ei Ki ER EH Bar ri % r “r # ER BE Sr . I LE oe Br ER URN Fear D „r erkundet ‚ vereeraeer z wre. ee KR AREA AAN: nernert tie re rnerrıe u .nrt D oe De nee KR I a re % H 1% 4 \ gun # « . 117 ser DIR esprit ri Sr aan rn n Y r- ‘ DR ur KL FREE aaa ha ee ver‘ su ' LE ! > ' ; f r >». u a “.. 4 any TE LFTUFT FU UUEF INN PPRURFRE EN TREE AA ER SERE Da 5) U BIPTPFELEFFE BSEEET ee. nr n e 5 Kt > j f 5 j $ . w Ba STEIN PIERRE NER HA SHE * ” A ‘ u E > w Zr . . pi . be) x EEE BEN Ber 22 Br RE Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben von Carl ‚Theodor V. Biebold, sität zu München und „Albert V. Kölliker, r an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Keep Professor an der 2 sität zu Göttingen. 3 Verl, I ®, ® Or Aasıd | > Vierzigter Band. Mit 36 Tafeln und 7 Holzschnitten. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1884. Inhalt des vierzigsten Bandes. N a ey Erstes Heft. Ausgegeben den 19. Februar 1884, Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. Ein Bei- trag zur Kenntnis der Trematoden. Von P. M. Fischer. (Mit Taf. I.) Bemerkungen über einige Flagellaten. Von F, Blochmann. (Mit Taf. II.) Die Knospung der Anchinia. Von A. Korotneff. (Mit Taf. III und IV.). Seite A 42 50 Studien an japanischen Lithistiden. Von L.Döderlein. (Mit Taf. V—VIL) 62 Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.) nebst Bemerkungen über die Familie der Sepioladen im Allge- een. Von J. Brock. (Mit einem’ Holzschnitt.):”.. 2. ars. 4105 Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. Von A. Gruber. (Mit Taf. VIII und IX.\. . AA Resultate meiner Studien über die pelagische Fauna kleinerer und größerer Süßwasserbecken der Schweiz. Von O0. E. Imhof. (Mit Taf. X.). . . 154 Zweites Heft. Ausgegeben den 6. Mai 1884. Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. Von A. Kölliker. (Mit Taf. XP und XI.) . ERLERNT Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. Von C. K. Hoffmann. BI TareXT und XIV und emem Holzschnitt.).. . ... 2.2... ...... 244 Die Wurmfauna von Madeira. IV. VonP, Langerhans. (Mit Taf. XV—XVI.) 247 Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. Von F. Ahlborn. (Mit Taf. XVII.) NN Be ln ton an RO Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. Von F,. Ahlborn . 309 Über die Bedeutung der Zirbeldrüse (Glandula pinealis; Conarium;; Epiphysis gezebri). Von F, Ahlborn. (Mit Fig. 7, auf Taf, XVII.). - :. .. . 334 nr EV Untersuchungen über Luciola italica L. Von C. Emery. (Mit Taf. XIX.). Nachtrag zu meinem Aufsatze: »Die embryonalen Keimblätter und die Ge- | webe«. Von A. Kölliker. Drittes Heft. Ausgegeben den 27. Juni 1834. Untersuchungen über den Bau und die Entwicklungsgeschichte der Süßwasser- Dendrocoelen (Tricladen). Von I, Iijima. (Mit Taf. XX— XXIII und 3 Holzschn.) Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. Von E. v. Daday. (Mit Taf. XXIV.. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. Von G. Simmermacher. (Mit Taf. XXV—XXVI und 2 Holzschn.) Bemerkung über die Bedeutung der feuchten Schnauze der mit feinem Ge- ruchsinne ausgestatteten Säuger. Von S. Exner Viertes Heft. Ausgegeben den 5. September 1884. Entwicklungsgeschichte der Aphiden. Von Emanuel Witlaczil. (Mit Taf. XXVILI—XXXIV.). Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarz- walde. Von O0. Nüsslin. (Mit Taf. XXXV und XXXVL).. Seite 338 . 356 557 5 597 Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. Ein Beitrag zur Kenntnis der Trematoden. Von Paul Moritz Fischer aus Blumroda. Mit Tafel I. Nachdem mir Gelegenheit geworden war, mich im zoologischen Laboratorium der Universität Leipzig mit der Organisation verschiedener Trematoden näher bekannt zu machen, wurde mir durch den Direktor dieses Instituts, den Herrn Geheimrath Prof. Dr. LeuckArt, bereitwil- ligst eine Anzahl Exemplare einer neuen Form zur Verfügung gestellt, um sie zum Gegenstande einer eingehenderen Untersuchung zu machen. In erster Linie für dieses Material, dann aber nicht minder für die vie- len freundlichst geleisteten Unterstützungen, bin ich Herrn Geheimrath LeuckArT zum wärmsten Danke verpflichtet, den ich ihm auch im Vor- worte dieser Abhandlung auszusprechen für eine angenehme Pflicht halte! Besagte Form wurde von Herrn Prof. Semrer in Würzburg auf seiner Expedition nach den Philippinen gesammelt. Sie entstammt der Paukenhöhle von Halicore Dugong. — Die für das ausgebildete Thier sehr charakteristischen Geschlechtsorgane und besonders der Umstand, dass die Mündungen sowohl des männlichen, als auch des weiblichen Apparates dem hinteren Körperende angehören (siehe Fig. 3), veran- lasste Herrn Geheimrath LeuckArr für die neue Art den Namen »Opi- sthotrema« (Orısdev: hinten; tpjua: das Loch) in Vorschlag zu bringen, diesem als Beinamen »cochleare« hinzufügend, eine Benennung, die, durch das unten zu entwerfende Bild der äußeren Gestaltung gerecht- fertigt, als eine äußerst zutreffende bezeichnet werden muss. Die Schriften, welche schon bei meinen früheren Studien von mir zu Rathe gezogen waren und auch jetzt wiederum zum Vergleich dienen mussten, sind nachfolgend verzeichnet: Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL, Bd. A 22 Pau! Moritz Fischer, J. F. LAURER, »Disquisitiones anatomicae de Amphistomo conico«. Greifswald; 4830. C. T. v. SıesoLp, »Helminthologische Beiträge in WIEGMAnN’s Archiv«. Jahrg. I. p: 2147; 1836. G. WALTER, »Beiträge zur Anatomie und Histol. einzelner Trematoden (Amphist. sub- clavatum, Distomum lanceolatum, Dist. hepaticum)«. TroscHEr’s Archiv, XXIV, 4858, Bd.l1. R. LEUCKART, »Die menschl. Parasiten und die von ihnen herrührenden Krankhei- ten«. 4863; do. I. Aufl. I. Bd. 2. Lief. 1881. L. Srıepa, »Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer (Dist. hepat.)«. In REICHERT'S u. Du Bois-Reymoxp’s Archiv. Jahrgang 4867. E. ZELLER, »Über das encystirte Vorkommen von Dist. Squamula im braunen Gras- frosch«. Diese Zeitschr. Bd. XVII. L. Stıepa, »Über den angeblichen inneren Zusammenhang der männlichen und weibl. Organe bei den Trematoden«. Im Archiv von REICHERT u. Du BoIs- Reymosp. Jahrgang 4874. ; C. BLUNBERG,, »Über den Bau von Amphistomum conicum«. Dorpat, 4871. SCHNEIDER: »Untersuchungen über Plathelminthen«. XIV. Bericht der oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Gießen, 1873. p. 69. W. Sıressky, »Über den Bau und die Entwicklungsgeschichte von Amphilina G. Wagen (Monostomum foliaceum Rud.)c. Mınort, »Studien an Turbellarien«. Arbeiten aus dem zoolog. Institut in Würz- burg, Ill. E. O. TAscHENBERG, »Beiträge und weitere Beiträge zur Kenntnis ectoparasitischer mariner Trematoden«. Halle, 4879. F. SomMEr, »Die Anatomie des Leberegels (Dist. hepat.)«. Diese Zeitschr. Bd.XXXIV. L. v. Lorenz, »Über Dist. robustum n. sp. aus dem afrik. Elefanten«. Wien 1884. C. KERBERT, »Beitrag zur Kenntnis der Trematoden (Dist. Westermani nov. Spec.)«. Im Archiv für mikrosk. Anatomie. Bd. XIX. A. Lang, »Über das Nervensystem der Trematoden«. In: Mittheilungen aus der zoo- log. Station zu Neapel. Bd. II. p. 28f. JULIEN FRAIPONT, »Recherches sur l’appareil excreteur des Tr&matodes et des Cesto- des«. Archiv de Biologie, 1880 et 1881. TAEODoR PınTser, »Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers, mit bes. Berücksichtigung der Tetrabothrien u. Tetrarhynchen«. Wien 1880. EUGENE MAcE, »Recherches anatomiques sur la ‚Grande Douve Du Foie‘ (Dist. he- pat.)«. Paris, 1882. Äußere Beschreibung. Wie schon oben bei der Benennung unseres Parasiten erwähnt wurde, kann man dessen Gestalt gut einem stiellosen Löffel vergleichen, an ihm also eine konkave und eine konvexe Fläche unterscheiden, die im Folgenden als Bauch- und Rückenfläche bezeichnet werden sollen. Versucht man das Thier auf der Ebene eines Objektträgers auszubreiten, was in Folge der eben geschilderten Gestalt nicht ohne Verletzung be- Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 3 sonders der Körperränder geschehen kann (siehe Fig. 3), oder doch wenigstens mit Faltungen derselben verknüpft ist, so gewahrt man, dass der ganze Leib, mit Ausnahme etwa des sich wenig verjüngenden vorderen Endes, als welches die Stelle bezeichnet werden muss, an der sich der einzige Saugnapf mit der im Grunde gelegenen Mundöfl- nung befindet, eine blattähnliche Form mit fast gleich starkem Dicken- durchmesser (0,65 mm) erkennen lässt. Verfolgt man, vom Mundpole ausgehend, die Breite des Körpers, so erreicht dieselbe, allmählich zu- nehmend, ungefähr bei Beginn des letzten Drittels ihr Maximum (5mm); von hier aus schließt ein flacher Bogen die Gestalt nach außen ab. Die Farbe der mir vorliegenden Exemplare, welche in Alkohol konservirt sind, ist ein schmutziges Hellbraun, doch heben sich der Saugnapf, der Darm, besonders aber die Geschlechtsapparate, und hier wiederum der mit Eiern prall gefüllte Uterus, durch wesentlich dunklere Töne her- vor. Beträgt die Länge der in vollster Geschlechtsreife befindlichen Thiere etwa 9mm (bis 44mm), so standen mir auch solche zu Gebote, die nur 3,5mm und noch darunter maßen. An letzteren waren eben die ersten Andeutungen der Geschlechtsdrüsen zu beobachten. Der unpaare Saugapparat, in seiner Stellung etwa dem vorderen Saugnapfe der Distomeen entsprechend, gehört mit seiner Öffnung vollständig der Bauchseite an. An ihn schließt sich, da ein Pharynx fehlt, der Öso- phagus an, ein c. 0,08mm starkes Rohr, das, der Stellung des Saug-- napfes gemäß, der Rückenfläche genähert seinen Anfang nimmt, sich alsbald aber nach unten krümmt (vgl. Fig. 6). Es erreicht in nahe gleichem Abstande vom Rücken und Bauch verlaufend, der Medianlinie des Körpers folgend, eine Länge von ca.4 mm. Durch Theilung des Öso- phagus entstehen die beiden geschlängelten Schenkel des Darmkanals, die sich als bedeutend breitere Röhren von nicht immer konstantem Durchmesser bis ins hintere Körperende verfolgen lassen, wo sie blind endigen (Fig. 3 d). Deutlicher, und durch ihre Färbung auffallender als die Darmschenkel, treten beim geschlechtsreifen Thiere die Win- dungen des Eierganges hervor (w). Wie man mit Hilfe einer Lupe er- kennen kann, nimmt dieses Organ seinen Anfang am Grunde eines länglichen Gebildes, dem später zu beschreibenden Schalendrüsen- komplexe mit aufsitzendem Keimstocke, das der linken Körperhälfte angehört und der Medianlinie zugeneigt ist. Der Eiergang wendet sich dieser zu und ihr folgend, richtet er seinen Lauf nach vorn. Bald je- aoch beginnt die Bildung von Querschleifen, die sich unter rechten Winkeln nach rechts und links hin ansetzen, den Raum zwischen den Darmschenkeln einnehmend und diese nur selten überschreitend. Ihre Gestaltung ist bald einfacherer, bald verwickelterer Natur. DieSchenkel 1* 4 Paul Moritz Fischer, der so gebildeten Schlingen liegen meist dicht neben einander, so dass dadurch ein Bild entsteht, das dem mit Seitenzweigen ausgestatteten Uterus von Taenia solium ‘sehr ähnlich ist. Die Weite der Windungen ist sehr verschieden, sie ist ein Maß lokaler Anhäufung der vorwärts gedrängten Eier. Hat der Eileiter seinen Höhepunkt, der sich der Darmschenkelwurzel bisweilen auf 41,5 mm Entfernung nähert, erreicht, so wendetersich wieder abwärts und buchtet sich bald zu einem mehr oder minder ellipsoidischen Sacke, zu einem Eireservoir aus, das, wiederum der Medianlinie angehörend, ungefähr in der Höhe der schon oben angedeuteten Schalendrüsen sein unteres Ende findet. Hier nimmt ein Rohr seinen Anfang, welches nach abwärts läuft und am hinteren Körperpole nach außen mündet. Verfolgt man diesen Lauf des Rohres, so scheint es nach Kurzem in einen gestreckten Cylinder ein- zutreten, der bei einer durchschnittlichen Breite von 0,2mm, eine Länge von 2mm erreicht (ch). Dass dies nicht der Fall ist, dass in Wirklichkeit beide Gebilde nur über einander zu liegen kommen, lässt sich bei Betrachtung durch das Mikroskop bald erkennen. Besagtes Organ gehört dem männlichen Geschlechtsapparate an, es ist der Cir- rusbeutel. Zuweilen ragt aus ihm, mit bloßem Auge eben noch als ein kurzes Fädchen erkennbar, der Penis hervor. Da wo der Cirrusbeutel seinen Anfang nimmt, treten dem Beobachter, symmetrisch auf beiden Seiten gelegen, zwei größere, rundliche Flecke entgegen, in denen die beiden Hoden (R}) zum Ausdruck gelangen. Sie lehnen sich den letzten Darmwindungen so an, dass ihre größte Masse dieselben nach außen hin überragt, während nur ein kleiner Theil von ihnen gedeckt wird. In einigen Fällen beobachtete ich jedoch auch, dass die beiden Hoden mehr nach innen rückten und einen Theil ihrer Ausbreitung dann dies- seits der Darmschenkel fanden. — Unterhalb des ellipsoidisch aufge- triebenen Eileiters ziehen nach rechts und links zwei dunkle Linien einher, denen von Zeit zu Zeit kleine Klümpchen, oft von kurzen Stie- len getragen, aufsitzen. Sie beschreiben flach nach oben hin auf- steigende Bogen, deren Konkavität nach vorn-gelegen ist. Es sind die transversal verlaufenden Dottergänge (ds) mit den anhängenden Dotter- follikeln. Diese Bildung gewährt den Anblick etwa zweier Ranken, die sich bogenförmig zu einem unpaaren Aste vereinigen, welcher, nach aufwärts steigend, innerhalb der Schalendrüse verschwindet. Die an- sitzenden Dotterballen ließen sich dann mit kurzgestielten Beeren ver- gleichen. Auch dieser Dotter bildende und führende Apparat ist zum größten Theile auf den Raum zwischen den Darmschenkeln angewiesen. Nur die äußersten Ballen erreichen die letzteren, oder überragen sie dann und wann wohl auch um ein Geringes. Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus nov. Spec. 5 \ Analog dem Verfahren von LevckArT, nach welchem die Fläche des platten Wurmleibes nach dem jeweiligen Vorherrschen charakterver- leihender Organe in verschiedene Felder eingetheilt wird (Hodenfeld etc.), ist es zweckmäßig, den von beiden Darmschenkeln begrenz- ten Raum als »Geschlechtsfeld« zu bezeichnen, eine Benennung, die durch die bisherigen Betrachtungen gerechtfertigt erscheint. Als die zwei »Seitenfelder« sind dann die Theile außerhalb der Darmschlänge- lungen zu betrachten, für welche man wohl auch den Namen der »Ner- venfelder« einführen könnte, da, wie wir später sehen werden, sich in ihnen der Verlauf der bei Weitem überwiegenden Menge der Nerven- stränge abspielt. An gefärbten Thieren sieht man zur rechten und linken Seite des Ösophagus nicht selten zwei dunkle, durch einen Querstrei- fen verbundene, Flecke erscheinen. In diesen kommen die Nerven- centren nebst der den Ösophagus überbrückenden Kommissur zum Ausdruck. Wenn ich jetzt dazu übergehe, eine Beschreibung der einzelnen, den Thierleib aufbauenden Theile zu geben, so muss ich in Kürze Einiges über die angewendeten Untersuchungsmethoden vorausschicken. In absolutem Alkohol gehärtet, benutzte ich zur Fär- bung mit fast gleichem Erfolg meist Pikrokarmin und Hämatoxylin, zu- weilen auch eine Lösung ammoniakalischen Karmins. Zur Aufhellung diente Nelkenöl, zur Herstellung von Dauerpräparaten Kanadabalsam, der, durch Chloroform stark verdünnt, sehr leichtflüssig gemacht wor- den war. So behandelte ganze Thiere erlangten einen hohen Grad von Durchsichtigkeit und ließen den Zusammenhang der einzelnen Organe ‘deutlich erkennen. Behufs Herstellung von Schnitten erwies sich eine stark durchscheinende Seife aus 15 Gewichtstheilen Kernseife und 17,5 Gewichtstheilen 96 /,igen Spiritus bereitet, als vorzügliches Einbettungsmittel. Im Wasserbade auf ca. 60°C. erwärmt, wird sie flüssig und braucht dann wenige Minuten, um an der Luft wieder zu erstarren, ein Zeitraum, der erforderlich ist, damit der einzubettende - Körper gut durchdrungen werde. Wurden die Schnitte sofort unter- sucht, so benutzte ich zur Aufhellung auch Glycerin, ein Verfahren, was ein längeres Aufbewahren jedoch nicht gestattete. Rindenschicht. Als schützende Hülle umgiebt den Körper von Opisthotrema coch- leare eine allen Trematoden zukommende Rindenschicht. Die Gesammt- 6 Paul Moritz Fischer, stärke der sie zusammensetzenden Lagen wechselt in der Ausbreitung des Körpers. Diese Schwankung findet ihre Ursache in der verschie- den starken Ausbildung des Hautmuskelschlauches, welcher dem von Leuckart ausgesprochenen Satze gemäß, in seiner Entwicklung sich in den einzelnen Körpertheilen umgekehrt verhält, wie die Größe und Ausdehnung der dort vorhandenen Eingeweide. Die Rindenschicht wird uns demnach in dem spitzeren Kopftheile als eine stärkere im Vergleich zu derjenigen erscheinen, welche den breiteren Theil des hinteren Körpers umhüllt. Aber nicht nur die verschiedene Mächtigkeit der Muskellagen ver- anlasst diese verschiedene Dicke der Rindenschicht. Auch die als Außenfläche unseres Trematoden auftretende Cuticula ist an den verschiedenen Körperstellen nicht von derselben Stärke. Sie ist am dicksten auf der Rückenseite (0,0088 mm). Gefärbte Schnitte lassen, was ihre Beschaffenheit, die nicht durchgehends eine gleiche ist, an- langt, Folgendes erkennen: man kann in ihr zwei Streifen (Schichten) unterscheiden, von denen der äußere, ungefähr 0,007 mm breit, aus einer sich verhältnismäßig schwach färbenden, fein granulirten Sub- stanz aufgebaut ist. Der darunter liegende Streifen, welcher nach innen zu scharf abgegrenzt ist, erscheint bei voliständiger Struktur- losigkeit als ein stark lichtbrechender Saum von ungefähr 0,001 mm Dicke. — An der Bauchseite, wo die Guticula mit Stacheln besetzt ist, vermisst man zuweilen den äußeren Streifen, vielfach hingegen sind die Stacheln am Grunde mit jener granulirten Masse verkittet, die stellenweise — vorzüglich bei jungen Exemplaren — so an Mächtig- keit gewinnt, dass nur die Spitzen der einzelnen Stacheln frei aus ihr hervorragen. Auf der Rückenseite ist der äußere Streifen der Cuticula von ziemlich konstanter Dicke. Die Oberfläche des Thierleibes erscheint hier in der Regel vollkommen eben, seltener schwach gewellt. Die sich mir darbietenden Strukturverhältnisse ließen mich mit Rücksicht auf die in der Trematodenlitteratur niedergelegten Resultate lange Zeit den wahren Charakter der Körperhülle verkennen. Besonders waren es die Beschreibung und die Abbildungen, die KErBERT vom Distomum Westermani gegeben hat, welche mich geneigt machten, die Haut von Opisthotrema cochleare ebenfalls mit einer epithelialen Schicht ausgestattet zu sehen. Ich glaubte in der oben beschriebenen, ziemlich dieken, granulirten Schicht eine Epidermis vorgefunden zu haben, welche mir nach außen hin von einer Cuticula begrenzt schien, einer hellen Schicht von äußerst geringer Mächtigkeit (ca. 0,0008 mm), deren Dasein allerdings nur dadurch konstatirt werden konnte, dass sie sich als durchscheinender, strukturloser Saum von der vorigen abhebt. Auch Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 71 die Thatsache, dass jener äußere Streifen einen vollständig membran- artigen Zusammenhang von konstanter Stärke über die ganze Rücken- fläche hin aufweist, konnte nur zu Gunsten der gewonnenen Auffassung sprechen. Das Aussehen der Bauchseite hingegen zeigte freilich, wie wir schon sahen, ein anderes Bild. Allein es ließ sich solches einiger- maßen mit der früheren Ansicht in Einklang bringen, wenn man an- nahm, dass die hier die Stacheln einbettende, granulirte Masse die Überreste einer degenerirten Epidermis darstellte. Waren mir schon Zweifel an vorstehender Ansicht dadurch er- weckt worden, dass ich innerhalb der vermeintlichen Epidermis nie- mals Zellen zu unterscheiden im Stande war, wie solche KerBErT ge- funden zu haben glaubt, so wurde ich von ihrer Irrthümlichkeit voll- ständig überzeugt, als ich versuchte, eine genaue Abgrenzung beider Streifen festzustellen. Es zeigte sich alsbald, dass zwischen dem gra- nulirten und dem strukturlosen Streifen (letzterer ist allem An- scheine nach identisch mit Kerserr’s Basalmembran) ein allmählicher Übergang stattfindet. Auch lernte ich einsehen, dass jenes vermeint- _ liche, nach außen hin abschließende Häutchen in Wirklichkeit nicht existirt, es sich hier vielmehr um eine Lichtbrechungserscheinung an der Grenze von Schnitt und Einbettungsmaterial handelt. So gelangte ich zu der Überzeugung, dass in diesen granulirten Auflagerungen keineswegs eine selbständige Schicht zum Ausdruck kommt. Sie sind nichts als eine Anhäufung von Abstoßungsprodukten (Häutungsprodukte, LeuckArr), deren Gefüge sich in der Richtung nach außen immer lockerer gestaltet. Dass diese Absonderungsprodukte, welche sich überhaupt bei unserem Trematoden niemals vollständig von der darunter liegenden Hülle abheben, sondern durch immer neu entstehende Zerfallprodukte allmählich peripheriewärts gedrängt wer- den, auf der Bauchseite nicht das auf der Rückenfläche vorgefundene, membranartige Aussehen bewahren, findet offenbar seine Begründung in dem Umstande, dass an der ventralen, als der gleitenden Fläche des Thierleibes, eine raschere Abschleifung stattfindet; zumal durch die Stacheln von vorn herein eine Zerklüftung der abzustoßenden Theile bedingt wird. Die Ansicht, dass man hin und wieder in der vorgefundenen Cu- ticula Gylinderzellen wahrgenommen haben will, und so zur Meinung verleitet worden ist, eine epitheliale Körperhülle vorgefunden zu haben, ist von LEUCKART — zunächst für die Gestoden — als eine völlig irrige gekennzeichnet worden. Jene cuticularen Auflagerungen zerfallen nach eben genanntem Forscher zuweilen in Stäbchen, welcher Umstand durch »Zerrungen bedingt wird, die in Folge der Oberflächenvergröße- 8 Paul Moritz Fischer, rung beim wachsenden Thiere eintreten«e. Es ist begreiflich, dass bei Beginn einer solchen Zerklüftung senkrecht zur Oberfläche, ge- färbte Schnitte Erscheinungen aufweisen können, die den Gedanken an einen Besatz mit eylinderförmigen Zellen wohl zu erwecken im Stande sind. Vorstehende Beobachtungen, welche gezeigt haben, dass unserem Trematoden eine außerhalb der Cuticula liegende Zellschicht abgeht, entsprechen den Mittheilungen, welche Leuckarr (ll. Aufl. Bd. I. p. 367) über die Beschaffenheit der Körperoberfläche bei den parasitischen Plattwürmern gemacht hat und die dahin gehen, dass »die Gestoden — und Gleiches gilt auch, wie wir später sehen werden, von den Trema- toden — einer epithelialen Körperhülle entbehren. Die Guticula der- selben darf dann genetisch nicht mit der gewöhnlichen Cuticeularhülle der niederen Thiere zusammengestellt werden. Sie erscheint vielmehr als die strukturlose Grenzschicht der bindegewebigen Grundsubstanz, der sogenannten Basimentmembran vergleichbar, wie solche bei ande- ren Plattwürmern, besonders den Planarien, zwischen der Muscularis und dem Hautepithel gefunden wird«. Porenkanäle, die man als eine dunkle, äußerst feine Strichelung vielfach in der Cuticula bei verwandten Thierformen beschrieben hat und die dann entweder senkrecht, oder in schräg nach hinten abfallen- der Richtung diese Membran durchsetzen, konnte ich auch bei sehr dünnen, der Länge wie der Quere nach geführten Schnitten und bei starker Vergrößerung nicht wahrnehmen. Wo solche Porenkanälchen vorhanden sind, werden sie natürlich dazu beitragen, die Absorptions- fähigkeit der äußeren Haut zu steigern. Sie finden sich daher wohl all- gemein bei den mit dieker Cuticula versehenen Cestoden, denen ein Darm vollständig abgeht, und wo es der Körperdecke allein überlassen ist, als Absorptionsorgan zu fungiren. Bei Opisthotrema cochleare darf es uns nicht Wunder nehmen, eine solche Kommunikation mit der Außenwelt zu vermissen, finden sich doch hier im Verhältnis zur Kör- pergröße sehr voluminöse Darmschenkel. Die auf der Bauchseite vorgefundenen Stacheln sind lanzettförmig, nach außen sehr spitz zulaufend und nach dem hinteren Körperpole geneigt. Nach der Basis zu verdicken sie sich allmählich und erreichen an derselben, welche leicht gewellt erscheint, einen Durchmesser von 0,004mm. Sie sind völlig solide Bildungen und zeigen mechanischen Einflüssen gegenüber eine bedeutende Resistenz. Niemals konnte durch äußeren Druck eine Auflösung in feine Nädelchen herbeigeführt wer- den, wie solche Zertrümmerungen in anderen Fällen (Dist. hepaticum) beobachtet wurden. Färbemittel haben auf sie wenig Einfluss. Das Über den Bau von Opisthotrema eochleare nov. genus, nov. spec. 9 polarisirte Licht ist ohne jegliche Wirkung. Das Auftreten dieser Ge- bilde beginnt an der äußersten Kopfspitze. Hier zunächst von geringer Größe, wachsen sie nach hinten sehr bald und erreichen schon in der Höhe der Ösophagusgabelung ihr Maximum, das sie eine Zeit lang beibe- halten, um dann gegen das Ende des Körpers wieder abzunehmen. Im Umkreis der Saugnapföffnung, so wie der Mündungen der geschlecht- lichen Leitungswege fehlen sie gänzlich. Die physiologische Bedeutung dieser Bildungen ist schon von LEucKART genügend gewürdigt worden. Nach ihm spielen sie nicht nur bei der Fortbewegung eine bedeutende Rolle, sondern sie sind es auch, welche durch Reiz auf ihre jeweilige Unterlage eine gesteigerte Schleim- absonderung etc. bewirken, und somit ihrem Träger eine reichliche Nahrung verschaffen. Eine besonders ausgeprägte Regelmäßigkeit in ihrer Anordnung ist nicht zu erkennen. Bei den jüngsten Exemplaren haben diese Stacheln ihre definitive Gestaltung noch nicht erlangt. Sie erscheinen hier als niedrige Kegel mit abgerundeten Spitzen, deren breite Grundflächen so tief in den strukturlosen Streifen der Cuticula eingesenkt sind, dass zwischen ihnen und der inneren Grenze der letz- teren ein äußerst geringer Abstand übrig gelassen wird. In einer Entfernung von 0,002 mm liegt unterhalb der Cuticula eine Ringmuskelschicht von 0,002mm Dicke (Fig. k rm). Die einzelnen sie zusammensetzenden Fasern gruppiren sich zu circular verlaufenden Bündeln, die, neben einander herziehend, Abstände zwischen sich einhalten, welche ungefähr ihrer eignen Dicke gleich kommen. Im Kopfzapfen schließen sie, entsprechend den ausgiebigeren Bewegungen dieses Theiles, auf die wir schon oben hinweisen mussten, dichter zusammen, aber auch hier kommt es nicht zur Bildung einer vollkommen geschlossenen Muskelhaut, wie solche anderen Formen zu- gesprochen werden konnte. Nach dem hinteren Körper zu werden die einzelnen Bündel schwächer. Ihr Abstand vergrößert sich hier der- maßen, dass sie wohl zuweilen drei bis vier Bündel ihrer eignen Dicke, neben einander liegend, zwischen zwei benachbarte zu fassen ver- möchten. — Nach innen folgt eine kräftig entwickelte: Längsmuskelschicht, deren Fasern bald zu größeren, 0,007 mm dicken, bald zu kleineren Bündeln (Fig. 4 zeigt die Querschnitte derselben !m) vereinigt sind, die neben, zuweilen auch über einander liegend, der Hauptkörperachse parallel verlaufen. Nach dem hinteren Körperpole zu verlieren sie gleich den vorigen an Mächtigkeit. Ihr gegenseitiger Abstand beträgt ca. 0,004mm. Die einzelnen Stränge zeigen unter sich keine vollkommene Isolirung. Nicht selten sieht man von einem solchen einen Theil seiner Fasern, zu einem dünneren Bündel 10 Paul Moritz Fischer, vereinigt, unter sehr spitzem Winkel abgehen, um sich einem benach- barten nach kurzem Verlaufe wieder einzuverleiben, eine Eigenschaft, die diese Längsstränge mit den nunmehr aufzuzählenden gemeinsam haben. Diese stellen die innerste Schicht des Muskelschlauches dar und werden (von LevckArr) mit Rücksichtnahme auf den Umstand, dass sie sich in diagonaler Richtung durchkreuzen, als: Diagonalmuskeln bezeichnet. Die Stärke ihrer einzelnen Bün- del (dın) stimmt mit jener der Längsmuskelstränge fast überein, wenn sie auch hier und da zu Gunsten der ersteren um Geringes überwiegt. Die Abstände der hierher gehörenden Bündel sind keine konstanten. Zwei oder drei verlaufen, unter sich ziemlich genähert, von dem näch- sten in einem bedeutenden Abstande (0,021 mm). Die Neigung des einzelnen Stranges zu den Längsmuskeln beträgt ungefähr 50 Grad. Nach hinten zu, wo die so gebildeten Maschen an Weite zunehmen, sich also wiederum eine Abnahme der Muskulatur geltend macht, wächst dieser Winkel allmählich; der Verlauf gestaltet sich somit zu einem mehr circularen. Da die Parenchymmuskeln (dvm), bei Opisthotrema coch- leare ausschließlich als dorso-ventrale auftretend, sich mit ihren feinen Ausläufern der Cuticula der Rindenschicht anlegen, so ist es zweckmäßig, ihre Betrachtung an dieser Stelle anzuschließen. Sie be- stehen aus sehr langgestreckten Fasern, die bald zu ansehnlichen Strängen zusammenlaufen, welche gewöhnlich in der Mitte des Thier- leibes ihre größte Stärke (ca. 0,006 mm) erreichen, bald diesen Verband wieder aufgeben, um durch spitzwinklig abgehende Verzweigungen mit benachbarten Zügen in Verbindung zu treten. So entsteht ein zier- liches Netzwerk, das, in so fern es zur Aufhängung von inneren Organen dient, noch öfters wird Erwähnung finden müssen. Um ein Bild von dem Auftreten der Parenchymmuskeln zu gewinnen, dürften sich wohl am besten Flächenschnitte eignen. Solche, dem vorderen Körperpole entnommen, zeigen zwischen den an einander stoßenden Parenchym- zellen ihre Querschnitte in großer Anzahl. Hier erreichen diese öfters eine Breite von 0,008mm. Um den hinteren Körperpol herum werden die Bündel schwächer; die Fasern durchsetzen den Leib mehr verein- zelt, wiederum zum Zeugnis dafür, dass diesem Theile jene kräftigen Bewegungen abgehen, die der Kopfzapfen zu leisten im Stande sein wird. N In dem Auftreten der betreffenden Hautmuskellagen zeigt sich ein fernerer Unterschied bei Vergleichung der Vertheilung ihrer Masse auf Rücken- und Bauchseite.. Auf letzterer sind die Bündel im Allgemeinen stärker und dichter; der Bauchseite wird mithin eine größere Be- Über den Bau von Opisthotrema eochleare nov. genus, nov. spec. 11 wegungsfähigkeit als der Rückenseite zugeschrieben werden müssen, eine Eigenschaft, die man von ihr als Gleit- und Haftfläche wohl zu er- warten berechtigt ist. Da wir oben erfahren haben, dass die als äußeres Kleid der Cesto- den und Trematoden auftretende Cuticula genetisch nicht mit der ge- wöhnlichen Cutieularhülle anderer niederer Thiere zusammengestellt werden darf, sondern vielmehr der Basimentmembran z.B. der Plana- rien verglichen werden muss, so ist es verständlich, wenn ein Suchen nach einer sog. Subceuticularschicht, einer Zellenlage, die, als Bildnerin der Deckhülle fungirend, auf solche direkt nach innen zu folgen müsste, resultatlos ist. Der Cuticula folgte, wie wir sahen, fast unmittelbar der Hautmuskelschlauch. Dicht unter diesem, oft auch zwischen die Lücken der Diagonalmuskeln hineinrückend, findet sich eine Lage von Zellen (hd), die meist ziemlich senkrecht zur Guticula hin gerichtet sind. Der Ausdruck »Lage«, welcher ein kontinuirliches Auftreten der zusammensetzenden Elemente fordert, lässt sich für die hier zu beschreibenden Bildungen kaum gebrauchen. Zwar geschieht es, dass letztere im vorderen Körpertheile und hier besonders an der ventralen Seite, wo sie am mächtigsten entwickelt sind, zuweilen nahe neben einander liegen und fast einer Ebene angehören; dagegen ver- größern sich ihre Abstände gegen den mittleren Thierleib hin be- deutend, bis sie schließlich fast vereinzelt auftreten. Zuweilen nähern sie sich der Außenfläche, dann rücken sie wieder mehr dem Körper- parenchym zu. Die Gestalt der einzelnen Zellen, die einen größten Breitendurchmesser von 0,009 mm erreichen, ist spindelförmig. Beider- seits zieht sich ihr Protoplasma in dünne Fäden aus, die, obwohl sie den zarten Fasern der dorsoventralen Muskeln sehr ähnlich sind, sich doch an gefärbten Schnitten durch ihr helleres Aussehen von jenen deutlich abheben. Der nach der Peripherie laufende Fortsatz entzieht sich in der Nähe der Guticula der Beobachtung. Zuweilen schien es mir, als lege er sich der letzteren eben so an, wie dies die Muskel- enden zu thun pflegen. Die sich nach innen kehrenden Ausläufer lassen sich gewöhnlich nur kurze Strecken verfolgen, da sie nicht einer Ebene angehören. Ihr helles Aussehen jedoch lässt sie auch dann als Fortsätze der Spindelzellen erkennen, wenn ein direktes Verfolgen bis zu diesen nicht mehr möglich ist. Ich glaube bemerkt zu haben, dass diese feinen Fäden im Zusammenhange mit den dorsoventral einher- ziehenden Muskelfasern stehen. Solche, unserem Trematoden zukommende Bildungen finden sich ebenfalls in der subeutieularen Schicht der Bandwürmer!. LEUucKART 1 Durch die Güte meines hochgeehrten Herrn Lehrers wurde ich in die Lage 12 Paul Moritz Fischer, traf diese Spindelzellen »öfters in deutlichem Zusammenhange mit Quermuskelfasern« an und »kann die betreffenden Gebilde desshalb auch nicht als die Matrixzellen der Cuticula anerkennen, sondern sieht in ihnen bloße eigenthümlich geformte Bindegewebszellen.«. Auf Grund der angestellten Beobachtungen gelangt er zu dem Aus- spruche: »man fühlt sich geradezu verursacht, die spindelförmigen sog. Subcuticularzellen als eine Art Sehnenfäden in- Anspruch zu nehmen«. Gestatten mir meine Beobachtungen die hier vermutheten Be- ziehungen auf unseren Trematoden übertragen zu dürfen, so ist doch ein Umstand vorhanden, der sich dieser Auffassung höchst ungünstig gegenüber zu stellen scheint. Während diese Spindelzellen bei den Bandwürmern »in dicht gedrängter Menge zu einer dicken Schicht zu- sammengruppirt sind«, zeigen sie dieses Auftreten bei Opisthotrema cochleare niemals. Hier ist letzteres in der Regel ein völlig getrenn- tes, sogar oft vereinzeltes, eine Erscheinung, die Beziehungen zu der doch mächtig entwickelten Muskulatur zweifelhaft erscheinen lässt. Dagegen ist nicht zu verkennen, dass die muskelreichsten Partien der Körperhülle gleichzeitig die größte Zahl der Spindelzellen aufweisen. Bei der Beschreibung der Rindenschicht müssen zum Schlusse noch ringförmige Erhebungen (Fig. 43) Erwähnung finden, die in be- deutender Anzahl (gegen 150), erst mehr vereinzelt, gegen die Öffnung des Cirrusbeutels immer dichter stehend, der Außenfläche aufsitzen. Sie beschränken sich ausschließlich auf die Bauchseite. Die Basis einer solchen Erhebung ist nicht immer dieselbe; die Größe ihres Durch- messers beträgt im Mittel 0,028 mm, während ihre Höhe ungefähr 0,015 mm misst. Schon durch ihre Stellung in der Nachbarschaft der Mündungen der Geschlechtswege weisen diese Gebilde darauf hin, dass sie dem geschlechtlichen Akte in irgend einer Weise dienstbar sein werden. Diese Vermuthung wird durch die’ Betrachtung ihres Baues bekräftigt. Ein jeder dieser Buckel erweist sich als eine verdickte Stelle der Cuticula. Im Mittelpunkte der kreisförmigen Basis tritt ein feines, helles Fädchen in die Erhebung ein und endigi hier mit einem blass erscheinenden Kölbchen von 0,004 mm Durchmesser, das allseitig von der nach außen hin weicher werdenden cuticularen Masse um- schlossen wird. — Zuvörderst die hervorgehobene Stellung, dann nicht minder der kennen gelernte Bau, geben genügende Veranlassung, diese Gebilde als Reizpapillen, — oder wenn man lieber will als Tast- papillen, zur Aufsuchung der Öffnung des später anzuführenden gesetzt, mich durch eigne Anschauung einschlagender Präparate von der vorhan- denen Ähnlichkeit zu überzeugen. Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 13 Laurer’schen Kanals geeignet — in Anspruch nehmen zu dürfen, wenn es auch nicht gelingen wollte, die zuführende Leitung bis zu einem unzweifelhaften Nervenstämmchen zu verfolgen. Die dem Tastkörper- chen so als Gehäuse dienende Cuticula bewirkt nicht nur dessen Schutz äußeren Einflüssen gegenüber, sie ist besonders auch als ein elastisches Polster durch ihre Nachgiebigkeit geeignet gemacht, äußeren Druck in angemessener Weise nach innen fortzupflanzen. Ich verfehle hier schließlich nicht, auf die Geschlechtspapillen von Bothriocephalus hinzuweisen ! An dieser Stelle sind einige Bemerkungen über den Saugnapf von Opisthotrema cochleare einzuschalten. Dieser stellt eine ziemlich vollkommene Kugel, die an den, den Körperenden zugewandten Polen etwas abgeplattet ist (0,85 mm breit und 0,6 mm lang), dar, und die sich so außerordentlich tief in die Leibesmasse einsenkt, dass zwischen ihren obersten Wandungen und der Rückenfläche nur noch ein Ab- stand von 0,03 mm übrig bleibt. Wie wir schon sahen, gehört der Saugnapf mit seiner Öffnung, die 0,46 mm von der äußersten Körper- spitze entfernt liegt, vollständig der Bauchseite an. Auf letzterer würde eine Achse, durch die Mundhöhlung gelegt gedacht, fast senkrecht stehen, nur geringe Neigung nach hinten zeigend. Gegen die übrige Körpermasse hin ist der Saugnapf von der hier 0,0009 mm messenden Fortsetzung der Cuticula abgeschlossen, an welche sich nach außen hin eine dicke Hülle faserigen Bindegewebes anschmiegt. Im Innern der Mundhöhle zeigt die eingestülpte Guticula das für die Rückenfläche des Thierleibes charakteristische Verhalten. Nach der Einführungsstelle in den Ösophagus zu schwinden die dort vorgefundenen Auflagerungen. Hier fällt es dem hellen, strukturlosen,, tiefer gelegenen, unzersetzten Streifen allein anheim, fernerhin als Membrana propria zu dienen. Längsschnitte, die sich zum Studium des Saugnapfes am besten eignen, lassen erkennen, dass dessen obere Hälfte die untere an Mächtigkeit um ein Geringes übertrifft. — Dass die Muskelfasern bei den Trematoden im Saugnapfe wie im Körper nach den drei Dimensionen des Raumes geordnet sind, hat schon Levckarr bewiesen (Bd. I. p. 462). Er be- schreibt eine Äquatorial-, eine Meridional- und eine Radiärfaserschicht, deren Elemente, von dem idealen Mittelpunkte des Napfes nach der Pe- ripherie verlaufend, sich durch bedeutende Entwicklung so von den vorigen auszeichnen, dass man auf den ersten Blick der Meinung sein könnte, es handle sich hier überhaupt nur um diese. Dieselben Verhältnisse kann ich bei dem von mir untersuchten Trematoden konstatiren. Bei der äußersten, äquatorialen Schicht ‚bilden die Fasern, wie man bei ihrer Gleichstellung mit den Ring- 14 Paul Moritz Fischer, muskeln des ganzen Körpers erwarten darf, dünne, neben einander laufende Bündel von 0,004 mm Durchmesser. — Die Bündel der folgen- den, meridionalen Schicht erreichen einen solchen von 0,003 mm. — Die Radiärfasern, die man mit den dorsoventralen Parenchym- muskeln verglichen hat, sind die am mächtigsten entwickelten. Ver- folgen wir ihren Verlauf von der Innen- zur Außenfläche des Saug- napfes, so sehen wir, dass sie als sehr feine Fibrillen bis dicht an die begrenzende Cuticula herantreten , ohne jedoch in diesen jenes pinsel- förmige Auseinandergehen nach letzterer hin wahrnehmen zu lassen, was wir von den dorsoventralen Muskeln konstatiren konnten. Indem sich zahlreiche solcher Fibrillen nach und nach vereinigen, entstehen stärkere Bündel (bis zu 0,006 mm Breite), die aber diesen Zusammen- hang nur kurze Zeit aufrecht erhalten, sich vielmehr bald wiederum verästeln, um, in zahllose Fädehen aufgelöst, an der Außenfläche wie in ihrem Anfange zu endigen. Zu einer ferneren Muskelgruppe, die ich nirgends bei Trematoden beschrieben finde, ordnen sich Fasern an, welche im Grunde der Mund- höhle entspringen, unweit der Ränder derselben hinlaufen, um sich, büschelförmig verbreiternd, an den lippenartigen Seitentheilen der Öffnung des Saugnapfes anzuheften. Über deren vermeintliche Wir- kung bei der Nahrungsaufnahme wird an späterer Stelle die Rede sein. Zwischen den verschiedenen Muskelschichten befindet sich eine körnige Masse, dem Inhalte der Körperparenchymzellen gleichend,, in der hier und da einzelne Zellkerne wahrzunehmen sind. Diese Binde- substanz tritt gegen die Muskelzüge sehr zurück, so dass sich der Saug- napf von Opisthotrema cochleare als ein sehr kräftig gebauter erweist. Sonstige in den Saugnapf eingebettete Gebilde finden anderen Ortes Erwähnung. Das Körperparenchym entspricht der Modifikation bei LeuckArt, die sich durch eine »groß- blasige« Beschaffenheit auszeichnet. Es; wird aus Zellen zusammen- gesetzt, welche in den verschiedenen Körpertheilen verschiedene Größe und verschiedenes Aussehen haben. Die größten, welche zugleich am auffallendsten dem Pflanzenparenchym gleichen, gehören dem hinteren Leibe an. Flächenschnitte lassen besonders gut die Umrisse der Zellen erkennen (Fig. 8 stellt ein Stück eines solchen dar, der dem hinteren Körperpole entnommen ist). Dieselben gestalten sich polygonal, häufig Sechsecke bildend, die bei einer Länge von 0,077 mm eine größte Breite von 0,037 mm besitzen. Die Zellen schließen mit ihren dünnen Wänden, die hier oft vollkommen geradlinig erscheinen, dicht an ein- Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 15 \ ander; die engen Intercellularräume werden von den sich durch- zwängenden, dorsoventralen Muskeln vollständig ausgefüllt. Nach dem vorderen Körperpole zu werden die Zellen kleiner (0,0225 mm) und rundlicher. Mit der Zunahme der eben erwähnten Muskeln und in Folge der beim lebenden Thiere damit verknüpften ausgiebigeren Bewegung dieses Theiles, zeigen die Wände der Zellen nicht mehr das regelmäßige Aussehen, wie es denen des hinteren Thierkörpers eigen war. Durch diese energische Thätigkeit in Mit- leidenschaft gezogen, erscheinen die Zellbegrenzungen hier vielfach tief gewellt, oder es kommen Zellen zum Anblicke, die eine Anzahl kolbiger Ausbuchtungen aufweisen. Die Kerne der Parenchymzellen erreichen eine durchschnittliche Größe von 0,015 mm. Sie liegen in der Nähe der Zellwände, vollstän- dig in ein feinkörniges Plasma eingebettet, welches sich, nach Anwen- dung wasserentziehender Mittel, gegen die Peripherien der einzelnen Zellen zurückgezogen hat. In der Nachbarschaft der Rindenschicht und der einzelnen Organe löst sich der Verband der Zellen auf. Innerhalb des zusammengeflos- senen Plasmas mit bergenden Zellkernen zeigt sich an letzteren Orten ein faseriges Bindegewebe, das oftmals eine bedeutende Mächtigkeit erlangt, und dessen noch öfters wird gedacht werden müssen. Das Nervensystem. Schon von den älteren Forschern ist bei einzelnen Trematoden die Gegenwart eines Nervenapparates konstatirt worden. Wenn trotzdem hier und da das Dasein eines solchen Systems geleugnet wurde, so brachten dies jedenfalls die Schwierigkeiten mit sich, die dieses Organ den Untersuchungen da entgegensetzt, wo ihm eine eigene Hülle binde- gewebiger Art abgeht. LeuckArr ist derjenige gewesen, der sich auf Grund seiner Erfahrungen veranlasst fühlte, die Existenz dieses Ge- bildes allen Saugwürmern zuzusprechen. Die Ausbildung des Nervenapparates ist gerade bei Opisthotrema cochleare als eine außerordentlich übersichtliche zu bezeichnen. In Karmin gefärbte ganze und besonders jüngere Thiere, bei denen die geringen Dickendimensionen eine genügende Aufhellung in Nelkenöl zuließen, gewährten Bilder von scharfen Umrissen; auch erwies es sich nicht allzuschwierig, durch Zerzupfen der parenchymatischen Leibes- masse kurze Strecken der stärkeren Stränge zu isoliren, ein Umstand, dessen Ursache durch die Existenz einer die Nerven umhüllenden dünnen, pelluciden, völlig strukturlosen Hülle erklärlich wird. Auch 16 Paul Moritz Fischer, völlig geschlechtsreife Exemplare gestatten einen befriedigenden Ein- blick. Wenn auch die zunehmende Stärke des Körpers beeinträchtigend wirkt, so ist bei der Untersuchung doch im Allgemeinen das günstig, dass die Centren, so wie die Hauptstränge des Nervensystems den seit- lichen Körpertheilen angehören, solchen Partieen also, die, wie wir sahen, von anderen Organen frei sind. In einer Entfernung von 0,19 mm vom unteren Rande des Saug- napfes überbrückt den Ösophagus in einem Abstande von 0,047 mm ein 0,018mm breites Band, welches eine geringe Krümmung zeigt, deren konvexe Seite dem Rücken zugewendet ist. Es stellt eine Kom- missur dar zwischen zweien als Nervencentren zu bezeichnenden Ge- bilden. Diese liegen symmetrisch zu beiden Seiten des Ösophagus in gleichem Abstande (0,06 mm) von demselben und gewähren ungefähr das Aussehen eines dreizackigen Sternes, bei welchem Vergleiche die Strahlen einestheils durch das Querband, anderentheils durch zwei be- sonders starke Stränge, die dem Centrum entspringen, jederseits dar- gestellt sind. Das System wird aus Zellen und Fasern aufgebaut, welche letztere den bei Weitem größeren Theil ausmachen. Erstere befinden sich be- sonders in bedeutenderer Anzahl, wenn auch nicht vorwaltend, im Bereiche der Nervencentren und der Querkommissur; man findet sie aber auch häufig in den Nervensträngen, hier dasselbe Aussehen zei- gend wie dort. Ich konnte zweierlei Zellen unterscheiden : wenige unipolare beschränken sich auf die seitlichen Anschwellungen. Neben diesen finden sich zahlreiche ovale Zellen. Beide Arien sind mit großen, bläschenförmigen Kernen (0,0046 mm) ausgestattet, und von gleicher Größe (bis 0,006mm Länge). Ihr Plasma ist von feinkörnigem Aus- sehen. Bei den ovalen Nervenzellen wollte es mir nicht gelingen, Fort- sätze zu erkennen, doch weist ihre Lage auf das Vorhandensein solcher hin, indem ihr größter Durchmesser in die Richtung des Faserverlaufs der Stränge fällt. — Die Fasern sind sehr dünn und geben den Nerven- strängen ein streifiges Aussehen. Stärkere Vergrößerungen gestatten, sie als isolirte Fibrillen von einer homogenen, durchscheinenden Be- schaffenheit zu erkennen. Auf Querschnitten gewährten die Stränge fast kreisrunde Bilder mit feinen Punkten, die durchschnittenen Längs- fasern darstellend. Ein faseriges Bindegewebe, das durch die schon oben erwähnte pellucide Hülle nach außen seinen Abschluss findet, dient als Stütze und bewirkt vielleicht auch eine Isolirung der einzel- nen Fasern. Die peripherischen Nerven: Aus den Centraltheilen des. Nervensystems nehmen, beiderseits symmetrisch gelegen und diese Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 17: Eigenschaft auch im ganzen Verlaufe im Allgemeinen aufrecht erhal- tend, eine Anzahl Stränge ihren Ursprung. Es lassen sich auf jeder Seite deren sieben unterscheiden. — Der erste, an seiner Wurzel von bedeutender Stärke (0,018 mm) geht nach vorn, um alsbald mehrere Seitenäste abzugeben, welche sich in der Muskulatur des Saugnapfes verlieren, welches Organ er dann in seinem weiteren Verlaufe beglei- tet und so reichlich mit Ausläufern versorgt, dass er sich, trotz seiner ursprünglichen Dicke, bald den Beobachtungen entzieht. Ein zweiter Strang, unmittelbar neben der Basis des ersteren ent- springend, von einer Stärke von 0,006 mm, verläuft gestreckt zu den Seitentheilen des Kopfendes, wo er sich, mehrfache Verästelungen ein- gehend, ausbreitet. Der dritte, vierte und fünfte Strang, ebenfalls nur von geringer Stärke (ungefähr wie Nr. 2), entsenden ihre Elemente in die Seitentheile des vorderen Trematodenleibes. Diese einzelnen Nerven bilden nun keineswegs selbständige Sy- _ steme. Bei genaueren Untersuchungen gewahrt man, dass die einzelnen Ausläufer zweier verschiedener Nerven in einander übergehen. Mit jeder solcher Vereinigung entsteht ein neuer Nerv. Dies geschieht da- durch, dass sich von den zusammenfließenden Strängen, die oft selbst nur noch wenige Fasern enthalten, Elemente abtrennen, die, sich bogenförmig annähernd, zu einem gemeinsamen Nerven zusammen- treten, der sich wiederum theilt, und dessen einzelne Äste die geschil- derte Bildung mit benachbarten Strängen vielleicht abermals wieder- holen. Die Kreuzungsstellen erscheinen als Dreiecke mit gebogenen Seiten, deren Konkavitäten nach außen gerichtet sind (Fig. 9 c). Nach hinten zieht sich das Nervencentrum jederseits in einen Strang aus, in der Reihenfolge den sechsten darsteliend, der vor den anderen eine bedeutendere Stärke und einen großen Ausbreitungsbezirk voraus hat, und der desshalb den Namen eines Hauptkörperstammes verdient. Als direkte Fortsetzung der centralen Masse des Nervensy- stems lässt sich sein Anfang und somit seine Wurzelstärke nicht be- stimmt angeben. Betrachtet man als Ausgangspunkt die Stelle, an welcher ein siebenter, wiederum nur schwacher, von dem sechsten nach einwärts gelegener Zweig, seinen Ursprung nimmt, der, mit dem vorangehenden Anfangs nur leicht divergirend, schließlich sein Aus- breitungsgebiet in der Gegend der Darmschenkelanfänge findet, so hat diese eine Breite von 0,049 mm. | Der von mir mit Nummer Sieben bezeichnete Ausläufer ließe sich vielleicht auch als erster innerer Nebenast des Hauptstammes an- sehen, dann würde sich die Zahl Sieben auf Sechs redueiren, und da- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL, Bd. 9 18 Paul Moritz Fischer, mit eine Übereinstimmung mit Brumserg erzielt werden, welcher bei Amphistomum conicum ebenfalls die Sechszahl vorfand. Der Verlauf der beiden Hauptstämme ist ein leicht geschlängelter. | Er vollzieht sich längs der lateralen Theile der Darmschenkel, der ven- tralen Seite des Thierleibes angehörend, welche Lage den nach hinten gehenden Stämmen dadurch zu eigen geworden ist, dass sie sich kurz nach dem Verlassen der Gentren stark nach abwärts krümmen. Unweit des hinteren Körperpoles, kurz vor den Mündunssstellen der Ge- schlechtswege, gehen beide Arme in einander über. An dieser Stelle beträgt die Breite des Stranges nur noch 0,0038 mm, in welchem Maße der Verlust an Fasern zur Geltung kommt, der durch Abgabe von Sei- tenzweigen herbeigeführt wurde. Diese letzteren versorgen nun den ganzen mittleren und hinteren Körper, indem jeder einzelne Verzwei- gungen eingeht, die nicht nur unter sich wiederum die vielfachsten Verknüpfungspunkte besitzen, deren Zustandekommen dem oben ge- schilderten gleich ist, sondern die auch durch ihren vordersten Ver- treter in Verbindung mit dem fünften Nerven, und somit mit den vor- angehenden, gelangen!. Auch an solchen Stellen, wo ein Nebenzweig am Hauptstamme seinen Ursprung nimmt, zeigt sich das mehrfach er- wähnte Bild eines krummseitigen Dreiecks, d. h. es handelt sich hier- bei jedes Mal nicht bloß um ein Abgeben, sondern auch um ein Auf- nehmen von Leitungselementen, wenn auch die Zahl der abführenden Drähte, um den treffenden Vergleich der Nerven mit unseren in der Telegraphie angewendeten Verbindungen entfernter Stationen zu ge- brauchen, die der zuleitenden übertrifft. — Abgesehen von der Größe und der damit verknüpften Reichhaltigkeit an bergenden Zellen, stellen schließlich auch die als Centren in Anspruch genommenen Gebilde nichts Anderes dar, als Abzweigungen von einem Hauptstamme. Wollte man eine solche Auffassung aufrecht erhalten, und die vor- liegenden Verhältnisse geben völlige Berechtigung dazu, so würde das Resultat der Untersuchung des Nervensystems von Opisthotrema coch- leare lauten: Der hier vorliegende Nervenapparat besteht aus einem Ringe von der Form des äußeren Körperumrisses, der mit Ausnahme des Saugnapfes sämmtliche Organe umschließt und dessen Peripherie 1 Bei den Tristomiden findet Laxc ebenfalls, dass die von den Längssltämmen abgehenden Nervenäste sich vielfach verzweigen, und dass diese »sekundären Ver- zweigungen unter sich und mit denen der nächst vorderen und nächst hinteren Aste anastomosiren«. Dass eine Verbindung der beiden Hauptstränge durch Querkommissuren, welche zur Bildung jenes strickleiterförmigen Apparates erwähnter Familie Veran- lassung geben, bei Opisthotrema cochleare sicherlich nicht vorhanden ist, lässt mich die Klarheit einschlagender Präparate bestimmt erkennen. Über den Bau von Opisthotrema eochleare nov. genus, nov. spec. 19 an vielen Stellen Knotenpunkte zeigt, in welchen nicht nur Leitungen ablaufen, sondern solche ebenfalls in den gemeinsamen Kreislauf auf- genommen werden. Inmitten der ganglionären Anschwellungen und an gleicher Stelle der vonFaserbündeln umrahmten Räume an den Verzweigungspunkten, bemerkt man auf Durchschnitten ein faseriges Gewirre, das jenem Filze von Primitivfibrillen gleicht, der die Leypıe'sche Punktsubstanz ausmacht. Was nun die Nervenendigungen betrifft, so kann ich berichten, dass mir auf Flächenschnitten und besonders solchen, die den Haut- muskelschlauch trafen. öfters feinste Fibrillen zu Gesichte kamen, die sich bis zu einem stärkeren Stamme, der durch seine Streifung kund- that, dass er dem Nervenapparate zugehörte, verfolgen ließen. In ent- gegengesetzter Richtung entzogen sie sich bald der Beobachtung, nur einige Male glaubte ich eines dieser zarten Gebilde mit einem etwas verdickten, cylinderförmigen Anhange enden zu sehen. (Siehe auch: »Tastpapillen« :) Bei der Betrachtung des Nervenapparates muss noch Folgendes eingeschaltet werden: Dicht unter dem Hautmuskelschlauche, fast einer Ebene angehörend und sich nur auf die ventrale Seite des Thierleibes beschränkend, fin- det sich eine Anzahl zerstreut liegender Zellen von sternförmigem Habitus vor, deren zahlreiche Ausläufer unter einander vielfach durch Anastomosen in Verbindung stehen. Sie besitzen ein feinkörniges Plasma und einen ziemlich stark entwickelten, meist central gelegenen Kern. Die zahlreichen Fortsätze haben das durchscheinende Aussehen feinster Nervenfasern. Wenngleich in ihrer nächsten Umgebung oftmals ein sich verzweigendes Nervenstämmchen angetroffen wurde, so wollte es mir doch nicht gelingen, den sich augenblicklich aufzwingenden Gedanken an einen Zusammenhang beider Gebilde durch Anschauung zur Verwirklichung zu bringen. Dennoch erscheint es sehr wahrschein- lich, dass man es hier mit peripherischen Ganglienzellen zu thun hat!. Ist diese Annahme die rechte, so würde sie zeigen, dass die gleitende Bauchfläche unseres Trematoden, schon bevorzugt durch eine kräftigere Entwicklung der Hautmuskeln, auch, wie wohl zu erwarten ist, hinsichtlich des Besitzes sensitiver Organe den Vorzug über die Rückenfläche davon trägt. Zwischen der Muskulatur des Saugnapfes finden sich hin und wieder ovale bis mehr rundliche Gebilde, die ganz das Aussehen und 1 Ähnliche Gebilde hat Leuckarr auch bei den Bandwürmern im Parenchym aufgefunden und als Ganglienzellen angesprochen (Bd. I. p. 356. 2. Aufl.). 30 Paul Moritz Fischer, die Größe jenerin den Nervenverläufen angehäuften Zellen wiederholen. Ich nehme mit Rücksicht auf die Untersuchungen von Lang, der bei Tristomum molae in der Lage war, Ausläufer der dort vorgefundenen analogen Gebilde bis zu kleinen Nervenstämmchen verfolgen zu kön- nen, keinen Anstand, sie als Ganglienzellen zu betrachten. Der Verdauungsapparat. Im Grunde des Saugnapfes nimmt der Darmapparat seinen An- fang. An ihm lassen sich zwei Theile unterscheiden: der unpaare Ösophagus und der eigentliche, aus zwei Schenkeln bestehende Darm. Während der erstere durch seinen Bau als muskulöses, röhrenförmiges Gebilde darauf hinweist, dass er zur Leitung von Nahrung bestimmt ist, vermitteln die Darmschenkel mit Hilfe eines Epithelbelags ihrer Wände die Aufsaugung der Nährstoffe. Ein Pharynx, der als meist kugliges, oder ovales Organ, den Anfang des Ösophagus bildet, und der sich durch seine Bauart, als kräftig entwickelter Hohlmuskel, vor- züglich geschickt zum Einsaugen und zur energischen Fortbewegung der Speise erweist, fehlt bei Opisthotrema cochleare voilständig. Die Funktion der Aufnahme und der Überführung in den Ösophagus fällt also lediglich dem Saugnapfe anheim, der, wie wir sahen, verhältnis- mäßig groß erscheint und der mit radiären, dem idealen Mittelpunkte zugeneigten Muskeln reichlich ausgestattet ist. Das Fehlen eines den Saugnapfunterstützenden, kräftigen Schluckapparats findet auch in der Art der Speise seinen Ausdruck. Während in anderen Fällen der In- halt des Magendarmes eine zähflüssige, von vielen festen Bestandtheilen durchsetzte Masse darstellt, besteht er hier aus dem leichtflüssigen, fast farblosen Sekrete einer Schleimhaut, welche letztere in Bälkchen und Platten die Paukenhöble durchsetzt. Sonach dürfte sich der Vorgang bei Aufnahme von Nahrung ein- fach folgendermaßen gestalten : Die ventrale Seite des Kopfzapfens und somit die Ränder des Saugnapfes werden fest auf ihre Unterlage auf- gedrückt, während das Lumen des letzteren ein möglichst geringes ist. Die an und für sich schon unbeträchtliche Weite der Übergangs- stelle in den Ösophagus ist jetzt ziemlich geschlossen. — Dieser Ver- schluss nach hinten gestaltet sich noch zu einem vollkommneren, wenn man den Ösophagus eine kurze Strecke (etwa 0,107 mm) verfolgt. Hier erfährt er eine Einschnürung (in Fig. 6 abgebildet) , die seine bis- herige Weite von 0,049 mm plötzlich auf 0,009 mm sinken macht. Dass wir es hier mit einem Verschlussringe zu thun haben, unterliegt keinem Zweifel. Hinter der kurzen, 0,043 mm langen Einschnürungs- stelle nimmt der Ösophagus an Durchmesser eben so plötzlich zu, wie Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 21 er abnahm. Die nun erlangte Stärke von 0,08 mm behält er bis zu den Darmanfängen im Allgemeinen bei. Jetzt erweitert sich die Höhlung des Saugnapfes, es entsteht ein luftverdünnter Raum, welcher durch äußeren Druck mit Nährflüssig- keit gefüllt wird. Ist dies geschehen, so schließt sich der Innenraum allmählich in der Richtung von vorn nach hinten, was durch die äqua- torial gestellten Muskeln bewirkt wird, denen hier in ihrer Thätigkeit vielleicht diejenigen Stränge Beihilfe leisten, welche wir am Grunde der Mundhöhle entspringen sahen, und die sich, büschelförmig aus ein- ander gehend, den lippenförmigen Wülsten des Saugnapfes anheften. Durch Kontraktion ihrer Elemente würde eine Verbreiterung der Lip- pen herbeigeführt werden und so ein Zusammenpressen der Ränder in der Richtung senkrecht zur idealen Achse des Saugnapfes erfol- gen. Der Muskelbelag der eingeschnürten Stelle wird durch die an- drängenden Massen zum Weichen gebracht, die Nährstoffe passiren die sich hinter ihnen wieder schließende Pforte und gelangen in den wei- teren Theil des Ösophagus. Durch ein zweckmäßiges Arbeiten der hier reichlich vorhandenen Muskellagen werden sie, der Richtung des kleinsten Widerstandes folgend , ihrem definitiven Bestimmungsorte, den Darmschenkeln, zugeführt. Rücksichtlich seines Baues zeigt der Ösophagus folgende Verhält- nisse: Seine Innenwand bildet die Fortsetzung der Cuticula. Nach außen folgt dieser eine Ringmuskelschicht, deren einzelnen Bänder 0,0025 mm dick sind. Auf dieser liegt eine 0,003 mm dicke Längs- muskellage. Die cuticulare Innenwand trägt hier ein Epithel, dessen fast kugelige Zellen, nur eine Lage bildend, 0,01 mm groß sind. Sie sitzen dicht gedrängt und veranlassen dadurch, dass ihre Basen mehr eckig als rund erscheinen. | Der Übergang vom Ösophagus in die Darmschenkel ist ein außer- ordentlich schroffer zu nennen. Nicht nur, dass sich letztere, wie wir sahen, ganz plötzlich mit ihrer bedeutenden Dicke gegen den ersteren absetzen, sie zeigen auch keine Spur mehr von jenem kräftigen Muskel- belag, der dem Zuleitungsrohre eigen war und ihm als solchem zu- kommen musste. Die Darmschenkel laufen geschlängelt nach hinten, um hier, etwas keulenförmig sich verdickend, blind zu endigen. Sie sind mehr der Bauch- als der Rückenfläche genähert. Ihr Durchmesser ist nicht immer derselbe: 0,123 mm bis 0,223 mm. Schon LEUcKART macht bei anderen Arten auf stellenweise Erweiterungen der Darm- schenkel aufmerksam, durch welche die Kapacität dieses Organes wächst. In der ganzen Ausbreitung zeigen diese Schenkel, welche in phy- 23 Paul Moritz Fischer, siologischer Beziehung den wichtigsten Theil des Darmapparates aus- machen, dieselbe Bildung. Die sich auch in sie fortsetzende Guticular- schicht trennt das ganze Organ von dem Körperparenchym und wird so, um mit KERBERT’s Worten zu reden — der freilich solches Verhalten von seiner sogenannten Basalmembran konstatirt — »in den inneren Organen des Thieres zu einer wahren, gestaltgebenden Membran, zu einer Tunica propria, auf welcher die Epithelzellen aufsitzen«. Nach außen liegt dieser Eigenmembran eine Schicht faserigen Bindegewebes dicht an, zuweilen von ansehnlicher Stärke, ohne jedoch mit ihren Ele- menten in direkten Zusammenhang mit ersterer, zu treten. Diesem Umstande verdankt man auch die Möglichkeit, Darmstücke völlig aus dem Parenchym herauszulösen. Die Eigenschaft von eng benachbarten Geweben gänzlich sich zu isoliren, unterscheidet unsere Membran von jener homogenen, strukturlosen, dünnen, bindegewebigen Substanz- lage, mit welcher Sommer in seiner »Anatomie des Leberegels« den dortigen Darm ausgestattet beschreibt, und welche überall mit der Grundsubstanz des Körpers in Verbindung tritt. Die Darmwände von Opisthotrema cochleare entbehren jedweder kontraktilen Elemente. Es kann uns dieser Mangel durchaus nicht be- fremden, wenn wir berücksichtigen, dass dorsoventral verlaufende Parenchymmuskeln, in großer Menge den Darmschenkeln ausweichend, sich den Seitentheilen oft unmittelbar anlehnen und so auf diese ver- schiebend einzuwirken im Stande sind. Dass hierdurch der Darm- inhalt in Bewegung gerathen kann, erkennt schon LeuckArr an, wenn- gleich er glaubte »deutliche, in Abständen neben einander hin laufende, blasse Längs- und Ringfasern « erkannt zu haben. Mıc£ schreibt in seinen: »recherches anatomiques sur la Grande Douve Du Foie« (Dist. hepat.): »Au dessous de l’enveloppe, tres-de- veloppee iei, que le tissu du parenchyme fournit ä tous les organes, on distingue la paroi musculaire tres-nette, formee de fibres longitudina- les, renfermant entre elles de nombreux faisceaux ä direction annu- laire; ce rev&tement musculaire est certainement propre ä l’organe,, et . est completement distinet des faisceaux du parenchyme.« Sommer hingegen kann eine Muskulatur an den Darınwänden nicht finden. ZELLER, STIEDA und TASCHENBERG vermissen besondere Wände; der Darmtractus gilt ihnen für » ein von Epithel ausgekleidetes System von Lücken im Körperparenchym«. Brungere beobachtete in der Darmmuskulatur zwei Schichten, die in ihrer Anordnung denen im Ösophagus gleichen. Die Ringmuskeln sollen dort die doppelte Stärke der Längsmuskeln erreichen. Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 23 \ Auch bei KersErr erscheinen die Ring- und Längsfaserschicht als die unmittelbare Fortsetzung der Ring- und Längsfaserschicht im Öso- phagus. In den zuletzt gedachten Fällen, in welchen Muskelelemente mit Sicherheit am Darme nachgewiesen sind, zeigt sich also eine analoge Anordnung derselben mit jener unter der Quticula der äußeren Körper- hülle. Ein gleiches Verhalten zeigen andere innere Organe von Opistho- trema cochleare. Ich werde in der ferneren Darstellung noch öfters darauf zurückkommen müssen. Mit Bestimmtheit wird hierdurch darauf hingewiesen, dass die Wandungen aller inneren Organe, die schließ- lich durch Ausführungskanäle an der Oberfläche des Thierleibes zu Tage treten , nichts weiter darstellen als Fortsetzungen der äußeren Hülle. Freilich kommt es dabei häufig, wie namentlich auch im Darme, zum Schwinden der Häutungsprodukte. Das die Darmschenkel auskleidende Epithel besteht aus zwei Schichten. Zunächst der cuticularen Wand treffen wir eine Lage kuge- liger Zellen von 0,04 bis 0,017 mm Durchmesser. Sie gleichen den- jenigen vollständig, die wir auf der Innenwand des Ösophagus an- trafen, doch schließen sie weniger dicht an einander, so dass, da eine gegenseitige Kompression vermieden ist, ihre aufsitzenden Flächen fast kreisrund erscheinen. Die innere Schicht weist Zellen von kegelförmiger Gestalt auf, die eine Höhe von 0,048 bis 0,02 mm erreichen. Mit etwas kolbig aufge- triebener Basis sitzen sie den vorigen auf. Ihre sich verjüngenden Enden ragen in das Darmlumen hinein. Bei Distomum hepaticum hat Sommer denselben die Fähigkeit zugeschrieben, Plasmafortsätze zu bilden, die, die Nahrung umfließend, solche direkt in sich aufzunehmen im Stande sein sollen, Das Exkretionsgefäßsystem stellt bei den Trematoden im Allgemeinen ein weit verzweigtes Röhren- werk dar, dazu bestimmt, die Zersetzungsprodukte der Nährsäfte mit- tels feinster Gänge zu sammeln, sie dann stärkeren Ableitungskanälen zuzuführen, welche sich schließlich vereinigen und ihren Inhalt mittels eines schlauchförmigen, sackähnlichen Gebildes, das vielfach musku- löse Wandungen besitzt, nach außen stoßen. Von diesen Gesichts- punkten geleitet, gelangt man zur Theilung dieses Organes in drei Abschnitte. | | Bevor ich zur Besprechung desselben übergehe, muss ich zu- vörderst eingestehen , dass mir gerade das Centralorgan , welches sich sonst durch Muskelbelag vor den übrigen Theilen auszeichnet, ent- 24 Paul Moritz Fischer, gangen ist. Ich möchte aber doch die Vermuthung aussprechen, die durch das Folgende gerechtfertigt erscheint, dass unsere Art desselben entbehrt, indem wahrscheinlich nicht eine, sondern zwei Mündungs- stellen vorhanden sein dürften, die der ventralen Seite angehören und jederseits unterhalb der Darmschenkel liegen. Im hinteren Körperpole zwischen den Feldern der letzten Darm- krümmungen, der Bauchseite sehr genähert, gewahrte.ich zwei stär- kere Kanäle, die sich nach vorn zu weiter verfolgen ließen. Nach hinten verschwinden sie unter den keulenförmig angeschwollenen Darmenden und lassen sicherlich ein gegenseitiges Verschmelzen, den Cirrusbeutel kreuzend, vermissen. Die nach vorn emporsteigenden Ka- näle kreuzen sich Anfangs einige Male mit den Darmschenkeln, dann erstrecken sie sich hauptsächlich längs der lateralen Theile derselben. Kurz vor der Mitte des Thierleibes geben sie Seitenzweige ab — ich zähle drei auf jeder Seite —, von denen die beiden äußeren eine be- trächtlichere Länge erreichen, während der mittlere nur kurz bleibt. Nach kurzem Verlaufe entspringen von diesen Abzweigungen neue Seitenäste, gering an Zahl, die wie die zugehörigen Stammäste blind endigen und niemals durch Queranastomosen in gegenseitige Verbin- dung treten (vergleiche Fig. 3 ca). War von den aufsteigenden Ästen ungefähr die Höhe der zweiten Darmwindungen erreicht, so wendeten sie sich, letztere kreuzend, der Medianlinie des Thierleibes zu, um sich in derselben zu vereinigen. Vor diesem Ineinanderfließen entspringt jedoch beiderseits ein Ast, der seinen Lauf seitwärts vorwärts nimmt und sich wieder den Seiten- rändern des Thierleibes zuwendet. Mit diesen beiden Armen ziehen in geringem Abstande nach vorn rechts und links zwei andere gleich- laufend einher, die ihren Ursprung dem median gelegenen, eben be- schriebenen Vereinigungspunkte verdanken. In den Seitenfeldern spalten sie sich alsbald in zwei Äste, von denen je der innere in der Nachbarschaft der Darmschenkel emporsteigt. Dicht vor der Darm- gabelung beobachtet man ein abermaliges Zusammenfließen beider. Dies geschieht nicht, ohne dass dieselben vorher Äste entspringen ‚lassen, die neben dem Ösophagus emporsteigen und ihre fernere Aus- breitung in den Seitentheilen des Saugnapfes finden. Die diesen bisher beschriebenen Leitungsapparat, dessen Ausbil- dung indess nicht bei allen Thieren in genau derselben Anordnung wiederkehrt, zusammensetzenden Bahnen werden von einer struktur- losen, doppelt kontourirten Membran von 0,004 mm Dicke, — sicher- lich auch die Fortsetzung der äußeren Cuticula — begrenzt. Im Innern erscheinen, besonders der Wänden anliegend, viele ziemlich große Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 35 Körnchen, die bei geringer Änderung der Fokalweite, eine starke Licht- brechung zeigend, bald ins Helle, bald ins Dunkle spielen. Neben diesen finden sich noch vereinzelte größere, rundliche Gebilde, für welche Brumsere (p. 36) eine große Ähnlichkeit mit Fetttröpfchen (?) hervorhebt. | Was die Weite der bisher erwähnten Bahnen, deren ungefährer Verlauf in Fig. 3 eingezeichnet ist, anlangt, so ist selbige nur in den vermuthlich letzten Theilen eine konstante. Vorher, und besonders in den mehr peripheriewärts gelegenen Ausläufern, wechselt sie fort- während. Hier sind letztere zuweilen — in Folge einer Schrumpfung ? — bandförmig breit, gleich darauf äußerst schmal, oft nur feine Linien darstellend. Ihr Anblick erinnerte mich mit großer Lebhaftigkeit an einen mikroskopisch betrachteten Baumwollenfaden, der bald seine breite Seite zeigt, bald, sich um seine Längsachse drehend, seine schmale Kante dem Beschauer zuwendet. — Wenn auch in diesem Sy- steme gröberer Leitungskanäle, das in seiner ganzen Ausdehnung einer dicht unter dem Hautmuskelschlauche gelegenen Ebene angehört und ganz auf die Bauchseite beschränkt ist, mit den Verzweigungen ein je- maliges Abnehmen der resultirenden Äste nicht zu verkennen ist, so lässt sich doch mit Bestimmtheit sagen, dass fortgesetzte Theilung an keiner Stelle dazu führt, gewissen anderen gleich zu besprechenden äußerst feinen Kanälchen ihren Ursprung zu geben. Diese letzteren breiten sich vorzüglich in den oberflächlichen Parenchymschichten aus, durchsetzen jedoch auch die Mittelschicht, um an die inneren Organe heranzutreten. Auf verschieden geführten Schnitten betrachtet, wiederholen sie immer das Aussehen der grö- beren Gefäße. Sie bilden ein reich verzweigtes Maschenwerk, das an seinen einzelnen Stellen fast gleiche Weite zeigt. Die strukturlosen Wände sind äußerst fein und mögen wohl im Stande sein, durch sich hindurch einen Stoffaustausch zu gestatten. Diese zarten Stämmchen erlaubten mir einige Male ihren Verlauf bis zum Eintritt in das grö- 'bere Kanalsystem zu verfolgen. IhrKaliber blieb bis zu den Mündungs- stellen das gleiche. Ich war jedoch nicht im Stande, für letztere bei- derseits eine gewisse Anzahl und symmetrische Lagenverhältnisse auf- zufinden. Die Nachweisung von Wimpertrichtern, wie solche von FraıonT und Pınrner in allerdings verschiedener Weise ausführlicher beschrie- ben wurden, war mir nicht möglich. So weit ich die feinen Gefäße verfolgen konnte, zeigten sie weder an ihren Gabelungspunkten, noch sonst im Verlaufe Vorrichtungen, welche eine Flimmerbewegung ver- muthen ließen. Es erscheint immerhin, auch wenn man berücksich- 36 Paul Moritz Fischer, tigt, dass das mir verfügbare Material gehärtet war, auffällig, dass sich jene Endorgane der feinen Gefäße, die Wimpertrichter mit verschließen- den Zellen, die von Pıntner als Drüsenzellen in Anspruch genommen werden, stets der Beobachtung entziehen sollten. Wären sie dennoch vorhanden, so würden sie sich auf den dicht unter dem Hautmuskel- schlauch gelegenen Raum beschränken, oder sich in der Nachbarschaft innerer Organe befinden müssen, an Stellen, wo das parenchymatische Gewebe seinen sonst lückenlosen Verband aufgegeben hat. Was dieAnnahme des Vermissens nach außen führender Öffnungen vielleicht noch wahrscheinlicher macht, ist der Umstand, dass die oben beschriebenen Hauptstämme in ihren letztbeobachteten Verläufen in- haltslos waren, jener körnigen Masse also entbehrten, die auf weite Strecken hin das Verfolgen von Ästen geringeren Maßes erleichtert. Hierin liegt aber gleichzeitig ein Hinweis darauf, dass diese leeren Bahnen unweit von Entleerungsorganen gelegen sein müssen. Fortpflanzungsorgane. Schon bei der Beschreibung der äußeren Bildungsverhältnisse mussten einzelne Geschlechtstheile Erwähnung finden, welche theils dem männlichen, theils auch dem weiblichen Apparate zugehörend, unseren Wurm als einen Hermaphroditen erkennen ließen. Im Allgemeinen ist die Ausbreitung des sexuellen Apparates eine wenig umfangreiche zu nennen. Die massigsten Gebilde, wie der Ei- leiter, welcher, wenn er prall mit Eiern gefüllt ist, dergestalt an- schwillt, dass die äußere Körperbedeckung seinem Drucke ausweichen muss und sich dann schwielenartig von den umgebenden Theilen ab- hebt, und der Cirrusbeutel, ein außerordentlich langer, mit kräftigen Muskeln bekleideter Cylinder, an dessen Seite ein ebenfalls muskulöser Schlauch, der Endabschnitt des weiblichen Leitungsrohres, nach ab- wärts läuft, — alle sind sie in der Richtung der Hauptkörperachse der Mittelschicht eingelagert. Auch der Keimstock, die Schalendrüsen, der Laurer’sche Kanal mit anhängender Samentasche und der vereinigte Dottergang sind der Medianlinie genähert. Weiter über dieselbe hinaus greifen nur die vorderen Windungen des Eileiters, die beiden Sammel- gefäße der Dotterstöcke mit den ansitzenden Dotterballen und die zwei Hoden, welche sich für gewöhnlich mit den Darmschenkeln decken, oft auch über dieselben eben hinausrücken. Ferner die zwei Samenleiter, die, nachdem sie sich in der Hauptkörperachse vereinigt haben, in ihrem unpaaren Theile wiederum derselben angehören. Wenn ich die Mündungsstellen, sowohl der männlichen, als auch der weiblichen Organe in Betracht ziehe, so finde ich, dass beide Ge- Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 27 schlechtsöffnungen vollkommen gesondert zu Tage treten. Dicht vor dem hinteren Körperende, der ventralen Seite zugewendet, zeigt sich eine ringförmige Einsenkung mit etwas erhabenen Rändern, in derem Grunde sich eine Öffnung befindet, das Ende des männlichen Leitungsapparates. Die eben beschriebene Einbuchtung, hier nichts weiter darstellend als die Basis jenes walzenförmigen Cirrusbeutels, könnte leicht den Ge- danken an einen Sinus genitalis erwecken. Man überzeugt sich jedoch leicht, dass die Mündung des weiblichen Leitungsorganes, wenngleich dem Ringwulste dicht angeschmiegt, eine vollkommen gesonderte ist. In älteren Abhandlungen wird das Vorhandensein einer Ge- schlechtskloake, mit Hilfe welcher, wie wir später noch sehen werden, ein Selbstbegattungsakt ermöglicht würde, überhaupt geleugnet. Neuerdings hingegen wird von verschiedenen Forschern die Anwesen- heit einer solchen konstatirt. Vırror beschreibt eine gemeinschaftliche Genitalöffnung bei Disto- mum insigne, KrrBErT bei Distomum Westermani, Sommer und Mac£ bei Distomum hepaticum. a. Männlicher Geschlechtsapparat. Hier unterscheiden wir zunächst die samenbereitenden Organe, die Hoden (Fig. 3 h), und dann ihre Ausführungsgänge: Vasa de- ferentia (vd). Die Hoden, wie schon erwähnt, in der Zweizahl vorhanden, liegen symmetrisch zu beiden Seiten des Cirrusbeutels in gleicher Höhe mit der Stelle, an welcher der vereinigte Samengang in letzteren eintritt. Im Ganzen erscheinen dieselben als rundliche Gebilde, die an der Peripherie mehr oder weniger stark gelappt sind. Die Einschnitte sind oftmals freilich so tief und so unregelmäßig, dass sie zu den verschie- densten Formen Veranlassung geben. Die regelmäßiger gestalteten zeigten im geschlechtsreifen Zustande einen Durchmesser von 0,25 bis 0,54mm. Die Hoden gehören der ventralen Seite an. Je mehr sich die Produktion von Samenfäden steigert, desto mehr nähert sich ihr unte- res Segment der Bauchseite, obwohl sie gleichzeitig auch nach oben ‚drängen, so dass die untere Hälfte des Darmrohres von ihnen umrahmt erscheint. Sie bestehen aus gekrümmten Schläuchen, die oft dicht neben einander liegen und einen Durchmesser von ca. 0,045 mm Dicke besitzen. Im Innern derselben geht die Entwicklung der Samenpro- dukte vor sich. Die Schläuche werden von einer homogenen, struktur- losen Hülle begrenzt, die anscheinend wiederum eine direkte Fortsetzung der Cuticula darstellt, obgleich sich beim ausgebildeten Thiere eine "Übergangsstelle in diese freilich nicht mehr konstatiren lässt. Die ein- 38 Paul Moritz Fischer, zelnen Röhren werden von einem faserigen Bindegewebe zu einem ein- heitlichen Zusammenhange gebracht und durch eine gemeinsame Hülle, von. genau derselben Beschaffenheit wie die der einzelnen Schläuche, von dem parenchymatischen Grundgewebe des Körpers abgeschlossen. Von den anliegenden Parenchymmuskeln gepresst, drängt sie vielfach gegen die Hodenmasse an, wodurch letztere das oben erwähnte lappige, oder sternförmige Aussehen erhält. Übrigens besitzt diese Hülle auch einen, zwar nur äußerst dünnen, Ringmuskelbelag. — Die Innenwand der die einzelnen Schläuche umhüllenden Membran war in den von mir darauf hin untersuchten Exemplaren meist frei von aufsitzenden Zellen. Nur hin und wieder fand ich, als Überreste eines ehemaligen Epithels, einzelne zerstreut sitzende Zellen mit nach innen gekehrten, sich etwas verjüngenden Enden. Bei kleineren, noch wenig entwickelten Indi- viduen, bei denen es noch nicht zur Bildung von Samenfäden gekom- men war, überwogen, gegen die Peripherie hin gelagert, hüllenlose Zellen von 0,009 mm Größe und feinkörniger Beschaffenheit. Sie sind es jedenfalls, welche durch Theilung den in späteren Entwicklungs- stadien anzutreffenden, rosettenartig vereinigten kleineren Zellen (0,004mm) ihren Ursprung geben. Zwischen diesen befinden sich dicke Stränge zusammengedrängter, fertiger Samenfäden, welche bald ge- streckt, bald gewellt einherziehen und durch ihr streifiges Aussehen auf die zusammensetzenden Elemente, durch ihre Länge (0,2 mm) auf die Größe der einzelnen Fäden hinweisen. Solche, ungefähr 0,022 mm breite Strähne, zeigen an dem einen Ende ein körniges Aussehen. Dasselbe wird verursacht durch die winzigen, ovalen Köpfchen der einzelnen Spermatozoen. Dieselben liegen fast immer innerhalb der konkaven Höhlung eines halbmondförmigen Gebildes, das aus einem grobkörnigen Plasma besteht. — Es ist mir nicht gelungen, einzelne Fäden zu einer vollkommenen Übersicht zu bringen, doch resultirt aus der Gleichförmigkeit der Strähne und aus dem Umstande, dass die Köpfchen ausschließlich einem Ende derselben angehören, dass das an- gegebene Maß, wenngleich dem ganzen Bündel entnommen, auch für das einzelne Spermatozoid Geltung hat. In der Richtung nach der Mitte des Thierleibes nähern sich die den einzelnen Schläuchen entspringenden Ausführungsgänge wie Radien dem Mittelpunkte eines Kreisausschnittes und gestalten sich hald zu einem einzigen Rohre von 0,004mm Durchmesser. Seine um- hüllende Wand misst 0,0007 mm. Es ist der innere Kanal des Samen- leiters. Wie die Hoden selbst, so sind auch die Samenleiter paarig vor- handen. Zu ihrem vollständigen Aufbau gesellt sich noch die Fort- Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 29 setzung der gemeinschaftlichen Hodenhülle mit jenem Belage von Ring- muskeln, den ich schon auf letzterer als äußerst zarte Bedeckung vor- fand. Hier sind natürlich die einzelnen, ceircular verlaufenden Züge stärker als dort auf der blasig aufgetriebenen, demnach ebenfalls dün- neren Tunica. Die innere und äußere Samenleiterhülle gestatten in ihrer Beschaffenheit keinerlei Unterschiede. Beide erweisen sich als vollkommen identisch dadurch, dass sie am nach außen führenden Ende des männlichen Leitungsapparates in einander übergehen. Auf die Ähnlichkeit mit der den Körper und andere innere Organe allent- halben bekleidenden Cuticula wurde schon oben hingewiesen. Könnte man dem Laufe der Entwicklungsgeschichte unseres Trematoden fol- gen, so würde sich zweifellos eine Periode vorfinden, in der auch eine direkte Verbindung der hier besprochenen Hüllen mit der Gutieula auf- findbar wäre. Der Abstand beider Wände beträgt 0,003 mm. Die Natur eines dazwischen liegenden Bindegewebes konnte ich nicht feststellen. In ihm verlaufen, unter sich parallel, Längsfasern, die zu einem streifigen Aussehen Veranlassung geben. Jedes Vas deferens steigt nach innen geneigt empor. Seine innere Weite richtet sich ganz nach der jeweiligen Samenmenge, im leeren Zustande beträgt sie 0,004mm. Hat es die Höhe der Schalendrüsen er- reicht, so wendet es sich im wagerechten Laufe der Medianlinie zu. Hier angekommen, biegt es plötzlich fast rechtwinklig um und richtet seinen Lauf abwärts nach dem Grunde des Cirrusbeutels. In diesen mündet ein unpaarer, 0,019 mm breiter Kanal, entstanden aus der Ver- einigung beider Samenleiter, welche unter sehr spitzem Winkel in einer Entfernung von 0,3 mm vor jener Eintrittsstelle zu Stande kommt. Bei jugendlichen Individuen erscheinen die Vasa deferentia als zwei vollkommen ausgebildete Bogen. Mit eintretender Bildung von Ge- schlechtsstoffen aber wächst der Druck der mit diesen angefüllten Lei- tungsapparate auf das Körperparenchym. Von diesem wird er natür- lich auch bis zu den Samenleitern fortgepflanzt und veranlasst in deren Verlaufe vielfache Störungen. Der Cirrusbeutel (Fig. 12 cb) stellt ein langes, cylindrisches Rohr dar (ca. mm), das in seinem ganzen Verlaufe, mit Ausnahme des oberen Theiles, wo es, der innenliegenden Samenblase wegen, eine geringe Erweiterung zeigt, eine Stärke von 0,245 mm besitzt. Nach oben findet es durch einen spitz zulaufenden, kuppelförmigen Auf- satz seinen Abschluss. — Was die histologische Zusammensetzung dieses Rohres betrifft, so ist es begreiflich, dass dasselbe als eine Einstülpung der Körperhülle, zunächst von einer Fortsetzung der Guticula gebildet 30 Paul Moritz Fischer, wird. Nach außen folgt darauf eine Ringmuskelschicht, deren eng an einander schließenden Bündel das Organ in seiner ganzen Ausdehnung fassreifenartig umspannen und eineLängsmuskelschicht, deren Elemente sich zu parallelen, von Pol zu Pol verlaufenden Strängen vereinigen und eine Stärke von 0,046 mm erreichen. Auf tangential geführten Schnitten, die auch die Wandungen des Cirrusbeutels gut erkennen lassen, zeigt sich zwischen ihnen und dem innenliegenden Cirrus ein vollkommener Hohlraum. j Kehren wir jetzt zu dem samenleitenden Rohre zurück , das, wie wir sahen, als unpaares Gebilde die Wand desCirrusbeutels an dessen kuppelförmiger Spitze durchbohrt und in dessen Inneres eindringt. Hier angekommen, erweitert sich die innere Höhlung des Rohres zu einem ca. 0,046mm dicken Schlauche, der sich knäuelartig aufwindet und ein Samenreservoir darstellt. Es ist demjenigen Gebilde analog, das bei anderen Trematoden unter dem Namen der äußeren Samen- blase (Vesicula seminalis exterior) aufgeführt wird, eine Bezeichnung, welche, wollte man sie auch hier gebrauchen, mit der darmartig ge- wundenen Form nicht gut im Einklange steht. Die Weite der einzelnen Schlauchwindungen richtet sich natürlich nach der mehr oder minder großen Menge momentan angehäuften Sa- mens. Bei geschlechtsunreifen Thieren liegen die Windungen dicht zusammengedrängt in der idealen Hauptachse des Cirrusbeuiels. Be- ginnt die Samenanhäufung, so schwellen dieselben allmählich an und erreichen, völlig gefüllt, fast die Wände des letzteren. Die Hülle dieses Samenreserveirs ist die Fortsetzung der inneren Wand des unpaaren Samenleiters. Nach hinten zu gestalten sich die Windungen des Schlau- ches immer einfacher, bis schließlich ein dünner Kanal resultirt, ein Samenleiter, der nach kurzem Verlaufe abermals an Weite zunimmt und den letzten Abschnitt des-männlichen Leitungsapparates darstellt. An Stärke allmählich wachsend,, erreicht er schließlich einen größten Durchmesser von 0,05mm. Seine Tiefe, d.h. der Abstand vom Grunde bis zur Öffnung des Cirrusbeutels, misst 4,3 mm. Im Inneren ist die Membran dieser Höhlung mit einem Epithel ausgestattet, dessen Zellen, nur eine Lage bildend, 0,0037 mm groß sind und mit einer polygonal erscheinenden Basis der Membran aufsitzen. Letztere wölbt sich am Ende, in dessen Nähe der Epithelbelag nach und nach schwindet, all- seitig nach außen, kehrt dann völlig um und bildet, sich nun wieder dem Grunde des Cirrusbeutels zuwendend, die äußere Hülle des Penis. Als solchen nämlich haben wir das Endstück des Schlauches, der auf seiner Außenfläche wiederum eine Ringmuskulatur zeigt, aufzufassen und zwar aus einem Grunde, der alsbald noch Erörterung finden wird. Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 31 Kehren wir zunächst zur Einmündunssstelle des Samenleiters in den Cirrusbeutel zurück, dann gewahren wir, dass die Außenwand des ersteren sich von der inneren, deren Verlauf eben verfolgt wurde, immer weiter entfernt. Zwischen beiden lässt sich ein maschiges Bindegewebe erkennen, dessen Zellen, wenngleich kleiner, jenen des Körperparenchyms gleichen, das aber wenig stark entwickelt ist und durch die darin eingelagerten, äußerst kräftigen Längsmuskelstränge (von ca. 0,003mm Durchmesser) so zurückgedrängt wird, dass man es auf den ersten Blick leicht übersieht. Die Muskelbündel zeigen, wie auch die nach innen und außen abgrenzenden Hüllen, ein leicht gewell- tes Aussehen. Der Schlauch befindet sich jetzt in der Ruhelage. Durch Kontraktion seiner Ringmuskulatur wird eine Streckung des Organes erfolgen müssen. Es wird die Länge des Cirrusbeutels, die ihm sonst eigen war, überschreiten und nun als Begattungsapparat nach außen hervorragen. Die wenigen Fälle, in denen diese Prominenz bei den mir zur Verfügung stehenden Exemplaren von Opisthotrema cochleare vorhanden war, rechtfertigten die angenommenen Verhältnisse voll- kommen. Die Länge des hervorragenden Schlauches wächst natürlich proportional der aufgewandten Arbeit der Muskeln. Ein von mir be- obachtetes Maximum betrug 1,2mm. Seine Stärke misst 0,056 mm. Durch die Streckung des Penis wird gleichzeitig ein Druck auf dessen Höhlung und hier vor Allem auf das gefüllte Samenreservoir ausgeübt. In dem Momente des Hervorschnellens findet demnach auch ein Vorwärtstreiben des im Samenbehälter aufgespeicherten Spermas behufs Überführung in die weibliche Scheide statt. Bei diesem Akte wird schließlich auch die Gesammtmuskulatur des als Gehäuse dienen- den Cirrusbeutels in geeigneter Weise Verwendung finden. Ein Besatz von Stacheln und Spitzen fehlt dem Penis. b. Der weibliche Genitalapparat. Die Bildung des fertigen Eies ist bei Opisthotrema cochleare an die Leistungen dreier Theile des weiblichen Geschlechtsorganes ge- knüpft. Diese sind: der unpaare Keimstock, die Dotterstöcke und derSchalendrüsenkomplex, jene eibereitenden Organe also, deren Konkurrenz auch bei anderen Trematoden — zuerst von LEu- CKART — nachgewiesen ist. Ihre Lage und ihr Zusammenhang ist in Fig. 14 dargestellt. Was zunächst den Keimstock (ks) anlangt, dessen Lage schon früher festgestellt wurde, so sehen wir, dass dieser, mehr der dorsalen Körperfläche angehörend, eine gelappte Drüse darstellt, die in ihrem _ Erscheinen einige Ähnlichkeit mit einem Hoden zeigt. Ihr Aufbau ist 33 Paul Moritz Fischer, aber in so fern ein regelmäßigerer zu nennen, als sich in der Anord- nung der Einbuchtungen der umgebenden Hülle gegen den Inhalt für gewöhnlich die Dreizahl Geltung verschafft. Eine bei den von mir untersuchten Exemplaren oft wiederkehrende Gestalt habe ich in der Zeichnung (Taf. I, Fig. 44) zum Ausdruck gebracht. Der Inhalt des Keimstockes besteht aus einer großen Anzahl von selbständigen Ei- zellen, die dergestalt angeordnet sind, dass die größeren (0,007 mm) mehr dem Centrum und dem Ausführungsgange zu liegen, während die kleineren (0,0027 mm) dem entgegengesetzten Pole angehören. Dass sich in dieser Anordnung ein mehr oder minder fortgeschrittener Reifezustand der einzelnen Keime ausspricht, lässt sich nicht verken- nen. Etwas excentrisch gelegen, ist in jedem Keime ein helles Keim- bläschen zu erkennen, in welchem ein dunkles Kernkörperchen er- scheint. Um das Keimbläschen hat sich ein feinkörniges Protoplasma angesammelt, das von einem lichten Hofe umgeben wird, der nach außen durch eine äußerst feine Membran seinen Abschluss zu finden scheint. Die Hülle des Keimstockes ist eine dünne, strukturlose Membran. Sie wiederholt ganz das Aussehen der Hodenhaut und stellt auch wie diese eine Fortsetzung der Cuticula dar. Nach unten hin verjüngt sie sich zu einem 0,005 mm weiten Ausführungsgange, der sich alsbald in die Tiefe des Schalendrüsenkomplexes einsenkt und als Keimgang noch einer näheren Betrachtung zu unterziehen ist. Vorher muss aber eines anderen Gebildes gedacht werden, das sich vermittels eines kurzen Kanälchens mit dem Anfangstheile des Keimganges in Verbindung setzt. Es ist das Receptaculum semi- nis (rs) (die innere Samenblase der Autoren), ein hohler Körper von der Form eines Rotationsellipsoids, dessen lange Achse 0,17 mm und dessen kurze Achse 0,057 mm misst. Dass diese regelmäßige Form meist nur jüngeren Thieren zukommt, nach der Geschlechtsreife sich an ihr aber volumvergrößernde Ausbuchtungen zeigen, entspricht ihrer Funktion. Das Receptaculum seminis liegt der dorsalen Seite an. Es schmiegt sich dem Schalendrüsenkomplexe, von diesem nach außen gelegen, dicht an. Seine Stellung ist mithin als eine ebenfalls der Me- dianlinie zugeneigte zu bezeichnen. In dieser Richtung verläuft nun auch die direkte Fortsetzung dieses Samenbehälters, ein muskulöser Kanal, der in dem Winkel, welcher vom vereinigten und vom links her zuführenden Dottergange gebildet wird, mit einer beinahe kreis- runden Öffnung von 0,044 mm Durchmesser auf der Rückenfläche aus- mündet. Dieser Gang ist die Scheide oder der Laurer’che Kanal (Lk). Dieser im Verhältnis zu den anderen Leitungswegen von Ge- Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 33 schlechtsprodukten überaus kurze Kanal von 0,128 mm Länge, erweist sich, sammt der anhängenden, eben besprochenen Samenblase, wie- derum als nichts, denn eine Einstülpung der äußeren Haut. Mithin werden wir auch die dort konstatirten Verhältnisse hier wiederfinden müssen. Und so ist es in der That! Die innerste strukturlose Haut trägt hier sogar eine ziemlich ansehnliche Schicht granulirter Sub- stanz (Häutungsprodukte). Nach außen folgt ein Ringmuskel- und ein Längsmuskelbelag, welche beide, in so weit sie dem Receptaculum seminis angehören, als Äquatorial- und Meridialmuskeln desselben auf- zuführen sind. Gegen den Keimgang hin schwinden die Auflösungs- produkte, so wie die Längsmuskellage allmählich, während sich die homogene Cuticula, an Stärke allerdings abnehmend, direkt in die Hülle des Keimstockes, wie des Keimganges fortsetzt. Während ich auf der Hülle des Keimstockes nicht mehr in der Lage war Muskelele- mente aufzufinden, — vielleicht entzogen sie sich nur wegen großer Feinheit meinen Beobachtungen —, konnte ich auf dem Keimgange noch eine aus äußerst dünnen Fasern bestehende circulare Einfassung erkennen, die sich auf eben tangirten Wandungen als feinste Striche- lung kundgab. Ist der Keimgang in die Schalendrüsenmasse eingetreten, so er- weitert er sich bald auf 0,01mm. Diese Dicke behält er bei, gleich- zeitig auch den gestreckten Verlauf, bis in ihn, von der Bauchseite herkommend, der Dottergang einmündet. Jetzt erweitert er sich auf 0,028mm und beschreibt nach rechts und links hin flache Bogen, die _ bei geschlechtsreifen Thieren oftmals Ausbuchtungen zeigen. Im unte- ren Abschnitte des Schalendrüsenhaufens wendet er sich scharf nach einwärts, um den letzteren dann zu verlassen und als Eileiter den schon früher beschriebenen Lauf anzutreten. Die Länge des letzteren ist eine beträchtliche. Gestreckt gedacht, würde der Eileiter wohl das Dreifache der Körperlänge erreichen. Wenn ich hier Einiges über seine verschiedene Erscheinungsweise hinzufüge, so beginne ich, um aber- mals in den Vordergrund zu stellen, dass alle Röhren und Hohlräume des inneren Leibes auf Einstülpungen der äußeren Körperhülle zurück- zuführen sind, mit seiner Mündungsstelle nach außen. Diese Öffnung liegt, wie schon erwähnt, dem Rande des Cirrus- beutels dicht an und zwar an der Seite desselben, welche dem hinteren Körperpole am meisten genähert ist, oft genau der Medianlinie ange- hörend, oft auch Weniges über dieselbe hinausrückend. Sie besitzt einen Durchmesser von 0,0®mm. Der ihr verbundene letzte Abschnitt des Eileiters stellt einen leicht geschlängelten Gang dar (lr), der in einem Abstande von 0,009mm dem Cirrusbeutel aufliegt, also der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bad. 3 34 Paul Moritz Fischer, Rückenseite genähert ist, und der in seinem oberen Theile bei ge- schlechtsreifen Thieren zur Bildung einer einfachen Schlinge Veran- lassung giebt. Zu seinem Aufbau tragen die Elemente der äußeren Haut bei. Vor Allen sind es die Ringmuskeln, welche hier eine außer- ordentliche Ausbildung erlangen. Sie stellen 0,0008 mm breite Ringe dar, die in kurzen Abständen (0,002 mm) einander folgen und durch verschiedene Grade ihrer Anspannung dem Rohre ein charakteristisches Aussehen verschaffen. Seine Weite wird sonach keine konstante sein. In kurzen Intervallen zeigen sich Erweiterungen bis zu 0,039mm, von denen je zwei durch eine Einschnürung (0,023 mm) getrennt sind. Nach dem oberen Ende dieses Rohres hin werden die Ausbuchtungen nach und nach weniger weit, bis sie schließlich kurz vor der Übergangsstelle in den als Eireservoir bezeichneten Theil des Eileiters ganz aufhören. — Ein solches Verhalten weist darauf hin, dass es sich bei der Ahlegung von Eiern immer nur um ein ruckweises Vorwärtsschieben handeln kann. Vermuthlich wird dasselbe folgendermaßen geschehen: Ist ein Ei in die erste Erweiterung der Röhre eingerückt, so werden die zu- gehörigen Ringmuskeln, in der Reihenfolge von oben nach unten sich kontrahirend, auf dasselbe drücken. Gleichzeitig erweitert sich das benachbarte, vorher eingeschnürte Stück, allmählich und gestattet so ein Abwärtsgleiten des Eies. An Stelle der eben noch vorhandenen Einsehnürung erscheint jetzt der das Ei fassende Hohlraum, während die frühere Ausbuchtung zur Einschnürung geworden ist. Der ganze Process des Ablegens würde sich, könnte man ihn am lebenden Thiere beobachten, an den Wänden des Rohres in der Erscheinungsweise zweier fortschreitender Wellen abspiegeln (Peristaltik!). Der hierdurch veranlasste Kraftaufwand wird erforderlich, eines- theils durch das Verhältnis der Größe des Eies zur Weite des Rohres, dann aber besonders durch die eigenthümliche Form desselben, resp. die Anwesenheit zweier außerordentlich langer, peitschenförmiger An- hänge, welche wegen der Größe ihrer Berührungsfläche mit den Wän- den des Eileiters einen großen Widerstand veranlassen. — Bei den von mir untersuchten Thieren war der letzte Abschnitt des Eileiters stets frei von Eiern. Dieser Umstand, der auf eine periodische Ab- legung und ein längeres Aufspeichern der Eier hinweist, macht die Vermuthung nicht unwahrscheinlich , dass dieselben im Eireservoir eine weitere Entwicklung erfahren. Ich konnte mich jedoch niemals mit Bestimmtheit von einem beginnenden Furchungsprocess überzeugen. Schließlich sei noch hervorgehoben, dass eine dicke Schicht der oft begegneten Äuflagerungen als innerste Wand jenes charakteristi- schen Endabschnittes erscheint, während sie den ferneren Theilen des Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 35 \ Eileiters fehlt. Ihnen dient dann die Fortsetzung des basalen Theiles der Cuticula als Membrana propria. Bei geschlechtsreifen Thieren ist die Übergangsstelle des eben be- sprochenen Stückes in das aufsitzende Eireservoir eine sehr schroffe. Sie gewährt etwa das Bild einer gestielten Trinkschale. Bald erreicht der Behälter eine größte Breite von 0,2mm. Die ihm eigenen Ring- und Längsmuskeln bilden an dieser Stelle, entsprechend ihrer größeren Ausdehnung, zartere Bänder, als dies weiter nach oben hin der Fall ist, wo eine kegelförmige Zuspitzung des vorliegenden Gebildes all- mählich den Übergang in das zuleitende Rohr bildet. Bei jungen Thieren sind die Wandungen des späteren Eireservoirs in Falten zusammen- gelegt. Die Übergangsstelle in den Endabschnitt ist aber schon deut- lich gekennzeichnet. Eben so lassen sich die Windungen des Eileiters in der ihnen eigenen Verbreitungsweise vorfinden. Die Betrachtung des in Taf. I, Fig. 3u, wiedergegebenen Verlaufes der letzteren ver- schafft mehr Deutlichkeit, als dies eine eingehende Beschreibung zu thun vermöchte. Stellenweise Anhäufungen von Eiern erweitern den Leitungsgang oft beträchtlich, während benachbarte Theile ihr Lumen durch Einschnürung derart verkleinert haben, dass nicht einmal Raum für ein einziges Ei vorhanden sein würde. Nur die langen Fort- sätze der Eischalen, zu dünnen Bündeln vereinigt, lassen sich durch diese Stellen hindurch verfolgen. — Der in der Medianlinie wiederum nach abwärts steigende Abschnitt des Eileiters zeigt allmählich eine Abnahme seiner Muskulatur, die mit dem gänzlichen Schwinden der Längsfasern schon vorEintritt in den Schalendrüsenhaufen endet. Hier ist auch der Belag mit Ringmuskeln , wie wir sahen, äußerst spärlich geworden. Der Dotter bereitende Apparat liegt ungefähr mit den - Darmschenkeln in gleicher Ebene, ist also mehr der ventralen Fläche des Leibes genähert. Er bleibt auf den Raum des Geschlechtsfeldes beschränkt, so dass er mit seinen äußersten Lappen nur wenig über die Darmschenkel hinausgreift. In seinem Aussehen entfernt er sich weit von dem der meisten anderen Trematoden , bei denen die Dotter- stöcke eine, gewaltige Ausbreitung besitzen und in breiten Säumen, der dorsalen wie der ventralen Seite angehörend, nicht nur die Seiten- theile bis weit nach vorn, sondern oftmals auch den Hinterleib um- fassen. Während sie unter solchen Umständen angetroffen aus kleinen, rundlichen Drüsenfollikeln bestehen, erreichen die Bildungsstätten des Dotters bei Opisthotrema cochleare eine bedeutende Größe. Sie er- scheinen als stark gelappte Ballen, die den beiderseitigen Dotter- 'gängen entweder ziemlich dicht, oder vermittels kurzer, ca. 0,12 mm 3* 36 Paul Moritz Fischer, langer Stielchen ansitzen. Ihren größten Durchmesser (0,15mm) er- reichen sie gewöhnlich in der Richtung senkrecht zu den Dottergängen. Sie. liegen ziemlich regelmäßig hinter einander; nur gegen die Darm- schenkel hin, wo jeder Dottergang sich einige Male verästelt, und dann jeder Ast mit einer aufsitzenden Kammer endigt, kommen die letzteren neben einander zu liegen. Die Dottergänge selbst besitzen kurz vor ihrem Zusammenfließen eine Weite von 0,009mm. Durch die von rechts und links andrängen- den Massen erweitert sich die Vereinigungsstelle, welche der linken Körperhälfte angehört, sogar bis auf 0,023 mm. Sie stellt ein birn- förmiges Gebilde mit nach oben zeigendem Stiele dar. Letzterer ist 0,043 mm breit und lässt sich bis zum Anfange des oberen Drittels des Schalendrüsenkomplexes verfolgen. Hier richtet er sich, einen kleinen Bogen beschreibend, nach der Rückenfläche empor und ergießt seinen Inhalt in den Keimgang. Die Wand des Dotterapparates wird von jener hellen, struktur- losen Membran gebildet, die wir so vielfach schon als Fortsetzung der äußeren Cutieula bezeichnet haben. Als Bekleidung der einzelnen Lappen misst sie 0,0005 mm, als solche des vereinigten Dotterganges 0,0008 mm. Das allenthalben nach außen hin sich dicht anschließende, faserige Bindegewebe, das den Übergang in das zellige Körperparen- chym bildet, erreicht im Umkreise der birnförmigen Höhlung eine größte Dicke von 0,019 mm. An der den Stielen entgegengesetzten Innenseite der einzelnen Lappen finde ich hüllenlose Zellen von 0,007 mm Größe mit schwach körnigem Plasma und stark gefärbtem, central gelegenem Kerne. Weiter nach innen zu beginnt ein Zerfall der Zellenmasse, und zwar treten zunächst an den Rändern jeder Zelle kleine, unregelmäßig ge- staltete, stark lichtbrechende Partikelchen von grünlichgelber Farbe auf, während der mit Karmin getränkte Kern zunächst noch deutlich sicht- bar bleibt. Allmählich erscheint, indem diese Desorganisation weiter fortschreitet, der Kern dicht mit Dotterelementen umrahmt, bis er sich schließlich den Blicken ganz entzieht. Die Gestalt der ursprünglichen Zellen, die ziemlich lange erhalten bleibt, zerfließt gegen die abführen- den Stiele hin. Hier findet sich ein großer Vorrath scharf umgrenzter Dotterkörner, wie solche auch die transversalen Gänge und den ver- einigten Dotterkanal bis zur Mündung in den Keimgang ausfüllen. Die Schalendrüsen (Fig. 44 sd). — Der Anfang des weib- lichen Leitungsrohres, der als Keimgang bezeichnet wurde, wird von einem 0,3 mm langen und 0,19 mm breiten, eiförmigen Haufen ein- zelliger Drüsen umhüllt. Ihre Aufgabe besteht darin, ein Sekret zu Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 37 liefern, welches als Schalenmaterial zur Vollendung des uterinen Eies erforderlich ist. Die einzelnen Drüsen bestehen aus einem 0,043 mm langen und 0,008 mm breiten Körper, dem secernirenden Theile und einem feinen Stielchen, dem Ableitungsgange, aus Zellen, die in einem faserigen, netzartig erscheinenden Gerüste, das allseitig in das Körper- parenchym übergeht und von kräftigen, dorsoventralen Muskeln ge- tragen wird, so angeordnet sind, dass die längere Achse einer jeden Drüse dem idealen Mittelpunkte des Gebildes zugeneigt ist. Nach dort führen auch die dünnen, unmessbar feinen Ausführungsgänge, in die sich die Drüsen ausziehen. — Auf Flächenschnitten, die den Keimgang der Länge nach treffen, sieht man dessen Wandungen rechts und links dicht mit feinsten Nädelchen besetzt. In ihnen kommen die gedrängt stehenden Zuleitungsrohre zum Ausdruck, deren Mündungsstellen sich als dunkle Pünktchen auf der durchschnittenen Keimgangmembran be- merklich machen. Das fertige Ei (s. Fig: 10), welches eben den Keimgang ver- lassen hat, ist 0,029 mm lang und 0,009 mm breit. Seine Gestalt gleicht einem länglichen Ovale. Durch eine einseitige Abplattung und ge- ringe Einbuchtung erinnert sie an das Aussehen einer Bohne. Die 0,004 mm starke Hülle trägt an beiden Polen ein rundes Klümpchen Schalensubstanz. Jedes dieser Knöpfchen wird im Eileiter durch die Thätigkeit der das Vorwärtsschieben der Eier bewirkenden Muskeln hald in äußerst lange Fäden ausgezogen. Solche beiderseitige Auf- hängeapparate, die in unserem Falle wohl zur Befestigung der Eier an fremden Körpern dienen und dadurch eine leichte Verschleppung ihrer Träger ermöglichen, überschreiten oft das dreißig- bis vierzigfache der Eilänge. — Die Schalensubstanz besitzt zwischen zwei Nikols, deren Polarisationsebenen gekreuzt sind, und welche mithin das Gesichtsfeld des Mikroskops dunkel erscheinen lassen, die merkwürdige Eigen- schaft, die Schwingungsrichtung des durchgehenden Lichtes zu alte- riren und mit grünlichem Lichte hell zu leuchten. ‚Der im Innern des Eies liegende Keim ist dem einen Pole des letz- teren genähert, während im entgegengesetzten Dotterelemente auf- gespeichert sind. Er hat seine rundliche Gestalt aufgegeben und zeigt die Umrisse der Eischale.. Das Keimbläschen von 0,002 mm Durch- messer ist deutlich wahrnehmbar. Der den Keim nach außen hin ab- grenzende lichte Hof ist nicht mehr vorhanden. Die Befruchtungsweise bei den Trematoden hat den einzelnen Forschern zur Aufstellung verschiedener Hypothesen Veranlassung ge- geben. Ich kann sie hier nur in so weit Erwähnung finden lassen, als ich untersuchen muss, in wie fern die eine oder die andere geeignet 38 Paul Moritz Fischer, wäre, bei der Bauart der bezüglichen Organe von Opisthotrema coch- leare Beschtume zu finden. ‚Von vorn herein sind bei den alsZwitter angelegten Tromaieılen zwei Möglichkeiten des Befruchtungsvorganges in Erwägung zu ziehen: eine Selbstbefruchtung und eine gegenseitige Befruchtung. Was die erstere anlangt, so wurde sie entweder durch die Exi- stenz eines »dritten Vas deferens« (SızsoL») vermittelt gedacht, oder man erklärte sie als Folge einer Selbstbegattung,, indem man den aus- gestülpten Penis sich in die benachbarte Öffnung des weiblichen Lei- tungsapparates einsenken ließ, oder endlich, man benutzte die An- wesenheit einer Geschlechtskloake, deren Öffnung nach außen in einer der rautenförmigen Lücken des durch die Diagonalmuskeln gebildeten Gitterwerkes gelegen ist, und die durch Kontraktion der letzteren zum Verschluss gebracht, ein Übertreten männlichen Samens in das weib- liche Leitungsrohr möglich macht. Ein drittes Vas deferens ist bei Opisthotrema cochleare nicht vor- handen und somit ein direktes Überfließen von Produkten der Hoden in den Keimgang ausgeschlossen. | Ferner ist es unmöglich, dass der aus dem Cirrusbeutel hervor- ragende Cirrus im Stande wäre, sich in die dicht daneben liegende Öffnung des weiblichen Leitungsrohres 'einzusenken, oder auch nur sich ihr aufzulegen. Hierzu wäre eine außerordentliche Krümmung desselben nöthig, die dem immer ziemlich gestreckten Penis in den beobachteten Fällen völlig abging. Der Mangel einer Geschlechtskloake schließt die dritte Möglichkeit aus, welche besonders von Sommer für Distomum hepaticum in An- spruch genommen wurde. Bei einer gegenseitigen Befruchtung zweier Individuen hat man als Scheide einestheils das Ende des weiblichen Leitungsapparates, an- derentheils den nach seinem Entdecker benannten Lavrer’schen Kanal betrachtet. Der ersteren Ansicht steht die außerordentliche Länge des Eileiters bei Opisthotrema cochleare und ferner der Umstand entgegen, dass in diesem überhaupt nur dann ein Vorwärtsdringen von Sperma möglich wäre, wenn eine Anhäufung von uterinen Eiern noch nicht begonnen hätte. Samenvorräthe, die zu solcher Zeit vielleicht doch bis zum Keimgange gelangt sein könnten, würden bei beginnender Ei- produktion bald wieder mit fortgeführt werden, und da eine Zufuhr von Spermatozoen durch wiederholte Begattung dann unmöglich ist, so würde an geeigneter Stelle Mangel an männlichen Zeugungsstoffen herrschen, und eine Befruchtung der in Masse nachrückenden Keime unmöglich werden. Über den Bau von Opisthotrema eochleare nov. genus, nov. spec, 39 Dem ist vorgebeugt durch die innere Samenblase, die, wie gezeigt wurde, unmittelbar mit dem Anfange des Eibildungsraumes durch ein dünnes Rohr kommunicirt. Sie ist stets mit Samenfäden gefüllt, die ihr auf keinem anderen Wege einverleibt werden konnten, als durch den Laurer’schen Kanal, der ihre direkte Fortsetzung bildet. Die Keime, nachdem sie eben ihren Bildungsort verlassen haben, sind also zunächst der Befruchtung ausgesetzt; erst später treten die Elemente hinzu, welche zur Fertigstellung des legereifen Eies als nothwendig aufgeführt wurden. Wenn unter solchen: Umständen die Samenblase mit ihrem an- hängenden Speiserohre bei Opisthotrema cochleare. als einziger Weg, der zur Herbeischaffung des erforderlichen Samens übrig bleibt, be- funden wird, so muss noch die Frage Erörterung finden, wie denn nun eigentlich der Begattungsakt vor sich gehe? Ich glaube verneinen zu müssen, dass eine Einführung des vor- geschnellten Cirrus in den, dann als wirkliche Scheide fungirenden, Laurer schen Kanal stattfindet. Den Grund hierfür finde ich in den auffallend verschiedenen Dimensionen beider Gebilde und in dem von Sommer mitgetheilten Umstande, dass es ihm bei frischen Leberegeln niemals gelungen ist, einen hervorragenden Cirrus zu beobachten, , der vielmehr erst dann sichtbar wurde, wenn ein Absterben der Thiere eintrat. Dass es sich bei den mir vorliegenden Exemplaren, wo der nach außen hängende Schlauch einmal die’ Länge von 1,2mm erreichte, ebenfalls um anormale Zustände handeln wird, ist mehr als wahr- scheinlich. Wie sollte diese Größe denn in Einklang gebracht werden mit der Kürze des Laurer’'schen Ganges? Die mir gewordene Meinung über die Kopulation zweier Indivi- duen ist folgende: Soll der Begattungsakt vorgenommen werden, so schließt das jetzt als Männchen fungirende Individuum das zu befruchtende in die Höhlung seiner ventralen Seite so ein, dass dieser die Rückenfläche des letzteren zugekehrt ist!. Bei Betrachtung der beigegebenen Figur 1 wird man sich leicht überzeugen, dass solches Gebahren die An- näherung der Mündung des Laurer’schen Kanals an den Cirrusbeutel- austritt nothwendig mit sich bringt. Es erfolgt jetzt eine Fixirung der etwas erhabenen Ränder des letzteren auf der glatten Rückenfläche im Umkreise der gedachten Öffnung. Mit. beginnender Kontraktion der Ringmuskulatur des Penis wird eine Verlängerung und somit ein 1 Ich erinnere hier an ähnliche Verhältnisse bei Bilharzia, wo das Männchen mit rinnenförmig umgeschlagenen Seitenrändern ausgestattet ist, welche gewisser- maßen einen Canalis gynaecophorus zur Aufnahme eines Weibchens bilden. 