| Alex. Agassiz. Fibrarn of the Aluseum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARTARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, Doundced bp private subscription, In 1861. DER NN Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben von Carl ‚Theodor v erg n der Universität zu Müncheı und Albert Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg. Sechzehnter Band. Mit 32 Kupfertafeln. Ti — LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. I 1866. ER TR Re 1 ET Narr } au OH us onen m er 7 | i | Fl RE Te IS Sr ER y wi ran, a Var) DENE; ‘ ir is in 1 RER a aelille or din r art { ‚suhlsıh Wr his: ra wohin vum Yr al, RR Nu Dusch K osirıkonale or EN inioka ereigu ns 2 R Fr . EN TER Inn VAL, SATIN Inhalt des sechzehnten Bandes. Erstes Heft. Ausgegeben den 1. März 1866. Unlersuchüngen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess der- selben. Von Dr. Leonard Landois. (Taf. I.) . Die Raupenaugen (Ocelli compositi mihi). Von Dr. Hermann Landois in Münster. (Taf. IL.) . Ä . i Die Metamorphose der Corethra plumicornis. Von Dr. Aug. Weismann. (Taf. IT —VIL). A ri ee Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren. Vorläufige Mittheilung von El. Mecznikow - Kleinere Mittheilungen.. Neue Methode Schmetterlinge zu copiren. Von Dr. Hermann Landois in ee a Zweites Heft. Ausgegeben den 1. Mai 1866. Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren von dem Zustande der ausgewachsenen Raupe an bis zu dem des entwickelten Schmetterlinges, von Wilhelm Blasius, Stud. med. aus Braunschweig Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Luftsäcke des Huhns. Von Emil Se- lenka in Göttingen. (Taf. VII). . Zur Anatomie von Philomycus carolinensis Bosc. Von Wilhelm Keferstein, M.D. in Göttingen. (Taf. IX.). . EN Ueber das Gehörorgan von Locusta. Von V. Hensen. (Taf.X.) . Ki Ein Beitrag zur Kenntniss der Gallenwege in der Leber des Säugethiers, Von # G.Irminger und H. Frey. (Taf. XI.) . Veber die Trachomdrüsen oder Lymphtollikel der Conjunctiva. Von G. Hu- $uenin und H. Frey... Seile 133 IV Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel. Von HeinrichCurschmann, Stud. med. aus Giessen. (Taf. Xl.). Zur Entwicklungsgeschichte von Myzostomum. Von Elias Mecznikow. (Taf. XIII A.) ns Zur Naturgeschichte der Caprella. Von Dr. Anton Dohrn. (Taf, WB). . Drittes Heft. Ausgegeben den 13. September 1866. Neue Infusorien im Seeaquarium. Von Dr. Ferdinand Cohn in Breslau. (Taf. XIV u. XV.) Ueber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. Von Dr. R. Buchholz in Greifswald. (Taf. XVI u. XVII). Ueber Coscinosphaera ciliosa, eine neue Radiolarie. Von Alexander Stuart ans Pekaraburg. (Taf. XVIEET FI ER ee Apsilus lentiformis, ein Räderthier. Von El. Mecznikow. (Taf, XIX... . Ueber eine Süsswassercrustacee im Nil. Von Dr. med. C,B. Klunzinger, Sanitätsarzt in Kosseir. (Taf. XX.). I. Zusatz. Von Dr. E. v. Martens in Berlin. Il. Zusatz. Von Prof. C. Th. v. Siebold. Ueber die Niere von Tropidonotus natrix und der Cyprinoiden, Kurze Mit- theilung von OÖ. Gampert. (Taf. XXI.) . Ueber die Cohnheim’schen Felder der Muskelquerschnitte. Von A. Kölliker. MR 8% > BA Preisliste mikroskopischer Präparate. Viertes Heft. Ausgegeben den 6. December 1866. Embryologische Studien an Insecten. Von Elias Mecznikow. (Mit Taf. XXIII —-XXIXN... on Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Ver- knöcherungsprocess derselben. Von Dr. Leonard Landois, Privafdocenten und Assistenten am anatomisch-physiologischen Institute der Universität Greifswald. Mit Taf. 1. .— | 1. Abschnitt. Das Verhalten der Bindesubstanz zu den Bildungszellen. "ReicHert!) that im Jahre 1845 den für die richtige Erkenntniss der uns hier vorliegenden Gewebsgruppe äusserst wichtigen Schritt, dass er die Gewebe des Bindegewebes, Knorpels und Knochens in eine Gruppe verwandter Bildungen zusammenfasste, der er den Namen der Bindesubstanz gab. Der gemeinsame Charakter dieser Gewebe beruht nach Reichert darin, dass es zwischen den ursprünglichen elementaren gekernten Bildungszellen zur Entwickelung einer gallertigen Zwischen- substanz kommt. Diese Zwischensubstanz verschmilzt mehr oder we- niger innig mit der Oberfläche der Zellen, nimmt an Masse und Festig- keit mehr oder weniger zu und gestaltet sich so zur Grundsubstanz der fertigen Gewebe. Noch genauer, als es von Rricnert geschehen war, wurde die Gruppe der Bindesubstanzen von Vırcnow im Jahre 1851 als eine einheitliche Gewebsclasse charakterisirt. Vırcuow hatte, und un- - abhängig von ihm Doxpers, ‚das Vorkommen sternförmiger Zellen, der Bindegewebskörperchen, im Bindegewebe nachgewiesen, er bewies ihre Identität mit den sternförmigen Knochenzellen, und hob ihre Verwandt- Schaft zu den Knorpelzellen hervor. Die zwischen den zelligen Ele- . 4) Bemerkg. zur vgl. Naturf. u. vgl. Beob. über Bindegewebe und die ver- | wandten Gebilde. 1845. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. ) p) Dr. Leonard Landois, menten liegende Masse wird als Intercellularsubstanz bezeichnet sich nicht aus Zellen entwickelt, und in welcher beim Binde Bildung der Fibrillen ganz unabhängig von den zelligen Elementen vor sich geht. Diese Aufstellung blieb nicht ohne Anfeindung, indem vor- nehmlich Hexte sich bemühte, das Vorkommen der von Vırcnow aufge- stellten Bindegewebskörperchen im gewöhnlichen Bindegewebe zu be- streiten. Abweichend von den Ansichten Reıcnerr’s und Vırenow’s, die also zwischen den Zellen eine besondere Intercellularsubstanz constatiren, steht die Ansicht Remar’s da, der fussend auf dem Boden der Embryo- nalentwickelung die Grundmasse der Bindesubstanz auffasst als hervor- gegangen aus einer Verschmelzung der secundären äusseren Membranen der zelligen Elemente der Bindesubstanz. Eine Intercellularsubstanz ist daher in dem Sinne RrıcHerr’s und Vırcnow’s nicht vorhanden. Die ganze Schwierigkeit, wie sie in der Lösung der Bindegewebs- frage vorliegt, wie die zelligen Elemente derselben aufzufassen, ob eine Intercellularsubstanz zu constatiren sei. oder nicht, hat ihren letzten Grund in der Feststellung des Charakters der Zelle selbst. So lange man, wie REICHERT es fort und fort festzuhalten bestrebt ist, einer jeden Zelle eine besondere Hüllmembran vindicirt, wird es auf dem Gebiete der Bindesubstanz nie zur Klarheit kommen, weil hier Zellmembranen anfänglich gar nicht existiren. Um zur richtigen Ansicht über das Wesen und die Bedeutung der zelligen Elemente und der zwischen denselben vorkommenden Zwi- schensubstanz der Bindesubstanz zu gelangen, wird der Weg der Ent- wickelungsgeschichte der sicherste sein, indem wir nachweisen, wie aus den ursprünglichen Bildungszellen die verschiedenen im fertigen Binde-, Knorpel- oder Knochengewebe vorkommenden Elemente sich differenzirt haben, ein Weg, der namentlich von Reıcnerr und RemAk für die thierischen Gewebe überhaupt mit Erfolg betreten worden ist. Wir haben, um von diesem Gesichtspuncte aus unsere vergleichen- den Untersuchungen zu leiten, anzufangen mit den ursprünglichen Bil- dungszellen der Gewebe, den Furchungskugeln des Eies, von welchen Reicnert!), KöLLiker?) und Remar°) den Beweis lieferten, dass sie die Vorläufer aller zelligen Elemente des Thierleibes seien. Die Betrach- tung dieser primitiven Zellen hat als unzweifelhaft gelehrt, dass die- selben hüllenlose mit einem Kerne versehene Protoplasma- kugeln seien, zwischen denen von einer Intercellular- 4) REICHERT, Entwickelungsleben. 1840. 2) Entw. d. Cephalop. 4844. p. 444. 3) Unters. über d. Entw. d. Wirbelth. 4855. P Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 3 substanz sieh nichts vorfindet. Wenn wir demnach in diesen "Zellen, den Bildungselementen äller Gewebe, die zugleich mit der "grösseonh Lebenskraft zur Fortpflanzung sg sind, weder Zell- - membranen noch Intercellularsubstanz vorfinden, so muss es uns schon _ von vorn herein wahrscheinlich werden, dass törktere Gebilde nur als secundäre Formationen der späteren Gewebe aufzufassen seien, und ‚als nöthige Bestandtheile von Zellen oder Zellgeweben in keiner Weise „angesprochen werden können. So lange noch eine Zelle fähig ist, ähn- _ lich den Furchungskugeln, sich durch Theilung fortzupflanzen, so lange ist sie stets hüllenlos. Wo aber in einem fertigen Gewebe die Zelle an _ ihrer Oberfläche eine differenzirte feste Hülle abgeschieden hat, wird _ sie zur Fortpflanzung untauglich, sie dient dann nur den Functionen ' der Ernährung, Secretion, überhaupt nur noch dem Stoffwechsel. Die Zellmembran ist als eine abgeschiedene GCuticula, wie Leyvdis es be- | zeichnet hat, aufzufassen, in welche hinein der lebendige Zellkörper von dem Geschäfte der Fortpflanzung sich gleichsam zurückgezogen hat. Soll die Vermehrung aufs Neue vor sich gehen, so muss. diese - Schranke fallen, die klösterliche Zellhülle, welche eine Proliferation in- _ hibirte, wird böseiligt undan den wie die Stammeltern völlig freien, kann nun erst durch Theilung des Zellkörpers eine Vermehrung wiederum vor sich gehen. Ueberall dort wo Zellbildung vor sich geht, sehen wir die _ Zellen hüllenlos, ähnlich den Furchungszellen. Eine passendere Stelle _ für das Studium dieser Verhältnisse liefern die geschichteten Epithelien _ der äusseren Haut, der serösen sowie der Schleimhäute. HexrE!) und Luscnka?) haben gezeigt, und die Entdeckung ist leicht zu constatiren, dass die tiefen Schichten der Epitheliallager aus Kernen bestehen , die . von hüllenlosen Protoplasmamassen umlagert sind, ohne dass von Zell- hüllen etwas zu bemerken wäre. An der äusseren Haut von Kalbs- ‘ embryonen konnte ich mich auf das deutlichste davon überzeugen, dass während die oberste Zellschicht aus polygonalen platten Zellen mit be- sonderen Zellmembranen bestand, das tiefe Lager nur Zellen führte, die als einfache Protoplasmaklümpchen mit eingeschlossenem Kerne er- schienen. Ja die Protoplasmamassen benachbarter Zellen können sogar mit einander verschmelzen, verkleben, so dass eine gemeinsame kern- haltige Anhäufung der Zellsubstanz vorhanden ist, wie sie REmak?) aus der Leber einer Froschlarve abgebildet und beschrieben hat und wie man sie auch an andern Orten, z. B. im Knochenmarke vorfinden kann. Mehr gegen die Oberfläche der Epitheliallager sondern sich die Zell- 4) Allg. Anat. p. 231. 229. 2) Struct. d. serös. Häute p. 73. 3) Unt. Tafel IX. 23. 4 Dr, Leonard Landois, körper und das Protoplasma verdichtet sich endlich an der Oberfläche einer jeden Zelle zu einer Zellmembran. Nur in den tiefen hüllenlosen Zellschichten kann eine Vermehrung vor sich gehen, und von der Tiefe aus drängt eine neue gebildete Zelllage die andere vor sich her, die eingeschlossenen Zellen der obern Lage dienen nur noch dem Stofl- wechsel, sie sind unfähig der Fortpflanzung. Es wäre indess jedenfalls zu weit gegangen, wollte man, wie M. ScauLtze!) es angedeutet, aber später wiederum’ zurückgenommen hat?), die Zellhülle als eine gleichgültige, hinderliche, die Deerepidität der Zelle bezeichnende Bildung ansprechen. Im Gegentheil, gerade so charakteristisch und nothwendig das Fehlen der Hülle für die in dem Geschäfte der Fortpflanzung befindlichen Zellen ist, so charakteristisch und nothwendig ist die Hülle der ganzen Mehrzahl derer Zellen, welche nur als Organe und Träger des lebendigen Stoffwechsels fungiren. Wenn wir uns nach diesen Auseinandersetzungen besonders dem Bindegewebe zuwenden, so ist es zunächst das embryonale Bindege- webe, welches unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Die ur- sprünglichen hüllenlosen Bildungszellen des Bindegewebes, die Ab- kömmlinge der Furchungskugeln, lagern sich mit ihren Protoplasma- körpern eng aneinander, ihre Oberflächen verkleben mit einander, der Protoplasmagehalt benachbarter Zellen läuft in einander, wie Oeltropfen auf einer Wasseroberfläche, und so sehen wir als die erste Vorbildungs- stufe des Bindegewebes eine zusammenhängende Protoplasmamasse mit eingelagerten Kernen. Diese Bildungsstufe hat namentlich auch Baur?) richtig beschrieben und ich habe seine Angaben durchaus bestätigt ge- funden. ‚Wir sehen eine Anzahl häufig mit deutlichen Kernkörperchen ausgestatteter Kerne in einer mässigen Menge structurlosen Protoplas- mas eingelagert und somit von einander getrennt. Diese bläschen- artigen Kerne beschrieben ausserdem bereits Scuwann'), HenLe°), Manor‘) und Huxey”). Ein Versuch die Zellen von einander zu tren- nen, scheitert mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln jedesmal, man erhält nur die Kerne, an deren Peripherie Bruchstücke und Fetzen der nächstliegenden Protoplasmamassen hängen geblieben. Von der rich- tigen Auffassung dieses primitiven Gewebes hängt die Beurtheilung der 4) Muskelkörperchen. Archiv f. Anat. 1861. 2) Protoplasma. Leipz. 1863. 3) Entw. d. Bindesubst. 4858. 4) Mikroskopische Unters. p. 133. 5) Allg. Anat. p. 379. 6) Anat. microscop. II. p. 282. 7) Hente’s Jahresb. 1854. p. 39. 4 Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 5 späteren Bildung durchaus ab. Die Deutung , wie ich sie vorgetragen, schliesst sich den Ausführungen von M. SchuLtze an, die ihre volle Be- rechtigung in den bereits von Remak constatirten Thatsachen der Histo- genese haben. Scuwann hielt die Kerne ebenfalls für echte Kerne, um welche herum, wie er annahm, sich später der Zellkörper entwickeln würde, eine Reihe anderer Forscher enthält sich bei der Frage, ob die eingelagerten Bläschen Zellen oder Kerne seien, einer definitiven Ent- . scheidung, Baur betrachtet sie endlich geradezu als Zellen, und obschon er sie morphologisch mit freien Kernen identificirt, so spricht er ihnen den Charakter echter Zellen dennoch mit Bestimmtheit zu!). So kommt er in diesem primitiven Gewebe zur Annahme von Zellen und zwischen- gelagerter Intercellularsubstanz und legt dadurch den Grund der fehler- haften Auffassung, die die sonst durch Klarheit der Darstellung und Genauigkeit der Beobachtungen ausgezeichnete Abhandlung durchzieht. Ich hebe dem gegenüber auf das bestimmteste hervor, dass von Intercellularsubstanz gar nichts existirt, das höchst einfache Gewebe besteht lediglich aus den ver- schmolzenen Protoplasmaleibern der Bildungszellen mit den darinliegenden Kernen. Auch ich entnahm, wie Baur, das Material von Rindsembryonen verschiedener Grösse. Was die nähere Beschaffenheit der Kerne und der Protoplasmatheile anbetrifft, so be- stätigen meine Untersuchungen die Angaben Baur’s. Die Kerne, rund- liche Bläschen mit deutlicher Hülle, zeigen bei Essigsäurezusatz eine Unlöslichkeit der Hülle und nur geringe Trübung des Inhalts in Form eines körnigen Niederschlages in den peripherischen der Hülle zunächst liegenden Bezirken. Ein Kernkörperchen, hell und homogen, ist meist nachweisbar. Die Kerne nebst Kernkörperchen sieht man oft in der Theilung begriffen, indem der Nucleolus getheilt erscheint, die Kern- masse sich verlängert und zur Theilung sich anschickt. In dem geschilderten primären Zustande des Bindegewebes sind alle Arten desselben nach gleichem Typus angelegt. Nun erfolgt die Ausbildung zu der charakteristischen Form des reifen Gewebes, die ja in der Gruppe des Bindegewebes eine mehr minder abweichende ist. Aber auch diese definitive Ausbildung, dieses Heranreifen, geht nach gleichem Typus vor sich. Der Vorgang lässt sich in folgender Weise zusammenfassen. Die den Zellkernen zunächst liegenden Protoplasma- sehichten verhalten sich abweichend von den peripherischen Massen. Dieselben nehmen eine sowohl physikalisch als auch chemisch von den peripherischen Theilen verschiedene Beschaffenheit an, gestalten sich l.c. pag. 17. 6 Dr. Leonard Landois, ferner rücksichtlich der Form nach so, dass die dieKerne zunächst um- gebenden Protoplasmarinden unter einander mittels Ausläufer in Ver- bindung bleiben. Sind die Ausläufer nur nach zwei Seiten entwickelt, so entstehen die spindelförmigen, sind sie nach mehreren Richtungen hin angelegt, so entstehen die sternförmigen Bindegewebskörper- chen. So entsteht ein anastomosirendes Zellennetz in einer Substanz, die so wie früher auch jetzt noch echte Zellsubstanz ist. Das Netz ana- stomosirender Zellen bleibt auch jetzt hüllenlos wie vordem die Ge- sammtzellen hüllenlos waren. Auf diese Weise ist es in dem Binde- gewebe zur Bildung einer von den Zellennetzen differirenden Grund- substanz gekommen, die Grundsubstanz verbleibt aber dennoch in enger Verbindung mit den Zellennetzen. Ich glaube, dass es durchaus passend ist, wenn wir die Bezeichnung Grundsubstanz fallen lassen und dafür den von Remak vorgeschlagenen Namen »Parietalsub- stanz« einführen, da diese Bezeichnung das genetische Verhältniss richtig charakterisirt. Die einem jeden Bindegewebskörperchen zu- nächst liegende Schicht Protoplasma bleibt in ihren Lebensfunetionen innig mit der Zelle verknüpft, es ist eigenes Fleisch, eigener Leib der Zelle, die Zelle ernährt ihn, kann ihn durchdringen mit festeren Massen, kann ihn verflüssigen und einschmelzen. Indess nicht alle Zellenbezirke der primitiven Bindegewebsanlage brauchen an der Bildung des ana- stomosirenden Netzwerkes theilzunehmen, bei einer mehr weniger grossen Anzahl gruppirt sich der Protoplasmaantheil mehr und mehr eng um seinen Kern, und so entstehen isolirte zwischen den Zellen- netzen eingelagerte Zellindividuen, aus denen später Gefässe, Fett etc. sich bilden, anfangs ohne umgebende Hüllmembran, die indess später als Erhärtung der Protoplasmarinde auftreten kann, wie wir sie als Hüllmembran der Fettzellen beispielsweise vor uns sehen. Die zwischen den Zellennetzen liegende Protoplasmamasse der ur- sprünglichen Bildungszellen des Bindegewebes, die Parietalsubstanz der Bindegewebszellen, verhält sich nun in der weiteren Entwickelung verschieden , je nachdem das Gewebe zu geformtem oder ungeformtem Bindegewebe sich heranzubilden bestimmt ist. Die einfachsten Ver- hältnisse finden sich oflenbar da, wo das zwischengelagerte Protoplasma als gallertig schleimige und zugleich structurlose Masse persistirt (Schleimgewebe Virenow) , Verhältnisse, wie wir sie im Nabelstrange, dem Glaskörper und dem Schmelzorgan der Zähne vorfinden. In der gallertigen Grundsubstanz finden sich hin und wieder auch noch ein- zelne runde Zellen vor, die sich dem Systeme der netzförmig verbun- denen Bindegewebskörperchen nicht angeschlossen haben und so als gesonderte Individuen persistiren. Ist der Protoplasmagehalt dieser Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 7 Zellen von der Parietalsubstanz nicht deutlich abgesondert, so erschei- nen einfache Kerne in der gallertigen Masse eingelagert. Die Reichhaltigkeit der Zellen in der sogenannten Zwischensub- stanz, d. h. innerhalb der peripherischen Protoplasmamassen der ur- sprünglichen Bildungszellen, kann eine sehr wechselnde sein, ja die Zellen können endlich völlig darin geschwunden erscheinen. Im All- gemeinen gilt das Gesetz, je reichlicher die Zwischensubstanz, desto spärlicher und kleiner die Zellen. Ueber die Natur der anastomosirenden Bindegewebszellen ist ein langer Streit geführt worden. Scuwann!) hielt sie für diejenigen Ele- mente, aus deren Zerfaserung die Fibrillen des Bindegewebes hervor- gehen, Vırcnow betrachtet sie als hüllenhaltige Zellennetze, die in der Grundsubstanz als in einer Intercellularsubstanz eingelagert sind, Henze?) erklärt die Gebilde für Streifen Gytoblastem, welches die Kerne sich angeeignet haben, Luscnka°) für eine Umlagerung der Kerne mit einer Rindensubstanz, MAnpr*) für eine Dehiscenz der Grundsubstanz um den Kern, Baur?) hält sie endlich für eine Verdichtung der galler- tigen Zwischensubstanz um die eingeschlossenen Kerne und fügt hinzu: »Es liegt nahe, das Auftreten der spindel- oder sternförmigen Körper des Schleimgewebes demselben einfachen Processe einer Verdichtung zuzuschreiben, welcher dem Erscheinen der Fibrillen in der ebenfalls ursprünglich gallertigen Grundsubstanz des Sehnengewebes zu Grunde liegt«. Und weiter sagt er: »Die Verlängerung der Ausläufer, ihre netz- förmige Verbindung, ihr sprossenartiges Wachsthum muss auf dieselbe Weise gedeutet werden wie der Vorgang der Fibrillenbildung, welcher mit einer Zellenmetamorphose nichts zu thun hat. Also nicht Zellen, dieinFibrillenauswachsen, sonderneine ArtFibrillen, welche Kerne einschliesst und desshalb Zellen ähnlich wird, findensichalsBestandtheile desSchleimgewebes«. Wie die Bildung der anastomosirenden Zellennetze zu Stande kommt, darüber herrscht, wie wir sehen, unter den Forschern eine ziemlich einheitliche Ansicht, und eine Vergleichung meiner vorhin gegebenen Erörterung dieses Bildungsprocesses zeigt, dass ich mich mit derselben im Einklange befinde. Indess den bezeichneten Gebilden den Zellen- charakter abzusprechen, wie Baur®) es versucht, halte ich für verfehlt. 4) Untersuchungen. 3) Allg. Anat. 3) Anat. d. männl. Brustdrüse, Müll. Archiv 1852. 4) Histogenese p. 285. 5). 1. c. p. 35. #6).1:.0.p- 39. 8 Dr. Leonard Landois, Dass denselben keine besondere Hülle zukommt, ist kein Grund gegen die Zellennatur, da alle vermehrungsfähigen Zellen hüllenlos sind, dass aber auch ferner nicht die eingeschlossenen Kerne, wie Baur es will, die Zellen repräsentiren, dagegen spricht zunächst die Thatsache, dass die Gebilde sich physikalisch und chemisch durchaus wie echte Zellen- kerne verhalten, und ferner die entgegengesetzte Meinung fast aller Forscher, die dieselben als Kerne bezeichnet haben. Was die zwischen- gelagerte Substanz anbetrifft, so kann ich Vırceuow nicht beistimmen, der dieselbe als Intercellularsubstanz auffasst. So wie in der primitiven Anlage die Intercellularsubstanz fehlte, so fehlt sie auch jetzt noch, denn es hat keine neue nachweisbare Zwischenbildung zwischen den Zellen stattgefunden und sie konnte nicht stattfinden, weil alle Bildungszellen auf das engste mit einander verschmolzen sind. Es hätte erst wieder eine Trennung der ursprünglichen Bildungszellen vor sich gehen müs- sen, um eine interstitielle Abscheidung möglich zu machen. Diese findet aber sicherlich nicht statt. Es bleibt daher nichts anderes übrig als anzunehmen, dass die zwischengelagerte Substanz als der peripherische Antheil der ursprünglichen Bildungszellen aufzufassen sei, wie M. SCHULTZE es zuerst gethan hat und wie ich ihm vollkommen beipflichte. Dem besprochenen »Schleimgewebe« gegenüber verhält sich das fibrillenhaltende Bindegewebe in ähnlicher Weise und zwar sowohl das feste geformte, wie wir es in den Sehnen und den fibrösen Organen überhaupt vorfinden, als auch das lockere, areoläre, formlose. Denn der Unterschied zwischen diesen beiden ist, wie Reıcnerr!) mit Recht hervorgehoben hat, nicht durch eine Abweichung der in denselben ver- einigten histologischen Elemente, sondern einfach durch eine modifi- cirte Anordnung derselben bedingt, wie es die dasselbe führenden Organe bestimmen. Als Typus des geformten Bindegewebes nehmen wir die Sehne. Der Beginn der Entwickelung ist hier ganz und gar der des Schleimgewebes analog. Auch hier bilden sich die anastomosiren- den Zellennetze der Bindegewebskörper, indem sich die den Kernen zunächst liegenden Protoplasmarinden von den peripherischen Massen differenziren. So entsteht aus der primitiven Anlage der mit den Zell- körpern in Eins verschmolzenen Colonie der Bildungszellen ein ana- stomosirendes Zellennetz mit zwischengelagertem formlosen Proto- plasma. Letzteres liefert nun den Boden für die Fibrillenbildung. Dass die Fibrillen keine Kunstproducte, Faltenbildungen , wie ReicHerr be- hauptet, sind, wird durch die Betrachtung eines Querschnittes, sowie durch die isolirte Darstellung der Fibrillen bewiesen, wie sie RoLLETT 4) Jahresb. 1852. — Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 9 und Hente gelehrt haben. Was den Process der Fibrillenbildung selbst anbetrifft, so stimme ich mit der von Baur!) gegebenen Darstellung durchaus überein. »Erklärt man — so führt er aus — den Vorgang durch eine Spaltung, Dehiscenz einer homogenen Substanz, so hat diese Bezeichnung das Unrichtige, dass mit dem Auftreten der Fibrillen die Continuität der Membran noch durchaus nicht unterbrochen ist. Viel- mehr glaube ich, dass alle Erscheinungen der Fibrillenbildung am . besten erklärt, das Wesen derselben vielleicht näher bezeichnet wird, wenn man in derselben das Bestreben einer noch weichen Substanz sieht, ihre Moleküle in gewisser Richtung fester an einander zu lagern, beim Festwerden ein bestimmtes Gefüge anzunehmen, das sich eben in der Streifung und der Spaltbarkeit ausspricht«. Ich will es zugeben, dass dieser Process gewisse Aehnlichkeit aufweist mit’der Bildung der Krystalle in einer Mutterlauge, aber denselben, namentlich mit Hinblick auf das von Leyvie?) beschriebene, den Silberglanz der Schwimmblase und des Peritoneums bedingende Bindegewebe der Fische, geradezu als eine Art organischer Krystallisation aufzufassen , erscheint mir als ‚ein verfehlter Versuch. Die Reichhaltigkeit der Fibrillenbildung ist be- kanntlich eine sehr verschiedene: in den Sehnen und Ligamenten liegt eine Faser dicht neben der andern angelagert, während an anderen Orten die Fibrillen in mehr minder grossen Abständen in gelockter Richtung verlaufen. Die Bildung der elastischen Fasern, die so oft neben den Bindegewebsfibrillen vorgefunden werden, ist der Bildung dieser letzteren völlig analog, wie wir aus den übereinstimmenden Untersuchungen von H. Mürrer, Hentz, Reicnert und KÖLLiker ent- nehmen können. Ueberhaupt lässt sich zwischen den Bindegewebs- fibrillen und elastischen Fasern nicht unter allen Umständen eine scharfe Grenze ziehen, vielmehr finden vielfache Uebergänge beider Elemente statt. Das die fibrillenhaltige Masse durchsetzende Netzwerk der Binde- gewebskörperchen in den Sehnen hat seit geraumer Zeit verschiedene Deutungen erfahren müssen und es lässt sich nicht leugnen, dass in der That dieser Gegenstand zu den schwierigsten und delicatesten Fragen der Histologie gerechnet werden muss. Während wir in demselben ein Netzwerk anastomosirender Sternzellen mit Vırcnow annehmen, erklärt Hente dieselben nun schon seit geraumer Zeit als Lücken zwischen den Fibrillensträngen,, in welchen Kerne eingelagert sind. Es ist wahr, in der ausgewachsenen Sehne der Säugethiere hält es sehr schwer, sich von der Existenz dieser Zellennetze zu überzeugen, weil sie klein und 4) 1. c.p. 20. 2) Unters. über Reptilien und Fische p. 29. Müll. Arch. 1853. Lehrb. d. Histol. p. 379. 10 Dr. Leonard Landois, spärlich und ihre Kerne nur winzig erscheinen. Aber in den sich zum Össilicationsprocess vorbereitenden Sehnen der Vögel tritt die Sache unzweifelhaft hervor. Hier treten sie mächtig entwickelt auf, ihre Kerne sind bedeutend gewachsen und ich werde bei der Beschreibung der Vogelsehne zeigen, wie es leicht gelingt, ganze Zellennetze theilweise isolirt darzustellen. Hier muss, wie mir scheint, der Einwurf fallen, wir haben isolirte Lücken vor uns. Aber, könnte man sagen, diese Netzwerke haben dennoch auf den Namen echter Zellen keinen An- spruch, denn sie besitzen keine Hüllen oder sie können einfache Kunst- producte sein. Aber auch dieser Vorwand muss schwinden, wenn wir nachweisen, wie beim Össificationsprocess des Sehnengewebes aus diesen zelligen Elementen echte Zellen wie Mark- und Fettzellen und die Bildungszellen der Blutgefässe hervorgehen. Noch ist bei der Beschreibung der Elemente der Sehne eines Theiles Erwähnung zu thun, nämlich der epitheliumartigen Plättchen an der Oberfläche der gesammten Sehne und ihrer gröberen Abtheilungen, die von Hexe!) zuerst beschrieben wurden und die ich später bei der Be- schreibung der Vogelsehne näher vorführen werde. Es sind kernlose in einfacher Lage die Sehnenstränge überkleidende polygonale Schup- pen, auf deren Aehnlichkeit mit’den Schüppchen der Haare Hexıe hin- gewiesen hat, ein Vergleich, der als passend bezeichnet werden muss. Die Sehne, respective ihre einzelnen Bündel lassen sich, was ihre genetische und histologische Eigenthümlichkeit anbetrifft, mit der quer- gestreiften Muskelfaser sehr wohl in Einklang bringen, wie es von WALDEYER ?) nach den Ergebnissen der Untersuchungen M. ScuuLtze's?) über die Muskelkörperchen geschehen ist. Die Muskelkörperchen und Bindegewebskörperchen bilden das Netzwerk anastomosirender hüllen- loser Zellen, die peripherischen Protoplasmatheile der ursprünglichen Bildungszellen gehen über in die Fibrillen der Sehne und des Muskels, und endlich haben wir noch eine Hülle, beim Muskel das structurlose Sarkolemm als Cuticularabscheidung der Zellcolonie einer jeden ganzen Muskelfaser, bei der Sehne oder ihren einzelnen Bündeln die aus Sahunzitben. bestehende Ueberkleidung. Ich komme zur Besprechung des Knorpelgewebes und babe auch bier das Verhältniss seiner Elemente zu den ursprünglichen Bil- dungszellen zu bestimmen. Den gegebenen Erörterungen über das Bindegewebe entsprechend schliesse ich mich mit M. ScuuLrze der An- sicht Remar’s an, der Reichert, HenLe, Baur und Azsy gegenüber gar 4) Canstatt’s Jahrb. 1854. pag. 24. 2) Gentralbl. f. die med. Wiss. 4865. N. 8. 3) Ueber Muskelkörperchen etc. Dubois-Reichert’s Archiv 4864, Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 11 keine Intercellularsubstanz annimmt. Die sogenannte Grundsubstanz, die Remak!) seinen Anschauungen gemäss höchst passend auch hier als »Parietalsubstanz« bezeichnet hat, ist vielmehr auch hier hervor- . gegangen aus der Verschmelzung der peripherischen Bezirke der ur- sprünglichen Bildungszellen. Histologisch besteht zwischen dem Knor- pelgewebe der Warmblütigen und dem Bindegewebe vorzugsweise der Unterscheidungspunct, dass bei ersterem die Zellen im reifen Gewebe nicht mit Fortsätzen in anastomosirender Verbindung stehen. Durch Beobachtung der Entwickelung des Knorpelgewebes einerseits, anderer- seits durch Zerlegung desselben mittels Reagentien kann man den Nach- weis liefern, dass die scheinbar vorhandene Intercellularsubstanz gar nicht existirt, sondern dass sie lediglich aus sogenannten verschmolze- nen Knorpelkapseln hervorgegangen ist. An manchen hyalinen Knor- peln kann man die Verschmelzungslinien deutlich auch ohne Reagentien erkennen, sehr schön gelingt dies aber auch durch Tinctionen mit Ani- lin. Man entwässert dünne Schnittchen Hyalinknorpel in absolutem Alkohol und setzt dann den herausgenommenen eine wässerige Lösung von Anilinroth zu. Man sieht alsdann, wie von den Zellen aus sich die Parietalsubstanz imbibirt und zwar in Höfen, die endlich an den Gren- zen der verschmolzenen sogenannten Kapseln verschwimmen. Die Parietalsubstanz des Knorpels kann sich in weiterer Entwickelung in der Weise vermehren, dass die centrale Schicht Protoplasma abnimmt und die Höhle, in welcher sie liegt, eingeengt wird, wie Donpers?) es durch Messungen constatirt hat. Ja die Parietalsubstanz kann so sehr auf Kosten der weichen centralen Zellmassen sich anbilden, dass wir endlich ganz vergebens in grossen hyalinen Bereichen nach Kernen mit Protoplasmahülle suchen, wie wir es nach der Entdeckung von H. MürLer an der knorpeligen Sklera der Fische beobachten können. Analoge Er- scheinungen besprachen wir bereits beim Bindegewebe. Andererseits kann indess auch die Parietalsubstanz vom Protoplasmalager aus wieder vollkommen eingeschmolzen werden, so dass ganze Knorpelbereiche wiederum zu einfachen hüllenlosen Zellen sich umwandeln, wie wir es später genauer sehen werden. Die Bildung der bindegewebigen und elastischen Fasern innerhalb des Knorpelgewebes ist durchaus ähnlich der im Bindegewebe beobachteten gleichzustellen. Wie sehr überhaupt der Knorpel mit dem Bindegewebe übereinstimmt, kann man, wie auch Körzıker hervorgehoben hat, auf das deutlichste an der Grenze des Perichondriums und des Knorpels ersehen. Als sehr zweckmässiges Präparat kann man einen Schnitt durch das Kaninchenohr wählen, 4) Untersuchungen üb. d. Entwickl. Gesch. 2) Nederl. Lancet. Aug. 4854. 12 Dr. Leonard Landois, Man sieht hier die allmählichen Uebergänge auf das deutlichste vor sich. Die Bindegewebskörperchen werden gegen den Knorpel hin mehr rund- . lieh und massiger, ohne mehr mittels Ausläufer unter einander in Ver- bindung zu stehen, die sogenannte Zwischensubstanz wird zu der festen hyalinen Parietalsubstanz und die Fibrillen gehen von einem Gewebe in das andere über. Wir sehen somit, dass Knorpelgewebe und Binde- gewebe keine verschiedenen Arten von Geweben darstellen, sondern nur Varietäten ein und derselben Art, die sich vielfach zu vertreten im Stande sind. Unsere Grundanschauungen über die Zusammensetzung dieser Gewebe und die Bedeutung der einzelnen Elemente müssen daher für beide Gewebe die gleichen sein und es leuchtet das Irrthümliche in der Anschauung derer, die die sogenannte Grundsubstanz des Knorpels als morphologisch verschieden von der des Bindegewebes constatiren wollen, leicht von selbst ein. Nachdem wir somit das Verhalten der verschiedenen Formen der Bindesubstanz zu einander besprochen haben — (von dem Verhältniss des Knochens zum Bindegewebe und dem Knorpel wird im Verlauf weitläufig die Rede sein) — mag es uns er- laubt sein, unsere Anschauung über Zellen und Gewebe überhaupt in nuce vorzuführen. Unsere Anschauung stützt sich auf die Entwickelungs- geschichte. Die ursprünglichen Bildungszellen aller Gewebe ohne Aus- nahme, die Furchungskugeln des Eies, ausgestattet mit dem höchsten Grade des Bildungs- und Fortpflanzungsvermögens, sind hüllenlose, ohne Zwischensubstanz aneinander liegende Zellen, die sich nur durch Theilung fortpflanzen. In gleicher Weise halte ich fest, dass die Zellen aller Gewebe, so lange sie fähig sind sich fortzupflanzen, hüllenlose kernhaltige Protoplasmaklümpchen sind, dass eine Intercellularsubstanz überhaupt nirgends existirt, dass vielmehr alle sogenannte Grund- und Intercellularsubstanz Parietalsubstanz der ursprünglichen Bildungs- zellen ist; ferner dass alle Zellenvermehrung, wie Remak mit Recht zuerst hervorhob, nur Theilung ist. Die von dem Protoplasma differen- zirte Hülle, wie wir sie an vielen Zellen beobachten, ist als Guticularbil- dung aufzufassen, die, so lange die Zelle sich durch Theilung fortpflanzt, fehlt, aber (bei einigen) nothwendig wird, sobald sich dieselbe als Indi- viduum constituirt hat, das nunmehr nur als Organ für endosmotische Vorgänge und den gesammten Stoffwechsel überhaupt zu fungiren hat. Geht die Zelle wiederum an das Geschäft der Fortpflanzung, so betheiligt sich hieran wiederum nur der Kern und das Protoplasma, die Membran verliert ihre Bedeutung. Analog der Abscheidung einer Guticula um Zellindividuen finden wir eine solche auch um ganze Zelleolonieen, wie bei der quergestreiften Muskelfaser. So finden wir denn im Körper sowohl Zellenindividuen mit oder ohne Guticula, zu denen letzteren “ Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 13 die contractilen Faserzellen und die centralen Ganglien gehören, als auch Zellencolonieen mit Guticula, und ohne Cuticula, zu denen letz- teren die grosse Gruppe der Bindesubstanz gehört. Es sind Zellencolo- nieen, denn die Individuen sind infolge der Verschmelzung ihrer Leiber zu einem Gesammtorganismus zusammengetreten. Ich kann mich nicht über die hier in aller Kürze vorgeführten Puncte weiter auslassen, glaube aber, dass wir die Bezeichnung der Gewebeals aus Golonieen,oderalsausIndividuen bestehend, überhaupt als eine passende wählen können, worin mir alle diejenigen beistimmen möchten, die mit mir den Reformbestrebungen Remar’s, ' Brücke's und M. ScauLtze’s auf dem Gebiete der Zellenlehre ihre An- erkennung und Zustimmung zollen. 2. Abschnitt. Die Ossification des Sehnengewebes. Beim Menschen kommt unter normalen Verhältnissen eine Verkal- kung oder echte Verknöcherung von Sehnen oder überhaupt des so- genannten geformten Bindegewebes nicht vor'), in den Fällen vielmehr, in denen dieselbe bis dahin beobachtet wurde, scheint eine abnorme Reizung oder Entzündung des Gewebes die Ursache dieser Gewebs- metamorphose zu sein. So verhielt es sich auch in dem von Sıcmunn Lessing?) beobachteten Falle, in welchem die Verknöcherung der Achilles- sehne offenbar nach vorhergegangener Ruptur dieser Sehne entstanden war. Auch A. Förster’) hat eine verknöcherte Achillessehne des Men- schen beschrieben und abgebildet, und er schliesst sich, was die Deu- tung dieser Gewebsumwandlung anbelangt, den Ausführungen Vır- CHOW'S!) an, welcher die Ossification des geformten Bindegewebes in der Weise auffasst, dass eine Ablagerung von Kalksalzen in die unver- änderten Gewebe hinein stattfindet, jedoch so, dass die darin liegenden anastomotisch durch Ausläufer verbundenen Bindegewebskörperchen nicht mit Kalksalzen imprägnirt werden und so als weichbleibendes, die Ernährung weiterhin wesentlich vermittelndes Zellennetzwerk in 4) Hexte, Jahresb. 4859. p. 95. 2) Zeitsch. f. rat. Medicin. 3. Reihe. 12. 1864. p. 344. 3) Atlas d. mikr. pathol. Anatomie, Tafel 34. Fig. 5. 4) Virchow’s Archiv 4847. p. 136. Verhandlg. d. physik. medie. Gesellsch. zu Würzburg. 1852. p. 450. 14 Dr. Leonard Landois, der festwerdenden die Fibrillen einschliessenden Masse persistiren. Dieser Auffassung gegenüber sind verschiedene abweichende Stimmen laut geworden, so HEnte, Baur, N. Liegerkünn!), Martyn?), S. Lessing und es ist nicht unschwer zu erkennen, dass der Grund für die ab- weichende Ansicht dieser Forscher lediglich darin zu suchen ist, dass dieselben die im geformten Bindegewebe vorkommenden zelligen Ele- mente entweder völlig bestreiten oder doch ihre Erscheinung in an- derer Weise deuten. Wir werden das Genauere hierüber im weiteren Verlaufe kennen lernen. In der Glasse der Vögel ist das Verknöchern der Sehnen eine durch- aus normale Erscheinung und es eignen sich daher die Sehnen dieser Thiere ganz besonders zum Studium der hier vorliegenden Verhältnisse. Die Anzahl der bei den verschiedenen Vögeln verknöcherten Sehnen ist eine verschiedene, bei einzelnen verknöchern sowohl die Sehnen der oberen, als auch der unteren Extremität, bei anderen nur die der un- teren, und endlich wiederum bei anderen unter den letzteren nur die des M. flexor digitorum profundus. Die Verknöcherung greift immer nur Platz in dem mittleren Theile der Sehne, der bei der Bewegung keine Biegung zu erleiden hat, wohingegen Ursprungs- und Ansatztheil sowie jedesmal eine solche Stelle der Sehne, welche über ein Gelenk hinweggeht, unverknöchert bleibt, weil die Bewegungen offenbar dar- unter leiden würden. Was die Zeit anbetrifft, in welcher die Ver- knöcherung beginnt, so lässt sich festhalten, dass der Vogel fast immer seine beinahe vollständige Grösse erreicht haben muss, ehe man den Process beginnen sieht. Ich habe mich beim Studium der Verknöcherung der Sehnen der verschiedenartigsten Vögel bedient und habe gefunden, dass bei allen der Process in analoger Weise verläuft. Ich habe sowohl Sehnen der oberen als auch der unteren Extremität benutzt, vorzugs- weise der letzteren, und habe auch hier keine Abweichung wahr- genommen. Um einen Ueberblick zu geben, welche Sehnen der unteren Extremitäten beim Haushuhne, welches schon aus Bequemlichkeits- rücksichten sehr wohl zum Studium verwerthet werden kann, sich am Ossificationsprocess betheiligen, gebe ich hier die Namen der Muskeln nach der Bezeichnungsweise TieDEmAnN’s an, wie sie Lessing angeführt hat und wie ich es als richtig bestätigen kann. Auf der Streckseite des Hühnerfusses verknöchern die Sehnen A. des Musculus extensor digitorum für die drei Zehen, 2. des Musculus extensorhallucis, 4) Archiv f. Anatomie 1860. p. 825. 2) Archives of medicine by L. S. Beale. N. 6. p. 99. Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben.- 15 auf der Beugeseite hingegen: m 4. die Sehne des M. flexor perforatus digiti interni, -2. des M. flexor perforatus digiti medii, 3. desM. flexor perforatus digiti externi, (diese drei entsprechen dem M. flexor digitorum communis brevis), 4. des M. profunduss. perforans trifidus für die drei Zehen, (entspricht beim Menschen dem M. flexor digitorum communis longus), & 5. des M. flexor profundus phalangae primae digiti in- terni, 6. desM. flexor perforatus et perforans digiti medii, 7. desM. flexor hallucis, die Sehnen der drei folgenden Muskeln, die den Mm. interosseis des Menschen entsprechen, verknöchern unregelmässig, nämlich 8. desM. abductor digiti externi, 9. desM. abductor hallucis, 10. desM. adductor hallueis. Wenn die Verknöcherung in der Sehne beginnt, so erkennt man äusserlich an der getrockneten Sehne einen weisslichen Fleck, knochen- ähnlich, während die übrige Partie durchscheinend bleibt. Schreitet nun die Verknöcherung weiter vor, wie wir es bei den Hühnern in der Richtung von unten nach oben wahrnehmen können, so nimmt der weisse Fleck stetig an Grösse zu. Indessen die Kalkimprägnation des Gewebes geht nicht in gleicher Höhenlinie durch die ganze Dicke der Sehne, sondern in der Regel ist der Process im Gentrum derselben am weitesten vorgedrungen, während die peripherischen Bezirke der Sehne noch zurückgeblieben sind. Wählt man solche Stellen zum Querschnitt, so erkennt man in der Mitte den Össificationsheerd, umgeben von einer noch normalen Sehnenrinde. Mitunter ist auch in dem einen oder an- deren Sehnenbündel der Process ein wenig weiter gediehen als in be- nachbarten. Bevor wir nunmehr zu der Schilderung der genaueren Vorgänge bei der Verknöcherung der Sehnen übergehen, ist es nothwendig, in kurzen Zügen den Bau derselben und die Bedeutung und Anordnung ihrer Elemente zu charakterisiren, um die weiteren Vorgänge genauer bestimmen zu können. Die Sehne des Vogels, so lange sie unver- knöchert ist, unterscheidet sich in keinem wesentlichen Puncte von der des Säugethieres. Wie der Bau der Sehne überhaupt aufzufassen sei, habe ich bereits oben aus der Entwickelung derselben hergeleitet!). 4) Vel. Centralblatt für die medic. Wissenschaften. 4865. N. 32. 16 x Dr. Leonard Landois, Ich halte namentlich mit Max ScauLtze dafür, dass die Entwickelung der Sehne in der Weise aufzufassen sei, dass die ursprünglichen hüllen- losen Bildungszellen derselben mit ihren Protoplasmakörpern eine innige Verschmelzung eingehen. Im Innern des Protoplasmas, und zwar in der Parietalsubstanz, kommt es weiterhin zur Bildung der leimgeben- den fibrillären Elemente, der Bindegewebsfasern und der viel spär- lichern elastischen, die bündelweise parallel zu einander gelegen der Länge nach die Sehnen durchziehen. Der übrig bleibende Theil der hüllenlosen Zellkörper bildet nunmehr ein die Bündel durchsetzendes, morphologisch und chemisch verschiedenes, mehr minder reiches Fach- werk, in welchem vornehmlich dort, wo mehrere Wände desselben zu- sammenstossen, die Zellenkerne belegen sind. Hiermit ist der Bau der Sehne in ihren Grundzügen charakterisirt. Betrachten wir nun die Vogelsehne, die unverknöcherte sowohl als auch die verknöcherte auf Längsschnitt und Querschnitt genauer. Der Längsschnitt der unverknöcherten Sehne liefert uns ein verschiedenes Bild, je nachdem wir diejenigen Theile derselben ins Auge fassen, die niemals verknöchern, oder diejenigen, welche in der Nähe eines bereits aufgetretenen Kalkheerdes, belegen sind, der an der getrockneten Sehne als weisser Fleck erscheint. In ersteren Theilen erscheinen die zelligen Elemente äusserst spärlich, vereinzelt zwischen den groben Fibrillensträngen eingestreut, Kern und Protoplasmakörper von geringer Entwickelung. Je mehr wir uns aber gegen den Verknö- cherungsheerd hinwenden, um so grösser und um so reichlicher werden die zelligen Elemente, ohne in ihren charakteristischen Theilen sich zu ändern. Wir erblicken die Zellen nun in ganzen Reihen angeordnet und diese Reihen sind zudem noch viel reichhaltiger als in dem anderen Sehnenbereiche Bindegewebskörperchen neben einander liegen. Die Entfernung dieser Kernreihen betrug in der Sehne eines Sperlings nur 0,00908 — 0,0136 — 0,0190 Mm. Was Form und Charakter dieser Zellen anbetrifft, so sind auch sie hüllenlose mit Kern und bisweilen mit Kernkörperchen versehene Gebilde. Fettkörnchen finden sich an Stellen reichlicher Zellenablagerung oft im Innern des Protoplasmas, oft auch im Innern des Kernes. Ist die Zellenbildung eine sehr reich- liche, so erkennt man in der Zellenreihe selbst mehrere Zellen neben einander liegen. Die Protoplasmakörper der Zellen sind allerdings in der Regel mit ihren Massen in einander übergegangen, indess es ist mir doch hin und wieder gelungen, an den reihenweis gelagerten Zellen eine schmale äusserst zarte Grenze zwischen den Protoplasmaantheilen benachbarter Zellen zu erkennen. Eine Hülle ist indess niemals vor- handen und jene Grenzschichten, die heller und körnchenärmer sind, Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 17 kommen dadurch zur Erscheinung, dass der Protoplasmaantheil, der einem jeden Kerne zukommt, sich um letzteren, namentlich mit seinen Körnchen, enger gruppirt in unmittelbarer Nähe des Kernes, als in den mehrperipherischen Bezirken. Die Kerne, 0,0046—0,0068—0,0090 Mm. sross, in diesen reihenweis liegenden Zellen vermisse ich niemals, na- mentlich bei Tinctionen und nach Essigsäurebehandlung. Ihre Form und Grösse ist verschiedenen Modificationen unterworfen: von der schmalen spindelförmigen Gestalt der vereinzelt liegenden Binde- . gewebskörperchen werden sie allmählich, dort wo sich Reihen von Zellen bilden, grösser, gestreckt oder kugelig, elliptisch und bei naher Aneinanderlagerung würfelförmig zusammengeschoben. Was den Mo- dus der Zellenvermehrung anbelangt, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass dieselbe durch Theilung vor sich geht. Die übersichtlich- sten Bilder über die Anordnung der Elemente der unverknöcherten Sehne erhält man, wenn man die Sehnen kleiner Vögel in toto be- trachtet; von beiden Enden gegen die Mitte vordringend überzeugt man sich unschwer von der Richtigkeit der gegebenen Darstellung. Und dennoch ist von den Forschern, die auf diesem Gebiete gearbeitet haben, rücksichtlich der Zellen der Sehne eine meist gezwungene, mitunter völlig unrichtige Darstellung gegeben worden. N. Lieserkünn hält die Kerne für die Zellen selbst und daher kommt es, dass er seine soge- nannten Kerne, d. h. unsere Kernkörperchen häufig vermisste, da man die Kernkörperchen in der That an manchen Zellen vergebens aufsucht. Die Grösse der Kernchen in der Sperlingssehne betrug durchschnittlich 0,0045 Mm. Die Protoplasmakörper erklärt er für eine homogene durch- ssichtige Intercellularsubstanz. LieBERKÜHN ist, wie wir sehen, in den- selben Irrthum gefallen wie Baur, der bei Betrachtung der Bildungs- zellen der Sehne ebenfalls die Kerne für die Zellen erklärt hat. Dass diese Ansicht eine irrthümliche ist, dass vielmehr die sogenannte Inter- cellularsubstanz echter Zellenleib ist, werde ich unten noch genauer nachweisen. In einen zweiten Irrthum verfällt Liegerkünn, wenn er die Abstammung dieser Zellen bespricht. »Wo diese Zellen herstammen «, sagt er!), »darüber lässt sich bis jetzt nichts Sicheres aussagen. Und wenn sie nebst ihrer Intercellularsubstanz auch eine so grosse Aehn- lichkeit mit Knorpel haben, dass dies Gewebe vom Knorpel nicht mor- phologisch unterschieden werden kann, so wäre zur Feststellung der Identität doch noch die chemische Untersuchung erforderlich. Dass die Zellen die ursprünglich vorhandenen und nur verlängerten Binde- gewebskörper sind, ist desshalb nicht annehmbar, da diese in solcher Anordnung zu keiner Zeit in einer einfachen Sehne vorkommen«. Einer 4) Archiv f. Anatomie 1860. p. 827. | Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XV!. Bd. 2 18 Dr. Leonard Landois, solchen Ausführung muss ich durchaus widersprechen. Kern und Protoplasma dieser Zellen verhält sich chemisch durchaus ähnlich den analogen Theilen der Bindegewebskörperchen, und was ihre Anordnung anbetrifft, so sehen wir statt der einzelnen langgestreckten Binde- gewebskörperchen ganze Reihen derselben durch Theilung hervorge- gangen auftreten. Dass die Zellen bei der enormen Wucherung, die sie an Grösse und Zahl eingehen, in ihren Formen, namentlich dort wo sie gedrängt gelagert sind, abweichen, kann uns nicht befremden. Ich stehe keinen Augenblick an, die besprochenen Zellen für echte Binde- gewebskörperchen zu erklären, morphologisch und physiologisch durch- aus gleich den Bindegewebskörpern jedweder anderen Sehne, und ich finde, dass es Lieserkünn nicht gelungen ist, seine abweichende Ansicht durch sichere Gründe zu stützen. Lessing, der unter dem Einflusse der Hente’schen Lehre vom Baue der Sehne seine Abhandlung geschrieben hat!), ist rücksichtlich der Deutung ebenfalls in Unrichtigkeiten ver- fallen. Derselbe erkennt an den nicht ossificirten Stellen, wo die Binde- gewebskörperchen noch einzelner liegen, nur Kerne an, in den Hexır'- schen Lücken liegend, Kerne, die den Kernen unserer Bindegewebs- körperchen entsprechen, schildert dann, wie die Kerne weiterhin in ganzen Reihen vorkommen, und nennt dann unbegreiflicherweise die grösseren Gebilde »Schüppchen « als etwas morphologisch Besonderes, von den Kernen Abweichendes. So findet er wechselweise Kernreihen und Schüppchenreihen nebeneinander, beide haben aber gleiche An- ordnung, beide haben, wie Lessing mit Recht bemerkt, gleichen Ur- sprung, indem »von den anfangs gleichen Körperchen der Sehne sich ein Theil zu Schuppen allmählich mit der Entwickelung des ganzen Sehnengewebes ausbildet, während die übrigen Kerne als solche un- verändert persistiren«, beide haben eine gleiche stark lichtbrechende Eigenschaft, nur sollen sich die Schüppchen schwerer isoliren lassen. Ich sehe in der That keinen Grund zu einer solchen Unterscheidung ein, es ist eine durchaus haltlose Unterscheidung, wie man sich auch an Lessıng’s eigenen Abbildungen überzeugen wird. Die Lessie’schen Kerne und Schüppchen sind ein und dasselbe, es sind die Kerne un- serer Bindegewebskörperchen. Die Lessing’sche Unterscheidung ist aber um so mehr zu verwerfen, weil man versucht sein könnte, seine Schüppchen mit den Hexze’schen Sehnenschüppchen zu verwechseln, von denen sie sehr wohl verschieden sind. Die Hexte’schen?) Schüpp- chen habe auch ich an der Oberfläche der Vogelsehne gesehen und ab- gebildet. Ich finde sie in einschichtiger Lage an der Oberfläche der 4) a. a. 0. pP.814. 2) cf. Canstatt’s Jahresb. 4854. p. 24. Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 19 Sehne vor, allein schon durch ihre Grösse von den Kernen der Binde- gewebskörper unterschieden. Sie sehen einem kernlosen Epithellager ähnlich, indem die polygonalen oder rundlichen Formen unmittelbar aneinander liegen. Fibrilläre Bildungen zwischen denselben kommen durchaus nicht vor. Ueber die Bildung dieser Gebilde stehen mir keine Beobachtungen zu Gebote. Es ist eine zweifache Ansicht über ihre Ent- stehung denkbar: entweder sind die Schüppchen die metamorphosirten - Kerne der ursprünglichen Bildungszellen der Sehnen, die sich auf Kosten des Protoplasmagehaltes vergrössert, so dass sie sich äusserst nahe ge- rückt sind, oder es sind die ursprünglichen Bildungszellen selbst, die an der Peripherie der Sehne nicht mit ihren Protoplasmakörpern eine Verschmelzung eingegangen sind, sich vielmehr als Individuen separirt erhalten haben, sich sogar mit besonderer Hülle bekleidet, dafür aber ihren Kern verloren haben. Ich möchte mich der ersteren Ansicht zu- wenden, ohne dass ich jedoch Beobachtungen zur Stütze derselben vor- zulegen im Stande wäre. Wenn wir daher mit vollem Rechte die Hentr’schen Sehnenschüppchen als besondere Bildungen gelten lassen, wohl verschieden von den Bindegewebskörperchen der Sehne oder deren Kerne, so glaube ich andererseits auf die Zustimmung der Histio- logen rechnen zu dürfen, wenn wir die Lessine’schen Schüppchen an ihren Platz als echte Kerne zurückverweisen. Lessing’s Kerne und Schüppchen sind demnach von unsern Kernen der Bindegewebskörper nicht zu trennen, und im Anschlusse hieran muss ich erklären, dass seine Auffassung des Sehnenbaues, wie die LiEBErKÜünn’s, eine verfehlte ist. Hemricn Mürzer!) endlich hat sich über die Zellen der unver- knöcherten Sehne nur kurz vernehmen lassen, aber es geht aus seiner Schilderung, die ich hier folgen lasse, doch soviel hervor, dass auch er die Kerne wenigstens theilweise für die Zellen erklärt zu haben scheint. »Es ist im Auge zu behalten«, sagt er?), »dass die Zellen der unver- knöcherten Sehne eine sehr verschiedene Form haben. Von den rund- lichen Blasen, welche in älteren Sehnen allerdings Knorpelzellen äusserst ähnlich sind°®), finden sich durch die von den früheren Autoren be- schriebenen, beiläufig viereckigen Formen alle Uebergangsstufen zu sehr verlängerten Zellen, welche in Reihen so dicht liegen , dass einige Aufmerksamkeit erforderlich ist, um sie von elastischen Fasern zu unter- scheiden, und wer nicht Kali daneben anwendet, könnte hier am leich- 4) Ueber Verknöcherung, eine Erwiderung an N. Lıieserkünn. Würzb. Natur- wiss. Zeitschrift Bd. IV. und als Separatabzug Würzburg 1863. 2) a. a. O. pg. 20. 3) Dass dieselben auch in Sehnen, die nie verknöchern, vorhanden sind, hat HENLE mit Recht hervorgehoben. Jahresb. 1860. p. 70. y%* 20 Dr, Leonard Landois, testen in Versuchung kommen, die »Kernfasern « wieder restituiren zu wollen. An der Peripherie der Sehnen kommen theils stärker spindel- förmige, theils, in besonderen Scheiden, sehr exquisite, fetthaltige, blasenartige Zellen vor. Eine Unterscheidung von Kernen und Schüpp- chen (Lessine) kann ich nur insofern machen, als in manchen, beson- ders verlängerten Körperchen Kern und Zellsubstanz nicht mehr zu unterscheiden sind. Den Kern finde ich in den noch als Zellen mehr charakteristischen Körperchen viel häufiger und leichter nachweisbar, als die andern Autoren wollen «. Dieselbe Abweichung der Ansichten in Betreff der zelligen Ele- mente der unverknöcherten Sehne, wie wir sie bei Betrachtung des Längsschnittes vorfinden, treffen wir auch bei Betrachtung des Querschnittes. Der Querschnitt einer Sehne lässt, namentlich bei grösseren Vögeln, leicht erkennen, dass dieselbe aus einer mehr minder grossen Anzahl von Bündeln besteht, die durch breite Scheidewände getrennt werden, in welchen die grösseren Gefässstämme liegen und in denen nach der Entdeckung Hextr’s die Schüppchenumhüllungen der einzelnen Bündel ihren Sitz haben können. Die Bündel selbst, auf deren Querschnitte man als feine Puncte die durchschnittenen Fibrillen erkennt, sind durchschossen von einem anastomosirenden Fachwerke von Scheidewänden. Diese Scheidewände sind die Protoplasmakörper der Bindegewebskörperchen der Sehne, die in diesem Stadium eigen- thümlicherweise nicht durch blosse Ausläufer, sondern mittels ana- stomosirender Platten oder Scheidewände unter einander in Verbindung stehen. Ihr Verhalten zu Reagentien, namentlich zu aufquellend machen- den, ist den Fibrillen gegenüber auffällig, indem das Quellungsvermögen bei weitem geringer ist als das der Bündel, ebenso ziehen sie Farbstoffe begieriger an als diese. Die Kerne dieses Zellenfachwerkes sind dort belegen, wo mehrere Scheiden zusammenstossen. Diese meine Auffas- sung vom Baue der Sehnen ist von den Forschern, welche sich mit der Verknöcherung der Sehnen beschäftigt haben, nicht getheilt. Ließer- künn hält unsere Protoplasmamassen für Scheidewände, in denen die Zellen erst belegen sein sollen, jene Zellen, die wir bei Betrachtung des Längsschnittes als Kerne bezeichnen mussten. Lessing hält mit HenLe die kleineren Scheidewände fürLücken, in welchen er seine Kerne und Schüppchen vorfindet. Dass letztere Auffassung eine unrichtige ist, geht, schon daraus hervor, dass man zwischen diesen sogenannten Lücken mit ihren Kernen die Bündel hervorquellen lassen kann, ohne dass die- selben sich ändern, was doch, wenn es wirkliche Lücken wären, un- möglich sein müsste. Schon Lirserkünn hat dies dargethan. Nimmt man einen Querschnitt einer Sehne und behandelt denselben mit con- Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben, 21 centrirter Salpetersäure oder auch mit Essigsäure, so quellen die Fi- brillenbündel aus den Fächern hervor. Süsst man nun die Schnitte aus und tingirt mit Anilinroth, so hat man die zierlichen Zellennetze schein- bar isolirt dargestellt. Wären dieselben einfache Lücken, so müssten sie bei der Aufquellung der sie begrenzenden Bündel offenbar ihre Ge- staltung einbüssen, sie müssten kleiner und enger werden, was nicht der Fall ist. Man kann aber ausserdem die unzweifelhafte Beobachtung machen, dass die Bündel aus den Fächern über der Schnittfläche her- _ vorquellen, gleichsam auskriechen, was mit einer Annahme von blossen Lücken mir ganz und gar unvereinbar erscheint. Es sind also keine kernhaltigen Lücken, oder zellenhaltige Scheiden, die wir so scheinbar völlig isolirt dargestellt haben, sondern die hüllenlosen anastomosiren- den Zellennetze der Sehne. Die Bindegewebskörperchen der Puter- sehne hatten eine Grösse von 0,0136 — 0,019 Mm., ihre Kerne 0,0068 Mm., ihre Ausläufer waren 0,019—0,0226 Mm. lang und die zwischen- liegenden Sehnenbündel hatten einen Durchmesser von 0,0227 —0,0452 Mm. Im Innern der Bündel erkennt man die resistenteren elastischen Fasern, ‚aber zellige Elemente habe ich darin nicht vorfinden können. Ich schliesse mich also, was die Auffassung des Verhaltens der zelligen Elemente anbetrifft, in den Grundzügen den Ausführungen Vırcnow’s an. Wenn irgendwo — und hierin stimme ich mit Lieserkünn!) voll- kommen überein — der alte Streit über die zelligen Elemente der Sehnen oder über die statt derselben supponirten Lücken in leichter Weise zur Entscheidung und zum Austrag gebracht werden kann, so ist es gerade das Feld der verknöchernden Vogelsehnen. Ich wenig- stens bekenne offen , dass ich hier sehr bald aus meiner früheren Stel- lung als Skeptiker mit aller Entschiedenheit auf die Seite Vırenow’s übergetreten bin. Und dass ich hierin Recht gethan habe, will ich im Verlaufe noch mehr zu stützen versuchen. — Je weiter wir von dem oberen oder unteren Ende der Sehne beginnend gegen den Verknöcher- ungsheerd vordringen, um so reichlicher werden die Zellennetze oder Zellenfachwerke. Wir sind in jenen Bezirken angelangt, wo wir bei Betrachtung des Längsschnittes die Zellen in ganzen Reihen neben ein- ander angetroffen haben. Die Betrachtung des Querschnittes dieser Stelle lehrt, dass in der That eine reiche Zellenvermehrung stattge- funden hat. Sie haben mit ihren Ausläufern die dicken Fibrillenstränge vielfach durchbrochen, durchschossen, und so kommt es, dass das Zellenmaschenwerk auf dem Querschnitte viel enger und reichhaltiger erscheint. Die Kerne liegen auch hier an den Knotenpuncten und sind durch Tinctionen leicht und deutlich nachweisbar. Sieht man hin und 4) a. a. 0. pg. 846. op) Dr. Leonard Landois, wieder an einem Knotenpuncte zwei oder mehrere Kerne neben ein- ander gelagert, so beweist dieses, dass der Querschnitt gerade eine solche Stelle getroffen hat, an der wir auf dem Längsschnitte zwei oder mehrere Zellenreihen neben einander liegen sahen. Auch an diesen Stellen vermag man durch die angegebene Behandlung mit Säuren, wiewohl schwieriger und unvollkommener, die Zellennetze scheinbar völlig zu isoliren, indem die Bündel über der Schnittfläche hervorquellen. Die einzelnen Zellen erscheinen nur kleiner, ebenso ihre Kerne und ihre Ausläufer sind kürzer geworden. Die Grösse der Zellen betrug an der Putersehne 0,00908—0,0113 Mm., ihre Kerne 0,004542—0,00439 Mm., die Fibrillenstränge waren im Mittel 0,0136—0,0227 Mm. dick. Da die Verknöcherungsvorgänge in der Sehne nicht überall in gleicher Ebene und Höhe vor sich gehen, so erkennt man auf Querschnitten oft im Centrum bereits das Stadium der Zellenvermehrung, während die Rindensubstanz der Sehne noch das einfache ursprüngliche Gefüge be- wahrt hat. | Ist nun infolge der Zellenproliferation die ganze Sehne unter ein- ander und neben einander mit reichlichen Zellennetzen durchschossen, so treten nun mit der eigentlichen Verknöcherung zwei neue Momente hervor: dielmprägnation der Grundsubstanz mit kalkhal- tigem Blasteme und die Bildung von vielfachen sich ver- grössernden gefässhaltigen Hohlräumen und deren de- finitive Ausfüllung mit neugebildeter Knochensubstanz. Die Ablagerung von Kalksalzen im Gewebe der Sehnen macht sich zu- erst dadurch bemerklich, dass die Fibrillenstränge wie mit einem fein- körnigen Staube stark lichtbrechender Körperchen bedeckt und durch- drungen erscheinen. Es sind dies die anfangs noch discreten Kalk- krümel. Weiterhin sieht man ihre Grösse zunehmen, sie werden eckiger, scheinen zusammenzutreten und endlich ist das Gewebe wiederum von homogenem, wie verschleiertem Aussehen. Diese Kalkablagerung er- streckt sich vorläufig indess stets nur auf die Fibrillenstränge, nicht auf das Zellenfachwerk. Die Stränge erscheinen homogen undurch- sichtig, wie beschleiert, indess gelingt es noch, an dem Längsschnitte die Richtung der Fibrillen zu erkennen. An einer Sehne des Puters, die ich in absolutem Alkohol trocknete, schlugen sich die Kalksalze krystallinisch im Gewebe nieder. Extrahirt man die mit Kalksalzen imprägnirten Sehnen mit verdünnten Säuren, so zeigt sich, dass ausser der Kalkablagerung das Gewebe noch eine andere Umwandlung erlitten hat. Es haben die Fibrillenstränge in ganz beträchtlicher Weise ihr Quellungsvermögen eingebüsst. Legt man eine ganze Sehne eines klei- nen Vogels in die Säure, so sieht man, wie dieselbe an den durch- 1 nn La 5 A A Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 23 scheinenden kalklosen Stellen stark aufquillt, während die weissen kalkhaltigen Stellen nur um ein weniges nach der völligen Entkalkung dicker geworden sind; die Sehnen erscheinen an diesen Stellen wie eingeschnürt. Ich glaube daher, dass die Sehne beim Verkalkungs- processe nicht einfach die Kalkmassen in sich aufnimmt, sondern dass die Bündel von einem besonderen Blasteme durchdrungen werden, welches die Kalkmassen führt, aber ausserdem auf das innigste in die Organisation der Fibrillenstränge aufgeht. Fragen wir, woher dieses Blastem geliefert wird, so glaube ich, dass wir im Rechte sind, wenn wir annehmen, dass die Zellennetze es sind, welche dieses Blastem ausscheiden, denn die Zellen sind in einem Gewebe die Gentralheerde, von denen die Ernährungs- und Bildungsvorgänge für ihre Parietal- substanz ausgehen. Bis zu diesem Momente hat die Sehne noch immer ihren Charakter bewährt, sie hat noch ihre Fibrillenstränge und ihr anastomosirendes Zellenfachwerk wie vordem, nur dass erstere von dem bezeichneten kalkhaltigen Blasteme durchdrungen sind. Der weitere Verlauf ist nun der, dass das kalkhaltige Blastem nach vollkommener Imprägnation der Fibrillenstränge nun auch auf das Zellenfachwerk übergeht. Von dem Zellenfachwerk erliegt aber nur ein gewisser Theil der Verkalkung, nämlich soviel, dass die Zellen mit Ausläufern unter einander in Ver- bindung erhalten bleiben. Während die Zellen früher, so lange sie ein Zellenfachwerk im Innern der Sehne bil- deten, mittels breiter Septa anastomosirten, anastomo- siren sienun nurnoch, nachdem in gewissen Abständen Stücke der Septa verkalkt sind, mittels röhren- oder fadenförmiger Ausläufer. An die Stelle des anastomosirenden Zellenfachwerkes ist ein Zellennetzwerk getreten. Längsschnitte und Querschnitte verkalkter Sehnen geben über diese Verhältnisse be- sonders dann klare Auskunft, wenn man sie nach genauer Betrachtung unter dem Mikroskope entkalkt. Fassen wir das Resultat des Ver- knöcherungsvorganges in dem zuletzt entwickelten Stadium kurz zu- sammen, so ergibt sich, dass die anastomosirenden Binde- gewebskörperchen unzweifelhaft in anastomosirende Knochenkörperchen übergehen, wie Vırcuow und Förster be- reits hervorgehoben haben. Allerdings haben diese Forscher den Vor- gang in einer etwas modificirten Weise aufgefasst, indem sie annehmen, dass die Bindegewebskörperchen schon von vorn herein die Gestalt der späteren Knochenkörperchen, namentlich ihre Ausläufer besässen , das ist für die Vogelsehne indess nicht der Fall. Was die Knochenkörper- chen der Sehne weiterhin anbelangt, so ist ihre Gestalt eine verschie- 24 Dr. Leonard Landois, dene, entweder sind sie langgestreckt, mehr spindelförmig, oder mehr rundlich, viereckig, unregelmässig blasig aufgetrieben. Immer aber sind sie noch in Reihen belegen, in welchen sie vordem als Binde- gewebskörperchen angeordnet waren. DerKern der Bindegewebs- körperchen ist zum Kern der Knochenkörperchen über- gegangen und kann im Innern derselben namentlich durch Tinctio- nen nachgewiesen werden. Betrachtet man Schnitte!) verknöcherter Sehnen, so erkennt man ausserdem noch kleinere Lücken, die ent- weder durchschnittene Theile von Knochenkörperchen sind, oder Lücken, in welchen unverkalkte stärkere elastische Fasern belegen sind. Sobald das kalkhaltige Blastem das Gewebe in der vorhin be- schriebenen Weise durchdrungen hat, so tritt sehr ‘bald eine wichtige Veränderung in der Sehne hervor, die von den früheren Autoren nicht binreichend gewürdigt worden ist, und erst von H. Mürrer gebührend hervorgehoben wurde: es ist die Bildung gefässhaltiger Räume im Innern der Sehne. Diese Markräume, wie wir sie mit Recht nennen können, entstehen durch Einschmelzung gewisser Sehnenpartien von den zelligen Elementen aus, die Zellen lösen ihre Parietalsub- stanz auf. So entstehen mit Zellen angefüllte Hohlräume, beim Puter 0,032—0,095 Mm. im Durchmesser haltend, 0,095—0,142—0,190 Mm. von einander entfernt, in welche hinein bald eine Gefässverzweigung sich Bahn bricht, welche sowohl mit den grösseren Gefässen zwischen den gröberen Sehnenabtheilungen als auch mit denen der Oberfläche der Sehne in Communication stehen. Die zelligen Elemente,sind nur bei sehr vorsichtiger und sorgfältiger Vorbereitung der Präparate zu er- halten. Die Zellen sind die Bindegewebskörperchen der Sehne. Was die Function der Zellen anbetrifft, so ist dieselbe eine verschiedene. Ein Theil derselben geht zur Bildung echter Fettzellen und Markzellen über, ein anderer Theil betheiligt sich am Aufbau der Gefässverzwei- gungen, während die der Wand des Hohlraums zunächst liegende Schicht der Zellen die Fähigkeit besitzt, Knochensubstanz abzusetzen oder sich in dieselbe umzusetzen, ganz in der Weise, wie sich die Osteo- blasten bei der Bildung des Knochengewebes in den Knorpelhohlräumen verhalten. Die Bildung dieses neuen Knochengewebes braucht aber nicht immer nach demselben Typus vor sich zu gehen. Oft lagert sie sich concentrisch an den Wänden der Markräume ab mit deutlicher La- mellenbildung, und in diesem Falle kommt es in der Parietalsubstanz der hüllenlosen aneinander gelagerten Zellen nicht zur Fibrillenbildung oder zur Bildung elastischer Fasern. In diesem Falle lagern die Knochen- 4) Nach meinen Erfahrungen muss ich das Anfertigen von Schnitten den Schliffen vorziehen, wie auch Lessıng gefunden hat. Untersuchungen über die Bindesubstanz und den Verknöcherungsprocess derselben. 25 körperchen vornehmlich in gleicher Richtung mit den Lamellen um die Gefässlücke herum. An anderen Stellen kommt es indess zur Fibrillen- bildung in der Parietalsubstanz der Zellen in analoger Weise, wie wir es vorher bei der Bildung der Sehne erörterten, und wenn dann, wie es zu sein pflegt, die Fibrillen der Parietalsubstanz parallel zu einander und zur Längsrichtung der verkalkten Sehnenbündel verlaufen , so ist man nicht im Stande, wesentliche Unterschiede zwischen der fibrillösen _ eingeschmolzenen verkalkten Sehnenpartie und der ebenfalls fibrillösen alsbald ebenfalls verkalkten neugebildeten Knochenpartie zu constatiren. In einem und demselben Hohlraume trifft man nicht selten beide Arten neugebildeter Knochensubstanz an, entweder in einander geschachtelt _ wie zwei Gylinder, oder neben einander. ‚Die Form und Ausbreitung der Markräume anlangend, so trifft man in den dicken Sehnen der srossen Vögel meist viele Hohlräume, in den dünneren Sehnen der kleinen hingegen oft nur einen grossen Markraum, der wie in einem Röhrenknochen die centrale Achse der Sehne einnimmt. Häufig sieht . man ferner, dass an den Wänden der Markhohlräume an einer Stelle die Einschmelzung, an anderer hingegen bereits die Knochenneubildung statt hat. Die Einschmelzung und Neubildung der Sehne von diesen Mark- räumen aus nimmt mit dem vorrückenden Alter der Thiere stetig an Umfang zu und so kommt es, dass in der That die grösste Masse der ' verkalkten Sehne durch neues Gewebe ersetzt wird. Stets aber bleibt selbst bei alten Thieren eine ganze Menge des ursprünglichen verkalk- ten Gewebes zurück. Es erübrigt nun noch, das Verhältniss festzustellen, in welchem das neugebildete Knochengewebe und das ursprüngliche verkalkte Sehnengewebe zu einander stehen. H. Mürrer hat das verkalkte Seh- nengewebe mit dem verkalkten Hyalinknorpel auf gleiche Stufe gestellt und beide verhalten sich nach ihm der neuzubildenden Knochensuh- stanz gegenüber in der Weise, dass erstere untergehen müssen und an ihrer Stelle die letztere wiederum auftritt. Der verkalkte Knorpel und die verkalkte Sehne sollen nach MüLLer nur vorläufige, vicariirende Gewebsbildungen sein, die eingeschmolzen werden müssen, wenn der echte Knochen an ihre Stelle treten soll. Dieser Anschauung kann ich nicht beitreten. Ich halte die verkalkte Sehne von der echten Knochensubstanz für nicht verschieden; das Fehlen der Lamellen ist gar kein Grund, die verkalkte Sehne nicht für echten Knochen zu halten, da dieselbe in allen übrigen Theilen mit letz- terem übereinstimmt. Denn beide besitzen ihre anastomosirenden Zellen mit sclerosirter Parietalsubstanz, in welcher fibrilläre Elemente ent- 36 Dr. Leonard Landois, Untersuchungen über die Bindesubstanz ete, weder als Suarpzy’sche Fasern oder als Fibrillen der Sehne eingeschlos- sen sind. Der verkalkte Hyalinknorpel ist indess weitaus anders ge- formt und darf daher nicht, wie H. MüLrr es gethan hat, der verkalk- ten Sehne zur Seite gestellt werden. Dass in der That die verkalkte Sehne eine ähnliche Bildung ist wie die neugebildete Knochensubstanz in den Hohlräumen derselben, beweisen die vielfachen Uebergänge von neugebildeter Knochensubstanz mit Lamellenbildung und mit der Sehne ähnlichen Fibrillensträngen. Aus den mitgetheilten Untersuchungen geht zur Evidenz hervor, dass in der That die alte Vırcnow’sche Ansicht über die Sehnenver- knöcherung, allerdings mit der von uns besonders hervor- gehobenen Modification, die richtige ist, dass das Sehnengewebe von einem sclerosirenden Blasteme durchdrungen werde und dass in demselben die Bindegewebskörperchen,, nachdem sie eine Wucherung eingegangen sind, als Knochenkörperchen persistiren. Die gegentheilige Ansicht, dass die letzteren aus neugebildeter Knorpelsubstanz hervor- gehen sollen, wie Lieserkünn!) es behauptet, oder aus neugebildeten Schüppchen, wie Lessing will, ist als unhaltbar von der Hand zu weisen. 4) Archiv für Anatomie 1860. p. 844, Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Fig. 4. Querschnitt einer unverknöcherten Putersehne mit Salpetersäure behandelt. Man sieht den umgequollenen Rand eines Sehnenbündels und die isolirten Netze der Bindegewebskörperchen. (NoBErT’s neuestes Immersionssystem N. 6. Oc. 3.) Fig. 2. Querschnitt näher der Verknöcherungsgrenze ; die Bindegewebskörperchen reichhaltiger. (Nosert N. 6. Oc. 4.) Fig. 3. Lage der Bindegewebskörperchen der unverknöcherten Sehne (Sperling). Fig. 4. Die Hente’schen Schüppchen von der Oberfläche der Sperlingssehne. Fig. 5. Reihenartige Anordnung der gewucherten Bindegewebskörperchen (Sper- ling). (Figur 3. 4. 5. Harrnack’s Immersionslinse N. 10. Oc. 3.) Fig. 6. Anfangsstadium der Kalkimprägnation und Hohlraumbildung in der Puter- sehne. (NoBert N. 6. Oc. 2.) Fig. 7. Theilweise Ausfüllung der Markräume durch neue Knochensubstanz. (Harrnack N. 40. Oc. 3.) Fig. 8. Längsansicht der Knochenkörperchen zu beiden Seiten eines Markraumes vom Puter. (Harrnack N. 10. Oc. 3.) Die Raupenaugen (Ocelli compositi mih:). Von Dr. Hermann Landois in Münster. Mit Taf. II. Der erste Entomotom, welcher der Raupenaugen Erwähnung that, war Marrıcuı. »In anteriore parte«, so sagt er in seiner bekannten Ab- handlung über den Seidenspinner!), »ad latera tamen globuli quidam, numero sex, diaphani protuberant, qui oculi'censentur«. Ob er selbst diese zwölf durchscheinenden Höckerchen für Augen gehalten, lässt sich aus seiner Arbeit nicht mit Bestimmtheit ersehen; die Lage der Höckerchen ist aber an der Abbildung des Raupenkopfes im Allgemeinen richtig von ihm gezeichnet. Ueber die innere Structur finden wir in . jener Dissertation nichts angemerkt. Nicht’ viel eingehender, wie MarrıcHı, hat HrroLD unseren Gegen- stand behandelt. Er gibt nicht einmal die Anzahl der Augen an, indem _ er sagt?): »Augen sind seitwärts der Kinnladen an die Platten ange- _heftet«. Später kommt er in seiner Abhandlung, wo er von den Augen der Schmetterlinge spricht, noch einmal auf die Raupenaugen zurück. Dort finden wir in einer Anmerkung?) die Worte: »die organische Con- struction und Gestalt (der Augen) ist bei dem Schmetterlinge von denen der Raupe sehr verschieden«. Worin diese Verschiedenheit aber be- stehe, wird nirgends genauer erörtert. Wenn dem Baue der Raupenaugen in den genannten Specialwerken über die Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, so ist es zu entschuldigen, dass wir in zoologischen Handbüchern nicht selten auf widersprechende Ansichten stossen. Van ver Horven gibt die Anzahl der Raupenaugen 4) Marcelli Malpighi de bombyce. pag. 13. Taf. 4. Fig. 44. H. 2) Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge pag. 3. 3) a. a. 0. pag. 104. 38 Dr. Hermann Landois, richtig an, während C. Voer!) der Meinung ist, dass »der Kopf der Raupen keine Augen gewahren lasse«. Die facettirten Augen der Insecten sind durch die Arbeiten von LeyDıG, GLAPAREDE u. A. eingehender behandelt worden. Erster Forscher schloss auch die Raupenaugen von seinen Untersuchungen nicht aus; wir werden aber noch später auf die Ansichten derselben, wie auch auf die Arbeiten von Jon. MÜLLER, zurückkommen. 1. Die Lage der Augen. Die Raupen haben an jeder Seite des Kopfes sechs Augen. Sie liegen dicht über der Einlenkungsstelle der Kiefer. Schon mit freien Augen kann man sie selbst bei kleinen Raupen leicht auffinden. Ihre Grösse ist nicht gleich. Die Messungen der sechs Augen an derselben Kopfseite. einer beinahe erwachsenen Vanessa urticae- und einer Gastropacha rubi-Raupe ergaben nachstehende Zahlen, aus denen das _ Grössenverhältniss zu einander ersichtlich wird. Bei letzterer Raupe habe ich auch die Entfernung der einzelnen Augen von einander ge-. messen. Die Augen liegen in einem Kreise in der Kopfhaut; fünf Augen liegen jedesmal etwas näher an einander gerückt, das Sechste liegt et- was isolirt. Vgl. Figur 1. oe. Augen: Vanessa urticae. Gastropacha rubi. Grösse: Grösse: Entfernung: I. 0.126 Mm. 0,134 Mm. 0,224 Mm. HM. 0,142 - 0,118 - 0,080 - IH. 0,128 - 0,128 - 0,092 - IV. 0,116 - 0,098 - 0,122 - V. 0,118 - 0,420 7.= 119 10,30009- VI. 0,09 - 0,119 °- 0,500 - 2. Das Raupenauge. Um für das Verständniss der folgenden genaueren Untersuchungen einen sicherern Anhaltspunct zu haben, schicke ich zunächst eine all- gemeine Beschreibung eines einzelnen Raupenauges voraus. Unter der CGornea, welche an dem Kopfe der Raupe als kleine glänzende Halbkügelchen hervorleuchten‘, befindet sich ein ampullen- förmiger Schlauch, der die sämmtlichen Weichtheile des Auges ein- 1) Zoologische Briefe. Band 1. pag. 620. Die Raupenaugen, 29 schliesst. Man könnte die Form des Auges auch füglich mit der Gestalt einer venetianischen Vase vergleichen. Die Augenampulle, mit einer etwas erweiterten obern Oefinung, dehnt sich hinter dem verengerten Halse bauchig aus. Am untern Ende verjüngt sich das Auge und steht durch einen dünneren Stiel mit dem Ganglion des Sehnerven in Verbin- dung. Den Deckel der Ampulle bildet gleichsam die Cornea, unter welcher die Linsen liegen. Der Unterseite der Linsen legt sich die Iris eng an, hinter deren Pupille der sogenannte Krystallkörper sich be- findet. Den Krystallkörper umhüllen drei grössere Umhüllungskörper, welche mit langen Kissen verglichen werden können, dazu bestimmt, den sog. Krystallkörper in seiner ganzen Länge einzuhüllen. Um diese braunen Umhüllungskörper legt sich eine dunkel pigmentirte Muskel- schicht an, welche von der äusseren ampullenförmigen Augenhaut nur noch durch eine weiche und dicke Zellenlage getrennt ist. | Von dem grossen Gehirn entspringt in der Nähe der Stelle, wo > die Gonjunctur desselben mit dem Schlundganglion mündet, der nervus opticus. Vgl. Fig. 2. no. Dieser Sehnerv schwillt in ein Ganglion an (Fig. 2. gno.), auf welchem die sechs Augen mit ihren Stielen sitzen. Das Sehganglion ist bei vielen Raupen fast kuglig, so bei, Vanessa urticae und Pieris brassicae; in Nachtfalterraupen ist es oft mehr lang gezogen, und es senken sich dann die Augen in die obere Fläche der Querverbreiterung des Ganglion ein. _ Die Grösse der Augen variirt ein wenig; ich gebe hier die Mes- sungen der Länge und Breite der sechs Augen einer erwachsenen Kohl- raupe (Pieris brassicae), aus denen die Grössenunterschiede entnommen werden mögen: . Augen von Pieris brassicae. Länge: Breite: I. 0,170 Mm. 0,065 Mm. I. 0,168 - 0,100 - Im. 0,190 - 0,068 - IV. 0,210 - 0,066 - V. 0,198 - 0,078 - VI. 0,164 ae 3. Die CGornea. Die äussere Bedeckung des Auges sieht man schon ohne Anwendung optischer Hülfsmittel als kleine glänzende Halbkügelchen auf der Ober- fläche des Kopfes hervortreten. Ob man die äussere Bedeckung der In- 30 Dr. Hermann Landois, sectenaugen mit Recht oder Unrecht Cornea nennt, soll später zur Sprache gebracht werden. Zum Studium der Cornea eignen sich sowohl die Kopf- häute, welche man von in Wasser gekochten Raupen leicht abtrennen kann, oder auch Präparate solcher Kopfplatten, welche in verdünnter Kalilauge einige Zeit gekocht wurden, wodurch nach Zerstörung sämmt- licher Weichtheile die Cornea rein übrig bleibt. Noch verdient hier an- gemerkt zu werden, dass die Kopfepidermis, welche die Raupe bei ihren Häutungen abwirft, die feinen Verhältnisse der Cornea hübsch erkennen lässt. Am auffallendsten ist die Thatsache, dass die Gornea eines jeden Raupenauges eine Dreitheilung zeigt. Mag man die Gornea von oben oder von unten betrachten, jedesmal tritt die Dreitheilung derselben deutlich hervor. Von dem Mittelpunkte der Cornea strahlen nach drei Seiten im Winkel von 120 Grad drei Schenkel aus, welche bogig über die Gornea verlaufend, die ganze Oberfläche der Augenhalbkugel in drei gleiche Theile zerlegen. Jedes dieser drei Augensegmente ist für sich etwas gewölbt. In der Figur 4. c. haben wir die Cornea von oben gesehen gezeichnet, die Figur 5. c. gibt dieselbe CGornea von der Seite. Die Dreitheilung ist in beiden Abbildungen gleich deutlich. Die Cornea unterscheidet sich von der übrigen Ghitinhaut des Kopfes zunächst durch ihre Durchsichtigkeit. Sie ist zwar nicht so krystallhell, als die Gornea der facettirten Insectenaugen, jedoch hin- reichend für das Licht permeabel. Die Dicke der CGornea beträgt bei erwachsenen Raupen von Gastropacha rubi 0,024 Mm.; im Allgemei- nen richtet sich dieselbe nach der Grösse der Species, so dass sie bei kleinen Raupen dünner, bei grösseren verhältnissmässig dicker wird. Ringsherum ist die Cornea von einem Chitinringe umgeben, an welchen sich die Kopfhaut dicht anlegt; die einzelnen zellenartig con- tourirten Feldchen dieses Chitinringes sind bei Gastropacha rubi 0,012 Mm. gross. Viel kleiner als die zellenartigen Bildungen des Kopfskelets sind die Zeichnungen auf der Cornea; auf ihr werden eigentlich begrenzte Feldchen vermisst und man sieht auf und in derselben eine grosse An- zahl feiner Strichelchen, welche an einzelnen Stellen eine spindel- förmige Umgrenzung erhalten. Vgl. Fig. 4. c. Bei sehr starken Ver- grösserungen tritt eine feine wellige Streifung auf, ähnlich wie auf der Epidermis des Spinnenleibes. Unter der Cornea, jedoch innigst mit ihr vereinigt, liegt die Hypo- dermis, welche während des Häutungsvorganges jedesmal eine neue Cornea abzuscheiden bestimmt ist. Die Raupenaugen. 31 4. Die Linsen. Die Linse des Raupenauges liegt dicht unter der Hypodermis der Cornea. Da sie sich genau der inneren Form der Cornea anschmiegt, so hat auch sie auf ihrer Oberfläche drei Furchen. Dass die Linse wirklich aus drei dicht aneinander gelagerten kugligen Theilen bestehe, vermochte ich mit Bestimmtheit nach- ‚zuweisen, obschon dieselbe ein sehr zarter Theil des Raupenauges ist und bei der Präparation sehr leicht zu Grunde geht. In der Figur 6. !. habe ich die drei Linsen eines einzelnen Auges von Gastropacha rubi nach einer 500fachen Vergrösserung gezeichnet. Das Präparat zeigt die drei isolirten Linsen nach leichter Quetschung. In dem unver- sehrten Auge legen sich die drei Linsen dicht aneinander, und scheinen dann einen einzigen Linsenkörper zu formiren. Was die histologische Structur der Linsen angeht, so bemerkten wir in den Linsen solcher Raupen, welche sich im letzten Raupen- 'stadium befanden, feinstreifige Fasern mit 0,004 Mm. grossen Kernen im Innern. Die Streifen resp. Fasern liegen concentrisch um den Mittel- punct. Um die Linsen in ihrer natürlichen Lage zu befestigen, dienen zu- nächst die drei inneren Höhlungen der Cornea; andererseits sind die Linsen aber auch durch eine besondere structurlose Haut in dem Augen- kegel befestigt. Diese Haut legt sich oben eng der Linse an und bildet an den Seitentheilen derselben mehrere Falten. Die Enden der Haut sind an der Wandung des Augenkegels der Basis der Linsen gegenüber angeheftet. Die Fig. 3. !. zeigt die Linsen mit dem faltigen Ueberzuge genannter Haut. Die Präparation 'der Linsen macht sehr grosse Schwierigkeiten. Um sie von der Cornea zu isoliren, muss man die Raupen vor der Prä- paration einige Augenblicke in kochendes Wasser tauchen. Dadurch bekommt die Linse grössere Consistenz und ihre Form und Structur lässt sich mit Anilintinceturen studiren. Dass man kein Artefact vor sich habe, geht deutlich daraus hervor, wenn man von einer lebendigen Raupe die Cornea abpräparirt, wobei nicht selten die Linsen vollständig erhalten bleiben. An solchen Präparaten nimmt man auch die faltige Haut wahr, welche die Linsen in dem Augenkegel befestigt. Ich mache hier schliesslich nochmals darauf aufmerksam, dass jedes anscheinend einfache Raupenauge dreiLinsen ent- hält, weil diese Entdeckung für die Morphologie der Raupenaugen von besonderer Wichtigkeit wird. 39 Dr. Hermann Landois, 5.. Die Iris. Unter der Linse liegt ein eigenthümliches Gebilde, welches wir seiner Eigenschaften wegen füglich als die Iris des Raupenauges deuten können. Ich will dasselbe aus dem Auge der Raupe von Gastropacha rubi genauer beschreiben. Ein 0,056 Mm. im Durchmesser haltender Stern (vgl. Fig. 12. ir.) legt sich den Linsen dicht an. Der Irisstern besteht aus etwa 35 bis 38 meistens 0,0036 Mm. breiten Fasern, welche radienartig vom Umfange der Iris verjüngt zur Mitte der Iris zulaufen und stark pig- mentirt sind. Das Pigment gruppirt sich rund um diese Fasern. Weil die Fasern ausserordentlich contractil sind — nach einem Drucke auf das Deckglas zieht sich der lrisstern sogleich wieder in seine frühere Grösse zusammen —, so vermuthen wir vielleicht mit Recht, dass wir in diesen Fasern Muskelfasern vor uns haben. Eine Querstreifung der- selben liess sich nicht nachweisen, nur waren sparsam kleine Kerne eingestreut. 5 -Der Mittelpunct der Iris ist offen. Vgl. Fig. 12. iö. Diese Oefl- nung umgrenzt ein kleines Dreieck mit wenig bogig abgestumpften Ecken. Bei Gastropacha rubi hat dasselbe eine Höhe von 0,01 Mm. Die Oeffnung im Dreiecke ist nahezu kreisförmig mit 0,00% Mm. Dia- meter. Jede bogig abgestumpfte Ecke setzt sich in einem Ausläufer fort, welcher zwischen den Fasern der Iris beinahe bis zum Rande sich fortsetzt. Die ganze Iris von oben gesehen wird durch diese Ausläufer in drei symmetrische Stücke getheilt. Das Dreieck, sowie auch seine drei Ausläufer, sind in diesem Raupenauge intensiv gelb gefärbt. Dieselbe gelbe Farbe haben die Anhangsgebilde der Iris — ich nenne sie die Irisschleifen —, welche sich auf der untern Fläche der Iris an jenes Dreieck ansetzen. Auch die lrisschleifen sind in der Dreizahl vorhanden. Vgl. Fig. 12. is. Sie inseriren sich an den Seiten des oben beschriebenen Dreiecks und legen sich als keilförmige Lappen um den unter der Iris liegenden sog. Krystallkörper des Auges. Die Schleifen schmiegen sich nach aussen den Umhüllungskörpern an, welche später noch beschrieben werden sollen. An der Stelle, wo sich die Iris- schleife an das Irisdreieck, resp. an die Umhüllung der Pupille ansetzt, ist die Anheftungsstelle 0,005 Mm. breit. Die Länge jeder Irisschleife — auch sie sind in der Dreizahl vorhanden — beträgt 0,056 Mm. und ihre untere Breite 0,02 Mm. Im Innern jeder Schleife befindet sich eine helle schleifenförmige Zeichnung, welche von der gelben Farbe ihrer Umgebung grell absticht. Dieser Zeichnung wegen habe ich diesem Organ den Namen lIrisschleifen gegeben. Die Ranpenangen, 39 Die Präparation der Iris gelingt sehr leicht, wenn man das Auge in dem eigenen Blute der Raupe ein wenig quetscht. In dem unver- letzten Auge ist die Iris schwer zur Anschauung zu bringen. Man setze vor Allem zu dem Präparate keine Salpetersäure oder Kalilauge, weil der Irisstern durch diese eindringenden Reagentien sich bedeutend ver- ändert und kaum wiedererkannt werden kann. Wenn man das Raupen- auge vor der Präparation kocht, so ist die Lage der Iris eine ganz an- > dere. Da das ganze Auge sich beim Kochen stark contrahirt, so tritt der Kopf des sogenannten Krystallkörpers durch die Pupille der Iris hindurch und der Krystallkörperhals steckt in der Pupille der Iris. Wird dann der Krystallkörperkopf von oben gesehen, so scheint der Irisstern in dem Kopfe selbst zu liegen. Dabei zieht sich der Irisstern ausserordentlich zusammen, sodass er kaum wiederzuerkennen ist. Vgl. Fig. 13. ir., wo der Kopf des sog. Krystallkörpers von oben ge- sehen gezeichnet ist mit durchschimmernder stark contrahirter Iris. Es ist also nothwendig, um die natürliche Lage der Iris zur Anschauung zu bringen, dass die Augen frisch präparirt werden. Die Iris mit ihren Anhangslappen ist, wenn die Augen in dem Raupenblute oder auch in _ Wasser präparirt werden, der consistenteste Theil des inneren Auges; selbst bei starker Quetschung behält sie ihre natürliche Form. 6. Der sogenannte Krystallkörper. Wenn man in durch Kochen vorbereitete Raupen die Augen prä- parirt, so tritt der sog. Krystallkörper des Auges am deutlichsten her- vor. Man sieht an solchen Präparaten (vgl. Fig. 7.) den sog. Krystall- körper (kk.) in einem gelblich gefärbten Trichter (tr.) liegen. Der Kry- stallkörper ist eiförmig mit deutlicher scharfer Abgrenzung an dem spitzen Pole. Diese Abgrenzung, welche auch in den meisten Leynıg’- schen und CLararkpe'schen Figuren der facettirten Augen scharf her- vortritt, ist aber entschieden ein Artefact. Doch halten wir uns zunächst an die Schilderung solcher Kunstproducte. Der eiförmige Körper (kk.), der eigentliche sog. Krystallkörper, ist deutlich aus drei symmetrischen Theilen zusammengesetzt. Nach oben hin ist derselbe flacher gewölbt, nach unten spitzer eiförmig zuge- rundet, und an diesem Pole passt er genau in den kleinen.gelblichen Trichter. Dieser Körper ist bei der Kohlraupe in der Längsrichtung 0,028 Mm. lang und seine kleine Axe misst 0,022 Mm. Von oben gesehen laufen vom Mittelpuncte drei scharf geschnit- tene Linien aus. In jedem der dadurch entstehenden Segmente liegt ein 0,008 Mm. grosser kernartiger Körper, welcher stark licht- Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. XVI. Bd. 3 34 Dr. Hermann Landois, brechend ist und sich eben dadurch scharf von seiner Umgebung abhebt. Betrachtet man dagegen den sog. Krystallkörper von der Seite, so sieht man in der Regel nur einen Längsstrich, der von oben nach unten durch beide Pole des Körpers sich hinzieht. An der obern Seite des sog. Krystallkörpers treten dann neben dem Längsstriche jene Kerne deutlich hervor. Vgl. Fig. 7. k. Nicht selten ist es der Fall, dass man statt eines Längsstriches zwei beobachtet. Es liegt dann ebenfalls ein diaphaner Kern zwischen beiden Strichen, und zu beiden Seiten zwei andere derselben Art, welche aber erst bei tieferer Einstellung des Objectivs deutlicher her- vortreten. Der Theil des sog. Krystallkörpers, welcher im Innern jene drei hellen Kerne einschliesst, legt sich meniscusartig auf den granulösen eiförmigen Körper. Vgl. Fig. 7. Die Dicke des Meniscus beträgt bei der Kohlraupe 0,005 Mm. Seinen Abschluss und Begrenzung findet er an der breitesten Stelle des sog. Krystallkörpers. Die bereits angedeutete Dreitheilung — auf der Oberfläche und in den drei diaphanen Kernen des Meniscus — tritt um so evidenter her- vor, wenn man den sog. Krystallkörper unter dem Deckglase quetscht. Er fällt dann in drei genau symmetrische Stücke auseinander, welche jedoch unter dem Trichterstiele meistens aneinander geheftet bleiben. Die Figur 9 ist nach einem Quetschpräparate angefertigt; Fig. 10 und 11 zeigen den sog. Krystallkörper in verschiedenen Lagen mit deut- licher Dreitheilung aus gekochten Raupen. Das ganze Gebilde hat die grösste Aehnlichkeit mit dem sog. Kry- stallkörper der facettirten Insectenaugen ; wir werden später noch nach- zuweisen haben, dass es auch wirklich demselben entspreche. Von der feineren Structur des sog. Krystallkörpers nimmt man an solchen Präparaten, die mit Reagentien behandelt werden, mit Aus- nahme jener drei diaphanen Kerne, nichts wahr, der ganze Inhalt ist grob granulös. Wir gehen desshalb jetzt zur Schilderung des anatomi- schen und histologischen Baues des unversehrten sog. Krystallkörpers über: Der 0,022 Mm. dicke Kopf des sog. Krystallkörpers —' ich habe hier Präparate von der Kohlraupe vor mir — setzt sich nach unten in einen langen Stiel‘ fort. Dieser Stiel ist je nach der Grösse des Auges 0,09 bis 0,172 Mm. lang. Seine Dicke differirt nicht viel, sie beträgt 0,009 Mm. Nach der angegebenen Längenausdehnung schwillt der Stiel in einen länglichen Kolben an (vgl. Fig. 3. y.), welcher in grossen Augen 0,066 Mm. lang und 0,056 Mm. dick ist. Diese Anschwellung NUR u urn Auer Die Ranpenaugen, 39 läuft wieder verjüngt zu und setzt sich durch den Augenstiel in das Ganglion opticum fort. Aus dem für die je sechs Augen gemeinschaftlichen Ganglion opti- cum treten drei Nervenfasern (vgl. Fig. 3. n.), jede 0,003 Mm. dick. Jede Nervenfaser geht in der unteren Anschwellung des sog.’ Krystallkörpers (y.) in eine Ganglienzelle (gz.) über, von 0,018 Mm. Durchmesser mit deutlichem Kern und Kernchen. Aus diesen drei "Ganglienzellen setzen sich die drei Nervenfasern nach oben fort und schwellen in dem obern Kopfe desselben wiederum zu Ganglienzellen an und zwar in 8 bis 9 solcher Nervenzellen. Die Fig. 8 stellt den oberen Nervenknopf isolirt dar; weil er von der Seite gezeichnet wurde, kommen nur zwei der Nervenanschwellungen zum Vorschein. Es setzen sich also die Nervenfasern aus dem Ganglion opticum direct in den Knopf des sog. Krystallkörpers fort, und es unterliegt keinem Zweifel, dass der Krystallkörper ein Nervengebilde ist. Nach Zusatz von Reagen- tien wird der Inhalt des Nervenknopfes grob granulös und zieht sich zusammen, sodass dadurch das Bild des sog. Krystallkörpers zu Stande kommt. Dass die genannten Fasern und Zellen wirklich Nervengebilde sind, lässt sich nicht allein aus den Structurverhältnissen erkennen, sondern auch daraus, dass bei Zusatz verschiedener Reagentien, selbst des Wassers, sie leicht jene granulöse Structur annehmen, welche wir bei den zarten Nervenelementen der Insecten zu sehen gewohnt sind. Die eigentliche Nervennatur des sog. Krystallkörpers nachzuweisen ge- lingt bei den Raupen viel leichter, als bei den vollkommenen Insecten, weil das einzelne Raupenauge bedeutend grösser ist, als ein einzelnes Facettenauge. Leypıs hat bereits schon häufiger die Ansicht ausge- sprochen, dass der Krystallkörper nervöser Natur sei, ich glaube hier den endgültigen Beweis geliefert zu haben. Wir werden in der Folge den Krystallkörper »die drei Nervenstäbe« nennen. Die drei Nerven werden in ihrem ganzen Verlaufe von dem Neu- rilemm umhüllt. Dasselbe bildet für die Nervenfasern und für ihre unteren Ganglienzellen einen gemeinsamen Schlauch (vgl. Fig. 3. y.). An dem Endknopfe bildet es drei separate Hüllen, welche die Ganglien- endzellen einschliessen (Fig. 8. nl.). An dem unten conisch zulaufen- den Endknopfe nimmt das Neurilemm eine gelbliche bis intensiv gelbe Farbe an, welche sich in einigen Fällen noch tiefer erstreckt. 7. Die Umhüllungskörper. Die Umhüllungskörper sind die grössten Theile des Raupenauges ; auch sie sind in Dreizahl vorhanden und umhüllen die in der Axe des Auges liegenden Nervenstäbe. 3% 36 Dr, Hermann Landois, Jeder Umhüllungskörper beginnt an der Basis des Auges mit einem mehr oder weniger zugespitzten Ende und dehnt sich nach oben hin sackartig aus. Vgl. Fig. 3. «. Die Länge eines Umhüllungskörpers be- trägt 0,184 Mm., seine Dicke 0,034 Mm. | Im Innern eines jeden Umhüllungskörpers liegen vier ausser- ordentlich grosse Zellen mit deutlichem Kern und Kernchen. Die Zellen sind nicht von gleicher Grösse; die grössten sind 0,048 Mm. lang und 0,028 Mm. breit. Ihre Kerne erreichen im Durchmesser 0,01 Mm. Die Umhüllungskörper sind ausserordentlich braun violett pigmen- tirt. Die einzelnen kleinen Pigmentkörnchen liegen im Innern und ver- decken die genannten grossen Zellen. Durch Behandlung mit Chlor- wasser lässt sich das Pigment soweit aufhellen, dass jene Zellen deut- lich hervortreten; ihre Kerne nehmen dann bei Essigsäurebehandlung noch schärfere Gontouren an. Die Pigmentablagerung fehlt in dem oberen Theile, wo sich die Umhüllungskörper mit ihren verbreiterten Enden dicht an die Nerven- stäbe anlegen, vollständig. Vgl. Fig. 3. w. Ueber dem Knopfe des Nervenstabes legen sich die Umhüllungs- körper dicht aneinander und überziehen in dünner Lage den Nerven- knopf. Dem Mittelpuncte des Nervenknopfes gegenüber lassen sie jedoch Raum, um die Irisschleifen durchtreten zu lassen. Diese Schleifen dringen durch die persistirende Oefinung und legen sich dem Nerven- knopfe eng an. _In der Figur 3 ist die Oeflnung für die Irisschleifen gezeichnet; die Iris aber und ihre Schleifen wurden nicht eingezeich- net, um das Bild nicht zu verwirren. 8. Die Muskeln des Raupenauges. Es wurde bereits oben bei der Untersuchung der Iris darauf auf- merksam gemacht, dass die radienarlig verlaufenden Fasern derselben höchst wahrscheinlich musculöser Natur sind. Diese sind aber nicht die einzigen museulösen Elemente, sondern es kommt noch eine grosse Anzahl von Muskelfasern in dem Auge vor. Das ganze Raupenauge ist ausserordentlich contractil. Wenn dasselbe im normalen Zustande im Thiere z. B. 0,28 Mm. lang und ziemlich dünn ist, so zieht es sich, nachdem es aus der Kopfhöhle genommen ist, nicht selten bis auf 0,134 Mm. zusammen. Diese enorme Contractilität steht mit der bedeutend entwickelten Muskelschicht in Beziehung. Die Muskelschicht legt sich in Form eines kegelförmigen Gylinders um die Umhüllungskörper des Auges und bildet eine zusammenhängende Schicht. Die einzelnen Fäserchen sind 0,002 Mm. dick und zeigen sehr Die Raupenaugen. 37 schmale 0,008 Mm. lange Kerne. Vgl. Fig. 3. m. Die Muskelschicht ist, ähnlich wie die Umhüllungskörper, sehr dunkel pigmentirt. Nach oben hin setzt sich die Muskelschicht bis zu den Linsen fort. Auch die Linsen werden noch von einigen Muskelfasern überzogen. Auf den Linsen werden aber die Muskelfasern wasserhell mit alleiniger Aus- nahme derjenigen Fasern, welche sich über die Begrenzungslinien der aneinander gelagerten Linsen wegziehen;; letztere sind ebenfalls dunkel - pigmentirt. Einige dunkle Muskelfasern sind an der Hypodermis der Basis der Gornea befestigt. 9. Die beiden Umhüllungshäute. Die Muskelschicht des Auges, welche die früher angegebenen Augentheile umhüllt, wird noch von zwei besonderen Häuten um- geben. Die der Muskelschicht zunächst aufliegende Haut ist zelliger Natur und besteht aus mehreren Zellenlagen, deren einzelne scharf begrenzte Zellen 0,0048 Mm. gross sind. Sie bilden ein sanftes Polster, in wel- chem die Weichtheile des Auges geschützt liegen. An einzelnen Augen maassen wir die Dicke dieser Zellenschicht auf 0,024 Mm. Die dem innern Auge zugekehrten Zellen sind stark pigmentirt, nach aussen werden die Zellen allmählich blasser. Es ist selbstverständlich, dass diese Zellenhaut dort, wo sie sich über die Linsen hinwegzieht, eben- falls der Pigmentirung gänzlich entbehrt. Die Zweckmässigkeit dieses Zellenpolsters ergibt sich schon allein daraus, dass die Augen so dicht neben den kräftigen Kaumuskeln der Mandibeln liegen. Letztere wür- den durch ihre CGontractionen beim Fehlen des Polsters leicht verderb- lich auf die zarten Augentheile einwirken. Die äusserste Haut des Auges schliesst das ganze Sehorgan von den übrigen Kopftheilen vollständig ab; sie ist ganz structurlos. Nach oben setzt sie sich an die Basis der Cornea an, nach unten münden in dieselbe die Nervenfasern. | 10. Der Nervus opticus. Aus dem grossen Gehirn entspringt in der Nähe jenes Nerven- stranges, welcher die Hälfte des grossen Gehirns mit dem Schlund- ganglion verbindet, der Nervus opticus. Vgl. Fig. 2. no. Bei der Kohl- raupe ist derselbe 0,054 Mm. dick ; bei Gastropacha rubi ist sein Durch- messer 0,084 Mm.; sein Umfang richtet sich in andern Raupen nach der Eeyererüsse, Seine Länge ist ziemlich bedeutend; in Gastropacha rubi ist er 1,5 Mm. lang. ' 38 Dr. Hermann Landois, Das Neurilemm des Sehnerven ist sehr deutlich entwickelt; seine Dicke können wir bei Gastr. rubi auf 0,005 Mm. angeben. Es ist besäet mit 0,004 Mm. grossen Kernen, in denen wir die Kernchen nie vermissten; die Neurilemmkerne liegen 0,011 Mm. auseinander. An seinem Ende läuft der Nerv in das Ganglion opticum aus. Vel. Fig. 2. gno.; es ist von kugliger Gestalt, dessen Durchmesser in der Kohlraupe 0,074 Mm. beträgt. Bei Vanessa urticae ist es bedeutend voluminöser, nämlich 0,1558 Mm. Das Ganglion ist im Innern voll- gepfropft von Ganglienzellen, welche sämmtlich von einerlei Grösse sind. Bei der Kohlraupe beträgt der Durchmesser der Ganglienzellen 0,046 Mm. Uebrigens scheint bei grösseren Raupenspecies die Grösse derselben verhältnissmässig zu wachsen, da wir sie in Gastrop. rubi 0,018 Mm., in Vanessa urticae ebenfalls 0,018 Mm. gross sehen. Auf dem Ganglion des Sehnerven stehen die einzelnen Augen. Vgl. Fig. 2. oc. Ihre Gestalt ist im Ganzen ampullenförmig. Die Länge des Stieles, womit die Augen dem Ganglion aufsitzen, richtet sich nach der Lage der Augen am Kopfe, sodass diejenigen Augen, deren Gornea weit vom Ganglion entfernt ist, auch einen längern Stiel haben als die andern. Die Länge des Augenstieles ist im Durchschnitt bei Vanessa urticae 0,05 Mm.; seine Dicke 0,0845 Mm. Durch diesen Augenstiel treten aus dem Sehnerven jedesmal drei Nervenfasern von 0,003 Mm. Dicke; sie formiren im Innern des Auges den oben beschriebenen sog. Krystallkörper. Es ist diese Beobach- tung um so wichtiger, als dadurch derendgültige Nach- weis geliefertist, dass der sog. Krystallkörper ein Nerven- gebilde ist. 14. Die Tracheen des Auges. Es ist bekannt, dass die Organe des Insectenkörpers reichlich mit Tracheen versehen sind; es möchte aber wohl kein Körpertheil so stark mit Tracheen durchwebt sein, als gerade die Augen. Die feinen Ver- zweigungen der Tracheen stammen sämmtlich aus einem grösseren Aste (vgl. Fig. 3. tr.), welcher neben dem Nervenstrange in das Auge eintritt. Von dort aus verästelt er sich sofort in zahlreiche Fädchen und durchzieht mit Ausnahme des Nervenstabes selbst, der Cornea und der Linsen, sämmtliche Theile des Auges. Die feinsten Verzweigungen ohne. Spiralfaden liegen oft in sehr dicken Knäueln in der Peritonealhaut zu- sammengewickelt. Auf ihre Endigungen näher einzugehen, wäre hier nicht am Orte. Ds « Die Raupenaugen. 39 12. Die Innervation des Auges. Zwischen den Augentheilen: den Umhüllungskörpern, der Muskel- schicht und der zelligen Augenhaut, stösst man bei der Präparation sehr häufig auf dünne Nervenfäserchen, deren letzte Ausläufer aus Ganglienzellen hervorgehen. Diese Nerven stammen nicht etwa aus dem Nervus opticus, sondern, wie mir scheinen will, aus den kleinen -Stirnganglien. Nachdem ich bereits meine Untersuchungen über den Bau des Raupenauges zu dem vorliegenden Abschlusse gebracht hatte, konnte ich erst die Abbildung der Raupenaugen von Lryvıc einsehen. Bei dem Vergleiche beiderseitiger Untersuchungen ergeben sich nennenswerthe Abweichungen. Leypıc bildet zunächst auf der Tafel IX. seines Atlas zur vergleichenden Anatomie die Dreitheilung der Cornea, wie sie sich auf der Oberfläche derselben meist deutlich markirt, nicht ab. Auch die dreitheilige Linse wurde als ein selbstständiger Organtheil des Auges _ in der Figur 6. b. auf derselben Tafel nicht abgebildet. Sein sog. »pig- mentirtes Sehnervenbündelc« (c.) ist sicher nicht das, wofür es ausge- geben wird; ich fasse dasselbe als die Umhüllungsgebilde des Auges auf. Was dann endlich seinen »hellen, linsenartigen Körper« betrifft, so geben meine Zeichnungen den detaillirteren Bau genauer an, indem ich nachwies, dass dieser Körper, der in den zusammengesetzten Augen dem sog. Krystallkörper entspricht, nichts anderes ist, als die Nerven- endigung des Sehnerven selbst. Auch auf die Iris hat bisher kein En- tomotom aufmerksam gemacht. 13. Morphologische und physiologische Bemerkungen. Ich will hier zunächst die sehr schwierige Frage zu erörtern suchen, ob die Raupen einfache oder zusammengesetzte Augen haben. Verschiedene Thatsachen leiten uns darauf, das Raupenauge für ein Zusammengesetztes zu betrachten. Für diese Ansicht spricht zu- nächst die Dreitheilung der Cornea; noch mehr aber die völlig getrenn- ten drei Linsen des Auges. Auch die Nervenstäbe im sog. Krystall- körper sind immer in der Dreizahl vorhanden, ebenso, wie die Ganglien- zellen und die Nervenfasern im Augenstiel. Rechnen wir dazu die drei grösseren Umhüllungskörper der Nervenstäbchen,, so könnte die An- sicht, dass das Raupenauge eigentlich aus drei Augen zusammengesetzt sei, allerdings mit Grund vertheidigt werden. Wollen wir hingegen das Raupenauge für ein einziges individuelles 40 Dr, Hermann Tandois, Organ halten, so lässt sich hierfür ebenfalls manches Triftige sagen. Wenn auch die CGornea eine eclatante Dreitheilung zeigt, so legen sich die drei Wölbungen derselben doch so enge an einander, dass sie im Ganzen den Eindruck einer einzigen Cornea auf den Beobachter machen werden. Die drei Linsen lassen sich leicht von einander separiren, aber sie legen sich doch an ihrer Innenseite enge aneinander, wenn auch die Begrenzungswände nie miteinander verschmelzen. Die Nerven- stäbe endigen zwar in drei besondere Knöpfe, aber in ihrem weiteren Verlaufe nach unten erhalten sie ein gemeinsames Neurilemm, welches sie äusserlich zu einem einzigen Stabe vereinigt hält. Die Umhüllungs- körper zeigen noch deutlich die Dreitheilung, aber die Muskelschicht, die Umhüllungsschicht,, wie auch endlich die ampullenförmige Begren- zungshaut sprechen dafür, das einzelne Auge für ein selbstständiges Organ zu halten. Nach Erwägen der vorgeführten Thatsachen kann ich mich weder dafür entscheiden, das Raupenauge für ein einfaches noch für ein zu- sammengesetztes Sehorgan zu halten. Ich glaube vielmehr, dass die richtige Ansicht in der Mitte liegt. Das Raupenauge muss als eine Uebergangsstufe zwischen einfachen und facettirten Augen betrachtet werden; und wir sind in die Nothwendigkeit versetzt, bei der Classification der Sehorgane der Inseeten die Raupen- augen als eine Zwischenstufe zu betrachten, und ich schlage für die- selben die Bezeichnung Ocelli compositi vor, da dieser Ausdruck sowohl auf die Merkmale der einfachen wie auch der zusammengesetz- ten Augen hinweist. In Bezug auf die Art und Weise, wie das eigentliche Sehen bei den Raupen zu Stande komme, können wir uns kurz fassen. Je kurz- sichtiger ein Auge, desto gewölbter muss das Auge sein, wenn die Nervenstäbe überhaupt nahe an der Linse liegen. Die Raupenaugen liegen ganz in der Nähe der Kiefer. Der Hauptzweck der Raupe ist die Nahrungsaufnahme und die Stoffassimilation, um das Material für die Umwandlungen und Neubildungen der Organe aufzuspeichern. Das Sehen scheint sich desshalb hauptsächlich auf das deutliche Erkennen der vorliegenden Futterstoffe zu beschränken. Nehmen wir als die na- türliche Sehweite der Raupe den Abstand der Mandibelspitzen bis zu den Augen an, so ist diese ungewöhnlich kurz. Soll bei einer solchen kurzen Sehweite noch ein deutliches Sehen ermöglicht werden, so muss nothwendig die Linse resp. die Linsen des Raupenauges stark gewölbt sein. Diese Wölbung vermissten wir auch in keinem Raupenauge. Die Iris hat sicherlich den Zweck, bei grösserem Lichtandrang sich zu ver- engen, da dieses Organ sich durch seine ‘enorme Gontractilität auszeich- Die Raupenaugen. 41 net. Die Umhüllungskörper, die Muskelschicht und nicht weniger die umbhüllenden Zellhäute sind stark pigmentirt, um das Licht auf die Nervenstäbchen zu concentriren. A%.. Vergleichung des Raupenauges mit den facettirten Augen. i Da sich bereits mehrere Forscher mit der Untersuchung der facet- tirten Augen beschäftigt haben, so wird eine Parallele der Ocelli com- positi der Raupen mit den Augen der Imagines der Inseeten nicht un- fruchtbringend sein. Leypıs machte bereits darauf aufmerksam, dass die Gornea der einzelnen facettirten Augen, die in der Regel kleine regelmässige Sechs- ecke bilden, auf ihrer Oberfläche eine kreuzarlige Zeichnung gewahren lassen. Die Cornea der Raupenaugen, wie -wir oben nachgewiesen haben, zeigt bei allen von uns untersuchten Species eine eclatante Dreitheilung. Da die Cornea des Raupenauges meistens grösser sind, ‚als die kleinen Facettenfelder der Imagines, so kann es nicht auffallen, wenn die Dreitheilung der Raupencornea viel deutlicher hervortritt, als die Viertheilung auf der Schmetterlingscornea. Die Linse ist als ein selbstständiges Organ noch von keinem For- scher nachgewiesen worden; es sei denn, dass man die Semrer'schen Kerne des facettirten Auges dafür ansprechen wollte. Diese entsprechen - aber in keiner Weise der Linse. Bei den facettirten Augen ist ebenfalls - eine wahre Linse vorhanden, welche unmittelbar hinter der CGornea liegt. Dass von andern Forschern dieselbe bisher nicht in der rechten Weise gewürdigt wurde, mag in der Präparationsschwierigkeit der- selben begründet liegen. Das Raupenauge setzt der Isolirung der Linse schon so viel Hindernisse in den Weg, und doch ist dasselbe bedeutend grösser, als die einzelnen facettirten Augen. Doch ich hoffe auf die - Linse der facettirten Augen noch in meiner Entwickelungsgeschichte - von Vanessa urticae eingehender zurückzukommen. Die Srmper’schen Kerne, welche, nachdem sie einmal von SENPER entdeckt und von CLArArsDE in einer grossen Anzahl facettirter Augen nachgewiesen sind, können in den Augen der Puppen in späteren Ent- wickelungsstadien nicht leicht übersehen werden. ÜLAPAREDE zeichnet dieselben meistens so, dass sie in der Umhüllungshaut des sog. Krystall- körpers liegen; in andern Zeichnungen von ihm liegen sie aber dicht über dem Krystallkörper. Wir finden nun in der obern Decke des sog. Krystallkörpers im Raupenauge ebenfalls drei Kerne wieder, nicht vier, wie im facettirten Auge. Sie liegen bei den Raupen aber ohne Zu a Sn ae a DE 42 Dr, Hermann Landois, Ausnahme in der Umhüllungshaut des sog. Krystallkörpers. Im Raupen- auge gehören diese Kerne dem Neurilemm der Sehnervenstäbchen an. Vergleichen wir etwa die Fig. 16 der Grararkpe’schen ) Abhandlung mit unserer Abbildung Fig. 7, so tritt die Aehnlichkeit des sog. Krystall- körpers im facettirten Auge mit dem des Raupenauges klar hervor. Beide Abbildungen, sowohl die unsrige als auch die von CLAPArkDE, sind aber unzweifelhaft nach Artefacten gezeichnet. Bei Raupen sowohl ° wie bei facettirten Augen ist der untere Abschluss des Krystallkörpers niemals im natürlichen Zustande vorhanden. Der Krystallkörper be- steht aus den Endigungen der Sehnervenstäbchen,, was wir vorhin weitläufiger nachgewiesen haben. Ich wiederhole es hier nochmals: der hintere Abschluss des sog. Krystallkörpers existirt in keinem Auge. Wenn man die Augen frisch in dem eigenen Blute der Insecten prä- parirt, so vermisst man nie die deutlichen Fortsätze der obern Nerven- knöpfe in die Nervenfasern (vgl. Fig. 7.). Von Levvie ist die Nerven- natur des Krystallkörpers bereits ausgesprochen; ich muss seiner An- sicht gegen CLAPAREDE nur beipflichten, und es kann nach unseren neu vorgebrachten Thatsachen die Richtigkeit dieser Ansicht nicht mehr beanstandet werden. Was den Irisstern mit seinen gelben schleifenförmigen Anhängen betrifft, der in den Augen von Gastropacha rubi so leicht beobachtet werden kann, so ist ein ähnliches Organ von den Forschern in den facettirten Augen bisher nicht aufgefunden worden; auch uns gelang es hisher nicht denselben hier nachzuweisen, wobei wir es aber dahin- gestellt sein lassen, ob derselbe nicht wirklich in den facettirten Augen vorkomme. Die Musculatur ist in den facettirten Augen nicht bedeutend ent- wickelt. Leypıe machte zuerst auf die zarten Muskelfäserchen in den- selben aufmerksam; sie liegen aber nicht in dem Nervenstab, sondern in den Umhüllungskörpern. In den Raupenaugen findet sich nicht allein eine Muskelfaserschicht rings um den Umhüllungskörpern, die sich nach oben über die Linsen und zur CGornea hinaufzieht, sondern auch die Iris besteht zum grössten Theile aus Muskelfasern. Aehnliches, wie von den Muskeln, muss auch von den Tracheen berichtet werden. In dem Raupenauge ist die Tracheenverästelung ausserordentlich stark entwickelt; jedoch gibt es auch facettirte Augen, namentlich bei vielen Dipteren, welche ebensosehr, wenn nicht noch reichlicher, mit Tracheen durchwebt sind. Die Umhüllungskörper sind in den Raupenaugen viel voluminöser, als in den facettirten Augen. 1) Diese Zeitschrift. Band X. Tafel XIM. Fig. 16. WE ne Ayer Die Raupenaugen. ’ 43 Aus den angeführten Vergleichungspuncten geht zur Genüge her- vor, dass der Unterschied zwischen den facettirten Augen des Schmet- _ terlings und den Ocelli compositi der Raupe nicht sehr erheblich ist. Wir finden — etwa mit Ausnahme der Iris — sämmtliche Theile in beiden Augengattungen homolog wieder. Denken wir uns mehrere Raupenaugen zusammengruppirt und sehen dabei von der Grösse ab, so würden wir sie kaum von facettirten Kerfaugen unterscheiden können. Münster, den 43. September 1865. Erklärung der Abbildungen. Tafel II, Fig. 1. Die Kopfhaut der Raupe von Vanessa urticae, welche das Thier bei der - zweiten Häutung abgestreift hat. oc. Die zwölf Augen der Raupe, welche oberhalb der Kiefer unregelmässig im Kreise liegen. Geringe Vergrösserung. Fig. 2. Vergrösserung 30. cr. Das grosse Gehirn derselben Raupe, aus zwei Hälften bestehend. no. Der nervus opticus, welcher in der Nähe desjenigen Nerven entspringt, der das grosse Gehirn mit dem kleinen Gehirn, dem soge- nannten Schlundganglion, verbindet. gno. Das Ganglion des Nervus opti- cus. oc. Die einzelnen Augen der Raupe; sie sitzen an jeder Seite zu je sechs dem Ganglion des Sehnerven auf. cl. Das kleine Gehirn. sn. Die Stirnganglien mit einigen abgehenden Nervenstämmchen. g. Das erste Brustganglion. Fig. 3. Vergrösserung 500. c. Die Cornea eines einzelnen Raupenauges der Gastropacha rubi. Auch die folgenden Zeichnungen sind nach Präparaten von dieser Raupe gezeichnet. I. Die drei Linsen, welche dicht unter der Cornea liegen. ep. Die Epidermis, worin sich die Cornea des Auges fort- setzt. %. Die Umhüllungskörper ; man sieht in der Figur nur zwei der- selben, im Ganzen sind deren drei vorhanden. p. Das Pigment der Um- hüllungskörper ; dasselbe ist an dem vorderen Ende der Umhüllungs- körper nicht eingezeichnet. ö. Die Oeffnung, welche für den Durchtritt der Irisschleifen vorhanden ist. Die Iris und ihre Schleifen wurde in dieser Figur nicht eingezeichnet. sn. Der sog. Krystallkörper. Derselbe besteht oben aus einem dickeren Kopfe, der sich nach unten in einen längeren Stiel fortsetzt. Unten schwillt er nochmals an in einen dickeren Knopf, worin gz. die Ganglienzellen und zwar drei liegen. n. Die drei Nervenfäden, welche aus den vorhingenannten Ganglienzellen sich fort- setzen und in das Ganglion opticum sich begeben. k. Die sehr grossen Kerne der Umhüllungskörper. In jedem Umhüllungskörper liegen vier grosse Kerne. m. Die Muskelschicht des Raupenauges. Die einzelnen Muskelfäserchen sind quergestreift und enthalten längliche Kerne. Sie erstreckt sich nach oben bis zu den Linsen. z. Die Zellenschicht über der Muskelschicht gelegen. Die einzelnen Zellen derselben wurden nicht eingezeichnet. uh. Die äussere Umhüllungshaut des ganzen Auges; sie 44 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Dr, Hermann Landois, Die Raupenaugen. ist structurlos. tr. Der grössere Tracheenstamm des Auges. Derselbe löst sich im Auge in eine Unzahl der feinsten Tracheenstämmchen auf. kk. Der Kopf des sog. Krystallkörpers. %. Die gangliöse Anschwellung des sog. Krystallkörperstieles. . Vergrösserung 500. c. Die Cornea von ohen gesehen, es tritt dann die Dreitheilung sehr deutlich hervor, nicht weniger ihre zellenartige und streifige Structur. ep. Die Epidermiszellen der Kopfhaut, welche die Cornea umgrenzen. | . Vergrösserung 500. c. Die Cornea von der Seite gesehen, mit deutlicher Dreitheilung. ep. Die Epidermis der Kopfhaut. . Vergrösserung 500. /. Die drei Linsen eines einzelnen Auges von Gastro- pacha rubi. Das Präparat wurde etwas gequetscht, um die einzelnen Linsen etwas auseinanderzutreiben. Das Präparat beweist mit Evidenz, dass in jedem einzelnen Raupenauge drei Linsen vorhanden sind. . Vergrösserung 500. kk. Der sog. Krystallkörper; er ist ein Artefact; er erhält die gezeichnete Gestalt sowohl durch Kochen, als auch durch Ein- wirkung von Reagentien, selbst durch den Zusatz reinen Wassers. tr. Der gelbliche Trichter. k. Die Kerne vor dem sog. Krystallkörper. . Vergrösserung 500. Der wirkliche Bau des sog. Krystallkörpers. sn. Die drei knopfförmigen Nervenendigungen. Man sieht in der Abbildung nur zwei derselben ; im Innern enthalten die Nervenknöpfe deutliche Kerne. nl. Das Neurilemm der Nervenstäbchen. k. Die drei Kerne des Neuri- lemms der Nervenknöpfe. Jeder Nervenstab hat einen Kern. . Vergrösserung 500. Das obere Ende der Nervenstäbe gequetscht, sie sind deutlich von einander getreten, und es beweist das Präparat, dass auch sie in der Dreizahl vorhanden sind. . 40 und 44. Vergrösserung 500. Nervenknöpfe von verschiedenen Seiten aus 12. gezeichnet, um die Dreitheilung besser zu veranschaulichen. Vergrösserung 500. ir. Der Irisstern des Auges von Gastropacha rubi, Er besteht aus etwa 38 Muskelfasern, welche violett pigmentirt sind und radienförmig ausstrahlen. Die Iris liegt im Auge zwischen den Linsen und dem Nervenknopfe. is. Die drei Anhänge der Iris, die ich Irisschleifen nenne. Sie dringen durch die Oeffnung, welche die Umhüllungskörper lassen, und legen sich dem Nervenknopfe eng an. Nach oben bilden sie ein Rohr mit einer Oeffnung öö. Rings um diese Oeffnung liegt ein Be- grenzungsgürtel, welcher in drei Spitzen ausläuft. Diese Vorrichtung dient zum Ansatz der Muskelfasern der Iris. Die Irisschleifen sind intensiv gelb gefärbt und haben auf ihrer Oberfläche eine helle schleifenförmige Zeich- nung. p. Das Pigment. . Vergrösserung 500. Die Iris ist ausserordentlich contractil, Kocht man die Raupenaugen, so zieht sie sich sehr stark zusammen, und der Nerven- knopf tritt vollständig durch die Oeffnung der Iris hindurch, und es legt sich die Iris der Basis des Nervenknopfes eng an. Beobachtet man nun den Nervenknopf von oben, so ist derselbe noch durchsichtig genug, um die contrahirte kleine Iris sternförmig durchschimmern zu lassen. ir. Die durchschimmernde contrahirte Iris. sn. Der Nervenknopf. E Die Metamorphose der CGorethra plumicornis. Von Dr. August Weismann, A. 0. Professor der Zoologie und Director des zoologischen Museums an der Universität Freiburg i. Br. Mit Tafel IT— VI. Noch ehe die Untersuchungen sich weiter ausgedehnt hatten, liess sich voraussehen, dass die Art und Weise, in welcher bei den Museiden die Umwandlung der Larve in das vollendete Insect vor sich geht, nicht für alle Inseeten mit sog. vollkommner Verwandlung Gültigkeit besitzen- . werde. Darauf deutete schon die grosse Verschiedenheit der Larvenformen. Wenn bei den bein- und kopflosen Muscidenlarven Kopf und Thorax der Imago mit den dazu gehörigen Anhängen als vollkommene Neu- bildung auftrat, so liess sich daraus doch nicht abnehmen, ob bei Lar- ven mit typischem Kopf und ausgebildeten Mundtheilen dem eben so sei, ob dort nicht eine directe Umwandlung der Larvenanhänge in die wenn auch noch so verschieden gestalteten entsprechenden Anhänge der Imago stattfinde. Dann aber erregten schon alte Beobachtungen von SwANMERDAM und Re£aumur die Vermuthung einer wesentlich anderen Entwickeiung gewisser Larven, insofern Beine und Flügel bereits unter der Larven- haut erkannt wurden, also sehr viel früher sich ausgebildet haben muss- ten, als dies bei Musca der Fall ist. Dass nun in der That die Metamorphose der Insecten durch min- destens zwei verschiedene Reihen von Entwickelungsvorgängen zu Stande kommt, wurde schon bei Gelegenheit der Muscidenentwickelung angedeutet und bereits die andere Hauptgruppe der Dipteren, die Ti- puliden, als Gegenfüssler der Musciden bezeichnet und einem zweiten _ Entwickelungstypus zugerechnet. Ich-lasse jetzt die Entwickelungs- 46 Dr. August Weismann, geschichte einer Tipulide folgen als Repräsentanten des zweiten Typus der Insectenmetamorphose. Abweichend vom ursprünglichen Plan, muss ich vorläufig darauf verzichten, zugleich einen Ueberblick über die andern metabolischen Inseetengruppen zu geben. Aeussere Ilindernisse haben meine Unter- suchungen nicht zum Abschluss kommen lassen, und wenn auch bereits eineMenge von Beobachtungsmaterial angehäuft ist, so ziehe ich es doch vor, dasselbe erst dann zu verwerthen, wenn es durch Neuhinzuge- kommenes einer Vollständigkeit näher gerückt sein wird. Als Repräsentant der Tipuliden wurde Corethra plumicornis ge- wählt, der aussergewöhnlichen Durchsichtigkeit ihrer Larve wegen. Bei der ziemlich bedeutenden Länge von 7— 8” lässt sich das lebende Thier doch mit einer 350fachen, ja in einzelnen Theilen selbst mit 650- facher Vergrösserung untersuchen. Man kann an ein und demselben Individuum die ganze Entwickelung bis zur Verpuppung verfolgen, wie ich denn in der That, bei der Seltenheit der Corethra in hiesiger Gegend einmal genöthigt war, lange Zeit mit drei Individuen haus- zuhalten. Es ist bekannt, mit wie günstigem Erfolg Leyvıe!) bereits die Durch- sichtigkeit der Gorethralarve zur Aufklärung des anatomischen Baues der Insecten benutzt hat. Die Endigungsweise der Tastnerven ın der Haut, die feinere Structur des Rückengefässes etc. wurden von ihm zuerst bei Gorethra in’s Klare gesetzt, und ich werde bei der anato- mischen Beschreibung der Larve mich kurz fassen können, indem ich auf die Angaben des ausgezeichneten Forschers verweise. Aber auch die Metamorphose der Corethra hat bereits mehrere Be- arbeiter gefunden, Reaumur in seinen »M&moires pour servir a l'histoire des insectes«?) und Lyonxer’) geben einen Ueberblick der Entwicke- lungserscheinungen und in neuester Zeit erschien eine Dissertation »De Corethrae plumicornis metamorphosi« von Karscn.!) Dass die For- scher des vorigen Jahrhunderts den Fragen noch fern standen, welche sich uns heute aufdrängen. bedarf kaum der Erwähnung, aber auch der moderne Beobachter geht nicht über eine einfache Beschreibung der Larve und Puppe hinaus, und sein Werk, obgleich ein Jahr nach Leynie’s 4) Anatomisches und Histologisches über die Larve von Corethra plumicornis in dieser Zeitschr. Bd. III. S. 435. 2) Tom. V. p. 54. 3) Mömoires du Museum Tom. 49. 4) KarscHn, De Corethrae plumicornis metamorphosi, Monasterii Guestpha- lorum. 4854. er Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. 47 Beobachtungen erschienen, hat doch nicht die Entdeckungen Leynıe's vollständig in sich aufgenommen, geschweige denn dass es über sie hinaus ginge. F Ich werde, wie bei Musca mit einer kurzen Schilderung der Larve F beginnen, dann die Veränderungen während des Larvenlebens schil- dern, welche schliesslich zur Verpuppung führen und endlich den Vor- '_ gängen des Puppenstadiums eine Vergleichung der gesammten Meta- morphose mit der der Musciden nachfolgen lassen. x "Die Eier der Corethra liegen spiralig in einer flachen, im Wasser schwimmenden Gallertscheibe, wie dies R£eaumur bereits bekannt war und in einer Abbildung von ihm ziemlich getreu dargestellt wird. Die Entwickelung der Eier geschieht durch Bildung eines regmagenen _ Keimstreifens, fällt also zusammen mit derjenigen von Chironomus, wie ich sie früher ausführlich geschildert habe. Die jungen Lärvchen kriechen am sechsten Tag aus; sie gleichen in Lebensweise und Gestalt bereits den ausgewachsenen Thieren, mit Ausnahme einiger geringen Formverschiedenheiten, die später erwähnt werden sollen, nachdem zuvor der Bau der erwachsenen Larve geschil- dert wurde. | l. Bau der Larve. 1. Körpergestalt und äussere Haut. Der Bau der Corethralarve schliesst sich dem der übrigen im Was- ser lebenden Tipulidenlarven eng an und zeigt nur solche Abweichun- gen, wie sie durch die eigenthümliche Lebensweise bedingt erscheinen. Ein horniger, mit Fühlern und doppelt vorhandenen Augen ver- sehener Kopf findet sich hier, wie bei den nächsten Verwandten und ebenso die typischen zwölf Leibessegmente, deren drei vordersten hier jedoch miteinander verschmolzen sind und sich nur durch die Wieder- holung der inneren Organe von einander abgrenzen. Besondere Bewegungsorgane, wie sie sich sonst in Gestalt von „ Afterfüssen am ersten und letzten Segment angebracht finden, fehlen hier, wie denn auch die Larve niemals kriecht, sondern nur schwimmt und sich lediglich durch rasches Zusammenschnellen ihres cylindrischen, - langgestreckten Körpers fortbewegt. Ein Rudiment des hintern After- 48 Dr, August Weismann, fusspaares ist indessen auch hier vorhanden in Gestalt eines kurzen, querabgestutzten Zapfens, dessen Rand von einem doppelten Kranz zierlicher, blattförmiger Haken gekrönt wird. Dies Rudiment eines Fusses bildet die Spitze des letzten Segmentes. Etwas weiter nach vorn, ebenfalls an der Unterseite und noch auf demselben Segment ist das zierliche Steuerruder angebracht, welches bereits von Leypıg be- schrieben worden ist, ein rein cuticulares Organ, aus einem Fächer gefiederter Chitinborsten bestehend, ohne besondern Bewegungsap- parat in die Haut eingepflanzt, ein Organ ohne Analogie bei den ver- wandten Larvenformen. Dies die Theile, welche das hintere Ende der Larve auszeichnen und deren Beschreibung ich der Vollständigkeit halber noch die Er- wähnung von vier starken und langen gefiederten Borsten beifüge, welche paarweise warzenförmigen Vorsprüngen des Rückens aufsitzen, sowie vier lanzettliche die Afteröffnung umgebende Schläuche, welche offenbar als Respirationsorgane zu betrachten sind. Diese beiden Theile sind typisch für die ganze Larvengruppe. Wenn aber der Mangel ausgebildeter Afterfüsse und der Besitz eines Steuerruders sehr entschieden auf eine Eigenthümlichkeit in der Lebensweise des Thieres hindeuten, das stete Schwimmen, so der Bau des Kopfes auf eine zweite, die Ernährung durch Raub. Trotz der Versicherung von Karsca!), der die Corethralarve für einen Pflanzenfresser hält, ist sie doch — wie die vortreffliche Schilde- rung von LEvvig?) sich ausdrückt — »ein arger Räuber, sie liegt halbe Stunden lang unverrückt in wagrechter Stellung im Wasser und gibt höchstens mit ihrem Steuer dem Körper eine leichte Schwenkung nach der einen oder der anderen Seite. Lyonxer vergleicht sie deshalb nicht unpassend mit einem stillstehenden und auf Beute lauernden Hecht«. »Geräth aber eine Ephemerenlarve oder ein Wasserfloh unvorsichtig in ihre Nähe, so ist er im Nu von den Greiforganen am Kopfe erhascht und wird in den musculösen Pharynx eingetrieben«. Die meisten Beobachter sprechen von dem »abenteuerlich aus- sehenden Gesicht« des Thieres, und in der That geben die mancherlei Borsten, Haken, und Chitinplättchen, verbunden mit der eigenthüm- lichen Form des Kopfes der räuberischen Larve ein fremdartiges Aus- sehen, und es ist schwer, auf den ersten Blick die typischen Theile des Larvenkopfes herauszufinden und sie von accessorischen zu unter- scheiden. 1). Aa. WISE 2) A.a.0.S. 449. Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. 49 Bei allen andern Tipulidenlarven stellt der Kopf eine rundliche Kapsel dar, deren Breite der Länge gleichkommt, oder sie übertriflt; am vordern Rand zu beiden Seiten sind die Antennen eingelenkt, dar- unter liegen die Mundtheile. Bei Corethra stehen die Antennen auf einem besonderen Vorsprung, einem schmalen , sanft abwärts gebo- genen, schnabelförmigen Fortsatz, den ich als Stirnfortsatz be- zeichne. Ausserdem sind sie nicht, wie sonst rein Tastorgane, sondern dienen zugleich dem Fang, es sind Greifzangen. Sie bestehen nur aus einem einzigen Glied, einer starken cylindrischen Röhre, die sich nach ‚der Spitze zu kaum etwas verjüngt und in der Ruhe schräg nach hinten und unten gerichtet ist. Ein starker Muskel, der mit dickem Bauch vom hinteren Kopfrand entspringt und frei den Stirnfortsatz durchläuft, heftet sich mit seiner Sehne an die Antennenbasis und bewirkt durch seine CGontraction ein Aufrichten der Antenne, eine Bewegung der Spitze nach vorn, während die Rückkehr in die alte Stellung lediglich durch die Elasticität der derben Gelenkhaut zu Stande kommt. Auf der Spitze der Antenne stehen vier bis fünf lange, starke und etwas gekrümmte Fangborsten, die sich nicht selbständig bewegen, sondern immer den gleichen, stumpfen, nach hinten offenen Winkel mit der Antenne bilden. Durch das starke Vorspringen des Stirnfortsatzes bildet der Kopf, von der Seite gesehen, ein Dreieck , dessen Basis nach hinten gerichtet ist. An der Spitze desselben stehen die Antennen und dahinter folgen, den unteren Schenkel des Kopfdreieckes bildend, die Mundtheile: Ober- lippe, Mandibeln, die Rudimente der Maxillen und die Unterlippe. Die Oberlippe entfernt sich am weitesten von der bei den Lar- ven gewöhnlichen Bildung. Sie stellt einen frei herabhängenden, schräg nach hinten gerichteten fingerförmigen Fortsatz dar von beträchtlicher Länge, der zwar kein besonderes Gelenk besitzt, sondern unmittelbar _ aus der Chitinhaut der unteren Kopffläche hervorgeht, dennoch aber sehr beweglich ist und zum Festhalten der einmal _ergriffenen Beute _ und zuwihrer Fortleitung in den Mund verwandt wird. Die Oberlippe besitzt zwei Muskeln; ein Flexor nähert ihre Spitze dem Mund, ein Extensor entfernt dieselbe von ihm, beide zusammen ziehen sie und mit ihr den benachbarten Theil der Kopfkapsel nach oben. Beide Muskeln sind starke breite Bänder, die in der Mittellinie des Stirnfortsatzes ent- Springen, der Extensor hinten, dicht vor der eigentlichen Kopfkapsel, der Flexor bedeutend weiter vorn, die sodann sich kreuzend schräg nach ab- wärts steigen, um sich durch Vermittelungeines sehnenartigen Bandes zu ‚inseriren, welches quer durch die Basis der Oberlippe hindurch gespannt Zeitschr, f. wissensch. Zoolegie. XVI. Bd. & 50 Dr. August Weismann, LI ist. Auch die Spitze der Oberlippe trägt zwei fächerförmig agmellie Büscheln kurzer gekrümmter Borsten. DieMandibeln gehören schon dem eigentlichen Kopfschild an, nicht blos dem Stirnfortsatz, sie liegen zu beiden Seiten des weiten, trichterförmigen Mundeinganges und weichen nicht erheblich von der gewöhnlichen Mandibelbildung vom Raube lebender Insecten ab. Sie sind handförmig und tragen an ihrem Innenrand fünf zum Theil sehr lange und starke, nach einwärts gekrümmte Zähne. Ausserdem trägt ein an ihrem Vorderrande angebrachter stumpfer Fortsatz mit fächer- förmig ausgebreitetem Borstenbüschel dazu bei, den Mundeingang nach den Seiten hin zu verschliessen. Ueber die beiden Maxillenpaare belehrt am leichtesten die Ventralansicht. Man gewahrt hier als hintere Begrenzung des Mund- vestibulum eine zarte dreieckige Chitinplatte, deren schmale Basis den Rand der Unterlippe bildet. Uebrigens ist dieser mit zwei griffel- förmigen Tastern besetzte Rand nicht scharf, sondern verlängert sich in einen breiten Rücken, der sich tief in das Vestibulum hinein fortsetzt, um dann erst scharf in den Schlundeingang umzubiegen. Das erste Maxillenpaar ist nur als Rudiment vorhanden, in Gestalt eines unbeweglichen, breitrückigen, stumpfen Höckers, an des- sen vorderes Ende sich ein eingliederiger Taster anschliesst. Auch dieser besitzt keine besondere Musculatur, ist also unbeweglich, doch verläuft ein Nerv in ihm, der in seiner Spitze, am Grund einer griffel- - förmigen Borste mit einem Ganglion endet. Aehnliche, aber kürzere Chitingriffel stehen auf der Oberfläche der Maxilla selbst. Wenn auch die Entwickelung der Mundtheile beim Embryo nicht beobachtet wurde, so kann doch bei der Lage, welche.der wallartige Höcker zwischen Mandibel und Unterlippe einnimmt, bei der Anwesen- heit eines Tasters auf der äussern Seite desselben durchaus kein Zweifel an der Richtigkeit seiner morphologischen Deutung als erste Maxille aufkommen. Zum Ueberfluss verweise ich auf das ganz ähnliche Ma- xillenrudiment der Ghironomuslarve, bei welcher seine Entwickelung vom Ei an verfolgt wurde. Es scheint eine solche Verkümmerung des ersten Maxillenpaares mitBeibehaltung eines ungegliederten Tasters'bei dieser Larvengruppe die Regel zu sein. Fassen wir die Resultate über den Bau des Kopfes der Gorethra- larve zusammen, so finden sich hier sämmtliche den Insecten zukommende typische Kopfanhänge vor, ein Umstand, der für die Entstehung der entsprechenden Theile der Mücke von grosser Bedeutung ist, wie weiter unten gezeigt werden soll. Ausser diesen typischen Theilen finden sich dann noch accesso- Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. 51 rische. Ein unpaares starkes Büschel langer, schlaff herabhängender schilfblattähnlicher Borsten am unteren Rand des Stirnfortsatzes, dieht - hinter der Basis der Antennen — und zwischen diesem und der Ober- lippe zwei zarte und sehr zierliche Chitinplättchen von flügelförmiger Gestalt, unbeweglich mittels eines kleinen Chitinknötchens auf der Haut befestigt, der vordere convexe Rand gezähnelt, der hintere glatt. Was diesen accessorischen Anhängen, reinen Guticularbildungen, Interesse verleiht, ist der Umstand, dass sie erst nach der vierten Häu- tung in. der eben beschriebenen Gestalt auftreten, der jungen Larve aber noch fehlen, dass also hier wiederum, wie bei den Muscidenlarven, bei welchen LeuckArr!) zuerst darauf aufmerksam machte. schon während des Larvenlebens Veränderungen der äusseren Körpergestalt vor sich gehen. Es treten bei CGorethra übrigens noch andere und tiefer eingrei- fende Veränderungen auf, indem ausser diesen accessorischen Anhängen auch die typischen Anhänge des Kopfes mehr oder weniger ihre Gestalt verändern, und — was das Interessanteste — das Hauptsinnesorgan des Thieres, das grosse, zusammengesetzte Auge erst während des Larvenlebens sich bildet. Doch davon bei Gelegenheit der Sinnesorgane! Hier möge nur kurz die histologische Beschaffenheit der äusseren Haut eine Stelle finden. Der Chitinpanzer ist mit Ausnahme weniger derberer Stellen, des hintern Kopfrandes, der Mandibeln, der Spitze des Stirnfortsatzes sehr zart und vollkommen farblos und durchsichtig. Unter der Chitinhaut liegt die Matrix derselben, 'die Hypodermis. »Auch diese ist so hell und pellucid, dass man sie, besonders an jüngern Thieren, kaum gewahr wird. Erst Essigsäure markirt die Contouren ihrer Zellen und Kerne«. (Leypie, a. a. O. S. 436.) Die Zellen bilden nur eine einfache Lage; sie sind klein, messen in der ausgewachsenen Larve 0,012—0,013 Mm. im Durchmesser, ihre Kerne 0,0068--0,010 Mm. 2. Verdauungscanal. Die wäite, trichterförmige, von Haken und Borsten umstellte Mund- öffnung führt direet in einen »stark musculösen, anfangs weiteren, dann engeren Schlauch, der bis zum Ende des zweiten Körpergliedes (des dritten Leibesringes) sich erstreckt«, und den ich mit Leyvic als Pha- 4) Vorläufige Notiz über die Larvenzustände der Musciden. Archiv f. Natur- geschichte. 27. Jahrg. Bd. I. 8. 60. 4% 52 Dr. August Weismann, rynx oder Schlundkopf bezeichne. Es endet dieser Abschnitt des Trac- tus mit »einer rundlichen Anschwellung«, innerhalb deren die structur- lose Intima eine Menge feiner, starrer Borsten trägt, »die alle vom Grunde der Anschwellung nach vorn mit ihren Spitzen convergiren«, eine Anordnung, die Leypıe mit Recht mit dem Gespinnst eines Nacht- pfauenauges oder mit einer Fischreuse vergleicht. Mit diesem Endknopf schliesst der vorderste unserer Larve ganz eigenthümliche Abschnitt des Tractus ab, es folgt dann erst der ganz dünne Oesophagus, der mehr oder minder geschlängelt durch das vierte Segment verläuft und unter schwacher Andeutung eines Proventriculus in den Chylusmagen übergeht (Taf. 1. Fig. 1). Der Pharynx ist physiologisch äusserst interessant, in ihm »findet eine Vorverdauung statt, indem nämlich das ganze verschluckte Thier nicht über den Pharynx hinauskommt«, zurückgehalten durch die fisch- reusenartig gestellten Borsten in der Endanschwellung desselben. Man sieht nun die verschluckte Daphnia oder Ephemerenlarve so lange im Schlund liegen, bis sie vollkommen farblos und durchsichtig geworden, aller ihrer verdaulichen Theile beraubt ist, die dann als eine gelbrothe oder braungelbe Flüssigkeit das zurückgelassene Skelet umgeben, um allmählich durch die Speiseröhre in den Magen zu wandern. Was diesen seltsamen Verdauungsprocess besonders merkwürdig macht, ist der Umstand, dass der verdauende Darmabschnitt garkeine Se- cretionszellen besitzt, sondern, wie Leyvıe ganz richtig angibt, nur aus einer sehr starken Lage von Ringmuskeln und aus einer derben structurlosen Intima besteht! Der verdauende Saft kann offen- barhiernuralleinvon den Speicheldrüsen geliefert wer- den, die mit einem gemeinschaftlichen Ausführungsgang ganz vorne in die untere Wand des Schlundes einmünden, nachdem sie kurz vor- her einen »rundlichen, ziemlich weiten Speichelbehälter« gebildet haben. Die Drüsen selbst liegen in den drei ersten Segmenten und zeigen ganz die Structur, wie sie bei sämmtlichen verwandten Insecten- larven vorkommen — ich verweise auf Leynig’s Beschreibung — sie sind aber auch durchaus nicht grösser als bei jenen — ja stehen an Grösse gegen die colossalen Speichelschläuche der kothfressenden Mus- cidenlarven oder der holzfressenden Käferlarven sehr bedeutend zurück. Nimmt man weiter die bei Corethra sehr leicht zu beobachtende That- sache hinzu, dass der gelbrothe oder gelbbraune flüssige Chymusbrei, wie er sich im Pharynx durch Extraction des Nahrungsthieres bildet, in dem Chylusmagen keine sichtliche Veränderung erleidet, sondern nur allmählich aus dem Lumen desselben verschwindet, während die zelligen vorher farblosen Wandungen sich nun trüben und röthlich Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. 63 färben —- so lässt sich, glaube ich, von dem Pharynx der Corethralarve aus ein für die Physiologie der Insectenlarven nicht unwichtiger,, all- gemeiner Schluss ziehen: dass nämlich die Wände des Chylus- magens kein Secret zur Verdauung liefern, sondern nur resorbiren, dass der Verdauungssaft das Secret der Speicheldrüsen ist. Es lässt sich ja auch nicht wohl denken, dass ein und dieselben Zellen zu gleicher Zeit resorbiren und nach der näm- lichen Richtung hin ausscheiden, und doch beginnen die Magenzellen sich mit Fett zu füllen, sobald Nahrung in sie gelangt ist. Besondere Drüsen in der Magenwand der Insectenlarven sind zwar von vielen Autoren beschrieben, aber nirgends nachgewiesen, und existiren meiner Meinung nach nicht, da alle diese sog. Magendrüsen nichts anderes sind als Ausstülpungen der Magenwand, also einfache Vergrösserungen der resorbirenden Fläche. Von diesem Gesichtspuncte aus erscheint auch die Verdauung der Musciden in einem neuen Licht, sie weicht weniger von dem Normalen ab, als es den Anschein hatte. Auch hier münden Speicheldrüsen in den Pharynx, und bei der rein flüssigen Nahrung, welche diese Thiere einnehmen, schien mir diese Einrichtung nur so physiologisch zu be- greifen, »dass man die Nothwendigkeit einer sofortigen chemischen Einwirkung auf diese Nahrung« annahm. Die faulenden Substanzen, die dem Thier zur Nahrung dienen, gelangen zuerst in den weiten Saugmagen und unterliegen dort einer chemischen Umwandlung, einer Chymification, nach deren Ablauf sie erst in den resorbirenden Magen hinabwandern. -Diese Annahme war richtig; nur muss nach den Er- fahrungen an Corethra hinzugefügt werden, dass die Beimischung von Speichel zur Nahrung durchaus nicht den Musciden allein zukommt, . sondern allgemein und unerlässlich ist. Das Eigenthümliche der Mus- cidenverdauung liegt darin, dass — ganz wie bei Corethra und ver- muthlich bei noch manchen Insecten — die Einwirkung des Speichels auf die Nahrung nicht im Magen vor sich geht, sondernin einem vor demselben gelegenen Abschnitt des Tractus, dass also die beiden Hauptacte der Verdauung, Chymification und Resorption, örtlich. von einander getrennt sind, während sie bei den meisten In- secten beide im Chylusmagen vor sich gehen. Uebrigens hat der Schlundkopf — wie Leynıc bereits gezeigt hat — nicht nur die Aufgabe, die feste Nahrung in flüssige zu verwandeln, sondern auch die, die Reste der ausgesogenen Thiere wieder zu ent- fernen. Er kann sich vollständig durch den Mund heraus umstülpen und erscheint dann als ein langer Rüssel, dessen Spitze die nach aussen 54 Dr, August Weismann, gekehrten Borsten der Reuse bilden, in dessen Innerm der dünne Oeso- phagus liegt. | | Besondere Muskeln, Levatores pharvngis, drei dünne Bänder steigen vom Kopfskelet divergirend vor dem Gehirn herab, um sich an die obere Schlundwand zu inseriren. (Taf. IV. Fig. 27, mpn). Sie erwei- tern durch ihre Contraction die trichterförmige Schlundöffnung, so dass nun bei gleichzeitiger Zusammenschnürung der hintern Schlundparthie durch die Ringmuskeln und bei Vordrängen des Blutes durch Contrac- tion der Leibeswände die Vorstülpung erfolgt. Nach den Erfahrungen von Karsen!) und schon von Reaumur kann der Rüssel künstlich zur Ausstülpung gebracht werden durch Druck auf das Thier. Die Zurück- stülpung geschieht vermuthlich zum Theil durch Zusammenziehung des aufs Aeusserste ausgedehnten Oesophagus, ausserdem aber bestehen noch besondere Rückziehmuskeln, welche vom vordern Theil des Schlundes nach dem ersten Segment hinziehen. Von den übrigen Theilen des Tractus lässt sich wenig Besonderes melden. Hervorheben möchte ich nur, dass auch hier — wie ich dies früher schon im Allgemeinen für die Insecten angab — die Wandung des Magens und Darmes nur aus einer einzigen Lage von Zellen besteht, nicht aus mehreren. Es ist kein besonderes Epithel vorhanden, man müsste denn den ganzen Darmcanal als ein Epithelrohr ansehen, welches innen und meist auch aussen von structurloser Haut umkleidet und vom Muskelnetz umstrickt ist. Im zehnten Segment folgt der kurze, in der Ruhe Sförmig gekrümmte Darm (Fig. 1, in), in dessen Anfang die vier Marpıcurschen Gefässe einmünden, und sodann das Rectum (Fig. I, re), welches anfänglich sehr weit, später dünner ist und am hintern Körperende, über dem Rudiment des Afterfusses und zwischen den vier lanzettlichen Kiemenblättchen ausmündet. Von den MArrıcat- schen Gefässen wäre allenfalls noch anzuführen,, dass ihre Intima von _ ganz ungemein dicken Porencanälen durchsetzt wird. 3. Gireulationssystem. In Bezug auf das Rückengefäss bin ich kaum im Stande, der Leypig’schen ausführlichen Beschreibung etwas hinzuzufügen. Bestäti- gen kann ich die Anwesenheit der von LeyviG hier zuerst entdeckten einzelligen gestielten Klappen in der hintersten Kammer des Gefässes, die übrigens erst nach Zusatz von Essigsäure recht deutlich hervor- treten. Da ich das Rückengefäss der Insecten als eine histologische Einheit, als einen einzigen Hohlmuskel auffasse, so wären dann — wie 1) A.a.0.8.8, Die Metamorphose der Corethra plumicornis, 59 bereits anderswo auseinandergesetzt wurde — diese Klappen nicht als selbstständige Zellen zu betrachten, sondern als die stärker als gewöhn- lich ins Lumen vorspringenden Kerne der contractilen Substanz, was am Thatsächlichen nichts ändert. Trotz mancher Bemühungen gelang es selbst an dieser wasser- klaren Larve nicht, das vordere Ende des Rückengefässes deutlich zu erkennen. An das Gehirn sah ich es herantreten, ob es aber hier endet, oder noch tiefer in den Kopf hineinreicht, und wie es hier endet, muss unentschieden bleiben. Das hintere Ende desGefässes verhält sich etwas anders als es Leynıc darstellt. Hier wie bei allen Larven, deren Rückengefäss ich kenne, findet sich nicht eine einfache quere Abstutzung und also eine einzige hintere Oeffnung, sondern deren zwei zu beiden Seiten eines mittleren Befestigungspunctes des Gefässes. Ein solcher wird offenbar nothwendig, wenn nicht das hintere Ende des Gefässes bei jeder Con- traction nach vorn geschleudert werden soll. Er bleibt bei Systole und Diastole an derselben Stelle, während die beiden Eingänge sich nach _ Analogie der gewöhnlichen seitlichen Spaltöffnungen öffnen und schliessen. k. Respirationssystem. Den auffallendsten Theil des Athmungsapparates bilden die beiden Paare von Tracheenblasen (Fig. 1, ir, tr’), die auch den älteren Beobachtern, Lyonset und R£aumur, bereits bekannt waren. Sie liegen im dritten und im zehnten Körpersegment, sind von nierenförmiger Gestalt und besitzen im Allgemeinen den Bau der Tracheen , wie denn auch von Leypıc nachgewiesen wurde, dass ihre zipfelförmigen Enden in ein feines Tracheenstämmchen auslaufen. Ihre physiologische Bedeutung ist indessen wohl weniger die eines Athmungs-, als die eines hydrostatischen Apparates, der allein es der Larve möglich macht, an beliebiger Stelle im Wasser sich ohne die ge- ringste Schwimmbewegung schwebend zu erhalten. Die Larve liegt - fast immer ruhig in horizontaler Richtung ausgestreckt und damit stimmt genau die bedeutendere Grösse der vordern Blasen , die ge- ringere der hintern, da die vordern Leibesringe bedeutend voluminöser und also auch schwerer sind als die hintern. Die Tracheenblasen sind hier vorwiegend Schwimmblasen, wie sie bei dem ausgebildeten Insect Flugblasen sind. Damit soll nicht geläugnet werden, dass sie zugleich auch der Respiration dienen ; da der Blutstrom sie umspült, wird noth- wendig ein Gasaustausch stattfinden müssen , indessen wird hier wohl 56 Dr, August Weismann, der bei weitem grösste Theil des Athmungsprocesses durch die äussere Haut vermittelt. | Darauf deutet schon das ungemein spärliche Vorkommen von Tra- cheen, welche unter sich nicht einmal zusammenhängen, so dass von einem eigentlichen Tracheensystem kaum gesprochen werden kann. Stigmen fehlen gänzlich, ebenso wenig sind, wie man denken könnte, die grossen Tracheenblasen gewissermaassen Luftreservoirs zur Füllung der Luftröhrenverzweigungen, denn es besteht gar kein Zusammen- hang zwischen dem unbedeutenden, von Leypıe abgebildeten Ausläufer am vordern Ende jeder Blase und den übrigen Tracheen. In jedem Segment findet sich ein Stämmchen,, von denen keines mit dem zunächstgelegenen in Verbindung steht. Leyvie vergleicht sehr passend die Art ihrer Ausbreitung mit einer Pfortaderverästelung: »die beiden Capillarverzweigungen eines Stämmchens liegen in verschiede- nen Organen und haben den Stamm in der Mitte«. So verhält es sich in der ausgewachsenen Larve, indemjungen Thier fehlen lufthaltige Tracheen vollständig, ja selbst die vier Tracheenblasen sind am ersten Lebenstag noch luftleer. Diese Thatsache steht nicht ohne Analogie da, es scheint bei den zarten im Wasser lebenden Dipterenlarven Regel zu sein, dass die Tracheen sich erst allmählich, während des Wachsthums des Thieres, füllen, so z. B. bei Chironomus, und vom teleologischen Standpunct aus lässt sich dies leicht begreifen, da die respirirende Oberfläche des Thieres während des Wachsthums im Verhältniss zum Volum desselben fortwährend abnimmt. Zwei Umstände kommen aber bei Corethra noch besonders in Be- tracht. Einmal ist a priori klar, dass die Häutungen der Larve hier nicht — wie sonst doch immer — mit einer Häutung der Tracheen ein- hergehen: Stigmen fehlen, die Tracheenintima steht also nirgends mit dem Chitinskelet des Thieres in Continuität! — und zweitens: dass das gesammte Tracheensystem der Puppe und Mücke bereits in der jüngsten Larve in der Anlage vorhanden ist, eine Thatsache, deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil sie allein schon mit Bestimmtheit auf eine fundamentale Verschiedenheit der Tipuliden— und Muscidenmetamorphose schliessen lässt. Bei Musca steht das Luftröhrennetz der Fliege nur in sehr geringem genetischen Zusammenhang mit dem der Larve, hier dagegen lassen sich bereits in den jüngsten Larven die Längsstämme des Tracheensystems der Mücke erkennen, als ein Paar sehr feine, kaum 0,0017 Mm. dicke, blasse Stränge, an denen man bei 350facher Vergrösserung eben noch eine . Die Metamorphose der Corethra plumicornis, 97 Hülle und ein spaltförmiges Lumen unterscheidet. In der Hülle liegen spärlich aber regelmässig Kerne, sie verhält sich also wie die Peritoneal- haut einer ausgebildeten Trachee. Uebrigens werden nicht nur die Stämme, sondern auch die Haupt- äste des Respirationsapparates der Imago schon im Ei angelegt, und bei einiger Aufmerksamkeit gelingt es auch bei ganz jungen Thieren recht wohl, einzelne von ihnen als blasse Fäden von den Stämmen aus gegen ‚die Hypodermis hin zu verfolgen. Ein directer Zusammenhang zwischen den Anlagen der Stämme und den grossen Tracheenblasen existirt nicht, diese sind nicht etwa Erweiterungen der Stämme, wohl aber ein indirecter durch feine, blasse Fäden, die sich zur Zeit der Verpuppung in Tracheen umwandeln. Am ersten Lebenstag sind alle Tracheen noch luftleer, bald aber tritt an verschiedenen Stellen Luft auf, ganz unabhängig von den Tra- cheenblasen , offenbar nur herbeigeführt durch den Ausbildungsgrad der Intima. Während aber bei den Musciden sich zuerst die Stämme des Tracheensystems mit Luft füllen , ist es hier gerade umgekehrt und man kann häufig beobachten, dass nur die Spitzen der Verästelungen lufthaltig sind, das sie verbindende Stämmchen noch nicht. Die Intima erhärtet hier in centripetaler Richtung. Erst während das Thier wächst und einer Häutung nach der andern unterliegt, vollenden sich dann . auch die Stämme und füllen sich mit Luft an, und dann bemerkt man, dass diese Stämmchen der einzelnen Segmente nicht so völlig unab- hängig von einander sind, als es früher den Anschein hatte, sondern dass sie sämmtlich Seitenäste der Längsstämme sind, welche zwar noch nicht Luft enthalten, aber immer mehr anschwellen, sich histologisch ausbilden, um dann schliesslich mit dem Eintritt der Verpuppung in Function zu treten. Wir haben also hier ein Tracheensystem, welches im Embryo be- reits vollständig angelegt wird, im jungen Thier noch an keinem Punct vollendet ist, um dann ganz allmählich von verschiedenen Puncten der Peripherie her sich histologisch auszubilden und erst im Puppenzustand vollständig als ein zusammenhängendes Ganzes in Thätigkeit zu treten. ir; 5. Nervensystem. Das Nervensystem der Larve besteht, wie Leynıc es dargestellt hat, aus oberem und unterem Schlundganglion (Fig. I, os, us) und aus elf Bauchganglien,, deren beide letzten zusammen im 10. Segment liegen (Fig. 1, g'—yg'!). Alle stehen durch doppelte Längscommissuren in Verbindung, deren Länge von der Länge des betreffenden Segmentes 58 Dr, August Weismann, abhängt, indem jedem Segment ein Ganglion entspricht. Wenn Leypie eine complieirtere Anordnung beschreibt, so rührt diese scheinbare Differenz mit meiner Angabe daher, dass Leyvıc die drei ersten Körper- segmente — den späteren Thorax — als ein einziges auffasst, wie denn in der That äusserlich keine Segmenteinschnitte zu erkennen sind. Der Gorethra eigenthümlich sind die sehr langen Commissuren, welche das obere und untere Schlundganglion mit einander verbinden, offenbar eine Folge der weiten, halsartigen Verbindungshaut zwischen Kopf und Körper. Die Gestalt der Ganglien und besonders ihre relative Grösse ändert sich nicht unbedeutend im Laufe der Entwickelung. Die Ganglienkette entwickelt sich — wie an einem andern Ort ge- zeigt wurde — aus der tiefen Lage der Keimwülste und besitzt dem- nach anfänglich eine sehr bedeutende Breite. Dem entsprechend findet man in der frisch ausgeschlüpften Larve die Ganglien noch enorm breit, sie nehmen fast drei Viertel der Breite des Segmentes ein, während im ausgewachsenen Thier höchstens ein Sechstel. Aber auch die Gestalt der Ganglien verändert sich, wie besonders am Gehirn auffallend her- vortritt. i ‚Eine jede der beiden Hemisphären zeigt sich in früher Zeit aus einer lateralen und einer medianen Portion zusammengesetzt (Taf. NY Fig. 22, a, os); diese hat die Gestalt eines senkrecht aufgehängten, dicken Blattes mit parallelen Rändern und kann als der Gommissurtheil bezeichnet werden, da er direct aus der Gommissur hervorgeht, jener, die eigentliche Hemisphäre, ist gewissermaassen das nach aussen um- geklappte obere Ende der medianen Portion, eine fast kuglige compacte Masse. In späterer Entwickelungsperiode bleibt kaum eine Andeutung dieser ursprünglichen Zusammensetzung übrig, beide Portionen ver- schmelzen mit einander. Die Gehirnnerven gehen von der lateralen Portion aus, sowohl der kurze Augennerv, als auch der Antennennerv, der von dem vorderen Zipfel des Hirns entspringt, gerade über dem Antennenmuskel nach vorne zieht, und in der Spitze der Antenne, am Grunde der Fangborsten, mit einem beträchtlichen vielzelligen Ganglion endet. Auf seinem Weg sendet er mehrere kleine Zweige nach oben zur Haut des Stirnfortsatzes, deren Ursprungsstelle und Verlauf man- cherlei individuellen Abweichungen unterworfen ist (Taf. IN. Fig. 23). Von den Sinnesorganen erwähne ich zuerst dieEndorgane der Tastnerven, kleine kolbige Ganglien, welche in der Hypodermis liegen und auf welchen eine lange Borste aufsitzt. Von Leypis sind diese Tastorgane zuerst gesehen und beschrieben worden und ich kann seiner Darstellung bis auf einen untergeordneten Punct, in Betreff dessen 2 ö Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 99 Leypiıs selbst inzwischen zweifelhaft geworden ist, vollkommen bei- stiinmen. Es sind die Tastborsten (Taf. I. Fig. 3—7, tb) einfach oder auch zierlich gefiedert, die meisten von ihnen von relativ beträchtlicher Länge, weit in das umgebende Wasser hinausragend und deshalb im Stande, »jede Veränderung in dem von ihnen beherrschten Bereiche, - jede leise Berührung dem an ihrer Basis liegenden Nervenknopf anzu- zeigen« (a. a. ©. S. 442). Letzteres setzt voraus, dass die Borste dem Chitinskelet beweglich eingefügt ist, und das ist in der That der Fall; die Borste sitzt knopfartig verdickt in einem Grübchen der Haut und ragt mit einem kleinen Zapfen durch dieselbe hindurch. Dieser stellt den kürzeren Hebelarm vor, der durch minutiöse Ausschläge die Be- . wegungen des freien Theils der Borste, des langen Hebelarms, beant- wortet. So ausgiebig sind aber diese Bewegungen nicht, dass es eines besondern federnden Bändchens hedürfte, wie es Leypie schildert, um die Borste wieder in ihre normale Lage zurückzuführen. Solche Bänder sind nicht vorhanden, wenn auch manchmal der Anschein davon durch eigenthümliche Faltungen und Streifen in der Ghitinhaut sehr täuschend zu Stande kommt. Interessant wäre es zu erfahren, ob der Nerv aus dem Ganglion in die Borste selbst hineintritt und hier erst endet. Man sollte es fast ver- muthen, da die Entstehung einer solchen Borste — wenn es erlaubt ist, nach Analogie bei den Borsten der Fliege oder des Schmetterlings zu schliessen — ursprünglich einen weichen Axentheil enthielt, auf dessen Oberfläche sich das Chitin ablagerte, da dieser weiche Axentheil aber nichts anderes ist als der Fortsatz einer Hypodermiszelle, da ferner an der Basis einer Borste keine Hypodermiszelle liegt, sondern nur Nerven- zellen, die Bildung der Borste also von der Ganglienzelle an ihrer Basis ausgegangen sein muss. Die Borste erscheint dann als ein Nervenend- apparat auch im morphologischen Sinn und es wird wahrscheinlich, dass von den chitinabscheidenden Weichtheilen ein Stück im Innern der Borste auch später erhalten bleibt. Leider habe ich versäumt, an frisch gehäuteten Larven, bei denen die sonst bräunliche Chitinlage der Borsten noch hell und klar ist, darauf mein Augenmerk zu richten, ver- ‚hält es sich aber so, dann wird man sich freilich auch eine etwas an- dere Vorstellung davon zu bilden haben, wie die Borste den Nerven in Thätigkeit setzt. Dann wird es nicht der ohnehin etwas rohe Druck des hin und her schwankenden Basalzapfens auf das Ganglion sein, der den primären Anstoss zur Erregung gibt, sondern die feinen Vibrationen der Borste wirken auf den in ihrem Innern endigenden Nervenfaden. _ Dann würde eine grosse Aehnlichkeit bestehen mit den von Hensex!) 