen leichten allmählichen Abfall. Mit diesem Fehlen des Grenzwalles scheint auch die abweichende Lage der Oscularröhren zu- sammenzuhängen, welche hier nicht wie bei Plakina monolopha von dem Randtheile der Kruste, sondern stets von einer mittleren Partie der Oberfläche sich erheben (Fig. 44). Wie senkrechte Durchschnitte lehren, ist auch hier eine gleich- mäßig dünne Basalplatte vorhanden, welche der festen Unterlage im Allgemeinen locker aufliegt, und nur hier und da mit kleinen rundlichen Vorsprüngen an der Unterlage festgeheftet ist; also zum größten Theil hohl liegt. Am Rande biegt sie in die weit dickere und komplieirter gebaute obere Platte um, und ist außerdem noch mittels zahlreicher das Binnenlumen durchsetzender Stränge und Platten mit jener verbunden (Fig. 10). Auch hier lässt sich demnach die ganze Kruste mit einem abge- flachten Sack vergleichen, dessen Wandungen nur ungleich dick und vielfach mit einander verbunden sind. Während nun aber bei Plakina monolopha die frei vorliegende, obere Wand des Sackes sich ganz deut- lich als eine vielfach gefaltete Platte darstellt, in der die Geißelkammern liegen, erscheint hier auf den ersten Blick die obere Sackwand fast massiv. Jedoch tritt bei näherer Untersuchung die principielle Überein- stimmung hervor, wenn man nur beachtet, dass hier die von der freien 424 Franz Eilhard Schulze, Oberseite her in die Kruste eintretenden Zufuhrkanäle im Wesentlichen dieselbe Lagebeziehung zu den abführenden Kanälen zeigen, wie die spaltenähnlichen Vertiefungen bei Plakina monolopha. Die Differenz be- steht hauptsächlich nur darin, dass bei Plakina dilopha das die Geißel- kammern enthaltende Bindesubstanzlager in der Nähe der Krustenober- fläche weit massiger entwickelt und zu einer viel kompakteren Schicht geworden ist, als bei Plakina monolopha. Hierdurch sind die Ein- führungsgänge zu verhältnismäßig engen, rundlichen, verzweigten Röhren oder Kanälen eingeengt worden, und es hat sich eine zusammen- hängende feste Oberflächenlage entwickelt. Die Schilderung des histiologischen Baues der Plakina dilopha glaube ich auf eine Darlegung der Abweichungen von den bei Plakina mono- _ lopha oben beschriebenen Verhältnissen um so eher beschränken zu dürfen, als im Allgemeinen die feineren Strukturverhältnisse hier nicht wesentlich von den dort erörterten abweichen. Ob das Plattenepithellager, welches auch bei Plakina dilopha die ganze von Wasser bespülte Fläche mit einziger Ausnahme der Geißel- kammern deckt, überall Geißeln führt, habe ich leider an lebenden Krusten festzustellen unterlassen. So wahrscheinlich mir dies nun auch nach dem Aussehen der von erhärteten Thieren angefertigten Präparate für manche Regionen erscheint, so glaube ich doch das Vorhandensein von Geißeln an der frei vorliegenden Krustenoberfläche so wie an der der Unterlage zugewandten Unterseite der Basalplatte desshalb als un- wahrscheinlich bezeichnen zu müssen, weil ich an den genannten Flächen nicht selten größere Strecken von einem zwar sehr dünnen aber ziemlich stark lichtbrechenden, strukturlosen, cuticulären Häutchen überdeckt fand, wie es ähnlich ja schon bei manchen andern Spongien, z. B. Cacospongia und Euspongia ! beschrieben ist. Die Bindesubstanz zeigt auch hier nur in der allernächsten Um- gebung der Geißelkammern und dicht unterhalb des Plattenepithellagers eine geringe körnige Trübung ihrer im Übrigen hyalinen Grundsubstanz. Die Kieselspicula, welche A, 3 oder 2 einfache glatte Strahlen besitzen, stimmen in Form und Größe so vollständig mit den bei Plakina monolopha oben beschriebenen überein, dass ich mir eine doppelte bildliche Darstellung derselben ersparen zu dürfen glaubte, und einfach auf die Figurenreihe a—t der Fig. 2, als für beide Species gemeinsam gültig, verweise. Nur hinsichtlich der Reichlichkeit des Vorkommens der einzelnen Nadelformen scheinen mir Abweichungen vorzukommen. Während nämlich die Vierstrahler hier noch seltener sind als bei ! Diese Zeitschr. Bd. XXXI. p. 626. Taf. XXXVI, Fig. 4. Untersuchungen über den Ban und die Eutwieklung der Spongien. 425 Plakina monolopha, kommen Zweistrahler jeder Variation häufiger vor als dort. Eine sehr auffällige Differenz zwischen beiden Arten besteht in der Form und Orientirung der Kandelaber. Während nämlich bei Plakina monolopha stets nur einer der vier von einem Verbindungspunkt abgehenden Hauptstrahlen nach außen, senkrecht gegen die Grenzfläche, gerichtet ist, und sich in ein Büschel schräg divergirender sekundärer Strahlen theilt, so richten sich bei Plakina dilopha zwei von den vier Hauptstrahlen schräg gegen die Grenzfläche und theilen sich beide in je ein Büschel schräg divergirender (zwei bis fünf) Sekundärstrahlen, während die andern beiden Hauptstrahlen schräg nach innen gerichtet, bald ganz gerade, bald leicht gebogen, spitz auslaufen. Wenn nun auch diezweibüscheligen Kandelaber dieser (ge- rade wegen der Gestalt ihrer Kandelaber als »dilopha« bezeichneten) Art eben so wie die einbüscheligen der nahe verwandten Species in ge- drängter einschichtiger Lage die ganze äußere Grenzzone des Schwamm- körpers einnehmen, so sind sie hier doch nicht ganz ausschließlich auf diese Region allein beschränkt, sondern kommen gelegentlich auch in der Wand der größeren abführenden Kanäle und des basalen Kavernen- systems — wenngleich nur spärlich und immer in der nämlichen Orien- tirung gegen die Kanalwand wie dort in der Schwammrinde gegen die äußere Grenzfläche — vor. | In Betreff der Geißelkammern hebe ich hervor, dass dieselben etwas größer erscheinen als bei Plakina monolopha und dem entsprechend auch etwas mehr Kragenzellen enthalten. Bald münden sie direkt mittels ihres weiten rundlichen Ostiums bald durch Vermittlung eines kurzen Ausführungsganges in einen der abführenden Kanäle, resp. das große basale Kavernensystem ein. Unter den wenigen Exemplaren von Plakina dilopha, welche in meine Hände gelangten, befand sich eines mit zum Ausschlüpfen reifen Embryonen. Ich konnte dasselbe in einem kleinen Aquarium so lange am Leben erhalten, bis diese letzteren hervorkamen, und hatte so Gelegen- heit, die schon oben kurz erwähnten Flimmerlarven kennen zu lernen. Ja, ich konnte sogar einige zum Festsetzen bringen. Die Form der eben frei gewordenen Larve entspricht ungefähr einem länglichen Ellipsoid von 0,23 mm Länge und. 0,13 mm Breite. Jedoch ist auch hier der eine Pol ein wenig flacher und breiter als der andere; und es liegt die größte Breite des Larvenkörpers nicht genau in der Mitte, sondern dem breiteren Pole etwas näher. Die feinen Geißelhaare, welche auf der ganzen Körperoberfläche in ziemlich gleichmäßiger Vertheilung vorkommen, sind in ähnlicher Art gerichtet wie bei der Larve von Plakina 426 | Frauz Eilhard Schulze, monolopha. Während sie nämlich in der Mitte des flacheren Poles pinsel- artig aus einander fahren, und an dem breiteren Haupttheile der Larve ziemlich rechtwinklig zur Oberfläche gerichtet sind, legen sie sich dem schmaleren Theile des Larvenkörpers etwas mehr an, und neigen sich an dem betreffenden Endpole sogar zu einem kurzen Schopfe zusammen (Fig. 30). j In der Farbe und deren verschiedener Intensität an dem breiteren und schmaleren Theil des Körpers gleicht diese Larve im Allgemeinen ebenfalls derjenigen von Plakina monolopha; jedoch reicht hier die dem schmaleren Endtheile eigene dunklere Färbung etwas weiter als dort und nimmt fast die Hälfte des ganzen Larvenkörpers ein. Der schmale End- pol selbst aber ist durch eine schwarze Pigmentmasse von kreisförmiger Begrenzung ausgezeichnet, welche nach ihrer Peripherie zu durch Auseinanderrücken der einzelnen Pigmentkörnchen ein wenig lichter wird. Auch in der Art der Bewegung stimmt diese Larve mit der- jenigen der zuerst geschilderten Species überein. Wie jene schwimmt sie mit dem breiten Pole voran, unter stetem Rotiren um die Längs- achse, in Spiraltouren dahin. Eben so weicht der innere Bau nicht erheblich von demjenigen der andern Larve ab; nur mag hervorgehoben werden, dass die vorhin erwähnten schwarzen Pigmentkörnchen nach . auswärts von dem länglichen Kerne in dem Plasmakörper der betreffen- den Cylindergeißelzellen liegen. An einer anscheinend gesunden Larve ließen sich während ihres Aufenthaltes im hangenden Tropfen einer feuchten Kammer bei an- dauernder Beobachtung folgende Veränderungen wahrnehmen. Zunächst erfuhr die Larve eine bedeutende Verkürzung in ihrer Längsachse unter gleichzeitiger Zunahme des Querdurchmessers, wobei jedoch weniger der hellere breite Vordertheil als der dunkler gefärbte und von vorn herein (wegen der hier etwas größeren Länge der Geißelzellen) dick- wandigere schmale Hintertheil sich mehr und mehr vom Pole her ab- flachte und an Breite zunahm. Bald war dieses hintere Dritttheil so stark abgeflacht, dass es eine zur Hauptachse rechtwinklig gestellte ebene Endfläche darstellte. Endlich begann dann eine langsam fortschreitende Einstülpung dieses abgeflachten Hinterendes, welche alsbald zur Bildung einer Mützen- oder Kappenform mit schwacher rinnenartiger Einziehung dicht oberhalb des Seitenrandes führte. Leider setzte sich die so ver- änderte Larve schließlich doch nicht fest, sondern ging nach längerem Umherstrudeln durch Auflösung in die Elemente zu Grunde, so dass ich nicht sicher bin, ob es sich hier um eine wahre Gastrula oder vielleicht nur um eine Pseudogastrula handelte. nun nn UL Untersuchnngen über den Ban uud die Entwicklung der Spongien, 427 Eine andere meiner freiwillig ausgeschlüpften Larven hatte sich an das Wasseroberflächenhäutchen — freilich ohne eine nähere Kontrolle des Vorganges von meiner Seite — angesetzt, und stellte sich, nachdem sie mittels eines flach aufgelegten Deckgläschens aufgehoben und bei durch- fallendem Lichte im hängenden Tropfen zur Ansicht gebracht war, als eine solide, dünne, rundliche Scheibe dar, deren fixirte Basalfläche von einem einschichtigen Zellenlager gebildet war. Die mittlere Partie dieses basalen Zellenlagers war durch reichliche Einlagerung jener tiefschwar- zen Pigmentkörnchen ausgezeichnet, welche den schmalen Endpol der freien Larve auszeichneten ; während die freie Oberfläche eine ähnliche dellenförmige centrale Depression mit erhabener ringwallartiger Um- säumung zeigte, wie wir sie bei den im gleichem Entwicklungsstadium befindlichen jungen Plakina monolopha-Krusten kennen gelernt haben. Nach diesem Befunde glaube ich zu dem Schlusse berechtigt zu sein, dass sich die Flimmerlarve mit dem das schwarze körnige Pigment ent- haltenden hinteren Pole (und zwar wahrscheinlich nach einer starken Abflachung oder selbst mäßigen Einstülpung desselben) festsetzt, und voraussichtlich einen ähnlichen weiteren Entwicklungsgang nehmen wird, wie er für Plakina monolopha in den Hauptzügen festgestellt werden konnte. Plakina trilopha. Unter den in starkem Spiritus gut konservirten Spongien, welche ich der trefflichen, in so verschiedenen Richtungen zugleich unsere Wissenschaft fördernden zoologischen Station des Herrn Professor DoHRN in Neapel verdanke, befanden sich auch mehrere Exemplare einer flachen weißlichen Kruste von circa 2 mm Dicke, welche sich bei näherer Untersuchung als eine wohlcharakterisirte dritte Art der neuen Gattung Plakina herausstellte. Während sich die meisten dieser Krusten flach an der Oberfläche — wahrscheinlich Unterseite — von Steinen oder andern festen Körpern ausgebreitet zeigten, gab es einige Exemplare, bei welchen es durch Faltelung der Platte zur Bildung unregelmäßiger wulstiger Erhebungen von 3—5 mm Höhe gekommen war. Sowohl die frei vorliegende Außenfläche als auch die der Unterlage zugewandte nur mittels einiger kleiner Vorsprünge angewachsene, zum größten Theil aber hohl liegende Unterseite oder Basalfläche der Kruste erscheinen dem unbewaffneten Auge ziemlich eben. Doch lassen sich schon mit der Lupe an der freien Außenfläche zahlreiche kleine rund- liche Öffnungen — Dermalporen — erkennen. Ein differenter Randsaum ist nicht vorhanden, vielmehr nimmt die Kruste nach der Peripherie zu allmählich an Höhe ab, und hört schließlich mit einem der Unterlage 428 Franz Eilhard Schulze, angeschmiegten, in kleine Zacken sich hier und da ausziehenden, ziem- lich dünnen Rand auf. Über die innere Architektonik, besonders das Wasserkanalsystem und die Anordnung der Geißelkammern ins Klare zu kommen, gelingt hier nicht so leicht als bei den zuerst beschriebenen Arten der nämlichen Gattung. Es ist eben der Bau des ganzen Schwammes durch eine reichere Entwicklung des Kanalsystems etwas komplicirter und schwieriger ver- ständlich geworden. Doch orientirt man sich verhältnismäßig leicht, wenn man zunächst die dünneren Partien, etwa den Randtheil einer Kruste zur Untersuchung mittels der Schnitt- und Tinktionsmethode wählt. Hier erkennt man bald, dass die Lagerung der Geißelkammern und deren Beziehung zum zuführenden und abführenden Kanalsysteme, so wie die Bildung dieser beiden Systeme selbst, im Wesentlichen mit den bei Plakina dilopha beschriebenen Verhältnissen übereinstimmt und gleichsam nur einen Schritt weiter in jener Richtung darstellt, welche schon durch die größere Komplikation des Baues von Plakina dilopha gegenüber der einfacheren Plakina monolopha gegeben ist (Fig. 12). Von den kleinen Siebporen der freien Oberfläche führen zahlreiche enge und kurze, hier und da sich theilende oder mit einander anastomo- sirende Kanäle nach innen, um zunächst in ein flach unter der Oberfläche und parallel mit derselben ausgebreitetes Kavernenlager, die Subdermal- räume, einzumünden. Von diesen letzteren gehen baumartig verzweigte Gänge weiter nach innen, und dringen zwischen die Zweige der aus schmalen Wurzelästen in entgegengesetzter Richtung sich sammelnden abführenden Kanalsystems in der Weise ein, dass zwischen beiden als trennende vielfach gebogene Wand die Gewebsmasse liegt, welche die auch hier in einfacher Schicht angeordneten Geißelkammern enthält. Diese letzteren empfangen das Wasser aus den letzten Enden des zu- führenden Kanalsystems durch eine oder einige kleine runde Öffnungen — Kammerporen — und treiben es durch ihre größere Ausgangsöffnung direkt in die Wurzelkanäle des abführenden Kanalsystems. Die Haupt- gänge dieses letzteren ziehen ziemlich senkrecht gegen den Basaltheil der Kruste, um hier in ein mehr oder weniger entwickeltes Kanalnetz überzugehen, aus welchem das Wasser schließlich, durch einige nach oben führende breite Osculargänge, und die höchst wahrscheinlich an deren Öffnungen sich erhebenden Oscularröhren ! hinausgeleitet wird. Der histiologische Bau des Weichkörpers stimmt mit demjenigen 1 Die mir allein zur Disposition stehenden Spiritusexemplare ließen zwar solche dünnhäutigen Oscularröhren nicht mehr deutlich erkennen, sondern zeigten nur einfache rundliche Oscularöffnungen ; trotzdem glaube ich das Vorhandensein der ersteren an der lebenden Kruste annehmen zu dürfen. w EEE EEE WEBER Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien, 429 der früher besprochenen Arten so sehr überein, dass ich als einzige be- merkenswerthe Abweichung höchstens die Thatsache hervorzuheben weiß, dass die gallertige Grundsubstanz in der nächsten Umgebung der Geißelkammern noch stärker und ausgedehnter getrübt und verdunkelt erscheint als bei Plakina dilopha. Ob die Zellen des einschichtigen Plattenepithels, welches auch hier auf allen vom Wasser bespülten Flächen mit Ausnahme der Geißelkammern leicht nachzuweisen ist, Geißeln tragen oder nicht, vermochte ich an meinem Material nicht mehr zu entscheiden. Unter den in der gesammten Bindesubstanz dicht gedrängt liegen- den Kieselnadeln kommen zwar Vierstrahler, Dreistrahler und Zwei- strahler der nämlichen Form und Größe und in der nämlichen regellosen Vertheilung wie bei den beiden früher besprochenen Plakina-Arten vor, dagegen weichen die auch hier auf die Außenrinde und die Basalplatte be- schränkten und daselbst eine einschichtige dichte Lage bildendenKande- laber so wesentlich inForm und Orientirung von denjenigen der beiden andern Plakina-Arten ab, dass gerade in dieser Abweichung sich der Artunterschied am Markirtesten ausprägt. Während nämlich von den vier Hauptstrahlen der Kandelaber bei Plakina monolopha einer, bei Pla- kina dilopha zwei gegen die Grenzfläche gerichtet sind und in je ein Büschel von Sekundärstrahlen ausgehen, richten sich bei unserer Plakina trilopha drei von den vier Hauptstrahlen schräg gegen die Außenfläche und fahren in je ein Büschel von Sekundärstrahlen aus einander, während der vierte Hauptstrahl, senkrecht zur Grenzfläche nach innen gerichtet, bald einfach bleibt und spitz ausläuft, bald ebenfalls in ein Büschel von Sekundärstrahlen ausgeht (Fig. 12 und 13 &—x). Die Variabilität der Kieselnadeln ist hier wo möglich noch größer als bei den beiden früher besprochenen Arten. Die im Ganzen nicht sehr häufigen einfachen Vierstrahler und die etwas zahlreicher vor- kommenden einfachen Dreistrahler erscheinen noch verhältnismäßig am Beständigsten. Sie zeigen meistens nur geringe Abweichungen von der Norm hinsichtlich der Richtung und Länge der Strahlen, während das Auftreten von Höckern oder kleinen Stacheln oder gar das Hinzutreten des Ansatzes zu einem fünften Strahle (Fig. 13 y) seltener zu beobachten ist. Dagegen weisen die äußerst zahlreich vorhandenen Zweistrahler so mannigfache Variationen auf, dass es schwer sein möchte, sie alle genau zu schildern. Außer der sehr häufig vorkommenden Winkelstellung der beiden Strahlen und der Erhebung einer oder mehrerer Vorwölbungen, Höcker oder Spitzchen, sei es an den Stacheln selbst, sei es zwischen beiden an dem mittleren Verbindungstheile, kommen gerade an dieser letzteren Stelle außerordentlich verschiedene Einbiegungen, Knoten- 430 Franz Eilhard Schulze, bildungen, Verkrümmungen und Unregelmäßigkeiten anderer Art vor. Es genügt zu sagen, dass kein einziger aller von mir untersuchten Zwei- strahler in der Mitte vollkommen glatt oder nur gleichmäßig drehrund war. Eine große Zahl von Variationen zeigen auch die Kandelaber und zwar hauptsächlich in der Bildung ihrer Sekundärstrahlenbüschel. Die einfachsten und zugleich zahlreichsten Kandelaber besitzen einen nach innen (rechtwinklig zur Grenzfläche) gerichteten, einfachen, glatten und spitz auslaufenden Hauptstrahl, während die dreianderen unter annähernd gleichen Winkeln (von circa 120°) schräg gegen die Grenzfläche divergiren und sich in einer Entfernung von etwa 8 u vom Knotenpunkte in je vier ebenfalls schräg divergirende Sekundärstachel spalten. Abweichungen von dieser Normalform entstehen dadurch, dass einerseits die Sekundär- strahlen in der Zahl, in welcher sie zu je einem Büschel vereint vorkommen, zwischen zwei und fünf variiren, andrerseits am äußeren freien Ende anstatt in eine einzige Spitze in zwei bis vier schräg divergirende kleine Endzacken auslaufen können (Fig. 13 y, d, e, n). Außerdem kann aber auch noch der nach einwärts gerichtete, für gewöhnlich einfache Haupt- strahl sich in halber Länge in mehrere (zwei bis fünf) Sekundärstrahlen spalten, an welchen dann ebenfalls in einigen Fällen feine Endzacken zu sehen sind (Fig. 13 d). Nur in sehr seltenen Fällen begegnete ich Kande- labern mit mehr als vier Hauptstrahlen (Fig. 13 «). Da einige der mir zugekommenen Krusten geschlechtsreif waren, so konnte ich zunächst feststellen, dass hier eben so wie bei Plakina mono- lopha Eier und Spermaballen in unregelmäßiger Vertheilung aber vorzugsweise in der Grenzregion zwischen dem äußeren, mit Geißel- kammern reich versehenen Theil der Kruste und dem basalen Lakunen- system zugleich zur Ausbildung kommen, dass also auch diese Art zwittrig ist. Was ich von der Entwicklung der Eier und dem Verlauf der Furchung bis zur Bildung einer einschichtigen Zellenblase — Blastula — an den Spirituspräparaten erkennen konnte, stimmte durchaus mit dem bei Plakina monolopha Wahrgenommenen und oben Dargestellten über- ein. Reife Flimmerlarven waren noch nicht ausgebildet. Plakortis simplex. Ich wende mich jetzt zur Schilderung einer ebenfalls krustenförmi- gen Spongie, welche mir zugleich mit der zuletzt beschriebenen durch die zoologische Station des Herrn Professor Donrn aus der Bai von Neapel geliefert wurde, und welche hinsichtlich ihres Baues zwar in wesent- lichen Punkten mit den zu der Gattung Plakina vereinigten Formen übereinstimmt, in vieler Hinsicht aber wieder so erheblich von jenen Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 431 abweicht, dass ihre Zuweisung zu einer andern Gattung geboten er- scheint. In der äußeren Erscheinung weichen die wenigen mir zur Unter- suchung vorliegenden, etwa 2—3 mm hohen, auf ihrer festen Unterlage flach ausgebreiteten, kleinen, weißlichen oder blassgelben Krusten nicht wesentlich von Plakina trilopha ab. Die freie Oberfläche erscheint ziemlich glatt, nur mit zahlreichen mikroskopisch kleinen rundlichen Dermalporen und einzelnen größeren Oscularöffnungen versehen. Hinsichtlich der inneren Architektonik hat sich in so fern eine prin- eipielle Übereinstimmung mit den zuletzt beschriebenen Plakina-Arten erkennen lassen, als auch hier durch die kurzen Porengänge der Haut das Wasser in kavernöse Subdermalräume geführt und von diesen durch mehr oder minder reich verzweigte Kanäle nach innen zu den Geißel- kammern geleitet wird. Aus den letzteren tritt es dann entweder direkt oder durch je ein engeres Ausgangskanälchen in die Wurzeläste eines verzweigten Ableitungskanalsystems ein, welches schließlich in der Oscularöffnung ausmündet. Indessen sind hier diese Verhältnisse nicht so leicht an den einzelnen Schnitten zu erkennen, weil die abführenden Gänge nicht in ein basales Lakunennetz einmünden, sondern die Kruste auf größere Strecken durchsetzen, um sich schließlich zu einem ein- fachen Osculargange zu vereinigen. Die der Basalplatte anliegenden und von derselben mit begrenzten Kanäle des ableitenden Systems sind an ihrer oberen, d. h. der freien Fläche zugewandten Seite meistens noch mit direkt einmündenden Geißelkammern besetzt (Fig. 14). Die Geißelkammern selbst sind zwar von gleicher Gestalt, aber etwas größer als diejenigen der Plakina trilopha, und im Ganzen weniger zahlreich, dagegen ist die Bindesubstanz zwischen ihnen massiger ent- wickelt und in ihrer Nähe so reichlich mit den bekannten stark licht- brechenden Körnchen durchsetzt, dass sich die Geißelkammerregionen an Durchschnitten viel deutlicher markiren, als bei irgend einer Plakina- Art. Dazu trägt übrigens auch noch der Umstand wesentlich bei, dass die Kieselspicula hier viel spärlicher vorhanden, und daher die von Geißelkammern freien Theile des Schwammes weit durchscheinender sind als dort (Fig. 14 und 15). Das Plattenepithellager hat die nämliche Ausdehnung und Verbreitung wie bei den Plakina-Arten. Ob Geißeln an den einzelnen ziemlich flachen Zellen vorkommen, konnte ich nicht mit Sicherheit ent- scheiden; möchte aber nach Allem, was ich gesehen habe, ihr Fehlen annehmen. DieKragenzellen der Geißelkammern zeigen keine Abweichungen; Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIV. Ba. 28 432 Franz Eilhard Schulze, dagegen kommen solche in der stark entwickelten Bindesubstanz- lage vor. Diese besteht zwar auch hier der Hauptsache nach aus gallertiger Grundsubstanz mit unregelmäßig zackigen Zellen; aber einer- seits findet sich nicht nur in der Umgebung der Geißelkammern sondern auch (wenngleich nur in dünner Lage) dicht unterhalb des einschichtigen Plattenepithellagers eine reichliche Körncheneinlagerung, andererseits treten hier und da, besonders aber in den ganz hellen körnchenfreien Partien neben den verästigten auch noch große vundliche, zuweilen selbst blasig aufgetriebene Zellen auf, deren nähere Beschreibung ich unterlassen will, weil ich kein lebendes oder von mir selbst konservirtes Material zur Untersuchung hatte. Hinsichtlich der zwar nicht sehr reichlich vorhandenen, aber durch den ganzen Schwammkörper ziemlich gleichmäßig vertheilten Kiesel- spicula ist zunächst hervorzuheben, dass überhaupt nur Zwei- strahler und Dreistrahler vorkommen, dagegen Vierstrahler und Kandelaher gänzlich fehlen. Der Umstand jedoch, dass diese Zwei- strahler und Dreistrahler sowohl in ihrer Normalform als auch in deren zahlreichen und mannigfachen Variationen mit den betreffenden Elemen- ten der Gattung Plakina wesentlich übereinstimmen, hat mich veranlasst, diese Spongie hier anzuschließen. Als eine geringfügige Abweichung wäre nur die etwas beträchtlichere Größe und die eigenthümliche Lagerung der Nadeln anzuführen. Völlig regelmäßig gebildete Drei- strahler sind verhältnismäßig selten zu finden. Häufiger kommen solche Formen vor, bei welchen zwei Strahlen sich in ihrer Richtung einer geraden Linie nähern; während der dritte den etwas konvexen Winkel genau halbiren (Fig. 16 g) oder ungleich theilen kann (Fig. 16 f). Von den Zweistrahlern, welche die bei Weitem größte Zahl der Spiceula aus- machen und eine Länge von 0,1—0,15 mm erreichen, zeigen die meisten noch eine geringe Winkelstellung der beiden durch ein unregelmäßig höckeriges oder zackiges kurzes Mittelstück verbundenen Strahlen. Wenn auch gelegentlich einmal ein nahezu geradliniger Zweistrahler angetroffen wird, so hat derselbe doch niemals die gleichmäßig glatte Spindelform, wie etwa die Reniera-Nadeln, sondern stets in der Mitte diese oder jene Unregelmäßigkeit, etwa einen Höcker oder eine seitliche Einkerbung oder etwas dergleichen. Hinsichtlich der Anordnung der Spieula lässt sich so viel leicht fest- stellen, dass fast sämmtliche Zweistrahler parallel der Krustenoberfläche gelagert sind; daher eigentlich nur an Flächenschnitten die Mehrzahl derselben in ganzer Länge wahrzunehmen ist, während an senkrechten Durchschnitten der Kruste die meisten Nadeln quer oder schräg getroffen werden. Im Übrigen konnte ich in der speciellen Orientirung der Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 433 Nadeln kein anderes Gesetz erkennen, als dass die Nadeln den Wasser- kanälen möglichst parallel gelagert sind. Genitalprodukte oder Embryonen wurden nicht aufgefunden. Plakinastrella copiosa. Eine kugelsegmentförmige Kruste von etwa 20 mm Basaldurch- messer und 5 mm Höhe, welche sich zwischen den von der zoologischen Station in Neapel mir übersandten Spongien befand, und aus der Bai von Neapel stammte, zeigte bei näherer Untersuchung Organisationsver- hältnisse und Kieselnadelformen, welche mit denjenigen der eben be- sprochenen Spongien so sehr übereinstimmen, dass ich mich veranlasst sehe, auch diese Form noch der kleinen Gruppe der Plakiniden einzu- verleiben. Wenngleich der Erhaltungszustand des einzigen vorliegenden, nach der Spirituseinwirkung hellgelblichen Exemplares nicht derartig war, um die histiologische Struktur des Weichkörpers sicher erkennen zu lassen, so reichte derselbe doch aus, um über die wichtigsten Bau- und Örganisationsverhältnisse ins Klare zu kommen. Auf der zwar gleichmäßig gewölbten, aber nicht ganz glatten, viel- mehr einem äußerst feinen Sammet vergleichbaren Oberfläche erhebt sich in der Nähe des Gipfels der Kugelflächenwölbung eine über 2 mm lange, etwas konisch verjüngte Oscularröhre. An dem niedrigen äuße- ren,Rande der Kruste treten hier und da kleine platte zackige Vorsprünge vor, welehe eben so wie die ganze Unterseite des Schwammes an der Steinunterlage fest angeheftet sind. Senkrechte Durchschnitte lehren zunächst, dass sich eine schmale Rindenzone deutlich von dem übrigen Körperparenchym absetzt. Die- selbe ist mit feinen senkrecht zur Oberfläche gerichteten Nadeln dicht erfüllt. Die diese Rindenschicht durchsetzenden rundlichen Porengänge münden in lakunöse Subdermalräume ein, von welchen, wie bei so vielen Spongien, unregelmäßig verzweigte Kanäle in das Innere führen. Diesen zuführenden Kanälen entspricht andrerseits das in entgegenge- setzter Richtung aus zahlreichen Wurzelästen sich sammelnde ableitende Gangsystem, welches, schließlich zu einem Oscularkanal centralisirt, durch das schon erwähnte äußerlich vorspringende Oscularrohr aus- mündet. Dass auch hier zwischen diesen beiden Kanalsystemen eine Lage von Geißelkammern sich ausbreitet, etwa wie bei der zuletzt be- schriebenen Plakortis simplex, scheint mir unzweifelhaft, wenn auch die Geißelkammern theils wegen des ungenügenden Erhaltungszustandes des ganzen Weichkörpers, theils wegen der außerordentlichen Fülle der 28% 434 | Franz Eilhard Schulze, Kieselnadeln nicht deutlich zu erkennen waren. Ich konnte eben nur eine durch reichliche Einlagerung der bekannten stark lichtbrechenden Körnchen opak erscheinende Zone an den betreffenden Regionen wahr- nehmen, welche ihrer Form und Ausbreitung nach durchaus der bier vorauszusetzenden Geißelkammerschicht entspricht. Von großer Mannigfaltigkeit erscheinen die nicht nur in der Form, sondern auch in der Größe wesentlich differirenden Kieselspicula, ein Umstand, welcher mich zur Wahl der Speciesbezeichnung copiosa veranlasst hat. Hinsichtlich der Dimensionen lassen sich drei Kategorien von Kieselnadeln unterscheiden, welche trotz einzelner Übergänge sich im Allgemeinen leicht aus einander halten lassen. Ich werde sie einfach als große, mittlere und kleine bezeichnen. Die Nadeln der mittleren Größe, mit welchen ich beginnen will, bestehen nur aus Zweistrahlern und Dreistrahlern, welche beide in ziemlich regelloser Anordnung durch den ganzen Schwamm- körper vertheilt sind und mit den oben ausführlich beschriebenen Zwei- und Dreistrahlern von Plakina monolopha und dilopha in Form und Größe so vollständig übereinstimmen, dass ich einfach auf die für jene oben gegebene Beschreibung und auf die Fig. 19 a—k zu verweisen brauche. Besonders hervorheben will ich noch, dass Vierstrahler in dieser mittleren Größenkategorie vollständig fehlen. Die großen Nadeln, deren Dimensionen diejenige der mittelgroßen etwa um das Dreifache übertreffen, kommen ebenfalls in allen Theilen des Schwammkörpers, wenngleich bei Weitem spärlicher als jene vor. Sie zeigen zwar im Allgemeinen keine typische Anordnung, jedoch lässt sich in der Nähe der äußeren Oberfläche häufig eine bestimmte Orien- tirung bemerken, welche derjenigen der Ancoriniden-Anker entspricht. Zum größten Theil bestehen sie aus Dreistrahlern und Vier- strahlern. Seltener finden sich Zweistrahler. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass bei diesen großen Nadeln ein feiner Achsenkanal häufig deutlich erkannt werden kann, während er bei den mittleren und kleinen Nadeln eben so wenig wie bei den Spieulis der Gattungen Plakina und Plakortis zu entdecken ist. Die Strablen der großen Vierstrahler sind entweder gerade, gleich lang und unter gleichen Winkeln orientirt, oder von ungleicher Länge, ungleichen Winkein, und zum Theil gebogen. In dem letzteren Falle gehen von dem breiten Ende eines geraden, gewöhnlich längeren Strahles drei einfach oder S-förmig gebogene Strahlen annähernd recht- winklig ab (Fig. 20 fj. Solche ankerähnlichen Vierstrahler sind mir fast nur in der äußeren Region begegnet. Hier waren sie stets so orientirt, dass die drei gebogenen Strahlen dicht unter der Oberfläche lagen, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 435 während der gerade Hauptstrahl senkrecht zu derselben nach innen ragte (Fig. 18). Unter den Dreistrahlern giebt es solche, deren Ausläufer in dersel- ben Ebene liegen und mit einander gleiche Winkel von 420° bilden, während andere einen längeren geraden Hauptstrahl und zwei kürzere fast rechtwinklig dazu gestellte, in der Regel einfach oder S-förmig ge- bogene, unter einander gleiche Seitenstrahlen besitzen. Letztere Nadel- formen trifft man eben so wie die entsprechenden Vierstrahler gewöhn- lich in der Nähe der Körperoberfläche, und zwar so gelagert, dass die gebogenen Seitenstrahlen dicht unter der Oberfläche liegen, während der längere gerade Hauptstrahl senkrecht nach innen gerichtet ist (Fig. 18). Die Zweistrahler treten meistens als singuläre Bildungen auf, welche eher den Eindruck von Abnormitäten machen. Bald sind ihre beiden Strahlen annähernd gleich lang, bald differiren dieselben erheb- lich in der Länge, bald treffen sie unter einem Winkel zusammen, bald liegen sie in einer geraden Linie, bald ist das mittlere Verbindungsstück beider Strahlen unregelmäßig höckerig, bald seitlich ausgebogen und so weiter (Fig. 20 a und g). Zuweilen begegnet man ziemlich regelmäßig gebildeten Drei- und Vierstrablern, welche in ihren Dimensionen etwa die Mitte halten zwischen diesen großen und den vorhin besprochenen mittelgroßen Nadeln (Fig. 20 e, e). Während nun diese beiden Nadelkategorien in allen Theilen des Schwammkörpers ziemlich gleichmäßig vertheilt vorkommen, sind die jetzt zu besprechenden Nadeln geringster Größe fast ausschließlich auf die äußerste Rindenschicht beschränkt, in welcher sie einen dichten Filz bilden, und mit ihren nach außen gerichteten Stacheln die sammet- ähnliche Rauhigkeit der Oberfläche bedingen. Die bier am reichlichsten vertretene Form ist die der geraden oder schwach winklig gebogenen, in der Mitte stets unregelmäßig höckerigen oder zackigen Zwei- strahler von nur 20 u Länge (Fig. 21 a—f). Viel seltener kommen einigermaßen regelmäßig gebildete kleine Dreistrabler und Vierstrahler vor (Fig. 21 gund k). Endlich finden sich Gestalten, welche von den bisher erwähnten in so fern abweichen, als ihre vier Strahlen nicht von einem Knotenpunkt, sondern von den beiden Enden eines kurzen Stäbchens abgehen und dabei ungleich lang sind (Fig. 21 © und m). Von Genitalprodukten traf ich in der mittleren und basalen Region des Schwammes einige zerstreut liegende rundliche Eier von etwa 0,1 mm Durchmesser an. 436 Franz Eilhard Schulze, Der oben dargestellte Entwicklungsgang von Plakina monolopha scheint mir einen lange gesuchten Anhaltspunkt zu bieten für die Auf- fassung der Beziehung der Gewebsschichten und Organe des erwachse- nen Schwammes zu gewissen embryonalen Anlagen, welche meiner Ansicht nach den Keimblättern der höheren Thiere entsprechen. Ich gehe dabei von dem in Fig. 7 dargestellten, einfach sack- föormigen Entwicklungsstadium aus, dessen drei differente, koncentrisch sich umschließende Gewebslagen man eben so wohl ihrer Lagebeziehung als auch ihres histiologischen Charakters wegen unbedenklich auf die bekannten drei Keimblätter, Ektoderm, Mesoderm und Entoderm wird beziehen dürfen ; wie denn ja auch gerade in neuester Zeit drei tüchtige Forscher auf Grund eingehender Untersuchungen an ganz verschiedenen Spongien bei entsprechenden Entwicklungsstadien zu der gleichen Auf- fassung gelangt sind. Ganm! hat die nämlichen drei Schichten bei einer eben erst fixirten Spongilla, Merscunikorr ? bei Halisarca und verschie- denen Kalkschwämmen, und Kerrer ? bei Chalinula im gleichen Ent- wicklungsstadium mit derselben Lagebeziehung und ganz ähnlicher histiologischer Bildung aufgefunden und auch als den drei Keimblättern entsprechend gedeutet. Es fragt sich nun : » Was entsteht aus dem Entoderm, was aus dem Ektoderm und dem Mesoderm jener einfach sackförmigen Larven ?« Ganın hat (l. c. p. 498) diese Fragen — zunächst für Spongilla — folgendermaßen beantwortet. »Das Entoderm der Larve bildet den dünnen einschichtigen epithelialen Überzug der inneren Oberfläche aller inneren Höhlungen, Kanäle — die »Leibeshöhle« ausgenommen —, ferner der äußeren Oberfläche der verschiedenen Mesodermsepten, Balken etc.« Ausstülpungen des Entodermzellenlagers liefern das Kragen- zellenepithel der Geißelkammern. Aus dem Ektoderm der Larve geht nach Ganin nur » die äußere Schicht der Haut des erwachsenen Schwam- mes« hervor, welche letztere » deutlich aus zwei verschiedenen Schich- ten, der Epidermis und der Cutis besteht«. Innerhalb des die binde- gewebige Gewebsmasse bildenden Mesodermes lässt Ganın parallel mit der äußeren Körperoberfläche eine Spalte entstehen, welche er » Leibes- höhle« nennt. Diese den Subdermalräumen der Autoren entsprechende »Leibeshöhle« soll weder von Ektoderm- noch von Entodermzellen aus- gekleidet sein. Zu einem etwas abweichenden Resultat ist Kerzer bei Chalinula I Zoologischer Anzeiger 1878, p. 198 und die russisch geschriebenen » Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschiche der Spongien «. 2 Diese Zeitschr. Bd. XXXII. p. 350. 3 Diese Zeitschr. Bd. XXXIH. p. 317. Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 437 gekommen. Zwar leitet er von dem Entoderm der’ Larve außer den Kragenzellen der Geißelkammern auch das ganze Plattenepithellager ab, welches die Gastralhöhle bis zum Oscularrand so wie das gesammite innere Kanalsystem auskleidet, und lässt aus dem Ektoderm allein das Platten- epithel der äußeren Hautfläche entstehen; findet dagegen abweichend von Ganin auch eine wahre epitheliale Auskleidung der Subdermalräume und bleibt nur darüber in Zweifel, ob dieselben vom Ektoderm oder vom Entoderm geliefert ist. Aus dem Mesoderm der Larve lässt KELLER eben so wie Ganın die ganze Bindesubstanzmasse des erwachsenen Schwammes hervorgehen. Ich selbst war früher, nachdem ich auf der gesammten vom Wasser bespülten Fläche mit einziger Ausnahme der Geißelkammern ein gleich- artiges Plattenepithel gefunden hatte, gerade wegen dieser Über- einstimmung im histiologischen Charakter geneigt, jenes ganze Platten- epithellager von dem Ektoderm abzuleiten, während ich auf das Entoderm nur die Kragenzellen bezog und schon damals das gesammte Bindesubstanzlager als Mesoderm auffasste, — auch habe ich damals die Bezeichnungen der drei embryonalen Blätter in diesem Sinne auf die betreffenden Theile des erwachsenen Schwammes angewandt. Später jedoch ward ich über die Berechtigung dazu gerade desshalb zweifelhaft, weil es mir nicht hatte gelingen wollen, die Entstehung jenes Platten- epithellagers in seiner ganzen Ausdehnung, besonders in den abführenden Kanälen und Höhlen, aus dem Ektoderm der Larve mit Sicherheit festzustellen; und ich habe von jener Zeit an die Be- zeichnungen Ektoderm, Mesoderm und Entoderm für Gewebsschichten des ausgebildeten Schwammes absichtlich überhaupt nicht mehr an- gewandt. Da das ursprünglich gleichartige, aus niedrigen Gylinderzellen be- stehende Entoderm die Innenfläche der sackförmigen Larve in kontinuir- licher Lage deckt, so scheint es mir nach den oben mitgetheilten Befun- den jetzt zweifellos, dass sowohl die Kragenzellen der als Diver- tikel der Sackhöhle entstehenden Geißelkammern, als auch die ganze übrige Epithelauskleidung, welche bei etwas weiter vorge- schrittenen Krusten aus platten geißeliragenden Epithelzellen besteht, aus dem ursprünglichen Larvenentoderm her- vorgegangen ist, und auch so bezeichnet werden muss. Es sind also zwei verschiedene Epithelzellenformen aus den ursprünglich gleich- arligen Entodermzellen hervorgegangen, nämlich die Kragenzellen der Geißelkammern und die Plattenepithelzellen der ganzen übrigen Innen- fläche der zunächst noch sackförmigen, später komplicirter gestalteten Binnenhöhle. Da nun aus dieser letzteren das ganze ableitende Höhlen- 438 | Frauz Eilhard Schulze, und Kanalsystem des erwachsenen Schwammes hervorgeht, so erscheint meiner Ansicht nach die Annahme unabweislich, dass außer den Kragenzellen der Geißelkammern auch noch das ganze aus Plattenzellen bestehende einschichtige und konti- nuirliche Epithellager, welches die sämmtlichen Hohl- räume, Gänge und Kanäle des ableitenden Systems von den Geißelkammerausgangsöffnungen an bis zum Rande der Oscularöffnung hin vom Entoderm geliefert wird. Das aus einer gleichmäßigen kontinuirlichen Lage einfacher Plattenepithelzellen bestehende Ektoderm der sackförmigen Larve er- fährt zunächst bei der Weiterentwicklung der letzteren keine andere Veränderung als ein gleichmäßiges Wachsthum und das Hervortreten der Geißeln. Wenn nach der von innen her eintretenden Ausbildung der das Ektoderm fast erreichenden Geißelkammern deren äußere Poren durchbrechen, so muss sich in diesen Löchern das äußere Ektoderm- zellenlager mit den Kragenzellen der Geißelkammern, also mit echten Entodermzellen, direkt berühren. Wenn sich alsdann bei weiterer Ver- mehrung der Geißelkammern und zunehmendem Dickenwachsthum des bindegewebigen Mesoderms diese ursprünglich als Lochporen angelegten Poren zu Kanälen auszieben, so muss sich das Plattenepithel des Ekto- derms in dieselben hineinziehen und sie auskleiden. Dass andererseits die von außen mit weitem Eingange zugängigen spaltenförmigen Ver- tiefungen, welche durch die Faltelung des oberen allein Geißelkammern führenden Körpertheiles entstehen, die nämliche Ektodermbekleidung behalten, wie die nach außen Nee ihnen vusspiehge DER Falten, ist wohl BERN Hiernach stammt also — zunächst bei Plakina monolopha — das Plattenepithellager, welches die Außenfläche des Schwammes und sämmitliche zuleitenden Spalten und Kanäle von der freien Oberfläche an bis zu den Geißel- kammereingangsporen hin bekleidet, vom Ektoderm. Unmittelbare Berührung zwischen Entoderm und Ektoderm findet nur Statt an den Eingangsporenöffnungen der Geißelkammern einerseits und dem Oscularmündungsrande andrerseits. Die zwischen den beiden Zellenlagern des Ektoderm und Entoderm befindliche, sämmtliche Kieselnadeln producirende Bindesubstanz, welche bei Plakina monolopha noch eine ziemlich gleichmäßig dünne Platte dar- stellt, gebt aus dem Mesoderm hervor. Es wurde oben ausführlich dargelegt, wie durch Massenzunahme der Bindesubstanz in der Nähe der Oberfläche aus den einfach spalten- Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 439 förmigen Einsenkungen das zuführende Kanalsystem der Plakina dilopha, und durch weitere Entwicklung der äußeren Rindenpartie einerseits und der Verbindungsstränge zwischen Basalplatte und Geißelkammern führender Schicht andrerseits die komplicirten Verhältnisse des zuführen- den Kanalsystems und des basalen Lakunennetzes der Plakina trilopha entstanden gedacht werden kann. Ich lege nun Gewicht auf den Um- stand, dass trotz dieser Komplikationen doch die Lagebeziehung der Geißelkammern zu dem zu- und abführenden Kanalsystem die nämliche bleibt wie bei Plakina monolopha, und dass vor Allem die sämmt- lichen Geißelkammern auch bei der doch schon ziemlich komplicirt gebauten Plakina trilopha noch immer eine einschichtige, konti- nuirliche Lage oder Schicht bilden, welche trotz reichlicher Faltelung im Wesentlichen mit der geißelkammerhaltigen Platte von Plakina monolopha übereinstimmt. Ich glaube daher berechtigt zu sein, diese einschichtige Lage der Geißelkammern, oder die »Geißelkammer- schicht«, wie ich sie künftig nennen werde, auch da als etwas Zu- sammengehöriges und Typisches aufzufassen und hinzustellen, wo sie sich nicht scharf absetzt, sondern in dem reich entwickelten Mesoderm ‚eingelagert und versteckt, gleichsam erst konstruirt werden muss. Wer meine Arbeiten über den anatomischen Bau der Hornspongien und der Chondrosiden kennt, wird leicht bemerken, wie sich auch dort überall eine solche, oft allerdings sehr reich gefaltete Geißelkammer- schicht markirt. Eben so ist es bei vielen andern von mir bereits stu- dirten aber noch nicht näher beschriebenen Kieselspongien. Von solcher Einfachheit wie bei Plakina monolopha ist freilich, von den Kalkspongien abgesehen, die Geißelkammerschicht (oder -Platte, wie sie hier genannt werden kann) bisher nur bei Halisarca lobularis gefunden. Die Geißelkammerschicht ist es also, welche die Grenze bildet zwischen dem zuführenden und dem ab- führenden Kanalsystem. Das erstere ist mit Ektoderm-, das letztere mit Entoderm-Zellen ausgekleidet. Die bis- her von mir untersuchten Horn- und Kieselspongien lassen sich auf eine einfache Sackform zurückführen, in deren Wandung die Geißelkammern einschichtig neben einander liegen. Die freie Außenfläche des Spongien- körpers nebst der Innenfläche des ganzen zuführenden Kanalsystems entspricht der Außenfläche jenes Sackes, die Innenfläche des ganzen ableitenden Kanal- und Höhlensystems sammt den Geißelkammern dagegen der Innenfläche eines solchen Sackes, wie er in einem ge- 440 Franz Eilhard Schulze, wissen Entwicklungsstadium — wenigstens bei Plakina monolopha — wirklich realisirt ist. Bei der Erörterung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Plakiniden gedenke ich zunächst das Verhältnis derselben zu einan- - der zu besprechen, um sodann auf das Verhältnis der ganzen Gruppe zu den übrigen bis jetzt bekannt gewordenen Spongien einzugehen. In beiden Fällen wird neben der Figuration des Weichkörpers hauptsäch- lich die Form und Gruppirung der Kieselnadein in Betracht kommen, eine erfolgreiche Verwerthung der Ontogenie dagegen wegen deren mangelhafter Kenntnis leider nur theilweise möglich sein. Ich beginne damit, die Gründe zu entwickeln, wesshalb ich die hier zusammengestellten Formen überhaupt für so nahe verwandt erkläre, um sie zu einer Familie vereinigen zu können. Angesichts der großen Differenzen der Skeletttheile einzelner Formen wird dies zunächst um so schwieriger erscheinen als auch der Bau des Weichkörpers keines- wegs bei allen übereinstimmt. Wenn man beispielsweise die Grundform der dreiseitigen Pyramide — den pyramidalen Typus O0. Scanmipt — überall in den Skeletttheilen deutlich ausgeprägt verlangen würde, um alle Arten auch nur der gleichen Ordnung der Tetractinellidae (MarsHaLı, ZITTEL) zuweisen zu können, so würde sich unsere Plakortis simplex nicht einmal in diese Ordnung einreihen lassen, da sie ja nur flache Dreistrahler und Zweistrahler besitzt, an welchen der pyramidale Typus an sich nicht zu erkennen ist. Indessen ist zu bedenken, dass dieser Umstand in dem Falle kein absolutes Hindernis gegen die An- nahme einer näheren Verwandtschaft bilden kann, wenn wir nach der Vorstellung der Mutabilitätstheorie annehmen, dass innerhalb einer Des- cendenzreihe immerhin dieser oder jener Charakter allmählich schwin- den kann, ohne dass desshalb die Blutsverwandtschaft aufhört. Gerade bei den Tetractinelliden hat ©. Scuuipr dies schon im Jahre 1870 be- stimmt ausgesprochen, wenn er in seinen »Grundzügen einer Spongien- fauna des atlantischen Gebietes« p. 63 sagt: »Man muss nicht nur die Möglichkeit zugestehen, dass im Verlaufe einer Reihe von Entwicklungen in einzelnen Fällen die ankerförmigen Nadeln verschwinden können, sondern der Befund ist auch der Art, dass man nicht umhin kann an- zunehmen, dass dies wirklich eingetreten ist.« Demgemäß hat denn auch O. Scamipt, und wie mir scheint mit vollem Rechte, seine Ancorina anaptos zu den Ancoriniden, einer Familie der Tetractinelliden, gestellt, obwohl sie gar keine Nadeln mehr besitzt, welche an sich den pyrami- dalen Typus zeigen; eben so hat er die Gattung Gaminus zu der Tetrac- tinelliden-Familie der Geodidae gezogen, obwohl die dieser Familie ee En nn un N Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 441 sonst eigenthümlichen Anker und somit auch jegliche Nadelbildungen vom pyramidalen Typus fehlen. Ich glaube daher für die Berechtigung zur Aufstellung meiner Plaki- niden als einer durch Blutsverwandtschaft nach der Art einer Familie verbundene Gruppe nur den Nachweis schuldig zu sein, dass sie wirk- lich zu einer gemeinsamen Descendenzgenossenschaft von der Aus- dehnung einer Familie gehören oder wenigstens mit Wahrscheinlichkeit gerechnet werden dürfen ; denn von einer absoluten Sicherheit wird auf diesem Gebiete wohl einstweilen noch nicht die Rede sein können. Fassen wir zunächst den Weichkörper ins Auge, so finden sich neben großer allgemeiner Übereinstimmung im histiologischen Aufbau immerhin einzelne bemerkenswerthe Differenzen. Dazu will ich nicht einmal das jedenfalls morphologisch unwesentliche Fehlen oder Vor- handensein der Geißeln an den Plattenepithelzellen, oder das isolirte Auftreten einzelner blasiger Zellen in der Bindesubstanz bei Plakortis simplex rechnen. Indessen muss wohl die reichliche Einlagerung von stark lichtbrechenden Körnchen in.der Umgebung der Geißelkammern und dicht unterhalb des Plattenepithellagers bei Plakortis und Plakina- strella als eine nicht unerhebliche Abweichung gegen Plakina erscheinen. Nun hat aber eine besonders aufmerksame Beachtung etwaiger Spuren dieses Strukturverhältnisses bei der letzteren Gattung ergeben, dass das- selbe auch dort keineswegs gänzlich fehlt. Während bei Plakina mono- lopha allerdings nur eine schwache Andeutung davon zu finden ist, tritt bei Plakina dilopha schon eine deutlicher bemerkbare Trübung in der nächsten Nähe der Geißelkammern auf; und bei Plakina trilopha finden sich sogar schon ziemlich zahlreiche Körnchen an derselben Stelle. Es lässt sich also auch hier nicht von einem principiellen Gegensatze, son- dern nur von einer graduellen Verschiedenheit reden, und wir können sogar folgende ziemlich kontinuirliche Reihe mit allmählicher Zunahme der Körnchenmenge in der Umgebung der Geißelkammern aufstellen : »Plakina monolopha, dilopha, trilopha, Plakortis simplex. Mit der letzte- ren Form wird dann in dieser Beziehung Plakinastrella copiosa etwa gleich rangiren. In der Organologie und Architektonik sind zweifellos ebenfalls nicht geringe Differenzen vorhanden, doch erscheinen auch diese keineswegs als tiefgreifende oder principielle, vielmehr lassen sich die verschiedenen Formationen leicht auf einander zurückführen, resp. von einander ableiten, und zwar so, dass in den drei Plakina-Arten eine stufen- weise Entwicklung mit zunehmender Komplikation von Pl. monolopha durch dilopha zu trilopha in einer ganz bestimmten Richtung zu bemer- ken ist, welche dann bei Plakinastrella noch eine weitere Ausbildung 442 Franz Eilhard Schulze, erfährt, während bei Plakorlis eine Entwicklung etwa von Plakina monolopha aus in einer etwas anderen Richtung zu sehen ist. Die Ab- weichung des Baues der Plakina dilopha von demjenigen der Plakina monolopha lässt sich aus einer einfachen Massenzunahme der skelett- führenden Bindesubstanz in der Nähe der Oberfläche verstehen, wie schon oben p. 424 nachgewiesen ist. Der zwischen der einfachen dünnen Basalplatte und jenem massigen oberen Theile des Körpers, welcher die Geißelkammern enthält, befindliche basale Hohlraum ist bei Plakina dilopha von ähnlicher Einfachheit geblieben wie derjenige von Plakina monolopha. Der hohle Randwulst jedoch ist bier nicht zur Entwicklung gelangt und scheint überhaupt eine specielle ARE jener letzteren Species zu sein. Dass in der Architektonik von Plakina trilopha nur ein weiterer Fortschritt in der Komplikation des Kanal- und Höhlensystens vorliegt, wurde ebenfalls schon früher nachgewiesen, und lässt sich durch eine Vergleichung der Figuren 10 und 12 leicht erkennen. Aus dem basalen Hohlraum der anderen Plakina-Arten ist hier ein Lakunensystem ge- worden. In etwas anderer Weise lässt sich der Bau von Plakortis simplex aus demjenigen der Plakina dilopha ableiten. Indem nämlich durch Entwicklung breiter Subdermalräume eine gleichmäßig dünne Haut- platte sich abhob, und sich die von den Geißelkammern ableitenden Kanäle nicht mehr als kurze, senkrecht nach abwärts führende und in einen Basalhohlraum einmündende parallel liegende Stämmchen darstell- ten, sondern durch direkte Vereinigung zu einem baumartigen Aus- führungsgangsystem ausbildeten, unterblieb die Bildung eines basalen Lakunensystems. Eine weitere Ausbildung in der letzteren Richtung zeigt Plakinastrella copiosa. Man sieht also, dass nicht nur die Unterschiede in der histiologi- schen Struktur, sondern auch die Differenzen in der Architektonik und Organologie der einzelnen Plakiniden nicht als principielle, sondern nur als graduelle aufzufassen sind; dass speciell die drei Plakina-Arten eine Entwicklungsreihe darstellen, während Plakortis in einer anderen Richtung sich ausbildete, welche bei Plakinastrella noch weitergeführt erscheint. Wenden wir uns jetzt zu den Skeletttheilen, auf welche man ja bei der Frage nach den verwandtschaftlichen Beziehungen der Kiesel- spongien von jeher mit Recht das größte Gewicht gelegt hat, so ist vor Allem das Princip festzustellen, nach welchem die Kieselnadelformen für die Beurtbeilung der Verwandtschaft Verwerthung finden dürfen. Be EU UT Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 443 Wie schon oben betont wurde, finde ich mit ©. Scumipr den Beweis für die Familien-Verwandtschaft nicht ausschließlich in der Formähn- lichkeit der Nadeln, sondern vorzüglich in der Möglichkeit, die NadelformenmitLeichtigkeitauseinander oderaus einer gemeinsamen Stammformableiten, d.h. entstanden den- ken zu können. Wie man sich auch immer den Bildungsmodus der Kieselnadeln vorstellen mag, so viel scheint zweifellos, dass die ursprünglich in oder an den einzelnen Bindesubstanzzellen angelegten Nadeln ihre Form nicht sowohl dem Krystallisirungsbestreben der Kieselsäure als vielmehr eigenthümlichen Organisationsverhältnissen des Weichkörpers der Spon- gien zu verdanken haben. Man wird daher auch zu der Annahme ge- drängt, dass sämmtliche Wandelungen in der Figuration der Nadeln ‚erst durch vorausgegangene Änderungen der feineren Organisation des Schwammweichkörpers bedingt werden. Wenn also im Folgenden von all- mählichen Umwandlungen der Nadelformen, vom Auswachsen, Biegung, Zertheilung, Schwinden einzelner Nadeltheile die Rede sein wird, so sind diese Processe immer als sekundäre zu verstehen, welche erst durch entsprechende Änderungen des Mutterbodens herbeigeführt sind. Für die Erkenntnis des phylogenetischen Entwicklungsganges bei den Formwandlungen der Kieselspicula und ihrer Hervorbildung aus einander wäre natürlich eine sichere paläontologische Grundlage das Erwünschteste. Eine solche fehlt aber trotz Garter’s wichtiger Einzel- funde und Zırrer’s glänzender methodischer Bearbeitung eines großen paläontologischen Materiales. Ähnlich steht es mit der Verwerthung embryologischer Thatsachen. Selbst wenn wir das doch stets nur mit größter Vorsicht anzuwendende biozenetische Grundgesetz, wonach wir die ältesten Nadelformen in der Ontogenie jedes Mal zuerst müssten auf- treten sehen, hier anzuwenden vollauf berechtigt wären, so fehlen uns doch eben noch die dazu nothwendigen embryologischen Thatsachen. Man sieht also, dass wir einstweilen fast einzig und allein auf die ver- gleichende anatomische Untersuchung der in den fertigen Spongien neben einander gefundenen Nadelformen und auf die daraus zu ziehen- den Schlüsse angewiesen sind. Wir werden uns eben mit mehr oder minder plausibeln Hypothesen so lange behelfen müssen, bis wir festere Grundlagen gefunden haben werden. Wenn nun auch solche Hypothesen manchem Kritiker vage und haltlos erscheinen mögen, so glaube ich doch, dass es schon jetzt nothwendig ist, dergleichen auszudenken, wenn auch nicht, um sie sogleich als ein sicheres Fundament zu betrachten, so doch um mit ihnen einen Weg der Erklärung zu betreten, auf welchem möglicherweise die Wahrheit zu finden ist, und welchen bis ans Ende 444 Franz Eilhard Schulze, zu verfolgen selbst dann nützlich war, wenn es sich schließlich heraus- stellen sollte, dass er nicht der richtige ist, Bei dem Versuche, innerhalb unserer Plakinidengruppe die Kiesel- spicula nach ihrer muthmaßlichen Verwandtschaft zu ordnen, können wir zunächst die durch Übergangsformen verbundenen einfachen Vierstrahler, Dreistrahler und Zweistrahler in eine Reihe bringen, an deren einem Ende der regelmäßige Vierstrahler mit gleichen und unter gleichem Winkel von 420° zu einander orientirten spitz auslaufenden Hauptstrahlen, an deren anderem Ende die einfachste Zweistrahlerform steht; und werden nun die Frage zu entscheiden suchen, welche von beiden Formen die ältere, ursprüngliche oder mit anderen Worten die Ausgangsform, und welche die jüngst entstandene oder Endform darstellt. An und für sich ist es natürlich eben so wohl denkbar, dass — pbylogenetisch gedacht — von der Mitte eines einfachen Zweistrahlers ein dritter neuer Strahl hervorgewachsen ist (wobei allmählich die dem regelmäßigen Dreistrahler eigene Winkelstellung erworben wurde), und sodann aus dem Knotenpunkte noch ein vierter Strahl hervortrat und auswuchs, bis schließlich unter Änderung der Strahlenrichtung ein nor- maler regelmäßiger Vierstrahler entstand, als dass umgekehrt durch all- mählichen Schwund eines Strahles aus dem Vierstrahler ein Dreistrahler, und aus diesem wieder auf demselben Wege ein Zweistrahler wurde. Wenn ich mich nun ganz entschieden für die Wahrscheinlichkeit der letzteren Möglichkeit ausspreche, so bestimmen mich dazu einerseits Gründe, welche von den Plakinidenstachelformen selbst entnommen sind, andrerseits auch allgemeine Vorstellungen über die phylogenetische Entwicklung der Spongienkieselnadeln überhaupt. In ersterer Bezie- hung ist es besonders die höchst eigenthümliche und, wie ich besonders hervorhebe, für diePlakinidenals solche charakteristische Bildung der Zweistrahler, welche mich bestimmt, eben diese Nadelform nicht für das Anfangsglied, sondern für das Endglied der Reihe zu halten. Solche unregelmäßigen Höcker, Einbiegungen, Ver- krümmungen, ich möchte sagen, Verkrüppelungen nämlich, wie sie in unendlicher Mapnigfaltigkeit gerade bei den Zweistrahlern sämmt- licher Plakiniden in der Mitte vorkommen, deuten mit der größten Wahrscheinlichkeit auf ein rudimentäres Organ, als welches in diesem Falle der allmählich immer mehr reducirte und schließlich ganz schwindende dritte Strahl aufzufassen ist. Dass ich diese in ihrem Mitteltheile verkrüppelten Zweistrahler (von den Dreistrahlern und diese wieder) von den einfachen, glatten Vier- strahlern und nicht etwa von den mit sekundären Strahlenbüscheln an einem oder mehreren Hauptstrahlen versehenen Vierstrahlern — den Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 445 Kandelabern — direkt ableite, geschieht desshalb, weil ich mir die Kandelaber selbst erst aus den einfachen Vierstrahlern durch spätere Endspaltung eines oder mehrerer zunächst einfacher Hauptstrahlen ent- standen denke. Was nun schließlich meine Ideen über die phylogenetische Entwick- lung der Spongienkieselnadeln überhaupt betrifft, so hätte ich eine Mit- theilung derselben eigentlich gern bis an das Ende meiner Spongien- studien verschoben, weil ich wohl hoffen darf, sie alsdann besser begründen zu können als jetzt. Jedoch mag es nützlich sein, sie jetzt schon auch ohne ausführliche Motivirung der Kritik zu unterbreiten, da- mit auch von Ändern unterdessen die Gründe für oder gegen dieselben erwogen und mitgetheilt werden mögen. Ich nehme an, dass die ersten Spongienkieselnadeln unregelmäßig vielzackige Körper ohne Gentrirung der Ausläufer auf einen Punkt waren, etwa der Art, wie sie zuerst O. Scumipr in seiner Lithistiden-Gruppe, später auch ZırTEL in seiner Lithistiden-Familie der Rhizomorina aus- führlich beschrieben und abgebildet hat. Aus diesen zunächst ganz unregelmäßig vielästigen Körpern entstanden durch Centrirung der Aus- läufer unregelmäßig vielstrahlige Spicula. Die Zahl und Richtung der von einem Punkte ausgehenden Hauptstrahlen'! erfuhr darauf eine gewisse Fixirung, wobei in der Zahl Reduktionen eintraten, indem 2. B. Sechsstrahler mit Orientirung der Strahlen unter rechten Winkeln, Vierstrahler mit Orientirung der Strahlen nach dem Typus der dreiseiti- gen Pyramide entstanden. Aus solchen Vierstrahlern ging dann durch weitere Reduktion der Strahlen der Dreistrahler und aus diesem der Zweistrahler, ja endlich sogar der Einstrahler hervor, als welchen ich gewisse Stumpfspitzer so wie die Stecknadeln der Suberiten und ver- wandter Formen betrachte. Ich will es unterlassen, hier auf die Übereinstimmungen und Ab- weichungen dieser meiner Vorstellung über eine bestimmte Descendenz- reihe von Spongien-Kieselnadeln mit den bekannten Ideen von HacckEL, O. ScnhnmiDT, CARTER und Zırter näher einzugehen. Ich hoffe dazu hei der von mir bereits in Aussicht genommenen speciellen Behandlung anderer Kieselspongien günstigere Gelegenheit zu finden, und will nur noch bemerken, dass auf meine soeben vorgetragenen Spekulationen hauptsächlich die Ideen von O. Scumipr anregend und theilweise be- stimmend eingewirkt haben. Fassen wir nun nach diesen allgemeinen Vorstellungen die Vier- 1 Die von diesen Hauptstrahlen ausgehenden Stacheln, Zacken oder Anhänge anderer Art sind als etwas Sekundäres zunächst weniger wichtig. 446 Frauz Eilhard Schulze, strahler der Plakiniden als deren älteste Nadelform auf, aus welcher sich die anderen entwickelt haben, so werden wir auch die Gattung Plakortis trotz des Fehlens der Vierstrahler wegen der vollkommenen Formüber- einstimmung ihrer Nadeln mit den abgeleiteten Dreistrahlern und Zwei- strahlern der übrigen Plakiniden zu derselben Descendenzreihe wie jene zählen können, müssen sie aber als eine jüngere, in der Richtung der fortschreitenden Strablenreduktion viel weiter als etwa Plakina ent- wickelte Gattung ansehen. Bei der Gattung Plakinastrella, welche zwar ähnliche Vierstrahler, Dreistrahler und Zweistrahler wie Plakina aber von drei verschiedenen Größenkategorien aufweist, und der Kandelaber entbehrt, könnte der Umstand Bedenken erregen, dass statt der Kandelaber in der äußeren Rinde ein hauptsächlich aus aufgerichteten kleinen Zweistrahlern be- stehender dichter Nadelfilz vorkommt. Indessen möchte ich glauben, dass jeder Systematiker in diesem Umstande eben so wie in der Größen- differenz «der Nadeln zwar eine Veranlassung zur Unterscheidung zweier verschiedener Gattungen nicht aber zu einem weiteren Auseinander- rücken der betreffenden Formen finden wird. Die Bildung von drei Species innerhalb der Gattung Plakina nach der dreifach verschiedenen Orientirung und Strahlenbüschelzahl der Kandelaber bei absoluter Übereinstimmung der übrigen Nadeln bedarf wohl keiner besonderen Rechtfertigung, nur wäre hervorzuheben, dass Plakina monolopha als die älteste, Plakina trilopha dagegen als die am meisten modificirte, also jüngste Art anzusehen ist. Es hat sich demnach herausgestellt, dass wir bei ausschließlicher Berücksichtigung der Kieselnadeln zu den nämlichen Ergebnissen hin- sichtlich der verwandtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Arten zu einander gelangen, wie wir sie früher aus der Histiologie und der Archi- tektonik des Weichkörpers erschlossen haben. Beim Unternehmen, dieser neugegründeten Familie der Plakiniden ihren Platz in einigen der wichtigeren neueren Spongiensystemen anzu- weisen, und ihre Beziehung zu schon beschriebenen nächstverwandten Formen festzustellen, erscheint es zweifellos, dass sie in die zuerst von O. Scuamipr aufgestellte, später von Marsnarı zweckmäßig als Tetractinel- lidae bezeichnete, dann auch von ZırreL angenommene große Gruppe mit Nadeln vom Typus der dreiseitigen Pyramide, und zwar speciell ın Scnmipr’s Abtheilung der Ancorinidae neben Pachastrella, resp. neben die Familie der Pachastrellidae gehört. Nach CGarter’s System würden die Plakiniden in die Ordnung der Holoraphidota in oder neben seine Familie der Pachastrellida zu stellen sein. Vielleicht könnte die Frage aufgeworfen werden, wesshalb denn die Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spengien. 447 neugefundenen Gattungen bei ihrer offensichtlichen Ähnlichkeit in den Nadelformen mit Pachastrella ©. Schmidt nicht einfach neben dieser letztern in derselben Familie stehen oder sogar mit Pachastrella zu einer Gattung verschmolzen werden könnten. Nach der kurzen Diagnose, welche der Gattung Pachastrella durch O.Scanipr im Jahre 1868 in den »Spongien von Algier« gegeben wurde — »eine oberhautlose Compaginee mit Nadelformen vom Charakter theils der Compagineen, theils der Cortikaten« — wäre wenigstens das erstere um so eher möglich, als die von O. Scumipr im Jahre 1870 gegebene Charakteristik der betreffenden Familie der Ancoriniden »Spongien mit ankerförmigen Nadeln, aber ohne die aus Drüsenkugeln bestehende Rinde der Geodien« der Aufnahme von Plakina und Konsorten in diese Familie keine Schwierigkeit bereiten würde. Hierauf habe ich zu erwiedern, dass die von mir in eine Familie zusammengefassten Plakiniden trotz großer Ähnlichkeit in gewissen Kieselnadelformen mit Pachastrella und anderen Ancoriniden doch so- wohl durch die histiologische Struktur und den architektonischen Bau des Weichkörpers als auch durch die Figuration der Nadeln, speciell durch die bei sämmtlichen Arten übereinstimmende höchst eigenthüm- liche Endform der Nadelumwandlung mittels Strahlenreduktion — näm- lich die Zweistrahler mit verkrüppeltem Mitteltheile — sich als eine zusammengehörige, selbständige Gruppe von Gattungen, möge man sie nun Familie oder Unterfamilie nennen, dokumentiren. Übrigens zweifle ich keinen Augenblick, dass sich noch zahlreiche Angehörige dieser zunächst nur kleinen Gruppe in den verschiedenen Meeren finden werden. Schließlich stelle ich hier die systematisch wichtigsten Charaktere der Plakiniden noch einmal übersichtlich zusammen. Familie: Plakinidae n. Tetractinelliden mit isolirten, d. h. nicht durch Hornmasse ver- bundenen, Nadeln, welche letzteren einer aus Vierstrahlern, Dreistrablern und Zweistrahlern gebildeten Reihe angehören. Den Ausgangspunkt dieser Reihe bilden einfache Vierstrahler, aus welchen sich durch Rück- bildung eines oder zweier Hauptstrahlen die Dreistrahler und Zweistrahler ableiten lassen. Letztere stellen gerade oder schwach geknickte Um- spitzer mit einer unregelmäßig höckerigen, knotigen, verbogenen und im Allgemeinen wie verkrüppelt erscheinenden Mitte dar. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 99 448 Franz Eilhard Schulze, I. Gattung: Plakina n. Dünne, platte Krusten, welche an der Unterseite von Steinen oder andern festen Körpern mittels kleiner Vorsprünge in der Art befestigt sind, dass der größte Theil ihrer ebenen Basalfläche hohl liegt. Von der (im Leben nach unten gekehrten) Oberfläche ragen ein oder mehrere dünnwandige Oscularröhren frei hervor. Außer den durch den ganzen Körper ziemlich gleichmäßig zerstreut liegenden einfachen Vierstrahlern, Dreistrahlern und Zweistrahlern nebst Übergangsformen findet sich in der ganzen äußeren Rinde eine einschichtige Lage von (als »Kandelaber« bezeichneten) Vierstrahlern, deren Haupitstrahlen sämmtlich oder theil- weise in halber Länge in Büschel schräg divergirender Sekundärstrahlen ausgehen. 1. Species: Plakina monolopha n. Unregelmäßig rundliche oder lappig umrandete, zuweilen auch von rundlichen Löchern durchbrochene, weiße oder rosa gefärbte, dünne Krusten mit fein höckeriger Oberfläche und schmalem glatten Ringwall, aus welchem letzteren ein oder mehrere Oscularröhren hervorragen. Die einfache, dünne und ebene Basalplatte krümmt sich am Rande in die Höhe, um unter Bildung des hohlen Ringwalles in die tief und reich ge- faltete obere Platte umzubiegen, welche die Geißelkammern enthält. Die Plattenzellen des Ektoderms und Entoderms sind mit Geißeln versehen. Die Kandelaber besitzen nureinen, senkrecht zur Grenz- fläche nach außen gerichteten Büschelstrahl. Zeit der Ge- schlechtsreife: Sommer und Herbst. Zwitter. Die rosa gefärbten, ringsum mit Geißeln versehenen, eiförmigen Flimmerlarven besitzen ein dunkler gefärbtes schmaleres Hinterende mit einem kurzen Geißelendschopf. Fundort: Triest, Lesina und Neapel. 2. Species: Plakina dilopha n. Unregelmäßig rundliche glänzend weiße Krusten, deren glatte, nur von rundlichen Öffnungen verschiedener Weite durchbrochene Ober- fläche keinen Ringwali besitzt. Die Oscularröhren ragen nicht vom Randtheil empor. Die einfache, dünne und ebene Basalplatte geht ohne große Aufbiegung am Rande in die massige obere, die Geißelkammern enthaltende Hauptpartie des Schwammkörpers über. Die Kandelaber besitzen zwei schräg nach außen gegen die Grenzfläche gerichtete Büschelstrahlen. Zeit der Geschlechtsreife: Herbst. Die rosa gefärbten, überall mit Geißeln versehenen Flimmerlarven sind länglich eiförmig, fast ellipsoid. Am Pol des dunkleren, schmaleren Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 449 Hinterendes findet sich eine rundliche scheibenförmige Zone schwarzer Pigmentkörnchen und ein kurzer Geißelendschopf. Fundort: Triest. 3. Species: Plakina trilophan. Unregelmäßige, in Spiritus weiß gelblich erscheinende Krusten ohne Ringwall. Der Basaltheil ist von einem Lakunensystem durchsetzt, und ohne Geißelkammern. An der freien Oberfläche findet sich eine von Porengängen durchsetzte geißelkammerfreie Rinde, unter welcher Anfänge von Subdermalräumen. Die Kandelaber besitzen (minde- stens) drei schräg nach außen gegen die Grenzfläche ge- richtete Büschelstrahlen. Zwitter. Fundort: Neapel. II. Gattung: Plakortis n. mit nur einer Species: Plakortis simplex n. Unregelmäßige, in Spiritus blass gelblich erscheinende glatte Krusten mit niedrigem abgeflachten Rande. Mit deutlich abgehobener Hautschicht, unter welcher ein Netz von Subdermalräumen. Ohne ein basales Lakunen- system oder eine scharf gesonderte Basalplatte. Das ableitende Kanal- system baumartig verzweigt. In der Umgebung der Geißelkammern und dicht unter dem Plattenepithel der Wasserräume reichliche Körnchen- einlagerung. Kandelaber und Vierstrahler fehlen. DienurausDrei- strahlern und Zweistrahlern bestehenden Nadeln sind spärlicher vorhanden, aber etwas größer als bei Plakina, und liegen größtentheils der Körperoberfläche parallel. Fundort: Neapel. II. Gattung: Plakinastrella n. mit nur einer Species: Plakinastrella copiosa n. Das einzige gefundene Exemplar ist ein kugelsegmentförmiger, in Spiritus hellgelblicher Schwamm von 2 cm Basaldurchmesser und 5 mm Höhe. In der Nähe des Gipfels erhebt sich eine Oscularröhre. In der durch mäßig entwickelte Subdermalräume ziemlich deutlich abgegrenz- ten äußeren Hautschicht findet sich eine durch reichliche Einlagerung zahlreicher kleiner Spicula und besonders senkrecht zur Grenzfläche gerichteter Zweistrahler gefestigte außen sammetartig erscheinende Rinde. Ein basales Lakunennetz ist nicht vorhanden. Das reich ent- wickelte zu- und abführende Kanalsystem ist baumförmig gestaltet. In der Umgebung der Geißelkammern reichliche Körncheneinlagerung. Nadeln kommen sehr zahlreich und zwar in drei verschiedenen Größen- kategorien nebst Übergängen vor. Die großen Nadeln bestehen aus Vier- strablern, Dreistrahlern und Zweistrahlern, von denen die beiden erste- ren sich in der Rindenschicht auch ankerförmig gestalten können. 29 * 450 Franz Eilhard Schulze, Die Nadeln mittlerer Größe bestehen nur aus Dreistrahlern und Zwei- strahlern. Die kleinsten Nadeln, welche hauptsächlich auf die Rinde beschränkt sind, stellen Vier-, Drei- und Zweistrahler dar und zeigen außerdem hier und da Abnormitäten. Kandelaber fehlen. Fundort: Neapel. Graz, im Januar 1880. Erklärung der Abbildungen. Tafel XX. Fig. 4. Eine durchbrochene Kruste von Plakina monolopha auf einem Steine; aus der Bai von Muggia bei Triest. Natürliche Größe. Fig. 2. Zwei-, drei- und vierstrahlige Kieselnadeln, wie sie sowohl bei Plakina monolopha als Pl. dilopha überall in der Bindesubstanz reichlich vorkommen. Ver- srößerung 400/A. Fig. 3. Kandelaber, wie sie in der äußersten Rinde des Körpers von Plakina monolopha dicht neben einander liegen. Vergrößerung 400/A. Fig. 4. Senkrechter Durchschnitt durch den Randtheil einer Plakina monolopha, in welcher Eier verschiedener Entwicklung (ei), Furchungsstadien bis zur Blastula, und Spermaballen (sp) vorkommen. Vergrößerung 400/4. Kombinationsbild nach Goldpräparaten. Fig. 5. Oberflächenansicht einer Randpartie mit Oscularröhre von einer Plakina monolopha bei auffallendem Lichte und einer Vergrößerung von 400/A. Fig. 6. Randvorsprung einer jungen lebenden Plakina monolopha; Oberflächen- ansicht bei durchfallendem Lichte und einer Vergrößerung von 400/A. Fig. 7. Theil eines feinen senkrecht zur Oberfläche geführten Schnittes aus einer mit Chlorgold erhärteten Plakina monolopha. Vergrößerung 400/1. Fig. 8. Eine Plakina dilopha auf einer alten Pecten-Schale aus der Bai von Musgia bei Triest. Natürliche Größe. Fig. 9. Kandelaber, wie sie in der ganzen äußeren Rindenschicht von Plakina dilopha dicht neben einander liegen. Vergrößerung 400/A. Fig. 40. Senkrechter Durchschnitt durch die Randpartie einer Plakina dilopha. Vergrößerung 100/41. Kombinationsbild nach Präparaten, welche von Krusten stam- men, die mit Alkohol absolutus gehärtet und mit Alaun-Karmin tingirt waren. Fig. 44. Oberflächenansicht einer Randpartie mit Oscularröhre von einer leben- den Plakina dilopha, bei auffallendem Lichte und einer Vergrößerung von 400/4 gezeichnet. Tafel XXI, Fig. 42. Senkrechter Durchschnitt durch eine Kruste von Plakina trilopha aus der Bai von Neapel. Vergrößerung 50/4. Kombinationsbild nach Präparaten, welche von Krusten herrühren, die in starkem Alkohol gehärtet und mit Alaun-Karmin tin- girt waren. RE DE Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. 451 Fig. 43. Kieselnadeln von Plakina trilopha. Vergrößerung 400/41. a—k, Zwei- strahler ; —z, Drei- und Vierstrahler; «&—x, Kandelaber. Fig. 44. Senkrechter Durchschnitt durch den Randtheil einer Kruste von Pla- kortis simplex aus der Bai von Neapel. Vergrößerung 50/4. Kombinationsbild nach Präparaten, welche von in starkem Alkohol erhärteten und mit Alaun-Karmin tin- girten Krusten herrühren. Fig. 15. Theil eines feinen Schnittes von einer auf gleiche Weise (wie bei Fig. 44 angegeben) behandelten Kruste von Plakortis simplex. Vergrößerung 400/1. Fig. 46. Kieselnadeln der Plakortis simplex. Vergrößerung 400/1. Fig. 47. Plakinastrella copiosa aus der Bai von Neapel, auf einem Stein sitzend, Seitenansicht. Natürliche Größe. Fig. 48. Senkrechter Durchschnitt durch die obere Partie der Plakinastrelia copiosa. Vergrößerung 300/41. Kombinationsbild. Da der Weichkörper nicht ge- nügend erhalten war, konnten die Geißelkammern nicht genau erkannt und darge- stellt werden. Fig. 19 a—k. Kieselnadeln mittlerer Größe von Plakinastrella copiosa. a—f, Zweistrahler; g9—k, Dreistrahler. Vergrößerung 400/14. Fig. 20 a—g. Große Kieselnadeln von Plakinastrella copiosa. Vergr. 400/1. Fig. 21 a—m. Kleinste Kieselnadeln von Plakinastrella copiosa. Vergr. 400/A. Tafel XXL, Fig. 22. Soeben ausgeschlüpfte Flimmerlarve von Plakina monolopha. Vergr. 500. Fig. 23. Theil eines feinen Querschnittes von einer soeben ausgeschlüpften Flimmerlarve der Plakina monolopha. Vergrößerung 400/1. Fig. 24. Theil eines feinen Querschnittes von einer älteren Flimmerlarve der Plakina monolopha. Vergrößerung 400/14. Fig. 25. Eine vor Kurzem fixirte Larve von Plakina monolopha. Flächenansicht von der freien Oberfläche. Vergrößerung 400/14. Fig. 26. Querschnitt einer vor Kurzem fixirten Larve von Plakina monolopha. Vergrößerung 500/A. Fig. 27. Querschnitt einer etwas älteren fixirten Larve von Plakina npapiaelp: Vergrößerung 500/1. Fig. 23. Ganz junge Plakina monolopha-Kruste in der Flächenansicht von der freien Oberfläche. Vergrößerung 200/1. Fig. 29. Randpartie einer ganz jungen Plakina monolopha-Kruste in der Flächen- ansicht von der freien Oberfläche. Vergrößerung 500/4. Einstellung auf die Mitte der Krustenhöhe. Fig. 30. Freie, soeben ausgeschlüpfte Flimmerlarve von Plakina dilopha. Ver- größerung 300/1. Kleine Beiträge betreffend die Vertheilung der Geschmacksknospen bei den Säugethieren. (Fortsetzung.) (Aus dem physiologischen Institut zu Innsbruck.) Von Joh. Hönigschmied. Mit 4 Holzschnitten. Im Anschluss an meine letzte vor nahezu drei Jahren unter obigem Titel erschienenen Arbeit! theile ich hier die Resultate meiner Beob- achtungen mit, welche ich seither bei Untersuchung der Geschmacks- organe beim Marder, Iltis, bei der Spitzmaus, beim Murmelthier und Siebenschläfer gewonnen habe. Es sei gleich von vorn herein bemerkt, dass ich diese Untersuchungen zunächst in der Absicht vorgenommen habe, um meine Kenntnis über die Zahl und Anordnung der Papillae gustatoriae, so wie über die Ver- theilung der Geschmacksknospen auf der Zunge der Säugethiere zu er- weitern; hauptsächlich aber war dabei meine Aufmerksamkeit auf das Vorkommen einer Papilla foliata und auf die Gegenwart von Schmeck- bechern auf der freien Oberfläche der wallförmigen und blättrigen Papil- len gerichtet. Den anatomischen Bau der Geschmackswärzchen und die feinere Struktur der Becher habe ich nicht näher berücksichtigt, noch weniger habe ich mich diesmal damit beschäftigt, den Zusammenhang der Geschmackszellen mit den Endzweigen des Nervus glossopharyngeus zu untersuchen. — Dem Vorwurf meiner Arbeit entsprechend sind auch die Zeichnungen nur schematisch gehalten und einzelne Details gar nicht ausgeführt. i Siehe diese Zeitschr. 1877. Bd. XXIX. p. 255. AR ee ee ee Kleine Beitr. betr. die Vertheilung der Geschmacksknosp en bei den Säugethieren. 493 Die Zungen der vorerwähnten Thiere wurden vor der Untersuchung zuerst durch ungefähr drei Wochen in Mürzer’scher Flüssigkeit und zu- letzt noch in Alkohol so weit erhärtet, um hinlänglich feine Schnitte an- fertigen zu können. Nach Tinktion derselben mit karminsaurem Am- moniak lieferten sie sehr schöne Übersichtspräparate. Marder und Iltis. Bei beiden Thieren ist die Zunge 5'/g cm lang; wie bei den Raub- thieren überhaupt, ist auch hier’der Zungenrücken durch eine mediane Raphe in zwei seitliche Hälften getheilt und mit zahlreichen, harten, nach rückwärts gerichteten Papillae filiformes besetzt, welche der Ober- fläche eine rauhe Beschaffenheit verleihen. Beim Marder stimmt die Zunge in ihrem Aussehen und namentlich in Bezug auf die Zahl und Anordnung der Papillae circumvallatae voll- kommen mit jener beim Wiesel überein, ja sie unterscheidet sich von derselben überhaupt nur durch den größeren Reichthum an Schmeck- bechern. Auch hier befinden sich am Zungen- grund vier umwallte Papillen, in zwei nach rückwärts konvergirenden Reihen. — Papillae fungiformes sind bloß am hinteren Antheil des Rückens und an den Seitenrändern der Zunge dem freien Auge sichtbar. Nach der Angabe von Mayer! finden sich beim Iltis zwei große umwallte Papillen, vn aut einem Kranze hakenförmiger Wärzchen umgeben. B: a en ale Auf drei Zungen, welche ich untersuchte, waren gengrund die Verthei- konstant neun Papillae vallatae zugegen ; die- REN a selben sind von ungleicher Größe und ganz eigenthümlich gruppirt (vergl. Fig. 1). Davon bilden sechs zwei nach hinten konvergirende Reihen, welche rückwärts durch eine kleine auf der Medianlinie stehende Papille geschlossen werden. Nach außen von der letzteren findet sich jederseits noch ein wallförmiges Wärzchen (vergl. Fig. 4 a). Außer diesen kommen am Zungengrund auch noch andere warzenförmige Erhebungen vor, doch besitzen dieselben nicht die Bedeutung eigentlicher Papillae vallatae. — Die Papillae fungiformes sind ziemlich zahlreich, jedoch sehr klein und mit freiem Auge kaum zu erkennen. N NN ETTTTTIIT RR NRÄRBRRRRALRLNN 7 1 Über die Zunge als Geschmacksorgan. (Acta Acad. Caes. Leop. Carol. Nat. Cur. Vol. XX. P. II. p. 7.) 454 Joh. Hönigschmied, Die freie Oberfläche der Papillae vallatae ist uneben, höckerig, stellenweise wie mit aufgesetzten Papillae fungiformes versehen. Das bindegewebige Stroma sendet an einzelnen Stellen sekundäre Erhebungen nach aufwärts, welche sich mitunter gabelförmig theilen. Die Epithel- bekleidung ist auf der freien Oberfläche stellenweise mächtiger entwickelt als am seitlichen Abhang, wo sie eine fast gleichmäßig dicke Schicht bildet. Eine Papilla foliata fehlt. Spitzmaus (Sorex pygmäus). Dieselbe besitzt als das kleinste Säugethier auch die kleinste Zunge; sie ist kaum 1 cm lang und lässt mit freiem Auge weder Papillae val- latae, noch fungiformes, erkennen. Bei Besichtigung mit einer schwachen Lupe schien es mir zwar als ob am hinteren Antheil des glatten Zungen- rückens drei punktförmige Papillae vallatae vorhanden wären, doch war ich bei der mikroskopischen Untersuchung bloß einer Zunge, welche mir zu Gebote stand, nicht im Stande, umwallte Wärzchen nachzuweisen. Papillae fungiformes sind ziemlich zahlreich vorhanden. Siebenschläfer (Myoxus Glis). Die Zunge, welche im erhärteten Zustande 18 mm lang ist, ist auf ihrer oberen Fläche mit zarten Papillae filiformes dicht besetzt, wodurch dieselbe ein sammetartiges Aussehen erhält. Zwischen den fadenförmi- gen Wärzchen sieht man, aber nur bei Lupenvergrößerung, kleine Papil- lae fungiformes eingestreut. Ähnlich wie beim Igel und dem Eichhörnchen sind am Zungengrund drei umwallte Papillen in Form eines Dreiecks zugegen. Die zwei vor- dersten umwallten Wärzchen, welche aber noch dem freien Auge als kleine Höckerchen erscheinen, stehen zu beiden Seiten der Medianlinie; die dritte Papille steht etwas weiter nach hinten auf der Mittellinie selbst, doch ist deren Gegenwart mit unbewaffnetem Auge nicht leicht zu kon- statiren, da dieselbe durch einen wohlentwickelten Wall und durch reichlich entwickelte Papillae filiformes verborgen ist. ‚Bei der mikroskopischen Untersuchung der Papillae vallatae sieht man, dass die freie Oberfläche derselben uneben höckerig ist; an der hinteren isolirt stehenden Papille ist dieselbe zerklüftet und mit ver- hornten, fadenartigen Ausläufern — ähnlich den Papillae filiformes — versehen. Dem entsprechend ist auch das bindegewebige Stroma nach oben mehrfach verästelt und verzweigt. — Auf den Papillis fungiformi- bus ist das Epithel auf der freien Oberfläche mächtiger entwickelt als auf den Seiten. Kleine Beitr. betr. die Vertheilung der Geschmacksknospen bei den Säugethieren. 455 Am hinteren Antheil des Seitenrandes der Zunge, unmittelbar vor der Einpflanzung des Zungengaumenbogens, findet sich auf glatter Stelle eine aus sechs bis acht kurzen Einschnitten bestehende Papilla foliata. Auf den zwischen den .Vertiefungen befindlichen Leisten ist die freie Oberfläche vollkommen glatt und das Epithel überall in gleichmäßig dicker Schicht vorhanden. Murmelthier (Arctomys marmota). Eben so wie beim Siebenschläfer besitzt auch hier der Zungen- rücken durch reichlich entwickelte zarte Papillae filiformes eine weiche, sammetartige Beschaffenheit. Zwischen den fadenförmigen Wärzchen eingestreut kann man, namentlich am hinteren Antheil der Zungenober- fläche, hier und da schon mit freiem Auge Papillae fungiformes wahr- nehmen. — Die Länge der Zunge beträgt 7, die größte Breite 2!/, cm. Die umwallten Papillen — fünf an der Zahl — zeigen eine eigenthüm- liche Anordnung. Drei dieser Wärzchen stehen am Zungengrund weiter nach vorn; darunter ist ein mittleres, welches seinen Standort auf der _Medianlinie einnimmt, und zwei seitliche, welche sich mit dem ersteren in einer Frontalebene befinden. Die zwei anderen Wärzchen stehen weiter nach rückwärts zu beiden Seiten der Mittellinie, dieselben sind allseitig von einem so vollkommen entwickelten Walle umgeben, dass sie dem freien Auge kaum wahrnehmbar, daher leicht zu übersehen sind. Etwas nach hinten von der mittleren Papille befindet sich eine kleine Vertiefung, ähnlich dem Foramen coecum beim Menschen; ob aber dieses Grübchen einer Papilla vallata entspricht, vermochte ich weder mit freiem Auge, noch bei schwacher Lupenvergrößerung zu ent- scheiden. Die freie Oberfläche der Papillae vallatae verhält sich verschieden. Seltener ist sie vollkommen glatt, häufiger uneben; namentlich an jener Papille, welche auf der Medianlinie steht, ist sie höckerig, zuweilen wie - mit aufgesetzten pilzförmigen Wärzchen versehen. An einzelnen Papillen ist auch ein seichter Einschnitt an der oberen Hälfte des Seitenabhanges zugegen. Entsprechend den Einsenkungen auf der Oberfläche besitzt das Epithel eine größere Dicke oder es sendet selbst zapfenförmige Fortsätze nach abwärts. Am seitlichen Abhang wird die Epitheldecke schmäler und verjüngt sich gegen die Basis der Papille. Auf den schwammförmigen Wärzchen bildet der Epithelüberzug allenthalben eine gleichmäßig dicke Schicht. Übereinstimmend mit allen bisher untersuchten Nagethieren besitzt auch das Murmelthier eine Papilla foliata. Dieselbe befindet sich vor der Insertion des Arcus palatoglossus genau an jener Stelle der Zunge, wo 456 Joh. Hönigschmied, der Rand .in die Seitenflächen übergeht. Das Organ ist 5—6 mm lang, circa 2 mm breit, und besteht aus 7—8 leisten- oder kammförmigen Er- hebungen, welche durch die entsprechende Anzahl Spalten von einander getrennt werden. Nach vorn ist das Gebilde undeutlich abgegrenzt und die blattförmigen Schleimhautfalten, welche die Längenachse der Zunge rechtwinklig schneiden, werden daselbst schmäler. Bei der mikroskopi- schen Untersuchung sieht man, dass sich das bindegewebige Stroma sowohl in der Mitte als auch zu beiden Seiten der Leisten in Form blatt- förmiger Erhebungen nach aufwärts fortsetzt. Die Vertiefungen zwischen denselben werden durch Epithel ausgefüllt, welches von der freien Ober- fläche zapfenförmige Ausläufer nach abwärts sendet. Der Seitenabhang der Leisten ist von einer gleichmäßig dicken Epithelschicht umkleidet. [2 In Übereinstimmung mit anderen Säugethieren sind auch bei den zuletzt untersuchten Thieren die Geschmacksknospen konstant und am zahlreichsten im Epithel am seitlichen Abhange der umwallten Papillen, in Form einer mehr oder weniger breiten Zone zugegen. Beim Marder nimmt dieselbe die ganze Höhe des Seitenabhanges der Papille ein; beim Iltis und Siebenschläfer reicht sie vom Grunde des Wallgrabens bis zur Mitte der Papille und beim Murmelthier etwas höher nach aufwärts. Die Zahl der Geschmacksknospen, welche man an Vertikalschnitten am seitlichen Abhang der Papillae vallatae beobachtet, ist oft bei einem und demselben Thiere sehr verschieden. Am zahlreichsten fand ich die- selben beim Marder, nämlich 8—20, beim Iltis 3—10, beim Murmelthier 5—8 und beim Siebenschläfer —6 in senkrechten Reihen über einander liegend. Auch die Entfernung der Geschmacksknospen von einander ist ver- schieden. Scheinbar bis zur Berührung einander genähert oder nur durch dünne Epithelschichten von einander getrennt, sind dieselben wie bei anderen Nagethieren auch beim Siebenschläfer und Murmelthier. Beim Marder und Iltis zeigt sich ein wechselndes Verhalten. Häufig stehen sie so dicht, dass sie sich gegenseitig zu berühren scheinen, seltener sind sie durch mehr oder weniger breite Epithelschichten von einander getrennt. Die Form der Becher fand ich in den meisten Fällen schön oval, so namentlich beim Marder und Siebenschläfer ; zuweilen, beim Iltis, mehr cylindrisch. Beim Murmelthier findet man oft verschiedene Formen neben einander. Selten sind sie nahezu rund, meist sind sie schön oval oder mehr cylindrisch gebaut, zuweilen in der Weise, dass sie etwas außer- halb ihrer Mitte die größte Breite erreichen und dann, sich rasch zu- spitzend, enden. Beim Murmelthier konnte ich an den meisten Ge- Kleine Beitr. betr. die Vertheilung der Geschmacksknospen bei den Säugethieren. 457 schmacksknospen am peripheren Ende die charakteristischen Stiftchen wahrnehmen. Im freien Oberflächen-Epithel der umwallten Papillen habe ich beim Marder, Iltis und Murmelthier vereinzelte Geschmacksknospen vorgefun- den. Beim Murmelthier war bloß in einem Präparat eine kleine Ge- schmacksknospe zugegen; beim Marder fand ich in einzelnen Schnitten zwei, beim Iltis bis drei dieser Gebilde neben einander (vergl. Fig. 2). Dieselben ruhen mit ihrer Basis auf sekundären Er- hebungen des bindegewebigen Stromas der Papillen und stimmen bezüglich ihrer Form mit jener am Seitenabhange überein. Wenn auch das Vorkommen von Fig. 2. Senkrechter ap? Schmeckbechern auf der freien Oberfläche u al der umwallten Papillen inkonstant ist, so sSchmacksknospen im Epithel x F ‚ : am seitlichen Abhange und drei zeigt es sich doch, dass sie nicht gar so Becher auf/den freien Oker: selten diesen Standort einnehmen. Außer fläche. beim Menschen habe ich nun bereits die Existenz dieser Gebilde — unter 31 Säugethieren , welche ich unter- suchte — bei 17 Species auf dem Plateau der Papillae vallatae vorgefunden. Im Epithel, welches den Ringwall umkleidet, waren bloß beim Marder — in einem Präparate — zwei Geschmacksknospen zugegen. Beim Siebenschläfer und Murmelthier, wo ich die Gegenwart von Schmeck- bechern im Wall-Epithel vermuthet hatte, fehlten dieselben gänzlich. Nachdem an dieser Stelle auch beim Eichhörnchen Becher fehlen, so ist das Vorkommen von Geschmacksknos- pen im Wallbezirke keineswegs für die Nage- » thiere charakteristisch. Auf der freien Ober- | fläche der Papillae fungiformes kommen die L ( ) Geschmacksknospen wie bei allen Säugethieren _. i i Fig. 3. Senkrechter Durch- auch hier nur einzeln und zerstreut vor. Ich schnitt durch eine Papilla fand deren an senkrechten Schnitten beim fungiformis beim Marder Iltis 1—4, beim Marder (vergl. Fig. 3), Sieben- Be ee schläfer und Murmelthier 1, seltener 2. Bei Sorex trägt jedes schwammförmige Wärzchen — ähnlich wie bei der Hausmaus — an seinem oberen Ende eine mehr kugelförmige Ge- schmacksknospe. Wenn man durch die Papillae foliatae beim Siebenschläfer und Murmelthier senkrecht auf die Höhe der Falten Schnitte führt, so sieht man in dem Seiten-Epithel der Geschmacksleisten zahlreiche Schmeck- 458 Joh. Hönigschmied, becher. Dieselben finden sich in der unteren Hälfte vom Grunde der Spalten bis etwa zur Mitte der Leisten nach aufwärts. Ich fand deren beim Siebenschläfer +—6, beim Murmelthier gewöhnlich 4, senkrecht in einer Reihe über einander. Diese Zahl ist jedoch keine unabänderliche. Nicht selten waren beim Murmeltbhier in einem und demselben Präparate auf der Seitenfläche einzelner Leisten 5, auf andern bloß 3 oder nur 2 Geschmacksknospen (vergl. Fig. 4) vorhanden. Diese Gebilde, welche je nach ihrer Anordnung durch dünnere oder dickere Epithellagen von einander getrennt sind, stimmen in ihrem Aussehen mit jenen auf den umwallten Papillen überein. Nach vorn, wo sich die Papilla foliata ohne deutliche Grenze in niedere Schleimhautfalten am Seitenrande der Zunge fortsetzt, findet man hier und da auf der Höhe einzelner Falten eine oder zwei Geschmacksknospen, analog wie dies V. v. Esner! bei der Papilla foliata des Menschen beschrieben und abgebildet hat. Fig. 4. Zeigt die Anordnung der Becher an einem senkrecht durch die Papilla foliata geführten Schnitte beim Murmelthier. Auf dem Plateau der Geschmacksleisten selbst habe ich weder beim Siebenschläfer noch beim Murmelthier Schmeckbecher vorgefunden. Nachdem es mir im Jahre 4873 mittels der Ghlorgoldmethode ge- lungen war, den endlichen Übertritt von Nerven an einer Papilla fungi- formis bei der Katze nachzuweisen 2, hat kurz darauf SerroL1? an einem Chlorgoldpräparate aus der Papilla foliata beim Pferd dasselbe beobaehtet. Wenn Serrouı auch die Art und Weise, wie die Nerven in die Schmeck- becher treten, etwas abweichend findet, so ist das Resultat im Wesent- lichen doch dasselbe. Später — 1877 — kam v. VıntscHsau auf die Idee, diese Frage durch das Experiment zu entscheiden. Er ging nämlich von der Voraussetzung i Die acinösen Drüsen der Zunge und ihre Beziehungen zu den Geschmacks- organen. Graz 4873. p. 54. Taf. II, Fig. 23. 2 Beiträge zur mikroskopischen Anatomie über die Geschmacksorgane der Säugethiere. Diese Zeitschr. Bd. XXIII. p. 414. 3 Osservazioni sulle terminazioni dei nervi del gusto. Gazzetta Medico-Veteri- naria annata IV. 2 und auch Mouescuorr’s Unters. zur Naturlehre. XI. Heft. #. ETUI ESETERT RER Kleine Beitr. betr. die Vertheilung der Geschmacksknospen bei den Säugethieren. 459 aus, dass, wenn die im Epithel befindlichen Knospen Endorgane eines Nerven sind, dieselben eine Veränderung erleiden müssen, sobald man den betreffenden Nerven durchschneidet. Die von uns beiden gemein- schaftlich vorgenommenen Experimente! bestätigten diese Voraussetzung. Als wir fünf Monate nach der Durchschneidung des Nervus glosso- pharyngeus beim Kaninchen die betreffende Papilla foliata untersuchten, waren keine Geschmacksknospen mehr vorhanden; auf der anderen — gesunden — Seite zeigten dieselben keine Veränderung. Innsbruck, im Jänner 1880. 1 Nervus Glossopharyngeus und Schmeckbecher. PFrLüser’s Archiv für Phys. Bd. XIV. p. 443. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. Von Dr. J. W. Spengel, Privatdocent der Zoologie in Göttingen. II. Die Organisation des Echiurus Pallasii. Mit Tafel XXIMI—XXVI und 2 Holzschnitten. Vorbemerkung. Ich lege den Fachgenossen hier die Ergebnisse einer Untersuchung vor, welche ich zu meinem Bedauern auf einem Punkte abzubrechen genöthigt war, der von dem vorgesetzten Ziele weit entfernt ist. Vor Allem enthalten die Beobachtungen über die histologische Zusammen- setzung der meisten Organe Lücken, deren ich mir wohl bewusst bin. Dieselben sind theils dadurch verschuldet, dass ich wider Erwarten in diesem Winter kein frisches Material habe erhalten können, auf das ich zur Kontrolirung mancher Beobachtungen gerechnet hatte, theils aber dadurch, dass ich mich anderen, schon früher begonnenen Arbeiten zu- wenden musste, deren Beendigung mir Pflicht war. So sah ich mich zu einem vorläufigen Abschlusse genöthigt. Die Organisation des Echiurus der nordeuropäischen Küstenmeere ist bereits mehrere Male der Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen. Schon dem Entdecker des Thieres, P. S. Pırras, der dasselbe unter dem Namen »Lumbricus echiurus« beschrieb und abbildete 2, 1 Der erste Beitrag, der die Eibildung, die Entwicklung und das Männchen der Bonellia behandelt, findet sich in den »Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel.« Bd. I. Heft 3. p. 357. 2 P. S, PırLas, »Miscellanea zoologica.« Hagae Comitum 4766. p. 446 sqq. tab. XI, Fig. 4—6. Die hier gegebene Beschreibung ist mit wenigen Veränderungen und Zusätzen aufgenommen in desselben Verfassers » Spicilegia zoologica«, fasc.X. Bero- lini 4774. p. 3 sqq. tab. I, Fig. 1—5. Ic, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 461 verdanken wir nicht nur eine vortreffliche Schilderung seiner äußeren Gestalt und seiner Lebensweise, sondern auch einige höchst schätzens- werthe Angaben über den Bau der inneren Organe. Nach einer langen Pause folgt eine Abhandlung von E. Forses und J. Goopsır aus dem Jahre 48411, welche über viele Punkte werthvollen Aufschluss giebt und von den späteren Autoren durchaus nicht die verdiente Berück- sichtigung erfahren hat. 1847 veröffentlichte QuaTrrFAGEs einen Auszug aus einem »Me&moire sur l’Echiure de Pallas (Echiurus Pallasii)«?. In der noch im gleichen Jahre erschienenen ausführlichen Abhandlung? trägt dasselbe Thier den Namen Echiurus Gaertneri. Es soll sich vornehmlich dadurch von der Paırras’schen Art unterscheiden, dass die am Hinterende des Körpers stehenden zwei Borstenringe an der Bauch- seite nicht unterbrochen, sondern geschlossen sind. Die Ergebnisse dieser Untersuchung bleiben in manchen Punkten hinter den von den beiden englischen Forschern gewonnenen zurück, deren Arbeit QuATrE- FAGES nicht bekannt geworden ist. Ergänzt wird diese Publikation durch die Tafel XXIII der illustrirten Ausgabe von Guvıer’s »Regne animal«, t. X, Zoophytes. Von weit größerer Bedeutung ist eine Abhandlung von H. Lacaze-DutHiers * aus dem Jahre 4858, die zwar nicht dem Echi- urus, doch einem nahe verwandten Thiere, der Bonellia, gewidmet ist. Wir werden im Laufe unserer Darstellung vielfach auf diese aus- gezeichnete Untersuchung zu verweisen haben. Endlich folgt eine Reihe von kurzen Mittheilungen über den Bau, des Echiurus und verwandter Formen von R. GrEEFF5 aus den Jahren 1872 bis 1879. Welchen Antheil diese verschiedenen Forscher an der Erkenntnis der Organisation des Echiurus gehabt haben, wird aus den historisch-kritischen Übersichten 1 E. Forges and J. GooDsir, »On the natural history and anatomy of Thalassema and Echiurus«. — The Edinburgh New Philosophical Journal. vol. XXX. 1844. p. 369. pl. VI. 2 A. DE QUATREFAGES, »Etudes sur les types inferieurs de ’embranchement des Anneles: M&emoire sur l’Echiure de Pallas (Echiurus Pallasii Nob.)«.. — Comp- tes Rendus de l’Acad. Paris, t. XXIV. 4847. p. 776. 3 Derselbe. »Etudes etc.: M&moire sur l’Echiure de Gaertner (Echiurus Gaertneri Nob.)« — Ann. Sc. Nat. Zool. Ser. III. t. VII. p. 307. pl. 6. 4 H. LacazEe-DutHiers, »Recherches sur la Bonellie (Bonellia viridis)«. — Ann. Sc. Nat. Zool. Ser. IV. t. X. p. 49. 4858. pl. A—4. 5 R. GREEFF, Über die borstentragenden Gephyreen. — Sitzungsber. d. Ges. z. Bef. d. ges. Naturw. zu Marburg, 4872, Nr. 6. p. 406; »Die Organisation der Echiu- riden«. — Ebenda, 4874, Nr. 2. p. 24; »Über den Bau und die Entwicklung der Echiuren. Zweite Mittheilung.« — Ebenda, 1877, Nr. 4. p. 48 (auch Archiv für Naturgesch. Jahrg. 43. 4877, Bd. I. p. 343); »Über den Bau der Echiuren. Dritte Mittheilung«. — Ebenda, 4879, Nr. 4. p. 4A. 462 J. W. Spengel, hervorgehen, die ich meiner Schilderung der einzelnen Organe hin- zufügen werde. Meine Untersuchungen sind theils im Frühjahr und im Herbste des vergangenen Jahres auf der Insel Norderney, theils an Material, das Herr Apotheker OmmEn daselbst mir mit liebenswürdigster Bereitwilligkeit ge- schickt hat, oder das ich selbst auf verschiedene Weise konservirt hatte, im zoologisch-zootomischen Institute der hiesigen Universität angestellt. Ich freue mich, Herrn Ommen hiermit öffentlich meinen verbindlichsten Dank für die freundliche Unterstützung sagen zu können, durch welche er so wesentlich zur Förderung meiner Bestrebungen beigetragen hat. Der größte Dank aber gebührt der Königlichen Akademie der Wissen- schaften in Berlin, welche mich durch Bewilligung einer erheblichen Summe zum Zwecke der Fortsetzung meiner Gephyreen-Studien in den Stand gesetzt hat, die Reisen nach Norderney auszuführen. Ich habe mich nach Kräften bestrebt, mich dieser Unterstützung würdig zu er- weisen !. Der Echiurus Pallasii Guerin? ist bei Norderney so gemein, dass er von den Fischern nicht nur gelegentlich als beliebter Köder ge- braucht, sondern mit einem eigenen Namen »der Quapp« bezeichnet wird3. Er wird bei niedrigstem Wasserstande aus dem schlammigen, an Conchyliendetritus ungemein reichen Sande der Watten, nahe am Rande der Stromrinnen oder » Balgen« gegraben,, in dem er je nach der Körpergröße weitere oder engere, mit glatten und ziemlich festen, schleimdurchtränkten Wandungen versehene Kanäle von rundem Durch- schnitt bewohnt. Der Gang, in dem stets nur ein einzelner Wurm lebt, scheint immer zwei nahe bei einander gelegene Öffnungen zu besitzen, die von einem niedrigen Walle umgeben sind, und aus denen 'beim Betreten des umgebenden Bodens ein oft recht kräftiger Wasserstrahl hervorspritzt. Verzweigungen des Kanales habe ich nie wahrgenommen. Große Individuen pflegen sich anscheinend tiefere (bis zu 4 Fuß Tiefe) Gänge zu graben, während sich kleine stets ziemlich nahe unter der Oberfläche des Bodens finden, häufig in ganzen Scharen dicht neben einander, so dass der Boden wie ein Sieb erscheint. Auf einer Fläche 1 Ein Auszug aus den Ergebnissen meiner Untersuchungen erschien im »Zoolog. Anzeiger«, Jahrg. 2. 1879. Nr. 40. p. 542. 2 GUERIN-MENEVILLE, »Iconographie du regne animal«. Ich gehe an dieser Stelle auf die verwickelte Geschichte dieses Namens nicht ein, sondern behalte mir das für eine spätere Veröffentlichung vor. 3 ParrAs macht ähnliche Angaben über die Gewohnheiten der belgischen Fischer (a piscatoribus pro inescandis hamis ad capturam Gadi Morrhuae adhibetur, ob- scoeno Phalli marini [See-Trul] nomine notissima«, »Spicilegia«, p. 3 und ähnlich »Miscellanea«, p. 147). Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 465 von etwa 4 Quadratfuß fand ich einmal über 20 Individuen. Wie sich die Thiere im Innern dieser Gänge verhalten, konnte ich nicht beobach- ten; ich habe niemals einen Echiurus einen Theil seines Körpers aus einer der Öffnungen hervorstrecken sehen, eben so wenig einer der Fischer, die ich darum befragte; doch mögen sich die Würmer bei höherem Wasserstande in dieser Beziehung anders verhalten. Der eingehenden Betrachtung der Gestaltung und Struktur der ein- zelnen Organe sei zur Erleichterung des Verständnisses eine kurze Schilde- rung der äußern Form des Körpers und ein summarischer Überblick über die topographische Anordnung der Organe vorausgeschickt. Der Echiurus besitzt einen sackförmigen Rumpf von beständig wechselnden Dimen- sionen und Umrissen, der vorn vom Munde, hinten vom After durch- brochen ist. Die Wandung ist dünn und im Leben etwas durchsichtig, so dass man die Lage und Bewegung der inneren Organe wahrnehmen kann. Der dorsale Rand der Mundöffnung verlängert sich zu einem sehr beweglichen, fleischigen, schaufelförmigen Kopflappen, dem »Rüssel« der Autoren. Hinter dem Munde ragen an der ventralen Seite des Rumpfes zwei metallisch glänzende hakenförmige Bauchborsten aus der Haut hervor, während das Hinterende des Körpers von zwei an der Bauchseite unterbrochenen Kränzen von Analborsten umstellt ist. Der vielfach gewundene Darmkanal ist in der Leibeshöhle durch Mesenterialgebilde aufgehängt. In den hintersten Abschnitt des- selben münden zwei braun pigmentirte Analschläuche. Hinter den Bauchborsten durchbrechen die Leibeswand die Ausführungskanäle zweier Paare von Segmentalorganen. Der Hautmuskelschlauch, Die Haut des Echiurus setzt sich aus drei Schichten zusammen, der Epidermis, einer diese bedeckenden Cuticula und einer nach innen von der Epidermis befindlichen Lage, deren Hauptmasse in einem Binde- gewebe besteht und die wohl als Cutis bezeichnet werden darf. Da sich die Haut am Rumpfe und am Kopflappen nicht in allen Punkten gleich verhält, empfiehlt sich eine gesonderte Darstellung der beiden Abschnitte. Am Rumpfe ist die Epidermis ein Cylinderepithel (Fig. 23), dessen Höhe mit dem Kontraktionszustande der Haut schwankt. Von der Fläche betrachtet erscheinen deutliche, unregelmäßig polygonale Zell- grenzen. Die etwa in der Mitte der Zellen gelegenen Kerne sind der Gestalt jener entsprechend etwas gestreckt; sie enthalten eine Anzahl feiner Körnchen. Der Epidermis zuzurechnen sind einzellige Drüsen (Fig. 19u. 23 dr), welche aus dieser in die unterliegende Cutis hineinragen. Sie haben die Zeitschrift (, wissensch. Zoologie. XXXIV. Ba. 30 464 J. W. Spengel, - bei solchen Drüsenzellen gewöhnliche Gestalt, nämlich einen birnförmigen Körper, in welchem ein rundlicher oder etwas länglicher Kern liegt und einen längern oder kürzern dünnen Hals, der als Ausführungsgang funktio- nirt und bis an die Oberfläche der Epidermis tritt. An gewöhnlichen Tink- tionspräparaten mit Karmin oder Hämatoxylin pflegt man von ihnen nichts als den Körper zu sehen. Wendet man dagegen blaue Anilinfarben (Methylviolett z. B.) oder besser noch eine Doppelfärbung mit Pikro- karmin und einer solchen an, so treten auch die Hälse mit großer Deut- lichkeit hervor, da das in den Zellen enthaltene Sekret den Anilinfarb- stoff sehr fest bindet. Man kann dann die feinsten Ausführungsgänge nicht nur bis an die Epidermiszellen hin, sondern leicht auch zwischen diesen hindurch verfolgen. Auch sieht man sehr hübsch, wie die Zellen- hälse wirklich den Namen Ausführungsgänge verdienen, indem sich häufig in ihnen das Sekret so anhäuft, dass dadurch starke Anschwel- lungen entstehen, die durch ihre intensive blaue Färbung sehr in die Augen fallen. Solche Drüsenzellen sind nun am Rumpfe in einer gewissen regel- mäßigen Weise angeordnet. Sie liegen nämlich in Haufen von größeren oder geringeren Dimensionen beisammen und diese bewirken papillen- arlige Erhebungen der Haut, in denen schon Parıas richtig » glandulae mucifluae« erkannt hat. Diese Papillen stehen in Querreihen um den Körper, und zwar wechseln Reihen oder Ringe größerer Papillen mit je drei bis fünf Ringen kleinerer ab (siehe z. B. Fig. 5). Die Zahl der Ringe ist nicht genau anzugeben, nicht einmal diejenige der aus größeren Papillen zusammengesetzten, da einerseits namentlich die kleineren Papillen nicht immer genau die Reihe einhalten, andererseits der Unterschied zwischen großen und kleinen Papillen häufig verwischt ist. Als Durchschnittszahl können 20 bis 23 Hauptringe gelten. Der Bau dieser Papillen, dessen Erkenntnis mir leider nur sehr unvollständig gelungen ist, scheint aber komplicirter zu sein, als man nach dem Obigen meinen könnte. Die Untersuchung hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Dahin gehört in erster Linie der Umstand, dass die frischen, lebenden Gewebe der mikroskopischen Beobachtung so gut wie gänzlich unzugänglich sind, hauptsächlich in Folge des großen Muskelreichthums der Haut, der jedes ‘abgeschnittene Stückchen sofort zu einer unkenntlichen und zu feineren Untersuchungen untauglichen Masse sich zusammenziehen lässt. Aus demselben Grunde kann man auch nicht wohl Stücke der Haut in Reagentien einlegen, sondern muss stets das ganze Thier dazu verwenden, falls man dieses nicht vor- her abtödten kann. Letzteres aber kann wiederum kaum ohne Schaden für die Erhaltung der feinern Struktur der Haut geschehen. Kurzum, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 465 ich habe die Schwierigkeiten nicht nach Wunsch zu überwinden ver- mocht. Betrachtet man ein Stück Leibeswand nach vorhergegangener Ab- tödtung des Thieres mittels Essigsäure oder dergl. und Aufhellung durch Glycerin oder ein gefärbtes Stück, so sieht man auf jeder Papille eine Anzahl rundlicher heller Flecke und im Centrum dieser meistens einen deutlichen, etwas länglichen Porus (Fig. 21). Die kleinsten Papillen zeigen nur einen solchen Fleck, größere (Fig. 20) 6, 7, 8, die größten 13 bis 4. Ein jeder Fleck ist von allen Seiten deutlich begrenzt und hebt sich von den ihn umgebenden undurchsichtigeren Epithelzellen ziemlich bestimmt ab, so dass kein Zweifel darüber bestehen kann, dass man es mit einem Gebilde specifischer Natur zu thun hat. Was aber sind diese hellen Flecke? Was ich darüber habe ermitteln können, ist kurz Folgendes. Der Porus führt in einen kurzen Kanal (Fig. 22) und an diesen stoßen die peripherischen Enden einer Anzahl hoher Zellen, welche zu einem becherförmigen Körper (hb) vereinigt sind. Die Kerne dieser Zellen sind sämmtlich dem Grunde des Bechers genähert, und so erscheinen die peripherischen Abschnitte der Zellen hell und erzeugen an Präparaten, in denen die Zellkerne getrübt oder gefärbt sind, bei Betrachtung von ‘der Oberfläche der Papille das oben geschilderte Bild eines hellen rundlichen Fleckes. Um diese Becher aber gruppiren sich andere Zellen, und unter diesen ganz unzweifelhafte Drüsenzellen, so dicht, dass ich die Abgrenzung, resp. den Zusammenhang der ver- schiedenen Elemente nicht habe erkennen können. Bei der Zusammen- lagerung mit großen Mengen von Drüsenzellen liegt wol kein Gedanke so nahe, wie der, es möchten diese Körper die Ausführungsapparate, der centrale Porus die Mündung der Drüsengänge darstellen ; allein man überzeugt sich aufs Unzweifelhafteste an den erwähnten Anilinpräpara- ten, dass die weitaus größte Mehrzahl der Drüsen zwischen den ge- wöhnlichen Epithelzellen ausmündet. Indessen sieht man an eben den- selben Präparaten auch manchmal sehr deutlich die Hälse einiger Drüsenzellen sich zwischen die Zellen des Bechers drängen, während in anderen Fällen diese selbst sich intensiv blau färben. Dies Verhalten könnte gegen eine zweite Auffassung von der Natur dieser Körper zu sprechen scheinen, die sich aus der Analogie mit ähnlich gestalteten Organen bei anderen Thieren, namentlich Vertebraten, ableiten ließe, nach der es nämlich Sinnesorgane sein könnten. Ist diese Ansicht, wie ich glaube, die richtige, so hätten wir beim Echiurus eine sehr innige Verbindung von becherförmigen Sinnesorganen mit Schleimdrüsen, und zwar eine so innige, dass es mir bis jetzt nicht gelungen ist, die beiden 30* 466 J. W, Spengel; Bestandtheile der Papillen gegen einander abzugrenzen. Zum Beweise dieser Auffassung bedarf es natürlich noch vieler Beobachtungen, und vor Allem wäre wol die Existenz von sensiblen Endapparaten in Gestalt von Haaren nachzuweisen, wie sie von den becherförmigen Sinnesorganen der Capitelliden neuerdings von Eısıe! eingehend ge- schildert sind. Beim Echiurus habe ich weder bewegliche Cilien noch starre Haare zu erkennen vermocht. Wenn man indessen erwägt, dass solche Haare meistens sehr vergänglich sind, und dass ich das Objekt im frischen Zustande nicht untersucht habe, so kann aus meinem negativen Befunde noch nicht mit Entschiedenheit die thatsächliche Abwesenheit von Haaren gefolgert werden. Es kommt noch hinzu, dass die ansehn- liche Cuticula, welche die Epithelzellen der Papillen bedeckt, sich am Rande der Becherporen rasch verdünnt, ja vielleicht gänzlich schwindet (Fig. 22). An manchen senkrechten Hautschnitten aber ver- misst man die Poren und Kanäle vollständig und statt dessen findet man nur ziemlich scharf begrenzte Stellen im Epithel, an denen die Kerne tiefer liegen als in den benachbarten, gewöhnlichen Epithelzellen (Fig. 23 hb): wir haben hier offenbar die gleichen Gebilde wie in den becherförmigen Körpern vor uns; diese unterscheiden sich von jenen nur dadurch, dass bei ihnen das Polfeld eingezogen und dadurch ein kurzer Kanal erzeugt ist. Auch in dieser Beziehung würden die in Rede stehenden Sinnesorgane mit den von EısıG beschriebenen Organen der Capitelliden übereinstimmen, bei denen gleichfalls ein retraktiles Pol- feld besteht. Großes Gewicht wird endlich auf die genaue Beobachtung des Verhaltens der Nerven zu legen sein. Ich kann zunächst nur an- geben, dass starke Nervenäste (Fig. 19 n!) in die Papillen eintreten, ohne aber darüber Aufschluss geben zu können, welche von den beiden Bestandtheilen sie hauptsächlich versorgen und in welcher Weise die Verbindung geschieht. Die Epidermiszellen der Papillen sind höher als an den übrigen Stellen der Haut. Sie sitzen mit ihren spitzen inneren Enden zwischen den Drüsenzellen. Gegen den Rand der Papille, wo die Drüsen aufhören, nehmen sie unvermittelt die gewöhnliche Gestalt an. Die die ganze Epidermis, sowohl auf den Papillen wie zwischen diesen, überziehende Guticula ist 0,003 mm dick, vollkommen homo- gen und strukturlos. Die Gutis (Fig. 23) bildet am Rumpfe eine zusammenhängende Schicht von wechselnder Mächtigkeit unter der Epidermis. Sie besteht aus einer homogenen, glashellen,, gallertartigen Grundsubstanz,, in welcher 1 H. Eısıs, Die Seitenorgane und becherförmigen Organe der Capitelliden. — Mittheilungen aus der Zoolog. Station zu Neapel, Bd, I. p. 278, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 467 sternförmige Zellen mit etwas länglichem Kerne liegen, die mit ihren zarten Ausläufern meistentheils unter einander in Verbindungzu stehen scheinen. Ferner umschließt die Cutis außer den bereits erwähnten Drüsen Ballen von Zellen, die mit rothbraunen oder gelblichen Pigmentkörnchen er- füllt sind, namentlich aber die Enden der peripherischen Nerven, die hier theils in Gestalt von dickeren Ästen, welche sich zu den Papillen hegeben, theils als feinere Netze auftreten. Letztere schienen mir durch zarte Fädchen vielfach mit den sternförmigen Zellen der Gutis in Ver- bindung zu stehen. AmKopflappen verhält sich die Haut der dorsalen und der ventra- len Fläche verschieden, indem nämlich die letztere Fläche ein wimpern- des Cylinderepithel trägt, das sich in scharfer Linie längs des seitlichen und vordern Randes des Kopflappens gegen die wimperlose, mehr der- jenigen des Rumpfes entsprechende Epidermis der dorsalen Fläche ab- grenzt. Die Zellen der ventralen Fläche sind nach außen von einer zarten CGuticula bedeckt, auf welcher sehr dichte Wimpern von 0,01 mm Länge sitzen. Die der dorsalen Fläche dagegen tragen eine starke Quti- cula von gleicher Beschaffenheit wie die der Rumpfhaut. Zwischen ihnen münden zahlreiche, bündelweise zusammenstehende einzellige Drüsen aus (Fig. 18), die ganz mit denen der Rumpfpapillen überein- stimmen, zur Untersuchung aber viel tauglicher als diese sind, da sie viel lockerer angeordnet sind. Dass sie keine über die Oberfläche her- vorragende Wärzchen bilden, dürfte hauptsächlich in der Beschaffenheit ihrer Unterlage begründet sein. Die Cutis nämlich verhält sich im Kopf- lappen ganz anders als im Rumpfe und man könnte leicht zu der An- sicht kommen, sie fehle dort gänzlich. Doch irre ich wol nicht, wenn ich die helle, homogene, gallertartige Grundsubstanz mit eingestreuten sternförmigen Zellen (Fig. 46), in welche außer den Drüsen, Pigment- zellenballen und Nerven die ganze Muskulatur des Kopflappens einge- bettet ist, der gänzlich außerhalb der Muskelschichten liegenden Qutis des Rumpfes gleichsetze. Ihrer mächtigen Ausbildung verdankt der Kopflappen wesentlich seine Dicke und Festigkeit. Auch das Verhältnis der Hautdrüsen zur Muskulatur ist im Kopf- lappen etwas anders, in so fern dieselben in die oberflächlichen Muskel- schichten eindringen. In einigen Fällen glaube ich auch hier becher- förmige Körper zwischen den Ausführungsgängen der Drüsen gesehen zu haben. Unter der ventralen Epidermis liegen hier und da (Fig. 43) Häuf- chen eines dunklen, etwas violetten Pigments, die der entsprechenden Fläche desKopflappens eine schmutzige, dunklere Färbung verleihen. 468 J. W. Spengel, Die Muskulatur der Rumpfwandung (Fig. 19) besteht aus drei Schichten, in deren jeder die Fasern einen andern Verlauf nehmen. Die Dicke der Schichten schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen je nach der Größe und vor Allem dem Kontraktionszustande des Thieres ; es sei daher nur die relative Mächtigkeit derselben angegeben. Die äußerste Schicht ist aus Ringfasern (mr) zusammengesetzt. Nach innen von diesen folgt eine die 3—4 fache Mächtigkeit er- langende Schicht von Längsfasern (ml), die parallel der Längsachse des Körpers verlaufen. Die dritte, innerste Schicht (ms), welche an Dicke meist etwas gegen die Ringfaserschicht zurückbleibt, besteht aus Fasern, die schräg verlaufen und zwar vom Bauch und vorn nach dem Rücken und hinten. Diese Schicht zerfällt in eine rechte und eine linke Hälfte. Da die einer jeden von diesen angehörigen Fasern aber etwas länger sind als der halbe Um- fang des Rumpfes, so greifen dieselben von beiden Seiten über die Mittellinien über, in der Weise, dass eine links neben dem Bauchmarke beginnende Faser dieses kreuzt, dann über die rechte Rumpfseite ver- läuft, die dorsale Mittellinie überschreitet und endlich wieder an der linken Körperseite endigt. Entsprechend beginnen Fasern, welche der linken Rumpfseite angehören, rechts vom Bauchmarke und endigen rechts von der dorsalen Mittellinie. Die Folge davon muss natürlich sein, dass zu beiden Seiten der Mittellinie ein Gebiet besteht, in dem Fasern in vier verschiedenen Richtungen sich kreuzen, nämlich außer den Ring- und Längsfasern zweierlei schräge Fasern (Fig. 17). Hier und da verbinden sich die Ring- und die Schrägfaserschicht durch einzelne Faserbündel, welche die Längsfaserschicht durchbrechen und dadurch die drei Schichten zu einer Einheit verbinden, deren Wirkungsweise sehr schwer zu analysiren ist. Die Bewegungen, welche dieser Muskelapparat voll- führt, erscheinen hauptsächlich in der vom Darm der Wirbelthiere unter dem Namen der Peristaltik bekannten Form einer von vorn nach hinten oder in umgekehrter Richtung fortschreitenden Kontraktionswelle, welche ein wesentliches Lokomotionsmittel des in engen Gängen des Meeres- bodens lebenden Thieres bildet. Geringere Bedeutung mögen unter natürlichen Verhältnissen die durch Kontraktionen einzelner Partien der Längsmuskeln bewirkten Krümmungen des Rumpfes haben, die der in ein Gefäß mit Wasser gebrachte Echiurus indessen sehr lebhaft ausführt. Besonders auffallend erscheint der schräge Verlauf der Fasern in der innersten Schicht. Diese Anordnung muss die Folge haben, dass durch Kontraktion dieser Fasern gleichzeitig die Länge und der Umfang, resp. der Durchmesser des Körpers oder eines Abschnittes desselben vermin- dert wird, eine Wirkung, welche natürlich auch durch gleichzeitige . ) ee u Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen, 469 Kontraktion der Längs- und Ringfaserschicht herbeigeführt werden kann. Die besondere Bedeutung des schrägen Verlaufes vermag ich nicht zu erkennen. Die Gestaltveränderung, zu welcher dieser Apparat unsern Wurm befähigt, ist eine ganz erstaunliche, wie denn schon Parzas den Körper desselben » in omni puncto contractile et mutabile « nennt. Am Hinterende des Körpers besteht keine so regelmäßige Anordnung der Muskulatur. Nur die Ringmuskeln erhalten sich in ihrer Lage bis zum: After und funktioniren dort als äußerer Sphinkter. Die Längs- muskeln dagegen zertheilen sich, um sich theils zu einem Netzwerk in der Umgebung des Afterdarms zu verflechten, theils einen an der Grenze zwischen diesem und dem Enddarme gelegenen inneren Sphinkter zu bilden. Die schrägen Fasern endlich verschwinden als kontinuirliche Schicht völlig und vermischen sich mit den basiparietalen Borsten- muskeln. Durch das Hinzutreten dieser wird das Bild äußerst kom- pliciri. | Noch verwickelter ist das Verhalten der Muskulatur am Vorderende des Rumpfes, wo die Schichten sich in den Kopflappen fortsetzen. Am übersichtlichsten sind die Ring- und Längsfasern angeordnet; doch ist ihre Lagerung nicht mehr ganz identisch mit derjenigen im Rumpfe. Während dort die Ringfasern die äußerste Schicht bilden, spalten sich an der Basis des Kopflappens einige Fasern von der Längsfaserschicht ab und treten zwischen Haut und Ringmuskulatur, dort eine ganz dünne Lage bildend (Fig. 43 Im’). Auf die Ringfasern, welche diese Bezeichnung nur noch im Gebiete des Mundtrichters verdienen, nachdem die Ränder des Kopflappens aber aus einander gewichen sind, nur als Quermuskeln (qm) erscheinen, folgt ventralwärts die Fortsetzung der Längsmuskelschicht des Rumpfes ; doch liegen die Fasern nicht mehr zu einer geschlossenen Schicht vereinigt, sondern sind weit aus einander gerückt und durch das oben als Gutis gedeutete Gewebe geschieden, eine Anordnung, die natürlich eine Vergrößerung des dorsoventralen Durchmessers des Gebietes zur Folge hat. Am Vorderende des Kopf- lappens (Fig. 44) verflechten sich die Längsfasern in der Umgebung des Schlundringbogens mit den anderen Schichten. Ventralwärts von dieser Schicht liegen sodann wieder Querfasern (qm’), welche die Fortsetzung der schrägen Rumpfmuskeln bilden und endlich abermals eine dünne Schicht von Längsfasern (lm’’), die sich wol wie die dorsalen von der mittleren Rumpfmuskelschicht abgespalten haben. Die Ring- und Schrägfasern sind hier also nicht außen und innen von den Längs- fasern gelagert wie am Rumpfe, sondern zwischen diesen. Endlich liegen unter dem Epithel der ventralen Seite spärliche Längsmuskel- fasern (lm’”). 470 J. W. Spengel, Dazu kommen nun im Kopflappen noch zahlreiche zarte Dorsoventral- muskeln (Fig. 46 mdv; Fig. 43 a, dv), die sich von der Innenfläche des dorsalen bis zu der des ventralen Epithels erstrecken und dabei die Leibeshöhle, in den frenulaartigen Brücken verlaufend, durchsetzen. Über die feinere Struktur der Muskelfasern habe ich nicht viel 'bei- zubringen, da meine Untersuchungen mir über mehrere Punkte keinen Aufschluss gegeben haben. So muss ich vor Allem die Frage nach dem histologischen Werthe der Fasern unbeantwortet lassen: sind es spindel- förmige Zellen oder Zellenfusionen? Die Fasern des Rumpfes erscheinen nach Behandlung mit den meisten Reagentien als homogene Stränge von etwas eckigem, unregelmäßigem Querschnitte und einer Dicke von durchschnittlich etwa 0,007 mm. Hin und wieder trifft man neben ihnen einen von einer geringen Plasmamenge umgebenen länglichen Kern von etwa 0,043 mm Länge und 0,006 mm Breite, dessen Lage im Verhältnis zur Faser aus dem Querschnitte (Fig 24) erhellt. Wie viele solche Kerne zu einer Faser gehören, ob mehr als einer, kann ich nicht angeben. Eben so wenig weiß ich, wie lang die Fasern und wie ihre Enden beschaffen sind. Dass dieselben sich aus zarten Fibrillen zu- sammensetzen, erkennt man besser als im Rumpfe an den Längsmuskeln des Kopflappens. Diese zerfasern sich häufig und tauschen ihre Fibrillen aus. Das Gleiche beobachtet man an der Muskulatur verschiedener Organe, namentlich der Segmentalorgane. Die dorsoventralen Muskeln scheinen einzelnen Fibrillen zu entsprechen: jede enthält einen länglichen Kern in einem Protoplasmahäufchen (Fig. 46 mdv). Eine genauere Erkenntnis des Baues der Haut wurde begreiflicher- weise erst durch die neuere Ausbildung der mikroskopischen Unter- suchungsmethoden ermöglicht. Die älteren Beobachter sind daher kaum über Pırras hinausgekommen, der die Existenz vieler in Querreihen an- geordneten »glandulae mucifluae« treffend beschreibt; die »cutis« sei mit dem »fibras minime distincetas« darbietenden »pannus museculosus « innig verbunden, in der Mitte des Körpers dünner als an den Enden. (JUATREFAGES unterscheidet im Integument eine »Haut«, welche aus einer Grundsubstanz (»gangue«) mit zahlreichen mehr oder minder deutlichen »granulations«, wahrscheinlich »organes mucipares«, besteht, und eine » couche fibreuse« von außerordentlicher Zähigkeit, die sich aus vielfach durchbrochenen Bündeln sehr feiner Fasern zusammensetzt. Ich habe etwas seiner Abbildung (Fig. IN, Taf. VI) Ähnliches nie gesehen, ver- muthe aber, dass die »couche fibreuse« unserer » Cutis« entsprechen dürfte. Unter dem Integument findet Quarreraczs zwei Muskelschichten, über die er einige interessante Angaben macht. »Sur le milieu de la face inferieure ou ventrale de l’animal, on distingue un raph& bien pro- Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 471 nonc6; les fibres, tres apparentes, partent de ce raphe, et se portent obliquement d’avant en arriere; d’autres fibres plus fines les croisent en direction eontraire presque ä& l’angle droit; sur le milieu du corps, ces ‘ dernieres deviennent presque longitudinales. Une disposition inverse s’observe ä la face dorsale ou superieure de l’animal.« In einiger Ent- fernung von der »raphe« soll diese regelmäßige Anordnung aufhören und statt dessen eine Verflechtung der Fasern stattfinden. Es scheint mir kaum zweifelhaft, dass QuATREFAGES den eigenthümlichen Verlauf der Fasern der innersten Muskelschicht, wie sie oben beschrieben wurde, gesehen, indessen nicht ganz richtig und genau erkannt hat. GREEFF (1874) beschreibt als äußerste Schicht der Haut eine glas- helle Cuticula, die sich auch auf den »Rüssel« erstreckt; »die Innen- fläche aber und der Randsaum dieses Organs tragen außerdem ein dichtes Wimperkleid«. Auf der Unterfläche dieser Cuticula liegt ein körniges Pigment und dann folgt eine Schicht spindelförmiger Zellen. »Die hierdurch nach innen eingeschlossenen Räume sind ausgefüllt von einem, wie es scheint, bindegewebigen Stroma, das ebenfalls mit Zellen durchsetzt ist. An einigen Stellen erheben sich diese Zellfalten mitsammt der überliegenden Cuticula kugelig, so dass sie als weiße papillenartige Knötchen auf der Haut hervortreten. Diese Papillen sind Hautdrüsen.« Nach ihnen wird die ganze unter der Guticula liegende Zellschicht als »Drüsenschicht« bezeichnet. In einer zweiten Mittheilung (1877) nennt GREEFF dieselbe Schicht »Bindegewebsschicht«, im Zusammenhang mit einer Veränderung seiner Ansicht über die Bedeutung der Papillen, in denen er jetzt zum Theil Tastpapillen erkennt. »Man sieht unter günstigen Umständen deutlich die Nerven aus dem Innern des Körpers und direkt aus dem Bauchnervenstrang hervortreten, die Muskulatur durchsetzen und in diesen Papillen sich in ein mit Zellen durchsetztes Fasernetz auflösen. Die feinen äußeren Fäden scheinen in die nach innen gerichteten fadenförmigen Enden der Gylinderepithelien überzugehen. Die Haut-Nervenpapillen waren früher von mir mit den Hautdrüsen zu- sammengestellt worden, sind aber wol von ihnen zu unterscheiden.« Mir ist eine solche Unterscheidung nicht gelungen. Falls überhaupt epi- theliale Endapparate des Nervensystems vorhanden sind, liegen diese in inniger Vergesellschaftung mit den Drüsen. Die dann folgende Muskulatur besteht nach GrerFF aus drei Schichten, »nämlich einer äußeren und inneren circulären und einer dazwischen liegenden breiten (dicken?) Längsfaserschicht.« Gleiche Zusammensetzung soll der Hautmuskel- schlauch bei Thalassema Baroni und Bonellia viridis besitzen. Dass diese Angabe, welche GrEErF 1877 wiederholt, für die letztgenannte Gephyree nicht zutrifft, habe ich schon in meinem ersten »Beitrage « 472 J. W, Spengel, mitgetheilt!. Mein älterer Befund hat durch die oben mitgetheilten Er- gebnisse der Untersuchung des Echiurus Bestätigung und Ergänzung erhalten. Hinsichtlich der Struktur der Muskelfasern ist GrEEFF weiter gekommen als ich. Er hat nicht nur auch die Zusammensetzung der Fasern aus Primitivfibrillen wie ich erkannt, sondern gefunden, dass diese um eine mittlere körnige Achse gestellt — eine Beobachtung, deren Richtigkeit ich allerdings etwas bezweifeln muss —, ferner dass sie spindelförmig sind (1877). | Die Borsten. Borsten treten bei Echiurus in zwei verschiedenen Gruppen auf, von denen die eine allen Echiuriden zukommt, während die andere eine und zwar die hervorragendste Eigenthümlichkeit des Genus Echiu- rus bildet. Die erste Gruppe besteht aus nur zwei Borsten, den »un- guiculi genitales« von Pırras, welche in symmetrischer Anordnung in geringer Entfernung von der Mundöffnung rechts und links vom Bauch- marke die Leibeswand durchbrechen. Ihre Austrittsstelle befindet sich im dritten Ringe größerer Hautpapillen. Da beide Borsten — wir wollen sie Bauchborsten nennen — übereinstimmend gebildet sind, brauchen wir nur eine zu betrachten. Wir unterscheiden an ihr zwei (Fig. 9 und 40) Abschnitte, einen geraden, im Durchschnitte fast kreisrunden »Schaft«, der bei erwachsenen Thieren eine Länge von 6,5 mm erreicht und im Innern des Körpers liegt, und einen gekrümmten, zum großen Theil aus dem Körper nach außen hervortretenden »Haken« von 2,5 mm Länge. Namentlich der Letztere zeichnet sich durch seine fast goldige metallische Färbung aus, während der Schaft etwas weißlicher ist. Der Haken erscheint äußerlich völlig strukturlos; am Schaft dagegen be- merkt man schon bei ganz schwacher Vergrößerung eine ringförmige Zeichnung, die wol als Ausdruck geringer Unregelmäßigkeiten im Wachsthum der Borste anzusehen sein dürfte. Bei mikroskopischer Untersuchung tritt aber ferner in der ganzen Borste eine äußerst feine Längsstreifung hervor; dieselbe erscheint nicht nur bei Betrachtung der intakten Borste von der Oberfläche, sondern auch, und zwar beson- ders deutlich an Längsschnitten, die sich bei der ziemlich geringen Kon- sistenz der Borste leicht herstellen lassen. Solche Längsschnitte be- weisen, dass diese Streifung nicht durch zarte Rippung der Oberfläche bedingt, sondern der Ausdruck einer Zusammensetzung der Borste aus feinen Längsfasern ist, deren Verbindung allerdings eine sehr innige ist: die Fasern zu isoliren gelang mir nicht. . il a.a. O0. p. 394. Anmerkung. _ 2. 4 a Ei ee Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 473 Jede Borste ist umhüllt von zwei Scheiden (Fig. 42), die als innere und äußere bezeichnet werden mögen unter Verwendung des ersten Namens auf die der Borste zunächst liegende Scheide, während die äußere der Leibeshöhle zugewandt ist. Den Hauptbestandtheil der inne- ren Scheide bildet ein Epithel (bf), das an verschiedenen Stellen ver- schiedene Gestalt besitzt. Dasselbe steht in ununterbrochenem Zu- sammenhange mit der Epidermis und geht am Rande der Austrittsöffnung der Borste ohne Grenze in jene über, so dass die innere Scheide sich als eine hohle, die Borste umschließende Einstülpung der Epidermis dar- stellt. Es ist der Borstenfollikel. Das Epithel desselben besteht in dem größten Theile seiner Ausdehnung aus polygonalen Zellen mit einem rund- lichen Kerne und einem großen, stark lichtbrechenden Kernkörperchen. Gegen die Öffnung hin werden die Zellen höher und erscheinen am Rande derselben als CGylinderzellen mit länglichem Kerne. Im Grun«e des Follikels fand ich bei ausgebildeten Borsten nie Zellen, sondern nur eine dünne Schicht ohne erkennbare Struktur (vergl. unten über die Entwicklung der Ersatzborsten). Alle Zellen des Follikels scheiden eine glashelle Cuticula aus, durch welche sie von der Borste getrennt werden. Diese stellt, da der Grund des Follikels einer solchen Cuticula entbehrt, eine dünnwandige Röhre dar, welche an der Austrittsöffnung mit der äußeren Guticula der Haut zusammenhängt, vorher aber sich im Um- kreise der Öffnung bedeutend verdickt und so einen Ring bildet, der den Zweck haben dürfte, das Hervorschlüpfen der Borste aus dem Follikel zu verhindern, das sonst bei jeder Anspannung der Borstenmuskeln ein- treten müsste. Er wird in seiner Wirkung durch einen übrigens nur schwachen muskulösen Sphinkter unterstützt. Zu dem Epithel kommt sodann eine zart längsgestreifte Schicht (bf’) von etwa der gleichen Dicke wie das Epithel. Man erkennt an ihr äußerlich eine Anzahl spindelför- miger Kerne und könnte glauben, sie bestehe aus Muskeln. Da es in- dessen nicht gelingt, distinkte Fasern darzustellen, so wird man darin wol eine bindegewebige Stützschicht erblicken müssen, die der inneren Scheide zugerechnet werden kann. Die äußere Scheide ist wiederum aus zwei Schichten zusammenge- setzt, nämlich einer Lage von homogener Grundsubstanz mit eingestreuten Zellen |Fig. 12 z) und einem äußern sehr dünnen Peritonealüberzuge (pr). Die Erstere scheint im Leben weich zu sein; in Konservirungsflüssig- keiten schrumpft sie häufig so, dass man sie leicht übersehen kann ; doch - erkennt man sie an guten Präparaten meistens so, wie sie in Fig. 12 & dargestellt ist. In der Grundsubstanz liegen nicht Kerne, sondern deut- liche Zellen von unregelmäßigem Umriss, manchmal mit stumpfen Fort- sätzen. Dieselben besitzen stets einen etwas länglichen Kern mit einem 474 J. W, Spengel, Kernkörperchen. Das Gewebe erinnert sehr an das der Cutis, nament- lich wie sich dieses im Kopflappen darstellt, und dürfte auch wol von demselben abzuleiten sein. Bindegewebe dieser Art spielt im Körper des Echiurus überhaupt eine große Rolle und wird uns noch an verschie- denen Stellen begegnen. Die äußere Scheide giebt den Ansatzpunkt für die Bewegungs- muskulatur der Bauchborsten ab. Unter diesen können wir nach ihrem Verhalten zur Borstenscheide einerseits und zum Hautmuskel- schlauch andrerseits drei Gruppen unterscheiden. Die erste wird von einem einzigen sehr starken Muskelstrange dargestellt, der vom Grunde des einen Borstensackes zu dem des andern zieht, also die Basen der beiden Borsten verbindet; er möge der Interbasalmuskel heißen (Fig. 3 ib). In nächster Nähe dieses Muskels entspringen von der Basis zahlreiche sehr viel zartere Fäden, die nach verschiedenen Seiten zur Leibeswand aus- strahlen und als Basiparietalmuskeln bezeichnet werden können. Sie zerfallen in ventrale und dorsale, d. h. solche die sich an die ventrale und an die dorsale Wand ansetzen, und zwischen diesen könnte man noch seitliche unterscheiden, die indessen gegen die ventralen und dor- salen nicht scharf abzugrenzen wären. Die ventralen Basiparietalmuskeln bilden ihrerseits wiederum mehrere Gruppen nach der Lage ihres parie- talen Endes, wonach man vordere und hintere, mediale und laterale unterscheiden kann. Die dorsalen dagegen bilden nur vordere und zwar mediale und laterale Gruppen; hintere sind nicht vorhanden. Die media- len dorsalen Basiparietalmuskeln weichen in Bezug auf ihre Insertion in bemerkenswerther Weise von allen übrigen ab, indem sie sich nämlich mit einem erheblichen Theile ihrer Fasern nicht an den Hautmuskel- schlauch, sondern an ein bei Betrachtung des Darmes näher zu be- schreibendes dissepimentartiges Diaphragma heften, wodurch ihre An- satzstelle beinahe in gleiche Höhe mit der Borstenbasis verlegt und ihre Zugrichtung fast in eine horizontale verwandelt wird. Alle diese Basiparietalmuskeln werden wol in letzter Instanz als abgelöste Theile des Hautmuskelschlauches anzusehen sein. Ein Muskel aber hat dieses Verhältnis klarer bewahrt als die übrigen: man erkennt ihn als ein zu besonderer Mächtigkeit gelangtes Bündel der innersten, aus schrägen Fasern zusammengesetzten Schicht. Er entspringt nicht vom Grunde, sondern vom peripherischen Ende der äußeren Borstenscheide und zwar am lateralen vorderen Rande derselben (Fig. 16 pm) und läuft fast parallel mit den Fasern der schrägen Muskelschicht, denen sich sein Insertions- abschnitt vollkommen anschließt. Außer diesem stärkeren Bündel, das wir den parietalen Borstenmuskel nennen wollen, entspringen häufig TE EI WEEZE „Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 475 noch einige schwächere von der Borstenscheide, lösen sich aber noch weniger aus der Hautmuskulatur los. Die Wirkungsweise dieser verschiedenen Muskelgruppen ist leicht verständlich. Der Drehpunkt der Borste liegt in der Austrittsöffnung; von hier ragt ein kurzer Hebelarm in Gestalt des Hakens nach außen, ein sehr viel längerer in Gestalt des Schaftes nach innen. An den letzte- ren heftet sich die Hauptmasse der Muskeln. Nehmen wir zunächst an, die Entfernung der beiden Borstenporen sei unveränderlich und die Borsten ständen vertikal zur ‘ventralen Körperfläche. Eine Verkürzung des Interbasalmuskels muss eine Annäherung der Borstenbasen, eine Entfernung aber ihrer Spitzen bewirken. Umgekehrt entfernen die lateralen Basiparietalmuskeln die Borstenbasen von einander unter gleich- zeitiger Dehnung des Interbasalmuskels, und nähern die Spitzen. Durch gleichzeitige Kontraktion der vorderen und hinteren lateralen Gruppen der ventralen Basiparietalmuskeln muss die letztere, durch gleichzeitige Kontraktion der vorderen und hinteren medialen Gruppen der ventralen Basiparietalmuskeln die erstere Wirkung verstärkt werden. Wirken da- gegen die hinteren ventralen Basiparietalmuskeln allein, während die vorderen schlaff sind, so wird der innere Theil der Borsten nach hinten gelegt, der äußere natürlich nach vorn. Als Antagonisten wirken die vor- deren ventralen und vor Allem die dorsalen Basiparietalmuskeln, und es wird klar, wie vortheilhaft die Verlegung der Insertion der medialen Gruppen der dorsalen Muskeln in das Diaphragma für diese Bewegung sein muss: Die Bewegung der Hakenspitze von vorn nach hinten, welche durch die Kontraktion der dorsalen und der vorderen ventralen Basiparie- talmuskeln bewirkt wird, ist die energischeste, die das Thier ausführt. Der Zweck der parietalen Borstenmuskeln endlich ist, die Entfernung der Austrittsöffnungen zu vergrößern, während die Verminderung derselben durch die Ringmuskulatur (incl. der schrägen Muskeln) der Leibeswand bewirkt wird. Die dem Genus Echiurus eigenthümliche Borstengruppe (Fig. 3 u. 4) besteht aus 13 bis 16 Borsten, welche in zwei Reihen um den After angeordnet sind und desshalb als Analborsten bezeichnet werden mögen. Die Öffnungen, in denen sie die Leibeswand durchbrechen, liegen im ersten und im zweiten Ringe größerer Papillen, vom Hinterende des Körpers aus gerechnet. Die Zahl der in jeder Reihe enthaltenen Borsten ist keine konstante; sie schwankt nach meinen Erfahrungen in der hinteren Reihe zwischen 5 und 8, in der vorderen zwischen 5 und 9; Parzas’ Angabe dürfte indessen wol das gewöhnliche Verhalten bezeichnen (7 in der vorderen, 6 in der hinteren Reihe). Beide Reihen bilden keime geschlossenen Ringe, sondern endigen 476 J. W, Spengel, jederseits in einiger Entfernung von der ventralen Mittellinie, stellen also dorsale Bögen oder an der Bauchseite unterbrochene Kränze dar. Alle Analborsten sind gleich gestaltet (Fig. 44): jede besteht aus einem geraden »Schaft«, der mit demjenigen der Bauchborsten überein- stimmt und wie dieser im Innern des Körpers liegt, und einer gleich- falls geraden oder wenig gebogenen, zum großen Theil aus der Haut hervorstehenden »Spitze«. Auch hinsichtlich der Umhüllung durch eine doppelte Scheide und der Struktur dieser unterscheiden sie sich in nichts von den Bauchborsten. Dagegen weicht der muskulöse Bewegungsappa- rat in mehreren Punkten ab. Vor Allem vermissen wir die große Regel- mäßigkeit der Anordnung, wie ein Blick auf Fig. % sofort zeigt. Indessen erkennt man doch auch hier mehrere Hauptgruppen, unter denen Inter- basal- (id) und Basiparietalmuskeln (bp) als die bedeutendsten hervor- treten. Die Ersteren verbinden nicht nur die Basen zweier benachbarten Borsten derselben Reihe, sondern auch solche der beiden Reihen. und dabei verfilzen sich die Bündel in solcher Weise zu dichten Platten, dass die sämmtlichen Interbasalmuskeln zu einer einheitlichen Masse vereinigt erscheinen, in welcher den einzelnen Bündeln wol nur eine geringe physiologische Selbständigkeit geblieben sein möchte. Dieser Apparat stellt aber eben so wenig wie die Borsten selbst einen geschlossenen Kranz dar, sondern er ist an der ventralen Seite unterbrochen. Er kann daher nicht als ein kontinuirlicher Ringmuskel wirken, durch dessen Verkürzung die Basen sämmtlicher Borsten mög- lichst dem Centrum genähert, ihre Spitzen aber nach allen Richtungen gespreizt werden würden. Eine ähnliche Funktion aber liegt demselben ohne Zweifel ob, und zu diesem Zwecke ist er ergänzt durch Muskel- bänder, » Basiintestinalmuskeln« (bi), die von der Basis der Borsten- säcke sowohl der vorderen wie der hinteren Reihe in ziemlich regelloser Anordnung zur Wand des Afterdarmes ziehen. Die Basiparietalmuskeln endlich, welche als Antagonisten der Interbasal- und Basiintestinalmuskeln fungiren müssen, sind hauptsächlich peripherisch entwickelt; ihr parie- tales Ende liegt im Leben viel weiter nach vorn als es in der Fig. 4 er- scheint, welche nach einem möglichst flach ausgebreiteten Präparate an- gefertigt ist, in dem die Ränder der Leibeswand sogar nach hinten umgeschlagen sind. Pırras, der die Bauchborsten » uncinuli« oder »unguiculi genitales«, die Analborsten »paleolae« nennt, beschreibt die Interbasal- und Basi- parietalmuskeln bereits ganz korrekt. Forses und Goopsır geben die Zahl der Analborsten auf 40 in jedem Ringe an. QuArrErFAGES beschreibt außer den Interbasal- und Basiparietalmuskeln zwei Bündel, welche an der Mündung der Scheiden inserirt sind und von der Scheide der einen RT UNE: Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 477 Borste zu derjenigen der andern ziehen, wobei sie sich zum Theil in der Mittellinie kreuzen; er hat vermuthlich Theile der innersten Schicht der Hautmuskulatur gesehen. Die Basen der Analborsten sollen nach ihm durch zwei geschlossene Ringmuskeln verbunden sein. GREEFF äußert sich nur über Zahl und Anordnung der Borsten, von denen er 8 im vor- deren, 7 im hinteren Kranze findet. Über die Funktion der beiden Borstenapparate habe ich keine ganz hinreichenden Beobachtungen anstellen können. Die Bauchborsten scheinen die Hauptbewegungsorgane zu sein. Ein aus seinem Gange herausgegrabener Echiurus beginnt in einem Gefäße mit Wasser nach kurzer Zeit die lebhaftesten Versuche zu machen, sich einzuwühlen. Er kontrahirt dann sehr energisch die Ringmuskulatur des Rumpfes, namentlich des Vordertheiles, in welchem die Bauchborsten liegen, so dass diese weit hervorgedrängt und gleichzeitig die Spitzen ihrer Haken nach vorn geschoben werden, um dann durch eine kräftige Kontraktion der vorderen Borstenmuskeln wieder nach hinten geschlagen zu werden. Fassen die Spitzen dabei einen festen Gegenstand, so wird durch diese Be- wegung der Borsten der Körper vorwärts geschoben. Das Hervordrängen der Borsten hat man sich übrigens keineswegs so zu denken wie es Parras und die meisten Autoren nach ihm gethan zu haben scheinen, nämlich in der Weise, dass die Borsten weiter aus dem Borstensacke heraustreten. Dies ist durchaus nicht der Fall und kann nicht wol der Fall sein, da keinerlei Einrichtung vorhanden ist, um die Borste wieder in ihren Follikel zurückzuziehen. Auch überzeugt man sich an lebenden Echiuren sehr leicht, dass die Länge des aus dem Körper nach außen hervorragenden Theiles der Borste immer die nämliche, nämlich die des Hakens bleibt, ohne dass je ein Stück des Schaftes zum Vorschein käme. Höchstens kann die wulstförmige Lippe, welche die Austrittsöffnung umsgiebt, in Folge der Spannung der Haut etwas flacher werden. Wird die Borste sehr stark vorgedrängt, so erhebt sich in ihrem Umkreis die Leibeswand kegelförmig. Um in solcher Weise auf dem Meeresboden zu kriechen, würden offenbar gerade Borsten völlig genügen. Zum Einbohren in den Boden scheint die hakenförmige Krümmung des frei hervorstehenden Abschnit- tes von unverkennbarer Bedeutung zu sein. Fasst die Spitze des Hakens in den nachgiebigen Meeresschlamm ein, so muss sie den Körper noth- wendig mit einiger Kraft nachziehen. In der That wühlt sich der Echiurus auf diese Weise ein. An einem unmittelbar vorher ausge- grabenen, also völlig lebenskräftigen Thiere beobachtete ich, als ich das- selbe in eine vom zurückweichenden Meere übriggebliebene Lache legte, dass es sofort die oben geschilderten Grabversuche mit den Bauchborsten 478 J. W. Spengel, begann, indem es den Kopflappen auf den Rücken legte. Sobald der Boden etwas gelockert war, schob es, ohne die Stellung des Kopflappens zu verändern, das Mundende vor und drang mit diesem ein. Nach wenigen Minuten hatte es sich bereits so tief eingegraben, dass ich einige Gewalt anwenden musste, es wieder herauszuziehen. Leider gestattete die zurückkehrende Fluth nicht, das Experiment fortzusetzen. Dass auch die Analborsten eine Rolle bei der Lokomotion spielen, dürfte kaum bezweifelt werden; doch weiß ich über ihre specielle Funktion nichts anzugeben. Möglich, dass sie dem Thiere bei der Rück- wärtsbewegung in seinen Röhren dienen. Neben den ausgebildeten Borsten findet man bei Echiurus aus- nahmslos eine Anzahl von Ersatzborsten!. Betrachten wir zunächst die Bauchborsten. Gelegentlich (Fig. 8) trifft man zwei fast gleich große Borsten neben einander in einem Borstensacke; beide stehen mit ihrem hakenförmigen distalen Ende nach außen hervor. In den meisten Fällen aber sind die Ersatzborsten viel kleiner und liegen dann ganz im Innern der Leibeshöhle, mit ihrer Spitze nahe an der Öffnung des Borstensackes. Schneidet man eine ausgebildete Borste mit der ihre Austrittsstelle un- mittelbar umgebenden Muskulatur heraus und färbt das ganze Stück, so gelingt es leicht, instruktive Präparate herzustellen. Die jungen Borsten imbibiren sich mit Farbstoff und heben sich in Folge dessen als dunkle Körper von der glänzenden, durch ihre dünne Scheide hindurchschim- mernden alten Borste ab. Verstärkt wird dieser Effekt noch dadurch, dass der die junge Borste umschließende Follikel eine erhebliche Dicke besitzt und sich gleichfalls stark färbt. Aus einem so tingirten Präparate löst man nun die alte Borste durch einen mit der Schere leicht ausführ- baren Längsschnitt los, schneidet von der Leibesmuskulatur möglichst viel weg und breitet dann den Rest der Scheide der alten Borste ent- weder flach aus, so dass die junge Borste in der Mitte erscheint, oder man faltet sie zusammen, so dass man von der jungen Borste eine Profil- ansicht erhält. Was die Lage der Ersatzborste betrifft, so überzeugt man sich zunächst leicht, dass diese stets an derjenigen Seite der Scheide liegt, an welche der Parietalmuskel sich ansetzt, also an der lateralen vordern Seite. Ferner aber befindet sich der die junge Borste um-. schließende Follikel ganz im Innern der bindegewebigen Theile der Scheide. Dieselbe wird durch den Follikel vorgetrieben, wölbt sich aber über dem innern Ende desselben wieder einwärts (Fig. 14). 1 Es bedarf wol nicht der ausdrücklichen Erwähnung, dass diese bei der Zäh- lung der Analborsten nicht berücksichtigt, sondern nur die aus besonderen Öffnungen hervortretenden und mit einer eignen Scheide ausgestatteten Borsten gezählt wor- den sind. he Dt u a an Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 479 Die Seitenwände des Follikels sind bei jungen Borsten, von !/,— 4 mm Länge, aus schmalen hohen Gylinderzellen zusammengesetzt, die etwa auf halber Höhe einen ovalen Kern mit einem scharf hervortretenden, stark lichtbrechenden Kernkörperchen enthalten. Gegen das distale Ende hin werden diese Zellen niedriger, am proximalen Ende dagegen verhalten sie sich anders : das ganze proximale Ende oder die Basis des Borstenfollikels wird eingenommen von einer einzigen Zelle (Fig. 13,14, 45 bb), welche die Gestalt einer plankonvexen Linse besitzt. Über die Ränder dieser Zelle greifen die Zellen der Seitenwände ein wenig hin- aus. ‘Die Basalzelle selbst gehört zu den nächst den Eizellen größten Elementen des thierischen Körpers: ihr Durchmesser gleicht dem der Borste und steigt mit dem Wachsthum dieser bis zu etwa !/, mm; die Dicke beträgt etwa die Hälfte des Durchmessers. In der Mitte befindet sich ein großer, blasiger Kern von 0,049 mm mit einem stark licht- brechenden, in Färbungsflüssigkeiten sich stark imbibirenden Kern- körperchen von 0,006 mm. Diese Basalzelle ist der wichtigste Bestand- theil des ganzen Follikels, denn es lässt sich leicht nachweisen, dass die Bildung der Borste ausschließlich von ihr ausgeht. Schon aus der Gestalt der Borste ergiebt sich, dass diese wenigstens den weitaus größten Theil ihrer Vergrößerung einem Wachsthum an ihrer Basis verdankt; vom Ursprunge des Hakens bis zum proximalen Ende bleibt die Dicke der Borste sich wesentlich gleich; es kann also nicht wol eine Vermehrung ihrer Masse durch peripherische Ablagerung von Chitin auf derselben stattfinden. Aber auch der Haken ist nur ein Produkt der Basalzelle. Man trifft junge -Borsten, die nur aus einem Haken oder nur aus der Spitze eines solchen bestehen: ihre Basis liegt einer großen Zelle an, welche genau den Durchmesser dieser Basis hat; es wächst, mit andern Worten, die Borste in demselben Maße an Dicke, wie die Basalzelle an Durchmesser zunimmt. Nach einer bestimmten Zeit stellt die Zelle ihr Wachsthum ein: von diesem Augenblicke an bleibt auch die Dicke der Borste konstant; es scheidet sich ihr eylindrischer Schaft vom Haken. Die Länge des Schaftes aber hängt ab von der Lebensdauer der Basal- zelle: am Grunde alter Borstenfollikel sucht man vergebens nach der riesigen Zelle; sie ist geschwunden. Inzwischen ist eine neue Borste herangewachsen und in Kurzem bereit, die alte zu ersetzen. Das mit dem Längenwachsthum der Borste einhergehende Längenwachsthum des Follikels kommt Anfangs durch Vermehrung der die Wand desselben zusammensetzenden Cylinderzellen zu Stande, später indessen durch Dehnung dieser Zellen in der Art, dass sie zu flachen und verhältnis- mäßig breiten Zellen werden, wie sie für den Follikel der ausgebildeten Borste oben beschrieben sind. Einen vielleicht noch schlagenderen Be- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 34 480 J. W, Spengel, weis dafür, dass die Follikelzellen sich nicht an der Bildung der Borste betheiligen, liefert aber ihr eignes Verhalten: sie scheiden nämlich an ihrer der Borste zugewandten Fläche eine zusammenhängende, sie von dieser trennende Guticularmembran ab, welche dem Follikel zur Stütze dienen dürfte. Woher aber stammen die Follikel selbst, in denen die Ersatzborsten entstehen? Auch darüber geben Präparate der oben erwähnten Art Auf- schluss. Verfolgt man nämlich das distale Ende des Follikels einer Er- satzborste gegen die Öffnung hin, so gewahrt man, dass es in einen engen Kanal übergeht, der von etwa kubischen Zellen ausgekleidet ist und endlich in das distale Ende des Follikels der alten Borste mündet, oder richtiger gesagt, aus diesem hervorgeht. Auf diesem Kanale (Fig. 14) sitzt eine größere oder kleinere Anzahl von kurzen kolbenförmigen Blind- säckchen (rbf’, rbf”, rbf”"), die kleinsten aus wenigen Zellen gebildet; unter diesen aber zeichnet sich bereits eine im Grunde des Blindsäck- chens gelegene (Fig. 15 bb) durch die Größe ihres Körpers wie ihres Kernes und Kernkörperchens aus, und ohne Schwierigkeit erkennt man im Innern des Blindsäckchens einen winzigen Chitinkegel (rb), die Spitze einer neuen Borste. Nachdem wir somit die Entstehung der Borste in ihrem Follikel, so wie die Herkunft dieses Follikels selbst kennen gelernt haben, bleibt uns noch eine Frage zu beantworten: wie verhält sich bei diesem Borstenersatze die Muskulatur? Wird auch sie neugebildet oder tritt die neue Borste in Beziehung zur alten Muskulatur und in welcher Weise geschieht dies? Entscheidend für die Lösung dieser Frage ist das Ver- halten der jungen Follikel zu den bindegewebigen Theilen der Borsten- scheide. Diese liefern ihrerseits, wie wir oben gesehen haben, den An- satzpunkt für den Bewegungsapparat; die Follikel aber liegen, wie gleichfalls hervorgehoben wurde, im Innern derselben. Ein Querschnitt durch eine Borste und die neben ihr liegende Ersatzborste zeigt uns jede zunächst von einem Follikel umschlossen, die alte von einem plattzelligen, die junge von einem hochzelligen; beide Follikel aber liegen im Innern bindegewebiger Hüllen, eben der in Rede stehenden Scheide, an welche sich die Muskeln ansetzen. Erwägt man ferner, dass von der Basis einer halb ausgebildeten Borste keine Muskelfasern ausgehen, so kann die Beantwortung unserer ersten Frage nicht wohl zweifelhaft sein: die Muskulatur bildet sich beim Borstenwechsel nicht neu, sondern die neue Borste verbindet sich mit den alten Muskeln. Dies geschieht in sehr einfacher Weise. Im Anfange liegt die Spitze der Borste fest, ihre wachsende Basis aber, an welcher die Basalzelle des Follikels be- ständig neue Substanz abscheidet, dringt immer weiter unter der Scheide Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 481 nach innen vor, bis sie den Grund dieser erreicht, also so lang geworden ist, wie der Stiel der alten Borste. Bei ihrem weitern Wachsthum erst tritt die Spitze nach außen hervor, und zwar aus derselben Öffnung wie die alte Borste (Fig. 8). Beide Borsten werden jetzt gleichzeitig von der- selben Muskulatur bewegt: sie stellen eine Doppelhborste dar, wenn ich so sagen darf. Den Vorgang des Ausfallens der alten Borste habe ich natür- lich nicht beobachtet, kann daher auch über denselben und die mit dem- selben verbundenen Veränderungen im Innern der Scheide nicht nach Autopsie berichten. Doch werde ich wol kaum erheblich fehlschließen, wenn ich mir den Vorgang so vorstelle, dass die alte Borste, die nach dem Schwunde der Basalzelle sich in ihrem Follikel gelockert hat, aus der äußern Öffnung herausfällt, ihr Follikel kollabirt und durch die Elastieität der Scheide an den der Ersatzborste angepresst wird, um dann gänzlich zu degeneriren. An der Wirkungsweise der Muskulatur wird damit, dass an die Stelle der Doppelborste wieder eine Einzelborste getreten ist, natürlich nichts Wesentliches geändert: die neue Borste folgt den von den Muskeln ihrer Scheide ertheilten Bewegungen. Bei den Analborsten wiederholen sich die geschilderten Vorgänge in genau der gleichen Weise. Von den älteren Autoren erwähnt nur QuATrEFAGES! der Ersatz- borsten des Echiurus, jedoch in einer im Einzelnen nicht völlig zu- treffenden Weise. Derselbe giebt an, stets neben der alten mindestens eine junge Borste gefunden zu haben, von welcher manchmal nur der Haken gebildet gewesen sei; es gehe daraus hervor, dass der Schaft sich nur hinten entwickle. Als Bildungsstätte aber wird eine »granulöse durchsichtige Masse von drüsenartigem Aussehen « unter der Ansatzstelle der Muskeln, also im Grunde der Scheide bezeichnet. Dieser Beschrei- bung entsprechend stellt die Fig. Ic in Guvier’s Anatomie, illustrirte Ausgabe, Bd. X, Taf. XXIII, beide Borsten aus einer gemeinsamen der- artigen Masse hervorkommend und die Basis beider im Grunde der Scheide liegend dar, während thatsächlich die junge Ersatzborste stets am peripherischen Ende derselben gelagert ist. Lacaze-Duruiers giebt für Bonellia nur an, er habe bisweilen zwei Borsten in einer Borsten- tasche gefunden, von denen wahrscheinlich eine zum Ersatz diene. Ich habe bis jetzt meine Untersuchungen über die Entstehung der Ersatzborsten bei anderen Echiuriden noch nicht weitausdehnen können; doch habe ich mich überzeugt, dass bei Bonellia genau die gleiche Bildungsweise besteht: jede Borste wird von einer einzigen, im Grunde desFollikels liegenden, durch einen großen blasigen Kern und ein 1 QUATREFAGES, a. a. O. p. 317. 34 * 482 J. W. Spengel, großes Kernkörperchen ausgezeichneten Zelle erzeugt; die übrigen Zellen des Follikels betheiligen sich an der Borstenbildung nicht. Weiter aber ist es mir gelungen, den Nachweis zu führen, dass auch die ersten Borsten auf gleiche Weise entstehen: die von SıLensky be- schriebene ! Echiurus-Larve aus dem Mittelmeer ist ein dazu vortreff- lich geeignetes Objekt. Namentlich die großen Bildungszellen der Bauch- borsten sind leicht zu erkennen. Kann es somit kaum zweifelhaft sein, dass wir hier die typische Bildungsweise der Gephyreenborsten kennen gelernt haben, so entsteht nunmehr die Frage, wie weit etwa bei der Entstehung verwandter Ge- bilde wie der Borsten der Anneliden ähnliche Vorgänge sich finden. Unsere Kenntnisse über diesen Punkt sind noch höchst lückenhaft; ich glaube aber um so mehr das Bekannte hier zusammenstellen und mit einigen kritischen Bemerkungen begleiten zu dürfen, als ich damit An- regung zu einer eingehenderen Prüfung dieser Frage zu geben hoffen darf. Indessen will ich mich zunächst darauf beschränken, zu erörtern, ob bei Anneliden auch die Borsten von nur einer Zelle ihres Follikels erzeugt werden, während ich die Beziehungen der Matrix der Ersatzborsten zu derjenigen der alten Borsten beiseit lassen werde. Über die Entstehung der Ersatzborsten der Polychaeten habe ich nur eine, die histologischen Verhältnisse berücksichtigende Angabe in Crararkpe’s nachgelassenem Werke? gefunden. Dieselbe bezieht sich auf die Hakenborsten von Terebella flexuosa. Die hakentragenden Wülste sind nach Crararkoe’s Beschreibung von einer dicken Hypodermis- lage mit zahlreichen eingestreuten Kernen gebildet. Dann sagt er: »La premiere apparition des plaques onciales a lieu sous la forme de petits capuchons coniques, places chacun sur un nucleus qui parait un peu plus grand que ces voisins. Ge capuchon represente la pointe du rostre et parait done secrel& par l’equivalent d’une seule cellule«. Es geht aus diesen Angaben zur Evidenz hervor, dass die Borsten der Terebella ! W. SaLEnskv, »Über die Metamorphose des Echiurus«. — Morphol. Jahrbuch. Bd. II. p. 349. Ich beobachtete diese interessante Larve in großer Menge im Golf von Neapel und behalte mir weilere Mittheilungen über die Organisation und Mela- morphose derselben vor. Ich will hier nur bemerken, dass dieselbe hinsichtlich der Borsten eine völlige Übereinstimmung mit Echiurus zeigt, indem nämlich um den After sich zwei an der Bauchseite unterbrochene Kränze von Borstien anlegen, von denen SALENSKY nur einen gesehen hat. Zu welcher Echiurus-Art aber diese Larve gehört, bleibt zweifelhaft, da aus dem Mittelmeer bis jetzt keine solche be- kannt ist. Die sehr charakteristische grüne Pigmentirung macht ihre Zugehörigkeit zum Ech. Pallasiü sehr unwahrscheinlich. 2 E. CLAPAREDE, Recherches sur la struciure des Anne&lides sedentaires, — M&m. de la Soc. de Phys. et d’Hist. Nat. de Gen&ve, t. XXII. 4873. p. 65. pl. X, Fig. 2. u a nic Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 483 wie die des Echiurus von ihrer Basis aus wachsen !;: das Verhältnis zur Matrix ist dagegen nicht ganz klar, da CrLararkpe keine Zellgrenzen unterscheidet und es fast das Aussehen hat, als ließe er die Borste ein Produkt des Kernes sein. Für die Oligochaeten liegen einige beachtenswerthe Angaben von PERRIER vor?2. Bei Dero und Nais entstehen nach den Beobachtungen des Verfassers im Centrum einer Zelle zwei glänzende, stark licht- brechende Kerne, die Spitzen der gabligen Borste; erst später erscheint der Schaft. »Dans tous les cas, il semble qu’elle se forme aux depens d’une cellule unique.« Anders verhalten sich Lumbricus und Perichaeta. Hier bildet sich ein aus fünf großen Zellen bestehender Follikel, in dessen Innerm die Borste entsteht, oder vielmehr zuerst eine »palette triangulaire«, aus deren Spitze die Borste hervorgeht. Dass aber auch hier von den Follikelzellen nur eine und zwar die den Grund einnehmende sich an der Borstenbildung betheiligt, geht mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Beobachtung hervor, dass »’une des cellules recouvre comme un chaperon la base du triangle et des stries granuleu- ses partant de son noyau se dirigent vers cette base.« In einer späteren Publikation 3 theilt dann derselbe Verfasser mit, die »palette« sei ein Kunstprodukt, hervorgebracht durch die Einwirkung verdünnter Essig- säure auf die frisch gebildete Borstensubstanz. Im Übrigen werden die früheren Angaben auch für Urochaeta bestätigt. Nach diesen Befunden CrarArkpe’s und PerrıEr’s, neben denen noch die von p’Üpekem® an Lumbricus und von Leypıs® an Phreorycies zu erwähnen sind, darf wol eine allgemeinere Verbreitung der bei Echiuriden beobachteten Form der Borstenentwicklung als sehr wahr- scheinlich hingestellt werden. Im Einzelnen bleibt hier allerdings noch Manches festzustellen, zumal da über die Herkunft der. Follikel bei Lumbricus noch die befremdenden Angaben von CLAPArkDE unwider- legt bestehen’. Ferner fehlt es noch gänzlich an Beobachtungen über 1 Dasselbe findet QuATREFAGES für die Borsten anderer Auneliden. Siehe »Histoire naturelle des Anneles marins et d’eau douce«. Paris 1865. t.I. p. 24. Im Ein- zelnen stimmen die Angaben mit den oben über Echiurus angeführten überein. 2 E. PEnrIER, Recherches pour servir a l’histoire des Lombriciens terrestres. — Nouvelles Archives du Museum d’Hist. Nat. de Paris, t. VIII. 4872. p. 450. - 3 E. PERRIER, Etudes sur l’organisation des Lombriciens terrestres. — Archives de Zoologie exper. et gen. t. III. 41874. p. 347. 4 Ebenda, p. 398. 5 D’ÜDEKEM, Memoire sur les Lombriciens. — Mem. de l’Acad. Roy. d. Sc. etc. de Bruxelles 1865, t. XLI. 6 F. Leypic, Über Phreoryctes Menkeanus. — Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. I. 7 E. CrArarkDE, Histologische Untersuchungen über den Regenwurm, — Diese Zeitschr. Bd. XIX. p. 583. Perrier hat zwar cine Publikation über diesen Gegen- 484 J. W, Spengel, das Verhalten der Muskulatur beim Borstenwechsel; es wäre recht wol denkbar, dass in dieser Hinsicht größere Mannigfaltigkeit herrscht. Das Nervensystem. Das Nervensystem des Echiurus bietet manche recht bemerkens- werthe Eigenthümlichkeiten dar. Der centrale Apparat ist nach dem Typus, der durch die Untersuchungen von Lacaze-Durniers bei Bonellia bekannt geworden ist, gebaut. Er besteht aus einem innerhalb der Leibeshöhle auf der Mittellinie der Bauchseite vom Munde bis zum After hinziehenden Bauchmarke («), das sich hinter dem Munde (bei b) in zwei starke Schenkel theilt, die an beiden Seiten der Mundhöhle etwas emporsteigen und in den Kopflappen eintreten, an dessen Seitenrändern sie im Innern der Muskel- schichten bis nahe an den Vorderrand verlaufen, wo sie (bei c) ziemlich kurz gegen die Mittellinie umbiegen und sich vereinigen. Dieser ganze dorsale Abschnitt des centralen Nervensystems stellt einen weiten lang- gezogenen Schlundring (bce) dar, an dem wir die seit- lichen Längsstränge als »Schenkel« (bc), den vor- deren Verbindungsstrang als »Bogen« (cc) unter- scheiden wollen. Zwischen Bogen und Schenkeln existirt natürlich keine scharfe Grenze. Betrachten wir zunächst Bauchmark und Schlundring getrennt. Das Bauchmark (Fig. 47) ist beim erwachsenen Thiere ein fast dreh- runder Strang, der sich aus zelligen und fasrigen Elementen zusanımen- setzt. Die Ersteren nehmen hauptsächlich die seitlichen, etwas dorsalen Theile ein, während die Letzteren die größere innere und ventrale Masse ausmachen. Dabei besteht eine ziemlich streng bilateral-symmetrische Anordnung, namentlich in den Ganglien, die auf Querschnitten (Fig. 47) als zwei annähernd spindelförmige Haufen erscheinen, deren dorsale Spitzen sich der Mittellinie viel stärker nähern als die ventralen. Die einzelnen Ganglienzellen sind von sehr verschiedener Größe. An ge- eigneten Präparaten erkennt man namentlich die größeren als stern- förmige Zellen (Fig. 50) mit mehreren Ausläufern und einem kugligen hellen Kern mit Kernkörperchen. Dagegen ist es mir nicht gelungen, den Übergang solcher Ausläufer in Fasern zu beobachten. Das Verhalten dieser Letzteren ist überhaupt äußerst komplieirt und schwer zu er- == N =: N. J Se ee) IN N = N II III. | Fig. 1. stand angekündigt (Arch. de Zool. t. III. p. 388), dieselbe ist indessen meines Wis- sens nicht erschienen. Auf die gänzlich verworrenen Angaben von Ve»povsky (Mono- graphie der Enchytraeiden. Prag 1879. p. 20 ff.) einzugehen, halte ich an diesem Orte für überflüssig. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 485 mitteln. Sicher sind viele dieser Fasern nicht nervöser Natur, sondern man sieht sie deutlich aus der innersten Schicht der Scheide ins Bauch- mark eindringen; hier aber verwirren sie sich so mit den Nervenfasern, dass ich beide Gebilde nicht aus einander halten konnte. Eben so wenig bin ich mir darüber völlig klar geworden, ob die länglichen kleinen Kerne den bindegewebigen oder den nervösen Fasern angehören. Mir ist das Letztere nicht unwahrscheinlich, da Kerne von gleichen Dimen- sionen sich auch im Verlaufe der peripherischen Nerven in großer Anzahl finden. Die Nervenfasern verlaufen hauptsächlich longitudinal, wie man sehr gut an Längsschnitten durch Theile des Bauchmarks sieht. Sie bilden dabei ziemlich regelmäßige Bündel, die dann auf Querschnitten (Fig. 47) als fein punktirte Felder von verschiedener Ausdehnung erscheinen. Bei jungen Thieren ist die Anordnung der Ganglienzellen minder regelmäßig : dieselben bilden zu den Seiten des Bauchmarkes nicht ein ununterbrochenes gleichmäßiges Band, wie beim erwachsenen Echiu- rus, sondern sind an einigen Stellen in größerer Menge angehäuft, während sie auf kurzen Strecken fast völlig fehlen. Das Bauchmark erhält dadurch ein Aussehen, das an dasjenige eines gegliederten Anneliden- “markes erinnert. Nur ist die Gliederung eben keine regelmäßige und vor Allem entsprechen die beiden seitlichen Hälften einander nicht. Dieser Zustand repräsentirt eine Zwischenstufe zwischen dem aus sehr vielen und sehr regelmäßigen Zellenhäufchen zusammengesetzten Bauch- mark der Echiurus-Larve des Mittelmeeres und dem mit ununterbrochenen Ganglienbändern versehenen Bauchmark des erwachsenen Echiurus Pal- lası!. Ganglienknoten im Bauchmark, wie sie QUATREFAGES und neuer- dings Craus ! angeben, bestehen beim erwachsenen Thiere nie. Dass indessen die bilaterale Symmetrie trotz dieser geringen Ab- weichungen ein wesentlicher Charakter des Bauchmarks des Echiurus ist, beweist unzweifelhaft das Verhalten der peripherischen Nerven. Diese verlassen das Bauchmark an den seitlichen Theilen der ventra- len Fläche, und dabei entspricht ausnahmslos jedem Nerven der einen Seite einer der andern, wenn auch die Austrittsstellen manchmal einander nicht gerade gegenüber liegen (Fig. 17). Mit dieser Anordnung steht ein höchst merkwürdiges Verhalten der Nerven in Zusammenhang, das bis- her nur von Sipunculus durch Kererstein und Enrers? bekannt war. Jeder I Craus, Grundzüge der Zoologie. 4. Aufl. p. 455. »Am Schlundring und Bauch- strang sind die Ganglienzellen knotenförmig angehäuft.« Sollte hier ein »nicht « ver- gessen sein, oder sollte Verf. Beobachtungen an der mediterranen Echiurus-Larve auf die erwachsenen Thiere übertragen haben ? 2 KEFERSTEIN und EuLers, » Zoologische Beiträge«. p. 47. »Die entsprechenden, je von der rechten und linken Seite des Bauchstranges ausgehenden Äste vereinigen sich zu einem Nervenringe.« 456 J. W. Spengel, Nerv verläuft eine kurze Strecke durch die Leibeshöhle, tritt dann fast senkrecht durch die innerste und mittlere Muskelschicht und verläuft dar- auf parallel den Ringmuskelfasern zwischen diesen und der Längsmuskel- schicht gegen den Rücken zu, um sich dort mit dem Nerven, der seinem Ursprunge gegenüber aus dem Bauchmark ausgetreten ist und einen ent- sprechenden Verlauf genommen hat, zum Ringe zu vereinigen, so dass die peripherischen Nerven eine große Anzahl einander paralleler, zur Längsachse des Körpers wiezum Bauchmarke senkrechter Ringe darstellen. Diese Beobachtung ist bei Echturus weniger leicht zu machen als bei Sipunculus, für den ich die Angaben von Kererstein und Enzers vollstän- dig bestätigen kann; doch überzeugt man sich auch dort mit Sicherheit davon, indem man von einem nicht allzugroßen Exemplare, das man mit Essigsäure oder einem andern Mittel getödtet hat, einen Ring aus dem Hautmuskelschlauch herausschneidet, diesen nahe am Bauchmark spaltet, um ihn ausbreiten zu können, und dann die schrägen und die longitudinalen Muskeln abzieht. Meistens bleiben dann die Nerven an der Ringmuskelschicht hängen und können an dieser dann nach der nöthigen Aufhellung über den ganzen Umfang verfolgt werden. An solehen Präparaten gewahrt man ferner Folgendes: Die peripherischen Nerven sind nicht alle von gleicher Stärke, sondern es wechseln mehrere dünnere mit einem diekeren ab. Jeder aber nimmt seinen Verlauf unter einer der Papillenreihen der Haut und zwar so, dass unter den größeren Papillen ein starker, unter den kleineren ein schwächerer Nerv liegt. Wir haben schon oben bei der Besprechung der Struktur der Haut ge- sehen, dass an diese Papillen starke Nervenäste herantreten. Diese zweigen sich aus den Nervenringen (Fig. 49) ab und durchbrechen fast senkrecht die Ripgmuskelschicht, um in die Gutis einzutreten. Die peripherischen Nerven sind Bündel feiner Fibrillen, an denen keine weitere Struktur wahrzunehmen ist. Zwischen den Fibrillen liegen viele längliche Kerne. Eine bindegewebige Scheide scheint nicht vorhanden zu sein. Ob die zwei starken Faserstränge, in welche das Bauchmark am Hinterende der Leibeshöhle ausläuft, und welche von beiden Seiten den Darm umgreifen, das hinterste Paar von peripherischen Nerven darstellen, oder ob sie zum Bauchmarke selbst zu rechnen sind, vermag ich nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden. Es ist mir nicht gelungen, sie bis an ihr Ende zu verfolgen. Das Bauchmark enthält außer den Ganglienzellen, Nervenfasern und Bindegewebselementen ein Gebilde problematischer Natur, nämlich einen Längskanal, der dicht unter der dorsalen Mittellinie verläuft. Er erscheint auf Quer- (Fig. 47) und Längsschnitten als ein scharf be- 4 es u Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 487 grenzter Hohlraum (nc), der umschlossen wird von dorsoventral ziehen- den Bindegewebs-Fasern. Hier und da trifft man in der Nähe seiner Wand einen Kern oder eine Zelle, ohne dass ich mich indessen je zu überzeugen vermocht hätte, dass der Kanal thatsächlich von Zellen aus- gekleidet wäre. Der Hohlraum ist zum größern Theile von einem mit Farbstoffen sich schwach imbibirenden Gerinnsel erfüllt. Es liegt gewiss nahe, diesen Kanal jenen eben so problematischen Gebilden zu vergleichen, die man im Bauchmarke der Anneliden findet und unter dem Namen der »riesigen Nervenfasern « (Leypic), » Röhren- fasern« (Crarartoe), »Neuralkanäle« (M’Intosn) etc. kennt. Doch be- sitzen die eigentlich mit diesen Ausdrücken bezeichneten Kanäle oder Fasern eine mehr oder minder dicke Hülle. Nur bei Terebelliden be- schreibt CLarar&pe »deux cordons d’une substance homogene incolore, qui rappelle entierement la substance me&dullaire des grosses fibres tubu- laires chez les Sabellides« und vermuthet in diesen das Homologon der »Röhrenfasern«. Nach der Beschreibung, welche diesen Strängen des Terebelliden-Marks jegliche Hülle abspricht, wie nach den Ab- bildungen (pl. X, Fig. 4 d und pl. XI, Fig. 9 ö) besteht zwischen diesen und dem Kanale des Echiurus-Marks große Ähnlichkeit, abgesehen davon, dass dieser unpaar ist, während jene paarig sind, worauf indessen nicht allzuviel Gewicht zu legen sein dürfte. Ich glaube, einstweilen die Homologie dieser beiden Gebilde annehmen zu dürfen , und bezeichne sie mit dem Namen » Neuralkanäle«. Wie der Neuralkanal des ‘Echiurus hinten endigt, habe ich nicht beobachtet; in Schnitten durch das Hinterende des Bauchmarks ver- misse ich ihn. Vorn theilt er sich mit dem Bauchmarke und tritt in den Schlundring ein, wo wir ihn sogleich weiter verfolgen werden. Doch vorher noch Einiges über die Hüllen des Bauchmarks und deren Be- festigung an der Leibeswand. In der Hülle kann man drei Schichten unterscheiden, eine innere bindegewebige Membran (Fig. 47 is) mit eingestreuten länglichen Kernen, von welcher die ins Innere des Bauchmarks eindringenden Fasern aus- gehen, eine äußere peritoneale Schicht (pr) und eine zwischen diesen beiden liegende Muskelschicht (Im), welche sich ausschließlich aus Längs- fasern zusammensetzt. Wie auch in anderen Organen verlaufen die ein- zelnen Fasern nicht überall parallel, sondern kreuzen sich gelegentlich, ohne indessen erheblich von ihrer Richtung abzuweichen. Diese Muskel- schicht ist regelmäßig auf der dorsalen Fläche verdickt und stellt hier auf Querschnitten (Fig. 47) eine dreieckige bis spindelförmige Masse dar. Die Befestigung des Bauchmarks an der Leibeswand geschieht einerseits durch die peripherischen Nerven, andererseits durch die 488 J. W, Spengel, äußere, peritoneale Hülle, welche sich nicht nur als eine zarte Hülle auf die Nerven fortsetzt, um an der Stelle, wo diese in die Muskelschichten eindringen, in das parietale Peritoneum überzugehen,, sondern außer- dem ein schmales Mesenterium (ms) bildet, das von der ventralen Fläche des Bauchmarks zur Leibeswand hinübertritt. Ehe das Bauchmark sich in die beiden Schlundringschenkel theilt, verändert es seine Lage gegenüber den Muskelschichten. Während es im srößern Theile des Körpers ganz innerhalb der Leibeshöhle liegt, durch- bricht es vorn, bald nachdem es den Schlitz des Diaphragmas passirt hat, die innerste Muskellage und dringt endlich in die Längsmuskel- schicht ein, in welcher der ganze Schlundring seine Lage beibehält. Die Schenkel desselben nehmen das Gebiet nahe den Rändern des Kopf- lappens ein, in welchem die Enden der dorsalen und der ventralen Quer- muskeln des Letzteren sich mit einander und mit den Längsmuskeln verflechten (Fig. 43 nm), der Bogen aber liegt zwischen den vorderen Enden der Längsmuskeln (Fig. k4 n). Dem feineren Baue nach stellt sich jeder Schlundringschenkel in gewissen Beziehungen als eine Hälfte des Bauchmarks dar, obwohl auch sein Durchschnitt fast kreisrund ist; die Größe desselben aber beträgt nur etwa die Hälfte von demjenigen des Bauchmarks. Vor Allem enthält er (Fig. 48) nur ein Ganglienband, welches fast den ganzen dorsalen Um- fang der Fasermasse einnimmt, besonders jedoch an der medialen Seite stark entwickelt ist. Auch liegen einige Ganglienzellen an der ventra- len Seite. Bindegewebige Fasern sind wol etwas schwächer als im Bauchmarke entwickelt. Dagegen besitzt, wie bereits erwähnt, jeder Schlundringschenkel einen Neuralkanal (nc), der ganz so gebildet ist wie derjenige des Bauchmarks. Einmal habe ich in einigen Schnitten statt eines Kanales deren zwei dicht neben einander gefunden (Fig. 49). Das Vorderende dieser Kanäle ist mir eben so wie das Hinterende entgangen : im Schlundringbogen fand ich nie einen Kanal. Wie vom Bauchmarke so entspringen vom Schlundringe und nament- lich von den als Schenkeln bezeichneten Abschnitten desselben zahl- reiche peripherische Nerven, unter denen sich eine Reihe lateraler Nerven (Fig. 48 nl), welche sich in den Seitenrändern des Kopflappens verbreiten, durch ihre Stärke auszeichnen. Ferner gehen von der dor- salen und von der medialen Fläche der Schenkel etwas feinere Nerven ab, welche unter der dorsalen, beziehungsweise ventralen Fläche des Kopflappens hinzieben. Die dorsalen Nerven bilden wenigstens theil- weise Querkommissuren zwischen den Schenkeln; ich habe an einem gelungenen Querschnitte durch den Kopflappen einen solchen Nerven von einem Schenkel bis in den der andern Seite hinein verfolgen können. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 489 Von ihnen treten viele feine Äste ab, welche die Haut der dorsalen Kopf- lappenfläche mit ihren Drüsen versorgen. Die Struktur dieser Nerven ist die gleiche wie diejenige der Rumpfnerven; nur die lateralen Nerven (Fig. 48 nl) zeichnen sich dadurch aus, dass vom Schlundringe aus viele Ganglienzellen auf sie übertreten. Wir werden wol in ihnen die wichtig- sten Tastnerven zu sehen haben, da der Kopflappen und zwar nament- lich die Seitenränder desselben ganz augenscheinlich als Tastorgan dienen; doch habe ich auch hier epitheliale Endapparate nicht mit Sicherheit er- kennen können. Die ersten Entdecker des Nervensystems des Echiurus waren Forses und Goopsır. Sie beschreiben einen längs der untern Seite des Thieres bis zum Körperende verlaufenden Nervenstrang, der mit einem den vordern Theil des Pharynx umgebenden Ringe zusammenhängt. Der Strang giebt zahlreiche unsymmetrische Seitenäste ab, die bald in der Muskulatur der Leibeswand verschwinden; er besitzt keine Ganglienan- schwellungen und legt sich bei Kontraktion des Körpers in kurze Win- dungen. Er besitzt eine Scheide, in der die Nervensubstanz in sehr weichem Zustande enthalten ist. Dieser im Wesentlichen zutreffenden Schilderung, welche nur über den Schlundring irrige Angaben enthält, steht eine Beschreibung von QuATREFAGES gegenüber, welche nicht nur gleichfalls die Existenz eines Oberschlundganglions mit engem Schlund- ringe behauptet, sondern auch dasBauchmark in wichtigen Punkten falsch darstellt. Dasselbe soll nur scheinbar in der ganzen Länge gleich dick sein ; dieses Aussehen ist herbeigeführt durch eine Art von dura mater, welche eine wahre »Ganglienkette« umschließt. Von jedem Ganglion sollen etwa drei Nerven jederseits entspringen, von einem wahrscheinlich durch Verschmelzung zweier entstandenen großen Ganglion in der Nähe der Bauchborsten aber jederseits fünf bis sechs. Dagegen hat Quarke- FAGES in dieser Ganglienkette nur ein Faserbündel erkennen können und keine Trennungslinie zwischen den seitlichen Hälften. Eine dicke, resistente, weiße Hülle bedeckt den ganzen Apparat und setzt sich auf jeden Nervenfaden fort. Den wahren Typus des Echiuriden-Nerven- systems hat uns die auch in diesem Punkte mustergültige Abhandlung über die Bonellia von Lacaze-Duruiers kennen gelehrt. Der aller Ganglienanschwellungen entbehrende Bauchstrang theilt sich hinter dem Munde in zwei Äste, welche einen ungemein weiten, die Ränder des » Rüssels« begleitenden Schlundring ohne Oberschlundganglion bilden. Von diesem Schlundringe gehen zum Vorderrande der » Hörner« zahl- ‘ reiche feine Fäden ab, während im übrigen Verlaufe solche nicht zu konstatiren waren. Aus dem Bauchstrange entspringen nach beiden Seiten zahlreiche einander parallele Nerven zur Haut und am Hinter- 490 J. W. Spengel, ende zwei den Darm umgebende Äste. Auch Nerven, welche den » Uterus « und den Vorderdarm versorgen, wurden von LAcAze-Dutuiers gesehen. Höchst wunderlich war die Beschreibung, die Greerr (1872) zuerst vom Nervensystem des Echiurus gegeben hat. Er fand einen frei in einer weiten cylindrischen, mit Blut erfüllten Höhlung liegenden weißen Strang. »In dem nach innen gerichteten Segment dieser Höhlung ist ein zellenhaltiges Band quer ausgespannt, mit der äußeren Fläche den Strang berührend, zu beiden Seiten in die Wandung der Höhlung übergehend. Durch den Strang geht nahe der nach innen gerichteten Oberfläche ein feiner Längskanal.« »Der weiße Strang scheint ebenfalls wie das aufliegende Zellenband zum Nervensystem zu gehören, d.h. Nervensubstanz zu sein.« Für diese Schilderung weiß ich nur eine Deutung: das innere Segment der Höhlung ist das ventrale Blutgefäß, das querausgespannte Band das Längsmuskelband der Scheide des Bauchmarks und der weiße Strang das Bauchmark selbst. Ohne diese Irrthümer ausdrücklich zurückzunehmen giebt Grerrr dann 187% eine neue, richtige Darstellung. Der einfache eylindrische Bauchstrang ohne Ganglienanschwellungen theilt sich gleich nach seinem Eintritt in den »löffelförmigen Anhang« in zwei Schenkel, die beiderseits am Randsaum des Rüssels nach vorn verlaufen und sich hier in einem Bogen vereinigen. Auch jetzt wird ein den Bauchstrang umschließendes, durch ein zellen- haltiges Band in zwei Segmente getheiltes Gefäß beschrieben; das innere Segment ist Bauchgefäß, das äußere ein »besonderer Abschnitt der Leibeshöhle«. Über die Bedeutung des »zellenhaltigen Bandes« erhalten wir keine Aufklärung. Wir kommen auf dieses Nervengefäß bei Be- sprechung der Kreislaufsorgane noch einmal zurück. Außerdem aber enthält dieser Aufsatz von GrEEFF die erste Beschreibung eines » durch die ganze Länge des Nervenstranges verlaufenden und auch in die Nervenschenkel des Rüssels eintretenden Gentralkanals. Derselbe tritt als deutliches Lumen in dem nach innen gerichteten Segmente her- vor«. Ich habe mich schon oben über die Deutung dieses Kanales aus- gesprochen. Die Bezeichnung »Centralkanal« erscheint in Anbetracht der im höchsten Grade excentrischen Lage dicht unter der dorsalen Fläche des Bauchmarks jedenfalls als unpassend, wenn man nicht etwa eine Homologie desselben mit dem gleichnamigen Theile des Wirbelthier- Rückenmarks annehmen will; dazu aber scheint mir bis jetzt kein Grund vorzuliegen. Zwar soll nach Harscaer ! bei Lumbricus, Crio- drilus und Polygordius das Bauchmark durch eine Einstülpung des 1 B. HatscHek, »Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und Morphologie der Anneliden«. — Wiener Sitzungsber. Bd. 74. Abth. I. 1876. — »Studien über Ent- wicklungsgeschichte der Anneliden.« — Arb. d. Zool. Inst. Wien. Bd. I. Heft 3. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen, 491 verdickten Ektoderms entstehen und ein Rest der Einstülpungsrinne sich wie bei Wirbeithieren in Gestalt eines » Gentralkanales « erhalten, dessen Existenz auch Vespovsky! bei Tomopteris behauptet; doch scheint mir die Beweisführung in keinem dieser Fälle zu genügen, zumal da Kowaevsky ? und KLEinenBerG? die Entwicklung des Nervensystems bei Lumbricus ganz anders darstellen. Namentlich aber muss ich nach meinen eigenen Beobachtungen über die Entstehung des Bauchmarks bei der Sırensky’schen Echiurus-Larve des Mittelmeeres durchaus be- zweifeln, dass dem Kanale im Bauchmarke des Echiurus eine der- artige Bedeutung zukomme. Auch scheint mir die Fortsetzung dieses Kanales in den Schlundring gegen diese Auffassung zu sprechen. Ich muss einstweilen an der oben ausgeführten Vergleichung und Bezeich- nung festhalten. Über den feinern Bau des Bauchstranges theilt GrEEFF ferner mit, derselbe sei zusammengesetzt aus einer vorwiegend Zellen enthaltenden äußern und einer in regelmäßigen Zügen verlaufenden innern Faser-Schicht, die aber auch wieder mit Zellen durchsetzt ist. Dass den Strang eine dicke muskulöse Scheide umschließe, hatte schon Levpıg * nach den Angaben von QuATREFAGES vermuthet. Der Darmkanal. Der Darmkanal des Echiurus ist, obwol er außer den Anal- schläuchen keinerlei Anhänge besitzt, von ungewöhnlich komplieirter Gliederung und bietet in mehrfacher Hinsicht interessante Eigenthüm- lichkeiten dar. Seine beiden Öffnungen sind wie bei allen Echiuriden endständig. Die Mundöffnung befindet sich an ‘der Wurzel des Kopf- lappens, dessen Seitenränder sich ventral von ihr vereinigen und so einen kurzen Trichter, die Mundhöhle, bilden. An den durch einen Sphinkter verschließbaren Mund reiht sich ein ziemlich weiter Kanal, den wir wol am besten als Pharynx bezeichnen. Derselbe wird in seinem vordersten Theile durch zahlreiche radiär von ihm ausgehende muskulöse Frenula an der Leibeswand befestigt. Etwas weiter nach hinten aber verschwinden diese und statt ihrer findet sich ein dünnes zweiblättriges Mesenterium, dessen Blätter zu beiden Seiten vom Bauch- marke entspringen. Da die parietale Wurzel dieses Mesenteriums viel kürzer ist als der Pharynx, so verbreitert sich dasselbe gegen den Darm 1 F. VEIDovsky, » Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden«. — Diese Zeitschr. Bd. XXXI. p. 81. 2 A. KowaLevskv, »Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden«. — M&m. Acad. St. Petersbourg. t. 46. Nr. 12. 3 N. KLEINENBERG, »Sullo sviluppo del Lumbrieus trapezoides«. — Napoli 4878. * F. Levpis, »Vom Bau des thierischen Körpers«. Bd. I. p. 477. 492 IW. Spengel, hin fächerartig und lässt diesem eine ziemliche Beweglichkeit. Derselbe bildet, abgesehen von einigen kleineren Windungen, eine weite Schlinge, welche durch die centrale Öffnung eines dissepimentartigen Diaphragmas nach hinten hindurchtritt.. Dieses Diaphragma (Fig. 3) ist eine dünne, durchsichtige, von feinen Muskelfäden durchzogene Membran, die sich vor den Bauchborsten senkrecht durch die Leibeshöhle ausspannt und nur durchbrochen ist von einem etwa ihr Centrum einnehmenden Loche (r, Rand desselben), das sich in einen bis auf die ventrale Leibeswand hinabreichenden senkrechten Schlitz fortsetzt. Der linke Rand (sch’) des Schlitzes liefert die ventrale Begrenzung des Loches, indem er sich nach rechts verlängert, um sich an das Hinterende des Pharynx (ph) anzusetzen. Der rechte Rand (sch) dagegen verlängert sich nach links und tritt dabei vor den linken, so dass eine Kreuzung der beiden Ränder stattfindet. Von vorn her aber stehen mit den Rändern die beiden Blätter des Pha- rynx-Mesenteriums in solcher Verbindung, dass die seitlichen Hälften des Diaphragmas als Fortsetzungen dieses Mesenteriums erscheinen. Da- durch aber, dass die Pharynxschlinge sammt dem sie haltenden fächer- förmigen Mesenterium durch die Öffnung des Diaphragmas nach hinten tritt, wird das topographische Verhalten äußerst komplieirt und schwer verständlich. Die Schwierigkeit des Verständnisses wird endlich noch da- durch erhöht, dass die Schlinge (ph’) zum Diaphragma zurücktritt und sich hier einerseits mit dem rechten Rande der Öffnung desselben, andrerseits mit der oben erwähnten Verlängerung des linken Schlitzrandes auf die rechte Seite verbindet. Eine weitere Verbindung zwischen dem Pharynx und den Rändern des Diaphragmaloches besteht nicht, und nach dem anatomischen Verhalten kann recht wohl die hintere Schlinge ganz in den vor dem Diaphragma liegenden Raum eintreten, obwohl ich dies niemals beobachtet habe. Ich betone diese Möglichkeit, weil von älteren Autoren mehrfach eine Hervorstülpung eines rüsselartigen Schlauches aus der Mundöffnung beschrieben ist. An lebenden Echiuren habe ich diese nie beobachtet, und auch bei den zahlreichen Exemplaren, die ich auf verschiedene Weise getödtet und konservirt habe, ist dieser Fall nie ein- getreten. Dagegen ist bei einem Echiurus, den ich der Güte des Herrn M’Intos# verdanke, ein mehrere Millimeter langer Abschnitt des Pharynx hervorgestülpt. Ich habe das Verhalten dieses Mesenteriums so eingehend beschrie- ben, weil mich die Bildung des Diaphragmas aufs lebhafteste an die Dissepimente der Anneliden erinnert hat und mir jede Andeutung von einer Segmentirung bei den Echiuriden der Beachtung im höchsten Maße werth scheint. leh werde es natürlich nicht unternehmen, schon jetzt die Bedeutung des Befundes zu diskutiren; ich wünsche nur die ER Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 493 Ausführlichkeit der Schilderung durch diesen Hinweis zu rechtfertigen. Über eine funktionelle Bedeutung dieses Diaphragmas finden sich in dem über die Borsten handelnden Abschnitte einige Bemerkungen. Am Diaphragma endigt der Pharynx und auf ihn folgt ein bedeu- tend engerer und sehr dickwandiger Kanal von etwa 3 cm Länge. Dieser Ösophagus (Fig. 3, 6 oe, Fig. 26 oe) erscheint durch ringförmige Ver- diekungen der Muscularis wie gegliedert. Ihm reiht sich ein sehr kurzer, kaum über !