40 Paul Moritz Fischer, starkes Anpressen seines Endes mit allseitig nach außen gebogenen Wandungen gegen die etwas aufgeworfenen Ränder des mehrfach er- wähnten Kanals und endlich eine vollständige Umschließung derselben stattfinden. Dem Übertritte männlichen Zeugungsstoffes steht jetzt nichts mehr im Wege. Ist der Geschlechtsakt vollzogen, so veranlasst das Spiel der Wan- dungen des Laurer’schen Kanals, die dasselbe Aussehen gewähren, wie es denen des letzten Abschnittes des Eileiters eigen war, ein Vorwärts- treiben des noch nicht bis zur Höhlung der Samenblase gelangten Spermas in gleicher Weise, wie es von den abzulegenden Eiern an- genommen wurde. An den engen Stellen dieses zuleitenden Rohres liegen die aus- kleidenden Lagen äußerst dicht an einander und bilden so einen Ver- schluss, der ein Zurückfließen einmal zur Blase gelangten Samens un- möglich macht. Leipzig, Anfang Oktober 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel I, Fig. 4. »Opisthotrema cochleare«, geschlechtsreifes Thier in 2/3 natür- licher Größe von der Bauchseite gesehen. Fig. 2. »do«, von der Seite gesehen. Fig. 3. »Opisthotrema cochl.« auf der Rückenfläche liegend. s, Saugnapf; oes, Ösophagus; d, Darmschenkel; nc, Nervencentrum; pn, peripherische Nerven; ks, Keimstock; sd, Schalendrüsenhaufen; rs, Recept. seminis; Lk, Laurer’'scher Kanal; ds, Dotterstöcke; h, Hoden; u, Uterus; vd, Samenleiter; cd, Cirrusbeutel; p, Penis; Ir, letzter Ab- schnitt des Eileiters; sr, Samenreservoir; ea, Verlauf der zum Exkre- tionsorgan gehörenden, gröberen Gefäße. Fig. 4. »Stück eines Querschnittes.« c, Cuticula; c’, Auflagerungen derselben; rm, Ringmuskelschicht; Im, Längsmuskeln; dm, Diagonalmuskeln; Ad, subcutic. Zellen; dvm, dorsoventrale Muskeln ; dep, Darmepithel. Fig. 5. »Cuticula der Bauchfläche mit in ihr wurzelnden Stacheln.« Fig.6. »Längsschnitt durch den Kopfzapfen, genauinderSym- metrieebene.« Fig. 7. »Dicker Flächenschnitt aus der Hautmuskelebene«, den Hautmuskelverlauf zeigend. Über den Bau von Opisthotrema cochleare nov. genus, nov. spec. 41 \ Fig. 8. »Körperparenchym«, Stück eines Flächenschnittes, dem hinteren Leibe entnommen. k,Zellkern ; dum, dorsoventrale Muskeln. Fig. 9. a»Nervencentrum« b,»Stück des Haupistranges« c‚»Vereinigung zweier Bündel a u. ß«, »Bildunig eines neuen y«. Fig. 40. »Eier von Opisthotrema cochleare.« Fig. 44. »Vereinigung der weiblichen Geschlechtsorgane.« ks, Keimstock; kg, Keimgang; rs, Recept. seminis; sd, Schalendrüsen ; Lk, Laurer'scher Kanal; ds, Dotterstöcke. Fig. 42. »Cirrusbeutel mit daneben liegendem Endabschnitt des Eileiters« (Ir). vd, Samenleiter; sr, Samenreservoir; p, Penis; p’, hervorragendes End- stück desselben; ep, Epithel des Penis. Fig. 43. »Tastpapillen der Cuticula.« Bemerkungen über einige Flagellaten. Von Dr. F. Blochmann, Assistent am zool. Institut zu Heidelberg. Mit Tafel II. Die nachstehenden Untersuchungen unternahm ich auf Wunsch meines verehrten Lehrers, Herrn Prof. BürscaLi, der gegenwärtig mit der Bearbeitung der Flagellaten für Bronw’s Klassen und Ordnungen be- schäftigt ist. Ich hoffe, dass dieselben, wenn sie im Ganzen auch wenig Neues bieten, doch in so fern eine Lücke ausfüllen, als es mir möglich war, für einige der untersuchten Formen bessere Abbildungen, als die bisher bekannten, zu geben. Dieser Mangel machte sich besonders bei . Trichomonas vaginalis Donne bemerkbar, die ja doch als Parasit des Menschen ein gewisses Interesse besitzt. Auch die von der so häufig vorkommenden Oxyrrhis marina Duj. vorhandenen Abbildungen lieben viel zu wünschen übrig. A) Trichomonas vaginalis Donne. (Fig. 1—4.) Wie LEuckArT in der neuesten Auflage der Parasiten (p. 343) er- wähnt, sind unsere Kenntnisse von diesem durch sein Vorkommen nicht ganz uninteressanten Parasiten in keiner Weise befriedigend, was um ‘so auffälliger erscheinen muss, da derselbe nach den Angaben von Hausmann ! bei ungefähr 30—40°%/, der untersuchten Frauen, die theils krank, theils schwanger waren, sich fand. Ich war nun durch die Güte des Herrn Prof. Keurer in der Lage, bei einem in der hiesigen geburts- hilflichen Klinik sich findenden Falle, die fraglichen Parasiten etwas näher zu untersuchen. 1 Hausmann, Die Parasiten der weiblichen Geschlechtsorgane. Berlin 4870. p: 4. Bemerkungen über einige Flagellaten. 43 Entdeckt wurde die Trichomonas vaginalis von Donn£! und die späteren Beobachter KörLiker und Scanzonı?, Hennis® und Hausmann haben unser Wissen von dem Bau derselben nicht weiter gebracht, da es ihnen offenbar mehr auf die Umstände, unter denen der Parasit sich findet und auf die eventuell durch ihn bedingten Krankheitserschei- nungen, als auf das Thier selbst ankam. Die Trichomonas vaginalis stimmt in ihrem Bau ziemlich mit der durch die Untersuchungen von Stein* besser bekannten Trichomonas batrachorum Perty überein. Sie ist im Allgemeinen von birnförmiger Gestalt und läuft am Hinterende in einen ziemlich starren, spitzen Fort- satz aus, der ungefähr halb so lang ist, wie der übrige Körper des Thieres. Die Länge des Thieres beträgt ungefähr 0,015—0,023 mm. Das Protoplasma ist sehr fein granulirt und enthält häufig auch etwas größere rundliche Körperchen, von denen ich nicht entscheiden kann, ob’es aufgenommene Mikrokokken sind oder nicht. Bakterien, die sich in dem untersuchten Vaginalschleim in Menge fanden, konnte ich nie mit Sicherheit in den Trichomonaden konstatiren. Fast bei allen Exemplaren beobachtet man zwei Längsreihen von feinen Körnchen, welche in der vorderen Hälfte des Körpers beginnend, allmählich ein- ander sich nähernd, gegen den Schwanzstachel zu laufen. Dem vorderen Ende des Körpers genähert, nahe der Ursprungsstelle der Geißeln liegt der Kern, der, mit Essigsäure behandelt, fein granulirt, bei gefärbten Präparaten ziemlich homogen aussieht. Am Vorderende besitzt die Trichomonas drei Geißeln 5, von deren Ursprungsstelle aus bis ungefähr in die Mitte des Körpers eine undu- lirende Membran sich erstreckt. Diese undulirende Membran wurde von den früheren Beobachtern nicht erkannt, sie sahen an der von ihr eingenommenen Stelle immer nur eine zitternde Bewegung und nahmen an, dass diese von einer Anzahl neben einander stehender Cilien her- vorgebracht würde. Dass man es hier wirklich mit einer undulirenden 1 Donne, Rech. microsc. s. l. nature du mucus. Paris 4837. — Cours de microscopie. Paris 4847. p. A57—A64A. 2 KÖLLIKER und SCANZONI, in: ScAnzonı, Beitr. zur Geburtskunde. Bd.1lI. 4855. p. 4134—437. Taf. III, Fig. 2. 3 Hennie, Der Katarrh der inneren weibl. Sexualorgane. Leipzig 4870. p. 66. 4 Stein, Der Organismus der Flagellaten. 5 Hier sei mir eine Bemerkung über die Geißeln im Allgemeinen gestattet. Fast in allen Abbildungen, die wir von Flagellaten besitzen, sind die Geißeln am Ende zugespitzt dargestellt, was vollständig unrichtig ist, worauf mich zuerst Herr Pro- fessor BürschLı aufmerksam machte. Die Geißeln sind durchweg gleich dick, was ich*nicht nur für die hier angeführten, sondern auch für viele andere Flagellaten aus eigener Anschauung bestätigen kann. l 44 F. Blochmann, Membran zu thun hat, davon kann man sich leicht überzeugen. Quetscht man nämlich die Thiere durch allmähliches Aufdrücken des Deckglases so stark, dass sie allmählich abzusterben beginnen, so bieten sie einen Anblick, wie ihn Fig. 4 zeigt. Man sieht dann, wie immer an der Geißel- basis beginnend eine regelmäßige Welle langsam bis zum hinteren Ende der Membran verläuft. Man bemerkt dabei nie am hinteren Ende etwa eine sich abhebende Spitze, ähnlich wie wir es nachher bei Trichomonas batrachorum sehen werden. Auch an Thieren, die man vorsichtig durch Osmiumsäuredämpfe abgetödtet hat, bleibt die Membran in charakteri- stischer Form erhalten (Fig. 4 und 3). Mit Hilfe der Cilien und der un- dulirenden Membran bewegen sich die Trichomanaden zwischen den ab- gestoßenen Epithelfetzen und den Schleimkörperchen langsam umher. Außerdem aber bewegen sie sich auch mehr kriechend, wie die Eugle- nen, denn das Protoplasma der Trichomonaden besitzt wie dasjenige der Euglenen in hohem Maße die Fähigkeit der Gestaltsveränderung. Diese kriechende Bewegung tritt besonders -dann ein, wenn sie sich unter dem Drucke des Deckglases zwischen Haufen von Epithelzellen durchdrängen. Auf diese Art der Bewegung macht schon Donnt auf- merksam (Cours de microsc. p. 160). Eine kontraktile Vacuole fehlt. Theilungszustände habe ich bis jetzt noch keine beobachtet. Eben so ist mir eine versuchte Übertragung der Schmarotzer auf Kaninchen nicht gelungen. 2) Trichomonas batrachorum Perty. — Cimaenomonas batrachorum Grassi. (Fig. 5—9.) | Nachdem ich mich bei Trichomonas vaginalis auf das bestimmteste von dem Vorhandensein einer undulirenden Membran überzeugt hatte, musste es mir natürlich angelegen sein, die anderen bekannten Tricho- monaden auf das Vorhandensein dieser Membran zu prüfen, besonders da dieselbe von Stein bei Trichomonas batrachorum schon beobachtet wurde, was dagegen Grassı! wieder in Abrede stellte. Es gelang mir bald, die Trichomonas batrachorum zu erhalten. Sie findet sich hier häufig in Rana temporaria; bei Rana esculenta habe ich dieselbe nicht gefunden. Die Untersuchung zeigte mir bald, dass sich auch hier eine un- dulirende Membran findet, und dass wir somit die Angaben Steın’s gegen die von Grassı aufrecht erhalten müssen. Die Trichomonas batrachorum ist von gestreckt birnförmiger Ge- 1 Grassı, Intorno ad alcuni protisti endoparassitici. Atti della soc. Ital.« di scienze nat. Vol. XXIV. Bemerkungen über einige Flagellaten. 45 stalt. Der spitze Endfortsatz ist bedeutender entwickelt und setzt sich auf dem Körper in einen Kiel fort, der sich bis in die vordere Hälfte er- streckt und so gelegen ist, dass er nach oben sieht, wenn die undulirende Membran nach links schaut, was Perry! schon richtig angiebt. Das Protoplasma ist hyalin und man trifft in seinem Inneren bald mehr, bald weniger zahlreich kleine Körperchen, die wohl für aufge- nommene Mikrokokken zu halten sind. Der Kern liegt am Vorderende, nahe der Ursprungsstelle der Geißeln. Eine kontraktile Vacuole konnte ich nicht beobachten. Die Geißeln, drei an der Zahl, erreichen ungefähr die halbe Körperlänge. Von ihrer Ursprungsstelle aus verläuft am linken Rande (wenn der Kiel nach oben liegt) ein undulirender Saum, der hinten in eine kleine freie Geißel ausläuft. Dass wir es hier mit einem solchen und nicht mit einer dem Körper anliegenden, fortwährend in schlängelnder Bewegung befindlichen Geißel zu thun haben, wie Grassı meint, davon habe ich mich auf das bestimmteste an gequetschten Thieren überzeugen können; unter diesen sieht man auch häufig Zu- stände, wie ich sie in Fig. 9 dargestellt habe, dass nämlich das Thier sich so kontrahirt, dass es dreieckig aussieht; es liegt dann die eine Ecke immer da, wo der undulirende Saum in den freien Fortsatz über- geht. Auch an mit Osmiumsäuredämpfen getödteten Thieren gewinnt man die Überzeugung von dem Vorhandensein einer Membran, wenn man dieselben mit starken Systemen untersucht. Es erscheint dann der Rand des Saumes etwas verdickt. In einem solchen Präparate, bei welchem ich, um die Thiere in verschiedene Lagen zu bringen, das Deckgläschen oft hin und her geschoben hatte, traf ich auf das in Fig. 8 abgebildete Exemplar, bei dem offenbar durch den Druck des Deckglases der Hautsaum abgerissen war, doch so, dass man noch deutlich die An- satzstelle erkennen konnte. Eine sehr merkwürdige Erscheinung tritt ein, wenn man die Tri- chomonaden längere Zeit unter dem Drucke des Deckglases hält. Man beobachtet dann nämlich, dass der ganze Rand des Thieres in eine heftige undulirende Bewegung geräth, die allerdings nicht so regel- mäßig, wie diejenige der Membran ist. Sie setzt oft einen Moment aus und beginnt wieder mit erneuter Heftigkeit. Man sieht, wie das Proto- plasma an dem Schwanzstachel sich hinabschiebt und wieder zurück- zieht. Hält der Druck noch länger an, so ziehen sich einzelne Thiere kuglig zusammen, und vom Rande schießen Protoplasmastrahlen vor, ähnlich wie Pseudopodien, um sich allmählich wieder zurückzuziehen und an anderer Stelle hervorzubrechen. Allmählich hört die Erscheinung auf und das Thier stirbt ab. ! Perry, Zur Kenntnis kleinster Lebensformen. Bern 1852. 46 F. Blochmann, Ganz Ähnliches habe ich bei der nachher zu beschreibenden Tricho- mastix lacertae Bütschli beobachtet, die auch ihre im Allgemeinen ganz konstante Gestalt unter Druck verändert und am Rande aufs deutlichste eine undulirende Bewegung des Protoplasmas zeigt (Fig. 13). Diese Art von Plasmabewegung ist in so fern von Interesse, als sie sich künstlich erzeugen lässt, und da unter normalen Verhältnissen die beiden in Rede stehenden Flagellaten, von ganz kleinen Kontraktionen vielleicht abgesehen, vollständig starr erscheinen, jedenfalls aber nie die euglenenartige Bewegung wie die Trichomonas vaginalis zeigen. 3) Triehomasiix lacertae Bütschli. (Fig. 1043.) Unter diesem Namen will ich hier einen noch unbekannten Flagel- laten beschreiben, den Herr Professor BürscaLı im letzten Winter in der Kloake von Lacerta agilis auffand. Derselbe schließt sich in mancher Beziehung an die Gattung Trichomonas an, ist jedoch dieser gegenüber durch den Mangel einer undulirenden Membran und den Besitz einer vierten Geißel gut charakterisirt. Die Trichomastix hat im Ganzen dieselbe Gestalt, wie Tr. batracho- rum Perty, bei einer Länge von 0,015 mm; sie besitzt einen Rückenkiel, der sich in einen ansehnlichen Schwanzstachel fortsetzt. Der Kern liegt nahe dem Vorderende. Das Protoplasma enthält meist mikrokokkenähn- liche Körperchen eingeschlossen, doch wurde eine Nahrungsaufnahme nicht beobachtet. Am Vorderende entspringen dicht bei einander vier Geißeln, von denen drei ungefähr die halbe Körperlänge erreichen und im Leben nach vorn gerichtet sind; bei getödteten Exemplaren sind sie meist seit- wärts geschlagen, wie es in den Figuren dargestellt ist. Die vierte Geißel ist wohl anderthalbmal so lang als das ganze Thier und ist nach hinten gerichtet. Durch Druck kann, wie schon oben erwähnt, das Protoplasma zu undulirenden Bewegungen veranlasst werden. Die Trichomastix lacertae findet sich in den Eidechsen der hiesigen Gegend fast immer, meist mit Heteromita lacertae Grassi zusammen. 4) Oxyrrhis marina Duj. — Glyphidium marinum Fres. (Fig. 14—24.) Was den Namen dieses Thieres anlangt, glaube ich mit Kent! an- nehmen zu müssen, dass das von Dusarnın? p. 346 unter dem Namen Oxyrrhis marina beschriebene und abgebildete (Pl. V, Fig. 4) Thier 1 Kent, Manual of the infusoria. London 4880. P. IH. p. 427. Taf. XXIV, Fig. 53—61. 2 Dusardıs, Hist nat. des zooph. infus. Paris 1844. Bemerkungen über einige Flagellaten. 47 identisch ist mit dem von Fresenius! und Coun? beschriebenen Glyphi- dium marinum aus den Seewasseraquarien. Auch in dem Seewasseraquarium des hiesigen zoologischen Insti- tuts ist schon seit langer Zeit die Oxyrrhis in großer Menge vorhanden. Ich habe dieselbe zu wiederholten Malen beobachtet und glaube dies und jenes bemerkt zu haben, was die Beobachtungen der früheren Autoren theils ergänzt, theils berichtigt. Das allgemeine Aussehen des Thieres ergiebt sich aus Fig. 14 u. 15. Die Länge beträgt durchschnittlich 0,025—0,032 mm. Man kann seine Gestalt wohl als helmförmig bezeichnen. Das bei der Bewegung des Thieres nach hinten gerichtete Ende (in den Zeichnungen nach oben ge- kehrt) ist auf der einen Seite in einen bald mehr, bald weniger schlanken Fortsatz ausgezogen, an dessen Seite eine ansehnliche spaltenförmige Einsenkung in den Körper des Thieres eindringt. Der an dieser Ein- senkung gelegene Rand des erwähnten Fortsatzes trägt einen zahnartigen Vorsprung, an dessen Basis die beiden Geißeln inserirt sind. Diese wer- den, wenn das Thier ruhig liegt, häufig durch die Spalte gezogen, wie es Fig. 15 und 17 zeigen. Conn sagt, dass die eine in die Spalte ge- zogene Geißel oft den Anschein einer undulirenden Membran darbiete, was Kent nicht richtig aufgefasst hat, da er glaubt, Coun nehme wirk- lich das Vorhandensein einer solchen schwingenden Platte an (p. 428). Der Kern liegt dicht unter der Einsenkung, ungefähr in der Mitte des Thieres. Was nun zunächst die Beschaffenheit des Protoplasmas anlangt, muss ich hervorheben, dass ich mich nicht von dem Vorhandensein eines Panzers überzeugen konnte, wie Fresenius und Kent; der letztere will sogar leere Panzer gefunden haben, die er auch abbildet, Taf. XXIV, Fig. 58und 59. Es findet sich eine äußere dichtere Protoplasmaschicht, wie bei vielen Protozoen, welche aber beim Zerfließenlassen der Thiere unter dem Drucke des Deckgläschens mit zerstört wird. Auch bei spon- tan abgestorbenen und allmählich zerfallenden Exemplaren konnte ich nie eine zurückbleibende membranöse Hülle beobachten. Die Thiere enthalten in ihrem Inneren immer eine große Anzahl von Fetttropfen (Fig. 14 f), oft von bedeutender Größe. Dass diese Körper fettiger Natur sind, geht daraus hervor, dass sie mit Osmiumsäure sich intensiv bräunen und durch Alkohol und Äther aufgelöst werden. Bei Thieren, die man in filtrirtem Seewasser hält, verschwinden die Fett- tropfen zum größten Theil, bringt man jedoch etwas Fleisch in das 1 FRESENIUS, Die Infusorien des Seewasseraquariums. Zool. Garten VI. 4865. p. 83. 2 Conan, Neue Infusorien im Seewasseraquarium. Diese Zeitschr. Bd. XVl. ‚4866. p. 253. 48 F, Blochmann, Wasser, so erscheinen die Thiere in kurzer Zeit wieder ganz vollgepfropft damit. In dem Fortsatz findet man nie größere Fetttropfen eingelagert. Dagegen trifit man bei wohlgenährten Thieren in der Regel hier einen kugeligen Körper (Fig. 14 ex), den man bei flüchtiger Betrachtung für einen großen Fetttropfen halten kann. Fresenius und Conan erwähnen diesen Körper, ohne etwas über seine Bedeutung zu sagen. Dieser Kör- per ist nun ein Exkretballen, wie sich leicht zeigen lässt. Setzt man nämlich ein Thierchen, das einen großen Exkretballen enthält, nur einem ganz leisen Druck unter dem Deckglase aus, so bemerkt man oft, dass dieser Ballen sofort ungefähr an der Spitze des Fortsatzes ausge- stoßen wird (Fig. 16). Es bleibt dann längere Zeit noch eine Einsenkung zurück, die sich allmählich verschließt (Fig. 16 a). Mit Leichtigkeit kann man sich davon überzeugen, dass diese Ausstoßung auch spontan, ohne einen äußeren Reiz geschieht. Bringt man nämlich eine Anzahl der Thiere mit Exkretkugeln in den hängenden Tropfen und untersucht nach einiger Zeit das Präparat, so findet man, dass die Thiere meist die Exkretballen ausgestoßen haben. Man findet dieselben dann am Grunde des Tropfens, wo sie sich lange unverändert erhalten. Bei Thieren, die man längere Zeit in filtririem Wasser gehalten hat, fehlen gewöhnlich die Exkretballen. Die Oxyrrhis nimmt feste Nahrung auf, wie Fresenius und ÜCoHN übereinstimmend angeben und ich bestätigen kann. Karminfütterung ist mir nicht gelungen und so konnte ich auch nicht konstatiren, an welcher Stelle die Nahrung aufgenommen wird; man wird jedoch mit Recht annehmen dürfen, dass es im Grunde der Einsenkung geschieht. In der Gegend, wo sich gewöhnlich die Exkretkugel vorfindet, beobachtet man auch häufig eine oder mehrere kleine Vacuolen (Fig. 45 und 47 vc), welche von Conn für kontraktil gehalten wurden. Kent giebt an, dass man nicht immer Pulsationen wahrnehmen kann. Ich selbst habe nie diese Vacuolen pulsiren sehen, obgleich ich einzelne Thiere oft viertelstundenlang beobachtete. Wie schon die früheren Beobachter hervorheben, bewegt sich die -Oxyrrhis nicht wie die meisten anderen Flagellaten so, dass die Geißeln vorausgehen, sondern umgekehrt, nämlich so, dass der Einschnitt und der geißeltragende Fortsatz nach hinten gerichtet sind. Die Fortpflanzung der Oxyrrhis geschieht durch Quertheilung (Fig. 17 u. f.), was auch frühere Beobachter schon gefunden haben. Die Kerntheilung, über die ich unten noch Einiges bemerken will, ist schon zum größten Theil abgelaufen, bevor man äußere Anzeichen der Theilung bemerken kann. In Fig. 17 ist ein schon ziemlich weit fort- geschrittenes Theilungsstadium dargestellt. An dem in die Theilung Bemerkungen über einige Flagellaten. 49 eingehenden Thier bleibt die Einsenkung, die Geißeln etc. vollständig unverändert, an dem neu entstehenden hinteren Individuum hat sich be- reits die Mundeinsenkung, der zahnartige Fortsatz an ihrem Rande und die Geißeln gebildet. Wenn die Trennung beider Individuen eintritt, so unterscheidet sich das neu entstandene von dem ursprünglichen noch dadurch, dass der neben der Einsenkung stehende Fortsatz sehr wenig ausgebildet ist. Er wächst erst nachträglich zu der gewöhnlichen Länge aus. Über den Bau des Kerns im Ruhezustand und während der Thei- lung konnte ich Folgendes ermitteln: Lässt man ein Thier durch all- mählich zunehmenden Druck des Deckglases zerfließen, so kann man den Kern leicht isolirt erhalten. In frischem Zustand sieht er dann fast vollständig homogen aus, durch Einwirkung 1°/,iger Essigsäure erscheint jedoch sofort eine deutliche netzförmige Struktur. Durch die Essigsäure wird zugleich eine Kontraktion bewirkt, in Folge deren im Kern oft eine kleine Vacuole auftritt (Fig. 21). Diese Vacuole findet sich sehr häufig an den Kernen von mit Pikrinschwefelsäure getödteten Thieren. In Fig. 48—20 sind Abbildungen von gefärbten Theilungszustän- den gegeben. Es scheint aus ihnen hervorzugehen, dass sich auch in diesem Falle indirekte Kerntheilung findet. Besonders spricht die Fig. 18 dafür, wo der Kern ganz das Aussehen eines sich in Theilung befind- lichen Infusoriennucleolus darbietet. Eneystirte Thiere wurden nie beobachtet. Heidelberg, im August 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel II. n, Kern; ex, Exkretballen; f, Fetttropfen; ve, Vacuole. Fig. —4. Trichomonas vaginalis Donne. Fig.2und 4 nach demLeben; Fig. 4 und 3 nach Osmiumpräparaten. Fig. 5—9. Trichomonas batrachorum Perty. Nach Osmiumpräpara- ten; Fig. 9 ein gequetschtes Thier. Fig. 10—43. Triehomastix lacertae Bütschli. Nach Osmiumpräparaten. Fig. 44—24. Oxyrrhis marina Dujardin. Die Figuren sind bis auf Fig. 48 nur halb so stark vergrößert wie die vorhergehenden. Fig. 14—17 nach dem Leben; Fig. 48—20 nach gefärbten, Fig. 21 nach Essigsäurepräparaten. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XL. Bd. k Die Knospung der Anchinia. Von Dr. A, Korotneff in Moskau. Mit Tafel II und IV. Schon seit 4833 ist die Anchinia rubra bekannt; aber nachdem uns allein Car Vocr eine nicht genügende Beschreibung dieser räthselhafte- sten Form unter allen Tunicaten gegeben, haben erst in der letzten Zeit Kowaevsky und Barroıs uns eine sorgfältige Darlegung der anatomi- schen Merkmale geliefert!. Demungeachtet bleiben unsere Kenntnisse über diesen Gegenstand sehr primitiv: weder ist der Organismus, dem der Anchiniastolo gehört, noch das Vorkommen der Anchiniasprossen bekannt. Während meines Aufenthaltes in Villafranca habe auch ich ein Paar Anchiniakolonien zur Untersuchung bekommen, einige Erschei- nungen der höchst sonderbaren Knospung dieser Form gesehen und ver- schiedene, bisher nicht so bekannte anatomische Thatsachen beobachtet; leider aber ist mir der Mutterorganismus der Anchinia ganz unbekannt geblieben. Beim Untersuchen einer lebenden Anchiniakolonie, für deren Dar- stellung ich die Abbildung aus der Arbeit von KowaLevsky und Barroıs entnehme (Fig. 1), fand ich sie oberflächlich mit kleinen Körperchen be- deckt, die an meinen Exemplaren auch massenhaft auf den großen schon entwickelten Sprossen vorkamen. Diese Körperchen unter dem Mikro- skope fixirend, sah ich dieselben eine rasche Bewegung ausführen. Wie aber ihr Äußeres, so waren auch ihre Bewegungen zwiefach. Die Zeich- nungen (Fig. 2 und 3) lassen leicht den Unterschied der zwei Formen 1 KowALEvSKY et Barroıs, Materiaux pour servir a l'histoire de ’Anchinie. RoBın et Poucher, Journal de l’Anatomie et de la Physiologie. 29%me Annde. Paris 1883. p. A. Die Knospung der Anchinia. 51° erkennen: die eine hat keine bestimmte Begrenzung und besitzt einen wellenförmigen Kontur, die andere aber ist birnförmig; im lebenden Zustande zeigt die erste Form einen blasenartigen Inhalt, und be- west sich rasch vermittels lappenförmiger Pseudopodien (Fig. 2 Kr.z), wie es oft bei vielen Amöben (z. B. bei Pelomyxa palustris) zu beob- achten ist. Nach einer chemischen Behandlung und Färbung stellen sich diese Körperchen als einzellige Bildungen dar, welche Vacuolen und einen stark lichtbrechenden Kern besitzen (Fig. 5). — Einen ganz an- deren Ausdruck hat die zweite Form der Körperchen : dies sind kleine birnförmige Klumpen, die an dem spitzen Ende Pseudopodien tragen; diese Pseudopodien haben einen besonderen Habitus; es sind feine, spitze fadenförmige Ausläufer, vermöge deren eine ziemlich rasche Be- wegung ausgeführt wird. Das Innere ist kompakt, nicht blasenartig, und zeigt eine Anhäufung von Körnchen im Centrum. Nach geeigneter Behandlung überzeugt man sich, dass diese zweite Art von kriechenden Körperchen, welche den von ULsanın ! von Doliolum beschriebenen Ur- knospen ganz analog ist, sich als eine viel komplicirtere Bildung ergiebt: es ist schon ein vielzelliger Körper. Was die ersten einzelligen Bildungen anbetrifit, so kommen sie hauptsächlich an der Oberfläche der ganzen Kolonie und der an ihr sitzenden Sprossen vor, die zweiten aber dringen vermöge der spitzen Pseudopodien in die Tiefe der schleimigen Schicht, welche die ganze Kolonie sammt den Sprossen einhüllt. Durch die Untersuchung einer bedeutenden Anzahl der erwähnten Körperchen habe ich mich überzeugt, dass die ersten eine Entwicklungs- stufe der zweiten sind. Die Veränderung geschieht in folgender Weise: der Kern der kriechenden Zelle theilt sich in zwei (Fig. 5 d), vier, acht (Fig. 6) und so weiter Theilstücke und zu derselben Zeit verliert die sich theilende Zelle ihre frühere blasige Beschaffenheit, und erhält statt derer eine fein plasmatische. Schon sehr früh erfolgt in der sprossenden Knospe eine Sonderung des Ektoderms von dem Entoderm: so haben wir in dem in Fig. 6 gezeichneten Stadium eine oberflächliche Schicht und eine innere Zellenmasse. Weiter vermehren sich die Zellen der Knospe allmählich und das Entoderm fängt an, in den dasselbe bilden- den Zellen Unterschiede zu zeigen; so unterscheiden wir in der Fig. 8 . Entodermzellen, welche große, blasige Kerne beherbergen — das ist der entstehende Eierstock (0v) und die übrigen drei Zellen, welche die Darm- anlagen bilden. Bald nachdem hebt sich die Ektodermschicht von dem Entoderm ab, ein inneres Lumen — die eigentliche Leibeshöhle bildend (Fig. 9 L); die innere Masse hat sich in zwei Zellenhaufen getheilt; der 1 ULsanın (Russisch), Über die Entwicklung und Fortpflanzung des Doliolums. Separatabdr. Moskau 1882. | 4* 52 A, Korotnefi, eine Haufen ist die schon erwähnte Darmanlage, der andere das Ova- rium, welches eine bedeutende Größe hat. Jetzt theilt sich die Darman- lage in einen Klumpen — den künftigen Magen, und in einen anderen — den Pharynx (Fig. 17), und kurz nachdem schnürt sich der Pharynx in zwei Theile ab: den Endostyl und den wahren Magen (Fig. 10 und 18). Wenn wir einen Schnitt durch diese drei Bildungen führen, sehen wir, dass wir es mit drei kompakten Körpern zu thun haben, deren Lumen nur etwas später zum Vorschein kommt. Sehr lehrreich ist der Quer- schnitt eines späteren Stadiums (Fig. 12); an dieser Figur sehen wir, dass der Pharynx mit dem Endostyl einen gemeinsamen Körper bildet, der nur eingeschnürt ist. Der Magen ist schon bedeutend größer. Alle die drei Bildungen haben bereits Höhlungen und die des Magens ist von einer Zelle eingenommen (m.z), die nach ihrem Ursprunge als nichts Anderes denn als eine einfache Magenwandzelle anzusehen ist, die sich getheilt hat und deren innerer Theil sich in den Magen eingeschoben und dessen Lumen eingenommen hat!. An derselben Fig. 12 ist schon das Nerven- system sichtbar: es stellt sich hier als eine Verdickung des Ektoderms vor (gn). In dem Ovarium sind verschiedene Elemente zu sehen: die einen sind groß, die anderen haben ihre erste embryonale Form behal- ten. Das folgende Stadium unterscheidet sich durch eine bedeutende Vergrößerung des Magens (Fig. 13 est) und des Ovariums. Die bald neu zum Vorschein kommenden Organe sind das Herz und die Kloake. Das erste ist eine lokale Anschwellung, oder besser gesagt, Aussackung der Pharyngealwand (Fig. 44 H). Etwas später können wir konstatiren, dass das Herz sich vom Pharynx abgetrennt hat und einen selbständigen Körper bildet (Fig. 45); in der Nähe dieses Organes bemerkt man ein- zelne Zellen, die, wie es scheint, von der Wand des Endostyls abstam- men; diese Zellen dienen zur Bildung des Pericardiums. Zu derselben Zeit ist eine Einbuchtung des Ektoderms zu sehen. Diese Einbuchtung (Kloake) stößt mit dem Pharynx zusammen (Fig. 19 &), und bald ist an diesem Punkte eine Öffnung zu finden (Fig. 44). Aber etwas früher, als die Ausbildung dieser Öffnung erfolgt, tritt der Magen mit dem Pha- rynx einerseits und mit der Kloake anderseits in Verbindung. Wir haben das Nervensystem als eine Verdickung des Ektoderms verlassen; allmählich verwandelt sich diese Verdickung in einen selb- ständigen, linsenförmigen Körper — das Ganglion; bald entsteht im Innern des Ganglions ein Lumen, das in Verbindung mit dem Lumen (des Pharynx kommt, in der Art, dass in der Richtung des Ganglions ein Auswuchs der Pharyngealwand sich gebildet hat; dieser Auswuchs ist ! Die höchst sonderbare physiologische Bedeutung dieser Zelle wird später her- vorgehoben;; diese Zelle ist auch an den Fig. 2 und 48 sichtbar. Die Knospung der Anchinia. 53 nichts Anderes als die sogenannte Hypophysis der Tunicaten. Das Nervenganglion dehnt sich aus und bildet einen Nervenstrang (N). — Was die Bildung der Kiemen anbetrifit, so sind meine Beobachtungen in dieser Hinsicht leider sehr dürftig. Die Kloake bildet zwei seitliche Ausdehnungen, welche um den Darm sich biegen und an den Pharynx legen. Die Zellen des Pharynx, welche die Kloakenwand berühren, ver- mehren sich rasch (Fig. 16) und bilden besondere Gruppen, in der Rich- tung der Kloake; an der Stelle, wo diese Gruppen vorkommen, bilden sich Öffnungen — künftige Kiemen; mit der Zeit strecken sich diese Öffnungen und verwandeln sich in Kiemenspalten. Welches Verhältnis die sich anfänglich zwischen der Kloake und dem Pharynx bildende Öffnung zu den Kiemen hat, kann ich leider nicht sagen; es schien mir, dass sie an der Bildung der ersten Kiemenspalte Theil nimmt; wenn es so ist, so wird sich diese Spalte gewiss in zwei zerlegen, um die rechte und linke Öffnung zu bilden. Bis jetzt haben wir nur Ektoderm und Entoderm im Betracht gezogen; was das Mesoderm anbetriflt, so ist dessen Rolle sehr unbedeutend : es beschränkt sich auf die Ausbildung der fünf Muskelstränge, die in dem Körper der Anchinia existiren. Es bleibt uns das Schicksal der Geschlechtsorgane zu beschreiben. Mit der Ausbildung des Organismus werden die Ovarialzellen allmählich größer (Fig. 13), gewöhnlich aber sind es zwei Zellen, welche die an- deren an Größe übertreffen. Bald aber tritt ein Resorptionsprocess ein; so sehen wir in der Fig. 49 anstatt zweier nur eine bedeutende Zelle; später wird auch diese resorbirt und von einer voluminösen Masse kleiner Zellen verdrängt; wahrscheinlich dienen die Eizellen als Er- nährungsmaterial für die neu entstehenden Zellen. Diese Entstehung der Zellen geschieht durch Theilung der früheren (Fig. # a und b). Jede von den Zellen hat einen großen Kern, der sich rasch theilt und eine Theilung der ganzen Zelle hervorruft. Bei einer entwickelten Sprosse sieht man entweder einen kleinen grobkörnigen Klumpen anstatt des Ovariums, oder es fehlt ein solcher und der ganze Darmkanal ist von einer embryonalen Zellmasse umhüllt. Kowarevsky und Barroıs haben diese Zellen auch gesehen und als Niere beschrieben; gewiss ist diese Bedeutung ganz problematisch und hat keine thatsächliche Begründung. Ich habe durch Untersuchung dieser Zellen mich überzeugt, dass einige von ihnen sich ganz mannigfach verändern; eine solche Zelle wird größer, ihr Inhalt bekommt eine blasenartige Struktur und der Kern wird nach geeigneter Behandlung nicht hell und durchsichtig, son- dern ganz trüb und lichtbrechend ; ein Kernkörperchen ist nicht mehr ‚zu bemerken (Fig. %, kı und 5). Jetzt wird die räthselhafte Bedeutung ‚solcher Zellen klar sein: sie’ sind nichts Anderes als die kriechenden, 54 A, Korotneff, knospenbildenden Zellen, mit deren Beschreibung wir diesen Aufsatz angefangen haben. Die Entwicklung des Ovariums hat uns gezeigt, dass diese Zellen unentwickelte Eier sind, welche den Mutterorganismus massenhaft verlassen, um Sprossen zu bilden. Die übrigen den Darm umgebenden Zellen sind einfache Mesoderm-Blutzellen. Die Entstehung des Fußes (Fig. 49), der sich einer Erhebung des Stolos anklebt, ist sehr früh zu bemerken. Ich bin der-Meinung, dass eine solche Vereinigung dieser zwei Bildungen keine besondere Be- ziehung zu der Ernährung, sondern eine solide Fixirung zum Ziele hat. Die Ernährung geschieht hier wahrscheinlich ohne Vermittelung des Stolos, aber direkt von dem umgebenden Schleim aus. Die Untersuchung der entwickelten Anchiniasprosse hat mich einige Eigenthümlichkeiten kennen geiehrt, die hier Erwähnung finden müssen. Im Magen fand sich, wie schon gesagt, eine große Zelle, die allmählich wächst und endlich das ganze Lumen einnimmt; viel später sieht man, dass es nicht mehr eine einzige Zelle ist, sondern mehrere, die nicht massig angehäuft sind, sondern eine neben der anderen reihen- artig stehen, und nicht nur im Magen, sondern theils im Ösophagus, theils in dem eigentlichen Darm vorkommen. Wie entstehen aber diese Zellen? Es geschieht durch Abtrennung von den Wandzellen des Magens, oder richtiger, es ist nur die erste Zelle, die sich abgetrennt und später sich mehrere Male getheilt hat. Die Durchschnittsfläche des Magens einer ganz entwickelten Anchinia zeigt das Bild, welches in der Fig. 24 wiedergegeben ist; die Magenwand besteht aus zwei Schichten : die innere ist aus Cylinderzellen zusammengesetzt, die äußere dagegen besteht aus spindelförmigen Zellen. Das innere Lumen schließt eine große Zelle mit einem runden und starken Kern ein. In der unteren Hälfte des Ösophagus sowohl wie in dem Theile des Darmes, welcher dem Magen zunächst liegt, sind dieselben Verhältnisse, dieselbe Struk- tur zu bemerken. Das Plasma der inneren Zelle ist grobkörnig und ent- hält verschiedene Überreste einer schon zu Ende geführten Verdauung !. Die Nahrungssäfte werden von dieser Zelle vermittels der Pseudopodien den Wandungen des Darmes übertragen. Wir haben hier also eine be- ‚sondere Art der parenchymatösen Ernährung, die in solcher Form von keinem anderen Organismus beschrieben ist. Um einen Anknüpfungspunkt für die Anchinia zu finden, habe ich die Struktur des Darmkanales bei der Salpa africana geprüft und zu meinem Erstaunen hier sehr ähnliche Verhältnisse gefunden. Wenn wir einen Schnitt durch den Ösophagus der Salpe machen, so finden wir 1 Unter dem Buchstaben D (Fig. 24) sind verschiedene Schalen schon ver- dauter, einzelliger Algen abgebildet. Die Anospung der Anchinia. 9° \ Folgendes: an einer Seite ist das Epithel eylindrisch und mit Wimpern besetzt, an der anderen Seite bemerken wir dagegen ein durchaus an- deres eigenthümliches Verhalten: ganz am Grunde der Zellschicht, da wo die Kerne zu sehen sind, kann man die Grenzen der Zellen leicht unterscheiden ; weiter aber, in der Richtung gegen das Lumen des Öso- phagus, verlieren die Elemente ihre Selbständigkeit und bilden eine gemeinsame Plasmamasse, in der Vacuolen verschiedener Größe zer- streut sind; ein Lumen kommt hier, in diesem Abschnitte des Darm- kanals, noch vor. Die eigenthümliche Veränderung, die hier nur an einer Seite zu sehen ist, dehnt sich in der Richtung nach dem Magen hin allmählich auf die gegenüber liegende Seite aus. Dabei erfolgt, was am wichtigsten ist, ein vollständiges Verschwinden des Lumens, statt dessen hier nur ein Strich, eine Grenze zu sehen ist {Fig. 26). Auf einer Seite ist noch der schwache Koniur der Zellen zu sehen und hier stehen sie noch in Reihen: die Kerne sind einander nahe benachbart und jedem Kerne gehört sein eigener Plasmabezirk; an der anderen Seite ist aber eine ganz verschiedene Anordnung: die zelligen Elemente haben ihre Selbständigkeit ganz verloren; die Kerne stehen ganz ver- einzelt und Vacuolen finden sich bis an die äußere Zellenmembran (Membrana propria) des Magens. Wir haben es hier also mit einem wahren Plasmodium zu thun. Im Inneren sind Zellen zerstreut, die von den benachbarten nicht abgegrenzt sind; diese inneren, das Lumen er- füllenden Zellen, sind den großen Magenzellen der Anchinia ganz analog. Physiologisch die Thatsachen fassend, müssen wir der Salpa africana eine parenchymatöse Ernährung zuschreiben ; möglicherweise kommt die- selbe auch bei anderen Tunicaten vor. Wie bekannt findet sich diese Art der Ernährung nur bei niederen Organismen und desswegen haben wir in unserem Falle Ursache, noch an der hohen genetischen Stellung zu zweifeln, die den Tunicaten zugeschrieben ist. Um die Beschreibung des Darmkanales zu Ende zu bringen, muss ich erwähnen, dass nach der Arbeit von Barroıs und KowaLzvsky am Magen eine verzweigte Drüse vorhanden ist; nach meinen eigenen Beob- achtungen dagegen existirt dieseDrüse nur an ganz entwickelten Knospen; früh Kommt sie nicht vor; desswegen muss man wohl glauben, dass sie ziemlich spät zur Ausbildung kommt. Hinsichtlich des Nervensystems ist Alles von KowaLEvskv und BarroIS genau beschrieben, nur Einiges ist über die Nervenendigungen zu sagen. Jeder von den großen Stämmen, der von dem Ganglion ausgeht, theilt sich mannigfaltig und giebt mehrere kleine Zweige zu dem äußeren Epi- thelium. In demselben Niveau mit den Epithelialzellen sind zwei kleine Zellen zu beobachten (Fig. 22), deren Kerne zusammenstoßen, wie zwei 86 A, Korotnefl, Nüsse in der gemeinsamen Hülle. Der Nervenzweig vertheilt sich zwi- schen diese Kerne, mit deren Substanz zusammenfließend. Die nächste Epithelialzelle legt sich mit ihrem Kerne dieser Bildung innigan. Wahr- scheinlicherweise ist diese Einrichtung eine besondere Art von Tast- organen; als solche können auch die Papillen angesehen werden, welche die Pharyngeal- und Kloakalöffnungen umgeben. Jede Papille erhält einen besonderen kleinen Nervenast von dem nächsten großen Nerven- stamm (Fig. 20). Es bleibt uns etwas, sehr weniges, über die Struktur des Stolo zu sagen. Nach der Beschreibung von Carı Vocr ist der Stolo nichts als ein sich zusammenziehender, cylindrischer Kanal von dicken Wänden, der aus Muskelfasern, die eine Längs- und Querrichtung haben, gebaut ist; innerlich ist nach ihm der Kanal von einem wimpernden Epithelium ausgekleidet. Barroıs und Kowarevsky geben von dieser Bildung keine besondere Beschreibung und sagen nur, dass sie in dem Stolo keine Muskeln gesehen haben, und dass der Stolo ein leerer Kanal ist, der nur aus einer Schicht von Zellen gebildet und von außen von einer Schleim- schicht umhüllt ist; diese letzte Schicht beherbergt sternförmige Zellen (gewiss die von uns erwähnten knospenbildenden Zellen). Nach meiner eigenen Beobachtung ist der Stolo wirklich ein ganz leerer Kanal, dessen Wände nicht von einer, sondern von zwei Zellschichten gebildet sind. Von oben gesehen sind diese zwei Schichten in der Fig. 21 wieder- gegeben; die äußeren Zellen enthalten ausgezogene, die inneren aber klumpenartige Kerne. Weder longitudinale, noch transversale Fasern habe ich hier gefunden, so sind denn auch an dem Stolo selbst keine Bewegungen zu seben, und er wird nur mit dem Winde oder der Strö- mung forigetragen. Mit den erwähnten Thatsachen erschöpfen sich meine Beobachtungen über die Struktur der Anchinia. Es fragt sich jetzt, wie man alle die Kenntnisse, die wir über die An- chinia haben, zusammenstellen und verwenden kann, um Vermuthungen über die Generationsfolge des Thieres zu machen. Der Mutterorganismus, dem der Stolo, oder richtiger gesagt, der Auswuchs mit den Sprossen gehört, ist völlig unbekannt. Als Ausgangspunkt für weitere Betrach- tungen kann uns in dieser Frage die unstreitige Verwandtschaft der An- chinia mit dem Doliolum dienen. Wenn wir Homologien unter diesen Formen herstellen wollen, wozu wir gewissermaßen Recht haben, so müssen wir annehmen, dass der unbekannte Mutterorganismus auch ein rosettenförmiges Organ hat, von dem Urknospen sich abtrennen und zur Bildung der von uns beschriebenen Sprossen dienen. Aber wie sollen wir in diesem Falle die zwei Reproduktionsarten, die von mir beschrie- bene und die zu vermuthende (vermittels der Urknospen) mit einander Die Knospung der Anchinia. 91 verknüpfen ? Um dieses Räthsel zu lösen, müssen wir uns an die Arbeit von Barroıs und KowArLevsky wenden. Diese zwei Forscher haben be- ständig und sogar ausschließlich Sexualanchinien gefunden, die wie Eier, so auch Hoden mit Sperma enthielten. Die von mir gesehenen Thiere haben reducirte Genitalien gehabt: Ovarien gingen mit der Zeit zu Grunde und bildeten massenhaft die Knospen erzeugenden Zellen aus; Hoden fand ich nie. Obschon nach den äußeren Merkmalen die von mir beobachteten Thiere denen von Barroıs und KowALevsky untersuchten und beschriebenen ganz ähnlich sind, so können wir doch des oben er- wähnien Unterschieds wegen zwei verschiedene Generationsformen darin sehen: asexuelle und sexuelle; eine zweite asexuelle Generation wird der Mutterorganismus sein. Wenn diese Überlegungen rationell sind, so können wir folgenden Generationswechsel annehmen: die erste pro- blematische asexuelle Generation, die ein rosettenförmiges Organ besitzt, erzeugt vermittels der Urknospen besondere Sprossen, die sich über dem Auswuchs fixiren. Nachdem folgt eine Reihe von ähnlichen Spros- sen, die sich parthenogenetisch durch die kriechenden Zellen ! erzeugen, bis endlich einige der Sprossen sich sexuell entwickeln; in dieser Weise kommt die sexuelle Form hervor. Diese letzte Form dient ihrerseits sexuell zur Erzeugung des ersten problematischen Organismus. Von diesem Standpunkte aus müssen wir die Sprossen, welche kriechende Zellen erzeugen, als eine Komplikation, als eine ausgedehnte sexuelle Generation annehmen. Wahrscheinlicherweise steht dieses Ein- schieben von besonderen Sprossen in den Generationswechsel in einer direkten Beziehung mit äußeren Einflüssen ; eine bestimmte Veränderung der letzten bringt die parthenogenetische Entwicklung zu Ende und führt diese oder jene parthenogenetische Generation zur Geschlechts- reife. In diesem Sinne ist der sonderbare Wechsel der Generationen der Anchinia auf ein höchst einfaches Schema zurückgeführt: die asexuelle Generation mit einem rosettenförmigen Organ und einem Auswuchse wechselt mit einer sexuellen Form (Sprossen) ab; mit der Zeit aber hat sich, wie gesagt, diese zweite Form ausgedehnt und eine intermediäre Reihe von parthenogenetischen Organismen eingeschoben. Eine solche Ausdehnung der Generation ist gewiss durch unvermeidliche Noth- wendigkeit, eine größere Zahl von Geschlechissprossen zu erhalten, hervorgerufen, weil eine Zeugung durch Urknospen (abgetrennie Theile des rosetienförmigen Organes) ungenügend ist um eine bedeutende Zahl von Geschlechtssprossen zu erzielen. Wir haben es in der Bildung der Sprossen aus den kriechenden Zellen gewiss mit einer Erscheinung zu thun, die ganz analog jener bei Aphiden vorhandenen ist. 1 Diese Zellen selbst sehe ich als parthenogenetische Eier an. 58 A. Korotnefi, Dank der höchst interessanten Entdeckung der kriechenden Knospen, die im vorigen Jahre Dr. Ursanın bei Doliolum gemacht, sind wir jetzt vollständig mit der Art der Entstehung der Sprossen des dorsalen Aus- wuchses beiDoliolum bekannt. Dieser tüchtige Forscher schreibt allen den Sprossen einen gemeinsamen Ursprung aus den Urknospen zu; ohne die- sen Gegenstand speciell zu behandeln, möchte ich nur folgende Thatsache erwähnen: über dem Epithel des dorsalen Auswuchses bei Doliolum denticulatum sind besondere Zellen zu bemerken, die ein ganz eigen- thümliches Aussehen haben (Fig 27); es sind grobkörnige gelappte Zellen, die gewöhnlich eine verschiedene Größe haben und oft zweikernig sind. Bei einer Untersuchung der Medianknospen habe ich bemerkt, dass sich viel primitivere finden als die von GROBBEN ! und ULsanın beschriebenen: nach diesen Forschern besteht die jüngste Knospe aus sieben Zellmassen ; ich aber habe ganz junge Knospen gesehen, die nur aus einer inneren Zellmasse (Entoderm,) und einer Bedeckung von ausgezogenen Zellen bestanden. Obschon ich keinen direkten Übergang der grobkörnigen Zellen in die Medianknospen gesehen habe, halte ich es doch der Ana- logie mit der Anchinia wegen für erlaubt, die Vermuthung auszu- sprechen, dass die Medianknospen (Ammengeneration) möglicherweise aus den grobkörnigen Zellen hervorkommen. Aber woher stammen diese letzten Elemente? Ich habe solche Zellen massenhaft auf den Lateralsprossen gesehen ; möglicherweise, dass diese Sprossen in der Art die kriechenden Zellen erzeugen, wie wir es bei der Anchinia ge- sehen haben. Als Unterstützung dieser Vermuthung ist die Thatsache anzusehen, dass im Anfange die Lateralsprossen eine Genitalanlage haben, und dass mit der Zeit diese Anlage zu Grunde geht, gerade wie es bei der Anchinia vorkommt. Damit wird aber die Idee, welche von For ? und später von GROBBEN und UıJanın geäußert war, dass die Late- ralsprossen zur Ernährung des Döliolums dienen, welches zu dieser Zeit schon keinen Darmkanal hat, nicht beseitigt. Die beiden Funktionen: Ernährung und Producirung der kriechenden Zellen, können gleichzeitig bei denselben Sprossen existiren. Ohne Zweifel kommt die von mir be- schriebene Entwicklung aus kriechenden Zellen auch bei anderen Tuni- caten vor, leider aber sind die letzten in dieser Hinsicht zu wenig unter- sucht, um etwas Bestimmtes darüber sagen zu können; dem ungeachtet können wir annehmen, dass etwas Ähnliches bei Didemnium styliferum vorkommt; so beschreibt KowsLrvskv? bei dieser Form die anfänglichen 1 GROBBEN, Doliolum und sein Generationswechsel nebst Bemerkungen über den Generationswechsel der Acalephen, Cestodon und Trematoden. Wien 1882. ? For, Über die Schleimdrüse oder den Endostyl der Tunicaten. Morphol. Jahrb. Bd. I. 1876. 3 KowıALEvsky, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. X. 1876, Die Knospung der Anchinia. 59 Stadien der Knospe als viel einfacher gebaut als die Urknospen von Doliolum;, dazu müssen wir hinzufügen, dass der Ursprung dieser Knospen Kowarevsky unbekannt geblieben ist. Vielleicht haben wir auch in diesem Falle etwas Ähnliches mit dem, was wir von Anchinia beschrieben haben. Fast dasselbe können wir über DrLıa-Vauır’s! Untersuchung der Distaplia magnilarva sagen. Die kriechenden Knospen sind bei dieser Form sehr einfach; obschon der italienische Forscher ihren Ursprung von einem ventralen Auswuchs der Larve beschreibt, sind seine Angaben nicht genügend positiv, um sie im Großen und Ganzen anzunehmen. Am sonderbarsten bleibt mir aber die, wie gesagi, umgekehrte Eni- wicklung der Organe aus den Keimblättern. Der Pharynx, der gewiss nach seiner Deutung dem Ösophagus entspricht, wird aus dem Ento- derm entwickelt ; gleichfalls entsteht aus demselben Keimblatte das Herz. Wie sind diese höchst sonderbaren Thatsachen zu erklären ? Entweder müssen wir annehmen, dass die Keimblätter des aus dem Ei sich ent- wickelnden Organismus nicht homolog mit den hier beschriebenen sind, oder, dass die Bedeutung der Keimblätter in der Entwicklung verschie- dener Organe nicht so besonders specifisch ist, wie es bisher angenom- men war. Moskau, im August 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel III. Fig, 1. Diese Abbildung ist aus der Arbeit von KowALevsky und Barroıs ent- nommen, um eine Idee des Aussehens der Kolonie zu geben. End, Endostyl; est, Magen; ez, embryonale Zellen, die den Magen umgeben; gn, Ganglion; m, Muskel; ph, Pharynx; sp, Spiralorgan ; tun, Schleimschicht (Tunica); krz, kriechende Zellen. Fig. 2. Ein Stück des Epitheliums des Auswuchses (Stolo) mit den aufsitzenden Knospen (k) und Urknospen (urk); est, Magen; mz, Magenzelle; ep, Epithelzellen ; krz, kriechende Zellen. Vergr. 500. Fig, 3. Verschiedene Stufen der Entwicklung der Knospen. krz, kriechende Zellen; urk, Urknospen. Vergr. 350. Fig. 4 und 41. Verschiedene Stufen der Verwandlung einer embryonalen Zelle in eine kriechende knospenbildende Zelle; aundb, junge embryonale Zellen; c,d,e, Zwischenstadien. Vergr. 700. 1 Reale Acad. dei Lincei. 60 A. Korotnefl, Fig. 5. Mit Säure behandelte kriechende Zellen. Vergr. 700. Fig. 6. Eine Urknospe, die aus acht Zellen besteht, von denen vier, mit dunk- len Kernen (Ecetoderma ec) und die anderen vier mit hellen Kernen (Entodermzel- len en) erfüllt sind. Vergr. 600. Fig. 7. Folgendes Stadium. Vergr. 600. Fig. 8. In dem Keime sind schon drei Arten von Zellen zu unterscheiden. ec, Ektoderm; egz, Eingeweidezellen (Anlage des Darmkanals); ov, Eierstock. Vergr. 600. € Fig. 9. Knospe in toto. 0v, Anlage der Genitalien (Eierstock); eg, Eingeweide- zellen. Vergr. 500. Fig. 40. Das Entoderm hat sich gesondert in einen Magen (est), Pharynx (ph) und Endostyl (end); ov, Eierstock. Vergr. 500. Fig. 14. Querschnitt durch den Magen, Pharynx und Endostyl. ov, Eierstock. Vergr. 500. Fig. 42. Querschnitt. Ph, Pharynx; end, Endostyl; esi, Magen mit einer Magen- zelle; Gn, sich bildendes Ganglion; Ov, Eierstock. Verg. 500. Fig. 43. Folgendes Stadium. Ph, Pharynx; est, Magen; Ov, Eierstock. Vergr. 350. Fig. 44. Querschnitt, um die Bildung des Herzens (#) zu zeigen. Cl, Kloake. Mit schwarzen Linien sind angedeutet die Organe, die sich nicht im Schnitte befun- den haben. Vergr. 250. Fig. 45. Querschnitt. Im Ganglion (@n) ist eine Höhle gebildet; A, Hypophysis; N, Nervenstamm; H, Herz; pc, Pericardium; Cl, Kloake. Vergr. 250. Fig. 46. Bildung der Kiemenspalte. ph.w—W.ph, Wand des Pharynx; Cl.w, Wand der Kloake. Vergr. 350. Tafel IV, Fig. 17. Eine Knospe in toto. ec, Ektoderm; ph, Pharynx; esi, Magen; Ov. Eierstock. Vergr. 500. Fig. 18. Etwas mehr entwickeltes Stadium. end, Endostyl. In dem Magen (est) ist eine Magenzelle zu sehen, Vergr. 500. Fig. 49. Eine sehr entwickelte Knospe. Der Pharynx hat schon eine äußere Öffnung; M, Mesodermzellen, die einen Sphinkter bilden; die Kloake (CI) hat sich mit ihrer Wandung mit dem Pharynx vereinigt (x); das Ganglion (gn) hat ein inne- res Lumen bekommen; Zun, Schleimschicht; H, Herz. Fig. 20. Ein erwachsenes Individuum, in dem die Genitalanlage resorbirt ist (ov). Die äußere Oberfläche sowohl als die innere des Pharynx ist mit kriechenden Zellen (krz) und Knospen (prk) bedeckt (die äußeren sind stark, die inneren schwach gezeichnet). Sp, Spiralorgan; P, Rest des Fußes. Fig. 21. Ein Stück des Epitheliums des Stolo mit den unterliegenden Epithelien des inneren Kanals gezeichnet. Vergr. 350. Fig. 22. Die Tastorgane der Oberfläche. Eine Epithelialzelle ist mit dem inne- ren Plasmanetz wiedergegeben. Vergr. 500. Fig. 23. Ein Querschnitt der entwickelten Anchiniasprosse in der unteren Partie des Ösophagus und des Darmes um die inneren Magenzellen (mz) zu zeigen. Die beiden Bildungen sind von kriechenden, knospenbildenden Zellen umgeben. Vergr. 480. Fig. 24. Querschnitte des Magens mit einer ungeheuren Magenzelle (mz) im Inneren. D, Überreste von verdauten einzelligen Algen. Vergr. 200. Die Knospung der Anchinia. 61 Fig. 25. Querschnitt des Ösophagus (nicht weit vom Magen) von Salpa africana. Ein Lumen ist vorhanden (I). Eine Seite der Ösophaguswand ist von Flimmerzellen gebildet, die andere Seite stellt ein Plasmodium vor. Vergr. 350. Fig. 26. Querschnitt des Magens von Salpa africana. Es ist kein Lumen im Innern, anstatt dessen eine Scheidelinie zu sehen ist; im Innern sind Magenzellen zu sehen (mz). An einer Seite sind Zellen reihenartig angeordnet, an der anderen bilden sie ein Netz-Plasmodium. Vergr. 350. Fig. 27. Ein Stück des Epithels des dorsalen Auswuchses des Doliolum denti- eulatum. Eigenthümliche Zellen (krz) sind an der Oberfläche zerstreut. Vergröße- rung 500. \ Studien an japanischen Lithistiden. Von Dr. Ludwig Döderlein in Straßburg. Mit Tafel V—VII. Unter allen Orten Japans ist es das kleine liebliche Inselchen Enoshima, von der Hauptstadt Tokio aus in einem Tage leicht zu er- reichen, welches für den Zoologen, der Seethiere beobachten will, die meiste Anziehungskraft hat. Das Thierleben in der dort angrenzenden Bai von Sagami ist ein überaus reiches und interessantes. Von dorther stammten unter Anderem die ersten Exemplare von Hyalonema Sieboldii, die bekannt wurden; jährlich werden daselbst noch Hunderte von diesen merkwürdigen Schwämmen gefischt; außerdem ist die dortige See ein Hauptfundort für zahlreiche andere Tiefseethiere, da eine wohl ausge- prägte Tiefseefauna schon in verhältnismäßig sehr geringer Entfernung vom Lande beginnt. Als ich im Winter 1880 zum ersten Male nach Enoshima kam, um mich über die dortige Seefauna zu orientiren, fiel mir unter einem Haufen abgewaschener Muschelschalen, die mir der Besitzer einer der zahlreichen Kuriositäten-Buden zum Durchsuchen gegeben hatte, ein unscheinbares kelchförmiges Gebilde in die Hand, in dem ich eine zur Gruppe der Lithistiden gehörige Spongie erkannte. Da mir bekannt ‘war, wie spärlich Repräsentanten dieser merkwürdigen in der Sekun- därzeit so reich vertretenen Schwammfamilie jetzt noch lebend vorkom- men, und da ich wusste, dass die beschränkte Zahl der in Sammlungen vorhandenen Exemplare fast alle nur bei Gelegenheit der verschiedenen Tiefsee-Expeditionen gewonnen worden waren, so interessirte mich dieser eine Fund in hohem Grade. Ich versuchte Anfangs vergeblich noch mehr Exemplare aufzutreiben; es gelang mir aber erst im darauf- folgenden Winter, in Enoshima selbst wieder eine größere Anzahl hierher gehöriger Formen bei den Kuriositätenhändlern aufzufinden. Studien an japanischen Lithistiden. 63 \ Eine Reihe von Ausflügen, die ich in einem kleinen Boote mit Schleppnetz und Hanfquastenapparat versehen in die umgebende See unternahm, und die mich südlich bis nach Misaki hinunter führten, machte ich theilweise zu dem ausgesprochenen Zwecke, das specielle Vorkommen der Lithistiden beobachten zu können. Wenn diese Aus- flüge nun auch in Bezug auf Hexactinelliden und andere Tiefseeformen vom allerbesten Erfolge gekrönt waren, indem es mir gelang, solche in verschiedenen Arten und nicht unbeträchtlicher Menge zu erbeuten aus Tiefen von 60 bis 250 Faden !, so waren leider betreffs der Lithistiden alle meine Bemühungen vergebens. Obwohl solche Schwämme in ge- wissen Gegenden ziemlich zahlreich vorhanden sein mussten, mir kam auch nicht ein lebendes Exemplar vor Augen. Nur einmal brachte der Hanfquastenapparat aus einer Tiefe von circa 60 Faden ein abgestorbe- nes Stück einer Discodermia herauf. Als ich nach Misaki? kam, fand ich, dass in der Nähe dieser Stadt Lithistiden in größerer Häufigkeit auf- treten mussten, resp. leichter gefischt wurden, als irgend wo anders; doch stand meine Abreise nach Deutschland damals zu nahe bevor, als dass ich dort noch bezügliche Forschungen hätte anstellen können. Ich bemühte mich auch besonders, von Fischern frische Exemplare zu erhalten, doch lange Zeit vergebens; was ich bekam, war bereits ge- trocknet. In Enoshima gab es überhaupt nur sehr wenige Fischer, die selbst gelegentlich Lithistiden erbeuteten ; die meisten Exemplare, die ich daselbst erhalten hatte, stammten, wie ich später erfuhr, ursprüng- lich auch aus Misaki. Nur ein einziges Mal wurde mir ein anscheinend ganz frisches Exemplar überbracht, das ich sofort in starken Alkohol legte. Doch, wie ich bei späterer Untersuchung einsah, war dasselbe damals doch nicht frisch genug, um zu weitergehenden histiologischen Untersuchungen benutzbar zu sein. Das Lithistidenmaterial, das ich schließlich zusammengebracht hatte, beläuft sich auf über 50 Exemplare, die theilweise in vorzüg- lichem Erhaltungszustande befindlich sind. Unter ihnen lassen sich jedoch nur vier Arten unterscheiden; und zwar gehört eine derselben zu den Rhizomorinen Zitt. ; ich schlage für sie den Namen Seliscothon chonelleides vor, da sie eine Übergangsform zwischen den Zırrer’schen Gattungen Seliscothon und Chonella bildet, die beide bisher nur aus der Kreidezeit bekannt waren. Die drei anderen Formen gehören sämmtlich der Tetracladinengattung Discodermia Bocage an, sind aber ihrer äußeren 1 Siehe L. DönerLeın, Faunistische Studien in Japan, Enoshima und die Sagami- bai. in: Archiv für Naturgeschichte. 49. Jahrg. p. 102. | 2 Eine ihres Fischfangs wegen wichtige Stadt, die auf der Südspitze der die ‚Sagamibai von der Tokiobai trennenden Halbinsel Miura liegt. 64 Ludwig Döderlein, Erscheinung nach drei sehr konstante wohl unterscheidbare Species, welche ich, da sie unter die bereits beschriebenen Arten nicht einzu- reihen. sind, als D. japonica, calyx und vermicularis unterscheide. D. vermicularis ist die seltenste Form, ich besitze davon nur drei Exem- plare, darunter allerdings ein Prachtstück. Die beiden andern Formen bilden die Hauptmasse des vorhandenen Materials, sie sind in zahlreichen Varietäten und Altersstufen vertreten. Dies große Material an zwei sehr ausgeprägten Arten setzt mich in den Stand, die Variabilität einer Art an vielen Individuen zu untersuchen. Die gewonnenen Resultate be- stätigen die durch Oscar Schuipr vertretenen Ansichten über die Lithi- stiden in den meisten Fällen, besonders auch seine Zweifel über die Zuverlässigkeit der aui die Gestalt der Kieselelemente gegründeten Charaktere. Einige Bemerkungen über einen sehr häufig an den vor- liegenden Discodermia-Arten auftretenden Ektoparasiten aus der Klasse der Girrhipedier mögen ebenfalls unten ihren Platz finden. Von den bisher bekannt gewordenen recenten Lithistiden wurden, wie bereits erwähnt, bei Weitem die meisten Exemplare bei Ge- legenheit der Tiefsee-Expeditionen gewonnen; die durch die amerika- nischen Forscher erbeuteten Formen befinden sich im Museum of com- parative Zoology zu Cambridge, Mass., die Ausbeute der englischen Forscher im British Museum; außer diesen sind nur wenige Exemplare bekannt geworden, die von den verschiedensten Gegenden stammen, von Portugal, Madeira, den Sechellen, den Philippinen, Formosa etc. Die umfangreichste Sammlung dürfte wohl die der Challenger-Expedition sein, über die leider noch nichts publicirt ist. Die im Cambridge-Museum aufbewahrte, bisher reichhaltigste Sammlung von Lithistiden ist durch Oscar ScHmiDT bearbeitet, die in England befindlichen besonders durch BOWERBANK und Carter. Ein System der Lithistiden wurde erst durch ZıtteL aufgestellt auf Grund seiner eingehenden Untersuchungen an fossilen Formen. Die wichtigste Litteratur, die bei vorliegender Arbeit in Frage kam, war: BowErBANk, A monograph of the siliceo-fibrous sponges. in: Proceed. of zool. soc. of London. 4869. O. Scamipt, Grundzüge einer Spongienfauna des atlantischen Gebietes. 4870. CARTER, On the Hexactin. and Lithistidae. in: Annals and Mag. of nat. hist. 1873, a KIT: —— On Deep-Sea-sponges from the Atl. Ocean. in: Ann. and Mag. of nat. hist. 1876. XVII. ZırteL, Studien über fossile Spongien. Lithistidae. 4877. O. Scakmipr, Die Spongien des Meerbusens von Mexiko. I. 4879 und II. Nachträge 1880. S I Bl Studien an japanischen Lithistiden. 65 CARTER, On specimens dredged op from the Gulf of Manaar..... in: Ann. and Mag. of. nat. hist. 1880. VI. Die Tiefe, in der die von mir mitgebrachten Lithistiden vorkommen, scheint mir nach Allem, was ich davon habe in Erfahrung bringen können, nicht sehr bedeutend zu sein. Ich schätze sie bei Enoshima auf nur 30 bis 60 Faden für Discodermia japonica und D. calyx, für Disco- dermia vermieularis auf 100 Faden und mehr, und zwar halte ich mich bei letzterem an das Vorkommen verschiedener Arten von Bryozoen, die auf einem der vorliegenden Exemplare aufgewachsen sind und die ich sonst nur in jener größeren Tiefe erbeutete, meist in Gesellschaft von Glasschwämmen aus den Gattungen Farrea und Aphrocallistes. Auf den beiden anderen Arten finden sich Thiere, die in viel geringerer Tiefe vorkommen, und ich habe trotz der großen Anzahl, die ich vor mir hatte, bei keinem das Zusammenvorkommen mit Hexactinelliden oder solchen Bryozoen und ähnlichen Formen konstatiren können, wie sie nur in größeren Tiefen bei Enoshima sich finden, dort aber massenweise. Es wäre merkwürdig, im Falle diese Lithistiden etwa dieselbe Tiefe be- wohnten, dass sie sämmtlich absolut frei von solchen dort häufigen For- men wären, während sie doch sonst überaus leicht fremden Organismen das Ansiedeln auf ihrer Oberfläche gestatten. Dass es die Art des Bodens nicht ist, die das Zusammenleben mit den erwähnten Thieren unmög- lich machte, zeigt sich darin, dass die Gesteinsarten, auf denen die Lithistiden aufgewachsen sind, dieselben sind, auf denen ich die be- treffenden Bryozoen und Hexactinelliden wachsend fand, nämlich vul- kanischer Tuff. Auch die Tiefe von circa 60 Faden, in der ich ein abgestorbenes Exemplar von D. japonica fischte, spricht für meine An- sicht, da dasselbe wahrscheinlich aus geringeren Tiefen in bedeutendere herabgeschwemmt wurde und nicht umgekehrt. Für eine geringe Tiefe, in der diese beiden Arten leben, spricht auch noch der Umstand, dass sie es sind, die den Fischern am häufigsten in die Hand fallen, während die beiden anderen Arten, wie es scheint, überaus selten gefangen werden. Die vorliegende Untersuchung begann ich bereits in Japan, musste sie aber bald wieder liegen lassen, da mir selbst die allernöthigste Litteratur dort fehlte. Ich konnte sie erst vergangenen Herbst (1882) wieder aufnehmen, nach meiner Rückkehr nach Deutschland. Um mir Klarheit gu verschaffen über den ganzen Bau der unter- suchten Schwämme, wandte ich verschiedene Untersuchungsmethoden an. Die Gestalt der einzelnen Skeletttheile studirte ich an Stückchen, die mittels verdünnter Salpetersäure oder Kalilauge ausgekocht und Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 5 \ 66 Ludwig Döderlein, dadurch von ihren Weichtheilen befreit waren. Einen wesentlichen Unterschied in der Wirkung beider Reagentien fand ich nicht; verdünnte Kalilauge griff auch die kleinen Fleischnadeln gar nicht an, wie doch anderwärts behauptet wird. Mit Eau de Javelle, das neuerdings empfohlen wurde zur Entfernung der Weichtheile, operirte ich auch; es eignet sich ganz gut, doch fand ich keinen besonderen Vortheil vor dem Auskochen. Dünnschliffe ausgekochter oder nicht ausgekochter Theile belehrten mich über die Zusammensetzung der einzelnen Kieselgebilde zu dem festen Skelett und das gegenseitige Verhältnis der Kieselgebilde zu einander. Einigen Aufschluss über die Weichtheile gaben mir Dünnschnitte durch ein Spiritusexemplar. Mit dem Rasirmesser gelingt es ganz gut, ver- hältnismäßig sehr feine Schnitte selbst durch die Partieen des Schwam- mes zu gewinnen, die fast ganz aus einer dichten Kieselmasse zusammen- gesetzt scheinen. Die Kieselelemente werden freilich dabei nicht ge- schnitten, sondern gebrochen durch das Messer, wohl auch etwas ver- schoben, doch ist die Sarkode! zäh genug, um ihren Zusammenhang zu wahren, so dass immerhin recht gute Bilder zu Stande kommen. Die Versuche, durch Färben mit den verschiedensten Färbemitteln histio- logische Details der Sarkode zu entdecken, schlugen vollständig fehl. Die mikroskopische Untersuchung geschah mit SEIBERT- und KrArfT- schen Objektiven Nr. I, III, V, selten ließ sich Nr. VII Immersion verwen- den. DieZeichnungen sind sämmtlich mit der Camera lucida gemacht, die Größenverhältnisse wurden dann an den Zeichnungen direkt gemessen. Seliscothon chonelleides n. sp. (Taf. V, Fig. 8; Taf. VII, Fig. 44—49.) Das einzige mir vorliegende Exemplar stellte einen ohrförmigen etwas gebogenen Schwammkörper dar, dessen freier Rand einen nahezu regelmäßigen Halbkreis bildet und gleichmäßig gerundet erscheint. Das Exemplar zeigt eine Länge von 6 cm, eine Höhe von 51/, cm und eine durchschnittliche Dicke von etwa 7 mm. Der ganze Schwammkörper ist von äußerst fester und spröder Beschaffenheit und fühlt sich an wie gebrannter Thon. Mit dem ganzen unteren Rande ist er auf mehreren Steinen aufgewachsen, indem seine Basis mit dünnen lappenförmigen Ausbreitungen einen Theil der Oberfläche der Steine bedeckt. Die Farbe des trockenen Exemplars ist schmutzig-weißlich. Die gesammte Oberfläche des Schwammes ist mit einer deutlichen Deckschicht überzogen, die aber fest verwachsen ist mit den darunter liegenden Partieen. Auf der ganzen Oberfläche zerstreut sind kleine, 1 Mit diesem Ausdrucke sollen nur ganz allgemein die Weichtheile ver- standen sein im Gegensatz zu den Kieselgebilden des Schwammes. Studien an japanisehen Lithistiden. 67 \ aber sehr deutlich noch mit bloßem Auge wahrzunehmende Oscula vor- handen. Sie liegen anscheinend ohne jede Ordnung neben einander, und zwar auf der äußeren konvexen Oberfläche etwas dichter zusammen- gedrängt als auf der inneren konkaven, so dass auf einem Flächenraum von 9 qmm auf der äußeren Seite ungefähr 30, auf der inneren unge- fähr 18 Oscula enthalten sind. Die Oscula sind durchgängig von etwa gleicher Größe, meist rund, manchmal mit strahlig gezackter Öffnung. Unier der Deckschicht verlieren sie sich in den den Schwammkörper durchziehenden äußerst feinen Kanälchen. Zwischen diesen größeren Öffnungen, den Oscula, erkennt man erst mit der Lupe auf der Ober- fläche die äußerst zahlreichen kleinen Poren, die dem zwischen den Oscula liegenden Theil der Oberflächenschicht ein siebförmiges Aus- sehen . verleihen. Auf dem flach ausgebreiteten Wurzeltheil des Schwammkörpers fehlen die Oscula, während hier die kleinen Poren in gleicher Menge wie auf der übrigen Oberfläche vorhanden sind. Wo die Oberflächenschicht entfernt ist, sieht man ein sehr fein- maschiges Gewebe, in welchem sich ein mehr oder weniger deutlich ausgesprochener radiärer Bau nicht verkennen lässt, der dadurch ent- steht, dass die äußerst feinen Kanälchen vorzugsweise in radiärer Rich- tung verlaufen und die sie begrenzenden Skeletttheile wie parallele Lamellen erscheinen. Von gröberen Kanälen ist keine Rede. Die Skelettkörperchen sind klein, zierlich und oft sehr unregel- mäßig ausgebildet. Die Grundform scheint stets ein gerades einachsiges Kieselgebilde zu sein, das sich an beiden Enden ein- oder mehrfach gabelt (Fig. 48). Solche einfache Formen finden sich als Nadelembryonen hier und da im Gewebe eingestreut und sind charakteristisch durch die eigenthümliche moleculare Trübung, die sie zeigen. Bei den ausge- wachsenen Skeleitkörpern ist diese Grundform gewöhnlich nur sehr schwer wieder nachzuweisen. Dieselben sind entweder gerade ge- blieben (Fig. 44 und 45) oder sie erscheinen halbkreisförmig gebogen (Fig. 46). Die ersteren haben eine handelförmige Gestalt; der mittlere Theil eines solchen ist mehr oder weniger verkürzt, dick und gewöhn- lich glatt oder nur mit unbedeutenden Fortsätzen bedeckt. Die beiden Enden sind außerordentlich stark entwickelt, lassen die ursprüngliche gabelige Form kaum mehr erkennen und sind oft in der bizarrsten Weise mit Knoten, Dornen und längeren schlanken oft geweihförmigen Fort- sätzen versehen ; solche Fortsätze sind manchmal äußerst zierlich ver- zweigt (Fig. 47). Die halbkreisförmigen Körperchen sind auf der inne- ren konkaven Seite gewöhnlich ganz glatt, die äußere Seite und die beiden Enden sind aber mit den Knoten und Fortsätzen versehen, die die geraden Körperchen nur an den Enden zeigen. 5* 68 ‚ Ludwig Döderlein, Diese Körperchen legen sich so innig an einander an und sind so dicht mit einander verflochten, dass es fast unmöglich ist, sie zu isoli- ren, oder selbst nur in den wirren Knoten, die sie mit einander bilden, sich zurecht zu finden. Die oft fast kreisrunden Maschenräume, die das Gewebe enthält, werden gewöhnlich begrenzt von dem glatten Theile der Körperchen, während die Knoten und Dornen eines Körperchens mit denen der benachbarten verflochten sind. Die Skelettkörperchen bilden ein Geflecht, in dem eine radiäre Anordnung mehr oder weniger deut- lich ausgesprochen ist, wenn dieselbe auch durch Krümmungen und zahlreiche Überbrückungen der sehr feinen Kanälchen oft verwischt ist. In dieKanäle und Maschenräume ragen frei hervor die langen dünnen oft äußerst zierlich verzweigten Fortsätze (Fig. 49). Die die Deckschicht bildenden Skeletikörper sind von demselben Habitus wie die übrigen, und nach außen mit Dornen und Warzen bedeckt; sie sind aufs engste verbunden mit den darunter liegenden Körperchen. Ein Achsenkanal in den Körperchen war mir trotz aller Sorgfalt nicht möglich zu er- kennen. Die feinen Kanälchen des Gewebes werden sehr häufig gekreuzt von einem oder mehreren zusammen verlaufenden Skelettkörperchen, die die beiden gegenüber liegenden Wände mit einander verbinden; der Theil eines solchen Körperchens, der die Brücke bildet, ist gewöhn- lich glatt. Es lassen sich die geraden und gebogenen Körperchen sehr wohl aus einander erklären. Nur an den Stellen, wo sich die verschiedenen Körperchen mit einander berühren, sind sie bedeckt mit Fortsätzen ; wo sie aber frei liegen, bleiben sie gern glatt. Ein Körperchen, das nur an seinen beiden Enden mit anderen in Berührung gekommen ist, wird die gerade Form behalten; sobald aber zwei oder mehr Körperchen der Länge nach neben einander zu liegen kommen, bilden sich an den Be- rührungsstellen Fortsätze, also auch wenigstens auf einer Seite des mittleren Theiles, während nur der freiliegende Theil glatt bleibt; es zeigt dann eine halbkreisförmige Gestalt. Jedes gerade Körperchen wird halbkreisförmig erscheinen, wenn man sich die eine Seite des glatt ge- bliebenen Mittelstückes mit Fortsätzen bedeckt denkt. Ganz unförmliche Gestalten müssen entstehen, wenn ein Körperchen auf allen Seiten von den Nachbarn berührt wird und allenthalben Fortsätze treibt. Das Vor- handensein von solchen aber ist schwer zu konstatiren, da, wie schon oben erwähnt, es fast unmöglich ist, das Geflecht aufzulösen. Die Skeleitkörperchen des Wurzeltheiles sind etwas plumper als die übrigen, geben daher auch engere Maschenräume. Außer diesen Skelettkörperchen kommen bei der vorliegenden Art noch feine und sehr lange Stabnadeln vor, die gerade oder leicht gebogen Studien an japanischen Lithistiden. 69 sind: sie sind meist doppelt zugespitzt/ doch kommen auch solche vor, deren eines Ende abgerundet ist. Sie beginnen sämmtlich an der Ober- fläche und gehen senkrecht von da ins Innere des Gewebes; das innere Ende ist stets spitz. Sie liegen gewöhnlich bündelweise neben einander. Weitere Kieselelemente sind mit Sicherheit nicht anzugeben und waren wenigstens im Innern überhaupt nicht vorhanden, wie ich glaube. Der Schwamm ist sehr gut erhalten und seine Deckschicht nur an dem Rande theilweise abgerieben; seine Oberfläche ist außerdem ganz frei von Serpulen und Bryozoen, die sich sonst so rasch und gern auf ab- gestorbenen Exemplaren von Lithistiden ansetzen, dass ich fast sicher annehmen möchte, der Schwamm war noch lebend, als er aus der Tiefe gezogen wurde und ist nachher einfach getrocknet worden. Das äußerst feinmaschige Gewebe müsste auch das Herauswaschen kleinerer Nadeln sehr gehindert haben, obendrein zeigt der Schwamm Protoplasmareste, so dass ich fest überzeugt bin, wenn der Schwamm kleinere Fleisch- nadeln im Inneren besessen hätte, so müssten sich noch welche vor- finden. Aber selbst in Proben von der Wurzelpartie, wo die Deckschicht nur die ganz feinen Poren besitzt, fand sich auch keine Spur von wei- teren Nadelformen. Dagegen könnte die Oberfläche einen Überzug von feinen Fleischnadeln gehabt haben, die, wie die Beobachtung an anderen Lithistiden lehrt, äußerst leicht verloren gehen. Von bisher bekannten Formen ist es die Gattung Seliscothon Zitt. und Chonella Zitt., beide nur aus der Kreidezeit bekannt, zu denen der Schwamm die meisten Beziehungen zeigt, so wie vielleicht die recente Gattung Poritella Schmidt. Nach Poritella und Chonella weisen die dicht gedrängt stehenden kleinen Oscula, die die äußere und innere Oberfläche des Schwammkörpers bedecken. Poritella aber unterscheidet sich abgesehen von der ausgeprägten schüsselförmigen Gestalt durch das lockere leicht zerreibliche Gewebe, das allerdings nur dadurch be- dingt ist, dass die Skelettkörper wenig mit einander verflochten sind. Chonella ist kurz gestielt oder mit verdickter Wurzel, während die vor- liegende Form einfach mit dem unteren Rande aufgewachsen ist. Bei Chonella kommen auch deutliche Kanälchen vor, bei unserer Form sind dieselben überaus fein und von den übrigen Maschenräumen kaum zu unterscheiden ; es mangeln auch die kleinen Kieselnadeln und dreizinki- gen Anker von Chonella. Die übrigen Skelettelemente sind ähnlich; die Abbildung der Oberflächenschicht von Chonella in Zırrer’s fossilen Lithistiden, Taf. III, Fig. 6, könnte eben so gut von unserer Form ge- nommen sein. Seliscothon ist becherförmig gestielt und besitzt nur an der Innenseite Oscula. Was aber diese fossile Gattung sehr der vorliegen- den nähert, sind die Skeletttheile, die fast vollständig übereinstimmen, 70 Ludwig Döderlein, z. B. Taf. IV, Fig. 2 5b, und ganz besonders die radiale Anordnung der- selben, die allerdings bei unserer Form nicht sehr deutlich ausge- sprochen, immerhin aber unverkennbar ist; die Querbalken existiren in ganz ähnlicher Weise, wie sie dort abgebildet sind, Taf. IV, Fig. 2 a. Auch bei Seliscothon giebt esja Arten, die die charakteristische blätte- rige Beschaffenheit der Wand nur undeutlich zeigen und einen fast unmerklichen Übergang zur Gattung Chonella bilden. Zwischen beiden Gattungen würde demnach auch unsere Form ihren Platz finden. Von der Aufstellung einer neuen Gattung darf ich wohl füglich Umgang nehmen; die Namen, die ich dem Ding gegeben habe, sollen nur dazu dienen, die Beziehungen zu seinen wahrscheinlichen nächsten Ver- wandten ins rechte Licht zu stellen. Ehe ich die Rhizomorinen verlasse, kann ich die Bemerkung nicht unterdrücken, dass CArrter’s Gattung Arabescula trotz der gegentheili- gen Ansicht von O. Scnmipr (Lithistiden von Mexiko, p. 26) doch noch nicht aufgehört hat existenzberechtigt zu sein. Dass Carter’s Beschrei- bung und Abbildung in keiner Weise den Anforderungen genügt, die zur Aufstellung einer neuen Gattung irgend wie berechtigen, ist klar, da nichts Fassbares daraus zu entnehmen ist, wodurch das Novum genus charakterisirt wäre. Zırreu’s Beschreibung derselben Form auf p. 120 und Abbildung auf Taf. I, Fig. 41 a und b nach einem Präparat von CARTER dürften aber vielleicht genügen, die Gattung aufrecht zu erhal- ten, wenn sie auch immer noch etwas mangelhaft charakterisirt ist. Gattung Discodermia Boc. Mit Ausnahme der eben beschriebenen Rhizomorine gehören die sämmtlichen übrigen mir vorliegenden japanischen Lithistiden der Tetra- cladinengattung Discodermia an, die jetzt charakterisirt ist folgender- maßen: Schwammkörper sehr verschiedenartig: kolben-, keulen-, knollen-, halbkugel- und polsterförmig, wurm-, strauch-, becher- oder röhrenförmig; Skelettkörper deutlich vierstrahlich mit mehr oder weniger ‚stark verästelten Enden; Öberflächenkörper kurz gestielt, die Kiesel- scheiben derselben ganzrandig bis vielzackig, rund oder mit einfachen oder stark gegabelten Lappen. Die Exemplare, die mir vorliegen, befinden sich in sehr verschie- denem Erhaltungszustand. Ein einziges Stück habe ich in Alkohol legen können, da es ziemlich frisch war, alsich es erhielt; doch hat es meinen darauf gestellten Erwartungen zum geringsten Theile entsprochen; Zellen und Zellkerne ließen sich nicht mehr daran konstatiren. Die übrigen Exemplare habe ich sämmtlich bereits getrocknet von Fischern Studien an japanischen Lithistiden. TE. oder Händlern erhalten. Über die Hälfte waren offenbar noch lebend, als sie aus der Tiefe gezogen wurden, und sind dann rasch getrocknet, ohne einer Maceration zu unierliegen ; sie boten sehr brauchbare Unter- suchungsobjekte. Eine Reihe anderer ist macerirt, hat die Oberflächen- schicht und die meisten Fleischnadeln verloren, und eine kleinere An- zahl lag offenbar längere Zeit todt auf dem Meeresboden; das nackte Skelett derselben ist auf der Oberfläche zum Theil dicht überzogen von reichen Kolonien verschiedener Arten von Serpulen und Bryozoen, denen sich Formen von Balanus und Spondylus anschließen. Aber auch während des Lebens sind diese Schwämme nicht frei von lästigen Gästen, welche außerhalb und selbst innerhalb ihres Ge- webes sich ansiedeln. So sind verschiedene Exemplare, deren ganzes Aussehen keinen Zweifel gestattet, dass sie noch lebend waren, als sie gefangen wurden, vollständig überwuchert mit strauchförmigen Bryo- zoen, Pennarien, Algen ete., während aber auch krustenförmige Bryo- zoen (Taf. V, Fig. 7 b) und verschiedene Arten anderer Kieselschwämme auf lebenden Lithistiden nicht fehlten. Wo solche krustenförmige Über- züge die Lithistiden dicht bedeckten, da musste wohl das zur Basis dienende Gewebe allmählich absterben. Bei Weitem die häufigsten und auffallendsten von den auf den frag- lichen Lithistiden vorkommenden Gästen sind zur Familie der Balaniden gehörige Cirrhipedien, der Gattung Acasta angehörig (Taf. V, Fig.A u.3). Es siedeln sich diese Thiere wahrscheinlich in frühester Jugend auf einem Schwamme an und veranlassen denselben, um den Gast herum ein besonderes Gewebe aus Kieselnadeln zu bilden. Die Acasta ist schließ- lich vollständig umwachsen von diesem Gewebe und verkehrt mit der Außenwelt nur durch eine kleine Öffnung an der Spitze des Auswuchses, durch welche die Cirrhen herausgestreckt werden können. Der ganze Auswuchs bildet schließlich einen gallenförmigen Knollen, der sich auf der Oberfläche des Schwammkörpers erhebt, von Kirschkern- bis Hasel- nussgröße (Taf. V, Fig. 1 d). Diese Cirrhipedien setzen sich nun manch- mal in ganz außerordentlich großer Anzahl auf einem Schwamme fest, ihre Knollen stoßen an einander und verwachsen mit einander; wo sie sich häufen, entstehen oft die abenteuerlichsten Missbildungen (Taf. V, Fig. I c), die das Äußere des Schwammes verunstalten und die ur- sprüngliche Form desselben kaum mehr erkennen lassen. Stirbt die Acasta, so verwächst die Öffnung an der Spitze des Knollens. Der Schwammkörper kann einen solchen Knollen wieder vollständig über- wachsen und man findet nicht gar selten beim Durchsägen eines Schwammes eine ganz geschlossene Höhle ziemlich tief unter der Ober- fläche, die mit den Schalenresten der Cirrhipedie noch ausgestattet ist. 72 Ludwig Döderlein, Es ist mir sehr wohl denkbar, dass der Schwamm bei allzugroßem Überhandnehmen der Acasta schließlich getödtet werden kann, da durch die entstehenden Knollen der Eintritt des Wassers in den Schwamm sehr bedeutend gehemmt wird. Doch haben verschiedene meiner Schwämme, die über und über bedeckt sind mit diesen Parasiten, trotz- dem kein krankhaftes Aussehen. Diese Acasta ist so allgemein verbreitet, dass ich kaum Exemplare unter meinen Discodermien besitze, die nicht von ihr befallen wären; verschont von ihr sind nur einige ganz junge Individuen, so wie die Exemplare von Discodermia vermicularis, während ihre Anzahl auf einigen der größeren Stücke von D. japonica und calyx über Hundert erreichen mag. Acasta, eine der Gattung Balanus sehr nahe verwandie und durch Übergänge mit ihr verbundene Form, ist bereits in einer.-Reihe von Arten bekannt, die sich sämmtlich durch ähnliche parasitische Lebensweise auszeichnen. Und zwar sind es mit verschwindenden Ausnahmen Spongien, die als ihre Wirthe angeführt sind. Ihr Vorkommen auch auf Lithistiden mit jener eigenthümlichen Knollenbildung habe ich aber nirgends noch erwähnt gefunden. Man kann die durch sie hervorge- rufenen Missbildungen aber als geradezu charakteristisch für die von ihnen befallenen Arten bezeichnen. Ich kann hier von einer eingehen- deren Beschreibung der betreffenden Thiere absehen; die vorkommende Art, resp. zwei Arten, eine mit glatiem, die andere mit bedorntem äußeren Schalenkranze, dürften neu sein; ich kann sie wenigstens nicht identificiren mit mir vorliegenden Beschreibungen schen bekannter Arten. Ihre Basis ist von einer flach glockenförmigen mit Wachsthums- ringen versehenen Kalkschale umgeben, der äußere Schalenkranz ist aus dünnen, durch häutige Zwischenräume getrennten, Kalkplatien be- stehend. Das umgebende Schwammgewebe schließt sich dem unregel- mäßig kugelförmigen Körper der Acasta dicht an (Taf. V, Fig. 3), ist aber durchaus nicht mit ihm verwachsen. Mit einiger Vorsicht gelingt es die Oberfläche der Kalkschale von dem umgebenden Kieselgewebe des :Schwammes zu befreien, besonders leicht lässt sich die Basis der Acasta herauslösen ; doch ist es ungemein schwierig, das ganze Thier unverletzt herauszusprengen, da die Kalkschale so überaus dünn und gebrech- lich ist. Über die Art der ursprünglichen Anheftung des Parasiten vermag ich nichts Näheres mitzutheilen. Es ist meines Wissens auch noch nichts Thatsächliches darüber bekannt. Eine merkwürdige Erscheinung ist es aber jedenfalls, dass nur die Acasta im Stande ist, den Schwamm zur Bildung solcher umfangreicher monströser Auswüchse zu veranlassen Studien an japanischen Lithistiden. 73 außerhalb seiner normalen Wachsthumsrichtung hinaus, durch welche das zerhbrechliche Gehäuse des Parasiten einen soliden widerstands- fähigen Überzug erhält. Es ist das einer jener eigenthümlichen Fälle von Parasitismus, in denen der Parasit durchaus nicht von den Säften oder dem Gewebe seines Wirthes zehrt, sondern denselben nur zwingt, auf seine Kosten, aber zum ausschließlichen Vortheile seines Gastes eine Leistung zu übernehmen, die von den nächsten selbständig lebenden Verwandten des Parasiten selbst ausgeführt wird : in unserem Falle die Bildung einer dicken widerstandsfähigen äußeren Schale zum Schutze der Weichtheile, wie sie von den meisten Arten der Gattung Balanus selbst gebildet wird, indem die Kalkplatten des Schalenkranzes sehr dick werden. Es liegt hier aber ein Fall von wirklichem Parasitismus vor, da nicht ersichtlich ist, wie die uneigennützige Leistung der Lithistiden durch irgend eine Gegenleistung seitens der Acasta wieder wett ge- macht wird. Andere auf der Oberfläche des lebenden Schwammkörpers sich fesisetzende Thiere verursachen keine Spur einer besonderen Um- wallung, sondern allenfalls nur eine Umwachsung, sofern ihre Wachs- thumsrichtung die des Schwammes kreuzt; so liegt mir eine Discodermia calyx vor, bei der die Wand des Bechers von einem Vermetus quer durchbohrt erscheint, ohne dass der Schwamm nur die geringste durch die Schnecke verursachte weitere Missbildung erkennen ließe; so wie sich auch echte Balanusarten finden, die dem Schwammkörper aul- sitzen, ohne denselben zu einer Umwallung ihres Körpers veranlasst zu haben. Unter den mir vorliegenden Discodermien von Japan lassen sich dem äußeren Habitus nach drei sehr ausgeprägte Formen unterscheiden, in welche ohne jede Schwierigkeit sämmtliche über 50 vorhandene Exemplare eingereiht werden können; ich darf sie wohl als drei ver- schiedene Arten bezeichnen: 4) Discodermia jJaponican. sp. (Taf. V, Fig. 4 und 2.) Schwammkörper kolben- oder keulenförmig, bei älteren Stücken ein- oder mehrfach gegabelt. Oscula am Ende der einzelnen Sprosse. Dazu gehört die größere Hälfte der vorhandenen Exemplare. 2) Discodermia calyx n. sp. (Taf. V, Fig. 4 und 5.) Schwammkörper becher-, kelch- oder röhrenförmig, Oscula auf der 74 Ludwig Döderlein, Innenseite des Kelches liegend, hauptsächlich am Grunde desselben. Circa 15 Exemplare liegen vor. 3) Discodermia vermicularisn. sp. (Taf. V, Fig. 6 und 7.) Schwammkörper wurmförmig, aus langen, schlanken, gebogenen Zweigen bestehend, die sich öfters gabeln und mit einander vielfach Anastomosen bilden können; bei Anhäufung vieler Zweige entsteht ein strauchförmiges Gebilde. Oscula an den Seiten der Zweige, etwas er- haben. Nur drei Exemplare wurden erhalten. Es lassen sich diese drei Arten in ihrer charakteristischen Gestalt schon in den allerjüngsten mir vorliegenden Exemplaren erkennen. Da die Kieselbildungen der drei Arten eine kollektive Behandlung gestatten, beschränke ich mich vorläufig nur auf eine genauere Darstel- lung der mit bloßem Auge sichtbaren Eigenthümlichkeiten. Discodermia japonican. sp. Der kolbenförmige Schwammkörper sitzt mit etwas verdicktem und verbreitertem Fuße Steinen auf, die er mit lappenförmigen Fortsätzen aufs festeste umklammert, während auch etwa vorhandene Spalten und Lücken des Substrates mit Schwammmasse ausgefüllt werden. Ober- halb des Fußes ist der Schwamm etwas verengt, während das Ende des Kolbens wieder ziemlich stark verdickt ist. Ein solcher einfacher Schwammkörper hat daher die Form einer mehr oder weniger ausge- prägten Keule. Der Querschnitt ist bei ungestörter Entwicklung ge- wöhnlich rund, wird aber besonders gegen das Ende hin häufig etwas oval. Das obere Ende erscheint ziemlich plötzlich abgestutzt, so dass der Rand kantig wird; die Oberfläche des Scheitels ist mehr oder min- der eben (Taf. V, Fig. 4 a), selbst leicht konkav. Auf dieser Scheitel- fläche liegen etwa in der Mitte ein oder mehrere ziemlich große Oscula. Die Größenverhältnisse des Schwammes schwanken etwas, doch nicht sehr bedeutend. Schlanke Formen können höher werden, ehe sie sich gabeln, als dickere. Der Durchmesser des verengten Stieles schwankt zwischen 12 und 20 mm bei einfachen Formen, der Durchmesser des verdickten Endes zwischen 20 und 30 mm bei einer Höhe von 40 bis 70 mm. Beim Weiterwachsen eines solchen Schwammes wird der bisher annähernd runde Querschnitt des oberen Endes mehr und mehr oval. Durch Emporwachsen von Zwischenwänden wird das ursprünglich einfache Osculum getheilt in zwei oder mehrere Öffnungen, die sich in « Studien an japanischen Lithistiden. | 75: zwei Partieen sondern. Der Zwischenraum zwischen beiden Partieen wird immer bedeutender, bleibt aber allmählich im Längswachsthum gegen die die Oscula umgebenden Partieen des Scheitels zurück ; die Anfangs seichte Furche zwischen beiden Theilen wird tiefer und der ursprüng- lich einfache Schwammkörper endet nun in zwei Köpfen, die entstan- den sind durch dichotomische Theilung des Scheitels (Taf. V, Fig. 2). Ist die einfache Gabelung auch der gewöhnliche Fall, so entsteht doch häufig genug eine Theilung in drei, selbst vier Köpfe, wobei der Querschnitt des oberen Endes ein nahezu gleichseitiges Dreieck oder ein Quadrat mit abgerundeten Winkeln darstellt. Jeder der entstandenen Sprosse verhält sich nun wie der ursprünglich einfache Schwamm und kann sich wieder in der gleichen Weise theilen. Eine solche weitere Theilung geschieht oft unmittelbar nach der ersten Theilung, und es ist manchmal nicht ganz leicht zu entscheiden, ob die entstandenen Sprosse als das Resultat einer einzigen oder zweier kurz auf einander folgenden Theilungen zu betrachten sind. Es lässt sich daher die Theilung in drei oder vier Theile jedenfalls auch als eine Aufeinanderfolge von dicho- tomischen Theilungen auffassen, bei der die sekundäre Theilung fast gleichzeitig mit der primären eintrat (Taf. V, Fig. 2). Die Theilungs- ebenen zweier auf einander folgender Dichotomien schneiden sich unter den allerverschiedensten Winkeln. Für ihre Richtung scheint aus- schließlich der verfügbare Raum maßgebend zu sein. Die Wachsthumsrichtung jedes einfachen Schwammkörpers resp. jedes Sprosses ist unter normalen Umständen eine gerade Linie; selten sieht man Krümmungen und diese fast ausschließlich am gemeinschaft- lichen Stiel, veranlasst durch die Nothwendigkeit, den auf beliebig ge- neigter Unterlage aufgewachsenen Schwamm mit den äußeren Strö- mungsverhältnissen und der Gravitation in Einklang zu bringen. Bei stark verzweigten Schwammstöcken ist der gemeinschaftliche Stiel durch- sängig etwas, wenn auch nicht sehr bedeutend, dicker als bei weniger verzweigten, also jüngeren : im Durchschnitt etwa 25 mm, selten mehr. Er hat jedenfalls ein nachträgliches Dickenwachsthum erfahren. Die Länge der einzelnen Sprossen eines solchen Schwammstockes schwankt zwischen 25 und 40 mm. Das größte mir vorliegende Exemplar von Discodermia japonica hat bei einer Höhe von 17 cm einen Gesammt- durchmesser von 20 cm. Die einfache regelmäßige Gestalt, die dieser Schwamm bei norma- ler Entwicklung annimmt, wird durch das oft massenweise Auftreten der Acasta aufs allereingreifendste gestört. Diese Art wird von dem in Rede stehenden Parasiten in ganz besonderer Weise bevorzugt. Abgesehen von den Buckein und Knollen, die durch einzelne Thiere auf der sonst 76 Ludwig Döderlein, ziemlich regelmäßigen Oberfläche des Schwammes hervorgerufen werden (Taf. V, Fig. 1 b), entstehen durch massenweise Anhäufung des Parasiten an bestimmten Stellen umfangreiche Auswüchse, die an Größe den nor- malen Sprossen des Stockes gleich kommen oder sie gar noch über- ireffen (Taf. V, Fig. I c). Solche Missbildungen haben manchmal das Aussehen von seitlich hervorgewachsenen Sprossen, wie solche in Wirk- lichkeit gar nicht auftreten bei dieser Art. Ihnen fehlen aber regel- mäßig die Oscula des Schwammes, die ich bei echten Sprossen trotz der größten Bildungsstörungen durch die Acasta noch immer auffinden konnte am Scheitel. Die Farbe des frischen Schwammes ist ledergelb, etwas ins Röth- liche sich ziehend; in getrocknetem Zustande ändert sich diese Farbe wenig. Die Oberflächenschicht des frischen Schwammes fühlt sich wie Leder an. Sie lässt sich nicht unschwer abziehen, aber kaum verschie- ben. Die meist fast kreisrunden Oscula begrenzt sie mit frei vorstehen- dem Rande. Sämmtliche frei dem äußeren Medium ausgesetzten Theile des Schwammes überzieht sie ohne Unterbrechung, auch die Acasta- Knollen, an denen sie nur die kleine Mündung frei lässt. Das das innere Skelett bildende Gewebe ist mehr oder minder dicht; gewöhnlich lässt es sich nur schwer zwischen den Fingern zer- drücken, leichter zerreiblich ist es an der wachsenden Spitze, ziemlich dicht ist das Wurzelgewebe; sehr dicht, oft fast marmorgleich, ist das Gewebe, welches die Acastaknollen zusammensetzt. Die Deckschicht zeigt kleinste, mit bloßem Auge kaum noch sicht- bare Poren, die dicht gedrängt stehend gleichmäßig die ganze Ober- fläche des Schwammes bedecken; nimmt man die Deckschicht weg, so erscheint die Oberfläche des inneren Skelettes bedeckt mit runden Öff- nungen von sehr verschiedener Weite, deren einige sich noch in Furchen verlängern, die auf der Oberfläche sichtbar sind; die größeren Öffnungen setzen sich fort in Kanäle, die in mehr oder weniger gerader Richtung ungefähr radial bis tief ins Innere des Schwammkörpers eindringen. In der Achse des Schwammes zeigen sich gewöhnlich mehrere mäßig weite Längskanäle, die etwas oberhalb der Basis beginnend unter einander annähernd parallel verlaufen und in die weiten Oscula am Scheitel ausınünden, nachdem sie sich oft noch in kurzer Entfernung von der Mündung zu einer Kloake vereinigt haben. Auch das dichte Gewebe der Acastaknollen zeigt vereinzelte verhältnismäßig weite Kanäle. Alle Kanäle sind mit Sarkode ausgekleidet und die größeren in kurzen Abständen unterbrochen durch Querwände von Sarkode. Studien an japanischen Lithistiden. 