4) Studien über das Gehörorgan der Decapoden. Diese Zeitschr. Bd, XI. S. 319, 0. Dr. August Weismann, beschriebenen , so merkwürdigen Hörhaaren der Krebse, und die wei- tere Frage drängte sich auf, ob diese gefiederten Birsien der Corethra auch wirklich nur PR VAR vermitteln. Dafür spräche vielleicht ihre sehr gleichmässige Vertheilung auf der ganzen Körperoberfläche. Wie Leypıc bereits angibt, stehen auf jedem Segment vier bis sechs von ihnen, die dann immer von dem entsprechenden Ganglion des Segmentes aus innervirt werden. HenxseEn hat indessen gezeigt, dass bei vielen Grustaceen seine Hörhaare auf den allerverschiedensten Körperstellen angetroffen werden, so dass von dieser Seite her wenig gegen die Deutung als Gehörapparate einzu- wenden wäre. Ich wende mich zur Betrachtung der Gesichtsorgane. Auch die ältesten Beobachter unserer Larve kannten bereits die mächtigen Augen als zwei schwarze Flecke an den Seiten des sonst krystallhellen Kopfes, aber erst Leypıg lehrte den Bau dieser Augen kennen, entdeckte ausserdem noch ein Paar Nebenaugen, ja glaubte in einem eigenthümlichen in der Nähe dieser beiden Augen gelegenen Ge- hilde ein drittes, wenn auch nur rudimentäres, Sehorgan zu erkennen. »Die Gorethralarve hat vier entwickelte Augen und zwei rudimen- täre. Das grössere Paar ist oval und stellt zusammengesetzte Augen ohne facettirte Hornhaut dar. Die Krystallkörperchen sind birnförmig und ragen mit ihrem abgerundeten Ende 0,004—0,006’” aus dem Pig- ment heraus; berücksichtigt man ihre Zusammensetzung, so unter- scheidet man an ihnen eine etwas dunklere Kern- und eine hellere Rindensubstanz«. (A. a: O. S. 442.) »Hinter jedem zusammengesetzten Auge liegt ein Nebenauge, es besteht aus einer äussern durchsichtigeren Schicht und einer innern Pigmentlage, aus welcher vorn ein Krystallkegel hervorragt. In der äussern helleren Schicht bemerkt man auch zerstreute gelbe Fett- kügelchen «. Dies die Leypıe’sche Beschreibung der beiden Paare unzweifel- hafter Augen, welche sich bei der ausgewachsenen Larve vorfinden. Ich erwähne noch, dass jedes derselben seinen besondern Nerv hat, die beide dicht nebeneinander von der vordern Spitze des Gehirns ent- springen. N Auffallenderweise findet sich nun bei der eben aus dem Ei geschlüpften Larve nur ein einziges Augenpaar. Es ist im Verhältniss zum Kopf viel kleiner, als das Hauptauge der er- wachsenen Larve, schien mir aber doch zuerst diesem und nicht dem Nebenauge zu entsprechen nach Lage wie nach histologischem Bau. Das Auge besteht aus einem rundlichen Haufen kleiner schwarzer Pig- Br Die Metamorphose der Corethra plumieornis. 61 mentkörner, der überzogen wird von einer dicken Schicht krystallheller Gallerte (Taf. II. Fig. 22, a u. b). Diese ist stellenweise homogen (bei /”), an andern Stellen aber besteht sie aus einzelnen rundlichen Körpern (k), die sich nur durch den Besitz eines deutlichen Kernes von den Krystall- körpern des zusammengesetzien Auges der erwachsenen Larve unter- scheiden. Bei starker Vergrösserung (Hırrnack */,) bemerkt man, dass einige dieser »Krystallkegel« oder Krystallkegelzellen in eine feine Spitze auslaufen, die offenbar mit den Zellen der darübergelegenen zarten Hypodermis zusammenhängen (#’). Man wird zu dem — wie weiter unten klar werden wird — ganz richtigen Gedanken geführt, das Auge bilde sich aus der Hypodermis durch Vermehrung und Abschnürung ihrer Zellen. Man irrt aber, wenn man glaubt, es mit dem Hauptauge zu thun zu haben, das primäre Larvenaugeistnur das spätere Nebenauge. Darauf deutet schon die theilweise Verschmelzung der Krystall- körper. Die Zahl isolirter, frei hervorragender Krystallkörper ist zwar in der jungen Larve noch gross (zehn bis zwölf} — manchmal glaubte ich sogar nur isolirte Kegel auf der ganzen Oberfläche des Pigmentes zu erkennen; schon nach der ersten Häutung aber beginnt die Re- duction, die Zellen schmelzen zur Gallerte zusammen, bis schliesslich nur noch eine oder zwei von ihnen als gesonderte Krystallkörper übrig bleiben (Taf. IV. Fig. 26, au’). Dabei nimmt zugleich die lichtbrechende Gallerte als Ganzes gegenüber dem Pigment ab, und die Kerne ver- schwinden, es ist offenbar eine regressive Metamorphose, der das Organ unterliegt, das bisherige Hauptauge wird zum Nebenauge. Die Entstehung des Hauptauges aber beginnt schon früh. Am zweiten Tag nach dem Ausschlüpfen wirft die Larve zum ersten Mal ihre Haut ab; am dritten oder vierten Tag zeigt sich vor dem Auge ein senkrecht gestellter, schmaler , hellgelber Streifen von schwach sichelförmiger Biegung, der hintere concave Rand scharf, der vordere verwaschen (Taf. III. Fig. 23). Er verdankt seine Entstehung einer Wucherung der Hypodermis, deren Zellen zugleich feine gelbe Pigment- körner in sich erzeugt haben. Die Pigmentablagerung in den hinteren Zellen ist stärker und verliert sich nach vornen zu ziemlich rasch. Am hintern Rand tritt sehr bald ein schmaler aber sehr intensiv ge- färbter Streifen scharf hervor, der kurze Zeit später seine Zusammen- setzung aus vier rundlichen Pigmenthaufen erkennen lässt (Taf. II. Fig. 24). Diese sind nichts anderes, als bedeutend vergrösserte Hy- podermiszellen. In ihrem Innern liegt eine helle Kugel, der Zellenkern, von so starkem Lichtbrechungsvermögen, dass man ihn für die erste Anlage eines Krystallkörpers zu halten versucht sein könnte; ich glaube 62 Dr. August Weismann, jedoch nicht zu irren, wenn ich die Krystallkörper von besonderen Zel- len herleite, die in einfacher Schicht die Pigmentzellen bedecken. Von der Fläche erkennt man dieselben zwar nicht, wohl aber am: hinteren Rand der Anschwellung, der aus dicht gestellten, etwas in die Länge gezogenen farblosen Zellen besteht, von jetzt schon auffallender Licht- brechung und Klarheit. Ich glaube, dass ein jeder Krystallkörper aus dem Protoplasma einer Zelle hervorgeht, deren Kern sodann schwin- det. Dafür spricht auch die Analogie mit der oben geschilderten Bildung des Nebenauges. Schon beim ersten Auftreten der vier primären Pigmentzellen ver- tieft sich die Färbung ins Braunrothe; bald vermehrt sich das Pigment auch in den benachbarten Zellen, die pigmentirte Stelle wird immer grösser, bekommt eine halbmondförmige Gestalt und eine braunschwärze Farbe, einzelne Pigmentzellen lassen sich nicht mehr unterscheiden, wohl aber treten jetzt deutlich kleine Krystallkörper hervor (Taf. IV. Fig. 25). Offenbar ist das Organ noch in mächtigem Wachsthum begriffen, sein vorderer Rand ist umgeben von einer breiten Zone verdickter Hy- podermis, einer massiven Anhäufung sehr kleiner klarer Zellen, indenen braunes, weiter vorn gelbes, in den vordersten noch gar kein Pigment abgelagert ist. Bei tiefer Einstellung des Focus erscheint deutlich eine sehr feine radiäre Streifung, die wohl mit Sicherheit auf die Bildung der Nervenstäbe zu beziehen ist. Genauer lässt sich deren Entstehung nicht verfolgen, da bei der Kleinheit des Objectes an eine Zerlegung des Auges nicht zu denken ist, am unverletzten Thier aber die über- hand nehmende Pigmentbildung alle tiefer gelegenen Theile verdeckt. Einige Zeit vor der vierten Häutung erscheint das Auge tief schwarz, bildet ein senkrecht gestelltes, längliches Oval, die Kerne in den Kry- stallkörpern sind verschwunden, das Organ hat seine definitive Aus- bildung erreicht. Es bleibt noch übrig anzuführen, was über die Entstehung des Augennerven beobachtet wurde. Schon an die jüngste Anlage des Auges tritt ein selbständiger Nerv von ziemlich bedeutender Dicke heran. Da er mit dem Nerven des Nebenauges einen gemeinsamen Stamm besitzt, so darf man vielleicht schliessen, dass er durch Abspal- tung von diesem gebildet wurde, möglich wäre es aber auch, dass von Anfang an ein Nerv zu jener Stelle der Haut hinläuft, an welcher sich später das Auge bildet. Leider wurde ich hier, wie an manchem an- deren Ort an einer endgültigen Entscheidung durch den Mangel an frischem Material gehindert, denn nachdem ich über die Bedeutung des Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. 63 gelben ilypodermisstreifens vor dem Nebenauge ins Klare gekommen war, liessen sich jüngere Larven nicht mehr auftreiben. ‚Aus mehreren Gründen neige ich mich indessen der letzteren An- sicht zu. Einmal ist eine Spaltung des Nerven nicht möglich, ohne gleichzeitige Spaltung des Endorganes desselben, des Nebenauges, und dann spricht für eine Praeexistenz des Nerven der Modus der Augen- bildung , wie er früher bei den Musciden festgestellt wurde. Es scheint mir nicht ohne Interesse einen Vergleich zwischen diesen beiden Augenbildungen anzustellen. Ich schicke voraus, dass es sich in beiden Fällen um das Sehorgan des ausgebildeten Insectes handelt, denn das Hauptauge der Gorethralarve wirddirect zum Auge der Mücke und ist keineswegs bloses Larvenorgan. Die beiden Augen der Larve würden deshalb besser als Larven- und Imagoauge bezeichnet, falls dies naheliegender Missverständnisse halber durchführbar wäre. Bei den meisten (ob allen ?) übrigen Larven me- tabolischer Insecten genügen Nebenaugen, wenn nicht etwa, wie bei den Museiden Gesichtsorgane gänzlich fehlen , und bei allen diesen Thieren bildet sich das Hauptauge erst kurz vor oder während der Verpuppung und tritt erst beim Ausschlüpfen der Imago in Thätigkeit. Corethra unterscheidet sich von seinen Verwandten durch das, wie oben gezeigt wurde, ungemein frühe Auftreten und Functioniren der Hauptaugen, nicht aber durch den Besitz von Sehorganen, die bei den Uebrigen ohne Analogon wären. Die Bildung des Hauptauges des Corethralarve kann somit als typisch gelten für die Entwickelung des facettirten Auges aller jener Imagines, deren Larven sich sonst auf gleiche Weise entwickeln , wie Corethra. Bei dieser Insectengruppe (wohin vor Allen die meisten Tipuliden gehören) gehen die Haupttheile des Auges aus einer Zellenmasse hervor, welche der wuchernden Hypodermis ihren Ursprung verdankt, die licht- brechenden Theile (Cornea, Krystallkegel), die Theile, welche die Aether- schwingungen in den Nervreiz ‘die Lichtempfindung umsetzen, die sog. Nervenstäbe und die accessorischen Augentheile, vor Allem das Pigment leiten sich von der Hypodermis ab. Bei den Musciden wurde gezeigt, dass alle diese Theile aus der »Augenscheibe« sich hervor bilden, jener schüsselförmig gewölbten , aus Zellen zusammengesetzten Mem- bran, welche im Embryo bereits angelegt den übrigen Imaginalscheiben morphologisch gleich zu setzen ist. Es konnte dort bis ins Detail nachgewiesen werden, wie die Zellen dieser Membran einerseits die Facetten der Cornea auf sich ablagern, während sie nach der andern Seite hin sich unter Kernvermehrung zu 64 Dr. August Weismann, den einzelnen Augenkammern gestalten. Die Augenscheibe der Mus- ciden und die Hypodermiswucherungen der Corethra sind demnach in ihrer Bedeutung für die Bildung des Auges vollkommen gleichwerthig, sie entsprechen sich aber auch im Allgemeinen, sie sind morphologische Aequivalente, da die Augenscheibe, wie bei der Muscidenentwickelung bereits betont wurde, nichts Anderes ist, als die Hypodermis des zu- künftigen Fliegenkopfes; die Zellenlage, aus welcher die Antennen durch Ansstülpung hervorgehen, stehen in Gontinuität mit ihr, und in späterer Zeit, wenn der Kopf gebildet werden soll, wachsen ihre Ränder in der Mittellinie zusammen und bilden den Scheitel. Dazu kommt, um die Analogie vollständig zu machen, das ganz gleiche Verhalten des Nerven. Nicht nur, dass derselbe in beiden Fäl- len die gleichen Abschnitte des Auges bildet, nämlich nur die Ganglien- zellenlage am Grunde der Augenkammern,, sondern auch sein Vorhan- densein, ehe noch mehr als eine ungeordnete Zellenanhäufung vom Auge vorhanden ist. Den Stiel der Augenscheibe bildet in der Musciden- larve der kurze, vom Gehirn entspringende Stamm, der sich später als Nervus opticus ausweist, und dass zu der gelblichen Anschwellung der Hypodermis, welche bei Gorethra zuerst die Entstehung des Auges an- zeigt, bereits ein Nerv von bedeutendem Durchmesser hinzieht, wurde oben mitgetheilt. Da ist denn wohl die oben ausgesprochene Vermu- thung sehr gerechtfertigt, dass hier wie bei Musca der Nerv des defi- nitiven Auges bereits im Embryo angelegt ist, und der ganze Unterschied in der Augenbildung beider Insectengruppen redueirt sich sodann dar- auf, dass bei der einen die Hypodermis des Larven- und die des Imago- kopfes ein und dieselbe ist (Gorethra), während bei der andern (Mus- ciden) erstere am Ende der Larvenperiode zerfällt und die Wandung des Imagokopfes eine Neubildung ist. Somit unterscheiden wir an dem Insectenauge, wie am Auge der Wirbelthiere einen Theil, der als modifieirte Haut anzusehen ist, und einen, der vom Nervencentrum ausgeht; wie dort Glaskörper,, Linse und Cornea aus dem Hornblatt entstehen , so hier Facetten, Krystall- kegel, Pigmentzellen, freilich auch der Nervenstab aus der Hypodermis; wie dort aus der primären Augenblase Retina und Choroidea hervor- gehen, so bildet sich hier die Ganglienzellenlage am Grunde der Augen- kammern vom Nervus opticus aus. Die Homologie kann indessen nur in allgemeinster Weise festgehalten werden, denn während beim Wirbel- thier die Zellenlagen der Haut nur zur Bildung von Hüllen oder bre- chenden Medien verwandt werden, bildet sich beim Inseet aus ihnen der wohl unzweifelhaft als nervös zu betrachtende Nervenstab, und während bei diesem der Nerv wirklich nur die Bildung nervöser Theile S Die Metamorphose der-Corethra plumicornis. 65 vermittelt, geht aus der primären Augenblase des Wirbelthieres (einer Ausstülpung der vordern Hirnblase des Embryo) ausser der Retina auch die Choroidea mit dem Pigment hervor. Man kann etwa sagen, dass bei Vertebraten wie bei Arthropoden das Organ des Ge- siehtes durch Zusammenwirken des Nervensystems mit der Haut zu Stande kommt. Was übrigens die Pigmenterzeugung betrifft, so verdient eineRigen- -thümlichkeit der Insecten (vermuthlich aller Arthropoden) besonders bemerkt zu werden: Die allmähliche Umwandlung der Farbe des Pigmentes. Auch in den Augen von Musca und allen andern beobachteten Insecten (Schmetterlinge etc.) wird aus dem farblosen Blute nicht direct ein dunkler Farbstoff in Zellen abgelagert, sondern zuerst ein lichter, der ganz allmählich eine tiefere Färbung annimmt. Kaum irgendwo tritt diese Umwandlung in schärferen Extremen hervor, als bei dem Auge von Corethra, wo ein hellgelbes Pigment durch alle Abstufungen des Orange, Braunroth, Rothbraun, Braunschwarz etc. bis ins tiefste Schwarz übergeht. Im Gegensatz hierzu findet bei den Wirbelthieren die Ablagerung des schwarzen Augenpigmentes zwar auch allmählich statt, aber ohne Farbenwechsel; rein schwarze Körner treten in anfangs geringer, allmählich immer grösserer Zahl auf, bis fast der ganze Zelleninhalt in Pigment umgewandelt ist. An die Verhält- nisse der Arthropoden erinnern dagegen manche Verfärbungen patho- logischer Pigmente bei Wirbelthieren. Kehren wir zurück zu den Sinnesorganen der Corethralarve, so bleibt hier nach Besprechung der beiden unzweifelhaften Sehorgane, des Haupt- und Nebenauges, noch das von Lerynıc zuerst beschriebene und von ihm als»rudimentäres Auge« bezeichnete Gebilde zu erwähnen. Es heisst darüber auf S. 442 der eitirten Abhandlung: »Ausser den vier pigmentirten Augen finden sich noch nach innen und oben von den Nebenaugen zwei grössere, birnförmige Organe, die ich für verküm- merte Augen ansprechen muss. Sie weichen von den Nebenaugen dadurch ab, dass sie des schwarzen Pigmentes und der Krystallkegel entbehren,, ausserdem geht zu ihnen ein Nerve, der mit dem des pig- mentirten Nebenauges einem gemeinschaftlichen Stamm zugehört, ferner hat das Organ dieselben gelben Fettkügelchen, wie sein pigmentirter Nachbar und in seinem abgerundeten freien Ende erkennt man eine Anzahl conischer Vertiefungen, welche für die Aufnahme von Krystall- kegeln bestimmt gewesen zu sein scheinen. Dass ein Sinnesorgan vorliegt, kann nicht zweifelhaft sein, mir scheint aber der gemeinschaftliche Ursprung des zutretenden Nerven mit dem Augennerven zur Rechtfertigung der Deutung als Auge nicht Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 5 66 Dr, August Weismann, ‚auszureichen, noch weniger die gelben Fettkügelchen, die ebenso auch in den Zellen der umgebenden Hypodermis vorkommen, und in dem Bau des Organs sehe ich keine Aehnlichkeit mit dem eines Auges und kann Levoie nicht beistimmen, wenn er es für ein Auge erklärt, »dem das Pigment und die Krystallkegel fehlen«, für ein blosses »Augen- gerüst«. | Soweit ich in die Structur des Organs einzudringen vermochte, besteht dasselbe aus einer in der Hypodermis gelegenen Rosette von 0,054 Mm. Durchmesser, , gebildet aus radiär gestellten, ziemlich gros- sen, einen einfachen Kreis bildenden Zellen, in deren Gentrum eine Lücke zu bleiben scheint, die sich spaltartig in die Tiefe fortsetzt (Taf. IV. Fig. 26, a). Der Nerv tritt unter allmählicher Anschwellung an die Rosette, so dass das Ganze dadurch die Gestalt eines Trichters bekommt. Die Rosettenzellen enthalten meist die von Leypıc erwähnten gelben Fetttröpfchen , zuweilen liegen dieselben auch tiefer, in der Anschwel- lung des Nerven. | So erschien mir das Organ kurz nach seiner Bildung, später, d. h. kurz vor der Verpuppung der Larve verändert es sich etwas, die vor- her kreisrunde Rosette streckt sich in die Länge und wird oval (Fig. 26, b), auch konnte ich dann keine centrale Höhlung oder Vertiefung mehr erkennen, das Centrum der Rosette schien durch ebensolche Zellen ‚geschlossen , wie sie die Peripherie zusammensetzten; an allen diesen Zellen aber war der Kern verschwunden und statt dessen eigenthümlich lichtbrechende dreieckige Körperchen mit geschweiften Rändern auf- getreten. Ich gestehe gern zu, dass diese Schilderung vom Bau des räthsel- haften Organs nicht vollständig ist, wahrscheinlich stehen die einzelnen Nervenfasern in ganz bestimmten Beziehungen zu den einzelnen Zellen der Rosette, es war mir aber nicht möglich, darüber Näheres zu er- mitteln. Dass man es nun hier nicht mit einem rudimentären, d. h. nicht functionirenden Organ zu thun hat, darauf deutet sowohl die Mächtig- keit des zutretenden Nerven, — welcher die gleiche Dicke mit dem Sehnerv des Nebenauges besitzt — als auch die späte Entstehung des Organes. Was das Letztere betrifft, so lässt es sich leicht feststellen, dass erst nach der vierten, d. h. letzten Häutung der Larve, wenn das Hauptauge längst vollständig ausgebildet ist, die Rosette sich bildet. Sie entsteht aus dem oberen Zipfel der breiten Hypodermisanschwellung, aus welcher das Hauptauge entstand, liegt also über dem Hauptauge, an der Uebergangsstelle des Kopfschildes in den Stirnfortsatz. Sobald Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. | 67 die Rosette sichtbar ist, gewahrt man auch den Nerven. Zu welcher Zeit er sich bildet und auf welche Weise, wurde jedoch nicht festge- stellt, es sei denn, dass ein kurzer Zipfel, welcher sich vom Gehirn nach der Hypodermis des Scheitels ausspannte und der einmal bei einer jungen Larve beobachtet wurde, als Anlage des Nerven betrachtet wer- den darf. Aber könnte statt eines verkümmerten Sinnesorganes nicht viel- leicht die Anlage eines erst in der Imago zu voller Ausbildung ge- langenden Organes vorliegen ? { Ich glaube, dass es sich in der That so verhält. Zwar habe ich das Organ nach der Verpuppung nicht mehr auffinden können, die Schwierigkeit der Untersuchung und das sehr beschränkte Material, welches mir damals noch zu Gebote stand, lassen’ diesen Umstand in- dessen von geringem negativen Gewicht erscheinen. Haben wir es nun wirklich mit einem in der Bildung begriffenen Sinnesorgan der Imago zu thun, so kann dies doch keinenfalls ein Auge sein, da die Mücke keine Augen auf dem Scheitel trägt; es muss ein noch unbe- kanntes Sinnesorgan bei den Dipteren vorhanden sein und ich glaube nicht zu irren, wenn ich ein Analogon desselben bei den Daphniden wiederzufinden meine. Leyvig hat in dieser Grustaceenfamilie einen Nerven kennen ge- lehrt, der seitlich aus den Gehirnlappen entspringt um »unter der Haut desKopfes mit einem Lager von Ganglienzellen zu endend‘). Die Ganglien- zellenliegen — wie hierdie Zellen der Rosette — stetsin der Ebene der Hy- podermis, bilden aber dort nicht immer ein fest zusammenschliessendes Ganzes, welches dann ebenfalls Trichterform besitzt (sobei Daphnia lon- gispina Taf. II. Fig. 14), sondern sitzen zuweilen auch isolirt an den einzel- nen Nervenfäden, wie anbesonderen Stielen (beiDaphnia pulex, Taf. I. Fig. 1). Finden sich auch Unterschiede zwischen diesem unzweifel- haften Sinnesorgan der Daphniden und dem fraglichen Organ der Co- rethralarve — so insbesondere in der Gestalt der einzelnen Zellen und in deren mehr lockerer Gruppirung — so sind doch die Aehnlichkeiten gewiss noch weit grösser, und zu diesen gehört vor Allem auch der Ursprung des Nerven vom Gehirn, dicht an der Wurzel des Nerven vom Nebenauge (s. z. B. bei Leyvie Fig. 33 auf Taf. IV und Fig. 14 auf Taf. DM. Für die physiologische Deutung des Organes weiss ich so wenig als Levoıs einen bestimmten Anhaltspunct zu finden. Dem Tasten kann ein Organ wohl schwerlich dienen, welches unter der Chitindecke ver- borgen liegt und nicht mit Hautborsten oder stäbchenförmigen Vor- 4) Naturgeschichte der Daphniden. Tüb. 1860, S. 42. 5* 68 Dr, August Weismann, sprüngen derselben in Verbindung steht, und aus demselben Grund kann nicht an ein Geruchsorgan gedacht werden. Es bliebe übrig ein Gehörorgan in ihm zu sehen, was dann aber auch nach einem den Ar- thropoden sonst fremden Typus gebaut wäre. Oder sollte es vielleicht nur bestimmte Aetherschwingungen dem Bewusstsein zuführen und so bei Daphniden und der Corethralarve ein den Wirbelthieren fremdes Sinnesorgan vorhanden sein? . Wie man sich hier auf dem Boden der Hypothese bewegt, so fast ebensosehr bei der Deutung eines andern Gebildes, welches nach meiner Auffassung nicht minder als Sinnesorgan betrachtet werden muss. Es ist dies ein Nervenendapparat, welcher paarig in einem jeden Körpersegment vom vierten bis zehnten sich vorfindet. Auch dies Ge- bilde ist Leynıe nicht entgangen, es ist von ihm ausführlich geschildert und abgebildet, aber für einen nur ungewöhnlich verlaufenden Tast- nerven gehalten worden, nicht für ein von diesen verschiedenes Sinnes- organ (a. a. ©. S. 440 und Taf. XVI. Fig. 1, ec). ‚ Von jedem der in den genannten Körpersegmenten gelegenen Bauchganglien gehen drei Paar Nervenstämmchen ab. Das vorderste von ihnen theilt sich sogleich wieder, um mit dem einen Ast zu Muskeln zu laufen, mit dem andern aber gerade nach aussen zu ziehen und nach kurzem Verlauf sich an einen blassen Faden anzusetzen, der sich in schräger Richtung vom Vorderrande des Segmentes zu einer dem hintern Rand nahen Hautstelle straff wie eine Saite ausspannt. Der Ansatz geschieht unter Verbreiterung zu einem mehrzelligen kleinen, dreiecki- gen Ganglion und der Streifen selbst erscheint in seinem dünneren vordern Theil vollkommen homogen, in seinem hintern dickeren längs- streifig. Soweit stimmen meine Beobachtungen mit denen Leypiıe’s ganz vollkommen überein, ebenso auch in der Deutung des vordern Theiles als eines Fadens aus »Bindesubstanz«; in der Erkenntniss des Baues aber und damit auch in der Deutung des hinteren Theiles des Stranges glaube ich etwas weiter gekommen zu sein. Bei starker Vergrösserung (und unter Anwendung eines Deckgläschens, welches Beides Leypıe nicht benutzte) erkennt man, dass dieser vordere Theil nichts anderes sein kann, als ein Nervenendapparat. »Die charakteristisch fasrige Zeichnung, die sich auf die Primitiv- fasern beziehen muss«, rührt von feinen stabförmigen Gebilden her, welche in einer Anzahl von vier oder fünf im Innern des Gebildes liegen und sich bis gegen dessen Ansatzpunct verfolgen lassen (Taf. II. Fig. 21). Dicht hinter dem Ganglion (g) beginnen sie als feine Fäden, schwellen sodann zu einem dunkelcontourirten , spindelförmigen Gebilde, wahr- u Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 69 scheinlich einem Kern an, und verlaufen von da an breiter geworden mit doppelten Gontouren, um schliesslich unter allmählicher Zuspitzung sich zu verlieren. Leypig legt sich den Thatbestand so zurecht: »Der Nerv schwillt in bestimmter Entfernung vom Ganglion des Bauchstranges in ein kleines ; secundäres Ganglion an, und an dieses setzt sich zu seiner Befestigung ein Faden aus Bindesubstanz, während die Fortsetzung des Nerven rechtwinklig aus dem secundären Ganglion hervorgeht und zur Haut seine Richtung nimmt« (440. 41). Ich möchte vorziehen zu sagen: Der Nerv a sich mit einem Ganglion an die Basis eines eigenthümlichen Endapparates an, der frei, wie die Saite einer Harfe durch die Leibeshöhle hingespannt ist. Der Nerv darf, wie ich glaube, nicht den an Hautborsten tretenden Nerven gleichgesetzt werden, was er aber für Empfindungen vermit- telt, ist schwer zu errathen. Offenbar ist das saitenartig aufgespannte Organ sehr geeignet, durch Schallschwingungen in Vibration versetzt zu werden, und so könnte wohl an ein Hörorgan gedacht werden. Vielleicht stünde dasselbe sogar nicht so ganz ohne Analogie da, als es auf dem ersten Blick scheinen möchte. Eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Hörorgan ‘der Acridier scheint mir nicht zu bestreiten. Auch bei diesen Heuschrecken schwillt der Nerv zu einem Ganglion an, aus welchem dann erst die nervösen Hörstäbchen hervorgehen ; diese sind hier relativ weit kürzer als bei Corethra und befestigen sich an eine durch Schallschwingungen vibrirende Membran, während sie bei Co- rethra — falls meine Vermuthung richtig ist — direct in Schwingung versetzt werden. Uebrigens sind diese problematischen Hörorgane der Gorethra- larve noch von einem andern Gesichtspunct von Interesse, indem sie meines Wissens das erste Beispiel einer gleichmässigen Wiederholung von Sinnesorganen in vielen Segmenten bilden, welches bei Arthropo- den bekannt geworden ist. Das Verhalten erinnert an die Homonomie der Segmente bei den Würmern und deutet wiederum von Neuem auf die enge Verbindung beider Thiertypen hin. 6. Muskelsystem. Die im Kopf gelegenen Muskeln wurden bei der Schilderung des Kopfes grösstentheils erwähnt; von denen der Körpermuskeln führe ich nur an, dass ihre Anordnung in den verschiedenen Segmenten die gleiche ist, sowie dass lediglich Längs- und Schrägmuskeln vorkom- men. Das vollständige Fehlen von quer- oder ringförmig verlaufenden 70 | Dr. August Weismann, Muskelbändern wird dadurch interessant, dass bei Puppe und Imago solche Muskeln sich finden. Was die Histologie der Muskeln betrifft, so hat schon Leypıs be- merkt, dass »im lebenden Thier die Muskeln glashell sind mit deutlicher Querstreifung« und in der That wüsste ich Denen, welche die Quer- streifen für eine Leichenerscheinung erklären, kein schöneres Object zu empfehlen, um sich von der Unhaltbarkeit ihrer Ansicht zuüberzeugen. “ Aber auch die alte Streitfrage nach der Präexistenz der Fibrillen lässt sich hier sehr hübsch entscheiden. Für gewöhnlich zeigen die Muskeln keine Spur von Längsstreifen, erst nach dem Tod, bei Zusatz von Essigsäure etc. werden sie fibrillär; allein man kann öfters die Beobachtung machen, dass am lebenden Thier ein und derselbe Muskel bald völlig homogen erscheint mit zarter Querstreifung, bald aber aus derben Fibrillen besteht. Ja nicht selten habe ich die eine Hälfte eines Muskels fibrillär, die andere homogen gesehen, und dies hauptsächlich an jenem Muskel, welcher mächtig breit vom hintern Rand des Kopf- schildes entspringt, um allmählich kegelförmig zulaufend mit kurzer Sehne sich am Oberkiefer anzuheften. Von diesem Muskel sah ich einmal die linke Hälfte vollkommen homogen, während die rechte aus Fibrillen bestand (Taf. IH. Fig. 20), eine Masse dicker, , unter spitzem Winkel sich kreuzender Fasern, an denen die Querstreifung nicht deutlich mehr sich erkennen liess. Während der Beobachtung vollführte der Muskel häufige und ener- gische Contraetionen und zwar beide Hälften, ein Beweis, dass diese fibrilläre Anordnung der contractilen Substanz nicht nothwendig den Tod des Muskels voraussetzt. Allmählich schmolzen sodann die Fibrillen in der Richtung von der Sehne her, wieder zusammen und nach einer Viertelstunde hatte der Muskel wieder seine normale, homogene Be- schaffenheit angenommen. In anderen Fällen sah ich den mittleren Theil des Muskelbauches fibrillär; und zu beiden Seiten davon homogene Substanz. Ich glaube nun allerdings, dass in diesen Fällen die fibrilläre Spal- tung durch den Druck des Deckgläschens hervorgerufen wurde, auch unterscheiden sich diese Fibrillen von den durch Reagentien bedingten durch ihre grössere Dicke und geringere Regelmässigkeit; allein die Beobachtung beweist doch unzweifelbaft, dass eine Spaltung der con- tractilen Substanz in der Längsrichtung auch während des Lebens vor- & kommen kann, Die Metamorphose der Corethra plumicornis, 7 Dr II. Die Häutung der Larve. Es ist bereits erwähnt worden, dass schon während des Larven- lebens der Körper der CGorethra geringe Umwandlungen durchmacht ; der Kopf im Ganzen verändert etwas seine Gestalt, seine typischen Anhänge modeln sich etwas um, neue accessorische Anhänge treten auf. Ausserdem gehen auch an innern Theilen Veränderungen vor sich: das Tracheensystem, anfänglich noch unthätig, füllt sich mit Luft und dehnt sich aus, das zusammengesetzte Auge und das ihm benachbarte - Sinnesorgan unbekannter Bedeutung bilden sich. Die Art und Weise, wie die allmähliche Ausbildung oder auch Neu- bildung innerer Organe vor sich geht, wurde ebenfalls bereits geschil- dert und es bleibt noch übrig, auch die Vorgänge kennen zu lernen, welche die Umbildung der äusseren Körperform herbeiführen. Sie cha- rakterisiren sich vor Allem dadurch, dass sie nicht allmählich eintreten, sondern plötzlich; Veränderungen der äusseren Gestalt können bei Insecten überhaupt nur ruckweise zu Stande kommen, bei Gelegenheit einer Häutung; ist die Chitindecke einmal erhärtet, so können neue Veränderungen erst in der nächsten Häutung eintreten. Die Larve wirft vier Mal ihr Chitinskelet ab und zwar folgen die vier Häutungen sich rasch, die erste am zweiten Tag, die zweite am fünften, die dritte am neunten, die vierte am vierzehnten Tag!). Bei jeder Häutung verändert sich die äussere Gestalt, besonders der Kopf- anhänge, und es ist sehr interessant zu sehen, in welcher Weise die neue gestaltgebende Zellenform unter der alten Chitindecke zu Stande kommt, besonders auch wegen der — wie wir sehen werden — ganz analogen Vorgänge bei der Bildung der Imagoanhänge. Im Allgemeinen ist bekannt, dass kurz vor jeder Häutung sich die Hypodermis von der alten Chitindecke loslöst und etwas zurückzieht, um auf ihrer Oberfläche eine neue Chitinlage auszuscheiden ; Neubil- dungen und Umbildungen gehen dann von der zurückgezogenen Hy- podermis aus. So sieht man bei der grossen Durchsichtigkeit des _ Thierchens hier sehr deutlich, wie z. B. dicht vor der ersten Häutung am ganzen unteren Kopfumfang die Hypodermis sowohl in den Man- dibeln, als in der Oberlippe beträchtlich absteht von der Chitindecke, und wie vor Letzterer das Büschel schilfblattähnlicher Borsten aus ihr hervorgewachsen ist, welches der jüngeren Larve noch fehlte. Diese Borsten erscheinen als sehr blasse Bänder, noch hat sich keine neue» Cuticula auf ihrer Oberfläche gebildet und sie zeigen noch 4) Diese Zeitangaben beziehen sich auf den Vorsommer. 72 Dr, August Weismann, deutlich ihre Zusammensetzung aus einer Menge schr kleiner Zellen, sind also Auswüchse der Hypodermis, wie nach den schönen Beobach- tungen Henxsen’s die Borsten auf dem Panzer der höheren Krebse, nicht aber nur Auswüchse einzelner Hypodermiszellen, wie nach Semper!) die Schuppen der Lepidopteren oder wie die Borsten der Fliegen. Besonderes Interesse verleiht den Häutungen der Corethralarve die jedesmalige Neubildung der Antennen. Hier zeigt sich nicht nur eine Loslösung der Hypodermis von der Wand der alten Antenne, son- dern eine förmliche und vollständige Rückstülpung in den Hypodermis- schlauch des gesammten Kopfes. Es geht daraus mit grösster Sicherheit hervor, dass das Wachsthum nicht, ‚wie man gemeint hat, unmittelbar nach dem Abwerfen der alten Haut und so lange die neue noch dünn und weich ist geschieht, sondern dass vor dem Häutungsact die gestaltgebende Hypodermis des Ganzen und der einzelnen Theile bis zu ihrer definitiven Grösse heran- ‚wächst. { Würde sich die Hypodermis der Antenne nur einfach loslösen und nur durch Faltenbildung ihre Oberfläche vergrössern, dabei aber inner- halb der alten Antenne liegen bleiben, so würde ihr nur ein höchst beschränktes Wachsthum möglich sein; in der That aber beträgt die Länge der Antenne nach der ersten Häutung das Vierfache der alten Antenne, und auch bei den späteren Häutungen findet sich ein ähn- liches Verhältniss. Der Vorgang verläuft hier folgendermaassen. Einige Zeit bevor sich noch Veränderungen an den Zellenlagen der übrigen Kopfanhänge zeigen, bemerkt man in der Spitze der Antenne eine bedeutende Wucherung der Hypodermis, welche das Lumen sehr verengt und all- mählich gegen den Kopf hin vorschreitet. Bald erreicht sie die Basis der Antennen, geht aber von hier nicht ohne Weiteres auf die Hypo- dermis des Stirnfortsatzes über, sondern wächst frei nach hinten in den Kopfraum hinein, als ein cylindrischer nach hinten offener Zapfen, der doppelte Wände besitzt und als Duplicaturbildung der Hypodermis betrachtet werden muss. In seiner Richtung folgt er dem Antennen- nerv, über den er sich wie ein umgestülpter Handschuhfinger hinzieht. Zugleich löst sich jetzt die massig geschwellte Hypodermis aus der Spitze der Antenne los und es bildet sich nun eine wirkliche Umstülpung der- selben in den Kopfraum , die ganz allmählich (Taf. IV. Fig. 25), aber so vollständig vor sich geht, dass zuletzt die Spitze des umgestülpten 1) Ueber die Bildung des Flügel, Schuppen und Haare bei den Lepidopteren. Diese Zeitschr, Bd. VI. S. 326. Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 73 Hypodermisschlauches hinter dem Auge, dicht vor dem Gehirn liegt (Taf. ll. Fig. 22, a). | Man kann sich den Vorgang auch so vorstellen, dass zuerst die Um- stülpung an der Basis der Antenne beginnt und nun allmählich bis zur Spitze fortschreitet, also in der Weise, wie wenn man den Finger eines Handschuhes in den Körper desselben einstülpt, nur mit dem Unterschied, dass hier die Basis beginnt sich einzustülpen, ehe die Spitze sich von ihrem Ort bewegt, was natürlich nur durch selbstän- diges Wachsthum des Basaltheiles möglich ist; mit andern Worten: die Umstülpung ist von einem stetigen und sehr bedeutenden Wachs- thum begleitet, wie ein Blick auf Fig. 22 «a lehrt. Es fragt sich noch, wie die Fangborsten an. der Spitze der Antenne und das an ihrem Grund gelegene Ganglion sich verhalten. Die Borsten bilden sich, wie ich glaube, nicht aus der weichen Grundlage der alten Borsten, sondern entstehen ganz neu, eben aus ‚jener Zellenwucherung in der Spitze des Hypodermisschlauches, mit _ welcher der ganze Neubildungsprocess beginnt. Wenn ich einem ‚Zweifel Raum lasse, so geschieht das nur, weil ich nie das Hervor- wachsen derselben direct gesehen habe. Ich konnte sie immer erst dann wahrnehmen, wenn sie bereits eine bedeutende Länge besassen, und dies ist der Fall, noch ehe die Umstülpung des Hypodermisschlauches vollständig erfolgt ist. Sie ragen dann bis in die Spitze der alten, jetzt leeren Antenne hinein, um am Schluss der Umstülpung mit dem grössten Theil ihrer Länge im Innern des umgestülpten Schlauches zu liegen und nur mit den Spitzen bis etwa in die Mitte der alten Antenne ‚daraus hervorzuragen. Die Lagerungsverhältnisse erinnern dann sehr an die Häutungsvorgänge, wie sie Hensen!) von CGrustaceen geschildert hat. Auch dort wird das neue Haar (Hörhaar) nicht einfach im Innern des . alten »gleichsam als Abdruck « gebildet, sondern über einen Zellen- tubus,; der mit dem grössten Theil seiner Länge in die Hypodermis zurückgestülpt ist und nur mit seiner Spitze in das alte Haar hinein ragt. Ein Unterschied läge nur darin, dass dortdie neugebildete Chitin- haut bei der Häutung sich allein ausstülpt, der Zellentubus aber, über welchen sie geformt wurde, ihr nicht nachfolgt, sondern in seiner ein- gestülpten Lage verharrt, so dass nun ohne Weiteres die Vorberei- tungen zu einer abermaligen Häutung mit abermaliger Abscheidung einer Chitinhaut beginnen können, während bei Corethra der weiche Theil’der Borste in der Axe des chitinösen zurückbleibt. Auch scheint das Ausstülpen des neugehildeten Theiles dort durch 1) A...a. O..S.. 374. 714: Dr, August Weismann, andere Mittel zu geschehen als hier. Hexsen beobachtete, dass die Spitze des neuen Haares an dem Skelet des alten angeheftet ist und so diesem folgt, wenn es bei der Häutung abgestreift wird. Bei Corethra liegen die Spitzen der neuen Antennenborsten frei im Innern der alten An- tenne, die Ausstülpung derselben und mit ihnen der ganzen neuge- bildeten Antenne muss durch eine von rückwärts her wirkende Kraft geschehen, also wohl ohne Zweifel durch den Druck des in den Kopf gepressten Blutes. Es kommt vor, dass die Ausstülpung während dem Abwerfen nicht oder nur unvollkommen erfolgt, und dann geschieht sie auch später nicht mehr, sondern die Larve bleibt verkrüppelt und geht schliesslich an Nahrungsmangel zu Grunde. Es kann dies aber nicht als Einwurf gegen die Theorie der Ausstülpung durch Blutdruck geltend gemacht werden, da die Weichheit des neuen Chitinskeletes offenbar Vorbe- dingung der Ausstülpung ist, diese aber sehr rasch nach dem Abwerfen der alten Haut einer festeren Beschaffenheit der Chitindecke Platz macht, die Ausstülpung also nicht stattfinden wird, sobald sie durch irgend- welche Zufälligkeit nicht gleich im Anfang der Häutung vor sich gehen konnte. | Was schliesslich das Verhalten des Antennennerven betrifft, so sieht man ihn noch unmittelbar vor der Häutung zwischen den Spitzen der neuen Borsten hervortreten und zu dem noch ganz unveränderten Ganglion an der Basis der alten Fangborsten hinziehen. Er functionirt also bis zum letzten Augenblick unverändert fort (Fig. 22 A, nat). Il. Bildung der Imagotheile. Für die Familie der Musciden wurde früher der Nachweis geführt, dass Thorax und Kopf der Fliege sammt ihren Anhängen sich aus Theilen herausbilden, welche bereits im Eie angelegt werden. Ich bezeichnete diese Theile ihrer scheibenförmigen Gestalt halber als Imaginal- scheiben. Die Bildung des Kopfes geht dort von zwei solchen Imaginalschei- ben aus; an der des Thorax betheiligen sich zwölf, sechs in jeder Körperhälfte, von welchen drei die obere und drei die untere Hälfte aus sich hervorgehen lassen. Ihre Lage im Innern der Larve ist eine fest bestimmte und zwar stehen sie mit gewissen Nerven- oder Tracheenstämmen in Verbindung und lassen sich als Wucherungen der Hüllmembran dieser Organe auffassen. = Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 75 Bei den Muscidenlarven können die Imaginalscheiben nicht am lebenden Thier wahrgenommen werden, man findet sie erst, wenn man nach ihnen sucht, und auf dieses Suchen war ich geleitet worden durch die viel frühere Beobachtung ähnlicher scheibenartiger Körper bei den durchsichtigen Larven gewisser Tipuliden. An den Larven verschiedener Arten von Chironomus und von Simulia sericea fielen mir zuerst jene Scheiben auf, welche in den drei ersten Körpersegmenten in ganz regelmässiger Anordnung unter der Haut lagen; jedem Segment kamen vier Scheiben zu, zwei obere und zwei untere; eine jede derselben schien, ganz wie es später bei den Muscidenlarven beobachtet wurde, aus einer dünnen zelligen Hülle und aus einem anfänglich gleichmässigen zelligen Inhalt zu bestehen. Ei- nige waren unzweifelhaft mit der Peritonealhülle einer Trachee ver- wachsen, bei anderen konnte ein Nervenstämmchen bis zu ihnen hin verfolgt werden, wenn es auch bei der Kleinheit und immerhin mangel- haften Durchsichtigkeit der zu Gebote stehenden Thiere nicht gelang, denselben mit Sicherheit ins Innere der Scheibe, oder gar wieder aus ihr heraustreten zu sehen. Nimmt man nun noch hinzu, dass im Laufe der Entwickelung sich in jeder dieser Thoracalscheiben der Zelleninhalt zu einem Bein oder Flügel etc. differenzirte, während der basale Theil der Zellenmasse sich zum zugehörigen Thoracalstück gestaltete, so wird der Schluss, den ich damals zog, verzeihlich erscheinen, dass nämlich die Imaginal- scheiben der Tipuliden in allen wesentlichen Puncten mit denen der Musciden übereinstimmen. Genauere Untersuchung bei der dem Studium ungleich günstigeren Corethralarve haben indessen ergeben, dass gerade in einem der wesent- lichsten Puncte ein Unterschied stattfindet. Die Imaginalscheiben liegen nämlich hier nur scheinbar im Innern der Leibeshöhle, in Wahrheit aber in der Ebene der Hypodermis, zwi- schen ihr und der Chitinhaut ,— oder um mich deutlicher auszudrücken: sie sind Neubildungen, welche von der Hypodermis selbst ausgehen. Das, was mir früher als Hülle der Scheibe erschienen war, ist nur der Umschlagsrand der Hypodermis, welcher da entsteht, wo sich dieselbe zu einer tiefen, napfförmigen Grube einstülpt, innerhalb deren eben die Anlage des betreffenden Anhangs (Bein, Flügel etc.) hervorge- sprosst ist. Bei Gorethra ist es leicht in Profilansicht sich darüber klar zu werden, dass in der That der sich bildende Anhang von aussen her lediglich von der Chitinhaut bedeckt ist, nicht von einer Zellenlage, dass er also ausserhalb der Leibeshöhle liegt; bei anderen Larven hält 76 Dr. August Weismann, es oft sehr schwer, sich davon zu überzeugen, und zwar deshalb, weil der Umschlagsrand der Hypodermis sich häufig verlängert, über den Anhang hinlagert und nur eine kleine kreisförmige Oeflnung in der Mitte frei lässt, innerhalb deren derselbe direct an die Chitindecke anstösst. Aus dieser einfachen Beobachtung ergeben sich von selbst sehr wichtige Gonsequenzen. Sobald die Imaginalscheiben mit der Hypo- dermis in Gontinuität stehen, so können sie nicht selbständige Gebilde sein, wie bei den Musciden, sie sind nur eigenthümliche Umbildungen der Hypodermis, diesich zwar vollkommen abgrenzen gegen die normale Hypodermis, die aber jedenfalls eine ganz andere Entstehungsgeschichte besitzen müssen, als die Imaginalscheiben der Musciden. Weiter aber folgt daraus, a der Thorax der Imago keine Neubildung ist, wie dort, sondern dass er direct aus der Hypodermis der ebene: ol Larven- segmente hervorgeht. | Diese aprioristischen Schlüsse werden durch die Thatsachen be- stätigt. Wenden wir uns zur specielleren Betrachtung der Entstehung und allmählichen Ausbildung der Imaginalscheiben , so ist die erste zu ent- scheidende Frage die nach dem Zeitpunct ihrer Entstehung. Werden die Imaginalscheiben auch hier schon im Ei angelegt, oder entstehen sie später? Die Antwort kann sich kurz fassen. Die Scheiben entstehen erst nach der letzten Häutung der Larve, also in der Periode, welche der Verpuppung unmittelbar vorhergeht, früher ist noch keine Spur von ihnen vorhanden. Man kann dies mit voller Sicherheit aussprechen, da die Stellen, an welchen sie entstehen, sich auch vor ihrer Bildung schon erkennen lassen. Ich beginne mit der Betrachtung der Neubildungen, welche den Thorax der Mücke constituiren, um dann zur Bildung des Abdomens und schliesslich zu der des Kopfes überzugehen. I. Bildung der Thoracalanhänge. In einer früheren kurzen Notiz über die Thoracalscheiben der Si- mulia sericea!) beschrieb ich dieselben als »helle, rundliche oder ovale kleine Scheiben, bestehend aus einer homogenen Masse sehr kleiner, 4) Ueber die Entstehung des vollendeten Insectes in Larve und Puppe. Frank- furt a/M. 1863. 8.6. Die Metamorphose der Coretlira plumicornis. 77 körnerartiger Zellen, nicht unähnlich den Ganglien der Larve«. So in jungen Larven; in den jüngsten landen sie sich nicht vor. »Mit dem - Wachsthum des Thieres wuchsen auch die Scheiben und zwar in viel stärkerem Verhältniss. Zugleich spaltete sich an ihnen eine dünne Rindenschicht ab, und die vorher ebene Fläche des Inhaltes begann scharfe, gewundene Furchen aufzuweisen, die allmählich an Zahl und Tiefe zunahmen, bis schliesslich die Zellenmasse in einigen Scheiben zu einer faltig zusammengelegten Membran umgewandelt war, in andern zu einem in mehr oder weniger zahlreichen Windungen spiralig auf- gerollten Zelleneylinder. Die Vergrösserung der Scheiben schritt zu- gleich so rasch vorwärts, dass dieselben von den Seiten her zusammen- stiessen, die ganze Seitenwand der Segmente bedeckten, und sich sowohl in der Mittellinie des Bauches, als in der des Rückens berühr- ten«. — »Es waren sechs Scheibenpaare, aus den ventralen Paaren "bildete sich die ventrale Hälfte des Thorax mit den drei Fusspaaren, aus den dorsalen Paaren die dorsale Hälfte des Thorax mit ihren An- hängen, den Schwingern, Flügeln und einem eigenthümlichen, der Re- spiration der Puppe dienenden Organ, welches beim Auskriechen der Fliege abgeworfen wird«. (S. 6.) Oben wurde bereits auf den Irrthum hingewiesen, der in der An- nahme einer Hüllmembran liegt; rechnet man diesen ab, so giebt die angeführte Stelle das Thatsächliche objectiv richtig wieder. Den- noch lag dieser Schilderung eine durchaus irrige Anschauung von der Entwickelung der Gliedmaassen zu Grunde, die Anschauung, als handle es sich hier, wie bei den Musciden, um die allmähliche Differenzirung _ einer anfänglich gleichmässigen Zellenmasse. Genauere Verfolgung der Tipuliden - Entwickelung an Corethra haben ergeben, dass es sich hier von Anfang an um eine einfache Aus- stülpung der Hypodermis handelt, die allmählich zum Anhang aus- wächst, zugleich eine spiralige Lagerung annimmt, und, indem sie die Hypodermis zu einer grubenförmigen Einstülpung zurückdrängt, von dem Umschlagsrand derselben scharf wie von einer Hüllmembran umgeben wird. Von Imaginalscheiben in dem Sinn, wie bei den Musciden kann demnach hier nicht die Rede sein. Bei Corethra werden ganz wie bei Simulia und Chironomus sechs Paar Thoracalanhänge gebildet, drei ventrale und drei dorsale. Sie entstehen in den Seitentheilen des Körpers, die zwei Anhänge eines jeden Segmentes mehr oder weniger dicht beisammen. Indessen ist es nicht allein dieHypodermis, von welcher ihre Bildung ausgeht, sondern wie bei den Imaginalscheiben der Musciden nehmen auch innere Organe “Antheil daran. 78 Dr. August Weismann, Die dorsalen Anhänge des Prothorax bilden sich im Anschluss an eine Trachee, alle übrigen Anhänge stehen in inniger Beziehung zum Nerven- system. Es giebt sich dies schon dadurch kund, dass über ihnen eine oder mehrere der Leypıe’schen Tastborsten stehen und durch sie hin- durch ein Nery zu den Borsten hinläuft. Durch diese eigenthümliche Beziehung zu bestimmten Tastborsten wird es möglich, den Ort, an dem ein Anhang sich bilden wird, schon in den jüngsten Larven mit Genauigkeit anzugeben. Die Genesis ist bei den verschiedenen Thoracalanhängen im We- sentlichen diegleiche. Ich wähle als Beispiel das vordere Beinpaar. Dasselbe bildet sich auf der Bauchseite des ersten Segmentes, nicht weit von derMittellinie entfernt, zu beiden Seiten des bekanntlich weit nach hinten gerückten unteren Schlundganglion. Zu diesem steht es übrigens in keiner Beziehung, wohl aber zum ersten Bauchganglion, von welchem aus ein Nervenstämmchen direct zur Scheibe hinläuft, um drei Tastborsten zu erreichen, welche über ihr in der Chitinhaut stehen. Diese drei Borsten bezeichnen demnach genau die Ausstülpungsstelle des Anhanges. Sie finden sich bereits in den allerjüngsten Larven vor; man sieht dann den Nerven, in der Mitte seines Verlaufes sich in drei Zweige theilen, von denen ein jeder zu einer Tastborste hinläuft und dicht unter derselben zu einem Ganglion anschwillt. Die Hypodermis der Umgebung verhält sich vollkommen normal, besteht aus einer einzigen Lage sehr blasser, relativ noch grosser Zellen. Erst nach der vierten Häutung verändert sich dies Bild. Eine Schwellung der Hypodermis tritt ein und zwar zuerst im Umkreis der zu äusserst gelegenen, dann auch um die mittlere und zuletzt erst um die innere Borste. Die Schwellung ist schon von der Fläche wahrnehm- bar, deutlicher im optischen Querschnitt, wo man erkennt, dass sie etwa das Sechsfache der normalen Dicke der Hypodermis beträgt. Sehr bald zeigt die verdickte Stelle eine bestimmte Gestalt, sie wird eiförmig und erhält scharfe Ränder, indem sich an ihrem Umfang eine Furche bildet. Diese Furche ist der Anfang einer Einstülpung der Hypodermis, die von nun an stetig zunimmt und die Ursache ist, dass sehr bald die ursprüngliche der Chitindecke anliegende Schwellung zur Kuppe eines Zapfens wird, der aus dem Gentrum einer napfförmigen Einstülpung der Hypodermis aufsteigt. Wie bei einem Vulkan der Kraterrand von dem aus seiner Tiefe hervorgestiegenen secundären Kegel .durch eine tiefe kreisförmige Schlucht getrennt wird, so umgibt hier eine ovale, enge Furche die Kuppe des Zapfens. In der Flächen- ansicht (Taf. I. Fig. 3, A) hat die Neubildung jetzt schon ganz das An- ER Di ee Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 79 sehen eines scheibenförmigen Körpers, bestehend aus einem gleich- mässig aus kleinen Zellen zusammengesetzten Kern (k) (der Fläche der Kuppe) und einer diesen einschliessenden Hülle (hy'), der ringförmig umfassenden Umschlagstelle der Hypodermis (dem Kraterrand). Bei vorsichtigem Senken und Heben des Tubus erkennt man frei- lich recht wohl, was noch leichter im optischen Querschnitt klar wird (Fig. 3, B), dass aus einer Grube der Hypodermis sich ein hohler | Zapfen ausgestülpt hat und dassindem Lumen des Zapfens der Nerv gelegen ist. Der Vorgang lässt sich kurz so bezeichnen: die Hypodermis stülpt sich als eine ringförmige Duplicatur in centri- petaler Richtung über den Nerven hin. Indessen verhält sich der Nerv doch nicht ganz passiv bei dem Neubildungsprocess. Man - bemerkt sehr leicht, dass das Lumen des Zapfens viel weiter ist als dem Querschnitt des Nerven entspricht, es erscheint im Querschnitt als ovale Höhle und enthält nicht blos den Nerven, sondern wird ausgefüllt von einer Zellenmasse, die sich in ihrem Aussehen sehr wesentlich von der der Wandung unterscheidet. Es sind grosse, helle Zellen (zo), mit wasserklarem Inhalt, die dicht zu einer Säule aufeinandergeschichtet sich polygonal abplatten und fast den Eindruck eines Pflanzengewebes machen. Dabei sind sie bedeutend grösser, als die sehr kleinen, rund- lichen Zellen der Wandung, deren homogenes, bläuliches, stark licht- brechendes Protoplasma die Zellengrenzen verwischt erscheinen lässt und dem Ganzen das Ansehen einer compacten Masse gibt. Der Ursprung der Füllungszellen ist denn auch ein durchaus an- derer als der der Wandunsszellen; es lässt sich mit Sicherheit nach- weisen, dass dieselben aus einer Wucherung des Neurilemms hervorgehen. Von dem Moment an, wo eine Nervenstrecke von der Hypodermiseinstülpung umgeben wird, beginnt das Neurilemm mächtig zu schwellen, seine Kerne vermehren sich, Zellenterritorien grenzen sich in dem gemeinschaftlichen Protoplasma um sie ab und bald liegt der Nerv in einer Schicht von Zellen, deren Selbsiständigkeit sich später immer deutlicher herausstellt. Die weitere Entwickelung des Thoracalanhangs geschieht nun so, dass der Zapfen immer mehr in die Länge wächst und sich zum Bein der Mücke ausbildet, während zugleich die grubenförmige Vertiefung der Hypodermis, aus welcher er sich erhebt, an Ausdehnung zunimmt und das Thoracalstück der »Imaginalscheibe« repräsentirt. Das Längenwachsthum des Zapfens geschieht nur kurze Zeit hin- durch in gerader Richtung gegen den Bauchstrang hin; sehr bald ist die Grenze erreicht, welche nach dieser Richtung hin nicht überschrit- s0 Dr. August Weismann, ten wird, und nun kommt die weitere Verlängerung mittelst Aufrollung in eine Spirale zu Stande. Spitze und Basis des Zapfens bilden ge- wissermaassen fixe Puncte, und das dazwischenliegende Stück wächst, indem es sich krümmt. Es bildet sich zuerst eine halbe und sehr bald — lange ehe das Bein seine volle Länge erreicht hat — eine ganze Spiralwindung, die natürlich nicht in einer Ebene re ist, son- dern von innen gegen die Haut emporsteigt. Wie sich dabei der napfförmig eingestülpte Theil der Hypodermis verhält (nach dem oben gebrauchten Bild: die Kraterwand), ist a priori leicht ersichtlich. Je mehr der von ihrem Grund sich ausstülpende Zapfen sich zur Spirale aufrollt, je mehr diese Spirale sich in die Länge dehnt, um so grössere Dimensionen wird sie annehmen, um so flächen- hafter wird sie sich ausbreiten, um so grösser wird die Aehnlichkeit der ganzen Neubildung mit einer Scheibe werden. Um sogleich die Entwickelung der äussern Form des Anhangs zu Ende zu führen, sei kurz erwähnt, dass wenige Tage vor der Verpup- pung die Neubildung ihre definitive Grösse erreicht hat. Das Bein bildet dann eine Spirale von etwas mehr als einer vollen Windung (Taf. II. Fig. 8), sein Anheftungspunct auf dem Thoracalstück ist bedeutend nach hinten gerückt, liegt jetzt dicht neben dem ersten Bauchganglion, nach vorn reicht es fast bis an den Vorderrand des Segmentes, wäh- rend es in der Mittellinie mit dem entsprechenden Anhang der andern Körperhälfte zusammenstösst. Es erscheint dann als ein hohler, dünn- wandiger Schlauch, in dessen Innerm bereits Muskeln, Tracheen, Seh- nen zu erkennen sind.. Die Wandung zeigt undeutlich die ersten An- fänge der Gliederung, und von ihrer Oberfläche hat sich eine dünne, slashelle, etwas runzlige, structurlose Haut abgehoben, diePuppen- scheide. Die ventrale Fläche des Segmentes ist fast vollständig be- deckt von der Neubildung, und demnach also die gesammte Hypodermis zur Bildung des Thoracalstückes herbeigezogen, so dass damit klar wird, dass die Hypodermis der Larve vollständig in die Bildung des Image- thorax aufgeht, dass die drei ersten Segmente derLarvesich direct zum Thorax der Imago umwandeln. Es bleibt nun noch zu entscheiden, wie sich der Nerv während dieses ganzen Entwickelungsganges verhält und weiter, wie und be- sonders aus welchem Baumaterial die Bildung der Gewebe im Innern des Beines zu Stande kommt. Die Corethralarve lässt auch hierüber nicht im Unklaren. Was zu- erst das Verhalten des Nerven betrifft, so steht fest, dass er bis zum Abwerfen der Larvenhaut unausgesetzt in Thätigkeit bleibt; er Die Metamorphose der Coretlira plumicornis. | si versorgt nach wie vor die drei über der Scheibe der Haut eingepflanz- _ ten Tastborsten und nimmt seinen Weg zu ihnen, wie im Anfang der Scheibenbildung, durch die ganze Länge des Beines hindurch. Es lässt sich das nachweisen, nicht sowohl durch Verfolgen seines ganzen Verlaufs im Lumen des Beinschlauchs, als vielmehr durch Con- - trolirung seiner Ein- und Austrittsstelle. Beide bleiben während der - ganzen Entwickelung vollkommen deutlich sichtbar. In jedem Stadium sieht man, wie der Nerv in der Tiefe in das Lumen eintritt, und ebenso leicht gelingt es, ihn an der Spitze des Beines austreten und in drei Zweigen zu den Tastborsten laufen zu sehen. Ich muss hier nachholen, dass nur in der frühesten Zeit der Ent- _ wickelung, so lange das Bein noch ein kurzer, gerader Zapfen ist, die Kuppe desselben direct unter den Tastborsten liegt. In dem Maasse als der Zapfen in die Länge wächst und spiralige Lagerung annimmt, ent- fernen sich beide Theile von einander, die Kuppe verschiebt sich nach hinten und nimmt schliesslich eine Lage ein, die um fast den Durch- messer des Beinschlauchs hinter den Borsten sich befindet (Taf. I. Fig. 7 u. II. Fig. 15). Sobald diese Dislocation beginnt, gewahrt man, wie die Oberfläche der Kuppe sich an drei Stellen in kurze, blasse Zipfel auszieht, welche bis zur Basis der drei Tastborsten hinreichen und um so länger werden, je mehr die Entfernung zwischen beiden Puncten zunimmt. Dies sind die austretenden Nerven. Wenn ich mich nicht getäuscht habe, so bleibt dabei das ursprüng- liche Ganglion am Grunde der Borste erhalten, aber es kommt noch ein zweites hinzu an der Austrittsstelle jeder Nervenfaser aus der Spitze des Beines. Zuerst erscheint dieses letztere in Form einer kernhaltigen Anschwellung der Faser, später aber, gegen Ende der Entwickelung, erkennt man mit aller Sicherheit drei getrennt von einander in oder an _ der Rinde des Beinschlauchs gelegene Ganglienzellen von rundlicher ‚Form, mit deutlichem Kern, von welchen aus der sehr feine, blasse Nervenfaden zur Borste.hinläuft (Taf. I. Fig. 15). Möglich übrigens, dass diese Ganglienzellen die primären sind, welche jetzt nur die Basis ihrer Borsten verlassen haben und der Kuppe des Beines gefolgt sind. Wäre dies der Fall, so würde es zugleich die oben aufgeworfene Frage entscheiden und feststellen, dass in der That von der basalen Ganglien- zelle der Tastborste noch eine Nervenfaserspitze in die Borsten selbst hineinläuft. Die Tastnerven functioniren offenbar bis zum Moment der Ver- puppung, denn wenn bereits die Puppenscheide das Bein umhüllt, sieht man sie noch durch diese hindurch ihren Weg zu der Tastborste nehmen. Um diese Zeit ‚gelingt es auch stellenweise, den Nerv im Innern Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. ; 6 82 Dr. August Weismann, des Beines zu erkennen. Besonders in der Nähe der Spitze desselben E treten blasse, streckenweise mit einem Kern besetzte Fäden im Lumen hervor, die sich durch ihren Zusammenhang mit den Ganglienzellen der Borsten als Nerven manifestiren. In seinem übrigen Verlauf wird der Nerv durch die inzwischen entwickelten Muskeln, Sehnen und Tracheen verdeckt, oder lässt sich doch wenigstens nicht mit Sicherheit von an- dern Strängen unterscheiden (Taf. I. Fig. 7, n’). Was nun die Entstehung der Gewebe im Innern des Beins betrifft, so wird man vielleicht erwarten, dass von den Wan- dungen des Beinschlauchs aus Zellenmassen gegen das Lumen hin wuchern und auf diese Weise das Material liefern zum Aufbau der Muskeln, Sehnen, Tracheen und Nerven. Dem ist indessen nicht so. Von der frühesten Zeit an setzt sich die Wandung scharf ab gegen das Lumen, zeigt überall eine platte, scharfe Begrenzung, nirgends lockere Vorsprünge, deutbar auf sich los- lösende Zellenwucherungen (Fig. 3—7). Als histologisches Bau- material dienen die Wucherungen des Neurilemms, von denen oben schon die Rede war. | Nur in frühester Zeit füllen diese das Lumen des Beins vollständig aus (Fig. 3, A u. 4, zw), später können sie gewissermaassen dem raschen Wachsthum des Beines nicht mehr folgen, trennen sich in ver- schiedene Haufen und liegen nun als locker gehäufte rundliche Gruppen, mehr oder minder das Lumen verengend hier und da der Wandung an (Fig. 7, zw). Wenn das Bein beginnt, sich spiralig aufzurollen, begleiten sie den Nerven noch bis in die Spitze, und umhüllen denselben von seinem Eintritt an als eine faserig aussehende Masse zum grossen Theil spindel- förmig gestalteter Bildungszellen, füllen indessen jetzt schon das Lumen nicht mehr aus, wie der optische Querschnitt lehrt. In diese Zeit muss die Entstehung eines blassen Stranges fallen, der sichtbar wird, sobald sich das Bein etwas mehr in die Länge zieht, und der nichts anderes ist als die Sehne des letzten Tarsalgliedes. Er reicht von der Spitze bis in den mittleren Schenkel des Beines hinein und entspringt dort aus einer jener Gruppen von Bildungszellen, einem länglichen, der äussern Wand anliegenden Haufen (Fig. 7, s u. zw’). Dieser wird später zum Muskel; ähnliche Gruppen kugliger Zellen finden sich noch an andern Stellen im Lumen des Beines, am mächtig- sten im tiefen Theil der Spirale (dem spätern Trochanter und Femur) und zwar immer an ganz bestimmten Stellen, einzelne in nischenartigen Einbuchtungen der Wand, andere stark ins Lumen vorspringend, und Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 83 bei’ allen Individuen der nämlichen Entwickelungsstufe von der gleichen Grösse und der gleichen Form (Fig. 13, zın). Die histologische Differenzirung zum Muskel lässt sich Schritt für Schritt verfolgen. Man sieht zuerst die Oberfläche der Zellenhaufen sich ebnen, wäh- rend zugleich eine regelmässige Anordnung der Zellen eintritt. Die- ‚selben ordnen sich zu Reihen, welche schräg zur Ebene der Wandung stehen und die erste Anlage der Primitivbündel vorstellen; ein jedes "Primitivbündel besteht also anfänglich aus einem Zelleneylinder, wie ich dies früher auch schon angenommen habe, ohne dieses Stadium bei den Muskeln des Beines schon direct beobachtet zu haben. Freilich handelt es sich auch jetzt genau genommen nur um einen Schluss, ‚darauf gegründet, dass kurz vor der reihenweisen Anordnung der Kerne ‚die gesammite Masse noch aus runden Zellen bestand. Nimmt man aber meine früheren Beobachtungen über die Bildung der Flügelmuskeln bei Simulia zu Hülfe, so kann es kaum zweifelhaft erscheinen, dass auch hier einige Zeit hindurch das junge Primitivbündel aus kugligen kleinen Zellen besteht, deren Oberflächenschicht das Sarkolemma abscheidet und deren Protoplasma dann erst zu einer gemeinsamen Grundsubstanz ver$chmilzt. Die weitere Differenzirung geht so vor sich, wie ich es ı früher schon beschrieben habe. Die Kerne ordnen sich zu einer cen- tralen Säule, während die dünne Rindenschicht sich allmählich in quer- I gestreifte contraetile Substanz umsetzt. - Auch die Entstehung der Sehne lässt sich verfolgen. Ueberall bildet sie sich aus einem Strang kugliger Zellen, die verschmelzen und in deren Axe sich sodann ein Chitinstrang ablagert. Besonders hübsch tritt der Vorgang an den Sehnen mit einseitigem Muskelansatz hervor. Hier bleibt bei der Umwandlung des primären ungeordneten Zellenhaufens in cylindrische Zellensäulen eine dünne ‚ Schichte runder Zellen auf der Oberfläche übrig, ohne an der Bildung ‚ der Primitivbündel theilzunehmen und diese ist es, welche nachher zur Sehne zusammenschmilzt. Auch hier lässt sich der Zeitpunct dieser Verschmelzung durch die Beobachtung nicht genau feststellen, doch ist es mehr als wahrschein- lich, dass die Verschmelzung erst nach der Constituirung zum strang- förmigen Gebild& eintritt. Verhält es sich doch so bei den Sehnen und Tracheen des Muscidenembryo, und für die Tracheen lässt es sich auch bei Corethra nachweisen. In der Axe des Beines zieht sich die Anlage des Haupttracheenstämmchens hin, ein aus ziemlich fest aneinander- gepressten Zellen zusammengesetzter Strang, der am Ende der Larven- entwickelung bereits eine elastische Intima einschliesst. 6* 4 Dr. August Weismann, Eine Frage, die ich gänzlich oflen lassen muss, was directe Be- obachtung anbelangt, ist die nach der Bildung der Nerven in dem neu- entstandenen Bein. Ohne Zweifel werden sie sich als Zweige des vor- handenen Nervenstämmchens bilden; trotz der grossen Durchsichtigkeit # der Larve hat mir aber eine Beobachtung dieser Vorgänge nicht gelingen wollen, was bei der Zartheit und geringen Grösse des Objectes nicht sehr befremden kann. F Auf den ersten Blick scheint die Annahme, der durchsetzende Nerv produeire Seitenzweige zur Versorgung der neuentstehenden Gewebe, auf bedeutende theoretische Schwierigkeiten zu stossen, insofern von einem rein sensiblen Nerven Muskeläste ihren Ursprung nehmen müss- ten. Wenn es auch von den Physiologen jetzt erwiesen ist, dass eine Nervenfaser nach beiden Richtungen hin leitend ist und es nur von den Endapparaten abhängt, nach welcher Richtung sie im lebenden Thier factisch leitet, so könnte doch eine Umwandlung einer sensibeln in eine ‚motorische Faser nur dann stattfinden, wenn dieselbe an beiden Enden mit neuen Apparaten in Verbindung gesetzt würde, nicht nur am peripherischen mit dem Muskel, sondern auch am centralen mit einer motorischen Ganglienzelle. Eine solche Veränderung ist aber sehr unwahrscheinlich. > Nur scheinbar haben wir es aber hier mit einem rein sensibeln Nerven zu thun, nur so lange nämlich, als der Beinzapfen noch kurz und nur das letzte Ende des Nervenstämmchens in ihm gelegen ist; später, wo er sich bis dicht vor das Bauchganglion über ihn hinschiebt, werden auch motorische Fasern mit eingeschlossen. Es ist in jüngeren Entwickelungsstadien leicht festzustellen, dass der Stamm des Nerven an der Stelle, wo er sich in die drei Hautnerven theilt, nach aussen hin einen Muskelast abgibt. Dieser muss nothwendig später in das Innere des Beines zu liegen kommen und ihm kann somit die Versorgung der neugebildeten Muskeln mit Nervenästchen zugeschrieben werden. Dass er durch das Drüberhinstülpen des Beines in seiner Thätigkeit nicht behemmt wird, lässt sich mit Sicherheit aus dem Verhalten anderer in ähnlicher Lage befindlicher Nerven schliessen. Ich werde bei der Ent- wickelung der Antennen zu zeigen haben, wie Nerven, auf welche die Neubildung in senkrechter Richtung hinwächst, in ihrer Lage verharren, während die wuchernden Zellenmassen sie umströmen, wie das Wasser eines Flusses ein Ankertau. ' Die Entstehung und Ausbildung der beiden hintern Beinpaare (Taf. I. Fig. I, ums u. umt) fällt in allen wesentlichen Puncten mit der des vordern Paares zusammen. Die Metamorphose der Corethra plumicornis, 85 E Wie dieses durch einen Nerven in Beziehung steht zu dem ersten 5: Bauchganglion , so das mittlere zum zweiten, das hintere zum dritten E ® Ganglion. Auch hier bildet sich die primäre Anschwellung der Hypo- _ dermis im Umkreis einiger Tastborsten. = Auch die dorsalen Anhänge der beiden hintern Thoracalsegmente _ hilden sich auf die gleiche Weise. Die Anlage der Flügel findet sich gerade nach aussen von der Beinanlage desselben Segmentes und zwar ziemlich nahe an derselben. Dass es sich auch hier um eine Ausstülpung handelt, lehrt der op- tische Querschnitt (Fig. 12); ob aber auch ein Nerv das Lumen der- - selben durchsetzt, konnte niemals endgültig entschieden werden; oft - glaubte ich ihn zu erkennen, um später doch wieder an der Beobach- _ tung irre zu werden. Die ungünstige Lage der Neubildung an der , äussern Seite der Beinscheibe, sowie die Nähe der grossen Tracheen- blasen, die sich häufig nach vorn verschieben und dann jede Beobach- tung unmöglich machen, vereitelte stets ein sicheres Resultat. Da in- dessen auf der Oberfläche der Scheibe sich eine Tastborste befindet, so "muss auch ein Nerv zutreten und es bleibt nur zweifelhaft, ob derselbe im Lumen hinläuft, oder — wie dies an andern Orten vorkommt — auf dem kürzesten Weg seinen Endapparat aufsucht und die Wandung des Anhangs durchsetzt. | Ein Unterschied von der Genese der Beine liegt darin, dass die Flügelanlage von Anfang an eine grössere Fläche einnimmt, der Flügel wird von Anfang an grösser angelegt als das Bein. Wenn nun kurz darauf durch Vertiefung der begrenzenden Furche zu einer Duplicatur Anhang und Thoracalstück sich differenziren,, so schnürt sich der Ein- - gang zu ersterem eng zusammen, die Flügelanlage gewinnt dadurch eine von der Zapfenform der ersten Beinanlage schr abweichende Ge- stalt. Sie bildet auf dem Querschnitt ein Dreieck, dessen lange Seite der Chitinhaut anliegt, während die beiden andern sich ihr eng an- schmiegen, und nur ein spaltartiges Lumen von Hammerform zwischen sich frei lassen. Die Wandungen der Ausstülpung besitzen dann die bedeutende Dicke von 0,03 Mm., während die Wand der Hypodermis- tasche, aus deren Grund der Anhang sich erhebt, viel dünner ist. Die weitere Entwickelung beschränkt sich lange Zeit auf ein ein- faches Wachsthum des Anhangs, von welchen zugleich ein immer grösseres Stück der Hypodermis überdeckt und mit zum Thoracalstück herbeigezogen wird. Der Flügel dehnt sich immer weiter nach hinten und gegen den Bauch hin aus, seine Wandung wird immer dünner und 86 | Dr. August Weismann,. EN am Ende der Larvenentwickelung besitzt er bereits die Lage und Ge- stalt, wie er sie im Wesentlichen auch während des Puppenlebens bei- behält. Um diese Zeit bemerkt man, dass das Lumen des Flügels sich stellenweise schliesst durch vorspringende Leisten, welche in radiärer Richtung auf der Innenfläche der Wandung gegen die Spitze hinlaufen und hellere Ganäle zwischen sich frei lassen. Auch quere Leisten zeigen sich — kurz es bilden sich die Flügeladern durch partielle Verwachsung des obern und untern Flügelblattes. Gewebe sind überall in dem Flügel der Insecten nur sehr spärlich vorhanden, hier fehlen sogar (wie übrigens auch bei den Musciden im Imagozustand) die Tracheen gänzlich; die Hohlräume des Flügels sind lediglich mit Blut gefüllt. | Die Anlage der Schwinger findet sich auf dem dritten Körper- segment, am meisten von allen Anhängen der Mittellinie des Rückens .genähert, gerade nach aussen und oben vom dritten Bauchganglion. Theils wegen der Nähe der Tracheenblasen, theils auch wegen der eigenthümlichen Gestalt der Thoracalsegmente, die wohl eine Rücken- oder Bauchlage des Thieres, nur selten aber eine Seitenlage gestattet, sind sie schwierig zu beobachten. Doch konnten die Hauptmomente ihrer Entwickelung trotzdem festgestellt werden. Auch hier ist es der nämliche Process der Aus- stülpung aus dem Centrum einer Hypodermiseinsenkung, welche den Anhang constituirt, auch hier sitzen Tastborsten über der Scheibe, auch hier werden sie von einem Nerven versorgt, der vom dritten Bauch- ganglion kommend durch die Axe des Anhangs hindurchläuft. Einen eigenthümlichen Entwickelungsgang nehmen die dorsalen Anhänge des Prothorax. Sie dienen der Puppe als Respirations- organe und zwar treten sie hier als eine Mittelform auf zwischen ein- fachen Stigmenhörnern, wie sie den Musciden, und zwischen wirklichen Tracheenkiemen, wie sie vielen Tipulidenpuppen zukommen. Die Entstehung des Anhangs zeichnet sich dadurch aus, dass sie unabhängig vom Nervensystem vor sich geht. Die Rolle des Nerven wird hier von einer Trachee übernommen, die übrigens anfänglich auch nur in der Anlage vorhanden ist und erst mit der Kieme zugleich sich ausbildet, um erst mit ihrer Vollendung in Thätigkeit zu treten. Die Kiemen werden um ein weniges später angelegt, als die übri- gen Thoracalanhänge, ihr Entstehen zeigt sich an durch eine Schwel- Die Metamorphose der Corethra plumicornis. | 87 lung der Hypodermis an einer umschriebenen Stelle auf dem Rücken F des ersten Segmentes. Nach vorn grenzt sich dieselbe sehr bald durch # einen freien halbkreisförmigen Rand ab (Fig. 9, b, stk), während sie nach hinten ohne scharfe Grenze in die normale Hypodermis übergeht. Dies Bild der Flächenansicht wird erst verständlich durch die Betrach- tung des optischen Querschnittes (Fig. 9, a). Man erkennt dann eine ‚sehr dickwandige Ausstülpung, welche nicht, wie sonst in so frühem Stadium, sich senkrecht gegen die Haut erhebt, sondern welche sich schräg nach vorn über die Hypodermis hinlagert. Die erwähnte feine Trachee, noch luftleer und mit äusserst feiner Intima, zieht senkrecht gegen die Haut und senkt sich in die Hypodermis ein, gerade hinter der Basis der Kiemenfalte. Die Ausstülpung besitzt zwar anfänglich ein enges Lumen (!), allein . dasselbe vergrössert sich nicht während des weitern Wachsthums, und der Anhang erscheint daher sehr bald als ein solider Zapfen von coni- scher Gestalt, gebildet zum grössten Theil durch die excessive Wucher- ung seiner ursprünglich äussern Wand, und eine Höhlung wird dann erst secundär durch innere Spaltung erzeugt. Diese Spaltung ist eine doppelte, indem sich einmal eine peripherische Schicht als Mantel ab- trennt und dann in der Axe ein centraler Canal entsteht. Der Vorgang lässt sich interessanterweise direct beobachten. Man sieht zuerst eine Linie parallel dem Rande des soliden Zellenzapfens hin- ziehen, anfänglich nur schwach angedeutet, allmählich tiefer greifend und breiter. Sie zeigt keinen reinen Strich, sondern nimmt sich aus wie eine von zitteriger Hand gezogene Bleistiftlinie, verläuft in kleinen zickzackförmigen Ausweichungen, vergleichbar etwa einer Schädelnaht;; es ist, als ob die Zellenmasse von beiden Seiten her auseinandergezogen würde und nun je nach dem festeren oder lockerern Zusammenhang die eine Zelle diesseits, die andere jenseits der Spalte haften bliebe. Bald glätten sich indessen die Ränder, die Spalte erweitert sich und trennt nun die äussere Zellenschicht als selbstständigen Mantel ab, der nur an der Spitze mit dem von ihm eingeschlossenen kolbigen Kern in Verbindung steht. Jetzt erst tritt auch in der Axe der Neubildung, die zugleich Axe des Kerns ist, eine Längsspalte auf, die sich bald erweitert und nach hintenhin fortsetzt bis zu der oben erwähnten in der Hypodernis endi- genden feinen Trachee.. Diese Spalte wird später zum Stiel der Kieme, durch welchen sie mit der erwähnten Trachee, und durch diese mit dem gesammten Tracheensystem zusammenhängt (Fig. 10). Sie bleibt anfänglich noch fein, während die Axenspalte in der Kieme selbst sich 88, Dr, August Weismann, rasch erweitert und bald eine geräumige Höhlung darstellt, mit deren Anwachsen eine Verdünnung der Wand parallel geht. Am Schluss der Larvenentwickelung bildet das Lumen den grössten Theil des Organs, die Wandung ist zur dünnen Membran geworden (Fig. 41, Au. B), zwischen deren Elementen sich mächtige, braune Chitinstäbe einge- lagert finden, und auf welcher nach aussen, scheinbar mit ihr ver- wachsen, in der That aber noch wie früher durch einen mit Flüssigkeit gefüllten Zwischenraum getrennt, der ebenfalls äusserst verdünnte Mantel liegt (Fig. 11, C). Auch auf der Oberfläche des Mantels bildet sich eine zarte Guticula, deren stabförmige Verdickungen an den Zellen- grenzen ein zierliches Netzwerk sechsseitiger Maschenräume hervorruft. Doch ist dies fast farblos und nur bei starker Vergrösserung sichtbar; das ohne Weiteres in die Augen springende polygonale Netzwerk (Fig. 11, A u. B) rührt von den viel mächtigeren Chitinstäben der eigentlichen Kiemenwand her und zeichnet sich noch durch gerade, starre Borsten aus, welche von seinen Knotenpuncten entspringen und frei ins Lumen der Kieme hineinragen (Fig. 11, C, b). Auch auf der Aussenfläche der Kiemenwand liegt eine Chitinschichte, so dass also drei Guticularmembranen das Lumen umgeben. Die Kiemen besitzen jetzt eine spindelförmige Gestalt, sind von bedeutender Grösse und liegen so unter der Chitindecke der Larve, dass sie ihre Spitzen nach vorn und abwärts richten und auf der Bauchfläche den Vorderrand des ersten Segmentes erreichen (Fig. 8). Aus dieser Darstellung erkennt man leicht, dass die Unterschiede von der Bildungsweise der übrigen Thoraxanhänge, die auf den ersten Blick so wesentlich aussehen, in der That nur scheinbare sind. Denn offenbar gehen hier zwei Vorgänge gleichzeitig nebeneinander her, die Bildung einer Ausstülpung der Hypodermis (eines Segmentanhangs) und die Bildung einer Kieme im Innern dieser Ausstülpung. Letzteres geschieht durch Wucherung der Peritonealhaut einer Trachee, geht also so vor sich, wie eine jede Neu- bildung am Tracheensystem. Nun geschieht aber beides, die Ausstülpung der Hypodermis und die Wucherung der Peritonealhaut, gleichzeitig, beide bilden zusammen eine einzige Zellenmasse, wie ja schon vor Beginn der Neubildung an der Stelle, wo Tracheenanlage und Hypodermis sich berührten, beide in Continuität standen. Es bildet sich also anfänglich eine gemeinsame Zellenwucherung, die theilweise der Hypodermis, theilweise der Peri- tonealhaut angehört, erst später aber sich voneinander trennt. Die Kiemenanlage füllt gewissermaassen anfänglich das Lumen der sich bil- denden Hypodermisausstülpung vollkommen an, und es kann durchaus nicht Wunder nehmen, dass’ das Lumen in der Axe der Neubildung Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 89 nicht schon von vornherein auftritt, da es bei allen Tracheenröhren erst secundär entsteht. Es sei schliesslich noch erwähnt, dass die Bildung der Thorax- anhänge bei andern im Wasser lebenden Tipuliden nach demselben Typus vor sich geht. Bei Chironomus und Simulia entsteht die primi- tive Anschwellung der Hypodermis um das Endganglion eines Haut- nerven, und nur bei dem dorsalen Anhang des Prothorax um ein in der Haut endigendes, hier aber (bei Simulia) auch die Ghitindecke perfori- rendes feines Tracheenästchen. Auch die Tastborsten auf den Hautganglien sind keine Eigenthümlichkeit der Gorethra- larve, sie finden sich auch hei Ghironomus und Simulia, nur ent- behren sie hier der Fiederung und sind viel kürzer. 2. Kopf der Imago. Bei den Musciden steht der Kopf der Fliege mit seinen Anhängen in keinem genetischen Zusammenhang mit dem Kopfsegment der Larve; er entwickelt sich unabhängig von diesem aus zwei schon im Embryo angelegten scheibenförmigen Zellenhaufen, welche mittelst eines kurzen Nervenstammes dem Gehirn aufsitzen. Erst nach der Verpuppung ver- schmelzen diese zu einer gemeinsamen Kopfblase, die aber dann noch im Innern des neugebildeten Thorax liegt und erst am dritten Tag durch die Gontraction des Abdomen nach vorn geschoben wird. Die Bildung des Kopfes bei Corethra hat mit diesen Vorgängen kaum irgend eine Aehnlichkeit; der Kopf entsteht hier direct aus dem - Kopf der Larve, und die Anhänge entwickeln sich als Hypodermisaus- stülpungen im Wesentlichen ganz so, wie die Anhänge des Thorax. Sehr interessant für die morphologische Deutung der Kopfanhänge der Imagines erscheint dabei der Umstand, dass sich dieselben stets in engem Anschluss an die Anhänge des Larvenkopfes bilden, und selbst, wenn diese verkümmert sind, doch aus den Rudimenten derselben sich herausentwickeln. Es ist damit die morphologische Gleichwerthigkeit der einzelnen Theile des Mückenrüssels mit den typischen Mundtheilen der Larve factisch erwiesen. Betrachten wir zuerst die Bildung der Antennen, so bemerkt man in allen ältern Larven sehr leicht deren Anlage. Dicht vor dem Hirn liegt eine fast kuglig scheinende, blasse Zellenmasse, die in der Ansicht von oben als eine senkrecht gestellte dicke Scheibe sich aus- weist, und an diese schliesst sich gerade nach vorn laufend ein dünn- 90 Dr. August Weismann, wandiger Schlauch, der unter allmählicher Verjüngung bis in den Grund der Larvenantennen hineinragt (Taf. III. Fig. 17, at‘). Genauere Betrachtung lehrt, dass der Schlauch aus der Mitte der äussern Fläche der Basalscheibe entspringt und dass sein Lumen un- mittelbar hervorgeht aus einer geräumigen centralen Höhlung dieser Scheibe. Die Wandungen beider Theile bestehen aus sehr kleinen, blassen , bläulich schimmernden Zellen, wie wir sie schon bei den in der Bildung begriffenen Thoracalänhängen kennen gelernt haben; im Schlauch liegen sie ohne bestimmte Anordnung, in der Basalscheibe aber bilden sie eine äussere, dünnere und eine innere radiär gestreifte dickere Schicht. F Im Lumen des Schlauches verläuft ein blasser Strang, der vom Gehirn herkommt und durch einen offenen Canal der Wandung in die Basalscheibe eintritt. Die Spitze des Schlauches durchbohrt er, um frei die Antenne zu durchziehen und am Grund der Fangborsten mit einem Ganglion zu enden; der Strangistalso der Antennennerv der Larve (Fig. 17, nat). Ausser diesem wird die Basalscheibe noch von oben und hinten her von einem blassen Strang durchsetzt. Im Lumen des Schlauches findet sich eine lockere, zellige Füllungsmasse, manchmal stärker, manchmal schwächer entwickelt, und bei starker Vergrösserung zeigt sich eine sehr dünne, anscheinend structurlose Haut, welche das ganze Gebilde als Hülle umgibt. Ich gestehe, dass ich beim ersten Anblick dieser Bildung nicht so- gleich im Klaren über ihre Bedeutung war; besonders schien mir die fast kuglige, mit dem Gehirn durch einen Nerven verbundene und mit auffallender radiärer Streifung versehene Basalscheibe als Anlage des facettirten Auges gelten zu können. Sie ist indessen nichts anderes als das sehr auffallend grosse, scheibenförmige Basalglied der Gorethra- fühler, während in dem Schlauch die übrigen Glieder desselben po- tentia enthalten sind. Die Entstehung der Fühleranlage fällt in die Zeit zwischen vierter Häutung und Verpuppung und geschieht durch Duplicaturbildung der Hypodermis von der Spitze des Stirnfortsatzes aus. Trotz nicht zu verkennender Aehnlichkeit zwischen diesem Vor- gang und der bei jeder Häutung sich erneuernden Bildung der Larven- antennen zeigen sich doch sehr wesentliche Verschiedenheiten, wie schon aus der einfachen Thatsache hervorgeht, dass hier der hinterste Theil der Einstülpung nicht zur Antennenspitze wie dort, sondern zu deren Basalglied, eben jenem grossen, scheibenförmigen wird, sowie ferner daraus, dass es sich hier nicht nur um eine einfache Erweiterung Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 91 und Verlängerung eines einmal vorhandenen Hypodermisschlauchs han- delt, sondern um die Bildung eines ganz neuen Organs, mit neuen Muskeln, Sehnen, Nerven und Tracheen. Kurz nach der vierten Häutung bemerkt man eine ringförmige wulstige Wucherung der Hypodermis rund um die Spitze des Stirn- fortsatzes herum, welche sehr bald sich als eine Duplicatur zu erkennen gibt (Taf. III. Fig. 18). Es entsteht ein nach vorn und hinten offener eylindrischer Schlauch mit doppelten Wänden, der den Antennennerv in sich einschliesst. An der untern Wand sind die beiden Blätter der Duplicatur von Anfang an deutlich, an der obern treten sie erst später klar hervor, indem das äussere Blatt sich nicht sogleich lostrennt von der dicht darüberliegenden normalen Hypodermis des Stirnfortsatzes. Später erst erfolgt die Trennung durch Bildung einer Längsspalte, allein auch dann nicht vollständig, sondern so, dass an dem hintern Rand der Einstülpung, also an der Uebergangsstelle des äussern in das innere Blatt eine Verbindung mit der Hypodermis des Stirnfortsatzes in Gestalt eines Bandes bestehen bleibt. Ich bezeichne dasselbe, der eigenthüm- lichen Rolle halber, die es bei dem Bildungsprocess der Antennen spielt, als Gubernaculum (gb) der Antenne. Seine Function lässt sich der des Gubernaculum testis beim Menschen vergleichen, nur dass dort durch eine Verkürzung des leitenden Bandes das Herabsteigen des Hodens in den Leistencanal bewirkt wird, hier aber das Band, ohne sich zu ver- kürzen, selbst beweglich ist und langsam nach hinten fortrückend der in derselben Richtung vorwachsenden Antennenanlage den Weg zeigt (Taf. III. Fig. 19, gb). Während der Antennenschlauch in die Länge wächst, macht sich sehr bald ein bedeutender Unterschied zwischen dem innern und äussern Blatt bemerklich. Letzteres wird immer dünner, es scheint fast nur mechanisch in die Länge gezogen zu werden, ohne noch activ zu wachsen, während das innere Blatt dick bleibt und seine der Umschlag- stelle zunächstliegende Parthie sogar bedeutend anschwillt und einen ringförmigen Wulst gerade an dem Ansatzpunct des Gubernaculum darstellt. Wie die weitere Entwickelung lehrt, entsteht aus dem innern Blatt die Antenne selbst, aus seiner Anschwellung das Basalglied derselben, während das äussere Blatt an der Bildung der Antenne selbst gar keinen Antheil nimmt, sondern lediglich dazu bestimmt ist, die düune, einer structurlosen Haut fast ähnliche, aber mit zerstreuten Kernen besetzte Hülle der Antennenanlage zu bilden. Die Verdickung des innern Blattes zur Basalscheibe geschieht der- art, dass die Ebene der Scheibe nicht senkrecht auf den Schlauch zu 92 Dr. August Weismann, stehen kommt, sondern schräg; wie oben erwähnt zieht ein Stück des Schlauches noch über die äussere Fläche der Scheibe hin, um sich in ihrem Gentrum zu inseriren, und die frühere hintere Oeffnung kommt auf die innere Fläche zu liegen und verengt sich zugleich sehr bedeu- tend, so dass nur ein enger Canal offen bleibt zum Durchtritt des Nerven (Taf. IV. Fig. 27). So verhält es sich schon, wenn das Basalglied in der Mitte zwischen der Spitze des Stirnfortsatzes und dem Gehirn angekommen ist. Das Wachsthum der Neubildung geht übrigens nicht sehr rasch vor sich; bei einer meiner Larven vergingen von dem Beginn der Dupli- caturbildung bis zur Ankunft der Basalscheibe vor dem Gehirn volle elf Tage, ein Zeitraum, welcher genügt zum Ablauf der drei ersten Häu- tungen der Larve. Sobald die Antennenanlage ihre definitive Stellung eingenommen hat, lässt sich das kurz vorher noch ziemlich mächtige Gubernaculum nicht mehr erkennen, was theils von einer Schrumpfung desselben, theils wohl auch von seiner Lage dicht vor den von gelben Pigment- zellen umgebenen Levatores pharyngis herrührt; dagegen bemerkt man jetzt ausser der sehr verengten, unten und innen gelegenen Eintritts- stelle des Antennennerven noch einen zweiten Ganal, der schräg nach hinten und oben die Basalscheibe durchsetzt. Dieser ist nichts anderes als ein Hautast des Antennennerven, der von der wuchernden Neu- bildung theilweise eingeschlossen wurde, ohne aber dadurch in seinem Verlauf irgend beeinträchtigt zu werden (vgl. Fig. 17 u. 27). Er ist auch keineswegs der einzige Nerv, der den Antennenschlauch durchsetzt, sondern alle jene kleinen Hautäste, welche von ihm aus- gehen, erleiden dasselbe Schicksal, sie werden von der wie ein Lava- strom langsam sich vorwärts, wälzenden weichen Zellenmasse einge- schlossen. So z. B. der kurze Hautzweig, welcher dicht hinter der Spitze des Stirnfortsatzes vom Stamm abgeht und zu einer kleinen auf dem Gelenkhöcker eingepflanzten Tastborste (Taf. II. Fig. 48, tb) hin- läuft. Ich habe noch anzugeben, in welcher Weise der nach vorn offene Antennenschlauch zu einer Spitze geschlossen wird. Es geschieht dies dadurch, dass sich die Hypodermis der Larvenantenne von der Chitin- haut loslöst und langsam über den Nerven nach hinten zurückzieht. Da dieselbe die directe Fortsetzung des innern Blattes der Duplicatur ist, so bildet sie also jetzt die Spitze der aus dem innern Blatt hervor- gegangenen Imagoantenne. Ganz wie bei den Larvenhäutungen, so bleibt auch hier der Antennennerv thätig bis zur Verpuppung, er endet Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 93 wie vorher mit dem Ganglion an der Basis der Fangborsten (Taf. V. Fig. 33, nat). Das histologische Material zur Bildung der Muskeln, Tracheen ete. im Innern der neugebildeten Imagoantenne wird vom Neurilemm des Nerven geliefert, die ersten Stadien des Wucherungsprocesses lassen sich hier noch schöner verfolgen, als in den Anhängen des Thorax, es - lässt sich vollständig sicherstellen, dass keine Zellenwucherungen von der Wand ausgehen. Man beobachtet direct, wie schon in den jüngsten Stadien, wenn eben ein Stück des Nerven von der Einstülpung überzogen wurde, so- fort. das Neurilemm dieser Nervenstrecke anschwillt, seine Kerne sich vermehren und zu mehr oder weniger spindelförmigen Zellen sich um- wandeln, welche bald das Lumen zum grossen Theil anfüllen (Taf. 111. Fig. 18). Später gruppiren sie sich dann, ähnlich wie in dem Bein, an bestimmten Stellen der Wandung, oder bilden Längsstränge, Ersteres wohl hauptsächlich Muskelanlagen, Letzteres Tracheen (Taf. IV. Fig. 27). Die histologische Differenzirung wurde hier nicht ins Einzelne verfolgt. Die Entstehung der Mundtheile der Mücke kommt zum Theil einfach dadurch zu Stande, dass kurz vor dem Abwerfen der Larvenhaut die Hypodermis der entsprechenden Mundtheile sich von der Chitindecke loslöst und nun gewissermaassen einem Verdichtungs- process unterliegt, dessen Resultat eine bedeutende mit Gestaltverän- derung verbundene Schrumpfung ist. So geschieht es mit den Man- dibeln und der Oberlippe. | Zum andern Theil aber bedarf es einer völligen Neubildung, so bei den Maxillen und der Unterlippe, und dann geschieht dieselbe nach dem Modus, nach welchem sich die Anhänge des Thorax bilden. Von den Maxillen selbst ist wenig zu sagen, da sie wie in der Larve, so auch in der Mücke nur in verkümmertem Zustand vorhanden sind, dort als ein den Mundeingang seitlich begrenzender unbeweglicher Wall, hier als Verbindungsstück zwischen Unter- und Oberlippe und als Träger der Taster. - Diese Letzteren nun entstehen in den als Maxillartaster gedeuteten Theilen der Larve, jenem eingliederigen Anhang, der unmittelbar hinter den Mandibeln der Aussenfläche der Maxillen ansitzt (Taf. V. Fig. 31 u. 32, ma). In diesem Taster läuft ein Nerv, der vermuthlich vom ‚ untern Schlundganglion herkommt und an der Basis der einfachen End- ‚ borste mit einem Ganglion endigt. Ungefähr gleichzeitig mit der Bildung der Antennen beginnt die 94 Dr. August Weismann, Hypodermis an der Basis der Larventaster sich zu einer Duplicatur zu erheben, die nach rück wärts in die Kopfhöhle hineinwächst, indem sie sich über den Tasternerven hinstülpt. Ganz wie bei den Antennen steht demnach das innere Blatt dieser Ringfalte mit der Hypodermis des Tasters in Gontinuität, das äussere mit der der Maxille; ganz wie dort schwillt das innere mächtig an, während das äussere dünner bleibt. Durch Anschwellung der hintern Parthie nimmt die Neubildung schliess- lich die Gestalt einer Birne an, deren Stiel — die Spitze des Tasters — fast im rechten Winkel gegen den Körper geknickt ist (Fig. 31 u. 32, 2). Erst nach der Verpuppung wächst der Schlauch in die Länge und schnürt sich in vier Glieder ab (Fig. 34, t). Auch zur Bildung der Unterlippe erhebt sich die Hypodermis im Umkreis der Larvenunterlippe zu einer ringförmigen, nach rückwärts wuchernden Duplicatur, und zwar geschieht dies von jeder Hälfte der Unterlippe selbstständig, so zwar, dass zwei cylindrische Schläuche entstehen, die nur in der Medianlinie durch ihre äussere Wand zu- sammenhängen. Man kann auch sagen: es”bildet sich eine taschen- föormige, tiefe Einsenkung der Hypodermis und gleichzeitig eine dop- pelte Ausstülpung aus dem Grunde derselben. Die Spitze der Neubildung des Rüssels ist demnach nicht gegen die Leibeshöhle gekehrt, sondern liegt, ganz wie bei dem Maxillartaster und den Beinen, unmittelbar unter der Chitindecke, ein Verhalten, worauf besonders hinzuweisen nicht überflüssig ist, da die Gestalt der Neubildung sehr leicht zu anderer Auffassung verleiten kann (Taf. V. Fig. 31 u. 32). In Ventralansicht unterscheidet man leicht eine oberflächlich ge- legene und eine tiefe Zellenmasse. Die erstere (Fig. 3! u. 32, h) be- steht aus zwei halbkugligen, symmetrisch an den Seiten gelegenen Theilen und aus einem medianen, dünneren Verbindungsstück. Ich halte dies für die Anlage des Haustellum, welches noch in der Fliege aus seitlichen Lappen und einem Mittelstück besteht. Die tiefe Zellen- masse besitzt zusammengenommen etwa die Figur eines Kartenherzens ohne Spitze (hy’). Man unterscheidet ein dünnes äusseres Blatt, wel- ches in der Mittellinie zusammenhängt, und ein viel dickeres inneres, welches sich in Gestalt zweier selbstständiger hohler Gylinder vom Boden des äussern Blattes nach vorn erhebt und nichts anderes ist, als der Stamm des Rüssels. Die beiden Gylinder setzen sich nach vorn in die Anlage des Haustellum fort und werden in späterer Zeit zu einem gemeinsamen Stamm verschmolzen. Auch hier steht die Neubildung mit einem Nerven in Beziehung; durch die Ausstülpungsstelle tritt ein Nervenstämmchen (n) ein, welches vom untern Schlundganglion her zu Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 95 den Tastgriffeln der Unterlippe hinzieht. In der Ventralansicht ist es schwer, über der Anlage des Haustellum ein äusseres Blatt zu erkennen; sehr wohl aber gelingt dies in der Profilansicht, wo man zugleich be- merkt, dass der Stamm der sich bildenden Unterlippe eine fast birn- förmige Gestalt hat, hinten also an seiner Basis am dicksten, nach vorn dünner ist. Auch hier kommt die Bildung von Muskeln, Tracheen ete. im Innern des neuen Organs durch Zellenwucherungen zu Stande, welche vom Neürilemm des eintretenden Nerven ausgehen. Das zusammengesetzte Auge der Mücke ist, wie oben be- reits erwähnt wurde, nichts anderes als das Hauptauge der Larve, wel- I ches mit ganz geringen Veränderungen in die Imago übergeht, ein Vor- kommen, welches wohl ohne Analogon bei den metabolischen Insecten sein möchte. Die Augen der Larve entbehren einer besondern Horn- haut, die Krystallkegel werden von den gewöhnlichen Hautschichten ‚ bedeckt. Die stark gewölbten Facetten der Imagocornea entstehen offenbar auf dieselbe Weise wie der gesammte Chitinpanzer des In- sects, d. h. sie werden von den Zellen der Hypodermis ausgeschieden, ganz wie dies auch bei Musca der Fall ist. 3. Hinterleib der Imago. Im Ganzen ist die Bildung des Mückenabdomens ein äusserst ein- facher Vorgang: die betreffenden Segmente der Larve scheiden wie ‚bei jeder Larvenhäutung eine neue Chitinschicht auf ihrer Oberfläche aus und wandeln sich ganz direct in die Hinterleibsringe der Puppe, und bei abermaliger Häutung in die der Imago um. Es finden sich in- dessen auch Fortsätze am Abdomen der Puppe und Imago, deren Bil- dungsweise eine kurze Betrachtung verdient, und ausserdem zeigen sich ganz eigenthümliche Veränderungen der Hypodermislage sämmt- licher Abdominalsegmente und auch diese verlangen ein näheres Ein- gehen. Zunächst von den Fortsätzen, welche an Abdominalsegmenten vorkommen. Bei der Puppe finden sich deren zwei Paare, bei der Imago nur eines, beide sitzen dem hinteren Körperende an. Von allen Beobachtern wird des eigenthümlichen, der Flosse eines _ Krebsschwanzes nicht unähnlichen Ruders gedacht, welches das hintere ‚ Körperende der Puppe auszeichnet (Taf. I. Fig. 2). Die Beobachtung 96 Dr. August Weismann, lehrt, dass dasselbe schon in früher Zeit in der Larve angelegt wird, nämlich kurz nach der vierten Häutung, dass es also gleichzeitig mit den Anhängen des Thorax entsteht und mit ihnen gleiche Bildungs- geschichte besitzt. Es ist wie jene eine paarige Ausstülpung der Hy- podermis, die dem Rückentheil des vorletzten Larvensegmentes an- gehört. Die beiden Flossen müssen als die dorsalen Anhänge des Segmentes betrachtet werden, ein directer Beweis dass bei den Insecten nicht nur die Thoracalsegmente Rückengliedmaassen hervorzubringen im Stande sind. Ihre Entstehung beginnt mit einer Schwellung der Hypodermis im Umkreis einer Tastborste, welche auf dem Rücken des vorletzten (elften) Segmentes, ziemlich entfernt von der Mittellinie eingepflanzt ist und zu welcher ein Nerv aus dem letzten Bauchganglion hinzieht. Die Anschwellung ist zuerst ringförmig, eine ziemlich dicke, flache Scheibe, sodann aber wächst sie, indem sie zugleich zur Ausstülpung wird, besonders in der Richtung nach vorn und gegen die Mittellinie hin, und stellt bald einen breiten, dreieckigen Lappen dar, dessen Basis nach vorn, dessen Spitze nach hinten gerichtet ist. Von einer die Aus- stülpung begleitenden Einsenkung der Hypodermis kann hier kaum die Rede sein, da die Ausstülpung von Anfang an sehr glatt ist und ihre dünnen Wandungen dicht aufeinander liegen, sie also nur um We- niges die darunter liegende Hypodermisschicht von der Ghitindecke wegdrängt. | Später verwachsen die beiden Blätter vollständig miteinander, es bilden sich in jeder der beiden Flossen drei starke Rippen, ähnlich den Flügelrippen, von denen zwei den Rand einnehmen, die dritte dieFlosse halbirt, und beim Abwerfen der Larvenhaut braucht dann der neu- gebildete Anhang blos nach hinten umzuklappen, um das Steuerruder der Puppe herzustellen. Dass diese Anhänge nicht in den Imagozustand mit herüber ge- nommen werden, bedarf kaum der Erwähnung. Anders aber verhält es sich in dieser Hinsicht mit dem zweiten Paar von Anhängen, welche das Hinterende der Puppe auszeichnen. i Zwischen den beiden Flossen des Steuerruders sitzen paarige schmaleBlättchen, welche mit ihrem inneren geraden Rande sich in der Mittellinie berühren (Fig. 2). Bei der männlichen Puppe sind sie lan- zettlich und enden mit scharfer Spitze , bei der weiblichen zeigen sie sich kürzer, breiter und an der Spitze abgerundet. Leider hat sich meine Aufmerksamkeit der Entstehungsgeschichte dieser Theile erst dann zugewandt, als das Beobachtungsmaterial anfing auszugehen, dieselbe ist daher unvollkommener geblieben, als es wün- Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 97 schenswerth wäre. ‘Dennoch glaube ich den Punct, auf welchen es hier vor Allem ankommt, mit Sicherheit entscheiden zu können und festzustellen , dass diese lanzettlichen Blättchen nicht etwa Reste des zwölften Segmentes sind, sondern Anhänge des elften, und zwar ventrale. Ganz abgesehen von ihrer Gestalt und Anheftungsweise spricht für diese Auffassung ihre Entstehung als Ausstülpungen der Hypodermis. An der Bauchseite des vorletzten Segmentes, gerade vor der Wur- zel des Larvensteuers bemerkt man bei ausgewachsenen Larven zu beiden Seiten der Mittellinie helle, seitlich in Zipfel ausgezogene,, dick- wandige Schläuche, die in Aussehen und kleinzelliger Zusammensetzung ganz an die übrigen in der Bildung begriffenen Anhänge erinnern. Wenn ihre Identität mit den lanzettlichen Anhängen der Puppe auch nicht direet beobachtet wurde, so kann es doch kaum zweifelhaft schei- nen, dass sie sich zu denselben entwickeln, da sowohl ihre Lage genau passt, als auch anderweitige Anhänge, in die sie sich etwa umwandeln könnten, fehlen. In den lanzettlichen Blättchen der Puppe entwickeln sich die äus- seren Geschlechtstheile der Gorethramücke, die sogenannte Genital- bewafinung (»armuregenitale, Lacaze-Durtniers), und zwar beim Männ- chen zweigliederige Zangen, beim Weibchen blattförmige Organe, die vermuthlich bei der Eierablage thätig sind. Auch diese Theile sind so- mit als Ventralanhänge des dem elften Larvensegment entsprechenden achten Abdominalsegmentes zu betrachten. Das hätte, nichts Auffallendes, wenn nicht seit den vortrefflichen Arbeiten von Lacaze-Duruiers sich wunderbarerweise die Ansicht ver- breitet hätte, als seien die verschiedenartigen Gebilde, welche als Zan- gen, Een Giftstachel etc. die Genitalbewaffnung der Insecten ausmachen, nicht als Anhänge, sondern als modificirte Segme nte anzusehen. Auch ich theilte früher diese Ansicht, durch unsere Handbücher verführt, bis mich vorstehende Beobachtungen an Corethra lehrten, dass dem ER so ist, dass auch typische Anhänge in die. Bildung Maler Theile eingehen ERLEN. LacAzE wusste dies übrigens sehr gut und betonte es ganz aus- drücklich. Nach seiner Ansicht wird die Genitalbewaffnung in ihrer vollendetsten (d. h. complicirtesten) Form durch vollständige Zooniten gebildet, d. h. aus einem mit dorsalen und ventralen Anhängen ver- sehenen Segment (— »les zoonites des Articul6s se composent de pieces fondamentales et d’appendices« S. 225). Zum Ueberfluss vergleicht er noch die Nadel des Legeböhrers mit den Flügeln der Thoracalsegmente, ‚die Stachelscheiden mit den Beinen derselben und zeigt dann weiter, Zeitschr, f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. F; 98 Dr, August Weismann, wie zwisehen dieser complieirtesten Form des Genitalapparates und der einfachsten, nur aus einem Tergal- und Sternalstück bestehenden eine Menge von Uebergangsformen sich vorfinden »oü l’on voit successive- ment disparaitre les pieces secondaires, laterales, appendiculaires « (S. 227). Von den zehn Stücken, welche den complieirten Apparat zusammensetzen und von welchen sechs dem Segment angehören, vier die Anhänge repräsentiren, schwindet eines nach dem andern, bis schliesslich nur noch zwei übrig bleiben. Lacaze-Duruiers gründete bekanntlich die morphologische Deutung dieser einzelnen Stücke nur auf die Vergleichung des Apparates bei einer grossen Reihe von Insec- ten, er führte nicht etwa direct auf genetischem Wege den Nachweis, dass gewisse Segmente der Larve sich später in die Genitalbewaffnung umwandeln. Inden meisten Fällen wird dies auch gar nicht möglich sein, wie mir selbst früher ein derartiger Versuch misslungen ist. Bei den Musciden, deren Legröhre unzweifelhaft aus einer Anzahl von Ab- dominalsegmenten zusammengesetzt wird, findet kein direeter Ueber- gang der Larvensegmente in die der Imago statt, sondern letztere sind Neubildungen. Um so interessanter schien mir der eben geschilderte Ursprung der Genitalbewaffnung bei Corethra. Es folgt übrigens aus dieser Ursprungsweise noch eine andere nicht ganz unwichtige Thatsache, dass nämlich der Hinterleib der Co- rethra nur aus acht Segmenten besteht und sich auf keine Weise die als normal betrachteten elf herausrechnen lassen. Auch hierin scheint LacazeE Recht zu haben, wenn er zwar die höchste vorkommende Seg- mentezahl elf als die ursprüngliche annimmt, aber einfach zugiebt, dass ein Schwinden bis auf acht Segmente vorkommt (S. 229). Was nun die oben erwähnten auffallenden Veränderungen an der Hypodermis sämmtlicher Abdominalsegmente betrifft, so bestehen die- selben in einer sehr bedeutenden Verdickung der sonst in ein- facher Lage vorhandenen Zellenschicht. Dieselbe beginnt manchmal erst zwei Tage vor der Verpuppung, oft aber auch viel früher, und zeigt sich anfänglich als eine gleichmässige Lage von etwa 0,025 Mm. Dicke. Sie beschränkt sich nicht auf einzelne Stellen, sondern bildet sich im ganzen Umfang des Segmentes, um nur gegen den vorderen und hin- terenRand abzuschwellen und auf der Verbindungshaut zwischen zwei Segmenten in normale Hypodermis überzugehen. In den meisten Fällen bleibt es nicht bei dieser gleichmässigen Ver- diekung, sondern es entstehen unregelmässige Wucherungen,, dicke, conische Zapfen, oder warzenförmige Vorsprünge, oder gestielte Kolben oder auch kürzere, zinnenartige Fortsätze, welche alle frei in die Leibes-- Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 99 höhle hineinhängen und alle aus denselben Zellen bestehen, aus welchen auch die normale Hypodermis (Taf. II. Fig. 16) besteht. Es fragt sich, was diese Bildungen von so seltsamem Aussehen bedeuten. Ich muss gestehen, dass mein erster Gedanke auf Neubildung von Muskeln gerichtet war; es zeigte sich aber bald, dass Muskeln über- haupt nur sehr wenige neu entstehen und diese wenigen nach einem ganz anderen Modus. Die Wucherungen sind nichts anderes als die Vorbereitung zur Bildung der Haareiund Borsten, welche den Körper der Mücke dicht überziehen, während sie bei Puppe und Larve, die we- nigen zerstreuten Tastborsten abgerechnet, ganz fehlen. Bei den Di- pteren, wie nach Semper bei den Schmetterlingen, sind die Borsten, Haare und Schuppen der Körperoberfläche Zellenauswüchse; eine jede Borste setzt eine Zelle voraus, welche ihren Fortsatz durch die. oberste Lage der hier geschichteten Hypodermis nach aussen schickt; die dichte Behaarung der Haut verlangt also eine zellige Matrix von be- deutender Mächtigkeit und diese ist es, welche durch die seltsamen Wu- cherungen der Larven-Hypodermis geschaffen wird. Die Form dieser Wucherungen scheint dabei ganz Nebensache zu sein, sehr häufig entstehen überhaupt gar keine Vorsprünge, sondern die Verdickung bleibt von vornherein gleichmässig; immer aber wird sie es nach der Verpuppung. Auch an solchen Larven, welche zinnen- artige Wucherungen gezeigt hatten, fand ich dieselben nach der Ver- puppung verstrichen und zu einer gleichmässigen Schichte ausgebreitet. 4. Geschlechtsdrüsen. "Dass die Anlage der Fortpflanzungsorgane in der erwachsenen Larve vorhanden sind, war bereits Leypıe bekannt, der einen im »8. Körpersegment« gelegenen »paarigen ovalen Körper« kurz erwähnt (a. a.-0O. S. 449), ohne dass indessen eine nähere Verfolgung gerade dieser Verhältnisse damals in seiner Absicht liegen konnte. In der That zeigen sich die Anlagen der Geschlechtsdrüsen bei allen Larven sehr deutlich und bei einigermaassen herangewachsenen Indi- viduen lässt sich auch der Unterschied der Geschlechter aus der Ge- stalt und dem feineren Bau dieser Drüsen mit Leichtigkeit erkennen. Von besonderer Wichtigkeit scheint die Feststellung der Thatsache, dass auch hier wie beiden Musciden die Geschlechtsdrü- 7* 100 Dr, August Weismann, sen bereitsim Ei angelegt werden. Offenbar hät dieser Satz für alle Insecten Gültigkeit!). In frisch aus dem Ei geschlüpfien Corethra-Lärvchen idea IR selben bereits an der Stelle, wo man sie auch später vorfindet, am Rücken des neunten Segmentes, ziemlich entfernt von der Mittellinie, kleine rundliche Gebilde, welche nach vorn wie nach hinten in einen feinen blassen Faden auslaufen, mittelst dessen sie an der Leibeswand befestigt sind (Taf. IV. Fig. 28 A). Der vordere heftet sich an den Vorderrand des neunten Segmentes, der hintere lässt sich bis gegen das Ende des folgenden Segmentes verfolgen , ohne dass sein Anhef- tungspunct klar hervorträte. Eine jede Drüse besteht nur aus sehr wenigen kugligen Zellen mit blassem Kern , welche dicht aneinander- gedrängt eine compacte Masse von 0,034 Mm. Länge bilden und noch keine Hülle erkennen lassen. Diese tritt etwas später erst hervor als eine feine, structurlose Haut, eine Guticularbildung, wie sie früher schon an den gleichen Organanlagen von Musca und Sarcophaga nach- gewiesen wurde. Interessant ist, dass um diese Zeit der Geschlechtsunter- schied noch durchaus nicht ausgesprochen ist; bis dicht vor der zweiten Häutung behalten die Drüsen vollkommen die frühere Gestalt, sie verlängern sich nur bis auf 0,063 Mm., eine Massenzu- ee welche durch Vermehrung der zusiieere Zellen er— reicht wird. Erst nach überstandener vierter Häutung treten die Geschlechts- unterschiede markirt hervor, und dicht vor der Verpuppung haben die Organe beinahe ihre ausgebildete Structur erreicht. Die Hoden bilden dann blasse, spindelförmige Körper von un- regelmässig höckriger Oberfläche (Taf. IV. Fig. 30). Sie sind zusam- mengesetzt aus einer ziemlichen Anzahl sehr grosser rundlicher Mutter- zellen, deren jede eine Menge von Tochterzellen enthält. Letztere pro- Ei den Samen und zwar scheinen die Samenfäden, wie .auch bei Musca wahrscheinlich wurde, durch Vermittelung von Kernen’ zu Stande zu kommen. Man bemerkt deren eine Anzahl, zwar schwierig, . aber 4) Einen weiteren Beleg für diese Behauptung bilden die Eierstöcke jener am- menden Cecidomyienlarven, bei welchen sie der erste Entdecker, Wacner inKasan, zwar übersehen, spätere Untersucher aber mit Sicherheit nachgewiesen haben. Mein verehrter Freund, Hr. Prof.:LeuckArr demonstrirte mir dieselben in Gemein- schaft mit Hrn. Mecznıkow bereits im März dieses Jahres (1865), und mich: über- raschte diese Entdeckung um so weniger, als ich noch kurz vorher gegen Hrn. Prof. V. SIEBOLD die Ueberzeugung ausgesprochen hatte, dass auch hier, wie überall bei den Insecten , Anlagen von Geschlechtsorganen vorhanden sein müssten. Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 101 doch sicher im Innern der Tochterzellen. Ausser den Mutterzellen und der euticularen Hülle gehen keine weiteren Elemente in die Structur des Hodens ein, von einem Epithel oder überhaupt von der gewöhn- lichen 'Struetur einer Drüse ist nichts zu sehen. Sobald der Samen gebildet ist, schwinden die Membranen der Mutterzellen , später auch die der Tochterzellen ; und man hat nur noch freie Samenmasse inner- halb einer structurlosen Kapsel. Dass die grossen Mutterzellen aus den primären, indifferenten Zel- len der Drüsenanlage hervorgehen, kann kaum einem Zweifel unter- liegen; direet beobachtet wurde es nicht, und ebensowenig die Art, wie aus den primären Zellen der Eierstocksanlage sich allmählich die Ovarialröhren herausbilden. Für beide histologischen Vorgänge möchte ich auf die Beobachtung der entsprechenden Processe bei Musca hin- weisen dürfen!). Während dort im Hoden sich die primären Zellen durch endogene Zellbildung in Mutterzellen umbilden, geht die Vermehrung der indif- ferenten Zellen des Eierstockes lange Zeit fort, ohne dass sich eine Grup- pirung innerhalb des gleichmässigen Zellenklumpens erkennen liesse, und erst wenn eine bedeutende Masse von Zellen angehäuft ist, bilden sich Ovarialröhren , als eylindrische, mit Guticula überzogene Zellen- säulen, in denen AR secundär eine Abschnürung in Eikammern und eine Differenzirung des zelligen Kammerinhaltes in epithel- und in ei- bildende Zellen stattfindet. Offenbar macht der Eierstock bei Corethra an gleichen Bildungs- gang durch, wenn er auch in. seiner äussern Form sehr von dem der Musciden abweicht. In der ausgewachsenen Larve erscheinen die Ova- rien. als zwei lange, vom zehnten bis an den vorderen Rand des neun- ten. Segmentes reichende cylindrische Körper, an welchen am lebenden Tbier auch bei starker Vergrösserung nichts zu erkennen ist, als viele grosse.blasse Kugeln von 0,08 Mm. Dicke (Taf. IV. Fig. 29, 00). Die Präparation ergiebt dann, dass diese der untersten Eikammer_ je einer Eiröhre entsprechen, an welcher bei scharfer Vergrösserung das kleinzellige Epithel und die grösseren eibildenden Zellen (Dotterzellen und Keimbläschenzelle) zu unterscheiden sind (Fig. 29, B). Letztere enthalten dann noch keinen Dotter, nur wenige grössere Fetttropfen. Dass die zweite und dritte Kammer der Eiröhren ohne Präparation nicht sichtbar sind, liegt an ihrer im Verhältniss zur ersten Kammer ‚auffallenden Kleinheit. Sie sind vorhanden und der unermüdliche 1) Entwickelung der Dipleren, S. 205 etc. 102 Dr. August Weismann, Zergliederer der Insecten, L£ton Durour!), hat sie übersehen, wenn er bei der verwandten Gulex von »gaines ovigeres uniloculaires « spricht. Noch bei der frisch ausgeschlüpften Imago fand ich diesen auffallenden Unterschied in der Entwickelung der Kammern. Während die unterste von ihnen 0,53 Mm. in der Länge maass und ein beinah ausgebildetes Ei enthielt, betrug die zweite nur 0,07 Mm. in der Länge und die dritte bildete nur einen kurzen Zipfel an der oberen Wand der zweiten. Ueber die Bildung der Ausführungsgänge und der accessorischen Apparate besitze ich keine Beobachtung, erstere entstehen wohl sicher, wie dies auch Leynıc bereits vermuthet hat, aus dem hinteren fixiren- den Band. 5. Muskeln der Imago. Dass die Geschlechtsdrüsen während desLarvenlebens bereits vor- handen sind, war längst bekannt; dass sie schon im Ei angelegt wer- den, musste nach meinen Erfahrungen an Musciden, nach denen HeroLp’s?) an Schmetterlingen erwartet werden und Niemand wird davon überrascht sein. Dass dagegen auch die der Imago eigen- thümlichen Muskeln, vorallen die dieFlügelbewegenden Thoracalmuskeln schon im Embryo angelegt werden, war gewiss um so weniger zu vermuthen, als ja bei den Musciden erst lange nach der Verpuppung durch den Zerfall des Fettkörpers und die Bil- dung von Körnchenkugeln der Grund zu ihrer Entstehung gelegt wird. Es ist leicht, die in Grösse wie in histologischer Structur fast voll- endeten Thoraxmuskeln in der ausgewachsenen Larve zu erkennen. Sie stechen durch ihre gelbe Farbe auffallend von den glashellen, farb- losen Larvenmuskeln ab. Man unterscheidet zwei Hauptzüge solcher Muskeln, einmal solche, welche die Brust von oben nach unten zusammendrücken, am Rücken entspringen und gerade abwärts gegen den Bauch hinziehen und dann solche, die in derLängsrichtung den Thorax verkürzen, vorn am Rücken entspringen‘und sich hinten inseriren. Die Entwickelung dieser Letz- teren ist der Beobachtung besonders zugänglich, sie entstehen aus zwei jeder Körperhälfte znkommenden feinen, blassen Fäden, welche sich zwischen zwei Puncten der Hypodermis ausspannen. Schon in ganz jungen Larven waren diese Fäden zu erkennen und bis kurz nach der dritten Häutung (am elften oder zwölften Lebenstag) bleiBen sie fast unverändert. Der eine von ihnen (Taf. YLFig. 35, m) liegt nahe der 4) Mem. pres. al’acad. T. 41. p 209. | 2) Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge. Cassel und Marburg 18145. S. 4 und 2. - Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 105 Mittellinie des Rückens, welche durch den Larvenmuskel M bezeichnet wird und besitzt eine ziemlich bedeutende Breite bei sehr geringer Dicke. Vorn und hinten fährt er in zwei Zipfeln auseinander , mittelst deren er der Hypodermis angeheftet ist. Der andere befindet sich mehr auf der Seite und zeigt eine spindelförmige Gestalt mit einfachen En- den (l). Ueber den histologischen Bau ist in so früher Zeit noch wenig zu sagen, eine blasse homogene Grundsubstanz und wenige kleine Kerne lassen sich unterscheiden. Zwischen den Muskelanlagen m und ! zieht sich ein Strang hin, der mit beiden in Verbindung tritt, indem er / durchbohrt, bei m aber auf deren Innerfläche übergeht und sich in zwei Aeste spaltet, deren vorderer (n’) zum Muskel M hinläuft und dessen Sarcolemma durchbohrt, während der hintere, wie es scheint, mit der Substanz der Muskelanlage verschmilzt oder wenigstens ihr dicht angekittet ist und am medianen Rand in mehrere Zweige (tr, ir’) gespalten wieder austritt. Diese Letzteren entwickeln sich nachweislich zu Tracheenzweigen, wie auch im Verbindungsstrang der Muskelanlagen (n) selbst sich eine Trachee bildet (in Fig. 36 schon erkennbar). Allein es sprechen zwei Umstände enschieden dafür, dass dieser Strang nicht nur als Tracheen- anlage zu betrachten ist, sondern auch einen Nerven enthält. Einmal die Thatsache, dass der vordere Ast, der aus der Gablung hervorgeht {n”) ins Innere des Primitivbündels M eindringt und dann auch die weitere Herkunft des Gebildes. Der quere Strang endet nicht in der lateralen Muskelanlage, sondern durchbohrt sie, um sodann schräg vorwärts in die Tiefe zu steigen und in einen nach Richtung, Veräste- lung und Aussehen evidenten Nervenstamm (n’) einzumünden. Für diese Auffassung spricht weiter noch der Abgang feinerFädenzu benach- barten Muskeln von der Durchbohrungsstelle der seitlichen Muskelan- lage aus. Solche nervöser Natur verdächtige Fäden kommen manch- malmehrere vor, doch finden sich hier geradeso, wie in der Verbreitung der Kopfnerven grosse individuelle Verschiedenheiten. In der Weiterentwickelung der Muskelanlagen ist zuerst die Längsspaltung der der Mittellinie zunächst gelegenen in - zwei spindelförmige Hälften bemerkenswerth. In Fig. 36 ist diese Spaltung bereits vollzogen und zugleich zeigt sich, besonders nach Essigsäureeinwirkung (linke Hälfte der Figur) der Bau dieser Bänder sehr deutlich. Sie bestehen aus einer homogenen, durch Essigsäure ' sich trübenden Grundsubstanz, und einer grossen Menge in sie ein- gebetteter kleiner Kerne. Am medianen Rand von m tritt die Tracheen- anlage als gemeinsamer Strang hervor, der sich sodann in drei Zweige 104 Dr, August Weismann, theilt. Die grösste Dicke der Muskelanlagen beträgt 0,008 Mm., ihre Länge etwa ein Drittel derjenigen des benachbarten Larvenmuskels(M): Sie laufen alle drei noch in feine Spitzen aus und entbehren noch jeder Aehnlichkeit mit einem Muskel in Gestalt wie in feinerer Structur. Dennochbilden sich aus ihnen sämmtliche längslaufende Thoraxmuskeln der Imago. Eine Zeitlang noch besteht die weitere Entwickelung in einem einfachen Wachsthum. Die Stränge schwellen an, nähern sich der cylindrischen Form, während die Kerne ihrer Grundsubstanz an Zahl bedeutend zunehmen (Fig. 37). Zugleich sondern sich die queren Stränge mehr von den Muskelanlagen, sie durchsetzen dieselben nicht mehr, sondern tangiren sie nur. Unklar blieb, wie es; sich mit dem Sarcolemma verhält, ob und wann es auftritt, und wie es sich gegen die Hypodermis abgrenzt. Nach früheren Erfahrungen an ver- wandten Larven (Simulia, Chironomus) glaube ich seine Anwesenheit in diesen frühen Entwickelungsstadien annehmen zu dürfen, da sich in allen andern Stücken (Beschaffenheit der Grundsubstanz, der Kerne) diese Muskelanlagen ganz so wie dort verhalten, und auch die Abla- gerung der contractilen Substanz, die Fibrillenbildung, das endliche Schwinden eines grossen Theiles der Kerne ganz mit dem Bildungs- gang der Thoraxmuskeln von Simulia zusammenfällt. Ehe aber noch eine Anordnung der Kerne zu Säulen eintritt, ehe also die Umwandlung der Grundsubstanz zu cöntractiler Substanz be- gonnen hät, vermehren sich die Muskelanlagen durch Längsspaltung. Der Process, den ich früher bei Fröschen er- schlossen hatte, gestützt auf die Beobachtung partieller Längsspalten, welche in Verbindung mit Kernwucherung auftraten!), lässt sich hier bei der Insectenlarve direct beobachten. Die drei Muskelanlagen, welche zuerst allein vorhanden sind, wuchern gegen Ende des Larven- lebens so sehr, dass sie dicht aneinanderrücken, dass sie anDicke, zum Theil auch an Länge den medianen Längsmuskel der Larve übertreffen, dass ihre früher haarfein zulaufenden Spitzen zu einer queren Ab- stumpfung werden, und dann bemerkt man anihnen eine Spalte, welche eine jede von ihnen der Länge nach in zwei ziemlich gleiche Hälften theilt (Fig. 38). Die Spalte beginnt in der Mitte, verlängert sich nach beiden Enden hin und schneidet dort zuletzt durch. Am Endeder Larven- zeit sind an Stelle der primären drei Muskelanlagen deren sechs vor- handen. Ob die Theilung noch weiter geht, wurde nicht entschieden. Dass auch die übrigen Thoraxmuskeln ähnlich entstehen, kann 4) Ueber das Wachsen der quergestreiften Muskeln. Zeitschrift für rat. Med. Bd. X. S. 263. Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. 105 keinem Zweifel unterliegen, doch sind sie derBeobachtung weniger zu- gänglich; verfolgt wurde der ganze Bildungsvorgang ‚nur noch an den neuentstehenden Abdominalmuskeln. Oben wurde schon bei Gelegenheit der wundersamen Hypodermis- wucherungen erwähnt, (dass die gesammte Musculatur der Abdominal- segmente aus derLarve in diePuppe übergeht. Es kommt aber dennoch _ auch zur 'Neubildung von Muskeln und zwar bilden sich‘ drei Paar - quer— oder ringförmig . verlaufende , ziemlich schwache Muskeln in den Seitentheilen eines jeden Segmentes. Ihre Bildungsgeschichte fällt ganz zusammen mit der der Thoraxmuskeln, auch sie lassen sich schon in der jungen Larve als sehr blasse quer- und untereinander parallel- laufende Stränge. erkennen, welche durch einen dünneren Strang ver- bunden werden. ; Dieser letztere schneidet sie etwa unter rechtem _ Winkel und tangirt sie nicht blos, sondern ist an der Kreuzungs- stellemitihnen verschmolzen. Er geht nach hinten in eine mit langen Ausläufern versehene sternförmige Zelle über, ähnlich den Zel- “len,:aus welchen sich Tracheenästchen bilden. Nach einer Verbindung mit, einem Nerven wurde vergeblich gesucht und auch später, nach vollständiger Ausbildung der Muskeln gelang es nicht einen Nerven an. ‚Stelle dieses Querstranges zu erblicken, nur ein Tracheenstämm- chen zog quer über die Bündel hin. Die präformirte Innervation, wie noch mancher andere Punct, den ich in der eigentümlichen Entwickelung dieser Muskeln habe offen lassen müssen, wird sich übrigens durch speciell auf diesen Punct gerichtete Untersuchungen an Corethra sicherlich ins ‚Klare bringen lassen. IV. Das Puppenstadium. "Wie die einzelnen der Puppe eigenthümlichen Körpertheile sich in.der Larve anlegen, wurde versucht darzustellen. Die so auffallenden "Unterschiede zwischen Imago und Larve haben indessen nicht allein ihren Grund in dem Hinzutreten neuer, dem Wegfallen oder der Um- gestaltung vorhandener Theile, sondern beruhen zum Theil auch auf veränderter Lagerung der Organe. So besonders am Kopf. 0 Betrachten wir zuerst das hintere Körperende, so gewinnt dasselbe durch das Wegfallen des Larvensteuerruders und das Schwin- den des zwölften Segmentes ein ganz anderes Aussehen, und nicht minder ‚durch das Auftreten ‚des Puppensteuers und der lanzettlichen ' Genitalanhänge. | Ä ‚Der Thorax, schon in der Larve als besonderer Segmentcomplex 106 Dr. August Weismann, kenntlich, wird jetzt geschwellt durch diemächtig entwickelten Thorax- muskeln, und setzt sich als ein ungetheiltes Ganzes scharf ab von den acht Segmenten des Hinterleibes. Auf dem vorderen Abschnitt seines _ Rückens stehen frei die beiden spindelförmigen Kiemenblättchen hervor, während sämmtliche übrigen Anhänge nach abwärts gegen den Bauch hin eingeschlagen sind, aber nicht mehr dicht an den Körper gepresst, wie in der Larve, sondern ebenfalls frei hervorstehend,, die Flügel fein gefältelt, die Beine in einer fast S-förmigen Biegung vom Leib weg und wieder zu ihm zurücklaufend (Taf. I. Fig. 2). Bei weitem am meisten weicht der Kopf in seiner Form von dem der Larve ab. Man kann zwar aus der gegenseitigen Lagerung von Auge und Nebenauge, welche beide unverändert in die Puppe mit her- übergenommen werden, bestimmen, dass auch das Lagerungsverhält- niss des Kopfes im Ganzen zum übrigen Körper das gleiche geblieben ist. Doch fehlt die halsartig dehnbare Verbindungshaut zwischen Kopf ‘ und Thorax , beide Theile liegen unmittelbar aufeinander und was die Gestalt des Kopfes selbst angeht, so verhält sie sich in allen ihren Ein- zelheiten — man möchte sagen gerade umgekehrt, wie in der Larve. Während dort der grösste Theil des Kopfes vor dem Auge liegt, bildet hier das Auge den Vorderrand, ja den grössten Theil den Kopfes überhaupt. Von dem langen Stirnfortsatz ist keine Spur mehr vor- handen, die Antennen entspringen dicht vor dem Auge und sind im Bogen nach rückwärts geschlagen, die Mundtheile, welche weit nach vornen vorsprangen, hängen in Gestalt eines Rüssels nach abwärts und es lässt sich auf den ersten Blick kaum verstehen, wie die weit aus- einander gelegenen Theile zu einem so compacten Organ zusammen- rücken konnten. | Suchen wir uns Rechenschaft abzulegen üher die Art und Weise, wie sich der Kopf der Imago aus dem der Larve herleitet, so ist vor Allem zu bemerken, dass die Umwandlung keine plötzliche ist, sondern dass zuerst die Form geschaffen wird, wie sie in Gestalt der Pup- penscheide auch später noch bestehen bleibt, wenn die zelligen Theile — wie z. B. in Fig. 2 — sich bereits von ihr zurückgezogen und ihre definitive Gestalt angenommen haben. Es geschieht dies ganz ebenso bei allen Anhängen, ja bei allen Theilen der Puppe überhaupt, wie auch schon früher bei der Entwickelung der Musciden darauf hin- gewiesen wurde. Nennen wir diese, durch die Puppenscheide bezeichnete Form des Kopfes den Puppenkopf, so entsteht dieser dadurch, dass sich die ty- pischen Theile des Larvenkopfes, alle bereits von zarter Chitinlage bedeckt, dicht aneinanderlegen und miteinander verkleben (Taf. V. Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 107 Fig. 34). So wenigstens bei den Mundtheilen. Ich denke mir den Vorgang beim Abwerfen der Larvenhaut so, dass der Stirnfortsatz mit den accessorischen Anhängen gang wegfällt, die in seinem Innern durch Einstülpung entstandene Mückenantenne frei wird und sich nach hinten umschlägt, und die an der unteren Kopffläche herabhängenden Mund- theile sich so zusammenziehen, dass sie nicht mehr vor den Augen vorspringen , sondern compact zusammengedrängt den Rüssel bilden. Dass der Vorgang im Ganzen wirklich ein solcher ist, lässt sich aus dem Verhalten der Theile dicht vor der Verpuppung ersehen. Die | 'Hypodermis hat sich dann überall von der Chitindecke abgelöst und zurückgezogen, und es ist leicht, die hinfälligen Theile von den per- sistirenden zu unterscheiden. Ueber Eines nur bin ich lange Zeit im Zweifel gewesen, über die Art, wie die Antenne der Mücke, welche ja als durch Einstülpung ent- standen , im Innern des Hypodermissackes des Stirnfortsatzes lag, jetzt frei wird und sich nach hinten. umschlagen kann. ' Zwei Möglichkeiten liegen vor. Entweder die Hypodermis streift sich bis an die Basis der Antenne unter gleichzeitiger Schrumpfung 3 zurück , oder sie schwindet ganz. Durch Beobachtung lässt sich hier nichts heilen: und wenn ich die letztere Annahme für die rich- tige halte, so Edidel sich dies einmal darauf, dass das betreffende Hypodermisstück schon vor der Verpuppung aufs Aeusserste !sich ver- dünnt, dann aber auf das Gubernaculum der Antenne, jenes Leitband, welches das Basalglied der Antenne an seinen definitiven Platz hinführt und schon im Voraus eine Verwachsung der Antennenbasis mit dem Theile des Kopfgewölbes herstellt, der später zur Stirn der Mücke wird. _ Freilich scheint es absurd, dass dieHypodermis des Stirnfortsatzes oben zerfallen, unten aber bestehen bleiben soll, und dass Letzteres der Fall, beweist die Abscheidung einer Chitinlage in der Vorbereitungs- zeit der Verpuppung; allein es verhält sich demungeachtet so und er- scheint auch weniger auffallend, wenn man bedenkt, dass eine starke Contraction desGewebes die Häutung begleitet und dass, sobald dieselbe nur um Weniges früher oder auch nur gleichzeitig mit dem Zerfall der Decke des Stirnfortsatzes vor sich geht, eine Lücke im Gewebe nicht entstehen kann. Ist doch diese Contraction so stark, dass die Stelle der Hypodermis, welche den Sehnenansatz des Antennenmuskels um- gab, zwischen die Augen zu liegen kommt. Daraus ergiebt sich dann die Lage der Mundtheile, der Oberlippe und Kiefer von selbst, sie stehen dicht zusammengedrängt unter dem - Auge. ' Räthselhaftbleibt immerhin, durch welche Kraft die Antenne rück- 108 Dr, August Weismann, wärts über den Kopf hin geschlagen wird, so dass sie genau zwischen Flügel und dem hinteren Beinpaar im Bogen zu liegen kommt. . Wahr- scheinlich wirkt hierbei die Art und Weise, wie die Larvenhaut vom Körper sich abstreift, bestimmend ein, wenn nicht die Bewegung eine active ist, ausgehend von den neugebildeten Muskeln im Innern des Organes. Bei der hohen Entwickelung, welche die Beinmuskeln zur Zeit der Verpuppung bereits erreicht haben, und bei der Gleichzeitig- keit der ersten Anlage der Antennenmuskeln erscheint das sehr denk- bar und auch die im Bogen gekrümmte Lage der Puppenbeine wird wohl nicht lediglich durch das Abziehen der Larvenhaut und die Ela- stieität der weichen Zellenwandungen bedingt, sondern kommt zum Theil wohl ebenfalls auf Rechnung einer Muskelwirkung. Von allen Anhängen des Thieres besitzen nur die dem Puppenleben eigenthümlichen eine selbständige freie Bewegung, die Kiemen und die Schwimmflosse, letztere freilich nur eine passive, beide aber liegen ausserhalb der Puppenscheide — oder richtiger, ihr Chitinüberzug steht _ zwar in Gontinuität mit der Puppenscheide und ist ihr morphologisch gleichwerthig, functionirt aber nicht als ein blosser Ueberzug , N ist eine definitive Bildung. Sobald die Kiemen durch das Abwerfen der Larvenhaut frei wer- den, dringt Luft in sie ein und füllt von hier aus das ganze von lange her vorbereitete Tracheensystem an. Die Aufnahme von Luft geschieht auf doppelte Weise, einmal, wie bei jeder Kieme durch Abscheidung der Luft aus dem Wasser, dann aber auch direct aus der Luft. Der Bau des Organes lässt darüber keinen Zweifel, dass dasselbe die Eigen- schaften des Stigma mit denen der Tracheenkieme verbindet, und man kann es daher ganz passend als Stigmenkieme bezeichnen. Als Kieme charakterisirt es sich durch die starke, doppelte (als Intima und äussere Haut vorhandene) Chitinhaut, verbunden mit be- deutender Flächenausdehnung, als Stigma legitimirt es sich durch eine mit dem Lumen zusammenhängende Oeffnung in der Spitze. Dass in der That das Thier bald durch Wasserathmung, bald durch Luftathmung respirirt, beweist seine Gewohnheit oft lange Zeit in der Tiefe des Was- sers sich aufzuhalten, zuweilen aber mit seinen Stigmenkiemen am Wasserspiegel festzuhängen. Uebrigens dienen die Organe nebenher noch als Locomotions- und als hydrostatische Apparate. Die Fortbewegung mittelst der Schwimmflosse wird secundirt durch lebhaftes Hin- und Herschlagen der Stigmenkieme, was besonders leicht sich an Puppen beobachten lässt, die vom Deckglas etwas gedrückt werden und die Stellung des Thieres Die Metamorphose der Coretlhra plumicornis, 109 wird aus der horizontalen der Larve eine verticale, die Puppe steht im Wasser. j '- Letzteres ist: freilich nur zum kleineren Theil der geringen Luft- E menge zuzuschreiben, welche die Kiemen enthalten, zum grösseren aber dem eigenthümlichen Umstand, dass zwar die hinteren Schwimm- oder Tracheenblasen der Larve bei der Verpuppung zerstört werden, nicht aber die vorderen. Dadurch wird der vordere Theil des Puppen- körpers gehoben, der hintere sinkt herab. Ueber den Modus, nach welchem die hinteren Blasen zerfallen, ist _ schwer ganz ins Klare zu kommen. Man findet zwar in der Puppe leicht‘ die Reste. der Peritonealhaut mit den aufgelagerten grossen Pig- _ mentzellen , allein es fragt sich wo die Intima hinkommt, die doch hier wegen fehlender Stigmen'unmöglich nach aussen entfernt werden kann? Vermuthlich zerfällt auch sie innerhalb des Körpers, wie denn in der That kurz vor der Verpuppung sich Symptome beginnenden Zerfalls an ihr zeigen. | 0 Das Traeheensystem der Puppe besteht aus zwei Längs- stimmen, welche mit einigen Zweigen aus dem Schwanzsteuer ent- springen und den ganzen: Körper bis in den Prothorax durchziehen, um dort unter rechtwinkliger Knickung in die Kiemen einzumünden. Von diesen Stämmen entspringen Aeste für die inneren Organe und nahe dem Vorderrand eines jeden Segmentes zieht ein Querast zur ' Haut, um in .'einer Stigmenanlage zu endigen. Diese Querästchen sind noch luftleer und treten erst mit dem Ausschlüpfen der Imago in Thä- tigkeit. In dem Respirationssystem der Puppe ist das der Imago ent- halten‘, es bedarf nur eines einfachen Häutungsprocesses, verbunden mit dem Wegfall der Kiemen und der Anfangszweige im Steuerruder, um dieses in jenes umzuwandeln. "us Nicht viel 'grösserer ‘Veränderungen bedarf es, um die übrigen Organsysteme den Verhältnissen der Imago anzupassen. So bleiben vorAllemdieGentraltheile des Nervensystems im Wesentlichen . unverändert und Neubildung von Nerven‘ findet nur in den Anhängen statt, wo neue Hautflächen und neue Muskeln gebildet werden. Was die Haut betrifft, so ähnelt die Chitinhülle der Puppe sehr derjenigen der Larve, nur ist sie rauher, derber und undurchsichtiger. Auch sie trägt auf ihrer Oberfläche jene gefiederten Tastborsten in regelmässiger Vertheilung. Wie oben schon angedeutet wurde, liegt die Hypodermis unmittelbar nach der Verpuppung der Puppenscheide noch dicht an, sehr rasch aber löst sie sich von ihr ab und beginnt, indem sie zugleich die definitive Form der Imagotheile annimmt, von Neuem eine feine Chitinschicht auszuscheiden. Dann sieht man die 110 Dr, August Weismann, Gliederung der Beine deutlich werden und die der Antennen auftreten, ı während die vorher noch unförmlich grosseOberlippe zu einem lanzett- lichen Plättchen zusammenschrumpft, der Maxillentaster sich gliedert und der Knopf der Unterlippe seine zweilippige Form annimmt; dann erkennt man auch bereits einen zarten Flaum auf der Oberfläche der ' Haut, die hervorwachsenden Haare, deren Bildungsweise von den massenhaft angehäuften Hypodermiszellen aus schon oben angedeu- tet wurde. Wie die Anhänge des Kopfes und Thorax, so entwickeln sich auch die des Hinterleibes stetig weiter, auch hier ein Zurückziehen der Hy- podermis, gewissermaassen ein Verdichtungsprocess, verbunden mit gleichzeitiger Modellirung ins Feine. In den paarigen lanzettlichen Blättchen bilden sich beim männlichen Thier die'beiden # zweigliederigen Zangen, die schon DE GEEr beschrieben und wegen der Rolle, die sie bei der Begattung spielen, mit den Kieferfühlern der Spinnen verglichen hat (Taf. I. Fig. 2). Das Basalglied ist dick, eylin- drisch, mit starken Muskeln im Innern versehen, das zweite dünn und bei der Mücke gewöhnlich klauenartig nach innen eingeschlagen, so ' dass die stumpfen kolbigen Enden der beiden CGopulationsorgane sich kreuzen. Bei der weiblichen Puppe tritt keine deutliche Gliederung dieser Anhänge ein: es bilden sich nur kurze, bewegliche und stark behaarte | Blätter, welche die kurze Mündungspapille der Geschlechtstheile um- geben. Dass die Muskeln der Larve in der Hauptsache unverändert in die Puppe übergehen, wurde oben bereits erwähnt, wo von denin | jedem Abdominalsegment neu entstehenden drei Ringmuskelpaaren die Rede war. . Zerstört werden wohl nur die Muskeln des Larvenkopfes, die des zwölften Segmentes und die des Thorax der Larve. Darauf kann mit voller Sicherheit geschlossen werden, da das Entstehen einer ganz neuen Musculatur in ihnen nachgewiesen wurde. Der Circulationsapparat scheint gar keinen Veränderungen | unterworfen zu sein, er bleibt unausgesetzt in Thätigkeit, man beo- bachtet deutlich die Pulsationen seines hinteren, im Bau ganz unver- | änderten Endes im achten Abdominalsegment; auch seine Lage ist dem- nach die gleiche geblieben. | Einige Veränderungen geschehen am Darmtractus. | Der stark musculöse, rüsselartig ausstülpbare Schlund der Larve zerfällt, wahrscheinlich unter vorausgehender starker Gontraction, welche den dünnen Oesophagus der Mundöffnung nähert. An dem Oesophagus wächst ein Saugmagen hervor und am vorderen Ende des Chylusmagens Die Metamorphose der Corethra plumicornis. | 111 stülpen sich zwei kleine Blindsäcke aus. Sonst bleibt der Chylusmagen # und auch der Darm unverändert, und nur in dem schon in der Larve erweiterten Endstück des Letzteren, dem Rectum, bilden sich zwei Paar _ conische Rectalpapillen. Das Muskelnetz, offenbar auch die Innervation des Darmes bleiben unverändert, sie unterliegen sowenig als die zellige Wandung selbst einem histolytischen Process, und die Tracheen der Oberfläche verändern sich nur insofern, als ibre Verästelungen sich vermehren. Speicheldrüsen finden sich auch in der Mücke, zwei kurze Schläuche, sehr ähnlich denen der Larve, von welchen ich sie direct # herleiten zu dürfen glaube. Im Anschluss an den Tractus sei des Fettkörpers kurz Erwäh- _ nung gethan, um so mehr, als dies bei Beschreibung der Larvenorgane _ unterlassen wurde. Den jüngeren Larven fehlt ein Fettkörper vollständig und erst nach der letzten Häutung treten wenige, aber enorm grosse Fettkugeln auf, die die vorderen Tracheenblasen nach aussen und hinten umgeben und die innerhalb blasser kernhaltiger Zellen liegen. Die Zellen 'kleben nicht mit ihren Flächen zusammen, wie bei dem eigentlichen Fettkörper der Insectenlarven, sondern hängen ‚ mittelst eines Stieles aneinander und bilden so jederseits ein Büschel. Ganz unverändert gehen diese Fettzellentrauben in die Puppe über und auch in’ der Imago finde ich sie wieder, so dass die physiologische Rolle dieses Fettkörperrudimentes sich recht schwer bestimmen lässt. "7 Soviel kann mit Sicherheit behauptet werden, dass dasselbe hier nicht das Material zum Aufbau der inneren Organe der Imago zu liefern hat, weder direct durch Bildung von indifferenten Zellen, wie bei Musca, noch auch indirect durch Abgeben seiner plastischen Bestandtheile an "das Blut. Möglich wäre es freilich, dass Letzteres im Laufe des Imago- lebens einträte und dass die zur Zeit des Ausschlüpfens nur theilweise entwickelten Eier sich auf Kosten des Fettkörpers vollends ausbilden. 5 Die Entwickelung des Geschlechtsapparates, soweit sie während der Puppenperiode vorschreitet, geschieht jedenfalls ohne Theilnahme des Fettkörpers. So bilden sich wohl ohne Zweifel die ac- cessorischen Theile und die Ausführungsgänge von dem Band aus, wel- ches in dem Embryo schon die Geschlechtsdrüsen nach hinten an die Körperwand befestigt. Directe Beobachtungen über die Bildung dieser Theile wurden an dem kleinen Insect nicht versucht, und ich erwähne nur kurz an dieser Stelle die Zusammensetzung des Genitalapparates in ‚der Imago. Die Eierstöcke besitzen hier, wie ja auch in der letzten Zeit des Larvenlebens, die Gestalt langer cylindrischer Trauben, welche die ganze Abdominalhöhle durchziehen; sie entsenden kurze Ausführungs- 112 | Dr. August Weismann, gänge, aus deren Vereinigung der Oviduct hervorgeht. An letzterem sitzen die drei Receptacula seminis, deren kuglige, schwarze Intima schon ohne Präparation bei der Puppe durch die Bauchdecken hindurch- schimmert. In den untern Theil des Oviductes mündet eine birnförmige Blase, vermuthlich eine accessorische Drüse. Die Hoden stossen mit ihrem Ausführungsgang zu einem gemeinschaftlichen Ductus. ejacula- torius zusammen, der selbstständig am Grunde des zangenförmigen Gepulkiänsappanen ausmündet. Vor der Mündung sitzen dem ig: | ein Paar birnförmige accessorische Drüsen an. Den anatomischen Vorgängen entsprechen die TIERES ungen desPuppenstadiums. Nur die Nahrungsaufnahme cessirt, alle übrigen Functionen des thierischen Körpers erleiden nicht die geringste Unterbrechung. Die senkrecht im Wasser stehende Puppe schwimmt lebhaft umher, sieht mit ihren grossen Augen vortrefflich und empfindet mit ihren langen _ Tastborsten ganz ebenso fein, als die Larve. Mit blitzschnellen Be- wegungen entzieht sie sich drohender Gefahr und wechselt auch ohne sichtbare Ursache häufig den Ort; man sieht sie bald auf dem Boden des Gefässes, bald an der Oberfläche des Wassers. Ebenso nehmen die vegetativen Vorgänge ihren ungestörten Fortgang, das Rückengefäss treibt das Blut ununterbrochen im Körper um und die kräftige, manch- mal äusserst rasche, fast schwirrende Bewegung der Tracheenkiemen deutet auf eine active Respiration hin. So kann von einem latenten Leben wie bei den Museiden hier nicht die Rede sein, und dem entsprechend ist denn auch das Puppen- stadium ein viel kürzeres als dort, wo der Imagokörper nicht nur seine | letzte Vollendung unter der Hülle der Puppenscheide erhält, sondern wo er vollständig neu aufgebaut werden muss. Schon drei Tage nach der Verpuppung,, am vierzigsten Tag nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei, platzt die Hülle durch einen Längsspalt am Rücken, und aus der wie ein Schiffchen auf der Oberfläche schwimmenden PP | kriecht das vollendete Insect hervor. V. Uebersicht der Entwickelungserscheinungen. Was die Entwickelung der Musciden vor Allem ungewöhnlich er- scheinen lässt, ist die Genese von Brust und Kopf sammt-ihren An- hängen. Dass diese Abschnitte des Fliegenkörpers vollkommen neu sich bilden, mit den entsprechenden Theilen der Larve nicht in genetischem Zusammenhang stehen, widerspricht der vor Kurzem noch allgemein Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 113 gültigen Anschauung, nach welcher die Verpuppung nur ein einfacher Häutungsprocess ist. Ebenso wenig fügt sich dieser Anschauung die totale Umwälzung, welche sämmtliche inneren Theile bei der Verpup- _pung erleiden. Sämmtliche Organsysteme der Larve zerfallen, theils vollständig, theils histolytisch, um später wieder von Neuem aufgebaut F zu werden. | Offenbar steht die Metamorphose der Corethra in diametralem B Gegensatz zu diesem Entwickelungsgang und zwar in beiden genannten | Hauptpuncten. Hier kann die Verpuppung mit vollem Recht als ein 9 Häutungsprocess aufgefasst werden, wir sehen keine Erscheinung sie begleiten, welche nicht unter diesen Begriff gebracht werden könnte. Das Wesen der Häutung sehe ieh darin, dass die Zellenlage, welche wir als Hypodermis bezeichnen und welche als ein geschlossener Schlauch der Chitindecke anliegt, unter Gestaltveränderung eine neue Chitinhülle hervorbringt und dass dies geschieht, ohne Continuitätsstörung der- | selben. Die Gestaltveränderung kann blos in einfachem Wachsthum, ‚, verbunden mit einer mehr oder minder bedeutenden Umformung, be- ‚ stehen, oder es kann noch die Bildung neuer oder das Schwinden vor- _ handener Theile hinzukommen. Dieses geschieht durch Schrumpfung, jenes durch Auswachsen der Hypodermis. Die Hypodermis ist es, ‚U welche überall dem Insecte seine Gestalt verleiht, von welcher die Bil- _ dung der Segmentanhänge ausgeht, sowohl der typischen als der ac- . cessorischen. | Die blosse Umformung vorhandener Körpertheile sahen wir bei der .) Corethralarve mehrfach auftreten; so nahm der Kopf allmählich eine veränderte Gestalt an, die Mandibeln, bei der jungen Larve noch mit schwachen, langen Borsten besetzt, wurden später derbe, massige " Greifwerkzeuge mit scharfen Zähnen etc. Am lehrreichsten aber sind die Verhältnisse bei den Antennen , wo zwar weniger eine wirkliche Gestaltänderung als vor Allem eine bedeutende Vergrösserung bei jeder _ Häutung erzielt werden soll. Diese wird, wie wir gesehen haben, durch eine vollständige Umstülpung der Hypodermis nach innen eingeleitet, J womit denn zugleich auf die einzig mögliche Weise ein bedeutender Raum zur Vergrösserung gegeben wird. Bei dem Abstreifen der alten " Chitinhaut stülpt sich dann der in die Länge und Weite gedehnte Hypo- , dermisschlauch wieder vor. Es kann keinen directeren Beweis geben . für die Richtigkeit der Anschauung, welche die Segmentanhänge der .) Arthropoden als Hautausstülpungen betrachtet. Besonders wichtig erscheint der Vorgang aber als Vorbild für die ' Entstehung der Imagoantenne; auch diese entsteht durch einfache, wenn auch tiefer greifende Umbildung der Larvenantenne, und ebenso ver- Zeitschr, f. wissensch. Zoologie. XVI. Rd. 8 114 Dr, August Weismann, hält es sich mit den übrigen typischen Kopfanhängen. Findet keine Vergrösserung des Theiles statt, so löst sich die Hypodermis einfach los und modelt sich sodann, meist unter bedeutender Verkleinerung, zum Imagotheil um; so z. B. die Mandibeln. Soll aber im Gegentheil eine Vergrösserung zu Stande kommen, wie bei der Unterlippe, so geschieht | dies durch Ausstülpung der Hypodermis vom Boden einer Einsenkung aus, und hier ist dann der Unterschied in Grösse und Gestalt zwischen dem alten und neuen Organ so bedeutend, dass man recht wohl schon | von einer Neubildung reden kann; der Uebergang zur wirklichen Neu- bildung ist hier gegeben, und wir sahen denn auch die Anhänge des Thorax, die der Larve noch vollständig fehlen, genau nach demselben ' Modus hervorwachsen; das einfache Wachsen der Antenne bei jeder Larvenhäutung, die Bildung des Mückenrüssels aus | der Unterlippe der Larve und das Hervorwachsen von | Flügeln und Beinen an vorher anhangslosen Hypodermis- | stellen sind also nur Modificationen ein und desselben Vorganges: der Hypodermisausstülpung. Soweit erscheint es gewiss gerechtfertigt, die Puppenbildung der Gorethra als einen Häutungsprocess zu bezeichnen. Der gesammte ' Hypodermisschlauch ist es, der sich ummodelt, sich partiell verkürzt, partiell verlängert und Fortsätze treibt, der aber nirgends in seiner ' Continuität verletzt wird. | Dies aber geschieht bei den Musciden. Die Hypodermis der vor- dern Larvensegmente muss zerfallen, damit die im Innern der Leibes- höhle gelegenen Imaginalscheiben an die Oberfläche gelangen und einen neuen Thorax und Kopf zusammensetzen können; offenbar ein Vor- gang, der über den Begriff der Häutung hinausgeht. Der Eingriff in | das Bestehende ist ungleich stärker. Es wäre ein grosser Irrthum, aus der Thatsache, dass die Imaginalscheiben der Musciden bereits im Em- bryo angelegt werden, den Schluss zu ziehen, der Imagokörper sei hier schon früher vorbereitet, als bei Corethra, bei welcher Flügel und Beine | erst nach der letzten Häutung hervorwachsen. Die Imaginalscheiben von Musca sind nicht blos Anlage der Segmentanhänge, sondern vor ' Allem der Segmente selbst; bei Corethra aber findet sich die An- lage der Imagosegmente ebenfalls schon im Ei vor, nur nicht in Ge- ; stalt isolirter Scheiben, sondern als die fertigen Segmente der Larve, die später nur noch Anhänge zu treiben brauchen, um sich zu den Körperabschnitten des vollendeten Insects umzubilden. Der Leib der ' Imago ist also im Gegentheil mehr vorbereitet in der Corethralarve. Es kann auch durchaus nicht auffallen, dass die Segmentanhänge bei Corethra erst nach der letzten Larvenhäutung ihre Bildung beein- Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 115 nen; entständen sie früher, so müssten sie schon während des Larven- . lebens als äussere Theile erscheinen, die bei der Häutung neu sich ab- scheidende Chitindecke würde sich auch den halbfertigen Anhängen anschmiegen, und die Larve würde damit keine Larve mehr sein, die Metamorphose keine vollkommene mehr, sondern eine unvollkommene. Eine vor der letzten Häutung beginnende Bildung der Anhänge wäre bei einem metabolischen Insect von der Entwickelungsweise der Core- thra nur dann denkbar, wenn dieselben vorläufig nicht als directe Aus- stülpungen, sondern als Einstülpungen entständen, also keine Hervor- ragung auf der Oberfläche der Hypodermis bildeten, wie es denn in der That bei den Flügeln der Schmetterlinge der Fall zu sein scheint. Fassen wir aber den Modus, nach welchem die Bildung der An- hänge und speciell der Thoracalanhänge vor sich geht, näher ins Auge, so bieten sich trotz vieler Verschiedenheiten zwischen Musca und CGorethra doch auch Aehnlichkeiten, und zwar gerade in den Puncten von hervorragender Bedeutung, so dass wir sagen müssen, im Wesent- lichen geht die Bildung der Thoracalanhänge bei beiden Insecten auf gleiche Weise vor sich, und zwar lässt sich der Bildungsvorgang einfach bezeichnen als locale Aus- sStülpung einer flächenhaft ausgebreiteten Basalmem- bran. Diese Basalmembran ist in beiden Fällen die Hypodermis des Thorax, die bei Corethra zur Zeit der Anhangsbildung bereits als ein Ganzes besteht, bei Musca dagegen nur in der Anlage vorhanden ist in Gestalt vieler voneinander getrennter Stücke. Ideal besteht auch der Thorax von Gorethra aus zwölf solcher Stücke, deren jedes zur Hervor- bringung eines Anhanges fähig ist. Eine blos scheinbare Aehnlichkeit liegt in der Beziehung, welche in beiden Dipteren zwischen Nerven und den neu sich bildenden An- hängen bestehen. Bei Corethra bilden sich sämmtliche Anhänge des Thorax mit Ausnahme der Kiemen um den Endapparat eines sensibeln Nerven, um sodann mit zunehmendem Wachsthum auch den Stamm desselben in sich einzuschliessen. Von dem Neurilemm dieses Nerven geht die Bildung der Füllungsgewebe im Lumen des Anhangs aus, es bilden sich Zellwucherungen, die sich zu den Tracheen, Muskeln, Seh- nen und Nerven des Anhangs gestalten. Nur bei der Entstehung der Kiemen wird der Nerv durch eine Trachee ersetzt, die bei dem nerven- und muskellosen Organ genau dieselbe Rolle spielt wie sonst der Nerv. Auch die Imaginalscheiben der Musciden stehen mit Nerven in Verbindung, allein die Bedeutung derselben für die Entwickelung des Anhangs ist doch wohl eine ganz andere. Das ergibt sich schon aus der Thatsache, dass nicht alle Scheiben an Nervenstämmen befestigt sind, g#+ 116 Dr. August Weismann, ja nicht einmal alle diejenigen, welche gleichartige An- | hänge hervorbringen. Die zwei vordern Beinscheiben sitzen Nerven an, die hintere entspringt ohne alle Verbindung mit Nerven von einem Tracheenstamm. Der Schluss ist unabweisbar, dass die Nerven- stämme hier nichts anderes sind, als Befestigungspuncte für die Neu- bildungen. Allerdings wurde gezeigt, dass auch hier der Nerv die Neu- bildung durchsetzt, um zu seinen in der Haut gelegenen Endapparaten (Ganglien oder Muskeln) hinzulaufen, allein auch dies geschieht doch in anderer Weise als bei den Tipuliden, wo das Lumen des Anhangs der Länge nach vom Nerven durchzogen wird (so wenigstens bei den Bei- nen), während bei Musca der Anhang wahrscheinlich ganz unberührt vom Nerven bleibt, jedenfalls aber nicht von seinen ursprünglich vor- handenen Fasern, sondern höchstens von solchen durchzogen werden könnte, die während der Ausstülpung sich neu bilden. Jedenfalls geht die Neubildung der das Lumen füllenden Gewebe hier nicht vom Neuri- lemm aus, sondern von den aus dem Zerfall des Fettkörpers sich ab- leitenden Körnchenkugeln. f Aber auch in der Art und Weise, wie das werdende Bein sich aus- stülpt, zeigt sich eine nicht unerhebliche Differenz. Bei Gorethra ist es anfangs ein völlig ungegliederter ceylindrischer Schlauch, der sich in spiraliger Windung auf das ihm zugehörige Stück des Thorax hinlagert; erst wenn die Neubildung schon sehr bedeutend in die Länge gewachsen, wenn die Differenzirung der Zellenmassen des Lumens zu Geweben längst begonnen hat, zeigen sich die ersten Spuren einer Gliederung. Ganz anders bei Musca, wo die Gliederung von vornherein auftritt und mit der Länge des sich vorstülpenden Anhangs sich vervollkommnet. Ehe noch die Ausstülpung irgend erheblich über die Ebene der Grund- membran emporgestiegen ist, schnürt sich bereits die Spitze des Beins (das fünfte Tarsalglied) vom Basalstück ab; sodann schieben sich mit der Verlängerung des Tarsenzapfens die vier andern Tarsenglieder ein, während Tibia und Femur vorläufig noch ein ungegliedertes Stück bil- den, dessen vollständige Trennung in die Glieder des Fliegenbeines erst nach erfolgter Thoraxbildung vor sich geht. Während der ganzen Ent- wickelung innerhalb der Scheibe bleibt aber das Bein ein kurzer Zapfen, der sich ohne Windungen gerade über sein Thoracalstück hin erstreckt. Erst wenn der neue Thorax gebildet ist, beginnt ein mässiges Wachs- thum und noch viel später, erst in der zweiten Hälfte des Puppenschlafs, entstehen die Muskeln und andere Gewebe im Lumen des Anhangs, und das Bein nimmt auch äusserlich seine definitive Gestalt an. AusLetzterem besonders geht klar hervor, dass in der Existenz von Die Metamorphose der Gorethra plumicornis. 