/, cm langer, aber wie- der etwas weiterer Abschnitt an, den ich in Ermangelung eines bessern Namens als Kropf (Fig. 6 kr, Fig. 26 kr) bezeichnen will. Man sieht durch seine dünne Wandung hindurch in unregelmäßigen Längsreihen angeordnete Epithelzotten, und er zeigt daher dem unbewaffneten Auge eine leichte Längsstreifung. Während der Anfangstheil des Ösophagus jeglichen Mesenteriums entbehrt, tritt unter dem Diaphragma hindurch (Fig. 3 vd, Fig. 6 vd, Fig. 26 vd), etwa auf der Grenze zwischen vorderm und mittlerm Drittel der Länge das dorsale Gefäß an denselben nahe heran und verbindet sich mit ihm durch ein schmales dorsaies Mesenterium, während das Gefäß andererseits durch einige muskulöse Frenula mit der Leibeswand zusammenhängt. Unter beständiger Verschmälerung des Mesenteriums verläuft das Gefäß bis an das Hinterende des Kropfes. Der mehrere Fuß lange übrige Darm lässt sich noch in drei Ab- schnitte zerlegen, zwischen denen indessen nach der Struktur der Wandung eine nähere Beziehung besteht als zwischen den vorderen Theilen. An den Kropf reiht sich zunächst ein Kanal von sehr unbe- stimmter Länge, welcher Zwischendarm (Fig. 26 z) heißen mag. An ihm treten zwei Gebilde auf, die sich auch durch die beiden folgen- den Abschnitte hindurch verfolgen lassen, nämlich eine von zwei Epithelleisten eingefasste innere Wimperrinne und ein äußerlich über dieser verlaufendes dickes und schmales Längsmuskelband (Fig. 26 Im). Beide liegen an der ventralen Seite des Darmes. Hinter dem Zwischendarm theilt sich der Darm in zwei Kanäle von sehr ungleichem Durchmesser, die aber in ihrer ganzen Länge einander eng anliegen. Der Durchmesser des weiteren Kanales ist kaum anzu- geben, da er nach dem Füllungszustande innerhalb sehr weiter Grenzen schwankt; als Durchschnittsmaß beim lebenden Thiere können etwa 4 mm gelten. Der andere Kanal (Fig. 27, 28 und 29 nb) dagegen misst 1/a bis höchstens 4 mm; er ist kein Blindsack, wie man vermuthen könnte, sondern vereinigt sich hinten wieder mit dem weiteren Kanale (Fig. 27, Fig. 29 a und b), verhält sich also ganz so, wie das von Lupwig mit dem Namen »Nebendarm« belegte Organ der Echiniden und der 494 J. W, Spengel, von Eısıg ! entdeckte »Nebendarm « der Capitelliden. Da der letztgenannte Autor die Bedeutung dieses merkwürdigen und in physiologischer Hin- sicht zunächst durchaus räthselhaften Gebildes eingehend nach verschie- denen Richtungen diskutirt hat, so beschränke ich mich hier auf eine bloße Darlegung des anatomischen Verhaltens. Vor Allem ist auf die topographischen Beziehungen zu achten, die an dem in Rede stehenden »Mitteldarme« nicht ohne Weiteres zu ermitteln sind, da bei den zahl- reichen Windungen, in welche derselbe gelegt ist, kein direkter Anhalt zur Unterscheidung der ventralen und dorsalen Seite gegeben ist. Diesen bietet in willkommener Weise die Lage der Wimperrinne und des Längs- muskelbandes. Beide nämlich sind auch im Mitteldarme vorhanden und bilden eine ununterbrochene Fortsetzung derjenigen des Zwischen- darmes; ferner aber gehen sie auch in den letzten Darmabschnitt über bis kurz vor den After. Am Vorder- wie am Hinterende nun kann über ihre Lage kein Zweifel bestehen: sie nehmen die ventrale Mittellinie des Darmrohres ein. Unter der Mitte der Wimperrinne (Fig. 28 und 29 wr) aber verbinden sich in der ganzen Länge Haupt- und Nebendarm, so dass also auch der Letztere an der ventralen Seite des Ersteren liegt. Das Muskelband (Fig. 28 Im) hat den Hauptdarm, verlassen und verläuft an der ventralen Seite des Nebendarmes in einer Anordnung, auf die wir specieller zurückkommen. Die Einmündung des hintern Endes des Nebendarmes (Fig. 28 und 29 a und b) bezeichnet die Grenze zwischen dem Mitteldarme und dem Hinterdarme. Das Längsmuskelband geht wieder auf den, nun allein fortbestehenden Hauptdarm über, und so gleicht der Hinterdarm wieder ganz dem Zwischendarme. Die drei letzten Darmabschnitte gleichen einander auch hinsichtlich ihrer Befestigung an der Leibeswand, die bei ihnen ausschließlich durch zarte muskulöse Frenula geschieht, welche von der dorsalen Mittellinie des Darmes entspringen und sich an die verschiedensten Stellen des Hautmuskelschlauchs ansetzen. Nur unmittelbar vor dem After ändert sich dies Verhalten und zwar in ganz entsprechender Weise wie am Anfange des Pharynx, indem die Frenula sich radiär um den Darm grup- piren und von allen Seiten desselben entspringen. Dieser letzte, wenig über 4 mm lange Abschnitt unterscheidet sich aber auch in seiner Struk- tur so erheblich vom übrigen Darme und gleicht so sehr der äußeren Haut, mit der er namentlich den Besitz von zahlreichen Drüsen gemein hat, dass er vielleicht der Letzteren zuzuzählen und als eine eingezogene Hautpartie aufzufassen ist. Auf der Grenze dieses Afterdarmes gegen 1 HM. Eısıc, Der Nebendarm der Capitelliden und seine Homologa. — Zool. An- zeiger...Jahrg. I, Nr. 7. p. 148. a a Br PN Wi: Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 495 den Hinterdarm münden die Analschläuche ein, doch darüber weiter unten. Der Verlauf dieser Darmtheile mit ihrer ungeheuren Länge, die bei großen Individuen im Leben wol selten erheblich unter einem Meter bleiben dürfte !, während sie allerdings bei konservirten Thieren in Folge der Kontraktion des Längsmuskelbandes häufig bedeutend reducirt wird, ist trotz der zahllosen Windungen nicht ganz regellos. Die charakte- ristische Anordnung des Pharynx wurde bereits oben beschrieben. Den Ösophagus sammt Kropf hält das dorsale Gefäß im Vorderkörper. Zwischendarm und Mitteldarm machen verschiedene Schlingen mit vielen sekundären Windungen im mittleren und hinteren Theile der Leibeshöhle, der Hinterdarm aber zieht mit großer Regelmäßigkeit von seinem hinten gelegenen Vorderende aus weit nach vorn, tritt etwa auf der Grenze zwischen vorderem und mittlerem Körperdrittel nahe an das Bauchmark heran, wendet sich hier wieder nach hinten und ver- läuft ziemlich direkt bis zum After. Zur weiteren Begründung der zunächst vorwiegend mit Rücksicht auf äußere Gestaltungsunterschiede vorgenommenen Zerlegung des Darm- kanales in mehrere Abschnitte bedarf es einer eingehenden Darstellung ‚des Baues seiner Wandung in den verschiedenen Regionen vom Munde bis zum After. Der Pharynx ist von einem Epithel ausgekleidet, das ganz allmäh- lich in das mit dem Epithel der ventralen Kopflappenfläche identische Epithel des Mundtrichters übergeht. Nach hinten werden die Zellen höher und nehmen in Folge des Auftretens eines zweiten Elementes eine eigenthümliche Gestalt an. Ihre basale Hälfte nämlich ist fadenförmig, während die terminale dicker bleibt und den länglichen 0,008—0,012 mm langen und etwa 0,006 mm breiten Kern enthält und an ihrer freien Fläche Wimperhaare trägt, über deren Beschaffenheit ich versäumt habe, am frischen Objekt Beobachtungen anzustellen. Zwischen den faden- förmigen Basalabschnitten liegen helle ovoide Zellen mit je einem runden Kern von 0,006 mm Durchmesser. Sie besitzen kaum die halbe Höhe wie die 0,08 mm hohen eigentlichen Epithelzellen, im Gegensatz zu denen sie als Basalzellen bezeichnet werden mögen. Nach außen vom Epithel findet sich eine nach hinten an Dicke zunehmende Muscu- laris, die sich aus einer innern Schicht von Ringfasern und einer äußern Schicht von Längsfasern zusammensetzt. Die Ringmuskelschicht zeigt von Stelle zu Stelle geringe quere Verdickungen und diesen entsprechend erscheint auch das Epithel gefaltet. 1 Ich maß am frischen Objekte die Länge des Pharynx, Ösophagus und Kropfes zu A0 cm, die des übrigen Darmes zu 426 cm bei mäßiger Kontraktion. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 33 496 'J. W. Spengel, Am Ende des Pharynx werden diese ringförmigen Verdickungen der innern Muskelschicht fast unvermittelt viel mächtiger und veran- lassen nun das bereits oben hervorgehobene geringelte Aussehen so wie die außerordentliche Festigkeit der Ösophagus-Wandung. Die Epithel- zellen sind dagegen sehr viel niedriger geworden (0,02 mm) mit Kernen von gleicher Größe wie im Pharynxepithel. Sie tragen an ihrer freien Fläche einen dünnen Cuticularsaum und kurze (0,004 mm) aber unge- mein dicht stehende und dicke Cilien. Die auch hier nicht fehlenden Basalzellen sind nur spärlich vorhanden, besitzen aber etwas größere (0,008 mm) Kerne. Die Längsmuskulatur ist von gleicher Stärke wie am Pharynx, tritt aber gegen die Ringmuskeln sehr zurück. Der nächste Darmabschnitt, der Kropf, zeichnet sich in erster Linie durch die Anordnung seines Epithels aus. Dieses bildet breite, kurze Querwülste oder Zotten, welche in nicht ganz regelmäßigen Längsreihen angeordnet sind, die dicht hinter einander stehend das dem unbewaffne- ten Auge erscheinende längsstreifige Aussehen des Kropfes veranlassen. Die zottenartige Erhebung kommt theils auf Rechnung der Höhe der Epithelzellen, indem nämlich sehr hohe Zellen den Gipfel der Zotte, all- mählich niedriger werdende den Abhang und ganz niedrige das Thal zwischen je zwei Zotten einnehmen, theils wird sie bedingt durch Binde- gewebe, welches dem Epithel zur Stütze dient. Die Höhe der Zotten wird aber wol noch verstärkt durch Bildung niedriger Ringfalten in der äußerst dünnen Ringmuskulatur in Folge der Kontraktion der verhältnis- mäßig starken Längsmuskeln. Zwischen den Basen der Epithelzellen sind wieder zahlreiche Basalzellen in unregelmäßiger Anordnung zer- streut. Von nun ab wird die Lagerung der Muskelschichten die umgekehrte: die Längsfasern liegen unmittelbar unter dem Epithel, die Ringfasern nach außen von ihnen; über diesen aber liegt das bereits erwähnte Längsmuskelband. Es ist mir leider nicht möglich gewesen, über die Art und Weise, wie dieser auffallende Lagerungswechsel zu Stande kommt, völlige Klarheit zu erlangen; es scheint mir, dass die inneren Längsfasern eine den hinteren Darmabschnitten eigenthümliche Bildung darstellen, während das Längsmuskelband ein Rest der äußern Längs- muskelschicht der drei vordern Darmabschnitte ist. Doch glaubte ich an anderen Präparaten — Längsschnitten durch das Grenzgebiet von Kropf und Zwischendarm — zu sehen, dass die Längsfasern des Kropfes am Zwischendarm die Ringfasern kreuzen und nach innen gelangen. Am Zwischendarm sind die Muskelschichten sehr dünn und aus äußerst feinen Fasern (einzelnen Fibrillen ?) zusammengesetzt, an denen man hier und da einen länglichen Kern in einer kleinen Protoplasma- Pr 0 sr re . Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 497 anhäufung erkennt. Nur das Muskelband ist stark und liegt als ein ein wenig abgeplatteter Strang zwischen Ringmuskelschicht und Peritoneum. Es besteht aus viel diekeren (0,029—0,037 mm) Fasern. Die Epithelzellen sind von wechselnder Höhe und enthalten längliche Kerne, ähnlich denen der vorigen Darmabschnitte; auch Basalzellen fehlen nicht. Die Epithel- zellen scheinen, wie auch im Mittel- und Hinterdarm, mit einer gewissen Dehnsamkeit begabt zu sein, vermöge deren sie bei starker Füllung des Darmes etwas breiter und niedriger, bei mäßiger Kontraktion der Ring- muskeln aber höher und schmaler werden. Überschreitet aber die Kon- traktion ein gewisses Maß, so bilden sich im Epithel so wie in der diesem eng anliegenden Längsmuskelschicht Längsfalten. Dabei müssen natür- lich die beiden Muskelschichten aus einander weichen, und an Schnitten durch solche kontrahirte Darmstücke sieht man dann, dass zwischen den Muskelschichten noch ein anderes Gewebe, wol Bindegewebe, liegt, das aus spindelförmigen oder verästelten Zellen mit rundlichen oder etwas länglichen Kernen besteht. Auch in den vorderen Darmabschnitten scheint es nicht ganz zu fehlen. Zwei solche Falten aber sind konstant: sie schließen die Wimper- rinne ein. An der dieser zugewandten Seite sind sie von schmalen hohen Zellen mit länglichen Kernen bedeckt, welche allmählich in die etwas niedrigeren, rundkernigen Zellen übergehen, die den Grund der Rinne einnehmen. Beide Zellenformen tragen kräftige und gegen Konservirungsmittel sehr resistente Cilien. Die Ränder der Rinne legen sich in Folge der Kontraktion des über dieser hinziehenden Längs- muskelbandes in kurze Windungen. Da die Struktur der Wimper- rinne auch im Mittel- und Hinterdarm die gleiche ist, so lasse ich die- selbe bei der Schilderung dieser außer Acht. Auch hinsichtlich der Muskelschichten kann ich auf das bereits Gesagte verweisen. Nur die Lage des Längsmuskelbandes ist eine andere: dasselbe ist, wie wir wissen, am Ursprunge des Nebendarmes auf diesen übergetreten und nimmt hier nun die gleiche Lage ein wie am Zwischendarm, nämlich _ außerhalb der Ringmuskelschicht; doch hat es sich mehr abgeflacht und zieht sich dünn auslaufend um den größeren Theil des Umfanges des Nebendarmes herum. An den Epithelzellen des Mitteldarmes erkennt man einen ziemlich dicken Cuticularsaum, auf dem sehr zarte, 0,007 mm lange Wimper- haare sitzen. Die Basalzellen sind größer als in irgend einem anderen Darmabschnitte — ihre kugligen hellen Kerne messen 0,01 mm und ent- halten einen stark lichtbrechenden Nucleolus von 0,004 mm — und stehen an manchen Stellen so dicht, dass das Epithel vollkommen zwei- schichtig erscheint. Im Nebendarm scheinen sie zu fehlen. Im Übrigen 32* 498 J. W, Spengel, gleicht das Epithel desselben dem des Hauptdarmes sehr, nur sind die Zellen etwas kleiner. Über die Wandung des Hinterdarmes habe ich nur anzugeben, dass sie keine Basalzellen zu enthalten scheint, sonst aber völlig mit dem Zwischendarm übereinstimmt. Alle diese Abschnitte des Darmes besitzen Wimperepithel; doch habe ich versäumt, am frischen Material vollständige Beobachtungen über die Wimperung anzustellen. An den im Obigen beschriebenen Darm reiht sich noch ein kurzer Kanal, den ich wegen des Baues seiner Wandungen nicht zum eigent- lichen Darme zählen möchte. Wir können ihn Afterrohr oder auch Afterdarm nennen. Sein Epithel gleicht dem der äußern Haut und unter demselben liegen dicht gehäufte einzellige Drüsen, die durchaus mit denen der Haut übereinstimmen. Er besitzt keine eigene Musecularis, sondern wird umfasst von den in ihrer Anordnung bereits oben kurz geschilderten hinteren Abschnitten der Muskelschichten der Leibeswand, von denen auch die Bildung eines inneren Sphinkters ausgeht, welcher den Enddarm gegen das Afterrohr abschließt, während die Ringmuskeln allein einen äußern Sphincter ani darstellen. In den Frenulis, welche die Verbindung des Darmes mit der Leibeswand herstellen, sind drei verschiedene Elemente unterscheidbar, nämlich Bindegewebe, Muskeln und ein Peritonealüberzug. Das erstere bildet die Grundlage des Frenulums; es erscheint als eine dünne Platte von einer homogenen Substanz, in welcher große blasse Zellen (Fig. 30) von Jappigen Umrissen mit hellem, rundem Kerne zerstreut sind. Die beiden Flächen dieser Platte sind dann zunächst bedeckt von den meistens der Länge nach durch das Frenulum verlaufenden Muskelfibrillen, die demnach in zwei Schichten angeordnet sind. Wo sich ein Frenulum, wie es häufig geschieht, gabelt, finden sich außer den longitudinalen Muskelfasern bogenförmige, welche aus dem einen Schenkel in den andern übertreten. Vom Peritonealüberzuge ist nichts Besonderes anzu- geben. Gebilde von wesentlich der gleichen Natur wie die Frenula sind die breiteren Mesenterien des Vorderdarmes und auch das Diaphragma. Nur sind hier die Muskelfasern mehr zu einem regellosen und stellenweise sehr dichten Netzwerke verflochten. Die Angaben der älteren Autoren über den Darmkanal der Echiuren sind begreiflicherweise ziemlich dürftig und beschränken sich fast auf eine mehr oder minder willkürliche Eintheilung in Regionen; indessen finden sich hier und da tiefer gehende Beobachtungen. Pırrıs nennt den vordersten Abschnitt » Ösophagus« und unterscheidet sodann einen Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 499 ventriculus primus und secundus, von denen letzterer durch eine » mesenteriola in sigmodeam flexuram compositus est«. Da er hinzufügt, dass in diesem Mesenterium eine »stria mollis crocea (an hepati aut pancreati analogum viscus ?)« liege, welche wir weiter unten als ein Ge- fäß kennen lernen werden, so unterliegt es kaum einem Zweifel, dass diese drei vordersten Abschnitte des Darmes unserm Pharynx, Ösophagus und Kropf entsprechen, dagegen lassen sich die Grenzen zwischen dem ersten und zweiten Magen und zwischen dem ersten Magen und Parras’ »Ösophagus« nicht sicher feststellen. An dem folgenden Darmabschnitte sucht Pırras drei Theile zu unterscheiden. Eine Angabe, wonach der erste und zweite durch eine »membranula longitudinali in parvulos gyros crispatur«, macht es wahrscheinlich, dass Pırzas schon den »Nebendarm « gesehen hat. Er lässt dann den Darm richtig wieder weit nach vorn sich wenden und von hier den dritten Abschnitt fast gerade bis zum After ziehen. ForsBEs und GooDsır unterscheiden in dem von Pırzas in drei Theile zerlegten Vorderdarm nur zwei Abschnitte, näm- lich Pharynx und Ösophagus. Dieselben scheinen unserm Pharynx und Ösophagus incl. Kropf zu entsprechen, wie daraus hervorgeht, dass die Verfasser als charakteristisches Merkmal ihres »Ösophagus« angeben, derselbe sei höchst muskulös, aber sehr eng, und habe fast das Aus- sehen einer Luftröhre, was recht wol auf unsern Ösophagus passt. Dass Forses und Goopsır den » Nebendarm « gesehen haben, ist aus ihrer Ab- bildung Fig. 2 deutlich ersichtlich ; doch bezeichnen sie ihn als » Venen- stamm«. Ihre Angaben über den Verlauf des Intestinums stimmen im Wesentlichen mit denen von Pırras überein. Dagegen beobachteten sie zuerst die Verbindung des Darmes mit der Körperwand durch »zahl- reiche zarte Muskelfäden«. QUATREFAGES wählt eine eigenthümliche Be- zeichnungsweise für die Theile des Vorderdarms, obwohl er dieselben nach seinen Abbildungen besser erkannt hat als seine Vorgänger. Er nennt den ganzen, unserm Ösophagus und Pharynx entsprechenden Ab- schnitt »trompe«, »Rüssel«. Er zerlegt denselben in drei Abschnitte, einen vorderen, »arriere-bouche«, den er später! Pharynx nennt, mit schlaffen, sehr dehnbaren, muskulösen Wandungen, einen mittleren, etwas weiteren, an dem man äußerlich Querfalten erkennt und einen hinteren, noch weiteren und längsgestreiften. Letzterer ist unser »Kropf«, während die ersten zwei Abschnitte unserm Pharynx und Ösophagus entsprechen. Das Intestinum wird in Dünndarm, Dickdarm und Rectum _ getheilt, von denen der erstere gleich unserem »Zwischendarm«, der zweite gleich unserem »Mitteldarm« sein dürfte, da am inneren Rande des ! Histoire naturelle des Anneles. t. II. p. 566. 500 J. W, Spengel, letzteren ein Muskelband hinzieben soll, das mit der Darmwand nicht in Verbindung steht und kürzer als der Darm ist, offenbar der » Neben- darm«. An allen Abschnitten fand QuArTrErAGES eine Längs- und eine Quermuskelschicht. Sehr wenig zutreffend sind seine Angaben über die Befestigung des Darmkanales an der Leibeswand: am vorderen Theil des »Rüssels« sollen sich einige sehr schlaffe » brides me&senteriques« finden, »aucune se rendant« an den »eigentlichen Rüssel«, d. h. die beiden hinteren Abschnitte, an die gerade das mächtigste Mesenterium sich ansetzt. Dagegen soll das Intestinum von einem breiten » veritable mesentere« gehalten werden, das selbst den Darm umfasst und von Ge- fäßen durchzogen ist. Von vorzüglicher Klarheit und Genauigkeit ist die Beschreibung, die LacazE-Duruiers vom Darmkanale der Bonellia giebt. Es sei hier nur die Eintheilung in eine partie bucale, moyenne und anale namhaft gemacht, von denen die zweite begleitet wird von einer »bande- lette«, dem »Nebendarm«; die Verbindung mit der Leibeswand erfolgt durch Fäden, die sich an bestimmten Stellen zu einem mehr geschlosse- nen Mesenterium vereinigen. GREEFF (187%) unterscheidet 1) einen vor- deren kurzen, weißlichen, weichen, 2) einen stark muskulösen, glatten und weißen Abschnitt, 3) einen sehr langen und windungsreichen eigentlichen Darm und 4) einen Enddarm. Die Wandung des ersten und dritten Abschnittes soll nur eine dünne Kreismuskelschicht, die des zweiten und vierten dagegen starke äußere Längs- und innere Kreis- muskelfasern enthalten. »Der ganze Darm trägt auf seiner Innenfläche ein dichtes, lang ausgezogenes Cylinder-Epithel mit Wimperbekleidung.« Die Analschläuche. Der hintere Abschnitt der Leibeshöhle enthält außer dem Darm- kanale zwei rotbbraune Schläuche von wechselnder Ausdehnung. Bei jungen Individuen sieht man dieselben ziemlich deutlich durch die Leibes- wand hindurchscheinen und gewahrt dann, dass sie sich in beständiger Bewegung befinden und dabei zugleich erhebliche Veränderungen ihrer Gestalt erfahren. Sie setzen diese Bewegungen auch fort, nachdem man vorsichtig die Leibeswand gespalten hat; allein bald nimmt ihr Volumen mehr und mehr ab, die Schläuche werden dünner und kürzer, während gleichzeitig ihre ursprüngliche dünne und durchsichtige Wand dicker zu werden scheint und eine viel dunklere, undurchsichtige Färbung an- nimmt. Zur Untersuchung des Baues dieser » Analschläuche« bedarf es der Anwendung großer Vorsicht. Die Wände derselben sind im leben- den Zustande im äußersten Maße kontraktil, und dies hat zur Folge, dass nach jeder Verletzung, welche der im Innern enthaltenen Flüssigkeit den Austritt gestattet, das ganze Organ so wie jedes isolirte Stückchen zu Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. >01 einer unförmlichen Masse zusammenschrumpft, an der nichts mehr zu erkennen ist. Aus demselben Grunde sind auch Schläuche, die keine oder wenig Flüssigkeit enthalten, nicht zur Untersuchung geeignet. Es kommt darauf an, möglichst prall gefüllte Schläuche zu erhalten. Wie aber diese unters Mikroskop bringen, ohne sie zu verletzen und dadurch das so verhängnisvolle Ausströmen des Inhalts zu bewirken ? Hier kommt uns die Natur selbst zur Hilfe. Sehr häufig tritt nach Eröffnung der Leibeshöhle an einzelnen Stellen der Analschläuche eine krampfhafte Kontraktion der Wandung ein und führt eine fast vollständige Ab- schließung eines Theiles des Organes herbei. Solche abgeschlossene Stücke eines Schlauches kann man mit der Schere abschneiden und dann vorsichtig unter Flüssigkeit auf den Objektträger oder in ein Uhr- schälchen bringen. Die Kontraktion schreitet häufig so langsam fort, dass man Zeit genug hat, die wichtigsten Beobachtungen anzustellen, ehe jene einen für dieselben hinderlichen Grad erreicht. Viel leichter gelingt es, die Analschläuche oder wenigstens Theile derselben in gefülltem Zu- stande abzutödten und zu konserviren. Dies tritt von selbst bei vielen _ der unverletzt in verschiedenen Reagentien konservirten Thiere ein; ferner erreicht man das gewünschte Resultat sehr gut, indem man durch eine Pravaz’sche Spritze dem lebenden Echiurus das Reagens in die Leibes- höhle injieirt, auch indem man das geöffnete Thier rasch in Reagentien wirft oder mit solchen überschüttet. Hat man an solchen prall gefüllten Schläuchen den Bau der Wandung erkannt, so wird es auch möglich, die kontrabirten Organe zu analysiren. Jeder Analschlauch besteht aus einem unverästelten ee langge- streckten Sacke, dessen Wand sich aus drei oder vier Schichten zu- sammensetzt. Von diesen ist die äußerste, d. h. der Leibeshöhle zuge- kehrte, ein Peritonealüberzug, dessen Gestalt auch hier wie bei anderen Organen mit dem Ausdehnungszustande des Organes wechselt, und der auch alle übrigen Eigenschaften des Peritoneums theilt. Darunter liegt eine Muskelschicht, die in zwei wenig scharf geschiedene, aber immer- hin gesondert erkennbare Lagen zerfällt. Die Muskelfasern der Schicht kreuzen sich in zahlreichen Richtungen und stellen von der Fläche be- trachtet an gedehnten Wandungsstücken ein unregelmäßiges Gitterwerk - dar. An Querschnitten durch kontrahirte Analschläuche aber gewahrt man, dass diese Fasern doch zweierlei Hauptverlaufsrichtungen einhal- ten, nämlich mehr longitudinale und mehr cirkuläre, und dass die Fasern der letzteren Art der Oberfläche des Organs näher liegen. Auf die Ring- muskellage folgt dann als innerste Schicht ein Epithel von komplieirtem Bau. Zwischen platten Zellen, deren Begrenzung sich schwer darstellen lässt, erheben sich breit spindelförmige Gruppen von höheren Zellen 502 J. W. Spengel, (Fig. 39), deren jede eine oder mehrere helle Vacuolen, eine größere oder geringere Anzahl rothbrauner Tröpfchen oder Körnchen von ver- schiedenen Dimensionen und einen etwas länglichen Kern enthält. Auf einzelnen Zellen sieht man am frischen Präparate äußerst zarte, sehr lange Cilien in langsamer Bewegung. Diese Zellengruppen sind in ziemlich regelmäßigen Längslinien in der ganzen Ausdehnung des Schlauches ange- ordnet und bedingen durch ihren Pigmentgehalt die braune Färbung des Organes. Damit nicht zu verwechseln sind Ballen von Zellen mit braunem Pigment, die von einer bald stärkeren, bald schwächeren Kapsel um- geben, meist außerhalb des Epithels, seltener in demselben liegen und den braunen Körpern entsprechen, die wir im Darmepithel angetroffen haben und auch noch in anderen Organen, namentlich in den Segmen- talorganen, wiederfinden werden. Sehr abweichend ist das Bild, das kontrabirte Analschläuche liefern. Es haben zwar die Epithelzellen aa hier die Fähigkeit, sich in hohem Maße zu dehnen und wieder zusammenzuziehen; allein die Kontraktion der Muscularis übertrifft doch die Verschmälerungsfähigkeit der Epithel- zellen, und in Folge dessen kommt es zur Bildung hoher Falten des Epi- thels, welche weit in das Innere des Schlauches vorspringen, dieses häufig fast ganz verschließend. Weder die Falten noch die zwischen ihnen liegenden Spalten sind indessen von Dauer, und es erscheint wol fraglich, ob ein solcher Zustand der völligen Schrumpfung des Organes bei einem unter natürlichen Bedingungen lebenden Thiere je vorkommt: ich fand die Analschläuche bei frisch gefangenen Echiuren stets mehr oder weniger prall von Flüssigkeit erfüllt. Die Oberfläche jedes Schlauches ist mit einer, bei erwachsenen Thieren ungemein großen Anzahl von winzigen hellen Körperchen besetzt, in denen man unter dem Mikroskop trichterförmige Gebilde (Fig. 37) er- kennt, die mit außerordentlich langen, lebhaft schlagenden Cilien versehen sind. Jeder dieser Trichter bildet einen Theil eines » Wimperorganes « (Fig. 40), an dessen Zusammensetzung außerdem ein kurzer, enger Kanal (trc) Theil nimmi, der in der Wandung des Analschlauches liegt. Dieser Kanal verläuft stets parallel der Längsachse des Letzteren, bald von der Spitze gegen die Ausmündung in den Enddarm hin, bald in umge- kehrter Richtung. Er steht durch eine äußere Öffnung mit dem Trichter, durch eine innere (trc’) mit dem Hohlraume des Analschlauches in Ver- bindung. Von der Existenz dieses Zusammenhanges überzeugt man sich an Präparaten von wohlgefüllten frischen oder konservirten Schläuchen ohne alle Schwierigkeit, wenn auch die innere Öffnung nicht in allen Fällen so weit ist, wie sie in Fig. 38 dargestellt ist, die einem Präparate von einem in Pikrinschwefelsäure abgetödteten, in Alkohol gehärteten Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 503 und mit Karmin gefärbten Schlauchstücke entnommen ist. Manchmal erscheint der innere Abschnitt des Kanales aufgebläht und hat eine nur kleine Öffnung: das typische Verhalten ist das gleiche. Der Kanal hat ein Epithel, das etwas höher ist als das zwischen den pigmenthaltigen Zellenballen gelegene innere Epithel des Analschlauches; die Zellen sind mehr polygonal, vor Allem aber sind sie mit sehr zarten Wimpern besetzt, die bis an den Rand der innern Öffnung reichen, hier aber plötzlich aufhören. Nicht minder leicht gelingt der Nachweis der Kom- munikation des Kanales mit dem Trichter. Dieser besteht aus zwei Schichten, die am freien Rande in einander übergehen. Die äußere, aus platten Zellen, von denen ich nur die Kerne, keine Grenzen erkannt habe, gebildete, ist eine Fortsetzung des Peritonealüberzuges des Schlauches und geht an der Basis des Trichters in denselben über, wäh- rend am Trichterrande die Zellen unvermittelt an das hohe Epithel der inneren Schicht stoßen und sich mit ihm verbinden. Jede der polygo- nalen Zellen des letzteren trägt einige 0,067 mm lange Wimperhaare, welche im Leben sehr kräftige Schläge gegen das Centrum des Trichters und im Grunde des Trichters gegen den Kanal hin vollführen. Der außen weite Trichter verjüngt sich nach innen erheblich und dann setzt sich sein inneres Epithel in das des Kanales fort. Der hier bestehende Zusammenhang lässt sich an frischen Präparaten aufs Evidenteste nach- weisen, indem man mit der Flüssigkeit der Leibeshöhle, in welcher man das Objekt untersucht, etwas chinesische Tusche verreibt und dies Ge- menge dem Präparate zusetzt. Dann sieht man bald, wie sich die schwarzen Tuschkörnchen im Kanale tummeln und von Zeit zu Zeit einige in den Analschlauch selbst hineingelangen. Von den zahlreichen Trichtern verdient einer unsere besondere Aufmerksamkeit: es ist derjenige, der auf der Spitze des Analschlauches steht (Fig. 37 {r.t). Hier findet man stets einen oft durch besondere Größe ausgezeichneten Trichter, in dem man ohne Zweifel den primären und damit morphologisch wichtigsten Trichter wird erblicken müssen, der keinem Analschlauche fehlen wird. Die Analschläuche sind von allen Beobachtern als Anhänge des Darmes bezeichnet worden und bei makroskopischer Untersuchung er- scheint diese Auffassung auch als unzweifelhaft begründet, da man ohne Schwierigkeit die Einmündung der beiden Schläuche in den Endab- schnitt des Darmkanales erkennen kann. Hier aber kommt die bereits oben erörterte Schwierigkeit in Betracht, zu entscheiden, wo das eigent- liche Ende des Darmes liegt. Die Analschläuche nämlich münden von beiden Seiten in die ventrale Seite des hintersten Abschnittes des Darm- rohres auf der Grenze zwischen dem drüsenlosen und dem drüsenreichen 504 J. W. Spengel, Abschnitte, aber hinter der sphinkterartigen Verdiekung der Ringmusku- latur des Hinterdarmes. Müssen wir, wie es wahrscheinlich ist, den drüsenreichen Abschnitt — das Afterrohr — zur äußeren Haut ziehen, so Jiegen die Mündungen der Analschläuche genau auf der Grenze zwi- schen der äußeren Haut und dem Darme, können also nicht ohne Weiteres als Darmanhänge bezeichnet werden. Die Ermittlung dieses Verhaltens scheint mir von größter Bedeutung für die morphologische Auffassung dieses eigenthümlichen Organes zu sein. Ohne weitere Untersuchungen, die sich namentlich auf die Entwicklung und auf das anatomische Ver- halten der Analschläuche bei möglichst vielen anderen Echiuriden zu erstrecken haben, kann eine Entscheidung schwerlich gefällt werden. Doch sei es mir gestattet, die Fragen, deren Beantwortung mir von dieser Entscheidung abzuhängen scheint, hier anzudeuten. Die Analschläuche der Echiuriden werden von den meisten Autoren und namentlich von den Verfassern unserer Lehrbücher (z. B. GEGEn- BAUR, Craus, Huxzey) als Exkretionsorgane aufgefasst und in physiolo- gischer Beziehung den Segmentalorganen nebengeordnet. Wie aber steht es mit den morphologischen Beziehungen dieser beiden Organgruppen, der Analschläuche und der Segmentalorgane, und wie verhalten sich diese Organe der Gephyreen zu den Exkretionsorganen andrer Würmer? Es bedarf kaum einer eingehenden Begründung der Behauptung, dass die Auffassung der Analschläuche als einfach ans Hinterende des Kör- pers gerückter Homologa der Segmentalorgane! jedenfalls das Richtige nicht trifft. Die beiderlei Organe sind in ihrem Baue so sehr verschie- den und variiren so völlig unabhängig von einander, dass an eine ein- fache Gleichsetzung in dieser Weise nicht zu denken ist. Ob dermaleinst eine indirektere Beziehung nachzuweisen sein wird, das liegt im Schoße der Zukunft. Wie man sich diese Lösung etwa denken kann, ergiebt sich aus der wol bisher ziemlich unbestrittenen Vergleichung der Ex- kretionsorgane anderer »Würmer«. Man vergleicht die » Schleifenkanäle « der Anneliden mit den sog. » Wassergefäßen« der Plattwürmer und Roti- feren, namentlich solcher Formen, bei denen innere Wimperöffnungen vor- handen sind. » Bei ungegliedertem Körper ist der Apparat zu einem Paare vorhanden : mit der Metamerenbildung tritt er dieser entsprechend auf?.« Welche von den beiderlei Organen der Echiuriden soll man nun von den als gleichwerthig vorausgesetzten Exkretionsorganen der Plattwürmer und der Anneliden ableiten ? Deutet nicht vielmehr das gleichzeitige Vor- handensein in metamerischer Wiederholung und als »Terminalapparate « 1 Siehe H. v. Inerıng, »Zur Morphologie der Niere der sog. ‚Mollusken‘«. — Diese Zeitschr. Bd. XXIX. p. 590. 2 C. GEGENBAUR, » Grundriss der vergl. Anatomie«. 2. Aufl. 1878. p. 184. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 505 (v. Inerıng) auftretender Organe auf eine ursprüngliche Verschiedenheit.der beiderlei Gebilde? Haben wir nicht in den Echiuriden Thiere vor uns, die neben den Segmentalorganen der Anneliden die » Wassergefäße « der Plattwürmer besitzen? Die Beantwortung dürfte nicht unwesentlich be- einflusst werden von der Entscheidung über die Beziehung der Anal- schläuche zum Darm, denn es scheint vom phylogenetischen Standpunkte kaum zweifelhaft, dass die Verbindung zwischen dem Darm und dem Endabschnitt der » Wassergefäbe «, wie sie bei den Rotiferen besteht, als sekundär gegenüber der Trennung beider Apparate bei Turbellarien, Trematoden etc. anzusehen ist. Ich will, wie gesagt, das Problem hier nicht zu lösen versuchen, sondern behalte mir ein weiteres Eingehen auf dasselbe für eine spätere Gelegenheit vor!. Es handelt sich bei dieser Frage offenbar in letzter Instanz um die Polymerie der Gephyreen so wie um das Verhältnis von Polymerie und Monomerie überhaupt. Schon Parras kannte die Analschläuche. Er nennt sie » ductus Aili- formes, quorum me usus latet«?2, stellt aber die Vermuthung auf, sie möchten zur Ausführung der Eier dienen, wie ja auch den Eiern der Frösche »similes certe maeandros, imo majores, assignavit natura «°. Einen großen Fortschritt in der Erkenntnis .des Baues dieser Organe machten dann Forses und Goopsır. Eine Konsequenz ihrer Auffassung des Echiurus als Echinoderm ist die Bezeichnung der Analschläuche als »respiratorische Säcke«. Dieselben werden als unverzweigte Säcke be- schrieben, die sich im lebenden Thiere lebhaft bewegen. Ihre rothe Färbung soll von zahlreichen Gefäßen herrühren. Die Verfasser be- schreiben darauf ganz zutrefiend die zahlreichen, mit Cilien besetzten Trichter, welche die Oberfläche der Säcke bedecken, sind aber nicht im Stande, die von ihnen vermutheten Öffnungen dieser Triehter an der Innenfläche mikroskopisch nachzuweisen. Weit hinter diesen englischen Beobachtern bleibt Quarreraces zurück. Er hat zwar erkannt, dass die braune Färbung von Haufen pigmenthaltiger Zellen herrührt, dagegen die Trichter nicht gesehen. Er nimmt an, dass diese » coecums posle- rieurs« sich mit Wasser füllen und den Sauerstoff desselben an die mit ! Es will mir wie ein Widerspruch scheinen, wenn GEGENBAUR (»Grundr. 2. Aufl. p- 187) trotz der Gleichsetzung der Schleifenkanäle der Anneliden und der Wasser- gefäße der Plattwürmer, die Segmentalorgane der Gephyreen den Schleifenkanälen und die Analschläuche, deren » Verhalten mit der nicht ausgebildeten oder nur äußerlich entwickelten Metamerenbildung zusammenhängt«, den Wassergefäßen vergleicht. 2 »Miscellanea« und »Spicilegia«. 3 Eben da; der letzte Satz ist ein Zusatz in den »Spicilegia «. * a.a.0. p. 373. Die beigefügte Tafel VII enthält in Fig. 2 und 5—10 die besten Abbildungen der Analschläuche des Echiurus, die bisher veröffentlicht wurden. 506 J. W. Spengel, ihnen in Berührung tretende Leibesflüssigkeit abgeben, deutet die Schläuche also als Athmungsorgane analog den sog. Wasserlungen der Holothurien. In GreeErr's erster und zweiter Mittheilung über den Bau der Echiuren geschieht der Analschläuche nicht Erwähnung; dagegen ist von ihnen in der dritten Mittheilung eine ausführliche Schilderung gegeben, deren Resultat zwar die Bestätigung der Existenz von Wimper- trichtern, aber ferner der angebliche Nachweis ist, dass diese nicht ins Innere der Analschläuche einmünden, sondern in ein System von Kanä- len, das in der Wand dieser liegt. Da meine Untersuchung mich zu einem durchaus entgegengesetzten Ergebnisse geführt hat, so kann ich nicht umhin, meinen Widerspruch eingehend zu begründen und GrEEFF’S Angaben einer Kritik zu unterwerfen. Greerr’s Behauptung stützt sich namentlich auf das Ergebnis von Injektionen. Er fand, dass » keiner der die äußere Fläche des Schlauches sehr zahlreich bedeckenden Wimper- trichter und der von ihnen nach innen ausgehenden Kanäle auch nur eine Spur von Farbstoff enthielt«. Die Injektionsmasse erfüllte vielmehr spaltförmige Zwischenräume zwischen den »von der inneren Wandung des Schlauches in seine Höhlung vorspringenden Leisten und Wülsten «, welche »helle oder bräunlich gefärbte Streifen und Körnerhaufen « ent- hielten. Querschnitte durch solche injicirte Schläuche ergaben dann ferner, dass diese Leisten und Wülste von einem Kanalsystem durch- laufen sind, das seinerseits mit den Wimpertrichtern kommunieirt. Die braunen Körper sollen große Übereinstimmung mit den in der Leibes- höhle vorkommenden Blutkörperchen zeigen (und solche sein? S.). Ent- sprechende Resultate gaben Injektionen von Farbstoff in die Leibeshöhle der lebenden Thiere. | Wir werden uns zunächst die Frage vorlegen müssen, unter welchen Umständen überhaupt eine erfolgreiche Injektion des Analschlauches, zunächst abgesehen von den Trichtern, möglich erscheint. Injektionen lassen sich jedenfalls nur nach Abtödtung des Organs ausführen, da die lebhaften Kontraktionen der Muskulatur das Eindringen von Farbstoff ver- hindern würden. Die Wände eines mit irgend einem Reagens abgetödte- ten Analschlauches können aber nur dann einem zur Füllung des Organs ausreichenden Injektionsdruck Widerstand leisten, wenn der Schlauch in seiner ganzen Ausdehnung sehr stark kontrahirt ist. Dass GrEEFF nun in der That solch kontrahirte Organe injicirt hat, geht aus seiner Be- schreibung der Querschnitte hervor. Die mit braunen Streifen und Körnerhaufen ausgestatteten Leisten und Wülste sind nichts anderes als die in Folge der Kontraktion der Ringmuskeln entstandenen Falten des innern Epithels mit den in ihm liegenden Ballen von pigmenthaltigen Zellen, Ein Kanalsystem entsteht nur dann außerhalb dieses Epithels, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen, 507 wenn man die braunen Zellen als Blutzellen deutet, welche das hypo- thetische Kanalsystem ausfüllen. Solche kontrahirte Schläuche geben über- dies so komplicirte Querschnitte, dass ein Verständnis kaum möglich ist. Dass die Injektionsmasse nicht in die Trichter eingedrungen ist, ist durchaus nicht wunderbar; die inneren Mündungen derselben sind so eng, dass jedenfalls ein weit höherer Druck erforderlich gewesen wäre, die Flüssigkeit in dieselben hineinzutreiben, als die Stärke der Schlauch- wandung es zugelassen haben würde. Außerdem verlaufen die sich nach innen an die Trichter anschließenden Kanäle, wie wir oben sahen, fast ganz in der Wand des Schlauches; eine andringende Injektionsmasse wird daher aller Wahrscheinlichkeit nach keine andere Wirkung an ihnen ausüben, als dass sie die innere Wand gegen die äußere an- presst oder mit anderen Worten den Eingang schließt. Ist während des Absterbens der Trichter stark in den Analschlauch eingezogen worden, wie das namentlich bei überhaupt stark krontrahirten Schläuchen oft der Fall ist, so erweitert sich häufig der Trichterkanal zu einer größeren Blase, in welche Grerrr richtig manchmal den Trichter einmünden sah. Zur Entscheidung der Frage nach dem Verhalten der Trichter zum Hohl- raum des Analschlauches sind nach alledem nur solche Schläuche zu verwenden, welche möglichst prall von Flüssigkeit erfüllt, daher ganz dünnwandig und durchsichtig sind, oder wenigstens diejenigen Theile eines Schlauches, welche diese Eigenschaften besitzen. Zu diesen dem untersuchten Gegenstande selbst entlehnten Ein- wänden gegen die Ansichten Grerrr’s kommen nun noch einige andere, gewissermaßen indirekte. Schon im Jahre 1858 hat Lacaze-Durniens ! eine vortreflliche Schilderung von den Analschläuchen der Bonellia ge- geben. Er beschreibt diese als zwei dünnwandige Säcke, die mit baum- förmig verästelten Anhängen besetzt sind, und jeder dieser Äste trägt an seinem Ende eine wimpernde »Urne«, durch welche Flüssigkeit und dieser beigemengte Farbstoffkörnchen in den mit drüsigen Wandungen versehenen Theil des Astes getrieben werden, »qui communique large- ment avec la poche anale«. Nichts ist in der That leichter, als sich von der Kommunikation der Trichter mit der Höhlung der Analschläuche bei Bonellia zu überzeugen; es gelingt an frischen wie an konservirten Prä- ' paraten gleich leicht. Von den homologen Organen anderer Gephyreen wissen wir allerdings bisher wenig Sicheres und Genaues. GREEFF selbst beschreibt ? für Thalassema Baronü Greeff » zwei frei in die Bauchhöhle hineinragende bräunliche, lange, nach vorn verjüngte Schläuche mit dendritisch verzweigten Anhängen, die am Ende eine trichterförmige, 1 LACAZE-DUTHIERS, a. a. 0. p. 89—94. pl. 2, Fig. 4—6. 2 Marburger Sitzungsberichte. 1872. Nr. 6. p. 407, 508 J. W. Spengel, wimpernde Öffnung haben.« Dann erwähnt Sırensky! der Öffnung an der Spitze der » Alhemsäcke« bei der von ihm beschriebenen Echiurus- Larve, Im Gegensatz zu diesen Angaben steht die Behauptung GrEErF’S 2, dass bei einer von ihm untersuchten neuen Thalassema-Art, Th. Moebii, » die in den Enddarm mündenden braunen Schläuche keine Spur von Wimpertrichtern « hatten. Mir selbst stehen Beobachtungen über mehrere Thalassema-Arten zu Gebote, und unter diesen findet sich keine mit trichterlosen Analschläuchen. Da ich mir leider kein Exemplar des Th. Moebüi zur eigenen Untersuchung habe verschaffen können, so kann ich natürlich auch die Angaben Greerr’s nicht bestimmt widerlegen ; ich kann es mir indessen nicht versagen, die Frage aufzuwerfen, ob GrEEFF- auf das freie Ende intakter Analschläuche, welches bei anderen Formen den primären Trichter trägt, seine Aufmerksamkeit gerichtet hat. Auch dem Th. Moebii wird dieser schwerlich fehlen; er ist nach meiner Mei- nung der wesentlichste Bestandtheil eines Analschlauches, Das Gefäßsystem und die Leibeshöhle. Das Gefäßsystem des Echiurus ist von großer Einfachheit. Es be- schränkt sich auf ein dorsales und ein ventrales Gefäß und zwei diese verbindende Schlingen, die allerdings nicht ohne Weiteres als solche zu erkennen sind. Das ventrale Gefäß verläuft durch die ganze Länge des Rumpfes über dem Bauchmarke, mit dessen Scheide es durch ein schma- les Mesenterium verbunden ist. Hinten lehnt es sich an die ventrale Mittellinie des Darmes an und endigt hier, so weit meine Erfahrungen reichen, blind. Vorn zieht es mit dem Bauchmarke bis an die Hinter- wand des Mundes und gabelt sich (siehe nebenstehenden Holzschnitt Fig. 2) mit jenem. Die beiden Äste treten in den Kopflappen ein und laufen parallel den Schlundringschenkeln durch die seitlichen Theile der Leibeshöhle des Kopflappens bis fast an das vordere Ende desselben, wo sie sich ähnlich wie die Nervenstränge durch einen Bogen vereinigen, der gleichfalls ganz innerhalb der Leibeshöhle liegt. In die Mitte dieses Bogens (d) mündet ein Gefäß, das sich durch die Längsmuskelmasse des Kopflappens bis an den vorderen Rand des Mundes verfolgen lässt ; dort tritt es (Fig. 3 vd, Fig. 4 und 6) unter dem Mesenterialbogen hindurch in die Rumpfhöhle und verläuft (Fig. 26 vd) durch ein Mesenterium einerseits mit dem Ösophagus, andrerseits mit der Leibeswand verbun- den neben dem Darm bis an das Hinterende des Kropfes. Hier tbeilt es sich in zwei Äste (vni), die den Anfang des Zwischendarmes umgreifen und sich an der ventralen Seite desselben wieder zu einem Gefäße ver- 1 SALENSKY, a. a. O. p. 325. 2 GREEFF, Dritte Mittheilung. p. 41. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 509 einigen. Dies (siehe Fig. 6) läuft bis zum Basalmuskel der Bauchborsten und theilt sich dort abermals, so dass seine Äste diesen Muskel zwischen sich fassen; das aus der Vereinigung dieser beiden Äste hervorgehende Gefäß endlich mündet etwa zwischen den Bauchborsten in das ventrale Gefäß. Von einer Fortsetzung des dorsalen Gefäßes über den den Darm umfassenden Gefäßring hinaus nach hinten habe ich nie etwas gesehen, obwohl ich mein Augenmerk besonders auf diesen Punkt gerichtet habe. Der bequemeren Darstellung wegen müssen wir einzelne Abschnitte dieses Systems mit besonderen Namen belegen. Für das ventrale Gefäß genügt die Bezeichnung » Bauchgefäß«; die vorderen Schenkel (bc) des- selben mögen » Randgefäße« oder »Seitengefäße« des Kopflappens heißen; sie verbinden sich durch einen »Bogen«, und in diesen mündet (beid) das »mediane Kopflappengefäß«; für den innerhalb der Rumpf- höhle liegenden Theil des dorsalen Gefäßes (be) kön- nen wir den Namen »Darmgefäß « gebrauchen, wäh- rend wir das Gefäß, welches das Darmgefäß mit dem Bauchgefäß verbindet (ef), als »Neurointestinal-Ana- stomose« bezeichnen wollen, welche einen »Darm- ring« und einen » Muskelring « bildet. Dieses anscheinend recht komplicirte System lässt sich ohne Mühe auf die einfachste Gestalt zu- rückführen, in welcher die Kreislaufsorgane bei Anneliden auftreten, sobald wir uns nur die Ver- hältnisse klar machen, welche auf die specielle Form der einzelnen Gebiete von Einfluss gewesen sind. Was die Echiuriden vor allen Anneliden auszeichnet, ist die mächtige Längenentwicklung des Kopflappens. In Folge dieser wird nicht nur der Schlundring zu ganz ungewöhnlichen Dimensionen ausgedehnt, son- dern auch das Vorderende des dorsalen Gefäßes, das bei Anneliden, z. B. limicolen Oligochaeten, fast senkrecht über demjenigen des Bauchgefäßes liegt, wird weit nach vorn gezogen und ihm folgt die Gefäßschlinge, welche die beiden Gefäße verbindet: wir erkennen leicht das Homologon derselben in den Randgefäßen des Kopflappens. Und als eine zweite solche Schlinge können wir uns die Neurointestinal-Anastomose denken : die Schenkel der Schlinge sind bis auf zwei Ringe mit einander ver- wachsen. Diese Auffassung erscheint um so natürlicher, wenn ich hin- zufüge, dass die Ausdehnung, in welcher diese Verwachsung eingetreten ist, individuell sehr schwankt. Wird, wie es nicht selten der Fall ist, der »Muskelring« sehr weit (siehe Fig. 6), so bleiben nur zwei ganz kurze 510 J. W. Spengel, unpaare Gefäßabschnitte übrig, einer zwischen dem Muskelringe und dem Darmringe und einer zwischen jenem und dem Bauchgefäße. Von peripherischen Gefäßen habe ich nie etwas beobachtet. Über den Bau der Gefäßwandung sind meine Beobachtungen lücken- haft geblieben. Ich weiß nicht, ob eine innere Zellenauskleidung vor- handen ist. Ich fand nur eine dünne Membran mit eingestreuten Kernen und in oder auf dieser liegend Muskelfasern, vorwiegend longitudinale Bündel bildend (Fig. 41), und als äußerste Schicht einen Peritonealzellen- belag (pr), dessen Elemente stets viel rothbraunes Pigment enthalten, in Folge dessen die Gefäße sich bei der Eröffnung der Leibeshöhle sehr deutlich präsentiren. Das Darmgefäß, das man zwar häufig stark gefüllt findet, unterscheidet sich im Baue seiner Wandung von den übrigen Gefäßen durchaus nicht, scheint auch nicht etwa mit besonderer Kon- traktilität begabt, so dass ich keinen Grund sehe, es mit GrEFFF als »Herz« zu bezeichnen, es sei denn, dass man darin der Homologie mit dem Rückengefäße der Anneliden Ausdruck geben wollte. Abweichend gebaut ist nur die Wand des medianen Kopflappengefäßes, das im Innern der bindegöwebigen Grundsubstanz liegt und daher nicht vom Perito- neum überzogen ist. Dagegen treten hier Muskelfasern auf (Fig. 43 vd), die von der Wand dieses Gefäßes radiär ausstrahlen und das Lumen desselben erweitern müssen. Außerdem sind spärliche Ringfasern vor- handen. In der das Innere der Gefäße erfüllenden farblosen Flüssigkeit fand ich nur amöboide Blutkörperchen. Ganz gleich gebildete finden sich in ungeheuren Mengen in der Leibeshöhle. Sie zeichnen sich durch lange spitze Pseudopodien aus, welche sich äußerst träge bewegen, so dass ich einige Zeit an der Beweglichkeit derselben überhaupt zweifelte. Es fielen mir bei ihrem Anblicke die sternförmigen Körperchen aus der Leibes- flüssigkeit von Ophelia ein, die GLarArkpe beschreibt und von denen er behauptet, trotz der auffallenden Ähnlichkeit mit kleinen Actinophrys sei nicht die geringste Bewegung der pseudopodienartigen Fortsätze wahrzunehmen !. An den Körperchen der Leibesflüssigkeit des Echiu- rus habe ich Bewegungen, allerdings sehr langsame, deutlich beobachtet. Lässt man die aus einem frischen Thiere ausgeflossene Flüssigkeit in einem Gefäße stehen, so setzen sich die zelligen Bestandtheile bald zu Boden und sammeln sich dort zu unregelmäßigen Massen, welche wie Plasmodien umherkriechen. Im frischen Zustande erkennt man in den Körperchen nur roth- braune Tröpfchen, von einem Kerne ist nichts zu sehen. Dieser tritt ! E. CLAPAREDE, Recherches sur les Ann&lides ch6topodes du Golfe de Naples. 2° partie. Mem. Soc. de Phys. de Geneve. t. XX. 1869. p. 27. pl. 29, Fig. Aa, b,c. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 511 aber nach Zusatz von Reagentien mit großer Deutlichkeit als ein läng- licher Körper mit einigen Körnchen im Innern hervor. Die Pseudopodien erhalten sich vollständig. Außer diesen sternförmigen Zellen sind kuglige vorhanden, gleichfalls mit rothbraunen Pigmenttröpfchen. Zwischen beiden Formen besteht vielleicht ein Zusammenhang, doch kann ich Be- stimmtes darüber nicht aussagen. In der Leibeshöhle schwimmen diese Zellen in einer reichlichen Flüssigkeit, die jedenfalls zum Theil Seewasser sein dürfte, da man bei Zusatz von Höllensteinlösung einen dicken weißen Niederschlag erhält. Sonst habe ich über ihre chemische Zusammensetzung keine Beob- achtungen angestellt. Bei der unzweifelhaften Identität der sternförmigen Zellen im Inhalte der Blutgefäße und in der Leibesflüssigkeit entsteht naturgemäß die Frage, ob eiwa ein Zusammenhang zwischen den beiderlei Hohlräumen existirt. Ich habe geglaubt, zur Beantwortung derselben von vorn herein auf die Benutzung von Injektionen verzichten zu sollen, da bei der Zart- heit der Gewebe Zerreißungen kaum zu vermeiden sein werden, so dass selbst gegen ein positives Ergebnis immerhin Bedenken zu erheben sein würden, während ein negatives vollends keinen Werth beanspruchen kann. Betrachten wir zunächst die Anordnung der Leibeshöhle. Dieselbe stellt im Rumpfe einen weiten Hohlraum dar, in welchem der Darm, die Analschläuche und die Segmentalorgane noch Platz für mehrere Kubik- centimeter Flüssigkeit lassen!. Derselbe ist gegen alle Organe abge- grenzt durch ein einschichtiges Peritonealepithel, das sich aus äußerst dehnbaren und formveränderlichen Zellen mit einem Inhalte von roth- braunen Pigmenttröpfchen, ähnlich dem der Blutzellen, zusammensetzt. Wo es einen Überzug über stark gefüllte Organe bildet, sind seine Zellen ganz platt, so dass man auf dem Schnitte kaum mehr als die Kerne (Fig. 40 pr), von der Fläche weite polygonale Zellgrenzen erkennt. Sind dagegen die Organe stark kontrahirt, so erscheinen die Zellen außerordentlich dicht gedrängt, jede einzelne wölbt sich nach außen vor und hat ein etwas blasiges Aussehen (Fig. 34 pr). Zwischen diesen Zuständen giebt es alle möglichen Übergänge. An gewissen Stellen ist die Gestalt konstant, so im Peritonealüberzuge der Borstenscheiden und an einigen anderen Punkten, wo keine Dehnbarkeit erforder- lich ist. Im Vorderkörper wird die Leibeshöhle sehr eng und von den bei der Schilderung des Darmkanales erwähnten Mesenterien und dem Dia- i Ich kann die Menge im Augenblick nur schätzen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 33 512 J: W. Spengel, phragma durchschnitten. Aber sie endigt nicht im Rumpfe, sondern setzt sich in den Kopflappen hinein bis an dessen Vorderende fort. Hier hat sie bei Echiurus! die Gestalt eines sehr niedrigen Hohlraumes (Fig. 43 Ih) von gleicher Länge und Breite wie die ventrale Fläche des Kopflappens, der von zahlreichen dorsoventralen Balken durchsetzt wird. Diese sind gebildet von dem homogenen Grundgewebe, durch- zogen von dorsoventralen Muskelfäden, und gegen die Leibeshöhle scharf begrenzt von Zellen, von denen man allein die Kerne erkennt, wahrscheinlich Peritonealzellen. An den Seiten ist diese Kopflappen- höhle etwas höher und hier liegen in ihr die Seitengefäße (vm). Da die Muskelfäden, welche diese mit der Wand der Höhle verbinden, an der dorsalen Seite kürzer und in größerer Anzahl vorhanden sind, so kann es einen Augenblick an Querschnitten so scheinen, als sei der Durch- schnitt des Gefäßes selbst ein Theil der Leibeshöhle. Thatsächlich aber besitzt dasselbe eine allseitig geschlossene Wandung, die hier wie an allen andern Orten vom Peritoneum überzogen ist. Durch das vor- dere Ende der Kopflappenhöhle zieht von einer Seite zur andern der »Bogen«, der die Randgefäße verbindet. Er verhält sich, abgesehen von seiner Richtung, durchaus eben so zu der ihn umgebenden Höhle wie die Letzteren. In diesem ganzen Gebiete der Leibeshöhle habe ich nirgends eine Kommunikation mit den Blutgefäßen auffinden können. Jedenfalls endet an keiner Stelle ein Gefäß mit offener Mündung, wie es etwa bei Mol- lusken der Fall ist. Wenn irgend wo ein Zusammenhang existirt, so kann es nur in Gestalt von Poren in der Gefäßwand sein; doch sei bemerkt, dass ich nichts beobachtet habe, was die Annahme solcher im geringsten wahrscheinlich machte. Nicht ganz aufgeklärt ist allerdings das Ver- halten des Bauchgefäßes am Hinterende. Ohne übrigens die Frage nach der Kommunikation zwischen Leibes- höhle und Gefäßsystem beim Echiurus, die natürlich ein Theil der weiteren Frage nach den Beziehungen zwischen diesen beiderlei Hohl- räumen überhaupt ist, bier entscheiden zu wollen, will ich bemerken, dass mir zwingende Gründe für die Annahme eines solchen Zusammen- hanges hier? nicht zu bestehen scheinen. Der Inhalt der Blutgefäße ist nämlich nicht identisch mit dem der Leibeshöhle, sondern nur im Be- sitze der gleichen amöboiden Zellen stimmen beide überein. Die Blut- gefäße enthalten dagegen niemals, so weit ich beobachtet habe, jene anderen konstanten Bestandtheile der Leibesflüssigkeit, die Geschlechts- 1 Ich bemerke, dass sich bei Bonellia und einigen Thalassema-Arten die Leibes- höhle des Kopflappens anders verhält. - 2 Bei Sipunculiden scheint diese Annahme allerdings unabweisbar zu sein. as u > » * Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 513 stoffe, obwohl doch namentlich den kleinen Spermatozoen der Zutritt dahin eben so leicht sein müsste wie den amöboiden Zellen. Die Leibesflüssigkeit wird einestheils durch die Kontraktionen der Leibeswand, anderntheils durch die Bewegungen des Darmes, welche diesem durch die Frenula ertheilt werden, hin- und hergetrieben. Wimpern, welche z, B. bei Sipunculiden das ganze Peritoneum beklei- den, fehlen in der Leibeshöhle des Echiurus, abgesehen von den trichter- förmigen inneren Öffnungen der Segmentalorgane und Analschläuche, durchaus. Die ersten Beobachter, die das Gefäßsystem erkannt und eine in vielen Punkten zutreffende Beschreibung desselben gegeben haben, sind Forses und Goopsir. Sie machen ein längs der ventralen Seite ver- laufendes Gefäß namhaft, das sie als Arterie bezeichnen und um den Ösophagus zwei Ringe bilden lassen, von deren hinterem ein Gefäß zum »zweiten Theile des Pharynx« tritt, um sich bier mit einem aus dem Bauchgefäße stammenden Gefäße zu vereinigen, das mit einer Gabelung die rechte Borste umfassen soll. Dies letztere Gefäß ist augen- scheinlich unsere Neurointestinal-Anastomose, das aus dem Gefäßringe entspringende Gefäß unser Darmgefäß, während die Gefäßringe so wenig existiren wie die von den englischen Forschern beschriebene Vene, in welcher wir bereits oben den »Nebendarm« erkannt haben, und die zierlichen Gefäßverästelungen in der Wand der Segmental- organe und der Analblasen, welche wir für Häufchen von pigment- haltigen Zellen erklären mussten. Zu ähnlichen Resultaten ist QuATRE- FAGES gekommen, der einen Bauchstamm, einen Intestinalstamm und ein beide verbindendes Gefäß, das einen den Darm umfassenden Ring bildet, beschreibt. Erweiterungen der beiden Stämme und des Ver- bindungsgefäßes werden als »eoeur abdominal, dorsal und intestinal« bezeichnet. Wenn QuATREFAGEs in der »stria mollis crocea, pancreati aut hepati analogum viscus« von ParLas sein Verbindungsgefäß erkennen zu dürfen glaubt, so irrt er jedenfalls; dieses entspricht unserer Neuro- intestinal-Anastomose, jene unserem Darmgefäße. Dass auch QuArkE- FAGES den »Nebendarm« für ein Darmgefäß genommen hat, ist wahr- scheinlich, wenn er auch diesem seine Lage an der dorsalen Seite des Darmes giebt. Die in der illustrirten Ausgabe von Guvrer's »Regne animal« von Quarrerases abgebildeten Mesenterialgefäße existiren eben so wie das Mesenterium selbst nur in der Phantasie des Beobachters, und ein Gleiches gilt von den vielen feinen Ästen, in welche sich alle Gefäße auflösen sollen. Die richtige Erkenntnis des Typus des Echiu- riden-Gefäßsystems verdanken wir wiederum Lacaze-Duraters in seiner Monographie der Bonellia. Von einigen untergeordneten Einzelheiten 33* 914 J. W. Spengel, abgesehen stimmt der Cirkulationsapparat dieses Thieres völlig mit dem- "jenigen des Echiurus überein. Vor Allem hat Lacaze-Durnızrs das Ver- halten der Gefäße im »Rüssel« und die Verbindung des unpaaren dor- salen Rüsselgefäßes mit dem Darmgefäß, der beiden seitlichen Rüsselgefäße mit dem Bauchgefäße erkannt. Eine für Bonellia eigenthümliche Gestalt besitzt die Neurointestinal-Anastomose mit ihrer sackförmigen Erweite- rung an Stelle des engeren, den Darm umgreifenden Gefäßringes bei Echiurus. In diese klare und höchst übersichtliche Anordnung hat nun GrEEFF dadurch die größte Verwirrung gebracht, dass er Theile der Leibeshöhle mit zum Gefäßsystem gezogen und zwischen diesen beider- lei Hohlräumen nicht mit der nöthigen Sorgfalt und Schärfe geschieden hat. Seine erste Beschreibung des Gefäßsystems findet sich in der ersten Mittheilung über den Bau der Echiuriden aus dem Jahre 187%. GREEFF giebt richtig an, ein am hinteren Theil des zweiten, stark muskulösen Darmabschnittes beginnendes Gefäß verlasse an der Rüsselhasis den Darm, verlaufe in der dorsalen Wandung des »Rüssels« bis zum Vor- derende desselben und theile sich hier in zwei Äste, die dann an den Rändern nach hinten laufen. Diese Randgefäße aber sollen »sehr zahl- reiche Seitengefäße abgeben, die ein dichtes Gefäßnetz durch den ganzen Rüssel und zwar zunächst unter der konkaven Innenfläche desselben verbreiten. An dem hinteren Theil des Rüssels tritt dieses Gefäßnetz in einen lappigen sinuösen Schlauch ein, der, wie schon erwähnt, aus dem röhrenförmigen Grunde des Rüssels sich erhebt und der inneren Fläche desselben aufliegt, gerade unter dem medianen Längsgefäß. Dieser Sinus geht nach hinten mitsammt den Randgefäßen des letzteren (? S.) in einen weitmaschigen Gefäßring, der die Basis des Rüssels umzieht und alles durch die mediane Längsarterie in ihn eingetriebene Blut aufnimmt «. In der zweiten Mittheilung wird diese Schilderung in folgender Weise ergänzt: »An Querschnitten durch den Rüssel sieht man konstant an den Rändern desselben statt eines Gefäßlumens deren zwei dicht neben einander liegen, von denen in der Regel das eine etwas weiter als das andere ist. Das engere ist ein Blutgefäß, das mit dem der ande- ren Seite sich vereinigend in den Bauchgefäßstamm übergeht, das andere ist ein Leibeshöhlenkanal, der ebenfalls mit dem anderen Seitenkanal sich vereinigt und in das mit der Leibeshöhle in Verbindung stehende Nervengefäß des Bauchstranges mündet«!. Aus dieser Darstellung sollte nach Greerr’s Äußerung sich ergeben, dass das Blutgefäßsystem auf der Spitze des Rüssels mit der Leibeshöhle kommunicire. Ich habe mich in meinem »ersten Beitrage « außer Stande erklärt, diese Schlussfolgerung zu ! Archiv für Naturgesch. 4877. p. 346, nee län en ee Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 515 verstehen !. Aus einer neuerlichen Publikation Greerr’s wird aber klar, wie er sich diese angebliche Kommunikation zwischen Leibeshöhle und Blutgefäßen durch seine frühere Schilderung bewiesen denkt. Es heißt nämlich in der »dritten Mittheilung«, p. 43, diese Kommunikation komme zu Stande, »indem die Rüsselarterie auf der Spitze des Rüssels in zwei an den Rändern des Rüssels nach hinten laufende Kanalsysteme über- gehe, eines dem Blutgefäßsystem angehörig und in den Bauchgefäßstamm mündend, das andere von der in den Rüssel in sinuösen Kanälen sich fortsetzenden Leibeshöhle gebildet«. Danach also theilt sich das mediane Gefäß, die »Rüsselarterie« GrEEFF’s, in vier Gefäße, zwei Blutgefäße und zwei Leibeshöhlenkanäle. Wo aber ist auch nur ein Versuch ge- macht, eine Kommunikation des medianen Gefäßes mit den letzteren nachzuweisen? Nach unserer obigen Darstellung bestehen solche seit- liche Leibeshöhlenkanäle bei Echiurus überhaupt gar nicht, sondern die- selben sind nichts als die seitlichen, allerdings etwas weiteren Theile der Fortsetzung der Leibeshöhle in den Kopflappen , welche die ganze ventrale Fläche des letzteren einnimmt. Was Grezrr als das dichte von den Randgefäßen abgehende »Gefäßnetz« bezeichnet, ist eben diese Leibeshöhle, ein niedriger, von zahlreichen dorsoventralen Muskelfäden durchzogener Hohlraum, der hier so gut wie im Rumpfe Gefäße ent- hält; denn die Randgefäße liegen auch nicht, wie GrEEFF angiebt, neben den »Leibeshöhlenkanälen «, sondern in diesen. Auch am Vor- derende des Kopflappens ist das Verhalten durchaus das gleiche: die Randgefäße verbinden sich in derLeibeshöhledurch eine quere Brücke, und in diese mündet das im Kopflappen außerhalb der Leibeshöhle in der Muskulatur verlaufende mediane Gefäß von der dorsalen Seite her ein (Fig. 44), ohne dass sich im Geringsten eine Diskontinuität der Wan- dungen nachweisen ließe. Ich glaube mit voller Bestimmtheit die These aufstellen zu können, dass eine Kommunikation zwischen dem Blutge- fäßsystem und der Leibeshöhle — wenn eine solche überhaupt existirt — sicher nicht am Vorderende des Kopflappens zu Stande kommt. Nicht anders steht es mit einigen weiteren von GREEFF be- schriebenen Theilen des Gefäßsystems, namentlich mit dem »lappigen sinuösen Schlauche« und dem » weitmaschigen Gefäßringe, der die Basis des Rüssels umzieht«. Diese Hohlräume gehören ohne Zweifel ausschließ - lich der Leibeshöhle an und haben mit Blutgefäßen nichts zu schaffen. Während aber diese angeblichen Gefäße wenigstens als Hohlräume exi- stiren, ist mit einem solchen »Gefäße« und einem Theile eines anderen selbst dies nicht der Fall, nämlich mit dem » Nervengefäß« und dem hin- ! a.a. ©. p. 389, Anmerkung, 516 J. W. Spengel, teren Theile des » Darmgefäßes«. Dieses soll nach Grerrr im hinteren Körperende direkt in das Bauchgefäß übergehen. Da das » Darmgefäß « das Hinterende des Körpers gar nicht erreicht, sondern an dem Gefäß- ringe endigt, aus dem die Neurointestinal-Anastomose entspringt, so kann natürlich eine Verbindung, wie GREEFF sie beschreibt, auch nicht bestehen. Es ist zu vermuthen, dass GrEEFF in denselben Fehler ver- fallen ist wie Forses und Goopsır und wie QUATREFAGES, nämlich dass er den »Nebendarm« — den er nicht erwähnt — für eine Fortsetzung des » Darmgefäßes « angesehen hat. Wie aber ist es mit dem »Nervengefäß «? Von der Existenz dieses, d. h. eines das Nervensystem in seiner ganzen Ausdehnung umschließenden Gefäßes will sich Grerrr (1874) nicht nur an günstigen Querschnitten aufs bestimmteste überzeugt haben, sondern es ist ihm auch »einige Male gelungen, das Nervenblutgefäßsystem mit allen Seitenzweigen zu injieiren «. Es ist sehr schwer sich eine klare Vorstellung davon zu machen, was GREEFF auf seinen Schnitten gesehen und welche Hohlräume er injieirt hat. Wir erfahren nämlich über das Verhältnis des Nervenstranges zum Gefäße Folgendes: »der erstere liegt nach außen der inneren Körperwand, resp. der inneren eirkulären Muskelschicht auf und ist mit ihr verwachsen, nach innen aber liegt er vollständig in dem ihn überwölbenden Blutgefäß«. Wir müssen offenbar annehmen, dass in den »Nervenstrang« die muskulöse Scheide desselben mit einbegriffen ist. Diese aber wird allseitig von einem dünnen, eng anliegenden Peritonealblatte überkleidet, auch an der ventralen Seite. Ein Zusam- menhang zwischen dem Nervenstrange, resp. seinen Hüllen und der inneren Körperwand aber wird nur hergestellt durch die austretenden peripherischen Nerven, resp. deren Hüllen einerseits und durch das un- paare zarte Mesenterium andererseits. Zwischen je zwei solchen Nerven kann also unmöglich ein geschlossener Raum zwischen dem Bauchmarke und der inneren Muskelschicht bestehen. Was GrEEFF an Querschnitten gesehen hat, kann ich aus seinen Angaben mithin nicht entnehmen. Dagegen werden seine Injektionen wol unter die Scheide des Bauch- markes und aus dieser in die Scheiden der peripherischen Nerven und durch Zerreißungen dieser in die Leibeshöhle gelangt sein; namentlich an elwas macerirten Objekten mögen solche Injektionen wol mit der- artigem Erfolge gelingen. Dass das Bauchmark in einem besonderen Hohlraum, sei es nun einem Blutgefäße, wie GrEEFF in seiner ersten, oder von einem Leibeshöhlenkanale, wie derselbe in seiner zweiten Mit- theilung will, liege, kann ich nach meinen Befunden nicht zugeben. Dass Greerr das »Nervensystem in seiner ganzen Ausdehnung«, also einschließlich des Schlundringes, in denselben verlegt, beruht wahr- scheinlich nur auf einem Lapsus calami. Sollte dies nicht der Fall sein, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 517 so mag hiermit auch die Existenz eines Hohlraumes um die Schlundring- schenkel ausdrücklich in Abrede gestellt sein. Über die histologische Zusammensetzung der Gefäßwandung theilt Grerrr (187%) nur mit, das mediane »Rüsselgefäß« sei » mit besonderen cirkulären und radiär von seinem äußeren Umfang ausstrahlenden Muskeln versehen «. Der Kopflappen. Nachdem wir nunmehr die verschiedenen Organe kennen gelernt haben, die in den Kopflappen eintreten, müssen wir diesem Körpertheile, dessen Deutung den älteren Autoren so viele Schwierigkeiten bereitet hat, noch eine besondere Betrachtung widmen. Parras nennt das in Rede stehende Gebilde eine »lingua carnosa, cujus apicem et margines pro lubitu animal involvit et explicat«. Vom inneren Bau dieser » Zunge« hat er nichts erkannt. Eine eigenartige Auffassung vertreten Forges und GooDsir. Sie nennen unseren Kopflappen einen »sonderbaren fleischigen, mit einer Rinne versehenen Anhang, der neben einem retraktilen, ten- takellosen, am Ende mit einem dunkelrothen Rande versehenen Rüssel stehe; dieser Anhang sei nicht retraktil, aber in hohem Maße dehnbar, und bilde eine Art Scheide für den Rüssel«. Die gleichen Angaben wiederholt Forses in seiner » History of British Starfishes «, p. 264, indem er den Anhang als »Löffel« bezeichnet. Ich vermag mir diese Schilde- rung nur durch die Annahme zu erklären, dass die vom Sturm ans Land geworfenen Echiuren, welche die englischen Forscher untersucht haben, den Vordertheil des Darmes durch krampfhafte Kontraktionen der Leibes- muskulatur nach außen hervorgepresst hatten (siehe oben p. 492). QUATREFAGES nennt den Kopflappen (in seiner Abhandlung über den Echiurus Gaerinert) » Endlöffel « »cuilleron terminal, theilt aber über den Bau desselben nichts mit, da er den untersuchten Thieren fehlte. Später! bezeichnet er ihn als » rüssel- oder blattförmigen Anhang« des Kopfes. LacAzE-Dursiers hat den Bau des Anhanges genau erkannt und Nerven- stränge und Gefäße treffend beschrieben. Er vergleicht das Gebilde dem »Rüssel« der Sipunculiden, von dem es sich wesentlich durch den Mangel der Retraktilität unterscheide, und belegt es mit dem gleichen Namen (»trompe«). Dieser Name hat dann in die meisten Lehrbücher Eingang gefunden und wird auch in Greerr’s Mittheilungen » über den Bau der Echiuren« gebraucht. Ich habe schon auf Grund meiner Be- obachtungen über die Entwicklung der Bonellia diesen Namen verworfen und vorgeschlagen, die durchaus treffende Bezeichnung »Kopflappen « in 1 Histoire naturelle des Anneles. t. II. p. 537. >18 J. W. Spengel, der für die Anneliden gültigen Definition! auf den dorsalen Kopfanhang der Echiuriden zu übertragen. Die Verwendung des Namens »Rüssel « ist schon ohnedies eine so mannichfaltige, dass derselbe eine bestimmte morphologische Bedeutung schon lange nicht mehr besitzt. Nicht nur äußere Kopfanhänge jeglicher Art, wie die Elefantennase und die Mund- werkzeuge der Arthropoden, sondern selbst vorstülpbare innere Organe, wie der Nemertinenrüssel, tragen diesen Namen. Ich werde natürlich keinen Versuch machen, diese ganze Nomenklatur an dieser Stelle zu reformiren; ich halte mich nur an den engeren Verwandischaftskreis, und innerhalb dieses lässt sich, scheint mir, eine übereinstimmende Be- zeichnungsweise ohne Schwierigkeit durchführen. Bei den Anneliden unterscheiden wir einen vorstülpbaren Vorderabschnitt des Darmes, dessen Abstammung vom Ektoderm in einzelnen Fällen erwiesen, in anderen durch die Bewaffnung und andere Eigenschaften wahrscheinlich gemacht ist, als »Rüssel« und eine dorsale Verlängerung des Mund- segments, welche eventuell als selbständiges Segment erscheinen kann, als »Kopflappen«. Letzterer ist stets eine Fortsetzung der Leibeswand und enthält die Schichten dieser, außerdem in den meisten Fällen den dorsalen Theil des centralen Nervensystems und vielfach vordere Gefäß- schlingen; er ist nie retraktil. Sollte die Vorstülpung des vorderen Ösophagustheiles bei Echiurus ein normaler Vorgang sein — was ich übrigens bezweifle -— so wäre natürlich diesem Thiere auch ein »Rüssel« im Sinne des Annelidenrüssels zuzuschreiben und in dieser Beziehung Forses und Goopsır beizupflichten. Mit Sicherheit nachgewiesen und als typisches Organ aller Echiuriden erkannt ist nur der »Kopflappen .«. Die Frage, ob andere Gephyreen, namentlich die Sipunculiden einen » Rüssel« besitzen, lasse ich an dieser Stelle unerörtert; ich werde bald an anderem Orte Gelegenheit haben, meine Ansicht darüber auszu- sprechen. Die Organisation des Kopflappens des Echiurus vergegenwärtigen wir uns am leichtesten an der Hand eines Querschnittes, wie ihn Fig. 43 darstellt. Derselbe zeigt uns ein System von Hohlräumen (/!h), welche der konkaven ventralen Seite viel näher liegen als der konvexen dor- salen. Es ist die sich in den Kopflappen erstreckende Fortsetzung der Leibeshöhle, welche von zahlreichen Gewebszügen durchsetzt ist. Rechts und links liegt ein Hohlraum von besonderer Größe und in ihm der Durchschnitt eines engeren Kanales, des seitlichen Blutgefäßes des Kopf- i Siehe A. E. GruBE, »Die Familien der Anneliden«. Berlin 1851. p. 12. »Das Mundsegment setzt sich meistens an seiner Rückenfläche in einen vorderen, mehr oder minder ansehnlichen, die Mundöffnung überragenden Lappen fort, den Kopf- lappen.« _ Au A 4 Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 519 lappens (vum). Der größte Theil der Schnittfläche ist von Muskelfasern eingenommen, die bestimmte Verlaufsrichtungen erkennen lassen. Bei Weitem die meisten ziehen der Länge nach durch den Kopflappen und erscheinen daher im Querschnitte nur als Punkte; sie bilden eine mächtige mittlere Lage (Im). Gegen den dorsalen Rand des Schnittes hin finden wir ein viel schmaleres Band von Quermuskeln (qm) und nach außen von diesem noch wieder vereinzelte Querschnitte von Längs- muskeln (/m’). Auch am dorsalen Rande der Leibeshöhle erblickt man Quermuskeln (qm’) und Längsmuskeln (!m”), am ventralen Rande aber wiederum Durchschnitte von Längsfasern (Im”’). Dazu kommen endlich dorsoventrale Muskeln, die von der Grundmembran des ventralen Epi- thels durch die die Leibeshöhle durchsetzenden Stränge hindurch bis zu der des dorsalen Epithels ziehen. In den seitlichen Gebieten aber, wo dieQuermuskelbänder ausstrahlen und ein unregelmäßiges Fasernetz ent- steht, liegen die Querschnitte der Schlundringschenkel (nm), von denen einige peripherische Äste ausgehen, und in der Mitte, innerhalb der mitt- leren Längsmuskelschicht, der Querschnitt des medianen Blutgefäßes des Kopflappens (vd). Vom Epithel aus springen zahlreiche Gruppen von Haut- drüsen (dr) in die Muskellagen hinein, namentlich an der dorsalen Seite, während man nach innen vom Wimperepithel der ventralen Seite hier und da einen Haufen dunklen Pigments sieht. Vorn breitet sich die ventrale Fläche des Kopflappens fast eben aus, nach hinten aber rollen sich seine Seitenränder mehr und mehr ventral- und medianwärts ein und vereinigen sich endlich zur Bildung eines kurzen Trichters, in dessen Grunde die Mundöffnung liegt. Bis in diesen Trichter ragt ein eigenthümlicher, im Leben orangeroth gefärbter Längs- wulst hinein, der als eine mittlere Verdickung der ventralen Kopflappen- fläche sich über ein Drittel bis die Hälfte der Länge dieser erstreckt (Fig. 2 w). Das Gebilde schwankt in der Entwicklung sehr und erscheint namentlich nach vorn hin fast niemals scharf begrenzt. Seine Oberfläche ist uneben, die Ränder etwas lappig. An seiner Bildung (Fig. 45) nehmen einerseits die Leibeshöhle des Kopflappens, andererseits verschiedene Gewebsschichten desselben Theil. Die erstere (l}} erweitert sich hier be- trächtlich. Ihre dorsale Begrenzung bildet ein Muskelband (!m”), das durch Verdickung der ventralen Längsmuskelschicht zu Stande kommt; es er- scheint auf Querschnitten als eine dreieckige Masse. Ventralwärts von der Leibeshöhle zeigt sich das Grundgewebe und zwar namentlich an den Seiten verdickt und eben so, wenn auch in geringerem Maße, das Epithel, das im Übrigen keinerlei besondere Eigenschaften bietet. Es ist sehr schwer, aus dem morphologischen Verhalten auf die Funktion dieses Organes zu schließen, und ich gestehe, dass ich keine plausible Deutung 920 J. W. Spengel, vorzuschlagen weiß. Schon Pırıas kannte es und benannte es einfach »stria crassa longitudinalis«. GreEEFF, der es wenig zutreffend als eine »aus der röhrenförmigen Basis des Rüssels hervortauchende, mehrfach eingebuchtete, orangenfarbene Papille« bezeichnet, glaubt eine Verbin- dung mit dem Gefäßsystem wahrgenommen zu haben!, während die Hohlräume des Wulstes thatsächlich gänzlich von jenem getrennt sind und zur Leibeshöhle gehören. Ich will das Gebilde unter solchen Um- ständen ganz indifferent als rothen Längswulst des Kopflappens be- zeichnen. Der Kopflappen ist im Leben mit hochgradiger Beweglichkeit, namentlich seiner Seitenränder, und Dehnbarkeit begabt. Zwar vermag er sich nicht entfernt in solchem Maße zu strecken wie derjenige der Bonellia; immerhin aber verhalten sich die größte und die geringste Länge eines Kopflappens etwa wie 4:4. Es entsteht die Frage, durch welche Kräfte diese Streckung bewirkt wird. Es scheinen mir dieselben zu sein, welche auch die Streckung des Rumpfes herbeiführen, nämlich der sich bei Erschlaffung der Längsmuskeln und Anspannung der Ring- muskeln in der Längsrichtung geltend machende Druck der Leibesflüssig- keit. Die Quelle dieses Druckes liegt im Rumpfe, und so wird es erklär- lich, warum wir im Kopflappen die Muskulatur fast nur an der dorsalen Seite der Leibeshöhle ausgebildet finden, hier aber in einer Weise, welche mannichfaltige Verschiebungen der Theile desselben gegen ein- ander gestattet. | Es ist schon aus den Beschreibungen von Pırras und von Forges und Goopsır wie von Anderen bekannt, dass der Kopflappen häufig vom Thiere, das aus seinem natürlichen Elemente genommen ist, abgestoßen wird. Ich kann hinzufügen, dass der Echiurus diese Verletzung leicht übersteht und im Stande ist, den Kopflappen neu zu bilden, wie daraus hervorgeht, dass man gelegentlich große Exemplare mit ganz kleinem Kopflappen findet. Leider konnte ich mir nicht hinreichendes Material von solchen verschaffen, um die Vorgänge der Regeneration eingehend zu studiren. Die Segmentalorgane. Die Segmentalorgane treten in Gestalt zweier Paare von hellen dünn- wandigen Schläuchen auf, deren Dimensionen außerordentlich wechseln. Das vordere Paar liegt nahe hinter den Bauchborsten, das hintere etwa in gleicher Entfernung hinter dem vorderen. Die vorderen Schläuche münden in dem Raume zwischen der auf die Bauchborsten folgenden ' 1874. p. 26. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 521 und der nächstfolgenden Reihe größerer Hautwarzen, die hinteren in dem darauf folgenden Raume nach außen, indem sie die Muskelschichten und die Haut durchbrechen. Vor der Mündung erstreckt sich ein kurzer Sack nach vorn und ein längerer, ungemein dehnbarer nach hinten. Die Wandung besteht aus einem inneren Epithel, einer zweischichtigen Muscularis und einem Peritonealüberzuge. Eine Untersuchung des leben- den Organes ist fast unmöglich, da sich jedes Stück so vollständig kon- trahirt, dass man nichts mehr daran unterscheiden kann. Übrigens gelangt man an abgetödteten, sei es gefärbten, sei es ungefärbten Stücken zu befriedigender Einsicht. Das äußere und das innere Epithel untersucht man am besten an Stücken von stark ausgedehnten Organen. Die Zellen des inneren Epithels erscheinen dann von der Fläche poly- gonal mit deutlichen Grenzen und einem fein granulirten rundlichen oder etwas länglichen Kerne. An Querschnitten erkennt man von ihnen an vielen Stellen, da sie äußerst platt sind, nichts als die Kerne, an weniger gedehnten Stellen aber auch den Zellkörper, dessen Höhe etwa der Breite gleich kommen kann. Auch diese Zellen sind also wie die des Darm- epithels in hohem Grade dehnbar. Erst bei sehr starker Kontraktion der Muskelschichten bilden sich Falten im Epithel. Das Peritoneum gleicht dem anderer Körperstellen. Unter dem Epithel liegen in einer bei den einzelnen Individuen sehr verschiedenen Häufigkeit die uns bereits be- kannten Ballen von pigmenthaltigen Zellen, manchmal in so großer An- zahl, dass man mit unbewaffnetem Auge ein Gefäßnetz zu sehen glauben könnte, wie sich denn in der That Forses und Goopsır dadurch haben irre leiten lassen (siehe unten). In anderen Fällen sind sie äußerst spär- lich. Die Anwesenheit dieser Ballen in den Segmentalorganen könnte zur Vermuthung führen, es möchten besondere Sekretionszellen sein; dagegen spricht indessen doch wol die Verbreitung, die diese Gebilde sonst im Echiurenkörper haben. Von der Muscularis gilt dasselbe, was oben von derjenigen der Analschläuche gesagt wurde: an Flächenbildern sieht man ein regelloses Netzwerk, während man an Durchschnitten er- kennt, dass die Fasern in einer äußeren Schicht mehr ringförmig, in einer inneren mehr longitudinal verlaufen, wenn auch keine scharfe Grenze zwischen beiden Schichten besteht. An der Ausmündung des Organes scheinen die Ringfasern sich mit den schrägen Muskeln der Leibeswand zu verbinden, während die Längs- fasern sich wie die basiparietalen Muskeln der Borsten verhalten, d. h. durch die drei Schichten des Hautmuskelschlauches hindurch an die Cutis ausstrahlen (Fig. 54). Doch behalten sie nicht alle diese Richtung bei, sondern verflechten sich um den Ausführungskanal herum und bil- den namentlich einen kleinen Sphinkter, den man auf Flächenschnitten 922 J. W. Spengel, durch die Haut in der Umgebung der Segmentalorganporen deutlich dicht um das Epithel des Ganges liegen sieht. Die Schichten der Hautmuskeln weichen dabei großentheils aus einander; nur einzelne Fasern scheinen sich an den Gang anzusetzen, und würden dann als Erweiterer seines Lumens funktioniren. Der Hohlraum jedes Segmentalorganes kommunieirt ferner mit der Leibeshöhle : in der Nähe der inneren Öffnung des kurzen Ausführungs- ganges, dicht vor derselben, mündet in den vorderen Sack ein von wimperndem Gylinderepithel ausgekleideter enger Kanal (Fig. 51 irg), welcher der ventralen Wand dieses Sackes anliegt. Nach vorn aber er- weitert er sich ganz plötzlich zu einem flachen und zugleich in dorso- ventraler Richtung abgeplatteten Trichter, der sich aus zwei sehr un- gleich gestalteten Lappen, einem kurzen ventralen (ir.v) und einem langen dorsalen (ir.d), zusammensetzt. Ersterer stellt, wenn wir von den Fal- tungen seines Randes absehen, etwa ein gleichschenkliges Dreieck von geringer Höhe und breiter, vom freien Rande gebildeter Basis, letzterer eine annähernd kreisrunde Scheibe dar. Die freien Ränder beider gehen in einander über. Jeder Lappen besteht aus zwei Membranen, die wir in Beziehung zum Trichter innere und äußere nennen können; die innere Membran des dorsalen Lappens sieht gegen die ventrale, die äußere gegen die dorsale Seite, während die des ventralen Lappens umgekehrt orientirt sind. Die innere Membran bildet eine direkte Fortsetzung der Epithel- schicht, die das Segmentalorgan auskleidet, die äußere aber eine Fort- setzung der Muskel- und Peritoneallage. Nun aber hat an jedem Lappen die innere Membran eine größere Oberfläche als dieäußere, und so entsteht einerseits zwischen beiden ein Hohlraum, andererseits schlägt sich die innere Membran des dorsalen Lappens von vorn und den Seiten von der ventralen auf die dorsale Seite desselben über, so dass bei einer Ansicht der-dorsalen Fläche dieses Lappens die äußere Membran als ein kleines, vorn und an den Seiten von einem Theile der inneren eingerahmtes Feld erscheint. Der Hohlraum kommt außerdem noch dadurch zu Stande, dass die Muskelschicht sich gegen den vorderen Rand des dorsalen Lappens rasch verdünnt, so dass im vorderen Theile desselben nur ganz spärliche Fasern übrig bleiben, welche die Verbindung zwischen der inneren und äußeren Fläche herstellen. Im ventralen Lappen verhält sich die Musku- latur eben so, doch entsteht bei der geringen Längsausdehnung dessel- ben kein erheblicher Hohlraum. Achtet man auf die Gestalt der Trichterlappen bei verschiedenen Segmentalorganen, so fällt Einem zunächst die große Mannichfaltigkeit derselben auf, ferner aber, dass namentlich der dorsale Lappen häufig wie aufgebläht aussieht, und wenn man nun einen Trichter mikrosko- Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 523 n pisch untersucht, sei es frisch, sei es an gefärbten Präparaten, so findet man, dass der Innenraum mit einer Flüssigkeit erfüllt ist, welche nicht nur Blutkörperchen, sondern auch junge Eier, beziehungsweise Samen- bildungszellen enthält, also ganz unzweifelhaft Leibesflüssigkeit ist. Wie gelangt diese in den Innenraum des Lappens hinein? Die Untersuchung zeigt, dass die äußere Membran vollkommen geschlossen ist; es ist (Fig. 5%) eine ungemein zarte Membran, in der längliche Kerne zerstreut liegen, während unmittelbar unter oder vielleicht in ihr äußerst dünne Fasern, hauptsächlich in der Richtung von hinten nach vorn bis an den Rand der äußeren Membran verlaufen, die vorderen Enden der Muscularis. Zellgrenzen in oder auf der Membran habe ich nie erkennen können, eben so wenig Wimperhaare. Ganz anders ist das Aussehen der inneren Membran: diese ist ein wol auf einer zarten Basalmembran sitzendes Wimperepithel von geringer Höhe. Nur an der Stelle, wo sich die Ränder des dorsalen und ventralen Lappens vereinigen, erheben sie sich zu etwas bedeutenderer Höhe. Dies Epithel aber zeigte mir an gelungenen Präpa- raten (Fig. 52) scharf begrenzte, runde oder ovale Löcher in verschiedener Anzahl und Größe. Ihre Gestalt ist so durchaus regelmäßig und ihre Be- grenzung so scharf, dass ich sie für präexistent halten muss. Man blickt durch sie in den Innenraum des dorsalen Lappens hinein und an etwas gedrückten Präparaten sind aus denselben Blutkörperchen etc. ausgetre- ten. Ich muss annehmen, dass durch diese Öffnungen normaler Weise die Leibesflüssigkeit in den besagten Hohlraum eintritt. Die treibende Krafi dürfte der Wimperstrom darstellen. Der Zweck dieser Einrichtung scheint mir auch verständlich zu sein; eserfolgt eine Art Erektion des Lappens, der ohne diese bei der äußersten Zartheit und Weichheit seiner Membranen vollkommen schlaff sein würde und von den spärlichen Muskeln, die auf einen kleinen Theil desselben beschränkt sind, nicht bewegt werden könnte. Durch die zwischen den beiden Lappen gelegene schlitzförmige Öffnung des Trichters gelangen die reifen Geschlechtsstoffe in die Seg- mentalorgane hinein. Es muss ein wunderbarer Mechanismus sein, durch welchen sämmtliche Eier und Samenfäden in den Bereich des Trichters geführt und durch diesen fast unvermischt in das Segmental- organ aufgenommen werden, so dass man nach der Fortpflanzungszeit kein Ei, ja nicht einmal ein Spermatozoon mehr in der Leibeshöhle findet, die doch an Blutkörperchen nicht ärmer geworden ist. Ein ein- facher Reusen- oder Seihapparat kann dies unmöglich bewirken, da die Eier viel größer, die Samenfäden viel kleiner als die Blutzellen sind. Und doch ist die Sonderung der Geschlechtsprodukte von den letzteren so vollkommen, dass man zwischen den Millionen von Spermatozoen, die 524 J. W. Spengel, R ein Segmentalorgan zur Zeit der Reife enthält, kaum den einen oder anderen fremden Bestandtheil findet. Ich vermag nicht einmal ver- muthungsweise anzugeben, wie der Mechanismus, der solches leistet, beschaffen sein mag. Auch auf die Frage, ob die Ausführung der Geschlechtsstoffe die einzige Aufgabe ist, welche die Segmentalorgane des Echiurus erfüllen, oder ob sie daneben etwa noch die Rolle von Exkretionsorganen spielen, kann ich keine Antwort geben. Ich habe dieselben außerhalb der Zeit der Geschlechtsreife stets'mit einer bald größeren, bald geringeren Menge einer farblosen Flüssigkeit erfüllt gefunden, die manchmal vereinzelte Blutzellen enthielt. Konkremente habe ich in der Wand nicht beob- achtet. Sämmtliche früheren Autoren haben die hier als Segmentalorgane beschriebenen zwei Paar Schläuche des Echiurus wie die homologen Organe des Thalassema als Geschlechtsorgane gedeutet. PaLLas nennt sie »vesiculae genitales«, gestützt auf die Beobachtung, dass sie im November und December »albissimo lacte turgent«; da er ferner bei einigen Individuen in der Leibeshöhle » globulos innumeros nec nisi pro ovulis habendos« fand, während die vesiculae lactiferae zu » bullae exi- guae, ovatae, hyalinae« reducirt waren, spricht er die Vermuthung aus, »an forte vesiculis lactiferis parata ovula in cavum abdominis effundun- tur«. Forses und Goopsır ! fanden Eier und Samen in den Schläuchen und schließen daraus auf die Natur derselben als Fortpflanzungsorgane (» generative sacs«). (JUATREFAGES? hat nur Sperma in den Schläuchen beobachtet und deutet dieselben daher als Hoden, nimmt aber eine ähn- liche Bildung der Ovarien auf Grund von Pırras’ Schilderung an. Das Jahr 1858 brachte dann die Entdeckung des wahren Ovariums der Bo- nellia durch Lacaze-Durnters und die Deutung des bisher als Eierstock betrachteten Schlauches als Eierbehälter oder »Uterus«. Die so nahe- liegende Schlussfolgerung für Echiurus und Thalassema wurde trotzdem von den nachfolgenden Beobachtern nicht gezogen, obwol QUATREFAGES ? in seiner »Histoire naturelles des Annel&es« darauf hinweist und es für wahrscheinlich erklärt, dass diese Organe bei allen Gephyreen nicht die Bildungsstätten der Geschlechtsstoffe, sondern nur deren » reservpirs temporaires« seien. Kowauevsky? beschreibt 14872 drei Schlauchpaare eines Thalassema aus dem rothen Meere als Geschlechtsorgane, GREEFF 5 in demselben Jahre zwei hinter den Borsten angebrachte Paare von 1 a.a. 0. p. 376. 2 a.a. 0. p. 329. 3 p. 579—582. 4 A. KowAuLevsky, Zur Anatomie und Entwicklung von Thalassema. Diese Zeit- schrift. Bd. XXIl. 4872. p. 284. 5 Marburger Sitzungsberichte. 1872. Nr, 6. p. 407. u en u u nn n te u 1 a A re u ei Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 525 langen weißen Schläuchen bei Thalassema Baronü als Hoden. Eine ent- sprechende Deutung giebt derselbe Verfasser 1 1874 und 1877 den Seg- mentalorganen des Echiurus Pallasü. In systematischen Beschreibungen verschiedener Autoren werden die äußeren Mündungen der in Rede stehenden Organe als Geschlechtsöffnungen bezeichnet, eben so in Lehr- büchern. Im Jahre 1878 habe ich dann auf Grund von Untersuchungen an Bonellia, Echiurus und Thalassema gigas M. MürrL., durch welche der Nachweis einer mit dem Ovarium der Bonellia übereinstimmend gelager- ten Keimdrüse bei den beiden letztgenannten Thieren und ferner der Existenz innerer Öffnungen der angeblichen Geschlechtsschläuche er- bracht wurde, diese als Segmentalorgane in Anspruch genommen. In seiner dritten Mittheilung über den Bau der Echiuren ? hat sich dann auch GREEFF dieser Deutung angeschlossen. Ich glaube dieselbe durch meine obige eingehende Schilderung endgültig als die allein richtige dargethan zu haben. Nicht minder langsam haben sich die Kenntnisse vom Bau dieser Organe entwickelt. Pırras konnte keine äußeren Mündungen derselben erkennen. Forses und Goonsır fanden winzige Öffnungen an der Bauch- seite, zwei unmittelbar hinter den Bauchhaken, zwei etwa einen Zoll weit dahinter. Im Zustande der Füllung mit Geschlechtsstoffen sollen schar- lachrothe Blutgefäße in ihrer Wand ihnen ein hübsches Aussehen ver- leihen. Diese Gefäße führen sich augenscheinlich auf die Ballen von pigmenthaltigen Zellen zurück. Interessant aber sind die Abbildungen, welche diese Beobachter von den Organen in ihren Figuren 2, 40 und 12 geben ; das Vorderende ist mit einem im Texte nicht erwähnten lappi- gen Anhange versehen, offenbar dem dorsalen Lappen des Wimpertrich- ters. In Quarrerases’ Beschreibung und Abbildungen findet sich hiervon nichts angedeutet. Dagegen beschreibt dieser die Zusammensetzung der Wandungen des Schlauches aus einer äußeren Peritoneal- und zwei inneren rechtwinklig gekreuzten Muskelschichten; auch beobachtete der- selbe in der Dicke der Wand kleine unregelmäßige granulöse Körper von wechselnden Dimensionen, eben jene Pigmentballen, welche Forses und Goopsır getäuscht haben. GREEFF macht in seinen früheren Mittheilungen keine genaueren Angaben über den Bau der Segmentalorgane und über- sah gleichfalls den Trichter. In meinem ersten Beitrage zur Kenntnis der Gephyreen3 habe ich dann das Vorkommen von trichterförmigen Mündungen bei Thalassema und Echiurus »in der gleichen Form und Lage wie bei Bonellia« erwähnt. Die Übereinstimmung in Bezug auf die Form i „Über den Bau der Echiuren.« 4. und 2. Mitth. 2 p. 45—46. 3 Mittheilungen aus der Zool. Station in Neapel. Bd, I. p. 444. Anm. 526 J. W. Spengel, beschränkt sich allerdings auf Thalassema oder noch genauer das damals allein von mir untersuchte Th. gigas ; die Gestalt des Gebildes ist nach der obigen Beschreibung bei Echiurus Pallasii etwas abweichend. Auch diese Beobachtung hat Grerrr! bald darauf bestätigt: er fand, dass bei Thalassema Moebü »von der Basis eines jeden Geschlechtsschlauches ein Paar mit der Schlauchhöhle kommunicirender und in halbkanal- artige, gekräuselte Spiralfalten ausgezogener Tuben in die Leibeshöhle hineinragen« und erkannte bei Echiurus Pallasit »ganz an der Basis der Geschlechtsschläuche eine kleine an die Leibeswand angeheftete ge- kräuselte Falte, die in die Höhlung des Schlauches führte«. Angaben über den feineren Bau der Organe macht GrEErFr nicht. Die Geschlechtsorgane. Die Geschlechtsorgane des Echiurus bestehen in Keimdrüsen (Hoden und Eierstöcken), den in der Leibesflüssigkeit umherschwimmenden un- reifen und reifen Produkten dieser und dem Ausführungsapparate, dessen Rolle die Segmentalorgane übernehmen. Die Keimdrüsen sind bei allen Individuen vollkommen gleich gebaut und erzeugen Elemente, die sich in nichts unterscheiden, so dass man also eigentlich nicht wol von Hode und Eierstock, sondern nur von einer indifferenten Geschlechtsdrüse reden kann. Dieselbe liegt im hintersten Abschnitt der Leibeshöhle, in dem engen Spalte, der zwischen dem Enddarme, den beiden Analschläuchen und den ventralen Analborsten bleibt, und stellt sich dar als eine unbestimmt begrenzte Auflagerung von kleinen Zellenballen auf dem Endabschnitte des Bauch- gefäßes (Fig. I und A g). Die Zellenballen (Fig. 57) stehen an der dor- salen Kante des Gefäßes am dichtesten, während sie an den Seiten immer spärlicher werden. Nach hinten schließen sie in dichter Häu- fung ziemlich scharf ab, nach vorn aber verlieren sie sich allmählich. Dies Vorderende der Geschlechtsdrüse ist der geeignetste Ort, um die Entstehung dieser Ballen und ihr Verhältnis zur Gefäßwandung zu studiren. Als äußerste Schicht dieser haben wir ein Epithel kennen gelernt, dessen kleine, mit länglichen Kernen versehene Zellen nicht deutlich von einander abgegrenzt waren. An der Stelle, wo die äußersten Ausläufer der Geschlechtsdrüsen sich befinden (Fig. 56 u), trifft man zwischen den länglichen Kernen dieses Epithels vereinzelte oder kleine Häufchen von scharf begrenzten Zellen, deren Kern abge- rundet erscheint, fast doppelt so groß wie derjenige der gewöhnlichen Epithelzellen ist und ein Kernkörperchen enthält, das sich durch seine I Dritte Mittheilung. p. 45—46. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 927 stärkere Lichtbrechung und seine Größe von den feineren Körnchen viel deutlicher unterscheidet, als dies einzelne größere Körnchen auch wol in den Epithelzellen thun; dasselbe nimmt die üblichen Farbstoffe begierig auf. Dies sind die jüngsten Stadien von Ureiern, und von ihnen unter- scheiden sich die Zellen, welche die oben erwähnten Ballen zusammen- setzen, nur durch etwas bedeutendere Größe (0,041 mm, mit Kern von 0,006 mm und einem Kernkörperchen von 0,004 mm). Die Zellenballen der Geschlechtsdrüsen (Fig. 57) sind dichte Haufen von Ureiern ohne irgend welche Beimengung von anderen Elementen; vor Allem fehlen solch platte »Deckzellen «, wie sie in den Ureierballen bei Bonellia schon so früh auftreten, um bald eine hervorragende Bedeutung zu erlangen !. Entsprechend ist auch das Schicksal der Ureier bei Echiurus ein ganz anderes. Der Zusammenhang derselben ist bei dem Mangel der Deck- zellen nur locker, und so löst sich ein Häufchen nach dem anderen von der Geschlechtsdrüse ab und fällt in die Leibeshöhle. Hier erst scheiden sich die Geschlechter, die wir von nun ab getrennt betrachten wollen, indem wir mit dem weiblichen beginnen. Das Material für die Unter- suchung liefert uns ausschließlich die Leibesflüssigkeit. Unter den zelligen Bestandtheilen derselben finden sich im Früh- jahre zahlreiche rundliche Zellen, die sich in nichts von den Elementen der Geschlechtsdrüse unterscheiden (vergl. Fig. 58 a), theils vereinzelt, theils mit einer oder wenigen ihres Gleichen vereinigt. Der Kern ist ein helles Bläschen, in dem das stark lichtbrechende Kernkörperchen scharf ‚hervortritt. Das den Kern umgebende Plasma ist gleichfalls vollkommen hell. Es befindet sich in beständiger langsamer Bewegung wie das einer Amöbe; doch bleiben die Pseudopodien bei der im Verhältnis zur Größe des Kernes sehr geringen Plasmamasse stets kurz. Ob noch eine Ver- mehrung dieser Ureier in der Leibesflüssigkeit statthat, vermag ich nicht zu entscheiden; doch deutet wol die ungeheure Menge der Ureier, welche die Geschlechtsdrüse enthält, darauf hin, dass diese die alleinige Bil- dungsstätte solcher ist. Etwas größere Zellen kommen im Gegensatze zu den häufig gruppen- weise vereinigten Ureiern stetsnurisolirt vor, während sie denselben sonst außerordentlich gleichen. Der Zellkörper ist gewachsen und das amöboide Plasma desselben (Fig. 58 c) enthält einige wenige stark lichtbrechende Körnchen, die ersten Spuren des Deutoplasma. Die übrigen Bestand- theile dieser jungen Eier sind nur wenig gewachsen. In gleicher Weise schreitet die Ausbildung der Eier unter Bewahrung der amöboiden Be- weglichkeit und stetiger Vermehrung des Deutoplasmas fort, bis sie die 1 Siehe meinen ersten Beitrag. p. 361 ff. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. NXXIV. Bd. 34 528 4% W, Spengel, vier- bis fünffache Größe der Ureier erreicht haben. Dann beginnt sich das Ei mit einer starren Dotterhaut zu umgeben, die Anfangs nur als ein scharfer Gontour erscheint, bei Eiern von 0,055 mm Durchmesser aber bereits eine messbare Dicke von 0,0007 mm erlangt. Solche Eier haben ein Keimbläschen von 0,03 mm mit einem Keimfleck von 0,009 mm. So wachsen die Eier bis zur Größe von 0,2 mm heran. Sie sind dann wenig durchsichtige Kugeln, in deren Innern man das Keimbläschen ohne Kompression nur als einen hellen Fleck von etwa einem Drittel des Eidurchmessers wahrnimmt. Der Eikörper besteht aus einem dichten höchst feinkörnigen Protoplasma und zahllosen, um das Keimbläschen dichter als gegen die Peripherie gehäuften Deutoplasmakörnchen. Die Dotterhaut ist eine homogene Membran von 0,0047 mm Dicke. Dass diese als Ausscheidung der Eizelle anzusehen ist, dürfte kaum zweifelhaft sein, da ein diese umschließender Follikel nicht vorhanden ist. Das Mate- rial für das Wachsthum des Eies wird die Leibesflüssigkeit liefern. Im September fand ich bei allen ausgewachsenen Weibchen die Leibeshöhle von ungeheuren Mengen reifer Eier erfüllt. Bei männlichen Thieren bleiben die sich von der Geschlechtsdrüse ablösenden Ureier zu Haufen von meist 30 bis A0 vereinigt und be- wahren diesen Zusammenhang im Gegensatz zu den sich sehr früh trennenden, vielleicht großentheils schon einzeln aus dem Ovarium fallenden Eiern, durch alle folgenden Veränderungen fast bis zur völ- ligen Reife hin. Die Leibesflüssigkeit enthält im Frühjahr zahlreiche solche Ureierballen, deren Zellen einerseits mit den Elementen der Ge- schlechtsdrüse, andererseits mit den Ureiern der Weibchen völlig über- einstimmen. Zunächst scheinen die Elemente dieser Ballen sich noch etwas zu vergrößern (Fig. 64). Die meisten Ballen aber sind aus etwas kleineren Zellen (0,006 mm Durchmesser) zusammengesetzt, deren Kern (0,0045 mm) an Stelle eines großen Kernkörperchens viele feine Körn- chen enthält (Fig. 62). In anderen Haufen sind die Zellen noch etwas kleiner (0,005 mm). Da alle diese Formen neben einander in der Leibesflüssigkeit umherschwimmen, so bietet sich keine Möglichkeit, das genetische Verhältnis derselben zu einander im Einzelnen zu ver- folgen. Doch müssen wir nach. Analogie annehmen, dass die Ureier Anfangs etwas wachsen, dann durch Theilung die kleineren Zellen und diese wieder durch Theilung noch kleinere erzeugen. Diese Verkleine- rung und gleichzeitige Vermehrung schreitet aber noch weiter fort und erreicht endlich ihre Grenze in Zellen von nur 0,004 mm Durchmesser, deren Kerne rundlich und stärker lichtbrechend geworden sind. Aus diesen werden bald deutliche Spermatozoenköpfe, während nach allen Seiten aus dem Zellenballen 0,07 mm lange, äußerst feine und sich Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 929 lebhaft bewegende Fäden, die Spermatozoenschwänze, hervorragen (Fig. 63). Im September hatten sich diese Samenballen bereits meistens aufgelöst, und es schwammen die Spermatozoen frei in der Leibeshöhle umher. Über ihre Form habe ich keine völlige Gewissheit erlangen können, da meine optischen Hilfsmittel nicht ganz ausreichten; doch glaube ich am hinteren Pole des fast kugligen Köpfchens von 0,003 mm Durchmesser zwei stärker lichtbrechende Körnchen erkannt zu haben, zwischen denen der Schwanz von 0,07 mm Länge entsprang. Aus dem gleichen Grunde konnte ich auch die Details der Samenbildung im September nicht genauer verfolgen, und seither war es mir unmöglich, frisches Material zu erhalten. Die reifen Spermatozoen beginnen schon im Herbste aus der Leibes- höhle in die Segmentalorgane überzutreten und sammeln sich hier an, bis auch die Eier gereift sind. Diese aber scheinen erst kurz vor der Ab- lage von den Segmentalorganen aufgenommen zu werden. Wenigstens fand ich im September die Segmentalorgane der Männchen prall mit milchweißen Spermamengen erfüllt, während diejenigen der Weibchen, obwol ungeheure Eiermengen in der Leibesflüssigkeit schwammen, nur ein geringes Quantum farbloser Flüssigkeit enthielten. Ganz entsprechend verhalten sich Sipunculiden, namentlich Phascolosoma. Über die Trennung der Geschlechter bei Echiurus sind die Autoren von Anfang an ziemlich einig gewesen. Parras macht in dieser Bezie- hung allerdings nicht ganz klare Angaben. Dagegen stellen Forses und Goonsiır die Diöcie mit voller Bestimmtheit, QuATREFAGES wenigstens mit Wahrscheinlichkeit hin, und GrEEFF stimmt mit den englischen Forschern überein. Die älteren Ansichten über die Geschlechtsorgane des Echiurus sind schon bei Betrachtung der Segmentalorgane erwähnt worden. Ich habe hier nur anzuführen, dass außer den von VespovskY ! und mir? bestätig- ten und erweiterten Beobachtungen von LAcazE-Durniers über das Ova- rium und die Eibildung der Bonellia und einigen kurzen Mittheilungen über die Eibildung bei einer Thalassema-Art von Semper 3 Angaben über die Keimdrüsen der Echiuriden nicht vorlagen bis zu meiner Notiz über dasOvarium des Thalassema gigas und des Echiurus*. 1879 fand GreEErF 1 Fr, VEeIDovsky, »Über die Eibildung und die Männchen von Bonellia viridis «. — Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 487 ff. 2 J. W. SpEnGEL, »Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. I«. — Mitth. aus der Zool. Stat. Neapel. Bd. I. p. 357 ff. 3 H. Lupwig, »Über die Eibildung im Thierreiche«. — Arb. d. zool. zoot. Inst. Würzburg. Bd. I. p. 339. Sep.-Abdr. p. 53. % a.a. 0. p. 372. 34 * 930 J. W, Spengel, die Geschlechtsdrüsen auch bei Thalassema Moebiüi Gr. »auf dem hinteren Theil des Bauchstranges« und in gleicher Lage das Ovarium bei Echiu- rus Pallasii, letzteres bestehend »aus einer Bauchfellfalte mit sehr kleinen und desshalb leicht zu übersehenden Eizellen. Dieselben scheinen sich in dieser primitiven Form zu lösen und erst in der Leibeshöhle zu reifen«. An der Richtigkeit dieser letzteren Vermuthung Greerr’s kann nach den oben mitgetheilten Beobachtungen kein Zweifel bestehen ; zu verwundern bleibt nur, dass Grerrr nicht durch die Beobachtung der ungemein zahl- reichen Eier von allen Entwicklungsstadien, die ihm bei Untersuchung der Leibesflüssigkeit nothwendig unter die Augen kommen mussten, schon früher darauf hingewiesen worden ist, dass die Geschlechtsdrüse nicht reife Eier und Spermatozoen, sondern nur früheste Entwicklungs- stadien derselben enthalten konnte. Die Ausbildung der Geschlechts- stoffe in der Leibesflüssigkeit war bisher nicht erkannt und verfolgt worden. Es bedarf noch einiger Worte über das Zahlenverhältnis der männ- lichen und weiblichen Tbiere, hinsichtlich dessen ich andere Erfahrungen gemacht zu haben scheine als frühere Beobachter. Pırzas erwähnt nur einiger im November gefangener Exemplare mit Eiern in der Leibes- flüssigkeit. Forses und Goopsır äußern sich über diesen Punkt nicht, haben aber Männchen und Weibchen gesehen. (QuATREFAGES fand nur Männchen. GRrEEFF hat unter allen untersuchten Echiuren nur ein ein- ziges Weibchen angetroffen. Dabei scheint er sich allerdings auf die Untersuchung des Inhaltes der damals noch für Geschlechtsorgane ge- haltenen Segmentalorgane beschränkt, der Leibesflüssigkeit aber keine Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Ich that Letzteres, da ich durch frühere Untersuchungen an Sipunculiden auf die Wichtigkeit dieser Flüssigkeit hingewiesen war, von Anfang an mit Eifer und kam dabei zu ganz anderen Resultaten. Ich bin im Gegensatze zu GrEFFF reichlich so viel Weibchen wie Männchen begegnet. Dieser Unterschied aber erklärt sich wol thatsächlich aus der verschiedenen Beobachtungsweise. Die Eier treten, wie oben erwähnt, erst kurze Zeit vor der Befruchtungsreife aus der Leibesflüssigkeit in die Segmentalorgane über, während die Sperma- tozoen schon im Sommer und Anfang des Herbstes sich massenhaft darin, vorfinden; man wird also weibliche Geschlechtsdrüsen im alten Sinne, d. h. mit Eiern erfüllte Segmentalorgane, nur sehr selten, zu ganz be- schränkter Jahreszeit treffen. Die braunen Körper. Ich habe in der Schilderung verschiedener Organe Ballen von Zellen erwähnt, die ein braunes Pigment enthalten, und hätte noch viel häufi- Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 531 ger Gelegenheit dazu gehabt, da es in der That kein Organ im ganzen Körper des Echiurus giebt, in welchem diese Gebilde nicht in bald größe- rer, bald geringerer Menge vorkommen. So ist namentlich das Grund- gewebe des Kopflappens (Fig. 45) reich daran, ferner die Cutis; sie fin- den sich in den Darmepithelien (Fig. 31), zwischen den Muskelschichten des Darmes (Fig. 28, 31); besonders häufig sind sie in den verschie- denen Schichten der Wandung der Segmentalorgane; selbst in den Borstenscheiden fehlen sie nicht. Man sollte danach auf die Vermuthung kommen, es möchten Parasiten sein; doch wüsste ich nicht, auf was für Thierformen ich sie beziehen sollte. Über ihren Bau ist nicht viel zu sagen. Manchmal sind die Zellen, welche das Pigment in größeren oder kleineren Tropfen oder Körnern enthalten, von einer nur dünnen Mem- bran umhüllt; in anderen Fällen liegen sie in einer derben Kapsel mit zahlreichen spindelförmigen Kernen. Bei dieser Gelegenheit seien zwei unzweifelhafte Parasiten erwähnt, nämlich eine Distomiden-Larve, welche sich häufig in den Gefäßen, namentlich des Kopflappens, doch auch außerhalb derselben, zwischen den Muskeln eingekapselt findet. Ich traf sie vielfach in meinen Schnitten, habe sie aber nicht lebend untersucht. GrEEFF erwähnt eines Distomum, das er in den Hodenschläuchen, i. e. den Segmentalorganen gefunden hat; mir ist dasselbe nicht vorgekommen; eben so wenig eine Turbel- larie, die in der Leibeshöhle leben soll. Ferner beschreibt er eine Gre- garine von absonderlicher Form unter dem Namen Gregarina Echiuri; diese habe auch ich vielfach in den hinteren Darmabschnitten getroffen. Göttingen, im Januar 1880. Späterer Zusatz. Nachdem der Druck des obigen Aufsatzes begonnen war, erschien als Pars II, Nr. I des 44. Bandes der Nova Acta der Ksl. Leop.-Carol.- Deutschen Akademie der Naturforscher eine 172 Seiten starke Abhand- lung über »die Echiuren (Gephyrea armata)« mit 9 Doppeltafeln von _R. GreEFF, auf die ich in einigen nachträglichen Bemerkungen eingehen möchte, um einerseits dem Leser die Vergleichung der Ergebnisse zu erleichtern und andererseits selbst die Gelegenheit zu ergreifen, zu er- klären, dass ich in allen denjenigen Punkten, in welchen ich der in GREEFF’S vorläufigen Mittheilungen gegebenen Darstellung nicht glaubte beipflichten zu können, auch jetzt meinen Widerspruch aufrecht erhalten muss. In den meisten Fällen werde ich mich darauf beschränken können, 932 Ass J. W, Spengel, die Differenzpunkte zu konstatiren , ohne hier auf eine abermalige Be- gründung meiner Ansichten einzugehen, zumal da mir spätere Publi- kationen Anlass geben werden, GrEEFF's Monographie ausführlicher und auch in den nicht auf Echiurus selbst bezüglichen Theilen zu kritisiren. 1) Die Papillen der Haut sind keinesfalls schlechthin als »Tast- papillen« (p. 44) zu bezeichnen, sondern bestehen zum weitaus größ- ten Theile aus einzelligen Drüsen, zwischen denen von GrEEFF unbe- achtet gebliebene »Sinnesbecher« sich befinden. 2) Die innerste Schicht des Muskelschlauches ist nicht aus Ring- fasern (p. 42, 45), sondern aus schrägen Fasern zusammengesetzt, deren Verlauf oben genau geschildert wurde. 3) Die Bildungsweise der Ersatzborsten von einer großen Basalzelle aus ist GrEEFF unbekannt geblieben. 4) Echiurus nimmt eben so wenig wie Bonellia die Nahrung »schöpfend« »durch Einrollen« des Rüssels auf (p. 48), sondern die Nahrungstheilchen werden, wie man namentlich bei Bonellia leicht sehen kann, durch die Wimperung an der ventralen Fläche des Kopflappens bis zur Mundöffnung befördert, ohne dass sich der Kopflappen dabei zu bewegen braucht. 5) Der als»Krop f« bezeichnete Darmabschnitt ist von GrEEFF über- sehen. Das Verhalten der Muskelschichten des Darmes ist kompli- cirter. Das longitudinale Muskelband ist in seinem Verlaufe am Zwischendarm und am Enddarm als » Darmvene « beschrieben, während der mittlere Abschnitt der letzteren diesem Muskelbande sammt dem von GrEEFF nicht erkannten, aber an verschiedenen Stellen (namentlich in Fig. 13 und 44) abgebildeten Nebendarm entspricht. Überdies liegen sowol der Nebendarm wie das Muskelband an der ventralen Seite des Darmes; daher kann das angebliche Darmgefäß nicht wol »am hin- teren Ende in ein den Darm umgreifendes Ringgefäß übergehen, das auf der ventralen Seite mit dem Bauchgefäßstamme in Verbindung zu stehen scheint « (p. 58). 6) Die Existenz vom Bauchgefäße ausgehender Seitenzweige (p- 61) muss ich bestreiten. Bezüglich des Verhaltens der Gefäße und der Leibeshöhle im Kopflappen habe ich meine obige Darstellung in vol- lem Umfange aufrecht zu erhalten. Eine Kommunikation zwischen Leibeshöhle und Gefäßsystem am Vorderende des media- nenKopflappengefäßes bestehtnicht (p. 64). Eben so wenig sind die Hohlräume in dem gelappten Längswulste (»Gefäßpapille «) im Grunde der Kopflappenrinne Theile des Gefäßsystems (p. 63). 7) Für die Existenz eines in den Wandungen der Analschläuche »Analkiemen«) gelegenen, durch die Wimpertrichter mit der Leibes- de u m Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 533 höhle kommunicirenden, gegen die Schlauchhöhle aber abgeschlossenen Gefäßsystems bringt GrEerr keine weiteren Beweise vor als in seiner vor- läufigen Mittheilung (1879). Dass die braunen Zellen der Wülste und Streifen Blutzellen seien (p. 77), muss ich bestreiten ,; sie gehören dem inneren Epithel der Schläuche an. 8) Eine bestimmte Deutung für das »den Nervenstrang direkt um- greifende Nervengefäß« (p. 84) vermag ich auch an der Hand der neuen Beschreibung und der Abbildungen nicht zu geben. In den von GREEFF mit sehr großer Ausführlichkeit beschriebenenFaserbündeln, welche an der dorsalen Seite desselben querspindelförmige Stellen er- zeugen und mit seitlichen und peripherischen Fasermassen zusammen- hängen (p. 86—88), kann ich nur die aus dem Neurilemm ins Innere des Stranges eindringenden und in demselben sich zu einem Netzwerk verflechtenden Bindegewebsfasern erkennen. Die mächtig ent- wickelte Muskulatur des Neurilemms wird vom Verfasser gar nicht erwähnt. Die Behauptung, »die Seitennerven träten aus dem Bauch- marke ohne jegliche Regelmäßigkeit und auch nicht beiderseits gleich- mäßig aus« (p. 92), ist unzutreffend, und nur dadurch erklärlich, dass GREEFF die ringförmige Schließung derselben am Rücken nicht beobachtet hat. Die p. 93 erwähnten birnförmigen Körper im Rüssel sind unzweifelhaft keine Nervenkörper, sondern nichts als die auch in allen übrigen Organen vorkommenden » braunen Körper «. 9) Durchaus abweichend von der meinigen ist die Darstellung, die GREEFF von der Eibildung der Echiuriden giebt. Indem ich mir vorbe- halte, auf seine Bonellia betreffenden Angaben an anderem Orte ausführ- licher zurückzukommen, will ich hier nur meine Ansichten über die bei Echiurus und Bonellia übereinstimmenden ersten Anfänge der Eibildung vertreten. GREEFF bezeichnet das Ovarium als eine Bauchfellfalte, in der er eine innere zellig-faserige Schicht, die mit der Bindegewebshülle des Bauchmarks zusammenhängt, und das äußere Peritoneum unterscheidet. »Die den Innenraum des Ovariums einnehmenden, nach Form und Größe unregelmäßigen und mit lang ausgestreckten Pseudopodien umherwan- dernden Zellen dringen, sich vermehrend und vergrößernd, gegen die Oberfläche, die äußere Zellschicht vor sich hertreibend und hervorwöl- bend.« Der so gebildete, vom Peritoneum überkleidete Zellenhaufen wächst und eine seiner basalen Zellen wird zum Ei. Nach meinen Beob- achtungen muss ich dem Zellenhaufen einen andern Ursprung zuschrei- ben. Es kann, wie mir scheint, nicht wol ein Zweifel darüber bestehen, dass die Grundlage des Ovariums nicht eine Bauchfellfalte, sondern der hintere Theil des Bauchgefäßes ist. Dementsprechend ist der »Innen- raum des Ovariums« nichts Anderes als das Gefäßlumen und die in 534 J. W. Spengel, demselben »mit lang ausgestreckten Pseudopodien umherwandelnden Zellen« die Blutkörperchen. Dass diese in irgend einer Beziehung zur Bildung der Keimzellen stehen, ist mir mehr als unwahrscheinlich. "Nach meinen gerade auf diesen Punkt mit großer Sorgfalt gerichteten Beohachtungen entstammen die jungen Keime nicht der » inneren Schicht des Ovariums«, sondern dem Peritoneumüberzuge des Gefäßes, der überhaupt allein das Ovarium bildet. Einzelne seiner Zellen vergrößern sich (und werden dann bei Bonellia von den kleinkernigen platten Zellen überwachsen). Ein vollkommen schlagender Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung ist begreiflicherweiseschwer zu erbringen, doch scheinen die vollständigen Übergänge zwischen den gewöhnlichen Peritonealzellen und den jungen Keimen (siehe Fig. 56) sehr für dieselbe zu sprechen, ganz abgesehen von Gründen allgemeinerer Art, auf die ich bier nicht eingehen will. Dazu aber kommt, dass bei Echiurus das Ovarıum völlig nackt, d. h. nicht von einem plattzelligen Epithel überzogen ist. — GREEFF behauptet p. 107 mit Unrecht das Gegentheil. 40) Die Kügelchen am Kopfe der Spermatozoen liegen hinten, nicht vorn (Taf. 5, Fig. 45). 14) Eine homogene Guticula als äußerste Schicht der Segmen- talorgane (p. 110) kann ich nicht erkennen. Das innere Epithel wim- pert nicht. Da es nicht meine Absicht ist, mit diesem Aufsatze meine Gephy- reen-Studien abzuschließen, so versage ich es mir, hier näher auf das Kapitel »Zoologische Verwandtschaft« einzugehen, obwol ich auch mit den dort ausgesprochenen Anschauungen wenig harmoniren kann. Es wird sich mir später noch Gelegenheit bieten, dies zu thun. Göttingen, 48. Juni 1880. Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen, 939 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIII. Fig. 4. Übersicht der inneren Organe des Echiurus Pallasi. ab, linke Analblase (braun); fr, Frenula ; 9, Geschlechtsdrüse ; kl, Kopflappen ; n, Bauchmark ; nb, Neben- darm; oe, Ösophagus; ph, Pharynx; s, drei Segmentalorgane; x, Zwischendarm. Roth sind Gefäße, gelb Borsten angelegt. Fig. 2. Kopflappen, von der ventralen Fläche. w, orangefarbener Längswulst. Fig. 3. Ansicht der Bauchborsten nebst Bewegungsapparat und Diaphragma, von hinten (31/5/4). ib, Interbasalmuskel; n, Bauchmark;; oe, Anfang des Ösophagus; ph, Anfang, ph’, Ende der Pharynxschlinge; r, Rand des centralen Loches des Dia- phragmas; sch, rechter, sch’, linker Rand des Diaphagmaschlitzes; s, Segmentalor- gane, Vordertheile des vorderen Paares; vd, Darmgefäß; vv, Bauchgefäß; die Neuro- intestinal-Anastomose ist am Ursprunge abgeschnitten. Fig. 4. Bewegungsapparat der Analborsten (41/5/4). Die Leibeswand ist durch einen Schnitt links vom Bauchmarke, n, gespalten und die Ränder zurückgelegt. a, Ende des Enddarmes; ab, Endabschnitte der Analblasen; bi, Basiintestinalmus- keln; bp, Basiparietalmuskeln; g, Geschlechtsdrüse; ib, Interbasalmuskeln; vv, Bauchgefäß,. Fig. 5. Hinterende des Körpers mit den Analborsten (41/5/4). an, After. Fig. 6. Stück der ventralen Seite des Vorderkörpers, von innen (2/4). kl, Kopf- lappen; kr, Kropf; n, Bauchmark;; oe, Ösophagus; ir, Trichter des vordern Segmen- talorgans der rechten Seite. Von den roth angelegten Gefäßen verschwindet das Bauchgefäß zwischen den Borsten in dem Diaphragmaschlitze; an dieser Stelle ent- springt die Neurointestinal-Anastomose, einen den Interbasalmuskel umschließen- den »Muskelring« und einen das Ende des Kropfes eng umfassenden »Darmring« bildend; die Verwachsung des Ringes ist auf einen Punkt hinter dem Muskelring und auf einen zweiten dicht am Kropfe beschränkt; dazwischen besteht vollständige Trennung. Fig. 7. Vordertheil eines Segmentalorganes, von der ventralen Seite (ca.7/t). p, Ausführungsporus; tr.d, dorsaler, tr.v, ventraler Lappen des Trichters; irg, Trich- terkanal. Tafel XXIV, Fig. 8. Bauchborstengruppe (44/4). b, funktionirende Borste;, rb, erste, rb’, zweite Ersatzborste. Fig. 9. Eine Bauchborste (7/4). Fig. 40. Haken derselben von der konvexen Fläche (7/4). Fig. 44. Eine Analborste (7/4). Fig. 42. Optischer Längsschnitt durch die Borstenscheiden. df, zelliger Folli- kel; bf’, bindegewebige Hülle desselben; pr, Peritonealüberzug; z, Zwischenge- webe mit lappigen Zellen. Fig. 43. Optischer Längsschnitt durch eine junge Ersatzborste (140/1). bb, Borstenbildungszelle; um den Kern ist noch ein elliptischer Contour wahrnehm- bar; b, Ersatzborste; zdf, zelliger Follikel derselben, dessen innere Cuticularbe- kleidung sich etwas abgehoben hat. Die äußeren Hüllen sind nicht ganz korrekt dargestellt. 536 J. W. Spengel, Fig. 14. Reihe junger Ersatzborstenfollikel rdf—rbf""” im optischen Längsschnitt (90/A). df, zelliger Follikel der funktionirenden Borste; bb, Bildungszelle der ersten Ersatzborste. Die Scheiden sind nur angedeutet. Fig. 15. Junger Borstenfollikel im optischen Längsschnitt (230/4). Bezeichnung wie in Fig. 43 und 44. Fig. 46. Ansicht eines Stückes der Innenfläche der Leibeswand mit Bauchmark und Bauchgefäß (roth), den schrägen Muskelfasern und dem sich aus diesen heraus- lösenden Parietalmuskel (pm), der sich nebst den benachbarten Fasern an die Scheide einer Bauchborste (gelb) ansetzt. Fig. 47. Stück der innersten Muskelschicht in der Umgebung des Bauchmarks (n) zur Darstellung der Kreuzung der schrägen Fasern (14/4). fr, abgeschniltene peri- pherische Theile zweier Frenula; np, peripherische Nerven ; Bauchgefäß roth. Fig. 18. Bündel von Hautdrüsen aus der Rückenfläche des Kopflappens, nach Doppelfärbung mit Karmin und Anilin (230/14). Fig. 49. Querschnitt durch die Leibeswand, zwei Hautpapillen und den darunter hinziehenden Nerven (np) treffend (90/4). cu, Cutis; dr, Drüsenballen ; n’, Nerven- äste zur Papille; ml, Längsmuskelschicht; mr, Ringmuskelschicht; ms, Schräg- muskelschicht. Fig. 20. Eine größere Hautpapille von der Oberfläche mit sieben hellen Bechern (70/4). Fig. 21. Ein heller Becher im optischen Horizontalschnitte (530/14). Fig. 22. Ein solcher (hb) im senkrechten Durchschnitte mit den benachbarten Epidermiszellen (360/14). Fig. 23. Querschnitt durch die Haut (350/4). Ein Nervenast (n’) verzweigt sich in der Cutis, verbindet sich mit den sternförmigen Zellen dieser und sendet Zweige zu den Drüsen- und Sinnes(?)-Zellen, die unter einem Felde heller Zellen (Ab) liegen; ep, Epidermis. Fig. 24. Querschnitt durch eine Muskelfaser des Hautmuskelschlauches mit dem zugehörigen Kerne (360/4). Tafel XXV, Fig. 25. Stück der ventralen Seite des Enddarmes (90/4) zur Darstellung der Muskulatur. Zwischen wr’ und wr’ liegt die Wimperrinne, deren Rand in wr ange- deutet ist; Im, Längsmuskelband. Außerdem sieht man die zarteren Längs- und Ringmuskelfasern. Fig. 26. Hinterer Theil des Ösophagus, nebst Kropf und Anfang des Zwischen- darmes (4/4). kr, Kropf; oe—oe, Ösophagus; Im, Längsmuskelband des Zwischen- darmes z; vd, Darmgefäß, durch ein Mesenterium mit dem Ösopbagus, durch Fre- nula mit der Leibeswand verbunden. Fig. 27. Ende des Mitteldarmes (md) mit dem Nebendarm (nb) und Anfang des Enddarmes (ed) (6/4). Im, Längsmuskelband des Enddarmes, vom Nebendarm auf diesen übergehend. Fig. 28. Stück eines Querschnittes durch den Mitteldarm nebst dem Nebendarm (nb); br, brauner Körper, im intermusculären Bindegewebe; Im, Längsmuskelband ; pr, Peritoneum; wr, Wimperrinne; wr’, wr’, Ränder derselben. Fig. 29 a und b. Zwei auf einander folgende Querschnitte durch die Grenze zwischen Mittel- und Enddarm, die Einmündung des Nebendarmes (nd) in die Wimperrinne (wr) des Enddarmes zeigend (20/4). Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. 537 Fig. 30. Zwischengewebe (homogene Grundsubstanz mit eingestreuten Zellen; aus einem Frenulum (530/1). Fig. 34. Stück eines Querschnittes durch den Enddarm, in dessen Epithel und Längsmuskulatur durch Kontraktion der Ringmuskeln Falten entstanden sind (230/A). br, braune Körper, einer im Epithel, der andere im intermusculären Bindegewebe (zg); elm, Längsmuskeln ; rm, Ringmuskeln; pr, Peritoneum. Fig. 32. Zwei Fasern der Muscularis des Enddarmes mit ihren Kernen (530/14). Fig. 33. Stück eines Längsschnittes durch den Zwischendarm (530/14). bz, Basal- zelle. Fig. 34. Epithelzellen und Muscularis des Enddarmes (530/14). Fig. 35. Epithelzellen des Mitteldarmes (350/4). bz, Basalzelle. Fig. 36. Epithelzellen des Ösophagus (530/1). bz, Basalzelle. Fig. 37. Ein Analschlauch in mäßig kontrahirtem Zustande (2/1). tr.t, termi- naler Trichter. Fig. 38. Stück der Wand eines ausgedehnten Analschlauches von der Innen- fläche, zur Darstellung der Einmündung (trc’) des Trichterkanales (trg) ins Innere und der Anordnung der pigmentirten Zellenballen (90/4). Der Trichter (ir) liegt unter der Membran. Fig. 39. Ein Stück der ausgedehnten Wand, bei stärkerer Vergrößerung (230/1): links optischer Querschnitt der Wand. Fig. 40. Etwas schematisch gehaltener optischer Längsschnitt durch einen Trichter (tr) nebst Trichterkanal (fire) des Analschlauches (230/14). pr, Peritoneal- überzug; trc’, innere Mündung des Trichterkanales. Die Wimpern sind nach Zeich- nungen von frischen Präparaten, die übrigen Theile nach einem konservirten Präpa- rat ausgeführt. Fig, 44. Stück der Neurointestinal-Anastomose zur Darstellung der Längsmusku- latur (90/4). pr, Peritonealüberzug. Fig. 42, Zellen der Leibesflüssigkeit, a und c, frisch, b, nach Behandlung mit Pikrinschwefelsäure. Tafel XXVI, Fig. 43, Querschnitt durch den Kopflappen (411/5/). dr, Drüsen der dorsalen Fläche; Ih, Leibeshöhle ; Im—Im’”’, Längsmuskeln ;, n.m, Schlundringschenkel ; qm, qm’, Quermuskeln ; vd, medianes Gefäß; vum, Randgefäß. Fig. 432. Eine der dorsoventralen Brücken durch die Leibeshöhle (!h) des Kopf- lappens, durchzogen von zwei dorsoventralen Muskelfasern ; pr, Peritonealzellen. Fig. 44. Medianer Längsschnitt durch den Vordertheil des Kopflappens (40/4). Ih, Leibeshöhle; Im—Im’”, Längsmuskeln; n, Querschnitt durch den Schlundring- bogen; vb, Gefäßbogen; v.d, medianes Kopflappengefäß. Fig. 45. Querschnitt durch den orangefarbenen Längswulst der ventralen Kopf- lappenfläche (40/4). br, brauner Körper; Ih, Leibeshöhle; Im”, verdickte Längs- muskulatur; qm’, Quermuskulatur, Fig. 46. Cutis des Kopflappens (360/4). Im, Längsmuskelfasern ; mdv, dorsoven- trale Muskelfibrillen, die unterste mit dem zugehörigen Kerne. Fig. 47. Querschnitt durch das Bauchmark (440/4). is, innere Schicht der Scheide; Im, Längsmuskeln; ms, Mesenterium; nc, Neuralkanal mit seinem Gerinn- sel; pr, Peritonealüberzug; v.v, Bauchgefäß. Hämatoxylin. Fig. 48. Querschnitt durch den linken Schlundringschenkel nebst Umgebung (140/14). dr, Drüsen unter der ventralen Epidermis (ep’); Ih, Leibeshöble ; nc, Neu- 538 J. W. Spengel, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. ralkanal; nl, Nerv zum Rande, nv, Nerv zur ventralen Fläche des Kopflappens; qm’, ventrale Quermuskeln; v.m, Randgefäß. Karmin. Fig. 49. Stück eines Querschnittes durch einen Schlundringschenkel mit zwei Neuralkanälen (nc) (360/4). Fig. 50. Zwei Ganglienzellen aus dem Bauchmark (360/4). Fig. 54. Längsschnitt durch die vorderen Theile eines Segmentalorgans (20/4). ms, ml, mr, die drei Muskelschichten der Haut; s, Hohlraum des Segmentalorgans; s’, äußere Mündung desselben; ir.d, dorsaler, tr.v, ventraler Lappen des Trichters; irg, Trichterkanal. Fig. 52. Stoma im Epithel der inneren Membran des dorsalen Lappens des Trichters eines Segmentalorgans (230/4). Fig. 53. Optischer Schnitt durch die innere Membran dieses Lappens (230/1). Fig. 54. Stück der äußeren Membran desselben (230/1). Fig. 55. Muskel(?)faden aus dem Innern des Trichters eines Segmentalorganes (230/1). | Fig. 56. Stück des Peritonealüberzuges des Bauchgefäßes mit jungen Ureiern (w) (530/1). Fig. 57. Ureierballen aus der Geschlechtsdrüse (360/4). Fig. 58. Ureier und junge Eier aus der Leibesflüssigkeit (360/4). c, vier auf einander folgende Stadien eines amöboiden Eies. Fig. 59. Etwas älteres Ei aus der Leibesflüssigkeit, gleichfalls noch amöboid (360/1). Fig. 60. Reifes Ei (150/4). Fig. 64 und 62. Ballen von Samenbildungszellen (360/4). Fig. 63. Ballen fast reifer Spermatozoen (360/4). Fig. 64. Spermatozoon (530/4). Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. Von Dr. Ferdinand Sommer, Prosektor in Greifswald. Mit Tafel XXVIT—XXXU. Als ich anfing, mich mit der Anatomie des Distomum hepaticum zu beschäftigen, lag es nicht gerade in meinem Plan, dem Gegenstande den Umfang einer Studie zu geben. Ich verfolgte vielmehr zunächst nur den Zweck, eine Anzahl von Präparaten herzustellen, welche für den Unter- richt in der Zootomie und komparativen Anatomie Verwendung finden konnten, insbesondere, welche geeignet sein sollten, die Organisation der Trematoden in Bildern zu veranschaulichen, die jede Vieldeutigkeit ausschließen. Dass ich für diese Zwecke das Distomum hepaticum wählte, hatte einen doppelten Grund. Einmal nämlich war ich der Meinung, dass diese Trematodenform ihres größeren Umfanges halber für die Unter- richtszwecke besonders sich empfehle: — gestattet sie doch, wenn mit differentfarbenen Injektionsmassen gefüllt, oder wenn mit Tinktions- stoffen behandelt und nachher aufgehellt, schon dem unbewaffneten Auge die schnelle Orientirung. Zum anderen Theile aber beeinflusste auch die Möglichkeit gerade diesen Trematoden in großer Zahl und namentlich frisch zu erhalten die Wahl. Denn aus der früheren Be- schäftigung mit der Anatomie der parenchymatösen Thiere (CGestoden- arbeiten) war mir bekannt, dass bei dem Versuche, geeignete Bilder von deren Organisation zu erhalten, der Abgang an unbrauchbaren Präpa- raten oft recht erheblich ist, und eben so, dass die in öffentlichen Samm- lungen befindlichen und in Alkohol konservirten, parenchymatösen Thiere, — zumal sie gegen die Einwirkung geeigneter Tinktionsflüssig- keiten sich absolut spröde verhalten, — für strengere Bearbeitung nicht mehr verwendbar sind. Dieser Umstand schloss denn auch von vorn Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV.Bd. 35 940 Ferdinand Sommer, herein die Vorräthe der Museen von der Bearbeitung aus und verwies auf die Beschaffung eines Materials, das seiner Natur nach noch alle in den Handbüchern der mikroskopischen Technik empfohlenen Vor- bereitungsweisen möglich sein ließ. Dass unter diesem Materiale ledig- lich das frische verstanden sein konnte, lag auf der Hand. Allein das- selbe war mit Sicherheit und in dem nöthigen Umfange nur von Trema- todenträgern zu beschaffen, welche zweifellos als solche erkennbar und im Übrigen leicht zugänglich waren. In erster Reihe schienen unter den einheimischen Trematodenträgern in diesen Gesichtskreis die Schafe zu fallen, deren Erkrankung an Leberfäule diagnostisch sich feststellen ließ, oder was dasselbe sagt, deren Gallenwege mit Leberegeln besetzt waren. Die aus den Insassen der Schafleber hergestellten Präparate ergaben indess nicht nur die für den Unterricht gewünschten Übersichtsbilder, sondern sie gestatteten auch eine Anzahl von längst bekannten That- sachen präciser zu formuliren und andere, die der positiven Zustimmung der Fachmänner noch entbehrten, zu bestätigen. Andererseits aber wur- den sie mir auch Veranlassung für Manches eine von dem Herkömm- lichen abweichende Deutung zu versuchen. Endlich schienen sie einiges Neue zu bringen. Alles das zusammengenommen bestimmte mich die Anatomie des Leberegels einer Neubearbeitung zu unterziehen, bei der auch dem histologischen Theile der Aufgabe sein Recht werden sollte. Das Ergebnis der Studie habe ich in der nachstehenden Abhandlung niedergelegt; möge dieselbe mit den ihr angefügten Bildern dem Leser genehm sein. Es ist mir am meisten zusagend, gleich an dieser Stelle, und bevor ich in das Sachliche selbst eintrete, meinen Dank den beiden Herren auszusprechen, durch deren Vermittlung ich über ein ausreichend frisches und umfangreiches Untersuchungsmaterial verfügen konnte. Es waren Herr Departementsthierarzt Orımann und Herr Kollege Dr. Srrüsıng hier, welche für meine wiederholten Anforderungen ein stets geneigtes Ohr hatten. Die Litteratur, welche den vorliegenden Gegenstand betrifft, ist theils die Trematodenlitteratur im Allgemeinen, und knüpft als solche in hervorragender Weise an die Namen von Laurer!, G. Tu. von SIEBOLD 2, 1 J. F. Laurer, Disquisitiones anatomicae de Amphistomo conico. Gryphiae 1830. 4. c. tab. (Dissertat.) ? C. Tu. von SırsoLpd, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere. Berlin4848. p. 444. Helminthen. — Helminthologische Beiträge. WIEGMANN’S Ba Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 541 P. J. van BEnEDEn!, PAGENSTECHER ?, R. LEUCKART?, Stiepa* und Brun- BERG® an. Zum anderen Theil liegt eine Anzahl von Arbeiten vor, welche die Anatomie des Leberegels speciell behandeln. Sie beginnen mit den Aufzeichnungen von RamvouHr®, von BosJanus”? und der Abhand- lung von Menrıs®, erhalten ihre Fortsetzung durch KÜcHENMEISTER? und G. Warrer !P und sind bis in die Neuzeit durch R. Leuckarr !! und L. Stıepa !2 weitergeführt worden. I. Der Leberegel nach seiner äußeren Erscheinung. (Form und Leibesoberfläche.) Das Distomum hepaticum besitzt einen breiten und abgeplatteten Körper und eine im Allgemeinen als oval-, blatt- oder lanzettförmig zu bezeichnende Leibesgestalt. Archiv. Bd. I. 4835. p. 45; Bd. II. p. 217. — Jahresberichte über die Helminthen in WIEGMmAnn’s Archiv für Naturgeschichte. 1 P. J. van BENEDEN, Bullet. Acad. belg. Tom. XIX. 4852 und Note sur l’appareil eirculatoire des tr&matodes — Academie royale de Belgique (Extrait du tome XIX. Nr. 4 des bulletins). — Memoire sur les vers intestinaux. Paris 1864. — van BENEDEN et Hesse, Recherches sur les Bdelloides ou Hirudine&es et les Tr&ematodes marins. 4863. 2 PAGENSTECHER, Trematodenlarven und Trematoden. Heidelberg 1857. 3 R. Leuckart, Die menschlichen Parasiten und die von ihnen herrührenden Krankheiten. Leipzig und Heidelberg 4863. p. 455. — Jahresberichte über die Leistungen in der Naturgeschichte der niederen Thiere in TroscHEr’s Archiv für Naturgeschichte. 4 [. StıepA, Über den angeblichen inneren Zusammenhang der männlichen und weiblichen Organe bei den Trematoden in REICHERT und Du Boıs-REymoxp’s Archiv. Jahrgang 4874. p. 31. 5 ConsTAnTın BLUMBERG, Über den Bau des Amphistoma conicum. Dorpat 41871. 6 K. A, RampoHr, Anatomische Bemerkungen über die Egel in der Schafleber, — im Magazin der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin für die neuesten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde. Bd. 6. p. 128. 7 L. Bosanus, Enthelmintica 1820. Decbr. in Oken’s Isis. Jahrgang 1824. Bd.I. p. 170 und 305. !- 8 EnuArn Menuıs, Observationes anatomicae de Distomate hepatico et lanceo- > lato, ad Entozoorum humani corporis historiam naturalem illustrandam. Göttingen 4825. Fol. 9 F. KÜCHENMEISTER, Die in und an dem Körper des Menschen vorkommenden Parasiten. Leipzig 1855. 10 GEORG WALTER, Beiträge zur Anatomie und Histologie einzelner Trematoden (Amphistomum subclavatum, Distoma lanceolatum undDist. hepaticum) in TROSCHEL’S Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. XXIV. 4858. Bd. I. p. 269. 11 R. LEUCKART, Parasiten. I. p. 530. 12 L. Stıepa, Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer. 4) Zur Anatomie des Distoma hepaticum in REICHERT und pu Boıs-Revymoxv’s Archiv für Anatomie und Physiologie. Jahrgang 1867. p. 52. 35* 542 Ferdinand Sommer, Der vordere Körperabschnitt trägt an seiner Spitze die Öffnung, welche in den Digestionsapparat führt, springt zapfen- oder rüsselartig nach vorn hin vor und wird des letzteren Umstandes halber Vorder- körper oder, nach Leuckart, Kopfzapfen genannt (Taf. XXVIII *). Seinem Umfange nach ist dieser Abschnitt nur klein; von Gestalt ist er kegelförmig, aber so, dass seine dorsale Fläche eine ungleich stärkere Wölbung aufweist, als die ihr gegenüber liegende ventrale und seine Spitze in dem einen Fall mehr abgerundet, in dem anderen mehr abge- stutzt erscheint. Sein Längendurchmesser beträgt in der Regel nicht mehr als 3—4 mm, sein Breitendurchmesser und zwar an der Basis des Kopfzapfens etwa 3 mm; hingegen misst der Dickendurchmesser eben- daselbst kaum 2,5 mm. Von der Basis des Vorderkörpers geht dann der hintere Körper- abschnitt oder der Hinterkörper ab (Taf. XXVII **. Immer ist derselbe ungleich viel umfangreicher als der Vorderkörper und, — während der letztere nach den drei Richtungen des Raumes hin in seinen Durchmessern eine gewisse Beständigkeit kund giebt, d. h. zwi- schen Individuen von verschiedenem Lebensalter und von verschiedener Entwicklungsstufe erhebliche Größenunterschiede kaum zeigt, — sind für den Hinterkörper die Längen- und Breitendurchmesser sehr großen Schwankungen unterworfen. So beispielsweise differirt bei Leberegeln, welche schon geschlechtlich funktionirt haben und deren Uterus bereits beschalte Eier und in Fülle trägt, der Längendurchmesser des Hinter- körpers zwischen 15,5 und 33 mm und der Breitendurchmesser des- selben zwischen 6 und 12 mm. Der Dickendurchmesser des Hinter- körpers hingegen ist so umfangreichen Schwankungen viel weniger unterworfen ; sein größtes Ausmaß besitzt er in und zu den Seiten der Medianebene; von da ab aber verringert sich dasselbe allmählich wieder und zwar nicht nur gegen die Seitenränder hin, sondern auch dem hinteren Körperende zu. Aus diesen den Vorder- und Hinterkörper betreffenden Größen- angaben erhellt nun, dass es im Wesentlichen der letztgenannte ist, welcher sowohl die Gesammtgröße des Thierleibes bestimmt, als auch der Gesammtform desselben das vorerwähnte ovale, blatt- oder lanzett- förmige Aussehen verleiht. Allein zuweilen begegnet man auch Leberegeln, welche in ihrer Leibeskonfiguration von der eben gegebenen Zeichnung nicht unerheb- lich abweichen. Dergleichen’ Exemplare kommen mit den lanzettförmig gestalteten untermischt in den Gallenwegen von Schafen vor, welche an den Folgen der Leberfäule verschieden sind, und werden, wenn sie auch keineswegs in größerer Anzahl vorhanden sind, doch nur aus- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepatieum L. 543 nahmsweise gänzlich vermisst. Was die Aufmerksamkeit am meisten auf sie lenkt ist der Umstand, dass, — abgesehen von der nicht gerade sehr auffälligen Verkürzung des Vorderkörpers, — der Hinterkörper nahezu die Form einer Kreisscheibe wiedergiebt. Bei Individuen von einer der- artigen Leibeskonfiguration fand ich den Breitendurchmesser des Hinter- körpers 12 mm betragen; somit erwies sich derselbe durchaus nicht verringert. Dagegen besaß der Längendurchmesser nur ein Ausmaß von 45 mm; der letztere hatte demnach eine beträchtliche Verkürzung er- fahren. Es sind diese Abweichungen von der gewöhnlichen Er- scheinungsweise des Leberegels durch Kontraktionszustände veranlasst, von denen die longitudinalen Faserzüge des Hautmuskelschlauches zeit- weilig betroffen werden, und die, wie ich ähnliche Verhältnisse früher schon für das geschlechtliche Leben der Cestoden nachgewiesen habe, zu dem Befruchtungsakte des Individuums in nächster Beziehung stehen, resp. denselben vermitteln. Hier mag es genügen den Gegenstand eben berührt zu haben, weiterhin wird derselbe noch eingehenderer Erörte- rung bedürfen. Der Hinterkörper des Leberegels schließt zu den Seiten hin mittels zweier Ränder ab, welche für gewöhnlich vollkommen eben und glatt erscheinen; nur bei stärkerer Kontraktion des Thierleibes in der Rich- tung seiner Längenachse, zumal also bei Individuen, welche in der Be- fruchtung begriffen sind, erheben sie sich, ähnlich wie der Randsaum einer Halskrause in höhere oder niedere, einander folgende Tollen oder Falten. | Als Flächen des platten Wurmleibes sind eine dorsale und eine ventrale zu verzeichnen. Beide lassen für den Bereich des Hinterkörpers die ziemlich scharfe Abgrenzung zweier schmälerer seit- licher Zonen, »Seitenfelder« (Lruckarr) von einer breiteren mitt- leren Zone »Mittelfeld« (Leuckarr) gut erkennen. Von diesen besitzen die seitlichen Zonen ein grobkörniges, oft rostbraunes oder orangefarbenes Aussehen, nehmen gegen das hintere Körperende an Breite zu und gehen daselbst abgerundet in einander über. Die von ihnen eingeschlossene mittlere Zone hingegen ist durch ihre stumpfe, grau-gelbe Färbung gekennzeichnet; sie enthält in ihrem vorderen und kürzeren, dicht hinter dem Bauchsaugnapfe gelegenen Abschnitte, hier weißliche, dort bräunliche oder selbst schwärzliche Flecke, zuweilen auch buckelartige Auftreibungen, während ihr hinterer und längerer Abschnitt in großer Anzahl die zierlichen Windungen schlauchförmiger 'Drüsentheile durchschimmern lässt. Die beiden erstgenannten Zonen, die Seitenzonen, markiren die Lage der secernirenden Theile der Dotter- stöcke (Taf. XXIX, f); der vordere Abschnitt der Mittelzone aber kenn- 544 Ferdinand Sommer, zeichnet die Lage der knäuelartig verschlungenen von Eiern erfüllten Uteruswindungen (Taf. XXIX, m); der größere hintere Abschnitt der Mittelzone endlich giebt die Lage der Samen producirenden Organe kund (Taf. XXIX, a und 5). Der letztgenannte Abschnitt führt dieser- halb bei Leuckartr auch die Bezeichnung »Hodenfeld«. Nicht immer indessen differenziren sich die erwähnten Zonen an der Oberfläche des Wurmleibes mit gleicher Deutlichkeit. Zuweilen nämlich ist das Hervortreten ihrer Zeichnungen nur ein geringes, in- sonderheit zu Zeiten, in welchen die sekretorische Thätigkeit der Drüsen- körper eine unbedeutende ist. In anderen Fällen sogar geschieht es, dass ihre Zeichnungen durch die blutgefüllten und dann meist tiefbraun oder schwärzlich gefärbten Verzweigungen des Digestionsapparates gleich- sam verdeckt und bis zur Unkenntlichkeit verwischt werden. Ferner sind an der Körperoberfläche zwei Saugnäpfe sichtbar. Sie haben die Bedeutung von Haftapparaten des Körpers, im weiteren Sinne auch von accessorischen Organen der Lokomotion, denn eben das Ineinandergreifen und der Wechsel ihrer auf Fixation des Körpers zielenden Thätigkeit mit den auf Lokomotion gerichteten Streckungen und Verkürzungen des Kopfzapfens ist es, was, wie ich weiterhin er- örtern werde, den Ortswechsel der Thiere in Scene setzt. Beide Saugnäpfe haben ihre Stellung in der Medianlinie des Körpers; ihre Entfernung von einander ist eine nur geringe. Der eine von ihnen gehört dem Vorderkörper an, ist an der Spitze desselben gelegen und trägt dieserhalb die Bezeichnung: vorderer Saugnapf, Kopfsaug- napf oder Mundsaugnapf (Taf. XXVII, A). Der andere hingegen hat seine Lage dicht hinter der Basis des Vorderkörpers, also an dem Anfange des Hinterkörpers; er gehört der Bauchfläche des Thierleibes an, die er auch makroskopisch schon kennzeichnet; man bezeichnet ihn als den hinteren Saugnapf oder Bauchsaugnapf (Taf. XXVIl, B). Von beiden ist der Kopfsaugnapf der kleinere; sein Durchmesser beträgt etwa 0,72—0,84 mm; der umfangreichere und kräftigere. Bauchsaugnapf dagegen hat einen Durchmesser von etwa 4—1,44 mm. Die Art, wie die Saugnäpfe des Leberegels mit ihren Randab- schnitten über die nächste Umgebung hinausgreifen, erinnert an das Vorspringen der ringwallartigen Randpapillen bei Taeniengliedern. Ähnlich wie bei den letzteren die Randpapillen das Randgrübchen, so umschließen bei den ersteren die Randabschnitte der Saugnäpfe eine grubenartige Einsenkung; dieselbe aber gestaltet sich, weil von der Saugfläche des Organs bewandet, oder mit anderen Worten, in Rück- sicht auf ihre Arbeitsleistung, zu einer Sauggrube. Schnitte, welche rs Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 545 den Saugnapf in Ebenen treffen, die seinem vorspringenden Randab- schnitte parallel liegen , veranschaulichen, dass in dem Zustande der Ruhe und des Nichtfunktionirens die Sauggrube von dreiseitig pyrami- daler Gestalt ist. Zwei ihrer Flächenwinkel wendet sie lateralwärts; der andere unpaare und mediale Flächenwinkel aber ist, und zwar bei dem Mundsaugnapf gegen die ventrale Leibesfläche, beim Bauchsaug- _ »napf gegen den hinteren Körperpol gekehrt. Wenn hingegen die Saug- näpfe in Thätigkeit treten, so erfährt deren grubenartige Einsenkung eine Abänderung ihrer Konfiguration: es verstreichen gleichsam die Flächenwinkel, d. h. sie runden sich aus. In Folge hiervon nimmt die Grube des Mundsaugnapfes die Form eines Hohlkegels an, dessen breite Basis durch den vorspringenden Rand des Mundsaugnapfes gegeben ist, und dessen stumpfe Spitze gegen den hinteren Körperpol sich richtet; an dem Bauchsaugnapfe hingegen wölbt sich die thätige Saugfläche kuppelförmig und umgrenzt daher einen Raum von entsprechender Gestaltung. Speciell den Mundsaugnapf betreffend sei noch erwähnt, dass der- selbe nicht gerade nach vorn gerichtet ist, dass er vielmehr eine leichte Neigung gegen die Bauchfläche hin kundgiebt. Ihre Erklärung findet diese Erscheinung in dem bereits von Srırpı vermerkten Um- stande, dass Höhe und Dicke des Saugnapfes nicht an allen Stellen die gleichen sind, dass vielmehr beide, wie auch durch Sagittalschnitte leicht konstatirt werden kann, an dem abhängigsten und der Bauch- fläche zunächst gelegenen Theile erheblich verringert sind (Taf. XXX, Fig.2 c). Schließlich ist noch der Lage und der Bedeutung einer Anzahl an der Leibesoberfläche sichtbarer Öffnungen Erwähnung zu thun. Sie sind ihrer vier und gehören theils der vegetativen, theils der geschlecht- lich funktionirenden Organgruppe an. Die eine derselben liegt an dem vorderen Körperpole und in der Tiefe des Mundsaugnapfes versteckt; sie führt in den Digestions- apparat und ist daher Mundöffnung (Taf. XXVII, a). Eine zweite ist an dem hinteren Körperpole befindlich. Durch dieselbe entleert das exkretorische Kanalsystem seinen Inhalt; sie fungirt demnach als exkretorische Öffnung oder Exkretions- porus (Taf. XXVIN, }). Die dritte Öffnung gehört der Bauchfläche des Vorderkör- pers an; sie ist Genitalöffnung: Porus genitalis (Taf. XXIX, D) und führt in einen Raum, der, weil er das Ende sowohl des männlichen als des weiblichen Leitungsapparates aufnimmt, Geschlechtssinus oder Geschlechtskloake: Sinus genitalis genannt werden kann 546 Ferdinand Sommer, (Taf. XXIX, E). Es ist diese Öffnung an dem vorderen Umfange einer leichten, durch den Cirrusbeutel erzeugten Erhabenheit sichtbar und 0,3—0,5 mm vor dem Bauchsaugnapfe gelegen. Wie die Mundöffnung und der Exkretionsporus fällt auch die Genitalöffnung gewöhnlich in die Medianebene. Indessen kommt es zuweilen vor, dass sie von der letz- teren um ein Geringes nach links hin abweicht und dann gleich dem Endstücke des weiblichen Leitungsrohres, — der Scheide der älteren Autoren — eigentlich der linksseitigen Körperhälfte angehört. Die Form, in welcher sie erscheint, ist eine verschiedene. Für gewöhnlich zeigt sie das Bild eines Ovals (Taf. XXX, Fig. 4 c), dessen Längendurchmesser 0,336—0,5 mm beträgt, nicht in den Querschnitt des Thierleibes fällt, sondern diagonal gestellt ist und nach links hin abfällt, während der den Längendurchmesser halbirende Breitendurchmesser in jedem ein- zelnen Falle nicht nur kleiner als der vorgenannte ist, sondern auch in Betreff seines Ausmaßes größeren Schwankungen unterliegt. Die Größen- werthe für den Breitendurchmesser bewegen sich zwischen 0,44 bis 0,07 mm. Des Öfteren aber erscheint der Genitalporus auch in dem Bilde eines gekrümmt verlaufenden und engen Spaltes oder Schlitzes, so dort, wo der vordere und der hintere Grenzrand der Öffnung einander sehr genähert sind. Selbst fest auf einander liegen sieht man die Grenzränder der Öffnung zuweilen und in diesem Falle den Genitalporus verschlossen. Das eben vermerkte geschieht, wenn durch starke und anhaltende ge- schlechtliche Kontraktionen die Längsachse des Leberegels eine erheb- liche Verkürzung erfahren hat. Dass unter Verhältnissen der letzter- wähnten Art die Geschlechtsstoffe den Thierleib nicht zu verlassen vermögen, bedarf des Beweises nicht. Die vierte der Öffnungen endlich gehört der Dorsalfläche des Hinterkörpers an, fällt häufiger neben, als in die Medianebene und bald rechts, bald links von ihr. Sie ist auf der Grenze zwischen dem vor- deren und dem hinteren Abschnitte der Mittelzone und inmitten einer punktförmigen, halbdurchsichtigen Stellegelegen, welche, durch ihr lichtes Grau von der Umgebung sich absetzend, die Lage des Schalendrüsenkom- plexes kennzeichnet. Es stellt diese Öffnung das trichterförmig erweiterte Ende eines überaus feinen Kanälchens dar, das sich von dem Dottergange abzweigt und zur Dorsalfläche des Hinterkörpers führt (Taf. XXX, Fig. 1 f). Ihr Durchmesser istein äußerst geringer und beträgt nur 0,022—0,025 mm. Erst die subtilen Untersuchungen, welche Lupwis StIepa über den Ge- schlechtsapparat der Leberegel anstellte, haben diese Öffnung ans Tages- licht gezogen!. Ihrem Entdecker galt sie zunächst für die Mündung eines i Zur Anatomie des Distoma hepaticum in REICHERT und DU Boıs-REeymonD’s Archiv. Jahrgang 1867. p. 52. \ Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 547 Kanälchens, dem er die Rolle zuwies, der Überproduktion von Neben- dotter Abfluss zu verschaffen. Weiterhin aber erklärte er sie für die Scheidenöffnung und das von ihr ausgehende Kanälchen für den soge- nannten Laurer’schen Gang des Leberegels und für dessen Scheide. Die merkwürdigen Thiere, welche ihrer äußeren Erscheinung nach in dem Vorstehenden charakterisirt wurden, sind als Endoparasiten in den Leibern unserer Haussäugethiere, als Pferd, Esel, Schwein, Kanin- chen und anderen, besonders häufig aber beim Rinde und Schafe auf- gefunden worden. Dass sie auch in dem menschlichen Körper die Be- dingungen für ihr Fortkommen und den Boden finden, auf welchem ihre Entwickelung zur Geschlechtsreife sich vollzieht, ist eine Thatsache, die, wie es scheint, durch hinreichend zuverlässige Beobachtungen sicher ge- stellt ist. Wer für die Fälle der letzterwähnten Art eingehenderes Interesse besitzt, findet eine Zusammenstellung derselben bei Davaınz ? und eben so bei R. LEuckART?,. In den nassen Jahren ist bei Schafen, welche (und zumal in den früheren Morgenstunden) sogenannte saure Wiesen besucht und abge- 1 In REıcHERT und Du Boıs-REymonp’s Archiv. Jahrgang 1874. p.34. Meine ersten Versuche, der Srtıepa’schen Öffnung ansichtig zu werden, hatten nicht das ge- wünschte Resultat. Wie ich es auch angeben mochte, eine Anschauung von der- selben zu erhalten, ob durch eine Reihe von Schnittpräparaten oder ob durch ein sorgfältiges Absuchen der Dorsalfläche des Thierleibes bei auffallendem Lichte, immer nur war der Erfolg von negativer Art. Dieser Umstand und der fernere, dass der Autor die fragliche Öffnung als Scheidenöffnung bezeichnet hatte, während ich doch bereits sicher zu sein glaubte, dass der sogenannte Cirrus der Leberegel als männliches Kopulationsorgan gar nicht verwendbar sei, erfüllten mich mit größtem Misstrauen gegen die Stırpa’sche Angabe. Ich verschwieg auch dem Entdecker der Öffnung bei dessen Anwesenheit in Greifswald im Jahre 1876 meine Zweifel nicht. Herr Professor STIEDA, nach Dorpat zurückgekehrt, hatte dann die große Freundlichkeit aus seinen Vorräthen eine Anzahl vortrefflicher Schnittpräparate mir einzusenden. Eines derselben hob jeglichen Zweifel und bekundete nicht nur das Vorhandensein des fraglichen Kanälchens, sondern auch dessen Öffnung an der Leibesoberfläche. Nunmehr über die Lageverhältnisse mit Sicherheit orientirt, gelang es mir bei den erneuten Bemühungen gleichfalls an einer Anzahl von Leber- _ egeln die sehr feine Öffnung und das noch feinere Kanälchen aufzufinden. Hiernach - kann ich die Srıepa’schen Angaben, so weit sie das anatomische Verhalten des Kanäl- chens und seiner Öffnun? an der Körperoberfläche betreffen, ihrem ganzen Umfange nach nur bestätigen. Über die Deutung, welche ich von Stıepa abweichend dem Kanälchen gebe, an einem anderen Orte. 2 Davaıne, Trait& des entozoaires et des maladies vermineuses de l’homme et des animaux domestiques. Paris 4860. p. 254 und 345. 3 R. LEuckART, Parasiten. Leipzig und Heidelberg 1863. Bd. I. p. 575 u. Bd. II. pP. 870 u. 871. 548 Ferdinand Sommer, weidet haben, das Vorkommen von Leberegeln ein häufiges. Dennoch hat man bisher nicht mit Sicherheit feststellen können, in welcher Weise ihre Besetzung mit den gefährlichen Parasiten geschieht. Muthmaßlich und so weit sich aus Analogien erschließen lässt, vollzieht sich der Vor- gang so, dass mit den nassen, thaubedeckten Futterkräutern gleichzeitig auch die Leberegel, — die letzteren allerdings nur als encystirte, noch geschlechtslose Binnenwürmer eines mitBestimmt- heit näher nicht gekanntenthierischen Wirthes — aufge- nommen und verschluckt werden. In den Magen der Schafe übertragen dürften die vermutheten Wirthe in kurzer Frist dem Tode verfallen sein und dann auch deren Leiber der Einwirkung des Magensaftes baldigst erliegen. Mit Auflösung der letzteren aber müssten deren bisherige In- sassen frei werden und über eine etwaige Ortsveränderung innerhalb des neuen Wirthes verfügen können. So weit die Muthmaßung. Sicher ist, dass von dem Magen der Schafe aus eine Einwanderung der aufgenom- menen, jugendlichen Leberegel zunächst in den Dünndarm und des Weiteren in den Galle leitenden Apparat erfolgt, und dass in dem neuen Wohnthiere die kleinen geschlechtslosen Jugendformen allmählich zu den großen, geschlechtlich entwickelten Formen derLeberegel heranwachsen. Einmal im Wandern begriffen und in den Ductus choledochus gelangt, nehmen die jungen Schmarotzer ihren Weg theils zu der Gallenblase, in welcher eine Anzahl von ihnen verbleibt, andere aber in den Ductus cysto-hepaticus vordringen und dessen Verästelungen nachgehen; theils aber, und anscheinend ist es die Mehrzahl, besetzen sie den Ductus he- paticus und folgen dessen Verzweigungen. Jedenfalls vermögen sie auf dem einen eben so, wie auf dem anderen Wege tief in den Leberkörper einzudringen. Die massenbafte Einwanderung der Parasiten in die Leber der neuen Wirthe erzeugt bei den letzteren die sogenannte Leberfäule, eine Krankheit, die, wenn weit verbreitet, durch ihre Folgezustände leicht den gesammten Schafbestand einer Wirtbschaft in Frage stellt. Schon die Einwanderung, mehr noch die Anhäufung der Leberegel in dem Galle leitenden Apparate haben Erkrankungen desselben im Ge- folge. Diese letzteren geben sich theils in einer Zunahme des Kalibers und als Ektasien der Gallenwege kund, — zum anderen Theil trefien sie die Strukturverhältnisse der Wände und äußern sich in Destruktionen derselben. Die ersterwähnte Art der Veränderungen betreffend, gewahrt man, dass das Kaliber über das Drei-, Vier-, Fünffache und noch mehr des normalen Querschnittes hinausgeführt wird ; selbst blasen- oder cysten- artig aufgetrieben sieht man die besetzten Kanalstücke zuweilen oder zu umfangreichen mit Flüssigkeit und Leberegeln erfüllten Säcken erweitert. Die Veränderungen der anderen Art sind komplicirter. Sie treffen sowohl Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 549 die Schleimhautschicht als die Faserschicht. An der ersteren beginnen _ sie mit einer mehr oder weniger intensiven katarrhalischen Entzündung und Schwellung ; denselben folgen Blutergüsse in das Schleimhautgewebe und Geschwürsbildungen an der Oberfläche ; endlich, — und so geschieht es namentlich in den sehr umfangreichen, schon seit längerer Zeit be- stehenden Erweiterungen des Röhrenwerkes, — fällt die Schleimhaut- schicht einer hier mehr, dort weniger deutlich wahrnehmbaren Verödung und selbst dem Schwunde anheim. In den Fällen der letzterwähnten Art zeigt sich die freie Fläche der erweiterten Stelle meist schmutzig gefärbt oder missfarben, oft uneben und rauh und dann in der Regel mit kleinen, tiefbraunen oder schwärzlichen Körnchen besäet, gleichsam wie miteinem schwarzen, feineren oder gröberen Sande bestreut. Es sind diese Körn- chen kleine Haufen abgestoßener, geschrumpfter und durch Gallenschleim zusammengeklebter Epithelzellen, zwischen welchen und um welche Gallenfarbstoff in größerer Menge abgelagert worden ist. Die Festigkeit der Körnchen ist eine nur geringe; schon ein mäßiger Druck reicht aus, sie zu zertrümmern. — An der Faserschicht der befallenen Kanalstücke sind die Veränderungen vorzugsweise durch Wucherungen des Binde- gewebes bedingt. Dem entspricht es, dass sie im Wesentlichen als Ver- ‚diekungen der Kanalwand zum Ausdruck gelangen. Doch sind dieselben bald nur von geringer, bald von größerer Erheblichkeit. Bei den um- ' fangreicheren und seit längerer Zeit bestehenden Erweiterungen zeigt die Faserschicht nicht selten eine Beschaffenheit, welche an die des Narben- gewebes erinnert. Die Erscheinungen der katarrhalischen Schleimhautentzündung und _ eine mäßige Dilatation setzen sich übrigens von den occupirten Gallen- wegen gelegentlich auch auf solche fort, welche eine Einwanderung der _ Leberegel bis dahin nicht erfahren haben. Die Veranlassung hierzu dürfte durch etwaige Stauungen und behinderten Abfluss des Lebersekretes ge- _ geben sein. Die Flüssigkeit in den erweiterten Gallenwegen besitzt bald eine _ gelbliche Farbe, bald ist sie blutig gefärbt; andererorts wieder erscheint sie schmutzig und missfarben, fast schwärzlich. Sie ist meist schleimig "und fadenziehend, enthält ausgestoßene Distomeneier und in größerer oder geringerer Menge die vorhin erwähnten, kleinen, schwärzlichen und kör- ‚nigen Niederschläge des Gallenfarbstoffes. Von ähnlicher Beschaffenheit ‚ist auch die Flüssigkeit, welche die Gallenblase erfüllt. / Schließlich möchte ich noch über die Lagerung der Leberegel in den oceupirten Gallenwegen einige Andeutungen geben. Es ist dieselbe in ‚den mäßig dilatirten, etwa um das Doppelte oder Dreifache erweiterten "Gallenwegen eine andere, als in den blasen- oder cystenartig aufgetrie- 550 Ferdinand Sommer, benen. Öffnet man zunächst die Erweiterungen der letzteren Art, so findet man außer einer erheblichen Menge von Flüssigkeit in der Regel auch Leberegel in großer Anzahl vor. Dieselben liegen theils neben, theils über einander und nach allen Richtungen hin orientirt, häufig auch so, dass der Hinterkörper noch in dem blasenartig ausgeweiteten Raume steckt, während der Vorderkörper bereits in die Mündung eines Nebenganges eingedrungen ist. Jedenfalls sind die Leberegel hier wirr durch einander liegend und lassen eine bestimmte Art der Anordnung nirgends erkennen. Öffnet man hiernach die wenig oder mäßig erweiterten Gallenwege, so sieht man sie bald von nur einem Leberegel besetzt, baid findet man gleichfalls deren mehrere vor. Allein wo das Letztere statt hat, pflegen die Insassen nicht wie in den blasenartig erweiterten Räumen neben und über einander zu liegen, sondern hinter einander gelegen zu sein oder in kurzen Abständen einander zu folgen. Immer aber zeigt jeder der hier befindlichen Leberegel einen sehr in die Länge gezogenen, gleichsam einen nachschleppenden Hinterkörper, sehr stark gegen die Dorsalfläche um- gerollte Seitenränder und füllt den Querschnitt des von ihm besetzten Kanalstückes ganz oder nahezu aus. Der Umstand aber, dass bei diesen, augenscheinlich meist noch in Wanderung begriffenen Parasiten die Seiten- ränder ausnahmslos dorsalwärts umgerollt sind, und dass es demnach nur ihre den Bauchsaugnapf tragende, ventrale Leibesfläche ist, welche die Wand der Gallenwege berührt, dürfte darauf hindeuten, dass bei den Ortsveränderungen der letztgenannte eine hervorragende Rolle spielt. Dem ist in der That so; doch davon später bei der Rindenschicht und den lokomotiven Einrichtungen des Parasiten. II. Bau und Organisation des Leberegels. Eine Leibeshöhle, welche die Eingeweide des Thierleibes aufzuneh- men bei den Vertebraten und der Mehrzahl der Avertebraten vorhanden ist, wird bei den Platoden vermisst. Daher sehen wir hier die Organe, — in dem Umfange, als in dem Platodenleibe die vegetativen überhaupt zur Selbständigkeit entwickelt werden, einfach in eine Grundsubstanz oder Parenchymmasse eingebettet und von den bindegewebigen Bestand- theilen letzterer direkt gestützt werden. Bei Distomum hepaticum ist diese Parenchymmasse oder das so- genannte Körperparenchym (Taf. XXX, Fig.2 b) reichlicher in dem Kopfzapfen, weniger reichlich in dem Hinterkörper entwickelt. Daher tritt es an dem erstgenannten Orte auch noch gestaltgebend und körperbil- dend auf, während es an dem letztgenannten durch die Masse der dicht gelagerten Organe gleichsam verdrängt erscheint und nur noch als Ge- rüst- und Stützsubstanz für die Einlagerungen fungirt. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 551 Den geweblichen Bestandtheilen nach setzt sich das Körperparen- ehym aus Bindesubstanz und Muskelsubstanz zusammen. Von beiden ist die Bindesubstanz der reichlicher entwickelte Theil. Ihre Baubestandtheile sind einmal Zellen in großer Zahl und von nicht geringem Umfange, — und eine im Ganzen nur spärlich vorhan- _ dene Intercellularsubstanz. Was zunächst die Zellen betrifft (Taf. XXXI, Fig. 4 a), so beträgt deren Durchmesser 0,047—0,089 mm. Ihr Zellkörper besitzt eine zäh- flüssige, fast schleimige Beschaffenheit; in der Regel ist er licht und durchsichtig, zuweilen auch leicht getrübt. Der Zellenkern, so weit der- selbe mit Deutlichkeit wahrnehmbar, ist aus dem Centrum der Zelle meist hinausgerückt, also excentrisch gelegen; er besitzt eine ovale Form und hat bald ein homogenes, bald ein bläschenartiges, in anderen Fällen fast ein solides Aussehen. Sein größter Durchmesser beträgt 0,044 mm. Bei vielen Zellen konnte ich indess, was auch schon angedeutet worden, des Kernes nicht ansichtig werden, wenigstens gelang der Nachweis sei- nes Vorhandenseins durch die sonst üblichen chemischen Agentien und - Farbstoffe nicht überall. In Form und Anordnung ähneln die Parenchym- | zellen bald mehr den Chordazellen, bald, wie von Leuckarr treffend be- merkt worden ist, mehr den Zellen des Pflanzengewebes. Die ideale Kugelform bewahren sie nicht häufig; vielmehr gestalten sie sich meist und in Folge des Druckes, welchen benachbarte auf einander ausüben, rundlich polygonal; auch abgeplatteten oder spindelförmig verlängerten begegnet man, — Gestaltungen, welche an die subperichondrialen Zellen - des Hyalinknorpels erinnern. Von diesen Zellformen findet man die bei- den erstgenannten zwar überall in dem Thierleibe vor, doch unver- mischter und in ihren Charakteren reiner als andererorts in dem Bereiche des Kopfzapfens und der Umgebung des Uterus, mithin an Orten, wo die Grundsubstanz überhaupt reichlicher angehäuft und weniger zusammen- ‚gedrängt, auch nicht in dem Maße zerklüftet und aus einander getrieben ‚ist, als es weiter hinten durch die dichtere Lagerung der Organe ge- schieht. Den polyedrisch abgeplatteten und den spindelförmigen Zell- formen hingegen begegnet man vorzugsweise in der Umgebung der Schalendrüsen, sobald dieselben energischer funktioniren und daher stärker geschwellt sind; eben so in der Umgebung des Cirrusbeutels, ‚wenn letzterer durch starke Füllung der Samenblase und Schwellung ‚der männlichen Anhangdrüsen den Umfang erheblich vermehrt hat, end- lich auch in der Umgebung von Uterusschlingen, welche durch gestei- gerte Anhäufungen beschalter Eier beträchtlich erweitert worden sind, — demnach überall dort, wo durch Schwellung und Volumenzunahme der Organe die Formelemente der umliegenden Bindesubstanz entweder 952 Ferdinand Sommer, zusammengedrängt werden oder eine starke Dehnung erfahren. Auf Schnitten, welche den vorgenannten Stellen entnommen werden, ge- winnt dann die Bindesubstanz, falls deren Dehnung und Kompression einen schärferen Grad erreicht hat, zuweilen fast ein grobfaseriges Aus- sehen. Die Intercellularmasse der Bindesubstanz ist, wo es auch sei, nur spärlich vorhanden. An der einen oder anderen Stelle besitzt sie in Rücksicht auf ihre Menge oft sogar nur den Charakter eines Gewebekittes, der die zelligen Elemente in ihrer Lage fixirt. Im Übrigen ist sie von mattem Aussehen und entweder von homogener oder aber und häufiger von trüb-molekulärer Beschaffenheit. Der andere gewebliche Bestandtheil des Körperparenchyms, die Muskelsubstanz, ist dem zellreichen Bindegewebe in großer Menge eingelagert und gelangt in den sogenannten Parenchymmuskeln zum Ausdruck. Es handelt sich hier um kontraktile, dünne, lang- gestreckte, homogene und kernlose Bänder oder Faserzellen, welche bei frischen Leberegeln und dem Gebrauche der gewöhnlichen Zusatzflüssig- keiten ein zartes, blasses Aussehen haben, die aber an Objekten, welche mit Chromsäure oder chromsauren Salzen behandelt worden sind, nicht nur ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen aufweisen, sondern auch durch dunklere CGontouren von dem Bindesubstanzlager scharf sich ab- setzen. Nur zum kleineren Theil verlaufen diese Fasern einzeln; meist vereinigen sie sich zu Gruppen und zerstreut stehenden Bündeln, welche zwischen den verschiedenen Organen, so wie deren Abschnitten sich durchschieben. Sie halten im Wesentlichen die Richtung von der Dorsal- zur Ventralfläche ein, durchsetzen also den Thierleib seiner Dicke nach und werden dieserhalb seit Leuekarr auch als Dorsoventralmus- kein bezeichnet. Auf Dickenschnitten des Körpers nehmen sie sich oft wie Stützbalken aus, welche zwischen der Rindenschicht der Bauch- und Rückenseite ausgespannt sind (Taf. XXX, Fig. 2 in b). Da sich aber zahlreiche seitliche Ausläufer und Fortsätze von ihnen abzweigen, welche nach einem kurzen Verlaufe den benachbarten Hauptsträngen sich wieder anfügen, so sind sie thatsächlich zu einem weit ausgedehn- ten und großmaschigen, muskulösen Netzwerke vereinigt, das den Ge- sammtkörper in dorsoventraler Richtung durchzieht (Taf. XXXI, Fig. 2f). Übrigens stehen die Faserstränge des Körperparenchyms nicht aller- orts senkrecht auf der Rindenschicht; es kommen vielmehr auch solche zur Beobachtung, welche einen auffallend schrägen Verlauf nehmen. So namentlich findet sich ein Faserzug vor, der von dem vorderen Grenz- rande des Genitalporus schräg nach vorn geneigt zur Dorsalfläche auf- steigt, und eben so ein anderer, welcher von dem hinteren Grenzrande Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. : B83 derselben Öffnung ausgeht, sich zwischen Cirrusbeutel und Bauchsaug- napf hindurchschiebt und schräg nach hinten zur Dorsalfläche verläuft. Wie die Muskelstränge des Körperparenchyms beginnen und wie sie endigen, ist schwer festzustellen. Sicher ist, dass die Elemente der- selben in den mittleren Abschnitten der Stränge dicht beisammen stehen, in der Nähe der Rücken- und Bauchseite aber wie die Härchen eines Tuschepinsels, wenn solcher in Wasser getaucht wird, aus einander weichen. Es hat den Anschein, als ob die Fasern zugespitzt in der Kitt- substanz endigen, welche die kontraktilen Elemente der Rindenschicht oder des sogenannten Hautmuskelschlauches zu Strängen und Schichten zusammenfügt. Eine direkte Anheftung der dorsoventralen Fasern an die Cuticula zu beobachten ist mir wenigstens niemals gelungen. Wenn man von Leberegeln, welche in Mürzer’scher Flüssigkeit ge- härtet worden, Dickenschnitte anfertigt und unter das Mikroskop bringt, so wird man leicht konstatiren können, dass wie bei den übrigen Plato- den, so auch hier die Körpersubstanz in zwei Schichten sich sondert. Von diesen ist die innere oder centrale als Mittelschicht (Taf. XXX, Fig. 2 b), die äußere und peripherische als Rindenschicht oder Hautmuskelschlauch (Taf. XXX, Fig. 2 a) zu bezeichnen. Bei CGestoden, als Bothriocephalus latus, Taenia solium und Taenia medio- canellata differiren die beiden Substanzschichten in Betreff ihrer Mäch- tigkeit kaum oder nur in unwesentlichem Maße; bei Distomum hepati- cum hingegen tritt uns ein derartiger Unterschied sofort und in präg- nanter Weise entgegen. Bei letzterem nämlich besitzt die Rindenschicht, von ihren baulichen Eigenthümlichkeiten ganz abgesehen, eine auffallend geringe Dickenentwickelung, während die Mittelschicht überaus stark sich erweist. Dieses Verhalten der Rindenschicht gegenüber der Mittel- - schicht ist aber keineswegs darin begründet, dass ihr wesentliche, d.h. ihren physiologischen Charakter als Hautmuskelschlauch bedingende Gewebe fehlten, als vielmehr und lediglich darin, dass die zellreiche Bindesubstanz, welche als Gerüstmasse bei der Zusammensetzung der Mittelschicht in Frage kommt, bei dem Aufbau der Rindenschicht nicht mehr Verwendung findet. Auch die erhebliche Stärke der Mittelschicht wird erst in zweiter Stelle durch das Vorhandensein der zellreichen Ge- _ rüstsubstanz, in erster Stelle aber durch die Menge ihrer Einlagerungen _ veranlasst. Denn sie allein ist es, welche die sämmtlichen Eingeweide _ des Thierleibes aufnimmt, und nicht nur wie bei Cestoden dem Nerven- ‚system und einem umfangreich entwickelten männlichen und weiblichen - Geschlechtsapparat, sondern auch einem vielfach ramificirten Darm und 554 Ferdinand Sommer, einem durch die ganze Mittelschicht verzweigten exkretorischen Kanal- system Unterkunft giebt. Auf Grund dieser Verhältnisse werden sich unsere Untersuchungen in erster Reihe mit dem Bau der Rindenschicht, in zweiter mit den ver- schiedenen Einlagerungen der Mittelschicht beschäftigen müssen. A. Die Rindenschicht des Leberegels. An der Rindenschicht (Taf. XXXI, Fig. 2 A) sind vier verschiedene Substanzlagen zu unterscheiden, und zwar: 1) die Cuticula, 2) die äußere oder subeuticulare Zellenlage, 3) die Hautmuskellage, und endlich 4) die innere Zellenlage. Von diesen ist die erstgenannte Substanzlage, die Cuticula (Taf. XXXI, Fig. 2 a), äußerste Hülle des Thierleibes und eine vollkommen strukturlose, pellucide Membran. An der Mundöffnung und an dem Ge- nitalporus senkt sie sich in die Tiefe und kleidet dort den Anfang des Nahrungskanals, hier den Genitalsinus aus. Eben so tritt sie von dem letzteren aus in das Ende des weiblichen Leitungsapparates ein. Sowohl an dem Nahrungskanal als an der Mündung des weiblichen Leitungs- rohres geht sie in die gestaltgebende Membran der Organe über; das Gleiche findet am Exkretionsporus statt. Behandelt man frisch ihrem Wohnsitze entnommene Leberegel für den Zeitraum von etwa 142 Stunden mit ammoniakhaltigem Wasser, so löst sich die Cuticula der Körperoberfläche auf weite Strecken hin von der unter ihr liegenden äußeren Zellenlage ab. Auch in dem Anfange des Nahrungskanals, insbesondere dem Pharynx, ferner in dem Genital- sinus und in dem Endtheile des weiblichen Leitungsrohres erfolgt eine solche Ablösung: die von ihrer Unterlage losgelöste Cuticula rückt als ein längsgefalteter kollabirter Schlauch in die Achse dieser Organe hinein. Die freie Fläche der Cuticula erscheint dem unbewaffneten Auge eben und glatt. Bei mikroskopischer Untersuchung dagegen zeigt sie sich rauh, und was schon v. SıesoLp! für andere Distomen beobachtet und mitgetheilt hat, nach Art einer »groben Feile, sogenannter Raspel« mit kleinen, zacken- oder spitzenartigen Prominenzen besetzt (Taf. XXX, Fig. 2 a). Ihrer Wesenheit nach sind diese Cuticularprominenzen die blindgeschlossenen Ausladungen kleiner, von Cuticularsubstanz um- 1 C. Tun. v. SıesoLp, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere. p. 444. | Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 555 3 friedigter Hohlräume, Cutieulartäschehen (Taf. XXXI, Fig. 2 a!), deren anderes und entgegengesetztes Ende gegen die subcuticulare Zellenlage gerichtet ist und dort des Verschlusses mittelst Guticularsubstanz ent- behrt. Jedes der Cuticulartäschchen neigt sein geschlossenes und vor- - springendes Ende dem hinteren Körperpole zu und schließt ein glänzen- des oder schillerndes Gebilde ein, das mit Rücksicht auf seine Form als Schuppenstachel bezeichnet werden kann (Taf. XXXI, Fig. 2 a2). Wenn man frische Leberegel mit Wasser bespült, in der Absicht sie von dem anhaftenden, missfarbenen Inhalte der Gallenwege zu reinigen, so pflegen mit eintretender Aufblähung des Thierleibes die blinden Enden der Cuticulartäschchen einzureißen ; in Folge dessen fallen die Schuppenstachel heraus und gehen verloren. Diese Thatsache er- klärt es, dass man unter Einwirkung der Wasserbehandlung die Guti- eulartäschehen häufig defekt und ihrer Inhaltsgebilde beraubt findet. Indessen lässt sich dem Übelstande leicht vorbeugen, wenn man die frisch ihrem Wohnsitze entnommenen Leberegel statt mit Wasser, mit Alkohol oder mit Mürzer' scher Flüssigkeit, oder aber und noch besser _ mit einer schwachen Chromsäurelösung abpinselt, sie für die spätere - Untersuchung der Guticulareinlagerungen auch in einer der genann- ten Flüssigkeiten bewahrt. Namentlich wird durch die Chromsäure- behandlung das dichte Schuppen- und Stachelkleid so vollständig er- halten, dass selbst nach langer Zeit die Leibesoberfläche der Objekte noch ein speckglanzartiges Aussehen hat, in direktem Sonnenlichte oft sogar schillernd ist. Die Cuticularprominenzen breiten sich über diegesammite Körper- - oberfläche aus. Nur auf den Saugnäpfen und in deren unmittelbarer Umgebung fehlen sie; eben so ist auch der nächste Umkreis des Genital- _ porus von ihnen frei. Dagegen sind sie wieder und überaus zahlreich in dem Genitalsinus vorhanden und werden nur in unmittelbarer Um- gebung der Öffnungen des männlichen und weiblichen Leitungsrohres vermisst. In Rücksicht auf ihre Stellung lassen sie eine gewisse Regelmäßig- keit der Anordnung nicht verkennen. Überall nämlich stellen sie sich in kurzen Abständen neben einander und ordnen sich damit in lineare Reihen. Die letzteren nehmen an der Leibesoberfläche einen transver- salen, in der Geschlechtskloake einen zirkelförmigen Verlauf. Nirgends ‘ist der Abstand der Reihen von einander ein großer; am dichtesten ist ihre Folge innerhalb des Geschlechtssinus, weniger dicht am Vorder- körper; die größten Abstände zeigen sie in dem Bereiche des Hinter- | örpers. Die Gestalt der in den Cuticulartäschchen gelegenen Schuppen- . Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV.Bd. 36 556 Ferdinand Sommer, stachel ist je nachdem dieselben der Oberfläche des Thierleibes oder dem Genitalsinus angehören, eine verschiedene. Die an der Leibesober- fläche befindlichen stellen breite, leicht nach der Fläche gekrümmte Platten dar, welche an ihrer Basis ziemlich dick erscheinen, aber gegen den freien Rand allmählich sich verjüngen und zuschärfen. Der dickere basale Rand besitzt in der Regel eine geringere Breite als der ihm gegen- über liegende freie und berührt die äußere Zellenlage der Rindenschicht. Der freie und scharfe Rand dagegen rückt in das ausgeladene, blinde Ende des Guticulartäschchens hinein und ragt daher über die Quticular- ebene hinaus. Alle der Körperoberfläche angehörigen Schuppenstachel durchsetzen die Guticula in einer sehr schrägen Richtung und zwar in der Art, dass sie den vorspringenden scharfen Rand gegen das hintere Leibesende neigen. Gegenüber den vorigen erinnern dıe in dem Geni- talsinus befindlichen Schuppenstachel ihrer Form nach an die spitzen, komprimirt kegelförmigen Zähne im Haifischgebiss. Ihre Basis besitzt eine ansehnliche Breite, ihre Spitze eine nicht geringe Schärfe. Letztere ist überall nach hinten gerichtet, d. h. gegen die Mündung des männ- lichen Leitungsapparates geneigt. Wenn aber der Genitalsinus nach außen gestülpt ist (was unter gewissen, später näher zu bezeichnenden Umständen geschehen kann), und dann als sogenannter Cirrus aus dem Genitalporus hervorragt, sind die scharfen Enden aller seiner Schuppen- stachel, ähnlich wie die Grannen einer Roggenähre gegen deren Spitze, so hier gegen das freie Ende des ausgestülpten Körpertheils gerichtet. An Objekten, welche die vorhin erwähnte Behandlung mit dünnen Chromsäurelösungen erfahren haben, ist es sehr leicht sich von dem an- gegebenen Sachverhalt zu überzeugen. Wie die Gestalt, eben so ist auch die Größe der Schuppenstachel nicht allerorts die gleiche. In der Medianlinie der ventralen Fläche fand ich, dass ihr größter Durchmesser und zwar in der Nähe des Mundsaug- napfes 0,036 mm, in halber Länge des Thierleibes aber 0,042 bis 0,078 mm betrug. In der Medianlinie der dorsalen Fläche hingegen maßen sie in der Nähe des Mundsaugnapfes 0,042 mm, in der halben Länge des Thierleibes schwankte der größte Durchmesser zwischen 0,052—0,057 mm. Die Basis der Schuppenstachel hatte eine Dicke von 0,014 mm. Aus diesen Zahlenwerthen ergiebt sich, dass die Schuppen- stachel des Vorderkörpers durchgehends eine geringere Länge besitzen, als die des Hinterkörpers. Endlich sind als die durchschnittlich klein- sten diejenigen Schuppenstachel zu verzeichnen, welche dem Genital- sinus angehören. Die hierorts größten hatten eine Länge von 0,018 mm und an’ihrer Basis eine Breite von 0,007 mm. Neben diesen größeren kommen indess und in großer Zahl viel kleinere vor, die dann auch Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 957 nicht mehr die regelmäßigen Formen der größeren aufweisen, sondern mehr als dünne, eckige Plättchen erscheinen, bei welchen bald der Längendurchmesser den Breitendurchmesser, bald umgekehrt der letztere den ersteren überragt. Obschon die Schuppenstachel als völlig solide Bildungen sich er- weisen, sind dennoch Festigkeit und Resistenz derselben gegen mecha- nische Einflüsse nur unerheblich. Oft genügt schon der Druck einer Präparirnadel auf das Deckglas, um diese spröden Bildungen zu zer- trümmern und sie in eine Anzahl feiner, starrer Stäbchen zu zerklüften. Gewöhnlich beginnt die Zerklüftung an dem freien und scharfen Rande, so dass die Schuppenstachel in solchem Zustande das Aussehen eines Kammes erhalten, dessen Zinken in einer Ebene neben einander liegen. Schreitet aber die Zerklüftung weiter vor und ergreift auch die Basis der Schuppenstachel, dann liegen an der letzteren die feinen, starren Stäbchen nicht ausschließlich mehr neben einander, sondern auch über einander. Häufig erfolgt die Zerklüftung auch in umgekehrter Richtung. So weit von dem Schuppen- und Stachelkleide. Fertigt man von der Rindenschicht des Leberegels genügend feine Flächenschnitte an und stellt auf deren von (uticularsubstanz ge- bildeten Randsaum ein mittelstarkes Objektiv ein, so wird ein hüb- sches musivisches Bild sichtbar. Es rührt dasselbe von den zahllosen, bei einander stehenden, seichten Eindrücken her, welche durch die Formelemente der äußeren Zelllage an der inneren Fläche der Cuticula erzeugt werden und die ein cuticulares, vorspringendes Rippennetz von einander scheidet. In Zeichnung und Anordnung erinnert dieses Bild an das zierliche, polygonale Felderwerk, welches das Zottenepithel der Säugethiere zeigt. Abweichend von der Zottenmosaik aber verhält sich die Cuticularmosaik des Leberegels darin, dass einmal die Form ihrer kleinen Felder mehr kreisförmig als polygonal ist, und ferner, dass der Durchmesser derselben nicht unerheblich variirt; der letztere bewegt sich zwischen 0,0038—0,0057 mm. Endlich sei noch erwähnt, dass starke Objektive auf der freien Fläche der Cuticula sehr feine und dunkle Pünktchen zur Anschauung bringen; sie sind der optische Ausdruck für Öffnungen von Porenkanäl- chen, welche dicht bei einander stehend die Guticula in unzählbarer Menge durchsetzen und anscheinend nur an den vorspringenden Ab- schnitten der Guticulartäschehen vermisst werden. Wie man an Dickenschnitten, welche der Medianebene des Thbierleibes parallel _ laufen, sieht, durchsetzen sie die Cuticularsubstanz in schräg nach _ hinten abfallender Richtung (Taf. XXXI, Fig. 2 a). Aus dem Vorban- densein dieser Porenkanälchen erklärt sich das schnelle und außer- ‚ 36* 558 Ferdinand Sommer, ordentlich große Einsaugungsvermögen, welches die Leibessubstanz der Leberegel besitzt. Frische Leberegel nämlich, wenn sie mit destillirtem Wasser in Berührung gebracht und in demselben eine Zeit lang abge- spült werden, blähen sich alsbald auf und schwellen bis zu dem Doppelten und selbst Dreifachen ihres gewöhnlichen Dickenmaßes an; gleichzeitig erhalten sie dabei eine pralle, glatte, fast glänzende Außen- fläche und eine Steifigkeit, welche unter normalen Verhältnissen ihnen fremd ist. Bei längerer Einwirkung des Wassers treten dann in der gespannten Cuticula Risse auf; je nach dem Quellungsgrade des Thier- leibes beschränken sich selbige entweder nur auf die Cuticula oder sie durchsetzen die gesammte Rindenschicht und legen die ableitenden Kanäle des exkretorischen Apparates bloß, oder aber endlich sie dringen bis tief in die Mittelschicht hinein und können daselbst sogar den Magen- darm eröffnen. Kohäsionsfähigkeit und Elasticität erweisen sich bei der Cuticula der Leberegel sehr viel geringer als bei der der Cestoden. Mechanische Insulte, welche bei den letztgenannten die Integrität der Guticula noch lange nicht alteriren, veranlassen bei der des Leberegels schon sehr leicht Kontinuitätsstörungen. Eben so ist die Dicke der Guticula nicht gerade erheblich; sie be- trägt etwa 0,008 mm, — wo sie die Muskelmasse der Saugnäpfe be- deckt etwa 0,004 mm, — an der Spitze der Cuticulartäschchen endlich sogar nur 0,0048 mm. Die der Cuticula nächste Gewebslage des Hautmuskelschlauches ist die äußere Zellenlage (Taf. XXXI, Fig. 2b). Sie ist Matrix der Cutieula, ungeschichtet und hat die Dicke von 0,0140 mm. Ihre Form- elemente sind von runder oder rundlich-polygonaler Gestalt, besitzen eine Größe von 0,009 mm und eine hüllenlose, körnchenreiche Zellsub- stanz. Der Zellenkern ist centrisch gelegen, hat ein feingranulirtes Aus- sehen und einen Durchmesser von 0,003 mm, ist indessen durch die Körnchenmenge der Zellsubstanz oft bis zur Unkenntlichkeit verdeckt. Die der äußeren Zellenlage folgende Hautmuskellage (Taf. XXXI, Fig. 2 c) ist stärker entwickelt am Vorderkörper, schwächer am Hinterkörper. Ihre Formbestandtheile sind wie bei den Parenchym- muskeln blasse, homogene und kernlose Faserzellen, allein in zweifacher Weise gruppirt. Denn dem einen Theile nach vereinigen sie sich nur zu diskreten und zerstreut stehenden Faserzügen oder Fasersträngen, dem anderen Theile nach aber zu einer zwar dünnen, doch engge- schlossenen und kontinuirlichen Muskelhaut. In Rücksicht auf die Richtung und den Verlauf ihrer Formbestand- theile zählt die Hautmuskellage drei differente Schichten. ur a Zt en ta a a Si vr Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 999 Von diesen erweist sich die äußerste als Ringfaserschicht, da ihre kontraktilen Elemente den Thierleib in transversaler Richtung ein- kreisen (Taf. XXXI, Fig. 2 c!). Sie breitet sich als eine enggeschlossene, kontinuirliche Muskelhaut über den Gesammtkörper des Thieres aus und erfährt eine Unterbrechung nur durch die Einlagerung der Saugnäpfe und die Öffnungen der Leibesoberfläche. An dem Hinterkörper, wo ihre Formbestandtheile ausschließlich neben einander liegen, ist sie nur zart entwickelt und dünn; im Bereiche des Vorderkörpers hingegen ist ihre Stärke erheblicher und wächst daselbst auf 0,010 mm, da hier die Faserzellen nicht mehr ausschließlich neben, sondern auch über einan- der gelegen sind. Gerade die stärkere Koncentrirung der Ringfaser- schichtelemente im Gebiete des Kopfzapfens veranlasst, dass derselbe muskelkräftiger als der Hinterkörper ist. Die nächstfolgende Schicht ist eine Längsfaserschicht und un- gleich kräftiger als die vorige entwickelt (Taf. XXXI, Fig. 2 c2). Ihr Dickendurchmesser beträgt am Kopfzapfen 0,040 mm, am Hinterkörper etwa 0,014 mm, ist also an dem letzteren stärker und zeigt damit das umgekehrte Verhalten der Ringfaserschicht. Wie diese breitet sie sich über die gesammte Körperperipherie aus; doch vereinigen sich ihre Formelemente nicht mehr zu einer kontinuirlichen Muskelhaut, sondern nur zu einer Menge einzelner, langer und durch schmale Zwischenräume getrennter Faserstränge. Im Wesentlichen verlaufen dieselben einander und der Längsachse des Thierleibes parallel und besitzen eine Breite von 0,004—0,006 mm. Wie die Bestandtheile der Ringfaserschicht weichen sie in dem Umkreise des Genitalporus bogenförmig aus einan- ‚der. Des Öfteren tauschen sie Fasern mit den Nachbarsträngen aus, ja kreuzen zuweilen einander und dann unter sehr spitzem Winkel. Namentlich geschieht das Letztere an dem hinteren Leibesende. Die innerste Schicht der Hautmuskellage endlich umfasst die schräg verlaufenden Fasern oder das System der Diagonalmuskeln (Leuckarr) (Taf. XXXI, Fig. 2 c?). Sie ist nur auf das vordere Drittel oder die vordere Hälfte des Thierleibes beschränkt und verliert sich weiter nach binten gänzlich. Noch in einem höheren Maße, als es bei der Längs- faserschicht der Fall, vereinigen sich hier die kontraktilen Elemente zu einzelnen Strängen und Bändern, die theils in geringen Entfernungen, theils in größeren Abständen von einander ihren Lauf nehmen. Indem sie von den Seitenrändern des Thierleibes her und unter mehr oder min- - der stumpfem Winkel einander kreuzen, vereinigen sie sich zu einer Art von muskulösem, zahlreiche rhombiforme Lücken enthaltenden Flecht- oder Gitterwerk. An der ventralen Seite des Thierleibes erfährt das- selbe und zwar sowohl in dem Raum zwischen Bauchsaugnapf und 560 Ferdinand Sommer, Genitalöffnung (also unterhalb des Cirrusbeutels) als auch unmittelbar vor dem Genitalporus eine stärkere Entwicklung (Taf. XXX, Fig. 4 g). An dem ersterwähnten Orte besitzen die Faserstränge eine Breite von 0,022—0,033 mm und grenzen rautenförmige Lücken ein, welche in transversaler Richtung 0,277 mm und in longitudinaler 0,111 mm messen. Ihre spitzen Winkel kehren dieselben lateralwärts, die stumpfen nach vorn und hinten. Vor dem Genitalporus dagegen sind die Faser- züge schmäler und etwa nur 0,014—0,022 mm breit. Die von ihnen eingeschlossenen Lücken messen in transversaler Richtung 0,333 und in longitudinaler 0,055 mm; dieselben sind somit hier niedriger aber breiter als die unterhalb des Cirrusbeutels gelegenen. Wenige Millimeter hinter dem Bauchsaugnapfe werden die Lücken dann überhaupt kleiner, messen in longitudinaler Richtung nur noch 0,055 mm, in transversaler 0,044 mm und verlieren sich etwa in Höhe des beginnenden Hodenfeldes gänzlich. Auf der Rückseite des Thierleibes schwinden sie gleichfalls an dem Anfange des Hodenfeldes. — Die Beziehungen, welche die diagonalen Muskelstränge zu dem Genitalporus haben, sind sehr enger Art, können zweckmäßig aber erst späterhin zur Erörterung gelangen. Die letzte und innerste Gewebslage der Rindenschicht endlich ist die innere Zellenlage (Taf. XXXI, Fig. 2 d). Ihre Formelemente ähneln in baulicher Beziehung denen der äußeren Zellenlage. Wie jene sind sie hüllenlos und vorwiegend von rundlich polygonaler Gestalt; dessgleichen besitzen sie ein überaus körnchenreiches Protoplasma ; der Zellenkern hat ein fein granulirtes Aussehen und einen Durchmesser von 0,004 bis 0,006 mm. Ihre Gruppirung aber weicht von derjenigen der Elemente der äußeren Zellenlage nicht unwesentlich ab, denn sie ordnen sich nicht wie jene zur Bildung einer einfachen und kontinuirlichen Zellenlage neben einander, sondern vereinigen sich zu einer Menge unregelmäßig gestal- teter und durch kurze Zwischenräume getrennter Zellhaufen. Die Inter- stitien zwischen den letzteren nehmen von der Mittelschicht her die dorso- ventralen Muskelzüge (Taf. XXXI, Fig. 2 f) auf. Es sind demnach eigent- lich die eben genannten Muskelzüge, welche die Kontinuität der inneren Zellenlage unterbrechen, die letztere zerklüften und sie in einzelne Zell- haufen sondern. Wo diese Zellhaufen die Bindesubstanz der Mittelschicht berühren, grenzen sie unmittelbar an deren pellucide, große Zellen ; peri- pherisch hingegen ragen sie in die rautenförmigen Lücken der Diagonal- muskeln und selbst bis in die Zwischenräume der longitudinal verlaufenden Faserzüge der Hautmuskellage hinein und füllen sie aus. Die Bilder, welche an Schnittpräparaten die Zellhaufen geben, er- innern zuweilen an Anhäufungen von Drüsenzellen und haben in der Die Anatomie des Leberegels Distomum hepatieum L. 561 That auch Forscher veranlasst, die Zellhaufen für Hautdrüsen zu er- klären. Im Anschlusse an den Bau der Rindenschicht mögen dieForm- und Texturverhältnisse der Saugnäpfe ihre Erörterung finden. An der Schnittfläche eines in der Medianebene halbirten und in sym- metrische Seitenhälften zerlegten Leberegels ist schon mittelst starker Lupenvergrößerung wahrnehmbar, einmal, dass die Saugnäpfe den größeren Theilabschnitt eines kugelförmigen Körpers wiedergeben und ferner, dass sie von der Rindenschicht aus in die Parenchymmasse der Mittelschicht tief hineinragen. Wie schon Eingangs dieser Abhandlung ausführlicher geschildert worden, läuft beim Kopfsaugnapfe die Sauggrube hinterwärts in eine Öffnung aus, welche in den Verdauungsapparat führt; bei dem Bauchsaugnapfe hingegen endet die Sauggrube blind. Den geweblichen Bestandtheilen nach stellen die Saugnäpfe eine An- häufung kontraktiler Faserzellen dar, welcher zahlreiche Bindesubstanz beigemischt ist; und zwar ist die Beimischung letzterer bei dem an der Bauchseite gelegenen nur eine spärliche, eine reichlichere dagegen bei dem an dem vorderen Körperpole befindlichen. In beiden sind, wie weitere Untersuchungen lehren, die kontraktilen Elemente in drei auf ein- ander folgende Muskellagen oder Fasersysteme geordnet, deren Mächtig- keit und Verlaufsrichtung different sich erweist. Auf Grund dieser That- sache sind denn an jedem der Saugnäpfe, wie von LEUCKART richtig er- kannt worden ist, ein System äquatorial verlaufender Fasern, ein System meridional verlaufender Fasern undein radiäres Fasersystem deutlich zu unterscheiden. Die insbesondere dem radiären Fasersysteme untermischte Bindesubstanz gleicht, wenn von dem geringeren Umfange der Zellen abgesehen wird, ihren wesentlichen Eigenschaften nach der Bindesubstanz des Körperparench yms. Fassen wir nach diesen Angaben allgemeineren Inhalts die baulichen Verbältnisse zuvörderst des ventralen Saugnapfes näher ins Auge, so ergeben die Bilder von Quer-, Längs- und Flächenschnitten nach- stehende Resultate. Inder peripherischen Substanzlage des Organs nehmen die kontraktilen Fasern einen zirkelförmigen Verlauf, besitzen eine äqua- toriale Anordnung und schließen sich zur Bildung einer zarten, sehr dünnen und kontinuirlichen Muskelhaut eng an einander. In der nächst "inneren, doch etwas stärkeren Muskellage gruppiren sich die kontraktilen Faserzellen nicht mehr zu einer kontinuirlichen Muskelhaut, sondern nur zu zerstreut stehenden, dünnen Muskelsträngen. Auch sie halten die zirkelförmige Richtung inne, besitzen aber sämmtlich eine meridionale Anordnung. In der letzten und innersten Schicht endlich, — sie bildet die 562 Ferdinand Sommer, eigentliche Masse des Organs, — nehmen die Muskelfasern die Richtung von dem idealen Mittelpunkte des Saugnapfes zu dessen Peripherie hin, haben also eineradiäre Anordnung. Hier ist es, wo, wie oben erwähnt, die kontraktilen Fasern in dichten Zügen einer zellreichen Bindesubstanz eingebettet sind. Die Formelemente letzterer zeigen sich kugelförmig ge- staltet und sind von geringem Umfange:; ihr Durchmesser beträgt nur 0,0414—0,025 mm, der ihres Kerns 0,005 mm. Erwähnt sei schließlich noch, dass man in gewissen Abständen die radiären Faserzüge aus ein- ander weichen sieht, gleichsam um Raum zu schaffen für vereinzelt stehende, hüllenlose, körnchenreiche und 0,040 mm große Zellen, welche _ einen bläschenförmigen 0,048 mm messenden Kern und in letzterem ein scharf berandetes glänzendes Kernkörperchen von 0,004 mm Durchmesser einschließen. Ich zweifle nicht, dass die Zellen der letzteren Art, wie Stıepa ! behauptet, Ganglienzellen sind. An dem Mundsaugnapf (Taf. XXX, Fig. 2c und Fig. 3 c) ge- stalten sich die baulichen Verhältnisse etwas abweichend. Hier haben in der äußersten Gewebslage des Organs die Fasern eine äquatoriale Anordnung {c?). Aber die ganze Faserlage erscheint ungleich kräftiger entwickelt als die gleichnamige des Bauchsaugnapfes. Sie stellt gewisser- maßen eine Fortsetzung der ceirkulären Faserschicht der Hautmuskellage dar, die an dem Hinterkörper ungeschichtet, an dem Vorderkörper aber geschichtet ist und daher bereits an letzterem eine größere Dicke besitzt. Die nächstfolgende Muskellage, dieder Meridionalfasern (c}), ist da- gegen äußerst zart und sehr viel dünner als die gleichnamige des Bauch- saugnapfes. Sie scheint wenigstens einem Theile ihrer Elemente nach eine Fortsetzung der longitudinalen Faserzüge der Hautmuskellage zu sein, die sich umgekehrt wie die Zirkelschicht stärker am Hinterkörper erweisen, am Kopfzapfen aber allmählich an Dicke verlieren. Die innerste Lage und die Hauptmasse des Organs wird auch beim Mundsaugnapf von den Ra- diärfasern (c®) gebildet; dieselben ordnen sich hier zu ziemlich starken und zerstreut verlaufenden Strängen, welche, wie man an geeigneten Schnitten wahrnimmt, durch breite Streifen zellreicher Bindesubstanz _ von einander getrennt werden. Überhaupt sind in dieser Muskellage die kontraktilen Elemente in viel geringerer Anzahl und die Bindesubstanz viel reichlicher vertreten als in der gleichnamigen Schicht des Bauchsaug- napfes. Auch erscheint die Bindesubstanz hier großzelliger und ähnelt daher in ihrer äußeren Erscheinung ungleich mehr der großzelligen Binde- substanz des Körperparenchyms. Endlich begegnen wir auch hier zwi- schen den Radiärfasern vereinzelten und zerstreut stehenden Ganglien- ! REICHERT und Du Boıs-Reymonv’s Archiv. Jahrgang 4867. p. 54. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 63 zellen ; dieselben sind an Zahl spärlicher, als im Bauchsaugnapf, besitzen indess einen größeren Umfang und haben einen Durchmesser von 0,055 mm. Von den drei Fasersystemen der Saugnäpfe fällt den beiden äußeren, nämlich dem System der Äquatorialfasern und dem der Meridionalfasern, die Aufgabe zu, die Sauggrube möglichst zu verkleinern oder mit anderen Worten die Saugfläche so auszuebnen, dass sie jedweder Unterlage leicht sich anfügt. Hingegen ist es Aufgabe des radiären Fasersystems, die ver- sirichene Sauggrube von Neuem zu entwickeln, sie auszurunden und kuppelartig zu wölben. Erst die Leistung der letztgenannten Fasergruppe vermag die Anheftung der Saugnäpfe perfekt zu machen. Sollen sich die Leistungen der Radiärfasern zu wirklich erfolgreichen steigern, so ist es nothwendig, dass die peripherischen Substanzlagen der Saugnäpfe zuvor einen gewissen Grad von Starrheit und Festigkeit er- halten. Denn nur wenn die Radiärmuskeln für ihre peripherischen Enden unverrückbare Fixationspunkte gewonnen haben, vermögen sie die cen- tralen Enden kräftig hinauszurücken und das Ansaugen des Leberegels an seine Unterlage zu vermitteln. Die Festigkeit aber und Starrheit der peripherischen Substanzlagen, in dem Maße wie sie für zweckentsprechende Leistungen der Radiärfasern erforderlich sind, können nur durch Kon- iraktionen des äquatorialen und des meridionalen Fasersystems verwirk- licht werden. Aus dem Vorstehenden erheilt nun, dass die auf Fixation des Thier- leibes gerichtete Thätigkeit der Saugnäpfe sich aus zwei einander folgen- den Akten zusammensetzt und zwar bewerkstelligt der erste, nämlich die Kontraktion der Äquatorial- und der Meridionalfasern, eine Anpassung der Saugnäpfe an die jeweilige Unterlage, zugleich aber auch eine erhöhte Starrheit und Unverrückbarkeit der peripherischen Substanzlagen. Da- gegen bewerkstelligt der dann folgende zweite Akt, nämlich die Kontrak- _ tion der Radiärfasern, eine Erhebung des centralen Abschnittes der Saug- _ fläche und damit die Anheftung des Leberegels an seine Unterlage. Endlich sei noch erwähnt, dass bei dem Bauchsaugnapfe der ihm eigenen Muskulatur sich anderweitige Faserzüge beimischen. Es sind _ dieselben dorsoventrale Muskelstränge. Sie legen sich namentlich dem Grunde des Saugnapfes, so wie dessen hinterem Umfange an und fasern _ sich bei Annäherung an das Organ auf. Unter ihnen tritt eine Gruppe _ von Fasersträngen schärfer hervor. Sie geht von dem Dorsaltheile der Rindenschicht aus, steigt in schräg nach vorn geneigter Richtung gegen die Ventralfläche hinab und sucht an dem hinteren Umfange des Saug- - nmapfes Anschluss. Durch Kontraktion der letzterwähnten, gleichsam ac- ‚cessorischen Faserzüge dürfte dann auch die Stellung des Organs eine 364 _ Ferdinand Sommer, Veränderung erfahren und seiner Unterlage besser angefügt werden können. Jedenfalls wird durch Verkürzung dieser Fasern der hintere Abschnitt des an der Ventralfläche ringwallartig vorspringenden Theiles elevirt und dadurch der vordere Abschnitt desselben gleichzeitig gesenkt. Hiernach sind noch die Leistungen der Hautmuskellage und die der Saugnäpfe, so weit solchezum Zweck lokomotiver Effekte zusammenwirken, zu erörtern. Es ist bekannt, dass die Bewegungen des Leberegels, wie die aller Platoden, das Resultat von Kontraktionen der Hautmuskellage oder ihrer Theile sind, und ferner, dass jene Kontraktionen bald als Streckung, bald als Verkürzung des Leibes in die Erscheinung treten. Gesellt sich diesem Wechsel von Streckung und Verkürzung die rechtzeitig eingreifende Thä- tigkeit der Saugnäpfe hinzu, so sind alle Bedingungen vorhanden, welche dem Thiere den Ortswechsel ermöglichen. Die Verkürzung des Wurm- leibes wird nun einfach durch Kontraktion der Longitudinalfasern, die Streckung desselben dagegen durch Kontraktion der Transversal- oder Cirkularfasern vermittelt. Die Kontraktionen der letzteren nämlich indem und in dem Maße, als sie den Querschnitt des Körpers verringern, be- werkstelligen auch dessen Streckung. Da nun die Cirkularfasern der Hautmuskellage an dem breiten, blattförmigen Hinterkörper nur schwach, an dem kegelförmigen Vorderkörper oder Kopfzapfen dagegen stärker ent- wickelt sind, so kommt die Streckbewegung an dem erstgenannten Körper- theil entweder gar nicht oder nur in unerheblicher Weise zur Geltung, während sie am Kopfzapfen kräftiger zum Ausdruck gelangt. Dafür, dass die Streckung des Kopfzapfens insbesondere als Vorwärtsstreckung er- folgen kann, ist durch die Lage des Bauchsaugnapfes am Anfange des Hinterkörpers Sorge getragen. Wenn nämlich durch die adhäsive Leistung des Bauchsaugnapfes die Basis des Kopfzapfens gleichsam fixirt und un- verrückbar gemacht worden ist, so kann der Gesammteffekt der Streckung nur darin gipfeln, dass der vordere Körpertheil des Thierleibes und mit ihm der Mundsaugnapf dem Kontraktionsgrade der Cirkelschicht ent- sprechend nach vorn rückt. Der ganze Vorgang der Lokomotion setzt sich übrigens aus zwei ein- ander folgenden Akten zusammen. Von beiden umfasst der erste die Fixation des Bauchsaugnapfes und die ihr folgende Kontraktion der eirku- lären Muskelfasern des Kopfzapfens. Dieser Akt hat demnach das Vor- wärtsrücken des Mundsaugnapfes zur Folge. Der sich anschließende zweite Akt dagegen beginnt mit der Fixirung des Mundsaugnapfes an die neu gewonnene Unterlage; ihr folgt zugleich mit der Loslösung des Bauch- saugnapfes von der bisherigen Haftstelle die Kontraktion der Longitudinal- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 565 fasern. Dieser zweite Akt schließt demnach mit dem Nachrücken des Hinterkörpers nach vorn ab. Damit wäre die Vorwärtsbewegung des Thierleibes bewerkstelligt. Für die Rückwärtsbewegung würde die Reihenfolge der Vorgänge etwa die umgekehrte sein müssen. Allein eine solche könnte das Thier überhaupt nur an einem Aufenthaltsorte zur Ausführung bringen, welcher weit genug wäre, um die direkte Berührung seiner Wände mit der Leibes- oberfläche des Parasiten eine möglichst geringe sein zu lassen. Wo diese Verhältnisse aber nicht obwalten, wo vielmehr der ganze Querschnitt des Gallenganges mit der Leibesoberfläche seines Insassen in Kontakt steht, oder mit anderen Worten, wo der Leberegel das Lumen des Gallenweges gänzlich erfüllt, da dürfte die Rückwärtsstreckung desselben geradezu unmöglich sich erweisen. Denn bei jedem Versuche der Art müssten die vielen Hunderte von Schuppenstacheln, welche ihre prominirenden Enden nach hinten neigen, emporgehoben und aufgerichtet werden und würden damit der retroversen Ortsveränderung eben so viele Hindernisse ent- gegenstellen. Wie aus dem Vorstehenden erhellt, ist für die eigentliche Lokomo- tion der Theil der Hautmuskellage, welcher dem Hinterkörper angehört, namentlich der geringen Entwickelung seiner Zirkelschicht halber ziem- lich bedeutungsios; um so mehr dürfte seine Thätigkeit dahin zu be- schränken sein, dass er eben so wie die Parenchymmuskeln die Oblie- genheit habe, die zahlreichen Eingeweide des Hinterleibes oder Theile derselben unter veränderte, resp. erhöhte Druckverhältnisse zu bringen. Bisher hat die Wirksamkeit der diagonalen Faserzüge der Hautmuskellage eine Würdigung nicht erfahren. Die Thatsache, dass die Richtung, welche sie innehalten, zwischen derjenigen der lon- gitudinalen und derjenigen der cirkulären Faserzüge gleichsam in der Mitte liegt, könnte darauf hindeuten, dass sie im Bereiche des Kopf- zapfens die lokomotive Leistung bald der ersteren, bald der letzteren zu unterstützen im Stande wären. Allein dem ist nicht so. Denn mit der Verkürzung der cirkulären Muskelfasern Behufs Vorwärtsstreckung des Kopfzapfens und in Folge derselben wird der Neigungswinkel der Diago- nalmuskeln zur Medianebene um so viel kleiner, dass letztere eher be- fähigt werden, die Vorwärtsstreckung zu hemmen, als sie zu unter- stützen. Eben so wenig auch dürften die diagonalen Muskelzüge sich geeignet erweisen, die lokomotive Leistung der longitudinal verlaufenden zu steigern, da ihr Neigungswinkel zur Medianebene in demselben Maße größer wird und einem rechten sich nähert, als die Longitudinalfaser- ‚züge Behufs starker Verkürzung des Kopfzapfens energischer sich kon- 566 | Ferdinand Sommer, trahiren. Tritt somit die Thätigkeit der Diagonalmuskeln überhaupt nicht als Leistung lokomotiver Art in die Erscheinung, dann würde ihre Thä- tigkeit lediglich darauf reducirt bleiben müssen, in dem Bereiche des vorderen Drittels oder der vorderen Hälfte des Thierleibes die Einlage- rungen der Mittelschicht, — ähnlich, wie es ja auch von Seiten der bei- den anderen Muskelstrata für den gesammten Thierleib geschehen kann, — zeitweilig unter stärkeren Druck zu stellen. Allein einer kleinen Anzahl diagonaler Muskelfasern fällt noch die weitere Aufgabe zu, in sehr enge Beziehungen zu dem offenen Ende des Genitalsinus zu treten und für das letztere eine Art von Verschlussappa- rat herzurichten. Wie dieses geschieht und die Umstände, unter denen es geschieht, alles das wird sehr anschaulich an Flächenschnitten, welche die Umgebung der Geschlechtsöffnung übersichtlich machen. Aus den Bildern derartiger Schnitte (Taf. XXX, Fig. A) ergiebt sich denn zweier- lei, nämlich einmal, dass allerorts der Genitalporus in eine der rauten- förmigen Lücken fällt, die dem Gitternetze der Diagonalmuskeln an- gehören, oder was dasselbe sagt, dass das offene Ende des Genitalsinus vorn sowohl als hinten stets von stärkeren, diagonal verlaufenden, ein- ander kreuzenden Muskelsträngen eingegrenzt wird, die dasselbe zwi- schen sich nehmen, und unter gewissen Bedingungen und zeitweilig als kontraktile Klemme oder Zwinge auf dasselbe zu wirken vermögen, — und ferner, dass die soeben erwähnten Beziehungen zwischen Genital- porus und Verschlussvorrichtung in differenten Bildern zum Ausdruck gelangen, nämlich in einem anderen Bilde bei Individuen, welche außer- halb der Befruchtung stehen, und in einem anderen bei solchen, welche in dem Befruchtungsgeschäfte begriffen sind. Hiervon das Folgende: Bei Leberegeln von langgestreckter und lanzettförmiger Leibeskon- figuration, mithin solchen, welche außerhalb der Befruchtung stehen, ist der kurze Durchmesser der rhomboidalen, den Genitalporus aufneh- menden Lücke relativ groß. Die Folge hiervon ist, dass der vordere und der hintere Winkel der Lücke nur mäßig stumpf, die seitlichen Winkel nur mäßig spitz sind. Wo solches der Fall, da ist der rhomboidalen Lücke des Gitternetzes das hinreichende Maß von Höhe gewährt, um den Geschlechtssinus offen stehen und mit kreisrunder, häufiger ellipsifor- mer Öffnung auf der Leibesoberfläche münden zu lassen. Bilder dieser. Art veranschaulichen somit die Verschlussvorrichtung des Genitalsinus, d. h. die muskulöse Zwinge des letzteren in ihrem Ruhezustande oder vielmehr im Zustande des Nichtfunktionirens. Anders hingegen gestalten sich die Verhältnisse bei Leberegeln, deren Längenmaß erheblich verkürzt und deren Hinterkörper der Form nach einer Kreisscheibe sich nähert, mit anderen Worten, bei Indivi- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 567 duen, welche in der Befruchtung begriffen sind. Hier erhellt aus ein- schlägigen Flächenschnitten, dass die muskulösen Diagonalbänder eine Abänderung ihrer Stellung erfahren haben, und dass die letztere augen- scheinlich das Resultat der kräftigen und anhaltenden Kontraktionen ist, vermittelst welcher die Hautmuskellage, zumal deren longitudinales Stra- tum, den Befruchtungsprocess einleitet und unterhält. Denn mit dem Eintreten der beträchtlichen Verkürzung des Thierleibes, wie solche die im Befruchtungsgeschäft befindlichen Individuen aufweisen, weichen die Diagonalfasern in dem Grade aus ihrer bisherigen Richtungslinie, dass sie nunmehr unter einem viel größeren Neigungswinkel, ja unter einem nahezu rechten Winkel die Medianebene schneiden, anscheinend auch eine schärfere Spannung erhalten. Die Folge aller dieser Vorgänge ist, dass der kurze Durchmesser der rhomboidalen, den Genitalporus auf- nehmenden Lücke beträchtlich an Ausmaß verliert, und dass der vor- dere und der hintere Winkel der Lücke sich überaus stumpf, die Seiten- winkel überaus spitz sich gestalten. Unter solchen Verhältnissen kann dann auch die Lücke nicht mehr das Maß von Höbe haben, um den Ge- nitalsinus offen stehen zu lassen. Vielmehr ist die Öffnung desselben durch die fast transversal gestellten Diagonalmuskeln in der Richtung von vorn nach hinten zusammengeklemmt, gleichsam zusammengedrückt _ worden, erscheint demnach geschlossen. Objekte dieser Art zeigen also die Verschlussvorrichtung des Genitalsinus im Zustande der Wirksam- keit, d. h. des Funktionirens, und den Genitalporus im Bilde eines trans- versal gestellten, sehr engen Schlitzes oder geradezu geschlossen. - Die Thatsache, dass bei den Befruchtungsvorgängen eine derartige Abschließung des Genitalsinus nach außen erfolgt, ist für die reproduk- tiven Aufgaben des Thierleibes von größter Wichtigkeit. Denn bei dem Mangel eines männlichen Kopulationsorgans, welches die männlichen Zeugungsstoffe in den weiblichen Leitungsapparat zu übertragen ver- _ möchte, ermöglicht und sichert die Abschließbarkeit des Genitalsinus allein die kontinuirliche Leitung von den virilen zu den weiblichen Keimorganen. B. Die dem Parenchym der Mittelschicht eingelagerten Organe. In dem Parenchym der Mittelschicht findet man vor: 4) an Organen, welche vegetative Lebensäußerungen vermitteln, einen sehr ausgebildeten Digestions- und einen exkretorischen Apparat; — selbständige Organe, welche die Cirkulation der Ernährungsflüssig- keit innerhalb des Körperparenchyms bewerkstelligen könnten und selb- ‚ständige Organe mit respiratorischen Leistungen fehlen dagegen ganz; — 568 Ferdinand Sommer, 2) an Organen, welche auf reproduktive Funktionen gerichtet sind, einen vollständig entwickelten weiblichen und einen dessgleichen männ- lichen Geschlechtsapparat, — endlich 3) das Nervensystem mit einem centralen Theil und peripherischen Theilen. Zur vorläufigen Orientirung in den allgemeinen Lagerungsverhält- nissen dieser Organsysteme sei bemerkt, dass dem Ventraltheile der Rindenschicht zunächst die peripherischen Abschnitte des Nervensystems gelegen sind, und dass oberhalb beider die geschlechtlich funktioniren- den Organe in weitgestreckter Ebene sich ausbreiten. Dann folgen der vielverzweigte Verdauungsapparat mit dem centralen Theile des Nerven- systems und endlich die starken Ableitungsgefäße des exkretorischen Apparates mit dessen unpaarem Längsstamm;; die beiden letztgenannten Theile sind demnach die in dem Parenchym der Mittelschicht am meisten dorsal gelegenen Organe. Nach diesen Vorbemerkungen, die Lagerungsverhältnisse der Organe betreffend, sollen uns nunmehr das morphologische und das bauliche Verhalten der letzteren beschäftigen. 1) Der Digestionsapparat des Leberegels. Tafel XXVII. Während bei den Cestoden selbständige Organe, welche die Er- nährung des Thierleibes vermitteln könnten, noch nicht vorhanden sind, findet dem gegenüber bei den Trematoden ein wohlentwickelter Ver- dauungsapparat sich vor. Im Leberegel gestaltet derselbe sich zu einem vielfach ramificirten Schlauch (Taf. XXVII), welcher mit seinen Theil- ästen die gesammte Mittelschicht der Länge und der Breite nach durch- zieht und mit den blinden Enden der Äste bis hart an die Seitenränder des Leibes vorrückt; — seine Flächenentwickelung ist somit eine sehr umfangreiche. In dieses Organ führt von der Körperoberfläche aus nur eine Öffnung. Dieselbe ist in dem Grunde des vorderen Saugnapfes gelegen; sie ermöglicht die direkte Aufnahme der Nahrungsstoffe und ist daher Mundöffnung (Taf. XXVII a); sie gestattet aber auch unverdau- lichen Ingestis und etwaigen Speiseresten wieder den Austritt und kann damit gleichzeitig als After fungiren. Zwei Hauptstücke sind an diesem FR EEE der Leber- egel unterscheidbar, und zwar ein vorderes, welches die Aufnahme der Nahrungsstoffe und deren Weiterbeförderung vermittelt und demnach Munddarm oder Speiseröhre, Pars ingestiva (Taf. XXVII 5) zu benennen ist, — und ferner ein hinteres, sehr umfangreiches Haupt- stück, das die Nahrung, welche ihm zugeführt wird, verdaut, d. h. sie Die Anatomie des Leberegels Distomum hepatieum L. 569 resorbirbar macht, das aber auch die Aufsaugung der bereiteten Ernäh- rungsflüssigkeit bewerkstelligt und hiernach als Magendarm, Pars digestiva (Taf. XXVII, c) bezeichnet werden kann. Beide sind durch eine Art von Einschnürung oder Verengerung scharf von einander abgesetzt. Das erstgenannte Hauptstück, der Munddarm, meines Wissens zuerst von LEUCKART! genauer erkannt und im Wesentlichen korrekt be- schrieben, endigt schon vor dem Cirrusbeutel, ist daher nur kurz und etwa von 0,78 mm Länge. Sein hinterer Abschnitt besitzt sehr scharf um- grenzte, muskulöse Wandungen; er stellt ein schlundartiges Organ dar und wird auch Schlund, Pharynx (Taf. XXX, Fig. 2 e—e5 und Fig. 3 e—eÖ) genannt. Der vordere und kürzere Abschnitt des Mund- darms hingegen entbehrt jener muskulösen Strukturelemente in seiner Wandung gänzlich; er bildet eine Art Mundhöhle oder einen Vor- hof (Leuckarr) und ist im Zustande des Nichtfunktionirens kollabirt (Taf. XXX, Fig. 2 d! u. d), stellt aber, wenn entwickelt, eine ziemlich umfangreiche Höhle dar, welche bei Aufnahme von Nahrung zunächst mit Nahrungsstoffen sich füllt. Von beiden Abschnitten ist der zuerst erwähnte, der Schlund, ein sehr kräftiger Hohlmuskel und ein Körper von bald mehr kugelför- miger, meist aber von spindelförmiger Gestalt. An seinem vorderen und seinem hinteren Ende besitzt er eine Öffnung; durch die vordere kom- muniecirt sein Innenraum, die Schlundhöhle (Taf. XXX, Fig. 2 e), mit dem Vorhofe, durch die hintere mit dem Magendarm (ri). Beide Öfl- nungen sind übrigens durch Muskelkräfte verschließbar. Wie in Folge verschiedenartiger Kontraktionszustände das Organ seine Gesammtform zu wechseln vermag, eben so können auch Längen- und Dickendurch- messer desselben innerhalb gewisser Grenzen variiren. Das Längen- maß beträgt im Mittel etwa 0,6 mm, der Dickendurchmesser im Mittel etwa 0,4 mm. Gewöhnlich sieht man das vordere Schlundende als einen konisch geformten und schräg abgestutzten Zapfen in die Höhle des Vorhofes sich einsenken. Der letztere erscheint dann gleichsam zu- sammengedrückt (so auf Taf. XXX, Fig. 2) und in der Richtung von ‚hinten nach vorn invaginirt. Dennoch verbleibt dem Schlundzapfen in dem invaginirten Vorhofe ein nicht gerade enger Spielraum, da er bis in den Innenraum des Mundsaugnapfes und nach Leuckarr's Wahrneh- mungen selbst über diesen hinaus protrahirt werden kann. — Endlich sind als Baubestandtheile der Schlundwand eine ziemlich derbe Cuticula (Taf. XXX in Fig 2 und Fig. 3 et) und eine sehr starke Schlundmusku- 1 Parasiten. p. 466 und 541. 570 Ferdinand Sommer, latur zu erwähnen. Von diesen hat die letztere in halber Länge des Organs eine Dicke von 0,4 mm, nimmt aber sowohl gegen das vordere als gegen das hintere Schlundende hin an Mächtigkeit ab. Ihre kontrak- tilen Elemente sind in vier Schichten geordnet. Die äusserste derselben, nur zart und dünn, wird von Faserzügen gebildet, welche von dem vor- deren Ende des Organs zu dessen hinterem Ende verlaufen (Meridional- faserschicht, in Fig. 2 und 3 e5). Ihr folgt eine gleichfalls nur dünne Schicht von ringförmig verlaufenden Fasern (äußere Äquatorialfaser- schicht, in Fig. 2 und 3 e®). An diese schließt sich eine sehr starke Schicht radiär verlaufender Faserzüge (Radiärfaserschicht); sie bildet die eigentliche Muskelmasse desOrgans und enthält, wie die gleichnamige Schicht der Saugnäpfe, zwischen ihren Faserzügen zerstreut stehende Ganglienzellen (in Fig. 2 und 3 e?). Eine wieder nur dünne innere Ringfaserschicht (innere Äquatorialfaserschicht) scheidet sie von der Cuticularauskleidung der Schlundhöhle (in Fig. 2 und 3 e?). Der andere Abschnitt des Munddarms, der Vorhof, erweist sich als eine zwischen Mundsaugnapf und vorderem Ende des Pharynx ge- legene Ringfurche. Oberhalb und zu den Seiten des Schlundzapfens ist dieselbe in der Regel nur seicht, weil hier die Vorhofswand in Form eines semilunaren Wulstes, oder richtiger gesagt, als eine halbmondför- mig verlaufende Duplikatur nach innen hin vorspringt (in Fig. 2u.3d). Unterhalb des Schlundzapfens hingegen ist eine derartige Duplikatur nicht vorhanden; vielmehr ladet sich hier die Ringfurche zu einer Tasche von bald kleinerem, bald größerem Umfange aus (Fig. 2 d!). Bei Un- tersuchung ganzer Thiere kommt übrigens dieser vordere Abschnitt des Munddarms, wenn es nicht zuvor gelungen ist ihn mit Farbstoffen zu füllen, kaum in genügender Weise zur Anschauung; leichter hingegen wird man auf Schnitten, welche in die Medianebene treffen, seiner an- sichtig. Wo der Vorhof leer und ohne Inhaltsmasse gefunden wird, — und in diesem Falle entspricht das Bild desselben der vorhin gegebenen Schilderung, — fällt auch die vordere Schlundöffnung nicht in die Fluchtlinie der Mundöffnung, ist vielmehr tiefer, d. h. hinter und unter der letzteren gelegen; sie ruht, wie man an den geeigneten Schnitten sieht, auf der unteren Wand des Vorhofes. Wenn hingegen der Vorhof mit Inhaltsmasse gefüllt, also entwickelt ist, dann erscheint nicht nur die vordere Schlundöffnung in die Fluchtlinie der Mundöffnung gerückt, son- dern auch die vorhin erwähnte semilunare Duplikatur der oberen und seitlichen Vorhofswand verstrichen, während die unter dem Pharynx ge- legene, taschenartige Ausladung nur in entsprechendem Maße verklei- nert sich zeigt. — Die Baubestandtheile des Vorhofes endlich sind und zwar einmal eine ziemlich derbe Cuticula, welche nach vorn hin mit Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 571 der Cuticularbekleidung des Mundsaugnapfes in Verbindung steht, wäh- rend sie hinterwärts in die Cuticularauskleidung der Pharyngealhöhle direkt sich fortsetzt, — und ferner eine die Cuticula von außen her stützende, zarte, weiche und sehr dehnungsfähige Bindesubstanz. Rücksichtlich ihrer Leistungen vereinigen sich Vorhof und Schlund zu einem sehr einfach eingerichteten Schluckapparat, der die Flüssigkeit, welche in den befallenen Gallenwegen vorhanden ist, als Nahrungsflüssigkeit aufsaugt und sie dem Magendarme zuführt. Um diesen Aufgaben genügen zu können, vermögen der Schluckapparat und dessen beide Abschnitte nicht nur ihre Form dem besonderen Zwecke ‘der Aufnahme oder der Weiterbeförderung von Nahrungsstoffen anzu- passen, sondern sie vermögen auch ihre Stellung zum Mundsaugnapf resp. zur Mundöffnung in einer solchen Weise zu ändern, wie dieselbe der einen oder der anderen Aufgabe gerade entspricht. Diese Veränderlichkeit in Form und Stellung des Schluckapparates, so wie seiner Theile wer- den theils durch die eigene Muskulatur des Schlundabschnittes, theils durch die Thätigkeit zweier besonderer Muskeln vermittelt, deren einer den Schluckapparat dem Mundsaugnapfe nähert, also gegen den letzteren koncentrirt, und deren anderer ihn in der Richtung nach hinten und oben entfernt, also vom Mundsaugnapfe abzieht. Der erstere dieser Muskel ist der sogenannte Protractor pharyn- gis (Leuckarr). Er stellt einen muskulösen Sack dar, welcher den Schluckapparat, d. h. Vorhof und Schlund, umschließt, aber durch eine dünne Lage Bindesubstanz von der eigentlichen Pharynxmuskulatur ge- trennt ist. Die Faserzüge dieses nur sehr dünnwandigen Muskelsackes haben einen meridionalen Verlauf, lehnen sich der Muskulatur des Mund- saugnapfes an und finden demnach am Grunde des letzteren ihre Fixa- tionspunkte (Taf. XXX, Fig. 2 und 3 ff). Der andere der beiden Muskeln ist der sogenannte Retractor pha- ryngis (Levckarr). Er stellt ein muskulöses Band dar, welches in der Medianebene des Thierleibes eine Dicke von 0,075 mm hat, in sehr schräger Richtung das Körperparenchym durchsetzt und von dem Schluck- apparat gegen den dorsalen Abschnitt des Hautmuskelschlauches empor- steigt (Fig. 2 g). Die Vorgänge bei Aufnahme von Nahrung und die Weiterbeförderung derselben zum Magendarm sind folgende. Zunächst wird durch Wirkung des Retractors das zapfenförmige Vorderende des Pharynx von der un- teren Wand des Vorhofes abgehoben und rückwärts bewegt. Dieser Be- 'wegungsakt, indem er den oberhalb des Schlundzapfens gelegenen Semi- lunarwulst verstreichen macht und glättet, entwickelt den Innenraum _ des bisher invaginirten Vorhofes und füllt ihn mit Nahrungsflüssigkeit. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 37 572 Ferdinand Sommer, Letztere nämlich dringt aus der Umgebung des Parasiten und durch dessen Mundöffnung in den Vorhof, da sie ähnlich der Flüssigkeit in einer Saug- spritze dem rückwärts bewegten Stempel, so hier dem rückwärts beweg- ten Pharynx folgt. Ist der Vorhof durch diesen ersten Akt der Thätigkeit des Schluckapparates gefüllt und der Rückfluss der Flüssigkeit durch Verschließung der Mundöffnung unmöglich gemacht, so folgt der zweite Akt. Derselbe setzt sich aus zwei einander parallel laufenden Vorgängen zusammen. Während nämlich die radiären Muskelfasern der Pharyngeal- wand sich kontrahiren und durch ihre Kontraktion die Schlundhöhle in deren ganzer Länge eröffnen, tritt gleichzeitig der M. protractor in Wir- kung und führt den sich öffnenden Schlund in die frühere Stellung zu- rück. In Folge dieser beiden sich gleichzeitig abspielenden Vorgänge schießt dann die Nahrungsflüssigkeit, welche der Vorhof bereits aufge- nommen hatte, in die Pharyngealhöhle hinein. Endlich folgt der dritte Akt, d. h. es beginnen mit eintretender Relaxation der Radiärfasern die Kontraktionen der muskulösen Ringfaserlagen des Pharynx. Dieselben, indem sie den Innenraum des Schlundes verengen, treiben die aufgesogene Nahrungsflüssigkeit in den Magendarm hinein. Durch öftere Wiederholung dieser Vorgänge wird schließlich der Magendarm gefüllt. Das zweite Hauptstück des Digestionsapparates, der Magendarm, beginnt an dem hinteren Schlundende zwar als ein unpaarer, eylindri- scher Schlauch (Taf. XXVII, c), spaltet sich aber auch schon sofort und noch vor dem Cirrusbeutel in zwei Theiläste, welche man Darm- schenkel (Taf. XXVII, dd) genannt hat. Beide nehmen die Richtung gegen das hintere Leibesende, indem sie seitlich neben der Medianlinie herlaufen. Dabei ist ihr Abstand von der letzteren wenn auch nirgends ein großer, so doch nicht überall der gleiche. Denn schon an ihrem An- fange entfernen sie sich von einander und unter einem Winkel, welcher wenig kleiner als ein rechter ist, aber nur um den Cirrusbeutel und den Bauchsaugnapf (C und B) zwischen sich zu nehmen und an dem hinteren Umfange des letzteren einander wieder näher zu treten. Allerdings diver- giren sie dann nochmals und unter sehr spitzem Winkel, so dass sie einen langgestreckten, dreieckigen Spalt umgrenzen, welcher seine Spitze nach vorn, seine Basis nach hinten richtet und an dem letzteren Orte die Schalendrüsen, so wie das Dotterreservoir aufnimmt (F und E). Von da ab aber verlaufen beide der Medianebene parallel und einander sehr nahe. Nicht allerorts ist das Kaliber dieser Theile das gleiche. An dem unpaaren Anfangsstücke hat die lichte Weite nur einen Durchmesser von 0,28 mm. In den beiden Darmschenkeln wächst dieselbe jedoch alsbald auf das Doppelte des genannten Ausmaßes und erfährt dann gegen das hintere Körperende hin auch nur eine geringe Abnahme. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 973 Derjenige Wandabschnitt der Darmschenkel, welcher gegen die Me- dianebene sich kehrt, ist im Besitze zahlreicher, kleiner, halbkuglig oder blindsackartig gestalteter Ausstülpungen. Dergleichen kleine Blindsäck- chen fehlen zwar auch dem gegenüber liegenden, lateralen Wandabschnitte nicht gänzlich, indess nehmen doch hier alle die umfangreichen und viel- fach ramifieirten Schläuche ihren Ursprung, die man als Seitenzweige der Darmschenkel (e) bezeichnet hat. Sie gerade sind es, welche der verdauenden und resorbirenden Fläche des Leberegels die sehr große Ausdehnung verleihen. Der Zahl nach gehen von jedem der Darmschenkel etwa 16 bis 17 _ solcher Seitenzweige ab. Wenn schon alle diejenigen, welche nur einer Seite, also nur einem Darmschenkel angehören, in Richtung, Konfigura- tion und Ausdehnung sehr variiren, so zeigen doch die in gleichen Quer- schnitten des Leibes gelegenen beiden Darmschenkel unter sich große Übereinstimmung. Hiervon das Folgende: Die drei ersten der Seitenzweige nehmen ihren Ursprung aus dem Anfangsstücke des Darmschenkels und verlassen dasselbe noch vor der - Fluchtlinie des Bauchsaugnapfes. Sie nehmen die Richtung nach vorn und außen, sind nur kurz und einfach gestaltet und haben wesentlich noch den Charakter einfach blindsackartiger Ausstülpungen. Ihr blindes Ende erweitert sich kolbenförmig, lässt eine Verästelung aber nur erst ‚andeutungsweise erkennen. Sie gehören noch ausschließlich dem vor- deren Körperabschnitte oder Kopfzapfen an. | Der nun folgende vierte Seitenzweig geht zur Seite des Bauchsaug- napfes von seinem Darmschenkel ab;; er verläuft an der Grenze zwischen Vorder- und Hinterkörper, hält wie die ersten drei die Richtung nach vorn und außen inne und ist gleichfalls noch wenig umfangreich. An ihm gelangt die Ramificirung bereits deutlicher zum Ausdruck. Alle dann weiter folgende Seitenzweige gehören ausschließlich dem Hinterkörper an. Von diesen halten die nächsten, nämlich der fünfte und sechste, auch noch die Richtung nach vorn und außen inne. Beide aber entspringen bereits mit stärkerem Stamme aus ihrem Darmschenkel und weisen nun eine umfangreiche und gegen den Seitenrand des Thier- _ leibes hin sich wiederholende Verästelung auf. Der siebente Seitenzweig besitzt die Neigung nach vorn nicht mehr; _ er wendet sich direkt seitwärts. Durch wiederholte Theilungen gegen die Peripherie hin erfährt dieser Zweig eine umfangreiche Verästelung. Sein Verbreitungsbezirk giebt, da die Theiläste alle in einer Ebene und nicht über oder unter einander verlaufen, die Form eines Dreieckes wieder, _ dessen Spitze mit dem Stamme des Seitenzweiges zusammenfällt und _ dessen Basis rücksichtlich der Lage dem freien Seitenrande des Thier- 37* 574 Ferdinand Sommer, körpers entspricht. Diese Konfiguration wiederholt sich nun mit unwesent- lichen Modifikationen bei allen weiter folgenden Seitenzweigen. Der achte, welcher in gleicher Höhe mit der Schalendrüse von seinem Darmschenkel abgeht, zeigt bereits die Neigung nach hinten. Letztere erhält dann weiter einen um so schärferen Ausdruck, je näher dem hinteren Körperpole die folgenden Seitenzweige ihren Ursprung nehmen. Gegen das hintere Leibesende verringert sich allmählich auch wieder der Umfang der Seiten- zweige und die Zahl ihrer Theiläste. Endlich sei noch erwähnt, dass an allen größeren Seitenzweigen und deren Theilästen sich die kleinen, halbkugligen und blindsackartigen Aus- stülpungen wiederholen, welche für die Darmschenkel bereits konstatirt worden sind, — und ferner, dass in dem Leibesabschnitt, welcher vor der Fluchtlinie der Schalendrüse gelegen ist, die Ursprünge der Seiten- zweige einander dicht folgen, während in dem hinter der Schalendrüse gelegenen Körpertheil zwischen diesen Ursprüngen größere Abstände vorhanden sind. Die Inhaltsflüssigkeit des Magendarms besitzt gleiche Eigenschaften mit der Inhaltsmasse der befallenen Gallenwege : dort wie hier eine schlei- mige, zähflüssige Substanz, welche bald nur blass und von weingelber Farbe ist, bald und bei anderen Leberegeln schmutzig roth, bei wieder anderen tiefbraun oder schwärzlich gefärbt erscheint. In dem ersteren Falle ist dieselbe arm an Formgebilden, in den anderen Fällen reich an solchen. Zu erwähnen ist, dass die in dem Darminhalte befindlichen Blutkörperchen häufig mehr kugel- als scheibenförmig gestaltet sind, dass sie sich gequollen und oft stark aufgebläht zeigen (Taf. XXXI, Fig. I f), dann farblos erscheinen und ihren Blutfarbstoff an die sie umgebende Flüssigkeit abgetreten haben. Zuweilen überwiegen in dem Darminhalte auch die tiefbraunen oder schwärzlichen Körnchenmassen, welche als zusammengeballte und mit Gallenfarbstoff imprägnirte Epithelien der Gallenwege erkannt wurden. Indessen, wenn man Schnitte durch- mustert, welche eine größere Anzahl von Theilästchen der Seitenzweige bloßgelegt haben, überzeugt man sich bald, dass nicht an allen Stellen die Inhaltsmasse von gleicher Beschaffenheit ist. Während nämlich der geformte Inhalt bald nur aus Blutkörperchen des Wohnthieres besteht, welche, obschon in mancherlei Weise verändert, doch in allem Wesent- lichen dem vorhin gezeichneten Bilde entsprechen, sieht man an anderer Stelle nur noch Schollen und Trümmer der Blutkörperchen, denen in wechselnder Menge verschieden große, lichte und zähfließende, blass, überaus fein und gleichmäßig punktirte Tröpfchen beigemischt sind. An wieder anderer Stelle erfüllen nur noch die Tröpfchen der letzteren Art in dichter Lagerung die Lichtung des Darmstückes. Ich stehe nicht an —n “ ee ı Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 875 diese Tröpfchen für die Ernährungsflüssigkeit (für Chymuskugeln oder Chyluströpfchen) zu nehmen (Taf. XXXI, g), welche durch den Ver- dauungsprocess fertiggestellt und resorbirbar gemacht worden ist. Dass die Leberegel, wenn in kaltes Wasser geworfen, den Inhalt des Magendarms ausbrechen können, wie LeuckArr berichtet, habe ich nicht vermocht zu beobachten, wohl aber, dass der gefärbte Darminhalt bei Exemplaren, welche in destillirtem Wasser liegen, überhaupt alsbald erblasst, und dass unter diesen Bedingungen die Gontouren des Magen- darms, welche vorher scharf hervortraten, allmählich unkenntlich wer- den. An und für sich ist nicht gerade in Abrede zu stellen, dass das Unsichtbarwerden des Magendarms eine Folge der Entleerung seines gefärbten Inhaltes sein könne; doch dürfte, um diese Erscheinung zu erklären, schon die Einwirkung genügen, welche das Wasser auf die Blutkörperchen und die Körnchenmasse ausübt. In Rücksicht auf seine baulichen Verhältnisse erweist sich der ‚Magendarm aus zwei differenten Gewebslagen zusammengesetzt. Die äußere derselben ist eine bindegewebige Substanzlage von sehr geringer Dicke (Taf. XXXI, Fig. I c), homogen und strukturlos, ‚welche nach Art einer Membrana propria dem Organ die Gestalt giebt. Sie wird von der bindegewebigen Grundsubstanz des Thierleibes ge- stützt und getragen, steht überall mit ihr in direktem Zusammenhange ‚und hat somit mehr den Charakter einer feinen, homogenen und struk- turlosen Grenzschicht der Grundsubstanz, als den einer selbständigen Membran oder sogenannten Eigenmembran. Dieses Umstandes halber spottet denn auch der Magendarm allen Versuchen, die darauf zielen, ihn auf mechanischem Wege oder durch Maceration und chemische Agentien aus dem Körperparenchym herauszulösen und zu isoliren. Kontraktile Elemente in der Außenlage des Magendarms oder »sehr _ dünne und deutliche, in Apständen neben einander hinlaufende, blasse Längs- und Ringfasern«, welche Leuckarr! erwähnt, habe ich nicht konstatiren können. Auch Stıepa? vermisst in der Wandung des Darms die Muskulatur. Hiernach dürften die Bewegungen, welche bei leben- den Individuen der Darminhalt zuweilen erkennen lässt, lediglich auf Kontraktionen der Parenchymmuskeln zurückzuführen sein, wie denn auch dieselben und oft in kurzen Abständen zwischen den Verästelun- gen des Magendarms sich durchschieben, stellenweise sogar die Darm- wand unmittelbar streifen (Taf. XXXI, Fig. 1 bj). Den Einfluss der Parenchymmuskeln auf die Ortsveränderung des Darminhalts erkennt übrigens auch Leuckarr an. 1 Parasiten. p. 468 und 544. 2 REICHERT und Du Bois-REymonp’s Archiv. Jahrgang 1867. p. 55. 576 Ferdinand Sommer, Die andere und innere Gewebslage des Magendarms wird von einer einfachen Zellenlage, dem Darmepithel, gebildet (Fig. 1 d—d'). Dass die Elemente desselben in die Kategorie der Cylinderepithelien ge- hören und dass sie von ungleicher Höhe sind, ist schon von Stıepa ! be- hauptet worden. Die Richtigkeit auch der letzteren Angabe kann ich bestätigen. Denn in der That sieht man an Schnitten, welche in die Ebene des Magendarms fallen, auf weite Strecken hin alsbald nur Epi- thelien von geringer Höhe, bald solche, welche in die Lichtung des Dar- mes weiter hineingreifen. Aber auch auf kleinem Raume wiederholen sich die ungleichen Ausmaße vielfach, und zwar theils so, dass Gruppen von höheren Zellen inmitten niederer gestellt erscheinen, theils so, dass einzeln und zerstreut stehende die Nachbarzellen beträchtlich überragen. Als Resultat der von mir angestellten Messungen kann ich hinzufügen, dass in einem und demselben Individuum die Höhe der Darmepithelien zwischen 0,044—0,057 mm schwankt. Doch nicht das Ausmaß allein nur ist es, welches einer so auffallen- den Verschiedenheit unterliegt, — dieselbe trifft vielmehr das Gesammt- bild der Zellen. Aber dennoch dürfte sich die Annahme, dass auch rück- - sichtlich ihrer Leistungen die Zellen verschieden seien, nicht rechtferti- gen lassen. Denn die Untersuchung derselben, — wofern sie unter Be- rücksichtigung des Darminhaltes geschieht, — ergiebt weiter, dass der jeweiligen Beschaffenheit des letzteren auch ein bestimmtes Bild der ersteren und umgekehrt entspricht, und eben so, dass die Zellen, wenn auch in ihrer Erscheinungsweise differirend, gleichwohl nicht aufhören, physiologisch von gleichem Werthe zu sein. Was ich des Näheren über diesen Gegenstand ermitteln konnte, ist Folgendes. Wo sich der Magendarm oder Zweige desselben ohne Inhaltmasse befinden, ist die Darmwand gewöhnlich in longitudinale, bald mehr bald weniger gegen die Lichtung vorspringende Falten erhoben. Die Epithe- lien in solchen Abschnitten sind durchschnittlich von geringer Höhe, setzen sowohl an der Grundfläche, — d. h. gegen die Außenlage der Darmwand hin, — als an der freien oder Endfläche scharf ab, besitzen ein feinpunktirtes Protoplasma und, so weit sie die Nachbarzellen be- rühren, eine dichtere und körnchenlose Rindenschicht. An der Grund- und eben so an der Endfläche der Zellen fehlt die letztere. An beiden liegt vielmehr das zähflüssige Protoplasma bloß und erfährt in seiner Be- weglichkeit eine direkte Behinderung nicht. — Der Kern der Zellen ist kugelförmig und körnchenreich. 1 REICHERT und pu Boıs-Reymonp’s Archiv. Jahrgang 4867. p. 55. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 577 x Von anderer Art erweist sich indessen das Bild, wenn eine Inhalt- masse das Kanalstück erfüllt (vergl. Taf. XXXI, Fig. 1). Wo die letztere Blutkörperchen von Scheibenform nur noch in kleinster Menge enthält, hingegen vorzugsweise aus gequollenen und stark aufgeblähten Blutkörperchen besteht, und auch der Tröpfchen fer- tiger Ernährungsflüssigkeit erst wenige zählt, sind die Zellen nicht nur _ durchweg höher, sondern es ragen auch aus ihrem freien, der Lichtung des Darmes zugekehrten Ende entweder zahllose und äußerst feine Protoplasmafäden hervor, oder aber das Protoplasma daselbst ist buckel- artig hervorgewölbt und entsendet von der Oberfläche der Wölbung seine feinen Strahlen. Häufig auch gewahrt man, dass die vorgestreck- ten Fädchen die aufgeblähten Blutkörperchen berühren, eben so, dass sie den Tröpfchen fertiger Ernährungsflüssigkeit anliegen und in dem letzteren Falle, dass der von ihnen berührte Theil der Chyluströpfchen in Gestalt einer Spitze ausgezogen ist. Endlich ist in den Darmstücken, deren Inhalt Blutkörperchen mit Sicherheit nicht mehr erkennen lässt und die nur lichte Chyluströpfchen enthalten, das Bild der Zellen noch ein anderes. Die hier befindlichen unterscheiden sich von den bisher geschilderten durch ihre auffallende Länge, den Besitz eines ovalen Kerns, mehr aber noch durch die ab- weichende Formung ihres Protoplasma. Das letztere nämlich ragt aus dem freien Ende der Zellen gewöhnlich in unregelmäßig begrenzten, häufig auch gestielten, stets mit längeren oder kürzeren Spitzen besetz- ten Läppchen hervor, die wie Hände mit gespreizten Fingern den Chy- luströpfehen anliegen, kleine umgreifen. Doch auch an dem gegenüber liegenden, — dem basalen, — Ende der Zellen zeigt deren Protoplasma ein abweichendes Verhalten: bald lässt es eine lineare Streifung, bald scharf gezeichnete Punktreihen erkennen. Dass die letzteren eben so wie die Streifung nichts anderes als der Ausdruck einer fädchenartigen An- . ordnung sind, bestätigen Zellen, welche von der Außenlage der Darm- wand abgedrängt oder durch Maceration isolirt worden sind. Denn an solchen Zellen erscheinen die basalen Protoplasmafäden des Öfteren nicht nur durch schmale Zwischenräume von einander getrennt, sondern zu- weilen auch differenter Richtung folgend. Alle die zuletzt berührten Verhältnisse veranschaulichen sich in besonderer Deutlichkeit, wo an dem anderen und gegen die Darmlichtung gekehrten Ende der Zellen die gelappten Protoplasma-Ausladungen bereits geschwunden, resp. ein- gezogen worden sind, mithin die Zellsubstanz wenigstens für den Augen- blick zum Ruhezustande zurückgekehrt ist (Fig. I d!). Ein Rückblick auf die in dem Vorstehenden gezeichneten Bilder dürfte es nicht zweifelhaft sein lassen, dass deren Verschiedenartigkeit 578 Ferdinand Sommer, der Ausdruck des jeweiligen Verhaltens der Darmzellen zu dem Darm- inhalte sei, insbesondere den Gegensatz von Ruhe und Leistung der Zelle veranschauliche. Ist diese Auffassung gerechtfertigt, so muss es hier sich um Zellen handeln, welche durch die Eigenschaften ihrer Leibes- substanz, als Beweglichkeit und Wechsel der Erscheinungsweise in hohem Grade an die Rhizopodensarkode und deren Fähigkeiten erinnern. Wobnt doch der Leibessubstanz dieser Zellen das Vermögen bei, wo ihre Beweglichkeit nicht gebunden (also an der End- und Grundfläche der Zellen), verschiedenartig sich anzuordnen; ist sie doch im Stande, über die Grenzen des ruhenden Zellenleibes sich hinaus — und in die Darmlich- tung hineinzuheben; besitzt sie endlich doch auch die Fähigkeit, strah- len- oder fädchenartige Fortsätze auszusenden, welche außerhalb des Territoriums der ruhenden Zelle sogar (zu Läppchen) zusammenfließen, die aber früher oder später in die Grenzen der letzteren auch zurück- verlegt und wieder eingeschmolzen werden können. Nun ist nicht an- zunehmen, dass alle diese Lebensäußerungen der Darmzellen ziellose seien und ohne bestimmt zu formulirende Zwecke erfolgen sollten. Viel- mehr können dieselben nur zu dem Darminbhalte in Beziehung stehend gedacht und von diesem Gesichtspunkte aus verstanden werden. Hier- aus aber folgt, dass sich die Ähnlichkeiten zwischen dem Protoplasma der Darmzellen und der Rhizopodensarkode nicht auf das einfach Tbat- sächliche des Bewegungsvermögens und des Wechsels der Erscheinungs- weise beschränken, sondern dass sie zum anderen Theil auch die Zwecke und Ziele treffen, denen bei den Sarkodethieren die Lebensäußerungen der Leibessubstanz dienen. Indem ich dem letztangeregten Gegenstande weiter folge, möchte ich in Erinnerung gebracht haben, dass in den leeren Abschnitten des Magendarms die Protoplasma-Ausladungen der Epithelzellen noch ver- misst wurden und dass deren Anwesenheit überhaupt erst zu konsta- tiren war, wo eine Inhaltmasse das Darmstück erfüllte. Es will hier- nach scheinen, dass erst die Anwesenheit der Nahrungsstoffe im Darme das Protoplasma der Zellen zur Thätigkeit weckt und dessen pseudo- podienartige Fortsätze hervorlockt. Wenn aber das letztere geschehen, so veranschaulichen sich die Be- ziehungen zwischen den Protoplasma-Ausladungen und dem Darminhalte in einem zwiefachen Bilde. Denn man gewahrt dieselben theils den Blutkörperchen, theils und an anderer Stelle den Chyluströpfchen an- liegen. Was aber wollen diese Bilder sagen und wie sind sie zu deuten? Ich meine, das erstere der beiden drücke aus, dass das Protoplasma der Darmzellen, wie die Rhizopodensarkode, befähigt sei, die todte, von ihm berührte organische Substanz zu zersetzen, sie aufzulösen und resorbir- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 579 bar zu machen. In diesem Falle würde also das Protoplasma der Darm- zellen das Vermögen besitzen, die Vorgänge zu vermitteln, welche wir dem Begriffe des Verdauungsprocesses unterstellen. Hingegen drücke das andere Bild, welches die Protoplasma-Ausladungen in ihren Beziehun- gen zu den Chyluströpfchen zeigt, doch gleichzeitig auch die fädchen- artige Anordnung des basalen Zellprotoplasmas veranschaulicht, aus, dass es der thätigen Zellsubstanz nicht minder ermöglicht sei, die fertig gestellte Ernährungsflüssigkeit sich anzueignen, sie in sich aufzunehmen, um sie weiterhin dem Gesammtorganismus zu übergeben. In dem letz- teren Fall würde also die Zellsubstanz auch das Vermögen besitzen, die Resorption der Nährflüssigkeiten in Ausführung zu bringen. Von diesen Gesichtspunkten aus müssten sich denn die Darmzellen in einer ähnlichen Rolle wie die Nährindividuen der Hydroidstöckchen befinden. Ihre Aufgabe würde sein, aus dem ihnen zugeführten Nah- rungsmaterial für den Gesammtorganismus zu erwerben, was derselbe zu seiner Erhaltung bedarf. Schließlich möchte ich noch daran erinnern, dass das aktive Ver- halten der Darmzellen (Zottenepithel) bei den Vorgängen der Resorption vor einigen Jahren schon durch von THANHOFFER auf das Bestimmteste behauptet und in dessen schöner Arbeit die Aufnahme des Fettes bei Wirbelthieren betreffend eingehend vertreten worden ist!. 2) Der exkretorische Apparat. Tafel XXVIN. Beim Menschen und bei den Vertebraten ist außer dem blutführen- den ein zweites Röhrenwerk vorhanden, das jenem gleich in unendlich zahlreichen Verzweigungen durch den Gesammtkörper sich ausbreitet. Die Anfänge und Wurzeln desselben’ sind kleine und kleinste Gewebs- spalten, welche als feine und feinste kommunicirende Hohlgänge die Grundsubstanz der Gewebe durchsetzen und mit der Tränkungsflüssig- keit letzterer oder der sogenannten Gewebsflüssigkeit gefüllt sind. Aus der Vereinigung zahlreicher solcher Gewebsgänge gehen indess alsbald Röhrchen hervor, welche nicht nur selbständige Wandungen besitzen, sondern die auch, weil von größerem Querschnitt, geeignet sind, den flüssigen Inhalt der Wurzelbezirke in sich aufzunehmen und zu sammeln. Aber auch die Röhrchen dieser Art werden wieder von anderen Röhren und Röhrennetzen aufgenommen, welche durch ein noch stärkeres Kaliber, dickere Wandungen, so wie besonders dadurch ausgezeichnet sind, dass in ihrem Inneren Klappenventile sich vorfinden, vermöge _ 1 L. v. THANHOFFER, Beiträge zur Fettresorption und histologischen Struktur ‚der Dünndarmzotten in PFLüger’s Archiv für Physiologie. 4874. Bd. VIII. p. 394. 3850 Ferdinand Sommer, derer das Rückwärtsströmen der Inhaltsflüssigkeit verhindert wird; sie leiten den Inhalt der sammelnden Bezirke einem unpaaren Endabschnitte zu. Dieser endlich, der Stamm des gesammten Röhrenbaumes, öffnet sich in die Blutbahn. Nach vorstehender Skizze sind an dem Röhrenwerke, nämlich dem Saugader- oder Lymphgefäßsystem, somit drei Abschnitte zu unterschei- den, und zwar: 1) die Anfänge des Lymphgefäßsystems oder die Lymphwurzeln, 2) die lymphatischen Sammelgefäße, und 3) die Iymphatischen Ableitungsgefäße mit dem in die Blutbahn mündenden Stamm des Röhrenbaums. Die Aufgaben des in solcher Weise zusammengesetzten Kanalsystems gehen nun kurz gesagt dahin, die Flüssigkeiten, welche die Gewebs- gänge durchspülen, — mithin die Gewebsflüssigkeiten — zu sammeln und sie unter Hinzutritt gewisser Formelemente, der Lymphkörperchen, als Lymphe dem Blute zuzuführen. Diese Gewebsflüssigkeiten aber weisen ihrer Zusammensetzung nach wieder zwei Hauptbestandtheile auf und zwar einmal diejenigen Mengen von Blutfiltrat, welche für die Ernährung der Gewebe nicht voll aufgebraucht werden, also gleichsam die nicht verwendeten Mengen des Blutfiltrates darstellen, — daneben aber auch die stickstoffhaltigen Um- setzungs- und Zersetzungsprodukte, welche bei dem Ernährungsprocess der Gewebselemente gebildet werden, oder mit anderen Worten, welche der Stoffwechsel innerhalb der Gewebe erzeugt. Von diesen beiderlei Hauptbestandtheilen der Gewebsflüssigkeit sind die der letzteren Art ihrer Genese und Konstitution nach unzweifel- haft Stoffe exkretorischer Natur. Denn der Umstand, dass sie nicht ein- fach und direkt an der Körperoberfläche abgesetzt werden, dass sie vielmehr aus dem Iymphatischen Röhrenwerke zunächst in die Blut- bahn gelangen um aus letzterer erst später und durch Vermittlung be- sonderer Organe des Thierleibes, der [Nieren oder Harnorgane, wieder ausgeschieden zu werden, — dieser Umstand, d. h. dieser komplicirtere Vorgang der Ausstoßung kann an und für sich nicht geeignet erscheinen den exkretorischen Charakter der Stoffe in Frage zu stellen. Hiernach würde dann das lymphatische Röhrenwerk als ein Apparat sich er- weisen, welcher neben anderen Obliegenheiten auch solche exkretori- scher Art zu erfüllen hätte. Knüpfen somit beim Menschen und bei den Vertebraten die ex- kretorischen Funktionen überhaupt an zweierlei Organe an, nämlich einmal an das Saugadersystem und zweitens an die Harnorgane, so Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 581 lassen beide doch in so fern abweichende Beziehungen zum thierischen Organismus erkennen, als die exkretorischen Leistungen des ersteren lediglich darauf beschränkt bleiben, die in den Geweben erzeugten stickstoffhaltigen Exkretionsstoffe aus diesen fort und in die Blutbahn zu schaffen, während die anderen, die Nieren oder Harnorgane, indem sie die erwähnten Stoffe aus dem Blutkreislaufe wieder entfernen und an der Leibesoberfläche absetzen, gleiche Leistungen für den tbierischen Gesammtorganismus übernehmen. Mit anderen Worten, das Iymphatische Röhrenwerk gestaltet sich in gewissem Sinne und mit Rücksicht auf den exkretorischen Theil seiner Leistungen zu einem Exkretionsapparat der Körpergewebe, während dem gegenüber die Harnwerkzeuge das Ex- kretionsorgan des thierischen Gesammtorganismus darstellen. In dem Körper des Leberegels ist nun ein Organapparat vorhan- den, der nicht nur in physiologischer Beziehung, sondern auch seiner Gestaltung nach an das Iymphatische Röhrensystem- der höheren Wirbel- thiere erinnert, — in pbysiologischer Beziehung, weil er wie jenes die slickstoffhaltigen Umsatzstoffe und Zersetzungsprodukte, so durch den Stoffwechsel innerhalb der Gewebe erzeugt werden, aufnimmt und ab- leitet, — seiner Gestaltung nach, weil er ein Röhrenwerk darstellt, das mittelst feiner Gewebszänge und sammelnder Röhrennetze allerorts in dem Körperparenchym beginnt und den Inhalt dieser Wurzelbezirke durch zahlreiche Ableitungskanäle einem unpaaren Endstamme zuführt. Allerdings wären damit die Ähnlichkeiten zwischen dem Iymphatischen Gefäßsysteme der Wirbelthiere und dem exkretorischen Apparate der Leberegel erschöpft, denn der Umstand, dass letzterer nicht noch in ein anderes, mit abweichenden Funktionen betrautes Röhrenwerk (Blut- bahn) mündet, sondern seinen Inhalt als stickstoffhaltiges Endprodukt des Stoffwechsels oder Harn unmittelbar an der Körperoberfläche ab- setzt, — dieser Umstand führt wieder eine Annäherung des Apparates an die Harnorgane der übrigen Thierwelt und an die hautdrüsenartigen Ektodermeinstülpungen herbei, von welch letzteren er genetisch denn auch abzuleiten und denen er homolog zu achten sein dürfte. Fassen wir die Ergebnisse der vorstehenden Erwägungen kurz zu- sammen, so erweist sich das Exkretionsorgan der Leberegel als ein Apparat, welcher seiner Gestaltung nach und in Rücksicht auf seine ‚Anfänge und Ausbreitung dem Lymphgefäßsystem der Vertebraten gleicht, der aber dadurch, dass er direkt auf der Körperoberfläche aus- mündet, den Nieren oder Harnorganen der übrigen Thierwelt sich an- lehnt, — während er in physiologischer Beziehung die exkretorischen Leistungen des Lymphgefäßsystems mit den Funktionen der Härnorgene in sich vereinigt. 582 Ferdinand Sommer, Von diesen Gesichtspunkten aus dürfte denn der exkretorische Apparat der Leberegel zu beurtheilen sein. An frischen und eben so an Objekten, welche dem Alkohol ent- nommen sind, wird ein befriedigender Einblick in die Gestaltung des exkretorischen Röhrenbaums selten gewonnen; denn wo der letztere mit Flüssigkeit nicht strotzend gefüllt ist, — was doch nur ausnahms- weise der Fall, — da entzieht er auf große Strecken hin der Beobachtung sich vollständig. Eben so können auch Schnitte erhärteter Leberegel nur über kleinere Bezirke hin Einblick in die Anordnung der Röhren gewähren. Wer von den Bildern dieser Art nicht befriedigt wird, viel- mehr nach weiterer Aufklärung sucht, wird daher gut thun, den Röhren- baum mit Farbstoffen zu füllen. Die Füllung desselben kann auf zwei- fachem Wege versucht werden und zwar entweder vom Porus excretorius aus, oder mittelst Einstichverfahrens. Der erstere Weg führt nicht immer zu dem erwünschten Ziel. Es hält nämlich schwer am Porus excretorius und ohne gleichzeitige Kom- pression seiner Umgebung die Kanüle so zu fixiren, dass ein Vordringen der Injektionsmasse bis in die entferntesten Theile des Röhrenbaums erzwungen wird. Daher leistet der Versuch zuweilen auch gerade nur so viel, dass er den unpaaren Endabschnitt des Röhrenwerkes und eine ganz unbestimmte Zahl exkretorischer Ableitungsgefäße sichtbar macht. Immerhin aber ist er empfehlenswerth, da er nicht nur den Stamm des Röhrenbaums in seiner ganzen Länge und mit allen Eigenthümlichkeiten der Konfiguration, sondern auch sein Lagerungsverhältnis zu den Nach- bargebilden veranschaulicht. Zuverlässiger sind die Resultate, welche durch die Einstichmethode erzielt werden. Zweckmäßig wird hier so verfahren, dass die Spitze einer feinen Nadel von der Rückenfläche des Thierleibes aus und in schräg nach vorn geneigter Richtung die Rindenschicht durchstößt und den dicht unter letzterer gelegenen exkretorischen Stamm dort an- bohrt, wo er den größten Querschnitt besitzt. Diese Stelle ist gerade in der Medianlinie des Thierleibes und in geringer Entfernung hinter dem halbdurchsichtigen,, punktförmigen Körperchen gelegen, welches bereits früher (p. 546) als Schalendrüsenkomplex erkannt wurde. Wenn, wie angegeben, geschehen, so ist in gleicher Richtung die Spitze der Kanüle in die etablirte Wunde einzusenken und zu injieciren. Es wird durch diese Manipulation meist schon der gesammte exkretorische Röhrenbaum, — sicher aber der dem vorderen Leibesabschnitt ange- hörige Theil desselben gefüllt. Sollte wider Erwarten am hinteren Körperende die Injektion als eine unvollständige sich erweisen, so ist Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 583 solchem Übelstande leicht dadurch abzuhelfen, dass man die Kanüle auch nach hinten, d. h. gegen das Schwanzende des Thierleibes richtet und nachträglich die etwaig farbstofflosen Abschnitte des Röhrenwerkes füllt. Die auf diesem Wege erzielten Injektionen des Exkretionsorgans erweisen sich meist als sehr vollständige. Lohnend endlich ist es neben dem exkretorischen Apparat auch noch das Digestionsorgan mit Farbstoff zu füllen. Für letzteres ist die Verwendung der von Harrıc angegebenen, aus Chromblei und Leim be- stehenden Injektionsmasse zu empfehlen, da sie dem Organ viel Körper verleiht, — oder auch die Füllung mittelst einer nur blassen Berliner- blaumischung. In dem letzteren Falle würde aber der exkretorische Apparat eine stark gesättigte und daher sehr dunkle Berlinerblau- mischung- erfordern. So injieirte Exemplare, wenn sie mit Karmin tin- girt, mit absolutem Alkohol, Nelkenöl u. s. w. behandelt, endlich durch Canadabalsam stark transparent gemacht worden sind, gewähren einen überaus reizenden Anblick. Nach diesen Vorbemerkungen können wir nunmehr den Detailver- hältnissen des exkretorischen Röhrenwerkes Rechnung tragen. Hier sind zunächst die peripherischen Abschnitte des Organs, d.h. die Gewebs- gänge und die aus ihnen hervorgehenden exkretorischenSammel- gefäße zu berücksichtigen. Von beiden nehmen die erstgenannten allerorts in der Grundsub- stanz des Körperparenchyms ihren Ursprung und ziehen zwischen den großen Zellen jener daher; so insbesondere in der Mittelschicht. In der Rindenschicht werden ihre Anfänge schon unter der subcuticularen Zellenlage sichtbar ; sie winden sich zwischen den Elementen der Haut- muskellage durch und streben der Mittelschicht zu (Taf. XXXI, Fig. 2 9). Hier wie dort vereinigen sie sich in wechselnder Zahl und meist unter Bildung sternförmiger Figuren, welche dann gleichsam die Wurzeln der Sammelgefäße (h) veranschaulichen. Die exkretorischen Sammelgefäße (Taf. XXVIII, a, a) äußern schon in ihren Anfängen große Neigung sowohl unter sich als auch mit den Wurzelästen benachbarter in Verbindung zu treten. Aus dieser Neigung erwachsen denn und in überaus großer Zahl Anastomosen, durch welche jene Röhren in ein umfangreiches exkretorisches Sammelnetz vereinigt werden (b). Dasselbe ist namentlich auf der Grenze zwischen "Mittel- und Rindenschicht koncentrirt und wird dieserhalb auch vor- zugsweise von den beiden Flächen des Thierleibes aus wahrnehmbar. Doch auch in dem Bereiche von Organen, deren Produktionsvermögen _ zeitweise erheblich gesteigert ist, und welche dieser Steigerung ent- 584 Ferdinand Sommer, sprechend zeitweilig einen regeren Stoffwechsel kundgeben, erfährt das Sammelnetz eine größere Koncentration: so zwischen den Verästelungen der Dotterstöcke, so auch zwischen den Ramifikationen der Hoden. Ein Bild, welches alle die erwähnten Verhältnisse übersichtlich wiedergiebt, bietet insbesondere die Randzone der Leberegel, weil daselbst der ge- ringeren Dicke des Thierleibes wegen die Maschen des Netzwerkes mehr als an anderen Orten in eine Ebene gerückt erscheinen. Eben da erregen auch gewisse, arkadenartig verlaufende Gefäßbogen die Auf- merksamkeit (bl, bi); sie besitzen ein unregelmäßig gestaltetes, vielfach gezacktes Aussehn und führen allmählich in die exkretorischen Ab- leitungsgefäße der Randzone über. Es hat den Anschein, als seien sie Bildungen mehr zufälliger Natur und durch Verschmelzung einer Anzahl hinter einander folgender Knotenpunkte des Maschenwerkes entstan- den. — Die von dem Sammelnetz eingefriedigten Maschenräume er- weisen sich ihrem Umfange nach höchst verschieden; die kleineren bleiben selbst unter dem Ausmaße eines Millimeters zurück. Gleiche Verschiedenheiten bieten dieselben dann auch hinsichtlich ihrer Form dar, wesentlich wird letztere durch die Architektonik der Organe, in deren Gebiet sie fallen, bedingt. So beispielsweise besitzen in der Randzone des Thierleibes, — also in dem Gebiete der Dotterstöcke und an den Endigungen der Seitenzweige des Magendarms, — die Maschen- räume eine quer-oblonge oder auch eine rhomboidale Grundform, während in dem Gebiete der Hoden die Grundform sich ungleich mehr rundlich oder rundlich-polygonal gestaltet. Endlich sei noch bemerkt, dass der Durchmesser der sammelnden Röhren selbst erheblichen Schwankungen unterworfen ist, und dass das Ausmaß desselben wesent- lich durch den jeweiligen Füllungsgrad mit Exkretionsstoffen beein- flusst wird. Aus diesem Netzwerk der Sammelgefäße heben sich nun die ex- kretorischen Ableitungsgefäße hervor (c). Das Allgemeinver- halten derselben ist folgendes. Eine größere oder geringere Anzahl ver- einigt sich allmählich zu einem stärkeren oder schwächeren Ast, welcher nach kürzerem oder längerem Lauf von dem unpaaren Stamme des Röh- renbaums aufgenommen wird. Auf ihrem Wege zu jenem setzen sie sich, den Sammelgefäßen gleich, durch Anastomosen mit einander in Verbindung. In solcher Weise entsteht denn ein zweites Röhrennetz, das ich als Netz der exkretorischen Ableitungsgefäße be- zeichnen will. Es wird besonders von der Rückenseite des Thierleibes aus anschaulich und ist durch die umfangreicheren Maschenräume, die es umgrenzt, ausgezeichnet. In ihrem besonderen Verhalten weichen indess die Ableitungsgefäße Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 585 des Kopfzapfens und die in dem vorderen Abschnitte der Mittelzone ge- legenen von denen ab, welche in dem Hodenfelde und in den Seitenfel- dern verlaufen. Die letzteren, so weit sie ihre Wurzelbezirke in dem Sammelnetze der Bauchseite haben, durchsetzen die Mittelschicht der Dicke nach. Dem entsprechend treten sie in mannigfach gestalteten Windungen und Bogenformen und unter fortwährend erneuerter Aufnahme von Sammel- gefäßen, sowohl zwischen den Hodenschläuchen, als auch zwischen den Verästelungen des Magendarms durch und zur Rückenseite des Thier- leibes hin. Dort erst vereinigen sie sich mit den Ableitungsgefäßen, die von der Randzone des Hinterkörpers stammen, so wie auch mit denjeni- gen, welche aus dem Sammelnetze der Rückenseite hervorgehen. Mit beiden setzen sie das eben erwähnte, großmaschige Netz von Ableitungs- gefäßen zusammen, das in weitgestreckter Ebene unter der Rindenschicht der Dorsalseite sich ausbreitet. — Der Durchmesser dieser Ableitungs- gefäße schwankt zwischen 0,07 und 0,14 mm. Ein ähnliches Ausmaß besitzen die Seitenäste desunpaaren Längsstammes (d, d), die ihm den Inhalt des großmaschigen, dorsalen Netzwerkes zuführen. In dem Kopfzapfen hingegen und in dem vorderen Abschnitte der Mittelzone, — Theilen, welche durch größere Dicke vor den übrigen des Tbierleibes sich auszeichnen, — entwickeln sich aus dem Netzwerk der Ableitungsgefäße vier stärkere Äste. Zwei derselben sind der Bauch- fläche, die beiden anderen der Rückenfläche näher gelegen. Von diesen nehmen die letzteren, dorsale Kopfäste des Längsstammes (e, e), gewöhnlich einen sehr unregelmäßigen Verlauf, halten aber den- noch im Allgemeinen die Richtung von vorn und außen nach hinten und innen fest und konvergiren unter Aufnahme zahlreicher seitlicher Ab- leitungsröhren gegen die Schalendrüsen hin. Die beiden anderen da- gegen, ventrale Kopfäste des Längsstammes (f, f}) stimmen mit den vorigen nur darin überein, dass sie wie jene zahlreiche Ablei- tungsröhren von den Seiten her aufnehmen. Hinsichtlich ihres Verlaufes _ aber und rücksichtlich ihres Kalibers differiren sie von ihnen. Ihre An- fänge sind dicht hinter dem Mundsaugnapfe zu suchen. Hier liegen sie einander sehr nahe, trennen sich aber auch schon sofort, indem der rechtsseitige sowohl als der linksseitige lateralwärts sich neigt und einen Bogen beschreibt, welcher den Cirrusbeutel (D) von der Seite her um- _ greift. Sobald sie am hinteren Umfang des Bauchsaugnapfes (C) sich wieder nahe gerückt sind, verlaufen sie in geringem Abstand von der Medianlinie nach hinten und bis zu den Schalendrüsen hinab. Hinter selbigen vereinigt sich dann jeder der ventralen Kopfäste mit dem dor- _ salen Kopfaste der gleichnamigen Seite zu einem dicken und kurzen 586 Ferdinand Sommer, Röhrenstück, das alsbald auch mit dem der anderen Seite verschmilzt und damit den Anfang des unpaaren exkretorischen Längsstammes bil- det. Das Kaliber der ventralen Kopfäste ist ungleich stärker als das der dorsalen. Ihr Querschnitt misst 0,18—0,32 mm. Der unpaare Längsstamm (g) endlich, oder der Stamm des Röhrenbaumes, verläuft von den Schalendrüsen zum hinteren Körperpol. In ganzer Ausdehnung liegt er dicht unter dem Dorsalabschnitte der Rindenschicht, auf und zwischen den Darmschenkeln; nirgends biegt er aus der Medianebene des Körpers heraus. Eine Anzahl von Einschnü- rungen, die in größeren oder geringeren Abständen einander folgen, ver- leihen ihm ein variköses Aussehen und lassen 7—9 hinter einander lie- gende Abtheilungen unterscheiden. Die Gestalt dieser letzteren ist eine mehr oder minder spindelförmige; der Querschnitt in den vorderen Ab- theilungen größer als in den hinteren; derselbe nimmt demnach gegen den hinteren Körperpol an Ausmaß ab. In der vordersten und größten, den Schalendrüsen zunächst gelegenen Abtheilung, erreicht der Durch- messer des Querschnittes 0,55 mm. In seinem ganzen Verlaufe nimmt er die zahlreichen Seitenäste auf, welche ihm den Inhalt des Netzes der Ableitungsgefäße zutragen. Ihre Einsenkung erfolgt meist dicht hinter den Einschnürungen des Stammes, also in die vorderen Enden seiner einzelnen Abtheilungen. Die Wand des gesammten exkretorischen Apparätes wird von einer überaus feinen, strukturlosen und elastischen Gewebsschicht gebildet, deren Innenfläche nirgends eine Zellauskleidung zeigt, mithin jeglicher epithelialen Decke entbehrt. Wirkliche Klappenvorrichtungen an den Einschnürungsstellen des Stammes sind nirgends nachweisbar; eben so fehlen dem letzteren auch alle Andeutungen von Flimmerlappen, deren Anwesenheit für eine Anzahl anderer Distomen von den Forschern be- hauptet worden ist. Ein muskulöser Belag der Wand des Stammes, der ihm eigene Kontraktilität verleihen und den Charakter eines Expulsions- organs geben könnte, ist nicht vorhanden. Der Inhalt des exkretorischen Apparates ist eine farblose, leicht fließende Flüssigkeit, in welcher kleine und kleinste Tröpfchen mit star- kem Lichtbrechungsvermögen und in zahlreicher Menge suspendirt sind (Taf. XXXI, Fig. 2 in h). Bei LeuckArr finde ich die Angabe, dass LIEBERKÜHN in dem exkretorischen Inhalte des Organs die Gegenwart von Guanin nachgewiesen habe. Anscheinend sind der Stamm und die stärkeren Äste des exkreto- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepatieum L. 587 rischen Röhrenbaumes zuerst von Bosanus! gesehen worden. Er be- schreibt eine » doppelt contourirte Mittellinie« und deutet dieselbe als ein Gefäß: »Mittelgefäß oder Rückengefäß«, das mit einem am Rande des Wurmleibes entstehenden und aus den Seitenästen des Darmes sei- nen Ursprung nehmenden Gefäßnetz zusammenhänge. Das letztere lässt er größtentheils, wenn auch nicht überall, an der Rückenwand des Wurmes sich ausbreiten. Von dem Mittelgefäße hingegen giebt er an, dass es zugespitzt an dem hinteren Körperende beginne und abwechselnd sich erweiternd und wieder verengend in der Mitte der Rückenwand bis - zur Gegend der Geschlechtstheile (Autor meint den Anfang des weib- lichen Leitungsapparates) verlaufe. Hier bedeutend feiner werdend, wende es sich zur Bauchseite und gelange in deren Mitte nach vorn, wo es sich allmählich verliere. In seinem ganzen Verlaufe nehme es von den Seiten her viele Äste auf, die dem Gefäßnetze angehören, also zwi- schen Darmkanal und Rückengefäß »vermittelnd« seien. In gleicher Weise scheint Bosanus der erste gewesen zu sein, welcher den Röhren- baum zunächst mit Quecksilber, und da sich dieses seiner Schwere hal- ber wenig geeignet erwies, mit »leicht fließender Masse« zu füllen ver- suchte. Die von ihm gelieferten Abbildungen sind nicht schlecht, — die des Rückengefäßes und des in dasselbe mündenden Netzwerkes entspre- chen im Wesentlichen den realen Verhältnissen. Des Neuen wurde dann das Röhrensystem von Mkarıs (l. c.) in den Kreis der Untersuchungen gezogen. Auch er gelangte zu dem Resultat, dass dasselbe mit den Ramifikationen des Darmes in direkter Verbin- dung stehe und gleichsam deren Fortsetzung ‚sei. Andererseits aber stellte er auch fest, dass an dem hinteren Körperpole das Röhrenwerk eine Öffnung besitze und mittelst dieser auf der Leibesoberfläche münde. Während nun die Beobachtungen an Trematoden, welche einen ge- gabelten, jedoch nicht ramificirten Darm besitzen, weiter ergaben, dass der gemuthmaßte Übergang des letzteren in das Röhrenwerk auf einem Irrthum beruhe und nicht statthabe, wurde die an dem hinteren Körper- _ pole befindliche Öffnung von C. Tu. v. SızsoLp als exkretorische er- kannt. Damit war denn dem Röhrenwerke überhaupt erst die richtige Stellung gegeben. Doch war C. Ta. v. SırsoLp? der Meinung, dass es sich hier um zwei, territorial zwar vielfach in einander übergehende, im Übrigen aber von einander unabhängige und selbständige Röhren- werke handle, von denen das eine in sich zurücklaufend, also geschlos- sen sei, und den Blutcirkulationsapparat repräsentire, das andere aber am hinteren Leibespol sich öffne und exkretorisches Kanalsystem sei. In 1 Oxen’s Isis. Jahrgang 4821. Bd. I. p. 305. Nachtrag zu Distoma hepaticum. 2 Lehrbuch der vergl. Anatomie wirbelloser Thiere. p. 135 und 138. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 38 588 Ferdinand Sommer, der Folge erfuhr diese Lehre in so weit ihre Korrektur, als durch H. Mecker 1 und durch P. J. van BEneDen (l. c.) der Nachweis erbracht wurde, dass auch die vermeintlichen Blutgefäße von Sıesorv’s nichts Anderes, als die peripherischen Theile des exkretorischen Röhrenbaums seien. Eine in allen wesentlichen Theilen korrekte Schilderung des Orga- nes ist endlich von R. Leuckarr in dessen großem Parasitenwerke ge- geben worden. An die in Vorstehendem gegebene historische Skizze anknüpfend, möchte ich einen Irrthum berichtigen, dessen ich mich seiner Zeit be- treffs des exkretorischen Apparates von Bothriocephalus latus schuldig gemacht habe. Es wurde in dem ersten Hefte der Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer berichtet, dass bei Bothriocephalus latus der genannte Apparat durch zwei seitlich symmetrische Kanäle repräsentirt werde. Von denselben wurde gesagt, dass sie durch die ganze Länge der Glie- derkette ziehen (Heft I, Taf. I E), der Mittelschicht angehören, jedoch der Ventralfläche näher als der Dorsalfläche gelegen seien, — und fer- ner, dass sie von den gleichnamigen Organen bei Taenia nur durch den Mangel der Queranastomosen und den kavernösen Bau (Heft I, Taf. IV, Fig. 4 K) unterschieden seien. Ich stand, als ich diese Erklärung gab, noch sehr unter dem Einflusse des von den Autoren Überkommenen. Allerdings kann ich nicht leugnen, dass mich zweierlei damals schon stutzig machte, nämlich einmal die matten und unsicheren Contourlinien, welche diese Organe bei Bothriocephalus, gegenüber den gleichnamigen bei Taenia zeigen, und zweitens der schon erwähnte, anscheinend kaver- nöse Bau. Doch verscheuchte der Umstand, dass es mir gelang, durch Einstichmethode das fragliche Organ mit Farbstoff zu füllen, die berech- tigten Zweifel. Hätte ich mich damals nicht damit begnügt, ausschließ- lich auf Grund von Bildern querdurchschnittener Wurmglieder dem Or- gane einen kavernösen Bau beizulegen, sondern zu weiterer Kontrolle auch die einschlägigen Längsschnitte angefertigt, oder hätte ich damals schon aus eigener Anschauung das Nervensystem der Tremaloden ge- kannt, so würde es mir trotz anscheinend bewerkstelligter Injektion nicht entgangen sein, dass das, was ich dort als exkretorische Kanäle bezeichnet habe, die Nervenstränge des Bothriocephalus seien. Eben so habe ich die in dem zweiten Hefte der Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer pag. 17 geschilderten und Taf. I F daselbst abgebildeten plasmatischen Längsgefäße in der Folge als Nervenstränge der Taenia erkannt. Dagegen bin ich der Meinung geworden, dass das im ersten ! MüLLer's Archiv für Anatomie und Physiologie. Jahrgang 1846. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 589 Hefte der Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer Taf. IV, Fig. I g ab- gebildete und von mir als »plasmatisches Kanalsystem« bezeichnete Röh- renwerk in Wirklichkeit den exkretorischen Apparat des Bothriocephalus repräsentire. Die Ähnlichkeiten zwischen diesem und dem gleichnami- gen Apparat der Trematoden springen nicht weniger deutlich hervor, als die Unterschiede zwischen dem ersteren und dem gleichnamigen Organe bei Taenien. Noch mehr aber, als es bei Trematoden der Fall, wird bei Bothriocephalus die Homologie zwischen dem exkretorischen Apparat und den hautdrüsenartigen Ausscheidungsorganen anderer Thiere augen- fällig, wenn man berücksichtigt, dass bei Bothriocephalus (cf. Heft I, Taf. IV, Fig. 4 g) das exkretorische Kanalsystem mit sehr zahlreichen, feinen Öffnungen auf der Leibesoberfläche mündet. Die vorhin erwähnte, bei Bothriocephalus durch Injektion der ver- meintlichen exkretorischen Kanäle hervorgerufene Täuschung kann ich nur dadurch erklären, dass der eingetriebene Farbstoff der Spaltrichtung des Nervenstranges gefolgt ist und die zarten, weichen Nervenfäden komprimirt hat. 3) Die Fortpflanzungsorgane des Leberegels. Tafel XXIX. Gleich den Organen, welche die Verdauung, und denen, welche die Ausstoßung der stickstoffhaltigen Endprodukte des Stoffwechsels ver- mitteln, erfahren auch die Organe der Fortpflanzung eine umfangreiche Entwicklung: sie breiten sich durch die gesammte Mittelschicht des Thierleibes aus und lassen nur den vordersten Theil derselben frei. Der hermaphroditischen Veranlagung des Leberegels entsprechend finden sich männliche und weibliche Keimorgane vor. Die Leitungs- apparate beider aber münden nicht, wie angenommen wird, unmittel- bar neben einander, auch nicht direkt auf der Oberfläche des Thier- leibes, sondern in einen Raum, der gleichsam eine Einstülpung der oberflächlichen Leibesschicht in das Körperparenchym, resp. in den Cirrusbeutel darstellt, und der schon Eingangs dieser Arbeit Geschlechts- - sinus oder Geschlechtskloake (Taf. XXIX, E und Taf. XXX, Fig. 4 und dd) genannt wurde. Des Vorhandenseins solcher Geschlechtskloake finden wir in der _ älteren Leberegellitteratur nicht gedacht. Eben so geschieht bei Kücuen- MEISTER und auch bei Srırpa ihrer nicht Erwähnung. Von LEUCKART wird ihr Vorhandensein einfach in Abrede gestellt (Menschliche Para- siten, p- 477. »Eine Geschlechtskloake fehlt, so dass man niemals in Versuchung kommt, den Trematoden einen einfachen Porus genitalis zu- _ zuschreiben «). Nicht etwa, dass die fragliche Einstülpung der ober- 38* 590 Ferdinand Sommer, flächlichen Leibesschicht den älteren und neueren Forschern geradezu entgangen wäre, vielmehr ist dieselbe nur, weil unvollständig gesehen, namentlich weil in ihren Beziehungen zu den Enden der beiderlei Leitungsapparate misskannt, irrthümlich gedeutet worden. Daraus be- greift es sich denn, dass das erwähnte Gebilde für den Endabschnitt des männlichen Leitungsapparates gelten konnte, der, so bald und so oft ein Kopulationsbedürfnis vorhanden, von dem muskulösen Cirrusbeutel aus- und hervorgestülpt werde, und in solchem Zu- stande, — nämlich als sogenannter Cirrus oder Penis (Taf. XXX, Fig. 6 und 7 d, d), — das männliche Zeugungssekret in den weiblichen Appa- rat, sei es desselben, sei es eines anderen Individuums hineintrage. Obschon dem Anschein nach diese Deutung den einen und den anderen der Forscher nicht völlig angemuthet hat, ist sie dennoch die herrschende geblieben und hat einen thatsächlichen Einspruch meines Wissens nicht erfahren. Nun stellt der Geschlechtssinus des Leberegels seiner Gestal- tung nach einen cylindrischen und ziemlich langen Schlauch dar, der bald nach Art eines Paragraphenzeichens, bald hufeisenförmig zu- sammengekrümmt ist. Bald und häufig auch beschreibt derselbe eine, zuweilen sogar zwei und dann meist nicht ganz vollständige Spiral- windungen, so dass er im letzteren Falle korkzieherartig gewunden er- scheint. Sein Querdurchmesser beträgt etwa 0,35 mm, und zeigt in der ganzen Längenausdehnung des Organs erhebliche Abweichungen von dem genannten Ausmaße kaum. Dieser schlauchförmige Geschlechts- sinus richtet das eine Ende nach hinten und oben und schließt mit ihm, von einer daselbst befindlichen, sehr feinen Öffnung abgesehen, blind und gewölbeartig ab. Jene Öffnung aber ist das offene Ende des männlichen Leitungsapparates oder die männliche Ge- schlechtsöffnung; sie liegt oft an der Spitze eines kleinen papillen- artigen Vorsprunges, welcher in den Grund des Geschlechtssinus hinein- ragt und nichts anderes als das leicht prolabirte Ende des Ductus ejaculatorius ist (Taf. XXX, Fig. 4 f! und Fig. 5 g!). Das andere Ende des Geschlechtssinus dagegen ist nach unten und vorn gekehrt; es schneidet in der Flucht der ventralen Fläche des Thierleibes von rechts nach links hin schräg ab und mündet auf der Leibesoberfläche demnach mit quer- ovaler Öffnung oder mittelst eines quergestellten Schlitzes. Diese Öffnung aber, oder dieser Schlitz, ist der bereits mehrfach erwähnte Genital- porus (Taf. XXIX, D; Taf. XXX, Fig. % c). Legt man einen Leberegel, welcher frisch und mit Schonung den Gallenwegen seines Wirthes entnommen worden, unter das Mikroskop, und stellt unter Anwendung von Oberlicht ein schwächeres Objektiv, — Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 591 also etwa Harrtnack, Syst. 4, — auf den Hintergrund des Genitalporus ein, so überzeugt man sich leicht, dass es der obere, linksseitige Wand- abschnitt des Genitalsinus ist (Taf. XXX, Fig. 4 in c), welchen man überblickt. Dieser Wandabschnitt, welcher somit den Hintergrund des Genitalporus bildet, fällt bei dem unterliegenden Objekt schräg nach rechts hin ab, sinkt also gleichsam in die Tiefe, d. h. steigt bei Bauchlage des Thierleibes gegen den Cirrusbeutel auf. In.der Nähe seiner linksseitigen Berandung aber wird auf dem Hintergrunde eine Öffnung sichtbar, welche trichterförmig verjüngt in die Leibessubstanz sich senkt (Fig. 4 e!) und etwa einen Durchmesser von 0,44 mm besitzt. Diese Öffnung erweist sich als das offene Ende des weiblichen Leitungsapparates oder als weibliche Geschlechtsöffnung. Hiernach ist von den beiderlei Geschlechtsöffnungen die weibliche an der oberen Wand des offenen Endes, die männliche (Fig. 4 f!) da- gegen in dem Grunde des Geschlechtssinus gelegen; demnach kommt der Abstand zwischen beiden der gesammten Länge der Geschlechts- kloake gleich. Im Rückblick auf die vorstehenden Erörterungen dürfte es einem Missverständnisse wohl kaum unterliegen, wenn in der Folge etwa und der größeren Einfachheit der Bezeichnung wegen das eine Ende der Geschlechtskloake als das offene oder das weibliche und das andere als das männliche oder als Grund des Geschlechtssinus bezeichnet wer- den sollte. Endlich scheint es hier auch am Platze zu sein hervorzuheben, dass von der Geschlechtskloake nur derjenige Wandabschnitt, welcher die weibliche Öffnung trägt, also das weibliche Ende, außerhalb des Cirrus- beutels liegt, während der gesammte übrige Theil mit dem männlichen Ende Unterkommen im Cirrusbeutel findet und den unteren vorderen Theil desselben ausfüllt. Betreffend die baulichen Verhältnisse der Geschlechtskloake sei er- wähnt, dass deren Wand aus den gleichen Gewebslagen besteht, welche oben als Schichten des Hautmuskelschlauches genannt worden sind. Wir begegnen hier als innerster Substanzlage einer derben Cuticula mit Cuticulartäschehen und Schuppenstacheln; ihr folgt nach außen hin eine einfache Lage kleiner, kernhaltiger, körnchenreicher Zellen. Dieser schließt sich eine Muskellage an. Die letztere setzt sich wieder aus zwei Schichten zusammen, und zwar aus einer sehr zarten inneren Schicht, deren Elemente einfach neben einander lagern und eine cirkuläre An- ordnung besitzen und aus einer gleichfalls nur zarten äußeren Schicht, deren Elemente einer longitudinalen Richtung folgen und es ebenfalls _ nicht zur Gruppirung in diskrete muskulöse Stränge oder Bänder bringen. Der Muskellage endlich folgt eine äußere Zellenlage; sie ist Fortsetzung 592 Ferdinand Sommer, der inneren Zellenlage der Rindenschicht; ihre Formelemente besitzen die dort erwähnten Eigenschaften. Der Raum zwischen ihr und dem muskulösen Cirrusbeutel wird von großzelliger Bindesubstanz ausge- füllt. Nach den Erörterungen über den Geschlechtssinus des Leberegels ist es nicht ohne Interesse auf die Endigungsweise der different ge- schlechtlichen Leitungsapparate bei verwandten Platoden, als Taenia und Bothriocephalus einen Rückblick zu werfen und die Verhältnisse, welche dort obwalten, mit den bei Distomum hepaticum beobachteten in Vergleich zu stellen. Eine derartige Zusammenstellung führt dann zu nachstehenden Ergebnissen. Bei Taenia endigt der weibliche Leitungsapparat als mehr oder weniger ramificirter Uterus überhaupt blind; hier können demnach die Eier den Uterus nicht verlassen, außer wenn letzterer durch mechanische Einwirkungen gesprengt wird, oder wenn in der ausgestoßenen Pro- glottis die Uterinwand durch Macerationsvorgänge oder Fäulnisprocesse eine Kontinuitätsstörung erfahren hat. Bei Bothriocephalus dagegen endigt der weibliche Leitungsapparat auf der Oberfläche der Proglottis und zwar mittelst einer Öffnung, die völlig frei und selbständig ist, d. h. mit dem männlichen Leitungsapparat außer jedem Konnex steht. Im Gegensatz zu Taenia,kann dieserhalb der Fruchthalter des Bothriocepha- lus die Eier zwar nur allmählich und eines nach dem anderen, jedoch zu jeder Zeit ausstoßen. Die beiden Cestodenfamilien aber stimmen darin mit einander überein, dass sich bei ihnen eine Art von Ver- bindungskanal vorfindet, welcher den männlichen Leitungsapparat mit dem weiblichen in Konnex setzt und dessen Einzelabschnitte herkömm- lich als Scheide, Samenblase und Samenblasengang bezeichnet, — somit als Organe gedacht worden sind, welche der weiblichen Geschlechts- sphäre zuzählen. Seinen Anfang nimmt dieser Verbindungskanal in einer Einstülpung der äußeren Substanzschicht des Cestodenleibes, die, weil gleichfalls in selbige auch der männliche Leitungsapparat mündet, Geschlechtssinus oder Geschlechtskloake genannt worden ist; sein Ende dagegen öffnet sich in den Anfang des weiblichen Leitungsapparates und zwar bei Taenia in den Anfang des Oviduktes, bei Bothriocephalus in den Ausführungsgang des Keimstockes. Wird durch Kontraktionen im Hautmuskelschlauch der Zugang zur Einstülpung der äußeren Sub- stanzschicht des Cestodenleibes, d. h. der sogenannte Genitalporus ge- schlossen, oder wird mit anderen Worten die Einstülpung nach außen hin abgesperrt, dann ist eine kontinuirliche Leitung von den Hoden ab bis zu dem Eileiter, resp. bis zu dem Keimstockgange hergestellt. Unter diesen Verhältnissen wird also ein Leitungsrohr gebildet, welches die Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 593 Samenflüssigkeit von den Stätten ihres Entstehens bis in den Aus- führungsgang der weiblichen Zeugungsdrüse hinführt. Dieser und der fernere Umstand, dass bei dem vollständigen Mangel eines männlichen Kopulationsorgans auch nicht gut von einem weiblichen Kopulations- organ oder einer Scheide die Rede‘ sein kann, dürfte es rathsam er- scheinen lassen die sämmtlichen Abschnitte des erwähnten Verbindungs- kanals, nämlich die sogenannte Scheide, Samenblase und Samenblasen- gang der Cestoden von den Organen der weiblichen Geschlechtssphäre abzulösen und sie als Theile des männlichen Leitungsrohres zu be- trachten. Ist diese Deutung richtig, dann würde auch die erwähnte Einsenkung der äußeren Substanzschicht des Cestodenleibes eben nur ein Pseudogenitalsinus sein, der, wenn gegen die Leibesoberfläche hin offen, nur den Charakter einer Kontinuitätsstörung im männlichen Leitungsapparat und den Zweck haben würde, der zeitweilig über- mäßigen Samenproduktion in den vielen Hunderten von Hodenbläschen einen angemessenen Abfluss nach außen zu gestatten, — der aber, wenn nach außen hin abgesperrt, — also während des stattfinden- den Befruchtungsaktes, — eine einfache Erweiterung darstellen würde, welche das männliche Leitungsrohr in seinem Laufe erführe. Bei Distomum endlich vermag der weibliche Leitungsapparat wie bei Bothriocephalus Eier jederzeit auszustoßen. Allein die Mündung des weiblichen Leitungsrohres ist nicht wie bei Bothriocephalus auf der Leibes- oberfläche gelegen, auch nicht wie dort mit dem männlichen Leitungs- kanal außer jedem Konnex; vielmehr münden hier beide different geschlechtliche Leitungsapparate, was bereits erwähnt, in einen gemein- schaftlichen Raum, welcher gegenüber dem Pseudogenitalsinus der Gesto- den eine wirkliche Geschlechtskloake darstellt. Erfolgt dann bei Disto- mum durch geschlechtliche Kontraktion der Hautmuskeln Verschluss des Genitalporus, d. h. Verschluss des Zuganges zum Genitalsinus, so ist gleichfalls die kontinuirliche Leitungzwischen männlichen und weiblichen Zeugungsorganen hergestellt. Hier aber bildet der geschlossene Ge- schlechtssinus einen wirklichen Verbindungskanal zwischen den männ- lichen und weiblichen Organen, der das ihm überlieferte Sperma zwar nicht in den Anfang des weiblichen Leitungsapparates, wohin es bei den Cestoden direkt gelangt, sondern in das Ende desselben trägt. Dem- nach hat bei Distomum das in die weibliche Geschlechtsöffnung gelangte Sperma dieganze Länge des weiblichen Leitungsapparates zudurchmessen, um im Anfange des letzteren mit den primitiven Eiern in Kontakt zu kommen. Die offene Geschlechtskloake des Distomum vermag, wie bei den Cestoden, nicht nur der zeitweilig übermäßigen Samenproduktion einen Abfluss zu gewähren, sondern sie sichert auch den Eiern, 594 Ferdinand Sommer, welche der weibliche Leitungsapparat ausstößt, das Verlassen des Tbier- leibes. A. Die männlichen Fortpflanzungsorgane. Tafel XXIX. Der männliche Geschlechtsapparat der Leberegel setzt sich aus samenbereitenden Organen oder Hoden und aus samenleitenden zusam- men. Von diesen gliedern sich die samenleitenden Organe in eine Anzahl Abschnitte, welche als Samenleiter, Samenblase und als Ductus ejacula- torius bezeichnet worden sind ; dem letztgenannten gesellen Anhangdrüsen sich zu. Ein muskulöser Sack, der sogenannte Cirrusbeutel, schließt die Samenblase und den Ductus ejaculatorius mit dessen Anhangdrüsen ein. Aus der Reihe vorgenannter Organe sollen die samenbereitenden zu- nächst uns beschäftigen. a. Hoden. Die Hoden sind in der Zweizahl vorhanden und ihrer Stellung nach als vorderer (Taf. XXIX, 5) und hinterer (a) zu unterscheiden. Rücksichtlich der Architektonik zählen sie den zusammengesetzt schlauchförmigen Drüsen zu. Unzählige kürzere und längere nach allen Richtungen hin gewundene Blindschläuche werden von 3—4 ramificirten Hauptdrüsengängen gesammelt. Letztere, indem sie einen radiären Ver- lauf nehmen, vereinigen sich in einem Knotenpunkte, der zugleich Aus- gangspunkt des männlichen Leitungsapparates ist. Für den vorderen Hoden ist dieser Knotenpunkt links neben der Medianlinie befindlich und auf der Grenze zwischen vorderem und mittlerem Drittel des Thierleibes, also nahe hinter dem transversalen Dottergange gelegen, — für den hin- teren Hoden findet man ihn rechts von der Medianlinie und dicht neben letzterer, aber erst hinter der halben Länge des Thieres. Der Durchmesser der Hodenschläuche ist nurgeringen Schwankungen unterworfen; er beträgt 0,1—0,15 mm. An manchen Hodenschläuchen erscheinen die blinden Enden allerdings zuweilen stärker, nämlich zu Zeiten, wo die Produktion von Samenelementen in ihnen eine energischere ist. Die radiären Hauptdrüsengänge, welche das Hodensekret dem Lei- tungsapparate zuführen, besitzen eher kleinere als größere Querdurch- messer. Die Lage der Hoden betreffend, so sei daran erinnert, dass sie den hinteren Abschnitt der Mittelzone ausfüllen, der dieserhalb von LEuCKART die Bezeichnung »Hodenfeld« erhielt. Ihre Ausdehnung ist somit eine ganz erhebliche. Locker in der Parenchymmasse des Körpers eingebettet und flächenhaft ausgebreitet, ruhen sie auf dem ventralen Abschnitte der Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 595 Rindenschicht, so wie auf den nervösen Längsstämmen, während ober- halb beider der vielverzweigte Digestionsapparat sich ausstreckt. Die blinden Enden ihrer Schläuche schreiten seitwärts über die inneren _ Seitenzweige des longitudinalen Dotterganges hinaus und rücken bis an den letzteren (g) selbst vor; sie reichen somit lateralwärts bis in die Seiten- felder hinein. Hinterwärts, woselbst sie weniger dicht gelegen, bleibt die Spitze des Hodenfeldes von ihnen meist ganz frei. Nach vorn hin greifen sie über die transversalen Dottergänge (h) hinaus und schieben sich zwischen die Schläuche des Keimstockes (%) hinein. Der vordere Hode ist von dem hinteren in transversaler Richtung scharf gesondert; die Grenze zwischen beiden befindet sich dicht hinter