17. Discodermia calyx n. sp. Der kelch-, becher- oder röhrenförmige Schwammkörper sitzt mit einem meist kurzen dicken Stiele auf Steinen auf, an denen er sich in derselben Weise wie die vorige Art festhält, mit verbreitertem Fuße. Das kleinste mir vorliegende Exemplar (Taf. V, Fig. 4) ist 39 mm hoch; der Kelchrand desselben ist etwas oval, sein größter Durchmesser ist 30 mm, der Stiel ist ebenfalls oval auf dem Querschnitte mit einem Durchmesser von 14 mm. Der Kelch ist ziemlich flach mit dicken Wan- dungen, der Rand hat eine ziemlich scharfe Kante. Auf der inneren Seite des Kelches, besonders am Grunde, befindet sich eine Anzahl von Oscula. Die Beziehungen dieses Schwammes zu einem einfachen Schwamm- körper der vorigen keulenförmigen Art sind ziemlich einfache. Der Scheitel erwies sich bei letzterem als nahezu eben, oft etwas konkav; denken wir uns diese Konkavität nur noch stärker ausgeprägt, so er- halten wir die typische Kelchform, wie sie uns in der hier besprochenen Art vorliegt. Der verbreiterte Fuß, der verengte Stiel, das verdickte obere Ende, die Lage der Oscula in der Mitte des Scheitels, sind bei bei- den Arten genau in derselben Weise vorhanden. Anders geht nun aber das weitere Wachsthum vor sich. Der junge Schwammkörper von Discodermia calyx vergrößert sich gleichmäßig in all seinen Proportionen; der Stiel wird umfangreicher, der Kelchrand wächst in seinem ganzen Umfange, wird allmählich weiter und höher, bis er die riesenhaften Schüsseln und Becher erzeugt, die bei dieser Art vorkommen; ein mir vorliegendes Exemplar hat eine Höhe und Weite von je 30 cm, der Stiel hat einen Durchmesser von 5 cm. Diese Art ist selten ganz regelmäßig ausgebildet; der Kelch zeigt sich fast immer in Folge der Anpassung an die äußeren Strömungsver- hältnisse mehr oder weniger nach einer Seite geneigt, wodurch die da- bei entstehende hintere Seite konvex, die vordere konkav wird (Taf. V, Fig. 5). Durch diese Biegung wird auch der Kelch etwas zusammen- gepresst, wodurch der Kelchrand so wie der Querschnitt des Stieles oval wird. Der hintere Kelchrand zeigt dann in der Regel auch ein stär- keres Wachsthum als der vordere, der in einzelnen Fällen sehr in der Entwicklung zurückbleibt und sich manchmal kaum über den eigentlichen Kelchboden erhebt. Bei älteren Exemplaren ist auch der Kelchrand oft ziemlich stark gebogen und gefaltet. Das Verhältnis der Tiefe des Kelches zu seinem Umfange ist ein sehr veränderliches. In den allermeisten Fällen ist der Kelch bei Weitem ‚nicht so tief als weit, oft nur halb so tief oder noch viel flacher; doch 78 Ludwig Döderlein, finde ich auch Exemplare, bei denen die Tiefe des Kelches das Doppelte seiner Weite beträgt und der Kelch zu einer Röhre wird. Auch diese Art ist den Angriffen der Acasta in äußerst bedeuten- dem Maße ausgesetzt und kann Missbildungen aufweisen von demselben Umfange wie die vorige Art. Die Parasiten siedeln sich meistens auf der konvexen Rückenseite des Kelches an, welche wohl diejenige ist, die der Strömung des Wassers entgegengesetzt ist und daher auch die sünstigsten Ernährungsverhältnisse bietet; doch verachten sie auch die Vorderseite und selbst die innere Oberfläche des Kelches nicht. Die Farbe, die Deckschicht, die Konsistenz der inneren Skeletitheile verhält sich genau wie bei der vorigen Art; die weichsten Partieen des Gewebes finden sich am Kelchrande: auch die Oberfläche des inneren Skelettes zeigt nach Abnahme der Deckschicht dasselbe Aussehen wie bei Discodermia japonica. Von der inneren wie äußeren Oberfläche des Kelches dringt eine Anzahl Kanäle tief in das Innere des Gewebes ein, oft sehr stark gebogen. Der Stiel zeigt eine Anzahl mäßig weiter, unter sich paralleler Längskanäle, die in großen Oscula am Grunde des Kelches münden. Discodermia vermicularis n. sp. Diese Form ist unter den Lithistiden eine etwas fremde Erscheinung nach ihrer äußeren Gestalt: lange, wurmförmige, manchmal sich gabelnde Ästchen von wenig über Bleistiftdieke wachsen nach allen Richtungen durch einander, anastomosiren mit einander und bilden so ein wirres Geflecht, das wir mit einigem Bedenken kurzweg als strauchförmig be- zeichnen möchten. Ein mir vorliegendes kleines Exemplar (Taf. V, Fig. 6) zeigt am besten das Aufwachsen auf einem Steine. Es ist ein circa 50 mm langes Stück, das an beiden Enden Anfänge einer Gabe- lung zeigt; in der Mitte des ganzen Stückes zeigt sich eine knotige Ver- dickung und von da aus erstreckt sich eine lappige saugnapfartige Aus- breitung der Schwammmasse auf den Stein, der dadurch festgehalten ist. Von dem Knoten entspringt ein kurzer Fortsatz in horizontaler Rich- "tung wie ein rudimentärer Zweig; an dem einen gegabelten Ende hat sich eine knotenförmige Verdickung nach unten gesenkt und mit einem lappenförmigen Fortsatze auf der Unterseite des Steines befestigt. Auch am freien Ende des Schwammkörpers ist zwischen den beiden kurzen Sprossen, die hier sich trennen, das Gewebe etwas angeschwollen. Oscula finden sich an den beiden Enden des Exemplares je eines und münden an dem betreffenden Knoten. Ein großes Exemplar (Taf. V, Fig. 7) zeigt mir eine bedeutende Anzahl solcher Zweige, die von einem gemeinschaftlichen Substrat Studien an japanischen Lithistiden. | 79 entsprungen sind. Ihre Dicke schwankt zwischen 9 und 41 mm, die Enden sind abgerundet oder abgestutzt. Von Strecke zu Sirecke zeigen sich geringere oder stärkere Verdickungen der Zweige, auch gabeln sich dieselben in sehr verschiedenen Abständen. Sie wachsen wirr durch einander nach jeder Richtung, fast immer in einer krummen Linie sich bewegend. Wo sich zwei Zweige berühren, verwachsen sie zusammen, manchmal ihrer sechs und mehr zu einem dicken Bündel, wachsen dann aber in beliebiger Richtung wieder isolirt weiter. Manche Zweige verkümmern nach kurzem Wachsthum;; solche sind äußerst dünn (circa5 mm) und sehen verkrüppelt aus. An der seit- lichen Oberfläche der Zweige erhebt sich in verschiedenem Abstande, aber ganz regellos die Oberhaut kraterförmig, und an der Spitze dieser Erhebungen befindet sich je ein Osculum. Sämmtliche Oscula sind aber nach einer Seite gerichtet; besieht man das betreffende Schwammexem- plar von einer anderen Seite, so ist kein Osculum sichtbar. Die Seite, auf der die Oscula fehlen, ist wohl die, welche der Strömung des Wassers entgegengesetzt war. Dies Exemplar misst in seiner größten Ausdehnung 23 cm. Auf dieser Art findet sich keine Acasta angesiedelt, wohl aber zahlreiche Bryozoen, Spongien, Pennarien und Serpulen etc. Die Farbe der trockenen Exemplare ist röthlichgelb, theilweise seidenglänzend. Die Deckschicht ist sehr leicht abnehmbar, das innere Gewebe ist eben noch zwischen den Fingern zu zerdrücken und theil- weise sehr weitmaschig. Die Deckschicht trägt zwischen den ziemlich kleinen Oscula zahlreiche kaum erkennbare Poren; die Oberfläche des inneren Skelettes verhält sich ähnlich wie bei den zwei vorhergehen- den Arten; der Schwammkörper ist durchzogen von zahlreichen sehr weiten Längskanälen, die von Sirecke zu Strecke in den Oscula münden. Es ist mir bei der Beschreibung der drei Discodermienarten bis- weilen schwer geworden, die Ausdrücke »Individuum« und »Stock« zu vermeiden, Begriffe, die bei Spongien nicht ganz unbeanstandet ver- wendet werden können. Der einfache noch ungegabelte Schwammkörper von Discodermia japonica könnte vielleicht noch als Individuum angespro- chen werden. Die einfache Magenhöble der echten Spongienindividuen ist hier zwar ersetzt durch eine Anzahl enger Längskanäle, doch ist bei ihm, so lange er nicht Anstalten macht sich zu gabeln, ein einfaches Osculum mit einfacher Kloake vorhanden, so dass ein einheitliches Centrum da ist, um welches die übrigen Organe gruppirt sind. Ein solches Schwamm- individuum wächst auch nicht über eine ziemlich bestimmte Größen- grenze hinaus, ohne sich dabei als polyzoisches Wesen kundzugeben. &0 Ludwig Döderlein, Es gabelt sich dann und jeder der entstandenen Sprosse kann wieder als einfaches Individuum angesehen werden, so dass wir den Ausdruck »Stock« recht wohl gebrauchen dürften. Doch habe ich vorgezogen selbst bei dieser Art nur von einem »einfachen Schwammkörper« zu sprechen, aus welchem dann der zusammengesetzte Schwammkörper hervorgeht, für den ich der Kürze wegen »Schwammstock « benutzte. Etwas Anderes ist es schon bei Discodermia calyx. Ich habe aller- dings dargethan, wie sich ohne Weiteres aus dem einfachen Schwamm- körper von Discodermia japonica der einer jungen D. calyx herleiten lässt. Doch ist hier schon nicht mehr ein einheitliches Osculum vorhan- den, sondern dasselbe ist ersetzt durch eine Anzahl kleinerer allerdings an derselben Stelle, wo bei D. japonica das einfache Osculum sich befindet. Hier ist die Grenze der Individualität schon überschritten; wir müssen aber das Exemplar von D. calyx doch als einen einfachen Schwamm- körper ansehen; auch bei weiterem Wachsthum wird daran nichts ge- ändert. Die Dimensionen werden dabei nur bedeutender, der ganze Schwammkörper behält aber doch seinen Charakter als eine Einheit. Vollständig verschieden ist aber nun der Fall bei Discodermia vermicularis. Es kann ja kein Zweifel sein, dass der Schwammkörper auch dieser Art aus einem Individuum hervorging. Sehr bald aber wächst er über die Grenze des Individuums hinaus. Ein älterer Schwammkörper dieser Art hat mit einem Schwammstock von D. japonica die Gabelung gemein; während aber bei letzterer Art jeder entstehende Spross an seinem Scheitel sein Osculum trägt und sich da- ‚ durch als ein abgeschlossenes Ganze charakterisirt, fehlt diese Eigen- thümlichkeit bei D. vermicularis. Hier treten die Oscula ganz unab- hängig auf von der Gabelung, so dass die entstandenen Sprosse jeden Begriff einer Einheit verloren haben. Auch kann der ganze Schwamm- körper nicht als Einheit bezeichnet werden wie bei D. calyx, da sich ja neue Theile an ihm gebildet haben, die dem alten ähnlich und ganz gleichwerthig sind. D. vermicularis ist kein »einfacher Schwamm- körper«, auch kein aus einfachen Schwammkörpern zusammengesetzter »Schwammstock «, man mag ihn vielleicht ganz allgemein als » verästel- ten Schwammkörper« bezeichnen. Kieselgebilde der Discodermien. (Tafel VI und VII, Fig. 4—43.) Von den Kieselgebilden der Discodermien gehört ein Theil dem vierachsigen, der andere dem einachsigen Typus an: Zu dem ersteren gehören die das innere feste Skelett zusammensetzenden Skelettkörper- chen, von denen die die Deckschicht bildenden Oberflächennadeln nur \ Studien an japanischen Lithistiden. s1 eine besondere Modifikation darstellen. Die dem einachsigen Typus an- gehörigen Nadeln finden sich als »Fleischnadeln« in verschiedener Gestalt, theils mit der Sarkode das ganze Innere des Schwammes durchziehend, theils auf die Oberflächenschicht beschränkt. Die mir vorliegenden drei Arten von Discodermien, so auffallend verschieden sie auch in ihrem äußeren Habitus sich verhalten, zeigen dennoch nicht die mindeste erkennbare Verschiedenheit in ihren Kiesel- gebilden. Sämmtliche Kieselkörper, die sich als regelmäßig vorkommend bei der einen Art auffinden ließen, zeigten sich in derselben Ausbil- dung und Anordnung ganz gleich bei den beiden anderen Arten, und selbst die außerordentlich zahlreichen Variationen, die einzelne Typen der Kieselgebilde aufweisen, finden sich in fast gleicher. Weise bei allen drei Arten. Nach genauester Durchmusterung einer sehr großen Anzahl von Präparaten, die ich mir von zahlreichen Exemplaren der drei Arten nach verschiedenen Methoden und Gesichtspunkten anfertigte, bin ich jetzt doch nicht im Stande, aus den in einem Präparate sich vorfinden- den Kieselkörpern zu erkennen, von.welcher der drei Arten es genom- men ist. Individuelle Verschiedenheiten konnie ich mehrfach konstati- ren, specifische gar keine. DieSkelettkörper, diedasinnere Skelett zusammensetzen, sind zum größten Theil ziemlich regelmäßig ausgebildete Vierstrahler, deren einzelne Strahlen auch meistens unter einem Winkel von ungefähr 120% sich im Centrum treffen. Die einzelnen Strahlen sind nahezu von gleicher Länge, bald glatt, bald mit mehr oder weniger ausgesprochenen Reifen und Knoten versehen; das Ende der Strahlen ist mehr oder minder deutlich gegabelt, mit Warzen, Knoten und Fortsätzen besetzt, die sich aufs innigste mit den entgegenkommenden Enden benachbarter Strahlen verflechten, so dass oft ganz unförmliche Knäuel von ziemlich bedeutender Größe entstehen. Vom Mittelpunkt des Skelettkörperchens gehen vier meist haarfeine Achsenkanäle in die vier Strahlen, hören aber schon weit vor dem gegabelten Ende derselben auf. Die oberflächlichen Partieen eines solchen Skelettkörperchens sind vollkommen klar und durchsichtig und erscheinen aus ganz homogener Masse gebildet, in der man nur deutliche koncentrische Schichtungsstreifen wahrnimmt. Im ‚Inneren aber ist stets ein deutliches Mark sichtbar, das sich durch eine körnig getrübte Beschaffenheit auszeichnet und sich in alle Strahlen bis in deren Verzweigungen oft fast bis zur Spitze derselben fortsetzt. Es nimmt im Durchschnitt die Hälfte bis ein Drittel des Durchmessers der Strahlen ein und ist ziemlich scharf getrennt von der klaren Rinde. Auch in ihm erscheinen koncentrische Schichtungsstreifen, deren Centrum von den Achsenkanälen dargestellt wird (Fig. 34). Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL. Ba. 6 82 h Ludwig Döderlein, So die typische Form eines Skelettkörperchens. Der Variationen nach diesem Grundtypus giebt es aber eine ganz bedeutende Anzahl. Was zunächst die Größe der ausgewachsenen Körperchen betrifft, so schwankt diese zwischen 0,3 und 0,8 mm; die Länge der einzelnen Strahlen zwischen 0,4 und 0,5 mm, die Dicke in der Nähe des Gentrums zwischen 0,03 und 0,13 mm. Die vier Strahlen treffen sich manchmal unter einem anderen Winkel als 120°, besonders wenn sie an Kanäle grenzen, so wie in dem Gewebe der Wurzel und der Acastaknollen. Der unverzweigte Theil der Strahlen ist gewöhnlich länger oder wenigstens nicht kürzer als der verzweigte; nun kommen aber Formen vor, bei denen er geradezu auf ein Minimum reducirt ist gegenüber dem ver- zweigten Theile. Die Gabelung der Strahlen kann eine sehr deutliche sein und erst die Enden der ziemlich langen Zinken die Knoten tragen; dieselben beginnen aber häufig bereits am unverzweigten Theile und verhüllen dann die Verzweigung so, dass sie nicht mehr unterschieden werden kann. Hierher gehören auch die ringförmigen Verdickungen der Strahlen (Fig. 9), die gewöhnlich, doch nicht immer zusammentreten mit stärkerem Umfange der Strahlen, während die dünner bleibenden Strahlen gewöhnlich glatt sind. Die Verzweigung kann außerordentlich plump und massig sein, wodurch dann die entstehenden Knäuel eine unförmliche unentwirrbare Masse bilden (Fig. 38); sehr häufig sind die Verzweigungen und Knotenbildungen spärlich, die Knäuel klein und leicht lösbar (Fig. 36). Ja es kommen Fälle vor, wo die innige Ver- flechtung der Strahlenenden ganz wegfällt und von den langen schlanken Strahlen zierliche dünne Fortsätze und Verzweigungen ausgehen, die ofi stark gebogen sind und nur lose neben einander liegen (Fig. 6 und 10). Skelettkörper, die einen fremden Körper berühren, wie den Stein, auf dem der Schwamm festsitzt, oder die Schale der parasitischen Acasta, entfalten ihre Fortsätze der Form des berührten Körpers gemäß, indem sie sich an ebene Oberflächen platt anlegen und in Vertiefungen ein- greifen (Fig. 38). So kann man z. B. die Wachsthumsringe der Basis - der Acasta an der Form der sie berührenden Skelettkörper erkennen (Fig. 39). In dieser Weise kommen die mannigfaltigsten Formen zu Stande, die scheinbar grundverschieden sind, in der That aber sich leicht von einander herleiten lassen und das Resultat specieller An- passung sind. Außer den hier beschriebenen, das feste Skelett zusammensetzen- den Körpern, finden sich im Gewebe da und dort, bald in größerer, bald in geringerer Menge kleinere Vierstrahler von eigenthümlich getrüb- tem Aussehen, die embryonalen Skelettkörper (Fig. 1). Die kleinsten und jüngsten dieser Formen, die ich ausgebildet vorfand, waren ganz Studien an japanischen Lithistiden. 83 regelmäßig entwickelte Formen mit vier kurzen aber gleich langen ein- fachen Strahlen und mit Achsenkanal bis zur Spitze der Strahlen, die typische Form der »spanischen Reiter« repräsentirend. Sie haben ein eigenthümlich trübes Aussehen, wie lebendes Protoplasma, und man erkennt in ihnen kleine und kleinste Körnchen und wurmförmige Körperchen ; die Oberfläche ist bei den jüngsten dieser embryonalen Vierstrahler glatt, in etwas älteren Stadien wird sie zackig, korrodirt, besonders an den Enden der Strahlen (Fig. 1 5, e); ein Achsenkanal ist bei allen als dünner, manchmal auch etwas erweiterter Faden ausge- prägt, der bei den jüngsten Formen stets das Ende der Strahlen er- reicht (Fig. A a, c, d, h). Bei einem Exemplar, das einen Augenblick in verdünnter Kalilauge gekocht war, erkannte ich eine deutliche äußere Membran, die zusammenhängend den ganzen Körper überzog und an der Spitze der Strahlen etwas erweitert war (Fig. 2); nachdem das Prä- parat etwa eine halbe Stunde in Wasser gelegen war, verschwand die Membran allmählich. Trotzdem ich eine große Anzahl dieser embryonalen Körperchen untersucht hatte, fand ich keines, das irgend einen Anhalt geboten hätte zur Annahme, es sei aus einem einachsigen Gebilde entstanden durch Hervorsprossen der übrigen Strahlen. Gerade die kleinsten und jüng- sten fertigen Vierstrahler waren die am regelmäßigsten ausgebildeten. Nur bei Exemplaren, die noch in der Entstehung begriffen waren, zeigte sich, dass einer von den vier Armen als Hauptstrahl angesehen werden kann, während die übrigen drei sich in eigenthümlicher Weise daran an- schließen (s. unten p. 97). Die verschiedenen embryonalen Körperchen zeigten einen beträchtlichen Unterschied in der Dicke der Strahlen ; ein- zelne waren äußerst plump, das Ende abgerundet, andere ziemlich schlank mit allmählich sich zuspitzendem Ende, andere hatten äußerst dünne fast cylindrische Arme. Die Strahlen strecken sich nun allmählich in die Länge (Fig. 1 f), manchmal einer rascher als die übrigen, hie und da krümmt sich einer etwas, das Ende wird gewöhnlich spitz. An den Enden ist das junge Körperchen am trübsten, da hier das stärkste Wachsthum vor sich geht; in der Nähe des Gentrums ist es am klarsten, hier ist auch die Oberfläche wenig oder nicht korrodirt. So strecken sich die Strahlen wie suchend aus, bis einer an einen anderen Skeletikörper stößt; da erst gabelt sich die Spitze (Fig. I g), und es entstehen hier mehrere Fortsätze ; es stellen sich Knoten ein, die sich innig an entgegenkommende des Nach- barn legen (Fig. 36 a und 37 a); auch die übrigen Strahlen desselben Körperchens haben nun festen Halt gefasst (Fig. 3, 4). Noch ist aber die embryonale Trübung vorhanden, wenn auch die Oberfläche allmählich - glatt geworden ist; die schlanken dünnen Strahlen werden nun dicker, 6* Be Ludwig Döderlein, die äußersten Schichten werden klar und durchsichtig und nur in der Mitte der. Strahlen bleibt schließlich eine im Vergleich zum Anfange sehr unbedeutende Trübung zurück, die das Mark charakterisirt. Die Achsenkanäle sind dem Wachsthum der Strahlen nicht gefolgt, sondern kurz geblieben; mitunter kommt es vor, dass sie, statt dünn und fadenförmig zu bleiben, sich sehr stark aufblähen und oft die Ge- stalt von glatten oder dornigen Stiften annehmen, deren Spitzen nach dem Centrum gekehrt sind; diese Erscheinung tritt dann gleichmäßig in allen vier Strahlen auf (Fig. 11). So sehr ich auch mein Augenmerk darauf richtete, ich habe kein Präparat erhalten, das mir ausschließlich embryonales Gewebe gezeigt hätte. Stets waren schon erwachsene glashell gewordene und mit ein- ander verbundene Skelettkörper da, an die sich die jungen anlegten. Die Menge der letzteren war je nach der Partie des Schwammes, von der ich die. Probe nahm, und je nach dem betreffenden Exemplare eine sehr verschiedene. Manche Exemplare zeigten mir fast gar keine em- bryonalen Kieselkörper ; in der größten Menge fand ich sie bei einigen Exemplaren an der Stelle, wo augenscheinlich das lebhafteste Wachs- ihum stattfand: bei Discodermia japonica am Scheitel und bei D. calyx am Kelchrande; doch fehlten sie auch an anderen Theilen nicht ganz, wenn sie auch hier nur vereinzelt vorkamen ; selbst im dichtesten Wur- zelgewebe vermisste ich sie nicht ganz. Das jüngste ausgebildete Gewebe fand ich an den eben erwähn- ten Stellen des stärksten Wachsthums. Es war zusammengesetzt aus großen kräftig aussehenden Skelettkörpern mit verhältnismäßig lan- gen, schlanken, meist ganz glatten Armen (Fig. 36). Die Knäuel, die die einzelnen Körper mit einander verbanden, waren ganz unbedeu- tend; die Maschenräume waren sehr weit; zwischen ihnen lag eine bedeutende Anzahl älterer und jüngerer Embryonen, manche hatten ihr Ziel, sich festzusetzen, schon ganz oder zum Theil erreicht. Geht man in älteres Gewebe über, so findet man die Skelettkörper verhältnismäßig zahlreicher, die Knäuel umfangreicher, die freiblei- benden Theile der Strahlen sind kürzer, dieker und selten mehr ganz glatt, sondern tragen Verdickungen;; die Maschenräume sind lange nicht mehr so weit und geräumig wie beim jungen Gewebe. Doch finden sich auch einige jüngere Skelettkörper mit dünnen glatten Strahlen da- zwischen, aber selten embryonale Formen. Ganz anders gestaltet sich das Bild, wenn man das Gewebe der Wurzel oder der Acastaknollen betrachtet. Hier sind die Maschen- räume auf ein Minimum herabgesunken, oft kaum mehr zu erkennen, die Knäuel sind ganz unförmlich angeschwollen, der freie Theil der Studien an japanischen Lithistiden. 85 Strahlen ganz verkürzt, dick und gewöhnlich mit starken Ringen ver- sehen, von jüngeren Skelettkörpern ist nicht viel zu sehen. Doch sind gerade in diesen Partieen auch die zierlichsten Gestalten unter den Skeleitkörpern aufzufinden; manche Fortsätze werden lang und dünn und überaus zierlich und halten sich dann frei von der Verbindung mit den Knäueln (Fig. 10); eben so sind ganze Skelettkörper da, die die innige Verbindung mit anderen vermeiden und sich baumartig überaus reich und zierlich verästeln (Fig. 6) und mit ihres Gleichen ein dichtes Geflechte bilden, theilweise mit ihren Fortsätzen zwischen die plumpen Formen hineingreifend. Diese beiden Extreme bringen aber das nämliche Resultat zu Stande, nämlich die Bildung möglichst enger Maschenräume; dasselbe Resultat verursacht ein dichtes Gewebe sehr kleiner Skelettkörper (Fig. 37®). Wo die Skelettkörper einen Kanal begrenzen, biegen sich ihre Strah- len mitunter ziemlich stark, um nicht in den Kanal hervorzuragen, und bilden oft dicke Knäuel rings um dieselben. Bei solchen Skelettkörpern verkümmern auch manchmal einzelne Strahlen (Fig. 37 b). Selbst in dem dichten Gewebe der Acastaknollen werden Kanäle freigelassen. Auch die eigenthümlichen, die Gattung Discodermia auszeichnenden kurz gestielten Oberflächenkörper kommen bei den drei vor- liegenden Arten in einer Mannigfaltigkeit der Gestalt vor, die in Er- staunen Setzt. An einem und demselben Exemplar, oft an derselben Stelle der Deckschicht, kommen die allerverschiedensten Formen neben einander zur Ausbildung, auf die schon specifische, selbst generische Unterschiede gegründet wurden. Die Grundform ist ein vierachsiger Kieselkörper, bei welchem drei Achsen in einer Ebene entwickelt sind, während die vierte auf dem Cen- trum derselben senkrecht steht und einen kurzen Nagel bildet. Die Gestalt des Nagels ist wenig veränderlich, nur in der Dicke zeigen sich‘ Verschiedenheiten, indem mitunter auffallend dünne, selbst etwas ge- krümmte Formen vorkommen, während er in den meisten Fällen dick und gedrungen ist. Um so veränderlicher ist die Form der Scheibe. Von der einfachen kreisrunden Scheibe finden sich alle Übergänge bis zu der Form, bei welcher vom Centrum aus drei schmale vielfach ge- gabelte Lappen sich ausbreiten. Die drei Achsenkanäle der Scheibe sind gewöhnlich sehr kurz und fein, eben so der des Nagels, .der aber schon häufig die Spitze erreicht; bei letzterem finden sich auch Fälle, wo er als weite cylindrische Röhre den Nagel durchbohrt und mit breiter Öffnung an der Spitze desselben mündet (Fig. 17). Auch die Achsen- kanäle der Scheibe zeigen nicht selten Erweiterungen entweder in der Form von kurzen cylindrischen Röhren (Fig. 28), oder in der von Stiften, 86 Ludwig Döderlein, die mit der Spitze im Centrum sich treffen. Auch Gabelung der sonst einfachen Kanäle findet sich mitunter. Bei den jüngsten Formen von Oberflächenkörpern (Fig. 13, 14, 45) hat die Scheibe die Gestalt eines Dreieckes mit mehr oder weniger stark konkaven Seiten und ziemlich spitz auslaufenden Winkeln; sie sind mit- unter schwer von den embryonalen Skelettkörpern des inneren Skelettes zu unterscheiden, lassen sich überhaupt nur als Oberflächenkörper an- sprechen in Folge der charakteristischen Form des Nagels (Fig. 13). Sie zeigen ebenfalls die körnige Trübung, die gegen die Spitze zu stärker wird, und die korrodirte Oberfläche, die auch hier am stärksten an den Spitzen ausgeprägt ist (Fig. 35). Diese Form kann sich nach zwei Richtungen hin entwickeln. In einem Falle liegt die Richtung des stärksten Wachsthums zwischen den Achsen; es entsteht ein Dreieck mit fast geraden Seiten und abgerunde- ten Winkeln (Fig. 15, 18) und schließlich eine fast kreisrunde ganz- randige Scheibe (Fig. 19); oft genug ist dieselbe aber unregelmäßig ausgebildet; ovale Formen oder stark in die Länge gezogene selbst po- Iyedrische Formen mit abgerundeten Winkeln finden sich häufig. Der Rand bleibt nicht immer ganzrandig, sondern erhält oft kleinere und größere Ausbuchtungen und erscheint schließlich vielfach gezackt. Anders gestaltet sich die Sache, wenn das Hauptwachsthum in der Richtung der drei Achsen stattfindet. Es entstehen dann die verschie- densten Gebilde mit drei ausgeprägten Lappen. Wenn die Spitzen hauptsächlich in die Breite wachsen, so entsteht eine häufig vorkom- mende regelmäßige Form, mit drei einfachen breiten abgerundeten Lappen (Fig. 20), die, indem der Rand unregelmäßig gezackt wird, zu allerhand bizarren Gestalten den Ausgangspunkt bildet (Fig. 235 — 29); auch kann eine Achse das Übergewicht erhalten oder im Wachsthum zurückbleiben. Der häufigste Fall ist aber der, dass die drei Spitzen der Grundform sich gabeln und dann entweder breitlappige (Fig. 21) auch sehr variable Formen hervorbringen, oder aber schmal und dreh- rund bleiben und unter mehrmals wiederholter Gabelung sehr stark in die Länge wachsen. Die Zinken biegen sich oft und es entstehen so die eleganten vielästigen, ziemlich regelmäßigen Oberflächenkörper, die ich noch bei keinem der untersuchten Exemplare aller drei Arten vermisste, und die die vorherrschende Form der hier vorkommenden Kieselscheiben bilden (Fig. 22, 23, 24). Endlich sind hier noch zu erwähnen jene eigenthümlichen mon- strösen Formen, die den Übergang bilden zu den Skelettkörpern des in- neren Skelettes. Bei ihnen ist entweder die Scheibe regelmäßig, aber der Nagel endet nicht spitz, sondern gabelt sich wie ein Strahl der in- Studien an japanischen Lithistiden. 87 neren Skelettkörper und trägt Knoten (Fig. 31 und 32); oder es treten auf der Scheibe selbst Fortsätze und Knoten auf, die nicht mehr in ihrer Ebene liegen (Fig. 28, 29, 30); es wird selbst ein oder der andere Strahl vollständig ähnlich einem Strahle der inneren Skelettkörper (Fig. 29). Die vielästigen Oberflächenkörper sind ihren Dimensionen nach weitaus die größten, gewöhnlich über doppelt so groß als die übrigen. Je einfacher eine Scheibe ausgebildet ist, um so kleiner ist sie gewöhn- lich; die kreisrunden Formen gehören zu den kleinsten, abgesehen von den embryonalen Oberflächenkörpern. Die Abnahme der embryonalen Trübung in den äußeren Schichten eines Oberflächenkörpers erfolgt in derselben Weise wie bei den Ske- lettkörpern; auch hier ist stets im Innern das Mark noch zu erkennen, so wie die koncentrischen Schichtungsstreifen (Fig. 34). Diese Oberflächenkörper bilden eine durch Weichtheile zusammen- gehaltene ununterbrochene Deckschicht über die ganze äußere Ober- fläche des Schwammes. Sie liegen ziemlich dicht gedrängt in mehreren Schichten über einander, mit den Nägeln nach innen gerichtet und lassen zwischen sich nur die Lücken frei, welche durch die Ausschnitte der Scheiben vorhanden sind. In größter Anzahl sind die vielästigen großen Formen vorhanden, zwischen denen in geringerer Menge die einfacheren ganzrandigen oder wenig gelappten Formen gelagert sind. Doch sind auch die letzteren an manchen Partieen fast ausschließlich vorhanden ; die einfacheren Formen sind gewöhnlich etwas häufiger an den Acastaknol- len. Die bizarren gezackten und monströsen Formen finden sich vor- zugsweise in der Umgebung des Wurzeltheiles. Die embryonalen For- men fehlen nirgends ganz, sind aber in größter Häufigkeit am Scheitel - resp. Kelchrand anzutreffen, doch stets in Begleitung von ausgewach- senen Formen. Was nun die einachsigen Nadeln betrifft, so haben wir unter denselben vier bestimmte anscheinend scharf von einander unterschie- dene Formen zu betrachten, die sich fast genau unter denselben Verhält- nissen und in derselben Ausbildung bei allen drei vorliegenden Arten nachweisen lassen. Die größten derselben sind einfache dünne Stabnadeln von oft sehr bedeutender Länge, entweder doppelspitz oder stumpfspitz — doch er- scheinen die meisten wenigstens an einer Seite abgebrochen — gerade oder leicht gebogen und wahrscheinlich alle hohl. Sie liegen alle aus- schließlich in der oberflächlichen Schicht des inneren Skelettes, und zwar beginnen sie sämmtlich unter den Oberflächenkörpern der Deck- schicht und erstrecken sich senkrecht in das innere Skelett hinein, mehr 88 Ludwig Döderlein, oder minder tief, je nach ihrer Länge. Ihr unteres Ende ist regelmäßig spitz. Sie liegen gewöhnlich bündelweise beisammen, lange und kurze gemischt (Fig. 40 c). In allergrößter Menge finden sie sich bei Disco- dermia japonica in den Scheidewänden zwischen den Oscula, welche fast vollständig von ihnen zusammengesetzt sind. Mir ist es wahrscheinlich, dass dann später zwischen ihnen die jungen Skelettkörper entstehen, welche bei ihrem Wachsthum die diehtgedrängten Stabnadeln aus einan- der ziehen ; das würde auch ihr späteres bündelweises Vorkommen zwi- schen den ausgewachsenen Skelettkörpern erklären. Ein eigenthümliches Vorkommen der langen Stabnadeln ist noch zu erwähnen bei Discodermia vermicularis, wo sie um die kraterartig sich erhebenden Oscula radienförmig in der Deckschicht liegen, die wahrscheinlich nur dadurch im Stande ist sich über die Ebene der übri- gen Deckschicht zu erheben. In einzelnenFällen fanden sich auch mäßig lange Stabnadeln in den oberflächlichsten Schichten der Deckschicht eingebettet; doch ist hier die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass dieselben fremden Ursprungs waren. Eine andere Form sind knotige Stifte von sehr geringer aber ver- schiedener Länge (Fig. 33a); sie zeigen einen etwas angeschwollenen Kopf und spitzen sich allmählich gegen das andere Ende hin zu. An der dickeren Hälfte, besonders am Kopfe, stehen zahlreiche Dornen und Knötchen. Sie lassen keinen Achsenkanal erkennen. Ihr Vorkommen beschränkt sich auf die äußerste Deckschicht außerhalb der Oberflächen- scheiben, und zwar sind sie mit dem Kopfe in der durch Weichtheile zusammengehaltenen Deckschicht befestigt, während das spitze Ende frei über die Deckschicht herausragt (Fig. #1 b); so bilden sie einen bür- stenförmigen Überzug über den ganzen Schwamm und dienen auch als Reusen an den Poren. Sie sind es, welche am allerleichtesten verloren gehen; wenn der Schwamm nur etwas macerirt wird, fallen sie ab, wenn auch die Oberflächenkörper noch fest zusammenhängen. Eine dritte Form sind dünne doppelspitze glatte Spindelnadeln von sehr geringer Größe, gerade oder meist sehr leicht gebogen (Fig. 33 b). Ihre Größe ist wenig variabel in einem Individuum, doch verschieden bei verschiedenen Exemplaren. Ein Achsenkanal ist nicht erkennbar. Sie durchziehen mit der Sarkode das ganze Innere des Schwammes und begleiten dieselbe überallhin auch bis auf die Oberflächenschicht, wo sie aber nicht mehr außerhalb der Oberflächenkörper vorkommen (Fig. 43). Selbst in vollständig macerirten Exemplaren lassen sie sich gewöhnlich noch nachweisen. Die kleinsten hierher gehörigen Kieselgebilde, die kaum mehr Nadeln Studien an japanischen Lithistiden, 8% zu nennen sind, sind ellipsoidische Körperchen von äußerst geringer Größe (Fig. 33 cc), die aber in ungeheurer Anzahl in der Deckschischt vorhan- den sind außerhalb und innerhalb der Oberflächenkörper (Fig. 44). Ihre Größe ist wenig variabel. Sie scheinen auch in den äußeren Schich- ten des inneren Skeletts vorzukommen in geringerer Anzahl neben den vorigen; doch ist eine Täuschung darüber nicht ausgeschlossen, da sie leicht bei Schnitten mit in die inneren Schichten hineingerissen werden können. Sie stellen jedenfalls keine Jugendform der übrigen stabförmi- gen Nadeln dar. Über das Entstehen resp. Wachsthum dieser einachsigen Nadeln konnten keine Beobachtungen gemacht werden; die beiden letzteren Formen werden wahrscheinlich gleich in der definitiven Größe gebildet als Ausscheidungen der kieselhaltigen Sarkode;; die beiden ersteren For- men dagegen scheinen zu wachsen, da sich nur dadurch ihre verschie- dene Länge erklären lässt. Noch sind hier zu-erwähnen mehrere weitere Kieselgebilde, die ich an einzelnen Exemplaren auffand, die aber in einem Falle möglicher- weise, im anderen höchst wahrscheinlich krustenförmigen Spongien angehören, die die Oberfläche der Lithistiden überzogen. Das eine Vorkommen ist das von glatten Stecknadeln an der Stelle und scheinbar in der Funktion der Knotigen Stabnadeln der äußersten Oberfläche; die letzteren fehlen gänzlich. Es ist nicht unmöglich, dass sie thatsächlich dem betreffenden Lithistiden angehören, der im Übrigen nicht zu unterscheiden ist von anderen seiner Art; es ist ein Exemplar von Discodermia calyx. Das andere Vorkommen ist das eines Überzuges von verschiedenen Kieselkörpern, nämlich sehr kleinen plumpen Vierstrahlern mit langen Dornen, begleitet von vielachsigen Sternchen und längeren Steck- nadeln, auf einem anderen Exemplare von Discodermia calyx. Der größte Theil der äußeren Seite des Kelches und der Stiel trägt diesen Überzug, der auf der inneren Kelchseite fehlt. Es handelt sich jedoch hier wahrscheinlich um eine eigenthümliche krustirende Ancorinide. Die Sarkode — welcher Ausdruck hier wie an anderen Stellen dieses Aufsatzes zur Bezeichnung der Weichtheile im Allgemeinen gebraucht ist, da über diese keine speciellen Beobachtungen gemacht werden konnten — ist es, die allen diesen isolirten Fleischnadeln und den Ober- flächenkörpern Zusammenhang giebt und sie auch verbindet mit dem inneren Skelett. Sie bildet oberhalb und unterhalb der Oberflächenkör- per eine ziemlich dicke Schicht und ist hier vollständig erfüllt von ihren Kieselausscheidungen in Form der kleinen Ellipsoide. Außerhalb der 90 Ludwig Döderlein, Oberflächenkörper zeigt sie zahlreiche etwa gleichgroße runde Öffnun- gen, die Poren, über die die Spitzen der knotigen Stifte als Reusen her- vorragen. Die Oberflächenschicht ist durch die Sarkode befestigt an dem inneren festen Skeleit, indem säulenförmige Verbindungen hergestellt sind mit dem Gewebe der inneren Skeletinadeln (Fig. #0). Unter der Oberflächenschicht befinden sich mehr oder weniger ausgedehnte Lacu- nen, diesich als gröbere und feinere Kanälchen ins Innere fortsetzen. Die Sarkode umhüllt sämmtliche Skelettkörper, stets begleitet von den klei- nen doppelspitzigen Stabnadeln, die ich nur als Ausscheidungen über- schüssiger (?) Kieselsäure zu betrachten geneigt bin. Sie bildet die Wände sämmtlicher Kanäle, die größeren unterbricht sie durch zahl- reiche Querwände. In den durch das Kieselskelett gebildeten Maschenräumen dürften die Geißelkammern zu suchen sein, deren Vorkommen ja bei allen Hauptgruppen der Spongien mit Ausnahme der Lithistiden bereits nach- gewiesen ist. Eine Anzahl von Präparaten, die ich von den mir vorlie- genden Lithistiden fertigte, zeigt mir Bilder, die ich ungezwungen nur durch das Vorhandensein solcher Organe zu erklären vermag. Auf fei- nen Schnitten durch normales Gewebe fand sich nämlich, dass die klei- nen die Sarkode hier stets begleitenden Fleischnadeln ausnahmslos in ganz bestimmten Zügen angeordnet waren, deren einige offenbar zu Wandungen von Kanälen gehörten, während die meisten dicht neben und über einander liegende Ringe darstellten, alle von nahezu gleicher Größe, deren jeder einen von Sarkode und also auch von Fleischnadeln freigelassenen nahezu kreisförmigen Raum einschloss (Fig. 43). Mit sol- chen Ringen waren auf günstigen Schnitten sämmtliche Maschenräume versehen. Innerhalb dieser Ringe werden sich nun die ungefähr kugel- formigen Geißelkammern befunden haben. Diese selbst, resp. die sie zusammensetzenden Zellen sind zwar nicht mehr nachzuweisen, die wahrscheinlich dem umgebenden Mesoderm ausschließlich angehören- den Fleischnadeln jedoch zeigen trotz des ungünstigen Konservirungs- zustandes wenigstens noch die Gestalt der Höhlungen des Mesoderins, innerhalb deren die Geißelkammern lagen. Die fraglichen Ringe sind in zu großer Anzahl vorhanden und zu gleichmäßig ausgebildet, um noch als Kanäle angesprochen werden zu können, während es sehr nahe liegt sie auf Geißelkammern zu beziehen. Oft bemerkt man auch kreis- förmige Nester von kleinen Fleischnadeln, in welchen die Nadeln nach jeder Richtung hin liegen , in der Peripherie jedoch dichter und nahezu koncenirisch; diese würden dann Geißelkammern entsprechen, von denen die obere oder untere Decke sichtbar ist; auf dickeren Schnitten sind diese letzteren Bilder, wie zu erwarten, sehr zahlreich. Studien an japanischen Lithistiden. 91 Auf den Schnitten sind die Ringe oft etwas zerrissen, da ja die spröden harten Skelettkörper, zwischen denen sie sich befinden, vom Messer zerbrochen werden müssen. Am besten sah ich die Ringe an dem Spiritusexemplar, doch waren sie auch an einigen der trockenen Exemplare noch sehr gut erhalten. Im Gewebe der Wurzelpartieen und der Acastaknollen tritt die Sarkode hinter den Kieseltheilen sehr zurück, die Fleischnadeln sind auch sehr spärlich, und auf Wimperkörbe zu deu- tende Bilder erhielt ich hier äußerst selten. Das Wasser dringt in das Innere des lebenden Schwammes durch die feinen Poren der Deckschicht ein, von den durch die Knotenstifte gebildeten Reusen von gröberen Bestandtheilen abgeseiht. Es sucht sich seinen Weg zwischen den Oberflächenkörpern und gelangt durch die Lacunen in Kanäle, die es nach den Geißelkammern führen. Von dort sammelt es sich wieder in Kanälchen und gelangt schließlich durch die Hauptlängskanäle nach einem Osculum. Wir haben die in den gröberen Kanälen befindlichen, in kurzen Zwischenräumen auftretenden Sarkode- querwände wohl als Klappen zu deuten, die die Fortbewegung des Wassers reguliren. So geht der Kreislauf im größten Theile des nor- malen Schwammgewebes vor sich. Nun giebt es Stellen im Schwamm- körper , wo in Folge der hier zahlreich in der Deckschicht vorkommen- den ganzrandigen Oberflächenkörper der Eintritt des Wassers in das Innere sehr gehemmt ist, so an der Wurzel. Hier werden sich nur sehr wenig Geißelkammern bilden, da für viele die Wasserzufuhr zu gering wäre; die Maschenräume, in denen sonst die Geißelkammern sich befin- den, werden klein und sind schließlich nur auf ein Minimum reducirt, während sich die Skelettkörper in der ausgiebigsten Weise vergrößern und vermehren, bis ein äußerst dichtes Gewebe resultirt. Ähnlich scheint. es bei den Acastaknollen zu sein. Das Gewebe, das hier ge- bildet wird, hat keinen Nutzen für den Schwamm, sondern dient aus- schließlich zum Schutze für den Parasiten. Hier sind nur sehr spärliche Wimperkörbchen vorhanden, das übrige Gewebe wird möglichst dicht durch besonders reichliche Entwicklung der Kieselkörper. Es braucht wenig Wasser zuzufließen durch Poren, hier sind also zur dichten Ober- flächenbedeckung die runden und einfach lappigen Platten, die eng an einander schließen, geeigneter als die sonst auftretenden vielästigen Oberflächenkörper, zwischen deren Armen zahlreiche Lücken sind, durch die das Wasser leicht dringt. Die Aufgabe der langen Stabnadeln, die senkrecht von der Ober- Nächenschicht aus in das Gewebe hineinragen, wird darin zu suchen sein, dass sie das Verschieben der sonst nur durch Sarkodesäulen fest- 92 EN. Ludwig Döderlein, gehaltenen Deckschicht verhindern, während sie eine gewisse Elastici- tät ermöglichen, die bei festem Verwachsen der Deckschicht mit dem inneren Skelett nicht vorhanden wäre. Es ist nicht anzunehmen, dass diese Stabnadeln von der Deckschicht aus in das Innere hineinwach- sen, oder gar innen entstehen und nach der Deckschicht hin wachsen. Der Fall liegt meiner Ansicht nach vielmehr so, dass die Deckschicht, als die betreffenden Stabnadeln gebildet wurden, sich ungefähr da be- fand, wo jetzt die Spitze der Stabnadeln liegt, dann aber bei der Ver- größerung des Schwammkörpers durch neue Skeletikörper, die sich zwi- schen der Deckschicht und dieser Stelle bildeten, immer weiter davon entfernt wurde, wobei in gleichem Maße eine Verlängerung der Stab- nadeln eintrat. Wenigstens eine Anzahl dieser Stabnadeln schien noch im Wachsthum begriffen zu sein. Man findet nämlich selten das äußere Ende dieser Stabnadeln ; sie erscheinen an der Oberflächenschicht ge- wöhnlich abgebrochen, ohne dass sich aber die abgebrochenen Enden finden ließen. Bekanntlich hat O. Scamipr bei den Gattungen Tremau- lidium und Aciceulites den innigen Zusammenhang der langen — hier aber parallel zur Deckschicht liegenden? — Stabnadeln mit der Deck- schicht nachgewiesen und die Entstehung wenigstens des Kopfes der- selben in der Cuticula beobachtet. Es liegt nahe, auch hier bei Disco- dermia einen ähnlichen Zusammenhang dieser Stabnadeln mit der Deckschicht zu vermuthen, wobei noch anzunehmen wäre, dass von der Deckschicht aus diese Nadeln immer fortwachsen, analog dem Fort- wachsen der Spiegelfasern bei vielen Holzpflanzen. Das Wachsthum der vorliegenden Schwämmie geschieht hauptsäch- lich in die Länge, wenig in die Dicke, und zwar nach meiner Beobach- tung dadurch, dass sich an schon vorhandene Skelettkörper junge ansetzen und allmählich die Deckschicht emporheben, die die nothwen- dig werdende Vergrößerung ihrerOberfläche durch Bildung neuer Ober- flächenkörper zu Stande bringt. Die Ursache, dass manche meiner Schwämme so sehr wenige embryo- nale Körperchen zeigen, andere sehr viele, liegt vielleicht darin, dass diese Schwämme Vegetationsperioden haben, so dass ihre Körperzunahme während einer bestimmten Zeit ein Maximum, zu anderen Zeiten ein Minimum erreicht. Die Orte, wo sie in Japan vorzukommen scheinen, liegen nicht so tief, dass die Jahreszeiten ohne Einfluss auf das sie um- gebende Medium blieben. Die hier aufgeführten drei Arten von Discodermien zeigen Beziehun- gen zu den meisten der bereits bekannten Arten, theils ihrem Habitus nach, theils nach der Gestalt ihrer Kieselelemente. Sehen wir von dem Studien an japanischen Lithistiden. 93 allgemeinen Habitus ab und fragen wir uns nach einem anderen Charak- ter, der uns die Unterscheidung von den übrigen Arten ermöglichte. Die Skelettkörper des Inneren bieten uns nichts Zuverlässiges; wir haben die schlankesten Formen neben den plumpsten, wir haben For- men mit sehr geringer und solche mit überaus reichlicher Verzweigung; wir haben Skelettkörper, die sich aufs innigste mit einander verknoten und solche, die sich nur locker mit anderen verflechten. Gemeinsam ist diesen Skelettkörpern nur der vierstrahlige Bau und die vier kurzen Achsenkanäle, die fast immer sehr deutlich sind; dies genügt aber nur, um sie bei den Tetracladinen unterzubringen, nicht weiter. Die Ge- stalt der Skelettkörper ist zur Charakteristik nicht zu verwerthen. Ähn- lich sieht es aus mit den Oberflächenkörpern. Wir finden ziemlich jede bei den verschiedenen Discodermien-Arten vorkommende Form manch- mal in einem Individuum vereinigt. Discodermia polydiscus ist auf eine Form von Oberflächenkörpern gegründet, die häufig ist bei unseren drei Arten. ZırreL gründete die Gattung Racodiscula auf eine andere hier reichlich vorkommende Form, und wenn die vielästigen Oberflächen- körper für sich allein bekannt gewesen wären, könnte eine neue neben Theonella zu stellende Gattung darauf errichtet werden. Nun kommt aber Alles dies an einem einzigen Individuum zusammen vor. Wie OÖ. Scanipt schon aufs ausdrücklichste hervorhob, auf diese Kieselkörper ist kein Verlass, um specifische oder gar generische Unterschiede darauf bauen zu können. Man mag das Vorkommen von besonders ausgepräg- ten Formen in die Charakteristik der Art mit aufnehmen, muss aber darauf gefasst sein, dass das nächste beste Individuum derselben Art ohne die vorgeschriebene Legitimation betroffen wird. Wie steht es nun mit den Fleischnadeln? Die langen Stabnadeln variiren nur in der Länge, kommen aber so allgemein bei den Lithistiden in derselben Ausbildung vor, dass sie desswegen unbrauchbar sind als specifische Merkmale. In fast noch höherem Grade gilt dies von den kleinen glatten Spindelnadeln und den ellipsoidischen Kieselkörperchen ; sie kommen fast überall in gleicher Ausbildung vor. So bleiben noch die leicht abhanden kommenden Knotenstifte der äußersten Oberfläche, die allenfalls ein verlässlicheres Merkmal bieten können. Sie sind zwar unseren drei Arten gemeinschaftlich, doch ist mir ihr Vorkommen ander- wärts nicht bekannt bei Lithistiden. Auch differiren sie nur in der Länge, die Gestalt bleibt dieselbe; doch habe ich oben schon einen Fall erwähnt, der ihre Zuverlässigkeit wieder erschüttern könnte ; es ist das Vorkommen von glatten Stecknadeln an ihrer Stelle bei einem Indivi- duum, das sich sonst nicht specifisch trennen lässt von den übrigen "Exemplaren von Discodermia calyx. Ist in diesem Falle auch die 94 Ludwig Döderlein, Annahme eines krustirenden fremden Schwammes nicht ganz abzuweisen, die Sache ist jedenfalls sehr verdächtig. In manchen anderen Fällen sind die kleinen Fleischnadeln ja ohne Frage charakteristisch und wohl gut verwendbar zur Artunterscheidung, so bei D. amphiaster Sdt. Andere Merkmale sind meist nicht weiter stichhaltig, ohne dass die Gestalt des Schwammes mit berücksichtigt wird. Ich kann die drei vor- liegenden Formen nicht anders unterscheiden als durch ihre äußere Ge- stalt und die Lage der Oscula, muss sie aber unterscheiden wegen der Konstanz, mit der diese Merkmale beibehalten werden. Ich kann hierin dem Beispiele von O. Scuaupr folgen, der seine D. nucerium, wenn auch mit einigem Widerstreben, doch nur auf die äußere Gestalt gründete. Die bisher bekannten Discodermien charakterisiren sich etwa folgendermaßen: | 1) Discodermia polydiscus Boc. Polster-, knollen- oder säulen- föormig; Oberflächenscheiben rund oder mit breiten Lappen versehen, Fleischnadeln der äußersten Oberfläche stabförmig knotig. 2) Discodermia clavatella Sdt. Keulenförmig mit mehreren Oscula; Oberflächenscheiben mit drei verzweigten stark gezackten und gebuch- teten Armen. Fleischnadeln glatt. 2a) D. clavatella var. nodosa Sdt. Die Oberflächenkörper werden den eigentlichen Skelettkörpern ähnlich. 3) Discodermia nucerium Sdt. Halbkugelförmig mit einem Oscu- lum am Gipfel; Oberflächenkörper sehr mannigfaltig und unregelmäßig. Fleischnadeln ? #) Discodermia amphiaster Sdt. Polsterförmig; Fleischnadeln der äußersten Oberfläche sind Doppelsternchen. | 5) Discodermia dissoluta Sdt. Fingerförmig oder gekrümmt kegel- formig; äußere Skelettkörper zum Theil sehr lose; Oberflächenkörper theilweise stark gebuckelt ; Fleischnadeln verschieden. 6) Discodermia japonica n. sp. Kolbenförmig oder keulenförmig mit dichotomischer Verzweigung; Oscula auf der Mitte des Scheitels; Oberflächenkörper mannigfaltig; Fleischnadeln der äußersten Oberfläche dornige Stifte. | 7) Discodermia calyx n. sp. Kelch-, becher- und röhrenförmig; Oscula im Inneren des Kelches; Oberflächenkörper mannigfaltig; Fleisch- nadeln der äußersten Oberfläche dornige Stifte. 8) Discodermia vermicularis n. sp. Dünne, wurmförmige Zweige mit dichotomischer Verästelung, strauchförmig; Oscula an den Seiten zerstreut, etwas erhaben ; Oberflächenkörper mannigfaltig; Fleischnadeln der äußersten Oberfläche dornige Stifte. | Die folgenden vier Arten beschrieb Carter (Ann. and Mag. of nat. 2 Bi ; 3 y z: \ Studien an japanischen Lithistiden. 95 history. London 1880. Vol. VI. p. 145 u. f.) nach kleinen Stückchen, die auf der Oberfläche und in Höhlungen einer Melobesia aus dem Golf von Manaar gefunden wurden: 9) Discodermia papillata Gart. Größere Oberflächenkörper ästig mit feinen Papillen bedeckt. Centraler Theil der inneren Skelettkörper mit konischen Papillen bedeckt. Fleischnadeln elliptisch sehr fein be- dornt. . 10) D. aspera Cart. Oberflächenkörper rund oder verästelt mit zackigem Rande und zackiger Oberfläche. Enden der inneren Skelett- körper nicht gerundet, sondern winklig und gezackt. Fleischnadeln ge- krümmt, spindelförmig und sehr fein bedornt. 44) D. spinispirulifera Cart. Von lockerer Struktur. Größere Oberflächenkörper sehr unregelmäßig mit eigenthümlich gebogenen Armen; Fleischnadeln den kleinen Doppelsternchen von D. amphiaster Sdt. ähnlich (spinispirula von CARTER genannt), neben einer anderen Form, nämlich auffallend großen gekrümmt spindelförmigen Nadeln, die fein bedornt sind. 42) D. laevidiscus Gart. Oberflächenkörper gegen die Mitte kon- kav. Innere Skeleitkörper mit sehr spärlichen Fortsätzen an den Enden. Fleischnadeln gekrümmt, spindelförmig und fein bedornt. Theils wegen der unvollkommenen Beschreibung, die manche dieser Formen erfahren haben, hauptsächlich aber wegen der fast grenzenlosen Variabilität der einzelnen Formen, ist es nicht wohl mög- lich zu entscheiden, wie weit diese hier aufgezählten Arten alle be- rechtigt sind. Weitere Funde werden sicher die ganze Reihe noch viel enger ver- binden und eine Artabgrenzung noch problematischer machen als sie jetzt schon ist. Jedenfalls bildet jetzt schon die ganze Discodermienreihe eines der eklatantesten Beispiele von Variabilität der Kieselkörper, die man unter den Spongien findet. Es werden sich dann wohl auch noch die direkten Verbindungen mit der Gattung Theonella ergeben, die durch die drei neuen Arten von Discodermia schon angebahnt ist; diese Gat- tung zeichnet sich eigentlich nur noch durch den Stiel der Oberflächen- körper aus, der verhältnismäßig viel länger ist als bei den typischen Discodermien. Über die erste Entstehung der Skelettkörper bei Lithistiden ist bis- her fast noch nichts bekannt. Carter erklärt sich zu der. Ansicht, dass alle Nadeln aus einer Zelle wenigstens ihre Entstehung nehmen, wenn sie auch später in der Intercellularsubstanz sich auswachsen. O. Scamipr 4 96 Ludwig Döderlein, schließt sich ihm an auf Grund der Beobachtung von jungen Skelett- körpern in Aciculites und Vetulina, die mit einer Zelle Ähnlichkeit haben und 'sagt: »Einen anderen Schluss, als dass diese unregelmäßig ver- ästelten Kieselkörper von einer Zelle als ihrer Grundlage ausgehen, ver- mag ich nicht zu ziehen.« So höchst wahrscheinlich auch mir diese An- nahme scheint, ein positiver Beweis ist durch diese bloße äußerliche Ähnlichkeit nicht gegeben. Wir wissen von den jüngsten Skelettkörpern bisher nur, dass sie, wenn auch verkieselt, so doch sehr in ihrem körni- gen Aussehen an Protoplasma erinnern. Meine vereinzelt dastehende Beobachtung einer vergänglichen dünnen Membran als Hülle rings um einen jungen Skelettkörper bedarf erst noch weiterer Untersuchungen, um darauf irgend weiter schließen zu können. Der früheste Zustand, den wir nach OÖ. Scamior von den Skelett- körpern der Lithistiden kennen, ist »der eines kleinen, deutlich ein- achsigen, ziemlich breiten und etwas unregelmäßig konturirten Stäb- chens«. Nach diesem Autor entstehen alle Skeletttheile der Lithistiden aus einer solchen einfachen linearen Grundlage; er hat diesen Zustand beobachtet bei den Rhizomorinen: Scleritoderma und Aeciculites, so wie bei der Anomocladine: Vetulina. Die weitere Entwicklung in diesen Gruppen ist die, dass mehr oder weniger regelmäßige Auswüchse ent- stehen und so die definitive Form ausgebildet wird. Der junge Skelett- körper, den ich bei Seliscothon chonelleides fand, zeigt eine solche regelmäßige Weiterbildung eines einfachen Stäbchens durch gabelförmige Verzweigung an beiden Enden, aus denen dann die vollständigen Skeleitkörper dieser Form herzuleiten sind. O. ScuaipT sagt nun, erst später treten bei den Vierstrahlern noch drei Kanäle sekundär hinzu«, und an einer anderen Stelle: »Wir sehen, wie ich ausführlich dargethan, die Skelettkörper der Tetracladi- nen aus linearer Grundlage sich entwickeln, während die Vierstrahler der Pachastrellen schon in den kleinsten Exemplaren als Sterne ange- legt sind.« Nun finde ich nirgends eine Bemerkung verzeichnet, dass dieser Vorgang bei den Tetracladinen wirklich beobachtet ist. Die Li- thistiden, bei denen die linearen Grundlagen thatsächlich gefunden sind, sind Rhizomorinen und Anomocladinen. Ich habe mit aller Sorgfalt viele Dutzende von Präparaten durchgesehen, auf denen sich zahllose Skeletikörperembryonen der Tetracladine Discodermia befanden, gerade aber die jüngsten waren durchgehends ganz regelmäßig ausgebildete Vierstrahler, bei denen keine Spur darauf hindeutete, dass einige Achsen erst sekundär entstanden wären (Fig. 1). Erst bei den älteren zeigten sich Verschiedenheiten in der Länge der vier Äste. Wenn wir auch nach O. Scaumr »mehrere Ancoriniden und Stelletten (z. B. Stel- Studien an japanischen Lithistiden. 97, letta Helleri) kennen, wo die Ankerzähne erst nachträglich wachsen«, so: scheint ein solcher Vorgang doch die Regel nicht. Ich habe über die frühesten Entwicklungszustände der Vierstrahler der Lithistiden zur Zeit, als das Manuskript zu dieser Arbeit bereits niedergeschrieben war, eine Beobachtung gemacht, die vielleicht geeignet ist, einiges Licht auf diese bisher noch so dunklen Vorgänge zu werfen. Das mir zu Gebote stehende Material ist aber lei- der zur vollständigen Lösung dieser interessanten Frage unzulänglich. Fig. 12 a—d zeigt zwei junge Vierstrahler, « und c unter derselben Ver- größerung dargestellt wie die übrigen embryonalen Körperchen, nämlich mit Objektiv III, 5b und d sind dieselben Objekte unter stärkerer Ver- größerung, nämlich Objektiv V (Seiserr und Krarfr). Es sind weitaus die jüngsten Stadien von Nadelembryonen, die ich habe beobachten kön- nen. An beiden ist ein von einem weiten Kanal vollständig durchbohr- ter Strahl sichtbar; wie an Fig. b zu bemerken, mündet dieser Kanal sowohl am centralen wie am distalen Ende des Strahles offen ; bei dersel- ben Figur zeigen die beiden anderen Strahlen bereits geschlossene aber sehr weite Kanäle. Fig. d aber macht den Eindruck eines oben offenen Triehters mit dreilappigem zerfetztem Rande. Hier ist mir die Deutung am wahrscheinlichsten, dass die drei noch nicht fertig gebildeten übri- gen Strahlen dadurch entstehen, dass über der breiten Öffnung des Trichters in irgend einer Weise eine Decke entsteht, die bei dem vor- liegenden Körperchen vielleicht schon angelegt war, aber noch nicht ver- kieselt genug war, um der zum Auskochen verwendeten Salzsäure Wi- derstand leisten zu können :: daher der scheinbar zerfetzte Rand. Aus dem Lumen der Trichteröffnung entstehen dann den drei Lappen ent- ‚sprechend die drei Kanäle, die Anfangs mit weiter Öffnung nach außen münden (Fig. 12 e, f), später aber sich hier schließen. Damit wäre die erste Periode der Entwicklung, die Anlage eines ganz regelmäßigen Vier- strahiers, abgeschlossen und es beginnt die zweite, die Vergrößerung der vier vorhandenen Strahlen, an der sich die Achsenkanäle nicht oder nur sehr wenig betheiligen. Ist dies thatsächlich der Entwicklungsvorgang, dann haben die Vierstrahler gewiss auch eine ursprüngliche Hauptachse, aber doch in ganz anderem Sinne als O. Scumipr annahm, indem man bei dieser Entwicklung nicht sagen kann, die fehlenden Strahlen wach- sen aus dem einen Hauptstrahl hervor, sondern der Hauptstrahl findet durch die an seinem offenen centralen Ende sich ausbildenden übrigen ‚ Strahlen erst den Abschluss seiner eignen ersten Entwicklung. Im Falle nun aus einem solchen fertigen Vierstrahlerembryo ein Oberflächenkörper entsteht, stellt der Stiel des Trichters den Nagel des- selben dar, an dem ja häufig genug selbst in völlig ausgewachsenem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 7 98 Ludwig Döderlein, Zustande ein an der Spitze mit klaffender Öffnung mündender Kanal sich findet, ähnlich wie bei der ersten Anlage des Embryo. Doch kann auch ein innerer Skeletikörper daraus entstehen, da ja die jüngsten Zu- stände, die ich sonst beobachten konnte, zeigen, dass auch hierbei die Kanäle stets dieSpitze der vier Strahlen erreichen. Fig. 12e und f stellt zwei junge Skelettkörper vor in diesem Stadium; sie sind in derselben Vergrößerung gezeichnet wie b und d. Auf diese Weise würden die Vierstrahler der Lithistiden auf Grund ihrer frühesten Entwicklung zu den langen Stabnadeln oder Stecknadeln, die so häufig in derselben Spongiengruppe vorkommen, in engster Be- ziehung stehen, bei denen O. Sennipr die eigenthümliche zuletzt eintre- tende Bildung des Kopfes an dem einen offenen Ende des schon vorher gebildeten Stabes beschrieben hat (s. Spongien von Mexiko I, p. 7 und Taf. II, Fig. A und 2). Der Stiel der Oberflächenkörper wäre demnach homolog dem Stabe der Stecknadeln und die Scheibe würde dem Kopfe derselben entsprechen. Bei Collectella avita weist O. Scanipt nach, dass sich aus den knor- ' rigen Skelettkörpern die Scheiben, aus den glatten Vierstrahlern die Ga- belanker entwickeln. Ich fand bei den japanischen Discodermien, dass die Grundform, aus der sich sämmtliche Skelettkörper entwickeln, die Gestalt des einfachen glatten Vierstrahlers hat und dass die ursprüng- liche Form der Oberflächenscheiben sich kaum davon unterscheiden lässt. Diese Beobachtung steht mit jener Angabe durchaus nicht in Widerspruch, in so fern nur O. Scumipr nicht verlangt, den an einer Form gefundenen Vorgang auch für alle übrigen anzunehmen. Meine Ansicht ist, dass aus den ursprünglichen glatten Vierstrahlern sich ent- weder direkt die Gabelauker, die knorrigen Skelettkörper und die Ober- flächenscheiben entwickeln, dass aber auch die Scheiben manchmal auf einem Umwege entstehen können, wie es bei Collectella avita der Fall ist. Garrter’s Annahme, dass die Oberflächenkörper regelmäßig in die inneren Skelettkörper übergehen, halte ich schon durch Scamipr's Widerlegung vollständig beseitigt. Welche Rolle der Achsenkanal bei der Vergrößerung der Skelettkör- per spielt, ist ja unbekannt, im Falle er überhaupt noch hierbei betheiligt ist. Gewiss aber gebe ich gern mit O. Scanipr zu, dass die Zipfel und Auswüchse der Skelettkörper sich völlig unabhängig vom Achsenkanal bilden. Manche derselben mögen ohne nachweisbaren äußeren Anlass entstehen, gewiss aber einsehr bedeutender Theil dieser Ver- zweigungen und Knorren scheint mir erst als Folge der Berührung mit einem benachbarten Skelettkörperchen 4 \ Studien an japanischen Lithistiden. 99 hervorzugehen, wahrscheinlich schon die ersten Gabelungen (Fig. 36 und 37). Doch mag nur der Anstoß zu solchen Verzweigun- gen in der Berührung liegen, die entstehenden neuen Enden werden, so weit sie nicht wieder in Kollision kommen, sich nach inneren Ge- setzen weiter entwickeln und entweder lange schlanke Fortsätze bilden oder nur die Form von kurzen Höckern etc. annehmen. Man kann die Beobachtung nicht selten machen, dass nur die Strahlen der jungen Skelettkörper, die auf andere gestoßen sind, sich zu verästeln beginnen, während vielleicht ein anderer selbst längerer Strahl desselben Skelett- körpers, der aber noch nicht mit einem andern in Berührung gekom- men ist, nur eine einfache Spitze zeigt (Fig. 36). Die Folgen der Be- rührung dürften übrigens gegenseitige sein. Beobachtungen von O. Scamipr zufolge liegen in einer Reihe von Lithistidenformen die jugendlichen Skelettkörper in einer mehr oder minder dicken oberflächlichen Schicht getrennt von den im Innern vor- kommenden ausgewachsenen Skelettkörpern; so bei Scleritoderma, Aci- culites, Setidium, Gastrophanella (nur auf der Kuppe), denen sich auch vielleicht Discodermia dissoluta anschließt, da die ganz oder fast ganz isolirten Vierstrahler der Oberfläche doch wohl nur jugendliche Skelett- körper vorstellen dürften. In wie weit diese Eigenschaft charakteristisch ist, lässt sich schwer sagen; denn dieser Zustand kommt vielleicht bei allen Lithistiden periodisch vor. Ich fand, wie oben schon erwähnt, bei meinen Discodermien die Stelle, wo das stärkste Wachsthum vorkommt, nur bei einigen Individuen auffallend reich. an jungen Skeleitkörpern, während dieselben bei anderen derselben Art an der gleichen Stelle mitunter fast ganz fehlten. Bezüglich der Verwandtschaft der Lithistiden waren schon längst O. Scumipr und Carter darüber einig, dass sie in die nächste Nähe der Ankerschwämme gehören. Diese Ansicht wurde zur Gewissheit, als Scauipr die Gollectella avita entdeckte, die zur Hälfte aus Pachastrellen- Vierstrahlern besteht. Unumstößlich aber wird diese Wahrheit, wenn wir sehen, dass die noch so mannigfaltig ausgebildeten knorrigen , stark verästelten und verknüllten Skelettkörper und die vielerlei Formen von Oberflächenkörpern der Tetracladinen, denen sich ihrer, ursprünglichen Anlage nach vielleicht noch die langen röhrenförmigen Stabnadeln an- schließen, sämmtlich einmal nichts weiter waren als einfache glatte Vierstrahler, die isolirt durch einander lagen wie bei den Pachastrellen ; bei den meisten der jetzt lebenden Formen ist das nur der Fall, so lange sie jung sind. Es steht aber mit den Grundprincipien der Descendenz- Jehre vollständig im Einklang, wenn wir annehmen, dass die Urahnen 7* 100 | Ludwig Döderlein, der Tetracladinen diesen jetzt embryonalen Charakter noch im ausge- . bildeten Zustande zeigten. Wir haben dann die Stellettiden-Gattung Pachastrella. Die Stellettiden haben auch noch andere Kieselkörperchen, die sich noch bei einzelnen Lithistiden erhalten haben : schlägt man: in Scumipr’s Spongienfauna des atlantischen Gebietes die Abbildung zu Pachastrella abyssi nach, so findet man hier ganz dieselben kleinen ellip- soidischen Körperchen, die bei vielen Lithistiden, so auch bei den japa- nischen Discodermien in so ungeheurer Masse die Oberflächenschicht durchsetzen; auch bei Pachastrella bilden sie die Rindenschicht, viel- leicht vertreten sie die Kugeln der Geodiden. Die für Pachastrella und andere Stellettiden charakteristischen kleinen Kieselsternchen hat Senmipr bei den Lithistiden nachgewiesen durch Auffinden von Doppel- sternchen bei Discodermia amphiaster, von denen sich die von CARTER bei Discodermia spinispirulifera und Dactylocalyx Masoni Bbk. aufge- fundenen, von ihm Spinispirula genannten Kieselgebilde kaum unter- scheiden dürften. Auch Spindelnadeln fehlen den Lithistiden ja nicht. Die Pachastrella ist somit fertig. Außerdem finden sich auch noch die Gabelanker der Stellettiden bei vielen Lithistiden. Zırrer’s Einwürfe gegen die Verwandtschaft der Tetracladinen mit seinen Tetractinelliden dürften nun vollständig beseitigt sein. Die Dif- ferenz in den Skelettkörpern ist keine fundamentale, wie er annimmt, sondern eine bei der phyletischen Entwicklung der Lithistiden allmäh- lich erworbene. Die Verwandtschaft stellt sich aber doch etwas anders als sonst angenommen wird. Die Pachastrella soll ja aus der Collectella entstanden sein; nun dürfte aber gerade das Umgekehrte stattgefunden haben: die Pachastrella scheint die Stammform, aus der erst durch weitere Ausbildung und Komplicirung der einfachen Vierstrahler die Tetracladinen hervorgegangen sind. Wenn auch diese Auffassung vom paläontologischen Standpunkt aus keine Unterstützung findet, so ist doch die Kenntnis der früheren Verbreitung der Spongien viel zu dürftig, als dass auf Grund der bisher bekannten Thatsachen von dieser Seite ein ernstlicher Einwand dage- gen erhoben werden könnte. Das unzweifelhafte Vorkommen von Pachastrella ist aus der Kreide nachgewiesen. In derselben Formation begegnen uns auch die ersten typischen Tetracladinen. Allerdings treten nun die ältesten Lithistiden bereits im Silur auf in Gestalt der Aulacopien, deren systematische Stel- lung bei den Tetracladinen zweifelhaft ist, während die ältesten Spuren von Tetractinelliden (Zırrer) erst aus der Steinkohlenformation stammen. Doch kann daraus keineswegs geschlossen werden, dass Lithistiden älter sind als Tetractinelliden. Das fest zusammenhängende Skelett macht Studien an japanischen Lithistiden. 101 | die Lithistiden ganz ungleich geeigneter zur Erhaltung in fossilem Zu- stande, als die Tetractinelliden mit ihren isolirten Nadeln, die nur unter ausnahmsweise günstigen Verhältnissen fossil sich erhalten konnten. Nach ZırreL »wird sich ein auch nur annähernd richtiges Bild von der ehemaligen Verbreitung der fossilen Monactinelliden und Tetractinelliden niemals aus ihren dürftigen Überresten herstellen lassen«. Somit dürfte von dieser Seite nichts im Wege stehen, wenigstens die Tetracladinen als die Descendenten der Stellettiden anzusehen. Für die übrigen Lithistiden haben es neuere Forschungen wahrscheinlich gemacht, dass sie alle direkt oder indirekt von den Tetracladinen her- zuleiten sind. O. Scumipr hat nachgewiesen, wie aus den Tetracladinen die Rhizomorinen sich entwickelt haben und neigt sich der Ansicht zu, dass ein solcher Vorgang wiederholt stattgefunden habe. Von den Rhi- zomorinen lassen sich dann die Megalomorinen ableiten. Kürzlich ist auch von G. Link (Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1883. II. Bd. p. 59 etc.) eine Anomocladine (Didymosphaera Steinmanni) aus dem Malm beschrieben worden, die direkte Beziehungen zu den Rhizomori- nen zeigt. Nach ibrer Trennung von den Stellettiden haben sich die Lithistiden in eine Reihe von Formen entwickelt, die der eigenthümlichen Kiesel- gebilde der Stellettiden zum Theil verlustig gegangen sind. So fehlen die charakteristischen Anker und Doppelanker einer großen Anzahl von Lithistiden, während nur sehr wenige Arten die kleinen Kieselsternchen bewahrt haben, die die übrigen ganz verloren, manche vielleicht auch nur umgebildet haben. “Die Spongienordnung der Tetractinelliden ist also wieder im ur- sprünglichen Marsnart’schen Sinne anzuwenden und begreift die Stel- lettidae, Geodinidae und Lithistidae in sich, deren Verwandtschaftsver- hältnisse folgendes Schema ausdrücken möge: Megamorina Anomocladina etialls Be, Rhizomorina Sk Tetracladina Geodinidae IR ger: Stelleitidae Weitere Forschungen an Lithistiden sind aber nöthig, um zu be- weisen, wie weit dies Schema der Wahrheit entspricht. Bei Unter- suchung an recentem Material ist nach meiner Ansicht ein besonderes. 102 Ludwig Döderlein, Augenmerk auf die Gestalt und Entwicklung der embryonalen Skelett- körper zu richten, die, wie ich zu zeigen bemüht war, in hervorragendem Maße dazu geeignet sind, Licht auf die Verwandtschaftsverhältnisse zu werfen. Straßburg, Januar 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel V. Fig. 1. Discodermia japonica. Nat. Größe. Exemplar mit einfacher Gabelung, Von den beiden Endsprossen (a, a) ist der größere auf dem Punkte sich in mehrere Sprosse auf einmal zu theilen. Das Exemplar zeigt zahlreiche Acastaknol- len (d,b), die bei c sich gehäuft und einen umfangreichen Auswuchs gebildet haben, Fig. 2. Discodermia japonica. Nat. Größe. Die die Oscula tragenden Scheitel der beiden Sprosse beginnen sich weiter zu theilen und zwar in je drei Theile. Fig. 3. Durchschnitt durch die Längsachse einer Discodermia japonica und durch die Längsachse eines daran sitzenden Acastaknollens (a). Natürl. Größe. Fig. 4. Discodermia calyx. Junges Exemplar; im Innern des Kelches bemerkt man verschiedene Oscula. Natürl. Größe. Fig. 5. Discodermia calyx. Größeres Exemplar. Natürl. Größe. Fig. 6. Discodermia vermicularis. Junges Exemplar. Man bemerkt die lappen- artigen Fortsätze, mit denen der Schwamm einem Steine aufsitzt, eben so die kno- tige Anschwellung an den Verzweigungen. Der Querschnitt bei a zeigt die Verthei- lung der Längskanäle. Natürl. Größe. Fig. 7. Discodermia vermicularis. Strauchartig verästeltes großes Exemplar. Bei a sind mehrere Äste verwachsen. Die Oscula sind von dieser Seite nicht sicht- bar. b zeigt krustirende Bryozoen, die den lebenden Schwamm überzogen. ge der natürl. Größe. Fig. 8. Seliscothon chonelleides. Am Rande des Schwammkörpers ist die Ober- fiächenschicht abgerieben. Natürl. Größe. Tafel VI. Gattung Discodermia. Fig. 4. Junge Skelettkörper in verschiedener Ausbildung; bei g beginnen sich die bis dahin einfachen Arme zu gabeln. Objektiv IIL!. Fig. 2. Junger Skelettkörper in eine Membran eingeschlossen, die an dem einen Augenblick in Kalilauge gekochten Präparate eine Zeit lang sichtbar war. Obj. III. Fig. 3—5. Junge Skelettkörper, deren Arme sich verzweigt haben. Obj. III. Fig. 6. Ausgewachsener Skelettkörper aus der Nähe eines Acastaknoliens. Obj. IH. Fig. 7—8. Andere Formen von Skelettkörpern. Obj. II. Fig. 9. Skelettkörper aus altem sehr engmaschigem Gewebe. Obj. II. Fig. 10. Zwei Skelettkörper aus der Umgebung eines Acastaknollens. Obj. I ! Diese wie die folgenden Abbildungen sind mit der Camera lucida gemacht, - mit Objektiven von SEIBERT und KrArFFT in Wetzlar, Studien an japanischen Lithistiden. 103 Fig. 44, Stark erweiterte Achsenkanäle in einem Skelettkörper. Obj. V. Fig. 42. In der Entstehung begriffene Vierstrahler, die jüngsten beobachteten Zustände darstellend. a und ce unter Obj. III, derselben Vergrößerung wie die übri- sen jungen Skelettkörper; 5b und d dieselben unter Obj. V; bei 5 sind die Achsen- kanäle der drei Strahlen schon sichtbar; d ist noch trichterförmig; e und f, jüngste Skelettkörper, bei denen die Achsenkanäle noch mit weiter Öffnung nach außen münden. Obj. V. Fig. 43—17. Junge Oberflächenkörper in verschiedenen Stadien. Fig. 47 zeigt den Nagel bis zur Spitze durchbohrt von einem weiten Achsenkanal. Obj. IH. Fig. 18—23. Verschiedene Formen von regelmäßig ausgebildeten Oberflächen- körpern. Fig. 18—21 unter Obj. III, Fig. 22 und 23 unter Obj. 1. Fig. 24—27. Formen von unregelmäßig ausgebildeten Oberflächenkörpern. Fig. 24 und 26 unter Obj. I, Fig. 25 und 27 unter Obj. II. Fig. 28—30. Oberflächenkörper, deren Scheibe Knoten und Fortsätze besitzt wie die Skelettkörper. Obj. Ill. Fig. 34 und 32. Oberflächenkörper mit verästeltem Nagel. Fig. 34 unter Obj. I, Fig. 32 unter Obj. III. Fig. 33. Fleischnadeln. a, Knotenstifte der äußersten Oberfläche; b, glatte Spindelnadeln des Inneren; c, ellipsoidische Körperchen in der Oberflächenschicht Obj. V, Tafel VII. Gattung Discodermia. Fig. 34. Ende eines Armes von einem erwachsenen Oberflächenkörper; innen das Mark, nach außen die glashelle Rinde mit koncentrischen Wachsthumsstreifen. Obj. V. Fig. 35. Junger Oberflächenkörper (= Fig. 44). Obj. VII. Imm. Fig. 36. Junges Gewebe von wenig verästelten Skelettkörpern mit weiten Maschenräumen aus der Nähe des wachsenden Scheitels von Discodermia japonica; dazwischen ein embryonaler Skelettkörper (a), der sich mit zwei Armen angesetzt hatte, während der dritte noch frei und unverzweigt ist. Obj. III. Fig. 37. Junger Skelettkörper (a), der sich mit drei Armen an ältere angesetzt hat. Die älteren Skelettkörper bilden die Begrenzung eines Kanales; bei einem der- selben (b) scheinen zwei Arme verkümmert zu sein. Obj. III. Fig. 37a. Gewebe aus einem Acastaknollen, aus ausgewachsenen sehr kleinen Skelettkörpern bestehend, die sehr enge Maschenräume bilden. Obj. III. Fig. 38. Gewebe vom Wurzeltheile, wie es unmittelbar dem Steine (links Be- rührungsstelle) aufsitzt, mit sehr engen Maschenräumen und umfangreichen Knäueln. Obj. II. Fig. 39. Gewebe, das den Basaltheil einer Acasta begrenzt. Die beiden stufen- förmigen Vorsprünge (aa) sind durch die Wachsthumsringe des Parasiten bedingt. Obj. II. Fig. 40. Inneres Gewebe mit Deckschicht in der ursprünglichen Lage. a, Ober- flächenkörper; b, Knotenstifte; c, ein Bündel langer Stabnadeln; d, Sarkodesäulen, die die Deckschicht mit dem inneren Skelette verbinden. Obj. I. Fig. 44. Ein Theil der Deckschicht. «, Oberflächenkörper; db, Knotenstifte; c, Sarkode mit ellipsoidischen Kieselkörperchen durchsetzt; d, Sarkodesäule, die nach dem inneren Skelett geht, mit glatten Spindelnadeln durchsetzt; e, das äußere ab- gebrochene Ende von einem Bündel langer Stabnadeln. Obj. III. 104 Ludwig Döderlein, Studien an japanischen Lithistiden. Fig. 42. Älteres Gewebe mit Sarkode erfüllt, darin ein junger Skelettkörper, der sich bereits an ältere angesetzt hat (a) und ein anderer viel jüngerer, dessen Arme. noch einfach sind und spitz enden (b). Obj. II. Fig. 43. Dünner Schnitt durch das innere Skelett, kreisförmige Höhlungen zeigend, die wahrscheinlich von Geißelkammern eingenommen waren. Obj. II. Seliscothon chonelleides. Fig. 44 und 45. Ältere hantelförmige Skelettkörper. Obj. II. " Fig. 46. Fig. 47. Fig. 48. Fig. 49. ragen. Halbkreisförmiger Skelettkörper. Obj. IH. Zierlich verzweigter Ast eines Skelettkörpers. Obj. V. Junger, noch sehr wenig verzweigter Skelettkörper. Obj. IH. Gewebe mit Maschenräumen, in welche lange dünne Fortsätze hinein- Die Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.) nebst Bemerkungen über die Familie der Sepioladen irn Allgemeinen. Von Dr. J. Brock in Göttingen. Mit einem Holzschnitt. Vor nicht langer Zeit hat STEENSTRUP uns mit zwei neuen inter- essanten Formen myopsider Dekapoden, Sepiadarium und Idiosepius bekannt gemacht!, welche der berühmte Kenner der Cephalopoden trotz mancher entgegenstehender Bedenken in den Verwandtschaftskreis der Sepia-Loligo-Gruppe gerechnet wissen will. Zweck des vorliegenden kleinen Aufsatzes ist es, die Mittheilungen STEEnstrur’s durch Beschrei- bung des bisher unbekannten Männchens einer dritten hierher gehörigen Form, der Sepioloidea d’Orb. zu ergänzen und daran anknüpfend, den abweichenden Ansichten Ausdruck zu geben, welche ich mir über die verwandtschaftlichen Beziehungen der drei genannten Genera gebildet habe. Wenn ich mir dann schließlich erlaube, noch einmal auf einige Betrachtungen allgemeineren Inhaltes zurückzukommen, die die Be- schäftigung mit der kleinen interessanten Familie der Sepioladen schon einmal bei einer früheren Gelegenheit in mir angeregt hatte?, so möge die mittlerweile gewonnene Erweiterung des Gesichtskreises diesen rein theoretischen Erörterungen zur Entschuldigung dienen. Wie aus verschiedenen Stellen des oben citirten Aufsatzes (p. 225, 226, 237) ersichtlich, sind STEEnstrup überhaupt nur zwei Exemplare der Sepioloidea lineolata d’Orb. aus europäischen Sammlungen be- kannt, nämlich das © Originalexemplar in der Sammlung des Pariser 1 J. STEENSTRUP, Sepiadarium og Idiosepius, to nye Slaegter af Sepiernes Fami- lie. Kgl. dansk. Vidensk. Selskab. Skrift. 6. Raekke, naturw. og math. Afdel. 1.3. Kjebenhavn 4881. { 2 J. Brock, Zur Anatomie und Systematik der Cephalopoden. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. p. 543. 106 | J. Brock, Jardin des plantes und ein zweites Exemplar im Museum GoDEFFROY in Hamburg, letzteres in einem so schlechten Erhaltungszustand, dass es STEENSTRUP nicht möglich war, das Geschlecht zu bestimmen. Unter diesen Umständen wird die Mittheilung nicht unerwünscht sein, dass sich in Göttingen allein zwei vortrefllich erhaltene Exemplare dieses seltenen Gephalopoden vorfinden, beide zu verschiedenen Zeiten (1867 und 1881) von Dr. Scuürte, dem die hiesige Sammlung schon so manche werth- volle Bereicherung zu verdanken hat, aus Sydney eingesendet. Das größere von beiden Exemplaren, ein Männchen, ließ noch die charak- teristische Längsstreifung des Rückens, auf die der Speciesname ge- gründet ist, deutlich erkennen, auch waren die schon von STEENSTRUP 1. ec. p. 226) genügend gewürdigten Hautporen sehr auffallend. Wäh- rend an dem kleineren Weibchen der vollständige Mangel einer inneren Schale, den schon p’Orsıcny vermuthete!, bestätigt werden konnte, lenkte sich bei dem weit größeren und besser erhaltenen Männ- chen die Aufmerksamkeit natürlich sofort auf den hectocotylisirten Arm. Die Ordnungszahl desselben bildet eine glänzende Bestätigung der auf den Mangel der Schale und die äußeren Charaktere gegründeten STEENSTRUP- schen Vermuthung, dass Sepioloidea nicht, wie man bisher annahm, seine nächsten Verwandten in Sepiola, sondern vielmehr in Sepiadarium und Idiosepius habe. Der hectocotylisirte Arm ist nämlich nicht ein Rücken- arm (resp. beide), wie bei Sepiola und Rossia, sondern ein Baucharm, nämlich der vierte linke, wie bei Sepiadarium und Idiosepius (hier das ganze vierte Paar) und seine Bildung ist, wenn auch höchst eigenthüm- lich, doch der entsprechenden bei Sepia ähnlicher, als der irgend eines anderen Gephalopoden. Länge und Umriss des Armes zeigen gegen die gewöhnlichen Arme keine auffallenden Verschiedenheiten, höchstens dass er etwas dicker und an der Spitze stumpfer erscheint. Die Veränderungen, deren Gesammtheit wir als Hectocotylisation bezeichnen, sind auf die obere Hälfte des Armes beschränkt. Hier tritt an der Innenseite des Armes, vom Rande durch einen leichten Längswulst getrennt, eine Reihe von etwa 20 einander parallelen, zur Längsachse des Armes quer gestellten rinnenförmigen Vertiefungen auf. Nach der Spitze zu werden diese Rinnen immer kleiner und seichter, nach dem Innenrande nehmen sie alle bedeutend an Tiefe zu und scheinen in grubige Einsenkungen zu münden. Etwas unterhalb dieser Vertiefungen (von der Basis nach der 1 »Point d’osselet interne ?« FERUssAc et D’OrBienv, CEphalopodes ac&tabuliferes, p. 240. Wie übrigens p’Orgıcsy zu dieser Vermuthung kommt, ist nicht klar, da er, ‚um das (einzige) Originalexemplar nicht zu verletzen, gar nicht nach der Schale ge- sucht hat (vgl. 1. c. p. 241, Anm. 3). ne nr er nun u — ne = Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb, (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.). 107 Spitze zu gerechnet) verschwinden die gewöhnlichen Saugnäpfe und machen ohne jeden Übergang kleinen konischen 'Papillen Platz. Diese Papillen, welche so klein sind, dass sie mit bloßem Auge nur bei günstigster Beleuchtung als feine weiße Punkte eben noch wahrzu- nehmen sind, ziehen in zwei unregelmäßig gestellten Reihen bis nahe zur Spitze; von Saugnäpfen ist keine Spur mehr an ihnen wahrzuneh- men. Bei näherer Betrachtung finden sie sich in leichte grubige Ver- tiefungen eingesenkt, welche sie wie ein Wallgraben umgeben; die der äußeren Reihe setzen sich unmittelbar in die Rinnen fort, so dass die Papillen am inneren Ende der Rinnen selbst zu stehen schei- nen. Im Ganzen betrachtet 3 ist die Übereinstimmung des rn D hi YG Bauplans dieses | hectocotyli- DE sirten Armes mit dem von : Sepia wohlunverkennbar, nur sind die hier regelmäßig ge- bildeten und gestellten Ver- tiefungen bei Sepia zu un- | regelmäßigen seichten Gruben geworden, die der ganzen Oberfläche der hectocotylisir- ten Ärmpartie ein genetztes schwammiges Wesen ver- leihen, und die numerische Reduktion der zu Papillen de- ill! \ \ N 7 N) IN 1 VAN S II —— > S ! gradirten Saugnäpfe ist noch sc ii viel weiter gediehen. _ 5 2 3 Es ist für mich also kein ii MD N Zweifel, dass die Hectocotyli- >> sation der Sepioloidea einen (Der Strich links bezeichnet die natür- neuen Beweis für die Zusam- Iele Sröße). mengehörigkeit der drei For- men Sepiadarium, Sepioloidea und Idiosepius bildet. Stimme ich in diesem Punkt mit STEEnstrup vollkommen überein, so ist es mir im IE: Übrigen nicht möglich, mich mit seinen Ansichten über die weitere Ver- wandtschaft dieser drei Genera zu befreunden. Alle haben nämlich außer dem Habitus einer Sepiola eine Reihe von wichtigen Charakteren aufzuweisen, welche sich unter den Dekapoden sonst nur noch in der kleinen Familie der Sepioladen (Rossia, Sepiola) finden. Dahin gehört die (immer mit Aufgabe des knorpeligen Nackenschließapparates kombi- 108 | J. Brock, nirte) häutig-muskulöse Kopfnackenverbindung (Sepioloidea, Sepia- darium), das Auftreten eines Musc. adductor pallii (Bride anterieure, Cuy.) bei Sepioloidea und Sepiadarium (vgl. STEenstrur, 1. c. Taf. I, Fig. 3), welchen Merkmalen sich noch andere zugesellen, die sich zwar nicht bei Rossia und Sepiola finden, dennoch aber für die Erkenntnis der ver- wandtschaftlichen Verhältnisse eine noch größere Wichtigkeit bean- spruchen, weil sie Fortschritte auf einer Entwicklungsbahn bedeuten, die schon von den typischen Sepioladen betreten ist. Indem ich mir vorbehalte, den Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung später zu erbringen (vgl. p. 110 u. fg.), nenne ich als solche Charaktere den gänz- lichen Verlust der Schale bei allen drei Genera, die seitliche Befestigung des Mantels am Trichter und den theilweisen (auf das g! beschränkten) Verlust der Trichterklappe bei Sepiadarium. Obgleich diese Besonderheiten, welche eben so viele Abweichungen von der Organisation der echten Sepio-Loliginiden bedeuten, von STEEN- sTrRUP wenigstens theilweise als solche anerkannt werden, sieht er sich doch veranlasst, die genannten drei Genera von den Sepioladen zu ent- fernen und zu den Sepio-Loliginiden zu bringen, und zwar einzig und allein auf die Hectocotylisation hin !, welche für ihn nach seiner eigenen Erklärung l. c. p. 220 ein »überaus wichtiges Hilfsmittel« für die Er- kenntnis der natürlichen Verwandtschaft der "Cephalopoden bildet. Während nämlich bei den typischen Sepioladen der (resp. die) heeto- cotylisirten Arme immer dem ersten Paar angehören, haben Sepioloidea, Sepiadarium und Idiosepius in Übereinstimmung mit Sepia, Loligo, Sepioteuthis etc. den vierten linken Arm (bei Idiosepius das vierte Arm- paar) hectocotylisirt. Es ist das eine allerdings seltsame Vermischung von Charakteren beider Gruppen, der Sepioladen und der Sepio-Loligi- niden, die einen vermittelnden Standpunkt unmöglich macht. Wir müssen uns entscheiden, ob für die Bestimmung der Verwandtschaft die Hectocotylisation oder alle übrige vergleichend-anatomische Merkmale maßgebend sein sollen. Nun halte ich es für unbestreitbar, dass, um letztere in diesem Fall mit Recht ignoriren zu können, der Nachweis geführt werden müsste, dass in allen übrigen oder doch wenigstens in vielen Fällen die Hecto- cotylisation allein zur Erkenntnis der wahren Verwandtschaft geleitet hat. Das dürfte aber auch nicht in einem Fall gelingen : im Gegentheil, die Hectocotylisation widerspricht oft schlagend der klarsten Verwandt- schaft. Wenig Formen sind unter den gesammten Gephalopoden näher : Denn die übrigen Merkmale, Art der Befestigung der Spermatophoren beim Q,Laich etc. können erst recht nicht in Betracht kommen und sind auch in die Hauptdiagnose nicht mit aufgenommen. Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.), 109 mit einander verwandt, als Argonauta und Philonexis, und doch ist der Hectocotylus bei Argonauta der linke, bei Philonexis der rechte. Wäh- rend die große Mehrzahl der Octopusarten den dritten rechten Arm hecto- cotylisirt haben, sind andere davon als Scaeurgus abgetrennt, nur weil bei ihnen der dritte linke hectocotylisirt ist! und eben so finden sich unter dem Genus Enoploteuthis Arten, wo der vierte rechte und solche, wo der vierte linke der hectocotylisirte Arm ist?. Den am schwersten zu entkräftenden Gegenbeweis gegen die systematische Wichtigkeit der Hectocotylisation bildet aber die Gattung Ommatostrephes, wo man an ein und derselben Art (illecebrosa ?) eben so häufig den vierten rechten, wie den vierten linken Arm hectocotylisirt findet. | Bei solchen Schwankungen in der Ordnungszahl des hectocotylisir- ten Armes an ein und derselben Species darf es nicht wundern, wenn auch die Anzahl der hectocotylisirten Arme sich nicht an die sonstigen Verwandtschaftsverhältnisse bindet. So ist bei Sepiodarium und Sepio- loidea nur dervierte linke Arm, bei dem nächstverwandten Idiosepius - aber das ganze vierte Armpaar hectocotylisirt, ein Verhältnis, das sich, auf das erste Armpaar übertragen, zwischen Sepiola und Rossia wie- derfindet. Endlich aber sind auch in dem Bau des hectocotylisirten Armes ge- meinsame Züge, welche einzelnen Gruppen eigen wären, kaum zu ent- decken. Die hectocotylisirten Arme von Enoploteuthis und der Octopodiden (Octopus, Eledone), also sehr weit aus einander stehender Genera, sind genau nach demselben Princip gebaut, während die von zwei so nahen Verwandten, wie Sepiola und Rossia, weitgehende Verschiedenheiten zeigen. Das beste Beispiel aber für die systematische Bedeutungslosigkeit des Baues des hectocotylisirten Armes bietet die kleine Gruppe, von der wir ausgegangen sind, Sepioloidea, Sepiadarium und Idiosepius. Alle drei Formen sind unzweifelhaft eng mit einander verwandt und doch ist der hectocotylisirte Arm bei allen dreien nicht nur ganz verschieden, sondern sogar nach ganz anderen Principien gebaut. Bei Sepiadarium finden wir an der Spitze ein System von Querbalken (STEENSTRUP, 1. c. ! TroscHEL, Bemerkungen über die Cephalopoden von Messina. Archiv für Naturgesch. Jahrg. XXIII. 1857: p. 51. 2 Craus, Über die Hectocotylenbildung der Cephalopoden. Archiv für Natur- geschichte. Jahrg. XXIV. 1858. p. 261. 3 A. E. VERRILL, Report on the Cephalopods of the northeastern coast of America. Rep. U. S. comm. fish and fisheries. Part. VII. 1879. Append. A. Nat. hist. Washington 1882. p. 292, 296. Für Omm, sagittatus vielleicht schon von STEEN- strup gesehen (Hectocotyldannelsen hos Octopodslaegterne Argonauta og Tremoc- topus oplyst etc. Kgl. dansk. Videnskab. Selsk. Skr. 5 Raekke, naturw. og mat. Afdel. B. 4. Kjebenhavn 1856. p. 200. Anm.). 110 3: Brock, p- 216, Fig. 4), die aus den verbreiterten Stielen der Saugnäpfe gebildet scheinen, bei Sepioloidea sind die Saugnäpfe zu kleinen Papillen umge- wandelt und der Arm an seiner inneren Seite von quer gestellten Fur- chen durchzogen, bei Idiosepius endlich sind, ähnlich wie bei Loliolus und Spirula, die Saugnäpfe bis auf einen einzigen an der Basis vollkom- men verloren gegangen. j Es erhellt aus diesen Beispielen also genugsam, dass die Hectoco- tylisation weder in Bezug auf die Zahl und Reihenfolge der umgebildeten Arme, noch in Bezug auf den Modus der Umbildung selbst sich irgend- wie mit den übrigen verwandtschaftlichen Beziehungen deckt. und ich stehe daher nicht an, im Gegensatz zu STEENSTRUP zu behaupten, dass die Hectocotylisation trotz ihres hohen morphologischen und physio- logischen Interesses für die Erkenntnis der natürlichen Ver- wandtschaft von keiner oder ganz untergeordneter Be- deutungist!. ; Wer geneigt ist, im Gegensatz zu STEENSTRUP unsere Auffassung anzunehmen, nach der die erwähnten drei Formen in nähere Bezie- hung zu Rossia und Sepiola zu setzen sind, für den lassen sich noch einige recht bemerkenswerthe Schlüsse allgemeineren Inhalts aus die- sem Verhalten ableiten. Schon früher nämlich war ich auf die kleine Familie der Sepioladen darum besonders aufmerksam geworden, weil mir ihre ungemein klar vorliegende Entwicklungsrichtung vom Stand- punkt der Descendenztheorie aus nach mehr als einer Richtung hin In- teresse zu bieten schien. Ich fand hier nicht nur die Erscheinung wieder, welche ich»Parallelentwicklung« genannt habe, nämlich das Auf- treten von gleichen Differenzirungsrichtungen »Entwicklungstendenzen«) bei verschiedenen, aber genetisch auf einen Ausgangspunkt zurückführ- 1 Ganz ähnlich hat sich übrigens schon früher CrAvs ausgesprochen (l. c. p. 261 Anm.). Wenn STEENSTRUP in Seinem schon erwähnten berühmten Aufsatz über die Hectocotylisation (deutsche Übers. Archiv für Naturgesch., 1856, p. 254) den Grund für die hohe systematische Bedeutung, welche er dem hectocotylisirten Arm bei- legt, in »seiner Wichtigkeit für die ganze Fortpflanzung« sieht, möchte ich mir dar- auf die Bemerkung erlauben, dass physiologische und morphologische Bedeutung eines Organes zwei grundverschiedene Dinge sind. Dass der Ort, an welchem die Weibchen die Spermatophoren aufnehmen, mit den Verschiedenheiten der Hecto- cotylisation in ursächlichem Zusammenhange steht, ist nicht zu bezweifeln, und die Beobachtungsgabe eines STEENSTRUP hat bier ebenfalls die interessantesten Ver- hältnisse aufgedeckt (vgl. Archiv für Naturgesch., 1856, p. 252 und J. STEENSTRUP, Hemisepius, en ny Slaegt af Sepia-Blaeksprutternes-Familie. Kegel. dansk. Vidensk. Selsk. Skr. 5. Raekke, naturw. og math. Afdel. Bd. X. 1875. p. 465). Diesen Dingen aber eine große systematische Bedeutung zuzuschreiben, kann ich mich noch weni- ger entschließen, wie auch VERRILL (l.c. p. 392 Anm.) sich dagegen ausgesprochen hat. Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.). 111 baren Entwicklungsreihen , sondern noch mehr, eine Vereinigung und Durchdringung von zwei Entwicklungstendenzen in einem Stamme, von denen jede allein für sich für ein verwandtes Phylum charakteristisch ist. Die gesammte Difierenzirung, welche innerhalb des kleinen Seiten- zweiges Rossia-Sepiola erkennbar ist, lässt sich nach ihren einzelnen Be- standtheilen in zwei Kategorien zerlegen, nämlich Entwicklungszüge, welche mit den nahe verwandten typischen Myopsiden und solche, welche mit den entfernter verwandten Octopoden getheilt werden. Als letztere wurden namhaft gemacht das Auftreten eines vorderen Mantelschließers bei Rossia, auf den bei Sepiola der Verlust des Nackenschließapparates und die Hautnackenverbindung des Kopfes folgt (nebst anderen anatomi- schen, hier nicht weiter zu berührenden Abänderungen, vgl. meine Arbeit p. 554 sqq.), wie auch die Reduktion der Schale auf die halbe Länge des Thieres bei beiden Genera, als erster Schritt zur Aufgabe derselben, ebenfalls als ein der Octopodenentwicklung angehöriger Zug aufgefasst werden muss. Ist nun auch diese Übereinstimmung mit der Entwicklung beider Phylen unverkennbar, so liegt doch auf der Hand, dass die Oetopoden auf dem eingeschlagenen Wege bedeutend weiter vorgedrungen sind. Sowohl in Bezug auf die muskulösen Mantel- und Kopfnackenverbin- dungen als auch auf die Reduktion der Schale (um bei diesen beiden charakteristischen Differenzirungen vorläufig stehen zu bleiben) finden wir bei den Octopoden auch in ihren niedrigsten Formen (Philonexiden, Cirrhoteuthis) fast immer schon das fertig, was in dem Sepioladen- Stamm erst schrittweise zögernd erreicht wird!. Die höchsten Formen der Octopoden aber (Octopus, Eledone) gelangen weit über das Ziel hin- aus, das den Sepioladen gesteckt scheint, wenigstens nach den bisher be- kannten Formen zu urtheilen. Ist nun unsere Voraussetzung richtig und diese Parallelentwicklung beider Phylen, der Octopoden und Sepioladen, kein Spiel des Zufalls, sondern auf tieferen Entwicklungsgesetzen beruhend, so müsste, ange- nommen, es gäbe unter den Sepioladen höher differenzirte Formen, als Rossia und Sepiola, die Organisation dieser Formen sich bis zu einem gewissen Grade theoretisch voraussagen lassen. Denn ist die Weiter- entwicklung wirklich die gleiche, wie bei den Octopoden, so haben ja die 1 So besitzt Rossia noch den Nackenschließapparat, der bei keinem Octopoden mehr erscheint, so finden sich die Trichterschließapparate, die bei den Sepioladen noch nicht angetastet werden, unter den Octopoden nur bei den Philonexiden und zwar in rudimentärer Form, so bilden die ihrer morphologischen Bedeutung nach unklaren Schalenüberreste der Cirrhoteuthiden die einzige Stufe, die bei den Octo- poden zum völligen Verlust der Schale herüberleitet, während Sepiola und Rossia es erst bis zur Reduktion auf die halbe Länge gebracht haben. 112 J. Brock, Sepioladen zunächst die Wegstrecke zurückzulegen, um welche die höheren Octopoden ihnen vorausgeeilt sind. So werden wir erwarten müssen‘, unter diesen hypothetischen Sepioladen Formen zu finden, bei denen Schale oder Trichterschließapparat vollständig verloren gegangen sind, oder bei denen (ähnlich, wie bei den Cirrhoteuthidae) zwischen Trichter und Mantel muskulöse Verbindungen sich entwickelt haben, oder bei denen endlich irgend eine ganz neue Octopodeneigenthümlich- keit sich herausgebildet hat, wie der für die Octopoden so charakteristi- sche Verlust der Trichterklappe. Es leuchtet ein, dass die drei neuen Genera Idiosepius, Sepioloi- dea und Sepiadarium !, und besonders das letztere, diesen Anforderun- gen in überraschender Weise genügen. Bei allen dreien vollständiger Verlust der Schale, von welcher nur noch bei Idiosepius ein Rudi- ment unbestimmter morphologischer Natur persistirt, bei Sepiadarium außerdem noch Verlust der Trichterschließapparate, Verwachsung des Mantels mit den seitlichen Trichterwänden und theilweiser Verlust der Trichterklappe. In Bezug auf letzteren treffen wir bei Sepiadarium eine interessante, bei den Octopoden bisher nicht vertretene Übergangs- stufe: die Klappe ist nicht beiden Geschlechtern, sondern nur dem gJ! verloren gegangen. Doch wird dieser seltsame Fund durch die schöne Beobachtung STEENsTRUP’s wieder verständlich, dass — wenigstens bei allen Myopsiden — die Klappe beim 9'1 schwächer entwickelt ist, als beim © und also auch der Tendenz, sie zu beseitigen, bei jenem früher als bei diesem weichen muss 2. | So sehen wir also, dass durch diesen neuen bedeutsamen Zuwachs zur Familie der Sepioladen, den diese drei Genera bilden, die merk- würdige Parallelentwicklung mit den Octopoden nicht allein bestätigt, sondern sogar in ein so helles Licht gesetzt wird, dass ihre thatsächliche Existenz wohl Niemand mehr zu leugnen wagen dürfte?. Im Einzelnen freilich sind diese neuen Genera selbst in den einzelnen Organsystemen auf so verschiedene Etappen des gemeinsamen Wegs stehen geblieben, ! Denen man als viertes vielleicht Stoloteutbis (Sepiola) leucoptera Verr. wird anreihen können (VERRILL, I. c. p. 375), ein Genus, das hei unzweifelhaft naher Ver- wandtschaft mit Sepiola doch durch den vollständigen Verlust der Schale auf eine entsprechend höhere Differenzirung hindeutet. 2 So fügen sich für den, der auf dem Boden der Descendenztheorie steht, alle diese Züge auch rein systematisch ganz ungezwungen in den Rahmen der Sepioladen- organisation ein, während sie in der Familie der Sepio-Loliginiden eben so viele fremde unverständliche Besonderheiten bilden würden. 3 Anhangsweise füge ich zum besseren Verständnis dieses Parallelismus zwei kleine Tabellen bei, welche die Differenzirungsrichtungen von zwei wichtigen Organ- systemen zu erläutern bestimmt sind. \ Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.), 113 dass es vorläufig besonders ohne Kenntnis des inneren Baues unmög- lich sein dürfte, ihre Verwandtschaft unter einander oder zu Ros- 4) Schale. Sepioladen Octopoden 4) Die Schale ist auf die halbe Länge Rossia des Rumpfes reducirt. Sepiola 2) Die Schale bis auf Rudimente ver-| Idiosepius |Cirrhoteuthi- schwunden. dae | 3) Die Schale ganz verschwunden. | Stoloteuthis |Philonexidae Sepioloidea | Octopodidae Sepiadarium 3) Schließapparate und Mantel-Kopf-Trichter-Verbindungen. Sepioladen Octopoden 4) Knorpeliger Trichter- und Nacken-| Idiosepius schließapparat intakt. 2) Auftreten des Musc. adduct. pall. Rossia 3) Nackenschließapparat verschwin-| Sepiola det, zwischen Kopf und Mantel entwickeln| Sepioloidea sich häutig-muskulöse Verbindungen. 4) Der Mantelantheil des Trichter- Philonexidae schließapparates wird rudimentär. Ste: Parasira 5) Auch der Trichterantheil des Tremoctopus Trichterschließapparates rudimentär. violaceus N 6) Der Trichterschließappart ganz Octopus, Ele- ° verschwunden. done 7) Zwischen Trichter und Mantel| Sepiadarium (Ähnlich bei haben sich seitliche Verbindungen ent- Cirrhoteuthis, wickelt. dem aber der Musc. adduc- tor pall. fehlt.) In Bezug auf den Nackenschließapparat von ldiosepius möchte ich bemerken, dass ich seine Existenz aus dem Umstande folgere, dass der ganze dorsale Mantel- rand noch frei ist. Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. XL. Bd. 8 114 J. Brock, sia und Sepiola näher festzustellen. Jedenfalls steht Idiosepius, welches Genus weder Kopfnackenverbindung noch Mantelschließer entwickelt hat, in diesen Charakteren am tiefsten, noch unter Rossia, welche von Idio- sepius aber wieder durch völliges Aufgeben der Schale in diesem einen Punkte weit überholt ist; Sepioloidea stände Sepiola gleich, wenn ihr der Mangel der Schale nicht eine bedeutend höhere Stufe anwiese, über die aber Sepiadarium noch ein beträchtliches Stück hinausgekommen ist. Sepiadarium, das nicht nur Schale und Schließapparate, sondern auch theilweise die Trichterklappe eingebüßt, dagegen seine muskulöse Ver- bindungen zwischen Kopf und Mantel noch durch entsprechende Trichter- verbindungen verstärkt hat, bildet gegenwärtig den äußersten Vorposten der Sepioladen in der Octopodendifferenzirung !. Die zweite »Parallelentwicklung«, welche wir bei den Sepioladen nachweisen konnten (vgl. Brock, |. c. p. 554), die mit dem geraden Myopsidenstamme (Loligo-Sepia) gleichlaufende, dürfte von den neuen Formen vielleicht auch weitere Bestätigungen zu erwarten haben, sobald erst deren innere Organisation bekannt sein wird. Vorläufig lassen sich als weitere Annäherungen an die Sepio-Loliginiden nur zwei Punkte ' namhaft machen, die Hectocotylisation und die Bildung der Trichter- schließknorpel, welche sich von der als typisch anzusehenden Form einer schmalen Rinne ?, wie noch Sepiola und Rossia sie zeigt, bei Idiosepius "und Sepioloidea zu einem ohrförmigen Gebilde weiter entwickeln, wie es in ähnlicher Weise bisher nur von Sepia bekannt war. Wie schon ge- sagt, halte ich es aber für wahrscheinlich, dass eine nähere Bekanntschaft mit der Anatomie, vorzüglich der Verdauungs- und Geschlechtsorgane hier noch weitere Übereinstimmungen zu Tage fördern würde. Als ich vor nunmehr fast zweiJahren aufdie eigenthümliche Erschei- nung der Parallelentwicklung mit verwandten Stämmen bei der kleinen Familie der Sepioladen aufmerksam wurde, hätte ich gern mir darüber Gewissheit verschafit, in wie weit wir es mit einer allgemein verbreite- ten Erscheinung zu thun haben. Ich habe seitdem nicht versäumt, auf bezügliche Äußerungen in der Litteratur zu achten und bin jetzt in der Lage, die Aussprache zweier angesehener Autoren zu meinen Gunsten i Ich vermeide es absichtlich, auf die ähnlichen Entwicklungserscheinungen einzugehen, welche sich bei den Loligopsiden finden, weil diese Gruppe noch in je- der Hinsicht zu schlecht bekannt ist, um aufiihr Verhalten weitere Schlussfolgerungen gründen zu können. Immerhin ist es leicht möglich, dass einzelne für die Octopo- den charakteristische Differenzirungen hier zum dritten Mal unter den CGephalopo- den unabhängig von einander realisirt worden sind. 2 Vgl. Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Begkaldphrien! Morphol. Jahrb. Bd. VI. 4880. p. 39 des Separatabdr. Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim),. 115 anführen zu können, welche schon vor mir, aber auf gleicher Basis, wie ich, nämlich durch die genaue Untersuchung kleiner in sich abgeschlos- sener Formenkreise zu Resultaten gelangt sind, die in der bemerkens- werthesten Übereinstimmung mit den meinigen stehen. Meine beiden Gewährsmänner sind Paläontologen, bewegen sich also auf einemBoden, wo wenigstens die zeitliche Aufeinanderfolge der genetisch mit einander verknüpften Formen dem Gebiet der Theorien größtentheils entrückt ist. Der erste, welchen ich an dieser Stelle anführe, ist W. Kowa- ıevskY!. Derselbe kommt in seiner klassischen Monographie der fossi- len Ungulaten zu dem Schluss (p. 195), dass in den beiden Zweigen der Paridigitaten, den Schweinen und den Wiederkäuern, in Bezug auf die Reduktion des Skeletts bis auf die recente Periode eine ganz »evi- dente« Parallelentwicklung herrscht, in welcher die letzteren den erste- ren (ganz ähnlich wie die Octopoden den Sepioladen) um ein Stück voraus sind. Ja noch mehr: gestützt auf die große Übereinstimmung in der Entwicklung beider Gruppen scheut unser Autor nicht vor dem kühnen Ausspruch zurück, dass die Schweine mit der Zeit sich auch wohl dem Wiederkäuen angepasst und auch Hörner bekommen haben würden, wenn der Mensch nicht durch Domestication störend in ihren Entwicklungsgang eingegriffen hätte. »Der Zweig der Suiden,« so sagt er (l.c. p. 195), ventwickelt sich ... ganz parallel ihrer Schwester- gruppe. Es öffnen sich dem Organismus auch zwei Wege zur Reduk- tion der Extremitäten ; der Culminationspunkt auf dem inadaptiven Wege war schon im Untermiocän in der Form von Entelodon erreicht, mit dem die inadaptive Gruppe auch erlischt, durch die rasche Entwick- lung der adaptiven Genera verdrängt. Was die adaptive Reduktion der Suiden betrifft, so konnten wir alle Stufen derselben genau verfol- gen, wobei ihr Parallelismus mit der selonodonten Gruppe evident ist. Fügen wir noch hinzu, dass die Organe der Verdauung auch nicht stille standen, sondern sich an eine mehr ausschließliche Grasnahrung und an die Rumination anpassien, so dass wir endlich bei Dicotyles einen dreitheiligen Magen treffen, der nicht sehr viel von dem dreitheili- gen Magen eines Tragulus verschieden ist. Kann man bei alledem zwei- feln, dass die Suinengruppe die Reduktion der Extremitäten auch weiter führen würde und dass die Rumination bei ihr mit der Zeit eine voll- ständigere geworden wäre, wenn diese Thiere eine freie Entwicklung befolgen könnten? Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass, wenn der Mensch nicht in der Miocänperiode, sondern in der postquater- ıW. KOWALEVSKY, Monographie der Gattung Anthracotherium Cuv. und Ver- such einer natürlichen Klassifikation der fossilen Hufthiere. Palaeontographica. Bd. XXII. 1873—1876. p. 431. s* 116 J. Brock, nären auf der Erde erschienen wäre, er in der Gruppe der Suinen Ge- stalten angetroffen hätte, die gänzlich parallel zu den heutigen Ruminan- ten stehen möchten; er würde freilich auch höckerzähnige Ruminanten sehen, wie er jetzt lobenzähnige sieht. Ob die Hörner bei solchen bunodonten Ruminanten sich entwickeln möchten, ist als sehr wahr- scheinlich zu bezeichnen, wenn ihnen die Verhältnisse eine freie Ent- wicklung auch nach der kompleten Reduktion der Extremitäten gestat- ten würden. Das Auftreten des Menschen aber und seine Entwicklung in der recenten Periode, in welcher er mit allen Mitteln, welche die Ci- vilisation in seine Hände drückt, gegen das Thierreich zu Felde zieht, konnte nicht ohne Einfluss auf die Entwicklung vieler Gruppen der Un- gulaten sein.« An dieses Factum der Parallelentwicklung weitere Betrachtungen anzuknüpfen,, vermeidet Kowarzvsky augenscheinlich. Wenn er auch stellenweise (l. c. p. 146, 457 etc.) Ausdrücke, wie »Tendenz«, »Hang« zur Reduktion gebraucht, wenn er auch einmal (l. c. p. 185) von »la- tenten Kräften oder Möglichkeiten im Organismus« spricht , »welche jede vortheilhafte Einrichtung sogleich verwerthen und weiterführen«, so scheint er nach vielen Andeutungen sich doch mit der Annahme zu be- gnügen, dass die Anpassung an gleiche Lebensbedingungen zur Erklä- rungder merkwürdigen Entwicklungsparallele zwischen Schweinen und Wiederkäuern vollständig ausreiche. Der Möglichkeit einer begrenz- ten Variationsfähigkeit wird nie gedacht, und doch meine ich, dass gerade hier ein ausgezeichnetes historisches Beispiel für die that- sächliche Existenz einer solchen vorliegt. Während die von Kowı- LEVSKY so genannte inadaptive Entwicklungsreihe alle Variationsmöglich- keiten innerhalb des Reduktionstypus der Extremitäten erschöpft, wird doch über diesen Typus nie herausgegriffen. Reduktion ist das oberste und einzige Gesetz, das die Entwicklung des Skeletts der Hufthiere vom ältesten Tertiär bis auf die Gegenwart beherrscht: innerhalb des Typus der Reduktion unbegrenzte Breite der Variation, über die Reduktion hinaus keine Variation. Freilich sagt KowaLevs&y ganz richtig, dass, sobald die Extremitäten ausschließlich als Stützorgane gebraucht wurden, die Reduktion den einzigen vortheilhaften Weg zur Weiterentwicklung bil- dete. Dagegen ist gewiss nichts einzuwenden, aber wenn innerhalb der Grenzen der Reduktion die Variationskraft des Stammes sich als stark genug erweist, einer großen Anzahl lebensunfähiger Formen (den soge- nannten inadaptiven Genera) bis zu ihrer Verdrängung durch besser angepasste Konkurrenten zu einem kurzen Dasein zu verhelfen, warum sehen wir, wenn die Variationsfähigkeit unbegrenzt sein soll, unter den Hufthieren niemals Formen auftreten, welche desshalb bald wieder ver- Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.). 