117 Imaginalscheiben,, die die Muscidenlarve mit aus dem Ei bringt, in der That keine grössere Vorbereitung zur Bildung des Imagokörpers liegt, dass vielmehr hier eine viel gewaltigere Umwälzung durchgemacht werden muss. Wenn Corethra sich in die Puppe verwandelt, sind die Muskeln der Flügel und Beine bereits gebildet, während von beiden bei Musca noch nicht einmal die erste Anlage vorhanden ist; die Mundtheile _ bedürfen bei Corethra nur noch der letzten Modellirung, während bei Musca der Kopf noch nicht als ein Ganzes besteht und vom Rüssel noch gar nichts gebildet ist. Wenn aber in Bezug auf äussere Gestalt und Gewebsbildung im Innern die Corethralarve ihrer Imago näher steht, so nicht minder in Bezug auf die innern Organsysteme. Auch hier findet eine vollständige Continuität zwischen Larve und Puppe statt, es treten nicht neue Or- gane an die Stelle der alten, sondern die alten bleiben bestehen, ent- weder ganz intact, oder doch nur mit geringen Veränderungen, wie sie durch die veränderte Lebensweise des Thieres erfordert werden. So geht das Rückengefäss ganz unverändert in die Mücke über, und abge- ‚sehen von der geringen Verkürzung des Schlundringes auch das Nerven- system ; andere Organe vervollkommnen sich durch Wucherung an eini- gen, Zusammenziehung und Schwund an andern Stellen ; so der Darm- tractus und die längst hoch ausgebildeten Geschlechtsorgane. Nur ganz einzelne Theile werden völlig überflüssig und zerfallen, und nirgends kommt eine vollständige, unabhängig von den bereits vorhandenen Organsystemen auftretende Neubildung vor. | Ganz anders bei Musca, wo sämmtliche Organsysteme der Larve von Grund aus zerstört werden, um sich aus neuen Bausteinen von neuem wieder aufzubauen, sei es dass sie in Molekel zerfallen, die sich dem Blute beimischen, wie die Hypodermis der vordern Larvenseg- mente, wie sämmtliche Larvenmuskeln, viele Tracheen, der vordere Theil des Darmtractus, — sei es dass sie jenen interessanten Process durchmachen, den ich als Histolyse bezeichnet habe, und dessen Wesen in einem Zerfall der histologischen Elemente besteht, ohne Auf- geben der Gesammtform des Organs und mit nachfolgendem Neubau aus den Trümmern des Gewebes. Am auffallendsten und prägnantesten tritt aber der Unterschied in den Bildungsvorgängen im Innern des Puppenkörpers darin hervor, dass bei Corethra der Fettkörper eine durchaus untergeordnete oder genau genommen gar keine Rolle spielt, während bei den Musciden ein Auf- bau der innern Organe ohne Vermittelung dieses wichtigen Körpertheils gar nicht denkbar wäre. Man braucht nur die colossalen Massen des Fettkörpers bei den Muscidenlarven, und den weisslichen, dicken Brei 118 Dr. August Weismann, zu sehen, mit dem seine Zerfallproducte die Leibeshöhle der Puppe er- füllen, um die wesentliche Bedeutung des Fettkörpers für die Musciden- entwickelung zuzugeben. Und es wurde nachgewiesen, dass der Fett- körper bei diesen Inseeten nicht blos ein Depot von Nährstoffen ist, sondern dass aus seinen Zerfallproducten ganz direct neue histologische Formelemente hervorgehen: die Körnchenkugeln, welche die Leibes- höhle der Puppe als eine compacte Masse anfüllen, deren durch Endo- genese erzeugte Zellenbrut zu Strängen zusammenschiesst und so die Grundlage der Tracheen und höchst wahrscheinlich auch der Muskeln bildet. In der That wäre es schwer begreiflich, aus welchem Material die Flügelmuskeln der Musciden entstehen sollten, wenn nicht aus den Ah- kömmlingen der Körnchenkugeln. Bei Gorethra finden wir freilich die entsprechenden Muskeln schon im Embryo in Form feiner Fäden an- gelegt; allein wie sollte dies bei den Musciden der Fall sein können, wo die Befestigungspuncte solcher Fäden, die Hypodermis des Thorax, in der Larve noch gar nicht vorhanden ist? Und ganz dieselbe Schluss- folge lässt sich auf das Tracheensystem der Imago anwenden, welchesbei Corethra von vornherein angelegt sein konnte, da sämmtliche Abschnitte des Imagokörpers in den entsprechenden Segmenten der Larve gegeben sind — welches bei Musca aber erst dann auftreten kann, wenn diese Abschnitte sich bilden, also erst im Verlauf des Puppenlebens. So besteht also in jeder Beziehung ein viel geringerer morphologi- scher Zusammenhang zwischen Larve und Imago bei Musciden , als bei Tipuliden, und in dieser Thatsache ist wohl auch der Grund des im Verhältniss zur Dauer der Larvenzeit so langen Puppenstadiums zu suchen'). Bei Sarcophaga vergehen achtzehn Tage von der Verpuppung bis zum Ausschlüpfen der Fliege, bei Corethra nur drei. Allerdings dauert dafür die Larvenzeit bei Sarcophaga nur acht Tage, bei Corethra drei oder mehr Wochen, und es kann diese Differenz nicht allein auf die ganz entgegengesetzte Ernährungsweise beider Larven zurückge- führt werden, die es der Muscalarve möglich macht, in wenigen Tagen eine grosse Masse von Nahrung durch ihren Darm passiren zu lassen, 4) Offenbar ist es nur die relative, nicht die absolute Dauer des Puppen- stadiums, welche hier in Betracht kommt. Letztere kann bei ein und derselben Art zwischen weiten Grenzen variiren ; so bezieht sich die obige Angabe, dass das Puppenstadium der Corethra nur 3 Tage dauere, nur auf den hohen Sommer, im März währt dasselbe 8 Tage. Dem entsprechend ist aber auch das Larvenleben bei solchen Märzpuppen länger gedehnt, die Larven haben überwintert und stam- men vom vorhergehenden Herbst her. Bei den Musciden dagegen überwintert die Puppe. Die Metamorphose der Gorethra plumicornis, 119 _ während die vom Raube lebende Corethra nur langsam Nährstoffe her- _ beischafft. Der Beweis liegt in dem sehr langen Zwischenraum, welcher die letzte Häutung der Larve von der Verpuppung bei Corethra trennt. Er ist sicher nichts Unwesentliches und Zufälliges, sondern wird sich _ überall da finden, wo Anlage und Ausbildung der Imaginalanhänge innerhalb dieses Zeitraumes zu Stande kommen muss. | ‚Die Puppe von Corethra unterscheidet sich offenbar in morphologi- scher Beziehung wie in physiologischer von der Muscidenpuppe; sie wird nicht erst der Imagokörper, sondern sie ist von vornherein nichts anderes und bedarf nur geringer Vervollkommnung, um als flug- und fortpflanzungsfähiges Insect auszuschlüpfen ; ein Puppenschlaf im wörtlichen Sinn fehlt daher hier vollständig, alle Functionen des thierischen Lebens nehmen in der Puppe ihren ungestörten Fortgang, nur allein die Aufnahme neuer Nahrung cessirt. Alle die Vorgänge, welche den Zeitraum latenten Lebens bei Musca ausfüllen, während dessen das Blut nicht mehr circulirt, jede Empfindung und Bewegung, sowie auch die Nahrungsaufnahme aufhört — alle Vorgänge, die sich zusammenfassen lassen als »Bildung der Puppe«, fallen bei Core- thra noch in die Larvenperiode, und die Puppenzeit lässt sich hier allein mit den letzien zwei Tagen der Muscidenpuppe vergleichen, wo auch in dieser das ausgebildete Insect der Vollendung nahe steht, wo es, wenn künstlich aus der tonnenförmigen Schale befreit, auch bereits mehr oder minder bewegungs- und lebensfähig ist. "Nach allem dem können wir zwei sich diametral gegenüberstehende Formen der Insectenmetamorphose unterscheiden, die eine repräsen- tirt durch Corethra, steht der Entwickelung ohne Metamorphose am nächsten, die andere durch Musca, entfernt sich am weitesten von der ametabolischen Entwickelung und stellt die extremste Form der Metamorphose dar. Ganz allgemein ausgedrückt bestehen die Unter- schiede zwischen Beiden darin, dass einmal eine continuirliche, das andere Mal eine discontinuirliche Entwickelung stattfindet, in dem Sinne nämlich, dass Körpertheile und Organe des einen Ent- wickelungsstadiums sich von den gleichnamigen des vorhergehenden Stadiums direct herleiten, oder dass solches nicht der Fall ist, vielmehr Körpertheile und innere Organe des späteren Entwickelungsstadiums im Wesentlichen Neubildungen sind. Kurz charakterisiren lassen sich beide Formen etwa so: Typus Corethra: Die Larvensegmente wandeln sich direct in die entsprechenden Abschnitte des Imagokörpers um; die Anhänge des Kopfes in die entsprechenden des Imagokopfes; die des Thorax entstehen nach der letz- 120 Dr. August Weismann, ten Larvenhäutung als Ausstülpungen der Hypodermis um einen Nerven oder eine Trachee, von deren zelliger Hülle die Gewebsbildung im Innern des Anhanges aus- geht. DieLarvenmuskeln der Abdominalsegmente wer- den unverändert in dielmago herübergenommen, die der Imago eigenthümlichen Thoracalmuskeln sowie einige weitereAbdominalmuskeln entwickeln sich in der letz- ten Larvenperiode aus indifferenten, im Ei bereits an- gelegten Zellensträngen. Die Genitaldrüsen datiren aus dem Embryo und entwickeln sich stetig, alle übrigen Organsysteme gehen ohne oder mit geringer Veränderung in die Imago über. Kein oder nur ein unbedeutender Fettkörper. Puppenzustand kurz und mitactivem Leben. Typus Musca: Thorax und Kopf der Imago entstehen unabhängig von den entsprechenden Hypodermisab- schnitten derLarve, nur dasAbdomen direct durch Um- wandlung der acht hintern Larvensegmente. Thorax und Kopf nebst ihren Anhängen entwickeln sich aus Imaginalscheiben, welche embryonalen Ursprungs und im Innern der Leibeshöhle der Larve an Nerven oder an Tracheen festgewachsen sind. Erst nach der Bildung einertonnenförmigen Puppenschale aus dem Chitinskelet der Larve wachsen die Imaginalscheiben zum Thorax und Kopf zusammen. Zerstörung sämmtlicher Larven- organsysteme, entweder totaloder durch Histolyse. Neu- bildung derselben unter Vermittelung der aus dem zer- fallenen Fettikörper hervorgegangenen Körnchenkugeln. Genitaldrüsen im Embryo angelegt entwickeln sich stetig weiter. Puppenzustand langdauernd und mit latentem Leben. Am schärfsten heben sich beide Typen voneinander ab durch den Besitz oder das Fehlen von wirklichen Imaginalscheiben, und ich möchte desshalb vorschlagen, die metabolischen Insecten in die zwei Haupt- gruppen der Insecta discota und adiscota zu theilen. Einer späteren Mittheilung bleibe es vorbehalten, diese Eintheilung factisch durchzuführen und zu zeigen, welche Familien der einen und welche der andern Gruppe zugehören. Hier sei nur vorläufig erwähnt, dass beide Gruppen sich nicht völlig unvermittelt gegenüberstehen, son- dern dass Uebergangsformen bestehen, so zwar, dass ganze Familien, ja vielleicht ganze Ordnungen von Insecten wegen des Mangels von { Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 121 Imaginalscheiben zwar den Insecta adiscota zugerechnet werden müssen, in andern wesentlichen Puncten ihrer Entwickelung aber sich den Dis- cota eng anschliessen. Fig. Erklärung der Abbildungen. Alle Figuren sind ohne Ausnahme nach dem lebenden Thier gezeichnet. Taf. III. Larve von Corethra plumicornis nach der vierten Häutung, schräg vom Bauch aus gesehen. Stellung nicht natürlich, sondern Kopf und Hinter- ende des Thieres durch das Deckgläschen niedergedrückt. at Antennen, at Anlage der Imagoantennen, au Auge, dahinter das punctförmige Neben- auge, m Mundeingang, ph Schlund, r Reusenartige Endkugel des Schlundes, oe Speiseröhre, ch Chylusmagen, in Darm, re Mastdarm, a After, az die denselben umgebenden fingerförmigen Schläuche. A Halsartige Verbin- dungshaut zwischen Kopf und erstem Körpersegment. os Oberes, us un- teres Schlundganglion, g! erstes Bauchganglion, g!! lelztes Bauchganglion. up Anlage des vordern Beinpaares (untere Prothoracalscheibe der Mus- ciden), ums Anlage des mittleren, umt Anlage des hintern Beinpaares (un- tere Meso- und Metathoracalscheibe). Im neunten Segment die Anlage der Genitaldrüsen, gs, die sich als Hoden schon durch ihre Gestalt kennzeich- nen. tr, tr' Tracheenblasen. Vergr. 12. . Puppe von Corethra, wie Fig. 4 nach dem lebenden Thier gezeichnet, dessen vorderer Theil in reiner Profilansicht sich darstellt, während der hintere durch den Druck des Deckgläschens auf die Schwanzflosse all- mählich in Bauchansicht übergeht. psch Puppenscheide, von welcher sich an vielen Stellen die bereits weit ausgebildeten Imagotheile zurückgezogen haben. Auge und Nebenauge noch wie in der Larve, davor die nach rückwärts geschlagene, bereits gegliederte und behaarte Antenne at. m Flügelmuskeln, zwei Lagen, die sich fast rechtwinklig kreuzen. stk Stigmenkiemen, mit welchen die Längsstämme des Tracheensystems, tr, zusammenhängen. abd! Erstes Segment des Hinterleibs, das achte ausgezeichnet durch die Flossenanhänge, zwischen welchen die lanzett- lichen Anhänge liegen, in denen bereits der Penis ausgebildet. tr’ Rest der zusammengefallenen hintern Tracheenblasen der Larve. Vergr. 12. Fig. 3—8 stellt die Bildung der untern Thoracalanhänge (Beine) dar. Fig. 3 A. ErSte Anlage des linken vordern Beines aus einer Larve kurz nach Be- endigung der vierten (leizten) Häutung; Flächenansicht. In die Chitinhaut eingesenkt die Tastborsten !b, gegen welche der dreigetheilte Nerv hin- läuft. Die im Umkreis der drei Borsten mächtig gewucherte Hypodermis erscheint als ovale Scheibe k, umgeben von dicker Hüllmembran hy’. Erst der optische Querschnitt der Neubildung in Fig. 3, B lehrt die schein- bare Hülle als Umschlagsrand (hy’) der nach innen grubenförmig einge- stülpten Hypodermis kennen, die Scheibe als die Kuppe %k eines vom Boden der Einsenkung nach aussen wuchernden Zapfens. Im Lumen des 122 Dr. August Weismann, Zapfens (der Anlage des Beins) verläuft der Nerv, dessen Neurilemm be- reits Zellenwucherungen gebildet hat (Fig. 3, a, zw). In 3, A läuft der innere Zweig des Nerven noch direct zu seiner Tastborste, um erst später mit ins Lumen des Anhangs hereingezogen zu werden, hy Normale Hypo- dermis, ch Chitindecke. Vergr. 330. Fig. 4. Anlage des linken mittleren Beins, aus einer etwas älteren Larve;; optischer Querschnitt. Beinzapfen in die Länge gewachsen, in seinem Lumen die Zellenwucherungen des Neurilemms. Vergr. 330. Fig. 5. Anlage des rechten vordern Beins aus einer etwas älteren Larve; Bauch- ansicht. Beinzapfen in die Länge gewachsen beginnt sıch spiralig aufzu- rollen. k Kuppe des Beins, b Basis desselben (Ausstülpungsstelle vom Boden der Hypodermisgrube), r zellige Rinde, ! Lumen desselben, letzteres nicht mehr ausgefüllt von den Zellenwucherungen des Neurilemms, welche sich zu rundlichen Gruppen an vielen Stellen der Wandung anschmiegen zw. n Nerv, n’ Stelle, an welcher er in das Lumen des Beinzapfens ein- tritt, n’”’ seine drei Endzweige, welche die Wand der Kuppe durchsetzend zu den drei Tastborsten ib hinlaufen. hy’ Umschlagsrand der Hypodermis. Vergr. 330. | Fig. 6. Anlage eines mittleren Beins im optischen Querschnitt, oder vielmehr in Seitenansicht; aus derselben Larve. Kuppe des Beinzapfens nicht sicht- bar, nur die Windung, welche zu ihr hinführt. Bezeichnung und Ver- grösserung dieselben. Fig. 7. Anlage des linken vordern Beins aus einer ältern Larve. Bauchansicht. Der Beinzapfen bildet eine volle Spiralwindung; b seine Basis, k seine Spitze. Von letzterer laufen die austretenden Nerven als feine, blasse Fäden n’” zu den Tastborsten tb. Im Lumen des Beins der Nerv undeutlich, dagegen die Sehnenanlage s von der Kuppe bis zur Muskelanlage zw’ zu- rückverfolgbar. Nerv an seiner Eintrittsstelle n’ deutlich, verliert sich dann in Zellenmassen zw, aus welchen später Muskeln, Sehnen und Tra- cheen hervorgehen. Der Umschlagsrand der Hypodermis Ay’ imponirt jetzt noch mehr denn früher als eine die Neubildung einschliessende Hülle. Vergr. 330. Taf. IV. Fig. 8. Erstes Körpersegment einer der Verpuppung nahe stehenden Larve; Bauchansicht. Die beiden spiralig aufgerollten Beinanlagen berühren sich in der Mittellinie, die Ausstülpungsstelle rückt nahe an das erste Bauch- ganglion g! heran, Der Nerv n’, n’’ nur an seinem Ein- und Austritt sicht- har. Rechte Hälfte des Segmentes nur angedeutet, Lumen des Beins, 1, hier im optischen Querschnitt sichtbar. cx Coxalstück, fe Femur, die Gliederung jedoch noch nicht scharf ausgesprochen. stk Stigmenkieme, hy Umschlagsrand der Hypodermis. Vergr. 80. Fig. 9—144 erläutert die Bildungsgeschichte des Rückenanhanges vom Prothorax, der Stigmenkieme. Fig. 9 A. Dessen erste Anlage im optischen Querschnitt, eine Ausstülpung der _ mächtig verdickten Hypodermis, welche hier nicht senkrecht gegen die Fläche der Chitindecke steht, sondern sich fast parallel derselben nach vorn über die normale Hypodermis hinlagert. Innere Wand der Ausstül- Die Metamorphose der Corethra plumicornis, 123 pung stk’ bedeutend dünner, als äussere stk, welch letztere nach hinten ohne scharfe Grenze in die normale Hypodermis übergeht. Ein Um- schlagsrand der Hypodermis existirt daher nur vorn bei hy’. tr Die senk- recht zur Haut ziehende, noch luftleere Trachee. Fig. 9 B. Die Neubildung etwa auf dem gleichen Stadium aus einer andern Larve Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. und von der Fläche gesehen. hy’ Umschlagsrand der Hypodermis, stk der ausgestülpte Zapfen, ! dessen sehr enges Lumen, stk’ der Umschlagsrand der innern Wand der Ausstülpung, ir Intima der Trachee, als ein dunkler punctförmiger Kreis auf der Fläche der Hypodermis endend. Vergr. 330. . Die Neubildung in einem viel späteren Stadium ; optischer Querschnitt. Die Ausstülpung, welche vorher solid war (in der Periode zwischen Fig. 9 u. 10), erscheint jetzt als eine conische, dünnwandige Hülle, A, in deren Innerem eine knospenförmige Neubildung liegt:- die eigentliche Stigmenkieme stk ; diese manifestirt sich als zum Respirationsapparat ge- hörig durch den directen Zusammenhang ihrer Wandung und ihres Lu- mens mit Wand und Lumen der senkrecht zur Haut verlaufenden, dort aber rechtwinklig umbiegenden Trachee tr. hy’ Wucherungen der Hypo- dermis als Vorbereitung zur Haar- und Borstenbildung der Imago. Vergr. 80. 411 A. Die fertige Stigmenkieme isolirt. ir, tr Tracheen, oe Oeffnung an der Spitze. Die polygonale Zeichnung gehört nicht der äussern Haut an, son- dern der Wandung der Kieme selbst, zwischen deren Zellen sich braune Chitinstäbe abgelagert haben, von deren Knotenpuncten frei ins Lumen ragende Chitinborsten entspringen, Vergr. 80. 14 B. Stückchen der Kiemenwand mit Essigsäure behandelt, um die Zellen- kerne deutlicher zu machen, ch die Chitinstäbe. Vergr. 330. 41 ©. Wandung einer noch farblosen, sonst aber völlig ausgebildeten Stigmen- 12 ar kieme im optischen Querschnitt. % Hülle, morphologisch die Wand des dorsalen Prothoracalanhangs, c feine Cuticula auf ihrer Aussenfläche, k Wand der Kieme. ch die noch farblosen Chitinstäbe zwischen den Wan- dungszellen, db die frei ins Lumen ragenden Borsten ; w freier, mit klarer Flüssigkeit gefüllter Raum zwischen h und k. Vergr. 330. Flügelanlage kurz nach ihrer Entstehung im optischen Querschnitt. fl Anhang, dessen Wandungen von bedeutender Dicke, ! Lumen desselben ; hy' Umschlagsrand der Hypodermis, hy" grubenförmige Einsenkung der Hypodermis; 5b Ausstülpungsstelle (Basis) des Anhangs; n Nerv (9). Vergr. 330. 43 u. A4 zur Entwickelung der Gewebe im Innern des Beins. 13. Basale Hälfte der Beinanlage. r Rinde des Beinschlauchs aus senkrecht auf die Achse gestellten Zellenreihen gebildet, im Lumen der Nerv n (mit Sicherheit nur an seiner Eintrittsstelle unterscheidbar) und die ursprüng- lich von seinem Neurilemm ausgegangenen Zellenwucherungen ; zw der- gleichen, aus welchen Muskeln, 2’ solche, aus denen eine Trachee her- vorgeht. Diese Zeichnung gibt zugleich den einzigen Fall wieder von einem Zusammenhang zwischen den Zellen der Rinde und den muskelbildenden Zellen, bei b scheinen beide verwachsen und die Rindenzellenreihen durch diese Verwachsung in die Länge gezerrt. Dies ist abnorm und kam ausser- dem nicht vor, Vergr. 330. 124 Dr. August Weismann, Fie. 14. Aus einer älteren Larve; Femurstrecke des Beins. Die Rinde relativ dün- ner, ihre Zellen ohne bestimmte Anordnung, gegen das Lumen hin eine scharfe Grenzlinie, nach aussen eine zarte Cuticula, ec. Die Zellenmassen im Innern flach ausgebreitet und zu Geweben angeordnet, von welchen nur Muskeln und Sehnen angegeben sind. m Muskelprimitivbündel aus axaler Kernsäule und contractiler Rindenschicht. Auf der Oberfläche des Muskels die Sehnenanlage s, in deren Axe bereits ein feiner Chitinfaden ch; m’, m’ Muskeln. Vergr. 330. 15. Die Spitze des Beins einer Larve nach Bildung der Puppenscheide. ps Pup- penscheide, r zellige Rinde, s Sehne, n vermuthlich der Nerv, dessen Ver- bindung mit den drei Ganglienzellen g jedoch nicht zu erkennen war; n’ die drei die Puppenscheide durchbohrenden Nerven der Tastborsten tb. Vergr. 330, jedoch etwas kleiner gezeichnet (ohne Zeichenapparat). Fig. 16. Die Wand des fünften Segmentes einer ausgewachsenen Larve. v Chylus- magen, ch äussere chitinöse Haut, hy normale Hypodermis, hy’ Wucher- ungen derselben. Vergr. 80. Fig. FQ Taf. V. Fig. 17. Kopf einer fast ausgewachsenen Larve. coll Hals, oce Hinterhaupt, dicker Theil des Kopfes, eigentliche Kopfkapsel, fr Stirn, fr’ Stirnfortsatz;, at An- tennen, !b Oberlippe, md Mandibeln,, mx! Taster der ersten Maxille, mx? Unterlippe. sat Sehne des Antennenmuskels, 1b’, 1b” Muskeln der Ober- lippe, md’, md’ zwei der drei Mandibelmuskeln. os Oberes Schlund- ganglion (Gehirn), von welchem nach hinten die Commissur zum untern Schlundganglion abgeht, nach vorn der Antennennerv. Dieser, nat, durch- hohrt das kuglige Endstück der Anlage der Imagoantenne at’, verläuft im Innern derselben, um sie an ihrer Spitze wieder zu durchbohren und frei das Ganglion gat zu erreichen. Bei 80facher Vergrösserung, aber etwas verkleinert gezeichnet. Fig. 48. Zur Bildung der Imagoantenne, aus einer Larve bald nach der vierten Häutung. fr Spitze des Stirnfortsatzes, bat Basis der Antenne. ch Chitin- haut, Ay normale Hypodermis. at’ Die nach rückwärts wuchernde Dupli- catur der Hypodermis, gb das Gubernaculum der Antennenanlage, nat An- tennennerv, der vor seinem Eintritt in das Lumen der Neubildung einen Zweig nach oben zu der Hautborste !b abgibt; a äusseres, i inneres Blatt der Antennenanlage. Vergr. 330. Fig. 19. Von einer etwas älteren Larve. Anlage der Imagoantennen bedeutend in die Länge gewachsen, man erkennt im Lumen derselben die Zellenwucher- ungen des Neurilemms, nat Nerv, gb Gubernaculum, mat Antennenmuskel, mib Levator der Oberlippe, hy’ verdickte Hypodermis der hintern An- tennenwand. Vergr. 460. Fig. 20. Rück wärtszieher der Kiefer aus der lebenden Larve, die eine Hälfte quer- gestreift, die andere stark längsstreifig. Vergr. 330. Fig. 24. Eines der Sinnesorgane unbekannter Bedeutung aus dem vierten Segment einer vor der vierten Häutung stehenden Larve. n Nerv aus dem vierten Bauchganglion kommend, g seine Anschwellung zu einem mehrzelligen Ganglion, dessen Kerne hier so gezeichnet sind, wie sie nach Essigsäure - wirkung erscheinen. 5b Der vordere Strang aus indifferentem Gewebe, zur f} \ Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 125 Fixation des hintern Stranges s dienend, in welchem spindelförmige Kerne und feine Stäbchen erkennbar sind. Von s ist nur etwa '/, der Länge ge- zeichnet, auch von d fehlt ein Stück. Vergr. 600. Fig. 22 A. Kopf einer jungen dicht vor der ersten Häutung stehenden Larve; die Hypodermis überall von der Chitindecke zurückgezogen und bedeutend verdickt, lässt deutlich die Verschiedenheiten in der Gestalt der Kopf- anhänge, wie sie nach der Häutung auftreten, erkennen. at’ Der nach innen umgestülpte und bedeutend in die Länge gewachsene Hypodermis- schlauch, im Lumen der Einstülpung die neugebildeten, noch farblosen Borsten, zwischen deren Spitzen der alte, bei der Häutung zerfallende Antennennerv nat hervortritt. os Gehirn, von welchem schräg nach vorn der Nerv zum Auge läuft; sp gemeinschaftlicher Ausführungsgang der Speicheldrüsen mit Reservoir an der Mündungsstelle. 1’ Neue Oberlippe, sb schilfblattähnliche Borsten, der jungen Larve fehlend. Vergr. 330. Fig. 22 B. Auge einer eintägigen Larve. n Sehnerv, %k Krystallkegelzellen, bei k’ in eine mit den Zellen der Hypodermis zusammenhängende Spitze ausge- zogen, bei k’”’ miteinander verschmolzen. Vergr. 600. | Fig. 23—26 zur Bildungsgeschichte des Hauptauges. Fig. 23. Hinterer Theil des Kopfes einer Larve, drei Tage nach der ersten Häutung. . 24. . 25. os Gehirn, mph Levatoren des Pharynx (nur in ihrem obern Theil ge- zeichnet), nat Antennennerv mit drei Zweigen zu Tastborsten des Schei- tels und der Stirn, mat Antennenmuskel, mib, mib’ Levatoren der Ober- lippe; der Stamm des Augennerven spaltet sich in zwei Zweige, deren vorderer zu der bereits gelb pigmentirten halbmondförmigen Anschwel- lung der Hypodermis läuft, der ersten Anlage des Hauptauges. Vergr. 330. Anlage des Auges bei 600facher Vergrösserung, nur um Weniges weiter entwickelt; vier grosse mit rothbraunem Pigment gefüllte Zellen, hinter diesen eine Reihe farbloser, stark lichtbrechender Bildungszellen der Krystallkegel *’. Taf. VI. Oberer Theil des Kopfes einer Larve, dicht vor der zweiten Häutung. hk Hinterer Kopfrand ; die Antenne at ohne Hypodermis, da dieselbe be- reits in der Rückstülpung begriffen ist (a’), bat die neugebildeten, noch weichen Antennenborsten, mat Antennenmuskel, hy’ zurückgezogene und bedeutend verdickte Hypodermis des Stirnfortsatzes, gr Grenzlinie, bis zu welcher die Verdickung nach hinten reicht, die Muskeln der Oberlippe an ihrer Querstreifung kenntlich, 9m zwei im Text nicht erwähnte quere Muskeln, die beide Seitenflächen des Stirnfortsatzes einander nähern (man sieht nur die Ansatzflächen). os Gehirn; Anlage des Hauptauges bedeu- tend vergrössert gegen Fig. 24, am Rand der braunen Pigmentzone sind Krystallkegelzellen sichtbar, weiter nach vorn aber in der noch fast farb- losen Parthie der halbmondförmigen Hypodermisanschwellung eine feine radiäre Streifung, auf die Anlage der Nervenstäbe zu beziehen. bw Gelb- gefärbtes Bindegewebe. nat Antennennerv. Vergr. 330. Fig. 26 A. Von einer Larve nach der vierten Häutung. Das Hauptauge vollkom- men ausgebildet, von den Krystallkörpern, welche die ganze Pigment- fläche bedecken, wurden nur die am Rand gelegenen angegeben ; hinter 126 Dr, August Weismann, dem Hauptauge das Nebenaäuge (@u’) und über diesem das »rudimentäre Auge« Leydie’s (&): g. 26 B. Das letztgenännte Organ in späterer Zeit aus einer der Verpuppung nahen Larve. Die Zellenrosette in die Länge gezogen, die Kerne durch stark lichtbrechende unregelmässig eckige Klümpchen ersetzt. n Nerv. Vergr. 330. Fig. 27. Die unter Leitung des Gubernaculum (gb) rückwärts wachsende Anlage der Imagoantenne kurz vor ihrer Ankunft am Gehirn. A Antennenanlage, bat scheibenförmiges Basalglied derselben, auf dessen äusserer Fläche das schlauchförmige Hauptstück entspringt (nur zum kleinsten Theil gezeich- net, vergleiche Fig. 47) ; a äusseres, ö inneres Blatt, im Lumen die Zellen- wucherungen des Neurilemms, nat Antennennerv, auf der medianen Fläche in die Basalscheibe eintretend ; gb Gubernaculum, zum Theil verdeckt durch die dem Hautnerv n zu Liebe flächenhaft gezeichnete Hypodermis ; mph Levatoren des Schlundes, die Lage des dicht hinter ihnen befind- lichen Gehirns bezeichnend. Vergr. 330. Fig. 28 A. Neuntes und zehntes Segment einer eben ausgeschlüpften Larve. gs An- lage der Genitaldrüsen, ir Tracheenblasen mit wenigen grossen Pigment- flecken auf der Oberfläche ihrer Peritonealhaut, tr’ Anlage der Tracheen- stämme der Imago in Fig. 28 B. bei 600facher Vergrösserung dargestellt. f Homogene Fäden, welche die Genitaldrüsen an die Leibeswand befestigen. Vergr. 330. Fig. 29 A. Neuntes und zehntes Segment aus einer Larve nach der vierten Häu- tung. ov Ovarien, od Anlage des Oviducts, f Fixationsfäden, hy’ verdickte Hypodermis, tr Tracheenblasen, ch Chylusmagen, Ma Schlinge eines MAL- pıcHr’schen Gefässes. Vergr. 80. Fig. 29 B. Die unterste Kammer einer Ovarialröhre aus derselben Larve. ep Epi- thel, dz dotterbildende Zellen, in einigen von ihnen ein Fetttropfen, die Keimbläschenzelle aus ihnen nicht herauszuerkennen. Vergr. 300. Fig. 30 A. Hoden einer ausgewachsenen Larve, f vorderer Fixationsfaden, vd An- lage des Ausführungsganges ; mz Mutterzellen. Vergr. 160, Fig. 30 B. Eine Mutterzelle bei 400facher Vergrösserung. tz Tochterzellen mit Kernen im Innern. F Taf. VII. Fig. 31. Kopf einer fast ausgewachsenen Larve in Ventralansicht (nur der hintere Theil gezeichnet). md Mandibeln, mx! Taster der Maxillen , m&? Unter- lippe. Unter dem Maxillarstück liegt als gewundener Schlauch die Anlage des Maxillartasters der Imago (ft), unter der Unterlippe die Anlage der Unterlippe der Imago, welche aus paarigen cylindrischen Ausstülpungen vom Boden einer Hypodermiseinsenkung (hy’) besteht; in jede derselben tritt ein Nerv.n, n’, der das Lumen mit den Wucherungen seines Neuri- lemms anfüllt; A Anlage des Haustellum ; ch feine Chitinleiste, das drei- eckige Unterlippenstück einfassend ; hk hinterer Kopfrand. Vergr. 460. Fig. 32. Dieselben Theile schräg von der Seite gesehen. mx’ Maxillartaster der Larve, t Anlage des Imagotasters, eine deutliche zapfenförmige Ausstül- pung der Hypodermis hy. ma? Anlage der Imagounterlippe, h des Haustel- lum,, hy’ die grubenförmige Einstülpung der Hypodermis, n Unterlippen- nerv; ph Pharynx, hk hinterer Kopfrand. Vergr. 460. Fig. 33. Die Metamorphose der Corethra plumieornis, 127 Kopf einer Larve unmittelbar vor der Verpuppung; ch Chitinskelet, at’ Imagoantennen, bereits von der Puppenscheide überkleidet, aus ihrer Spitze der Antennennerv nat hervortretend ; überall die Hypodermis vom Chitinskelet zurückgezogen und mit der Puppenscheide bedeckt; t An- lage des Maxillentasters, mx? Anlage der Unterlippe. Vergr. 80. . Kopf einer jungen Puppe. at Antennen, md Mandibeln, mxl, mx? erstes und zweites Maxillenpaar, { Maxillartaster, pl erstes Bein, am Rand im optischen Querschnitt sichtbar und hier zugleich die Puppenscheide ps abgehoben von der Zellenrinde ri, während sonst überall beide noch dicht aneinander liegen. Vergr. 80. Fig. 35—38 zur Entstehung der Flügelmuskeln. Fig. 35. Fig. 36. Fig. 37. Fig. 38. Aus einer jungen Larve, kurz nach ihrer dritten Häutung; Dorsalansicht des vordern Theils des Thorax. ch Chitinhaut, Ay Hypodermis, M medianer Längsmuskel der Larve, m mediane, ! laterale Muskelanlage, erstere in vier, letztere in zwei Zipfel auslaufend, n der beide verbindende, quere Strang, Nerv und Tracheenanlage zugleich darstellend ; er perforirt /, um in die Tiefe zu steigen und dort in den Strang n’, vermuthlich ein Nerven- stämmchen, einzumünden ; die Muskelanlage m durchbohrt er nicht, son- dern tangirt nur deren innere Fläche, um sich in zwei Aeste zu spalten, wovon der eine n’ der Nerv des Muskels M ist, der andere aber als breite, kernhaltige Platte mit m verschmilzt und erst weiter hinten als feine Tracheenanlagen ir und ir’ die Muskelanlage wieder verlässt. Vergr. 600. Aus einer älteren Larve; dieselbe Ansicht. M, M Mediane Längsmuskeln der Larve, M’ ein seitlicher Larvenmuskel, unter welchen das Nerven- ästchen n’ hinläuft ; von der linken Körperhälfte wurde die mediane Muskel- anlage hinzugezeichnet und zwar in unverändertem Zustand, während auf der rechten Körperhälfte Essigsäurewirkung angegeben ist. Die mediane Muskelanlage (m) hat sich durchweg in zwei Hälften getheilt, während die laterale noch einfach ist. Im Strang n ein feines, helles Lumen sichtbar, der Nerv n’’ das Sarkolemma des Muskels M durchsetzend. ir Tracheen- anlagen. Vergr. 330. Dieselben Theile aus einer Larve kurz nach der vierten Häutung. Die laterale Muskelanlage zeigt das Aussehen, welches durch Essigsäure ein- tritt. M’ Ein fadenförmiger, nicht constanter Muskel der Larve, zu dem vom Strang n’ aus ein blasser Faden (Nerv?) hinläuft, sowie eine dünne plattenförmige Membran; beide Theile nebst dem der Muskelanlage I! parallellaufenden Strang !’ wurden nur in diesem Fall beobachtet und sind als individuelle Besonderheiten aufzufassen, wie sie vor Allem auch bei der Anlage der Tracheen sich häufig vorfinden. Die mediane Muskel- anlage (m) bildet jetzt zwei vollständig getrennte Bündel. Vergr. 330. Diegelben Theile aus einer dicht vor der Verpuppung befindlichen Larve. Die beiden medianen Muskelanlagen m und m’ sowie die laterale ! sind in ' der Längstheilung begriffen. Vergr. 160. Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren. Vorläufige Mittheilung von El. Mecznikow. —. Nach den schönen Beobachtungen von WeEIsMann über die Ent- wickelung der Dipteren ist es sehr wichtig geworden, die embryologi- schen Erscheinungen in anderen Insectenordnungen zu verfolgen, um damit eine möglichst klare Einsicht in die vergleichende Entwickelungs- geschichte der Insecten zu gewinnen. — Als Material dafür können meine Untersuchungen dienen, die ich hier nur kurz mittheilen und erst später in ihrem vollen Umfange veröffentlichen will. Als einen Theil davon kann man meinen vorläufigen Aufsatz über die embryonale Entwickelung der Cecidomyienlarve!) ansehen. Zunächst will ich Einiges über die Embryologie von Gorixa (die Art ist noch unbestimmt geblieben, da ich bis jetzt keine hinreichend ausgewachsenen Individuen bekommen konnte) mittheilen. Da aber die Eier dieser Heteroptere für die Beobachtungen der Bildung des Blasto- derms sehr ungünstig sind, so beginne ich meine Darstellung mit dem Stadium, in welchem die Keimhaut schon vollständig ausgebildet ist. — Diese überzieht den ganzen Dotter und besteht aus einer einzigen Zellen- schicht. Von den Polzellen konnte ich nichts auffinden. — Die erste embryonale Veränderung besteht in der Bildung einer kleinen Grube an demjenigen Eipole, welcher nach oben gerichtet ist und der dem Haftapparate anliegt. Um diese Zeit findet auch die Bildung” des Keim- streifens statt, indem der auf der weniger convexen Eiseite liegende Blastodermtheil sich etwas verdickt, während die entgegengesetzte Parthie der Keimhaut sich von der übrigen loslöst und dicht auf die Dotterhaut auflegt; etwas später kommt dieser abgesonderte Theil des 4) Im Archiv für Naturgeschichte 4865. I. Bd. S. 304. Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren. 129 Blastoderms zur Bildung einer selbstständigen, den ganzen Embryo umgebenden Membran, die man rated als _ »Amnion inseetorum« bezeichnen könnte. Es geschieht also beiGorixa (ebenso wie bei andern Insecten mit »regmagenem« Keim- streif, wie ich es später nachweisen werde) kein Riss des Blastoderms, wie es ZappAcn und Weısmann annehmen, sondern nur eine Loslösung einer Keimhautparthie, wodurch der Dotter auf der Rückenseite frei wird. — Während dieser Veränderungen nimmt die oben beschriebene Kopfgrube an Grösse zu; ihre der flachen Eifläche!) zugekehrte Wand zeigt dann eine mittlere Einschnürung, welche auf den Keimstreifen sich ausdehnt und ganz bestimmt die Bildung der Keimwülste repräsentirt. Die beiden Seitenwände der Kopfgrube lösen sich von dem Keimstreifen ab und erscheinen jetzt als besondere Blätter; diese wachsen weiter und, nachdem sie mit einander verschmolzen, kommt es zur Bildung eines besondern, den ganzen obern Theil des Keimstreifens umgeben- den Gürtels. Nachdem dies geschehen, beginnt der Uebergang des Keim- streifens von der flachen Eifläche auf die convexe. — Dies geschieht aber nicht durch eine einfache Umdrehung, sondern durch dieBil- dung eines neuen Keimstreifens. Dieser entsteht an der con- vexen Eifläche und wächst allmählich in die Länge, wobei er durch eine dünne Dotterschicht von der Dotterhaut getrennt wird. Das Wachsthum dieses neuen definitiven Keimstreifens geschieht offenbar auf Kosten des primitiven Keimstreifens, da der letztere allmählich atrophirt. FEu Gleichzeitig mit der Bildung des definitiven Keimstreifens wächst auch die auf derselben Eifläche liegende Seite des oben beschriebenen Gürtels; dadurch entsteht eine besondere, den Keimstreif überziehende brain welche das sog. » Faltenblatt« repräsentirt. vr Mit dem Ende der geschilderten Vorgänge tritt auch das Ende der ersten Entwickelungsperiode ein. — Die zweite beginnt mit der Grössen- zunahme des Keimstreifens, wobei er die erwähnte dünne Dotterschicht - vollständig verdrängt. Im Laufe dieser Periode wird das »Faltenblatt « durch das Wachsthum des Keimstreifens in der Mitte in zwei Hälften ® gerissen. Jede von diesen theilt sich dabei in einen obern kleinern und einen untern Theil, welche beide durch einen besondern Dotteraus- _ wuchs voneinander getrennt werden. Der obere Theil repräsentirt die bekannten »Scheitelplatten«, während der untere zur Bildung der Mündwerkzeuge und Beine seine Verwerthung findet. F Fi; R 2 E 2 r an aM 4) Mit dem Namen »flache Eifläche« bezeichne ich die weniger convexe Fläche, welche dem Rückentheile des ausgebildeten Embryo entspricht, während die ent- gegengesetzte stärker gewölbte Eifläche » convexe Eifläche« von mir genannt wird. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Rd. 9 130 El, Meeznikow, Dieser Process der Bildung der Extremitäten aus dem Faltenblatie, das ich deshalb als »Extremitätenblatt« bezeichnen möchte, schliesst die zweite Entwickelungsperiode. Die Schilderung der Vorgänge, welche im Laufe der dritten oder letzten Periode vor sich gehen, werde ich erst bei der vollständigen | Beschreibung meiner Beobachtungen geben, weil dabei viele Detail- beschreibungen resp. Zeichnungen vollkommen unentbehrlich sind. Während die Entwickelung der Hemiptera heteroptera, wie eben N beschrieben, vor sich geht, zeigt die Embryologie der Homopteren viele auffallende Unterschiede, auf deren kurze Beschreibung ich ohne Weiteres übergehe. — Von diesen habe ich besonders die viviparen Aphiden, theilweise aber auch die Gocciden einer Untersuchung unter- worfen. Was die Bildung des Blastoderms betrifft, so stellen uns die Pseud- .ova der Aphidenammen!) ein sehr empfehlenswerthes Beispiel dar, da man an ihnen die Theilung des Keimbläschens sehr gut be- obachten kann. Hier entstehen, wie ich früher für Gecidomyia angegeben habe, die Kerne der Blastodermzellen aus den Abkömmlingen des Keimbläschens, der Zelleninhalt aber — aus dem »Dotterproto- plasma«. Die Vermehrung der Blastodermzellen geschieht am untern (nach dem Verhalten zu den Keimröhren) Ende des Pseudovums; da- durch entsteht hier ein kleiner Wulst, dessen Wachsthum in die Höhe sehr stark vor sich geht. Dabei zieht sich der helle Dotter sehr stark zusammen und bildet später einen stark lichtbrechenden unactiven Körper; es entsteht aber bald ein zweiter, definitiver, gelber Dotter. Dies kommt dadurch zu Stande, dass im beschriebe- nen Wulste eine Zelle mit gelbem Inhalte sich von den übrigen aus- zeichnet und durch ihre Vermehrung (wahrscheinlich durch Theilung) einen neuen gelben Wulst bildet, welcher neben dem vorher beschrie- benen seine Stelle findet. Der gelbe Wulst repräsentirt den definitiven Dotter, während derandere, aushellen Zellen gebildete, noch immer im Wachsthum fortschreitet und bald zur Bildung des Keimstreifens kommt. Im Laufe der geschilderten Vorgänge bleibt das Blastoderm noch ganz unverändert, indem es die beiden beschriebenen Wülste voll- kommen umgiebt. Wenn aber die letzteren bis zum obern Pole der. Keimhaut gewachsen sind, durchbrechen sie diese und der höher liegende Dotter tritt jetzt nach aussen hervor. Der Keimstreifen biegt sich t) Ich habe grösstentheils Aphis pelargonii und Aph. rosae, theilweise aber auch manche andere Arten untersucht. Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren, - Aal s ‚der Länge nach, wächst aber noch immer fort, so dass das unveränderte _ Blastoderm nur seinen untern Theil umgiebt, eine Umhüllungshaut bildend. Jetzt ist man schon im Stande, verschiedene Körpertheile am Embryo zu unterscheiden, und bald beginnt die Bildung der Extremitäten. Es zeigt sich jetzt, dass das Blastoderm zu _niehts anderem, als zu den Scheitelplatten wird, wäh- rend ich bei den beobachteten Aphiden ein besonderes Faltenblatt nieht finden konnte. Es stellt sich also heraus, dass der untere Theil des Keimstreifens die Anlage des Kopfes bildet, auf der jetzt drei Extremitätenpaare _ und eine Oberlippe entstehen. ieh mittleren Theile des Keimstreifens nehmen die Beine ihren Ursprung, während sein oberer Theil sich nach innen krümmt und die Anlage des Abdomens repräsentirt. 4 M Bi x 2 | Das zuletzt beschriebene Stadium wurde von Huxrer!) beobachtet, | ‚aber, _ wegen der mangelhaften Beobachtungen, in ganz umgekehrter les Weise gedeutet. Den wirklichen Thorax bezeichnet er als Kopf, den 4 7 heil, an dem die Mundextremitäten sich befinden — als Thorax, wäh- ‚rend das Ende des Keimstreifens, welches zur Bildung des Hirns später _verwerthet wird, resp. die en Huxrey für »rudiment of E abdomen « hält. — Der Ursprung dieses Fehlers liegt darin, dass Huxey h das besprochene Stadium mit den späteren Entwickelungsmomenten ‚verglichen hat, wenn der Embryo seine ursprüngliche Lage verändert, indem er jetzt seinen Kopf nach oben {nach dem Verhalten zu den Behr zugekehrt hat. - Die späteren Veränderungen werde ich an einem anderen Orte "ausführlich schildern. Dann hoffe ich auch einige Verhältnisse aufzu- klären, die ich noch nicht deutlich genug beobachtet habe, und einige E ragen zu entscheiden , wie z. B. über die An- oder Aeresenhäit der 4 ‘oben als » Amnion rum « bezeichneten Membran. 3 Von den Coceiden habe ich Coccus vitis, Aspidiotus nerii und einige Stadien aus der Entwickelung der Sommergeneration von Chermes abietis beobachtet. Die Entwickelung aller drei Gattungen ‚scheint im Allgemeinen den gleichen Verlauf zu haben. — Die folgen- den Bemerkungen beziehen sich hauptsächlich auf Coccus. Am öbern Br des den Dotter nur unvollständig umgebenden Blastoderms bildet sich , ähnlich wie bei Corixa, eine Kopfgrube. Dieser entspricht eine one der Keimhaut, welche mehr und mehr in das Innere des Dotters wächst, was die Beobachtung ausser- ordentlich schwierig macht. Während des beschriebenen Vorganges 1) On the Agamic Reproduction and Morphology of Aphis. 1858. 9* 132 El. Meeznikow, Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren, löst sich das Blastoderm vollständig auf, so dass von ihm nur der oberste = Theil verbleibt. tr Der vollständig vom Dotter umgebene Wulst wächst mehr in die 3 Länge, so dass er sich krümmt und erst nach langer Dickenzunahme 1 ‘den peripherischen Theil des Dotters verdrängt und dann frei die Dotterhaut berührt. | Mit dem Wachsthume des vembryonalen Wulstes« wächst auch die in ihm vorhandene Grube, welche den Wulst in zwei ungleich grosse Abschnitte theilt, von denen der grössere zum eigentlichen Keimstreif, der andere — zum Faltenblatte sich umbildet. Ausser den Hemipteren habe ich noch einige andere Insecten nach ihrer Entwickelung mehr oder weniger vollständig untersucht. Ziemlich vollständig ist die von mir beobachtete Entwickelungsge- schichte von Simulia, deren Schilderung ich bei späterer Gelegenheit noch liefern werde. Jetzt will ich nur hervorheben, dass bei Simulia und Phryganca, ebenso wie bei Gorixa, der Rückentheil des Blastoderms zur Bildung eines »Amnions«, das Faltenblatt — zur Bil- dung der Extremitäten verwerthet werden. Schliesslich muss ich bemerken, dass alle meine Untersuchungen über die Embryologie der Insecten von mir während meines Aufent- | haltes in Giessen, im Laboratorium des Herrn Prof. Leuckarrt, angestellt wurden, dem ich hier meinen Dank auszusprechen mich verpflichtet, fühle. Sorrento, den 17. September 1865. Kleinere Mittheilungen. Neue Methode Schmetterlinge zu copiren. Von Dr. Hermann Landois in Münster. Es gibt wohl keine zeitraubendere Beschäftigung, als einen Schmetterling genau - nach der Natur zu copiren. Trotzdem würde sich Mancher die Zeit nicht ver- - driessen lassen, wenn ihm überhaupt die Kunstfertigkeit des Malens nur eigen wäre, die wir bei so manchem Künstler anstaunen. Die schönen Kupfertafeln der SysıLLE MERIAN und die prachtvollen Abbildungen von Schmetterlingen, welche uns RöseL _ von RosennHor lieferte, üben selbst auf Den einen eigenen Reiz aus, welcher sonst Naturgegenstände nur vorübergehend anschaut. Wenn nun auch der letzt- genannte Künstler seinem Wahlspruche gemäss: »dass derjenige der grösste Künstler sei, welcher die Natur am getreuesten nachahme«, fast Erstaunliches in seiner Kunst geleistet hat, so bleiben doch seine Producte immer noch weit hinter - der Natur zurück. Ich habe nun ein Verfahren aufgefunden, welches Jedem mög- lich macht, mag er zeichnen können oder nicht, einen Schmetterling ganz natur- - getreu zu copiren. Ich benutze dazu das Collodium. ‚Man schneidet zunächst die Flügel mit einer Scheere vom Schmetterlingsleibe ab, und legt sie auf ein separates Blatt Papier so hin, dass man sie jeden Augenblick zur lland haben kann, Darauf nimmt man einen Carton — ich bediene mich des steifen Zeichnen- papiers — und giesst auf dieses Papier aus der Flasche einige Tropfen Collodium und lässt die Flüssigkeit schnell auf dem Papier hin und her laufen, damit sie einen etwa so grossen Raum benetze, welcher ungefähr die Grösse der zu co- pirenden Flügel hat. Die Flügel werden nun sehr eilig in die noch flüssige Collodiumschicht gelegt. Ich nehme zuerst die zwei Flügel der einen Seite des Schmetterlings;, das ange- gebene Verfahren mit allen vier Flügeln vorzunehmen ist desshalb nicht rathsam, weil das Collodium zu schnell trocknet. Sind die beiden Flügel aufgelegt, so verfährt man mit dem zweiten Flügel- paare in der genannten Weise. | Liegen nun alle vier Flügel in der geeigneten Lage, dann ist es sehr zweck- ” 3 mässig, dieselben mit einem weichen leinenen oder baumwollenen Läppchen be- h hutsam festzudrücken, indem man senkrecht die Flügel mit dem Lappen betupft. | Bei solchen Schmetterlingen,, welche dicke Flügeladern haben, legt man den - vierfach gefalteten Lappen auf die Flügel und beschwert das ganze Präparat mit einigen Büchern, Später habe ich nach modificirter obiger Methode jeden abgeschnittenen Flügel, mit der Pincette gehalten, mit einigen Tropfen Collodium benetzt, darauf mit dem 134 Dr. Hermann Landois, Neue Methode Schmetterlinge zu copiren. noch feuchten Flaschenhalse das Collodium schnell auf dem Flügel ausgebreitet und den Flügel auf das Papier gelegt. Für weisse Schmetterlinge eignet sich besser dunkles Tonpapier. | Nach Verlauf von etwa zehn bis funfzehn Minuten ist das Präparat trocken. Man hebt nun mit einer Pincette die Flügel wieder ab und der Abdruck ist fertig. Sämmtliche Schuppen der Flügel bleiben in dem Collodium- häutchen auf dem Papier haften und geben das naturgetreueste Bild des Schmetterlings. Der Leib des Schmetterlings wird später eingezeichnet. Es könnte diese Copirmethode als eine blosse Spielerei angesehen werden, sie hat aber auch ihre wissenschaftliche Seite. Zunächst wurde ich auf diesem Wege darauf aufmerksam, dass es vıele Flügel- schuppen gebe, welche auf beiden Seiten gleichgefärbt sind. Dazu gehören die gelben, rothen, schwarzen und braunen Schuppen. Eine andere Gruppe von Schuppen ist auf der obern Seite ganz anders gefärbt, als auf der untern. Dieses Verhalten ist namentlich bei den blauen Schuppen auf- fallend. So z. B. sind die blauen Schuppen auf den Hinterflügelrändern des kleinen Fuchses (Vanessa urticae), des Admirals (Vanessa atalanta) und des Schwalben- schwanzes (Papilio machaon) auf der Unterseite schwarz. Ebenso verhält sich die Sache mit den schönen Schuppen der Bläulinge (Argus) und mit den grünen Schuppen an der Unterseite der Flügel von Thecla rubi, welche sämmtlich auf ihrer Unterseite braun sind. Sehr wichtig wird diese Copirmethode zur Erforschung des feineren Baues der Flügelschuppen. Man kann nämlich aus dem Collodiumhäutchen die Schuppen herauspräpariren, und man erhält dadurch eine feine durchsichtige Membran, welche die Abdrücke der Schuppenoberfläche enthält. Da man auf diese Weise ein durchsichtiges Präparat erhält, so lässt sich die feinere Structur der Schuppen sehr leicht beobachten, was wegen der Undurchsichtigkeit mancher Schuppen einen grossen Vortheil gewährt. Wir sind auf diesem Wege namentlich in Betreff des Schillerns mancher Schuppen zu hübschen Resultaten gelangt, welche von den bisherigen Ansichten nicht unwesentlich abweichen. Wir hoffen diese Resultate bald in einer grösseren Arbeit über die Entwickelungsgeschichte der Schmetter- linge mittheilen zu können. Für Sammler exotischer Schmetterlinge ist diese Copirmethode besonders zu empfehlen. Der Abdruck eines Schmetterlinges, der auf angegebene Weise ange- fertigt ist, kann in jeder beliebigen Weise verpackt werden. Es wird diesen Vor- zug nur Der recht zu würdigen wissen, welcher bereits exotische Lepidopteren zu- gesandt erhalten hat. Was nicht Milben zerstört haben, das ist sehr häufig durch die rohe Behandlung auf dem Speditionswege zertrümmert. Legt man sich eine Sammlung derartiger Abdrücke an, so hat man einerseits gar nicht zu befürchten, dass die Schmetterlinge in der Folge verderben; ander- seits hat man keine kostbaren Kästen und Schränke für die Sammlung nothwendig. Nachschrift. Auf den Wunsch des Herrn Lanpoıs füge ich bei, dass nach seiner Methode copirte Schmetterlinge, von denen mir mehrere vorliegen, ausge- zeichnet schön sind, doch fehlen mir Erfahrungen, um zu entscheiden, ob sein neues Verfahren das ältere Copiren mit Leim (S. BERGE, Schmetterlingsbuch. 1863. S. 41) übertrifft. A. Kölliker. ART» £, RM Y. _ Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepi- dopteren von dem Zustande der ausgewachsenen Raupe an bis zu dem des entwickelten Schmetterlinges, +: oa ZN IE von Wilhelm Blasius, Stud. med. aus Braunschweig. vr. BE ein RER pe ’ 4 * n E Dass ein Thier, welches in seinem Haushalte nur Ausgaben und ‚keine Einnahmen zu machen hat, an Gewicht abnimmt, versteht sich von selbst. So ist es auch selbstverständlich, dass von dem Augen- blicke an, wo die Raupe den höchsten Grad der Entwickelung erreicht ‚hat, wo sie aufhört, Nahrung einzunehmen, um die ganze Lebensthä- tig gkeit zum Zwecke der Umwandlung in eine Puppe verwenden zu ‚können, eine Gewichtsabnahme stattfindet. Diese fundamentale That- r+ war den Naturforschern des vorigen Jahrhunderts vollständig inbekannt. Soviel ich weiss, kommen Marpıcat !), Reaumur 2), Röser ®), int, MARTINET®), LYONNET®) und DEGEER’) in ihren classischen ‚Arbeiten er die Insecten und die Umwandlung derselben nie auf ‚diesen für die Entwickelung jener Thiere doch so wichtigen Umstand ' zu sprechen. ‚ = Allerdings hatte Reaumur schon durch Experimente nachgewiesen, dass die Respirationsthätigkeit der Insecten in keiner Umwandlungs- periode aufhörte ®). Aber der Schluss, den man aus diesem Umstande Br EA Tee Med rg FT in EEE EEE ZWECK WERRITNERE 4) MarpicHi, De Bombyce. 2) Rraumur, Mem. pour serv. A l’hist. d. ins. 1734—4736. 3) Röser, Insectenbelustigungen, 1746 --4 761. 4) SwammeErDam, Bibel der Natur, 4752. 5) MARTINET, De respirat. ins. 1753. 6) Lyonser, Traite anat. de la chenille, qui ronge le bois de saule, 4762. 7) DEGEER, Abhandlungen zur Geschichte der Insecten, deutsch von GözE, '778—1783. — Ferner vergl. Abhandlungen von PosseLr, HEGETSCHWEILER, GÄDE, f Suckow, RAMDOHR etc. 8) Reaumur, T. I., Mem. 44. — Vergl. übrigens HrroLp, Entwickelungsge- - schichte der Schmetterlinge. | u De Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bad. 18 136 Wilhelm Blasius, jetzt auf die Gewichtsabnahme des Schmetterlinges sofort würde ziehen können, war bei den damaligen Ansichten und Kenntnissen unmög- lich. Selbst noch 1815 versichert Hero» in seinem für die Entwicke- lungsgeschichte der Schmetterlinge bahnbrechenden Werke, in dem er zugleich neue Beweise für die Respirationsthätigkeit derselben in allen Entwickelungsperioden beibringt '), dass »der Schmetterling in der unausgebildeten Gestalt als Puppe an Masse seinem vollkommen ent- wickelten Zustande völlig gleich« sei 2). RenGGer bewies im Jahre 1817 zuerst auf indirectem Wege eine Gewichtsabnahme der Schmetterlingspuppen, indem er durch verschie- dene Experimente eine bedeutende Wasserverdunstung derselben con- statirte °). Der directe Beweis durch Wägung ist, soviel ich weiss, zuerst von NEwrorRT im Jahre 1834 geliefert *). Bei einer sehr inter- : essanten und mühsamen Arbeit über die Respiration und die Tempe- ratur der Insecten ?) führte er bei mehreren Versuchsreihen auch zu- sammenhängende Gewichtsbestimmungen aus ®): 1. Eine Raupe von Sphinx ligustri wog, auf dem höchsten Puncte der Entwickelung angelangt, a Ph 1 7 kurz vor der Verpuppung WO 2 any a SO und nach der Verpuppung mitsammt der abgestreiften Haut a 5 er 2. Eine zweite Raupe von derselben Species wog, in der Umwand- lung begriflen, Ss HB te ars NL. a Du aD ae N a ee aa ee RE AN 2 Dan a RER DE ar Diksii ie ae ee BE AL Da irre Some beteh DAS SEN a ae 3. Eine dritte Raupe derselben Species wog 1835-3200. % Re Fa En a 4) HeroLp, Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge. N 2) HeroLp, Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge, pag. 52. 3) RensGer, Physiologische Untersuchungen über Insecten, pag. 38. 4) NEwPorrt, Philosophical Transactions, 1837, pag. 259—338, 5) Philosoph. Transact. 1836, pag. 529—570 und 1837, pag, 259—338. 6) Philosoph. Transact. 4837, pag. 275; pag. 313; pag. 315, 322, 323, 292; pag. 292. \% I Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren et. 137 miete BL Lo Ar Gram, | 2 LE er er Schmetterling / PURE DRIN ORTE E- By 3 AD ARE RT 5 34,0 » 'h. Die Gewichtsabnahme des Schmetterlings von Cerula vinula wurde noch durch wenige ?%/, 1836 ausgeführte Wägungen constatirt. Ausser- em stellte Newport an unausgewachsenen, hungernden Raupen eine 3: eihe von zusammenhängenden Beobachtungen über den Gewichts- verlust an !). Bei einer vergleichenden Betrachtung aller dieser Beob- achtungen kam jener berühmte englische Naturforscher zu der Ueber- une, dass die Gewichtsabnahme des vollkommenen Insectes inten- ‚siver als die der ausgewachsenen Raupe und die der ausgewachsenen ‚und sich verwandelnden Raupe intensiver als die der Puppe sei ?). "Schon dieser Umstand deutete darauf hin, dass die Intensität der Ge- wichtsabnahme proportional der Intensität der Lebensthätigkeit sei. Denn der Schmetterling ist offenbar im Allgemeinen thätiger als die "Raupe und diese wieder beweglicher als die Puppe. E Die Richtigkeit dieser Ansicht hat aber Nrwrorr zu gleicher Zeit durch einen directen Beweis dargethan. Er beobachtete nämlich einer- seits die Lebensthätigkeit des Thieres in kleineren Perioden, d. h. er 3 stimmte die Frequenz der Pulsschläge und der Respiration, bemerkte sich etwaige Ortsbewegung oder überhaupt etwaige der Beobachtung En Muskelbewegung, andererseits machte er genaue Bestim- mungen des Gewichtsverlustes, welchen das Thier in diesen Zeitpe- rioden erlitt ?). Auf diese Weise constatirte er direct die Proportiona- I it zwischen der Intensität der Gewichtsabnahme und der Stärke der $ SH soweit sich die letztere überhaupt auf eine gewisse Stärke zurückführen lässt. — Das auf diese Weise experimentell ge- 4 Fündöne Gesetz war allenfalls schon a priori abzuleiten. Denn der Re- istionsact, dessen Intensität mit derjenigen der ganzen Lebens- - thätigkeit offenbar nahezu parallel läuft, besteht ja darin, dass ein Theil _ des Sauerstoffes der Luft absorbirt wird, um aus dem Kohlenstoff des thierischen Gewebes Kohlensäure zu bereiten, welche ihrerseits wieder "in die Atmosphäre ausgeathmet wird. Da nun das Aequivalentge- wicht von Pe mm m om — C= 20 = 16 60:22 4) Philosoph. Transact. 4837, pag. 321, 322. - = ®%) Philosoph. Transact. 4837, pag. 322—327. 3) Philosoph. Transact. 4837, pag. 275, 392, 293, 313, 315, 321, 322. 40," 138 | Wilhelm Blasius, ist, entstände auf jede 16 Gewichtstheile absorbirten Sauerstofls ein Gewichsräriate von 6 Gewichtstheilen an oxydirtem Kohlenstoff. So $ gross ist jedoch ‚der factische Gewichtsverlust durch Oxydation nicht; denn es wird, wie REGNAULT und Reiser durch verschiedene Vorkuchd 3 an Raupen und Puppen bewiesen haben '), wie bei den übrigen so auch bei diesen Thieren, mehr Sauerstoff aus der Luft aufgenommen, als vermittelst der Kohlensäure wieder ausgeschieden wird. So fanden E REGNAULT und Reıser z. B., dass 2 42,5 Grms. ausgewachsener Seidenraupen in 5°, Stunden 0,202 Grms. Sauerstoff aufnahmen und 0,220 » Kohlensäure, mithin 0,160 » _ Sauerstoff ausschieden. Die entsprechenden Zahlen waren bei einem anderen Experi- mente mit 39,0 Grms. ausgewachsener Seidenraupen in 7°/, Stunden \ 0,204 0,225 0,163. Statt der 0,202, resp. 0,201 Grms. absorbirten Sauerstofis wurden also nur 0,160, resp. 0,163 Grms. an Kohlenstoff gebundenen Sauer- stoffs ausgeschieden, so dass 0,042, resp. 0,038 Grms. Sauerstoff im Körper bleiben. Diese Menge reicht jedoch noch nicht hin, um das Ge- wicht des ausgeschiedenen Kohlenstoffes von 0,060, resp. 0,062 zu er- setzen. So würde allein auf diesem Wege ein Gewichtsverlust von 0,018, resp. 0,02% Grms. entstehen. Dass dieser jedesmal mit der In- tensität der Respiration direct proportional ist, versteht sich bei der | Definition desselben von selbst, und die Respirationsthätigkeit ihrer- seits ist wieder mit der Lebensthätigkeit im Ganzen proportional. Doch die Oxydation des Gewebes ist nicht die einzige Art und Weise, durch die ein Gewichtsverlust entsteht. Wie schon REnsGEr bewies, wird eine grosse Menge Wassers ausgedunstet. Dies geschieht zum grössten Theile ebenfalls durch die Respirationsorgane; denn REn&GEr beobach- tete bei Puppen, die er bis auf die Stigmata mit Gummi bestrich, eine ungefähr gleich starke Wasserverdunstungals bei unberührten Puppen ?). Dass aber, wenn die Wasserverdunstung durch die Respirationsorgane geschieht, die Menge des ausgeathmeten Wassers mit der Intensität des #5 Luftwechsels in den Tracheen, also im letzten Gliede mit derjenigen der Lebensthätigkeit proportional sein muss, ist leicht ersichtlich. 4) Ann. de Chim. et de Phys. T. 26, 4849, pag. 483—489, 2; Renscer, Physiol. Unters. über Ins , pag. 38 f. Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren ete. 139 Nimmt man hiernach das obige Gesetz als festbegründet an, so erlaubt sein, aus der Stärke der Gewichtsabnahme einen Schluss zu ziehen auf die Stärke der Lebensthätig- keit des Thieres. Auf diese Weise wird uns ein Mittel an die Hand gegeben, die Intensität der Entwickelung und der Umwandlung der ha zum Schmetterlinge alleinan der Gewichtsabnahme IN u beobachten. Denn wenn man von dem zu beobachtenden Insecte alle äusseren, zum Theil psychischen, Einflüsse fern hält, welche eine oder gar Ortsbewegung bewirken oder den Pulsschläg oder die _ Respirationsthätigkeit vermehren könnten, so dass sich die ganze Le- bensthätigkeit allein auf die Umwandlung Re Organe bezieht, so wird "sich aus der Gewichtsabnahme ein directer Schluss auf die Umwandlungsthätigkeit machen lassen. Auf diesem Wege ‘ann man die durch nacheinander ausgeführte Sectionen gefundenen ' "Entwickelungsgesetze bestätigen und ergänzen. Es wird hierbei ge- Io ra rade der Vortheil gewährt, dass man die Entwickelung an einem ‚und demselben Individuum von Anfang bis zu Ende beobachten | ‘kann, wodurch etwaige Fehler, welche bei der Section verschiedener B ‚Ind den nie vermieden Werden können, eliminirt sind. Schon Newrortr benutzte das von ihm experimentell bewiesene e zu diesem Zwecke. Aus den Beobachtungen an Sphinx ligustri jachte er den Schluss, dass, wenn die Umwändlung in der inneren Siruetr der Puppe Hchete vallbsidet und das vollkommene Insect im Begriff sei, auszuschlüpfen, die Respirations- und ganze Lebensthätig- ke it der Puppe ihr Maximum erreichte !). Weiter verfolgte NEwWPORT diese Verhältnisse nicht. Auch Cornatis, der 1856 zunächst wieder eine grössere Arbeit über die Entwickelung der Seidenraupe veröffent- | lichte, geht gar nicht auf diese Beobachtungen ein ?). Im Jahre 1862 machte zuerst Herr Professor Wırn. Wıck£ in Göttingen zu diesem Zwecke eine Reihe von Gewichtsbestimmungen an den Puppen von _ Vanessa Jo. Im folgenden Jahre liess er diese Gewichtsbeobachtungen - durch seinen Bruder, den Stud. med. B. Wicke, in seinem Laboratorium weiter ausdehnen, und in diesem Jahre ward mir der Auftrag, die Unter- e suchungen über jenen Gegenstand fortzusetzen. Indem mir jetzt die - sämmtlichen, theils vom Herrn Professor Wicke selbst, theils unter der z eitung desselben, im agriculturchemischen Laboratorium zu Göttingen _ ausgeführten wägunken zur Bearbeitung und Veröffentlichung vorlie- gen, glaube ich auf eine gewisse Gesetzmässigkeit in der Ge- s wi 9 bar re Ka ER E57 go Heli Ba nenn rc Arien armen m ame > A zum. E 1, a fi. u, 4 ir > EN in Tr Beats HEN Fe 1) NEwPort, Cyclopaedia of Anat. and Physiol. V. 2, 1839, pag. 879 und 880. 2) CornaLıa, Memorie dell’ J. R. Istituto lombardo, V. 6, 1856, pag. 234, 267. 140 Wilhelm Blasius, wichtsabnahme derausgewachsenenRaupen, derPuppen | und der Schmetterlinge aufmerksam machen zu können, eine Gesetzmässigkeit, die sich direct auf die Stärke der in- neren Umwandlung übertragen lässt. Pe A. Gewichtsabnahme der ausgewachsenen und keine Nah- rung mehr aufnehmenden Raupen bis zur Verpuppung, * Die hierauf bezüglichen Beobachtungen wurden von mir am. August 1865 angestellt, und zwar an den Raupen von Vanessa urticae. Ich wählte zu diesem Zwecke ungefähr 8 Uhr Morgens aus einer grossen Anzahl zur Verpuppung sich vorbereitender Raupen 10 Stück aus, die ungefähr zu gleicher Zeit und zwar vor Kurzem das Spinngeschäft be- endigt zu haben schienen, vermittelst dessen sie sich an einer Gase- decke, zur Verpuppung bereit, aufgehängt hatten. Die Raupen ver- hielten sich bei dem nothwendigen Transporte nach dem Laboratorium ‘im Ganzen ruhig. Zur Wägung wurden die 10 Raupen auf ein ziemlich umfangreiches Uhrglas gelegt, so dass sie sich gegenseitig nur wenig in ihrer Entwickelung beeinträchtigen konnten. In der That war wäh- rend der ganzen Beobachtungszeit keine aussergewöhnliche Muskelbe- wegung zu beobachten und etwaige psychische Einflüsse auf die Puls- und Respirationsfrequenz waren dadurch möglichst ausgeschlossen, dass die Raupen in durchaus normalen Verhältnissen gehalten wurden. Denn dass die Raupen liegend und nicht hängend, wie gewöhnlich, sich verpuppen sollten, kann unmöglich von störendem Einfluss ge- wesen sein, da eine Verpuppung in liegender Stellung häufig auch bei ganz natürlichen Verhältnissen vorkommt. Im Laufe des-Tages wand folgende Reihe von Gewichtsbestimmungen angestellt. Nummer Zeit Gewicht von der Wägung. 40 Raupen + Uhrglas, 1. D>a N, — 10,0246 Grms. 2. 10: V. — 10,0220 » 3. 10% V. —= 10,0180 °» h. 11:8 V, = 140,014 » 5. 11% V. — 140,0070 » 6. B#. N: —— 9,9920 » E; a’ N. => 9,9790 » 8. bh? Die — 9,9585 » NB. Vor der achten Wägung war die Verpuppung schon bei einer Raupe vor sich gegangen, so dass die Gewichtsbestimmungen 1—7, von 9° V. bis 4°’ N., hier allein berücksichtigt werden können. Um die verschiedene Intensität der Gewichtsabnahme während des ganzen / Zeitraumes beurtheilen zu können, ist es zunächst nöthig, die Zeitdauer h | “4 Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 141 \ 3% 4 + einzeinen Beobachtungsintervalle und die indessen stattgefundene wichtsabnahme zu berechnen. Die Zeitdauer wird am bequemsten n Stunden und deren Decimalbrüchen, der Gewichtsverlust in Milli- grammes und deren Decimalbrüchen ausgedrückt. Man erhält für beide er usdrücke absolute Zahlen. Dividirt man die Zahl für Gewichtsverlust, durch die Zahl für Zeitdauer, so erhält man eine Zahl, welche im Ver- hältniss zu den übrigen auf dieselbe Weise gebildeten Zahlen die rela- E tive Grösse der Intensität der Gewichtsabnahme und, für sich betrach- u; st, die mittlere stündliche has haahare in Milli- Fgrammes ausgedrückt, bedeutet. Diese Zahlen sind sehr bequem mit ve inander zu vergleichen. Sie sind zugleich der arithmetische Ausdruck für die jedesmalige Tangente desjenigen Win- is, welchen bei einer graphischen Darstellung der : zu welcher man die Zahl für die vom ersten ee repuneie aus verflossene Zeitaufder Abscissenachse und e Zahl für den vom ersten Beobachtungspuncte an stattgefundenen ee ssorlust auf der Ordinatenachse abträgt, die Curve m it der Abscissenachse bildet. Dem grössten NE für die I nsität der Gewichtsabnahme entspricht somit durchgängig ein Maxi- mum in dem Ansteigen der oben beschriebenen Curve, und umgekehrt. | D )er pemlichkeit wegen und da man in der That an Uebersichtlichkeit wenig verliert, beschränken wir uns im Folgenden blos auf die Ver- ehichun der Zahlenausdrücke für die Intensität der Gewichtsabnahme “ ler vielmehr den mittleren stündlichen Gewichtsverlust in Milligram- es. Es lässt sich aus diesen ja auch leicht im Gedanken die entspre- \ ende Curve construiren. Führt man nach obiger Vorschrift die Be- rechnung aus, so ergiebt sich für die 6 Intervalle zwischen den 7 Be- bachtungen folgende Tabelle: ; en ES a) u ur re ET FWETEN: re) ie Ex Mittlere stündliche Ge- Grenzen des wichtsabnahme in Milli- Intervalls in Zeitdauer in Cewichtsver- h Be Nummern der Stunden. eat — a F Beobachtungen. 40 Raupen. ce 1—2 0,40 2,6 6,50 0,650 2—3 0,48 4,0 8,33 0,833 3—% 0,52 3,9 7,50 0,750 4—5 0,60 7,4 14,83 1,183 5—6 2,73 15,0 7,04 0,704 6—7 2,05 13,0 6,34 0,634 Auffallend ist das Maximum der Intensität im Intervall IV. und die allmähliche Abnahme derselben in den folgenden Intervallen. Die ersten 3 Intervalle zeigen eine Zunahme der Intensität, wobei jedoch E "während des Intervalles II. ein geringes Maximum stattzufinden scheint. 142 - Wilhelm Blasius, Es ist dies vielleicht nur Schein. Denn die Beobachtungsfehler, welche bei einer gleichzeitigen Beobachtung von Zeit und Gewicht nie zu ver- E meiden sind, erhalten bei so geringen Zeitintervallen, wie I, I, II und 5 IV, einen grossen Einfluss. Fasst man, um den Fehler möglichst zu & verringern, von den ersten 4 Intervallen je 2 zusammen, so erhält “ man für h ur 3 % die Intensität der Gewichtabnahme von 40 Raupen I+ U ( 9° —1 0°”) 7,50 Milligrms. pro Stunde Intervall II-+-IV (1 0°” — 115%) 9,82 » » » V (11°: _— 2%) 7,0% » » » VI (2% — 4”) 6,3% » » » Jetzt fällt das Maximum der Intensität in die Intervalle IT und IV. Wenn man nun berechtigt ist, aus dieser einzigen Reihe von Be- obachtungen einen allgemeinen Schluss zu ziehen, so könnte man das 1 hieraus abzuleitende Gesetz, auf die Intensität der Entwickelung des ‚Thieres übertragen, folgendermassen aussprechen: Bei der Raupe von Vanessa urticae, diezur vollständigen Umwandlung aus dem ausgewachsenen Zustande in die Puppe unge-. fähr 10—12 Stunden nöthighat, findet von dem Augen- blicke an, wo sie das Spinngeschäft beendigte, inden ersten 3 Stunden eine schnelle Steigerung der Umwand- lungsthätigkeit statt. In der 2. Hälfte der 4. Stunde er- reicht die letztere ihr Maximum. Dann sinkt dieselbe wieder allmählich und zwar so, dass sie im Anfang der 8. Stunde so stark als in der 1. Hälfte der 3. Stunde ist. Auf ein solches Maximum in der Entwickelungsthätigkeit deuten, übereinstimmend mit obigen Beobachtungen , auch mehrere von New- porr ausgeführte Beobachtungen über Temperatur, Respirations- und Pulsfrequenz hin !). Ob die Lebensthätigkeit der Raupe kurz vor dem Abstreifen der letzten Raupenhaut wieder steigt, darüber konnten keine Beobachtungen angestellt werden. B. Gewichtsverlust bei der Verpuppung. Zur richtigen Würdigung der hierauf bezüglichen Beobachtungen müssen wenige Bemerkungen über den Vorgang der Verpuppung selbst vorausgeschickt werden. Zunächst findet eine Reihe von peristaltischen Bewegungen statt, um die letzte Raupenhaut abzustreifen. Die Muskel- thätigkeit des Thieres ist dabei aufs Höchste in Anspruch genommen, so dass hierdurch der Gewichtsverlust bedeutend vergrössert wird. 4) Philosophical Transact., 1837, pag. 259—338. ö Ey Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren ete. 143 Nachdem die Haut abgestreift, ist sowohl die feuchte Puppenhülle als x ei die abgestreifte Raupenhaut dem Vertrocknen ausgesetzt. So bewirkt 5 eine sehr starke Wasserverdunstung, welche in keiner Weise der Le- Br _ bensthätigkeit proportional ist, einen Gewichtsverlust, aus dem wir x keinerlei Schlüsse zu ziehen im Stande sind. Ein wie grosser Gewichtsverlust auf diese Weise bewirkt in sieht man aus folgenden 3 Beobachtungen an denselben 10 Raupen _ von Vanessa urticae, von denen bei A das Gewicht bestimmt wurde: Nummer der Zeit. Gewicht von 40 Raupen, Wägung. - resp. Puppen +Uhrglas. T- 1,1865. 47 N. =. 9,9790.Grms. 8. We BUN. me 20 O8 9. a a a ers | Bei der Gewichtsbestimmung 8 hatte sich eine Raupe schon ver- | puppt (die 9 unverpuppten Raupen wogen wenige Minuten nachher ) 7 6°®N. = 9,7170 Grms.) und bei der Wägung 9 waren alle Raupen ver- ® puppt. Dabei konnte man mit ziemlicher Gewissheit aus dem Aussehen der Puppen schliessen, dass die Verpuppung allgemein bald nach der 8. Wägung, also. noch am Abend des 1. Augustes vor sich gegangen ‚war. Die Intensität der Gewichtsabnahme in den beiden Beobachtungs- ‚intervallen VII und VIll und in beiden zusammen zeigt folgende Tabelle: q Grenzen des Gewichts- Mittlere stündliche Ge- Nummer des Intervalles in Zeitdauer Verlust Keen Intervalles. Nummernder in Milli- ın Milligrams von Stunden. ER ZEN Berar., EEE Beobachtung. sramSs. 40 1Individ. 4 Individ. vu 7—8 4,97 20,5 10,44 1,041 Vin 8—9 16,83 115,0 6,83 0,683 Sm 7-09 48,80 135,5 7,1. 0,721 Die sehr starke Gewichtsabnahme im Intervall VII zeigt sehr deut- lich, welchen Einfluss die Verpuppung übt. Denn die enorme Steige- rung der Intensität der Gewichtsabnahme wird allein durch die Ver- puppung einer Raupe bewirkt. Der folgende Intervall hat eine viel geringere Gewichtsabnahme hervorgebracht. Dies erklärt sich sehr einfach dadurch, dass der grösste Theil der verflossenen Zeit auf die Gewichtsabnahme der Puppen, und zwar der getrockneten Puppen, zu berechnen ist; die Gewichtsabnahme der Puppen ist aber, wie wir schon oben sahen, eine viel geringere, als die der Raupen. Auf diese _ Weise wird der grosse Gewichtsverlust bei der Verpuppung compen- - sirt durch den sehr geringen Verlust nach der Verpuppung. Im Ganzen ist aber: die mittlere Intensität der Gewichtsabnahme während der ganzen Periode, in welcher alle 40 Verpuppungen vor sich gegangen 144 Wilhelm Blasius, | a: sind, VII-+ VII, trotz des späteren compensirenden Einflusses, noch % grösser als in der vorhergehenden Periode (VI) der Entwickelung der Raupen. - | C. Gewichtsabnahme der Puppen. Hierüber liegt mir das grösste Material vor. Zunächst habe ich die Gewichtsbestimmungen an den 10 Puppen von Vanessa urticae noch 3 Tage und, nachdem dann 2 Exemplare zu einer anderweitigen Unter- ’ suchung davon genommen waren, noch fernere 3 Tage fortgesetzt. bi Ferner hat an einzelnen Puppen von Vanessa Jo der Herr Professor Wiıcke 2 und der Herr Stud. Wiıcke 3 vollständige Reihen von Gewichts- bestimmungen ausgeführt, nämlich vom ersten Tage nach der Ver- # puppung an bis wenige Stunden vor dem Ausschlüpfen des Schmetter- linges. Endlich sind von mir ebenfalls an einzelnen Puppen von Va- nessa Jo, 4 Reihen von Wägungen ausgeführt, vom 3. Tage nach der Verpuppung an, und weitere 4 Reihen vom 6. Tage nach der Verpup- pung an; dazu kommt noch die Bestimmung der Gewichtsabnahme von 5 Individuen derselben Species am letzten Tage vor dem Auskommen { des Schmetterlinges. Ich will zunächst die angestellten Beobachtungen und daraus gemachten Berechnungen tabellarisch folgen lassen und jedesmal nur die nothwendigsten Bemerkungen hinzufügen, um das ganze Material nachher im Zusammenhang betrachten zu können. a) 10 (resp. 8) Puppen von Vanessa urticae, bei der Be- obaehtung 9. circa 15 Stunden alt. a. Beobachtungen: Nummer der Zeit. Gewicht von Wägung. 40 Puppen + Uhrglas. 9. 7,3803: AV: = 9,8435 Grms. 40. »» et =. 9 8207 008 41. %,» 8” YV. =. ‚Gelee 12. Dr. 57 N. =. - 4, la “ 13. 08V 0 Yromee H 14h. » » 4N.., = . 9,7000 u i) 8 Puppen + Uhrglas. A 15. u kN, = 9,2595 Grms. . 16. 5; AN, 9,2 A je- Dar N... 9,2070 18. aM =... 9, 2108725 19, RE =; .: 9,2048 = \ e> des Intervalles in . Inter- Nummern der valles. Beobachtung. BR. 9—10 X 10—11 x mM-12 XI 42—13 XII 12—l4 Br XV 16—17 B; XV 17—I18 ” XV 18—19 2 + Nummer ER des Se Ad De Dr a AR Ele wa Rz Pau?'z ARTE a UFRT , Von a SE DU) BEE Be U 5 FT a TE ul * c 17 8 Al N OER ER am y.* ER % Pay * ‚ : g r Di . ’ 7 EN r= ‚Berechnungen: > Zeitdauer use in Milli- Stunden. grams, 8,67 13,8 13,25 16,5 7,50 9,6 17,58 17,9 6,30 5,4 19,00 13,8. 28,755 185 19,92 10,4 22,25 13,0 R: =. an Gnsetndssie in der Gewichtsabnahme der Lepidopleren eis, Mittlere stündliche Gewichtsabnahme in Milligrams von 40 Puppen. 1 Puppe. 1,59 1,25 1,28 1,02 0,86 8 Puppen. 0,73 0,64 0,52 0,54 145 Alter der Puppe et | in. Tagen. 0,159 4 0,125» 0,128 0,102 » 0,086 3 0,094 » 0,080. 4 0,065 5 0,067 6 EN: Der Puppenzustand dauerte bei diesen Thieren im Ganzen port 11 Tage. | =) Eine einzelne Puppe von Vanessa Jo, alle 24 Stunden ewogen vom Herrn Professor Wıcke im Juli 1862. Die erste Wägung ‚ urde kurz nach der vollständigen Verpuppung, die letzte wenige Ba vor dem Auskommen des Schmetterlinges ausgeführt. Das Uhrglas wog 4,7535 Grms. Br r B u; x a. Beobachtungen: Nummer der Gewicht der Puppe _ Gewicht der Puppe Wägung. + Uhrglas. ohne Uhrglas. 1 5,2490 Grms. 0,4955 Grms. 2 5,2420 -».. 3 5,2330 » h 5,2305 » 5. 5,2280 ° » ID. 5,2245.» | ei 5,2235 » | 8 5,2200 » Pi 9 5,2185 » a 10. 5,2160 » a 41. 5,2135 » Ki 12. | 5,2090 » | #88. 5,2080 » | 14. 5,2055 » | 15. 5,2015 °» i UL 5,1960 » 11. 5,1920 » 0,4385 Grms, Wet a BE: se PER b ! u Ba 146 Wilhelm Blasins, 5 ß. Berechnungen: RR, De BAER I IM MEIV V VI VIEVOLIX X XI XU XNIXIVXVXVID Ge- (7,0 9,0 9,5 8,5 3,5 1,0 3,5 4,5 2,5 2,5 4,5 4,0 2,5 4,0 55 400 wiebls- 7.48 5 1,5 5 5 a. oe verlust MY. Sn 2 a ek LION. ER Milligrms, a1 9,5 40,5 16 Mittlere stünd- liche Ge- Keee 0,219 0,100 0,409 0,167 nahme in Milligrms. c) Eine einzelne Puppe von Vanessa Jo, in derselben 3 Weise wie b gewogen vom Herrn Professor Wıck£E im Juli 1862. Das Uhrglas wog 2,9480 Grms. a. Beobachtungen: Nummer der Gewicht der Puppe Gewicht der Puppe Wägung. + Uhrglas. ohne Uhrglas. . 3,4345 Grms. 0,4865 Grms. 2. 3,4280 » 3. 34190 » k. 3,1455 » 3. 3,4125 » 6. 3,4400 » YA 3.2085..%:8 8. 3,4060 » 9. 3,4045 » 10. 3,4020 >» 4,1. 3,4000 » 12. 3,3955» 13. 3,3950 » 14. 3,3930 » 15. 3,3895 9» 16. 3,3835 . -» 17. 3,3198. 0,4275 Grms. ß. Berechnungen: Nummer \ | 1 ım IV V VI VIEVELIX X XI XI XUIXIVXV XV d. Tages. Ge- wichts- 16,5 9,0 4,5 3,0 2,5 1,5 2,5 4,5 9,5/2,0 4,5 0,5 3,0 2,5 6,0 8,0 verlust in) 45,5 - 7,5 4 ‚40, A 4,5 5 4,5 4& Milligrms. d), e), f} Drei einzelne Puppen von Vanessa Jo, in der- selben Weise wie a und b gewogen von Herrn Stud. Wiıcke in der Zeit vom 3. bis zum 21. resp. 20. Juli 1863. . er a Leber die Geste in Yo Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 147 3 e E Uhrglas von d) wog 4,6175 Grms. re e) ». 3,8930 » Br: fe .9,21230.0 78 a. Beobachtungen: g EN ımmer der Gewicht von Gewicht von Gewicht von Wägung. d + Uhrglas. e + Uhrglas. f | Uhrglas. eh. 9 5,40 Grms. 4,3120 Grms. 4,1590 Grims. Bi: 2. 5, 1070» 4,3090.» 4,1570 » ee 3. 5, 1040». 4,3070 » 4,1540 » 24 h. en 1000» 4,3055 » 4,1520 » ı 5, ‚0990 » 4,3030 » 4,1495 » 19 6. 5, 0980 » 4,3015 » hAk85 » Ku F: 3,0965 » 4,3005 » 4,1470» 8. 5,0950 » 4,2975 » 4,1450.» 9: ‚8,0945 ,» 4,2975 >» 4,140 » 410. 5,0910 » 4,2960 » 4,1420 » wi . 5,0895 » 4,2950 » 4,1380 » 42, 5,0875 » 4,2935 .» 4,1380 » 13. 5,0855 » 4,2925 » 4,1365 » Ak. 5,0830 » 4,2895 » 4,1340 » 45. 5,0805 » 1,2880 » 4,1310. » 16. uLLO',.» 1,2855 >» 4,1290 » E47. 5,0755 » 4,2825 » 4,1255 » 18.- 5.0205 » 4,2765.» 1,1495 _ » #9. 5,0600 » 4,2705 » " ß. Berechnungen: ga augen —— = mer des Gewichtsverlust in Milligrams von Tages. d. Re RT, | . , Wi I 4,0 3,0 2,0 = u 3.0, 70 29] 50 20,50 Bu le le Miles ı 1,0 1,5 Ro. 25] 25 0195 ae: ' 2 seen ee ol EX 3,5 1,5 2,0 = x 15,50 20,95 2060 . :xı 2,0 1515 0,0 | a zw 2,5] 50 15,68 2.0155 a: KV 3,0 2,5 2,0 m 20,50 320,5 35,58 XV 5,01 6, 6,0 xy 105,155 of? Summa 51,0 44,5 39,5 148 Zeitraume vom 27. Juni bis zum 7. Juli 1865 zu verschiedenen Tages- zeiten 14 Mal gewogen habe. Die erste Wägung geschah am 3. Tage nach der Verpuppung und die letzte ungefähr 18 Stunden vor dem Auskommen des Schmetterlinges. | i ER $ Wilhelm Blasius, SINE i BR: Bi Dabei wog anfangs | zuletzt air u: d.e 2.20.20. 493,5 Milligrms. 442,5 Milligrms. b a5 RT N » 377,8 » = EL N 5) » 396,5 » N a g) Eine einzelne Puppe von Vanessa Jo, die ich in dem a. Beobachtungen: N j ) dcr Wahltdg, Zeit. Gewicht der Puppe. °7/g 1865 1 NV. 0,47840 Grms. a. DE, 0,47540 » A) 442, si 987 Wr 411°% V, 0,47340 >» 0,417100 » 0,47060 » sanuıoct won — VE ER = 0,46750 » SER AP, = 0,46670 » 8.12 = 0,46440 » Very? BFIN, = 0,46060 » 10. 3 A = 0,45850 » 41. Bi 2 A = 0,45500 » 12. DR EN. = 0,15380 » 13. a). A®PON. = 0,14860 » Ah. ee) 2=.N. = 0,44060 » ß. Berechnungen: Grenzen des A B * Alter Aumineg Intervalles Zeitdauer ae ns a, ve = der Inter- a re enden in Milli- abnahme Fnpps valles. Beobachtung. grams. in Milligrams. Tagen. “eg 1—2 21,33 2,7 0,144 ı ‚lla 2—3 24,05 2,0 0,083 u» b 3—1 22,43 2,4 0,107 6 C k—5 1,47 0,4 0,272 » Illa 5—6 23,09 3,1 0,135 7 b DT 6,22 0,8 0,129 » IVa 28 19,26 2,6 0,135 8 b 8—9 28,80 3,5 0,122 9 Va 9—10 18,58 2,1 0,113 10 braso—ii 23,1% 3,5 0,151 E u 5,98 1,2 0,204 » Vla ı 42—13 23,82 5,2 0,218 12 bi Wa 22,43 8,0 0,357 13 PER En REM, DATA & e et x N v4, ? N AK . ur D er in er na B ? er X ns BR, ee N Gerlmissigkei in der Gewichtsabnahme der Lopidoptihe et. 149 N in , Bst | Fass an die Aleineren Intervalle zu grösseren zusamınen, So er- > | 1—2 24,33 f 2—5 47,59 IH 5—7 29,34 2 0,141 h h 3 IV 149 18,06 6 6 3 0 7 8 0,104 5 u. 6 9 0,133 7 1 0,127 8u.9 N 9-—-12 47,70 8 VF 12—14 46,25 43,2 IN-VI 5—14 471,32 30,0 0,143 A0u. 1 0,283 42u.13 0,175 73 bh) Eine einzelne Puppe von Vanessa Jo, von der ganz das- selbe als von g zu sagen ist. a@. Beobachtungen. Nummer Zeit der Wägung. Gewicht der Puppe. 1. 3 AV. — 0,49840 Grms. 2 ee AAN, == 0,419480 » 3 Ba AV, — 0,49470 » [A A| NY. = 0,418835 >» 5. Be N. Sm 0,48823 » 6. RD AORV. — 0,48440 » 7 »» 4P®N. = 0,48390 » 8 AED ABEN. — 0,48045 » 9. BD» A.N, — 0,47650 » 10. a AV, — 0,47360 » 1A. MID AP NV. — 0,46890 » Be. 12. » » KEN. = 0,46790 » e 13. a) A®TN. = 0,46250 » ei; 1. 2 25 N. = 0,45400 » ß. Berechnungen: Grenzen des Be a Gewichts- Mittlere stünd- Alter der verlust liche Gewichts- Puppe ie Nummern AM in Milli- _ abnahme in alles. BE SOnAER- grams. inMilligrams. Tagen. Bi.» 1—2 24,27 3,60 0,148 4 Da 2—3 24,04 3,10 0,129 d ı:b 3—4 22,02 3,25 0,148 6 ee k—5 1,87 0,12 0,064 » llla 5—6 23,07 3,83 0,166 7 b 6—7 6,26 0,50 0,080 » IVa 7—8 419,27 3,45 0,174 8 E b 8—) 28,80 3,95 0,137 9 EB, ;:%Ya I—10 18,53 2,90 0,157 10 e.tib 10—11 23,17 4,70 0,203 1 c 11—12 6,00 1,00 0,167 » Wa 12—13 23,82 9,40 0,227 12 b 13—14 22,45 8,50 0,379 13 N A En 150 Wilhelm Blasius, | wi a Re Bi Fasst man wieder die kleineren Intervalle zu grösseren zusammen, — so erhält man: | rent Pr I 1—2 24,27 3,60 0,148 Er 3 ® u 2—5 47,93 6,47 0,135 5 u. 6 II 5—7 29,33 4,33 0,148 7 IV 10 18,07 740 0455 8u.9 V 9—12 4770 8,60 0,180 A0u. M VI 124% 46,27 13,90 0,300 42 u. 43 IN-VI 5—1& 171,37: 34,83 0,200° 7-43, i) Eine einzelne Puppe von Vanessa Jo, von der ganz das- selbe wie von g zu sagen ist. | a. Beobachtungen: Nummer & der Wägung. BER »7/,. 4865 1435 V. Gewicht der Puppe. 0,47125 Grms. he? 4432 V, 0,46805 » ’ ae MET. 0,46485 » 0» gay. 0.4615 » » >» yaNV, ui 102%, 1 9 3 4 5 0,46105 >» 6. Te 3.469 „BEN, 8 ) 40 4A 12 0,455705 >» 0,45585 » 0,45335 >» 0,414945 » 9 AN. 3/_ )) A>®N. Ta a a 1 u es Eu Hr HEW: 0,1595 » ad, MEN. 0,44175 >» } » .» 432 N. 0,44085 » 13. 7 N. 0,413575 » 14. Ur!» a» N. 0,412865 » P. Berechnungen: Grenzen des Nummer ! ichts- Mittlere stünd- A E der De un GE che GE zuar i Inter- ee Seh in Milli- abnahme in valles. Beobachtung. srams. inMilligrams. Tagen. I 1—2 241,07 3,2 0,133 N la 2—3 24,04 3,2 0,133 5 b 3—4 22,06 3,6 0,168 6 C k—5 41,91 0,2 0,104 » IHla 3—6 23,07 4,0 0,203 7 b 6—7 6,18 1,2 0,159 » Va Ders 19,47 2,5 0,140 8 a 28,79 3,9 0,170 9 - Va 9—10 18,66 3,5 0,172 40 b ı10.H 23,05 1,2 0,203 nA [© 11—12 6,00 0,9 0,218 » VIa 12 —13 24,00 5,1 0,252 12 b 43-14 22,23 7,1 0,353 43 Wr. 9-12 47,74 VI 42—14 46,23 171,15 \ > MV 5-14 dasselbe wie von g zu sagen ist. * a. Beobachtungen: KK, N Nummer i der Wägung. Zeit, Grenzen des 1. 27/, 1865 44%>V. 2. 28, y 1145 V, 3. ed MON, h. N 3 N. 5. BD NS 6. a a NS 1 7: SE 4°® N 8. 2 N g, AD 5 N 10. ed AN | iR eV 12 «>» FIN i 13 yELuR 4PUN | 1% IR 25° N m ß. Berechnungen: E T; x Nummer : i Re Pe Intervalles in Zeitdauer Va 12—13 23,84 0 a Fee VE 707 Ks Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. | | E Inter- Nummern in | Bee ak er I 1-2 24,00 m Ma 23 24,00 = » gu 22,08 & . a 1,92 7 Ma 5—6 22,90 5: b 6—7 6,34 me Wa 7—8 19,24 we. b 8-9 28,80 ' a 9-10. 18,62 we .b 19—14 23,10 E:% c a—12 5,96 menfasst: & os 24,07 ee 18,01 ° 1 5—7 29,25 a Ba) 47,96 Doro» \ NO NN or SO WTB OO Io oaB .-Iu 0,133 0,146 0,178 0,133 0,180 0,264 0,189 k) Eine einzelne Puppe von Vanessa Jo, 3 E Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren ei. +» 151 Be, RR der, wenn man, wie bei g und h, die kleineren Zeilräume zusam- 4 5u.6 1 su. 9 10u. 41 12 u.13 7—13 von der ganz Gewicht der Puppe. 0,51990 Grms. 0,51590 0,51 240 0,50870 0,50850 0,50385 0,50285 0,50015 0,49525 0,49205 0,48735 0,48605 .0,48005 0,4725 Mittlere stünd- liche Gewichts- abnahme in Milligrams. 0,167 h 0,146 5 0,168 6 0,104 » 0,203 7 0,159 » 0,140 8 0,170 9 0,172 10 0,203 AA 0,218 » 0,252 12 0,353 13 41 Alter der Puppe Tagen. 152 Wilhelm Blasius, at R 7 a E 3 oder, wenn man, wie oben, die kleineren Zeiträume zu grösseren zu— sammenfasst: | 2 12 24,00 1,0 0,167 N II 25 18,00 7, 015° Bu6 II Bir 29,21 565 0493 ° 7 IV 7—9 48,04 71,6 0,158. 2 V 9—12 147,68 9,2 0,4193 A0u. MM VD a2 46,25 93,9 0,5301 42.43 mM—VI 5—14 471,18 36,35 0,42 7-13 l) Eine einzelne Puppe von Vanessa Jo, die ich in dem Zeitraume vom 30. Juni bis zum 7. Juli 1865 zu verschiedenen Tages- zeiten A0mal gewogen habe. Die erste Wägung geschah am 6. Tage nach der Verpuppung und die letzte ungefähr 18 Stunden vor dem Auskommen des Schmetterlinges. Die Puppe I (sowie die 3 erst später zu besprechenden Puppen m, n und o) datirt ihre Verpuppung von demselben Tage, als die im Vorhergehenden besprochenen Puppen g, h, iundk. Ferner fand das Ausschlüpfen des Schmetterlinges bei allen 8 Puppen zu nahezu derselben Zeit statt. Die Gewichtsbestimmungen wurden an allen 8 Puppen vom 6. Tage nach der Verpuppung an meistens dicht hintereinander, also zu ungefähr derselben Zeit, ausge- führt. Um nun später eine leichtere Vergleichung der Gewichtsabnahme - der 8 Puppen anstellen zu können, sei es mir erlaubt, die thatsächlich erste Gewichtsbestimmung von I mit der Ziffer 5 und den von dieser Beobachtung an beginnenden Zeitraum mit der Ziffer III zu be- zeichnen. | a. Beobachtungen: Nummer. Zeit. Gewicht der Puppe. 5. 20 1865 1 V. — 0,48160 Grms. > Hr DSADEN.: —— 0,47400 » 7: u. © IN. — 0,47300 » 8. ae = 0,416880 » 9. a FEN. — 0,46310 » 10 N. = 0,45900 » 1A. > N — 0,45330 » 12. » » EN. = 0,435100 » 13. ; 4142 N. — 0,44230: » Ah. 9 2 N, = 0,43200 » Dani Geste in der Kesrlitsähnahme HE Lepidopteren ete. 153 B. = nA = .ß Berechnungen: E n a. ;° nu N Ormier | ER en zeitdäuer Gewichts- Mittlere stünd- Alter der a des. erriitör x in ‚verlust liche Gewichts- Puppe Inter- Fe Sean. in Milli- abnahme in in Ber». Beobachtung. grams. .. Milligrams. Tagen. Ile 5—6 23,00 7,6 0,33 7 FRE 0—7 5,22 1,0 0,19 » Wa BR 20,37 4,2 0,20 8 b 8—9 22887 D51 0,20 4 Va 9—10 18,60 4,1 0,22 10 b 10—11 23,12 5,7 0,25 u BC 11—12 6,63 2,3 0,35 » R Ela 12—13 23,85 8,7 0,37 12 Ra 13—14 22,17 10,3 0,47 13 - In vereinfachter Form lautet die Tabelle: IIL 5—7 29,21 8,6 0,294 7 he Bin. 7—9 48,24 9,9 0,205 : 8 u.9 F V 9—12 18,35 42,1 0,250 A40u.41 „ VI 12—14 46,02 19,0 0,413 42 u. 13 > mV 5—14 471,82 49,6 0,289 7—13 m) Eine Puppe von Vanessa Jo. (Die näheren Verhältnisse siehe bei 1.) an a. Beobachtungen: ä Nummer. Zeit. Gewicht der Puppe. 5. hie V. 0,48445 Grms. 6. ee a 0,47620 » 2: » » k= N, 0,47530 » 8. BED: AO V, 0,47100 . » 3: VER AN. 0,46440 » . 10. ae NV, 0,45990 » 11. a OFEN, 0,45390 » 12. Se) SEN, 0,45110 » 13. rn: D KasN. 0,44490 » ash >» Bu. 0,2300 » ß. Berechnungen: Grenzen des Nummer Gewichts- Mittlere stünd- Alter der TE en N IT Zn des nein. Zeitdaner verlust liche Gewichts- Puppe Inter- an Standarp. „Te Milli abnahme in in } 3 Melles. Beobachtung. : grams.. Milligrams. Tagen. E la 9166 23,27 79 0,342 7 b 6—7 6,20 059 0,145 » 1 Wa 7—8 18,33 4,3 0,235 8 3 ib 1.89 29,87 6,6 0,921 9 14 * 154 Wilhelm Blasins, | ER Nummer Kein y Zeitdauer Gewichts- Mittlere stünd- Alter der les er et = verlust liche Gewichts- Puppe = Inter- in Milli- abnahme in in valles. ger Stunden, grams Milligrams Tagen. Beobachtung. = h ; ee. Va 9—10 4184 4,5 0,244 10 b 10—11 23,12 6,0 0,259 1 c 11—12 6,65 2,8 0,424 » Vla 12—13 23,83 9,2 0,386 12 b 13—14 22,24 11,5 0,502 13 oder vereinfacht: u I 97 29,47 8,85 0,300 7 IV f.29 18,20 410,9 0,26 8u.9 A 9—12 48,18 13,3 0,276 40 u.A1 vi 12—14 46,07 20,7 0,449 42 u.13 IN—VI 5—14 171,92 53,75 0,313 7—13 n) Eine Puppe von Vanessa Jo. (Die näheren Verhältnisse ‚siehe bei 1.) En a. Beobachtungen. Nummer. Zeit. Gewicht der Puppe, 3. sr 1865 11° WV. 0,45000 Grms. 6. ER BE a == 0,43745 » dr ner, SON. n— 0,43500 » 8. Ser RN — 0,42810 » 9. Yo AmLN. = 0,41820 » 10. Fein AV. = 9,41070 » JA. Am ADMYV, = 0,40200 » 12. » m» A>®N. —— 0,39900 » 13. a» EN. = 0,38680 » 14. a» 3=, N. 0,32280 » ß. Berechnungen: Grenzen des Gewichts- Mittlere stünd- Alter der Nummer ; 3 es TEN ee PN. verlust liche Gewichts- Puppe Inter- in Milli- abnahme in in valles. er SRmson. grams Milligrams Tagen Beobachtung. > : > r E73 Illa 9—6 23,23 12,55 0,540 7 b 6—7 6,27 2,45 0,394 » Va 7—8 18,33 6,9 RE? a © b 8—) 29,64 98 0,334 9 Va 9—10 18,8% 7,5 0,398 10 b 10--41 23,12 8,7 0,376 4 c 1—12 6,45 3,0 0,465 » VIa 1213 23,82 122 0,512 12 b 4314 22,37 64,0 2,861 13 oder vereinfacht: II 57 00.99,5 IV 7-9 17,97 V 9—12 18,41 VI Era 16,19 UV 5-14 4172,07 © 0) Eine Puppe von Vanessa Jo. siehe bei 1.) Nummer. Zeit. A 7 1865.10°° YV. 6. 06 MV, 7. ri 4°’N. 8. a ATTV, 9, Ya Arı N; 10. Pa. MAN. 41. en ER V, 12. DR NY 50 N. 13. %, » eN. a. Beobachtungen: 14. OR PGRRBTT IA ß. Berechnungen: Grenzen des Bumner er in Zeitdauer Inter. ummern in l d ’n. zales; Blohchtung: > anti IHa 5—6 23,37 b 6—7 6,33 IVa 7—8 19,33 ‘b 89 28,72 Va 9—10 18,68 b 10-—A1 23,04 C 141—12 6,44 VIa 42—13 23,84 b 13—14 23,43 - oder vereinfacht: Ill 5—7 29,7 IV 7—9 48,05 V 9—12 48,16 VI 42 —14 47,27 M—VI 514 173,18 Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 15 16,8 19,2 76,2 127,2 Gewichts- verlust in Milli- grams.- wmaaomondn 155 0,508 7 0,350 8u.9 0,397 10u. 1 1,650 42 u. 43 0,29. 7298 (Die näheren Verhältnisse Gewicht der Puppe. 0,43290 Grms. 0,42320 » 0,42160 » 0,41690 » 0,40990 » 0,40610 » 0,400140 » 0,39550 » 0,37990 » 0,36260 » Mittlere stünd- Alter der liche Gewichts- Puppe abnahme in in Milligrams. Tagen 0,406 7 0,253 » 0,243 8 0,244 9 0,203 10 0,260 E 0,71% » 0,654 12 0,738 12 0,380 7 0,2433 8u.9 0,299 10 u. AA 0,696 12 u. 13 0,406 713 Um die Gewichtsabnahme der im Vorhergehenden besprochenen ‘ 8 Puppen g, h, i, k, I, m, n, o, deren Entwickelung und Verwandlung 156 Wilhelm Blasius, zu einer und derselben Zeit stattfand, die also dabei einerlei meteoro- logischen Verhältnissen ausgesetzt waren, anschaulicher vergleichen zu können, soll jetzt eine Tabelle der mittleren stündlichen Gewichts- abnahme in den 6 grösseren Beobachtungsintervallen für sämmtliche - $ Puppen zusammengestellt werden: j Ungefäh Alt f R : N DENE Perg Mittlere stündliche Gewichtsabnahme in Milligrms. von Inter- des Buppe, om a m ee — valles. Intervalles. in Tagen. 5 h. F k. l. ur n. 0. 1 27, 1480-28, 4420 4 0,444 0,148 0,133 0,467 28/. 4480-30, 443° 5u.6 0,104. 0,135 0,146 0,152 III 30, 4430-3, 48° 70,133 0,148 0,478 0,193 0,294 0,300 0,508 0,380 IV 7A 430-3, 43° 8u.9 0,127 0,454 0,133 0,158 0,205 0,226 0,350 0,243 3, 43°- 5, 43° 40 u,14 0,143 0,480 0,180 0,493 0,250 0,276 0,397 0,299 VI 5, 43-77, 2°°42u.13 0,285 0,300 0,264 0,304 0,4143 0,449 4,650 0,696 IIL-VI 3%, 1180-7, 2°° 7—13 0,175 0,200 0,189 0,212 0,289 0,313 0,739 0,406 | Dabei muss bemerkt werden, dass das Wetter. im I. Intervall zu- meist feucht und kühl, im Il. warm und freundlich, im III. regnerisch, im IV. feucht und kühl, im V. freundlich und im VI. warm war. Sämmtliche 8 Puppen befanden sich in dem Zeitraum von der Verpuppung bis zur ersten Wägung in einer kleinen verschlossenen Pappschachtel; g, h, i und k im Intervall I und II unter verschiedenen, auf einem Holzbrett ruhenden, Glasglocken; im Intervall II und IV jedoch unter einer gemeinsamen grossen Glasglocke, welche auf einem mit Löschpapier bedeckten Brette stand. Es lässt sich annehmen, dass auf diese Weise der Luftwechsel unter der Glocke nur sehr schwierig vor sich gehen konnte. Im Intervall V wurde das Papier, welches vor- her die gemeinsame Glocke über g, h, iund k von dem Holzbrett schied, fortgelassen. Während dieser ganzen Zeit, also während der Intervalle Ill, IV und V befanden sich die Puppen I, m, n und o noch immer in der oben erwähnten kleinen Pappschachtel, in der aber, da jetzt der Deckel etwas geöffnet gehalten wurde, ein reger Luftwechsel stattfinden konnte. In dem letzten VI. Intervall befanden sich alle 8 Puppen unter frei schwebenden Digerirgläsern, sodass die frische Luft von allen Sei- ten frei zutreten konnte. Im Allgemeinen wurden die Puppen in einem Raume aufbewahrt, der keine grossen Temperaturschwankungen erlitt. p) Puppe von Vanessa Jo, von mir am 12. und 13. Juli 1865 2mal gewogen. Die letzte Wägung geschah !3 Minuten vor dem Aus- kommen des Schmetterlinges. Nummer, Zeit. Gewicht der Puppe. k. 4, 1865: 929° N — 0,2879 Grms. 2. aD BDY. = 0,2812 » Zeit. Verlust. Mittlere stündliche Gewichtsabnahme. 19,36 St. . 6,7 Milligrms. . ©... ...0,35 Millisrms. Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 157 q) EinePuppe von Vanessa Jo, ebenso wie p gewogen; die ' letzte Wägung geschah 6‘, Stunde vor dem Auskommen des Schmet- terlinges. e" PRN869., 1 N. 0,3424 Grms. 2. SEN NV. 0,3351 » a. 0,08 r) Eine Puppe von Vanessa Jo, ebenso wie p gewogen; die _ letzte Wägung geschah 6°, Stunden vor dem Auskommen des Schmet- terlinges. IR 1. 1865.10 N. = 0,3345 Gris. Ba yugay, 03897 A Be s) Eine Puppe von Vanessa Jo, ebenso wie p gewogen; die letzte Wägung geschah 3 Stunden vor dem Auskommen des Schmet- terlinges. | Y. I NB6H. IN. = 0,3902 Grms. 2. ULEB = 0,3829 » 2 Je rare 5 ae | 27°» t) Eine Puppe von Vanessa Jo, ebenso wie p gewogen; die letzte Wägung geschah 1, Stunde vor dem Auskommen des Schmet- terlinges. 1. 127, 1865. 1° N. 0,31850 Grms. 2. ABl BARY, 0,31789 » a ee. Vergleicht man nun alle diese Beobachtungsreihen mit einander, so sieht man ein Gesetz deutlich in ihnen ausgesprochen. In der ersten Zeit des Puppenzustandes nimmt die Intensität der Gewichtsab- nahme ziemlich schnell, aber nicht plötzlich, ab, während sie in der letz- ten Zeit desselben schnell und bisweilen sehr plötzlich zuzunehmen scheint. _ Das Erstere sieht man deutlich an den Puppen a bis f; das Letztere an g bis o. Durch diese plötzliche Zunahme des mittleren stündlichen Ge- wichtsverlustes erreicht derselbe bei d, e und fam Ende des Puppen- zustandes einen mindestens doppelt so hohen Betrag, als im Anfang desselben. Bei b und c bleibt die Endabnahme dagegen ein Wenig hinter der Anfangsabnahme zurück. Doch scheinen die allerdings nicht - vollständigen Beobachtungen an n und o darauf hinzudeuten, dass die Endabnahme die Anfangsabnahme zuweilen um ein sehr Bedeutendes Wilhelm Blasius, zu übersteigen vermag. In der mittleren Zeit des Puppenzustandes 2 findet die geringste Gewichtsabnahme statt. Es scheint während dieser r Zeit die Temperatur des umgebenden Mediums, sowie die Stärke des Gaswechsels in demselben von häufig bestimmendem Einfluss zu sein. So finden wir bei allen Beobachtungen in dieser Periode sehr viele Schwankungen. Sucht man sich von geringeren Schwankungen durch Zusammenfassen von mehreren Beobachtungsintervallen unabhängig zu machen, so kann man in der Mehrzahl der Fälle beobachten, dass das Hauptminimum der Gewichtsabnahme in das zweite Vier- tel der Entwickelungszeit der Puppe fällt: So während des Altägigen Puppenzustandes bei a auf den 5. Tag; während des 1 6tä- gigen Puppenzustandes von b und c bei b auf den 5. und 6. und beice auf den 6. Tag; während des 18tägigen Puppenzustandes von d und e bei d auf den 7. und 8., bei e auf den 8. und 9. Tag; während des 1Ttägigen Puppenzustandes von f auf den 5. und 6. Tag und endlich während des I4tägigen Puppenzustandes von gbisk beig, h undk auf den 5. und bei i auf den 4. und 5. Tag. — Minima von gerin- gerem Betrage und offenbar geringerer Bedeutung fallen bei fast allen beobachteten Puppen in das 3. Viertel der Entwickelungszeit. Bei den 8 Puppen g bis o lässt sich ein solches geringeres Minimum durch man- gelhaften Gaswechsel und ungünstiges Wetter erklären. Dabei ist jedoch schwer einzusehen, weshalb bei ganz denselben äusseren Um- ständen das Minimum bei 2 Puppen (i und k) auf den 8., bei 3 Puppen (h, m und n) auf den 9., bei einer (l) auf den 8. und 9. und bei 2 erst auf den 10. Tag der I4tägigen Entwickelungszeit fällt. — Man wird so dazu geführt, eine grosse individuelle auf die innere Organisation gegründete Verschiedenheit in dem Einflusse, den äussere Umstände auf die Gewichtsabnahme der Puppen ausüben können, an- zunehmen. Zu dieser Annahme einer bedeutenden individuellen Ver- schiedenheit leitet uns aber auch noch die Thatsache hin, dass bei den Puppen von derselben Species, von demselben Alter, von derselben Entwickelungszeit, unter ganz ähnlichen Verhältnissen eine so ungleich grosse Gewichtsabnahme stattfindet. So ist die mittlere stündliche Ge- wichtsabnahme der 8 zu gleicher Zeit gewogenen Puppen g—0o vom 7. bis zum 13. Tage der I4tägigen Entwickelung für: g = 0,175 Milligrms. h —— 0,200 D) i = 0,189 » k = 0,212 » l — 0,289 » m = 0,313 » \ - Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren et. 159 n = 0,739 Milligrms. u. 0 = 0,406 » EB, - Die Gewichtsabnahme von n ist mithin über viermal so stark, als die von g und noch weit über doppelt so stark, als die von I, das sich mit n bis auf die kleinsten Umstände unter gleichen Verhältnissen be- x fand. — Man könnte geneigt sein, anzunehmen, mit dieser so enorm S erschiedenen Gewichtsabnahme stehe das anfängliche Gewicht der Brr° in einem constanten Verhältnisse. Dies ist jedoch offenbar nicht der Fall; denn g wog zu Anfang des obigen Beobachtungsintervalles 4 170, 6; 1, das fast doppelt so viel als g abnimmt, 481,6, und n, das über donpekk so viel als | an Gewicht verliert, 450 Milligrams. — VE Me EN ee en, Pit B- 67 Auch die Vergleichung des Endgewichtes: I Fe g — al Milligr ms. Fr Ei: , h == 454 » = E% —— 429 » & R k Be 418 » ®. 1 =, 111439. 3 m wi 430 » n = 323 » 0 = 365 » sst uns keine Erklärung jener auffallenden Thatsache finden. — Männ- en und Weibchen unterscheiden sich bekanntlich im Zustande des hmetterlinges sehr bedeutend im Gewichte; nichts liegt also näher, | ; einen Unterschied des Geschlechtes in der verschieden starken Ge- " wiehtsabnahme zu vermuthen. Leider wurde von mir versäumt, bei per einzelnen Individuen das Geschlecht zu bestimmen. Wir würden Beh dadurch für diesen Zweck keinen Schritt weiter kommen; denn erhalb der beiden Gruppen, in die man danach die sämektlichen a ngersihen würde vertheilen müssen, liesse sich eine bedeu- | Ex inde individuelle Verschiedenheit wieder nicht leugnen. ‚ Um sich von dieser ne Verschiedenheit yo den a enauere und vor Allem mehr ER Eulen als es mir zu machen möglich war. Indem man ferner den Einfluss der äusseren imstände auf das Individuum genau quantitativ durch Versuche fest- | ‚ stel e, So wie es von NEwrorT schon begonnen ist !), würde man We hvollere Tabellen erhalten, als es die obigen zu sein beanspruchen. | = Für jenes handgreifliche Chkeitn jedoch, welches oben, kurz aus- "| einandergesetzt, an die Spitze dieser Betrachtung gestellt wurden ge- nügen solche Tabellen vollständig. I 4) Philosophical Transact., 1837, pag. 329—338, 160 Wilhelm Blasins, Ueberhaupt liefern die obigen Tabellen eine Reihe von Thatsachen die, im Einzelnen recht interessant, im Allgemeinen aber bis jetzt von wenig Bedeutung sind, da man das Verhältniss derselben zu den phy- siologischen Vorgängen während des Puppenzustandes noch nicht recht verstehen kann. — Da die genaue Erörterung der Tabellen sehr weit führen und verhältnissmässig wenig nützen würde, unterlasse ich jetzt ' jede weitere Auseinandersetzung. Ein aufmerksamer Blick auf die Ta- bellen selbst leistet mehr, als noch so viele Worte. E Auf 2 Verhältnisse muss jedoch noch besonders aufmerksam ge- macht werden, nämlich 1) den Einfluss der Nacht und 2) den Einfluss der Schmetterlingsentwickelung in den letzten Stunden oder Minuten vor dem Ausschlüpfen des vollendeten Thieres. 4 Um einen Einfluss der Nacht aus obigen Tabellen ableiten zu können, ist es nur möglich , wenige Beobachtungen zu benutzen. Zu- nächst für die ersten Tage des Puppenzustandes geben die Beobach- tungen 9—13 an a Aufschluss. Es wechselt eine Beobachtung vom "Morgen mit einer vom Nachmittage ab. In den Intervallen tritt also ab- | wechselnd der Einfluss des Tages und der Nacht auf. Wenn man nun die mittlere stündliche Gewichtsabnahme findet im Intervall: IX bei Tageseinflus = 0,159 Milligrms. X bei Nachteinfluss = 0,125 » XI bei Tageseinfluss = 0,128 » XII bei Nachteinfluss 0,102 » | so ist leicht ersichtlich, wie, bei einem gewissen Sinken der Gewichts- abnahme, der Einfluss der Nacht dieselbe jedesmal unter das mitt- lere Niveau hinunterdrückt. Ueber den Einfluss der Nacht in den späteren Tagen des Puppenzustandes fehlt es an präcisen Beobachtun- gen, da keine derselben ursprünglich zu diesem Zwecke angestellt wurde. Man würde bei den Puppen g bis o in den Intervallen IIb, IVa, Va einen Einfluss der Nacht, Ile, Ilb, IVb, Ve einen Einfluss des Tages vermuthen können. Die Beobachtungen widersprechen sich jedoch bisweilen infolge der Fehler, denen sie bei den kleineren Zeit- intervallen ausgesetzt sind. Befriedigender sind die Beobachtungen über die Gewichtsab- ‚nahme in den letzten Stunden oderMinuten vordemAus- kommen des Schmetterlinges. Schon die Tabellen von b bis f deuten darauf hin, dass die Gewichtsabnahme an dem letzten Tage allerdings eine bedeutende Höhe erreicht, gegen die Gewichtsabnahme & dagegen, welche bald darauf am Schmetterlinge zu beobachten ist, immerhin noch eine geringe genannt werden kann. Die Beobachtungen n an den 8 folgenden Puppen konnten nur bis 18 Stunden vor dem Aus- 4 “ ae een“ I Fa Aueh 1 er rn 2 Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 161 _ kommen des Schmetterlinges fortgesetzt werden, kommen also hier nicht in Betracht. Erst die Wägungen von p, q, r, s und t geben “gründliche Aufklärung über diese Verhältnisse. Denn sie geben die mittlere stündliche Gewichtsabnahme in einem Zeitraume an, der, unge- fähr 19 Stunden betragend, erst wenige Stunden, einmal sogar wenige Minuten vor dem Ausschlüpfen des vollendeten Thieres, beendigt wird. - Wir sehen daraus, dass die mittlere stündlicheGewichtsabnahme in den "letzten Stunden und Minuten vor Beendigung des Puppenzustandes nieht unverhältnissmässig gesteigert wird. Denn r, wel- ches 6°/, Stunden vor dem Ausschlüpfen zuletzt gewogen wurde, zeigt _ eine mittlere stündliche Gewichtsabnahme von 0,23 Milligrams und q 6°), Stunde 0,38 Milligrms. S 3 » 0,38 » t 57 » 0,31 » p 13 Minuten 0,35 » Die Schlüsse, die man aus der Gewichtsabnahme während des Puppenzustandes auf die innere Entwickelung der Puppen von Vanessa urticae und Vanessa Jo ziehen kann, in so fern dieselbe ununterbrochen und durch eine im Ganzen gleichmässig warme Witterung begünstigt vor ‚sichgeht, lassen sich nun mit wenigen Worten allgemein aussprechen: Die Umwandlungsthätigkeit ist während des ersten Viertels des Puppenzustandes eine verhältnissmässig bedeutende. Sie ist jedoch vomersten Augenblick an im ‚Sinkenbegriffenundsinktschnell, aber nicht plötzlich. Sie erreicht im zweiten Viertel des Puppenzustandes ihr Minimum; von daan nimmtsie während des dritten Vier-- tels allmählich wieder zu, wobei jedoch durchdie Ver- hältnisse ein deutliches Schwanken leicht bewirkt wer- denkann. Im letzten Viertel findet eine schnelle und in den letzten Tagen eine bisweilen plötzliche Zunahme der Entwickelungsthätigkeit statt. Dieselbe gelangt in den letzten Stunden vordem Auskommen des Schmetter- lingesallerdings auf die höchste Höhe, wobeisiejedoch fürgewöhnlichkeineunverhältnissmässig verschiedene Dimensionenannimmt, als in den letzten Tagen des Pup- penzustandesüberhaupt. _ Die Nacht scheint nach den Beobachtungen an a in den ersten Tagen, des Puppenzustandes entschieden herabzustimmen. Ob dies _ Später ebenfalls geschieht, lassen die Beobachtungen an den Puppen g bis o zweifelhaft. Jedenfalls wird man von einem hindernden Einflusse eines etwaigen Schlafes in der Nacht nicht reden können, wenngleich 162 | Wilhelm Blasius, auf der anderen Seite ein Einfluss der nächtlichen Abkühlung der Luft, | sehr wahrscheinlich ist. zei Die Entwickelung des Schmetterlinges, soweit sie in der Bildung und Umwandlung des Gewebes besteht, ist vollendet, sobald die Hülle von dem Schmetterlinge durchbrochen wird. Hier sindwir jetztangelangt. Es wird an dieser Stelle nicht überflüssig sein, die Entwickelung des Schmetterlinges auf Grundlage der Gewichtsabnahme der erwachsenen Raupe und der Puppe noch einmal im Zusammenhange zu überblicken. Die Umwandlungsthätigkeit beginnt bei der Raupe von Vanessa urticae, sobald dieselbe das Spinngeschäft, durch welches sie sich, mit dem Kopf nach unten, freischwebend aufzuhängen pflegt, beendigt hat. Die Stärke derselben ist in der dritten Stunde nach diesem Acte im Durchschnitt durch die Zahl 0,750 repräsentirt (ich erlaube mir, das Maass für die Intensität der Gewichtsabnahme der einzelnen Raupe für das Maass der Lebensthätigkeit zu gebrauchen). Die Umwandlungs- ‚thätigkeit nimmt von da an zu, wie sie wahrscheinlich schon vorher im Steigen begriffen war, und zwar so, dass sie in der zweiten Hälfte der 4. Stunde das Maximum = 1,183 erreicht hat. Von hier an nimmt dieselbe allmählich ab, sodass sie in der 7. und 8. Stunde durch- N schnittlich = 0,634 ist. Ungefähr nach der 11. Stunde verpuppen sich die Raupen. Mit diesem Acte sinkt die innere Umwandlungs- thätigkeit plötzlich bedeutend herab, sodass sie in der 16. bis 24. Stunde nach der Verpuppung durchschnittlich nur = 0,195. Von da an findet ein allmähliches Sinken der Entwickelungsthätigkeit statt, sowie es wahrscheinlich ist, dass in den ersten 15 Stunden nach der Verpuppung die Abnahme derselben ebenfalls eine allmähliche war. Am zweiten Tage ist dieselbe = 0,102, am vierten = 0,080, am fünf- ten = 0,065. Zunächst, von hier an, scheint dann wieder ein allmäh- 3 liches Steigen der Entwickelungsthätigkeit stattzufinden, bis nach etwa 14 Tagen der Schmetterling von Vanessa urticae auskommt. Das Stei- gen der Umwandlungsthätigkeit wollen wir an der Puppe h von Va- nessa Jo verfolgen, die, 14 Tage zur Verwandlung gebrauchend, offen- bar alsNorm für diese Species aufgestellt werden kann. Das Minimum liegt hier nicht so tief, als beiVanessa urticae und tritt verhältnissmässig früher, d. h. ebenfalls am fünften Tage, ein. Es beträgt für den ganzen | fünften Tag im Durchschnitt = 0,129. Am siebenten Tage ist die Um- wandlungsthätigkeit im Durchschnitt = 0,148; am achten und neunten für beide Tage durchschnittlich = 0,154 und am zehnten und ekiten in derselben Weise = 0,180. Am Ende dieser letzten Periode hat schon ein etwas stärkeres Steigen begonnen. Dies setzt sich fort,, sodass für _ den zwölften Tag die durchschnittliche Umwandlungsthätigkeit = 0,227 Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren et. 163 | und für den dreizehnten = 0,379 ist. In dieser Weise steigt dieselbe noch 18 Stunden lang, bis das Ausschlüpfen erfolgt. Man sieht aus diesen Beispielen, wie weit die Umwandlungsthätigkeit der Puppe im Ganzen hinter der der erwachsenen Raupe zurückbleibt. — Mit diesen Resultaten stimmen im Allgemeinen diejenigen vollständig überein, die sich aus Newrorr's ausgedehnten Beobachtungsreihen über Puls- und Respirationsfrequenz herleiten lassen '). D. Gewichtsabnahme des Schmetterlinges von dem MM Augenblickean, woer seine Hülle durchbricht. Wenn wir zunächst die Gewichtsabnahme, die möglicherweise stattfinden kann, im Gedanken qualitativanalysiren, müssen wir - für die ersten Minuten oder Stunden der nicht durch Respiration vermit- telien Wasserverdunstung den ersten Platz einräumen. Denn sowohl "Puppenhülle als Schmetterling erscheinen kurz nach dem Auskommen, ‚die erstere auf der Innenfläche, der letztere auf der äusseren Ober- fläche, mit einer Feuchtigkeit übergossen, die der Verdunstung ausge- setzt ist. Hand in Hand mit dieser Verdunstung geht das Festwerden des Körpers und der Flügel, die durch eine besonders starke Respi- rationsthätigkeit aufgebläht und getrocknet werden, vor sich. Gerade diese starke Respirationsthätigkeit bedingt zweitens eine sehr be- ı deutende Gewichtsabnahme, und zwar, sobald die Wasserverdunstung | „aufgehört hat, die einzige, welche stetig ohne Pause stattfindet. Dazu kommt drittens noch diejenige Gewichtsabnahme, welche durch die in | _ einzelnen Tropfen vor sich gehende Aussonderung der harnarti- ‚ gen Substanz bewirkt wird, die während des Larvenzustandes in- , folge von nur theilweiser Oxydation des Gewebes im Körper sich auf- , "häuft. — So ist der Gewichtsverlust am ersten Tage des Schmetterlinges ausjenen 3Factoren zusammengesetzt und es erscheint auf diese Weise , kaum auffallend, wenn z. B. der um 3° N. ausgekommene Schmetter - ling der Puppe r, welche 8° V. desselben Tages 0,3297 Grms. wog, um 44'° V. des folgenden Tages nur noch 0,2164 Grms. wiegt. In ähnlicher Weise sind die folgenden Beobachtungstabellen an den schon ) oben besprochenen Puppen b, c, k, I, m, n, 0, q, s, t und zwei neu hinzukommenden, von Herrn Professor Wıck£ beobachteten, Puppen u und v zu erklären: EB) Bupperkurz vori'. 27... 84V. = 0,4385 Grms. 8*° V, ausgekommen. Benmetterima 72%. ..,. ; 4° N. = 0,2365 » 4) Philosophical Transact., 4837, pag. 275, 292, 313, 345, 347, 318, 328. 164 Wilhelm Blasius, c)- "Puppe kurz voraus HI: VE; = 0,4275 Grms. : 9 V. ausgekommen. . Sahnteitertunent 02:72 ch N, — 0,2395 ı » 4 KU HPunpe Min BE EA EN. — 0,4725 » „9°? V. (?) ausgekommen. Schmetterlinge 7 212.9, 41° V. — 0,25815 » N PB. lo = 0,4320 » °/, 10'5 V. ausgekommen. Schmetterline .. ... %, EN. — 0,2281.» RR ve: ET — 0,4304» % 9° V. ausgekommen. Schmetterling... + Ya W. = 0,19805 » Be Bumpe. 2.2. 32, 5.000000, Se = 0,3228 » ®%/, 9°° V. ausgekommen. Schmetterling an Fu c AV: <— 0,22305 » BSP ORDER ea — 0,3626 » %, 9°° V. ausgekommen. Sehmeiterline ".. ".. . 5, 44@=% = 0,23225 » ls A ee len a > — 0,3351 » 12/, 2°® N. ausgekommen. Schmetterling ._......1, 4420 V. = 0,1683 » AS te 1 RR EEE RE RE 0 — 0,3829 » 13/, 41%°.V. ausgekommen. Schmetterling . .... „=, ’3° N. — 0,2169 » DS ARODBe En a Ne = 0,3124 » 13/40 V. ausgekommen. Schmetterling «u. .atı= WokAHN: = 0,1705 » u) Puppe a te ee = 0,3170» Schmetterling (nach d. Harnentleerung) = 0,1552 » 7 ER TV DR ERREGER. = 0,3850 » '@ Schmetterling (nach d. Harnentleerung) = 0,2300 » | Diese sehr bedeutende Gewichtsabnahme durch das Experiment { quantitativ zu analysiren, warunsere nächste Aufgabe. Den Betrag der äusseren Wasserverdunstung von dem der Respirationsausathmung zu trennen, erschien auf dem Wege der Gewichtsbestimmung unmöglich. Aber den Einfluss der Wasserverdunstung und Respirationsthätigkeit zusammen und gesondert von der Harnaussonderung zu beobachten, gelang mir an 2 Schmetterlingen, I) an dem aus der Puppe r und 2) an ° dem aus der Puppe | hervorgegangenen Thiere. Bei letzterem war sogar auch der Einfluss der Wasserverdunstung auf ein Minimum beschränkt. EB 4) Schmetterling der Pupper. Die Geburt dieses Schmetterlinges war eine abnorme. Mit dem Leibe wurde er an der Hülle so befestigt gehalten, dass er dieselbe nicht abzustreifen vermochte. Auf diese Weise wurde die Ausson- derung des Harns sehr lange verzögert, und während dieser Zeit war es Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren et. 165 # natür lich möglich, die allein durch Respirationsthätigkeit, welche aller- 3 dings abnorm gesteigert war, und durch Wasserverdunstung bewirkte _ Gewichtsabnahme in ehe Beobachtungen zu constatiren. — Zur e Wägung des Schmetterlinges setzt man diesen am Besten an einen K schräg in ein Korkstück von breiter Grundlage gebohrten Stock. Der Schmetterling hängt in den ersten Stunden vollkommen ruhig an die- e sem Stocke, den Leib nach unten gekehrt. Seine ganze Lebensthätig- keit ist auf Ausbildung seiner Flügel und Entleerung der angesammel- _ ten Excremente gerichtet. Erst nach vielen Stunden, meistens durch _ eine Störung veranlasst, verlässt er diesen Platz, um die Tragkraft sei- 3 ner Flügel zu erproben. Der Stock muss deshalb eine möglichst sebräge Lage haben, weil man dadurch in den Stand gesetzt wird, auf einem untergeschobenen Uhrglase die einzelnen ausgesonderten Harntropfen aufzufangen. — Die Beobachtungsreihe an dem Schmet- terlinge r ist folgende: Mittlere stündliche Gewicht Gewichtsabnahme Nummer des in Millierams 3 ne er Schmetter- während des vor- | > linges. hergehenden Zeitraums. 1 =m418065..93°°-N. ausgekrochen. 9 re a = (1.3153 Grms. — , 3 wre ING = 0,3432 30,00 ee 34%: y ep Ne Si 0,3072 » 40,00 5. ERS NG = 7.030879 25,7 6. » ».3® N = 0,3052 » 20,00 3 2 EN... = 0,3069 5.9 17,1% % 8 a) Ian. == .0,3032 2 9 17,14 El 9, Ir a a RR | Fr 63 16,28 | 8 10. BDO Vi = Meat.» ei ” 4. By EN es 0,26 2,51 - Die mittlere stündliche Gewichtsabnahme ist, wie schon oben be- merkt wurde, künstlich gesteigert. Wir sehen in der Tabelle deutlich _ den steigernden Einfluss, den die grosse Kraftanstrengung im zweiten Intervalle herbeigeführt hat. Später, als der Schmetterling sich in sein Schicksal ergeben hatte, findet eine allmähliche Abnahme derselben ı statt. Sie fällt von 40 in 12 Minuten auf 17,1% und darauf so bedeu- tend, dass sieam nächsten Tage, wo der Schmetterling von der Hülle und einem Theil seines Harns glücklich befreit war, nurnoch 2,51 beträgt. 2) Schmetterling der Puppe |. Dieser kam ganz normal aus, entwickelte die Flügel vollständig ) und entleerte schon sehr bald nach dem Ausschlüpfen eine grosse Menge 166 Wilhelm Blasius, Harn, sodass die Harnaussonderung zu der Zeit, wo die folgende Wä- gungsreibe beginnt, als beendigt angesehen werden konnte. In der That wurde während der ganzen Zeit, in der die Wägungen ausgeführt wurden, der Schmetterling, auf der Waage sowohl, als auch während der Beobachtungsintervalle, möglichst genau beobachtet, und es konnte während dieser Zeit niemals die Entleerung auch nur eines Tropfens constatirt werden. Wenngleich diese Thatsache im Vergleich mit an- deren Beobachtungen, welche noch 19 Stunden nach dem Ausschlüpfen eine Harnsecretion darthun konnten, auffallend erscheint, müssen wir dennoch annehmen, dass die folgenden Beobachtungen über Gewichts- abnahme sich fast allein auf die durch Respirationsthätigkeit bewirkte beziehen (diejenige durch äussere Wasserverdunstung konnte bei der ersten Wägung schon als nahezu beendigt angenommen werden): Mittlere stündiiche Nenner Gewicht Gewichtsabnahme de Zeit. des in Milligrams | Beobachtung. Schmetter- während des vor- linges. hergehenden Zeitraums. 1. 8), 1865 10'° V. ausgekrochen. 2. DD POSSHN, = 0,2281 Grms. — 3. DEE RN. —- 0,227 A» 3,00 h. ENTE NR = 0,2146. » 0,86 5; 2 ee — 0,1834. » 4,1% 6. DER EE E = 0,3761 ..» 4,12 1: 22 a BR N lage. © — 0,1592. » 0,40 Diese Tabelle ergänzt die an dem Schmetterlinge der Puppe r ge- fundene Beobachtungstabelle vollständig. Bei einer normalen Ent- wickelung, sehen wir daraus, fällt die mittlere stündliche Gewichts- abnahme 4'% Stunde nach dem Ausschlüpfen des vollendeten Thieres schon auf 3, und nach 2 Tagen ist dieselbe schon auf ungefähr 1 ge- sunken. Nach diesen Daten ist es möglich, die bei r beobachtete, ab- norm gesteigerte, mittlere stündliche Gewichtsabnahme auf ein gerin- geresMaass zu reduciren. Eine Bestätigung der Richtigkeit einer solchen Reduction liefern ferner noch die wenigen an k, m und q ausgeführten Beobachtungen: k) 1. % 1865 9°” V. ausgekrochen. 2. » »> IP W = . 0,2599 Gıms — 3 ad N 5 ai ee de 3,33 m) 1. /, 1865 9°° V. ausgekrochen. 2. >... IHN. 0,2003 Er — 3. Ba: —=.15:0,419805.,49 3,39 g) 1. 18/, 1865 2°° N. ausgekrochen. f 2. DEIN. 220 DO Se mr 3. DIT N N zer 1068 » 0,30 Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren et. 167 Die anfänglich doch mindestens eine zweiziffrige Zahl betragende ‚mittlere stündliche Gewichtsabnahme ist nach wenigen Stunden bei k auf 3,33, bei m auf 3,39 und nach 19%, Stunde bei q auf 0,30 gefallen. Die obige an | ausgeführte Beobachtungsreihe zeigt einen deut- lichen, die Gewichtsabnahme vermindernden, Einfluss der Nacht. Denn in den Intervallen, welche den morgens ausgeführten Beobachtungen 4 und 7 voraufgehen und überhaupt nur wenige Stunden betragen , so- _ dass der Einfluss der Nacht deutlich hervortreten kann, sinkt jedesmal die Gewichtsabnahme auf ein Minimum. Wie man auf diese Weise den Gewichtsverlust durch Respiration und Verdunstung von dem durch Harnlassen bewirkten getrennt be- obachten kann, steht es uns frei, auf der anderen Seite den durch _ Harnentleerung bewirkten Gewichtsverlust gesondert zu beobachten, indem man die Menge des entleerten Harns bestimmt. Dieser Weg scheint auf den ersten Blick viel für sich zu haben, ist jedoch sehr schwer oder fast unmöglich ohne Fehler auszuführen. Der Harn wird ı nicht auf einmal, er wird in vielen kleinen Tropfen entleert. Wenn ' man nun im Stande wäre, von einem jeden Tropfen unendlich kurze ‚ Zeit nach der Entleerung das Gewicht zu bestimmen, so würde der Fehler unendlich klein werden. Jeder Verzug in der Gewichtsbestim- ' mung bewirkt durch die sofort eintretende Wasserverdunstung einen ‚Fehler, der sich bei der Summirung des Gewichtes der einzelnen ' Tropfen zu einem bedeutenden Betrage steigert. Es wurde zu den ver- | ‚schiedensten ‚Malen sowohl vom Herrn Professor Wıcke, als auch vom ı Herrn Stud. Wıcke und mir versucht, zu. einem Resultat auf diesem Wege zu gelangen. Bei den vielen Wägungen, welche zu dem Zwecke angestellt sind, entstand jedoch regelmässig ein so grosser Fehler, dass dieselben zunächst nicht zu verwerthen sind. Nur einmal gelang es mir, den Fehler in möglichst geringe Dimensionen einzuschränken. Der Harn des Schmetterlinges von der Puppek wurde zum grössten Theile ziemlich schnell nach dem Ausschlüpfen entleert. Günsti- ges Wetter und ausserdem noch besondere Verhältnisse, durch die der Harn vom Zutritt der Luft abgehalten wurde, bewirkten, dass die Ver- dunstung möglichst langsam vor sich gehen konnte. So war es mög- lich, die Harnmenge der 18 Stunden vor dem Auskommen 0,47215 Grms. wiegenden Puppe auf ungefähr oder wenigstens im Minimum 0,11885 Grms. zu bestimmen, sodass nach dieser Beobachtung, wenn man ‚ die Gewichtsabnahme des Schmetterlinges mit in Anschlag bringt, der Schmetterling nahezu %), seines Gewichtes verliert '). | 4) Erst bei der Correctur dieser Arbeit bin ich durch Schwior’s Jahrb. der ges. Med. (B. 428, Jahrg. 1865, p. 274 ff.) auf eine Mittheilung von Donvers (Neder!. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 12 BEN er: >> x 2» ER, 168 | Wilhelm Blasius, Sichere Resultate könnte man erhalten, wenn man den Harn des Schmetterlinges in einem durchaus eylindrischen, mit Wasser gefüllten ® Gefässe auffinge. Da die Wasseroberfläche immer constant gross und der Einfluss, den die Mischung mit den im Harn enthaltenen und sich im Wasser lösenden Salzen auf die Diffusion des Wassers in die Luft ausübt, bei den kleinen Harnmengen, um die es sich überhaupt han delt, verschwindend klein bleibt, so würde der Betrag der Wasser- verdunstung bei constanten Verhältnissen als nahezu constant ange- sehen werden können. Diese constante Gewichtsabnahme des Gefässes durch Wasserverdunstung kann also ein für alle Mal für bestimmte” äussere Verhältnisse bestimmt werden. Diese Bestimmung müsste bei jeder Untersuchung zu der Gewichtsdifferenz des Gefässes im Anfang und am Ende des Versuches addirt werden, um das volle Gewicht des entleerten Harns zu finden. | u ee u Wenn man einen solchen Apparat wirklich zur Harnbestimmung anwendet, kann man noch einen Schritt weiter gehen, um zu gleicher Zeit durch verschiedene Beobachtungen das Gesetz festzustellen, nach ° welchem diejenige Gewichtsabnahme des Schmetterlinges vor sich geht, die allein durch Respiration und äussere Wasserverdunstung bewirkt wird. Man braucht nur den ganzen Apparat, d. h. das Gefäss, das Kork- gestell und den an diesem über dem Gefässe hängenden Schmetterling, auf die eine Waagschale und ein ähnliches Gefäss, dessen Wasserverdun- stung in ganz derselben Weise vor sich geht, als die des ersteren, mit sammt einer Anzahl von Gewichtstücken, welche das Gewicht beider Waagschalen vollständig genau aequilibriren, auf die andere Waag- schale zu setzen. Nach einiger Zeit wird sich dann eine Gewichtsdiffe- renz zeigen, welche, wenn die Wasserverdunstung beider Gefässe in, der That zu gleicher Zeit gleich stark ist, allein auf Respirationsverlust und anfangs noch auf äussere Wasserverdunstung des Schmetterlinges i und der Puppenhülle zu berechnen ist. Durch eine Reihe von Ge- wichtsbestimmungen kann man auf diese Weise während der Harnent- leerungen selbst die abgesehen von letzteren vor sich gehende Ge- wichtsabnahme auf ein gewisses Gesetz zurückführen, während man am Schlusse des Versuches durch eine Wägung des auffangenden Ge- fässes die Harnmenge allein bestimmen kann. Mir fehlte es leider an Material, um auf diese Weise zusammen- N. hängende Versuche anzustellen. Aber schon vorher hatte ich eine Arch. voor. Gen. Natuurkunde I. 2. pag. 248—254. 4864) über ähnliche, aber zu anderen Zwecken angestellte, Untersuchungen von M. C. VERLOREN aufmerksam geworden, welche ich mir leider noch nicht im Original habe verschaffen können. / - eg Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren et. 169 Bdere Methode angewandt, bei der die Fehler nicht vollständig, aber ‚doch vollständiger als bei de früheren Untersuchungen ausgeschlossen ind. Ich brachte den Schmetterling, an dem oben beschriebenen Ge- stelle hängend, mit diesem auf der Waagschale ruhend, an und be- F stimmte das Gewicht dieses ganzen Apparates. Um die Tropfen, welche | entleert wurden, auf einem untergeschobenen Uhrglase, das aber nicht #9 zugleich auf der Waagschale ruhte, aufzufangen, wurde ein einfaches E Gestell construirt. Aus einem Korkstücke mit sehr breiter Grundfläche erhob sich ein verticaler Stab, an welchem ein horizontaler Arm sowohl # von oben nach unten verschoben, als auch gedreht werden konnte. Auf dem horizontalen Arme, welcher in horizontaler Ebene flächenartig ausgebreitet war, ruhte das Uhrglas. Wenn man nun das Gestell dicht N neben der Wageschale aufstellte, konnte vermittelst des beweglichen # Armes das Uhrglas, ohne auf de: Waagschale zu ruhen oder dieselbe | zu berühren , dem Schmetterlinge derart untergeschoben werden, dass I ‚jeder hafen aufgefangen werden musste. Waren nun alle de Vor- | bereitungen getroffen, so wurde die Waage genau aequilibrirt und im © nicht arretirten Zustande aufmerksam beobachtet. Alle 2—3 Minuten BE wurde der allmählich und stetig vor sich gehende Gewichtsverlust durch | von Neuem ausgeglichen, wobei die Zeit und Gewichts- | bestimmung jedesmal so genau als a notirt wurde. Fand wäh- | statt, so war | en nöthig, die stark ausschlagende Wänge zu arretiren, Zn bis zur I _ abermaligen Aequilibrirung und Gewichts- und Zeit-Notirung mehr U Zeit verfliessen musste, als zu den anderen Gewichtsbestimmungen | nöthig gewesen war. Auf diese Weise entsteht eine Ungenauigkeit dieser Beobachtungsmethode. Denn um in den Beobachtungsintervallen, | in denen eine Harnentleerung eintrat, das Gewicht des Harntropfens _ von dem Gewichte, welches der Schmetterling durch Respiration wäh- rend dieser Zeit verloren hatte, zu trennen, war es nöthig, hinsichtlich ‚des Respirationsverlustes von kleineren Beobachtungsintervallen auf "grössere Schlüsse zu ziehen, wobei ein Fehler nicht zu vermeiden ist. ' ImAllgemeinen gelang es mir jedoch an dem Schmetterlinge der Puppe s, zu einem befriedigenden Resultate zu kommen. Es wurde folgende Keil von Beobachtungen angestellt, sämmtlich '%/, 1865: A. A NV, ausgekrochen. Be ERS M: Se 1,9186 Grms. * 42°: N; == 1,9179 » B...12°0.N, = 1,3160: 5» Bon 12“ N, = 1,9450 » Br TAOS-N. == 1,9140» 2 ; Br. ges. it 1.9050 € 1 ı ey 7 Tropfen. 12 * z x ni) rd) a I. und. ' 170 Wilhelm Blasius, 1,9040 Grms. SIB, =» 8. A9SN. 9, 498 N, a: Tropfen. 6. j4%?25 N. 1,8345 » ) 415 10.19 N. I EREH un 0h ER u BE FASER =,,,1,8930 PR 12. 19°. N. — 1,8880 » HA 13. A9QASS N, = 1,8870 » a REN: mass. a LES asra N. = 1881091 ggsmng ES 16.012 N: = 1,8760 » h 17. 1a N. = 1,8755 >» 198. 7. Ei 18. 125° N. — 4,8710 » aa UN. — 1,8705 » Sermn DL AREN: — 1,8667 » | 1 Ba al. HE N, = 1,8665 » | I: .9 & 99, 1° ;N. — 1. 861.2° > ö ; SE be = 1,8580» >43; 0, » 24. A45N. — 4,8575 » 2 IN. — 1,8349 » | ; DEAN, — 1,8295 :» j Fe 28. den, — 1,8294: » ien & 29. N. BER. Ei a 30. 2° N. = 1,8106 » | Bi: 3A%N. -— 1,8056 » { 394 1.1040 N; = 1,8015 » viele » Ba EBEN, = 1,7706 » 34. 3u0N. N ee Fasst man die Beobachtungen zusammen, zwischen denen keine Harnentleerung zu beobachten war, so erhält man folgende Tabelle: Gewichts- = Ä Mittlere Re Zeitdauer verlust ‚Ing beiden stündliche Beobachtungs- 'n in vorigen Columnen, Gexichtsuhr Mu yeal. Minuten. Zehntel- en wei nahme in Milligerms. ; Milligrms. 12 —11% 4 m 19% —19%0 6 19 | ı) N 12° —12'* 4 10 4 10 15,00 aaa —_gies 25.70 1,5 40 13,33 1925 —1981 6 10 6: 10,00 12?7°°—123® 1 1 5 1943 __194893 5,5 10 6,5 N 10,15. 19,948 ee | 49>4 —4958 -.h 5 5,9 8 8,73 1959 — 495 3,5 5 | u u, # > ; 6 7 7,00 Er I 3 2 4839. __ N jan2s 2.95 2 ' 5,75 9 9,39 ers jas5 RE 2,75 4 8,73 Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc, 171 Diese Tabelle stimmt im Allgemeinen vollständig mit den an r und E: ] beobachteten Tabellen überein. In den 10 letzten Minuten der ersten RÄ halben Stunde nach dem Auskommen des Schmetterlinges ist die mitt- 54 lere stündliche Gewichtsabnahme = 15,60 Milligrms., und °/, Stun- ; den später ist dieselbe auf ungefähr 7 gefallen. — Man wird bei diesen von den früheren wenig abweichenden Resultaten keinen grossen Feh- 4 ler machen, wenn man die Gewichtsabnahme durch Respirationsver- % lust in den det Beobachtung nicht zugänglichen Intervallen derart be- rechnet, dass man den Durchschnitt aus dem in den angrenzenden _ Perioden stattfindenden mittleren Gewichtsverluste für den Betrag des _ letzteren in dem nicht beobachteten Intervalle nimmt: So erhält man - durch Rechnung für den ganzen Zeitraum von 12:%5 his 3°, in wel- / chem allein Harnentleerungen beobachtet werden konnten, folgende 2 "Tabelle des durch Respiration bewirkten Gewichtsverlustes (3. Columne), woraus sich durch Subtraction von der Totalabnahme (%.) die Harn- menge (5.) berechnen lässt: Mittlere Beohachtete Berechnete stündliche u. berechnete ee Gewiehtsab- Beobachtungs- Gewichtsab- Gewichtsab- et nahme durch Intervalle. nahme durch nahme durch „ahme in Harnent- Respiration in Respiration in a leerung in Millierms. Milligerms. Mlllierms. yilligrms. 42195 _—_12°5 11,66 1,26 9,00 7,7% 1225 —128ı 10,00 1,00 1,00 0,00 1281 —12? 10,07 1,04 10,90 9,89 1937 —12385 10,15 1,95 6,10 1,15 12:85 _1951 9,44 0,39 5,70 5,34 1251 —1958 8,73 1,01 5,80 4,79 125 —_135 7,86 0,13 1,50 1,37 129 — ıe 7,00 0,82 1,50 3,68 I Be u 8,19 0,75 8,50 1,28 peus 2 james 9,39 1,65 23,50 18,85 jen2s__ 2975 9,06 0,22 9,00 h,78 1 Be EZ 8,73 0,40 0,40 0,00 1493 _ 43 7,00 14,30 59,10 14,80 Summa 27,89 144,00 116,11 Der Gewichtsverlust durch Respiration, welcher für den Zeitraum von 12:1®5 his 3% auf 27,89 Milligrms. berechnet ist, wird wohl als ‚noch geringer angenommen werden können, da für den Beobachtungs- _intervall von 1*®3 his 3% ein möglichst hoher Betrag desselben in Rechnung gebracht wurde. Auf diese Weise würde man die gesammte ' Harnmenge, die auf 116,11 Milligrms. berechnet ist, als zu gering angegeben betrachten können. Der Schmetterling, welcher hei der Entleerung des ersten Tropfens 367,5 Milligrms. wiegt, würde also 172 Wilhelm Blasius, mindestens 116,11 Milligrms., mithin ungefähr '/, seines Gewichtes an Harn verlieren. ı$ Dieses auf complicirtem und den Rechnungsfehlern in gewissen - Grenzen ausgesetztem Rechnungswege gefundene Resultat stimmt voll- ständig mit dem einen durch directe Wägung erlangten Resultate überein. Wenn man auf zwei so verschiedenen Wegen zu einem und demselben Resultate gelangt, so kann man dieses trotz der grossen Möglichkeit der Fehler als ein richtiges ansehen. Nachdem die Menge des flüssigen Harns auf mindestens 116,14 Milligrms. berechnet ist, gewährt es ein gewisses Interesse, zu sehen, wie viel dieselbe Harn- menge im trockenen Zustande wiegt. Sie wog 4,6 Milligrms. , sodass auf 4 Theil feste Substanz 25,24 Theile des flüssigen Harns zu rechnen sind. Bringt man dies Verhältniss in Anschlag, so ist es möglich, die- # jenigen Wägungen zu verwerthen, welche sich auf vollständig trocke- nen Schmetterlingsharn beziehen. So fand ich z. B. bei dem Schmet- terlinge aus der Puppe g, welche zuletzt 441 Milligrms. wog, die trockene Harnmenge = 6,9 Milligrms.; bei demjenigen aus der Puppe n, die zuletzt 323 Milligrms. wog, = 5,35 Milligrms., bei demjenigen aus der Puppe o, zuletzt 363 Milligrms., = 5,45 Milli- grms., und bei demjenigen aus der Puppe t, zuletzt 312,4 Milligrms., = 4,5 Milligrms. So stimmen die Beobachtungen des Herrn Pro- fessor Wick£, welcher bei dem um 8% V. ausgekrochenen Schmetter- linge aus der Puppe b um I N. eine Harnmenge von 74,5 Milligrms. und bei dem um 9 V. ausgekrochenen Schmetterlinge aus der Puppe c um A N. eine gleich grosse Harnmenge fand, wenn man die bis dahin stattgehabte Verdunstung mit in Anschlag bringt, vollständig mit der Norm überein. Ebenso die Beobachtungen des Herrn Stud. Wicke, welcher bei dem Schmetterlinge aus der Puppe e wenige Stunden nach dem Auskommen eine Harnmenge von 91,5 Milligrms. entdeckte. Die Harnentleerung ist meistens schon nach einigen Stunden be- endigt. Bei einigen Schmetterlingen konnte jedoch noch nach vielen Stunden eine Entleerung beobachtet werden, z. B. bei r 19 Stunden und bei q mehr als 19 Stunden nach dem Auskommen. Ueber spätere Harnentleerungen konnten keine Beobachtungen gemacht werden. Wahrscheinlich hören dieselben bei denjenigen Schmetterlingen, welche gar keine Nahrung mehr einnehmen, um diese Zeit fast gänzlich auf. Der Gewichtsverlust ist in diesem Falle der thierischen Thätigkeit nahe- zu proportional und wird allein durch die Respiration vermittelt. Wenn ein solcher Schmetterling natürlichen Todes stirbt, ist sein Ge- wicht auf ein Minimum reducirt. Genaue Wägungen habe ich über diese letzte Gewichtsabnahme nicht ausgeführt. Ich beschränke mich Perg none 4 . Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 173 aaa ie er darauf, eineReihe von Gewichtsbestimmungen anzuführen, welche von CornaLıa an der Raupe, der Puppe und dem Schmetterlinge des Seiden- _ wurms angestellt sind und deutlich vor Augen führen, wieviel die Ge- __ wichtsabnahme überhaupt beträgt!) : Ausgewachsene Raupe —= 4,80 Grms. - Puppe = 2,25 » = PR Weiblicher Schmetterling = B: Männlicher Schmetterling = 0,95 » Schmetterling, nach demEierlegeen = 0,56 » | ® u Schmetterling, nach dem Tode = 0,25 » Anhang. a 3 64 Mehrere quantitative Bestimmungen des Wassergehaltes = der Raupe und Puppe von Vanessa urticae. % Bei der Frage, wieviel die Wasserverdunstung in den einzelnen erioden der Entwickelung zu der Gewichtsabnahme beitrüge, glaubte i ich anfangs, ein Mittel der Beantwortung zu finden in einer successiven j - Bestimmung des Wassergehaltes der Puppen, indem ich bei der so enormen Wasserverdunstung als selbstverständlich annahm, dass die Ri Puppen kurz vor dem Ausschlüpfen einen viel geringeren rächen Wassergehalt aufweisen würden, als im Anfang der Entwickelung. Zu diesem Zwecke as ich 3 WwaßzÄrgchatan tin an Vanessa urticae. 1) Eine Raupe, welche in der Umwandlung begriffen war und 362,1 Milligrms. wog, enthielt 81 Milligrms. feste Theile, woraus sich ein Procentgehalt an Wasser von 77,63 ergiebt. 2) Eine Puppe, mehrere Tage nach der Verpuppung 265,5 Milli- grms. wiegend, enthielt 59 Milligrms. feste Theile, mithin 77,778 Proc. Wasser. 3) Eine Puppe, mehrere Tage nach der Verpuppung 252,5 Milli- grms. wiegend, enthielt 56,5 Milligrms. feste Theile, mithin 77,62% Proc. Wasser. Dies Resultat musste nach den Voraussetzungen, mit denen ich ‚die Untersuchung begonnen hatte, sehr überraschen. Denn danach ' hatte die Puppe nur einen wenig geringeren oder gar einen grösseren & Wassergehalt, als die Raupe, was bei einer beständigen Wasserver- _— dunstung sehr unwahrscheinlich schien. Wenn man wirklich die ee an a a el. MEERE TR u BEER 4) Cornalia, Memorie dell’ J. R. Istituto lombardo, V, 5, 1856, pag, 267. 174 Wilhelm Blasius, obigen, an verschiedenen Individuen ausgeführten Bestimmungen der- art vergleichen durfte, als wenn sie den nach einander statthabenden Wassergehalt an einer einzigen Raupe und Puppe angäben, so konnte man nur den Schluss ziehen, dass bei der mehrtägigen Entwickelung von der Raupe bis zur einige Tage alten Puppe die relative Gewichts- abnahme der circa 22,4 Theile fester Substanz bei der Gesammtab- nahme in ganz demselben oder gar etwas stärkerem Maasse vor sich ginge, als die der circa 77,6 Theile Wasser. Nur in diesem Falle war der bei den Puppen gefundene gleiche oder gar etwas grössere Wasser- gehalt zu erklären. Um dieses auffallende Resultat einer genaueren Prüfung zu unterziehen, machte ich fernere 4 Wassergehaltsbestim- mungen an den Puppen von Vanessa urticae. 1) Eine Puppe, circa */, Stunde nach der Verpuppung 294 Milli- grms. wiegend, enthielt 70 Milligrms. feste Theile, mithin 76,190 Proc. Wasser. E: 2) Zwei Puppen, diejenigen beiden, welche mit den übrigen 8 Puppen von a drei Tage lang der Gewichtsbestimmung unterzogen waren, bis sie zu dieser Untersuchung entfernt wurden, mehr als 2°/, Tage alt 520,5 Milligrms. wiegend, enthielten 124,3 Milligrms. feste Theile, mithin 76,695 Proc. Wasser. 3) Zwei Puppen, welche am Ende der Beobachtungsreihe an den 8 Puppen von a unter diesen ausgewählt wurden, circa 6'/, Tage nach der Verpuppung 481,5 Milligrms. wiegend, enthielten 108,8 Milli- grms. feste Theile, mithin 77,404 Proc. Wasser. 4) Eine Puppe, welche von den 6 noch übrig gebliebenen Puppen unter a genommen wurde, dicht vor dem Ausschlüpfen des Schmetter- linges (ich hatte anfangs 2 Puppen gewählt; beide schienen gleich nahe vor dem Ausschlüpfen angelangt zu sein; die eine von diesen kam während der Vorbereitungen zur Untersuchung in der That aus) unge- fähr 11 Tage alt 212,5 Milligrms. wiegend, enthielt 46,5 Milligrms. feste Theile, mithin 78,118 Proc. Wasser. Wenn man nun die Berechtigung hat, diese an verschiedenen In- dividuen gefundenen Resultate in der Entwickelung eines einzigen Individuums einzuschalten, sodass die einzelne Puppe als '/, Stunde alt 76,190 Proc. Wasser 3°/, Tage alt 76,695 » » 6'/, Tage alt 77,404 » » 11 Tage alt, \ kurz vor dem Ausschlüpfen 78,118 » » enthaltend angenommen werden kann, was ich bis auf nähere Unter- suchungen dahin gestellt sein lassen muss, so kann man die Schluss- Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 175 -folgerung unmöglich abweisen, dass das Wasser, welches im Körper der v” Puppesich befindet, offenbar viel weniger intensivabnimmt als die festen Theile, solange die Ausdünstung auf Respirationsthätigkeit beschränkt _ bleibt. Etwas Anderes ist es mit der nicht durch Respiration vermit- telten äusseren Wasserverdunstung. Diese muss natürlich viel inten- siver sein. Hält man dies fest, so lassen sich die 3 ersten Wasserbe- stimmungen ebenfalls, mit den 4 späteren zusammen, ohne Zwang auf ein Individuum übertragen. Die beiden Bestimmungen an Puppen lassen sich zwischen der letzten und vorletzten Bestimmung der letzten Untersuchungsreihe einschalten, und dass der Wassergehalt der Raupe ein so grosser ist und so viel mehr beträgt, als der vor Kurzem ent- standenen Puppe, erklärt sich durch die nicht durch Respiration ver- mittelte äussere Wasserverdunstung, welche bei der Verpuppung plötz- lich stattfindet und den Procentgehalt an Wasser plötzlich sehr ver- mindern muss. Nimmt man an, dass der Wassergehalt in der That kurz nach der Verpuppung constant = circa 76 Proc. und kurz vor dem Ausschlüpfen = circa 78 Proc. ist, was durch eine Reihe von Bestimmungen con- statirt werden kann, so hat man damit die Möglichkeit gewonnen, zu berechnen, einen wie grossen Antheil die Oxydation und einen wie pressen die BE sverdihstng an dem gesammten Gewichtsverluste während des Puppenzustandes hat. Es gewährt ein Interesse, diese Rechnung beispielsweise an einer Puppe von Vanessa Jo, auf die sich eine ähnliche Wassergehaltsdifferenz, wie sie die nahverwandte Va- \ nessa urticae zeigt, aller Wahrscheinlichkeit übertragen lässt, auszu- führen: Die Puppe b wog nach der Verpuppung 495,5 und kurz vor dem Auskommen 438,5 Milligrms., sodass sie im Ganzen 57 Milligrms. an Gewicht verliert. Im Anfange enthält sie 76 Proc., also nach der Gleichung: | 100.2: 76 == 395,5 17 376,58 Milligrms. Wasser und am Ende 78 Proc., also nach der . Gleichung: 10078738, x 342,03 Milligrıns. Wasser. Die 57 Milligrms. totalen Gewichtsver- - lustes kommen also zu 34,55 auf Wasserverdunstung und zu 22,45 auf Verlust durch Oxydation. Nach derselben Berechnung vertheilt sich die gesammte Gewichtsabnahme der Puppe c, welche bei einem anfäng- ‚liehen Gewichte von 488,5 Milligrms. 59 Milligrms. an Gewicht ver- or, zu 36,29 auf Wasserverdunstung und 22,71 auf Verlust durch ı Oxydation. — Bei der Puppe c hat danach die Wasserverdunstung 176 Wilhelm Blasins, offenbar etwas mehr Antheil, als bei b. Um deutlich zu sehen, durch 4 welche Umstände ein relativ grösserer Beitrag der Wasserverdunstung bei der Totalabnahme bewirkt wird, kann man das Verhältniss zwi- schen der Abnahme dnrch Wasserverdunstung und der Totalabnahme durch eine Formel ausdrücken, in welcher a das Anfangsgewicht der Puppe und d die Totalabnahme bedeutet: | 76a 78 (a—d) So ta Zen Rn oder entwickelt: — — X Der Ausdruck, mithin der relative Beitrag der Wasserverdunstung, wird um so grösser, je kleiner das Anfangsgewicht und je grösser die Totalabnahme ist und umgekehrt, und zwar trägt eine Verkleinerung der Totalabnahme 50mal mehr zur Verkleinerung des relativen Bei- trages der Wasserverdunstung bei, als eine Vergrösserung des An- fangsgewichtes. Doch vielleicht ändert sich mit diesen Verhältnissen zugleich der procentige Wassergehalt und dann steht unser ganzes Raisonnement in der Luft. Bei den sehr wenig extremen Verhältnissen von b werden wir allerdings bei der Annahme, dass der gesammte Gewichtsverlust von 57 Milligrms sich zu. 34,5 Milligrms. auf Wasserverlust und 22,5 Milligrms. auf Oxydationsverlust vertheilt, keinen groben Fehler begehen. Wir können auf dieser aller- dings nicht ganz sicheren Grundlage weiter bauen, um an der Hand der ResenauLt und Reıser’schen Respirationsversuche an ausgewach- senen Seidenwürmern'') (der eine Versuch über die Puppe selbst, der in den Schlussfolgerungen allerdings etwas mehr Sicherheit bieten würde, ist unbrauchbar) die Menge des zu diesem Oxydationsverluste nöthigen Sauerstoffes bestimmen. Nach 3 Resnaurr'schen Versuchen ist im Mittel auf 54 Milligrms. Oxydationsgewichtsverlust eine Sauer- stoffaufnahme von 600 Milligrms. nöthig. Diese 600 Milligrms. ver- theilen sich zu 475 Milligrms. auf Kohlensäurebildung und zu 125 Milli- grms. auf Gewebe- und Harnbereitung. Findet nun in unserem Falle dasselbe Verhältniss statt, so werden von 250 Milligrms. im Ganzen absorbirten Sauerstoffes 198 Milligrms. zur Kohlensäurebildung ver- wandt. Diesen entspricht eine Kohlensäuremenge von 272 Milligrms., sodass bei der nicht ganz I4tägigen Entwickelungszeit der Puppe die durchschnittlich in einem Tage ausgeathmete Kohlensäuremenge 20 Milligrms. betragen würde. Dieses durch die verschiedenartigsten Schlussfolgerungen abgeleitete Factum lässt sich durch die Beobach- Ann, de Chim. et de Phys. T. 26, 1849, pag. 483-489. D u . = win m km at en Du en nn Ve De a DE ne 2 Ueber die Gesetzmässigkeit in der Gewichtsabnahme der Lepidopteren etc. 177 tung prüfen. Die von Nrwrorr in dieser Hinsicht angestellten Versuche '), - welche nur zum Theil das theoretisch abgeleitete Resultat bestätigen, ie sind noch nicht sicher beweisend. — Eine Prüfung der obigen Schluss- _ folgerungen kann man auch vermittelst genauer Temperaturbeobach- tungen anstellen. Denn die Temperatur des Insectes ist bei einer con- stanten Temperatur des umgebenden Mediums sowohl von der Oxyda- ! tion, als von der Wasserverdunstung abhängig. Die Oxydation erhöht - die Temperatur in constanten Verhältnissen, während die Wasserver- dunstung ebenfalls in constanten Verhältnissen herabstimmend wirkt. So lässt sich aus einer zusammenhängenden Reihe von genau ausge- führten Temperaturbeobachtungen genau der jedesmalige Antheil der Oxydation und der Wasserverdunstung an der Gewichtsabnahme be- rechnen. Die von Nrwrorr ausgeführten Temperaturbeobachtungen - liefern wieder mehrfache Bestätigungen der obigen Ableitung?), was jedoch einer genaueren Prüfung unterzogen werden muss. = Es ist anzunehmen, dass das Verhältniss zwischen ausgeathmeter N Kohlensäuremenge und Wassermenge in den einzelnen Perioden der Biwiekelung einer Puppe nicht constant bleibt. Man wird das obige - - Gesetz über die Veränderlichkeit dieses Verhältnisses, das für die ganze nickelungszeit der Puppe abgeleitet wurde, auch auf die einzelnen IE Theile dieses Zeitraums übertragen können. Wenn dies wirklich der - Fall ist, so muss in dem Zeitraume, wo die Puppe am Wenigsten in- E tensiv an Gewicht abnimmt, also im Allgemeinen während des zweiten F - Viertels der Entwickelungszeit, das Wasser den relativ geringsten Bei- # Eine zur Gewichtsabnahme liefern. In der That sehen wir diese Ver- 3 muthung durch die Beobachtungen an den 8 Puppen unter a bestätigt. EN Denn berechnet man aus dem Wassergehalt und dem Gewichte dieser - & Puppen am dritten und sechsten Tage des Puppenzustandes den An- ; theil, den die Wasserverdunstung an der Gewichtsabnahme während - der Periode vom dritten bis sechsten Tage hat, so sehen wir, dass nur die Hälfte des Gewichtsverlustes durch eine Wasserverdunstung be- wirkt wird. 3 Indem ich diese Erstlingsarbeit der Oeffentlichkeit übergebe, bleibt | mir noch die angenehme Pflicht, für die vielseitige gültige Unterstützung, welche mir dabei von den Herren Professoren Wıck£ , KEFERSTEIN und & HeLFrericHh in Göttingen zu Theil ward, meinen aufrichtigsten Dank zu sagen. * az TS - Pe ch ze wie E 4) Philosophical Transact., 4836, pag. 552. 2) Philosophical Transact , 4837, pag. 259 —338. Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Luftsäcke des Huhns. Von ‘ Emil Selenka in Göttingen. Mit Tafel VII. In den bekannten Untersuchungen Rarnke’s!) über die Entwicke- lung der Athemwerkzeuge beim Huhn finden wir zuerst den Gedanken ausgesprochen und zugleich den Beweis geführt, wie die Luftsäcke der Vögel durch Erweiterungen derBronchien und durch Hineinwachsen derselben in die Leibeshöhle entstehen. Weniger gründlich und in den Hauptpuncten sich widersprechend waren die vielfachen Arbeiten über die Anatomie der Luftsäcke beim erwachsenen Thiere, die vor und nach den Beobachtungen Rartake’s erschienen, bis endlich auch diese Frage in den sorgfältigen Untersuchungen GvirLor’s?) ihre Lösung fand. Vergleicht man jedoch die Beschreibungen und Abbildungen GviL- zor’s mit den Angaben Rarnkr’s über die Zahl der Luftzellen, so stösst man auf einige Widersprüche. Diese Zweifel zu lösen blieb noch übrig, die Bildung der Luftzellen am Embryo specieller zu verfolgen, wozu mir im hiesigen zoologischen Museum von Herrn Professor KEFERSTEIN die beste Gelegenheit geboten wurde, dem ich denn auch für die freund- liche Unterstützung durch Literatur aufrichtigen Dank schulde. Die Angaben Rarnke’s über die Entwickelung der Luftsäcke lassen sich in Folgendem zusammenfassen. Schneidet man am vierten Bebrütungstage den Herzbeutel des Hühnerembryo’s ein und entfernt das Herz, so bekommt man die an ihrer untern Seite mit der obern Wand des Herzbeutels verwachsene 4) Ueber die Entwicklung der Athemwerkzeuge bei den Vögeln und Säuge- thieren. Von Dr. H. Ratuke. Nov. Act. Phys.-Med. Acad. Caes. Leop. Car. T. 44. Bonn 4828. p. 459—216. Tat. 47 und 148. 2) Ann. d. sc. nat. III. serie. Zoologie. T. V. 1846. p. 25—87. pl. 3 u. 4. di Beitrag zur Entwiekelungsgeschichte der Luftsäcke des Iuhns, 179 Speiseröhre zu Gesicht, welche an ihrer untern Wand mit einer breiten dünnen Leiste versehen ist. Diese Leiste spaltet sich in zwei kleine, seitlich plattgedrückte Auswüchse, welche die erste Anlage der Lungen vorstellen. Im Verlauf des fünften Tages sondern sich auch die beiden — Aeste der Luftröhre aus dieser Leiste ab und erscheinen so als Fort- setzung des noch sehr kurzen Stammes der Luftröhre. Die Lungen - stellen zwei kleine Schleimklümpchen dar, in deren Innern einmal eine relativ kleine Höhle sich zeigte. Am sechsten Tage trennt sich der Stamm der Luftröhre nebst den Aesten von der Speiseröhre ab; beide sind wahrscheinlich noch ohne Canal. Die Lungen erscheinen jetzt, im untern Theile, deutlich hohl, und werden diagonal von einem dichten Streifen durchsetzt, welcher später zu dem -an der innern Seite der - Lunge verlaufenden Hauptzweige des Luftröhrenastes wird. Der untere blasige Theil bezeichnet den Anfang der Luftsäcke, steht aber wahr- scheinlich noch nicht mit dem Bronchus in Verbindung ; im obern Theile entwickeln sich die Luftgefässe, die am siebenten Tage als dünne kurze Röhrchen oder Stäbchen zu erkennen sind. Bis zum zwölften Tage machen die Lungen in ihrem Wachsthume die grössten Fortschritte, nach diesem Tage aber vergrössern sie sich nur gleichmässig mit dem - Rumpfe. Die Luftsäcke dagegen befinden sich im grössten Wachsthume erst nach dem zwölften Tage, dehnen sich dann aber so bedeutend aus, dass sie schon einige Tage zuvor, ehe das Hühnchen das Ei verlässt, alle Eingeweide der Brust und des Bauches umgeben. Der Bau der Vogellunge stellt sich im zehnten Tage am klarsten dar. Vom Luft- röhrenaste sieht man mehrere Zweige abgehen, welche zwei Lagen bil- den, eine untere und eine obere. In jeder Schichte laufen vom Ende des Luftröhrenastes die Zweige wie Radien eines Kreises aus einander; jeder Zweig aber theilt sich gabelförmig wieder mehrmals in noch klei- _ nere Zweige. Von diesen Haupt- und Nebenzweigen gehen nun eine grosse Menge langer, fadenförmiger und am Ende geknöpfter Röhren aus, die sich nicht mehr verzweigen; sie ragen in die Tiefe der Lunge hinein, so dass die Röhrenenden beider Schichten in Berührung mit - einander kommen. Eine kleine Zahl solcher Röhrchen entspringt auch ‚aus der dem Rücken zugekehrten Schicht. Bei der Entwickelung dieser Röhrchen entstehen wahrscheinlich zuerst die knopfförmigen Enden _ derselben, und später erst wachsen die Stiele nach. Was die Luftsäcke - betrifft, so bilden dieselben anfangs in jeder Seite der Länge nur eine einzige Gallertblase, in der später drei kleine Scheidewände auswach- - sen, sodass schon am neunten Tage die äussere Seite der Länge von ‚ vier prallen Bläschen eingenommen ist. Indem sich in den folgenden Tagen diese Höhlen vergrössern, kommen jederseits vier besondere 180 Emil Selenka, Blasen zum Vorschein, die in der Nähe der Lungen mit einander ver- | wachsen sind, und alle vom Bauchfell überkleidet werden. Mit der Vergrösserung der Blasen wird allmählich auch die innere Flüssigkeit . absorbirt, und zwar zuletzt in der hinteren Blase, die sich zum grossen | Bauchluftsack ausbildet; die beiden vordersten Blasen bilden die Herz- luftsäcke. Die Oeffnung der Luftsäcke in die Knochen erfolgt erst ge- raume Zeit, nachdem das Hühnchen das Ei verlassen hat. Nachdem ich diese Beobachtungen Rarnke’s nun in Bezug auf die Ausbildung der Luftzellen an frischen Hühnerembryonen genauer ver- folgt habe, bin ich im Stande, ihnen Einiges hinzuzufügen. Die erste Anlage der Lungen bestand am Ende des dritten Be- brütungstages aus zwei seitlichen Höckern der Speiseröhre, aus welcher sie im Verlauf des vierten Tages als zwei nach vorn und hinten diver- girende kurze Läppchen hervortreten. Sie lassen in ihrer Mitte einen helleren, bei durchfallendem Lichte deutlicheren dunkeln Strich erken- nen, der sich als eine dichtere Zellenlage von den übrigen blassen Bil- dungszellen abgrenzt (Taf. VII. Fig. 4). Auffallend ist, dass diese Linien in den Lungenläppchen noch nicht mit einander, auch noch nicht mit der dichteren Zellenlage, welche den Oesophagus in seiner Mitte der Länge nach durchzieht, zusammentreten und so als deren Fort- setzung erscheinen. Dies geschieht erst am fünften Tage, gegen dessen Ende die dunkeln Linien nach unten zu sich kolbig verdicken, — die erste Anlage der beiden grossen Abdominalluftbehälter. Zu- gleich bemerkt man in dieser Linie, dicht oberhalb der Endanschwel- lung, eine knotige Verdickung als erste Andeutung einer Verästelung des primordialen Bronchus, der sich aber noch nicht als hohles Rohr ausweist (Taf. VIII. Fig. 2 u. 3). Inunregelmässiger, meist unsymmetri- scher und nicht constanter Weise wachsen nun im Verlauf des sechsten Tages der Bebrütung eine Anzahl von Aestchen aus ihm hervor, die, alle noch eingebettet im Parenchym der Lunge, theils an der Bauch-, theils an der Rückseite derselben verlaufen und so zwei Schichten bil- den. Am siebenten Tage treten diese Verästelungen deutlicher her- vor (Fig. %), und wachsen zu relativ weiten Röhren aus, wie man unter dem Mikroskope bei Verstellung des Focus leicht erkennt. Im Verlaufe des achten und neunten Tages treiben diese Zweige des primordialen Bronchus neue dichotomische Verästelungen, aus wel- chen sich dann die letzten dünnen Aestchen des Bronchialsystems her- ausstülpen, die später mit Aestchen der gegenüberliegenden und be- nachbarten Zweige zusammentreten und so die zahlreichen Anastomosen bilden, durch welche die Vogellunge ausgezeichnet ist. Zerreisst man jetzt die Länge am neunten oder zehnten Bebrütungstage und bringt Beitrag zur Eutwickelungsgeschichte der Luftsäcke des Huhns, 181 er X Pe a r einige der leicht zu isolirenden Bronchien unter das Mikroskop, so sieht - man, wie sämmtliche Zweige meistens mit je zwei Reihen von Flecken _ versehen sind, wahrscheinlich die Bildungsheerde der sogenannten Infundibula der ausgebildeten Lunge!). Am zehnten Tage erscheint auch das Epithel der Bronchien, zumal bei Zusatz von Essigsäure, deutlich eylindrisch und kernhaltig. | Die unteren knopfförmigen Verdickungen sind während dieser Zeit _ aus dem Parenchym der Lunge als pralle Bläschen hervorgetreten. - Auch die Anlage der beiden Subeostalluftsäcke ist am Ende des zehn- ten Tages der Bebrütung nicht zu verkennen; der obere liegt als flaches Säckchen der concaven Bauchseite der Lunge auf und erscheint weniger - deutlich, während der untere wie ein gestieltes Bläschen aus der äusse- - ren und hinteren Ecke der Lunge hervorschaut. Als drei winzige Knöpfchen treten in der Mitte des elften Tages auch aus der vordern, dem Kopfe zugekehrten Lungenfläche noch drei Bronchien heraus, und somit sind zu dieser Zeit sämmtliche Luftsäcke schon mit schwacher Vergrösserung in ihrer Anlage zu erkennen. 1% In der weiteren Entwickelung eilen die unteren Bläschen allen ‚übrigen voraus, immer ein zartes Häutchen, das Bauchfell, vor sich herschiebend; dabei zeigt sich das der linken Seite constant grösser. Im dreizehnten bis fünfzehnten Tage baben sie das hintere Ende der Leibeshöhle erreicht und gehen alsbald mit dem, Bauchfelle, welches “ die innere Leibeshöhle und deren Organe überzieht, eine Verwach- | sung ein. Ei Aehnlich verhält es sich mit der Weiterbildung der übrigen Luft- - säcke. Sie dehnen sich, zumal vom vierzehnten Tage ab, sehr rasch I ‚zwischen die Eingeweide derBrust aus und verwachsen mit diesen und % der Körperwandung in einigen Tagen aufs Innigste, indem zugleich die sie erfüllende Flüssigkeit absorbirt wird. Die Herzluftzelle erweitert sich in ihrer Fortsetzung zu der Subscapularzelle und ist bis zum Aus- kriechen des Hühnchens schon dicht an den Humerus herangetreten. Um aber durch das Foramen pneumaticum in dessen Inneres zu ge- _ langen, bedarf diese Luftzelle noch längerer Zeit, jedenfalls mehr wie 22 Tage, nachdem nämlich dieser Knochen nahezu ausgewachsen ist. Es ist das erklärlich bei der Anforderung, dass dieser Röhrenknochen - mit grosser Dicke, also möglichster Festigkeit ein geringes specifisches Gewicht vereinigen soll. Das an Blutgefässen reiche Mark macht der Luft Platz, sobald der Knochen fertig gebildet ist. 4) Ep. Weser, im Amtl. Bericht der Naturforscherversammlung in Braun- schweig Braunschw. 4844, 182 Emil Selenka, Beitrag zur Entwiekelungsgesch. der Luffsäcke des Huhns, Um die Anatomie der Luftzellen beim Vogel, nachdem er das Ei % verlassen hat, zu studiren, empfiehlt sich die Methode der Injection durch die Trachea mittels Wachs (bei eben getödteten) ‚oder mittels Gyps (bei schon vollständig erkalteten Thieren). Beide Injectionsmassen E haben die Annehmlichkeit, dass man schon nach wenigen Minuten den innern Abguss jedes Luftsacks als geformte Masse herausheben kann, um so an den wieder zusammengesetzten Theilen ein anschauliches Bild von der Gestalt und Vertheilung derselben zu gewinnen. Gumror gewann seine Resultate hauptsächlich durch Aufblasen der Luftzellen mit Luft. In den mehrfachen Untersuchungen, die ich beim Huhn nach vorhergegangener Injection anstellte, bestätigen sich die Angaben GuiLor's vollkommen. Erklärung der Tafel Viil. Fig. 4. Lungen des 3'/, Tag alten Hühnerembryo’s, vergrössert. oe. Oesophagus. | p- Lungenlappen. Fig. 2. Hühnerembryo vom Ende des fünften Tages der Bebrütung. Etwas über doppelte Grösse, h Leber. — c Herz. Fig. 3. Lungen desselben. — 5. Erste Anlage des Abdominalluftsacks. Fig. 4. Lungen eines Hühnerembryo’s von der Mitte des sechsten Tages. Fig. 5. Lungen vom siebenten Bebrütungstage. Fig. 6. Lungen vom elften Bebrütungstage mit der Anlage sämmtlicher, folgen- der Luftsäcke: 4. Cellula supralaryngea. 2. und 2’. Cellula infralaryngea (in der linken Lunge noch nicht vollkom- men angelegt). — Setzt sich später in die Cellula axillaris fort. 3. Cellula subcostalis anterior. 4. Cellula subcostalis posterior. 5. Cellulaabdominalis inferior; communicirt später mit der Cellula abdo- minalis superior, und durch diese mit der Cellula supralaryngea. Fig. 7. Rechte Lunge eines Huhns, mit Wachs injicirt. Die Zahlen bezeichnen den Austritt der Luftzellen wie in Fig. 6. Fig. 8. Rechte Luuge einer erwachsenen Ente, mit Wachs injicirt. Bezeichnung wie in Fig. 6. ' Fig. 9. Dieselbe von der Rückenseite, um die _Vertheilung der Luftgefässe zu zeigen. Zur Anatomie von Philomycus carolinensis Bosc. RER 2e vi ER rn ur ge Von Ey Wilhelm Keferstein M. D. in Göttingen. En. ” Mit Taf. IX. In 3 ’ Die merkwürdige limaxartige Pulmonatengattung Philomycus von e FINESQUE ') 1820, auf eine von Bose?) 1802 als Limax carolinensis nnicnene Sysdimörkähiäche Art gegründet, scheint, so sehr ihre | enthümliche äussere Beschaffenheit auch auf einen Bescrabaeh in- _ neren Bau hinweist, bisher nur wenig genügend anatomisch untersucht 2 E%- Zwar hat Jerrr. Wyman°®) davon schon eine Anatomie gelie- | , von der unter Andern J. E. GraY*) berichtet, und auch J. Ley) scheint sich damit später in ähnlicher Weise beschäftigt zu haben, doch eichen die dort gewonnenen Resultate, so weit sie mir Bakanae ge- 1 örden sind, nicht aus, sich ein genaues Bild der anatomischen Ver- Ih ältnisse Meser Siviedke zu entwerfen, und in dem System schwankt dem zufolge die bemerkenswerthe Edith von einer Stelle zur andern. ) Ich benutze deshalb gern die Gelegenheit, diese Gattung von Neuem anatomisch zu untersuchen, welche mir mein verehrter Freund Dr. Martens in Berlin durch die Uebersendung zweier zwar kleiner (32 Mm. und 18 Mm. lang), aber gut erhaltener Exemplare von Philo- yeus carolinensis aus Boston geboten hat. TPFEEEUTTTTIIEL nem na. 220.0 6,555 en m wu 4) In den Annals of nature Nr. 4. 4820. p. 40 (mir nicht zugänglich). 2) In seiner Histoire naturelle des Vers (Suite a la Buffon chez Deterville. Vol. 63). Vol. I. Paris. an X. 8. p. 80. Pl. Ill. Fig. A. 3) On the anatomy of Tebennophorus carolinensis in Boston Journal of Na- tural History Vol. IV. Jan. 1844. p. 440—416. Pl. XXI. (mir nicht zugänglich). E: A) Catalogue of Pulmonata in the Collection of the Brit. Museum. Part. 4 ) "London 4855. 8. p. 157, 158. 5) In Bınsey, The Terrestrial Mollusks of the United States. Vol. I. Boston 1851, p. 250; Vol. Il. 1857. Pl. III. (mir nicht zugänglich). Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. = N 184 Wilhelm Keferstein, Das Thier (Taf. IX. Fig. I) hat im Ganzen die Körpergestalt eines Li- max, die Rückenseite ist aber deutlich durch eine scharfe Furche vomFusse getrennt und wird in ihrer ganzen Erstreckung von dem Mantel be- deckt, welcher vorn nur den Kopf, hinten eine kleine Schwanzspitze hervortreten lässt. Rundherum ist der Mantel deutlich vom Körper abgesetzt, ragt aber nur vorn am Kopf ein wenig lappenartig über seine Verwachsungslinie mit der Körperhaut hinaus. Vorn an der rechten Seite bemerkt man im Mantel eine längliche Spalte, in der Lunge mit Niere, wie etwas vor und unter diesen der After ausmündet. An der rechten Seite des Kopfes, also vor jener Mantelspalte, befindet sich die Oeffnung der Geschlechtsorgane; vorn an demselben bemerkt man die Oeffnungen der vier zurückgestülpten Tentakeln. B Wenn man so geneigt ist, dem Philomycus nach seiner äusseren Gestalt bis auf die grosse Ausdehnung des Mantels eine auffallende Aehnlichkeit mit Limax oder Arion zuzuschreiben, so wundert man sich, die Sache wesentlich anders, als man danach erwartete, zu finden, wenn man den Mantel durch einen Längsschnitt in der Rückenlinie’ geöffnet hat. Dann sieht man nämlich (Fig. 3), dass der grosse Mantel keine Mantelhöhle bedeckt, sondern in seiner ganzen Ausdehnung mit der Körperhaut verwachsen ist, sodass er wohl das Aussehen, aber nicht mehr die Function des Mantels der Pulmonaten besitzt und sich noch mehr als der Mantel von Veronicella, welcher doch eine kleine Mantelhöhle einschliesst, von dem Mantel der Limaciden entfernt. Die sehr kleine Lungenhöhle p/ bei Philomycus liegt von einer vom Mantel gesonderten feinen Haut bedeckt vorn hinter dem Kopf auf der Einge- weidemasse und steht, wie es Wyman schon bemerkt, mit dem Mantel’ selbst in gar keiner Verbindung. Der Verdauungstractus (Fig. 2) beginnt mit einer kräftig entwickelten Mundmasse mb, in der vorn an der Rückenseite der starke, gebogene, in der Mitte mit einem stumpfen Zahne versehene Kiefer k (Fig. k) befestigt ist und die hinten an der Unterseite die mit einer wenig hervortretenden Zungenscheide versehene Zunge ent- hält. Die Radula (Fig. 5) zeigt eine Beschaffenheit, wie bei den Li- maciden; Wyman (a. a. ©.) und Hryxemann') haben dieselbe bereits? beschrieben und abgebildet. Die Zahnplatten derselben sind etwa doppelt so lang wie breit und die Medianplatten treten schon dadurch, dass sie ziemlich beträchtlich aus den Querreihen der seitlichen Zähne. nach hinten gerückt sind, deutlich hervor. Alle Platten tragen einen 4) F. D. Heysemann: Einige Mittheilungen über Schneckenzungen mit beson- derer Beachtung der Gattung Limax in den Malacozoolog. Blättern. X. 1862. p. 242, 243. Taf. III. Fig. 12. Zur Anatomie von Philomyeus carolinensis Bose. 185 infachen spitzen Zahn, der aber nur auf den Medianplatten eine ganz symmetrische Stellung besitzt, bei allen andern den Medianplatten sich | zuneigt und zwar desto stärker, je ferner seine Platte von der Median- N linie der Radula absteht. | © Hinten an der oberen Seite des Mundmasse entspringt der dünne | 4 esophagu s.oe, welcher gleich hinter der Mundmasse vom Schlund- - J ring umgeben wird und nach nur kurzem Verlauf in den langen, cy- " lindrischen Magen v übergeht, der etwa die halbe Länge des ganzen | Körpers erreicht und als der verschmolzene Vormagen und wirkliche gen der meisten Pulmonaten angesehen werden muss. In das ab- gerundete, aufgeschwollene Hinterende dieses Magens mündet die ‚eber h ein und dasselbe biegt sich dann in den dünnen langen "Darm ium, der, zwei grosse Schlingen bildend, sich durch die um- 'E sebende Lebermasse durchwindet und an der oben bezeichneten Stelle " vorn an der rechten Seite des Mantelrandes im After a nach Aussen ' mündet. ‘ " Neben der Speiseröhre befindet sich jederseits eine grosse gelappte Speicheldrüse s, von der ein feiner Speichelgang entspringt, durch len Schlundring tritt und in die Mundhöhle neben dem Oesophagus indet. An der sehr entwickelten Leber h unterscheidet man sofort wei Hauptabtheilungen,, eine hinter dem Darmtractus liegende com- pacte, die die ganze Hinterspitze der Körperhöhle einnimmt, in welche erner die kleine Zwitterdrüse vorn eingebettet ist und: welche an der ne aus mehreren blattartig ausgebreiteten Lappen bestehende vordere Abtheilung, welche theils den Magen begleitet, theils zwischen den irmschlingen ihren Platz findet und vorn bis zur Mundmasse hin- Der Schlundring sch umgiebt eng den Oesophagus gleich nach ‚seinem Austritt aus der Mundmasse. Die Commissura cerebralis ist lang ) "und nimmt die Rückenseite der Speiseröhre ein, indem die Cerebral- ) ganglien ganz an den Seiten derselben liegen, dagegen hängen die | Pedal und Visceralganglien dicht zusammen und lassen kaum für eine | kurze Pedalcommissur an der Unterseite der“Speiseröhre Raum. Die | _ beträchtlichsten Nerven sind die beiden Fussnerven n, -welche an der nenseite des Fusses nach hinten laufen. | Fa Einen grossen Theil der Körperhöhle füllen die Geschlechts- Aa aus, welche neben Magen und Darm, also wesentlich in da vorderen Theile des Eingeweideknäuls eingebettet sind. Die sine, dunkelpigmentirte Zwitterdrüse gh liegt in dem vorderen | Theile der oben erwähnten hinteren Lebermasse eingeschlossen und 13 * 186 . Wilhelm Keferstein, schickt den mit mehreren Wurzeln entspringenden starken Zwitter R gang dh nach vorn zu der grossen Eiweissdrüse gal, von der er. sich eine Strecke weit als Eiersamengang dos, welcher einige ine dungen macht und an der Eierseite sehr dick von Eiweiss ausgeschwol .. lene Wände zeigt, fortsetzt und sich dann aber früh in einen Eileiter od und ein Vas deferens vd spaltet, welche sich erst vorn im Ge- schlechtsatrium at wieder vereinigen. x ! Der Eileiter mündet nach einigen Windungen zusammen mit dem Penis in den vordern wieder gemeinsamen Theil der Geschlechts. organe, in das Geschlechtsatrium at, das nicht weit hinter den rechten Tentakeln an der Seite des Kopfes seine äussere Oeflnung be- sitzt. Ehe der Eileiter das Atrium erreicht, mündet in ihn die Bursa copulatrix bc ein, welche ähnlich wie bei Helix sehr lang gestielt ist und dicht daneben, als eine Erweiterung des Ganges derselben er- scheinend, der rundliche Pfeilsack bi. In dem Pfeilsack befindet sich ein sehr kräftiger, gebogener (fischzahn-ähnlicher) Liebespfeil (Fig. 6), welcher ebenso wie die langgestielte Begattungstasche eine von der sonst limaxartigen Anatomie des Thiers auffallende Abweichung darbietet. Das Vas deferens vd wird nach seinem Austritt aus dem Eier- samengang zu einem sehr feinen Canal, der nach einem langen ge- schlängelten Verlauf in den ziemlich dünnen, cylindrischen, langen Penis p eintritt, dem jede Spur eines Flagellums abgeht. Neben sei- ner Eintrittsstelle befestigt sich an den Penis der Rückziehmuske. mr desselben, welcher mit dem Rückziehmuskel des linken oberen Tentakels sich an die Körperwand setzt, vor dem der cylindrische Penis nicht weit vor dem Pfeilsack in das Geschlechtsatrium mündet, erwei- tert er sich zu einem grossen rundlichen Sack p’, an dessen oberer Wand sich ein besonderer breiter Rück ziehmuskel mr’ ansetzt und der also bei der Begattung wieder eigentliche Penis ausgestülpt sein wird. Die Lunge pl ist mit der Niere r und dem Herzen c ähnlich wie bei den Limaciden eng verbunden, und diese Gruppe von Organen bildet eine flache rundliche Scheibe, welche hinter der Mundmasse dem Eingeweidesack aufliegt, mit dem Mantel nur an der Ausführungs- öffnung zusammenhängend (Fig. 3). Die Niere hat die Form eines hohlen Ringes, in dessen Centrum, vom Herzbeutel eingeschlossen, das aus Kammern und Vorkammern bestehende Herz liegt, und an dessen rechter und hinterer Seite sich der schmale sichelförmige Lungen- sack befindet. Die Art der Zusammenlagerung wird aus Fig. 3 klar sein. Bei den Limaciden ist die Lunge sehr viel grösser und umgiebt rundum die auch dort fast ringförmige Niere. Zur Anatomie von Philomyeus carolinensis Bose. 187 Unter der Mundmasse befindet sich frei in der Körperhöhle eine urze lappige Fussdrüse gp. Der Mantel schliesst bei den von mir ıtersuchten Exemplaren keine Spur einer Schale ein, obwohl bei E. Graya. a. O. eine nagelartige Schale im Vorderende des Mantels cc wähnt wird'). Eine Drüse auf dem Rücken der Schwanzspitze fehlt, ie bei den Limaciden. Wie wir schon im Eingange bemerkten, gründete Rarınzsqur 1820 ‘den Limax carolinensis Bose seine Gattung Philomycus. Allerdings - eharakterisirte er sie nur unvollkommen, indem er sie nach Desnayes ?) I das Original Rarınesqur’s kann ich nicht einsehen) von Limax nur Pr rch die Abwesenheit des Mantels, die langen, endständigen, ange- schwollenen und kurzen, iiteiieeiniiiken; länglichen Tentakeln unter- s scheidet, dennoch halte ich es aber nicht für gerechtfertigt, den 1842 n Amos BinneEy°) aufgestellten Gattungsnamen Tebennophorus, der sich sonst grossen Beifalls erfreut, anzunehmen. Diese nordamerikanische Gattung scheint mir mit zwei für asia- e Schnecken aufgestellten Gattungen, nämlich Meghimatium Hass. und 'Incilaria Bens. identisch zu sein, wie es auch schon vor mir die ch üder Anıms und weniger hen Woonpwarn auffassten. Leider sind äber diese beiden Gattungen noch nicht anatomisch untersucht. Van HasseLr*) stellte für mehrere Nacktschnecken der javanischen 'älder die Gattung Meghimatium auf, deren Arten in F£russac und SHAYES’ grossem Werke beschrieben und abgebildet werden. Der ändische Reisende schreibt über diese Thiere: »Hoewel geen Limax „am. tot dus verre door ons is ontdekt geworden, zoo bezitten wy toch een dier hetwelk dit genus zeer naby komt en eigenlyk alleen daardoor \ van’ hetzelfe afwykt dat de mantel niet alleen het achterste gedeelte van het ligchaam bedekt, maar over het geheel dier zich uithreidt. |" Als eigen genus Bohne is hetzelve door ons opgesteld onder den naam Meghimatium (van ıuazwv Mantel). « 4) Auch E. Deray Natural History of NewYork. Zoology. Part. V. Mollusca. any 1843. 4. p. 23, 24 giebt bestimmt an, dass eine Schale fehlt. 2) In Ferussac et Desnayes, Histoire naturelle des Mollusques terrestres et | Aluviatiles. Paris. T II 4. p. 96 y. 13% Bi, 8) Descriptions of some of: the Species of Naked Air -breathing Molluska in- | \ habiting the United States in Boston Journal of Natural History. Vol. IV. 1842. p. 164. N 4) Uittreksel uit en brief van Dr. J. C. van HasseLt aan Prof. van Swinderen. | er: D. Ceram (by Bantam) 4. Febr. 1823 in Allgemene Konst-en Letterbode voor I ‚het jaar 1823 Nro. 42. Haarlem. 47. Octob. 1823. p. 232, | ! E Age: 3 188 Wilhelm Keferstein, Benson!) beschreibt seine neue Gattung aus China in folgender Weise: »Ineilaria: Corpuselongatum postice attenuatum, repens undique velo marginatum. Tentacula quatuor,, superioribus oculiferis, inferio- ribus integris. Foramen commune in latere dextro, non procul ab ex- | tremitate antica veli situm.« Nach diesen Beschreibungen scheinen die beiden Gattungen mit Philomycus zusammen zu fallen: erst die anato- mische Untersuchung wird darüber aber endgültig entscheiden. R In der Anatomie zeigt sich aber Philomycus so verschieden von Limax. und den übrigen genauer bekannten Limaciden, wozu diese Gattung sonst gewöhnlich gestellt wird?), dass sie mit demselben Rechte, wie z. B. auf Janella und Veronicella eigene Familien gegrün- det sind, den Typus einer neuen Familie der stylommatophoren Pul- monaten bilden muss. Schon J: E. Gray?) erkennt die Selbständigkeit einer solchen Abtheilung an, indem er in seiner Familie der Heliciden eine Tribus Philomycina unterscheidet. Die neue Familie Philomyeidae kann in folgender Weise charakterisirt werden: Ä ; Fam. Philomycidae. } Schale fehlend. Körper mit dem Fusse der Länge nach verwach- sen, durch eine Furche von ihm geschieden. Vier retractile Tentakeln, . von denen die hinteren und oberen die Augen tragen. Mantel, den ganzen Rücken bis auf den Kopf und die Schwanzspitze bedeckend und an den Seiten bis nahe zum Fusse hinabreichend; in seiner gan- zen Ausdehnung mit der Körperhaut verwachsen, ohne eine Athem- höhle zu bilden. Die letztere ist sehr klein und liegt vom Mantel ganz getrennt vorn auf-dem Eingeweidesack. Athemloch vorn an der rech- ten Ecke des Mantels, zusammen mit dem After. Geschlechtsöffnung vorn hinter dem rechten Tentakel, männliche und weibliche vereinigt. Keine Drüse auf der Schwanzspitze. Fussdrüse frei in der Leibeshöhle. Kiefer und Radula wesentlich wie bei den Limaciden. (Langgestielte Bursa copulatrix, kräftiger Liebespfeil.) Göttingen, 20. November 1865. 4) W. H. Benson in Cantor General features of Chusan with remarks on the Flora and Fauna of that Island in Annals and Mag. of Nat. Hist. IX. 1842: p. 486. und W. H. Benson, Chusan Shells collected by Dr. T. Cantor in Journal of the Asiat. Soc. of Bengal. XXIV. 1855. Calcutta 1856. 8. p. 146—121. 2) Siehe KEFERSTEIN in seiner Fortsetzung von Bronn’s Thierreich. III. 1864. p- 1256. 3) Catalogue of Pulmonata in the collection of the Brit. Museum. I. London 1855. p. 156—461. BERN, ? ey ! i & a ae Ei 2% Er a DREI fa ER RER Aut on Philomyons carolinensis Be 189 BE EHE ri | en. Erklärung der Abbildungen. nn Be. Tafel IX. | Tentakeln. I Eingeweidesack. p eylindrischer Penis. e Tentakeln. P Mantel. mr dessen Rückziehmuskel. 1asse. ° gh Zwitterdrüse. p' kugeliger Theil des Penis. | dh Zwittergang. mr’ dessen Rückziehmuskel. seröhre. x gal Eiweissdrüse. c Herz. eicheldrüsen. dos Eiersamengang. r Niere. agen : od Eileiter. pl Lunge. bt Pfeilsack. pl’ Athemöffnung. bc Bursa copulatrix. sch Schlundring. vd Vas deferens. n Fussnerven. Philomycus carolinensis Bosc von der Seite in natürlicher Grösse. Nach - einem von Dr. Ep. von MArTEns geschenkten Exemplare. . Ebenderselbe vergrössert, Anatomie. _ Ebenderselbe. Der Mantel ist in der Rückenlinie der Länge nach gespalten und auseinander geschlagen, um die Lunge. die Niere und das Herz in der Lunge auf dem Eingeweidesack zu zeigen. Kiefer, ebendaher. iR Theil der Radula, ebendaher. Liebespfeil, aus dem Pfeilsack genommen, ebendaher. Ueber das Gehörorgan von Locusta. Von V. Hensen. Hierzu Taf. X. TERROR \ Nachdem Jon. Mürzer!) bereits bei den Locustiden auf eine eigen- thümliche Bildung der Stigmen der Vorderbeine, welche er in Beziehung zum Gehörorgan glaubte, aufmerksam gemacht, damit aber nur auf halbem Wege zum wahren Gehörorgan stehen geblieben war, gelang es v. SızsoLn ?), indem er den Tracheen jener grossen Stigmen weiter folgte, in der Tibia der Vorderbeine das wirkliche Gehörorgan der Heuschrecken anfzufinden. Seine Schilderung ist ganz vortrefflich und zu gleicher Zeit so eingehend, dass ich nur mit vieler Mühe in diesem Gebiete weiter vordringen konnte. Am liebsten würde ich jene vor 20 Jahren veröffentlichten »Fragmente« in extenso aufnehmen, doch würde dadurch verhältnissmässig zu viel Platz erfordert; das Wesent- liche seiner Beschreibung fasse ich hier zusammen. SırBoLD fand zunächst, dass zwei Tracheenstämme in das Vorder- bein hineingehen, von denen der eine sehr weit, der zweite bedeutend enger ist. Der weitere hat in seinem Verlauf in der Tibia dicht unter dem Knie eine längliche blasenförmige Erweiterung ; die Tibia ist dem entsprechend hier etwas angeschwollen und zugleich eigenthümlich ge- staltet. Schon BurMmEIsTEr °) hatte das gesehen, denn er giebt für die Locustiden zur Diagnose der verschiedenen Gruppen an, dass entweder die Tibien beiderseits ein elliptisches Loch haben, oder an den vorderen Winkeln sich beiderseits ein tiefer Spalt finde. SıesoLp bestätigt diese Angabe und beschreibt das Verhalten genauer. Die elliptische Oeffnung 4) Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinns, pag. 439. 2) Ueber das Stimm- und Gehörorgan der Orthopteren. Archiv für Naturge- schichte. 4844. 3) Handbuch der Entomologie. Bd. Il. pag. 673. FAR - Ueber das wehörorgan von Locusta. 191 i der einen Gruppe ist durch eine Art Trommelfell (Fig. 3a) geschlossen, - einer dünnen Haut, die aber nicht gleichmässig ist, sondern aus einer dünneren silberglänzenden Membran und einer bräunlichen fes- teren Scheibe besteht. Die Scheibe entspringt von dem Vorderrande desLoches und ist halbmondförmig, die Membran verschliesst die übri- gen Theile desselben. Der zweite Fall (Fig. 2) unterscheidet sich von dem geschilderten Verhalten nur dadurch, dass das Trommelfell wieder überdeckt worden ist, indem von der hinteren (dem Körper in der na- a _ türlichen Stellung am meisten zugewandten) Seite des Beins her, die elliptische Oeffnung durch die äussere Haut wieder überwölbt wird, so dass nur noch nach vorn eine Spalte offen bleibt, durch die man zum Trommelfell dringen kann. Ueber das Verhalten orientirt man sich sehr leicht an Querschnitten (Fig. 2). Um die inneren Theile zu untersuchen, legte v. SırsoLp die Trom- melfelle frei und entfernte darauf die vordere Wand des Beins. Es liegt dann die Tracheenblase frei vor, dieselbe füllt fast den ganzen Raum des Beins aus und gestattet namentlich nur an der Hinterseite den Muskeln und Nerven sich weiter hinab zu erstrecken, seitlich liegt die Blase unmittelbar den Trommelfellen an. Die Tracheenblase ist vier- 'kantig, ebenso auch das Bein an dieser Stelle. Ihre vordere Fläche ist schmal und kahnförmig concav, die hintere ist breit und nach hinten convex, die seitliche schräg nach vorn geneigt und sanft eingebogen. Es läuft nun einer der Nerven des Beins gerade auf die erwähnte kahn- förmige Aushöhlung der vorderen Fläche der Tracheenblase zu und _ breitet sich dicht über ihr zueinem flachen Ganglion aus. - Dieses Ganglion läuft in Form eines Bandes weiter und erstreckt E ‚sich bis ans untere Ende der Aushöhlung. Die Verbreiterung des Nerven ist mit etwas schmutzigweissem 3 Pigment ‚bestreut und enthält eine Menge ovaler körniger Körperchen, welche auf die Anwesenheit verschmolzener Ganglienkugeln hinweisen dürften. In diesem Ganglion nun finden sich dieselben eigenthüm- lichen Stifte, die SısoLn zuerst in dem Gehörorgan der Acridier entdeckt hat. Die bandförmige Fortsetzung des Ganglions, die flach auf der Trachee aufliegt, ist anfangs breit und verschmälert sich dann allmählich. Die aufliegende Fläche ist mit denselben körnigen Körpern - durchwebt wie das Ganglion. Auf der vorderen Fläche desselben liegt eine einfache Reihe von rundlichen Blasen dicht aneinander gedrängt, so dass diese Fläche von der Seite gesehen wellenförmig erscheint. Die Bläschen geben sich als wasserklare dickwandige hohle Körper, die nach der freien Fläche abgerundet und an den gegenseitigen Berührungs- stellen abgeplattet sind. Ihr Verhältniss zur Substanz des Bandes war 192 V, Hensen, nicht zu erforschen. Aus ihren dicken Wänden schimmert oft deutlich ein ovaler Kern hervor und jede einzelne Höhle, welche sie einschliessen, enthält in einer klaren Flüssigkeit einen den gestielten Stäbchen der Acridoideen analogen Körper. Diese Stäbchen sind breiter und birn- förmiger wie die in dem Ganglion sich findenden Gebilde. Die stab- förmigen Körperchen sowie die zugehörigen Blasen nehmen von oben nach unten allmählich an Grösse ab, es finden sich deren 30 bis 45. Die Stäbchen oder Stifte selbst beschreibt Sırsorp von den Acridiern näher. Sie haben eine stumpfe verdunkelte Spitze und laufen am an- deren Ende in einen zarten geraden Faden aus, der bis in die Ganglien- masse hineinläuft. Diese Körper erweisen sich bei genauerer Betrach- tung hohl, nur ihre stumpfe dunkle Spitze ist massiv. SIEBOLD ver- muthet fast, dass diese Stäbchen die angeschwollenen Enden der Pri- mitivfäden des zu dem Ganglion tretenden Nervenastes seien, kommt jedoch hierin zu keinem definitiven Resultat. Schliesslich führt er den Beweis, dass dies wirklich das Gehörorgan der Locustiden sein müsse. Es hat noch Leypıc eine Reihe von Mittheilungen !) über diesen Gegenstand gebracht, auf die ich zum Theil erst später einzugehen habe. Zunächst ist zu erwähnen, dass er in einem Flügelnerven bei mehreren Goleopteren und in den Basen der Schwingkolben von Dip- teren die charakteristischen Nervenstifte nebst Nerv und Ganglien nach- gewiesen hat. Ausserdem glückte ihm derselbe Nachweis in den Ex- tremitäten, Antennen und Palpen einer Wasserkäferlarve, in den An- tennen eines Weichkäfers, sowie in den gangliösen Anschwellungen gewisser Nerven des Brustganglions von Musca. : Das Gehörorgan von Acridium coerulescens beschreibt Leypie ge- nauer. Namentlich ist für uns hervorzuheben, dass an der Stelle, wo der Nerv endet, der schon von SırsoLp beschriebene verdickte Knopf des Trommelfells eine areolirte Beschaffenheit hat; in diese -Areolen sollen sich die letzten Enden des Hörnerven einsenken. SıEBoLD hatte angegeben, dass innen auf dem Trommelfell eine besondere mit weisser Flüssigkeit gefüllte Labyrinthblase sich finde, Leypıc weist nach, dass es sich hier um eine Tracheenblase handle. Die Darstellung SırsoLv’s von dem Gehörorgan der Locustiden findet Leypıg sehr richtig. Doch stehen die meisten seiner Angaben in Widerspruch mit dessen Untersuchung und Zeichnungen. Er sagt: die Haut bildet eine Höhle, die nach vorn durch eine Art Trommelfell geschlossen ist. (Ist mir unverständlich.) Die Endblasen und Stäbchen 4) Archiv für Anatomie und Physiologie. 4855. pag. 399. 4860. pag. 299. Lehrbuch der Histologie. pag. 284. Handbuch der vergl. Anatomie. pag. 97, Tafeln zur vergl. Anatomıe. Taf. VIII und X. Er. Ueber das Gehörorgan von Locusta. 193 B ‚sollen in mehreren Reihen neben einander längs der Tracheenblase sich erstrecken. Die Stäbchen bezeichnet er als kolbenförmig vier- kantig, ihr oberes mützenförmiges Ende ist regelmässig vierlappig: Da die Präparation des Gehörorgans der Locustiden nicht ganz leicht sei, empfiehlt er die Beine von zarten Species in toto zu untersuchen. Indem ich zur eigenen Untersuchung übergehe, habe ich zu be- merken, dass ich zwar die angeführten verschiedenen Arten der Gehör- organe untersucht habe, namentlich das der Acridier häufig präparirte, aber zu einem genügenden Abschluss doch nur bei den Locustiden ge- | kommen bin. Es handelt sich wesentlich nur darum, SıErsoLp’s »Frag- mente« zu vervollständigen, denn Irrthümer finden sich dort fast keine, desshalb darf ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das darüber gegebene Referat mich stützen. Die Untersuchung dieser Organe ist im Ganzen wohl unausstehlich zu nennen, jedoch wird es Jedem leicht sein, nach folgender Methode eine eigne Anschauung der Verhältnisse zu gewinnen. Mit einem Ra- sirmesser schneide man die vordere Fläche des Beins ab, ohne tiefer wie die äusseren Ränder des Spaltes zu gehen. Das Organ liegt dann frei vor (Fig. 1), ein zweiter Flächenschnitt bringt es zur ersten Beob- achtung fertig heraus (Fig. 4), für das Weitere müssen dann das Prä- parirmikroskop und die sonstigen Künste der Technik zu Hülfe ge- nommen werden. Frische und in saurem chromsauren Kali (H. MÜLLER) erhärtete Beine haben sich mir am vortheilhaftesten erwiesen. Wenn man nun das freigelegte Organ mit der Loupe und bei auf- fallendem Licht betrachtet (Fig. 1), so sieht man auf der Tracheenblase € einen silberweissen Streifen / herabziehen. Dieser Streifen entspricht fast genau der Gehörleiste, wie sich aus der Fig. 4 ergiebt, er ist je- doch nur ein durch die Vorwölbung der Leiste bedingter Reflex. Be- trachtet man einen Querschnitt des Beins, so wird man je nach der Species ein Verhalten wie Fig. 2 oder 3 finden. Fig. 3 von Meconema zeigt das einfachste Verhalten. Das durch den Schnitt etwas zu sehr abgeplattete Bein ist vorn und hinten von der gewöhnlichen dicken Haut umgeben, seitlich aber finden wir eine dünne Membrana tympani ausgespannt, welche jene von Burmkıster erwähnte elliptische Oeffnung zu schliessen hat. Diese Membran ist an - den Rändern am dünnsten, die ganze mittlere Fläche ist dagegen ziem- lich dick (war übrigens in meinem Falle gleichmässig grün). Der Inhalt des Beins zerfällt in drei Abtheilungen: eine hintere, die ausgefüllt wird von Muskeln, Nerven, Luft- und Blutgefässen, eine mittlere, die Tracheenblase, die aber nicht, wie SırsoLn angiebt, aus einer = einfachen Erweiterung der Trachee hervorgeht, sondern eine Verdopp- » 194 - V, Hensen, lung derselben ist, und eine vordere, die Labyrinthblase, die mit. Blut oder eiweisshaltiger Flüssigkeit gefüllt ist und welche in die Hörleiste vorspringt. Die beiden Tracheen liegen seitlich unmittelbar den Membranis tympani an, d. h. nur durch eine dünne Gewebsschicht von einander getrennt. Das Verhalten bei Locusta viridissima zeigt Fig. 2. Das Bein ver- hält sich eigentlich ebenso wie in dem eben beschriebenen Falle, nur dass die Membranae tympani d von der dicken Haut des Beins wieder in der Art überwölbt worden sind, dass seitlich zwei Höhlen c ent- standen, zu denen man durch schmale Spalten c’ hineingelangt. Diese Höhlen sind nur Einstülpungen der äusseren Haut, demgemäss läuft von dem äusseren Rande der Spalte eine feine Haut bis zu den hin- teren Winkeln des Beins und geht von hier wieder als Membrana tym- pani nach vorne. Der Innenraum des Beins zerfällt in derselben Weise wie im vor- hergehenden Fall in drei Abtheilungen, nämlich Muskeln, Tracheen, Labyrinth: Die Tracheenblase lässt sich leicht in zwei völlig isolirte Stämme trennen. Der kleinere Tracheenstamm des Beins, den SIEBOLD er- wähnt, hat nichts mit der Blase zu thun. Die Lagerung der beiden grossen Tracheenstämme zu einander ist eigenthümlich, doch ist es nicht leicht, sie genau zu erforschen, weil man an Querschnitten leicht Stö- rungen der Lage durch das Messer bekommt, jedoch glaube ich, dass die gezeichneten Querschnitte das Verhalten genau angeben. Der eine Stamm bildet fast ausschliesslich die vordere Fläche, der andere nimmt nur einen kleinen Theil derselben ein, nämlich den Theil, wel- cher nach dem Hinterende des Thieres zu gelegen ist. In der Flächen- ansicht erkennt man, dass am Knie die beiden Tracheenstämme noch neben einander liegen Fig. 4. g. h, dass alsdann der vordere g ganz über den anderen hinübergreift, im weiteren Verlauf aber ziemlich rasch wieder zurückweicht. An der Spitze der Hörleiste bildet er auf diese Weise einen scheinbar querverlaufenden kleineren Stamm, während die Nachbartrachee mehr hervortaucht. Ich erwähne dies Verhalten, weil es in die Augen springt und dabei zuerst schwer zu verstehen ist. Es ist schon von SıErsoLp vermuthet worden, dass zwischen Tra- cheenblase und Vorderwand des Beins ein Raum existire, der mit dem Labyrinth der Wirbelthiere zu vergleichen sei. Man kann sich in der That an Längsschnitten, die das Bein von vorn nach hinten spalten, überzeugen, dass hier ein geschlossener Raum sich findet, denn oben, oberhalb des Ganglion geht eine dünne pigmentirte, mit Epithelzellen # Üeber das Gehörorgan von Locusta. 195 hekleidete Haut an die Vorderfläche der Tibia und kleidet so von oben einen besonderen Raum ab, nach unten legt sich die Trachee so dicht an die Vorderwand des Beins an, dass dadurch der Abschluss der La- byrinthhöhle auch nach dieser Seite gesichert ist. Die Membranae tympani sind schwarz pigmentirt, ebenso die Epi- thelzellen, die sie innen überkleiden. In der Membran, welche an der dem Kopfe zugewandten Seite des Beins liegt, finden sich mitten in der schwarzen Scheibe einige helle sehr in die Augen springende Poren- canäle. Da ich diese durchaus mit einem Sinnesapparat verknüpft glaubte, habe ich auf ihre Untersuchung viel Zeit und Mühe verwandt, konnte aber nichts Specifisches an ihnen finden; diese Canäle mögen vielleicht bei den unentwickelten Thieren von Bedeutung sein. Auf der Tracheenblase steigt nun jene von SıEsoLD entdeckte merk- würdige Hörleiste herab. Dieselbe entspringt breit mit einem scharfen Rande (Fig. 5), verschmälert sich während ihres Verlaufs und endet fast zugespitzt. An Querschnitten sieht man, dass diese Leiste ziemlich | stark vorragt (Fig. 3 und 6), gegen das Ende aber sehr niedrig wird. Neben dieser Leiste läuft im Winkel zwischen dem Trommelfell, der Kopfseite und der Trachee der mit grossen Ganglienzellen besetzte ? Nerv herab (Fig. A), der am Ende der Hörleiste dicht an diese heran- tritt und etwas verbreitert aufhört. Er war bis jetzt übersehen worden. Am Anfang der Hörleiste liegt eine Anhäufung von Stiften, die SıEBoLD als Ganglion bezeichnet, sie liegt dort durch Pigment etwas verdeckt. Diese Stifte mit ihren Blasen bilden gleichsam ein aufgewundenes Ende der Leiste. Die Hörleiste selbst besteht nun aus einer Reihe von kleiner - und kleiner werdenden Blasen, in jeder liegt ein Stift, wie SmsoLp richtig schildert. Die grösseren Blasen sind von oben gesehen rund, die kleinsten platten sich dagegen aneinander ein wenig ab und Verdi sogar keilförmig. Lewis giebt an, dass die Endblasen in mehreren Reihen neben einander längs dr Tracheenblase sich forterstrecken. Diese Schilderung des so leicht zu constatirenden Verhaltens steht durch- aus im Widerspruch mit v. SısoLp’s und meinen Befunden, und doch kann es sich kaum um eine Varietät handeln, denn an mehr wie 50 Präparaten, die ich in der betreffenden Lage beobachtet habe, war stets nur eine Reihe vorhanden. Wir wollen nun zunächst die Gehörleiste selbst ins Auge fassen. Dieselbe ruht mit breiter Basis auf der Trachee und enthält hier, wie SıEBoLD richtig angiebt, Kerne, welche wohl der Hülle der Trachee an- - gehören. Der freie Theil der Leiste ist mit einer dünnen Chitinmembran - überzogen. Diese Membran, die wohl von den durch Lrypıe nachge- - wiesenen chitinisirten Nervenhüllen herzuleiten ist, bildet an den Seiten 196 V, Hensen, der Leiste verdickte Streifen (Fig. Ak, Fig. 7a), die aber wegen der E Abschüssigkeit der Leiste an dieser Stelle dunkler hervortreten, als wie es ihrer wirklichen Dicke entspricht. Sie lassen sich leicht abziehen, nur der Chitinüberzug auf der Mitte der Leiste lässt sich nicht gut ent- fernen. Die Leiste besteht wesentlich aus vier Zellen, in deren Mitte der charakteristische Gehörstift liegt (Fig. 6). Die Beschaffenheit zunächst dieses Stiftes ist sehr schwierig zu er- forschen, weil derselbe allzu klein ist, jedoch mit sehr starken Systemen (so) ist es mir, wie ich glaube, gelungen, ein Verständniss anzu- bahnen. LeypıG schildert den Stift als vierkantig. Die Seitenansicht, die er giebt, scheint mir im Ganzen richtig zu sein, ist aber nicht für die vier- kantige Beschaffenheit des Stiftes beweisend, seine Zeichnung der An- sicht von oben würde dagegen die Schilderung beweisen, wenn das Bild richtig wäre. Leider vermag ich mich nicht von der Richtigkeit - jener Zeichnung zu überzeugen, im Gegentheil, wenn ich die Reihe der Stäbchen genau von oben sehe, also das Band in der Lage sich befindet, in der man auch so sicher die von Leypıe bestrittene einzeilige Anord- nung der Stifte sieht, erscheinen alle Querschnitte vollkommen rund (Fig. 7b, Fig. 9B). Es war mir jedoch die abweichende Angabe Ley- pıgs zu auffallend, als dass ich mich mit der alleinigen Ansicht der Stäbchen von oben hätte begnügen dürfen, ich habe die Gelegenheit benutzt, die Stifte in allen möglichen Lagen auf ihre Gestalt zu prüfen, da ja vielleicht der zugespitzte Theil, der bei der Ansicht von oben ver- deckt wird, eckig sein könnte. An optischen Schrägschnitten der Stifte waren aber stets die Contouren regelmässig und gleich dick, was nicht hätte sein können, wenn irgendwie Kanten und Leisten sich fänden. Uebrigens zeichnet Leyvıc selbst die’Stifte von Musca von oben gesehen als völlig runde Kreise. Die Stifte sind demnach drehrunde, unten zugespitzte, hohle Ge- bilde, an denen wir einen Kopf und eine Spitze unterscheiden wollen. An die Spitze heftet sich nach der Beschreibung der Autoren ein feiner Faden, welcher andererseits sich in der Nervenmasse verliert. Von diesem Faden ging meine weitere Untersuchung aus, da er mich besonders interessirte. In ihm schien mir nämlich der einzige Anknüpfungspunct zwischen dem Gehörorgan der Krebse und Insecten zu liegen, denn er konnte der Ghorda, die ich als letztes Nervenende an den Hörhaaren der ersteren beschrieben habe, entsprechen. Es geht am besten, auch hier die Beschreibung an ihn zu knüpfen. Es schien mir sogleich, als wenn die fraglichen Fäden in die Stifte hinein- gingen und nicht blos an deren Spitze hafteten. Man sieht nämlich 4 \ a Ueber das Gehörorgan von Locusta. 197 in der Mitte des Stiftes einen dunkeln Strich verlaufen, der wie eine Fortsetzung jenes Fadens sich ausnimmt. Leypıe hat schon diesen Strich gezeichnet, aber ihn wahrscheinlich als Schatten gedeutet, der hier ent- - stehen könnte, wenn die Stifte abgerundet viereckig wären. Da nun aber die Stifte nicht vierkantig oder mit Leisten versehen sind, muss dieser Strich, wenn er bei scharfer Einstellung schwarz, bei ungenauer aber hell und weiter doppelt gesehen wird, ein feiner Faden sein, und „in der That verhält sich das Bild demgemäss. ° = © Dass es ein solcher wirklich ist, sieht man übrigens leicht bei der Einstellung von oben (Fig. 9B), wo er als centraler Punct gesehen wird, auch sieht man ihn mit guten Linsen in der Seitenlage des Stiftes so deutlich, dass man an und für sich keinen Grund hat, die optischen Verhältnisse näher zu erwägen. Der Faden liegt \übrigens ziemlich locker in dem Stift, denn man kann ihn herausreissen. Zuweilen bleibt er dabei am Nerven hängen (Fig. 7c) und man sieht ihn dann von oben mit scheinbar erweiterter Basis in diesen übergehen. Im Kopfe des Stiftes liegt er in einer hier angehäuften kugligen feinkörnigen Masse. Diese Masse enthält die Körnchen so gelagert, dass sie radiär auf den Durchschnitt des Fadens gerichtet sind. Da ich diesen Faden mehr wie bisher geschehen, hervorheben möchte, erlaube ich mir ihn als Chorda nach Analogie des gleichen Gebildes bei den Krebsen zu bezeichnen. Er ist zwar etwas feiner wie - bei diesen, aber sein runder Durchschnitt und sein Glanz, sowie seine Resistenz gegen Reagentien lassen ihn als gleichbedeutend erscheinen, | ebenso sein Verhalten zum Nerven. Er widersteht dem Einfluss des Wassers und der Fäulniss, bei Einwirkung von Alkalien und Säuren wird er jedoch so blass und glanzlos, dass ich bei Vergrösserungen bis zu 600 mal ihn aus den Augen verlor. ‘Bei stärkeren Vergrösserungen habe ich sein Verhalten nicht geprüft, es mag sein, dass er wirklich sich auflöst, doch bezweifle ich das. Bei der Verfolgung der Chorda fällt nun auf, dass in der Spitze des Stiftes der Faden sehr scharf und dunkel erscheint (Fig. 10), wei- terhin aber weniger scharf hervortritt, dabei ist aber gerade die Spitze des Stiftes besonders dickwandig, ein Verhalten, das SırsoLn auf seinen genauen Zeichnungen zu markiren nicht unterlassen hat. Dieses Aus- sehen der Chorda brachte mich dazu, jenes verdickte Ende des Stiftes - genauer zu beachten, doch mühte ich mich vergebens ab, bis ich ein schönes System ,," in die Hände bekam, mit dem sich unerwartet das 4 Räthsel, was für mich bis dahin diese Stifte zu umhüllen schien, löste. - Es zeigte sich nämlich, dass jene verdickte Stelle daher rührt, dass die - Membran des Stiftes hier verdoppelt ist, die äussere Membran, an 198 V. Hensen, der Spitze angelangt, schlägt sich nach innen um und läuft wieder zurück, wie meine Zeichnung (Fig. 9 A) es zeigt. So lange die Spitze verdickt und glänzend ist, so lange liegen beide Membranen unmittel- bar aneinander und sind möglicherweise verklebt, von da an, wo diese glänzende Verdickung aufhört und wo gleichzeitig die Chorda etwas mehr verdickt scheint, löst sich die innere Membran von der äusseren ab, wird zarter und läuft nun als weit abstehende Hülle die Chorda be- gleitend bis zum verdickten Kopf des Stiftes hin. Diese Hülle, die ich als inneren Tubus bezeichnen will, ist schwierig zu sehen, so dass man hier eine optische Täuschung zu fürchten hat, denn bei der Beobachtung mit starken Linsensystemen sind Membranen und Fäden nie ganz ohne seitlichen Schatten, da die Strahlen nicht mehr vollkommen genug ver- eint werden; ich muss jedoch aus Gründen, die gleich folgen werden, versuchen, so gut es geht, über das Fehlen oder Vorhandensein jener Hülle Klarheit zu schaffen. Der innere Tubus erscheint bei scharfer Einstellung als matte Linie jederseits neben der Chorda. Diese Linien können kein Schatten der Chorda sein, weil sie an völlig isolirten Stiften auch dann noch gesehen werden, wenn die Chorda herausgerissen ist. Die äusseren Wände des Stiftes könnten aber möglicherweise solchen Schatten bedingen, jedoch da an deren Aussenseite bei scharfer Ein- stellung kein Schatten deutlich zu sehen ist, da der innere Tubus ziem lich scharf gesehen wird, und da endlich das verschleierte Ansehen der Chorda im Innern des Stiftes auf eine zweite, den Gang der Licht- strahlen störende Umhüllung deutet, glaube ich mit Sicherheit diese Linien auf eine solche innere Röhre beziehen zu können. Ein directer Beweis wäre nur dann zu führen, wenn die äussere Wand des Stiftes zerrissen werden könnte, die Stifte sind aber bei 50 facher Vergrösse- rung kaum sichtbar und desshalb sehr schwer zu behandeln. Von einem Bein vermag ich meistens nur einige zu isoliren und diese verstecken sich hartnäckig unter anderen Partikeln oder schwimmen fort, wenn man das Deckglas auflegt, so dass ich kein zerrissenes Stäbchen genü- gend beobachten konnte. Mein Material ist aufgearbeitet und da dies der dritte Herbst war, in dem ich diesen Gegenstand bearbeitet habe, möchte ich den Abschluss darum nicht verzögern. Der innere Tubus geht mit der Chorda zur körnigen Masse im Kopf des Stiftes, ich glaube, dass er dieselbe alsdann umhüllt, aber ich konnte ihn hier nicht weiter verfolgen. Man sieht zuweilen um die Chorda einen Kreis verlaufen, wenn man äüf ihren Durchschnitt sieht (Fig. 9A), ich beziehe dies Bild jedoch auf den Schatten, welcher von dem Vorsprung, den die körnige Masse nach dem Inneren des Stiftes macht, gebildet wird. 1 Ueber das Gehörorgan von Locusta. 199 - Die äussere Hülle des Stiftes bildet um die körnige Masse im Kopf ‚eine dicke glänzende Scheide, sie hat in der Mitte des Kopfes einen kleinen Höcker, durch den zuweilen ein Canal zu gehen scheint. Wie ich mit Mühe zu sehen glaube, bildet die Hülle auch hier wieder eine Duplicatur und zwar in der Weise, dass die Hülle der überliegenden Zelle zur Membran des Stiftes wird von da an, wo sie damit in Be- rührung tritt, dabei aber bis zu jenem Höcker des Kopfes hin verläuft | und sich hier zurückschlägt und zur engeren Hülle des Stiftes wird (Fig. 94). m. Wenn ich nun richtig gesehen habe, so würde das ganze Gebilde _ einem Haar entsprechen, aber einem unentfalteten, nach dem Typus - der Haare der Grustaceen gebauten Haar. Man wird die Homologie in _ dem Schema Fig. 14 erkennen, wo A ein altes und ein neu angelegtes - Hörhaar etwa von Palaemon darstellen soll. Leypıs !) hat zuerst diesen Typus der Entwicklungsweise der Haare bei Daphniden gesehen, ich ?) I habe diesen dann eingehender in meiner Arbeit über das Gehörorgan | der Decapoden beleuchtet. Es verhalten sich, wenn ich das Wesentliche - hier kurz wiederholen darf, diese Haare wie folgt. Sie ruhen auf einer ' dünnwandigen Kugel, die auf der einen Seite durch eine Verdickung gestärkt ist. Die eine Wand des Haares besteht aus einer stärkeren dünnwandigen Lamelle, an deren Anfang ein nervöser Faden, die 3 ( ‚horda sich mit Verdickung anheftet. Das neue Haar legt sich darunter so an, dass es fernrohrartig eingestülpt unter der Haut liegt. Seine spi re ragt in das alte Haar hinein und sitzt an der Stelle, wo sich die Chorda anlegt, an ihm fest. Da die Chorda hier das junge Haar durch- -bohrt, bleibt auch stets eine Narbe (bei a), wenn es sich bei der Häu- ‚tung entfaltet. Wenn man nun dies junge Haar mit dem daneben ge- zeichneten Hörstift der Insecten vergleicht, so springt, wie ich meine, di lie Aehnlichkeit sogleich in die Augen. Der Unterschied ist wesentlich nur der, dass die Spitze des Stiftes nicht aus der äusseren Scheide her- "vorragt und ferner, dass die dem kleinen Endknoten der Chorda und "dem Ansatzpunct der Haarspitze entsprechende Verdickung, bei den Hörstiften sehr stark, zu der körnigen Masse im Kopfe des Stiftes näm- lich, entwickelt ist. Dies sind beides Verhältnisse, die dem Typus an N sich keinen Abbruch thun können. Mir kam diese Aehnlichkeit höchst unerwartet, aber es ist natürlich, dass ich ihr nicht ganz unbefangen gegenüberstehe, weil ich darin eine -erwünschte Weiterentwicklung meiner Befunde über das Gehörorgan TE — To Dr er BB ww — m ee ———— 4) Naturgeschichte der Daphniden pag. 457. 2) Diese Zeitschrift XIII. pag. 56. d. S. A. FR; Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 44 u Sn . = ET re 200 V. IHensen, der Krebse sehe. Uebrigens findet sich dabei ein Umstand, der mein ® Bedenken erregt. Die von den Krebsen geschilderte Entwicklungs- 8 weise der Haare ist so klar und sicher zu sehen wie irgend möglich, , aber nach Szmper’s') von Weıssmann?) bestätigten Beobachtungen scheint es ebenso gewiss, dass die Haare der Insecten sich gewöhnlich anders und zwar ohne Einstülpung entwickeln. Der Unterschied ist jedoch nicht so gross, wie es den Anschein hat. Nämlich in den Fällen, wo das Haar-in einer Grube der Haut steht, und solche Fälle schildert Leypig®) im Verlauf seiner schönen Arbeiten über die Arthropoden, kann man die Wand der Grube als äusseren, das Haar selbst als inne- ren Tubus auffassen, und so würde sich denn ein Uebergang zwischen beiden Typen machen. Es gehören freilich die geschilderten Stifte der Hülle der Trachee an, worin ein weiterer Unterschied gefunden wer- den könnte, da jedoch einmal die Tracheen offenbar zum Hautsystem gehören, und da ferner bei anderen Insecten die Stifte direct unter der ‘Haut liegen, möchte dieser Unterschied von keinem Belang sein. | Ueber die chemische Beschaffenheit des Stifts hat schon Leypıe an- gegeben, dass durch Essigsäure der Stift erblasst und nur das dicke Ende (jene körnige Masse, soweit ich sehe) seinen Glanz behält. Ich finde, dass durch Kalilauge das Ganze erblasst, aber selbst nach dem Aufkochen damit kann ich die Stifte noch wiederfinden. Sie verhalten sich auch hierin den neu angelegten Haaren ähnlich, dieselben werden stets von Kalilauge stark aufgehellt und verlieren ihren Glanz, aber etwas von der Substanz ihrer Wandungen bleibt, und zwar je älter sie sind, desto mehr. Wir gehen nun zunächst in der Betrachtung des Bandes weiter. Zu jedem der Stifte gehören wesentlich vier Zellen: eine obere, die ihn überlagert und die wir als Deckzelle bezeichnen wollen, Fig. 6, 13a, zwei seitliche, Fig. 6b, und eine Basalzelle, Fig. 13c. Die Deckzelle ist feinkörnig, enthält einen deutlichen Kern, ragt mit convexer Fläche in das Labyrinthwasser vor und liegt auf den beiden Seitenzellen mit hohler Fläche auf. In ihrer unteren Aushöhlung liegt der Kopf des Stifts. Wenn man das Band zerstört, bleibt gewöhnlich der Stift an dieser Zelle hängen, Fig. 14. Sie besitzt eine auffallend dicke Membran , die so resistent ist, dass wenn zuweilen an Schnitten der Inhalt heraustrat, die Membran die Form der Zelle behielt und der Stift daran hängen blieb, Fig. 10. Ich kann deshalb auch nicht darauf be- 4) Ueber die Bildung der Flügel, Schuppen etc. Diese Zeitschrift Bd. VII. 2) Die Entwicklung der Dipteren, pag. 185. 3) Archiv für Anatomie 4860. e>: SER Ueber das Gehörorgan von Locusta. “ 301 3 s Bichen, diese Hülle gerade als Zellenmembran zu deuten, man kann sie _ ebensowohl Verdickungsschicht nennen, um so mehr, als ihre freie ‘Fläche mit dem obenerwähnten he isolirbaren Mittelstreifen der _ Chitinüberkleidung des Bandes identisch ist. Diese Membran nun ist es, die den Kopf des Stiftes umhüllt und überzieht und von der Spitze an weiterlaufend die äussere Hülle des Stiftes bildet. ' ’ ’ Die beiden Seitenzellen sind am besten an Querschnitten, Fig. 6b, - wahrzunehmen, sie sind gross und relativ blass, mit einem gewöhnlich - sehwach hervortretenden Kern versehen. Aussen sind sie von der seit- | _ lichen Chitinmembran überzogen, innen liegen sie mehr oder weniger aneinander und umgeben den Stift und die Chorda; von der Seite ge- F sehen enden sie zugespitzt, Fig. 13. Ich glaube, dass durch sie die Seitentheile des Stiftes ausgeschieden sein mögen, wenn gleich beim erwachsenen Thier sie demselben nicht mehr anhängen. Die Basalzelle ist ein bandförmig gestrecktes Gebilde, sie fällt durch ihren dunkeln - und etwas birnförmigen Kern, Fig. 6, 13c, ins Auge, den man selbst von oben bei tiefer Einstellung noch erkennt. Bei genauerem Zusehen zeigt sich dann weiter, dass um diesen Kern noch blasse und homogene - Zellenmasse liegt, welche auf die Chorda übergeht und diese bis zum 3 Stift hin umkleidet, wahrscheinlich noch mit ihr in den Stift hinein - sich erstreckt. Ich kohnte lange nicht volle Sicherheit darüber erlan- gen, ob die Chorda sich etwa mit dem Kern der Basalzelle verbinde - oder nicht, bekam aber dann Präparate, aus denen hervorging, dass sie an ihm vorbei und in den gleich zu besprechenden Fortsatz der f Ganglienzelle hineingeht, Fig. 12, 13. Wenn man die Hörleiste von oben genauer betrachtet, so sieht - man, entsprechend je einem Stift, ein helles Band in der Tiefe quer nach der Seite, wo der Nerv liegt, herübergehen. Am deutlichsten ist - das Verhalten, wenn, wie in Fig. 7 ein Theil der Zellen entfernt ist. Diese Bänder gehen zu den einzelnen Ganglienzellen ; an der Spitze der - Hörleiste erkennt man das schon ohne weiteres, weil hier die beiden - letzten Ganglienzellen mehr isolirt, gleichsam im Verlaufe des Bandes - selbst liegen, an den anderen Stellen erfordert es erst eine Präpara- - tion, jedoch erhält man immerhin diese Bänder leicht im Zusammen- - hang mit isolirten Ganglienzellen, Fig. 15, sodass die Zusammen- - gehörigkeit nicht zweifelhaft sein kann. Andererseits sieht man die Chorda in dies Band hinübertreten und kann sie noch eine kleine ‚Strecke weit in ihm selbst verfolgen. Es scheint mir, dass ein solches _ Band zugespitzt an der Chorda endet. Leypie’s Fig. 20 (Archiv 1860) von Eristalis tenax zeigt ein entsprechendes Verhalten zwischen Gang- lienzellen und Ghorda deutlich, hier haben wir keine winklige Biegung, 14 * 1 j ! F 13 l { 202 V. Hensen, die bei Locusta diese Wahrnehmung erschwert. An den Ganglienzellen geht im rechten Winkel der Nerv vorbei, Fig. 46n, der jeder Zelle einen relativ dicken Faden abgiebt. Auch dieser Befund stimmt mit den schönen und deutlichen Figuren, die Leypıc von dem Verhalten des Nerven in anderen Fällen gegeben hat, überein. | SırsoLp und Leyvıe geben an, dass die Stifte in einer wasserklaren Höhle liegen, dies Verhalten haben sie nur bei Locusta beobachtet. Auch ich sehe diese Höhle, die durch Zurückweichen der beiden Sei- tenzellen gebildet wird. Sie ist jedoch nicht constant und ich bin in Zweifel, ob sie durch die Präparation etwa entstanden ist, oder ob sie umgekehrt durch dieselbe zuweilen zum Verschwinden gebracht wird. Ich neige mich der ersteren Annahme zu, habe aber leider versäumt, mich am frischen Material über diese Frage aufzuklären. Sehr interessant ist die continuirliche Grössenabnahme der Stifte, deren ich, wie v. SIEBOLD, 45 zähle. Sie werden in allen Dimensionen kleiner, das kleinste ist etwa 3mal so klein, wie das grösste, leider kann ich aber die genauen Maasse nicht mehr angeben, da mir die be- treffenden Notizen abhanden gekommen sind. Uehrigens trifft die Grössenabnahme nicht die Stäbchen allein, sondern gleichmässig alle Theile. Die Zellen werden kleiner, die Chorda, die Ausläufer der Ganglienzellen entsprechend kürzer und die Gang- lienzellen selbst kleiner. Werfen wir einen Blick auf die morphologische Zusammensetzung des ganzen Gebildes, so scheint mir die Aehnlichkeit mit dem von mir beschriebenen Hörapparat der Krebse eine sehr grosse zu sein, wie auch das Schema Fig. 14 ergiebt. Dass wir in einem Fall gestreckten Verlauf der Theile haben, im anderen winklige Knickung, ist offenbar gleichgültig, um so mehr, als an anderen Insecten der Verlauf auch ein gestreckter ist. Bei Krebsen und Insecten haben wir einen ziem- lich dicken Nerven, eine Ganglienzelle, ferner die durch ihren Glanz, ihre für ein letztes Nervenende immerhin bedeutende Dicke, ihre Ur- sprungs- und Endigungsweise so charakteristische Chorda, die hier wie dort von einer besonderen Scheide umgeben ist, und endlich ein terminales Haar. Um das Haar liegen vier Zellen, während bei den Krebsen sich weit mehr Zellen an der Bildung desselben betheiligen. Abweichend ist aber namentlich, dass bei den Insecten über dem Haar noch eine Zelle liegt. Ich mache in dieser Hinsicht jedoch darauf auf- merksam, dass der Stift offenbar dem ersten Haar, das überhaupt an dieser Stelle gebildet wird, entspricht, von den Krebsen kennen wir nur die Neubildung der Haare, nachdem schon das erste fertig war, wie sich dieses aber bildet, ist noch unbekannt, es könnte im- » Ueber das Gehörorgan von Locusta, | Ä 203 _merhin sein, dass oberhalb desselben eine ähnliche Zelle gelagert wäre. | ‚Jedenfalls scheint mir diese Deckzelle nicht genügend zu sein, um die Analogie zu stören. Ich habe auch das Gehörorgan der Akridier untersucht, zuletzt E ° namentlich noch an über 3” langen Akridiern von den Philippinen, die - ich meinem Freund Senrer verdanke. Ich bin jedoch zu keinem be- f kails eingehen, sondern erlaube mir nur kurz anzudeuten und durch 6 eine rein schematische Zeichnung, Fig. 17, zu zeigen, wie mir das Ver- - hältniss bier zu sein scheint. Das Gehörorgan liegt bekanntlich bei diesen Thieren unter einer feinen mit dem Trommelfell äusserlich ver- 3 gleichbaren Membran. In dieser sind einige ausgezeichnete Stellen 4 vorhanden, von denen namentlich eine, von Leypıe als Vereinigungs- - höcker bezeichnete, zu beachten ist, da unter ihr der Nerv endet. Die- ser Höcker, Fig. 17d, ist diekwandig, von aussen her hohl und bildet _ einen fingerförmigen, nach innen gerichteten, etwas nach abwärts und - zum Nerven hin gebogenen Dorn. Unter dem Trommelfell liegt eine - grosse Tracheenblase, die namentlich in dem weiteren Umkreis des Vereinigungshöckers fester mit dem Trommelfell vereint ist. Auf dieser {° Blase, zwischen ihr und dem Trommelfell verläuft der Nerv, der an e einem, der Gestalt des Höckers entsprechend ausgehöhlten, Ganglion endet. Ieh glaube, dass dies Ganglion beim erwachsenen Thier nicht mehr den Wulst berührt, sondern etwas von ihm absteht, sodass an - dieser Stelle zwischen dem Trommelfell, das innen von seiner Matrix _ überkleidet ist und ihm, Flüssigkeit, entsprechend dem Labyrinthwas- I ser, sich findet. Der Vereinigungshöcker dürfte in jedem Fall beson- \ ders geeignet sein, den Schall zu übertragen, wenn sich auch das Wie _ und Warum noch nicht ermessen lässt. Ist meine Beschreibung im Allgemeinen richtig, so würde der Unterschied in der Structur der Ge- hörorgane von Locusta und Acridium kein so sehr grosser sein, wenig- stens nicht in physiologischer Beziehung. In beiden wird durch eine nach der Mitte mehr oder weniger verdickte Membran der Schall von der Luft her auf eine Flüssigkeit übertragen, die ihn ihrerseits an die Stäbchen absgiebt. | Es ist hier der Ort Leypig’s, von der meinen abweichende Aus- - einandersetzungen über das »Ohr« der Dipteren und das »vin den Grund- zügen« ihm vollkommen entsprechende Gehörorgan der Orthopteren zu - besprechen. - Lewpic!) sagt: Dasselbe (das Ohr) besteht | | 4 I Dr E Bi 2 1) Archiv für Anatomie 4860. pag. 309. 204 V. Hensen, 1) aus einem Nerven, der nach dem Sehnerven der dickste des Körpers ist und sich an gedachten Stellen zu einem Ganglion entfaltet, b. dessen bipolare Elemente in ihrem kolbig angeschwollenen Ende sp e- cifische Körper (Stäbchen, Stiftchen) einschliessen. Nach meiner Ansicht können diese letzteren Gebilde morphologisch mit keiner anderen Bildung verglichen werden, als mit den Stäben und Krystall- kegeln im Auge der Arthropoden, beide sind eigenthümliche Umwand- lungen der Nervensubstanz am peripherischen Ende des Seh- und Hörnerven. Es lässt sich sogar diese Zusammenstellung der Stäbe des Acusticus mit denen des Opticus auch bis zu Einzelheiten rechtfertigen. So berücksichtige man, dass in beiden Fällen die Endverbreitung des Nerven durch Scheiden, welche mit rundlichen Kernen versehen sind, zu einzelnen Abtheilungen sich sondert; dann dass das Köpfchen an den Stäben des Acusticus (z. B. Locusta viridissima), ähnlich wie die Krystallkegel des Opticus nicht einfach abgerundet, sondern mit meh- reren regelmässigen, gewölbten Kanten versehen sich zeigt. Kurz es herrscht zwischen der peripherischen Entfaltung der beiden Nerven trotz der vielen sonstigen Verschiedenheiten dennoch im Grundplan eine unverkennbare Achnlichkeit, und nach meinem Dafürhalten darf hin- wiederum diese Verwandtschaft auf der einen und Verschiedenheit auf der anderen Seite uns auch darin bestärken, dass besagtes Organ der Insecten, einem dem Auge an Gomplicirtheit der Bildung zunächst ste- hendem Sinne, also dem Gehörsinn, diene. — Zur weiteren Ausrüstung des Gehörapparates gehört | 2) eine grössere Trachee, welche dem Ganglion dicht anliegt und nicht selten in eine weite Blase anschwillt. Ganz besonders ansehnlich ist die Blase bei den obigen Zweiflüglern. Endlich 3) erscheint immer die äussere Haut (Cuticula) an der Stelle, wo das Ende des Nerven sich ausbreitet, besonders markirt. Zu diesem habe ich zu bemerken. Die Aufstellungen Levoıg’s in 2 und 3 scheinen mir richtig und beherzigenswerth, nur besteht die Markirung der Cuticula bei Locusta ausschliesslich in der Bildung der beiden Trommelfelle, sie liegt nicht unmittelbar an dem Nervenende. Was die Aehnlichkeit mit dem Sehapparat betrifft, stimme ich zwar gleichfalls mit Leypıs überein, doch ist durch meine Arbeit, welche die von Leypıs angezogene formelle Aehnlichkeit zwischen Nerven und Stift einerseits und Krystallkegel und Nervenende an- dererseits nicht zulässt, eine so directe Vergleichbarkeit nicht mehr möglich. Die Stifte reihen sich näher an die Tast- und Geruchsorgane an, d. h. an die Haare und Papillen der Cuticula, den Vergleich mit den Be: | Ueber das Gehörorgan von Locusta. 205 Krystallkörpern des Auges möchte ich aber deshalb festhalten, weil sie, E aus einem eigenthümlichen Zellencomplex wie jene gebildet, den Mut- 4 _ terboden, die chitinogene Schicht, gemeinsam zu haben scheinen. ® Wenn nun näher eingegangen werden sollte auf die Art und E Weise, in welcher die Hörempfindung zu Stande kommt, würde sehr E weitin das Gebiet der physiologischen Akustik einzudringen sein. Es | [4 "würde sich aber dabei zeigen, dass auch dann zwischen zwei Möglich- Ü keiten der Schallübertragung auf das Gehörorgan der Locustiden die Wahl frei stände. Ich fasse mich daher kurz. Auf zwei Weisen könnte N N f meiner Anschauungsweise nach die Schallübertragung geschehen: 1) es übertragen sich die Schwingungen der durch die Luft angestossenen Membranae tympani auf die Trachee, und diese wiederum erschüttert - durch transversale Vor- und Rückschwingungen ihrer vorderen Wand die auf ihr befestigte Hörleiste; 2) die Tracheenschwingungen sind - ohne Bedeutung, die Membranae tympani bringen das Labyrinthwasser - in Schwingungen, dieses ertheilt den Hörstiften die erregenden Stösse. Ich ziehe die letztere Hypothese vor, ich glaube, dass das Laby- | rinthwasser in longitudihale Schwingungen versetzt wird, und die 1° Stäbchen dann in Bewegung bringt, wenn ihre Form und Elasticität sie geeignet macht, in denselben Perioden zu schwingen, wie der erre- gende Ton. Nach Analogie mit den Hörhaaren'!) der Krebse schliesse ich, dass durch die Schwingungen das Ende der Chorda im Stift nebst - der dasselbe umhüllenden Masse stossweise comprimirt wird, da- durch das Gleichgewicht in der Lagerung der Nervenmolecüle gestört und Nerventhätigkeit hervorgerufen werde. = a 7 T 4) Es sind von Rınse (Zeitschrift für rationelle Mediein, 4865) bei Gelegenheit - einer Arbeit über das Gehör meine Beobachtung der Schwingungen der Hörhaare einer näheren Prüfung unterzogen. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass die Be- obachtungen nicht im Einklang stehen mit den Schwingungszahlen der Töne und | Obertöne der angegebenen Noten. Ich hatte diese Untersuchung unterlassen, weil | nichts von ihr zu erwarten war, ich wusste positiv, dass Eigenschwingungen der 7 Gefässe und Zuleitungsapparate, die Unvollkommenbeit des Instruments, die un- gleiche Stärke des Tons, endlich die nur ungefähre Abschätzung der Stärke der ? Schwingungen des Haares weitere Schlüsse als diejenigen, die ich gab, nicht ge- statte. Wasichdurchdiese Untersuchungbewiesen glaubte, steht E noch völligfest, nämlich, dass im Wasser nicht alle Haare durch jeden Ton - erregt werden, sondern das eine durch diesen, das andere durch jenen, und fer- ner, dass gewisse Töne besonders stark auf je ein einzelnes Haar wirken. ———— m ne nn P u Ts 206 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. V, Hensen, Erklärung der Figuren. Tafel X. Bein von Locusta viridissima, 4mal vergrössert. Die vordere Wand des Beines ist weggeschnitten und das Gehörorgan freigelegt. aoberes, b un- teres Ende des Beins, c die Paukenhöhle, d die Membrana tympani, zum Theil schwarz pigmentirt, e die Trachee, fein heller Reflex, der Hörleiste entsprechend. Quersehnitt vom Bein der Locusta, 4mal vergrössert. a vordere Wand desBeins, ce Paukenhöhle, c’ Eingang zu derselben, d Membrana tympani. Zwischen a und d findet sich der Raum, in welchem die Hörleiste liegt, man sieht dieselbe als dunkeln Schatten dem Durchschnitt der linken Trachee aufliegend. Durchschnitt des Beins von Meconema, 70mal vergrössert. a Vorder-, a’ Hinterwand des Beins, 5 Membrana tympani, e die beiden Traeheen, d die Hörleiste mit dem Hörstift, in die Endolymphe vorragend. Flächenschnitt des Beins von Locusta, @00mal vergrössert. a oberes, b unteres Ende, c der rückläufige Theil der Membrana tympani, d Pau- kenhöhle, e ein Rest der vorderen Wand des Beins, an dem dünnen Theil der Membrana tympani hängend, f pigmentirter Theil der Mem- brana tympani, g Trachee der Kopfseite des Beins, A zellige Hülle der Trachee, i der Stamm des Hörnerven, k Chilinstreifen an den Seiten der Hörblase. Diese selbst ist an einer Stelle zerrissen, man sieht in ihr die Kerne der Deckzellen deutlich, während die Hörstifte nur in den ersten vier Zellen schärfer hervortreten. Von der Hörleiste ab gehen die queren Fortsätze zu den Ganglienzellen des Nervenstammes, letztere liegen nur im Anfang des Stammes frei vor. Hörleiste, isolirt und von oben gesehen, 400mal vergrössert. a der Ner- venstamm, weiter unten bis a’ von der Leiste abgetrennt, man sieht hier seine Ganglien, d Stelle, wo die zweite Art der Hörstifte liegt, die hier nieht hervortritt. Durchschnitt durch die Hörleiste, 500mal vergrössert. a die Deckzelle, b dieSeitenzellen, c die Basalzelle, d Ausläufer der Ganglienzelle, e Gang- lienzelle, / Querschnitt des Nerven, g Chitinhaut der Trachee, h Mem- brana tympani, © Haut der Vorderschiene, k Chorda. Ein Theil der Hörleiste isolirt, 400mal vergrössert. a die seitliche Chitin- membran der Hörleiste, db ein Hörstift, grade von oben gesehen, an den übrigen Stellen ist die Lage der Hörstifte gestört. e zwei Chorden, deren Hörstifte entfernt sind, verkürzt gesehen, neben ihnen die Kerne der Basalzellen: von ihnen ab gehen die Ausläufer zu den Ganglienzellen. Hörleiste von der Seite. a Chitinmembran, 5b Deckzelle, c Stift, d Ba- salzelle. A Hörstift von der Seite gesehen, B von oben, 4400mal vergrössert. In B sieht man in der Mitte dieChorda, um sie herum einen kleineren Kreis, welche dem Vorsprung der körnigen Masse nach innen entspricht. Fig, 4 | Fig. 12. ig. 13. ig. 14. Sue SE 2 a ee en BB HT z 2 A ei Sa h sr 3 es EIPe) or j € Eh Ben Fr ec M a2 eh Ba 5 RER a m 1 er % a rn FR 5 i Ueber das Gehörorgan von Loeust a. 207 „ r Stift mit der Deckzelle und Chorda, 950mal vergrössert. Aus der Deck- zelle war der Inhalt entleert, man erkennt ihre dicke Hülle, die Seiten- zelle ist nur in ihrem Contour angedeutet. Beim Eintritt in den au: er- ‚scheint die Chorda glänzend. Isolirter Stift, an der Deckzelle hängend. Die Wand derselben ist an der einen Seite in charakteristischer Weise verbogen. Drei Hörstifte in situ von der Seite, man sieht den Uebergang der Chorda in die Ganglienfortsätze a. Hörstift und zugehörige Zellen isolirt herausgezeichnet. a Deckzelle, b Seitenzelle, deren Kern gerade an der Spitze des Stäbchens liegt, c Ba- salzelle. A Schema des Hörhaars der Krebse vor der Häutung, das alte Haar punctirt, das neue ausgezogen, b Chorda, c Ganglienzelle, d Nerv. B Schema des Hörstifts, e Membran der Deckzelle. Ganglienzelle, mit Ausläufern isolirt. ' Der Nerv n, an die Ganglienzelle tretend. Schematischer Durchschnitt durch das Gehörorgan der Acridier. a Ueber das Trommelfell vorspringende Leiste der äusseren Haut, db Anfang der Bauchhaut, ce Trommelfell, d Vereinigungshöcker, e Tracheenstamm, der . in dıe Tracheenblase f übergeht. Die Chitinogenschicht ist überall weg- gelassen. g Hörnerv, h Ganglion desselben, i Schicht der Hörstifte. Ein Beitrag zur Kenntniss der Gallenwege in der Leber des Säugethiers. Von @. Irminger u. H. Frey. Mit Tafel XI. (Farbendruck.) — Die schöne Arbeit von Mac-GırLavay!) über die feinsten Gallen- wege der Leber war für uns die Veranlassung, eine Anzahl nachprü- fender Untersuchungen anzustellen. Belehrt durch frühere Erfahrun- gen, verzichteten wir ebenfalls auf die Injection mittelst der Spritze und construirten uns einen dem Lupwig’schen ähnlichen Apparat ?). Wir bedienten uns ebenfalls ausschliesslich des ganz frischen Organes, benützten sehr feines wässeriges Berlinerblau nach der Vorschrift von Rıcnarpson®), aber von doppelter Stärke, wie das angegebene, eine Masse, die wir ganz besonders zu diesen Untersuchungen empfehlen möchten. Was die Druckhöhe betrifft, so verwendeten wir theils den gerin- gen, von MAac-Girzavry angeführten Druck, theils, und zwar ohne alle Gefahren, den doppelten. — Aber bei aller Vorsicht, die wir bei unsern Versuchen anwandten, bleibt die Arbeit eine missliche, vielen Un- glücksfällen ausgesetzte, sodass nur eine grosse Reihe einzelner Ver- suche hier zu Resultaten führen können; ebenso dürfen sich verschie- dene Thiere ungleich qualificiren, worüber schon BEALE mancherlei bemerkt hat. Zu ganz befriedigenden Resultaten gelangten wir nur bei wenigen Geschöpfen. Am geeignetsten zeigte sich die Leber vom Kaninchen. 4) S. Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Bd. 50 (Separatabdruck). 2) Das Mikroskop und die mikroskopische Technik von H. Frey. 2. Aufl. S. 407. Fig. 56. 3) Ebendaselbst. S. 104. Fin Beitrag zur Kenntniss der Gallenwege in der Leber des Säugethiers. 209 | Viel grössere Schwierigkeiten bietet schon diejenige des Meerschwein- | - chens dar, ziemlich günstig verdient die der Katze bezeichnet zu wer- [ | den. Für sehr schwierige Objecte müssen die Lebern des Hundes und Schweines erklärt werden. Einige Versuche, die wir in der Classe - der Vögel anstellten, ergaben für Raben und Krähen kein, für die Taube ein zweifelhaftes Resale Völlig verunglückte das drem des Frosches. - Ebensowenig gelangten wir zu einem Ergebnisse für Fische an den 4 Lebern des Hechtes und Corregonus. Möglicherweise ist einer unserer - Nachfolger hier einmal glücklicher als wir. Nachdem wir dieses einleitend bemerkt haben, gehen wir zu den # id 8 = i | E Resultaten unserer Injection über und beginnen mit der Kaninchen- BE leber. | & Die Injection der Gallengänge scheint beim Kaninchen verhältniss- E 'mässig am leichtesten zu gelingen, wenn man sich an eben getödtete — Exemplare hält und wässeriges Berlinerblau bei einer Druckhöhe von EB 30 bis 40 Mm. anwendet. (Gegen Ende des Versuches kann man den | Druck ziemlich bedeutend steigern.) Die nachherige Injection der Ge- 4 fässbahn mit Carminleim bedarf keiner Erörterung, ist aber zum Ver- na ständniss des Ganzen nothwendig. In unsern Versuchen füllten sich, # wie es Lupwıg und Mac-Gizrayry angeben, zunächst einzelne Läppchen I “ der Oberfläche so weit, dass von der Peripherie aus die Massen den - dritten bis vierten Theil der Radiuslänge bis zur Lebervene einnehmen. - An anderen Stellen drang dieses Ringwerk erfüllter Gallencapillaren | _ weiter auf die Mitte vor; oder es schob sich ein keilförmiger Streifen N injieirter Gallencapillaren bis zur Lebervene (Fig. 1). Einzelne Läpp- 14 chen ergaben sich durchaus gefüllt. Die Schwierigkeit einer derartigen 4 | | i 13 j Füllung macht es begreiflich, dass dieselbe, niemals über einen grösse- - ren Flächenraum sich erstreckend, nicht die Schönheit und Correctheit 4 - einer vollendeten Blutgefässinjection darbietet. Kleine Extravasate 14 kommen sehr häufig bei aller Vorsicht vor. Einbrüche in die Lymph- bahn und Füllung eines ausgedehnten Netzwerkes im Läppchen, welches man beim ersten Anblick für das der Blutgefässe nehmen würde, sind - sehr häufige Ereignisse. Ein Einbruch in die Blutbahn ist uns dagegen beim Kaninchen nie begegnet, selbst auch dann nicht, als wir bei eini- - gen Thieren versuchsweise weit höhere Druckgrössen anwandten, als - die oben erwähnten. Die grösseren Gallengänge der Kaninchenleber, welche neben und - mit der Pfortaderramification im interlobulären Bindegewebe verlaufen, zeichnen sich gegenüber andern Thieren durch ihre bedeutende Länge, starke Abgabe von Seitenzweigen aus, vermöge deren sie den Blut- _ gelässen ähnlich die peripherischen Theile je zweier benachbarten ® E B E | 1 | | | 5 | | 210 6. Irminger u. H. Frey, Läppchen zugleich versorgen. Die meisten dieser Stämme kommen einfach vor; doch kann man auch doppelten begegnen (Fig. I. d), wo dann derEine vorwiegend in das eine, der Ändere in das zweite Läpp- chen sich ausbreitet. Die weitere Verzweigung führt gewöhnlich nach Abgabe einiger neuer Astzweige in das Netz der Gallencapillaren (Fig. 4. e). Dieses ist so ausserordentlich regelmässig, von einem so bezeichnenden Charakter, dass Niemand, welcher sich mit dieser Ma- terie näher beschäftigt hat, an ein Artefact denken kann. Die kubischen Maschen umspinnen die einzelnen Leberzellen und treten uns, in wel- cher Schnittebene das Präparat gewonnen ist, unter dem gleichen Bilde entgegen. Hauptstämme: Mittel 0,0075”; grösste 0,015”. Aeste I. Ordnung: Mittel 0,005”; grösste 0,0075”; kleinste 0,0025”. Capillaren:: Mittel 0,0013”’; kleinste 0,0006”. Maschen-Längsdurchmesser: Mittel 0,0076” ; grösster 0,0115”. Maschen-Querdurchmesser: Mittel 0,0063” ; grösster 0,0089”; kleinster 0,0054’. Die Frage nach der Natur dieser sogenannten Gallencapillaren, ob interlobuläre Lacunen, ob in Schläuchen eingeschlossene Strömchen, ist schon von Mac-GiLLayry einer genauern Erörterung unterworfen worden. Auch wir haben diesem Gegenstand unsere Aufmerksamkeit zugewendet und stehen nicht an, für diese letztere Alternative uns zu entscheiden. Untersucht man genauer, etwa an tingirten Präparaten, die mässige Auspinselung erfahren haben, so sieht man mitunter da, wo an der Grenze injieirter und nicht injicirter Stellen die Farbeström- chen der erstern in den letztern Theil auslaufen, das Netzwerk der Gallencapillaren, noch durch dünne Farbenzüge kenntlich, eine Strecke weit sich fortsetzen, dann ohne farbigen Inhalt im Gewebe um die ein- zelnen Leberzellen noch vorkommen. Mit Hülfe sehr starker Vergrösse- rung, wie es Harrnack's Systeni Nr. 10 gestattet, bemerkt man ein Netzwerk sehr regelmässiger Art mit durchaus gleichbleibenden Gängen ohne Erweiterung in den Knotenpuncten mit glatten und scharfen Contouren (Fig. 3). Wir haben einige Male so dünne Schnitte gewon- nen, dass ein Balkennetz von Leberzellen in flächenhafter Ausbreitung nahezu das Ganze herstellt. Hier lief dann zuweilen, nicht an den Rändern der Zellenbalken, sondern auf diesen, in der Gegend der Axe der Zellenreihen, ein Theil des Gallencapillarnetzes hin (Fig. #4). Ganz frei, nicht mehr überdeckt von einer andern Lebenszellenschicht, zeigt dieses Bild ein Verhalten an, welches sich bei einem von besondern Ein Beitrag zur Kenutniss der Gallenwege in der Leber des Säugethiers. 211 1 - Wänden gebildeten Canalwerk leicht erklärt, bei einem lacunären da- - gegen kaum begreiflich erscheint. Si Partielle Einbrüche in die Lymphbahn sind uns häufig genug er- - folgt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die sämmtlichen Capillaren _ der Leberläppchen von einer Art Iymphatischer Scheide umhüllt wer- den, sodass gegenüber frühern Anschauungen die aus Zellen bestehende | e Haargefässwandung und das zur Membrana propria umgestaltete Binde- | i _ gewebe, welches das Balkennetz der Leberzellen umgiebt uud ein- E schliesst, durch einen Zwischenraum getrennt sind, und nicht, wie man früher annehmen musste, im nachembryonalen Leben sich ver- wachsen zeigen. Hält man sich allerdings an nicht injicirte Präparate, E so wird auch an den besterhärteten und ausgepinselten Schnitten nichts | 5 anderes sichtbar, als ein scheinbar homogenes Netzgerüste mit einge- Ü betteten Kernen, wo das wasserhelle Häutchen die Reihen der Leber- Ü zellen und den Blutstrom zu trennen scheint. Be Wir haben im Uebrigen keine zur weitern Erforschung des lobu- | 2 lären Lymphsystems speciell bestimmte Uutersuchungen gemacht. Kno- " tige, interlobuläre Lymphstämmchen sind uns öfters durch Extravasate von den Gallengängen vorgekommen. Wir verweisen in dieser Hin- | sicht auf die Arbeit von Mac-GirLavry, der wir nichts Neues zuzusetzen vermögen. ' Wir haben mit dieser Darstellung der Kaninchenleber leider schon ‘= den besten Theil unserer Untersuchungen geschildert, indem es uns | - bei keinem der nachfolgenden Thiere geglückt ist, mit derselben Leich- tigkeit gleich schöne Resultate zu gewinnen. Da es indessen für nach- - folgende Arbeiten nicht ohne Interesse ist, diese Ergebnisse im Voraus | | zu kennen, so geben wir dasjenige, was uns zu Theil geworden ist, hier in weiterer Schilderung. Wendet man dieselben Methoden unter denselben Umständen auf die Leber des Meerschweinchensan, so kommt man, freilich we- - niger leicht und weniger vollkommen zu ähnlichen Ergebnissen. Man - erhält die gleichen Gallencapillaren. Hauptstämme: Mittel 0,0075” ; grösste 0,01’; kleinste 0,0025”. Stämme I. Ordnung: Mittel 0,0025” ; grösste 0,005’”; kleinste 0,0013”. Capillaren: Mittel 0,0043’”; kleinste 0,0006”. Maschen-Längsdurchmesser: Mittel 0,0054”’; grösster 0,01145’’; kleinster 0,0025”. Maschen-Quermesser: Mittel 0,0038”; grösster 0,0145’; kleinster 0,0024”. - van) G. Irminger u. Frey, | ri Eine Differenz sehen wir dagegen hinsichtlich der interlobulären % Gallengänge. Während diese in langen Bogenzügen die Ränder der | Läppchen beim Kaninchen eingrenzen, werden beim Meerschweinchen an Schnitten, die der Organoberfläche parallel sind, jene Gallengänge nur in weit kürzeren unvollkommeneren Bogenzügen sichtbar, oder, was weit häufiger vorkommt, man begegnet Querschnitten derselben, also Gängen, die aus der Tiefe der Leber zur Oberfläche mehr senk- recht emporgestiegen sind. Dem entsprechend füllen sich bei der In- jecetion der Gallenwege nicht jene zusammenhängenden, den Läppchen- rand einnehmenden Ringnetze der Capillaren wie beim Kaninchen, sondern unregelmässige, rundliche, getrennte Partieen des Zellennetzes, welche dann erst bei weiter fortgesetzter Injection miteinander zusam- menzuhängen beginnen. Auch hier ist die Leberzelle von den Maschen der Gallencapillaren eingegrenzt, und auch hier bietet diese Masche, - h mag die Schnittebene gefallen sein, wie sie will, dasselbe Ansehen. Injectionen in dieLymphbahn sind uns übrigens beim Meerschweinchen in viel geringerem Grade vorgekommen, als beim Kaninchen. Man vergleiche hierzu Fig. 6, 7. | Wir gehen über zur Leber der Katze. Wir haben bei zwei Thie- ren, unter denselben Cautelen wie beim Kaninchen und Meerschwein- chen, brauchbare Präparate gewonnen. Das, was hier auffällt, dem Injectionspräparat (Fig. 8) ein sehr zierliches Bild verleiht, ist die Beschaffenheit der interlobulären Gallen- gänge. Diese, als lange, schlanke Röhren verlaufen über ausgedehnte Strecken häufig paarweise, schmiegen sich der Verästelung der Pfort- ader und Leberarterie an, jene Blutgefässe zwischen sich nehmend. An der Läppchengrenze der Organoberfläche angekommen, zerfallen sie unter rascher Astbildung in ein höchst entwickeltes Netzwerk mit meist gestreckten Maschen, umstricken die Blutgefässe geflechtartig und setzen sich dann erst in die eigentlichen Gallencapillaren fort. Diese sind, was den Quermesser der Gänge betrifft, den von uns schon ge- schilderten Maschen vom Meerschwein und Kaninchen nahestehend. Dagegen — wir wissen nicht zu sagen, ist es zufälliges Ergebniss un- serer Injectionsversuche oder natürliches Structurverhältniss — die Maschen sind beträchtlich weiter und unregelmässiger. Mitunter be- merkten wir über längere Strecken jene Gapillarenbahnen verlaufen, ohne mehr als ein paar Seitenzweige abzugeben; und auch ziemlich weit in den Läppchen kommen neben den feinen Röhren, welche die Mehrzahl der Gallencapillaren bilden, Andere vereinzelt von ungewöhn- lich starkem Quermesser noch vor. Wir haben uns ferner, freilich mit sehr wenig ger igendem “ Ei‘ Ein Beilng: zur r Kenntnis er Elänwege in der Leber des Sängethiers, 913 Re \ as, mit der Injection der Gallenwege der Schw einsleber be- | schäftigt. So instructiv dieses Organ bekanntlich für die meisten Ver- y hältnisse des Leberbaues sich gestaltet, so scheint es gerade für den uns hier beschäftigenden Zweck wenig geeignet, wenn uns anders F nicht bei unsern, freilich nicht sehr zahlreichen Versuchen, ein beson- E deres Missgeschick verfolgt hat. Man erhält sehr leicht an der Ober- | - fläche die von Bearz geschilderten und gezeichneten, aus der Tiefe des B _ Drüsenparenchyms aufsteigenden Gallengänge, welche vereinzelt an _ die Peripherie des Läppchens gelangen, sich weiter verzweigen und | _ eine Strecke weit mit ihren Aesten vordringen. — Die Durchmesser - dieser Gallengänge verhalten sich wie folgt: ; Hauptstämme: Mittel 0,005”; grösste 0,0075”. Aeste I. Ordnung: » 0, 0083”; » 0,005”. Längsdurchmesser der Te Mittel 0,0075”; kleinster 0,005”; grösster 0,015’”. Querdurchmesser der Misihen‘: Mittel 0,0065” ; grösster 0,0125”; kleinster 0,004”. Was sich von hier anfüllt, ist, dem Kerlanfe der Hoatgebiäse ge- nau folgend, mit einer Weite von 0,0038 bis 0,0054" sicherlich nichts - anderes als die Lymphbahn. Daneben erhielten wir bei weitem stär- kere Ansammlungen der Injectionsmasse in rundlichen, wurstförmigen Klumpen, die wir als Extravasate betrachten müssen, um so mehr, als ihr Verlauf nicht selten eine gewisse Aehnlichkeit mit demjenigen der { Blutgefässe darbot. Nur ganz vereinzelt gelang es uns, hie und da in i ganz geringen Flächenausdehnungen ein weit feineres, etwa 0,6012” - messendes Röhrennetz zu erkennen, welches wir für das a Gallencapillaret erklären müssen (Ri g. 9). Bei der Dürftigkeit des Ergebnisses mag es genügen, das unbefriedigende Resultat hiermit kurz erwähnt zu haben. — N , BER lc Brad EN NER te el 7 er TRETEN ESTER IITRE 9 ER LE She RS ee Au Te Erklärung der Abbildungen. Tafel XI. (Gallenwege blau, Blutbahn roth.) g. 4. Stück eines Leberläppchens des Kaninchens, a Vena centralis in das Netz- werk der Blutcapillaren sich ausbreitend und am Rande nach unten in den Pfortaderzweig c übergehend; d, e stärkere Gallengänge; PESBe capillaren. . 2. Ein Stückchen des vorhergehenden Präparates bei stärkerer Vergrösse- : rung. a Capillaren der Blut-, 5 der Gallenbahn. . 3. Ein Stückchen mit den Leberzellen (starke Vergrösserung). 5b, a frei lie- gende Gallencapillare ; ce stärkeres Stämmchen; d ein Blutgefäss. g. 4. Leberzellenbalken a des Kaninchens; b Gallenchpillärih . 5. Leberzellen a des Kaninchens, inschn von den nicht injieirten Gallen- capillaren 5 (sehr starke Vergrösserung). . 6. Ein Stückchen Meerschweinchenleber. a ein Ast der Vena hepatica; b Stämmchen der Gallengänge; c, d Gallencapillaren. . 7. Das vorhergehende Präparat mit stärkerer Vergrösserung. a Querschnitt eines stärkeren Gallencanales;; 5 Gallencapillaren ; ce Leberzellen. . 8. Stück eines Leberläppchens der Katze. a Pfortaderzweig; b Gallengang- netzwerk; c etwas stärkere, d feinste Gallencapillaren. . 9. Aus der Leber des Schweins. a, b Pfortader;; c Querschnitt eines starken Gallenganges; d ein Aestchen des letzteren, sich ausbreitend zu den Gal- lencapillaren f; e Leberzellen. E Ueber die Trachomdrüsen oder Lymphfollikel der Conjunctiva. Von G. Huguenin und H. Frey. Indem wir die Literatur des in letzter Zeit vielfach durchmusterten Objectes als bekannt voraussetzen, bemerken wir, dass die nachfol- “genden Resultate, mit Ausnahme einer Blutgefässinjection am Auge des w Kaninchens, sämmtlich am Ochsenauge gewonnen wurden. An diesem ‚nämlich ergaben sich auch für Lymph- und Gefässinjection die gün- _ stigsten Verhältnisse. | = Am inneren Augenwinkel des Ochsenauges treffen wir eine sehr "starke, mit Haaren besetzte Thränenpapille. In einer Distanz von un- % gefähr 2” oberhalb und unterhalb derselben bemerkt man die ca. 41%" weiten Anfänge der Thränencanäle. Beiläufig 1%,” von der Papille ent- _ fernt, verläuft von Oben und Aussen nach Unten und Innen der meist } schwarz pigmentirte Rand des innern Augenlides. In allen Augen, die uns zu Gesichte kamen, fand sich ziemlich constant der Brucn’sche Haufen zwischen der Papille und dem dritten Lid, etwas nach Unten gelegen. Im Uebrigen stellte sich die Ausbreitung unserer Organe an verschiedenen Ochsenaugen noch als recht verschieden heraus; in wechselnder Mächtigkeit, bald in kleinen Gruppen, bald mehr zerstreut, _ erstrecken sich die Follikel vom Brucn’schen Haufen an nach Aussen hin, bei einzelnen Individuen in grösserer Mächtigkeit am obern, bei Andern mehr am untern Lid. Die genauern Verhältnisse der Anordnung der Follikel, sowie der constituirenden Gewebselemente wurden an nicht injicirten Chrom- säurepräparaten untersucht. An solchen, sobald sie hart genug sind, dass Schnitte gelegt werden können, 1, ergab sich die feinere Präparation relativ leicht. Beschäftigen wir uns vorerst kurz mit der Grösse der Follikel, so ‚findet man an möglichst in der Aequatorialzone geführten Schnitten, _ dass sie innerhalb nicht sehr weiter Grenzen varürt. Die Mittelzahl Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 45 | nn Ai TEE = ee , . i : Es ik Is ee 216 G. Huguenin u, H, Frey, beträgt 0,25”; 0,21 betrug der kleinste, 0,32 der grösste Follikel, von dem man annehmen konnte, dass die Aequatorialzone von uns getroffen war. Die Höhe der Follikel steht in geradem Verhältniss zum Dicken- durchmesser, und man kann annehmen, dass der Follikel in der Mehr-— zahl der Fälle eine mehr kugelige Gestalt besitzt. Anlangend die Entfernung der Follikel von einander, so trat na— türlich ein bedeutender Unterschied heraus, je nachdem man Schnitte aus dem Bruc#’schen Haufen, wo die Follikel am dichtesten stehen, vor sich hat, oder solche aus Stellen, wo dieselben mehr zerstreut im Ge- webe sitzen. Es ergaben die Messungen aus dem Brucn’schen Haufen, dass für gedrängt stehende Follikel in der Aequatorialzone das tren- nende Iymphoide Gewebe eine Breite von 0,08 bis 0,11’ hat. Sowie man Schnitte aus der Schicht der Follikelkuppen oder des Follikel- grundes vor sich hat, kann das Resultat natürlich nur ein relativ rich- tiges sein. In den Parthieen der Schleimhaut, in denen die Follikel spärlicher sind, lehrte schon die Betrachtung mit blossem Auge, dass das trennende Gewebe ein viel bedeutenderes Ausmaass erreicht. Feine, durch die Follikel gelegte, mit Glycerin bepinselte Schnitte zeigen Folgendes: Unsere Organe sind gebildet durch ein ähnliches bindegewebiges Fasernetz, wie man es in den Lymphdrüsen - Alveolen und den analogen Organen findet. Indess stellen sich die Maschen doch nicht mit derselben Regelmässigkeit dar, wie man sie z. B. in der Alveole einer Lymphdrüse bemerkt; sowie auch die Form der Maschen und die Gestalt der Trabekel verschiedene nicht unwesentliche Diffe- renzen erkennen lässt. — Fasst man den Theil des Follikels in’s Auge, der am meisten peripherisch an der Grenze der bindegewebigen Nach- harschaft sich findet, so hat man Maschen vor sich, deren Grösse sich im Allgemeinen beläuft auf 0,0402 bis 0,016”, mit Extremen bis 0,006 und 0,019. — Die Knotenpuncte dieses Netzes sind oft stark verbrei- tert, indem die zusammenstrebendenBalken eine Strecke vor ihrer Ver— einigung eine ziemliche Verdickung erfahren und mit einem Ausmaasse von 0,0013’ zusammentreten, wodurch oft das zierliche Bild einer vollkommen sternförmigen Zelle entsteht. In vielen dieser Knoten- puncte erkennt man denn auch mit voller Deutlichkeit die bekannten Kerne, im Mittel eine Grösse von 0,0019” darbietend. Auch hier in- dess wiederholt sich das Verhältniss, welches man schon an andern Organen hervorgehoben hat — nämlich, dass nicht in jedem Knoten- puncte ein Korn liegt, sodass also die Ausläufer der Zellenkörper selbst wieder eine Theilung und Verbindung erfahren haben. Fasst man nun Stellen des Follikels in's Auge, wo mehr central Ueber die Trachomdrüsen oder Lymphfollikel der Conjunctiva. 347 gelegene Parthieen des Netzes isolirt sind, so stösst man auf eine etwas andere Anordnung. Die das Fasernetz zusammensetzenden Trabekel sind nämlich durchgängig dünner; man sieht sie mit diesem geringern Ausmaasse weitere Strecken durchlaufen, bevor sie mit Ändern zusammentreten, und es ergiebt sich also eine grössere Maschenweite. In der That zeigt die Messung, dass wohl nur die Minderzahl dieser centralen Maschen "unter 0,022’ zurückbleibt. Man beobachtet indess ziemliche Differen- - zen, und es bleibt auch hier die Regelmässigkeit des Bildes weit hinter dem aus der Alveole einer Lymphdrüse zurück. In geringer Zahl und Mächtigkeit sieht man durch dieses Netzwerk der Alveolen die zugehörigen Gapillaren verlaufen. Es ist schwer, ja sogar unmöglich, sich an solchen Präparaten ein deutliches Bild der Gefässanordnung zu verschaffen. Man bemerkt im Allgemeinen, dass die Maschen der Haargefässe weit sind, dass die CGapillaren selbst im Durchmesser schwanken von 0,0026 bis 0,0038”, und dass sie gänz- lich den Charakter gewöhnlicher Follikelcapillaren haben. Nament- lich bietet die Adventitia capillaris nichts dar, was sie von derjenigen der Lymphdrüsenhaargefässe unterscheiden würde. Dieses ganze Maschenwerk findet sich nun in toto ausgefüllt von Lymphzellen, deren Anordnung nur in soweit etwas Besonderes zeigt, als man in ausgepinselten Präparaten oft Nester dicht an einander lie- - gender Zellen findet. Ob sich aus diesem Verhältniss vielleicht ein Schluss ziehen lasse auf die Entstehung dieser Zellen im bindegewebi- gen Netze, lassen wir dahin gestellt. Sind diese Verhältnisse ziemlich leicht zu constatiren, so bietet die Structur des zwischen den Follikeln liegenden Gewebes schon einige Schwierigkeiten dar. — Dass dieses Gewebe nicht reines Bindegewebe ist, lehrt uns sowohl die Analogie mit andern Organen, als der erste Blick auf ein noch ungenügend gepinseltes Glycerinpräparat; man sieht allerdings gewöhnlich noch nichts mehr, als undeutlich faseriges Ge- webe, verdeckt von einer Unzahl der Lympbhzellen. Untersucht man solche Stellen genauer, so stösst man wieder auf ein bindegewebiges Netz, ähnlich demjenigen, wie wir es oben für die Peripherie des Follikels beschrieben ; wobei es sich aber sogleich zeigt, dass die Balken durchgängig eine etwas grössere Dicke haben, dass sie ‚nicht mehr blos bestehen aus einer bindegewebigen Einzelfaser, son- dern. aus einem kleinen Faserbündel. Es unterliegt somit keinem Zweifel, dass das gewöhnliche Zellennetz des Follikels sich hier umge- staltet hat zum Bindegewebsnetz. In allen seinen Maschen finden wir, wie schon bemerkt, unsere 45* 218 6. Huguenin u. I. Frey, Lymphzellen in enormer Menge wieder. Es kann also nicht beanstan- det werden, dass wir es auch hier mit einer Art »Iymphoiden Schleim- hautgewebes« zu thun haben, einer reticulären Bindesubstanz , die durch und durch mit Lymphzellen infiltrirt ist. Etwas andere Verhältnisse bieten wieder sich dar, wenn man die Abgrenzung des Follikels gegen diese Iymphoide Substanz untersucht: — Sind an gepinselten Glycerinpräparaten die Gentralparthieen der Follikel ausgefallen, so bemerkt man sehr deutlich, dass sich um den ganzen Follikel ein Ring von etwas compacterem, mehr faserigem Bin- degewebe erstreckt, ebenfalls mit Lymphzellen infiltrirt, aber in ge- ringerem Maasse, als die eigentliche Iymphoide Zwischensubstanz. Zwischen längsziehenden Bindegewebsbündeln sieht man häufig die Zellen in longitudinaler Anordnung. Am injicirten Präparat bemerkt man, wie die Gefässe beim Uebertritt in den Follikel nicht selten der longitudinalen Anordnung des Bindegewebs eine Strecke weit folgen. Stellen, welche auf der Grenze zwischen dem Iymphoiden Gewebe und dieser Umhüllungssubstanz der Follikel gelegen sind, zeigen einen interessanten Uebergang des reticulären Gewebes in mehr fibrilläres Bindegewebe. Diese Uebergangsform hat noch einen entschieden netz- förmigen Charakter, mit Maschen, die indess nicht mehr die rundliche Form des gewöhnlichen Typus innehalten, sondern mehr länglich er- scheinen. Der längste Durchmesser schwankt von 0,005 bis 0,0081’; die Stärke der bindegewebigen Faserbündel ändert von 0,0013 bis 0,0039’. Sobald der Balken eine etwas grössere Dicke besitzt, ist deutlich zu erkennen, dass er aus einem Faserbündel besteht. — Es existirt also allerdings um jeden Follikel eine Art bindegewebiger Um- grenzung, die auch schon von anderer Seite beschrieben worden ist. Sie besitzt aber im Anschluss an die anliegenden Gewebsformationen einen denselben mehr oder weniger analogen Charakter, d. h. eine netzartige Beschaffenheit. Mit aller Deutlichkeit treten alsdann in dem zwischen den Follikeln liegenden Iymphoiden Gewebe "die Durchschnitte der Lymphbahnen, d. h. Lymphspalten, uns entgegen. Wenn nach der Untersuchung der später zu beschreibenden Lymphinjection noch ein Zweifel vorhanden wäre über die Existenz oder Nichtexistenz specifischer Gefässwan- dungen dieser Lymphwege, so müsste er hier gehoben werden. Die Lymphspalten stellen sich dar als verschieden geformte, doch meist in die Länge gezogene, ovale oder auch rundliche Lücken im Gewebe, denen jede Spur einer specifischen Gefässwand abgeht, deren Begren- zung blos gebildet wird durch ein verdichtetes, hie und da undeutlich faseriges Bindegewebe. Ihr Ausmaass ist ein verschiedenes: bei einer Ueber die Traehomdrüsen oder Lymphfollikel der Conjunetiva. 319 mittleren Breite von 0,0065 bis 0,013”’ zeigen sie uns, je nachdem der Schnitt sie geöffnet, eine sehr wechselnde Länge. Fassen wir noch diejenige Schicht von Schleimhautgewebe näher in’s Auge, welche über dem Follikel liegt, so war es uns nicht möglich, in demselben etwas Anderes zu erkennen, als jenes oben geschilderte, die Follikel umkleidende, faserig- maschige Bindegewebe; und zwar sieht man dasselbe in allen Fällen bis dicht unter das Epithel mit "Lymphzellen infiltrirt. Im Uebrigen aber variirt die Dicke dieser Schicht ebenfalls in ziemlich weiten Grenzen, indem zur Bildung von Conjunc- tivapapillen sich das überliegende Gewebe oft verdickt. Die Messungen ergeben eine mittlere Dicke von 0,014 bis 0,024’. Gehen wir jetzt über zur Schilderung der Blutgefässe der be- treffenden Organe, wie sie einige von uns angestellte Injectionen ge- liefert haben. Beim Kaninchen liegen die Follikel in geringerer Anzahl durch ziemlich schmale Zwischenräume getrennt, neben einander. Die Grösse der Follikel, an Canadabalsam -Präparaten gemessen, beträgt 0,25 bis 0,33”, — die Entfernung zwischen zwei Follikeln 0,025 bis 0,05'”. Die Injection zeigt arterielle Zweige 0,01 bis 0,014'”” stark, über län- gere Strecken zwischen den Follikeln hinlaufend. Von ihnen treten -Aeste ab, 0,01 bis 0,005’”’ messend, welche bogenartig die Peripherie des Follikels umziehen und mit anderen Aesten zusammentretend, bald vollständigere, bald unvollständigere Ringe um die Follikel bilden. Zwischen den Follikeln stellen die eben erwähnten bogenförmigen Ge- fässe mit ihren Zweigen ein ziemlich weitläufiges, unregelmässiges Capillarnetz her, mit im Allgemeinen mehr gestreckten Maschen. In den Follikeln selbst erkennt man, von den vorhin erwähnten ringför- migen Gefässzügen entspringend, das bekannte Gapillarnetz dieser Gebilde, welches jedoch, soweit unser Präparat erkennen lässt, unge- wöhnlich spärlich erscheint. Die Gapillaren messen "/,00 Dis Yyoo". In den Centralparthieen der Follikel erscheint die Gefässarmuth am auf- fallendsten. Wir bemerken hierbei, dass das betreffende in Ganadabalsam ein- geschlossene Injectionspräparat etwas zu wünschen übrig liess, indem die Haargefässe nicht prall gefüllt sich darboten, sodass möglicherweise ein Theil der Follikelcapillaren von Injectionsmasse leer geblieben sein kann. | Dagegen gelang es, von einem kleinen, constant neben dem Thrä- nencanale am Ochsenauge verlaufenden Arterienaste aus gute Injectionen der uns beschäftigenden Conjunctivafollikel zu gewinnen. Die an- srenzende Schleimhaut zeigt auf Verticalschnitten Folgendes: Bald mehr Ä \ 4 I ae AR 230 G. Huguenin u. H, Frey, horizontal, häufiger schief aufsteigend, durchsetzen zahlreiche arterielle Aeste von 0,033 bis 0,043” Durchmesser das submucöse Gewebe. Ihre Astsysteme vereinigen sich beim Eintritt in das eigentliche Schleim- hautgewebe bogen- und netzförmig und gewinnen hierbei eine Fein- heit von 0,007 bis 0,005” Quermesser. Da, wo die Schleimhaut in leichten papillären Wölbungen vorspringt, lösen sich die eben geschil- derten Bogen- und Netzzüge in ein sehr reichliches Gapillarnetz mit rundlichen Maschen auf. Das Kaliber dieser Haargefässe beträgt um 0,0025’”’, mit Extremen nach beiden Seiten bis 0,0018 und 0,0029”. — Die Maschenweite ergiebt 0,012 bis 0,019’”. Von den Venen erkennt man mit Leichtigkeit einen ähnlichen Ver- lauf im submucösen Gewebe. Die Ansicht von oben zeigt das entsprechende oberflächliche Ca- pillarnetz und die submucösen grössern Gefässe in der Regel weit- maschig verbunden. Gelangt man nun in den Brucn’schen Haufen selbst hinein, so finden sich ähnliche Gefässe, die Submucosa durchsetzend; an der Un- terseite der Follikelschicht erkennt man Verzweigungen und netzartige Verbindungen, bald vollständiger, bald unvollständiger. Im Allgemei- nen ist die interfolliculäre Substanz reichlicher von den Astsystemen der eben genannten Gefässe durchsetzt, als die Follikel selbst, nament- lich dann, wenn diese letztern in kleineren Abständen von einander getrennt liegen. Die genannten Stämme steigen unter Verästelungen im Allgemeinen vertical auf und besitzen in diesem ihrem Verlaufe ziemlich starke Quermesser von 0,04 bis 0,02’. Zur Schleimhautober- fläche emporgekommen, lösen sie sich in ein ähnliches Capillarnetz auf, wie wir es eben für die follikelfreie Nachbarschaft geschildert; doch fehlen, — und dies ergiebt sich aus frühern Schilderungen schon, — jene Verästelungen der papillären Vorsprünge. Ganz anders gestaltet sich das Injectionsbild für die Follikelsub- stanz: — die Haargefässe, derselben zeichnen sich durch ihre Feinheit aus; der Quermesser liegt für die meisten bei 0,0025’’. Sie entstehen von arteriellen Endästen, die geschweift und bogenartig die Follikel umziehen. Am Verticalschnitt zeigt das intrafolliculäre Gapillarnetz eine etwas gestreckte Beschaffenheit. Die Maschenweite, ziemlich an- sehnlich, wechselt in der Regel zwischen 0,025 bis 0,044”. Von der Spitze des Follikels dringen darnach Einzelne der Follikelcapillaren in jene oben erwähnte oberflächliche, die Follikel bedeckende Binde- gewebeschicht ein. Damit in Uebereinstimmung steht dann auch das Bild, welches Horizontalansichten darbieten : — Trägt man in dünner Lage die oberste, Fer er Tr .. P 7 7 3 4 Ueber die Trachomdrüsen oder Lymphfollikel der Conjunetiva. 221 die Follikel bedeckende Schleimhautschicht ab, so sieht man aufstei- gende Gefässzweige in ein rundliches Maschennetz sich auflösen, wel- ches jedoch in den Zwischenräumen zwischen den Follikeln entwickel- ter zu sein pflegt, als über der Follikelhöhe selbst. — Wendet man sich zu einer etwas tiefern Lage, welche die Follikelkuppen enthält,, so sieht man in dem zwischen letztern befindlichen Iymphoiden Gewebe die Quer- und Schiefschnitte zahlreicher, dasselbe durchsetzender Stämme. - Ebenso schief oder longitudinal verlaufen ihre Verästlungen. Ohne Ordnung neben den eben besprochenen Gefässen erscheinen die Spal- ten der Lymphbahn. In den Follikelkuppen selbst fällt die Armuth an Blutgefässen auf, die als ungewöhnlich bezeichnet werden muss, ver- gleicht man damit sowohl die gleichen Theile der Lymphdrüsen, als namentlich die Oberfläche Pryer’scher Drüsen. — Geht man zu noch tiefern Lagen, den etwa der Aequatorialzone des Follikels entsprechen- den, so gewahrt man hier in der weniger starken Iymphoiden Verbin- dungsschicht — weil der Follikel grösser — die Blutgefässe gedrängter, ebenfalls wesentlich als Quer—- und Schiefschnitte, nicht selten mit ihren Aesten zusammenstossend und Verbindungen eingehend. Von “ diesen treten dann im mehr horizontalen Verlaufe einzelne Haargefässe in den Follikel selbst ein, um hier ein spärliches Gapillarnetz zu bilden, welches viel unregelmässiger und unentwickelter erscheint, als das- jenige in den Follikeln einer Pzyer'schen Platte. Aber auch stärkere Stämmchen, gewöhnlich quer durchschnitten, erkennt man mitten in der Follikelsubstanz hie und da. Sind auch unsere Injectionen der Blutbahn bei der Schwierigkeit der Füllung vielleicht nicht als ganz vollendete zu bezeichnen ,, so er- geben sie doch wenigstens eine genügende Vorstellung der Gefässord- nung und lassen mit Sicherheit erkennen, dass jene ringartigen Gefässe, die die Pzyer’schen Follikel umziehen und auf Querschnitten ein so zier- liches Bild liefern, hier nicht in gleicher Weise erscheinen. Auch die tiefern Parthieen des Follikels bieten uns im Allgemeinen ein ähnliches Bild dar, wie dasjenige der Aequatorialzone: einzelne in den Follikel eintretende Capillaren, sowie die Querschnitte zahlreicher stärkerer Stämme in der Verbindungsschicht. Wenden wir uns nun schliesslich noch zu den Lymphwegen. Injicirt man vermittelst eines Einstiches in die Submucosa mit kaltflüssiger Masse den Brucm’schen Haufen (eine Procedur, welche bei prallen Follikeln ziemlich leicht gelingt) , so sieht man zahlreiche, kno- tig aufgetriebene Lymphgefässe jenes Gewebe durchsetzen. Die Quer- messer der meisten können auf 0,167 bis 0,067” geschätzt werden, mit Extremen nach beiden Seiten. Indessen haben wir kaum noth- 222 . Huguenin u. H, Frey, wendig, hervorzuheben, dass solche Messungen nur einen approxima- tiven Werth haben, indem ein zunehmender Injectionsdruck hier, in höchst weichem, nachgiebigem Gewebe gewaltige Ausdehnungen er- geben muss. Dass es sich hier noch um wirkliche Gefässe handelt, ergiebt schon die varicöse Beschaffenheit; zum Ueberflusse erkennt man auch die einfache Wandung. -- An der Unterfläche der F ollikelschicht angekom- ‚ men, zertheilen sich die eben erwähnten Lymphgefässe auf das Man- nichfaltigste, mitunter zu sehr zahlreichen gedrängt nebeneinander laufenden Bahnen. Diese besitzen Quermesser von 0,055 bis 0,033’. Die Art ihrer Begrenzung ergiebt aber, dass wir hier nicht mehr Ge- fässe, sondern nur Iymphatische Lacunen oder Ganäle vor uns haben. Ist die interfolliculäre Substanz stark entwickelt, d. h. von einer ansehnlichen Breite, so sehen wir netzartig jene Lacunen zur Ober- fläche steigen. Sie verlieren hierbei an Weite: während die tiefern 0,025 bis 0,012”” breit sind, bleiben die höhern unter dem letzt- genannten Ausmaass oft beträchtlich zurück — 0,012 bis 0,005”, und dicht unter der Oberfläche nur 0,05 bis 0,012’. Unter der Epithelial- schicht endigen die Endzweige jener Canäle blind; ampulläre Erwei- terungen kommen nicht vor, im Gegentheil erkennt man ein Zuspitzen des Endes. Was die den Follikel selbst umziehenden Iymphatischen Bahnen betrifft, so halten sie, bogenartig gekrümmt und mannichfach unter- brochen, die gleichgestalteten Lymphspalten ein, wobei sie sich vielfach netzförmig mit denen der folliculären Verbindungsschicht vereinigen. Auch hjer sieht man die Lymphcanäle in der Tiefe des Follikels weiter, 0,033 bis 0,05”, während sie nach Ueberschreitung der Aequatorial- höhe regelmässig enger werden, bis zur Hälfte. — So unter weiterer Astbildung gelangen jene Iymphatischen Bahnen nach dem obern Pol des Follikels, wobei sie gegen denselben convergiren , mitunter bis zur bogenartigen Vereinigung von beiden Seiten her; in der Regel jedoch bleiben sie durch ansehnliche Zwischenräume von einander getrennt. Auch hier bemerkt man unter nochmaliger Zerspaltung, oder auch ohne letztere, die blinde Endigung des Lymphganges in dem den Follikeln überdeckenden oberflächlichsten Schleimhautgewebe. Die letzten En- digungen verlaufen dann nicht ‚selten über ansehnliche Längen horizon- tal. Ihre Quermesser pflegen hier um 0,04’” sich zu halten; manche jedoch werden auffallend schmäler, bis auf 0,005”. Die Entfernung dieser letzteren Canäle von der Epithel tragenden Schleimhautober- fläche wechselten im Einzelnen wieder bedeutend, kann aber als eine geringe, im Mittel 0,033, 0,025 bis 0,04”' betragende bezeichnet werden. = Ueber die Trachomdrüsen oder Lymphfollikel der Conjunctiva, - 293 Untersucht man einen tiefen, d. h. die untere Follikelhälfte treffen- den Horizontalschnitt, so sieht man, wie die einzelnen Follikel von einem Netzwerk weiter Iymphatischer Bahnen ringartig umgeben sind. Die Quermesser stimmen mit denjenigen des entsprechenden Vertical- schnittes überein. Der Reichthum des interfolliculären Iymphoiden Gewebes an Lymphgängen muss als ein sehr ansehnlicher überhaupt angesprochen werden. Untersucht man noch tiefer, also an der Follikelbasis, so sieht man Längs- und Querschnitte beträchtlich weiterer Bahnen. Ist der Schnitt aber noch tiefer gefallen, so gewahrt man die Quer- und Schiefschnitte der durch die Submucosa aufsteigenden Lymphgefässe. Auch hier ist man überrascht von der gewaltigen Menge derselben, indem sie in Entfernungen von 0,02 bis 0,033 gewöhnlich stehen. Es erübrigt uns endlich noch, des mehr oberflächlichen Horizon- talschnittes zu gedenken. Ein solcher bietet ein überraschend zier- ' Jiches Bild dar: durch die dünne deckende Schleimhautschicht schim- mern die obern Follikelhälften als rundliche Hervorragungen hindurch, während das interfolliculäre Gewebe in Gestalt ringförmiger Wälle die Follikel umkränzt. In Letzterem laufen dann, netzartig verbunden, die am Längsschnitt geschilderten feinen Iymphatischen Bahnen. . Der früher erwähnte häufig horizontale Verlauf der blinden End- züge erklärt es, dass gerade an solchen Präparaten der Oberfläche jene terminalen Längszweige in ganzer Länge sehr häufig zu übersehen sind, wobei sie nicht selten gegen den Follikelpol convergiren, während sie in andern Fällen den Rand des Wallringes nicht überschreiten. Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel. Von Heinrich Curschmann, Stud. med. aus Giessen. Mit Taf. XI. —ı. Es ist bekannt, dass der Muskelmagen der Vögel eine hornartige Auskleidung trägt, die bezüglich ihrer Dicke und Consistenz je nach der Lebensweise der betreffenden Arten sich richtende Verschieden- heiten zeigt, so zwar, dass dieselbe bei Pflanzenfressern und hier wie- derum natürlich bei den von Körnern lebenden den höchsten Grad ihrer Entwickelung erreicht, bei Fleischfressern oft bis zur Stärke einer dünnen Haut herabsinkt, ja bei einigen Arten so wenig auffallend wird, dass man hier ihre Existenz, sicherlich aber mit Unrecht, vollständig läugnen konnte. Dass nun der genannte Beleg zu den Epidermoidalgebilden zu zählen sei, hatte man früher, so zu sagen, für selbstverständlich ge- halten, weshalb denn ein Theil der Schriftsteller, die diesen Gegen- stand berühren, ohne weitere Untersuchung das angeführte Verhalten einfach voraussetzt, ein anderer zwar untersuchte, aber schon so sehr vom Vorurtheil befangen, dass er da eine zellige Structur zu sehen meinte, wo von derselben durchaus nicht die Rede sein kann. So finde ich namentlich in einer Dissertation »de avium tractu in- testinali« die erwähnte Schicht ausführlicher als Hornlage beschrieben, die zudem noch von Gängen durchbohrt sei, welche mit den Schweiss- canälchen des Menschen eine auffallende Aehnlichkeit zur Schau tra- gend dem Secret einer unterliegenden Drüsenschicht als Weg in das Innere des Muskelmagens dienen. BerLin!), der bezüglich des anato- mischen Verhaltens sich in einem ähnlichen Irrthum befindet, be- schreibt dieses Secret sogar genauer, legt ihm die Eigenschaft einer 4) Dr. W. Bertin, Bijdrage {od de spijsvertering der vogeles. Nederlandsch Lancet, Juli, August 1852. Zur llistologie des Muskelmagens der Vögel. 225 saueren Reaetion bei und behauptet, dass es erst mit den vorwiegend Pepsin haltenden Absonderungsproducten des Vormagens gemengt, einen wirksamen Verdauungssaft zu constituiren im Stande sei!). Als jedoch in einer in demselben Jahr erschienenen Arbeit von Morıin?) zuerst darauf hingedeutet wurde, dass jener innere Beleg des Muskelmagens als das erhärtete Secret des unterliegenden Drüsen- stratums zu betrachten sei?) und auch Leyvıc nachher bei Untersuchung desselben Gegenstandes zu ganz ähnlichen Resultaten gelangte, musste natürlich die vorher verbreitete Ansicht von selber fallen, und auch für die Drüsen war somit eine ganz andere Function nachgewiesen als die, welche Berrıx ihnen zuertheilt hatte. Ich glaube, dass man jetzt wohl mit Recht ziemlich allgemein den Vormagen mit seinen Drüsen als Bereitungsstätte des vollständigen Magensaftes ansieht, der hier den Speisen zugemengt und in den Mus- kelmagen übergeführt wird, wo er dann von den rein mechanischen Leistungen desselben sehr wesentlich unterstützt jene für ihre weitere Bestimmung im Darmcanal gehörig vorbereitet. Da ich in der jüngsten Zeit die besprochenen Verhältnisse unter der freundlichen Leitung meines verehrten Lehrers Herrn Professor LeuckArt auf hiesigem zoologischen Institut einer näheren Prüfung un- terzog, so konnte ich mich von der Richtigkeit der Ansichten Mouim’s und Leypie’s überzeugen, glaube aber auch in den Stand gesetzt zu sein, durch das Folgende diese nach der histologischen Seite hin in Einigem zu erweitern. Bringt man Querschnitte des Muskelmagens unter das Mikroskop, ohne dieselben vorher mit Reagentien oder mechanisch behandelt zu haben, so wird sich für gewöhnlich die Cuticularschicht als fast homo- gene Masse darstellen, zum mindesten sich nichts an ihr beobachten lassen, was besonders laut für eine organische Structur sprechen könnte. Setzt man jedoch kaustisches Kali zu, so wird, selbst bei nicht sehr concentrirten Lösungen, nach kurzer Zeit das Bild eine wesentlich 4) Selbst wenn die sogleich zu erwähnende Morın’sche Ansicht nicht bekannt wäre, würde schon ‘der Umstand diejenige BErLın’s über die Producte der frag- lichen Drüsen unwahrscheinlich machen, dass sich Perforalionen der s. g. Horn- schicht durchaus nicht finden. AufBildungen, die B. irrthümlich so erklärt, werde ich später noch zurückkommen. 2) R. Morıs, Sugli stomachi degli uccelli, studıi anatomico - morfologici. Denkschriften der Wiener Akademie. Bd. III. 4852. Abtheilung von A ns dern S. 4—24. Vorgelesen am 44. Juli 4850 vor der Akademie. 3) Auch Beruin hatte schon, und offenbar unabhängig von MoLın, wenigstens das beobachtet, dass die Hornplatten nicht in Zellen zerfallen. 936 Heinrich Curschmann, andere Gestalt annehmen. Die wenigen, vorher vorhandenen, hier und da zerstreut sichtbaren Striche und Zeichnungen, die man vielleicht nur für den Ausdruck der Schichtung oder durch sonstige Zufälle ent- standen annahm, vermehren, verdeutlichen und ordnen sich, und, ist ein günstiges Object gewählt worden, wird man gar bald wahrnehmen, dass sie sich zu einem Bilde gruppirt haben, welches in der mannich- fachsten Weise verfilzte und verschlungene Fäden zeigt. Mag man Vögel untersuchen, welche man will, stets werden sich dieselben Ele- mentarbestandtheile entgegenstellen, natürlich je nach den verschiede- nen Arten in der mannichfachsten Weise angeordnet; und fragt man nach der Entstehung derselben, so zeigt sich bald, dass sie diese dem der Guticularlage unterliegenden Drüsenstratum verdanken. Ueber den Bau des letzteren ‘möchte ich kurz Folgendes be- merken. \ $ Die einzelnen es zusammensetzenden Drüsen sind mehr oder we- niger lang gestreckte, zur Innenfläche des Magens meist senkrecht ge- stellte Schläuche. An ihrem untern Ende blind geschlossen tragen sie als Auskleidung eine Zwischenform des Platten- und Cylinderepithels. Sie sind bei den meisten Arten in ziemlich gleichmässigen Intervallen neben einander gestellt, bei einer weit geringeren Zahl von Vögeln je- doch gruppenweise angeordnet. Letzteres Verhalten kann recht deut- lich bei der Gans und namentlich der Ente beobachtet werden. Bei den Rapaces und sonstigen fleischfressenden Vögeln finde ich die Drü- sen häufig, und zwar schon ziemlich weit oben, gabelförmig getheilt oder sogar mehrfach verästelt, doch auch bei den übrigen Classen ge- hören solche Bildungen keineswegs zu den Seltenheiten. Die Raum- verhältnisse der Drüsen genau nach Messungen anzugeben, halte ich mindestens für überflüssig, da dieselben mit jeder neuen Art auch an- dere sind'). Im grossen Ganzen stehen sie mit denjenigen der Ele- mente des Guticularbelegs selber in inniger Correspondenz und lassen sich wohl auch für einige Arten beispielsweise aus den gegebenen Ab- bildungen annähernd deduciren. Bei allen Vögeln kann übrigens auf einem Verticalschnitt der Magenwandung das in Rede stehende Stratum 4) BERLIN, der die ersten genaueren Untersuchungen über die Drüsen anstellte (siehe sein schon citirtes Werk), führt einige Zahlen an. Auch Morın beschäftigte sich eingehender mit diesen Bildungen uud macht recht scharfe und detaillirte Angaben, scheint mir aber darin zu fehlen, dass er jene nicht allen Vögeln gemein- sam zuschreibt. So schildert er z. B. bei Struthio camelus da, wo die Drüsen ihre Stelle hätten, Gebilde, die sich keineswegs als solche auflassen lassen, wäh- rend er dieDrüsen von Falco nisus ganz getreu abbildet, sie jedoch nicht für solche, sondern einfach für säulenförmige Zellenhaufen hält. Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel, 3937 schon makroskopisch als weisslicher unter der Guticularschicht herzie- hender Streif mit Leichtigkeit beobachtet werden. Das Secret nun, welches eine jede einzelne dieser Drüsen produ- eirt, wird aus ihr in Form eines Fadens herausgepresst, der den Quer- schnitt ihres Lumens wiederholend noch biegsam und geschmeidig nach aussen gelangt, hier mit seinen Genossen in einer für die einzel- nen Arten charakteristischen Weise sich ordnet und dann erhärtet. Für gewöhnlich sind diese Fasern durch eine Klebesubstanz unter ein- ander verbunden, und wüsste ich nur ganz wenige Fälle, in denen mir das Vorhandensein derselben zweifelhaft erschien. In dem Maasse, als nun mit Abnutzung der oberen Parthie der ganzen, aus den zwei ‚erwähnten Theilen zusammengesetzten Schicht auch die betreffenden Portionen der Fäden schwinden, wird das Ver- lorene am entgegengesetzten Ende beständig durch Neubildung von den Drüsen aus ersetzt und nachgeschoben, ein Vorgang, der lebhaft an die Wachsthumsverhältnisse der Nagezähne bei den Rodentia erinnern könnte. Was nun weiter die Bildungsstätte des Klebstoffs anlangt, so muss als diese die ganze, ebene, mit Zellen bekleidete Fläche betrachtet werden, in welche sich die Drüsen öffnen, die ja selbst auch nur als schlauchförmige Einstülpungen derselben zu betrachten sind. So wären 2. B. in Fig. 8 und Fig. 9 Taf. XII. jedesmal die mit y bezeichneten Parthieen mit der Secretion unserer Kittsubstanz betraut. Es gewinnt diese Auffassung um so mehr an Wahrscheinlichkeit, als Analoges nicht gar selten auch bei anderen ähnlichen Bildungen gefunden wird und sich sonst durchaus keine Organe nachweisen lassen, denen wir obige Function zuzuschreiben berechtigt wären. | Hier und da begegnet man nun noch in der Cuticularschicht bald ziemlich zahlreichen '), bald mehr vereinzelten Zellen, Körnern und Resten der ersteren, die aber, wie ja auch LeypıG dies schon erwähnt, mehr als Verunreinigungen zu betrachten sind und, Bestandtheile der Drüsenauskleidung, jedenfalls aus diesen mit fortgerissen zu sein scheinen. Bei sehr vielen Arten von Vögeln lässt ohne besondere Mühe der Faden sich mehr oder weniger tief in die Drüse hinein verfolgen, und möchte ich zu dieser Beobachtung ganz besonders Rhea americana empfehlen; Struthio camelus zeigt ähnliche Verhältnisse, ebenso Frin- gilla domestica, wenn auch nicht ganz so schön und deutlich. — 4) Bei Fulica chloropus sah ich sie sogar oftmals in ziemlich regelmässigen Intervallen fast schichtenweise in die Cuticula eingelagert. 2938 Heinrich Curschmanı, Der nunmehr folgenden Aufgabe der Beschreibung der Fäden selbst werde ich mich am besten an der Hand einiger Beispiele entledigen. Was zunächst die Anordnung derselben und die Art der Verbin- dung unter einander anlangt, so lassen sich im Allgemeinen drei Typen aufstellen, die selbstverständlich noch die mannichfachsten Zwischen- formen und Modificationen zulassen. Der erste zeigt die Fäden meist direct und senkrecht in die Höhe steigend; im zweiten finden wir sie unregelmässig gebogen und gewunden, bald mehr gerade, bald schief verlaufend, und ebenso ohne Regel unter einander verfilzt und ver- woben, der dritte dagegen zeigt sie nach ganz bestimmten Regeln an- geordnet, dies aber in manchen Fällen so versteckt und complicirt, dass es erst nach passender chemischer und mechanischer Behandlung gelingt, den Modus der Anordnung klar zum Verständniss zu bringen. Die erste der von uns unterschiedenen Formen findet sich in ziem- licher Reinheit bei Struthio camelus wieder. Oeffnet man den Magen desselben, so fällt sogleich die gewaltige, an manchen Stellen % Zoll dicke Cuticularlage in die Augen. Die einzelnen Fäden stehen hier ge- rade in die Höhe, lassen sich mit blossem Auge noch recht deutlich unterscheiden und scheinen nur durch sehr wenig Kittsubstanz, und dies an den tiefsten Theilen, unter einander verklebt zu sein‘), so dass das Ganze einem rauhen, kurz geschorenen Pelz nicht unähnlich er- scheint. Die Drüsen selbst zeigten sich mir in unserem Falle verhält- nissmässig kurz, doch in Uebereinstimmung mit ihren Producten von bedeutendem Querschnitt. Verhältnisse, die den eben geschilderten ziemlich ähnlich sind, beschreibt schon Mouın bei der Gans, dem Hahn und der Taube, und kann ich diese Thiere in der That als recht taug- liche Beispiele empfehlen. Wenn er aber Fulica ebenfalls hierher zieht, so scheint mir dies mit Unrecht zu geschehen. Dieselbe lehnt sich allerdings direct hier an, zeichnet sich aber durch ein sehr erwäh- nenswerthes Verhalten aus. Die Fäden steigen zwar auch hier voll- ständig gerade in die Höhe, werden aber in ziemlich regelmässigen Zwischenräumen unterbrochen, sodass die ganze Schicht aus mehreren: gleich dicken Lagen besteht, deren jede einzelne wieder die Structur des ersten Typus wiederholt. u Suchen wir nun einen Repräsentanten des zweiten Typus, so möchte Rhea americana sich wohl als einer der würdigsten dar- 4) Für die Richtigkeit der bezüglich der Kittsubstanz angegebenen Beobach- tung kann ich mich übrigens nicht vollständig verbürgen, insofern mir nur ein schon seit langer Zeit den Einflüssen des Spiritus ausgesetzter Magen zu Gebot stand und dieselbe immerhin durch Maceration einigermaassen verringert sein könnte. ” Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel, 229 ' bieten. Der Magenbeleg ist bei diesem Thiere ebenfalls an gewissen Parthieen von bedeutender Dicke, und man thut wohl, zur Untersuchung möglichst dünne Stellen zu wählen. Hier kann man wohl, wie schon gesagt, am schönsten unter allen Vögeln den ganzen Verlauf der Fäden ohne grosse Mühe verfolgen. Schon sehr tief in den Drüsen fangen die- selben an, sich als solche zu zeigen, man sieht sie dann diese verlassen und sich in die Höhe winden in Biegungen und Schlängelungen, die sehr deutlich beweisen, dass ihre Form und Richtung insofern eine rein zufällige genannt zu werden verdient, als sie wesentlich von der Unnachgiebigkeit der oberen Schicht und dem Drucke des Contentums beeinflusst sind. Schon ohne Reagentien ist das Geschilderte an hin- länglich dünnen Schnitten zu beobachten; Zusatz einer ziemlich con- centrirten Lösung von Kali causticum erhöht jedoch sehr wesentlich die Deutlichkeit. Ich habe zur Zeichnung ein Präparat gewählt, an dem eine Drüse zufällig querüber geborsten war und dadurch den in ihr steckenden Faden aufs schönste eine Strecke weit isolirt zeigte. Die schwierigsten , gleichwohl aber auch interessantesten Verhält- hältnisse finden wir bei den kleineren Körnerfressern , und namentlich ‚bei den meisten Singvögeln. Ich will als Repräsentanten dieser und gleichzeitig des dritten Typus etwas näher auf den Bau der Guticularschicht bei unserer ge- meinen Fringilla domestica eingehen. i Ein senkrecht durch die Magenwandung geführter Schnitt zeigt uns hier über den Drüsen stehende säulenartige Bildungen und diese mit queren, zuweilen etwas nach oben convexen Zeichnungen ver- sehen. Durchschneidet man hierauf in der horizontalen, also zur Längsachse der Drüsen senkrechten Richtung, die Guticularschicht, so gewahrt man eigenthümliche, regelmässig angeordnete homogenerFlecke, die vollständig scharf begrenzt, von Linien und Strichen umzogen sind. Die ganze Bildung könnte beim ersten Anblick in der That etwas Räth- selhaftes haben und hat offenbar zu der früher erwähnten falschen Annahme von Perforationen geführt; doch ein schiefer, zwischen quer und horizontal die Mitte haltender Schnitt kommt hier wesentlich der Untersuchung zu Hülfe. Derselbe zeigt uns, dass die homogenen Flecke nach unten zu in Fäden sich fortsetzen, mithin als Durchschnittsflächen solcher anzusehen sind, und dass wir in den zwischen ihnen verlau- fenden die Begrenzungen der horizontalen Schnitte ebenso gerichteter Fadentheile erkennen müssen. Wendet man sich weiter noch zur me- chanischen Behandlung und sucht die durch Kali etwas tractabler ge- machte, senkrecht durchschnittene Schicht in der Richtung ihrer Dicke durch Zerren auszudehnen, so wird man bald wahrnehmen, dass die 230 Heinrich Curschmann, früher erwähnten, mit queren Streifen versehenen Säulchen sich in je einen einzelnen, aus der unterliegenden Drüse entsprossenden Faden auflösen, der regelmässige, treppenförmige Biegungen zeigt. Als Re- sultat des Ganzen ergiebt sich also für unsere Schicht die folgende An- ordnung: Ein jeder einzelne Faden wird, nachdem er seine Mutter- drüse verlassen, in bestimmten Intervallen umgeknickt, so zwar, dass die entstehenden Biegungen regelmässig abwechselnd einmal auf der rechten und dann auf der linken Seite des zu construirenden Säulchens sich befinden, und dieses selbst auf diese Weise nichts anderes als einen regelmässig zusammengefalteten Faden repräsentirt. Die einzel- nen Theile des letzteren, sowie die entstandenen einzelnen Säulchen sind nun durch den dazwischen ergossenen Klebestoff zur gesammten Cuticularschicht vereinigt. Die Erklärung des oben erwähnten Horizon- talschnittbildes aus diesem Verhalten ist jetzt ebenfalls ziemlich einfach zu geben. Denkt man sich nämlich durch das stark vergrösserte, etwas schematisirte Säulchen (Fig. 7 A) an einer beliebigen Stelle einen horizontalen Schnitt (z.B. a, d) gelegt, so wird man einmal zwei Quer- schnitte des Fadens an den beiden Knickungsstellen bekommen (Fig. 7B, a und b) und dann zwischen diesen offenbar das horizontale Fadentheil oder einen parallel seiner Längsachse laufenden Durchschnitt desselben. Denken wir uns nun weiter eine ganze Gruppe solcher Säulchen senkrecht zur Richtung ihrer Längsachse durchschnitten,, so erhalten wir ein Bild, dessen Elementartheile die vorher beschriebenen Bildungen sind, und das dem Fig. V. gezeichneten vollständig gleichen dürfte. Die Fleischfresser unter den Vögeln zeigen, wie schon oben gesagt, eine verhältnissmässig sehr geringe Entwickelung und in Ueberein- stimmung damit auch eine ziemlich einfache Structur ihrer Guticular- schicht. Bei den meisten nähert sie sich dem zweiten der geschilderten Typen, oder hält, wie dies z. B. Strix noctua zeigt, zwischen dem ersten und zweiten die Mitte. Die Fäden sind hier keineswegs sehr auffallend gewunden, streben aber nicht, was bei anderen Ordnungen gewöhnlich der Fall, vorzugsweise in die Höhe, sondern nehmen eine schiefe Lage an, die sich in den übrigen Species der Fleischfresser der horizontalen um so mehr nähert, als die Dicke der Cuticularschicht abnimmt. Auch Mouim giebt in seinem schon öfter erwähnten Werke die wohl gelungene Abbildung eines Verticalschnittes durch die Magen- wandung eines Raubvogels (Falco nisus), die Erörterungen aber, denen sie zur Stütze dienen soll, scheinen mir der Begründung zu entbehren. Das Bild ist demjenigen, welches ich von Fringilla domestica gegeben Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel. 231 "habe, auffallend ähnlich, und in der That auch, wie ich mich überzeugt zu haben glaube, von den bei jenem Thier besprochenen Gesichtspunc- tem aus aufzufassen. Mori nimmt hier gar keine Guticula, sondern eine wirkliche Epidermoidalbildung an, indem er glaubt, dass man es hier mit einer Schicht senkrecht gestellter Säulchen zu thun habe, deren jedes aus einer Anzahl linsenförmiger nach Art der Münzen in den Geldrollen aufeinander geschichteter Zellen bestände. Dass er hier auch eine Drüsenlage nicht annimmt, wie dies schon erwähnt wurde, ist also eine nothwendige CGonsequenz der geschilderten Auffassung des Cuticularstratums. — Um nun zu einigen speciellen Bemerkungen über die physika- _ lischen und chemischen Verhältnisse der seither beschriebenen Fäden überzugehen, wird es zunächst. nöthig sein , ein. passendes Verfahren - für ‘ihre Isolation anzugeben. Der Ausführung desselben erweist sich der Magen von Anas boschas ganz besonders günstig. Ich bringe kleine Stücke seiner losgelösten Cuticularschicht, nach- dem sie gereinigt und namentlich von etwa anhängenden Drüsenresten befreit worden sind, in eine concentrirte Lösung von Kali causticurn, - giesse aber natürlich nur so viel desselben zu, dass das Niveau der Flüssigkeit noch gerade über der festen Substanz steht. In einer grösseren Menge würden natürlich die Fäden sich zu sehr vertheilen, und dann setzt ja auch eine Masse, die suspendirte Theilchen enthält, der mikroskopischen Untersuchung in dem Maasse steigende Schwierig- keiten in den Weg, als die Flüssigkeit vorwiegt. Schon nach kurzer Einwirkungszeit wird man nun die dem Versuch ausgesetzten Stücke ihre scharfen Grenzen verlieren und faserig und flockig werden sehen. Nach Verlauf von 24—30 Stunden gar hat sich das Ganze in eine mehr oder weniger dunkle, breiige Masse verwandelt, die aus einer Flüssig- keit, Zellen und Zellenresten von bekannter Herkunft und den in ihr - isolirt schwimmenden Fäden besteht. Diese letzteren sind meist blass, glashell oder höchstens einmal etwas gelblich gefärbt. Die Farbe des ganzen Breies rührt daher, dass sich die Kittsubstanz in der Kalilauge vollständig gelöst hat und diese sich in beiweitem den meisten Fällen als Trägerin eines Farbstoffes erweist, der je nach den verschiede- nen Arten allerdings auch in den verschiedensten Abstufungen vom hblassen Gelb bis zum tiefsten Braun hin und her schwankt. — Das eben geschilderte Verfahren könnte vielleicht in seiner Anwendbarkeit - manchmal dadurch etwas beeinträchtigt werden, dass die Kittsubstanz verschiedener Vögel eine etwas verschiedene Resistenzfähigkeit gegen das Lösungsmittel zeigt und dadurch häufig ein Zeit raubendes Probiren nothwendig gemacht wird. Handelt es sich daher nur darum, die Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 16 232 Heinrich Onrschmann, Eigenschaften der Fäden bei einzelnen Arten etwa vergleichsweise zu studiren und wünscht man nicht gleichzeitig eine histologische Analyse der Cutieularschicht zu liefern, so dürfte ein einfacheres Verfahren sich vielleicht empfehlen. Bringt man nämlich am frischen Magen durch Losreissen der letzteren von der Drüsenschicht sich ihre Unterfläche zu Gesicht, sö gewahrt man an ihr ein eigenthümliches zottiges Aussehen !). In den Fasern nun, die durch ihre Menge dasselbe veranlassen, haben wir nichts anderes vor uns, als die Anfangstheile der Cutieularfäden, die noch in den Mutterdrüsen staken und durch die angegebenen Mani- pulationen aus denselben entfernt wurden. Schabt man diese nun einfach ab, so kann man sie sehr bequem schon bei Zusatz von reinem Wasser mikroskopisch untersuchen. — Doch nun zu den Eigenschaften unserer Fäden zurück. Was zunächst die Form derselben und beson- ders die ihres Querschnittes anlangt, so zeigen sich hier die aller- grössten Verschiedenheiten. Bald ist derselbe rund, bald ist er oval, zuweilen zeigt er die unregelmässigsten Figuren, und in anderen Fällen stellt er sich nach einer seiner zwei Dimensionen so wenig ausgebildet dar, dass dadurch dem ganzen Faden eine fast bandartige Gestalt ver- liehen wird. Natürlich muss der Querschnitt in seiner Form stets dem- jenigen der Mutterdrüsen entsprechen ; dasselbe gilt von seinem Flä- cheninhalte. Letzteres Verhältniss steht übrigens unter dem directen Einflusse der Lebensweise und der davon abhängenden Dicke der Cuticula und richtet sich ausserdem bei dem einzelnen Individuum auch nach der Grösse, dem Alter und anderen ähnlichen Umständen. Ueber die Länge der Fäden bestimmte Maassangaben zu machen, wäre, 4) Morın und Berrix theilen in ihren früher citirten Schriften ganz ähnliche Beobachtungen mit. Ersterer beschreibt recht genau einen oder zwei specielle Fälle, ohne jedoch die Beobachtung zu verallgemeinern ; letzterer nimmt zwar das Verhalten für alle Vögel an, irrt aber in der Erklärung. Er hält die Fäden nicht für solide, glaubt dieselben vielmehr für Röhren mit structurlosen Wandungen erklären zu müssen, die als s. g. Tunica intima noch über den Zellen der Drüsen liegen und somit die innerste Auskleidung derselben darstellen. Dass diese Bil- dungen aber der abgerissenen Cuticularschicht adhäriren, schreibt er dem Um- stande zu, dass sie sich in die dieselbe durchbohrenden Ausführungsgänge fort- setzen und sie vollständig auskleiden. Mit dem Nachweise einer anderen Genese und Structur der Cuticularschicht schwindet diese Ansicht, wobei auch die damit zusammenhängende von der Existenz der Perforationen vollständig widerlegt ist. Bilder wie die Fig. III. und Fig. V. gegebenen konnten allerdings recht leicht zu der falschen Annahme führen. — Erwähnen möchte ich nun ‘auch hier nochmals, dass auch die physiologischen Ansichten BerLın’s mir nach allem Erörterten der anatomischen Basis zu entbehren scheinen; von den wenigen von mir angestellten Experimenten muss ich jedoch vorläufig gegenüber den in weit grösserem Maass- stab von B. ausgeführten absehen. Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel. 2333 E in Erwägung der genetischen Verhältnisse, verlorene Mühe. Sie ist eben da am bedeutendsten, wo wir die dickste Cuticula und gleich- zeitig die meisten und ausgiebigsten Schlängelungen und Biegungen beobachten. Bei Fulica und den ihr nahe stehenden Gattungen liessen sich allenfalls genauere Werthe angeben, doch dürfte sich auch hierzu kaum irgend eine Veranlassung finden. — Eine weitere Eigen- thümlichkeit unserer Gebilde ist die, häufig zu zweien der Länge nach mit einander verklebt zu sein und dadurch einen Doppelfaden zu bil- den. Ich führe dieses Verhalten hauptsächlich darum an, um es von einem anderen zu unterscheiden, das gleichfalls häufig zu beobachten und dem ersten äusserlich nicht unähnlich ist. Während nämlich die REEL UNWETTER Ba a a a Lt vorher erwähnten Fäden, wie dies in der Natur‘der Sache liegt, auch voluminöser als die einfachen zu sein pflegen und sich als nicht zu- sammengehörig schon dadurch documentiren, dass sie an manchen Stellen, so namentlich oft am Anfang oder Ende auseinander weichen, giebt es andere, die kaum etwas breiter sind als die gewöhnlichen Fa- sern, sich nie trennen, aber ebenfalls mit einem sie in zwei Hälften theilenden, ihrer Mitte entlang gerichteten Streifen versehen sind. Das Ganze könnte beim ersten Anblicke den Gedanken an zwei verschieden brechende Stoffe erwecken, die, ähnlich der Mark- und Rindensubstanz des Haares, in die Bildung des Fadens eingingen. Doch, wenn man den früher erwähnten Satz nicht ausser Acht lässt, nach dem die Form der Fäden lediglich von derjenigen der Drüsen abhängig ist, so führt uns die Untersuchung dieser leicht zu einer anderen Erklärung. Bei der Beobachtung feiner Schnitte durch ihre Schicht oder der durch Zerzupfen isolirten Exemplare stösst man nicht ganz selten auf solche, die schon ziemlich hoch oben gabelförmig sich theilen , wie dies ja frü- her schon beschrieben wurde. Diese nun sind offenbar die Bildungs- stätten der in Rede stehenden Formen, und zwar in der Weise, dass ein jeder Ast für sich einen Faden erzeugt, beide nach und nach in noch feuchtem Zustande in die ungetheilte obere Drüsenportion gelangen, hier zusammenkleben und dann vielleicht in dieser Verbindung noch dadurch befestigt werden, dass das Seeret des sie nunmehr um- schliessenden Theils noch beide einhüllt. Drüsen, die mehr als einmal getheilt sind, erwähnte ich ebenfalls schon früher; Strix noctua bringt, diese und zugleich die einfach gegabelten sehr schön und an manchen Stellen des Magens häufig zur Beobachtung. Als ich ‚hierauf mich anschickte, auch zu einigen Aufschlüssen über das chemische Verhalten der Fäden zu gelangen, suchte ich zu- nächst die durch die Isolirungsversuche mir schon einigermaassen be- kannt gewordenen Wirkungen das Kali causticum noch etwas genauer 16 * 234 Heinrich Curschmann, festzustellen. Schon damals hatte ich beobachtet, dass dasselbe die Kittsubstanz löse, die Fäden aber während der 24 Stunden der Be- rührung unangegriffen lasse. Als ich nun 8, 10, ja 14 Tage hindurch dieselben diesem Reagens aussetzte und täglich mit dem Ocularmikro- meter prüfte, so zeigte sich mir durchaus keine Abnahme des Volumens, und selbst das hierauf folgende länger als eine halbe Stunde fortge- setzte Kochen ertrugen die Fäden, ohne dass ich irgend welche Ver- änderung ihres Aussehens und sonstigen Verhaltens zu beobachten im Stande war. ' Diesem Versuche, dessen Resultat meine Aufmerksamkeit natür- lich schon nach einer bestimmten Richtung hinlenkte, musste die Prüfung der Mineralsäuren folgen. Verdünnt angewandt lösten sie ebenfalls nur die Klebmasse auf, während die dadurch isolirten Fäden sich ohne Veränderung erhielten. In concentrirter Schwefel- und Salzsäure und namentlich bei der Siedehitze verschwanden dieselben, wenn auch langsam, doch vollständig. Unverdünnte Sal- petersäure machte sie anfangs spröde und brüchig, sodass alle in Stücke zerfielen, die selbst oft nochmals deutliche Quersprünge zeigten; bei fortgesetzter Einwirkung der Wärme wurden diese merklich angegrif- fen und, obgleich sich noch sehr lange kleine Reste in der Flüssigkeit erhielten, dennoch zuletzt gänzlich aufgelöst. Von einer sich vielleicht naturgemäss hier anreihenden Elementar- analyse stand ich ab, da einer solchen ohnehin, von einem weniger Geübten ausgeführt, mit Recht nicht der Werth hinlänglicher Genauig- keit beizumessen sein dürfte. Ich überlasse diese erfahreneren Hän- den, sollte vielleicht der Gegenstand auch bei Anderen etwas von dem Interesse erregen, was er mir abgewann. Für jetzt beschränke ich mich, darauf hinzuweisen, dass mir die Hauptreactionen der Fäden auf Chitin deuten, oder wollte man die, wenn auch kaum merklich grössere Resistenzfähigkeit gegen Mine- ralsäuren hoch in Anschlag bringen, doch mindestens die allernächste Verwandtschaft mit demselben beweisen. Im Allgemeinen glaube ich noch in unseren Fäden eine recht grosse Aehnlichkeit mit denen zu erkennen, welche als Elemente der Eischalen der Plagiostomen und Reptilien gefunden werden. Diese sowohl, wie die von ihm beschriebenen, verfilzten Fasern in der s. @. Eischalenhaut der Vögel erklärte Prof. LeuckArt schon vor längerer Zeit für Chitin!) ; auch wies derselbe schon damals nach, dass sie als ein erhärtetes Drüsensecret und zwar als das der Eileiterdrüse zu be- 4) Wacner’s Hdwbch. der Physiologie, Artikel Zeugung, S. 894. Zur Histologie des Muskelmagens der Vögel. 235 trachten seien. Allerdings wurde diesen Ansichten damals auf Mecxer’s Autorität hin widersprochen und namentlich behauptet, dass die Bil- dung der Eischalenhaut sich eher derjenigen der Decidua an die Seite stellen lasse, indem das Organ, anfangs eine innere Schleimhaut, sich wie jene ablöse und dann das Eiweiss nebst Dotter umhülle. Allem diesen tritt natürlich schon die Histologie allein sehr laut entgegen, aber auch Genese, Reaction und sonstiges Verhalten, sowie die beinahe ‘yollkommene Gleichheit jener mit den von mir beschriebenen Fasern dürften ganz dazu geeignet sein, der Mecker’schen Hypothese noch sicherer den verdienten Untergang zu bereiten. Erklärung der Abbildungen. Tafel XII. Fig. 4. Querschnitt durch die Wandung des Muskelmagens von Struthio camelus, _ etwa 40mal vergrössert. «a Cuticularschicht mit den eiuzelnen Fäden, c Muskellage und 5b Drüsenstratum. Letzteres ist in unserem Falle nicht besonders deutlich zu erkennen, da der Magen, von dem es genommen, schon sehr: durch die Aufbewahrung in Spiritus gelitten hatte. Auch in Fig. 2, 3, 4 und 8 sind für die drei Strata, wo dieselben alle gezeichnet, die Bezeichnungen a, db, c beibehalten. Fig. .2. Muskelmagen von Rhea americana im Querschnitt, 80mal vergrössert. Fig. 3 und 4. Querschnitte durch dasselbe Organ von Fringilla domestica ; der erstere nur mit Kali causticum behandelt, letzterer noch durch Zerren ausgedehnt, um die treppenförmigen Biegungen der Fäden zu zeigen. Ri Beide 80mal vergrössert. Fig, 5. Horizontalschnitt durch den Cuticularbeleg des Muskelmagens von Frin- gilla domestica, A20mal vergrössert. \ Fig. 6. Derselbe Theil desselben Thieres, schief durchschnitten, 4120mal vergr. Fig. 7. Stücke zweier stark vergrösserter, etwas schematisirter Säulchen, eben- falls vom Sperling. B ein solches horizontal durchschnitten, mit den Querschnittsflächen a b des aufsteigenden und dem Horizontalschnitte c des dazwischen laufenden Fadentheils. Fig. 8. Querschnitt durch den Muskelmagen von Strix noctua. m gabelförmig ge- theilte Drüse, 80mal vergrössert. Fig. 9. Isolirte Chitinfäden aus der Cuticularschicht von Anas boschas, 480mal vergrössert. Fig. 40. a Doppelfaden durch Zusammenkleben zweier, aus getrennten, einfachen Drüsen stammender Fäden entstanden; b Faden aus einer gabelförmig getheilten Drüse. Beide 180—200mal vergrössert. Fig. 44. Gabelförmig getheilte Drüse von Strix noctua isolirt. Die beiden Aeste sind nicht bis ans Ende gezeichnet ; jeder enthält seinen Faden (a und b). welche beide im obersten Theile zu dem Doppelfaden ce sich vereinigt haben, 800mal vergrössert. Zur Entwicklungsgeschichte von Myzostomum. Von Elias Mecznikow. Mit Tafel XIII. A. — Die auf den Comateln schmarotzende Gattung Myzostomum ge- hört noch immer, trotz der umfassenden anatomischen Untersuchungen von LOvEn, SEMPER, SCHULTZE und SchMiDT, zu den räthselhaften, keine fixirte systematische Stellung besitzenden Geschöpfen. — Jetzt noch sind die Ansichten über die Natur von Myzostomum so verschieden, dass einige Forscher, wieınamentlich Max ScHuLtze '),, dieses Thier zu den Trematoden stellen, während Andere es in den Kreis der Arthro- poden einführen. Es ist allgemein anerkannt, dass vor Allem die Entwickelungs- geschichte uns wichtige Anhaltspuncte für die systematische Stellung zweifelhafter Organismen zu liefern im Stande ist, und lenkte ich des- halb während meines Aufenthaltes in Neapel (im Herbste dieses Jahres) mein Augenmerk besonders auf die Entwicklung von Myzostomum und zwar auf die von Myz. cirriferum. — Was die Literatur dieses Gegen- standes betrifft, so ist blos der Aufsatz von SEMPER?) zu erwähnen, in welchem nur ein einziges mit zwei Extremitätenpaaren versehenes Entwicklungsstadium beschrieben ist. \ Da die künstliche Befruchtung bei unserem Thiere mir ebenso- wenig wie Herrn SEmpEr gelungen ist, so habe ich, um die Embryo- logie von Myzostomum untersuchen zu können, die gelegten Eier aus dem erdhaltigen Niederschlage in den die Gomateln enthaltenden Glä- sern heraussuchen müssen. 4) Bericht über einige im Herbste 4853 an der Küste des Mittelmeeres ange- stellte zootomische Untersuchungen. Verhandlungen der Würzburger phys.-medic Gesellschaft. Bd. IV. 1853. S. 225 ff. i 2) ZurAnatomie und Entwicklungsgeschichte der Gattung Myzostomum. Zeit- schrift für wissensch. Zoologie. Bd. IX. 4857. S. 48 ff. Zur Entwicklungsgeschichte von Myzostomum. 237 Die befruchteten abgelegten Eier haben eine kugelige Form und zeigen keine solchen Abplattungen, wie die, welche Semper in seiner Fig. 6 (Taf. IV.) gezeichnet hat, welche nur den unbefruchteten Eiern zukommen. — In den befruchteten Eiern findet man nur eine structur- lose Eihaut ; eine Dotterhaut fehlt ihnen, ebenso wie das Keimbläschen. — Der Eiinhalt besteht theilweise aus einem feinkörnigen dunkeln Dotter, grösstentheils aber ist er von einer röthlich gefärbten Substanz . gebildet (Fig. 1). Der nächste embryologische Vorgang besteht in einer Zweitheilung des Eiinhaltes. Das Bemerkenswerthe dabei ist der Umstand, dass stets dies eine neuentstandene Segment an Grösse das andere bedeu- tend übertrifft (Fig. 2). Diese grössere Furchungskugel theilt sich bald in zwei kleinere (Fig. 3). Die beiden eben beschriebenen Momente der Dotterfurchung folgen so schnell aufeinander, dass sie höchstens eine Minute in Anspruch nehmen und deshalb sehr leicht beobachtet werden können. Nach dem beschriebenen folgt ein Stadium mit vier beinahe gleich grossen Furchungskugeln (Fig. 4). — In nächster Linie theilen sich dann nur drei von diesen weiter (Fig. 5), während die vierte Fur- chungskugel erst nach einer Pause wieder zu zerfallen beginnt (Fig. 6). — So verwandelt sich nach und nach die ganze Eimasse in eine Menge kleiner, polygonaler, mit hellen Kernen versehener Zellen (Fig. 7). Während der weiteren Vermehrung der letzteren bildet sich der cen- trale Theil des gefurchten Eies in eine körnige, nicht aus Zellen be- stehende Masse um, welche offenbar das Nahrungsmaterial für die äusseren Zellen darbieten. Ist der Dotter in das zuletzt beschriebene Stadium eingetreten, so bilden sich auf der Oberfläche desselben Flimmerhaare, worauf der so entstandene Embryo bald die Eihaut durchbricht und nach Aussen gelangt (Fig. 8). Die 0,05 Mm. grosse Myzostomumlarve (Fig. 9), welche eben aus dem Ei ausgeschlüpft ist, hat eine ovale oder birnförmige Gestalt und trägt auf ihrer aus vieleckigen Zellen bestehenden Haut (Fig. 8. A.) eine Anzahl langer, ziemlich weit von einander entfernter Flimmer- haare, durch deren Thätigkeit sie ihre trägen Bewegungen zu vollziehen im Stande ist. Ausserdem bemerkt man an ihr noch eine sehr dünne, an einigen Körperstellen lose anliegende Cuticula, die sich noch im Ei gebildet zu haben scheint. Die ganze auseinandergesetzte Entwickelungsperiode nimmt etwa 24 Stunden in Anspruch, sodass man nach dieser Frist in den Ver- suchsgläsern eine Anzahl frei schwimmender Larven antrifft. 238 Elias Meeznikow, Leider hat es mir, trotz einer grossen Anzahl angestellter Ver- suche, nicht gelingen wollen, die beschriebenen Larven längere Zeit am Leben zu erhalten, resp. ihre weitere Entwicklung Schritt für Schritt zu verfolgen und unterscheidet sich das nächste von mir beobachtete Stadium schon durch eine sehr weit fortgeschrittene Organentwicklung, hauptsächlich durch dieBildung des Darmcanales und der Extremitäten, von den flimmernden Larven. Trotzdem glaube ich, dass die unaus- gefüllte Lücke in der Entwicklungsgeschichte nicht sehr bedeutend ist, weil die nicht beobachteten Stadien offenbar von sehr kurzer Dauer sind, da sie sonst meinen emsigen Nachforschungen nicht hätten ent- gehen können. An einen bedeutenden Ortswechsel der fraglichen Lar— venstadien ist wohl auch kaum zu denken, da die Bewegungsfähigkeit der frei schwimmenden Myzostomumlarven,, wie ich es schon hervor— hob, eine sehr geringe ist. Die jüngsten, mit Borsten versehenen Individuen (Fig. 10) sind schon 0,12 Mm. lang; sie besitzen eine Walzenform und lassen an sich einen deutlich abgegrenzten Kopf (Fig. 10, c) unterscheiden; an der Spitze desselben befindet sich dieMundöffnung, welche in einen ovalen, starken Rüssel führt (Fig. 10, p). Auf den noch papillenlosen Rüssel folgt der gerade verlaufende, durch den Mangel an Verästelungen von dem des entwickelten Thieres sich unterscheidende Darm, welcher am Hinterende des Körpers mit einem After ausmündet. Von Extremi- täten findet man an diesen Larven ausser einem ausgebildeten noch ein in der Entwicklung begriffenes Fusspaar; im ersten ist schon eine ha— kenförmig gekrümmte und eine andere der später sich bildenden End- platte noch entbehrende feineBorste vorhanden. In dem zweiten Fuss— paare bemerkt man blos zwei sehr feine, noch nicht nach Aussen durchgebrochene Borsten. — Aus diesem Verhalten der Extremitäten scheint mir mit Sicherheit zu folgen, dass dem eben beschriebenen Entwicklungsstadium unmittelbar ein früheres vorangeht, in welchem nur ein Extremitätenpaar vorhanden ist. Viel häufiger als die beschriebene findet man eine andere Ent- wicklungsphase, an der schon zwei gleich weit entwickelte Fusspaare vorhanden sind (Fig. 11). Dieses Stadium ist wohl auch das dauer- hafteste, da ich von ihm viele Individuen verschiedener Grösse und zwar von 0,12—0,16 Mm. beobachtet habe. Die übrigen Organi- sationsverhältnisse zeigen jetzt noch keine dem vorigen Stadium feh- lende Eigenthümlichkeiten; nur die Cuticula hebt sich ein bischen ab, ein Verhalten, das alseine Einleitung zu der später stattfindenden Häutung angesehen werden kann. Eine der zuletzt beschriebenen ähnliche Myzostomumlarve beob- ELITE SE EEE. Zur Entwicklungsgeschichte’von Myzostomum, - 339 achtete auch Semrer. Die von diesem Forscher gegebene Abbildung der Larve scheint mir aber nicht eine ganz richtige zu sein, da er die Fussstummeln als sehr viel längere und viel weiter von einander ste- hende Organe zeichnet, als sie in der Wirklichkeit sind. Deshalb be- kommt seine Larve ein viel mehr tardigraden - oder milbenartiges, als ein myzostomumartiges Aussehen, was doch nicht naturgetreu ist, wie man es aus dem Vergleiche der Semrer’schen Abbildung (Taf. II., Fig. 9 seines Aufsatzes) mit der meinigen (Fig. 11) wohl deutlich er- sehen kann'). | Nur sehr selten ist es mir gelungen, ein Entwicklungsstadium mit drei Extremitätenpaaren zu beobachten, an welchem sonst keine an- deren Eigenthümlichkeiten sich fanden. Ein Stadium mit vier Fuss- paaren habe ich gar nicht gesehen, sodass ich auch nicht entscheiden kann, ob ein solches überhaupt vorkommt oder nicht, obgleich seine Existenz mir sehr wahrscheinlich erscheint. An den jüngsten Myzostomumindividuen mit der vollständigen Extremitätenzahl (5 Paar) -(Fig. 12) bemerkt man schon breite Platten an den Enden der nicht nach Aussen ragenden Borsten. Von allen Stummelpaaren ist das letzte am wenigsten ausgebildet. Der noch un- verästelte Darm enthält verschiedene braune Nahrungskugeln, welche aus Diatomeen zu bestehen scheinen. Erst später, an 0,45 Mm. grossen Individuen bemerkt man drei blindsackartige Ausbuchtungen des Darmes (Fig. 13), aber noch keine weiteren Verästelungen desselben. Ebenso fehlen die Rüsselpapillen und die Cirren. | Aus den auseinandergesetzten Beobachtungen geht also sehr deut- lich hervor, dass die Bildung der für unser Thier so charakteristischen Extremitäten eine allmähliche ist, indem diese sich paarweise von vorne nach hinten entwickeln. — Dieser Entwicklungsmodus zeigt schon, dass Myzostomum den Articulaten zugerechnet werden muss. Dass dieses Thier aber keineswegs ein Arthropode ist, wie es in der letz- ten Zeit von Manchen angenommen wird, — davon bin ich fest über- zeugt. Es war vor Allem die Beobachtung von SemPpEr, welche die erste Veranlassung gegeben hat, Myzostomum in den Kreis der Arthropoden einzureihen. Der eben genannte Forscher sagt Folgendes: »Für eine 4) Ich erlaube mir zu bemerken, dass die von SeampeEr abgebildete Larve von Myzostomum cirriferum erheblich kleiner war (%/,, ), als die von MEczxıkow beob- achteten, die 0,4 — 0,16 Mm. massen, uns daher möglicherweise ein früheres Stadium darstellt. A. Kölliker 240 Elias Meoznikow, Vereinigung (von Myzostomum) mit Crustaceen scheint namentlich das jugendliche Stadium des M. cirriferum zu sprechen, indem dasselbe ziemlich an die jugendlichen Formen aller Schmarotzerkrebse erinnert, und wenn man dabei an die grosse Aehnlichkeit einiger ausgebildeten Thiere, z. B. der Linguatula mit den Würmern denkt, so kann man leieht mit v. ». Horyen zu einer solchen Vereinigung kommen,« (A, a. ©. S. 61). — Auf die Semper’sche Beobachtung sich stützend, spricht sich V. Carus!) noch schärfer aus: »Nach der Form des Jugendzustandes«, sagt er, »scheinen diese Thiere (Myzostomum) eher in die Nähe der Tardigraden oder der Peltogaster und Sacculina zu gehören.« — Für dieselbe Meinung haben sich auch Career ?) und Leywpic °) ausge- sprochen. Abgesehen von der Unvollständigkeit der Semrer’schen "Angaben über die Jugendform von Myzostomum (siehe oben) kann ich auch sonst die Richtigkeit der angeführten Meinung nicht anerkennen, da die mit zwei Fusspaaren versehenen Myzostomumlarven durchaus keine Aehn- lichkeit mit den so charakteristischen Naupliusformen verschiedener Crustaceen zur Schau tragen. Bei diesen sind die Extremitäten we- sentlich anders gebaut, da sie niemals innere Borsten (wie bei Myzosto- mum), sondern viele, meistens gefiederte, bei Myzostomum fehlende Härchen tragen; ferner ist von keiner Grustacee ein Nauplius mit zwei unverästelten Fusspaaren bekannt, wie es bei den Myzostomumlarven der Fall ist. Endlich besitzen alle Naupliusformen eine grosse Lippe und einen deutlich differenzirten Schwanz — Gebilde, von denen die jungen Myzostomen keine Spur zeigen. Diese zeichnen sich dagegen durch eingesetzte Borsten und durch einen stark entwickelten Rüssel aus, Theile, die allen Grustaceenlarven ganz fremd sind. Ich habe das eben Gesagte nur deshalb angeführt, um die Unhalt- barkeit einer verbreiteten Ansicht nachzuweisen. Meiner Meinung zufolge bedarf es keiner weiteren Discussion, um zu zeigen, dass Myzostomum mit seinem flimmernden Larvenstadium und mit allen seinen anatomi- schen und embryologischen Eigenthümlichkeiten nicht ein Arthropode, sondern ein Glied der mannichfaltigen Gruppe der Würmer darstellt. Die von Max ScHULTzE zuerst ausgesprochene Arsicht über die Trematodennatur von Myzostomum ist freilich wohl kaum eine richtige. Auf der einen Seite sind die Myzostomum und den Trematoden gemein— schaftlichen Charaktere keineswegs solche ersten Ranges. So kommen die bei diesen beiden Thiergruppen sich findenden Saugnäpfe auch 4) Handbuch der Zoologie von CArus und GERSTAECKER. 4863. S. 480. 2) Examen sur les princ. classific. etc. 1861. 3) Vom Bau des thierischen Körpers. I. 4864. S. 135. Zur Entwicklungsgeschichte von Myzostomum. 241 anderen Wurmformen (den Hirudineen, Leucodora und einigen Plana- rien, den Cestoden u. and.) zu. Ferner erscheint ein verästelter Darm nicht nur bei den Trematoden, sondern auch bei anderen Wurm- classen. — Auf der anderen Seite giebt es sehr viele Momente, welche einer Vereinigung von Myzostomum mit den Trematoden sehr laut wi- dersprechen. So namentlich die beim erstgenannten Thiere vorhande- nen charakteristischen Extremitäten, Cirren und After, welche bei den - Trematoden kein Analogon haben. Einen noch wichtigeren Unterschied zeigt uns die Entwicklungsgeschichte, nämlich denjenigen, dass My- zostomum als ein gegliedertes Thier sich anlegt (s. oben). Diesem zufolge scheint es mir als das Naturgemässeste, Myzosto- mum für eine parasitische Annelide zu halten, welche alle ihre eigen- thümlichen Organisationsverhältnisse der den verwandten Formen fremden, parasitischen Lebensweise verdankt, und will ich nun noch versuchen, diese Aufstellung durch eine nähere Prüfung fester zu be- gründen. Die Haut von Myzostomum hat eine vollständige Aehnlichkeit mit - demselben Organe der Anneliden, und ist für diese beiden Thiergrup- pen eine ausgebildete Guticula mit darauf sitzenden büschelförmig gruppirten Flimmerhaaren sehr charakteristisch, während eine solche Bildung allen übrigen Wurmformen völlig fremd ist. — In der Orga- nisation der Verdauun gsorgane finden wir auch eine sehr lehr- reiche Uebereinstimmung. — Der mit endständigen Papillen versehene Rüssel von Myzostomum (besonders bei Myz. cirrif.) ist: von demselben Organe vieler Anneliden (wie z. B. einiger Hesioneen,, Phyllodoceen) fast gar nicht zu unterscheiden. Der verzweigte Darm von Myzostomum wiederholt nür eine von Aphrodite und Verwandten schon hinreichend bekannte Eigenthümlichkeit. Die Bildung der Extremitäten bei Myzostomum, welche, wie es schon Senrer hervorhob (a. a. ©. S. 52), von derjenigen der Arthro- poden vollkommen abweicht, spricht sehr entschieden für meine Mei- nung, da sie nur bei den Anneliden ein Analogon findet. Nicht blos die Stummeln, sondern auch die Borsten sind bei beiden Gruppen (Myzostomum und Anneliden) wesentlich gleich gebaut. Sehr wichtig ist auch die Existenz der Cirren bei Myz. cirriferum '), welche stets in einer bestimmten Zahl vorkommen und zwar das Doppelte der Extre- mitäten betragen. Diese Cirren stehen also in einem bestimmten Ver- hältniss zu den Fussstummeln und können deshalb ganz sicher den un- gegliederten Cirren so vieler Anneliden an die Seite gestellt werden. 4) Diese Gebilde sind bei Myz. glabrum (Myz. tuberculos. Semp.) nur durch zwanzig kleine Höcker repräsentirt. = 242 Elias Meeznikow, Dass der Mangel von Blutgefässen bei Myzostomum kein Hin- derniss für unsere Annahme sein kann, ist klar, seitdem man auch manche Anneliden ohne Blutgefässe (wie z. B. Apklebind, ae Glvcera) kennen gelernt hat. Um die eigenthümliche Organisation des Nervensystems!) von Myzostomum zu erklären, muss man die parasitische Lebensweise die- ses Thieres, resp. seine davon herrührende plumpe Körperform zur Hülfe nehmen, indem man eine ähnliche Bildung des Bauchganglions bei vielen Articulaten mit einer entsprechenden Körpergestalt vorfin- det. — Es wollte mir übrigens, ebensowenig wie meinen Vorgängern, gelingen, den Nervenverlauf weiter zu verfolgen, nichts destoweniger erscheint auch mir wie Leyvie die Existenz eines Schlundringes sehr wahrscheinlich. Stimmen die bis jetzt betrachteten Organisationsverhältnisse von Myzostomum und den Anneliden ziemlich gut überein, so lässt sich dasselbe keineswegs für die Geschlechtsorgane behaupten. — Es ist jedoch nicht der Hermaphroditismus, den ich hier meine, da man jetzt schon manche monöcischen Anneliden (namentlich Protula, Spi- rorbis, Amphicora) kennen gelernt hat, sondern vielmehr das Vor- kommen der von Srmper beschriebenen Kloake von Myzostomum, welche noch bei keiner echten Annelide beobachtet wurde. Die übrigen Theile des Geschlechtsapparates könnte man vielleicht schon eher mit den Generationsorganen der Anneliden in Ueberein- stimmung bringen. So ist die Abwesenheit besonderer samen- und eierbereitenden Organe für beideGruppen (Myzostomum und Anneliden) charakteristisch. Ferner kann man die Samenausführungsgänge von Myzostomum mit den Segmentalorganen einiger CGhaetopoden, die nur ein Paar davon besitzen (wie z.B. Parthenope), vergleichen. Uebrigens muss ich bemerken, dass die äusserst mannichfaltigen Structurverhält- nisse der Generationsapparate verschiedener Anneliden noch so wenig untersucht sind, dass die Bedeutung und die Analogieen aller Theile derselben für einmal unmöglich sich nachweisen lassen. Es bleibt uns noch die Besprechung der bei Myzostomum vorhan- denen ventralen Saugnäpfe, deren Existenz mit dem Parasitismus unserer Thiere in voller Uebereinstimmung steht. Dass aber diese Or- gane auch den echten Anneliden nicht ganz fremd sind, das beweist uns das saugnapfartige Schwanzende von Leucodora. i Die Entwicklung liefert uns wieder einen wichtigen Stützpunct für die Zusammenstellung von Myzostomum mit den Chaetopoden, in- 4) Die von Leypıs vermuthete Duplicität des Bauchnervenknotens konnte ich bei Myzostomum nicht finden. Zur Entwicklungsgeschichte von Myzostomum. 243 dem die allmähliche Bildung der Fussstummeln, welche in einer be- stimmten Reihenfolge stattfindet, so zu der Annahme führt, dass My- zostomum ein articulirter, Wurm — eine Annelide ist. Die noch un- vollständig bekannte Metamorphose unseres Thieres möchte ich am ehesten mit dem Typus der Annelidenmetamorphose vergleichen , wel- chen Jon. Mürzer als Atrocha bezeichnete. Ich habe selbst diese Art der Metamorphose an einigen in Neapel gefundenen Annelidenlarven “beobachtet, welche ich nach der Borstenbildung für Syllislarven halte. Die jüngsten meiner Larven besassen ein vollständiges Wimperkleid (nur das vordere Ende war frei von Flimmerhaaren), ohne stärkere Wimpergürtel und trugen nur ein Paar Stummeln mit vollständig ausgebildeten zusammengesetzten Borsten. Der auffallendste Unter- schied des folgenden Stadiums bestand in der Ausbildung eines zweiten Stummelpaares. Die weiter entwickelten Syllislarven endlich hatten schon drei Paare Extremitäten und entbehrten des Wimperüberzuss. Die Uebereinstimmung in der Extremitätenbildung bei Myzosto- mum, die Abwesenheit besonderer Wimperschnüre und die Anwesen- heit eines ganzen Flimmerkleides scheinen mir hinreichende Gründe abzugeben, dieMetamorphose von Myzostomum dem Typus der Atrocha einzureihen. Von der Körperform von Myzostomum war bisher keine Rede, und will ich daher noch bemerken, dass die plumpe Gestalt dieses Thieres nur ein durch die Lebensweise bedingtes Verhältniss darstellt. _ Die jungen Stadien haben eine viel gestrecktere Form als die erwach- senen und weichen nicht wesentlich vom Annelidentypus ab. Das Angeführte scheint mir hinreichend zu sein, um die Anne- lidennatur des Myzostomum zu begründen, und betrachte ich ‘dieses Thier als Repräsentanten einer besonderen Chaetopodengruppe, die Chaetopoda ectoparasita heissen können. Göttingen, den 25. December 1865. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIII. A. Fig. 4. Ein abgelegtes Ei von Myzostomum cirriferum. Fig. 2—7. Furchungsprocess desselben. a Fig. 8. Eine Larve von Myzost. cirrif. im Momente des Ausschlüpfens. Fig. 8. A. Polygonale Hautzellen derselben. | Fig. 9. Eine Larve von Myzost. cirrif. Fig. 40—412. Drei Entwicklungsstadien von Myzost. cirrif. c Kopf, p Rüssel. Fig. 43. Der Darmcanal aus einem weiter entwickelten Stadium. Die Figg. 1—38 und 42 sind unter 450facher, Fig. 9 unter 320facher, die Figg. 40 und 44 unter 220facher Vergrösserung — alle mit dem Zeichenprisma gezeichnet — und Fig. 43 unter 75facher Vergrösserung. £ Zur Naturgeschichte der Caprellen. | Von Dr. Anton Dohrn. Mit Taf. XIII. B. Während eines mehrwöchentlichen, zoologischen Studien gewid- meten Aufenthaltes auf Helgoland beschäftigte ich mich specieller mit der Anatomie und Entwicklung der Gaprellalinearis, welche zwar früher eingehend von LeuckArt und Frey‘) untersucht worden war, aber gerade darum mir Anlass zu erneuerter Beobachtung gab, weil es jenen beiden ausgezeichneten Forschern nicht gelungen war, die Ge- schlechtsorgane des Thieres aufzufinden, die vor ihnen Wirenann eben- falls nicht gesehen, und Henry Goopsır mit den Leberschläuchen ver- wechselt hatte. Die zu diesem Endzweck unternommene Untersuchung lieferte indess noch manche andere Resultate, welche zum Theil neu, zum Theil Verbesserungen früherer Anschauungen enthaltend, in Folgen- dem auseinandergesetzt werden sollen. Was die Lebensweise der Gaprellen anlangt, kann ich die Angaben GooDsır’s, LEUCKART’S und Frey’s nicht bestätigen, wenn diese Forscher der Meinung sind, die Krebschen gewahre man nie in Schwimmbewe- gungen. Allerdings sitzen sie meist an Seegewächsen mit den Hinter- füssen angeklammert, aber oft genug habe ich sie im Glase mit grosser Schnelligkeit schwimmend gesehen, wenn sie aus irgend einem Grunde ihren Aufenthaltsort verändern wollten. Das Nervensystem lässt sich am leichtesten an jungen Exemplaren, welche eben die Bruttasche der Mutter verlassen haben, studiren. Es ist mir wahrscheinlich, dass Leuckart und Frey es nach einem erwach- senen Exemplar beschrieben haben, denn ihre Angaben weichen in A) Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere mit besonderer Berücksichtigung der Fauna des norddeutschen Meeres. Braunschweig. 1847. 