der halben Länge des Thieres. Den Bau der Hoden betreffend, so besitzen deren Schläuche eine dünne, homogene und strukturlose, doch sehr resistente Drüsenmembran, auf welcher in größeren oder geringeren Abständen sehr kleine und zarte, kontraktile Faserzellen zerstreut liegen. Die letzteren, nicht reich- lich vorhanden, verfolgen ausnahmslos eine longitudinale Richtung. Auf- lagerungen anderer Art besitzt die Drüsenmembran nicht, vielmehr steht sie allerorts mit der Bindesubstanz des Körperparenchyms in direkter Berührung und wird durch dieselbe gestützt. Der Innenraum der Hodenschläuche ist mit Samen und Samenfäden producirenden Zellgebilden ausgefüllt. Die letzteren fand ich in dem In- halte (Taf. XXXI, Fig. 5) eines darauf untersuchten Hodenschlauches in ‚allen Phasen der Entwicklung vor. Spärlich vorhanden waren kleine, hüllenlose, einkernige Zellen, wie sie Fig. 5 a zeigt. Dieselben bewahr- ten vorwiegend noch eine rundliche Abgrenzung, maßen bis 0,015 mm und hatten einen scharf umrandeten, runden und bläschenförmigen Kern von 0,005 mm Durchmesser. Das Protoplasma der Zellen war in nächster Umgebung des Kerns meist noch gleichartig, während es in der weiteren Umgebung körnchenreich erschien. Gleichfalls nicht gerade zahlreich vorhanden waren in dem Inhalte des Hodenschlauches Zellen von 0,019 mm Durchmesser (Fig. 5 b). Diese besaßen nicht mehr die glatte Umrandung der eben gezeichneten; der Druck benachbarter Zellen hatte ihre Ober- fläche ungleichmäßig gemacht. Sie waren bereits mehrkernig; die Kerne hatten eine centrale Lage, erschienen meist ein wenig geschrumpft, waren auch des körnchenreichen Protoplasma wegen, welches sie von allen Seiten her umgab, weniger scharf sichtbar, als bei den vorhin beschriebenen Zellen. Überaus zahlreich fanden sich dann große, etwa 0,030 mm und mehr messende, polygonale und vielkernige Zellen vor, wie sie Fig. 5 c wiedergiebt. Die rundlichen Kerne derselben hatten einen Durchmesser von 0,003 mm und lagen in dem distinkten Protoplasmaklumpen zer- 596 Ferdinand Sommer, streut. Der letztere war überaus körnchenreich und von kleinen, stark lichtbrechenden Körperchen völlig durchsetzt. Eine Samenfädenproduk- tion hatte an ihm noch nicht stattgefunden. Die großen Zellen dieser Art zeigten in dem Hodenschlauche im Ganzen mehr eine axiale, als eine wandständige Stellung und waren außerordentlich dicht bei einander gelagert. Zwischen den letztbeschriebenen großen und vielkernigen Zellen waren in erheblicher Menge Zelltrümmer verschiedenen Umfanges sicht- bar, welche mit einer größeren Anzahl von Kernen versehen und mit Samenfäden reichlich besetzt sich zeigten. Sie hatten vorwiegend eine zweifache Erscheinungsweise und traten einmal und zunächst in Gestalt sehr umfangreicher Zellenreste auf, wie solche Fig. 5 d veranschaulicht. Bei diesen war der eine der Randsäume noch im Besitz ebener und gleichmäßiger CGontouren, während der gegenüber liegende scharf ausge- zackt oder ausgefranst war. An dem letzteren Orte sprangen nämlich die Reste der körnchenreichen Zellsubstanz in Form unregelmäßig gestalteter Protoplasmazipfel weit vor und waren mit mehr oder minder dichten Büscheln von Samenfäden behangen. Die kleinen glänzenden Köpfchen der letzteren hafteten noch in dem Zellprotoplasma, während deren peit- schenschnurartigen Anhänge in der Zusatzflüssigkeit des Präparates hin und her flottirten. Diese umfangreichen Reste von Samenfäden produ- cirenden Zellen hatten zuweilen eine Länge von 0,048 mm und schienen Zellkörpern von gleichem Durchmesser angehört zu haben. Die andere Erscheinungsweise der Zelltrümmer ist in Fig. 5 e wiedergegeben. Bei dieser handelt es sich um Bildungen geringeren Umfanges, die fast nur aus einem Kernhaufen und einem spärlichen, die Kerne eben noch zu- sammenhaltenden Reste von Zellprotoplasma bestehen. Auch hier haften in dem spärlichen Protoplasma noch die glänzenden kleinen Köpfchen der Formelemente des Samens, während deren Anhänge als ein breiteres oder schmäleres Fadenbündel in der Zusatzflüssigkeit flottirt. Es machen diese Bildungen ganz den Eindruck, als seien sie abgerissene oder abge- stoßene größere Zipfel der vorhin beschriebenen, umfangreichen und Samenfäden produeirenden Zellen. Beide Formen von Zelltrümmern übri- gens findet man namentlich an den Wänden der breiteren oder schmä- leren Ströme von Samensubstanz angehäuft, welche mehrfach mit ein- ander kommunicirend das Zellenlager jedes Hodenschlauches durchziehen. Die fertige Samensubstanz selbst endlich, wie sie den Samenströ- men der Hodenschläuche entnommen wird, besitzt in einer geringen Menge von Zwischenflüssigkeit Formbestandtheile von zweierlei Art: einmal nämlich Samenfäden in unendlicher Fülle und ferner, gegenüber der Fülle dieser, freie Kerne in mäßiger Zahl. Von diesen zeigen die erst- Die Auatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 597 genannten, die Samenfäden (f), eine Gesammtlänge von 0,076 mm. Ihre Köpfchen sind länger als breit, birnförmig gestaltet, am freien Ende stärker als an dem Fadenansatze, von gelblichem Glanze und stark lichtbrechend. Der Länge nach messen sie 0,0028 mm, der Dicke nach 0,0009 mm. Die in den Samenströmen befindlichen Kerne aber dürften frei gewor- dene Kerne der großen, Samenfäden producirenden Zellen sein. Der Mehrzahl nach besitzen sie ein lichtes, aufgeblähtes, gleichsam gequolle- nes Aussehen. b. Der männliche Leitungsapparat. Den ersten Abschnitt des männlichen Leitungsapparates bilden die Samenleiter oder die Ductus deferentes (Taf. XXIX, c, ce). Sie sind paarig vorhanden und dünne, langgestreckte Kanäle, deren einer rechts und deren anderer links von der Medianlinie gelegen ist. Der rechtsliegende geht von dem hinteren Hoden aus und ist daher um ein Erhebliches länger als der linke. Der eine wie der andere nimmt die Richtung gegen den Cirrusbeu- tel. Auf dem Wege dorthin schreitet der rechtsseitige über die Veräste- lungen des vorderen Hodens hinweg. Alsbald aber verlassen beide das Hodenfeld und treten über die transversalen Dottergänge fort in den vor- deren Abschnitt der Mittelzone ein. Hier folgen sie zunächst noch der Richtung nach vorn, indem sie zu den Seiten des Schalendrüsenkom- plexes und unter den hinteren Windungen des Uterus (der rechtsseitige zwischen diesen und dem Stamme des Keimstockes) verlaufen. Endlich aber ändern sie die Richtung und steigen, allmählich einander näher rückend, über die vorderen Uterusschlingen, so wie über den Bauchsaug- napf hinweg und zu dem Cirrusbeutel empor. Dicht bei einander lie- gend, durchbohren sie den Grund desselben. Während des ganzen Ver- laufes ist ihr Querschnitt erheblichem Wechsel nicht unterworfen; er misst 0,1—0,15 mm, ist somit kleiner als der Querschnitt der Hoden- schläuche. Die Wand beider Gänge wird von einer sehr feinen und homogenen, aber ziemlich resistenten Substanzschicht gebildet, welche mit kontrak- tilen Faserzellen belegt ist (Taf. XXXII, Fig. 3). Die letzteren verlaufen in geringen Abständen von einander und der Achse des Ganges parallel. Sie sind sehr klein, haben eine Länge von 0,038 mm und eine Breite von nur 0,0009 mm. Als Inhalt der Samenleiter begegnet man den verschiedenen Be- standtheilen des Hodensekretes, als Büschel von Samenfäden u. s. w. _ Mit dem Eintritte der Samenleiter in den Cirrusbeutel wird der 598 Ferdinand Sommer, männliche Leitungsapparat unpaar. Erstere nämlich vereinigen sich so- fort zu einer ansehnlichen und spindelförmigen Erweiterung (Taf. XXIX, d; Taf. XXX, Fig.5 e,e und f), welche wie ein Paragraphenzeichen geknickt die größere Inhaltmasse des Cirrusbeutels bildet und dessen oberen und hinteren Theil ausfüllt. Diese Erweiterung im männlichen Leitungsapparate stellt dann eine Art Samenreservoir oder eine Samenblase dar. Man sieht sie in der Regel mit Hodensekret strotzend gefüllt. Die Wand des Organs (Taf. XXXII, Fig. &) zeigt einen komplicirte- ren Bau als die der Samenleiter und lässt drei differente Substanzschich- ten erkennen. Von ihnen ist die innerste eine sehr feine kernreiche Ge- webslage (a), an welcher Zellengrenzen entweder nicht oder nur man- gelhaft wahrzunehmen sind. Die Kerne aber sind scharf umrandet, rund und bläschenartig und besitzen einen centralen, körnigen Niederschlag; ihre Größe beträgt 0,007 mm. Auf diese Schicht folgt nach außen eine zarte Lage glatter Muskelfasern (b). Die äußerst feinen und ziemlich kurzen Spindeln haben eine eirkuläre Anordnung, liegen neben einan- der in einer Ebene und sind durch nicht gerade reichlich vorhandene, homogene Zwischensubstanz zu einer zarten Muskelhaut vereinigt. Auf letztere folgt weiter nach außen endlich eine muskulöse Längsfaser- schicht (c). Hier gruppiren sich die Fasern zu Bündeln, welche in Ab- ständen von 0,043—0,018 mm verlaufen. Die Elemente dieser Schicht haben etwa dieselbe Größe, welche für die Muskelfasern des Samenlei- ters verzeichnet worden ist, während die Spindeln der eirkulären Mus- kellage eine sehr viel größere Feinheit besitzen. Endlich entsteht aus dem unteren Ende der Samenblase wieder ein Schlauch, dessen lichte Weite der Quere nach 0,031 mm misst. Er bil- det den letzten Abschnitt des männlichen Leitungsapparates, ist Duc- tus ejaculatorius, in mehrfache Windungen und Schlingen gelegt und unter der Samenblase gelagert (Taf. XXIX, e; Taf. XXX, Fig. 5 g). Sein Ende springt meist papillenartig in den Grund der Geschlechts- kloake vor (Taf. XXX, Fig. 4 f! und Fig. 5 g!) und trägt auf der Spitze des Vorsprunges die feine männliche Geschlechtsöffnung. Die Wand dieses letzteren Abschonittes ist strukturlos und sehr elastisch, ent- behrt aber der Auflagerung kontraktiler Elemente, wie sie die beiden anderen Abschnitte des männlichen Leitungsapparates besitzen, voll- ständig; sie wird von unzähligen, überaus feinen Öffnungen siebartig durchbrochen. Einzellige Drüsen in erheblicher Menge umlagern den Ductus ejacu- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 599 latorius (Taf. XXIX, et; Taf. XXX, Fig. 5 h und Fig. 6 ı). Sie dürften am einfachsten als Anhangsdrüsen des männlichen Lei- tungsapparates zu bezeichnen sein. Bei den Cestoden, als Taenia und Bothriocephalus, fehlen dieselben noch gänzlich; erst bei Trema- toden treten sie auf, indessen ist ihr Vorhandensein bei Distomum an- scheinend bisher übersehen worden. Mit einer geringen Menge zellrei- cher Bindesubstanz gemischt lagern sie unter der Samenblase und füllen den vorderen unteren Theil des Cirrusbeutels aus. Ihrer Konfiguration, so wie ihren baulichen Verhältnissen nach erinnern sie an die Schalen- drüsen der Cestoden. Die Größe dieser secernirenden Zellen beträgt 0,026 mm. Der Form nach erscheinen sie meist rundlich; häufig auch sind sie ei- oder birnförmig gestaltet; zuweilen erhalten sie durch den Druck benachbar- ter Zellen ein polygonales oder eckiges Aussehen. Ihr Protoplasma zeigt in der Regel eine leichte Trübung oder ist feinpunktirt. Eine äußerst zarte Tunica propria umschließt jede Zelle und setzt sich in einen 0,0006 mm feinen Ausführungsgang fort. Letzterer mündet mit punkt- förmiger Öffnung in den Ductus ejaculatorius. Die Summe der Öffnun- gen ist es, welche der Wand desselben das vorhin erwähnte, siebförmig durchbrochene Aussehen verleiht. Wie oben bemerkt, werden die unpaaren Theile des männlichen Leitungsapparates mit ihren Anhangsdrüsen und eben so die Geschlechts- kloake mit Ausnahme ihres weiblichen Endes von dem Cirrusbeutel (Taf. XXIX, C; Taf. XXX, Fig. 4 und Fig. 5 b) aufgenommen. Derselbe ist ein umfangreiches, beutelartiges, muskulöses Organ und von eiför- miger Gestalt. Sein oberer Pol oder der Grund des Cirrusbeutels, wel- cher die unter spitzem Winkel vereinigten Samenleiter aufnimmt, ist oberhalb des Bauchsaugnapfes gelegen und hat von der Rindenschicht der Dorsalseite nur einen geringen Abstand, während die Lage des un- teren Poles durch die Genitalöffnung gekennzeichnet ist. Demnach hat der Cirrusbeutel eine sehr schräge Stellung; seine lange Achse schneidet die Medianlinie in der Richtung von hinten und oben nach unten und vorn. Die Länge des Organs beträgt 1,2 mm, die Dicke desselben 0,7 mm. Baulich ist an dem Cirrusbeutel eine innere Muskelfaserschicht mit cirkulärer Anordnung der Elemente und eine äußere mit longitudinaler Anordnung der Elemente zu unterscheiden. Die erstere ist eine sehr dünne Gewebslage; ihre Fasern sind in _ kurzen Abständen parallel neben einander gelegt und sehr fein. Die Elemente der kräftigeren longitudinalen Schicht sind stärker 600 Ferdinand Sommer, und zu Bündeln vereinigt, welche unter sehr spitzen Winkeln vielfach einander durchflechten. Der Grund des Cirrusbeutels nimmt dünne, doch zahlreiche dorso- ventrale Muskelzüge auf, deren Elemente sich denen der longitudinalen Faserschicht beimischen. Von der Innenfläche des Organs habe ich weder zur Wand der Samenblase noch zu der des Ductus ejaculatorius Muskelzüge verlaufen sehen, wie es im Cirrusbeutel des Bothriocepha- lus der Fall. Die etwaigen Zwischenräume zwischen Girrusbeutel und Samenblase, so wie zwischen dem ersteren und dem Haufen der An- bangsdrüsen des männlichen Leitungsapparates werden von zellreicher Bindesubstanz ausgefüllt. An dem unteren Pole des Cirrusbeutels gehen die Elemente des letzteren zum Theil direkt, — und zwar in einer Linie, welche dem vor- deren und rechtsseitigen Randabschnitte des Genitalporus entspricht, — in die Hautmuskellage über, zum anderen Theil aber, — nämlich ent- sprechend dem hinteren und linksseitigen Randabschnitte des Genital- porus — erreichen sie den letztgenannten und also auch die Hautmus- kellage nicht, vereinigen sich vielmehr schon früher mit der Muskulatur des Genitalsinus. Daraus erklärt es sich, dass das offene, die weibliche Geschlechtsöffnung tragende Ende des Genitalsinus, oder mit anderen Worten der Hintergrund des Porus genitalis außerhalb des Cirrusbeutels befindlich ist. B. Die weiblichen Geschlechtsorgane. Tafel XXIX. Dass bei den Trematoden die Eibildung an die Leistungen von zweierlei, in Rücksicht auf die Natur ihrer Produkte differenter Drüsen anknüpfe, wurde zuerst von C. Ta. v. SıesoLp! behauptet und nach- gewiesen. Von diesen beiderlei Drüsen bezeichnete der hochverdiente Forscher die eine, weil sie die Eikeime oder Keimzellen, d. h. die Pri- mordialeier, erzeuge, als Keimstock, das Paar anderer, weil es den sogenannten Nahrungs- oder Nebendotter producirt, nannte er Dotter- stöcke. Spätere Forschungen haben dann erwiesen, dass bei Fertig- stellung des uterinen Eies auch noch Anhangsdrüsen des weiblichen Leitungsapparates thätig sind; sie sind es, welche das Material zur Bil- dung der Ei- oder Embryonalschale hergeben und demnach als Scha- lendrüsen fungiren. Die Ausführungsgänge der beiderlei erstgenannten Drüsen: Keim- gang und Dottergang vereinigen sich alsbald zur Bildung eines un- 1 C. Ta. v. SıesoLp, Lehrbuch. I. p. 142. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 601 paaren, langen und mehrfach gewundenen Schlauches: des weiblichen Leitungsapparates. Letzterer, weil innerhalb seiner Windungen aus dem befruchteten Primordialei das sogenannte Uterusei oder der beschalte, embryonale Zellhaufe erwächst und längeren Aufenthalt nimmt, ist seitens der Autoren Uterus oder Fruchthalter genannt worden. Nicht richtig ist, wenn, was mehrfach geschehen, der Schalen- drüsenkomplex geradezu als das Anfangsstück des weiblichen Leitungs- rohres bezeichnet wird; eben so ist es nicht gerechtfertigt den Endab- schnitt des letzteren Scheide oder Vagina zu nennen. Doch bevor noch der weibliche Leitungsapparat selbst und sein Inhalt Gegenstand weiterer Erörterung wird, dürfte es angezeigt sein, von den Eigenschaften des Keimstockes und denen der Dotterstöcke Kenntnis zu nehmen. a. Keimstock. Der Keimstock (Taf. XXIX, k) des Leberegels ist ein Röhrenbaum von weitaus geringerem Umfange als das gleichnamige Organ des Bothriocephalus latus oder der verwandte Eierstock großgliedriger Taenien. Seiner Architektonik liegt das Schema der zusammengesetzt schlauchförmigen Drüsen zu Grunde. Der Stamm des Röhrenbaums nämlich, dessen Dicke etwa 0,066 mm beträgt und der eine erhebliche Länge nicht besitzt, spaltet sich zunächst in zwei Hauptäste. Jeder der- selben wiederholt alsbald die dichotomische Theilung des Stammes. Aber auch diese Äste zweiter Ordnung erfahren häufig noch wieder eine Gabelung, so dass durch die letztere Äste selbst dritter Ordnung ent- stehen. Den Theilästen sowohl der zweiten als denen der dritten Ord- nung hängen in mäßiger Anzahl kürzere oder längere Blindschläuche an, die an ihrem geschlossenen Ende meist einen größeren Querschnitt als an dem offenen besitzen. Dem Stamme des Röhrenbaums hingegen, so wie seinen beiden Hauptästen oder den Theilästen erster Ordnung fehlen dergleichen Anhänge in der Regel ganz. Die aus den Hauptästen hervorgehenden Ramifikationen erfahren eine wesentliche Verkleinerung des Querschnittes nicht, so dass also die Röhren des Keimstockes trotz ihrer wiederholten Verästelung eine Verringerung des Kalibers kaum erfahren. Der Stamm des Röhrenbaums aber spitzt sich gegen die Schalendrüse hin zu und verjüngt sich zu einem dünnen, nur 0,022 mm _ messenden Ausführungsgang : Keimgang (Taf. XXX, Fig. 4 b), welcher von vorn und rechts her in den Schalendrüsenhaufen sich einsenkt und bis zu seinem Ende, d.h. bis zu seiner Vereinigung mit dem Aus- führungsgange der Dotterstöcke dasselbe Kaliber bewahrt. Der Keimstock des Leberegels gehört der rechtsseitigen Leibeshälfte 602 Ferdinand Sommer, an; er liegt in der gleichen Ebene mit den Hoden und somit dem ven- tralen Abschnitte der Rindenschicht, so wie dem nervösen Längsstamme derselben Seite auf. Über ihn weg verläuft der rechte Samenleiter und breiten die hinteren Windungen des Fruchthalters sich aus. Seine blindschlauchartigen Anhänge dringen zwischen die inneren Seitenzweige der longitudinalen Dotterkanäle ein und bis zu den letzteren selbst vor, hinterwärts füllen sie die Lücken zwischen den terminalen Hoden- schläuchen aus. Zuweilen indess ist das Organ zur linken Seite der Medianebene ge- legen. Seltener findet man seine Schläuche bilateral symmetrisch geord- net und dann den Keimstock des Leberegels demjenigen des Bothrio- cephalus oder dem Eierstocke von Taenia ähnlich. In dem letzteren Falle erstreckt sich die Duplicität jedoch nicht auf den Stamm des Röhren- baumes und dessen Ausführungsgang. Beide verbleiben vielmehr von Beginn an unpaar und fällt, wo solche Verhältnisse obwalten, der erstere in die Medianebene des Thierleibes. Bei den 84 Exemplaren, welche ich rücksichtlich der Lagerung und der Konfiguration des Keimstockes unter- suchte, zeigte sein Verhalten sich wie folgt. In 64 Fällen gehörte er der rechtsseitigen Körperhälfte an, in 15 Fällen der linksseitigen Körperhälfte und in fünf Fällen endlich war er bilateral gelagert und zwar so, dass der Stamm des Röhrenbaumes mehr oder minder genau in die Median- ebene fiel, die beiden aus ihm hervorgehenden Äste erster Ordnung aber sich nach rechts und nach links streckten und in beiden Hälften des Kör- pers sich, wie schon angegeben, verzweigten. Eine derartige Wandelbarkeit in Lagerung und Konfiguration des Keimstocks scheint darauf hinzuweisen, dass die Anlage desselben ur- sprünglich bilateral symmetrisch erfolgt sei, dass aber weiterhin mit der Entwickelung des weiblichen Leitungsapparates zu größerem Umfang, namentlich mit der Verlängerung und Erweiterung der Uterinanlage und mit deren Schlingenbildung die Verdrängung einer der beiden Keimstock- hälften aus der ursprünglichen Lage erfolge. Und zwar dürfte, wenn dem so wäre, in der Regel die Disloeirung der linksseitigen Hälfte über die Medianebene hinaus nach rechts hin, seltener die umgekehrte statthaben. Die Wand des Keimstockes hat eine Dicke von 0,007 mm und be- steht aus zwei Schichten. Die innere (Taf. XXXI, Fig. 3 a) ist eine glas- helle, sehr elastische Membran und stellt eine unmessbar feine Innenhaut dar; die äußere ist eine bindegewebige, kernhaltige Umhüllungshaut (Taf. XXXI, Fig. 3 b), welche mit der Bindesubstanz des Körperparen- chyms allerorts in Verbindung steht, gleichsam eine dichtere Grenzschicht derselben darstellt und zu einer Art von Adventitia für das strukturlose Innenrohr wird. Die Kerne, welche der Umhüllungshaut angehören, sind Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 603 von ovaler Form und besitzen eine Länge von 0,009 mm; ihr langer Durchmesser läuft der Achse der Keimstockschläuche parallel. Muskel- fasern habe ich in der Wand der Drüse nicht aufgefunden. Den Inhalt des Keimstockes bildet ein ansehnlicher Vorrath von hüllenlosen, primitiven Eizellen (Taf. XXXI, Fig. 3 c). Das Protoplasma (Dotterprotoplasma) derselben ist nur von mäßigem Umfange, trübmole- kulär oder feinkörnig und schließt ein sehr großes, meist wolkig getrüb- tes, häufig auch feinpunktirtes Keimbläschen ein. In dem letzteren ist wieder ein gleichfalls sehr großes, homogenes, weingelb gefärbtes, das Licht stark brechendes Kernkörperchen oder ein derartiger Keimfleck enthalten. Zuweilen schließt ein Keimbläschen auch zwei solcher Keim- flecke ein. Immer besitzen sie mehr als die anderen Bestandtheile der primitiven Eizelle die Neigung, durch Karmin intensiv sich zu röthen. Dass die Größe der Primordialeier, wie Leuckarr angiebt, eine sehr ver- schiedene sei, kann ich nur bestätigen. Die von mir nach dieser Rich- tung hin unternommenen Messungen ergaben, dass die in den Schläuchen befindlichen größten Zellen einen Durchmesser von 0,025 mm, ein Keim- bläschen von 0,015 mm und in letzterem einen Keimfleck von 0,005 mm Durchmesser besitzen. Die kleinsten Eizellen hingegen, welche ich vor- fand, maßen 0,043 mm; ihr Keimbläschen hatte nur eine Größe von 0,009 mm, ihr Keimfleck maß 0,003 mm. In dem Stamme des Röhren- baumes traf ich nur große Eizellen an; in seinen Ramifikationen und den diesen anhängenden Blindschläuchen hatten dieselben vorwiegend eine axiale Lage; die kleineren Eizellen hingegen hatten eine peripherische Stellung und lagen der strukturlosen Innenhaut der Keimstockswand an. Dieser Befund bestätigt somit die Angaben, welche Srıepa über die Ver- theilung der größeren und kleineren Primordialeier innerhalb der Schläuche des Keimstocks macht. b. Die Dotterstöcke. Die Dotterstöcke (Taf. XXIX, f) des Leberegels sind paarige Drüsen ' und Organe von sehr großem Umfange. Sie nehmen die Seitenfelder des Thierleibes ein, dehnen sich somit über die gesammte Randzone des Hinterkörpers aus und verleihen derselben das opake oder rostfarbene Aussehen. Gegen das Schwanzende hin nähern sie sich einander in dem - Grade, dass eine Grenzlinie zwischen beiden nicht mehr nachweisbar ist. Ihrer Gestaltung nach zählen sie zu den zusammengesetzt trauben- förmigen Drüsen. Kleine offene Bläschen oder kleine, kuglige Blinddärm- ehen von 0,035—0,062 mm Durchmesser gruppiren sich zu zierlichen Drüsenläppchen und sitzen in variabler Anzahl mittelst hohler Stielchen einem Ausführungsgange auf. Solche kleine Drüsenzweige sind in un- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. NXXIV. Bd. 39 604 | Ferdinand Sommer, endlicher Menge vorhanden. Sie werden jederseits von einem longitu- dinal verlaufenden Dotterkanal (Taf. XXIX, ;, g) aufgenommen, der nahe oberhalb des ventralen Abschnittes der Rindenschicht in dem lockeren Körperparenchym eingebettet ist, an der seitlichen Grenze der beiden Hodenkörper entlang zieht und im Allgemeinen dem Seitenrande des Hinterkörpers parallel läuft; nur in der Nähe des Kopfzapfens und an dem hinteren Leibesende ist er demselben mehr genähert. Sein Durch- messer beträgt etwa 0,12 mm. Die Drüsenzweige, welche in den longi- tudinalen Dotterkanal münden, gehören sowohl der dorsalen, als der ventralen Leibesfläche an. Die dorsalen durchsetzen den Thierleib seiner Dicke nach und schieben sich zwischen den Ramifikationen der Seiten- zweige des Magendarms hindurch, um den longitudinalen Dotterkanal zu gewinnen. Die ventralen sondern sich in innere und äußere Seiten- zweige. Die ersteren kommen aus der Randzone des Hodenfeldes und verlaufen lateralwärts, die letzteren vom Grenzrande des Hinterkörpers und verlaufen medianwärts. Die Richtung, in welcher die einen und die anderen ihren Weg nehmen, ist eine vorwiegend transversale. Nur die Seitenzweige, welche von dem vorderen und dem hinteren Ende der longitudinalen Dotterkanäle aufgenommen werden, halten einen vor- wiegend schrägen oder einen unregelmäßigen Verlauf inne. Hinterwärts und gegen den hinteren Leibespol zu werden die inneren Seitenzweige umfangreicher und vereinigen sich von beiden Seiten her netzförmig mit einander. Jeder der longitudinalen Dotterkanäle entleert seinen Inhalt in einen transversal verlaufenden Dotterkanal. Beide transversale Dotter- kanäle (Taf. XXIX, h, h) verlaufen an der vorderen Grenze des Hoden- feldes und kreuzen den nervösen Längsstamm, so wie den Samenleiter der gleichnamigen Seite. Sie gehen mit zwei oder drei Wurzelästen aus den longitudinalen Dotterkanälen hervor, besitzen einen kaum größeren Querschnitt als letztere und werden am hinteren Umfange des Schalen- drüsenkomplexes in einem umfangreichen Dotterreservoir vereinigt (Taf. XXIX, i). Dieses Dotterreservoir, weil in der Regel mit Dotter- ballen oder mit emulsiver Dotterflüssigkeit stark gefüllt, ist schon dem unbewaffneten Auge als ein punktförmiges, weißes oder rostbraunes Knötchen wahrnehmbar. Unter dem Mikroskop erscheint es als ein Ge- - bilde von bald mehr kugelförmiger, bald mehr birnförmiger Gestalt und von 0,35 mm Breite (Taf. XXX, Fig. 4 d). Von seinem nach vorn und oben gerichteten Umfange sieht man einen 0,026 mm messenden Gang, den »Dottergang«, ausgehen (e) und in den Schalendrüsenkomplex eindringen. Hier windet sich derselbe zwischen den feinen Ausführungs- gängen der Schalendrüsen hindurch, indem er schräg nach vorn geneigt EEE EREREDELEE BEE UV Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 605 die Richtung gegen die dorsale Fläche des Thierleibes einschlägt. Indess erreicht er die letztere nicht, sondern biegt schon vorher und noch inner- halb des Schalendrüsenhaufens wieder abwärts, um mittelst kurzer End- windung seine Vereinigung mit dem Ausführungsgange des Keimstockes zu vollziehen. An der Stelle, wo der Dottergang gegen die Bauchfläche hin umbiegt, geht von ihm ein sehr feines, nur 0,040 mm messendes Kanälchen (f) ab, welches die Richtung nach der Dorsalfläche des Thier- leibes einschlägt und indem es allmählich auf 0,020 mm sich erweitert, auf dieser mündet. Beim Leberegel wurde das Kanälchen zuerst von Srıepa gesehen und richtig beschrieben; es stellt den schon mehrfach erwähnten Laurer-Stiepa’schen Gang oder die Stıepa’sche Scheide dar. Seine Öffnung auf der dorsalen Leibesfläche ist kreisrund, nimmt sich aus als wäre sie mittelst eines Locheisens angelegt und hat einen Durchmesser von nur 0,022—0,025 mm. Betrefis der baulichen Bestandtheile der Dotterstöcke sind die gestalt- gebende Membran und der Inhalt zu berücksichtigen. Die erstere ist eine glashelle, strukturlose, elastische, sehr feine Wandschicht (Taf. XXXII, Fig. 2 B) und wird allerorts von der Binde- substanz des Körperparenchyms gestützt. Aber pur in der Umgebung der transversalen Dotterkanäle und des Dotterreservoirs verdichtet sich diese stützende Bindesubstanz zu einer kontinuirlichen, doch zarten Um- hüllungsschicht. Muskelfasern habe ich hier eben so wenig wie in der Drüsenhaut des Keimstocks aufzufinden vermocht. Größere Schwierigkeiten als die Wand der Dotterstöcke bietet der Untersuchung die Inhaltmasse, da sie nicht in allen Abschnitten des Röhrenbaums derselben Art ist. In den Blinddärmchen der Drüsen und eben so in den Drüsenläpp- chen finden sich neben einer geringen Menge von Fetttröpfchen und einer mäßigen Anzahl von Dotterkörnern ausschließlich Zellen vor (Taf. XXXI, Fig. 2 A). Wo diese Zellen innerhalb der Drüsenbläschen nur locker beisammen liegen, sind sie kugelförmig oder eiförmig ge- staltet, hingegen erscheinen sie, wenn dicht zusammengedrängt, hier rundlich polygonal, dort eckig gestaltet, in anderen Fällen auch in sehr bizarre Formen hineingezwängt. Obschon von verschiedener Größe und differentem Aussehen charakterisiren sie sich durch ihr Beisammenliegen doch nur als eine Reihe einander folgender Entwicklungsstufen von Zellen derselben Art und bringen gleich den Zellen im Dotterstocke von Bothriocephalus, als wirkliche Bildungszellen der Dotterkörner auch die ganze Entwicklung der letzteren zur Anschauung. Ziemlich zahlreich finden sich unter ihnen kleine, hüllenlose Zellen vertreten, welche einen ' Durchmesser von 0,044 mm, ein spärliches, feinpunktirtes Protoplasma 39 * 606 Ferdinand Sommer, und einen runden, bläschenförmigen Kern von 0,007—0,009 mm be- sitzen (A, a); ihre Lage in den Zellhaufen ist vorwiegend eine peri- pherische: Doch sind neben und zwischen ihnen auch schon andere gelegen, welche 0,017—0,024 mm groß sind, gleichfalls den hellen, runden Kern noch leicht erkennen lassen, aber wie man bei Anwendung starker Vergrößerungen wahrnimmt, bereits kleine, distinkte und glänzende Körnchen enthalten (A, b). Diese Körnchen sind die ent- stehenden Dotterkörner, d. h. Dotterkörner von noch minimaler Größe. In wieder anderen, und zwar solchen Zellen, welche nur wenig größer als die letztbeschriebenen sind, einen Durchmesser von 0,023 mm haben, und das Kernbläschen immer noch deutlich erkennen lassen, findet man dann ein Protoplasma vor, welches Dotterkörner sehr verschie- denen Umfanges, nämlich neben recht kleinen auch schon Dotterkörner von 0,003 mm Durchmesser und deutlich eckigen Formen enthält (A, ec). Den Hauptbestandtheil der Zellhaufen endlich bilden große, hüllen- lose 0,025—0,032 mm messende Zellen, deren Protoplasma fast gänzlich in homogene, stark glänzende, 0,003—0,006 mm (A, d) große und meist unregelmäßig oder eckig gestaltete Dotterkörner umgewandelt worden ist. Bei den Zellen dieser Art ist ein Kern nicht mehr wahrnehmbar ; sie repräsentiren die höchste und letzte Entwicklungsstufe der Dotter- körner producirenden Zellen. Dagegen sieht man schon in den hohlen Stielen der Drüsenbläschen und Drüsenläppchen (Taf. XXXII, Fig. 2 B), welche von den Seiten- zweigen der longitudinalen Dotterkanäle aufgenommen werden, die vor- erwähnten Zellen nicht mehr. Vielmehr besitzen die zartwandigen Röhrchen keinen anderen Inhalt als einen größeren oder geringeren Vorrath von großen, scharf umgrenzten, homogenen Dotterkörnern, welche hier zerstreut stehen, dort aber in Gruppen dicht zusammen- gerückt sind. Dieser Befund weist darauf hin, dass die Auflösung der großen, Dotterkörner haltigen Zellen schon innerhalb der Blindschläuche und Läppchen der Drüse erfolge — ein Umstand, der auch das häufige Vorkommen von freien Dotterkörnern daselbst erklärt, — und ferner, dass es nur die frei gewordenen Dotterkörner sind, welche in die aus- führenden Abschnitte der Drüse übertreten. Wieder von anderer Art ist dann der Inhalt, welchen die Seiten- zweige der longitudinalen Dotterkanäle führen (Taf. XXXI, Fig. 2 ©). Neben den zahlreichen und freien Dotterkörnern (b) sind es hier ins- besondere sehr umfangreiche 0,019—0,034 mm große Körperchen (a), denen wir begegnen. Von vorwiegend kugelförmiger oder eiförmiger, oft auch von unregelmäßiger Gestalt bestehen sie aus unzähligen, kleinen, stark lichtbrechenden Körnchen, welche durch ein helles, zähflüssiges, Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 607 klebriges Bindemittel zusammengehalten werden. Der Ursprung dieser Bildungen knüpft an eine Umwandlung der frei gewordenen, großen und homogenen Dotterkörner an. Die letzteren nämlich erfahren aufihrem Wege von den Drüsenbläschen und Drüsenläppchen nach den longitudinalen Dotterkanälen eine Abänderung ihrer Konstitution, verlieren ihre gleich- mäßige, homogene Beschaffenheit, erhalten ein gequollenes, schwammiges, fast poröses Aussehen und zerfallen in kleine stark lichtbrechende Körn- chen und eine zähflüssige, klebrige Substanz, welche die aus einer Gruppe beisammen gelegener Dotterkörner entstandenen Theilstückchen oder Körnchen zu umfangreichen Dotterballen (a) vereinigt. In den longitudinalen Dotterkanälen sind einzelne Dotterkörner nur noch spärlich und vereinzelt vorhanden ; dagegen besteht die Masse des Inhaltes aus 0,023—0,026 mm großen Dotterballen. Die transversalen Dotterkanäle und das Dotterreservoir enthalten Dotterkörner überhaupt nicht mehr, sondern sind nur noch mit Dotterballen von 0,029— 0,032 mm gefüllt (Fig. 2 D).- Diese letzteren dringen als solche in den Anfang des weiblichen Leitungsapparates und zerfallen daselbst in eine feinkörnige, tropfbar-flüssige Substanz von oft emulsivem Aussehen, welche als fertiger Nebendotter und in Gestalt kleinerer oder größerer Tröpfchen den eintretenden Primordialeiern sich anlegt, — oder aber, und so ge- schieht es häufiger, die Dotterballen werden schon auf ihrem Wege von den Enden der transversalen Dotterkanäle zu dem Anfange des weib- lichen Leitungsrohres hin in jenen tropfbar flüssigen und feinkörnigen oder emulsiven Nebendotter (Taf. XXXII, Fig. 1 A, c) umgewandelt. Fassen wir die Resultate der Untersuchung, die Bildung des Neben- dotters betreffend, zusammen, so ergiebt sich kurz Folgendes: Aus dem Protoplasma der Zellen, welche die Drüsenbläschen und Drüsenläppchen füllen, entstehen Dotterkörner. Dieselben werden mit Auflösung der Zellen frei und gelangen in die Ableitungsröhren des Dotterstockes. Auf ihrem Wege zu den longitudinalen Dotterkanälen erfahren sie eine Ver- änderung ihrer Konstitution, indem sie in eine größere Anzahl kleiner Theilstücke und in eine zähflüssige, klebrige Zwischensubstanz zerfallen. Die letztere vereinigt die Theilstückchen einer Gruppe von Dotterkör- nern zu Dotterballen. Diese gelangen in das Dotterreservoir und gehen daselbst in der Regel der Auflösung entgegen, indem sie in eine tropf- bar- flüssige, feinkörnige oder emulsive Substanz übergehen, welche in Form von Nebendottertröpfehen den Primordialeiern sich anlegt. 608 Ferdinand Sommer, c. Der weibliche Leitungsapparat oder Fruchthalter und der Schalendrüsenkomplex. Der aus Vereinigung des Dotterganges mit dem Keimgange ent- stehende weibliche Leitungsapparat (Taf. XXIX, m) ist ein unpaarer Schlauch, sein Anfang (m!) in der Tiefe des Schalendrüsenhaufens ge- legen, sein Ende als weibliche Geschlechtsöffnung (n) auf dem Hinter- grunde des Genitalporus sichtbar. Trotz des nicht großen Abstandes zwischen Anfang und Ende besitzt er eine namhafte Länge, nimmt aber, weil in zahlreiche Windungen und Schlingen zusammengelegt, doch einen nur kleinen Raum ein. Er ist ausschließlich auf den vorderen Ab- schnitt des Mittelfeldes beschränkt; seitlich ragen die größten seiner Schlingen bis an die Dotterstöcke vor und selbst bis in das Gebiet der inneren Seitenzweige derselben hinein; hinterwärts erreichen sie fast die Hodengrenze, so wie die transversalen Dottergänge. Die älteren Autoren schildern ihn als Uterusknäuel oder Uterusrosette. Wenn diesen Schlauch beschalte Eier in großen Mengen füllen, so gewinnt man von seinen Schlingen und Windungen eine nur mangel- hafte Anschauung. Befriedigender gestaltet sich dieselbe, wenn man dem Studium jüngere, mehr noch, wenn man ihm solche Individuen zu Grunde legt, die, obschon geschlechtsreif, in ihrem Uterus doch nur eine geringe Anzahl beschalter Eier bergen oder die statt der Eier Samensub- stanz in Masse enthalten. Von den vorderen und tief gelegenen Schlin- gen des Leitungsrohres und eben so von den hintersten, innerhalb des Schalendrüsenhaufens gelegenen Windungen geben aber auch derglei- chen Exemplare immer nur ein ungenügendes Bild. Daher empfiehlt es sich, will man alle Abschnitte des Leitungsroh- res überblicken, dasselbe mit Farbstoffen zu füllen. Die Aufgabe ist von der weiblichen Geschlechtsöffnung aus in Lösung zu nehmen, ihre Aus- führung indess nicht ganz leicht. Denn obwohl die weibliche Öffnung an und für sich dem Injektionsapparate leicht zugänglich sich erweist, ist doch ihr Umfang in dem Maße klein, dass selbst die Spitze einer Glas- kanüle, sei sie auch noch so fein ausgezogen, nicht in sie einzudringen vermag. Dieser Umstand erschwert die Ausführung der Injektion ganz ungemein, denn er lässt keine andere Möglichkeit, die Füllung zu be- werkstelligen, als den Druckapparat einfach der Mündung des Leitungs- rohres aufzusetzen und auf gut Glück die Masse vorwärts zu treiben. Der Erfolg ist dem entsprechend, in der Regel dem Zufalle anheimgegeben, meist ein theilweiser und dann darauf beschränkt, dass nur die vorde- ren, oberhalb des Bauchsaugnapfes gelegenen und ihrer tiefen Lage hal- ber sonst schwer zu überschauenden Schlingen mit Farbstoff gefüllt wer- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 609 den. Möglich, dass es die Anhäufung der Eier in den nachfolgenden Windungen ist, welche den letzteren aufhält, möglich auch, dass eine schwer zu vermeidende Steigerung des Druckes, den die Kanüle auf die Mündung des Leitungsrohres ausübt und der dieselbe alsbald kompri- mirt, also unwegsam macht, Ursache der Stauung wird. Sei dem, wie ihm wolle, Thatsache ist, dass man für die Mehrzahl der Fälle genöthigt wird, noch eine der großen, hinter oder zur Seite des Bauchsaugnapfes gelegenen Schlingen anzustechen, um nach Entfernung der hemmenden Eiermassen von dort aus die hinteren Windungen zu füllen. Wenn in der angegebenen Weise verfahren wird, so lassen sich dennoch ziemlich vollständige Füllungen des weiblichen Leitungsrohres erzielen und die Injektionsmassen sogar bis in die von Schalendrüsen umgebenen Win- dungen hineinzwingen. Zu sehr gesättigte Berlinerblaumischungen em- pfehlen sich nicht für die Füllung, weil sie die Auflösung der über ein- ander liegenden und einander deckenden Uterusschlingen durch das Mikroskop unnöthig erschweren. Jetzt zu den einzelnen Abschnitten des Leitungsrohres. Der hintere Abschnitt, von LeuckArrt » Eiergang« genannt, besitzt meist nur kleine, unregelmäßige und darmartige Windungen, welche theils noch innerhalb des Haufens der Schalendrüsen gelegen sind (Taf. XXX, Fig. 1, von A—:), theils und weiterhin aber außerhalb des- selben verlaufen und dann dem ventralen Abschnitte der Rindenschicht nahe bleiben. Die Windungen, welche zuletzt erwähnt, liegen bald in der Medianebene, bald zu deren Seiten und in dem letzteren Falle häu- figer links, weniger häufig rechts von derselben (Taf. XXIX, m2). Ihr Durchmesser variirt sehr, ist aber im Vergleich zu dem der Schlingen des nächstfolgenden Abschnittes meist ein geringer. Nur bei stärkerer Füllung mit Eiern oder mit den Produkten des Dotterstockes zeigt er sich erheblicher. Namentlich wenn die letztere Art der Füllung, was zuwei- len der Fall, vorwiegt, sind diese Windungen auch schon makroskopisch erkennbar und schimmern als weißliche, darmartig gekrümmte Stränge durch die Rindenschicht der Bauchseite hindurch. — Derjenige Schen- kel der ersten Uteruswindung, welcher aus der Vereinigung des Dotter- ganges mit dem Ausführungsgange des Keimstockes entstanden (Taf. XXX, Fig. 4 h), weist in den verschiedenen Exemplaren auch verschiedene Durchmesser auf. An und für sich, d. h. wenn von Produkten der weib- lichen Geschlechtsdrüsen leer, ist sein Durchmesser nicht größer als der des Keimstockganges. In dem Maße aber als dieser Theil mit den Sekre- ten der weiblichen Zeugungsdrüsen sich füllt, insbesondere in dem Maße, als die Primordialeier in ihm sich stauen, vergrößert er auch sei- nen Querschnitt und schwillt bauchig, oder wie das Anfangsstück des 610 Ferdinand Sommer, Uterus bei Bothriocephalus latus spindelförmig an. In diesem Zustande ist er von LEUCKART und von Stiepa im Innern des Haufens der Schalen- drüsen gesehen, aber irrthümlich als Centralhöhle der Schalendrüse ge- deutet worden. Der mittlere Abschnitt des Leitungsrohres breitet sich in dem Raume, welcher hinterwärts von den Schalendrüsen, vorn von dem Bauchsaugnapfe begrenzt wird, aus. Er ist zu den Seiten der Median- ebene in vier bis fünf größere, oft ösenförmige Schlingen zusammen- gelegt, die alternirend nach rechts und links hin sich wenden, von denen aber die eine oder die andere häufig auch zu einer Doppelschlinge sich gestaltet. An der rechtsseitigen Körperhälfte liegen die hintersten Schlin- gen dieses Abschnittes sowohl dem Stamme des Keimstockes als den Verzweigungen seines vorderen Hauptastes auf. — In der Regel findet man den mittleren Abschnitt des Leitungsrohres stark mit beschalten ' Eiern gefüllt; er besitzt daher durchgehends nicht nur einen viel größe- ren Querschnitt als der hintere und der vordere Abschnitt, sondern die Umbiegungsstellen seiner Schlingen schimmern auch häufig als dunkle, bräunliche Pünktchen, oder als eben solche Knötchen an der unteren Leibesfläche durch. Der vordere Abschnitt endlich umfasst die Windungen, welche über und vor dem Bauchsaugnapf gelegen sind. Sie erweisen sich wieder sehr viel kürzer als die des mittleren Abschnittes und werden namentlich nach vorn hin auch sehr eng. Nur die hinteren unter ihnen bergen noch Anhäufungen von Eiern, während die vorderen und engen entweder ge- radezu eierlos sind oder Eier nur in geringer Zahl führen. Wo das letz- tere geschieht, da folgen die Eier einzeln und in kürzeren oder längeren Abständen einander und veranlassen durch ihre Hintereinanderfolge das variköse oder perlschnurartige Aussehen der Schlingen.. Das Ende des Abschnittes, oder mit anderen Worten das Ende des weiblichen Leitungs- rohres, gehört seiner ganzen Länge nach der linksseitigen Körperhälfte an (Taf. XXIX, m?; Taf. XXX, Fig. 5:); es beginnt links oberhalb des Bauchsaugnapfes und neigt sich von dort, indem es nach vorn und zur Bauchfläche schräg hinabsteigt, der Medianlinie zu. So liegt es erst der linken, weiterhin der unteren Seite des Cirrusbeutels an, um schließlich auf dem Hintergrunde des Genitalporus (Taf. XXIX, n ; Taf. XXX, Fig. 4 e!) zu münden. Die Autoren, welche vor Srıepa die Anatomie des Leber- egels beschäftigt hat, deuten das Endstück als weibliches Kopulations- organ oder Scheide. Die Wand des Leitungsrohres ist von einer mäßigen Dicke; so namentlich ist es bei den eierlosen oder eierarmen Schlingen der Fall, welche dem hinteren und dem vorderen Abschnitte zuzählen. Scheinbar Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 611 dünner, weil in der Regel durch Eieranhäufungen stark gedehnt, ist die Wand der Schlingen des mittleren Abschnittes. Rücksichtlich ihres Baues sind zwei Substanzschichten zu unterscheiden. Von diesen ist die innen gelegene glashell, durchsichtig, sehr elastisch, eine kernhaltige Membran (Taf. XXXII, Fig. 1 A, b), an welcher Zellenterritorien entweder gar nicht oder nur undeutlich sich abgrenzen. Die Kerne, welche ihr angehören, sind von 0,006 mm Durchmesser, stehen wo die Schlingen erweitert sind einander ferner, in nicht erweiterten näher, hier wie dort aber in regel- mäßigen Abständen. Der Mehrzahl nach sind sie kreisförmig umrandet, dunkler und schärfer contourirt in den hinteren Windungen, blass und zart contourirt in den vorderen. An dem Endstücke des Leitungsrohres vermisse ich sie ganz; hier scheint die Innenhaut kernlos zu sein und ohne wahrnehmbare Grenze in den Fortsatz überzugehen, welchen die cuticulare Auskleidung des Genitalsinus in die weibliche Öffnung hinein- sendet. Bei der Durchmusterung von Schnitipräparaten trifft man zu- weilen auf Bilder, welche den Längsschnitt sehr verkürzter Fruchthalter- schlingen veranschaulichen. Bei solchen sieht man die Innenhaut in eine Reihe ringförmig verlaufender Falten erhoben, welche mit gleichen Längen in die Lichtung der Schlinge vorspringen ; die Kerne fallen hier meist in die Querschnitte der Ringfalten. Bilder von dieser Art dürften es gewesen sein, welche früheren Beobachtern das Vorhandensein einer inneren, aus Zellen bestehenden Wandschicht vorgetäuscht haben. Die äußere Substanzschicht der Uteruswand (Taf. XXXI, Fig. 4 A, «a) ist eine kon- traktile. Ihre Bestandtheile sind glatte Muskelfasern und so geordnet, dass sie um das elastische, kernhaltige Innenrohr eine innere und eine äußere Faserlage herstellen. Von diesen hat die innere Faserlage ganz den Charakter einer einfachen, aber kontinuirlichen Muskelhaut, deren Formelemente in transversaler Richtung, d. h. mit einander dicht folgen- den Zirkeltouren, die Innenhaut des Fruchthalters umkreisen. Die Fasern selbst sind von ziemlicher Länge, zum Theil auch von messbarer Breite und scheinbar auf den leeren Schlingen dichter zusammengehäuft als auf den eierhaltigen und daher erweiterten. Die andere und äußere Muskel- faserlage ist sehr viel schwächer entwickelt. Hier sind die Formelemente sehr kleine, spindelförmige Faserzellen von nur 0,034—0,046 mm Länge, blass und zart contourirt und alle der Achse des Leitungsrohres parallel laufend. Auch sie besitzen an eierlosen Windungen noch eine dichtere Stellung, sind aber an den erweiterten Schlingen in dem Grade aus ein- ander gerückt, dass sie nur noch vereinzelt und zerstreut stehend oder in wenig umfangreichen Gruppen bei einander liegend wahrgenommen werden. Es ist schon ein gewisses Maß von Aufmerksamkeit erforder- lich, um in der Wand der eierhaltigen Schlingen dieser blassen, kleinen, 612 Ferdinand Sommer, longitudinal verlaufenden Faserzellen ansichtig zu werden. — Für die Untersuchung der baulichen Verhältnisse des Leitungsrohres empfehlen sich Schlingen, deren Wände eine nur mäßige Dehnung erfahren haben, am meisten. Den Anfang des weiblichen Leitungsrohres umgiebt ein ansehn- licher, sich kugelförmig abgrenzender Haufe von einzelligen Drüsen (Taf. XXIX, 1; Taf. XXX, Fig. 4 9). Ihm fällt die Aufgabe zu, die Scha- lensubstanz zu liefern, welche für die Fertigstellung des uterinen Disto- meneies erforderlich ist, oder was dasselbe sagt, welche dem entstehen- den, zelligen Embryonalleibe die schützende Hülle giebt. Den baulichen Einrichtungen nach besteht jede der kleinen Schalendrüsen aus einem secernirenden und einem das Sekret leitenden Theile. Von bei- den ist der erstere durch eine einfache, kernhaltige und körnchenreiche Zelle vertreten, die einen Durchmesser von 0,025—0,034 mm hat und sekretorische Funktionen besitzt. Eine glashelle, unmessbar feine Drü- senhaut liegt ihr eng an; sie verjüngt sich zu dem anderen, dem leiten- den Theil der Drüse, und wird deren Ausführungsgang. Die Zahl der Ausführungsgänge deckt die der Drüsenzellen genau. Keiner derselben steht mit einem benachbarten in Verbindung; alle laufen getrennt von einander und münden jeder für sich in den Anfang des Leitungsrohres. Daher ist an der betreffenden Stelle die Wand des letzteren, ähnlich einem dicht gelochten Siebe von unzähligen, höchst feinen Öffnungen durchsetzt. Die secernirenden und die Sekret leitenden Theile gruppiren sich derart in dem Schalendrüsenhaufen, dass die ersteren dicht bei ein- ander liegend dessen peripherische Schicht bilden oder gleichsam eine ansehnliche, zellige Rindenlage desselben darstellen, während die Aus- führungsgänge, gleichfalls dicht an einander gelagert, eine centrale Stel- lung behaupten und als feine, radiär und gestreckt verlaufende Fädchen von dem Anfange des Leitungsrohres gesammelt werden. Eine zarte, netzförmig angeordnete Binde- und Gerüstsubstanz nimmt in ziemlich engen Lücken sowohl die sekretorischen Zellen als deren Ausführungsgänge auf; sie steht an der Peripherie des Drüsen- komplexes mit den bindegewebigen Bestandtheilen des Körperparen- chyms in unmittelbarem Zusammenhang. Das Sekret der Schalendrüsen wird in Gestalt von kleinen, glas- hellen Tröpfchen abgesetzt. Zunächst besitzen dieselben eine nur punkt- förmige Größe und sind farblos. Alsbald aber verschmelzen sie zu meh- reren mit einander und lassen durch ihre Vereinigung Tröpfchen von größerem Umfange und glasigem Aussehen entstehen. Allein auch die Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 613. letzteren unterliegen sehr bald noch einer Reihe von Veränderungen, in deren Folge sie dick- oder zähflüssig, in hohem Grade pellucide und _ liehtbrechend werden und eine kaffee- oder mahagonibraune Farbe an- nehmen. Als solche füllen sie, bald in dichtem Beieinander, bald und häufiger mit den Sekreten der Geschlechtsdrüsen durchmischt die hinte- - ren Uterusschlingen (Taf. XXXII, Fig. 4 A, d). So lange die Tröpfehen in dem Besitze der vorerwähnten Eigen- schaften sind, dürften sie für die Bildung von Ei- oder Embryonalscha- len verwendbar sein. Für die Berechtigung dieser Annahme spricht wenigstens die Thatsache, dass sie nicht selten in noch unmittelbarem Zusammenhange mit den Schalen der jüngst gebildeten Uteruseier be- troffen, dass sie als gleichsam mit ihnen eins geworden gesehen wer- den. Auf den Bildern, welche die eben berührten Verhältnisse ver- _ anschaulichen, nehmen sie sich als ÄAnschmelzungen der jungen Eischale aus oder als halbkuglig vorspringende Verdickungen, deren Abebnung bis dahin nicht erfolgt ist (Taf. XXXI, Fig. 1 B). Diejenigen unter den Sekrettröpfchen aber, welche für die Bildung von Embryonalschalen nicht Verwendung finden, unterliegen noch einer Anzahl weiterer Veränderungen. Sie büßen die dick - oder zähflüssige Beschaffenheit ein, verlieren die glatten und gleichmäßigen Contouren und wandeln sich in Körperchen um von eckigem Aussehen und derber, leder- oder wachsartiger Konsistenz. Die letzteren, indem ihnen Tröpf- chen sich anfügen, welche den gleichen Veränderungen unterliegen, nehmen bald an Umfang zu, werden tiefer gebräunt und in dem Maße höckerig und unregelmäßig gestaltet, dass ihre Bilder an die bizarren - Formen der Myelinfiguren erinnern (Taf. XXXI, Fig. 1 A, dt). Solchen Modifikationen des Schalendrüsensekretes begegnet man nicht selten in allen Abschnitten des Leitungsrohres; selbstverständlich sind sie in kei- ner Weise mehr ein Material, welches für die Bildung von Eischalen Ver- wendung finden kann. Berücksichtigen wir endlich auch den Inhalt des Leitungsrohres, so ergiebt die mikroskopische Untersuchung, dass die Beschaffenheit und Zusammensetzung desselben nicht in allen Abschnitten die gleiche ist. Für die Inhaltmasse des vorderen und des mittleren Abschnit- tes liegen die Verhältnisse schon einfach. In beiden sind beschalte Eier (sogenannte Üteruseier oder beschalte embryonale Zellhaufen) zusam- " mengehäuft, oder Eierhaufen und Samenmassen verschiedenen Umfanges wechseln ab, oder endlich, und auch diese Fälle sind nicht selten, es treten in der Inhaltmasse die beschalten Eier zurück, fehlen selbst ganz und nur zusammengeklumpte, unregelmäßig begrenzte Mengen von 614 Ferdinand Sommer, Hodensekret erfüllen das Lumen. Immer also sind es von der allerlei Inhaltmasse, welche das weibliche Leitungsrohr birgt, nur die mit Scha- len versehenen Eier und Anhäufungen von Hodensekret, denen man be- gegnet, während primordiale Eier und schalenlose Eier vermisst werden. Weniger einfach liegen hingegen die Verhältnisse für den hin- teren Abschnitt. Hier ist die Inhaltmasse nicht nur komplicirter zu- sammengesetzt, sondern auch, so weit sie den innerhalb des Schalen- drüsenhaufens liegenden Windungen angehört, wieder von derjenigen verschieden, welche die außerhalb der Drüsen nächstfolgenden füllt. In den ersteren, den von Schalendrüsen umgebenen, ist mir der Nachweis beschalter Eier nicht gelungen. Vielmehr habe ich dieselben auf Strecken hin bald jeglichen Inhaltes entbehren, bald und gleichfalls auf Strecken hin nur mit Schalendrüsensekret und spärlichen Fetttröpfchen erfüllt gesehen, während in einer vorangehenden oder einer nachfolgenden Strecke wieder und zwar entweder nur Produkte der Dotterstöcke sichtbar waren oder aber Primordialeier mit geringen Mengen von Nebendottertheilen belegt und zu Eizellensträngen vereinigt das Lumen erfüllten. Das Bild, in welchem sich die Lagerung der In- haltmassen veranschaulicht, dürfte somit beweisen, dass der Eintritt der- selben in das Leitungsrohr gemeiniglich in Intermissionen, vornehmlich aber auch so erfolgt, dass die in sich verschiedenen dasselbe abwech- selnd, nicht aber gleichzeitig besetzen. Daraus erklärt sich denn, dass in den Anfangsschlingen des Leitungsrohres eine gleichmäßige Durch- mischung der Drüsensekrete nur selten beobachtet wird und zu den Ausnahmen zählt. — Eben so zähle ich das Vorkommen von Hodensekret an diesem Orte den Ausnahmefällen zu. Die wenigen Male, wo mir sein Nachweis gelungen ist, habe ich dasselbe entweder in großen Mengen die Schlingen erfüllen und dann von der Beimischung anderer Drüsen- sekrete nahezu frei gesehen, oder ich gewahrte es nur in geringen Men- gen und in dem letzteren Falle mit emulsiver Nahrungsdotterflüssigkeit reichlich durchmischt. Von Stıepa und BrumserG (von dem letzteren bei Amphistomum conicum) sind Samenfäden auch in dem LAuRrER - STIEDA- schen Gange gefunden worden. Die Beobachtung an sich ist unverdäch- tig und nicht zu beanstanden. Auch habe ich selbst zu zwei verschie- denen Malen und nach Anwendung allmählich gesteigerten Druckes Samensubstanz aus der Mündung des Ganges sich entleeren und in lan- gem, kontinuirlichem Streifen hervortreten sehen. Allein die Schluss- folgerungen, welche an den Befund geknüpft worden und die sagen, dass der Laurer-Stiepa’sche Gang, weil Samenfäden in ihm gesehen, als weibliches Kopulationsorgan oder Scheide fungire, will ich nicht ver- treten. Denn Thatsache ist, dass auch die übrigen, in den Anfang des Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 615 - Leitungsrohres mündenden Kanälchen Samensubstanz zuweilen enthal- ten. So fand ich dieselbe einmal in dem Keimgange und dem Stamme des Keimstockes angehäuft, — ein anderes Mal sah ich sogar das ganze, umfangreiche Dotterreservoir, wie einmal mit Primordialeiern, eben so mit Samenfäden gefüllt. Ich meine, man wird zugeben müssen, dass Thatbestände der letzteren Art nur geeignet sind, die Beweiskraft, welche dem Srıepa-Brunserg’schen Funde beigemessen worden ist, ab- zuschwächen. Überhaupt geht meine Ansicht von dem Vorkommen der Samensubstanz in den Anfangswindungen des Leitungsrohres und in den dort mündenden Kanälchen dahin, dass dasselbe an und für sich schon zu den Ausnahmefällen zählt, dann aber auch nicht mehr und nicht weni- ger sagt, als dass Samenfäden, wenn bis in den Anfang des Leitungsrohres gelangt, selbst in die Kanäle (Keimgang, Dottergang, LAurEr-STIEDA’scher Gang) zu dringen vermögen, die hier sich öffnen. Im Anschlusse an diesen Gegenstand möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass meinerseits der Laurer-Stiepa’sche Gang meist leer und ohne Inhaltmasse befunden wurde, dass aber, wenn letztere vorhanden, dieselbe sehr viel häufiger aus Doitertröpfchen, denn aus Samensubstanz bestand. Bei Bothrio- cephalus, wo dieser Gang fehlt, ist oft die ganze hintere Hälfte oder ein noch längerer Abschnitt des Uterus eierlos und nur mit Dottermasse ge- füllt, bei Distomum hepaticum hingegen, und ich habe etwa 120 Leber- egel hierauf hin untersucht, konnte ich etwas Derartiges nicht wahr- nehmen. Bei beiden sind die Dotterstöcke gegenüber den anderen Organen der weiblichen Geschlechtssphäre zu kolossalem Umfange ent- wickelt und entleeren, wenn zeitweilig energischer producirend die Dottermasse in großen Quantitäten. Dass sich die letzteren bei Bothrio- _ cephalus im Uterus des Öfteren anhäufen, erkläre ich aus dem Mangel des Laurer-Stiepa’schen Ganges; hingegen führe ich das Fehlen der - Dotter-Anhäufungen bei Distomum auf die Gegenwart desselben zurück. - Ich nehme damit die Interpretation wieder auf, welche Srıepı dem Kanäl- chen ursprünglich gegeben hat, doch später wieder fallen ließ und bin - derMeinung, dass dasselbe als Ableitungsrohr der übermäßig abgesetzten _ Dottermenge fungire. — Eine eingehende Berücksichtigung erfordert - endlich noch das Verhalten der Eier. Wie ich erwähnt habe, sind sie in den von Schalendrüsen eingeschlossenen Windungen gewöhnlich zu - Konglomeraten oder Eizellensträngen vereinigt, welche in kürzeren oder längeren, hier von Nahrungsdottertheilen, dort von Schalendrüsensekret ausgefüllten Zwischenräumen einander folgen. Diejenigen von ihnen, welche den hinteren Eizellenkonglomeraten entnommen sind, weichen von denen, die der Keimstock oder dessen Ausführungsgang enthält, _ entweder noch gar nicht oder nur wenig ab; hingegen bringen die dem 616 Ferdinand Sommer, zumeist vorgerückten Eizellenstrange entnommenen bereits die Anfänge der Umbildung von Primordialeiern in Uteruseier zum Ausdruck. Was etwa die Eier der ersteren Art von den am meisten entwickelten Eizellen des Keimstockes trennt, ist, dass sie durchschnittlich um ein Geringes um- fangreicher sind, 0,025 mm messen, auch ein etwas größeres, 0,049 mm messendes Keimbläschen besitzen, ferner, dass sowohl Dotterprotoplasma als Inhalt des Keimbläschens trüber und feiner punktirt erscheinen und ein Keimfleck in letzterem deutlich gewöhnlich nicht mehr nachweisbar ist, endlich, dass bei der Mehrzahl von ihnen der dünnen Schicht Dotter- protoplasma kleinere und größere, stärker lichtbrechende, durch Druck oder Schleifung oft unregelmäßig gestaltete Nebendottertheile sich ange- legt haben (Taf. XXXI, Fig. 4). Immer aber erweisen sich alle diese Eichen als solche primordialen Charakters, und niemals ist es mir mög- lich gewesen Bilder zu erhalten, welche die stattgehabte Einwirkung von Hodensekret mit Sicherheit kund gethan hätten. In dem zumeist vorgerückten Eizellenstrange hingegen bin ich fast regelmäßig nicht nur Eiern (Taf. XXXI, Fig. 5) begegnet, die anstatt des großen, scharf um- randeten Keimbläschens einen kleinen, centralen, 0,005 mm messenden, nur wenig scharf begrenzten und lichten Kern enthielten (a), — ob weiblicher Pronucleus oder Eikern im Sinne von Ep. van BENEDEN und OÖ. Herrwis, oder ob Furchungskern muss ich dahin gestellt sein lassen, — sondern auch solchen Eiern, die bereits eine Zellklüftung und damit den Anfang embryonaler Entwicklung wahrnehmen ließen. Gewöhnlich war der betreffende Eizellenstrang in dem hinteren Theile der Schlinge ge- legen, welche aus den Schalendrüsenhaufen hervortretend als erste in das Leibesparenchym sich einlagert (Taf. XXX, Fig. 4 ©). Die hier in Frage kommenden und in Furchung begriffenen Eichen nahmen bald nur die vordere Spitze des Zellenstranges ein, bald zeigten sie sich über die ganze Oberfläche desselben verbreitet, während die axial gelagerten noch von jeder Veränderung, wie sie die Folge stattgehabter Befruchtung ist, unberührt waren; in anderen Fällen wieder zählten alle den Zellen- strang zusammensetzenden Eier ihnen zu. Das Bild, welches die Furchung der Eichen veranschaulichte, war übrigens doppelter Art, nämlich einmal so, dass an Stelle der früheren primordialen Eizelle ein mit einer geringen Anzahl kleiner, rundlicher oder auch größerer, d. h. zusammengeflosse- ner Nebendottertröpfchen belegtes Protoplasmaklümpchen sichtbar war, welches 0,027 mm Durchmesser hatte und in dem zwei oder auch vier rundliche, sehr blasse, überaus zart berandete und 0,008 mm große Kerne eben so viele Zellenterritorien kennzeichneten (Taf. XXXI, Fig. 5b), — oder auch so, und zwar bei nur wenig größeren, 0,030 mm messenden Eiern, dass auch schon eine Klüftung des Dotterprotoplasma Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 617 stattgefunden hatte und statt des ursprünglich vorbandenen Primitiveies der Anfang eines kleinen, aus vier oder sechs diskreten und 0,012 mm messenden Zellen bestehenden embryonalen Zellhaufens sichtbar war (Taf. XXXI, Fig. 5 c). Aus diesen Thatsachen erhellt nun, dass unter gewöhnlichen Verhältnissen sowohl die Befruchtung der primitiven Ei- zellen als auch der Beginn ihrer Entwicklung zum embryonalen Zell- haufen nicht in die zu hinterst gelegenen Windungen des Leitungsrohres fallen, sondern dass sie sich erst innerhalb der Fruchthalterschlinge voll- ziehen, welche aus dem Schalendrüsenkomplex hinaus und in das nach- barliche Leibesparenchym eintritt. Ein von dem bisherigen völlig abweichendes Bild giebt die Inhalt- masse der nächstfolgenden und außerhalb des Schalendrüsen- haufens gelegenen Windungen (Taf. XXIX m2). Hier begegnen wir dem buntesten Durcheinander (Taf. XXXII, Fig. 1) von Formelementen des Samens, emulsiver Nebendotterflüssigkeit und Sekrettröpfchen der Schalendrüsen und gewahren inmitten dieses Gemisches der allerlei Se- krete bald nur in geringer, bald aber in größerer Zahl Eier lagern, an denen die Umgestaltung von primordialen Eiern zu fertigen Uteruseiern theils sich vollzieht, theils sich bereits vollzogen hat. Physiologisch ent- sprechen demnach die Windungen, eben weil in ihnen die Vorgänge sich abspielen, welche zur Fertigstellung beschalter uteriner Eier führen, dem Ootyp (van Bznepen) der ektoparasitischen marinen Trematoden. Die Eigebilde, welche aus dem Inhalte dieser Schlingen in Frage kommen, sind im Wesentlichen von zweierlei Art. Die der einen können als die noch nicht beschalten oder nackten, die der anderen Art als die mit Schalen versehenen uterinen Eier bezeichnet werden. Von beiden erweisensich die erstgenannten,dienackten(Taf. XXXI, Fig. 1 A, f), als Konglomerate gleichartiger, äußerst zarter, 0,012 mm messender Zellen, mithin als Eigebilde, welche auf Grund ihrer baulichen Differenzirung als embryonale Zellhaufen sich kundgeben. Ihr Umfang ist meist ein geringer ; ihr Durchmesser beträgt in der Regel nur 0,045 bis 0,050 mm ; die sie zusammensetzenden Zellen greifen gewöhnlich über die Zahl 10 oder 12 nicht hinaus. So erinnern sie nicht nur an die schon vorhin erwähnten Eigebilde, welche aus dem Inhalte der dem Schalen- drüsenhaufen entsteigenden Schlinge genommen und als in den Anfängen embryonaler Entwickelung begriffen gedeutet wurden, sondern sie sind auch in Wirklichkeit nur Eichen, welche nach der erfolgten Aufnahme von Samenfäden und nach dem Beginne der Furchung von dem zumeist vorgerückten Eizellenstrange sich losgelöst haben und in die nächst- folgenden, d. h. die ootypoiden Schlingen hineingerückt sind, um da- selbst, wenn umfangreicher geworden, mit Schalen versehen zu werden. 618 Ferdinand Sommer, | Bei der Durchmusterung des Gesammtinhaltes der ootypoiden Schlingen findet man die zuletzt geschilderten, noch nicht beschalten uterinen Ei- chen nur in geringer Zahl vor. Möglich, dass dieses spärliche Vorhanden- sein von schalenlosen Eichen nur scheinbar ist und sich daraus erklärt, dass die Eichen durch Einlagerung in die anderweitigen und stark licht- brechenden Drüsensekrete (c, d, d’ und e) dem Auge leicht entzogen werden, andernfalls auch bei dem Versuche, sie aus dem Gemische von Nebendbottertröpfchen, Schalensekrettröpfchen und Hodensekret zu iso- liren, der Zertrümmerung häufig anheimfallen, — möglich aber auch, dass es der Wirklichkeit entspricht. In dem letzteren Falle könnte es daraus erklärt werden, dass die Umbildung des befruchteten Primordial- eies in das mit Schale versehene uterine Ei eine relativ nur kurze Zeit erheischt. Und in der That sind Anzeichen vorhanden, welche das letz- tere zu bestätigen scheinen, so namentlich das gleichzeitig nur spärliche Vorhandensein noch kleinster und noch mittelgroßer beschalter Eier. Gegenüber dem Durcheinander der allerlei Drüsensekrete mit den noch nackten uterinen Eiern sind es endlich diejungen mit Schalen versehenen, welche den umfangreicheren Theil des Inhaltes der ooty- poiden Schlingen bilden. Alle die Eichen, welche zu den letzteren zählen (Taf. XXXIL, Fig. 1 B; C; A, g), sind länger als breit, alle noch Eier von jüngerem Datum, aber von sehr verschiedener Größe und zum Theil auch verschiedener Entwickelungsstufe. Die kleinsten und jüngsten (B), welche ich zunächst berück- sichtigen will, besitzen eine Länge von 0,06—0,08 mm und gehören vor- nehmlich dem hinteren Abschnitt der ootypoiden Schlingen an. Sie sind, wie ich schon angedeutet habe, nur in sehr geringer Anzahl vorhanden, bald einzeln und zerstreut, bald zu zweien, seltener zu mehreren bei einander, auch wohl zwischen noch unbeschalten uterinen Eiern gelegen, heben sich aber aus dem Gemische der letzteren mit den allerlei anderen Drüsensekreten, weil im Besitze von Schalen, immer scharf ab. Nur ein- zelne von ihnen sieht man zuweilen in den vorderen Abschnitt der ooty- poiden Schlingen hineingerückt und bei den inzwischen umfangreicher gewordenen und weiter entwickelten Eiern liegen. Die Schale der Eichen (Ei- oder Embryonalschale) ist von mahagonibrauner Farbe und relativ dick, ihre äußere Fläche durch die wiederholten Anschmelzungen von Schalensekrettröpfchen uneben und höckerig geworden. Es pflegen diese Anschmelzungen, darin den Chalazen ähnelnd, zwar vornehmlich an den Polen des Eichens ihren Sitz zu haben und als halbkugelig gestaltete Vor- sprünge denselben anzuhaften, sind aber des Öfteren auch über die ganze Eioberfläche ausgestreut. Wo sie in größerer Anzahl der Eischale auf- sitzen, erhält man von deren Inhalte kaum eine nothdürftige Kenntnis; Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 619 hingegen wo die Schale der Auflagerungen nur wenige und von geringem Umfange trägt, überhaupt wo sie mehr eben und glatt sich erweist, da ist ihr meist auch das Maß von Durchsichtigkeit verblieben, welches aus- reicht, um eine weitere Durchforschung des Inhaltes möglich zu machen. In Fällen der letzteren Art bin ich wiederholt im Stande gewesen zu kon- statiren, dass der Inhalt der kleinsten und jüngst beschalten Eichen aus einem Häufchen sehr zarter, blasser Furchungszellen und einer wechseln- den Menge zerstreut stehender, überaus feiner, 0,0019—0,0027 mm messender und selbst noch kleinerer Nebendbottertröpfchen besteht, und dass auch die Deutlichkeit und die Schärfe, mit welchen das Zellenkonglo- merat aus dem Schaleninhalte hervortritt, von der Menge ihm beigegebe- ner Nebendottertröpfchen beeinflusst werden. Die Zellen des Schalen- inhaltes erscheinen übrigens bereits umfangreicher, ihre Kerne hingegen kleiner, als es bei den vorangehenden Entwickelungsstufen der Fall ist; die ersteren besitzen einen Durchmesser von 0,047 mm, die Kerne hin- gegen einen solchen von 0,007 mm. Als mittelgroße beschalte Eier der ootypoiden Schlin- gen bezeichne ich diejenigen, welche etwa 0,4 mm Länge besitzen. Sie sind wie die eben geschilderten nicht zahlreich vorhanden und liegen auch eben so wenig wie diese zu Haufen vereinigt. Wo sie einzeln gelegen sind, oder nur zu zweien den Querschnitt des Leitungsrohres ausfüllen, überzeugt man sich leicht, dass es der vordere Pol des Eies ist, welcher sich im Gegensatz zu dem hinteren erheblich spitzer formt. Die Schale dieser Eier hat durch die schnelle Volumenzunahme des Inhaltes eine starke Dehnung erfahren; daraus erklärt es sich, dass sie um vieles dünner und zarter als bei den kleinsten beschalten Eiern und meist in einem hohen Grade durchsichtig ist. Halbkuglig vorspringende Anschmel- zungen von Schalensubstanz pflegen nur auf die Eipole beschränkt zu sein. Aus dem Schaleninhalte treten die Zellen immer deutlich und scharf umgrenzt hervor. Sie sind durchaus Zellen von gleicher Art. Ihre Form entspricht in der Regel der Kugelform; seltener sind sie und dann in Folge des Druckes, welchen sie gegen einander üben, rundlich polygonal- gestaltet. Ihr Protoplasma ist körnchenreicher als das der Zellen aus früheren Entwickelungsstadien. Nebendottertheile sind anscheinend we- niger reichlich vorbanden, klein, schwächer lichtbrechend, auch weniger scharf und dunkel berandet; sie liegen auf und zwischen den Zellen, des öfteren auch in Punktreihen geordnet auf der Grenzscheide benachbarter Zellen. Werfen wir, bevor noch die größten beschalten Eier der ootypoiden Schlingen uns beschäftigen, einen Rückblick auf den bisher geschilder- ten Entwickelungsgang des befruchteten Eies der Leberegel, so ergiebt Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bü. 40 620 Ferdinand Sommer, derselbe in Kürze Folgendes: das reife Primitivei wird bei seinem Ein- tritte in das weibliche Leitungsrohr mit einer mäßigen Anzahl kleinerer oder auch größerer, in dem letzteren Falle zusammengeflossener Neben- dottertröpfchen belegt und fällt, nachdem es früher oder später befruch- tet worden ist, dem sogenannten Furchungsprocesse anheim. Derselbe führt zur Entstehung eines kleinen und zunächst noch unbeschalten Zell- haufens oder mit anderen Worten zur Bildung der Morulaform des in Entwickelung begriffenen Embryo. Diese, vorläufig noch aus wenigen Zellen bestehend, verlässt die von Schalendrüsen umgebenen Windun- gen und tritt in die ootypoiden Schlingen ein. In den letzteren rückt sie allmählich weiter nach vorn und wird in demselben Maße, als solches geschieht, durch weitere Zellenklüftung umfangreicher. Alsbald aber legen sich ihr auch die zähflüssigen Schalensekrettröpfchen an, ver- schmelzen unter einander und schmelzen dann in weiterer Folge die bis- her nackte Morula nebst einer Anzahl zerstreut liegender Nebendbotter- tröpfchen ein. Es repräsentiren demnach die kleinsten beschalten Eier der ootypoiden Schlingen und eben so die mittelgroßen die beschalte Morulaform des in Entwickelung begriffenen Embryo; die Eischale ist in Wirklichkeit Embryonalschale. Wenden wir uns jetzt den größten der weilchai en Eier zu, welche in den ootypoiden Schlingen gelegen sind (Taf. XXXIL, Fig. 4 C). Dieselben besitzen ein Längenmaß von 0,130 mm und ein Dickenmaß von 0,070 mm, sind in der Regel in ansehnlicher Menge vorhanden und dann namentlich an den Umbiegungsstellen der vordersten ootypoiden Schlingen zu großen Klumpen zusammengehäuft. Die Schale (a) der Eier ist wie die der mittelgroßen dünn und sehr durchsichtig, entbehrt der Unebenheiten, welche die kleinsten oft in großer Zahl, auch die mittelgroßen häufig noch zeigen und besitzt nur an dem vorderen oder spitzen Pole zuweilen noch Andeutungen solcher. Dagegen ist bei allen hierher zählenden Eiern das Schalensegment, wel- ches dem stumpfen oder hinteren Eipole entspricht, als ein kreisrunder, schwach gewölbter und zackig berandeter Deckel (a!) scharf von dem übrigen Theile der Eischale abgesetzt. Nicht nur bei den kleinsten, son- dern auch bei den mittelgroßen beschalten Eiern bin ich außer Stande gewesen, eine Abgrenzung des Deckelabschnitts von dem übrigen Theile der Eischale wahrzunehmen, wohl aber habe ich des öfteren beobachtet, dass auch hier schon ein allmählich gesteigerter Druck des Deckglases ausreicht, das hintere Polsegment als einen kreisrunden und wenig ge- wölbten Schild von dem übrigen Theile des Eies abzusprengen. Die Zellen, welche den Inhalt der Schale bilden (b), pflegen der letzteren ziemlich dicht anzuliegen. Sie besitzen eine Größe von 0,049 mm, ihr Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 621 Kern misst 0,006 mm, ihre Form ist rundlich polygonal, ihr Protopläsma trüb molekulär und meist körnchenreicher als das der Zellen der klein- sten und mittelgroßen beschalten Eier. Nebendotter scheint nur noch in geringen Resten vorhanden zu sein und meist in Tröpfchenreihen den Contour der Zellen zu umgrenzen. Nur für eine Zelle des Schaleninhaltes (c) ist die vorstehende Schilderung nicht zutreffend. Es ist die betreffende Zelle ihrem Aus- sehen und ihrer ganzen Erscheinung nach von den übrigen sehr abwei- chend, meist um ein Geringes größer (0,021 mm) und gegenüber den anderen Zellen besonders durch den Besitz eines homogenen, lichten und stärker lichtbrechenden, d. h. glänzenden Protoplasmas ausgezeichnet. Bei den weitaus meisten Eiern gewahre ich sie dicht unter dem Deckel der Eischale liegen und hier mehr, dort weniger weit zwischen den Zel- len der anderen Art in die Tiefe ragen. Doch fand ich sie ausnahms- weise auch von dem hinteren Eipole weggerückt. Es betraf dieses Fälle, wo der embryonale Zellhaufe von der Innenfläche der Schale oder von einem Theile derselben zurückgewichen war und anscheinend gleichzei- tig mit dem Zurückweichen des Zellhaufens eine Verschiebung resp. Lageveränderung desselben innerhalb der Embryonalschale siattgefun- den hatte. Gewöhnlich ist die Zelle, um welche es sich handelt, von kugelförmiger Gestalt, indess habe ich sie wiederholentlich auch unregel- mäßig und so gestaltet gesehen, dass das Protoplasma in Form mehrerer kurzer, mit breiter Basis entspringender und sehr spitz endender Fort- sätze vom Zellenleibe erhoben war. Es geschah dasselbe namentlich dort, wo es den Anschein hatte, als werde die Zelle von denen der an- deren Art überwuchert, oder als rücke sie von der Oberfläche des Zell- haufens hinweg und senke sich, der langen Achse des Eies folgend, in die Tiefe. Unter den Eiern, welche die erwähnten Verhältnisse veranschau- lichten, erinnere ich mich auch einige gesehen zu haben, bei welchen von der fraglichen Zelle nur noch die Spitzen zweier Fortsätze an der Oberfläche des Zellhaufens sichtbar waren, während ihr übriger Theil von den Zellen der anderen Art bereits verdeckt war und nur bei sehr präciser Einstellung des Objektives sichtbar wurde, — und ferner eines anderen Falles, wo in der Richtung der Hauptachse des Eies bereits eine zweite Zelle, welche nur um ein Geringes kleiner war, deren Protoplasma aber die gleichen Eigenschaften zeigte und in derselben Weise von dem der übrigen Zellen differirte, der ersteren sich angeschlossen hatte. Es ist Thatsache, dass in den kleinsten und in den mittelgroßen beschalten Eiern eine Zelle, welche durch die geschilderten Eigenschaften von den übrigen abweicht, noch nicht vorhanden ist, und dass sie demnach nur erst während der Weiterentwickelung der mittelgroßen, zu den größten 40* 622 Ferdinand Sommer, beschalten Eiern der ootypoiden Schlingen ihre Entstehung gefunden haben kann. Was ist nun diese Zelle, wie ist sie zu deuten und was ihr Werth? Zieht man in Erwägung, dass das geformte Sekret der Dotter- stöcke allerlei Wandlung erfahren hat, bevor es in Berührung mit dem Primordialei kommt und keinesfalls in Form von Dotterzellen dasselbe umlagert, ferner dass das befruchtete Primitivei seine Furchung bereits begonnen und in das Morulastadium getreten ist, bevor sich eine Ei- schale gebildet hat, zieht man endlich in Erwägung, dass die Zelle, um die es sich handelt, in dem Inhalte der kleinsten und mittelgroßen be- schalten Eier noch nicht vorhanden ist, so kann es kaum einem weiteren Zweifel unterliegen, dass in den größten beschalten Eiern der ootypoi- den Schlingen bereits die Differenzirung der Abkömmlinge des befruch- teten Primitiveies begonnen habe, in deren Folge sich die eine Zelle als Entodermzelle in Gegensatz zu den übrigen, nunmehr Ektodermzellen, gestellt hat. Wenn diese Deutung richtig ist, so würden die größten be- schalten Eier der ootypoiden Schlingen nicht mehr das beschalte Morula- stadium, vielmehr das begonnene Gastrulastadium des Embryo reprä- sentiren. Bei den definitiven Uteruseiern endlich, wie sie der mittlere und vordere Abschnitt des Leitungsrohres enthält und die eine Länge von 0,442—0,15 mm besitzen, ist die Untersuchung des Schaleninhaltes viel schwieriger. Doch ergiebt dieselbe mit Sicherheit, dass, abgesehen von der intensiveren Bräunung der Schale und der dadurch erzeugten geringeren Durchsichtigkeit, das Bild des Schaleninhaltes das letztent- worfene nicht ganz mehr deckt. Denn nicht allein, dass hier die Zellen zarter berandet sind und ihre Grenzcontouren oft ganz verwischen, sie sind auch wieder in einem höheren Grade kugelig geworden, während gleichfalls ihr Protoplasma lichter als früher erscheint. Die oben als Entodermanlage gedeutete Zelle ist meist schwer oder nicht wahrzuneh- men: wo es gelingt, habe ich sie wie früher unter dem Deckelpole des Eies liegen sehen; doch hatte sie ihre kugelförmige Gestalt nicht mehr, ihr Protoplasma erhob sich gegen den Deckel hin in zwei oder drei stumpfe Spitzen, während der übrige Theil von den benachbarten Ekto- dermzellen fast bis zur Unkenntlichkeit verdeckt war. Bei besonders günstigen Objekten habe ich dieser Zelle eine zweite, dritte, selbst vierte Zelle von gleicher Beschaffenheit, nur kuglig gestaltet und kleiner sich anreihen sehen, so dass die Zellenreihe gleichsam einen kurzen, linea- ren Zapfen bildete, welche von dem Deckelpole des Embryonalleibes aus in die Ektodermanlage hineinragte. Für die Untersuchung des Schaleninhaltes eignen sich die unver- sehrten Eier am meisten. Es ist ja sehr leicht, durch Druck auf das Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 625 Deckglas die Schale zu sprengen und den Inhalt seiner schützenden Hülle zu entkleiden; allein der Insult ist unter allen Umständen ein so gewalt- samer und der Inhalt der Schale so wenig resistenzfähig, dass man in diesem Falle immer nur Trümmer sieht, oder Bilder wahrnimmt, welche unbestimmt und verschwommen erscheinen und in nichts mehr dem- jenigen gleichen, welches das unversehrte Ei von dem Schaleninhalte giebt. Die Fortpflanzungsweise des Leberegels. Je nach den Deutungen, welche man bei Untersuchung des Ge- schlechtsapparates den Befunden gegeben hat, ist die Frage, wie der Leberegel sich fortpflanze, verschieden beantwortet worden. Die älte- ren Forscher verfuhren ziemlich liberal, indem sie dem Leberegel, wie überhaupt den Trematoden alle nur denkbaren Formen der geschlecht- lichen Fortpflanzung zugestanden. Die späteren sind skrupulöser ver- fahren; sie verwarfen die eine und die andere der Formen wieder. Ob sie in Behandlung des Gegenstandes glücklicher gewesen sind, nament- lich ob sie denselben befriedigender Aufklärung entgegengeführt, ist eine Frage, welche in dem Nachstehenden erörtert werden soll. Noch C. Ta. v. SıeBoLD, welchere unsere Kenntnisse von den Trema- toden in hervorragendster Weise gefördert, sprach in seinem Lehrbuche der Zootomie die Meinung aus, dass die Fortpflanzung der Trema- toden in einer dreifachen Weise ermöglicht sei. Neben der als selbst- verständlich erachteten Thatsache, dass jedes Individuum sein männ- liches Zeugungssekret durch Kopulationsvorgang in die weiblichen Organe eines anderen übertrage, erkannte er als möglich an, dass jedes Individuum gleichfalls mittelst Kopulationsaktes sein Sperma in die eigenen weiblichen Organe hineinführe und damit Selbst- begattung ausübe, ja er bezeichnete es als wahrscheinlich, dass jedes Individuum auchohneVermittelung vonKopulationsorganen Selbstbefruchtung vollziehe. Den letzigenannten Modus der Fortpflanzung erklärte er aus der Anwesenheit des schon von Laurer bei Amphistomum conicum entdeck- ten, sogenannten Verbindungskanals (Laurer-Stıiepa’scher Gang). Der- selbe sollte als ein drittes Vas deferens den einen der Hoden mit der Vesicula seminalis interna (anscheinend Schalendrüsenhaufen) und durch diese mit dem weiblichen Leitungsapparate in Verbindung setzen. Allein der Umstand, dass das dritte Vas deferens nicht bei allen Trematoden aufgefunden wurde,‘ und der fernere, dass seine Existenz überhaupt nicht von allen Seiten Bestätigung fand, hatten zur Folge, dass man von der Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung ohne Vermittelung von Kopu- 624 Ferdinand Sommer, lationswerkzeugen wieder Abstand nahm und nur eine solche mittelst Begattungsaktes zuließ. | Sehen wir ab davon, dass Forscher der Meinung sind, mitunter ein Pärchen in copula erblickt zu haben, so basirt die Lehre von der Fort- pflanzung der Leberegel mittelst Begattungsaktes lediglich auf der Vor- aussetzung, dass dieselben, wie im Besitze der beiderlei Zeugungsdrüsen, so auch der beiderlei Kopulationsorgane seien. Zu dieser Voraus- setzung berechtigte allerdings die Deutung, welche ein aus dem Genital- porus hervorgetretener Leibestheil erhalten hatte. Derselbe nämlich, fädchen- oder cirrusartig gestaltet (Cirrus der Autoren), war in Rück- sicht auf den Ort seines Sichtbarwerdens für das Endstück des männ- lichen Leitungsrohres erklärt und als Penis gedeutet worden. Wenn ein- mal zugegeben, dass ein Leibestheil mit der Qualifikation eines Penis vorhanden, dann konnte auch das entsprechend weibliche oder scheiden- artige Organ nicht fehlen. Das Auffinden des letzteren war zwar mit Schwierigkeiten verbunden, allein auch über diese kam man hinweg. Denn man betraute, als eine selbständige und den Zwecken der Scheide dienende Öffnung nicht auffindbar war, mit den Funktionen derselben das Ende des weiblichen Leitungsrohres und bezeichnete es geradezu als Scheide. Immerhin aber war wegen der Nähe von Penis und muth- maßlicher Scheidenöffnung die Möglichkeit gegeben, dass die Begatiung in zweifacher Weise erfolge, einmal nämlich so, dass zwei Individuen an derselben betheiligt waren, dann aber auch so, dass ein Individuum durch Vermittelung der beiderlei Kopulationsorgane sie an sich selber ausübe. Wider die letztere, die Selbstbegattung, hatte allerdings schon im Jahre 1863 R. Leuckarr Bedenken erhoben, indem er geltend machte, dass die Spitze des Cirrus oder Penis, wenn aus dem Genitalporus her- vortretend, sich nicht der Öffnung des weiblichen Leitungsrohres zu- wende, sondern die gerade entgegengesetzte Richtung verfolge. Der Ein- spruch von LEUCKART war gerechtfertigt. Endlich wurde gegenüber der Ansicht älterer Forscher, welche in dem Endstücke des weiblichen Leitungsrohres die Scheide erkannten, durch L. Srıepa die Meinung vertreten, dass der beim Leberegel von ihm gefundene LAurer-Stieva’sche Gang in Wirklichkeit Scheide sei. Die An- sicht Stıepa’s würde, wenn anders sie das Kanälchen authentisch inter- pretirte, die von den älteren Forschern zugestandene Möglichkeit der Selbstbegattung kurzweg ausschließen und betreffs der Fortpflanzung des Leberegels als einzige Möglichkeit nur die Gemeinschaft zweier Indi- viduen zulassen, von denen das eine in männlicher, das andere in weib- licher Weise bei dem Begattungsakte betheiligt wäre. So etwa lautet Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 625 denn auch die Meinung, welche man gegenwärtig von der Fortpflan- zungsweise des Leberegels hat. Die Ergebnisse der eigenen Untersuchung haben mich indess zu Anschauungen gedrängt, welche von den zuletzt erwähnten abweichen und auf dieältere, schon durch v. SıEsoLp vertretene Lehre, der zufolge der Leberegel auch durch Selbstbefruchtung, d.h. ohne Mitwirkung von Kopulationsorganen sich fortpflanze, zurückgreifen. Die Vorgänge frei- lich, welche die Selbstbefruchtung vermitteln, sind von anderer Art, als seiner Zeit v. SIEBOLD vermuthete. | Zunächst jedoch und bevor ich auf den Gegenstand selbst weiter eingehe, werden uns der sogenannte Cirrus oder Penis, insbesondere die Bedingungen seines Sichtbarwerdens, dann seine Eigenschaften, endlich die Frage, ob er auf Grund derselben üherhaupt befähigt sei, als Kopu- lationskörper zu fungiren, beschäftigen müssen. Bei Freilegung der Hunderte von Leberegeln, welche ich aus inficir- ten Schaflebern entfernt habe, sah ich gelegentlich ein Individuum wohl auf dem anderen hocken oder ein oberes das untere gleichsam decken, bin aber niemals der Überzeugung geworden, damit ein Pärchen in copula ertappt zu haben. Aus allen Bildern dieser Art ist mir vielmehr nur der Eindruck erwachsen, als ob das je untere Individuum des Wil- lens sei, unter das oben gelegene wegzurücken und umgekehrt. Dessgleichen ist es mir niemals gelungen, bei frischen, noch lebens- warmen Individuen des Cirrus ansichtig zu werden. Vielmehr habe ich den fraglichen Leibestheil nur bei Individuen, welche anscheinend im Absterben begriffen oder bereits todt waren, und immer erst in Folge äußerer Einwirkungen aus dem Genitalporus hervortreten seben. So geschah es, wenn die vor dem Bauchsaugnapfe gelegene Prominenz wie- derholt mit einem Tuschepinsel betupft, oder direkter Druck auf den Cirrusbeutel ausgeübt wurde. Eben so geschah es, wenn Leberegel längere Zeit m destillirtem Wasser geweilt hatten. Die gleiche Wirkung sah ich bei Individuen eintreten, welche eine Anzahl Stunden mit verdünnter Mürzer’scher Flüssigkeit behandelt waren. Zumal aber gewahrte ich, dass bei Leberegeln, welche in dünne Chromsäurelösung geworfen waren, der Leibestheil in kurzer Frist hier weit, dort weniger weit aus dem Genitalporus hervorstand. In allen diesen Fällen war das Sichtbar- werden des Cirrus das Resultat einer künstlich erzeugten und hochgra- digen Drucksteigerung im Innern des Cirrusbeutels. Dieselbe nämlich, — gleichviel ob durch äußere und direkte Kompression des Cirrusbeu- tels veranlasst, oder ob die Folge von anhaltender und energischer Kon- traktion, in welche die Einwirkung von Chromsäure die noch reizbare Beutelmuskulatur versetzt hatte, oder ob durch Quellungen bewirkt, 626 Ferdinand Sommer, welche das Eindringen von Wasser oder verdünnter Mürrer’scher Flüs- sigkeit an dem Inhalte des Cirrusbeutels hervorgerufen, — hatte den der Genitalöffnung nächstgelegenen Theil des Beutelinhaltes hinausgetrieben und als Cirrus entwickelt. Der Umstand aber, dass nicht bei allen Indi- viduen dieselbe Ursache eine Wirkung von gleichem Umfange erzeugt, mag darauf deuten, dass das Hervortreten des Cirrus überhaupt an Vor- aussetzungen geknüpft ist, als deren wichtigste das Vorhandensein einer starken Füllung der Samenblase mit Sperma genannt werden dürfte. Berücksichtigen wir im Weiteren auch die Eigenschaften des vor- gestülpten Leibestheiles (Taf. XXX, Fig. 6.u. Fig. 7 d, d), so erweist sich derselbe als ein drehrunder Körper von bald geringer, bald erheblicher Länge. In dem ersteren Falle zeigt er sich nach Art eines Hakens ge- krümmt, in dem letzteren spiralig gewunden. Es hängt also die jedes- malige besondere Erscheinungsweise desselben nur von dem Maße sei- nes Hervortretens aus dem Genitalporus ab. Wo er gänzlich entwickelt ist, beschreibt er eine und eine halbe bis zwei Spiraltouren (Fig. 7 d): von diesen besitzt die basale einen stärkeren Durchmesser als die an- dere oder frei endigende. Bei dem Hervortreten aus der Geschlechtsöff- nung nimmt er zunächst die Richtung nach vorn und gegen den rechts- seitigen Rand des Thierleibes und wendet sich durch die damit verbun- dene Krümmung von der Öffnung des weiblichen Leitungsrohres ab. Der gänzlich entwickelte und doppelt spiralig gewundene Cirrus besitzt eine Länge von etwa 3,0 mm; der Durchmesser seines Querschnittes beträgt in der Nähe des Genitalporus 0,38 mm, gegen das freie Ende hin aber verringert sich derselbe auf etwa 0,32 mm. In seinem Innern sieht man, namentlich bei stark aufgehellten Objekten, einen Achsenkanal von 0,034 mm Durchmesser verlaufen. Lässt man sich die Mühe nicht verdrießen, den Cirrus mit Rück- sichtnahme auf sein allmähliches Hervortreten und Längerwerden an einer größeren Anzahl von Leberegeln zu untersuchen, so wird man bald die Überzeugung gewinnen, dass derselbe nichts Anderes, als der aus dem Cirrusbeutel dislocirte und umgestülpte Genitalsinus ist. Die Aus- stülpung selbst vollzieht sich, wie eine Reihe geeigneter Präparate zur Anschauung bringt, in folgender Weise. Zunächst erhebt sich auf dem Hintergrunde des Genitalporus und rechts neben der weiblichen Ge- schlechtsöffnung die Sinuswand in Gestalt einer ringförmig verlaufenden, leicht gekräuselten Duplikatur oder Falte (Taf. XXX, Fig. 5 in c). Die- selbe, indem sie an Höhe zunimmt und als cylindrisch gestalteter Kör- pertheil aus dem Genitalporus hervortritt (Fig. 6 d), verdeckt den nicht vom Cirrusbeutel eingeschlossenen Theil des Geschlechtssinus und ver- legt damit die Öffnung des weiblichen Leitungsrohres. Einmal hervor- Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 627 getreten, erhält dieser Körpertheil alsbald die vorhin erwähnte, haken- förmige Krümmung und windet sich bei weiterer Ausstülpung allmählich spiralig auf. Ist endlich die Umstülpung des im Cirrusbeutel gelegenen Theils des Geschlechtssinus vollständig erfolgt, so ist nicht nur die mit Schuppenstacheln besetzte freie Fläche desselben Außenfläche des Cir- rus geworden, sondern es ist auch die an dem Grunde des Genitalsinus gelegene männliche Geschlechtsöffnung an die Spitze des ausgestülpten Körpertheils gerückt (Fig. 7 h) und damit der aus dem Cirrusbeutel pro- trahirte Ductus ejaculatorius Achsenkanal des Cirrus (Fig. 6 h) geworden. Gegen die Annahme endlich, dass dieser dislocirte und umgestülpte Genitalsinus als männliches Kopulationsglied fungire, wie es die Meinung der Autoren ist, sprechen vornehmlich drei Thatsachen. Zunächst die korkzieherartig gewundene Gestalt des Organs; sie dürfte um so weniger die Annahme der Autoren rechtfertigen, als keiner der beiden Kanäle, welche man als weibliche Kopulationsschläuche gedeutet hat, die ent- sprechend spiralige Windung besitzt. Zweitens das überaus große Miss- verhältnis zwischen dem Querschnitt des Cirrus und dem Querschnitt der vermeintlichen scheidenartigen Organe; hier kann der Umstand, dass der Querschnitt des ersteren einen Durchmesser von 0,32—0,38 mm besitzt, hingegen der Querdurchmesser des weiblichen Leitungsrohres an dessen Endstücke (weibliche Geschlechtsöffnung) nur 0,14 mm beträgt, bei dem Laurer-Stiepa’schen Gange sogar nur 0,025 mm misst, wahrlich nicht dafür sprechen, dass es dem erstgenannten ermöglicht sei, in die als weibliche Kopulationsschläuche gedeuteten Organe einzudringen. Wenn man endlich drittens, und darauf wäre vielleicht das Hauptgewicht zu legen, der Thatsache Rechnung trägt, dass die in dichte Zirkelreihen ge- stellten Schuppenstachel des Cirrus ihre Spitze gegen dessen freies Ende richten, so dürften dem Leibestheile die erforderlichen Eigenschaften eines Kopulationskörpers überhaupt abzusprechen sein. Denn bei jedem Ver- suche des Körpertheils, in einen etwaigen Scheidenschlauch einzudringen, würden die Spitzen der Schuppenstachel sich aufrichten müssen und durch den Widerstand, welchen sie dem Vordringen des Körpers ent- gegensetzen, jeglichen Erfolg unmöglich machen. Ist aus den vorstehend verzeichneten Gründen der vielbesprochene Cirrus der Autoren somit sicherlich nichts weniger als ein Kopulationsglied, so wird nicht nur die weitere Frage, ob der Leberegel eine Scheide besitze und wo deren Öfl- nung gelegen sei, eine gegenstandslose, sondern es fällt damit auch die Annahme, dass der Leberegel mittelst Kopulationsaktes sich fortpflanze und nur die schon von v. SıesoLp für möglich erklärte Selbstbefruchtung ohne Betheiligung von Kopulationswerkzeugen verbleibt, um die ge- schlechtliche Fortpflanzung des Leberegels zu erklären. Wie aber kommt 628 Ferdinand Sommer, dieselbe zu Stande? Auf diese letzte Frage soll in dem Nachstehenden die Antwort erfolgen. Schon in einer früheren Studie, betreffend den Bau und die Ent- wickelung der Geschlechtsorgane von Taenia mediocanellata und Taenia solium habe ich angedeutet, dass bei den Cesioden die Fortpflanzung nicht unter Betheiligung eigentlicher Kopulationswerkzeuge stattfinde ; vielmehr werde dieselbe durch eine sehr einfache Art von Selbstbefruchtung be- werkstelligt, für deren Zustandekommen einmal der Konnex zwischen den männlichen und weiblichen Leitungsorganen und ferner die Mitwirkung von Haut-, Parenchym- und Cirrusbeutelmuskulatur ins Gewicht falle. Ähnlich liegen die Verhältnisse denn auch bei Distomum hepaticum. Hier ist es die als Genitalsinus beschriebene Einsenkung des Hautmuskel- schlauches, welche, wenn nach außen hin abgesperrt, den Konnex zwi- schen dem männlichen und weiblichen Leitungsapparate herstellt. Ihre Absperrung nach außen hin aber geschieht durch Verschluss des Genital- porus und wird wie oben (cf.p.567)des Näheren angegeben worden durch die Leistungen der diagonalen Muskelstränge, so jenen eingrenzen, ver- mittelt. Ist dieser Verschluss einmal erfolgt, so ist die Leitung von den samenbildenden zu den eibildenden Organen eine kontinuirliche und dem männlichen Zeugungssekrete es möglich geworden, von der Stätte seiner Entstehung aus auf direktem Wege bis in die Anfänge des weiblichen Leitungsrohres zu gelangen. Die Kräfte endlich, welche das Hodensekret unter den erforderlichen stärkeren Druck stellen, um es von dem Orte seines Werdens zunächst in die Samenblase und dann von dort aus weiter und durch die abgesperrte Geschlechtskloake hindurch in das weibliche Leitungsrohr zu treiben sind, und zwar für die ersterwähnte Wegestrecke die Kontraktionen der Parenchymmuskeln und des Hautmuskelschlauches, für die weitere Wegstrecke hingegen die Kontraktionen der Cirrusbeutel- muskulatur und die der Samenblasenmuskeln. Erhellt aus dem Vorstehenden, dass die kontinuirlich gewordene Leitung von den männlichen zu den weiblichen Zeugungsorganen unter Mitwirkung der muskulösen Organe durchaus die Selbstbefruchtung des Hermaphroditen begünstigt, so kann die letztere durch nachstehende Mit- theilungen nur eine weitere Bestätigung erfahren. In den Gallenwegen stark besetzter Schaflebern findet man unter der großen Anzahl Leberegel von langgestreckter und lanzettförmiger Leibesgestalt in der Regel auch einzelne und zerstreut liegende Exemplare, die ihrer Konfiguration nach von den übrigen sehr abweichen. Sie,sind, worauf schon im Eingange dieser Abhandlung hingewiesen worden ist, insbesondere durch eine erhebliche Verkürzung des Hinterkörpers aus- gezeichnet und zeigen in Folge dieser eine Körperkonfiguration, welche u * Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 629 der einer Kreisscheibe nahe kommt. Gerade die Exemplare der letzteren Art dürften für die Frage der Fortpflanzungsweise der Leberegel eine größere Beachtung verdienen, als man bisher ihnen geschenkt hat. Das Aussehen dieser Leberegel ist auffallend missfarben; ihre Leibessubstanz zuweilen straffer, als bei anderen, mitunter besitzt dieselbe sogar einen gewisser Grad von Starrheit, wie muskulöse Organe während kräftiger Aktion eine solche äußern. In anderen Fällen wieder erweist sich ihre Leibessubstanz sehr weich, welk, fast abgemagert, kollabirt und legt die Vermuthung nahe, als seien die so beschaffenen Thiere von längerer, an- haltender Arbeit gleichsam erschöpft. In solchem Zustande erinnert ihre Erscheinung an das Bild der weichen, schlaffen, kollabirten und in spon- taner Ablösung begriffenen Endglieder der Taenienketten. Werden diese Leberegel durch den Bart eines weichen Tusche- pinsels und unter Vermeidung jeglichen Druckes auf ihre Leibesober- fläche, insbesondere auf die Gegend des Cirrusbeutels den geöffneten Gallenwegen entnommen, so gewahrt man unter dem Mikroskop und bei Anwendung von Oberlicht, dass die Geschlechtsöffnung derselben nicht in Form eines breiten Ovals, wie bei den langgestreckten Leberegeln er- scheint, vielmehr in der Richtung von vorn nach hinten stark verengt ist, also schlitzförmig sich darstelit und die Enden nach hinten krümmt, oder aber, dass sie durch Berührung des vorderen mit dem hinteren Grenz- rande geradezu verschlossen ist. Augenscheinlich ist bei solchen Leber- egeln mit dem Verschlusse des Genitalporus gleichzeitig auch die Leitung von den samenbereitenden zu den eibildenden Organen als eine ununter- brochene, kontinuirliche perfekt geworden und damit die Vorbedingung für eine erfolgreiche Befruchtung des Individuums erfüllt. Hellt man hiernach den so beschaffenen Parasiten auf und macht ihn stark transparent, so zeigen sich bei durchfallendem Lichte die Röhren seines Keimstockes mit Primordialeiern stark besetzt, sein Uterus hin- gegen erweist sich von beschalten Eiern fast leer, oder birgt hier und dort noch kleine Gruppen von Eiern; nur ausnahmsweise geschieht es noch, dass man einzelne und umfangreichere Eierhaufen wahrnimmt. Dennoch erscheinen die Wandungen des Uterinschlauches nicht kollabirt, zeigen sich vielmehr weit von einander abstehend. Die Masse, welche in diesem Falle den Uterinschlauch erfüllt und namentlich in den Umbiegungsstellen des- selben und in Form großer, umfangreicher Klumpen sich anhäuft, ist, wie das Mikroskop ausweist, nichts Anderes als Hodensekret und zeigt dessen fädchenartige Formgebilde in einem ausgedehnten Wirrdurchein- ander beisammen liegen. Zweierlei aber dürfte diese mächtige Ansammlung von Hodensekret im Uterinschlauch andeuten, nämlich einmal, dass den letzteren eine ein- 630 Ferdinand Sommer, fache und einmalige Entleerung der Samenblase, sei dieselbe von Sperma auch strotzend gewesen, nicht im entferntesten hat füllen können, dass hierzu vielmehr ein für längere Zeit nicht unterbrochener Befruchtungs- vorgang erforderlich war, — und ferner, dass die in dem Uterinschlauche angehäuften Samenmassen für lange Zeit befähigt sein müssen, ihre be- fruchtenden Eigenschaften zu bewahren; vielleicht, dass letzteres, ins- besondere die längere Beweglichkeit der Samenfäden, das Sekret der An- hangsdrüse des männlichen Leitungsapparates vermittelt, welches dem Hodensekrete beim Durchgang durch den Ductus ejaculatorius sich bei- mischt. 