117 schwinden, weil ihre Extremitäten nach einem anderen Typus, als dem der Reduktion, in unzweckmäßiger Weise abänderten? Die Sache liegt für mich vielmehr so, dass für die ältesten Ungulaten allerdings die An- passung an die Funktion der Extremität als Stützorgan für das baldige Zurücktreten aller übrigen Abänderungen gegen die reduktiven bestim- mend geworden ist, dass dann aber die »Tendenz« zur Reduktion als solche auf die Nachkommen vererbt wurde, und so also durch Verer- bung die Fähigkeit, außerhalb der Grenzen der Reduktion zu variiren, allmählich ganz verloren ging, während umgekehrt die Neigung zum Variiren innerhalb des »Entwicklungstypus« (der Reduktion) immer mehr erblich verstärkt wurde und immer leiseren äußeren und inneren Anstößen gehorchte. Der zweite Autor, auf den ich mich an dieser Stelle berufe, Hyarr!, lässt es im Gegensatz zuKowaArevsky an Auseinandersetzungen über seinen theoretischen Standpunkt nicht fehlen. Hyarr hat seine Erfahrungen zwar schon früher an Ammoniten, hauptsächlich aber neuerdings an der Planorbis multiformis des Steinheimer Beckens gemacht, an einer Form also, welche durch die so heftig befehdeten Hırsrnnorr'schen Unter- suchungsergebnisse in der Geschichte des Darwinismus schon eine ge- wisse Berühmtheit besitzt. Hyarr ist erstaunt über den Parallelismus, welchen die vier Entwicklungsreihen, in die sich Planorbis levis, die Stammform des Steinheimer Beckens, spaltet, zeigen. Es lassen sich hier verschiedene »Entwicklungstendenzen« mit Leichtigkeit nachweisen (Thürmung der Gehäuse, wachsende Vertiefung des Nabels, Abplattung der Windungen, Auftreten von Längsfurchen, Kielen und Querrippen, Größenzunahme etc.), welche in den verschiedenen Entwicklungsreihen zu wiederholten Malen zum Ausdruck gekommen sind und eine mehr oder minder vollkommene Parallelentwicklung der einzelnen Reihen bedingen, deren charakteristische Eigenart nur durch die Stärke, in welcher die Entwicklungstendenzen auftreten und ihre verschiedene Kombination noch einigermaßen gewahrt wird. Die sehr charakteristischen theoretischen Anschauungen des Verfas- sers ziehe ich vor, in freier Übersetzung wiederzugeben, weil ich so noch am ersten im Stande zu sein glaube, die Nachtheile der dunklen und oft schwer verständlichen Ausdrucksweise des Verfassers einigermaßen wie- der auszugleichen. Nachdem er den Parallelismus in der Entwicklung zwischen genetischen Reihen derselben Abstammung mit den parallelen Entwicklungsreihen zwischen Individuen derselben Abstammung vergli- chen hat, suchteer für beide einen gleichen Grund nachzuweisen (l.c.p.18). 1 A. Hyatt, The genesis of the fertiary species of Planorbis at Steinheim. Anniv. mem. Boston soc. nat. hist. 1880. 118 sr deBrock, »Wir können diese bemerkenswerthe Übereinstimmung zwischen den Ah- änderungen, wie sie die Formen in ihrer Reihenfolge in nahestehenden oder verwandten Entwicklungsreihen uns vorführen, und die Metamorpho- sen des Individuums nur verstehen, wenn wir sie aus einer gemeinsamen Ursache erklären. Die Thatsache, dass beim Wachsthum des Individuums die Größenzunahme und jede beliebige andere Wachsthumserscheinung auf einen Überschuss in der Nahrungsassimilation über das Quantum, was zur Deckung der Stoffwechselverluste nöthig ist, zurückzuführen ist, beweist schon allein, dass eine Kraft im Organismus thätig ist. Die Wirkung dieser angeborenen Kraft (»innate power«) des Organismus ist darum von fundamentaler Bedeutung und sie liegt allen erdenklichen Abänderungen, mit Ausnahme der rein retrograden zu Grunde, es ist klar, dass dieselbe Kraft, welche die letzte Ursache des Wachsthums ist, auch alle progressive Abänderungen veranlasst.«.......... »Wenn wir die Gegenwart dieser unbekannten Kraft im Organismus auf die Erklärung der charakteristischen Züge der Entwicklungsreihen anwenden, sind wir überrascht, mit welcher Leichtigkeit alle Erschei- nungen der Parallelentwicklung verständlich werden. Durch Zurück- gehen auf die Wachsthums- und Entwicklungsgesetze wird der Natur- forscher befähigt, zu erklären, woher es kommt, dass ...... alle Formen und charakteristische Typen der progressiven Entwicklungs- reihen in jeder Reihe in ähnlicher Ordnung auf einander folgen und so jedes Mal unabhängig von einander eine ähnliche parallele Folge von Formen und Typen hervorbringen ...... ‚ woher es kommt, dass verschiedene Tendenzen, eine zur Erzeugung progressiver, die andere zur Erzeugung retrograder Merkmale in den retrograden Entwicklungs- reihen in verschiedener Mischung und Stärke, je nach der Reihe er- scheinen, warum endlich in der That die ganze Reihe der Abänderungen in einer ganzen Gruppe und ihren einzelnen Zweigen annähernd mit dem Leben eines Individuums verglichen werden kann. Die Überein- stimmungen der thierischen Entwicklungsreihen erscheinen dann im Vergleich zu einander, wie die Übereinstimmungen in der Entwicklung nahe verwandter Individuen und, wie ihr Parallelismus im Wachsthum oder in Alter und Krankheit, alle abhängig von der Kraft der erblichen Bildung binheritable constitution«), welche das Thier allein befähigt, aus einer günstigen Umgebung Vortheil zu ziehen oder den Wirkungen ungünstiger äußerer Einflüsse mit mehr oder weniger Erfolg zu wider- stehen. In allen Fällen müssen die Individuen und die Entwicklungs- reihen Wachsthumsveränderungen nach gewissen Entwicklungsprinci- pien (»lines of modification«) durchmachen, von denen folgerichtig anzunehmen ist, dass wir sie eines Tages mit derselben Sicherheit Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.), 119 werden im Voraus bestimmen können, als wir jetzt die Abänderungen eines Individuums einer bestimmten Species vorauszusagen im Stande sind. « »Der Parallelismus zwischen den Species oder Formen in den ver- schiedenen Entwicklungsreihen beruht übrigens auf Charakterzügen, welche, wie oben bemerkt, weder von Planorbis levis ererbt sind, noch von einer ihr vorausgegangenen Form vererbt sein können, da sie in den Formen einer jeden Entwicklungsreihe unabhängig von einander auf- treten. Dieses Verhalten lässt an der Richtigkeit der obigen Annahme der unumschränkten Wirksamkeit eines inneren Entwicklungsgesetzes zweifeln und legt folgende Frage nahe: Sind diese Parallelentwick- lungen einfach Anpassungen und ist es möglich, sie direkt auf die Ein- wirkungen einer gleichen äußeren Umgebung auf die Glieder der ver- schiedenen Entwicklungsreihen zurückzuführen? Eine Antwort darauf kann auf Grund der Steinheimer Verhältnisse kaum gegeben werden, indessen finden sich doch Anzeichen, dass hier, wie in anderen Gruppen, diese parallel laufenden charakteristischen Differenzirungen nicht von ähnlichen Einflüssen der anorganischen Umgebung abhängen. So tre- ten, wenn meine Beobachtungen richtig sind, die niedrigeren Formen wahrscheinlich in der ersten Periode auf, und nur ein Theil von ihnen, der Planorbis trochiformis, in der vierten Entwicklungsreihe, während die Formen der ersten Entwicklungsreihe und ihrer drei Unterreihen in den Grubenablagerungen der zweiten Periode gleichzeitig mit dem Pla- norbis crescens der zweiten Entwicklungsreihe erscheinen. Die physi- kalischen Einflüsse, welche, wenn nach den Ablagerungen ein Urtheil möglich ist, wahrscheinlich sehr verschiedene waren, scheinen darum nicht die Ursache der Vertretung paralleler Formen in den einzelnen Entwicklungsreihen gewesen zu sein. Zum Glück ist indessen die Er- scheinung der Parallelentwicklung im Thierreich eine ganz allgemeine, und wir können zur Lösung dieser Frage den Blick darum auch anders wohin richten. Ich habe eine große Anzahl von Ammonitenspecies be- schrieben und in keinem Fall war es möglich, das unabhängige Auftreten ähnlicher Formen in verschiedenen Entwicklungsreihen auf ähnliche physikalische Einflüsse der Umgebung zurückzuführen. Im Gegentheil, die merkwürdigsten Fälle von Parallelentwicklung traten häufig in Ent- wicklungsreihen auf, die verschiedenen Formationen und Faunen ange- hörten, gerade wie der merkwürdige Parallelismus zwischen den Beutel- thieren und den übrigen Säugern.« Nachdem dann Hyarr weiter ausgeführt hat, dass Planorbis levis im Steinheimer Becken seine ganze Variationsfähigkeit erschöpfen konnte, weil Mitbewerber im Kampf ums Dasein völlig fehlten, dass desshalb 120 J. Brock, Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.). aber auch gerade die inneren Entwicklungsgesetze, welche seine Varia- bilität beherrschten, in dem Parallelismus der Descendenzreihen unge- trübt zum Ausdruck kommen mussten, gelangt er zu dem Schluss, dass der Kampf ums Dasein und das Überleben des Stärkeren zwar Gesetze sind, aber nur sekundäre, welche auf die inneren Entwicklungsgesetze »aufgepfropft« (grafted) sind und von ihnen in allen ihren Äußerungen beherrscht werden. Das Gesetz der natürlichen Zuchtwahl, sagt er dann weiter, fordert bei einem Organismus und seinen Nachkommen die Ten- denz zu unbegrenzten Abänderungen, und eine eben so schrankenlose Zuchtwahl hält unter diesen unzähligen Abänderungen ihre Auslese. »Die Wahrheit ist aber, so weit meine Forschungen reichen, dass eine unbegrenzte Variabilität überhaupt bei keiner Species existirt (that there is no such thing as undefinite or unlimited variation in any Species). Vielleicht mag man die Variationen für unzählig erklären, aber unbe- grenzt sind sie nicht.« So weit Hyarr. Ich nehme Abstand, ihm noch weiter in die Er- örterung der Gesetze zu folgen, welche die Grenzen der Variabilität be- stimmen, als für unsere Zwecke ohne unmittelbares Interesse. Man sieht, dass Hyarr’s Erklärungsversuche verhältnismäßig radikaler Natur sind. Er begnügt sich nicht mit der Annahme einer begrenzten Varia- tionsfähigkeit, sondern glaubt wieder zur Erklärung dieser, wie über- haupt aller Erscheinung der individuellen wie der phyletischen Entwick- lung auf präformirte unbekannte innere Entwicklungsgesetze zurück- greifen zu müssen, welche das Verhalten des Organismus zur Außenwelt im weitesten Sinne des Worts reguliren. Bei dem jetzigen klar bewussten Streben der Naturwissenschaften, mechanische Momente als einziges Kausalitätsprincip zuzulassen, dürfte Hyarr wenig Beifall finden. Und mit Recht, denn seine Erklärung ist unnöthig und überflüssig. Wohl giebt es ein inneres Entwicklungsgesetz , aber dieses Gesetz ist die begrenzte Variationsfähigkeit selbst; in ihr haben wir keine von Anfang an vorhandene immanente Qualität des Organismus uns zu denken, sondern nur eine Beschränkung der ursprünglichen Fähigkeit zu unbegrenzter Abänderung, welche allmählich erst erworben und durch Erbschaft befestigt wurde. Göttingen, im September 1883. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. Von Dr. August Gruber, außerord. Professor der Zoologie in Freiburg i. B. Mit Tafel VIII und IX. Nachdem in letzter Zeit Werke erschienen sind, welche unsere Kenntnisse über Kern und Kerntheilung bei vielzelligen Pflanzen und Thieren in vollkommener Weise zusammenfassen !, möchte es geboten erscheinen, auch für die einzelligen Organismen eine ähnliche Übersicht zu geben und speciell die Kernverhältnisse der Protozoen denjenigen der Metazoen gegenüber zu stellen. Ich hatte die Absicht gehabt, dies in möglichst ausführlicher Weise zu thun, bin aber wieder davon zurückgekommen, da ich mich über- zeugt habe, dass unsere Kenntnisse auf diesem Gebiet, besonders was die Kerntheilung betrifft, doch noch zu unvollkommene sind, als dass es sich lohnen würde, jetzt schon eine eingehende Schilderung davon zu geben. ‚Es mag daher vorläufig auf die vorzüglichen Darstellungen hinge- wiesen werden, welche BürscaLı in der Neubearbeitung von Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs? und früher schon in seinen Studien® von den Kernen der einzelnen Protozoenordnungen gegeben hat, so wie auf die Artikel im Journal de micrographie (1882. Bd. VI), welche Barsıants Vorträge über Protozoen behandeln. Ich will mich dagegen hier mit einer theilweisen Wiederholung und anderen Anordnung jener Angaben begnügen, und zwar hauptsächlich 1 STRASSBURGER, »Zellbildung und Zelltheilung«. 3. Auflage. Jena 4880. — FLEm- MInG, Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung. Leipzig 1882. 2 Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Die Protozoen v. O. BütscaLı. 3 Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle etc. Abhandl. der SENCKENBERG’SChen naturf. Gesellsch. Bd. X. 1876. 122 August Gruber, in der Absicht, einige neue, und wie ich hoffe, nicht ganz uninteressante Thatsachen in einen passenden Rahmen zu bringen. Es mögen zunächst die einzelnen Ordnungen gesondert betrachtet, und dann erst am Schlusse etwaige vergleichende Betrachtungen angestellt werden. Die Rhizopoden. Die Kerne der Rhizopoden haben eine ziemliche Mannigfaltigkeit aufzuweisen, es ist aber bei ihnen doch ein Typus weitaus der vor- herrschendste, nämlich der sogenannte »bläschenförmige Kern«. Man nterscheidet an einem solchen Nucleus eine mehr oder weniger deut- liche Kernmembran, einen hellen, scheinbar homogenen Kernsaft und in demselben suspendirt meist ein oder mehrere Kernkörperchen. Diese Kerne finden wir schon bei den niedersten myxomyceten- artigen Plasmodien und es mag daher nicht ungerechtfertigt erscheinen, wenn BürscaLr |l. c.) diese Gestalt des Kernes für die ursprüngliche hält. Doch glaube ich nicht, dass wir uns das erste Erscheinen geform- ter Kernsubstanz bei den Rhizopoden gleich in Gestalt eines regulären Kerns zu denken haben, sondern ich vermuthe, dass ein Stadium vor- ausgegangen ist, wo kleine Körner von Kernsubstanz durch das ganze Protoplasma zerstreut lagen und, dass diese erst später zur Bildung eines eigentlichen Nucleus zusammengetreten sind. In der That giebt es auch Organismen, wo solche Verhältnisse existiren, wie z. B. bei einigen von Maupas beschriebenen Formen !, bei dem sehr niedrigstehenden Tricho- sphaerium Sieboldii (Pachymyxa hystrix)2, und wahrscheinlich bei einer von mir im Hafen von Genua gefundenen Pleurophrys (P. genuensis). Bei diesen allen findet man kleine sich stark färbende Kügelchen durch den Körper vertheilt. Auch bei Rhizopoden, welche sonst reguläre Kerne umschließen, findet man manchmal neben diesen noch kleinste Körn- chen von Kernsubstanz, worauf C. Branpr bei Amoeba proteus schon früher aufmerksam gemacht hat®, und was zu bestätigen ich selbst öfters Gelegenheit hatte ®. Ich möchte nun auf einige besonders typische Repräsentanten der Rhizopoden mit bläschenförmigem Kerne aufmerksam machen, z. B. auf Comptes rendus. Tome 89, GRUBER, Beobachtungen über einige Protozoen. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. S. Biol. Centralbl. 4. Jahrg. p. 203. BrAxDT spricht sich in einem Referart im biolog. Centralblatt (Jahrg. III. Nr. 13) dahin aus, als hätte ich die Kernnatur der besagten Körner geleugsnet. Es kann dies aus meiner nicht ganz genauen Ausdrucksweise hervorgehen, während ich thatsäch- lich die »stark lichtbrechenden Kügelchen«, die sich gar nicht färben, nicht mitjenen _ kleinsten Kernbestanditheilen verwechselte. Letztere erwähnte ich in meiner Arbeit überhaupt nicht [diese Zeitschr. Bd. XXXVIM). ww 1 Hs r Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 123 das Platoum stercoreum Cienk., welches bekanntlich an seinem Hinter- ende im Schalengrunde einen runden oder ovalen Nucleus einschließt, der bei diesem Rhizopoden meist außerordentlich deutlich hervortritt. Am frischen Kerne fällt der stark lichtbrechende helle Kernsaft auf. von welchem sich der Nucleolus besonders deutlich abhebt (Fig. 1); wendet man Reagentien an, so bleibt die Gestalt des Nucleus erhalten, die Kern- membran löst sich nicht ab und das Innere färbt sich in verschiedener Weise: Der Kernsaft nämlich bleibt heller, ist aber nicht mehr homo- sen, sondern fein granulirt, das Kernkörperchen dagegen saugt den Farbstoff begierig auf und erhält sofort eine dunklere Färbung (Fig. 2). Wir können demnach sagen, dass die achromatische Substanz gelöst im Kernsaft enthalten ist, während die chromatische im Nucleolus koncen- trirt liegt. Es scheint, dass dieser der einzige Träger derselben ist, da in seiner Umgebung weder Fäden noch Körner von dunklerer Färbung zu bemerken sind; d. h. ein Kerngerüst ist bei diesem Nucleus nicht vorhanden. Der Nucleolus ist aber kein homogenes Gebilde, sondern besteht selber wieder aus einer Menge von Körnchen und Kügelchen, welche ein so festes Konglomerat bilden, dass sie oft kaum nachzuweisen sind. Ich glaube, dass bei den meisten Rhizopodenkernen mit einfachem centralen Nucleolus dieser eine solche Zusammensetzung zeigt und da- durch zu jenen Kernformen hinführt, welche zeitweise oder immer eine große Anzahl kleiner Nucleoli umschließen. Noch möchte ich hier den Kern von Arcella anführen, da auch dieser äußerst klar den bläschen- förmigen Bau zeigt, wie ein Blick auf die Fig. 3 und 4 lehrt, von wel- chen Fig. 3 den lebenden, Fig. 4 den gefärbten Kern darstellt. Auch hier tritt mit der Anwendung der Konservirungsmittel eine körnige Be- schaffenheit des Kernsaftes auf, die den Eindruck macht, als wäre sie nur ein Produkt der Reagentien, ein durch dieselben hervorgerufener Niederschlag und nicht der Ausdruck für präformirte körnige Bestand- theile der chromatischen Substanz. Auch hier wird eine Anordnung irgend welcher Theile zu Fäden oder Netzen vollkommen vermisst. Etwas verschieden verhält sich ein anderer Kern in Bezug auf seine feinste Zusammensetzung, obgleich er im Leben gar keinen Unterschied mit den eben beschriebenen aufweist. Es ist dies der Nucleus einer Amöbe, die schon seit geraumer Zeit in einem kleinen Glasbehälter auf dem hiesigen zoologischen Institut lebt und zwar in dem vegetabilischen Überzug, welcher sich an den Wänden des Gefäßes angesetzt hat. Die- selbe gleicht vollkommen der von GrEEFF beschriebenen Amoeba terri- cola!, lebt aber nicht außerhalb des Wassers wie diese und hat einen i Über einige in der Erde lebende Amöben und andere Rhizop. Archiv für mikr, Anat. Bd. II. 3 124 August Gruber, ganz anders gebauten Nucleus, so dass von einer Identität beider Formen abgesehen werden muss. Vielmehr glaube ich, dass man besagtes Rhizo- pod mit der Amoeba verrucosa Leidy ! vereinigen kann, die ebenfalls der Amoeba terricola in der äußeren Gestalt und der Zähigkeit des Proto- plasmas außerordentlich nahe steht. Doch habe ich die Überzeugung, dass mehrere getrennte Arten von ähnlichem Bau existiren und unter dem Artnamen verrucosa vereinigt worden sind, da es bei Amöben, be- sonders bei sehr ähnlich gestalteten, außerordentlich schwierig ist, be- stimmte trennende Diagnosen zu geben. Der Kern der vorliegenden Amoeba verrucosa also hat, wie schon bemerkt, einen sehr deutlich ausgesprochenen bläschenförmigen Bau, der Kernsaft ist ganz klar und durchscheinend und das centrale Kern- körperchen scharf davon abgesetzt (Fig. 5). Bei Anwendung ganz starker Vergrößerungen (z. B. Harrnack, Oc. 3, Obj. 12 Immers.) sieht man, dass auch hier das Kernkörperchen nicht homogen, sondern aus kleineren Kügelchen zusammengesetzt ist (Fig. 5). Wendet man Fär- bungsmittel an, so bleiben diese Kügelchen zwar noch sichtbar, werden aber weniger deutlich, dagegen zeigt sich eine andere Erscheinung, die bei den vorhin beschriebenen Kernen nicht zu sehen war. Im Kernsaft nämlich treten äußerst feine Körnchen hervor, so fein, dass sie nur wie ein rother Staub erscheinen {Fig. 6), dabei aber nicht, wie dies bei Platoum und Arcella der Fall war, nur den Eindruck einer künstlich hervorgerufenen Gerinnung machen. Sie scheinen vielmehr wirkliche vorgebildete CGhromatintheilchen zu sein, wofür noch der Umstand spricht, dass sie zu feinen Fäden zusammentreten können. Es sind dies strahlenförmig um den Nucleolus angeordnete Linien, die sich zu der sehr starken Kernmembran hinziehen und gleichsam das Kernkörperchen an derselben befestigen. Sehr deutlich sind diese Fäden an dem Kerne zu sehen, den ich auf Fig. 6 dargestellt habe, und der mit absolutem Alkohol und Pikrokarmin behandelt worden war. Bei dem Kern von Amoeba verrucosa könnte man also von einem Kerngerüst sprechen, doch ist dasselbe nur sehr unvollkommen und hat sicher bei der Kerntheilung keine Rolle zu spielen, wie mir einige bis jetzt noch unvollkommene Beobachtungen gezeigt haben ?. i Leıpy, Freshwater Rhizopods of North America. Report of the U. S. geolog. survey of the territories. Washington 1879. 2 Die bekanntesten Rhizopoden mit typisch bläschenförmigem Kern sind folgende: Ein Myxomyceten-Plasmodium (CıEnkowskı, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII); Mieroecometes paludosus (CiEnkowskı, ebenda), vielleicht Proto- myxomvyces (CUNNINGHAM, Quart. Journ. of micr. sc. N. S. 21. 1884); Phoner- gates vorax (Buck, diese Zeitschr. Bd. XXX); Ciliophrys (CrEskowskt, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII); mehrere Amöbenarten; Podostoma (CLAPA- Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 135 Die anderen Kernformen, die ich jetzt betrachten möchte, sind die- jenigen, wo man nicht eine periphere Zone hyalinen Kernsaftes und ein centrales Kernkörperchen unterscheiden kann, sondern wo der gesammte Kern von nucleolusartigen Kügelchen erfüllt ist, oder im Kernsafte ge- formte Bestandtheile chromatischer Substanz regellos zerstreut umher- liegen, sei es, dass dieselben reguläre Kugelgestalt besitzen oder unregel- mäßige Brocken und Fetzen darstellen. | Man nimmt gewöhnlich an, dass solche Kernformen dadurch ent- stehen, dass sich der einfache Nucleolus durch fortgesetzte Theilung vermehrt habe und dies ist auch in manchen Fällen gewiss richtig; wie z. B. Max ScHuLtze 1 bestimmt angiebt, dass junge Gromien nur ein Kernkörperchen haben, während die ausgewachsenen Exemplare be- kanntlich einen mit kugeligen Elementen dicht erfüllten Kern besitzen sollen. Ich habe selbst versucht, über den Kern der Gromien ganz ins Klare zu kommen, doch ist es mir nie gelungen, denselben durch An- wendung von Reagentien zur Anschauung zu bringen. Wenn also auch hier und anderwärts eine nur zeitweise Vermehrung des einfachen Nu- cleölus stattfindet, so glaube ich doch, dass es Rhizopoden giebt, wo eine Vielheit von Kernkörperchen stets vorhanden ist, z. B. bei Amöben- formen wie die Lithamoeba discus von Ray Lankgster 2. Übrigens sind von manchen Autoren Kugeln mit körnigem Inhalte irrthümlicherweise als Kerne beschrieben worden, die in Brutbildung begriffen seien ; die Körner sollten durch Platzen der Hülle entleert werden und zu jungen Amöben heranwachsen. Ich habe sehr häufig Gelegenheit gehabt, solche vermeintliche Brutkapseln zu beobachten, konnte aber bei einiger Sorgfalt stets daneben den normalen Kern nachweisen, so dass jene Kapseln vermuthlich als irgend welche parasitische Organismen zu be- zeichnen sind. | Außer den, wie ich annehme, stets mit vielen Kernkörperchen ver- sehenen Kernen, giebt es nun noch solche, wo der Kern meist durch und durch hyalin zu sein scheint, während zu Zeiten mehr oder weniger REDE et LACHMANN, Etudes sur les infus. et les Rhizop. Geneve 1868); Plakopus ruber (F. E. ScauLze, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XD); Cochliopodium pellucidum (F. E. Schutze, ebenda; Leypy, Freshwater Rhiz. of North America); 'Pseudochlamys patella (Herrwie u. Lesser, Über Rhizopoden etc. Archiv für mikr. Anatomie. Bd.X. Suppl.; ScuuLze, ebenda. Bd. XI); Lecythium hyali- num (Herrwıe und Lesser, ebenda. Bd. X. Suppl.); Microgromia Socialis (Herrwis, ebenda. Bd. X); Platoium stercoreum (CıEnkowskı, ebenda. Bd. XII); Diplophrys Archeri (Herrwıc und Lesser, ebenda. Bd. X. Suppl.) etc. 1 Der Organismus der Polythalam. 2 Quart. Journ. of mier. sc. Bd, XIX. New Series. 4879. (Während des Druckes dieser Arbeit habe ich selbst solche Amöben aufgefunden.) 126 August Gruber, regelmäßig gestaltete, geformte Bestandtheile in ihm auftreten. Ob nun diese Körper, welche nichts Anderes sind, als die Träger des Chroma- tins, wirklich zeitweise ganz fehlen oder nur übersehen worden sind, kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten, jedenfalls sind sie oft am lebenden Kerne nicht nachzuweisen. So erscheint z. B. der Kern von Euglypha meistens ganz homogen, manchmal mit einer -helleren Stelle im Centrum (Fig. 8), andere Male dagegen wurden ganz deutliche Kör- per im Inneren gesehen und, was besonders interessant ist, immer tre- ten die geformten Bestandtheile bei der Vermehrung des Kernes auf (s. u.). Auch an den Kernen von Difflugia sind die erwähnten Ein- schlüsse öfter dargestellt worden, so von Leipy! bei Difflugia lobostoma als reguläre Kügelchen, von Difflugia urceolata als große und kleine vielgestaltige Körner. Ich selbst habe auch solche Difflugianuclei beob- achtet (Fig. 40) und einmal einen solchen, wo jedes Kügelchen noch ein kleineres Korn im Innern enthielt (Fig. 11). Es ist dies eine Erschei- nung, welche, wie wir noch sehen werden, auch bei Infusorien nicht selten zu beobachten ist. Als Beweis, dass solche geformten Bestand- theile wirklich das Chromatin des Kernes darstellen, mag der auf Fig. 9 dargestellte, mit Pikrokarmin gefärbte Nucleus von Difflugia spiralis dienen, wo die in der Mitte und am Rande zerstreuten Körner sich durch das dunklere Roth vor dem Kernsaft auszeichnen, der in Folge der Behandlung mit Alkohol granulirt geworden ist. Dass diese Form des Rhizopodenkerns jedenfalls verschieden ist von der zuerst beschriebenen, unterliegt keinem Zweifel, wenn auch manchmal große Ähnlichkeiten zwischen beiden vorhanden sind, z. B. bei Anwesenheit eines gerade besonders deutlichen Kornes im Centrum des hyalinen Kernes. Dass beide Kernarten sich während der Theilung verschieden verhalten können, werde ich auch wahrscheinlich zu machen suchen?. Es sind aber außerdem bei den Rhizopoden noch andere Kerne bekannt geworden, welche etwas komplicirter gebaut sind. Sie unterscheiden sich von den bisher erwähnten wesentlich dadurch, dass auf die Kernmembran eine schmale Rindenschicht folgt, die aus chromatischer Substanz besteht und nur durch eine schmale Zone von Kernsaft von der centralen Partie getrennt wird, welche dem Nucleolus 1 Freshwater Rhiz. of North America etc. ? Kerne, wie die eben beschriebenen, besitzen z.B. auch: Difflugia, GCypho- deria Campascus, Sphenoderia, Euglypha, Quadrula, Assulina, Trinema, Hyalosphenia, Plagiophrys (Pamphagus) etc. (siehe HERTWIG und Lesser, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. X. Suppl.; F. E. SCHULzE, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XI; Leıpy, Freshwater Rhiz. of North America. Washington 1879), vielleicht auch Lagena (ScHuLze, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII). Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 197 entspricht. Das bekannteste Beispiel hierfür haben wir in dem Kerne von Amoeba proteus (Syn. Amoeba princeps) (Fig. 12)1. Hier wird die Rindenschicht, welche übrigens der Membran nicht eng anliegt, von kleinen Körnchen gebildet, die dicht an einander gereiht liegen und nur am lebenden Kerne getrennt erscheinen, während sie bei Anwendung von Reagentien zu einer homogenen Lage verschmelzen. Auf diese Rindenzone folgt, wie gesagt, nur ein dünnes Band hyalinen Kernsaftes (Fig. 12) und darauf die centrale Masse, welche in ihrem Bau dem Nu- cleolus eines der bläschenförmigen Kerne gleicht, d. h. selbst wieder aus Körnern oder Kügelchen zusammengesetzt ist. Dieser Theil des Kernes tritt eigentlich erst nach Anwendung von Reagentien und beson- ders nach der Färbung deutlich hervor (Fig. 13), während er am leben- den Kern nicht scharf unterschieden werden kann. Beim gefärbten Nucleolus hebt sich außerdem meistens die Hülle ab, so dass mit aller Deutlichkeit die vier Theile zu sehen sind: Membran, Rindenschicht und Nucleolus, beide Träger der chromatischen Substanz, und Kernsaft. Bei dem Nucleus der einkernigen Amoeba princeps (proteus) beschreibt Bürscarı2 nicht einen einheitlichen Nucleolus, sondern unregelmäßige Stränge und Balken chromatischer Substanz , so dass damit also ein Kerngerüst gegeben wäre. Sind jene einkernige Amöben wirklich kleine A. princeps gewesen, so beweist dies, dass bei ein und derselben Art ganz verschiedene Anordnungen der Kernsubstanz möglich sind. Schließlich bleibt in der Ordnung der Rhizopoden noch eine Kern- form zur Betrachtung übrig, die sich durch eine sehr eigenthümliche Art der Sonderung chromatischer und achromatischer Substanz auszeichnet. Ein solcher Kern wurde zuerst von R. Herrwie für Rotalina be- schrieben * und abgebildet. Nach Behandlung mit Osmiumsäure und Karmin stellte sich heraus, dass derselbe aus zwei verschiedenen Hälf- ten besteht: die eine wird nur von einer scheinbar homogenen Masse chromatischer Substanz erfüllt, die andere dagegen bleibt hell und ent- ‚hält nur ein dunkel gefärbtes Korn in der Mitte. Ich habe diese Rhizo- podenart auch untersucht und bin zu demselben Resultat gelangt, wie ein Blick auf Figur 13 beweist. Außerdem habe ich aber diese Kern- ! Der Kern von Amoeba proteus wurde schon von BütscaLı (Studien etc.) ge- nau beschrieben, später nochmals von mir aus Anlass seiner Theilung (Kernthei- lungsvorgänge bei einigen Protozoen. Diese Zeitschr. Bd. XXXVIM). 2 Studien etc. Abhandl. der SEnckEnNB. naturf. Gesellsch. Bd. X. 1876. 3 Einen ähnlichen Bau wie der Nucleus der vielkernigen Amoeba proteus zeigen außerdem, wie mir scheint, die Kerne von Amoeba terricola (s. GREEFF, Archiv für mikr. Anatomie. Bd. II) und Amoeba Blattae (Bürscarı, diese Zeit- schrift. Bd. XXX). * Jen. Zeitschr. Bd. XI. 128 - August Gruber, form noch bei einem anderen Rhizopoden gefunden, nämlich bei einer Ovulina und zwar hier mit der kleinen Abweichung, dass in der hel- len Hälfte des Kernes nicht nur ein, sondern mehrere Nucleoli lagen. Da F. E. Scausze für Polystomella einen mit vielen verschieden sroßen kugeligen Bestandtheilen erfüllten Kern beschreibt! und M. SchuLtze angiebt, dass der Kern seiner Ovulina wie der.von Gromia gebaut sei?, so kann man vermuthen, dass auch hier Variationen bei ein und derselben Art je nach der Entwicklung nicht ausgeschlossen sind. Nachdem ich so die hauptsächlichsten Formen von Rhizopoden- kernen besprochen habe, die bis heute bekannt geworden sind, handelt es sich jetzt darum zu erfahren, wie dieselben sich bei der Theilung verhalten. Leider sind unsere Kenntnisse in dieser Beziehung bis jetzt sehr mangelhafte und es wird vermuthlich noch lange Zeit vergehen bis dieselben in erheblicher Weise vermehrt werden, da man es hier mit schwierig zu beobachtenden Vorgängen zu thun hat, die meist nur ein sanz glücklicher Zufall uns zur Anschauung bringen kann. Über die Theilung des hier zuerst besprochenen bläschenförmigen Kernes liegen, so viel ich weiß, nur drei Beobachtungen vor, wovon zunächst die eine die Amoebapolypodia betrifit, an welcher F. E. ScauLze den Thei- lungsvorgang hat wahrnehmen können®. Seinen Zeichnungen nach zu urtheilen wäre hier der Theilung eine Vermischung der beiden Kern- elemente, Kernsaft und Nucleolus, vorausgegangen, so dass der Nucleus eine gleichmäßige Masse von offenbar dunkler Farbe dargestellt hat, welche darauf durch biskuitförmige Einschnürung und Ausziehung in zwei gleiche Hälften zerfallen ist. Wahrscheinlich hatte sich die chro- matische Substanz gleichmäßig durch den ganzen Nucleus vertheilt, so dass dieselbe bei einer Halbirung des Kerns zu ganz gleichen Theilen in jeden Tochterkern übergehen musste. Diese Deutung ist mir dess- halb noch wahrscheinlicher geworden, weil Buck * bei Arcella, die ja auch einen bläschenförmigen Kern besitzt, in Theilung begriffene Kerne zeichnet, die ganz homogen sind und demnach auf denselben Vorgang schließen lassen. Eine weitere Beobachtung will GrEEFF gemacht haben 5, die, wenn sie nicht auf Täuschung beruht, merkwürdig genug wäre; sie betrifft seine Amoeba brevipes, wo bei einem in Theilung be- griffenen Exemplar der runde Kern gerade in die Spaltungslinie gerückt und scharf durchgeschnitten worden sein soll, ohne dass eine biskuit- förmige Einschnürung vorausgegangen wäre. Sei dem wie ihm wolle, so geht jedenfalls auch hier aus der betreffenden Abbildung hervor, dass 1 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII. 2 Der Organismus der Polythal. 3 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XI. 4 Diese Zeitschr. Bd. XXX. 5 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. II. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 129 ebenfalls der bläschenförmige Bau einer homogenen Struktur Platz ge- macht hatte. Bei diesenFällen ging gleichzeitig mit der Theilung des Kernes auch die Halbirung des Rhizopoden vor sich, während ich glaube Kernthei- lungen bei einer kleinen, nicht näher bestimmten Amöbe nachgewiesen zu haben, wo zunächst das Thier unverändert geblieben ist und wahr- scheinlich erst später zur Vermehrung überging!. Hier behält der Kern seinen bläschenförmigen Bau und es theilt sich zunächst nur der Nu- eleolus; die beiden Stücke rücken aus einander und dann erst halbirt sich auch der gesammte Kern. Auch auf diese Weise kann eine gleich- mäßige Vertheilung der chromatischen Substanz auf die Tochterkerne bewirkt werden, angenommen, dass die Gestalt des Nucleolus eine voll- kommen regulär kugelige und die Durchschnürung eine genaue Halbirung war. Merkwürdigerweise ist dies nicht immer der Fall, sondern man trifft häufig Kerne, wo der Nucleolus in zwei ungleiche Stücke zerfallen ist. Eine Erklärung hiervon, ob etwa dem entsprechend auch die Amöbe in zwei ungleichwerthige Abschnitte zerfällt, kann ich leider nicht geben. Was die Vermehrung der scheinbar ganz hyalinen oder verschie- dene geformte Bestandtheile einschließenden Kerne betrifft, so habe ich seiner Zeit bei Euglypha alveolata ein Beispiel dafür gegeben 3. Hier sieht man in dem zur Theilung sich anschickenden Kerne mit einem Male Körner und Fäden auftreten, welche die gesammte Masse des Kernes erfüllen. Ob zu Anfang nur Körner vorhanden sind und diese sich zu Fäden zusammenlegen oder auswachsen, kann ich nicht angeben, jeden- falls handelt es sich aber hier auch um eine gleichmäßige Vertheilung des wichtigsten Bestandtheiles des Kernes, der chromatischen Substanz ; diesewird dadurch erreicht, dass die vorher regellos vertheilten Brocken sich in gleich lange und gleich dicke Fäden verwandeln, die sich in dem immer länger werdenden Kerne in parallelen Zügen anordnen. Mit der bald darauf erfolgenden Durchschnürung, resp. genauen Halbirung des Kernes, wird auch jeder Faden genau halbirt und auf diese Weise die Masse der chromatischen Substanz in den Tochterkernen vollkommen gleich. Diese Erscheinung erinnert sehr an die bei der Vermehrung der Metazoenkerne sich abspielenden Vorgänge, nur mit dem Unter- ' schied, dass dort die Fäden schon vorher in gleich lange Stücke zerfal- len, während sie hier offenbar in toto zugleich mit dem ganzen Kerne durchgeschnürt werden. 1 Über Kerntheilungsvorg. etc. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. 2 Was Brass in seinen »Biolog. Studien«, Heft 1, p. 53 über Kerntheilung bei Amöben sagt, konnte ich leider nicht mehr berücksichtigen. 3 Diese Zeitschr. Bd. XXXV. 3. Heft. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 9 130 u August Gruber, Schließlich bleibt mir noch übrig, die Rhizopodenkerne mit Rin- denschicht und centralen Kernkörperchen auf ihre Theilung zu prüfen und da liegen Beobachtungen vor, die ich kürzlich bei der vielkernigen Amoeba proteus gemacht habe!. Hier handelt es sich um eine Kernvermehrung ohne nachherige Theilung des Zellkörpers und dieselbe geht wie bei den vorhin genannten kleinen Amöben durch Spaltung und nicht durch Ausziehen des Nucleus vor sich : Zunächst zertheilt sich der Nucleolus in zwei gleiche Hälften, welche etwas aus einander rücken ; darauf hin zeigt sich eine Einkerbung an der Rindenschicht, welche schließlich zu einer Durchschneidung des gesammten Kernes führt, woran sich ohne Zweifelauch die Kernmembran betheiligt. Innere Veränderun- gen und Umlagerungen der chromatischen Substanz sind also hier durch- aus nicht zu sehen. Zusammenfassung: Die geformte Kernsubstanz tritt bei den Rhizopoden wahrscheinlich zuerst in Gestalt kleiner, durch das Proto- plasma zerstreuter Körner auf. Die verbreitetste Kernform ist die »bläschenförmige«, bei welcher unterschieden wird: die Kernmembran, der Kernsaft und ein centrales Kernkörperchen, das meist aus kleineren Körnern zusammengesetzt ist. Im Kernsaft können feine Bestandtheile der chromatischen Substanz suspendirt sein, die stellenweise als radiäre Fäden Kernkörperchen und Kernmembran verbinden (Fig. 10). Aus uninucleolären können durch wiederholte Theilung des Nucleo- lus multinucleoläre Kerne entstehen. Die Theilung des bläschenförmigen Kerns geht durch Einschnürung oder durch Spaltung vor sich; in ersterem Falle vertheilt sich die chro- matische Substanz vorher gleichmäßig durch den ganzen Kern, so dass dieser eine einheitliche Masse darzustellen scheint; dann erfolgt die bis- kuitförmige Einschnürung und Theilung. Im zweiten Fall halbirt sich zuerst der Nucleolus, die Hälften rücken aus einander und dann wird der übrige Kern durchschnitten. Bei einer zweiten Kernform unterscheidet man: Kernmembran, Kernsaft und darin mehr oder weniger unregelmäßig zerstreute Stücke chromatischer Substanz; bei der Theilung verwandeln diese sich in Fä- den, die zuerst ein Knäuelstadium bilden und sich dann der Längsachse des sich dehnenden Kernes parallel anordnen, so dass sie bei der durch biskuitförmige Einschnürung erfolgenden Theilung in gleiche Stücke zer- fällt werden. var aD. 2 Vor wenigen Tagen fand ich eine Amöbe, in deren Kern die chromatische. Substanz eine Art Balkenwerk bildet, ähnlich wie dies BürscaLı von dem Nuclens \ Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 131 Die dritte Kernform zeichnet sich dadurch aus, dass auf die Mem- bran eine meist aus Körnchen bestehende Rindenzone folgt, dann wenig Kernsaft und ein großes centrales Kernkörperchen. Bei der Theilung halbirt sich erst der Nucleolus, die Theile rücken aus einander, dann wird die Rindenzone im Äquator gespalten und schließlich der ganze Kern durchschnitten. Wieder verschieden gebaut endlich sind die Kerne mancher Fora- miniferen; man unterscheidet daran zwei Hälften, die eine ganz von chromatischer Substanz erfüllt, die andere mit einem oder mehreren Nucleoli. Die Theilungsvorgänge sind unbekannt. Die Heliozoen. Die Frage, ob es Heliozoen oder wenigstens heliozoenartige Organis- men giebt, die keinen Kern beitzen, ist noch nicht mit Sicherheit gelöst, da es sich sehr .häufig herausstellt, dass bisher für kernlos gehaltene Formen bei Anwendung von Tinktionsmitteln sich als kernhaltig erwei- sen. Ich glaube aber, dass es auch hier, wie bei den Rhizopoden, Arten giebt, bei denen die Kernsubstanz noch nicht zur Bildung komplicirter gebauter Kerne zusammengetreten ist, sondern nur in kleinen homogenen Partikeln durch das Protoplasma vertheilt liegt. Dies mag z.B. bei Biomyxa vagans der Fall sein, die ich kürzlich darauf hin unter- suchte! und wahrscheinlich sind auch die zahlreichen sich roth färben- den Kugeln im Protoplasma von Myxastrum liguricum aus dem Hafen von Genua? so zu deuten. Es ist wohl denkbar, dass auch bei manchen als kernlos bezeichneten Formen ähnliche Verhältnisse sich herausstellen werden, soz. B. bei Arachnula impatiens?, die übri- gens auch mit Biomyxa identisch sein könnte, bei Myxastrum ra- dians Häckel®, Monobia confluens Schneider? u.a. m. Was nun die eigentlichen Kerne der Heliozoen betrifft, so sind da sehr wenige Variationen vorhanden und alle sind nach dem nämlichen Typus gebaut, der dem sogenannten »bläschenförmigen« der Rhizopoden ent- spricht. Man unterscheidet Kernmembran, Kernsaft und ein centrales Kernkörperchen. In solcher Gestalt zeigt sich der Kern der meisten Heliozoen,, besonders der kleineren Arten unter denselben. Kompli- der einkernigen Amoeba proteus beschreibt (s. o.). Ich glaube, dass ich dieselbe Art vor mir hatte, wie Bürschtı, und dass dieselbe mit A. proteus nicht zusammen- hängt. ! Die Protozoen des Hafens von Genua. Nova Acta Leop. Carol. Bd. XLVI. Nr.: 4, 2 a.a.0, 3 CIENKOWSKY, Über einige Rhizop. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII. * Monographie d. Moneren. Jen. Zeitschr. f. Med. u, Naturw. Bd. IV. 5 Monolia confluens; nouv. monere, Arch. de zool. exper, T. VI. 9* 132 August Gruber, kationen dieses einfachen Verhaltens weisen bis jetzt nur zwei Formen auf, nämlich Actinophrys und Actinosphaerium. Bei Actinophrys nämlich ist unter der Kernmembran eine ziemlich mächtige Rindenschicht abgelagert, so dass zwischen dieser und dem großen meist unregelmäßigen Nucleolus nur eine schmale Zone von Kernsaft zu sehen ist. Dass sowohl das Kernkörperchen, als die Rinde Träger der chromatischen Substanz sind, zeigt ein Blick auf Figur 44, welche einen mit Pikrokarmin gefärbten Actinophryskern darstellt. Bei Actinosphaerium scheint manchmal auch eine Rindenzone vorhanden zu sein, aber wohl nicht regelmäßig. Dagegen ist hier der Nucleolus nicht immer einfach, sondern es sind zahlreiche Kernkörper- chen vorhanden (Fig. 15). Von Bürscauı (Studien etc.) wurden außer- dem Fäden beschrieben, welche sich radienförmig von den Nucleoli zur Kernmembran hinziehen und die demnach vollkommen den bei Amoeba verrucosa beschriebenen Gebilden entsprechen würden. Ich selbst habe dieselben niemals beobachten können und fand den Kernsaft nach der Präparation nur immer fein granulirt. Was nun die Theilung der Heliozoenkerne betrifft, so existiren über dieselbe bei der erstgenannten Kernform nur zwei Angaben, eine von F. E. Scuuzze über Actinolophus pedunculatus! und die an- dere von R. Herrwis über Acanthocystis aculeata? F.E. ScHuLzE sagt darüber (p. 396): »Zunächst tritt mit großer Beständigkeit eine Zweitheilung des Kernes ein. Dieselbe leitet sich regelmäßig mit einer Streckung und nachfolgender Biskuitformbildung und schließ- lichem Zerfall des Kernkörperchens in zwei Stücke ein, deren jedes mit einem besonderen hellen Hofe umgeben ist. Diese beiden neuge- bildeten Kerne rücken alsdann aus einander.« Herrwig spricht sich folgendermaßen aus (p. 337) : »Ich fand Kerne, deren Kernkörper langgestreckt war, während die Kernblase eine ring- förmige Einschnürung zeigte. In anderen Fällen hatte der Nucleolus die Gestalt einer gekrümmten Hantel angenommen, dessgleichen der ihn umhüllende Kernraum. Diese Angaben machen es mir wahrscheinlich, dass die in Zweizahl vorhandenen Kerne durch biskuitförmige Einschnü- rung und Theilung des Mutierkerns entstanden sind.« Es lässt sich nach diesen Angaben noch kein genügendes Bild von dem Kerntheilungsprocesse entwerfen , jedenfalls ergiebt sich aber dar- aus, dass derselbe zuerst an dem centralen Kernkörperchen, dem Trä- ger der chromatischen Substanz abläuft. Was die Kerne von Actinophrys und Actinosphaerium betrifft, so ist 1 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. X. 2 Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. Xi. \ Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 133 über die Vermehrungsweise des ersteren gar nichts bekannt, während es mir bei letzteren gelungen ist den ganzen Verlauf der Theilung ziem- lich vollständig und, wie ich hoffe, auch richtig zu erschließen und ich darf wohl jene Angaben der Vollständigkeit halber hier kurz wieder- holen!. Der Gang des Processes scheint mir demnach folgender zu sein: Die Kernkörperchen ordnen sich in zwei gleichmäßige Reihen, welche sich parallel zu einander lagern; sie verschmelzen zu zwei gleich langen und gleich dicken Platten, die in der Mitte des Kernes sich dicht an einander legen, um dann gegen die Pole immer weiter aus einander zu rücken. In diese Platten scheinen nicht nur die Nucleoli sondern auch die sonst im Kernsaft diffus vertheilte chromatische Substanz des Kerns einzugehen, da der übrige Nucleus in diesem Stadium nach der Färbung ganz hell bleibt. "Während die Streifen aus einander rücken, sieht man zwischen ihnen feine Körnchen auftreten, die sich zu Linien ordnen und im Äquator eine Art Zellplatie bilden. Die Kernmembran ist während dieses ganzen Processes unverändert geblieben und wird wahrscheinlich erst eingeschnürt, nachdem sich die beiden Streifen aus chromatischer Substanz erst zu halbmondförmigen und dann zu kugeli- gen Massen zusammengezogen, mit anderen Worten bis sich zwei große Nucleoli gebildet haben. Nach der Theilung besteht dann also der Kern ‚aus Membran, einem farblosen Kernsaft und dem großen primären Nu- cleolus. Dieser verwandelt sich nun nicht direkt durch Theilung in die definitiven Nucleoli, sondern er fließt gleichsam aus einander, d. h. der wachsende Kern erfüllt sich ganz mit körniger Substanz, welche die Farbe annimmt, wie der Kernsaft des fertigen Kernes, und in dieser treten zuerst winzig klein und van immer größer Werdend die Kern- körperchen auf?. Dieser ganze die Kerntheilung begleitende Process hat offenbar keine andere Bedeutung, als die chromatische Substanz im Kern in eine Gestalt zu bringen, in der eine genaue Vertheilung zu halb und halb für die Tochterkerne leicht ausführbar ist. Zusammenfassung: Der Kern der Heliozoen besteht aus Kernmembran, hellem Kernsaft und centralem Kernkörperchen, oder aus denselben Bestandtheilen und zahlreichen Nucleoli, oder endlich “aus Kernmembran, anliegender Rindenschicht, Kernsaft und centralem Nu- cleolus. Die Theilung spielt sich zuerst am Nucleolus ab; bei den mul- I a. a.0. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. 2 Branpr glaubt, dass die von mir als uninucleoläre Kerne bezeichneten Kör- per keine Kerne, sondern die von ihm beschriebenen Parasiten »Pythium Actino- sphaerii« seien; ich kann mich aber zu dieser Annahme noch nicht entschließen (vgl. meine Erwiederung an Branpr.' Biol. Centralbl. Bd. II. Nr. 47). 134 August Gruber, tinucleolären Kernen verschmelzen die Kernkörperchen zu zwei kon- gruenten Platten, welche aus einander rücken; dann spaltet sich der Kern und in ihm scheiden sich wieder die Nucleoli aus. Die Radiolarien. Bei den Kernen der Radiolarien finden wir sehr mannigfaltige und oft schwierig zu deutende Verhältnisse, so dass. es nicht leicht ist, in Kürze eine umfassende Darstellung davon zu geben. Leider bin ich auch nicht im Stande, hier eigene Beobachtungen zur Ergänzung aufzu- führen, da ich bisher noch keine Gelegenheit hatte, Radiolarien auf diese Punkte hin zu untersuchen. Ich werde hier nur die einfachsten und verständlichsten Formen besprechen. Bekanntlich muss man bei den Radiolarien unterscheiden zwischen den großen in der Einzahl vorhandenen und den in der späteren Ent- wicklung auftretenden kleinen Nuclei, die sich offenbar in ihrer fei- neren Zusammensetzung wesentlich unterscheiden. Die großen Kerne zeichnen sich stets durch den Besitz einer festen Membran aus, die manchmal buckelförmige Erhebungen zeigt und außerordentlich dick werden kann. Diese Membran umschließt einen homogen oder körnig erscheinenden Kernsaft und in diesem liegen die Hauptträger der chro- matischen Substanz, die mannigfach gestalteten und verschieden gela- gerten Nucleoli. Im Kernsaft selber können feine Strahlensysteme sichtbar werden, die radiär vom Gentrum nach der Peripherie hinzie- hen; ich kann aber nicht angeben ‚. ob sie aus chromatischen Körnern zusammengesetzt werden. Gewöhnlich ‚findet man in einem solchen Kern mehrere Nucleoli und wo ein einziger vorhanden ist, kann sich derselbe durch Zerfall in eine größere Anzahl verwandeln. . Das beste Beispiel hierfür ist das bandförmige, vielfach gewundene Kernkörperchen von Thalasicolla nucleatal, welche sich durch öftere Spaltung in kleine Körner umzuwandeln im Stande ist. Was diese Kerne von denjenigen der Rhizopoden und Heliozoen unterscheidet, ist die anschei- nend dichtere, körnige Beschaffenheit des Kernsaftes, der hier nicht den Eindruck einer flüssigen Substanz macht. Es giebt aber Radiolarien- kerne, welche mit ‘den »bläschenförmigen«. der beiden erstgenannten Ordnungen vollkommen übereinstimmen. So findet man nach Herrwie beim jugendlichen Acanthostaurus einen Kern, .der eine breite Rinden- schicht und einen großen centralen Nucleolus aufweist, die durch einen schmalen Saum hyalinen Kernsaftes von einander getrennt werden, also ganz ähnlich wie z. B. bei Actinophrys, während der Kern der Mono- pyleen meist ganz und gar wie etwa der oben beschriebene von Pam- 1 Herrwis, Zur Histologie d. Radiol. Leipzig 41876. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 135 phagus gebaut ist und somit wie der Nucleus vieler Rhizopoden und Heliozoen. Man unterscheidet hier eine Kernmembran, einen hyalinen Kernsaft und im Gentrum einen einfachen Nucleolus. Es ist nicht ohne Interesse, dass gerade bei dieser Familie die Nu- clei denjenigen vieler monothalamen Rhizopoden so vollkommen glei- chen, da die Centralkapsel dieser Radiolarien in ihrer Gestalt und durch die Anwesenheit eines einzigen Kernes sehr einer Monothalamie gleicht, wozu noch, wie bei CGystidium inerme (Herarwıe) der Mangel eines Skeletts kommen kann. Denkt man sich bei, diesem letztgenannten Radiolar die Gallerte und die gelben Zellen weg, so glaubt man einen Gromia- oder Microgromia-artigen Wurzelfüßer vor sich zu haben. Ob die Übereinstimmung der Kerne und die große Ähnlichkeit im Körper- bau solcher Vertreter verschiedener Ordnungen auf einen genetischen Zusammenhang schließen lassen können, scheint mir vor der Hand nicht zu beantworten, aber nicht unwahrscheinlich. Noch eine Form der Radiolariennuclei will ich hier erwähnen, nämlich diejenige mancher Tripyleen (Herrwis, 1. c.), wo der Kernsaft von einem Netzwerk feiner sranulirter Fäden durchzogen wird, welche Bürscurı! mit Recht zu dem Kerngerüst des Metazoenkerns in Parallele setzt, denn offenbar haben wir es hier mit einer netzförmigen Anordnung der chromatischen Sub- stanz zu thun. Es sind außerdem noch Nucleoli vorhanden und diese liegen immer in den Maschen, welche die sich kreuzenden Linien bilden. Anders verhalten sich die kleinen Kerne der vielkernigen Zustände bei den Radiolarien : Hier soll eine Membran niemals vorhanden sein; eine Scheidung in Kernsaft und Nucleoli findet nicht statt, wohl aber scheint mir die chromatische Substanz bei manchen in Körnern abge- lagert zu sein, wie sich dies bei dem Theilungsprocesse herausstellt (s. u.). Die Gestalt dieser Kerne ist eine kugelige oder ovale und außerdem giebt es nach Branpr? Kerne, welche vollkommen wie Amöben aussehen (Sphärozoiden). Was schließlich die Theilungsvorgänge bei den Radiolarienkernen betrifft, so ist darüber noch wenig Sicheres zu berichten. Besonders sind wir über die Vermehrung der großen Nuclei einkörniger Stadien sehr im Unklaren und besitzen nur die Untersuchungen R. HErTwıg’s an Acanthometriden, welche aber — wie dies schon Bürscaui (l. c.) ausgesprochen hat — noch so viel Befremdendes, mit unsern sonstigen Kenntnissen schwierig zu Vereinbarendes enthalten, dass ich hier 1 Klassen und Ordnungen etc. 2 »Untersuchungen an Radiol.« Monatsber. der königl. Akad. der Wissensch. Berlin 1881. 3. R. Hertwie, Der Organismus der Radiol. Jena 1879. 136 August Gruber, nicht näher darauf eingehen könnte, ohne der Übersichtlichkeit meiner Darstellung Eintrag zu thun. Über die Theilungsvorgänge der kleinen Kerne vielkerniger Sphärozoiden berichtet Branpr!, dass die amöbenartigen Formen durch einfaches Ausziehen in zwei Hälften zerfallen, während man bei den ovalen Nuclei Körnchen auftreten sieht, die sich in parallele Streifen in der Längsrichtung anordnen, ehe die Durchschnürung erfolgt, ein Vorgang, der etwa an die Theilung des Nucleus von Euglypha alveo- lata erinnern würde und ebenfalls den Zweck hätte, die chromatische Substanz ın zwei gleiche Quanta zu zerlegen 2. Zusammenfassung: An dem großen Kerne einkerniger Radio- larien kann man folgende Hauptformen unterscheiden: Kerne mit bläschenförmigem Bau (Kernmembran, heller Kernsaft, cenirales Kernkörperchen), ganz gleich wie bei vielen Rhizopoden und Heliozoen; Kerne von demselben Bau mit Rindenschicht (wie bei Actino- phrys); Kerne mit sehr starker Membran, dunklerem, oft körnigem Kern- saft, in welchem manchmal radiäre Streifen zu sehen sind (der Nucleo- lus in der Einzahl oder meist in viele Stücke zerfallen); endlich Kerne mit netzförmiger Anordnung der chromatischen Substanz und vielen Nucleoli in deren Maschen. Theilungsvorgänge bei keinem dieser Kerge genügend bekannt. Die kleinen Nuclei vielkerniger Radiolarien sind entweder amöben- förmig und theilen sich durch einfache Einschnürung oder sie sind ganz- randig rund oder oval und theilen sich unter streifiger Anordnung der chromatischen Substanz. Die Sporozoen. Unter den-Sporozoen sind die Kerne nur bei den Gregariniden be- kannt geworden, und zwar zeigen dieselben auch hier wie bei vielen der bisher beschriebenen Formen einen bläschenförmigen Bau, d.h. eine deutliche Kernmembran umschließt zunächst einen hellen, flüssigen In- halt — Kernsaft —, der am lebenden Kerne gar keine weitere Difieren- zirung zeigt und nach Behandlung mit Reagentien ein granulirtes Aus- sehen bekommen kann. Es soll nun Kerne geben, wo der Kernsaft den einzigen Inhalt des Nucleus ausmacht, wo wenigstens geformte Bestandtheile nicht zur An- schauung kommen, während bei anderen ein oder mehrere Nucleoli vor- handen sind. Es wird angegeben, dass im Centrum des Kernes ein RE 2 Herrwıe (Histol. der Radiol. p. 45) beschreibt ebenfalls die Theilung der kleinen Kerne von Collozoum inerme, aber ohne etwas vom Streifigwerden dersel-. ben gesehen zu haben. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 137 Haufen kleinster Nucleoli vorhanden ist, welche so nahe an einander liegen, dass sie aussehen wie eine Masse — ein Verhältnis, was uns sehr an die Rhizopoden-Nucleoli erinnert, die auch oft aus kleineren Körnchen zusammengesetzt sind. Bei multinucleolären Kernen findet man häufig neben ganz kleinen noch einen größeren Nucleolus, der sich in der Struktur etwas von diesen unterscheidet. Neuerdings hat Scunzı- ver bei Klossia octopiana einen solchen Fall genauer beschrieben ! und will bemerkt haben, dass der große Nucleolus aus zwei Schichten besteht, einer dicken dunkeln Rinde und einem hellen hyalinen Inhalt. Aus einer Art Mikropyle, welche die Rinde durchsetzt, trete nun tropfenweise der hyaline Inhalt aus und bilde die zahlreichen kleinen Nucleoli (nucleolites), während das eigentliche Kernkörperchen an Um- fang abnehme. Wenn sich dieser Vorgang als thatsächlich erweist, so steht er vor der Hand allein da in der Physiologie des Kernes überhaupt. Die Nucleoliten sollen beiläufig bemerkt zu den später so zahlreich auf- tretenden neuen Kernen werden. Es muss hier noch bemerkt werden, dass BürscuLı (Klassen und Ordn. ete.) glaubt Andeutungen davon gesehen zu haben, dass der Nucleolus an der Kernhülle angeheftet sei (Monocystis magna), und dass bei Clepsidrina ovata nach Behandlung mit Essigsäure ein Kernnetz ber- vortritt. Nach Aımt Scuneipder? verhalten sich die zahlreichen Kerne, welche in den Psorospermien vor der Sporulation zu sehen sind, anders als die primären, d. h. sie sind vollkommen homogen und weisen keinen bläschenförmigen Bau mehr auf. Was die Theilungsvorgänge betrifft, so sind dieselben nur von leizt- genannten Kernen bei Klossia octopiana bekannt geworden ® und bestehen in einer biskuit- oder hantelförmigen Umgestaltung des Nucleus und nachher erfolgendem Ausziehen desselben, und zwar sollen hier nach SchnEiper bei der erstmaligen Theilung die Kerne sich länger aus- ziehen als bei den darauf folgenden. Von einer Anordnung der chroma- tischen Substanz in Streifen oder Fäden ist dabei nichts bekannt ge- worden. | Zusammenfassung: DerKern der Gregariniden zeigt den bläs- chenförmigen Bau, Membran, heller Kernsaft, ein oder zahlreiche Nucleoli. Theilung in diesem Stadium nicht bekannt. Die zahlreichen kleinen, für die Sporen bestimmten Kerne sind ganz homogen. Theilung derselben durch biskuitförmige Einschnürung. 1 Nouv. observ. sur la sporulation du Klossia octopiana. Arch. d. zool. exp. et gener. 2° Serie. T. I. 1883. ac. 3 SCHNEIDER, 1. C. 138 August Gruber, Die Infusorien. A. Die Flagellaten. 1) Flagellaten im engeren Sinne. Während bei allen übrigen größeren Gruppen der. Protozoen der Kern in seiner äußeren Gestalt sowohl wie in seinem feineren Bau mehr oder weniger erhebliche Variationen zeigt, kennt man in konstanter Gleichförmigkeit bei den eigentlichen Flagellaten nur einen einzigen Kerntypus, nämlich einen ausgesprochen bläschenförmigen. Man unter- scheidet eine wohl immer sehr feine Kernmembran, einen ganz hellen Kernsaft und im Gentrum ein deutlich hervoriretendes Kernkörperchen. Abweichungen von diesem Bau sind äußerst selten und es scheint mir noch nicht festgestellt, ob dieselben, wo sie angegeben wurden, nicht auf pathologischen oder mit der Vermehrung zusammenhängenden Ver- änderungen beruhen (vgl. z. B. den Kern von Anisonema Acinus bei Bürsenui, diese Zeitschr. Bd. XXX). Es scheint, dass nie eine Vermehrung des Nucleolus beobachtet wird, wenigstens habe ich nirgends Angaben darüber gefunden und auch selbst nichts Derartiges wahrnehmen können!, Eine Ablagerung chromatischer Substanz an anderen Orten des Kernes, als im Nucleolus, kommt offenbar auch nicht vor und damit stimmt auch die — so viel ich weiß — einzige genauere Angabe über Kerntheilung bei Flagellaten, welche wir besitzen. Es wurde dieselbe von BürscaLı bei Anisonema sulcatum folgendermaßen beschrieben ?: »Durch Behandlung der sich 'theilenden Thiere mit verdünnter Essigsäure gelingt es über das Verhal- ten des Kernes Einiges zu ermitteln. Schon kurz vor oder mit dem Er- scheinen der Theilungsfurche findet man den Kern bandförmig lang- gestreckt in der Querrichtung des Thierleibes. Bei dem in erwähnter Figur (ebenda Taf. XIV Fig. 18) wiedergegebenen Präparat schien auch eine ziemlich deutliche längsfaserige Differenzirung des Binnenkörpers eingelreten zu sein, und eine Anschwellung dieser Längsfasern zu. knöt- chenartigen Verdickungen war an ihrem einen Ende recht deutlich zu sehen. Nachdem die Durchfurchung einige Fortschritte gemacht hat, trifft man das Kernband in der Mitte verdünnt, die Enden dagegen an- geschwollen und in jedem derselben einen deutlichen Binnenkörper, der mit dem der anderen Seite noch durch ein feines Verbindungsfäd- ! Ob die von StEın angegebene Verwandlung des Kerninhalts von Euglena viri- dis in sporenartige Körner dahin zu deuten ist, scheint mir zweifelhaft. 2 Beiträge zur Kenntnis der Flagellaten u. einiger verw. Org. Diese Zeitschr. ‚ Bd. XXX. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. ; 139: chen zusammenhängt. Bei noch weiter fortgeschrittenen Theilungs- zuständen sah ich schließlich die schon ganz abgerundeten Kerne der beiden Sprößlinge nur noch durch einen feinen ziemlich langen Ver- bindungsfaden zusammenhängen.« Aus dieser Beschreibung Bürscarr’s und seinen Abbildungen geht hervor, dass die Anordnung der Kernbestandtheile, Kernsaft und Kern- körperchen, während der Theilung dieselben bleiben, dass also auch im Kernsaft keine chromatischen Bestandtheile suspendirt sind. Dieselben bleiben auf den Nucleolus beschränkt und hier sehen wir sie wie ge- wöhnlich eine Bildung von parallelen Fäden eingehen, welche dann bei. der biskuitförmigen Durchschnürung des Kernes genau halbirt werden. Zusammenfassung: Der Kern der Flagellaten ist bläschen- förmig; Kernmembran, hyaliner Kernsaft, Kernkörperchen. Bei der Theilung werden alle Theile gleichmäßig biskuitförmig eingeschnürt, der Nucleolus unter Bildung von parallelen Länsslinien. 2) Nocetilucen. Bei den Noctilucen kommen zwei Gattungen in Betracht, Nocti- luca (Suriray) und Leptodiscus (Herrwie) !. Bei ersterer scheint der Nucleus aus einerkörnigen Masse mit eingestreuten nucleolusartigen Bestandtheilen gebildet, während er bei Leptodiscus aus zwei verschie- denartigen Theilen zusammengesetzt ist, einer größeren, welche dunkler und körnig erscheint, und einer kleineren aus hellerer hyaliner Sub- stanz bestehenden. Merkwürdigerweise enthält hier nicht, wie bei Rotalia unter den Rhizopoden (s.o.), der körnige Theil die chromatische Substanz, sondern vielmehr der hyaline, da er bei der Tinktion die Farbe viel rascher auf- nimmt. Allerdings färbt sich die körnige Schicht zwar langsamer, aber mit der Zeit eben so stark. Dasselbe Verhältnis werden wir bei dem ceiliaten Infusorium Spirochona gemmipara später wiederfinden. Außer diesem gewöhnlich vorkommenden Bau des Leptodiscusker- nes beschreibt Herrwıc auch noch abweichende, nur einmal beobachtete Formen, von welchen die eine sehr an den Rotaliakern erinnert, da hier auch im hyalinen Theil Kernkörperchen zu liegen scheinen. Theilungszustände des Noctilucakernes bei der Schwärmerbildung hat Rosın? beobachtet. Der Kern streckt sich dabei in die Länge und der centrale, sich durchschnürende Abschnitt wird längsgestreift. 1 Jen. Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. XI. 2 Archives anat. et physiol. 4878. 140 August Gruber, 3) Die Gilioflagellaten. Bei den Cilioflagellaten ist, so weit ich dies aus den Darstellungen anderer Autoren entnehmen und aus eigenen Beobachtungen schließen kann, der Kern massiv, d. h. die Kernmembran umschließt eine dichte Masse von Kernsubstanz, in welcher aller Wahrscheinlichkeit nach das Chromatin in Gestalt kleiner Körnchen enthalten ist. Dadurch schließt sich der Nucleus der Cilioflagellaten eng an denjenigen der bewimperten Infusorien an. Über Kerntheilungsvorgänge ist meines Wissens bei dieser Gruppe nichts bekannt geworden. Zusammenfassung: Der Kern der Gilioflagellaten zeigt den »massiven« Bau. Theilung unbekannt. B. Die Ciliaten. Bei den bewimperten Infusorien ist es sehr schwierig, in Kürze von den Kernverhältnissen ein Bild zu geben, das die unendlich mannig- faltigen Formen unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zusammen- fasst. In keiner anderen Abtheilung des Protozoentypus sind so viele Variationen im Bau des Kernes gegeben, so große Verschiedenheiten selbst bei ganz nahestehenden Arten. Ich kann demnach hier nicht, wie ich dies bisher gethan, alle wichtigsten Kernformen beschreiben, sondern muss eine Auswahl treffen, wenn ich nicht das Kapitel über Gebühr ausdehnen will. Zunächst wird es sich fragen, ob auch hier Arten vorkommen, bei welchen die Kernsubstanz in zahlreicheren kleinen Bestandtheilen durch das Protoplasma des Körpers vertheilt ist, so wie das bei manchen Rhi- zopoden und Heliozoen der Fall war. In der That giebt es solcher Infu- sorien nicht wenige und zwar wird man zunächst an diejenigen denken, welche schon seit längerer Zeit als vielkernige bezeichnet worden sind, also die Arten der Gattung Opalina und das hypotriche Loxodes ro- strum, zu welchen noch einige Oxytrichinen kämen, deren Kerne zuerst Maupas! beobachtet zu haben scheint, und auf die ich noch zu sprechen kommen werde. Doch werden diese Infusorien erst in zweiter Linie zu nennen sein, da es noch andere giebt, bei denen die Vertheilung resp. Verkleinerung der Kernsubstanz eine noch viel weitgehendere ist. Dazu gehört zunächst dieGatitung Choenia (QuENNERSTEDT2) mit der einzigen ! Sur quelques protorganismes multinuclees. Comptes rendus T. 89. Die aus- führliche} Abhandlung von MAurAs »Contribution a l’Etude morphologique et ana- tomique des infusoires cilies« erscheint eben in den Archives de zool. exper. et gener. 2. Serie. Tome I. Bis jetzt kamen mir der Anfang und 6 Tafeln zu Gesicht. Leider kann ich die Arbeit hier nicht mehr berücksichtigen. 2 QUENNERSTEDT, Sveriges Infusoriefauna. 1867. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 141 Art Choenia teres, ein holotriches marines Infusorium. Ich fand dasselbe ziemlich häufig im Hafen von Genua und es fiel mir gleich auf, dass bei der Tinktion kein Kern zum Vorschein kam; ich wendete nun meine ganze Sorgfalt auf die Präparation, aber immer mit demselben Resultat, dass nämlich an keinem der tingirten Chönien ein Nucleus zu sehen war, während andere zufällig mit gefärbte Infusorien ausgezeichnete Kern- färbung aufzuweisen hatten. Meistens waren dagegen die Exemplare von Choenia teres im Gan- zen viel dunkler gefärbt, als die übrigen Infusionsthiereund zwar entsprach der Farbton der ersteren etwa demjenigen der Kerne von letzteren, so wie dies auf Fig. 23 zu sehen ist, wo eine Choenia teres und daneben ein Euplotes charon genau nach der Natur dargestellt wurde. Die dun- kel gefärbte Substanz der Choenia hat sich dabei in Folge der Reagentien auf der einen Seite von der Peripherie zurückgezogen. Bei anderen, besser erhaltenen Individuen dagegen ist der ganze Körper gleichmäßig tingirt, und man bemerkt außer der Grundfarbe noch feinste dunklere Körnchen reichlich darin umhergestreut (Fig. 22 und 24). Diese treten nur bei ganz starker Vergrößerung hervor, während sie sonst zum Ton der Gesammtfärbung beitragen. Da nun ein Kern vollkommen fehlt, so wird man wohl nicht irren, wenn man annimmt, dass diese feinen Kör- ner die hauptsächlichen Träger der Kernsubstanz und zwar des Ghro- matins sind, welches vielleicht außerdem noch das Protoplasma in nicht wahrnehmbaren Bestandtheilen imprägnirt. Ein einziges Mal gelang es mir ein Präparat zu erhalten, wo das Körperprotoplasma sich kaum tin- girt hatte, dieKörnchen dagegen um sodeutlicher hervortraten (Fig. 25). Dieselben schienen zudem etwas größer zu sein, als ob hier aus irgend welchem Grunde das Gesammte, wie wir annahmen auch im Proto- plasma vertheilte Chromatin sich in ihnen koncentrirt hätte. Solche Zustände der Choenia sind desshalb interessant, weil sie uns zu anderen Infusorienformen hinführen, bei welchen zwar auch noch kein eigent- licher Kern vorhanden ist, die Körner aus Kernsubstanz aber immer sehr deutlich sind. Es handelt sich hier zunächst um Trachelocerca phoenicopte- rus Gohn., bei welcher ich sehr eigenthümliche Kernverhältnisse vor- fand. Am lebenden Infusorium sieht man gar nichts von einem Nucleus, und so hat auch der Entdecker dieser Art, Coun!, vom Kerne keine Er- wähnung gethan. Es ist mir gelungen, aus dem Hafen von Genua zahl- reiche Exemplare dieser Art zu erhalten und durch geeignete Tinktion über deren Kernverhältnisse ins Klare zu kommen. 1 Infusorien im Seeaquarium.. Diese Zeitschr. Bd. XVI. 3, Heft. 142 August Gruber, Kerne, wie wir sie sonst bei den Infusorien zu finden gewohnt sind, hat die Trachelocerca nicht aufzuweisen, sondern man findet viel- mehr Gruppen kleiner runder Körner, welche in ziemlich gleichmäßigen Abständen auf einander folgend von vorn nach hinten in einer Reihe an- geordnet liegen (Fig. 26). Oft sieht man deutlich einen hellen Hof um diese Körnchen her, so dass die einzelne Gruppe etwa aussieht wie ein bläschenförmiger Kern mit zahlreichen Nucleoli. Die Zahl der Körner ist eine wechselnde, immerhin fällt es aber bei dem eben geschilderten Zustande auf, wie gering die Masse chromatischer Kernsubstanz im Ver- hältnis zum Körperplasma ist. Nun findet man aber häufig andere Exemplare, wo die CGhromatinkörper in Vermehrung begriffen sind und aus ihrem engeren Verbande austreten, so dass man die frühere Anord- nung in Gruppen kaum mehr erkennen kann (Fig.27). Diese Vermeh- rung der Körner kann schließlich so überhand nehmen, dass dieselben den größten Theil des Körpers erfüllen (Fig. 28), wodurch dann ein Zustand erreicht ist, derden bei Choenia teres vorgefundenen Verhältnis- sen sehr gleicht. Dass diese Körner wirklich aus Chromatin bestehen, sieht man auch daran, dass bei anderen zufällig mit gefärbten Infusorien die Kerne denselben Farbenton haben (Fig.28E). Was diese Vermeh- rung und Vertheilung der chromatischen Substanz für einen Zweck hat, bin ich nicht im Stande zu sagen, jedenfalls aber wird sie für das Infu- sorium von Bedeutung sein. Sehen wir doch auch bei Infusorien mit normalen Kernen periodisch eine solecbe Wucherung und Zersplitterung der Kernsubstanz auftreten und zwar nach der Konjugation. Man ver- gleiche mit einer Trachelocerca im eben beschriebenen Stadium ein Para- maecium putrinum nach aufgehobener Konjugation (Fig. 19) und man wird zugeben müssen, dass hier ein ähnlicher Process vorliegt. Warum demselben bei den wenigkernigen Infusorien erst eine Konjugation vor- angehen muss, vermögen wir heute noch nicht anzugeben. Man könnte den ganzen Vorgang mit einem Gährungsprocesse vergleichen, aus wel- chem das Individuum geläutert wieder hervorgeht und nach dessen Ab- lauf die Kernsubstanz und die Zellsubstanz wieder in ihre normalen Volum- und Formverhältnisse zurückkehren. | Im Anschluss an Trachelocerca wären nun Infusorien zu erwähnen, bei denen zwar immer noch die Kernsubstanz an kleine und zahlreiche Körner gebunden ist, wo aber diese Körperchen häufig so regelmäßig gestaltet und relativ umfangreich sind, dass man sie alsKerne und somit das Infusorium als ein vielkerniges bezeichnen kann. Hierher gehören zwei Oxytricha-Arten , welche beide seiner Zeit von Gonn beschrieben worden sind! und zwar Oxytricha scutellum Cohn und Oxy- 1 Infusorien im Seeagarium. Diese Zeitschr. Bd. XVI, Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 143 trieha flava Cohn, oder wie SavıLLE Kent! sie umgetauft hat, Ho- losticha flava mit ihren verschiedenen Farbennuancen. Auch hier wurde zuerst von Kernen nichts bekannt, weil dieselben ohne Anwen- dung von Reagentien nicht sichtbar zu machen sind, während sie bei passender Färbung immer mit wünschenswerther Deutlichkeit hervor- treten. Ich habe zum öfteren Gelegenheit gehabt diese beiden Oxytri- ehinen zu untersuchen und ihre Kernverhältnisse festzustellen. Ob es dieselben Arten sind, bei denen auch Maupas Vielkernigkeit nachgewie- sen hat, kann ich nicht sagen, weil die genauere Beschreibung, welche dieser Forscher versprochen, zur Zeit noch nicht erschienen ist?. Was Oxytricha scutellum betrifit, so ist die Zahl der Kerntheile meistens eine sehr große, so dass es oft den Eindruck macht, als über- treffe die Kernsubstanz an Volum die Substanz des Körpers. Die Kör- ner können entweder gleichmäßig rund und alle unter einander gleich groß sein, oder sie sind mehr oder weniger unregelmäßige Brocken von wechselnder Größe, die kleinsten nur bei starker Vergrößerung sicht- bar (Fig. 32, 33). Die Zahl und Ungleichheit der Kernbestandtheile nimmt mit der Größe des Infusoriums zu (vgl. Fig. 341 und 32), wäh- rend die kleinsten Exemplare die größten und regelmäßigsten Kern- theile umschließen, ein Umstand, welcher mit den bei der Theilung sich abspielenden Vorgängen zusammenhängt, auf welche wir en noch zu sprechen kommen werden. Ganz dieselben Verhältnisse finden sich auch bei Oxytricha flava; ebenfalls die Vielzahl der Kernbestandtheile durch das Protoplasma zer- streut (Fig. 30), auch hier bald regelmäßige Kügelchen darstellend, bald in mannigfache ungleiche Splitter zerfallen, diemannicht als Kerne mehr bezeichnen kann (Fig. 30). Eine besondere Struktur ist an solchen Kernbestandtheilen nicht wahrzunehmen, außer einer feinen Körnelung im Inneren und es fin- den sich neben ihnen niemals Gebilde, welche man als Nebenkerne bezeichnen könnte. Bei Urostyla grandis, bei welcher lange Zeit kein Kern hat aufgefun- den werden können, hat Barsranı? mit Hilfe von Methylgrün einen sol- chen doch nachweisen können und beschreibt ihn als rosenkranzförmig ungemein in die Länge gezogen und sehr zahlreiche Windungen be- schreibend, so dass ein solcher Knäuel hunderte kleiner Körnchen ent- hält. 1 A manual of the Infusoria. London 41884—1882, 2 Siehe die Anmerkung 1 aufp. 140. 3 S. Les organismes unicellulaires. Lecons faites au Coll. de France par le prof. Basranı. Journal de Micrographie. 1881. Bd. V. p. 259. 144 August Gruber, Denkt man sich bei den eben beschriebenen Oxytrichinen die Kern- bestandtheile unter einander verbunden, was übrigens hier sicher nicht der Fall ist, so bekäme man dasselbe Verhalten wie bei Urostyla, das man vielleicht als eine höhere Differenzirung des ersteren auffassen könnte. Noch glaube ich hier einiger Infusorien Erwähnung thun zu müs- sen, die sich in Bezug auf die Vertheilung der Kernsubstanz ähnlich verhalten, wie die vorhergehenden; es sind dies die interessanten opa- Jinaartigen Schmarotzer der Gephalopoden , welche von FöTringEr ent- deckt und beschrieben worden sind!. Auch hier findet sich die Kern- substanz reichlich durch den ganzen Körper vertheilt und zwar ein- mal als zusammenhängender vielfach gekrümmter und verästelter Strang, oder in zahlreichen durch Zerfall dieses Stranges entstandenen Brocken. Bei Benedenia elegans zeichnet Förrinser Stadien, wo man die Auflösung des Kernbandes in lose Fetzen sehr deutlich sieht, und andere, wo das Infusorium von lauter rundlichen Brocken erfüllt ist, ähnlich wie bei den oben genannten Oxytrichen. Bei Benedenia coronata findet sich ein förmliches Netzwerk von Kernsubstanz, wel- ches man aber nicht mit dem sogenannten Kerngerüst der Metazoenkerne homologisiren darf, weil es ja nicht einen Theil des Nucleus, sondern diesen selbst darstellt. Auch hier wurde eine Auflösung des zusam- menhängenden Netzes in einzelne lose Stücke beobachtet. Ähnliche Verhältnisse finden sich auch bei einem im Regenwurm schmarotzenden heterotrichen Infusorium, der Plagiotoma Lum- brici Duj. Die Tendenz, zahlreichere Punkte des Körperplasmas mit der Kern- substanz in Berührung zu bringen, spricht sich auch in den bandartigen oder noch mehr den rosenkranzförmigen Kernen mancher Infusorien aus 'z. B. Vorticellinen, Spirostomeen und Stentorinen); doch kann man hier eine größere Konstanz in der äußeren Form dieser Elemente beob- achten, die zwar, wie bei Loxophyllum meleagris, noch sehr unregelmäßig sein können, und man weiß nichts von der oft regellosen Zersplitterung des Nucleins, wie wir es bei den ersigenannten Formen vorfanden. Zudem entspricht nun dem einzelnen Kernstück auch ein Nebenkern, wie dies Maupas nachgewiesen hat ?. Denkt man sich diese Konstanz im Bau der einzelnen Kerntheile auch auf Formen übertragen, wo diese nicht, wie z. B. bei den Stentorinen, durch einen Faden von Kernsubstanz unter einander zusammenhängen, so erhalten wir die bisher schon als vielkernig bezeichneten Infusorien, 1 FÖTTINGER, Recherches sur quelques infusoires nouveaux parasites des c&ephalopodes. Archives de Biologie. Vel, II. 2 a.a. O0. Anmerkung. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen, 145 wie Opalina und Loxodes rostrum!. An den einzelnen Nuclei der rosen- kranzförmigen und der vielkernigen Infusorien treten meist schon deut- liche Differenzirungen auf, so umschließt das Kernstück von Stentor oft deutlich gesonderte Chromatinkörner, so sieht man im Nucleus von Opa- lina ein kleines, centrales, nucleolusartiges Korn, so unterscheidet man am Kern von Loxodes eine Rindenschicht und ein größeres centrales Kernkörperchen. Auf solcher verschiedenartiger Anordnung der Kern- substanzen beruhen auch alle Unterschiede, die wir — abgesehen von der äußeren Gestalt — an den Nuclei der ein- oder zweikernigen Infu- sorien zu verzeichnen haben. Im Allgemeinen besteht aber fast jeder Infusorienkern aus einer Membran und einer dichten massiven mehr oder weniger körnigen Innenmasse (letztere vgl. Fig. 18). Je nach der Größe und Zahl der Körner treten dieselben mehr oder weniger deutlich hervor, jedenfalls sind sie aber die Hauptträger des Chromatins, wie die eigentlichen Nucleolen. Gar nicht selten differenzirt sich das Kern- plasma in der Weise, dass um die Körner her kleine Höfe entstehen, welche bei der Tinktion die Farbe nicht so schnell annehmen, während das von ihnen umschlossene Korn sich dunkel färbt, also offenbar aus chromatischer Substanz besteht? (Fig. 46). Man hat diese bläschenartigen Gebilde hin und wieder mit einer Vermehrung durch den Kern in Zu- sammenhang bringen wollen, so zwar, dass dieselben Keime darstellen sollten, welche ausschwärmen und zu neuen Individuen anwachsen könnten. Diese Behauptung ist übrigens noch nie bewiesen worden und darf gewiss als irrig angesehen werden. Was freilich diese Differenzi- rung im Nucleus zu bedeuten hat, ist bis jetzt noch nicht sicher zu sagen. Es giebt nun zahlreiche Abweichungen von dem einfachen » massi- ven«3 Infusorienkerne, deren ich nur einige wenige anführen will. So fand ich bei einer nicht näher bestimmten Trachelius-Art einen typischen bläschenförmigen Kern, wie bei den Flagellaten, Heliozoen etc., eine Kernmembran, eine Zone helleren Kernsaftes und im Gentrum einen ziemlich umfangreichen Nucleolus (Fig. 17). Bei vielen Oxytrichinen findet sich in der Mitte des Kernes eine Art Spaltraum von linsenförmiger Gestalt, der den Kern in zwei Hälften zu theilen scheint. Bei Chilodon cucullulus liegt im Centrum eine Masse 1 Die Angabe von WRrzEsnıowskı, dass die einzelnen Kerne von L. rostrum zu- sammenhängen (diese Zeitschr., 4870), ist später von BürscaLı wieder bestritten worden und ich kann aus eigener Anschauung letztgenanntem Forscher beipflichten. 2 Diese Erscheinung ist schon seit längerer Zeit bekannt und von BüÜTschLiı, WRZESNIOWSKY u. A. genau beschrieben worden. 3 R. Herrwıs, Beitr. z. e. einheitl, Auffassung der versch. Kernformen. Morpb. Jahrbuch. Bd. II. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 40 146 August Gruber, hellen Kernsaftes, welche einen nucleolusartigen Bruchtheil der körnigen Kernsubstanz umschließt, während bei Chilodon curvidentis der ganze Nucleus aus einem Konglomerat kleiner Kügelchen besteht, die ihm ein maulbeerartiges Ansehen geben !, so dass man fast die Existenz einer Kernmembran in Zweifel ziehen möchte. Ähnlich ist nach CLAParkpe und Lacumann 2 auch der Kern von Metopus sigmoides gebaut. . Sehr eigenthümlich und in seiner Struktur unter den Infusorien ein- zeln dastehend ist bekanntlich der Kern von Spirochona gemmipara, der aus zwei Abschnitten, einem größeren, aus feinkörniger Masse be- stehenden, und einem kleineren homogenen. Er gleicht somit vollkom- men den oben beschriebenen Kernen der Rhizopoden, Rotalia, Ovulina und noch mehr demjenigen des noctilucaartigen Leptodiscus, denn es scheint aus Hrrrwıig’s Beschreibung hervorzugehen, dass auch hier die homogene Hälfte aus chromatischer Substanz bestehe, da sie die Farbe rascher annimmt als die körnige. Bezüglich der näheren Beschreibung und dem merkwürdigen Verhalten dieses Kernes bei der Theilung muss ich auf das Original verweisen. Die Nebenkerne der Infusorien sind wegen ihrer Kleinheit schwieriger zu untersuchen, man kann aber so viel mit Sicherheit angeben, dass sie im Allgemeinen mit den Haupt- kernen im Bau übereinstimmen, d. h. sie sind »massiv« und feinkörnig und besitzen eine Membran, unter welcher manchmal eine feine Zone hyalinen Kernsaftes sichtbar wird, so dass dann der Nebenkern einen Anklang an den bläschenförmigen Bau zeigt. Was die Theilungsvorgänge bei den Infusorienkernen betrifft, so kennt man schon lange — hauptsächlich durch die Untersuchungen BürscaLi's — das Streifigwerden derselben, welches darauf beruht, dass die oben erwähnten CGhromatinkörner zu Fäden werden, sei es, dass jedes einzelne zu einem Faden auswächst, sei es, dass eine Mehrzahl zu einem solchen zusammentritt. Es wird dadurch die chromatische Sub- stanz in eine leicht zu gleichen Hälften theilbare Form gebracht, und zwar werden die Fäden in der Weise halbirt, dass der Kern Anfangs Biskuitform annimmt und sich dann meist unter Bildung eines langen dünnen Verbindungsstückes auszieht. Bei den bandförmigen Kernen mancher Infusorien braucht der Nucleus weiter keine umfassende Vor- bereitungen durchzumachen. So sehen wir ihn z. B. hei Euplotes mit dem Zellkörper durchgeschnürt werden (Fig. 20) und bei manchen Vorticellinen sich ausziehen, ohne dass er vorher wesentlich die Gestalt 1 Festschrift der naturf. Gesellsch. zu Freiburg i. B. 4883. 2 Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes. 3 R. Hearwie, Über den Bau und die Entwicklung von Spirochona gemmipara. Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. XI. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 147 geändert hätte (Fig. 21). Viel weitergehend sind die Veränderungen natürlich bei Kernen, wie dem von Chilodon curvidentis, wo ich den Theilungsvorgang genauer beschrieben habe. Auch bei den Nebenkernen treten anstatt der Körner Fadensysteme bei der Theilung auf, und zwar in noch viel regelmäßigerer Anordnung zur Spindelfigur, so dass dabei die Erscheinungen ganz an die bei der Theilung der Metazoenkerne beobachteten Vorgänge erinnern. Zu unterscheiden von der regulären Theilung sind die Zersplitte- rungen der Nuclei, wie sie nach der Konjugation beobachtet wurden, verbunden mit allen möglichen regellosen Wucherungen der Kernsub- stanz. Hierbei wird das Auftreten von Fäden vollkommen vermisst, während dasselbe zu gleicher Zeit an den auf regelmäßige Art sich theilenden Nebenkernen sehr deutlich zu bemerken ist. Es scheint mir dies ein Beweis dafür zu sein, dass das Streiigwerden der Kerne bei der Theilung nicht bloß auf mechanischen als Folge der Theilung auf- tretenden Vorgängen, einem Zug oder dgl. beruhen, sondern, dass es den Zweck der gleichmäßigen Vertheilung des Ghromatins zu erfüllen hat; es wäre sonst nicht zu verstehen, warum diese Kernfiguren nicht auch bei der unregelmäßigen Theilung auftreten sollen, da diese bei den Protozoen von der regelmäßigen nicht wesentlich verschieden ist. Bei den aus zahlreichen Stücken bestehenden Kernen, sowohl wie bei den in der Zweizahl vorhandenen hat man der Theilung eine Ver- schmelzung der Bestandtheile zu einer Masse vorausgehen sehen, an welcher dann erst die regelmäßige Halbirung zum Zweck gleicher Ver- theilung der Kernsubstanz auf die Tochterindividuen vor sich geht. Von denjenigen Infusorien, wo die Kernsubstanz in sehr zahlreichen Stücken durch den Körper vertheilt ist, habe ich eine Theilung nur bei Oxytricha scutellum beobachtet, die man schon als vielkernig be- zeichnen könnte. Auch hier fließen die lose zerstreuten Chromatinkugeln zu einem Klumpen zusammen, welcher dann entsprechend dem Körper in zwei Hälften getrennt wird. Merkwürdigerweise zerfallen die beiden Theilstücke der Kernmasse sofort wieder, noch ehe das Infusorium sich getheilt hat, und zwar geschieht dies in ganz regelmäßiger Weise unter Annahme der Hantelform (Fig. 35). Auch die zwei Stücke in jeder Hälfte des Thieres theilen sich gleich wieder zu vieren und letztere thun das- selbe, so dass ich Oxytrichen fand, wo schon wieder acht Kernkugeln gebildet waren ehe die Halbirung des Infusoriums vollendet war 1a.a.0. 2 Vgl. auch hier die bekannten Untersuchungen von Bütscaut, 1. c. 3 BürscaLı erwähnt, dass bei der Theilung von Loxodes rostrum die Kerne nicht verschmelzen, was also eine Ausnahme wäre. 10* 148 August Gruber, (Fig. 37). Es scheint dabei, dass die einzelnen Kernbestandtheile der beiden Körperhälften im Tempo der Theilung korrespondiren, denn auf Präparaten, wie dem in Fig. 36 abgebildeten, entspricht in jedem der entstehenden Tochterindividuen ein Kern dem anderen: an zwei Stücken bemerkt man noch gar keine Veränderung, zwei sind etwas langgestreckt, zwei andere zeigen eine seichte Einkerbung und die beiden übrigen endlich sind beinahe durchgeschnürt. Die Vermehrung der Kugeln geht auch nach der Halbirung des Infu- soriums noch längere Zeit weiter und scheint später in regellosen Zerfall auszuarten. Darauf beruht der oben schon erwähnte Umstand, dass kleinere Individuen weniger und regelmäßigere Kernstücke umschließen. ‘Von einer streifigen Veränderung im Inneren solcher in Theilung be- griffener Kernstücke konnte ich nichts bemerken; es mag dies darauf beruhen, dass die Objekte zu klein und zu ungünstig sind, um solche Feinheiten wahrzunehmen, doch könnte ein solcher Vorgang hier wohl fehlen, angenommen, dass die Kernbestandtheile aus gleichmäßig ver- theilter chromatischer Substanz bestehen. Zusammenfassung: Bei den ciliaten Infusorien kann die Kern- substanz in der Zellsubstanz aufgelöst enthalten sein, in so feinen Körn- chen, dass solche nur mit stärksten Vergrößerungen wahrnehmbar sind (Choenia teres, Trachelocerca phoenicopterus). Die Kernbestandtheile können größere, meist kugelige Körperchen darstellen (Oxytricha scu- tellum und flava), welche bei der Theilung zuerst in einen Klumpen verschmelzen. Die Kernsubstanz kann Bänder und Netze bilden, welche zeitweise in Stücke zerfallen (Benedenia, Plagiotoma). Aus diesen Verhältnissen lassen sich die eigentlichen rosenkranzförmigen (Stentorinen) und band- förmigen (Spirostomeen, Vorticellinen etc.) Kerne ableiten. Auch hier findet vor der Theilung ein Zusammenballen statt. Die Mehrzahl der Infusorien besitzt nur einen oder seltener zwei Kerne, deren Gestalt bei den einzelnen Arten eine äußerst mannigfache ist. Außer denselben finden sich noch in wechselnder Zahl die Neben- kerne vor. Der Infusorienkern ist meistens massiv und von einer Kernmem- bran umhüllt. Die Kernsubstanz ist reichlich von Chromatinkörnern durchsetzt, welche verschiedenartige Anordnungen annehmen können. Auch die Nebenkerne sind massiv und wahrscheinlich immer feinkörnig. Bei der Theilung bilden die Chromatinkörner Fäden, welche sich der Längsachse des sich streckenden Kernes parallel legen und welche in der Mitte durchgeschnürt werden. Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 149 C. Die Suctorien. Bei dieser Abtheilung der Infusorien finden wir sehr häufig die Kernsubstanz in reichlichem Maße durch das Protoplasma des Körpers vertheilt und zwar geschieht dies nicht sowohl dadurch, dass eine Viel- zahl von Kernen oder Kernstücken auftritt, sondern mittels einer viel- fachen Verästelung oder Verschlingung des Kernes. Diese Bauweise des Nucleus, die wir ja auch theilweise bei den ciliaten Infusorien vor- gefunden haben, steht hier bekanntlich in Beziehung zur Sprossenbil- dung, in der Weise, dass die Spitzen der Verzweigungen in die Knospen hineinwachsen und sich dort zu eigenen Kernen der letzteren abschnü- ren; auch können, wie bei den früher genannten Ciliaten, vom Kerne unregelmäßige kleine Brocken abgelöst werden, über deren Bedeutung auch hier nichts ermittelt ist1. Bei dem eigenthümlichen Dendrosoma radıans, wo sich die Knospen nicht ablösen und eine baumförmige mit einer wurzelartigen Basis versehene Kolonie entsteht, trennen sich die seitlichen Fortsätze des Nucleus auch nicht los und es hängen somit die Kerne der einzelnen Sprossen unter einander zusammen ?. Die Zu- sammensetzung dieser verzweigten Suctoriennuclei ist eine sehr einfache, indem sie in ihrer Gesammtheit eine gleichmäßig feinkörnige Masse dar- stellen, die von einer Kernmembran umschlossen wird. Über ein Auf- treten gröberer Chromatinkörner oder sonstiger auffallender Differenzi- rungen ist, so viel ich weiß, nichts bekannt geworden. Eben so häufig oder häufiger als diese sind die unverzweigten, gestreckten, ovalen oder runden Kernformen und auch bei diesen unterscheidet man die Kern- membran und das gleichmäßig körnige Innere, wobei zu bemerken ist, dass die einzelnen Körner hier meist größer sind, so dass man sie bei starker Vergrößerung einzeln und regelmäßig neben einander liegen sieht. Es ist mir nur ein einziger Fall bekannt geworden, wo im Innern von solchen Acinetenkernen größere nucleolusartige Stücke gesehen wurden und zwar bei der von Fraıpont beschriebenen Acineta vorticel- loides?®. Bei der Tinktion erhielten dieselben eine dunklere Farbe, was sie als chromatinhaltig erkennen lässt. Dass aber auch die kleinen, oben erwähnten Körnchen aus chromatischer Substanz bestehen, kann wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, denn wir sehen sie beim Theilungs- ! R. Herrwic, der diese Beobachtung gemacht (Über den Bau und die Entw. von Podophrya gemmipara«. Morphol. Jahrb. Bd. I), vermuthet zwar, dass diese Stücke durch feine Fäden mit dem Nucleus zusammenhängen, mir scheint dies aber nach meinen eigenen Beobachtungen nicht der Fall zu sein. 2 Siehe SavIıLLE KEnT, a.a. O. 3 FrAıponT, Recherches sur les Acinetiens de la cöte d’Ostende. Bruxelles 1878. 150 ' August Gruber, vorgange des Kernes sich in Fäden verwandeln, wie dies bei den Cilia- ten geschieht. Das einzige Beispiel für diesen Vorgang, welches genauer beschrieben wurde, betrifftden Kern von Podophrya gemmipara nach den Untersuchungen BütscaLrs ! und hier handelt es sich nicht um eine Hal- birung, sondern um die Abschnürung eines kleineren Kernstücks für den Schwärmsprössling. Wenn man die Umwandlung der Chromatinkörner in Fäden sich aus dem Grunde entstanden denkt, um eine Vertheilung derselben zu gleichen Hälften zu ermöglichen, so sollte sie hier, wo keine Halbirung stattfindet, vermisst werden. Wenn sie doch vorkömmt, so kann dies darauf beruhen, dass die Tendenz zu dieser Veränderung dem Kerne innewohnt und sich dokumentirt, auch wenn von der ge- wöhnlichen Art der Vermehrung, der Theilung in zwei gleiche Hälften, Abstand genommen wurde, oder es muss auch für den kleineren Schwärmspross ein ganz bestimmtes Quantum von Kernsubstanz abge- theilt werden, wozu ebenfalls die Umlagerung der Ghromatinkörner nö- thig wäre. Ich glaube sicher behaupten zu können, dass auch hier Abschnü- rungen vorkommen, wo es auf das bestimmte Quantum des abgeschnürten Theiles nicht ankommt und wo dann keine Fadenbildungen sichtbar werden. Dahin gehören, glaube ich, die früher von mir bei Acineta mystacina gemachten Beobachtungen?, wo die Acinete in mehrere Stücke zerfällt und eben so der Kern, und zwar geschieht dies in ganz unregel- mäßiger Weise, wie ich erst später gefunden habe, nicht gesetzmäßig, wie ich früher annahm. Zusammenfassung: Der Kern der Suctorien ist entweder ver- zweigt, oder abgerundet. Er besteht aus einer dichten massiven Kern- substanz, in welcher die Chromatinkörner oft sehr:deutlich hervortreten. Bei der regulären Theilung verwandeln sich die Körner in Fäden, welche durchgeschnürt werden. Wir sehen also, dass es Protozoen giebt, bei welchen die Kernsub- stanz in zahlreichen Körnern durch das Protoplasma der Zelle vertheilt sein kann, manchmal in so winzigen Bestandtheilen, dass sie nach der Tirktion nur bei starken Vergrößerungen gleichsam als ein Niederschlag sichtbar wird. Bei anderen sind solche Nucleinbrocken zwar immer noch sehr 1 Jenaische Zeitschr. für Med. und Naturwissensch. Bd. X. 2 Kleine Beitr. zur Kenntnis der Protozoen. Berichte der naturforschenden Gesellsch. zu Freiburg. Bd. VII. 3 So entstandene Theilstücke haben manchmal ein Wimperkleid, manchmal Tentakeln, ohne dass man eine Regel darin sehen könnte. N Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 151 zahlreich, aber doch schon größer und theilweise auch regelmäßiger gestaltet, so dass man dieselben schon eher als kleine Kerne bezeich- nen könnte und solche Formen leiten zu den eigentlich vielkerni- gen hin. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass bei denjenigen Protisten, die wir als kernlos bezeichnen, die Kernsubstanz mehr oder weniger voilkommen gelöst in der Zellsubstanz enthalten ist und dass man sich phyletisch das erste Auftreten gesonderter, geformter Kernsubstanz nicht gleich in Gestalt eines Kernes, sondern in solchen feinen Nucleinkörnchen zu denken hat. Die Bildung eines eigentlichen Kernes hängt jedenfalls mit der Fort- pflanzung, zunächst mit der regulären Theilung zusammen, denn sie macht es möglich, dass sicherer und rascher eine gleichmäßige Verthei- lung der Kernsubstanz auf die beiden Tochterindividuen herbeigeführt wird. Wenn dennoch bei manchen Protozoen und gerade auch bei höher stehenden, wie den Infusorien eine solche — wie ich annehme — pri- mitive Vertheilung des Nucleins in der Zelle, d.i. eine innigere Mischung von Kern- und Zellsubstanz bestehen bleibt, so hat dies jedenfalls eine Bedeutung für das Thier, zumal wir ja wissen, dass auch die ein- oder wenigkernigen Infusorien nach aufgehobener Konjugation eine Zeit lang zu solchem Zustande zurückkehren können, wo sie dann dicht mit klei- nen Nucleinbrocken erfüllt sind. Da auch jene erstgenannten Protozoen einer regulären "Theilung unterliegen, so muss auch hier eine gleichmäßige Vertheilung des Chro- matins auf die Tochterindividuen statthaben und diese wird — aller- dings langsamer — dadurch erreicht, dass alle die gesonderten Kern- bestandtheile in eine Masse verschmelzen, die dann halbirt wird. Dasselbe geschieht bekanntlich bei den zahlreichen Kernen des Actino- sphaerium (in derCyste), bei den gegliederten Kernen mancher Infusorien und bei den in der Zweizahl vorhandenen Nuclei der Oxytrichinen 1. Bei den Kernen der Protozoen sind zwei Typen die häufigsten, der bläschenförmige, welcher den meisten Rhizopoden, Heliozoen, Sporozoen und allen eigentlichen Flagellaten zukommt und sich außerdem verein- , zelt noch bei Radiolarien und Ciliaten findet, und der massive, den fast alle Giliaten und Suctorien aufweisen. Die Nebenkerne, welche wahr- scheinlich auf die Giliaten beschränkt bleiben, sind ebenfalls nach diesem Typus gebaut. Die Kerntheilungsvorgänge beruhen meist darauf, dass 1! Wie schon erwähnt, macht Loxodes rostrum nach BürscaLı eine Ausnahme. Bei Opalina ist auch keine Kernverschmelzung bekannt geworden, aber auch noch keine Halbirung. 152 August Gruber, die im Ruhezustand in Körnchen angeordnete Chromatinmasse zuerst in eine Form gebracht wird, welche eine genaue Halbirung derselben mittels einfacher Durchschnürung des Kerns im Äquator ermöglicht. Am bekanntesten und klarsten ist dieser Process bei den ciliaten Infuso- rien, wo sich die chromatische Substanz in gleich lange Fäden anord- net, die bei der Theilung des Kerns in der Mitte durchrissen werden. Man kann wohl sagen, dass die Kerntheilung bei den Protozoen in viel einfacherer Weise verläuft als bei den Metazoen, wo die Anordnung der chromatischen Substanz auch eine viel komplicirtere ist. Der Me- chanismus ist da auch ein ganz anderer, denn es handelt sich nicht, wie bei den Protozoen um eine Abspaltung des Kerns in toto, sondern um eine Zerlegung der Kernsubstanzen und ein nachheriges Auseinander- weichen derselben!. Ich bin aber der Überzeugung, dass sich auch bei den Metazoen Kerne finden lassen, welche nachdem Typus der Protozoen- nuclei gebaut sind und bei welchen die Theilung in derselben Art ver- läuft, wie bei jenen. Erklärung der Abbildungen. Tafel VIII. Fig. 4. Lebender Kern von Platoum stercoreum ; bläschenförmiger Bau. Fig. 2. Ein Kern derselben Art nach Behandlung mit Alkohol absolutus und Pikrokarmin. Fig. 3. Lebender Kern von Arcella vulgaris. Fig. 4. Gefärbter Kern derselben Art (Alkohol, Pikrokarmin), bei HArTNAcK, Oc. 3, Obj. 412, Immersion. Fig. 5. Kern von Amoeba verrucosa (HARTNACK, Oc. 3, Obj. 12, Immersion). " Fig. 6. Ein solcher mit Karmin gefärbt bei derselben Vergrößerung, Fig. 7. Kerne derselben Art. a, mit sich spaltendem Nucleolus; 5, mit vier Kernkörperchen. Fig. 8. Lebender Kern von Euglypha alveolata mit einem hellen Fleck im Centrum. Fig. 9. Gefärbter Kern von Difflugia spiralis (HArTNAcK, Oc. 3, Obj. 9). Fig. 10. Lebender Kern derselben Art, bei der gleichen Vergrößerung. Fig. 44. Lebender Kern einer Difflugia mit eigenthümlicher Differenzirung des Inhaltes (HArrnaAck, Oc. 3, Obj. 12, Immersion). Fig. 42. a, ein Kern von Amoeba proteus im frischen Zustand; D, ein solcher nach der Färbung mit Pikrokarmin; M, die Kernmembran. Fig. 43. Gefärbter Kern einer Rotalia (HArTNAcK, Oc. 3, Obj. 7). Fig. 14. Kern von Actinophrys sol, gefärbt (HArTnAck, Oc. 3, Obj. 42, Imm.). 1 Vgl. die mittlerweile erschienene Schrift von W. Rouvx, »Über die Bedeutung der Kerntheilungsfiguren. Leipzig 1883.« Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. 153 'Fig. 45. Ein Kern von Actinosphaerium Eichhornii. Fig. 46. Gefärbter Kern einer Oxytricha mit Nebenkern ; man bemerkt im Inne- ren die Chromatinkörner von hellen Höfen umgeben (HARrTNAcK, Oc. 3, Obj. 12, Immersion). Fig. 47. Kern und Nebenkern einer nicht näher bestimmten Tracheliusart. Der Kern zeigt den bläschenförmigen Bau (HArrnAck, Oc. 3, Obj. 9). Fig. 48. Lebender Kern und Nebenkern (?) von Vorticella spec. (HArTnack, Oc. 3, Obj. 42, Immersion). Fig. 19. Ein Paramaecium putrinum nach aufgehobener Konjugation, mit Pikro- karmin gefärbt (HArTNAcK, Oc. 3, Obj. 7). Fig. 20a und b. Zwei Stadien der Theilung von Euplotes (HARTNAcK, Oc. 3, Obj. 7). Fig. 24. Epistylis in Theilung (HArrnAck, Oc. 3, Obj. 7). Tafel IX. Alle Figuren auf dieser Tafel sind mit dem Zeichenapparat nach Kanadabalsam- Präparaten entworfen, welche mit absolutem Alkohol und mit Pikrokarmin behan- delt worden waren. Fig. 2 —25. Choenia teres (HArTNAcK, Oc. 3, Obj. 9). Auf Fig. 22 treten die dunklen Körnchen wenig hervor; auf Fig. 23 ist ein Euplotes (E), so wie er auf dem Präparat liegt, mit abgebildet, um zu zeigen, dass dessen Kern denselben Fär- bungsgrad hat wie die daneben liegende Choenia. In Fig. 24 sieht man die winzigen rothen Pünktchen deutlich und in Fig. 25 sind die Chromatinkörner etwas größer und das Protoplasma hell. Fig. 26—28, Trachelocerca phoenicopterus (HARrTNAcK, Oc. 3, Obj. 7). Fig. 26 zeigt die gewöhnliche Anordnung der Nucleinkörner zu Gruppen; in Fig. 27 beginnen dieselben zu wuchern und die Gruppen sich aufzulösen; in Fig. 28 er- füllen sie einen großen Theil des Infusoriums. Ein zufällig mit gefärbter Euplotes (E) zeigt, dass sein Kern dieselbe Färbung hat wie jene Körnchen. Fig. 29 und 30. Exemplare von Oxytricha flava (Harrnack, Oc. 3, Obj. 9). Das eine mit regelmäßigen, das andere mit sehr zahlreichen unregelmäßigen Nuclein- brocken. Fig. 33—37. Oxytricha scutellum. Fig. 34. Kleines Exemplar mit wenig zahlreichen Nucleinkörpern. Fig. 32. Größeres Exemplar mit sehr vielen solchen Körnern. Fig. 33. Eine Oxytricha mit theilweise ganz winzigen Nucleinbrocken. Fig. 34. Eine solche mit sehr regelmäßigen Kernkügelchen. Fig. 35—37. Theilungsstadien der Oxytricha scutellum; die zahlreichen Kern- bestandtheile waren zu einer Masse verschmolzen, welche halbirt wurde und deren Hälften sich wiederholt theilen, ehe noch die beiden Hälften des Infusoriums sich getrennt haben. Resultate meiner Studien über die pelagische Fauna kleinerer und grölserer Sülswasserbecken der Schweiz. Von Dr. Othmar Emil Imhof, erster Assistent des mikroskop.-zootom. Instituts und Privatdocent in Zürich. Mit Tafel X. Im Verlaufe des Winters von 1882 auf 1883 besuchte ich von An- fang Oktober beginnend mehrere unserer Seen, um in erster Linie die sogenannte pelagische Fauna genauer kennen zu lernen und um Daten zu sammeln über deren Existenz während der Winterszeit. Die bis dahin gemachten Beobachtungen über dieses Vorkommen sind nur gelegentlich angestellt gewesen und wurde allerdings daraus geschlossen, dass die pelagische Fauna während des ganzen Winters vorhanden sein dürfte. Diese Annahme kann ich jetzt im Allgemeinen als richtig bestätigen durch eine zusammenhängende Reihe von Notizen, welche sich aus meinen Forschungen mittels des pelagischen Netzes in Zwischenräumen von 8 bis 14 Tagen während des ganzen letzten Win- ters (bei jeder Witterung z. B. im Vierwaldstättersee am 9. December bei —8 °) in folgenden Seen: Zürchersee, Zugersee, Ägerisee, Greifensee, Vierwaldstättersee und Katzensee ergeben haber. Die von mir bis jetzt gewonnenen Resulte über das Vorkommen der einzelnen Formen werde ich im nächsten Winter nochmals prüfen und dann noch einige kleinere Becken von verschiedener Maximaltiefe in meinen Untersuchungskreis hineinziehen, um nachher ein vollkommeneres Bild dieser pelagischen Fauna der Winterzeit geben zu können, als es mir jetzt schon möglich wäre ein solches zu skizziren. Dann werde ich auch im Stande sein, Ver- gleichungen anzustellen mit derselben Fauna während der Sommerzeit. Ein besonderes Augenmerk richtete ich auch auf die Infusorien, spe- Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schwei 155 _ ciell Peritricha, welche auf den zahllosen pelagischen Crustaceen vor- kommen, aber bisher noch nicht genauer untersucht und bestimmt wor- den sind. | Während dieser Studien entdeckte ich Repräsentanten aus anderen Thierklassen, von denen bis jetzt keine Vertreter durch frühere Forscher Erwähnung gefunden haben. Vorliegende erste Mittheilung enthält erstens eine kurze Zusammen- stellung der in dieser Richtnng schon geleisteten Arbeiten, um ein Ver- zeichnis der bis dahin beobachteten Species, mit Angabe der Fundorte verbunden, aufzustellen, welches als Grundlage dienen soll, um darauf fußend unsere Kenntnisse nach den verschiedenen Gesichtspunkten über diese »pelagische« Fauna zu erweitern. Als zweiter Theil folgen dann Resultate meiner bisherigen Untersuchungen, bestehend in der Auf- führung der für diese Fauna neuen Mitglieder, so wie in der ausgedehn- teren Besprechung von vier Species, von denen zwei der pelagischen Süßwasserwelt angehören, während die andern zwei Species im Gebiete dieser Thiergesellschaft auf deren Mitgliedern sessil vorkommen. Diese Arten sind, so weit es mir möglich war, die einschlägige Litteratur zu erhalten und zu verarbeiten, noch nicht beobachtet und beschrieben. Beginnen wir nunmehr mit der Zusammenstellung der bisherigen faunistischen Resultate dieser pelagischen Forschungen in unseren ste- henden Gewässern. In den »Materiaux pour servir a l’etude de la faune profonde du lac Leman«! theilt ForeL die Thiere der Tiefseefauna in sieben Gruppen und bezeichnet als Charaktere für diese Abtheilungen Bewegungsweise und Wohnort. Als achte Gruppe schließt er die pelagische Fauna an mit dem Kennzeichen des immerwährenden Schwimmens, ohne sich jemals auf den Grund oder an das Ufer. zu begeben. Die ersten Untersuchungen über solche pelagische Thierformen wur- den in der Schweiz von Jurixe angestellt, deren Ergebnisse in dem Werke: Histoire des Monocles des environs de Geneve 1820, niedergelegt sind. Alle darin aufgeführten sechzehn Formen wurden zwar in kleineren Wasserbehältern wie Weihern, Tümpeln und Sümpfen gefunden, doch besitzen von diesen Entomostraken einige eine mehr oder weniger voll- kommen pelagische Lebensweise. ‚Aus einem der Schweiz zum Theil angehörenden großen Wasser- becken, dem Bodensee, erhielten wir zum ersten MaleKunde von solchen pelagischen Thieren, und zwar aus der Unterordnung der Cladoceren, durch Leypie in seiner: Naturgeschichte der Daphniden (Crustacea Cla- 1 Bull, Soc. Vaud. Sc. Nat. XIV. Ille serie. $ 34. p. 233. 