246 Dr. Anton Dohrn, manchen Stücken von meinen Beobachtungen ab. Der Hirnknoten be- steht aus zwei grossen, verschieden geformten Anschwellungen, deren obere bedeutend grösser als die untere ist. Erstere lässt eine deutliche Gliederung in drei verschiedene Abschnitte erkennen, einen grösseren oberen, einen mittleren, welcher die Augennerven abgiebt und einen vorderen kleinen. Durchsetzt wird der obere Knoten von den beiden Aesten der Aorta, der untere von dem Oesophagus; hinter diesem gehen die breiten Schlundeommissuren schräg nach hinten und münden in den ersten Knoten des Bauchmarkes, der ebenfalls aus zwei ver- schmolzenen Ganglien besteht. Das hintere kleinere Ganglion gehört dem mit dem Kopfsegment untrennbar verwachsenen Thoracalsegment an, und ist bedeutend kleiner als das vordere, eigentliche untere Schlundganglion. Das Ganglion des zweiten Ringes soll nach Frry- Levckart's Angabe an Mächtigkeit alle übrigen übertreffen; bei dem jungen Thiere ist dies keineswegs der Fall, es gleicht vielmehr dies . Ganglion an Gestalt und Grösse, wie die Tafel beweist, dem des fünf- ten Ringes. Von ähnlicher Gestalt, aber von sehr viel geringerer Grösse sind die Ganglien des dritten und vierten Segmentes, von ausser- ordentlicher, das Stirnganglion sogar übertreffender Ausdehnung und länglicher Gestalt das letzte Ganglion im sechsten Ringe. FREY-LEUCKART geben an, es lägen in den »drei« letzten, fusstragenden Ringen des Proabdomen Nervenknoten. Diese Angabe ist vielleicht nicht nach ganz genauer Untersuchung gemacht, denn ich habe keine Spur eines Gang- lions in dem letzten Proabdominal- Segmente bemerkt. Wenn es auch wahrscheinlich, ja gewiss ist, dass die relative Grösse der einzelnen Ganglien sich nach dem spätern Wachsthum der einzelnen Segmente und der von ihnen zu versorgenden Organe und Extremitäten richtet, so scheint. es mir doch nicht glaublich, dass die von mir genau beob- achtete und gezeichnete Lage des letzten Ganglions im späteren Alter sich so verändern könnte, dass sie den Angaben der genannten For- scher entspräche. Wir finden also jedenfalls in dem jungen Thiere das letzte Proabdominal-Segment, sowie das rudimentäre Postabdomen ohne Nervenmasse. Dafür ist aber das letzte Ganglion über doppelt so gross, als das vorletzte, und eine genaue Untersuchung zeigt, dass es nicht zweien verschmolzenen Nervenknoten entspricht, sondern viel- mehr fünfen! Die erste, grösste Abtheilung desselben giebt jederseits einen starken Nervenstamm für das vorletzte Beinpaar ab; ebenso tre- ten zwei Nervenstämme aus der hinteren Peripherie des Knotens an das letzte Beinpaar. Zwischen dem Austritt dieser peripherischen Ner- ven zeigt das Ganglion aber eine Gliederung derart, dass jeder einzelne Abschnitt sich in den andern einschiebt, und zugleich — wie die Zur Naturgeschichte der Caprellen. 247 Abbildung zeigt — bedeutend kleiner wird. Mir scheint es nicht un- wahrscheinlich, dass dieses Ganglion aus der Verschmelzung der Ner- venknoten des Postabdomens hervorgegangen ist, welches ja in einem rudimentären Stück noch bei den Caprellen Terhnden ist, und gewiss erst allmählich durch die Lebensweise der Thierchen verloren ge- gangen ist. - DieLagerung der Nervenknoten bei Gyamus ceti entspricht voll- “ständig der von mir bei den jungen Caprellen beobachteten, während sie natürlich in denselben Puncten von der Frey-LeuckArr'schen Dar- B- stellung abweicht. Den Bau der Verdauungsorgane glaube ich folgendermaassen beschreiben zu dürfen. Die Oeffnung des Oesophagus liegt zwischen den Mandibeln; von da steigt er nach oben und hinten und erweitert sich an der oberen Grenze des unteren Theils des Stirnganglions zum _ Magensack. . Ein Skelet, wie bei den Amphipoden,, konnte ich ebenso- wenig wahrnehmen wie meine Vorgänger. Wohl aber weichen meine BE ersuchungen über die Verbindung des Magens mit dem Darm von früheren Ansichten ab. Ich glaube bemerkt zu haben, dass der Magen an der Stelle ‚ wo die Leberschläuche in das Verdauungsrohr einmün- ‚den, eine Verengerung erleidet und wie eine freie Röhre in das Lumen | = erweiterten Darmrohres hineinragt. Die Wandungen dieser kurzen Röhre scheinen durch eine Duplicatur der inneren Auskleidung des nacanals gebildet zu werden. Die äussere Darmhaut setzt sich con- W inuirlich vom Magen nach dem Darm fort. Spencer BarE beschreibt enbar dasselbe Verhältniss bei den Amphipoden'), hält aber das, h ‚as ich für die Wandungen einer kurzen Röhre genommen habe, für »a long coeca or cul de sac on each side of the posterior opening of the stomach«. Welche von beiden Anschauungen die richtigere sei, vermag wohl nur durch eine Untersuchung lebender Thiere enikehiddeh zu werden; meine Spiritus -Exemplare erlauben keine anatomische Rt Intersuchung mehr. Jedenfalls betheiligt sich der streitige Apparat an de n vhythmischen Contractionen des Magens, die bedeutend häufiger er- folgen, als die Pulsationen des Herzens, des Darmes und der Leber- "schläuche. Durch das freie Stück des eo wird in dem vor- dersten Abschnitt des Darms eine Art Blindsack gebildet; in den Grund dieses Blindsackes mündet jederseits durch eine deutliche kreisrunde Pr u: ein Leberschlauch. Srexcz BarE giebt 1. c. pag. 49 an, di Ber bestände aus vier langen einfachen Schläuchen,, mit LeRel en erfüllt. und von en Farbe. Ich finde diese Anbahle nirgends En DT Eu u En EEE DE EEE TREE Tr ITS ssc ociation for the advancement of science at Glasgow. 1855. pag. 48. hschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 47 248 Dr. Anton Dohrn, bestätigt; sie beruht wohl sicherlich auf einem Irrthum der Beobach- tung. Die beiden Leberschläuche der Gaprella beginnen, wie gesagt, | im Kopfsegment und reichen bis an das Ende des fünften Segmentes. Sie liegen neben dem Darmrohr, über den Nervenknoten. Dle Wan- dungen bestehen aus einer Membrana propria und äusseren Ringfasern, welche das ganze Organ in lauter einzelne ringförmige Wülste theilen. Das Lumen kann willkürlich vergrössert und verkleinert werden. Eine Tunica intima, welche die Drüsenzellen überkleidete, kann ich ebensowenig bemerken, wie FrEY—-LEuckArT. Bei den jungen Thieren ist das Organ spärlich mit Leberzellen erfüllt, während es bei erwach- senen Individuen von rundlichen Zellen strotzt, welche allmählich durch die runde Mündung in den Darmcanal entleert werden. Bei einem Stück beobachtete ich einen seltsamen Vorgang. Ich hatte es eben aus der Bruttasche der Mutter hevorgezogen, um den Bau der leeren Leber- schläuche zu erkennen. Dicht an der Mündung des einen Schlauches, auf der unteren Seite lag ein Kern, über dem sich eine halbkuglige Zelle gebildet hatte. Diese Zelle wurde allmählich grösser und gerieth in eine gleitende Bewegung, wobei sie ihre runde Form verlor und sich verlängerte. Am Grunde sass sie aber fest. Die Bewegungen dauerten vielleicht fünf Minuten und gingen von einer Seite zur andern. Die Zelle wuchs dabei immer weiter aus, reckte sich zu gleicher Zeit durch die pendelnden Bewegungen immer mehr, bis sie schliesslich am Grunde abriss und nun als fertiges, kugligesBläschen frei in dem Leberschlauch hin. und her glitt, schliesslich aber durch die Mündung in den Darm gelangte. Gleich nach dem Abreissen dieser Zelle bildete sich derselbe Vorgang an demselben Puncte noch einmal aus, es dauerte nur zwan- zig Minuten, da riss nach genau denselben Bewegungen wieder eine - solche Zelle ab, und nach ähnlich langer Pause noch eine dritte. Dabei war der Schlauch ganz klar, und man konnte deutlich das Epithel der Innenwand erkennen. Die Bewegungen der Zellen während des Aus- wachsens geschahen weder in dem Rhythmus der Pulsationen des gan-. zen Organes, noch war das Gleiten von einer Seite zur andern durch die Bewegung irgend einer Flüssigkeit in demselben bedingt, ihren Grund vermag ich nicht anzugeben. Der Darmcanal selbst ist ein einfaches Rohr, das von vorn nach hinten zu allmählich schmäler wird und im letzten Segment sich zu einem musculösen Rectum verengert, das an der Spitze des rudimen- 7 tären Postabdomens ausmündet. An der Unterseite der äusseren Darm- haut befinden sich hintereinander eine Anzahl länglicher schwarzer Pigmentflecken. Die Pulsationen des Darms erfolgen viel seltner, als die des Magens. en Ho roh er . R # Zur Naturgeschichte der Caprellen. 249 Harnorgane habe ich nicht wahrgenommen. Ueber den Kreislauf und seine Organe haben Frey —LruckARrT ® “sehr ausführliche Mittheilungen gemacht. Ich habe nur Folgendes hin- F zuzusetzen. Die Lage der Spaltöffnungen bei dem jungen Thiere ist eine andere, als jene Forscher sie von dem alten angeben. Die erste Spaltöffnung befindet sich im Kopfsegment, da, wo die Aorta vom Rückengefäss abgeht. Die zweite liegt in der Mitte des zweiten Seg- R mentes, ebenso die dritte und vierte in der Mitte des dritten und vier- ten Ringes. Die fünfte endlich liegt im fünften Ringe am Ende des - Rückengefässes. Von diesen Spaltöffnungen ist die vierte die bei wei- ‘tem grösste, und nimmt auch die grösste Blutmenge auf, da aus den beiden benachbarten Segmenten das Blut in sie hinein strömt. Die Blutkörperchen halte ich ebenso wie Wiesmann’) für spindelförmig. Die Gestalt der Aorta konnte ich ganz genau wahrnehmen. Dieselbe setzt das Rückengefäss bis beinahe an das Hirnganglion fort, steigt dann rechtwinklig nach unten, und theilt sich in zwei Aeste, deren ') oberer das Hirnganglion wagrecht durchsetzt und an einem vorderen " Rande, zum Theil sogar noch zwischen seinen seitlichen Hälften wieder “nach unten sich einbiegt, um in der Höhe der oberen Fühler zu endi- gen. Der untere Ast steigt gleich bei seiner Abzweigung nach unten und endigt neben dem Magen. Frey-LeuckArr haben die Aorta in dieser Ausdehnung nicht wahrgenommen; sie lassen sie da, wo die erste Biegung nach unten erfolgt, aufhören. Von den beiden Kiemenanhängen habe ich nur mitzutheilen, dass sie in der Jugend hohle, glockenartige Gebilde sind, und dass die Blutkörperchen in ihnen nicht am Rande, sondern frei im Innern cur- siren. Im Gegensatz zu der Bildung, welche sie bei erwachsenen In- dividuen zeigen, besitzen sie keine Rinne am Rande, durch welche die Blutkörperchen passirten, um den Austausch der Gase zu bewirken; im Gegentheil scheint der Rand sehr dick und die Vermittlung des Gas- austausches durch eine am Grunde der Glocke ausgespannte dünne Membran vermittelt zu werden. Es bleibt mir nun noch die Beschreibung der Geschlechts- organe übrig, welche ich gegen das Ende meiner Untersuchung so glücklich war, aufzufinden. Die Hoden liegen im letzten Proabdomi- nal-Segment und sind in der Vierzahl vorhanden. Diese Thatsache unterscheidet, wie ich glaube, die Caprellen wesentlich von den übri- gen Amphipoden, bei denen nach übereinstimmenden Angaben nur ein Paar gefunden wird. Das erste Paar liegt an der Basis des letzten 4) Archiv für Naturgeschichte, 4839. pag. 441. 8 > We en. 350 Dr. Anton Dohrn, | Veh Segmentes, durch Darm und Nerven voneinander getrennt, das zweite an der Einlenkung des kleinen Postabdominalringes dicht neben ein- ander. Die Gestalt der Hoden ist pflaumenförmig; das äussere Paar ist grösser als das innere, ebenso auch die Ausführungsgänge länger als die des andern. Bemerkenswerth ist, dass die Hoden des äusseren Paares nicht frei liegen, sondern an ihrem oberen Ende auf irgend eine Weise durch einen bindegewebigen Strang befestigt sind. Die inneren ; Hoden haben statt dieses Stranges nur eine kurze Verlängerung, die ebenso wie der eigentliche Hoden von Samenzellen erfüllt ist. An einem der äusseren Hoden bemerkte ich ferner rhythmische CGontrac- tionen, wodurch der gesammte Inhalt desselben weiter in den Samen- gang hinein getrieben wurde, dann aber wieder bei dem Nachlassen der Contractionen in seine alte Lage zurückkehrte. Ob die Samen- gänge beider Paare getrennt oder vereinigt ausmünden, habe ich nicht gefunden; wahrscheinlich ist mir die Vereinigung der Ausführungs- 'gänge eines äusseren mit einem inneren Hoden — jedenfalls näherten sich erstere den letztern bedeutend — so weit ich sie verfolgen konnte. Der äussere Hoden, den ich zerstörte, zeigte sich ganz erfüllt von aus- gebildeten bewegungslosen Spermatozoen, deren Ansehen der Gestalt eines Dreschflegels gleicht; nur ist der Stiel etwas gebogen und sehr dünn. Das Köpfchen ist stäbehenförmig und lässt sich leicht vom Stiel entfernen. In den inneren Hoden fand ich fast nur unreife Spermatozoen und Samenzellen; auch liess sich keinerlei Bewegung oder Contraction an ihnen wahrnehmen. Für den Penis hielt ich ein Paar beweglicher Theile, welche an der Unterseite des Postabdominal-Ringes befindlich sind. Sie bestehen aus einem blasenförmigen Grunde und einem ge- bogenen spitzen Ende. Ob diese Deutung die richtige ist, kann ich aber durchaus nicht behaupten. Die Eierstöcke liegen als lange Schläuche zwischen dem Darm und den Leberschläuchen. Ihr Anfang fällt in das dritte Segment, die Ausmündung in das fünfte, zwischen das erste der drei hintern Beinpaare. Sie enthalten viele Eier in den verschiedensten Bildungsstadien und sind umhüllt von einer glashellen, ° structurlosen Haut, die an dem blinden Ende in eine Art Zipfelmütze endigt, wahrscheinlich aber durch einen bindegewebigen Faden be- festigt ist. Die Bruttasche besteht aus vier gleich grossen Blättern, die genau übereinander greifen, und befindet sich zwischen den beiden Kiemenanhängen an dem dritten und vierten Segment. Ueber die Entwicklung der Eier habe ich einige Beobachtungen gemacht; doch sind sie so wenig zusammenhängend, dass ich sie erst zu ergänzen suchen werde, ehe ich sie veröffentliche. Zu Ntargeschihte der a EHER: 4 ar x PR Br Erklärung der Tafel XIII. B. Eine junge Caprella linearis, welche eben die Bruttasche der Mutter ver- lassen hat. (Natürliche Grösse 2 Millim.) [7 Oesophagus. b Oberer Ast der Aorta. c Unterer Ast der Aorta. d Magen. e Aorta. f Einmündung des rechten Leberschlauchs in den Darm. g Stielförmige Verlängerung des Magens. h Leberschlauch. i Zweite Spalte des Herzens. Be k Darm. l Dritte Spalte des Herzens. m Vierte und grösste Spalte des Herzens. n Mastdarm. 5640? Penis. r _ pBlutkörperchen. (Bei drängt sich ein solches Körperchen durch die zweite Herzspalte hindurch.) Br (Fühler und’vordere Extremitäten sind der Uebersichtlichkeit halber nur N einmal gezeichnet; die drei hinteren Segmente aber auf den Rücken Ber gewendet, um die Structur des letzten Ganglions anschaulich zu machen. Das Rückengefäss ist, um es von dem Darmcanal zu unter- scheiden, quergestrichelt, die Musculatur durch einfache Linien an- ’ “ gedeutet.) | _ Hoden und Spermatozoen einer geschlechtsreifen Caprelle. a D> a Ein äusserer Hoden (contractil). (ce Ausführungsgang, e Strang des blin- BR. den Endes.) S db Ein innerer Hoden. (c Ausführungsgang, d blindes Ende.) ce Reife Spermatozoen (aus dem äusseren Hoden). ige d Unreife Spermatozoen (aus dem inneren Hoden). Neue Infusorien im Seeaquarium von Dr. Ferdinand Cohn in Breslau. Hierzu Taf. XIV. und XV. Die Wichtigkeit der Seeaquarien für die Erforschung niederer Thiere ist zwar schon, wie bereits früher durch verschiedene englische Zoologen, so auch für Deutschland durch das grosse Werk der Herren Meyer und Moesivus in glänzender Weise ans Licht gestellt worden; in- dess scheint es den continentalen Forschern noch nicht hinreichend be- kannt zu sein, mit wie geringen Schwierigkeiten sie dieses neue wis- senschaftliche Hülfsmittel sich aneignen und in Ordnung erhalten kön- nen. Meine eigenen Erfahrungen sind allerdings noch nicht viel über _ ein Jahr alt, auch haben sie das zoologische Gebiet nur beiläufig und mehr im dilettantischen Interesse berührt, da die Hauptaufgabe, welche ich mir stellte, die Cultur und Beobachtung von Seealgen war; ich habe die Resultate meiner Untersuchungen nach dieser Richtung hin mit be- sonderer Berücksichtigung der Temperaturverhältnisse in dem unter der Presse befindlichen Bericht über den botanischen Congress zu Am- sterdam im April 1865 p. 116—129 beschrieben ; indessen möchte eine kurze Mittheilung meiner Beobachtungen auch an dieser Stelle nicht ohne Interesse sein. - Das Seeaquarium, welches ich besitze, ist eine grosse Glasglocke, wie sie für Goldfische angefertigt wird, von 1%” Höhe, 20” grösstem Durchmesser und 12’ Weite an der obern Oeffnung; dieselbe steht auf einem 14” hohen hölzernen Fusse, etwa 2 Fuss von einem Fenster in meinem nach Westen gerichteten Arbeitszimmer'). In diese Glasglocke goss ich am 1. November 1864 ca. 50 Pfund Seewasser von Helgoland, 4) In Trewenpr’s Volkskalender für 1866 findet sich eine populäre Beschrei- bung und eine Abbildung in Holzschnitt von meinem Aquarium. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. s 18 254 Dr, Ferdinand Cohn, welche mir in Folge gütiger Bewilligung des Präses der zoologischen Gesellschaft zu Hamburg, Herrn A. Meyer, durch den Custos des dor- tigen Aquariums, Herrn W. Arrorp LLoyp, zugesandt worden waren. Das Wasser roch anfänglich stark nach Schwefelwasserstoff; doch ver- lor sich dieser Geruch bald; es wurde ganz krystallhell und durchsich- tig, hatte aber in dickeren Schichten eine entschieden gelbliche Farbe, fast wie verdünnter Moselwein. Gleichzeitig versetzte ich in das Was- ser, in welches ich eine 4 Zoll hohe Lage von rein gewaschenem Kies, so wie ein paar Tuffstücke gebracht hatte, vier Exemplare von Actinia Mesembryanthemum, welche ich am 15. Sept. 1864 selbst an den Klip- pen bei Helgoland gesammelt und in verschlossenen Mixpicleflaschen ganz ohne Seewasser nach Hause gebracht hatte. Die Thiere hatten sich 1%/, Monate mit einer Weinflasche voll gleichzeitig mitgebrachten See- wassers begnügen müssen, welches in Folge ungeschickter Ueberfütte- rung der Thiere mit Fleischstückchen während einiger heisser Herbst— tage in Fäulniss übergegangen war; gleichwohl blieben die Actinien lebendig, erholten sich vollständig in dem reinen Wasser des Aquariums, vermehrten sich durch zahlreiche Embryonen, und eine derselben hat sich bis heute im besten Wohlsein erhalten. Am 18. December bekam ich durch Herrn Loy» eine grosse Sendung von Seethieren, nahe an 100 Individuen, meist aus Dorsetshire, welche die weite Reise in einer mit Fächern versehenen Blechkiste, trocken, aber mit derberen Tangen {namentlich Fucus canaliculatus, Enteromorpha, Cladophora rupestris ete.) sorgsam verpackt, gemacht hatten; sie kamen sämmtlich unver- sehrt hier an; nur die Fische und Krebse, welche mit Wasser, aber ohne genügende Luft in grossen Flaschen versandt worden waren, hat- ten den Transport nicht lebend überstanden. Wenige Tage nach dem Versetzen der neuen Thiere in das Aquarium begann in demselben ein Fäulnissprocess, ausgehend von einem Mytilus, der unbemerkt von einer Purpura getödtet worden war, so wie von einer abgestorbenen oran— genrothen Spongie, welche mehrere Stemme übersponnen hatte. Von die- sen Heerden der Verwesung aus stiegen weisse Wolken von Infusorien auf, welche das Wasser in der ganzen Umgegend trübten; gleichzeitig entwickelte dasselbe einen penetrirenden Gestank; alle Thiere in der Nähe gingen zu Grunde. Nachdem die Quelle des Unheils erkannt und beseitigt worden war, wurde das Wasser in wenig Tagen von selbst wieder klar, geruchlos, und fast alle Thiere, welche jene Katastrophe überlebt hatten, blieben den ganzen Winter und Frühling hindurch bis an den Anfang des Sommers lebendig. Erst als in dem so ungewöhn- lich heissen Juni und Juli die Temperatur des Aquariums über 20° ge- stiegen war, begann ein allgemeines Sterben der übrig gebliebenen . LK} Neue Infusorien im Seeaquarium. 255 Seegeschöpfe, welche offenbar für solche Temperaturen nicht geschaffen sind ; indessen hat eine Anzahl von Thieren auch diese Galamität über- standen; am besten erhielten sich die auch im Mittelmeer vorkommen- den Actinia viduata und Mesembryanthemum, sowie Balanophyllia re- gia; ausserdem enthält mein Aquarium noch jetzt Nassa reticulata, Ostrea edulis, sowie von kleineren Thieren mehrere Arten von Nerei- den, Nematoden und Krebsen. Das Wasser ist in den 18 Mona- ten nie erneut, filtrirt, gelüftet oder künstlich in Bewe- gung versetzt worden, sondern unverändert im Aquarium sich selbst überlassen geblieben, gleichwohl ist es heute noch so klar und rein wie am ersten Tage; nur zum Schutz gegen Staub und allzugrosse Verdunstung ist die Oeffnung des Gefässes mit einer losen Glasplatte bedeckt, und zum Ersatz des Verdunstungsverlustes von Zeit zu Zeit etwas destillirtes Wasger-nachgegossen worden. Beiläufig bemerke ich, dass die von mir gewählte Form des Aquariums eine minder zweck- mässige ist, als die viereckigen Kästen aus Glas und Schiefer, welche in Hamburg eingeführt sind, weil die allzuhelle Beleuchtung des Glas- gefässes die übermässige Entwicklung gewisser Algen, namentlich der Spirulina versicolor m., begünstigt, welche der Vermehrung der Thier- welt nachtheilig wird. Ebenso würde eine grössere Quantität Seewas- ser sicherlich noch günstigere Resultate gewährleistet haben. Der über- mässigen Erwärmung würde durch ein Placiren im Keller, oder viel- leicht auch durch Einbringen von Eis, sich vorbeugen lassen; auch zweifle ich nicht, dass ein etwas complicirterer Apparat zum Eintreiben von Luft in Wasser, wie ihn die Herren Meyer und Mozsiıvs benutzen, oder zur Circulation des Seewassers vermittelst eines Stromes, wie ihn Herr Lroyp eingeführt hat, die günstigsten Erfolge garantiren würde; indess habe ich mich im vorigen Herbst in Helgoland von neuem über- zeugt, dass solche Apparate entbehrt werden können, wofern man sich damit begnügt, eine nur kleine Zahl von Thieren in möglichst gros- sen, aber flachen Gefässen zu cultiviren. Ich habe in solchen grossen Schüsseln Doris, Aeolidina, Dendronotus, Nereiden, Serpulae, sowie Tubularia Dumortieri viele Tage und selbst Wochen lebendig er- halten. Offenbar kommt es hierbei hauptsächlich darauf an, durch eine möglichst grosse Wasseroberfläche die Aufnahme des Sauerstoffs aus der Atmosphäre möglichst zu erleichtern, in welchem Falle der durch die Algen im Sonnenschein ausgeathmete Sauerstoff für die Respiration der Thiere entbehrlich erscheint, während in tieferen Gefässen die Vege- ‚tation zur Erhaltung der Thiere beitragen möchte. Von den Seethieren, welche ich selbst in meinem Aquarium in Breslau durch mehrere Monate lebend erhielt, waren die meisten Acti- 18 * 256 Dr. Ferdinand Cohn, nien, welche sich völlig normal entwickelten, Fleisch frassen und ver- dauten, lebhaft umherkrochen, oder mit abwärts gekehrter Stirnscheibe unter der Oberfläche des Wassers schwammen, und sich durch Em- bryonen aus dem Munde, oder durch Knospen aus dem Fusse (Actino- loba Dianthus) sehr zahlreich vermehrten; doch gelang es mir nicht, - einen dieser Keime zu voller Grösse aufzuziehen. Von den verschiedenen Arten der Actinien gingen Tealia crassicornis, Bunodes Ballii und B. Thallia in den ersten Tagen zu Grunde; weit länger lebten Sagartia ele- gans, venusta, nivea, bellis, sowie die prachtvollen Actinoloba Dian- thus, mit ihren milchweissen, braunen oder orangenrothen, auch wohl bunten Varietäten; drei herrliche Sabellen (S. Penicillus und Lloydii) behielt ich nur etwa eine Woche, aber kleinere Sabellen, sowie ver- schiedene Nemertinen blieben Monate lang am Leben, und einzelne Nereiden finden sich noch heute; ebenso langlebig war Serpula und Balanus. Von Schalthieren wurden sämmtliche Exemplare (Mytilus, Littorina littorea) durch ein paar PurpuraLapillus, eins nach dem andern, angebohrt und getödtet, worauf diese Schnecken aus Mangel an Nah- rung zu Grunde gingen, nachdem sie vorher Haufen tonnenförmiger Eier abgelegt, die jedoch nicht ausgeschlüpft sind ; Nassa reticulata kann Monate lang fasten, und kriecht nur dann aus dem Schlamm heraus, wenn sie Fleisch in der Nähe wittert. Meine zoologischen Kenntnisse reichten nicht aus, um die sehr zahlreichen Arten von Entomostraceen und anderen kleinen Krebsen, welche das Wasser in zahllosen Schaaren erfüllen, sowie die mannich- faltigen Bryo- und Anthozoen (darunter z.B. Stauridium) zu bestimmen, welche auf den Steinen wucherten und zum Theil noch heute fort- sprossen. Von Räderthieren findet sich nur eine Species, diese aber in zahlloser Menge, Monocerca Colurus Ehbg., welche am liebsten sich mit ihrem Griffelfuss an allerhand Körpern befestigt und an ihm pendel- artig sich hin und her schwenkt, meist ohne ihren Platz zu verlassen. Mein besonderes Interesse erweckten die Infusorien des Aqua- riums; sie gaben mir Gelegenheit, die bis dahin fast ganz unbekannte Infusorienwelt des Meeres kennen zu lernen. Ich sehe hier ab von den Rhizopoden, die durch Amoeben, Actinophryiden, sowie durch zahl- reiche Polythalamien vertreten sind. Aber gerade unter den eigent- lichen Protozoen überzeugte ich mich bald, dass ein Theil zwar den Arten entspricht, welche die wenigen Beobachter mariner Infusorien, nämlich O. F.MüLLer, EHRENBERG, DUJARDIN, STEIN, CLAPAREDE und LAcH- “ann früher schon beschrieben, dass aber eine nicht geringe Anzahl offenbar bisher unbekannt ist. Es kann dies nicht verwundern, wenn man bedenkt, welch ein unermessliches Gebiet die Infusorienwelt des Neue Infusorien im Seeaquarium. 257 Meeres bewohnt, und wie aus dieser bisher nur an ein paar Puncten und nur bei flüchtigen Besuchen, gewissermassen ä la fortune du pot dieses oder jenes Thierchen herausgegriffen worden ist. Wie viele In- fusorienformen noch im Meere verborgen sein mögen, lässt sich schon allein aus der Thatsache entnehmen, dass von den vor 100 Jahren durch ©. F. MürLer wenn auch unvollkommen abgebildeten 84 marinen Arten vielleicht noch nicht die Hälfte wieder aufgefunden worden ist. Offenbar wird auch am Meeresstrande selbst, wo so viel interessante grössere Formen das Interesse des Forschers fesseln, den Infusorien immer nur beiläufig Aufmerksamkeit geschenkt; in den Aquarien da- gegen, wo die Infusorien sich gerade um so reichlicher vermehren, je mehr Nahrung ihnen durch das Absterben oder die Ausscheidungen der grösseren Thiere und Pflanzen geboten wird, bietet sich die günstigste Gelegenheit, mit diesem mikroskopischen Theile der Meeresfauna be- kannt zu werden. So klein mein Aquarium auch ist, so enthält es doch in verschiedenen Theilen ganz verschiedene Infusorien; andere Arten leben an der Oberfläche des Wassers, andere zwischen den Algen an den Glaswänden, andere zwischen den abgestorbenen Ueberresten am Boden; ebenso wechselte in den verschiedenen Jahreszeiten die In- fusorienfauna in der auffallendsten Weise. So dominirte im Winter 1864 Condylostoma patens, während gegenwärtig auch nicht ein Exemplar dieser Art zu finden ist, an ihrer Stelle aber andere, die ich "im vorigen Jahre nicht bemerkte. Ich habe schon vor Jahren in dieser Zeitschrift darauf aufmerksam gemacht, dass in einem Gefäss die Infu- sorien in verschiedenen Generationen auf einander folgen, so dass eine Art, die heute ausschliesslich das Wasser belebt, oft in 14 Tagen schon völlig verschwunden und durch eine andere Species ersetzt ist. Dieser Wechsel der Generationen ist in einem Seeaquarium, 400 Meilen von der Küste, um so überraschender, als die Zufuhr neuer Keime durch die Luft hier sehr unwahrscheinlich wird, und nur die successive Ent- wicklung und Vermehrung einzelner bereits im Wasser mitgebrachter, oder mit den eingesetzten Thieren und Pflanzen eingeschleppter Indi- viduen zur Erklärung herbeigezogen werden kann. Insofern das See- wasser aus Helgoland, die meisten Thiere und Algen aber aus Süd- england stammten, müsste die eigentliche Heimath dieser Infusorien in der Nordsee oder im Canal zu suchen sein; indessen schliesse ich aus der Uebereinstimmung so vieler Arten meines Aquariums mit den von O. F. MÜLLER, EHRENBERG und Stein aus der Ostsee, von CLAPAREDE und LAcumann aus Norwegen, oder von Dusarnıy aus dem Mittelmeer be- schriebenen, dass die marinen Infusorien ebensoviele kosmopolitische Arten einschliessen, wie die des süssen Wassers. In den nachfolgenden 2. u ye rc 253 Dr, Ferdinand Cohn, Beschreibungen habe ich nur einige der interessanteren Infusorienfor- men meines Aquariums heraus gegriffen, aber seinen Reichthum nicht im mindesten erschöpft; ich zweifle nicht, dass ich bei sorgfältigerer Durchmusterung noch ebensoviele neue Arten auffinden könnte, als ich hier vorführe, namentlich bieten die Monadinen viele eigenthümliche, noch unbeschriebene Formen dar. Wenn es mir auch bei der Flüch- tigkeit so vieler dieser Erscheinungen nicht in allen Fällen möglich war, dieselben mit erwünschter Gründlichkeit, namentlich mit Rücksicht auf den Nucleus und die Fortpflanzung, zu untersuchen, so habe ich doch alle ganz unvollständig beobachteten Formen, unter denen sich höchst originelle befinden, sowie die nur einmal und in wenig Exemplaren aufgefundenen übergangen, das letztere hauptsächlich deshalb, weil es in solchen Fällen unmöglich ist, die wirklich selbstständigen Arten von verstümmelten, oder durch allzustarke Goncentration der Verdünnung des Seewassers monströs gewordenen Individuen zu unterscheiden. Der grösste Theil der nachstehenden Beobachtungen war schon vollendet, als mir der Aufsatz von G. Fresenius: »die Infusorien des See- aquariums im zoologischen Garten zu Frankfurt am Main« (C. Bruch’s Zeitschrift: der zoologische Garten, VI. Jahrgang 1865, Nr. 3 u. 4, mit Tafel) zu Gesicht kam. In diesem Aufsatz finden sich einige der von mir in Breslau beobachteten Arten beschrieben und abgebildet, so dass ich mich im Folgenden theilweise darauf werde beziehen Können. Ich habe schliesslich noch mitzutheilen, durch welches Verfahren es mir gelang, eine so grosse Zahl von Infusorien zu sammeln. Ein Theil derselben wurde durch Zufall in einzelnen von der Oberfläche entnommenen Tropfen beobachtet; grössere Ausbeute gaben die grünen Algen, zwischen denen sich vorzugsweise gewisse Arten (Placus, Oxy- tricha rubra) aufhalten. Die meisten wurden systematisch geködert, indem ich kleine Stückchen von Fleisch, von Austern, abgestorbenen Algen etc. auf den Boden des Wassers legte; um diesen Köder ver- sammelten sich nun die benachbarten Infusorien, und von Stunde zu Stunde vermehrte sich die Zahl der Individuen und der Arten. Indem ich den Körper von Zeit zu Zeit heraus hoite, bot der davon ablaufende Wassertropfen eine sehr reichliche, oft in den Arten wechselnde Aus- beute. Es ist dies offenbar ganz das nämliche Verfahren, durch wel- ches wir in einem Teiche die Fische oder die Schwäne auf einen Punct versammeln. Wir werfen ein paar Brotbrocken hinein und alle Karpfen des Teiches kommen herbei geschwommen, die benachbarten zuerst, die entfernteren nach und nach, so wie sie das Futter wahrnehmen. Es lässt sich auch hierbei leicht erkennen, dass das im Wasser lie- gende Fleischstückchen allmählich ganz auf dieselbe Weise verschwin- Neue Infusorien im Seeaquarium, 259 det, wie jene Brotkrümchen: nämlich diese in dem Magen der Fische, jene in der Leibeshöhle der Infusorien. Was wir gewöhnlich als Fäulniss und Verwesung, alsoalseinen reinchemischen Process betrachten, ist der Hauptsache nach nichts an- deres, als ein Aufgefressenwerden durch Infusorien. Untersuchen wir ein anscheinend in Fäulniss begriffenes Fleischstück- chen unter dem Mikroskop, so finden wir, dass dasselbe bis in "seine innerstenFibrillen hinein von zahllosen grösseren und kleineren Infusorien durchlöchert und vollgespickt ist, welche damit beschäftigt sind, die organische Substanz der Mus- kelfaser in ihr eigenes Gewebe überzuführen und infolge der reichlichen Nahrung sich masslos vermehren. Gerade die kleinsten, die Monadi- nen und die Bacterien, entnehmen am massenhaftesten den Stoff zu ihren Körpern aus der abgestorbenen Substanz und tragen am kräftig- sten zu deren Auflösung bei. Ist die ganze organische Masse aufge- zehrt, so verschwinden die Infusorien wieder, indem sie wegen Mangel an Nahrung aufhören sich fortzupflanzen ; oder sie zerstreuen sich, in- dem sie reichlichere Futterplätze aufsuchen. Daher wird das Wasser, welches infolge der sogenannten Fäulniss abgestorbener Substanzen trübe und faulig (d. h. von Infusorien überfüllt) geworden war, nach einigen Tagen von selbst wieder ganz klar und rein. Wenn es demnach unläugbar ist, dass während der Fäulniss eine dem Dienste des Lebens entzogene organische Sub- stanz im Körper der Bacterien, Vibionen, Monaden und zahlreicher grösserer und vollkommnerer Infusorien wie- der demLeben dienstbar gemacht wird, so willich damit nicht in Ahrede stellen, dass bei der Verwesung auch rein chemische (Oxyda- tions-) Processe mitwirken. Denn analog, wie das von einem Menschen aufgegessene Fleisch nicht vollständig in dessen Körper verwerthet wer- den kann, sondern ein Theil davon in Form von Excrementen wieder ausgestossen wird, so scheint auch von dem im Wasser durch Infuso- rien aufgezehrten Fleisch ein Theil seiner Molecüle in Form von übel- riechenden Gasen, oder einfacherer chemischer Verbindungen übrig zu bleiben, die allmählich in der Luft oxydirt und zerstört werden. Die durch Pasteur ermittelten Vorgänge bei der Alkoholgährung des Zuckers, der durch die Entwicklung und Vermehrung der Hefezellen gänzlich zerstört wird, obwohl von seinen Molecülen nur ein Theil direct als Baustoff für jene Zellen Verwerthung findet, scheinen mir die deutlichsten Analogieen für die sogenannte Fäulniss darzu- bieten. Es lässt sich auch leicht constatiren, dass gewisse Arten der Infu- 260 Dr. Ferdinand Cohn, sorien vorzugsweise die noch wenig zersetzten, andere die schon stark angegriffenen Fleischfasern vorziehen, und daher erst in späteren Zu- ständen der Verwesung auftreten. In faulenden Austern fand ich eigen- thümliche Arten, die vermuthlich schon in der sogenannten Auster— sauce, dem in der Schale eingeschlossenen Seewasser, eingeführt wor— den waren. Bald nach dem Tode der Auster ist dieses von den Gour- mands so geschätzte Wasser von Infusorien ganz überfüllt. Ehe ich zur speciellen Beschreibung übergehe, halte ich noch eine Bemerkung für nothwendig. Die bisher für die am Körper der Infuso- rien beobachteten Formveränderungen gebräuchlichen Bezeich- nungen leiden an Unklarheit und Verwirrung ganz verschiedenartiger Dinge unter gleichem Namen. Es scheint mir daher eine Auseinander- haltung der Begriffe um so dringender geboten, als das Verständniss der Bewegungserscheinungen bei den Infusorien darauf beruht und auch die Systematik einen Hauptwerth auf diesen Punct zu legen hat. Die gewöhnliche Bezeichnung der Infusorien als contractil giebt, wie ich schon an andern Orten hervorgehoben habe, nur einen unklaren Ausdruck. Ste hat zwar die Hauptunterschiede richtig erfasst, aber die von ihm gewählten Bezeichnungen von metabolisch und formbe- ständig, wozu noch schnellend als Unterabtheilung der ersteren und gepanzert als Unterabtheilung der zweiten Form treten, sind nicht scharf auseinander gehalten, und geben in der speciellen Anwendung oft zu Zweifeln Veranlassung. Ich finde bei den Infusorien folgende Hauptunterschiede: 1) Starr, wenn der Körper gar keine Formveränderung gestattet. Stein nennt solche Thiere gepanzert, auch wenn, wie bei Stylony- chia, der Panzer sich vom eigentlichen Körper nicht optisch unterschei- den lässt. Ich würde die Bezeichnung Panzer nur dann anwenden, wenn derselbe eine deutlich getrennte, doppelt contoutrirte Schicht dar- stellt (Coleps). | 2) Elastisch nenne ich den Körper, der selbstthätig seine Form nicht verändern kann, aber äusserem Druck leicht nachgiebt und beim Aufhören desselben seine -alte Form wieder annimmt. Die Infusorien sind mehr oder minder vollkommen elastisch, so dass sie, durch ihre Bewegungen an fremde Körper angepresst, sich biegen oder zusam- mendrücken, auch durch enge Oeffnungen sich hindurch zwängend, Einschnürungen zeigen, welche sofort verschwinden, wenn das Thier die Oefinung passirt hat. So verhalten sich die Gattungen Parame- cium, Lembus, Helicostoma etc., auch die Zoosporen von Vaucheria. 3) Beugsam oder flexil nenne ich diejenigen Infusorien, welche ihren Körper oder einzelne Theile selbstthätig durch eine sehr ge- Neue Infusorien im Seeaquarium. 261 ringe Verkürzung auf der einen und entsprechende Streckung auf der andern Seite zubeugen vermögen, ohne jedoch die Dimen- sionen oder die allgemeine Form merklich zu verändern. Durch ungleichzeitige Verkürzungen längs des Körpers entstehen Schlängel- bewegungen. Flexil sind die Cilien und Geisseln der Zoosporen ‚und Infusorien, die Fäden von Vibrio und Osecillaria, die meisten Oxy- trichen, der Hals von Lacrymaria und Loxophyllum etc. Auch die Ne- matodenbewegungen beruhen auf Flexilität. A) Retractil und extensil nenne ich die Eigenschaft, durch welche gewisse Infusorien eine Dimension auf Kosten der übrigen ausstrecken oder einziehen, d. h. verlängern resp. verkürzen können. In der Regel ist es die Längsaxe, welche durch Streckung vorzugsweise ausgedehnt wird, so dass der Körper bald lang und schmal, bald kurz und dick erscheint. Dieselbe Eigenschaft charakterisirt auch die Muskeln der höheren Thiere. Der Grad der Retractilität ist bei verschiedenen Thieren ver- schieden, bald nur gering, wie bei Nassula, bedeutender bei Oxytricha Scutellum, am bedeutendsten bei Trachelocerea und Lacrymaria, wo der ausgestreckte Zustand den eingezogenen um das Vielfache sei- ner Länge übertrifft. Viele Infusorien sind beim Vorwärtsschwimmen oder im thätigen Zustande ausgestreckt (Vorticella, Oxytricha), in der Ruhe kuglig eingezogen. Da die Retractilität nur in einer Richtung wirkt, so ändert sie die Form vom linearen zum kugligen. 5) Gontractil resp. expansil sind diejenigen Körper, die sich in verschiedenen meist beliebigen Richtungen ausdeh- nen und zusammenziehen und dadurch ihre Form wesentlich ver— ändern können. Der Typus dieser Bewegung ist den Rhizopoden, den mit ihnen verwandten Organismen: den Myxomyceten, Radiolarien und Spongien, sowie den verschiedenen amoeboiden Zellen eigen. Eine be- sondere Modification dieses Typus zeigt Euglena und Peranema. Vielen Infusorien kommen mehrere dieser Eigenschaften gleichzeitig zu; elastisch in unserm Sinne sind die meisten Arten.; Lacrymaria ist in hohem Grade retractil und flexil zugleich; dagegen Vorticella retrac- til, Actinophrys contractil, aber nicht flexil etc. 262 Dr. Ferdinand Cohn, Beschreibung neuer Arten mariner Infusorien aus meinem Seeaquarium zu Breslau. I. Infusoria holotricha. 1. Trachelocerca Phoenicopterusn. Sp. Fig. 1—3, Diese Trachelocerca ist durch ihren platt bandförmigen, äusserst retractilen und flexilen, fein quergeringelten und längsfurchigen Kör- per ausgezeichnet, der sich vorn in einen sehr langen, dünnen Hals, hinten in einen langen und spitzen Schwanz verlängert. Der Hals ist nach vorn ein wenig verbreitert, an der Spitze gerad abgestutzt; die Mundöffnung (Fig. 2 m) ist terminal, kreisrund und von einem starren Ring umgeben, an den sich im Innern des Halses ein trichterförmiger Schlund anschliesst. | Dieses durch seine Bewegungen überraschende Thierchen fand sich häufig, aber immer vereinzelt, im Winter dieses Jahres zwischen verwesenden Algen; es verändert gewöhnlich seinen Ort nur wenig, so dass es stundenlang im Gesichtsfeld bleibt; es windet sich wie eine Anguillula durch die Algen, rollt sich schneckenförmig ein und aus, verflicht seinen Leib in einen verschlungenen Knoten, den es bald wie- der auseinander löst; dabei wandelt es seine Form unaufhaltsam, je- doch mit einer gewissen langsamen Grandezza durch Ausstrecken, Schlängeln und Einziehen seines langen Halses und Schwanzes. In grösseren Tropfen ohne Deckglas schwimmt es jedoch mitunter eine Zeit lang fort, gerade ausgestreckt, gleich einem steifen Stabe (Fig. 3) ; bei Erschütterung zuckt es plötzlich krampfhaft zusammen, doch werden Hals und Schwanz nie völlig, sondern höchstens zur Hälfte eingezogen. Ist das Thier ganz lang ausgestreckt (Fig. 2), so ist es sehr platt, schmal, linear, oft schraubenförmig gedreht; bei starker Retraction werden Hals und Schwanz breiter, der Körper dicker und mehr lanzettlich mit stär- keren Querrunzeln (Fig. 1). Die gewöhnlichen queren, zarten Ringel- falten sind besonders deutlich an Hals und Schwanz; sie werden unter rechtem Winkel von minder deutlichen Längsstreifen gekreuzt (Fig. 2) und tragen die ziemlich langen, feinen Cilien, die oft nur langsam schwingen, so dass sie leicht am ganzen Körperrande erkannt werden können; die längeren Gilien um die Mundöffnung (Fig. 2 m) bilden eine Art Wimperkranz; ebenso sind die Wimpern an der Schwanzspitze etwas länger. In der äussersten Hautschicht finden sich stäbchenför- mige Körperchen in regelmässigen Abständen eingebettet, welche mit Neue Infusorien im Seeaguarium. 263 den als Trichoeysten bezeichneten Organen identisch sind; diese radial gestellten Stäbchen sind besonders im Halse deutlich und tragen zum gegitterien Ansehen der Oberfläche bei. An der Schwanzspitze beginnt eine Längsfurche, die vorwärts bis zur Mitte des Körpers reicht (Fig. 1), vielleicht zum After führt? Der Schlundtrichter lässt sich bis tief in den - Hals hinein verfolgen, die einzelnen Falten des fischreusenartigen Ap- parates wurden jedoch nicht deutlich. Feste oder farbige Nahrung im Innern des Thieres wurde nicht gefunden. Durch die sehr dichte feinkörnige Substanz des retractilen Kör- pers erscheint dieser dunkelgrau und undurchsichtig; daher es mir nicht gelang, den Nucleus mit Sicherheit zu ermitteln; vielleicht sind viele kleine Kerne vorhanden. Ich beobachtete in der Mitte des Kör- pers eine (Fig. 2) bis zwei (Fig. 1) kreisrunde, lichte, contractile Bla- sen. Häufig fand ich aber noch eine grosse Zahl kreisrunder Blasen längs des Körpers in einfacher Reihe (Fig. 3). Manchmal erscheint der- selbe ganz hohl, netzartig, schaumig, mit weiten Maschen, welche Wasser enthalten und durch Stränge der dichteren Körpersubstanz ge- schieden sind (Fig. 1). Auf dem Objectglas verstümmelt das Thierchen leicht und erscheint dann schwanzlos, kopflos, oder mit gespaltenem Schwanz; es zerfliesst endlich in zahllose kleine Körnchen, doch bleibt es auch bei sehr stark concentrirtem Seewasser noch lange unverändert. Durch Essigsäure verkürzt sich der Körper auf die Hälfte und zerfliesst ebenfalls in Körn- chen unter fortdauerndem Flimmern. 3 Bei der grossen Retractilität dieses Thierchens ist seine Grösse kaum zu bestimmen; beiläufige Messungen gaben für die Länge 0,4 Mm. (”') und darüber, bei 0,04 Mm. ("%,'”) und weniger Breite; die am längsten ausgestreckten Exemplare aber waren wohl 1 Mm. (%%'"”) lang. In diesem Zustande mag der Längsdurchmesser den grössten Querdurchmesser 20mal übertreffen. Theilung wurde ebensowenig be- obachtet, als kleinere jugendliche Entwicklungszustände. Unsere Art ist nächst verwandt mit der Gattung Lacrymaria, wo- von im Meere fünf Arten bereits von ©. F. Mürzzer beschrieben wurden (Vibrio Sagitta, V. strietus, V. Anas, Trichoda melitaea und versatilis); Dusarvın hat letztere Art als Lacrymaria versatilis aufgenommen, ohne sie jedoch selbst beobachtet zu haben (Hist. des infus. p. 471). Cra- PAREDE und LAcHmann in den Etudes sur les Infusoires I. p. 302 beschrei- ben und zeichnen Lacrymaria Lagenula undL. coronata aus dem Fjord von Bergen in Norwegen. Die beiden letzteren haben mit unserer T. Phoe- nicopterus keine Aehnlichkeit; eher liesse sich eine Identität mit einer der Mürzer'schen Arten vermuthen, die sich jedoch nicht mehr ermitteln 264 Dr. Ferdinand Cohn, lässt. EuRENBERG beschrieb im Jahre 1840 in den Monatsberichten der Berliner Akademie p. 202, aus der Ost- und Nordsee eine Trachelo- cerca Sagitta = Vibrio Sagitta Mülleri mit folgender Diagnose: T. cor- pore fusiformi albo, collo longissimo, capitulo terminali niveo opaco, hine (sc. bei MÜLLER) pro nigro venditato. Magn. extensi corporiss—"o - CraParkDE und Lacumann (Etudes p. 303) bemerken in Bezug hierauf: »es sei unmöglich, aus dieser Diagnose von zwei Zeilen sich eine Vor— stellung von dem Thierchen, zu dem sie passt, zu machen.« Wenn Enrengere’s Art jedoch mit dem ©. F. Mürzer’schen Vibrio Sagitta zu- sammenfällt, den ich allerdings nur aus den Tafeln in der Encyclopedie methodique (Vers, Coquilles ete. Tom. I Pl. 4. Fig. 9) kenne, da mir die »Animalcula infusoria« nicht zugänglich sind, so ist dieselbe von meiner , Trachelocerca Phoenicopterus durch die geringe Grösse, die ganze Kör- perform, sowie namentlich dadurch verschieden, dass bei letzterer das weisse oder schwarze Köpfchen gänzlich fehlt. Sollte ich meine Spe- ‘cies unter einer der -Mürzer’schen Figuren recognosciren, so könnte es nur der Vibrio Anas (]. c. Pl. 5. Fig. 3—-5) sein. Ich konnte mich nicht entschliessen, unsere Art der Gattung La- crymaria in der von ÜLAPArkpE und Lachmann gegebenen Begrenzung direct einzuverleiben, da ihr die Lippe oder der conische Anhang an der Spitze des Halses, den CLArArkpeE in der Diagnose voranstellt, fehlt, auch die Form nicht eylindrisch, sondern bandförmig ist. Stein in seinem grossen Infusorienwerk unterscheidet auf p. 80 die Gattung Trachelocerca dadurch von Lacrymaria, dass bei letzterer sich der Endtheil des Halses durch eine Ringfalte abschnüre und ein sehr bewegliches rüsselartiges Köpfchen bilde; bei der Gattung Trache- locerca Stein emend., die auf Tr. Sagitta Ehr. beschränkt wird, ist kein abgegliedertes Köpfchen vorhanden. Ich vermuthe aus dieser Darstel- lung, dass Stein unsere Tr. Phoenicopterus beobachtet, und sie für identisch mit Tr. Sagitta Ehr. hält; er scheint dabei zu übersehen, dass EnrENBERG gerade bei seiner Tr. Sagitta das Köpfchen in die Diagnose der Species aufgenommen hat. Die Gattung Trachelocerca habe ich aber in der Steiv’schen Auffassung adoptirt und unsere Art daher als Tr. Phoenicopterus bezeichnet. In die Nähe derselben scheint die von Th. W. Eneermann in Band XI. Heft 4 dieser Zeitschrift beschriebene und Taf. XXVII. Fig. 2 abgebildete Lacrymaria elegans (in einem Flüss- chen bei Leipzig entdeckt) zu gehören, da sie den Mangel der Lippe und den fischreusenartigen Schlund mit unserer Art gemein hat. Neue Infusorien im Seeaquarium, 265 2. Laerymaria Lagenula Glap. et Lachm. | Fig. 47—49. Eine echte Lacrymaria, wenn auch nicht im Enrengerg’schen Sinne, ist dagegen eine yon mir nur vereinzelt zwischen Fleischfasern gefun- dene Art, die ich für die von CLArarkve und Lacnmann bei Bergen ent- deckte L. Lagenula halte. Sie schwimmt stürmisch unter stetem Rotiren durchs Wasser, wobei ihr Leib etwas schwankt; dieser ist mässig re- tractil und kann sich aus dem Oblong-Cylindrischen (Fig. 47) zur Ku- gelform (Fig. 49) einziehen; der Hals Aesehn streckt sich nur ganz wenig aus und trägt ein von einer flimmernden Wimperkrause um- gebenes Köpfchen, so dass die Gesammtform mit der Enrenpere’schen Gattung Phialina, die jedoch zu Lacrymaria gezogen werden muss, übereinstimmt. Der Körper ist dicht gefüllt mit stark lichtbrechenden (Fett) Körnern und daher undurchsichtig, doch lassen sich seine Längs- streifen und eine totale Bewimperung ermitteln ; Querstreifung wurde nicht beobachtet. Charakteristisch ist, dass das Hinterende sich manch- mal bandförmig abplattet wie ein Fischschwanz, sich wohl auch etwas dreht wie eine Schiffsschraube (Fig. 48), so dass das Thier je nach der Stellung wechselnde Formen zeigt. Bei der Retraction zur Kugel wird das platte Ende wieder eingezogen (Fig. 49). In diesem Hintertheil ist die contractile Blase deutlich erkennbar. Die Länge in extendirtem Zu- stande mag 0,01 Mm. (%%,'") betragen. - Th. W. EneeLmann hat bei seiner Lacrymaria elegans ebenfalls eine zeitweise Abplattung des hinteren Drittels beobachtet (Bd. IX. Heft 4 dieser Zeitschrift, p. 32 Taf. XXVII. Fig. 2, 3). 3. Metacystis truncata nov. gen. et spec. _ Fig. 39, 40. Unter faulen Algen in Gesellschaft von Oxytricha flava m. und Stichochaeta pediculiformis m. lebt, oft häufig, ein sonderbares Thier- chen, welches in der Regel genau die Gestalt eines Kegelstumpfs be- sitzt, doch kommen kürzere eiförmige (Fig. 39 ac) und längere ceylin- drische Formen (Fig.40b) vor. Das breitere hintere Ende schliesst ent- weder — in selteneren Fällen — abgerundet den Körper ab (Fig. 39 a), oder was gewöhnlicher — der Körper trägt am hintern Ende noch eine gallertartige, das Licht stark brechende, fettig glänzende, ganz kör- nerlose Blase, während der Vorderkörper durch zahlreiche grössere und kleinere Körnchen, die er einschliesst, meist schwärzlichgrau und undurchsichtig ist, seltener ist derselbe klarer, mit grösseren Körnern 266 Dr. Ferdinand Cohn, (Fig. #0). Die hintere Blase ist bald kleiner, so dass sie nur als ein sichelförmiger Rand erscheint (Fig. 395, 405), bald ist sie grösser und völlig kreisrund (39c). Aber auch in ersterem Falle erkennt man meist, dass dervordere Theil der kugligen Blase nur von den Körnchen des Kör- pers, in den sie eingesenkt ist, verdeckt wird. Der Vorderkörper ist starr, von einer quergeringelten Guticula bedeckt und mit Wimpern bekleidet, die jedoch sehr kurz und fein, und daher schwerer zu sehen sind. Dagegen umgiebt ein grosser aufrechter Wimperkranz, dessen Wellen sehr deutlich und meist allein sichtbar sind, den abgestutzten Rand des vordern schmäleren’ Endes. Nucleus und contractile Blase, ja selbst Mund und After waren wegen der rastlosen Beweglichkeit und Undurchsichtigkeit des Thierchens nicht sicher zu ermitteln. Die Bewegungen sind durch ihre Stetigkeit und Schwerfälligkeit charakte— risirt und bestehen aus einem ununterbrochenen gemässigten Rotiren um die Längsaxe, welches mit einem gleichmässigen Vorwärtsschwim- men in gerader, wie in bogenförmiger Richtung verbunden ist. Manch- mal taucht auch das Thier mit dem Vorderende in die Tiefe oder ver- lässt seine Bahn, um kürzere Zeit rückwärts mit nachschleifendem Vor- derende zu schwimmen, kehrt dann in die frühere Richtung zurück, rollt sich unter die Algen, in deren Zwischenräumen es sicher seinen Weg findet, tritt dann wieder ins Freie u. s.f. Wenn das Wasser durch Verdunsten sich stärker concentrirt, so rotirt das Thier um seine Axe, ohne den Ort zu verändern, und löst sich dann in kleine Körnchen auf, wobei die Schwanzblase oft abgedreht wird. Seine Länge wurde-zu 0.03 Mm. (1,5) bestimmt, doch finden sich auch ganz kleine Indivi- duen, von 0,01 Mm. (1/00 ) (Fig. 40c), sowie cylindrische von 0,04 Mm. (iso, (Fig. 40a,b). Die Verwandten suchte ich zuerst bei den Vorticellen, bis ich die holotriche Bewimperung entdeckte, welche eine nähere Beziehung zu Lacrymaria oder Phialina anzudeuten scheint. So lange die Stelle des Mundes nicht ermittelt ist, lässt sich jedoch sein Platz im System nicht sicher ermitteln. Die Selbstständigkeit der Gattung ist wohl kaum zu bezweifeln ; fraglich ist, welche Bedeutung der Schwanzblase zukommt. Ihr optisches Verhalten erinnert an die »Sarcodetropfen«, welche manche Infusorien beim Absterben ausschwitzen. Indess ist die »Sarcodeblase« bei Metacystis sicherlich keine pathologische Bildung, da sie allen In- dividuen mit wenig Ausnahmen zukommt. Nur die Grösse, oder viel- mehr die Isolirung der Blase aus der gekörnten Körpersubstanz ist bei verschiedenen Thierchen verschieden. Ich vermuthete anfänglich eine entwicklungsgeschichtliche Beziehung zu Trachelocerca Phoenicopterus, mit der die Metacystis oft gleichzeitig vorkommt, indess lässt sich durch- | Neue Infusorien im Seeaquarium, 967 aus kein Anhalt für eine solche Hypothese gewinnen, umsoweniger, als die’ Metacystis schon bei einer schwachen Concentration des Seewas- sers zerfliesst, während Trachelocerca sich selbst im concentrirtesten Wasser unbeschädigt erhielt. Es ist mir nicht zweifelhaft, dass das von O. F. Mürzzr als Tri- _ chodaPaxillus in der Encycl. meth. Pl. 14 Fig. 31 abgebildete In- fusorium die cylindrische Form unserer Metacystis truncata darstellt. Von neueren Forschern scheint dieselbe nicht erwähnt zu sein. 4. Nassula microstoman. Sp. Fig. 4, 5. 2 - Mit diesem Namen bezeichne ich ein Thierchen, welches dem Pro- rodon marinus CLAPAREDE und LacHmann nahe verwandt, an der Ober- fläche des Wassers unter lebenden Oscillarien sich ziemlich zahlreich aufhält; sein Körper ist oblong vom Rücken etwas zusammengedrückt, das hintere Ende etwas spitzlich, das vordere stumpf abgerundet. An der Seite befindet sich nahe dem vordern Ende eine flache Einbuch- tung, welche zu einer rundlichen Mundöffnung (Fig. 4 m) führt; an die- ser entspringt ein schief nach innen verlaufender, am hintern Ende etwas aufgeblasener, kurzer, röhriger Schlund, an dem ich einzelne Zähne nicht unterscheiden konnte. In der Mitte des Körpers befindet sich ein schiefer Nucleus, vielleicht mit anhängendem Nucleolus (Fig. 5n) eine Kleine contractile Vacuole (Fig. Av) wurde im zweiten Drittel des Körpers beobachtet, wahrscheinlich sind ihrer zwei vorhanden. Die ‚Hautbedeckung ist ziemlich starr, parallel längsgestreift; die Wimpern, welche den ganzen Körper rings umkleiden, sitzen in Reihen auf den Längsfurchen. Die Farhe des Thierchens ist fleischroth; sie rührt nicht von der Nahrung, sondern von feinen, in der Cuticula liegenden Körnchen (Trichocysten?) her. Oberhalb des Mundes findet sich ein dunklerer Fleck, wie ihn EureEngerg von vielen Nassulaarten abbildet (Gallenorgan!) (Fig. 5). Retractilitätserscheinungen fehlen im Leben ganz. Die Länge des Thierchens beträgt 0,1 Mm. (Y, ), die Breite '/; der Länge; die Bewegung ist stetig geradlinig, aber schwerfällig, ohne Rotation um die Axe; das Thierchen bleibt oft lange im Gesichtsfelde. Es könnte zweifelhaft scheinen, ob diese Art nicht zur Gattung Prorodon zu stellen sei, da CLararkde und Lacnnann bei mehreren Arten dieser Gattung aus dem süssen Wasser angeben, dass der Mund nicht genau polar, sondern etwas seitlich liege (l.:c. p. 31 8). Höchst wahr- scheinlich ist unsere Art identisch mit dem Paramecium microstomum, welches Crarartpe und Lachmann im Fjord von Bergen fanden, und 268 Dr. Ferdinand Cohn, dessen Farbe diese Forscher als gelbbraun bezeichnen (l. c. p. 268, Tab. XIV. Fig. 9). Die Schlundröhre scheint mir aber ebenso wie die Beschaffenheit des Mundes und die Farbe mehr mit Nassula als mit Pa- ramecium übereinzustimmen. Vielleicht stellt Pl. IV. Fig. 5—9 das O.F. Mürrer’sche Paramecium Chrysalis ebenfalls unsere Nassula dar. Viel- leicht ist auch Panophrys Chrysalis Duj. oder die unvollkommen be- obachtete Panophrys rubra Duj. (l. c. p. 492, Pl. XIV. Fig. 7 u.8) mit derselben identisch, doch konnte ich die am Munde von DuJarpın an- geführte Anschwellung an unseren Exemplaren nicht auffinden. 5. Placus striatus nov. gen. et spec.) Fig. 6, 7. Dieses ausgezeichnete Thierchen hat eine stark vom Rücken zusam- mengedrückte sphäroidale Gestalt, etwa wie gewisse Kuchen ; die breitere ‘Fläche ist oblong oder oval, etwa doppelt so lang als breit und übertrifft die Dickendimension um das Vierfache. Die äussere Hautbedeckung ist gelblich, stark lichtbrechend und ganz starr, wie der Panzer von Go- leps; er ist durch parallele, dichte, schiefe und tiefe, Sförmig ge- schwungene Furchen, die sich rechtwinklig kreuzen, sehr elegant ge- zeichnet, gleichsam guillochirt. Etwas unter der vordern Spitze befindet sich seitlich eine kreisrunde oder mehr in die Länge gezogene Mund- öffnung (Fig. 7m), an der jedoch keine besonderen adoralen Wimpern vorhanden sind. Dagegen ist die ganze Körperoberfläche mit langen, in Reihen längs der Querfurchen geordneten Gilien bekleidet. Ein dunk- ler kugliger Nucleus (Fig. 7n) befindet sich im Centrum des Thieres; eine contractile Blase von wechselnder Grösse (Fig. 7v) am hintern Ende. Einmal fand ich zwei Kerne neben einander (Fig. 7), vielleicht beginnende Theilung. Auf dem Objectglas eingetrocknet, bleibt der Panzer unverändert und zerfliesst nicht. Die Bewegung ist schnell und kräftig, meist in gerader Richtung, vorwärts rollend, mit gleichzeitigem Wälzen um die Längsaxe, so dass abwechselnd die breitere und schmälere Fläche dem Auge sich zukeh- ren. Da es nie still steht, ist das Thier schwer zu beobachten. Es hält sich vorzugsweise unter lebenden Algen (Spirulina versicolor m., Ec- tocarpus etc.) auf, welche am Rande des Wassers der Glaswand auf- sitzen, und kommt oft in einem Tropfen in zahlreichen Individuen vor. Unter verwesenden Stoffen am Boden fand ich es niemals. Fortpflan- zung wurde nicht beobachtet. Seine Länge beträgt 0,03 Mm. (Y,,”), die Breite 0,045 Mm. (Yıso )- 1) Von ITAarovs Kuchen, nach der Körperform. Neue Infusorien im Seeaquarium, 269 Ueber die Verwandtschaft dieser Art bin ich nicht ganz sicher, die allgemeine Form erinnert an Glaucoma; doch fehlen die fimmernden Lippen dieser Gattung ; der gestreifte Panzer scheint auf Coleps zu wei- sen, von dem jedoch der seitliche Mund abweicht. Indess möchte ich in die Nähe dieser Gattung unsere Form unterbringen, deren Charakter in der panzerartig erhärteten, guillochirt gestreiften, mit Wimpern _ rings bekleideten Cuticula und der unter der Spitze befindlichen late- ralen Mundöffnung zu suchen ist. Bei richtiger Einstellung zeigt auch der Panzer von Placus jenes durchbrochene Ansehen, welches bei Co- leps zur Annahme einer netzartig durchlöcherten Hautbedeckung ge- führt hat, die ich übrigens nur für eine optische Täuschung zu halten geneigt bin. 6. Amphileptus Gutta n. sp. Fig. 50. Ich beobachtete dieses Thierchen in einer abgestorbenen Auster des Aquariums in zahlreichen Individuen; vorher und nachher ist es mir nicht wieder begegnet. Der Körper ist dunkelgrau, birnförmig, nach hinten kuglig abgerundet, das vordere Ende in eine hakenförmige Spitze ausgezogen, so dass die eine Seite concav, die andere convex ist. Die Haut ist durch senkrechte, parallele Furchen fein und dicht längsgestreift und an der ganzen Oberfläche gleichmässig bewimpert. Die Mundöffnung befindet sich im ersten Drittel an der concaven Seite, ist kreisrund und führt in einen kurzen Schlund. Die Leibeshöhle ist mit Wasser erfüllt, welches grössere und kleinere, durch dichtere Plasmastränge und Scheidewände von einander geschiedene, meist kug- lige Blasen bildet, während die innere Seite der Hautbedeckung mit einer zusammenhängenden Schicht von Plasma bedeckt ist. In letzte- rem sind in regelmässigen Abständen kuglige Körner eingebettet, die vielleicht als Kerne zu betrachten sind. Eine contractile Blase wurde am hintern Ende beobachtet. Die Bewegung ist eine stetige, beruhend auf ununterbrochenem, wenn auch etwas schwerfälligem Rotiren um die Längsaxe, wobei die Spitze leicht aus der Ebene kommt; daher ist das Thierchen schwer zu fixiren. Beim Concentriren des Tropfens zerfliesst das Thier in eine dun- kelkörnige Masse, in der die Kerne zurückbleiben. Da dasselbe einen etwas retractilen Körper besitzt, der sich aus dem Ovalen ins Ob- longe ausstrecken und wieder einziehen kann, so lässt sich auch seine Länge nicht genau feststellen ; ich schätzte dieselbe zu 0,12 Mm. (is). Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 19 270 | Dr, Ferdinand Cohn, Meiner Ansicht nach ist dieses Thierchen zunächst mit mehreren Arten der Enrenxperg’schen Gattung Trachelius, insbesondere mit Tra- chelıus vorax Ehr., sowie mit Trachelius Ovum verwandt, mit dem es die schaumige hohle Beschaffenheit der Körperhöhle gemein hat; ichkann mich wenigstens, in Uebereinstimmung von Ste, nicht davon über- zeugen, dass der von GEGENBAUR angenommene verzweigte Darıncanal etwas anderes sei, als ein centraler verästelter Plasmastrang. Aller- dings besitzt Trachelius Ovum zahlreiche contractile Blasen, auf der innern Körperoberfläche zerstreut, sowie die von GEGENBAUR aufgefun- dene besondere Oeffnung für das Wassergefässsystem. Obwohl, wie Stem°mit Recht bemerkt, die contractilen Blasen bei den Meeresinfu- sorien meist nur schwer zu ermitteln sind, dieselben bisher auch noch nicht zu generischen Trennungen benutzt wurden, so stehe ich doch an, unsere Art mit Trachelius Ovum in einer Gattung zu vereinigen, und ziehe es vor, dieselbe zu der nächst verwandten Gattung Amphi- leptus in der von CLAPAREDE und LacHmann gegebenen Begrenzung ein- zureihen. 7. Lembus!) velifer nov. gen. et spec. Fig. 12—48. Dieses Thierchen repräsentirt einen höchst eigenthümlichen Typus, den ich am besten mit einem kleinen Segelboot vergleichen möchte. Es- ist ausgezeichnet durch seinen flexilen und vollkommen elastischen Körper, der nur wenig dunklere Kügelchen einschliesst, und eine von der Seite flach zusammengedrückte, schmale linear lanzettliche Gestalt be- sitzt; das Hinterende ist abgerundet oder auch etwas verjüngt; noch stärker verdünnt ist das Vordertheil, welches meist einen linearen, an der Spitze gebogenen Rüssel oder Hals darstellt, so dass man ein Lo- xophyllum oder einen Trachelius (etwa T. Lamella) vor sich zu haben glaubt. Auf der Oberseite des Körpers befindet sich eine von vorn bis zum zweiten Drittel desselben reichende Spalte (die Mundspalte) (Fig. 43, 44), aus welcher scheinbar eine segelartige Membran mehr oder weniger herausgestülpt und wieder eingezogen werden kann. Diese scheinbare Membran ist am hintern Ende der Spalte befestigt, ihr freier Rand steigt von hier aus schief aufwärts und nach vorn, er ist meist quergerunzelt oder auch ganz scharf, gleich einem mehr oder weniger straff gespannten Segel. Dieses Segel kann mehr oder minder hoch aufgerichtet, nach rechts oder links umgelegt, oder scheinbar ganz in die Vertiefung der Spalte eingezogen werden. Untersucht man jedoch 4) Lembus, Kahn. Neue Infusorien im Seeaquarium. 271 das Segel mit einer Harrnack’schen Immersionslinse, so zeigt sich das- selbe nicht blos am freien Rande, sondern der ganzen Länge nach dicht quergestreift, und da sich bei gewissen Drehungen das Segel in eine Garnitur langer schwingender Cilien auflöst, so glaube ich, dass der membranartige Anblick des Segels im Ruhezustande nur von einer engen Aneinanderreihung und Verbindung getrennter Wimpern ent- steht, in ähnlicher Weise wie bei einem auseinandergebreiteten Damen- -fächer durch die sich seitlich berührenden Stäbe eine zusammenhän- gende Scheibe gebildet wird. | Die äussere Körperbedeckung ist von zarten, parallelen, horizon- talen Querfurchen geringelt, namentlich deutlich am Hintertheil; an diesen sitzen die in Reihen stehenden, den ganzen Körper bekleidenden langen Cilien, welche an der Halsspitze einen etwas längeren Büschel bilden. Ebenso garnirt eine lange, rückwärts gekrümmte Wimper- mähne(Fig.12,15,16) die Ränder der Mundspalte zu beiden Seiten des Segels. Eine contractile Blase befindet sich stets am hintern Ende des Körpers (Fig. 12, 15, 47); häufig fand ich aber auch mehrere durch- sichtige Bläschen reihenweis hintereinander (Fig. 13, 44, 46); After und Nucleus wurden nicht deutlich; vielleicht sind auch hier mehrere kleine Kerne vorhanden. Die Bewegung des Thierchens ist, wenn dasselbe frei im Wasser schwimmt, rasch und stetig, vorwärts mit zitterndem Hals, auch wohl abwechselnd wieder rückwärts schwimmend, mit nachgezogenem Vor- dertheil; es ist dann schwer zu fixiren. Wird es aber zugleich mit ver- wesenden Thierstoffen, unter denen es am liebsten und oft in zahl- _ reichen Schaaren sich aufhält, unter das Mikroskop gebracht, so sieht man dasselbe sich gewandt zwischen den fremden Körpern hindurch- zwängen, wobei die vollkommene Elasticität des Leibes, die fast wie Con- tractilität aussieht, sehr hervortritt; es bohrt Stollen und Gänge nach allen Richtungen in die verwesende Fleischmasse. Mitunter liegt es still zwischen Algen und lässt sich dann leicht untersuchen ; selbst die Ci- lien sind dann längere Zeit unbeweglich ; nur das Segel wird unabläs- sig herausgestreckt, gewendet und eingezogen, ist sonst aber unbe- wegt, nicht flimmernd, während neben dem Segel eine Reihe getrennter Wimpern als ein die Lippen der Mundspalte bekleidender langer Schnurrbart thätig bleibt. Oft flimmert nur ein Theil des Körpers, wäh- rend die übrigen Wimpern ruhen. Nach einer Pause schwimmt dann das Thierchen wieder ins Weite. | Ich beobachtete nur einmal Quertheilung, häufiger dagegen Längs- theilung, besonders bei kleineren Exemplaren, wobei sich die Hals- theile der Tochterthierchen kreuzen (Fig. 18). Es stellt sich dabei her- 19 * > + Geht ı 272 Dr, Ferdinand Cohn, aus, dass auch Individuen, die noch nicht die Hälfte ihrer normalen Grösse erreicht, schon theilungsfähig sind. Die grössten Exemplare, die ich maass, hatten eine Länge von 0,08—0,13 Mm. (Ya—"/a0"”), bei ca. 0,016 Mm, (Y,50”) grösste Breite, andere hatten nur 0,038—0,05 Mm. (Yo — "Vo" ) Länge, die grössten waren acht- bis zehnmal, die kleineren fünf- bis sechsmal so lang als breit. Die grössten Exemplare fanden sich zwischen Fleisch ; Indigo nahmen dieselben ebenfalls in kleinen-Bissen auf. Von den schon früher beschriebenen Infusorien ist höchst wahr- scheinlich unter dem neuerdings nicht wieder gefundenen Vibrio Ver- minus O. F. Mürzer (Encyel. method. Pl. #4. Fig. 1— 6), sowie mög- licherweise auch unter dem sehr unvollkommen beobachteten Trache- lius teres Duj. unsere Form verborgen. Die Mürzer'sche Zeichnung giebt den Habitus sehr charakteristisch wieder, ebenso die Theilung. Iden- tisch ist unser Lembus wahrscheinlich auch mit dem von LAcHmann im Fjord von Christiania entdeckten Cyclidium elongatum, das in dem von ihm und Crarırkoe herausgegebenen Infusorienwerke auf p. 273. vol.I beschrieben, und auf Tab. XIV. Fig. 5 abgebildet ist. Lacumann be- schreibt jedoch unser Segel ungenau als eine aus dem Munde heraus- ragende Geissel (soie buccale), deren Richtung naturgemäss angegeben, von CLAPAREDE mit Unrecht bezweifelt wird; er beschreibt ferner den After nahe der contractilen Vacuole. Das eigenthümliche, aus unbeweglichen Wimpern zusammenge- setzte Mundsegel, der Mangel der Springborste und die davon abhän- genden ganz abweichenden Bewegungen machen es mir unmöglich, unsere Art mit dem EnreEngere’ schen Cyclidium Glaucoma in eine Gat- tung zu stellen; übrigens scheint es mir, dass unter letzterer Benen- nung zwei verschiedene Thierchen verwechselt werden, von denen das eine (Pleuronema Cyclidium Clap. et Lachm. =Alyscum saltans Duj.) al- lerdings mit unseren Lembus velifer nahe verwandt und in eine Fa- milie (Pleuronemeae) zu vereinigen ist, während das Gyclidium Glau- coma, welches Stein als Embryo von Chilodon betrachtet (Entwickl. d. inf. p. 135), etwas ganz Anderes zu sein scheint (vgl. Nr. 10 u. A). Ste glaubt auch bei Pleuronema Chrysalis @ne undulirende Membran mit Mundspalte, analog dem Segel von Lembus, zu finden (Org. d. Inf. p. 73), während Crararkde und Lachmann einen Wimperbüschel an- geben (l. c. p. 274). | Neue Infusorien im Seeaquarium. 273 8. Anophrys sarcophaga nov. gen. et spec. Fig. MM. Zwischen verwesenden Fleischfasern lebt diese Art in zahllosen Exemplaren, da sie sich vorzugsweise von animalischen Stoffen er- nährt. Ihr Körper besitzt eine blassgelbe Farbe und eine walzenför- mige, oblonge, nach hinten abgerundete Gestalt, die sich nach vorn all- mählich in eine schwach hakenförmig gekrümmte Spitze oder Rüssel 'verschmälert. Der Rüssel, welcher auf der einen Seite convex, auf der andern concav erscheint, ist etwas elastisch biegsam, der übrige Kör- per starr. Die Haut ist fein und eng längsgestreift, sowie noch dichter und zarter quergeringelt (Fig. 51 a,b), so dass die Structur der Guticula etwa an die Schuppen von Hipparchia, oder auch an unsere Trachelo- cerca erinnert. Der Mund liegt am Grunde des Rüssels auf der con- caven Seite nahe dem vordern Ende, und ist eine nach innen in einen kurzen Schlund eingebuchtete, oblonge Spalte (Fig. 51 a, b), aus dieser tritt ein sehr langes, präorales Wimperbüschel heraus, welches den Anschein einer fimmernden Membran gewährt. Auch die ganze Körper- oberfläche ist mit dichten, zarten Wimpern besetzt; eine längere Schwanzborste erinnert an Uronema oder Alyscum; auch die Ci- lien des Rüssels sind länger und deutlicher und wirbeln beständig, während die Wimpern des Hinterleibes oft still stehen und schwer zu sehen sind. Wenn das Thierchen mit Nahrung gefüllt ist (Fig. 51 c), so wird es dicker und walzenförmig, auch durch zahlreiche Fetttröpfchen ganz undurchsichtig; ist es aber leer, so erscheint es ganz klar und farblos, auch ist es dann von der Seite etwas zusammengedrückt und weit schmäler. Alsdann erkennt man deutlich den grossen kreisför- migen Nucleus in der Körpermitte, sowie die contractile Blase dicht am hintern Ende. Die Bewegung ist die allen gekrümmten Infusorien eigenthümliche, ein rolirendes Bohren, wobei die Spitze einen Kreis beschreibt und fort- während aus dem Gesichtsfeld kommt; sie ist schnell, doch nicht so stürmisch wie bei Helicostoma, mit dessen Jugendform ich anfangs un- sere Art verwechselte, ehe ich die genaueren Details ihres Baues er- mittelt hatte. Oft steht däs Thierchen längere Zeit ganz unbeweglich still; man findet ganze Haufen um ein faulendes Fleischstückchen ver- sammelt, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Bei starker Concen- tration des Tropfens platzt die Cuticula, die Körnchen treten aus, die Haut selbst erhält sich länger, scheint aber auch zu zerfliessen. Einigemal wurde Quertheilung beobachtet. Die Länge der ausge- wachsenen Thierchen bestimmte ich zu 0,06 Mm. ("%,”’), die Breite zu 0,045 Mm. ("420"). 274 Dr. Ferdinand Cohn, Die Gattung Anophrys schliesst sich nahe an Amphileptus in der CLaPrarkpE—LacHnmann schen Begrenzung und unterscheidet sich hauptsächlich nur durch das aus dem Munde herausragende Wimper- büschel. Auf der andern Seite scheint mir unsere Form nächstverwandt mit der Enrengerg'chen Leucophrys carnium, welche dieser Forscher an- fänglich für nackt gehalten und deshalb als Trichoda carnium bezeichnet hatte. Ich würde den Enrengerg’schen Gattungsnamen beibehalten, wenn derselbe nicht von CLAPARkDE für eine ganz verschiedene Gruppe (Leucophrys patula Ehr.\ angewendet worden wäre. Ich habe mich daher genöthigt gesehen, einen neuen Gattungsnamen (Anophrys) zu bilden, und darunter neben der Leucophrys carnium unsere sarcophaga einzuordnen. % 9. CGolpoda pigerriman. sp. Fig. 52. Ich habe dieses Thierchen ebenfalls zwischen Fleischfragmenten doch nur vereinzelt, beobachtet; es hat einen sehr durchsichtigen, farb- losen, mit weiteren Längs- und dichteren Querstreifen gezeichneten Körper von kurz elliptischer Gestalt, daher beiderseits spitz; das vor- dere Ende stellt einen dünneren Rüssel dar, der etwas flexil ist und sich daher biegen kann, während der Hinterkörper etwas retractil ist und sich ein wenig zu strecken oder einzuziehen vermag. Am Grunde des Rüssels befindet sich die Mundöffnung, die in einen ausge- buchteten Schlund führt; aus diesem ragt ein Büschel langer Wimpern frei heraus; die Wimpern, welche den übrigen Körper bedecken, sind sehr kurz. Die Bewegungen des Thierchens sind ausserordentlich träge, indem es sich unter langsamem Rotiren im Kreise umher dreht, ohne das Gesichtsfeld zu verlassen. Trotz der grossen Durchsichtigkeit des milchweissen Körpers übersah ich den Kern; eine contractile Blase wurde an der Seite des Mundes sicher festgestellt; ob eine weite Blase über dem Hinterende contractil ist, konnte ich nicht ermitteln. Die Länge des Körpers beträgt 0,03 Mm. (%/3""). Ich stelle diese Art zur Gattung Colpoda, mit der sie durch den busenförmigen Mundausschnitt wie die aus letzterem hervorragenden, von Stein ermittelten Wimperbüschel übereinstimmt (Entw. d. Inf. N p: 15. 9): Unter die Infusorien, welche sich am liebsten um verwesende Fleischstückchen versammeln, gehören zwei von Dusarnın aufgestellte Arten, welche in neuerer Zeit nicht genauer beobachtet zu sein scheinen. Neue Infusorien im Seeaquarium. 4 275 10. Uronema marinum Duj. Fig. 53. ‘ist eine in unzähligen Individuen vorkommende Art, die sich am leich- testen durch ihre Bewegungen charakterisirt. Es ist ein ovales, bei- derseits abgerundetes, vorn etwas schmäleres und nach der Bauchseite schwach ausgeschweiftes Thierchen von sehr verschiedener Grösse, dessen Körper eine Anzahl ziemlich weiter Längsfurchen, sehr zarte Querstreifung und eine totale Bewimperung zeigt, die jedoch nur am schmäleren Vorderende lang und ausserordentlich schnell und intensiv wirbelnd, aın Hinterleib dagegen nur sehr kurz, zart und meist unbe- weglich ist. Dagegen befindet sich am Hinterende in der Verlängerung der Körperaxe eine lange Springborste. In der Nähe liegt die contrac- tile Blase. Die Thierchen liegen längere Zeit still, drehen sich dann plötzlich, so dass sie Rechtsum oder Kehrt machen, springen ein Stück - chen in dieser neuen Richtung fort, aber nicht weit, oder schwimmen eine Strecke gradaus, um bald darauf wieder still zu stehen ; mit diesen Manoeuvres wechseln sie von Zeit zu Zeit ab. Obwohl die Thierchen feste Nahrung (Indigo, Fettkörnchen)aufnehmen und sich dadurch oft so füllen, dass ihr sonst sehr klarer Körper ganz undurchsichtig wird, so ist doch die Mundöffnung direct kaum wahrzunehmen, doch liegt die- selbe offenbar auf der concaven Bauchseite, etwa in der Mitte des Kör- pers. Ausgewachsene Thierchen sind 0,02—0,03 Mm. (Yo — "/4s"') lang und 0,01—0,015 Mm. (Yaoo— "iso" ) breit. Unsere Art stimmt mit Du- JARDINS Uronema marinum (Histoire des inf. p. 392, Pl. VI. Fig. 13) nicht blos in der allgemeinen Form, sondern auch durch die terminale Springborste, obwohl der französische Forscher ihr offenbar mit Unrecht den Mund abspricht, da dieselbe Indigo in feinen Körnchen aufnimmt. Meine Vermuthung, dass Uronema marinum in den Entwicklungs- kreis der vielfach ähnlichen, aber durch die Beschaffenheit des Mundes, die quergeringelte Haut und die Grösse verschiedenes Anophrys sar- cophaga gehöre, habe ich nicht bestätigen können. Stein (Entwicklung der Infusionsthiere p. 137), sowie CLAPArtpE und LAcHmann (l. c. p. 272) erklären in etwas summarischer Weise die Dusarnın’sche Art für iden- tisch mit Gyclidium Glaucoma Ehr., sowie mit Alyscum saltans Duj., Aco- mia Ovulum Duj. und Enchelys nodulosa und triquetra Duj. Ohne über die letzteren der Dusarpın'schen Arten, die sehr ungenau beschrieben und abgebildet sind, abzuurtheilen, halte ich doch Uronema marinum durch den Mangel der präoralen Wimpern für durchaus verschieden von dem durch die steifen Borsten charakterisirten Cyclidium Glau- coma, welches letztere mir allerdings mit Alyscum saltans Duj. iden- 276 Dr. Ferdinand Cohn, tisch scheint. Eine dem letzteren sehr nahe stehende Art kommt auch im Meerwasser häufig vor, die ich als 11. Pleuronema (Alyscum) Citrullus n. sp. Fig. 54. bezeichnen will. Der starre Körper hat die Form einer Citrone, oval, an beiden Enden knopfartig verdünnt, mit wenigen parallelen Längs- streifen. Er ist von der Seite etwas zusammengedrückt und der Rücken stärker gewölbt als die abgeflachte Bauchseite, auf der eine flache Ein- buchtung zur Mundspalte führt; aus dieser sind ein wirbelndes, langes Wimperbüschel, sowie eine steife, hakenförmige, rückwärts gekrümmte, gewöhnlich unbewegliche, nur selten schlagende Borste herausgesteckt. Lange steife, gewöhnlich ruhende Wimpern bedecken borstenartig die ganze Körperfläche. Eine längere Borste am hintern Ende scheint, ähnlich wie bei Uronema, zum Sprin— gen zu dienen. In der Nähe liegt die contractile Blase; ausserdem fin- den sich eine bis zwei Blasen in der Mitte des durchsichtigen Körpers, der sonst in der Regel nur wenig dunklere Körner unterscheiden lässt. Die Länge des Körpers beträgt nur 0,036 Mm. (?/,, ""). Die Bewegung ähnelt der von Uronema, doch schwimmt das Thierchen ziemlich rasch geradaus, bleibt dann stehen mit unbeweglichen Wimpern und springt plötzlich ein Stück fort ete. Alyscum Citrullus ist offenbar mit dem Alyscum saltans des süssen Wassers sehr nahe verwandt, welches sicher das Cyclidium Glaucoma CLAPAREDE und LAcHMann’s, und wohl auch EnrEnBERG’s, aber schwerlich Stein’s gleichnamige Art sein mag; die eigenthümliche eitronenähnliche Gestalt macht es mir jedoch rathsam, die Form des Meeres für eine be- sondere Art zu erklären, obwohl CGrarır&pe und Lacnmanv beide für identisch zu halten scheinen (l. c. p. 272). Dusarpın hatte das Wim- perbüschel, Crarartpe und Lacnmann die hakenförmige Borste entdeckt; ich finde beide gleichzeitig, jene wirbelnd, diese meist unbewegt, ganz wie jene Forscher dies von der Gattung Pleuronema angeben (l.c.p. 276). Vielleicht entspricht jene hakenförmige Borste einem aus Wimpern zu- sammengelegten Segel, wie ich dies von Lembus nachgewiesen habe. Stein schreibt dem Pleuronema eine flimmernde Membran zu, die in der Mundspalte befestigt sein soll (Organ der Inf. p. 73). In der That be- schreiben CLAPARkDE-LacHmann ein Pleuronema Gyclidium (l.e. Pl. XIV. Fig. 6, p. 276), von dem sie selbst zweifelhaft sind, ob’ es nicht mit ihrem Cyelidium Glaucoma zusammenfällt, doch vermissen sie an letz- terem die rückwärts gerichteten Borsten. Wir stehen nicht an, Alyscum N Neue Infusorien im Seeaquarium, 277 Citrullus und saltans bei ihrer unzweifelhaften Verwandtschaft mit _ Pleuronema als Subgenus zu dieser Gattung zu ziehen, welches durch die eigenthümliche Beschaffenheit der langen, steifen, den Körper be- kleidenden Borstenwimpern und die terminale Springborste sich cha- rakterisirt. Unserer Ansicht nach bilden Pleuronema (Alyscum) saltans, Citrullus, Chrysalis, Lembus velifer, Golpoda pigerrima, Anophrys sar- _ cophaga, sowie mehre, mir nicht näher bekannte Arten eine natürliche Gruppe, welche durch die einfach längs: oder übers Kreuz gestreifte, wenig oder gar nicht retractile Körpersubstanz, den seitlichen Mund und die langen präoralen Wimperbüschel charakterisirt und als Familie der Pleuronemea bezeichnet werden kann. 12. Helicostoma oblongum nov. gen. et Spec. Fig. 19—23. Sturmschnell zieht dieses Thierchen von grauer Farbe durch das Gesichtsfeld; ohne einen Augenblick still zu stehen, stürzt es sich in fieberhafter Unruhe unter stetem Rotiren um die Längsaxe bald aus dem Wasser unter die CGonferven, dann wieder umkehrend aus dem Algen- gewirr in den freieren Tropfen, indem es zugleich beim Rotiren mit dem Vorderende einen Kreis beschreibt und dadurch scheinbare Zick- zack- oder Schlängelbewegungen macht, oder längere Zeit rückwärts schwimmt; erst wenn beim allmählichen Verdunsten das sich concen- trirende Seewasser die Zwillingskrystalle von Gyps am Rande des Tropfens auskrystallisiren lässt, werden seine Bewegungen langsamer; aber erst kurz vor dem Absterben wird es so ruhig, dass es genauer sich beobachten lässt. Seine Gestalt ist in der Regel, namentlich im jugendlichen Zustande, vom Rücken her mehr oder weniger zusam- mengedrückt (Fig. 20), in anderen Exemplaren aber nahezu ceylin- drisch, manchmal fast dreiseitig, auch wohl ein wenig Sförmig gebo- . gen, an Paramecium Aurelia erinnernd ; sein Umriss ist oblong, drei- - bis viermal so lang als breit. Das hintere Ende ist stumpf abgerundet, das vordere dagegen etwas flacher und schief von vorn nach hinten ab- gestutzt, so dass es in eine abgerundete Spitze ausläuft, die an Para- mecium versutum (Loxodes Bursaria) oder an Loxodes Rostrum erin-— nert. Diesen Vordertheil durchzieht eine schiefe und tiefe Furche, die Mundspalte, welche beiderseits von wulstigen Lippen eingefasst, bis zur Mitte des Körpers reicht, wo sie in einer kreisrunden Mundöffnung endet (Fig. 23m). Von dieser beginnt im Innern des Körpers, etwa in der Mitte desselben liegend, ein sehr eigenthümlicher, sichelförmig ge- bogener oder vielmehr schneckenartig gewundener Schlund, welcher 378 Dr. Ferdinand Cohn, 398 nach hinten und dann wieder nach vorn aufsteigend, einen starren und deutlichen, aber bei den lebhaften Bewegungen des Thieres nur schwer zu verfolgenden Schlundkopf (Pharynx) (Fig. 19 m) darstellt. Flimmer- organe habe ich im Schlunde nicht gefunden. Das Thier nimmt durch diesen Schlund reichlich Indigo im Seewasser auf, welcher fast die ganze Körperhälfte bis zur contractilen Blase blau färbt. Ein grosser, kreisförmiger Nucleus wird in der Mitte des Körpers sichtbar (Fig. 19 m) ; er ist bei durchsichtigeren Thieren von dunklen Körnchen umgeben, so dass bei schwächerer Vergrösserung diese farblos mit dunklem Fleck in der Mitte erscheinen. Ist dagegen das Thierchen, wie das häufig der Fall, mit Fetttröpfehen oder anderen von der Nahrung stammenden Körnchen dicht erfüllt, so erscheint es bei schwächerer Vergrösserung schwärzlich undurchsichtig (Fig. 21). Die contractile Vacuole befindet sich dicht am hintern Ende (Fig. 19v), ist kreisrund und einfach, manchmal sehr vergrössert. Die Hautbedeckung ist dicht längsge- ‚streift und über und über mit Wimpern bedeckt, die am Vorderende etwas länger erscheinen. Ausser den deutlichen Längsfurchen ist auch eine sehr zarte und dichte Querstreifung vorhanden, die jedoch zu den schwierigeren mikroskopischen Probeobjecten gehört, und den Quer- streifen von Pleurosigma attenuatum an Schwierigkeit gleich kommen mag. Da die Wimpern in der ganzen Körperlänge nicht gleichzeitig schwingen, so bilden sich Knotenpuncte (Fig. 19, 20), ähnlich wie sie Dusarpın auf Tab. 19 seines Atlas abbildet, so dass das Thierchen wie mit weit abstehenden Borsten besetzt erscheint. An diesen Wimper- büscheln ist die Art leicht zu erkennen. Häufig findet dieses Thierchen sich in Quertheilung; die eben aus der Theilung hervorgegangenen Exemplare sind nicht blos durch die Gestalt, sondern auch durch die Kürze der Mundspalte leicht erkenn- bar. Einmal fand ich zwei Thiere der Länge nach mit der Mundspalte verbunden, was entweder Längstheilung oder Gopulation gewesen sein mag. Da Thierchen in sehr verschiedenen Grössen, auch sehr kleine (Fig. 22) vorkommen, so muss wohl noch neben der Theilung eine bis jetzt noch nicht ermittelte Fortpflanzungsweise existiren. Concentrirt sich das Seewasser im Tropfen durch Verdunstung, so bleibt das Tbier- chen stehen und fährt fort, die Wimpern zu schwingen. Plötzlich schien es mir, als würden die Wimpern abgestossen und bildeten in einer ge- wissen Entfernung ein Futteral um seinen Körper. Gleichwohl sah ich immer neue Cilien auf der Oberfläche des Thierchens schwingen. Das letztere fing wohl an, nach längerer Pause zu rotiren und sich ein Stückchen auf- und abwärts innerhalb des Futterals zu bewegen. Wahrscheinlich war das Ganze nur ein beginnender Eneystirungspro- Neue Infusorien im Seeaquarium. 279 cess zum Schutz gegen das Eintrocknen, und das Futteral durch aus- geschwitzten Schleim gebildet, der in Form kurzer Wimpern austritt. ‚Schliesslich trocknet der Körper auf dem Objectglas ein, ohne zu zer- fliessen. Verletzte Exemplare schwellen kuglig auf, werden inwendig hohl,.einzelne Stückchen reissen ab und zerfliessen, oder das eine Ende erweicht wie schmelzendes Wachs; der verstümmelte Rest rotirt fort, schwimmt wohl auch eine Strecke vorwärts, stirbt aber bald ab, indem er sich zur Kugel aufbläht, die mit Wimpern rings besetzt bleibt. Sonst ' ist der Körper starr oder wenig elastisch. So ausgezeichnet diese Art ist, so kann ich sie doch unter den bis- her aus dem Meere beschriebenen Infusorien nicht mit Bestimmtheit wieder erkennen. Weder bei EurEnBERG, noch bei Dusarnın, noch bei Lachmann und Crararkpe finde ich ein Thierchen mit dem schnecken- artigen Schlunde, so dass ich das unsrige für neu halten muss. Nurin O. F. MüLzer’s Leucophra signata (Pl. XI. Fig. 11—12) glaube ich das- selbe um so mehr zu recognoseiren, als in diesen Figuren die Mund- spalte mit dem gebogenen Schlunde sehr deutlich wiedergegeben sind. Seine Verwandten glaube ich bei den Paramecien zu finden; die Be- schaffenheit des Schlundkopfes erinnert an Stentor und Climacosto- mum Stein. Auch Condylostoma patens Duj. fand sich im Winter _ vorigen Jahres sohäufig unter lebenden Beggiatoen (farblosen Oseilla- ‚riem), welche die abgestorbenen Reste der Thiere und Algen im Aqua- rium mit weissen Schleimmassen bekleideten, dass jeder Tropfen davon - hunderte enthielt (vergl. meinen Aufsatz: Zwei neue Beggiatoen in Rasennorst’s Hedwigia 1865). Seit dem Sommer sind mit den Beg- giatoen auch die Condylostomen verschwunden ; im März 1866 erschie- nen sie wieder vereinzelt. Auch Fresenius hat Condylostoma aus dem Aquarium zu Frankfurt beschrieben und abgebildet, weshalb ich die Veröffentlichung meiner eigenen Zeichnungen hier ersparen kann. Nur in Bezug auf die Controversen, welche über dieses Thierchen zwischen Dusarvın (Hist. des zoophytes p. 516) Lachmann und Crararkpe (Etudes p- 244) und Fresenius schweben, bemerke ich folgendes. Die Abbil- dung von Dusarvın auf Pl. XII. Fig. 2 seines Atlas giebt dieselbe Kör- perform, wie unser Thierchen (namentlich 2« und c) und stimmt auch mit der Fresenius’schen Figur überein; dagegen ist allerdings der Mund dort schmäler als bei letzteren gezeichnet, vielleicht in Folge einer Re- miniscenz von der O. F. Mürzzr’schen Figur der Trichoda patens. Da- gegen haben Lacumann und Crararkpe das dreieckige Peristom unserer Form; aber ihre Körpergestalt ist etwas abweichend (nicht verjüngt nach hinten). Die Furchen der Cuticula zeichnen Letztere parallel dem 280 Dr. Ferdinand Cohn, Körperende, beschreiben sie aber als schief. Dusarnın dagegen zeichnet diese Streifen schief und nimmt dies Merkmal auch ausdrücklich in den Charakter der Gattung auf. EnurengerG giebt bereits bei seinem 1833 beschriebenen Uroleptus (?) patens aus der Ostsee die perlschnurför- mige Drüse an, weshalb er diese Art in seinem grossen Infusorienwerk | nicht aufnahm, da er über ihre richtige Stellung zweifelhaft war (Mf. | p. 365). Auch Dusarpın fand bei seinem Condylostoma patens einen paternosterförmigen Nucleus; CLAPARkDE und LacHmanNn dagegen keinen Nucleus, aber eine Reihe contractiler Vacuolen. Ich selbst finde, wie | schon Fresenius, in den Thierchen des Aquariums den rosenkranz- förmigen Nucleus von Dusarpın, welcher auf die nahe Verwandtschaft mit Stentor hinweist; die Guticula ist längs, nicht schief, gestreift. Ich halte übrigens alle diese Thierefür eine und dieselbe Art, deren re- tractile Körper in der Grösse etwas veränderlich sind ; meine Exemplare bestimmte ich zu 0,2—0,3 Mm. Länge und 0,06 Mm. Breite; CLAPAREDE | - giebt ebenfalls 0,2 Mm., Fresenius 1, —'/,; Mm. (0,16—0,33 Mm.); Du- JARDIN wohl nur durch einen Druckfehler 0,99—1,50 Mm. Die Abwei- chungen in den Dusarpıw’schen Figuren scheinen mir nicht die Aufstel- lung einer eigenen Species zu erfordern, da die Zeichnungen dieses Forschers bekanntlich sehr flüchtig sind und dem an scharfsinnigen Beobachtungen und glücklichen Combinationen reichen Texte an Werth bei weitem nachstehen. 13. Loxophyllum rostratum n. spec. Fig. s—AA, Dieses Thierchen ist eins der schönsten und grössten, welche ich im Aquarium beobachtet, jedoch kommt es immer nur vereinzelt vor. Es ist blattartig abgeplattet, doch so, dass die eine im Schwimmen meist untere Seite ganz flach, auf der anderen oberen dagegen der mittlere Theil des Körpers nach dem Rücken hin zweibucklig gewölbt ist, wäh- rend der Seiten- und Hinterrand diesen flügelartig umgiebt, und der vordere Rand in einen Sförmig gebogenen Hals sich verlängert (Fig. 10). Der flügelartige Rand ist ganz durchsichtig, an der linken Seite oft ge- wellt und seiner ganzen Länge nach von einer Anzahl sehr deutlicher, ziemlich breiter, den peripherischen CGontouren parallel laufender Längs- furchen gezeichnet, welche die kurzen, dichten, den ganzen Körper bekleidenden Gilien tragen. Das Vorderende des Halses ist schnabel- förmig nach rechts gekrümmt, etwa wie bei Trachelius Meleagris Ehr. und Loxodes Rostrum Ehr., und läuft in einer Spitze aus, welche mit etwas längeren Wimpern garnirt ist; der Seitenrand ist mit einer Reihe Neue Infusorien im Seeaquarium, 281 von Trichocysten besetzt (Fig.8). Der Gesammtumriss des Thierchens ist _ elliptisch, abgerundet nach hinten, zugespitzt und Sförmig gekrümmt nach dem Hals. Aber die Körpersubstanz des Thieres ist zugleich retractil und flexil; man sieht nicht nur den Saum und Hals sich mannichfach biegen und krümmen, sondern auch das ganze Thier kann sich, ähn- lich einer Lacrymaria, strecken, so dass es beim Freischwimmen eine längere und schmälere, mehr lanzettliche Form annimmt (Fig. 9), die sich oft plötzlich wieder verbreitert und verkürzt, wobei der rechte Flügelrand enger gekräuselt wird (Fig. 8). | An der Basis des Halses beginnt eine von parallelen Linien um- fasste, lange, schmale Furche (Fig. 8, 9), welche auf der Bauchseite bis zur Körpermitte verläuft und höchst wahrscheinlich zu der, wie bei allen Loxophyllen, direct nicht sichtbaren Mundöffnung führt, auch habe ich nie feste Nahrung im Innern des Körpers gefunden. Zwei ‚ ähnliche parallele Doppellinien, die auch Fresenius erwähnt, begleiten " rechts und links die Grenze des Körpers gegen den Flügelsaum. Die Stelle des Afters blieb mir dunkel; der Nucleus war bei Lebzeiten nicht zu erkennen, aber nach dem Tode unterschied ich in der zerflossenen Körpersubstanz zwei grosse, eiförmige, blasse Körper, die wohl die Kerne sind (Fig.8). Endlich fand ich am hintern Ende des gewölbten Körpers eine grössere klare contractile Blase, seltener zwei nebeneinander. Aus- serdem erkannte ich aber auch in dem rechten Flügelrande eine ganze _ Reihe von durchsichtigen Bläschen hinter einander, die ihre Form nur , langsam verändern (Fig. 8). EurenserG hat dieselben bei L. Meleagris ebenfalls beobachtet und für Saftbläschen erklärt; Crararkpe und Lachmann dagegen deuten dieselben als einen perlschnurartigen Nu- cleus, was für Loxophyllum rostratum sicherlich nicht richtig ist. Ich kann in der Literatur nur wenig Angaben finden, dass unser Loxophyllum im Meereswasser schon beobachtet sei; nur ©. F. MÜLLER bildet unter Vibrio utriculus (Pl. IV. Fig. 28), V. intermedius (Pl. V. Fig. 19), Colpoda assimilis (Pl. VI. Fig. 28), Infusorien aus dem Meere ab, die wohl Loxophyllen sein und unter denen auch die unsrigen ent- halten sein mögen. Auch Fresenius erwähnt in seinem oft citirten Auf- satz, dass er Loxophyllum Meleagris = Colpoda Meleagris ©. F. MüLLEr und Ampbhileptus Meleagris Ehr., im Frankfurter Aquarium beobachtet habe; seine von keiner Abbildung begleitete und nicht vollständige Beschreibung erwähnt den hakenförmig gekrümmten Hals, der dem allerdings nahe verwandten Loxophyllum Meleagris Duj. fehlt und eben das specifische, die Trennung rechtfertigende Merkmal unserer Art ist. Ich bestimmte die Länge des Loxophyllum rostratum im ausgestreckten Zustand zu 0,18 Mm. (Y,>”), welche die Breite um das Drei- bis Vier- 282 Dr, Ferdinand Cohn, a fache übertraf; in verkürztem Zustande fand ich das Thier = 0,1Mm. (%/) und beinahe halb so breit. Fresenius giebt als Länge Y, Mm. 4 (0,25 Mm.) an. Auch Ste hat ein dem Loxophyllum (Amphileptus) Meleagris ganz ähnliches Infusorium im Meerwasser bei Wismar gefun- den; die stäbchenartigen Tastorgane im Halse, welche dieser Forscher beschreibt, habe ich ebenfalls beobachtet (Entwickl. der Infus. p. 62). Unter dem Drucke des Deckglases schwimmt Loxophyllum rostra— tum stets auf der Bauchseite gemächlich und elegant, ohne um seine Axe zu rotiren, wie bereits LAcumann und CLArarkDe hervorgehoben. Kann es sich aber in einem grösseren Tropfen, ohne vom Deckglas genirt zu sein, nach? Wohlgefallen bewegen, so dreht unser Loxophyllum sich allerdings um seine Längsaxe, so dass abwechselnd die breite Fläche oder die schmale Kante sich dem Auge zuwenden. Ueberhaupt ist es zu einer vollständigen Untersuchung der meisten Infusorien nothwen- dig, dieselben unter dem Mikroskop auch ohne Deckglas zu beobachten. Theilung wurde nicht bemerkt; dagegen kamen im Seewasser gleichzeitig sehr kleine und durchsichtige Exemplare vor, die auf eine ' noch unbekannte Art der Fortpflanzung hindeuten (Fig. 41). | II. Infusoria hypotricha. Das Meerwasser ernährt eine sehr grosse Zahl von Oxytricheen und Euploteen, von denen nur ein Theil bisher genauer bekannt geworden | ist. Die grösste Zahl hat Dusarpın beschrieben (5 Oxytrichen, 8 Ploe- sconien, 4 Styloplotes), leider sind seine Diagnosen und Abbildungen meist unkenntlich. Seit der musterhaften Monographie dieser Classe in | Stei’s »Entwicklung der Infusorien« ist die Organisation derselben ' der wissenschaftlichen Erkenntniss bei weitem näher gerückt; aber die Zahl der Formen im Meere noch nicht näher bekannt. Auch in mei- nem Aquarium sind die Oxytricheen und Euploteen sehr zahlreich ver- treten, doch habe ich erst einen Theil genauer untersucht. Unter den charakteristischsten erwähne ich die Uronychia transfuga Stein, die auch Fresensus in Frankfurt auffand, und deren kräftige, bogenförmig ' gekrümmte Ruderfüsse ebenso imponiren, als dienachlängerem ruhigem Vorwärtsgleiten oder völligem Stillstand plötzlich eintretenden Seiten- sprünge, sammt dem meist darauf folgenden wilden Tummeln im ; Kreise, dem Beobachter, der sie zum ersten Mal wahrnimmt, geradezu Schreck einjagen. Die Ruderfüsse finde ich übrigens weit kräftiger und breiter und das ganze Thier grösser, als CLAPARkDE und Stein sie ab- bilden. Länge des Panzers 0,10—0,12 Mm. ('%a—"/s”") bei 0,09 Mm. (/20'”) Breite, mit Wimpern 0,48 Mm. ('/,,”’), doch kommen auch viel kleinere Exemplare vor. Nene Iufnsorien im Seeagnarium. 283 44. Actinotricha saltans nov. gen. et spec. Fig. 24—26. Zu den eigentlichen Oxytricheen gehört als eine neue Gattung die als Actinotricha bezeichnete Form. Sie ist oval, etwa zweimal so lang als breit, beiderseits abgerundet, der Länge nach elastisch biegsam, sowie etwas retractil, so dass sie sich zur oblongen Form strecken und zum Oval wieder einziehen kann. Der Bauch ist flach, der Rücken schwach gewölbt, glatt und wimperlos, auf der rechten Seite mit einer Längsfurche. Unter dem schildförmig vorspringenden Vorderrande der Stirn liegt auf der linken Seite des Thieres die Lippe oder der vordere - Rand des Peristoms, welcher nicht wie bei den Oxytrichen dem Vor- derrande der Stirn gleich breit ist, sondern einen weit schmäleren, ab- gerundeten Schnabel darstellt (Fig. 24m). Der vordere Pristomrand schliesst sich auf der Bauchseite unmittelbar an den sichelförmig nach hinten und rechts gekrümmten Aussenrand des Peristoms. Charakte- ristisch für die Gattung sind die auf dem Vorderrande der schnabelför- migen Lippe stehenden Griffel; sie sind fünf an der Zahl, pfriemenför- ınig, mit breiterer Basis spitz zulaufend, und da sie scheinbar von einem Puncte unter der Oberlippe ausgehen, so sind sie im Zustande der Ruhe _ strahlenartig auf der linken Seite des letzteren inserirt, und erinnern an ein Diadem (Fig. 24m). Die äussersten dieser Griffel stehen hori- zontal gegen die Längsaxe des Thierchens, während der mittelste fast in dieser liegt. An den äussersten Griffel der linken Seite schliessen sich die ebenfalls sehr langen, schief nach hinten geneigten, hakenför- mig gebogenen Borsten des äusseren Peristomrandes an. Der innere Rand des Peristoms wurde nicht recht deutlich. Die Bauchseite zeigt zu beiden Seiten eine mittlere Linie, in ihrem hintern Felde zwei Rei- hen starker Griffel, welche nach hinten länger werden und über den Seitenrand hinaus ragen (Fig. 245); eine Reihe feiner Randwimpern umsäumt den Seitenrand; drei Schwanzgriffel am hintern Rande wur- den, jedoch nicht völlig sicher, unterschieden. Sehr kräftig entwickelt dagegen ist das Büschel der Aftergriffel auf der Bauchseite, nicht weit vom hintern Rande und über diesen hinaus ragend; sie liegen parallel neben einander, sechs bis acht an der Zahl, und spalten sich zum Theil in feine Fäserchen (Fig. 24 a). Der Körper ist in der Regel sehr durchsichtig und farblos, ohne feste Körnchen namentlich im Mittelfelde, während der obere und untere Theil oft dunkler gekörnt ist. Einigemal fand ich auch mehrere grössere Kerne im Innern, ohne jedoch einen derselben als Nucleus anzeichnen zu können ; wahrscheinlich waren es gefressene Infusorien, welche die 284 Dr. Ferdinand Cohn, Actinotricha massenhaft verspeist. Auch die contractile Blase wurde nicht erkannt. Auffallend ist, dass namentlich bei jüngeren Thierchen 2 in dem ganz durchsichtigen Leibe meist zwei im ersten und zweiten Drittel befindliche, scharf und doppelt contourirte Körperchen hervor- treten, ganz ähnlich denen, welche Dusarnın zu vieren in seiner Oxy- & tricha ambigua abbildet (l. c. Pl. XI. Fig. 15). Srem (Entwicklung der Inf. p. 186) beschreibt dieselben bei Oxytricha Pellionella und deutet sie als Fettkörner, doch sind es hohle Ringe, deren Inneres das Licht schwach bricht. | Sehr charakteristisch sind die Bewegungen dieser Art. Das Thier- | chen liegt oft Minuten lang still, die Griffel der Stirn fächerartig, weit ausgespreizt und gleich den Aftergriffeln unbeweglich. Plötzlich springt es im Bogen ein Stück fort, oder macht ein paar Sätze hinter einander, um wieder eine Zeit lang völlig zu ruhen. Sobald ein vorüberschwim- mendes Infusorium an einen seiner Stirngriffel streift, springt es da- ‘von, doch nicht weit, so dass es Minuten lang nicht aus dem Gesichtsfeld kommt. Zwischen Algen kann es mit mässiger Geschwindigkeit umher laufen, indem es die langen Bauch- und Vordergriffel als Füsse benutzt. | Obwohl die Vordergriffel gewöhnlich ganz unbeweglich sind, so kann es dieselben doch in wirbelnde Bewegung versetzen, infolge deren es sich fortdauernd im Kreise herum dreht (Fig. 25), was namentlich dann stattfindet, wenn es beim Eindunsten des Wassers sich beängstigt fühlt; erst kurz vor dem Tode kann man die einzelnen Griffel wieder . unterscheiden. Das Springen scheint gleichfalls durch plötzliche Bewe- gungen der Vorder- und Aftergriffel bewirkt zu werden. Die jüngeren Thierchen (Fig. 26), die man leicht an dem farblosen, oblongen oder ovalen Körper erkennt, ähneln der Oxytricha Pellionella des süssen Was- sers; sie lassen die Vordergriffel stets flimmern, so dass die fünf pfrie- menförmigen Strahlen erst in älteren Zuständen hervortreten: es macht den Eindruck, als ob dieselben durch eine Metamorphose sich erst nach- träglich vollständig ausbildeten. u Die Länge des Thierchens beträgt 0,6 Mm. (%s,”’), bei halb so grosser Breite; ich habe dasselbe nur vereinzelt unter Algen beobachtet. Die systematische Stellung von Actinotricha scheint mir in der Nähe von Stylonychia, von der sie sich durch die schnabelförmige Lippe mit den fünf Strahlen und die ruderartigen Aftergriffel hinreichend unter- scheidet. Die festeste Hautbedeckung erinnert an Euplotinen. Von den zahlreichen Oxytrichinen, die bei O. F. Mürer, Dusardın, EHRENBERG, CLaPArEDE und Stem, bei den ersteren leider nur unvollkommen, be- schrieben sind, kann ich keine auf unsere Art beziehen. Nene Infusorien im Seeagnarium, 285 15. Stichochaeta pediculiformis n. sp. Fig. 38a, b. Dieses seiner unruhigen Bewegungen halber äusserst schwer zu untersuchende Thierchen gehört zu den sonderbarsten Formen der ma- rinen Infusorienwelt. Es besteht aus einem linear oblongen, vom Rücken her stark zusammengedrückten, nach allen Richtungen hin sehr flexilen, aber nicht retractilen Hinterleib, der nach hinten abge- rundet, am Vorderende einen halb bis ein Achtel so langen, schmäle- ren und abgeplatteten Hals, oder richtiger Rüssel, trägt, welcher scharf abgesetzt und an seiner vorderen Spitze abgerundet ist, so dass der ganze Körper sich mit einer Geige vergleichen lässt. Die vordere Spitze trägt ungefähr sechs sehr lange Griffelborsten (Fig. 38a), an die sich längs der Bauchseite des Rüssels noch vier bis sechs rück wärts gekehrte Griffelborsten von ähnlicher Länge in weiteren Abständen anreihen. Ausserdem trägt die Bauchseite des Rüssels eine Mähne von zarten, dicht aneinander gereihten, kürzeren Wimpern, welche ebenfalls meist rückwärts gewendet sind (Fig. 385), bei lebhaftem Flimmern aber wie eine undulirende Membran aussehen (Fig. 38a). Der Mund befindet sich am obern Ende des Hinterleibes in Form einer schief nach innen eintretenden, mit einem längern,, heraustretenden Wimperbüschel be- setzten Spalte (Fig. 38a bei m). Die Bauchseite des abgeplatteten, nicht drehrunden aber dicklichen Hinterleibes ist flacher, als der etwas gewölbte Rücken, und zeigt in der Mediane eine rinnenförmige Furche?), welche von dunkleren gekörnten Linien und zwei feinen Wimperreihen garnirt ist. Eine Reihe von Wimpern, ebenfalls durch dunkle gekörnte Linien ausgezeichnet, begleitet den Rand der Bauchseite. Am hintern Ende finden sich eine Anzahl Afterwimpern, über denen drei (?) län- gere, steife Schwanzwimpern befestigt sind (Fig. 38a). Der ganze Körper ist mit fettähnlichen Körnchen so dicht erfüllt, dass er un- durchsichtig, hellgrau erscheint. Der Nucleus wurde nicht erkannt, da- gegen wurden zwei lichte Räume im ersten und zweiten Drittel des Körpers sichtbar, wohl die contractilen Blasen (Fig. 38). Charakteristisch sind die Bewegungen auch dieses Thierchens. Dasselbe kriecht zwischen den Fäden verwesender Algen umher und windet sich gewandt durch die kleinsten Zwischenräume, indem der Rüssel tastend beim Kriechen vorausgeht. Von Zeit zu Zeit schiesst es mit einem Male ein Stück des gemachten Weges in gerader oder Bogen- linie zurück, in den freieren Tropfen hinaus, um unmittelbar darauf wieder vorwärts unter den Algen sich zu verkriechen u. s. f. Bei leb- hafter Bewegung bilden die Cilien der Rüsselspitze ein wirbelndes Rad, Zeitschr, f. wissensch. Zoologie. XVT. Bd. 20 386 Dr. Ferdinand Cohn, die seitliche Wimpermähne des Rüssels erscheint wie eine Flimmer- = membran; in ruhigeren Zuständen lassen sich jedoch in beiden Fällen die einzelnen Wimpern unterscheiden. Die längeren Cilien am Rüssel und Schwanz werden offenbar bei den Sprungbewegungen benutzt. Auch verstümmelte Exemplare, denen der Rüssel fehlt, machen noch die eigenthümlichen Rückwärtssprünge. Beim Absterben zerfliesst der körper in kleine Körnchen. Die, Wimpern werden abgestossen und schlängeln sich noch eine Zeit lang, nachdem sie vom Körper sich getrennt haben. Die Länge des Körpers wurde zu 0,1 Mm. (1%,”), die grösste Breite des Hinterleibes zu 0,02 Mm. (Y00”) bestimmt. Die Stichochaeta pediculiformis wurde bisher nur vereinzelt in Gesellschaft der Oxytricha flava und Scutellum beobachtet; letzterer Art ähnelt sie in der silbergrauen Farbe, so dass ich sie anfänglich für eine monströse Form derselben hielt; doch ist an ihrer Selbstständig- ‚keit nicht im mindesten zu zweifeln. Ihre nächsten Verwandten sind offenbar Stichotricha secunda Perty und Stichochaeta unicornis Glap. et Lach., die beide in Sümpfen einheimisch, mir nur durch die Be- schreibungen von Perry (Kleinste Lebensformen p. 153), Stein (Ent- wickl. der Infus. p. 174), Crarar&pe und Lacnmann (Etudes p. 122) und Tn. Engermasn (XI. Band 4. Heft dieser Zeitschrift) bekannt sind. Namentlich stimmen die Bewegungen, das Kriechen unter die Algen und das plötzliche Zurückfahren bei allen diesen Thierchen überein ; ebenso der allgemeine Habitus. Dagegen ist es unmöglich, die bisheri- gen Beschreibungen mit einander auch nur insoweit in Einklang zu bringen, dass sich über das generische Verhältniss der drei Arten zu einander ein sicheres Urtheil fällen liesse. Stichotricha hat nach STEIN einen spindelförmig lanzettlichen, hinten spitzen Körper ohne After- wimpern. Der Rand des nicht abgesetzten Rüssels, welcher als verlän- gertes Peristom aufgefasst wird, trägt eine sich nach vorn fortsetzende Reihe langer, adoraler Wimpern und eine seitliche Flimmermembran am andern Rande; auf der Bauchseite werden drei Längsreihen von Wimpern unterschieden. Der Mund befindet sich am Grunde des Rüs- sels und trägt einige praeorale Wimpern; der Körper ist mit Chlorophyll erfüllt und steckt oft in einer Hülse. Die Stichochaeta dagegen hat einen ovalen, grünen Körper mit plattem, sehr biegsamem, abgesetztem Hals, der eine Reihe sparsamer, sehr langer, sowie dichter, kurzer Wimpern trägt; die äusserste Wimper an der Spitze des Rüssels ist besonders hornartig verlängert; die Wimperreihen an der Bauchseite werden zu drei oder vier angegeben und sollen Sförmig gekrümmt sein. Unsere Art stimmt mit der Crararkoe’schen Stichochaeta in der Nene Infusorien im Seeagnarium, 287 allgemeinen Form des sehr biegsamen, aber nicht retractilen Körpers, der Beschaffenheit der Wimpern am Rüssel und Munde überein; die Unterschiede in der Zahl der Bauchwimperreihen und Afterwimpern, die bei Stichochaeta cornuta fehlen sollen, sind wegen der schwierigen Beobachtung unsicher. Wir ziehen daher unsere Thierchen in dieselbe Gattung mit der Crararkoe'schen Art, von der sie sich übrigens speci- fisch durch die Gestalt des Körpers, die Farbe, die Beschaffenheit der vorderen Wimpern und den Aufenthalt im Meere hinlänglich unter- scheidet. 16. Oxytricha Scutellum n. sp. Diese Oxytricha hat wenig Ausgezeichnetes in ihrer Form, sie kommt jedoch sehr häufig in Gesellschaft der O. flava zwischen faulen- den organischen Substanzen vor. Der Körper ist in hohem Grade re- tractil und verändert sich beständig aus dem Oblongen ins Ovale; ja unter Umständen, bei stärkerer Goncentration des Seewassers, kann er sich zur unregelmässig verbogenen Scheibe umgestalten. Der Querdurchmesser ist verhältnissmässig gering, daher der Körper schild- förmig flach, nach der Bauchseite concav, die Seitenränder abgerundet. Auch das Hinterende ist breit abgerundet, das Vorderende dagegen etwas verschmälert und schief dreieckig abgestutzt, ähnlich wie dies Steı bei Stylonychia pustulata oder Oxytricha fallax abbildet. Das ‘Peristom ist kurz, nur im vordern Drittel; die Hälfte des Vorderrandes (Unterlippe) mit einer Reihe längerer Borsten garnirt, die sich auf der Bauchseite längs des Innenrandes fortsetzen ; der spitze Peristomwinkel befindet sich fast in der Mittellinie. In die Cuticula sind schwärzliche Körnchen so dicht eingelagert, dass der ganze Körper, der ohnehin oft zahlreiche Nahrungsballen und Fettitröpfchen enthält, dadurch dunkel- grau und undurchsichtig wird. Ich vermag deshalb die Vertheilung der zahlreichen Stirn- und Bauchwimpern, sowie die Lage des Nucleus und der contractilen Blase, die nur einigemal in der Mitte des Körpers deutlich erkannt wurde, nicht sicher anzugeben; nur eine Reihe dunk- ler, von Wimpern begleiteter Körnchen längs des Seitenrandes auf der Bauchseite, sowie das über den Hinterrand hervorragende dichte Bü- schel der Afterwimpern sind leicht zu ermitteln. Die Bewegung gleicht der von Oxytricha Pellionella und ähnlichen Süsswasserarten, es ist ein unruhiges Hin- und Herschwimmen, meist auf dem Bauche, ohne Ro- tiren, unterbrochen von häufigen, meist bogenförmigen Rück wärtsbe- wegungen, wobei der beim Vorwärtsschwimmen sich lang ausstreckende Körper sich plötzlich zur Eiform zurückzieht; daneben Kriechen auf dem Bauche mit Hülfe der Bauchwimpern; das Peristom wirbelt ununter- 20* 285 Dr, Ferdinand Cohn, brochen. Die Länge des Körpers beträgt 0,05—0,08 Mm. (Yy— Yo"), die Breite etwa 0,03 Mm. (Yso”")- Bei stärkerer Goncentration des Seewassers zerfliesst diese Oxy- tricha und löst sich in kleine Körnchen auf. Von älteren Schriftstellern sind zwar mehrere ungefärbte Oxytri- chen aus dem Meere beschrieben, doch sind dieselben theils, wie Oxy- tricha ambigua, incrassata und radians von DuJarpın, nicht wieder zu erkennen, theils wie ©. auricularis und retractilis Glap. et Lach. offen- bar von unserer Form verschieden. Am ähnlichsten ist dieselbe noch der O. crassa Glap. et Lach., O. gibba Stein, doch durch den platten Körper hinreichend verschieden und daher die Begründung einer neuen Species gerechtfertigt, die übrigens in mehreren Arten des süssen Was- sers (O. fallax und mystacea Stein) nahe Verwandte zu besitzen scheint. Ausser den grauen beherbergt das Aquarium noch eine Anzahl gelber und rother Oxytrichen, deren specifische Begrenzung nicht ohne Schwierigkeit ist. Ich unterscheide E4 ; 17. Oxytricha flavan. sp. Fig. 2729. 18. Oxytricha flava, var. carnea, nov. var. 19. Oxytricha rubra. Ehrnbg. char. em. Fig. 44, 42. OÖxytricha flava umschwärmt in zahllosen Exemplaren die ver- wesenden animalischen oder vegetabilischen Stoffe am Grunde des Aquariums, indem es sich mit seinem ziemlich elastischen und flexilen, aber nicht retractilen Körper durch die engsten Zwischenräume der Algen und Thierfasern hindurch windet, oder es schwimmt gerad- linig, häufig umkehrend, in weiteren Bahnen durch den freien Wasser- tropfen. In gemässigter, aber rastloser Bewegung begriffen und mit lebhafter Flexilität begabt, infolge deren es seinen Körper in Einem fort beugt, hufeisenförmig krümmt, gleich einem Wurm umrollt und schlängelt, bereitet es der genaueren Untersuchung um so grössere Schwierigkeiten, als der intensiv gelb gefärbte Körper nicht hinlänglich durchsichtig ist. Dieser ist von schmal linearer Form, wohl zehnmal länger als breit, vorn etwas verbreitert, lang zugerundet; am hintern Ende stumpf abgestutzt, allmählich schwanzartig verschmälert. Auch ist das Thier vom Rücken her sehr stark zusammengedrückt, bandför- mig und dabei der Länge nach meist concav gebogen, so dass sein Quer- durchschnitt sichelförmig linear, in der Mitte ein wenig bucklig aufge- Neue Infusorien im Seeaquarium, 259 blasen erscheint (Fig. 29). Der Vorderrand bildet eine vorragende Stirn, unter der durch eine Furche abgesetzt die gleichbreite Lippe sich befindet, welche die gleichartigen, langen, feinen, stets lehhaft wir- belnden Vorderwimpern, etwa acht an der Zahl, trägt. Grössere Bor- sten, wie sie Stem hier bei Oxytricha angiebt, konnte ich nicht unterschei- den. Die Lippe oder der vordere Peristomrand zieht sich auf der Bauch- seite nahe dem linken Rande in schräger Richtung von der Linken nach der Rechten des Thieres und bildet den bis zum ersten Drittel verlau- fenden, schiefen und wulstigen rechten Rand des Peristoms; dieser ist von den die Fortsetzung der Vorderwimpern bildenden adoralen Wim- pern bekleidet, welche einen lebhaften Wirbel veranlassen. Auf der entgegengesetzten Seite verläuft parallel der linke Peristomrand, der mit sehr langen, quer und dicht aneinander gereihten Wimpern besetzt ist; letztere stehen mitunter still und sehen dann wie Querlinien aus, während sie in der Regel kräftige Wellen schlagen. Am Grunde des innern spitzen Pristomwinkels findet sich der nicht besonders deutliche Mund; das Stirnfeld der Bauchseite ist ebenfalls mit feinen Wimpern besetzt. In der Mittellinie des Körpers verläuft ein von zwei parallelen, geraden Linien eingefasster lichterer Streif bis zur Nähe des Afters (Fig. 27d), über dessen wahre Bedeutung ich nicht klar geworden bin, doch glaube ich darin eine Furche der Bauchseite zu erblicken. -Aus- wendig ist dieser Streif von einer einfachen oder doppelten Reihe feiner und langer, oft rückwärts gerichteter Wimpern bekleidet, die bis zum Hinterende verläuft. Zu beiden Seiten der Mittellinie erkennt man zwei ebenfalls gerade und mit feinen Wimpern besetzte Seitenlinien. Die Wimpern der Bauchseite benutzt das Thier auch als Füsse, um auf den Algen fortzukriechen. Die Afterwimpern bilden ein aus zahlreichen, etwas stärkeren Gilien bestehendes Büschel (Fig. 27a). Im hintern Drittel des Körpers finde ich constant eine (Fig. 28c, 29) lichte Blase (Fig. 29), die ich für contractil halte; sie bewirkt oft Ausstülpungen des Körperumrisses auf der Rückenfläche. In manchen Fällen sah ich jedoch eine ganze Reihe von Blasen hinter einander, insbesondere eine neben dem Peristom. Den Nucleus konnte ich nicht sicher ermitteln. Beim Absterben wird kein grösserer Kern sichtbar; mit Essigsäure be- handelt, wird die äussere Hülle leicht durchsichtig, und es bleibt ein langer, dunkler, centraler Ring der Körpersubstanz zurück. Die gelbe Farbe des Thieres rührt nicht von der Nahrung, sondern von gelblichen Körnchen her, welche chagrinartig in die Cuticula ein- gelagert sind; seltener finde ich in den Seitenlinien des Bauches grös- sere rothe Körnchen in einfacher Reihe eingebettet. Die Thierchen, welche ich beobachtet, waren alle fast gleich aus- 390 Dr. Ferdinand Cohn, gebildet, 0,16—0,2 Mm. (Ye —"o ) lang und 0,046—0,023 Mm. "/ao— so , breit; doch kommen mitunter auch viel kleinere vor. Durch den Druck des Deckgläschens, wie bei jeder rauheren Be- rührung werden die Thierchen sehr leicht verstümmelt, fahren aber fort sich zu bewegen; man findet daher oft monströse Formen, selbst kleine Kugeln, die blos aus dem Mund oder Schwanztheil besteben und gleichwohl durch ihre kräftigen Wimpern abenteuerlich umherrollen. Obwohl die Thierchen oft so zahlreich vorkommen, dass sie Fleischstückchen mit rostgelber Färbung überziehen, und dadurch denı blossen Auge sichtbar werden, so habe ich doch nie Theilung be- obachtet. | Zwischen den gelben Oxytrichen kommen in grösserer oder ge- ringerer Anzahl, doch immer nur vereinzelt fleischrothe vor, welche sich, noch abgesehen von der Farbe, durch einige andere Merkmale unterscheiden. Die fleischrothe Oxytricha ist in allen Dimensionen grös- ser als die gelbe, um die Hälfte bis doppelt so lang, ebenso breiter und dicker. Die Länge maass ich zu 0,258—0,330 Mm., im Mittel aus meh- reren Messungen 0,306 Mm., während die mittlere Länge der O. flava nur 0,1% Mm. beträgt; die Breite der ersteren beträgt 0,039 —0, 042 Mm., im Mittel 0,04 Mm., bei O. flava 0,02 Mm. Der Körper der fleisch- rothen Oxytricha ist dem von O. flava sehr ähnlich, linear, doch nach hinten nicht so verschmälert wie bei jener und gerad abgestutzt; der Kopf abgerundet, der Aussenrand des Peristoms etwas häutig, ver- breitert, über den Seitenrand des Körpers übergreifend , die contrac- tile Blase schwerer sichtbar. Die Cuticula ist durch orangenrothe Körn- chen dicht und fein chagrinirt, daher der Körper ziemlich undurch- sichtig; grössere schön orangenrothe Körner befinden sich in der CGuti- cula besonders längs der Mittelfurche und an den Seitenrändern linien- artig aneinander gereiht, oder auch über die Oberfläche zerstreut. Be- sonders charakteristisch ist die grosse Flexilität der fleischrothen Art, welche die gelbe weit übertrifft; diese ist beim Freischwimmen gerad ausgestreckt oder hakenförmig gebogen, wie ein elastisches Stäbchen, jene ist wellig geschlängelt, gleich einem biegsamen Faden. Ein anderer Unterschied zeigt sich beim Absterben infolge stärkerer Concentration; die gelbe Oxytricha mit einer resistenteren Guticula trocknet auf dem Objectglas ein, ohne zu zerfliessen, selbst die Wimpern trocknen fest; die Cuticula hebt sich dabei oft blasenförmig ab von der sich zusammen- ziehenden Körpersubstanz. Die Beischrothe Oxytricha dagegen verlang- samt ihre Bewegung bei der CGoncentration des Seewassers, dann löst sie‘ sich am einen Ende in feine Körnchen und grössere Körner auf, wäh- rend das andere Ende noch fortflimmert. Endlich zerfliesst das Ganze in - . Neue Infusorien im Seeaquarium. 391 ' eine weiche körnige Masse von gelber Farbe; selbst die Wimpern zer- schmelzen. So charakteristisch und constant diese Eigenthümlichkeiten sind, so gestehe ich doch, in der Körperform keine so durchgreifende Ver- schiedenheit zwischen der gelben und der fleischrothen Oxytricha auf- gefunden zu haben, um die Möglichkeit einer blossen Abänderung zu- rückweisen zu können, weshalb ich vorläufig die fleischrothe nur als eine ausgezeichnete Varietät der Ox. flava, var. carnea hier auf- führen will. i Dagegen betrachte ich als eine gute Species eine feuerrothe Oxytricha, welche nicht selten zwischen grünen Oscillarien des Aquariums lebt und sich von diesen nährt, niemals aber auf Fleisch- partikeln etc. gefunden wird, wie die gelbe und fleischrothe. Sie ist träge, schwimmt wenig, sondern kriecht ununterbrochen zwischen den Algenfäden umher, zwischen denen ihr flexiler Körper unter wunder- lichen Krümmungen gewandt hindurch zu schlüpfen weiss. Sie hat fast die Länge der O. carnea (0,2 Mm. '/,o"'), ist aber breiter als diese (0,05 Mm. %,,””), auch dicker, und da ihr Kopf nicht verbreitert, son- dern nach vorn verschmälert ist, so besitzt sie eine lanzettliche Gestalt. Ihr Körper ist retractil und kann sich daher strecken und verschmä- ‚ lern oder zurückziehen und verbreitern, was bei der gelben nicht der Fall ist. Der allgemeine Bau und die Bewimperung ist sonst dem von O. flava sehr ähnlich; charakteristisch sind aber die vier oder sechs aus scharlachrothen Körnern gebildeten Längslinien auf der Bauchseite. Beim Absterben zerfliesst sie wie O. carnea. Rothe und gelbe Oxytrichen sind schon von früheren Forschern beobachtet worden, namentlich von EHrEnBERG, der aus der Ost- und Nordsee eine Oxytricha rubra von ziegelrother Farbe beschreibt und abbildet (XLI. Fig. 2); sie ist oft so zahlreich, dass sie das Wasser röthlich färbt. Enrexnserg erwähnt die helle breite Furche zwischen der doppelten Bauchwimperreihe, auch zwei grosse runde Drüsen (Nu- cleus?). Im Sterben contrahirt, sollen sie ins gelbrothe oder, wie es an einer andern Stelle heisst, ins gelbe übergehen. Daher vermuthet EHRENBERG, dass O. F. MürLer’s gelbe Trichoda patens mit seiner Oxy- tricha rubra zusammenfalle, »vielleicht nur bei durchgehendem Licht von weissen Eierchen gelb erscheine.« Dusarpın erwähnt ebenfalls eine rothe Oxytricha rubra aus dem Mittelmeer (l. ec. p. 418. Pl. XT. Fig. 413). Grararkpe und Lacnmann hal- ten EurEnBERG's Oxytricha rubra, die sie selbst nicht beobachtet zu haben scheinen, für identisch mit ihrer Oxytricha {Uroleptus) caudata; die rothe Farbe erscheint ihnen unwesentlich, da sie nur von verschluckten 292 Dr. Ferdinand Cohn, Resten von Florideen herrühre (Etudes p. 150). Letzteres ist offenbar 1 unrichtig. Srein hält die Oxytricha rubra Duj. verschieden von der gleichnamigen Art Eurensere’s; in ersterer vermuthet er wegen des schwanzartig verlängerten Hinterleibes einen Uroleptus. Auch Fresenius beschreibt zwischen den Algen seines Seeaquariums eine rothe Oxy- tricha rubra. Ich glaube die Widersprüche in den bisherigen Beschrei- bungen dadurch gelöst zu haben, dass ich die von den früheren For- schern verwechselten gelben und rothen Arten als getrennte Species, die sich ausser durch die Farbe auch durch die Grösse und die Re- tractilität der Körpersubstanz leicht unterscheiden, auseinanderhalte, während ich die Frage über die specifische Selbstständigkeit der fleisch- rothen O. carnea noch offen lasse. Ill. Infusoria peritricha. 20. Trichodina Auerbachii n. sp. Fig. 30, 31. Diese sehr charakteristische Species wurde von L. Aurrsach bei unserm gemeinschaftlichen Aufenthalt auf Helgoland im September die- ses Jahres aufeinerkleinen weisslichen ovalen, 2—3 Linien langen Doris, wahrscheinlich D. muricata, entdeckt, welche in sehr grosser Anzahl auf den Algen des tieferen Meeres, namentlich in der Nähe der See- hundsklippen vorkam. Der Rücken dieser Schnecke ist mit den be- kannten Kalknadeln vollgespickt, zwischen denen sich cylindrische Pa- pillen erheben, die mit einem Flimmerepithelium bekleidet sind. Auf diesen Papillen läuft hurtig ein Infusorium umher, mit Hülfe einer kreisförmigen, undulirenden Scheibe, die von einem flimmernden Saum eingefasst, der Oberfläche der Papillen flach angedrückt ist. Einen ge- zähnten Saugapparat, wie ihn Stein bei Trichodina Pediculus auffand, konnte ich nicht wahrnehmen. Die Scheibe mit dem Flimmersaum ist die Grundfläche des Hinterleibes (Fig. 31 a), eines abgerundeten Pol- sters, das in seiner Mitte den senkrecht aufsteigenden, sehr wunderlich gestalteten, von der Seite zusammengedrückten Vorderleib des Thier- chens (Fig. 31 b) trägt; seine allgemeine Form möchte ich tmit einem Posthorn vergleichen, dessen weite Oefinung der Flimmerscheibe, der Trichter dem Hinterleibe, die gekrümmte Röhre dem Vorderleibe ent- sprechen würde. Der Vorderleib hat die- Gestalt einer nicht sehr dicken, kreisför- migen, verbogenen Scheibe, welche mit Hülfe eines schmäleren Halses senkrecht auf dem polsterartigen Hinterleibe aufgesetzt ist. Der eine Seitenrand (Fig. 30, 31 p) dieser Scheibe ist durch eine tiefe und breite Neue Infusorien im Seeaquarium. 293 Furche der Länge nach eingekerbt, welche zu beiden Seiten mit kräf- tigen Wimpern besetzt ist. Diese Furche ist das Peristom der Tricho- dina und führt zu dem in ihrem Grunde verborgenen Munde (Fig. 30 m), welcher in einen von hinten nach vorn aufsteigenden Schlund ausgeht. Ein von mir gemessenes Exemplar war 0,05 Mm. (1/0) lang. Nucleus und contractile Blase wurden nicht sicher ermittelt, da die - Thierchen nur spärlich und kurze Zeit der Beobachtung sich darboten ; indess reicht das hier Aufgestellte zur Kenntlichmachung der neuen Species aus, die mit Trichodina Mitra Sieb. durch das senkrecht auf der Haftscheibe stehende Peristom (vergl. Stein Infus. Taf. VI. Fig. 57), mit Trichodina Steinii Lachm. und Clap. (l. ec. p. 130. Pl. IV. Fig. 6—7), ‘durch den Mangel einer gezähnten Saugscheibe übereinstimmt. Höchst wahrscheinlich ist Trichodina Auerbachii identisch mit der Art, welche die Herren Mozpıus und A. Meyer immer zahlreich auf den Papillen einer andern Nacktschnecke, der Aeolis alba, entdeckten und aufp. 22.Fig. 7 ihrer Fauna der Kieler Bucht abbildeten. Die Figuren sind zwar zu klein, um eine genaue Bestimmung zu ermöglichen, geben jedoch deut- lich die Posthornform unserer Art wieder. 24. Acarella Siro n. gen. et sp. Fig. 32 - 34. Eins der kleinsten Infusorien des Aquariums; dasselbe gleicht einer kleinen Halteria und zeichnet sich durch seinen schnabelartigen Vorderleib und etwas grössern, kurz eylindrischen, hinten gerad ab- gestutzten Hinterleib aus, der in einer wenig abstehenden, durchsich- tigen, ovalen Büchse eingeschlossen ist (Fig. 32, 33). An der Grenze zwischen Vorder- und Hinterleib sind die langen Cilien ringförmig eingefügt, welche theils nach vorn, theils geradaus, theils nach hinten gerichtet sind. Mit Hülfe dieser Wimpern, die es als Füsse benutzt, läuft das Thierchen langsam auf der Oberfläche des Wassers umher und gleicht dann ganz einer kriechenden Milbe. Plötzlich hüpft es nach Art einer Halteria in gerader Richtung ein weites Stück fort, um bald darauf wieder umher zu laufen. Manchmal steht es eine Zeit lang ganz still, den Schnabel nach unten, den kugligen Hinterleib in der als eine äussere kreisrunde Contour erscheinenden Büchse und den Wimper- ring radial ausgebreitet, gleich den Strahlen einer Actinophrys (Fig. 34). Die Grösse des Thierchens beträgt nur 0,006—0,009 Mm. (Yso— "so )- _ Unsere Art ist der Halteria Pulex sehr ähnlich, welche CrarartpE und Lachmann im Fjord von Bergen entdeckt (Etudes p. 370. Pl. XII. 40. 11), ist jedoch nur halb so gross und zeichnet sich durch die noch bei Ey 294 Dr. Ferdinand Cohn, keiner Halteria entdeckte Hülse oder Büchse aus, die an eine Vagini- cola oder Lagenophrys erinnert, und wohl zur Aufstellung einer neuen Gattung berechtigt. Auch die von Fresenxtus beschriebene Halteria te- nuicollis, sowie eine grosse Art der verwandten Gattung Strombidium sind von mir in meinem Aquarium beobachtet worden. 22. 23. Cothurnia Pupa Eichw. und maritima Ehr. Die Algen des Aquariums sind massenhaft mit Cothurnien besetzt, die zum Theil durch die Zerstörung ihrer Träger frei werden. Sie be- sitzen sämmtlich eine kurz gestielte, cylindrische, krystallhelle, oben gerad abgeschnittene, hinten abgerundete Hülse, aus der das lang- gestreckt trichterförmige Thier sich herausstrecken kann Häufig findet man infolge der Längstheilung zwei Thiere in einer Schale, von denen das jüngere sich ablöst und mit Hülfe eines in der Mitte des Körpers sich bildenden hintern Wimpersaums davonschwimmt, um sich anderswo festzusetzen und eine neue Hülse zu bilden. Ich würde diese Art mit Fresexts als Cothurnia cerystallina Clap. et Lach. (Vaginicola erystallina Ehr.) bezeichnen, wenn es mir nicht zweifelhaft wäre, dass diese Süsswasserform im Meere fortkommt. Ich bestimme diese Art daher als Cothurnia maritima Ehr., doch bemerke ich, dass ihr Stiel nie so lang ist, als ihn Stein (Entwickl. der Inf. p. 224. Tab. Ill. 36) darstellt und als einzigen Unterschied von der Vaginicola erystal- lina Ehr. angiebt; ich finde jedoch, dass die Eurengere’schen Abbil- dungen der Cothurnia maritima zum Theil nicht längere Stiele haben als unsere Aquariumexemplare. Eine ausreichende Unterscheidung der Gothurnia erystallina und maritima Ehr. ist daher noch zu ermitteln. Vielleicht liegt dieselbe in der Gestalt der Hülse, welche bei unserer Aquarienform ceylindrisch, aber am Halse vom Rücken her zusammen- gedrückt ist, so dass eine und dieselbe Hülse je nach der Lage entweder von oben bis unten gleichbreit, oder nach der Spitze hin verengt er- scheint, was ich für die Vaginicola erystallina nicht erwähnt finde. In Helgoland fand ich Cothurnien, die sich von denen des Aquariums durch kürzere, breitere, mehr eiförmige Schalen unterscheiden; ich finde mich jedoch nicht berechtigt, sie specifisch zu trennen. Selten fand ich im Aquarium, an Florideen haftend, eine Gothur- nia, die ich nach einer kurzen Notiz in Stei’s Entw. der Infus. p. 22% für Cothurnia Pupa Eichwald halte; da mir jedoch das Original von Eıcnwarp’s Abhandlung (Zweiter Nachtrag zur Infusorienkunde Russ- lands p. 19) nicht zugänglich ist, so halte ich es für zweckmässig, hier eine Zeichnung und Beschreibung des Thierchens zu geben (Fig. 35). Neue Infusorien im Seeaguarium. 295 Dasselbe ist trichterförmig langgestreckt, der Hinterleib vom Vorder- körper durch eine Einschnürung abgegrenzt und quergeringelt. Die Hülse ist röthlich, am Rande feurig scharlachroth, gleich dem Pan- zer von Trachelomonas; sie ist von oval oblonger Gestalt, vorn durch eine kreisrunde Oeffnung gerad abgestutzt, nach hinten etwas bauchig und abgerundet, mit einem kurzen Stiel auf den Algen befestigt. Cha- rakteristisch sind die vier und mehr Querringelfurchen am hintern Theile der Schale, die auch Stem erwähnt. Die Länge der Schale be- trägt 0,06 Mm. (/;3”’) bei halb so grosser Breite. Die Zahl der Flagellaten im Aquarium ist sehr gross und enthält gewiss viele eigenthümliche, neue oder ungenau gekannte Arten. Ich hebe hier nur das von Fresenıus beschriebene 24. Glyphidium marinum, Fig. 36 — 37, heraus, welches sich ebenfalls in meinem Aquarium in grossen Schaa- ren nahe der Oberfläche des Wassers umhertummelt oder faule Fleisch- brocken umschwärmt. Ich habe zu den Angaben von Fresenius, die ich vollständig bestätigte, nur wenig nachzutragen.. Der Körper hat eine eirunde, von der Seite zusammengedrückte, helmförmige Gestalt; er ist von einer aussen ganz platten, starren, doch beim Absterben dehnbaren Cuticula, einer Art Panzer, umgeben; der hintere Rand ist abgerundet; in der Mitte des Körpers befindet sich eine nach hinten ein- dringende Ausbuchtung, in der die Geisseln entspringen und der Mund liegt (Fig. 36, 37 m). Die vordere Hälfte ist in zwei rechtwinkligen Ab- sätzen so ausgeschnitten, dass sie in eine schwanzartige Spitze aus- läuft; die Einbuchtung des innern Körpers ist anders gezeichnet, als die der äussern Schale, daher beide Randeontouren sich z. Th. kreuzen. Eine lange Geissel ist meist nachschleifend nach hinten geschwungen; wenn diese auch ruht, sieht man doch im Innern des Mundes eine im Kreise auf und ab sich drehende flimmernde Platte, die ich anfangs für eine undulirende Membran oder Lippe hielt (Fig. 36 m); ich glaube jedoch mit Fresenius, dass dieser Anschein von einer zweiten Geissel erzeugt wird, die sich meist leicht deutlich machen lässt (Fig. 37). Beim Absterben werden die Geisseln oft abgestossen. Neben dem Munde ist eine contractile Vacuole, sowie oft ein dunkler Kern sichtbar. Ich fand gleich Fresenius, dass die Thierchen allerlei Körper, Fetttröpf- chen, sowie Reste der Spirulina versicolor in das Innere ihres Körpers, jedoch nur in die vordere Hälfte, aufnehmen, und stets mit der Spitze 296 Dr, Ferdinand Cohn, nach vorn im Wasser umherschwimmen. Auch die Quertheilung habe E ich nicht selten beobachtet. Im süssen Wasser schwellen die Thierch: n $ zu vollkommenen Kugeln an, wobei die Geisseln sich erhalten. Bei reichlicher Nahrung werden sie sehr gross und zum Theil ebenfalls un- förmlich ausgedehnt; ihre mittlere Länge bestimmte ich = 0,025 Mm. (Yo) 2 Ich lasse zum Schluss die Charakteristik der oben geschilderten neuen Gattungen, resp. Arten folgen: I. Holotricha. t. Lembus nov. gen. Körper milchweiss oder gelblich, sehr elastisch und flexil, nicht retractil, fein quergeringelt, mit langen Wimpern in Querreihen rings bedeckt, von der Seite stark zusammen-- gedrückt, linear lanzettlich, nach vorn halsartig verdünnt, mit einer bis zur Körpermitte reichenden, und durch eine lange, rück wärts gerich- tete Wimpermähne garnirten Mundspalte, aus der ein hinten befestig- tes. nach vorn aufsteigendes membranartiges Segel, welches jedoch aus discreten unbeweglichen, dicht aneinander gelegten Wimpern gebildet wird, herausgestülpt werden kann. Contractile Blasen eine oder meh- rere im hintern Theile des Körpers. Nucleus: mehrere kleine (?) L. velifer. Einzige bis jetzt bekannte Art. CGyclidium elongatum Lachmann. Vibrio Verminus O. F. Müller. ? Trachelius teres Duj. Bewegung rotirend oder bohrend, oft ruhend. 2. Anophrys nov. gen. Körper starr, fein längs- und quer- gestreift, rings bewimpert, mit centralem Nucleus, terminaler contrac- tiler Blase und seitlicher Mundöflnung, aus der ein präorales wirbeln- des Wimperbüschel heraustritt. Das Vorderende über dem Munde stellt einen spitzen, flexilen Rüssel dar. 1) A. Sarcophaga. Zwischen faulenden Fleischstückehen. Körper gelblich, oblong, hinten abgerundet; der Rüssel etwas haken- förmig gebogen, spitz, flexil, stärker bewimpert als der Hinter- leib; eine längere Schwanzborste; Bewegung rotirend oder ruhend. Acineria incurvata Du). ? 2) A. carnium. Leucophrys carnium Ehr. 3. Helicostoma nov. gen. Körper farblos oder hellgrau, ela- Neue Infusorien im Seeagnarium. 297 stisch, fein längs- und quergestreift, rings mit Wimpern in Längs- reihen bedeckt, vom Rücken her etwas zusammengedrückt, oblong, nach vorn spitz, hinten stumpf abgerundet. Mit einer schiefen Mund- spalte,. die in der Mitte des Körpers zu einem schneckenförmig gebo- genen häutigen Schlund führt. Gontractile Blase eine, nahe dem Hin- terende. Nucleus central. | H. oblongum einzige Art. ? Leucophra signata O. F. Müller. Bewegung rotirend, sehr stürmisch, stetig. 4. Metacystis nov. gen. Körper starr, farblos, fein querge- vingelt, zerfliessend, von dunklen, feinen Körnchen erfüllt, abgestutzt, kegelförmig oder eylindrisch, rings mit feinen kurzen Wimpern beklei- det, das schmälere Vorderende von einem langen, kräftigen Wimper- kranze umgeben ; das hintere Ende umschliesst eine mehr oder weni- ger hervorragende körnerlose, fettartig glänzende (Sarcode ?) Blase. M. truncata einzige Art, farblos oder dunkelgrau. Bewegung rotirend, stetig. Trichoda Paxillus O. F. Müller. 5. Placus nov. gen. Körper starr, gepanzert; Panzer gelblich, von schiefen, parallel sich kreuzenden Furchen guillochirt, mit Wim- pern überdeckt, vom Rücken stark zusammengedrückt, oblong, mit einer rundlichen, seitlichen, kurzen Mundspalte nahe dem Vorderende. Contractile Blase eine, nahe dem Hinterende. Nucleus einer, central. Pl. striätus einzige bekannte Species. Bewegung rotirend, stetig. 6. Trachelocerca Phoenicopterus nov. spec. Körper schwärzlichgrau, quer— und längsgeringelt, der Länge nach in hohem Grade extensil, retractil und flexil, inwendig mit reihenweis geord- neten Trichocysten, aussen mit feinen Wimpern bedeckt, platt, band- förmig, linear lanzettlich, oft hohl, schaumig, hinten in einen langen spitzen Schwanz, vorn in einen flach linearen, langen, schmalen, sehr flexilen Hals auslaufend, der am breitern Vorderende, wo sich die ter- minale Mundöffnung befindet, gerade quer abgestutzt ist. Der ringför- mige Mund führt zu einem trichterförmigen Schlundkopfe im Halse. Contractile Blase eine (?), im zweiten Drittel des Körpers. Nucleus: meh- rere (?) Bewegung langsam schwimmend, mit steter Retraction und Flexion des Körpers. | Trachelocerca Sagitta Stein ? ? Vibrio Anas, ? Sagitta ©. F. Müller. 7. Nassula microstoma nov. spec. Körper röthlich, ela- stisch, beim Absterben zur Kugel ausgedehnt, fein längsgestreift, von Wimperreihen rings bekleidet, eylindrisch, vorn abgerundet abgestutzt, 295 Dr. Ferdinand Cohn, hinten spitzlich, am vordern Ende seitlich eingebuchtet. In dicker Ein- buchtung liegt die kreisförmnige Mundöffnung, an die sich ein häutiger ') Schlundtrichter schliesst; in der Nähe dunkle Körnerhaufen. Contrac- tile Blase eine, im zweiten Drittel, Nucleus einer, central. Bewegung | rotirend, stetig. Paramecium microstomum Clap. et Lachmann. Panophrys Chrysalis? Duj. ex parte. 8. Loxophyllum rostratum nov. spec. Körper farblos, sehr biegsam, mit Wimpern bedeckt, etwas retractil, auf der einen Seite flach, auf der andern gewölbt, von einem breiten, durchsichtigen, flügelartigen, flexilen Rande rings umsäumt, welcher nach hinten ab- E gerundet, nach vorn in einen schmäleren, an der Spitze hakenartig ge- krümmten, flexilen Rüssel verlängert, der Länge nach deutlich und pa- rallel gestreift ist. Mundöffnung undeutlich, wahrscheinlich durch eine . mittlere Furche bezeichnet. Contractile Blase eine, zwei und mehr in - dem hintern Theile des dickeren Körpers. Eine Reihe von Bläschen an - der rechten Seite. Nucleus zwei in der Mitte des Körpers. Bewegung rotirend oder flach schwimmend, mit dem flexilen Rüssel tastend, mit periodischen Retractionen. Loxophyllum Meleagris Fresenius. Amphileptus Meleagris Stein, Entwickl. der Infus. 9. Colpoda pigerriman. sp. Farblos, milchweiss, durchsich- tig. Körper längs- und quergestreift, etwas retractil, elliptisch, bei- derseits spitz, schwach bewimpert; aus dem busenförmigen Ausschnitt der Mundspalte tritt ein Wimperbüschel. Bewegungen sehr träg zwi- schen Fleisch. 10.Pleuronema (Alyscum) Citrullusn. sp. Farblos, Körper | starr, längsgestreift, eiförmig, beiderseits mit einem knopfförmigen Ende, rings mit steifen, abstehenden Wimpern bekleidet, am Hinter- ende mit langer Springborste; von der Seite zusammengedrückt, die - Bauchseite abgestumpft mit langer Mundspalte, aus der ein wirbelndes Wimperbüschel und in entgegengesetzter Richtung eine steife, haken- förmig gekrümmte Borste (vielleicht ein Segel, wie bei Lembus) her- | austritt. Bewegung abwechselnd springend, schwimmend oder ruhend. Gyclidium Glaucoma ex parte. 14. Uronema marinum Duj. emend. Farblos; Körper starr, oval, vorn schmäler, beiderseits abgerundet, auf der Bauchseite Seien ausgeschweift; an dieser Stelle liegt die nicht deutliche Mundöffnung ohne Wimperbüschel. Contractile Blase am hintern Ende. Bewimpe- rung hinten kurz, oft ruhend, am Vorderende länger und stets wir- wi UT ; ’ Nene Infnsorien im Seeaquarium. 299 _ belnd, mit terminaler Springborste. Bewegung ähnlich wie bei Pleu- ronema citrullus. Cyclidium Glaucoma Aut. ex parte. Enchelys triquetra? Duj. Enchelys nodulosa ? Duj. 12. Amphileptus Gutta nov. spec. Dunkelgrau; Körper - längsgestreift, rings fein bewimpert, etwas retractil, birnförmig, oblong bis oval, hinten abgerundet, vorn in einen schwach hakenförmig ge- krümmten spitzen Rüssel verdünnt, inwendig hohl, mit grossen durch dunklere Scheidewände getrennten Wasserblasen ; Mundöffnung seit- lich, kreisförmig; contractile Blase am Hinterende; zahlreiche dichte Kerne an der Innenwand des Körpers eingebettet. Bewegung rotirend, gleichmässig, in faulen Austern beobachtet. II. Infusoria hypotricha. 13. Actinotricha nov. gen. Körper farblos, der Länge nach etwas flexil und retractil, oblong, an beiden Enden abgerundet, flach; auf der Bauchseite unter dem vordern Rande mit einer schnabelartigen _ Lippe versehen, welche fünf breite und lange, im Alter häufig unbe- wegte und auseinander gespreizte Griffel trägt. Peristom mit langen, hakenförmigen Wimpern am innern Rand besetzt, kurz. Zwei Reihen Bauchborsten, die hinten über den Seitenrand hinausragen. Afterbor- sten lang und breit, an der Spitze oft gespalten. A. saltans. Einzige Art. Vordergriffel in der Jugend meist am Kopfe wirbelnd ; Bewegung springend oder kriechend. 14. Stichochaeta pediculiformis nov. spec. Körper sil- bergrau, von dunklen Körnchen dicht erfüllt, flexil, nicht retractil, vom Rücken zusammengedrückt, linear, oblong, hinten abgerundet, vorn mit einem kürzeren und schmäleren, scharf abgesetzten Rüssel, wel- cher an der Spitze eine Anzahl (etwa sechs) langer wirbelnder Borsten, längs der Bauchseite einen Saum dichter, kurzer Wimpern, sowie eine Anzahl getrennter, langer (Spring-) Borsten trägt, während der eigent- liche Körper auf der Bauchseite mit drei Reihen kürzerer Wimpern be- setzt ist. Mundöffnung an der Basis des Rüssels, mit einigen längeren, herausragenden präoralen Borsten. Am hintern Ende längere Schwanz- und Afterborsten. Bewegung abwechselnd kriechend und rückwärts springend. 15. Oxytrichaflavanov. spec. Körper gelb, flexil, nicht re- tractil, bandförmig platt, linear, nach hinten etwas verdünnt, der Vor- ‚derrand der Stirn stärker zugerundet, der mit zahlreichen, gleichlan- 300 Dr. Ferdinand Cohn, gen, wirbelnden Wimpern (Borsten) besetzte Vorderrand des bis zum ersten Drittel reichenden Peristoms abgerundet, schief nach hinten in den rechten Seitenrand des Peristoms übergehend, welcher mit langen, gekrümmten, der linke dagegen mit geraden, Querstreifen ähnlichen Wimpern besetzt ist. Eine gerade Furche (?) durchzieht die Bauchseite vom hintern Peristomwinkel bis zum After, und ist äusserlich mit einer doppelten Wimperreihe besetzt; zwei andere Wimperreihen begleiten sie näher den Seitenrändern. Ein Büschel von Afterwimpern ist unter dem geradabgestutzten hintern Rande eingefügt. Contractile Blase eine, im ersten Drittel. Nucleus? Guticula feinkörnig, beim Absterben nicht zerfliessend. Bewegung schwimmend, kriechend, mit steter Fle- xion des Körpers. Oxytricha rubra Ehr. ex parte. 16. Oxytricha flava var. carnea. Fleischfarben, mit zwei rothen punctirten Linien auf der Bauchseite und am Seitenrande; Kör- per um das Doppelte grösser und breiter, äusserst flexil, nicht retrac- til, nach hinten nicht verdünnt, quer abgestumpft; beim Absterben zerfliessend. Bewegung wie bei O. flava, theils kriechend, theils frei | schwimmend, zwischen faulen Stoffen. 417.Oxytricharubra char. emend. Feuerroth mit vier En punctirten Linien auf der Bauchseite; Körper lanzettlich, grösser alsO. flava, äusserst flexil und etwas retractil, Bewegung kriechend träge, zwischen lebenden Oscillarien; beim Ahsterben zerfliessend. Oxytricha rubra Ehr. ex parte, Duj. Fresenius. 18. Oxytricha Scutellum nov. spec. Schwarzgrau; Körper sehr retractil, oblong, oval bis kreisrund, schildförmig platt, nach vorn dreiseitig zugespitzt, hinten abgerundet, Bauchseite concav, mit dunk- len Körnerlinien längs des Seitenrandes; Peristom im vordern Drittel, mit gleichförmigen, feinen Wimpern besetzt, Afterwimpern büschelför- - mig; contractile Blase in der Mitte; beim Absterben zerfliessend. III. Peritricha. 19. Trichodina Auerbachiinov. spec. Farblos; Vorderleib sehr flexil, von der Seite stark zusammengedrückt, kreisförmig, ver— bogen, an dem beiderseits von langen Wimpern umsäumten Bauch- rande durch das Peristom tief eingefurcht, das zu der von hinten nach oben aufsteigenden bewimperten Mundspalte führt. Der Vorderleib steht mit Hülfe eines eingeschnürten Halses auf dem polsterartigen Hin- terleibe, mit undulirender, scheibenförmiger, von einem Wimperkranze eingefasster Grundfläche, mit deren Vermittlung das Thier auf den Papillen einer kleinen Doris (D. muricata?) von Helgoland umherläuft. 4 " Trichodina auf den eilen von Aeolis alba Möbius et BessE: Fauna der Kieler Bucht I. p. 22, Fig. 7 20. Acarella Siro nov. gen. et spec. Farblos; Körper starr, hr klein; Vorderleib abgestutzt kegelförmig,, Hinterleih kurz cylin- dı isch, in einer durchsichtigen, kugligen Hülse steckend, etwas grösser s der Vorderleib. An der ringförmigen Grenze zwischen beiden sitzen die zahlreichen Wimpern in einem Kranze und werden abwechselnd’ bald zum Laufen, bald zum Springen benutzt. Ä Unterscheidet sich von Halteria nur durch die Hülse. Breslau, den 31. December 1865. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIV. u. XV. Trachelocerca Phoenicopterus n. sp. in verkürztem Zustande. Dieselbe ausgestreckt, geschlängelt. N Dieselbe gerad ausgestreckt, freischwimmend. Nassula microstoma n. sp. von der Seite. Dasselbe von vorn. Placus striatus n. gen. et spec., von vorn. Derselbe von der Seite. Loxophyllum rostratum n. sp. etwas verkürzt, vom Rücken gesehen. Derselbe in ausgestrecktem Zustand freischwimmend. . 10. Derselbe von der Seite gesehen. 3 | ‚44, Derselbe, junges Exemplar. | ag. 12—17. Lembus velifer nov. gen. et spec., grössere und kleinere Brenner: 2 in verschiedenen Lagen. ig. 18. Derselbe in Längstheilung. . Helicostoma oblongum nov. gen. et spec. grosses Exemplar. ig. 20. Ein kleineres, von der Seite gesehen. Fig. 21. Dasselbe, mit Körnern dicht erfüllt. Fig. 22. Dasselbe, kleines, farbloses Exemplar. | Br Fig. 23. Dasselbe, in Quertheilung. IR | Fig. 24. Actinotricha saltans nov. gen. et spec., grosses Exemplar. = Fig. 25. Dasselbe kleiner, mit wirbelnden Vorderwimpern. Fig. 26. Dasselbe sehr jung. . 27. Oxytricha flava n. sp. vom Rücken. Fig. 23. Dieselbe vom Bauche. Fig. 29. Dieselhe von der Seite gesehen. 2 Fi 9%. 30, 31. Trichodina Auerbachii n. sp. . a Hinter-, 5 Vorderleib. Acarella Siro n. gen, et spec. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 21 DD = ’ sn 5 % \ dr un IE N z nF Tı ia in br 13 ar Ur TFT « Ir Ve N N une > „En . RAR, x z \ ni ERE Kun arte a 2 ng - ER | a ur re SRH v4 Fr * Dr na | MENT & TE a Zw tl E Naar WISE 4 4 Sämmtliche Figuren sind unter 250facher Vergrösserung mit Hülfe eines Hart- nack'’schen Mikroskopes gezeichnet. BR AL: DE er 5 . ; . a a ’ . a az RER De ® - Sur. I RE a > Dr. Ferdinand Cohn, Nene Infusorien im Seeagunriun, Fan 5: v ER® Dieselbe kleiner. Dieselbe mit ahwärts gekehrtem Vorderleib (Schnabel). Cothurnia Pupa Eichw, Glyphidium marinum Fres., mit einer Geissel und flimmernder A im Mund. & Ein grösseres Exemplar mit zwei Geisseln. | Stichochaeta pediculiformis n. sp. « Mehr vom Rücken, db mehr von der Seite gesehen. 1 Metacystis truncata n. gen. et spec. a Mit kurzer, 5b mit grösserer, c mit grosser Schwanzblase. > a u. 5 desgl. verlängert cylindrische, c ein sehr kleines eiförmiges Exemplar. Oxytricha rubra n. sp. von der Bauchseite gesehen. Dieselbe in flexil verbogener Lage. Oxytricha Scutellum n. sp. von der as gesehen, in extensilem, oblongem Zustand. Dieselbe in retractil ovalem Zustand. Dieselbe noch stärker, fast kuglig retrahirt. Dieselbe im jugendlichen Stadium. Lacrymaria, extensil, eylindrisch. 3 Dieselbe am hintern Ende abgeplattet und gedreht mit grosser oe j tiler Blase. Dieselbe kuglig retrahirt. Amphileptus Gutta n. sp. mit retractilem, eiförmigem Körper. Anophrys sarcophaga n.sp. in verschiedenen Lagen und Zuständen, ce mit Nahrungsballen dicht gefüllt. Colpoda pigerrima n. sp. Uronema marinum Duj. Pleuronema (Alyscum) citriforme n. sp. m Mund, n Nucleus, p Peristom, v contractile Blase. }: Elfeber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. Von nn N v IR } I v n Dr. R. Buchholz in Greifswald. = Mit Taf. XVI. u. XV. ven mm men nn ana Br Pe u ad 1 Die nachstehenden Beobachtungen, welche ich im September vo- rigen Jahres bei Christinasand an der norwegischen Küste anzustellen ee hatte, betreffen eine, soviel mir bekannt, bisher noch nicht beschriebene decke Crustacee, und dürften insofern nicht ohne Interesse sein, da es mir gelang, die Metamorphose und Organisation einer, der bisher noch wenig untersuchten Gattung Liriope sehr nahe _ stehenden Thierform zu ermitteln. Bei der Besichtigung eines Gefässes, in welchem ich einige frisch von einer Klippe abgelöste Balani!) aufbewahrt hatte, fiel mir ein an- sehnlich grosser, blass fleischrother, gelappter Sack auf, welcher zu- Br is folge seiner eigenthümlichen Contractionen sich als ein Wurm zu er- weisen schien. Es hatte derselbe eine ziemlich kuglige Form, doch war * K die Peripherie desselben durch tiefe Einschnitte in sieben deuikich ge- |* schiedene conische Lappen abgetheilt, so dass das Ganze dadurch eine _ sternförmige Gestalt erhielt. Bei näherer Besichtigung der Oberfläche des Sackes mit Hülfe der Loupe zeigte sich bald ein Pünctchen, welches eine Bewegung verrieth, die nur von gegliederten Anhängen herrühren konnte, so dass die Vermuthung nahe lag, dass ich statt eines Wurmes eine jener durch Parasitismus so sonderbar umsgestalteten Crustaceenformen vor mir habe. E Es erschien nun am wahrscheinlichsten, dass der vorliegende Sack aus einem der Balani hervorgekommen sei, da über die parasitische Natur desselben kaum Zweifel obwalten konnten. Bei der Eröffnung EEE FaR22 ih Sauce 6 "> > * EINBTE \ re a ey * er 22, 4) Balanus ovularis Lamk. 34* Ba frei zu us lag, sondern noch in einer be Be Be und durchsichtigen Membran eingeschlossen war, welche von dem Kör n per des Balanus ansgehend, den Parasiten gegen denselben fixirt er- hielt. Eröffnete man dagegen die soeben erwähnte durchsichtige Mem- bran, so erschien letzterer ganz locker zwischen derselben und der Körperoberfläche seines Wirthes eingelagert, ohne dass sich in irgend einem Falle eine besondere Befestigung desselben hätte wahrnehmen 2 lassen. $ Da ich durch ein reichlicheres Material mich nun bald in den Stand gesetzt sah, mich durch die Zergliederung einiger Säcke näher uber 4 = die Natur derselben zu unterrichten, so ermittelte ich darüber folgendes. E Es zeigte sich zunächst bei der Vergleichung einer grösseren An- 4 zahl derselben, dass hinsichtlich der Grösse und äussern Form nicht unbeträchtliche Unterschiede zwischen denselben bestanden, denn während die grössten eine Länge von 3'%”’ bei einer Breite von PZ be- sassen, fanden sich andere von allen möglichen Grössen bis zu 0,67 Mm. Länge herab. Was ferner die äussere Körperform der kleineren Indi- viduen anlangt, so zeigen sie nicht mehr das tief gelappte sternförmige Ansehen der grösseren Säcke, sondern sie besitzen vielmehr eine lang- gestreckte walzenförmige Form, in welcher nur noch vier mehr nach hinten gerückte BE ehnien an Stelle der sieben Lappen der grös- seren Säcke wahrnehmbar sind. Es wird sich später zeigen, auf 4 _ welche Weise diese Umwandlungen der äussern Körperform von der Larve bis zum völlig ausgebildeten Thiere vor sich gehen. s Betrachten wir nun zunächst einen der grösseren Säcke genauer, so zeigt derselbe, abgesehen von den zipfelförmigen Lappen, eine an- nähernd kuglige, etwas abgeplattete Form. Man unterscheidet an dem- selben eine untere, mehr abgeflachte, sowie eine obere kuglig aufge- triebene Oberfläche, auf welcher letzteren auch (s. Fig. a) die Stelle befindlich ist, welche den Vorderkörper des Thieres enthält, und an der sich die Füsse befinden. Es zeigt sich letztere nahe dem vordern Rande in der Mittellinie, zwischen dem Ursprunge der beiden vorder- E sten Zipfel, als ein Fr kleines über die Oberfläche des Sackes frei hervorragendes Wärzchen, an welchem man mit Hülfe einer starken Loupe ausser zwei schwarzen, den Augen entsprechenden Pie flecken mehrere Füsschen wahrnimmt, welche in beständiger, lebhafter ME ' Bewegung begriffen sind. Untersucht man nun dieses Wärzchen, wel- Ueber Hemioniscus, Bine neue Gattung parasitischer Isopoden. 305 ches bei der Betrachtung mit blossem Auge als ein eben wahrnehm- barer Punct erscheint, nachdem es von der Oberfläche des Sackes ab- u worden ist, mit Hülfe des Mikroskopes, so erkennt man, dass es ausser dem Kopfe noch vier fusstragende Segmente enthält, und also die ganze vordere Hälfte eines Grustaceenkörpers darstellt, debieh hin- E terer Abschnitt in den so abnorm vergrösserten, gelappten Sack um- gewandelt worden ist. an Ehe wir jedoch zu einer eingehenderen Analyse dieses Vorder- körpers übergehen, mag zuvor noch das Aeussere des Sackes selbst etwas genauer betrachtet werden. Was zunächst die Anordnung der Lappen anlangt, in welche der . Umfang desselben abgetheilt erscheint, so nehmen zwei Paare dersel- ben die beiden Seitenränder ein, während zwei etwas kleinere am Vorderrande befindlich sind. Der siebente unpaare Zipfel nimmt den - Hinterrand ein, er ist etwas schmächtiger und mehr zugespitzt als die F plumperen A knlinhen und stellt, wie wir später sehen werden, in - der That die Hinterleibsspitze des Thieres dar. Es zeigten sich nun & . diese soeben beschriebenen Zipfel an allen grösseren und vollkommen “entwickelten Thieren constant in derselben Anordnung und Lage, wie- I wohl sie bei der beträchtlichen Contractilität der Säcke sehr erhebliche E27 Unterschiede in der äusseren Form erleiden. Bin Eu Was ferner die Consistenz des Sackes anbetrifft, so erscheint - derselbe als eine schr zartwandige, mit Flüssigkeit prall erfüllte Blase, | deren Wandungen durchsichtig genug sind, um einige im Innern Dies findliche Organe durch dieselben hindurchschimmern zu sehen. Macht man einen Einschnitt in denselben, so fliesst eine reichliche Menge einer röthlich gefärbten Flüssigkeit aus, und es fällt die dünne äussere - Hülle schlaff zusammen. Die bereits früher erwähnte röthliche Färbung der Säcke rührt demnach, wie auch die unmittelbare Betrachtung lehrt, nicht von der an sich farblosen äusseren Hülle her, sondern viel- ı mehr von der soeben erwähnten Flüssigkeit, welche man durch die- selbe hindurchschimmern sieht, und welche bei den Contractionen des Thieres bald in den einen, bald in einen andern der Fortsätze hinein- | getrieben wird. Indem wir nun die anderweitigen durch die äussere Hülle hin- durchschimmernden Organe vorläufig ausser Acht lassen, wenden wir ‚ uns zunächst dem Vorderkörper zu, welcher beim völlig aus Thiere, wie erwähnt, etwas vom Kordefrände entfernt und ganz auf er die stärker gewölbte obere Fläche gerückt erscheint. Untersucht man dagegen eines der kleineren Thiere, welches noch eine länglich walzen- _ förmige Form besitzt, und welches man ganz unter das Mikroskop er - ER REEIR RS D Da Fa Pa bringen kann (s. Fig. 2, 31; so NEON, er der Vorderkörper r in der That die vorderste RR ein und geht nach hinten unmittelbar in. den weichen länglich sackförmigen Hinterleib über. Die Uebergangs: telle befindet sich, wie man nunmehr erkennt, unmittelbar an der hintern Grenze des vierten Segmentes, und zwar geschieht der Uebergang | in. _ der Weise, dass die Körperhülle sich continuirlich in die W andungen“ 4 des Sackes fortsetzt. a: Was nun zunächst die äussere Gestaltung des Vorderk rpers. anlangt, so entspricht dieselbe im Ganzen einer von der Ventralseite her etwas zusammengedrückten Pyramide, deren vorderes, conisch abge- = rundetes Ende dem Kopfe, deren Grundfläche der Uebergangsstelle in den Hinterleib entspricht. Bei der Betrachtung von der dorsalen und ven- tralen Fläche her erscheint erstere stark convex, letztere dagegen ab. geflacht. Der ganze Vorderkörper nimmt bei den jüngsten Individuen noch '/, der Gesammtlänge ein, während derselbe bei völlig entwickel- ten Thieren kaum "/,, der Länge des sackförmigen Hinterleibes besitzt, eine Differenz, welche darauf beruht, dass bei dem beträchtlich zu- nehmenden Umfange des Hinterleibes der Vorderkörper selbst nicht 4 mehr wächst. f Der Kopf selbst nimmt, von der Ventralseite her gesehen, etwa 5; des ganzen Vorderkörpers ein; er ist von conischer Form, hinten am _ breitesten und nach vorn zu gleichmässig verschmälert und vorn ab- Ei gerundet. Seine Länge beträgt %/, des Breitendurchmessers an der Ba- sis. Er trägt die beiden Augen, zwei paar Antennen und die Mund- iheile, von denen erstere an der Dorsalseite dicht am Seitenrande und an der Grenze des ersten Segmentes befindlich sind, während die An- E tennen an der untern Seite inserirt sind. Von der Dorsalseite her er- scheint der Kopf beträchtlich kürzer als von der Bauchseite her, indem die Segmente dort weiter nach vorn übergreifen als an letzterer. 