4) Das Nervensystem des Leberegels. Tafel XXVII. Unter allen Organsystemen des Leberegels ist keines, welches in einem gleichen Maße wie das Nervensystem der mikroskopischen Durch- forschung Schwierigkeiten bietet. LEuckarr erklärt dieselben aus der Abwesenheit einer eigenen, bindegewebigen und als Perineurium zu bezeichnenden Hülle. Und in der That ist es der Mangel der letzteren, welcher veranlasst, dass wo ganze Thiere die Unterlage der mikroskopi- schen Untersuchung bilden, sowohl Nervencentra, als nervöse Gewebs- stränge nur in unsicheren Umrissen aus dem Körperparenchym sich abheben, — und eben so, dass die Versuche Nervencenira oder Nerven- stränge aus dem Körperparenchym zu isoliren nur Misserfolge aufweisen. Höchst merkwürdig ist, dass dennoch gerade das Nervensystem von Seiten der Autoren eine Schilderung gefunden hat, welche mehr als die anderer und ungleich schärfer umgrenzter Organe in w VIESOHEER: Dingen die Wirklichkeit trifft. Man hat den Rath gegeben, für die Untersuchung des Nervensystems namentlich junge, noch nicht geschlechtsreife Exemplare zu verwenden. Für diese Empfehlung spricht von vorn herein zweierlei, nämlich einmal, dass die geringere Dicke des Thierleibes voraussichtlich eine passende Aufhellung erleichtert und ferner, dass auch die Anwendung stärkerer Linsensysteme, wie sie der Verfolg peripherischer Nervenbahnen fordert, ermöglicht wird. Mir haben für den vorliegenden Zweck indess nur die großen, bereits geschlechtlich funktionirenden oder trächtigen Thiere zu Gebot gestanden, da die noch kleinen und nicht geschlechtsreifen, so weit ich derselben in den Gallenwegen besetzter Schaflebern habhaft gewor- den war, schon anderweitig Verwendung gefunden hatten. Große, ganze und frische Thiere unter das Mikroskop zu bringen, um an ihnen das Nervensystem kennen zu lernen, ist nicht gerade loh- nend, denn man gewahrt von dem letzteren kaum mehr als die Gentral- ie Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 631 theile und selbst diese sind nur in matten und unsicheren Umrissen kenntlich ; die von den Gentren abgehenden Nervenstränge aber entziehen sich dem Auge gänzlich. Mehr geleistet haben mir mit Karmin tingirte, dann mit Alkohol be- handelte und nachher aufgehellte, ganze Thiere. Allein auch die so be- handelten Leberegel lassen den unbedingten Erfolg nicht erwarten; denn es hält schwer, gerade das Maß von Aufhellung zu treffen, welches für die Untersuchung des Nervensystems das geeignetste ist. Unter den Auf- hellungsmitteln großer und ganzer Leberegel nimmt das Glycerin eine nur niedere Stufe ein; es gestattet kaum die von den nervösen CGentren abgehenden Nervenstränge über das vordere Drittel des Kopfzapfens hinaus zu verfolgen. Einen besseren Erfolg haben die harzigen Aufhel- lungsmittel; doch leisten dieselben leicht wieder zu viel, indem sie die Nervenstränge bisweilen zu stark erhellen, auch deren längsstreifiges Aus- sehen beeinträchtigen, oft sogar aufheben. Dennoch dürfte nach meinen Erfahrungen der letzterwähnte Einschluss (insbesondere der Ganada-Ein- schluss), wenn auch nicht immer befriedigende Bilder gebend, den an- deren Einschlussarten vorzuziehen sein. Erhellt aus dem Vorstehenden, dass bei den ganzen Thieren die Ver- suche, ein Übersichtsbild vom Nervensystem zu erhalten, des häufigen nur mangelhaften Erfolg haben, so ist um so dringender geboten, dass, was man dort gesehen, der weiteren Kontrolle unterliegt. Am einfach- sten lässt sich dieselbe durch eine Reihe einschlägiger Schnittpräparate bewerkstelligen. Es sind die letzteren für die Berichtigung etwaiger Trugbilder oder fehlerhafter Deutungen Dessen, was an den ganzen Thie- ren wahrgenommen, vorzugsweise geeignet. Um Leberegel für den er- wähnten Zweck vorzubereiten und schnittfähig zu machen, habe ich mich der Chromsäurelösungen, mehr noch der verdünnten Mürzer’schen Flüssig- keit bedient. Die solchen Objekten entnommenen Schnitte lassen die Nervenstränge nicht nur in scharf umgrenztem Bilde erscheinen, sondern auch deren Längsstreifung deutlich wahrnehmen. Vor den anderen haben indess die Schnitte der in Mürter’scher Flüssigkeit gehärteten Leberegel voraus, dass sie Bilder von größerer Zartheit und Weiche geben und demnach auch die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfange den peripherischen Nervenbahnen Ganglienzellen eingelagert sind, er- leichtern. Betreffend die Richtung, welche den Kontrolleschnitten zu geben ist, so sind von Leuckarr Querschnitte des Thierleibes empfohlen worden. Gewiss sind dieselben in hohem Maße lehrreich. Mehr noch als diese haben mir indess die Schnitte geleistet, welche der Verlaufs- richtung der Nervenstränge Rechnung tragen, also die Nervenstränge im Längsschnitte zeigen. Über die Ausbreitung der nervösen Substanz im 632 Ferdinand Sommer, Kopfzapfen klärt eine Folge von Frontalschnitten, dann aber auch eine Reihe von Schnitten auf, deren erster die Medianebene trifft und deren weitere der letzteren parallel bis zu dem Seitenrande des Kopfzapfens einander folgen. Für den Hinterkörper hingegen ist ein Schnitt sehr empfehlenswerth, welcher, indem er den Ventraltheil des Hautmuskel- schlauches vom Thierleibe abspaltet, gleichzeitig den Nervenstrang des Hinterkörpers bloßlegt. Wenn der abgespaltene Theil des Hautmuskel- schlauches durch Glycerin gut aufgehellt und so gelagert wird, dass seine Cuticularschicht den Objektträger, seine Schnittfläche das Deckglas be- rührt, so ist es leicht, dem Laufe des Nervenstranges bis an die hintere Grenze des Hodenfeldes zu folgen. Die Gentraltheile des Nervensystems sind durch einen Nervenring vertreten (Taf. XXVII, f, 9, f und Taf. XXX, Fig. 3 k, m, I, l, m, k). Derselbe verläuft in sehr schräger Richtung um den Schluck- apparat und schwillt an drei verschiedenen Stellen durch Einlagerung von Nervenzellen zu einer gleichen Anzahl von Ganglien an. Zwei von ihnen sind obere Schlundganglien (Taf. XXX, Fig. 3 k, k), liegen in bila- teral-symmetrischer Anordnung dicht hinter dem Mundsaugnapfe und zu den Seiten des Schluckapparates. Die dritte Anschwellung ist an dem hinteren Ende des letzteren befindlich, dicht unter der Übergangsstelle des Mund- in den Magendarm gelegen und als unteres Schlundganglion zu bezeichnen (Taf. XXVII, g; Taf. XXX, Fig. 2 1; Fig.3 1, )). Eine obere Schlundkommissur mit deutlich transversaler Streifung als dem Ausdrucke des Faserverlaufes setzt beide obere Anschwellungen mit einander in Verbindung. Sie liegt dicht hinter dem oberen Seg- mente desMundsaugnapfes und auf dem vorderen Abschnitte des Schluck- apparates resp. des Retractor pharyngis (Taf. XXX, Fig. 2 k). In ihrer Vereinigung mit den Ganglienknoten ähnelt sie einem platten, nach der Fläche gekrümmten Bande (Taf. XXX, Fig. 3 zwischen k und k), das seine Wölbung aufwärts richtet und mit den seitlichen, abwärts geneig- ten und verbreiterten Enden in die oberen Schlundganglien ausläuft. Die beiden seitlichen Kommissuren (Taf. XXX, Fig. 3 m, m), von viel geringerem Querschnitte als die vorige, sind drehrund und verbinden je eine der oberen Anschwellungen mit der unpaaren unteren. Von den drei Schlundganglien besitzen die beiden oberen einen Durchmesser von etwa 0,14 mm, eine sehr unregelmäßige Gestalt und eine unebene, vielfach in Spitzen erhobene Oberfläche. Das unpaare untere Ganglion ist von semilunarer Form, wendet seine Konkavität nach vorn und oben gegen das hintere Schlundende. Es ist nicht nur kleiner, sondern auch viel weniger scharf umgrenzt als die anderen und anschei- nend des letzterwähnten Umstandes halber bisher übersehen worden. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 633 Die Nervenzellen der oberen Knoten sind groß, von 0,035 mm Durchmesser und multipolar. Ihr Zellkörper ist körnchenreich, um- schließt einen bläschenförmigen, großen, 0,008—0,04 mm messenden Kern und in letzterem ein glänzendes Kernkörperchen. Sie sind indess nicht gerade zahlreich vorhanden, liegen zerstreut und durch zwischen- gelagerte Faserzüge von einander getrennt. In der oberen Schlundkom- missur habe ich Ganglienzellen niemals gesehen, wohl aber sah ich zu- weilen einzelne große und multipolare Zellen den Seitenkommissuren an- liegen. In dem unteren Schlundganglion treten die Nervenfasern über- haupt zurück; hingegen wiegen die zelligen Elemente vor, sind dicht bei einander gelegen, aber von geringer Größe. Ihr Durchmesser be- trägt nur 0,048—0,02 mm. Sie enthalten gleichfalls einen relativ großen und bläschenförmigen Kern. Die von dem unteren Schlundganglion sich abzweigenden und der peripherischen Richtung folgenden Nervenfasern vereinigen sich nicht zu diskreten Strängen, sondern verlaufen zerstreut und in der Richtung nach hinten. Über die Gabelung des Magendarms hinaus habe ich sie jedoch nicht verfolgen können. Hingegen sind die Fäden, welche aus den beiden oberen Schlund- ganglien hervortreten und einen peripherischen Lauf nehmen, zu scharf begrenzten Strängen vereinigt, besitzen zunächst eine ansehnliche Breite, verringern aber sehr schnell und in dem Maße als ihre Form- elemente sich dichter an einander schließen den Querschnitt. In Rück- sicht auf die Richtung, welcher sie folgen, sind sie in vordere und hintere Nervenstränge zu sondern. Die vorderen (Taf. XXVII, Ah; Taf. XXX, Fig. 3 k!) sind in der Regel jederseits in der Zweizahl vorhanden und nehmen, indem sie neben dem Mundsaugnapfe herlaufen, die Richtung gegen das vordere Körperende; sie gelten LEeuckarr für die hauptsächlichsten Gefühlsnerven. Von den hinteren nehmen die beiden dünneren und mehr nach außen gelegenen (Taf. XXVII, : und Taf. XXX, Fig. 3 A2) die Richtung zum Seitenrande des Kopfzapfens; nur der eine von ihnen ist bis in die Nähe des Hinterkörpers zu verfolgen, der andere endet schon früher. Sie fungiren nach Leuckarr gleichfalls theilweise als Empfindungs- nerven. — Der jederseits weiter nach innen gelegene, sehr starke und im Querschnitt 0,4 mm messende Nervenstamm aber (Taf. XXVII, k, k; — Taf. XXX, Fig. 3 A?) wendet sich schon vor den Verzweigungen des Magendarms zur Bauchfläche und verläuft als sogenannter Seiten- nerv auf dem ventralen Abschnitte des Hautmuskelschlauches weit nach hinten. Er ist in seiner ganzen Länge unterhalb der Eingeweide des Thierleibes gelegen und leicht bis an die hintere Grenze des Hodenfeldes 634 | Ferdinand Sommer, zu verfolgen. Beide verlaufen einander parallel, kreuzen den transver- salen Dottergang ziemlich in der Mitte seiner Länge und halten sich auch in gleichem Abstande von der Medianlinie des Körpers. Von der letzteren habe ich sie weiter abliegend gefunden, als LeuckArr angiebt. In ihrem Verlaufe geben sie sowohl lateral- als medianwärts zahlreiche Äste ab. Ein stärkerer verlässt den Stamm schon vor dem vordersten Seitenzweige des Magendarms oder unterhalb desselben und gelangt an den Cirrus- beutel (Taf. XXVII, !). Ein anderer und gleichfalls stärkerer Ast löst sich alsbald hinter dem vorigen von dem Stamme ab und verläuft zum Bauchsaugnapfe (Taf. XXVII, m), in dessen Nähe er sich auffasert. Durch das häufigere Abbiegen der Nervenfäden aus der Hauptbahn wird der Stamm hinterwärts allmählich sehr dünn. Übrigens liegen auch dem Seitennerven einzelne Ganglienzellen des öfteren an. Greifswald, im Februar 1880. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVL. Der Leberegel von der unteren oder Bauchfläche aus gesehen. Nervensystem und injicirter Verdauungsapparat. (HARTNACK, Syst. I, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung 53.) A, Mundsaugnapf, B, Bauchsaugnapf, C, Cirrusbeutel, D, Porus genitalis, E, Dotterreservoir, F, Contourlinie des Schalendrüsenkomplexes, a, Mundöffnung, b, Schlund, Pharynx, c, unpaares Anfangsstück des Magendarms, d, d, Darmschenkel, e, e, Seitenzweige desselben, f, f, obere Schlundganglien, 0, unteres Schlundganglion, h, von den oberen Schlundganglien ausgehende und nach vorn verlaufende Nervenstränge, i, von den oberen Schlundganglien ausgehende, nach hinten und außen verlaufende Nervenstränge, k, k, die beiden seitlichen Längsstämme oder Seitennerven, Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 635 l, Zweig des Seitennerven zum Cirrusbeutel, m, Zweig des Seitennerven zum Bauchsaugnapf. Tafel XX VIII. Der Leberegel von der oberen oder Rückenfläche aus gesehen. Injicirter exkre- torischer Apparat. (HArTNAcK, Syst. I, Oc. 4, mil ausgezogenem Tubus; Vergröße- rung 53.) *, Vorderkörper oder Kopfzapfen, **, Hinterkörper, A, Contourlinie des Mundsaugnapfes, B, Contourlinie der Mundöffnung. C, Contourlinie des Bauchsaugnapfes D, Contourlinie des Cirrusbeutels, E, Contourlinie des Porus genitalis, F, Contourlinie des Dotterreservoirs, G, Contourlinie der longitudinalen Dolterkanäle, H, Contourlinie der transversalen Dotterkanäle, a, exkretorische Sammelgefäße, b, exkretorisches Sammelnetz, b!, dessen arkadenartig verlaufende Gefäßbögen, ‚ce, exkretorische Ableitungsgefäße durch Anastomosen unter einander das Netz der exkretorischen Ableitungsgefäße bildend, d, d, Seitenäste des unpaaren Längsstammes, e, e, dorsale Kopfäste des Längsstammes, f, f, ventrale Kopfäste des Längsstammes, g, der unpaare Längsstamm des exkretorischen Röhrenbaums, h, Porus excretorius. =) Tafel XXIX, Der Leberegei von der unteren oder Bauchfläche aus gesehen. Die beiderlei Geschlechtsapparate. (Harrnack, Syst. I, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Ver- -größerung 53.) A, Mundsaugnapf mit der Mundöffnung, B, Bauchsaugnapf, C, Cirrusbeutel, D, Genitalporus, E, Genitalsinus und Geschlechtskloake, F, Contourlinie des Schlundes, G, Contourlinie des Magendarms, a, hinterer Hode, b, vorderer Hode, c,.c, rechts- und linksseitiges Vas deferens, d, Samenblase, e, Ductus ejaculatorius, el, Anhangsdrüse des männlichen Leilungsapparates, f, Dotterstock, 9, 9, longiludinale Dotterkanäle, h, h, transversale Dotterkanäle, i, Dotterreservoir, in den Dottergang sich fortsetzend, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Did. AA 636 Ferdinand Sommer, k, Keimstock, in den Keimgang sich fortsetzend, l, Schalendrüsenkomplex, m, weibliches Leitungsrohr oder Uterus, m!, Anfang des weiblichen Leitungsrohres, m?, ootypoide Schlingen des Leitungsrohres, m3, Endstück des weiblichen Leitungsrohres, n, weibliche Geschlechtsöffnung. Tafel XXX, Fig. 4. Der Zusammenhang der Drüsen des weiblichen Apparates mit dem weib- ‚lichen Leitungsrobre. (HArTNAcKk, Syst. 4, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Ver- größerung 185.) a, Stamm des Keimstockes, b, Ausführungsgang desselben oder Keimgang, c, c, transversale Dotterkanäle, d, Dotterreservoir, e, Dottergang, f, Laurer-Stıepa’scher Gang (seine Mündung auf der Rückenfläche des Körpers gelegen), g, Schalendrüsenhaufen, h, Anfang des weiblichen Leitungsrohres, i, die erste aus dem Schalendrüsenhaufen hervortretende Schlinge des- selben, . k, k, Vasa deferentia. Fig. 2. Sagiltalschnitt durch den vorderen Theil des Kopfzapfens (in die Median- ebene fallend). Schluckapparat. (HARrTNAcK, Syst. 2, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung 70.) a, Rindenschicht (Hautmuskelschlauch) mit Stachelkleid, b, Mittelschicht (Körperparenchym) mit großzelliger Bindesubstanz und Dorso-Ventralmuskeln, ce, Mundsaugnapf, c!, Cuticula desselben, c2, durchschnittene Äquatorialfasern, c?, Meridionalfasern, c#, Radiärfasern, zwischen ihnen zerstreut stehende Ganglienzellen, d, durchschnittene Semilunarfalte des Vorhofes, d!, taschenartige Ausladung des Vorhofes, e, Schlundhöhble, el, Cuticula der Pharyngealwand, e?, durchschnittene innere Kreisfaserlage (Äquatorialfasern) der Schlundwand, ed, radiäre Faserlage der Schlundwand mit zerstreut stehenden Gan- glienzellen, | e4, durchschnittene äußere Kreisfaserlage (Äquatorialfasern) der Schlundwand, ed, longitudinale Fasern (Meridionalfasern) der Schlundwand, f, M. protractor pharyngis LEuckART (zwischen diesem und der Schlund- wand ist lockere Bindesubstanz, die letztere ist bei ruhendem Schluck- apparat als Semilunarfalte des Vorhofes (d) erhoben), Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 637 9, M. retractor pharyngis LEUCKART, h, enge Stelle des Verdauungstraclus, welche die pars ingestoria von der pars digestoria trennt, i, Anfang des Magendarms, k, senkrecht durchschnittene obere Schlundkommissur, !, Anhäufung kleiner Ganglienzellen unterhalb der engen Stelle des Ver- dauungstraktus: unteres Schlundganglion. Fig. 3. Frontalschnitt durch den vorderen Theil des Kopfzapfens. Centraltheil des Nervensystems oder Schlundring. (HARTNAcK, Syst. 2, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung 70.) a, Rindenschicht (Hautmuskelschlauch) mit Stachelkleid, b, Mittelschicht, e, Mundsaugnapf, el, Cuticula desselben, c?, durchschnittene Äquatorialfasern, c?, Meridionalfasern, c#, Radiärfasern mit zerstreut stehenden Ganglienzellen, d, durchschnittene Semilunarfalte des Vorhofes, e, Schlundhöhle, e!, Cuticula der Pharyngealwand, e2, durchschnittene innere Kreisfaserlage (Äquatorialfasern) der Schlundwand, ed, radiäre Faserlage der Schlundwand mit zerstreut stehenden Gan- glienzellen, ei, durchschnittene äuß*re Kreisfaserlage (Äquatorialfasern) der Schlundwand, ed, longitudinale Faserlage (Meridionalfasern) der Schlundwand, f, M. protractor pharyngis LEUCKART, g, enge Stelle des Verdauungstractus, welche pars ingestoria und pars digestoria trennt, h, Anfang des Magendarms, k, k, die beiden oberen Schlundganglien (durch die obere Schlundkom- missur mit einander verbunden), k!, vorderer Nervenstrang, k2, hinterer äußerer Nervenstrang, k3, hinterer innerer Nervenstrang oder sogenannter Seitennerv, *, Zweig desselben zum Cirrusbeutel, l, angeschnittenes unteres Schlundganglion, m, m, Seitenkommissuren, den unteren Schlundknoten mit den beideu oberen Schlundknoten verbindend. Fig. 4. Genitalsinus und Geschlechtskloake. (HArTNAcK, Syst. 2, Oc. 4 mit aus- gezogenem Tubus; Vergrößerung 70.) a, Bauchsaugnapf, b, Cirrusbeutel, c, Porus genitalis, d, Sinus genitalis, e, Endstück des weiblichen Leitungsrohres, el, weibliche Geschlechtsöffnung im Hintergrunde des Porus genitalis, f, Ductus ejaculatorius, 44% 638 Ferdinand Sommer, f*, prolabirtes Ende des Ductus ejaculatorius mit der männlichen Ge- schlechtsöffnung, 9, Gitlerwerk der diagonalen Muskelstränge der Hautmuskellage. Fig. 5. Genitalsinus im Beginne der Umstülpung begriffen. (HArTnack, Syst. 2, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung 70.) a,b, c,d wie in Fig. 4. e, e, Ductus deferentes, f, Samenblase, 9, Ductus ejaculatorius, g!, prolabirtes Ende des Ductus ejaculatorius mit der männlichen Ge- schlechtsöffnung, h, einzellige Anhangdrüsen des männlichen Leitungsapparaltes, i, Endstück des weiblichen Leitungsrohres, il, weibliche Geschlechtsöffnung, Fig. 6. Genitalsinus in vorgeschritlener Ausstülpung begriffen und den soge- nannten Cirrus oder Penis der Aut. bildend. (HArTnAcK, Syst. 32, Oc. 4 mit ausge- zogenem Tubus; Vergrößerung 70.) a, b, c wie in Fig. 4. d, weit aus- und umgestülpter Genitalsinus, sogenannter Cirrus, e, Endstück des weiblichen Leitungsrohres, ff, Ductus deferentes, 9, Samenblase, h, Ductus ejaculatorius zum Achsenkanal des Cirrus geworden, i, Anhangsdrüse des männlichen Leitungsrohres. Fig. 7. Vollständig aus- und umgestülpter Genitalsinus oder vollständig ent- wickelter Cirrus. (HArTnaAck, Syst. 2, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergr. 70.) a,b, c wie in Fig. 4, d, vollständig umgestülpter Genitalsinus, e, Endstück des weiblichen Leitungsrohres, f, f, Ductus deferentes, 9, Samenblase, h, prolabirtes Ende des Ductus ejaculatorius. Tafel XXXI. Fig. 4. Schnitt durch die Wand des Magendarms. Inhalt des Magendarms. (HARTNAcK, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung etwa 1000.) a, großzellige Bindesubstanz des Körperparenchyms, b, durchschnittene dorso-ventrale Muskelzüge, c, die äußere und bindegewebige Substanzlage des Magendarms, d, die innere Gewebs- oder Epitheliallage, Darmepithelien, d!, Darmepithelien an deren basalem Ende das Proloplasma gleichfalls fädchenartig angeordnet ist, e, f, 9, Darminhalt, und zwar: e, scheibenförmige Blutkörperchen des Wirthes (Hammel), f, gequollene und stark aufgeblähte Blutkörperchen des Wirthes, 9, Chymuskugeln oder Chyluströpfchen. Fig. 2. Ein Schnitt durch die Rindenschicht, der Medianebene des Leibes parallel geführt. (HArTNAcK, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergr. etwa 4000.) A, Rindenschicht oder Hautmuskelschlauch, Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. 639 B, Mittelschicht (Leibesparenchym), a, Cuticula mit ihren Porenkanälen, a!, Cuticulartäschchen, a?, senkrecht gespaltener Schuppenstachel, a®, Porenkanälchen, b, äußere oder subcuticulare Zellenlage, c, Haütmuskellage, cl, Ringfaserschicht, c?, Längsfaserschicht, c3, durchschnittene Diagonalmuskeln, d, innere Zellenlage der Rindenschicht, e, die großen Zellen des Körperparenchyms, f, Intercellularsubstanz und Parenchymmuskeln (dorso-ventrale Muskel- züge), g, exkretorische Gewebsgänge, h, exkretorisches Sammelgefäß. Fig. 3. Stück eines Keimstockschlauches mit Inhalt. (HArrnack, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung etwa 1000.) a, die glashelle, elastische Innenhaut der Keimstockwand, b, die äußere und kernbaltige Umbüllungshaut der Keimstockwand, c, primitive Eizellen. Fig. 4. Ein aus dem Anfange des weiblichen Leitungsrohres entnommenes, noch nicht befruchtetes Ei (Primordialei). (HARTNAcK, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung etwa 1000.) a, Keimbläschen, b, Dotterprotoplasma, c, aufgelagerte Neben- oder Nahrungsdottertheile. Fig. 5. Drei Eier, welche dem in den hinteren, von Schalendrüsen umgebenen Uterusschlingen am meisten vorgerückten Eizellenstrange entnommen sind. (HART- NACK, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung etwa 1000.) a, Eizelle, welche anstatt des Keimbläschens einen kleinen, lichten und zart berandeten Kern enthält, b, Eizelle mit vier diskreten Kernen (beginnende Furchung) und aufge- lagerten Nebendottertheilen, c, in Furchung begriffenes Ei (beginnende Morulaform) mit aufgelagerten Nebendottertheilen; das Ei ist der Schlinge des Leitungsrohres ent- nommen, welche aus dem Schalendrüsenhaufen hervortrelend in das umliegende Körperparenchym sich einsenkt. Tafel XXXL. Fig. 4. Inhalt der ootypoiden Schlingen des weiblichen Leitüngsrohres. (HART- NACK, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung etwa 4000.) A, ein angeschnittenes Stückchen der ootypoiden Schlingen mit Inhalt, a, Muscularis des Leitungsrohres mit einer äußeren, longitudinal ver- laufenden und einer inneren, circulär verlaufenden Faserlage, b, strukturlose, kernhaltige Innenhaut des Leitungsrohres, c, Nebendottertheile (emulsive Nebendotterflüssigkeit), d, Schalensekrettröpfchen, d!, erhärtetes Schalendrüsensekret, 640 Ferdinand Sommer, Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. e, Spermatozoen, f, unbeschaltes Ei, Morulaform, g, zwei jung beschalte Eier, B, ein kleinstes beschaltes Uterusei aus den ootypoiden Schlingen mit An- schmelzungen von Schalensekrettröpfchen an die junge Eischale (namentlich polare Anschmelzungen), C, ein größtes beschaltes Uterusei aus dem vorderen Theile der ootypoi- den Schlingen: beginnende Gastrulaform. a, Schale des Eies, al, Deckel, b, Ektodermzellen, c, erste Entodermzelle. Fig. 2. Inhalt der Dotterstöcke. (HARrTNAcK, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung etwa 1000.) 4, zelliger Inhalt der Drüsenbläschen und Drüsenläppchen: Dotterbildungs- zellen, a, kleine, hüllenlose Zellen, die in den Drüsenbläschen eine vorwiegend peripherische Lage haben und 0,044 mm messen, b, Zellen von 0,017—0,02 mm Durchmesser, in deren Protoplasma kleine, distinkte und glänzende Köruclıen, entstehende Dotterkörner enthalten sind, c, eine Zelle, welche neben sehr kleinen Dotterkörnchen bereits größere Dotterkörner enthält, d, große, hüllenlose Zellen, deren Protoplasma fast gänzlich in große, eckige Dotterkörner umgewandelt ist, B, ein Stück Ausführungsgang der Drüsenbläschen und Drüsenläppchen mit großen, homogenen, theils zerstreut, theils gruppirt liegeoden Dotterkörnern als Inhalt, C, Inhalt der Seitenzweige der longitudinalen Dotterkanäle, a, Dotterballen, b, freie Dotterkörner, D, dem Ende der transversalen Dotterkanäle entnommener Inhalt, Dotterballen. Fig. 3. Ein Stückchen Samenleiter mit den seiner Wand aufliegenden, feinen, kontraktilen Faserzellen. (HARTNAcK, Syst. 9, Oc. 3; Vergrößerung etwa 400.) Fig. 4. Ein Stückchen Wand der Samenblase. (HARrTNACK, Syst. 7, Oc. 4; Ver- gsrößerung etwa 330.) a, innere, kernreiche Gewebslage, b, Lage cirkulär verlaufender, glatter Muskelfasern, c, Elemente der muskulösen Längsfaserschicht. Fig. 5. Inhalt der Hodenschläuche. (HArTnAcK, Syst. 9, Oc. 4 mit ausgezogenem Tubus; Vergrößerung etwa 1000.) a, b, c, Samenbildungszellen verschiedener Entwicklungsstufen, d, e, Zellenreste mit Spermatozoiden, f, frei gewordene Samenfäden. Beschreibung des Nervensystems von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- und Käferzustande. Von Dr. H. Michels aus Seedorf (Provinz Hannover). Mit Tafel XXXMI—XXXVI. — Es ist eine auffallende Erscheinung, dass bei Oryctes nasicornis und den meisten anderen Lamellicorniern!, bei etlichen Gurculioniden und Scolyten ferner, das Bauchmark der Larve von dem des Käfers um ein Beträchtliches differirt; denn bei ersterer ist eskurz und gedrungen, so dass man bei oberflächlicher Betrachtung nur eine verschmolzene Ganglienmasse wahrzunehmen glaubt, wogegen beim Käfer die Thora- kalganglien wenigstens durch ausgedehnte Längskommissuren von ein- ander getrennt sind. Einmal auf diesen Gegenstand geführt, lag die Frage sehr nahe: Wie bildet sich das Nervensystem des Käfers aus dem der Larve, erfolgt etwa irgend eine Neubildung oder bloß eine - Streckung, und, wenn das Letztere der Fall ist, wie äußert sich die- selbe, oder wie gestaltet sich das Bauchmark in den verschiedenen Zwischenstadien ? Um diese Frage in ihrem vollen Umfange beantworten zu können, musste man über reichliches Material zu verfügen haben. Ich wählte daher zu meinen Untersuchungen, die im zoologisch-zootomischen In- stitut der Universität Göttingen auf Veranlassung des Herrn Professor Enuers angestellt wurden, den Nashornkäfer und beabsichtigte, die ver- schiedenen Stadien im Larven- wie im Puppen- und Käferzustande makroskopisch sowohl wie mikroskopisch mir vorzuführen. Das war für Larve und Käfer recht wohl möglich, nur in Bezug auf die ver- 1 Eine Ausnahme unter den Lamellicorniern macht z. B. die Larve von Luca- .nus cervus: cf. CuvieEr, Lecons d’anatumie comparee. Ed. 2. T. Ill. p. 336. 642 H. Michels, schiedenen Puppenstadien machen sich aus Mangel an Material wohl hin und wieder Lücken fühlbar. Doch lassen sich aus den von mir unter- suchten Stadien Schlüsse auf das wahrscheinliche Verhalten in den fehlenden Stadien mit geringerer oder größerer Genauigkeit ziehen, so dass das Unvollständige der Arbeit weit weniger hervortritt, als man nach dem Gesagten zu glauben geneigt sein möchte. Wenn dann der vorliegenden Untersuchung der Titel: » Beschrei- bung des Nervensystems« vorgesetzt ist, so ist derselbe nur richtig in Bezug auf den makroskopischen Theil der Arbeit; denn, was die mikro- skopischen und histologischen Data anlangt, so habe ich mich mit Rück- sicht darauf, dass über Arthropoden-, resp. Insekten-Gehirne bereits eine Anzahl vortrefflicher Arbeiten, wie von Treviranus!, Dusarvın?, LEYDIGS, RapL-RückHarD ?, Dietı , FLögEL ® und Yung? vorliegen, auf das Bauch- mark allein beschränkt ®. Zum Schluss der Einleitung sei dann noch bemerkt, dass vor mir bereits SwammeErDam ’ und Üuvizr !P sich mit der Anatomie des Nerven- systems von Oryctes nasicornis beschäftigt haben. A. Lage und Form des Nervensystems. I. Nervensystem der Larve. “> Das Gehirn der Lärve liegt etwa in der Mitte des Kopfes, unmittel- bar auf dem Ösophagus. Es besteht aus zwei Lappen, die bei älteren 1 Biologie. Bd. V. 1848. p. 469 f. Taf. I, II. ? Annales des sciences naturelles. Ser. Ill. Zoolog. T. 44. 4850. p. 195. 3 Vom Bau des thierischen Körpers. p. 230—240 und Tafeln zur vergleichen- den Anatomie, 4 RasL-RückHArD, Studien über Insektengehirne in: Archiv für Anatomie und Physiologie. 1875. p. 480. 5 Organisation des Arthropodengehirns: Diese Zeitschr. Bd. XXVli und: Unter- suchungen über die Organisation des Gebirns wirbelloser Thiere, in: Sitzungsbe- richte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 77. Bd. Jahrg. 4878. Mathe- matisch-naturwissenschaftliche Abtheilung. p. 481. 6 Über den einheitlichen Bau des Gehirns der verschiedenen Insektenordnungen. Diese Zeitschr. Bd. XXX. Supplement. 7 Systeme nerveux chez les Crustaces decapodes in LAcAzE-DUTHIERS, Archives de zoologie experimentale et generale. T. VIl. 4878. 8 Nach dem völligen Abschluss der Arbeit ist mir der Aufsatz von K.R. KrıEser, Über das Centralnervensystem des Flusskrebses. Diese Zeitschr. Bd. XXXIU, p. 527, und aus dem »Zoologischen Anzeiger«, Jahrg. Il, p. 578, 579 der Titel. einiger Ab- handlungen von Ep». K. Branpr über das Nervensystem der Käfer bekannt geworden. Alle diese Untersuchungen haben keine Berücksichtigung mehr gefunden. 9 SWAMMERDAM, Biblia naturae sive historia Insectorum. Leydae 4737. 10 Cuvier, Lecons d’anatomie comparee. Ed. 2. T. 11. Beschr. des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 643 Larven durch eine ziemlich tiefe Einschnürung von einander getrennt sind. Diese Lappen besitzen beide eine birnförmige Gestalt und sind mit ihren dieksten Enden derart an einander gelagert, dass ihre den Seiten des Kopfes zugewandten Spitzen nach vorn vorgezogen erscheinen. Die größten Durchmesser der beiden Hirnhälften bilden somit einen stumpfen Winkel mit einander!. Bei jüngeren Larven, die etwa zwei bis 2,5 cm lang sind, ist die mediane Einschnürung weniger tief, und die beiden birnförmigen Lappen lagern in fast wagerechter Linie an einander. — Wie die Gestalt, so ist auch die Größe eine verschiedene bei jungen und bei alten Larven. Bei letzteren, die ungefähr eine Länge von 6 cm haben, misst jeder Hirnlappen von der Mitte der Einschnürung bis zu Seinem spitzen Ende 0,11 cm, während die Entfernung der Spitzen beider Hemisphären von einander nur 0,19 cm beträgt. Der größte Breitendurchmesser hat eine Länge von 0,08, wogegen die Einschnürung nur 0,06 cm hält. Kleiner sind diese Zablen bei jungen Thieren: Eine 2 em lange Larve besaß z. B. ein Gehirn, das nur 0,41 cm von dem dünnen Ende der einen Hirnhälfte bis zum dünnen Ende der andern maß, während jeder einzelne Lappen von der Einschnürung bis zur Spitze 0,06 cm hielt. Des Weiteren betrug die größte Dicke eines Lappens 0,06, die Dicke in der Einschnürung dagegen 0,055 cm. Von der Vorderfläche des Gehirns sollen nach Guvier 2 vier Nerven zum Munde treten. Letzterer wird indess von der ersten Bauchmarks- anschwellung aus innervirt, wogegen zu den Äntennen ein vorn seitlich an der Unterfläche des Gehirns entspringender Nerv sich zieht?. In gleicher Höhe, etwas mehr der Medianlinie zu, geht vom Gehirn ein anderes Nervenpaar ! aus, das nach vorn sich wendet, in der Höhe der Ansatzstelle der Antennen etwa umbiegt und zu einem unpaaren Gan- glion frontale5 verschmilzt. Diesen sogenannten Nervus recurrens hat auch Cuvıer ® und vor ihm bereits Swammerbam?’ gesehen. Nach ihnen entspringt dann aus dem Stirnganglion ein unpaarer Nerv, der unter dem Gehirn durch auf dem Ösophagus verläuft. Kurz bevor er den An- faugstheil des Mitteldarms erreicht hat, schwillt er noch einmal zum Knoten an, zieht dann unpaar weiter, bis er sich am Magen mannigfach theilt. Ich habe dem Manches ergänzend wie berichtigend hinzuzufügen. Zunächst geht von den Nerven, noch bevor sie umbiegen, um zum Gan- ti cf. Fig. 4 a, Fig. 4 a, Fig. 6 A und Fig. 7 A. 2 CuviEr, Lecons d’anatomie compar&e. p. 335. 3 Fig. 4 b—b. 4 Fig. 4 c—cund Fig. 4 c—ec. 5 Fig. 4 d und Fig. 4 d. 6 Lecons d’anatomie comparee. p. 335. 7 Biblia nafurae. p. 316 und Tafel XXVIII, Fig. 2. 644 H. Michels, slion frontale zu verschmelzen, jederseits ein Ast ab!, der seine Rich- tung nach der Oberlippe zu nimmt und dort in zwei feine Zweige? sich theilt?. Von der Ursprungsstelle dieser Lippennerven ab giebt dann der Nervus recurrens bis zum Stirnganglion keinen Ast wieder ab. Dieses aber entsendet aus der Vorderfläche medianwärts einen feinen Stamm *, der auf dem Ösophagus dem Munde zu verläuft und zahlreiche, nur mit dem Mikroskope erkennbare Zweige ausschickt. Von der Hinter- seite gehen drei Nerven ab: zwei sind sehr fein und paarig und ziehen seitlich am Ösophagus nach hinten 5, während der dritte Nerv etwas dicker und unpaar erscheint und bis zur zweiten gangliösen Anschwel- lung jederseits feine Zweige in die Muskelhaut des Schlundes sendet’, Von diesem zweiten Ganglion, das, wie aus dem Vorigen bereits her- vorgeht, ebenfalls auf dem Ösophagus lagert und etwa so weit hinter dem Gehirn liegt wie das Ganglion frontale davor, von diesem also geht nicht ein nach hinten ziehender Hauptnerv, sondern deren zwei ab$, die sich in ihren: Verlaufe noch wieder mannigfach verdicken, jedoch immer nur um ein Unbedeutendes?. Sie weichen dann allmählich bis zur Breite des Ösophagus aus einander, entsenden in diesen eine große Anzahl sehr feiner, sich vielfach wieder verästelnder Zweiglein und theilen sich vor Beginn des Magens wiederum in zwei Hauptäste, von denen der eine !P seitlich am Magen verläuft, während der andere 11 wie- der zur Mittellinie des Darmes sich wendet, um hier parallel mit und dicht neben dem betreffenden Zweig des anderseitigen Astes zwei feine Muskelstreifen zu versorgen, die unmittelbar neben einander auf der dorsalen Seite des Magens seiner ganzen Länge nach sich hinziehen. Hier sind die Zweige indessen schon so fein geworden, dass man sie zwischen den Muskelfasern nur noch mit Hilfe des Mikroskops wieder zu erkennen vermag. — Außer diesen Nerven gehen von der zweiten Anschwellung des Nervus recurrens noch drei Paar sehr feiner Äste ab, von denen das erste !? nach vorn verläuft, die beiden andern 13 jedoch nach hinten sich ziehen, um sich bald in die Schlundmuskulatur zu ver- lieren. — Dieser zweite Knoten besteht nur aus Ganglienzellen. Neben diesem unpaaren Mundmagennerven giebt es dann noch ein paariges System !*. Dasselbe nimmt seinen Ausgang von der untern I Fig. 1 e—e und Fig. 4 e—e. 2 Fig. A e—e, 7 und 2. 3 Das Verhalten ist also genau So, wie es BLAnCHARD von der Larve von Calan- dra palmarum abbildet. Annales des sciences naturelles. III. Serie. Zool. Tome V, Pl. XIV, Fig. A b. 4 Fig. A gk und Fig. 4 g. 5 Fig. 4 h—h. 6. Fig. A g und Fig. 4 x. 7 Fig. A fund Fig. 4 f. 8 Fig. 4 k—k. I Fig. 4 /—V, "’— I". 10 Fig. 4 m—m. 11 Fig. 5 n—n. 12 Fig. 4 0—0. 13 fig. 4 p—p und g—q. 14 Fig. Ah, Fig. Ar, Fig. 6a, b, c,d. Beschr. des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 645 und hintern Seite des Gehirns, geht gleich seitlich an den Ösophagus und begiebt: sich direkt an dessen Unterseite, so dass von den beiden Anschwellungen , die dieses System uns vorzuführen scheint, die eine seitlich am Schlunde, die andere unterhalb desselben gelagert ist!. Beide Knoten? bestehen, wie das zweite Ganglion des Nervus recurrens, aus Ganglienzellen allein, die sich allemal zu größeren Ballen oder Packeten vereinigen. Die Verbindung? dieser beiden Anschwellungen wird ebenfalls durch neben einander gelagerte Ganglienzellen herge- stellt, wesshalb denn auch die Verbindung als eine sehr breite erscheint, fast eben so breit, als die Knoten selbst. Wir haben somit im Grunde nur eine Ganglienanhäufung vor uns, die, falls man keine starke Ver- größerung anwendet, aus zweien zu bestehen scheint, weil die sie ver- bindenden Ganglienzellen nur neben und nicht über einander ge- lagert sind. — Vom zweiten Knoten gehen dann zwei feine Fasern * aus, die indess in ihrem Verlaufe auf der Unterseite des Ösophagus noch wieder mannigfache Einlagerungen und Anhäufungen von Ganglien- zellen® aufweisen. Doch sind diese stets von geringem Umfange, etwa so groß, wie ein Packet der die großen Ganglien zusammensetzenden Ballen. Wie dieses Nervenpaar, so entspringen auch die Schlundringkom- missuren ® hinten von der Unterseite des Gehirns, doch treten sie etwas mehr seitlich ab. Sie haben eine verhältnismäßig bedeutende Länge: ist etwa das Bauchmark 0,6 cm lang, so misst jede von ihnen 0,45 cm. Innerhalb des Nervenschlundringes stoßen wir nach Leyvıs ? unter den Insekten zuweilen auf eigenthüwliche Querbänder, die er bis jetzt nur an Dytiscus marginalis und Telephorus beobachtet hat. Einen gleichen Verbindungsstrang® habe ich nun auch bei meiner Larve vorgefunden : hier scheint er jedoch mehr von dem untern Theil des Gehirns auszu- gehen als von den Schlundringkommissuren selbst, wenn er auch wohl unmittelbar neben diesen und zwar nach innen von ihnen seinen Ursprung nimmt. Leypıc will nun eine derartige Querkommissur als eigenartige Bildung ansprechen, weil sie bei Dytiscus nicht wie die von ihm be- schriebenen Querkommissuren innerhalb der Bauchmarksknoten gan- sliöse Herde in Verbindung setzt. Da aber die von mir aufgefundene Kommissur offenbar das Homologon dieser Bildung ist und hier mit den Hirnhälften direkt in Verbindung zu stehen scheint, so dürfte auch sie 1 cf. Fig. 4 r. 2 Fig. 6 a—a, b—b. 3 Fig. 6 2—ıx. 4 Fig. 6 y- y, y"—y" 5 Fig. 6 c—c, d—d. 6 Fig. 4 k—-k, Fig. 4 s, Fig. 6 k—k. 7 Vom Bau des thierischen Körpers, p. 188 und 189; so wie Tafeln zur ver- gleichenden Anatomie. Taf. IX, Fig. 1. 8 Fig. A l—I. ’ 646 H. Michels, wohl den Querkommissuren im Bauchmark gleichzusetzen sein, und eine spätere Untersuchung, die mit Hilfe der Schnittmethode arbeitet, dürfte vielleicht nachweisen, dass auch die Fasern dieses Querbandes ihren Ursprung in gangliösen Partien des Gebirns nehmen. Diese Kommissur umgreift wie der Schlundring den Ösophagus, ist ebenfalls sehr lang und misst bei ausgewächsenen Larven 0,35 cm bis zur weitesten Erstreckung nach hinten, im Ganzen also 0,7 cm. Was nun das Bauchmark anlangt, so behauptet Swammerdam !, es erstrecke sich bis zur dritten oder vierten »ringweisen Einkerbung des Leibes«, während Cuvier? es eben bis ins dritte Segment hat reichen sehen. Ich stimme mehr dem letzten Forscher bei, in so fern das Bauch- mark in allen Exemplaren, die ich präparirte, gerade an der Trennungs- linie des zweiten und dritten Leibessegmentes endete. Die Länge, die Cuvier zu 5 mm angiebt, variirt demnach gemäß der Größe und des Alters der betreffenden Larve; doch scheint sie bei jungen Thieren ver- hältnismäßig größer zu sein. Nach Messungen besaß eine Lärve von 2 em Länge ein Bauchmark, das 0,2 cm in der Länge, 0,07 in der Breite und 0,067 in der Dicke maß; eine andere, die 3,4 cm lang war, hatte ein Bauchmark, das sich 0,31 cm lang, 0,075 breit und 0,07 dick erwies. Dem entspricht auch, dass das Mark einer 3,8 cm langen Larve 0,34 cm in der Länge, 0,076 in der Breite und 0.072 in der Dicke hielt. Bei älteren Larven differirte die Größe des Bauchmarks, so dass es bei 5,5 cm langen Thieren zwischen einer Länge von 0,35 —0,5-.cm schwankte, während die Breite von 0,075 auf 0,084, die Dicke von 0,07 auf 0,08 cm stieg. Oder um ein anderes Beispiel anzuführen , so hielt das Bauch- mark von 6 cm langen Larven 0,39—0,52 cm in der Länge, 0,084 bis 0,086 in der Breite und 0,075—0,081 cm in der Dicke. Dieser Größen- unterschied hat seinen Grund wahrscheinlich darin, dass die Körper- länge etlicher Larven, die unter weniger günstigen Bedingungen lebten, nicht im gleichen Verhältnis mit ihrem Alter zunahm, während umge- kehrt das Bauchmark proportional dem Alter wuchs. In der oben ge- gebenen Zusammenstellung der Größenverhältnisse des Bauchmarks älter und junger Larven sind die Breiten- und Dickenangaben stets vom vorderen Drittel (von den ersten vier Knoten) genommen, das volumi- nöser als der hintere Theil entfaltet ist, so etwa, dass sich Breite und Dicke vorn zur Breite und Dicke hinten und in der Mitie verhält, wie 5 zu 4. Aus eben den Zahlen erhellt auch schon der Umstand, dass das Bauchmark im Allgemeinen einen kreisrunden Querschnitt darbietet, dass aber doch die Unterseite ein wenig abgeplattet erscheint 3. ! Biblia naturae. p. 345. 2 Lecons d’anatomie comparee. p. 336. 3 Vergleiche die Querschnitte: Fig. 44, Fig. 15 und Fig. 16. Beschr. des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 647 Über die nähere Gestaltung drückt sich CGuvırr 1 folgendermaßen aus: »On remarque dans sa partie ant&rieure des &tranglements, mais si rapproch6s qu’ils ne paraissent que comme des sillons transversaux (qui indiquent huit ganglions intimement unis entre eux). La partie posteri- eure de ce ganglion est lisse«. Swammerdam? hingegen giebt die Zahl der Ausbauchungen zu 14 an, doch so, dass die letzten drei nur eine aus- machen, die umfangreicher ist. — Ich kann weder dem einen noch dem andern der genannten Autoren zustimmen, da ich stets 44 Ausbauchungen am Bauchmark unterschieden habe, und zwar waren diese an jungen Larven von 2 cm Länge eben so wohl wahrzunehmen als an völlig er- wachsenen, die 6 cm lang erschienen. Von diesen Anschwellungen sind die ersten vier durch tiefere Einschnürungen als die übrigen von ein- ander getrennt, ein Umstand, der sich noch deutlicher zu erkennen giebt, wenn man das frisch präparirte Bauchmark alter Larven sofort in absoluten Alkohol wirft. Dann reißt die nervöse Substanz in diesen Einschnürungen nicht selten aus einander, so dass man hei völliger Integrität des Neurilemms doch drei gänzlich von einander getrennte einzelne Nervenknoten vor sich zu haben glaubt. Ein derartiger Riss erfolgt in den hinteren Einschnürungen nie, ein Zeichen, dass die Tren- nung dieser Ausbauchungen des Bauchmarks nie so weit wie am vor- deren Ende gediehen ist. Jene vier ersten Anschwellungen sind zugleich die umfangreichsten, was mit Ausnahme der ersten Ausbauchung einfach in den stärkeren Nerven seinen Grund zu haben scheint, die von ihnen ausgehen. Wenden wir uns nun den peripheren Nerven zu, so entspringen deren vier Paare von der ersten Bauchmarksanschwellung und zwar sämmtlich aus deren Unterseite. Nahe der Medianlinie, etwas vor der stärksten Ausbauchung, geht jenes äußerst feine Nervenpaar ab, das zur Unterlippe oder zweiten Maxille sich begiebt*, etwas seitlich davon, und mehr nach vorn zu, nehmen die Nerven für die ersten Maxillen® ihren Ursprung, und noch mehr seitlich und vorn treten die Mandibelneryen 6 ab. Eiwas hinter der Mitte, nahe der Seitenfläche dieser Anschwellung, entspringt dann schließlich das vierte Nervenpaar ?’, das, schräg seitwärts nach vorn zu laufend, die Muskulatur des Kopfes versorgt. Die nächst folgenden drei Ausbauchungen des Bauchmarks entsenden je zwei Nervenpaare und zwar zieht das vorderste 8 derselben, das etwas dor- salwärts am vorderen Ende abgeht, zur Körperwand, während das 1 Legons d’anatomie comparee. Ed. 2. T. III. p. 336. 2 Biblia naturae. p. 345. 3 Fig. 4 4—11, Fig. 54—11. Fig. 5a-—a. 5 Fig. 5 b—b. 6 Fig. A n und Fig. 5 dm—dm. 7 Fig. A p und Fig. 5 d—d. 8 Fig. 4 q, sund u, Fig. 5 e-e; 9-9; i-i. 648 H. Michels, andere!, hinten seitlich aus der Ventralfläche der Anschwellung aus- tretend, an die Beine und an die mit diesen in Verbindung stehende Muskulatur sich begiebt. Diese hinteren Paare von Nerven sind im Gegensatz zu den vorderen sehr stark, ja sie sind die stärksten über- haupt, die am ganzen Bauchmark vorkommen. Aus diesem Grunde allein sind denn auch diese drei Anschwellungen die umfangreichsten ; denn da sie nur je ein Segment innerviren, können sie nicht wohl durch Konkrescenz aus mehreren Ganglienanschwellungen entstanden sein. Anders ist es vielleicht mit der ersten Ausbauchung des Bauchmarks, eben weil dieses drei Gliedmaßenpaare mit Nerven versorgt. Es innervirt nun die zweite Anschwellung das erste Segment, die dritte das zweite und die vierte das dritte. Von der fünften Ausbauchung gehen eben- falls zwei Nerven? ab, die beziehungsweise seitlich vorn oder hinten austreten und an das vierte und fünfte Leibessegment ziehen. Dieser Umstand, dass eine Anschwellung zwei Segmente mit peripheren Nerven versorgt, erscheint höchst eigenthümlich und den Symmetrieverhältnissen, die sonst zwischen Bauchmarksanschwellungen und Körpermetameren, so wie zwischen diesen und den peripheren Nerven bestehen, geradezu entgegengesetzt. Sollte danach vielleicht die fünfte Ausbauchung durch Konkrescenz aus zweien entstanden sein? .Dem widerspricht aber die geringe Größe dieser Anschwellung; dem widerspricht auch der mikro- skopische Befund in Bezug auf den inneren Bau. Von dieser fünften Ausbauchung ab entspringt dann aus jeder derselben und zwar aus deren hinterer Partie seitlich immer nur ein Nervenpaar, das allemal das Segment innervirt, welches der Zahl nach zu der Anschwellung ge- hört, von dem dies periphere Nervenpaar seinen Ursprung nimmt. Von der letzten Ausbauchung (der elften) gehen jederseits drei Nerven ab®, die an den elften, zwölften und dreizehnten Leibesring sich be- geben. Aus diesem Verhalten scheint schon hervorzugehen, dass die letzte Bauchmarksanschwellung, wie solches auch SwAmMmERDAM ? an- nimmt, aus dreien zusammengesetzt ist; denn warum sollte gerade diese drei Nerven entsenden, während doch die vorhergehenden deren immer nur einen abgeben? Wenn wir dieses annehmen — was wir dürfen, da die mikroskopische Untersuchung die Annahme bestätigt — so entspricht die Zahl der Bauchmarksknoten genau der Zahl der Körper- segmente, wie denn auch eine Übereinstimmung in der Segmentirung der hinteren Partie des Bauchmarks, in der Vertheilung der peripheren 1 Fig. Ar, 4.u. v, Fig. 5 f—f; h—h; k—k. 2 Fig. 4 w, x und Fig. 5 I—1; m—m. 3 Fig. A d, &, nm und Fig. 5 s—s; t—t; u—u. 4 Biblia naturae. p. 345. Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 649 Nerven und in der Metamerie des Körpers herrscht, wie wir sie besser nicht wünschen können. Nur in Betreff der ersten vier Anschwellungen bleibt diese Übereinstimmung der Gliederung zwischen Nervensystem und Körpersegmente keine so vollständige, in so fern hier ja die peri- pheren Nerven nicht zu dem der Zahl nach zur betreffenden Aus- bauchung gehörigen Leibesmetamer ziehen, sondern stets zum nächst vorderen. Mehr noch wird dann dieses symmetrische Verhalten durch die fünfte Bauchmarksanschwellung gestört, die, wie erwähnt, zwei Körpersegmente innervirt. — Die Rumpfnerven (also 16 an der Zahl) ver- laufen mit Ausnahme der Beinnerven zunächst nahezu parallel unver- ästelt schräg seitwärts nach hinten, bis sie etwas vor dem Segmente, das sie zu innerviren haben, unter stumpfem Winkel umbiegen und in diesem Metamer in zwei sich mehrfach wieder zertheilende Hauptäste spalten. Bei diesem Verlauf nach hinten sind die von den hinteren An- schwellungen entspringenden Nerven stets die inneren, so dass sie dem Auge ein sehr regelmäßiges Bild darbieten, etwa ganz so, wie es BrancHarnD! und Burmeister? von CGalandralarven mit analogem ge- drungenen Nervensystem abbilden. Sie zeichnen indess an allen Aus- bauchungen des Bauchmarks immer nur einen Nerven und werden daher, sintemal im Übrigen die Bilder ganz dem Nervensystem der Nas- hornkäferlarve gleichen, wohl das eine der beiden von der zweiten, dritten, vierten und fünften Anschwellung abgehenden Nervenpaare übersehen haben. Eine Ausnahme von dem oben dargestellten regel- mäßigen Verlauf der peripheren Fasern machen jedoch die Beinnerven3, die zuerst in ziemlich gerader Linie nach hinten sich ziehen, also unter- und innerhalb der von dem resp. den nächstfolgenden Anschwellungen entspringenden Stämmen: erst in der Höhe oder etwas vor den Ein- lenkungen der Beine biegen sie (unter annähernd rechtem Winkel) um, um wagerecht oder schräg nach hinten zu diesen zu ziehen 3. Allgemein gilt dann von den peripheren Nerven noch dies, dass sie stets oberhalb der Segmentmuskulatur verlaufen und erst mit ihren feinsten Ästen in dieselbe eindringen. SwAammErDAM ? meint von diesen peripheren Bahnen, sie verbreiten sich »als de stralen der Son sehr aardig en wonderlyk dor het lichnam van het Wurm« und zeichnet demgemäß auch eine über- große Anzahl peripherer Fasern. Das rührt sicherlich daher, dass er auch die zur Unterseite des Bauchmarks ziehenden feinen Tracheen- ästchen für Nerven gehalten hat. Demselben Irrthum scheint auch 1 Annales des sciences naturelles. III. Serie. Zool. T. 5. Pl. XIV, Fig. 4. 2 BURMEISTER, Zur Naturgeschichte der Gattung Calandra. 4837. 3 Fig. Ar, t,v. 4 Biblia naturae. p. 345 und Taf. XXVIII, Fig. 4. 5 cf. Fig. 4 T. Diese Tracheenfäden werden später beschrieben werden. 650 H. Michels, Guvier! verfallen zu sein, da er nur von »einer sehr großen Zahl von Nervenfasern « redet. U. Nervensystem der Puppen. Abweichend von dem eben beschriebenen Nervensystem der Larve gestaltete sich bereits das der jüngsten von mir präparirten Puppe ®, deren Darm noch in so fern mit dem larvalen Traktus übereinstimmte, als der- selbe am hinteren Ende nur eine kleine Krümmung nach vorn zu machte. Auch sonst schien er eine Mittelstellung zwischen dem Darm des Käfers und dem der Larve einzunehmen, namentlich war er noch etwas um- fangreicher denn jener, weit dünner aber denn dieser. Das Gehirn dieser Puppe stellte wie bei der Larve zwei durch eine mediane Einschnürung scharf getrennte birnförmige Lappen vor, die aber hier nahezu in wagerechter Linie an einander lagerten. Sie maßen von einer Seite zur andern 0,2 cm und von vorn nach hinten in der Einschnürung.0,08 cm. Seitlich zogen sie sich in die Lobi optici aus, die mit der Entfernung vom Gehirn rasch an Dicke abnahmen, bis sie zu- letzt nur noch als mäßig dicke Stämme, die etwa so stark wie die Schlundringkommissuren waren, zum angelegten Auge verliefen. Das Bauchmark, welches durch einen 0,15 cm langen Schlundring mit dem Gehirn in Verbindung stand, zeigte die drei ersten Bauchmarks- anschwellungen als völlig getrennte Massen. Der vorderste Knoten, den wir von nun an auch als Unterschlundganglion bezeichnen können, hatte eine länglich ovale Gestalt auf dem Längsschnitt, eine runde dagegen auf dem Querschnitt, war somit äußerlich ganz so gebaut, wie wir ihn spä- ter bei allen Puppen und auch beim Käfer wieder antreffen werden. Das zweite Ganglion ® erschien, von oben gesehen, queroval, während das dritte? vollkommen kuglig sich ausnahm. Die Abdominalanschwel- lungen® hingen in derselben Weise wie bei der Larve zusammen, doch schien die Konkrescenz derselben bereits eiwas weiter vorgeschritten zu sein, so dass man nur noch unbestimmt acht Ausbauchungen zu unter- scheiden vermochte. Von diesen waren die vorderen beiden* voluminöser entfaltet, derart, dass sich hinter ihnen eine starke Einschnürung, resp. Abstufung zu erkennen gab. Die die getrennten Thorakalganglien ver- bindenden paarigen Längskommissuren ? waren alle von gleicher Länge, doch erschienen sie allesammt sehr kurz, in so fern sie zusammenge- nommen nur etwa eine Länge von 0,4 cm hatten. Da nun das ganze 1 Lecons d’anatomie comparee. Ed. ll. T. III. p. 336. 2 cf. Fig. 2, Fig. 44, Fig. 10, Fig. 9. 3 Fig. 2, Fig. 4. 4 Fig. 2 a—a. 5 Fig. 44 1. 6 Fig. 41 2. 7 Fig. 413. 8 Fig. 4 4-11. 9 Fig. 41 a—a; b—b; c—e. Beschr. des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 651 Bauchmark von vorn nach hinten 0,64 cm maß, so blieb eine absolute Knotenlänge von 0,51 cm, die der der Larve ziemlich genau entspricht. Auch die Dicke des Bauchmarks stimmt mit der des Bauchmarks der ausgewachsenen Larve überein, denn hier wie dort misst es 0,085 cm am vorderen Theile und 0,068 cm am hinteren. Eine andere, etwas ältere Puppe ! ließ ebenfalls nur eine Krümmung des Darmes, und zwar wie vorher am Enddarm wahrnehmen, doch er- schien dieselbe bereits ausgedehnter. Die Dicke des Darms stimmte mit der des Darms vom Käfer fast nahezu überein. Das Gehirn ? dieser Puppe kam an Gestalt und Größe dem der vor- hin betrachteten Puppe vollkommen gleich, nur wurden die Lobi optici nach den Enden zu bereits umfangreicher. Das Bauchmark wich in so fern von dem vorhin beschriebenen ab, als der zweite Knoten von oben nicht mehr queroval erschien, sondern die Rhombenform angenommen hatte3. Ferner war derselbe auf der Dorsalseite etwas abgeplattet, während er auf der ventralen Seite noch gewölbt sich darstellte. Des Weiteren war der dritte Bauchmarkskno- ten® den abdominalen Anschwellungen wieder sehr nahe gerückt, doch bestand zwischen ihnen noch ein Paar sehr kurzer und dicker Längs- kommissuren®. Eben so voluminös wie dieses Ganglion war auch das vierte® (d. h. die erste der völlig zusammenhängenden, abdominalen Anschwellungen) gebildet, dann aber trat eine plötzliche Dickenabnahme ein, bis nach dem Ende zu sich wiederum ein allmähliches, wenn auch nur sehr geringes Anschwellen geltend machte. Dies Verhalten steht dem in der vorigen Puppe also auch in so fern gegenüber, als dort der fünfte Bauchmarksknoten noch umfangreicher als die abdominalen war, und diese letzteren hinten nicht wieder an Dicke zunahmen, sondern stets dünner wurden’. Hatte sich nun die Längskommissur zwischen dem dritten und vierten Knoten auf ein Minimum reducirt, so hatten umgekehrt die zwischen erstem und zweitem®, zwischen zweitem und drittem 9 Bauchmarksknoten bedeutend an Länge zugenommen, so dass jede für sich 0,44 cm hielt. Da nun das ganze Bauchmark 0,7 cm lang war, so ergab sich eine absolute Knotenlänge von 0,47 cm, d. h. eine Abnahme im Vergleich zum Bauchmark der Larve. Indess was hier in der Längsrichtung verloren gegangen, das ist in der Breite reichlich wie- der ersetzt; denn während das Bauchmark bei der Larve höchstens 0,085 cm breit war, maß es hier 0,093 cm in der vorderen umfang- reicheren Partie. 1 Fig. 40 und Fig. 2. 2 Fig. 2 a—a; b—b. 3 Fig. 40 2 und Fig.-2 d. 4 Fig. 10 5 und Fig. 2 c. 5 Fig. 10. «. 6 Fig. 40 4. 7 ef. Fig. 12 (5—14) und Fig. 10 (5—11). 8 Fig. 10 u—u. 9 Fig. AO v—v. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 49 652 H. Michels, Eine dritte von mir präparirte Puppe ließ am Darm bereits zwei ausgesprochene Krümmungen wahrnehmen, eine am Magen und eine am Enddarm. Dadurch wurde der Darm etwa 11/;—11/, mal so lang als die Puppe selber, während er bei den eben betrachteten deren Körperlänge nur um ein Unbedeutendes übertraf. Bei dieser Puppe war die Streckung des Bauchmarks einerseits und die Gentralisation desselben andererseits schon weiter fortgeschritten !. Zwischen drittem und viertem Ganglion machte sich wohl noch eine ziemlich starke Einschnürung bemerkbar, die sich namentlich in der Mitte sehr vertiefte, doch war sonst auch nicht die Spur einer Längs- kommissur mehr wahrzunehmen. Der vierte Bauchmarksknoten kam dem dritten noch an Umfang völlig gleich, dann aber erfolgte eine all- mähliche Abnahme nach hinten zu, ohne dass am äußersten Ende noch einmal wieder eine geringe ÄAnschwellung auftrat. Eine Scheidung dieser abdominalen Ganglienmasse in viele einzelne Anschwellungen (resp. Knoten) war, wenigstens äußerlich, nicht mehr durchzuführen. Die beiden Kommissurenpaare waren wiederum um ein Geringes ge- wachsen, so dass sie jede für sich 0,12 cm maßen. Die Länge des gan- zen Bauchmarks betrug 0,71 cm; es blieb also wie im vorigen Falle eine absolute Knotenlänge von 0,47 em. II. Nervensystem des Käfers?. Ich übergehe den eben vor dem Ausschlüpfen stehenden Käfer, weil dessen Nervensystem dem des ausgewachsenen Insekts völlig gleich- kommt und wende mich zu letzterem selber. Von ihm gebe ich wieder eine detaillirtere Beschreibung, namentlich was die peripheren Nerven anlangt. Es erscheint mir dieses dienlich, weil dann eben erst ein bes- serer Vergleich zwischen dem Nervensystem beider Formen möglich er- scheint. In Bezug auf die Puppen habe ich dies aus dem Grunde unter- lassen, weil deren periphere Nerven mit denen des Käfers fast voll- kommen übereinstimmen. Der Darm des Käfers macht eine Reihe von Windungen und ist etwa 2, resp. 2'/ mal so lang als das Insekt selber. Das Gehirn ? liegt, wie bei der Larve, in der Mitte des Kopfes und besteht ebenfalls aus zwei birnförmig gestalteten Hälften, die in wage- rechter Linie mit ibren dicken Enden an einander lagern. Die Dicke des Himms, in der Einschnürung gemessen , beträgt 0,07 em, während die größte Dicke eines Lappens überhaupt 0,09 cm hält. Die Länge des letzteren von der Medianlinie bis zum Ursprunge der Lobi optici* ist 1 Fig. 9. 2 Fig. 3, Fig. 8 und Fig. 43. 3 Fig. 3 a und Fig. 13. 4 Fig. 3b und Fig. 13 5. eh Beschr. des Nervensyst. von Öryetes nasieornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 653 0,4 cm, die der Augenlappen seiber 0,13 und deren Breite 0,05 cm. Sie biegen sich ein ganz wenig nach hinten, nehmen in der Mitte etwas an Dicke ab, um, bevor sie ans Auge treten, noch einmal wieder anzu- schwellen. — Die Antennennerven ! kommen hinten seitlich aus der Un- terseite des Gehirns und zeigen an ihrer Ursprungsstelle eine nicht unbeträchtliche Verdickung. So lange sie verdickt sind, ziehen sie wage- recht den Seiten des Kopfes zu, um sich sofort nach Aufhören der Ver- diekung schräg nach vorn zu den Antennen zu wenden. — Die zum Ganglion frontale? verschmelzenden Stämme des unpaaren Mundmagen- nerven ? haben denselben Ursprung, dieselbe Gestaltung und denselben Verlauf, wie wir dies bei der Larve haben kennen gelehrt; nur hat das Stirnganglion an Größe etwas zugenommen, so dass es die zweite gan- sliöse Anschwellung* dieses Systems an Volum übertrifft. — Wie das Ganglion frontale, so auch sind die Ganglien der paarigen Mundmagen- nerven® umfangreicher geworden. Sie sonderten sich bei der Larve in Folge ungleicher Dicke der sie zusammensetzenden Schichten von Gan- glienpacketen in zwei Anschwellungen, die aber in Wirklichkeit nur eine einzige ausmachten. Hier ist nun jene Ungleichförmigkeit in Betreff der Dicke völlig aufgehoben, so dass uns jederseits auch makroskopisch nur ein Ganglion entgegentritt. Dieses bat eine Länge von 0,075 cm, ist in den ersten beiden Dritteln seiner Ausdehnung 0,028 cm breit und schwillt dann plötzlich bedeutend an, sö dass es an seinem hinteren Ende 0,04 cm in der Breite hält. Es geht direkt hinter dem Ursprung der Antennennerven und unmittelbar neben der Ansatzstelle der Längs- kommissuren, aber an der Außenseite von diesen, aus der Ventralfläche des Gehirns hervor und lagert seitlich am Ösophagus. In seinem weite- ren Verlaufe an demselben habe ich fernere Ganglieneinlagerungen wie bei der Larve nicht wahrnehmen können. Ähnlich wie hier schien das paarige Mundmagennervensystem bei den älteren Puppen gebildet zu sein. Wie es bei der jüngsten von mir präparirten Puppe gestaltet war, ‚das habe ich leider nicht zu konstatiren vermocht. — Im Gegensatz zu der Größenzunahme dieser Ganglien erscheint die Querkommissur®, die nach innen von den Schlundringskommissuren unmittelbar neben diesen entspringt und die beiden Hirnhälften in Verbindung zu setzen scheint, ungleich kürzer als bei der Larve, so dass sie nur noch eng den Schlund umgreift und im Ganzen etwa 0,07 cm misst, während sie in der Larve eine Gesammtlänge von 0,7 cm hatte. Zwischen diesen so außerordent- lich verschiedenen Längen finden sich in den Puppen manche Über- gangsstadien, wenigstens habe ich diese Kommissur bei etlichen 0,08, 1 Fig. 43 c. 2 Fig. 13 f. 3 Fig. 13 dd. 4 Fig. 13h. 5 Fig. 43 00, 6 Fig. 43 r. 42* 654 H. Michels, bei andern 0,10 und bei noch anderen ‘0,14 cm lang gefunden. — Auch die Schlundringskommissuren ! haben sich bedeutend verkürzt, so dass sie nur noch 0,21 cm halten. In Bezug auf diese waren bei den Puppen Übergangsstadien jedoch nicht derart zu konstatiren, wohl einfach aus dem Grunde, weil ja der große Kopf der Larve nicht allmählich in den kleinen der Puppe sich umbildet. Was dann das Bauchmark anlangt, so hat Guvier? auch darüber Angaben gemacht. Er beschreibt es folgendermaßen : »Le premier gan- glion est situ& au dessus du condyle; il provient des deux filets poste- rieurs du cerveau, et donne aux muscles qui meuvent la tete sur le cor- selet. De sa partie posterieure partent deux filets qui se portent dans la poitrine, s’y reunissent vers la partie moyenne et forment un ganglion triangulaire. De ses bords lateraux naissent trois paires de nerfs qui se distribuent dans les muscles. De son angle posterieur partent deux nerfs paralleles qui se portent dans la poitrine pour former un troisieme et un quatrieme ganglion tres rapproches l’un de l’autre, et qui paraissent di- vises en deux lobules qu’indique un sillon longitudinal. C’est de ces deux ganglions que partent tous les autres nerfs du corps par irradation, abso- lument dans la m&me maniere que dans la larve«. — Ich kann diese Angaben durch mannigfache Befunde vervollständigen, wie die folgende Beschreibung des Bauchmarks zeigen wird. Dasselbe erstreckt sich, ge- mäß der im Vergleich zur Larve beträchtlichen Größe des ersten Thora- kalsegmentes gerade bis zur Trennungslinie dieses und des zweiten Segmentes, resp. ein Minimum über dieselbe hinaus?. Es hat eine Länge von 0,79 cm; davon kommen auf das Unterschlundganglion (0,09 cm breit) 0,12, auf das zweite Ganglion (0,15 cm breit) 0,4, auf die mit einander verschmolzenen hinteren Knoten (vorn 0,13 cm, hinten ‚0,09 cm breit) 0,3, auf die vorderen Längskommissuren 0,12 und auf die hinteren 0,15 cm, so dass wir eine absolute Knotenlänge von 0,52 cm haben, eine Zahl, die mit der Länge des Bauchmarks der Larve recht wohl stimmt; doch ist die Dicke beim Käfer eine größere, so dass diese sich zur Breite des Bauchmarks der Larve wie 14 zu 9 verhält. Das Unterschlundganglion ist unten und oben gleich stark gewölbt, hat, von der dorsalen Seite gesehen, eine länglich ovale Gestalt? und giebt, wie bei der Larve, vier Nervenpaare ab, die in ganz derselben Anord- nung wie dort aus der Unterfläche entspringen und die Unterlippe, die Maxille® und die Mandibel?, so wie die Muskulatur des Kopfes® ver- sorgen. Eine Neubildung dagegen scheint jener Nerv zu sein, der un- 1 Fig. 13 ss. 2 Lecons d’anatomie comparee. p. 351. 3 cf. Fig. 3 4 cf. Fig. 3 f und Fig. 8 A. 5 Fig. 8 aa. 6 Fig. 8 bb. 7 Fig. 8 cc. 8 Fig. 8 dd. Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 655 mittelbar hinter dem Unterschlundganglion jederseits von der ersten Längskommissur abgeht, sich bald in drei Arme spaltet und schließlich an die Muskulatur des ersten Segmentes tritt!. Er ist nur sehr fein und auch bei Puppen schon ausgebildet?. — Das zweite Ganglion ?, das bei der jüngsten Puppe queroval sich gestaltete, erscheint hier fast rhom- bisch, ist dorsal stark abgeplattet und auch ventralwärts nur schwach gewölbt, so dass es bei 0,15 cm Breite nur 0,05 cm dick ist. Vorn an der dorsalen Seite dieses Knotens entspringen nicht weit von der An- satzstelle der zum ersten Ganglion ziehenden Längskommissuren ein Paar sehr feiner und kurzer Nervenfäden *, wie solche mit ganz der- selben Gestalt und Ursprungsstelle auch Straus-DurckHEım® vom Mai- käfer abbildet. Dieses Nervenpaar ist auch schon bei Puppen vorhan- den®; bei Larven habe ich es indess nie wahrnehmen können. Des Weiteren entsendet dieses zweite Bauchmarksganglion dicht neben einander aus den Ecken des Dreiecks jederseits zwei Nerven, von denen der vordere? wie der von der ersten Längskommissur abtretende Zweig an die Muskulatur des ersten Thorakalsegmentes sich begiebt, während der andere ®, der dem ersten Beinnerven der Larve entspricht, sich | gleich nach seinem Ursprunge in zwei Hauptäste theilt. Von diesen be- giebt sich der vordere und stärkere an das erste Beinpaar, während der hintere wieder an die Muskulatur des ersten Segmentes tritt. Von der Hinterseite dieses rhombisch gestalteten Knotens gehen dann unmittel- bar neben den Ursprungsstellen der zum dritten Ganglion ziehenden Längskommissuren, und zwar außen von ihnen, noch zwei sehr feine Nervenfäden ? ab, die den Querschnitten gemäß, die ich zwischen zwei- tem und drittem Bauchmarksganglion der Larve geführt habe, auch dort bereits angelegt zu sein schienen; denn man sieht da neben den durch- schnittenen Faserbündeln der Längskommissuren noch zwei andere, ebenfalls durchschnittene, aber weit feinere Faserzüge, die von den ersteren durch Neurilemmmasse getrennt sind. Diese feinen Nerven- fäden verlaufen mit den Längskommissuren vollkommen parallel, bis sie etwas vor Beginn des dritten Bauchmarksganglions nach den Seiten zu abbiegen, um mit dem ersten der von diesem abgehenden peripheren Nerven zusammenzutreten. — Die übrigen Knoten des Bauchmarks 1 (also vom dritten an), sind derart mit einander verbunden, dass, aus- genommen zwischen dem dritten und vierten Knoten, so wie zwischen 1 Fig. See. 2 Fig. 9 d—d, Fig. 410 d—d. ° Fig. 8 Bund Fig. 3k. * Fig. 8 f. 5 STRAUS-DURCKHEIM, Considerations generales sur l’anatomie compare&e des ani- maux articules. Pl. 9, Fig. 4 Cmm. 6 Fig. 9 e—e und Fig. 10 e—e. 7 Fig. 8 gg und Fig. 3 g. 8 Fig. 3 hund Fig. 8 h—h. I Fig. 8 ik. 10 Fig. 3 m, n, o und Fig. 8 € (1, 2,5). 656 H. Michels, dem vierten und fünften, nicht einmal äußere Einschnürungen eine Zu- sammensetzung derselben aus mehreren kenntlich machen. Nach Be- handlung mit Glycerin und Kalilauge unter Anwendung eines theilweisen Druckes glaube ich jedoch durch den Kommissuren entsprechende me- diane Auseinanderweichungen der eigentlichen Nervensubstanz acht Ganglien sondern zu können. Dann beträgt also die Gesammtzahl der Bauchmarksknoten wie in der Larve elf. Von diesen Knoten spitzt sich der dritte!, also der erste der mit einander verbundenen, nach seinem vorderen Ende allmählich zu. Hinten hat er eine Breite von 0,12 cm. Eben so breit erscheint auch der folgende Knoten. Nach diesem aber macht sich, wie es in ganz ähnlicher Weise bei Puppen der Fall war, wiederum eine Verschmälerung bemerkbar, so dass nun die Breite bis zum Ende des Systems nur noch 0,09, resp. 0,1 cm beträgt. Überdies erscheinen die Abdominalganglien oben wie unten ein wenig abge- plattet, und zwar ist dies am stärksten am vorderen Theil der Fall, wo die Breite zur Dicke sich wie 4 zu 3 verhält?. Nach hinten zu nimmt die Abplattung allmählich ab, so dass der letzte Knoten vollkommen kreis- förmig auf dem Querschnitte sich ausnimmt. Die Zahl der peripheren Nerven ist mit der Verringerung der das Abdomen zusammensetzenden Segmente auch eine kleinere geworden: Es sind nämlich die 13 Segmente der Larve beim Käfer auf 41 redueirt, so dass auf das Abdomen nur acht kommen, und von diesen ist das vor- derste wiederum nur dorsalwärts ausgebildet?. Es gehen nun von dem dritten Bauchmarksknoten zwei Nerven ab, von denen der vordere vorn seitlich entspringt und sich dann bald in zwei Äste theilt: Von diesen begiebt sich der vordere * zum ersten Flügelpaar, während der andere die Muskulatur des zweiten Segments innervirt. Dieselbe Aufgabe liegi auch dem vorderen Aste ® des zweiten von der hinteren und unteren Partie des dritten Ganglions entspringenden Nerven ob, dessen hinterer Hauptast” nach manchen Verästelungen zum zweiten Beinpaare tritt. Auch vom vierten Knoten® gehen zwei Nervenpaare ab, und zwar zeigen diese dasselbe Verhalten, wie die eben erwähnten. Es entspringt der vordere? etwas oben seitlich und versorgt mit seinen beiden Ästen einen Theil der Muskulatur des dritten Segmentes, so wie das hieran einge- lenkte Flügelpaar. Der hintere Nerv !P nimmt an der ventralen Fläche des Knotens seinen Ursprung und innervirt mit seinem Hauptaste das dritie Beinpaar. Von den übrigen Knoten des Bauchmarks !! scheint je I Fig.8C4. 2 Vergl. die Querschnitte Fig. 23—28. 3 Fig.34,B,C,D,E,F,G. * Fig. 3p’ und Fig. 8k’. 5 Fig.3p” und Fig. 8Kk”. 6 Fig. 3 g’ und Fig. 8 /’. 7 Fig. 3.9’ u. Fig. 81”. 8 Fig. 3nu.Fig.8 C2. 9 Fig.3 r’,r" u, Fig. 8 m’ m”. 10 Fig. 3 s und Fig. 8 n. 11 Fig. 30 und Fig. 8 05. Beschr. des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 657 ein Nerv jederseits auszugehen, und zwar versorgt der vom fünften Gan- glion entspringende Stamm! das nur dorsal ausgebildete vierte Segment zugleich mit dem fünften. Die folgenden Nerven, die einen analogen Verlauf wie in der Larve darbieten, verästeln sich stets in dem der Zahl nach zum betreffenden Bauchmarksknoten gehörigen Segmente. Eine Ausnahme von diesem Verhalten macht jedoch der hinterste und innerste Stamm ?. Er tritt an die Kopulationsorgane und ist zugleich etwas stärker als die vorhergehenden ausgebildet. Aus alle Dem scheint schon hervor- zugehen, dass er durch Verschmelzung der drei aus dem letzten Bauch- marksknoten der Larve entspringenden Nerven entstanden ist, zumal wenn die Ansicht sich als richtig erweisen sollte, der zufolge die Kopu- lationsorgane nur umgebildete Körpersegmente oder deren Anhänge seien. Wäre dies in der That der Fall, was freilich noch durch positive Beobachtungen an Puppen und Käfern zu konstatiren wäre, so hätten wir, mit Ausnahme des von der ersten Längskommissur abtretenden Nerven- paares, so wie mit Ausnahme jener feinen Ästchen, die von der Vorder- seite des zweiten Ganglions kommen, eine übereinstimmende Zahl und Anordnung der Kopf- wie Rumpfnerven und des Weiteren eine gleiche Anzahl der Bauchmarksknoten, Umstände, die dafür sprechen, dass eine Neubildung des Nervensystems nicht wohl erfolgt, dass vielmehr eine allmähliche Streckung oder Zusammenziehung der einzelnen Theile die verschiedenen Gestaltungen bedingt, die uns im Larvenzustande einer- seits, im Puppen- und Käferstadium andererseits, so ausgeprägt vor die Augen treten. B. Beziehungen des Tracheensystems zum Nervensystem. l.. Tracheensystem der Larve in Bezug aufiihr Nervensystem. Zu demselben Resultat, zu dem wir eben gelangt sind, werden wir auch geführt, wenn wir ein anderes Organsystem, so weit es eben mit dem Nervensystem in Beziehung steht, des Näheren in Betracht ziehen. Ich meine da die Tracheen. Zum klareren Verständnisse dieses Verhält- nisses wird es nöthig sein, ein allgemeines Bild von dem Tracheenver- lauf überhaupt zu geben 3. Zunächst kommen auf die 13 Körpersegmente der Larve nicht auch 13, sondern nur 9 Stigmen. Sie fehlen nämlich am zweiten und dritten, so wie am zwölften und dreizehnten Segment. Überdies sind die Stigmen am Metamerenkomplex des Kopfes ausge- fallen. Es hat in Folge dessen das erste Stigma die Versorgung des i Fig. 32 und Fig. 8 o. 2 Fig. 3 « und Fig. $ w. 3 Fig. 4. 4 Fig. 4 St!—S®, 658 H. Michels, Kopfes wie des zweiten und dritten Segmentes mit zu übernehmen, und eben so das letzte Stigma am elften Segment Tracheen in den zwölften und dreizehnten Metamer zu senden. Im Übrigen versorgt jedes Stigma je ein Segment, das nämlich, in dem es nahe dessen Hinterrande gelegen ist. Vom ersten Stigma! gehen acht Hauptäste ab. Zwei ziehen zum Kopfe. Der untere und äußere von beiden? biegt etwas unter der Höhe des Gehirns in seinem schrägen Verlauf nach vorn um, um eine Menge. kleiner Tracheenzweige 3 in die hintere Kopfmuskulatur abzugeben, mit seinem Hauptaste sich ziemlich wagerecht der Medianlinie zuzuwenden und hier, etwas hinter dem Oberschlundganglion mit dem entsprechen- den Aste des anderseitigen ersten Stigmas zu einer queren Anastomose zusammenzutreten. Hiervon geht dann in der Medianlinie des Körpers ein unpaarer Zweig ab, der unmittelbar hinter dem Gehirn in zwei Äste 6 sich theilt, von denen jeder dorsalwärts eine Hemisphäre versorgt. Vier kleinere Zweige desselben unpaaren Astes wenden sich zur Ventral- seite des Oberschlundganglions”?, verlaufen hier erst eine Strecke weit in der Mittellinie, theilen sich dann in der hinteren Partie des Gehirns mehrfach, um schließlich in dasselbe einzutreten. Die zweite Kopftrachee®, die obere der beiden vom ersten Stigma abgehenden, zieht in schräger Richtung nach vorn bis an die Mundtheile, wo sie sich im reichlichsten Maße verzweigt. Kurz bevor sie in den Kopf selbst eintrat, gab sie bereits einen nur mäßig dicken Stamm?® ab, der, gleich wagerecht der Medianlinie zuziehend, sich mit dem ent- sprechenden Zweig der anderen Seite verbindet und somit auch im Rumpfe zwischen den beiderseitigen ersten Stigmen eine quere Verbin- dung herstellt. Die von dieser Anastomose zur ersten Bauchmarksan- schwellung tretenden feinen Tracheenverzweigungen verlaufen im All- gemeinen von vorn nach hinten, machen dann eine geringe Biegung der Medianlinie zu, um hier etwa, auf das feinste sich verästelnd, in die Nervensubstanz einzutreten. Die übrigen Anschwellungen des Bauch- marks werden dorsalwärts von einem andern Aste 10 derselben oberen Kopftrachee versorgt. Dieser nimmt seinen Urspung in der Mitte zwi- schen dem ersten Stigma und der Abgangsstelle des zum Unterschlund- ganglion ziehenden Tracheenastes. Er wendet sich ebenfalls in nahezu gerader Linie dem Bauchmark zu, giebt dann, noch bevor er das letztere erreicht hat, einen ziemlich starken Ast ab!!, der, wiederum sich spal- tend !?, für das zweite Ganglion ausschließlich bestimmt ist. Der Haupt- stamm !3, der am Beginn des dritten Knotens ans Bauchmark tritt, dem u 2 2 Fig. 4 ut. 3 Fig. 4 kt. 4 Fig. 4 00. > Fig. 6 m. 6 Fig. 6 rn und 0. 7 Rigt 7: 8 Fig. 4 ot. 9 Fig. 4 uo und Fig. 5 B. 10 Fig. 4 btund Fig. 5 C. 11 Fig. 5 E. 12 Fig. 5 Fund G. 13 Fig.5 D. Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 659 der andern Seite bis nahe der Medianlinie entgegenzieht und geschlängelt nach hinten verläuft, ist bereits von Swammerdam ! beobachtet worden. Er bezeichnet ihn als »einen silberweißen Faden, der glänzet wie Perl- mutter«. Dieser Hauptstamm der Bauchmarkstrachee giebt ziemlich unregelmäßig eine Menge Äste und Zweige ab; doch scheint es, als ob in den Einschnürungen allemal die meisten Äste aus ihm entspringen 2. Er giebt auch den peripheren Nerven Zweige mit. Auch dies geschieht mit großer Unregelmäßigkeit, so nämlich, dass von einem in den Ein- schnürungen abtretenden Tracheenbündel zwei Fäden an die Nerven gehen und zwar einer derselben an den einen, der andere an den andern der nächstliegenden peripheren Nerven. So kommt es, dass ein Nerv zwei, ja drei Tracheenästchen besitzt, die alle aus verschiedenen Ursprungsstätten kommen. Doch ist dieses Verhalten nicht allgemein, in so fern näm- lich die vordersten Rumpfnerven ihre Tracheen meist nur von einem Bündel erhalten. — Außer diesen beiden Kopftracheen gehen dann vom ersten Stigma noch drei weniger starke Äste? ab; sie ziehen zur Körper- wand und zwar zu deren Dorsalfläche, zwei weitere Äste treten mit dem zweiten Stigma in Verbindung und stellen so Längskommissuren des Tracheensystems vor. Von diesen ist die äußere und obere? äußerst fein, so dass sie dem Auge nur noch eben erkennbar ist. Die innere und untere Kommissur hingegen? erscheint wieder sehr stark, etwa so wie die beiden Kopftracheen. Sie entsendet bald nach ihrem Austritt aus dem Stigma einen ziemlich starken Ast 6, der zur Oberfläche des Darmes tritt und hier einen Theil des Ösophagus und einen Theil des Magens mit Luft versorgt. Weiter nach hinten zu geht ein anderer Ast ab’, der ventralwärts zur Körperwand zieht und sich, wie überhaupt alle Tracheenäste, mannigfach verzweigt. Er ist etwas dünner als der vor- hin erwähnte Zweig. Dasselbe gilt von jenen beiden Ästen, die, zur Unterseite des Magens ziehend, im weiteren Verlauf der Kommissur von dieser abtreten, und zwar entspringt der vorderste derselben ® aus der Mitte der Kommissur, der hintere ? nicht weit vor dem Eintritt derselben in das zweite Stigma. — Von bier ab gestalten sich die Verhältnisse ziemlich regelmäßig, wenn sich auch diese Übereinstimmungen in den verschiedenen Segmenten nicht bis ins Einzelne verfolgen lassen. Zu- nächst gehen von jedem Stigma zwei Längskommissuren !° zum nächst- hinteren Stigma, doch tritt die innere und untere nicht selbständig in dasselbe ein, sondern vereinigt sich erst unmittelbar vorher mit der inneren (unteren) Kommissur, die von diesem letzten Stigma aus wieder 1 Biblia naturae. p. 316. 2 Fig. 5 0, ß, Y, d, &, n. 3 Fig. 4 am, bm, cm. 2 Fig. 4 4”. 5 Fig. 4 1. 6 Fig. 4 ad. "Fig. 4 vm. 8 Fig. 4 bd’. 9 Fig. 4 ba”. 10 Fig. 4 2, 2/5; 5, 3"; 4, 4. 660 H. Michels, zum nächstfolgenden zieht. Oder besser gesagt: Von einem Stigma gehen drei Tracheenstämme ab: von diesen sind die beiden oberen, resp. äußeren verhältnismäßig dünn und bilden die äußeren Längs- kommissuren zwischen diesem und dem nächstvorderen, so wie zwischen diesem und dem nächstfolgenden Stigma. Der ventralwärts nach innen abgehende Ast spaltet sich alsbald in zwei Zweige, die weit dicker als die äußeren Kommissuren sind. Der eine dieser Zweige zieht nun zum nächstvorderen, der andere zum nächsthinteren Stigma, so dass beide zu inneren Längskommissuren werden. Von ihnen ab geht allemal etwas vor dem Eintritt in das nächstfolgende Stigma ein Ast!, der zur Unter- seite des Darmes sich begiebt, so wie einer?, der ventralwärts die Muskulatur des betreffenden Segmentes versorgt und, wie später gezeigt werden wird, zur Unterseite des Bauchmarks in nähere Beziehung tritt. Wie diese, so sind auch noch andere Äste, die ebenfalls ihren Ursprung aus der inneren Kommissur nehmen, mit der Aufgabe betraut, der Muskulatur der Ventralfläche Luft zuzuführen. Ihr Verhalten ist indess kein so regelmäßiges, da ihrer mitunter zwei, ja drei von dereinen Kom- missur abtreten, während aus einer anderen nur einer oder auch gar keiner entspringt. Von der äußeren Kommissur gehen dann in unmittel- barer Nähe der Stigmen zwei Tracheenstämme aus: einer davon * wendet sich zur Dorsalseite des Darmes, der andere? zur dorsalen Segment- muskulatur. Sie entspringen, wie gesagt, unmittelbar neben den Stig- men, gehen aber zuweilen vor, zuweilen hinter diesen von der oberen Kommissur ab. — Gesondert ist dann das letzte Stigma zu betrachten aus dem Grunde, weil es die letzten drei Segmente und den in ihnen lagernden, voluminös entfalteten, erst nach- vorn und dann wieder nach hinten stark eingeschlagenen Enddarm zu versorgen und demgemäß reichlichere Tracheen auszusenden hat. Es gehen nun außer den beiden Kommissuren, die vom vorletzten Stigma kommen, resp. zu ihm ziehen, sechs Stämme von diesem Stigma aus: zwei wenden sich direkt zur Dorsalseite des Darmes, einer verläuft an der Körperwand nach hinten, giebt hieran mehrere Äste ab und biegt schließlich nach innen um, so dass auch er noch an der Versorgung der dorsalen Seite des Darmes Theil nimmt; zwei fernere Tracheenäste begeben sich dann ventralwärts zum Enddarm, und der letzte Stamm des Stigmas endlich tritt zum großen Theil an die Muskulatur der Ventralfläche. Er spaltet sich näm- lich in drei Äste, von denen der hintere noch wieder zum Darm zieht. Unter den beiden vorderen ist es der mittlere Zweig, der, wie die Stämme der übrigen Stigmen, die ventralwärts die Muskulatur versorgen, 1 Fig. 4 ba”’, ba’. 2 Fig. 4 cb, cb. 3 Fig. 4 vom’, vm”, 4 Fig. 4 ad’, ad”, ad!”. 5 Fig. 5 cm’, cm”, cm". Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u, Käferzustande, 661 in Beziehung zur Unterseite des Bauchmarks tritt. Diese senden näm- lich allesammt ein feines Ästchen aus, das von den peripheren Nerven- fäden kaum zu unterscheiden ist!. Dasselbe wendet sich stets der Medianlinie zu und zieht hier im Verein mit den übrigen in gerader Linie nach dem Bauchmark. Es wird dann das von dem hinteren Stigma kommende Ästcehen immer außen von dem angetroffen, das aus dem nächstvorderen seinen Ursprung nimmt. Wie im Verlauf, so auch herrscht in der Vertheilung dieser Äste an die verschiedenen Anschwel- lungen des Bauchmarks eine Regelmäßigkeit, die fast vollkommen mit der sonstigen Metamerie des Körpers in Einklang steht. Es tritt nämlich an die ersten drei Knoten, gemäß des Ausfallens der Stigmen am zwei- ten und dritten Segment, kein weiterer Tracheenstamm als Zweige des die Dorsalseite versorgenden Astes. An die übrigen Anschwellungen be- giebt sich aber allemal von den betreffenden Stigmen je ein feines Stämmchen, so dass an das vierte Ganglion ein Zweig des zweiten Stig- mas tritt und so fort, bis das letzte (neunte) Stigma den letzten (elften) Bauchmarksknoten versorgt. Diese Ästchen, die sich auf ihrem Verlauf zum Bauchmark nie verzweigten, theilen sich bei Ankunft an den zu versorgenden Knoten in eine Anzahl feinster Fäserchen und dringen in dessen hinterer Partie, und zwar in der Mitte zwischen Medianlinie und Rand des Bauchmarks, ins Innere desselben ein. Indess wird die Ven- tralfläche des Bauchmarks nicht einzig und allein von diesen Tracheen versorgt, auch von den beiden auf der Dorsalseite desselben verlaufen- den Ästen des ersten Stigmas biegen sich Tracheenstämmchen um das Bauchmark zu dessen Ventralfläche herum, um erst hier in die Nerven- substanz einzutreten. Diese letzten Tracheenäste haben über die von den einzelnen Stigmen kommenden immer noch das Übergewicht, in so fern sie weit voluminöser und zahlreicher denn diese sich erweisen. Die so geschilderten Verhältnisse bieten manches Auffallende: Zu- nächst ist es doch sonderbar, dass bei einem sonst so regelmäßig geglie- derten Thiere, wie unsere Larve, das erste Stigma in Bezug auf das Nervensystem ein derartiges Übergewicht über die anderen erhalten hat, dass es das Gehirn und die Dorsalseite des Bauchmarks ganz ausschließ- lich mit Tracheen versieht, ja auch an der Versorgung der Unterseite einen hervorragenden Antheil nimmt. Sonderbar ist es ferner, dass keine Regelmäßigkeit in den Tracheenästen zu erkennen ist, die von den dorsalen Längsstämmen entspringen und zum Theil mit den peripheren Nerven verlaufen. Merkwürdig erscheint dann noch schließlich der Um- stand, dass das erste Stigma nicht auch wie die übrigen von dem Äste, ! Vergl. diese Arbeit p. 649 und 650 und Fig. 4 to!—tv8 und T. 662 H. Michels, der die Leibesmuskulatur versorgt, einen, resp. drei Zweige an die Unterseite der ersten drei Bauchmarksknoten abgiebt, sondern dass diese mit Ästen versehen werden, die von den dorsalen Tracheenstämmen ent- springen. Man könnte diesen Umstand freilich dadurch erklären, dass man annähme, der Ast, welcher jene dorsalen Längsstämme entsendet, habe sich von dem die Leibesmuskulatur versorgenden Tracheenstamm abgelöst; doch liegt dafür kein Beweis vor. Wäre dem indess so, so hätten wir für die Ventralseite des Bauchmarks in Bezug auf die hier hinan- tretenden Tracheen eine der Metamerie des Körpers völlig entsprechende Gliederung. Wie nämlich, in Folge des Ausfallens verschiedener Stig- men, das letzte am elften Segment den zwölften und dreizehnten Me- tamer mit zu versorgen hat und aus dem Grunde zu dem durch Kon- krescenz entstandenen letzten Bauchmarksganglion allein tritt, so auch entsendet in entsprechender Weise das erste Stigma allein Tracheenäste zum Gehirn wie zu den ersten drei Anschwellungen des Bauchmarks. Sonst scheint im Allgemeinen das Tracheensystem die geringste Regelmäßigkeit darzubieten ; das zeigt das Ausfallen von Stigmen an ein- zelnen Körpersegmenten, das zeigt die Verschiedenheit des Ursprungs der Tracheen, die von der oberen Längskommissur zur Dorsalseite des Darmes einerseits! und zur dorsalen Segmentmuskulatur andererseits treten ?; das zeigt endlich auch die ungleiche Anzahl jener Stämme, die von der unteren Tracheenkommissur ventralwärts zur Körperwand ziehen 3. Des Weiteren habe ich Queranastomosen, wie ich deren zwei zwischen den beiden zum Kopfe ziehenden Tracheenstämmen der beider- seitigen ersten Stigmen vorhin beschrieben habe, zwischen den übrigen nicht wieder entdecken können. Und selbst, wenn sie sehr fein sein sollten, müsste ich sie gesehen haben, da ich vermittels eines von Herrn Professor Enters angegebenen Vacuum-Apparates? die verschiedenen 1 Fig. 4 ad, ad’, ad”, ad”. 2 Fig. 4 am, bm, cm, cm’, cm”, cm’. 3 Fig. 4 vm, um’, vm". 4 Die für die Herstellung der Tracheen-Injektion verwendete Vorrichtung ist ein kleiner Vacuum-Apparat, aus welchem die Luft durch eine Wasserstrahl-Luft- pumpe entfernt wird, während zugleich der Binnenraum des Apparates zu erwärmen war. Das Ganze ist ein cylindrischer, doppelwandiger kupferner Kessel von 13 cm Höhe und 44 cm Durchmesser, dessen innerer Kesselraum 40,5 cm Höhe und 40 cm Weite hat. In den allseitig geschlossenen Hohlraum des doppelwandigen Kessel- mantels führen nahe dem oberen Rande zwei Ansatzröhren, durch welche eine Fül- lung und Entleerung dieses Raumes gemacht werden kann. In den Binnenraum des Kessels führen zwei durch Hähne verschließbare Röhren, welche in gleicher Höhe mit den oben genannten Röhren angebracht sind, und in Verbindung mit der Wasser- strahl-Luftpumpe die Luft des Kessels entweichen oder wieder eintreten lassen. Der luftdichte Verschluss des Kesselraumes wird durch eine in einen Metallring einge- kittete dicke Glasplatte hergestellt, welche über die Kesselöffnung auf den Kessel- ee au ER EDEERERETELERLEN ee = ae Bar) Ne Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 663 Tracheenstämme bis in die feinsten Verästelungen hinein zu injiciren vermochte. Anders steht es jedoch mit den Längskommissuren, die zwischen allen Stigmen der einen Seite sich nachweisen lassen. In der Mitte dieser Längsverbindungen bemerkt man ausnahmslos eine ring- förmige, glänzend weiß aussehende Verdickung!; doch waren an den ersten beiden Längsästen zwei solcher Wülste vorhanden?. An Quer- schnitten sieht man, dass ihre Erscheinung bedingt wird durch äußerst zahlreiche, dicht neben einander aus der Innenseite der Chitinwand entspringende haarförmige Gebilde, die jedoch keinen völligen Verschluss der Tracheenröhrchen herstellen, sondern stets ein Lumen für die Luft frei lassen. Vielleicht deuten genannte Wülste die Verwachsungsstellen je zweier Tracheenzweige an; doch steht dem gegenüber, dass ich an den Verbindungsstämmen zwischen erstem und zweitem Stigma nur zwei und nicht einen oder drei solcher Wülste wahrgenommen habe. II. Tracheensystem der Puppe in Bezug auf das Nervensystem. An dieser Stelle leidet die vorliegende Arbeit leider an einer recht fühlbaren Lücke. Ich kam nämlich erst zu spät darauf, das Tracheen- system mit in den Kreis meiner Betrachtungen zu ziehen, und, als ich rand, und zwar um möglichste Dichtung zu erreichen auf einen zwischengeschobe- nen Gummiring, gelegt wird und gegen den letzteren durch einen übergreifenden Metallring vermittels vier Druckschrauben, deren Gewinde in die obere Kesselwand greift, fest angepresst werden kann. Für die Herstellung der Tracheen-Injektion wurde der Kessel bis auf 400C. ge- heizt, indem sein Mantelraum mit Wasser gefüllt und dieses über einer Flamme erhitzt wurde, bis ein in den Kesselraum eingelegtes, durch den Glasdeckel zu kon- trollirendes Thermometer die genannte Temperatur konstant anzeigte. Die zu inji- cirende Larve wurde, nachdem, um das Tracheensystem zu öffnen, die Stigmen und deren Verschluss-Apparat ausgeschnitten waren, in einem Becherglase in eine durch lösliches Berliner-Blau intensiv gefärbte leicht flüssige Leim- oder Gelatine-Lösung, wie solche für die Injektion kapillarer Blutgefäße benutzt wird, durch angebundenen Bleidraht beschwert, versenkt, und danach in den angeheizten Kesselraum gebracht. Die Temperatur desselben erhält die Leimmasse flüssig. Wird nun durch die Wasser- strahl-Luftpumpe, deren Effekt am besten durch ein mit ihr verbundenes Manome- ter kontrollirt wird, die Luft des Kesselraumes verdünnt, so entweicht die Luft aus den Tracheen und an ihre Stelle dringt die leichtflüssige Leimmasse. In den meisten Fällen genügte ein Aufenthalt von etwa 40 Minuten in dem Vacuum-Raume, um eine reichliche Füllung des Tracheen-Systemes herbeizuführen. Dann wurde die Ver- bindung mit der Wasserstrahl-Luftpumpe unterbrochen, der Kesselraum mit Luft gefüllt und die Leimmasse durch Abkühlung zum Erstarren gebracht. Bei der spä- teren Präparation erscheinen dann die Tracheen, durch die gefärbte Leimmasse gut erkennbar, um so besser, je intensiver die Färbung der Injektionsmasse war. 1 Fig. 4o,e. 2 Fig. 4a, @", el, 02, 664 H, Michels, darauf gekommen, geschah es zunächst nur so weit, als dieses Organ- system mit dem Bauchmark in Verbindung steht. Später aber mangelte es mir an Material. So ist es gekommen, dass ich nur einen einzigen und noch dazu unvollkommenen Befund von der Lage und Anordnung der Tracheen im Körper der Puppe hier vorführen kann, doch genügt derselbe, um nach Kenntnis des Tracheensystems des Käfers mit ziem- licher Sicherheit auf die von mir nicht untersuchten Stadien zurück- und vorwärts zu schließen. Die genannte Untersuchung wurde an einer Puppe vorgenommen, deren Darm bereits A1/,mal so lang als sie selbst war, an einer Puppe also, die zu den älteren gehörte und zwar mit Ausnahme des eben vor dem Ausschlüpfen stehenden Käfers zu den ältesten über- haupt, die ich jemals untersucht habe!. Bei dieser Puppe, deren äußere Gestalt der des Käfers sich weit mehr als der der Larve nähert, deren Nervensystem äußerlich dem des ausgewachsenen Insektes bereits nahe- zu gleichkommt, bei dieser war trotz alledem das Tracheensystem — wenigstens in Bezug auf die innere Kopftrachee — mehr dem der Larve als dem des Käfers ähnlich. Zunächst war es dieser obere zum Kopfe ziehende Stamm? wie bei der Larve ganz allein, der der Dorsalseite des Bauchmarks Lufi zuführte. Er lief schräg dem Kopfe zu, um sich in der Höhe des Unterschlundganglions in drei Äste zu theilen, von denen die beiden äußeren? zur Kopfmuskulatur zogen, während der innere? mit dem entsprechenden Zweig der anderseitigen Trachee zu einer queren Anastomose zusammentrat. Da nun die Kopftrachee in ihrem Verlaufe bis zu jener Dreitheilung sich etwas mehr als in der Larve der Median- linie des Körpers zuwendet, ohne darum doch hier, wie es beim Käfer der Fall ist, mit der anderseitigen Kopftrachee nahezu zusammenzutre- ten, so ist auch die Queranastomose ? nicht winzig kurz wie beim Käfer geworden, sondern hat beinahe die gleiche Länge wie bei der Larve. Ging aber bei dieser der zu den übrigen Bauchmarksknoten ziehende Tracheenstamm nicht weit hinter dem Ursprunge der Queranastomose von der unteren Kopfirachee ab, so ist diese Entfernung in der Puppe doch eine größere geworden, ein Umstand, der andeutet, dass eine Thei- lung dieser Trachee in zwei völlig getrennte Stämme, wie sie uns beim Käfer entgegentritt, hier bereits angebahnt ist. Darauf deutet auch die Thatsache, dass jene Trachee vom Ursprunge dieses zu den letzten Bauch- marksknoten treienden Astes an eine Längsfaltung bis zum Austritt der- selben aus dem ersten Stigma deutlich erkennen ließ, darauf deutet schließlich, dass jener Tracheenstamm nicht mehr seiner ganzen Länge nach auf dem Bauchmark verläuft, sondern, wie das später beim Käfer ! Diese Arbeit p. 652. 