1876. 156 Othmar Emil Imhof, docera), Tübingen 1860. In dieser Monographie werden folgende sechs Species aus dem Bodensee beschrieben, welche wir als pelagische For- men in Anspruch nehmen können: 4) Sida erystallina O. F. Müller 2) Se hyalina Leydig 3) Daphnia sima O. F. Müller Be 4) Bosmina longirostris O. F. Müller 5) Bosmina longispina Leydig 6) Bythotrephes longimanus Leydig Aber erst im Jahre 1868 wurde von dem dänischen Forscher P. E. Mürter das Vorhandensein einer an Individuen zahlreichen pelagischen Fauna sowohl im Bodensee als auch im Zürcher-, Thuner- und Genfer- see konstastirt. Während der Monate August und November des ge- nannten Jahres beschäftigte sich P. E. MüLLer mit vorübergehenden Studien in den angeführten vier Seen und im St. Morizer See im Enga- din, mit specieller Berücksichtigung der CGladoceren. Wir wollen auch diese, in den Archives des Sc. ph. et nat. de Geneve, Apri! 1870 unter dem Titel: Note sur les Gladoceres des grands lacs de la Suisse, darge- legten faunistischen Resultate in einer Tabelle anordnen. | St. Morizer Bodensee | Zürchersee | Thunersee en See 4) Daphnella brachyura Lie- | vin f 2) Daphnia hyalina Leydig Daphnia galeata Sars | Bosmina longispina Leydig |) Bythotrephes longimanus Leydig 6) Leptodora hyalina Lillje- borg | Sida erystallina O. F. Mül- ler > | Scapholeberis mucronata 0. F. Müller, var. cornuta (ohne Angabe des Fundortes). mw KK BIC NEON REN AK X N EREN -] — = Während der Jahre 1874 — 82 erhielten wir eine Reihe von Mate- rialien zur Feststellung der Fauna, besonders der Tiefseefauna des Genfersees, unter der Ägide von Forzı in Lausanne. Wir finden darunter vier Stellen, welche von der pelagischen Fauna dieses Sees handeln. Die erste diesbezügliche Notiz treffen wir auf p. 168 in der Vorrede zur zweiten Serie, sie lautet: Die pelagische Fauna umfasst die Thiere, welche inmitten der Seen, entfernt von den Ufern, an der Oberfläche oder etwas tiefer, leben. Die Medienumstände sind folgende: Druck veränderlich, Licht sehr stark, TE Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 157 Temperatur veränderlich, keine Bewegung des Wassers (oder doch die Möglichkeit vorhanden ganz aus den bewegten Wasserschichten zu ent- fliehen), keine Flora. Nahrung sehr spärlich. Ferner ist in Paragraph 26 eine kurze Angabe über ein pelagisches Netz, pelagische Fischerei und über einen Apparat »Pompe«, um damit aus bestimmbaren Tiefen Wasser sammt seinen Bewohnern heraufzuholen, enthalten. Die wichtigeren Resultate, bestehend in einer genaueren Charakte- risirung der pelagischen Fauna, giebt uns der Paragraph 321. Das hier aufgestellte Verzeichnis der beobachteten Species weist zwei Gopepoden, sieben Cladoceren, eine an den Flocken der einender pelagischen Algen, nämlich an Anabaena circinalis, lebende Vorticelle, welche als Vorti- cella convallaria bestimmt wird, und eine Hirudinee auf. Da die Vorticelle auf den pelagischen Algen angeheftet vorkommt und die Piscicola eigentlich eine auf Fischen schmarotzende Hirudinee ist, trifft ForeL eine Gruppirung der mit Hilfe des pelagischen Netzes gefundenen Thierformen in zwei Abtheilungen: 1. Eigentliche pelagische Fauna, II. Formen, welche gelegentlich oder zufälligerweise in erstere ge- rathen. Da die Liste der gefundenen Formen etwas abweicht von derjeni- gen, welche dieser Autor in einer späteren Abhandlung: Faunistische Studien in den Süßwasserseen der Schweiz ?, giebt, lassen wir erstere hier folgen. I. Eigentliche pelagische Fauna, Arthropoda: Crustacea. Copepoda: Diaptomus castor Jurine, Cyclops spec. Cladocera: Daphnia hyalina Leydig, Daphnia mucronata O. F. Müller, Daphnia galeata Sars, Bosmina longispina Leydig, Sida erystallina O. F. Müller, Bythotrephes longimanus Leydig, Leptodora hyalina Lilljeborg. II. Zufällige Mitglieder der pelagischen Fauna. Protozoa : Vorticella convallaria Ehrbg.., Vermes: Piscicola geometra Linne, Arthropoda: Larven von Ephemeriden. 1 3° Serie. 41876. p. 244. 2 Diese Zeitschr. Bd. XXX. Supplement. 1878. 158 Othmar Emil Imhof, Von besonderem Interesse sind die Angaben, denen zufolge ForkL bis zu einer Tiefe von 100 Meter! solche pelagische Crustaceen gefunden hat, während P. E. Mürzer damals glaubte, dass diese Thierchen nur in den obersten Wasserschichten sich aufhielten. Wohl wegen dieses Vor- kommens schließt Forer die pelagische Fauna als achte Srupı- den sie- ben Abtheilungen der Tiefseefauna an. Hier können wir die Gelegenheit benutzen, um jetzt schon darauf aufmerksam zu machen, dass wir auch in kleinern Wasserbecken von geringer Tiefe Organismen finden, welche dieselbe Lebensweise zei- gen, wie die als pelagische Formen in unsern größeren Seen bezeichne- ten Thiere. So z. B. konstatirte ich zum ersten Mal am 6. März mit Hilfe des pelagischen Netzes in dem unweit Zürich gelegenen »Katzen- see« das Vorkommen von Tausenden von Gopepoden und Gladoceren. Dieser Katzensee besteht aus zwei annähernd gleich großen durch einen wenig tiefen Graben mit einander verbundenen Theilen, von denen der größere eine Länge von 800 m, eine größte Breite von 400 m und eine Tiefe nur bis zu 8,1 m besitzt. Das zweite etwas kleinere Becken hat dagegen nur 6,5 m Tiefe. (Das südliche Ufer besteht aus Toribildungen.) Am 20. April untersuchte ich diesen Katzensee zum zweiten Mal mit dem pelagischen Netz. Das Resultat war äußerst günstig, zum Theil über- raschend. Unter den zahlreichen Gopepoden und Gladoceren ist das Vorkommen von Leptodora hyalina besonders erwähnenswertb. Einen ähnlichen Fund kenne ich nur von Branpr? aus einem der armeni- schen Alpenseen, Tschaldyr, mit 10,5 m Tiefe. Einschiebend füge ich noch einige Bemerkungen über Vorkommen und Größe der Leptodora bei. Außer den Angaben der oben genannten Autoren und den weiter unten angeführten Forschern über Fundorte habe ich noch zwei weitere Lokalitäten zu erwähnen und zwar fand ich die Leptodora am 9. Okto- ber, 6. November und am 8. December noch in zahlreichen Exemplaren im Zugersee und am 7. November im Ägerisee, dessen Wasserspiegel 726 m über Meer liegt. Es dürfte dies der höchst gelegene See sein, in welchem das Vorkommen dieser interessantesten pelagischen Form kon- statirt worden ist. Bezüglich der Größe der Leptodora finden wir in der Abhandlung von P. E. Mürer 3 dieNotiz, dass in Skandinavien die Lepto- dora eine Größe bis zu 44 mm aufweist, während die Exemplare aus unseren Schweizerseen gewöhnlich nur die Hälfte dieser Länge errei- chen würden. Ich besitze Leptodorenpräparate, an denen die Messungen (vom Kopf bis zum Ende der Schwanzkrallen, also die Gliedmaßen ab- gerechnet) folgende Längen ergeben: 1 Bull. p. 218. $ 32. 2 Zoologischer Anzeiger. 3. Jahrg. Nr. 50. 31% 6.’ Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u, größerer Süßwasserbecken d. Schweiz 159 Aus dem Zugersee vom 6. Nov. und 8. December bis 40 mm, Aus dem Zürchersee vom 45. November bis 44 mm. Es steht also dieses interessanteste Mitglied der pelagischen Fauna aus unseren Schweizerseen seinen Artgenossen in Skandinavien an Größe nicht nach. Kehren wir nach diesen eingefügten Mittheilungen zurück zu den weiteren litterarischen Angaben über diese Thiergesellschaft, so treffen wir in den Materialien von ForseL noch in der Vorrede zur vierten Serie einige diesbezügliche Betrachtungen!, nämlich über die Herkunft der pelagischen Fauna. Die hier dargelegte Ansicht erklärt die Bevölkerung unserer Seen, speciell den Ursprung der pelagischen Fauna auf dem Wege des Importes durch die wandernden schwimmfüßigen Vögel seit der Eisperiode, in Anbetracht dessen, dass die Mitglieder dieser Thiergesellschaft nicht befähigt sind aktiv in den Flüssen aufwärts zu wandern. Weitere Resultate ergeben die Untersuchungen von Verner? über die von ForEL gefundenen Crustaceen. Außer den schon auf p. 157 auf- geführten: Sida crystallina, Daphnia hyalina, Bosmina longispina und Diaptomus castor, wird hier als wahrscheinliches Mitglied dieser Fauna der Cyclops brevicornis Claus bezeichnet. Endlich enthält die Abhandlung von Lzserr ? über die Hydrachni- den des Genfersees ein Wesen, Atax crassipes Koch, welches von einem späteren Autor? als pelagische Form betrachtet wird. Außer in den : Bulletins de la societe vaudoise des sciences natu- relles, besitzen wir folgende Abhandlungen über die Fauna unserer Schweizerseen von ForEL, in denen auch die pelagische Thierwelt Er- wähnung findet: 4) Faune profonde du lac Leman. Vortrag gehalten in der 56. Jahresversammlung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Schaffhausen 1873. 2) Faune profonde du lac Leman. Vortrag gehalten in der 57. Jahresversammlung der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft in Chur 187k. 3) Notice sur V’histoire naturelle du lac Leman. 1876. k} Faunistische Studien in den Süßwasserseen der Schweiz. Diese Zeitschrift XXX.Bd. Supplement 1878. 5) Les faunes lacustres de la region subalpine. In: Association francaise pour l’avancement des sciences, congres de Montpellier 1879. 11.c. p. 499. 4880. 2 ]. c. IV. Serie. p. 526. $ 42. 3 1. c. VI. Serie. p. 386. $ 49. * ASPER, Siehe weiter unten. 160 Othmar Emil Imhof, 6) Die pelagische Fauna der Süßwasserseen. Biologisches CGentral- blatt. IE: Bd. Nr-,40.5 9,299: Diese Publikationen enthalten Zusammenfassungen der jeweiligen in den Materialien niedergelegten Resultate. Für vorliegenden Rückblick auf die beobachteten Formen haben wir das Vorkommen im Genfersee von Cyclops brevicaudatus Claus’ laut Abhandlung 4 noch zu berück- sichtigen. Ungefähr zur selben Zeit, während welcher ForeL seine ersten fauni- stischen Untersuchungen anstellte, beschäftigte sich unabhängig von ihm auch Weısmann mit Thieren der pelagischen Gesellschaft aus dem Boden- see. Die Resultate waren die ausgedehnten und wichtigen Abhandlun- gen: Beiträge zur Naturgeschichte der Daphniden!. In dem gemein- verständlichen Vortrag desselben Autors: Das Thierleben im Bodensee, Lindau 1877, treffen wir zum ersten Mal als neues Mitglied unserer pelagischen Fauna die Heterocope robusta Sars aufgeführt. Einiger- maßen entsprechend der zweiten Gruppe von ForeL (s. p. 157) hat Weısmann außer derlittoralen, der pelagischen und der Tiefseefauna eine vierte Fauna gebildet, nämlich diejenige der Schmarotzer. In dieselbe Zeit fallen dann auch die Studien über die Generationsorgane der frei- lebenden Copepoden von GRUBER?, wozu auch einiges Material vom Bodensee geliefert wurde, wie aus der Erklärung der Tafeln beiCyclops brevicaudatus Claus zu entnehmen ist. Weitere Angaben über pelagische Thierformen sind in den Unter- suchungen von Lutz enthalten. Es giebt diese Arbeit allerdings nicht viel mehr als ein Fundortenverzeichnis speciell der um Bern vorkommen- den Cladoceren. Um ein größeres Wasserbecken zu berücksichtigen, wurde noch der Bielersee in Untersuchung gezogen, auch finden sich einige Notizen über den bis dahin noch nicht erforschten Brienzer See. Wir wollen auch hier die als pelagische Species zu betrachtenden Clado- ceren in einer Tabelle zusammenstellen (s. p. 161). Wohl die ausgedehntesten faunistischen Untersuchungen über pela- gische Thiere hat Professor Pavzsı angestellt. Derselbe erforschte wäh- rend der Jahre 1877—79 19 oberitalienische Seen. Die hier zu be- rücksichtigenden im Langensee und Luganersee gewonnenen Resultate sind: Langensee: Daphnia hyalina, D. galeata, Leptodora hyalina. 1 Diese Zeitschr. Bd. XXIV. Leptodora hyalina, Bau u. Lebenserscheinungen. 1874. Bd. XXVI, XXVII, XXX Supplement und XXXII. 2 Diese Zeitschr. Bd. XXXII. p. 439. 3 Untersuchungen über die Cladoceren der Umgebung von Bern. Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern. 1878. p. 38. Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 161 Te ee ee m m m an nn nn Du u Du u u = nn ee ee N Ä Moossee- Lopsingen- Brienzer see ) Bielersee | dgorfsee | Gerzensee | uch Inkl = 1 | | | FOSTSREEET El 4) Sida crystallina O. F.| | | | | Müller x Muse 2 el SZ >= 2) Daphnella brachyura | | Lievin 3) Daphnia hyalina Ley- dig 4) Ceriodaphnia punctata P. E. Müller 5) Scapholeberis mucro- nataO.F. Müller var. longicornis Lutz 6) Bosmina laevis Leydig 7) Bosmina cornuta Jurine 8) BosminalongispinaLei- dig | | 9) Bythotrephes longima- | | | | nus Leydig | | 40) Leptodora hyalinaLill- | | | jeborg | | | | et = = X = X X BE: X X X Luganersee: Daphnia hyalina, D. galeata, Leptodora hyalina, Hetero- cope robusta (?). Im Langensee war schon früher von Weısmann die Leptodora und eine Bosmina (longispina) beobachtet worden. Als letzten Autor, welcher über die pelagische Fauna unserer Seen Untersuchungen — allerdings mehr vom praktischen Standpunkt ‚aus, bezüglich der Fischzucht — angestellt hat, müssen wir Asper nen- nen. Derselbe beschäftigte sich während der Jahre 1879 und 4880 speciell mit der Tiefseefauna einer größeren Reihe von Seen, dabeigewann er auch einige Resultate über die pelagische Fauna in folgenden Seen: Zürcher-, Vierwaldstätter-, Langen-, Luganer-, Comer-, Klön- und Silsersee. Die Ergebnisse dieser Forschungen sind mehr allgemeiner Natur und geben keinen genaueren Aufschluss über die speciellen Arten, nur in der letzten Publikation über diesen Gegenstand treffen wir ein » Verzeichnis der Thiere der pelagischen Gesellschaft«. Die ersten Notizen finden wir im Zoologischen Anzeiger!; dieselben erfuhren eine Wiederholung mit ge- ringen Abänderungen in : Internationale Fischerei-Ausstellung in Berlin 1880. Die vierte und letzte Publikation ?2 bildet das mehr populär ge- haltene Neujahrsblatt der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft 1881. Wir geben hier das oben erwähnte Verzeichnis wieder: Protozoa: Infusoria: Vorticella, Epistylis, auf Gopepoden festsitzend. 1 Zool. Anzeiger. 3. Jahrgang. Nr. 51 und 54. 2 Titel: Wenig bekannte Gesellschaften kleiner Thiere unserer Schweizerseen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. AA 162 Othmar Emil Imhof, Arthropoda : Crustacea. Copepoda: 1) Diaptomus castor Jur. In fast allen Seen. 2) Diaptomus gracilis. Vierwaldstättersee, Lu- ganersee. 3) Heterocope robusta Sars. Zürchersee, Vier- waldstättersee (Bodensee). %) Cyelops quadricornis (?). Grimselsee. 5) Gyclops spec. (Genfersee) Zürchersee. Cladocera: 4) Daphnia hyalina Leydig. Zürchersee, Lan- gensee (Genfersee). 2) Daphnia galeata Sars. Luganersee (Genfer- see). 3) Daphnia pulex. Grimselsee. 4) Daphnia mucronata O. F. Müller. (Genfer- see). 5) Bosmina longispina Leydig. Überall. 6) Sida cerystallina O. F. Müller. Zürchersee (Genfersee). 7) Bythotrephes longimanusLeydig. Zürchersee (Genfersee). 8) Leptodora hyalina Lilljeborg. Zürchersee (Genfersee). Arachnida: Atax crassipes O. F. Müller. Zürchersee. Insecta: Larven und Puppen von Corethra. Pfäffiker-, Greifen-, Zürcher-, Ägeri- und Zugersee. Wenn wir nun die oben zusammengestellten Resultate übersehen, so erkennen wir, dass, nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kennt- nisse, der weitaus größte Theil der pelagischen Fauna durch frei lebende Entomostraken, Copepoden und CGladoceren repräsentirt wird. Im Ganzen machten unsdie bisherigen Untersuchungen mit 5 (7) Copepoden und 14 Cladoceren als Mitgliedern der pelagischen Gesellschaft bekannt, ferner mit einer Hydrachnide, dann mit Vertretern der Genera Vorticella undEpistylis und als zufälligen Theilnehmern einer Piscicola, Larven von Ephemeriden und Larven und Puppen von Corethra !. In Anbetracht dieser wenigen Species aus wenigen Abtheilungen des Thierreiches mussten wir diese pelagische Fauna als außerordentlich 1 Weitere Arbeiten über dieses Thema sind mir bis jetzt nicht bekannt gewor- den. Sollte noch andere einschlägige Litteratur mir entgangen sein, so bitte ich mich darauf aufmerksam machen zu wollen. | ! | | | | \ Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u, größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 163 arm betrachten. Es ist nun aber diese Armuth doch nicht so groß, wie es bis jetzt den Anschein hatte und bin ich in der Lage einige weitere Mitglieder aufzuführen, welche durch meine Studien seit Oktober 1882 im Verlaufe des vergangenen Winters zu Tage gefördert worden sind. Somit beginne ich als zweiten Theil der vorliegenden Abhandlung diese ersten Resultate meiner Forschungen zu entwickeln und führe zu- nächst die zu beschreibenden Thiere in der Reihenfolge auf, wie diesel- ben im Verlaufe der Untersuchungen beobachtet wurden. Der erste Anstoß zu diesen Studien bestand darin, dass ich die peritrichen Infusorien, mit denen ich mich schon seit einigerZeit speciel- ler beschäftige, untersuchen wollte, welche auf den CGrustaceen dieser Fauna vorkommen. Dadurch gezwungen, auch diese Grustaceen genauer kennen zu lernen und die bezügliche Litteratur nachzusehen, stieg bald in mir die Vermuthung auf, dass speciell diese pelagische Fauna bei genauerer und gründlicherer Untersuchung, als es bisher gesche- hen war, wohl noch manche interessante Resultate liefern könnte und dehnte ich daher meine Studien auf die ganze pelagische Fauna aus. Meine Erwartungen bestätigten sich schon bei den ersten Unter- suchungen am 10. Oktober im Zugersee. Als ersten interessanten Fund ergaben sich zwei Räderthierformen, welche ich mitten im See gegen »Buonas« aus ganz geringer Tiefe unter der Oberfläche mit dem pelagi- schen Netz in ziemlicher Zahl erbeutete. Die eine der Rotatorien ge- hört der Gattung CGonochilus an, bei welcher eine kleinere oder größere Anzahl von Individuen, mit ihrem Fuß strahlenförmig in einer Gallert- kugel steckend, frei schwimmende Kolonien bilden. Es dürfte dieselbe Conochilus Volvox Ehrenberg sein und war hier deutlich zu erkennen, dass die beiden Augen einen stark lichtbrechenden linsenförmigen Kör- per besitzen, wie schon Gonn ! beobachtet hat, welche Linse aber hier in schwarzem Pigment eingebettet lag. Perry? hat aus der Familie der Oecistina, nur aus den zwei Gattungen Oecistes und Conochilus be- stehend, keine Art in der Schweiz beobachtet. So weit meine Littera- turkenntnis reicht, scheint dieser Gonochilus für unsere Fauna neu zu sein, jedenfalls ist er es für die pelagische Fauna unserer Seen. Seit dieser Zeit habe ich diese Form auch im Vierwaldstättersee, Zürchersee, Greifensee und Katzensee gefunden und zwar im vorletzten am 214. No- vember bei starkem Schneefall. Das zweite Räderthierchen ist nun aber besonders interessant und ! Diese Zeitschr. Bd. XII. 1862, p. 202. 2 Kleinste Lebensformen, mit Specialverzeichnis der in der Schweiz beobachte- ten. p. 46. 44* 164 Othmar Emil Imhof, bildet ein äußerst günstiges Objekt, um sich in die Organisation einer Rotatorie einen klaren Einblick zu verschaffen. Es kann diese Form nämlich, gerade wie die zur mikroskopischen Untersuchung ausgezeich- nete Leptodora hyalina Lilljeborg, mit den schönsten und durchsichtig- sten Meeresthierchen bezüglich ihrer Unsichtbarkeit wetteifern. Da das vorliegende Räderthierchen in die von Goss£ ! schon im Jahre 1850 auf- gestellte Gattung Asplanchna gehört, welche lange Zeit von der Mehr- zahl der über Rotatorien arbeitenden Forscher übersehen wurde, so ist es wohl angezeigt, hier diese Gattung mit den zugehörenden Speeies etwas näher zu beleuchten. - Die erste nunmehr dieser Gattung angehö- rende Rotatorie wurde beschrieben und abgebildet von Tuomas BrIeHT- we? im Jahre 1848 als dem Genus Notommata angehörend. Diese Arbeit war desswegen von großer Bedeutung, weil hier zum ersten Mal von einem getrennt geschlechtlichen Räderthierchen die Rede war, wäh- rend bis dahin die Ansicht Geltung hatte, dass die Rotatorien Zwitter seien. Im folgenden Jahre erfuhr diese Species eine ausgedehntere Be- schreibung sowohl der Weibchen wie der Männchen durch DaLrympLe®. In der Abhandlung von Vocr*: Einige Worte zur systematischen Stel- lung der Räderthierchen, treffen wir bezüglich des ersten Auffindens von männlichen und weiblichen Rotatorien eine Anmerkung (p. 197), welche darauf hinweist, dass wir nicht DALryMmPLE, wie jetzt noch in Lehrbüchern der Zoologie angeführt wird, sondern BriGHTwELL diese Ent- deckung zuschreiben müssen. Darauf erschien die angeführte Abhand- lung von Gosse, in welcher derselbe dieses neue Genus aufstellt und zwei weitere Species kennen lehrt, von denen aber nur die eine Form ausführlich erörtert wird. Hervorzuheben ist, dass die von BRIGATWELL und DaLrvmPpLe untersuchte Art hier zum ersten Mal eine Speciesbezeich- nung erhält und zwar in angemessener Weise nach ihrem ersten Beob- achter und Beschreiber, so wie auch nach dem ersten Entdecker des diöcen Charakters der Räderthierchen, als Asplanchna Brightwellii be- nannt wird. Erst durch Leyvie’s® Untersuchungen ergab sich auch die Notom- mata myrmeleo Ehrenberg als dieser neuen Gattung angehörend. Ferner entdeckte derselbe Autor eine weitere Species, welche der Asplanchna Brightwellii nahe verwandt ist. Leynıc hat damals weder die Arbeit von BRIGHTWELL noch diejenige von Gosse, worin diese neue Gattung i Annals and Magazine of Natural History. 2€ Serie. Bd. VI. p. 18. 2 Annals and Magazine of Natural History. 2° Serie. Bd. VI. p. 1453. 3 Philosophical Transactions. 4849. p. 331. 4 Diese Zeitschr. Bd. VII. p. 193. 5 Diese Zeitschr. Bd. VI. p. 20. nn SEE N EEE HE EEE EEE EEE \ Studien üb, die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 165 aufgestellt wurde, gekannt. Auch CGonn! hatte keine Kenntnis von diesen Abhandlungen, wie sich in seiner ersten Arbeit über die Fort- pflanzung der Räderthiere in der Anmerkung auf p. 432 kund giebt, da er damals bedauerte, dass weder DaLrymPLE noch Leypic die auffal- lenden Charaktere dieser Räderthierformen benutzt hätte, um letztere in einer neuen Gattung zu vereinigen. Es dürfte sich vielleicht auch die Notommata syrinx Ehrenberg bei erneuter Untersuchuug als diesem Ge- nus angehörend ergeben und finden wir bei DarrymrLe die nahe Ver- wandtschaft seiner Rotatorie mit dieser Enrengerg’schen Form schon erwähnt. Wir werden auf diese Verwandtschaftsbeziehungen nochmals bei der Beschreibung unserer pelagischen Form zurückkommen. Meine fortgesetzten Untersuchungen ergaben im November eine Acinete, auf der Balancirstange von Bythotrephes longimanus aus dem Zürchersee gefunden. Ferner zeigte sich die bis jetzt in allen untersuch- ten größeren Seen, auf Gopepoden hauptsächlich vorkommende, Epistylis als von den bisher beschriebenen Arten abweichend. Am 22. Februar dieses Jahres entdeckte ich im Zürchersee als neues interessantes Mit- glied der pelagischen Fauna eine Cilioflagellate, ein Geratium; dieselbe Form war auch in ziemlich zahlreichen Exemplaren in dem konservirten Material vom 2. Februar aus dem Zugersee enthalten. Weitere Resultate lieferten meine pelagischen Forschungen in dem oben angeführten Katzensee. Derselbe war schon seit langer Zeit be- kannt als eine interessante reichhaltige Lokalität sowohl für den Botani- ker, als besonders für den Zoologen, wie wir z. B. im Vorwort zu den Rhizopodenstudien von Buck ? erwähnt finden. Auch in diesem See traf ich unsere Asplanchna in großer Menge am 6. und 20. März an. Aus der schwierigen Qladocerengattung Bosmina werde ich über eine neue Form später zu berichten haben, eben so über das interessante Vor- kommen von frei schwimmenden Flagellatenkolonien in großer Anzahl. Es zeigten sich zwei Species aus der dahin gehörenden Gattung Dino- bryon, die eine scheint Dinobryon sertularia Ehrenberg zu sein, welche später von Dusarvın, Perry und besonders von BürscnLı® näher unter- sucht wurde; auch finden wir davon eine Abbildung mit Erläuterung im ersten Theil der Monographie der Flagellaten von Ste. Die zweite Species dürfte noch nicht beobachtet sein und werde ich auch über diese Form später Mittheilung machen. Weiterhin begegnete ich Räderthier- formen aus der Gattung Anuraea, die noch einer genaueren Untersuchung unterzogen werden müssen. Alle diese allerdings mikroskopischen 1 Diese Zeitschr. Bd. VII. p. 431. ? Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 3. 3 Diese Zeitschr. Bd. XXX. p. 233. 166 Othmar Emil Imhof, Thierchen wurden mit dem pelagischen Netz mitten in den angeführten Seen dicht an der Oberfläche oder in nur geringer Tiefe unter derselben erbeutet. Indem wir nun die oben erwähnte Gilioflagellate näher betrachten wollen, gehen wir über zur Darlegung der einzelnen neuen Formen in aufsteigender Reihenfolge. 1) Geratium reticulatum Imh. nov. spec. (Fig. A). Durch die monographische Bearbeitung der Gilioflagellaten von Beren! sind wir mit der bedeutenden Variabilität der einzelnen Arten dieser Gattung, besonders der marinen Species, bekannt geworden; da- gegen hat dieser Autor nur zwei Süßwasserformen zu untersuchen Ge- legenheit gehabt, und zwar nur das Ceratium cornutum in genügender Anzahl, während die zweite Süßwasserform C. birundinella nur in ganz wenigen Exemplaren beobachtet wurde, da sonst wohl sich BErea mit der Messung eines Individuums nicht begnügt haben würde. Auf p. 183 dürfte Beren etwas verschwenderisch mit Ausrufungszeichen umge- gangen sein und die Bemerkungen von Perry über die Peridiniaeen in etwas zu sehr subjektiver Weise ausgelegt haben. Das betreffende Werk Perrty’s ist allerdings kein Muster gründlicher Arbeit, es ist im Gegen- theil darin sehr Vieles oberflächlich behandelt. Hätte aber Bercu die wenigen Bemerkungen aufmerksam gelesen, so würde er wohl nicht die citirte Stelle, wo Perry sagt: die Peridiniden scheinen aus einer doppel- ten Zelle zu bestehen ..... ; worauf der folgende, von Berea nicht citirte, Satz lautet: Die äußere Hülle ist ...... ; die innere kann theil- weise in Blasen hervorgetrieben werden; in dieser Weise erklärt haben: » wahrscheinlich ist mit diesen zwei ‚‚Zellen‘‘ (!!) die Gellulosemem- bran und das Protoplasma gemeint«. Bei flüchtiger Untersuchung könnte unser Geratium als deı Species C. furca angehörend erscheinen, da es drei Hörner besitzt, nämlich ein größeres vorderes und zwei etwas kürzere hintere Hörner, von denen das linke länger ist als das rechte, gerade so wie bei dieser genannten marinen Form. Wenn wir nun aber diese pelagische Species genauer untersuchen, so erkennen wir bald, dass die Umrisse der Skelettmem- bran einen anderen Charakter tragen. Die vordere Hälfte gleicht viel- mehr dem C. tripos oder hirundinella, indem der Übergang in das Horn nicht so allmählich sich vollzieht wie bei C. furca. Messen wir die Länge der Skelettimembran von der Querfurche bis zum Beginn des vorderen Hornes, so beträgt dieselbe im höchsten Falle die Hälfte der Gesammt- 1 Morphologisches Jahrbuch. Bd. VII. 1882. 2 Zur Kenntnis kleinster Lebensformen. 4852. Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 167 breite des Körpers; bei C. furca aber kommen sich diese zwei Maße un- gefähr gleich. Auch die hintere Hälfte der Skelettmembran zeigt ziem- lich konstante charakteristische Umrisse, welche aber durch die Zeich- nung besser wiedergegeben sind, als es durch Beschreibung möglich wäre, die Form zu fixiren. Gewöhnlich divergiren die zwei hinteren Hörner etwas, können aber manchmal auch parallel zu einander und dann auch parallel zum vorderen Horn verlaufen. Ähnlich wie bei C. hirundinella ist die Skelettmembran mit zarten Leistchen versehen, welche aber noch viel schönere und regelmäßigere meist fünf- und sechseckige Felder begrenzen, die auf die Hörner in mehr langgestreckter Form übergehen. Die Leistchen sind sehr schwach erhaben und er- scheint daher der Kontur des ganzen Thierchens nicht gezackt wie bei C. hirundinella. Der Ausschnitt auf der Unterseite der hinteren Skelett- hälfte beginnt am inneren Rande der Ursprungsstelle des linken Hornes, ist ziemlich schmal (0,044 mm) und verläuft mit parallelen Rändern bei- nahe senkrecht auf die Richtung der Querfurche. Vergleichen wir nun dieses Ceratium mit den bekannten Formen, so dürfte dasselbe eher mit G. hirundinella näher verwandt sein als mit dem C. furca. Es unterscheidet sich aber vom ersteren sowohl durch den absoluten Mangel eines dritten Hornes an der hinteren Skeletthälfte, als auch durch die Gestalt und Lage des ventralen Ausschnittes. Ich fand diese Species bis jetzt im Zürcher- und Zugersee als pela- gisches Thierchen. Am 22. Mai traf ich es in bedeutender Zahl im letz- ten der beiden Seen (die lebend beobachteten Exemplare bewegten sich immer mit dem einzelnen Horn voran). Das konservirte Material vom 20. April aus dem Katzensee enthielt auch ein Geratium, welches sowohl mit der hier beschriebenen Form als auch mit dem C. hirundinella gemeinsame Charaktere besitzt. Alle diese Exemplare trugen an der äußeren Seite des linken hinteren Hornes einen dritten Vorsprung, welcher aber niemals zu einem Horn ausge- wachsen war, sondern stets als stumpfer aber deutlich abgesetzter Höcker erschien. Der ventrale Ausschnitt war wie bei unserer Art aus den größeren Seen, also abweichend von der Zeichnung und Beschrei- bung des Ceratium hirundinella von Bere# (Taf. XIli, Fig. 12). Es könnte vielleicht diese Art aus dem Katzensee als Zwischenglied aufge- fasst werden zwischen C. hirundinella Müller und unserer ersteren Form, C. reticulatum, welche niemals die geringste Spur eines dritten Hornes an der hinteren Hälfte der Skelettimembran zeigt. Ich hoffe das C. birundinella auch noch zu finden, um genauere Untersuchung über diese Verwandtschaftsbeziehungen anstellen zu können. Die Arbeiten von 168 Othmar Emil Imhof, Macsı! über Cilioflagellaten, worin das Vorkommen von Ceratium furca in einigen oberitalienischen Seen besprochen wird, waren mir nicht zu- gänglich, so dass wir vorläufig noch keinen Vergleich zwischen diesen Süßwasserformen vornehmen konnten. Messungen an einer Reihe von Exemplaren unserer GC. reticulatum ergaben: aus dem Zürchersee 0,236—0,296 mm, » .».. Zugersee 0,192—0,208 mm. Messungen an Exemplaren von der Form aus dem Katzensee er- gaben 0,336 mm (diese Zahlen bezeichnen die Länge vom vorderen Horn zum linken hinteren Horn). 2) Acineta elegans Imh. noy. spec. (Fig. 2). Diese Acinetenform, welche wir bis jetzt nur auf der Balancir- stange von Bythotrephes longimanus im Zürchersee gefunden haben, zeigt in der Bildung des Stieles und Gehäuses eine ganz charakteristische Form. Der Stiel ist eylindrisch und erreicht eine ungefähr 30fache Länge seines Quermessers (0,007 mm). Das obere Ende ist abgerundet und mit dem Gehäuse durch eine kugelige Anschwellung (0,012 mm Durchmesser) in solider Verbindung. Dieses Gehäuse besitzt eine voll- kommen birnförmige Gestalt, von einer Länge von 0,072 mm und einem srößten Durchmesser an der oberen Partie von 0,044 mm. Der obere Rand des Gehäuses zeigt eine Abrundung nach einwärts, so dass die kreisförmige Öffnung nur noch 0,026 mm besitzt, aus welcher Öffnung das Thierchen mit einer etwas gewölbten Vorderfläche hervorragt. Auf diesem mit dem freien Wasser in Berührung tretenden Körpertheil fin- den wir hübsch strahlenförmig nach allen Richtungen angeordnete, wie es schien, nicht einziehbare Saugfüßchen. Sämmtliche Saugfüßchen sind von gleicher Länge (0,032 mm) und an ihrem vorderen Ende ge- knöpft. Der Körper dieser Acinete ist außer mit der Mündung noch weiter nach hinten (ungefähr am Ende des zweiten Dritttheiles), wo sich eine leichte Einschnürung am Gehäuse zu erkennen giebt, mit demsel- ben in direkter Berührung. Im Inneren des Protoplasmaleibes finden wir einen ovalen Nucleus (0,0414 mm Länge) und eine kontraktile Vacuole. Die Gesammtlänge dieser Acinetenform erreicht 0,300 mm. 3) Epistylis lacustris Imh. nov. spec. (Fig. 3). Von den bis jetzt zur Untersuchung gelangten Species aus der Fa- milie der Vorticellinen wollen wir zunächst nur diese Epistylis genauer Intorno al Ceratium furca Giap. e Lachm. ed a una sua varieta. in: Boll. scientif. 1880. Nr. 8. p. 425—128. ı f 1 Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 169 charakterisiren. Schon früher wurde von ForeL und Asper gelegentlich das Vorkommen von Epistylisformen auf den pelagischen Grustaceen er- wähnt, aber es wurde kein eingehenderes Studium über solche Infu- sorienstöckchen gemacht. Die Speciesbestimmung setzt natürlicherweise sowohl eine genaue Untersuchung als auch die specielle Kenntnis der schon beschriebenen Epistylisformen voraus. Unsere hier zu be- schreibende Species zeigt in der Körperform einige Ähnlichkeit mit Ep. anastatica Müller, Ep. plicatilis Ehrbg., Ep. digitalis Ehrbg., Ep. nym- pharum Engelmann !. | Die Körperumrisse bilden einen etwas verlängerten Conus. Die Ansatzstelle am Stiel weist 0,008 mm auf, während das Thierchen bei ausgestrecktem Wimperapparat einen Durchmesser des Peristoms von 0,028 mm ergiebt. Die Länge des Körpers erreicht 0,060—0,068 mm, welche Länge an allen Formen dieser Species in den bis jetzt untersuch- ten Seen als konstant sich erwiesen hat; sie besitzt also nicht einmal die Hälfte der Länge der oben aufgeführten vier Epistylisformen. Um nun noch näher auf die Charakteristik dieser neuen Species einzugehen, wollen wir zuerst die Stockbildung kurz berühren. Die Dicke sowohl des untersten Stammes, wie der Durchmesser der äußersten Verzwei- gungen der an Individuen zahlreichen Kolonien ist beinahe vollständig der gleiche, nämlich 0,007 mm für die letzten Verzweigungen und 0,008 mm für den untersten Stamm. Schon dieser konstante Durch- messer des Stammes, der Äste und Zweige, unterscheidet diese Species von der Epistylis digitalis. Die gesammte Verzweigung des Stockes ist ferner vollständig glatt und wir finden höchstens am Stamm und den ersten Verzweigungen älterer Kolonien eine außerordentlich zarte, erst hei ganz starken Vergrößerungen zu erkennende Längsstreifung und es ist-keine weitere Skulptur vorhanden. Bei jeder Gabelung erscheint der Stiel gewissermaßen eingeschnürt, da bei jeder Verzweigungsstelle die beiden Zweige sofort dieselbe Dicke besitzen wie der dieselben tragende Ast. In der Regel sind die untersten Verästelungen die kürzeren, wäh- rend gegen den Gipfel des Baumes die Zweige etwas länger werden. Jeder Ast theilt sich im Verlaufe der Stockbildung mehrmals, was einen ganz anderen Charakter für die ausgebildete Kolonie entstehen lässt, als ein solcher z. B. bei Ep. plicatilis Ehrbg. vorhanden ist, bei welcher Species eine ganz rasch auf einander folgende kurz gedrängte Theilung in viele Äste stattfindet. Es ist vielleicht bis jetzt zu wenig Gewicht auf den Charakter der Verzweigung des Stockes, sowohl was die Dicke und ! Zur Naturgeschichte der Infusionsthiere. Diese Zeitschr. Bd. XI. p. 390. Taf. XXXI, Fig. 47—18. 170 Othmar Emil Imhof, Länge der Äste als auch was den Modus der Verzweigung betrifft, gelegt worden um die Epistylisformen zu specificiren. Die einzelnen Individuen nun kennzeichnen sich durch folgende Eigenthümlichkeiten: Das Peristom wird wulstig ausgestülpt, aber nicht nach außen umgeschlagen. Der Wimperdiscus besitzt ungefähr den gleichen Durchmesser wie der innere Rand des Peristomwulstes, ist oben ziemlich flach, erhebt sich sehr wenig über den Peristomrand und zwar nur in der Nähe der Stelle, wo das Vestibulum beginnt, um gleich in den Körper ziemlich horizontal unter dem Wimperdiscus hinein zu führen. Das Vestibulum reicht mit gleichmäßiger Weite in schwach ge- krümmtem Bogen bis gegen die Mitte des Körpers unter dem Discus der- art, dass hier eine Diflerenzirung von Vestibulum und Speiseröhre eigentlich nicht vorhanden ist. In der Verlängerung der Krümmung des Vestibulums ragt nach außen eine lange starre Borste oder Membran (?) hervor, welche die herbeigestrudelten Nahrungskörper in dieses Vesti- bulum hineinleitet. Die kontraktile Vacuole hat ihre Lage etwas unter- halb und in der Nähe der Einbiegungsstelle des Vestibulums in den Körper. Sie entleert ihren Inhalt jeweilen in das Vestibulum. Der Nucleus beginnt in seiner normalen Form als langer bandförmiger Kör- per im Wimperdiscus, verläuft in leicht gekrümmtem Bogen in der ganzen Länge des Körpers, um in dessen unterer Partie angelangt in kurzem Haken sich wieder nach aufwärts zu verlängern. Diese Lage des Nucleus gleicht einigermaßen derjenigen bei Ep. nympharum Engel- mann; nur verlängert sich derselbe bei dieser Species nicht bis in den Wimperdiscus hinein und reicht nicht so weit im Körper herunter. Die Außenseite des ganzen Körpers bis zum Peristomwulst ist ganz zart quer- gestreift und dürfte auch hier diese Querstreifung eine Spirale von ganz geringer Windungshöhe sein. Ehe ein Individuum eine Längstheilung eingeht, wird der Wimper- apparat eingezogen und der ganze Körper nimmt mehr eine kugelige Gestalt an. Der Nucleus verändert nun seine Stellung und kommt nach und nach quer zur Längsachse des Thierchens zu liegen, schwellt hier- auf an beiden Enden etwas an, wird biskuitförmig und nachher beginnt die Längstheilung des Körpers. Erst wenn die Einschnürung bis gegen den Kern vorgedrungen, fängt auch dieser an in zwei Nuclei sich zu sondern. Diese Epistylisspecies wurde bis jetzt im Vierwaldstättersee, Zuger- see, Ägerisee, Zürchersee und Greifensee, hauptsächlich auf den pelagi- schen Gopepoden, sehr häufig gefunden. Bei Gladoceren trafen wir bis dahin Ansiedelungen nur auf Bythotrephes longimanus. ee SEE Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 171 k) Asplanchna helvetica Imh. nov. spec. (Fig. 4 und 5). Wie schon weiter oben bemerkt wurde, zeichnet sich unsere Rota- torie durch eine außerordentliche Durchsichtigkeit aus und besitzt wie die Grustaceen dieser Fauna einen vollkommen pelagischen Charakter. Sie schwimmt vom Moment ihrer Geburt bis zu ihrem Ende unaufhör- lich mitten im freien Wasser unserer Seen, trägt auch die Nachkommen so lange im Eisack im Innern ihres Körpers, nicht wie es sonst bei den Rotatorien der Fall ist, dass die Eier außen”am Körper angeheftet herum- geführt werden, bis die Jungen vollkommen entwickelt sind, und ist schon im Mutterthier die gesammte Organisation des Jungen zu er- kennen. Die größte Verwandtschaft zeigt unser pelagisches Rädertbier mit der Asplanchna priodonta Gosse, mit der sägezähnigen Form, welche dieser Autor im Mai 1850 in der Serpentine im Hyde-Park und dem See vor dem Kensington Palast bei London entdeckt hatte. Immerhin zeigen sich Unterschiede, welche die Aufstellung einer neuen Species recht- fertigen und welche nicht gestatten würden die Form als Varietät zu betrachten, besonders auch weil dieses Thierchen eine so große Verbrei- tung besitzt und in den verschiedenen Seen in ganz bedeutender Zahl mit denselben konstanten Charakteren versehen gefunden wurde. Wir sind bis dahin allerdings nicht im Falle, beide Geschlechter vorführen zu können, hoffen aber im Spätsommer, in welcher Jahreszeit die Männchen der anderen Species aus dieser Gattung beobachtet wurden, auch männliche Exemplare kennen zu lernen. Die bisher gefundenen Männchen sind auch hier in dieser Gattung, wie bei allen Rotatorien, in ihrer Organisation bedeutend verkümmert; sie besorgen nur den Minnedienst, nehmen keine Nahrung auf, da ihnen die Kauwerkzeuge und der gesammte Verdauungsapparat fehlt oder wenigstens zu einem nicht funktionsfähigen Überrest reducirt ist. Ich gehe nun über zur genaueren Betrachtung der weiblichen Thiere. Gerade wie bei Aspl. Brightwellii Gosse, Aspl. priodonta Gosse, Aspl. Bowesii Gosse, Notommata Sieboldii Leydig, entbehrt unsere Rota- torie, deren äußere Körperform einem membranösen Beutel ähnlich sieht, jeglicher Bildung eines terminalen Körperfortsatzes, eines Fußes. Das Geschöpf ist in der unteren Körperhälfte seitlich etwas komprimirt und besitzt von der linken zur rechten Seite gemessen ein geringeres Maß als von der Bauchseite zur Rückenseite, auch ist die Körperform dadurch modificirt, dass die Bauchfläche länger ist als die Rückenfläche. Es ent- Steht so zwischen der gekielten Bodenfläche des Thierchens und dem Ovarium und Ovidukt ein größerer Raum, in welchen bei der Entwick- \ 172 Othmar Emil Imhof, lung der Jungen, der dieselben enthaltende Eisack aufgenommen wird. Das vordere Ende des Körpers zeigt dagegen eine andere Form. Der Quermesser dieser Stirnfläche ist etwas breiter, als die Höhe von der Bauch- zur Rückenseite beträgt. Die Stirnfläche ist umsäumt vom Räderapparat, welcher durch einen muskulösen wulstigen Ring getragen wird. Auf der Rückenseite treffen wir einen ziemlich stark entwickelten Ausschnitt und ist hier auch der Cilienkranz unterbrochen. Seitlich von der dorsoventralen Mittellinie trägt die Stirnfläche je einen Höcker, etwas mehr dem dorsalen Rande genähert. Zwischen diesen beiden Höckern ist ein sattelförmiger Ausschnitt, welcher ventral zur Mundöffnung hin- leitet. Der Rand der Stirnfläche ist mit symmetrisch angeordneten Vor- sprüngen versehen, welche Sinnesorgane tragen, die wir uns bei der Betrachtung des Nervensystems näher ansehen wollen. Der Verdauungsapparat. Die im geschlossenen Zustande spaltförmige Mundöffnung ist einer ganz bedeutenden Erweiterung fähig und führt in einen geräumigen Schlundkopf, welcher eigenthümlich geformte muskulöse Wandungen besitzt. An der Bauchseite dieses Schlundkopfes erkennen wir den mit der hinteren Partie in einem Polster eingebetteten kräftigen Kieferappa- rat. Wir wollen denselben gleich hier einer genauen Betrachtung unter- ziehen. Der wichtigste Theil wird durch ein Paar starker langer ziemlich gerader Kiefer gebildet, welche am freien Ende in zwei, einen unteren und einen oberen Zahn gespalten sind. Gleich darauf folgen an der inne- ren Kante der Kiefer konstant vier Kerbzähne von etwas geringerer Länge als die Endzähne, von denen die zwei inneren etwas kleiner sind als die beiden äußeren. Die äußere Kante der Kiefer ist gewölbt, wo- durch dieselben eine bedeutendere Solidität erlangen. Auch bei dieser Species finden wir ein sogenanntes accessorisches Kieferpaar, bestehend aus zwei sichelförmigen, ungefähr parallel mit der Außenkante der ge- zahnten Kiefer laufende dünne Dornen, etwas länger als die eigentlichen Kiefer. Es wurde die Funktion dieses accessorischen Kieferpaares dahin gedeutet, dass dieselben die Beute festhalten, während die bezahnten Kiefer ihre Arbeit verrichten. Wir möchten die wirkliche Funktion eher darin bestehend erkennen, dass diese langen Sicheln dazu dienen dürf- ten, unliebsame Berührung der arbeitenden bezahnten Kiefer bei den heftigen Kontraktionen der muskulösen Wandungen des Schlundkopfes mit diesen letzteren zu verhindern. : Da die Kieferbildung bei jeder Rotatorienspecies charakteristisch ist, und schon aus diesen Hartgebilden die Verwandtschaftsbeziehungen der einzelnen Species sich erkennen lassen, so stellen wir die Kauwerk- Bi se Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 173 zeuge der in diese Gattung gehörenden Species zusammen um bequemer diese Formen vergleichen zu können. Fig. 9 giebt eine Kopie der Kiefer nach EHRENBERG von der Notommata syrinx und haben wir dieselbe hier beigefügt, weil sie eine ganz augenscheinliche Ähnlichkeit mit den an- deren Formen zu erkennen giebt, und wird es jedenfalls Aufgabe einer erneuten Untersuchung dieser N. syrinx sein, diese Verwandtschafisver- hältnisse näher zu untersuchen. Überblicken wir diese sechs Kiefer- bildungen, so erscheint diejenige von Aspl. myrmeleo als die einfachste in der Form eines »Tasterzirkels« (EHRENBERG); am nächsten stehend er- giebt sich das Kauwerkzeug der Notommata syrinx, wo die freien Enden der Kiefer in zwei Endzähne gespalten sind. Es würde diese Form den Übergang bilden zu den übrigen vier Arten, welche sämmtlich mit zwei Endzähnen bewaffnet sind. Gemeinsam ist bei diesen vier Species das Vorhandensein eines sogenannten accessorischen Kieferpaares, dessen muthmaßliche Funktion wir oben berührt haben. Nahe stehend erwei- sen sich dann diese Hartgebilde bei Aspl. Brighiwellii und Aspl. Sie- boldii, eben so bei den zwei letzten Species Aspl. priodonta und unserer Aspl. helvetica. Auf der Ventralseite des Schlundkopfes beginnt der lange einer außerordentlichen Erweiterung fähige Ösophagus und leitet derselbe in gerader Richtung in den kugeligen Magen. Etwas oberhalb der Ein- mündung in den Magen trägt die Speiseröhre seitlich je einen querovalen drüsigen Körper, welche als pankreatische Drüsen bezeichnet werden. Die Magenwandung wird von einer nicht sehr großen Zahl schöner ver- hältnismäßig voluminöser Zellen gebildet, in denen ein deutlicher Kern und gewöhnlich ein oder zwei stark lichtbrechende Konkretionen (Fett- tropfen) zu erkennen sind. Die dem Lumen des Magens zugekehrte Fläche dieser Drüsenzellen ist mit Cilien bekleidet, durch deren stete Bewegung der gesammte Mageninhalt in eine Art Rotation versetzt wird. Der Magen ist nun aber nur mit einer Öffnung, einer Cardia versehen, während bei dem Mangel eines Enddarmes, der durch einen Anus nach außen mün- den müsste, ein Pylorus fehlt. Gerade diese charakteristische Eigenthüm- lichkeit des Fehlens eines Enddarmes, und daher auch einer Analöffnung, wurde von Gosse schon im Jabre 1850 dazu verwerthet, um drei Räder- thierspecies, von denen die von BricHutweLL entdeckte Form zur Gattung Notommata gezogen worden war, in einer neuen Gattung Asplanchna zu vereinigen. — Diese drei Species sind nämlich: Aspl. Brightwellii, priodonta und Bowesii. — Der Magen hängt also hier frei im Körper, ist aber einigermaßen durch ganz feine Fäden, die einer beträchtlichen Ver- längerung und Verkürzung unterworfen werden, wie gleich noch näher erörtert werden soll, in einer bestimmten Lage fixirt. Unsere Rotatorie 174 Othmar Emil Imhof, ernährt sich hauptsächlich von mikroskopischen pflanzlichen Organismen, z. B. von Gallionella, dann aber auch von anderen Räderthierchen. So fand ich sehr häufig eine Anuraea (welche ich An. longispina nennen werde) im Magen unseres Thierchens, besonders im Katzensee, welche der An. foliacea Eichhorn ! am nächsten steht, aber eine neue Species repräsentirt, wie schon weiter oben bemerkt wurde. Dagegen konsta- tirte ich bisher niemals, dass Individuen der eigenen Species als Nah- rung nicht verschmäht würden, wie es von anderen Arten aus dieser Gattung in Erfahrung gebracht worden ist. Die unverdaulichen Reste dieser Nahrung müssen nun aber doch wieder hinausgeschafft werden und es geschieht dies durch ein Erbrechen; dabei treten nun die oben erwähnten elastischen feinen Fäden in Funktion. Der sehr muskulöse Ösophagus zieht sich der Länge nach mit bedeutender Gewalt zusam- men, es wird dadurch der Magen in die Nähe des Schlundkopfes ge- bracht und unter Zuhilfenahme der Kiefer, welche Bewegungen gegen die Mundöffnung zu machen, werden die unverdauten Reste nach außen befördert. Hierauf ziehen sich die feinen Suspensorien des Magens wie- der zu ihrer normalen Länge zusammen, wodurch der Magen seine ge- wohnte Lage im Körper wieder einnimmt. Das Respirations- und Sekretionsorgan. Dieses Organ besteht aus einer kontraktilen, ventral gelegenen Blase und je einem davon seitlich ausgehenden, gegen die Wandung des Kör- pers sich begebenden Kanal. Etwas weiter aufwärts bildet der Kanal einige in einem Knäuel vereinigte Schleifen, und an der Innenseite dieses Knäuels, gegen die Körperhöhle gewendet, treffen wir ein gerades End- stück. Diese Endpartie trägt die sogenannten Zitterorgane. oder Wimper- trichter, und zwar bei dieser Species in der Zahl vier, wie auch GossE bei seiner Aspl. priodonta gefunden hat. Diese Trichter münden in die Leibeshöhle; ihr Bau dürfte noch erwähnenswerth sein. Die Wan- dungen dieser Trichter bilden nämlich nicht den Mantel eines Kegels, sondern sie sind seitlich komprimirt, so dass sie von der schmalen Seite gesehen wie eine cylindrische Röhre erscheinen. Im Grunde dieses komprimirten Trichters sind einige lange Cilien inserirt, welche den Rand des Trichters überragen und in konstanter gleichzeitiger und gleichgerichteter Schwingung begriffen sind. Die kontraktile Blase zeigt ein feines muskulöses Netzwerk und mündet mit dem Ovidukt vereinigt nach außen. Die Ausmündungsstelle dieses Kanales ist mit einer ober- flächlich gelegenen Klappe versehen und kann die Öffnung beim Austreten 1 EHRENBERG, Infusionsthierchen. 1838. Taf. LXII, Fig. X. Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiz. 175 der Jungen bedeutend erweitert werden; aber immerhin geschieht das Gebären unter augenscheinlicher Anstrengung. Das Nervensystem und die Sinnesorgane. Unter der Stirnfläche zwischen den beiden Höckern, also etwas näher dem dorsalen Rande, ist das Gehirn gelegen. Es besitzt eine quer- ovale etwas platte Gestalt, zeigt deutlich eine Zusammensetzung aus einer großen Zahl kleiner Ganglienzellen und giebt einer Anzahl Nerven- stämmen ihren Ursprung. Wenn wir zuerst die wohl als Tastorgane zu betrachtenden Einrichtungen aufsuchen, welche jedenfalls auch die Be- wegung des umgebenden Wassers in Erfahrung zu bringen haben, so finden wir dreierlei solcher Apparate. Auf jedem Höcker der Stirn- fläche erkennen wir zwei Büschel starrer Tastborsten, die bei der Vor- wärtsbewegung eine wichtige Aufgabe haben, nämlich das vorliegende Wasser zu kontrolliren. Diese Funktion wird unterstützt durch eine weitere doppelt vorhandene Einrichtung. Am dorsalen Rande treffen wir nämlich, nicht weit entfernt von dem weiter oben erwähnten Aus- schnitt, jederseits einen zapfenförmigen Vorsprung, welcher eine einzelne lange kräftige Borste trägt. Sowohl die genannten vier Borstenbüschel auf den zwei Höckern als auch die zwei einzelnen Borsten sind durch Nervenstränge mit dem Gehirn in direkter Verbindung, welche Nerven- stämme unterhalb dieser Tastorgane eine ganglionäre Anschwellung entstehen lassen. Weitere Sinnesorgane, von ähnlicher Bildung wie die Borstenbüschel auf den Höckern der Stirnfläche, treffen wir noch zwei Paare. Etwa in der halben Länge des Körpers, in der Nähe des Knäuels des Respirationsorganes, also mehr an der Ventralseite, entdecken wir jederseits eine kleine Öffnung, die in eine leichte Vertiefung führt, welche von einer ganglionären Anschwellung getragen wird. Aus die- ser Öfinung tritt wiederum je ein Büschel starrer feiner Borsten. Die gleiche Bildung treffen wir an der dorsalen Fläche des Körpers, aber etwas oberhalb der halben Länge des Thierchens. Auch diese vier gan- glionären Anschwellungen stehen durch je einen Nerv in direkter Ver- bindung mit dem Gehirnganglion. Als weitere Sinnesorgane finden wir drei Augen oder Augenflecken. Das eine unpaare Auge, welches deutlich einen lichtbrechenden Körper, eine Linse, erkennen lässt, ist dem Gehirnganglion angelagert, und zwar mehr gegen den ventralen Rand gerichtet und dürfte wohl dazu dienen die Kontrolle zu führen über die in den Schlundkopf gelangenden Nah- rungskörper. Die beiden anderen Augen sind symmetrisch am Stirn- rande angebracht auf einem Vorsprung seitlich vom Zapfen mit der starken Borste. Diese zwei Organe lassen nicht mit Sicherheit einen 176 Othmar Emil Imhof, lichtbrechenden Körper erkennen und bestehen nur aus einer, allerdings ziemlich scharf begrenzten, Anhäufung von schwarzem Pigment auf einer ganglionären Anschwellung. Interessant ist, dass das Pigment aller drei Augen vollständig schwarz erscheint. Es fand sich nur bei den Jungen, welche noch im Eisack im Mutterthier beherbergt waren, hier und da, aber auch nicht regelmäßig, ein schön rothes Pigment. Bei der nahe verwandten Species Aspl. priodonta spricht Gosse wiederholt auch beim entwickelten in Freiheit gesetzten Thierchen von einem brillanten rothen Pigment. Wir haben schon früher erwähnt, dass auch der in unseren Seen gefundene CGonochilus kein rothes, wie bisher von ihm ge- sagt wurde, sondern auch ein schwarzes Pigment besitzt; es dürfte dies vielleicht im Zusammenhang sein mit einer Vervollkommnung der Licht- empfindlichkeit, bedingt durch die pelagische Lebensweise, gerade wie wir auch bei den pelagischen Daphniden höher entwickelte Sehorgane antreffen. Weibliches Generationsorgan. Der weibliche Geschlechtsapparat ist äußerst einfach; wir treffen ein unpaares ellipsoides Ovarium durch bindegewebige Fäden unterhalb des Magens im Körper suspendirt und durch den früher beschriebenen Ovidukt nach außen mündend. Die Anlagen zu den Eiern sind auch am lebenden Thiere deutlich zu erkennen. Die Eier werden in einem sich später erweiternden Eisack aufgenommen und geht dann die vollstän- dige Entwicklung bis zur völligen Geschlechtsreife des Jungen im Mutter- thiere von statten, und kann es zuweilen sogar vorkommen, dass das Junge, noch im Mutterleibe bewahrt, schon Eibildung aufweist. Zum Schlusse der Betrachtung dieses interessanten Räderthieres haben wir noch der Muskulatur kurz zu gedenken. Es ist dieselbe be- deutend entwickelt und besteht aus einer größeren Zahl symmetrisch angeordneter muskulöser Bänder von verschiedener Breite. Die Inser* tionen ergeben sich einerseits an der inneren Seite der Körperwan- dung, mehr oder weniger tief in die untere Partie des Körpers hinab- reichend, und andererseits am Rande der Stirnfläche und des Schlund- kopfes. Alle diese, ziemlich hyalinen Bänder, welche niemals eine Querstreifung zeigen, sind in den Dienst des Räderapparates getre- ten und ist deren einzige Funktion in der momentanen, energischen Einziehung, bei drohender Gefahr, und in der langsamen Wiederaus- stülpung desselben zu erkennen. Wir fanden diese Asplanchna helvetica bis dahin in beinahe allen untersuchten Seen, nämlich: Zugersee, Zürchersee, Vierwaldstättersee, Greifensee und Katzensee. Studien üb. die pelagische Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserbecken d. Schweiu 177 Wir wollen nun noch die bis jetzt bekannt gewordenen Mitglieder dieser Gattung aufzählen und noch einige Bemerkungen daran knüpfen. Die Species, welche wir dieser Gattung, die als wichtigsten Charak- ter das Fehlen eines Enddarmes und Afters trägt, zuzählen müssen, sind folgende: Asplanchna Brightwellii Gosse, » priodonta Gosse, » Bowesii Gosse, » myrmeleo Ehrenbersg, » Sieboldii Leydig, » helvetica Imhof. Die Gattungsdiagnose, welche Gosse in der hier oft citirten Ab- handlung gegeben hat, lautet: Animal rotatorium ex Hydatinaeorum familia, pede intestino et ano carens; ocellis, mandibulisque instructum; sexibus sejunctis. Aus dieser Diagnose ist » pede« carens zu streichen, nachdem durch Leypıg Notommata myrmeleo Ehrbg. als des Enddarmes und Afters ent- behrend erkannt worden ist. Ferner sind die in den Grundzügen der Zoologie von Craus (1880) angeführten Charaktere dahin zu berichtigen, dass auch mehr als ein Augenfleck vorhanden sein kann, wie es bei den zwei Species Aspl. priodonta und helvetica sich erwiesen hat. Wir haben also in diesen ersten Resultaten meiner Forschungen eine Anzahl neuer Formen vorläufig erwähnt und einige näher kennen gelernt und dürfen nun sagen, dass die Ansicht, als bestehe diese pela- gische Fauna unserer Seen hauptsächlich oder ausschließlich nur aus Entomostraken, wie z. B. ForeL noch in seinen letzten Publi- kationen über diesen Gegenstand mittheilte, unrichtig ist; wir haben vielmehr gesehen, dass auch andere Abtheilungen des Thierreiches inter- essante Mitglieder zu ‘dieser Thierwelt liefern. Abgesehen von den auf Crustaceen und Algen festsitzenden Acineten-, Vorticellen- und Epi- stylisspecies, sind von Protozoen zwei Arten Flagellatenkolonien, der Gattung Dinobryon angehörend, dann eine Gilioflagellate, ein Geratium, weiter aus der Klasse der Räderthierchen mehrere Species, die bis jetzt noch nicht bekannt waren, unsere Asplanchna und zwei Anuraeen, von denen zwei eine ganz besonders interessante Körperform und Organi- sation besitzen, zu unserer Kenntnis gelangt. Hervorheben müssen wir noch, dass auch diese, bisher über- sehenen, niederen thierischen Organismen, sämmtlich allerdings von ge- ringer Körpergröße, so dass dieselben kaum von bloßem Auge gesehen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 4292 1 178 Othm. E. Imhof, Stud, üb. die pelag. Fauna kleinerer u. größerer Süßwasserb. d. Schweiz. j werden können, ebenfalls gerade wie die Gopepoden und Cladoceren zum größten Theil in bedeutender Individuenzahl vorhanden sind. Zürich, im Juli 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel X, Fig. 4. Ceratium reticulatum Imh. (von der Rückenseite gesehen). v.h, vorderes Horn; h.h, und h.h’, hintere Hörner. Fig. 2. Acineta elegans Imh. Fig. 3. Epistylis lacustris Imh. Fig. 4. Asplanchna helvetica Imh. (von der linken Seite gesehen). sk, Schlundkopf; k, Kiefer; oe, Ösophagus; pd, pankreatische Drüse:; m, Magen; s, geknäuelter Sekretionskanal, mit geradem Anfangsstück, welches die vier Wimpertrichter führt; cd, kontraktile Blase ; ov, Ova- rium; a, Öffnung des Oviduktes; t£, t’, t’, t"’ und tb, Tastorgane; Gg, Gehbirnganglion mit unpaarem Auge; af, paariger Augenfleck; M, Muskulatur. Fig. 5. Kiefer von Asplanchna helvetica Imh. Fig. 6. Kiefer von Asplanchna priodonta Gosse (nach Gosse; Phil. Transact. 1856. Tak X VI, Bie.58). Fig. 7. Kiefer von Asplanchna Brightwellii Gosse (nach Dalrymple; Phil. Trans. 4849. Taf. XXXIIL, Fig. 3). Fig. 8. Kiefer von Asplanchna Sieboldii Leydig (nach Leyvıe; diese Zeitschr. 4855. Bd. VI. Taf. II, Fig. 19). Fig. 9. Kiefer von Notommata syrinx Ehrenberg (nach Enrens. 4838. Taf. XLIX, Fig. Il, 3). Fig. 40. Kiefer von Asplanchna myrmeleo Ehrenberg (nach EnurENBERG. 1838, Taf. XLIX, Fig. I, 3). Mit der Korrektur beschäftigt, erhalte ich soeben erst Kenntnis von der Promo- tionsschrift von A. GRUBER, Über zwei Süßwasser-Calaniden. Sowohl diese Arbeit, als auch die VII. Abhandlung über Daphniden von A. WeEısmann werde ich in meinen seit der Absendung obigen Aufsatzes fortgesetzten Studien noch berück- sichtigen. | Zürich, im Februar 188%. Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe‘. Von A. Kölliker. Mit Tafel XI und XI. Seit REmak in seinen »Untersuchungen« die drei von ihm ange- nommenen Keimblätter und die Gewebe und Organe des Körpers in be- stimmte Beziehungen zu einander zu bringen versucht hat, ist diese Frage vielfach der Gegenstand von Forschungen und theoretischen Ab- leitungen gewesen. Bekanntlich war Remar vor Allem darauf ausge- gangen (p. 66, auch p. 80), den Plan zu erforschen, nach welchem der Hühnerembryo aus der Keimscheibe sich entwickelt. Hierbei hatte sich ergeben, »dass keines von den beiden primitiven Blättern die ausschließ- liche Grundlage eines Organ- oder Gewebesystemes von bestimmter bistologischer oder physiologischer Begrenzung bildet, dass vielmehr beide Blätter die ungesonderie Anlage der verschiedenartigsten Organ- und Gewebesysteme enthalten«. Erst mit dem Auftreten des mittleren Blattes, das Remax, wie man weiß, vom primitiven unteren Blatte ab- leitet, lassen sich bestimmtere Beziehungen der Keimblätter zu den Organen und Geweben erkennen, und da stellen sich dann die bekann- ten, von REmak so klar und ausführlich geschilderten Beziehungen heraus, die zu den neuen Bezeichnungen der Keimblätter als dem sensoriellen oder Sinnesblatte, dem motorisch-germinativen und dem Darmdrüsen- blatte führten. Trotz der Erkenntnis mancher wichtigen allgemeinen Sätze blieben jedoch eine bedeutende Zahl unbegriffener Thatsachen stehen, wie vor Allem die, dass das Nervensystem von zwei Keimblättern 1 Dieser Aufsatz ist die weitere Ausführung eines Vortrages, den ich am 8. Au- gust 4883 in der medicinischen Sektion der schweizerischen naturforschenden Ge- sellschaft in Zürich gehalten habe. Ein kurzer Bericht über diesen Vortrag findet sich in den Archives des sciences physiques et naturelles de la Biblioth@que univer- selle de Geneve. T. X. p. 368. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bad. 43 180 A. Kölliker, abgeleitet werden musste, und lässt sich daher nicht behaupten, dass es Rrmak gelungen sei, die Bedeutung der Keimblätter für den Aufbau des Organismus festzustellen. Durch die Nachfolger Remar’s wurden nun in erster Linie manche Schwierigkeiten beseitigt, die den Darstellungen desselben hindernd im Wege standen. Vor Allem ist zu betonen der Nachweis, dass das ge- sammte Nervensystem eine einheitliche Bildungsstätte, und zwar das äußere Keimblatt, besitzt, indem nicht nur das Gehirn und Rückenmark aus der Medullarplatte, sondern auch das gesammte peripherische Nervensystem aus dieser und den benachbarten Theilen des Ektoblastes (der Zwischenrinne von Hıs) hervorgehen. Ferner wurde von mir ge- zeigt, dass das proximale Blatt der sekundären Augenblase nicht die ganze Uvea mit ihren bindegewebigen und muskulösen Elementen, son- dern nur deren epitheliale Lage, das Pigmentum nigrum, bildet. Die Blutgefäße von Hirn, Mark und Netzhaut hatte noch Remak in loco in der Medullarplatte entstehen lassen (p. 78), jetzt wissen wir, namentlich seit H. Mürzer und Hıs, dass die Gefäße in alle diese Theile von außen herein- wachsen und denselben nicht ursprünglich angehören. So ebneten sich nach und nach große Hindernisse einer einheitlichen Auffassung der Ent- wicklung, wie sie Remak noch entgegen traten, doch blieb eine schein- bare große Ausnahme unerklärt, die nämlich, dass nicht nur das äußere und das innere Keimblatt Drüsen bilden, sondern auch der Mesoblast, von welchem seit REmak die Urnieren und die Geschlechtsdrüsen abge- leitet werden, während dieser Forscher die bleibenden Nieren aus dem Entoblasten entstehen lässt. Während diese und andere verwandte Fragen geprüft wurden, tauchten ganz neue Gesichtspunkte und überraschende Hypothesen auf. Als wichtigste sind zu bezeichnen einmal die geniale Konception von Hıs, nach welcher der Leib des Embryo aus zwei Keimen, dem Hauptkeime, Archiblasten, und dem Nebenkeime, dem Parablasten, sich aufbaut, und zweitens der von GöTTE, von mir (Entw. 2. Aufl. p. 389) und den Gebrüdern Herrwıc vertheidigte Satz, dass die Bedeutung der Keimblätter keine histiologisch-physiologische, sondern eine morphologi- sche sei, mit anderen Worten, dass wahrscheinlich alle Keimblätter potentia und zum Theil actu die Fähigkeit besitzen, alle Gewebe aus sich zu erzeugen. | Diesen Fragen näher tretend erscheint es als das Wichtigste, zuerst die Lehre vom Archiblasten und Parablasten zu besprechen und an die neueste Schrift von Warpeyer! anzuknüpfen. Geleitet von dem 1 Archiblast und Parablast im Archiv für mikr. Anat. Bd. XXII, auch separat. Bonn 1883, \ Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 181 Bestreben eine Vermittelung zwischen den Anschauungen von Hıs und denen der großen Mehrzahl der anderen Embryologen anzubahnen, nimmt WALDEyErR die Namen Archiblast und Parablast an. Der Archi- blast geht unmittelbar aus dem Bildungsdotter und der Furchung her- vor, wie Hıs dies aufstellt, der Parablast dagegen wird nicht mit Hıs vom weißen Dotter abgeleitet, dessen Fähigkeit zur Zellenbildung der Autor entschieden in Abrede stellt, sondern auf ein bei der Furchung Anfangs nicht verbrauchtes archiblastisches Material zurückgeführt, das soge- nannte »sekundäre Furchungszellen« bilde. Während so WALDEYER ge- rade mit Bezug auf den wichtigsten Punkt in gar nicht zu vermittelnder Weise-von Hıs abweicht, stimmt er dagegen in der Verwerthung des von ihm sogenannten Parablastes mit Hıs vollständig überein, indem er aus demselben ebenfalls das Blut und die Gefäße und alle Bindesubstanzen ableitet. Geht man der Sache auf den Grund, so giebt es somit für War- DEYER nur einerlei und zwar archiblastisches Bildungsmaterial, welches zwei Keime erzeugt, den Nerven-Epithel-Muskelkeim oder die drei Keim- blätter, und einen Blut-Bindegewebskeim oder das, was Hıs auch Gefäß- blatt nennt. Meine Stellung zu dieser Darstellung WaLDevEr’s anlangend, so stimme ich darin vollkommen mit ihm überein, dass ich ebenfalls keine Zeilenbildung außer derjenigen, die vom Bildungsdotter ausgeht, aner- kennen kann, dagegen finde ich keinen Grund, beim Hühnchen einen Unterschied zwischen den früher und später auftretenden Furchungs- kugeln zu statuiren und komme auch mit Rücksicht auf die Bildungs- stätten des Blutes, der Gefäße und der Bindesubstanz theilweise zu ande- ren Ergebnissen als mein verehrter Kollege. Die erste Zellenbildung und das Vorkommen eines Nebenkeimes (Parablasten) anlangend, so erlaube ich mir wiederholt die von mir schon seit Langem in dieser Frage behauptete Stellung zu vertheidigen. Am klarsten liegen die Verhältnisse bei den Säugethieren und wird man es begreiflich finden, dass ich immer wieder darauf zurückkomme, dass es bei diesen Thieren auch beim besten Willen nicht gelingt, einen Zellenkomplex zu finden, der als nicht mit den Furchungszellen in Ver- bindung gedeutet werden könnte, oder ein Bildungsmaterial nachzu- weisen, das dem weißen Dotter des Vogels vergleichbar wäre und Zellen erzeugte. Beim Kaninchen, das ich im Auge habe, ist die Keimblase mit ihren drei Blättern so Schritt für Schritt bis weit über die Zeit der Entstehung des Blutes und der Gefäße verfolgt, dass mit Be- zug auf die vorliegende Frage von einer vollen Gewissheit gesprochen werden kann. Bei den Vögeln ist es unstreitig viel schwieriger, als bei den 13* 182 A, Kölliker, Säugern, zu einer bestimmten Entscheidung über das Vorkommen einer Zellenbildung außerhalb des sich furchenden Bildungsdotters zu gelangen und erklärt sich so die so sehr verschiedene Stellung der Autoren zu dieser Frage. Wenn ein Forscher von der großen Bedeutung von Hıs trotz aller Einwendungen immer und immer wieder auf die freie Zellen- bildung im weißen Dotter zurückkommt, so ergiebt sich hieraus wohl mit Sicherheit, dass Thatsachen vorliegen, die für eine solche Auffas- sung zu sprechen scheinen. Bei den Vögeln handelt es sich, wie man weiß, um die Deutung des Keimwalles (Hıs), der, wie ich behauptete, ein Theil des Blastoderms ist und Keimwulst genannt wurde, während Hıs denselben als ein Gemeng von Elementen des weißen Dotters und von Bestandtheilen der Keimhaut betrachtet. Ich gebe zu, dass diese Auffassung eine etwelche Berechtigung besitzt, da die zelligen Elemente dieser Lage in gewissen Stadien der Entwicklung nicht leicht zur An- schauung zu bringen sind und auch Inhaltskörper führen, die eine Ver- wechslung mit Bestandtheilen des weißen Dotters zulassen. Wenn man jedoch den Keimwulst Schritt für Schritt verfolgt, so ergiebt sich, wie ich in meiner Entwicklungsgeschichte hinreichend nachgewiesen zu haben glaube, seine Entstehung aus Furchungskugeln oder archiblasti- schem Material, um mit His zu reden, mit aller Bestimmtheit. Der Keimwulst bildet sich während des Durchtretens des Eies durch den Uterus der Henne, indem die Zerklüftung des Bildungsdotters auch die Randtheile desselben ergreift (siehe m. Fig. 21, 22 und ÖrracHer [Fur- chung und Blätterbildung im Hühnereie in Stricker’s Studien, 1870, p. 54] Fig. 6, 7, 8) und hat im Anfange noch nicht dieselbe Mächtigkeit wie später. Im eben gelegten, noch unbebrüteten Eie ist der Keim- wulst in der Regel bereits sehr gut ausgebildet, wie meine Fig. 24 und 25 dies zeigen, die ich sonst nicht gerade als typische bezeichnen möchte, da der mittlere Theil des Entoderms sehr eigenthümlich aus- geprägt war. Nach neuen Untersuchungen betrachte ich für das eben gelegte Ei den Zustand des Blastoderms als maßgebend, den die Fig. I bis 4 wiedergeben. Hier war bei einer Breite der Keimscheibe von 4,0 mm die Mitte derselben 0,16 mm und die Randtheile 0,14—0,13 mm dick, während die zwischenliegenden Theile nur 0,08—0,09 mm maßen. Somit hatte sich an diesem Blastoderm schon ein unzweifel- hafter Randwulst ausgebildet, während es auf der anderen Seite nicht dem geringsten Zweifel unterliegen konnte, dass derselbe aus gefurch- tem Bildungsdotter, aus archiblastischem Material, hervorgegangen war. Um dies darzuthun, theile ich über die histologischen Verhältnisse dieser Keimscheibe Folgendes mit: Dieselbe bestand aus einer ziemlich gut ausgebildeten äußeren Keimschicht, die in der Mitte aus zwei, stellen- \ Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 183 weise selbst aus drei Zellenschichten zusammengesetzt war, am Rande dagegen nur eine Lage von Elementen zeigte. Alle diese Zellen waren rundlich polygonal, im Vergleiche zu den späteren Elementen des Ekto- derms groß, mit feinkörnigem Inhalte und einem großen Kerne oft mit deutlichem Nucleolus. An diese Lage schloss sich zum Theil unmittel- bar, zum Theil mit mehr oder weniger bestimmter Abgrenzung eine tiefere Zellenschicht an, die in der Mitte der Keimscheibe und am Rande derselben etwas verschieden sich verhielt. Dort bestand dieselbe aus drei bis fünf, selbst sechs Schichten von zelligen Elementen, die in den tieferen Theilen gegen den weißen Dotter zu so locker gefügt waren, dass sie mehr den Eindruck gesetzlos in einem Hohlraume, der soge- nannten Keimhöhle, vertheilter Elemente machten, wogegen dieselben höher oben gegen das Ektoderm zu stellenweise wie eine besondere hautartige Lage bildeten, die ich als die erste Andeutung des Enioderms betrachte. Anders verhielten sich die Ränder der Keimscheibe. Hier waren die Elemente der unteren Lage alle fest an einander gefügt und bildeten einen zusammenhängenden Wulst. Die Beziehungen zum unter- liegenden weißen Dotter anlangend, so war dieser in der Mitte der Keimhaut durch eine scharfe Linie von derselben geschieden, am Rande im Bereiche des Keimwulstes dagegen kam zwar eine solche Grenzlinie auch vor, doch gab es Stellen, vor Allem in der Nähe des äußersten Randes der Keimhaut, wo Furchungskugeln des Keimwulstes wie in den weißen Dotter hineinragten, ja selbst mit demselben zusammenzu- hängen schienen. Die Elemente dieser unteren Lage der Keimhaut zeigten sehr ver- schiedenartige Verhältnisse. Am kleinsten und schwach abgeplattet, aber immer noch verhältnismäßig groß, waren die Furchungskugeln des in der Anlage begriffenen inneren Keimblattes; größer und meist kugelrund, zum Theil wie im Keimwulste einzelne Elemente rundlich polygonal, er- schienen die übrigen Bestandtheile dieses Blattes, unter denen nament- lich viele der bekannten großen Furchungskugeln (Dotterzellen, GÖöTTE, Megasphaeren, Hıs) die Aufmerksamkeit auf sich zogen, die in allen Gegenden des Keimes, vor Allem aber in dessen Mitte sich fanden und immer gröbere Inhaltskörner führten, die zum Theil ganz dieselbe Be- schaffenheit zeigten, wie die Körner der angrenzenden Lagen weißen Dotters. Von diesen Elementen der unteren Schicht zeigen die meisten kleineren deutliche Kerne, namentlich wenn ihre Inhaltskörner kleiner und blass sind, in den größeren Kugeln dagegen sind Nuclei nur selten zu erkennen, indem dieselben wahrscheinlich durch die groben Inhalts- körner verdeckt sind; immerhin finden sich solche auch in großen Kugeln, wenn deren Körner kleiner sind (Fig. 4). Im Keimwulste 134 A. Kölliker, waren ohne Ausnahme zahlreiche, durch Karmin roth gefärbte Kerne zu erkennen, welche auch in lockerer gefügten Theilen desselben als den einzelnen Furchungskugeln angehörend sich ergaben. In keinem Theile dieser Keimhaut war etwas zu sehen, was mit den Protoplasmafortsätzen von Hıs und Disse eine Vergleichung zuge- lassen hätte, vielmehr bestand das ganze Blastoderm aus lockerer oder dichter gefügten Furchungskugeln und aus weiter nichts. Auch von Verbindungen der Keimhaut mit den tieferen Theilen, d. h. mit dem weißen Dotter, oder von dem Vorkommen von besonderen »Keimfort- sätzen« (WALDEYER) im weißen Dotter wurde nichts wahrgenommen, mit einziger Ausnahme dessen, was während der ganzen Furchung sich findet, wie GöTTE und ich dies schon lange betonen (siehe meine Ent- wicklungsgeschichte, 2. Aufl., p. 75), dass keine scharfe Grenze zwi- schen dem sich furchenden Keime und dem weißen Dotter sich findet und sowohl die Furchungssegmente als auch viele tief gelegene Fur- chungskugeln an ihrer einen Seite mit noch ungefurchtem Dotter zu- sammenhängen. Dies ist die einzige Beziehung zwischen dem Blasto- derm und dem weißen Dotter, die ich anzunehmen vermag und schon lange annehme, doch ist mit dieser Annahme keine direkte Betheiligung des weißen Dotters an der Zellenbildung in der Keimhaut aufgestellt, sondern nur ein Übergreifen der Furchung auch auf gewisse Theile des weißen Dotters, oder mit anderen Worten der Mangel einer ursprüng- lichen Abgrenzung zwischen dem Bildungsdotter und Nahrungsdotier nachgewiesen. Ist der Keimwulst des eben gelegten unbebrüteten Eies ein Theil des Blastoderms, so gilt dasselbe auch von dem Keimwulste des be- brüteten Eies. Mit der Bebrütung, ja oft schon vorher, bildet sich das untere Keimblatt aus, so jedoch, dass dasselbe noch längere Zeit. mehrschichtig ist und theils über sich, theils unter sich Elemente ent- hält, die noch keinem der beiden Keimblätter sich angereiht haben. Ich bin der Ansicht, dass diese von fast allen Autoren gesehenen und oft abgebildeten Elemente später alle theils dem mittleren Theile des Ento- derms, theils dem Keimwulste einverleibt werden, bis am Ende das Blastoderm zweiblätterig wird, wie es unmittelbar vor der Bildung des Primitivstreifens erscheint. Ich kann daher die Annahme, dass ein Theil dieser Elemente an der Mesodermbildung sich betheilige (Pere- MESCHKO, BALFOUR, FosTEr) oder von Hause aus einen peripherischen, vom unteren Keimblatie abstammenden Theil des Mesodernis darstelle (Bar- FOUR, FOSTER, Hıs), nicht für begründet erachten. Der Keimwulst wird mit der Bebrütung dadurch, dass in seinen ” \ Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 185 Elementen nach und nach große dunkle Kugeln sich entwickeln, so in seinem Aussehen verändert, dass seine Zellen später nur noch schwer sich erkennen lassen, und dies ist auch der Grund, warum über die Zusammensetzung desselben so verschiedenartige Anschauungen aufge- taucht sind. Verfolgt man jedoch den Keimwulst Schritt für Schritt, so findet man, dass derselbe keine weitere Veränderung gegen früher er- leidet, als dass seine Elemente größer werden und die großen Inhalts- kugeln in sich entwickeln, durch welche die Kerne und Zellgrenzen ver- deckt werden. Mit Bezug auf Weiteres, namentlich auch die Deutung dieser Kugeln und den Nachweis der Zellen des Keimwulstes, verweise ich auf meine Entwicklungsgeschichte, .2. Aufl., p. 176, und bemerke hier nur noch, dass das, was Hıs Protoplasmafortsätze des Keimwalles nennt, für mich die kernhaltigen Protoplasmareste der Furchungskugeln oder Zellen des Keimwulstes sind, die natürlich ein scheinbares Maschen- netz bilden, wenn einmal die großen Inhaltskugeln in den Zellen sich entwickelt haben. Für die Annahme einer Zellenbildung aus diesen In- haltskugeln — mögen dieselben nun aus dem weißen Dotter eingewan- dert sein oder in den Keimwulstzellen sich gebildet haben — fehlt mir jeder Anhaltspunkt. An diesem Punkte angelangt scheint es mir nun doch angezeigt zu betonen, dass Hıs von seinem strengen früheren Standpunkte in Man- chem zurückgegangen ist und sich anderen Forschern mehr genähert hat. In den » Untersuchungen « lässt Hıs (p. 75) von der unteren Fläche des äußeren Keimblattes im Bereiche der Area opaca »subgerminale« Fort- 1 Am 23. December, als eben dieses Manuskript zum Drucke abgehen sollte, erhielt ich Gasser’s Mittheilung, betitelt: »Der Parablast und der Keimwall der Vogelkeimscheibe« in den Marburger Sitzungsberichten, Nr. 4, 1883, und füge ich in Betreff dieser Notiz Folgendes bei: 4) Gasser beschreibt keinen Parablasten im Sinne von Hıs, sondern nennt »Parablasten« gewisse Elemente der Keimscheibe, deren nähere Charakteristik nicht gegeben, und deren Bedeutung und Entwick- lung auch nicht geschildert ist. Meiner Meinung zufolge lässt es sich wohl kaum rechtfertigen, dasselbe Wort für zwei ganz verschiedene Dinge zu brauchen. Im Übrigen scheint Gasser unter seinen Parablasten einfach tiefste Furchungskugeln von geringerer Größe zu verstehen, die mehr oder weniger tief im unterliegenden Dotter lagern, wie solche schon längst von GÖTTE und mir beschrieben wurden (meine Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., p. 75). 2) Wenn Gasser an den großen Fur- chungskugeln das Vorkommen von Kernen bestreitet, weil dieselben durch Tink- tionsmittel nicht vortreten, so scheint mir dieser Schluss gewagt, indem, wie ich oben (p. 183) erwähnte, diese Kerne sehr schwer zur Anschauunng kommen. 3) Was Gasser in dieser neuen Mittheilung über eine Vermischung des Keimwulstes mit dem Dotter und eine Betheiligung des ersteren an der Mesodermbildung vor- bringt, erscheint mir auch nicht so beweisend, dass es mich veranlassen könnte, meine alten Darstellungen umzuändern. 186 A. Kölliker, sätze abgehen, die eine mehr oder minder zusammenhängende Lage bilden, dann mit Sprossen zwischen den weißen Zellen des Keimwalles sich hindurch drängen, um an dessen innerer Grenzfläche wiederum eine zusammenhängende Schicht von Anfangs kugeligen, später der Fläche nach sich vereinigenden Elementen zu bilden. Die weiße Dotter- masse des Keimwalles ist somit zwischen zwei Schichten archiblastischer Zellen eingeschlossen, welche unter einander durch ein mehr oder min- der entwickeltes Zwischengerüst verbunden sein können. Von dem so gebildeten Keimwalle löse sich später eine aus weißen Dotterelementen gebildete Zellenlage, das Gefäßblatt, ab, dagegen erfährt man nicht, wie die archiblastischen Zellenlagen des Keimwalles zu diesem Blatte sich verhalten. Im »Keimwalle des Hühnereies« (Zeitschr. für Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte, 1876, p. 274) wird diese Darstellung kurz wieder- holt, doch betont Hıs hier die archiblastischen Zellen des Keimwalles weniger, sondern spricht mehr von »archiblastischem Protoplasma «, das den weißen Dotter durchwuchere und auch Kerne wahrnehmen lasse; doch soll dieses Protoplasma auch » Kerne und Körner « aus zer- fallenen weißen Dotterkugeln enthalten. Ferner wird über die End- schicksale des archiblastischen Protoplasma des Keimwalles gesagt, dasselbe gewinne später an Mächtigkeit, gliedere sich in einzelne Zellen- territorien und bilde zugleich mit der Entstehung des Gefäßblattes aus den weißen Dotterkugeln das demselben von: unten anliegende ento- dermatische großzellige Epithel (Dottersackepithel, H. Vırcuow). Ein Jahr später, in den »Neuen Untersuchungen über die Bildung des Hühnerembryo« (l. c. 1877, p. 112) tritt eine Wendung in der Darstellung von Hıs auf. Hier sagt er (p. 136): »Nach dem, was ich an einem anderen Orte festgestellt habe, ist die fragliche, der Zellen- grenzen entbehrende Schicht (es ist der Keimwall gemeint) ein Gemenge von weißen Dotterbestandtheilen und von echtem Keimprotoplasma, und sie ist dadurch entstanden, dass dieZellen der unteren Keim- schicht zunehmende Mengen weißen Dotters, und zwar nicht allein zerfallene Dotterbestandtheile, sondern auch ganze Dotter- kugeln in sich aufgenommen haben und dann weiterhin unter Verwischung ihrer äußeren Grenzen in einander geflossen sind.« Die oben gesperrt gedruckten Worte stellen eine solche Annäherung an das von mir geschilderte Verhalten des Keimwulstes dar, dass eigentlich jede wesentliche Differenz wegfällt. Dafür, dass ich mich in dieser An- ' nahme kaum täusche, dient auch das als Beweis, dass Hıs in seiner Fig. 10 (im Texte aus Versehen als Fig. 9 bezeichnet) in der Keimwall- gegend eine Verdickung des unteren Keimblattes mit großen runden u: a un ad Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 187 Zeilen darstellt, die er als durch Aufnahme von Keimwallbestandtheilen stark geschwellt bezeichnet, und ferner in der Fig. 9 diese Zellen als in einander geflossen beschreibt und so abbildet, wie sonst seinen Keim- wall. Somit ist hier der Keimwall als ganz aus archiblastischem Ge- webe bestehend aufgefasst, nur dass dessen Zellen weißen Dotter aufge- nommen haben. | In seiner neuesten Veröffentlichung endlich vom Jahre 1882 (Die Lehre vom Bindesubstanzkeim [Parablast] in: Archiv für Anatomie und Entwicklungsgeschichte, 1882, p. 62) geht Hıs auf der einen Seite noch mehrere Schritte weiter und kehrt doch auf der anderen Seite wieder zu seinen ersten Auffassungen zurück. So finde ich in diesem Aufsatze wieder die Annahme (p. 68, 83), dass im Keimwalle parablastische Elemente (weißer Dotter) von archiblastischen umwachsen werden, und scheint Hıs ganz übersehen zu haben, dass er im Jahre 4877 be- schrieben und abgebildet hat, wie in der Keimwallgegend archiblasti- sche Elemente weißen Dotter in ihr Inneres aufnehmen und dann mit einander verschmelzen. Auf der anderen Seite wird im »Parablast« zu- gegeben (p. 78), dass die dunklen Inhaltskörper der weißen Dotterzellen »nicht ohne Weiteres als Kerne aufgefasst werden können«, und dass man vom Namen Kern keinen Gebrauch mehr machen dürfe, wenn nicht im Innern der betrefienden Theile die ganz bestimmten Strukturen vorkommen, deren Vorhandensein in Kernen man durch neuere Unter- suchungen kenne. Ferner will jetzt Hıs die Entstehungsgeschichte des Nebendotters (Nahrungsdotters) bei Seite lassen, da sie mit der Haupt- frage in keiner direkten Beziehung stehe. In Betreff dieser bittet Hıs zu beachten, dass der principielle Schwerpunkt der Entscheidung, von histologischer Seite genommen, nicht darin liegt, ob die Bindesubstanz- anlage aus dem gefurchten oder dem ungefurchten Keime stammt, sondern darin, ob sie überhaupt unter anderen Bedingungen entsteht, als die Anlagen der übrigen Theile (p. 70). Weiter zählt dann Hıs sein Gefäß- blatt zum Mesoderm, an welchem ein axialer und ein peripherischer Abschnitt unterschieden wird. An der Bildung des peripherischen Mesoderms participire bei den Wirbelthieren von den Vögeln abwärts der Doiter, daher man auch von einem »parablastischen Mesoderman- iheil« reden könne, doch sei es noch nicht möglich, ein einheitliches Bild von der Entstehungsgeschichte der parablastischen Zellen zu ent- werfen und trete als gemeinsame Erscheinung bei derselben für einmal nur die Konkurrenz von Dotterkörpern und von Protoplasma entgegen. Was dieser dunkle Satz eigentlich besagen soll, ist mir nicht klar, wenn er nicht einen Rückzug deckt, wie WALDEYER annimmt, auf jeden Fall aber scheint mir das Facit aus allen den angeführten älteren und neue- 188 A. Kölliker, ren Äußerungen von Hıs das zu sein, dass er in Betreff der direkten Betheiligung des weißen Dotters an der Zellenbildung schwankend ge- worden ist, dagegen nach wie vor einen besonderen Theil des Keimes als Primitivorgan für die Bildung des Blutes der Gefäße und der Binde- substanz annimmt, der nun als Theil des Mesoderms angesehen wird. Ich wende mich nun zu der schon oben erwähnten neuen Auf- fassung von WaLDEyEr. Dieser Forscher stimmt, wie wir sahen, darin mit Hıs überein, dass er ein besonderes Primitivorgan für die Bindesubstanzen, das Blut und die Gefäße annimmt und für das- selbe die Namen von Hıs »Parablast, Nebenkeim« braucht, geht da- gegen in so fern seinen eigenen Gang, als er diesen Nebenkeim aus demselben Materiale wie den Hauptkeim entstehen lässt. Die näheren Vorgänge hierbei schildert WaLnever folgendermaßen. In erster Linie nimmt derselbe in der Gegend des Keimwalles Protoplasmafortsätze wie Hıs an. In diesen sollen nach abgelaufener Furchung Kerne auf- treten, welche auf die Kerne der zuletzt in den Randschichten des Keimes auftretenden Furchungsabschnitte zurückgeführt werden, die schließlich auch auf die Protoplasmafortsätze des Keimwalles über- greifen und mit diesen zusammen Zellen bilden, die eben die »sekun- dären Furchungszellen« von WALDEyER sind. Ich bedauere auch dieser Darstellung nicht beipflichten zu können, indem ich überhaupt keine Protoplasmafortsätze im Keimwalle oder Keimwulste anzunehmen ver- mag. Meiner Meinung zufolge war Disse, WALDEver’s Schüler, der Wahrheit am nächsten, als er den Randwulst des gefurchten Keimes ursprünglich nur als aus Furchungszellen bestehend ansah, zwischen welche dann später mit der Bebrütung Dotterelemente hineingelangten. Würde er statt dessen gesagt haben »in welche«, so würde dies voll- ständig mit meinen Behauptungen und auch — wie wir oben sahen — mit denen von Hıs vom Jahre 1877 stimmen. Der letzte Autor, der die hier berührten Fragen bespricht, ist Rauger (Die Entwickl. der Gewebe des Säugethierkörpers und die histo- logischen Systeme in den Berichten der naturf. Gesellsch. zu Leipzig, 1883). Derselbe geht, ohne jedoch ins Einzelne einzutreten, wie ich und WALDEYErR davon aus, dass bei den Wirbelthieren, vor Allem bei den Vögeln und Säugethieren, kein Theil des ungefurchten Dotters in die Bildung des Keimes eingehe, und dass somit die Unterscheidung eines Archiblastes und Parablastes unstatthaft sei. Auf der anderen Seite schließt sich aber Rausger doch an Hıs an, indem auch er, eben so wie WALDEYER, ein besonderes Primitivorgan für die Entstehung der Binde- substanzen, der Gefäße und des Blutes annimmt, für das er den Namen Desmalblatt oder Desmoblast vorschlägt. Über die Frage, wie Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 189 dieses Desmalblatt entstehe, welche Beziehungen dasselbe zu den übrigen Lagen des Keimes besitze, fehlen jedoch genauere Darstellungen und tragen Rauger’s Schilderungen in dieser Beziehung ganz das Ge- präge des Aphoristischen. Nachdem im Vorigen die Frage nach der Bildung des Keimes der Säugethiere und Vögel dahin erledigt wurde, dass derselbe einzig und ‚allein aus Furchungszellen ohne direkte Betheiligung von Nahrungs- ‚ dotter, wo ein solcher vorhanden ist, entsteht, ist es nun an der Zeit ‘ der Hypothese von dem Vorkommen eines besonderen » Gefäßblattes «, ‚ eines »Bindegewebskeimes«, eines »Desmalblattes« näher zu treten, ‚ welche auch in dem Falle ihre Berechtigung hat, wenn kein Theil des ‘ Nahrungsdotters an der Zellenbildung Antheil nimmt. Mein Standpunkt in dieser Angelegenheit ist ein demjenigen von ' Hıs, Warpever und Rauser in Vielem ganz entgegengesetzter, und er- ‚laube ich mir in erster Linie die Sätze, die ich für die Vögel und Säugethiere zu vertheidigen beabsichtige, kurz vorzuführen. Es sind folgende: 1) Es giebt keine besondere Keimschicht, keine abgegrenzte Region ‘im Keime, kein Primitivorgan, das nur Gefäße, Blut und die Bindesub- ‚ stanzen lieferte. 2) Die genannten Theile entstehen im Mesoderm, das außer den- ‚selben auch noch das gesammte Muskelgewebe und di Urnieren und den Geschlechtsapparat erzeugt. 3) Das Blut und die Gefäße nehmen ihren Ursprung in den peri- pherischen Theilen des Keimes (in der Area opaca, zum Theil auch ‚in der Area pellueida) und wachsen die Gefäße als Endothelröhren von ‚hier aus in den Embryo hinein, in welchem in den ersten Zeiten keiner- ‚lei selbständige Gefäßbildung statt hat. | %) Die Bindesubstanz und das Bindegewebe im weitesten Sinne ‚hat seine Bildungsstätte in allen Primitivorganen des Mesoderms (in den ‚Urwirbeln, der Hautplatte, der Darmfaserplatte) und entsteht unab- ‚hängig von den Gefäßen. Zur Begründung dieser Sätze übergehend bespreche ich zuerst die ‚Frage, ob ein besonderes Gefäßblatt anzunehmen sei oder nicht. In ‚der zweiten Auflage meiner Entwicklungsgeschichte habe ich in aller Be rkener Bchewiezen (p. 158—180, $ 15), dass die Gefäße und ‚zwar in erster Linie innerhalb der tieferen Lage desselben, die spätär ‚als Darmfaserplatte erscheint. Hıs lässt in seinen früheren Mittheilungen ‚das Gefäßblatt als eine ganz selbständige Bildung vom Keimwalle sich 190 A, Kölliker, ablösen, ganz und gar zu Gefäßröhren und Blutzellen sich gestalten, und erst am inneren Rande der Area opaca mit den Seitenplatten (Muskelplatten, Hıs) in Verbindung treten (Untersuchungen, p. 95 und fg.). Ich dagegen finde von einem solchen selbständigen Gefäß- blatte keine Spur und habe auch schon lange beschrieben, dass die Lücken zwischen den ersten Gefäßen, die sogenannten Substanzinseln, gleichzeitig mit der Bildung der Gefäße ein einfaches, aus anastomo- sirenden sternförmigen Zellen bestehendes Gewebe (einfache Bindesub- stanz) darbieten, welche Bindesubstanz sicherlich nicht aus den Ge- fäßen, sondern gleichzeitig mit ihnen entstanden ist. Von einer Ab- grenzung der Seitenplatten von der gefäßbildenden Lage der Area opaca ist ebenfalls nie eine Spur zu sehen, und so sehe ich mich genöthigt, in allen Beziehungen eine andere Anschauung zu vertheidigen als Hıs. Ich weiß nun übrigens nicht, ob Hıs noch geneigt ist, eine scharfe Trennung des Gefäßblattes vom peripherischen Theile des Mesoderms festzuhalten, und ist es nach seinen letzten Darstellungen (Parablast, 1882), in denen er von einem parablastischen Mesodermantheile und von einer Betheiligung des peripherischen Mesoderms an der Gefäßbil- dung spricht (p. 83), leicht möglich, dass unsere Auffassungen sich jetzt näher stehen als früher. Was WALDEyEr anlangt, so geht er auf die Frage der ersten Entstehung des von ihm angenommenen Gefäßblattes gar nicht näher ein, beruft sich einfach auf Hıs und Dissz und würdigt meine entgegenstehenden Schilderungen keiner Besprechung (l. ce. p- 26). | Bei so mannigfachen Abweichungen von den Annahmen hochge- ehrter, hervorragender Forscher und Freunde gereicht es mir zu großer Befriedigung in einem anderen sehr wichtigen Punkte mich mit den- selben im Einklange zu wissen. Es ist dies die Frage nach der Weiter- bildung der ersten, in der Area opaca entstandenen Gefäße. Bekannt- lich hat Hıs zuerst es ausgesprochen, dass in jungen Embryonalanlagen keine Gefäße selbständig entstehen, dass dieselben vielmehr als einfache Endothelröhren vom Gefäßhofe aus in den embryonalen Leib hinein- wachsen und dass einzig und allein die äußere Wand des Herzens (mit In- - begriff derjenigen der primitiven Aorta und der letzten Enden der Venae omphalo-mesentericae) im Embryo selbst aus der Darmfaserplatte ent- stehen. Dieser Nachweis ist eine der glänzendsten Entdeckungen, die Hıs auf dem Gebiete der Embryologie gelungen sind, und habe ich mich schon in meiner Entwicklungsgeschichte ganz an denselben angeschlos- sen, wenn ich auch anerkennen musste, dass im Einzelnen noch manche Beziehungen genauer zu ermitteln seien. In derselben Weise hat sich auch WALDEYER ausgesprochen und ist somit — da entgegen- “ w 7 no. A Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 191 gesetzte Annahmen bisher nicht aufgetaucht sind — in einem sehr wichtigen Punkte eine Übereinstimmung erzielt. Die Frage, wie Blutzellen und Gefäße bei älteren Embryonen und in der nachembryonalen Zeit sich bilden, hängt zwar mit der Frage nach einem Gefäßblatte nicht unmittelbar zusammen, ist aber doch von | großem Belange. Es handelt sich darum, zu wissen, ob alle späteren ‚ Blutzellen von den in der Area opaca zuerst gebildeten abstammen, und \ ob alle späteren Gefäße direkte Abkömmlinge der ersten Gefäße sind. ; Ich glaube diese Frage verneinen zu müssen, doch ist hier nicht der ' ®rt auf diese schwierige Erörterung näher einzugehen. Ich bemerke daher in Betreff der Blutzellen nur, 1) dass Embryonen von Säuge- ‚ thieren und Vögeln zu einer gewissen Zeit nur rothe Blutzellen enthal- , ten und daher nicht daran zu denken ist, die farblosen Blutzellen, die " beim Hühnchen am sechsten Tage, bei Säugern zugleich mit der Ent- ‘ wicklung der Leber, auftreten, von denselben abzuleiten, 2) dass eine Blutzellenbildung, wie in der Area opaca, in späteren Zeiten nicht mit Sicherheit beobachtet ist und 3) dass eine Bildung von rothen Blutzellen aus farblosen Elementen bei älteren Embryonen, bei jungen und bei ausgebildeten Geschöpfen mit Sicherheit gesehen ist. Und was die Ge- fäße anlangt, so ist sicher, dass dieselben später nicht nur von sich aus weiter wuchern, sondern auch unter Mitbetheiligung von Bindegewebs- zellen des umliegenden Gewebes sich verlängern, wie ich dies schon vor langer Zeit für die Schwänze von Batrachierlarven nachgewiesen. Ich komme nun zu der sehr wichtigen Frage der Entstehung der Bindesubstanzen und habe in erster Linie einige Bemerkungen über den Mesoblasten vorauszuschicken, welcher meiner Meinung zufolge dieses Gewebe erzeugt. Nachdem meine Behauptung, dass bei den Vögeln und Säugethieren das mittlere Keimblatt aus dem äußeren Keimblatte hervorgehe, lange Zeit mehr Gegner als Freunde gefunden hatte, fängt dieselbe nach und nach an, sich einer größeren Aner- kennung zu erfreuen. Zu gleicher Zeit ist jedoch die Ansicht aufge- taucht (BaLrour, Vergleichende Embryol. II. p. 137 fg., 197 fg. ; His, Neue Untersuchungen, 1877 und Parablast, 1882; Gasser, Primitiv- streifen; Hape, Proc. Royal Soc. 1881 p. 190), dass nur ein Theil des Mesoblasts im Bereiche des Primitivstreifens aus dem Ektoblast, ein anderer Theil aus dem inneren Keimblatte abstamme und wird nun diesem zufolge der Mesoblast nicht mehr als ein einfaches Primitivorgan oder Keimblatt bezeichnet, vielmehr ein axialer und ein peripherer Theil an demselben unterschieden (Hıs)!. Ich bedauere auch dieser ! In einer eben erhaltenen sehr dankenswerthen Abhandlung über die erste 192 | A. Kölliker, Auffassung nicht beipflichten zu können und nach wie vor behaupten zu müssen, dass das gesammte mittlere Keimblatt aus dem Primitiv- streifen hervorgeht. Ich habe beim Kaninchen diese Verhältnisse so sorgfältig geprüft, dass ich glaube, meiner Sache sicher zu sein, doch will ich auf Täuschungsquellen aufmerksam machen, die manche ent- gegenstehende Auffassung zu erklären geeignet sind.. Erstens ist beim Kaninchen der junge Mesoblast namentlich in seinen Randtheilen so locker gebaut (s. meine Keimblätter des Kaninchens, Taf. Ill, Fig. 27), dass es sehr begreiflich ist, dass an feinen Schnitten nicht alle Zellen desselben unter einander in Verbindung stehen (l. c. Fig. 39, 45, 46). Zweitens wächst beim genannten Thiere der Mesoblast von dem Primitiv- streifen mit zwei seitlichen Platten nach vorn aus, während in der Achse diese Schicht ganz fehlt und können diese seitlichen Theile leicht als mit dem übrigen Theile der Haut nicht in Verbindung stehende Ab- schnitte angesehen werden (siehe meine Fig. 46, 47). Drittens gliedert und ordnet sich beim Hühnchen die tiefere Lage der Furchungskugeln oft so langsam, dass, nachdem schon eine deutliche Lage von platten Entoblastzellen da ist, doch noch über und unter denselben eine Zeit lang Zellen sich erhalten, von denen die ersteren als mesoblastische angesehen werden könnten. So viel ich gesehen, ordnen sich jedoch diese Elemente stets vor der Bildung des Primitivstreifens und reihen sich dem Entoblasten an, so dass, wenn die Mesoblastbildung beginnt, das Blastoderm überall zweischichtig ist. Für mich giebt es somit nur einen Mesoblasten, eben so wie für O. Herrwıc (Mittl. Keimblatt). In Betreff der Verwendung des Mesoblasts für die Bildung der Organe und Gewebe galt lange Zeit die Lehre von Remakr, dass aus demselben das Muskelgewebe, die Bindesubstanzen, das peripherische Nervensystem, die Gefäße, mit Ausnahme derer des centralen Nerven- systems, die Blutgefäßdrüsen, die Urnieren und die Geschlechtsdrüsen hervorgehen. Nach und nach wurden dann aber immer mehr von Entwicklung des Schafembryo spricht sich auch Bonner für eine doppelte Ent- stehung des Mesoblasts aus. Ich vermisse jedoch den bestimmten Nachweis einer selbständigen Entwicklung des sogenannten peripheren Mesoblasts, da der- selbe ja mit dem hinteren Ende des Primitivstreifensin Zusam- menhang stand. Wenn Bonner ferner bemerkt, dass sich nirgends ein Anhalts- punkt für eine ektoblastische Herkunft des peripheren Mesoblasts ergeben habe, so scheint er zu übersehen, dass ich das mittlere Keimblatt ganz und gar vom Primitivstreifen ableite und selbständig zwischen Ekto- und Entoblast hinein- wuchern lasse. Wenn meine Deutung richtig ist, so findet sich beim Schafe eine noch merkwürdigere Entwicklung der beiden Seitentheile des Mesoblasts als beim Kaninchen, indem dieselben anfänglich nur von dem hintersten Ende des Primitiv- streifens ausgehen. Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 193 diesen Organen anderen Keimblättern zugewiesen (siehe oben), bis am Ende für den Embryologen, der hier am meisten umgestaltend auftrat, für Hıs, nur noch das Muskelgewebe, die Urnieren und die Geschlechts- drüsen beim Mesoblasten verblieben und vor Allem die Bindesubstanzen ausgeschaltet und dem Gefäßblatte, dem Parablasten zugewiesen wur- den, eine Auffassung, der schon seit Langem W. Mürzer und neulich auch WALDEYER und Rauser ihre Zustimmung gegeben haben. Geht man auf die Thatsachen ein, auf welche diese neue Lehre sich gründet, so findet man ungemein wenig Bestimmtes, Sicheres, Beweisendes und erlaube ich mir hier offen zu erklären, dass es auf mich schon seit Langem einen überraschenden Eindruck gemacht hat und noch macht, wahrzu- nehmen, auf welcher schmalen Basis die so tief einschneidende Hypo- these von dem Entstehen aller Bindesubstanzen und der Organe dieses Gewebes aus den ersten Gefäßanlagen sich aufbaut. Zum Beweise dessen sollen hier die Vertreter dieser Annahme einzeln aufgeführt wer- ‚den und bemerke ich vorher nur noch, dass beim Nachweise der Rich- tigkeit der neuen Hypothese zweierlei aus einander zu halten ist. Erstens muss gezeigt werden, in welcher Weise das Blut und die ersten Gefäße die Bindesubstanzen und deren Organe liefern und zweitens ist der Nachweis zu geben, was aus den embryonalen Primitivorganen wird, aus denen seit v. Baer, RarTnkE, BıscHorF, REICHERT, Remak und mir die große Mehrzahl der Forscher die Bindesubstanzen entstehen lassen, als da sind die unteren Theile der Urwirbel, die Hautplatte und die Darmfaserplatte. Sehen wir nun zu, wie diesen Anforderungen ent- sprochen worden ist. Bei Hıs finden sich mit Bezug auf den ersten Punkt in den » Unter- suchungen« an vielen Orten (p. 41, 409, 421, A4\, 466, 172, 473, 47%) mehr oder weniger ausführliche Andeutungen und auf p. 175 bis 479 und p. 200—204 zusammenhängende, ins Einzelne gehende Dar- stellungen. Der Grundgedanke von Hıs ist der, dass die Endothel- röhren der Gefäße, nachdem sie erst durch zellenhaltige Sprossen neue Gefäße erzeugt, aus eben solchen Sprossen Bindesubstanz liefern, indem die so entstandenen Bindegewebszellen auch eine Zwischensubstanz abscheiden. Dieses neu gebildete Gewebe erscheint entweder als eine zusammenhängende Masse, wie z. B. da, wo die häutige Wirbelsäule entsteht, oder es durchwachsen die Sprossen der Endothelröhren archi- blastische Theile, wie die Muskelplatte, die Hautplatte, die Darmfaser- platte. So entsteht ein »gemischtes Gewebe, in welchem die Sonderung archiblastischer und parablastischer Elemente während einiger Zeit sehr schwer fällt. Dann aber wird — — — wieder eine bestimmie Schei- dung der Schichten erkennbar« (Hıs, 1. c. p. 172). Und p. 176 heißt 194 A. Kölliker, es: »Das vorübergehende Resultat der Durchwachsung ist die Herstel- lung eines Zellengemenges, welches optisch nur schwer entwirrbar ist. Als bleibendes Resultat der Durchwachsung ergeben sich die Gefäß- gerüste und Bindegewebsscheiden der Muskeln, Nerven und Ganglien, die bindegewebigen Grundlagen der Haut und der Schleimhäute und die serösen Membranen.« In Betreff der histologischen Verhältnisse bei diesen Vorgängen finde ich bei Hıs nur eine Bemerkung (p. 204, Anm.): » Wenn ich in obiger Darstellung die Vegetation parablastischer Zellen von den Gefäßwandungen (hierunter versteht Hıs die primiti- ven Endothelröhren) ausgehen lasse, so soll dadurch die Frage nicht präjudieirt werden, ob die fraglichen Zellen aus dem Inneren der Ge- fäße hervorgetreten, ob sie längs der Gefäße fortgewandert, oder ob sie endlich durch Proliferation der Wandzellen entstanden sind. Wander- zellen spielen unzweifelhaft bei der Entwicklung des Nebenkeimes eine große Rolle, aber kaum die einzige.