4 Die vorderen Antennen (Fig. 2,3 4') bestehen aus einem zwei- gliedrigen kräftigen Schafte, welcher die ganze vordere Gegend der Unterseite zwischen den Mundtheilen und dem vordern Stirnrande ein- nimmt, und einem getheilten sehr kurzen und dünnen Endgliede, > Sl, die Endborsten trägt. Die kurzen und plumpen, unbeweglich mit dem Kopfe verbunde- _ nen Basalglieder (Fig. 4 4) haben eine unregelinüssig vierseitige Gestalt und sind mit ihren inneren Rändern einander so nahe gerückt, dass ’ sie sich in der Mittellinie berühren und keinen Zwischenraum zwischen sich lassen. Der obere Rand verlängert sich an der äussern Kante in einen kurzen Fortsaiz, welcher den EESPERDR des zweiten Cie PN 5 ; ver R ü$ Ba. Ya ; per “ Ueber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden, ESTET, überragt. Der untere Rand verläuft von innen nach aussen schräg 5 nach abwärts und ist durch sieben von innen nach aussen an Grösse zunehmende, nach innen gekrümmte spitzige Zähne tief ausgezackt. B Das zweite Glied ist von walzenförmiger Form und beweglich mit © dem Basalgliede verbunden, es ist beträchtlich schmäler als ersteres Fund erreicht mit dem äussern Ende den Seitenrand des Kopfes, ohne darüber hervorzuragen. Es ist gleichfalls sehr kurz und gedrungen, » nicht länger als breit und an seinem abgerundeten Ende mit drei bis vier kurzen Zähnchen besetzt. Letzteres trägt zwei dicht nebeneinan- der inserirte, äusserst dünne ungegliederte Endfäden, die etwa nur halb B solang als das zweite Glied sind und an ihrer Spitze drei bis vier lange - Borsten tragen. Ausser den beiden soeben erwähnten fadenförmigen Endgeisseln befindet sich auf der Spitze des zweiten Gliedes noch ein 1 kleines Höckerchen, welches einen Büschel von sechs bis zehn blassen Endfäden trägt, die ebensoweit hervorragen als die Endborsten der beiden Geisseln, mit welchen gemeinschaftlich sie einen zierlichen kleinen Fächer Bildon, der etwa halb so lang als der ganze Kopf über die Seitenränder en hervorragt. Die äusseren Antennen sind anderthalbmal so lang als der Kopf & und hinter den inneren Antennen in der Mitte des Raumes zwischen | den Mundtheilen und dem Seitenrande inserirt, und erreichen naclı | abwärts gerichtet die hintere Grenze des len Segmentes. Es sind BE nieselben neungliedrig und fadenförmig, die beiden Grundglieder sind Ei gleichfalls beträchtlich dicker und gedrungener als die folgenden, sie sind eylindrisch und an ihrem innern obern Ende mit einem nach innen & und abwärts gerichteten Zahne versehen. Die darauf folgenden beiden ke Glieder sind beträchtlich dünner, aber von derselben Länge als die Grundglieder, während die darauf folgenden fünf Endglieder successiv “an Länge und Dicke abnehmen und zusammen nur , der ganzen An- tenne einnehmen. Das Endglied trägt an der Spitze vier bis fünf ein- fache, lange Borsten. | Die Augen sind einfach und bestehen aus einer rundlichen An- häufung braunrothen Pigmentes, welche einen kugligen, stark licht- brechenden Körper einschliesst. Dieser kuglige Körper, welcher einen Durchmesser von 0,02 Mm. besitzt, stellt eine von der chitinösen Kör- i perwandung gebildete Linse dar und zeigt, von der obern Fläche be- trachtet (s. Fig. 5), einen kreisrunden dunklen Fleck ; es ist dies die _ Stelle, an welcher derselbe der Cuticula ansitzt. Wie man sich ferner durch die Untersuchung eines isolirten Auges überzeugen kann, be- x“ steht diese Linse nicht einfach aus einer kugligen Verdickung ee Gu- © tieula an der betreffenden Stelle, sondern zeigt selbst noch einen la- ish re ER ee PR Te mit der Quticula, nachdem dan eat. einem Re. D cke aus setzt worden ist, im Profil (Fig. 6), so erkennt man, dass dieselbe zwei concentrisch ineinander steckenden halbkugligen Chitinlam 1 besteht, welche in der Mitte zwischen sich und der Cuticula einen en- tralen Hohlraum einschliessen'). Im Uebrigen lassen sich andere Ele 4 mentartheile im Auge nicht wahrnehmen. BR Die Mundtheile nehmen die mittlere und hintere Region der Untere seite des Kopfes ein und bestehen aus einem von hinten nach vorn ge richteten conischen Saugrüssel (s. Fig. 4R), dessen Länge ungefähr“ seinem Breitendurchmesser an der Basis gleichkommt. Letztere befin- det sich an der Grenze des Kopfes und des vordersten Some während die Spitze zwischen den beiden innersten Zähnen des Hin- terrandes des Basalgliedes der vorderen Antennen gelegen ist. Dia 2 Seitenränder dieses conischen Organes erscheinen gerade, während der Hinterrand in der Mitte stark nach hinten ausgebuchtet ist und jeder seits nach vorn und aussen von dieser mittleren Ausbuchtung eine länglich ovale, von einem verdickten Chitinsaum umgebene Grube zeigt, 3 über deren Bedeutung ich nichts anzugeben weiss. a Von der auf der Spitze des Saugrüssels befindlichen sehr kleinen und nicht recht deutlich sichtbaren Mundöffnung lässt sich ein schma- ler, scharf contourirter, in der Mitte etwas erweiterter Canal bis in die Nähe der Ausbuchtung des Hinterrandes verfolgen, der hier in die von dieser Stelle entspringende Speiseröhre zu münden scheint. Te fs . Ueber die morphologische Bedeutung dieses Rüssels lässt sich nich & gut urtheilen, da weder von Kiefern, noch von anderweitigen acces- sorischen Mundtheilen etwas one ist, und die Mundtheile bereits bei der Larve in gleicher Weise gebildet sind. Was die Beschaffenheit der vier an dem Vorderkörper befindlichen fusstragenden Segmente anbetrifft, so weist nicht allein die be- \ reits angedeutete beträchtliche Zend derselben in der. Richtung des dorso-ventralen Durchmessers, sondern auch das Vor- handensein deutlich abgesonderter Epimeren und die Beschaffenheit der Füsse auf die Verwandtschaft mit den Isopoden hin, eine Voraus- setzung, welche durch die Beschaffenheit der Larve auf das unzwei- deutigste bewiesen wird. e Es sind dieselben sehr schmal (ihre Länge beträgt nur etwa Y, der Breite) und reichen auf der Dorsalseite mit ihren nach vorn convexen N. 1) Es ist mir nicht bekannt, ob ein derartiger Bau der Linse anderweitig bei Gliederthieren vorkommt, welche in der Regel eine solide chitinöse Verdickung Are Cuticula bildet. | Ueber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. 30% Rändern etwas weiter vorwärts als auf der Unterseite. Die Seitenrän- N Pe derselben sind von stark entwickelten, nach unten und einwärts eingeschlagenen Epimeren überragt, liche die Insertionsstellen der 8 üsse bedecken und deren hinierer Rand durch sechs bis sieben lange, spitze Zähne, deren innerster am breitesten ist, tief ausgezackt er- scheint. Die Füsse sind, wie bereits erwähnt, ganz am Aussenrande der Segmente inserirt und daher sehr weit auseinanderstehend. Sie sind “nicht an allen vier Segmenten gleichgebildet, indem diejenigen der bei- den ersten Segmente unter sich gleich und von den darauf folgenden Fusspaaren etwas abweichend gebildet erscheinen. Es sind dieselben (s. Fig. 9) kürzer und plumper als die hinteren Füsse und nur drei- { gliedrig; das walzenförmige Grundglied ist das längste und reicht nach einwärts geschlagen bis nahe an die Mittellinie des Körpers: das zweite - Glied ist sehr kurz und dick, von eiförmiger Gestalt, während das noch & stärker verdickte, beinahe Kuglige, gleichfalls sehr kurze Endglied an seinem äussern Ende eine kleine hakenförmig gebogene Klaue trägt. | Die beiden Fusspaare des dritten und vierten Segmentes (s. Fig. 8) sind viergliedrig; auf das cylindrische, lange erste Glied, welches weeichfalls nach einwärts bis in die Nähe der Mittellinie reicht, folgt ein S etwas kürzeres, an dem untern Ende etwas verbreitertes und abge- plattetes, welches dem zweiten Gliede der Vorderfüsse entspricht, wäh- rend zwischen das zweite und das mit einer einfachen Klaue versehene Endglied noch ein kleines, ‚sehr kurzes Gelenkstück eingeschoben ist, welches den vorderen Fusspaaren fehlt. Das Endglied ist von dersel- ben Länge als das zweite, aber etwas schmächtiger und langgestreckt _ eylindrisch und trägt eine lange und schwach gekrümmte Endklaue. Die Haltung der Füsse ist gewöhnlich so, dass das oberste Glied ‚dem Rumpfe dicht anliegend nach einwärts eingeschlagen wird, wäh- rend das zweite und die folgenden nach abwärts und aussen gerichtet gegen ersteres scharf umgeknickt erscheinen, eine Tracht, die gleich- falls der Mehrzahl der Isopoden eigenthümlich ist. Nachdem wir nunmehr den Vorderkörper soweit untersucht haben, als dies vor der Hand thunlich ist, wenden wir uns zu der innern 0 ganisation des eigentlichen Sackes selbst, dessen äussere Gestaltung _ wir bereits vorläufig in Betracht gezogen haben. Die darin enthaltenen Organe sind die Digestionsorgane und die Genitalorgane, zu deren nä- _ herer Betrachtung wir uns nunmehr zu wenden haben. | Fer Was zunächst die Verdauungsorgane anbetrifft, so wurde be- reits oben erwähnt, dass man durch die durchsichtigen Wandungen des Sackes eine rothgefärbte, in einem besondern innern Organe einge- = | ne Thier unter EB lop. so erkon | siger Vergrösserung sehr bald, dass diese Flüssigkeit in. inem blasenförmigen Organe enthalten ist (s. Fig. 2, 3. DD), grössten Theil des Leibesraumes ausfüllt und durch einen ae leren Einschnitt nach hinten zu in zwei seitliche Blindsäcke get 1eilt is Der vorderste ungetheilte Abschnitt dieses weiten Darmes nimmt Se ‘/, der Länge des ganzen Organes ein und beginnt nach vorn zu an der Verbindungsstelle zwischen dem Vorderkörper mit dem Hinterleibe, während die beiden sehr langen hinteren Blindsäcke als die unmittel- bare Verlängerung des vordern Abschnittes nebeneinander bis zur Grenze des hintern unpaaren Lappens, der die Hinterleibsspitze bildet, sich erstrecken, ohne jemals in das etwas festere Parenchym desselben einzudringen. In der Mehrzahl der Fälle liegen die beiden Blindsäcke, welche, den seitlichen Lappen des Sackes entsprechend, ebenfalls Aus- : ‚buchtungen zeigen, dicht aneinander, ohne einen Zwischenraum zwi- schen sich zu lassen, doch kommt es auch bisweilen, sowie in den ab- gebildeten Fällen vor, dass zwischen denselben ein FH: oder weniger | breiter, durchsichtiger Zwischenraum vorhanden ist, namentlich wenn. Y man dieselben durch einen mässigen Druck mit dem Deckeläschen aus- einanderweichen lässt. 4 Im Uebrigen kann man sich durch die Zönlesend der völlig ausge- bildeten siebenlappigen Säcke überzeugen, dass auch hier der Bau des vorliegenden Organes unverändert bleibt, und nicht etwa den Körper- lappen entsprechend neue Divertikel entstehen. | | £ E Dass das vorliegende Organ wirklich als Darmcanal anzusehen ist, 7 geht aus der Verbindung desselben mit dem schwieriger erkennbaren Oesophagus mit Bestimmtheit hervor. Betrachten wir abermals den Vorderkörper eines der kleineren Individuen bei stärkerer Vergrösse- rung, so lässt sich von der Basis des Saugrüssels aus ein sehr zarter und dünnwandiger Schlauch, die Speiseröhre, erkennen (s. Fig. 2, 40e), welche an der Verbindungsstelle des Vorderkörpers mit dem Hinterleibe plötzlich in den stark erweiterten, eben zuvor geschilderten Darmab- schnitt übergeht. Der vorderste, dem Rüssel zunächst gelegene Ab- schnitt dieses Oesophagus oder Pharynx zeigt einen Beleg von rund- lichen Zellen, und es scheint dieser äussere drüsige Beleg vielleicht die Stelle von sonst nicht vorhandenen Speicheldrüsen zu vertreten. An dem soeben erwähnten Anfangstheile lassen sich deutliche Contractio- r nen wahrnehmen, während dieselben sich in dem hintern Abschnitte des Oesophagus Baht bemerken lassen. Die Structur des zuvor beschriebenen stark erweiterten Darmab- IE Ueber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden, 311 e anlangend, so ist zu bemerken, dass die Wandungen dessel- "ben äusserlich eine Lage von grossen runden Zellen enthalten, in deren zä ähflüssiger, eiweissartiger Substanz zahlreiche Fetttropfen von sehr verschiedener Grösse eingebettet sind. Deutliche Muskelfasern konnte ich dagegen in der Darmwand nicht wahrnehmen, sowie überhaupt "bemerkenswerthe Contractionen derselben nicht stattzufinden scheinen ; und es scheint die Bewegung der Darmeontenta mehr durch die leb- 5 haften Contractionen der äussern Leibeswandung vermittelt zu wer- f den. Die Darmflüssigkeit selbst zeigt sowohl hinsichtlich ihrer Färbung E als auch in ihrem übrigen Verhalten eine so grosse Uebereinstimmung mit der Blutfllüssigkeit des Balanus, dass die Identität beider keinem Zweifel unterliegt. Es spricht hierfür noch weiter der beträchtliche _ Eiweissgehalt der Darmflüssigkeit; untersucht man nämlich ein in Al- kohol aufbewahrtes Thier, so findet man dieselbe zu einem zusammen- | hängenden festen Klumpen geronnen. 5 Schwieriger als die soeben beschriebenen beiden Abschnitte des | Darmcanals ist die Beschaffenheit und Lage des Enddarmes zu erken- E = er weite Belhekiige Blindsack selber das Ende des Da bilde, ohne dass eine Afteröffnung vorhanden wäre. Es gelingt näm- i Mich, wenn man die äusseren Körperwandungen vorsichtig zerreisst, gar nicht selten, den mittleren Darmabschnitt unverletzt als eine mit _ Flüssigkeit Deal gefüllte zweischenklige Blase heraus zu präpariren, | ohne dass sich etwas von der Darmflüssigkeit entleert, was vermuth- Flich doch der Fall sein musste, wenn ein Enddarm an demselben be- 'findlich wäre. Indessen überzeugte ich mich dennoch späterhin, dass ein, wenn auch freilich sehr zusammengeschrumpfter und, wie es scheint, undurchgängiger Enddarm vorhanden ist. Betrachtet man nämlich die Hinterleibsspitze, welche durch den mittlern hintern Lappen gebildet wird, am besten bei einem noch klei- nern Thiere näher, so gewahrt man hier eine mitunter sehr deutlich hervortretende Oeffnung, von welcher ein dünner ceylindrischer Schlauch sich nach vorn zu verfolgen lässt, der an der vordern Grenze der Hin- terleibsspitze sich plötzlich zu einem länglich runden, zwischen den hinteren Enden der beiden Darmschenkel befindlichen Organ (s. Fig. 2, 3. S) erweitert. Isolirt man das soeben erwähnte Organ, so erkennt man, dass dasselbe in einer starken Erweiterung des von der Hinterleibsspitze - herkommenden Schlauches besteht, welche von einem eigenthümlich gelormten Inhalt gänzlich ausgefüllt zu werden scheint, und an seinem- _ vordern Ende abgerundet aufhört, woselbst es indessen mit einem REES ee HN EB ER, : vr br ns « w. ru” » in ' ML TERN WR steht, der in einiger EnterRS von an Organe stets a Was nun den eigenthümlichen Inhalt des Organes betrifft, so steht derselbe aus langen, stäbchenförmigen, der Convexität de senwandungen entsprechenden Gebilden, welche sehr scharfe Cont - ren zeigen und ein homogenes glänzendes Aussehen darbieten. ‚Es ge- lingt leider nicht gut, diese Gebilde noch weiter zu isoliren, da einer— seits das sie enthaltende Organ seiner Kleinheit wegen eine tornere er legung nur schwer ermöglicht, andererseits aber die erwähnten Ge-. bilde bei dem geringsten Drucke in Tropfen einer zähflüssigen, stark lichtbrechenden Substanz zerfliessen und zerstört werden. Es bilden diese Gebilde übrigens einen länglich runden Klumpen, welcher das erweiterte Lumen des Canales vollkommen ausfüllt und denselben gänz- i lich unwegsam zu machen scheint. Die soeben beschriebene Bildung fand sich bei sämmtlichen unter— suchten Thieren der verschiedenen Entwicklungsstadien in vollkommen | übereinstimmender Weise vor, und es liessen sich selbst bei der später zu beschreibenden Larve deutliche Spuren einer analogen Bildung des. Enddarmes erkennen, wiewohl mir hier nicht gelang, durch Isolation die nähere Beschaffenheit des Organes zu erkennen. | & Die Gegend, in welcher das soeben geschilderte Organ befindlich - ist, ist übrigens stets von einer reichlicheren Anhäufung von braun- rothen Pigmentzellen umgeben, welche auch in den Wandungen der erweiterten Stelle des Darmes ziemlich reichlich vorhanden sind. Dass dieses Organ nun in der That nichts anderes ist, als der von mir eine Zeit lang vergeblich gesuchte Enddarm, ergiebt sich aus dem Umstande, dass der dünne, zartwandige Schlauch, welcher von dem vordern Ende desselben ausgeht, sich nach vorn zu wirklich bis zu _ dem mittlern Darmabschnitte hin verfolgen lässt. Durchmustert man nämlich den mittlern Zwischenraum, der in einigen Fällen zwischen den Blindsäcken des Mitteldarmes besteht, sorgfältig, so lässt sich in- nerhalb desselben ein sehr dünner und durchsichtiger, zartwandiger Schlauch erkennen (s. Fig. 3 C), welcher nach vorn zu sich an den Körper des Mitteldarmes begiebt bis dicht vor die Lrprungs- stelle der beiden Blindsäcke, und hier mit demselben verbunden zu sein scheint. Nach hinten hin lässt sich dieser lange Schlauch bis in = die Gegend des zuvor beschriebenen runden Organes verfolgen, und ist ohne Zweifel nichts anderes, als der bei der Isolation desselben Bo 2 obachtete sehr dünne Ausführungsgang. Dass der Enddarm, wie be- e reits oben erwähnt, niemals mit dem Mitteldarm in Verbindung isolirt U ve a ER a Be NE ae ER ER Baar REED TE RT EIERN INNERE RER EN TEE RL ER x Kur gi Mn A u c% we D2 e* hund = ae Er N 7 a ee Hark Dr ER a E i 2 er Br > Ni 2 ji Ir ” hr PR y - Mil 4 En Ex a UN? r 2 4 Y f sselben niemals Flüssigkeit aus dem Mitteldarm ausfliesst, sowie dass | auch niemals ein Ueberfliessen der röthlichen Darmflüssigkeit in 4 e ‚Enddarm bei den Körpercontractionen bemerken kann, mit grosser | W Yahrscheinlichkeit auf die Undurchgängigkeit des Erde zu ‚chliessen ‚ in welchem ich niemals irgend einen Inhalt bemerken tonnte. Ob hierbei, wie man vielleicht vermuthen könnte, das eigen- hümliche Gebilde, welches die Erweiterung des Enddarmes nahe sei- em hintern Ende ausfüllt, die Function des Verschlusses hat, ist zwei- elhaft, da es hierbei schwer erklärlich sein würde, woher sich noch an -so langes Stück des Enddarmes vor der verschlossenen Stelle er- alten könnte, ohne gleichfalls von der Erweiterung . betroffen zu Een. - Wir wenden uns nunmehr zu der Untersuchung der Geschlechts- Drgane, welche gleichfalls einen wesentlichen Bestandtheil der in dem Sacke enthaltenen Organe bilden. } Schon bei der Betrachtung mit der Loupe erkennt man, wenn man ne abgeflachte Oberfläche des Sackes nach oben wendet, welche, wie wir gesehen haben, der Dorsalseite des Thieres entspricht, zwei weiss- ie he, hinten verbundene Stränge durch die Haut hindurch, welche sich ‚die Ovarien erweisen. Es erstrecken sich dieselben (s. Fig. 2, 3 0) n der Stelle, an welcher sich die erweiterte Stelle des Enddarmes Jefindet, nach vorn und aussen bis etwa zur Mitte des Hinterleibes, liegen ein jeder dem Darmschenkel der betreffenden Seite auf. erkennt bei etwas stärkerer Vergrösserung unter dem Mikroskop, ; dieselben eine etwas bandartig abgeplattete Form besitzen und I nzlich mit dicht aneinander liegenden, kugelrunden Zellen erfüllt ind. An dem vordern Ende steht ein jedes dieser Ovarien mit einer bi Införmigen Blase (Fig. 3V) in Verbindung, von deren beiden Enden zwei Be ührunesgänge ihren Ursprung nehmen, welche nach vorn und abwärts um den entsprechenden Darmschenkel hair sich auf die Ven- Iseite herumbegeben. Sowohl die Blase selbst, als auch das Lumen der von ihr ausgehenden beiden Ausführungsgänge ist von einer fein- körnigen, braunen Masse erfüllt, welche auch bei starker Vergrösserung als nur aus feinen Körnchen, ohne weitere Formbestandtheile gebildet erscheint. Bei den grösseren ausgebildeten Individuen zeigen die Ova- rien in ihrer Mitte zwei rundlich erweiterte Stellen, an welchen die E ierkeime etwas auseinanderreichen und einen centralen Hohlraum hin- c lurc hschimmern lassen, und es zeigen sich die Eier selbst vergrössert d mit einem fiakasniean Dotter versehen, ohne indessen eine Ei- - Zu hülle zu besitzen, Werke erst in den Iusseren Abschnitt schlechtsorgane ausgebildet wird. BR & ee Isolirt man ‚die Ovarien, so erkennt man, dass dieselben n | voneinander trennen lassen. 'Mhn erkennt im Innern derselben: keir e besonderen Abtheilungen, sondern die in ihnen enthaltenen Eierkeime zeigen an allen Stellen dieselbe Ausbildung. Mit den zuvor beschrie- benen birnförmigen Blasen stehen sie gleichfalls in continuirlicher Ver- Ei bindung und lassen sich leicht im Zusammenhange mit denselben von u} der Oberfläche des Darmes ablösen. Bei den grossen Individuen er- ae: kennt man leicht den Uebertritt der Eier in diese Blasen, sowie den Hindurchtritt derselben durch die von denselben ausgehenden Ausfüh- | rungsgänge. he Be Verfolgt man nun den weiteren Verlauf der beiden Ausführungs- gänge, welche von jeder der birnförmigen Blasen hervorgehen, so er- - kennt man, wenn man ein jüngeres Individuum von der Ventralseite untersucht, dass dieselben, nachdem sie um den entsprechenden Darm- schenkel herum auf die Ventralseite gelangt sind, sich beide in gleicher Weise nach einwärts und vorn begeben, um daselbst dicht hinter der Stelle, an welcher der Mitteldarm in die beiden Blindsäcke sich spaltet, nahe der Mittellinie mit einer kleinen rundlichen Oeffnung in der äus- sern Haut zu endigen (Fig. 2ovd). Die Oeffnung des von dem vordern Ende der Blase hervorgehenden Ganges liegt hierbei etwas mehr nach vorn und einwärts von derjenigen des hintern Ausführungsganges, i im Uebrigen indessen verhalten sich die beiden Oeffnungen in ganz glei cher Weise. Prüft man nun die soeben geschilderten Stellen der Kör- peroberfläche, an welcher sich die Genitalöffnungen finden, mittelst stärkerer Vergrösserung, so erkennt man daselbst in manchen Fällen eine nach aussen hervorragende kurze, hohle Papille, welche von der _ Körperwandung gebildet erscheint und nach innen zurückgezogen wer- den kann, da man oftmals keine Spur derselben erkennen kann. Die soeben geschilderte Anordnung der Ausführungsgänge der Ovarien ist in der That so abweichend von der Regel, da man sonst eher einen einfachen Oviduct bei einer Mehrzahl von Ovarien antrifft und das Vorhandensein einer doppelten Genitalöffnung auf jeder Seite‘ ist überhaupt so abnorm, dass ich mich nur auf Grund mehrfach wie- derholter Beobachtungen zu der voranstehenden Darstellung entschlies- sen konnte, zu welcher mich indessen meine Beobachtungen unab- weislich hinführen. So oft ich auch die Ovarien im Zusammenhange mit ihren Ausführungsgängen isoliren mochte, was nicht gerade schwie- Pen a ae Et EEE id u? 2 1 2, 4 De ER N Ze wu a Se ae! DEREN TER IHR DU ONE ERS N IRRE TR san, Din ER TEE GE MER DE ne th 0 et SAT 4 EUREN . c Ueber Hemionisens, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. 315 ‚Ist, so zeigten sich letztere stets in gleicher Weise mit der äussern wendung verbunden, und durch die Untersuchung der mit Hülfe derScheereab getrennten und isolirt ausgebreiteten Körperwandung der betreffenden Stelle konnte ich mich von dem Vorhar densein von vier Fi einer Querreihe befindlichen Oeffnungen in derselben direct über— zeugen. Aber es besteht hier noch eine andere Schwierigkeit, indem die Oviduete nicht bestimmt sind, wie man vermuthen könnte, die Eier direet nach aussen zu entleeren, sondern es gelangen letztere vor ihrem Austritt noch in ein anderes sogleich zu beschreibendes Organ, in wel- | _ chem dieselben erst ihre vollkommene Entwicklung erreichen. = Man erkennt nämlich oft bei grossen Individuen bereits bei der Betrachtung mit der Loupe eine beträchtliche Anzahl von Eiern durch - die Haut hindurchschimmernd, welche anscheinend frei in der Leibes- ” höhle zwischen und über den Darmschenkeln hin und her flottiren. Eröffnet man nun einen derartigen Sack vorsichtig, so bemerkt man, 2 dass diese Eiermasse nicht frei im Innern des Sackes liegt, sondern in - einer besondern äusserst zartwandigen und vollkommen durchsichtigen = Blase eingeschlossen ist, welche im hintern Abschnitte des Sackes zwi- schen und über den Darmblindsäcken gelegen ist. Es fragt sich nun weiter, auf welche Weise dieses grosse Eierreservoir, von welchem bei 1 _ weniger ausgebildeten Individuen durchaus nichts zu bemerken ist, und welches sich daher wohl auch erst in späterer Zeit gebildet haben kann, mit den zuvor beschriebenen Abschnitten des Geschlechtsappa— rates in Verbindung steht. Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es mir endlich, die soeben beschriebene Blase ziemlich unversehrt im - Zusammenhange mit beiden Ovarien zwischen den Darmschenkeln her— f uszupräpariren, und es ergaben sich dabei folgende Verhältnisse. Es zeigte sich zunächst, dass die Befestigungsstelle derselben an der äus- Besern En esandang und zwar an derselben Stelle gelegen ist, an wel- de cher sich die vier Genitalöffnungen befinden. Trennt man nun den Ir, Stiel der Blase von dieser Stelle, so erhält man dieselbe im Zusammen- hange mit den vier Oviducten, welche unversehrt an derselben befind— v- lich bleiben (s. Fig. 41), und deren äussere Enden in die Wandung ı der Blase unmittelbar überzugehen scheinen. Es erklärt sich nun leicht, auf welchem Wege die Eier in das bla- = senförmige Organ aus den Ovarien gelangen. indessen ist das gleich- PR zeitige Vorhandensein äusserer Geschlechtsöffnungen an dieser Stelle, - meben dem gleichzeitigen Einmünden der Oviducte in das Eierreservoir schwierig zu verstehen. Es lässt sich dies vielleicht nur so deuten, dass bei der Ausbildung des letzteren die unter der Epidermis gelegene tig das äussere Ende der Oviducte von der Körperoberfliche etwas gehoben wird. RER Es bleibt noch übrig, auf die Beschaffenheit und Veränderuns ii der Eier im Innern des Uterus, wie man das zartwandige Reservoir wohl bezeichnen kann, einen Blick zu werfen. Man findet dieselben hier, je nach der Reife des Individuums, in sehr verschiedenen Zustän- den an, immer aber erscheinen sie hierselbst bereits mit einer sehr. dünnen, von dem Dotter etwas abstehenden Hülle versehen, welche den Eierkeimen im Ovarium noch fehlt. In den frühesten Skalen ihres Verweilens im Uterus durchlaufen sie einen ziemlich unregelmässigen Re Furchungsprocess, der Dotter hat unmittelbar vor der Furchung einen Durchmesser von 0,045 Mm. und ist kuglig; er zerfällt nach und nach in einen Haufen von Furchungskugeln, wobei er eine beträchtlichere Grösse erreicht und oftmals eine längliche Form annimmt (8. Fi 15 A—E). Bi: Bei den am weitesten in der Reife vor geschrittenen Individuen hatte der Dotter stets (s. Fig. 14) eine kugelrunde Gestalt angenommen und war bis zu 0,14 Mm. Durchmesser vergrössert. Die Furchungszel- : len sind nunmehr auseinander gewichen und bilden an der Peripherie des Dotters eine zartwandige Keimhaut, an welcher sich immer eine | etwas verdickte Stelle befindet, an der die jetzt bis auf 0,04 Mm. ver- kleinerten Furchungszellen in mehrfacher Lage übereinander liegen und F- einen nach dem Innern des Dotters vorspringenden Zapion, bilden u .. (s. Fig. Aka). Weitere Entwicklungen der Keimhaut und der Anlage embryonaler Theile liessen sich zu der Zeit meiner Anwesenheit leider nicht wahr- ” nehmen, so dass ich die Beschaffenheit des Embryo nicht ermitteln konnte. Ben: Zu den Geschlechtsorganen gehört ausser den soeben beschriebe- nen noch ein anderes innerhalb des Hinterleibes befindliches Organ. Es besteht dasselbe aus mehreren Systemen körniger, gestielter Blasen, welche, jederseits in zwei Gruppen vereinigt, den Darmschenkeln auf der Dorsalseite aufliegen (s. Fig. 2, 39). Ein jedes dieser Gebilde Br 3 steht aus einem länglich -runden mit einer bräunlich körnigen Masse erfüllten Körper, in welchem man einen grossen, centralen, lichteren Hohlraum erkennt, mit welchem eine Anzahl länglich runder, gestielter Blasen in Verbindung stehen. Der vordere dieser Körper liegt dicht F vor der Stelle, an welcher der vordere Oviduct den Seitenrand des ent- sprechenden Darmschenkels berührt, während der centrale Körper ders 4 a. 5 Be Eh - f ' $ x x DE Mr wre | Ueber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. 317 ‚hintern Gruppe etwas hinter dem vordern Ende des Ovariums, zwi- ‚schen demselben und dem Seitenrande des Körpers gelegen ist. R- Die mit dem länglich runden granulirten Körper verbundenen ge- stielten Drüsenschläuche sind bei dem vordern, sowie bei dem hintern En in ganz übereinstimmender Weise angeordnet und ihre Anzahl schwankt zwischen sieben und acht. Vier oder fünf derselben sind mittelst sehr kurzer und breiter Stiele mit dem Körper der Drüse ver- “bunden, und indem sie nach allen Seiten hin von der Peripherie des- selben ausgehen, verleihen sie dem Organ ein sternförmiges Aussehen. - Ausser diesen kurzgestielten findet man indessen auch noch mehrere - Drüsenlappen,, welche in grösserer Entfernung von dem Körper der _ Drüse, bei dem vordern System nach vorn, bei dem hintern nach dem Hinterende zu gelegen und mit demselben durch sehr lange und dünne u. Stränge verbunden sind. Untersucht man nun die Beschaffen- heit dieser Drüsenlappen näher, so erkennt man in ihnen eine Anzahl E kusliger, heller, kernartiger Räume, deren Zwischenräume von einem - Netzwerk feinkörniger Stränge schoen werden, die ihren Ursprung aus der körnigen Masse der Stiele erhalten, durch welche dieselben mit _ dem Gentralkörper der Drüse in Verbindung stehen. Isolirt man ein- zelne Parthieen der gestielten Blasen, so erkennt man, dass die Stiele - derselben nicht einfach sind, sondern aus einem CGonvolut von Ausfüh- rungsgängen grosser einzelliger Drüsenblasen bestehen, welche den örper derselben bilden. Die grossen birnförmigen Drüsenzellen haben einen Durchmesser von 0,13 Mm. und enthalten grosse kuglige, helle Kerne von 0,05 Mm., ihr RER Ende verlängert sich in einen Aus- - führungsgang von 0,04 Mm. Breite, der eine feinkörnige Masse von - derselben Beschaffenheit als diejenige des mittlern Körpers der Drüse enthält. Letzterer, welcher als gemeinschaftliches Reservoir die Aus- — führungsgänge aller Drüsenlappen aufnimmt, enthält einen sehr grossen runden Kern von 0,185 Mm., welcher mit den Kernen der Drüsen- B. Ester, mit bins seiner heirächtlicheren Grösse, vollkommen über- i einstimmt. Da anderweitige zellige Elemente innerhalb des Gentral- _ körpers nicht wahrzunehmen sind, der Inhalt desselben vielmehr nur = aus feinkörniger Masse besteht, so gewährt dasselbe das Ansehen einer einfachen stark vergrösserten Zelle, welche zu einem gemeinsamen Re- servoir für die von den Drüsenlappen gebildete körnige Masse umge- bildet ist. Im Uebrigen stehen die beiden Centralkörper der vordern und hintern Drüsengruppe jederseits durch einen sehr langen und schmalen | E "anastomotischen Verbindungsgang in Zusammenhang (Fig. 3 F), wel- . Zeitschr, f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 22 Ve en nm nm msn nm — a ie N Bu N N = a PR BE Ran ae a Sa An ar ra rs ET RR Jar 9 Br Be a ee Br ES TE k 28 Te En “ AR y ’ % 5 4 v ” bleibt dem Angeführten nur noch hinzuzufügen, dass die nach Eröff- “ 318 | STODEE, Buchholz, | NE ER er KR de “ Le r Manz a cher von dem hintern Ende des vordern, nach dem vor deilin I Gentralkörpers verläuft und denselben feingranulirten Inhalt, besitzt, 8 als die übrigen Ausführungsgänge der Drüsenlappen. Fu: 3 ; Es fragt sich nun zunächst, welches die Bestimmung der soeben geschilderten Drüse ist und wohin die von derselben secernirte körnige Masse, die, wie wir gesehen haben, sich in den beiden Centralkörpern anhäuft, entleert wird. Trotz sehr vielfacher Bemühungen einen Zu- sammenhang derselben mit den Geschlechtsorganen, welcher als am wahrscheinlichsten anzusehen ist, aufzufinden, bin ich doch nicht so E glücklich gewesen, durch die Präparation unter der Loupe einen solchen unzweifelhaft darstellen zu können. Es blieb die vordere Drüsengruppe in der That mehrmals bei der Isolation dieser Theile an den Oviducten vermittelst eines dünnen Verbindungsstranges hängen, indessen liess die Beschaffenheit dieses Stranges bei mikroskopischer Untersuchung es doch sehr zweifelhaft erscheinen, ob derselbe wirklich ein Aus- ; führungsgang der Drüse und nicht vielmehr ein bei der Präparation abgetrennter und etwas gedehnter Streifen der Darmwandung sei, von welcher die Drüsenblasen sich nur sehr schwierig ablösen lassen. Es scheint mir indessen der Umstand, dass in der birnförmigen Blase so- wohl, von welcher die Oviducte ausgehen, als auch in letzterer selber stets eine ähnliche feinkörnige Substanz sich vorfindet, wie sie in der soeben beschriebenen Drüse gebildet wird, sehr dafür zu sprechen, dass ein Zusammenhang zwischen beiderlei Organen in der That statt- finden müsse; eine Annahme, die um so eher gerechtfertigt erscheint, als analoge accessorische Drüsen als sogenannte Kittdrüsen bei den Grustaceen vielfach verbreitet sind, und eine anderweitige Ausmündung E der Drüse nicht gut angenommen werden kann. y Es wäre dieses, da von dem Nervensystem und Circulationsorga-— nen nichts mit Deutlichkeit sich erkennen liess, alles, was sich über die Organisation des sackförmigen Hinterleibes ermitteln liess, und es ER nung desselben bei intactem Darmcanale ausfliessende spärliche Blut- flüssigkeit zahlreiche amöbenförmige Blutkörperchen von 0,009 Mm. enthält, welche die bekannten amöbenartigen Formveränderungen sehr schön erkennen liessen. Wir wenden uns nunmehr zu der Betrachtung der Larve, welche 4 sich gleichfalls häufig der Beobachtung darbot. z Es war, nachdem ich die Beschaffenheit der Geschlörkisonen E näher untersucht und die sackförmigen Thiere ohne Ausnahme als mit Ovarien versehen erkannt hatte, meine Aufmerksamkeit zunächst da- rauf gerichtet, das Männchen aufzufinden, welches bekanntlich bei Ueber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. 319 ’erwandten Formen sehr abweichend von dem Weibchen gestaltet ist. Ic Ich glaubte demselben auch in der That sehr bald auf der Spur zu sein, indem beinahe in jedem Balanus, der eins der sackförmigen Thiere ent- h hielt, ein oder mehrere kleine langgestreckte, bräunliche Thierchen sich 'vorfanden, welche, in Wasser gebracht, sehr abweichend von den oben beschriebenen wurmförmigen Bewegungen der metamorphosirten -Thiere, sehr munter und schnellend umherschwammen, wobei sie den Körper häufig nach Art mancher Isopoden plötzlich zusammenrollten. Spätere Beobachtungen zeigten indessen, dass sich dieselben vielmehr "nach einer letzten stattfindenden Häutung unmittelbar in die jüngsten Formen der sackförmig metamorphosirten erwachsenen Thiere umwan- -delten, mithin als Männchen nicht anzusehen waren. Es hat die Larve [s. Fig. 7) in der Entwicklungsstufe, in welcher ich sie beobachtete, eine Länge von 1,1 Mm. bei einer grössten Breite von 0,4 Mm. Der Körper ist langgestreckt spindelförmig, in der Mitte "am breitesten und nach vorn zu allmählich und wenig, nach hinten da- gegen stark verschmälert und in ein zugespitztes Hinterende ausgehend. Er ist dabei in gleicher Weise auf der Dorsalseite convex und auf der _ Ventralseite abgeflacht, wie es schon bei dem Vorderkörper des ausge- bildeten Thieres bemerkt wurde. Der ganze Körper ist segmentirt, man ’ zählt sieben auf den Kopf folgende Thoraxsegmente, von denen das - fünfte und sechste die breiteste Stelle des Körpers einnehmen, und sechs dahinter gelegene Abdominalsegmente, von welchen die fünf vor- dersten Schwimmfüsse tragen, die von den Krallenfüssen etwas in der - Form abweichen, unter sich aber gleichgestaltet sind, während das -Endsegment nur ein paar kleine ungegliederte, an ihrer Spitze mit kur- zen Borsten besetzte Anhänge trägt. Was nun die Bildung des Kopfes und Thorax anbetrifft, so findet man bei näherer Betrachtung eine vollkommene beberan stimmung aller Theile mit denen des ausgebildeten Weibchens. Es finden sich die beiden Antennen der Mundtheile, die gezahnten | - Epimeren, genau in derselben Weise bereits bei der Larve vor. Die E: beiden ersten Thoraxfüsse zeigen gleichfalls die etwas abweichende - Form, wie wir sie oben beschrieben, während die fünf hinteren Fusspaare mit den entsprechenden des erwachsenen Thieres überein- stimmen. Die drei hinteren Thoraxsegmente, die, wie wir nunmehr wissen, in der Bildung des sackförmigen Hinterkörpers bei dem mem sirten Thiere untergehen, zeigen sich in allen Stücken mit den davor gelegenen übereinstimmend. Es bliebe somit nur noch das Abdomen genauer zu untersuchen, Re le etwas m en s em Drittel der ganzen Körnerläriae beträgt. Die Segmente desselben s sind, mit Ausnahme der Füsse, im wesentlichen mit den Thoraxsegmen! Ri gleichgebildet, nur nehmen sie nach hinten, wie erwähnt, beträchtl ich. an Breite ab, sie zeigen mit Ausnahme des Endsegmentes 28 Epimeren in gleicher Weise entwickelt als jene. Die an denselben befindlichen Schwimmfüsse sind zweiästig, ein kurzes dreiseitiges Basalglied (Fig. 10) trägt zwei gleichfalls kurze eingliedrige Endäste, von denen der innere etwas länger und an seinem freien Ende keulenförmig ver- breitert ist, während der kürzere, äussere, conisch zugespitzt endigt. "Beide Endglieder tragen auf ihrer Spitze vier lange einfache Schwimm- borsten, das innere ausserdem noch eine kürzere nach innen stehende. B- Das Basalglied ist an seiner äussern Ecke dicht über der Insertion ns äussern Endastes gleichfalls mit drei kürzeren Borsten versehen. E Die Borsten aller dieser Schwimmfüsse sind während der Ruhe derselben nach abwärts und innen geschlagen, so dass sie sich theil- weise verdecken, und es ragen diejenigen des vierten und fünften Ab- eislsmentes in Form eines zugespitzten Haarzopfes etwas über F die Hinterleibsspitze hervor. 4 Von der innern Organisation der Larve konnte leider nichts erheb- liches ermittelt werden, da dieselbe wegen des reichlichen braunen Hautpigmentes zu undurchsichtig ist, um ohne Präparation etwas von den inneren Theilen erkennen zu lassen, letztere aber bei der Kleinheit und Zartheit des Thierchens nicht gut ausführbar war. Es wäre na- 4 mentlich von Interesse, über das Verhalten des Darmcanals zu dieser Zeit etwas zu erfahren, dessen mittlerer Abschnitt auch hier bereits etwas von den Blindsäcken besitzt. Eine im Abdomen gelegene Er- weiterung des Enddarmes liess sich auch hier bereits durch das Pig- 4 ‚ment hindurch wahrnehmen, auch schien mir innerhalb derselben be- E reits der eigenthümliche Inhaltskörper vorhanden zu sein. | 2 Die Umwandlung der Larve in das ausgebildete Thier konnte ich 2 an einem jungen Individuum direct beobachten, welches gerade in der dabei stattfindenden letzten Häutung begriffen war. Es zeigte dasselbe ’ (Fig. 12) bereits die Form der jüngsten Individuen mit sackförmigem® Hinterleibe, nur zeigte der verhältnissmässig noch grosse, dem - men Esprächende hinterste Leibesabschnitt sich noch deutlich durch Einschnürungen in fünf Segmente abgetheilt, welche denen der Larve entsprechen, die drei hinteren Thoraxsegmente trugen noch die an der Larvenhaut sitzenden Krallenfüsse und zeigten sich im Verhältniss zur Larve stark vergrössert und die beiden hinteren ausserdem Bere etwas ausgebuchtet. En N vom? ur Y Ber ur ber > k > er R AR mi MN sag u PER, N 12 4 - al 3 S v f r che’ e. hr BZuA ü } Ueber Hemioniscus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. 33 Die weiteren Veränderungen, welche man stufenweise beobachten wenn man Individuen verschiedener Grösse untersucht, sind ende. Es wird zunächst die Larvenhaut abgestreift und mit der- elben gehen die drei hinteren Thoraxfüsse, sowie die Schwimmfüsse des Abdomens verloren. Der ganze Hinterleib, der nunmehr eine weiche enhein angenommen hat, vergrössert sich nun stark, was fast gänzlich auf Rechnung der drei hinteren Thoraxsegmente fällt, wäh- 1:2 rend das Abdomen dabei zurückbleibt und bald seine, die Segmenti- rung anfangs noch bezeichnenden Einschnürungen völlig verliert. Es nimmt späterhin an der Vergrösserung des Sackes ebensowenig Theil, ‚als der Vorderkörper, welcher beim erwachsenen Thiere nicht grösser als bei der Larve ist, und bildet bei letzterem nur den mittlern unpaa- ren Lappen des Hinterleibes. Die beiden grossen Seitenzipfel desselben gehen aus den beiden hintersten Thoraxsegmenten der Larve hervor, während das fünfte Thoraxsegment eine beträchtliche Zeit lang keine "Ausbuchtungen zeigt, und erst bei ganz grossen Thieren die beiden ‚kleineren vorderen Lappen aus sich hervorgehen lässt. Der Vorder- körper behauptet bei diesen Veränderungen seine Lage am Vorderende so lange, als der Hinterleib noch eine walzenförmig längliche Form be- ‚hält, und rückt erst späterhin, wenn die Form desselben mehr eine B: ‚kuglige wird, ganz auf die ventrale Seite desselben herüber. ” # Es wäre somit schliesslich nur noch die Frage nach dem Männ- chen zu erledigen, über welche ich leider im Ungewissen bleiben musste. e 's wären hier, da, trotzdem eine sehr beträchtliche Anzahl von ausge- bildeten Thieren sowohl, als von Larven beobachtet werden konnten, Be. ee ‚sich niemals zwischen denselben ein Männchen vorfinden liess, zwei "Möglichkeiten, entweder könnten männliche Organe bei der Zergliede- rung des Sackes der Beobachtung sich entzogen haben, die Thiere also hermaphroditisch sein, oder aber es wären die Männchen nur zu be- stimmten Zeiten vorhanden. Die erstere Annahme betreffend, so habe ich hier noch eine Beobachtung anzuführen, welche in der obigen Dar- Es übergangen worden ist. Es treten nämlich bei grösseren In- _ dividuen mit dem übrigen Inhalt häufig noch eigenthümliche rundliche eher von eigenthümlicher Bildung aus dem Hinterleibssacke her- vor. Es sind dieses (Fig. 16) rundliche Körnchen von verschiedener _ Form, welche eine concentrisch geschichtete äussere Hülle und einen E verschiedenartigen Inhalt besitzen. Bald sind die im Innern enthaltenen Gebilde zellenartige Bläschen mit körnigem Inhalt (Fig. 16a, b), bald ERS #. sind es elliptische homogene Körperchen von etwas geringerer Grösse “ (0,012—0,014 Mm.), welche bald nur einzeln oder in grösserer Anzahl in den geschichteten Körpern enthalten sind. Bei sehr grossen Indivi- ae ‘unwahrscheinlich machen. Zunächst der Umstand, dass sie nicht bei j - scheinen. | a duen nun, welche Sieh reife Eier enthielten) and" Be: mel derartige Gebilde, welche stark vergrössert waren, mitunter bein: von der Grösse der reifen Eier (Fig. 17), welche eine sehr viel grü - sere Anzahl derartiger granulirter und homogener Körperchen enthiel- ten, zwischen denen ausserdem noch eine Anzahl kleiner stäbchenför- miger Körperchen von 0, 014 Mm. Länge zerstreut sich befanden. Aus- E ser den in diesen Gysten enthaltenen fanden sich auch noch häufig freie. Stäbchen vor, entweder zu kleinen Bündeln vereinigte (Fig. 18a), oder sie sassen radienförmig gruppirt kleinen Partikelchen einer granulirten: i Substanz auf (Fig. 185). Man könnte nun daran denken, zumal bei der Abwesenheit von Männchen, dass man in diesen stäbchenförmigen Bildungen die männ- lichen Zeugungselemente vor sich habe, welche in den oben beschrie- benen geschichteten Körpern gebildet a Indessen sprechen hier- gegen doch vielerlei Gründe, welche eine derartige Annahme ziemlich allen Individuen in gleicher Weise entwickelt sind, indem sie mitunter“ in grosser Menge vorhanden sind, bald aber auch ganz vermisst wer-. den. Es ist ferner der Umstand hervorzuheben, dass sich kein be- stimmtes Organ nachweisen lässt, welches den angeführten Gebilden £ als Bildungsstätte dienen könnte, sie treten vielmehr mit dem übrigen Inhalt aus, ohne dass sich über ihre Herkunft etwas Sicheres ermitteln liesse, und es ist mir nicht wahrscheinlich, dass sich ein bestimm- tes, als Hoden fungirendes Organ der Untärsuchint hätte entziehen können. x Diese Gründe, welchen noch hinzuzufügen ist, dass Hermaphro- ditismus bisher noch bei keinem Isopoden beokächleh worden ist, lassen mir die zweite Annahme, wonach das Männchen vielleicht zu einer an- dern Jahreszeit noch zu entdecken sein würde, als wahrscheinlich er- Es bliebe schliesslich noch übrig, einige Worte über die syste- matische Stellung des Thieres, wie sie aus dem soeben Mitgetheil- ten hervorgeht, hinzuzufügen. ; >®g Bereits bei der Beschreibung des Vorderkörpers des erwachsenen Thieres wurden einige Gründe angedeutet, weshalb das vorliegende Thier den lsopoden einzureihen sei. Es kommen hierzu nun ausserdem diejenigen Gründe, welche sich von der Beschaffenheit der Larve her- leiten lassen ; die Siebengliedrigkeit des Thorax, die Gleichförmigkeit | der mit ansihen verbundenen Krallenfüsse, A fünf paar Schwimm- füsse des Abdomens, sowie die ganze Gestaltung und die Bewegungen pP = IS ee ? DENE RAR, fin Ku,‘ BR Bi t TREE, De ei: a ur. N er ir # Bee ee. Far 2® RS re Kam Ne “ x #, „ IS 5 w.%M u 2 7 r 2 ELSE a A 3 0 5 y r s - Ueber Hemioniseus, eine neue Gattung parasitischer Isopoden. 323 des Thierchens, alles Umstände, welche in exquisiter Weise für die -Isopoden charakteristisch sind. Was nun die Stellung des Thieres innerhalb dieser Ordnung an- R betrifft, so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass dasselbe innerhalb E von LATREILLE begründeten Familie der Epicariden seinen Platz finden muss. Es besteht dieselbe bisher bekanntlich nur aus den we- b- nigen Gattungen Bopyrus und den demselben sehr nahe stehenden h Phryxus und Gyges, Jone und Liriope, zu denen in neuerer Zeit durch E: Frırz MürLer noch der seltsame Entoniscus Porcellanae von der brasi- _ lianischen Küste hinzugefügt worden ist. Alle diese Gattungen leben - parasitisch in der Kiemenhöhle oder unter dem Rückenschilde höherer decapoder Krebse, und es fügen die vorstehenden Beobachtungen den- selben hiermit eine neue typische Form hinzu, welche innerhalb einer weit entfernten Crustaceenordnung, den Cirripedien, schmarotzt. F Es ist allerdings bereits einmal ein sehr ähnlich gebildetes Thier _ innerhalb einer Balanide, freilich unter höchst abweichenden geogra- ’ - phischen Verhältnissen Fabdchänt worden. Inwieweit dieser von Dana (United State Explor. Exped. Grustacea Vol. II. p. 801) beschriebene - Isopode, welcher in Creusia von den Feejee Islands aufgefunden wurde, mit der v6n mir beschriebenen Form übereinstimmt, kann ich leider nicht entscheiden, da mir nur die kurze Notiz darüber in LiLJEBORG’s Abhandlung lich ist. Dana vermuthete in demselben ein Männ- chen und hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass auch die von RATHkE beschriebene Liriope pygmaea ein hianliches Thier gewesen sei. _Diejenige Gattung, welche der von uns beschriebenen Thierform am nächsten steht, ist unstreitig die von Raruke entdeckte Liriope. Wie a Päie Untersuchungen von LiLJEBoRG!) ergeben, findet sich bei dieser arg bei erwachsenen Weibchen eine ähnliche Scheidung des sack- förmig metamorphosirten Körpers in einen Vorderleib und Hinter- | F leib, von denen ersterer auch noch Spuren von vier Segmenten erken- nen lässt, indessen geht die Verkümmerung der Organe hier viel wei- ter, indem weder Augen noch Antennen oder Gliedmassen an diesen vorderen Segmenten mehr vorhanden sind. Ueberhaup tist Hemionis- cus, wie ich dıe vorliegende Thierform zu nennen vorschlage, die einzig mir bekannte Form durch Parasitismus umgestalteter Crustaceen, bei welcher diese Umwandlung der Leibesform den vordern Körperabschnitt vollkommen intact lässt, woher ich den obigen Namen für dieselbe ge- ni “s wählt habe. FE nn gend mann. RT en en nn NEE, 7 Au ER 4) LiLsegore: Liriope et Peltogaster. Nov. Act. Soc. Scient. Upsaliensis II. Ser. "Vol. 111. 1864. SE v° I ER rn WER Ya E Dr n . Dr R. Mc, | von Liriope, so zeigt sich alas eine bedeutend echobli Uebereinstimmung. Am stärksten weicht die von LiLsERoRG Benbach.d tete Larve von der unsrigen ab, durch den nur sechsgliedrigen Thorax _ - und die abweichende Form des letzten Fusspaares desselben, während die beiden vorderen Fusspaare den übrigen gleichgebildet sind. Es sind ferner die abweichende Bildung der Antennen, die viel breitere und kürzere Körperform, welche jener Larve ein a verschiedenes Ansehen verleihen. Dagegen erscheint die Liriope pygmaea Raruke’s 3 allerdings so ähnlich gebildet, dass man es vielleicht nicht für zulässig E halten könnte, das von mir beschriebene Thier generisch davon zu tren- = nen. Der äussere Körperumriss bei jener ist völlig derselbe wie bei meiner Larve, so dass man auf den ersten Blick dieselben fast für iden— tisch halten könnte. Ferner finden wir bei derselben genau dieselbe abweichende Gestaltung der beiden ersten Fusspaare, wie bei letzterer, 3 auch sind die darauf folgenden Krallenfüsse vollkommen identisch ge— bildet. Die Unterschiede beruhen einmal in dem Vorhandensein einer dreigliedrigen, über den Kopfrand hervorragenden Geissel, während bei meiner Larve anstatt dessen eine doppelte nur eingliedrige Geissel E vorhanden ist, die den Kopf kaum überragt. Das quastenförmige Bor- stenbüschel an dieser Antenne ist bei beiden dagegen in gleicher Weise gestaltet. Die hintere Antenne ist ferner bei Liriope bedeutend länger, als bei meiner Larve. Das letzte Krallenfusspaar des Thorax zeigt fer— nerhin bei Rırnke’s Larve dieselbe Umformung wie bei der von LiLJE— BORG, während dieselbe bei der meinigen den übrigen gleichgebildet ist. Ueber die Beschaffenheit der Epimeren und Mundtheile lässt sich leider nicht urtheilen, da hierauf bei der Beschreibung von Rarake keine Rücksicht genommen ist. Fernerhin giebt Raruke für Liriope sechs Paar ler ENTE 2: 3 Schwimmfüsse am Abdomen und zwar ausser den beiden Anhängen Be des letzten Abdominalsegmentes an, während meine Larve nur fünf f % besitzt. Die beiden Anhänge des Endsegmentes sind ferner bei Li- 2 Be riope viergliedrig, während sie bei ersterer ungegliedert und viel 2 Ss kürzer sind. | a Es scheint somit aus dieser Vergleichung hervorzugehen, dass die Br. Liriope pygmaea Raruke’s in vielfachen Puncten in der Mitte steht zwi— schen der Liriope LizsJegore’s und der von mir beobachteten Larve. Nichtsdestoweniger glaube ich indessen wegen der beträchtlichen Ab- E weichung der erwachsenen Thiere eine generische Trennung für ge- rechtfertigt ansehen zu dürfen. Ob freilich die Vermuthung LiLsegorg’s, der hierin dem Vorgange von Dana nachfolgt, wonach das von RATHKE gesehene Thier als Männchen zu seiner Liriope gezogen werden müsse, B e aan aufrecht erhalten werden können, oder ob sie nicht viel- icht die Larvenform einer andern, im entwickelten Zustande noch t bekannten Art ist, scheint mir nach meinen Beobachtungen sehr felhaft, da aus letzteren hervorgeht, dass aus einer der Rırukr’ schen Liriope sehr nahe stehenden Larve ein weibliches Thier hervor- seht. Jedenfalls scheint mir die Frage über die Männchen der hierher gehörigen Thierformen immer noch eine offene zu sein, worüber erst spätere Beobachtungen Aufschluss geben können. E Ich lasse zum Schluss noch eine kurze Charakteristik der ( Gattung und Art folgen, wie sie aus den vorliegenden Beobachtungen sich B reiebt. - Ordo Isopoda. Fam. Bopyridae (Epicaridae Latr.). Hemioniscus gen. nov. Femina adulta corpore in partes duas distinctas diviso; anterior pars caput et quatuor segmenta sequentia comprehendens cum poste- fiore continuo conjuncta, oculis simplicibus, quatuor antennis, ore suctorio et tribus paribus pedum uncigerorum,, triarticulatorum in— structa, cum iisdem partibus larvae omnino congruens. 2 Posterior corporis pars ex posterioribus thoracis segmentis atque abdomine formatum, anteriore multo major, sacciformis lobata, appen— ai um nulla vestigia praebens. Tractus intestinalis pars ine valde dilatata cum appendicibus duabus coecis instructa, cum terminali pa ’te tenuissima ac satis longa conjuncta. Anus terminalis. Appendi- ces branchiales nullae. Ovaria duo simplicia, duobus oviductis in su— perficie ventrali sese aperientibus. Larva capite ejusdem formae ac a animal adultum, thorace segmentis septem totidem pedibus uncigeris instructo, Alscine segmentis sex, in quibus quinque paria pedum natatoriorum, ultimo appendicibus dushus simplicibus setigeris. Epi- era in omnibus segmentis exceptis postremis, satis evoluta. H. Balani nov. sp. - Femina adulta sacciformis, septem lobata, colore carneo, cute pel- Jucida. ii Larva, forma elongata fusiformi, colore fusco, antennis anteriori- bus brevibus, articulis duobus basalibus crassis, primo margine infe- riore profunde dentato, articulo secundo flagellis duobus terminalibus — setiferis, ac tuberculo setas circiter octo gerente instructo. Antennae ‚posteriores longiores neque ad segmenti quarti medium porrectae 9 articulatae. Zr RR e er a ‚ e the Ar : Be DE ER ie “ h ! er y a In b; Ueber Hemioniseus, eine nene Gattung parasitischer Isopoden, 325 Pedes natatorii biramosi, ren basali triangulari 5 minalibus quatuor setis ne instructis. | " Gorporis segmenta brevia, latitudine Iongitudinem valdı epimeris profunde dentatis. Tre: Mas adhue ignotus. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVI. u. XVII. Erwachsenes grosses Weibchen, von der Ventralseite gesehen, zweimal vergrössert. a die Stelle, an welcher der Vorderkörper befindlich ist. Ein noch junges metamorphosirtes Thier mit noch schwach entwickelten Hinterleibslappen von der Ventralseite, stärker vergrössert. 4 A' vordere, A? hintere Antenne. R Saugrüssel. Oe Oesophagus. DD die beiden Darmblindschenkel. S das eigenthümliche Organ des Enddarmes. 00 Ovarien. Od' Od? vorderer und hinterer Oviduct. G Kittdrüse. Fig. 3. Ein etwas grösseres Individuum, von der Rückseite. Die gleichen Buchstaben bedeuten dasselbe wie in Fig. 2. C Vorderer Theil des Enddarmes. a F Anastomotischer Verbindungsgang zwischen der vordern und hintern Kittdrüse. Fig. 4, Vorderkörper eines erwachsenen indivedutzak von dem Sacke abgetrennt _ E. und stärker vergrössert. De A Basalglied der vordern Antenne. Br A‘ Zweites Glied derselben. F, F' Die beiden Endgeisseln. R Rüssel. _ a Canal in demselben, der zum Pharynx he Ph Pharynx. Oe Oesophagus. E, E', E? Epimeren. Fig. 5. Ein Auge, stark vergrössert. 2 ! Linse. a dunkle Stelle, welche ihre Verbindung mit der Chitinhülle an- deutet. 4 6. Dasselbe im Profil und gelinde comprimirt. a % 4 a Epidermis, d mittlerer Hohlraum. 22207 a l, ! die beiden Chitinlamellen, aus denen die Linse zusammengesetzt ist. Be Dell i A KR Dein X ber Hem oniscus, eine nene Gattung parasitischer Isopoden. - Ein Fuss von den hinteren Thoraxsegmenten. . Fuss von den vordersten beiden Segmenten. 40. Schwimmfüsse der Larve. ig. 44. Die beiden Ovarien mit den Oviducten und dem Uterus in Zusammenhang. v» Eireservoir (Uterus). u -Ov Ovarien. er Ovd Oviducte. ' 42. Larve, in der letzten Häutung begriffen. 43. Hinteres Ende des Enddarmes mit dem flaschenförmigen Organ. a Afterende des Darmes, 5 flaschenförmiges Organ, c vorderer Abschnitt des Enddarmes. - 44. Ein vollkommen ausgebildetes Ei aus dem Uterus. a der Zellenzapfen, welcher von einer verdickten Parthie der Keimhaut Dr gebildet wird. b epithelartige Zellen der Keimhaut. c Eihülle. Fig. 45. Eier aus dem Uterus, unmittelbar vor (4) und während der Furchung. g. 16. Concentrisch geschichtete Körper mit zellenartigem Inhalt, aus dem Lei- ;: besinhalt. Fig. 47. Ein vergrösserter, cystenartig gewordener, derartiger Körper, der neben Bu den Zellen noch stäbchenförmige Gebilde enthält. _ Fig. 18. a, b Bündel von Stäbchen. Ueber Coscinosphaera ciliosa, eine neue Radiolarie. Von Alexander Stuart aus Petersburg. Mit Tafel XVII. Durch die denkwürdigen Forschungen M. Scuvrtze’s und J. Mür— Ler’s wurde das Interesse für die in jeder Hinsicht so interessante Classe der Rhizopoden lebhaft geweckt, was die Herausgabe einer grössern Monographie der Radiolarien durch E. Hickzı zur Folge hatte, die un- sere Kenntniss über den Formenreichthum dieser Ordnung namhaft er weiterte. Dessenungeachtet blieben viele Lebenserscheinungen der _Radiolarien noch räthselhaft und erschien es mir daher wichtig, einen 3 Aufenthalt in Messina und später in Neapel zu benutzen, um auch diese merkwürdige Ordnung zu studiren; hierbei stiess ich auf eine Form, b deren genauere Beschreibung a dem an andern Arten beobach- | teten in physiologischer Beziehung nicht ohne Interesse sein möchte. Die von mir Goscinosphaera ciliosa benannte Radiolarie ge- hört zu der Abtheilung der extracapsulär-schaligen, Ectolithia Haeck., und muss den Grundsätzen des von Häckzı aufgestellten Sy- stems gemäss zu der Familie der Ethmosphaerida gerechnet wer- den und eine neue Tribus derselben bilden. Allerdings ist die Sieb- schale von Coscinosphaera sehr eigenthümlich, nichtsdestoweniger E scheint es mir zweckmässiger, aus dieser Gala keine neue Familie . zu bilden und sie folgendermassen im System unterzubringen. Fam. Ethmosphaerida Häck. I. Unterf. Coscinosphaerida mihi. Skelet besteht aus einer einzigen kalkigen Siebschale mit zahlreichen radialen Cilien. Einzige Gattung: Coscinosphaera mihi. | Ueber Ooseinosphaera eiliosa, eine neue Radiolarie. 329 - a 1. Unterfam. Heliosphaerida Häck. Skelet besteht aus einer i nzigen extracapsulären Gitterkugel mit oder ohne radiale Stacheln. - Gattungen Cyrtidosphaera, Bi; Ethmosphaera, ARE Heliosphaera. _ IM. Unterfam. Arachnophaerida Häck. Skelet besteht aus 7 zwei oder mehreren concentrischen und durch radiale Stäbe verbun- ‚denen extracapsulären Gitterkugeln. e Gattungen Diplosphaera, 4 Arachnosphaera. er Charakteristik der Goscinosphaera ciliosa, der einzigen i Art der neuen Gattung. Das Skelet besteht aus einer Kalk schale von der Form einer dün- nen Hohlkugel, die siebförmig durchbrochen ist von Reihen concentrisch gelagerter, grösserer, zum Austritt der gelben Körper dienender, ovaloi- der Oeffnungen, zwischen welchen in grösserer Anzahl kleinere, runde -Oeffnungen sich befinden ; von den letzteren trägt ungefähr der fünfte Theil dünne, biegsame Stacheln oder Cilien, welche in ihrer Länge den Durchmesser der Schale überschreiten und durch wulstförmige Erwei- ‚terungen ihrer Enden in den Oeffnungen befestigt sind. Eine Gentral- } kapsel ist nicht vorhanden. Der in der Schale central schwebende 'Y Veichkörper sendet Protoplasmabänder aus, die theilweise an die A Wände der Schale sich befestigen, theilweise aus den Oefinungen der- Eisen austretend, auf den biegsamen Stacheln sich ausbreiten, ohne s einige Pseudopodien zu bilden. Aus dieser Charakteristik ergiebt sich, dass Cosi Eigen- th imlichkeiten darbietet, durch welche sie eine in gewisser Hinsicht Be eundis: Stellung im Radiolarientypus einnimmt. Obgleich das Skelet keine von den bei kieselschaligen Radiola- 'ien vorkommenden complicirten Formenbildungen darbietet, so muss och das Vorhandensein zweier, für verschiedene Zwecke bestimmter Se . iin: von Oeffnungen als Charakter einer höhern Differenzirung der _ constituirenden Theile des Organismus betrachtet werden. Die grösseren ovaloiden, oft eckigen Oeffnungen sind in concen- E trischen Reihen gelagert, wobei der verticale Abstand zwischen je zweien derselben in der Regel kleiner ist als der horizontale. Die Grösse der einzelnen Oeffnungen schwankt zwischen 0,005 und 0,01 Mm. und ihre Gesammtzahl, die je nach dem Alter des Individuums etwas ers, kann für eine mittelgrosse Schale als 150—200 betragend angenommen werden. Ihr Hauptzweck ist, dem Durchgange der gelben a N J II Peg Fe art a Ach Hp n4 Gare a ar BR RRRENE Nee 7 a vie 73% x x 330 } ‚Alexander Stuart, 2 FERN en Körper und der sie ern: Pepe zu dienen; daher müssen sie auch der Grösse derselben angepasst sein, und in dar That 3 ist eine solche Uebereinstimmung vorhanden, so dose bei plötzlichem a | Heraustreten grösserer Massen gelber Körper aus dem Innern des Weich- 2 e- körpers auf die Oberfläche der Pseudopodien sehr oft der Durchgang 4 B einer grössern Zahl gelber Körper durch dieselbe Oeffnung in rascher ” Aufeinanderfolge geschieht, und nur hie und da einzelne der Körper E: hierbei auf ihre schmale Seite sich wenden. $ Ei - Zwischen diesen, zum Durchlassen der gelben Körper bestimmten 7 2 grösseren Oeffnungen befinden sich in weniger regelmässiger Ordnung E x vertheilte, zahlreiche, nur 0,0033 Mm. grosse, runde Oeffnungen. Etwa Bi. im fünften Theile derselben sind durch auf der Innenseite der Schale sich befindende platte oder zwiebelförmige Verbreiterungen ihrerEnden dünne, glasartige, aus organischer Materie mit Kalkimprägnation be- 4 stehende Stacheln befestigt. Bei ausgebildeten Individuen übertreffen dieselben gewöhnlich in ihrer Länge den Diameter der Schale und kön- nen die Länge von 0,5 Mm. erreichen. Die Dicke der Schale ist 0,002 Mm. und ihr Durchmesser bei freien j Individuen schwankt zwischen 0,24 und 0,45 Mm. Von einer differen- R zirten Centralblase habe ich nichts wahrgenommen, da aber fast E . alle von mir beobachteten Exemplare in einem mehr oder minder aus- 2 ; gebildeten Stadium der Theilung waren, so ist es wohl möglich, dass g eine ihnen vielleicht zu anderen Zeiten zukommende Centralkapsel ver- 4 . misst wurde; ebensowenig fand sich auch eine Binnenblase. Der centrale Weichkörper stellt einen unregelmässig abgerun-— deten Körper dar, und füllt bei ausgewachsenen Individuen einen nur 3 Bet kleinen Theil der Höhlung der Schale aus, wird jedoch durch von ihm ie ausgeschickte breite Protoplasmabänder, die sich an der innern Ober— 2a fläche der Schale befestigen, in einer centralen Stellung erhalten. Der— Be. selbe besteht aus einem stark lichtbrechenden, zähen Protoplasma mit Bu dichten Einlagerungen von braunen und gelben Pigmentkörnern und einer ansehnlichen Zahl von gelben Körpern. | Diese letzteren stellen regelmässig ovale, gelbe Körper dar, die aus 3 einer compacten, feinkörnigen Masse bestehen, in welcher sich einige 2 7 Körnchen durch ihre Grösse und stärkere Lichtbrechung auszeichnen, ohne eine regelmässige Zahl, Form oder Grösse darzubieten. Diese = Masse wird von einem sehr dünnen, durchsichtigen Häutchen dicht 2 umgeben, das durch Imbibition leicht als eine weit vom ovalen Inhalte E abstehende runde Blase dargestellt werden kann, während der Inhalt durchaus nicht mit der eingedrungenen Flüssigkeit sich mischt und stets einen zusammenhängenden gelben Körper darstellt. Nach allem B sich En der Oberfläche derselben vertheilen und eine je nach physiologischen Zustande des Individuums mehr oder weniger ke Schicht äusseren Protoplasmas bilden, die noch durch Aufnahme eu dopodien bilden, wie es bei allen bis jetzt bekannten Radiolarien - Fall ist, sondern einzig und allein auf den in der Schale befestigten nen Stacheln sich ausbreiten, und für dieselben eine Belegungsschicht ihnlich derjenigen darstellen, welche von der sie ausschickenden Ma- ‘, für die Schale selbst gebildet wird. - Die äussere Erscheinung dieser Protoplasmaströme ist im Allge- n jeinen ähnlich derjenigen der freien Pseudopodien anderer Radiola- rien, immerhin unterscheiden sich beide Pseudopodienarten sehr be- d eutend in dem Grade der ihnen zukommenden Selbstständigkeit und Be Beweglichkeit. Während freie Pseudopodien mannichfache Bewegun- ı ausführen, welche in Verzweigungen, Verschmelzungen oder Orts- änderungen einzelner Pseudopodienäste sich kund geben, sind die udopodien der Goscinosphaera auf eine mehr einförmige Thätigkeit | gewiesen, da ihre Bewegungen ganz und gar auf ein Auf- und Ab- e: auf den feinen Stacheln sich beschränken. Im ganz ruhigen ma bedeckt; nach einer mechanischen Reizung dureh Nalrahes fe oder andere im Wasser schwimmende feste Theilchen strömen en gereizten und zu den übrigen, besonders den naheliegenden dopodien, neue Protoplasmaströme. Nachdem die gefangene Beute h an das klebrige Pseudopodienprotoplasma fest angeklebt hat, fan- die Protoplasmaansammlungen ihre Rückströmung an, und durch ‚diese werden die Nahrungsmittel zur äussern Bolein dae der d ‚Schale gebracht, wo sie dann ihrer Nahrungssäfte definitiv beraubt wer- den; später werden die unverdaulichen Reste derselben auf den Pseu- d Eadien wieder nach aussen geleitet und dann freigelassen. Uebrigens kleben die in das Pseudopodiensystem gerathenen Thiere oder sonstigen ırungspartikel den Pseudopodien an, ohne in das Innere ihres Pro- li smabeleges einzudringen. Die Entfernung der unverdaulichen >berreste, welche, je grösser dieselben sind, um so weiter aufwärts len Pseudopodien geschieht (denn je weiter nach aussen, um so Weise vollzogen, dass die He aedienstelle, an en h rungsrest anhaftet, eine Verdünnung erleidet, indem die höher und de fer gelegenen Stellen desselben eine Bewegung nach zwei ER 2 setzten Richtungen antreten, bis endlich das Protoplasma unter dem Speisereste ganz verschwindet und derselbe abfällt. 5 Die Klebrigkeit des Protoplasmas ist eine so grosse, dass selbst 3 verhältnissmässig sehr kräftige Thiere, wie z. B. die grösseren Cope- SR podenarten, die einmal sich gefangen haben, mit Leichtigkeit oft von 23 nur einer Pseudopodie fortgeführt werden. 3 Einige Beobachter haben dem Protoplasma eine lähmende Wirkung auf die Lebensthätigkeit der Thiere zuschreiben wollen, die bei der ersten Berührung mit denselben sich kundgebe; nach dem jedoch, ° was ich bei verschiedenen Radiolarienarten gesehen habe, scheint mir dasselbe eine bloss mechanische Wirkung auszuüben, und erlischt das. Leben der gefangenen Thiere nur nach und nach mit dem Verluste der ihnen ausgezogenen Säfte. Die Structur der Schale erlaubt begreiflicherweise nur den ee e festen Theilen, in das Innere derselben zu dringen, und bleibt daher der grösste Theil der zugebrachten Nahrungsmittel bis zu ihrer voll- ständigen Assimilation in der die Schale überziehenden äussern Proto- plasmaschicht. | 4 Me Unsere Kenntnisse von der Fortpflanzung der Radiolarien be- 3 schränkten sich bis jetzt auf eine einzelne, von J. MüLLer gemachte Be- obachtung, der in Einem Falle bei Acanthometra im Innern des Kör- pers infusorienartig sich bewegende Massen von hellen Bläschen be- - merkte. Eine ähnliche Beobachtung wird von E. Häcker (Die Radiola- rien p. 141) mitgetheilt, der bei einer polyzoen Radiolarie, dem Sphae- rozoum punctatum, einmal die Nester von ähnlichen wasserhel- len, aber wetzsteinartige Krystalle enthaltenden, lebhaft sich bewegen- den Bläschen angefüllt vorfand. Inwieweit diese Gebilde als Schwärm- sprösslinge zu deuten seien, wie es von den beiden genannten Autoren geschehen ist, lässt sich nicht entscheiden. Es scheint mir jedoch in - dem Falle von Häckeı die regelmässige Anwesenheit von in Mineral- © säuren und Kali unlöslichen Krystallen, verbunden mit dem Mangel von Bewegungsorganen irgend welcher Art, die HickeL auch mit den stärk- sten Vergrösserungen nicht bemerken konnte, gegen eine Deutung der Bläschen als Schwärmsprösslinge zu sprechen, und möchte vielleicht in Betreff der Bewegung das Hauptgewicht auf die Krystalle zu legen sein, die möglicherweise infolge äusserer physikalischer Einwirkung Be— Rz ” 4 Ba + = a Kar EN [ r se ER a x a Er RT Er e chen bewirkten. Die einzigen zweifellosen und leicht zu bestätigenden Beobachtun- ı über die Fortpflanzung der Radiolarien sind die von E. HäickeıL an den ‚Polyzoen angestellten, nach denen die Vermehrung der Individuen ‚einer CGolonie durch Theilungen der Centralkapseln geschieht. In ähn- = ‚licher Weise geschieht nach meinen Beobachtungen die Fortpflanzung von Coseinosphaera durch eine einfache Theilung derinnern "Grundmasse, ohne jeden Antheil von Schwärmsporen oder Eiern, und wird es somit wahrscheinlich, dass eine Fortpflan- zung durch einfache Theilung in dieser oder jener Weise auch noch an- deren. Radiolarien zukommt. In der That hat auch schon Häcker in einem Falle (Die Radiolarien p. 144) in einer durch die Präparation zerdrück- "ten Acanthometre kleine mit Stacheln besetzte, jungen Acanthomeir en ähnliche Körperchen vorgefunden, welche jetzt nicht blos vermuthungs- _ weise, wie Häcker es gethan, sondern mit Sicherheit als durch Tbei- "lung des Mutterthieres hervorgegangene Acanthometren zu deuten sind. Fast alle von mir im September gefundenen Coscinosphaeren wa- ren in mehr oder minder vorgeschrittener Theilung begriffen. Dieser organg, der dem Furchungsprocesse eines Molluskeneies nicht unähn- ‚lieh ist, fängt damit an, dass die innere, bei ausgewachsenen Indivi- ‚duen vielleicht nur ein Drittel oder Viertel des innern Schalenraumes ‚erfüllende Grundmasse durch Vermehrung ihrer Elemente, die bei den g Iben Körpern durch sicher zu beobachtende Theilung, bei den übri- Elementen derselben in einer nicht weiter wahrnehmbaren Weise " sich geht, sich beträchtlich vergrössert. Sobald diese innere Lei- bessubstanz ungefähr das Doppelte oder Dreifache des ursprünglichen Volumens erreicht hat, beginnt eine Furchung derselben, die, wenn "schon der Eifurchung ähnlich, doch bei weitem nicht mit derselben Re- ‚ gelmässigkeit vor sich geht. Gewöhnlich findet sich eine totale Fur- ehung in zwei Theile, die dann wieder in zwei sich theilen; andere Male sind drei Abschnitte vorhanden, oder neben zwei grösseren zwei ' - oder drei viel kleinere. Auch bei einer regelmässigen totalen Furchung in zwei und dann in vier Abtheilungen:isind diese bei weitem nicht ein- I ander so gleich, wie es bei Eifurchungen häufig der Fall ist, was be- greiflich wird, wenn man weiss, dass der noch ungetheilte Leibesinhalt > meist keine regelmässige Kugelgestalt besitzt. Die Quertheilung der zwei secundären Ballen beginnt ferner zu einer Zeit, wo die erste Hauptfurche sich noch nicht tief genug eingesenkt hat, und meist bei eiden nicht gleichzeitig, auch kann sie bei einem derselben ganz aus- leiben. ur 3 Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 23 n e. “a ee un u Paler e ZUe Er Es ER EN RER HE R DE »7 - ee | BEER ist vahhsahehrtich eine ganz ans; je nach des: Umständen, 2 doch sind, soviel ich beurtheilen konnte, da die Thiere sich nicht lange. conserviren lassen, dazu viele Stunden, vielleicht auch Tage, © erfor- derlich. A Gleichzeitig mit der Theilung des Protopladniah ee: auch die Vermehrung seiner Elemente fort; dann beginnen die so vergrös- serten secundären Ballen bald alle gleichzeitig, bald nur einzelne der— selben, je nachdem die Furchung vorgeschritten ist, sich mit einer Schale zu umgeben, was in der Weise geschieht, dass aus der braunen Grundmasse derselben eine dünne, klare Protoplasmaschicht ausge- schieden wird, welche als ein heller, glatter Saum die Oberfläche der- selben überzieht. In diesem Saume werden nach und nach kleinste Kalkkrystalle abgelagert, die demselben bald ein mattes Aussehen ver- leihen. Schon sehr frühzeitig bemerkt man ferner auf der in Entwick- lung begriffenen Schale hellere, durch Kalk nicht imprägnirte Puncte, welche die Stellen der später sich bildenden Oeffnungen bezeichnen und stehen dieselben viel dichter beisammen, als es in der ausgebilde- ten Schale der Fall ist. Bei mässig ausgebikleten Schalen erreichen diese Löcher schon die Grösse, welche dieselben auch in der ausge— wachsenen Schale zu haben pflegen, so dass das weitere Wachsthum der letzteren einfach durch Intussusception organischer Materie und von Kalkkrystallen zwischen die schon früher abgelagerten Theile geschehen 4 muss. Bevor noch die Löcher der jungen Schale ihre normale Grösse erreicht haben, treten aus einem Theile derselben feine Protoplasma— fädchen aus, welche sich nach und nach verlängern, verdicken, durch Einlagerung von Kalk an Consistenz zunehmen und in dieser Weise die zur Stütze der Pseudopodien dienenden feinen Stacheln bilden. Bald erreichen diese die für ausgewachsene Individuen normale Zahl und stehen somit ebenso wie die sie tragenden Löcher bei jungen Indivi- 1 duen viel dichter beisammen, als es bei ausgewachsenen Thieren zu bemerken ist. Bei ganz jungen, mit noch wenig ausgebildeten Stachel- chen versehenen Individuen liegt die Schale der Grundsubstanz dicht an; mit dem weitern Wachsthum jedoch hebt sie sich von der Grundsubstanz ab, und so entsteht nach und nach zwischen der letztern und der Schale ein freier Raum, der durch Protoplasmaströme, die theils an die innere Wand der Schale sich anheften, theils durch die freigebliebenen Löcher austreten, theilweise erfüllt wird. In dieser Weise entwickelt sich im Innern des Mutterthieres eine an Grösse ihm nachstehende, sonst in allem Uebrigen ähnliche Brut. Es stehen übrigens die jungen Thiere, obgleich in ihrer Entwick | : a > ai EIER Rh Er a A a nl * 1 e A ERA a ar E 2 n» SEN Zi un ” al A h _ er Bart Br Ueber Coseinosphaera eiliosa, eine neue Radiolarie, 335 F Bi lung sehr vorgeschritten, doch noch lange in einem innigen Zusammen- | hange, und sind durch mehr oder weniger mächtige Stiele unter ein- _ ander verbunden; erst nach ihrer Befreiung aus der Mutterschale, - nachdem sie eine Zeit lang vereinigt umhergeschwommen sind, trennen sich dieselben vollständig voneinander. B Wenn die Theilung regelmässig und dabei vollständig ohne Ueber- rest vor sich gegangen ist, so erreicht die Zahl der neugebildeten Brut vier vollständige Individuen. Nachdem alle vier ihre Schalen ausge- bildet haben, erfolgt selbstverständlich auch eine Resorption der Proto- 4 plasmastränge, welche der Weichkörper des Mutterthieres zu der Mut- _ terschale aussendete, und welche derselben Halt und auch Mittel zur - Reparation etwa eintretender Verluste gaben ; nach der Resorption jener 4 dauert es natürlich nicht lange, bis die sich selbst überlassene zer- 2 brechliche Schale durch äussere Einwirkungen, oder selbst durch Druck 5. der nachwachsenden Pseudopodienstacheln, oder auch durch das em- fache Gewicht der jetzt in ihr freischwimmenden Brut zersprengt wird, und die Brut somit sich selbst überlassen bleibt. In manchen Fällen bilden nicht alle Theilungsabschnitte um sich eine Schale und dann wird, nachdem die ausgebildeten Individuen in der beschriebenen Weise die Mutterschale verlassen haben, durch die Thä- tigkeit des zurückgebliebenen Theiles der mütterlichen Grundmasse der durch den Austritt der Brut verursachte Bruch in der Mutterschale er- 2 setzt und in dieser Weise die Mutter am Leben erhalten. In solchen - Fällen wird in der Regel die Mutterschale nicht vollständig zersprengt, denn ein Theil derselben wird durch die an sie sich anheftenden, aus der Matrix ausgehenden Protoplasmabänder kräftig zusammengehalten; wurde aber doch die ganze Mutterschale beim Austritt der Brut zer- _ stört. so bildet die zurückgebliebene Matrix in der ae beschriebenen Weise für sich eine neue Schale. Was die Bewegungen der Radiolarien betrifft, so sind die bis jetzt gemachten Wahrnehmungen annoch sehr mangelhaft. Geisselar- tige Bewegungen der Pseudopodien, die GLArarkpE als Locomotions- mittel für Acanthometra angenommen hat, habe ich nie wahrgenom- men, weder bei den Acanthometren, noch bei den von mir. vielfach untersuchten Colliden (Thalassicolla, Thalassolampe, Physematium). Häcker sagt auf p. 134 seines Radiolarienwerkes: »Dass die Thier- chen mittelst derartiger oder ähnlicher, wenn auch nur schwacher ac- _ tiver Schwimmbewegungen sich an der Meeresoberfläche halten kön- nen, ist immerhin möglich und aus mancherlei Umständen sogar wahr- scheinlich. Doch kommt es mir noch wahrscheinlicher vor, dass die auf der Oberfläche der See flottirenden Radiolarien sich an der Unter 33, IE Je ea er Lingen sera. alt rennt Ni pa een Pin nn a ann 2 Te mn: na en 2 ee E — _—— een “ 2 —r 3 2 Pr _ Acanthometren würden dann selbst einige Spicula aus der Wasserfläche unbedeutende Beugungen oder durch mechanischen Reiz bewirkte Mexandı de be , seite des Wasserspiegels, der ja durch er innere - Cohäsion. der sten Wassertheilchen an der Berührungsfläche mit der Lu ft e Wassermembran bildet, mittelst der ausgebreiteten und versch nen Pseudopodien befestigen und ebenso langsam kriechend fort) wegen, wie wir dies von unseren Süsswasserschnecken ee } Planorbis) und von den Planarien kennen, welche, den Rücken nach unten gekehrt, mit ihrer Sohle an der Unterseite des Wasserfläche hin- j kriechen.« 3 Dieser Annahme zufolge müssten die Pseudopodien der u 3 Wasseroberfläche zugekehrten Seite des Radiolarienkörpers sich in einer Ebene ausbreiten und sogar theilweise verschmelzen, und bei den herausragen. Dies geschieht jedoch nie, da die Thiere in der Regel der Wasseroberfläche nicht so nahe Korn und gewöhnlich um die ganze Länge der Pseudopodien von derselben entfernt bleiben, und höchstens — theilweise Einziehungen der Pseudopodien vorkommen. Bei unserer Coscinosphaera sind Bewegungen im Häcrer’schen Sinn schon aus dem Grunde nicht möglich, weil die Pseudopodien der in ihnen enthaltenen Stachelchen wegen eine bedeutende Festigkeit besitzen. | Seeigelartige Bewegungen, besonders bei stacheltragenden er erscheinen nach den Erfahrungen J. Mürrer’s und Häcker's sehr BR, , scheinlich, ich habe die Sache aber nicht weiter verfolgt; diese Bewe- gungen sind aber von nur untergeordneter Wichtigkeit und vielleicht auch mehr zufälliger Art. | F Von weit grösserer Bedeutung für die Gesammtökonomie der Thiere ist das bei den grösseren Collidenarten so deutlich auftretende, _ wiederholte Auf- und Niedersinken der Individuen. Diese Er- scheinung wurde von Scaxeier bei Physematium bemerkt und später von Häcker bei anderen Arten beobachtet und richtig beschrie- ben. Dass diese Bewegungen völlig active seien, nimmt HäckeL an, es bleibt ihm jedoch völlig unklar, durch welche Mittel diese active Lo- comotion der Radiolarien in verticaler Richtung zu Stande kommt, (p. 135). a Er Man könnte daran denken, sagt HickeL, dass das specifische Ge- wicht durch Aufnahme von Wasser in die Sara oder durch Aus- 7 pumpen desselben derart alterirt würde, dass dadurch schon mittelst 3 eines sehr geringen Ausschlages das Thierchen gehoben oder son a 4 würde; doch sei dies kaum recht wahrscheinlich, und hiermit stimme auch ich überein, denn, bei der geringen Masse und Densität des Pseu- dopodienprotoplasmas, gegenüber der bei manchen Arten verhältniss- Ueber Coseinosphaera ciliosa, eine neue Radiolarie, n ik srossen Schwere der Schale, könnte eine solche Wasseraufnahme unmöglich eine so grosse Wirkung hervorbringen, wozu noch kommt, } a ass wir für eine solche Annahme keine einzige positive Beobachtung Ki E besitzen. | Fi Noch weiter schreibt Häcker: »Am wahrscheinlichsten dürfte doch & die Vermuthung sein, dass die Thierchen mittelst activer, wenn auch IE nur äusserst schwacher und träger Schwimmbewegungen im Wasser “ -emporsteigen, und dass dann schon die mehr oder weniger grosse und E- vielfältige Ausbreitung der Pseudopodien genüge, um dieselben in die- = = ser Höhe schwebend zu erhalten.« 2 Von vornherein erschien es auch mir am nächsten liegend, die Ur- 3 - sache dieser Bewegungserscheinungen in Formveränderungen der frei- beweglichen Theile des Radiolarienkörpers, d. h. des Protoplasmas, | oder vielleicht eher noch der gelben Körper, zu suchen. In der That “jehrten nun auch nach dieser Seite gerichtete Untersuchungen bald, dass das Aufsteigen und Niedersinken der Radiolarien auf plötzlichem Ortswechsel der gelben Körper beruht, die _ bald nach aussen aufdie Pseudopodien treten, baldin das Innere des Weichkörpers sich zurückziehen. Es lässt sich wohl denken, dass eine solche, mit grosser Energie und Schnelligkeit rnebrächte Bewegung, von Verhältniseniisz sehr bedeutenden Massen der an und für sich schon dichten gelben Körper und der sie tragenden Protoplasmamassen, aus dem Centrum an die Pe- Fipherie des Körpers, demselben einen Stoss mittheilen müsse, der ihn zwinge, nach oben sich zu heben ; hierbei wird zugleich durch die Aus- breitung der relativ grossen heihen Körper auf den Pseudopodien der a _ Reibungswiderstand der Gesammtoberfläche des Körpers gegen das Wasser dermassen gesteigert, dass dieser Widerstand die Wirkungen - der Schwere vollständig compensirt und die Thiere nicht sinken, so lange die gelben Körper auf den Pseudopodien ausgebreitet Be was dagegen augenblicklich geschieht, sobald die fraglichen Körper la wieder eingezogen werden. E Davon, dass diese Deutung die richtige ist, davon habe ich Ge- legenheit gehabt, mich vielfach an in langen Gläsern aufbewahrten In- dividuen zu überzeugen. Das Heraustreten der gelben Körper auf die , Peripherie ist vollständig activ und geschieht gewöhnlich nur, nachdem das 'Thier einige Zeit ungestört geblieben ist; die gelben Körper, die Bis dahin im Innern des Weichkörpers concentrirt waren, treten, ge- tragen durch Protoplasmaströme, aus den grösseren Oeffnungen der ” 8 chale mit grosser Schnelligkeit und Regelmässigkeit in radiärer Rich- tung heraus und breiten sich auf den Pseudopodien in peripherischer 3 EN ne 5 Mlerander Stunt, - Richtung aus, ihnen folgen neue Protoplasmaströme ee Körper nach, bis endlich alle gelben Körper, einige wenige im W eich- körper zurückgebliebene ausgenommen, auf den Pseudopodien ausge- 2 hreitet liegen. SE RRE ie sa Hr a fr: Nicht immer wird diese Ausbreitung in so Volk Masse ausgeführt; sehr oft folgt einem unvollkommenen Hervortreten unmit- telbar eine Einziehung nach, und infolge deren tritt dann sofort eine Senkung ein. Immer aber werden die gelben Körper mit der grössten Gleichmässigkeit ausgeschickt, so dass selbst an von mir aufbewahrten Präparaten von Coscinosphaera, die durch eine Pipette aus verschiede- 4 nen Tiefen gewonnen und schnell getödtet wurden, noch jetzt in aus- gezeichnet schöner Weise die Anordnungsweise der gelben Körper in den verschiedenen Zuständen der Hebung zu erkennen ist. In einiger sind alle gelben Körper im Weichkörper concentrirt, in anderen haben dieselben nur die innere Fläche der Schale erreicht, auf welcher sie in radial geordneten Gruppen vertheilt liegen; in noch anderen sind die- selben aus der Schale herausgetreten und belegen sie als eine dichte Umhüllungsmasse, während sie nur vereinzelt auf den Pseudopodien sich ausbreiten; in den zu oberst gefangenen Individuen endlich er- scheinen dieselben mehr oder minder hoch auf den Pseudopodien, bis sie dieselben ganz bedecken. Die Schnelligkeit, mit welcher das Steigen und Sinken der Thiere vollzogen wird, ist sehr verschieden; sie schwankt bei Coseinosphaera gewöhnlich zwischen 10—30 Sbcahrlon für 1 Decimeter. Jeder starke Reiz veranlasst eine Senkung,’ wenn z. B. bei einer 3 Hebung das Thier die Oberfläche des Wassers erreicht, so veranlasst der empfangene Stoss in der Regel eine Senkung; wenn die Geschwin- digkeit bei der Hebung eine unbedeutende war, so fällt auch der Stoss E klein aus und das Thier bleibt dann in einer Höhe schwebend oder un- bedeutend ab- und niedersteigend ; in anderen Fällen sinkt es bis zum } Boden des Gefässes, dann steigt es wieder hoch empor, und so wieder— . holt sich dasselbe Spiel einigemal nacheinander. Nachdem ich hiermit die Eigenthümlichkeiten von re behandelt habe, will ich noch einiges Allgemeine über die Bewegung des Protoplasma hinzufügen. Die Bewegungserscheinungen des Radiolarienprotoplasma bieten sehr wichtige und mannichfaltige Eigenthümlichkeiten dar, die bis jetzt leider nicht mit wünschenswerther Genauigkeit studirt worden sind, was besonders bedauernswerth erscheint, angesichts des bekannten Streites zwischen Reıcnerr und M. ScauLtze über die Körnchenbewe- E Ueber Coseinosphaera eiliosa, eine nene Radiolarie, 339 gung bei den Polythalamien, deren Protoplasma besonders von HÄcKEL als identisch mit dem der Radiolarien aufgefasst wird. Dem Studium der an und für sich schon schwierigen Frage tritt "noch der Umstand entgegen, dass lebensfrische Exemplare der am - meisten hierzu geeigneten grösseren Collidenarten bei aller dazu ver- _ wendeten Mühe in nur sehr sparsamer Zahl aufzutreiben sind. Daher musste ich auch in den folgenden Mittheilungen auf ein Eingehen auf "manche an sich selbst wohl interessante Einzelheiten verzichten, und vor allem mich an die mit Sicherheit constatirten Haupteigenthümlich- - keiten halten, Indem ich die Annahmen von M. Scuurrze und Reıcnerr als be- E kannt voraussetze, bemerke ich folgendes: Davon, dass die von M. | ke F 'ScuuLtze beschriebenen Körnchen existiren und wirklich selbstständige in sich allseitig abgeschlossene Körper seien, konnte ich mich mit Hülfe der von M. ScuurLrze angewandten Methoden und Experimente viel- "fach überzeugen; ebenso sind dieselben auch im abgestorbenen Proto- # plasma nachzuweisen. Diese Gebilde erscheinen als sehr feine, in Grösse | 4 ziemlich übereinstimmende, rundliche oder eckige, scharf begrenzte Körperchen, welche das Licht immer stark brechen und oft gefärbt sich darstellen. Hicxer hat bemerkt, dass die Quantität der Körnchen von der Masse der aufgenommenen Nahrung abhängt. In der That ist es einleuchtend, dass besonders bei ausserhalb der Schale verdauenden Arten, wie Coscinosphaera, die Pseudopodien grosse Quantitäten von feinsten Nahrungspartikeln führen müssen und besteht sicherlich ein - Theil der M. Schurrze'schen Körnchen aus solchen Nahrungspartikeln, ob alle — lässt sich nicht entscheiden, ist aber wenig wahrscheinlich. Ed Seiner Beschaffenheit nach wird das Protoplasma, abgesehen von ‚den Körnchen, wie von ReEicuErT, so auch von M. ScnuLtze als eine hyaline, gleichartige Substanz dargestellt. Diese Gleichartigkeit ist aber eine nur relative. Betrachtet man nämlich bei. starker Vergrösserung das Pseudopodium einer Collide, z. B. von Physematium, so bemerkt man bei genauer Beobachtung einen Unterschied zwischen der Peri- pherie und dem Gentrum desselben. Auf den ersten Blick ist man Ü geneigt, das Pseudopodium als aus einem hyalinen, glasartigen Cen- | traltheile und einer denselben bedeckenden, körnchenführenden, pe- ripherischen Schicht, die der Sitz der noch zu erörternden Contrac- - tionserscheinungen ist, bestehend anzunehmen. Bei weiterer Unter- suchung ergiebt sich aber, dass der Uebergang ein allmäblicher ist, . und dass der Unterschied zwischen dem wenig thätigen Gentraiiheile und der beweglichen Peripherie auf der verschiedenen Densität beider Wi een ea Js ice Terre fg m rn ann ei > nah ech un = > . Y ” beruht, die lediglich i in einer Ka Wsseraufnahe traltheil ihren Grund finden kann. Diese feineren Brechungsunterschiede angenommen, bie ei Grundmasse des Pseudopodiums in der Ruhe eine hyaline, gleichart Masse dar. i a Diese Gleichartigkeit bleibt aber nicht lange fortbestehen. Anein- zelnen Puncten der Peripherie des Pseudopodiums beginnen kleine eckige oder wulstförmige Erhebungen sich zu zeigen; ihre Zahl ist erst beschränkt, vergrössert sich aber nach und nach dermassen, dass die Oberfläche mit zahlreichen Fortsätzen der verschiedensten Form sich bedeckt darstellt. Sehr viele Vorsprünge, besonders die spitzen, bilden sich unter den auf der Oberfläche angeklebten Körnchen, so dass nach vollzogener Erhebung dieselben als auf ihrer Spitze Körmehköh tragende t Fortsätze sich darbieten (Fig. ka, b). Lg (Dass die Spitzen der ER selbst als Körnchen erscheinen können, wie es Rricnerr in seiner Beweisführung gegen die Existenz F von irgend welchen wahren Körnchen hervorhebt, ist ganz richtig, aber in vielen Fällen hat man die Körnchen noch vor der Bildung des Fort- satzes gesehen, und in anderen sind dieselben als wahre Körnchen zu erkennen /{Fig. %i).) = Unterdessen wird neue Protoplasmamasse nachgehoben, die vor- handenen Erhebungen vergrössern sich, zwischen oder neben ihnen entstehen noch andere; die Fortsätze haben jetzt eine mehr rundliche | Form bekommen (Fig. 4%, d); der ganze Faden erhält nach und nach eine wulstige Oberfläche (Fig. 4c), die Fortsätze vergrössern sich mehr 7 und 'mehr und bieten abgeplattete oder birnförmige Contouren dar; 2 durch die Vergrösserung des Umfanges der einzelnen rücken nahe stehende Fortsätze einander zu, durch Vereinigung derselben bilden sich umfangreichere, zwiebelartige Gebilde mit knolliger, unregelmäs- siger Oberfläche aus; durch CGontraction des Protoplasmas derselben er-— > scheint der im Protoplasma diffus vertheilt gewesene gelbbraune Farb- stoff in ihnen mehr concentrirt und bedingt somit ihre gelbliche Fär- bung. Diese knollenartigen Auswüchse können sich zu verhältnissmäs— sig bedeutenden Massen entwickeln, die in ihrem Durchmesser die ge- wöhnliche Breite eines Paulus auf das sechsfache übertreffen 4 können. N Nur die kleinen spitzen oder schwach abgerundeten Erhebungen, mögen sie Körnchen führen oder nicht, schreiten auf der ganzen Länge des Pseudopodiums in einer Contractionswelle ähnlicher Weise fort. Die mehr ausgebildeten Wülste bilden sich zu verschiedenen Zeiten, auf verschiedenen Stellen des Fadens, aus, in oft sehr träger Weise, _ ... Ueber Coseinosphaera eiliosa, eine nene Radiolarie. 34 en erden passiv mit der ganzen Masse des Pseudopodiums bei seiner Her— "Vorschiebung nach aussen mitbewegt, oder durchlaufen als partielle Contractionswellen einzelne Strecken des Fadens, sich dann ganz auf— send. Wenn wir die Be ehssklingen des ganzen Pseudo— "podiums mit den Contractionserscheinungen eines Muskels vergleichen "wollten, so müssten wir uns dann einen Muskelfaden denken, auf wel- - chem zu verschiedenen Zeiten an vielen Stellen desselben idiomusceuläre Wülste entstehen und wieder vergehen, und welcher zu derselben Zeit - von seine ganze Länge durchziehenden Contractionswellen durchlaufen - wird. - Da in der That, während das Pseudopodium von allgemeinen Con-— tractionswellen durchzogen wird, auf verschiedenen Stellen desselben zu verschiedenen Zeiten und mit ungleicher Geschwindigkeit partielle - Wülste sich ausbilden und erlöschen, so erscheint die Annahme von nur allgemeinen Contractionswellen, wie es von REIcHerr geschehen ‚ist, zur Erklärung dieser Vorgänge ungenügend. Zu bemerken ist übrigens, dass nach den verschiedenen Arten - Unterschiede in den Bewegungen vorkommen. Am besten eignet sich - zur Untersuchung Coscinosphaera, da bei dieser Art die Pseudopodien— haare so zu sagen eine feste, ebene Grundlage darbieten, auf welcher man die Ausbildung der Wülste verfolgen kann, ohne, wie es bei allen x freie Pseudopodien ausschickenden Arten der Fall ist, genöthigt zu sein, | zu derselben Zeit mit dem Auge den mannichfaltigen Bewegungen der RK Pseudopodien selbst folgen zu müssen. | Was die Verbindungen der; Pseudopodien untereinander anbetriflt, welche von Reıcnerr für die Polythalamien in keiner Weise angenom- nen werden, so glaube ich allerdings, dass es bei den Radiolarien nicht zu einer völligen Verschmelzung mehrerer Pseudopodien zu einem Strange, der z. B. dann etwa in eine kleinere oder grössere Anzahl von Pseudopodien sich theilen könnte, kommt; dagegen ist es klar, dass so klebrige Gebilde wie die Protoplasmafäden bei zufälligen Berührungen Pöich fest aneinander legen, sowie dass wenn zwei verklebte Pseudopo— dien voneinander weichen, Brückenbildungen auftreten, und habe ich dies in der That oft beobachtet. Durch diese Anastomosen wird zwi— | & schen den betreffenden Pseudopodien ein mehr oder weniger reger h Substanzaustausch vermittelt, aber zwischen einem solchen und einer völligen Verschmelzung ist ein grosser Unterschied vorhanden. . ’ Ueberhaupt scheint die Möglichkeit einer solchen völligen Ver- schmelzung von Pseudopodien einfach auf einer verschiedenen Densi- 1, re FEIEH 2 ‚dopodien von SE ri orm is diejenigen von G. an welchen »keine Differenzen in Betreff der Consistenz ( . den auch hyalin und körnchenarm gefunden, ich bin aber eher geneigt, noch auch eine Neigung zur Anastomosenbildung« wahrzune ER ind, und Häckeı hebt hervor, dass bei den Radiolarien die Tendenz zur Bil- j dung von Verästelungen und Anastomosen bei den verschiedenen Arten 1 eine verschiedene ist. Dieses verschiedene Verhalten der Pseudopodien bringt er mit dem Körnchenreichthum derselben in Zusammenhang, A ndem nach seinen Beobachtungen die körnchenlosen, hyalinen Pseu- | dopodien, nur selten Anastomosen oder Veristtunke zeigten (Radio- larien p. 111). M. Scnurrze findet diese »Beobachtungen mit der An- 3 nahme nicht unvereinbar, dass auch hier die körnerreiche Substanz sich auf der Oberfläche einer hyalinen Axe ansammle, und dass in die- sen Fällen eine ähnliche Differenzirung der Pseudopodiensubstanz ob- E walte, wie bei Actinophrys« (Das Protoplasma p. 36). Wie oben an- gegeben wurde, habe ich die centrale Pseudopodiensubstanz der Colli- dieselbe als eine weniger dichte Substanz zu deuten, und daher er- scheint es mir auch nicht zweckmässig, sie mit den festeren, starren Axenfäden der Actinophryspseudopodien zu vergleichen. Bei Actino- phrys erscheinen die centralen und peripherischen Theile als gesonderte Bestandtheile des Pseudopodiums, in den Radiolarien ist der Uebergang y ein ganz allmählicher. In ihrer äussern Erscheinung gleichen die Pseu- dopodien von Coscinosphaera vielmehr denen von Actinophrys, sie kön- nen aber nicht nebeneinander gestellt werden, da in Coseinosphaera die Axenfäden Skeletbestandtheile sind!" was be} Actinophrys nicht der Fall ist. , “a Nachdem meine im August und September 1865 in Neapel ange- stellten Beobachtungen beendigt und bereits niedergeschrieben waren, habe ich Gelegenheit gehabt, eine neue Abhandlung des Herrn ReıcnerrT über die Bewegungserscheinungen bei Gromia oviformis einzusehen (Monatsber. d. Berl. Akad. Aug. 1865), in welcher seine Anschauun- gen viel deutlicher ausgesprochen sind. B R. betont jetzt vielmehr die dunkle Contour und gelbliche Färbung 4 der Contractionswülste und beschreibt ganz richtig die mittleren Sta- # dien der Wulstbildung, aber durch das Bestreben, die Nichtexistenz 3 der M. Scnurrze’schen Körnchen zu beweisen, ist Reichert genöthigt, zu durchaus künstlichen Annahmen zu greifen. Dass das optische Bild einer feinen, an verschiedenen Stellen zeitweise andauernden Contrac- tionswelle als ein Körnchen gedeutet sein kann, ist wohl richtig; da- gegen sind, ganz abgesehen von den Fällen, in welchen die Körnchen als solche auch rein optisch nachweisbar erscheinen, doch die vonM. 1 % N a an ul ragt er Ze ar ae A ae Da 5 1 23 BE eis Eh SZ IE ZZ Teen Se SPEER ra Ze ES ae a h ®. Ueber Coseinosphaera eiliosa, eine neue Radiolarie. 343 ScHuLTzE für die Realität der Körnchen angeführten Gründe, wie z. B. AY suche mit chemischen Substanzen, Carminversuche, vor allem aber der Nachweis der Existenz derselben im ausgestorbenen Protoplasma, von Reicnerr nicht berücksichtigt worden. Aber auch die Basis, auf welche REIcHErT seine Negirung der Körnchen gründet, die vom Breh ‚dopodium dargebotene äussere Erscheinung, ergiebt sich bei eingehen- "der Prüfung als nicht stichhaltig. Die Hauptthätigkeit des Pseu- -dopodiums entwickelt sich, wie Reıcsert richtig hervorhebt, auf der Oberfläche des Fadens, die Körnchen jedoch, welche nach R. Producte der Contraction sein sollen, finden sich auch ganz bestimmt im Innern der Fäden, und ihr dortiges Vorkommen lässt sich in keiner Weise - durch Contractionserscheinungen erklären. Ebenso sind die von M. ScauLtze hervorgehobenen tanzenden Bewegungen und Umdrehungen MR Eder Körnchen auf dem von ReicherT betretenen Wege nicht zu deuten. - Um das Vorhandensein von unbeweglichen Körnchen neben in ver- schiedenen Richtungen sich bewegenden Nachbarkörnchen nach R. -Norhaben zu erklären, müssten wir die Existenz von ungleichmässig | v4 - verlaufenden , von Zeit zu Zeit starr zurückbleibenden Contractions- - wellen annehmen, eine Annahme, welche mit der Gleichmässigkeit, die sonst Contractionswellen darbieten, nicht wohl vereinbar wäre. Dass, - wie R. meint, »bei der Rückkehr in den sogenannten Ruhezustand jeder "Vorsprung genau wieder auf die Stelle des Fortsatzes oder der Lamelle "sich zurückzieht, von welcher aus die Erhebung stattfand«, glaube ich auch nicht annehmen zu können. Solches Zurückbeziehen auf die be- Kannten Erscheinungen bei der Muskelcontraction hätte überhaupt nur dann seine volle Berechtigung gehabt, wenn die begleitenden Umstände in den beiden Fällen die gleichen gewesen wären, was nicht der IB ist. E: Inwieweit die CGontractionen der Pseudopodien nur von einer Rin- “ denschicht herrühren, welche wie eine Scheide die innere bläschen- ne hleyntraclile Substanz umgiebt, wie es von R. für Gromia angenommen wird, darüber steht mir bei dieser Gattung kein Urtheil ] zu, aber bei den von mir untersuchten Radiolarien ist kein Grund vor- | . handen, einen solchen Unterschied anzunehmen. R. bemüht sich wei- | ter, eine Parallele zwischen dem Muskel und dem Pseudopodium, be- trefis der Anordnungsweise ihrer contractilen Theilchen in Beziehung zu der Längsaxe, zu ziehen, aber da diese Verhältnisse auch für den Muskel ungenügend bekannt sind, bei den Pseudopodien aber selbst En _ die äussere Erscheinung noch so wenig bekannt ist, so ermangeln | - solche Vergleiche für einmal einer festen Basis ganz ind gar. i Ueberhaupt sind, wie oben schon angegeben wurde, die Eigen- ” MIR aeR DL UENEEEAETBEN Sea Benin In AI. Dr nn Maine einen ae sent mn und sem aent n ® öpnlickköiten des Drop in den versähseriage - arten im Ganzen noch zu wenig bekannt, und will ich als Be Sp noch in Kürze der merkwürdigen Structur, welche das Protoplasma | | gewöhnlichen Meerqualster darbietet, und welche von niemand bis J ‚zt. hervorgehoben wurde, Erwähnung thun. - ke Es besteht dieses Protoplasma aus einer Masse rundlicher- od 5 länglich runder, aneinandergepresster Kügelchen, welche durch eine zähe, klebrige a hstan zusammengehalten werden. Die Kügel- i eh bestehen aus einer stark lichtbrechenden, weichen Masse, von milchigem Ansehen, und erinnern in Grösse, Form und Lagerung zu einander lebhaft an die Dotterkörperchen im Ei eines wirbellosen Thie-. res. Der ganz aus solcher Masse bestehende Thierkörper des Meerqual- sterindividuums schickt starke, unregelmässig zackige Fortsätze aus, welche aus dichtgepressten Müssen solcher Kügelchen bestehen; von. “den Spitzen derselben gehen in verschiedenen Richtungen ganz feine Fädehen der Grundmasse ab, auf welchen eine rege Wanderung de Kügelchen stattfindet, wueläie ihrer Grösse halber ganz bestimmt als selbstständige Gebilde zu erkennen sind. Oft bilden auch die feinen Fäden der hyalinen Grundmasse Verdickungen, welche verhältnissmäs— . sig bedeutend auffallen können. Durch den Zusammenhang der zacki— . gen Fortsätze, aber mehr noch der Fäden der Grundsubstanz der Nach- barthiere wird der Zusammenhang der Individuen des BORN Thierstockes hervorgebracht. ” Ich muss mich auf diese wenigen Andeutungen über diese merk- würdigen, von den sonst bekannten so abweichenden Verhältnisse | beschränken, da es mir leider nicht vergönnt war, diesmal durch um- fassende Da ehhhden tiefer in das Verständniss derselben einzu- dringen. ! A RI EI i ur a Won f ni Zn J 2 e. h Bi Er HM Br He 3 BE Ye er - Ueber Coseinosphaera eiliosa, eine neue Radiolarie. Erklärung der Abbildungen. A Tafel XVIII. 4. Coscinosphaera ciliosa. Von A bis B ohne den Protoplasmabeleg „ _ und mit nur kurzen Stümpfen der Pseudopodienhaare dargestellt, um die #8 .= Structur der Schale und die Einsätze der Haare deutlich zu zeigen. a Oefl- Ä nung grösserer, b kleinerer Ordnung, c Stumpf eines Pseudopodienhaares. Zwischen A, D und B sind die Pseudopodien vollständig dargestellt und von A—D die gelben Körper aus der Schale herausgetreten, von D—B auf - den Pseudopodien vertheilt gezeichnet. *°°%,. 2. Theilungsvorgänge der Matrix. Dieselbe ist zunächst in zwei Abtheilungen . a und 5 zerfallen; a zeigt Andeutungen einer secundären Theilung, hat aber noch keine Schale ausgebildet; b dagegen hat sich in zwei Kugeln ge- theilt, welche jede um sich eine Schale mit Pseudopodien gebildet haben ; x —_ _e Contour der Mutterschale. ?°%. Br E- Noch in Zusammenhang stehende Tochterindividuen;; bei a ist die Con- = tinuität der Matrix deutlich, bei b eine leere Schale, deren Matrix nicht > sichtbar ist. *°%,. 1 Stark vergrösserte, in verschiedenen Graden der Contraction sich befin- Y dende Pseudopodien von Coscinosphaera; a und b anfängliches Stadium, ee c Anfang einer Wulstformation, d und e entwickelteres Stadium, f drei zu- H sammenliegende verklebte Pseudopodien, zwischen den Pseudopodien g a und A ist eine Brückenbildung sichtbar ; i Körnchen. 3 Die verschiedenen Zustände sind aus mehreren Individuen entnom- 13 men und nach der Natur so dargestellt, wie sie bei 1200facher Vergrös- 5 serung erscheinen. Technischer Schwierigkeiten halber ist jedoch die \ i Zeichnung etwa 2500mal vergrössert. 3 7 Apsilus lentiformis, ein Räderthier. Von El. Mecznikow. Mit Taf. XIX. nn — Auf der Unterseite der Blätter von Nymphaealutea fand ee in ‚Giessen eine Menge weisser, linsenförmiger Körper, welche sich bei näherer Betrachtung als eigenthümliche, bisher unbekannte Räderthiere erwiesen. Die grössten Individuen dieser Rotatorie haben 0,8 Mm. in de Länge und sind 0,7 Mm. breit. Ihre Befestigung am Nymphacablaitel wird durch einen besondern, auf der Bauchfläche liegenden Chitinring (Fig. Ian) vollzogen. Die auffallendste Eigenthümlichkeit dieses Thieres besteht in einer vollständigen Abwesenheit der Flimmerapparate, wes- halb ich auch dafür den Genusnamen Apsilus vorschlagen möchte. (der Speciesname lentiformis ist von mir wegen der angsgebeneng äusseren Körperform des Thieres gegeben). Ä Der Mund und After von Apsilus liegen auf der Bauchfläche undd zeichnen sich durch eine Menge von ihnen auslaufender Falten der Chitinhaut aus (Fig. 1). SR Die erstgenannte Oeffnung führt in den Hohlraum eines rüsselar- . tigen Organes (Fig. Ipr), dessen Vortreten zuerst von Herrn Prof. LEucKART, dem ich die ersten von mir gefundenen. Apsilusexemplare- zeigte, beobachtet wurde. Auf den Rüssel folgt der eigentliche Darm- canal, welcher aus einem geräumigen Magen (Fig. Ig) mit Kauwerk- 3 zeugen und aus einem Darm mit grossen Blindanhängen (Fig. 1y)z zu- sammengesetzt ist. Ri Die Haut wird hauptsächlich durch einen festen RR re— präsentirt, dessen Rückenseite durch eine Menge kleiner Wärzchen (Fig. 12p) bedeckt ist; auf der Bauchfläche des Thieres findet man aus- E> } we ih BR: 7 s ie in chen Haufen, deren Elemente (Fig. a sehr rasch Essigsäure sich auflösen. Die Muskeln erscheinen als Rings- und Längsmuskeln. Die ersteren stellen drei ziemlich weit vonein- ıder abstehende, den Körper umgürtende Bänder dar. Bei den Längs- mu skeln ist.das Verhalten auf der Bauch- und Rückenfläche ein ver- ‚schiedenes. Am Rücken findet man vier starre Längsstämme (Fig. 2 m), welche sich an das obere Rüsselende und an die Haut des mittlern Kör- ‚pertheiles inseriren und deshalb als Musculi retractores probo- idis angesehen werden können. Die Längsmusculatur der Bauchseite steht hauptsächlich aus zwei sehr breiten, den untern Rüsseltheil mit em mittlern Körperabschnitt Kerhindehdeh Strängen und noch aus Fa schmäleren Muskelstämmen, welche sich an den beiden Seiten - des Rüssels inseriren, am andern Ende in der Mitte des Körpers, "in der. N Yähe desoben Be hrichanen Chitinringes, sich untereinander verbinden. Ausser dem Körper besitzt auch der Rüssel unseres Thieres ihm enthümliche Muskelstränge. Hierher gehören zwei quere Muskeln 8.3 m’) und vier Längsbänder, deren näherer Verlauf auf der Rücken- je des Rüssels an der beigegebenen Fig. 3m zu sehen ist. i er Alle beschriebenen Muskeln erscheinen als stark lichtbrechende, homogene Bänder ohne Spur einer fibrillären Structur. Ds Vom Nervensystem habe ich bei Apsilus ein Gehirn mit vier diesem entspringenden Nervenstämmen beobachtet. Das breite, fache Hirnganglion (Fig. 2, 11 c) liegt auf der Rückenseite des Rüs- sels, -h sitzt in seiner Mitte eine geringe Verschmälerung und besteht jsstentheils aus blassen, kernlosen (?) Ganglienkugeln. Von den vier 'ervenstämmen gehen zwei von den beiden vorderen Ecken des Ge- ns entspringende (Fig. 2, 11 n) in den obern Theil des Rüssels, wäh- end die unteren dickeren Nervenstränge (n’) in den Rumpf übertr e— im Uebrigens senden diese noch je einen Ast aus, welcher die an den | Seitentheilen des Rüssels befindlichen Sinnesorgane (Fig. 2a) versorgt. Be Die eben erwähnten paarigen Organe bestehen aus zwei conischen 4 Zapfen, an deren Enden eine Anzahl sehr feiner, mit dem Nerven höchst | w ıhrscheinlich direet zusammenhängender Härchen sich befindet. we. Zur Darstellung der vegetativen Organe unseres Thieres über- | end, besprechen wir zunächst den interessanten Rüssel. Dieses Organ stellt im eingestülpten Zustande einen star mengefaltenen Schlauch dar (Fig. I pr), dessen Höhle mit der Mage im direeten Zusammenhange steht. Durch die, eine schr grosse Aus- B dehnungsfähigkeit besitzende, vordere Körperöffnung (Fig. ta) stülpt sich 3 der Rüssel nach aussen, wobei er eine sehr bedeutende Grösse (Fig. 2 pr) anzunehmen im Stande ist. Auch seine vordere Oeffnung, der eigent- liche Mund (Fig. 20), welche auf der Bauchfläche des Rüssels liegt;z kann sich sehr stark in die Weite ausdehnen. | i Es ist fast zweifellos, dass dieses Ausstülpen des Rüssels dere die Aufnahme von Wasser zu Stande kommt, welche Erklärung auch mit der Thatsache übereinstimmt, dass im ausgestülpten Zustande (Fig. 2) der Rückentheil des Rüssels an Dicke sehr bedeutend zunimmt, so dass man denselben auch als ein Wasserreservoir ansehen könnte. .. Uebrigens ist es mir nicht gelungen, irgend eine für die Wasserz uhr Gi bestimmte Oeflnung zu finden. Die Eigenthümlichkeit in der A a 1 ‚sation dieser Rückenwand des Rüssels besteht darin, dass zwischen. seinen beiden Wandungen ein besonderes, aus varlıstoliiie Zellen zu- sammengesetztes maschiges Gewebe vorhanden ist. Ausser diesen Zel- len liegen unter der Guticula des Rüssels noch andere, von denen man aber nur Kerne mit Kernkörperchen (Fig. 3e) unterscheiden kann. Die Sinnesorgane, die Nerven und Muskeln des Rüssels wurden schon oben von mir beschrieben, und ebenso wurde auch schon hervorgehoben, dass die Längsmuskeln des Rüssels seine Einstülpung bewirken. Ausserdem liegen im Rüssel noch besondere Abtheilungen der Wassergefässe, welche weiter unten näher beschrieben werden solleniä ER Aus dem Gesagten wird ersichtlich, dass der Rüssel unsers Thie- res eigentlich nichts als der metamorphosirte Kopf ist. Vor allem be- weist dies die Lage des centralen Nervensystems und ausserdem geht Be: dasselbe auch entschieden aus der Entwicklungsgeschichte ‚hervor (s: unten). F Auf den Rüssel folgt der Kaumagen. Dieser stellt einen breiten Sack dar (Fig. 19) mit dicken oberflächlich chitinisirten Wandungen, in dessen Grunde die charakteristischen paarigen Kauwerkzeuge liegen (Fig. 2k u. Fig. 6), welche jederseits aus einem dem Rücken des Thie- res zugewandten Haken (Fig. 6d) und aus einem hufeisenförmigen Bauchstück (Fig. 6v) bestehen. Diese beiden Kieferabtheilungen voll- ziehen, wie bekannt, ihre Bewegungen in zwei unter einem rechten Winkel sich kreuzenden Richtungen. | Im Kaumagen findet man stets eine Menge verschlungener Nah- } rungsstoffe, welche fast ausschliesslich aus Volvocinen bestehen. Y Hinter dem Magen befindet sich der Chylusdarm (Fig. 1, u Fin) a Kr ne Date Aa I r a) käne he 17 \ [ Sr Be F FZ Ye + Apsilus lentiformis, ein Räderthier. 349 Be mit seinen zwei blinden Anhängen (Fig. 1, 2ap). Die Wandungen dieser Organe bestehen ausser einer äussern Membrana propria noch "aus einer innern Zellenhaut, deren einzelne, sehr wenig voneinander abgegrenzte Zellen eine Menge feiner brauner Körnchen enthalten und “ ihrer freien Oberfläche flimmern. Der Darm mündet schliesslich nach aussen durch einen auf der - Bauchfläche des Thieres liegenden After (Fig. Ir). Als zum Verdauungsapparat gehörige Organe sind noch zwei auf der Bauchfläche vor den blinden Darmanhängen liegende Drüsen - Fig. 1 gl) zu betrachten. Diese besitzen eine annähernd birnförmige Gestalt und inseriren sich mit ihren dünnen Enden, welche durchaus keine Ausführungsgänge darstellen, an die Magenwand in der Mitte des Körpers. Es bestehen diese Drüsen aus einer grauen feinkörnigen Masse Me - mit einer Anzahl in diese eingebetteter grosser Kerne. - ® Das sog. Wassergefässsystem ist bei unserm Thiere sehr ri stark ausgebildet. Hierher gehört zunächst eine grosse, in den After ausmündende contractile Blase (Fig. 1v.agq.), deren dünne Wandungen - auch im ausgedehnten Zustande gefaltet erscheinen. Aus dem obern Ende | 4 ‚dieser Blase entspringt ein bald nach seinem Ursprunge in zwei Aeste sich theilendes Gefäss (Fig. 1v!), welche divergirend nach vorn laufen 2 Fig. 1v *\und durch ihre dicken, mit braunen Körnchen erfüllten Wan- ’ 8 dungen (Fig. 1520) sich Bienen und in besondere Gefässknäuel (Fig. 1 v®, Fig. 15) übergehen, von denen auf jeder Seite des Körpers drei Efänden sind. Alle eben erwähnten Knäuel scheinen aus Win- eigen eines einzigen Canales zu bestehen, wenigstens konnte ich nie- mals in ihnen eine Ver ästlung der Gefässe rue Vom obersten - Wassergefässknäuel endlich entspringt jederseits ein dünner Zweig, | welcher in den Rüssel übergeht. Hier verläuft derselbe (Fig. 11 v*) gerade bis zum vordern obern Ende des Rüssels, wo er dann mit dem ı Canale der andern Seite in einen Bogen zusammenfliesst, an welchem ® Bogen jederseits zwei in die Leibeshöhle ausmündende Trichter sich finden, deren Anordnung aus der Fig. 14 deutlich zu ersehen ist. In der Basis eines jeden Trichters sitzt ein langer, in der Richtung nach aussen flimmernder Lappen. Der beschriebene, im Rüssel befindliche Theil des Wassergefäss- ‚systems liest in der Nähe des Hirnes, ist aber mehr an die Bauchseite zugekehrt. Während die im Rüssel verlaufenden offenen Canäle vom ober- sten EeBeakHanel ihren Erspr uns nehmen, Auen auch vom unter- ei er ee ne he ee nn En nn en Fr EN Zeitschr. f. wissensch, Zoologie. XVI. Bd. 24 Ne . it I: ” ‘El; Neezuikow, inündenden Trichter zeigt (Fig. 151). Unter Biere Trichter BE der Wand des Canals ein grosser, mit einem Nucleolus vor ae Zei lenkern (Fig. 15n,c). a Alles, was bis jetzt über die Form und Organisation von Apsi- - lus gesagt wurde, bezieht sich ausschliesslich auf die reifen weiblichen Exemplare; die Männchen, von denen später die Rede | sein wird, haben ganz sure Banken: a Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem unpaaren ovalen Eierstocke (Fig. A or). Dieses Organ, welches an der rechten Seite der Bauchfläche liegt, besteht anfangs aus einem Blastem 2 mit Keimbläschen und Keimflecken, aus welchem sich später eine ge- wisse Zahl Eier entwickeln, welche bei den meisten, in der Mitte Juli 1865 untersuchten Weibchen als Sommereier 3; nur bei verhält— _ nissmässig wenigen Exemplaren als sog. Wintereier erschienen. Die ersteren (Fig. 13) sind 0,04 Mm. lang und besitzen eine sehr dünne Eihaut, einen hellen Dotter und ein 0,014 Mm. im Durchmesser halten— des Keimbläschen (ohne Keimfleck). Die Wintereier (Fig. 1%) sind bedeutend grösser (von 0,14 Mm.) und zeichnen sich besonders durch das dicke, braune, mit Porencanälchen versehene Chorion aus; ausser diesem besitzen sie noch eine homogene, dünne, äussere Membran. Ich glaube an den reifen Wintereiern noch je einen runden Wulst 4 (Fig. 14 y) bemerkt zu haben, doch kann ich über diese Bildung nichts weiter mittheilen, da mir 3 spätere Schicksal der Wintereier über— haupt unbekannt geblieben ist. Die Sommereier entwickeln sich in der Leibeshöhle von Apsilus, welches Räderthier somit als ovovivipar zu betrachten ist. Die embryonale Entwicklung geschieht nach der für die übrigen Räderthiere bekannten Weise. Der Dotter erfährt eine totale Fur- chung, vor deren Eintritt ein sog. Richtungsbläschen zum Vorschein kommt. Der aus Furchungszellen gebildete Embryo wächst in die Länge, wobei er sich zusammenkrümmt und in dieser Lage bis zum Aus- schlüpfen verbleibt. Leider konnte ich wegen Mangel an Zeit die Ausbildung der inneren Organe keiner genauern Analyse unterwerfen, und musste ich mich auf das Studium der Embryonen beschränken. # Hierbei ergab sich die bemerkenswerthe Thatsache, dass bei einigen Individuen die Sommereier blos zu Weibchen sich entwickeln, wäh— rend bei anderen, deren Anzahl bedeutend geringer ist, dieselben nur zu Männchen sich umbilden?!), und dass die jungen Weibchen sowohl, .. PrP 4) Die letzteren sind zuerst vom Herrn Prof. Leuckart gefunden, aber von ihnmz nicht näher untersucht worden. ten And Se nd Aion eine freie Lebensweise En Acltorn a. asnschesden. wimperapparat besteht aus einem nn Ringe von langen mern. Ausserdem besitzen die Männchen an ihrem Hinterende noch e (Fig. 4#c), welche wohl als ein Hirnganglion zu betrachten ist. - spricht auch, dass die beiden Augen auf dieser Masse liegen, | he je aus einem carminrothen Pigmentflecke und einem Krystall- ver zusammengesetzt sind (Fig. 4 oc). An beiden Seiten, neben dem meintlichen Hirn, sitzen noch zwei besondere Gefühlsorgane .4, 10) ; diese haben eine birnförmige Gestalt und tragen auf ihrem n feinen Härchen (Fig. 10), das hintere Ende dieses Organes, wel- Beeht einer en Nervenzelle entspricht, geht in eine ergefässe bedeutend entwickelt, verhalten sich jedoch anders, als m erwachsenen Weibchen. Dieselben bestehen aus einer contrac- I din und bilden in ihre Verlaufe eine Anzahl Soblahken fiae; 7). Die 3 a Ausmündung der Wassergefässe wird durch drei auf jeder Seite befindliche, durch eine schmale Fingerform sich auszeichnende Trichter « Bestellt, in deren Innern je ein’ Flimmerlappen sitzt m ig. Ti). E: Entwickelte Geschlechtsorgane mit reifen Zoospermien finden sich on bei den noch in der Eihülle befindlichen Männchen. Der un- are Hoden zeigt einen obern, aus Zellen zusammengesetzten Theil 41) und einen untern, mit reifen Zoospermien erfüllten, grössern | Behälter (Fig. 12): ; vom eteiien 'Öntspringt‘ ein ziemli h menausführungsgang, welcher an der Spitze des Penis ‚ausmündet (Fig. 5v, d). Dieser stellt einen aus- und einstülpbaren la pfen dar (Fig. 5pe), an dem ein Büschel ziemlich starker Flimmmerhaare auf: itzt. ‘ Der Inhalt des oben erwähnten Samenbehälters besteht aus zweier— 3 Ne | lei Gebilden: erstens aus spindelförmigen, unbeweglichen, 0,028 Mm. Ber. langen Zoospermien (Fig. 9), zweitens aber aus beweglichen Zellen (Fig. 8D). Diese haben im entwickelten Zustande eine eiförmige Ge- stalt und sind mit einem fimmernden Schwanze versehen; im Innern. ihres Kopfes lässt sich ein ovaler Kern mit Nucleolus untere Die beweglichen Zellen entwickeln sich später, als die spindelförmigen Zoospermien, und zwar bilden sie sich aus den in der Haut liegenden unregelmässig gestalteten Zellen; diese, ebenso wie die späteren Ent- wicklungsstadien der bew eglichen Körper, sind von mir auf der Fig. 3 A—D abgebildet. er Ich konnte leider nicht ermitteln, auf welche Weise die eben be- schriebenen beweglichen Körper, re Function mir ebenfalls unbe- | kannt ist, aus der Leibeshöhle in den Samenbehälter gelangen. F Charakteristisch für die Männchen sind noch besondere, im hin- | tern Körper liegende, aus einem feinkörnigen Inhalt ee Drü- } sen (Fig. 5gl') ; diese entsprechen offenbar den sog. Prostatadrüsen an > derer Räderthiermännchen. L er Die aus den Sommereiern eben ausgeschlüpften jungen weihs Be, chen (Fig. 16) haben eine walzenförmige Gestalt und sind, wie ich E schon oben angedeutet habe, mit einem Flimmerapparat und Augen Be versehen. Der erste bildet einen aus Wimperhaaren bestehenden un- vollständigen Ring, welcher an der Bauchfläche offen ist. Das hintere 1 Be h Körperende des Weibchens ist von einer ringförmigen cuticularen Mem- | er 5 bran (Fig. 16m,c) umgeben, an deren Grund eine Anzahl Flimmer- 3 a k.: haare sitzen. re Be. Die jungen Weibchen sind 0,35 Mm. lang; ihre Haut besteht aus Er einer dünnen, biegsamen Cuticula mit einzelnen, darunter sitzenden 33 Zellen. Die Musculatur besteht aus Rings- und Längsstämmen, welche aber noch nicht die für das geschlechtsreife Thier charakteristische An- e.: - ordnung zeigen. Vom Nervensystem und den Gefühlsorganen ver | I R mochte ich nichts zu finden, dagegen wohl waren zwei ebenso wie beim \ Be.’ Männchen gebildete Augen lan: 3 Der vorn liegende Mund führt in eine, der spätern Rüsselhöhle‘ entsprechende Cavität (Fig. I6pr), welche vermittelst einer dünnen Röhre mit der Magenhöhle in Verbindung steht. Der Magen (Fig. 16 9), welcher nicht so breit ist wie beim reifen Thier, besitzt den früher be- Apsilus lentiformis, ein Räderthier. 395 - schriebenen vollkommen identische Kiefer. Der Chylusdarm zeigt nichts besonderes, wohl aber die blinden Darmanhänge (Fig. 16 ap), welche viel dünnere Wandungen als beim reifen Thier besitzen und durch die Anwesenheit von CGoncrementen sich auszeichnen. Diese 1 haben eine regelmässige runde Form und zeigen eine concentrische Structur (Fig. 19). In Essigsäure werden sie sehr langsam aufgelöst, 3 loch blieb eine organische, einen centralen Kern zeigende Grundlage zurück (Fig. 19.4). Der After liegt am Hinterende des Körpers und ist von der oben erwähnten Membran umgeben. In seiner Nähe befinden sich zwei Be srosse, auf der Bauchfläche liegende Zellen mit Nucleus (Fig. 16), reiche offenbar die Anlage der oben beschriebenen drüsigen Organe am Chylusdarm des reifen Thieres darstellen. £ Vom Wassergefässsystem habe ich bei den jungen Weibchen nur edie Gefässknäuel und zwei Ausführungscanäle gefunden. Die letzteren (Fig 18) bestehen aus einer Reihe verschmolzener Zellen mit deut- "lichen Kernen und Kernkörperchen, in deren Innern ein dünner Was- _ sercanal gelagert ist. Es scheint mir deshalb wahrscheinlich, dass diese Br aergelüsse in den Zellen sich in der Art bilden, wie es von Weıs- mann für die peripherischen Tracheen der Insecten ee ist. In jeder Zelle des Wasserausführungscanals ist übrigens schon jetzt ® ‚ein Wimperlappen vorhanden, dagegen von den späteren Trichtern noch | keine Spur zu sehen. Um die Beschreibung des jungen, freibeweglichen Weibchens ab- ; zuschliessen, muss ich noch des Eierstockes Erwähnung thun (Fig. 1600), 3 "welcher dieselbe Structur wie beim erwachsenen Thier zeigt, und nur % durch seine geringe Grösse sich auszeichnet. ® * Im ruhigen Zustande zieht das junge Weibchen seinen Wimper- | # apparat und die Membran des hintern Leibesendes ein Fig. 17) und - bekommt dadurch eine sehr grosse Aehnlichkeit mit dem reifen Thiere. er Körper nimmt hierbei eine mehr rundliche Form an, und rücken beide Körperöffnungen mehr an die Bauchfläche. Ein lehrer Junges gleicht schon sehr dem ausgebildeten Weibchen und wird sofort klar, _ dass dasselbe keine bedeutenderen Metamorphosen mehr zu durchlau- fen hat. Leider ist es mir nicht gelungen, von diesen etwas zu finden, _ doch glaube ich, besonders gestützt auf die Anwesenheit von Ge- - schlechtsorganen bei den Männchen und jungen Weibchen, dass die- selben nur kurze Zeit in Anspruch nehmen. Ex ken a u ET ELLE CETLEEEEEETZTTTE Ks Kb a Are Fa ac hr u EERESEN" ee m Fr 3 « wu u ur ” % ala 4 REEL ni che ® 27 nr er r. RN Br r - % a 3 Mr Fade er! ergseeii Brandt nämlich die SE emalische Stellune der Rüde 2 beizufügen. Ich habe mich schon früher!) dahin ausgesprochen, dass die Ko rien mit der von mir als Gastrotricha (Ichthydina aut.) bezeichnete Gruppe in nächster Verwandtschaft stehen. Einen schlagenden Beweis für die Richtigkeit dieser Meinung hat neuerdings ein von mir in Göt- tingen gefundenes Räderthier aus der Gruppe von Notommata geliefert, dessen Bauchfläche ungefähr bis zur Hälfte mit einem Flimmerkleide bedeckt war. a Wenn aber die Gastrotrichen von einer Seite mit den Rotatorien eine nahe Verwandtschaft zeigen, so haben sie von der andern Seite eine auffallende Aehnlichkeit mit einigen unzweifelhaften Repräsentan- ten des Wurmtypus. Hierher gehören namentlich mehrere Anneliden- larven, deren Bauchfläche mit einem Wimperüberzuge versehen ist. So z. B. die von mir in Neapel gefundene Larve von Spio, deren Aehn- lichkeit mit den Ichthydinen noch dadurch verstärkt wird, dass sie zwei gleichgestaltete Füsschen besitzt. Ausserdem ist die Gattung Dinophi- lus namhaft zu machen, deren Verwandtschaft mit den Ichthydinen sehr auffallend erscheint. Dieses Thier, welches zu untersuchen ich in Neapel oft Gelegenheit fand, besitzt nämlich auch einen Wimperüber- zug auf seiner Bauchfläche und muss ich behaupten, dass dasselbe kei- neswegs zu den echten Turbellarien gehört, wie man es gewöhnlich an- 4 nimmt. Vor Allem ist es die Anwesenheit eines gegliederten Schwan- zes, der besonderen Flimmergürtel und des Bauchwimperapparates, ferner auch das Vorhandensein einer, keiner Turbellarie zukommenden Cuticula, welche Dinophilus von diesen Thieren sehr bedeutend unterscheidet. Auch der eigenthümliche von Scanmmwr beschriebene Rüssel findet kein Analogon im Nemertinenrüssel, sondern verhält sich ebenso wie derjenige von vielen Anneliden Gopitaie, Parthenope, Ch 4 mene u. A.). E Wenn aber Dinophilus mit den Turbellarien nur einige Ver- wandtschaftsverhältnisse besitzt, so zeigt derselbe eine ausserordent- lich grosse Aehnlichkeit mit einigen Annelidenlarven und besonders mit der von mir in Neapel gefundenen Larve der Gattung Lysidicozg Diese Larve, deren nähere Beschreibung ich bei der Veröffentlichung _ meiner Untersuchungen über die Annelidenentwicklung geben werde, E | trägt in früheren Stadien, zur Zeit, wo sie noch keine Borsten besitzt, E mehrere (fünf) ne: und ist ausserdem mit einem Back wir ... 4) »Ueber einige wenig bekannte niedere Thierformen « Diese Zeitschr. XV, 450. | mmen laneen 5 wen: Alles das RR, wie die BRRWUBUR men (allgemeine Form, es ine. ationäne Annelidenlarve zu betrachten Br und mithin zu den \ Anneliden ebenso, wie Appendicularia zu den Ascidien sich Erklärung der Abbildungen. Tafel XIX. an zur Befestigung dienender Chitinring. * 0@ Gefühlsorgane. Ps ap Anhänge am Chylusdarm. Gehirn. „er Concremente ad Rückentheil des Kieferapparates. " g Kaumagen. oh Chylusdarm. gl Drüsen der Weibchen. 2 ge Drüsen der Männchen. it Flimmertrichter am Wassergefässsystem. k Kauapparat. m Längs- ER m! Quer- Be m, € ringförmige Membran des jungen Q©. .n,n! Nerven. N,c Zellenkerne. 0: Mund. 2 ww Eierstock. u » Hautpapillen. pr Rüssel. pe Penis. r En \ Muskelstränge. iv Bauchtheil des Kauapparates. v* verschiedene Theile der Wassergefässe. 3 ag contractile Blase. i ra! v a ME er 2” NE vi Endzapfen mit, Elmar hanch Be; 3. pP 4. Ein reifes Weibchen mit eingestülptem Rüssel, von der Ba sehen. ?5/,. (Die Muskeln sind weggelassen.) 2. Ein anderes reifes Q mit ausgestülptem Rüssel, von ar Rücken e schen, Der a v schimmert durch die ei. era 4 Ki ES sa Taten zwei Eier, eins in Furchung, mit einem Embryo. _ Der dorsale Theil des Rüssels mit seinen Muskeln. _ Ein reifes Männchen. 9%. Das hintere Ende desselben im Profil. '°%,. Kieferapparat des Weibchens. '°%. Die Wassergefässe des Männchens. “ A—D verschiedene Entwicklungsstadien der Flimmerzellen des Ein Samenkörper. *°°),. Das Gefühlsorgan des Männchens. *°°%,. an Das Gehirn und die Wassergefässe des Rüssels eines Weibehens. Ein Stück äusserer Haut von der Rückenflache des ©. °'%,. Ein Sommerei. ?°%,. Ein Winterei. y dessen Wulst. '®%,. Ein Theil des Wassergefässsystems des Weibchens. ®:%,. Ein junges, freischwimmendes Weibchen, von (der Bauchfläche gem sehen. 19%). ee S, Dasselbe mit eingezogenen Wimperapparaten. ?°%,. | Ein Stück des Wassergefässes mit seinen zelligen Wandungen eines Jun- gen Weibchens. Concremente aus den Nebenanhängen des Chylusdarmes des jung Weibchens. *°%,. A die organische Grundlage der Concremente. Fr Ueber eine Süsswassercrustacee im Nil. Von Dr, med. C. B. Klunzinger, Sanitätsarzt in Kosseir. Mit Zusätzen von Dr. Ed. v. Martens und €. Th. v. Siebold. Mit Taf. XX. eins. Kenne begriffen, fand ich in meinem Trinkwasser ein steile N liches Krebschen, dessen ee, ee upacn mir zwar vom & rg ich, von meiner Reise wieder nach Kosseir zurückgekehrt, e Zeichnungen und Spiritusexemplare mit den Abbildungen in der ‚erst kürzlich zugekommenen Description de l’Egypte verglich, fand h in Tab. X. der Crustaceen Fig. 2 von Sıvıcny ein Thier, das dem Dr. med. C. B. Klunzinger, ee. . £: von mir gefundenen innig verwandt, doch nicht völlig identisch. a Es ist weder im Text, noch in Mir e-Epwarns’ Histoire naturelle des Hi Crustaces, wo der Savısny’schen Art Band II. p. 391 kurz erwähnt: ist eine nähere Beschreibung gegeben. Da der von mir gefundene Krebs seines Vorkommens im Flusswasser weit von der Küste wegen immer- hin von einigem Interesse ist, so will ich seine Beschreibung mitthei- len. Ob die Art ganz neu ist, kann ich von hier aus nicht entscheiden. | Sie gehört nach allen Charakteren der Gattung Palaemon BT an, ich will sie Palaemon niloticus nennen. Die vorliegende kleine Garnele erreicht die Länge von 5 Gm., die Gestalt ist die gewöhnliche der Palaemonarten, mit knieförmig abwärts gesenktem Abdomen, seitlich comprimirt, doch der Rücken gewölbt; der Körper dieser Art ist ziemlich gedrungen. Der hyaline, fast durchsichtige Körper wird ‚sofort nach dem Absterben, das im gefan- genen Zustande sehr schnell.geschieht, trüb, undurchsichtig und weiss bis gelblich oder röthlich. Lebende ders zeigen überall eine sehr schwache gelbliche, punctartige Fleckung, die an einzelnen Stel- len ausgesprochener wird und in das Rothe übergeht, so am Grund der innersten Geissel der innern Antennen, am vordern Thoraxrand hinter dem Auge, und besonders am hintern Rande des Rückens der Körper- segmente. Der Gephalothorax ist fast glatt und haarlos., Sein bogiger Unterrand bildet einen sehr stumpfen Bogenwinkel mit dem Vorder rand; letzterer macht zwischen dem Grund des Auges und dem starken Grundglied der äussern Antenne einen rundlichen Vorsprung (Fig. I u. 2u), der gegen unten und hinten einen nach vorn vorragenden klei- nen Dorn trägt, dem weiter nach hinten in fast gleicher Höhe ein zweiter auf der Seitenfläche des Brustpanzers folgt, ebenfalls schief nach vorn gerichtet (Fig. I u. 2c). Oben geht der Vorderrand nach Bildung einer Einbuchtung, vor der die Augen liegen, in den untern Rand und den Körper des Stirnstachels über, dessen untere Wur- zel bildend. Dieser (Fig. 1 u. 2b u. Fig. 3) ist fast so lang, als der Ce- phalothorax selbst, erreicht indess mit seiner Spitze nicht das Ende der Platte der äusseren Antennen. Er hat eine nahezu lanzettförmige Ge- stalt und läuft vorn in einen einzigen spitzen Stachel aus; durch seine ganze Länge zieht sich, ihm zur Stütze dienend, eine Art Stilet, eine Verdickung oder Auftreibung, geradlinig verlaufend und nach vorn sich zuspitzend (Fig. I u.30). Oben und unten von dieser Auftreibung ist der Stirnstachel blattartig dünn; die obere Kante ist convex ge- krümmt und trägt 9—13 nach vorn gerichtete Dornen, deren Zwischen- räume mit Wimperhärchen besetzt sind. Nach hinten erstreckt sich die £ En wendend, Koi Kar sehr schwach Dual nach hinten. Auch Dr | “us sie ist mit Wimperhaaren dicht besetzt, nur die Spitze des Stirnstachels ist wimperlos. Ferek Die Zeichnung dieses Gebildes von Savısany Taf. X. 2, 2 (f. a) © stimmt mit der meinigen nicht überein, und diese Verschiedenheit würde hinreichen, die Species zu trennen; auch ist bei Savıcny an der ER : Seitenfläche des Thorax blos ein Dorn sichtbar. Die dicken, kurzen Augen entspringen mit einem schmalen Stiel se der Wurze des Stirnstachels, die zweite Abtheilung derselben ist viel breiter, birnförmig, und auf dieser sitzt, in Form eines Kugel- | : Br; segmentes die Cornea auf, die eine röthlich graue, zuweilen messing- E - gelb schimmernde Farbe hat, mit überall durchschimmerndem schwar- Be, E: zem Pigment, das an der obern Fläche hinter der Cornea in Form eines 2. E _ Fleckes oder Streifens zuTage tritt. 2 Die inneren oder oberen Antennen, gerade unter den Augen Be; inserirt, bestehen aus einem dreigliedrigen Hasakheile (Fig. Pu.°2 e), Pr E. der nicht ganz die Spitze des Stirnstachels erreicht. . Das erste Glied ist e% - eoncav zur Aufnahme der Augen, es besteht aus einer innern schmalen, x Bi _ mehr stielförmigen Abtheilung, in welcher sich die Muskeln hin- w _ aufziehen, und einer äussern lamellenförmigen (f,, welche vorn er u ‚verschmälert und daselbst länger behaart den stielförmigen Theil noch 4 a _ überragt und hier aussen ein spitzes vorragendes Dörnchen trägt; auch = gegen die Basis macht sich am äussern Rande dieser Lamelle ein wenig | 3 i 2 Seender Stachel bemerklich. Das zweite Basalsegment ist kürzer, e nee, und trägt nach aussen ein jener Lamelle analoges langbe- BD _ haartes überragendes Läppchen, während an der innern Seite das Glied : £ 4 dornartig vorsteigt. Das dritte Segment ist ebenfalls cylindrisch, etwas _ länger und schmäler, ein dem vorigen ähnliches kleines Läppchen zeigt sich an seiner untern Seite. Auf diesem Glied stehen nun drei feinge- BR eerie Endgeisseln, die innerste zwei- bis dreimal so lang als der Stirnstachel (Fig. 1 u. 2g). Die äussere und mittlere Geissel sind = am Grund eine kurze Strecke weit miteinander verwachsen. Die mitt- - lere (i) ist die kürzeste von allen, ungefähr */, so lang als die innere; ‚die Segmente derselben sind etwas stärker, aussen mit kurzen Härchen » B = PR E 3. ae e ” SEIEN a2 ir er > a Eur esetzt, und die Geissel erscheint schwach gesägt, sie endigt mit einem an aarbüschel. Die äusserste (h) ist um '/; länger als die innerste 3 a ® wur 9 a A A ae er pe WET .$ in) PR, a II u Er a EI “ : er x il vr. OR ur. TE PERTH Er nr x. EN DR ” AR R vh DI 36 7 % “ N $ 2‘ a 4 h ‘ ‘ x ER ‘ gi B rk ur ur 360 « med. 0 1 Manage , N ER &x IQ & > = En Do, S [a>) = un — eb) - u & > pF' er ler N & Er 2, FE 23 Q (dj) = © = —B & un } Dt A trägt gegen die Antennenplatte (X), welche AR u ist und weiter als der Stirnstachel nach vorn reicht. Sie entspringt mit ” schmalem Grunde, wird dann parallelseitig und endigt nach vorn mehr Ei weniger stumpfbogig. Gegen vorn geht von ihrem äussern Rande ein starker, indess wenig vorstehender Dorn ab; der innere Rand und die Spitze ist lang behaart. Nach unten, von dieser Platte bedeckt, ent- springt vom Basalglied der kurze Stiel der unteren Antennen, aus drei Segmenten bestehend. Die Geissel ist ausserordentlich lang, 1Y/,mal so lang als der Körper. Von den drei Kieferfüssen ist der äussere (Fig. Im u. Fig. 4) fussförmig, reicht aber kaum bis zur Hälfte der äussern Antennenplatte. Am Grundglied trägt er nach aussen ein ovales dünnes Plättchen Dr das nach seiner Lage offenbar dem Klappentheil des Geisselfortsatzes anderer Grustaceen entspricht‘). Die Kieme indess ist weiter rück wärts 1 am Körper selbst zu suchen. Auf das Grundglied folgen gegen innen drei lange Glieder, von denen das erste etwas platt und geschweißt ist, | mit der Gonvexität nach aussen, so dass die folgenden Kiefertheile zum Theil frei liegen. Die zwei folgenden Glieder sind cylindrisch, das Endglied ist gegliedert, am Ende jedes Gliedes ringsum dicht mit fie- derzähnigen Haaren bürstenartig besetzt, und trägt eine kurze, ein— wärts gekehrte Klaue an der Spitze. Das erste Glied ist vorzugsweise an der innern Seite, das zweite überall zerstreut behaart. Die an der äussern Seite vom Grundglied entspringende Palpe (Fig. 4 A) ist von der Länge des ersten Stielgliedes , so lang als der Kieferfuss selbst. Sie trägt gegen die Spitze zu lange Fiederborsten, ohne indess hier segmentirt zu sein, wie es die Abbildung von Savıany zeigt. Der zweite Kieferfuss (Fig. 5) trägt an seinem Grundeglied (a) ebenfalls ein ovales zartes Plättchen (j). Die Kieme (k) ist hier weiter vorgerückt und sitzt an demselben Stiel, der das Plättchen trägt. Nach innen hat dieses Grundglied eine rundliche, mit Härchen besetzte Er- weiterung; auf dieses Glied folgen fünf Segmente von verschiedener Gestalt und Länge, das vorletzte Glied ist im Winkel nach abwärts ge- richtet. Das letzte Glied giebt dem Ganzen die Gestalt,eines Beils, in— dem es gegen innen senkrecht abgestutzt ist. Auf seiner Kante stehen dichte fiederzähnige Haare, überragt von längeren Haaren des vorletz- 4) Ich folge hier, um möglichst die Analogieen wiederzugeben, in der Buch- stabenbezeichnung dieser und der folgenden Kiefertheile MiıLne-Epwarns’ a dungen in Tab, Ill. Fig. 8—13. 2 Palpus ist dünn, ‚oylindrisch, geschweißt und ei | Ben. h es un betheiligt sich somit bei der Einführung der Nah- Ri: ja x ee ee zu dieser Entwicklung war die Erweiterung in. | HAT des Fortsatzes J aus; abe; ist ee oben und unten ausgezogen and 4 überall mit langen iednliäreren besetzt. Der Stiel oder Kautheil ist repräsentirt durch zwei schmale, nach innen vorragende, bis innen mit urzen Härchen besetzte Plättchen. Zwischen ihnen und 7 ist eine haar- 0 e Palpe (© oder h entsprechend). ae Der kleine erste Kiefer (Fig. 8) sitzt mit schmaler Basis auf, der Kautheil ist mit einigen Zähnchen und Härchen besetzt; aussen ‚sitzt ein Palpus, der in mehrere Züngelchen ausläuft (h u. i); nach innen geht ein Anhang ab (a entsprechend), gegen die Spitze mit Här- aben besetzt. Die Mandibel (Fig. 9) ist länglich, wenig gekrümmt, der obere utheil (6) läuft in drei spitze Zähne aus (wesentlicher Unterschied on Savısny's Species). Der nach innen gegen die Mittellinie ragende und etwas einwärts gegen den Mund zu gebogene Kaufortsatz (a) hat drei bis vier gelb chitinisirte, bald stumpfere, bald spitzere Kauflächen; Se zuweilen eine Strecke weit in drei Theile gespalten ; hinten sitzt & E 1 # ae i5 Br Aa De W WE iD u hl A u “ ı% PET, a . “ ” lelseitig, an der obern Kante winklig, ungleichschenklig. Das Abdo- = Dn u 6 Ben .: Sr: u: R "SER Die fünf Fusspaare sind sämmtlich ausgezeichnet us hi i hre Schlankheit. Der erste Fuss reicht, nach vorn ausgestreckt, I is zur Spitze der Platte der äusseren Antennen. Er trägt eine ea: 7 Scheere (Fig. 41), kaum halb so lang als ihr Carpus. Die { mit Büscheln SEitehaniide langer fiedergzähniger Haare besetzt, die Spitze mit einem dichten Büschel kürzerer vorgestreckter Haare. Der zweite Fuss ist der längste von allen, erstreckt sich nach vorn bis zum Ende der mittleren kurzen Geissel der oberen Antennen, mit dem Carpus allein bis zur Spitze der Antennenplatte. Die Finger der schlanken Hand (Fig. 12), welche so lang und kaum breiter als ihr Carpus ist und deren Hälfte, wie beim vorigen Fuss, die Finger einnehmen, sind mit sparsameren Büscheln einfacher Haare besetzt, besonders an der Spitze, die eine gekrümmte gelbe Klaue trägt. Die drei letzten Füsse tragen an ihrer Spitze je eine Klaue, sie nehmen nach hinten an Länge zu, aber nur durch Verlän- gerung ihrer drei letzten Glieder. Der letzte Fuss reicht vorn über die $: Spitze der Platte der äusseren Antennen hinaus, und ist fast halb so lang als der-zweite Scheerenfuss. Die einzelnen Glieder dieser Füsse sind mit zerstreuten Härchen besetzt, welche besonders dicht am Ende des Metatarsus sitzen und hier fiederstachlig sind. Die Kiemen /Fig. 17), sieben jederseits, stehen an den Seiten der Segmente, auf denselben inserirt. Ueber die zwei ersten, etwas rudi- mentären, s. o. bei der Beschreibung des zweiten und dritten Kiefer- fusses. Die Fusskiemen haben die Form einer langgestreckten Fun- giacoralle, sind gegen die Mitte ihrer untern Fläche mittelst eines kur- zen St = inserirt und laufen mit ihrem langen Durchmesser senkrecht an den Seitenwänden des innern Seitengewölbes des Thorax hinauf. Die einzelnen Plättchen (Fig. 17?) sind gestielt, nach oben fast paral- men, überall mit sehr feinen, in Vertiefungen entspringenden Härchen besetzt, ist siebengliedrig, das vierte Segment gegen das dritte winklig eingeschlagen, woraus der Buckelam Rücken entsteht, der durch Ausstrecken nur wenig sich vermindert. Die fünf ersten Segmente tragen die Abdominalfüsse {Fig. 14, !5), welche den Gattungscharakter zeigen: der erste Fuss mit emer äussern grössern (b) und einer innern rudimentären, ovalen, borsten- tragenden {c) Platte, die übrigen Füsse mit zwei gleichgrossen Platten, von denen die innere einen schmalen, palpenartigen Anhang (d) trägt; cer letzte Fuss ist an den Schienen länger behaart. Das vorletzte Segment hat an ‚seinem hintern Rande seitlich eine Ausbuchtung nach oben und unten, von welcher es in ein kleines Dörn— n ‚eine Si = DR, < % | e 77. RR 3% BU r, BER ei er. ausläuft; ier ist er Mr Grundglied der Schwimmplatten ds v a eu die. innere der letzteren ist, schmal, ig etwas | R Bu . Das letzte sehr ohne dreieckige Abdominalsegment läuft schliess— ausgeschweift in einen kurzen Stachel aus, der jederseits ein kur— zes Haar und darunter je eine längere Fiederborste trägt. An den aus- | geschweiften Seiten ragen jederseits zwei Paar Dornen nach hinten her— vor, ein vorderes langes und ein hinteres kurzes Paar. Die obere Fläche des Segmentes trägt wie gewöhnlich fünf sehr kleine, nach hin— ten gerichtete Dörnchen, ein unpaares vor der Hälfte, ein Paar hinter der Hälfte seiner Länge, und ein Paar gegen das hintere Ende, letztere jeiden Paare meist unsymmetrisch gelegen (Fig. 16m). Diagnose von Palaemon niloticus. - Körper gedrungen, bis 5 Cm. lang, hyalin, im frischen Zustand schwach gelblich gefleckt, an gewissen Stellen deutlicher. Am Cepha- lothorax seitlich zwei Dörnchen. Stirnstachel fast lanzettförmig, die S Spitze der äussern Antennenplatte nicht ganz erreichend, vorn in einen - einzigen Stachel auslaufend, das Ganze gestützt durch eine mittlere _ dolchförmige Verdickung der ganzen Länge nach; die obere gekrümmte Kante mit 9—13 Dornen besetzt, deren Zwischenräume bewimpert. - Untere Kante wenig kürzer als die obere, überall bewimpert, ausser an der Spitze, nur 1—2 kleine Dörnchen tragend. Der Stirnstachel rück- wärts nicht in eine Gräte verlängert. Geisseln der oberen Antennen: ® innerste zwei- bis dreimal so lang als der Stachel, die mittlere halb so lang als die innere, die äussere um "/, länger, als die innerste. Geis- sel der äusseren Antennen ausserordentlich lang, 1'/,mal so lang als Fe h a 7: ; R % EN. er Körper. Aeusserer Kieferfuss bis zur Hälfte der äussern Antennen- Ra i platte reichend, sein zweites Glied geschweift, sein Palpus halb so lang Rn 5; = als er selbst. Zweiter Kieferfuss beilförmig, erster blattföormig. Man- e dibel dreizähnig und mit einem Palpus versehen. Füsse schlank, erster | ER - Scheerenfuss blos bis zur Spitze der äussern Antennenplatte reichend, 2 ? and kurz; zweiter Fuss der längste von allen, bis zur Spitze der _ Be tlern Geissel der oberen Antennen reichend, seine Hand schlank, He, u 2 g, mit gekrürnmter Endklaue an den Fingern. Die drei letzten Füsse Bi: lauen tragend, nach hinten an Länge zunehmend, der letzte fast von P.; borsten. Aeussere seitliche lee mit einem zwei Dora genden Randeinschnitt. Kiemen sieben, lang pilzeorallenförmi einzelnen Plättchen fast Re us und Füsse. Gemein im Nil (Oberägypten). Erklärung der Abbildungen. Tafel XX. B Palaemonniloticus in natürlicher Grösse, Seitenansicht, # 6 . a Cephalothorax, 5 Stirnstachel, ce die Dörnchen auf der Seitenfläche des Thorax, d Augen, e Stiel der oberen Antennen, ginnere, it h äussere Geissel derselben. k Platte der unteren Antenobel l Geissel der selben, m äusserer Kieferfuss, 1—5 Thoraxfüsse, © Abdomen, r letztes Abdominalglied, z Abdominalfüsse, t äussere, s innere Schwanzplatte. Fig. 2. Ansicht des Cephalothorax und seiner vorderen Anhänge von oben, ver- b grössert. Buchstaben wie bei Fig. 4. a rundlicher Vorsprung am Vor- +4 4 derrand des Thorax, f äussere Lamelle des Grundgliedes der oberen An- $ tennen, % Antennenplatte. ER ER Fig. 3. Stirnstachel. o stiletartige Verdickung. f a Fig. 4. Aeusserer Kieferfuss der linken Seite. a Grundglied, j Läppchen, dem E ‚Geisselfortsatz analog, k Kieme, b, c in Stielglieder, A Palpe. Dan. N : Thieres. x Fig. 5. Zweiter Kieferfuss. Buchstaben wie bei Fig. 4. Er: | Fig. 6. Erster Kieferfuss. Buchstaben dieselben. x ein accessorischer Anbang., @ Fig. 7. Zweiter Kiefer. Ra Fig. 8. Erster Kiefer. ES = Fig. 9. Mandibel. s Sehne, a, d Kautheil, i Palpus. Fig. 10. Lippen: a Oberlippe, db Wülste darauf, ce Unterlippe, d Mund. Fig. 14. Scheere des ersten Fusses. Fig. 12. Scheere des zweiten Fusses. Bi Fig. 13. Endglieder der übrigen Füsse. er Fig. 44. Erster Abdominalfuss. Be & je Fig. 45. Abdominalfuss der anderen Paare. IX Se B Fig. 46. Schwanztheil von oben. I vorletztes Abdominalsegment, m letztes Seg- = ment, c innere, b äussere Schwanzplatte. Kieme. E Ein einzelnes Kiemenplättchen, stark vergrössert. a Stiel, bh innere © Kante, 3 c obere winklige Kante. | u 2 ri ur 6 u Be var Ra SaseSe I. © BRRANN, vw . In Ä Praz er Ir Fr ER * Cr So Pr Bi = " ‚ N. sswassererustacee im Nil. Zusatz Von Dr. E. v. Martens in Berlin. er ‚Der Stirnstachel (Rostrum) trägt bei P. nfetices oben A in } bis dreizehn Zähne, bei P. lacustris sechs bis sieben, sehr ; selten acht Zähne. KR Die zwei Dornen des Cephalothorax stehen bei P. niloticus ü ereinander wie bei den grossen Tepe Süsswasser-Dalae- ktris einge wie bei di europäischen marinen Krlen. “4 An dem obern (innern) Fühler ist der kürzeste Kt End- R er und dicker. Auch hierin gleicht P. nilo Re ie den ge- nannten tropischen Arten. 5. Die. Mandibel ge bei P. niloticus einen Palpus (Fig. 9), bei . P- 261« angiebt, dass seine Anchistia migratoria, mein E: der monlacustris, auch vaus Süsswasser in Aegypten« im Wiener Museum vertreten sei. Demnach wären zwei Süsswassercariden in Aegypten vorhanden: denn gerade das Kennzeichen, worauf Herzer die N stützt, ‚Mangel des Palpus an der Mandibel, trifft Bei Hiegap- Gelegenheit n möge noch i in » Beziehung a lacustris bemerkt werden: er SER 1. Dass die Anordnung der Endfäden der inneren Antenner mit derjenigen bei Palaemon squilla und nicht mit derjen gen welche Herrer im Allgemeinen für Anchistia beschreibt und spe ciell für Anchistia seripta abbildet, übereinstimmt. BER: 2. Dass die Abänderung des Artnamens zu migratori a kaum rechtfertigen ist. Die vage Angabe «adriatisches Meer« im Wiener “Mu- seum a ae mir nur eine sehr schwache Stütze für das ; in a gefangen a, gegessen. Wie leicht konnten a ee von dort in eine venetianische Sammlung und von da mit der nk nung »adriatisches Meer« nach Wien kommen. Dass die Art waı jeder Takröaedik in allen Altersstufen und auch in Gewässern, die k nen regelmässigen Abfluss haben, vorkomme. “ üsswassererustacee im Ni. \ I. Zusatz. Von « Professor C. Th. v. Siebold in München. Zur Ergänzung des obigen Zusatzes, in welchem Herr v. MARTENS auf den Unterschied des Palaemon niloticus und lacustris hinweist, | kann ich noch hinzufügen, dass auch ich den Pal. niloticus von Pal. ıstris für verschieden halten muss. Im Uebrigen finde ich die von SE IELLER aufgestellten Gattungen Palaemon und Anchistia gerechtfertigt, R eo ir auss aber Herrn v. Mırrens darin beistimmen, wenn er den Artnamen DR der Anchistia migratoria verwirft und den von ihm für diesen BUSS- E.' als darin übereinstimme, dass diese Gamberozoli aus den benachbar- ee: ‚ten Gräben und Ganälen stammen, und als venetianische Marktthiere : ‚sehr leicht mit der Bereichuung: aanlsches Meer« in das Wiener Na- Re nur auf Exemplaren, welche im Wiener Naturaliencabinet angeblich Er. »aus dem adriatischen Meere«, aufbewahrt werden. Von demselben Es verdienen abrigene diese besonders durch Herrn En. v. MARTENS ER “ a5 Be. 368 Prof. 0, Th, v. Siebold, Zusatz zu Klunzinger. (a. a. ©.) bekannt gewordenen Fische und Crustaceen der süssen Ge- wässer Italiens, welche den Charakter von Seethieren des Mittelmeeres an sich tragen, dieselbe Aufmerksamkeit von Seiten der Geologen, wie jene im Wetter- und Wenersee aufgefundenen, gewissen nordischen Meeresformen entsprechenden Crustaceen, welche vor einigen Jahren durch Lovtx bekannt gemacht worden sind (vergl. Öfversigt af Kgl. Vet.-Ak’s Förhandl. 1861. nr. 6, übersetzt von CrrrLin in der Zeit- schrift f. die gesammte Naturwissenschaft. Halle. Bd. XIX. 1862. p. 34). Wie ich soeben sehe, hat Professor SArTorIUS v. WALTERSHAUSEN!) in seiner neusten Schrift: »Untersuchungen über die Klimate der Gegen- wart und der Vorwelt mit besonderer Rücksicht auf die Gletscherer- scheinungen« das Auftreten oder vielmehr das Zurückbleiben von Mit- telmeerthierformen im süssen Wasser Italiens bereits zu verwerthen gewusst. München, den 20. Februar 1866. €. Th. v. Siebold. 4) Naturkundige Verhandelingen von de hollandsche Maatschappy der Weten- schappen te Haarlem. 23te Deel. Haarlem 4865. p. 359. Die Seeorganismen im süssen Wasser nach der Umbildung der Fiorde und Meerbusen zu Landseen. f Ueber die Niere von Tropidonotus natrix und der Cyprinoiden. Kurze Mittheilung ') Von ®. Gampert. Mit Tafel XXI. Durch vielfache neuere Untersuchungen sind wir dahin gekom- men, die Niere der Säugethiere genauer zu kennen, so dass nun die Frage an uns herantritt, nachdem die Froschniere von Rorn näher untersucht worden ist, wie sich die Nieren in den andern Wirbelthier- classen verhalten, das heisst in welcher Weise sich die Uebergangsfor- men zwischen der höchsten Art und der so einfachen, wie sie der Frosch 3 hat, gestalten. Eine solche Arbeit lässt sich durch Verbinden zweier Methoden erreichen, die neuerdings das Wissen der Niere bereichert haben, nämlich erstens die Säuremaceration und zweitens die Injection. Hier hat nun allerdings Hyrrı eine bedeutende Vorarbeit geliefert; al- lein seine Methode mit opaken Farben zu injiciren, wo das Gewebe ver- schwindet, konnte ihn allein nicht zum Ziele führen ; wir müssen viel- mehr transparente Massen wählen, das Gewebe tingiren, selbst inji- eirte Objecte noch nachträglich der Macerationsmethode unterwerfen und so durch die Verbindung aller dieser Hülfsmittel können wir dahin ge- langen, ein Verständniss zu gewinnen ; indessen nur mühsam bei der grossen Schwierigkeit des Gegenstandes. So mag es denn gerechtfer- tigt sein, wenn ich vorläufig die Niere von Tropidonotus natrix schildere und das erwähne, was mir die Untersuchung der Gyprinoidenniere, die aber noch nicht vollendet ist, als wahrscheinlich ergeben hat. 4) Die betreffende Untersuchung hat Herr O. Ganrerr im Winter 1865/66 in _ meiner Anstalt, allerdings in selbstständiger Weise, angestellt. H. Frey. » v en .,* LE u im Et % Zu BER EP N DR A: a ze a a ala ie rn N 3%) x ns N ar A RG w dr v N Ne us { h „x > IE a A ta 7 [re ’ 12 _.. ” 370 | Ei \ 0. Gampert, ch ei a 2" Die Niere von Tropidonotus natrix. Die Niere der Ringelnatter ist von langgestreckter Ges ei ein. Ar Aggregat von in der Längsrichtung des Organes aufeinander gelagerten 2 Lappen, deren Längsaxen senkrecht den Ausführungsgang treffen ; in. der Structur dieser Nierenabtheilungen besteht kein Unterschied. Di Blutgefässe der Niere sind eine Arteria renalis und zwei Venen, näm- lich eine Vena renalis advehens, die gewöhnliche Nierenvene der Säu- gethierniere und eine den niederen Wirbelthieren zukommende soge- nannte Nierenpfortader, Vena portae s. advehens. Der Ureter verläuft an den innern Ranıl der Niere und giebt an jeden Lappen eine Anzahl von Aesten ab, die rechtwinklig an der Aussenseite derselben in nicht unbedeutenden, aber ziemlich gleichmässigen Abständen voneinander entspringen. Jeder Ast theilt sich nach kurzem Verlauf spitzwinklig in zwei bis drei, selten mehr Zweige, deren Verlauf ebenfalls sehr kurz ist, und an denen jeder den Ausführungsgang eines weiteren Harnca- nales darstellt, der schliesslich mit einem Glomerulus in Verbindung steht. Sehr auffallend jedoch ist das Verhältniss der Dicke des Harn- canälchens zu der des genannten Ausführungsganges; es übertrifft näm- lich das Harncanälchen diesen um das drei- bis vierfache im Quermes- der Uebergang in das dickere Ganälchen ist ein ziemlich plötz- licher. Verfolgt man nun diesen dicken Theil des Harncanälchens, so sieht man, wie er zwei- bis dreimal, oft noch mehreremal in seinem Verlaufe plötzlich umbiegt, einem Convolut von Därmen!) nicht unähn- lich, um schliesslich in ebenso schnellem Uebergange, wie es in seinem Beginne geschehen war, in den Anfang eines dünnen Canalstückes überzugehen. Dieser zweite Theil des Harncanälchens zeichnet sich be- sonders durch seinen langen Verlauf aus; es kamen mir bei der Isoli- rungsmethode schon zusammenhängende Stücke davon unter dem Mi- kroskop zu Gesicht, deren Länge 5—7 Pariser Linien betrug. Gewöhn- lich geschieht der Abgang dieses Ganälchens an einer Umbiegestelle des » dicken, und es läuft dann zwischen den dicken Harncanälchen hin- E hurch, bald langgestreckt, bald in vielen Windungen gegen die ven- trale Fläche der Niere hin, um dort in dichteren Lagen von dem einen. 4) Hyarı spricht in seiner Arbeit über Injection der Wirbelthierniere voneinem System ähnlicher Harncanäichen, die in der Schlangenniere vorkommen sollten. Er sagt: »Interessant für solche, die an der Amphibienniere über Henze’sche Ca- nälchen Untersuchungen machen wollen, ist der Umstand, dass an der ventralen Fläche die injieirbaren Harncanälchen Raum genug zwischen sich übrig lassen, in welchen man sehr stattliche, darmförmig gewundene, mit Harnbrei gefüllte Canäle antrifft, welche in der Mehrzahl vom Harnleiter aus nicht gefüllt wurden ete.« ichte Be. zu zeigen, die sich aber wieder verlieren, re = ‚Sich das Harncanäilehen er Ende nähert; ebenso nimmt, wenn Kapsel und dem Glomerulus darstellt; In diesem a Theile des vers Blaues liegt das Harncanälchen theils zwischen den dünnen Parthieen an er ventralen Fläche, theils drängt-es sich auch zwischen die dicken die, aber besonders gegen den innern Rand hin auch bis fast an die _ ventrale Fläche hinbiegen und etwa *%, der Nierensubstanz aus- vn > machen. Die Diekenverhältnisse dieser drei Parthieen des Harncanäl- sind, wie die nachfolgenden Messungen zeigen, in ihren Extre- Quermesser des dicken Harncanälchens Y,;—', Pariser Linie, Sr ‚„, dünnen iM RR ypE ‚3 1 4 1 Bi u ‚„‚ letzten Theiles i: {= gr „ Halses ho — Uns 43 Auch in Betreff der Epithelformation ergaben sich in den verschie- ER Theilen abweichende Verhältnisse. Die Wandung des dünnen h Harneanälchens besteht aus grossen dicken, fast rundlichen Drüsenzel- len mit runden grossen Kernen und Kellkörnigem Inhalt. Ganz gleich _ verhalten sich die Zellen des Halses, die bis in die Kapsel hineinragen, ii ebenso die Zellen des letzten weiteren Theiles. Dagegen verschie- den an diesen kurzen aber breiten Zellen gestalten sich die Drüsenzel- len des dicken Harncanälchens; es erreichen nämlich diese eine bedeu- tende Länge, sitzen mit polygonaler Basis auf der mit feinen Kernen versehenen Membrana propria auf und gehen radienförmig gegen das verhältnissmässig enge Innere des Canälchens hin. Messungen in Be- _ treff der Längenverhältnisse ergaben mir folgende Resultate: 0 Länge des dicken Canälchens 1—2 Pariser Linien, » » dünnen Ganälchens 2%,—5—7"", ” „3 letzten Theiles 41%, a ls Balses Ya". asrulne und gr sche Kapsel sind von längsovaler Gestalt, ie Breite derselben beträgt Yo —"s,, die Länge "ao— "is Pariser 2 , a er ; ar (u . “ 2 yı RR 2 NEN PERTRITERE NER ae N ai } BER N a N a, 372 \ - U Eat “ M \ 4 3a f AN P Ki Be . x a > Linie. Die Arterie tritt immer in der dem abgehenden Harn B entgegengesetzten Richtung in die Kapsel ein, nämlich in der ich des ae Jeder AR Aare Arer ienast, von der mii theilt sich zwischen je zwei Lappen in radienförmig kn . | Zweige, die nach kurzem Verlaufe, ohne wieder Aeste abzugeben, in BaN die Glomeruli eintreten; jeder Zweig versorgt nur Einen Glomerulus und x gcht dann, am Volumen etwas vermindert, als Vas efferens längs dem abgehenden Harncanälchen weiter,-um schliesslich in das weitmaschige Capillarnetz überzugehen. Die Venenwurzeln laufen theils den Harn- canälchen entlang, theils umspinnen sie dieselben, treten dann centri- petal zwischen je zwei Lappen zu einem Stämmchen zusammen, das in die dem äussern Rande entlang laufende Vena renalis revehens ein- mündet. Von der Arteria renalis gehen ausserdem einige Aesichen an die dorsale Seite der Niere und verzweigen sich, ohne Knäuel zu bil- den, zwischen den dicken Harncanälchen ; ihnen entsprechend findet sich eine Vena, deren Wurzeln in der dorsalen Schicht entstehen, und. die sich in die dem innern Rande der Niere entlang laufende Nieren - pfortader, Vena portae s. advehens ergiesst. Fassen wir also kurz zusammen, so sehen wir, dass die Niere der Ringelnatter nur ein System von Harnleiterverzweigungen besitzt, die mit den Glomerulis in directer Verbindung stehen ; Schlingen zwischen je zwei Glomerulis existiren nicht, ebensowenig lässt sich eine beson- dere Mark- und Rindenschicht unterscheiden, wenngleich die Glome- ruli nicht diffus durch das Organ vertheilt sind, sondern mehr auf der ventralen Fläche vorkommen. Es mag dadurch eine Trennung vorge- bildet sein, die aber noch nicht zu ihrer Ausbildung gelangt ist. Ein jedes Harncanälchen besitzt als Endorgan nur Einen Glomerulus. Die Niere der Cyprinoiden. Bis jetzt war es mir nur vergönnt, in der Glasse der Fische die Niere der Gyprinoiden zu untersuchen. Wenn ich auch mit der Unter- suchung derselben noch nicht ganz zum Schlusse gekommen bin, so sei es mir doch erlaubt, das, was sich mir mit aller Wahrscheinlichkeit ergeben hat, hier in Kürze zu schildern. Verfolgt man den Ureter, so sieht man ihn bald in das Parenchym der Niere eindringen, und Aeste von gewaltigem Lumen nach allen Sei- ten hin abgeben. Die Verästlung geschieht meist unter spitzem Win- kel, selten unter rechtem ; jeder Ast theilt sich wieder und so geht es fort, bis die Zweige eine Dicke von */,, Pariser Linie erreicht haben. A Ä 2 on nn olus matrix Ei, Me " und bildet dann ebenfalls einen soge- in u dessen Breite Yo — so" be- = Yu vs Da die Länge Ya — Ya” Fr Die E erneruli einig diffus durch die ganze Niere Horner. ebenso non Aesten versieht. TERKR Harncanälchen steht nur mit Einem Glo- wi Fig. 2. 1 A A erulus” in Merinduns; eye CGanalsysteme ezistiren nicht. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXI. Stellt das Verhältniss der zuführenden und abführenden Arterie zu dem Glomerulus und dem Harncanälchen der Schlangenniere dar. a Glomerulus, 5 Hals, ce Uebergang in das weitere Harncanälchen, d Vas afferens, e Vas efferens, f der Uebergang in die venösen Wurzeln, Schema der Niere am Tropid. natrix. a Ureter, b und ce primäre und secundäre Zweige, .d dickes Harncanäl- chen, e Uebergang in das dünne Harncanälchen, letzter Theildes Harn- canälchens, g Hals, A Kapsel mit Glomerulus. Ein Stück des dünnen Harncanälchens; starke Vergrösserung. a diekes Harncanälchen mit der oberflächlichen polye gonalen Zeichnung, b dünnes Harncanälchen, c Querschnitt durch das dicke Harncanälchen. . Ein Ast des Ureters der Cypringjdenniere mit seinen Verzweigungen und den terminalen Harncanälchen (halbschematisch). . Gewundenes Harncanälchen der Cyprinoidenniere mit den gingen eure San Lymphkörperchen ähnlichen Zellenhaufen, Von A. Kölliker. Mit Tafel XXI. u. 2 Holzschn. a Er ne} Er“; Im Decemberhefte von Vircuow’s chi 1865 beschreibt Dr. CoHN- wi nEım ein bisher noch unbekanntes Verhalten der Muskelquerschnitte, ı und > leitet aus demselben gewisse allgemeine Folgerungen in Betreff des 4 Br feineren Baues der Muskelfasern ab. Die neulich vorgenommene Prü- 28 fung der Angaben von Gommuem hat mir Folgendes ergeben. Er k Ä r Behandelt man Muskeln des Ochsen, Frosches, Krebses nach der von | GounHeim angegebenen Methode, indem man sie Sich unter — 6— 8°C. gefrieren lässt, und die mit einem abgekühlten Rasirmesser ee Schnitte mit verdünntem Blutserum oder einer Kochsalzlösung von %% a befeuchtet, so sieht man, auch ohne dass man den Druck eines Deck- Eu gläschens zu vermeiden braucht, mit Leichtigkeit bei 4 100—700maligen BB Vergrösserungen die von Gounuemm beschriebenen Felder, die ich nach Br: ihm benenne (Fig. I u. 3, Holzschn. 