2 Fig. 2 9—9. 3 Fig. 2 m, m; n, n. 4 Fig.2i,i. 5 Fig. 25, :. ER Dr A N m en FREE DEE EEE LESBEN en Et Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 665 noch evidenter hervortritt, zuerst in ziemlicher Entfernung neben dem- selben hinzieht. Erst in der Mitte oder gar hinter der Mitte der abdomi- nalen zusammenhängenden Ganglien des Bauchmarks tritt er an letzte- res unmittelbar hinan. Ein symmetrischer Verlauf dieser Äste, derart, dass beide in derselben Höhe an das Bauchmark hinanziehen, findet hier nicht statt, vielmehr fand ich, dass bei der vorliegenden Puppe der Tracheenast links (von oben gesehen) genau in der Mitte der hinteren Ganglienanhäufung einsetzte, während der rechts hinantretende erst im hinteren Viertel das Bauchmark berührte!. Von ihnen ab geht je ein Ast zum zweiten Knoten, einer zum dritten und ihrer drei oder vier zu den übrigen Ganglien. Stellt so die innere Kopftrachee einen evidenten Über- gang zwischen der inneren Kopftrachee der Larve und der des Käfers her, so darf schließlich den übrigen Tracheenästen der Puppe mit ge- ringerer oder größerer Wahrscheinlichkeit dieselbe Eigenschaft zuge- schrieben werden. II. Tracheensystem des Käfers in Bezug auf sein Nervensystem. Dass die Verhältnisse des Tracheensystems der Larve beim Käfer etwas modificirt erscheinen, ist bereits bei Gelegenheit der Betrachtung dieses Organsystems im Körper der Puppen vorgreifend hervorgehoben worden. Lassen sich nun beider Verhältnisse auf einander zurückführen ? Um diese Frage beantworten zu können, wird es zuvörderst nöthig sein, eine vollständige Darstellung von der Lage und dem Verlauf der Tracheen überhaupt zu geben. | Wie bei der Larve, so ziehen auch hier zwei Paare von Tracheen- stämmen zum Kopfe. Da nun das erste Thorakalsegment im Vergleich zu dem der Larve eine große Entfaltung gewonnen hat, das erste Stigma aber auch hier in der hinteren Partie sich befindet, so werden jene bei- den Tracheen einen längeren Lauf darbieten und damit ihre Gestaltung um etwas verändern müssen. Das obere Paar, das hier wiein der Larve als das innere erscheint, zieht somit in etwas medianwärts gekrümmten Bogen dem Kopfe zu, um in der Mitte zwischen Unterschlundganglion und Gehirn mit dem entsprechenden anderseitigen Zweige zu einem un- paaren Aste zu verschmelzen. Unmittelbar vor, resp. hinter dieser Ver- schmelzung sind die beiden oberen Kopftracheen jedoch schon durch zwei feine zu Blasen sich erweiternde Tracheenfäden in Verbindung gesetzt. Der unpaare Asttheiltsich indess bald wieder in zwei Äste, die zu den Augen ziehen und jederseits feine Zweige an das Gehirn und an die Lobi optieci abgeben. Dass hier das Verhältnis ein anderes als in der Larve ist, er- I Fig. 2 k, kcf. 2 Fig. 3 00. 3 Fig. 12 vv und hv, 666 H. Michels, klärt sich leicht aus der Kleinpheit des Kopfes, die beim Käfer die Tracheen nöthigt, nach der Medianlinie zu zusammenzutreten. Einen unpaaren Ast, wie solchen Straus-Durckgeim ! vom Maikäfer abbildet, als von der Zusammentrittsstelle der oberen Kopftracheen ausgehend und das Gehirn mit Luft versorgend, einen solchen Ast habe ich beim Nashornkäfer nicht wahrnehmen können, obwohl sonst Lage, Verlauf und Verzweigung der oberen wie der unteren Kopftrachee in beiden Käfern fast genau über- einstimmen. Was dann die letztere anlangt, so wendet sich diese in einem nach auswärts gekrümmten Bogen ebenfalls der Medianlinie zu 2, kommt dieser dort am nächsten, wo Kopf und erstes Thorakalsegment sich trennen, tritt aber hier nicht, wie die obere Kopftrachee, mit dem entsprechenden Ast der andern Seite zu einem unpaaren Längsstamm zusammen, sondern verbindet sich mit ihm, ähnlich wie bei der Larve, durch eine kurze Queranastomose 3, die aber hier keine Äste an das Unterschlundganglion abgiebt. Letzteres wird vielmehr durch feine Tracheenfäden versorgt, die direkt aus der unteren Kopftrachee ent- springen. Nach dieser Verbindung mit der unteren Kopftrachee der anderen Seite wendet sie sich zunächst gerade vorwärts, um bald ein wenig nach außen zu biegen, sich mannigfach zu verästeln und mit ihren feinsten Zweigen an die Muskulatur der Kauwerkzeuge zu treten. Dieser zweite zum Kopfe ziehende Ast des ersten Stigmas war es auch, der in der Larve einen Hauptzweig an das Bauchmark sandte. Beim Käfer aber zieht zu demselben ein besonderer Stamm, der, schräg nach hinten laufend, sich der Medianlinie des Körpers zuwendet, in der Mitte des zweiten Thorakalsegmentes aber nach außen umbiegt, am Ende dessel- ben mit der Längskommissur zwischen zweitem und drittem Stigma in deren Mitte etwa zusammentritt, mit ihr zum zweiten Stigma geht und so die innere, resp. untere Längskommissur zwischen diesem und dem ersten Stigma herstellt. Sie nimmt nach ihrem Austreten aus diesem letzteren allmählich an Dicke ab, bis sie am dünnsten da wird, wo sie der Medianlinie des Körpers am nächsten gekommen. Von da ab wird ihr Umfang rasch wieder ein größerer. Sie entsendet in ihrem Verlaufe zum zweiten Stigma nach allen Seiten und Richtungen hin, zum Darm sowohl als zur Körperwand und deren Muskulatur eine sehr große Zahl feiner und feinster, sich häufig zu Tracheenblasen erweiternder Fäden. Solcher fünf treten dicht hinter einander bald nach dem Ursprunge dieser Tracheenkommissur aus dem ersten Stigma auch an das Bauchmark hinan 1 STRAUS-DURCKHEIM, Considerations gen&rales sur l’anatomie compar&e des ani- maux articules. p. 325—327. Pl. 7, Fig. 4 a,a’,c, d, d’ und Fig. 2 a, a’, b und Fig. 3 b,b,a,h,i,l. 2 Fig. 3 uu. 3 Fig. 3 c. 4 Fig. 3 uc, uc. 5 Fig. 3 ma. « £ \ b “ u 7 2 PPETYV WR Beschr. des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 667 und zwar geht der erste derselben! schräg nach vorn an die hintere Partie des zweiten Ganglions, der zweite? zum ersten der zusammen- hängenden Bauchmarksknoten und der dritte und stärkste ? an den zwei- ten und dritten derselben. Die beiden folgenden, die sich stets zu einer oder zwei Tracheenblasen erweitern, ziehen in nicht allemal sich gleich- bleibender Vertheilung an die übrigen abdominalen Ganglien. Andere feine Tracheenfäden 5, ebenfalls von der genannten Kommissur kommend, begeben sich schließlich noch an die nach hinten abgehenden peripheren Nerven und lassen ihre feinsten Zweiglein eine Strecke mit denselben _fortlaufen. Somit wird auch im Käfer das Bauchmark oberseits von zwei Längs- stämmen des ersten Stigmenpaares versorgt, doch ist es hier nicht ein Zweig der unteren Kopftrachee, sondern ein selbständiger Ast, der zu- gleich eine Verbindung zwischen erstem und zweitem Stigma herstellt und nun nicht direkt auf dem Bauchmark, sondern in ziemlicher Ent- fernung von demselben verläuft. Dieser letzte Umstand scheint indess erklärlich, wenn man bedenkt, dass gerade die Thorakalsegmente die bedeutendsten Umänderungen und damit zugleich eine ungleiche Größen- zunahme erfahren haben, so dass hier eine etwas andere Vertheilung und Anordnung der Tracheen schon von vorn herein nöthig war, ein Um- stand der uns in Folgendem noch des öfteren vor Augen treten wird. Die übrigen Verschiedenheiten bei Käfer und Larve finden ihre Erklärung durch die Annahme, die in der Larve von der unteren Kopftrachee ab- gehende Bauchmarkstrachee habe sich im Käfer vollständig von derselben gelöst, eine Annahme, die durch das vermittelnde und überleitende Ver- halten dieser Trachee im Körper der Puppe genugsam gerechtfertigt er- scheint. Ganz wäre dann das verschiedene Verhalten von Käfer und Larve aufeinander zurückgeführt, wollten wir schließlich noch annehmen, dass die so gelöste Bauchmarkstrachee sich mit einem vom zweiten Stig- ma ausgehenden Aste zur innern Längskommissur verbunden habe. Für eine derartige Muthmaßung spricht einerseits das allmähliche Dünner- werden und die dann folgende plötzliche Dickenzunahme unserer Trachee, andererseits aber jene fast als Unwegsamkeit erscheinende äußerste Feinheit der entsprechenden inneren Längskommissur im Körper der Larve. — Dem Verhalten dieses unteren Verbindungsstranges ist das der oberen Kommissur? in so fern entgegengesetzt, als sie, der Körper- wand folgend, überall gleich stark ist. Auch sie giebt zahlreiche Tracheen- ästchen, die zum großen Theil sich ein- oder zweimal zu Blasen erwei- 1 Fig. 32b an k. 2 Fig. 33b an m. 3 Fig. 3 4b ann. 4 Fig. 355b und 6bano. 5 Fig. 37b und 8b. 6 cf. Fig. 4 bt, Fig. 2 k, k und Fig. 3 uc, uc. A Eje, 3 06, 0c. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd, 43 668 - H. Michels, tern, an die Körperwand und an deren Muskulatur ab. — Außer diesen Längsanastomosen und den beiden Kopftracheen gehen vom ersten Stigma noch drei Stämme aus, die sämmtlich zur reich entfalteten Körpermuskulatur ziehen. Von diesen ist der eine verhältnismäßig stark entwickelt!: er entspringt zwischen den beiden Tracheenkommissuren und begiebt sich zur Muskulatur des zweiten Thorakalsegmentes, nament- lich zu der des zweiten Beinpaares. Dieser Stamm hat im Körper der Larve kein Analogon: ob er dort bereits angelegt, aber noch unwegsam erschien, oder ob er durch Theilung eines vom ersten Stigma abgehen- den Astes entstanden, oder ob er gänzlich neu sich gebildet hat, das zu konstatiren war mir aus Mangel an Puppenmaterial nicht wohl mög- lich. — Die beiden nun noch übrigen Äste? des ersten Stigmas sind dünner und kürzer als die vorhin betrachteten: sie nehmen ihren Ur- sprung zwischen unterer Kopftrachee und oberer Kommissur und ver- sorgen die Muskeln des ersten thorakalen Segmentes mit Luft, d.h. nicht allein, sondern zusammengenommen mit den feinen von den beiden Kopftracheen abtretenden Ästen. — Hatten hier gemäß der großen Aus- dehnung des zweiten Thorakalsegmentes die Kommissuren eine außer- . .. > . . ” ordentliche Länge, so werden sie zwischen den folgenden Stigmen, ent- sprechend deren geringen Abstand von einander, verhältnismäßig kurz°. Sie geben allesammt wieder zahlreiche, sich oft zu Tracheenblasen erweiternde Zweiglein an den Darm, die Körperwand und die Segment- muskulatur ab; nur die innere, d. h. untere Kommissur zwischen zwei- tem und drittem Stigma entsendet außerdem noch einen Asti, der, schräg nach hinten und unten ziehend, an die Muskulatur des dritten Beinpaares sich begiebt, also sowohl um dasselbe sich verzweigt, als auch mit einzelnen Ästen in dasselbe hineintritt. Ob dieser Stamm das Analogon jenes Zweiges ist, der in der Larve vom dritten Stigma aus zur ventralen Segmentmuskulatur zieht, das kann ich leider aus den obigen Gründen wiederum nicht angeben. In einem besonders günstigen Falle sah ich einen feinen Zweig dieses Astes weit nach vorn laufen, ob er aber, entsprechend dem Verhalten in der Larve, an die Ventralfläche des Bauchmarks ging, war mir nicht möglich zu entscheiden. — Gehen wir dann zu den Hauptstämmen des Tracheensystems zurück, so gilt zu- nächst dies, dass mit dem fünften Stigma, welches im fünften ventralen und — weil das dritte nur dorsalwärts ausgebildete Segment kein Stigma trägt — im sechsten dorsalen Metamer gelagert ist, dass mit diesem also die Zahl der Stigmen aufhört und die folgenden vier abdominalen Seg- mente von einem Tracheenstamm 5 versorgt werden, der an der Körper- 1 Fig. 3 me. 2 Fig 3 ne und Ic, Brig. 3.00, 00 er ee 4 Fig. 3 mt. 5 Fig. 3 hm. Buch; Kt u re Ar 3 | Fk \# ” Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 669 wand nach hinten verläuft, an diese zahlreiche feine Äste abgiebt und schließlich an die Geschlechtswerkzeuge sich verzweigt. Wie dieser Ast entstanden, ob er aus einem der sechs vom letzten Stigma der Larve entspringenden Tracheenstämmen sich hervorgebildet hat und wie diese letzteren sich zurückgebildet haben, das sind Fragen, die aus Mangel an Puppenmaterial ebenfalls unlösbar erschienen. — Schließlich sei noch bemerkt, dass ringförmige Wülste an den Längskommissuren, wie solche bei der Larve, als durch zahlreiche, aus der Innenseite der Chitinwand entspringende haarförmige Gebilde bedingt, so evident hervortraten, beim Käfer nicht konstatirt werden konnten. Aus alle Dem geht hervor, dass mit geringer Modifikation die gleichen Beziehungen zwischen Tracheen- und Nervensystem im Käfer sowohl wie in der Larve herrschen, ein Umstand, der, mit Rücksicht auf das grob-anatomische Verhalten des letzteren, wenigstens mit einiger Wahr- scheinlichkeit vermuthen lässt, dass eine Umbildung des Gehirns und Bauchmarks eher als eine Neubildung einzutreten scheint. Am Schluss dieser grob-anatomischen Betrachtungen mag dann auch noch eine Bemerkung ihren Platz finden, die den eben gezogenen Schluss noch bestätigen würde: Bei Untersuchung des Bauchmarks der Larve ließen sich nämlich die Beinnerven bis in das Innere der Gliedmaßen verfolgen, ein Umstand, der schon von vorn herein vermuthen lässt, dass, wenn eine Neubildung des Nervensystems überhaupt nicht erfolgt, auch die Beine der Larven nicht neu-, sondern nur umgebildet werden. Damit stimmt denn auch die Abbildung Swammervamss 1, in der er die bei der Häutung abgestoßenen Theile darstellt. Dort zeichnet er nämlich an Stelle der Beine sechs Löcher und bemerkt dazu, dass die Gliedmaßen nur eine Umbildung erführen. C. Innerer Bau des Bauchmarks der Larve. Haben wir uns so die grobe Anatomie des Nervensystems der Larve, der Puppen und des Käfers in ihren Details vorgeführt, so erübrigt es uns schließlich noch, auf den inneren Bau desselben bei all diesen ver- schiedenen Entwicklungsstadien des Näheren einzugehen. Dabei sehen ‚wir jedoch aus dem bereits in der Einleitung angegebenen Grunde von der histologischen Beschreibung des Gehirns ab und beschränken uns auf das Bauchmark allein. Beobachten wir dieselbe Reihenfolge, wie vorhin, so werden wir demgemäß zunächst vom Bauchmark der Larve zu reden haben. An 1 SWANMERDAM, Biblia naturae, sive historia Insectorum. Taf. XXVIII, Fig. VIA. 43% 670 - H. Michels, demselben lassen sich zunächst zwei Hüllen unterscheiden, die wir als äußeres und granulär-zelliges Neurilemm aus einander halten wollen. — Das äußere Neurilemm ! stellt eine schwach gestreifte Membran vor, die längliche Kerne eingebettet trägt. Was dann das ganulär-zellige Neuri- lemm ? anlangt, so giebt Leynıe 3, der Untersuchungen an Dytiscus mar- ginalis, Carabus auratus u. a. angestellt und diese Schicht zuerst unter- schieden hat, an, dass sie aus einem Stratum dicht-feinkörniger Substanz bestehe, in der klare, rundliche Kerne eingebettet seien. Zu eigentlich zelligen Abgrenzungen der granulären Substanz um die Kerne herum komme es nirgends. Hier ist es jedoch anders: Man sieht deutliche Zellen, deren Inhalt freilich auch hier trüb erscheint. Namentlich gut habe ich sie an Längsschnitten durch die peripheren Nerven wahrge- nommen, wo der Schnitt gerade zwischen äußeres Neurilemm und Nervenfasern geführt war. Dieses granulär-zellige Neurilemm stimmt, wie solches auch Leypıs* angiebt, völlig mit der Matrix der Cuticula überein. Auch diese hat einen zelligen Bau. — Was nun die Entfaltung und Ausdehnung dieser so zusammengesetzten inneren Nervenhülle be- trifft, so gilt im Allgemeinen dies, dass sie auf der dorsalen Seite nur äußerst schwach ausgebildet ist, dann seitlich um ein Geringes stärker wird und sich an der ventralen Fläche recht massig entwickelt, so jedoch, dass sie in der Medianebene am voluminösesten entfaltet ist, hier also firstartig in die tiefer liegenden Ganglienzellen sich einkeilt. An dieser Stelle hält das innere Neurilemm etwa !/, der Dicke des ganzen Bauch- marks. Diese zweite Nervenbülle ist es ferner, die in Verbindung mit den Tracheen die innere Gliederung des Bauchmarks der Larve zu Stande bringt. Jedes Mal in den Einschnürungen treten nämlich von den beiden dorsal verlaufenden Tracheenstämmen eine Menge feiner Äste in das Bauchmark ein, wenden sich dort sofort der Medianlinie zu und verlaufen senkrecht nach unten, bis sie auf der Grenze der centra- len Fasersubstanz und der peripheren Ganglienzellenlage umbiegen, um die erstere wie mit einem Netze zu umspinnen und mit ihren feinsten Verzweigungen in dieselbe einzudringen. Solcher in der Medianebene zwischen den einzelnen Knoten verlaufenden Tracheen sieht man auf einem Querschnitt oft fünf bis sechs Stück ?, während man auf transver- salen Längsschnitten, wo sie als scharf contourirte Löcher sich kund geben, ihrer nicht selten zehn und mehr wahrnimmt‘. Sie nehmen von der Dorsalseite des Bauchmarks granulär-zelliges Neurilemm mit sich. Diesem wuchern von der Ventralfläche Zellenmassen derselben Schicht 1 Fig. 44, 45, 46, 17 an. 2 Fig. 44, 45, 46, 17 gn. 3 Levpıe, Vom Pau des thierischen Körpers p. 215. *a a.0.p. 216 u. 72. 5 Fig. 16 tr'. 6 Fig. 47 ir". a u a Fl nn SZ a ie ee Beschr. des Nervensyst. von Oryeles nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 671 entgegen, so dass eine völlige Trennung der beiderseitigen das Bauch- mark zusammensetzenden Hälften in den Einschnürungen zu Stande kommt. Dass die granulär-zellige Schicht des Neurilemms diese Tren- nung bewirkt, sieht man auf transversalen Längsschnitten auch daran, dass rund um die Tracheendurchschnitte Kerne! dieser innersten Neuri- lemmschicht angehäuft sind. Indess selbst in den Ausbauchungen kommen solche durch Zellen der inneren Nervenhülle bedingte Durch- brechungen in der Medianebene vor und zwar besonders in der halben Länge der Knoten und in geringerer Ausdehnung auf ein Viertel und drei Viertel der Länge?. Das sieht man namentlich gut auf transversalen Längsschnitten, die, falls sie hinreichend dünn ausgefallen sind, derlei Kerne uns in der ganzen Medianlinie vorführen, da freilich ausgenommen, wo quere Faserzüge von einer Seite zur andern verlaufen. Von dem so beschriebenen Verhalten der innern Neurilemmschicht macht das Unter- schlundganglion in so fern eine Ausnahme, als in selbigem die granulären Nervenhüllzellen in der Medianebene nicht in der Weise stärker entfaltet sind, dass sie sich, wie bei den übrigen Bauchmarksknoten, firstartig zwischen die Ganglienzellen einschieben. Vollkommene Durchbrechungen der eigentlich nervösen Substanz (Fasern und Ganglienzellen) durch Neurilemmmassen finden sich freilich auch hier, so aber, dass letztere nur von verhältnismäßig wenigen Zellen gebildet werden. Schließlich sei noch erwähnt, dass transversale Längsschnitte, die durch die ventrale Hälfte des Bauchmarks geführt sind, auf den Tren- nungsebenen der einzelnen Knoten uns Neurilemmkerne vorführen, die von den medianen Tracheendurchtritten seitwärts ziehen ?, Bilder, die uns belehren, dass die Einschnürungen des Bauchmarks durch das Neu- rilemm ventralwärts ziemlich tief gehen, tiefer wenigstens, als dies seit- lich der Fall ist. Das zeigen auch Querschnitte durch die Einschnürungen, in so fern hier die innerste Neurilemmschicht namentlich unten und hier wieder in der Medianebene am ausgedehntesten erscheint, der Umriss der eigentlich nervösen Substanz auch mehr queroval als rund sich dar- stellt ®. Die Nervenmasse sondert sich wie überall in Nervenfasern und Ganglienzellen. Die letzteren umgeben die centrale Fasermasse fast überall in konti- nuirlicher Schicht, die nur in der Medianebene an den eben beschrie- 1 Fig. A7 mgn und mgn'. 2 Ich habe diese medianen Zelleinlagerungen lange für Anhäufungen kleiner Ganglienzellen angesehen, doch glaube ich mich jetzt von ihrer bindegewebigen Na- tur überzeugt zu haben. Vor Allem spricht dafür die mehr eckige Form ihrer Kerne. 3 Fig. AT7-gn”. 4 Fig. 14, 15, 46. 672 H. Michels, benen Stellen von unten nach oben durch Neurilemmzellen durchsetzt wird. Diese Ganglienzellenschicht ist an der Dorsalseite nur sehr schwach entwickelt, wächst dann, namentlich in der halben Länge der einzelnen Knoten nach den Seiten zu an, um sich an der Ventralfläche am volumi- nösesten zu entfalten, so jedoch, dass die größte Anhäufung unten seit- lich lagert, während in der ventralen Medianlinie eine geringe Ver- dünnung sich geltend macht. Hier dringt nämlich, wie erwähnt, das sranulär-zellige Neurilemm etwas in die Ganglienzellenschicht ein. Diese ventral-mediane Verdünnung der Ganglienmasse wird nach den Einschnürungen zu größer, bis die Ganglienschicht in letzteren selbst ganz aus einander weicht, und — in den hinteren Knoten wenig- stens — nur noch seitlich erscheint !. Auch hier nehmen die Zellen noch wieder an Zahl ab, je mehr wir uns der Mitte der Tracheendurchtritte, resp. den Trennungsebenen der einzelnen Knoten nähern. In diesen selbst finden sich der centralen Fasersubstanz nur noch wenige Zellen angelagert!. Ganz fehlen sie nur an den ersten drei Einschnürungen ?, die überhaupt breiter und tiefer als die übrigen sind, entsprechend ihrem späteren Auswachsen zu Längskommissuren. Die Ganglienzellen zeigen eine außerordentlich verschiedene Größe : wir haben ganz kleine und ganz große und zwischen beiden Extremen eine Menge von Übergängen. Die größten hat Leypı« 3 in den Abdomi- nalknoten der Käfer stets vorn und hinten am Ganglion gefunden. Damit stimmt vielleicht, dass große Ganglienzellen, die im Allgemeinen eine größte Breite und Dicke von 0,028 bis 0,036 mm und eine Länge von 0,06 bis 0,072 mm haben und einen Kern besitzen, der 0,012 bis 0,018 mm und 0,04 bis 0,015 mm breit und dick ist, zunächst vorn am ersten Bauchmarksknoten zwischen den Ursprungsstellen der beiden Schlund- ringskommissuren sich finden®. Von da ab zieht sich in der dorsalen Mittellinie des ersten Ganglions eine Reihe einzeln hinter einander liegen- der, großer Ganglienzellen bis zur hinteren Einschnürung; doch ist die Reihe nicht vollkommen kontinuirlich, in so fern da ja keine Ganglien- zellen sich finden können, wo mediane Wucherungen des granulär- zelligen Neurilemms die Nervenmasse von unten nach oben durchsetzen. In den übrigen Anschwellungen sind die median-dorsalen großen Gan- glienzellen jedoch auf die mittlere und auf die hintere Partie beschränkt. Mit den Leypıg’schen Beobachtungen wäre auch der Umstand wohl in Einklang zu bringen, dass große Ganglienzellen, und zwar die größten überhaupt, die im ganzen Bauchmark vorkommen, auch ventralwärts in 1 Fig. 16, 2 Fig. 17. 3 Levpıs, Vom Bau des thierischen Körpers. p. 229. 4 Fig. 17 292. 5 Fig. 45 dgz. u 7 0 a Fy EEE EEE EEE ZELLE GEDEUTET E FIR Beschr, des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 673 der Mittellinie sich finden und hier allemal unmittelbar vor den Ein- schnürungen oder mit andern Worten in der hintersten Region der Nervenknoten lagern. Diese großen Ganglienzellen ziehen sich in den ersten drei Knoten noch bis zum Drittel der Dicke in der Medianebene nach oben, wie man solches an transversalen Längsschnitten, die durch jene Region geführt sind, sehr schön beobachten kann, wo sie dann zu einem oder zweien unmittelbar vor den medianen Tracheendurchtritten sich finden. Überhaupt ist die Zahl dieser median-ventralen Nerven- zellen sehr gering, so dass man ihrer auf dem Querschnitt immer nur eine, zwei oder höchstens drei wahrnimmt!. Sie haben eine außer- ordentliche Größe, so dass sie in der größten Breite und Dicke 0,052 bis 0,062 mm, in der Länge aber 0,08 bis 0,088 mm messen. Ihr Kern hat einen Durchmesser von 0,022 bis 0,024 mm. — Großen Ganglienzellen begegnen wir dann des Weiteren an den Seiten einer jeden Anschwellung, wo sie in dünner Schicht der Vorderseite der peripheren Nervenwurzeln angelagert sind, so lange diese eben noch innerhalb des das Bauchmark umgebenden Neurilemms verlaufen *. — Massig sind sie endlich an der Ventralfläche angehäuft ?, jedoch so, dass sie nach der Mittellinie zu all- mählich kleiner werden, mit Ausnahme der Stelle indess, an der die oben bereits erwähnten riesigen Zellen sich finden. In dieser ventralen Anhäufung großer Ganglienzellen sind dann wieder die die umfangreich- sten, die unten seitlich dem Neurilemm eng angelagert sind; denn auch nach der centralen Fasersubstanz zu werden sie allmählich kleiner. Diese wird nämlich überall von einer Schicht kleiner Ganglienzellen umgeben 4, und da die Zellenschicht lateral und dorsal überhaupt nur eine geringe Dicke aufweist, so werden hier fast durchweg nur kleine Ganglienzellen vorkommen 5. Ausgenommen ist freilich die Region unmittelbar vor den Wurzeln der peripheren Nerven, so wie jene median-ventrale Stelle, an der große Ganglienzellen sich finden. Diese kleinzellige Schicht kann dann stellenweise auch eine größere Ausbildung erfahren, so dass Packete sehr kleiner Ganglienzellen den größeren zwischengelagert sind. So sieht man auf Querschnitten, die nicht ganz vorn oder hinten durch eine Anschwellung geführt sind, in der ventralen Ganglienschicht jederseits zwei solcher Packete. Eins derselben $ lagert etwa in der Mitte der seit- lich-ventralen großzelligen Ganglienanhäufung, das andere? ungefähr da, wo die letztere seitwärts in mittelgroße Ganglienzellen übergeht. Beide lassen sich von den beschriebenen Lagerstätten ab, etwas schmäler wer- dend, bis an die die Fasermasse umhüllende kleinzellige Schicht verfol- 1 Fig. 45 vgz. 2 Fig. 14 pgz und 47 pgz. 3 Fig. 44, 45 16 sgz. 4 Fig. 44, 45, 46, 17 kgz und kgz'. 5 Fig. 44 und 45 kgz’. 6 Fig. 44 und 45 mgz. T Fig. 45 mgz’—mgz'. 674 H. Michels, gen. Diese Packete scheinen stets nur eine minutiöse Dicke zu haben, da man sie in ziemlich dünnen Schnitten nur bei bestimmter Einstellung des Mikroskops zu sehen vermag, so dass bei anderer Einstellung des- selben große Ganglienzellen ihren Platz einnehmen. Die Zellen dieser Packete sind die kleinsten, die überhaupt im Bauch- mark vorkommen. Sie messen 0,006 bis 0,008 mm in der größten Breite und Dicke und 0,046 bis 0,02 in der Länge, während ihr Kern einen Durchmesser von 0,002 bis 0,003 mm hält. Neben den kleinen und großen Ganglienzellen unterscheiden wir dann noch mittelgroße. — Zu ihnen zähle ich alle die, welche durch- schnittlich eine größte Breite und Dicke von 0,016 bis 0,02 mm, eine Länge von 0,036 bis 0,04 mm haben und einen Kern besitzen, dessen Durchmesser etwa 0,008 mm beträgt. Wir begegnen ihnen zuerst in der Mittellinie der ventralen Seite!, von wo aus sie in der hinteren Region der Bauchmarksknoten, also da, wo median die unteren riesigen Gan- glienzellen sich finden, auch seitwärts ziehen, so dass sie hier die ganze untere Ganglieppartie fast allein zusammensetzen 2. Doch ist diese Strecke nur sehr kurz; denn auf etwas schief ausgefallenen Querschnitten sieht man auf der einen Seite nur mittelgroße Ganglienzellen, während man auf der anderen schon wieder den großen begegnet. Mittelgroß sind endlich auch da die Ganglienzellen noch, wo in der Mitte (d. h. halben Länge) der Knoten die gewöhnlich dünne und kleinzellige Schicht sich verdickt. Die Ganglienzellen sondern sich allesammt in besondere Packete#, und zwar geschieht das dadurch, dass zahlreiche Ganglien ihre Ausläufer vereinigen und sie bündelweise in die centrale Fasersubstanz senden. Levpıg giebt nun an, dass die Gliederung der Ganglienzellen zu Packeten hauptsächlich durch Tracheen erfolge. Ich weiß nicht, ob ich nach den mir vorliegenden Bildern diesen Satz für das Bauchmark meiner Larve bestätigen darf. Freilich verlaufen, von allen Seiten eintretend, eine große Menge von Tracheenstämmen in der Ganglienmasse, um an diese feinere Zweige abzugeben und schließlich in die Fasersubstanz einzu- treten; jedoch scheint mir der Verlauf der Tracheen ein ziemlich un- regelmäßiger zu sein, wie sie denn auch noch gar nicht zahlreich genug sind, um eine derartige Sonderung der Ganglienmasse bewerkstelligen zu können. Gehen wir dann über zum innersten Theil des Bauchmarks, zu der centralen »Punktsubstanz« Leynie’s, die wir für das Bauchmark unserer Larve lieber als Fasersubstanz bezeichnen wollen, so zeigt I Fig. 44 und 45 wgz. 2 Fig. 16 rgz. 3 Fig. 14 ugz. 4 Fig. 15 {ventral). 5 Leypıis, Vom Bau des thier. Körpers. p. 228. Beschr. des Nervensyst. von Oryetes vasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 675 auch sie wie die periphere Ganglienzellenmasse einen durch die mehr- fach erwähnten medianen Durchtritte der Tracheen und Wucherungen des granulär-zelligen Neurilemms bedingten paarigen Charakter. Obwohl bei Behandlung des Bauchmarks mit Glycerin und Kalilauge unter An- wendung eines geringen Druckes auch hier ein ähnliches Bild entsteht, wie es Leypıs ! von anderen Insekten abbildet, so scheint mir doch der Name »Fasersubstanz« zutreffender, weil ich nach Anfertigung von Längs- und Querschnitten eine molekuläre Punktmasse, wie Leypıe ? sie von den Nervencentren der Arthropoden beschreibt, nicht habe auffinden können, vielmehr immer nur mannigfach sich durchsetzende Längs- und Querfaserzüge wahrzunehmen im Stande gewesen bin. Diet? und FrLöseL, die in jüngster Zeit sich mit Untersuchungen an Insektenge- hirnen beschäftigt haben, wollen für diese freilich eine Punktsubstanz nicht ganz in Abrede stellen, nehmen aber doch an, dass Fasermasse die Grundsubstanz bilde, die freilich hier meistens einen netzförmig-gestrick- ten Charakter hat. Fröcer, der offenbar äußerst sorgfältig gearbeitet hat, giebt aber überdies noch eine Menge von Faserzügen an, die dieses Gewirr feinster, netzförmig-gekreuzter Fäden in regelmäßiger Weise durchsetzen. Im Bauchmark unserer Larve stoßen wir nun allein noch auf solche Faserbündel, die entweder von einer Seite zur andern ziehen oder der Längsachse parallel verlaufen, Faserzüge, wie sie in ganz ähnlicher Weise Yens® im Bauchmark von Decapoden vorgefunden zu haben scheint. Diese centrale Fasermasse vertheilt sich im Innern derart, dass sie, wie man solches namentlich gut an Längsschnitten sieht, nur in den ersten vier Knoten der äußeren Gliederung entsprechende Ausbauchungen und Einengungen wahrnehmen lässt 6, während sie dagegen in den ab- i Tafeln zur vergl. Anatomie: Taf. VI, Fig. 2 und 3, Taf, VII, Fig. 4 C, f, Taf. VII, Fig. A B, a, Taf. IX, Fig. 4 B, m und Fig. 2 f. 2 Levpıs, Vom Bau des thierischen Körpers. p.226. Vergl.auchp. 89, 91 u. 152. 3 DıETL, Organisation des Arthropodengehirns in: Diese Zeitschrift, Bd. XXVII, p- 503—505 und: Untersuchungen über die Organisation des Gehirns wirbelloser Thiere in: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 77.Bd. Jahrg. 4878. Mathematisch-naturwissenschaftliche Abtheilung. p. 487. 4 FLÖGEL, Über den einheitlichen Bau des Gehirns der verschiedenen Insekten- ordnungen in: Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 563—564. 5 EMILE Yung, Systeme nerveux chez les Crustaces decapodes in: Archives de zoologie experimentale et generale. T. VII. p. 401. Mir ist diese Arbeit leider erst zu Gesicht gekommen, als ich bereits den größten Theil der vorliegenden Abhandlung ausgearbeitet hatte. Ich habe daher die Punkte, in denen meine Beobachtungen mit denen Yune’s übereinstimmen, resp. von denselben abweichen, erst bei Beschrei- bung der Histologie des Bauchmarks der Käfer des Näheren angeführt. 6 Fig. 17. 676 H. Michels, dominalen Ganglien fast überall in gleicher Breite sich erstreckt. Dann werden die außen zu Tage tretenden Einschnürungen nur durch ge- ringere Anhäufungen von Ganglienzellen an diesen Stellen zu Stande gebracht !. Was dann den Verlauf der Fasern anlangt, so erscheint es zur klareren Darstellung angemessen, von transversalen Längsschnitten aus- zugehen, d. h. von solchen, die von einer Seite zur andern geführt sind. Der erste dorsale Schnitt zeigt nur Ganglienzellen, der zweite führt uns in den Ausbauchungen bereits Fasern vor, die in einem Bündel jederseits der Achse parallel verlaufen 2. Auf dem dritten Längsschnitt begegnen wir dann zweien Faserzügen jederseits, während deren drei in jeglicher Hälfte auf den folgenden fünf Schnitten sich wahrnehmen lassen. In den beiden nächst unteren treffen wir dann wiederum nur ein Längsbündel auf jedweder Seite*. Diese longitudinalen Fasern wer- den stets durch eine Masse getrennt, die dem Bilde nach Punktsubstanz zu sein scheint, in der That aber nichts Anderes vorstellt als durch- schnittene Nervenfasern, die in mehr oder minder nach der dorsalen Seite zu gekrümmtem Bogen von einer Seite des Bauchmarks zur andern ziehen. Dem entsprechend treffen wir denn auf den Längsschnitten auch noch Bündel querer Fasern an. Ihrer begegnet man auf dem ersten . Schnitte stets zwei; das eine derselben lagert unmittelbar hinter dem nächstvorderen medianen Tracheendurchtritt, das andere dicht vor dem nächstfolgenden. In den mittleren Schnitten sehen wir der Querfaser- züge mehr auftreten, so dass wir bei verschiedenen Einstellungen des Mikroskops deren vier bis sechs wahrnehmen, bei einer Einstellung aber in der Regel nur zwei. Von diesen queren Zügen verlaufen nur einige in der halben Länge jedes Knotens und zwar ist das allemal nur in den Schnitten der Fall, die das Bauchmark gerade in eine dorsale und ventrale Hälfte theilen und jede der Hälften noch wieder in zwei zer- legen, so dass ein hier geführter Querschnitt drei Querzüge aufweisen würde. Die übrigen Querfasern erblickt man stets mehr oder weniger vorn oder hinten in jeglicher Anschwellung. Vorn im Knoten verläuft auch jenes Faserbündel, das in den beiden tiefsten Schnitten, die die centrale Masse noch treffen, von einer Seite zur andern zieht. So kommt es, dass man bei Behandlung des ganzen Bauchmarks mit Kalilauge oder Glycerin stets ein Bild erhält, das uns, wie Leypıc ® angiebt, zwei Quer- 1 cf. Fig. 46. i 2 Wir sehen auch hieraus, dass die Einschnürung der Fasersubstanz durch die Ganglienzellen oben und namentlich unten eine ziemlich tiefe ist. 3 Fig. 47 If. 4 Siehe Anm. 2. 5 Fig. 47 af. 6 Leypıc, Vom Bau des thierischen Körpers. p. 228. 4 nn a Zr u ne BE ce 1 Beschr, des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 677 kommissuren zwischen den beiden Hälften einer jeden Bauchmarksan- schwellung vorzuführen scheint. Querkommissuren sind das indessen keineswegs, sondern nur Faserzüge, die aus den Ganglienzellen der einen Seite entspringen und zu dem peripheren Nerven der andern Seite sich begeben. Sie durchsetzen die longitudinalen Fasern im mehr oder min- der gekrümmten Bogen und sondern sie so in die eben beschriebenen zwei oder drei Längsbündel, je nachdem man unten und oben oder in der Mitte geschnitten. Dieses Durchsetzen der longitudinalen Fasern er- folgt auch in den Einschnürungen, ein Umstand, der schon aus dem Grunde erklärlich ist, weil in den letzteren die peripheren Ganglienzellen nie ganz fehlen, die, wie überall zu Packeten vereint, auch hier ihre Fasern bündelweise in das Innere des Bauchmarks hineinsenden, Fasern, die dann nach der gegenüber liegenden Seite sich ziehen und dort den Fasern des peripheren Nerven sich beimengen!. Eine Ausnahme von diesem Verhalten ist jedoch in den drei erstem Einschnürungen zu kon- statiren, an denen, wie bereits erwähnt?, Ganglienzellen nicht ange- troffen werden. Hier vereinen sich die durch die queren Faserbündel in den Anschwellungen getrennten Längszüge zu einem einheitlichen Stamm und stellen so zwischen den ersten vier Bauchmarksganglien wirkliche Längskommissuren her3. Dieser Umstand erscheint äußerst wichtig, wenn wir das Bauchmark der Larve mit dem der verschiedenaltrigen Puppen und des Käfers vergleichen; denn jetzt können wir mit Be- stimmtheit behaupten, dass die drei, die ersten vier Ganglienanschwel- lungen verbindenden Längskommissuren, die uns schon bei Betrachtung der jüngeren Puppe vor die Augen traten, bereits in der Larve angelegt sind. — Doch kehren wir zu den queren Faserbündeln zurück ! — Ihre Zahl und ungefähre Lage auf den einzelnen Längsschnitten habe ich be- reits angegeben‘; doch muss ich berichtigend hinzufügen, dass Das, was ich dort als ein Bündel beschrieb, und das bei weniger genauer Be- obachtung auch als ein einziges erscheint, in der That immer aus zweien besteht. An sehr dünnen Schnitten und bei verschiedenen Einstellungen des Mikroskops gewahrt man nämlich, dass es zwei, selten neben ein- ander verlaufende, meistens sich kreuzende Faserzüge sind, welch letztere indess unter so spitzem Winkel über einander hinziehen, dass man sie, wie gesagt, meistens für ein einziges hält. Von diesen entspringt jed- weder mit seinen Wurzeln aus den peripheren Ganglienzellen, wendet sich dann schräg nach vorn und oben und verläuft quer durch das Bauch- mark, um sich den Fasern des an dieser Seite vom selben Knoten ab- gehenden peripheren Nerven beizumengen. So verdanken also die peri- 2 Fig. 416. 2 Siehe oben p. 672, 3 Fig. 17. * Siehe oben p. 676. 5 Fig. 44 und 15. 678 H. Michels, pheren Nerven der einen Seite den die Querfaserzüge entsendenden Ganglien der anderen Seite zum größten Theil ihren Ursprung. In- dessen auch die Längsfasern nehmen an der Bildung der peripheren Nerven Antheil. Von jenen longitudinalen, der Achse parallel verlaufen- den Bündeln habe ich nämlich bei günstigen Präparaten in der Höhe der Einschnürungen ebenfalls Fasern abgehen sehen, die schräg nach vorn bis in den nächstvorderen Knoten verlaufen, in diesem aber unmittelbar vor den medianen Tracheendurchtritten im stark gekrümmten Bogen um- biegen, dann in der andern Hälfte des Bauchmarks bis zu dem Knoten, aus dem sie hervorgegangen, wieder nach hinten sich ziehen und sich mit den Fasern der von den Ganglienzellen der andern Seite kommen- den Bündel vereinigen, um mit diesen zusammen den peripheren Nerven zu bilden!. Die Zahl der Querfaserzüge wird nach oben und unten zu, wie das bereits erwähnt worden, geringer, wesshalb denn auch die Längsfasern der dorsalen und ventralen Partie zu einem einheitlichen Stamm verbunden bleiben und nicht in zwei oder drei Längsbündel sich spalten. — Ein genaueres, resp. ergänzendes Bild von dem Verlauf der queren Fasern auch in den anderen Regionen des Bauchmarks erhält man, wenn man nun auch Querschnitte betrachtet und diese zunächst aus der Mitte der einzelnen Anschwellungen wählt. Da sieht man denn häufig fünf, nicht selten aber auch nur vier oder gar drei Hauptquerzüge, von denen jeder wieder aus zwei sich kreuzenden Bündeln besteht. Die Zahl dieser queren Faserzüge ist indess, wie auf den Längsschnitten, so auch auf jedem einzelnen Querschnitte eine verschiedene bei verschie- denen Einstellungen des Mikroskops. Schraubt man nämlich das Objek- tiv um ein Minimum höher oder tiefer, so verschwinden etliche Quer- bündel aus dem Gesichtsfeld, und andere treten dafür in das Bereich des Sehens. Dieser Umstand besagt also, dass die nachher zu be- schreibenden drei bis fünf Hauptquerzüge, die uns fast auf allen Schnitten entgegentreten, nicht in kontinuirlichem Zusammenhang in Form größer nach oben gewölbter Blätter den betreffenden Knoten von vorn nach hinten durchsetzen, sondern dass dieselben aus einer sehr großen Zahl einzelner Bündel bestehen, die nur eine so winzige Dicke in der Richtung von vorn nach hinten aufweisen und in den einzelnen Schnitten eine so analoge Lage haben, dass sie auf jedwedem der letzteren mehr oder min- der nahe derselben Stelle wiederkehren und daher an einem (Quer- schnitt beschrieben werden können. — Der oberste der fünf Züge? ist nur aus wenigen Fasern zusammengesetzt, nimmt seinen Ursprung ent- weder aus oben seitlich gelagerten Ganglienzellen ? oder aus ventralwärts I ef. Fig. 47 gif. 2 Fig. 14, 15 ogf. 3 Fig. 15 ogf, links. + Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 679 liegenden, und bier kann er wieder entspringen außen! oder innen ? vom zweitobersten Querzug oder aber zwischen den Ursprungsstätten des zweit- und drittuntersten Bündels3. Je nach der Lage der Zellen nun, die diesen dorsalen Querzug bilden, verläuft er im stärker oder schwächer gekrümmten Bogen nach oben, um sich, unmittelbar unter der dorsalen Ganglienschicht verlaufend, zum peripheren Nerven der anderen Seite zu begeben. — Das zweite, nächst tiefere Hauptbündel* nimmt seinen Ursprung ebenfalls aus der seitlich an der Ventralfläche gelagerten groß- zelligen Ganglienschicht und zwar in der Regel aus jener Partie, die am meisten lateralwärts liegt, es wendet sich dann, innen von den seitlichen Ganglienzellen hinziehend, nach oben, bis es ein Achtel der ganzen Dicke der Fasersubstanz von deren Dorsalseite entfernt, ziemlich wagerecht nach der anderen Hälfte des Bauchmarks verläuft und zu dem periphe- ren Nerven dieser Seite sich begiebt. Ihn, wie den obersten Faserzug, kreuzt dann in der Medianlinie das dazu gehörige, von der entgegenge- setzten-Seite kommende Querbündel. Ebenfalls aus der ventralen Gan- gliensubstanz, aber mehr der Medianebene zu, entspringt der dritte Querzug und neben diesem, noch weiter nach innen, der vierte®. Beide ziehen in geringer Entfernung neben einander her, verlaufen erst auf- wärts, bis sie die halbe Höhe der centralen Fasersubstanz erreicht haben, wenden sich dann wagerecht der Medianlinie des Bauchmarks zu, treten in die andere Hälfte des Knotens ein und verschmelzen mit den übrigen, den peripheren Nerven des betreffenden Ganglions bildenden Querzügen. Dass auch zu ihnen zwei sie kreuzende und gerade entgegengesetzt ver- laufende Faserzüge gehören, braucht wohl kaum noch erwähnt zu wer- den. Der fünfte oder der unterste Querzug”? entspringt unten seitlich neben dem nächst oberen Querzug und zwar, je nachdem der Schnitt geführt ist, außen oder innen von diesem. Er ist der einzige, der, wenig- stens inmitten der Knoten, auf keiner Strecke seines Laufes eine dorsale Richtung einschlägt, sondern, der ventralen Ganglienmasse angelagert, wagerecht zu dem peripheren Nerven der anderen Seite zieht. In ent- gegengesetzter Richtung verläuft wieder das korrespondirende zweite Bündel dieses Querzuges. — Die so ihren Ursprungsstellen nach be- schriebenen Faserzüge bilden indess nur die Hauptbündel der mehrfach erwähnten fünf Querzüge. An diese treten nämlich auch noch feinere Bündel, die in mehr oder minder schräger Richtung aus allen Seiten der betreffenden Anschwellung kommen. Diese werden auf Querschnitten etwa auf halbem Wege abgeschnitten, so dass ein Bild entsteht, nach dem man beim ersten Anblick glauben sollte, dass ein Theil der den einen t Fig. 45 ogf, rechts. 2 Fig. 14 ogf, rechts. 3 Fig. 14 ogf, links. 4 Fig. 14 daf, 5 Fig. 44 maf. 6 Fig. 4%, 15, 16 ugf. T Fig. 44 vgf. 650 H. Michels, Hauptquerzug zusammensetzenden Fasern nach oben oder unten um- biege, um, im Bogen verlaufend, sich den Fasern des nächst oberen oder unteren Querzuges beizumengen !. — Diese Verhältnisse werden ein wenig modifieirt bei Querschnitten, die durch die medianen Tracheendurch- tritte oder unmittelbar davor oder dahinter geführt sind. Im letzteren Falle sind die analog wie vorhin entspringenden queren Faserzüge ge- nöthigt, nach der Medianlinie zu zu zwei?, resp. einem Bündel zu- sammenzutreten, da eben durch die medianen Wucherungen der granu- lärzelligen Schicht des Neurilemms nur Raum zum Durchtritt zweier oder auch nur eines Querbündels gegeben ist. — Fällt der Querschnitt un- mittelbar vor dem medianen Tracheendurchtritt, so bekommt man schein- bar eine in der Medianlinie des Bauchmarks von einer Seite zur andern hinziehende Punktsubstanz. Das rührt aber daher, dass, wie schon erwähnt, die in den Einschnürungen von den Längsfasern abtretenden Nervenzüge wegen der medianen Wucherung des granulär-zelligen Neurilemms diese im stark gekrümmten Bogen umlaufen müssen, um zur entgegengesetzten Seite zu gelangen. Die hier auf- und absteigenden Fasern werden im Querschnitt natürlich durchschnitten und müssen so das Bild einer aus Punktsubstanz gebildeten Querkommissur darbieten. Aus alle Dem geht also hervor, dass die peripheren Nerven von einer sehr großen Anzahl querer Faserzüge gebildet werden, die von allen Regionen der betreffenden Bauchmarksanschwellung kommen, zumeist aber unten seitlich oder ganz ventralwärts entspringen, sich dann dorsal ziehen und schließlich, von oben kommend, mit denjenigen Faserbündeln zum peripheren Nerven zusammentreten, die in den Trennungsebenen der einzelnen Knoten von den an Faserzahl stets geringer werdenden Längs- stämmen abtreten. Da der periphere Nerv des Weiteren in der Regel aus der hinteren Partie der einzelnen Anschwellungen austritt, so müssen die Querzüge, die vorn im Knoten entspringen, mit ihrer Krümmung von unten nach oben und oben nach unten zugleich eine Biegung von vorn nach hinten verbinden. Von dem so beschriebenen typischen Verlauf der Fasern im Bauch- mark sind in Bezug auf die ersten vier Knoten, so wie in Hinsicht auf den letzten vielleicht, Ausnahmen zu konstatiren. Dieser, von dem die letzten drei Nerven ausgehen, zeigt nämlich eine durch Tracheen und ! In dieser Weise zeichnet EmiLE Yung die entsprechenden Querzüge im Bauch- mark etlicher Decapoden. cf. Systeme nerveux chez les Crustaces d&capodes, in: Archives de zoologie exp@rimentale et generale. T. VII. p. 404. Pl. XXVII, Fig. 6; Pl. XXIX, Fig. 3. — Ich habe in den beigegebenen etwas schematisirten Zeichnungen immer nur den Ha uptfaserzug angegeben, um die Klarheit der Bil- der nicht durch Überfüllung zu beinträchtigen. 2 Fig. 15 dmgf und ugf. ui, = « e % Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasieornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 681 Neurilemm bedingte Gliederung in drei Theile, deren jeder einem der übrigen Bauchmarksknoten entspricht, nur dass hier die mediane Wuche- rung des granulär-zelligen Neurilemms keine so umfangreiche und somit die Trennung keine so vollständige ist. Der zweite, dritte und vierte Bauchmarksknoten, die außer den starken Beinnerven noch jederseits einen zur Körperwand tretenden Nerven abgeben und umfangreicher als die übrigen sind, bieten aus diesen Gründen auch zahlreichere Querkommissuren dar; wenigstens entspringen sie in einer Menge Bündel, die dann freilich auch hier sich zu den auf einem Querschnitt typisch sich findenden fünf Hauptquer- bündeln vereinigen. Noch komplicirter ist der Bau des Unterschlundganglions, das uns auf einem Längsschnitt, der etwa durch die halbe Dicke der Knoten ge- führt ist, bei ein und derselben Einstellung des Mikroskops oft sechs bis acht Querfaserzüge vorführt. Eben so ist auch die Zahl der die beiden Hälften dieses Knotens in Verbindung setzenden Bündel auf den Quer- schnitten eine weit beträchtlichere geworden, wenn auch im Großen und Ganzen das Bild dieser queren Züge noch fast dasselbe ist, wie wir es vorhin von den übrigen Knoten beschreiben konnten. Vielleicht deutet die Komplicirung und Vervielfältigung dieser Querbündel auf die Ent- stehung dieses Ganglions aus mehreren hin, wie dieses auch schon vor- hin aus einem anderen Grunde vermuthet worden !. Doch steht dem gegenüber, dass eine Trennung dieses Knotens durch mediane Tracheen- durchtritte und Wucherungen des granulär-zelligen Neurilemms in mehrere Theile, wie wir solche vom letzten Bauchmarksknoten zu kon- statiren vermochten, hier auch nicht einmal andeutungsweise zu erkennen ist. Indessen könnte eine derartige Sonderung ja nur aus dem Grunde nicht mehr wahrnehmbar sein, weil hier die Konkrescenz bereits weiter als im letzten Ganglion gediehen. Wie verhält es sich nun mit dem Tracheenverlauf in der Fasersub- stanz? — Wie bereits erwähnt, verästeln sich die Tracheen außer- ordentlich reichlich, sobald sie an die centrale Fasersubstanz hinantre- ten. Dieses Verhalten dauert auch im Innern der letzteren fort, so dass es auf Quer- wie auf Längsschnitten von durchschnittenen Tracheen wimmelt. Ihrer sieht man auf Längsschnitten namentlich viel zwischen dem äußeren und mittleren Längsfaserzug einer jeden Seite, wo sie, zu Bündeln vereint, massenhaft angehäuft sind, um mit den hier durch- schnittenen Querfaserzügen weiter zu verlaufen. Das größte dieser quer- geschnittenen Tracheenbündel liegt stets in der Höhe des vorderen Ran- i Oben p. 646. 682 H. Michels, des der medianen Tracheendurchtritte und stellt wahrscheinlich die vielfach getheilten Zweige der von jedem Stigma zur Unterseite der Bauchmarksknoten tretenden Tracheenäste dar. In den übrigen Theilen der Längsschnitte habe ich eine regelmäßige Vertheilung der Tracheen in den einzelnen Ganglien nicht wahrnehmen können. Dasselbe gilt von Querschnitten, auf denen man ihre Durchschnitte nicht minder häufig, aber auch nicht minder unregelmäßig vertheilt findet. I. Innerer Bau des Bauchmarks der Puppen. Das Bauchmark der Puppen können wir an dieser Stelle füglich über- gehen. Es genügt die Angabe der Thatsache, dass es bei jüngeren Thieren auch im innern Bau dem Bauchmark der Larven sich anschließt, ja diesem fast gleich gebaut erscheint, dass es aber um so mehr von die- sem Typus sich entfernt, je älter die Puppen werden, dass also, um es kurz zu sagen, die innern Verhältnisse, ganz entsprechend der äußeren Umbildung des Bauchmarks, sich umändern. Man wird sich somit eine ungefähr richtige Histologie des Bauchmarks der verschiedenaltrigen Puppen konstruiren können, wenn man den inneren Aufbau des Nerven- systems der Larven und Käfer genau erforscht und klar sich vorgeführt hat. Weıswann! hat für die Musciden einen Zerfall der Nervensub- stanz innerhalb des unverändert bleibenden Neurilemms angegeben, und behauptet also den Vorgang einer Histolyse. Ohne die Angaben des Autors in Betreff der Musciden in Zweifel ziehen zu wollen, muss ich jedoch an dieser Stelle hervorheben, dass mir bei den wenigen Puppenexemplaren, die mir mit Hilfe der Schnittmethode zu untersuchen zu Gebote standen, so wie auch bei älteren Larven, die gewiss in ge- nügender Anzahl präparirt worden, ein Bild, welches auf den Vorgang einer Histolyse deuten könnte, nie vorgekommen ist, vielmehr habe ich (am Oryctes nasicornis) stets deutliche Ganglienzellen da wahrgenommen, wo sie in entsprechender Lagerung im Bauchmark junger Larven und Käfer sich finden. Dasselbe gilt von den central gelagerten Faserelementen. II. Innerer Bau des Bauchmarks der Käfer. Am Bauchmark des Käfers sind wie an dem der Larve zwei Hüllen zu sondern. Das äußere Neurilemm? weicht in keiner Beziehung von dem der Larve ab; dagegen zeigt die granulär-zellige Nervenhülle 3 einen etwas anderen Bau, als auch eine abweichende Ausdehnung. Zu- nächst: Im Bauchmark der Larve konnten wir in dieser Neurilemm- schicht deutliche Zellen wahrnehmen; hier aber ist das nicht mehr in ! A. Weismass, Die nachembryonale Entwicklung der Musciden. Diese Zeit- schrift. Bd. XIV. 4864. p. 487. p. 326. 2 Fig. 18—28 an. 3 Fig. 18—28 gn. EEE ERROR TED BEE EEBE DRUIDEN, a ie Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 683 dem Maße der Fall. Ich glaube freilich Zellen auch hier gesehen zu haben, doch mag das auch nur Täuschung gewesen sein, in so fern sie zu Stande gekommen sein können durch Fasern, die nach Yung ! im Bauchmark der Decapoden zwischen den Kernen dieser Schicht ver- laufen sollen. Die Neurilemmkerne lagern hier beim Nashornkäfer indess dichter bei einander als in der Larve und die Substanz ist weit trüber und körniger denn dort. In Bezug auf den Bau der granulär-zelligen Nervenhülle des Bauchmarks der Käfer stimmen also meine Beob- achtungen völlig mit denen Leypıg’s? überein, wie sie in Hinsicht der Ausdehnung dieser Schicht den Yung’schen Angaben ® entsprechen, nach denen das granuläre Gewebe bei jungen Thieren (Larven) stärker als bei alten (Käfern) entwickelt ist, zugleich aber auch lockerer er- scheint. Machte nämlich die genannte Nervenhülle im Bauchmark der Larve an deren Ventralseite !/, der ganzen Dicke aus, so hält es hier an Stellen, an denen es am stärksten ausgebildet ist, nur noch 1/2 bis 1 der Dicke des Bauchmarks. Es ist auch hier dorsalwärts am schwäch- sten entfaltet, doch ist die Zunahme, die es nach der unteren Seite zu erfährt, eine sehr unbedeutende, ja oft ist eine ventrale Verdickung dieser Schicht kaum nachzuweisen *. Der Gonnex des granulär-zelligen Neurilemms mit der Ganglienumhüllung ist des Weiteren eine sehr innige geworden: Hier vermag man kaum eine scharfe Grenze zwischen Gan- glienschicht und granulär-zelliger Nervenhülle zu ziehen, während letz- tere sich bei der Larve von ersterer unter Anwendung eines geringen Druckes oder unter sonstigen äußeren Einwirkungen leicht löste. — Neben der Aufgabe, eine schützende Decke für das Gentralnervensystem herzustellen, liegt es nun dieser Neurilemmschicht noch ob, wie in den Larven, so auch hier die beiden seitlichen Hälften des Bauchmarks einer- seits und die einzelnen Anschwellungen andererseits von einander zu trennen, oder doch wenigstens eine Andeutung dieser Trennung zu be- wirken. Waren es aber dort die Tracheen, die großen Antheil an jener Sonderung nahmen, so kann man hier von ihnen nicht das Gleiche be- haupten. Sie finden sich freilich auch in der granulären Neurilemmschicht des Käfers in mindestens gleicher, wenn nicht noch größerer Anzahl, doch ist ihr Verlauf hier ein so unregelmäßiger, dass man ihnen einen Antheil an der Sonderung der centralen Nervenmasse nicht wohl zu- sprechen kann. Sie kommen eben von allen Seiten des Bauchmarks und dringen nach all und jeder Richtung in dasselbe ein. Sie finden sich 1 cf. EmıLE Yung, Systeme nerveux chez les Crustaces decapodes. p. 429 in: Archives de zoologie experimentale et generale. T. VII. 4878. 2 Vom Bau des tbierischen Körpers. p. 215 und 216. 3 EmıLE Yung. a.a. O0. p. 429. 4 cf. Fig. 20, 21 ; 23—28 gn. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIV. Bd. 44 684 H. Michels, somit auch in den medianen, die einzelnen Anschwellungen von einan- der trennenden Wucherungen des Neurilemms, aber — und das sieht man namentlich gut auf Querschnitten, die durch besagte Regionen ge- führt sind — sie verlaufen nicht mehr derart, dass sie als große Äste, zu mehreren vereint, von oben nach unten parallel mit einander die eigent- liche Nervensubstanz medianwärts durchsetzen, sondern hier sind es nur kleine Zweige, die in derselben Gestalt, Größe und Richtung auch in der centralen Fasermasse und peripheren Gangliensubstanz sich fin- den'. So bleibt also vorwiegend das granulär-zellige Neurilemm das Mittel, welches eine Trennung der centralen Nervenmasse hervorbringen kann. Die Art, wie dies geschieht, lernt man am besten an transver- salen Längsschnitten kennen. Dort sieht man median, etwas hinter der Linie, in der seitlich die peripheren Nerven abtreten, größere Neurilemm- massen, deren Kerne, klein und oft unregelmäßig-eckig, dieselben deut- lich als solche erkennen lassen ?. Doch kommen mediane Neurilemm- wucherungen auch in der halben Länge eines jeden Knotens namentlich vor, nur sind diese von geringerer Ausdehnung?. Auf sehr dünnen Schnitten endlich sieht man dergleichen Kerne in der ganzen Medianebene vom Anfang des Knotens bis zu seinem Ende ziehen, und nur da fehlen sie, wo quere Faserzüge von einer Seite zur andern verlaufen. Da deren in jedwedem Knoten in der Regel auf den einzelnen Querebenen zwei sind, so bekommen wir von diesen im Allgemeinen wiederum ein Bild, wie es Leypıs* von den einzelnen Bauchmarksanschwellungen giebt. Am weitesten ist diese Trennung der einzelnen Anschwellungen zwischen dem dritten und vierten Bauchmarksknoten, also zwischen erster und zweiter Ausbauchung der hinteren zusammenhängenden Ganglienmasse vor sich gegangen. Dort nimmt nämlich sogar das äußere Neurilemm an der Sonderung Theil: Seine homogene Masse ist in Ringform sehr deut- lich auf allen Längsschnitten zu sehen. Diese Erscheinung ist sonder Zweifel noch eine Andeutung, ein Rest jener Trennung, die uns bei jüngeren Puppen so ausgeprägt vor die Augen trat: dort war ja zwi- schen drittem und viertem Bauchmarksknoten eine deutliche, wenn auch nur kurze Längskommissur vorhanden ®. Somit stimmt die Gliederung des Bauchmarks der Käfer, so fern selbige in den medianen Wucherungen des granulär-zelligen Neuri- lemms hervortritt, fast vollkommen mit der des Bauchmarks der Larven überein. Anders aber ist es, wie bereits erwähnt’, mit der Gliederung, 1 Fig. 28 tr’. Vergl. auch Fig. 46 tr”. 2 Fig. 22 mgn. 3 Fig. 22 mgn’. 4 Leypis, Tafeln zur vergleichenden Anatomie. Taf. VI, Fig. 2 und 3; Taf. VII, Fig. A Cf; Taf. VIII, Fig. 4 Ba; Taf. IX, Fig. 1 Bm und Fig, 2 f. > Fig. 22 an’. Vergl. Fig. 25 an’. # Fig. 414 c—c. 7 Diese Arbeit p. 655 u. 656. a 20 Zn Beschr. des Nervensyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 685 welche in dem Verhalten der äußeren Nervenhülle sich kund giebt. Während nämlich bei der Larve das äußere Neurilemm und durch dieses wieder die innere Nervenhülle, wie die Ganglien- und Fasermasse in bestimmten Regionen bedeutend eingeschnürt wurde, so dass wir die einzelnen Knoten auch äußerlich und besser noch auf Längsschnitten als Ausbauchungen zu unterscheiden vermochten,, deutet hier außer den eben erwähnten medianen Wucherungen des granulären Neurilemms nichts auf eine derartige quere Gliederung hin, behalten doch centrale Fasermasse und darum lagernde Gangliensubstanz in summa der ganzen Länge nach dieselbe Dicke bei, nur die ersten beiden der verschmolzenen Ganglien sind gegen einander und gegen die übrigen in Form von Aus- bauchungen deutlich abgesetzt. Es hat nämlich eine Vergrößerung und seitliche Ausdehnung der centralen Fasersubstanz in der mittleren Region . dieser beiden Knoten stattgefunden, dagegen ist eine ringförmige Wuche- rung der inneren Nervenhülle in den Trennungsebenen dieser Knoten nicht zu konstatiren. — Gehen wir dann zur eigentlichen Nervenmasse des Bauchmarks selbst über, so gilt in Bezug auf diese zunächst das, dass die hintere Partie der verschmolzenen Gapglienmasse in ihren Ver- hältnissen, wie in ihrem Bau überhaupt der nervösen Substanz des Bauch- marks der Larven am nächsten kommt; daher werden diese hintersten Bauchmarksknoten sowohl in Hinsicht auf die Ganglienzellen als auch in Beziehung auf die centrale Fasermasse bei der Beschreibung den Aus- gangspunkt zu bilden haben. Aber selbst in dieser Region finden sich der Larve gegenüber mannigfache Abweichungen. Zunächst ist der Unter- schied zwischen der dorsalen und ventralen Schicht der Ganglienzellen in Betreff der Dicke hier kein so großer wie dort. Dieselbe ist nämlich auch hier dorsalwärts nur wenig entwickelt; doch ist sie im Gegensatz zur Larve auch ventral nicht eben stark ausgebildet. Das gilt wenigstens in Bezug auf die halbe Länge der Knoten!. Dort trifft man auch am seitlichen Um- fang nur wenig Ganglienzellen mehr als oben an. Anders ist es jedoch in den Regionen vor den Einschnürungen, wenn es gestattet ist, beim Käfer in dieser hinteren Partie der verschmolzenen Knotenreihe überhaupt von Einschnürungen zu reden. Da sind nämlich ventralwärts die Zellen massiger angehäult, ohne indess dieselbe Ausdehnung wie in der Larve zu gewinnen?. In den Trennungsebenen der einzelnen Knoten finden sich auch wohl am seitlichen Umfang etliche Ganglienzellen mehr als in der übrigen Strecke der einzelnen Knoten; doch ist deren Zunahme an diesen Stellen vom fünften bis zum neunten Knoten, wo ja, wie gesagt, die mediane Fasermasse kaum eingeengt wird, nur eine sehr unbe- ı Fie.26. ° 2 Fig. 27. 44% u 7 ir - e - - - 686 H. Michels, deutende!, dagegen wird dieselbe recht beträchtlich in den Trennungs- ebenen zwischen letztem und vorletztem, so wie zwischen vorletztem und drittletztem Knoten, und zwar erfolgt diese Zunahme auf Kosten der centralen Fasersuhstanz, so dass trotzdem die eigentlich nervöse Masse (Fasern plus Ganglienzellen) auch hier nicht eingeengt wird. Das Ver- hältnis der nervösen Elemente kommt in dieser Region also dem Verhal- ten, wie esallgemein im Bauchmark der Larve angetroffen wird, am nächsten, nur dass hier die Ganglienanhäufung um ein Geringes mehr nach oben verschoben ist, d. h. nicht ventral, sondern am seitlichen Umfang lagert?. — Wie ist nun das Verhältnis der Ganglienzellen unter einander? Dieselben sondern sich auch hier in Packete, und zwar ge- schieht das wie in der Larve dadurch, dass sie ihre Spitzen nach einer Richtung hinwenden /unipolare Zellen) , um ihre Fasern zu vereinigen, unıd sie bündelweise ins Innere des Bauchmarks hineinzusenden ?, — Nach der Größe der Zellen reden wir wie vorhin von kleinen, mittelgroßen und großen, resp. riesigen Ganglienzellen. — Kleine Zellen lagern wie überall im Bauchmark des Käfers, so auch in den hier zu beschreiben- den abdominalen Knoten rings um die centrale Fasermasse herum, diese also wie eine Hülle umgebend *. Von hier dringen dann auch Packete kleiner Zellen in die nebenliegenden großen und mittelgroßen Ganglien ein, doch ist deren Lage so unregelmäßig und die Packete sind so klein, dass wir auf eine genaue Angabe verzichten dürfen und uns gleich zu den großen Ganglienzellen wenden können. Wenige solcher trefien wir in den abdominalen Knoten zunächst seitlich auf den Querschnitten, die die peripheren Nerven eben vorn oder hinten ? treffen; sie sind also nicht vorhanden auf jenen Schnitten, die mitten durch die Nerven gehen. Große Ganglienzellen finden wir dann auch in den Trennungsebenen der Knoten selber vor; doch ist auch ihre Zahl vom fünften bis zum neunten Knoten nur gering. Zahlreicher werden sie in den beiden letzten Tren- nungsebenen, entsprechend der dort sich findenden größeren Zellenan- häufung®. Schließlich begegnen wir in dieser abdominalen Knotenreihe noch großen Ganglienkugeln in der dorsalen und ventralen Mittellinie, wie wir solche ja in entsprechender Lagerung auch im Bauchmark der Larve antrafen. Die dorsal-medianen Zellen lagern allemal im ersten und letzten Viertel einer jeden Anschwellung, ziehen also von jedweder Knotengrenzfläche eine kleine Strecke nach vorn und binten. Auch ihre Zahl ist stets nur klein. so dass man auf Querschnitten, die durch jene Fig. 22 zwischen C und Dund Dund E. Fig. 28. Vergl. auch Fig. 15 und 16. Fig. 22. Zwischen C und B, so wie zwischen B und A oben rechts. 4 Fig. 22, 26, 27, 38 kgz. 5 Fig. 26 sgz’. 6 Fig. 28 sgz. [N u 5 Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larveu-, Puppen- u. Käferzustande, 687 Region geführt sind, immer nur eine oder zwei antrifit!. Ihre Größe ist in der Regel etwas geringer als die der median-ventralen großzelligen Ganglienkugeln. Diese fehlen in den abdominalen Knoten nur im mittle- ren Drittel der Länge. Am größten sind sie allemal in oder unmittelbar vor den Trennungsebenen der Knoten; während sie aber zwischen neuntem und zehntem, zehntem und elftem Knoten nicht eben größer als die entsprechend lagernden Zellen der Larve sind 2, erlangen sie einen weit bedeutenderen Umfang in den Einschnürungen zwischen den übrigen abdominalen Knoten, so dass ihr Breitendurchmesser bis auf 0,075 mm, ihr Längendurchmesser aber auf 0,1 mm steigt. Auch in Betreff der Zahl dieser median-ventralen großen Zellen kommen die letzten beiden Kno- tengrenzflächen denen der Larve am nächsten; denn Querschnitte durch jene Regionen führen uns immer nur eine oder zwei große Ganglien- zellen vor, wogegen Schnitte durch die Trennungsebenen der übrigen Abdominalknoten oft fünf bis sechs solcher umfangreichen Zellen auf- weisen ®”. — Aus der Darlegung der Lage kleiner und großer Ganglien- kugeln und der ungefähren Zahlangabe der letzteren ergiebt sich nun einerseits die Lage der mittelgroßen Zellen schon von selber, anderer- seits aber stellt sich aus dem Gesagten auch die Thatsache heraus, dass die Zahl dieser letzteren eine sehr große und deren Ausdehnung eine sehr bedeutende ist, dass diese also den größten Theil der peripheren Ganglienmasse in den abdominalen Bauchmarksknoten ausmachen. Anders ist es mit den vorderen vier Knoten, den Thorakalganglien. Da nehmen zweifelsohne die großen Ganglienkugeln einen eben so be- trächtlichen Raum ein wie die mittelgroßen, wenn nicht, mit Ausnahme des Unterschlundganglions, einen eben so großen wie kleine und mittlere Ganglien zusammen. Dieser Umstand deutet im Verein mit dem oben Gesagten auch auf jene Thatsache schon hin, wonach das Verhältnis der Nervenzellen zur Fasermasse in diesen Knoten überhaupt ein ganz ande- res wird, als in der hinteren Ganglienpartie, was freilich nicht ausschließt, dass hier wie dort in Betreff gewisser Ganglienzellen dieselben Be- -ziehungen herrschen. Wir werden bei Beschreibung der Lagerungsver- hältnisse der Ganglienzellen dieser vier Knoten zunächst das angeben, worin sie mit den übrigen Bauchmarksknoten übereinstimmen und wer- den uns hier wie später auf die Angabe der Lage großer Zellen be- schränken; denn da wir wissen, dass die kleinen Ganglienkugeln immer nur unmittelbar an der Fasermasse sich finden oder doch nur zu winzigen Packeten seitwärts sich erstrecken, so ergiebt sich dann ja-die Lage der mittelgroßen Zellen von selber. I! Fig. 26, 27 dgz. 2 Fig. 28 vgz. 3 Fig. 27 vgz. 688 H. Michels, Wir unterscheiden auch hier wie an den hinteren Knoten große mediane und große laterale Zellen. Wir gehen zunächst zur Beschreibung der ersteren über, da sie sämmtlich eine den entsprechenden Zellen der abdominalen Knoten analoge Anordnung aufweisen. Wie in letzteren von den Trennungsebenen der einzelnen Knoten medianwärts dorsal und ventral Ganglienzellen nach vorn und hinten zogen, so auch in den vier vordersten Bauchmarksknoten; aber hier trifft man ihrer (dorsale sowohl wie ventrale Zellen) fast in derganzen Länge der Anschwellungen. Entsprechend den mehrfach erwähnten die Nerven- substanz in der Medianebene von unten nach oben durchsetzenden Wucherungen des granulär-zelligen Neurilemms sind jene großzelligen Ganglienreihen nämlich hin und wieder unterbrochen, so dass sie mit- unter auf einem Querschnitt fehlen, während sie auf dem nächstvorderen und nächsthinteren wieder vorhanden sind. Die Zahl der dorsal-medianen großen Zellen pflegt meistens eine zu En die der ventral-medianen in der Regel zwei bis drei !. Als eine Fortsetzung dieser beiden genannten Zellreihen sind wahr- scheinlich jene Ganglienzellanhäufungen aufzufassen, die im ersten und zweiten Bauchmarksknoten, d. h. in den beiden durch Kommissuren völlig getrennten Ganglien ganz vorn und ganz hinten lagern, also im zweiten Knoten zwischen den Wurzeln der Kommissuren sich einkeilen ? und im Upterschlundganglion vorn zwischen den Ursprungsstätten der Schlundringsschenkel und hinten zwischen den Anfängen der zum zwei- ten Knoten ziehenden Kommissuren sich finden 3. Wenden wir uns dann zu den lateralen großen Zellen, so finden sich solche in ganz derselben Weise wie in den abdominalen Ganglien der Vorderseite der peripheren Nervenwurzeln angelagert, wenigstens gilt dies in Bezug auf den zweiten, dritten und vierten Bauchmarks- knoten. Querschnitte, die durch jene Ebene geführt sind, die unmittel- bar vor dem Austritt der peripheren Nerven sich findet, zeigen nämlich dergleichen große Zellen zwischen den mittelgroßen eingestreut. Da nun die peripheren Nerven gleich von ihrem Ursprung an nach hinten sich wenden, so können Querschnitte, die genau senkrecht zur Längsachse des Bauchmarks geführt sind, ihrer nur wenige aufweisen; — dass die- 1 Fig. 20 dgyz, Fig. 24 vgz. 2 Fig. 49 cgz’ und cgz” und Fig. 21 egz’. 3 Fig. 48 cgz’ und cgz”. Diese vorderen und hinteren großzelligen Ganglienan- häufungen der beiden ersten Bauchmarksknoten lagern also ganz so, wie sie Levis in den Nervencentren der Arthropoden in der Regel angetroffen hat. cf. Loypıc : Vom Bau des thierischen Körpers. p. 229. Beschr. des Nerveusyst. von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande. 689 selben uns aber immer nur eine oder zwei solcher Zellen vorführen!, das beweist, dass ihre Zahl überhaupt nur gering ist. Die übrigen lateralen großen Ganglienzellen zeigen eine Anordnung, die, wie bereits erwähnt, auf den ersten Anblick sich ganz abweichend von jenen Verhältnissen zu gestalten scheint, wie wir sie an den abdo- minalen Knoten vorhin beschrieben haben. Doch ist eine Zurückführung _ auf letztere nicht unmöglich, wie später gezeigt werden wird. Da aber weiter das Verhältnis dieser Nervenzellen zur Fasermasse bei jedem ein- zelnen der vier vordersten Knoten sich verschieden gestaltet, so erscheint es räthlich, selbige in dieser Beziehung einzeln vorzuführen. Der letzte der Thorakalknoten, also die vierte Bauchmarksanschwel- lung, ist noch vollkommen mit den abdominalen Ganglien verschmolzen, doch ist die centrale Fasermasse außerordentlich voluminös geworden, so dass sie die Fasersubstanz der unmittelbar hinteren Knoten fast um das Doppelte an Ausdehnung übertrifft?. Nun aber ist diese Größenzu- nahme nicht allmählich erfolgt; vielmehr setzt sich diese Bauchmarksan- schwellung ganz plötzlich vom fünften Knoten ab; ja, da der zweite der von dieser Ausbauchung abtretenden Nerven schräg nach hinten ver- läuft, so ist die Fasermasse eben in Folge dieses eigenthümlichen Ab- tretens des dritten Beinnerven an jedweder Seite nach hinten vorgezogen. Im Gegensatz zur centralen Fasersubstanz nimmt jedoch das granulär- zellige Neurilemm, bereits früher (Ende des fünften Knotens) sich aus- bauchend, nur ganz allmählich nach vorn hin an Ausdehnung zu. Es ist also an dieser Stelle zwischen Nervenhülle und Fasermasse ein großer Raum gelassen. Derselbe wird ausgefüllt von Ganglienzellen, die in der Mehrzahl außerordentliche Größe haben, so dass sie den in den Ein- schnürungen lagernden median-ventralen Zellen an Umfang nichts nach- geben. Diese Ganglienanhäufung zwischen fünftem und viertem Bauch- marksknoten kennzeichnet sich auf Längsschnitten stets in Form eines Dreiecks auf jeglicher Seite, eines Dreiecks, dessen der Basis gegenüber liegender Winkel durch die seitwärts nach hinten vorgezogene Fasermasse dieser Anschwellung einerseits und durch die äußeren, der Längsachse parallel laufenden Fasern des fünften Knotens andererseits gebildet wird®, Das besagt also, dass die hier lagernde Ganglienmasse sich von hinten her einkeilt zwischen den seitlichen Fasern des fünften Knotens und denen des seitlich nach hinten vorgezogenen Zipfels des vierten Ganglions. Des Näheren erfolgt dieses Einkeilen in der Weise, dass die Masse der großen Zellen am umfangreichsten (breitesten, dicksten) ist in der Mitte der Dicke des Knotens, und dass sie nach unten und oben 1 Fig. 20 und 24 pgz. 2 Fig. 22 B. 3 cf. Fig. 3 s’. 4 Fig. 22 sg2’—sgz'. 690 H. Michels, zu allmählich abnimmt, d. h. sich zuspitzt, so aber, dass die Spitzen oben und mehr noch unten nach vorn hinübergezogen erscheinen (Halbmond- form) ( >. Dass dem so ist, geben uns Querschnitte durch jene Re- gionen kund. Sind selbige ganz hinten durch letztere geführt, so sieht man jedwede Hälfte des Querschnitts durch Ganglienzellen noch wieder in zwei völlig getrennte, aber ungleiche Theile getheilt, deren äußere und kleinere Hälfte uns fast nur punktförmige Masse vorführt, herrührend von den quergeschnittenen Fasern der seitlich nach hinten ausgezogenen Zipfel dieses Knotens. Sind die Schnitte jedoch etwas weiter vorn ge- führt, so wird die centrale Fasermasse nicht mehr völlig durch Ganglien- zellen getheilt, sondern letztere dringen nur von oben und unten in Form spitzwinkliger Dreiecke mehr oder minder weit in die Fasersubstanz ein!. Dann sind auch die Zellen nicht mehr sammt und sonders von jenem bedeutenden Umfange, vielmehr hat die Mehrzahl derselben nur mittlere Größe !. Noch weiter vorn geführte Schnitte zeigen solch ein in die Fasersubstanz eindringendes Gangliendreieck nur an der ventralen Seite?2. Schließlich stellt sich das gewöhnliche Verhältnis vollständig wieder her. Also: Eine Zunahme der Ganglienzellen erfolgt in der Trennungsebene vom vierten und fünften Knoten eigentlich nur von der Seite her. Freilich greift eine geringe Einengung der Fasermasse in dieser Region auch von oben und unten her Platz, aber hier wird die Ab- nahme der faserigen Elemente nicht auch durch eine Zunahme der Gan- glienzellen ersetzt. Dieselbe Gestaltung, denselben Umriss wie die Fasersubstanz dieses Knotens hat auch die der nächstvorderen Anschwellung, des dritten Bauchmarksganglions. Dasselbe ist aber nicht mehr so vollkommen mit dem vierten Knoten verwachsen, wie dieser mit dem fünften ; vielmehr ist zwischen beiden eine kurze von Querfasern nicht mehr durchsetzte Längskommissur vorhanden, deren Andeutung ja schon darin gegeben ist, dass hier medianwärts selbst das äußere Neurilemm von oben nach unten durch das ganze Bauchmark sich hindurchzieht?. Indess eine echte Kommissur ist dies darum doch nicht; denn eine solche soll ja aus Längsfasern und Nervenhülle allein bestehen. Hier aber schnürt sich das Neurilemm nicht in gleichem Maße wie die Fasersubstanz ein, sondern behält beinahe die vorige Ausdehnung und Weite bei, welche es auf den benachbarten Ganglienknoten hat. Der so gebotene Raum zwi- schen beiden Geweben wird nun von Ganglienkugeln ausgefüllt und 1 cf. Fig. 23. 2 cf. Fig. 24. 3 Vergleiche dazu den in Fig. 25 dargestellten Querschnitt, der freilich aus der Einschnürung zwischen drittem und viertem Knoten genommen ist. 4 Fig. 22 und 25 an’. Bu UL 2000 2 un a Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppeu- u. Käferzustande. 691 zwar von solchen, die mindestens dieselbe Größe haben wie die in der nächsthinteren Einschnürung lagernden und bereits beschriebenen Zellen. Auf Längsschnitten nehmen diese zelligen Elemente einen vierseitigen, trapezarligen Raum ein !, auf Querschnitten erscheinen sie in Form eines Dreieckes oder besser Kreisausschnittes, von unten oder oben her in die Fasersubstanz sich einkeilend, d.h. also, im Großen und Ganzen ist das Verhalten hier ein ähnliches, wie das in der Einschnürung zwischen viertem und fünftem Bauchmarksganglion, so dass die Nervenzellen nur von der Seite her in die Fasermasse eindringen, dann von hinten zwi- schen der centralen Partie und dem nach hinten ausgezogenen seitlichen Zipfel der Fasermasse sich einkeilen und sich oben, vorzugsweise aber unten auf geringe Strecke sichelförmig um dieselbe herumbiegen. Dorsal- und ventralwärts erfolgt keine Zunahme der Ganglienzellen, obwohl die Fasersubstanz um ein Geringes auch hier schwächer wird?2. Wie ge- sagt, werden diese seitlichen Ganglienanhäufungen zum größten Theil aus sehr voluminösen Zellen gebildet; eine Ausnahme von diesem Ver- halten macht jedoch die Region, die diese Einschnürung gerade in der Mitte durchschneidet: Ein hier geführter Querschnitt weist nämlich neben einer recht bedeutenden Anzahl mittelgroßer Zellen nur etwa zwei oder drei sehr umfangreiche Ganglienkugeln jederseits auf?. Gehen wir nun am Knoten weiter nach vorn, so spitzt sich dessen Fasermasse hier wiederum etwas jäher zu als das Neurilemm. Folge davon ist, dass auch dort, wo zuerst Querfasern in der Anschwellung auftreten, jederseits größere Ganglienmassen mit großen Zellen sich ansammeln, doch ist ihr Komplex kein so bedeutender, wie die vorhin gezeichnete Anhäu- fung zwischen drittem und viertem Knoten, wie denn auch anderer- seits die einzelnen Zellen nicht ganz den Umfang der Ganglienkugeln jenes Komplexes erlangen *. — Endlich finden sich auch zwischen den beiden zum zweiten Ganglion ziehenden Kommissuren Nervenzellen, deren Größe der der eben beschriebenen, seitlich gelagerten Ganglien- kugeln gleichkommt. Was dann den zweiten Bauchmarksknoten anlangt, so stellt dessen Fasermasse auf dem Längsschnitt im Großen und Ganzen ein Parallelo- gramm dar, dessen eine Diagonale von vorn nach hinten zieht, resp. die Wurzeln der vorderen und hinteren Kommissuren verbindet, dessen andere Diagonale von einer Seite zur andern verläuft, resp. die Wurzeln der beiderseitigen peripheren Nerven vereint, dessen vier Seiten ferner Ganglienmassen in Form von vier stumpfwinkligen Dreiecken derart an- gelagert sind, dass ihre stumpfen Winkel von den Vierecksseiten der 1 Fig. 32 sgz”. 2 cf. Fig. 25. 3 Fig. 25 sg2”. 4 Fig. 22 sgz””. 5 Fig. 22 Acgz. 692 H. Michels, Fasersubstanz einerseits und den nach vorn oder hinten abtretenden Kommissuren andererseits gebildet werden!. Von diesen vier Ganglien- ansammlungen, die allesammt fast nur Zellen jener mehrfach erwähnten, außerordentlichen Größe führen, sind die beiden vorderen stets die min- der umfangreichen. Diese nehmen nach oben und unten zu in gerader Richtung allmählich an Dicke ab, während die beiden hinteren Anhäu- fungen, ventralwärts wenigstens, in einer Linie, die mehr der äußeren Seite als der Mitte der Fasersubstanz nahe ist, noch auf kurze Strecke in letztere sich einkeilen und so sichelförmig um selbige sich herum- biegen. Auf Querschnitten, die durch die hintere Region dieser zweiten Bauchmarksanschwellung geführt sind, sieht man nämlich unten seit- lich Ganglienzellen in Dreiecksform in die Faserelemente eindringen, also analog, wie in den vorhin beschriebenen Einschnürungen 2. Das Unterschlundganglion schließt sich in Betreff der Lage seiner lateralen großen Zellen ganz dem zweiten Bauchmarksknoten an, in so fern solche dort wie hier vorn und hinten seitlich lagern, freilich insumma minder an Zahl, im Einzelnen geringer an Umfang 3. Aus alle Dem geht also hervor, dass, so verschieden auch im Übri- gen die Gestalt und Ausdehnung dieser lateralen großzelligen Ganglien- anhäufungen sein mögen, alle vier vordersten Knoten doch darin über- einstimmen, dass jene Zellgruppen mehr oder minder vorn und hinten seitlich lagern. Mit diesen Lagerungsverhältnissen lassen sich nun aber die in den Trennungsebenen der Knoten lagernden großen Zellen sehr leicht in Einklang bringen: Wir brauchen uns zu dem Behuf nur die einzelnen Knoten aus einander gerückt und die in oder unmittelbar vor den Knotengrenzflächen sich findenden großen Ganglienzellen vergrößert, vervielfältigt und etwas seitwärts nach vorn oder hinten verschoben zu denken. Aus alle Dem geht also hervor, dass die Verhältnisse der Ganglien- zellen, speciell die Lagerungen der großen Zellen, sich in den verschie- denen Ausbauchungen nicht wesentlich ändern, dass sie auch auf die Verhältnisse, wie sie allgemein im Bauchmark der Larve sich finden, zurückführbar erscheinen und nur als Modifikationen derselben sich dar- stellen. Das Gleiche gilt von der centralen Fasermasse, deren äußerer Um- riss und lokales Verhältnis zur umliegenden Gangliensubstanz bereits dargelegt worden. Sie wird zunächst gebildet von drei parallel zur Achse verlaufenden Längszügen 4. Diese finden sich auf allen trans- versalen Längsschnitten, die die Fasersubstanz treffen, in gleicher Anzahl, 1 Fig 19 sgz’ und sgz” und Fig. 21 sgz’. 2 Fig. 20 sgz. 3 Fig. 18 sgz. 4 Fig. 18, 49, 22 If. Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 693 nur auf dem obersten und untersten derselben ist nur ein Längszug vor- _ handen. Unseren Beobachtungen entgegen scheint aber Yung! die ent- sprechenden Längsfaserzüge nur in der dorsalen Hälfte des Bauchmarks bei Decapoden angetroffen zu haben. Dagegen stimme ich dem genann- ten Autor bei, wenn er sagt, »die Längskommissuren sind nur Fort- setzungen der Längsfasern und stammen nicht aus den benachbarten Ganglien«?. Die drei Längsfaserzüge setzen sich nämlich in der That ununterbrochen durch alle Knoten fort, freilich nicht immer als drei gesonderte Stämme. Diese schmelzen aber auch nur in der Längs- kommissur zwischen erstem und zweitem Ganglion, so wie in der zwi- schen zweitem und drittem Knoten und überdies auf kurze Strecke auch in der Einschnürung zwischen dritter und vierter Anschwellung zu einem Längszug zusammen. Von hier bis zum neunten Knoten bleiben sie fast gleich weit von einander entfernt und nur in den Trennungs- linien der drei letzten Ganglien nähern sie sich wieder um ein Geringes. Die Zahl der die einzelnen Längsbündel zusammensetzenden Fasern nimmt nach hinten hin ab, wie das auch Yung? angiebt. Wenn dieser aber von den Decapoden behauptet, jene Zahl sei vorn vier Mal so groß wie hinten, so müssen wir gestehen, dass uns hier wenigstens die Ab- nahme nie so bedeutend erschienen ist. Es gehen nämlich auch hier in den Einschnürungen von den Längsfasern kleine Bündel ab, die in ana- loger Weise wie die entsprechenden Fasern im Bauchmark der Larve verlaufen, so also, dass der betreffende Zug von den Längsbündeln der einen Seite zum peripheren Nerven der anderen Seite zieht®. In den ersten vier Ganglien des Käfers habe ich diese Fasern freilich nicht wiederfinden können; doch da sie in allen Bauchmarksknoten der Larve, so wie in den Abdominalganglien des Käfers sich finden, so werde ich sie dort wohl zur übersehen haben. In ähnlicher Weise durchsetzt auch noch eine große Menge an- derer querer Faserbündel das Bauchmark. Sie kommen von den Gan- glienzellen der einen Seite und ziehen in einem nach oben gekrümm- ten Bogen zum peripheren Nerven der anderen Seite. Sie setzen sich wie im Bauchmark der Larve aus mehreren Bündelchen zusammen, die die Ordnung der Ganglienzellen zu Packeten bedingen. Da diese Bündel- chen aus allen Richtungen der Knoten kommen, so sind sie seitwärts auf Querschnitten zum großen Theil abgeschnitten, ein Umstand, der jene Erscheinung hervorruft, nach der die Enden der Züge seitlich im Bogen mit einander zu verschmelzen scheinen. Die genannten Querzüge ! Archives de zoologie experimentale et generale. p. 438. 2 Yung, a.c. 0. p. 436. 3 Yung, a.c. 0. p. 438. 4 Fig. 18, 49, 22 gif. 694 H. Michels, entsprechen sich zu je zweien allemal in der Weise, dass sie gerade in der Medianebene der Knoten unter einem Winkel sich kreuzen, der in der Regel so spitz ist, dass man beide Faserbündel für eins zu halten geneigt ist. Ähnlich scheint auch Yung die Verhältnisse bei Decapoden gefunden zu haben, ob er sich in dieser Beziehung gleich sehr zurück- haltend äußert !. — Des Weiteren lagern diese Querzüge so im Knoten, dass sie auf jedwedem Querschnitt so ziemlich in derselben Anordnung wiederkehren. Auf diesen finden sich aber beim Käfer in der Regel nur drei, seltener vier Faserbündel?, während in der Larve häufig deren fünf vorhanden waren. Diese geringere Zahl scheint darin ihren Grund zu haben, dass einerseits der ventrale Querzug oft fehlt, andererseits aber das zweit- und drittunterste oder das zweit- und drittoberste Bün- del zu einem einzigen verschmolzen sind. Dafür spricht, dass gewöhn- lich einer der drei oder vier Züge sehr faserreich erscheint, dafür spricht endlich auch die Thatsache, dass die Schnitte in oder unmittelbar vor den Einschnürungen in Hinblick auf die Anordnung der Querzüge ganz jenen Bildern gleichen, die aus den entsprechenden Regionen des Bauch- marks der Larve genommen sind. Hier wie dort erscheinen nur zwei, resp. ein Querbündel. Sie wie die in der Mitte der Knoten auftretenden queren Faserzüge nehmen analogen Ursprung wie in der Larve, so dass sie meist aus ventralwärts gelagerten Zellen entstehen; doch kommen auch wie in der Larve Abweichungen vor, in so fern namentlich Neben- bündel, die mit dem Hauptbündel zusammen einen Querzug bilden, auch seitwärts oder dorsal entspringen, je nach der Lage der Schnitt- ebene. Eine genaue Darlegung ist aber bei dem von mir eingehältenen Präparationsverfahren kaum möglich, weil die Verhältnisse zu mannig- faltig sind. — Zu erwähnen ist noch, dass die Fasern eines (uerzuges nicht immer ihrem ganzen Verlauf nach einheitlich zum Bündel geordnet bleiben, sondern dass etliche derselben sich loslösen und zu einem an- deren Querzug iibertreten, so dass die durchschnittenen Längsfasern, die sich auf dem Querschnitt als punktförmige Masse darstellen, im bun- ten Gewirr von einzelnen queren Fasern durchsetzt erscheinen ?, nur die untersten quergeschnittenen Fasern der Querschnitte bilden eine einheit- liche » punktförmige« Masse. Solche Lostrennungen faseriger Elemente und Übertretungen derselben von einem Bündel zum andern fanden sich auch im Bauchmark der Larve, aber nicht so häufig und evident wie hier. — So auf Querschnitten. Längsschnitte ergänzen das Bild. Sie 1 Yung, a.c. O. p. 44 0—A441. ” Fig. 20 ogf, dmgf, ugf, vaf; Fig. 23 odgf, umaf; Fig. 24 ogf, dqf, umgf, vgf; Fig. 26 ogf, dgf, umgf, vagf;, Fig. 27 ogf, daf, umgf; Fig. 28 dgf, maf, ugf. 3 Vergl. Fig. 15 und 27. 4 cf. Fig. 20. u UL nt ae ae Besehr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u, Käferzustande, 695 zeigen eine Abnahme der Querbündel nach oben und unten hin; im All- gemeinen führen sie uns zwei bis drei Züge vor, oben und unten deren aber nur einen. Mehr oder weniger der halben Dicke eines jeglichen Knotens zu bleibt-immer ein von Querfasern nicht durchsetzter Raum ; doch ist dieser auf dem einen der Schnitte mehr nach vorn, auf dem anderen mehr nach hinten gerückt. Jeder einzelne Schnitt bietet also wieder das Leypıc’sche Bild von Querkommissuren, zumal die nach un- ten gebogenen Enden der einzelnen Züge seitlich abgeschnitten sind. Eine geauere Betrachtung belehrt uns indess eines Anderen! Die vorn im Knoten lagernden Bündel nehmen auch dort ihren Ursprung, die hinten sich findenden in dieser Region. Das sieht man namentlich auf Längsschnitten, die durch die vier ersten Bauchmarksanschwellungen geführt sind!. In diesen sind die einzelnen Querzüge auch faserreicher, entsprechend der größeren Ausdehnung der Knoten, der bedeutenderen Zahl der hier lagernden Ganglienzellen und dem größeren Faserreich- thum der von ihnen gebildeten peripheren Nerven. — Etwas anders als die übrigen Knoten ist das Ganglion infraoesophageum gebaut, in so fern es nämlich hier wie in der Larve mehr Querzüge führt, so dass man deren auf einem Längsschnitt nicht selten vier his sechs begegnet ?. So kämen wir schließlich zu der Verbreitung der Tracheen im Innern des Bauchmarks. Ihre Zahl ist außerordentlich groß, fast größer noch als in den Nervencentren der Larve. Über ihre Lage und Anord- nung kann ich jedoch keine Angaben machen, da ich sie eben überall, und überall in fast gleicher Zahl gefunden. Vielleicht ist aber der Um- stand hier noch zu erwähnen, dass die größten Ganglienzellen, die ven- tralen sowohl wie die lateralen, auf Querschnitten an ihren Rändern mit runden, hellen Flecken besetzt erscheinen?. Sie kommen mir wie scharfumrandete Löcher vor, die ich gern als quergeschnittene Tracheen ansprechen möchte. Doch habe ich auf Längsschnitten nichts dem Ent- sprechendes auffinden können. Ich muss somit die Bedeutung dieser Gebilde dahingestellt sein lassen. Nachdem wir so auch die Histologie des Bauchmarks der Käfer dar- gelegt haben, sind wir am Schluss unserer Arbeit angelangt. Des klaren Überblicks wegen stellen wir aber die Resultate unserer Studie noch einmal kurz zusammen. Es ergiebt sich nun zunächst, dass die getrenn- len Nervenknoten des Bauchmarks des Käfers während der Metamor- phose in keiner Weise durch Neubildung entstehen, sondern aus dem Bauchmark der Larve lediglich durch Streckung desselben hervorgehen. Aber auch die peripheren Nerven gehen aus der Larve in den Käfer über, 1 Fig. 18, 49 und 22 gqf. 2 Fig. 48. 3 Fig. 21 cgz’ und sgz’; Fig. 23 sgz; Fig. 25 sgz”; Fig. 27 vgz. 696 H. Michels, und auch hier erfolgt nicht ein histolytischer Untergang der larvalen Nerven, sondern höchstens ein Zuwachs von neuen der Larve abgehen- den und für den Käfer gebildeten Nervenzweige. Für den Vorgang einer bloßen Streckung spricht zunächst die gleiche Zahl der Bauchmarkskno- ten und die nahezu gleiche der peripheren Nerven im Käfer wie in der Larve, dafür spricht die Zurückführbarkeit der Tracheen (speciell der Bauchmarkstracheen) der Käfer auf die der Larven, dafür sprechen end- lich auch die allmäblichen Übergänge im Nervensystem der Puppen, so- wohl in Betreff der äußeren Gliederung als auch in Hinsicht auf die inneren histologischen .Verhältnisse. Aus letzteren ergiebt sich weiter, dass die hinterste Bauchmarksanschwellung eigentlich aus dreien be- steht und dass die in den jüngeren Puppen auftretende, später äußerlich wieder verschwindende Kommissur zwischen drittem und viertem Kno- ten im Käfer andeutungsweise auch noch vorhanden ist. Ferner: Eine Punktsubstanz im Sinne Leyvig’s scheint zu fehlen und eben so Quer- kommissuren, die die Ganglien der beiden Hälften eines jeden Knotens in Verbindung setzen sollen. Statt der letzteren treten hier außerordent- lich zahlreiche Querfaserbündel auf, die, aus den Ganglienzellen der einen Seite entstehend, den peripheren Nerven der anderen Seite bilden, jedoch zusammen mit einem Bündel, das in den Einschnürungen von den jedwede Bauchmarkshälfte durchziehenden drei Längszügen abiritt. Diese parallel der Achse verlaufenden Faserelemente ziehen sich ununterbrochen von einem Ende des Bauchmarks zum anderen, so dass also auch die Kommissuren aus ihnen gebildet werden. Letztere nehmen somit weder aus einer centralen Punktsubstanz, noch aus einer peri- pheren Ganglienmasse ihren Ursprung, sondern sind bloß Fortsetzungen jener nach hinten an Dicke abnehmenden Längsfaserzüge, die sich durch . die Schlundringskommissuren bis zum Gehirn verfolgen lassen. u a De u ee Mi Fi Seedorf, December 1879. Beschr. des Nervensyst. von Oryetes nasicornis im Larven-, Puppen- u. Käferzustande, 697 Erklärung der Abbildungen. Tafel X