« Das Angeführte wird genügen, um Jedem eine genaue Vorstellung . von der Art und Weise zu geben, wie Hıs die Betheiligung der Gefäße an der Bildung der Bindesubstanz sich denkt. Unzweifelhaft kann man die Vorgänge so sich denken ‚und ist auch sicher, dass, wie man aus älterer und neuerer Zeit weiß, Bindesubstanz mit und ohne Gefäße in andere Organe und Gewebe (centrales Nervensystem, Retina, periphere Nerven, Knorpel) hineinwuchert, allein die Frage ist die, ob das, was Hıs annimmt, auch durch die Beobachtung gestützt wird. Und da muss ich denn offen bekennen, dass ich in allen Arbeiten von Hıs nirgends eine bestimmte Beschreibung und Abbildung der von ihm angenomme- nen Wucherungen von Seiten der endothelialen Gefäßröhren finde, denn die von ihm herbeigezogenen Fig. 5 und 6 seiner Taf. IX, welche feine Ausläufer der Aortenwand zur CGhorda dorsalis darstellen sollen, können doch nicht als Beweise gelten. In Fig. 5 hat die eine Aorta ein feines Spitzchen, das weit von der Chorda absteht und nur sehr gesucht zu derselben in Verbindung gebracht werden kann, und in Fig. 6 können die dünnen Ausläufer der Aorten ganz gut als Theile der Zwischensub- stanz des Gefäßblattes angesehen werden. Außerdem haben in diesem Schnitte auch die Urwirbel deutliche Ausläufer zur Ghorda, eben so noch deutlichere in der Fig. 7. Wenn so mächtige Ansammlungen von Bindesubstanz, wie die der häutigen Wirbelsäule, der Schädelanlage, der Extremitäten, aus Wucherungen des Gefäßendothels sich hervor- bildeten, so müsste, behaupte ich, davon etwas zu sehen sein, und könnte der Beginn und die allmähliche Weiterentwicklung dieser Wucherungen an feinen Schnitten dem Blicke sich nicht entziehen. Lassen sich doch viel feinere Vorgänge, wie die Entstehung und Weiter- Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 195 bildung der Spinalganglien, der motorischen Wurzeln, des Urnieren- ganges, der Urnierenblasen, Schritt für Schritt verfolgen. Man wird es daher nicht unbegreiflich finden, wenn ich an eine Hypothese von einer solchen Tragweite wie die von der Entstehung aller Bindesubstanzen aus den Endothelien der ersten Gefäßröhren, die Anforderung stelle, dass sie auch die entsprechenden thatsächlichen Nachweise liefere. Hıs hat auch, wie oben angeführt wurde, den Gedanken ausge- sprochen, dass Wanderzellen bei der Entwicklung des Nebenkeimes, i. e. der ersten Bindesubstanz, eine große Rolle spielen. Mir ist jedoch nicht bekannt, dass Wanderzellen (\ymphoide Zellen) bei jungen Embryonen zur Zeit der ersten Entwicklung der Bindesubstanz gesehen worden wären. Ja man weiß nicht einmal mit Sicherheit, wann die ersten farblosen Blutzellen, die doch wohl Hıs unter dem Namen Wanderzellen versteht, auftreten; immerhin spricht das, was bekannt ist, nicht gerade im Sinne von Hıs. Nach Reuak (Untersuchungen, p. 63) verwandeln sich beim Hühnchen die wenigen farblosen körnigen Bildungszellen der Blutzellen, welche noch am Schlusse des zweiten Tages vorhanden waren, am dritten Tage in gefärbte und am vierten und fünften Brüttage gelingt es kaum im Blute eine farblose Zelle zu finden. Daher ist der fünfte Tag ausgezeichnet durch das Fehlen von farblosen Zellen. Am Schlusse des fünften oder zu Anfang des sechsten Tages erscheinen dann wieder zahlreiche farblose Zellen im Blute von unbekannter Herkunft, die viel kleiner sind als die ersten Blutbildungszellen, aber doch in gefärbte Zellen übergehen. Weitere Beobachtungen über das Auftreten farbloser Zellen geben Remax vom Frosche (l.c. Anm.) und Reichert und ich von Säugern (meine Gewebelehre, 5. Aufl., p. 637). Von den anderen Embryologen, die die Bindesubstanzen aus den ersten Gefäßanlagen hervorgehen lassen, W. MÜLLER, WALDEYER und Rauger, haben nur die ersten Andeutungen über die Art dieses Ge- ‚ schehens gemacht. W. Mürter lässt die Bindesubstanz der Wirbelan- ‚ lagen, des Schädels und der Hirnhäute von den bindegewebigen Adven- ‚ titien der primitiven Arterien ausgehen (Jenaische Zeitschr., Bd. VI, ‚ 4871, p. 417), und Waıoever leitet die Bindesubstanzanlagen von den ‚ embryonalen Blutzellen ab (l. c. p. 26). Beide Autoren geben über das ‚ Nähere der hierbei stattfindenden Vorgänge keine Aufschlüsse und ver- mag ich daher auf die Angaben derselben auch kein größeres Gewicht | zu legen. Gegen W. Mürzer bemerke ich noch insbesondere, dass beim \ Hühnchen zur Zeit, wo die Wirbelbildung sich einleitet, die Aorten noch ‚gar keine Adventitien haben. Derselbe müsste somit auf jeden Fall an die Stelle dieses Ausdruckes den der »Endothelien« setzen. Wir wenden uns zweitens zu der Frage, was nach den Vertretern Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 44 196 A. Kölliker, der Annahme eines besonderen Bindegewebskeimes oder eines des- malen ‚Blattes, aus den embryonalen Primitivorganen wird, aus denen die Embryologen bisher das Bindegewebe entstehen ließen. W. MÜLLER, WALDEYER und Rıuser hüllen sich in dieser Beziehung in gänzliches Stillschweigen und ist W. Hıs der Einzige, bei dem sich bestimmte Angaben finden. Nach diesem Autor gehen hervor: 4) Aus dem Theile der Urwirbel, der nicht zur Bildung der Muskelplatte (Muskeltafel) verwendet wird: a) die Ganglien des Grenzstranges des Sympathi- cus und der visceralen Geflechte [l. ce. p. 119, 170; man ver- gleiche übrigens auch p. 157), b) der Woırr'sche Gang (p. 449), c) dieQuerkanälchen der Urnieren (p. 166), d) wahrscheinlich die bleibenden Nieren ip. 171), e) diemuskulöse Wand der Aorta (Taf. IX,Fig.%4; p. 110, 442, 148, 165); 2) aus den Hautplatten die parietale quergestreifte Muskulatur des Rumpfes (p. 118, 173); 3) aus den Mittelplatten und den Darmfaserplatten die quergestreifte und glatte Muskulatur des Herzens und des Darmes und die Epithelien der Geschlechtsdrüsen. Erwägt man diese Darstellung genauer, so ergeben sich mannig- fache Bedenken. ad Aa war man allerdings zur Zeit, wo Hıs schrieb, über die Herkunft des Sympathicus nicht im Klaren, dagegen kann es jetzt wohl als ausgemacht angesehen werden, dass auch dieser Theil des Nervensystems aus dem Ektoderm abstammt und fällt somit diese Verwendung der Urwirbel weg; ad ib ist zu bemerken, dass eine Ableitung des Urnieren- ganges aus den Seitenplatten wahrscheinlicher ist als eine solche aus den Urwirbeln (siehe meine Fig. 87, 106, 107, 188, 197), und dass auch die Abbildungen von Hıs (Taf. VIII, Fig. IV 1, Taf. IX, Fig. 5, 6, 7) eher für diese Ansicht sprechen. Übrigens scheint Hıs mit Be- zug auf diese und die nächste Frage in neuerer Zeit zweifelhaft ge- worden zu sein (Parablast, 1882, p. 105); ad Ic gilt dasselbe (siehe meine Fig. 123, 124); ad Id lehren die neueren Erfahrungen über die Entwicklung der Nieren, dass dieselben ganz unabhängig von den Urwirbeln sich entwickeln; ad le endlich ist zu bemerken, dass es doch wohl sehr gewagt ist, aus der Fig. 4 auf Taf. IX den Schluss abzuleiten, dass die musku- \ Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 197 löse Wand der Aorten von den Urwirbeln aus sich bilde. Zuerst wäre doch wohl zu zeigen, zu welcher Zeit Aorten von Embryonen ihre glatten Muskeln erhalten, worüber gar nichts bekannt ist. Außer- dem bemerke ich, dass Hühnerembryonen vom dritten Tage, älter als der von Hıs abgebildete, zur Zeit, wo die Urwirbelbildung im Gange ist, die Aorta nur aus einem Endothelrohr gebildet zeigen und erst am vierten und fünften Tage an diesem Gefäße eine dünne Adventitia er- kennen lassen, in der keine Muskelzellen wahrzunehmen sind. Diesem zufolge muss ich den Versuch von Hıs nachzuweisen, dass aus den Urwirbeln, nach Abzug der Muskelplatte, irgend welche soge- nannte archiblastische Gewebe und Organe hervorgehen, als miss- glückt erachten. Aber selbst, wenn Hıs mit der Ableitung der Worrr- schen Gänge und Urnierenkanälchen Recht hätte, so wäre hiermit doch nur für einen sehr kleinen Theil der Urwirbelreste eine Verwendung nachgewiesen, wie die oben citirien Figuren lehren und die Frage immer noch nicht im Sinne von Hıs entschieden. Die Punkte 2 und 3 anlangend ist die Frage nicht die, ob die Seitenplatten als Ganzes aufgefasst Muskulatur liefern und ob die Hautplatte nur animale und keine vegetativen Muskeln und die Darm- faserplatte neben einigen quergestreiften Muskeln vorwiegend und zwar allein glatte Muskelzellen liefere — welch letztere Annahme ich übri- gens entschieden bestreite, Angesichts der glatten Muskeln der Haut, des Auges und der Gefäße — vielmehr handelt es sich darum, zu wis- sen, ob die genannten Primitivorgane nicht auch unabhängig von den in den Embryo hineingewucherten Gefäßen Bindesubstanz erzeugen, und dies ist meiner Meinung nach entschieden der Fall, wie am deut- lichsten die Extremitätenanlagen lehren, die selbst Hıs nicht gewagt hat von Gefäßendothelien abzuleiten. Aus Allem bisher Auseinandergesetzten ergeben sich für mich folgende Sätze: 4) Der Embryo der Säugethiere und Vögel baut sich einzig und allein aus Furchungszellen auf. 2) Der Nachweis, dass und wie die ersten embryonalen Blut- gefäße und das Blut Bindesubstanzen liefern, ist bis jetzt nicht er- | bracht. 3) Ein besonderes Gefäßblatt existirt nicht, vielmehr entstehen die ‚ ersten Gefäße im Mesoderm und bilden nur zum Theil beim Herein- wachsen in den Embryo eine selbständige Platte. k) Der Beweis, dass die Urwirbel und die Seitenplatten nur soge- nannte archiblastische Gewebe erzeugen, ist nicht geliefert. 44* 198 | A. Kölliker, Ich wende mich nun zur Darlegung meiner Anschauungen über die Entstehung der Bindesubstanzen, die im Wesentlichen die von Remar sind, welche ja auch immer noch von vielen hervorragenden Embryo- logen getheilt werden, unter denen ich nur GörtE und Bırrour namhaft mache. Die allererste Bindesubstanz entsteht beim Hühnchen in der Area opaca im Mesoderm. Dieser periphere Theil des mittleren Keimblattes besteht anfänglich aus ganz gleichen rundlichen Zellen (siehe meine Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., Fig. 100). Mit dem Eintreten der Gefäß- und Blutbildung jedoch gestaltet sich ein Theil dieser Elemente zu Gefäßanlagen und Blut, ein anderer Theil bildet sich zu stern- förmigen anastomosirenden Zellen um, welche alle Lücken zwischen den Gefäßanlagen erfüllen und auch an diese sich anlegen. Diese so- genannten »Substanzinseln« der Autoren (siehe meine Entwicklungs- geschichte, 2. Aufl., p. 174, 477, Fig. 99 und 95, in welcher Figur dieses Gewebe absichtlich nicht dargestellt ist, und die hier beigegebene Fig. 6), welche auch Hıs abbildet (Taf. VIII, Fig. V Zk, irrthümlich mit Zh bezeichnet) und Zellen der Keimscheibe nennt, worunter er archi- blastisches Gewebe versteht, stellen die erste Bindesubstanz des Hühner- embryo dar, welche somit gleichzeitig mit und unabhängig von den Gefäßen auftritt, durch welche Thatsache von vorn herein die Lehre von der Entstehung aller Binde- substanzen aus den Gefäßen und dem Bilute widerlegt wird. Sollte Jemand bezweifeln wollen, dass die fraglichen Zellen- netze zur Bindesubstanz gehören, so wäre zu betonen, dass aus den- selben später die bindegewebige Wand des Dottersackes wird, und dass dieselben schon in der ersten Zeit, beim Entstehen der Gefäße, eine Haut darstellen, die die Gefäße trägt, wie man deutlich am ganz isolirten mittleren Keimblatte der Area vasculosa sieht. Die Anasto- mosen der betreffenden Zellen sind nämlich so reichlich und dicht, dass diese Elemente für sich allein eine Membran darstellen (Fig. 7), außer- dem findet sich aber wohl auch eine gleichartige Zwischensubstanz zwischen ihnen. Die von der Area opaca gegen den Embryo vorwachsenden Gefäße scheinen Anfangs frei zwischen dem Mesoderm (der Darmfaserplaite) und dem Entoderm zu liegen und als selbständige Endothelröhren wenigstens in den Herzschlauch hineinzuwachsen, doch ist sicher, dass auch zwischen ihnen bald eine Bindesubstanz auftritt und habe ich eine solche in den hinteren Theilen der Area pellucida so früh gesehen (siehe meine Fig. 99), dass wohl anzunehmen ist, dass dieselbe hier gleich- Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 199 zeitig mit den Gefäßen auftritt. Auch Hıs zeichnet in der oben citirten Figur zwischen den Gefäßsprossen die fraglichen Zellen. Eben so großes Gewicht wie auf die eben geschilderte Thatsache lege ich auf das nicht zu bezweifelnde Entstehen von Bindesubstanz aus der Hautplatte in einem Organe, das, seltene Ausnahmen abge- rechnet (stellenweise beim Kaninchen, ich), nie Gefäße hat, und zwar im Amnion. Diese Haut entwickelt sich mit Ausnahme des Kopfes über- all aus dem Mesoderm und Ektoderm und entsteht ihre Mesoderm- schicht, welche die Fortsetzung der Mesodermlage der seitlichen Leibes- wand oder der Hautplatte von Reuak ist, lange vor dem Hereinwuchern von Gefäßsprossen von der Area vasculosa aus in den Embryo. Wenn daher auch später, wie Hıs richtig meldet, Gefäße (die Vena cardinalis, später Hautvenen), nicht zwischen Hautplatte und Ektoderm, wie Hıs angiebt, sondern in der Hautplatie in den Embryo hineinwachsen, so ist nicht daran zu denken, die zelligen Elemente dieser Platte, die lange vorher da waren, von diesen Gefäßen abzuleiten. Und diese nämlichen Zellen — Elemente des mittleren Keimblattes — liefern die bindege- webige Wand des Amnion (Fig. 9), bei einigen Geschöpfen, wie bei den Vögeln, allerdings auch spärliche Muskelfasern. Auch bei der Hautplatte der seitlichen und vorderen Leibeswand des Embryo, deren zellige Elemente ebenfalls vor dem Hereinwachsen der Gefäße in den Embryo da sind, ist sicher, dass dieselbe Bindegewebe erzeugt und erkennt man dieses Gewebe in Gestalt netzförmiger ver- bundener Stern- und Spindelzellen schon früh, wie die Fig. 9 zeigt. In Betreff der späteren Umgestaltungen dieser Platte stimmen meine Er- fahrungen mit denen von Reumak überein, denen zufolge Produktionen der Stammzone des Embryo (der Urwirbel, Remak), d. h. der Muskelplatte, der Spinalnerven und der Wirbelkörper, in die primitive Bauchwand, d. h. eben in die Hautplatte hineinwachsen, welche dadurch in einen äußeren und einen inneren Theil geschieden wird, welche wesentlich zu Bindesubstanzlagen sich umwandeln. Über die Art und Weise des Hineinwachsens der Muskelplatte bedürfen wir allerdings noch weiterer Aufschlüsse, doch möchte die Hauptsache feststehen, dass die viscera- ien Muskeln (Intercostales, Bauchmuskeln) nicht unabhängig von dersel- ben entstehen. Am deutlichsten wohl geht die Bedeutung der Hautplatte für die Erzeugung von Bindesubstanz aus ihrer Betheiligung bei der Ent- stehung der Extremitätenanlage hervor. Diese Anlage besteht anfäng- lich aus ganz gleichartigen Zellen, wie die Hautplatte, in welche aller- dings früh einfache Gefäße hineinwachsen, doch ist von einer Betheili- EEE Ten I a I A a ET Y nn nennen nem 200 A, Kölliker, gung dieser Gefäße, deren Wandungen an feinen Schnitten auf das Bestimmteste hervortreten, an der Bildung der Extremitätenanlage nicht das Geringste zu bemerken, während auf der anderen Seite in den Zellen der Anlage zahlreiche karyokinetische Figuren auf eine lebhafte Vermehrung derselben hinweisen. Gehen wir zurDarmfaserplatte über, so ist es hier schwieriger als an anderen Orten nachzuweisen, dass die Bindesubstanz unabhängig von den Blutgefäßen entsteht, weil letztere so früh in dieser Lage auf- treten. Die bestimmtesten Resultate erhält man an dem Theile der Darmfaserplatte, welcher die äußere Herzwand bildet und habe ich hier beim Kaninchen Folgendes gesehen. Am achten und neunten Tage, so lange als die Herzen noch doppelt sind (meine Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., Fig. 209, 212), besteht die äußere Herzwand aus einer dünnen Lage gleichmäßiger rundlicher Zellen. Mit der Verschmelzung der Her- zen am neunten Tage verdickt sich diese Lage und wandeln sich nach und nach deren Elemente 1) in das Epithel des Pericard, 2) in eine dünne subpericardiale Bindegewebsschicht, 3) in Muskelzellen und #) in eine subendocardiale Bindesubstanzlage um, welche letztere Lage am zehnten Tage in die mächtige Lage gallertiger Bindesubstanz sich um- wandelt, die beim Kaninchen und auch beim Hühnchen die primitiven arteriellen und venösen Klappen bildet (meine Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., Fig. 551 vv und Fig. 10 dieser Abhandlung). Von diesen Lagen kann die äußerste subpericardiale auf keinen anderen Theil als auf die Darmfaserplatte bezogen werden, deren äußerste Zellen Schritt für Schritt in ihrer Umwandlung in Bindesubstanzzellen verfolgt wer- den können und dasselbe scheint auch für die subendocardiale mächtige gallertige Bindesubstanz zu gelten, doch ist hier die Frage, ob nicht das Endothel an der Erzeugung dieser Gallerte betheiligt sei, schwer mit Bestimmtheit zu verneinen. Dagegen ist sicher, dass Blutgefäße bei der ersten Differenzirung der Herzwand keine Rolle spielen, da solche ganz fehlen, und eben so lässt sich auch in keiner Weise ein Antheil von Iymphoiden Zellen nachweisen. Wie beim Herzen, so lässt sich auch am ganzen Darme die Ent- wicklung der Bindegewebsschicht der Serosa und des Bauchfellepithels unabhängig von Gefäßen aus den Elementen der Darmfaserplatte nach- weisen. Was dagegen die Mucosa betrifft, die erst mit dem Einwachsen von Gefäßen in die Darmwand als solche deutlich wird (siehe meine Ent- wicklungsgeschichte, p. 850), so muss ich es vorläufig unentschieden lassen, woher die Bindesubstanz derselben stammt, obschon ich für mich der Meinung bin, dass dieselbe auch hier unabhängig von den Gefäßen aus dem Gewebe der Mittelplatten entsteht. Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 201 Ich wende mich nun endlich noch zu den Urwirbeln und der Frage nach der Entstehung der Wirbelsäule und bitte in erster Linie meine Figuren 1147, 423—425, 141—AA4 und 485 von Hühner- embryonen und von Kaninchenembryonen die Figuren 198, 201, 202, 203 und 540, außerdem die hier beigegebene Abbildung Fig. 5 ins Auge zu fassen. Was soll bei jungen Embryonen, bei denen die Muskel- platte und Urnieren angelegt sind, aus dem mächtigen unteren Theile der Urwirbel, die die Chorda schon berühren, Anderes werden als die häutige Anlage der Wirbelsäule? Kann man um diese Zeit, wo die Ur- wirbel keine Gefäße haben, an eine Betheiligung von solchen Organen bei deren Bildung denken? Und wie sollten Aorten, die keine Adven- titien haben (siehe meine Fig. 125 und 202), aus solchen die Zellen- massen liefern, die der Chorda anliegen und dieselbe umgeben? Wenn irgend eine Thatsache in der Entwicklungsgeschichte begründet ist, so ist es die, dass die Urwirbel mit der Hauptmasse ihrer tiefen Theile die Wirbelsäule erzeugen und halte ich es für überflüssig, über diese Frage noch weitere Worte zu verlieren. Hier möchte ich nun noch beifügen, dass meinen neueren Erfah- rungen zufolge auch die Muskelplatien der Urwirbel Bindesubstanz zu erzeugen scheinen. Bei Hühnerembryonen des vierten Tages finde ich (Fig. 5), dass in der äußeren Lage der Muskelplatte c ein energischer Zellenbildungsprocess eintritt, der von der ventralen zur dorsalen Seite fortschreitend schließlich eine am Hornblatte anliegende Zellenmasse bildet, die nichts Anderes als die Gutislage des Rückens ist. Ob die ganze äußere Lamelle der Muskelplatte in dieser Bildung, die die Fig. 5 in ihrer ersten Entwicklung zeigt, aufgeht oder nicht, vermag ich da- gegen vorläufig nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Am Schlusse dieser Abhandlung angelangt, gehe ich endlich noch zu der wichtigen Frage von der Stellung der Keimblätterzuden Geweben über. Während man früher geneigt war, jedes Keimblatt zu einem oder mehreren bestimmten Geweben in Beziehung zu bringen, versuchten GörrtE (Entwicklungsgeschichte der Unke, p. 560), ich selbst (Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., p. 388 und 398) und die Gebrüder Herrwie (Die Actinien, Jenaische Zeitschr., Bd. XIV, p. 74—80 und die Goelomtheorie, p. 126) den Nachweis zu liefern, dass die Keimblätter keine histologischen Primitivorgane sind, vielmehr, wie ich es aus- drückte, jedes derselben die Fähigkeit besitze, alle Hauptgewebe aus sich zu erzeugen. Ich glaubte die Bedeutung der Keimblätter darin finden zu sollen, dass dieselben morphologische Primitivorgane darstel- 202 A. Kölliker, len, welche in erster Linie Beziehung zu den Formgestaltungen der Or- gane haben. | Diesen Auffassungen, denen auch WALDEyEr sich angeschlossen hat, indem er sagt, »dass die Keimblätter für die Histogenese des Em- bryo keine einschneidende Bedeutung haben« (Archiblast und Parablast, p- 76), sind vor Allem Hıs und RiAuser entgegengetreten. Ersterer hat in seinem »Parablast« vom Jahre 1882 mit möglichster Bestimmtheit sich gegen alle und jede solche Gedanken ausgesprochen und führe ich zum Beweise dessen Folgendes wörtlich an. P. 70 sagt Hıs: »Sollte es sich zeigen, dass dieselbe Anlage promiscue Bindesubstanzen, Epithe- lien und Muskelzellen liefert, dann müsste man überhaupt darauf ver- zichten, zwischen Histologie und Entwicklungsgeschichte gesetzmäßige Beziehungen aufzufinden. Es würde dann nur noch ein Resignations- standpunkt übrig bleiben, wie ihn ja in der That einige Embryologen der Gegenwart (hier sind wir oben Genannte citirt) einnehmen.« Und p. 105 steht: »Nach dieser Übersicht der thatsächlichen Verhältnisse scheint mir vor Allem das klar zu sein, dass keinerlei Recht zu der Behauptung vorliegt, es könne aus jeder Zelle Alles werden. Zunächst können parablastische Zellen nur zu Gebilden des parablastischen Kreises sich entwickeln. ..... Aus archiblasti- schen Zellen können nur Gewebe des archiblastischen Kreises hervor- gehen, aber auch da zeigt sich in Betreff des Ursprunges der beiden höher organisirten Gewebsformen, des Muskel- und Nervengewebes, eine so bestimmt ausgesprochene Regelmäßigkeit, dass man wohl er- warten darf, sie sei der Ausdruck eines durchgreifenden Gesetzes, dessen völlig zutreffenden Ausdruck wir bis heute nicht gefunden haben. Noch heute stehe ich auf dem Standpunkie, den ich, zuletzt vor fürf Jahren, in den Worten ausgesprochen habe: die eigentliche, das Interesse der Keimblattfrage bestimmende Grund- frage richtet sich auf die Scheidung der differenten histologischen Blasteme.« Fast eben so entschieden äußert sich Rauger in der oben citirten Arbeit aus dem Jahre 1883. P. 12 sagt dieser Autor, nachdem er die verschiedenen Epithelien auf ihre Entstehung besprochen hat: »Ich bleibe also bei der Behauptung stehen, die Abstammung von einem verschiedenen Keimblatt bezeichnet im Allgemeinen ein verschiedenes Wesen des Objektes, mag die Form mehrerer mit einander verglichener Objekte verschiedener Herkunft nun eine übereinstimmende oder eine verschiedene sein.« | Hıs und RAuser stimmen nun übrigens auch nicht in allen Punkten überein. Hıs hat die bekannte Zweitheilung: archiblastische und para- a 0 ER a ee ep BP a ee re 1a ie ar Es Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 203 blastische Gewebe und trennt die zellige Auskleidung der Bauchhöhle in parablastische und archiblastische Elemente, Rauser dagegen stellt das Keim- und Coelomepithel zusammen und rechnet dieselben zunı mittleren Keimblatte. Von Eintheilungen der Gewebe findet man bei ihm drei, eine nach dem genetischen Prineip, den Keimblättern, eine nach der Funktion und eine dritte nach der Form. Diese neuesten Darstellungen haben meine Auffassung von den Be- ziehungen der Keimblätter zu den Geweben nicht zu erschüttern ver- mocht und erlaube ich mir dieselben noch etwas einlässlicher aus einan- der zu setzen. Fragen wir in erster Linie nach den Thatsachen, so ergiebt sich Folgendes: Das äußere Keimblatt liefert unzweifelhaft zwei Gewebe, denen Niemand eine große Verschiedenheit wird absprechen wollen, und zwar das Nerven- und Oberhautgewebe. Nun könnte man freilich betonen wollen, dass ersteres aus dem axialen Theile dieses Keim- blattes und letzteres aus dem lateralen Theile hervorgehe. Allein be- kanntlich liefert auch die Medullarplatte Bildungen, die von Oberhäuten nicht zu unterscheiden sind, wie die Epithelien der Höhlen des centra- len Nervensystems und das Pigmentepithel im Auge. Ferner ist zu be- achten, dass die Medullarplatte außer den genannten Geweben auch eine ganz. eigenthümliche Stützsubstanz erzeugt, wie im primitiven Opticus, in der Retina, im Mark und Gehirn, die morpholo- gisch von der echten Bindesubstanz sicherlich nicht weit absteht. Diese Stützsubstanz oder die sogenannte Neuroglia habe ich für das Rücken- mark schon seit Langem (Gewebelehre, 3. Aufl. und folgende) als ein Netzwerk sternförmiger Zellen beschrieben, was der neueste Autor GIERKE (Die Stützsubstanz des centralen Nervensystems im Neurolog. Gentral- blatt 1883, Nr. 16, 17) im Wesentlichen angenommen hat und was das Gehirn anlangt, so kommt bei diesem zu den Stützzellen nach GIERKE noch eine Grundsubstanz in verschiedener Menge dazu, die aus zerfalle- nen Zellen sich aufbaut. In der Netzhaut gehören die MüLzer'schen Fasern und die Zellen der Pars ciliaris retinae in dieselbe Kategorie. An diesen drei Orten ist es ein Theil der embryonalen Medullarplatte, die in nicht nervöse Elemente übergeht, beim Opticus dagegen zeigt sich die bemerkenswerthe Thatsache, dass der ganze aus der Medullar- platte entstandene primitive Opticus zu einem Stütz- und Umhüllungs- gewebe des bleibenden Opticus sich umgestaltet (siehe meine Entwick- lungsgeschichte, 2. Aufl., p. 692). Mag man nun diese Stützsubstanz zur Bindesubstanz zählen, oder sie nicht zu derselben rechnen, wie zum Beispiel Hıs und Gierk£, so ist doch in keiner Weise zu bezweifeln, 204 A, Kölliker, dass dieselbe ein vom Nervengewebe ganz verschiedenes Gewebe dar- stellt, und ist somit jedenfalls der Beweis geliefert, dass auch die Medul- larplatte nicht nur einerlei Elemente erzeugt. Ich sehe übrigens nicht ein, warum das fragliche Stützgewebe nicht zur einfachen Bindesub- stanz gestellt werden dürfte, da diese in gewissen Formen auch nichts Anderes als primitiv eiweißreiche und später fester werdende sternför- mige anastomosirende Zellen zeigt. Außer den genannten Geweben liefert ds äußere Keimblatt möglicherweise auch glatte Muskeln, zu welcher Annahme die Thatsache zu führen scheint, dass an gewissen Orten solche Muskeln unmittelbar unter Epithelien gelegen sind. Die ersten Beob- achtungen der Art habe ich bereits im Jahre 1849 von den Schweiß- drüsen und Ohrenschmalzdrüsen des Menschen mitgetheilt (diese Zeit- schrift, Bd.I, 1849, p.57,58; Mikroskopische Anatomie, Bd.Il, Abth.1, 1850, p. 159, 160, Fig. 41 B und 42 und alle Auflagen meiner Gewebe- lehre), werauf dann Leyvie an Schweißdrüsen von Säugern und Haut- drüsen von Batrachiern dasselbe wahrnahm (man vergleiche vor Allem Archiv für mikroskopische Anatomie, 1873, p. 634, 635 und Unter- suchungen zur Anatomie und Histologie, 1883, p. 154) und Ranvier unsere Erfahrungen bestätigte (Compt. rendus 1879). Lxypıe zog schon 1867 (WıEsmann’s Archiv) aus dem erwähnten anatomischen Verhalten den Schluss, dass die fraglichen Muskelzellen aus Epidermiszellen her- vorgegangen sein müssten und ich halte diese Frage auf jeden Fall einer reiflichen Erwägung werth, ohne zu verkennen, dass auch andere Deu- tungen möglich sind. Man könnte z. B. sagen, dass diese Muskelzellen, obschon sie zwischen der bindegewebigen Hülle der betreffenden Drü- sen und dem Epithel liegen, doch dem mittleren Keimblatte angehören, und dass kein zwingender Grund vorliege, an den Mesoblastober- flächen überall Bindesubstanz als äußerste Lage anzunehmen, oder es ließen sich die Muskelzellen als aus der Tiefe an die Oberfläche ge- wanderte Mesodermzellen ansehen, wie sie als Pigmentzellen selbst in geschichtete Epidermis einwandern. — Sei dem wie ihm wolle, so ist auf jeden Fall diese Frage noch räthselhaft, und will ich hier gleich erwähnen, dass beim Entoderm dieselbe Schwierigkeit wiederkehrt. Glatte Muskelfasern unmittelbar nach außen von einem entodermalen Epithel sahen Srıepa (diese Zeitschr., Bd. XXX Suppl., p. 444, Taf. VI, Fig. 2) und ich (Embryologische Mittheilungen in der Hallenser Fest- schrift, Taf. VI, Fig. 10) in der embryonalen Säugethierlunge. Das mittlere Keimblatt liefert, selbst wenn man die von Hıs, Rauser und WaLDeYer vertheidigte Zweitheilung in Bindegewebsblatt und archiblastisches mittleres Keimblatt zu Grunde legt, aus jedem nr Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 205 Theile verschiedenartige Gewebe, und nach meiner Auffassung, der ich dasselbe als ein einfaches, einheitliches Blatt ansehe, gehen aus demsel- ben folgende Gebilde hervor. a) Das quergestreifte Muskelgewebe. Dieses Gewebe entsteht wesentlich aus der Hautplatte und dem dorsalen Theile der Urwirbel, oder aus dem, was Hıs »animale Muskel- platte« nennt. Dies ist jedoch nicht die einzige Quelle dieses Gewebes, indem auch der ventrale Theil der Urwirbel die ventralen vertebralen Muskeln und die Darmfaserplatte die quergestreiften Muskeln des Her- zens, der großen Gefäße und der Darmwand erzeugt. Bei Fischen kommen quergestreifte Muskeln auch am Magen (Cobitis fossilis) oder, wie bei der Schleie, über den ganzen Darm vor (Leypıg, Histol. p. 32%). b) Das glatte Muskelgewebe. Dasselbe soll, nach Hıs, nur aus der »vegetativen Muskelplatte« hervorgehen, d. h. aus der Darmfaserplatte und dem ventralen Theile der Urwirbel, der, wie wir oben sahen, nach Hıs die Aorten umwächst und denselben ihre Muskeln liefert. Hıs denkt sich ferner, dass die glatten Muskeln auf den Gefäßen von den Stämmen aus bis auf die feinsten Äste sich fortbilden (Parablast, p. 100). Hiergegen bemerke ich, dass im Mesoderm keineswegs eine beschränkte Bildungsstätte für dieses Gewebe gegeben ist, indem auch die Hautplatte (Muskeln der Haarbälge, des Warzenhofes, der Hautdrüsen, des Scrotum) und die dorsalen Theile der Urwirbelplatten des Kopfes (glatte Muskeln der Iris) dasselbe erzeugen. Was ferner die Entstehung der glatten Muskeln der Gefäße anlangt, so kenne ich keine Thatsachen, die eine Fortbildung derselben von den Stämmen nach den Ästen zu bewiesen, welche Fort- bildung nur durch wiederholte Theilungen der ersten Muskelzellen geschehen könnte, vielmehr spricht Alles, was mir über diese Verhält- nisse bekannt ist, für eine Entstehung der Muskelzellen der periphe- rischen Gefäße in loco durch Anlagerungen von Elementen des um- liegenden Gewebes, von welcher Anlagerung die Bildung der Sclera und Cornea und der Hüllen des centralen und peripherischen Nerven- systems die auffallendsten Beispiele sind !. 1 [ch bemerke hier, dass ein Forscher von der großen Erfahrung wie WALDEYER keine großen Schwierigkeiten darin findet, die gesammte Muskulatur der Blutge- füße und der Ausführungsgänge großer Drüsenkomplexe von einer einzigen centra- len Quelle abzuleiten. Dies mag für Drüsenkanäle gelten, die von einer beschränk- ten Stelle aus sich entwickeln, eben so wie für die Muskulatur des Darmes, die in der ganzen Länge des Rohres auftritt, ob auch für die Gefäße, die erst in großer Ausdehnung ohne Muskeln angelegt werden, ist doch eine andere Frage. re 206 A. Kölliker, c) Die Bindesubstanzgewebe. Da schon im Früheren ausführlich aus einander gesetzt wurde, dass ich keinen besonderen Bindegewebskeim (Parablasten) weder im Sinne von Hıs, noch in dem von WALDEYER und RAuser annehmen kann, so berühre ich diese Frage hier nicht weiter. Dagegen möchte es am Platze sein, noch ein Wort über die Art und Weise, wie die Gewebe der Bindesubstanz im embryonalen Körper auftreten und sich verbrei- ten, beizufügen. Wenn ich Hıs recht verstehe, so denkt sich derselbe, dass Bindegewebe obne Ausnahme nur in Begleitung von Gefäßen er- scheint und wuchert (siehe oben), ich dagegen bin der Meinung, dass in dieser Beziehung die Verhältnisse nicht überall dieselben sind. Ich unterscheide Folgendes: A) An vielen Orten treten Gewebe der Bindesubstanz primär ohne Gefäße auf. Hierher rechne ich alle Knorpel, die häu- tige Wirbelsäule, die Sehnen, Bänder, gewisse Häute (Amnion, Fas- cien etc.), die faserigen Hüllen mancher Drüsen. Den letzten Punkt betone ich ganz besonders, da derselbe auch direkt der Ansicht von Bor widerspricht, der zufolge die Gefäße und ihre Weiterbildung das Bestimmende bei der Gestaltung der Drüsen sind. Als Drüsen, bei denen das umhüllende Bindegewebe anfänglich keine Blutgefäße ent- hält, mache ich namhaft die Lungen von Säugern und dann die Nieren des Menschen, von denen die Fig. 8 ein sehr frühes Stadium darstellt, ferner die Hoden und Eierstöcke. Bei den Hoden bleibt die innere Bindesubstanz lange Zeit gefäßarm und habe ich beim Menschen noch im vierten Monate um die schon gut angelegten Samenkanälchen herum eine eigenthümliche, großzellige, fast gefäßlose Bindesubstanz gefun- den, die ich als die Anlage der späteren so auffallenden interstitiellen Zellen deute. Später wachsen dann in manche der genannten Theile Gefäße hinein (ossificirende Knorpel, Drüsenhüllen etc.), während sie in anderen zeitlebens fehlen (viele Knorpel). 2) In einer großen Zahl von Fällen entstehen Gefäße und Binde- substanz gleichzeitig und bilden sich gleichmäßig mit einander weiter, so jedoch, dass es den Anschein hat, als ob die Bindesubstanz morpho- logisch (nicht physiologisch) ganz unabhängig von den Gefäßen wucherte. Ich rechne hierher alle Fälle, in denen gefäßhaltige Bindegewebsum- hüllungen mit den Organen selbst weiter wachsen, wie z. B. bei den Drüsen, bei den Haaren und Horngebilden überhaupt, bei den Zähnen, den Muskeln, Nerven etc. Bei allen diesen Organen wachsen, nachdem einmal die erste Anlage der bindegewebigen Theile gegeben ist — mit Bezug auf welche es oft schwer zu sagen ist, ob dieselbe vor oder gleichzeitig mit den Gefäßen erscheint — diese und die Gefäße mit ET ee ee th a vun , WEITERER HE Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 207 einander weiter, ohne dass die Gefäße an der Bildung des Bindege- webes oder dieses an der Erzeugung jener einen direkten Antheil nehmen. In letzterer Beziehung muss jedoch die Frage offen gelassen werden, in wie weit an verschiedenen Orten Bindegewebszellen zur Weiterbildung der Gefäße beitragen. 3) Es ist ferner unzweifelhaft, dass Bindesubstanz ohne Gefäße und Gefäße ohne Bindesubstanz im Körper sich verbreiten und in Orgäne einwuchern können. Als Beispiel für den ersteren Fall führe ich die primitiven Mesodermeinwucherungen in embryonale Nerven an. Wie ich gezeigt habe (Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., p. 621, siehe auch Hıs im Archiv für Anatomie und Entw. 1879, p. 47% und fg.) bestehen die Nerven ursprünglich aus nichts als aus Bündeln von Achsencylindern, zu denen dann eine zarte meso- dermatische äußere Bindegewebshülle sich gesellt (Fig. 44). Erst später wachsen Bindesubstanzzellen ohne Gefäße in das Innere dieser Bündel hinein, umgeben die Achsencylinder und liefern denselben die zellige sog. Scuwann’sche Scheide. Dasselbe geschieht auch bei den Ganglien. Noch später wuchert dann gefäßhaltiges Bindegewebe ein und erzeugt das Neurilemm. Eine Gefäßwucherung ohne: gleichzeitig iritwicherndds Binde- gewebe kommt vielleicht verbreiteter vor als man weiß. Eine solche glaube ich bei der Entwicklung der Thymus annehmen zu müssen, bei der in die ursprünglich rein epitheliale Anlage später Gefäße ohne be- gleitendes Bindegewebe einwachsen. Ähnliches findet sich wohl auch beim ersten Einwachsen von Gefäßen in das centrale Nervensystem. Später scheinen, wenigstens bei der weißen Substanz des Markes, auch Bindesubstanzzellen von außen einzudringen (Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., p. 599), doch erfordert diese Frage noch ein genaueres Stu- dium, bevor dieselbe endgültig erledigt werden kann und verweise ich auf das in meiner Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., p. 581, 596, 597 und 599 Angeführte. Als ein Organ, in welcheın Blutgefäße ohne Bindesubstanz wuchern, betrachte ich ferner die Leber, die bei jungen Embryonen einzig und allein aus Netzen von Leberzellenbalken und von capillaren Blutgefäßen besteht (siehe meine Embryol. Mittheilungen in der Fest- schrift der naturforschenden Gesellschaft zu Halle 1879, Taf. II, Fig. A1, 12). In diesem Falle ist keine andere Möglichkeit vorhanden als die, dass das Blutgefäßnetz durch fortgesetzte Anastomosenbildung weiter sich ausdehnt, bei welcher offenbar auch eine Zunahme der Zellen an Zahl durch fortgesetzte Theilungen im Spiele ist. d) Eine Bildung des Mesoderms ist ferner bei gewissen Geschöpfen, 208 A. Kölliker, wie bei den Säugern und Vögeln, die Chorda dorsalis, die ich zur Bindesubstanz rechne, weil sie bei gewissen Fischen (Polypterus, Lepi- dosteus) verknorpelt und selbst (Polypterus, Amia) verknöchert (siehe meine Abhandlungen über das Ende der Wirbelsäule der Ganoiden und einiger Teleostier, Leipzig 1860, p. 5, 9—10, Taf. I, Fig. 2,3 und Weitere Beobachtungen über d. Wirbel der Selachier in den SENCKEN- perg’schen Abhandlungen, Bd. V, 1864, Separatabdruck p. 39, Fig. 20 und 21). e) Dieselbe Abstammung haben unbestrittenerweise auch alle Drü-- sen des Urogenitalsystems und die sogenannten Endothelien der Gefäße, der serösen Häute, der Gelenkkapseln und der großen Binde- gewebsspalten, welche bei dem jetzigen Stande der Dinge nicht mehr von den Epithelien des Ekto- und Entoderms getrennt werden können (man vergleiche auch GEGEnBAuR, Anatomie, p. 23); WALDEYER dagegen scheidet nur das Coelomepithel aus und lässt die übrigen Bildungen als Endothelien stehen [Parablast, p. 62 und fg.]). f) In einem gewissen Sinne lässt endlich auch ein Theil des Nervensystems sich aus dem Mesoderm ableiten, in so fern als, wie ich gezeigt habe (Entwicklungsgeschichte, 2. Aufl., p. 584), das Rücken- mark, nachdem es einmal angelegt ist, an seinem hinteren Ende mit den Urwirbeln, der Ghorda und dem Ektoderm zu einer Masse verschmilzt und als geschlossenes Rohr unter Mitbetheiligung einer Zellenmasse sich fortbildet, die vorwiegend dem mittleren Keimblatte angehört (man ver- gleiche auch Gasser, Der Primitivstreifen bei Vogelembryonen, p. 85 und in den vorhergehenden speciellen Beschreibungen). Das innere Keimblatt scheint noch am ehesten den Anforde- rungen zu entsprechen, die von gewissen Forschern an die Keimblätter gestellt werden, indem dasselbe. wenigstens bei den höheren Wirbel- thieren nur Epithelien und Drüsen erzeugt. Steigt man jedoch in der Reihe der Vertebraten tiefer, so ergiebt sich, dass auch die Chorda viel- leicht dem Entoderm ihren Ursprung verdankt und dass beim Am- phioxus sogar die Urwirbel und alle Bindegewebe und Muskeln er- zeugenden Theile aus dem Entoderm entstehen. Es kann somit auch dieses Keimblatt bei den Wirbelthieren nicht als ein solches betrachtet werden, das nur einerlei Gewebe hervorbringt. | In den bisherigen Auseinandersetzungen war nur von den Wirbel- thieren die Rede und zeigte sich schon bei diesen, dass alle drei Keim- blätter verschiedenartige Gewebe erzeugen. Will man die Gesetze der Beziehungen der Keimblätter zu den Geweben ganz ergründen, so muss man jedoch das gesammte Thierreich ins Auge fassen und da er- giebt sich denn als allgemeines Gesetz, dass bei den mehrzelligen Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 209 Thieren in erster Linie zwei epitheliale Keimblätter auftreten (Dieyemiden, Hydromedusen), und dass diese dann entweder beide oder das eine oder das andere allein an der Bildung der anderen Elementar- theile und Gewebe sich betheiligen. So scheint die Bindesubstanz vom Ektoblasten und Entoblasten abstammen zu können. Muskel- fasern liefern nach meinen und Krrınengerg’s Erfahrungen bei Hy- dra! und denen von Oraus bei Charybdea marsupialis und von Fr. E. Scuurze und O. Hamann bei verschiedenen Hydroidpolypen die Zellen des Ektoblasts. Dieselben scheinen aber auch vom Entoblasten er- zeugt werden zu können, wie das Vorkommen solcher Elemente dicht außen an dieser Zellenschicht bei den Pennatuliden (ich), den Medusen (©. Herrwıs) und den Hydroidpolypen (Weısmann) zu beweisen scheint, und wie dies auch durch die Beobachtungen von O. und R. Herrtwic bei den Actinien und von O. Hamann und R. v. LENDENFELD bei den Hydroid- polypen nun in der That nachgewiesen ist. Auch dasNervengewebe, das man bis jetzt einzig und allein dem Ektoblasten zuschreiben zu dürfen glaubte, ist nun von v. LenpenreLD bei den Eucopellapolypen auch im Entoblasten beobachtet worden (diese Zeitschr., Bd. XXXVIIH, p. 545) und eben so lassen sich die Sexualzellen bei den einen niederen Thieren (wahrscheinlich bei allen Hydromedusen nach Weıs- mann) aus dem Ektoblasten, bei anderen (den Anthozoen und Acraspeden nach den Gebr. Herrwie und mir) aus dem Entoblasten ableiten. So spricht Alles dafür, dass bei den niedersten mehrzelligen Thier- formen wahrscheinlich eine vollständige Übereinstimmung der zwei ' primitiven Keimblätter mit Bezug auf die Gewebebildung sich findet und wird es so begreiflich, dass auch bei höheren Thieren noch keine exklusiven Beziehungen sich herausgebildet haben. Weiter auf vergleichend-anatomische Einzelnheiten einzugehen ist nicht meine Absicht und will ich zum Schlusse nur noch einen Blick auf die pathologische Gewebsbildung bei den höheren Ge- schöpfen werfen. Die wichtigste Frage, die sich hier erhebt, ist die, welche Elementartheile und Gewebe entstehen in pathologischen Fällen und wie ist deren Entstehung aufzufassen. Ersteres anlangend, so können alle vier Hauptgewebe abnormerweise auftreten, doch sind in dieser Beziehung die Regenerationsvorgänge und die Hyper- 1 Wenn KLeisesBerG die Ansicht ausspricht, dass die Muskelfasern von Hydra nicht dem Ektoblasten angehören, so vermisse ich hierfür jede Begründung. Be- trachtet er doch selbst die Zellen, die sie hervorbringen, als dem Ektoblasten ange- hörig. Richtig ist dagegen, dass bei verschiedenen Thierformen, ektoblastische Muskelzellen und subektoblastische oder subepitheliale durch Übergänge verbun- den sind. 210 A. Kölliker, trophien von den Neubildungen wohl zu unterscheiden. Eine Re- generation findet sich nur bei den Epithelien, den Bindesubstanzen und dem Nervengewebe und geht die Wiederbildung in allen Fällen von den schon vorhandenen Theilen aus in der Art, dass bei den Bindesubstanzen die Blutgefäße und die farblosen Blutzellen die Hauptrolle spielen. Bei den Hypertrophien, die allen Geweben, mit Ausnahme des Nervengewe- bes, zukommen, findet sich ebenfalls ein Anschluss an die Elemente der normalen Organe und ist esin gewissen Fällen, wie bei der Hypertrophie der Muskeln nicht einmal sicher, ob dieselben an allen Orten an Zahl zunehmen, wie dies beim Herzen und der Harnblase z. B. kaum zu be- zweifeln ist, oder vielleicht nur an Dicke und Volumen, wie etwas der Art bei den willkürlichen Muskeln vorkommen möchte. Unter den Ge- websneubildungen unterscheiden wir mit CounxHEım diejenigen, die mit Entzündungen und mit Infektionskrankheiten (Infektionsge- schwülste, Kress) zusammenhängen, von denjenigen, die auf Störungen der typischen Entwicklung sich zurückführen lassen, oder den eigent- lichen Geschwülsten. Bei den ersteren ist die Herkunft ihrer Elemente zum Theil auf die präexistirenden der Bindesubstanz zurückzuführen, zum Theil noch dunkel. Bei den eigentlichen Geschwülsten dagegen hat bekanntlich GonnHeim die Hypothese aufgestellt, dass dieselben »atypische Gewebsneubildungen auf embryonaler Anlage« seien und zum Theil die Fähigkeit besitzen alle Gewebe zu erzeugen, auch solche, die dem Mutterboden der Geschwulst nicht homolog sind (Allg. Patho- logie, Bd. I, p. 650). Um diese Hypothese, die viel Anklang gefunden hat, zu einer begründeten zu gestalten, wäre es nöthig, die ver- mutheten embryonalen Keimzellen im Organismus des Erwachsenen nachzuweisen, was auf jeden Fall für die heterologen Geschwülste bis anhin nicht möglich gewesen ist. Von meinem Standpunkte aus, dem zufolge alle Gewebe auf die Eizelle zurückzuführen, und auch die ersten embryonalen Zellen vor der Bildung der Keimblätter wahr- scheinlich alle einander gleichwerthig sind, wäre es wohl denkbar, dass noch beim Erwachsenen Elemente vom Charakter der ersten embryonalen Zellen vorkämen, denen das Vermögen inne wohnte, unter Umständen zu allen Geweben sich zu gestalten. Hierbei könnte man an die tiefsten Zellen der Epidermisgebilde und der geschichteten Epithe- lien, an Überreste des Keimepithels bei beiden Geschlechtern, an Epi- thelreste der Urnieren, der Kiemenspalten, der Zahnanlagen, an die Iymphoiden Zellen und gewisse Bindesubstanzzellen, wie diejenigen der Hodenzwischensubstanz (meine Mikr. Anatomie, Bd. II, 2) und des subcutanen Gewebes der Tunica dartos (l. c. Bd. II, A, p. 18) denken. Auch ließe sich annehmen, dass schon differenzirte Elemente in solche Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 311 von embryonalem Charakter sich umzubilden oder solche zu erzeugen im Stande sind, wie möglicherweise Feitzellen, die ihr Fett verlieren (l. ec. p. 19, Fig. 9), oder Osteoblasten, die zu Riesenzellen werden. Es ist jedoch bis jetzt von keiner dieser Zellenarten nachgewiesen, dass dieselbe in andere Gewebsformen als diejenigen, denen sie angehört, sich umzubilden vermag, wenn dies auch für gewisse derselben, wie vor Allem für die Reste des Keimepithels, als sehr wahrscheinlich zu be- zeichnen ist. Ich fasse nun noch einmal übersichtlich die Hauptpunkte zu- sammen, zu denen ich in dieser Abhandlung gelangt bin. Es sind folgende: 4) Bei allen mehrzelligen Geschöpfen gehen alle Elemente und Gewebe direkt aus der befruchteien Eizelle und dem ersten Embryonal- kerne hervor und giebt es keinen Haupt- und Nebenkeim (Archiblast und Parablast). 2) Die zuerst differenzirten Gewebe besitzen den Charakter von Epithelien und stellen den Ektoblasten und Entoblasten dar. 3) Aus diesen zwei Zellenlagen entstehen alle anderen Gewebe, indem dieselben entweder unmittelbar solche erzeugen oder zugleich ' ein mittleres Blatt bilden, das dann einen Haupitheil der Gewebsbildung übernimmt. 4) Jedes Keimblatt hat, wenn man die ganze Thierreihe ins Auge fasst, bei gewissen Geschöpfen die Fähigkeit mindestens drei und viel- leicht alle Gewebe aus sich zu erzeugen und sind desswegen die Keim- - blätter keine histologischen Primitivorgane. 5) Bei Vögeln und Säugern existirt kein Primitivorgan für die Er- , zeugung der Bindesubstanz, des Blutes und der Gefäße. 6) Die Elemente der fertigen Gewebe haben, wie es scheint, das Vermögen eingebüßt, andere Gewebe zu bilden und sind die Gewebe ‚ der heterologen Neoplasmen wahrscheinlich auf Reste embryonaler Zellen oder Elemente vom Charakter dieser zurückzuführen. 7) Eine Eintheilung der Gewebe in archiblastische und in para- blastische ist in keiner Weise zu rechtfertigen und erscheint immer noch die alte Eintheilung der Gewebe von Leyvıg und mir in vier Haupttypen als die zweckmäßigste. | | | | | | | Würzburg, 22. December 1883. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL. Ba. 212 A. Kölliker, Erklärung der Abbildungen. Tafel XI und XII. Fig. 4—4. Von der Keimhaut eines eben gelegten befruchteten Hühnereies. k, Keimhaut; w, weißer Dotter; g, gelber Dotter; ect, Elemente des Ektoblasts; ent, Elemente des Entobiasts; %k, Zellenkerne; gf, große Furchungskugeln (Megasphaeren, Hıs); kh, Keimhöhle: kw, Keim- wulst. Fig. 4. Die ganze Keimhaut nahe der Mitte senkrecht durchschnitten. Der gelbe Dotter in seinen oberen Lagen mit viel Zwischensubstanz. Geringe Ver- größerung. Fig. 2. Die Mitte eines solchen Schnittes stärker vergrößert (HARTNACK, Syst. 4, Oc. 3, langer Tubus). Fig. 3. Der Rand einer solchen Keimhaut bei der nämlichen Vergrößerung. Fig. 4. Aus der Mitte einer solchen Keimhaut. Starke Vergrößerung (Leıtz, Syst. 7, Oc. A, kurzer Tubus). Fig. 5. Theil eines Querschnittes durch die Herzgegend eines Hühnerembryo von drei Tagen und sechs Stunden. Mittlere Vergrößerung (Syst. 4, Oc. 3, langer Tubus eines HARTNAcK). Dieser Schnitt soll vor Allem die aus den eigentlichen Urwirbein sich ent- wickelnde gefäßlose Bindesubstanz der im Entstehen begriffenen häutigen Wirbel- säule und ihre Beziehungen zur Chorda versinnlichen. Über dem Mark die Mem- brana reuniens superior. Die Muskelplatte zeigt deutlicher auf der einen als auf der anderen Seite die Zusammensetzung aus einer tieferen Lage m, der eigentlichen Muskelplatte, und einer oberflächlichen in Bindegewebe übergehenden Schicht c, die zur Cutis des Rückens im Beziehung zu stehen scheint und von der ventralen nach der dorsalen Seite sich entwickelt. a, Aorta mit noch dünner Wand; w, vorderstes Ende des WoLrr'schen Ganges; oe, Ösophagus mit muc, der zwischen Darmfaserplatte und Entoderm liegenden gefäßhaltigen Bindegewebsschicht, der Vorläufe- rin der Mucosa. Fig. 6. Aus der Area opaca eines Hühnerembryo des zweiten Tages. Bei Syst. 4, Oc. A, kurzem Tubus eines Leitz. Die größeren Gefäße besitzen schon zwei zel- lige Lagen, die zum Theil zufällig von einander abstehen. Die Zwischensubstanz si (die Substanzinseln der Autoren) füllt alle Lücken zwischen den Gefäßen aus. Fig. 7. Ein Stückchen dieser Zwischensubstanz bei Syst. 8, Oc. 4, kurzem Tubus eines Leitz, aus ungemein reich verästelten und vielfältig anastomosirenden sternförmigen Zellen gebildet. Fig. 8. Querschnitt durch die Nierengegend eines menschlichen Embryo von 8,5 mm Länge. Vergrößerung HarTnAck, Syst. 5, Oc. 3, kurzer Tubus. S.u.g, Sinus urogenitalis; ur, Ureter oder embryonaler Nierenkanal; ne, Ende des Epithelrohres dieses Kanales; nf, umhüllende Binde- substanz; ed, Enddarm; a, Aorta. Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. 213 Fig. 9. Umbiegungsstelle der seitlichen Leibeswand sv in das Amnion a von einem Hühnerembryo von drei Tagen und 6 Stunden zur Demonstration der Ent- stehung von Bindesubstanz aus der Hautplatte und ihrer Fortsetzung in die äußere Amnionlage. ect, Ektoderm des Amnion und der Hautplatte. Vergrößerung Syst. 7, Oc. 1, kurzer Tubus eines Leitz. Fig. 40. Ein Stückchen eines senkrechten Schnittes durch die Herzkammer eines Hühnerembryo von drei Tagen und sechs Stunden aus der Gegend der Basis. h, muskulöse Herzwand; p, Pericard; e, Endocard; 9, tiefster Theil der Gallert- - lage der einen Valvula venosa. Fig. 44. Querschnitt eines hinteren Rückenmarksnerven eines menschlichen Embryo von 8,5 mm Länge zur Demonstration der äußeren mesodermatischen Scheide des Nerven und des inneren kernfreien Bündels von Achsencylindernv. Vergrößerung Syst. 7, Oc. 4, kurzer Tubus eines Leırz. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. Von Dr. C. K. Hoffmann, Professor an der Reichsuniversität zu Leiden. Mit Tafel XIII und XIV und einem Holzschnitt. I. Die Bildung des Mesoderms und die Anlage der Chorda dorsalis. Unsere Kenntnis über die Entwicklungsgeschichte der Reptilien verdanken wir einer gemeinschaftlichen Arbeit von Kuprrer und BENECKE (17), einer Mittheilung von Barrour (2), mehreren Arbeiten von STRAHL (20—25), einer größeren Abhandlung von Kurrrea (10), einer Mittheilung von WeLpon (25), während ich selbst Gelegenheit hatte dazu in einer kleinen Arbeit etwas beizutragen (14). Ich lasse dann für den Augenblick die schon etwas älteren Untersuchungen von CLark und Acassız über die Entwicklungsgeschichte der Schildkröte (Contributions to the natural History of the United States. Vol. II. 1857) außer Acht. In meinem letzt- genannten Beitrage war mir aber aus Mangel an Material die Anlage des mittleren Keimblattes nur höchst fragmentarisch bekannt geworden, die Bildung der Chorda vollständig unbekannt geblieben. Wiederholte Versuche, Eidechsen- und Schlangenembryonen aus früheren Entwick- lungsstadien zu erhalten, scheiterten aufs Neue. Wohl standen mir zahlreiche Schlangenembryonen (Tropidonotusnatrix) aus späte- ren Entwicklungsstadien zur Verfügung, aber keine jüngeren, die mich am meisten interessirten, und von Eidechsenembryonen war das jüngste Stadium, welches mir zu Gebote stand, ein Embryo von Lacerta agilis mit sechs Urwirbeln. Die Untersuchung einer Schnittserie durch einen Embryo aus einem solchen Entwicklungsstadium zeigte mir, dass das Chordaentoderm jederseits durch eine äußerst feine Spalte von dem Darmentoderm getrennt war, und dass das Darmentoderm erst später unter der angelegten Chorda gegen einander wachsend, die Chorda _ vollständig vom Entoderm resp. Mesenteron trennt, genau so, wie Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 915 Srraur (21) dies beschrieben hat. War dies schon ein Fingerzeig, dass bei den Reptilien höchst wahrscheinlich Mesoderm sich durch Einstül- pung aus dem Entoderm, resp. Mesenteron anlegt, indem sonst das Ge- trenntsein eines Chordaentoderms jederseits vom Darmentoderm un- begreiflich erscheinen muss, so wurde ich in dieser Meinung noch mehr bestärkt, als ich bei den Selachiern gefunden hatte (13), dass ein Theil, und zwar der zuerst angelegte Theil des Mesoderms durch währe Einfaltung aus lem Mesenteron entsteht, vollständig so, wie dies nach der höchst interessanten CGoelomtheorie von Oscar und RıcHarD HERTWIG (8) stattfinden muss; dass der größte Theil des Mesoderms dagegen durch Abspaltung von den Rändern des Blastoderms und des Blasto- porus entsteht, wie BaLrour dies in seinen berühmten Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Selachier nachgewiesen hat (1). Es war schon a priori zu erwarten, dass in dem Stadium der Ent- wicklung, in welchem der Canalis neurentericus an der ventralen Seite eben durchbrochen ist und sich dadurch eine Art Invaginationshöhle, als erste Anlage des Mesenteron, gebildet hat, das günstigste Moment für die in Rede stehende Frage sein muss, um so mehr als ich bei Vögeln und Knochenfischen, bei welchen ein Invaginationsprocess, als erste Anlage des Mesenteron, vollständig ausgefallen ist, keine Spur mehr von Mesodermbildung durch Einfaltung habe nachweisen Können, während dagegen bei den Selachiern und Amphibien, bei welchen be- kanntlich eine Invaginationshöhle als erste Anlage des Mesenteron deut- lich vorhanden ist, das Mesoderm sich wenigstens zum Theil unzweifel- haft durch Einfaltung anlegt, um für den Augenblick die ganze Anlage des Mesoderms bei Amphioxus aus dem allein durch Einstülpung entstandenen Urdarm (Archaenteron : BaLrour), wie uns dies aus den prächtigen Untersuchungen von KowaLzvsky (46) und Harscazk (6) be- kannt ist, außer Betracht zu lassen. Auf meine Bitte hatte Dr. Straur in Marburg die Güte mir ein Paar ausgezeichnet konservirte Embryonen von Lacerta agilis aus dem eben gesagten Entwicklungsstadium auf das freigebigste zu meiner Verfügung zu stellen, wofür ich ihm nochmals meinen herzlichsten Dank sage. Gestützt auf das, was die Entwicklungsgeschichte von Knochenfischen, Knorpelfischen und Vögeln mich gelehrt hatte, fand ich in der Untersuchung einer Schnittserie durch einen Embryo aus oben erwähntem Stadium der Entwicklung, so wie von dem Em- bryo mit sechs Urwirbeln — den einzigen jüngeren Stadien, die ich untersuchen konnte, — die Gelegenheit, eine bessere Einsicht in die Bil- dung des Mesoderms und der Chorda zu gewinnen als mir bisher mög- lich war, und zugleich wieder die große Bedeutung der Coelomtheorie 216 C. K. Hoffmann, durch eine neue Thatsache zu bestätigen, wie aus dem Folgenden her- vorgehen wird. Bevor ich zu der Beschreibung, auf welche Weise das Mesoderm bei den Reptilien sich anlegt, übergehe, scheint es mir deutlichkeits- halber am besten, erst nochmals einen Blick auf den Segmentationspro- cess bei den Reptilien zu werfen. j Die Furchung verläuft, wie Kuprrer und BEnzcke (17) schon nach- gewiesen haben, nach dem Typus des meroblastischen Eies. Wenn die Furchung schon ziemlich weit fortgeschritten ist, unterscheiden sich die oberen Furchungszellen durch ihren bedeutend kleineren Durchmesser von den mehr nach unten gelegenen, die oft in den unteren Schichten die doppelte Größe von denen der oberen Schicht haben. Der Keim liegt auf einer Schicht des Nahrungsdotters, welche sehr reich an Protoplasma ist und in welcher zahlreiche kleine Dotterkügel- chen abgelagert sind; verfolgt man diese Schicht nach unten, so ver- schwindet das Protoplasma allmählich mehr und mehr, während zu- gleich die Dotterkugeln größer und größer werden, bis schließlich das Protoplasma fast vollständig verschwunden ist und nur Deutoplasma- kugeln vorhanden sind. In dem unter dem Keim gelegenen Protoplasma trifft man zahlreiche freie Kerne an, oft in deutlichem Theilungszustande. Wenn es nun auch nicht möglich ist und auch nicht leicht möglich sein wird, den direkten Ursprung dieser freien Kerne des Nahrungsdotters bei den Reptilien nachzuweisen, so glaube ich kann darüber wohl kein Zweifel bestehen, dass sie alle Theilungsprodukte des ersten Furchungskernes sind, nachdem es möglich war, ihren direkten Ursprung bei den Knochenfischen nachzuweisen (9). Bei den Reptilien verhalten sich diese freien Kerne vollkommen so, wie bei den Vögeln, so dass Alles, was ich über dieselben bei den letztgenannten mitgetheilt habe (1%), auch für die Reptilien gilt. In ihren Dimensionen stimmen sie bei den Reptilien fast vollkommen mit denen der Furchungskugeln überein, ähn- lich wie bei den Vögeln, und dadurch weichen sie nicht unbedeutend von denen der Knorpel- und Knochenfische ab. Am Ende des Furchungs- processes besteht also das Ei aus einer großen Zahl kleiner, mit Dotter- kügelchen stark gefüllter Zellen, dem abgefurchten Keim — dem Blasto- derm — und einer großen vielkernigen Zelle, — dem Nahrungsdotter. An dem Blastoderm sind dann schon deutlich zwei Keimblätter zu unterscheiden, ein oberes, einschichtiges, aus niedrigen Oylinderzellen bestehendes Blatt, das Ektoderm und ein aus mehreren Lagen von rund- lichen Zellen bestehendes Blatt, das primäre Entoderm. Schon während der letzten Stadien der Furchung bildet sich die Furchungshöhle und mit Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 217 ihr wird das Blastoderm vorn dünner und hinten dicker, welches darauf beruht, dass die Zellen des primären Entoderms hinten in mehreren Schichten abgelagert sind als vorn. Demnach liegt die Furchungshöhle dann auch nicht central, sondern excentrisch und zwar unter dem dün- neren Theil des Blastoderms. Das Dach dieser Höhle wird durch das Ekto- derm und zwei bis drei Schichten von Entodermzellen, die Basis durch den Nahrungsdotter gebildet. Von dem Boden der Furchungshöhle sieht man oft große Kugeln nach dem Dache aufsteigen. Diese Kugeln sind wie bei den Vögeln mit Dotterkörnchen strotzend gefüllt und dadurch wird es natürlich schwierig mit Bestimmtheit zu sagen, ob diese Kugeln einen Kern besitzen oder nicht. Bei Durchmusterung von feinen Schnittserien begegnet man hier und dort einer Kugel, welche unzweifelhaft einen Kern besitzt. Man darf diese Kugeln also als wahre Zellen betrachten und kann sie vielleicht am besten, wie bei den Vögeln, mit dem Namen von sekundären Furchungskugeln bezeichnen. Die Entstehungsweise dieser Gebilde ist wohl so zu erklären, -dass das an Dotterkörnchen reiche Protoplasma mit den darin gelegenen freien Kernen in bestimmte Zellenterritorien — die sekundären Furchungskugeln — sich abschnürt. Dieselben steigen wie gesagt von dem Boden der Furchungshöhle zu den Zellen des primären Entoderms, welche die untere Fläche des Daches bilden. Während ihres Verlaufes durch die Furchungshöhle iheilen sie sich schon und tragen wahrscheinlich so zu der Vergrößerung des primären Entoderms unmittelbar bei. Wie ich für die Vögel ange- geben habe, ist es auch hier möglich, dass sie sich nur indirekt an der Vergrößerung des primären Entoderms betheiligen. Man begegnet näm- lich öfter solehen Kugeln, die nicht mehr die Gestalt von Zellen haben, sondern als unregelmäßigere Haufen von Dotterkörnchen sich zeigen, es ist als ob solche Kugeln dann geplatzt wären und ihren Inhalt ausge- streut hätten, und so ist es möglich, dass die frei gewordenen Dotter- körnchen einfach durch die aus der Furchung des Bildungsdotters unmittelbar hervorgegangenen Furchungszellen aufgezehrt werden; es sind dies Fragen, welche einer direkten Beobachtung nicht gut zugäng- lich sind. Unter Größezunahme des ganzen Blastoderms wird der vor- ' dere Theil immer dünner, der hintere im gleichen Grade dicker, dabei geht die Keimhöhle wieder vollständig zu Grunde. Bei dem weiteren und bei den Reptilien ziemlich schnellen Wachsthum des Blastoderms finden fortwährend — wie es scheint — nicht unbedeutende Zellen- ı verschiebungen des primären Entoderms statt ; denn alsbald besteht die ganze Keimhaut überall nur aus zwei Schichten von Zellen, das ein- schichtige Ektoderm und das ebenfalls einschichtige (primäre) Entoderm, ‚ mit Ausnahme des Keimhautrandes, wo das Entoderm einen mehr oder 218 0. K. Hofimann, weniger dicken Wulst bildet und eines in dem hinteren Theil der longi- tudinalen Achse des Blastoderms gelegenen Abschnittes, wo das pri- märe Entoderm mehrere Schichten dick ist; von dieser Stelle aus ver- dünnt es sich nach allen Richtungen ziemlich schnell, so dass schließlich, wie gesagt, nur ein einschichtiges primäres Entoderm übrig bleibt; zugleich werden die Zellen des Ektoderms in der longitudinalen Achse, besonders dort, wo das primäre Entoderm mehrschichtig ist, erst höher und schmaler und bald darauf schon zweischichtig. Dadurch differenzirt sich das Blastoderm in eine mittlere, durchscheinende Area und einen weißlichen Saum; erstgenannte ist in der Mitte verdickt — welche Ver- dickung Kuprrer als »Embryonalschild« bezeichnet hat. Dieselbe be- ruht nach ihm darauf, dass die vorher platten Zellen des Ektoderms in dieser Region cylindrisch werden, aber dabei einschichtig bleiben. Ich stimme aber Stranr (21) ganz bei, wenn er sagt, dass neben der Höhe der Ektodermzellen auf der eben erwähnten Mehrschichtigkeit des Ento- derms an einer bestimmten Stelle des Blastoderms die Deutlichkeit des Embryonalschildes Kurrrer’s beruht. Das erste Phänomen, das auf einen Fortgang der Entwicklung im Embryonalschilde deutet, ist das Auftreten einer Einstülpung in der Nähe des einen Endpunktes der medianen Achse des Schildes, aber noch im Bereich des letzteren. Diese wichtige Entdeckung verdanken wir Kuprrer und Benecke (17). Die in Rede stehende Öffnung ist die erste Anlage eines Kanales, der bald an der ventralen Seite durchbricht und so die Entodermfläche mit der Ektodermfläche verbindet, mit anderen Worten, die eben er- wähnte Öffnung ist die erste Anlage des Canalis neurentericus. Während bei den Anamnia, Amphioxus, Selachii, Am- phibien (die Knochenfische bleiben außer Betracht, indem bei ihnen durch die ursprünglich solide Anlage des Gentralnervensystems und das Fehlen eines Lumens im Schwanzdarm ein Ganalis neurentericus sich nicht ausbilden kann) der Ganalis neurentericus — der letzte Rest des Blastoporus — das hintere Körperende des Embryo begrenzt und hinter demselben kein Gewebsmaterial mehr vorhanden ist, sehen wir dagegen, dass bei den Reptilien hinter dem Canalis neurentericus noch eine sehr bedeutende Zellmasse vorhanden ist; diese Zellmasse ist der Pri- mitivstreifen oder der postembryonale Theil. Indem bei den Anamnia die Invaginationsöffnung, der Blastoporus, sich später in den Ganalis neurentericus umbildet, anders gesagt, der Ganalis neurentericus den letzten Rest des Blastoporus vorstellt, können wir bei den Reptilien die Invagination, den späteren Ganalis neurentericus, ebenfalls mit dem Namen des Blastoporus bezeichnen; in so weit hat Kuprrer (148) also voll- Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien, 219 ständig Recht, wenn er sagt: »es findet also die Bildung einer Gastrula, wenn auch in beschränktem Umfange, statt«. Mit der Bildung des Ganalis neurentericus hat sich besonders StranL eingehend beschäftigt, die Resultate, zu welchen er gekommen ist, werde ich gleich unten besprechen, ich will aber erst mittheilen, wie das Mesoderm sich verhält unmittelbar nachdem der CGanalis neurentericus an der ventralen Seite durchbrochen ist, und dadurch auch eine kleine Invaginationshöhle als erste Anlage des Mesenteron sich gebildet hat und dann, welche Verhältnisse es bei dem Embryo mit sechs Urwirbeln zeigt. Das kärgliche Material, über welches ich verfügte, gestattete mir nicht Längsschnitte, sondern nur eine Querschnittserie zu untersuchen. StrauL. hat aber einen Längsschnitt durch den Kanal unmittelbar nach ey Ol EEE | {I} Se N dem Durchbruch nach unten abgebildet; ich gebe eine Kopie dieser Abbildung auf Taf. XII, Fig. 1. Obenstehender Holzschnitt stellt die- selbe Figur in doppelter Vergrößerung vor, in welcher ich in dem hinter dem Canalis neurentericus gelegenen (postembryonalen) Theil — dem Primitivstreifen —, die verschiedenen Keimblätter schärfer angegeben habe als in der Abbildung von SrtrauL; dass hier die Keimblätter wirk- lich noch deutlich zu unterscheiden sind, wird aus der jetzt näher zu beschreibenden Querschnittserie hervorgehen. Ich beginne die Beschrei- bung mit einem Schnitt ungefähr 1/, mm vor der ventralen Ausmündung ' des Canalis neurentericus. Das Ektoderm ist über eine ziemlich große Strecke in der Mittellinie mehrschichtig und besteht aus cylinderähn- lichen Zellen, lateralwärts wird es allmählich dünner, bis schließlich nur noch eine aus kleinen, niedrigen Cylinderzellen bestehende Lage übrig bleibt, während noch mehr lateralwärts diese Zellen eine lange spindelförmige Gestalt annehmen. Das Entoderm besteht überall nur aus einer einzigen Schicht Zellen, welche aber ziemlich große Unter- 220 C. K. Hoffmann, schiede im Bau zeigen (vgl. hierzu Taf. XIII, Fig. 2). Gerade in der Achse.haben diese Zellen auf eine kurze Strecke eine hohe cylinder- föormige Gestalt, nach beiden Seiten gehen sie aber, und zwar ziemlich schnell, in rundlich-ovale Zellen über, die, je mehr man lateralwärts kommt, um so größer und dotterkörnchenreicher werden, so selbst, dass die zahlreichen Dotterkörnchen den Kern oft verdecken. Die folgen- den Schritte geben alle ungefähr dasselbe Bild, bis man schließlich einem begegnet (ich werde denselben Schnitt a nennen), in welchem man das sonst einschichtige Entoderm neben den axialen hohen Cylinderzellen etwas verdickt antrifft. Was hier eigentlich stattfindet, lässt sich an dem in Rede stehenden Schnitt nicht mit Bestimmtheit sagen, aus dem Folgenden, besonders aber aus dem nächstfolgenden (Schnitt c) ergiebt sich, dass es die mehr rundlich-ovalen Zellen des Entoderms sind, welche unmittelbar neben den in der Achse gelegenen hohen Gylinder- zellen eine bilaterale Einstülpung zu bilden anfangen, wie Taf. XIII, Fig. 3 nachweist. Die beiden Einstülpungen stellen uns die erste An- lage des durch Einfaltung sich bildenden Mesoderms vor; die Wände dieser Einstülpungen, welche dem Entoderm ähnlich, ebenfalls nur einschichtig sind und wie dieses aus rundlich-ovalen Zellen bestehen, liegen fast unmittelbar auf einander. Durch die so gebildeten Einfal- tungen ist die Kontinuität in dem Zusammenhang der Entodermzellen unterbrochen, es gliedert sich das Entoderm in drei Stücke: ein in der Achse gelegenes, aus hohen Cylinderzellen gebildetes, unpaariges Stück, aus welchem sich die Chorda bilden wird und das man » Ghordaento- derm« nennen kann und ein neben der Achse gelegenes, aus mehr rundlich-ovalen Zellen bestehendes, paariges Stück — das Darmento- derm. (Die Linien a—a, c—c etc. geben die Richtung der Quer- schnitte an.) Schnitt d giebt ungefähr dasselbe Bild, nur mit der Ausnahme, dass auf einer Seite in einiger Entfernung von dem durch Einfaltung sich anlegenden Mesoderm, das Entoderm an einer sehr kleinen Stelle zwei bis drei Schichten dick ist. In diesen zwischen Ektoderm und Entoderm gelegenen Zellen kann ich nur Mesoderm erkennen, welches sich durch Abspaltung aus dem (primären) Entoderm eniwickelt hat und alsbald beitragen wird, das durch Einfaltung entstandene Mesoderm zu ver- srößern. Schnitt e zeigt ebenfalls noch die zuletzt erwähnten Mesoderm- zellen, außerdem sieht man, wie auf den durch Einfaltung entstandenen Mesodermzellen andere liegen, welche unmittelbar auf den eben genann- ten ruhend, sich ziemlich weit lateralwärts erstrecken, wie dies noch mehr in dem darauf folgenden Schnitt (Schnitt f) der Fall ist, so wie - Taf. XII, Fig. % zeigt. Ich werde diese letztgenannten Zellen ebenfalls. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 224 durch Abspaltung entstandene Mesodermzellen nennen; wir werden gleich sehen, dass sie unmittelbar in das Mesoderm übergehen, welches neben den nur aus den Zellen des Ektoderms gebildeten Wänden des Cana- lis neurentericus gelegen ist, und das allein durch Abspaltung entstan- den sein kann. Die durch Einfaltung entstandenen Mesodermzellen sind von den durch Abspaltung gebildeten an der Form nicht zu unterscheiden, beide Arten von Zellen sind einander vollkommen ähnlich. Der folgende Schnitt (g) zeigt nichts Besonderes, was der Erwähnung werth ist; Schnitt A ist auf Taf. XII, Fig. 5 abgebildet. Die in den beiden vorigen Schnitten schon mehr oder weniger deutliche Urdarmhöhle ist hier sehr deutlich zu sehen, sie ist durch den ventralen Durchbruch des Canalis neurentericus entstanden, stellt also wohl unzweifelhaft eine Invagina- tionshöhle vor. Das Dach wird durch das Ghordaentoderm, die Basis durch den Nahrungsdotter gebildet. Das Ghordaentoderm ist jederseits durch eine sehr schmale, obgleich deutliche Spalte vom Darmentoderm getrennt. Neben dem CGhordaentoderm und diesem sehr eng anliegend begegnet man jederseits dem Mesoderm, als einer dicken, lateralwärts sich schnell verdünnenden Schicht, die von dem Darmentoderm durch einen deutlicheren Zwischenraum getrennt ist alsin den vorigen Schnit- ten. Ob hier noch Mesoderm daneben ist, welches durch Einfaltung sich angelegt hat, kann ich nicht sagen. Auf die hohe Bedeutung des voll- ständig isolirten Ghordaentoderms komme ich gleich noch näher zurück. In Schnitt < ist die feine Spalte, welche das Ghordaentoderm jeder- seits vom Darmentoderm trennt, bei starker Vergrößerung noch eben zu sehen; die Ränder der ventralen Ausmündung des Canalis neurenteri- cus sind einander noch mehr genähert und der nächste Schnitt (A) geht schon so weit nach hinten, dass er die ventrale Ausmündung des Ganalis neurentericus nicht mehr trifft, wie die Abbildung von Schnitt / (Taf. XII, ' Fig. 6) noch deutlicher zeigt. Das Lumen des Canalis neurentericus | | | | | ist mehr oder weniger oval, seine Wände sind allein durch die Zel- len des oberen Keimblattes gebildet, ein ziemlich großer Zwischenraum trennt seine obere Wand von der Ektodermschicht, seine untere Wand hängt kontinuirlich mit dem Entoderm zusammen, ein einziger Blick auf den Längsschnitt zeigt noch deutlicher wie dies sein muss. Das Meso- Ä derm liegt jederseits den Seitenwänden dieses Kanales unmittelbar an, ‚ bei Anwendung von guten Vergrößerungen sind die Grenzen des Meso- | derms und der vom Ektoderm gebildeten Kanalwand doch noch deutlich ‚zu erkennen; scharf ist das Mesoderm vom Entoderm getrennt. Es ist wohl nicht zweifelhaft, dass dieses Mesoderm durch Abspaltung von dem primären Entoderm entstanden ist, es ist für dasselbe keine andere Entstehungsweise möglich, die darunter gelegenen Entodermzellen trifft 222 C. K. Hoffmann, man an mehreren Stellen in reger Theilung begriffen an, fortwährend dem schon vorhandenen Mesoderm neue Zellen liefernd. Schnitt m stimmt mit Schnitt / überein, der folgende (Schnitt n) unterscheidet sich von dem vorhergehenden dadurch, dass die obere Kanalwand durch einen nur noch unbedeutenden Zwischenraum vom Ektoderm getrennt ist. In den vier folgenden Schnitten wird der eben genannte Zwischen- raum immer noch kleiner und ist in Schnitt s (auf Taf. XII, Fig. 7 ab- gebildet) vollständig verschwunden; der in Rede stehende Schnitt geht durch den vorderen dorsalen Umschlagrand des Ganalis neurentericus. In der Achse begegnet man immer nur noch zwei Keimblättern, Ekto- derm und Entoderm, jederseits liegt das bilaterale Mesoderm deutlich vom Ektoderm getrennt, ein größerer Zwischenraum trennt letzteres von dem Entoderm. Schnitt i stimmt mit dem vorigen überein, die drei folgenden Schnitte gehen durch die dorsale Ausmündung des Canalis neurentericus; in der Achse liegt immer noch kein Mesoderm, von bei- den Seiten rückt es aber immer der Mittellinie näher, bis in Schnitt y (auf Taf. XIII, Fig. 8 abgebildet) drei Keimblätter in der Achse ange- troffen werden, das einschichtige Entoderm, das Mesoderm, welches in der Achse sehr dünn, jederseits aber zu einem dicken Wulst anschwillt, und das Ektoderm, welches in der Achse stark nach unten keilförmig vorspringt. Wir sind hier also in dem Primitivstreifen oder dem post- embryonalen Theil, welcher dadurch sich kennzeichnet, dass das Meso- derm nicht mehr ein bilateral symmetrisches Blatt, sondern wie Ekto- derm und Entoderm ein kontinuirliches Blatt bildet. In diesem Stadium der Entwicklung ist die Grenze von Mesoderm und Ektoderm bei An- wendung von guten Vergrößerungen noch sehr deutlich zu sehen. Das einzige Erwähnenswerthe der jetzt noch folgenden Schnitte ist dies, dass die axiale Ektodermverdickung nach hinten mehr und mehr sich verdünnt und im gleichen Grade das Mesoderm in der Achse dicker wird, beide Keimblätter bleiben einander unmittelbar anliegen, dagegen ist das Entoderm durch einen großen Zwischenraum vom Mesoderm ge- trennt. Nach hinten zu wird dieser Zwischenraum kleiner, bis endlich Ektoderm, Mesoderm und Entoderm einander unmittelbar anliegen, Hand in Hand damit verdünnt sich das Mesoderm mehr und mehr, bis wie- der nur zwei einschichtige Keimblätter, Ektoderm und Entoderm, übrig bleiben. Was lehrt uns nun diese Schnittserie? Fußend auf dem, was die ersten Entwicklungsvorgänge bei den Vögeln mich gelehrt haben, glaube ich zu folgender Interpretation berechtigt zu sein. e In dem Moment, in welchem die erste Anlage des Canalis neuren- 3 Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 223 tericus sich einleitet, besteht das Blastoderm nur aus zwei Keim- blättern : Ektoderm und primärem Entoderm; überall einschichtig ist letzteres nur in dem Bereiche des Embryonalschildes mehrschichtig, während dort auch die Ektodermzellen höher und allmählich zweischich- tig werden. Wie bei jeder Einstülpung, die nicht in einen präformirten Hohlraum, sondern in eine solide Masse stattfindet, besteht die erste Anlage des Canalis neurentericus in einer Verdickung des Ektoderms, in welcher alsbald eine Einstülpung entsteht, zugleich wird das Ekto- derm in der ganzen Umgebung des Embryonalschildes zwei- bis mehr- schichtig. Die eingestülpte Wand legt sich gegen die untere Fläche des Ektoderms, und indem die Einstülpung selbst nach vorn wächst, die Ein- stülpungsöffnung gleichzeitig mit dem weiteren Wachsthum der ganzen Embryonalanlage nach hinten rückt, hat der bis jetzt noch blinddarm- förınig geschlossene Kanal eine doppelte Wachsthunsweise. Während der Anlage und Bildung des Canalis neurentericus als eine anfänglich nach unten und vorn stark vorspringende solide Proliferation der Zellen des Ektoderms, verdickt sich das primäre Entoderm jederseits neben dem Kanal und verdünnt sich unter demselben, bis nur eine einzige Schicht übrig bleibt. Demnach bildet das primäre Entoderm also in diesem Stadium der Entwicklung hinten und jederseits neben dem Ganalis neurentericus eine mächtige Schicht, und diese gliedert sich jetzt all- mählich in zwei Schichten, in ein aus einer einzigen Lage von Zellen bestehendes unteres Blatt, das sekundäre Entoderm, und ein darüber gelegenes sehr dickes Blatt, das Mesoderm, welches hier also allein durch Abspaltung entstehen kann; das axiale (primäre) Entoderm hat sich dann schon zu einem einschichtigen Blatt verdünnt. In diesem bricht ' die Ektodermeinstülpung auch an der ventralen Seite durch; noch ' ehe dies geschieht, nehmen die vor der Durchbruchstelle gelegenen ‚ axialen Entodermzellen Cylinderform an; hat der Durchbruch statige- funden, dann geht das Ektoderm unmittelbar in das Entoderm über, ‚ welches vor der Durchbruchstelle sich schon zu einem einschichtigen Blatt verdünnt hat. Gleichzeitig mit diesem ventralen Durchbruch ent- ‚ steht die erste Anlage des Mesenteron, und aus dieser durch eine Art ‚ von Invagination gebildete Urdarmhöhle entwickelt sich jederseits eine ‚ kleine blinddarmförmige Einstülpung, die Anlage des durch Einstülpung ‚sich bildenden Mesoderms, welches die Gliederung des Entoderms in | drei Stücke: in das unpaarige Ghordaentoderm, welches unmittelbar in die untere vordere Wand des Canalis neurentericus sich fortseizt, und das paarige Darmentoderm bedingt. Lateralwärts von dem durch Ein- faltung angelegten Mesoderm, spalten sich vom Darmentoderm neue Zellen ab, welche das durch Einfaltung angelegte auf diese Weise 224 6. K. Hofimann, vergrößern helfen. Die schon erwähnte Thatsache, dass z. B. in dem auf Taf. XII, Fig. 5 abgebildeten Schnitt das Ghordaentoderm jeder- seits 'durch eine feine Spalte vom Darmentoderm getrennt ist, hat darum eine solche große Bedeutung, weil daraus, wie mir scheint, wohl un- zweifelhaft hervorgeht, dass das mittlere Keimblatt anfängt sich durch Einfaltung anzulegen; sonst bleibt das isolirte Chordaentoderm durch- aus unbegreiflich. ’ In dem vorderen Theil des Blastoderms resp. Embryo finden wir demnach das Mesoderın durch Einfaltung entstanden, mehr nach hinten haben wir Mesoderm durch Einfaltung und Abspaltung angelegt und noch mehr nach hinten, sobald man an das hintere Ende der ventralen Ausmündung des Canalis neurentericus kommt, trifft man nur durch Abspaltung entwickeltes Mesoderm an. Aber immer bildet es in dem embryonalen Theil, gleichgültig ob dasselbe durch Einfaltung oder durch Abspaltung entsteht, ein bilaterales Blatt, welches in der Achse immer fehlt. Die Verhältnisse bei den Reptilien stimmen mit den bei den Se- lachiern vollkommen überein, und die bei den Reptilien etwas modifi- eirten Zustände sind einfach dadurch hervorgerufen, dass der Embryo nicht am Rande, sondern mehr in der Mitte des Blastoderms sich anlegt, wie dies zuerst von BALrour (2, 3) in scharfer Weise betont ist, demnach ist auch die Invaginationsöffnung — der Blastoporus der Selachier — bei den Reptilien in einen Kanal umgebildet und dies berechtigt uns die erste Anlage des CGanalis neurentericus als Blastoporus oder Urmund zu bezeichnen. Auf die sehr große Übereinstimmung, welche die ersten Entwicklungsstadien der Reptilien mit denen der Vögel zeigen, werde ich in einem anderen Aufsatz später noch ausführlicher zurückkommen. Das nächste Stadium, leider auch das letzte aus früheren Ent- wicklungsperioden, welches mir zur Verfügung stand, war der bereits erwähnte Embryo mit sechs Urwirbeln. Die Schnittserie lehrte Folgen- des: Ich werde zuerst den Schnitt beschreiben, der gerade durch den Canalis neurentericus geht, dann diejenigen, welche hinter und darauf die, welche vor diesem gelegen sind. Auf Taf. XIII, Fig. 9’gebe ich eine Abbildung des in Rede stehenden Schnittes. Die einander schon dicht genäherten Wände der Medullarrinne biegen sich nach unten unmittel- bar in das Entoderm um, welches medianwärts aus kleinen niedrigen Cylinderzellen, mehr lateralwärts aus rundlich-ovalen Zellen besteht, welche, gerade wie bei dem vorher beschriebenen Stadium, um so größer und dotterkörnchenreicher werden, je mehr man sich aus der Achse entfernt. Verfolgt man die Zellen des unteren Keimblattes noch mehr seitwärts, so sieht man, dass sie mit einem breiten Wulst aufhören. Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Reptilien. 225 Besonders an den Stellen, wo die Entodermzellen sehr reich an Dotterkörnchen sind, trifft man sie in reger Theilung an, wie ich gleich noch näher besprechen werde. Das Mesoderm liegt den Wänden des Canalis neurentericus fast unmittelbar an, seine Grenzen sind indessen bei Anwendung guter Vergrößerungen noch sehr deutlich zu bestimmen, es bildet hier einen ziemlich mächtigen Zellhaufen. Lateralwärts ver- dünnt es sich schnell und spaltet sich dann in seine beiden Platten, die Somatopleura und Splanchnopleura, die beide einschichtig sind, weit klaffen und auf eine große Strecke vom Keimwulst in einander um- biegen. Jenseits dieser Stellen hat man also nur zwei Keimblätter, von diesen hört zuerst das Entoderm auf und es bleibt dann das Ekto- derm übrig, welches allein den übrigen, bei Weitem größten Theil des Blastoderms, resp. Dottersackhaut, bildet. Der nächstfolgende Schnitt geht nicht mehr durch das Lumen des Canalis neurentericus, sondern durch die hintere Wand desselben; der unmittelbare Übergang des Ektoderms in das Entoderm lässt sich in diesem Schnitt noch nachweisen; das Mesoderm rückt indessen median- wärts so dicht den beiden anderen Keimblättern auf, dass seine Grenzen kaum noch mit einiger Bestimmtheit zu erkennen sind. In den sieben folgenden Schnitten hängen die drei Keimblätter in der Achse mit einander so innig zusammen, dass die Grenzen der ein- zelnen Blätter auch an den feinsten Schnitten und bei Anwendung der stärksten Vergrößerungen nicht zu unterscheiden sind. Wir sind hier in dem Primitivstreifen, in dem postembryonalen Theil. Die Ver- wachsungderKeimblätterinder Achse des postembryo- nalen Theiles, indem Primitivstreifen, ist gerade wie bei den Vögeln — aber bei den Reptilien viel deutlicher — eine sekundäre, wie eine Vergleichung mit der Schnittserie des vorher beschriebenen Stadiums unzweifelhaft lehrt. Die Medullarfurche setzt sich nach hinten noch ungefähr 40 bis 50 u in den postembryonalen Theil fort, sie verschmälert sich aber sehr schneil, um bald vollkommen aufzuhören ; wie bei den Vögeln kann sie auch hier als postembryonale Medullarfurche bezeichnet werden. Schon auf dem achten Schnitt hinter dem Ganalis neurentericus löst sich das Entoderm und zieht als ein vollständig freies Blatt unter den beiden anderen in der Achse innig zusammenhängenden Keimblättern hin. Je mehr man nach hinten kommt, um so mehr setzt sich die Spaltung des mittleren Keimblattes in seine Splanchnopleura und Somatopleura nach der Mittellinie hin fort, bis schließlich die beiden Blätter vollkommen getrennt sind; die Splanchnopleura ist sowohl lateralwärts als in der Achse einschichtig, dagegen ist die Somatopleura in der Achse beträcht- 226 C. K, Hoffmann, lich dick und steht hier immer noch in engem Zusammenhang mit dem ebenfalls in der Mittellinie mehrschichtigen Ektoderm, aus den beiden letztgenannten legt sich die hintere Amnionfalte an. Kaum hat sich das Mesoderm bis an die Achse in seine beiden Blätter gespalten, fängt gleich darauf das Ektoderm und das somatopleure Mesoderm an sich zu verdünnen und seinen Zusammenhang zu lockern, so. dass man auf Schnitten noch mehr nach hinten die vier Keimblätter vollständig frei antrifft. Sehen wir jetzt, was die Schnitte uns lehren, welche vor dem Canalis neurentericus gelegen sind. Den zweiten Schnitt unmittelbar vor dem Kanal zeigt Taf. XIII, Fig. 10. Eine sehr feine, aber deut- liche Spalte trennt jederseits das Chordaentoderm vom Darmentoderm ; erstgenanntes ist rinnenförmig gebogen und bildet die sogenannte Chordarinne, welche hier wie bei den Vögeln und Selachiern hintere Chordarinne heißen mag, indem die Chorda an ihrem vorderen Wachs- thumspunkt wahrscheinlich ebenfalls eine, wenn vielleicht auch weniger tiefe Rinne — die vordere Chordarinne — bildet. Der erste vor dem Ganalis neurentericus gelegene Schnitt geht gerade durch die vordere Wand des Kanals, wo die dorsale Wand der (hinteren) Ghordarinne in die ventrale Wand der Medullarfurche umbiegt, mit anderen Worten, der Schnitt geht gerade durch die vordere Kanalwand, dort wo das Ektoderm in das Entoderm übergeht. Der dritte Schnitt zeigt von einer Ghordarinne nichts mehr; die Chorda selbst liegt, wie Taf. XIII, Fig. 44 zeigt, immer noch vollständig frei zwischen den beiden Darmentodermstücken. In dem vierten Schnitt wächst das Darmentoderm der einen Seite unter der Chorda schon dem der anderen Seite entgegen (Taf. XIII, Fig. 12) und in dem fünften Schnitt ist dies schon vollständig geschehen, wie Taf. XIII, Fig. 13 verdeutlicht. Das Mesoderm zeigt sich in vollkommen ähnlichem Zustande als in dem Schnitt angegeben ist, der gerade durch das Lumen des Canalis neuren- tericus geht. Die jetzt folgenden Schnitte zeigen nichts Auffallendes; ich komme auf die Anlage des Amnions gleich noch näher zurück. Hier will ich nur hervorheben, dass die Splanchnopleura und die Somatopleura vorn schon weit aus einander stehen, was mit dem im vorderen Embryo- nalende schon angelegten Amnion in direktem Zusammenhang steht. Lateralwärts biegt sich die gegen das Ektoderm gelegene Somatopieura unter Beschreibung eines großen Bogens unmittelbar in die auf dem Entoderm liegende Splanchnopleura um. Jenseits dieser Umbiegungs- stelle begegnen wir also nur zwei Keimblättern, Ektoderm und Ento- derm. | Von der größten Bedeutung sind meiner Meinung nach kleine Haufen Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien, 227 runder Zellen, welche jenseits der Stelle, wo die Somatopleura in die Splanchnopleura umbiegt, zwischen Ektoderm und Entoderm angetroffen werden. Über den Ursprung dieser Zellen kann wohl kein Zweifel bestehen, dass sie alle von dem Entoderm stammen; alle Übergangssta- dien zwischen den großen mit Dotterkörnchen erfüllten Entodermzellen und den zwei- bis dreimal kleineren, an Dotterkörnchen sehr armen Zellen, aus welchen die in Rede stehenden Haufen bestehen, lassen sich von Stufe zu Stufe nachweisen. In diesem Stadium der Entwicklung hat sich das Herz selbst noch nicht angelegt. Der größte Theil der eben erwähnten Zellen bildet sich in Blutkörperchen um, oder vielleicht besser gesagt, stellt die ersten Blutkörperchen dar, während einzelne an der Peripherie gelegene für den Aufbau der endothelialen Gefäß- haut gebraucht werden; später, wenn das Mesoderm bis zu den Stellen, wo die in Rede stehenden Zellhaufen gelegen sind, zur Ent- wicklung gekommen ist, erhalten die so angelegten und ursprünglich vollkommen soliden Gefäße — welche man als Blutstränge, oder wie beim Hühnchen im Anschluss an Köruiker (15) als Blutinseln bezeich- nen kann — eine zweite Hülle — die Adventitia, welche durch die Splanchnopleura geliefert wird. Ich glaube, dass daraus wohl un- zweifelhaft hervorgeht, dass das Blut ein Produkt des Entoderms ist, es ist schon an bestimmten Stellen des Blastoderms vorhanden, noch bevor das Mesoderm sich dort ange- legt hat. Bei den Knochenfischen war ich, was die Bildung des Blutes be- trifft (10), zu einem ähnlichen Resultat gekommen, und wenn die Ver- hältnisse dort etwas anders als hier sind, so lassen sich diese daraus leicht erklären, dass bei den Knochenfischen der Urdarm schon voll- ständig durch Abfaltung entstanden ist, noch bevor die Blutbildung sich einleitet, und der Urdarm dort eine überall geschlossene Röhre bildet, indem ein Dotterstiel fehlt. Zugleich aber scheint es mir, dass die bei den Reptilien so überaus deutliche Bildung des Blutes wohl als ein sehr kräftiges Argument an- geführt werden kann, dasses die Keimblätter und dieseallein sind, welche Alles liefern, was für den Aufbau des Em- ‚ bryo ehe ist, und dass de der Ni Kong Sun HEN sich ' nicht direkt betheiligt. Neben den rundlichen Zellen, welche die Blutinseln bilden, begeg- net man oft anderen von spindelförmiger Gestalt, die indessen in allen Übergangsstadien zu den erst erwähnten angetroffen und durch das proliferirende Entoderm ebenfalls geliefert werden; es sind dies Zellen, welche sich an dem weiteren Aufbau des Mesoderms betheiligen. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL. Bd. 16 228 C. K. Hoffmann, Es ist auch möglich, dass das proliferirende Entoderm Haufen von rundlichen Zellen zur Entwicklung bringt, von welchen einzelne spindel- föormig werden und für den weiteren Aufbau des Mesoderms dienen, während die übrigen sich zu den beschriebenen Blutpunkten umbilden ; es ist äußerst schwierig darüber mit einiger Genauigkeit Weiteres zu sagen, aber so viel ist sicher, dass es das Entoderm ist, welches die Zellen liefert, die für den weiteren Aufbau des Mesoderms, für die Bildung der Blutkörperchen und der endothelialen Gefäßhaut gebraucht werden (vel. Taf. XIII, Fig. 44). Die folgenden Schnitte haben für die Bildung des mittleren Keimblattes keine große Bedeutung mehr, das einzige Er- wähnenswerihe ist, dass in den beiden vordersten Urwirbeln schon eine sehr große Leibeshöhle vorhanden ist (Taf. XIII, Fig. 145). Schon Bar- FOUR (4) wies nach, dass bei den Selachiern die Spaltung des Mesoderms in seine Splanchnopleura und Somatopleura in dem vorderen Theil des Embryo anfängt und so nach hinten schreitet. Die Thatsache, dass bei den Selachiern ein Theil des Mesoderms, und zwar das zuerst gebildete durch Einfaltung aus dem Urdarm sich anlegt, macht es ganz erklär- lich, wie in dieser Partie des Mesoderms von Anfang an ein Coelom vorhanden ist, das in dem mehr nach hinten gelegenen Theil des Meso- derms, welcher durch Abspaltung entsteht, sich erst später durch all- mähliche Fortsetzung nach hinten bildet. Wahrscheinlich gilt Ähnliches für die Eidechsen, mit dem Unter- schiede, dass die Wände des durch Einfaltung angelegten Mesoderms anfänglich unmittelbar an einander liegen und sich erst später mit dem weiteren Wachsthum und Größerwerden des Urdarmes entfalten ; die günstigen Bedingungen für das Auftreten des Goeloms in dem vorderen, zuerst gebildeten Theil des Mesoderms liegen demnach auch hier vor, denn sonst ist es nicht recht verständlich, warum das Goelom vorn zu- erst entsteht, während doch das Mesoderm von hinten nach vorn wächst, um für den Augenblick sein Wachsthum nach hinten außer Betracht zu lassen, Das Einzige, was ich weiter von diesem Embryo noch zu er- wähnen habe, ist das Verhältnis der Chorda an dem vorderen Theil des dort schon abgeschnürten Embryo. Auf dem letzten Schnitt, auf wel- chem die Chorda noch deutlich nachzuweisen ist, hängt sie kontinuirlich mit dem Entoderm — der dorsalen Wand des Urdarmes — zusammen und in dem darauf nach vorn zu folgenden Schnitt ist sie lateralwärts auch mit dem Mesoderm in Verbindung getreten, welches zugleich mit den neben der Chorda gelegenen Theilen des Urdarmes zu verschmelzen an- fängt. Hier kehren also vollkommen dieselben Verhältnisse wie bei den Knorpelfischen und Vögeln wieder, denen man auch bei den Knochen- | | | | Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 339 fischen und Amphibien begegnet, dass nämlich am vorderen Körperende Chorda, Entoderm und Mesoderm kontinuirlich zusammenhängen; wie dieser Zustand entsteht, werde ich gleich näher besprechen. Obgleich die Lücke zwischen dem vorher beschriebenen Entwick- lungsstadium und dem Embryo mit sechs Urwirbeln eine nicht unbe- dentende ist, glaube ich doch zu folgenden Schlüssen berechtigt zu sein. Wie bei den Vögeln haben wir sowohl für die Chorda wie für das Mesoderm ein doppeltes Wachsthum, nämlich nach vorn und nach hin- ten, zu unterscheiden. Betrachten wir zuerst die hintere Wachsthums- stelle. Schon in einem sehr frühen Entwicklungsstadium begegneten wir dem Chordaentoderm als einem vollständig freien Stück, und wir haben gesehen, wie dasselbe sich unmittelbar in die untere Wand des Canalis neurentericus fortsetzi. Einmal angelegt, wächst es allmählich mehr und mehr nach hinten und Hand in Hand damit wird zuerst die ganze untere Wand des Canalis neurentericus für die Anlage der Chorda gebraucht. Dies erklärt die Thatsache, dass der Canalis neurentericus, der Anfangs in eine von oben und hinten nach unten und vorn ver- laufende Richtung das Blastoderm durchsetzt, sehr bald in einen fast senkrechten Kanal umgebildet wird, wie Querschnitte am besten nach- weisen (siehe Taf. XIII, Fig. 9). | Ist einmal die untere vordere Kanalwand verbraucht, dann drängt die immer weiter nach hinten wachsende Chorda den ganzen Ganalis neurenterieus nach hinten. In demselben Grade als dies stattfindet, wird gleichzeitig ein immer größeres Stück des fortwährend weiter wachsenden postembryonalen Theiles in den embryonalen umgebildet und Hand in Hand damit vergrößert sich das bilaterale Mesoderm, wel- ches bei seinem Wachsthum nach hinten allein durch Abspaltung ent- stehen kann. Zugleich aber ergiebt sich, dass in der Achse des embryonalen Theiles niemals Mesoderm anzutreffen ist, denn wir wissen, dass an der vorderen Wand des Canalis neurentericus das Entoderm, d. h. das Chordaentoderm, resp. die Anlage der Chorda, unmittelbar in das Ekto- derm, resp. in die ventrale Wand der inzwischen sich anlegenden Me- dullarfurche übergeht. Nur in dem postembryonalen Theil, mit anderen Worten, in dem Primitivstreifen, liegt in der Achse Mesoderm. Anfäng- lich sind hier die drei Keimblätter, obgleich sie einander unmittelbar anliegen, nicht mit einander verwachsen, dieser Zustand entsteht erst später, aber sehr frühzeitig, die Verwachsung ist aber eine sekundäre, nichteine primäre, sie wird wahrscheinlich hervor- gerufen durch das stark Aufeinandergedrängtwerden, welches die Zellen 16* 230 C. K. Hoffmann, des Primitivstreifens durch die nach hinten wachsende CGhorda er- fahren. Der Canalis neurentericus bleibt bei den Reptilien sehr lange fort- bestehen, bei Eidechsen- und Schlangenembryonen bleibt er — wenn die Medullarfurche sich schon in einen Kanal umgebildet hat und der Schwanzdarm abgefaltet ist — noch so lange fortbestehen, bis die Ob- literation des Lumens des Schwanzdarmes seinem Dasein ein Ende macht. Die Verhältnisse bei den Reptilien stimmen mit den bei den Vögeln, besonders mit den niedrigst entwickelten, den Grallatores und Nata- tores vollkommen überein; die einzigsten Unterschiede sind nur diese, dass, während bei den Reptilien auf dem als eine solide Proliferation des Ektoderms sich anlegenden Blastoporus schon sehr frühzeitig eine Einstülpung entsteht und er dadurch sich zu einem wirklich hohlen Kanal, dem Canalis neurentericus, umbildet, der, an der ventralen Seite durchbrechend, eine Art Invaginationshöhle als erste Anlage des Ur- darmes zur Entwicklung bringt, aus welcher ein kleiner Theil des Meso- derms durch wirkliche Einfaltung entsteht, dagegen bei den Vögeln der Blastoporus sich erst sehr spät in einen wirklichen Ganalis neurentericus umbildet (Grallatores, Natatores), oder immer solid bleibt (Hühner, Singvögel). Aber wenn auch bei den Vögeln ein wirklich hohler Gana- lis neurentericus zur Ausbildung kommt, wie bei den Grallatores und Natatores, dann findet dies erst in sehr späten Entwicklungsstadien statt, wenn schon 46—23 Urwirbel vorhanden sind. Das Mesoderm ist dann natürlich schon vollständig angelegt, es ist hier allein durch Ab- spaltung entstanden, denn mit dem vollständigen Fehlen einer Invagi- nationshöhle als erster Anlage des Urdarmes ist auch die Entwicklung des Mesoderms durch Einfaltung, ausgefallen. | Betrachten wir jetzt das Wachsthum der Chorda und des Mesoderms nach vorn; hier lässt sich die Lücke in dem Material, welches mir zur Verfügung stand, sehr stark fühlen, und kann ich nur muthmaßlich an- geben, auf welche Art das weitere Wachsthum des Mesoderms wahr- scheinlich stattfinden wird. Wir haben gesehen, dass der erstgebildete Theil durch Einfaltung sich anlegt, und es ist kaum zweifelhaft, dass dieser Abschnitt bei seinem ferneren Wachsthum nach vorn sich auf ähnliche Weise vergrößern wird; indessen wird dies wahrscheinlich nur eine sehr kleine Partie des ganzen Mesoderms sein, der bei Weitem größte Theil wird wohl durch Abspaltung von den mit Dotterkörnchen stark gefüllten Zellen des Entoderms entstehen. Ob die so angelegten Mesodermzellen in der unmittelbaren Nähe von den durch Einfaltung entstandenen sich entwickeln, und beide sich also sofort vereinigen und \ Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 231 zusammen weiter wachsen, kann ich nicht angeben, darüber können allein neue Untersuchungen Licht schaffen. Dass sie nicht im Keimwall entstehen, geht aus der Schnittserie des Embryo mit sechs Urwirbeln genügend hervor. Ich denke mir, dass das durch Einfaltung angelegte Mesoderm erst später durch das durch Abspaltung entstandene, ähnlich wie bei den Selachiern, angefüllt wird und ich schließe dies aus den höchst eigenthümlichen Verhältnissen, welche die mesodermale Amnion- hülle im vorderen Theil des Embryo mit sechs Urwirbeln zeigt, wie wir gleich näher sehen werden. So lange der Darm noch nicht abgeschnürt ist, kann das Mesoderm sich durch Einfaltung anlegen, und so lange bleibt auch die Gliederung des Entoderms in ein unpaariges Chorda- entoderm und ein paariges Darmentoderm fortbestehen. Ist einmal der Darm und gleich darauf der Embryo abgeschnürt, dann tritt für den Darm eine andere Wachsthumsweise auf und kann das Mesoderm sich auch nicht mehr durch Einfaltung anlegen. Die vordere blindgeschlos- sene Darmwand wird dann durch eine Masse indifferenter Zellen ge- bildet, welche in reger Theilung begriffen sind. Aus den centralen Zellen dieser Masse baut sich der Darm unmittelbar weiter auf, aus den lateralen legt sich jederseits das Mesoderm an; dies erklärt uns den kon- tinuirlichen Zusammenhang von Entoderm und Mesoderm im vorderen Theil des Embryo. Die Gliederung des Entoderms in ein Chordaento- derm und ein Darmentoderm hört auf, sobald die Entwicklung von Mesoderm durch Einfaltung aufhört, denn sie wird durch diese bedingt; die Chorda bleibt aber immer noch ein Produkt des Entoderms und ent- steht dann als eine axiale Proliferation der dorsalen Urdarmwand, und indem die Wand des Urdarmes und das bilaterale Mesoderm vorn zu einer Masse indifferenter Zellen verschmelzen, anders gesagt, hier innig zusammenhängen, wird es deutlich, dass auch die Chorda sich an dieser Verschmelzung betheiligt, dass Mesoderm, Entoderm und Chorda vorn mit einander in kontinuirlichem Zusammenhang stehen. Wie hei den Selachiern und Vögeln, um allein beim meroblastischen Ei zu bleiben, ist der Blastoporus, der Ganalis neurentericus, immer da- durch gekennzeichnet, dass 1) an seiner vorderen Wand das Ektoderm unmittelbar in das Entoderm umbiegt; 2) die Chorda hier sich anzu- legen anfängt und in zwei Richtungen nach vorn und nach hinten weiter wächst; 3) die Chorda hier ihre hintere Wachsthumsstelle hat. In meinem kleinen früheren Aufsatz (14), in welchem ich damals schon die Arbeiten von Barrour (2) und Kuprrer (17, 18) besprochen habe, war mir die Anlage des Mesoderms nur sehr lückenhaft bekannt geworden. Auf die Abspaltung der Mesodermzellen von dem vor dem 232 3 C. X. Hofmann, Canalis neurentericus gelegenen Entoderm hat WeLpox 25) zuerst auf- merksam gemacht. Am eingehendsten hat Staauı 20— 25) sich mit der Entwicklungs- seschichte der Reptilien, besonders mit der Bildung des Ganalis neuren- tericus und der Anlage der Allantois beschäftigt. Auf Taf. XV, Fig. 36, 37, 38 seiner Abhandlung (21) hat er deutlich abgebildet, wie das Entoderm sich in drei Stücke gliedert, in ein axiales Chordaentoderm und ein paariges Darmentoderm und er giebt auch ausdrücklich an 22, p- 39): »die Chorda besitzt vor Schluss der Rückenfurche zeitweise zwei Stellen, an welchen sie von Entoderm nicht überzogen ist, ihr dermali- ses vorderes und hinteres Ende. Der mittlere Theil wird zuerst vom Entoderm unterwachsen«. Die Reptilien stimmen in dieser Beziehung durchaus mit den Selachiern überein. Aus dieser Mittheilung von StraHL folst dann auch, wie mir scheint, wohl unzweifelhaft, dass die Chorda bei den Reptilien wie bei den Vögeln und Selachiern in eine doppelte Richtung — nach hinten und nach vorn — wächst, und dass hier Meso- derm durch Einfaltung sich anlegt, sonst bleiben die Bilder, die StrauL seseben hat und die ich vollständig bestätigen kann, für mich wenig- stens unbegreiflich. Es kommt mir vor, dass die Differenzen, welche zwischen STRARL und mir bestehen, mehr scheinbar als wesentlich sind, sie wurzeln alle nur in dem einen Punkt, ob je in der embryonalen Achse Mesoderm an- getroffen wird. Srraar 23) behauptet dies positiv und sagt: »Nun findet sich thatsächlich bei Lacerta vor Anlage der Chorda nach vorn vom Canalis neurentericus und dessen obere Wand bildend Mesoderm vor (21, Fig. 20), und dieses wird denn auch zur Anlage eines Theiles der Chorda verwandt« (23, p. 337). Die Längsschnitte, welche StraazL von dem Canalis neurentericus gegeben hat 21, Taf. XIV, Fig. 12; 22, Taf. I, Fig. 2), interpretire ich anders als er, sie zeigen, meiner Meinung nach, dass an der vorderen Wand des Canalis neurentericus das Ekto- derm unmittelbar in das Entoderm umbiegt, sie stimmen vollständig mit den Längsschnitten von Weroox (25) überein und finden in der Quer- schnittserie des zuerst beschriebenen Entwicklungsstadiums vollkom- men Bestätigung. Wir müssen darum den Gründen nachgehen, welche StraaL zu der Annahme zwingen, dass vor Anlage der Chorda nach vorn vom Canalis neurentericus Mesoderm sich vorfindet. Dieselben sind, wie ich glaube, in kurzen Worten folgende: »Bevor auf dem Embryo- nalschild. die den Canalis neurentericus einleitende Einsenkung er- scheint, bildet sich ein Knopf, in dessen Mitte sich später der Kanal anlest. Dieser Knopf ist der Primitivstreifen. Ein axialer Längsschnitt durch eine solche Keimscheibe zeigt, dass in dem vor dem Knopf ge- Beiträge zur Entwieklungsgeschiehte der Reptilien. 