4). Diese Felder sind die niäm- Ber lichen, die ich im Jahre 1856, als wir noch keine so guten Linsen be- an sassen wie jetzt, bei 350maliger Vergrösserung an mit etwas Essigsäure BE. behandelten Querschnitten getrockneter Froschmuskeln als eine ganz j 3 dichte und feine Punctirung beschrieb und abbildete (Diese Zeitschr. Bd. VII. p. 318, Taf. XIV. Fig. 6a), jedoch damals irrthümlich für die Querschnitte der Fibrillen hielt. Jetzt sehe ich wie gesagt mit bes- 4 seren Instrumenten die Felder wesentlich ebenso wie Connuem. er Bevor ich weiter auf die Gounnem’schen Felder und ihre Bedeu- > Et: tung eingehe, ist jedoch ein anderer nicht unwichtiger Punct zu erle- Re. digen. Conxnem ist der Ansicht, dass, wie er sich ausdrückt, der le- he Ir bende Muskelquerschnitt schon die Felder von mattem Aussehen und ge- B; ringerer Durchsichtigkeit zeige, die er abbildet, und war ich ursprüng- e = lich auch dieser Meinung. Als ich dann aber, um möglichst jede äussere , = Einwirkung Ten * zu rk Querschnitte gefrorener Muskeln des Fro- sches ohne Zusatz der von Conwurım angewandten Flüs- gk k eiten einfach mit einem feinsten Deckgläschen bedeckt unter das. ' ikroskop brachte, war ich erstaunt, die Gonnneim’schen Felder nicht $: zu ‚sehen. Ich schrieb Ylde zuerst auf zufällige Verhältnisse, nachdem E teten ee beim Frosche nicht sichtbar nn mussten doch Zweifel gegen Connnem’s Annahmen 25 sich erheben, welche dann eine wei- tere suchung wenigstens bis zu einem gewissen Grade bestätigte. Die Prüfung frischer gefrorener Muskeln des Ochsen, Kaninchens, des Frosches - und Flusskrebses lehrte nämlich, dass in keinem Falle der mit keiner frem- den Flüssigkeit benetzte Querschnitt a = er Felder zeigt, wie sie GounHEIm be- Fig. 1. Ein Theil eines Querschnittes einer en ‚schreibt und abbildet, doch sind hier gefroreneu Muskelfaser aus den Scheeren- muskeln des Krebses mit Kochsalz von 1/9), behandelt. Man sieht die Cohnheim’schen zwei Verhältnisse wohl auseinander Felder, die Zwischensubstanz und einige Bi: zu halten, von denen das eine Gonn- Muskelkerne. Vergr. 400. HEIM günstiger ist. Beim Ochsen und beim Frosche und in den Schwanz- EEE nn LU U Bi ai = mt Er rt Er 2 e PR r ’ keine Spur der Connuem’schen Felder, vielmehr waren die Quer- schnittsflächen der. Muskelfasern, abschän von den bekanntlich in i wechselnder Menge senden interstitiellen Körnchen und den Kernen, ganz hell und gleichartig. Beim Kaninchen dagegen und in den N reomugkein des Krebses (Fig. 4) war mit guten Linsen (Syst. Re." en 9, 40 von Harrnack) eine sehr zarte Andeutung der Mosaik zu er- kennen, die jedoch keinen Vergleich mit dem aushielt, was Connteım g zeichnet und beschreibt, und was man nach Zusatz einer '/,procentigen Salzlösung sieht. Es waren nämlich die Felder ganz hell und durch- sichtig, die Zwischensubstanz zwischen denselben dagegen etwas dunkler, jedoch sehr spärlich entwickelt und nur schmale Züge bil- E dend. Beim Flusskrebse zeigte so der Querschnitt — abgesehen von den Kernen und der stärkeren, „diesem Thiere eigenthümlichen, die Muskelfasern durchziehenden hellen Zwischensubstanz — eigentlich a als ein Reticulum äusserst zarter und matter Linien, in dem die m a nn REN DET ERT r f TFT 7 7 m —— r = a muskeln des Krebses fand ich unter den angegebenen Bedingungen DE ET en RE = Aal Tan! auch bei den stärksten Vergrösserungen in den meisten Fä k bestimmten Contouren erkennen liessen. u wi Ist somit das Bild der unbefeuchteten, ganz frisch untersuchte: Querschnitte gefrorener Muskeln nicht unerheblich verschieden von dem, : was ConsHeim beschreibt und abbildet, so treten dagegen unter be- stimmten Verhältnissen sofort die von diesem Autor geschilderten Ver- | hältnisse ein. Setzt man dem frischen unbefeuchteten Querschnitte Kochsalz von '/,”/, zu, so ist sehr leicht zu schen, wie fast augenblick- lich die Schnittflächen sich zerklüften und die Counneın’schen matten Felder mit helleren breiten Zwischenlinien oder Zügen einer Zwischen de substanz auftreten (Figg. 1 u. 3, Holzschnitt I). Es hat jedoch nicht blos Kochsalz von '%%, eine solche Einwirkung, sondern auch andere 2 Lösungen dieses Salzes, und ebenso treten die Felder auch hervor bei Zusatz von destillirtem und von Brunnenwasser, von Alkohol und Chromsäure verschiedener Concentration, von Carminlösung in Ammo- a niak, verdünnter Essigsäure und wahrscheinlich durch noch manche Of Er andere Substanzen, wie denn GounHeim dieselben auch in Zuckerwas- = ser, phosphorsaurem Natron und Blutserum gesehen und ebenfalls ge- rg funden hat, dass eine bestimmte Concentration der Salzlösungen nicht Br sehr wesentlich sei. Verdünnte Essigsäure macht übrigens, wie Goun— R HEIM richtig angiebt, an dem mit Salzlösung behandelten Querschnitte die Felder erblassen und reducirt die Zwischensubstanz auf ganz zarte = | dunklere Linien, und ebenso erscheint das Bild, wenn man die Säure unmittelbar auf den frischen Querschnitt einwirken lässt (Holzschnitt 2). Durch Carmin und Silber werden, wie ich mit CGonxneim finde, die Felder hübsch tingirt, und lassen sich solche Präparate ebenso wie mit Salzlösung behandelte, wenn sie gleich einge- schlossen werden, lange erhalten. | AR ne Sen‘ Das bis jetzt Auseinandergeselzte I RE J re RE ac ei Ba Sin: 4 EEE RR lässt sich nun übrigens nicht nur an ER EEE IYE TIL A n er REEL? Querschnitten, sondern auch Längs- ansichten der Muskelfasern der ge- Fig.2. Ein | eines Quersehnitteseiner Mannten Geschöpfe nachweisen. Mus- gefrornen Froschmuskelfaser mit verdünn- E . D Es ter Ba oe Man sieht einige kelfasern, welche die ConxHem schen 2 Kerne, dunkle interstitielle Körner und die - R k . D RT erblassten Cohnheim’schen Felder mit zar- Felder ZEIGEN, UE] scheinen in Längsan- ten Zügen von Zwischensubstanz. sichten auffallend deutlich längsge- Vergr. 570. Bee streift und sieht man leicht, dass sie aus kleinen Bündeln oder Fasernbestehen, deren Breite dem Durchmesser der Gounneiwm’schen Felder entspricht. Besonders schön erscheint diese " AT aan Felder EM Wr 2 man nun mit solchen Muskelfasern see ge- en Muskeln, die mit gar nichts heisuenes N so erste sich, . Wenden wir uns nun zur Deutung der Counneiw’schen Felder. ‘Wenn ich Counueın recht verstehe, so deutet er die polygonalen Felder 2 als Sarcous elements, oder als die doppelt brechenden Theilchen dr I i . Muskelfasern, und nimmt an, dass dieselben rings umgeben seien von iner Beh eresbenden füssigen Zwischensubstanz, welche somit =. al) Felder wären. — Dieser Auitasstind kann ich nur theilweise mich "ER nschliessen. ‚Zwar bin auch ich der Meinung, dass die polygonalen lder des Querschnittes von den Sarcous elements Hau ich u ae en Fasern wa welche i in Ben SaBaeıl Ko ‚ei Theilen ; 4) aus longitudinalen Fasern, die wahrscheinlich allein contractil sind, und als weiche, aber doch keineswegs flüssige Theile zu [en sind, und 2) aus einer Zwisch ensubstänz, % für gewöhnlich stellenweise Verdichtungen zeigt, welche tere die “ 2 sehen sind (Fig. 4), und zweitens, dis bei allen Muskeln beim 7 auch wenig eingreifender Flüssigkeiten, wie selbst Kochsalz v nr Blutserum ete. ohne Ausnahme eine bestimmte Längszerklüftung, und auf dem Querschnitte schön ausgeprägte Gonsnzin’sche Felder wahrz nehmen sind, darf geschlossen werden, dass die Fasersubstanz von Haus aus in Gestalt. der oben erwähnten Muskelsäulsben auftritt, deren x Querschnitte die Conxnzım'schen Felder sind. Die Zwischensubstanz 356 vorzüglich zwischen diesen Säulchen zu treffen, und hier finden sich auch allein die blassen, von mir sogenannten interstitiellen Ken = 8 und die pathologischen Feitkörnchen, wenn die Menge derselben ih gewisses Maass nicht überschreitet, doch ist sicher, dass auch dieMus- kelsäulchen noch in geringer Menge Zwischensubstanz führen, denn : dieselben zerfallen unter gewissen Verhältnissen noch weiter in die s0o- h & genannten Fibrillen, deren Durchmesser im Mittel 0,001 0—0,0012 Mm. beträgt (Fig. 2). Diese Fibrillen halte ich auch jetzt Be für die eigent- lichen Elemente der Muskelfasern und nehme an, dass dieselben in ihrer ganzen Länge aus einer und derselben Substanz bestehen, welche : bekannten ee Sarcous PIemsnis sind. des bei: BIT 1. Dass die Muskelfasern wirklich einen faserigen Bau besitzen und die hellen Glieder derselben, oder die die sarcous elements in der Längsrichtung verkittenden Theile nicht dieselbe Beschaffenheit besitzen, wie das Querbindemittel oder die Zwischensubstanz zwischen den Gomwmeur’schen Feldern, scheint mir aus Folgendem hervorzugehen: a) Behandelt man gefrorene Muskelfasern mit Wasser, Kochsalz von a /a%, Blutserum, dünner Zuckerlösung etc., so zerklüften sich die- selben der Länge nach aufs schönste in die von mir sogenannten Muskelsäulchen, ein Vorgang, von dem zwar Conxurm nichts mel- det, der aber nichtsdestoweniger sehr leicht zu beobachten ist, am schönsten bei den Scheerenmuskeln des Flusskrebses, dessen Säulchen eine so bedeutende Dicke haben. Wird als Grund des‘ ; Auftretens der Connnei’schen Felder auf dem Querschnitte in den R . genannten Reagentien ein normales Structurverhältniss angenom-— 4 men, womit auch ich übereinstimme, so wird man nicht umhin können, auch die Zerklüftung in Säulen in derselben Weise auf- zufassen. — Als Ursache des Auftretens der Säulchen und Felder betrachte ich das Ausfliessen der Zwischensubstanz (des Quer- bindemittels), und wahrscheinlich auch eine Wasseraufnahme durch dieselbe. In der That beginnt auch die Säulchenbildung Ueber die Cohnheim’schen Felder der Muskelquerschnitte, 379 und das Auftreten der Gonnneim’chen Felder immer an den End- oder Schnittflächen der Muskelfasern, und sind die Felder meist B anfangs sehr unregelmässig, bis die Zwischensubstanz überall aus- geflossen oder gelockert ist. Dass die Felder und Säulchen auch $ in Alkohol, Chromsäure und Höllenstein auftreten, erkläre ich durch wi Verdichtung der Fasersubstanz in diesen Reagentien. -— Die nach h Anwendung der erstgenannten Reagentien auftretenden, schon von verschiedenen Autoren besprochenen, canalartigen Lücken sind die erweiterten Räume, die die Zwischensubstanz enthalten, j und fehlen in einer unveränderten Muskelfaser ganz und gar. 4 b) Wenn das Längsbindemittel ebenso flüssig wäre wie das Quer- bindemittel, so müssten bei Anwendung von Wasser, Kochsalz von 1%), ete. die Sarcous elements ausfliessen, was nie geschieht. Zwar erwähnt Connkem (l. c. p. 621) ein solches Ausfliessen, in- dem er sagt, dass man an einem Muskelquerschnitte immer eine Anzahl Faserquerschnitte finde, die keine vollständigen Scheiben, sondern Ringe bilden, deren centrale Partien vollkommen fehlen, Sagen 3 En er 1% ich habe jedoch so etwas nie gesehen, wohl aber kommen an I frischen Muskeln häufig genug Querschnitte vor, die Ringe simu- 14 liren, indem bei Flüssigkeitszusatz ihre Ränder sich wulsten, was 14 auch an den durchschnittenen Enden ganzer Muskelfasern be- 14 kanntlich sehr oft gesehen wird. Ob CGonnHEım so etwas vor sich 18 hatte oder zufällig verstümmelte Querschnitte, vermag ich nicht zu 2 entscheiden, nur so viel ist sicher, dass von einem Ausfliessen des & wesentlichen Inhaltes der Muskelfasern, d. h. der Sarcous ele- va ments und ihres Längsbindemittels, nirgends eine Spur sich findet. 14 c) Das Längs- und Querbindemittel verhalten sich auch in ver- | | | dünnten Säuren ganz verschieden. Ersteres quillt wie die Sar- 14 cous elements, die erblassen, in Säuren auf, letzteres nicht. Daher Ib werden in Säuren die Gonuseiw’schen Felder gross und blass, wäh- | } rend die Zwischensubstanz zu dünnen dunkleren Zügen compri- mirt wird. Aus allen diesem schliesse ich, dass die Muskelsäulchen na- | türliche Bildungen sind. An Längsansichten sind dieselben wie die ganzen Muskelfasern quergestreift und bestehen aus helleren und dunk- ( leren Zonen. An Querschnitten siCht man natürlich nur die dunkleren Zonen und diese sind die Connuem’schen Felder. — Noch bemerke ich, 2 dass die Muskelsäulchen an zerzupften Präparaten sehr leicht sich iso- liren lassen, und im Allgemeinen als parallele Fasern von der Breite der Gonnurm’schen Felder sich ergeben. Manchmal schien es mir, als ob dieselben hie und da unter sehr spitzen Winkeln untereinander zu- N sammenhingen, ähnlich den Muskelnetzen des OR es, . ich diese Frage für einmal Re weiter geprüft. sind ug aus Fibrillen und sehr spärlicher ee Ben 2: ich aus N SEHNESSEN zu dürfen: : 2 weiteres isoliren, wie namentlich bei den Petromyzonten. BEER SER b) Treten Fibrillen von constanter Breite ohne Ausnahme bei Behand- | lung der Muskeln mit gewissen Reagentien, wie Alkohol, Chromsäure, chromsaurem Kali, Sublimat ete. auf. Fertigt man Querschnitte von Muskeln an, die in solchen Reagentien lagen, was am leichtesten. ge- ; "lingt, indem man die Muskeln gefrieren lässt!), so überzeugt man sich 3 nicht selten, dass die Fibrillen prismatisch sind und zu je dreien, Ne ER ren, fünfen, beim Krebse zu vielen so beisammen liegen, dass sie Mus er kelsäulchen bilden (Fig. 2). PRSEN c) An nicht befeuchteten Querschnitten frischer gefrorener Muskeln bin ich nicht im Stande Querschnitte von Fibrillen mit Sicherheit Be zu sehen, zweifelhafte Andeutungen derselben beim Kaninchen | abgerechnet, und würden sich dieselben somit wesentlich ebenso | verhalten, wie die Muskelsäulchen und Consnein’schen Felder, die unter Snsslbien Verhältnissen ebenfalls entweder gar nicht, oder nur in den zartesten Andeutungen zu sehen sind. Dagegen habe Gi ich an Querschnitten, die die Connuemw’schen Felder schön zeigen, \ hie und da, besonders beim Frosche, aber auch beim Kaninchen, 2 r eme Punctirung der Felder gesehen, un ich nur auf Fibrillen be- > 8 ziehen kann. Doch gebe ich zu, däss auch diese Bilder nie schön x I waren, und dass nur an Querschnitten von Alkohol- und Chrom- A säure-Muskeln die Fibrillen wirklich schön und unzweifelhaft zu Sir erkennen sind. ® | 3. Die Zwischensubstanz der Muskelfasern (das Querbindei 4 mittel) zeigt ein verschiedenes Verhalten in verschiedenen Muskeln und > bei verschiedenen Thieren. Abgesehen von den Kernen, die in ihr ee er unterscheide ich einen gleichartigen flüssigen und einen geformten Ban Be 4) Ich erwähne hier, dass die schon von einigen Forschern angewandte we thode, weiche Theile gefrieren zu lassen, um feine Querschnitte zu erhalten, ein Er er“ ausgezeichnete ünd grosser Ausdehnung fähige ist. Da ich eben mit der Prüfung und Ausbildung derselben beschäftigt bin und bald Ausführliches. zu berichten im Stande sein werde, so erwähne ich nur vorläufig, dass ich dieselbe mit grossem Vortheil bei den Speicheldrüsen, der Leber, Milz, den Lungen, Nieren, N. der Haut, den Nerven, bei Froschlarven, Embryonen von Säugern, niederen Thie-. ren (Entozoen, Mollusken, dem Auge von Gliederthieren) etc. angewandt habe. > y u u a > "are En Van Chiara ae EEE Au Ro satkeil derselben. Der letztere sind die bekannten hlassen oder fett- E> artigen Körnchen der Muskeln, die, wenn sie in grosser Menge da sind, den flüssigen Bestandtheil ganz verdecken, und manchmal die Conn- HEIM ’schen Felder so zu sagen allein en In der Regel sind die- selben jedoch spärlicher, und dann sieht man auf Querschnitten die Endflächen der Muskelsäulchen auf grössere Strecken nur von homo- genen Zwischenlinien begrenzt, und nur da und dort ein interstitielles Korn. Bei Säugethieren ist diese helle Zwischensubstanz überhaupt spärlich, dagegen schön beim Frosche und vor Allem beim Krebse. Bei letzterem Geschöpfe tritt dieselbe auf einmal in Form ganz zarter Schei- den um die Muskelsäulchen, und zweitens in Gestalt stärkerer ver- ästelter Züge, die von den Kernen ausgehen und mit denselben täu- schend colossale verästelte Zellen simuliren, ohne wirklich solche zu sein (Fig. 4). Diese Züge sind reich an interstitiellen Körnchen und hängen auch mit einer ähnlicher dünnen Lage von Zwischensubstanz - innen am Sarcolemma zusammen. EEE ven mem - BEE IERTN Tv; x a ie ® > ie [| Te nn EETTERERTN E———— lm Te Ei; we er . ” > L Ya. rin NY vr . Zum Schlusse führe ich noch einige Maasse an: Breite der Muskelsäulchen und der CGounneım’schen Felder. beim Frosche 0,002—0,005 Mm. beim Ochsen 0,0020—0,0025 ,, beim Kaninchen 0,0043—0,0019 ,, Breite der Fibrillen beim Frosche 0,0012 A Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 26 u Fe ET RR ERS ERRRERT ERE "4 IE: y \ “ ar, Er. we s: er 4 Pr is EN A .“ n VER in I N Fat pP 7 ER de a En; Ei ER 382 A. Kölliker, Ueber die Cohnheim schen Folder der Mnskeig erden 4 Ya 5 ns Be... = Erklärung der Abbildungen. R Tafel XXII. Fig. 4. Querschnitt einer gefrorenen Muskelfaser des Frosches mit Kochsalz von '/,%, behandelt, zur Demonstration der Conxneım’schen Felder und der Zwischensubsubstanz. Vergr. 400. Fig. 2. Ein Theil eines Querschnittes einer mit Chromsäure bebandeiiek Muskel- faser des Frosches zur Demonstration der Fıbrillen, Vergr. 570. Fig. 3. Querschnitt einer gefrornen Muskelfaser des Kaninchens mit Kochsalz von '/,%, befeuchtet, um die Connueın’schen Felder zu zeigen. Vergr. 400. Fig. 4. Ein Theil des Querschnittes einer gefrornen Muskelfaser aus den Schee- renmuskeln des Krebses, ohne jeden Zusatz. a Muskelkerne, d stär- kere Ansammlungen von Zwischensubstanz, ce Sarcolemma mit einer dün- nen Lage Zwischensubstanz an der innern Seite, e ConnHEın’sche Felder nur theilweise eingezeichnet, von sehr zarten Säumen von Zwischensub- stanz eingefasst. Vergr. 400. Fig. 5. Ein Theil einer Muskelfaser aus den Scheerenmuskeln des Krebses Nach einem Chromsäurepräparate, das auf dem Querschnitte die Conx- neım’schen Felder sehr schön zeigte, zur Demonstration der Muskelsäul- chen, deren Querschnitte die Connnein’schen Felder sind. Vergr. 400. Würzburg, am 27. April 1866. x Preisliste — _ mikroskopischer Präparate, _ welche von H. Hersst, Anatomiediener und Fr. Scnörr, Zootomiediener en. in Würzburg zu beziehen sind. E 1. Kalkkörper von Polypen ä 24 kr. oder 7 gr. das Stück. Bi. Clavularia Riisii Duch. et Mich. E:: Aleyonium confertum Dana | Er a flexibile Dana ar. ” palmatum | >. 2, digitatum u... Ammothea virescens Sav. | Be Xenia umbellata BR Nephthya Chabrolii . Spoggodes celosia Funiculina quadrangularis m Pennatula rubra a ns phosphorea Be... = c } ı See Pteroeides spinosum Ei Veretillum eynomorium Primnoa lepadifera Muricea spicifera Lamx. »». ..lima Lam. „» .elegans D. M. »,» horrida Möh. „» elongata Lam. „„ . vatricosa Val. »» humosa Esp. „; tubereculata Esp. Echinogorgia Sasappo Esp. „ pseudo-Sasappo Köll. „ umbratica Esp. »» furfuracea Esp. 26. * E us ie A ir de pda a Pants EIER TER ec % Tu; Herbst und Schöpf, „* & « Se ’ > Pe N Echinogorgia cerea Esp. Paramuricea placomus Ehr. intermedia Köll. „ REN is spinosa Köll. Et, ” nigrescens D. M. af: Acis guadelupensis D. M. Thesea exerta D. M. Bebryce mollis Phil. Eunicea suceinea Esp. se irtarD, MM, ‚, ..Siromeyeri D. M. ‚».. Jusea‘D.'M. », . SayotiD. M. ‚„.. Jugubris D. M. ‚„„ mammosa Lamx. ‚„ elavaria Lamx. Plexaura flexuosa Lam ‚„ Ehrenbergii Koll. ‚ salicornoides M. E. 1. + Hayıda iS antipathes.L. „ .. .dubia Köll. ‚„ porosa Esp. ‚„. nodulifera Lam. Plexaurella crassa Ell. anceps D. M. >] ie: nutans D. M. 3 vermiculata Lam. 5, furcata Lam. Gorgonia petechizans Pall. sarmentosa Lam. ) = festiva D. M. ns palma Pall. 5“ crista Möh. 6; umbella Esp. > venusta Dana > ventalina L. in cauliculus M. E. =“ radula Möb. 5 violacea Pall. 9 sanguinolenta Esp. \ j Y \ i ; (2 Fe, 14 E Bi 6 _ Gorgonia fusco-purpurea Ehr. ‚„ quercifolia Val. ',,. ..eitrina Esp. Ellisiana M. E. pinnata Lam. „ acerosa Esp. setosa Esp. anceps Pall. ‚„ eeratophyta Esp. »; . flabellum L. miniacea Esp. ‚» verrucosa Pall. »,» .. Bertoloniü Lam. ‚» .venosa Val. „ albicans Köll. „ . subtilis Val. »» . papillosa Esp. Gorgonella pectinata Pall. y» granulata Esp. ss flexuosa Val. Y pseudo-antipathes Esp. Juncella juncea Esp. „» gummacea M. E. .„, elongata Pall. Verrucella guadelupensis D. M. 23 granifera Köll. N ramosa Köll. Riisea paniculata D. M. Isis hippuris Paragorgia arborea M. E. Sympodium coralloides Ehr. Erythropodium carybaeorum D. M. Briareum suberosum Dana Rx palma Christi D. M. Solanderia verrucosa Möb. & Frauenfeldii Köll. Sclerogorgia suberosa Esp. Melithaea ochracea Lam. % coccinea Guv. $ retifera Lam. Mopsea dich otoma Lamx. E, 386 Herbst und Schöpf, Mopsea erythraea Ehr. »,» bicolor Köll. 2. Axen von Polypen ä 35 kr. oder 40 gr. der Schliff. Primnoa lepadifera Paramuricea placomus Plexaurella crassa Re furcata Gorgonella pectinata Juncella juncea »» gemmacea „„ elongata Verrucella ramosa Isis hippuris ‚„,„ moniliformis ‚„„ gracilis Sclerogorgia suberosa Melithaea ochracea ss coceinea „ . retilera Mopsea dichotoma ‚„,„ erythraea »» bicolor Gorallium rubrum Antipathes cupressina Querschnitte der Polyparien von Zoanthus, Mammillifera und Palythoa, Schliffe der Polyparien von Tubi- pora, Madrepora, Millepora, Distichopora, Astraea, Stylaster, Seriatopora, Psammocora, Poecillopora und anderer Madreporarien. | 3. Kalk- und Kieselgebilde von Spongien, Schnitte von Spongien a 24 kr. oder 7 gr. Kalknadeln von Grantia, Dunstervillia, Nardoa. Kieselnadeln von Spongilla, Tethya, Ancorina, Pachyma- tisma, Reniera, Esperia u. a. Gattungen in verschie- denen Formen. | Schnitte von Filifera, Spongelia, Nardoa, Gummina, Chon- drilla und Andere. wr 4. Schliffe von Stacheln von Echiniden a 35 kr. oder 10 gr. und zwar von Echinus, Cidaris, Spatangus, Brissus, Diadema und andere. WIER Cr ig 24 Preisliste mikr. Präparate. 387 ; es, Kalkkörper verschiedener Holothurien ä 24 kr. oder 7 gr. 6. Schliffe von Knochen, Schuppen und Zähnen von Wirbelthieren a 24—35 kr. oder 7—10 gr. das Stück, in grosser Auswahl vom Menschen von lebenden und fos- silen Thieren. Besonders sind hervorzuheben: Schuppen und Knochen von Amia, Lepidosteus, Polypterus und von mehreren fossilen Ganoiden. Knochen von Fistularia, Thynnus, vielen Siluroiden, Clupei- den, von Orthagoriscus und Diodon. Schuppen von Mormyrus, Osteoglossum, Acipenser. Knochen von Ichthyosaurus, Mystriosaurus Nothosaurus etc. Zähne von Dinotherium, Ichthyosaurus u. a. 7. Pathologische Präparate a 20 kr. oder 7 gr. Muskel- und Darmtrichinen in verschiedenen Stadien. Krätzmilben. Haut bei Ichthyosis eines neugebornen und eines Erwach- senen. Enchondroma. Psammoma durae matris. Ausserdem anerbieten sich die Obengenannten zur Anfertigung von Schliffen von allen Objecten, welche denselben eingesendet wer- den wollen. Würzburg, den 25. April 1866. - er DEE BET PU TE Un 4 Fi My BAR IFIM Pa RE TO ch 4 37» a BE Fri That: Aa Aa 5 Fig ll ER IR » we E j 4 . Pr "74 AiRr a ’ % > 2 . 3 TERN EN REN DH n in RERTEUER EN - | 2% Embryologische Studien an Insecten von Elias Meeznikow. Mit Taf. XXII— XXX. Einleitung. Bevor ich zur Darstellung meiner eigenen Beobachtungen über die Insectenembryologie übergehe, will ich, wie es allgemein angenom- men ist, eine Uebersicht der Geschichte unseres Gegenstandes voraus- schicken. Ich werde mich dabei möglichst kurz fassen und nur die - — bedeutenderen Arbeiten erwähnen. Zu diesen ist aber-das Werk von HeroLp: »De generatione insectorum in ovo« (1835— 38), von welchem nur die mit Erklärungen versehenen Abbildungen erschienen, nicht zu rechnen, weshalb ich dessen Besprechung bei Seite lassen kann. Die erste wissenschaftliche Untersuchung der Insectenembryologie stammt von KörLLıker, welcher in seiner Inauguraldissertation: »De prima insectorum genesi« (1842) die Darstellung der Entwicklung im Ei von Ghironomus, Simulia und Donacia lieferte. — KÖLLIKER untersuchte aber nur die wichtigsten Momente der Entwicklung, so wie sie bei schwachen Vergrösserungen wahrnehmbar waren, und hob dabei besonders dasjenige hervor, was ihm analog mit der Embryo- logie der übrigen Arthropoden und der Wirbelthiere zu sein schien. — Darauf gestützt, konnte auch v. SırsoLp in seinem Handbuche der vergleichenden Anatomie (1848) den folgenden Satz aussprechen (S. 662): »Die Entwicklung der Insectenlarven geht innerhalb des ‚Eies auf dieselbe Weise vor sich, wie bei den meisten übrigen Arthro- poden.« — Man nahm dabei ein Blastoderm an, an dessen Bauchfläche der Keimstreifen entstehen und sich in ein seröses und mucöses Blatt spalten sollte... . Alles war darauf eingerichtet, sich möglichst streng an die Analogie mit der typischen Wirbelthierentwicklung zu halten. E: Den Unterschied im Verhalten des Keims zum Dotter, resp. in der Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, XVI. Bd. 27 \ _ Arthropoden en : 2 chend sei. Diese Ansichten über dis Insectenentwicklung dakkenr so lang a befriedigend, bis in der Embryologie der Wirbelthiere neue A schauungen gewonnen wurden. So kam es, dass, nach Remar’s Untersuchungen über die Wirbelihlerentwickiünde eine neue Bearbei- tung der Insectenembryologie von ZappAcu unternommen und in seiner 2a Schrift: »Die Entwickelung des Phryganideneies« (1854) niedergelegt wurde. — Wenn ZappacH in vielen Puncten die Angaben von Kör- LIKER bestätigte, so kam er andererseits zu manchen neuen Ansichten, welche eine allgemeine Bedeutung versprachen. — Dabei spielte wieder die Analogie eine hervorragende Rolle und übte einen grossen Einfluss auf die Zusammenstellung und Deutung der becbachi = Thatsachen. dern dem Horn- und dem Muskelblatt der Wirbelthiere ee . sollten. Das sog. Drüsenblatt der Insecten zeigte, nach ZappacH, eigentlich nur einen quantitativen Unterschied vom entsprechenden ; Theile der Wirbelthiere, da es bei den letzteren sich viel früher als bei Ausser diesen Hauptanalogien fand Zappach noch manche andere, Br welche die Insectenembryologie, dem Plane nach, der Wirbelthier- Fr entwicklung nähern sollten. Ohne sie alle hier BE > zu wol- len, möchte ich nur hervorheben, dass Zanpaca in den Ursegmenien Be Arthropoden die Homologa von Urwirbelplatten, in den sog. Keim- wülsten die v. Barr’schen Rückenplatten sehen wollte. Die angeführten Ansichten von Zanpach schienen so ansprechend - zu sein, dass sie leicht eine Bestätigung fanden und so ziemlich allge- mein anerkannt wurden. — Für ihre Richtigkeit haben sich besonders P Huxrey und LeuckArtT ausgesprochen: der erstere in seinem Werke über Aphiden'), der zweite in einer schönen Monographie der Pupi- paren?). — Interessant ist es aber, dass Zanppacn’s Anschauungen so plausibel zu sein schienen, dass die beiden angeführten Forscher sie an solchen Theilen bestätigt fanden, welche nicht einmal den von Zan- pacH beobachteten entsprachen. Ich meine hier nämlich, dass Horn- h 4) On the agamic reproduction and morphology of Aphis. 1858. 2) Fortpflanzung und Entwickelung der Pupiparen, 4858. Embryologische Studien an Inseeten. 9 "und Muskelblatt des letztgenannten Autors verschieden sind von den- selben Gebilden bei Melophagus (nach Levcrirr). Hier erscheinen sie erst nach der Bildung der sog. Kopf- und Schwanzkappe (a. a. O. Taf. II, Fig. 6) und nach dem Entstehen des Afters, ungefähr zur Zeit der Segmentbildung, während die beiden gleichgenannten Blätter von ZaADvacH eines viel früheren Ursprungs sind und gleich nach der Bildung des Keimstreifens zu Stande kommen '). — Noch auffallender ist die Zusammenstellung von Huxrry, welcher das ganze primitive Abdomen von Aphis für das untere Blatt angenommen hat. Die Ueberzeugung von der embryologischen Analogie der Aphidinen- entwickelung hat wahrscheinlich auch den ebengenannten hochver- dienten Forscher alle merkwürdigen, später zu beschreibenden Vor- gänge der Aphidenembryologie übersehen lassen. Bedeutende Fortschritte machte die von Weısmann vor Kurzem veröffentlichte Arbeit über die Dipterenentwicklung?). Hier ist zuerst ‚der Nachweis geliefert worden, dass das sog. Hornblatt von ZanpıcH durchaus nicht dem gleichnamigen Gebilde der Wirbelthiere homolog ist, sowie dass sich überhaupt bei den Insecten Nichts von den Keim- blättern auffinden lässt. Weısmann war der erste, der die Entstehung des »Hornblattes« von Zappacu bei Dipteren und Phryganiden ?) ver- folgte und es als ein besonderes »Faltenblatt« bezeichnete. — Durch diese Entdeckungen veranlasst, hat sich Wrısmann überhaupt gegen jede Parallelisirung in der Embryologie von Arthropoden und Wirbel- thieren ausgesprochen und sich dabei sehr streng an die Bedeutung der typischen Verschiedenheiten zwischen diesen beiden Thiergruppen gehalten. Weısmann verfiel also gerade in das entgegengesetzte Ex- trem und schlug in dieser Hinsicht wohl kaum den richtigeren Weg ein. Wir sehen danach mit Befremden, dass das Faltenblatt als eine »den Inseeten durchaus eigenthümliche Entwicklungs- erscheinung betrachtet werden muss« (Zur Embr. d. In- - secten p. 275), und dass Weısmann nicht einmal die Frage aufstellt, ob nicht etwas Analoges in der übrigen Thierwelt existire. Ich fand es nun für geboten, weitere Untersuchungen über die 4) Bei gegenwärtigem Zustand unserer Kenntnisse lässt es sich noch he- stimmter nachweisen, dass die Blätter von ZAnpacH und LEuckArT verschiedene Gebilde sind, indem nämlich das Hornblatt von Zanpaca dem sog. Faltenblalte, - das Hornblatt von LeuckArrt den sog. Hautplatten (Weısmans) entspricht. 2) Die Entwickelung der Dipteren 4864 und in dieser Zeitschrift Bd. XItl u. XIV. 3) »Zur Embryologie der Insecten« im Archiv für Anatomie, Physiol. ete. 4364. pP. 265. BEFREIT RETSEL ZEITEN EEE, 21.8 392 Elias Mecznikow, d I so eigenthümliche Insectenembryologie vorzunehmen und nach gewissen 2 Stützpuncten zu forschen, welche uns die Eigenthümlichkeiten einiger- massen zu erklären im Stande wären. — Ich muss aber gestehen, dass die Schwierigkeiten bei diesen Untersuchungen so gross waren, dass es mir nicht immer gelang, vom Anfang an das Richtige zu tref- fen; so geschah es, dass ich eine Zeitlang ziemlich irrthümliche An- sichten über das sonderbare Faltenblatt hegte'), welche ich indess bei näherer Forschung selbst aufgeben musste. Solche Berichtigungen übten insofern einen guten Einfluss, als sie mich lehrten, mit dop- pelter-Strenge die Sache zu behandeln, um nicht von den plausibelsten Meinungen beeinflusst zu werden. Ueber die Embryologie von Simulia, nebst Bemerkungen über einige andere Dipteren. Hierzu Taf. XXI. « Es kamen mir die Eier von drei verschiedenen Simuliaarten zur Untersuchung, deren ich aber keine einzige im Imagozustande sehen und bestimmen konnte. — Jedenfalls erscheint die Arten- bestimmung in unserem Falle von keinem besonderen Werth, da bei allen drei Arten von Simulia die Entwicklung bis auf Details eine gleiche ist. Die Eier der einen Art, die sich in Haufen an der Unterseite von Nymphaeablättern befinden, erscheinen im optischen Durchschnitte dreieckig und messen 0,23 Mm. in der Länge und 0,45 Mm. in der Breite. Jedes solches Ei ist von einer, seine Gestalt imitirenden Ei- weisschicht umhüllt, welche zur Befestigung und Zusammenklebung der einzelnen Eier dient. Diese Kittsubstanz hat ein schmutzig bläu- liches Aussehen, weshalb auch die ganzen Eierhaufen ebenso gefärbt zu sein scheinen. Die Eier der anderen Simuliaart unterscheiden sich von den eben beschriebenen durch die bedeutendere Grösse (sie sind 0,29 Mm. lang, 4) S. meine »Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren« in die- ser Zeitschrift Bd. XVl. p. 128. - Embryologische Studien an Insecten. 393 = 2% 0,17 Mm. breit) , ferner durch die Gestalt der Eiweissschicht , welche _ bier in Form eines dünnen gefalteten Häutchens auftritt. Diese Art - Eier scheint mit den von Köruiker untersuchten Eiern von Simulia canescens identisch zu sein. Die dritte von mir beobachtete Art von Eiern (Fig. 1) unterschei- det sich von den beiden anderen durch die mehr zugespitzten Winkel und durch weniger gewölbte Flächen der dreieckigen Durchschnitte. Ferner unterscheiden sich diese Flächen durch den Mangel jeglicher Eiweisshüllen, so dass die auf Blättern im Flusswasser wachsender Monocotyledonen liegenden Eierhaufen nicht schmutzigblau und nicht lederartig, sondern braun und feinsandkörnig erscheinen. Da die Structur aller beschriebenen Eierarten, sowie die Ent- wicklung der in ihnen sich bildenden Embryonen vollkommen iden- tisch ist, so fasse ich im Folgenden nur eine Eiart, und zwar die zu- letzt beschriebene, ins Auge. Das braun gefärbte CGhorion ist ausserordentlich dünn und voll- kommen structurlos. Seine einzige Verdickung liegt am oberen Eipole, wo sich die einfache Mikropyle befindet (Fig. 1, m). — Eine Dotterhaut konnte ich in keinem Falle wahrnehmen. KöLtiker ist der einzige, welcher Einiges über die Entwicklung von Simulia mitgetheilt hat!). Seine Bemerkungen sind aber ausser— ordentlich spärlich und beschränken sich besonders auf die Aufklärung der Identität in der Entwicklung von Simulia und Ghironomus. Wir werden im Laufe der Darstellung sehen, dass, »so richtig diese Be- hauptung im Ganzen ist, sich doch im Einzelnen manche bemerkens- werthe Differenzen, besonders in Bezug auf die ersten Entwicklungs- stadien, ergeben. I; Vom Erscheinen desBlastoderms bis zur ersten Bildung der Extremitäten. Die frühesten Stadien, die mir zur Ansicht kamen, zeigten bereits eine vollkommen entwickelte Keimhaut (Fig.1, b/). Der Dotter in sol- chen Eiern besteht aus Körnchen, von denen die grössten im Durch- messer kaum 0,0034 Mm. erreichen; dadurch erhält der Dotter em > mattes und dunkelgefärbtes Aussehen. Seine peripherische, den 4) De prima Insectorum genesi p. 44—43, Taf. 11. baren Körnchen sammengeschz u erscheint nad di übrige Dotter. Die, wie bei allen Ina aus einer einzigen Zelenschi stehende Keimhaut, welche den ganzen Dotter überzieht, | gleich dick an allen ihren Theilen (nämlich 0,0068 Mn). Nur d | hintere Pol macht davon eine Ausnahme, da die Dicke des Blastoder Br hier bis 0,01 Mm. beträgt. An diesem Pole liegen die, auch. bei aı deren Dipteren vorkonımenden sog. Polzellen ; diese sind bei Simu in der Zahl von vier bis fünf vorhanden ; sie messen 0,009 Mm. im Durchmesser und bestehen ausser einem Körne noch aus einer die fei sten Dotterkörnchen enthaltenden Zellsubstanz (Fig. 1, p, 2). Das eigentliche Blastoderm besteht aus pylindrisaheß Zellen, deren Inneren sich ein wasserheller runder Kern befindet: im mn: 3 bemerkt man noch ein äusserst kleines stark lichtbrechenden! Kom- körperchen. 2 Das Protoplasma der membranlosen Blastodermzellen ersch, i völlig homogen; seine peripherische Schicht bricht stärker das Lie als die centrale. RER E U Die erste Veränderung der beschriebenen Keimhautzellen betrifft _ ihr Längenwachsthum. Dieses geschieht aber nicht ganz gleichmässig, da die an beiden Polen liegenden Zellen bedeutender als die übrigen Se an Länge zunehmen. So beträgt die Länge der Blastodermzellen am E Ce; Sr, oberen Pole 0,018 Mm., am hinteren Pole 0,02 Mm., während die E Länge der Mittleren Köimhautzellen kaum 0,01 3 Mm. erreie Das angegebene Wachsthum der Blhstodetmzallen wird durch einen merkwürdigen Vorgang vermittelt, den Weısmann bereits bei E Musca beobachtet und als einen selbstständigen Eintritt des Dotters in die Zellen gedeutet hat!). — Dabei tritt bei Simulia die periphe- 3 a rische, aus feinsten Körnchen bestehende Dotterschieht in die Blasto- dermzellen ein und nimmt in ihrer unteren Hälfte Platz (4, 6b”). Da- durch erscheint das Blastoderm aus zwei scharf von einander ah & ten Schichten zusammengesetzt zu sein, von welchen die obere helle B- von der unteren, mit Dotterkörnchen erfüllten durch die ovalen Zellen- EL Er kerne getrennt wird (Fig. 4, n). Ich muss nun bemerken, dass die Be. Dicke der letzteren Schicht nicht an allen Regionen des Blastodern Beer die gleiche ist; am dieksten scheint sie eigentlich an der BaRDENEN, E vr Seite des Eies zu sein. | 4) Entwicklung der Dipteren S. 52. Taf. IV, Fig. 59, Embryologische Studien an Insecten, 395 | Bald nach den beschriebenen Veränderungen treten neue ein, welche zunächst in einer Zusammenziehung des Eiinhaltes bestehen. In Folge dieser Zusammensetzung entsteht am hinteren Eiende ein kleiner Zwischenraum zwischen dem untersten Ende des Blastoderms und dem entsprechenden Theile des Chorions. — Kurz darauf bildet sich an dem genannten Theile des Blastoderms eine anfangs nur sehr wenig deutliche grubenförmige Einstülpung, welche dann von allen Seiten gleichförmig von Blastodermzellen umgeben wird (Fig. 3, !). — Wäh- rend diese Einstülpung allmählich an Grösse zunimmt, entsteht auf _ dem oberen Blastodermende eine andere, ebenso gestaltete Einstül- pung (Fig. 5, 7), deren Bildung ebenfalls das Hervortreten eines Zwi- schenraumes zwischen dem Blastoderm und dem Chorion vorausgeht. Gleichzeitig mit der Grössenzunahme der beiden endständigen Einstülpungen verdickt sich das Blastoderm an seinen beiden Enden und zeigt auch einige andere Veränderungen , welche zur Bildung des eigentlichen Keimstreifen führen. Es zeigt sich namentlich ein Unter- schied in der Dicke der beiden Seitentheile des Blastoderms. Während sein an der flachen Eifläche liegender Theil fortwährend an Dicke zunimmt (Fig. 6, v), zeigt die entgegengesetzte Blastodermseite eine nicht unbedeutende Dickenabnahme (Fig. 6, d). In einem causalen Zusammenhange mit diesen Erscheinungen scheinen die dabei bemerk- baren Structurverhältnisse zu sein. Obgleich zu dieser Zeit noch an allen Blastodermtheilen, wie früher, nur eine einzige Zellenschicht vorhanden ist, so zeigt sich doch, dass die Vertheilung der feinsten Dotterkörnchen nicht in allen Zellen die gleiche ist. In den an Dicke zunehmenden Zellen verhalten sich die früher in einer scharf markir- ten Schicht gelegenen Dotterkörnchen in der Weise, dass sie im gan- zen Zelleninhalte zerstreut erscheinen; deshalb bleiben auch diese Zellen fortwährend hell. Anders ist es mit den an der gewölbten Ei- seite liegenden verjüngten Zellen. Hier durchtränkt die Masse der Dotterkörnchen den ganzen Zellinhalt vollkommen, so dass dieser beim durchfallenden Lichte dunkelschwarz erscheint. Die angegebene Differenz der beiden Blastodermpartieen markirt sich beim weiteren Wachsthume noch schärfer, was zur Folge hat, dass der eine dickere zum Keimstreifen, der andere zu einem beson- deren Gebilde wird, was wir unten noch näher in’s Auge fassen wollen. Der verdickte, an der flachen Eiseite liegende Blastodermtheil zeigt nunmehr eine Zusammensetzung aus mehreren Zellenschichten, _ die er fortan beibehält. Er verbindet sich unmittelbar mit den beiden Endtheilen des Blastoderms, an welchen sich die Einstülpungen befin- wicklungsstadium von der Fläche Belachten: so bene wir, die oben erwähnten grubenartigen Pinsulünsen die Form von Quer- spalten annehmen, welche oben und unten von zwei verdickten Bla- stodermbalken (Fig, 7 u. 8, a, b) umgeben sind. Die weitere Bildung. fi besteht darin, dass der obere Balken sich auf dem unteren ver- Br breitet, ER er diesen deckt und infolge davon sich selbst auffallend a _ verjüngt (Fig. 9, a, «'). Dieser Vorgang geht in derselben Weise und. Bi _ gleichzeitig an beiden Eipolen vor sich und bald darauf dehnt er siel sogar auf den mittleren Theil des eigentlichen Keimstreifens aus. - Es stellt sich allmählich heraus, dass N der gewölbten Eiseite a A kamen bedeckt (Fig. 10, fb). Es ist leicht zu Be dass E dieses Blatt dem von Weısmann bei Chironomus, Musca und = Phryganea gefundenen sog. »Faltenblatte« entspricht. uch 2 Obgleich dieBildung des eben erwähnten Faltenblattes am unteren > Ende des Simuliaembryo beginnt, so schreitet doch seine weitere Ent-. E wicklung viel intensiver am entgegengesetzten Ende fort. Hier bemerkt er man, dass une Be means der ursprünglich OBEREN Einstülpung be- 2 3 keneanden. sog. »Scheitelplatten«') verwandeln (Fig.7 u. 9, N | Mit dem Wachsthume der letzteren ist auch die Bildung der mit hie N: zusammenhängenden Theile des Keimstreifens verbunden, welche die | ‘von den Scheitelplatten bedeckten sog. Seitenplatten repräsentliren. — Diese Bildungen charakterisiren den Kopf in seiner frühesten Form. Pa . Nachdem die an beiden Embryonalenden gebildeten Theile ‚des Be späteren Faltenblattes in der Mitte des Keimstreifens mit einander ver- ‚wachsen, bilden sie eine, den Embryo ringförmig umgebende bandartige E 2 Falte (Fig. 9, /), deren freieEnden allmählich näher an einander rücken, bis sie eich vollkommen verwachsen und den ganzen Keimstrei- fen an seiner Bauchfläche bedecken (Fig. 10, fb). — Das so entstan- dene »Faltenblatt« (was man vielleicht Ber als Deckblatt be- Be zeichnen könnte) verbindet sich mit dem Keimstreifen vermittelst seiner wi. blattes bezeichne. _Embryologische Studien an Insecten. 397 verdickten Randtheile (Fig. 10, fb', fb”), auf deren Betrachtung wir später zurückkommen müssen. ‘Wenn wir den Simuliaembryo so weit verfolgt haben, dass sein ganzer Keimstreifen vom Deckblatte umhüllt ist, müssen wir noch zu dem Rückentheile des Blastoderms zurückkehren, welcher nicht in den Embryonalkörper übergeht. Es wurde bereits oben angedeutet, dass der Rückentheil des Blastoderms schon früh auffallende Unterschiede darbietet, indem er sich stark verjüngt und durch die (beim durchfal- - lenden Lichte) schwarze Färbung auszeichnet. Dieses Gebilde steht in unmittelbarem Zusammenhange mit dem der Rückenseite zugewen- deten Theile des mittlerweile gebildeten Keimstreifen, d. h. mit dem- jenigen Theile, welcher, wie wir gesehen haben, bald zur Bildung des Faltenblattes gelangt (Fig. 7, d). Deshalb geschieht es, dass, gleich der Ausbreitung und Verjüngung des zuletzt genannten Gebildes, das- selbe auch in Betreff des Rückentheils der Keimhaut zu beobachten ist, so dass schliesslich dieses Organ sich in eine besondere, den ganzen Embryo sammt Dotter überziehende Blase verwandelt, die ich als Amnion bezeichne, ohne damit eine Analogie mit dem gleichgenann- ten Gebilde bei den höheren Wirbelthieren im Auge zu haben. — Das eben entstandene Amnion legt sich dicht unter das Chorion und er- scheint gleich dick in allen seinen Theilen (Fig. 10, am). Es besteht aus platten Zellen, deren helle runde Kerne 0,007 Mm. im Durchmesser besitzen und je ein kleines Kernkörperchen im Innern enthalten. Das Protoplasma ist von vielen feinsten Dotterkörperchen erfüllt, was dem ganzen Gebilde ein dunkles Aussehen verleiht (Fig. 11). - Diese letztere Eigenschaft macht das Amnion in allen Stadien sehr deutlich und er- leichtert deshalb die Untersuchung ganz ausserordentlich. Wir haben den Simuliaembryo in einem Stadium verlassen, wo sein ganzer Keimstreif an der Bauchfläche vom Faltenblatte bedeckt war. — Wenn wir nun etwas näher in die Beschreibung dieses Sta- diums eingehen, so müssen wir zuvor bemerken, dass der Keimstreif jetzt als ein 0,02 Mm. dickes Band hervortritt; der Länge nach nimmt er nicht allein die ganze flache Eifläche ein, sondern erstreckt sich noch bis zur Hälfte der gewölbten Eifläche; seine Breite beträgt unge- fähr die Hälfte der ganzen Breite des Eies. Eine Ausnahme hiervon machen die Kopfplatten (so müssen wir die Seitenplatten nebst dem sie bedeckenden Theile des Deckblattes nennen), welche bekannter- massen eine viel bedeutendere Breite als der eigentliche Keimstreif be- sitzen. ER » Du p e - i £ 3 erscheint jetzt in Form eines äusserst dünnen Häufchens, welches ‚seitliche halbmondförmig abgegrenzte Wandungen (Fig. 10, s w), Was die isttdlogieche, Biel des Keirhstreifens: zur Zeit anlangt, so ist vor Allem dessen Reichthum an feinen I hervorzuheben. Im unversehrten Zustande erscheint der Ke fein quergestreift, was vermuthen lässt, dass er noch fortwähreı aus einer einzigen Zellenschicht zusammengesetzt ist. Beim zZ Bee drücken sieht man aber deutlich mehrere Schichten schwach von ein- } “ ander abgegrenzter runder Zellen. — Da diese sehr körnig erscheinen, ‚so lassen sich die früher beschriebenen Polzellen nicht mehr von an- deren Zellen unterscheiden. Die dem Dotter zugewendeten Ränder des Keimstreifens vermit- teln den Uebergang des letzteren in das Faltenblatt. Dieses Gebilde genau dieselbe histiologische Structur zeigt, wie es oben für das Amnion angegeben wurde; es besteht demnach aus einer Schicht von . platten Zellen mit rundem Krk und körnigem Protoplasma. — ER Die weitere Entwicklung manifestirt sich in einem Wachsthume verschiedener, den Embryo zusammensetzender Theile. — Das hintere Ende des Keimstreifens senkt sich dabei allmählich in die Substanz des Dotters ein, wobei es eine rundliche Krümmung in einer Ebene erfährt (Fig. 13, cd). Dieser Umstand verhindert leider eine genaue Beobachtung des betreffenden Theiles und lässt namentlich über die x Frage der Afterbildung im Dunkeln. 5 Gleichzeitig schreitet das Wachsthum der Kopfplatten fort, wes- halb denn diese jetzt mehr als ein Drittel der ganzen Eilänge betragen (Fig. 13, pl). Sie nehmen ebenfalls an Breite zu, so dass sie sich schliesslich an der Rückenseite beinahe berühren und nur durch einen dünnen Dotterstreifen von einander getrennt bleiben. Die von den erwähnten Platten umgebene Dottermasse erleidet insofern eine Verän- derung, als ihre Körnchen in grössere unregelmässig gestaltete Parti- 4 kelehen zusammenschmelzen; in Folge davon erscheint diese Masse stärker lichtbrechend und gelber gefärbt als früher. — Neben dm Wachsthume der Kopfplatten erscheinen am unteren Ende des Embryo R 3 SR # u. de 0 B ” ee Ei RENT l FR ni ee in" Fe a ae er welche den unteren Theil des Dotters bedecken. Der letztere erfährt dadurch einige Formveränderungen, wobei sein freiliegender Theil an Grösse abnimmt; dieser erscheint nunmehr in einer charakteristischen Form, welche an der Fig. 12% angegeben ist; die ihn zusammen- setzenden Körnchen verschmelzen in grössere runde Dottertropfen, welche mit den schwächeren Vergrösserungen wahrnehmbar sind. Dem angegebenen Stadium folgen zwei wichtige Vorgänge, näm- F lich: 1) die Theilung des Keimstreifens in die Keimwülste und 2) die K Embryologische Studien an Inseeten. 399 ‚Halbdrehung des Embryos um seine Längsaxe. — Der erstere dieser Vorgänge manifestirt sich im Hervortreten einer Rinne in der Mitte des Keimstreifens, wodurch dieser eine symmetrische Anordnung erfährt (Fig. 16). Ich kann mich aber der Meinung nicht anschliessen, als ob der Keimstreif sich dabei »in seiner ganzen Dicke« zertheile, wie es Weısmann für Ghironomus behauptet. — An den Flächen- ansichten der Embryonen kann man sich zu betreffender Zeit davon überzeugen, dass die mittlere Furche nur auf eine gewisse Dicke den Keimstreifen in die Keimwülste theilt. Wie bereits Wrısmann für andere Dipteren hervorgehoben hat, lässt sich die Theilung in Keimwülste nicht bis zum oberen Kopfende verfolgen. Die mittlere Rinne, um weniges höher als die Mitte der Kopfplatten angelangt, theilt sich in zwei seitliche Rinnen (Fig. 16, w), welche die Seitenplatten in querer Richtung in zwei ungleich grosse Hälften theilen; die obere von diesen, an welcher keine mittlere Rinne vorhanden ist, gestaltet sich zum sog. Vorderkopf (Fig. 15, 16, vo). — Man überzeugt sich leicht davon, dass an den beschriebenen Vorgängen der Keimwülstebildung das Faltenblatt keinen Antheil ge- nommen hat. Dieses behält dabei vollkommen seine frühere Beschaf- fenheit und bleibt ebenso deutlich wie vorher in Form eines dünnen ununterbrochenen Blattes (Fig. 15, 16, fb). Bald nach der Bildung der Keimwülste geschieht eine halbe Um- drehung des Embryos um seine Längsaxe. In Folge dieses Vorganges nehmen die Embryonaltheile eine neue Lage an, so dass der Keimstreif jetzt auf die Seite der gewölbten Eifläche zu liegen kommt (Fig. 15), während der freie Dotterrand die entgegengesetzte Eifläche einnimmt. _ Wenn man die in ihrer neuen Lage befindlichen Embryonen von der Seite betrachtet, so findet man, dass die Seitentheile des Dotters theilweise von einer dünnen Haut überzogen liegen. Diese oft noch früher bemerkbare Haut setzt sich mit dem unteren halbmondförmig abgegrenzten Häutchen, resp. mit den Kopfplatten, in Verbindung. Es entsteht dadurch eine zusammenhängende Wandung, welche den, dem Keimstreifen anliegenden Theil des freien Dotters vollkommen deckt (Fig. 12, 13, sw). — Man darf nicht etwa glauben, dass diese seitliche Wandung bloss eine Ausbreitung des Keimstreifens sei, weil jene viel dünner als dieser erscheint und von der Fläche gesehen, durch scharfe Gonturen vom letzteren abgetrennt bleibt (Fig. 16, s w). — Früher, als ich die Verhältnisse mit den Verwandlungen des Falten- blattes nicht gehörig erkannte, meinte ich in den beschriebenen seit- lichen Wandungen eine Fortsetzung desselben gefunden zu haben ; für diese Deutung schien mir auch der Zusammenhang mit den Scheitel- 400 Elias Meeznikow, 28 platten zu sprechen. — Bei erneuten Untersuchungen indessen glaube ich mich von der Unabhängigkeit der »seitlichen Wandungen« vom Faltenblatte vollkommen überzeugt zu haben, so dass ich jetzt keinen Anstand nehme, sie als Fortsetzungen eines Theiles des Keimstrei- fen zu betrachten. : Es fragt sich nur, aus welchem Theile des letz- teren die genannten Wandungen entspringen? Leider muss ich diese Frage offen lassen, weil es mir unmöglich war, hier eine gründliche Antwort darauf zu finden. Vielleicht lässt sich bei Simulia etwas dem, bei Aphis und CGorixa so deutlichen Extremitätenblatt, Ana- loges wahrnehmen. — Bald nach den beschriebenen Vorgängen erscheinen an den seit- lichen Wandungen zunächst die ersten Andeutungen der drei Mund- segmente, resp. die ihrer Extremitäten; von hier an verbreitern sie sich an den eigentlichen Keimstreif (Fig. 15, 16, md, mx’, max?). — Meiner früheren Auffassung der seitlichen Wandlungen zufolge hielt ich die Kiefer für Derivaten des Faltenblattes!), was sich aber bei wieder- holten Beobachtungen nicht festhalten liess. — Es ist mir gelungen, das Faltenblatt noch an solchen Embryonen zu finden, an welchen be- reits nicht allein die Kiefer, sondern sogar die Antennen in ihren ersten Anlagen wahrnehmbar waren (Fig. 17, fb). — Diese Beobach- tung hat mich ebenfalls zu der Meinung geführt, dass die Antennen ebensowenig wie die Kiefer aus dem Faltenblatte ihren Ursprung nehmen. Nach der Entstehung der drei Kieferpaare zeigen sich bemerkens- werthe Veränderungen auch an den übrigen Urtheilen des Kopfes. Man bemerkt jetzt, dass der oben beschriebene sog. Vorderkopf sich vermittelst einer mittleren Furche in zwei symmetrische Theile ge- theilt hat (Fig. 18, v). Dann kommt auch die Mundöffnung nebst einem Theile des Vorderarmes zum Vorschein, bei deren Bildung der Einstülpungsprocess eine Rolle spielt (Fig. 16, o, 17, oe). In dieselbe Zeit fällt auch die Bildung der Antennen. Der Ent- stehung dieser Organe bei Chironomus soll nach Weısmann”?) eine Spaltung des Faltenblattes, resp. die Bildung von besonderen Gebil- den, die er als Scheitelplatten bezeichnet, vorausgehen. — Bei Si- mulia habe ich es anders gesehen. Hier konnte ich (beim Wieder- aufnehmen meiner Untersuchungen in diesem Jahre) in keinem Falle eine Verwandlung der seitlichen Theile des Faltenblattes, die ich oben als Scheitelplatten andeutete, in die Weısmann'schen Scheitelplatten 4) Ueber die Embryologie der Hemipteren in dieser Zeitschrift XV. 1865. S. 432. 2) A. a. 0.8.16. f i Ä , Embryologische Studien an Inseeten. 401 beobachten, wie ich überhaupt .die letzteren bei Simulia nicht als mit eigenen seitlichen Conturen versehene Gebilde auffand. Nach Allem, was ich gesehen habe, glaube ich schliessen zu dürfen, dass die Antennen bei unserem Thier als Auswüchse des periphe- rischen Theiles der Seitenplatten ihren Ursprung nehmen, dass sie ebensowenig wie die Mundextremitäten als Derivaten des Faltenblattes angesehen werden können. Ich hätte diese Ansicht nicht so bestimmt ausgesprochen, wenn es mir nicht gelungen wäre, das Faltenblatt mehrmals an solchen Embryonen zu sehen, wo bereits die Antennen vorhanden waren (Fig. 47, 18, 19, fb). — Das Faltenblatt, welches ich in solchen Stadien untersuchte, zeichnete sich bei äusserster Feinheit noch durch sein stärkeres Lichtbrechungsvermögen und die Undeut- lichkeit seiner Zellen aus. — Der Umstand bestärkt meine Ansicht, dass das Faltenblatt bei Simulia gerade am leichtesten zu beobachten ist, da es sich durch sein körniges Aussehen besonders auszeichnet. — Leider konnte ich mir zu rechter Zeit keine Ghironomuseier ver- schaffen, um die betreffenden Verhältnisse an diesem Thiere zu prü- fen. Uebrigens hoffe ich, dass die Untersuchungen Anderer die hier- über existirenden Gontroversen ausgleichen werden. Was die Form und Lage der eben entstandenen Antennen betrifft, so kann man leicht ihre Uebereinstimmung mit den von Weısmann für Chironomus angegebenen Verhältnissen nachweisen. Die Antennen liegen dicht vor den Mandibeln in der Weise, dass sie als postorale Anhänge erscheinen: ein Umstand, welcher zum ersten Male von Zun- DacH bei Mistacides entdeckt und erörtert wurde. Nach der Bil- dung der Antennen besitzt der Simuliaembryo die Anlagen zu allen hervorragenden Gebilden, was den Schluss der besprochenen Ent- wicklungsperiode andeutet. I. Die definitive Ausbildung der Embryonaltheile. Ich muss vor Allem bemerken, dass die.Vorgänge, welche im Laufe dieser Entwicklungsperiode vor sich gehen, eine grösste Aehn- lichkeit mit den entprechenden Erscheinungen bei Chironomus (mach Werısmann’s Beobachtungen) zeigen. — Deshalb halte ich es für überflüssig, hier noch einmal die betreffenden Vorgänge einer detail- lirten Schilderung zu entwerfen; ich erachte vielmehr nur diejenigen sehen für nöthig, welche es ermöglichen, sich in "en. n und Verschiedenheiten zwischen Chironomus und Simuli | finden zu können. Bar; Ich habe die zweite und dritte Periode von Weısmann in eine ein zige zusammengebracht,, da es mir natürlicher zu sein scheint, alle gleichartigen Phänomene, wie sie in dieser Periode auftreten , neben- einander zu stellen. } Den Anfang dieser Periode bildet eigentlich eine gewisse Concen- trirung der angelegten Kopftheile, resp. ihre Vereinigung zu einem Be x besonderen Abschnitte: dem Kopf. — Es zieht sich dabei der, diean- gelegten Mundextremitäten tragende Theil der Keimwülste zusammen, in Folge dessen dieser Theil etwas nach vorne rückt und einen gerin- = geren Raum einnimmt (vergl. Fig. 49, u. 20). Daher kommt es, dass auch die Kieferanlagen in derselben Richtung rücken und dadurch die Bewegung der Antennen veranlassen, welche letzteren nunmehr ihre definitive Lage vor dem Munde nehmen (Fig. 19, at). Der Vorderkopf verliert dabei seine symmetrische Theilung und erksheit nunmehr als ik es: ein breites unpaariges Organ. Bei der Zusammenziehung der Kopf- = wülste erleidet der mittlere Theil der letzteren eine starke Wölbung und Be schnürt sich von dem übrigen Körper ab. — An diesem erscheinen Er | gleichzeitig die Andeutungen der Segmente, welche in der Zahl von Re zwölf auftreten. — Dann bemerkt man die allgemeine Zusammen- u | ziehung der Keimwülste, als deren Folge schliesslich der Uebergang in . das noch in der Dottermasse gelegene hintere Körperende an den unte- 2a ren Eipol zu Stande kommt. Be Das Wachsthum einiger Embryonaltheile macht während der an- 5 E gegebenen Veränderungen bemerkenswerthe Fortschritte. So nament- lich die seitlichen Körperwandungen,, welche den freiliegenden Dotter mehr und mehr überziehend, sein Volumen auffallend verkleinern. — er Ein bedeutendes Wachsthum zeigen die Seitenplatten des Kopfes, welche auf Kosten des von ihnen früher umgebenen Dotters eine starke Dickenzunahme erleiden und schliesslich den ganzen Raum des dorsa- len Kopftheiles ausfüllen. ee | In den: zuletzt beschriebenen Stadien lässt sich das Faltenblatt > noch deutlich unterscheiden, und zwar in Form eines dünnen homo- “ genen Häutchens (Fig. 19, fb), welches sich mehr vom Embryo ent- fernt und grösstentheils dicht an das Amnion anlegt. Das zuletzt ge- = Be nannte Gebilde erscheint fortwährend aus deutlich getrennten Zellen u zusammengesetzt und zeigt nur insofern eine Veränderung, als es Be n Embryologische Studien an Insecten. | 403 seine körnige Beschaffenheit verliert und etwas stärker lichtbrechend erscheint. Die den Kopf zusammensetzenden Theile verwandeln sich in der Weise, wie es bereits von Weısmann für Chironomus angegeben wurde. — Nach der Vollendung des früher beschriebenen Vorrückens der Kopfextremitäten nehmen diese ihre definitive Lage ein, indem sie dabei einige Formveränderungen erleiden. Die wichtigste besteht im Verwachsen der beiden Maxillen des zweiten Paares in ein unpaariges Gebilde, welches sich alsbald in die Unterlippe umbildet (Fig. 21, ma?). — Die übrigen Kopfanhänge bleiben isolirt und erfahren nur weniger bedeutende Modificationen. — Die Antennen, nachdem sie ihre de- finitive Lage erhalten haben, sind verhältnissmässig kleiner und un- scheinbarer geworden. Eine bedeutende Grösse besitzt aber der Vor- derkopf, von welchem sich in späterer Zeit auf eine bekannte Weise der sog. Glypeus abschnürt. — Zur Zeit, da der Embryo sich vollkom- men ausgebildet hat, kommt eine dunkelbraune Färbung der die Kopf- anhänge überziehenden Cuticula zum Vorschein. — Während der nur cursorisch angedeuteten Veränderungen am Kopfe macht die Entwicklung des übrigen Embryonalkörpers bedeu- tende Fortschritte. — Die Zusammenziehung der Keimwülste erreicht ihr Ende, indem das letzte Körpersegment des Embryo zum hinteren Eipol gelangt (Fig. 22 u. 23). — Dabei verkleinert sich die freiliegende Dottermasse, in Folge des Wachsthumes der Seitenwandungen, um ein Bedeutendes, und schliesslich geht sie vollständig in das Innere des Embryonalkörpers ein. Beim letzteren Vorgange spielt das Amnion eine wichtige Rolle, indem dieses Gebilde es ist, welches den Rücken schliesst und in seine Wandungen übergeht (Fig. 22). — Diese Veränderungen am Amnion kommen erst nach dem Schwinden des Faltenblattes zum Vorschein und werden durch das Loslösen des Amnions von der Eihaut (Fig. 22, am) eingeleitet. — Zu dieser Zeit erscheint das Amnion als ein dünnes, stark licht- brechendes Häutchen, in dem man nur hie und da deutliche Zellen unterscheidet: — Kurz nach dem zuletzt beschriebenen und in Fig. 22 erläuterten Stadium fand ich beinahe das ganze Amnion nur am Rücken des Embryo concentrirt, eine etwas dickere Wandung darstellend. Dem muss ein Zerreissen des Amnion vorausgegangen sein, welches ich aber nicht unmittelbar beobachten konnte. Ich zweifle aber um so weniger daran, als sich zu betreffender Zeit an der ganzen Bauchfläche nichts vom Amnion findet und nur ein dünnes, am Kopfe liegendes Häutchen als einziger Ueberrest des Amnion betrachtet werden darf (Fig. 23, am). Wenn also det Krkheil des Alone an der I der Rückenwandung constatirt ist, so schliesst das noch nicht, aus, ? auch die wachsenden Blinden dabei Theil nehmen. m scheint mir sogar wahrscheinlich, dass erst nach dem Schliessen der »Seitenwandungen« am Rücken Hier eine Zertheilung in Segmente statt- K | findet. — a Nachdem der Rücken des Embryos sich in der angegebenen Weise gebildet hat und das Amnion gänzlich verschwunden ist, fängt der ganze Körper an stark in die Länge zu wachsen, wobei er sich bekanntlich in eine Spirale aufrollt — Wenn er in zwei Spiraltouren aufgerollt liegt, dann ist er als zum Ausschlüpfen bereit zu betrachten; und in der That sprengt er bald darauf die Eihaut in ihrem vorderen Theile und tritt =. nach Aussen hervor. | N f" Re Sc Die Eigenthümlichkeit aller Gebilde im Embryo von Simulia besteht in ihrer körnchenreichen Structur. Dieser Umstand, welcher 4 für die Untersuchung der provisorischen Häute — des Amnions und des Faltenblattes — ganz besonders günstig erscheint, macht dieBe- obachtung verschiedener Organe des Embryos ausserordentlich schwie- = rig, oft sogar gänzlich unmöglich. — Daher kommt es, dass ich über die Entwicklung einzelner Organe bei Simulia nur weniges mit- theilen kann, wodurch übrigens eine allzu grosse Lücke nicht entsteht, wenn man nur das bei anderen Insecten Beobachtete dabei zu Hufe Ex nimmt. Ehe noch die Zusammenziehung der Keimwülste sich vollendet hat, bemerkt man an ihnen eine Scheidung in eine äussere dünne und eine innere dicke Schichte. Die letztere (Fig. 20, n, s) scheint bloss das Bauchmark zu liefern, während die erstere die Haut und die Mus- keln bildet. Uebrigens markiren sich diese Schichten nicht scharf ge- nug, um in weiteren Stadien mit Genauigkeit verfolgt werden zu können. — Wenn die Bauchganglienkette aus dem inneren Theile dr Keimwülste hervorgeht, so nimmt das Hirn aus der entsprechenden Schichte der verdickten Seitenplatten seinen Ursprung. Was die Bildung des Darmtractus betrifft, so kann ich nur Eini- ges über den OVesophagus und den Hinterdarm berichten. Der erstere entsteht, wie ich schon früher hervorhob, als eine Einstülpung in der Mitte der Kopfwülste, so dass sein Lumen als Fortsetzung der Mund- öffnung, seine Wandungen als Fortsetzung der den Mund umgebenden Theile erscheinen. Der Oesophagus hat anfangs ein blindes Hinter- ende, welches sich erst später (Fig. 20, oe) öffnet. — Der Hinterdarm entsteht aus dem Hinterende des Embryos, welches sich in der TE ee a TE u u Fig 1 A j Embryologische Studien an Insecten, 405 Fig. 20, md angegebenen Weise krümmt. Dass ich die Bildung des Afters und des Mastdarmlumens nicht verfolgen konnte, leuchtet bei der versteckten Lage des vom Dotter umgebenen Hinterendes des Em- bryos wol ein. Leider entzog sich, trotz der angewendeten Mühe, auch die Bil- dung der Mitteldarmwandungen meiner Beobachtung. Dass sie nicht aus der inneren Schicht des Keimstreifens entstehen, wie es oft ange- geben wurde, geht schon aus dem von WeEısmann angeführten Grunde hervor, wonach es einen bei Simulia ebenso wie bei Chironomus vorhandenen Dotterstreifen giebt, welcher den Keimstreif vom Darm- dotter abtrennt. — Für die von ZıppacHh und Weısmann aufgestellte Meinung über die freie Bildung der Mitteldarmzellen habe ich keine Anhaltspuncte gefunden. Wenn ich nun das Weitere über die Entwicklung der inneren Organe aus dem oben angeführten Grunde mit Stillschweigen über- gehe, so will ich nur noch bemerken, dass die Geschlechtsanlagen der Simulialarven sich noch im Eie bilden; ich schliesse dies daraus, dass die jüngsten eben aus dem Eie herausgekrochenen Larven in ihrem drittletzten Segmente jederseits eine kleine runde Genitalanlage ein- schliessen. Was die zur embryonalen Entwicklung von Simulia nothwen- dige Zeit betrifft, so ist dieselbe ungefähr auf 8 bis 10 Tage zu schätzen. Es ist übrigens unmöglich hier einen absolut bestimmten Zeitraum anzugeben, da die Entwicklung ausserordentlich von äusse- ren Umständen abhängig ist. Nicht nur, dass die Temperatur einen grossen Einfluss darauf ausübt, auch die Grösse der Contactfläche der Eier mit dem umgebenden Medium spielt dabei eine grosse Rolle; so fand ich, dass die am Rande des Eihaufens liegenden Eier sich viel rascher als die centralen entwickeln. Die zuerst von mir behandelte Entwicklungsperiode geht im All- . gemeinen schneller als die zweite vor sich. So kann man überhaupt die Zeitdauer der ersten bis auf drei Tage schätzen. Die übrige Zeit fällt also auf die zweite Entwickelungsperiode. Nachdem ich für Simulia festgestellt hatte, dass das allgemein angenommene Zerreissen der Keimhaut nicht stattfindet und dass der Rückentheil des Blastoderms sich in eine besondere Blase, das Am- nion, umwandelt, lag es mir nahe, die betreffenden Verhältnisse auch bei anderen Insecten zu untersuchen. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 28 406 Elias Meeznikow, Wenn ich die Resultate meiner darauf gerichteten Beobachtungen in den folgenden Capiteln mittheile, so will ich hier nur mit wenigen Worten über einige Dipteren berichten. Zunächst war es mir wichtig, die angegebenen Resultate an Chi- ronomus zu prüfen, da es ja gerade die Gattung ist, welcher vor Kurzem Weısmann seine abweichenden Angaben entnahm. Bei meh- reren mir vorgekommenen Arten dieser Gattung konnte ich aber deutlich ein Amnion finden und seine Entstehung verfolgen, welche genau in der Weise vor sich geht, welche von mir für Simulia ange- geben wurde. Auch das Amnion selbst ist bei Chironomus ähn- lich wie bei Simulia zusammengesetzt. Der einzige erwähnens- werthe Unterschied besteht darin, dass das betreffende Gebilde bei Chironomus der feinen Körnchen entbehrt, welche im Inhalte der Amnionzellen bei Simulia sich in Menge vorfinden. Bei den Arten der Gattung Musca, bei welchen man kein Zerreis- sen der Keimhaut annimmt, fand ich nichts von einem Amnion oder seiner Homologa. — Ebenso wenig konnte ich ein solches Gebilde in in den, in Aphis schmarotzenden Eiern einer Tachinide wahr- nehmen. — Wenn man aus dem Gesagten etwa auf einen Zusammenhang des Ablösens der Rückenkeimhaut (oder ihres Zerreissens, wie man glaubte) mit dem Vorhandensein eines Amnions schliessen will, so ist man im Irrthume, da es Insecten giebt, welche ein Amnion besitzen und da- bei varegmagen« sind. Einen solchen Fall finden wir nämlich bei eini- gen Hymenopteren. Embryologische Studien an Insecten. 407 Ueber die Entwicklung der viviparen Cecidomyidenlarve, nebst Bemerkungen über den Bau und die Fortpflanzung derselben. Hierzu Tafel XXIV, XXV (mit Fig. 4—924) und XXVILB. In einer früheren Mittheilung') hatte ich die Hoffnung ausge- sprochen, die Lebensgeschichte von Miastor (Gecidomyia) mög- lichst vollständig bearbeiten zu können. Da es mir aber wegen des Mangels an Material nicht gelingen wollte, so muss ich mich jetzt bloss mit einer ausführlicheren Darstellung meiner früheren Beobachtungen begnügen. Da die Anatomie der viviparen Gecidomyidenlarven durch die Un- tersuchungen von N. WAGNER*), PAGENSTECHER?) und Ganin®) schon hinreichend bekannt ist, so füge ich nur wenige Bemerkungen darüber hinzu. Die Larve, an welcher meine Untersuchungen angestellt wurden, stimmt, wie es schon von L£euckArr°) hervorgehoben ist, fast vollstän- dig mit der Paısenstecner’schen Larve überein. Meierr hält sie für die Larve der von ihm als Oligarces paradoxus beschriebefien Cecidomyide. In ihrem Darmcanale befindet sich eine eigenthümliche sehr lange Röhre, welche nach der Meinung von Wasner die Stelle der Schleimhaut vertreten soll, während sie nach der Auffassung von PAGENSTECHER nur ein Secret der Speicheldrüsen darstellt. Da aber nach meinen Beobachtungen die eben erwähnte Röhre sich mit der inneren Chitinhaut des Oesophagus verbindet, resp. deren Fortsetzung bildet (Taf. XXIV, Fig. I), so kann ich der Meinung von 4) Ueber die Entwicklung der Cecidomyienlarve aus dem Pseudovum, im Ar- - ehiv fürNaturgeschichte 4865. Bd. I. p. 304. 2) CamoponsBo1skoe paamuodAaenie Tycennyp y Hacpkomsuv. Kauauc 1862 und Beitrag zur Lehre von der Fortpflanzung der Insectenlarven in dieser Zeitschr. 1863. p. 513. 3) Die ungeschlechtliche Vermehrung der Fliegenlarven in dieser Zeitschr. 1864. p. 400. ; 4) Neue Beobachtungen über die Fortpflanzung der viviparen Dipterenlarven in dieser Zeitschr. 4865. p. 375 und in 9auncku Umuep. Akaıa. Haykp B»% llerep6ypr’». Bd. VIII. (1865) .%) 5) Die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Cecidomyienlarven im Archivfür Naturg. 4865. Bd. I. p. 286. *) Anmerk. Wegen der verschiedenen Schreibart des Namens Ganin wird die Aufklärung gegeben, dass der Herr Verfasser des obigen Aufsatzes sein deutsch geschriebenes Manuscript mit der Namensunterschrift Hanin an mich einsendete, während derselbe Name in russischer Sprache, welche kein / besitzi, Ganin geschrieben wird. Siebold. 25* 408 Elias Meeznikow, PAGENSTECHER durchaus nicht beistimmen. Ebenso wenig kann die- selbe als eine Schleimhaut des Darmcanals betrachtet werden, da sie nur aus einer structurlosen Guticularmembran besteht. Vielleicht dient diese lange stark zusammengewundene Röhre, deren Oberfläche sehr bedeutend ist, zur Trennung der assimilablen Substanzen von den excretorischen, resp. für die Aufnahme der letzteren. Dafür spricht besonders der Umstand, dass die ganze Röhre von einer gros- sen Menge gelber nadel- und tafelförmiger Krystalle (Fig. 2) erfüllt ist, Krystalle, die man wohl bestimmt für Excrete ansehen muss. Der zweite Punct in der Anatomie unserer Larve, den ich erwäh- nen will, besteht darin, dass die zwei letzten Ganglien der Bauchkette sehr dicht, beinahe bis zur vollen Verschmelzung, neben einander lie- gen (Fig. 3): ein Verhältniss, was von keinem der genannten Forscher hervorgehoben worden ist. Was nun die Unterschiede zwischen den jungen und alten Larven betrifft, worüber Leuckarr (a. a. OÖ. p. 303) berichtet, so muss ich behaupten, dass sie nur auf die zuerst von PAGENSTECHER (a. a. O. p. 409) beobachteten Unterschiede in der Stigmenzahl sich beschrän- ken. Das von LeuckArt hervorgehobene Abweichen in der »Körnelung der Bauchschienen« existirt also nicht. In Bezug auf die Fortpflanzungsgeschichte unserer Larve muss ich einer meiner Beobachtungen Erwähnung thun. Es betrifft näm- lich das bei der Giessener Larve nur als Ausnahme, bei der Larve von Ganin aber als Regel (?) vorkommende Stehenbleiben der Keimfächer im Zusammenhange mit der Keimstockshülle. — Einmal sah ich dieses sehr auffallend, indem die im Innern der Keimstockshülle liegenden Keimfächer schon vollkommen ausgebildet und sogar ein mit einem Blastoderm versehenes Pseudovum enthielten (Fig. 4). Da in der letzten Zeit zwei Ansichten über die Natur der von Wasner entdeckten Fortpflanzungsart aufgetreten sind, so muss ich hier aussprechen, was ich übrigens schon früher gethan habe!), dass es die Meinung Leuckarr’s ist, die ich für die einzig richtige annehme. Dieser Forscher hält nämlich die Fortpflanzung der viviparen Ge- cidomyidenlarven für einen entschiedenen Fäll des Generationswech- sels, während Ganın sie als Parthenogenesis betrachtet. Dass die letztere Auffassungsweise unnatürlich ist, d. h. dass die viviparen Larven keine»Weibchen«, resp. die proliferirenden Organe keine »Eier- stöcke« darstellen, kann man wohl aus dem Vergleiche der Miastorlar- ven mit allen übrigen Insectenlarven erschliessen. —Es ist nämlich seit 4) in #Aypkan» Munncrepaga Hapo,ınaro Ilpocr»ncenie. A865. — Nr. VI. Embryologische Studien an Inseeten, 409 lange bekannt (durch die Untersuchungen von HerorLp, Meyer u: A.), dass die Insectenlarven besondere Geschlechtsanlagen besitzen, welche sich während des Larvenlebens bis zur geschlechtlichen Diffe- renzirung entwickeln, so dass man an den Larven schon Männchen und Weibchen unterscheiden kann. — Eben dieser Grad der Differen- zirung fehlt vollständig den Keimstöcken derMiastorlarven (deren Iden- tität mit den Geschlechtsanlagen anderer Insectenlarven schon von Leuckarrt dargethan ist), weshalb man diese Organe nur mit den Jüng- sten Stadien der Geschlechtsanlagen , keineswegs aber mit den Hoden oder Eierstöcken vergleichen darf. Von der Richtigkeit dieser Ver- hältnisse kann sich Jeder überzeugen, der nur verschiedene Entwick- lungsstadien der Geschlechtsanlagen irgend einer Tipulide beobachten kann. (Ich habe es besonders an Simulia, Ghironomus, Gulex und Gorethra gethan '). Dass die von Ganin über die Natur des Keimes der viviparen Lar- ven geäusserte Ansicht nichts weniger als richtig ist, kann man mit gleichem Rechte a priori aus dem Vergleiche seiner Beschreibung und Abbildungen mit denen Leuckarr's erschliessen. Ganm will die Pseudova der Gecidomyidenlarven nach der Weısmann’schen Theorie der Eibildung bei Dipteren entstehen lassen, während gerade dieses Object am besten die Unrichtigkeit der Theorie erhellen kann (und das hat auch Leuckarr in seinem Aufsatze hervorgehoben). Sogar die Ab- bildungen 17 und 18 von Ganın (obgleich sie schon abnorme Zustände repräsentiren), an denen Keimfächer (»Eier« G.) mit einer sehr grossen Dottermasse und noch mit sehr vielen Dotterbildungszel- len dargestellt sind, können nur dazu dienen, um gegen WEISMANN verwerthet zu werden. — | Die übrigen 'Eigenthümlichkeiten der Ansichten von GanIn, wie z. B. die vom Fehlen eines Keimbläschens, beruhen auf einigen Beob- achtungsfehlern. Gehen wir jetzt zum Hauptgegenstande unserer Betrachtungen über. Ueber die Embryologie der viviparen Cecidomyidenlarven liegen nur vereinzelte und sehr mangelhafte Beobachtungen von Wasner, Pa- GENSTECHER und GANIN vor. Da sie aber theilweise an abgestorbenen Eiern (so z. B. die Fig. 33 von Wacner, Fig. 5 u. 6 von PAGENSTECHER, Fig. 19 von Ganv u. A.) angestellt waren, theilweise aber durch an- 4) In Bezug auf Corethra s. besonders Weısmann: Metamorphose der Co- rethra plumicornis 1866, p. 56. 410 Flias Meeznikow, dere Ursachen als unrichtige zu bezeichnen sind, so halte ich für über- flüssig, auf sie noch einmal zurückzukommen. Meine eigenen Beobachtungen sind allerdings auch nicht zu der gewünschten Vollständigkeit gelangt: hauptsächlich hat es mir dazu an Material gefehlt, so dass ich die später an anderen Insecten ge- wonnenen Ergebnisse an Cecidomyidenlarven zu prüfen nicht im Stande war. Da die Entwicklung der Gecidomyidenlarve im Allgemeinen eine bemerkenswerthe Aehnlichkeit mit der durch die ausgezeichneten Un- tersuchungen von Weısmann bekannt gewordenen Embryologie von Chironomus zeigt, so will ich im Laufe der Darstellung einige ver- gleichende Notizen beibringen. Was übrigens die Eintheilung in Entwicklungsperioden betrifft, so kann ich mich den Ansichten von Weısmann nicht vollständig an- schliessen. Meiner Meinung nach zerfällt die Entwicklungsgeschichte von Miastor in folgende drei Perioden : erstens in die Billdungs- geschichte des Blastoderms, zweitens in die Entstehung des Embryo und seiner Segmente und drittens in die der defini- tiven Ausbildung des Embryo. Erste Entwicklungsperiode. Die Bildung des Blastoderms. Ich beginne mit dem Stadium, in dem das sog. Pseudovum (in Leverart's Sinne) sich durch eine beträchtliche Menge des Dotters aus- zeichnet (Fig. 5). Jetzt zeigt.das Keimbläschen noch einen Keim- fleck im Innern (Fig. 5). — Das Epithel des Keimfaches (Fig. 5) bildet in diesem Stadium noch eine aus deutlichen Zellen bestehende Lage, während der Inhalt aller Dotterbildungszellen, wie auch früher, vollkommen zusammengeschmolzen erscheint; in ihm liegen aber ein- zelne mit Kernkörperchen versehene Kerne (Fig. 5), welche letztere von Ganin unrichtig als Zellen beschrieben werden. | Die weitere Entwicklung des Pseudovum (Fig. 6) wird durch eine Vergrösserung der Dottermasse manifestirt. Dabei verliert das Keim- bläschen seinen Keimfleck und die Zellen des Keimfachepithels werden nicht mehr von einander unterschieden. In derselben Zeit geschieht ein Zusammenpressen des Inhaltes der sog. Dotterbildungszellen, resp. die Vergrösserung ihrer Kerne und die Verwandlung ihrer Nucleoli in eine körnige Masse: es beginnt also der Rückbildungsprocess dieser Gebilde. Während dieser Process weiter fortschreitet, wobei die Kerne der Embryologische Studien an Inseeten. 411 Dotterbildungszellen platzen und sich mit dem Zelleninhalte in eine ge- meinschaftliche, jetzt stark lichtbrechende Masse verwandeln (Fig. 7, c/) nimmt das ganze Keimfach,, resp. die Dottermasse an Umfang zu und das Keimbläschen theilt sich in’ zwei gleich grosse, 0,044 Mm. im Durchmesser haltende Kerne fFig. 7). — Obwohl ich den Vorgang dieser Theilung des Keimbläschens nicht direct beobachten konnte (da die aus dem Mutterleibe herausgenom- menen Pseudova sich nicht weiter entwickelten), so kann ich doch, auf die in Fig. 7 abgebildeten Objecte mich stützend, mit absoluter Be- stimmtheit behaupten, dass eine solche in Wirklichkeit existirt. Die beiden, aus dem Keimbläschen entstandenen Kerne theilen sich bei weiterer Entwicklung wieder in je zwei Kerne (Fig. 8). Die Vermehrung aller dieser Keimkerne, wie ich sie nennen will, dauert immer fort, so dass man nach kurzer Zeit (was ich aus der übereinstimmenden Grösse der Pseudova schliesse), eine Anzahl von circa 12 bis 15 0,01 Mm. grossen Kernen zerstreut in der Dottermasse vorfindet (Fig. 9). — Diese letztere besteht aber aus einer Menge sehr feiner, in einem homogenen Protoplasma eingebetteter Dotterkörnchen. Nach dem zuletzt beschriebenen Stadium, wo die Keimkerne noch in einer unregelmässigen Anordnung lagen, beginnen einige Differen- zirungsprocesse, Man bemerkt zunächst, dass der am spitzen Pole ') des Pseudovums liegende Keimkern von einer dicken dunkeln Dotter- masse schärfer umgeben wird und mit dieser zusammen bald in eine besondere, 0,017 Mm. grosse, membranlose Zelle sich abschnürt (Fig. 10, pz). Der Keimkern wird also zum Kerne dieser, mit dunkel- körnigem Inhalte versehenen Zelle, die ich nach Weısmann’s Vorgange als Polzelle bezeichne. Ehe sich diese noch vollständig abgesondert hat, gehen alle übrigen Keimkerne in die Peripherie des Pseud- ovums über, welche jetzt je mit einer homogenen Proto- plasmaschicht umgeben sind, und deshalb als echte membran- lose Zellen bezeichnet werden können (Fig. 44). — Bald darauf theilt sich die grosse Polzelle in. zwei, ‚dann in vier 0,014 Mm. grosse einzelne Polzellen (Fig. 12 und: !3, pz), während die übrigen neugebil- deten Zellen durch Vermehrung eine Menge dicht neben einander lie- gender cylindrischer Zellen (Fig. 43) produeiren. Diese ‚bilden um den jetzt regelmässig. im Gentrum des Pseudovums zusammenge- zogenen Dotters eine vollkommene Umhüllungshaut, das sog. Blasto- 4) Wie man aus Leuckarr’s Aufsatz (a. a. O.) weiss, hat das Keimfach, resp. das in ihm entstandene Pseudovum, der Cecidomyidenlarve eine hühnereiför- mige Gestalt, wobei man an ihm ein spitzes und ein breites Ende unterscheiden kann. 412 Elias Meeznikow, derm. — Ein solches Stadium ist von LruckArt beschrieben und auf seiner Fig. 10 abgebildet worden. | Um die Darstellung der Entwicklung im Laufe der ersten Periode zu schliessen, müssen wir noch mit ein Paar Worten der Reste der Dotterbildungszellen gedenken, deren Rückbildung ich schon oben angedeutet habe. — Die aus den verschmolzenen Dotterbildungszellen, ihren Kernen und Kernkörperchen entstandene Masse (Fig. 7, ec), welche dem sog. von Lruckart bei Melophagus beschriebenen Gor- pus luteum entspricht, zieht sich im Laufe der Entwicklung immer mehr zusammen, wobei sie mitunter in einzelne runde Ballen zerfällt (Fig. 9 u. 11, cl). — Bei der Vergrösserung des Pseudovum schreitet die Reduction des Corpus luteum so weit fort, dass man eine Zeitlang von ihm nur eine dünne stark lichtbrechende Schicht (Fig. 12) wahr- nimmt, welche später zum Verschwinden kommt. Die Zeitdauer der Entwicklung im Laufe der ersten Periode kann ich nicht direet bestimmen, da die Entwicklung an den aus dem Mut- terleibe zum Zwecke der Beobachtung herausgenommenen Eiern nicht weiter fortschreitet. — Nach der relativen Grösse der Pseudova in ver- schiedenen Stadien, sowie nach der verhältnissmässigen Seltenheit der dazu gehörigen Objecte, kann ich aber behaupten, dass die ganze Bil- dung des Blastoderms eine lange Zeit nicht in Anspruch nimmt. — Während das ganze auf Fig. 7 abgebildete Keimfach eine Länge von 0,115 Mm. besitzt, erscheint ein anderes, an dessen Pseudovum schon das Blastoderm, resp. die Polzellen sich gebildet haben, nur 0,16 Mm. lang. — Die oben auseinandergesetzten Beobachtungen über die Bildung des Blastoderms 'beider Gecidomyidenlarven kann man durchaus nicht mit der von Weısmann über die Keimhautbildung bei Inseceten ausge- sprochenen Theorie in Einklang bringen. Nach dieser Theorie sollen bekanntlich die Blastodermzellen frei in dem sog. Keimhautblastem ihren Ursprung nehmen, was durch eine plötzliche Entstehung der Zellenkerne zu Stande kommen soll. — Obgleich ich durch eigene An- schauung die Beobachtungen von Weısmann vollkommen bestätigen kann, glaube ich doch nicht an die Richtigkeit der von ihm gezogenen Schlüsse. Dass man das plötzliche Auftreten der Keimkerne in der Peripherie des Dotters beobachten kann, beweist noch durchaus nicht, dass sie an diesem Orte ihren Ursprung genommen haben; vielmehr kann man eher schliessen, wie auch ich es mir erlaube, dass die er— schienenen Keimkerne im Innern des Eies entstanden, und nach ihrer Ausbildung an seine Oberfläche (gerade wie ich es bei Miastor direct N. Embryologische Studien an Inseeten. 413 beobachtet habe) übergegangen sind. Freilich erklärt diese Auffas- sungsweise den Modus der Kernbildung im Innern des Eies nicht; aber dies ist ja keiner Beobachtung zugänglich, da der ganze Process durch eine grosse Menge des im Eie befindlichen Dotters vollkommen ver- steckt ist. — Ich habe die Ueberzeugung gewonnen, dass die mit einem grossen Dottergehalt versehenen Eier keine passenden Objecte für die Unter- suchungen der Blastodermbildung liefern können, dass vielmehr solche, die eine geringe Quantität Dotters besitzen, dazu geeignet sind. Zweite Entwicklungsperiode. Von der Ausbildung des Blastoderms bis zur ersten An- deutung der Segmente. Das Erste, was man im Laufe dieser Periode beobachtet, ist die durch die wachsenden Blastodermzellen vollzogene Umhüllung der Pol- zellen (Fig. 13). — Diese lagern sich alle neben einander, und da sie sonst keine Veränderungen erleiden, so sind sie sehr leicht durch das durchsichtige Blastoderm zu beobachten (Fig. 13, p2). Nachdem die Polzellen schon vollständig umhüllt sind, fängt die Bildung des Keimstreifens an; es verdickt sich also die der Bauch- fläche des Embryo entsprechende Seite der Keimhaut. Eine beträcht- liche Verdickung findet ebenfalls an beiden Polen statt. In der Nähe des oberen Poles, an dem der Bauchseite zugekehrten Theile, bemerkt man zugleich eine kleine Einstülpung, welcher zunächst ein Absatz des oberen Endes des Keimstreifens folgt (Fig. 14 u. 16, kk). So entsteht ein besonderes Gebilde, welches ich früher (a. a. ©. S. 306) mit dem Namen des Kopfkragens bezeichnete und das wohl der von Weıs- mann bei Chironomus beobachteten sog. Kopffalte entsprechen mag. Die Ränder des Kopfkragens gehen von der Bauchseite an die Rückenseite über, wo sie sich schliesslich unmerkbar verlieren. Etwas später als der Kopfkragen bildet sich die sog. Schwanzfalte. Diese entsteht ebenfalls durch eine Einstülpung , welche am hinteren Eiende, auf der dem Rücken zugekehrten Fläche ihren Ursprung nimmt (Fig. 16). | Der diese bis zum hinteren Eipole ragende Einstülpung von oben begrenzende Theil (Fig. 17, sf) gewinnt dadurch an Selbststän- digkeit und gelangt zur Bildung einer rasch wachsenden Falte. Ehe aber diese in ihrem Wachsthume beginnt, erfährt sie eine Absonde- rung von dem so lange persistirenden Rückentheile des Blastoderms, welcher sich nun von dem Keimstreifen loslöst: es geschieht jetzt der sogenannte Riss des Blastoderms. 414 Elias Meeznikow, Ich habe eben hervorgehoben, dass der Rückentheil des Blasto- derms während der beginnenden Embryonenentwicklung nicht unmit- telbar in den Embryo übergeht, sondern sich von diesem abtrennt. Dies kommt dadurch zu Stande, dass die den Rückentheil des Blasto- derms zusammensetzenden Zellen eine ganz andere Beschaffenheit wie die des Keimstreifens erfahren, in Folge einer Durchtränkung mit fein- sten Dotterkörnchen. — Ich will in diesem Capitel diesen Vorgang nicht weiter schildern, da ich ihn bei den Gecidomyidenlarven viel unvoll- kommener als bei anderen Insecten beobachtete. Hier will ich nur das hervorheben, dass der abgesonderte Rückentheil des Blastoderms zur Bildung einer besonderen, den ganzen Embryo umhüllenden Blase (Amnion) gelangt, wie ich es bereits für Simulia angegeben habe. Nach der Vollendung dieser Processe kann man das Wachsthum der erwähnten Schwanzfalte wahrnehmen. Diese nimmt an Länge zu, gleichzeitig mit ihrer Diekenabnahme (Fig. 17--20, sf); in etwas spä- teren Stadien entzieht sich schon die genannte Falte den Augen, so dass man ihr Verwachsen mit den Keimstreifen annehmen muss. Da- durch wird die Beobachtung so erschwert, dass es mir nicht gelang, die Theilnahme der Schwanzfalte in der von Weısmann bei Chironomus erforschten Bildung des Afters wahrnehmen zu können. Mit dem Wachsthume der Schwanzfalte correspondirt auch die Grössenzunahme des sie tragenden Keimstreifentheiles. Dieser wächst in die Länge, wobei er sich natürlicherweise nach aufwärts richtet, so dass er schliesslich nur durch einen schmalen Dotterstreifen von der Kopfanlage getrennt bleibt (Fig. 20). Im Laufe der eben geschilderten Veränderungen am hinteren Theile des Embryos schreitet auch die Bildung der Kopftheile weiter fort. Hier bildet sich namentlich eine wie bei Chironomus und an- deren Dipteren enstehende Kopffalte (Fig. 18 u. 19, kf). Diese er- scheint als eine Umwandlung des oben beschriebenen Kopfkragens; bei ihrem Wachsthume überzieht sie den ganzen oberen Embrvotheil mit den Seitenbacken und verschmälert sich ebenso, wie es oben für die Schwanzfalte von mir angegeben wurde. Jetzt wird die Kopffalte so schmal und unsichtbar, dass man nichts von ihrer weiteren Entwick- lung direct zu ermitteln vermag. Jedenfalls kann man’'sich davon überzeugen, dass die beiden untersuchten Embryonalfalten sich ver- hältnissmässig sehr unvollkommen ausbilden und dass sie keineswegs, wie bei vielen anderen Insecten, miteinander verwachsen, um ein ge- meinschaftliches sog. Faltenblatt (Weısm.) zu erzeugen. Nach dem letztbeschriebenen Stadium kommen die ersten Andeu- tungen der Segmente zum Vorschein. Von diesen bemerkt man aber Embryologische Stndien an Inseeten. 415 vom Anfange an nicht nur drei Kiefersegmente, wie es Wrısmann für Chironomus angiebt, sondern eine grössere Anzahl: bis neun (Fig. 20). (Der hintere Theil bleibt einstweilen also noch unsegmentirt). — In dieser Zeit differenzirt sich auch die sog. Seitenplatte mit dem An- tennenfortsatze (Fig. 20, sp u. a). Die neu Suede Segmente zeichnen sich durch eine so be- deutende Zartheit aus, dass man die allerersten Anfänge der (auch sonst sehr schwach entwickelten) Mundanhänge nicht genau verfolgen kann. Die deutlichere weitere Ausbildung geschieht erst im Laufe der folgenden Periode, weshalb ich auf ihre Beschreibung in dem nächsten Gapitel verweise. Ebenso schwach angedeutet wie die ersten Segmente erscheinen auch die am Ende der zweiten Periode sich bildenden Keimwülste, wo- durch die Symmetrie des Körpers bewirkt wird. — | Was die Lage des Embryos im Laufe der zweiten Periode betrifft, so muss ich bemerken, dass sie stets dieselbe bleibt. Im Anfange der Bildung des Keimstreifens nimmt das Pseudovum eine solche Gestalt an, dass man an ihm eine gewölbte Bauchfläche (Fig. 15) und eine flache Rückenfläche unterscheiden kann. Auf der ersten liegt der Keimstreifen, der, wie gesagt, stets dieselbe Lage beibehält, ohne sich, wie es bei Chironomus und Simulia der Fallist, um die Längsaxe zu drehen. — Im Laufe der ganzen zweiten Periode zeigt sich eine Organen- differenzirung am Embryo. Dieser wird noch aus einer Masse ganz gleicher kleiner Embryonalzellen gebildet (Fig. 21, A), von denen nur die am hinteren Körperende liegenden noch ganz unveränderten gros- sen Polzellen (Fig. 21, A. pz) sich sehr auffallend unterscheiden. Die letzteren sind in den früheren Stadien, in welchen der Keimstreifen noch durchsichtig ist, ohne Mühe zu beobachten, während sie in den weiteren Stadien nur durch eine leichte Pression des Embryos vor Augen gebracht werden können. — Die Grösse der Embryonen im Laufe der beschriebenen Entwick- lungsperiode zeigt keine bedeutenden Variationen, obgleich sie ziem- lich inconstant bleibt. Die jüngsten Stadien messen von 0,2 Mm. bis 0,3 Mm. in der Länge (Fig. 13) ; die spätesten Stadien aus der zweiten Periode sind aber von 0,38 bis 0,4 Mm. lang. Es ist leicht einzusehen, dass die geschilderten Entwicklungs- perioden nur der ersten Periode von Werısmann entsprechen. — Ich habe aber aus dem Grunde den Process der Blastodermbildung in eine besondere Periode getrennt, weil er wirklich ganz geschlossen erscheint 416 Rlias Meeznikow, und weil er, in ähnlicher Weise allen Thieren zukommend, nicht im Zusammenhange mit den viel specielleren Vorgängen dargestellt wer- den soll. — Was die Bildung und erste Differenzirung des Gecidomyiden- embryos betrifft, so muss man sie mit denselben Momenten der Chi- ronomusentwicklung analog betrachten. Die bedeutendsten Unter- schiede fasse ich im Folgenden kurz zusammen. 1. Die am Kopfe und nicht, wie bei Chironomus, am Schwanze beginnende Differenzirung. 2. Die auffallendere Bildung des Kopfkragens bei der Gecido- myidenlarve, verbunden mit einer schwächeren Andeutung der Keim- wülste und Segmente, nebst dem gleichzeitigen Erscheinen mehrerer Segmente. 3. Die schwache Ausbildung der Kopf- und Schwanzfalte und der dadurch differenzirte Be des sog. Faltenblattes bei der Gecido- myidenlarve. 4. Das Verbleiben des Miastorembryos auf demselben Lagerung verhältniss zum Pseudovum. — Die meisten dieser Unterschiede lassen sich sehr leicht erklären. — So wird die bleibende Lage des Embryo bei der Gecidomyidenlarve offenbar dadurch bewirkt, dass das: Pseudovum selbst gleichzeitig mit dem Embryo an Grösse zunimmt, wodurch diesem eine bedeutende Freiheit der Lagerung erlaubt wird: während der seine Form verän- dernde Embryo von Chironomus, um sich der fortwährend gleich- bleibenden Grösse des Eies anzupassen, diess nur durch seine Lagen- veränderung zu vollziehen vermag. — Wenn Weısmann einen Riss des Blastoderms bei Chironomus annimmt, so kann dies nicht für einen Unterschied von der Loslösung des Rückenblastoderms bei der Gecidomyidenlarve gehalten werden, da auch bei Chironomus ebenso wenig wie bei den ührigen Insecten ein wirkliches Blastodermreissen vorkommt. | Dritte Entwicklungsperiode. Von der Andeutung der Segmente bis zur vollständigen Ausbildung des Embryos. Nach der ersten Andeutung der Körpersegmente beginnt der von KörLıker bei Dipteren zuerst beobachtete Vorgang, nämlich die Zu- sammenziehung der Keimwülste. Dieser Vorgang besteht darin, dass der hintere Theil des Embryos sich immer mehr dem hinteren Ei- pole nähert und schliesslich denselben ganz einnimmt. In dieser Zeit Embryologische Studien an Inseeten. 417 geht die Differenzirung der hinteren Körpersegmente (nur mit Aus- nahme der beiden letzteren) und die weitere Ausbildung der Kopftheile vor sich. Bei der Zusammenziehung der Keimwülste geschieht es, dass ein Theil des Dotters, offenbar durch das Hinabrücken des hinteren Embryo- theiles, mit diesem gegen den hinteren Eipol geschoben wird (Fig. 21). Ein eben solches Hinabrücken der vorderen Embryotheile findet vom Rücken aus gegen die Unterseite hin am oberen Eipole statt. In den Dottermassen selbst verändert sich an den beiden Eipolen die Gestalt der sie bildenden Dottertröpfchen, indem einige derselben unterein- ander verschmelzen, während die anderen sich in feinere Körnchen zertheilen. Im Uebrigen zeigen die beschriebenen Dottermassen fort- während dieselbe Beschaffenheit und werden später keineswegs in den Embryo aufgenommen. Der noch am Ende der zweiten Periode angedeutete sog. Vorder- kopf gewinnt jetzt an Schärfe. Die Entwicklung der Kopfanhänge stimmt vollkommen mit ihrer schwachen Ausbildung bei der Miastorlarve überein. Man kann durch- aus nicht die Anhänge von den Segmenten unterscheiden. Die Scheitelplatten mit den Antennen erhalten im Anfange dieser Periode eine bestimmtere Form und werden jetzt scharf von den übri- gen Kopftheilen getrennt. Die Kauwerkzeuge bilden sich als zapfenartige Vorsprünge der Segmente, welche je nach ihrer Entwicklung allmählich aufwärts sich ‘erheben. In dieser Gestalt einfacher conischer Zapfen verschmelzen sie sehr früh miteinander. Es sind die hinteren Maxillen, welche sich zunächst durch Verschmelzung in eine unpaarige Unterlippe verwan- deln (Fig. 24, m&*). Die Mandibeln und die vorderen Maxillen zeigen eine Verschmelzung nur in ihren Grundtheilen, während sie im übrigen als dicht neben einander liegende einfache Vorsprünge getrennt blei- ben (Fig. 24, md u. mx"). Eine ähnliche Form besitzt auch die mitt- lerweile aus dem Vorderkopfe entstandene Oberlippe, welche auf ihrer Basis ebenfalls mit den nebenliegenden Mandibeln verschmilzt Fig. 24, )). | Die angegebenen Verhältnisse bewirken es, dass alle Mundtheile bei ihrer Ausbildung zusammen einen Conus darstellen, dessen ein- zelne Theile später (bei der freien Larve) vollkommen mit einander verschmelzen und nicht mehr unterschieden werden können. Nur noch bei der ausgebildeten, aber noch im Innern des Mutterleibes lie- genden, schon einmal gehäuteten Gecidomyidenlarve lassen sich alle 418 Elias Mecznikow, Mundtheile noch von einander trennen, wobei man sogar die beiden hinteren Maxillen unterscheiden kann (Taf. XXVI 2, Fig. 1). Die Antennen bleiben während der ganzen embryonalen Zeit als einfache Zapfen und nur nach der ersten Häutung erscheinen sie als aus zwei Gliedern besteehnde Anhänge. Im Anfange der dritten Periode konnte ich noch keine Differen- zirung einzelner Organe resp. Gewebe wahrnehmen. — Die ganze embryonale Masse erscheint gebildet aus kleinen, 0,005Mm. im Durch- messer haltenden Zellen, mit verhältnissmässig grossen, der Kernkörper- chen entbehrenden Kernen und einem membranlosen Inhalt. . Am hin- teren Ende bemerkt man auch jetzt die oben beschriebenen Polzellen, deren Zahl, wie in den früheren Stadien, nicht constant ist, sondern zwischen 4 und 6 schwankt; ihre Grösse und Zusammensetzung bleiben immer wie früher; nur scheint es, dass bei einigen der helle Kern et- was an Grösse zugenommen hat. Erst nach dem Schlusse der Zusammenziehung der Keimwülste beginnt die Organendifferenzirung. — Es erscheint anfangs die Mund- öffnung mit dem bis zur Dottermasse gelangenden Vorderdarme (Fig. 22, ve). Da aber in dieser Zeit die Mundtheile noch nicht ihre definitive Lage angenommen haben, so kommt es, dass der als Einstülpung zwi- schen Kopfwülsten erscheinende Mund an beiden Seiten von den Anten- nen begrenzt wird, während er von unten mit dem Mandibelsegmente zusammenstösst. — Erst später, wenn die Kopftheile, wie ich schon hervorhob, nach oben rücken, erhält der Mund seine definitive Be- grenzung, indem er seitlich von den Mandibeln mit ersten Maxillen, unten von der Unterlippe umgeben wird. Der Vorderdarm verläuft in einer S-förmigen Richtung bis zur centralen Dottermasse. Seine Wandungen bestehen aus einer ein- fachen Zellenschicht, welche im Innern eine sehr dünne Cuticula trägt. Diese Zellen lassen sich übrigens nicht bedeutend von den ursprüng- lichen embryonalen Zellen unterscheiden, indem ihre Grösse und Be- schaffenheit stets unverändert bleiben. Auf selbständigem Wege entsteht auch der durch den After aus- mündende Hinterdarm. Dieser zeigt zunächst ebenfalls einen stark gewundenen Umlauf (Fig. 22); an seinen Wandungen sind zwei Schichten von gleichartigen Embryonalzellen zu unterscheiden (Fig. 22 B, ir). — Gleichzeitig und neben dem Hinter- oder Mastdarme fin- det man auch die beiden Paare der Marricurschen Gefässe. Diese er- scheinen anfangs als solide aus einer Reihe von Zellen gebildete Stränge. Ihre Entstehung ist wohl einem Zusammenkleben der Em- bryonalzellen zuzurechnen, da unmöglich dabei an eine Einstülpung Embryologische Studien an Inseeten. 419 zu denken ist, Die Zellen, aus welchen die Marrisnrschen Gefässe unserer Embryonen zusammengesetzt sind, unterscheiden sich von den früher beschriebenen embryonalen Zellen, und zwar insofern, als sie alle mit einander verschmelzen und als ihre jetzt mit Kernkörperchen versehenen Kerne eine bedeutendere Grösse (namentlich 0,0054 Mm.) erhalten. (Fig. 22 B, v M). Im Inhalte dieser Zellen bildet sich ein wellenförmig verlaufender dünner Canal, wobei die Kerne eine eigen- thümlich regelmässige Anordnung zeigen (vgl. die beigefügte Abbil- dung). Die Marrisurschen Gefässe endigen an ihrem Hinterende mit einer schmalen Spitze, an der man anfangs noch keinen Ganal wahr- nimmt. Die Bildung des mittleren Darmabschnittes habe ich nicht voll- ständig genug beobachtet, um sie hier besonders anführen zu können. Jedenfalls unterliegt es keinem Zweifel, dass sie ebenso wie bei den übrigen Insectenembryonen mit Nahrungsdotter vor sich geht. Der Fettkörper beginnt ziemlich früh seine Entwicklung. In den Stadien, wo die Mundtheile noch nicht mit einander vereinigt sind (Fig. 22), bemerkt man schon zwei symmetrische Stränge, welche aus feinen Dotterkörperchen bestehen und die ersten Anlagen der Fett- körper darstellen (Fig. 23, ca). Erst später kommt man zum Unter- scheiden einzelner, den Fettkörper bildenden Zellen. Die Bauchganglienkette entsteht aus dem inneren Theile des Keimstreifens, so dass ihre Zusammensetzung mit der des Keimstrei- fens vollkommen übereinstimmt, indem die einzelnen Ganglien aus den schon früher beschriebenen embryonalen Zellen bestehend erschei- nen (Fig. 22 C). — Die Ganglien der embryonalen Bauchkette (welche in definitiver Zahl erscheinen) liegen zunächst dicht neben einander, ohne Vermittelung der Verbindungsstücke; sie zeigen eine beinahe würfelartige Form und lassen sich als aus zwei Hälften enstandene Ge- bilde deuten. — Das Hirn wird von den Kopfwülsten, d. h. durch die Verdickung der Scheitelplatten gebildet. Die Sehorgane erscheinen in späteren Stadien zunächst als zwei gesonderte schwach pigmentirte Augenflecken (Taf. XXVI B, Fig. 4) welche später in ein unpaariges Auge verschmelzen und dann den paarigen Krystallkörper, bekommen. Besonders wichtig erscheint die Entwicklung der Geschlechts- anlagen, derjenigen Gebilde, welche bekanntlich zur Production der neuen Larven dienen. — Ich habe schon oben hervorgehoben, dass die Polzellen am hin- teren Ende des Embryos liegen und dass sie während langer Zeit fast 420 Elias Meeznikow, keine Veränderung erleiden, da man nur die Vergrösserung ihrer hel- len Kerne wahrzunehmen vermag. — In dem Stadium, in dem sich viele äusseren und inneren Organe schon ziemlich weit ausgebildet fanden (Fig. 22), bemerkte ich, dass die Gruppe der noch immer in ihrer Zusammensetzung und Zahl unveränderten Polzellen jetzt in zwei Theile sich getheilt hat (Fig. 22 A, p 2). Bei etwas weiter entwickelten Embryonen (Fig. 23) fand ich schon, dass die beiden Gruppen von Polzellen in besonderen, an ihrer definitiven Stelle liegenden Organen eingeschlossen waren. Diese (Fig. 23 A) zeigten eine ovale Form und ausser zwei mit vergrösserten Kernen versehenen Polzellen (Fig. 23 A, pz) noch eine Anzahl kleinerer Zellen. Die letzteren stellten die allgemeinen Embryonalzellen dar mit allen ihren Eigenschaften: Form, Inhalt und Grösse. -- Das ganze Organ war 0,05 Mm. lang und hatte dabei ungefähr 0,03 Mm. im Breitedurch- messer. Die beschriebene Drüse stand mit einem kurzen, aus einer Reihe von Embryonalzellen bestehenden Ausführungsgang (Fig. 23 A, ov) in unmittelbarem Zusammenhang. Bei noch älteren Embryonen konnte man schon bemerken, dass der dunkelkörnige Inhalt der in der Geschlechtsanlage liegenden Pol- zellen sich schon im ganzen Raume des Organs zerstreut hat, während ihre jetzt mit einem Kernkörperchen versehenen hellen Kerne sich ge- theilt haben (Taf. XXVII B, Fig. #). In den Geschlechtsanlagen oder Keimdrüsen der eben ausge- schlüpften Miastorlarven (Taf. XXVIIB, Fig. 5) waren schon mehrere, aus den Kernen der Polzellen entstandene und mit Nucleoli versehene Kerne vorhanden; diese waren natürlich kleiner als die Kerne, von denen sie entstanden. Bemerkenswerth war dabei auch, dass die beschriebenen Kerne sich mehr im Gentrum der Keimdrüse ansammelten, während die oben erwähnten Embryonalzellen auf ihrer Peripherie lagen. — Die einzelnen Zellen des Ausführungsganges konnten bei den bezeichne- ten Larven nicht mehr unterschieden werden: sie waren offenbar im Begriffe der Rückbildung, da sich an freien Larven anstatt des be- schriebenen aus Zellen bestehenden Ausführganges nur ein dünner homogener Faden befand (Taf. XXVIIB, Fig. 6). Solche Larven haben auch die Keimdrüse in ihrer definitiven Ausbildung gehabt: diese be- standen jetzt aus den Derivaten der Polzellenkerne (Taf. XXVIIB, Fig. 6) und aus einem, aus den embryonalen Zellen entstandenen Epithel. Die ersteren liefern bekanntlich die sog. Dotterbildungszellen und die eigent- lichen Pseudova. Nach der vollständigen Ausbildung des Embryos, d. h. nach dem Uebergange der Dotterüberreste in den Mitteldarm, sowie nach dem Embryologische Studien an Insecten. 421 Schliessen des Rückens, tritt die erste Häutung ein. Erst nach dieser bekommt die jetzt schon aus dem Pseudovum ausgeschlüpfte Larve ihre definitive Form und Organisation. — Soweit meine Beobachtungen. — Es werden manche Lücken in ihnen auffallen, Lücken, deren Existenz ich recht wohl fühle. Da ich aber verhältnissmässig nur kurze Zeit ein hinreichendes Beobach- tungsmaterial zur Verfügung hatte, so musste ich mein Augenmerk fast ausschliesslich auf die wichtigeren embryologischen Verhältnisse rich- ten. Jedenfalls hoffe ich, dass die von mir gelassenen Lücken von kei- ner grossen Bedeutung sein werden, da sie meistens die Verhältnisse der Organenbildung betreffen, also derjenigen Vorgänge, welche wohl bei der Gecidomyidenlarve kaum anders (mit Ausnahme der Geschlechts- organe, auf deren Entwicklung ich meine besondere Aufmerksamkeit lenkte) wie bei anderen verwandten Insecten vor sich gehen. Was die in der zuletzt betrachteten Periode stattfindenden Entwick- lungsmomente betrifft, so scheinen sie bei der Gecidomyidenlarve im Allgemeinen ähnlich wie bei Chironomus zu verlaufen. — Die hier anzuführenden Unterschiede entsprechen meistentheils den Verschieden- heiten der beiden Larvenformen selbst. So lassen sich dadurch die Un- terschiede in der Bildung des Kopfes sehr leicht erklären. Die angeführte Ausbildung der Geschlechtsanlagen bei der Miastor- larve lässt sich in keinem Falle für mehr als einen quantitativen Unter- schied von Chironomus halten. — In der That, es existiren (obgleich es von WEISMANnN nicht angegeben wurde) bei den eben aus dem Eie ausgeschlüpften Larven der zuletzt genannten Tipulidengattung zwei symmetrische Geschlechtsanlagen. Diese haben, wie bei Gecidomyiden- und vielen anderen Tipulidenlarven, eine ovale Gestalt und messen 0,02 Mm. in der Länge, 0,01 Mm. in der Breite; sie stehen mit je einem dünnen nach unten führenden Ausführungsgange in Verbindung. Es ist also klar, dass die entsprechenden Gebilde bei beiden Tipu- lidengattungen sich auffallend ähneln. Der Unterschied liegt nur da- rin, dass die Elemente der Geschlechtsanlagen (oder Keimdrüsen) der Gecidomyidenlarven (die sog. Polzellen) eine viel mächtigere Entwick- lung zeigen als die der Chironomus- und anderer Tipulidenlarven; ein Umstand, welcher ausgezeichnet mit dem eigenthümlichen Fortpflan- zungsgeschäft der CGecidomyidenlarven harmonirt. Zeitsehr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 29 422 Elias Meeznikow, Embryologie von Corixa. Hierzu Taf. XXVI, XXVII A mit Fig. 4— 28. Die Eier dieser Wasserwanze befinden sich an den Blättern ver- schiedener Wasserpflanzen, besonders an denen von Nymphaea festge- heftet. Ich fand sie vom April bis Juni in ziemlich grosser Menge, aber meistens vereinzelt; nur selten waren sie in Gruppen von 3 bis 5 Eiern beisammen. | Was die von mir untersuchte Art von Corixa betrifft, so kann ich sie nur vermuthungsweise als C. striata bezeichnen. Die genaue Be- stimmung konnte ich unmöglich machen, da mir das erwachsene Thier unbekannt geblieben ist. Die Form und Structur der Eier von Corixa wurde bereits von Leuckarr ') beschrieben; da aber seine Angaben nicht vollständig sind, so halte ich für nöthig, diesen Gegenstand noch einmal einer Bespre- chung zu unterwerfen. Die Corixaeier sind nicht regelmässig gestaltet; sie sind nicht ganz birnförmig, wie es L£Eox Durour und LeuckArtr angeben. Sie zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass ihre eine Seite und zwar die Bauch- seite viel mehr gewölbt als die entgegengesetzte erscheint (Fig. 1). Dieser Umstand ist von Wichtigkeit bei der Bestimmung der Lage des Embryos in verschiedenen Entwicklungsmomenten. — Während der obere Pol des Eies, der den Mikropylapparat trägt, zugespitzt ist, erscheint der untere Pol stark verdickt; an diesem be- findet sich der Haftapparat, welcher die Form eines runden gestielten Knopfes besitzt (Fig. I). Dieser tellerförmige Knopf (Fig. 4, A), wel- cher als der eigentliche vom Chorion gebildete Theil zu betrachten ist, verbindet sich noch mit einer grösseren dünnen, aus einer Kittsub- stanz bestehenden runden Platte (Fig. 1, A’). Die letztere lagert sich in das Gewebe des Pflanzenblattes ein und bleibt dort liegen, wenn das Ei sich abgelöst hat. Der knopfförmige Haftapparat wird von der äusseren Schicht des Chorion, vom sog. Exochorion gebildet. Dieses ist structurlos, zeigt aber die bekannten sechseckigen, regelmässigen Facetten auf seiner Oberfläche (Fig. 18). Porencanäle lassen sich an ihm nicht unter- scheiden. 4) Ueber dieMikropyle und den feineren Bau der Schalenhaut bei den Iusecten- eiern. MüLLer’s Archiv 4855. S. 455 u. Taf. VII, Fig. 23. Embryologische Studien an Insecten, 423 Das Exochorion übezieht das ganze Ei mit Ausnahme des oberen Poles, resp. des Mikropylapparates. Dieser wird vom Endochorion, der inneren Chorionschicht, gebildet (Fig. 14). Die Structur des eben erwähnten Theiles unterscheidet sich in keiner Beziehung von der des Exochorions. Die -gesammte Dicke des Chorions beträgt 0,007 Mm. Das Exo- chorion verjüngt sich gegen den oberen Pol, wo es so zu sagen vom Mikropylapparate durchbohrt wird. Die einzige Mikropyle besteht aus einem dünnen CGanale, welcher im trichterförmigen oberen Eipole liegt. Dieser Apparat repräsentirt eine Verdickung des Endochorions und zeigt unregelmässige Falten auf seiner Oberfläche (Fig. 14). Eine Dotterhaut konnte ich mit Sicherheit nur an den letzteren Ent- 'wicklungstadien des Gorixaembryos bemerken, indem sie sich alsdann vom Chorion ablöste (Fig. 27, dh). Der beim durchfallenden Lichte schwarze Dotter besteht aus den mit einander fest zusammenhängenden Dottertheilchen, von denen manche eine kugelförmige, andere aber eine unregelmässige eckige Ge- stalt' besitzen. ‘Vom Keimbläschen ist an den abgelegten Eiern von Gorixa, wie ich kaum zu erwähnen brauche, absolut nichts zu finden. Die Grösse des abgelegten Eies beträgt etwa 0,6 Mm., seine Breite aber 0,54 Mm. Die Höhe des Mikropyltrichters ist 0,028 Mm. An den jüngsten von mir beobachteten abgelegten Corixaeiern, welche anfangs noch vollständig vom Dotter erfüllt waren, konnte ich nach etwa 24 Stunden ein fertiges Blastoderm beobachten. Die Bil- dung des letzteren übergehe ich aber mit Stillschweigen, da die grosse Menge und Undurchsichtigkeit ‚des Dotters keine sichere Beobachtung ‚über ‚diesen Process gestatten. Ich werde mich überhaupt in Betreff der Embryologie von CGorixa mehr an die morphologischen Vorgänge halten, da die histologischen Verhältnisse, wegen der ansehnlichen Grösse der Eier, nicht genau un- tersucht werden konnten. I Die erste Bildung der Embryonaltheile. Das helle Blastoderm überzieht den ganzen Dotter und zeigt dabeı "die Dicke von etwa 0,023 Mm.; nur am oberen Pole erscheint es 29 * 424 Elias Meeznikow, etwas dicker (Fig. I, bl). Es besteht aus gleichen, im optischen Durchschnitte viereckigen Zellen, in deren Innern man einen hellen Kern wahrnimmt (Fig. 2); einen Nucleolus konnte ich an ihnen nicht unterscheiden. — Die bei Dipteren vorkommenden Polzellen sind bei Corixa nicht vorhanden. Die erste Veränderung, welche man nach der Ausbildung der Keimhaut beobachtet, besteht im Entstehen einer kleinen grubenartigen Einstülpung am hinteren Eipole (Fig. 3, /). Diese erscheint anfangs von allen Seiten betrachtet ganz gleich. Bald aber verändert sie ihre Gleichmässigkeit. Mit der Vergrösserung der Einstülpung selbst ver- ändern die sie umgebenden Blastodermtheile ihre Form insofern, als auf der Mittellinie der Rückenfläche eine Einbuchtung entsteht, welche diesen Theil des Blastoderms in zwei gleiche Abschnitte theilt (Fig. 5, a’). Diese Einbuchtung bildet aber einen Theil der vorher erwähnten Einstülpung, welche sich jetzt stark erweitert. Die übri- gen, diese Einstülpung umgebenden Blastodermtheile bleiben einst- weilen ohne Veränderung, indem sie wie früher als abgerundete Rän- der erscheinen (Fig. 4). Gleichzeitig mit diesen Veränderungen am hinteren Eipole gehen auch einige bemerkenswerthe Erscheinungen im übrigen Theile der Keimhaut vor sich. Es ist namentlich die bedeutende Verdünnung des auf der Bauchfläche des Eies liegenden Blastoderms (Fig. 4, b), welche ich meine. Der Rückentheil des Blastoderms behält aber seine ursprüngliche Dicke (Fig. 4, a) und erscheint deshalb als ein Keim- streif. An ihm lässt sich nichtsdestoweniger keine Eintheilung in zwei symmetrische Hälften bemerken, wie ich es oben für den, der Einstülpung anliegenden Theil des Rückenblastoderms angegeben habe. Kurze Zeit darauf wird der Bauchtheil des Blastoderms so dünn, dass er sich nur mit Mühe erkennen lässt (Fig. 6, b); er bleibt aber fortwährend aus einer einzigen Zellenschicht bestehatl‘ nur werden jetzt diese Zellen vollkommen abgeplattet. Am hinteren Eipole macht die Differenzirung der die erwähnte Einstülpung umgebenden Theile weitere Fortschritte. Der wesent- lichste besteht darin, dass die Seitentheile des hier liegenden Blasto- derms sich von dem übrigen Theile desselben mehr ablösen und da- durch in Form dünner Platten erscheinen (Fig. 6, e), während gleich- zeitig die beiden mittleren Abschnitte bemerkbar in die Höhe wachsen (Fig. 6, a u. 2’). Dieses Wachsthum der angebenen Theile geht ausserordentlich schnell vor sich, so dass dieselben eine halbe Stunde nach dem eben beschriebenen Stadium bis zur Mitte des Eies gelangen (Fig. 7, a’, b’\. Wichtig ist aber, dass diese wachsenden Gebilde von Embryologische Studien an Insecten. 425 allen Seiten vom Dotter umgeben werden und nur später, worauf ich noch zurückkommen werde, an einer Seite frei von ihm hervor- treten. — Ich will jetzt schon bemerken, dass der wachsende Körper den eigentlichen Keim repräsentirt, welcher sich hier freilich auf eine ganz andere Weise bildet, als es bisher bekannt war. In dem noch in der Entwicklung begriffenen Keime (Fig. 7) lassen sich fortwährend zwei Schichten unterscheiden. Diejenige von ihnen, welche als Fort- setzung des der Bauchseite zugekehrten Abschnittes zu betrachten ist (Fig. 7, b’), erweist sich bald bedeutend dünner als der andere den Keim bildende Abschnitt. Gleichzeitig mit den beschriebenen Vorgängen geschieht die Ver- dünnung des Rückentheiles der Keimhaut, resp. die Abplattung seiner Zellen, ähnlich wie ich es oben für den Bauchtheil des Blastoderms angegeben habe (Fig. 7, a). Man bemerkt dabei, dass zwischen dem noch ursprünglich dick gebliebenen Blastoderm am oberen Eipole und zwischen dem Dotter ein die beiden trennender, später an Grösse zu- nehmender Zwischenraum sich gebildet hat. Wir gelangen somit zu dem Stadium, in welchem die ganze Pe- ripherie des Dotters von einer dünnen, aus dem Blastoderm hervorge- gangenen Haut umgeben wird, welche für das von mir oben als Am- nion bezeichnete Gebilde zu halten ist. Ferner sehen wir in dem betreffenden Stadium, dass, der Bauchfläche des Eies zugewendet, der eigentliche noch nicht vollständig ausgebildete Keimstreif liegt, welcher als eine Neubildung im unteren Ende des Blastoderms seinen Ursprung nimmt. — Die Darstellung der weiteren Entwicklungsvorgänge, zu der wir nun übergehen, wird zur näheren Bestimmung der jetzt schon vorlie- genden Embryonaltheile dienen. Bei dem allmählichen Wachsthume des bandförmigen Keimes ge- schieht auch gleichzeitig dessen Annäherung zur Bauchseite des Eies, resp. zu den auf dieser Stelle liegenden Eihäuten. Dabei wird die den Keim von dem Amnion der Bauchseite trennende (Fig. 7) Dotter- schicht vollkommen verdrängt. Der Keim, welcher mittlerweile beinahe schon das obere Eiende erreicht hat, wird jetzt also nicht, wie früher, von allen Seiten vom Dotter umgeben (Fig. 9). Der frei liegende Keim besteht, wie vom Anfang an, aus zwei Schichten, von denen die äussere, der Bauchseite zugekehrte, mehr und mehr an Dicke abnimmt und sich schliesslich in ein dünnes, das Falten- oder Deckblatt repräsentirendes Blatt verwandelt (Fig. 9,41, d). 426 Blias Meeznikow, Die dickere Schicht des Keimes stellt den eigentlichen Keimstreif dar. Dieser wird so vollkommen vom Deckblatte bedeckt, dass zwi- schen beiden ein Zwischenraum, welcher die Fortsetzung der ur- sprünglichen Einstülpung bildet, nur am untersten Eiende zu sehen ist. Von den jetzt vorhandenen Embryonaltheilen sind noch die Seitenwände der ursprünglichen Einstülpung (Fig. 6, ec) zu besprechen. Diese erleiden ebenfalls, wie es schon von mir hervorgehoben wurde, eine gewisse Dickenabnahme, wodurch sie leicht von den anderen Theilen unterschieden werden können (Fig. 7, 8, c); später kommen sie zur Bildung der sog. Scheitelplatten, wie es auf Fig. 9, e deutlich angegeben ist. — Gleichzeitig mit diesen und unter ihnen bilden sich aus dem entsprechenden Theile des Blastoderms die sog. Seitenplatten, welche zu den Scheitelplatten in einem solchen Verhältniss wie der Keimstreif zum Deckblatt stehen. Ich habe schon oben, bei der Beschreibung der ersten Stadien der Keimbildung, angedeutet, dass der Rückentheil des am unteren Pole liegenden Blastoderms eine Einschnürung in der Mitte bekommt, wo- durch er als ein doppeltes Gebilde erscheint (Fig. 5, «'). Diese Bil- dung, welche offenbar die seitlich symmetrische Anordnung im Keime anzeigt, findet sich trotzdem am übrigen Theile des Keimes nicht wie- der, obgleich man nach der Analogie mit den sog. Keimwülsten das Gegentheil erwarten sollte. — Auch bei weiterer Entwicklung bleibt die symmetrische Anordnung des angegebenen Theiles immer bestehen, obgleich dieser einige Gestaltsveränderungen erleidet. — Wenn wir nun einen Embryo, wie Fig. 7 abgebildet, von der Rückenseite an- sehen, so finden wir, dass die beiden symmetrischen Wülste (Fig. 8, a) sehr dicht an einander gerückt sind, was wohl sicher dem durch das Wachsthum der Scheitelplatten herrührenden Seitendrucke zuzu- schreiben ist. — Wichtig ist zu bemerken, dass wie am Keime der Keimstreif Hand in Hand mit dem Deckblatte sich entwickelte, ebenso auch in Bezug auf die Seitenplatten, neben deren Bildung die Ent- wicklung der den Kopftheil des Deckblattes repräsentirenden sog. Scheitelplatten vor sich geht. Diese wie auch das Deckblatt selbst er- scheinen anfangs in Form dicker Platten, welche nur im Laufe der Entwicklung sich allmählich verjüngen (Fig. 12). Je dünner aber die Scheitelplatten werden, desto geringer wird natürlich auch der von ihnen herrührende Seitendruck ; deshalb wird es leicht begreiflich sein, dass im Laufe der weiteren Entwicklung die beschriebenen symmetri- schen Wülste mehr und mehr auseinanderweichen (Fig. 10) und schliess- ich gänzlich verschwinden (Fig. 12). Embryologische Studien an Insecten. 427 Da wir bereits zur Betrachtung der Scheitelplatten gelangt sind, so müssen wir auch ihre weitere Entwicklung in wenigen Worten be- sprechen. Nach ihrer Ausbildung werden die Seitenplatten (Fig. 11, 12 u. 13) von den Scheitelplatten in der Weise umgeben, dass diese einen vollkommen ringförmigen Gürtel um die ersteren bilden (Fig. 11, 12 u. 43). Daraus wird man auch klar ersehen, dass nur der unterste Theil des Keimstreifens von den Scheitelplatten nicht bedeckt wird. Das Gegentheil geschieht erst im Laufe der Entwicklung. — Der in angegebener Weise gebildete Keimstreif fährt nun, nach- dem er dicht neben den Eihäuten der Bauchseite seine Stellung einge- nommen hat, in seinem weiteren Längenwachsthum fort. Er erreicht dabei nicht bloss den unteren Eipol (Fig. 44), sondern geht noch wei- ter und krümmt sich auf die Rückenseite des Dotters (Fig. 15); hier gelangt er schliesslich bis ungefähr auf Dreiviertel der Eilänge (Fig. 20). Es stellt sich demnach heraus, dass das relative Längenwachsthum des Keimstreifens bei Corixa doch noch lange nicht so bedeutend ist, wie wir es bei Simulia sahen, wo infolge dieses Processes das Schwanzende des Embryos noch tief in den Dotter einragen musste. Was die Breite des Keimstreifens betrifft, so beträgt sie zu ange- gebener Periode wenig mehr als ein Drittel der ganzen Eibreite (Fig. 13, ks), während die Seitenplatten beinahe dieselbe Breite wie das Ei selbst besitzen (Fig. 13). Gleichzeitig lassen sich, wenn die beschriebenen Vorgänge am Keimstreifen eintreten, weitere Veränderungen an den übrigen Theilen des Embryos wahrnehmen. — Das Deckblatt, welches wie jetzt leicht zu sehen ist, aus einer Zellenschicht zusammengesetzt ist, gelangt zu einer ausserordentlichen Feinheit, obgleich es noch fortwährend leicht aufzufinden ist (Fig. 15, 5). Vorne (am unteren Eiende) setzt sich das Deckblatt in die Scheitelplatten fort, während es an seinem Hinter- end& vermittelst einer geringen Verdickung (Fig. 41, 15, f) mit dem Keimstreifen zusammenhängt. — Zur Zeit da der Keimstreif den hinteren Eipol bereits erreicht hat, kann man schon deutlich sehen, dass sich von ihm, an dem Rande, wo er an den Dotter grenzt, eine dünne Schicht abgesondert hat (Fig. 11, eb). Durch Verschiebung des Tubus kann man sich davon über- zeugen, dass diese Schicht sich über die ganze Breite des Keimstreifens fortsetzt. Oben kann man diese Schicht bis zum Ende des Keimstrei— fens verfolgen, während mir diess am unteren Eiende nicht mög- lich war. An der soeben besprochenen neu entstandenen Schicht erscheinen 498 Elias Meeznikow, im Laufe der Entwicklung zunächst drei Abschnitte, welche durch wellenförmige Hervorragungen angedeutet werden. Die topographische Lage dieser Theile lässt sich am besten in Fig. 15, eb wahrnehmen. — Im Zusammenhange mit der wellenförmigen Beschaffenheit der ange- gebenen Abschnitte zeigt auch der diese begrenzende Dotter dieselbe Eigenthümlichkeit. — Es ist sehr schwer, die weiteren Schicksale der beschriebenen Schicht genau zu verfolgen. Nach allem aber was ich gesehen habe, scheint es mir sicher, dass die drei angegebenen Abschnitte dieser Schicht sich in eine entsprechende Zahl Extremitäten und zwar Beine verwandeln. Wenigstens kann ich nichts anderes annehmen, indem ich kurz nach dem zuletzt beschriebenen Stadium (Fig. 15) ein anderes sah, wo sich die drei eben entstandenen Beinpaare genau an dersel- ben Stelle und in denselben Verhältnissen zu benachbarten Theilen (zum Dotter und Keimstreifen) vorfanden (Fig. 17, p!, p?, p?), wie es früher mit den drei Abschnitten der scharf abgesonderten Schicht der Fall war. — Uebrigens ist eine solche Bildung der Extremitäten von mir un- zweifelhaft bei Aphis nachgewiesen worden (worüber das Nähere im Gapitel über dieses Insect). Bei der Untersuchung gerade dieser Thiere ist es mir zum ersten Male aufgefallen, dass eine früher von mir aus- gesprochene') Ansicht, wonach die Extremitäten aus dem sog. Falten- blatt ihren Ursprung nehmen , nicht stichhaltig ist. — Damals, als ich die Aphiden in dieser Hinsicht noch nicht untersuchte und meine Mei- nung auf den Beobachtungen an verhältnissmässig ungünstigen Eiern von Corixa gründete, konnte ich das äusserst stark verjüngte Deck- blatt (Faltenblatt) in den betreffenden Stadien nicht nachweisen, was mir erst später gelang. Ebensowenig wusste ich, so lange ich nicht an Aphiden die betreffenden Verhältnisse in überzeugenderer Weise aufdeckte, die beschriebene peripherische Schicht als eine solche zu deuten. — \ Zur Zeit als die drei Beinpaare von mir schon deutlich wahrge- nommen wurden, konnte ich noch keine Spur weder von Mundwerk- zeugen, noch von Antennen finden. Diese Segmentanhänge kommen erst etwas später zum Vorschein. Was die Mandibeln und das erste Maxillenpaar betrifft, so ist es unmöglich, ihre Entstehung zu beob- achten, da gerade neben der Stelle, wo sie sich bilden, ein Theil des Dotters so weit hervorragt, dass die genannten Extremitäten sich dar- unter gänzlich verstecken. Diese kommen erst dann zum Vorschein, 4) Zur Embryologie der Hemipteren in dieser Zeitschr. 1865. S. 429. Embiyologische Studien an Insecten. 429 wenn sie sich einigermaassen vergrössert haben und näher an den mitt- lerweile entstandenen Mund gerückt sind. Die Bildung des zweiten Maxillenpaares ist dagegen nicht schwer zu verfolgen ; sie geschieht genau in derselben Weise wie die bereits beschriebene Bildung der Beine, mit deren Lage auch die der zweiten Maxillen übereinstimmt. Ein der Bildung der Kopfextremitäten vorangehendes Zerreissen des Faltenblattes konnte ich nicht wahrnehmen. Ich war ebenso wenig im Stande zu entscheiden, ob die Antennen bei CGorixa aus dem Falten- blatte ihren Ursprung nehmen. Sicher ist jedenfalls, dass kurz nach dem eben angedeuteten Vorgange die Antennen in Form von dünnen Streifen am oberen Theile der Scheitelplatten hervortreten. — Gleich- - zeitig bildet sich die Mundöffnung, als eine grubenartige Einstülpung im vorderen Theile des Keimstreifens. Dies veranlasst das stärkere Wachsthum des die Mundeinstülpung von oben abgrenzenden Theiles, wodurch der sog. Vorderkopf gebildet wird. Dieser letztere besitzt anfangs die Form eines conischen Zapfens, welche er noch eine Zeitlang beibehält (Fig. 20, v). | Wenn der Embryo sich so weit entwickelt hat, dass an ihm alle Segmentanhänge deutlich wahrnehmbar werden, dann zeigt der Keim- streif auch eine scharf ausgesprochene symmetrische Trennung, die er vordem noch nicht besass. Diese wird durch eine in der Mitte verlau- fende Rinne verursacht, welche den Keimstreifen in zwei gleiche Hälf— ten theilt (Fig. 21, a’). — Die den Thoraxextremitäten entsprechenden Segmente kommen erst am Ende der jetzigen Entwicklungsperiode zum Vorschein. Wir sind nunmehr zum Schlusse der Entwicklung im Laufe dieser Periode gekommen. Bevor ich aber zur folgenden übergehe, muss ich noch einige Bemerkungen über das Verhalten zweier wichtiger Ge- bilde: des Deckblattes und Amnions während den dargestellten Er- , scheinungen am Keimstreifen beifügen. Was das erstere dieser Gebilde betrifft, so ist besonders hervorzu- heben, dass das Deckblatt, in einem freilich äusserst verdünnten Zu- stande, noch weit über die besprochene Entwicklungsperiode hinaus zu finden ist. Dasselbe reisst nicht in der Mitte ein, wie ich früher geglaubt (a.a. 0.S. 129), sondern wenn der Keimstreif die angegebene symmetri- sche Anordnung zeigt, verdünnen sich die Seitentheile des Deckblattes bis zu ihrem Maximum, wodurch das ganze Gebilde als ein gleichmässig dünnes Häutchen erscheint. Es zeigt nunmehr eine Zusammensetzung aus runden platten (im optischen Durchschnitte spindelförmigen) Zellen, 430 Flias Meezuikow, in deren Innern ein Kern mit Kernkörperchen vorhanden ist. Das letzte Schicksal des Deckblattes, den Endtheil des letzteren ausge- nommen, fällt in die nächste Entwicklungsperiode und besteht in einer Verschmelzung des eben beschriebenen dünnen Häutchens mit dem Zellenlager des Keimstreifens, d. h. einfach darin, dass zwischen diesen beiden Gebilden eine Grenze nicht mehr wahrnehmbar wird. Wir haben gesehen, dass das Blastoderm, mit Ausnahme seines unteren Endes, wo die erste Keimeinstülpung entsteht, sich in eine dünne, aus einer Zellenschicht bestehende Haut verwandelt, ‘welche das sog. Amnion repräsentirt. Dieses Gebilde lagert sich dicht an die eigentlichen Eihäute und löst sich einstweilen nur am oberen, der Mi- kropyle zugewendeten Ende vom Embryo ab. — Am unteren Eiende, wo der Kopf des Embryos liegt, steht dagegen das Amnion mit den seitlichen Theilen des Deckblattes im Zusammenhang. Von der Art dieses Zusammenhanges kann man sich einen Begriff machen, ‘wenn man Fig. 12, 13, f vergleicht, wo die betreffenden Gebilde im opti- schen Querschnitt dargestellt sind. Jeder Seitentheil ist schematisch mit der Form N zu vergleichen, wo der erste Schenkel das Ende des Amnions, der mittlere die Scheitelplatte und der letzte aufsteigende Schenkel die Seitenplatte repräsentirt. Das Verhalten zwischen Am- nion, Deckblatt, resp. Scheitelplatten und den Seitenplatten resp. dem Keimstreifen bleibt am ganzen Kopftheile des Embryos dasselbe, wes- halb der letzte vom Amnion gürtelförmig umgeben wird (Fig. 11, f). Nach dem Gesagten wird auch die Art leicht begreiflich, auf welche das Amnion das einstweilen noch freie Kopfende zu decken vermag. Dies geschieht genau auf dieselbe Weise, wie wir es früher für das Deckblatt (die Scheitelplatten), mit dem ja das Amnion zusam- ımenhängt, angedeutet haben. — Gleichzeitig mit dem Schliessen des Deckblattes am Kopfe schliesst sich auch das Amnion (Fig. 15, 16, f); es löst sich dann vom Deckblatte ab und bildet nunmehr eine voll- kommen geschlossene, dicht unter der Dotterhaut liegende Blase (Fig. 13 u. 15, am). Wenn wir nun schliesslich zur histologischen Structur des Am- nions übergehen, müssen wir zunächst daran erinnern, dass dieses Gebilde, da es ja aus dem Blastoderm hervorgegangen ist, nur aus einem Lager von Zellen besteht. Die Form der letzteren bleibt eine ursprüngliche nur am Mikropylende des Eies, wo sie beinahe cylin- drisch ist (Fig. 1%). Anders verhält es sich am übrigen Theile des Amnions, dessen Zellen nun stark abgeplattet erscheinen. Diese be- sitzen einen runden, 0,042 Mm. grossen Kern mit einem Kernkörper- chen im Innern. Der Zelleninhalt bildet nur einen schmalen Ring um Embryologische Studien an Insecten. 431 den Kern; zuweilen erscheint der erstere ganz homogen und stark lichtbrechend, zuweilen aber enthält er mehrere feine Körnchen (Fig. 19). Die Amnionzellen sind im optischen Durchschnitte , wie die des Deckblattes, spindelförmig; sie liegen nur selten dicht neben ein- ander, meistens aber sind sie durch einen mehr oder weniger grossen, von einem zarten, homogenen Häutchen gebildeten Intercellularraum von einander getrennt. Dieser fehlt nur an der beschriebenen dicke- ren Partie des Amnions, die wir mit dem Namen »oberer Amnion- kuchen« bezeichnen wollen. — Nach dem Schliessen des Amnions am Kopfende bildet sich an dieser Stelle eine andere verdickte Stelle, welche ebenfalls aus dicht neben einander liegenden, beinahe eylinder- föormigen Zellen zusammengesetzt ist. Dieser Theil kann wohl als »un- terer Amnionkuchen« bezeichnet werden. r » 11. Die weitere Ausbildung der bereits vorhandenen Embryonaltheile. 4. Wir haben die embryonalen Vorgänge im Eie von Corixa bis zur Bildung der Extremitäten aus einer besonderen Schicht verfolgt, die wir als »Extremitätenblatt« bezeichnen wollen. Jetzt kommt es uns darauf an, einige wesentliche Momente in der weiteren Entwick- lung der Segmentanhänge zu besprechen. Die entstandenen Extremi- täten nehmen allmählich an Länge zu, aber diese Zunahme ist nicht gleichwerthig für alle vorhandenen Anhänge. Die Mandibeln und die ersten Maxillen bleiben dabei in ihrer ursprünglichen Gestalt, d. h. in Form von kleinen hervorragenden conischen Wülsten; das zweite Maxillenpaar und die Beine zeigen dagegen bedeutendere Verände- rungen. Alle diese dicht neben einander liegenden Extremitätenpaare nehmen jetzt eine zungenartige Form an und ändern ihre Lage inso- fern, als sie sich nach rück wärts krümmen und mit ihren Enden un- mittelbar auf die Seitentheile des Dotters lagern (Fig. 20, ma?, p'"®). Ich muss dabei bemerken, dass diese Krümmung stattfindet, ohne dass die betreffenden Extremitäten sich vorher auf der Bauchfläche gegen- seitig berührt haben. — Gleichzeitig mit diesen Lageveränderungen nimmt man auch die Grössenunterschiede in den einzelnen der zuletzt erwähnten Extremitätenpaare wahr. Im Allgemeinen ist es der Fall, 432 Elias Meeznikow, dass je höher (im Verhältniss zum Ei, d. h. zum Mikropylende) ein Extremitätenpaar liegt, es um so mehr an Grösse zunimmt; infolge davon werden die zweiten Maxillen die kleinsten, das dritte Beinpaar aber die grössten von den zuletzt besprochenen Extremitäten darstellen (Fig. 20 u. 23). Die etwas spatelartige Form dieser Anhänge (Fig. 20, mac?—p?) geht später in eine mehr zugespitzte über (Fig. 23, ma?—p?). Zur Zeit da die Extremitäten so weit gewachsen sind, wie ich es eben auseinandergesetzt habe, findet man an ihnen eine interessante Structur. Sie bestehen nämlich aus zwei sehr scharf von einander ab- gesonderten Schichten (Fig. 23, m&?—p?) , von denen, wie es bei den Aphiden näher gezeigt wird, die eine die Hautschicht, die andere aber die Nervenmuskelschicht repräsentirt. Jede dieser Schichten bleibt fort- während im gegenseitigen Zusammenhange in jeder Extremität, so dass z. B. die Hautschicht der zweiten Maxille mit der des ersten Bei- nes in continuirlicher Verbindung steht; dasselbe ist der Fall mit der Muskelschicht. — Diese Zusammensetzung, so deutlich sie auch in den Extremitäten ausgesprochen ist, lässt sich am Keimstreifen selbst nicht wiederfinden. Nur am sog. Vorderkopfe ist sie sehr leicht wahrzu- nehmen. Wenn wir nun in der betreffenden Zeitperiode zum Kopfe über- gehen, so müssen wir vor Allem bemerken, dass hier noch fortwäh- rend der centrale Theil von den seitlichen Partien scharf abgesondert bleibt. Ich muss übrigens hervorheben, dass zu dieser Zeit der Kopf als ein abgesonderter Körperabschnitt noch gar nicht vorhanden ist, und dass ich deshalb mit diesem Namen nur diejenigen Theile bezeichne, welche später den differenzirten Kopf zusammensetzen sollen. Im mittleren Theile dieses Urkopfes ist besonders der sog. Vorder- kopf ausgezeichnet, welcher aus seiner ursprünglichen conischen zapfenförmigen Gestalt nebst einer bedeutenden Grössenzunahme, in eine würfelartige Form übergeht (Fig. 23, v). Seine Zusammen- setzung aus zwei Schichten habe ich oben schon angedeutet. — Die seitlichen Wände des vorderen Kopftheiles bilden die Platten, die man schlechthin als Scheitelplatten bezeichnet, obwohl sie gewiss nicht allein aus den entsprechenden Theilen des Deckblattes ihren Ursprung nehmen. In ihnen bilden die bandförmigen, am äusseren Ende etwas erweiterten Antennen den obersten Theil (obersten in Beziehung zum Embryo, den untersten aber in Beziehung zum Ei) (Fig. 20, 23, a2). Diese sind vom Anfang an ihrer Lage nach praeoral, also nicht den An- tennen der Insectenlarven ähnlich. Der übrige abgerundete Theil der seitlichen Kopfplatten wird später fast ausschliesslich zur Bildung des Hirnes, resp. der Augen Embryologische Studien an Insecten. 433 verwendet. Der Urtheil dieser letzteren schnürt sich ziemlich früh (Fig. 28, oc) von der übrigen Masse ab in der Form eines halbmondförmigen, in der Mitte verdickteren Gebildes. Im Laufe der Periode, deren Besprechung mich jetzt beschäftigt, zeigen sich auch mancherlei Erscheinungen am eigentlichen Keim- streifen. Wenn er kurz vorher ungefähr das Niveau des zweiten Maxil- lenpaares am Rücken erreichte, fängt er jetzt an, sich etwas zusam- menzuziehen. Dabei werden an ihm deutlich die eilf Bauchsegmente bemerkbar durch wulstige Erhebungen angedeutet (Fig. 23); es erweist sich gleichfalls, dass die Seitentheile des Bauches sehr stark hervor- ragen, so dass sie besondere Gontouren zeigen (Fig. 23) ; später aber ver- schwindet diese Erscheinung vollständig. — Leider ist in den betref- fenden Stadien der Endtheil des Keimstreifens theilweise im Dotter verborgen, so dass man sich hier vergebens ein klares Bild über die Bildung des Afters resp. des Mastdarms zu verschaffen sucht. Während dieser besprochenen Veränderungen, welche den Inhalt der ersten Hälfte dieser Entwicklungsperiode ausfüllen, bleibt auch das Amnion nicht unverändert. Indem nämlich der Embryo sich im Laufe der Entwicklung zusammenzieht und in Folge davon nicht mehr den ganzen Eiraum ausfüllt, löst sich das Amnion von den Ei- häuten ab und schliesst sich dem Embryo (Fig. 23, am) eng an. Nur die beiden beschriebenen Verdickungen, d. h. der obere und der untere Amnionkuchen, bleiben mit den ihnen anliegenden Eitheilen fortwäh- rend in einer innigen Berührung. In der Structur des Amnions ge- schehen aber zur betreffenden Zeit noch keine Veränderungen. 2. In Folge des weiteren Längenwachsthums der Beine kommt eine nochmalige Lageveränderung derselben, resp. die der zweiten Maxillen zu Stande. Diese Extremitäten bleiben nicht mehr nach rückwärts ge- krümmt, sondern strecken sich mehr aus und anstatt wie früher an den Seitentheilen des Dotters zu liegen, nähern sie sich mehr zur Mittellinie des Körpers. Dieses Verhalten ist Fig. 24 dargestellt, aus welcher man gleichfalls ersehen kann, dass ‚die gewachsenen Beine den Raum zwi- schen dem Abdomen des Embryos und dem oberen Eipole mehr oder weniger ausfüllen. Die eben besprochenen Erscheinungen dürften insofern von Be- deutung sein, als sie meiner Meinung nach als Ursache eines wichtigen Vorganges, und zwar der Halbumdrehung des Embryo um seine Quer- axe betrachtet werden müssen. — 434 Elias Meeznikow, Wir haben gesehen, dass vom Anfang der embryonalen Entwick- lung an der Kopftheil des Embryos sich am unteren Eiende befand. Jetzt, in Folge des Längenwachsthums der Beine, dreht sich der Em- bryo so weit um, dass sein Kopf an das obere Eiende übergeht und unter dem Mikropylapparate seine Lage einnimmt. Diese Umdrehung geht in der Weise vor sich, dass die Beine, ohne ihre gegenseitige Lage zu verändern, sich nach unten herabsenken , während das Kopf- ende des Embryos in Folge davon allmählich nach oben hinaufsteigt. So geht es, bis der Embryo seine definitive Lage bekommt, d. h. bis sein Kopf das obere Eiende erreicht. — Es versteht sich von selbst, dass durch diese Umdrehung um die Queraxe die relative Lage des Bauch- theils des Embryos gegen die frühere eine entgegengesetzte wird: wenn dieser Theil sich früher an der stärker gewölbten Eiseite befand, so muss er jetzt an der weniger gewölbten Eiseite seine Lage finden. Daher kommt es, dass das Ei, nach der beschriebenen Umdrehung, sogar auch während derselben, nicht mehr die verschiedenartige Wöl- bung an seinen beiden Seiten erkennen lässt und deshalb jetzt eine regelmässig birnförmige Gestalt erhält (Fig. 25, 26 u. 27). Die Drehung des Embryo wird die Ursache zu einigen wichtigen Veränderungen des Amnion. Durch die dabei vor sich gehende Ver- schiebung wird das Amnion an dieser Stelle zerrissen, weshalb es sich zusammenzieht und in Folge davon den vorderen Theil des Embryos frei hervortreten lässt (Fig. 25, am). Der sog. untere Amnionkuchen wird durch die Bewegung des Kopfes ebenfalls an das vordere Eiende verschoben, wo er sich mit dem oberen Amnionkuchen verbindet (Fig. 25, am’, am”) und dadurch zur Entstehung eines oft unregelmässig ge- stalteten Körpers Veranlassung giebt. Nur der dem Rücken des Embryos anliegende Theil des Amnions bleibt ohne Veränderung, derjenige Theil, welche später die Rückenwand des Körpers selbst bildet. — Nachdem der Embryo seine definitive Lage im Eie angenommen hat, lassen sich an ihm ‚einige bemerkenswerthe Unterschiede wahr- nehmen. Der wichtigste besteht sicher wohl darin, dass der Rücken geschlossen erscheint durch die Wand, welche von dem zusammenge- zogenen Amnion herrührt. — Die beiden Amnionkuchen, welche sich jetzt vollkommen mit einander verschmolzen haben, sind ebenfalls an die Rückenseite des Embryos verschoben (Fig. 26, 27, Am), wo sie schliesslich von der Rückenwand umhüllt und dann für en Fortbildung der letzteren verwendet werden. Zu gleicher Zeit schnürt sich der Kopf als ein ec Körper- abschnitt ab, wobei man an seinen Theilen einige Modificationen unter— Embryologische Studien an Insecten, 435 scheidet. Der Vorderkopf verliert seine viereckige Form und verwan- delt sich in ein zungenförmiges, am Ende etwas zugespitztes Gebilde (Fig. 26, 27); seine Seitentheile sondern sich etwas ab und erschei- nen in Form von halbkugelförmigen Hervorragungen (Fig. 28, v). Der Glypeus sondert sich erst etwas später. { Die Mandibeln und die ersten Maxillen (Fig. 28, md u. mx!) lie- gen jederseits dicht beisammen, die Form kleiner Zapfen zeigend. Die zweiten Maxillen verwachsen mit ihren unteren Rändern, wodurch eine mächtige Unterlippe zu Stande kommt (Fig. 28, ma?): Die oberen unverwachsenen Ränder der beiden Maxillen bleiben und re- präsentiren die bekannte Rinne der Unterlippe. Was die Form der letzteren betrifft, so erscheint sie etwa in Gestalt eines Kartenherzens mit etwas abgestumpftem unteren Ende. Von der Seite, gesehen zeigt die Unterlippe die Form einer Zunge mit einem sich in der Mitte befin- denden Buckel. Von den Beinen nehmen besonders die beiden hinteren Paare an Länge zu, wobei sie sich an eine Seite wenden und das Abdomen theilweise umgürten. Dieses letztere zeigt seine definitive Zusammen- setzung nach der Zusammenziehung des entsprechenden Theiles des Keimstreifens, welche gleich nach der Umdrehung des Embryos ge- schieht. Der After sinkt dabei natürlicherweise herunter und behält fortwährend dieselbe Lage. So gelangt der Embryo zu seiner vollkommenen Ausbildung. — Die spätesten Erscheinungen des embryonalen Lebens wollen wir nur "kurz erwähnen, da sie, ebenso wie bei anderen eierlegenden Insecten verlaufend, nur wenig Interesse darbieten. — Die Mundtheile gehen in die Bildung des Rüssels ein auf eine bekannte Weise. Der ganze Kopf rundet sich in Folge davon mehrab und rückt mehr an die Rücken- seite des Eies; gleichzeitig erreicht das Auge seine vollkommene Ent- wicklung, indem sich in ihm eineMenge dunkel carminrothen Pigments ablagert. Die Beine theilen sich in Segmente und das Abdomen be- kommt seine definitive Ausbildung. Das Herz, dessen Entstehung ich nicht verfolgen konnte, fängt an zuschlagen. — Der Embryo krümmt sich spiralförmig, nur eine einzige Windung bildend. Kurz darauf schlüpft er aus dem Eie heraus. Der in ihm liegende Nahrungsdotter geht in seiner ganzen Masse in's Innere des Mitteldarmes über. Die ganze Zeitdauer der embryonalen Entwicklung von Corixa be- trägt circa 15 bis 20 Tage bei Zimmertemperatur. — Die ersten 24 Stunden zeigt das abgelegte Ei noch keine Veränderungen. Dann erst tritt das Blastoderm hervor, welches im unveränderten Zustande oft 436 Elias Meeznikow, einen halben Tag fortbleibt. Nach dem Entstehen der primitiven Kopf- grube nehmen die darauf folgenden Erscheinungen nur wenig Zeit in Anspruch. Vier bis fünf Stunden nach ihrem Entstehen kommt schon der Keimstreifen mit dem Deckblatte, resp. das Amnion zum Vorschein. — Uebrigens zeigen sich bei der Entwicklung viele »individuelle« Ver- schiedenheiten, in Folge deren die Zeitdauer verschiedener Processe nichts weniger als gleich lang erscheint. — Erst am fünften Tage vom Beginne der embryonalen Entwicklung kommen die Beine zum Vor- schein. Dann verlaufen noch fünf bis sechs Tage, bis sich der Embryo zusammengezogen und zur Umdrehung vorbereitet hat. Der zuletzt ge- nannte Process nimmt circa 15— 18 Stunden in Anspruch. Um sich von seiner Allmählichkeit einen Begriff zu machen, will ich mittheilen, dass der in Fig. 25 abgebildete Embryo nach drei Stunden sich voll- kommen umgedreht hat: sein Kopf lag dann unter dem Mikropylende des Eies. Zum Schlusse erwähne ich noch eines, die Grösse des Eies betref- fenden Umstandes. Ich hebe namentlich hervor, dass das Ei keines- wegs im Laufe der ganzen Entwicklungszeit des Embryos gleich gross bleibt. Es vergrössert sich vielmehr am Ende der Entwicklung und zwar wird diese Vergrösserung nach der Zusammenziehung des Em- bryos wahrnehmbar. Wenn das Ei ursprünglich, wie wir oben ange- geben haben, 0,6 Mm. in der Länge misst, so verlängert es sich unge- fähr bis 0,7 Mm. Es muss dabei bemerkt werden, dass die Breite des Eies später wie anfangs im Ganzen die Gleiche bleibt, so dass die Län- genzunahme desselben keineswegs durch seine entsprechende Breiten- abnahme erklärt werden kann. — Die Erklärung dieser Erscheinung ist sicherlich in der durch die Aufnahme des Wassers bedingten Volum- vergrösserung zu suchen. Embryologische Studien an Insecten. 437 Die Entwicklung der viviparen Aphiden. Hierzu Taf XXVILEXXXT. Die zu den interessantesten Insecten gehörenden Aphiden sind bis jetzt viel mehr auf ihre Fortpflanzung, als auf die Entwicklung untersucht worden. Was die letztere betrifft, so besitzt die Wissen- schaft nur eine Arbeit von HuxtrvY,') welche aber keineswegs als eine ganz gelungene betrachtet werden darf, indem sie nur einige unvoll=- ständige Beobachtungen enthält. Im Laufe der Darstellung werde ich noch mehrmals Gelegenheit finden dieser Arbeit zu gedenken. Bei Gelegenheit seiner Untersuchungen über die Fortpflanzung der Aphiden, fügte Leuckarr?) auch einige Bemerkungen über ihre Embryologie bei. Seiner Darstellung der ersten embryonalen Vorgänge, zu welcher wir noeh später zuzückkommen, fügt der eben genannte . Forscher noch Folgendes hinzu: »Während die Zellen des Aphidenkei- mes Anfangs ganz gleichmässig gebildet sind, entwickelt sich nach einiger Zeit und bisweilen schon sehr frühe ein Unterschied zwischen peripherischen und centralen Zellen; es entwickelt sich durch stärkere und frühere Ausbildung der Bauchfläche sogar ein Primitivstreif — kurz es finden sich hier alle die einzelnen Züge, die sich auch unter den gewöhnlichen Umständen an den Em- | '_ bryonen der Insecten beobachten lassen« (loc. eit. S. 20). Ich muss bemerken, dass diese sämmtlichen Angaben unrichtig sind, dass es gerade die Aphiden sind, die uns die bedeutendsten Ab- weichungen in ihrer Entwicklung zeigen, wie ich es schon in meiner vorläufigen Mittheilung ?) angedeutet habe. Meine Untersuchungen habe ich an verschiedenen Arten angestellt, besonders aber an Aphis pelargonii und Aph. rosae: bei allen geht die Entwicklung in vollkommen gleicher Weise vor sich, so dass ich in meiner Darstellung nicht die einzelnen Arten erwähnen werde. (Bei der Untersuchung der Aphidenentwicklung habe ich mich einer schwachen Kochsalzlösung bedient.) 4) On the Agamic Reproduction and Morphology of Aphis in Transactions of the Linnean Society of London. XXI. 4858. S. 193. 2) Zur Kenntniss des Generationswechsels und der Parthenogenesis bei den Insecten. 4858. S.A8 ff. 3) Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren in dieser Zeit- schrift. Bd. XVI (1866) S. 428. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 30 438 Elias Mecznikow, Ich theile die Embryologie der Aphiden wiederum in drei Perio- den, welche ohngefähr ebenso wie bei den anderen Insecten von mir dntersche worden sind. Erste Entwicklungsperiode. Die Bildung des Blastoderms. Das eben ausgebildete Pseudovum (Fig. 1) hat eine mehr oder weniger ovale Form und misst gewöhnlich 0,026 Mm. in der Länge. Von einer Epithelschicht umgeben, zeigt es ein 0,006 Mm. messendes Keimbläschen mit einem kleinen stark lichtbrechenden Keimflecke. Der sonstige Inhalt des Pseudovums besteht aus einem blassen fast homogen aussehenden und nur mit feinsten Körnchen versehenen Protoplasma. Ein solches Pseudovum erfährt aber bald einige Veränderungen. Zunächst beobachten wir, dass das Keimbläschen seinen Keimfleck ver-. liert und dabei an die Peripherie des Pseudovums gelangt (Fig. 2). Fast - gleichzeitig differenziren sich die ersten Dottertheile. Dies geschieht so, dass im Innern des Pseudovumprotoplasmas an verschiedenen Punc- ten feine, ganz durchsichtige Dotterkörnchen erscheinen (Fig. 2), welche anfangs in mehreren Haufen neben einander liegen. — Eine solche Bildung schreitet immer fort, so dass schliesslich die ganze cen- trale Masse des Pseudovums in den körnigen Dotter umgewandelt wird (Fig. 3 u. 4). Der peripherische Theil des Pseudovums bleibt indessen unverändert und entspricht dem von Weısmann bei Dipteren beschrie— benen sog. Keimhautblastem. Nach der Trennung der beiden eben beschriebenen Pseudovum- theile von einander, hat das Pseudovum gewöhnlich schon eine mehr rundliche Form angenommen; daneben beobachten wir den wichtigen Vorgang der Bildung von Blastodermzellen. — Man findet Pseudova, die in der Grösse noch mit denen der früheren Stadien übereinstim— men, bei welchen aber statt eines Keimbläschens zwei mit diesem fast identische, 0,004 Mm. messende, Gebilde vorhanden sind (Fig. 4u.5). Es dreriial absolut keinem Zweifel, dass diese beiden Bläs- chen von der Theilung des Keimbläschens inter sind, obgleich ich den gewiss rasch verlaufenden Theilungsprocess selbst (da die aus dem Mutterleibe herausgenommenen Pseudova sich nicht entwickeln) nicht direct beobachten konnte. — Für den angegebenen Ursprung der zwei Bläschen, resp. für die Existenz der Theilung des Keimbläschens sprechen viele Umstände. Erstens beweist das die grösste Aehnlichkeit der beiden Gebilde (vergl. die Fig. 3 mit 4), welche nur in der Grösse von einander unterschieden sind. Dann spricht dafür die stetige Anwesen— Embryologische Studien an Insecten, 439 heit des Keimbläschens in den Pseudova, so lange diese nicht die zwei beschriebenen Bläschen enthalten. Wichtig ist ferner, dass man zu- weilen (Fig. #) die beiden neuentstandenen Bläschen nebeneinander an der Stelle des früheren Keimbläschens findet. — Alles das macht die Annahme der Theilung des Keimbläschens nicht nur wahrscheinlich, sondern stellt sie als vollkommen richtig so weit bewiesen hin, als man - überhaupt einen Vorgang, den man nicht vor Augen beobachten kann, zu beweisen im Stande ist. Wir nehmen also an, dass das Keimbläschen sich in zwei kleinere Bläschen, d.h. in zwei erste Keimkerne theilt. — Diese liegen anfangs nebeneinander (Fig. 4), trennen sich aber später los und gehen sogar nach verschiedenen Seiten des Pseudovum auseinander (Fig. 5). Die beiden beschriebenen Keimkerne theilen sich ebenfalls je in zwei neue, so dass jetzt das ganze Pseudovum vier Keimkerne enthält, welche in seinen verschiedenen Partien ihre Lage finden (Fig. 6). — An diesem Stadium nimmt das Pseudovum resp. seine centrale Dottermasse an .Grösse zu, wobei auch seine Gestalt eine Veränderung erleidet. Das Pseudovum wird jetzt nämlich mehr birnförmig und lagert sich in der Weise, dass der breite Pol nach oben (in Beziehung zu den Keim- röhren), der spitze Pol aber nach unten gekehrt wird. Die weitere Entwicklung des Aphidenpseudovum besteht zunächst in dem Wachsthume desselben und in der Vermehrung seiner Keim- kerne (Fig. 7). Diese lagern sich in die peripherische blasse Schicht des Pseudovum, die jetzt nur 0,005 Mm. breit ist; am unteren spitzer. Pole wird sie sogar noch schmäler. | Die angedeuteten Entwicklungserscheinungen dauern noch immer fort: das Pseudovum wächst, aber nicht sehr bedeutend, während die Keimkerne sich fortwährend theilen, so dass sie immer näher an ein- ander rücken-{Fig. 8). Jetzt findet man auch, dass sämmtliche Keim- kerne im Innern je einen kleinen Keimfleck enthalten; diese bilden sich wohl als spontane Sedimente im Inhalte des Keimbläschens, also keineswegs auf einem organologischen Wege, welcher durch die ein- fache mikroskopische Beobachtung wahrgenommen werden konnte. — Die Keimkerne fehlen nur am unteren Ende des Pseudovum, wo auch kein peripherisches Protoplasma vorhanden ist; an der eben bezeich- neten Stelle befindet sich nur der bis zur Grenze dieses Endes des Pseudovum gelangte körnige Dotter (Fig. 8). Solche Pseudova nehmen eine mehr ovale Form an, wobei sie noch immer einen stumpfen (obe- ren) und einen spitzen (unteren) Pol enthalten. An dem zuletzt beschriebenen Stadium kann man noch keine differenzirte Blastodermzellen unterscheiden , obgleich man schon alle 30 * 440 Elias Meeznikow, zu ihrer Bildung nöthigen Bestandtheile wahrnimmt: man findet näm- lich eine Menge Keimkerne, welche im peripherischen Pseudovumpro- toplasma , im späteren Inhalte der Blastodermzellen eingebettet sind. — In der That schnürt sich etwas später das peripherische Protoplasma in einzelne, einen jeden Keimkern umgebende runde Massen ab, welche den Zellinhalt repräsentiren (Fig. 9). Es bilden sich jetzt also differen- zirte Zellen, welche eine Schicht um die körnige Dottermasse zusam- mensetzen und somit das Blastoderm darstellen. Nur das untere Ende des Pseudovum wird nicht von solchen Zellen bedeckt, es be- ginnt auch vom übrigen Theile sich abzusondern, was aber erst im Laufe der folgenden Entwicklungsperiode zu Stande kommt. Es sei hier bemerkt, dass bei Aphis, ebensowenig wie bei den übrigen Hemipteren, sich besondere Zellen als sog. Polzellen aus- zeichnen. Ich hob schon hervor, dass die Pseudova in Laufe der beschrie- benen Periode ein Grössenwachsthum erfahren. Es bleibt mir noch hinzuzufügen, dass dieses am Ende der Periode bis zur zweifachen, wenn nicht zur dreifachen der ursprünglichen Grösse gelangt. Von den früheren Forschern hat nur LevuckArr einiges über die Blastodermentwicklung mitgetheilt. Er behauptet (a. a. O. p. 18 u. Fig. 7), dass das ganze Pseudovum sich einfach »in gekernte "Zellen verwandelt«, welche einen Zellenhaufen bilden. — Dies ist aber nicht der Fall, da die Blastodermzellen, wie wir gesehen haben, sich nur an der Peripherie des Pseudovums befinden und in der Form einer, den Dotter umgebenden Blase, nicht aber in der eines Haufens sich umlagern. Ferner ist noch hervorzuheben , dass LeuckArr die einzelnen Keimzellen noch an einem sehr kleinen Pseudovum abbildet (s. seine Fig. 7), während sie erst viel später und in einer ganz anderen Form (sie werden nämlich niemals sechseckig, wie sie Levckarr abbildet) erscheinen. | LEucKART glaubt, dass die Kerne der ersten Keimzellen durch Knospung des Keimbläschens ihren Ursprung nehmen (a. a. ©. p. 19). Er that es nämlich auf dem Grunde einer Beobachtung, als er das un- veränderte Keimbläschen (»der Kern der primitiven Keimzelle« [L.] mit einem kleineren hellen Kerne im Zusammenhange aufland (a. a. O. Fig. 6). Wir haben indessen schon oben gesehen , dass die Kerne der Blastodermzellen sich auf eine ganz andere Weise bilden, wobei das Keimbläschen nichts weniger als unverändert bleibt. So viel ich nach der Abbildung von Levckart (a. a. O. Fig. 6) urtheilen kann, hatte dieser Forscher ein durch Wasser verändertes Pseudovum vor Augen, Embryologische Studien an Insecten, 441 wobei sich eine Anzahl Vacuolen, von denen eine neben dem Keim- bläschen lag, gebildet haben. — Es giebt auch sonst Beweise genug ‚der Unrichtigkeit der LeuckArr'schen Beobachtung; so zeichnet dieser Forscher (a. a. ©. Fig. 6) die muthmasslichen Keimkerne an einem Stadium, als das Keimbläschen noch seinen Keimfleck nicht verloren hät, was mit meinen oben ausführlich dargestellten Beobachtungen ganz unvereinbar ist. Man kann überhaupt die Beobachtungen von LevckArr über die ersten Vorgänge der Aphidenentwicklung als unzureichend betrachten: so hat er z. B. nicht einmal die Existenz eines besonderen centralen -Dotters wahrgenommen, während er einen »sehr frühen Unterschied zwischen peripherischen und centralen Zellen« behauptet, der ja gar nicht existirt, da überhaupt in der ganzen ersten Entwicklungs- periode bei Aphis keine centrale Zellen vorfinden. Zweite Entwicklungsperiode. Vonder erstenBildung des Embryobis zum Entstehen der Extremitäten. Wir haben gesehen, dass am Ende der vorhergegangenen Periode ‚die Keimzellen in Form einer Schicht die Dottermasse umgaben. Es wurde schon hervorgehoben , dass nur am unteren Pole der Dotter an seiner Unterseite frei bleibt, ohne von Keimzellen bedeckt zu werden. — An diesem Pole bemerkt man zuerst das weitere Wachsthum, d. h. die ersten Momente der zweiten Entwicklungsperiode. — Der hier liegende Theil des Blastoderms, resp. der des Dotters wächst mehr in die Länge, wobei er in Gestalt eines cylindrischen Wulstes hervortritt (Fig. 9 u. 10, w). — Die Zellen, welche an der Peripherie desselben liegen scheinen einer Vermehrung durch Theilung unterworfen zu sein, weil ihre Kerne eine bedeutende Grössenabnahme erleiden (Fig. 10, c). Jedenfalls scheint die Rolle dieser Zellen,‘ wie die des ganzen Gebildes überhaupt keine sehr wichtige zu sein, indem man an späteren Sta- dien die früher sehr deutlichen Zellenkerne oft vermisst (Fig. 11, w). — Nachher bemerkt man, dass der beschriebene Wulst mit der epithe- lialen Haut des Keimfaches verschmilzt (Fig. 12, w), um ein besonderes, auch an späteren Stadien wahrnehmbares Organ darzustellen (Fig. 13 u. ff., w). Dieses löst sich natürlich von dem Embryo los und verliert jede active Bedeutung bei dessen weiterer Entwickelung. Der Vorgang der Loslösung des eben beschriebenen Organes kommt durch dje Vermehrung der Blastodermzellen zu Stande. — Man bemerkt nämlich, dass noch im Anfange der zweiten Periode die Zahl 442 Elias Meeznikow, der dem beschriebenen Organe benachbarter Zellen zunimmt, so dass dadurch eine aus einer Zellenschicht bestehende Scheidewand zwischen dem Embryo und dem cylindrischen Organe (so wollen wir das be- treffende Gebilde nennen) entsteht (Fig. 10, m). — Dieser Umstand verursacht eine Umänderung in der Form des activen Eies, welche jetzt aus der birnförmigen (Fig. 9) in eine ovale übergeht. Die Zellen der neugebildeten Scheidewand vermehren sich fort- während, wobei ihr Protoplasma miteinander verschmilzt, ohne die Conturen einzelner Zellen, wie am Blastoderm, zu zeigen (Fig. 14, m). Es entsteht also ein Haufen von Zellen, deren Kerne weder in derFornı, noch in der Grösse sich von den Blastodermkernen unterscheiden. — Dieser Zellenhaufen vergrössert sich und bildet bald einen kleinen, runden in den centralen Dotter hineinragenden Hügel (Fig. 12, m). Während der Bildung dieses Gebildes, das wir nunmehr als Keimhügel bezeichnen wollen, gehen auch bemerkenswerthe Ver- änderungen in den übrigen Partieen des Eies vor sich. — Zunächst ınuss hervorgehoben werden, dass die Blastodermzellen bedeutend an Grösse zunehmen, besonders die des oberen Poles, welche jetzt die cylindrische oder sogar die conische Form annehmen. Die weiteren Veränderungen betreffen den centralen Dotter. Seine einzelnen Bestandtheile, d. h. die wasserhellen Dotterkörner ver- schmelzen sich in eine compacte granulose Masse, in welcher, offenbar in Folge einer Zusammenziehung, unregelmässig verlaufende Nähte entstehen (Fig. 12, vi, ü). | | Die geschilderten Vorgänge fahren immer fort. Das ganze Ei wächst, wobei man auch das Wachsthum seiner einzelnen Theile, des Blastoderms und des Keimhügels beobachtet. Der letztgenannte Theil ragt immer weiter in die centrale Dottermasse hinein und zeigt, wie vorher, eine Zusammensetzung aus verschmolzenen Zellen.