233 lesenen Theil Ektoderm und Entoderm nur in einem losen Zusammen- hang mit einander stehen; an dem Theil des Schnittes, der durch den Knopf fällt, fehlt zunächst die untere Abgrenzung des Ektoderms. Der sanze Knopf besteht aus kleinen, sehr dicht gestellten, polvgonalen Zel- len. An dem unteren, nach dem Dotter gekehrten Rande des Knopfes, der seinem Bau zufolge als Primitivstreifen bezeichnet werden muss, finden sich nun in der Regel noch eine größere Anzahl von Entoderm- zellen vor: dieselben bilden anscheinend eine kontinuirliche Schicht, welche aber nach oben ganz allmählich in das so angelegte Mesoderm des Primitivstreifens übergehen« (siehe 21, p. 2334—244). Auch hier kann ich mich mit Straur's Interpretation nicht vereinigen. Meiner Meinung nach ist der Theil, welchen Straxı als »Knopf«, als Primitiv- streifen, bezeichnet, vollkommen homolog mit dem Theil, den ich bei Vogelembryonen »Knopf des Primitivstreifens« genannt habe, und den ich jetzt am liebsten »Blastoporus« nennen möchte, der einfach auf einer Verdickung des Ektoderms beruht und sich anlegt, noch bevor das Mesoderm zur Ausbildung gekommen ist. Indem diese Ektodermver- dickung nach unten und vorn wächst, und auf derselben die Invagi- nation entsteht, häufen sich die Zellen des primären Entoderms jeder- seits derselben zu einem mächtigen Haufen an und verdünnen sich unter derselben bis nur eine einzige Schicht übrig bleibt. Erst dann, wenn die Einstülpung an der ventralen Seite durchbrochen ist, fängt vor dem Canalis neurentericus die Bildung des Mesoderms durch Ein- faltung an und gliedert sich das (primäre) Entoderm jederseits neben dem Canalis neurentericus in ein einschichtiges 'sekundäres) Entoderm und in ein mehrschichtiges Mesoderm, welches in der Achse immer fehlt. Wäre dies nicht der Fall, lag wirklich vor dem Canalis neurentericus — in dem embryonalen Theil also — Mesoderm in der Achse, dann hört der Blastoporus, der Canalis neurentericus bei den Reptilien auf das Homologon des Blastoporus, des Canalis neurentericus bei Amphioxus, den Selachiern und Amphibien zu sein, von welchem gerade das Haupt- kennzeichen darin besteht, dass an dessen vorderer Wand das Ektoderm unmittelbar in das Entoderm umbiegt und Mesoderm fehlt. Die früheste Anlage der Allantois. In seiner ersten Abhandlung wies Strasr (20) nach, dass die Allan- tois bei Lacerta agilis und vivipara als solider Zapfen am hinteren Körperende sich anlegt, sich dann aushöhlt und durch den selbständig gebildeten Allantoisgang in Kommunikation mit dem Hinterdarm tritt. Sie dreht sich dann nach ihm unten um das Schwanzende herum und kommt nun nach vorn und dotterwärts von diesem zu liegen. In einer 234 C. K. Hoffmann, zweiten Abhandlung (21) setzte er dann noch ausführlicher aus einander, dass die Anlage der Allantois bereits vorhanden ist, ehe noch die Spal- tung des Mesoderms am hinteren Ende des Embryonalkörpers vor sich gegangen ist. In einem vierten Beitrage (23) iheilt er mit, dass auch Lacerta viridis sich L. agilis und vivipara durchaus ähnlich verhält. Ich kann die Mittheilungen von StrauL im Allgemeinen bestätigen, bin aber im Stande, dieselben noch in einem Punkt zu ergänzen, näm- lich in dem, der die allerfrüheste Anlage der Allantois betrifft. Ich glaube nicht, dass mit vielem Rechte Gründe anzuführen sind, weder biologische noch morphologische, aus welchen hervorgehen dürfte, die Allantois sei ein von den Anamnia schon erworbenes Organ. Ihre Funktion als respiratorischer Apparat macht ihre Existenz bei den Anamnia, wo schon sehr frühzeitig Kiemenathmung auftritt, vollständig überflüssig. Aber weit wichtiger sind die morphologischen Gründe. Bei den Anamnia (Amphioxus, Selachii, Amphibien) schließt der Blastoporus, der spätere Ganalis neurentericus, die embryonale Achse, hinter dersel- ben liegt kein Zellenmaterial mehr. Anders dagegen verhalten sich die Amniota. Hier liegt bei allen hinter dem Canalis neurenterieus — gleich- gültig ob er zu wirklicher Ausbildung kommt, oder einfach dadurch zu erkennen ist, dass an einer bestimmten Stelle Ektoderm und Ento- derm in kontinuirlichem Zusammenhang stehen — ein mächtiger Zellen- haufen, der Primitivstreifen oder der postembryonale Theil, welcher den Anamnia fremd ist und sich von dem embryonalen Theil dadurch sofort unterscheidet, dass Mesoderm in der Achse liegt, welches, obgleich An- fangs von den beiden anderen Keimblättern getrennt, später aber sekun- där mit denselben auf einer kleineren oder größeren Strecke innig verwächst. Hinter dem Ganalis neurentericus, in dem postembryonalen Theil also, bildet sich die Allantois. Wenn es nun auch nicht unmöglich ist, so hat es doch a priori nicht viel Wahrscheinliches vor sich, dass ein allem Anschein nach in der Phylogenie der höheren Wirbelthiere neu auftretendes Organ ohne direkte Betheiligung der Keimblätter zur Entwicklung kommen würde und sich einfach aus den indifferenten Zellen des Primitivstreifens bil- den sollte, um so weniger als bei Vögeln und Säugethieren die Allantois wohl unzweifelhaft aus den vorhandenen Keimblättern sich anlegt. Ich habe darum meine besondere Aufmerksamkeit der ersten An- lage der Allantois gewidmet und glaube den Nachweis liefern zu können, dass dieselbe auch bei den Reptilien als eine direkte Keimblätterbildung entsteht. Srraur hat mit vollem Recht die Entwicklung der Allantois‘ Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 235° auf Längsschnitten studirt und doch sind für die früheste Anlage der- selben Querschnitte mehr zu empfehlen, wie aus Folgendem hervor- gehen wird. Auf Taf. XIII, Fig. 16 gebe ich eine Abbildung eines Quer- schnittes durch den schon früher erwähnten Embryo von Lacerta agilis mit sechs Urwirbeln (die Schnitte haben alle eine Dicke von 0,045 mm). Der abgebildete Schnitt ist der siebente hinter dem Cana- lis neureptericus. Die drei Keimblätter hängen in der Achse zusammen, lateralwärts sind sie aber jederseits vollständig frei. Auf diesem Schnitt, aber auch nur auf diesem, bemerkt man eine kleine fast vollständig rundliche, blinddarmförmige Einstülpung des Entoderms, welche zwi- schen den Zellen des Primitivstreifens gelegen ist. Dieselbe stellt uns die erste Anlage der Allantois vor. Die Ausmündung dieses Blindsackes ist noch eben zu sehen, die Ränder desselben berühren indessen fast einander, in dem nächstfolgenden Schnitt ist dieser Blindsack nicht mehr zu erkennen, das einschichtige Entoderm zieht vollständig frei unter dem mächtigen Primitivstreifen, welcher noch etwas mehr nach hinten sehr schnell an Umfang abnimmt. Der in Rede stehende Blindsack wird also ringsum durch die in der postembryonalen Achse gelegenen Zellen des Mesoderms umgeben, welches, wie gesagt, hier mit Ektoderm und Entoderm kontinuirlich zusammenhängt und also noch keine Spaltung in seine beiden Blätter zeigt; es lässt sich aber leicht nachweisen, dass es die unmittelbar diesem Blindsacke aufliegenden Zellen sind, welche lateralwärts und nach hinten in das einschichtige splanchno- pleure Mesoderm sich fortsetzen. Sobald sich nun diese kleine blind- darmförmige Einstülpung vom Entoderm abgeschnürt hat, wird dieselbe auch an ihrer unteren Fläche vollständig durch das Mesoderm des Primi- tivstreifens umwachsen. Mit dem weiteren Wachsthum des Embryo rückt die Allantois gemeinschaftlich mit dem ganzen hinteren Ende An- fangs nach hinten und dehnt sich ihr Lumen allmählich mehr und mehr aus, ihre spätere Lage in der pleuroperitonealen Höhle, so wie ihre Zu- sammensetzung aus zwei Keimblättern, Entoderm und splanchnopleurem Mesoderm, werden aus dem eben Mitgetheilten, wie ich glaube, voll- kommen erklärlich. Das Lumen der Allantois scheint sich indessen nicht nach allen Seiten gleichmäßig auszudehnen, sondern, wenigstens bei den Eidechsen, hauptsächlich nach hinten in die pleuroperitoneale Höhle aus leicht begreiflichen Gründen; dadurch nimmt die Allantoishöhle eine unregelmäßige Gestalt an, und werden wieder die oft sonderbaren Bilder verständlich, welche die in Rede stehende Höhle auf Quer- und Längsschnitten zeigt, so wie die Zellenbrücke, welche dieselben zu durchsetzen scheinen. Bei den Eidechsen, wenigstens bei Lacerta muralis nimmt sie aber in späteren Stadien der Entwicklung eine fast 236 6. K. Hoffmann, kugelförmige Gestalt an, wie Querschnitte am besten lehren (Taf. XII, Fig. 17), größtentheils liegt sie durchaus frei in der pleuroperitonealen Höhle und schickt einen schmalen, hohlen, in dem Primitivstreifen ge- legenen Gang, den blinddarmförmig geschlossenen Schwanzdarm ent- gegen; bei Schlangenembryonen (Tropidonotus natrix) dagegen habe ich eine solche deutliche kugelförmige Allantois nicht beobachtet, wohl aber den hohlen Stiel, den sie dem Schwanzdarm entgegensendet. Hat sich nun der Schwanzdarm abgeschnürt, so bildet derselbe Anfangs einen nach hinten blindgeschlossenen Kanal, durch eine mehr oder weniger dicke, nicht weiter differenzirte Zellenmasse des Primitiv- streifens von der rings geschlossenen Allantoisblase getrennt. Bei dem weiteren Wachsthum des Schwanzdarmes bildet dieser sich unmittelbar aus einem Theil der indifferenten Zellen des Primitivstreifens weiter und so entsteht bald der Zustand, in welchem die Wand des Schwanzdarmes die der stielförmigen Verlängerung der Allantoisblase unmittelbar be- rührt, wie ein Längsschnitt durch einen Embryo von Tropidonotus natrix am deutlichsten lehrt (vgl. hierzu Taf. XIN, Fig. 18). In einem etwas älteren Stadium der Entwicklung werden dann die Berührungs- wände aufgelöst und tritt der Schwanzdarm durch den eben beschrie- benen Stiel in freie Kommunikation mit der Höhle der Allantois. Ihre weitere Entwicklung ist von STrAuL so vortrefflich geschildert, dass ich einfach auf seine Abhandlung verweisen kann. Aus dem eben Mitgetheilten geht also hervor, dass ich mich, auch für die Reptilien, Kuprrer nicht anschließen kann wenn er behauptet: »die Allantois entstehe aus dem zum Canalis neurentericus führenden Gange. Reptilien und Vögel verhalten sich, was die Entwicklung der Allan- tois betrifft, einander in der Hauptsache durchaus gleich. Bei bei- den bildet der Canalis neurentericus, unmittelbar hinter der Chorda ge- legen, die Grenze des embryonalen und postembryonalen Theiles, bei beiden liegt die Allantois Anfangs an dem hinteren Umfang des posi- embryonalen Theiles, das indifferente Gewebe des Primitivstreifens trennt ursprünglich das Lumen des Canalis neurentericus von dem der Allan- tois. Erst wenn bei den Reptilien nachher Schwanzdarm und Allantois mit einander in offenem Zusammenhang getreten sind, entsteht sekun- där in so weit eine Kommunikation zwischen Allantois und Canalis neurentericus, als letzigenannter in den Schwanzdarm führt und dieser wieder mit der Allantois frei kommunicirt. Bei Reptilien und Vögeln entwickelt sich die Allantois als eine blinddarmförmige Einstülpung des | Entoderms und wird von dem splanchnopleuren Mesoderm überzogen. Während aber bei den Reptilien die Allantois sich schon sehr frühzeitig, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 237 anlegst, und zwar schon bei Embryonen mit sechs Urwirbeln (Lacerta agilis), entwickelt sie sich bei den Vögeln erst viel später. Bei den erstgenannten liegt sie Anfangs noch vollkommen innerhalb des Gewebes des Primitivstreifens und schnürt sich schon sehr frühzeitig ab, um erst nachher, wenn sie sich zu einer größeren Blase entwickelt hat, zum größten Theil frei in der pleuroperitonealen Höhle ihren Platz einzu- nehmen; bei den Vögeln dagegen liegt sie fast ganz hinter dem Primitiv- streifen und dadurch also fast unmittelbar in der pleuroperitonealen Höhle, schon bei ihrer ersten Anlage zeichnet sie sich durch größere Dimensionen aus und schnürt sich nicht erst zu einer ganz geschlossenen Blase ab, um später mit dem Schwanzdarm in freie Kommunikation zu treten, sondern steht mit diesem unmittelbar in offenem Zusammenhang, indem bei der Bildung der Schwanzkrümmung die Allantoiseinstülpung ventralwärts zu liegen kommt und gleichzeitig der Schwanzdarm sich schließt und abschnürt. Ich hoffe auf die ganze Entwicklung der Allan- tois später noch ausführlicher zurückzukommen. Für den Augenblick war es mir einfach darum zu thun, nachzuweisen, dass bei den Repti- lien, eben so wenig als bei den Vögeln, der Ganalis neurentericus ur- sprünglich in einiger Beziehung zu der Anlage der Allantois steht, wie dies nach Kuprrer (18) der Fall ist. | Die Entwicklung des Amnion. | Eben so wichtig wie für die Frage nach der Anlage der Allantois ‚sind die Reptilien für die nach der Bildung des Amnion, sind sie doch die niedrigsten Wirbelthiere, bei welchen zuerst das Amnion auftritt. ‘Schon Srrauı (22, 24) verdanken wir die wichtige Mittheilung, dass das 'Kopfamnion bei Lacerta ursprünglich aus Ektoderm und Entoderm - gebildet wird und dass Mesoderm erst nachher in die so gebildete Kopf- ‚scheide hineinkommt. Ich kann diese Mittheilung von Straur vollkom- ' men bestätigen. Das Kopfamnion besteht bei Eidechsen- und Schlangen- ‚ embryonen Anfangs aus Ektoderm und Entoderm, indem es sich in einem ‚ Stadium der Entwicklung anlegt, wenn in dem vorderen Theil des Em- ‚bryo Mesoderm noch fehlt. Die von Srrauı gegebenen Längsschnitte ‚und Querschnitte (Taf. I, Fig. 2, 3, 4, 13, 47 seiner Abhandlung 22) zei- ‚ gen dies so klar wie möglich ; auf Taf. XIII, Fig. 19 gebe ich eine Kopie eines dieser Schnitte. Konstruirt man sich einen schematischen Querschnitt des so ange- ‚legten Amnion (vgl. Taf. XIV, Fig. 4), dann ergiebt sich, dass in einem solchen Stadium der Entwicklung das Entoderm im vorderen Theil des Embryo nicht unter, sondern über demselben liegt, und dass der mit einem Amnion versehene Theil des Embryo nicht in einem Raum 338 6. K. Hofimann, liegt, welcher der pleuroperitonealen Höhle entspricht, sondern in einem Raum sich befindet, dessen Dach durch das Blastoderm und dessen Boden durch den Nahrungsdotter gebildet wird. Wir finden demnach für das Kopfamnion der Reptilien einen sehr bedeutenden Unterschied mit dem der Vögel. In späteren Entwicklungsstadien verhält sich aber das Kopfamnion der Reptilien dem der Vögel durchaus ähnlich; daraus er- giebt sich also, dass in dem Kopfamnion der Reptilien sehr bedeutende Veränderungen vor sich gehen müssen, die schließlich das Entoderm wieder in seiner natürlichen Lage unter dem Embryo zurückdrängen. Ich werde jetzt versuchen die stattfindenden Veränderungen näher zu beschreiben und zu erklären. Die jüngsten Reptilienembryonen mit einem schon angelegten Am- nion, welche mir zur Verfügung standen, waren Embryonen von Lacerta agilis mit sechs Urwirbeln. Sehen wir erst was die Querschnittserie uns lehrt. Der erste Schnitt, der uns interessirt, ist auf Taf. XIV, Fig. 2 abgebildet. Die ektodermale Amnionfalte der einen Seite steht in Be- griff mit der der anderen Seite sich zu vereinigen. Zwischen den bei- den Mesodermplatten des Blastoderms kommt ein sehr großer Raum vor. Deutlichkeitshalber ist es vielleicht gut diese Höhle das Blastodermcoe- lom zu nennen, im Gegensatz zu dem nur gering entwickelten Körper- coelom des Embryo. Das Blastodermcoelom hängt hier kontinuirlich mit dem Körpercoelom zusammen. Die Somatopleura des Blastodermcoeloms ist jederseits zum Theil schon in die ektodermale Amnionfalte einge- wachsen, die beiden gegen einander gekehrten Seiten der beiden meso- dermalen Amnionfalten stehen aber noch weit von einander. Verfolgt man die Schnittserie nach hinten, so bemerkt man, dass die beiden Ektodermamnionfalten allmählich mehr und mehr sich von einander entfernen und zugleich niedriger und niedriger werden. Hand in Hand damit wird auch das Blastodermcoelom geringer an Umfang, und mit dem vollständigen Schwinden der Ektodermamnionfalten redueirt sich auch das Blastodermcoelom zu einer kleinen Spalte. Lateralwärts setzt sich das Mesoderm ziemlich weit zwischen Ektoderm und Entoderm hin fort. Verfolgt man die Schnittserie nach vorn, so findet man, dass alsbald die ektodermale Amnionfalte der einen Seite mit der der anderen Seite sich vereinigt, um so das wahre und falsche ektodermale Amnion zu bilden; die mesodermalen Amnionfalten stehen aber noch weit aus ein- ander. Je mehr nach vorn man kommt, um so kleiner wird das Blasto- dermcoelom,, um so weniger erstreckt sich das Mesoderm nach seit- wärts; es ist dies leicht erklärlich, wenn man sich nur in Erinnerung bringt, dass das Mesoderm in der Richtung von hinten nach vorn wächst. | Beiträge zur Entwieklungsgeschichte der Reptilien. 339 Zugleich aber ergiebt sich, dass, je mehr man nach vorn kommt, um so mehr das Blastodermcoelom der einen Seite dem der anderen Seite sich nähert. Taf. XIV, Fig. 3 ist ein Querschnitt durch den Theil des Embryo, welcher schon vollständig frei ist. Das Blastodermcoelom ist dann natür- lich von dem Körpercoelom getrennt, dasjenige der einen Seite liegt, wie man sieht, unmittelbar dem der anderen Seite an, und steht in Begriff mit diesem zu verschmelzen. Das ektodermale Amnion umhüllt den ganzen Embryo. Auffallend ist die eigenthümliche Lage des paari- gen Blastodermceoelom, es liegt nur zum Theil neben, zum größten Theil dagegen über dem Embryo. Überall wo das Mesoderm fehlt, liegt das Entoderm unmittelbar dem Ektoderm an, es bildet also um den ventra- len Theil des wahren ektodermalen Amnion eine zweite Hülle, ein ento- dermales Amnion, mit anderen Worten, wir haben einen Schnitt vor uns, in welchem das ursprünglich fehlende Mesoderm der Keimhaut, resp. Dottersackes, zwischen Ektoderm und Entoderm jetzt nach vorn ‚ vorgedrungen, beschäftigt ist, die entodermale Amnionhülle zu ver- ‚ drängen und damit auch das nach oben geschobene Entoderm wieder nach unten zu drücken. Querschnitte noch mehr nach vorn unterschei- den sich von dem eben beschriebenen dadurch, dass das Blastoderm- ‚ coelom stets kleiner an Umfang wird und immer mehr ventralwärts fehlt. ' Schließlich gebe ich noch einen Querschnitt auf Taf. XIV, Fig. 4, der ganz vorn genommen ist. Der hier gelegene Theil des Embryo ist, wie man sieht, vollständig von zwei Amnionhüllen, einer ektodermalen und einer entodermalen, umgeben, dem zufolge liegt auch das Entoderm vollständig über dem Embryo; das Blastodermcoelom der einen Seite hat sich mit dem der anderen Seite vereinigt und liegt als ein kleiner, ) unpaariger Sack zwischen Ektoderm und Entoderm über dem Embryo. Einen axialen Längsschnitt durch einen Embryo von Lacerta agi- lis aus demselben Entwicklungsstadium zeigt Taf. XIV, Fig. 5. Vorn begegnet man nur zwei Keimblättern, Ektoderm und Entoderm, die beide an der Bildung des Kopfamnion sich betheiligen, mehr nach hin- ten sieht man, dass über dem Embryo, an dessen Rückenfläche also ' Mesoderm — Blastodermcoelom — zwischen den beiden Amnionhüllen eingewachsen ist, das immer weiter zwischen den beiden primären | Keimblättern fortwachsend die entodermale Amnionhülle zurückdrängt und verdrängt, wobei dann gleichzeitig das jetzt vorn dorsalwärts ge- ‚ legene Entoderm wieder ventralwärts, und dieser Theil des Embryo ‚ auch in das Blastodermcoelom zu liegen kommt. Wie lassen sich nun diese so höchst eigenthümlichen Bilder erklä- ren? Nur die Coelomtheorie von Oscar und Rıcnarp Herrwis 240 C. K. Hoffmann, scheint mir im Stande zu sein, darauf Antwort zu geben. Sehen wir erst nochmals, wie das Mesoderm sich bei seinem Wachsthum von hin- ten nach vorn verhält. Ich habe vorher*schon mitgetheilt, dass bei den Reptilien ähnlich wie bei den Selachiern, Mesoderm durch Einfaltung und durch Abspaltung entsteht, dass das durch Einfaltung sich anlegende früher auftritt als das durch Abspaltung sich entwickelnde, und dass beide Stücke das gemein haben, dass sie von hinten nach vorn wachsen. Bei den Selachiern war ich im Stande nachzuweisen, dass die durch Ein- faltung und durch Abspaltung entstandenen Stücke anfänglich durch einen mehr oder weniger großen Zwischenraum von einander getrennt sind, indem das erstgenannte im Centrum, das letztgenannte am Rande des Blastoderms, also an der Peripherie entsteht. Hält man dabei im Auge, dass beide Mesodermarten von hinten nach vorn wachsen, dass aber das durch Einfaltung, als das zuerst enistandene, dem später durch Ab- spaltung angelegten in Entwicklung voraus ist und voraus bleibt, dann wird es deutlich, wie man bei den Selachiern vorn allein Mesoderm durch Einfaltung — oder wenn ich es so nennen darf »centrales Mesoderm« — mehr nach hinten centrales Mesoderm und peripheres Mesoderm (durch Abspaltung an den Rändern des Blastoderms entstanden) von einander durch einen größeren oder kleineren Zwischenraum getrennt, noch mehr nach hinten beide Mesodermarten mit einander in Zusammenhang an- trifft. Die eigenthümliche Lage des Mesoderms zwischen Ektoderm und Entoderm in dem vorderen Theil des Blastoderms, resp. in dem Kopf- theil des Amnion bei den Reptilien, zeigt, dass bei ihnen das Mesoderm sich wahrscheinlich eben so verhalten wird, wobei ich es natürlich un- entschieden lassen muss, ob das Einfaltungs-(centrale)Mesoderm Anfangs durch einen Zwischenraum von dem durch Abspaltung entstandenen (peripheren) Mesoderm getrennt ist, oder ob letztgenanntes unmittelbar neben dem durch Einfaltung angelegten Mesoderm entsteht. Wenn bei den Reptilien eben so wie bei den Selachiern das durch Einfaltung an- gelegte Mesoderm dem durch Abspaltung entstandenen nicht in der Ent- wicklung voraus wäre und voraus bliebe, sondern beide gleichzeitig weiter wüchsen, dann bliebe die eigenthümliche Lage des Mesoderms im Kopfamnion unverständlich. Vorn legt sich das Amnion schon sehr früh- zeitig an, während es hinten viel später zur Entwicklung kommt. Wäh- rend seiner ersten Anlage ist vorn noch kein Mesoderm vorhanden, das Amnion wird allein durch die beiden primären Keimblätter, Ektoderm und Entoderm gebildet, so angelegt rückt das Amnion immer mehr nach hinten und kommt allmählich auch in den Theil des Embryo, wo schon Mesoderm, und zwar das erst angelegte, das Einfaltungs- oder centrale Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 241 Mesoderm vorhanden ist. So lange nur erst Einfaltungsmesoderm vor- kommt, ändert dies nichts in der vom Ektoderm und Entoderm gebil- deten Amnionkappe, das centrale oder Einfaltungsmesoderm reicht viel zu wenig lateralwärts, um sich an der Bildung des Amnion betheiligen zu können. Aber noch mehr nach hinten ändert sich der Zustand, zuerst wird das entodermale Amnion, wahrscheinlich auch das ektodermale Amnion, dorsalwärts noch nicht geschlossen sein, das durch Einfaltung entstandene (centrale) Mesoderm hat sich durch peripheres {durch Abspaltung angelegtes) vergrößert und fährt fort sich so zu vergrößern. Im gleichen Grade als dies stattfindet, wächst es zwischen Ektoderm und Entoderm hinein, drängt die entodermale Amnionfalte nach unten, schiebt sich in die ektodermale Amnionfalte hinein und schafft so den Zustand, den wir später kennen. Das durch Abspaltung entstandene Mesoderm wächst immer weiter nach vorn, als ein bilateraler Sack, als bilaterales Blastodermcoelom. Aber je weiter nach vorn es kommt, um so mehr findet es das ento- dermale Amnion schon vollständig geschlossen; so lange dies nicht der Fall ist, kann das Blastodermcoelom oben und seitwärts zwischen Ekto- derm und Entoderm einwachsen; ist einmal das entodermale Amnion geschlossen, so findet es allein über dem Embryo, d. h. dorsalwärts von demselben Platz, und indem die beiden CGoelomsäcke sich in der Mittel- linie vereinigen, entsteht dadurch das unpaarige Blastodermcoelom, wie es Taf. XIV, Fig. 4 u. 5 zeigt. Dieser Sack wächst dann allmählich nach vorn und nach beiden Seiten um den Embryo herum, und wenn die beiden blindgeschlossenen Enden dieses Sackes auch mit einander in der ventralen Mittellinie verwachsen sind, ist derseibe Zustand entstan- den, wie ihn das Amnion uns bekanntlich bei den Vögeln zeigt. Die Verhältnisse sind dadurch so komplicirt, dass das Anfangs im Kopfam- nion nur dorsalwärts gelegene Blastodermcoelom bei seinem weiteren Wachsthum nach der ventralen Seite dem sich inmittelst ebenfalls weiter entwickelnden Embryo in den verschiedensten Stufen seiner Ausbildung begegnet, wie eine Untersuchung älterer Embryonen lehrt. Taf. XIV, Fig. 6—10 sind fünf Querschnitte durch den jüngsten Embryo von Tropidonotus natrix, den ich besitze, abgebildet. Der erste Schnitt, der uns näher interessirt, ist Fig. 6. Das Amnion ist voll- ständig fertig und stimmt in seinem Bau durchaus mit dem der Vögel über- ein, es besteht aus Ektoderm und somatopleurem Mesoderm. Der Darm steht in Begriff sich zu schließen und ist durch die Anlage des Herzens etwas nach links verschoben. Bei den Knorpelfischen wissen wir durch Barrour (A), bei den Amphibien durch Görtz (5) und bei den Knochen- fischen durch meine eigenen Untersuchungen (10), dass das Herz sich 242 ’ 6, K. Hoffmann, unpaarig anlegt und zwar erst dann, wenn der Darm bei Knorpel- und Knochenfischen sich schon abgefaltet hat. Aus den Untersuchungen von Gasser (4), Hensen (7) und KörLıker (15) ist uns bekannt, dass bei den Vögeln und Säugethieren das Herz sich doppelt anlegt, noch bevor der Darm sich abgefaltet hat. Es war schon a priori zu erwarten, dass die Reptilien eben für diese Frage von sehr großer Bedeutung sein müssten, indem sie die Zwischenstufe bilden. Bei ihnen legt — wie man sieht — das Herz sich an, noch bevor der Darm geschlossen ist, dadurch nähern sie sich den Vögeln und Säugethieren ; die Anlage ist aber nicht dop- pelt, sondern einfach, darin stimmen sie wieder mehr mit den Anam- nia überein. Die Splanchnopleura bildet an der rechten Seite eine große, blinddarmförmige Ausstülpung — die Anlage des Myocardium. In demselben liegt ein dünnes Häutchen, das Endothelium; wie dies sich hier anlegt, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, indem mir jüngere Stadien fehlen. Es kann aber meiner Meinung nach kaum zweifelhaft sein, dass es ein Produkt des Entoderms ist, ähnlich wie bei den Knochenfischen, um so mehr als das Endothelium der Gefäße aus dem Entoderm entsteht. Fig. 7 ist ein Schnitt etwas mehr nach vorn genommen, der Darm hat sich abgeschnürt, die Splanchnopleura der einen Seite berührt die der anderen Seite, das Herz liegt noch etwas asymmetrisch. Das Am- nion zeigt sich noch vollständig normal, man sieht aber, wie an der rechten Seite (bei «) die Splanchnopleura des Blastoderms, resp. Dotter- sackes, unmittelbar der Somatopleura des Amnion anliegt; denkt man sich beide Stücke verwachsen und zugleich an der linken Seite (bei b) die Splanchnopleurae vereinigt, dann entsteht das eigenthümliche Bild des Amnion, wie dies Taf. XIV, Fig. 8 zeigt. Fig. 9 ist eine Abbildung eines noch mehr nach vorn genommenen Schnittes. Während in Fig. 8 das Blastodermcoelom an der einen Seite noch durch eine große Öffnung mit dem Körpereoelom kommunieirt, ist in diesem Schnitt die Öffnung zu einer kleinen Spalte reducirt. Die Leibeshöhle ist demnach hier noch nicht vollständig geschlossen. Denkt man sich die beiden Meso- dermblätter mit einander verwachsen (bei b), dann ist dieser Zustand erreicht. Der große vom Ektoderm umschlossene Raum o enisteht, nachdem die Schnittserie schon in die Gegend der Kopfkrümmung gekommen ist und dadurch der vorderste Theil des Embryo eben- falls in die Schnittebene fällt. Endlich zeigt Fig. 10 einen noch mehr nach vorn genommenen Schnitt. Das Körpercoelom ist noch doppelt, es ist aber von beiden Seiten von dem Blastodermcoelom getrennt. Stellt man sich vor, dass bei b die beiden Ektodermplatten mit einander ver- wachsen sind, dann ist der Embryo überall von einem wahren ektoder- Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 243 malen Amnion umgeben. Das mesodermale Amnion ist dann aber noch nicht fertig, denn an der ventralen Seite fehlt das Mesoderm noch voll- ständig, hier begegnet man wieder nur noch einem ektodermalen und einem entodermalen Amnion. Von beiden Seiten wächst das Blastoderm- coelom inmittelst auch hier zwischen Ektoderm und Entoderm hinein, wie ein Querschnitt (Taf. XIV, Fig. 14) durch den vordersten Theil eines noch älteren Embryo von Tropidonotus natrix zeigt, und sobald als das der einen Seite dem der anderen begegnet und die Anfangs noch vorhandene Scheidewand resorbirt ist, zeigt sich das Amnion bei den Reptilien überall in derselben Gestalt wie es uns bei den Vögeln und Säugethieren bekannt ist. Aus dem Mitgetheilten dürfte also hervorgehen, dass bei den Rep- tilien das Kopfamnion ursprünglich aus den beiden primären Keim- blättern, Ektoderm und Entoderm gebildet wird. Erst nachher wächst zwischen diesen beiden Amnionhüllen das anfänglich paarige, später durch Verwachsung unpaarig gewordene Blastodermcoelom hinein, bildet also erst sekundär auch eine mesodermale Amnionhülle, drängt das bei der Bildung des entodermalen Amnion vollständig nach oben, über den Embryo, geschobene Entoderm wieder nach der ventralen Seite zurück und bedingt, dass der ursprünglich außerhalb der Leibeshöhle gelegene Kopftheil des Embryo jetzt auch innerhalb derselben zu liegen kommt. Was bei den Reptilien (Saurier, Schlange) also ontogenetisch ent- steht, hat sich in der Phylogenie der Vögel vererbt. Schließlich will ich noch erwähnen, dass ich die Entwicklung des primären Urnierenganges bei Sauriern und Schlangen vollständig so gefunden habe, als dies von Weıvon (25) für Lacerta muralis an- gegeben ist. Leiden, im November 1883. Nachtrag. Die beiden letzten Arbeiten von H. Srranı (»Über Entwicklungsvorgänge am Vorderende des Embryo von Lacerta agilis« im Archiv für Anat. und Physiol., Anat. Abth., 1884 und »Die Anlage des Gefäßsystemes in der Keimscheibe von Lacerta agilis« in: Mar- burger Sitzungsber., 28. November 1883) erhielt ich durch freundliche ' Zusendung des Verfassers erst, als diese Arbeit schon im Druck war. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 47 244 Ä 0. K Helfnann, Verzeichnis der benutzten Litteratur. 4) F. M. BaLrour, A Monograph on the development of Elasmobränch fishes. 1878. 2) —— On the early development of the Lacertilia, together with some obser- vations etc. in: Quart. Journ. of microsc. Sc. T. XIX. 4879. 3) —— A Treatise on comparative Embryologie. T. II. 1884, 4) E. Gasser, Über die Entstehung des Herzens beim Huhn. in: Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XIV. 1877. 5) A. GÖTTE, Die Entwicklungsgeschichte der Unke. 1875. 6) B. HATscHek, Studien über Entwicklung des Amphioxus. in: Arbeiten aus dem zool. Institute zu Wien. T. IV. 4884. x 7) V. Hensen, Beobachtungen über die Befruchtung und Entwicklung des Kanin- chens und Meerschweinchens. in: Zeitschr. für Anatomie und Entwick- lungsgeschichte. Vol. I. 1876. 8) Oscar u. RıcuArD HERTWIG, Die Coelomtheorie. in: Jenaische Zeitschr. Bd. XV. 18831. 9) GC. K. Horrmans, Zur Ontogenie der Knochenfische. in: Verhandelingen der koninkl. Akademie van Wetenschappen te Amsterdam. I. Bd. XXI. 1881. 40) —— Zur Ontogenie der Knochenfische. in: Verhandelingen etc. U. Bd. XXI. 1882. 44) -—— Contribution a l'histoire du developpement des Reptiles. in: Archives Neerlandaises. T. XVII. 1882. 42) —— Contribution a l’histoire du developpement des Plagiostomes. in: Archives Neerl. T. XVI. 4884, 43) —— Sur lorigine du feuillet blastodermique moyen chez les poissons carti- lagineux, in: Archives Ne&erl. T. XVII. 1883. 44) —— Die Bildung des Mesoderms, die Anlage der Chorda dorsalis und die Ent- wicklung des Canalis neurentericus bei Vogelembryonen. in: Verhande- lingen koninkl. Akademie van Wetenschappen Amsterdam. T. XXI. 1883. 45) A. KörLıker, Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. 2. Aufl. 1879. 46) A. KowALEvsky, Weitere Studien über die Entwicklungsgeschichte von Amphi- oxus lanceolatus. in: Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XIII. 4877. 47) C. KUPFFER und BENECKE, Die erste Entwicklung am Ei der Reptilien. 4878. 48) C. KuprFEr, Die Gastrulation an den meroblastischen Eiern der Wirbelthiere und die Bedeutung des Primitivstreifs. in: Archiv für Anat. und Phys. 1882. Anat. Abth. 49) —— Die Entstehung der Allantois und die Gastrula der Wirbelthiere. in: Zool. Anzeiger 1879. 20) H. Srraur, Über die Entwicklung des Canalis myelo-entericus und der Allantois | der Eidechse. in: Archiv für Anat. und Phys. 4884. Anat. Abth. 2A) Beiträge zur Entwicklung von Lacertaagilis. in: Archiv etc. 1882. 32) —— Beiträge zur Entwicklung der Reptilien. in: Archiv etc. 4883. 93) —— Über Canalis neurentericus und Allantois bei Lacerta viridis. in: Ar- chiv etc. 4883. & ” ERERIETE N E E 7 ante Haare Tg = g>- Beiträge zurEntwieklungsgeschichte der Reptilien. 245 24) H. Straur, Die Entwicklungsvorgänge am vorderen Ende der Embryonen von Lacertaagilisund vivipara. in: Zool. Anzeiger 4883. 25) W. F.R. Weroon, Note on the early development ofLacerta muralis. in: Quart. Journ. mikrosc. Science. 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIII. Für Fig. —19 gültige Bezeichnung. all, Allantois; mes’, Mesoderm durch Abspaltung ; ch.ent, Chordaentoderm ; mes”, Mesoderm durch Einfaltung;; ch, Chorda; mf, Medullarfurche; c.n, Canalis neurentericus ; som, Somatopleura; d.ent, Darmentoderm, pr, Primitivstreifen ; ekt, Ektoderm; spl, Splanchnopleura ; ekt.f.a, Ektoderm des falschen Amnion; sp, Seitenplatte; ekti.w.a, Ektoderm des wahren Amnion; sd, Schwanzdarm;; ekt.(epid.)em, Ektoderm (Epidermis) des vw, Urwirbel; Embryo; x, Stelle, an welcher Chardaentoderm ent, Entoderm und Darmentoderm in das Mesoderm mes, Mesoderm; r übergehen. Fig. 4. Kopie eines Längsschnittes durch den Canalis neurentericus von La- certa agilis, unmittelbar nach dem Durchbruch nach unten. Nach StrauL (24, Taf. XIV, Fig. 42). Vergr. 65/4. Fig. 2, 3, 4,5, 6,7, 8. Sieben Querschnitte durch einen Embryo von Lacerta , agilis unmittelbar nach dem Durchbruch des Canalis neurentericus nach unten. Vergr. 460/A. Fig. 9, 40, 44, 42, 43. Fünf Querschnitte durch einen Embryo von Lacerita agilis mit sechs Urwirbeln. Vergr. 180/4. Fig. 44. Querschnitt durch einen Theil des Blastoderms eines Embryo von La- certaagilis mit sechs Urwirbeln. Vergr. 420/A. Fig. 45. Querschnitt durch den vorderen Theil eines Embryo von Lacerta agilis mit sechs Urwirbeln. Vergr. 160/A. Fig. 46. Querschnitt durch die erste Anlage der Allantois eines Embryo von ‚ Lacerta agilis mit sechs Urwirbeln. Vergr. 160/1. Fig. 47. Querschnitt durch die Allantois eines älteren Embryo von Lacerta muralis, aus einem Stadium der Entwicklung, wenn dieselbe noch vollständig hinter dem Canalis neurentericus in der pleuroperitonealen Höhle liegt. Vergr. 50/1. Fig. 48. Längsschnitt durch das Hinterende eines Embryo von Tropidono- tus natrix, noch bevor die Allantois mit dem Schwanzdarm in freie Kommunika- tion getreten ist. Vergr. 80/4. Fig. 19. Schnitt durch den vordersten Theil des Embryo. Chorda erscheint als 2 Verdickung im Entoderm und ohne Zusammenhang mit den wenigen Mesoderm- zellen. Kopfscheide besteht nur aus Ektoderm und Entoderm. Nach StrauL (22, Taf. I, Fig. 17). Ks, Kopflscheide; Mes, Mesoderm;; Rf, Rückenfurche; Ch, Chorda. AT 346 CK. Hoffmann, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. Tafel XIV. Gültige Bezeichnung für alle Figuren. ch, Chorda; end, Endothelium des Herzens; ekt, Ektoderm; mk, Medullarkanal; ekt.a, ektodermales Amnion; ms, Mesoderm; ekt.(epid.)em, Ektoderm (Epidermis) des myoc, Myocardium; Embryo; nd, Grenze des Nahrungsdotters; ekt.f.a, Ektoderm des falschen Amnion; som, Somatopleura ; ekt.w.a, Ektoderm des wahren Amnion; som.f.a, Somatopleura des falschen Am- ent, Entoderm; nion; ent.a, entodermales Amnion; som.w.a, Somatopleura des wahren Am- ent.f.a, Entoderm des falschen Amnion; nion; ent.w.a, Entoderm des wahren Amnion; spl, Splanchnopleura; urd, Urdarm. Fig. A. Schematischer Querschnitt durch den vorderen Theil eines Reptilien- embryo, um die Bildung des ektodermalen und entodermalen Amnion zu verdeut- lichen. Fig. 2, 3, 4. Drei Querschnitte durch einen Embryo von Lacerta agilis mit sechs Urwirbeln. (NB. Fig. 3 geht durch die Kopfbeuge und trifft demnach den Medullarkanal zweimal.) Vergr. 100/A. Fig. 5. Längsschnitt durch den vorderen Theil eines Embryo von Lacerta agilis mit sechs Urwirbeln. Fig. 6, 7, 8, 9, 40. Fünf Querschnitte durch einen Embryo von Tropidono- tusnatrix. Vergr. 65/1. Fig. 44. Querschnitt durch den vorderen Theil eines etwas älteren Embryo von Tropidonotusnatrix, Vergr. 50/4. Y £ Die Wurmfauna von Madeira. IV. Von Professor Dr. Paul Langerhans. Mit Tafel XV— XVII. Im XXXII. bis XXXIV. Bande dieser Zeitschrift habe ich unter gleichem Titel drei Aufsätze veröffentlicht, denen die Mittheilungen, die ich diesmal bringe, sich berichtigend und ergänzend anschließen. Sie geben die Beobachtungen, welche sich bei meinem dauernden Aufent- halt auf dieser Oceansinsel seit dem November 1879 langsam ange- sammelt haben. Ich werde dieselbe Reihenfolge beibehalten, wie in den früheren Aufsätzen, und von diesen, auf die ich natürlich oft zurück- weisen muss, der Kürze halber den ersten, in Band XXXII, p. 513 als I, den zweiten in Band XXXIII, p. 274 als II, den dritten in Band XXXIV, p- 87 als III citiren. Syllidea. Es hatten sich bisher hier 43 Syllideen gefunden (I und III, 127), von denen 29 bekannte Arten sind und höchstens 14 neue Formen dar- stellen. Ich kann diesen nun fünf weitere Arten anreihen, von'denen nur zwei schon beschrieben sind, so dass die Gesammtzahl der hiesigen Syllideen auf 48 steigt, 34 bekannte und höchstens 17 neue. Ehlersia cornuta. An einigen frischen Exemplaren wurde festgestellt, dass auch hier, wie bei den anderen Arten des Subgenus, die Borste mit dem langen Endglied in einer Anzahl hinterer Segmente fehlt, so in einem Exemplar in fünf, in einem anderen ‘in einem bewaffneten Segment (cf. I, p. 537). 248 Paul Langerhans, Pionosyllis Weismanni. Von dieser eigenthümlichen Form habe ich aus größerer Tiefe an Korallen wiederholt Exemplare bekommen. Sie hatten 41 bis 56 Seg- mente, von denen bei fünf reifen © die letzten 5 bis 11 Segmente jeder- seits ein Ei enthielten. Der starke Haken im Borstenbündel begann an - den kürzeren Thieren an einem früheren Segmente (20., 22.) als an den längeren (36., 37.). Allen aber fehlte der Cirrus dorsalis des drit- ten Segmentes. Das Exemplar, nach dem ich meine erste Beschreibung (T, p. 546) machte, war also, wenn auch unreif, so vollkommen ausge- wachsen, und es fehlt in der That dieser Art der Cirrus dorsalis III. Die Zweizahl der Eier pro Segment lässt auf Brutpflege ohne Generations- wechsel schließen, wie bei P. pulligera. 4) Xenosyllis scabra Ehlers. Diese bei Triest und Marseille (I, p. 548) gefangene Form habe ich aus größerer Tiefe in zwei Exemplaren erhalten, von denen selbst das größere mit 53 Segmenten noch unreif war. Die Beschreibung von Enters ! stimmt vollständig; nur an den Borsten ist das Endglied meist zweizähnig (Fig. 1); doch ist der untere Zahn oft undeutlich. 2) Paedophylax longiceps Verrill. 0,5 cm, 43 bis 45 Segmente, farblos bis auf die purpurrothen Eier. Kopf mit drei Antennen, von denen die mittlere weitaus die längste ist (Fig. 2 a); die seitlichen sind nicht länger als die Cirri dorsales. Mund- segment mit einem Paar Cirri tentaculares. Füße mit kurzen Girri dor- sales und ventrales. Zwei lange Analcirren. Zahn im Pharynx ganz vorn; Magen mit 47 Muskelreihen. Borsten überall ein Bündel mit kurzem Endglied (Fig. 2 5), denen sich in allen Segmenten mit Aus- nahme des letzten eine oder zwei mit langem Endglied (Fig. 2 c) zuge- sellen. Dorsal die einfache Borste vom 11. (Fig. 2 d) Segment an, ven- tral vom 37. | Ein reifes Q hatte vom 49. Segment an Pubertätsborsten, vom 20. an je zwei purpurrothe Eier; ein anderes trug vom 18. Segment an ven- tral jederseits ein Ei an 15 Segmenten. Diese Thiere wurden an’ alten Fischkörben gefangen. Ich würde glauben, sie ihrer Bewaffnung wegen auf P. Claparedii (I, p. 571) be- ziehen zu dürfen, wenn bei dieser Form nicht die mitilere Antenne gegliedert wäre. Sie stimmen dagegen vollständig mit der Beschreibung 1 Borstenwürmer. p. 244. Die Wurmfauna von Madeira. IV. 249 überein, die Verrızr ! von dem bei New Haven gefangenen P. longiceps giebt. 3) Autolytus quindecim-dentatus n. Ein kleiner Autolytus, den ich wiederholt an alten Fischkörben fing, und der, obwohl kaum 0,5 mm lang und farblos, doch vom bloßen Auge sofort daran zu erkennen ist, dass die relativ große mittlere Antenne und beide Cirri anales mit weißen Pigmentkörnern inkrustirt sind. Meine Exemplare maßen 47 bis 57 Segmente, von denen 18 bis 22 auf ein reifes, aber noch adhärentes © Geschlechtsthier kamen, bei dem ebenfalls die mittlere Antenne weiß pigmentirt war. Ein frei geworde- nes © hatte 22 bewaffnete Segmente. Der Pharynx trägt vorn 15 gleich große Zähne; der Muskelmagen hat 20 Reihen. Die Borsten sind in allen Füßen von derselben Gestalt (Fig. 3 a); die dorsale Borste (Fig. 3 b) findet sich in allen Bündeln, vielleicht mit Ausnahme des ersten. 4) Autolytus syllisetosus n. Nur in einem Exemplar habe ich an einem Korbe einen Autolytus gefangen, der sich durch seine Borsten von allen anderen Arten der Gattung sofort unterscheiden lässt. Das Exemplar war etwas über 0,5 cm lang, relativ breit und hatte 96 Segmente, von denen 14 und 24 auf zwei adhärente Geschlechtsthiere kommen, von denen das letzte als 5! zu erkennen ist. Der Pharynx trägt 40 lange Zähne, der Muskelmagen hat 40 Reihen. Die Borsten haben an den ersten drei setigeren Segmenten lange, schmale Endglieder (Fig. 4 a), wie sie sonst in diesem Tribus nicht beobachtet sind. Nach hinten hin werden die Endglieder kürzer. Das vierte und fünfte Segment tragen schon eine Übergangsform (Fig. 4 b); vom sechsten bewaffneten Segment an finden wir neben der Form 4 5 die gewöhnlichen Autolytusborsten, welche vom circa 20. Segment an das ganze Bündel bilden (Fig. 4 c). Vom 15. Borstenbündel an tritt die dorsale einfache Borste auf. An den Geschlechtsthieren haben die zu- sammengesetzten Borsten alle die Form Fig. % c. 5) Procerastea nematodes n.g. et sp. Den vier Gattungen, welche die Gruppe der Autolyteen im engeren Sinne bilden (I, p. 573), nämlich Autolytus, Proceraea, Myrianida und 1 Notice of recent additions to the marine invertebrata of the Northeastern coast of America ete. Part. I. Proc. of the United-States National Museum. vol. II. p- 470. November 4879 und New England Annelida. Part. I. Taf. XII, A. 1881. 250 Paul Langerhans, Virchowia, reiht sich eine eigenthümliche neue Form an, welche sich nicht wohl unter einer dieser Gattungen unterbringen lässt, und daher ein neues fünftes Genus der kleinen Gruppe bilden muss. Ich habe in den zwei Wintern 1879/1880 und 1880/1884 ungefähr anderthalb Dutzend Exemplare an alten Fischkörben gefangen, im Win- ter 18814/1882 und 1882/1883 dagegen kein einziges. Sie maßen 0,4 bis 0,75 cm, waren von hellbrauner Farbe und fadenförmig dünn; Anhänge waren nur am Kopfende vom bloßen Auge zu erkennen. 41 his 57 Seg- mente. Der Kopf ist viereckig (Fig. 5 a) und trägt vier kleine Augen nebst drei Antennen. Die Palpen sind dorsal gar nicht zu sehen. Das Mundsegment ist etwas breiter als der Kopf und trägt zwei Cirri ten- taculares. Auch das zweite Segment trägt über seinem Borstenbündel einen gut entwickelten Cirrus dorsalis.. An den darauf folgenden Seg- menten ist aber weder Cirrus dorsalis noch ventralis zu finden. Vor dem 15. Segment (dem 14. bewaffneten also) fand sich stets die Anlage des Kopfes (Fig. 5b) für ein Geschlechtsthier, und an den Segmenten vom 16. ab kleine rundliche Cirri dorsales, die nach hinten zu allmählich etwas länger werden. Anal zwei Cirren von der Länge der tentaculares. Pharynx kürzer als bei irgend einem anderen der Autolyteen, vorn mit sechs undeutlichen Zähnen. Muskelmagen wenig dicker als der Pharynx und schwach entwickelt. Die Borsten sind sehr eigenthümlich. Es trägt nämlich das zweite Segment nur einfache Borsten (Fig. 5 c); auch die drei folgenden Borsten- bündel bestehen in der Hauptsache aus einfachen Borsten von derselben Gestalt, aber sie haben je eine Borste von der Form 5 dund de. Erst am 6. Segment finden wir keine Borsten von der Form (5 c) mehr, son- dern nur zusammengesetzte (d d) und die eine dorsale Borste des Tri- bus (5 e). Diese Bewaffnung erstreckt sich bis zum letzten setigeren Segment nach hinten. Freie Geschlechtsthiere habe ich nicht beobachtet; auch trug keines meiner Exemplare mehr als ein Geschlechtsthier, das, obwohl unreif, sich bei Behandlung mit Reagentien oft loslöste. Die Kopfform der © und g! Geschlechisthiere war ganz wie bei Autolytus; Pubertätsborsten waren noch nicht entwickelt. Die Charaktere der neuen Gattung würden sich somit ausdrücken lassen : Autolyteae cirris dorsualibus, I et II exceptis, nullis; cirri ven- trales nulliÄ, gemma sexualis cirris dorsalibus minimis praedita. Virchowia clavata. Von dieser Art wurde ein freies g' Geschlechtsthier gefangen, das. sowohl am Kopfe die beiden kleinen inneren Fühler, als am Mundseg- Die Wurmfauna von Madeira. IV. 251 ment die dorsalen Anhänge der Gattung trug. Die früher beschriebenen go (I, p. 583) waren somit noch nicht vollständig ausgebildet, und die Kopfform ist die reine Polybostrichusform. Aphroditea. 6) Alentia gelatinosa Sars. Diese von Sırs zuerst beschriebene Art ist bisher nur an den Küsten von Schweden, Norwegen und England gefangen worden. Die beste Beschreibung ist die von MALNGRren!. Ich habe aus größerer Tiefe ein Exemplar dieser Art erhalten, das mit 43 Segmenten 2,5 cm lang, 0,3 cm breit war und hell rostroth ge- färbt. Es hatte 17 Paar Elytren, die den Rücken fast vollständig deck- ten, und war ein reifes Q. Die Elytren sind glatt und haben nur vorn innen eine Zone, in der sie mit kleinen, thurmförmigen, in drei Zinnen auslaufenden Hornpapillen bedeckt sind, deren Gestalt somit ganz den Thürmen im Hamburger Wappen ähnelt (Fig. 6 a, b). Nur MALN6RrEN erwähnt diese charakteristischen Papillen, den früheren Beobachtern sind sie entgangen. Der Kopf mit seinen glatten Palpen und Fühlern stimmt mit Kınzere’s Abbildung?, nur sind die paarigen Fühler etwas kürzer, etwa 2/, des unpaaren. Die Füße tragen einen langen glatten Cirrus dorsalis, einen kurzen ventralis. Die Borsten des rudimentären oberen Ruders sind wenige, dünne, zart bezahnte, und hören trotz ihrer Feinheit nicht spitz auf, sondern abgeschnitten (Fig. 6 c). Das untere starke Ruder hat zwei Gruppen von zarten Borsten. Die obere besteht aus zart gezähnelten, stumpfen, einzähnigen Borsten (Fig. 6 d); die untere trägt zweizähnige Borsten, an denen der zweite Zahn von oben (Fig. 6 e) nach unten (Fig. 6 g) an Größe zunimmt. Lagisca propinqua. f Diese Form (II, p. 274) habe ich inzwischen wiederholt gefangen, wenn auch meist in kleineren Exemplaren, als das früher beschriebene. Zu der citirien Beschreibung muss ich hinzufügen, dass die untersten ' . Borsten des unteren Ruders einzähnig sind, und dass die Chitinspitzen auf den Elytren nach außen und hinten an Größe zunehmen, so dass eine marginale Reihe meist viel größer ist, als die übrigen. Ich gebe eine Abbildung des Kopfes (Fig. 7 a) und der Elytra (Fig. 75). Es kommen größere Spitzen auch sonst auf der äußeren Hälfte der Elytra ! Nordiske Hafs-Annulater. 1864. p. 84. Annulata Polychaeta etc. p. 138. 1867. 2 Fregatten Eugenies Resa. Zoologi. p. 19. Taf. V, Fig. 26 b. 1857. 252 Paul Langerhans, vor, während die innere an den nur granulirten Abschnitt anstoßende nur gleichmäßig kleine Spitzen trägt. Bei jüngeren Thieren tragen die Elytren wenige und relativ große Chitinspitzen. 7) Lagisca aequespina n. Zusammen mit der vorigen Art und eben so gefärbt wie sie habe ich aus größerer Tiefe eine Polynoe erhalten, die den Formen extenuata, _ propinqua und rarispina äußerst ähnlich ist, aber doch leider mit keiner ganz übereinstimmt. Meine unreifen Exemplare maßen 4,0 cm, hatten 32—314 Segmente und 14—15 Paare Elytren, die den Körper fast ganz deckten. Der Kopf (Fig. 8 a) ist vorn in die beiden Chitinspitzen aus- gezogen ; die vorderen Augen stehen wie bei propinqua, die hinteren mehr median, alle sind kleiner. Fühler, Palpen und Cirren mit Papil- len. Die Elytren sind außen und hinten kurz gefranst (Fig. 8 b) und mit Ausnahme der ja stets nur granulirten Zone innen vorn, überall mit nicht sehr dicht stehenden, stumpfen Chitinkegeln besetzt. Diese ab- gestutzten Kegel (Fig. 8 c) sind nicht nur unten und oben offen für den Eintritt von Weichgebilden einerseits, die Befestigung von Sinneshaaren andererseits, sondern ein länglicher Schlitz spaltet den Kegelmantel an einer Stelle bis nahe zur Basis, und steht mit der oberen Öffnung in Verbindung. Ähnlich sind die Papillen bei Alentia gelatinosa (Fig. 6 a und 5) und bei Polynoe vasculosa (Fig. 9d). Die Borsten des oberen Ruders sind mit stumpfer Spitze und rela- iv starken kleinen Spitzchen versehen (Fig. 8d). Das eher etwas schwächere ventrale Bündel trägt bei diesen jüngeren Exemplaren rela- tiv schlanke, meist reich mit Stacheln besetzte zweizähnige helle Borsten (Fig. 8 e). Bei einem größeren Exemplar sind die Borsten gelblich und die ventralen des unteren Bündels einzähnig. Diese Form unterscheidet sich somit von L. rarispina nur durch den Mangel der größeren Chitinpapillen auf den Elytren von propinqua und extenuata durch die Fransen an den Elytren, und von extenuata außerdem nach durch die Papillen auf den Palpen. 8) Polynoe vasculosa Qlaparede. Aus größerer Tiefe erhielt ich mit der vorigen Art zusammen und von ihr nur durch genauere Untersuchung unterscheidbar eine Polynoe, die ich glaube zu Grararkoe’s vasculosa! stellen zu dürfen. Meine bei- den Exemplare waren hell bräunlich gefärbt, unreif, 1,0 cm lang, und hatten 14 Paare Elytren, die den Rücken deckten, und 34 Segmente. ! Supplement p. 376, 1} | | | | | Die Wurmfauna von Madeira. IV. 253 Der Kopf (Fig. 9 a) trägt vorn einen Chitinsaum, der aber nicht in deut- liche Spitzen ausgezogen ist. Die Antennen entspringen mit breiter Basis, verschmälern sich schnell, sind kurz und mit Papillen besetzt. Die ansehnlichen Palpen sind glatt. Die Elytren (Fig. 9 db) sind glattrandig und tragen zahlreiche kleine Chitinpapillen, die auf der äußeren Hälfte rundlich, auf der inneren flach sind. Am Rande sitzt eine Reihe größerer Papillen, deren Chitin- hülle (Fig. 9 c) die Gestalt eines Kelches mit seitlichem Einschnitt hat, aus dem sich die Weichtheile in zarten zackenförmigen Papillen erheben (Fig. 9 d). Auch auf dem Rücken der Elytren sitzen einzelne größere Chitinpapillen. Beide Borstenbündel sind ungefähr gleich stark; die dorsalen Bor- sten Fig. 9e. Die des ventralen Ruders sind oben spitz (Fig. 9 f) und reich gezähnelt; in der Mitte des Ruders sind sie kürzer und zweizähnig (Fig. 9 g), aber auch gezähnelt; unten endlich (Fig. 9 h) sind sie noch etwas stärker, zweizähnig und glatt. Amphinomea. 9) Euphrosyne armadillo Sars. Sowohl in Puerto Orotava auf Teneriffa als in Madeira kommt eine Euphrosyne vor, die 0,5 bis 1,0 cm lang, 0,3 bis 0,4 cm breit ist, von ziegelrother Farbe, und 20 bis 30 setigere Segmente hat. Der Kopf (Fig. 40 a) trägt einen größeren Stirnfühler zwischen den beiden dor- salen Augen, und zwei kleine vordere Fühler; ferner zwei ventrale Augen. Die Carunkel reicht bis aufs fünfte Segment. Die Kiemen (Fig. 10 b) sind mäßig reich verästelt; es sind sechs Stämmchen; zwi- schen dem zweiten und dritten befindet sich der mittlere Cirrus. Die kalkhaltigen hohlen Borsten stimmen in Form und Vertheilung ganz mit E. racemosa überein. Sie stehen überall neben den Kiemen und bilden außerdem ein ventrales Bündel. In Letzterem sind die Zinken glatt; die dorsalen Borsten haben theils glatte, theils gesägte Zinken. Diese Art stimmt fast vollkommen mit Enrers’ racemosa überein. ‘ Nur reicht die Carunkel bis zum fünften Segment, und die Kiemenzahl ist stets sechs, während racemosa sieben Kiemen hat und ihre Garunkel nur bis zum vierten Segment reicht. Meine Form scheint somit zu Sars’ E. armadillo zu gehören !. ! Enters, Borstenwürmer. p. 66 ff. 254 Paul Langerhans, Palmyrea. Chrysopetalum fragile. Wiederholte Untersuchung macht es mir zweifellos, dass die Fühler- cirren bei der Madeiraform nicht je zwei zusammen auf einem Basal- stücke stehen, wie dies Enters für die Mittelmeerart angiebt!. Es hat vielmehr jeder Fühlercirrus sein besonderes Basalstück. Wenn also Enters’ Angabe nicht auf einem Irrthum beruht, so wäre das ein tief- greifender Unterschied zwischen beiden Formen. In den Palpen, nahe an deren Spitze, findet sich ein pigmentirtes Sinnesorgan, das man wohl als Auge bezeichnen muss. Der zutretende Nerv ist sehr deutlich (Fig. 11). Die Analcirren sind dünn und zart. Lycoridea. 10) Geratonereis vittata.n. Außer der früher beschriebenen GC. Costae sind mir noch zwei Arten derselben Untergattung hier begegnet, welche beide in größerer Tiefe auf Korallen vorkommen. Die unreifen Exemplare der einen hal- ten gegen 50 Segmente und maßen 1,0 bis 1,5 cm. Der Rücken der vorderen Segmente ist mit einem braunen Rechteck gezeichnet, das sich etwas weiter nach hinten bald in zwei Querbinden auflöst. Daher der Name. Der Kopf ist ähnlich dem von Leonnates pusillus (II, Fig. 10); die Fühlereirren sind kurz, der längste erreicht das sechste Segment. Die Ruder sind vorn und hinten nicht wesentlich verschieden; ihre Ge- stalt zeigt Fig. 12 a. Der Rüssel ist nur am maxillaren Ring mit Paragnathen versehen. Dorsal fehlt die mittlere Gruppe I; die beiden lateralen enthalten sechs bis neun Spitzchen in zwei Reihen. Ventral stehen in der Mitte drei bis neun Spitzchen; die IV. Ordnung bildet jederseits eine Gruppe, ähn- lich der II. Die Ordnung III zeigt also sehr wechselnde Zahlen; dass aber dennoch alle diese Thiere zusammengehören, beweist die charak- teristische Bewaffnung. Die Ruder tragen nämlich vom ungefähr 21. an im oberen Ast eine eigenartig gestaltete homogomphe Sichelborste (Fig. 12 b). Wir haben also folgende Vertheilung: homogomphe Gräten, homogomphe Sichel, ! Ebenda p. 81. | | Die Wurmfauna von Madeira. IV. 255 homogomphe Gräten, heterogomphe Sicheln (Fig. 12 c), heterogomphe Gräten, heterogomphe Sicheln. 44) Geratonereis brunnea n. Die andere Ceratonereis ist hell braungelb, durchscheinend, ohne Zeichnung. Unreife Exemplare von 50 Segmenten messen 2,0 cm. Der Kopf ähnelt dem der vorigen Art, die Fühlereirren sind kurz, der längste erreicht kaum das sechste Segment. Die Ruder sind aber ganz abweichend. In der vorderen Hälfte des Thieres hat der obere Ruder- ast zwei Lippen (Fig. 13 a), von denen die kleinere und spitzere nach vorn, d. h. nach dem Kopfende des Thieres zu, prominirt. Diese Lippe fehlt den Rudern in der hinteren Hälfte des Körpers (Fig. 13 b). Der untere Ast hat eine vordere breitere und eine nach hinten prominirende hintere spitze Lippe, welche an den hinteren Rudern nur wenig kleiner ist als an den vorderen. Der Rüssel trägt nur auf dem maxillaren Ring Paragnathen. Die der I. Ordnung fehlen; in der II. stehen sechs bis neun Spitzchen in zwei Reihen. Ordnung Ill ist nur durch ein bis drei Spitzchen vertre- ten; IV jederseits eine Gruppe von acht bis neun Paragnathen im Drei- eck angeordnet. Die Borsten sind wie bei G. Costae nur Gräten im oberen Ast, Gräten und Sicheln in der gewöhnlichen Vertheilung im unteren. Die Ceratonereis-Arten nehmen rapid an Zahlzu. Während Enters ! nur vier aufführen konnte, hat GrusE? in seiner Besprechung der Lyco- rideen schon zwei andere Arten hinzugefügt, und macht uns in den Annulata Semperiana 3 mit fünf neuen Formen bekannt. Eine zwölfte Art ist Eısıe’s N. hireinicola*. Von diesen Arten haben sechs die Para- gnathen des maxillaren Ringes vollständig, nämlich Hemprichii (fasciata) Gr., tentaculata Kbg., mirabilis Kbg., vulgata Kbg., similisetis Gr. und pectinifera Gr. Eine hat nur ventrale Paragnathen: coracina Gr. Es bleiben also fünf Formen, bei denen die Anordnung der Kieferspitzchen ist, wie bei unseren den! nämlich C. Gostae Gr., hircinicola Eisig, ‚ excisa Gr., microcephala Gr. und lapinigensis Gr. Von diesen ist micro- 1 Borstenwürmer. p. 458. 2 Abhandl. der schlesischen Gesellsch. für vaterländ. Kultur. 4873. S.-A. p. 43. 3 M6&m. Acad. St. Petersbourg. VII. XXV. Nr. 3. 1878. 4 Diese Zeitschr. Bd. XX. p. 103, 256 Be Paul Langerhans, cephala durch den Mangel der Sichelborsten in den hinteren Rudern genügend gesondert; excisa hat viel längere Cirri dorsales und über- haupt anders gebaute Ruder. C. vittata ist durch die homogomphe Sichelborste charakterisirt. G. Costae, hircinicola, lapinigensis und brunnea sind einander sehr ähnlich, und vielleicht nicht alle verschie- dene Formen; es scheinen aber ihre Ruder zu verschieden gebaut zu sein, um zur Zeit eine Vereinigung zu erlauben. Eunicaea. 12) Eunice cariboea Gr. Oerstd. In zwei Exemplaren habe ich eine Eunice erhalten, welche der GruUBE-Orrstep’chen! cariboea zu gleichen scheint. Sie maßen 1,5 bis 2 cm; das eine Exemplar hatte 197 Segmente und war bräunlich ge- färbt. Die fünf Fühler kurz, ungegliedert; die Palpen tief gefurcht, aber nicht getheilt. Die Tentakeleirren kurz. Die Kiemen treten rechts am 85., links am 82. Segment auf, fehlen dann auf einigen, sind aber vom 90. an regelmäßig vorhanden. Sie stellen wie bei E. siciliensis stets nur einfache Fäden dar, die nicht dicker als die Cirri dorsales sind. Die Borsten sind farblos, die Acicula ist schwarz. Im oberen Bün- del finden sich einfache gesäumte Lanzen, und vom k0. an Spateln; im unteren zusammengesetzte (Fig. 14 a) Haken und vom AA. an der starke farblose Haken (Fig. 1% 5). Die Kiefer zeigen am Zahn links fünf, rechts vier Zähne; die un- paare linke Platte hat fünf Zähne, die paarige links vier, rechts fünf bis sechs (Fig. 14 c). Sie enthalten ziemlich viel kohlensauren Kalk. 13) Amphiro simplex n. Ein bräunliches Thier von 2,0 cm, 180 Segmenten. Kopf mit brei- ten, tiefgefurchten Palpen, zwei Augen, drei Fühlern, von denen der längste das fünfte Segment erreicht. Keine Cirri tentaculares. Ruder mit Girrus dorsalis und ventralis, die beide kurz sind, und ganz hinten auf einigen Segmenten zwischen dem 160. und 170. daneben ein dicker, kurzer einfacher Kiemenfaden. Die Kiefer erinnern sehr an die von Eunice siciliensis. Der Zahn hat links drei, rechts zwei Zähne; die Reibplatten sind bei dem einzi- gen Exemplar nicht deutlich zu sehen. Borsten außer der schwarzen Acicula nur von zwei Formen: ein- fache Lanzen und zusammengesetzte Haken (Fig. 15). Also weder Spatein noch Hami. 4 GruUBE, Annulata Oerstediana. p. 57. 4856. Die Wurmfauna von Madeira. IV. 231 Hätte dies Thier fünf Fühler statt drei und ein Paar Cirri tentacula- res, so würde man es zu Eunice siciliensis stellen. So muss es in Kıngerg’s Gattung Amphiro. Von deren beiden Arten ist Kınzere’s! A. atlantica durch die reichere Entwicklung der Kiemen genügend unter- schieden, meine A. Johnsoni (II, p. 294) durch Kiemen, Kiefer und Borsten. 14) Lumbriconereis coccinea D. Ch. Ich hatte bisher drei Formen von Lumbriconereis? hier gefunden, zwei, bei denen die erste Reibplatte einzähnig ist, und eine, bei der sie zwer Zähne trägt, L. funchalensis Kbg. Bei genauerem Zusehen finde ich, dass sich noch eine vierte Art findet, welche von L. funchalensis sich nur dadurch unterscheidet, dass eine beschränkte und wechselnde Zahl vorderer Segmente außer den einfachen Hakenborsten auch zu- sammengesetzte Haken trägt. Ein sehr kleines Exemplar hatte nur im siebenten Borstenbündel neben einem einfachen einen zusammengesetz- ten Haken; ein etwas größeres im vierten bis achten. Bei einem noch größeren fanden sich zusammengesetzte Haken im 2. bis 13. Bündel, von denen im siebenten bis neunten die einfachen Haken fehlten. Diese Thiere gleichen somit vollkommen der alten Mittelmeerform L. coceinea ®. Es ist mir sogar zweifelhaft, ob sich Kınzere’s und meine eigene Be- schreibung von L. funchalensis nicht nur auf junge Exemplare dieser Art stützt. Nicht selten besitzen kleine Exemplare vorn im runden Kopf- lappen zwei kleine aber deutliche Augen. 45) Staurocephalus minimus n. Sp. An alten Fischkörben habe ich wiederholt einen ganz kleinen, weißen Staurocephalus gefangen, den ich für eine Jugendform zu halten geneigt war, bis ich ein reifes @ von nur 0,3 cm Länge fing, das mit weißen Eiern gefüllt war. Es hatte zwei unbewaffnete und 19 setigere Seg- ' mente. Der Kopf (Fig. 16 a) zeigte dorsal zwei Augen; vor ihnen zwei kurze ungegliederte Fühler; ventral saßen nahe am Stirnrande zwei andere Fühler von gleicher Gestalt. | Die Ruder hatten die gewöhnliche Form: die Cirri dorsales zeigten das abgesetzte Endstück, die ventrales nicht. Unterkiefer (Fig. 46 b). Oberkiefer nur aus wenigen Stücken be- stehend ; die untere Reihe hat einen feinen, zangenförmigen Träger und einige hakenförmige Zähne (Fig. 16 c), die selbst wieder gezähnelt sind. Der Träger der oberen Reihe (Fig. 16 d) ist flacher; die Stücke stecken | ! Annulata nova etc. p. 565. 2 II. p. 296 ff. 3 Eurers, Borstenwürmer. p. 389. 258 i Paul Langerhans, wie.Düten in einander, sind aber auch gezähnelt an einer ihrer Kanten (Fig. 16 d). Die Borsten sind im oberen Ruder einfach (Fig. 16 e), im unteren zusammengesetzt; es finden sich nur diese beiden Formen. Dieses Thier bietet ganz auffallende Ähnlichkeit mit Marıon-Borrerzey’s! Lacydonia miranda, so große, dass ich in großer Versuchung bin, es unter diesem Namen zu beschreiben. Aber dass diese beiden Forscher, deren An- gaben sonst so genau sind, die Bewaffnung des Rüssels sollten über- sehen haben, ist doch zu unwahrscheinlich. _ Phyllodocea. 16) Eulalia pulchra n. Aus größerer Tiefe erhielt ich eine zierliche Eulalia, deren unreife Exemplare bis über 4,0 cm lang waren und bis 200 Segmente besaßen. Sie erschienen dem bloßen Auge schwach grün gefärbt; die Farbe war aber in ganz bestimmter Weise angeordnet. Der Kopf (Fig. 17 a) war fast farblos; die ersten drei Segmente ganz grün, die folgenden hatten seitlich je einen, in der Mitte aber zwei grüne Flecke hinter einander. Weiter nach hinten, ungefähr am 400. Segment hörte die Färbung auf. Nur das Analsegment war wieder ganz grün (Fig. 17 b). Die Segmente der hinteren Körperhälfte waren, wie bei vielen verwandten Formen, durch eine Querlinie in zwei Ringel zerlegt. Der Kopf trägt vier frontale und einen kleineren Scheitelfühler ; da- hinter zwei Augen. Das erste Segment ein Paar kurze Fühlereirren mit dicker Basis; das zweite Segment zwei Paar Fühlercirren und Borsten- bündel; das dritte ein Paar Fühlercirren, Borstenbündel und Cirrus ventralis foliaceus. Die nicht großen Cirri dorsales sind oval (Fig. 17 c), ohne Spitze, ohne basalen Einschnitt; die ventrales eben so, nur kleiner. Anal (Fig. 17 d) zwei plumpe ovale Cirren und kleine mittlere Spitze, Alles dunkel saftgrün. Der Rüssel ist ausgestülpt, vorn dicht mit rundlichen Papillen be- setzt. Die Borsten sind zusammengesetzt; das messerförmige Endglied sehr fein gezähnelt. Nur in den letzten vier oder fünf Segmenten findet sich dazu noch eine einfache Borste. 17) Eulalia (Pterocirrus) macroceros Gr. Diese oft beschriebene Mittelmeerart habe ich nun auch hier aus größerer Tiefe in einigen Exemplaren erhalten. Sie ist zuerst von 1 Annelides du Golfe de Marseille. Ann. sc. nat. 4875. p. 57. Die Wurmfauna von Madeira. IV. 259 Grupe ! beschrieben, dann von Enters?; endlich hat MArRENZELLER ? die Synonymie aufgeklärt. Cirratulea. 18) Archidice glandularisn. s. Zwei Exemplare aus größerer Tiefe, 2,0 cm lang, circa 410 Seg- mente, braungelb gefärbt, unreif. Der Kopf (Fig. 18 a) trägt zwei Augen; Mundsegment von ihm nicht deutlich getrennt. Darauf folgt ein unbe- waffnetes Segment, das jederseits einen rothen Fleck hat, außen davon das erste Paar seitlicher Kiemenfäden trägt und dazu jederseits eine Gruppe von vier ziemlich dicken Tentakeln. Seitliche Kiemenfäden finden sich außerdem auf den nächsten 20 Segmenten, fehlen aber weiter nach hinten gänzlich. Alle Segmente außer dem Mundsegment und dem dar- auf folgenden sind bewafinet; sie tragen im dorsalen Bündel überall Haarborstien, im ventralen vom 18. setigeren Segment an daneben starke, ein wenig gebogene kürzere Borsten (Fig. 18 5), die nach hin- ten wieder feiner werdend allmählich in Haarborsten übergehen. Im ersten und zweiten setigeren Segment findet sich eine grüne Drüse. Die braunen Stränge im Dorsalgefäß reichen bis zum hinteren Ende des dritten bewaffneten Segmentes nach vorn. Capitellacea. 19) Notomastus latericius Sars. In meiner Arbeit über kanarische Anneliden habe ich einen Noto- mastus als N. Sarsii Glap.® beschrieben, den ich nun auch in Madeira an alten Fischkörben wiederholt gefangen habe. Es waren auch hier nur kleine Thiere, bis zu 2,0 cm und bis zu 65 Segmenten. Der Kopf ist zweiringlig, jederseits mit einer Gruppe von 15 bis 30 Augenflecken. Das Mundsegment trägt keine Borsten, der ausstülpbare Pharynx ist mit kleinen rundlichen Papillen besetzt. Dann folgen 11 Segmente mit ge- säumten Haarborsten, welche feiner und länger sind als die der 13 Seg- mente des N. roseus®. Diese Segmente sind durch eine mittlere Furche jedes in zwei Ringe getheilt. In den ersten Abdominalsegmenten stehen die beiden dorsalen Tori einander sehr nahe; sie haben nur 10 bis 12 Haken. Die ventralen Tori haben an ihrem dorsalen Ende einen kurzen 1 4860. Archiv für Naturgesch. Bd. XXVI. p. 82. ? Als E, volucris. Borstenwürmer. p. 165. 3 Wiener Akad. Ber. 4874. Bd. 69. p. 18. 4 Nova Acta Leop.-Carol. 4884. XLII. Nr. 3. p. 115. 5 Glanures. p. 54. 4864. 6 IM. p. 99. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 48 260 Paul Langerhans, Zapfen; sie zeigen 30 bis 40 Haken, und umgreifen die ganze Seite der Segmente bis gegen die ventrale Mittellinie hin. Die Blutkörperchen sind roth. Die Ovarien haben rothe bis braun- rothe Zellen mit dunkleren Pigmentkörnern. In der Größe stehen diese Exemplare allen bekannten ähnlichen Formen weit nach. Latericius! hat 5 bis 6 Zoll, rubicundus? 25 cm, Sarsii 7 cm. Dennoch scheinen sie mir noch mehr mit latericius als mit den anderen übereinzustimmen, da Kopf und Thoraxsegmente bei diesem wie bei unseren Thieren zweiringlig sind. Bei Sarsii sind die Thoraxsegmente dreiringlig, bei rubicundus scheinen sie nicht geringelt zu sein. Im Übrigen ist auch rubicundus eine sehr verwandte Form. 20) Capitella capitata. Die von der Nordsee bis zum Mittelmeer verbreitete C. capitata ist am eingehendsten von CLAararkdE in seinen Annelides de Naples be- schrieben. Kleine Exemplare dieser Art habe ich nun auch hier ge- fangen. Sie waren unter 1,0 cm lang, haben bis zu 40 Segmenten. Kopf mit zwei Augen; Mundsegment setiger. Die Anzahl der nur mit gesäumten Haarborsten versehenen Segmente war meist sieben, nur bei ganz kleinen Exemplaren geringer, wie das auch CLAPArkDE angiebt. Obwohl alle Thiere unreif waren, fand sich doch bei vielen am 8. und 9. Segment schon die erste Andeutung der Kopulationsborsten. Ge- fangen an alten Fischkörben. Ampharetea. Die Eintheilung der Familie der Amphareteen ist in den letzten Jahren wiederholt besprochen worden, und die Modifikationen der ersten MaALMmeRrEN’schen Eintheilung, welche Gruse einführt®, werden wohl ziem- lich allgemeine Anerkennung finden. Ich möchte nur nochmals“ vor- schlagen, die bestimmten Zahlen der Borstenbündel überhaupt aus den Gattungsdiagnosen zu entfernen. Damit würden auch Marıon’s® Be- denken schwinden, und man könnte der Bequemlichkeit halber MaLn- GREN’S Genera® Samytha und Amage beibehalten. Amphareteen ohne 1 Sırs, Fauna littor. Norveg. II. p. 9. 1856. 2 KEFERSTEIN, diese Zeitschr, Bd. XII. p. 123. 1862. — CLArARkDE, Beobach- tungen, Normandie p. 26. 4863. 3 Bemerkungen über die Amphicteneen und Amphareteen. Sitzungsber. der schles. Gesellsch. 4870, * JII. p. 104. 5 Draguages au Large de Marseille. p. 24. Anm. sc. natur. 4879. 6 Hafs-Annulater. p. 362. 1865. Die Wurmfauna von Madeira. IV, 261 Paleen, mit glatten Fühlercirren und sechs Kiemen würden die Gattung Samytha bilden; Amphareteen ohne Paleen, mit glatten Fühlercirren und acht Kiemen die Gattung Amage. Zu dieser würde dann gehören MarnGren’s A. auricula und nach Marıon Grupe’s adspersa. 21) Amage adspersa Gr. Aus größerer Tiefe auf Austerschalen erhielt ich zwei Exemplare einer Ampharetee von 0,5 cm und 1,4 cm. Die acht Kiemen waren mit je vier rothbraunen Ringen versehen. Kopf mit einem Bündel unge- fiederter Tentakel. Mund und zweites Segment ohne Borsten. Keine Paleen. Am dritten Segment beginnen die dorsalen Köcher gesäumter Haarborsten, von denen 47 vorhanden sind. Das dritte setigere Seg- ment ist das erste, welches Uncini trägt. Dieselben bilden am Thorax Reihen, in denen die dorsalen Uncini (Fig. 19 a) größer sind als die ventralen (Fig. 195). An den 41 Abdominalsegmenten sitzen die Uncini (Fig. 49 c) auf Füßchen, welche keinen Cirrus haben. Anal zwei Cirri. Diese Beschreibung würde nicht zu Gruse’s Sabellides adspersa! passen, der nur sechs Kiemen zukommen sollen. Aber Marıon? giebt an, dass S. adspersa ist »muni normalement de 8 branchies«. Terebellacea. 22) Octobranchus Giardi Mar. et Bohr. Bei Marseille haben MArıon und BoBRETZKY ® eine der Gattung Tricho- branchus Mgn. nahestehende Annelide gefunden und als Octobranchus Giardi bezeichnet. Ihre Exemplare waren nur bis 0,6 cm lang. Ich habe nun hier ein Exemplar dieser Art von 0,8 cm Länge gefangen, das im Thorax einzelne farblose Eier hatte und also wohl fast reif war. Es hatte wie die kleineren Marseiller 16 Segmente mit dorsalen Haar- borsten, von denen 43 ventral gestielte Haken tragen. Die Zahl der ab- dominalen Segmente ist 25; die Uncini (Fig. 20) sind hier ungestielt. Kopf und Mundsegment sind nicht zu trennen. Darauf folgt ein Segment mit ventraler Membran (collerette) und dorsal einem Paar Kiemen. Dann kommt ein größeres Segment, offenbar entstanden aus zwei Segmenten, welche Marıon und BoBrETzky an ihren jüngeren Exemplaren auch getrennt sahen. Es trägt dorsal hinter einander zwei Paar Kiemen und unterhalb des zweiten ein Borstenbündel, ventral zwei ‚ Membranen und zwei Paar Segmentalorgane. Das folgende Segment trägt das vierte Kiemenpaar, das dritte Paar Segmentalorgane, das 1 Archiv für Naturgesch. 41863. p. 57. 2.1.6. D.-28. 3 Annelides du Golfe de Marseille. Ann. sc. nat. 4875. p. 87. 48° 262 | Paul Langerhans, zweite dorsale Borstenbündel und die vierte ventrale Membran. Eine weitere Beschreibung ist in Rücksicht auf die völlige Übereinstimmung mit Marıon und Boprerzey’s Angaben unnöthig. 23) Trichobranchus glacialis Man. MALNGREN hat in Spitzbergen! diese eigenthümliche Art gefangen, für welche er mit Recht eine besondere Unterfamilie der Terebellen bil- det, zu welcher außer dem Trichobranchus auch der eben besprochene Octobranchus gehört. Ich hatte den Trichobranchus schon in Teneriffa gefunden?. Nun habe ich auch hier ein unreifes Exemplar gefangen, das sich von dem kanarischen nur durch den Besitz von zwei Abdominal- segmenten unterscheidet. Leaena oculata. MALNGREN hat zuerst echte Terebellaceen beschrieben, denen die Kiemen völlig fehlen, und er hat für die drei Arten nach der Zahl der dorsalen Borstenbündel die drei Genera Leaena mit 40, Lanassa mit 45 und Laphania mit 17 Pharetris aufgestellt. Ich habe, da die Zahl der Pharetrae nicht so konstant ist, wie MALMGREN glaubt, vorgeschlagen, diese Formen einstweilen unter Leaena zu vereinen und als L. oculata ® eine vierte kiemenlose Terebelle beschrieben, welche 14 Pharetrae be- sitzt. Bei genauerer Untersuchung finde ich, dass die Borsten in diesen Bündeln nicht von einerlei Form sind, sondern dass die weit hervor- stehenden Borsten zwar breit gesäumt und langspitzig sind, die anderen am Fuß des Bündels sitzenden aber eine andere Form haben (Fig. 22). Inzwischen habe ich hier noch eine fünfte kiemenlose Terebelle ge- fangen, welche ebenfalls sehr eigenthümliche Borsten besitzt. Es zeich- net sich also, wie es scheint, diese kleine Gruppe kiemenloser Terebel- len durch eigenthümliche Bewaffnung aus, und wenn erst mehr Arten bekannt sind, werden sich aus der Form der Borsten bessere Charaktere für die Verwandtschaft der Arten gewinnen lassen als aus der Zahl der Pharetrae. Die neue Form nenne ich nach Lupwise von GRAFF 24) Leaena Graffii. Drei Exemplare, von denen nur eines reif ist. Dies ist @, misst 1,0 cm ohne Tentakel, ist bräunlich gefärbt mit farblosen Fühlern und hat 43 Segmente. Der Kopf ist augenlos und trägt nur wenige Tentakel, 12 bis 45. Auf ihn folgen drei Segmente, welche etwas breiter sind als 1 Hafs-Annulater, p. 395. 2 Kanarische Anneliden. p. 147. 3 III. p. 108. Die Wurmfauna von Madeira. IV, 263 die folgenden; zwei davon sind unbewaffnet, das dritte trägt das erste Bündel dorsaler Borsten, von denen im Ganzen 16 vorhanden sind. Das fünfte Segment, also das dritte setigere, trägt den ersten ventralen Torus mit einer Reihe retrograder Uncini. Solche einfache Tori sind fünf vorhanden, und alle Segmente, bis zum neunten, zeigen deutliche Scuta ventralia. Vom 10. Segment (achten setigeren) an fehlen die Bauchschilder und die Tori bestehen aus zwei Reihen Haken, von denen die vordere ante-, die hintere retrograd ist. Vom 19. Segment an fehlen Tori und Pharetrae, und die 25 Abdominalringe tragen nur eine Reihe retrograder Haken mit Stützborsten. Die Borstenhöcker des Thorax tragen je zwei Formen von Borsten; die acht ersten Pharetrae besitzen ein hervortretendes Bündel einfach gesäumter Haarborsten (Fig. 21 a) und am Fuße dieses Bündels mehrere Borsten mit gezähntem Rande (Fig. 21 b), welche nur dem ersten Bündel fehlen. Die acht hinteren Pharetrae haben ein hervorstehendes Bündel federartiger Borsten (Fig. 21 c), während die Borsten am Fuße des Bün- dels dieselben sind, wie vorn (Fig. 21 5b). Die Uncini haben die Form der Fig. 21 d. Sie sind am Abdomen von gleicher Form, aber kürzer, im Verhältnis 5 : 7. 25) Terebella Meckelii D. Ch. Die im ganzen Mittelmeer verbreitete T. Meckelii habe ich ziemlich häufig an Fischkörben gefangen, aber nur in kleinen und unreifen Exem- plaren. Eines der größten maß ohne Fühler 2,0 cm, hatte 47 Pharetrae und über 60 Abdominalsegmente. Der Körper ist hellbräunlich mit weißen Flecken, die Fühler etwas heller, ebenfalls mit weißen Pig- mentflecken. Der Kopflappen hat stets genau in der Mitte dorsal einen weißen Pigmentfleck, und jederseits davon über 60 Augenpunkte. Die drei Paar Kiemen sind in der Weise verästelt, wie es Grusei und CrArarkE? angegeben haben, nicht wie bei Monticu’s3 Nebulosa. Anal sechs runde Lappen, zwei ventral, dorsal zwei kleine zwischen zwei großen, alle weiß pigmentirt. Die 47 Pharetrae tragen einfach gesäumte Haarborsten von einerlei Form. Die Uncini sind am zweiten bis siebenten setigeren Segment in einer retrograden * Reihe angeordnet, am 8. bis 17. in zwei in einander geschobenen, am Abdomen in einer retrograden Reihe mit Stützborsten. ! Archiv für Naturgesch. 4855. Taf. IV, Fig. 14. 2 Annel. de Naples. II. p. 134. 4868, 3 Linn, Trans. XII. Taf. XII, Fig. 2. A818. * CrarankpdE schreibt hier wie bei den anderen Arten irrthümlich progressiva statt retrogressiva. 264 | Paul Langerhans, Sie sind am Abdomen etwas kleiner und schlanker, aber genau ähnlich in der Form (Fig. 23). Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass der Name Meckelii überhaupt dem älteren nebulosa wird weichen müssen, da die Unterschiede zwischen beiden doch zu gering sind. Ich habe also DELLE CHIaJE’s Namen nur darum beibehalten, weil meine’ Exemplare am meisten mit der CrLararkDE’schen Beschreibung der Mittelmeerform über- _ einstimmen. 26) Terebella (Physalia) flavescens Clap. Eine Terebelle, die ich in zwei Exemplaren hier in Madeira- und einmal in Teneriffa gefangen habe, glaube ich auf GLararkpe’s flavescens 1 beziehen zu dürfen. Ein reifess © maß ohne Tentakel 4,5 cm, war gelbroth gefärbt, hatte 17 setigere Thorax- und 26 abdominale Seg- mente. Die zahlreichen Tentakel zeigen peritoneal eine braun-violette Färbung, welche auch an, den Präparaten sich nun vier Jahre lang ge- halten hat. Kopf mit vielen Augen. Kiemen zwei Paar, auf längerem Stiele dendritisch verästelt (Fig. 24 @). 47 Segmente. Pharetrae von ein- fach gesäumten Haarborsten einerlei Form. Vom zweiten setigeren Seg- ment an Uncini, erst sechs Tori nur retrograd, dann 10 Tori abwechselnd gestellt. Abdomen nur retrograd mit Stützborsten. Die Uncini (Fig. 24 b) werden hinten etwas kleiner, ändern aber ihre Form nicht. In jeder Reihe sind die dorsalen Uncini bedeutend größer als die ventralen. An den ersten drei Thoraxsegmenten drei Paar größere Segmentalorgane. Diese Beschreibung stimmt nicht ganz mit der vom ÜLAPAREDE, namentlich nicht in Bezug auf die Segmentalorgane (6:3). Aber die Farbe der Tentakel und Gestalt wie Anordnung der Borsten sind so übereinstimmend, dass ich beide doch für identisch halte. 27) Lysilla nivean. Aus größerer Tiefe auf Korallen bekam ich eine Lysilla, die den Eindruck eines echten Tiefenthieres machte. Vollkommen weiß, bis 1,2 cm lang, nur die stark entwickelten Segmentalorgane des Thorax zinnoberroth gefärbt. Kopf ohne Augen, Tentakel weiß, zahlreich und lang. Die Segmente des Thorax zeigen ventral viele Reihen kleiner Felder; die des Abdomen sind deutlich zweiringlig, und jeder Ring ist in eine Reihe neben einander liegender Felder getheilt. Analende rund, ohne Lappen. Das Abdomen ist ganz ohne Borsten ; es besteht aus circa 70 Segmenten. Am Thorax finden sich zarte dorsale Pharetrae einfacher Haarborsten, die aber an der Spitze wie zarte Kornähren gestaltet sind (Fig. 25). Die Zahl dieser Pharetrae ist nicht konstant; ich habe vier, 1 Annelides de Naples. 4868. II. p. 136. N Die Wurmfauna von Madeira. IV. 265 sieben, neun und zehn Paar beobachtet. Die Thoraxsegmente zeigen außerdem neun Paar rother Segmentalorgane. Diese Form scheint von MaunGren’s L. Loveni! und Wesster’s L, alba 2 verschieden zu sein. Polyeirrus.: Den Bemerkungen, welche GLararzDE ? über MaLngren’s ® Einthei- lung der Polyeirriden macht, stimme ich vollkommen bei und acceptire seine Eintheilung der zu dieser Gruppe gehörenden Formen. Es blei- ben dann im Genus Polycirrus, so weit ich die Litteratur übersehen kann, neun Arten, nämlich P. medusa Gr., aurantiacus Gr., albicans Mgn., Smitti Mgn., haematodes Clap., pallidus Clap. Galiendrum Clap. und meine beiden triglandula und tenuisetis. Es scheint mir richtig bei all diesen Arten als Thoraxsegmente diejenigen aufzufassen, welche keine mit Stützborsten versehenen Pinnulae haben, und als Abdominal- segmente die mit Pinnulae und Stützborsten versehenen. Wir können dann die bekannten Formen in zwei Gruppen bringen. Die eine hat keine Uncini am Thorax, und die abdominalen Uncini sind an Gestalt überall gleich. Dahin gehören medusa, albicans, Smitti und haemato- des, von denen vielleicht medusa, haematodes und Smitti zu vereinen sind. Die andere Gruppe besitzt am Thorax Uncini, welche meist an- ders gestaltet sind als am Abdomen. Dahin gehören aurantiacus, palli- dus, caliendrum, triglandula und tenuisetis. Von diesen stehen pallidus und caliendrum mit je sechs Segmentalorganen einander sehr nahe, eben so triglandula und tenuisetis mit je drei Segmentalorganen. 28) Polycirrus haematodes GClap. In einem Exemplar habe ich nun diese von CLArArkpe 5 im Mittel- meer gefangene Art auch hier gefunden. Dasselbe maß 1,5 cm, hatte circa 40 bewaflnete Segmente, und war roth gefärbt. 14 Paar Pharetrae mit gesäumten Haarborsten, sechs Paar rothe Segmentalorgane, keine Uneini am Thorax, aber acht Bauchschilder. Pinnulae mit Stützborsten vom 13. setigeren Segment an, alle Uncini (Fig. 26) in einfacher Reihe einander gleich, ganz ähnlich den abdominalen Haken von aurantiacus. Anal zwei runde Lappen. ! Hafs-Annulater. p. 393. ? Annelida chaetopoda of the Virginian coast. p. 63. 1879. 3 Ann. de Naples. p. 444. 4 Hafs-Annulater. p. 390. 5 4864. Glanures. p. 485. 266 Paul Langerhans, Polyeirrus aurantiacus. Außer den in III, p. 108 beschriebenen Exemplaren dieses Thieres sind mir nun an alten Fischkörben unreife Exemplare vorgekommen, welche vollkommen mit meiner früheren Beschreibung übereinstimmen, aber ganz ungefärbt sind. Sie sind 4,0 cm lang und haben 4% setigere Segmente, von denen stets 12 auf den Thorax kommen. Der Thorax hat acht Paar farblose Bauchschilder, drei Paar farblose Segmentalorgane; seine Uncini haben genau die Gestalt III, Fig. 23 a und beginnen am sechsten oder siebenten setigeren Segment. Pharetrae 12, 44 bis 19 Paar. Abdomen beginnt am 13. Segment; die Uncini haben die Gestalt II, Fig. 23 db, wobei jedoch zu bemerken ist, dass der obere Zahn bei diesen Exemplaren eben so wie bei den gefärbten meist nicht einfach ist, sondern zwei kleine Nebenzähne hat, und so im Profil oft erscheint wie auf Fig. 26. Trotz des Unterschiedes in der Färbung glaube ich mich berechtigt, diese Thiere zu aurantiacus zu stellen. 29) Polycirrus pallidus Clap. Ein reifes @ von 1,5 cm Länge, 40 setigeren Segmenten, von denen nur AA Thoraxsegmente sind, und blassrother Farbe. Sechs Paar rothe Segmentalorgane, die unterhalb der Pharetrae münden. Dorsale Borsten- bündel 44, mit gesäumten Haarborsten. Die Uncini am Thorax (Fig. 27 a) beginnen am siebenten bewaffneten Segment. Abdomen fängt am 12. Segment an; die mit Stützborsten versehenen Uneini stehen in einer Reihe und sind etwas zarter, länger und zahnreicher als am Thorax (Fig. 27 5). Sabellidae. 30) Sabella (Potamilla) reniformis var. polyophthalmos. In größerer Tiefe habe ich namentlich auf alten Korallen viel größere Exemplare der S. reniformis gefangen als früher (III, p. 112). Ihre Kiemenaugen sind nicht immer auf vier pro Strahl beschränkt, sondern betragen bisweilen sechs bis zehn. GrusE! hat ein Exemplar von den Philippinen desshalb specifisch von reniformis trennen zu sollen geglaubt. Mir scheint das kaum nöthig; es ist wohl genügend diese augenreichere Form als Varietät anzuerkennen. Das Exemplar maß 4,0 cm ohne Kie- men, 5,0 cm mit ihnen. | Die Kiemen sind violett, weiß gefleckt, je 45 Strahlen, welche mit. 1 Annulata Semperiana. p. 247. 4878. Die Wurmfauna von Madeira, IV. 267 Ausnahme der beiden dorsalen, sechs bis zehn zusammengesetzte Augen tragen. Die Fiedern sind lang, circa 12mal so breit wie die Strahlen, 70 bis 80 Paare pro Strahl. Collare dorsal klaffend, ventral gespalten. Thorax ventral weißlich, pro Segment zwei durch eine Querfurche getrennte Bauchschilder, dor- sal braun. Setigere Thoraxsegmente 12; das erste nur mit dorsalen Borsien, das 42. rechts schon mit abdominaler Bewaffnung. Neben dem ventralen Torus ein rother Punkt, dasselbe neben dem dorsalen Köcher. In diesem vom zweiten Segment an gesäumte Haarborsten und sog. Paleen; ventral die beiden Borstenarten der Gattung. Abdomen 125 Seg- mente. Kiemenknorpel siehe Fig. 28. 34) Sabella (Potamilla) stichophthalmos Gr. Gruge ! hat im adriatischen Meere eine Sabella gefangen, welche dann von Marıon und BopBrerzky? bei Marseille gefunden wurde und auch hier in Madeira in größerer Tiefe, namentlich in und auf Korallen, häufig vorkommt. Das grünliche Thier ist durch die einfachen Augen, welche an jedem Kiemenstrahl jederseits zu drei bis zehn in einfacher Reihe an- geordnet sind, genügend charakterisirt. Meine Exemplare stimmen voll- kommen mit den l. c. gegebenen Beschreibungen überein. Hervorheben möchte ich nur, dass diese Art durch den Besitz sog. Paleen am Abdomen sich von allen verwandten Formen unterscheidet. Diese Paleen werden in den fünf bis sechs letzten Segmenten zarter und schmäler, so dass sie sich nicht mehr von gesäumten Haarborsten unterscheiden. Die Drü- sen am Kopfe münden gemeinsam dorsal, ein neuer Einwand gegen Crararkoe’s Auffassung der Eriographiden °. 32) Potamilla incerta.n. In meinem Aufsatz über kanarische Anneliden ? habe ich eine Sa- belle als Potamilla breviberbis Grube beschrieben, welche sicher nicht mit dieser Mittelmeerform übereinstimmt. Denn Gruser’s Art5 hat keine Paleen und ist also gar keine Potamilla. Indem ich also meinen Irrthum berichtige, auf den mich v. MArENZELLER liebenswürdiger Weise hinge- wiesen hat, nenne ich meine Form incerta, um damit anzudeuten, dass ich wirklich nicht weiß, ob sie neu ist. Ich habe sie inzwischen häufig hier an Fischkörben gefangen, an denen sie zusammen mit Branchiomma vesiculosum ein ähnlich vagirendes Leben führt wie Terebella Meckelii. Größere Exemplare waren ohne Kiemen 4,5 cm, mit ihnen 2,0 cm lang, und hatten acht Thorax- und bis 60 Abdominalsegmente. Die Farbe des ! Archiv für Naturgesch. 1863. p. 62. ? Annelides de Marseille. 4875. p. 92. 3 cf. III, p. 410. 4 p. AA8. 5 Archiv für Naturgesch. 4860. p. 142. 268 Paul Langerhans, - Leibes ist grünlich mit weißen Flecken, Kiemen bis zu 10 Strahlen jeder- seits, deren Epithel stellenweise gelb inkrustirt ist und braun gebändert. Das freie Ende ist merklich dicker und auch zum Theil mit gelbem Pig- ment versehen (Fig. 29 a). Die Fiedern sind zahlreich und kurz, wenn auch in verschiedenen Exemplaren von recht verschiedener Länge, zwei- bis fünfmal so lang als die Strahlen breit sind. Der Knorpel (Fig. 29 b) ist in der Dorsalansicht zweizellig, im Profil nur einzellig, d. h. er be- steht in jeder Strahl aus einer im Querschnitt zweizelligen Säule. Collare ventral gelappt, dorsal klaffend, niedrig. Thorax mit acht setigeren Segmenten, von denen das erste jederseits eine Gehörkapsel mit mehreren Otolithen trägt und ein dorsales Bündel einfach gesäum- ter Haarborsten (Fig. 29 c). Vom zweiten Segment an dorsal dazu die sog. Paleen (Fig. 29 d), ventral die beiden Borstenarten der Gattung (Fig. 29 e). Am Abdomen dorsal kürzere Haken (Fig. 29 f), ventral Borsten von der Form Fig. 29 g. Anal sechs rothe Augenflecke. 33) Potamilla socialis n. In kleinen sandbedeckten glasigen Röhren saß auf einer alten Ko- ralle, Dendrophyllia ramia, eine Gesellschaft kleiner Sabellen, die mit ihren Kiemen kaum 0,5 cm maßen. Die Kiemen hatten jederseits vier oder fünf Strahlen, mit zwei Reihen Knorpelzellen; alle Fiedern, deren Länge vier bis sechs Strahlenbreiten beträgt, sind farblos; eben so der größere untere Abschnitt der Strahlen. Ihr oberes Dritttheil aber nebst der freien Spitze, deren Dimensionen ganz die der Fiedern sind, zeigen braune Farbe. Collare dorsal klaffend, ventral median incidirt und dann noch jederseits zweilappig. Thorax mit neun bis zehn bewaffneten Segmenten. Das erste trägt nur einfach gesäumte Haarborsten (Fig. 30 a). Vom zweiten an dorsal dazu Paleen (Fig. 30 b, c), ventral die Borsten der Gattung (Fig. 30 d, e). Abdomen mit 60 bis 70 Segmenten, deren dorsale Haken (Fig. 30 f) ungestielt sind, und deren ventrale Borsten sehr den Paleen ähneln (Fig. 30 g). Anus (Fig. 30 h) ventral, Analsegment weiß pigmentirt, ohne Augenflecke. 34) Branchiomma vesiculosum Mont. Zusammen mit Potamilla incerta habe ich auf Fischkörben häufig ein Branchiomma gefunden, das ich auf die alte Art von Montacu be-. ziehen zu dürfen glaube!. Alle Exemplare waren unreif, maßen bis 1,5 cm ohne und 2,1 cm mit Kiemen, und waren braun mit weißen 1 cf. CLAPAREDE, Ann. de Naples. II. p. 164. Die Wurmfauna von Madeira. IV. 269 Pigmentflecken. Die Kiemen, bis zu je zehn Strahlen, waren ebenfalls braun mit weißen Binden, und tragen subterminal das zusammenge- setzte Auge (Fig. 31 a). Ihr Knorpel zeigt im Profil zwei Reihen Zellen (Fig. 34 b). Es trugen übrigens junge Individuen nur am dorsalen Kiemenstrahl jederseits das Auge, ältere dann mehr, und selbst meine größten nur an sieben von den zehn Strahlen. Thorax mit acht setigeren Segmenten, von denen das erste nur ein- fach gesäumte Haarborsten trägt (Fig. 31 c). Die anderen dazu dorsal Paleen (Fig. 34 d), ventral die Borsten der Gattung (Fig. 31 e, f). Ab- domen bis zu 60 Segmenten mit dorsalen kurzen Haken (Fig. 31 9) und ventral stark geschwungenen Borsten (Fig. 34 Ah). Analsegment mit mehreren Augenpunkten (Fig. 34 ?). 35) Sabella variabilis n. An Fischkörben, wie auf Korallen aus größerer Tiefe, habe ich oft eine ansehnliche Sabelle gefangen, die ich nicht im Stande bin, auf eine der bekannten Formen zu beziehen. Ihre Röhren sind gleichmäßig mit feinem Sande bedeckt. Die Thiere maßen bis zu 4,0 cm ohne Kiemen; die Kiemen bis 2,5 cm. Die Farbe des Körpers variirt von hell gelb- grün bis dunkelbraun. Die Kiemen sind hell gelbgrün mit bis zu acht braunen Binden. Sie haben jederseits bis zu 15 Strahlen, an denen die Membran nur bis kaum 1/, ihrer Höhe emporreicht. Das Ende der Strahlen zeigt eine subterminale Anschwellung (Fig. 32 «), bestehend aus stärker entwickelten Epithelzellen ohne Pigment. Sie ist bald mehr bald weniger ausgebildet. Der Kiemenknorpel hat zwei Zellen im Profil (Fig. 32 db). Die Fie- dern sind zahlreich, lang und zart. Keine Augen an den Kiemen. Collare (Fig. 32 c) dorsal klaffend, ventral und seitlich incidirt. Es wird ventral von einem dreizipfeligen violetten Lappen überragt und ist selbst ventral oft violett gefärbt. Am Thorax finden wir vom dritten Torus an zwischen Torus und Pharetra einen Augenfleck, eben so am Abdomen. Das Analsegment hat jederseits auf einem ovalen Wulst eine Gruppe von rothen Augen- flecken. Der Anus mündet zwischen diesen Wülsten dorsal (Fig. 32 d). Diese Augenflecke sind an stark gefärbten Exemplaren nur schwer zu sehen. Die Drüsen im Thorax münden vereint dorsal. Der Thorax hat acht setigere Segmente, welche dorsal alle einfach gesäumte Haarborsten (Fig. 32 e) tragen und dazu eine untere Reihe von breiter gesäumten Borsten (Fig. 32 f), aber keine Paleen. Ventral vom zweiten Segment an eine obere Reihe kurzer Haken (Fig. 32 h) und eine untere Reihe sog. Lanzen (Fig. 32 g). Das Abdomen trägt an seinen 270 | Paul Langerhans, 40 bis.60 Segmenten dorsal dieselben kurzen Haken, ventral geschweifte . Borsten (Fig. 32 ı). 36) Jasmineira candela Gr. GrugE hat in der Adria in einem Exemplar eine auffallende Sabelle ! gefangen, welche ich nun hier auch in einem Exemplar angetroffen habe, und ihrer Bewaffnung halber, die GruBE nicht näher beschrieben hat, zu meiner Gattung Jasmineira stellen muss. Das Thier stammt aus größerer Tiefe, hatte eine kurze, gedrungene Gestalt, und maß ohne Kiemen 0,7 cm, mit ihnen 1,3 cm. Es war farblos mit ziegelrothen Flecken. Kiemen je 16 Strahlen mit vielen und langen Fiedern; das Ende trägt einen ovalen Lappen (Fig. 33 a), der meist zusammenge- klappt getragen wird und leicht abbricht. Collare ventral mit einem mittleren und zwei seitlichen kleinen Ein- schnitten. Thorax mit acht setigeren Segmenten, von denen das erste nur ein dorsales Bündel einfach gesäumter Haarborsten trägt. Vom zweiten an kommt dazu eine Reihe Borsten (Fig. 33 5) und eine andere Reihe (Fig. 33 c), welche zwar von den gewöhnlichen Paleen verschie- ‘den sind, aber ihnen doch ähneln. In der Profilansicht sehen diese bei- den Borstenformen aus wie Fig. 34 b und c. Ventral vom zweiten Seg- ment an eine einfache Reihe langgestielter Haken (Fig. 33 d). Das Abdomen hat nur zehn setigere Segmente, welche ventral ein starkes Bündel langer und feiner gesäumter Haarborsten tragen, und dorsal eine ansehnliche Reihe kurzer Sabellenhaken. Analsegment (Fig. 33e) mit mehreren Augenpunkten. Anus ventral. 37) Jasmineira oculatan. Ein kleines Thier von kaum 0,5 cm Länge, farblos. Kiemen je zehn Strahlen, röthlich, ohne Membran. Collare dorsal incidirt, sonst ganzrandig. Am Kopf jederseits eine Augengruppe. Das erste bewafl- nete Segment hat jederseits eine Gehörkapsel mit einem runden Oto- lithen. Der Thorax hat acht Segmente, von denen das erste nur ein dorsales Bündel von gesäumten Haarborsten trägt (Fig. 34 a). Die an- deren haben außerdem eine Reihe Borsten wie Fig. 34 b und eine Reihe wie Fig. 34 c, welche in Dorsalansicht aussehen wie Fig. 33 b und c. Dazu ventral eine Reihe gestielter Haken (Fig. 34 d). Abdomen mit neun Setigeren Segmenten, welche ventral ein ansehnliches Bündel langer, fein gesäumter Haarborsten tragen und dorsal kurze Haken (Fig. 34 e). Anal zwei Augenpunkte (Fig. 34 f). Es ist möglich, dass diese Form nur die Jugendform von J. candela 1 Archiv für Naturgesch. 4863. p. 60. Die Wurmfauna von Madeira. IV. 274 ist; denn die Borsten stimmen vollkommen überein. Dann würden die Kiemen ihre Anhänge verloren haben und das Analsegment einen noch unentwickelten Zustand darbieten. 38) Euchone rosean. Aus größerer Tiefe an Korallen erhielt ich eine Anzahl unreifer Exemplare einer kleinen Euchone, welche mit Kiemen nur 0,5 cm maßen und rosa gefärbt waren. Die Kiemen hatten jederseits fünf Strahlen und drei freie Nebenstrahlen, waren an ihrer Basis röthlich in- krustirt, und bis zur Hälfte ihrer Höhe durch eine Membran vereinigt, welche sich als Saum längs eines jeden Strahles fortsetzte wie bei Euchone analis. Ihr Knorpel hatte eine Zelle im Profil ; die erste Knorpel- zelle der Fiedern war in ganz eigener Art damit verbunden (Fig. 35 a). Collare dorsal klaffend (Fig. 35 d), ventral nur mit ganz kleiner mittlerer Incisur. Im unbewaffineten Kopfsegment jederseits zwei Augenpunkte. Kopfdrüsen münden gemeinsam. Thorax mit acht setigeren Segmenten, von denen das erste jeder- seits eine Gehörkapsel mit einem Otolithen trägt und ein dorsales Bündel Haarborsten (Fig. 35 e\. Vom zweiten Segment an dazu dorsal Paleen (Fig. 35 fJ), und unter ihnen im dorsalen Bündel eine Reihe von fünf kurzen, ungesäumten Borsten (Fig. 35 g), ventral gestielte Haken (Fig. 35 2). Abdomen mit 18 setigeren Segmenten und einem Analsegment mit zwei Augenpunkten (Fig. 35 d). Die weit klaffende Analspalte umfasst ventral nur vier setigere Segmente, während die Membran dorsal bis zum sechsten Segment reicht (Fig. 35 c). Die vorderen Abdominalseg- mente zeigen Bauchschilder, welche durch eine Querfurche und die Kothfurche in vier pro Segment getheilt werden. Die Borsten sind ven- twral lange, gekrümmte Haarborsten (Fig. 35 h), dorsal kurze Uncini, die vorn anders gestaltet sind (Fig. 35 k) als hinten (Fig. 35 2). Von den bekannten Formen der Art ist E. analis ! unserer am ähn- lichsten; indess die ganz anderen Verhältnisse der Analspalte hindern wohl eine Vereinigung beider. 39) Fabricia Sabella. Diese weit verbreitete Art, die ich auch in Teneriffa schon gefunden hatte, habe ich nun auch hier an Fischkörben nicht selten angetroffen. 40) Leptochone violacean. An Fischkörben habe ich häufig eine Leptochone gefangen, welche ! MALMGREN, Hafs-Annulater. p. 406. 272 Paul Langerhans, in der Färbung ganz der alten Art Myxicola infundibulum gleicht. Es waren nämlich an dem sonst neutral gefärbten Thier die Spitzen der Kiemenstrahlen (Fig. 36 b) in wechselnder Ausdehnung dunkel violett gefärbt, und nur wenige Exemplare waren ganz farblos. Die Thiere waren sämmtlich unreif und maßen bis zu 4,5 cm ohne Kiemen, 2,3 cm mit Kiemen. Diese hatten bis zu 11 Strahlen jederseits (Fig. 36 a), welche bis zu drei Vierteln ihrer Länge durch eine Membran verbunden und fast eben so weit mit Fiedern besetzt waren. Der Kiemenknorpel hat eine Zelle im Profil (Fig. 36 d). Das erste unbewafinete Segment trägt zwei Gruppen von Augen- punkten (Fig. 36 a). Der Thorax hat acht, nur selten neun setigere Segmente, von denen das erste ganz mit Wimperhaaren bedeckt ist, jederseits eine Gehörkapsel mit einem Otolithen besitzt und ein dorsales Bündel zarter Haarborsten (Fig. 36 e) trägt. Alle anderen Thoraxseg- mente haben dorsal dieselbe Bewaffnung; ventral eine Gruppe gestielter Haken (Fig. 36 f). Vom vierten Thoraxsegment an bis hinten jederseits pro Segment ein Auge. Das Abdomen hat 30 bis 50 Segmente, welche jedes seitlich eine sehr lange Reihe kleiner Uncini tragen, in der größere (Fig. 36 g) mit kleineren (Fig. 36 Rh) abwechseln; dazu ein Bündel Haarborsten wie am Thorax, welche zwar nach hinten hin immer weniger werden, aber doch nicht fehlen. Anal mehrere (sechs) Augenflecke (Fig. 36 ;). Es ist sehr möglich, dass diese Art mit L. Steenstrupi identisch ist. Da aber die vorhandenen Beschreibungen ! zur Feststellung dieser Iden- tität nicht genügen, so ziehe ich es vor, einstweilen meine Art neu zu benennen. 44) Leptochone parasites Quatr. Viel seltener als die vorige Art, aber mit ihr zusammen, kommt eine andere Leptochone vor, welche vielleicht mit QuATREFAGES’ parasites 2 übereinstimmt, obwohl die Beschreibung dieses Autors durchaus unge- nügend ist. Ein reifes Q maß 2,5 cm ohne, 4,0 cm mit Kiemen, ein reifes Z' war etwas kleiner. Der Leib erwachsener Thiere ist ziegel- roth, die Kiemen ganz farblos. Letztere gleichen in der Form ganz denen der vorigen Art; außen an den Strahlen sind die Epithelzellen groß, fast blasig und geben ihnen dadurch ein eigenthümliches Ansehen. Es sind je 14 Strahlen vorhanden, deren Knorpel (Fig. 37 a) nur eine Zelle im Profil darbietet. Der Thorax hat acht setigere Segmente, deren erstes zwei Ohren 1 MALMGREN, Hafs-Annulater. p. 408. 2 Histoire nat. des Annelees. 1865. II. p. 480. Die Wurmfauna von Madeira. IV. 271.3 mit einem Otolithen trägt und ein dorsales Bündel feiner Haarborsten (cf. Fig. 36e). Die anderen Thoraxsegmente sind dorsal eben so bewaffnet, und iragen ventral ein Bündel langer Haken (Fig. 37 c). Das Abdomen hat nur his 36 Segmente, an denen Borstenbündel vollkommen fehlen. Es sind nur die Seiten der Segmente mit langen Reihen kleiner Uncini (Fig. 37 d) besetzt, deren Form von der aller be- kannten Arten abweicht. Dazu kommt pro Segment jederseits ein Auge, am runden Analsegment eine Gruppe von solchen (Fig. 37 b). Eier roth. Serpulidae. Ich kenne keine Annelidenfamilie, bei der die Anzahl der Namen in einem so ungünstigen Verhältnis zu unserer Kenntnis der Formen steht, wie bei den Serpeln mit Thorakalmembran. Daher haben wir bei keiner anderen Familie eine so unbefriedigende Systematik, d. h. eine so ungenügende Einsicht in die Beziehungen der Formen zu einander. Es war allerdings ein Fortschritt gegen früher, als PnıLıprı zuerst auf die Bedeutung des Operculum hinwies und die Serpeln statt nach den Röhren, nach dem Bau des Operculum eintheilte. Wir sind aber jetzt etwas weiter gekommen, und wissen, dass die Kenntnis des Deckels nicht zur Kenntnis des Thieres genügt, dass nahe verwandte Formen bei der Eintheilung nach dem Operculum weit aus einander gerissen wer- ' den. Wir wissen also, dass auch PnaıLıppr's Systematik ein überwundener Standpunkt ist, und dass wir genauer auf den Bau der Thiere eingehen müssen, um weiter zu kommen. Mit dieser Einsicht sind wir aber zur Zeit am Ende unserer Weisheit angekommen. Denn fast alle vorban- denen Beschreibungen von Serpeln sind nicht eingehend genug, um uns weiter zu helfen. Selbst Crarırtpe hat den Borsten nicht genügende Aufmerksamkeit zugewendet. Doch ist er der Erste gewesen, welcher ein näheres Eindringen in die Organisationsverhältnisse versucht hat; und mit der Aufstellung! seiner Gattung Salmacina, auf Grund der Be- waflnung des ersten Segmentes, hat er entschieden einen Schritt vor- | wärts gethan. Leider hat er denselben später halb wieder zurückge- nommen ich meine, mit Unrecht, und möchte an der ersten Definition von Salmacina festalten. Mein Material gestattet mir leider auch keine wesentliche Förderung unserer Kenntnisse. Aber so beschränkt es auch ist, so erlaubt es doch, ‚einstweilen drei Typen zu unterscheiden, deren jedem eine Anzahl von Formen angehört. Vielleicht wird es bei genauerer Kenntnis einer | | | 1 Annelides de Naples. II. p. 176. 2 Supplement p. 548. 