— Nur eine dieser Zellen wird von den übrigen leicht unterschieden, indem ihr Protoplasma eine grüne Färbung erhält (Fig. 13, z, ®). Die Grösse dieser Zelle beträgt gewöhnlich 0,013 Mm.; der Kern und das Kern- körperchen derselben zeigen keine Unterschiede von denselben Theilen der übrigen Partieen des Embryo (d. h. des Blastoderms und des Keimhügels). Es scheint, dass das cylindrische Organ beim Wachsthume des Eies entweder gar nicht oder nur wenig an Grösse zunimmt; es ver- ändert aber die Form, indem es statt cylinderförmig zu bleiben sich jetzt mehr verbreitet (Fig. 13, w). Der Dotter zieht sich noch mehr zusammen, wobei die Zahl der Nähte um nicht Unbedeutendes zunimmt. Man erkennt jetzt, dass es Embryologische Studien au Insecten. 443 ein Rückbildungsprocess ist, was für die viviparen Aphiden ausseror- dentlich charakteristisch ist. Die beschriebene Zelle des Keimhügels mit grünem Protoplasma spielt eine wichtige Rolle, indem sie zur Bildung eines neuen Hügels führt. — Diese grüne Zelle vermehrt sich (den Vermehrungsprocess konnte ich nicht direct beobachten) und liefert dadurch eine Anzahl gleichgestalteter Zellen mit ebenfalls grünem Protoplasma, welche in Form eines Haufens sich vom Keimhügel abtrennen (Fig. 14, z, v). — Die einzelnen Zellen dieses Hügels, den ich Dotterhügel nenne, lassen sich nicht immer mit gleicher Deutlichkeit von einander unter- scheiden; gewiss ist aber, dass sie nicht wie die Zellen des Keim- hügels zusammenschmelzen. | Ich will im Voraus bemerken, dass der neuentstandene Hügel den Anfangstheil des grünen Dotters darstellt, den ich schon früher (a. a. ©. p. 130) als seeundären Dotter bezeichnete. Die grünen Zellen des secundären Dotters besitzen keine Membran; sie bestehen aus einem hellen 0,01 Mm. im Durchmesser haltenden Kerne, in dessen Innern ein kleines opakes Kernkörperchen zu sehen ist, und aus dem aus feinen grünen Körnchen zusammengesetzten Zellen- inhalte (Fig. 17 A). In Folge des Wachsthums der beiden beschriebenen Hügel nach oben verkümmert der körnige, primäre Dotter immer mehr und mehr, bis er schliesslich ganz verschwindet. Ehe das aber noch ge- schehen ist, erfahren verschiedene Embryonaltheile einige bedeutende Veränderungen, welche jetzt beschrieben werden sollen. Das Blastoderm nimmt an Dicke zu, besonders in seinem oberen Theile. Die ihn zusammensetzenden Zellen drängen sich jetzt so dicht aneinander, dass sie nicht mehr einzeln unterschieden werden können. Sie werden aber durch Einwirkung von Essigsäure deutlich, wobei man eine sehr starke Vermehrung der Blastodermkerne (resp. Zellen) durch Theilung wahrnimmt (Fig. 14 A). Die nächsten Veränderungen im Bereiche des Keimhügels bestehen darin, dass in seinem Grunde (am unteren Eipole) sich eine Ein- stülpung bildet (Fig. 15, !), womit eine Reihe sehr wichtiger Momente eingeleitet werden. Die entstandene Einstülpung hat im optischen Durchschnitte die Form eines Dreiecks, dessen Spitze nach oben ge- richtet ist. Sehr bemerkenswerth erscheint der Umstand, dass von dem obe- ren Theile des Keimhügels noch in einer sehr frühen Zeit (etwas vor der Bildung der beschriebenen Einstülpung) sich ein besonderer Ab- schnitt lostrennt aber dicht auf dem Keimhügel aufgelagert bleibt (Fig. 444 Elias Meeznikow, 15, 9). — Dieser abgelöste Theil repräsentirt die erste Genitalanlage und wird von mir deshalb als Genitalhügel bezeichnet. Seine Zu-. sammensetzung zeigt anfangs eine vollkommene Identität mit dem Baue des Keimhügels. Unser Ei repräsentirt jetzt also ein glockenförmiges dickes Blasto- derm, in dessen Raume drei neugebildete Theile: der Keim-, der Dotter- und der Genitalhügel eingeschlossen sind. Wir gehen nunmehr zur Betrachtung der weiteren Entwicklungs- erscheinungen aller dieser Gebilde über. = Von den drei erwähnten Embryonalhügeln ist der zuletzt entstan- dene Genitalhügel derjenige, welcher am längsten ohne bemerkbare Veränderungen seine Form und Zusammensetzung beibehält. Sehr rasch wächst dagegen der Dotterhügel, dessen Zellen sich durch Theilung vermehren und dadurch einen viel grösseren Umfang annehmen. Jetzt wird der primäre Dotter vollkommen verdrängt, so dass das Blastoderm mit dem secundären Dotter in unmittelbare Be- rührung kommt. Durch das weitere Wachsthum des sogenannten Dot- ters erfährt der diesem anliegende Theil des Blastoderms eine bedeu- tende Dickenabnahme (Fig. 17, am); er wird aber, wie ich auch bei anderen Insecten nachgewiesen habe, niemals durchbrochen. — Nur _ der mit dem Keimhügel in Berührung stehende Abschnitt des Blasto- derms /Fig. 17, b/) behält seine ursprüngliche Dicke und Beschaflen-— heit. — Die Zellen des verjüngten Blastodermtheiles verlieren ihre ey— lindrische und conische Form und verwandeln sich in breite, aber sehr platte, runde Zellen (Fig. 2%, 6’). Im optischen Durchschnitte haben diese Zellen ein spindelförmiges Aussehen; ihre Kerne zeigen daher eine verlängerte, mehr oder weniger ovale Form (Fig. 24, «’). Der dünne Blastodermtheil repräsentirt das von mir genannte In— sectenamnion. Dieses verbindet sich anfangs einerseits mit dem dicken, echten Blastoderm, indem es von ihm hervorgegangen ist, anderseits aber mit dem Keimhügel und zwar mit demjenigen Theile desselben (Fig. 17, 5b), welcher später zur Bildung des Deckblattes verbraucht wird. Der Keimhügel in der betreffenden Periode, d. h. im Anfange der Amnionbildung, nimmt an Grösse zu und erscheint in Form eines ey- lindrischen Zapfens mit der eingestülpten conischen Aushöhlung im Innern. In Betreff der Lage des Keimhügels muss bemerkt werden, dass er nicht gerade wie früher liegt, sondern eine schiefe Stellung annimmt, indem er mit einer Seite das dicke Blastoderm berührt, mit der anderen Seite aber in die Dottermasse hineinragt. Diese Lage ist am besten auf Fig. 47 zu sehen. Ka ee he Battzahei 4 NA ATE Bal Di De Te A en u Embryologische Studien an Insecten. 445 Während des Längenwachsthums des Keimhügels (wobei auch seine Wände an Dicke zunehmen) findet zunächst eine leise Krümmung desselben statt, welche dem Dotter zugewendet erscheint (Fig. 17). Diese Krümmung nimmt aber bald an Grösse zu, wobei man zugleich das weitere Wachsthum des Keimhügels und eine besondere Bildung seiner Wände beobachtet (Fig. 19). — Diese besteht nämlich darin, dass, während einer bedeutenden Dickenzunahme des mit dem Blastoderm in Berührung stehenden Keimhügelabschnittes, sein anderer Abschnitt, welcher sich mit dem Amnion verbindet ‘Fig. 19, b), sehr beträchtlich an Dicke abnimmt. Dieser Vorgang schreitet weiter fort, so dass spä- ter dieser Theil sich in ein dünnes Blatt umwandelt. Es muss hier noch bemerkt werden, dass während dieser Krüm- mung des Keimhügels eine eben solche Krümmung auch mit der in ihm enthaltenen eingestülpten Höhlung vor sich geht. Bevor ich zur Darstellung «er weiteren Entwicklungsvorgänge übergehe, will ich noch eines besonderen Organes erwähnen. Ich meine den bandförmigen Strang, welcher beinahe die ganze einge- stülpte Höhlung im Keimhügel ausfüllt und das obere Ende des Keim- hügels mit den an der Seite liegenden Ueberresten des früher beschrie- benen cylinderförmigen Organs verbindet (Fig. 18, x). Das betrefiende Gebilde ist aber keineswegs als ein constantes Organ zu betrachten: es kommt verhältnissmässig nur an wenigen Eiern vor und ist hier nur kurze Zeit wahrzunehmen. —Das zapfenförmige Organ (so wollen wir es nennen) in den Fällen, wo es existirt, entwickelt sich gleichzei- tig mit der früher beschriebenen Einstülpung, deren Raum es ausfüllt. Weder an frischen, noch an in Essigsäure behandelten Präparaten konnte ich die zellige Structur des genannten scheinbar homogenen Körpers nachweisen. — Die Existenz des zapfenförmigen Organes ist eine sehr kurze, was noch mehr gegen die wichtige Bedeu- tung dieses Gebildes sprechen kann. Ich habe es nur so lange gesehen, als sich die Krümmung des Keimhügels zu bilden anfing, nach dieser Zeit verwandelte sich das genannte Organ in eine später verschwin- dende körnige Masse. Die Bedeutung dieses osiworischen Örganes ist mir unbekannt geblieben. Jetzt gehe ich wieder zur Darstellung der normalen Entwicklungs-— verhältnisse über. Das wichtigste besteht in der weiteren Ausbildung der schon früher erwähnten Krümmung des Keimhügels (Fig. 20). Hand in Hand mit dieser Erscheinung geht auch das allmälige Längenwachs- thum und die Verjüngung der mit dem Amnion im Zusammenhange 446 klias Meoznikow, stehenden Hälfte des Keimhügels vor sich. Dieser verjüngte Theil ‘Fig. 20 u. 21, b) imitirt die Form des gekrümmten Keimhügels und repräsentirt etzt schon ein dünnes Blatt, welches ich als Deckblatt bezeichnet habe. — Der übrige, dicke Theil des Keimhügels differenzirt sich gleichzeitig in den wahren Keimstreifen (Fig. 20, 21,a). Das dünne Umhüllungsblatt bedeckt die ihm anliegende Fläche des Keimstrei- fens, wodurch die zwischen beiden sich befindende, früher durch Ein- stülpung entstandene Höhle sich bedeutend verkleinert. Es bleibt aber, und das ist sehr eigenthümlich, die untere Oeffnung als offener Ein- gang in die bezeichnete Höhle. Der grösste Theil des Keimstreifens wird von dem unverändert gebliebenen Blastodermabschnitte umgeben (Fig. 20, bl). Dieser setzt sich unmittelbar in das Amnion fort und zeigt, wie man es an der Fig. 20 sehen kann, eine im optischen Durchschnitte dreieckige Form. — Nur der gekrümmte Theil des Keimstreifens, welcher vom Dotter um- geben ist, wird nicht vom Blastoderm bedeckt. Das Deckblatt verbindet sich, wie ich schon oben andeutete, direct mit dem Amnion. Hierdurch wird es sehr wahrscheinlich, dass die morphologische Bedeutung beider Gebilde eine ähnliche sein muss. Aus dem Gesagten wird es klar sein, dass bei unseren Aphiden der Keimstreif nicht als eine einfache Verdickung des Blastoderms ent- steht, sondern dass er sich als eine Neubildung in Form eines Hügels bildet. Wenn wir zur weiteren Ausbildung des Embryo übergehen wol- len, so müssen wir zuerst hervorheben , dass bei seinem Längen- wachsthume der Keimstreifen sich noch mehr krümmt (Fig. 21, a); ferner, dass er sich gleichzeitig vom Blastodermabschnitte immer mehr frei macht, so dass der letztere jetzt nur den untersten Theil des Keim- streifens bedeckt (Fig. 21, b7). Neben diesen Veränderungen geschehen auch andere, welche nicht weniger interessant sind. So ist vor Allem die bedeutende Dicken- zunahme des Blastodermabschnittes zu bemerken. Dieser letztere wird dadurch viel schärfer von dem noch mit ihm im Zusammenhange sich befindenden Amnion geschieden, se dass man jetzt diesen Blastoderm- abschnitt als ein besonderes Gebilde ansehen kann. Da dasselbe in die Seitenplatten übergeht, so willich es mit dem Namen: »primitive Seitenplatte« bezeichnen. Sehr bemerkenswerth ist es, dass der von dieser Platte bedeckte Theil des Keimstreifens sich ebenfalls krümmt, weshalb er, resp. die Seitenplatte aus der verticalen in die horizontale Lage übergeht (Fig. 21 u. 22). Embryologische Studien an Insecten, 447 In Folge der angegebenen Gestaltveränderungen bekommt der Aphidenembryo eine auffallende S-ähnliche Form. — Der Uebersicht- lichkeit wegen, will ich im Voraus bemerken, dass der oberste, ge- krümmte Theil des Keimstreifens das primitive Abdomen reprä- sentirt, während sein mittlerer Theil als der Urtheil vom Thorax und vom Hinterkopf anzusehen ist. Der letzte, als Verdickung des Blasto- derms entstandene Abschnitt (Fig. 21, bl.) ist als der Urtheil des Vor- derkopfes (im allgemeinen Sinne) zu betrachten. Nur die beiden ersteren Theile werden einstweilen von dem Deckblatt bedeckt. — Bei der Entwicklung des primitiven Abdominaltheiles geschieht auch zugleich das Unsymmetrischwerden der Embryonallage. Das pri- mitive Abdomen lagert sich nämlich auf einer Seite des Embryo, und zwar fast ausschliesslich auf der rechten Seite, wie es die Fig. 25, b deutlich zeigt. — Auf derselben Seite bekommt ihre Lage auch die, einstweilen noch unveränderte Geschlechtsanlage (Fig. 22, 9). Diese steht überhaupt in einer innigen topographischen Beziehung zum pri- mitiven Abdomen, indem sie in einer Einbiegung des letzteren einge- lagert ist (Fig. 21 u. 22 9). Wenn das primitive Abdomen meistentheils sich auf die rechte Seite wendet, zeigt der primitive Thoraco-maxillartheil (Fig. 25,a) eine "mehr oder weniger starke Neigung nach der entgegengesetzten, d. h. linken Seite. — Zuweilen behält aber auch dieser Abschnitt seine frühere, verticale Lage. — Von dem angegebenen typischen Verhalten kommen auch, jedoch selten, Abweichungen vor, indem der Abdominaltheil, resp. die Ge- schlechtsanlagen, sich nicht nach rechts, sondern — nach links wenden (Fig. 21), während der übrige Theil des Keimstreifens, gerade umge- kehrt, — auf der linken Seite bleibt. In Folge der angegebenen unsymmetrischen Lage des Embryo ge- schieht es, dass der grüne Dotter sich beim typischen Verhalten, mehr nach der linken Seite wendet, wo er mit dem ganzen Keimstreifen in Berührung kommt (Fig. 26). — Zu derselben Zeit bemerkt man, dass der grüne Dotter nicht mehr, wie früher (Fig. 47, 20, 21) den ganzen oder beinahe den ganzen Raum zwischen dem Embryo und Amnion erfüllt, sondern dass er sich mehr zusammenzieht und dadurch einen zusam- menhängenden Körper bildet, zwischen welchem und dem Amnion be- merkbare Lücken entstehen (Fig. 26). — Wenn die Entwicklung so weit fortgeschritten ist, so bemerkt man noch andere Veränderungen im Embryo. — ! Eine wichtige Erscheinung besteht darin, dass sich von dem, aus dem Blastoderm entstandenen Theile des Keimstreifens ein unregel- 448 Elias Mecznikow, mässig gestalteter Abschnitt absondert (Fig. 22, d). Dieser Absonde- rungsprocess schreitet weiter fort im übrigen Keimstreifen, den Ab- dominaltheil desselben ausgenommen, so dass von ihm sich eine peripherische Schicht ablöst. Diese Schicht, wie ich im Vor- aus bemerken will, wird noch im Laufe dieser Periode zur Bildung der Segmentanhänge benutzt. — Bald nach ihrem Entstehen theilt sich in der Mittellinie diese Schicht in zwei symmetrische Hälften, welche sich von einander auf eine kurze Strecke entfernen, so dass ihre Ränder jetzt sehr scharf auftreten, wie es in Fig. 22 u. 26 angedeutet ist. — . Durch diese Auseinanderweichung der die beiden Hälften der Extremi- täten bildenden Schicht tritt die innere Fläche des Keimstreifens in einer Strecke nach Aussen hervor. — Gleichzeitig mit der Spaltung der peripherischen Schicht erfährt auch der dorsale Theil der Seitenplatten denselben Vorgang. Während früher die aus dem Blastoderm entstandene primitive Seitenplatte um den horizontalen Theil des S-förmig gekrümmten Keimstreifens einen vollkommen geschlossenen Ring bildete, zeigt sie jetzt eine verticale Zweitheilung in der Mittellinie des Rückens (Fig. 25, bl), wodurch nun die beiden definitiven Seitenplatten ihren Ursprung nehmen. Ich muss gleich hervorheben, dass die beschriebenen Spaltungs- vorgänge in der Mittellinie des Embryonalkörpers die einzigen sind, welche die bilateral symmetrische Anordnung desselben aufweisen, und dass mit anderen Worten, bei unseren Aphiden keine sog. Keimwülste an dem betreffenden Stadium vorkommen. — Um die Beschreibung der betrachteten Entwicklungsstadien zu schliessen, muss ich noch ein paar Worte über das interessante Ver- halten des Amnion zu derselben Zeit hinzufügen. | Wir haben gesehen, dass das, aus dem verjüngten Theile des Blastoderms hervorgegangene Amnion sich in unmittelbarer Verbindung mit der primitiven Seitenplatte befand. Diese Platte war aiso der einzige, vom Amnion unbedeckte Embryonaltheil. Um dies auszufüllen, bildet sich nun eine ringförmige Amnionfalte (Fig. 22, 25, am.f) welche, nebst einer Falte der Seitenplatten, allmälig den ganzen früher unbedeckten, aus dem Blastoderm entstandenen Vorderkopfabschnitt umhüllt (Fig. 25, 27, 27 A, 28, am. f.) — Die erwähnte Falte der- Seitenplatten, welche nebst der Amnionfalte wächst, repräsentirt, wie bei anderen Insecten, die sog. Scheitelplatten; die Verbindung der- selben mit dem Deckplatte ist bei Aphis viel undeutlicher, als bei CGorixa ausgesprochen. — ‘ Jetzt ist nur noch zu bemerken, dass gegen das Ende der zweiten Embryologische Studien an Insecten. | 449 Entwicklungsperiode, der ‘ganze Embryo vom Amnion vollkommen umhüllt wird. | Die weiteren Entwicklungsstadien geben uns Aufschluss über die morphologische Bedeutung verschiedener, den Aphidenembryo bilden- den Theile. Dies geschieht in Folge der Extremitätenbildung. — . Ich hob schon früher hervor, dass eine besondere peripherische Schicht entsteht, welche sich in der Mitte in zwei Hälften theilt. Das Breitenwachsthum dieser Schicht lässt sich zunächst auf dem verticalen Abschnitte des Keimstreifens wahrnehmen, indem die Ränder dersel- ben an dieser Stelle frei hervorragen. Zugleich bemerkt man, dass der hervorragende Rand der Extremitätenschicht wellenartig begrenzt wird, und dass er, mit anderen Worten, drei rundliche Erhebungen an sich wahrnehmen lässt (Fig. 27, p!, p?, p?). Diese Gebilde repräsen- tiren, wie es sogleich näher erörtert wird, die ersten Anfänge der drei Fusspaare. — Obgleich diese schon recht deutlich angelegt sind, so konnte ich doch noch nicht die gleichen Anlagen zu den übrigen Gliedern (mit Aus- nahme des zweiten Maxillenpaares) unterscheiden. — Zu derselben Zeit fällt es aber in die Augen, dass der horizontale Theil des Keimstreifens, anstatt, wie früher, gerade zu verlaufen, jetzt, in Folge des Längen- wachsthums, sich mehr :bogenförmig krümmt, wobei sein vorderes (dem Dotter zugewandtes) Ende in die Höhe vorspringt, weshalb es nicht mehr von den Seitenplatten umgeben wird (Fig. 27). Dieses Ende dient als Träger des zweiten Maxillenpaares, welches aus der peripherischen Schicht des ersteren hervorgeht. — Wenn man den Embryo im betreffenden Entwicklungsstadium von der Rückenfläche (auf welcher der Dotter liegt) ansieht, so bemerkt man, dass der dem angegeben horizontalen Ende des Keimstreifens entsprechende Theil in der Mitte einen Einschnitt zeigt (Fig. 27 A), so dass das ganze Ge- bilde aus zwei Hälften zusammengesetzt erscheint. Dieser Theil, wel- cher nur die peripherische Schicht der angegebenen Partie des Keim- streifens repräsentirt, bildet nun die Anlage zum zweiten Paare der Maxillen, "und zeigt insofern ein ganz merkwürdiges Verhalten, als in ihm die zweite Maxille der beiden Körperhälften zusammen enthalten ist. Später, im Laufe der dritten Periode, bemerkt man erst, dass aus dem beschriebenen einfachen Stücke sicb>die beiden Maxillen des zweiten Paares absondern. / Wie bemerkt, habe ich an den Stadien, an welchen ich die be- schriebenen Anlagen der Beine und der zweiten Maxillen beobachtete, noch nichts von den Mandibeln, ersten Maxillen und Antennen auf- finden können., Wenn ich deshalb die Existenz der beiden ersteren 450 P Elias Meeznikow, Gebilde (Mandibeln und ersten Maxillen) an dem betreffenden Stadium noch nicht mit Bestimmtheit leugnen darf, so kann ich das unbedingt in Bezug auf die Antennen thun, indem ihre Abwesenheit zu derselben Zeit (Fig. 27) sehr leicht constatirt werden kann. — Alle noch fehlenden Anhänge: Mandibeln,, erste Maxillen und As tennen werden erst im folgenden Stadium dendech sichtbar (Fig. 28). — Die ersteren entstehen genau ebenso wie die Beine aus der periphe- rischen Schicht der horizontalen Keimstreifabschnitte (Fig. 28, md.). Zwischen den Mandibeln und dem ersten ara ag nimmt die erste Maxille ihren Ursprung (Fig. 28, ma"). Die Antennen erscheinen als eingeschnittene Theile der Seitenplat- ten (Fig. 28, at), und zwar entstehen sie gewöhnlich aus dem vorderen Abschnitte derselben. Anfangs zeigt die primitive Antenne dieselbe runde Form, ebenso wie die übrigen Extremitäten. Zur Zeit der Bildung der zuletzt erwähnten Glieder sondern sich die früher entstandenen (Beine und zweiten Maxillen; mehr von einander, so dass sie jetzt nur mit ihren Basaltheilen zusammenhängen 'Fig. 28). — Gleichzeitig unterscheidet man, dass jeder Segmentanhang aus zwei Zellenschichten besteht, von denen die eine central, die an- dere peripherisch liegt. — Diese Bauverhältnisse wollen wir aber erst im nächsten Abschnitte, im Zusammenhange mit den weiteren Momen- ten der Gewebeentwicklung berücksichtigen. Jetzt will ich andere Erscheinungen hervorheben , welche gleich- zeitig mit der Differenzirung der Extremitäten vor sich gehen. — Was den Keimstreif selbst betrifft, so ist zu bemerken, dass er erst jetzt die den Extremitäten correspondirenden Einschnürungen, welche die ein- zelnen Segmente andeuten, zeigt. In der Mitte des Keimstreifens mar- kirt sich auch deutlicher die den Embryo in zwei symmetrische Hälften theilende Furche, trotzdem, dass an ihm keine scharf differenzirten Keimwülste wahrzunehmen sind. | Wichtige Veränderungen erleidet zu derselben Zeit der Kopf. — Wir sahen bereits, dass er, mit Ausnahme des die Mundwerkzeuge resp. ihre Segmente bildenden Theiles, direct aus dem zurückgeblie- benen Blastodermabschnitte entstanden ist. Wir haben aber nicht die sogenannten Kopfwülste von den Seitenplatten als besondere Gebilde unterschieden, indem sie als solche in unserem Falle nicht vorhanden sind. Die Seitenplatten bilden nur die seitlichen Theile, welche mit dem mittleren dickeren Abschnitte, der wohl als Analogon des Kopf- keimstreifens anzunehmen ist, sich in unmittelbarem Zusammenhange befinden. | Wenn wir nun den so gebildeten Kopf in dem Stadium, wo alle Embryologische Studien an Insecten. 451 Extremitäten schon angelegt sind, betrachten, so finden wir, dass sein mittlerer Theil jetzt bedeutend an Dicke zugenommen hat, wo- durch die zwischen ihm und dem horizontalen, den Mundwerkzeugen correspondirenden Theile des Keimstreifens, vorhandene dreieckige Höhle viel kleiner geworden ist. Ferner ist zu bemerken, dass diese Höhle jetzt von besonderen Zellen mehr oder weniger (Fig. 28 d) er- füllt wird, und zwar von denjenigen Zellen, welche ihren Ursprung offenbar dem früher erwähnten und auf der Fig. 22 d. abgebildeten Körper verdanken. Diese Zellen (Fig. 28A) messen im Allgemeinen 0,042 Mm. in der Länge ; sie erscheinen unter verschiedenen Formen, als spindelförmige, dreikantige und unregelmässig viereckige und polygonale Zellen, welche, ausser dem homogenen grünlich gefärbten Inhalte, noch im Innern einen runden, glashellen Kern besitzen. Diese weiteren Veränderungen unterworfenen Zellen repräsentiren, wie ich im Voraus bemerken will, die ersten Zellen des Fettkörpers. — In dem zuletzt betrachteten Stadium, welches die zweite Ent- wicklungsperiode beschliesst, finden wir die erste Anlage des Mundes. Dieser entsteht als eine kleine, trichterförmige Einstülpung in der Mitte des vorderen Kopfabschnittes, an der den neuentstandenen Antennen naheliegenden Stelle (Fig. 28, o.). — | Wir kommen somit zum Schlusse der zweiten Entwicklungsperiode. Um deren Darstellung aber zu vervollständigen, müssen wir noch des letzten Abschnittes des Keimstreifens, welcher auf der rechten Eifläche sich eingelagert hat, resp. der Genitalanlage Erwähnung thun. — Der Keimstreif, nachdem er den Gipfelpunct des Pseudovum er- reicht hat, wendet sich nach unten und wächst in dieser Richtung so lange, bis er zum ursprünglichen Kopftheile gelangt (Fig. 27). Dabei bleibt er in einer solchen Nähe zum mittleren, thoracalen Abschnitte des Keimstreifens, dass er ihn beinahe berührt. Dieser, nach unten gebogene Theil des Keimstreifens, welcher das Urabdomen repräsentirt, erscheint in Form eines breiten, in der Mitte concaven Bandes. Wenn seine Breite gleich der Breite des übrigen Keimstreifens ist, so gilt das- selbe nicht in Bezug auf seine Dicke, welche ungefähr halb Mal so gross ist, wie die Dicke der beiden vorderen Keimstreifabschnitte. Nur das unterste Ende vom Urabdomen erscheint viel dicker als sein ganzer übriger Theil und das ist ja dasselbe Ende, an dem der Keimstreif mit dem Deckblatt sich verbindet, oderin dasselbe übergeht (Fig. 21, 22, 24). Dieses Ende, welches anfangs sich in verticaler Richtung befin- det, krümmt sich gegen den Schluss der zweiten Entwicklungsperiode in der Weise, dass es eine horizontale Lage annimmt (Fig. 28, r); dabei 452 Elias Meezuikow, zeichnet es sich ausserdem noch durch eine bedeutende Dickenzunahme aus? od aan FERN Nebst dem Urabdomen wächst auch der respective Theil des Deck- blattes (Fig. 21, 22, db), welches sich bald aber so ausserordentlich verjüngt, dass man es nur am Hinterende wahrnimmt (Fig. 28, r). Was die topographische Lage des Urabdomens') betrifft,. so muss bemerkt werden, dass dieser Theil sich auf eine, in den meisten Fällen auf die rechte Seite wendet (Fig. 25 ab), weshalb er auch nur von dieser Seite gesehen werden kann (vgl. Fig. 26 u. 27). Uebrigens kommt diese seitliche Lagerung erst in der Mitte der zweiten Periode zu Stande, zur Zeit der anfänglichen Differenzirung des Kopfes. — Auf derselben Seite wie das Abdomen und in dessen Concavität liegt die unpaare Genitalanlage, deren erste Bildung ich schon oben erörtert habe. Bemerkenswerth ist es aber, dass im Laufe der ganzen zweiten Periode dieses Organ, welches sich so frühe abgesondert hat, sich beinahe unverändert verhält. In der That, wir bemerken an ihm weder Structur- noch Grössenveränderungen, wie es an den Fig. 19, 21, 22, 27, 28, g zu sehen ist. — Die Lageveränderungen , welche die Genitalanlage zeigt, folgen durchaus denen des Urabdomens und be- stehen demnach aus einem Vorrücken auf die rechte Seite, während dieses Organ sich früher in der Mitte des Pseudovum und am Gipfel des Keimhügels befand. (Fig. 19, 9). — Zum Schlusse will ich noch ein paar Bemerkungen über die histo- logische Structur des Embryo während der zweiten Entwicklungs- periode mittheilen. Im Keimstreifen selbst können wir unmöglich eine Spaltung in einzelne Keimblätter wahrnehmen, obwohl wir schon eine verschie- dene Anordnung der ihn zusammensetzenden Elemente deutlich er- kennen. Von den Zellen des Keimstreifens kann man nur die hellen Kerne mit je einem kleinen Kernkörperchen unterscheiden, während ihr Protoplasma zusammengeflossen zu sein scheint. Die hellen Kerne liegen in mehreren, selten regelmässig geordneten Schichten ; dabei findet man, dass, während die auf der convexen Fläche‘ liegenden Kerne rund bleiben (Fig. 23, A, a”), sich die anderen, auf der conca- ven Fläche befindlichen Kerne in die Breite ausziehen (Fig. 23 A, 5"). — Die, die ursprünglichen Seitenplatten zusammensetzenden Zellen ‘) An diesem, beiläufig bemerkt, sind einstweilen ebensowenig wie am Keim- streif des Thorax eine mittlere Furche, resp. die Keimwülste zu unterscheiden. Embryologische Studien an Insecten. 453 unterscheiden sich insofern von den übrigen , als sie vollkommen von einander getrennt bleiben und dabei eine mehreckige Gestalt anneh- men (Fig. 23, B). Die mit einem Kernkörperchen versehenen Kerne solcher Zellen sind oval und hell, wie die übrigen. Ueber die Structur der übrigen Embryonaltheile habe ich schon oben das von mir wahrgenommene mitgetheilt.— Dritte Entwicklungsperiode. -Definitive Ausbildung des Embryo. Im Laufe dieser letzten Entwicklungsperiode erfährt der Aphiden- embryo bedeutende Veränderungen, welche dazu dienen, um seine so sonderbar gelagerten Urtheile in eine definitive, normale Lage zu brin- gen. Ausserdem aber finden während derselben Periode noch ver- schiedene Vorgänge der Organenbildung statt. — Wir halten es dem- nach für gerechtfertigt, die folgende Beschreibung in zwei diesen bei- den Verhältnissen entsprechende Abschnitte zu theilen. 4. Die allgemeine Umbildung des Embryo. Im Anfange der jetzt zu behandelnden Entwicklungsperiode liegt der Embryo in derselben Weise, wie wir es zum Schluss der vorigen Periode beschrieben haben. — Der Urtheil des Kopfes befindet sich noch fortwährend am unteren Pole des Pseudovum und nimmt erst später seine definitive Lage an. Der Urtheil des Thorax, welcher bei- nahe die ganze Länge des Pseudovum einnimmt, ist mit seiner Bauch- fläche gegen das Innere des Pseudovum zugekehrt, während seine ent- gegengesetzte Fläche, welche später in das Innere des Embryo über- geht, jetzt sich dicht an das Amnion anlegt. Das Abdomen behält auch seine frühere Lage, indem es bis zum Kopfe heranreicht und einer- seits mit dem Thorax, andererseits mit der grünen Masse des secundä- ren Dotters, resp. mit der Genitalanlage in Berührung kömmt. — Der ganze Embryo wird, wie vorher, vom übrigens bedeutend verjüngten Amnion wie mit einer Glocke umgeben, behält aber vom Faltenblatte nur den Theil, welcher mit dem Endabschnitte des Urabdomens zusam- menhängt. i Die noch in der vorigen Periode gebildeten Extremitäten fahren in ihrem Wachsthume fort, wobei man an ihnen eine Theilung in eine Haut- und eine Muskelschicht sehr deutlich wahrnimmt (Fig. 29, 30). Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 34 454 - Elias Meeznikow, Wenn die verschiedenen Embryonaltheile den oben angegebenen Entwicklungsgrad erreicht haben, fangen sie an, sich in einer beson- deren Weise zu verrücken. — Man bemerkt zunächst, dass die, den Kopf zusammensetzenden Theile sich theilweise nach vorne, theilweise aber nach hinten wenden. So finden wir namentlich, dass der Vor- derkopf sich auf einen gewissen Grad nach oben schiebt, so ungefähr, dass sein Niveau in dieselbe horizontale Ebene kommt, wo sich die Kopfplatten endigen (vgl. Fig. 29 u. 30, v). Die letzteren aber verän— dern ebenso wenig, wie die, mit ihnen zusammenhangenden Antennen ihre Lage, so dass man diese Gebilde als einen festen Punct für die respective Lage anderer Theile benutzen kann. — Nebst dem Vorder— kopf erfährt auch der mit ihm in Verbindung stehende, noch blindge— schlossene Oesophagus eine entsprechende Lageveränderung, indem sein vorderes Ende nach oben rückt. Der Theil des Keimstreifens, welcher die primitiven Mundtheile trägt, wendet sich zu gleicher Zeit nach hinten resp. nach oben, was zur Folge hat, dass er seine definitive Richtung erhält. Die Ursache der angegebenen Lageveränderung be-— steht sicher in einer Zusammenziehung des, die Mundtheile tragenden Theiles vom Keimstreifen, weshalb er sich auch merklich verkürzt. — Bevor ich zu anderen Entwicklungserscheinungen übergehe, will ich hier noch bemerken, dass, zur Zeit der beschriebenen Veränderun— gen, die embryonalen Theile vollkommen ihre symmetrische Lage er— halten. Der grüne Dotter kommt jetzt gerade in die Mitte des Pseudo- vum zu liegen, wobei auch die Genitalanlage, ebenso wie das Urabdo— men eine ähnliche Lageveränderung erfahren. Diese steht auch in Beziehung mit der Grössenzunahme der Genitalanlage, welche, bei ihrem Wachsthum, die Form eines breiten, unter dem Dotter liegenden Bandes annimmt (Fig. 29, 30, 9). — Wenn dabei der Urtheil des Tho- rax keine besondere Veränderung erleidet, so gilt das nicht für das Abdomen, welches gerade die bedeutendsten Verschiebungen erfährt. Im Allgemeinen folgt die Lageveränderung des Urabdomen demjenigen Gang, welchen der Vorderkopf bei seinem Verrücken zeigte und wel- cher in einer Verschiebung nach oben von etwa 40° besteht. Das Ab- domen zeigt somit eine Streckbewegung und erhält eine bei- nahe völlig horizontale Lage. Dabei erfährt besonders sein Endab- schnitt eine auffallende Lageveränderung, wie man es aus dem Ver- gleiche der auf Fig. 29 u. 30 abgebildeten Stadien leicht ersehen kann. — In Folge dieses Verrückens des Urabdomen, zieht sich auch der grüne Dotter, resp. die Genitalanlage nach oben, so dass der erstge- nannte wiederum an den oberen Pol des Pseudovum gelangt, wie es schon einmal in der vorhergehenden Entwicklungsperiode der Fall war. Embryologische Studien an Inseeten, 455 Während der beschriebenen topographischen Vorgänge kommen auch einzelne morphologische Veränderungen zum Vorschein. — Der Keimstreif erfährt eine Dickenzunahme, wobei man noch immer die einzelnen Thoracalsegmente nur äusserst schwach wahrnimmt. Etwas deutlicher erscheinen die Segmente am Abdomen, welche sich erst jetzt in ihrer definitiven Neunzahl bilden. Nachher aber, wenn das Urab- domen seine, später zu beschreibenden Lageveränderungen erfährt, werden die einzelnen Segmente dieses Körperabschnittes viel undeut- licher und oft sogar völlig unsichtbar. — Eine bedeutende Verdickung erfahren die Kopfplatten, welche sich bald zum Hirne ausbilden , wo- rüber ich noch weiter mittheilen werde. Die Keimwülste werden zu betreffender Zeit am ganzen Embryo- nalkörper deutlich wahrnehmbar. Wenn sie aber am Kopf — und Thoracaltheile sich verhältnissmässig nur schwach auszeichnen, so er- fahren sie am Abdomen eine so auffallend starke Entwicklung, dass sie den genannten Körperabschnitt vollkommen in zwei getrennte symmetrische Hälften theilen. Noch am Anfang der jetzt zu behandelnden Entwicklungsperiode war der Embryo vollkommen vom sog. Amnion umschlossen (Fig. 29 am). Zur Zeit der beschriebenen Lageveränderungen aber fängt das Amnion an die sämmtlichen Embryonaltheile zu umwachsen, weshalb es nun mehr den Charakter einer geschlossenen Blase verliert (Fig. 30). Das Amnion behält nur an demjenigen Theile seine frühere Be- schaffenheit, wo sich der peripherische Theil des Keimstreifens befin- det (Fig. 30 am). — An dieser Seite findet ein rasches Wachsthum des Fettkörpers statt, welches durch Vermehrung der, diesen zusam- mensetzenden mannigfaltig geformten Zellen bedingt wird. Bei weiterer Entwicklung spielt die Lageveränderung des Urab- domens eine wichtige Rolle. Der genannte Körperabschnitt, nachdem er die auf der Fig. 30 dargestellte Lage angenommen hat, zieht sich weiter hinauf, zum oberen Pole des Pseudovum. Er macht also wiederum eine kreisende Bewegung, wobei er im Ganzen einen Winkel von ungefähr 90°. beschreibt. — Am Schlusse der aufsteigenden Be- wegung überschreitet das Hinterende des Urabdomen sogar den oberen Pol durch gänzliche Ueberbeugung (Fig. 34). — Der Keimstreif wird dabei gezwungen sich verschiedenartig zu krümmen, da er ja jetzt nur einen viel kürzeren Raum in Anspruch nimmt (Fig. 30 und Fig. 34) und besonders, da er noch nicht begonnen hat, sich zusam- menzuziehen. Die grösste Krümmung zeigt uns dabei das Urabdomen, welches jetzt sich als ein, in der Richtung des Thorax verlaufender Abschnitt erweist (Fig. 34). Eine andere Krümmung entsteht an der 31% 456 Elias Mecznikow, Stelle, wo sich der mittlerweile abgesonderte Kopfabschnitt von Ben Urtheile des Thorax abtrennt {Fig. 34.) Nebst der beschriebenen Bewegung des Urabdomen erfahren a die mit ihm zusammenhängenden Gebilde eine ähnliche Lageverände- rung. So ist namentlich hervorzuheben, dass die Masse des secundä- ren Dotters dabei seine frühere Stelle verlässt und nach dem definitiven Rückentheil des Embryo sich ‘'hinschiebt. Dasselbe ist in Betreff der Genitalanlage zu bemerken, welche mittlerweile in mehrere Ab- schnitte zerfallen ist, zu deren Besprechung ich noch später zurück- kommen werde. | Während der zuletzt beschriebenen Veränderungen verwächst das Amnion mit den Embryonaltheilen, denjenigen Abschnitt aus- genommen, welcher sich an der definitiven Rückenfläche befindet (Fig. 34, am). — Hier liegt das Amnion noch ganz lose und lässt sich schon als eine künftige Rückenwandung erkennen. — Es ist überhaupt zu bemerken, dass nach der Wanderung des Urabdomens uns der Aphi- denembryo viel charakteristischer als solcher erscheint, so dass man sich jetzt leicht die künftigen Gestaltveränderungen vorzustellen ver- mag. — Nun merken wir aber, dass der Embryo noch immer seinen, bereits deutlich abgesonderten Kopf nach unten hat, während ja beim reifen Embryo das umgekehrte Verhältniss stattfindet. Um das letztere zu erreichen, dreht sich der Embryo um seine Achse, wo- bei er eigentlich nur eine Halbumdrehung vollzieht. — Ein, im Anfang dieses Vorganges begriffener Embryo ist auf der Fig. 35 abgebildet. Man sieht, dass erst jetzt der Kopf seine Lage verändert hat, indem er sich bedeutend nach hinten zurückzog. Die Spitze des Vorderkopfes lagert sich dabei am unteren Pole des Pseudovum, während das Ende des Hirnes sich soweit an die Rückenseite zurück begiebt, dass es in einer Horizontalebene mit dem zweiten Beinpaare zu liegen kommt. — In Folge solcher Lageveränderungen nimmt auch die ganze Form des Kopfes eine andere Gestalt an, wie es an der beigegebenen Figur zu sehen ist. — Das Abdomen, sein hinteres Ende ausgenommen, streckt sich zu gleicher Zeit mehr aus, während der Thorax noch auf eine Zeit- lang seine gebogene Lage beibehält und sich erst nachher vollständig ausstreckt. Beim weiteren Fortschreiten der Umdrehung des Embryo, zieht sich der Kopf noch mehr in die Höhe hinauf. Man findet oft ein hier- her gehörendes Stadium, wo der Kopf das untere Ende des Pseudovum bereits verlassen und in der Mitte der Rückenseite seine Lage angenom- men hat. Dabei wird die frühere Stelle des Kopfes vom Thorax einge- nommen, welcher dann wieder in die Höhe steigt. — In ähnlicher Weise Embryologische Studien an Inserten, 457 geschieht auch überhaupt der ganze Vorgang der Umdrehung, in Folge dessen der Kopf, resp. die übrigen Embryonaltheile ihre normale Lage annehmen. | Nachdem der Embryo sich in angegebener Weise umgedreht hat, zeigt er eine Gestalt, wie ich es auf der Fig. 36 dargestellt habe. Der Kopf nimmt etwa ein Drittel der Länge des ganzen Pseudovum in An- spruch, wobei er, wie früher, deutlich abgesondert bleibt. Der auf ihn folgende Thorax ragt nicht ganz bis zum unteren Pole des Pseudo- vum, während das Abdomen sich soweit auf die Rückenseite begiebt, dass es das hintere Ende des Hirnes berührt und somit den grünen Dotter in sich einschliesst. — Die einzelnen Segmente verlieren jetzt ihre Deutlichkeit vollkommen, so dass sie nur selten als solche erkannt werden können. Auch die früher so scharf von einander getrennten Wülste des Abdomen ergeben sich zu dieser Zeit als vollkommen ver- wachsen. — Wir erkennen nunmehr den Aphidenembryo als den Embryonen anderer Insecten sehr ähnlich und finden keine Andeutung mehr an die so eigenthümlich verlaufenden, früheren Entwicklungs- vorgänge. Die weiteren Veränderungen zeigen demnach eine auffallende Analogie mit denen bei übrigen Insecten. Zunächst tritt eine Zusam- menziehung des Keimstreifens ein, in Folge derer sich das hintere Ab- dominalende an den unteren Pol des Pseudovum begiebt. (Fig. 37.) — Dabei erkennt man, dass der Rückentheil des ursprünglichen Am- nion jetzt die Rückenseite vollständig schliesst und sich in den äusser- sten Theil der Rückenwandung verwandelt, während der übrige Theil des Amnion sich schon längst mit den am Bauche liegenden Körper- theilen vollkommen verwachsen zeigt. | An betreffenden Entwicklungsstadien (Fig. 37) nimmt man seit- liche Ausbuchtungen der Abdominalsegmente wahr, deren ich bereits bei CGorixa gedacht habe: (Fig. 37,f); es lässt sich aber leider ihre Zahl nicht bestimmen. Sie stellen übrigens nur vorübergehende Bil- der dar und sind wohl als embryonale Andeutungen der Abdominal- glieder zu betrachten, welche nicht zu weiterer Ausbildung kom- men. Eine solche Erscheinung wurde bereits von CLAPARkDE am Ab- domen der Spinnenembryonen wahrgenommen!) und von mir bei Scorpionen ebenfalls beobachtet. Nachdem die Zusammenziehung des Keimstreifens sich vollzogen hat und die Bildung der Rückenwand geschehen, nähert sich der Em- bryo immer mehr seiner definitiven Gestalt, was. mit gewissen 4) Recherches sur l’Evolution des Araignees. 1862. p. 35. 458 .. Elias Meeznikow, ‚ organologischen Vorgängen im innigsten Zusammenhange steht. — Dabei sondert sich nämlich eine Hautschicht am ganzen Körper ab, welche nun bald eine dünne Cuticula absondert und dadurch dem gan- zen Embryo eine abgerundete,, starre Form verleiht (Fig. 46). Zu dieser Zeit erfahren alle Organe ihre definitive Ausbildung und die Keimstöcke fangen an ihre Function zu verrichten. Die Abdominal- segmentirung erstreckt sich auch auf den Rücken und wird jetzt deutlich sichtbar. Die weiteren Veränderungen beschränken sich von jetzt an nur auf einige secundäre Bildungen, wie z. B. auf die Bildung der Haare und der übrigen Cuticularanhänge. Die Cuticula selbst wird zu gleicher Zeit intensiv grün gefärbt, so dass für die Untersuchung der inneren Organe sich die Präparation als nöthig erweist. Die allgemeinen Gestaltverhältnisse des Embryo bleiben bis zu sei- ner Geburt ganz dieselben. Der Embryo erfährt nämlich keine spi- ralige Krümmung, wie es bei den meisten eierlegenden Insecten der Fall ist, sondern behält seine gerade Lage und wird nur etwas mehr platt, wie früher. Er wird bekanntlich mit seinem hinteren Ende vor- an geboren. 2. Entwicklung der Organe. t. Fortpflanzungsorgane. Ich habe bereits bei der Darstel- lung der zweiten Entwicklungsperiode hervorgehoben, dass der »secundäre« grüne Dotter und die Genitalanlage die ersten Organe sind, welche sich vom Anfang an, und zwar sehr frühe als solche diffe- renziren. — Jetzt will ich Einiges über die weitere Entwicklung dieser Gebilde mittheilen, welche eine so bedeutende Rolle in der Lebens- geschichte der Blattläuse spielen. Die Anlage des sog. Keimstockes schnürt sich im Anfang der zwei- ten Entwicklungsperiode von dem Keimhügel ab und erscheint in Form eines ovalen, unpaarigen Körpers. Seine Zusammensetzung aus Zellen mit verschmolzenem Protoplasma und runden, hellen Kernen habe ich bereits oben gedacht. — Gegen den Anfang der jetzt zu behandeln- den Entwicklungsperiode vermehren sich die Zellen der Genitalanlage durch Theilung, wodurch diese sich um nicht Unbedeutendes vergrös- sert. Dabei nimmt sie nach beiden Seiten an Breite zu, in Folge dessen sie ihre unsymmetrische Lage gänzlich verlässt. Von der Fläche aus gesehen, erscheint die Genitalanlage zu dieser Zeit hufeisenförmig, ob- gleich noch nicht ganz regelmässig auf beiden Seiten vertheilt (Fig. 38). Bald darauf zeigt auch die Structur des genannten Organes auffallende Veränderungen. Nachdem die, es zusammensetzenden Zellen ihre Embryologische Studien an Insecten. 459 Vermehrung vollzogen haben, gruppiren sie sich in einzelne runde Haufen, welche ein rosettenförmiges Aussehen darbieten und sich in den meisten Fällen in einer Zahl von zehn vorfinden (Fig. 38). Zwischen den einzelnen Zellenhaufen ist eine homogene Substanz eingelagert, in der man vergebens nach Zellen sucht und welche die Rolle eines Kittstoffes zu spielen scheint. — Wenn das betreffende Organ sich so weit entwickelt hat, theilt es sich zunächst in zwei Hälften, welche an beiden Seiten des Embryo ihre Lage einnehmen. Dann aber trennen sich die einzelnen runden Zellenhaufen von einander los und erscheinen nunmehr als ganz isolirte, in Fünfzahl jederseits nebeneinander lie- gende Körper (Fig. 34, 35, 9). An diesen tritt jetzt ein derartiger Unter- schied in der Zellenstructur hervor, dass die peripherischen Zellen sich abplatten und in ein epithelartiges Gewebe übergehen, während die centralen , mehreckigen Zellen ihre frühere Beschaffenheit behalten und sich nur durch schärfere CGontouren auszeichnen (Fig. 39). Gleichzeitig geht auch, in Folge der Vermehrung der am unteren Pole liegenden Epithelzellen, die Bildung' des Ausführungsganges vor sich, welcher anfangs noch kein Lumen besitzt und sich als ein einfacher eylindrischer Zellenstrang auszeichnet (Fig. 39). Dabei nimmt zugleich der Zellen- haufen selbst eine mehr. ovale Form an, wie es an der beigegebenen Abbildung zu sehen ist. Alle, auf einer Seite liegenden Zellenhaufen, welche sich jetzt deutlich als sog. Endfächer erweisen, vereinigen sich mit ihren kur- zen Ausführungsgängen, durch deren Verbindung ein gemeinschaft- licher Oviduct zu Stande kommt. — Jetzt müssen nunmehr die Fort- “ pflanzungsorgane als vollkommen ausgebildet betrachtet werden, was sich namentlich durch die alsbald eintretendeBildung der Pseudova ma- nifestirt.— Diess geschieht bekanntermassen in der Weise, dass die am untersten Pole des Endfaches liegende Zelle sich bedeutend vergrössert, wobei sie in ein, aus dem Endfachepithel entstandenes Follikel einge- schlossen wird und hier ihre weitere Entwicklung vollzieht. — Noch während des embryonalen Lebens der Aphisembryonen fängt die Ent- wicklung der neuen Generation an, wobei sie so weit geht, dass bei den, zum Gebären reifen Embryonen sich bereits zwei Keimfächer in jeder Eierstockröhre befinden, so dass das unterste ein Pseudovum mit ganz entwickeltem Blastoderm in sich einschliesst. Neben den eigentlichen Fortpflanzungsorganen müssen wir eines anderen Gebildes Erwähnung thun, welches sich in sicherem Zusam- menhange mit der Vermehrungsthätigkeit befindet. Ich meine damit den bereits oben besprochenen »secundären Dotter«. — Dieses Organ, ” 460 Elias Mecznikow, dessen Entstehung noch in früheren Zeiten als die der Genitalanlage stattfindet, zeigt ein auffallend dotterartiges Aussehen , besteht aber aus deutlichen grün gefärbten Zellen. Wenn es sich noch im Laufe der zweiten Entwicklungsperiode gebildet hat, bleibt es nunmehr in einem Zustande, an dem man keine morphologischen Veränderungen wahr- nimmt. Die einzigen Erscheinungen, die man dabei bemerkt, bestehen blos in einer Lageveränderung, welche von den respectiven Vorgängen “am Keimstreifen verursacht werden und deren ich schon oben Erwäh- nung gethan habe. — Im Allgemeinen ist hier zu bemerken, dass im Laufe der zweiten und theilweise der dritten Entwicklungsperiode sich der secundäre Dotter dicht an der Rückenfläche des Urabdomen an- legt, während bei weiterer Entwicklung des Embryo er allmäh- lich bis zur entsprechenden Fläche des Thorax gelangt (vergl. die Fig. 28, 30, 35). — Später, wenn die Rückenhaut des Embryo sich als solche differenzirt hat, wird der secundäre Dotter vollkommen einge- schlossen, wobei er sich auf und neben dem Fortpflanzungsapparate befindet (vergl. Fig. 37 u. 46, z, v). In dieser Lage und Bildung per— sistirt er während des ganzen Lebens der viviparen Aphide und wird leicht von dem stark entwickelten Fettkörper unterschieden. Besonders deutlich ist dieser Unterschied in den rothgefärbten Individuen von Aphis rosae ausgesprochen, wo sich neben dem gleichgefärbten Fettkörper ein hellgrüner Haufen von Zellen des »secundären Dotters « befindet. Uebrigens ist es nicht nur die Färbung, sondern auch die Beschaffenheit der Zellen, welche den »secundären Detter« vom Fett- körper unterscheidet. Dazu bedarf man eigentlich nur die Fig. 17 A und die Fig. 36 A mit einander zu vergleichen. Wenn ich, um das betreffende Organ zu bezeichnen, den Namen »secundärer Dotter« brauche, so geschieht das wohl aus mehr als einem Grunde. Zunächst ist dessen frühe Entstehung und äussere Be- schaffenheit dem echten Dotter so entschieden ähnlich, dass Huxıry meinen »secundären Dotter« schlechtweg für den wahren, dem bei anderen Insecten analogen Dotter angenommen hat, ohne das richtige Verhalten erkannt zu haben. Ferner ist auch die, sich am Rücken des Embryo befindende Lage des grünen Dotiers typisch mit der gewöhn- lichen Lage des Dotters bei Insecten sehr verwandt. Uebrigens ist da— bei zu bemerken, dass bei eierlegenden Homopteren, wo der echte Dotter sehr stark entwickelt ist, er sich in einer etwas.anderen Weise zum Keimstreifen verhält, indem er diesen von allen Seiten umgiebt, wie es im nächsten Kapitel ausführlicher erörtert wird. Embryologische Studien an Insecten. 461 2. Fettkörper. Obgleich die Entstehung dieses Organes keines- wegs in so früher Zeit wie die der vorher besprochenen Gebilde zu Stande kommt, so geschieht sie doch bereits im Laufe der vorigen Entwicklungsperiode, bei deren Auseinandersetzung es schon von mir hervorgehoben worden ist. Es ist hier vor Allem zu bemerken, dass der Fettkörper keines- wegs den grünen Dotterzellen seine Entstehung verdankt, wie es Huxıery anzunehmen scheint. Die Unabhängigkeit der beiden Gebilde erweist sich am besten an den rothen Individuen von Aphis rosae, wo die Fettkörperzellen roth, die Dotterzellen aber grün gefärbt sind. Die ersten Fettkörperzellen entstehen im Kopftheile des Embryos in Form kleiner, unregelmässig gestalteten Zellen mit homogenem grün gefärbten Inhalt (Fig. 28 A). Erst später kommen in diesen Zellen feine Körnchen zum Vorschein, welche dem ganzen Organ ein dunkleres Aussehen verleihen. — Aus dem Kopf verbreitern sich die Fettkörper- zellen an beiden Seiten des Urthorax, wie es auf den Fig. 29 und 30 zu sehen ist. | Bei weiterer Entwicklung nimmt die Masse des Fettkörpers bedeu- tend an Umfang zu, wobei zugleich die Farbe der einzelnen Zellen dunkler wird (Fig. 36 A). — Der Fettkörper umgiebt das Fortpflan- zungsorgan, resp. den secundären Dotter und erfährt somit seine defi- _ nitive Ausbildung (Fig. 37 u. 46, c, a). | ‘3. Verdauungsorgane. Bevor ich zur Darstellung der Ent- wicklung der inneren Verdauungsorgane übergehe, will ich meine Beobachtungen über die äusseren Mundtheile berichten. Im Anfang der dritten Periode behalten die vorhandenen Rudi- mente der Mundextremitäten dieselbe Form, die sie am Ende der vori- gen Entwicklungsperiode angenommen haben. Während dabei die Mandibeln und die ersten Maxillen in einer Longitudinalfläche mit den Thoracalextremitäten liegen, nehmen die zweiten Maxillen eine ganz andere Lage an, indem sie viel tiefer am Keimstreifen liegend, sich in grösster Nähe zu einander befinden (Fig. 32, ma®). Bei weiterem Wachsthum der Mundanhänge nehmen diese an Länge zu, wobei man an der ersten Maxille die erste Bildung eines Tasters wahrnimmt (Fig. 35, 36, pm). Zugleich fangen die nebenein- ander gelegenen unteren Maxillen an in eine Unterlippe zu ver- wachsen, wie es bereits von Huxıey beobachtet wurde. — Der sog. Vorderkopf, dessen Bildung ich in der vorigen Periode beschrieben habe, wächst nunmehr in die Länge, wobei er eine mehr zugespitzte Form annimmt (Fig. 36, v). 462 Elias Meczuikow, Huxrev behauptet, dass die Mandibeln und die oberen Maxillen sich bei weiterer Entwicklung in zwei kleine formlose Zapfen verwan- deln. Ich habe indessen diese Vorgänge anders gesehen. Neben dem Verwachsen der unteren Maxillen mit einander geschieht die Verwach- sung der Basaltheile der Mandibeln mit dem Vorderkopf (Fig. 43, md), was zur Folge hat, dass die genannten Anhänge die Form von kleinen warzenförmigen Körpern annehmen (Fig. 44, 45, md). — Anders ver- halten sich dabei die ersten Maxillen, indem sie, stets die ursprüng- liche Grösse behaltend, sich schliesslich in zwei dornartige Gebilde verwandeln (Fig. 45, ma’). — Während dieser Veränderungen kommt die Bildung der aus der Unterlippe entstandenen Rüsselscheide zur Vollendung, indem sie die ihr eigenthümliche rinnenförmige Gestalt annimmt und sich dabei in drei ‚Segmente theilt. Es muss noch eines Körpers Erwähnung geschehen, welcher sich unter dem Vorderkopf bildet und, dessen Form annehmend, sich mit Chitinstäbchen versieht. — Diese Verhältnisse sind an den Fig. 43, 44 u. 45, t dargestellt. Aus dem oben gesagten erklärt sich schon, dass bei Aphis (und so ist es auch bei anderen Homopteren) die Mandibeln und Maxillen durchaus nicht zur Bildung der langen Stilette des Rüssels dienen, wie es jetzt allgemein angenommen und wie es auch in der That bei He- teropteren der Fall ist. Bei der Häutung der Aphisembryonen fallen so- gar die letzten, oben beschriebenen Spuren der beiden genannten Extremitäten ab. — Die Rüsselstilette bei Homopteren bilden sich aber auf eine ganz besondere Weise. Sie werden von besondern Körpern secernirt, welche jederseits neben den Mandibeln und Maxillen im Laufe der dritten Entwicklungsperiode entstehen (Fig. 37, w). Bei ihrem Wachsthum nehmen diese Körper bald eine retortenförmige Ge- stalt an, wie es auf der Fig. 53 abgebildet ist; es schnürt sich dann von ihnen eine dünne peripherische Schicht ab, welche das Licht stärker bricht und, sich verlängernd, einem schmalen Faden den Ursprung giebt. Es entstehen somit jederseits zwei solche Fäden, welche nun- mehr in die fraglichen Stilette übergehen und dabei die Fähigkeit er- halten, nach Aussen in die Rüsselscheide ausgestülpt werden zu können. Die Retortenform der beschriebenen, aus einer Menge kleiner gleich- gestalteten Zellen bestehenden Körper verursacht es, dass im ruhigen Zustande das fadenförmige Stilett spiralig aufgerollt liegt. Ehe ich zu den inneren Organen übergehe, muss ich noch hervor- heben, dass der oben heschriebene Vorderkopf sich im Laufe der Ent- wicklung noch mehr zuspitzt und in spätester Emhryonalzeit wie bei Embryologische Studien an Insecten. 463 anderen Insecten sich in die Oberlippe und in den sog. Clypeus ver- wandelt. Die in der vorigen Entwicklungsperiode stattfindende Bildung der Mundöffnung geschieht nach dem Typus der Einstülpung, wie ich es schon früher bemerkt habe. — Die anfangs kleine grubenförmige Ein- stülpung nimmt während: der letzten Periode an Länge zu, wobei sie von ziemlich dicken Wandungen bekleidet wird (Fig. 29, oe); das so entstandene, hinten blindgeschlossene Organ ist der ursprüngliche Oesophagus , welcher sich dann noch mehr verlängert und sich schliess- lich öffnet. Seine als Fortsetzung der äusseren Haut zu betrachtenden Wandungen bestehen aus einer einzigen Schicht von Zellen, deren . Protoplasma mit einander verschmolzen ist. Neben der Bildung des Munddarmes geschieht auch die Entstehung des Afterdarmes, welcher sich in dem besonderen Abdominaltheile, den ich als Rectalabschnitt bezeichne, ausbildet. — Dieser Theil kommt erst im Anfang der dritten Entwicklungsperiode in Folge einer Ab- schnürung aus dem Hinterende des Keimstreifens zum Vorschein (Fig. 29, 30, r). — Es kann leicht eine Verwechselung zwischen diesem Ab- schnitt und dem in der vorigen Periode beschriebenen Verbindungs- theile des Faltenblaites geschehen ; indessen ist zu bemerken, dass, während jener sich auf dem, dem Rücken zugewendeten Theile des Keimstreifens befindet, der erwähnte Verbindungstheil gerade auf der entgegengesetzten Fläche seine normale Lage hat. (Dieser Theil des Faltenblattes steht also durchaus in keiner genetischen Beziehung zur Afteröffnung, wie das Weısmann für Dipteren angiebt.) Bald nach Entstehung des Rectalabschnittes kommt ein canalförmiges Lumen in seinem Innern zum Vorschein, welches von einer, aus zwei Zellen- schichten bestehenden Wandung umgeben erscheint (Fig. 54, r). Später als die beiden Endtheile des Darmcanales geschieht die Bildung des Mitteldarmes. Ehe sich aber dieser Theil in Form einer differenzirten Röhre bildet, findet die Ansammlung der ihn bildenden Zellen in der Mitte des Keimstreifens statt; diese Zellenmasse, welche aus wenig von einander abgesonderten Zellen besteht, kann man ge- wissermassen als ein Homologon des Schleimblattes ansehen (Fig. 31). — Bei weiterer Entwicklung sieht man die erwähnten Zellen sich in einen röhrenförmigen Strang gruppiren, welcher sich zuerst mit dem Oesophagus, dann aber mit dem Rectum verbindet; ob die Bildung der Darmröhre als Folge des Schliessens einer Rinne zu betrachten sei, kann ich nicht entscheiden, obwohl mir diess sehr wahrscheinlich zu sein scheint. — Der eben gebildete Mitteldarm hat die Form einer, im 464 Elias Meeznikow, ganzen Verlauf gleich dicke Röhre, deren Wandungen aus einer einzi- gen Zellenschicht bestehen. Anfangs ist der Darm (der Lage des Keim- streifens entsprechend) bogenförmig gekrümmt (Fig. 36) und erst nach der Zusammenziehung des Keimstreifens nimmt er seine gestreckte Lage an (Fig. 37). Die weiteren Entwicklungsvorgänge des Darmes bestehen in des- sen Längenwachsthum und in der Bildung des Magens. Das zuletzt genannte Organ entsteht durch die Verdickung der Zellenwand des, dem Oesophagus folgenden Darmabschnittes (Fig. 46, gs und Fig. 55); die stattfindende Verdickung bezieht sich aber lediglich auf das Zellen- protoplasma, nicht auf die Zellen selbst, indem dabei keine Zellenver- mehrung geschieht. Das Lumen des auf die beschriebene Weise ent- standenen Magens vergrössert sich dann um ein Bedeutendes und gleicht deshalb dem definitiven Verhalten. — Zugleich mit der Magen- bildung geht das Längenwachsthum des eigentlichen Darmes vor sich, was zur Folge hat, dass dieses Organ eine einfache Schlinge bildet und deshalb eine trompetenförmige Gestalt annimmt (Fig. 46). — In Betreff der Structurverhältnisse des Darmcanals muss bemerkt werden, dass, zu gleicher Zeit mit den beschriebenen Veränderungen, sich eine peripherische Zellenschicht, welche dann die Muskelhaut liefert, wahr- nehmen lässt (Fig. 55, sm). (Die Marrisntschen Gefässe fehlen bekanntlich den Aphiden gänzlich.) 4. Die übrigen vegetativen Organe. Es ist mir nicht ge- lungen, die Bildung der Athmungs- und Circulationsorgane bei unse- ren Aphiden zu durchforschen. Die Bildung der erstgenannten Organe konnte ich wegen ihrer ausserordentlich späten Entstehung nicht ver- folgen, wobei die genaue Untersuchung nicht mehr möglich ist. — Ich war nicht glücklicher in Bezug auf die Bildung des Herzens, das ich nur an ausgebildeten Embryonen in Form einer sehr feinen, aus einer einzigen Zellenschicht bestehenden Röhre (Fig. 56) wahrnahm. In diesem Abschnitt will ich noch eines drüsigen Organes Erwäh- nung thun, dessen Eigenthümlichkeit in der paarigen Anordnung und in der verhilikleeine frühen Entstehung besteht. — Dieses Organ, dessen nähere Function mir unbekannt ist, entsteht auf beiden Seiten des Körpers in Form von je zwei kleinen Feltorihäniäh welche sich auf der Grenze des Urkopfes und des Urthorax befinden (Fig. 30, gl). Die Zeit des Entstehens dieser Drüsen fällt in den Anfang der jetzt behan- delten Entwicklungsperiode; die Gestalt der Drüsen ist anfangs eine ovale, wie es auf der Fig. 31 gl zu sehen ist. Bei weiterer Entwick- Embryologische Studien an Insecten. 465 lung findet eine Verwachsung der Vordertheile der beiden jederseits liegenden Drüsen, und zugleich die Bildung einer centralen Höhle in deren Innern statt (Fig. 46, gl u. Fig. 50). 5. Haut undLocomotionsorgane. Zur Zeit der Zusammen- ziehung des Keimstreifens löst sich die äussere Zellenschicht von der darunter liegenden Embryonalmasse ab und verwandelt sich dann in die Epidermis (Hypodermis Weısm.). Dieses Gewebe, welches bei aus- gebildeten Embryonen die Cuticula absondert, besteht aus kleinen, runden oder ovalen, mit einem Kerne versehenen Zellen, wie es auf der Fig. 52 abgebildet ist; die einzelnen Epidermiszellen sind durch eine Zwischensubstanz voneinander getrennt. Ich habe bereits bei der Darstellung der vorigen Periode die Theil- nahme des Amnion bei der Bildung der äusseren Haut hervorgehoben. Ich muss nur bemerken, dass das Amnion allein nicht im Stande ist die ganze Epidermis zu liefern, da es zur betreffenden Zeit aus sehr weit voneinander abstehenden, sich nicht mehr vermehrenden Zellen zusammengesetzt ist. Das Amnion spielt vielmehr dabei nur eine Ne- benrolle, wie ich es gleich, bei der Darstellung der Extremitätenent- wicklung, näher auseinandersetzen werde. Die Bildung der äusseren, sehr spät erscheinenden Hautanhänge übergehe ich mit Stillschweigen, indem alles, was ich darüber gesehen habe, nicht weit über die allgemein angenommenen Data hinausgeht. Nach ihrer Entstehung wachsen die Beine sehr bedeutend in die Länge und lassen dabei an sich mehrere Structurverhältnisse wahr- nehmen. — Im Anfang der dritten Periode erweisen sich die Beinan- lagen als aus zwei scharf voneinander getrennten Blättern beste- hende zapfenförmige Gebilde (Fig. 29, 30). Die beiden Blätter erschei- nen aus vielen miteinander verschmolzenen Zellen zusammengesetzt, wie es auf der Fig. 41, st, cu. st, pr angedeutet ist; während aber die Zellen des inneren , von einer centralen Spalte durchbohrten Blattes unregelmässig in mehreren Schichten liegen, erscheinen die des äusse- ren Blattes nur in einer einzigen Schicht gelagert; als Ausnahme ist nur das vordere Ende einzusehen, wo die Zellen des peripherischen Blattes, wie die des centralen, aus mehreren Zellenschichten bestehen (Fig. 44). — Ausser den beiden beschriebenen Blättern concurrirt auch das Amnion bei der Bildung der Beine, da es, wie ich bereits früher hervgrhob, die Beinanlagen von Aussen überzieht (Fig. 41, am) und dann mit dem äusseren Blatte verwächst (Fig. 49, am). Bei weiterer Entwicklung fangen die Zellen des inneren Blattes an, 466 Elias Mecznikow, sich in einzelne, aus mehreren Zellen bestehende spindelförmige Haufen zu gruppiren, wie es an der Fig. 49, st, c angegeben ist. Diese unter sich zusammenhängenden Haufen lagern sich in: lange Stränge, welche sich dann auf der, bereits von Weısmann beschriebenen Weise, _ in echte Muskelfasern übergehen. — Das peripherische Blatt, welches mit dem dasselbe überziehenden Amnion in ein Ganzes verwächst, ver- wandelt sich in späterer Zeit des embryonalen Lebens in die Haut- schicht, welche dann eine Cuticula absondert und schliesslich eine grüne Färbung annimmt. — Bevor dieses zu Stande kommt, bemerkt man eine locale Vermehrung der Zellen des äusseren Blattes, welche an den Grenzen der sich bildenden Segmente stattfindet. 6. Nervensystem und Sinnesorgane. Es ist ein allge- meines Gesetz, dass das Nervensystem sich grösstentheils in der Masse des Keimstreifens anlegt. So ist es auch bei Aphis. Hier ist der Um- stand wichtig, dass der morphologische Unterschied der Urtheile des Hirnes und der des Bauchmarkes ausserordentlich frühe hervortritt: während das erste sich aus dem Blastoderm, d. h. aus den, von die- sem gebildeten Seitenplatten bildet, nimmt das andere aus dem neu- gebildeten Keimstreifen seinen Ursprung. Obgleich die Masse, aus der sich das Nervensystem bildet, eines sehr frühen Ursprungs ist, so fällt doch die Differenzirung seiner Theile in eine verhältnissmässig späte Zeitperiode. Erst nach der Bildung der eben erwähnten Drüsen und mehrerer anderen Organe erfolgt die Son- derung in einzelne Bauchganglien. — Das Hirn bildet sich dagegen früher aus, indem es sich schon im Anfang der dritten Entwicklungs- periode differenzirt; dies kommt in Folge des Dickenwachsthums der Seitenplatten zu Stande, wobei sich die verschiedenen, das Hirn zu- sammensetzenden Theile anlegen. — Der dorsale Rand des eben ent- standenen Hirnes zeigt uns jederseits drei Ausbuchtungen, von denen die äusserste (Fig. 31, oc) und die innerste (Fig. 31, n?) viel kleiner als die mittlere (Fig. 31, n') erscheinen. Auf der Bauchseite können wir dagegen nur zwei gleich grosse Ausbuchtungen wahrnehmen. — Bei weiterer Entwicklung des so umgelegten Hirnes schnürt sich der- jenige Theil von ihm ab, welcher die äussere Ausbuchtung repräsen- tirte (Fig. 33, oc). Dieser abgeschnürte, spindelförmige (im optischen Durchschnitte) Hirntheil legt sich dicht an die äussere Haut an und er- weist sich als die erste Anlage des Auges. Zugleich lässt sich eine starke Grössenzunahme der mittleren Hirnausbuchtung wahrnehmen, wodurch die hinterste Ausbuchtung gegen die Hirnspitze gedrängt wird, wie es auf der Fig. 33, n? dargestellt ist. — Während der Rückentheil des Embryologische Studien an Insecten. 467 Hirnes solche Veränderungen erleidet, erfährt sein, der Bauchfläche zugewandter Theil bloss eine Dickenzunahme. Zu dieser Zeit schnüren sich auch die paarigen Anlagen der einzelnen Ganglien der Bauchkette ab, von welcher ein grösseres Unterschlundganßlion (Fig. 33, in) und drei Bauchganglienpaare wahrzunehmen sind (Fig. 33, gn' — gn?). Das Nervensystem, in der beschriebenen Ausbildung, erleidet noch manche Veränderungen, , bis es seine definitive Form annimmt. Was das Hirn betrifft, so ist das Wachsthum der inneren Ausbuchtung, resp. deren Verwandlung in einen langen, später verschwindenden zapfenförmigen Ansatz ‚(Fig. 47, 48, n?) besonders hervorzuheben. Auch ist zu bemerken, dass zu gleicher Zeit die Bildung der optischen Nerven aus dem unteren Hirntheile vor sich geht (Fig. 47, n. op). — Bei weiterer Entwicklung zieht sich die ganze Hirnmasse zusammen, wobei sich die äussere Hautschicht vollständig ablöst (Fig. 48) und durch einen bedeutenden Zwischenraum vom Nervensystem getrennt wird. — Von der Bauchfläche aus gesehen, erscheint das Hirn in Form von zwei Lappen, deren Gestalt auf der Fig. 44, n zu sehen ist. Bei der definitiven Ausbildung verwachsen die Ganglien der Bauchkette miteinander in der Weise, dass eine gemeinschaftliche Masse des Bauchmarkes gebildet wird (Fig. 46, qn); vom Unterende desselben entspringt ein paariger Nerv, welcher bis an das Hinterende des Embryo gelangt. Von den Sinnesorganen sind die Augen zu erwähnen. Wie ich es bereits früher hervorhob, entsteht das Auge aus einem äusseren Hirn- abschnitte, welcher sich in früheren Zeiten absondert und dicht an das Auge anlegt. Ein solcher runder Augenabschnitt erscheint aus einer Menge kleiner Embryonalzellen zusammengesetzt (Fe. 40), deren ver- schmolzenes Protoplasma ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen er- hält; bei genauer Beobachtung kann man auch besondere Querstreifen ‚am Augenabschnitt erkennen. Die weitere Entwicklung wird durch die Bildung des rothen Pigmentes im Innern von Zellen manifestirt (Fig. 47, oc); beim Anhäufen desselben erscheint aber das ganze Auge so stark lichtbrechend,, dass es die weitere Untersuchung nicht mehr mög- lich macht. Man erfährt nur die äusseren Veränderungen, welche in der Verwandlung der äusseren Haut in die Cornea bestehen. 468 Elias Meeznikow, Embryologie von Aspidiotus nerii, nebst Bemerkungen über die Entwiekking einiger anderen Hemipteren. Hierzu Taf. XXX. 1. : Einige spärliche Bemerkungen und Zeichnungen von Leypıe über die Entwicklung von Lecanium hesperidum ausgenommen ‚!) be- sitzt die Wissenschaft keine Notizen über die Embryologie der Coceiden. Wir hoffen diese Lücke ausfüllen zu können, wenn wir im Folgenden die wichtigsten Momente der Embryologie von Aspidiotus nerii, einer an den Blättern vom Olean der schmarotzenden Coccide geschil- dert haben. | Die Embryonen von Aspidiotus entwickeln sich bekanntlich während ihres Verweilens in den Eierstocksröhren, wobei sie in der Eischale liegen und mit dieser schliesslich nach Aussen abgelegt werden. Die Entwicklung der Eierstockseier bei unserer Coccide ist bereits von Craus untersucht und beschrieben worden.?) Ich kann aber die- sem Forscher insofern nicht beistimmen, wenn er glaubt, dass das Keimbläschen in ganz frühen Stadien unsichtbar wäre. An 0,2 Mm. langen Eiern sah ich deutlich das Keimbläschen in der Mitte durch- schimmern (Fig. 1, v, P) und beim Pressen konnte man es sogar isoli- ren. Dabei ergab sich, dass das Keimbläschen (Fig. 4 A) (in betreffen- den Stadien) einen runden, 0,03 Mm. grossen hellen Körper darstellte, in dessen Innerrf‘ nichts von einem Kernkörperchen wahrzunehmen war. Es gelang mir auch das Keimbläschen in späteren Stadien beob- achten zu können, wenn es an der Peripherie des Eies die Lage hatte (Fig. 2, v, P); es erschien zu dieser Zeit von den Seiten etwas ge- drückt, so dass es nicht mehr eine runde, sondern eine ovale Form zeigte. Dabei war schon die Entwicklung insofern manifestirt, als die ganze Peripherie des Dotters von einem structurlosen, feinste Körn- chen enthaltenden Blastem (Fig. 2, bs) umgeben war. Dasselbe hüllte auch das Keimbläschen ein, weshalb die Schicksale des letzteren mir un- bekannt geblieben sind. An der Peripherie von etwas grösseren Eiern sah ich oft einen entsprechenden Wulst des Blastems sitzen (Fig. 3, bs’), aber ich konnte in seinem Innern das Keimbläschen nicht auffinden. — 4) In dieser Zeitschrift Bd. V (1853). 2) Beobachtungen über die Entwicklung des Insecteneies. In dieser Zeitschrift Bd. XIV (1864). p. 45 u. Taf. VI. Embryologische Studien an Insecten. 469 Bald verschwindet aber dieser Wulst vollständig und dann erst kom- men die hellen im peripherischen Blastem eingelagerten Kerne der’ späteren Blastodermzellen zum Vorschein (Fig. 4, n b). Die Entstehung der letzteren konnte ich nicht unmittelbar beobachten, da sie ganz‘ plötzlich erscheinen. Ich kann nur vermuthen, dass die Kerne sich früher bilden, als man sie wahrnimmt; ich finde einen Grund dafür in meinen Beobachtungen an einigen Daphniden, wo die hellen Blasto- dermkerne ebenso plötzlich zum Vorschein kommen, obgleich sie . sicherlich früher entstehen, da bei den betreffenden Thieren eine totale Segmentation des Dott@s stattfindet. Die runden Blastodermzellen vermehren sich sehr rasch und er- halten dann je ein Kernkörperchen, welches ihnen früher fehlte. Dann verwandelt sich auch das peripherische Keimhautblastem in das Proto- plasma der Blastodermzellen, welche, wie bei den übrigen Insecten, einer Membran entbehren und in einer einzigen Schicht liegen (Fig. 5, bl). Die sog. {Polzellen sind bei Aspidiotus ebensowenig wie bei den übrigen Hemipteren vorhanden. Erst wenn die Entwicklung so weit fortgeschritten ist, dass ein Blastoderm sich gebildet hat, erhält das Ei seine definitive Grösse, die es nicht mehr überschreitet. Oft sieht man, wie ich es auf der Fig. 5 dargestellt habe, dass der Eiinhalt sich vom CGhorion mehr oder weni- ger entfernt hat; diess unterliegt aber keinen constanten Regeln, so dass zuweilen der Eiinhalt den ganzen Eiraum ausfüllt. — Die erste morphologische Veränderung im ausgebildeten Blastoderm besteht, wie es auch zu erwarten ist, in der Bildung einer, an der Seite liegenden Einstülpung (Fig 6, e), welche anfangs von ganz gleichen Wandungen umgeben erscheint. Bald treten aber ähnliche Veränderungen ein, die wir bereits bei den Aphiden kennen gelernt haben. Die Stelle, an der sich die Einstülpung befindet, ragt nach Innen als ein kleiner Wulst hinein und fängt in dieser Richtung an zu wachsen. Dabei nimmt die eingestülpte Oeffnung die Form einer queren Spalte an, was dazu dient, den Unterschied in ihren oberen und unteren Wandungen zu zeigen. Der untere Theil des entstandenen Wulstes (Fig. 7, a) nimmt bedeutend an Dicke zu und wird von den übrigen Theilen desselben von oben überdeckt (Fig. 7, b, c, Fig. 7A). Ein so gebildeter Wulst wächst in die Länge und ragt in das Innere der Nahrungsdottermasse hinein (Fig. 7). — Zu gleicher Zeit erleidet auch das Blastoderm selbst weitere Veränderungen; diese bestehen überhaupt darin, dass das Blastoderm sich stark verjüngt, mit Ausnahme derjenigen Theile, welche in der Nähe des Keimhügels liegen; von diesen Theilen erscheint besonders die untere Partie von einer hohen Bedeutung, Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 32 # i ihnt- ‘ 470 Elias Mecznikow, nn sie wen in die, Seitegnbeian en — ee übrige. ver- jüngte Blastoderm bildet das Amnion, welches gerade. bei Aspidiotus. ausserordentlich fein erscheint ‚und viel leichter als bei anderen, ver— wandten ‚Hemipteren übersehen werden kann. Das Amnion bei unserer Coceide ‚besteht, wie.gewöhnlich ‚ aus; platten, im Durchschnitte spin— delförmigen Zellem, welche ganz farblos erscheinen und nicht weit von einander ‚abstehen. .... | Beim Wachsthum des Keimahüigels. in das en Er ae lassen sich die ihn zusammensetzenden Theile Sghon ‚bestimmt deuten. — , Der. untere dickere Theil des. Hügels; wird, ‚wie,.bei Aphis, zum Querstreifen, während. der ‚obere Theil sich in das. Deckblatt ver— wandelt. Der, dem Keimhügel anliegende, verdickte Theil. des ur- sprünglichen Blastoderms, wird zu.den Seitenplatten ; die Scheitelplat— ten entstehen durch ‚das entsprechende Wachsthum der seitlichen Lappen: des Faltenblattes. i Wenn wir den Embryo im beschriebenen Zustande. a so erscheint uns sogleich seine vollständige Analogie mit dem bekannten Stadium der Aphiden: ganz auffallend. Der wichtigste Unterschied bleibt der „ dass im Eivon Aspidiotus der Nahrungsdotter in seinem frühe- ren a bleibt und nicht verschwindet, wie bei Aphis., ı Ich muss noch bemerken, dass am zuletzt beschriebenen Stadium der. Aspidiotus-Entwicklung sich ‚bereits die Anlage der symmetrischen Anordnung erkennen .Jlässt., ‚Diess ‚geschieht insofern, .als.;der, obere Theil. des Keimhügels ‚sich. in zwei Hälften theilt, was durch die Dotter— umrisse ‚(Fig. 7 A); deutlich gezeigt wird. M Zu gleicher Zeit differenziren sich einige Zellen, SE dem früher bei, Aphiden beschriebenen; »secundären ‚Dotter « Fee ‚erscheinen. Es sind die an der äussersten Peripherie des Keimhügels liegenden Zel- len., in denen man einen runden Kern und ein körnchenreiches Proto- u, wahrnimmt (Fig..7, n, d).. Anfangs erscheinen. diese ‚platten Zellen. .ungefärbt, bald a erhält, ihr, Inhalt eine, braune Färbung, was diese Gebilde besonders. von allen anderen auszeichnet. ‚Ein. auf— fallender Unterschied besteht iin.‚der Anordnung. der.den secundären Dotter zusammensetzenden Zellen, und namentlich darin, ‚dass; diese Zellen bei Aspidiotus nicht in einem Haufen, wie bei Aphis, sondern zerstreut liegen. el ei: ai Der Keimhügel, so beschaffen, wie wir ihn beschrieben haben, schreitet im Wachsthume fort, wobei er,besonders an Länge zunimmt. Esiist von selbst verständlich, dass er dabei ins Innere der Nahrungs- dottermasse eindringen muss, von welcher er deshalb ganz umschlossen wird, wie dies denn auch in Wirklichkeit geschieht. Der Keimhügel Embryologische Studien an Insecten. 4 wächst nämlich in die Höhe, während er sich im Innern des Nahrungs- dotters befindet. — Dieser Umstand macht die Beobachtung so ausser- ordentlich schwierig, dass man sich beschränkt findet, nur die wich- tigsten Momente aufklären zu können. Glücklicherweise ist man dabei immerhin im Stande die Analogien mit der Aphidenentwicklung feststel- len zu können; und das ist in unserem Falle gerade das wichtigste, da inder speeiellen Entwicklung der Organe von Aspidiotus wohl kaum bedeutende Abweichungen stattfinden. Für die Beobachtung muss man aber solche Embryonen heraussuchen , wo wenigstens ein Theil nicht vom Dotter bedeckt wird, wie das z.B. an den Fig. 8, u. 11 derFall ist. Während seines Wachsthums erfährt der Keimhügel ähnliche Ver— änderungen, wie wir es bei Aphis gesehen haben. Dabei verjüngt sich sein oberer Theil und wird zum Deckblatte. — Der verlängerte Embryo erfährt ebenfalls eine Krümmung, indem sein Abdominalende, nach- dem es den obern Eipol erreicht hat, sich nach unten wendet und bei- nahe bis zum Kopftheile gelangt (Fig. 9, 10, @ab). — Den Unterschied von der entsprechenden Bildung bei Aphis sehen wir darin, dass das primäre Abdomen bei Aspidiotus sich nicht dicht an den Thoracal- theil des Keimstreifens anlegt und dabei nicht ausschliesslich auf einer Seite befindet, wie es bei Aphis der Fall ist. Deshalb entsteht bei unserer Coccide keine solche topographische Asymmetrie des Embryo, was jedenfalls.zur Erleichterung der Beobachtung dient. Eine unsym- metrische Anordnung finden wir blos in den Kopfplatten des Aspidio- tus-Embryo, indem sie auf einen kleinen Winkel von der Richtung der Hauptachse abgewendet sind (Fig. 10, sp). Wegen der bereits hervorgehobenen Feinheit des Amnions konnte ich dessen Schliessen am Kopfe nicht beobachten ; es unterliegt aber keinem Zweifel, dass dieser Vorgang genau in der Weise, wie bei Aphis vor sich geht. Darauf deutet namentlich die so auffallende Uebereinstimmung in anderen embryonalen Erscheinungen. Das erste Erscheinen der Körpergliedmassen bei Aspidiotus wird immer durch den Dotter verhüllt, so dass es sich sogar nicht ent- scheiden lässt, ob sie aus einem »Extremitätenblatt«, wie bei Aphis ihren Ursprung nehmen. Jedenfalls kann man erkennen, dass die Zahl, Form und Lage der entstandenen Extremitäten mit denselben Verhältnissen bei Aphis gänzlich übereinstimmen. Während der Embryo sich auf angedeutete Weise weiter ent- wickelt, erfährt auch der Nahrungsdotter bemerkenswerthe Verände- rungen. In dem Maasse, als er vom Embryo verbraucht und verdrängt wird, lassen sich in ihm zweierlei Substanzformen unterscheiden ; die eine ist mit dem ursprünglichen, aus runden Körnchen bestehenden 34 * 472 Elias Meeznikow, Dotter identisch, während die andere eine Umänderung dessen dar- stellt und, namentlich sich durch einen festeren Zustand, resp. eine gelbere Färbung auszeichnet. In djesem Theile des Nahrungsdotters haben sich die einzelnen runden Körnchen zu einem Ganzen ver- schmolzen, in dem man aber dafür unregelmässige Spalten vorfindet. Ein solcher veränderter Dotter sammelt sich gewöhnlich vorne und hinten im Ei, den Embryo von diesen Seiten bedeckend (Fig. 14). — Bei weiterer Entwicklung verwandelt sich allmählich die ganze Masse des aus runden Körperchen bestehenden Dotters in die beschriebene gelbe Masse. Dabei aber verkleinert sich das ganze Volumen des Dot- ters um ein Bedeutendes und der Embryo erscheint frei vor Augen (Fig. 12). — Man unterscheidet an ihm nun schon alle Theile in ihrer embryonalen Form und bemerkt dabei wiederum eine Aehnlichkeit mit den entsprechenden Stadien von Aphis. Auch das weitere Verhalten zeigt hierin keine bedeutenden Unterschiede. Eigenthümlich erscheint aber das weitere Schicksal der Zellen des secundären Dotters. Während sie bei Aphis die ganze Zeit der Ent- wicklung fortdauerten, erfahren sie bei Aspidiotus eine rückschrei- tende Metamorphose, in Folge derer sie sich gänzlich auflösen. — Die- ser Vorgang manifestirt sich dadurch, dass die Zellen des secundären Dotters sich mit schwarzen Körnchen anfüllen und in Folge davon ihren Kern verlieren (Fig. !2 A,a); etwas später verschgelzen solche degenerirte Zellen zusammen (Fig. 12 A, b), grössere Haufen bildend (Fig 12, cd’) und erscheinen dann bloss als feinkörnige schwarze Massen. Noch später verbreiten sich die Körnchen im ganzen Leibe des Embryos und so verschwinden die letzten Spuren des ursprünglichen zelligen Dotters. Zu gleicher Zeit etwa erfährt der Embryo eine Lageveränderung, indem er sich, wie bei Aphis, um seine Queraxe halb umdreht. Erst jetzt also wird er mit dem Kopfe nach oben zu gewendet. — Nachdem der Embryo seine definitive Lage angenommen hat, gehen die letzten Entwicklungsvorgänge vor sich, welche in der definitiven Ausbildung der früher vorhandenen und in der Neubildung einzelner neuen Theile bestehen. Zu letzteren müssen namentlich die Augen gerechnet wer- den, welche in Form von Pigmentflecken entstehen, zu denen sich dann noch die Krystallkörper gesellen. Bei der definitiven Verwandlung der Mundtheile gehen ähnliche Vorgänge wie bei Aphis vor: die Mandibeln und die ersten Maxillen ver- kümmern auf ähnliche Weise, während die zweiten Maxillen verwach- sen und sich in die Rüsselscheide verwandeln. Die eigenthümliche Form der letzteren ist an der Fig. 13 zu sehen. Die bei Coceiden be- Embryologische Studien an Insecten. 473 kanntlich so langen Lancetten entstehen auf dieselbe Weise wie bei Aphis: sie werden von ähnlichen retortenförmigen Organen gebildet, welche gerade bei Aspidiotus sehr entwickelt sind (Fig. 13). Die ursprünglich grossen Beine (Fig: 12, p!—p°) verkürzen sich bei späterer Entwicklung um ein Bedeutendes; dabei theilen sie sich in einzelne Abschnitte, wie es in der Fig. 13 naturgetreu abgebildet ist. — Zu gleicher Zeit erkennt man die 9 Abdominalsegmente und die zahnartigen Anhänge am Hinterende, wie überhaupt die Cuticula, welche sich durch hellbraune Färbung besonders auszeichnet (Fig. 13). In solchem Zustande erscheinen die Embryonen als vollkommen entwickelt und bereit in ihrer Eihaut nach Aussen abgelegt zu werden. In Bezug auf die Entwicklung der inneren Organe lässt sich nur Weniges bemerken, da deren Untersuchung in Folge der Undeutlich- keit der Organe und Gewebe beinahe gänzlich unmöglich war. — Be- merkenswerth ist es, dass der Ueberrest des gelb gefärbten Dotters in Form feiner Körnchen sich im ganzen Leibe verbreitet, ohne in das Innere des Mitteldarmes eingeschlossen zu werden. Leider konnte ich bei solchen Verhältnissen nicht ins Klare über die Bildung des Darm- canals kommen; vielleicht ist es recht, wenn ich sie mit dem entspre- chenden Vorgange bei Aphis für analog halte. -— Ich muss auch be- merken, dass der Darmecanal bei Aspidiotus ausserordentlich kurz ist und dass dabei sein grösster Theil den Hinterdarm repräsentirt (wie man nach der Einmündungsstelle der Harngefässe urtheilen kann) ; so dass man sogar die Frage aufstellen muss, ob denn überhaupt bei dieser Homoptere ein Mitteldarm vorkommt? — Wenn wir annehmen, dass der Darmcanal bei Aspidiotus nur aus dem Vorder- und Hin- terdarme besteht, so erscheint uns die Thatsache sehr verständlich, dass in diesem Falle sich kein Dotter im Darmlumen befindet. Wenn ich im Laufe der ganzen Darstellung mich besonders an die Analogien mit der Aphisentwicklung gehalten habe, so muss ich jetzt ein paar Thatsachen erwähnen, wo eine solche Analogie nicht statt- findet. Vor Allem muss hervorgehoben werden, dass sich bei Aspi- diotus ebensowenig wie bei den übrigen von mir untersuchten Homopteren, etwas von der auffallenden Entwicklung der Geschlechts- organe, die ich bei Aphis beschrieben habe, auffinden lässt; und wenn ich auch die Verhältnisse der Genitalienbildung bei jenen Insec- ten nicht direet verfolgen konnte, so weiss ich doch mit absoluter Be- stimmtheit, dass bei ihnen kein Analogon des so frühe entstehenden Genitalhügels existirt. Eine andere Eigenthümlichkeit besteht darin, dass die Bildung 474 | ‚Elias Meezuikow, ‚des Fettkörpers, welche bei Aphis so frühe anfängt ,:bei Aspidiotus ausserhalb'der Grenze des embryonalen Lebens fällt. Schliesslich will ich eine Thatsache hervorheben , welche ein ge- wisses Licht auf die Fortpflanzungsverhältnisse unserer: Coceide ver- ‘breiten kann. Sie besteht nämlich darin, dass ich während des ganzen Monats April die Receptacula seminis der darauf untersuchten Weib- chen voll von Zoospermien fand. — Dieses Factum, nebst der Angabe ‚von .Craus (a.a. O. p. 45), welcher die Zoospermien bei Aspidio- tus im October fand, kann dazu dienen, um die Annahme einer Parthenogenese bei diesem Thiere einigermaassen zu beschränken. 2. ‘Die embryonale Entwicklung einiger anderen von mir untersuch- ten Homopteren ist mit der Embryologie von Aspidiotus sehr, ähn- lich. ‘Eine besondere Gleichheit in dieser Hinsicht zeigen uns, wie, es auch zu erwarten war, die nächst. verwandten. Coecus-Arten. Um das zu beweisen, will ich einige. Unterschiede hervorheben, welche ‚mir bei der Untersuchung von Goccus vitis.auffielen. Nach der Bil- .dung der Keimhaut entsteht bei dieser Art ‚die uns bekannte Einstül- pung; diese,‚bildet sich aber nicht an einer‘Seite des unteren Eiab- schnittes, wie bei Aspidiotus (Fig. 6, e), sondern gerade am unteren Eipole. Deshalb kommt es, dass der Keimhügel in einer ganz geraden Richtung nach oben wächst, ohne,sich dabei; zu biegen, wie:.es der entsprechende Theil des Aspidiotusembryo thut (Fig. 8). Wenn sich die meisten Unterschiede auf solche Nebensachen be- ziehen, so. kann man.das nicht in Bezug auf den Umstand behaupten, dass nämlich bei Coccus vitis die Bildung der Keimwülste ausser- ordentlich deutlich und früh zu Stande kommt. Gleich nach dem ersten Entstehen des Keimhügels lässt sich an seinem, dem. künftigen Keim- streifen entsprechenden Theile eine Längsfurche bemerken, welche eben die Theilung in Wülste verursacht. Wenn ich eine Beschreibung der embryonalen Vorgänge von Psylla crataegi, so weit ich sie beobachtet habe, geben wollte, so hätte ich bis ins Detail die Thatsachen wiederholen müssen , ‚die ich im Allgemeinen für Aphis:und besonders für Aspidiotus. angegeben -habe. Weniger zu erwarten war dabei. eine Eigenthümlichkeit, die ich ‚hier aus diesem Grunde auch.anführen will. Sie betrifft namentlich die Bildung eines Organes, welches ich als ein Analogon; des sog. secundären -Dotters in Anspruch nehmen: möchte. Wir haben schon Embryologische Studien an Insecten. 475 gesehen, dass dieses Organ uns auffallende Verschiedenheiten He Aphisı und Aspidi otus ‚darbot: während es beim erstgenannten In- sect sich als ein stationäres,, stark entwickeltes und in einem Haufen liegendes Gebilde darstellte, zeigte e es beiAspidiotus'gerade die um- gekehrten Eigenschaften. Wenn aber das entsprechende ördan bei Psylla in dieser Hinsicht eine grössere Aehnlichkeit mit Aphis zeigt, so unterscheidet es sich auffallend durch die Art und Weise seiner Bildung. — In einem reifen, zum Ablegen bereiten Ei der genannten Species finden wir am unteren Ende (wo sich das Eistielchen inserirt) einen runden, %, Mm. im "Durchmesser haltenden Körper, welcher, bei Häheker Betrachtung, sich als aus einer Menge dicht aneinander liegender Körperchen einer Eiweisssubstanz bestehendes Organ erweist. In diesem Organe können wir noch ebenso wenig wie im übrigen Theile des Eies eine Spur der Zellenstructur wahrnehmen. — Der Eiinhalt hesteht zu dieser Zeit viel- mehr nur aus Dotter, welcher an der Peripherie des Eies eine feinkör- nige Beschaffenheit hat und an der unteren Hälfte desselben braunröth- lich gefärbt ist. Dieselbe Färbung zeigt auch die körnige Schicht, welche das besprochene runde Organ völlig umgiebt. . Um mir über die Bildung des runden Organes Sicherheit zu ver- schaffen, musste ich also die Eierstockseier an verschiedenen Entwick- Aungsstadien untersuchen. Die Bildung des Eies selbst erfolgt auf ı eine, den übrigen Hemi- pteren analogen Weise. Im sog. Endfache liegt eine bedeutende Anzahl Zellen, von denen die untersten sich als die primitiven Eizellen erwei- ‚sen; nur eine von diesen nimmt an Umfang rasch zu und gestaltet sich zum definitiven Ei; dabei verliert sie den Keimfleck und tritt dann in das Keimfach ein. Eine solche Eizelle nimmt an Grösse zu in Folge des Zuflusses des Dotters, welcher von den im Endfache liegenden Dotterbildungszellen vorbereitet wird. Die zuletzt genannten Zellen besitzen aber keine solche Fortsätze, welche Craus (a. a. O. p. 49) bei Aphis beobachtet hat; der Zusammenhang der Eizellen mit’ den Dotterbildungszellen wird vielmehr nur durch einen einzigen Strang bewerkstelligt , welcher einen unmittelbaren Fortsatz des gemeinsamen Protoplasmas der Dotterbildungszellen darstellt. Während das Ei im Wachsthum begriffen ist, erfährt der unterste Theil der Keimfachwandung folgende Veränderung. Die früher so deutlich differenzirten cylindrischen Zellen des bezeichneten Theiles fangen an mit einander zu verschmelzen, wobei sie' ihre Kerne und Kernkörperchen verlieren und schlechtweg in eine’ structurlose _ Masse übergehen. Diese Masse wird scharf von den seitlich liegenden, 476 » Elias Meeznikow, „sehr deutlichen Zellen begrenzt und nimmt bald eine mehr abgerundete Gesammtform an. Allmählich gestaltet sie sich zu einem kugelförmigen Körper, welcher nun mehr und mehr seine Lage verändert, indem er sich in die Höhe schiebt und dabei von dem feinkörnigen, an der Peripherie des Eies liegenden Dotter umgeben wird. In gleicher Zeit wird eine derartige Veränderung in der Zusammensetzung des runden Körpers bemerkbar, dass dieser aus einer Anzahl Eiweisskörperchen bestehend erscheint. — Es erweist sich also mit absoluter Bestimmt- heit, dass der runde Körper, welcher die erste Anlage des secundären Dotters darstellt, einen umgewandelten Theil eines Keimfachwandung— abschnittes repräsentirt und dass er uns also zum ersten Male mit sol- chen Gebilden bekannt macht, welche nichtaus demEi, sondern aus einem Theile des mütterlichen Körpers ihren Ur- sprungnehmen. — Ich muss dabei bemerken, dass das beschrie— bene Organ im angegebenen Grade der Ausbildung sich schon in sol- chen Eiern befindet, welche noch kaum eine Hälfte ihrer definitiven Grösse erreicht haben und in denen auch das Keimbläschen noch mit der: besten Klarheit zu sehen ist. Es ist aus dem oben gesagten zu schliessen , dass das runde Organ unverändert bis zum Ablegen der Eier bleibt, an welchen mittlerweile sich das Chorion mit dem röhrigen Fortsatze gebildet hat und in denen man zur betreffenden Zeit auch kein Keimbläschen mehr findet. — Erst wenn im Ei sich das Blastoderm gebildet hat, kann man auch eine zellige Structur unseres runden Körpers wahrnehmen. Man unter- scheidet in diesem jetzt ausser den oben beschriebenen Eiweisskörper— chen noch eine Anzahl heller, runder, 0,01 Mm. grosser Kerne, in deren Innern sich je ein kleines Kernkörperchen befindet. Ein so ge- bildetes rundes Organ wird besonders durch seine braunrothe Farbe deutlich, welche eigentlich nicht ihm selbst, sondern der dasselbe dicht umgebenden Körnchenschicht angehört. Das runde Organ, Rudiment des »secundären Dotters«, behält seine beschriebene Beschaffenheit, resp. seine Lage am unteren Eipole bis auf eine spätere Periode der Entwicklung. — Dieser Umstand verursacht eine topographische Eigen- thümlichkeit des Psylla-Embryo, die wir kurz angeben wollen. Sie ‚besteht darin, dass der entstandene Kopf sich nicht an dem unteren Eipole befindet, da ja gerade an dieser Stelle das »runde Organ « liegt, wie es bei anderen Homopteren der Fall ist, sondern dass er an eine Seite rückt und zwar an die, welche dem primitiven Abdomen entgegen liegt. Um diese Lage sich leicht zu veranschaulichen , will ich bemerken, dass das oberste Ende des »runden Organs « das Mandibel- segment berührt. — Erst bei der Umdrehung des Embryo, wenn also Embryologische Studien an Insecten, 477 alle Körpertheile sich bereits differenzirt haben, geschieht eine Lage- veränderung des rudimentären secundären Dotters. Dies erfolgt da- durch, dass bei der entsprechenden Bewegung des primitiven Abdomen, das »runde Organ« in dessen Höhlung (welche natürlich mit Dotter angefüllt ist) übergeht. Wenn wir also das betreffende Organ an einem ‘späteren Entwicklungsstadium untersuchen, so finden wir esim - unteren Körperende eingeschlossen. Dabei nimmt es auch an Grösse zu und besonders in der Breitendimension. ‚Erst an spätesten Phasen des embryonalen Lebens treten andere Verschiedenheiten hervor, in- dem der secundäre Dotter sich in jederseits drei Lappen theilt, welche einen bedeutenden Umfang annehmen. Die innere Struciur des Or- ganes zeichnet sich zu dieser Zeit dadurch aus, dass die runden Zellen, welche den secundären Dotter zusammensetzen, scharf von einander abgrenzen, obgleich man an ihnen keine Membran unterscheidet. In den Zwischenräumen zwischen den einzelnen Zellen befindet sich die feinkörnige braunrothe Substanz, welche auch ausserhalb das ganze Organ umgiebt. — j Bei den Larven von Psylla crataegi nimmt der secundäre Dotter bedeutend an Grösse zu, behält aber dabei seine mittlere Lage _ und seine paarigen Lappen. Bei den Imagines der genannten Species lässt sich ebenfalls dieses Organ vorfinden, wobei man aber bemerkt, dass die einzelnen Zellen nicht mehr ein, aus beschriebenen Eiweiss- körperchen bestehendes Protoplasma, sondern eine stark lichtbrechende fettartige Substanz enthalten. Dicht neben den Lappen des secundä- ren Dotters befinden sich jederseits bei den Larven und Imagines von Psylla, die Geschlechtsorgane — ein Umstand, welcher für meine Meinung über die Rolle des secundären Dotters, als Fortpflanzungs- material, zu sprechen scheint. Als eine, den Cocciden fehlende Eigen- thümlichkeit von Psylla kann noch die ausserordentliche Deutlichkeit des Amnion angeführt werden, welches letztere aus grossen, bei durch- fallendem Lichte schwarzen Zellen zusammengesetzt ist. 3: Wenn man nach dem Voranstehenden etwa glauben würde, dass überhaupt die Hemiptera homoptera sich nach dem beschriebenen Typus von Aphiden, Cocciden und Psylloden entwickeln, während die Hemiptera heteroptera dem für Corixa angegebe- nen Typus folgen, so wäre dies ein Irrthum, wie es uns die Embryologie einer Hydrometride — Gerris lacustris deutlich be- weist. — Das eben genannte Insect entwickelt sich in einer Weise, 478 ‚Elias Meczuikow, „welche mit dem Entwicklungstypus der Coceiden und Psylloden eine ausserordentliche Aehnlichkeit hat und namentlich darin besonders übereinstimmt, dass der Keimstr eif gänzlich vom Dotter umgeben wird. — Die Vorgänge bei der Bildung des Keimhügels von Gerris sind mit den oben besprochenen bei den Hemipteren sehr ähnlich. Der einzige dabei zu beobachtende Unterschied besteht nur darin, dass die aus der primitiven Einstülpung entstehende Querspalte in den Embryonen von Gerris nicht ‚halbkreisförmig ‘(wie bei den Homopteren) , sondern vierkantig erscheint, weshalb denn der Keimhügel selbst, von ‚der Fläche betrachtet, ein dreilappiges Aussehen erhält. | Der Keimhügel wächst gerade aufwärts, wobei die ihn zusammen- setzenden Theile die uns bekannte Differenzirung erfahren. — Der dabei entstandene Keimstreif, ohne den oberen Fipol erreicht zu haben, krümmt sich an seinem oberen Ende, welches jetzt hakenförmig er- scheint. Dieses Ende bleibt aber verhältnissmässig nur kurz und gelangt lange nicht bis zum Kopfe, wie wir es bei Homopteren gesehen haben. — Dieser Umstand hat seinen Grund offenbar in der bedeuten- den Länge des Eies von Gerris, wodurch sich der Embryo mehr ausstrecken kann. Damit hängtauch der Umstand zusammen, dass der Keimstreif, wenn er vom Kopfe abgeht, keine Krümmung, wie bei Homopteren, erfährt, sondern sich ganz gerade in die Höhe streckt. Daher kommt es, dass die Form des Keimstreifens unserer Hetero- ptere durchaus no mit dem Buchstaben S verglichen werden kann, wie wir es in Bezug auf Homopteren gethan haben. Die weitere Entwicklung von Gerris, so weit ich sie beobach- tet habe, lässt uns keine wichtigen Unterschiede von den Homopteren anführen, bis auf einen, welcher die Bildung der Mundtheile betrifft. Wenn nämlich bei Homopteren die Mandibeln und ersten Maxillen allmählich verkümmern, verwandeln sich diese Theile bei Gerris in lange Stilette, welche als Stechapparate fungiren. Bei Heteropteren fehlen deshalb diejenigen retortenförmigen Organe, welche bei den Homopteren die langen Stilette absondern. — Was schliesslich das Amnion betrifft, so zeichnet es sich bei Ger- ris durch die bei Corixa beschriebenen Amnionkuchen aus, welche den Homopteren gänzlich fehlen. | Embryologische Studien an Insecten. 479 » Ueber die embryonale Entwicklung von Teleas. Ich will im Folgenden nur, kurz über die embryonalen Entwick- ‚lJungsvorgänge von Teleas, einer kleinen ‚Pteromaline berichten, da sie uns einen interessanten Beitrag zur Insectenembryologie liefern. Ich gebe hier aber weder eine vollständige ‚Beschreibung des Gegen- standes, noch die dazu gehörigen Zeichnungen, da ich für passender halte, dies im Zusammenhange mit der Auseinandersetzung der nach- -embryonalen Entwicklung, an einem anderen Orte zu thun. — Die untersuchte, aber noch nicht bestimmte Species von Teleas legt ihre Eier ab in die. Eier von Gerris lacustris, welche sich an den; Blättern verschiedener Wasserpflanzen, besonders an denen von „Polygonum amphibium in reihenweiser Anordnung, befinden. — - »Es entwickelt sich daraus eine Larve, welche mit der von pe FıLıppi „beschriebenen‘') , in. Rhynchiteseiern parasitirenden Ophioneurus- Larve die grösste Aehnlichkeit hat. Sie unterscheidet sich von dieser “besonders durch die Anwesenheit zweier hakenförmiger Kiefern und durch einen verhältnissmässig nur wenig entwickelten Schwanz. Nach der Häutung verwandelt sich diese Larve in eine zweite Larvenform, ‚welche sich durch ihre cylindrische plumpe. Form und durch eine höhere Ausbildung der inneren Organe auffallend unterscheidet. Diese Larve erfährt zwei Häutungen, nach deren Ablauf sie in die Puppen- ‚form übergeht, welche sich bald in das Imago verwandelt. Genaueres über diese Vorgänge hoffe ich in kurzer Zeit in besonderen Mittheilun-_ gen zu berichten. Das ovale, mit einem langen Stiel versehene Ei von Teleas ent- hält an den frühesten von mir gesehenen Entwicklungsstadien bereits „eine entwickelte Keimhaut, welche eine centrale Höhle umgiebt.. Diese Höhle, welche an der Stelle des fehlenden Nahrungsdotters liegt, findet ihre Homologa unter den Arthropoden bei einigen Daphniden, wo sie zuerst von LeyvıG?) beobachtet wurde und bei Copepoden, wo ich sie 4) Annales des Sciences naturelles 1854. p. 294 und Archivio per la Zoologia. 41864. V.I.p. 60. | 2) Naturgeschichte der Daphniden 4860. p. 75. Levpıc fand die Segmenta- tionshöhle bei Polyphemus, ich aber — bei Daphnia brachiata. Den ‚. meisten Daphniden fehlt aber diese Höhle. 480 Blias Meeznikow, aufgefunden habe. Da sie nur bei der totalen Segmentation des Dotters entsteht (und deshalb auch Segmentationshöhle genannt wird), so scheint es mir für wahrscheinlich, dass auch bei Teleas dieselbe Bildung der Höhle stattfindet; ich glaube, mit anderen Worten, dass hei der genannten Pteromaline eine totale Dotterzerklüftung existiren muss. — Oberhalb des, aus einer Schicht eylindrischer Zellen bestehenden Blastoderm liegt im beschriebenen Stadium noch ein Haufen runder Zellen. Diese letzteren dienen zur Bildung einer Hülle, welche die ganze Keimhaut umgiebt und sich als ein Analogon des sog. Amnion der anderen Insecten erweist. — Wenn sich diese Hülle vollständig gebildet hat, tritt der Keim auf eine, mir unbekannte Weise aus der Eihaut heraus und erscheint jetzt in Form eines runden, von den Sei- ten etwas ahgeplatteten Körpers. Er besteht, wie vorher, aus dem vom Amnion umhüllten Blastoderm. — Ehe ein solcher Keim seine Gestalt verändert hat, erfährt sein unterer Theil eine durch eine mitt- lere Furche bedingte Theilung in zwei symmetrische Hälften, welche den S0g. Keimwülsten entsprechen. Dann verlängert er sich etwas und nimmt eine bohnen- oder nierenförmige Gestalt an, wobei seine längs getheilte Fläche convex, die andere — concav erscheint. Wenn ein solcher Embryo noch immer nur aus einer Schicht cylindrischer Zellen zusammengesetzt erscheint, sondert sich von ihm schon der Kopfabschnitt ab, in welchen dann die mittlere Längsfurche übergeht und zur Bildung zweier stark ausgeprägter Kopflappen Veranlassung giebt. Der Embryo fährt in seinem Längenwachsthume fort, wobei sein hinterer Theil sich auffallend verjüngt, während der abgesonderte Kopf dafür an Breite zunimmt. — Jetzt nimmt man auch einige -Organisa- tionsfortschritte wahr, welche zunächst darin bestehen, dass die Zellen der oberen Rückenfläche sich bedeutend verjüngen und dadurch an Breite gewinnen, während die Zellen der Bauchfläche cylindrisch bleiben und im Ganzen an Dicke zunehmen. — Deshalb kann man jetzt erst eigentlich vom Keimstreifen reden, da man an früheren Sta- dien, ausser der longitudinalen Furche, noch Nichts von den bespro- chenen Gegensätzen zwischen Rücken und Bauch sehen konnte. Bei der weiteren Entwicklung, bildet sich am Kopfe eine Quer- falte, deren Seitenränder sich besonders scharf markiren und dann in die beiden spitzen Kiefern übergehen, während der mittlere Rand der Falte sich nur schwach andeutet und schliesslich gänzlich verschwin- det. — Die centrale Höhle, welche in den Umrissen die allgemeine Körperform des Embryo wiederholt, füllt sich zu betreffender Zeit mit Embryologische Studien an Insecten. 481 kleinen runden Zellen, welche dem Keimstreifen ihren Ursprung ver- danken und später die Wandungen des Mitteldarmes liefern. Der Vorderdarm bildet sich, wie gewöhnlich, auf dem Wege der Einstül- pung, während der Hinterdarm, obgleich auf dieselbe Weise, doch viel später erscheint und binnen des ganzen Larvenlebens mit dem blind- geschlossenen Mitteldarme unvereinigt bleibt. — Das hintere Ende des Embryo wächst rasch in die Länge, wobei es sich sehr bedeutend verjüngt und schliesslich in den langen spitzen Schwanz übergeht. — So nimmt der Embryo seine definitive Gestalt an und zu derselben Zeit findet man in seinem Innern einige differen- zirte Muskeln, welche die Bewegungen des Körpers verursachen. Da- bei sondert sich an der Oberfläche des Körpers eine dünne Guticular- schicht ab, mit darauf sitzenden feinen Haaren, welche sich an beiden Seiten des Aequators vom Embryo befinden und von kleinen Muskeln in einer Richtung bewegt werden können. — Wenn der Embryo sich soweit entwickelt hat, so tritt er aus dem Amnion heraus und fängt sogleich an, den im Ei von Gerris enthaltenen Dotter zu verschlucken. Es muss bemerkt werden, dass bei der in Bezug auf ihre Ent- wicklung beschriebenen Teleas-Larve der Keimstreif noch in Form eines breiten Bandes undifferenzirt liegt, aus dem sich erst viel später die Theile des Bauchnervensystems absondern, während die jüngsten Lar- ven bereits ein, aus zwei breiten Lappen bestehendes Hirn besitzen. — Wenn ich in meiner Darstellung Nichts vom Deck-, oder Falten- blatte gesprochen habe, so rührt dies nicht etwa daher, dass ich. es nicht gefunden habe; ich habe vielmehr sehr darauf geachtet, ob die- ses Blatt bei unserer Pteromaline vorkommt oder nicht; ich bin aber dabei zu einem entschieden negativen Resultate gekommen. Rückblick und Vergleiche. 1. Bildung des Blastoderm. Es ist wohl ziemlich allge- mein die Ansicht verbreitet, dass dieser Vorgang bei Insecten etwas aussergewöhnliches darbietet, indem bei diesen Thieren keine sog. Furchung vorkommt. Nur Levckart!) und nach ihm (rararkpe ?) 4) Entwickl. d. Pupiparen, p. 66. 2) Recherches sur l’evolution des Araignees. p. 10. ne Eliäs Meeznikow, haben sich dafür erklärt, dass zwischen der Dotterzerklüftung oder Furchung) und der Keimhautbildung bei Arthropoden kein wesent licher Unterschied stattfindet, dass vielmehr die letztere als eine Art oberflächlicher Furchung zu betrachten ist. — WeEısmanN suchte diese An sicht zu widerlegen, indem er sich auf den Unterschied des eigentlichen Dotters von dem »Keimhautblastem« stützte. Wenn man sich über- zeugt hat, sagt er!), »dass nicht der Dotter selbst die Keime umhüllt (bei Arthropoden), sondern eine von ihm durchaus verschie- dene Blastemschicht, so können die primären Keimhautzellen nicht mehr als Anhäufungen von Dotter um centrale Kerne betrachtet werden, und die Aehnlichkeit mit den Furchungskugeln schwindet.» | Wenn man indessen die rechte Bildung des Blastoderm, wie es bei der Gecidomyidenlarve und bei Aphiden zu beobachten ist, ver- folgt, so gewinnt man eine klare Anschauung über deren Analogien bei anderen Thieren. — Wir haben bereits hervorgehoben, dass es sich dabei um eine Vermehrung eines Kernes (in unserem Falle — des Keimbläschens) handelt, in Folge derer eine Menge gleicher Zellenkerne entstehen, welche sich an die Peripherie des Dotters begeben und schliesslich, vom Keimhautblastem umgeben, die Blastodermzellen liefern. — Es findet dabei allerdings keine »Furchung« im engsten Sinne des Worts statt, aber es geschieht ein, den übrigen Thieren ähnlicher Vorgang, inwiefern er eine Zellenvermehrung betrifft. Der einzige Unterschied, den hierbei die Insecten und einige andere Ar- thropoden darbieten, besteht bloss darin, dass es anfangs für alle Blastodermzellen ein gemeinschaftliches Protoplasma giebt, wie es auch sonst bei so vielen Zellen »mit verschmolzenem Inhalt« der Fall ist. — Dass dieser Vorgang übrigens mit der echten Dotterzerklüftung in einer grössten Verwandtschaft steht, beweisen uns auch die Räderthiere, bei welchen die beiden Processe neben einander verlaufen. So habe ich z. B. bei Macrostyla beobachtet, dass ein Theil der primitiven Zellen einen vollkommen abgesonderten Inhalt vom Anfang an besitzt, wäh- rend von den übrigen Embryonalzellen nur die Kerne abgesondert er- scheinen, der Inhalt aber, wie bei Insecten, für alle gemeinschaftlich bleibt. — So ist auch von Leynıe beobachtet worden?), dass in den Wintereiern der Rotatorien »sich in der Rindenschicht des Dotters deut- lich helle Flecke zeigen, welche an die Kerne der Furchungskugeln der 4) Entwicklung der Dipteren. p. 94. \ 2) Ueber den Bau der Räderthiere, in dieser Zeitschr. Bd. VI (1854), p. 102 u. Taf. IV. Fig. 39. Embryologische N tudien an Insecten, 483 Sommereier erinnern«, "während die letzteren einen totalen Furchungs- process ablaufen. In den Wintereiern findet also ein ähnlicher Vor- .gang statt, wie er bei Insecten bekannt ist. Gegen den Einwand von, WEISMAnN, dass bei Insecten die Keim- kerne nicht vom Dotter, sondern vom »Keimhautblastem« "umgeben werden, muss ich bemerken, dass ähnliches auch bei Thieren mit einer wahren Furchung stattfindet. Bei der sog. partiellen Furchung z. B., wie ich es bei Nebalia und Balanus unter den Crustaceen Bash: achtete, scheidet sich anfangs aus dem Dotter eine helle, mit Molecular- körnchen versehene Substanz, welche sich in mehrere Segmente theilt, in denen nachher Zellenkerne zum Vorschein kommen. Diese ausge- schiedene Substanz entspricht vollkommen dem Keimhautblastem der Insecten, welches z. B. bei Psylla ebenfalls sehr reich an Molecular- körnchen ist. 5 Aber auch bei Thieren mit totaler Dotterzerklüftung kennt man analoge Erscheinungen. So ist z. B. das Verhalten in den Eiern von Clepsine, nach Rarure’s Beobachtungen '), hierher zu ziehen. Dieser Forscher spricht von der Ausscheidung einer gallertartigen, farblosen Substanz aus dem Dotter, welche die erste Anlage des Embryo, den | eigentlichen Keim NEN — Ein eben solches Verhalten habe ich auch bei Saceulina beobachtet. — Aber nirgends habe ich es so scharf ausgesprochen gefunden, als bei einer, bei Neapel vorkommen- den Polycelis-Art (Planaria aurantiaca DELLE ÜHIMJE), wo bereits in den Eierstockseiern zwei ganz verschiedene Substanzen zu unterscheiden sind, von denen eine grobkörnige sich nach einer totalen Zerklüftung in a Nahrungsdotter verwandelt, während die andere, feinkörnige, den eigentlichen Keim bildet und deals, dem DET RIL blastem« der Insecten analog erscheint. — , Die angeführten Beispiele dienen nicht bloss dazu, um zu zeigen, dass die Anwesenheit des Keimhautblastem bei Insecten keineswegs als ein Einwand in Weısmans’s Sinne angeführt werden kann, sondern sie weisen zugleich darauf hin, dass das »Keimhautblastem« dem sog. Bildungsdotter der übrigen Thiere entspricht. — Dieser Umstand nähert noch mehr die Bildung der Keimhautzellen bei Insecten und Spinnen dem Vorgange der Dotierzerklüftung, welcher allgemein bei Crustaceen verbreitet ist. ?). 4) S. dessen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hirudineen. 1962, p- 83. 2) Eine totale Dotterzerklüftung der Decapoden fand zuerst RATHKE bei Carcinusmaenas (s. FrorıEep’'s Neue Notizen 1842. p. 482); KovALEYSKY und ich haben sie beilsopoden (Asellus, Phryxus, Tanais) und bei Amphipoden 484 Elias Mecznikow, Sehr schwierig ist die Beantwortung der Frage»über die Entsteh-. ung der ersten morphologischen Elemente, d.h. der von mir oben sog. Keimkerne. Wenn es mir bei der Cecidomyidenlarve und bei Aphiden gelungen ist, ihre Entstehung aus den Keimbläschen zu verfolgen, so gestattet dies noch nicht, einen ähnlichen Bildungsmodus für alle übrigen Insecten anzunehmen, wenngleich auch die Analogie dafür spräche. Jedenfalls darf man aber nicht glauben, dass die Kerne der Keimhaut- zellen Neubildungen seien, wie es Wrısmann (a. a.0. p. 92) behauptet. Die Beobachtung, auf die sich dieser Forscher stützt, besteht darin, dass im anfangs ganz homogenen Keimhautblastem mit einem Male die hellen Flecke zum Vorschein kommen, welche sich bald in scharf con- tourirte Kerne verwandeln. So richtig diese Beobachtung auch ist, so vermag sie doch noch nicht eine freie Bildung der Zellenkerne zu bewei- sen. Gegen eine solche Annahme habe ich bereits oben meiner Beob- achtung an Daphnien gedacht. In den Sommereiern von Daphnia brachiata, welche, wie es Leypıc zuerst beobachtete‘), einen totalen Zerklüftungsprocess durchlaufen, konnte ich an früheren Stadien noch keine Kerne wahrnehmen; dasselbe geschah auch mit solchen Stadien, an denen bereits 32 Zerklüftungszellen vorhanden waren. Bei weiterer Zellenvermehrung sah ich aber mit einem Male die Kerne in Form heller Bläschen hervortreten und sich mit scharfen Contouren umgeben. — Es ist klar, dass dieses Verhalten dem bei Insecten analog ist, ob- wohl man doch sicherlich annehmen muss, dass die Kerne in den Seg- mentationszellen von Daphnia, wie bei allen übrigen Thieren, vom Anfang der Dotterzerklüftung an existiren. — | 2. Bildung des Keimstreifens. — Die Insecten bieten uns in Betreff dieses Vorganges die mannigfachsten Erscheinungen dar, wie es in keiner anderen Thiergruppe vorzukommen scheint. — Weıs- Mann hat bereits zwei Typen des Keimstreifens bei Insecten unter- schieden, die er mit dem Namen: regmagen und aregmagen be- zeichnete”). Der erstere soll seine Entstehung einem Reissen des Bla- stoderm verdanken, während beim anderen, den Musciden und Pupi- paren zukommenden Typus, der Keimstreif lediglich in Folge einer Dickenzunahme des Bauchtheiles der Keimhaut entsteht. — Obgleich wir allerdings anerkennen müssen, dass bei seiner Bildung sich der Keimstreif verschiedenartig verhält, so können wir dafür doch keine zwei verschiedenen Bildungsarten annehmen. Denn, es existirt kein wahrgenommen. Bei Entomostraken ist sie von Leypıs, Craus u. A. beobachtet worden. 1) S. dessen Naturgeschichte der Daphniden. 1&60. p. 172. 2) Die Entwicklung der Dipteren. p. 95. Embryologische Studien an Insecten. 485 »Reissen« der Keimhaut und in beiden Fällen bildet sich der Keimstreif in Folge einer Verdickung des Blastoderm, wobei eine Zellenvermeh- rung an der betrefienden Stelle stattfindet. Der Unterschied der beiden Arten des Keimstreifens beruht vielmehr auf dem Verhalten des letzte- ren zum übrigen Theile des Blastoderm, wobei man zu unterscheiden hat, ob: der Rückentheil der Keimhaut im continuirlichen Zusammen- hange mit dem Keimstreifen bleibt (aregmagen W.), oder ob er sich ablöst und sich in das oben sog. Amnion verwandelt (regmagen W.) Diese beiden Arten des Keimstreifens zeigen uns indessen gar keinen Unterschied in ihrer Bildung, weshalb sie auch zu einem ge- meinsamen Typus vereinigt werden müssen. — Ganz anders verhält es sich aber mit dem Keimstreifen der Hemipteren, dessen Bildung ich oben an verschiedenen Stellen näher auseinandergesetzt habe. Bei den genannten Insecten ist keine Rede von einer Verdickung des Bla- stoderm, da dieses letztere sich fast gänzlich in das Amnion umwan- delt. Bei ihnen bildet sich der Keimstreifen in Folge des Wachsthums eines im Grunde des Blastoderm liegenden Hügels. Der nur durch sein Kopfende mit dem Blastoderm in Verbindung stehende Keimstreif ragt somit in das Innere des Eies hinein, wo er entweder vollständig oder nur theilweise vom Dotter umgeben wird. Wir erkennen also einen zweiten Typus der Keimstreifbildung, welcher durch die Neubildung des Keimstreifens aus einem kleinen Haufen von Blastodermzellen charakterisirt wird. Im Bereiche dieses Typus kommen aber manche Variationen vor, welche theilweise die morphologischen Eigenschaften, theilweise auch die topographischen Verhältnisse betreffen. | Ich betrachte die betreffenden Verhältnisse bei Corixa als solche, welche die nächste Verwandtschaft mit dem gewöhnlichen Typus des Keimstreifens zeigen. — Nur der Bildungsmodus erweist sich als ein anderer, da es sich hier um eine Neubildung des Keimstreifens handelt. Die topographische Lage desselben gleicht dagegen dem ähnlichen Ver- halten bei Dipteren, indem sich der Keimstreif auf die Bauchfläche in Form eines geraden Bandes zu liegen kommt und deshalb nur binnen einer kürzesten Zeit vom Dotter bedeckt bleibt. Anders verhält sich der Keimstreif bei anderen Hemipteren, selbst bei den der Corixa verwandten Heteropteren. Bei Gerris z. B. lagert sich der Keimstreif nicht auf die Bauchfläche, sondern wächst in das Innere des Dotters, in Form eines breiten Bandes hinein. Daher kommt es, dass der Embryo so lange vom Dotter umgeben bleibt, bis dieser hinreichend verbraucht wird, um in das Innere des Darmes überzugehen. — Das Hinterende des Keimstreifens von Gerris macht Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XVI. Bd. 33 486 Elias Meeznikow, eineKrümmung, welche sich aber ganz anders verhält, als bei Corixa: während bei der letztgenannten Gattung die Krümmung der Form des Eies folgt, erscheint sie bei Gerris viel selbständiger; damit ist auch eine bedeutendere Verschiedenheit verbunden, indem bei Corixa die Krümmung nach hinten, bei Gerris aber auf die entgegengesetzte Seite gerichtet ist. Noch auffallend weiter geht die Ausbildung des jetzt zu be- trachtenden Typus in der Gruppe der Homopteren. Die Krümmung des Keimstreifens beschränkt sich hier nicht auf einen kleinen Theil wie bei Gerris, sondern verbreitet sich auf einen ganzen Körperab- schnitt. Daher kommt eine Eigenthümlichkeit in der Lage des Embryo, welche die Homopteren von allen übrigen, nach ihrer Entwicklung be- kannten Insecten auffallend unterscheidet. — Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich hier nicht noch einmal auf diese complieirten Ver— hältnisse zurückgehen: in den Kapiteln über die Entwicklung von AphisundAspidiotus sind sie bereits genau beschrieben worden. Die charakteristische S-förmige Krümmung wiederholt sich bei allen mir bekannten Homopteren in gleicher Weise, bloss untergeordnete Unterschiede darbietend. — Es muss hier überhaupt bemerkt werden, dass der ganze Ent- wicklungsgang bei verschiedenen Homopteren im Allgemeinen ein gleicher ist und dass alle wichtigsten Unterschiede, die man dabei be— merkt, von einer einzigen Ursache herrühren. Ich meine hier den Umstand, welcher die Entwicklung der Aphiden auszeichnet und wel- cher darin besteht, dass sich bei diesen lebendig gebärenden Insecten eine zu geringe Quantität Nahrungsdotters, im Verhältniss zu anderen Homopteren, vorfindet. Während bei Cocciden und Psylloden der primäre Dotter den ganzen Embryo umgiebt, um ihm die Nahrung zu liefern, zieht der Aphisembryo seine Nahrung aus dem Mutterblut: der für ihn unnütze Nahrungsdotter (der sog. secundäre Dotter spielt, wie wir wissen, eine andere Rolle) verliert seine Bedeutung und geht in der von mir beschriebenen Weise unter. — Während wir bei Insecten einerseits eine so bedeutende Ausbil- dung des Keimstreifens vorfinden, wovon wir bei keinem anderen Gliederthier etwas Analoges kennen, treffen wir bei anderen Repräsen- tanten derselben Klasse einen auffallenden Gegensatz. Ich will hier an die Entwicklung von Teleas erinnern, bei welchem der Keimstreif kaum angedeutet, erst in späterer Zeit erscheint. Eine ähnliche schwache Andeutung des Keimstreifens kenne ich nur bei einigen Entomostraken, wie bei Cirrhipedien und einigen Daphniden. Embryologische Studien an Inseeten, 487 Ich will nunmehr zu einer anderen, den Keimstreifen betreffenden Frage, und zwar zur Frage über die Keimblätterbildung, übergehen. Es ist eine Angabe alten Ursprungs. dass man im Keimstreifen aller Arthropoden das animale und das vegetative Blatt finden wollte. Erst von Zappach wurde diese Theorie durch eine andere substituirt, nach welcher der Keimstreif bekanntlich aus einem Haut- und einem Muskel- blatt bestehen sollte. Nachdem nun diese Theorie von WeEısmann ge- schlagen wurde, ist in der Wissenschaft keine Lösung der Frage mehr geblieben. Weısmann kommt auch zur Ueberzeugung, dass die von ihm beobachtete, im Laufe der dritten Periode eintretende Differenzi- rung des Keimstreifens in zwei Schichten nur als »unmittelbarer Vor- läufer der Anlage der einzelnen Organe und ihrer histologischen Aus- bildung«!) zu betrachten ist. Wenn ich ebensowenig wie WEISMANN mich von der Anwesenheit der differenten Keimblätter bei Insecten überzeugen konnte, habe ich doch einiges beobachtet, was auf eine gewisse Differenzirung des Keim- streifens in früheren Perioden hindeutet. So will ich hier auf die An- ordnung der Zellen im Keimstreifen von Aphis im Laufe der zweiten Entwicklungsperiode erinnern und dabei bemerken, dass es diese Eigenschaft ist, welche die Trennung in Keimblätter deutlich macht. —- Sehr entschieden ist bei allen Insecten die Scheidung in zwei Blätter an den Extremitäten ausgesprochen ; hier kommt diese Eigenthümlich- keit (wie wir es bei specieller Darstellung näher auseinandergesetzt haben) sehr frühe zum Vorschein und ist deshalb keineswegs bloss als Vorläufer der Organenbildung anzusehen. In diesen Blättern ist ein Haut- und ein Nervenmuskelblatt zu unterscheiden. — Eine eben solche Differenzirung habe ich mit ausgezeichneter Klarheit am Keimstreifen vom Scorpion beobachtet und noch besser an dessen Querschnitten wahrgenommen. Hier kann man in keinem Falle von dieser Differenzirung als von einem Vorläufer der Organenbildung reden, da ja zwischen dem ersten, sehr frühe eintretenden Processe und der Organenbildung noch ein grosser Schritt, namentlich die Bil- dung der äusseren Theile, besteht. — Wir können also mit Recht die Keimblättertheorie auf die Arthro- poden übertragen; dabei müssen wir aber hinzufügen, dass die bei einigen Arachniden scharf ausgesprochenen Keimblätter bei Insecten nur spurweise angedeutet sind. 3. Die provisorischen Embryonalhäute. Als solche be- trachte ich die, im Laufe der Darstellung oft erwähnten Gebilde und #2) A.,8..0.'p..98. 33% 488 Elias Meeznikow, zwar das sog. Amnion und das Faltenblatt.!; — Während die erste der eben genannten Embryonalhäute um den ganzen Eiinhalt lose liegt, deckt das Faltenblatt nur den Keimstreifen, mit dessen Rändern es sich verbindet. — Es fällt daher die vollkommene Aehnlichkeit in der Lage und in den Beziehungen der Embryonalhäute der Insecten mit denen der Wirbelthiere in die Augen in dem Grade, dass das Insectenamnion mit der sog. serösen Hülle, das Faltenblatt aber mit dem Wirbelthieramnion zu parallelisiren sind. — Diese Interpre- tation wird besonders durch die Art und Weise der Bildung und durch die gegenseitige Beziehung der Embryonalhäute verstärkt. Wenn wir uns an die Verhältnisse bei Simulia, wo sie am eimfachsten sind, erinnern, so sehen wir vor Allem, dass das Amnion aus demjenigen Theile des Blastoderm seinen Ursprung genommen hat, welcher nicht in den Keimstreifen übergegangen ist; es ist nämlich, bei der Bauch- ständigkeit des Keimstreifens, der Rückentheil des Blastoderm, wel- - cher das Amnion liefert. Ebenso ist es mit der serösen Hülle der Wirbel- thiere, welche sich aus dem, nicht in den Keimstreifen übergegangenen Theil des Blastoderm bildet, nur, dass hier sich vom Blastoderm eine Schicht zur Bildung der serösen Hülle ablöst, während bei Insecten das Amnion gebende Blasdoderm selbst aus einer einzigen Schicht be- steht. Ein anderer Unterschied besteht darin, dass, wie es sich von selbst versteht, bei Wirbelthieren es der bauchliegende Theil des Blasto- derm ist, der den grössten Theil der serösen Hülle bildet, während bei In- secten der Rückentheil desselben die entsprechendeRolle übernimmt. — Das Schliessen der serösen Hülle bei Insecten geschieht genau auf dieselbe Weise wie es für Wirbeltbiere längst bekannt ist. Auch das Verhalten des Insectenamnion von Simulia zum Faltenblatt beim Schliessen ist mit dem Verhalten der entsprechenden Gebilde bei den Wirbelthieren (seröse Hülle und Amnion) vollkommen identisch. Das Faltenblatt bei Simulia und beiPhryganea, anfangs in Form einer Ringfalte den Embryo von den Seiten umgebend, steht in einer solchen Verbindung mit dem Amnion, wie das Amnion der Wirbelthiere mit der serösen Hülle. Die beiden Häute der Insectenembryonen, in eben erwähntem Zustande, »wachsen von allen Seiten gegen einen idealen Punkt«, wie es KöÖLLIKER für die entsprechenden Häute der Wirbelthiere dar- stellt?). Schliesslich kommen sie zum vollkommenen Schliessen, wo- bei sich das Amnion vom Faltenblatte ablöst. 4) Dass das Faltenblatt die Rolle einer provisorischen Hülle spielt, geht schon daraus hervor, dass es keinen Antheil an der Bildung der Organe des Embryo nimmt, worüber ich das Nähere in speciellen Mittheilungen auseinandergesetzt habe. 2) Entwicklungsgeschichte des Menschen. 4861. p. 403. Embryologische Studien an Inseceten. 489 Die gegebene Parallelisirung bezog sich hauptsächlich auf denjeni- gen Typus der Insectenentwicklung, zu welchem, ausser Simulia, noch Chironomus und Phryganea gehören. Bei anderen unter- suchten Insecten bieten die nämlichen Verhältnisse einige Variationen dar, welche aber in keinem Falle die Vergleichung mit Wirbelthieren beeinträchtigen. — Während das Amnion, oder richtiger die seröse Hülle bei Simulia und Ghironomus nur aus dem, bei der Bildung des Keimstreifens übriggehliebenen Theile des Blastoderm ihren Ur- sprung nimmt, entsteht dieselbe Embryonalhaut bei Aphis und ande- ren Hemipteren mit gleicher Keimstreifbildung aus dem grössten Theile des Blastoderm, wie es näher in der speciellen Beschreibung ausein- andergesetzt worden ist. Aus diesem Umstande folgt der Unterschied, dass bei Aphis und Verwandten nur der Kopftheil des Embryo an- fangs von der serösen Hülle unbedeckt bleibt, während dies bei Simu- -lia für den ganzen Keimstreifen gilt. Auch in Bezug auf das Faltenblatt finden wir manche Differenzen. Bei Dipteren und einigen anderen Insecten mit demselben Entwick- lungstypus entsteht das Falten- oder Deckblatt aus der Vereinigung zweier besonderer Falten mit einander erst nach der Bildung des Keim- . streifens. Bei Corixa, Aphis u. and. dagegen geht die Bildung des Deckblattes gleichzeitig mit der des Keimstreifens vor sich und zwar in der Weise, dass beim Uebergange eines Theiles des sog. Keimhügels in den Keimstreifen, sich der andere Theil desselben in das Deck- oder Faltenblatt umbildet. Alle uns nach der Entwicklung bekannten Insecten besitzen Em- bryonalhäute; den meisten von ihnen kommen die beiden beschriebe- nen Häute zu und nur bei einigen Insecten finden wir Embryonen mit nur einer einzigen Hautart. Zu solchen gehören die Musciden, denen, wie wir oben mitgetheilt haben, die seröse Hülle vollkommen abgeht. Ein Beispiel des 'entgegengesetzten Verhaltens bietet uns Teleas dar, bei welchem sich bloss die seröse Hülle (oder das sog. Insecten- amnion) vorfindet. Auch der Bildungsmodus dieser Embryonalhaut bei der genannten Pteromaline zeigt uns auffallende Eigenthümlichkeiten, indem die seröse Hülle bei ihr aus ganz besonderen Zellen, nicht aus dem Blastoderm ihren Ursprung nimmt. — Sehr eigenthümlich soll auch eine amnionartige Embryonalhaut sein, welche von Herrn Prof. Weısmann (nach mündlichen und brieflichen Mittheilungen) bei den Bienenembryonen entdeckt wurde. Der genannte Forscher schreibt mir darüber folgendes: »Es bildet sich zuerst eine Keimhaut im Bie- nenei, welche aber nicht sich selbst zum Embryo umwandelt, sondern sehr bald sich vom Dotter ablöst und zu einer amnionartigen Hülle A490 Elias Mecznikow, wird. Diese bleibt anfänglich an den Polen mit dem darunterliegenden Dotter in Zusammenhang und löst sich erst später vollständig los, wenn der Dotter sich zum wirklichen Embryo ausgebildet hat. Es ist klar, dass morphologisch diese amnionartige Hülle der Embryo ist, inner- halb dessen dann durch Metagenese 'das entsteht, was wir als die Bie- nenlarve bezeichnen.« Wenn wir die hier erwähnte amnionartige Hülle mit dem vergleichen, was wir so oft als Insectenamnion beschrie- ben haben, so finden wir, dass die beiden Hüllen zwei ganz verschie- dene Gebilde darstellen. Der wichtigste, dabei zu bemerkende Unter- schied besteht darin, dass, während bei den Bienen sich das ganze Blastoderm in die Embryonalhülle umwandelt, nur ein Theil der Keimhaut in das Amnion aller mir bekannten Insecten übergeht. Selbst bei den Aphiden und Verwandten, wo der Keimstreifen als eine Neu- bildung entsteht, geht doch nur ein Theil des Blastoderms in die Am- nionhülle über, während sein anderer Theil sich in die sog. Seiten- platten verwandelt. In allen diesen Fällen besteht eine gewisse Com- wmunication zwischen dem Amnion und dem Embryo, welche sich erst später auflösi. — Wenn es sich auch bei Teleas, einer Hymenoptere, anders als bei anderen Insecten in Bezug auf das Amnion verhält, so findet sich hier gerade das Gegenthei! von dem Verhalten, welches Weısmann für die Bienen beansprucht. — Während die provisorischen Embryonalhäute bei Insecten, wie wir gesehen haben, eine allgemeine Erscheinung darstellen, kommen sie bei den übrigen, nach der Entwicklung bekannten Arthropoden nur als Seltenheit vor. So konnte ich bei keiner Crustacee irgend etwas dem Amnion oder dem Deckblatte der Insecten Analoges vor- finden, obgleich mir die Embryologie der Repräsentanten aller Grusta- ceenordnungen bekannt geworden ist. Ich kann deshalb mit Be- stimmtheit die Angaben von ErpL!) über ein besonderes amnionartiges Gebilde bei den Brachyuren zurückweisen. Ebensowenig wie bei Crustaceen findet man irgend eine Embryonalhülle bei den Araneiden. Bei den Scorpionen dagegen habe ich eine sehr entwickelte, dem In- sectenamnion zu parallelisirende embryonale Hülle gefunden. Sie bildet sich hier als eine geschlossene, zwischen dem Chorion und dem Dotter liegende Blase, deren Zusammenhang aus zwei besonderen Häuten ausserordentlich deutlich erscheint. Indem ich die genaue Beschrei- bung der Genese und Structur des Amnion der Scorpionembryonen auf eine spätere Gelegenheit verschiebe, will ich hier bloss hervor- heben, dass die genannte Hülle aus einer Epithel- und einer Muskel- 4) Entwickelungsgeschichte des Hummereies. 1843. Embryologische Studien an Insecten. 49 schicht zusammengesetzt ist. Während die erstere von ihnen aus grossen, von Lacunen begrenzten Zellen besteht, ist die andere aus kleineren, mit contractilen Ausläufern versehenen Zellen gebildet; diese Ausläufer sind es, welche die Verbindung zwischen den beiden Häuten vermitteln. 4. Fortpflanzungsorgane. Da die Mittheilungen über die Entwicklung der inneren Organe meistens im Kapitel über die Aphi- denentwicklung gemacht worden sind, so halte ich für unnöthig in diesem Rückblicke darauf noch einmal zurückzukommen. Bloss für Geschlechtsorgane mache ich in dieser Hinsicht eine Ausnahme, was dadurch erklärt wird, dass im Laufe der Darstellung die Entwicklung der genannten Organe hei den Repräsentanten zweier verschiedenen Ordnungen von mir beschrieben wurde. Die proliferirenden Geschlechtsanlagen der Cecidomyidenlarven und die sog. Keimstöcke der Aphiden sind es nur, deren Entwicklung vom Anfang an verfolgt werden konnte. Dieser Umstand weist schon darauf hin, dass es eine gewisse Beziehung zwischen den Fortpflan- zungseigenthümlichkeiten und der Entwicklung der Fortpflanzungs- organe existirt; es war ja unmöglich die Bildung derselben Organe bei Insecten mit gewöhnlicher geschlechtlicher Fortpflanzung herausbrin- gen zu können. Bei den beiden genannten Insecten mit dem Generationswechsel zeichnet sich die Entwicklung der Fortpflanzungsorgane durch frühes Entstehen und durch eine besonders starke Ausbildung aus. So sehen wir, dass der von mir genannte Genitalhügel der Aphiden sich als ein grosser Körper bildet und zur Zeit entsteht, wenn der Keim- streifen noch nicht entstanden ist. Nichts derartiges findet sich bei an- dern den Aphiden am nächsten stehenden Homopteren, wie bei Aspi- diotus oder Psylla. Die Beziehung dieser Entwicklungserscheinung zur Fortpflanzung der Aphiden ist also klar. Noch deutlicher ist die hervorgehobene Beziehung in der Bildung der Geschlechtsanlage bei CGecidomyidenlarven ausgesprochen. Hier entstehen die genannten Organe aus den sog. Polzellen '), welche sich früher als alle übrigen Organe, früher sogar als das Blastoderm selbst differenziren. Dabei ist die Grösse dieser Polzellen verhältnissmässig so bedeutend, dass es keine grossen Schwierigkeiten darbietet, sie an allen Entwicklungsstadien des Embryo genau zu verfolgen. — Bei anderen, keinen Generationswechsel durchmachendenDipteren dagegen, 4) Es muss hier bemerkt werden, dass diese Polzellen durchaus nicht den sog. Richtungsbläschen der Mollusken und Würmer entsprechen. 492 Elias Meeznikow, denen ebenfalls die Polzellen zukommen, sind diese Gebilde so klein und von anderen Embryonalzellen so wenig zu unterscheiden, dass ihre weiteren Schicksale in keinem Falle erforscht werden können. Nachdem es uns gelang, die Bildung der Fortpflanzungsorgane vom Anfang an zu verfolgen, war die Möglichkeit geliefert, auch die Frage über die Eibildung sicherer ins Auge zu fassen, als es bisher geschehen ist. — Es war mir namentlich interessant, die jetzt allge- mein verbreitete Ansicht über die Beziehung der Eizellen zum Epithel einer Prüfung zu unterwerfen. — Nachdem es öfters ausgesprochen wurde, dass die Eizelle nichts anders, als eine modificirte Epithelzelle des Eierstocks repräsentirt, hat CGraus für Homopteren nachzuweisen gesucht, dass »die Eier, Dotterbildungszellen und Epithelzellen Modifi- cationen einer und derselben Zellenart sind.«‘) Daneben hat aber der- selbe Forscher einen unmittelbaren Uebergang der Epithelzellen in die Eier bei Aphiden angenommen. — Für den gemeinsamen Ursprung der drei, sich im Eierstock der Insecten befindenden Zellenformen hat. sich bereits Weısmann”) und mehrere andere Forscher ausgesprochen. Wenn wir uns an die Entwicklung der Fortpflanzungsorgane bei den Cecidomyidenlarven erinnern, so sehen wir, dass bei ihrer Bil- dung ausser den erwähnten Polzellen, noch kleine Embryonalzellen concurriren. Während die ersten die den wahren Eiern homologen Keimzellen, resp. die Dotterbildungszellen bilden, dienen die anderen zur Bildung des Epithels und des rudimentären Ausführungsganges. Es geht also daraus hervor, dass die Keimzellen in keiner genetischen Beziehung zu den Epithelzellen stehen und dass nur die Keim- und die Dotterbildungszellen eines gemeinschaftlichen Ursprungs sind. Bei Aphiden, wo die Fortpflanzungsorgane sich nach einem ganz anderen Typus als bei Gecidomyien bilden, finden auch in Bezug auf die Gewebebildung andere Regeln statt. Hier besteht die embryonale Geschlechtsanlage, im Moment ihrer Differenzirung, aus einer bedeu- tenden Menge von kleinen Embryonalzellen, aus denen sich später die Keimzellen, Dotterbildungszellen und Epithelzellen hervorbilden. Wenn also hier eine gewisse genetische Beziehung zwischen allen drei Zellen- arten existirt, so ist sie doch keineswegs von der Art, dass man eine Umwandlung der Epithelzellen in Keimzellen annehmen könnte, wie es Craus für ovipare Aphiden behauptet. In unserem Falle sieht man im Gegentheil, dass das Epithel sich verhältnissmässig sehr spät aus dem Zellenhaufen der Genitalanlage differenzirt, während die, von 4) Ueber die Bildung des Insecteneies in dieser Zeitschr. 4864. 2) Entwicklung der Dipteren. ‚Embryologische Studien an Insesten. 493 » einander noch nicht zu unterscheidenden Keim- und Dotterbildungs- zellen schon vom Anfang der Entwicklung an vorhanden sind. Als ein in gewisser Beziehung zu den Geschlechtsdrüsen stehendes Organ ist der secundäre Dotter, den ich bei Homopteren gefunden habe, zu nennen. Darüber habe ich aber bei Gelegenheit der Homo- pteren-Entwicklung und besonders bei der Darstellung der Embryologie von Psylla alle nothwendigen Mittheilungen gemacht. % Anmerkung. Da meine Beobachtungen über die Entwicklung der Fortpflanzungsorgane nicht an eigentlichen Weibchen, sondern an sog. »Ammen« angestellt worden sind (Aphis und Cecidomyia) , so ist es erklärlich, wenn ich in diesem Rückblick nicht über die männlichen Organe gesprochen habe. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIII. Embryologie der Simulia. Fig. 4. Ein Ei mit entwickeltem Blastoderm (bl). m Micropyle. p, z Polzellen. Fig. 2. Das Blastoderm hat an Dicke zugenommen, Fig. 3. Die erste Bildung der unteren Einstülpung (!). Fig. 4. Ein Abschnitt des Blastoderms, bei 450maliger Vergrösserung. bl’ die obere und bl’ die untere, mit Dotterkörnchen erfüllte Schicht. n Zellen- kerne. Fig. 5. Die Bildung der oberen Einstülpung (’). Fig. 6. Ein weiteres Stadium, an dem man die Differenz in der Dicke der beiden Seiten des Blastoderms beobachtet. d dorsale Fläche. v ventrale Fläche. Fig. 7. Gleich der weiteren Ausbildung der beiden Einstülpungen,, geschieht die Bildung des Keimstreifens. «a der, der Bauchfläche zugewendete Theil des Blastoderms. 5 der entsprechende Theil der Rückenfläche, c die seitliche Wand der unteren Einstülpung. a’ d’c’ die entsprechenden Theile: der oberen Einstülpung. Fig. 8. Ein etwas weiteres Stadium. Fig. 9, Ein Embryo, an dem man die ringförmige Falte (f) des Faltenblattes,. resp. das mit ihm zusammenhängende Amnion wahrnimmt. Fig. 40. Das. Faltenblatt (f6) hat den ganzen Keimstreif bedeckt. fb’, fb’’ die verdickten Randtheile des Faltenblattes. am Amnion. sw »seitliche Wandung«. Fig. 23. Fig. 24. Elias Mecznikow, Die Zellen des Amnion. Ein Embryo mit bedeutend vergrösserten Kopfplatten und mit voriking: tem Amnion. Bei weiterem Wachsthum hat sich das Hinterende des Keimstreifens in den Dotter eingegraben (cd). pl! die Kopfplatten. Amnionzellen im optischen Durchschnitt. ®3%/, Der Embryo hat sich umgedreht. md Mandibel. mx', mx” erste und zweite Maxille. v Vorderkopf. Dasselbe Stadium, von der Bauchfläche gesehen. w seitliche Rinne. o Mundöffnung. Ein etwas weiteres Stadium, an dem der Antennenfortsatz (at) sich ge- bildet hat. Der Kopf von demselben Stadium. Ein noch weiteres Stadium, an dem man die Ueberreste des Faltenblat- tes beobachtet. Ein Stadium aus der letzten Entwicklungsperiode, an dem die Scheidung des Keimstreifens in zwei Keimblätter zu beobachten ist. oe Oesophagus. Der Kopf des auf der vorhergehenden Figur abgebildeten Embryo, von der Fläche gesehen. Das letzte Stadium vor der Bildung der Rückenwand. hd Hinterdarm. oc Augen. Ein Embryo mit geschlossenem Rücken und ausgebildetem Kopf. Der Kopf eines solchen Embryo von der Bauchfläche. sg’ erstes Segment. Um Wiederholungen zu vermeiden, habe ich an einigen Figuren die Bedeu- tung derjenigen Buchstaben nicht at: welche bei den vorherstehenden Figuren erklärt werden. ; Tafel XXIV. XXV. und XXVIIB. Entwicklung der Cecidomyidenlarve. Erklärung der Buchstaben zu Taf. XXIV u. RER Fig. 4—24. u Be Rn MR MR le! _. uQ nn 8 = a Antennen. eL Corpus luteum. c. a Fettkörper. i.r Afterdarm. kf Kopffalten. kk Kopfkragen. ! Oberlippe. md Mandibel. ä mx! u. mx” Erste und zweite Maxille. ov Ausführungsgang der Genitalanlage. pz Polzellen. sf Schwanzfalte. v Vorderkopf. x v, M MarricHi’sche Gefässe Ein Theil des Magens mit der inneren Chitinröhre. Die in der Darmröhre sich ansammelnden Krystalle. Die zwei letzten Bauchganglien der Larve. Ein Keimstock mit Pseudova von verschiedenen Entwicklungsstadien. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 10. 4; 12. 43, 14, 45. AR I 7 47. 8. 18. 49. 20. a. . 21A, . 224. '32B. . 22C. . 23A. Embryologische Studien an Insecten. 495 Ein loses Keimfach mit dem unreifen Pseudovum und den Dotterbil- dungszellen. *°%,. Ein weiteres Stadium der Pseudovumentwicklung. Das Keimbläschen hat sich in zwei getheilt. Es hat sich zugleich ein Corpus luteum gebildet. *°%,. Ein Pseudovum mit vier Keimkernen, HH .. Ein Pseudovum mit mehreren Keimkernen. Ein weiteres Stadium, an dem sich die erste Polzelle differenzirt hat. Bildung der Keimhautzellen. Ein Pseudovum mit ausgebildetem Blastoderm und mit der definitiven Zahl von Polzellen. Die Polzellen sind vom Blastoderm umhüllt worden. A: Die Bildung des Kopfkragens. Ein weiteres Stadium , an dem man ausser der Kopf- noch die Schwanz- falte unterscheidet. ?°%/,. Ein Embryo mit entwickeltem Keimstreifen und mit freigewordenem Dotter. *%,. Das Wachsthum des Hinterendes, resp. der Schwanzfalte. 5%,. Ein weiterer Moment desselben Vorganges. Ein Embryo auf gleichem Stadium, von der Rückenfläche aus gesehen. Das Erscheinen der ersten Körpersegmente, Die weitere Ausbildung derselben, wobei man zugleich die Zusammen- ziehung des Keimstreifen wahrnimmt. '3%. Zellen des hinteren Körperendes des Embryo, Das Hervortreten des Mund- und Aflterdarmes. Hinteres Ende des auf der vorigen Fig. abgebildeten Embryo. Afterdarm mit MaArpıcar'schen Gefässen desselben. Zwei Bauchganglien desselben Embryo. Ein weiter entwickelter Embryo mit Anlagen des Fettkörpers. Eine Genitalanlage desselben. u Der Kopf eines weiter entwickelten Eahiyei Tafel XXVIIB. Der Kopf einer ausgebildeten Larve. Mundtheile von der Seite. a Mundtheile derselben Larve vom Rücken. at Antennen, at’ zur Ab- werfung bestimmte Antennencuticula. 2b Unterlippe. ct abgestorbene Cuticula. Fig. 4.5u.6. Drei Entwicklungsstadien der Genitalanlage. Tafel XXVI. XXVIIA. Embryologie von Corixa. Ein Ei mit ausgebildetem Blastoderm (dlj. A Haftapparat. A’ Haft- scheibe. m Micropylende des Eies. Ein Theil des Blastoderms mit dem darunterliegenden Dotter. *°%,. Ein Ei mit Blastoderm, an dem man dle erste Bildung der Einstülpung wahrnimmt. 2 Einstülpung. Fig. Fig. u: AR. . 13. ‚ih. .21. . 22. . 233. Elias Mecznikow, Ein weiteres Einstülpungsstadium von der Seite gesehen. «a der dickere, b der verjüngte Blastodermtheil. «@’ der Rückenwulst. 5b’ der zum Deckblatt werdende Theil. ce die Seitenwand der Einstülpung. 7%. Dasselbe Stadium von der flachen Eifläche aus gesehen. (Die Buchstaben wie in der vorigen Figur.) ?°/. Das Stadium, an dem die Bildung des Keimhügels bereits begonnen hat. ?75,. Der vom Dotter bedeckte Keimhügel im Begriffe des Wachsthums. (Eine halbe Stunde nach dem vorigen Stadium.) au. die verjüngten, zum Amnion werdenden Blastodermtheile. a’ der sich zum Keimstreifen ausbildende Theil des Keimhügels. 5b’ der schmälere, zum Deckblatt werdende Keimhügelabschnitt. c die Seitenwand der Einstülpung. ?%/,. Der untere Theil des Keimes von der flachen Eifläche aus gesehen. (Die Buchstaben wie in der vorigen Fig.) ?°/,. Ein weiteres Entwicklungsstadium, an dem sich ein Theil des Amnion gebildet hat. am Amnion. 5b’ das noch nicht vollständig ausgebildete Deckblatt. c Seitenplatten. 75/,. Der untere Theil des Embryos an demselben Stadium, von der flachen Eifläche aus gesehen. ?°®/,. Der Embryo ist bereits vom Dotter frei geworden. am Amnion. am’ oberer Amnionkuchen. f optischer Durchschnitt der zur Scheitelplatte werdenden Falte. eb Extremitätenblatt. Unterer Theil desselben Embryos von der Rückenfläche aus gesehen. (f wie in der vorigen Figur.) d centraler Theil des Dotters. Dasselbe Entwicklungsstadium von der Bauchfläche aus gesehen. ks der Keimstreifen. a optischer Durchschnitt des Keimstreifens. 5b opti- scher Durchschnitt des Deckblattes. (Die übrigen Buchstaben wie in den vorigen Figuren.) Der obere Teil des Eies, an dem man die verlängerten Zellen des oberen Amnionkuchens wahrnimmt. ?°%,. Ein weiteres Entwicklungsstadium ‚ wobei der Keimstreifen seine defini- tive Lage angenommen hat und auf die Rückenfläche des Eies überge- gangen ist. Das Extremitätenblatt, resp. der daneben liegende Dotter haben die wellenartige Form bereits angenommen. r Der Kopftheil desselben Embryo von der Rückenfläche aus gesehen. Ein Embryo’ mit eben erschienenen Extremitäten. mx* die zweite Maxille.e. p'—p* die drei Beinpaare. Die sechseckigen Choriontafeln von Corixa. **%%,. Die Zellen des Amnion mit hellen, je einen Keimfleck enthaltenden Ker- nen und mit körnigem Protoplasma. '°%,. Ein Embryo mit weiter ausgebildeten Extremitäten. am’ oberer, am” unterer Amnionkuchen. v» Vorderkopf. md Mandibeln. mx‘ erste, mc” zweite Maxille.. p'—p® die drei Beinpaare. ?°/,. Oberer Eitheil von demselben Entwicklungsstadium, von der Rücken- fläche aus gesehen. a’ der in Keimwülste getheilte Keimstreifen. 5’ das Deckblatt. Der seitliche Kopftheil im optischen Durchschnitte. f Uebergangstheil der Scheitelplatte in die Seitenplatte. Ein weiter entwickelter Embryo mit differenzirten Abdominalsegmenten, vom Amnion umhüllt. ab Abdomen. °°/,. . 24. . 25. „26, Embryologische Studien an Insecten, 497 Ein noch weiter ausgebildeter Embryo. oc der abgesonderte Augen- theil. (Die Bedeutung der übrigen Buchstaben wie in den anderen Figu- zon,): Yin Ein Embryo im Begriff der Umdrehung, Die Verdickungen des dabei zerrissenen Amnion (am’ u. am’) haben sich an einer Stelle vereinigt. ?°/. Ein Embryo nach der Umdrehung, in seiner definitiven Lage. Am der in eine Masse vereinigte Amniontheil. dh die feine abgelöste Dotter- > haut. 7%) . . 27. . 28. . A4A. 16 Ein sich nahe zur vollständigen Ausbildung befindender Embryo. Am der Ueberrest des Amnion. ab Abdomen. ”°/,.. Der Kopftheil eines solchen Embryos von der Bauchfläche aus gesehen. (Die Bedeutung der Buchstaben wie früher.) Tafel XXVIII— XXXI. Embryologie von Aphis rosae. Endfach nebst dem Keimfache mit seinem Pseudovum. °°%. Das Stadium, an dem man die erste Bildung der Dotterkörnchen beob- achtet, °°%,. Ein weiteres Stadium, an dem der Nahrungsdotter die centrale Partie des Eies angenommen hat. °°°),. Das Keimbläschen hat sich in zwei getheilt. °°%,. Die beiden Theilungsbläschen haben sich von einander entfernt. °°%,. Ein Pseudovum mit vier Blastodermkernen. 5%). Die peripherisch liegenden Blastodermkerne sind in grösserer Menge vor- handen. Das Pseudovum liegt in der Eiröhre, an der das Endfach zu- gleich abgebildet ist. °°%),. Ein Pseudovum mit peripherisch liegenden Blastodermkernen, in deren Innern je ein kleines Kernkörperchen eingeschlossen liegt. °°%,. Die einzelnen Blastodermzellen haben sich bereits abgesondert. w der untere Abschnitt der Keimhaut. Ein Pseudovum,, von dessen Blastoderm der untere Theil abgestutzt ist. c Zellenkerne. w abgestutzter Körper. m Blastoderm. °°%. Ein weiteres Stadium, an dem sich die Zellen der vom Blastoderm ent- standenen Scheidewand sich vermehrt haben. vi, primärer Dotter. w der cylinderförmige Körper. Das erste Stadium der Bildung des Keimhügels. vs, # primärer Dotter. w der abgestutzte Körper. *°°/),.. Ein Pseudovum, an dem sich die erste Zelle des secundären Dotters ge- bildet hat (z, v). °°%. Neben dem Keimhügel hat sich der Dötterhügel gebildet. z, v secun- därer Dotter. k Keimhügel. Die Blastoderm-Zellen des Keimhügels durch Essigsäure verändert. Ausser dem Keim- und Dotterhügel hat sich noch die primitive Genital- anlage differenzirt. k Keimhügel. 2 die primitive Einstülpung. g Ge- nitalanlage. bl Blastoderm. z,v der zellige Dotter. *°%. Ein etwas weiteres Entwicklungsstadium, an dem die Einstülpung sich bedeutend vergrössert und die Menge der Dotterzellen zugenommen hat, Fig. # Fig. 2, 22. .23, UM Elias Mecznikow, Pseudovum mit einem noch weiter entwickelten Embryo. Ein Theil des Blastoderms hat sich dabei stark verjüngt und zur Bildung des Amnion vorbereitet. d der zum Deckblatt werdende Abschnitt des Keimhügels. am der sich in das Amnion umbildende Blastodermtheil. 39%. . Eine isolirte Zelle des secundären Dotters. °°%,. Das Stadium, an dem man den räthselhaften Strang x deutlich beob- achtet. °°%%,. Ein Pseudovum mit dem anlerämpnken Keimhügel (von der Seite ge- sehen). 3°%,. Das Wachsthum, resp. die Krümmung des Keimhügels hat weitere Fort- schritte gemacht. Der zum Deckblatt werdende Keimhügelabschnitt hat sich dabei stark verjüngt. «a der differenzirte Keimstreifen. ab Urab- domen. bl der sich zu den Seitenplatten umbildende Ueberrest des Blas- toderms. am das aus dem Blastoderm entstandene Amnion. 59%). 'Ein weiteres Stadium, an dem alle Urtheile des Embryonalkörpers deut- licher hervortreten. Öb das gebildete Deckblatt. Ein noch weiter entwickelter Embryo von der rechten Seite gesehen. am, f die Falte des Amnions und des Deckblattes. d ein von den Sei- tenplatten abgestutzter Körper. 4A ein Theil des Keimstreifens unter 650maliger Vergrösserung. a” Zel- lenkerne aus der gewölbten, 5b” Zellkerne aus der concaven Seite. B Blastodermzellen unter 650maliger Vergrösserung. Zellen des ausgebildeten Amnions. @’ im optischen Durchschnitt, b’ von der Fläche aus gesehen. °°%. Ein Embryo, wie der auf der Fig. 22 abgebildete, von der Fläche aus gesehen. Derselbe Embryo von der linken Seite gesehen. eb Extremitätenblatt. Ein Embryo mit eben erschienenen Thoracalextremitäten. p*t—p? die Anlagen der drei Beinpaare. °'%. . Der Kopftheil desselben Embryo, von der Bauchfläche aus gesehen. Ein etwas weiter ausgebildeter Embryo. o die anfängliche Einstülpung. at der Antennenfortsatz. md Mandibeln. m&'— mx?” erste und zweite Maxille.. r Rectalabschnitt des Urabdomen. . Die ersten Zellen des Fettkörpers. °°%. Ein Embryo im Anfang der dritten Entwicklungsperiode. ce, a Fettkör- per. v Vorderkopf. oe Oesophagus. *%,. . Die Zellen des ausgebildeten Fettkörpers. °°%,. . Der Kopftheil des an der Fig. 29 abgebildeten Embryos, von der Bauch- fläche aus gesehen. Der Embryo, dessen Urabdomen sich zu heben bereits begonnen haben. gl eigenthümliche paarige Drüsen. ”°9),. Ein solcher Embryo von der Fläche aus gesehen. oc der abgesonderte Augenabschnitt. nt, n” Hirnabschnitte. *?%,. Derselbe Embryo von der Bauchfläche aus gesehen. Die Flächenansicht eines weiter entwickelten Embryos. in Unter- schlundganglion. gnt—gn?® Ganglien der Bauchkette. oe Oesopha- gus. 220, Ein Einbiye mit gekrümmtemn Abdomen. ep Epidermis des Kopfes. ??%/,. Fig. 52. Fig. 56. Embryologische Studien an Insecten. 499 Ein Effbryo im Beginn der Umdrehung. n Hirn. Ein umgedrehter Embryo. pm Maxillentaster. ??%,. . Die dunkel gefärbten Zellen des Fettkörpers. °°%,. Der Embryo nach der Zusammenziehung des Keimstreifens. u die, die Chitinfäden des Rüssels secernirenden Drüsen. 22%, Das Genitalorgan nach der Abschnürung der einzelnen Endfächer. ®°% .. Ein einzelnes Endfach mit dem Ausführungsgang. e Epithel des End- faches, °>%. Der Urtheil des Auges. °%,. Ein Bein in einem frühen Entwicklungsstadium. am Amnion. st, pr pe- ripherische Schicht. st, c centrale Schicht. °°%. Die Mundtheile eines Embryo aus der dritten Entwicklungsperiode. md Mandibel. mx’ Maxille. Ir Oberlippe. ib Unterlippe. Ein weiteres Entwicklungsstadium der Mundextremitäten. ti innerer Chitinapparat. Kopftheil eines Embryos mit noch weiter ausgebildeten Mundtheilen. 15%, , Der ausgebildete Rüssel. '°°/. Ein vollkommen entwickelter Embryo. gs Magen. gn Bauchmark. n, f die von ihm entspringenden Nerven. 5%. Das Hirn eines weit entwickelten Embryo. n, op Augennerv. ??%,. Das Hirn eines noch weiter ausgebildeten Embryo (von der Rücken- fläche). ?°%,. Das Bein eines weit entwickelten Embryo. (Die Bedeutung der Buch- staben wie in der Fig. 41). 85%. Zwei seitlich liegende paarige Drüsen. °5°/,. Zellen des embryonalen Hirnes. °3%,. Epidermiszellen. °°%,. Eine, die Chitinnadel des Rüssels secernirende retortenförmige Drüse. ??%/ . Hinteres Abdominalende mit dem Mastdarme. °°%,. Ein Theil des Oesophagus mit dem Magen eines weit entwickelten Em- bryo. sm peripherische Zellenschicht, welche sich in die Muskelschicht. des Darmcanales umbilden soll. °°%,. Der Herzabschnitt eines erwachsenen Embryo. °°%,. Tafel XXXII. Embryologie von Aspidiotus nerii. Eine Eiröhre mit einem Eiim Keimfache. v. PPurkyne’schesBläschen. ??%, „ . Ein isolirtes Keimbläschen. ??°/. Ein entwickeltes Ei im Keimfache mit dem peripherisch liegenden Keim- bläschen (v. P). ds Keiinhautblastem. ep Epithel des Keimfaches. ?*%,. Ein noch weiter entwickeltes Ei. ds Keimhautblastem. ds’ periphe- rischer Wulst des Blastem. ?°%,. Ein Ei mit mehreren Kernen der Blastodermzellen {n, db). ?%,. Ein Ei mit-entwickeltem Blastoderm (b?). 22%. Die erste Bildung der Keimeinstülpung. c die nach innen eingestülpte: Höhle... 22%. Die weitere Entwicklung des Keimes. a unterer, zum Keimstreifen. 500 Fig. 7A. Fig. 12A. Fig. 43. . a «Elias Mecznikow, Embryologische Studien an Insecten. werdender Wulst. 5 oberer, zum Deckblatte werdenderW ulst. nd Kerne der Zellen, ‚ welche den sog. secundären Dotter bilden. am Amnion- haut. =%,. Der untere Theil des Eies an demselben Stadium, von der Fläche ge- sehen. (Die Bezeichnung der Buchstaben wie in der vorigen Figur). ?°°/. Ein Ei mit bereits gebildetem Keimstreifen. a u.b wie in der Fig. 7 cd Zellen des secundären Dotters. sp Seitenplatten. p Dotterstreifen. **°,,. Ein weiter entwickelter Embryo von der linken Seite gesehen. % Urtheil des Kopfes. t Urtheil des Thorax. ab Urabdomen. am Amnion. °*%. Derselbe Embryo von der rechten Seite gesehen. (Buchstaben wie in den vorigen Figuren.) **%,. Ein vom Dotter fast vollständig bedeckter Eck mit bereits gebildeten Extremitäten. v Vorderkopf. at Antenne. *?*°,. Ein noch weiter entwickelter Embryo, welcher vom Dotter frei geworden ist. (vu. at, cd wie in den vorigen Figuren.) md Mandibeln. mx’ erste Maxille. mx? zweite Maxille. p', p®u.p° drei Beinpaare. cd’ umgebildeter Dotter. *?°),. Zwei Stadien der Umbildung des secundären Dotters. a früheres Um- bildungsstadium. 5 späteres Stadium, wo die uraprünghchen D Dotter- zellen mit einander zu verschmelzen beginnen. *°%,, Eine in der Eihaut liegende, vollständig ausgebildete Aspidiotuslarve. ??%,. An den Fig. 7— 43 ist die Haut des Keimfaches nicht bezeichnet. . Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. Fall. af wiss Kool II-Ba —i U.) 0-Bach APEG. ZLith.ÄAn. Masenscheber 20. ELTA del schrift [. wijjenschafll. oclogie. Ba._\W. HR y A | | \ H. Landeors > u en = = in — Warenschteber s£; | Wöismann de. \ Wersmann del. Pas Wagenschiber SC » Warmann de - Asitschrift f wijjenschaftl, Zoologie. Da. X]. —_ Wagenschteber 30, : oT N Sage 3,\ Lei ALLER | RE TER ; N RR a 2 © = NOT we del. Wersmann cha 02 Do lagaen BAER: .” Keitschrift 7. wijje * | ARITERrT FrareH ' { | eacber 50. VE de - Wasmann - Ku ee. WER » Fa. 11 2 L Wagenschueber sc. „ R 5 BETEN LINE ON FCDGEFTE—EE Kes Ä a Wagenschieber se. Be 7% & u 7. ER ER ER Wagenschicher 26 Katschrifk £ willensaafl. Aoologie. BR. II. | L__ Hmfin ot Wiltmaase del Bert Taf. IT. Lith. Anstv.J.6. Bach, Lepz%. ‚r. für: miss. Iool_IVZ Bd. . © a u Aeitschrift f, wijfenschaftt. Zoologie: Ba. AU. RT TTS PETER ER 8 Wagenschieber s6 PrZ Des . - pn 2 “ ‚ u 3 Pr v « R PR EEE. nn nn an U ALM BE DEE I ie AT ep DB PR Pe ae u ni ‚ EFGIESR. Ui: War or . - - " | Wagenrchieber 55 > er RENT =". \jııinuin FERIEN Be chaftl. Zoologie. Ba. AU. ” Fl Katschrifl I: WULERS . lschrift 1 mijjenschaftl. Zoelegie. Ba. U. 2 / A ER RR TER CR BENCE E Wagenschteber 20 en 4 h [2 a 1 . en # h a r e Ber zS £ ‘ Eh U, BENTEEE ar A Kr 2 ee Kutschrjt 1, wijjänschafll. | f i 3 r u | MWasenschteber 6, . Bd.I. 2 [: wijjenschafll.: 7 Vschrt [24 Y Duchbols de \ h) PR HR SR URN re. Da. _W. 2 vhazl.-Zoolo; 2 wajjens % wilschrift A G agenschteber SC H er 2 R' EIER a Kernkore de. = x E — — 2 Be { Wargenschreber 6. un ia | pi Br #| af EN '“ ER Se AND | l 23 MRS SS u Iah Ans v6 Bachlapıg. er eher er — Fr = ä > N CAD 4 / Zeitschr f wiss. Zool. IT Bd! da a FO NE In . Br .. a ur A atschrijt [ wijjenschafil Hodopıe. BE. HU. Et. BE TER B Be EN Wagenschieber 56. 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