2374 | Paul Langerhans, größeren Anzahl von Arten möglich sein, auf diesem Wege weiter in die Systematik einzudringen. Der erste dieser Typen ist die Gattung Serpula. Wir finden bei ihm an allen Thoraxsegmenten nur eine Art dorsaler Borsten, nämlich einfache gesäumte Haarborsten, natürlich mit Ausnahme des ersten seti- geren Segmentes. Am Abdomen finden wir die sog. Spateln. Hierher gehören die Genera Serpula und Eupomatos mit besonderer Bewaffnung des ersten Segmentes, Pomatoceros ohne solche besondere Bewaffnung. Daran schließen sich Placostegus ohne Borsten am ersten Thoraxsegment, und Crararkpe’s Psygmobranchus coecus!, der aus dem Genus Psygmo- branchus ausscheiden muss. Ganz nahe stehen dem Serpulatypus ferner die Genera Protula und Psygmobranchus, welche am Abdomen die ge- schweifte Borste der Vermilien haben. Der zweite Typus ist Filograna. Die Thoraxsegmente haben hier außer den gesäumten Haarborsten der Serpula vom dritten Segment an je eine Borste, wie sie CLAPAREDE zuerst bei Salmacina beschrieben hat, und die ich desshalb Salmacinenborste nenne (cf. Fig. 41 e). Am Ab- domen finden sich niemals Spateln, wie bei Serpula, sondern immer eine geschweifte Haarborste, wie bei Vermilia (cf. Fig. #1 d). Zu dieser Form gehört Filograna mit zwei Deckeln, Apomatus mit einem, Filogranula, Salmacina, Spirorbis und wohl auch Pileolaria. Die dritte Form endlich ist durch Vermilia infundibulum repräsen- tirt. Wir haben hier an den Thoraxsegmenten nicht nur die Salmacinen- borste, und zwar statt einer deren zwei bis drei, sondern außerdem noch eine zweite Art gesäumter Haarborsten, die bei keiner der beiden anderen Formen vorkommt. Am Abdomen die langgeschweifte Borste der Vermilien. Zu dieser Form gehört zunächst nur Vermilia mit gleicher Bewaffnung des ersten Thoraxsegmentes und Omphalopoma mit stär- kerer Bewaffnung dieses Segmentes. Die Art, wie das erste Thoraxsegment dorsal bewaffnet ist, hat ohne Frage ihre Bedeutung für die Abgrenzung natürlicher Gruppen, wie das CLAPAREDE Schon hervorgehoben hat. Dennoch glaube ich kann man gerade diesem ersten Borstenbündel nur eine sekundäre Bedeutung zu- erkennen. Es schwankt in weiterem Maße, als die anderen, und wird offenbar leichter durch Anpassung verändert. Es ist weniger typisch. Das schließe ich aus zwei Beobachtungen. Die erste ist das gänzliche Fehlen dieses Bündels bei Placostegus (siehe unten), offenbar verursacht durch die Entwicklung des Augengürtels. Die zweite ist das Vorkom- men der ganz abweichenden Borsten des ersten Segmentes bei Omphalo- 1 Supplement p. 517. Die Wurmfauna von Madeira, IV, 275 poma spinosa (cf. Fig. 45), einer Form, die doch ihrer ganzen Organi- sation nach den unten näher beschriebenen Vermilien sehr nahe steht. Hätte die Bewaffnung des ersten Thoraxsegmentes eine typische Bedeu- tung, dann würde diese Omphalopoma sehr weit verschieden sein von den Vermilien, was ganz offenbar nicht der Fall ist. Serpula concharum. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass diese Art, die ich inzwi- schen häufig gefangen habe (II, p. 118), mit Puripr’s S. subquadran- sula identisch ist. Eine neue Untersuchung der Mittelmeerform wird das leicht entscheiden. Placostegus tricuspidatus. Ich habe schon früher das Vorkommen dieser Art in Madeira er- wähnt (III, p. 420) und sie seitdem auf Austern und Korallen aus größerer Tiefe sehr häufig erhalten. Die glashelle Röhre ist stets zum Theil spiralig 'aufgewunden, ihr Ende frei; die dorsale Kante oft zum Theil in einzelne Dornen aufgelöst. Das Operculum (l. c.) trägt eine einfache kalkige Endplatte. Kiemen je 44 Strahlen, roth oder bräun- lich gefärbt mit zwei farblosen Ringen. Collare (Fig. 38 a) sehr weit, ventral ganzrandig, dorsal klaffend. Das erste Thoraxsegment trägt gar keine Borsten, aber jederseits einen Halbgürtel dicht neben einander stehender einfacher Augen, jederseits über 150 Linsen in rothem Pig- ment (Fig. 38 «a und b), wie das kürzlich von AruauEr Hansen?! bei einer nahe verwandten Form zuerst beschrieben worden ist. Vom zweiten bis siebenten Thoraxsegment sowohl Tori als Phare- trae. Letztere tragen überall einfach gesäumte Haarborsten (Fig. 38 c); erstere bestehen aus einer langen Reihe kleiner gerippter Platten (Fig. 38 d) ohne freie Zähne. Das Abdomen hat bis zu 60 Segmenten, von denen die vorderen nur Uncini haben von der gleichen Form, aber nur der halben Größe, wie die Uncini am Thorax. Hinten an den letzten circa 15 Segmenten dazu eine lange nur an der Spitze fein gesäumte Haarborste (Fig. 38 e). Nirgends am Abdomen Augen. 42) Placostegus tridentatus. Dem tricuspidatus sehr nahe steht eine Form, welche vielleicht mit Fremming’s serrulatus übereinstimmt und kürzlich von ARMAUER HANSsEN als tridentatus beschrieben worden ist. Ihre ebenfalls helle Röhre ist ‚ nicht spiralig aufgewunden, sondern gestreckt; die dorsale Kante ist ' Oversigt over de Norske Serpula-Arter. Arch. for Mathematik og Natur- videnskab. 14878. p. 43. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL. Bd. 19 Hr 976 Paul Langerhans, stets in einzelne Dornen zerlegt. Das Operculum trägt keine einfache Endplatte, sondern die Kalkplatie setzt sich nach unten in einen cen- walen Stiel fort (Fig. 39 «) und die sonst farblose weiche Cupola, welche die Platte trägt, zeigt zwei rothe Binden, zwischen denen ein starkes Blutgefäß sichtbar ist. Am Abdomen besitzen alle Segmente eine ven- trale Borste von spatelförmiger Gestalt (Fig. 39 b), die an den letzten Segmenten in die einfache lange Haarborste (Fig. 39 c) übergeht. Dies sind die Unterschiede von der vorigen Art. Sonst stimmt sie in Bezug auf Kiemen, Borsten, Augengürtel ganz vollkommen mit ihr überein. Wir finden also bei diesen beiden Formen den eigenthüm- lichen Augengürtel, der offenbar zur Durchsichtigkeit der Röhre in Be- ziehung steht. Die dorsalen Borsten des augentragenden Segmentes sind wohl ausgefallen, weil kein Platz für sie da war. Sie müssen sich also, wenn diese Ansicht richtig ist, am jungen Thiere finden, 43) Salmacina setosan. An Korallen aus größerer Tiefe habe ich einmal eine Anzahl einer eigenthümlichen Salmacina erhalten. Die Röhren glichen ganz denen von S. aedificatrix Clap. Die Thiere waren farblos, bis 0,4 cm lang, wovon bis 0,15 cm auf die Kiemen kommen. Diese haben jederseits vier Strahlen, an denen zwischen, aber nicht an den Fiedern einzelne Gruppen verdickter Epithelzellen sitzen. Vorn zwei Augen. Der Thorax hat stets (in 45 Exemplaren) sechs bewafinete Segmente, von denen das erste nur dorsal neben gesäumten BHaarborsten ein Bündel stärkerer Borsten (Fig. 40 d) trägt. Die anderen Thoraxsegmente haben dorsal gesäumte Haarborsten (Fig. 40 c), vom dritten an dazu zwei Salmacinen-- -borsten (Fig. 40 d), ventral eine Reihe Ureini (Fig. 40 f). Auf den Thorax folgen meist zwei, seltener drei, am seltensten nur ein Segment, an dem dorsal wenige Uneini sitzen, ventral aber ein starkes Bündel einfacher, linearer, ungesäumter Borsten (Fig. 40 a). Dann kommen drei bis 17 gewöhnliche Abdominalsegmente mit ventraler Borste (Fig. 40 e) und dorsal wenigen Uncinis, die halb so groß aber von gleicher Form sind wie die am Thorax. Es wäre möglich, dass diese auffallende Form nur eine Phase im Leben einer anderen Salmacina darstellt; indess ich bin außer Stande darüber etwas anzugeben. 44) Psygmobranchus protensus. Die Gatttung Psygmobranchus gehört zu den wenigen Anneliden- gattungen, bei denen unsere Kenntnis der verschiedenen Formen SO weit vorgeschritten ist, dass es schwer wird, die einzelnen Arten gegen Ber se ar Die Wurmfauna von Madeira. IV. 277 einander abzugrenzen. Ürarırkpe! hat eine genaue Beschreibung der alten Form protensus gegeben, nach der die charakteristischen Merk- male sind: Tubus ohne Längsrippen, Kiemenaugen in einer Reihe, Hakenplatten ungezähnelt. Darauf hat Marıon? eine ganz ähnliche Form beschrieben, bei der der Tubus an seinem Anfangstheil einige Längs- rippen trägt, weiter nach vorn aber rund ist, und die Hakenplatten ge- zähnelt sind. Marıon nennt diese Form intermedius. Ich finde nun bier zunächst Marıon’s intermedius: Tubus zu Anfang mit vier bis fünf Längsrippen, weiter nach vorn ganz drehrund, Hakenplatten gezähnelt. Andere Exemplare aber stimmen fast genau mit CLararkpe’s Beschrei- bung überein: der Tubus ist überall drehrund; aber die Hakenplatten finde ich überall gezähnelt, wenn es auch oft viele Mühe und starke Systeme erfordert, um die Zähne zu sehen, und die Platten in der Stel- lung, in der CraParkne sie abbildet, oft ungezähnelt erscheinen. Ich denke also, man kann einstweilen noch diese Formen unter dem alten Namen protensus zusammenfassen. 45) Apomatus similis Marion et Bobr. MaArıon und Bogrerzky? haben zwei Arten des Genus Apomatus beschrieben, von denen die eine mir hier ebenfalls begeonet ist. Die Thiere maßen 4,0 cm, ihre Kiemen hatten je sieben Strahlen mit 10 bis 43 rothen Flecken, in denen jederseits oft, aber nicht immer drei Augen saßen. Das Ende der Strahlen ist lang und bisweilen verdickt; an einem der befiederten Strahlen sitzt ein horniges blasenförmiges Oper- eulum. Thorax farblos, sieben Segmente, von denen das erste nur ge- säumte Haarborsten trägt. Die anderen sechs haben dorsal außer diesen einige Salmacinenborsten und ventral gezähnte Uncini. Collare ganz- randig, dorsal klaffend, farblos; Thorakalmembran farblos. Abdomen roth, eirca 30 Segmente, dorsal mit Hakenplatten, ventral mit mehreren Sichelborsten; die letzten zehn Segmente mit langen Haarborsten. — Die Formen der Borsten stimmen vollkommen mit Marıon’s Abbildungen ! überein; der einzige Unterschied ist also die geringere Zahl Augen an den rothen Flecken der Kiemen. Tubus weiß, drehrund, quer gerunzelt. Tater’s5 A. globifer scheint mit Marıon und Bosrerzey’s ampulliferus identisch zu sein. ! Annelides de Naples. II. 1868. p. 174. ? Draguages au large de Marseille. 4879. p. 28, 3 Ann, sciences natur. 4875. p. 94 und 97. % Draguages au large de Marseille. Ann, sc. natur. 1879. p. 29. 5 Annelides des Mers de la N.-Zemble. Kongl. svenska Akad. Handl. 4879. p. 66, 19* 278 Paul Langerhans, 46) Hyalopomatus Marenzelleri.n. MARENZELLER hat kürzlich eine kleine Serpel als Hyalopomatus Clapa- redii beschrieben. Ich habe hier in drei Exemplaren ein Thier gefangen, das diesem sehr ähnlich ist — nur das erste Thoraxsegment zeigt ein Bündel stärkerer Borsten. Wenn erst mehr ähnliche Formen bekannt sein werden, wird sich also wohl eine generische Trennung empfehlen ; einstweilen lasse ich es bei demselben Genus und gebe ihm den Namen dessen, der den Namen aufgestellt hat. Der kleine Tubus ist drehrund und weiß. Die Thiere sind farblos, und messen mit Kiemen kaum 0,3 cm. Die Kiemen haben je sieben Strahlen. Bei einem Exemplar ist kein Operculum vorhanden, bei den beiden anderen trägt links der erste dorsale Kiemenstrahl keine Fiedern und dafür ein rundes häutiges Operculum mit starkem Blutgefäß im Inneren (Fig. 49 a). Der Thorax hat sechs bewaffneie Segmente, von denen das erste ein Bündel stärkerer Borsten (Fig. 49 b) trägt. Die an- deren haben dorsal gesäumte Haarborsten (Fig. 49 c), ventral Uncini (Fig. 49 d). Keine Salmacinenborsten. Collare lateral incidirt; es ist farblos, die Thorakalmembran ebenfalls. Das Abdomen hat 30 Segmente, von denen die vorderen Eier, die hinteren Sperma tragen. Seine Borsten sind dorsal Uncini, ventral ein- fache Gapillarborsten. Vermilia infundibulum, Das Operculum dieser Art ist hornig, gelbbraun, und besteht aus mehreren über einander liegenden Etagen, wie dies Gruge1 abgebildet hat. Die Kalkablagerung ist ganz äußerlich und sekundär. Das oberste Stockwerk ist bald abgeplattet, bald mit einer Spitze versehen. Dess- halb kann ich Grusr’s V. galeata? eben so wenig wie Marıon ® als be- sondere Art ansehen. Dies hornige Operculum wird von einer Ampulle getragen, welche meist purpurroth ist, aber auch farblos sein kann. Die Borsten des Thorax sind vielgestaltiger als bisher beschrieben. Das erste Segment hat nur gesäumte Haarborsten und dazu sehr lange, spitze Borsten (cf. Fig. kl d). Das zweite ist eben so bewaffnet. Vom dritten an kommen dazu Borsten, welche denen bei Salmacina ähneln (cf. Fig. 41 e). Die Abdominalsegmente haben ventral je eine Borste wie Fig. 41 f; die letzten zehn bis zwölf Segmente eine dorsale braune Platte. 1 Mitth. über die Serpeln. Jahresber. der schles. Gesellsch. für vaterl. Kultur. 1862. p. 61. | 2 Archiv für Naturgesch. 4860. p. 413. 3 Ann. sc. nat. 4875. p. 98. Die Wurmfauna von Madeira, IV. 279 47) Vermilia spirorbis. Der kalkige, weiße Tubus dieser Art ist in 2 oder 2!/, Windungen spiralig aufgewunden, und das Ganze bildet eine feste, nummulithen- artige Kalkmasse, an der man nur die rundliche Mündung wahrnimmt (Fig. 44 a). Bei anderen Exemplaren aber setzt sich die Röhre noch in einem oder mehreren trichterförmigen Stücken fort (Fig. 41 b), und diese Fortsetzung kann noch länger werden, so dass der Tubus dann sehr dem von V. infundibulum ähnelt. Dieser Art steht die Form spirorbis überhaupt sebr nahe. Meine Exemplare messen bis 2,0 cm, wovon 0,5 cm auf die Kiemen kommen; sie sind blassbraun, die Kiemen roth geringelt. Letztere je 11 Strahlen, jederseits mit einer Augenreihe, wie bei infundibulum; das freie Ende meist etwas verdickt und ohne Augen. Das Operculum ist hornig, gelbbraun, wird stets von einer farblosen Ampulle getragen, und ist vollkommen gebaut, wie bei infundibulum (Fig. 41 c); ich habe bis zu 15 Stockwerke beobachtet. Der Thorax hat sieben setigere Segmente, von denen das erste nur dorsale Borsten trägt. Dieselben sind neben gesäumten Haarborsten sehr lange und feine Borsten (Fig. 44 d). Eben so im zweiten Segment. Vom dritten an dazu Borsten, die mit Zähnchen besetzt sind (Fig. 41 e). Die Uneini (Fig. Al g) sind am Thorax größer als am Abdomen, aber von gleicher Gestalt. Das Abdomen hat bis zu 70 Segmente, von denen die letzten 12 dorsal braun gefärbt sind. Die Borsten sind dorsale Uneini, ventral je eine oder zwei Haarborsten (Fig. #41 f); in den letzten circa 25 Segmen- ten einfache lange Haarborsten. Der Unterschied zwischen dieser Art und infundibulum ist also sehr gering: die Form der Röhre und die Färbung der Ampulle des Oper- culum. 48) Vermilia clavigera Phil. Der Tubus ist mit fünf bis sechs niedrigen, glatten Längsrippen ‚ besetzt. Reife Thiere messen 1,0 &m, die Kiemen davon 0,3 cm. Diese sind weiß mit je vier bis sieben rothen Flecken, aber ohne Augen. Es sind je neun bis zwölf Strahlen, deren Ende weder verdickt noch ver- längert ist. Das Operculum ist braun, hornig, besteht aber nicht aus mehreren über einander liegenden Ringen, sondern aus einer einzigen braunen Kappe, die von einer weißen Ampulle getragen wird (Fig. 42 a). | Collare farblos, seitlich incidirt, ventral ganzrandig. Thorax mit sieben Segmenten, ganz genau bewaffnet wie infundibulum und spirorbis. 280 Paul Langerhans, Abdomen mit 50 Segmenten, von denen die letzten A0 bis 42 dorsal braun gefärbt sind; bisweilen aber statt der braunen Färbung des Epi- thels eine weiße Pigmentirung. Lange Haarborsten an den letzien 12 Segmenten, vorher die ventrale Borste (Fig. 42 5). 49) Vermilia multicostata Phil. Wie spirorbis der V. infundibulum sehr nahe steht, so diese Forn der so eben beschriebenen clavigera. Der Tubus ist drehrund, weiß, mit fünf hohen, bandartigen Längsrippen besetzt. Die Thiere sind völlig ungefärbt. Kiemen je neun bis zehn Strahlen, ohne Linsen, ohne Flecke, ihr Ende fein, nicht verlängert. Collare seitlich incidirt, ventral ganz- randig. Das Operculum (Fig. 43) ähnelt sehr dem von clavigera; es hat etwas dickere Wandung und ist gelb, nicht braun. Thorax mit sieben bewaffneten Segmenten, deren Borsten völlig mit denen der vorigen Arten übereinstimmen. Das ventrale Ende der Thorakalmembran ent- hält viele dicke Drüsenzellen und ist desshalb bei auffallendem Licht milchweiß. Abdomen mit 60 Segmenten, von denen die letzten acht bis zehn lange Haarborsten tragen, die anderen eine Borste wie Fig. 42 b. Braune Platte am Analende nicht beobachtet. 50) Vermilia rugosan. In größerer Tiefe auf Steinen und Austern lebt eine kleine Vermilia in sehr eigenthümlicher Schale. Diese ist (Fig. 44 a) zum Theil auf- gewunden, rund, mit erhabenen Halbringen besetzt, und hat ein sehr kleines Lumen. In ihm findet sich ein nur 0,75 cm langes, sehr dünnes Thier, das ein rothes Abdomen hat und sonst ganz farblos ist. Kiemen farblos, je zehn Strahlen; das Operculum sitzt bald rechts, bald links, und besteht aus einer farblosen Ampulle, welche sich deutlich von ihrem Stiele absetzt (Fig. 4 b) und ein erweitertes Gefäß (Fig. bei v) führt. Diese Ampulle trägt eine kleine, gelbe Hornplatte (p). Collare mit unpaarem Ventrallappen. Thorax mit sieben bewaff- neten Segmenten, von denen das erste nur ein Bündel dorsaler Borsten trägt, welches viel kleiner ist als die dorsalen Bündel der folgenden Segmente. Es besteht nur aus zwei gesäumten Haarborsten von der gewöhnlichen Form, und zweien, von der oben wiederholt erwähnten Form, aber beide kleiner als bei den folgenden Rudern. Diese tragen ventral eine Reihe Uncini (Fig. 44 g), und dorsal ein Bündel, das sich aus drei Borstenarten zusammensetzt (Fig. 4% c, d, e). Die Borste Fig. 44c ist schon im zweiten Segment vorhanden und hat gerade hier die g- zeichnete Form. Vom dritten an ist der Anfang des Saumes weniger 5 stark und die ganze Borste ähnelt dann mehr der Fig. 41 e. Abdomen mit 50 und mehr Segmenten; Analsegment mit weißen. a u 1 ga ee Die Wurmfauna von Madeira. IV. 281 Hautdrüsen. Überall dorsal Uncini, die kleiner sind als die am Thorax, aber eben so geformt; ventral in den letzten acht Segmenten lange Haarborsten, sonst die Borste der Vermilien (Fig. 44 f). Omphalopoma Mörch.! Serpeln mit hornigem trichterförmigen Operculum; Borsten des ersten Thoraxsegmentes größer als die der folgenden. Sonst die Borsten wie bei Vermilia. 51) Omphalopoma spinosan. Der Tubus ist milchweiß mit fünf in Dornen aufgelösten Längs- rippen; er ähnelt sehr der bekannten Röhre von Serpula vermicularis, nur ist er noch strahliger. Die Thiere messen bis 1,0 cm, wovon 0,3 cm auf die Kiemen kommen. Diese sind purpurroth, der Leib bräunlich. Die Kiemen haben je 10 bis 12 Strahlen mit circa 40 Paar Fiedern; am \ Ursprung der Fiedern sitzt je ein Auge (Fig. 45 a); nur an den unteren ‚ Fiedern fehlen diese Augen. | Das Operculum sitzt dorsal links. Eine Ampulle von der Form | eines liegenden Kartenherzens trägt ein gelbes, horniges, trichterförmiges | | | Operculum (Fig. 45 b), das auf einem kleineren umgekehrten Trichter ruht und also fast sanduhrförmig ist. Nur ist der untere Becher der ‘ Sanduhr viel kleiner. Collare in jeder Hälfte dreilappig. Thorax mit sieben Segmenten, von denen das erste nur ein dorsales Bündel sehr abweichender Borsten ‚ trägt. Dieselben sind nämlich wahre Paleen, bräunlich, ungesäumt, und von zweierlei Form (Fig. 45 c). Die anderen sechs Segmente haben ‚ dorsal die Borsten der Vermilien': nämlich überall gesäumte Fahnen und ‚ Borsten wie in Fig. 41 d. Dazu zwei bis drei Borsten (Fig. 45 d). Ven- ‚ tral Uneini (Fig. 48 e). | Das Abdomen hat 50 bis 60 Segmente, von denen die letzten 5 bis ‚14 dorsal die braune Analplatie haben. Die Borsten sind ventral wie bei den Vermilien, die langen Haarborsten in 44 bis 16 Segmenten ; dorsal kürzere Uncini von derselben Gestalt wie am Thorax. 52) Omphalopoma cristata.n. Der Tubus ist milchweiß, dreieckig, mit dorsaler Leiste, die in eine Reihe von Dornen zerfällt, und sein Ende erhebt sich frei, wie es in Fig. 46 a dargestellt ist. Die Thiere sind vollkommen farblos, auch die Kiemen; sie messen Alles zusammen kaum 0,5 cm. Die Kiemen haben jederseits sieben Strahlen; das Operculum zeigt (Fig. 46 b) eine runde ! Revisio critica Serpulid. 1863. p. 421. 282 Paul Langerhans, Ampulle, welche einen hornigen gelben trichterförmigen Deckel trägt; im Grunde des Deckels erhebt sich ein kurzer Zapfen. Das Collare hat ventral einen unpaaren Lappen. Thorax mit sieben Segmenten, von denen das erste in seiner Bewaffnung an die Salmacinen erinnert; es hat zwei Arten stärkerer Borsten (Fig. 46 c, d). Die anderen Thorax- segmente haben die beiden Borstenarten der Vermilien, vom dritten an dazu zwei bis drei Borsten (Fig. 46 e). Die Uncini haben 16 Zähne. Abdomen mit 40 Segmenten, voll farbloser Eier. Die letzten vier bis sechs mit langen Haarborsten, die anderen mit der Abdominalborste der Vermilien. Uncini kleiner als am Thorax, aber an Gestalt gleich. Filogranula. Kleine Serpeln mit der Bewaffnung von Filograna und Salmacina. Ein horniges Operculum, dessen Stiel bald nackt, bald gefiedert ist. 53) Filogranula gracilis.n. Kleine milchweiße Tubi, mit erhabener Längsrippe, die vorn mit Dornen besetzt ist; an der frei sich erhebenden Mündung fünf bis sechs Dornen (Fig. 47a). Die kaum 0,2 cm langen Thiere sind völlig farblos. Die Kiemen haben jederseits vier Strahlen, von denen einer das Oper- culum trägt. Von vier Exemplaren war bei dreien dieser Strahl ohne Fiedern, bei einem aber gefiedert. Das Operculum (Fig. 47 b) ist ein kleiner horniger Trichter, der auf einer runden, hohlen Ampulle aufsitzt. Collare ventral incidirt. Thorax mit sieben Segmenten, seltener mit sechs oder acht. Das erste (Fig. 47 c) ist bewaffnet wie die Salma- cinen. Das zweite hat nur gesäumte Haarborsten, vom dritten an je eine Borste (Fig. 47 d). Uncini (Fig. 47 f) beginnen am zweiten Seg- ment. Abdomen mit 43 bis 33 Segmenten, von denen vier ventral mit langer Haarborste bewaffnet sind, die anderen mit der Borste Fig. 47 e. Die Uncini sind halb so groß wie die am Thorax, aber von derselben Gestalt. Vermilia polytrema var. digitata. Wie ich früher unter sehr vielen Exemplaren der V. polytrema eines gefangen hatte, dessen Operculum am Stiele der beiden Fortsätze _ entbehrte, so ist mir nun eines begegnet, bei dem der Stiel an den Hörnern je eine sechsfingerige Membran trug (Fig. 48 a). Sonst stimmte das Thier völlig mit den anderen überein. In Bezug auf die Borsten dieser Art muss ich meiner damaligen (Ill, p. 119) Beschreibung noch hinzufügen, dass das erste Segment außer den dort abEabildeiens: Borsien auch solche von der Form Fig. 48 5 führt. Die Wurmfauna von Madeira. IV. 2833 Nemertini. In Bezug auf die Nemertinen muss ich zunächst berichtigen, dass die in III, p. 138 als Gerebratulus assimilis Oerst. angeführte Art sich bei genauerer Untersuchung als Drepanophorus serraticollis Hubrecht erwiesen hat. An neuen Arten sind mir seitdem nur begegnet Carinella annulata und Tetrastemma dorsale, so dass sich die Anzahl der Nemer- _ tinen auf 20 erhebt, von denen 17 europäische Formen sind. Madeira, 12. November 1883. | Erklärung der Abbildungen. Tafel XV—XVIl. Fig. 4. Xenosyllis scabra. Borste. Fig. 2. Paedophylax longiceps. a, Kopf dorsal; b, c, d, Borsten. Fig. 3. Autolyltus quindecim-dentatus. a, b, Borsten. Fig. 4. Autolytus syllisetosus. a, Borste der ersten Segmente; 5, Übergangsform;; c, gewöhnliche Borste. Fig. 5. Procerastea nematodes. @, Vorderende dorsal; b, 45. bis 49. Segment; c, einfache Borste der ersten Segmente; d, zusammengesetzte Borsie; e, einfache dorsale Borste, Fig. 6. Alentia gelatinosa. -4, Papille der Elytren im Profil; b, dasselbe von oben; c, Borste des oberen Ruders; d, Borste der oberen Gruppe des unteren Ruders; e, dorsale Borste der unteren Gruppe des unteren Ruders; f, mittlere, 9, ventrale Borste ebendaher. Fig. 7. Lagisca propinqua. a, Kopf; b, Elytron. Fig. 8. Lagisca aequespina. a, Kopf; b, Elytron; c, Papille daher in starker Vergrößerung; d, dorsale Borste;; e, ventrale Borste. Fig, 9. Polynoe vasculosa. a, Kopf; b, Elytron; c, d, Papillen der Elytren; e, dorsale Borste; f, 9, h, ventrale Borsten. j Fig. 40. Euphrosyne armadillo. a, Kopf; b, Kiemenstämmchen. Fig. 44. Chrysopetalum fragile. Sinnesorgan in den Palpen. Fig. 42. Ceratonereis vittata. a, Ruder; d, homogomphe Sichelborste; c, heterogomphe Sichel. 254 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Paul Langerhans, 43. CGeratonereis brunnea. Ruder aus der vorderen Körperhälfte; d, Ruder aus der hinteren Körperhälfte. g. 414. Eunice cariboea. a, zusammengesetzter Haken; b, einfacher starker Haken; c, Kiefer. . 45. Amphiro simplex. Zusammengesetzter Haken. g.46. Staurocephalus minimus, a, Kopf dorsal; b, Unterkiefer; c, untere Reihe der Oberkieferstücke ; d, obere Reihe der Oberkieferstücke; e, f, Borsten. 47. Eulalia pulchra. a, Kopfende; db, Analende; c, Cirri dorsales, . 48. Archidice glandularis. a, Kopfende, dorsal; b, ventrale Borste. Dr . 19. Amage adspersa Gr. a, dorsaler Haken eines Thoraxsegmentes; b, ventraler Haken ebendaher; c, abdominaler Haken. . 20. Octobranchus Giardi Mar. et Bobr. Abdominale Uncini. .24. Leaena Graffii. a bis d Borsten. . 22. Leaena oculata. Zweite Art dorsaler Borsten. . 23. Terebella Meckelii D. Ch. Uncini. . 24. Terebella (Physalia) flavescens. a, Kieme; b, Uncini. . 25. Lysilla nivea n. Borste. . 26. Polycirrus haematodes Clap. Uncinus. . 27. Polyeirrus pallidus. a, Uncinus thoracalis; db, Uncinus abdominalis. . 28. Potamilla reniformis. Kiemenknorpel in Seitenansicht. .29. Potamilla incerta n. a, Kiemenende, die gelb pigmentirten Stellen sind dunkel getönt; db, Kie- menknorpel; c bis g, Borsten. 30. Potamilla socialis n. a bis g, Borsten; h, Analsegment. 31. Branchiomma vesiculosum: Mont. a, Kiemenende mit Auge; b, Kiemenknorpel; ce bis h, Borsten; i, Anal- segment, ventral. .32. Sabella variabilis n. a, Kiemenende; db, Kiemenknorpel; c, Collare und violetter Lappen seit- lich; d, Analsegment, dorsal; e bis i, Borsten. .33. Jasmineira candela Gr. a, Ende der Kiemenstrahlen; b bis d, Borsten ; e, Analsegment, ventral. . 34. Jasmineira oculata n. a bis e, Borsten; f, Analsegment, dorsal. . 35. Euchone rosea n. SE a, Kiemenknorpel; d, Kopfende, dorsal; c, Analende, dorsal; d, Analende,, ventral; e bis /!, Borsten. 36. Leptochone violacea n. a, Kopfende mit Kiemen; b, Ende eines Kiemenstrahles; c, Analende ; d, Kiemenknorpel; e bis h, Borsten. Fig. Fig. Die Wurmfauna von Madeira. IV, 235 37. Leptochone parasites Quatr. a, Kiemenknorpel; db, Analende; c, Haken am Thorax; d, Haken am Abdomen. 9. 38. Placostegus tricuspidatus. a, Thorax, ventral; 5b, Stück des Augengürtels; c bis e, Borsten. . 39. Placostegus serrulatus. a, Operculum; b, c, Borsten. . 40. Salmacina setosa. a, Abdomen, ventral; b bis g, Borsten. . 41. Vermilia spirorbis. a, b, Röhre; c, Operculum;; d bis g, Borsten. . 42. Vermilia clavigera Phil. a, Operculum; db, abdominale Borste. . 43, Vermilia mullicostata Phil. a, Operculum. . 44. Vermilia rugosa n. a, Tubus; db, Operculum (p, Hornplatte; v, Blutgefäß); c bis g, Borsten. . 45. Omphalopoma spinosa n. a, Ende der Kiemen; db, Operculum; c bis e, Borsten. . 46. Omphalopoma cristata n. a, Tubus; db, Operculum;; c bis e, Borsten. . 47. Filogranula gracilis. a, Tubus; b, Operculum; c bis f, Borsten. . 48. Vermilia polytrema digitata. a, Operculum ; b, Borste des ersten Segmentes, 49. Hyalopomatus Marenzelleri. a, Operculum; db, Borste des ersten Thoraxsegmentes; c, der anderen Thoraxsegmente;; d, Uncinus thoracalis. Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. Von Dr. Fr. Ahlborn zu Göttingen. Mit Tafel XVII. Im Anschluss an meine »Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten«! (diese Zeitschr., Bd. XXXIX, p. 194 und £.) { In dieser Arbeit habe ich in einer Note den von CATTIE (De Epiphysis Cere- bri etc. Leiden 1881) für das Epiphysengewebe eingeführten Namen »primor- diaal bindweefsel« beanstandet und ausgeführt, dass die Bezeichnung Binde- gewebe für einen Hirntheil schlechthin niemals anwendbar sei, da dieses Wort geeignet ist, die Thatsache der ektodermalen Abstammung der Epiphyse zu ver- dunkeln. Dr. Carrie hat sich darauf hin zu einer besonderen Vertheidigungsschrift veranlasst gesehen (Über das Gewebe der Epiphyse von Plagiostomen, Ganoiden und Teleostier, diese Zeitschr., Bd. XXXIX, p. 720), in welcher er jedoch merkwürdigerweise das »primordiale Bindegewebe« nicht vertheidigt, sondern die Unzweckmäßigkeit desseiben einräumt. Damit würde die Sache selbst abgethan sein, indessen erfordern die weiteren Auseinandersetzungen in jener Ver- theidigungsschrift noch eine kurze Entgegnung. Dr. CATTıE beruft sich nämlich dar- auf, dass er die Bezeichnung »primordiales Bindegewebe« bereits in einer französi- schen Übersetzung seiner Arbeit (Arch. d. Biol. Vol. III. 4882) zurückgenommen und durch das neue Wort »Pseudo-Bindegewebe« ersetzt habe; dann wirft er mir vor, dass ich mir nicht einmal die Mühe gegeben hätte, auch die französische Über- setzung seines umfangreichen holländischen Originals durchzulesen. Hiergegen kann ich nur erwiedern, dass ich die Gewohnheit habe, so viel wie irgend möglich auf die Originalwerke zurückzugreifen, und dass ich am allerwenigsten im vor- liegenden Falle Veranlassung hatte, auf die französische Übersetzung zu recurriren, da mir Dr. CattıE selbst ein holländisches Exemplar seiner Arbeit zugeschickt hatte, als die (verbesserte) französische Ausgabe bereits erschienen war, und da ich aus der schriftlichen Mittheilung, die Arbeit sei auch ins Französische übersetzt und durch die Untersuchungen anderer Plagiostomen vermehrt, nicht abnehmen konnte, dass der Autor nach so kurzer Zeit in der Übersetzung etwas Anderes schreiben würde, als im Original. Man wird hiernach leicht den Grund einsehen, wesshalb ich die übrigen gegen mich gerichteten Bemerkungen jener Vertheidi- i Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 287 habe ich mir die Aufgabe gestellt, die Kontroversen, welche über die anatomischen Verhältnisse der proximalen Nervenenden bestehen, zu lösen, und sodann über die Entstehung, gegenseitige Lagerung und Ver- knüpfung der peripherischen Hirnnerven an ihren Ursprüngen näher zu berichten. Material und Untersuchungsmethode sind dieselben wie dort, ich darf mir daher wohl eine nochmalige Beschreibung ersparen. I. In seiner Arbeit »Das Gehirn von Ammocoetes und Petro- myzon Planeri« (Jen. Zeitschr., Bd. XIV) versuchte Prof. R. WıEDErs- nem die Auflösung der Hirnnerven in spinalartige Ele- mente durchzuführen und eine daraus resultirende Segmentirung des Vertebratenschädels festzustellen, wobei er von dem sehr ansprechenden (Gedanken ausging, dass zur Lösung dieser Frage in erster Linie Ammo- coetes zur Untersuchung heranzuziehen sei. Im Laufe seiner Betrach- tungen kommt WIEDERSuHEIM vielfach zu Resultaten, welche mit den früheren Angaben anderer Autoren nicht übereinstimmen ; insbesondere konstatirt er mehrfach ein Abweichen seiner Erfahrungen von den An- gaben, welche Prof. A. Scuneider kurz vorher in seinem großen Werke! über die Hirnnerven von Ammocoetes und Petromyzon gemacht hatte. Scaneiper sah sich hierdurch veranlasst, in einem Aufsatze »Über ‚ die Nerven von Amphioxus, Ammocoetes und Petromy- zon« (Zool. Anzeiger, 4880, p. 330 u. f.) die Richtigkeit seiner früheren Darstellungen zu bekräftigen, während WIEDERSHEIM in einer » Erwiede- rung« (Die spinalartigen Hirnnerven von Ammocoetes und Petromyzon Planeri. Zool. Anzeiger, 1880, p. 446) sich zwar in einigen Punkten mit ScHNEIDEr einverstanden erklärte, jedoch die wichtigsten und einschneidendsten seiner Resultate aufrecht erhielt. Die gungsschrift mit Stillschweigen übergehe. Was nun das neue Wort »Pseudo- Bindegewebe« betrifft, so will ich gern zugeben, dass Dr. Carrıe dadurch seinen Gedanken besser ausgedrückt hat, als durch den Namen »primordiales Bindege- webe«, der oflenbar elwas ganz Anderes aussagt. Das Pseudo-Bindegewebe ist gar kein Bindegewebe schlechthin, wie das primordiale, sondern es hat nur eine ge- wisse äußerliche Ähnlichkeit mit einer Art embryonalen (primordialen) Bindege- webes, und nichts deutet auf eine genetische Übereinstimmung hin. Wie weit aber ein Terminus technicus berechtigt ist, der das Wesentliche verschweigt, und nur einen so schwankenden und nebensächlichen, durchaus nicht überall vorhandenen (Petromyzonten) Charakter zum Ausdruck bringt — darüber dürfte wohl kaum eine Meinungsverschiedenheit bestehen. ! Beiträge zur vergl. Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere. ! Berlin 4879. 288 Fr. Ahlborn, hauptsächlichsten Punkte dieser Streitfrage, deren Erledigung in wissen- schaftlichem Interesse so sehr zu wünschen ist, sind daher bis jetzt kontrovers geblieben, und da mir das zu einer sachgemäßen Beurthei- lung nothwendige Material zu Gebote steht, so glaube ich mit der Ver- werthung desselben nicht länger zögern zu dürfen. Über die Vereinigung der alternirend aus dem Rückenmark ent- springenden dorsalen und ventralen Nervenwurzeln zu Spinalnerven- paaren liegen verschiedene Angaben vor. Nach A. ScHnEIDErR (]. c. Taf. XI, Fig. 8) ist die erste Nervenwurzel des Rückenmarks, d. h. die- jenige, welche zunächst auf den Hypoglossus folgt, eine sensible, dann folgt eine motorische u. Ss. f. In dieser Reihenfolge treten die Wurzeln paarweise zusammen. Die beiden Wurzeln des ersten Spinalnerven gelangen durch je eine Öffnung in der Basis des ersten hinter der Ohr- kapsel gelegenen oberen Knorpelbogens aus dem Spinalkanal und zwar ganz wie man es erwartet, die dorsale, sensible vor! der ventralen. Die nun folgende sensible Wurzel des zweiten Spinalnerven verlässt den Spinalkanal durch eine Öffnung in der fasciculären Wand zwischen dem ersien und zweiten oberen Bogen, während die motorische wiederum durch ein Loch im zweiten oberen Knorpelbogen austritt. Ganz analog verhalten sich die Wurzeln der folgenden Spinalnerven. Nach den Darstellungen von R. WıEpErsurim scheinen diese Ver- hältnisse nicht so einfach zu liegen. Aufp. 14 (l. ec.) sagter: »Während ir bei allen Spinalnerven bis gegen die Hypoglossusgruppe hin keine Veränderungen zu konstatiren vermögen, treten solche bei letzterer in folgender Weise auf.« »Die am weitesten nach hinten gelegene (dorsale) Wurzel tritt kon- stant zwischen dem ersten und zweiten Bogen aus (Fig. 5 o!); während die beiden nächstfolgenden [in der Richtung nach vorn] motorischen Stränge entweder nur ein großes, oder zwei kleinere Löcher im ersten oberen Bogen (wie letzteres auch Scaneiver [|]. c] ganz richtig angiebt) durchsetzen (Fig. 5 u! u?in Bg!). Der hintere |der Stränge] ist meist etwas stärker als sein vorderer Nachbar und beide entspringen zwei- wurzelig, wobei jede Wurzel mit der anslen erst in der Durchtritts- öffnung zur Vereinigung kommt.« WIEDERSHEIM ist hiernach der Ansicht, dass die beiden Nerven- wurzeln, welche den ersten oberen Bogen durchbrechen und welche nach ScHnEIDER, wie wir oben sahen, das erste Spinalnervenpaar aus- machen, beide motorische Wurzeln sind, und dass sie zu der ! Die Bezeichnungen vorn, hinten, unten und oben sollen sich immer auf diehorizontale Längsachse des Thieres beziehen, also im Sinne der vergleichen- den Anatomie. E| u, Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 289 Hypoglossusgruppe gehören, wohin er auch noch die nächst hintere sen- sible Wurzel rechnet, die nach Scnneier dem zweiten Spinalnerven angehört. Nach meinen eigenen eingehenden Untersuchungen muss ich in diesen Punkten der Ansicht Scnuneier’s beipflichten. Der feine, dünne Nerv, welcher durch das vorderste Loch des ersten oberen Knorpel- bogens tritt, ist nach der anatomischen Abschätzung sensibel., Er entspringt am Übergang des Rückenmarks zum Nachbirn und zwar an der dorsalen Seite desselben und in demselben geringen Abstande von der Medianebene wie die dahinter liegenden sensiblen Spinalnerven (Fig. 5 N,sp; w.d). Sobald dieser Nerv den Spinalkanal verlassen hat, bildet er ein selbständiges, großzelliges Spinalganglion 1, an welchem der nun folgende (und wie WIEDERSHEIM richtig angiebt) stärkere, und ebenfalls durch den ersten oberen Bogen austretende motorische Nery eng angeschmiegt vorüberzieht und so mit ihm das erste Spinal- nervenpaar bildet (Fig. 5). In ganz gleicher Weise verhalten sich die folgenden Nerven, und eine Verknüpfung oder nähere Beziehung zum Vagus oder Hypoglossus ist nicht vorhanden. Wir können hiernach auch mit voller Sicherheit aussagen, dass sich jede sensible Spinalnerven- wurzel bei Petromyzon mit der nächst hinteren motorischen Wurzel zu einem Paar vereinigt, wie es SchnEIDEr und GöTTE? vertreten haben, und nicht, wie WIEDERSHEIM mit v. Iuerıng ® annimmt, mit dem nächst vorderen. Die sensiblen Wurzeln der Spinalnerven durchbrechen die Pia mater an der Seite des Funiculus dorsalis (a. a. O. Taf. XVII, Fig. 48), der ! In dem Werke v. Inerıng’s: »Das peripherische Nervensystem der Wirbel- thiere« (p. 224) ist mir bezüglich der Spinalganglien von Petromyzon ein Punkt auf- gefallen, der mir eine Zeit lang besonders interessant schien. Der Autor bemerkt hier, darüber nicht entscheiden zu können, ob einer ganglienförmigen An- schwellung, welche die dorsale Spinalnervenwurzel nochinner- halb des Rückenmarkskanals besitzt, wirklich Ganglienzellen zu Grunde lägen, worauf GörtE's Angaben hinzuweisen schienen. Hiernach könnte man ver- sucht sein, zu glauben, es seien bei den Petromyzonten Spinalganglien vorhanden, _ die noch innerhalb des Spinalkanals lägen, eine Erscheinung, deren Bestätigung um so wichtiger wäre, als sie uns ein frühes Entwicklungsstadium der Spinalganglien im Dauerzustande vorführen würde. Leider beruht aber die Bemerkung v. IuErınd's auf einem Missverständnis der Angabe GörrE’s, wonach die sensiblen Spinalnerven- wurzeln — nicht innerhalb, sondern — außerhalb der Dura mater ein groß- zelliges Ganglion durchsetzen, nämlich das Spinalganglion in seiner normalen Lage. 2 A. Görtz, Über die Spinalnerven der Neunaugen, Zool. Anzeiger 1878. Nr. A. 3 Vgl. Anm. 4, p. 293. — v. Inerıng, Das peripherische Nervensystem der Wirbelthiere. p. 223, 290 Fr. Ahlborn, sich bei Osmiumbehandlung durch seine etwas gröbere Textur, so wie durch den Mangel an Mürter’schen Fasern, ziemlich distinkt vom Funi- culus lateralis abhebt (a. a. ©. p. 245). Die motorischen Wurzeln des Rückenmarks entspringen dagegen wie die motorischen Elemente der Vagus-Hypoglossusgruppe aus dem lateralen Bereich der ventralen Ober- fläche. Da nun im Spinalkanal die dorsalen Wurzeln immer stark gegen die ventralen konvergiren, so geschieht es bei der platten, fast band- förmigen Gestalt des Rückenmarks, dass beide Wurzeln »fast in dersel- ben horizontalen Ebene« (Schneider) die Wand des Spinalkanals durch- brechen und zwar so, dass die dorsalen an der oberen, die ventralen an der unteren Seite dieser Ebene austreten. Dabei sind die zusammen- gehörigen Wurzeln von vorn nach hinten um ein Stück gegen einander verschoben (Fig. 5), was, wie WIEDERSHEIM ganz richtig angiebt, dadurch zu Stande kommt, dass die unteren und oberen Wurzeln » nicht in einer und derselben Querebene das Rückenmark verlassen, sondern ein alter- nirendes Verhalten zeigen«. Die Abstände der alternirenden und zu- sammengehörigen Wurzeln sind jedoch nicht gleich, denn, wie SCHNEIDER bemerkt, liegen die Nerven des ersten und zweiten Paares noch nahe bei einander, und weiter nach hinten folgt in regelmäßigen Abständen die Austrittsstelle eines motorischen Nerven auf die eines sensiblen. Dies trifft in so fern zu (vgl. a. a. OÖ. p. 239), als vom zweiten Paare ab allerdings die Abstände zwischen zwei gleichartigen Wurzeln annähernd dieselben sind; dass aber die sensiblen Nerven genau in der Mitte zwischen zwei motorischen entspringen, ist erst etwa vom sechsten Spinalnervenpaare ab anzunehmen. Nach diesem kurzen Exkurs wenden wir uns wieder zu den Hirn- nerven. Wie ich a. a. O. p. 210, 257 und 258 nachgewiesen habe, sind bei Petromyzon Planeri acht sensible Vaguswurzeln vorhanden, die in bestimmten nach hinten zunehmenden Abständen hinter dem Gehörnerven das Hirn verlassen. Die vier vorderen sammeln ihre Fasern im Ursprungsgebiet des Acusticus, die anderen kommen aus dem »oberen lateralen Ganglion« (LangeruAans)i, und es liegt außer jedem Zweifel, dass sie nach Ursprung und Stärke wirklich sämmtlich sen- sibel sind. | Ganz ähnliche Verhältnisse hatte WıEDErsaeım bei Ammocoetes beobachtet, aber seine Ausdeutung war hier eine ganz andere. In seiner Fig. 4 zeichnet er hinter der Ohrkapsel eine »förmliche Strickleiter « von Nerven seitlich an der Oblongata. Hiervon fasst er die vordersten sie- ben als Vagusgruppe zusammen und bemerkt dazu, dass der letzte 1 P. LANGERHANs, Untersuchungen über Petromyzon Pianeri. Freiburg 1873. | Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 291 derselben (nämlich derjenige, welcher der vordersten, ventralen Wurzel seiner Hypoglossusgruppe voraufgeht) seiner Lage und seinem Ursprunge nach vollkommen mit einem sensiblen Spinalnerven übereinstimmt. Eben so hält dieser Autor aus rein topographischen Gründen dafür, dass auch der vorderste jener sieben Nerven sensible Bahnen enthält. Hier- nach glaubt WiEDERsHEIN, den zweiten, vierten und sechsten Nerven der Gruppe (0?, u?) als motorisch betrachten zu müssen und so eine im Sinne der Spinalnerven alternirende Reihe spinalartiger Vaguswurzeln konstatiren zu können. Der Umstand, dass der zweite, vierte und sechste Nerv in derselben Höhe entspringen, wie die anderen vier (sen- siblen), und nicht an der ventralen Medullarseite, wie die motorischen Wurzeln des Rückenmarks, scheint ihm kaum ernstliches Bedenken zu erregen. Er stützt sich dabei auf die Modifikationen, welche nach LANgERHANS (]. c.) die centralen Elemente der Oblongata gegenüber dem Rückenmark erfahren haben; sodann — was er besonders betont — auf den Umstand, dass jeder einzelne der sieben Nervenfäden für sich durch ein besonderes Loch aus dem Spinalkanal resp. Schädel tritt, und endlich darauf, dass diese Löcher in ganz derselben Weise alterniren, wie die Austrittsstellen der Spinalnerven. Dass die Beobachtung WIEDERSHEIM’s richtig gewesen ist, dass es wirklich Nervenstränge gewesen sind, die er als solche beschrieb, und nicht etwa Bindegewebsbündel, wie A. ScHnEIDER in seiner Ent- gesnung vermuthete, steht außer allem Zweifel, seitdem wir bei Petro- myzon Pianeri fast genau dasselbe gefunden haben. Diese große Übereinstimmung zwischen dem vollentwickelten Thiere und der Larve berechtigt uns nun aber durchaus zu dem Schlusse, dass die fraglichen Nervenfäden bei Ammocoetes auch dieselben Qualitäten haben wie bei Petromyzon, dass sie nicht abwechselnd sensibel und motorisch sind, sondern dass sie nach Art und Ort ihrer Entstehung und nach ihrem sonstigen Verhalten sämmitlich sensibel sind. — Die äußerst feine Beobachtung WirDerskEm’s, dass jeder einzelne Nervenstrang durch ein besonderes Loch austritt, kann ich in gewissem Sinne auch für Petromyzon bestätigen, doch kann das die sensible Natur ‚ der Vaguswurzeln nicht ändern. Es ist bereits durch v. Iserıng (]. c. p- 223) nachgewiesen, dass am Rückenmark von Petromyzon die dor- salen Nerven oft durch zwei Öffnungen aus dem Spinalkanal treten, statt durch eine; man müsste daher schon aus diesem Grunde Ein- spruch erheben gegen den Versuch, aus der Anzahl der Austritts- öffnungen die Anzahl der spinalartigen Hirnnerven zu bestimmen. — Übrigens hat Wirpersneim den Gedanken, die Vaguswurzeln seien ab- wechselnd sensibel und motorisch, nicht wieder berührt, und ich glaube Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. NL. Bd. 20 292 | Fr. Ahlborn, annehmen zu dürfen, dass er diese Auffassung schon längst gänzlich fallen gelassen hat. In seiner Erwiederung an ScHnEIDEr hat er konstatirt, »dass so- wohl in der Zahl, als in der Anordnung der einzelnen Vagusstränge die allergrößten individuellen Schwan- kungen vorkommen«, — und er hat damit vollkommen das Richtige getroffen. Auch führt Wırpersueim daselbst weiter aus, dass die Zahl der Durchbruchsöffnungen des Vagus zwischen zwei und sieben schwankt, und dass sich hieraus seine Abweichung von ScHNEIDER in Bezug auf diesen Punkt erkläre. SchHneiper hatte den Vagus nur aus vier Wurzeln zusammengesetzt gefunden, welche den Rückenmarks- kanal durch nur zwei Öffnungen verließen. Ich habe in meiner Eingangs erwähnten Arbeit die Ursprünge der Vaguswurzeln genau so beschrieben, wie ich sie an dem zur An- fertigung eines Wachsmodells verwendeten Thiere vorfand, ohne die individuellen Schwankungen der Zahl zu erwähnen, weil ich damals die Konstanz derselben — gerade so wie Scuxeiper und Anfangs auch WIEDERSHEIM — am allerwenigsten in Zweifel zog. Neuerdings ist mir jedoch die obige Angabe WiıEDERSsHEINm’s Veranlassung gewesen, meine Schnittserien darauf hin zu durchmustern, und ich habe gefunden, dass in der That die Vaguswurzeln derartigen Schwankungen unterliegen, wie es WIEDERSHEIM angiebt. Es möge hier jedoch erwähnt sein, dass ein gleichzeitiges Schwanken der Menge des gesammten Vagus-Faser- materials im Allgemeinen nicht statthat; die Gesammtmasse des Vagus bleibt, so viel sich beurtheilen lässt, konstant, sie ist nur bei dem einen Individuum in mehr — und darum um so feinere — Nervenbündel zu- sammengefasst, als bei dem anderen. Bevor die Vaguswurzeln von Petromyzon den Schädel verlassen, gruppiren sie sich in zwei hinter einander liegende Stämme, welche dann durch zwei entsprechende Öffnungen austreten. Dabei sind die einzelnen Wurzeln auch innerhalb der beiden Stämme meist bis zur Austrittsöff- nung durch feine bindegewebige Hüllen von einander isolirt, und diese Trennung kann an der Durchbruchsstelle selbst noch dadurch erhöht werden, dass hin und wieder ein bindegewebiger Faserzug der Schädel- wand quer durch die Öffnung hindurchsetzt und so mit dieser auch den austretenden scheinbar einheitlichen Nervenstrang zertheilt. Um nunmehr auch die übrigen scheinbaren Abweichungen der Nervenursprünge von Ammocoetes mit dem Befunde bei Petromyzon in Einklang zu bringen, gehen wir aus von einer Stelle in der Erwiederung WIEDERSHEIN’S an SCHNEIDER. Hier heißt es auf p. 448: »Der nächste, hinter der Vagusgruppe entspringende Nerv zieht in Form eines äußerst | | | | Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 293 zarten Fädchens, welches dorsal von der Medulla entspringt, zur Dura mater, welche er..... im Niveau der Vaguswurzeln durchbohrt.« — In diesem Satze hat WırDErsHEIm offenbar eine nicht unwesentliche Er- gänzung und Berichtigung seiner ursprünglichen Ansicht niedergelegt, denn nach seiner ersten Darstellung folgte auf die Vagusgruppe zunächst keine sensible, sondern eine motorische Wurzel der Hypoglossusgruppe. Da sich nun aus der Fassung des Satzes und aus dem Zusammenhange abnehmen:lässt, dass WIEDERSHEIM hier nicht etwa eine neue, früher noch gar nicht beobachtete Nervenwurzel im Sinn hatte, so scheint mir der fragliche Nerv am ersten mit der vordersten » sensiblen Hypoglossus- wurzel« o! (XI-+- XII) seiner Fig. 4 übereinzustimmen, um so mehr, als WIEDERSHEIM selbst geneigt ist, den Nerven für eine sensible Hypoglossus- wurzel zu halten!. Wenn wir hiernach das fragliche »o1« der Fig. A WIEDERSHEIM’S so nach vorn verschieben ?, wie es die letzte Darstellung des Autors verlangt, nämlich so, dass es unmittelbar auf die letzte Vaguswurzel (02) folgt und dabei vor der vordersten motorischen Hypo- glossuswurzel (u) liegt, so ist nach dem gleichen Befunde von Petro- myzon die Entscheidung über die Zugehörigkeit dieser sensiblen Wurzel leicht zu treffen: dieselbe kann nach Ursprung und Austritt gar nichts Anderes sein, alseine hinterste Vaguswurzel, nämlich die achte. — Hiernach stimmt nun merkwürdigerweise — was ich früher nicht erwartet habe — das von WIEDERSHEIM zu seiner Fig. A benutzte Exemplar hinsichtlich der Anzahl der Vaguswurzeln genau überein mit demjenigen, welches mir Modell gestanden hat, und dabei war jenes ein ganz junger Ammocoetes, dieses ein geschlechtsreifes Neun- auge. ! Den Grund für diese Auffassung findet WIEDERSHEIM darin, dass ventralwärts und etwas nach hinten von diesem Nervenfaden die erste motorische Wurzel des Hypoglossus liegt, und dass alsdann unmittelbar hinter der Vagusgruppe die für die Spinalnerven geltende typische Alternanz sensibler und motorischer Wurzeln be- ginnt. — Die Frage, wie weit es gerechtfertigt ist, den nächsten vor dem Hypoglos- sus gelegenen Nervenfaden mit der vordersten Hypoglossuswurzel zu einem spinal- artigen Nervenpaar zusammenzufassen, wird oben alsbald ihre Entscheidung finden ; bier sei nur darauf hingewiesen, dass auch WIEDERSHEIM schon zur Zeit seiner »Er- wiederung an Professor ScHnEipEr« die Thatsache vertreten hat, die er noch in seiner Arbeit (Jen, Zeitschr.) mit v. Inerıng gegen SCHNEIDER und GÖöTTE bestritt, dass näm- lich wirklich mit einer sensiblen Wurzel die nächst hintere motorische zu einem Spinalnervenpaar zusammengehört. R 2 Da WIEDERSHEIM, wie er selbst zugesteht, in der Zeichnung »etwas schema- tisch« gewesen ist, so bedurfte es nur einer geringen Neigung des Objektes, um 0! hinter u! zu sehen ; er bemerkte aber offenbar diesen Irrthum nicht, weil er da- mals noch die spinalartigen Nervenpaare nach der Ansicht v. IHERING’s zusammen- fasste, und ihm so unabsichtlich der eine Fehler gleichsam durch den anderen neu- tralisirt wurde. 20* 294 Fr. Ahlborn, :Ich glaube dieses besonders hervorheben zu müssen, um zu zeigen, dass bei der Metamorphose des Ammocoetes — zunächst in der Gruppe der Vaguswurzeln — nicht, wie WIEDERSHEIM gegen SCHNEIDER behauptet, ausgedehnte wesentliche Veränderungen vor sich gehen, sondern dass hier thatsächlich bei Ammocoetes schon dieselben Verhältnisse vorliegen wie bei Petromyzon. Wir wollen nunmehr auch die »spinalartige Hypoglossusgruppe«, die WIEDERSHEIM in seiner Fig. 4 mit XI —+ XII bezeichnet .hat, einer genaueren Prüfung unterziehen und zusehen, ob nicht auch hier schon dasselbe wesentliche Verhalten wie bei Petromyzon gegeben ist. Ab- gesehen von der bereits als zum Vagus gehörig erkannien vordersten sensiblen Wurzel dieser Gruppe bietet uns für den Rest derselben eine Stelle bei WIEDERSHEIM (p. 14) die gewünschten Vergleichspunkte zwi- schen Ammocoetes und Petromyzon. Als der Autor bei Petromyzon die beiden Nerven beschreibt, welche den ersten oberen Bogen durch- brechen, und die er, wie wir oben sahen, irrthümlich beide für moto- risch hält, fährt er fort: » Wahrscheinlich entsprechen die beiden, den ersten oberen Bogen durchsetzenden Nervenfasern einer einzigen durch sekundäres Wachsthum stark vergrößerten motorischen Wurzel. Ich schließe dies daraus, weil nach vorn davon noch drei untere Hypoglossuswurzeln übrig bleiben. Diese treten bei Petro- myzon entweder ebenfalls noch getrennt, d. h. durch drei besondere Löcher aus, oder es vereinigen sich die zwei hinteren zu einem starken pinselförmigen Geflecht, das die zwischen der Vordercircumferenz des ersten Bogens und dem hinteren Umfang der Ohrkapsel ausgespannte Membran durch eine gemeinsame, große Öffnung verlässt, ganz wie dies auch von Seiten des nächstfolgenden, vordersten Stranges der Fall ist.« — Es wurde oben gezeigt, dass die beiden den ersten oberen Bogen durchbrechenden Nervenwurzeln das erste Spinalnervenpaar bilden, und dass der vorderste derselben der dorsale, sensible ist. Da nun nach dem Citat vor diesen beiden Nerven bei Ammocoetes »noch drei untere Hypoglossuswurzeln übrig bleiben «, so folgt daraus, dass sie in Fig. % (WIEDERSHEIM) dem letzten motorischen (u!) und dem vorletzten sensiblen (01) Nerven der Hypoglossusgruppe entsprechen, welche nach hinten zu- nächst auf die drei vorderen motorischen Hypoglossuswurzeln folgen. ‚Diese beiden Wurzeln o! und u! von Ammocoetes sind also dem ersten Spinalnervenpaar von Petromyzon vollständig homolog und somit aus der Hypoglossusgruppe auszuscheiden. Dasselbe gilt auch von dem letzten (sensiblen) Nerven o!, welcher mit dem nachfolgenden o das zweite Spinalnervenpaar darstellt!. 1 Die Bezeichnung o in der Fig. 4 (WIEDERSHEIN) ist an der betrefienden Stelle Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 295 Die ganze spinalartige Hypoglossusgruppe von Ammocoetes ist da- mit bis jetzt auf drei motorische und eine sensible Wurzel (die zweite) reducirt. Hiervon entsprechen die drei ersteren so vollständig dem bisher allgemein als Hypoglossus! bezeichneten motorischen Nerven von Petro- myzon, dass über die Identität beider gar kein Zweifel bestehen kann. Es harrt somit nur noch die übrig bleibende sensible Wurzel von Ammo- eoetes einer den Verhältnissen von Petromyzon entsprechenden Deutung. WIEDERSHEIM selbst hat diese Wurzel so wie einige andere trotz aller darauf verwandten Mühe bei keinem einzigen Exemplare von Petro- myzon wiederfinden können; dass er sie aber wirklich bei Ammocoetes gesehen hat, ist nach seinen ganzen anderen Beobachtungen nicht zu bezweifeln, zumal er auch in seiner »Erwiederung« bestimmt angiebt, hinter der vordersten Hypoglossuswurzel finde regelmäßig Alternation von sensiblen und motorischen Nerven statt. Obgleich nun auch ich ein Homologon dieses Nerven bei Petromy- zon nicht beobachtet habe, so glaube ich doch vollkommen sicher zu urtheilen, wenn ich in demselben eine seltene, hinterste (neunte) Vaguswurzelerblicke. Diese Annahme stützt sich in erster Linie auf die Thatsache, dass das „obere laterale Ganglion« (LAnGERHANS), dieser eigentliche Vaguskern, sich nach hinten bis zum Beginn des Rückenmarks verfolgen lässt, und dass somit die nothwendigen und hinreichenden Bedingungen für den Ursprung einer letzten Vaguswurzel in den vorderen Querebenen des Hypoglossus sehr wohl vorhanden sein können. Andere sensible Nerven als Vaguselemente können in dieser Region des Nachhirns gar nicht vorhanden sein; in den Gentralverhält- nissen liegt dafür keine Andeutung vor, und zwischen dem ersten Spinalganglion und dem spinalartigen Ganglion der hinteren Vagus- ollenbar nicht richtig, denn sie deutet nicht auf eine obere Wurzel, sondern aufeine, die ganz richtig als motorische gezeichnet ist. Eben so ist auch das nachfolgende “ als Zeichen einer oberen Wurzel (des dritten Spinalnerven) durch ein o zu er- setzen. ! In meiner oben citirten Arbeit habe ich der gebräuchlichen Terminologie ent- gegen die vordere Wurzel des Hypoglossus eine motorische Vaguswurzel genannt, um ihre vollständige Trennung von der (oder den beiden) hinteren besonders her- vorzuheben; doch bin ich gern bereit, um jedem Zweifel vorzubeugen, den Namen der vorderen Hypoglossuswurzel zu übernehmen. Man könnte übrigens mit ganz demselben Recht bei Petromyzon der ganzen Hypoglossusgruppe den Namen moto- rischer Vaguswurzeln geben, da sie sich zu dem rein sensiblen Vagus genau So ver- hält, wie die motorische Wurzel eines Spinalnerven zu der sensiblen, und weil, wie Wıiepersneim bemerkt, die peripherische Verbreitung des Hypoglossus dafür spricht, dass er hier gleichsam noch als indifferentes Baumaterial zu betrachten ist, das seiner specifischen Bestimmung erst mit der Differenzirung einer eigentlichen Zungenmuskulatur entgegengeführt wird. 296 Fr. Ahlborn, wurzeln liegt kein anderes nervöses Organ als der austretende, rein motorische Hypoglossus, jedenfalls kein selbständiges Ganglion, wie es eine sensible und für sich bestehende Hypoglossuswurzel auf alle Fälle bilden würde. Alle diese Gründe sind zwar den anatomischen Verhält- nissen der ausgewachsenen Petromyzonten entnommen, aber da die letzteren mit ihren Hirnorganen, speciell den Hirnnerven, in allen an- deren wesentlichen Punkten durchaus die Charaktere des Ammocoetes bewahrt haben, so ist nach den obigen Auseinandersetzungen nur die Annahme gerechtfertigt, welche die vollständige weseniliche Übereinstimmung zwischen Ammocoetes und Petromy- zon in den fraglichen Punkten zur Voraussetzung hat. Das Gehirn von Ammocoetes unterscheidet sich von dem des Petromyzon nicht mehr, als das Gehirn eines mehr oder weniger weit vorgeschrittenen Vertebratenem- bryonen von dem des erwachsenen Thieres. II. Haben wir uns bisher fast ausschließlich mit den Ursprüngen und intracraniellen Verlauf der Hirnnervenwurzeln beschäftigt, so bleibt uns nun noch das fernere Verhalten derselben zu untersuchen, insbesondere wie sich aus denselben nach ihrem Austritt aus dem Spinalkanal resp. Schädel die peripherischen Nerven entwickeln und zusammensetzen. Über die Nerven I und II (Olfactorius und Opticus) haben wir hier nicht zu reden, da dieselben bis jetzt! als integrirende Theile des Ge- hirns angesehen werden. Oculomotorius. Der Ill. Hirnnerv, dessen Ursprung und intra- eranieller Verlauf a. a. ©. beschrieben wurde, verlässt den Schädelraum in geringer Entfernung hinter dem Opticus, um sich gleich darauf über die Muskeln der Orbita zu verbreiten?. Gleich bei seinem Austritt gabelt sich der Nerv in einen vorderen und einen hinteren Ast. Ein Ciliarganglion ist nicht vorhanden, auch habe ich in dem ganzen Verlauf des Nerven keine Ganglienzellen finden können, deren Vorhanden- sein SchwaLsE (Jen. Zeitschr., XI. Supplementbd. und Bd. XIM) als wahrscheinlich hinstellte. Der Mangel an eingelagerten Ganglienzellen ist als Beweis für die rein motorische Natur des Oculomotorius anzu- sehen; denn wo immer aus dem nervösen Centralorgan der Neun- augen eine (spinalartige) sensible Wurzel hervorgeht, stets finden sich in ihr nach Durchbrechung der Dura mater die bekannten großen 1 Vgl. hierüber p. 328 ff. z 2 Näheres siehe P. Fürsrınser, Muskulatur und Kopfskelett der Cyklostomen. | Jenaische Zeitschr. Bd. IX. 1875. Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 297 Ganglienzellen abgelagert. Nach seiner Entstehung im Gehirn ist der Oculomotorius von Petromyzon einer motorischen, spinalartigen Nerven- wurzel zu vergleichen, deren dorsales Gegenstück nicht vorhanden oder wenigstens nicht selbständig spinalartig entwickelt ist. Es muss dem subjektiven Ermessen überlassen bleiben, ob man den Oculo- motorius nach der ventralen Lage seines Kernes und nach der Über- einstimmung seiner Zellen mit GEGEnBAUR als einen selbständig gewor- denen Theil des motorischen Trigeminus ansehen will, oder nicht; nach dem Verhalten der anderen beiden Augenbewegungsnerven (Trochl. und Abduc.) ist die Möglichkeit einer Abtrennung nicht aus- geschlossen. Trochlearis!. Dieser Nerv zieht von seinem Ursprunge im i In meiner früheren Arbeit habe ich auf p. 244 bemerkt, P. Mayser habe in seinen vergl. anat. Studien über das Gehirn der Knochenfische etc., diese Zeitschr. Bd. XXXVI, p. 259 u. f. unter Bezugnahme auf die entwicklungsgeschichtlichen Werke von v. MınALKovics, v. KÖLLIKER u. A. die Valvula cerebelli und den Trochlearis zum Mittelhirn gerechnet, obgleich gerade diese Embryologen die fraglichen Hirntheile als zum embryonalen Hinterhirn gehörig nachgewiesen haben. Diese meine Behauptung gründete ich auf den Absatz 4) p. 266 seiner Arbeit, wo P. Mayser eine Übersicht über seine Hirneintheilung gegeben hat. Nach vorange- gangener brieflicher Verständigung — für die ich Herrn Dr. MaAvser an dieser Stelle meinen besten Dank sage — benutze ich mit Freuden diese erste Gelegenheit, um zu konstaliren, dass jener Absatz A) p. 266, den ich für ganz untrüglich hielt, der thatsächlichen Überzeugung dieses Autors streng genommen nicht entspricht. P. Mayser hat vielmehr schon auf p. 262 ausgesprochen, dass es das Verdienst BAuDELor's und Stıena’s sei, die Zugehörigkeit der Valvula zum Kleinhirn auf mikroskopischem Wege nachgewiesen zu haben; und auch in der Specialbeschrei- bung rechnet er in Übereinstimmung mit den Embryologen die Valvula zum Cere- bellum. Anders verhält es sich mit dem Trochlearis, hier glaubt P. MaAvser auch jetzt noch auf Grund des Umstandes, dass der Trochleariskern bei den Tele- ostiern uw. a. in der Wand des Aquaeductus liegt, im Widerspruch gegen die er- wähnten embryologischen Befunde verharren zu müssen. Mit dem Oculomotorius betrachtet er diesen Nerven als motorischen Antheil eines spinalartigen Nerven- paares, dem als sensibler Theil der Opticus entsprechen soll (l. c. p. 354), und rechnet ihn zum Mittelhirn. Die Auffassung des Trochlearis und Oculomotorius als molorische Antheile des Opticus dürfte wohl schwerlich wieder einzuführen ge- lingen, seitdem man gewohnt ist, den Sehnerven als integrirenden Hirntheil zu be- trachten, alle neueren Autoren, die sich mit der Frage der spinalartigen Hirnnerven näher beschäftigt haben, schließen diese Zusammenfassung stillschweigend von ihren Betrachtungen aus (vgl. auch den Schluss dieses Aufsatzes). Es liegt daher in dieser Hinsicht kein besonderes Interesse vor, den IV. Hirnnerven dem ent- wicklungsgeschichtlichen Verhalten entgegen zum Mittelhirn zu rechnen, ganz ab- gesehen von den anatomischen Gründen, welche bei Petromyzon und den Selachiern dagegen sprechen. Die Thatsache, dass die Kreuzung des Trochlearis stels in der Valvula, also im Hinterhirn liegt, kann ich nicht mit P. Mavser für zufällig erach- 2398 Fr. Ahlborn, Cerebellum etwas nach vorn und unten gebogen zur Seite, um unmittel- bar vor der Ohrkapsel und dicht hinter dem austretenden Ophthalmicus (der in der schematischen Fig. 6 der Übersichtlichkeit wegen viel weiter nach vorn gezeichnet ist), etwa in halber Höhe des Schädelraumes, nach außen durchzubrechen. Die Vermuthung Wiırpersneim’s, wonach der IV. Nerv mit dem Oculomotorius durch dasselbe Loch austritt, hat sich somit nicht bestätigt. Beim Austritt umgeben sich die Fasern — wie bei den anderen Nerven — mit Mark und Neurilemm, so dass sein Quer- schnitt hier bedeutend größer erscheint als im Schädel. Nervenzellen enthält auch der Trochlearis, so weit ich ihn habe beobachten können, nicht, jedenfalls nicht in der Region der spinalartigen Ganglien. Man darf daher auch von diesem Nerven annehmen, dass er, obgleich dor- salen Ursprunges, rein motorisch ist und somit dem Berr’schen Gesetz nicht mehr entspricht. Der Annahme GegengAur’s, dass der Trochlearis ein abgelöster und selbständig gewordener Theil des motorischen Trigeminus sei, steht bei den Petromyzonten nichts ent- gegen (siehe auch p. 299). Trigeminus-Abducens-Gruppe fFig. 6). Der Trigemi- nus hat zwei sensible und eine motorische Wurzel. Die oberste der sensiblen bildet den Ramus ophthalmicus und tritt unmittelbar vor dem Trochlearis etwa in halber Schädelhöhe aus. Dabei durchbricht sie die Schädelwand schräg nach oben und. vorn und entwickelt sich unmittelbar darauf zu einem spindelförmigen, dem Schädel horizontal eng anliegenden Ganglion (Ophih), das den peripherischen Nerven in derselben Richtung nach vorn absendet. Dicht unterhalb des Ophthalmicus gelangt auch die untere sensible Trigeminuswurzel (Y, s) aus dem Schädel, doch ist sie mehr nach unten gerichtet, und das große Ganglion, welches alsbald aus ihr entsteht, liegt ten (briefl. Mitth.), vielmehr erscheint mir dieses durchaus konstante Verhalten als ein nicht unwesentlicher Beweis dafür, dass der ganze Nerv in seinem centralen Verlauf dem Hinterhirn zuzurechnen ist. Daran hindert es nicht, wenn bei den Teleostiern und den höheren Vertebraten der Trochleariskern in der Wand des Aquaeductus liegt, die entsprechenden Theile gehören eben mit in den Bereich des embryonalen Hinterhirns. Dem entsprechend ist auch — wie ich a. a. O0. ausge- führt habe — die Grenzscheide zwischen der vorderen und hinteren Hirnhälfte (zwischen Mittelhirn und embryonalem Hinterhirn) zu konstruiren; sie braucht durchaus keine einfache Querebene zu sein, sondern wird wohl immer eine mehr oder weniger komplicirt gekrümmte Fläche darstellen, welche von der Übergangs- stelle zwischen Tectum opticum und Valvula cerebelli zur Haubeneinschnürung und zum vorderen Ende der Raphe hinübergeht und die ganze Valvula so wie die Trochlearis- und Oculomotoriuskerne zum epichordalen Hirn, das Tectum opticum, den Torus semicircularis und den Rest der Aquaeductuswand dagegen zum Mittel- hirn abtheilt, Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 299 zur Seite der Schädelbasis und lässt u. a. einen starken peripherischen Nerven schräg nach unten und vorn aus sich hervorgehen. Dieses Gan- glion nimmt auch die große motorische Wurzel (V.m) des Trigeminus auf, welche in ihm hart über der Schädelbasis vorwärts zieht und in dem erwähnten großen Nerven (Ram. maxillaris) mit enthalten ist. Es ist demnach dieser Theil des Ganglion Gasseri ein typisches Spinalganglion, und es mischen sich in ihm — was bei den eigentlichen Spinalganglien von Petromyzon nach Scaneiver nicht der Fall ist — motorische Ele- mente mit den sensiblen. Mit dem Ganglion des Ophthalmicus steht dieses Ganglion in loser aber unmittelbarer, substantieller Verbindung und es ist ein direkter Faseraustausch zwischen beiden anzunehmen. In ganz gleicher Weise besteht auch eine lokale Kontinuität zwischen dem unteren Trigeminusganglion und dem dahinter liegenden Ganglion des Facialis, welches sonst ein wohl begrenztes und der transversalen Lage dieses Nerven entsprechendes selbständiges Organ bildet. — Der Trochlearis (IV) streift in seinem peripherischen Verlauf hart über dem hinteren Theile des unteren Trigeminusganglion vorüber, so dass an dieser Stelle eine Vermischung desselben mit sensiblen Elementen des Trigeminus nicht absolut unmöglich wäre; es ist mir aber bei sorg- fältigster Beobachtung an dazu besonders geeigneten dünnen Querschnitt- reihen nicht gelungen einmal einen Zellfortsatz oder eine Faser aus dem Ganglion in die Bahn des Nerven einlenken zu sehen, außerdem scheint der Trochlearis schon hier ringsum mit einer bindegewebigen Nerven- Scheide umgeben zu sein. An dieser Stelle will ich nicht unterlassen, einen kleinen Nerven- faden (Fig. 6 c) zu erwähnen, der in der hinteren, seitlichen Region aus dem unteren Trigeminusganglion auftaucht, um mit dem hinteren Ende des Ophthalmicusganglion nach kurzem Verlauf wieder zu verschmelzen. Der äußerst feine Strang geht dabei dicht unier dem austretenden Trochlearis hinweg und hebt sich nur vorn etwas höher über die Ober- fläche des unteren Ganglion empor. Im Ophthalmicus nimmt er zunächst eine laterale Lage ein, weiter nach vorn löst er sich zwischen den Zellen auf. Nach hinten zu ist es mir, wenn ich mich nicht sehr täusche, ge- lungen, den Nerven durch das untere Ganglion hindurch bis in das Facialisganglion zu verfolgen, so dass damit eine direkte Verbindung zwischen Facialis und Ophthalmiceus nachgewiesen sein dürfte. Über den Abducens habe ich meinen früheren Angaben nichts hinzuzufügen; es ist ein kleiner motorischer Nerv, der nach dem Prin- cip der Arbeitstheilung im Begriff ist, sich aus dem Verbande des Trige- minus zu lösen, um zu einem selbständigen Bewegungsnerven der Augenmuskulatur zu werden. Die feine Wurzel des VI. Hirnnerven 300 ; Fr. Ahlborn, läuft der motorischen Trigeminuswurzel immer nahe vorauf (Fig. 6 VT), tritt vor und über derselben steil in der Schädelwand empor und nach außen, um hart über dem unteren Trigeminusganglion hinwegzuziehen und alsbald die nächsten Augenmuskein zu erreichen. Die Acusticus-Facialis-Gruppe (Fig. 5) besitzt am Gehirn, wie schon WIEDERSHEIM zeigte, drei über einander liegende dorsale Wurzeln, von denen die beiden unteren (VIIJ.o.u) etwas näher zusam- mengerückt sind und den Acusticus ausmachen, während die obere Wurzel (VII) den Facialis bildet. Beide treten in bekannter Weise in die Ohrkapsel ein, wo der Facialis das spinalartige Acusticusganglion durchsetzt, um durch eine Öffnung in der vorderen inneren Ecke der Kapsel auszutreten und das seitliche Horn des Ganglion Gasseri zu bil- den, das er in lateraler Richtung wieder verlässt. Der Facialis steht mit dem Trigeminus so wie mit dem Vagus in enger peripherischer Ver- knüpfung (das Nähere siehe diese). Einer ausführlicheren Betrachtung bedarf die Vagus-Hypoglos- sus-Gruppe (Fig. 5), weil sie die komplicirteste von allen ist und auch bisher zu verschiedener Deutung Anlass gegeben hat. Ich glaube dabei an eine im Jahre 1827 in Heusınger’s Zeitschrift für org. Phys. er- schienene kleine, aber sehr gediegene Arbeit von Born! anknüpfen zu müssen, dessen Beobachtungen über die peripherischen Verhältnisse dieser Nervengruppe sich mir in topographischer Hinsicht vollkommen korrekt erwiesen haben. Die späteren Untersuchungen von ScHLENM und v’ALron, auf welche sich die neueren Autoren? allein beziehen, haben an dieser Stelle mehr verwirrend als fördernd gewirkt und sind erst in einigen Punkten durch SchnEIDER und WIEDERSHEIM korrigirt. Nach Borx gehen aus dem hinter der Ohrblase austretenden Vagus- stamme drei Äste hervor. Der oberste (Lat) derselben vereinigt sich alsbald mit einem um die Ohrkapsel herumziehenden Aste des Facialis (VII—X) und bildet so einen Längsnerven, welcher an den »Querfort- sätzen des Knorpelrohres« (— unter Knorpelrohr versteht Borx nicht etwa die Chorda, sondern den Spinalkanal, und seine Querfortsätze sind daher, wie sich auch aus den Zeichnungen Born’s ergiebt, die oberen Bogen des Achsenskeletts —) zum hinteren Körper zieht. Born nennt diesen Nerven Accessorius, was SchLeum und p’ALron durch Einführung der Bezeichnung Nervus lateralis verbessert haben. Diese Forscher stellen aber in ihren Zeichnungen den Lateralis so dar, dass er den größten Theil der (motorischen) Hypoglossuselemente aufnimmt. 1 G. Born, Über den inneren Bau der Lamprete (P. marinus). 2 Nur P. FÜrBRINGER (l. c.) hat Born citirt, selbst aber die Vagus-Gruppe nicht ausführlicher untersucht. 5 Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 301 Diese Darstellung hat Scuneıver, dem die Arbeit von Born offenbar nicht vorgelegen hat, berichtigt und ausgeführt, dass der N. lateralis nur Vaguselemente enthält und in seinem ganzen Verlaufe keine motorischen Fasern aufnimmt. Die ursprüngliche Angabe von Born ist dadurch wieder zurecht gestellt. Born hat auch schon damals beobachtet, dass der N. lateralis durch das ganze Thier hindurch geht. Der mittlere Ast der Vagusgruppe (Pn) bildet nach Born ebenfalls einen Längsnerven, den N. vagus (s. str.), welcher in jedem der hin- teren sechs Kiemensäcke einen Zweig abgiebt und sich dann in die »Unterleibsorgane« wendet. Scuemm und v’ALron führen für diesen Nerven die bessere Bezeichnung N. pneumogastricus ein, lassen ihn aber fälschlich erst nach einigem Verlauf aus zwei getrennten unteren Ästen des Vagusstammes entstehen. Den dritten Ast des Vagus, den Glossopharyngeus (Br}), beschreibt Born als ersten Kiemennerven: ver geht zwischen dem ersten und zweiten Kiemensack in die Tiefe und verbreitet sich daselbst wie der Vagus (d. h. Pneumogastricus) mit seinen Kiemenzweigen«. Vom Hypoglossus (X/J), den Born irrthümlich »Glossopharyngeus ?« nennt, sagt er, dass er mit drei Wurzeln am verlängerten Mark ent- springe, die sich beim Austritt vereinigen, und fährt dann fort: »Gleich bei seinem Austritt schickt er drei kleine Zweige über den Accessorius (N. lateralis) hinweg, von denen die beiden hinteren sich in die Muskeln verlieren, der vordere, stärkere aber einen nach vorn sich umbiegenden Ast abgiebt, der gegen die Nase hingeht. Der Stamm selbst schlägt sich über den Vagus (N. pneumogastricus), geht über den ersten Kiemen- muskel, dem er einige Zweige abgiebt, und endet, sich in mehrere Zweige theilend, vorn und unten in den Muskeln der Zunge.« — Diese Darsteilung, die ursprünglich für Petromyzon marinus gilt, ist — so weit ich darüber urtheilen kann — nach Form und Inhalt auch für Petromy- zon Planeri mustergültig; sie verdient um so höhere Anerkennung, als sie die schwierige Aufgabe allein durch makroskopische Präparation ge- löst hat, und es von allen den späteren Untersuchern keinem, und selbst JOHANNES MÜLLER nicht, gelungen ist, gleiche Resultate zu erzielen. Ganz verfehlt ist hier die Darstellung von ScuLemm und p’ALron, wo das Gros der Hypoglossusfasern in den N. lateralis eintritt, und nur ein kleiner ventraler Ast sich mit einem (sensiblen) Zweige des Vagusstammes zum Zungennerven vereinigt. Ich habe durch Beobachtung kontinuirlicher Schnittreihen von P. Planeri die Verhältnisse bestätigen können, die Born bei P. marinus gefunden hat, ein neuer Beweis dafür, dass wesent- liche Unterschiede zwischen beiden (und auch P. fluviatilis) im centra- len Nervensystem nicht bestehen. 3023 Fr. Ahlborn, . Es bleibt somit meiner Untersuchung nur noch vorbehalten, die einzelnen peripherischen Nerven der Vagus-Hypoglossus-Gruppe bis zum Gehirn zu verfolgen und speciell die etwas komplicirte Verknüpfung der Nerven in der Region der spinalartigen Ganglien klar zu legen. 4) Nervus vagus. Die zahlreichen (bis zu acht, selbst neun ?) Wurzeln des Vagus liegen an der Durchbruchsstelle nahe bei einander, doch heben sich dabei, wie schon im Spinalkanal, zwei Gruppen durch besonders enge Verknüpfung der einzelnen Wurzeln von einander ab: eine kleinere vordere — sie umfasst die im Ursprungsgebiete des Acusti- cus entstehenden Acusticus-Vaguswurzeln —, und eine etwas größere hintere mit der Summe der dem oberen lateralen Ganglion (LANGERHANS) entspringenden hinteren Vaguswurzeln. a) Ramus branchialis I. oder Glossopharyngeus. Die kleinere vordere Gruppe der Vaguswurzeln ist von Anfang an enger geschlossen und erscheint daher einheitlicher als die hintere, in welcher man nicht selten selbst noch in der Wand des Spinalkanals die ein- zelnen Wurzeln unterscheiden kann, die durch dünne Bindegewebs- lagen isolirt sind. Die ganze vordere Gruppe, die auch als vorderste hinter der Ohrkapsel aus dem Schädel tritt, erhält alsbald eine ge- schlossene Nervenscheide und erfährt durch massenhafte peripherische Einlagerung von Ganglienzellen eine beträchtliche spinalganglienartige Verdickung, die seitlich allmählich in den peripherischen Nerven über- geht. Dieser Nerv, der also die Acusticus-Vaguselemente in sich auf- nimmt, ist der erste Branchialnerv (Fig. 5 Br,). So weit ich ihn verfolgen kann — er wendet sich alsbald schräg nach hinten zur Seite — enthält er in seinem Verlauf eingelagerte große Ganglienzellen. In geringer Entfernung von der Schädelwand erhebt sich aus ihm ein kleines Faserbündel (Fig. 5 a), welches alsbald seitlich in den quer dar- über hinziehenden Hypoglossus einmündet und sich mit den Fasern dieses Nerven vermischt. b) Ramus lateralis n. vagi. In der hinteren, von Anfang an weniger geschlossenen Gruppe der Vaguswurzeln vollzieht sich gleich nach dem Austritt eine Sonderung, indem sich die auf den Branchäalis I. folgenden Wurzeln nach hinten und oben emporheben, während die hintersten Vaguswurzeln nach hinten und unten weiter ziehen. An der Trennungsstelle (wo der Branchialis I. bereits vollständig iso- lirt ist) finden sich in beiden Hälften einzelne Ganglienzellen eingelagert. Diese nehmen nur in dem mittleren Aste bedeutend zu, so dass sich der- selbe an seiner Basis und hart an der Schädelwand zu einem ansehn- lichen spinalartigen Ganglion (Fig. A und 2 @.X.!) entwickelt. Dasselbe hat eine dreizipflige Gestalt: es ist die kleine dreiseitige platte An- Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 303 schwellung, die ScuLemm und v’Arron erwähnen. Durch den nach oben gerichteten Zipfel mündet in dieses Ganglion von vorn her ein Facialis- ast (Fig. 4, 5 VII—X)!, wie es Borw zuerst beschrieb. Derselbe spaltet sich beim Eintritt in zwei Portionen, von denen die eine im oberen Rande des Ganglion, ohne sich aufzulösen, nach hinten weiter zieht und direkt in den N. lateralis übergeht, während die andere unterhalb der . lateralen Oberfläche sich im Ganglion nach unten schlägt und unter beständigem Abspalten von Fasern — wenn das Bild nicht täuscht — selbst bis in den entstehenden Pneumogastricus vordringt (Fig. 1). Jedenfalls ist dieser letztere an der Stelle, wo er sich von der Late- raliswurzel abspaltet, mit dem Vagusganglion direkt durch feine Faser- züge verknüpft, außerdem findet aber auch noch zwischen beiden eine Auswechslung peripherischer Fortsätze von Ganglienzellen statt, denn man kann beobachten, dass von den wenigen Zellen, welche der Pneumogastricus hier besitzt, Ausläufer nach oben vordringen, während umgekehrt auch vom Vagusganglion aus Zellfortsätze in den Bereich des Pneumogastricus eintauchen. — Die Angabe von ScunEiDer, wonach der Facialisast in keine Verbindung mit dem Vagusganglion tritt, sondern sich nur »mit den rückwärts laufenden Ästen desselben vereinigt«, wird hierdurch in so fern bestätigt, als — mit der obigen Einschränkung — der Facialisast thatsächlich sowohl in den N. lateralis wie in den N. pneumogastricus übergeht; andererseits steht es aber auch fest, dass der Facialis in das Ganglion selbst eindringt und innerhalb der binde- gewebigen Scheide desselben weiter zieht. Eine direkte Verbindung der Fasern mit Zellen im Ganglion habe ich jedoch nicht beobachtet. Aus dem hinteren Zipfel des spinalartigen Vagusganglions geht als ein Mischling von Facialis- und Vaguselementen der Nervus lateralis (Lat) hervor, welcher, wie Schxeiper ausführt, »nach innen von der Musku- latur dorsalwärts von den Spinalnerven bis an das Hinterende des Körpers verläuft. Diese Lage des Lateralis ist die gewöhnliche, doch scheint dieselbe nicht unwesentlichen Schwankungen zu unterliegen. Bei dem Thier, welches mir zum Modell gedient hat, nahm der Seiten- nerv, so weit ich ihn verfolgen konnte (etwa bis zum fünften Spinal- nerven), eine ganz andere Lage ein. Im Bereich des zweiten Spinal- ! Dass der. Facialis rein sensibel ist, hat. P. FÜRBRINGER zuerst angegeben. Ich habe dies a. a. O. nicht noch einmal ausdrücklich bestätigt, doch geht es ja deut- lich genug aus der Darstellung (p. 269) hervor. Jom. MürLer hatte den Ursprung des Nerven richtig angegeben, ibn aber auf Taf. III, Fig. 3 und 4 nicht mit »VII«, sondern mit VI bezeichnet, wesshalb man leicht mit WıEDErsHEım glauben kann, J. Mürzer habe den Abducens darunter verstanden. Dass dem jedoch nicht so ist zeigt schon die Figurenbeschreibung, wo hinter der Zahl V/ der Name Facialis rich- tig stebt, 304 Ä Fr. Ahiborn, “ nerven hatten die Laterales ihre normale Lage inne; dann aber drang der ganze rechtsseitige Nerv durch das zweite Ligamentum intermusculare neben der Mediane dorsalwärts empor bis in das subcutane Bindege- webe und zog hier dicht unter dem Integument, das er ein wenig auf- getrieben hatte (Fig. 4), nach hinten weiter, indem er-sich gleichzeitig etwas seitwärts verschob. Fast zu gleicher Zeit trat auch der linke Seitennerv in das zweite Ligament und erhob sich in demselben, ohne jedoch die Subcutanschicht ganz zu erreichen (Fig. 3). Nachdem er so in dem nach hinten zu divergirenden Ligament um die Breite eines Muskelkästchens aus seiner ursprünglichen Lage verdrängt war, durch- brach er die nächst innere Muskellage schräg nach hinten und unten und gelangte so wieder an seinen normalen Ort. Dieselbe Verschiebung wurde gleich darauf von Neuem eingeleitet, der Nerv stieg wieder in dem nunmehr zweiten Ligament neben der Mediane empor und wurde dadurch abermals seitlich abgelenkt. Diese Ablenkungen werden in ihrer Art offenbar rein mechanich durch die Stellung und Richtung der Ligamenta intermuscularia bedingt, sie bedeuten zunächst, wie es scheint, nichts als eine geringe Verlängerung des Nerven; doch wollte ich sie nicht verschweigen, weil sie vielleicht für spätere vergleichend- anatomische Betrachtungen eine Bedeutung erlangen können und weil sie als ein ferneres Beispiel asymmetrischer und individueller Variabili- tät der Petromyzonten immerhin von einigem Interesse sind. c) Ramus pneumogastricusn. vagi (Fig. 1—5 Pn). Die Ver- knüpfung der hintersten Vaguswurzeln, die diesen Nerven bilden, mit dem spinalartigen Ganglion des Ramus lateralis haben wir oben näher kennen gelernt. Unter dem genannten Ganglion wendet sich der Nerv nach hinten um und verläuft nun über den Querfortsätzen der Ghorda nach außen von der Vertebralvene in den hinteren Körpertheil. Der Nerv ist Anfangs noch stärker als der Lateralis und enthält im Gegensatz zu diesem, wie SCHNEIDER bereits angegeben hat, in seinem ganzen Ver- lauf einzelne Ganglienzellen eingelagert. Wie er sich in den Kiemen verbreitet, hat Born näher ausgeführt. Demselben Forscher ist es auch gelungen, folgende besonders wichtige und bisher nirgends wieder er- wähnte Beobachtung zu machen: »Die Rückenmarksnerven treten unmittelbar unter dem Accessorius (d. h. Lateralis) aus dem Knorpelrohr hervor und begleiten die von den Querfortsätzen abgehenden sehnigen Verlängerungen (Lig. interm.), verbreiten sich in die Schwimm- und äußeren Kiemenmuskeln und schicken, durch letztere hindurch- gehend, Zweige indie Tiefe, die sich mit dem Vagus (d.h. Pneumogastricus) verbinden, wodurch dieser etwas anzu- schwellen scheint, vielleicht Sympathicus (?).« — Ich habe diese Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon, 305 Mittheilung bis jetzt nicht kontrolliren können, da meine Präparate den Kiemenapparät nicht mit umfassen, doch ist, da sich die übrigen An- gaben dieses Autors so glänzend bestätigt haben, an der Richtigkeit der Beobachtung gar nicht zu zweifeln, zumal auch Jon. MürLer den Ram. intestin. n. vagi der Petromyzonten als ein Äquivalent des Sympathicus der höheren Thiere ansieht. Wir dürfen somit annehmen, dass bei den Petromyzonten thatsächlich eine dem Sympathicus der höheren Thiere analoge peripherische Verbindung der Spinalnervenbahnen (wenigstens der vorderen) mit dem Gehirn mittels des Ramus pneumogastricus her- gestellt ist, und dass sich an der Übergangsstelle gangliöse Anschwel- lungen befinden. 2) Nervus hypoglossus. Die (motorischen) Wurzeln dieses Nerven vereinigen sich beim Durchbruch aus dem Schädel zu einem starken Stamme, welcher gleich hinter dem Vagusganglion, aber gänz- lich von diesem getrennt, zwischen Lateralis und Pneumogastricus zur Seite zieht, über den ersten Branchialnerven hinweg sich nach vorn wendet und so seiner peripherischen Verbreitung entgegen geht, nach- dem er zuvor seine sensible Nervenbahn (Fig. 5 a) aus dem I. Branchial- nerven in sich aufgenommen hat. Gleich nach dem Durchbruch und bevor die Mischung mit sensiblen Elementen eingetreten ist, sendet der Nerv nach oben einen kleinen Ast (Fig. 5 XJI.r.d) aus, welcher sich, wie mir scheint, sogleich in drei Zweige spaltet (die drei dorsalen Äste, die Born anführt). Diese Zweige ziehen nahe bei einander lateralwärts dicht um das Ganglion vagi empor (Fig. 2 XLI.r.d), so dass sie den ent- stehenden Lateralis von außen her gegen die Schädelwand zu drücken scheinen. Die beiden hinteren kleinen Zweige verbreiten sich sofort in den nächsten Rückenmuskeln, während der etwas stärkere vordere über dem oberen Rande der Ohrkapsel neben dem Schädel ein Stück nach vorn zieht und so allmählich seine Fasern in die Rückenmuskeln abgiebt. Fassen wir der Übersicht wegen noch einmal kurz die Verhältnisse der Vagus-Hypoglossus-Gruppe (Fig. 5) ins Auge, so entstehen aus sämmtlichen sensiblen und motorischen Wurzeln zusammen vier große peripherische Nervenstämme, von denen drei rein sensibel, einer motorisch, resp. gemischt ist. Der erste sensible ist der Branchialis I. (Glossopharyngeus). Er enthält die vordersten aus dem Acusticus-Ursprungsgebiet her- kommenden Vaguswurzeln und besitzt zahlreiche eingelagerte Ganglien- zellen. Ohne Verbindung mit dem Lateralis-Ganglion sendet er einen Zweig in den motorischen Hypoglossus. Der zweite Ast des Vagus bildet den N. lateralis, in welchem 306 Fr. Ahlborn, sich die mittlere Portion der Vaguswurzeln durch ein spinalartiges Gan- glion mit einem rücklaufenden Ast des (sensiblen) Facialis vereinigen. Keine Ganglienzellen im weiteren Verlauf. Der dritte sensible Ast des Vagus ist der Pneumogastri- cus. Er umfasst die hinteren Vaguswurzeln, steht mit dem Lateralis durch das Ganglion desselben in direkter Verbindung und führt ein- zelne Ganglienzellen. Verbindung mit den Spinalnerven nach Art des Sympathicus. Der Hypoglossus sendet erst einige kleine rein motorische Zweige nach oben, dann nimmt er ohne Berührung mit dem Lateralis- ganglion einen sensiblen Faserstrang aus dem ersten Branchialnerven - in sich auf. Überblicken wir zum Schluss die spinalartigen Hirnnerven in ihrer Gesammtheit, so kommen wir zu einem neuen, wichtigen Resultate, dass nämlich alle peripherischen sensiblen Bahnen dieser Ner- ven mit dem centralen Ursprungsgebiete des Acusticus in direkter oder indirekter Verbindungstehen, und dass wir demnach in dem vordersten dorsalen Abschnitte der Medulla oblongata, welcher zur Seite der größten Auswei- tung der Fossa rhomboidalis liegt, das eigentliche Gen- trum aller dieser Nerven zu suchen haben. Für die rein motorischen Nerven I/I und IV besteht keine peripherische Verbindung mit dem Centrum, doch ist hier, wie ich a. a. O. gezeigt habe, eine centrale Verknüpfung mit dem Acusticusgebiet wahrscheinlich, nämlich für den Oculomotorius durch den Tractus oculomotorius (LANGER- Hans), den ich Acusticus-Haubenbahn genannt habe, und für den Trochlearis durch das a. a. O. p. 270 erwähnte kleine Faserbündel, welches, aus dem Acusticusgebiet kommend, in das Ursprungsganglion des Nerven eindringt. Die Trigeminus-Gruppe ist central direkt durch den Kern der aufsteigenden Wurzel (a. a. ©. p. 255, 256), peripherisch durch den Facialis und sein Ganglion mit dem Gentralgebiete verknüpft. In der Vagus-Gruppe entspringt der Ramus branchialis I. direkt im Centralgebiet; Lateralis und Pneumogastricus sind durch den Facialisast peripherisch mit ihm verbunden, und der gemischte Nervus XII bezieht seine sensiblen Fasern direkt aus dem Branchialis I. Endlich sind auch die Spinalnerven durch die sympathische Verbindung mit dem Pneumo- gastricus in peripherischer Kommunikation mit dem Centrum. | Diesen Thatsachen entspricht auch in jeder Beziehung der feinere anatomische Bau des Centralgebietes, in welchem sich die verschieden- artigsten Elemente aus allen Theilen des Gehirns und Rückenmarks zu- Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. 307 sammenfinden, um in ihm, im Gegensatz zu den anderen nach dem Typus des Rückenmarks gebauten Regionen der Oblongata, einen zwar wenig geordneten und geformten, aber doch mannigfachst differenzirten cerebralen Hirntheil zu schaffen (das Nähere hierüber vgl. a. a. O. p. 255, 260 ff.). Da im Gehirn Faserverbindungen zwischen der acusti- schen Centralregion der spinalartigen Nerven und dem Vorderhirn so gut wie gar nicht vorhanden sind, so ist von den höheren Wirbelthieren her der bekannte Analogieschluss berechtigt, dass die Funktionen dieser Nerven größtentheils auf Reflexbewegungen beruhen, und dass umge- kehrt willkürliche, bewusste Thätigkeiten bei den Petromyzonten jeden- falls nur in sehr beschränktem Maße stattfinden können. Göttingen, 24. December 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVIII. Fig. 4 und 2. Querschnitte durch den hinteren Theil der Medulla oblongata eines mit Osmiumsäure behandelten Gehirns. Zur Demonstration des Ursprunges der Vagusäste aus dem spinalartigen Vagusganglion. Vergr. A : 55. Fig. 3 und 4. Querschnitte durch den vordersten Theil des Rückenmarks, um die Lage des Pneumogastricus und die Verschiebungen der Laterales zu zeigen. Fig. 5. Schematische Darstellung des Ursprunges und der Verknüpfung der hin- teren Hirnnerven in der Region der Spinalganglien. Fig. 6. Dasselbe für die Familie des Trigeminus. Fig, 7. Vorderkopf von Petromyzon Planeri vom Rücken gesehen. Vergr. 2. Dabei bedeuten durchweg: 4, arterielles Gefäß; a, sensible Bahn des Hypoglossus aus dem ersten Branchialnerven; c, ein feiner Nervenfaden, der den Ophthalmicus mit dem unteren Knoten des Ganglion Gasseri und vielleicht auch mit dem dahinter liegenden Facialisganglion verbindet; Br,, erster Branchialnerv, Glossopharyngeus ; Ep, Stelle der Epiphyse; G.V, ventraler Theil des Ganglion Gasseri; G.VH, spinalartiges Facialisganglion ; G.X.!, spinalartiges Vagus-Lateralisganglion ; G.spı, G.spa etc., Spinalganglion ; Lat, Ramus lateralis nervi vagi; Na, Nase; N. Vaguswurzeln; Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. XL. Bd. 21 308 Fr. Ahlborn, Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. E N.XII, Hypoglossuswurzeln ; N.sp, Spinalnerv: w.d, dorsale Wurzel, r.v, ventraler Ast etc.; Ophth, Ramus ophthalmicus nervi V; | Pn, Ramus pneumogastricus n. vagi; | Rm, Rückenmark; v, Venen; III, Oculomotorius; IV, Trochlearis; V.s, untere sensible \ Tri ? nee f rigeminuswurzel; VI, Nervus abducens; VII,N. facialis, VI—X, rickteufndeh Facialisast; VIII, Acusticus; ü XII, Hypoglossus, XII.r.d, dorsale, rein motorische Äste desselben. Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. Von Dr. Fr, Ahlborn zu Göttingen. Seit den Zeiten GorTHE’s und Oken’s bildet die morphologische Be- deutung des Wirbelthierschädels eine der anziehendsten Fragen unserer Wissenschaft. Es ist bekannt, dass jene erste Wirbeltheorie des Schädels, die durch ihren großen Urheber so berühmt geworden ist, zunächst nur auf rein äußerliche Ähnlichkeit gewisser Theile des Säugerschädels mit den Wirbelknochen des Rückgrats gegründet war. Aber wie sehr man auch in der Zeit darauf bemüht war, im Einzelnen die Überein- stimmung der »Schädelwirbel« mit denen der Wirbelsäule anatomisch nachzuweisen und die Theorie eingehender auszuführen und durchzu- bilden, so konnte es nicht ausbleiben, dass die exakte Forschung schwer- wiegende Einwände gegen die » Wirbeltheorie« zur Geltung brachte. ‘Nachdem zuerst Huxrey (Elements of Comp. Anatomy) seine Bedenken gegen diese Theorie ausgesprochen hatte, die sich über ein halbes Jahr- hundert allgemeiner Anerkennung erfreute, wurde dieselbe alsbald durch die glänzende Segmentaltheorie GEGEnBAur’s in Schatten gestellt und nach kurzer Übergangszeit gänzlich verdrängt. GEGENBAUR hob hervor, dass — dem damaligen Stande der Ent- wicklungsgeschichte entsprechend — kein Zustand irgend eines Schä- deis bekannt sei, in welchem derselbe aus einzelnen Wirbeln zusammen- gesetzt wäre, und dass gerade die frühesten Entwicklungsstadien des Schädels, in denen man, jener Theorie zufolge, eine wenn auch nur andeutungsweise bestehende Gliederung in Wirbelabschnitte erwarten müsse, den Schädel nur als ein Continuum zeigen. Erst mit dem Auf- treten knöcherner Theile trete jene Art der Gliederung ein, die mit der Gliederung des Rückgrates in Wirbel verglichen werden könnte. Es sei daher ein sekundärer Vorgang, in welchem sich die sog. Schädel- wirbel absondern, indess an der Wirbelsäule die Gliederung den pri- 24* 310 Fr, Ahlborn, mären knorpeligen Zustand betreffe. In der Thatsache des »zu allen Zeiten kontinuirlichen Primordialeraniums«, so wie in dem Umstande, dass man zum Ausbaue der »Wirbeltheorie« auch bloße Deckknochen in die Bildung einzelner »Wirbel« eingehen lassen müsse, erblickte GEGENBAUR mit Recht Zeugnisse für die Fehlerhaftigkeit derselben. Die geistreiche Grundidee jener Theorie, dass der Schädel ursprünglich aus einer bestimmten Anzahl von Rückenwirbeln hervorgegangen sei, wurde natürlich durch alle diese Einwürfe nicht berührt; es kam jetzt aber darauf an, sie in eine Form zu bringen, welche möglichst vollständig mit dem bekannt gewordenen morphologischen Verhalten des gesamm- ten Kopfabschnittes im Einklang stand. GEGENBAUR hat diese Aufgabe auf vergleichend-anatomischem Wege zu lösen versucht, indem er von dem Gedanken ausging, dass sich die wahre Anzahl der den Wirbeln entsprechenden Kopfsegmente aus den Metamerien der übrigen Organgruppen des Kopfes, speciell der Hirn- nerven und der Respirationsorgane ermitteln lassen müsse. | Das Schlussverfahren GEGENBAUR’s war hierbei folgendes: da im Bereich des Rumpfes allgemein eine derartige Leibessegmentirung be- steht, dass je ein Wirbel mit einem Muskelsegment (resp. einer Rippe) und einem Spinalnervenpaar zusammengehört, so muss es nach jener Grundidee auch möglich sein, die Anzahl der Schädelsegmente zu er- mitteln, wenn es gelingt, die Hirnnerven nach Art der Spinalnerven in metamere Paare zu zerlegen, oder andererseits — da es wirkliche Schädelwirbel nicht giebt — die den Muskelsegmenten resp. Rippen entsprechenden Bildungen des Kopfes zu erkennen. Beide Möglichkeiten waren in gleicher Weise zu berücksichtigen, und wenn beide zu über- einstimmenden Resultaten führten, war das Problem am besten gelöst. Thatsächlich ergab aber die praktische Durchführung, dass die von der Theorie geforderte Übereinstimmung nur innerhalb gewisser Grenzen zu erzielen war, und es ließ sich eine bestimmte Zahl der Kopfsegmente nicht angeben. Der große Vorzug der Segmenttheorie GEsEnBAaur’s beruht offenbar darin, dass sie nicht ausschließlich auf die im Allgemeinen sekundären osteologischen Verhältnisse des Schädels gestützt ist, wie die alte Wirbel- theorie, sondern dass sie die schon frühzeitig auftretende Metamerie der Nerven und der Respirationsorgane zur Grundlage hat. Aber in diesem Vorzuge liegt auch zugleich ihre schwache Seite, und diese besteht in der nicht bewiesenen Annahme, dass die Metamerie der Hirnnerven und die Metamerie des Visceralskeleties dieselbe Segmentirung des Körpers zum Ausdruck brächten, wie im Rumpfe die Spinalnerven und die Rippen. Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 11 Die in der voraufgehenden Untersuchung über die Hirnnerven von Petromyzon mehrfach erwähnte Arbeit von R. WIEDERsHEIN war mir die erste Veranlassung, der Frage über die Bedeutung der Kopfmetamerien näher zu treten. Dabei war ich auf Grund des Verhaltens von Petro- myzon zu einer Reihe interessanter Resultate gekommen, die mir zum Theil den Voraussetzungen der Gesensaur’schen Theorie zu wider- sprechen schienen, und andererseits den direkten anatomischen Nach- weis einiger Schädelsegmente gestatten. So kam ich denn nach einer überaus anregenden Besprechung des Gegenstandes mit Herrn Professor Enters — dem ich auch hierfür wieder zu großem Danke verpflichtet bin — zu dem Entschluss, einmal unabhängig vorzugehen und zu unter- suchen, 4) wie groß die Zahl der am Kopfe wirklich nachgewiesenen Segmente ist, und 2) wie weit die Voraussetzungen jener Theorie mit den seit ihrer Entstehung gemachten Erfahrungen bestätigt werden. Die Hypothese GeGEnBAurR’s war dazu bestimmt, den Mangel eines entwicklungsgeschichtlichen Nachweises echter Urwirbel, d. h. primärer Metameren des Kopfmesoblasts zu ersetzen. Nach den übereinstimmen- den Angaben der Embryologen stand es damals außer Zweifel, dass die ursprüngliche Segmentirung des dorsalen Mesoderms nur im Bereich des Rumpfes vorhanden sei, und dass diese Bildung in der Halsregion des Embryo beginnend allmählich gegen das hintere Körperende vor- schreite. Im Kopfe sollte diese Mesomerie zu keiner Zeit vorhanden sein. Sehr bedeutungsvoll waren daher die Angaben, welche in der Folgezeit das Vorhandensein ursprünglicher Mesomeren des Kopfes be- stätigten. GörTE gebührt das Verdienst, in seiner Entwicklungsgeschichte der Unke zuerst den Nachweis »echter Urwirbel des Kopfes« geführt zu haben. Dort heißt es auf p. 202 ff. etwa so: »Die wichtige Gliederung der mesodermalen Segmentplatten in die Segmente (Urwirbel) beginnt zur Zeit, wann die Gerebromedullarfurche im Kopfe entwickelt ist, in der Gegend des Hinterkopfes; von dort aus setzt sich die Theilung nach beiden Körperenden fort, erreicht aber das Kopfende früher, als die Nähe des Schwanzendes. Die vier vordersten Segmente be- stimmen die Ausdehnung und die Grenzen des Kopfes. Die drei hinteren Kopfsegmente liegen an jenem Abschnitt der Wirbel- saite, welcher als eine auch in der Richtung ununterbrochene Fort- setzung ihres Rumpfabschnittes die hintere Kopfhälfte bis zur Um- biegungsstelle durchzieht. Die vordere Kopfhälfte enthält das erste Segmentenpaar, welches ebenfalls als Fortsetzung der dorsalen Segmentbildung angesehen werden kann, da die Ghorda mit einem vordersten stark verschmälerten und später vollkommen rudi- 312 | Fr, Ahlborn, mentären Ende, zur Zeit der ersten Embryonalperioden in der vorderen Kopfhälfte vorhanden ist.« Bei Petromyzon gelangte ich selbst auf rein anatomischem Wege zu einem Resultate, welches wenigstens zum Theil mit diesem entwick- lungsgeschichtlichen Befunde der Batrachier übereinstimmte. Den An- knüpfungspunkt bot mir eine Angabe von Scaneiper ! über den Aus- breitungsbereich der vordersten Spinalnerven. Danach versorgt bei Petromyzon der erste Spinalnerv zwei Muskelsegmente, nämlich das vierte und fünfte; der zweite Spinalnerv geht an das sechste, nebenbei aber auch an das vorhergehende, fünfte, vielleicht auch noch an ein weiteres Myocomma, und erst der dritte Spinalnerv verbreitet sich, wie alle folgenden, nur über ein einziges Segment. Während also im ganzen hinteren Abschnitte des Rumpfes jedes Neuro- mer einem einzigen Segment der Leibeswand entspricht, finden wir bei den Neunaugen die bedeutungsvolle Ausnahme, dass die ersten beiden Spinalnerven nicht mit zwei, sondern mit drei Mesomeren korrespon- diren, und dass speciell das erste Neuromer annähernd zwei Mesomeren entspricht, nämlich dem vierten und fünften. Diese Thatsache führt nach verschiedenen Seiten hin zu sehr inter- essanten Schlüssen, von denen ich jedoch an dieser Stelle nur die folgenden erwähnen möchte. Zunächst geht daraus hervor, dass die ersten drei Myocommata nicht mehr von einem Spinal- nerven, sondern nothwendig von einem Hirnnerven inner- virt werden. In der That zeigt sich — was schon Born (1826) beob- achtele —, dass der noch unvermischt motorische Hypoglossus gleich nach seinem Austritt aus dem Spinalkanal drei (vgl. p. 305) kleine, den Ramis dorsal. der Spinalnerven entsprechende Nerven abzweigt, die sich in der dorsalen Muskulatur der drei vordersten Myomeren ver- breiten. Die letzteren stimmen aber nach ihrer morphologischen Be- schaffenheit vollständig mit den dahinter liegenden Rumpimyomeren über- ein, und wir sind daher berechtigt, in ihnen den Ausdruck einer typischen Mesomerie zu erblicken. Am Hinterkopfe der Petromyzonten sind also Theile von drei echten Mesodermsegmenten dauernd erhalten?. Das eigenartige Verhalten des ersten Spinalnerven von Petromy- 1 Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungsgesch. der Wirbel- thiere. Berlin 4879. 2 Ich habe nicht feststellen können, ob die vorderen dorsalen Kopfmuskeln von Petromyzon, die anscheinend ebenfalls eine segmentale Struktur besitzen, den hin- teren Myomeren homodynam sind, hierüber wird wahrscheinlich erst ein entwick- lungsgeschichtlich begründetes Urtheil entscheiden können. Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 313 zon gestattet uns ferner, einen bedeutungsvollen Schluss nach den Amphibien hinüber zu ziehen. Von den Anuren heißt es nämlich, dass bei ihnen »der erste Spinalnerv fehlt«, oder dass der erste Hals- wirbel keinen Nerven hat. WiıEDErsHEım bezeichnet daher (Vergl. Anat. p- 327) mit Fürsrınger den vordersten Spinalnerven dieser Thiere als den zweiten der Reihe. Auch entwicklungsgeschichtlich steht fest (Görte), »dass das erste Segment des Rumpfes keine Nervenanlage ent- wickelt. Nach dem oben angegebenen ganz analogen Befunde von Petro- myzon können wir nun mit Sicherheit annehmen, dass der vorderste Spinalnerv der Anuren ursprünglich zwei Körpersegmente innervirt hat, und zwar nicht nur das Segment, in welchem er austritt, sondern auch das davorliegende Segment des ersten Halswirbels (denn der dritte Wirbel hat ja seinen eigenen Nerven). Danach sind also die ersten Spinalnerven der Petromyzonten und anuren Amphibien vollständig homolog, und der erste Halswirbel der Amphibien ent- spricht dem vierten Myocomma der Petromyzonten. Wenn aber dieses der Fall ist — und es liegt kein Grund vor daran zu zwei- felna —, so müssen die drei ersten Myomeren von Petromy- zon, die wir bereits als typische Kopfsegmente erkannt haben, den drei hinteren Schädelsegmenten der Anuren homolog sein, die Görtz nachgewiesen und als hintere Kopfhälfte zusammen- gefasst hat. Diese auffallende Übereinstimmung dokumentirt von Neuem die nahe systematische Verwandtschaft beider Thiergruppen, die ja auch sonst schon durch eine große Reihe charakteristischer Merkmale mit ein- ander verbunden sind. Hiernach liegt es nahe, den Vergleich des Kopfes von Petromyzon mit dem der Anuren weiter durchzuführen, zumal wir durch GörTE die Entwicklung des letzteren näher kennen gelernt haben. Natürlich kann sich dieser Vergleich hier nur auf die Segmentirung beziehen. Bei Petromyzon liegt der weit größte Theil des Kopfes vor jenen drei hinteren Segmenten, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Entwicklungsgeschichte noch eine größere Zahl typischer Segmente nachweisen wird. Bei den Amphibien dagegen ist wenigstens in den ersten Embryo- nalperioden dieser Theil nicht auffallend länger, als eins der hinteren Kopfseginente. Aus diesem Grunde offenbar nimmt Görtz mit Bestimmt- heit an, dass die vordere Kopfhälfte nur einem einzigen Körpersegment homolog sei; jedenfalls hat er auch thatsächlich nichts beobachtet, was auf eine weitere Gliederung hindeuten könnte. Dem ungeachtet kann ich seiner Deutung der vorderen Kopfhälfte als ein Segment nicht zu- stimmen ; vielmehr glaube ich, dass wir es hier einstweilen mit einem 314 Fr. Ahlborn, kryptomeren Segmentkomplex zu thun haben. Der Grund der äußer- lichen Ähnlichkeit der vorderen Kopfhälfte mit einem hinteren Segmente scheint mir noch kein Beweis für die Homologie zu sein; denn wir müssen schon nach dem Verhalten von Amphioxus annehmen, dass die vorderen Körpersegmente in ähnlicher Weise wie die des Schwanzes kleiner werden. Außerdem ist es mindestens sehr unwahrscheinlich, dass ein Körperabschnitt, welcher den weit größten Theil des Gehirns, die Augen und das Geruchsorgan, ferner den ganzen Kieferapparat mit der Mundbucht so wie die mittleren Gesichtstheile enthielte, nur einem einzigen Körpersegment homodynam sein sollte. Für mich waren diese Gründe entscheidend, bevor ich wusste, dass es inzwischen gelungen war, bei den Haifischen das ganze Kopfmesoderm in eine größere Zahl primärer Segmente zu zerlegen, und ich halte die Möglichkeit nieht für ausgeschlossen, dass es nicht nur bei Petromyzon, sondern auch bei den Amphibien einer erneuten Forschung gelingen wird, weitere »echte Ur- wirbel des Kopfes« nachzuweisen. Nach GörTE hat BaLrour (Monogr. of Elasmobr. Fishes. p. 211 ff.) das Problem der Schädelsegmentirung an den Selachiern entwicklungs- geschichtlich zu lösen versucht. Er behandelt die Frage ganz im Sinne der Gesensaur'schen Theorie, indem er die Zahl der Kopfsegmente aus der Zahl und Lage der Hirnnerven so wie der Kiemenbogen zu erschließen sucht; andererseits hat er jedoch durch die bedeutunssvolle Entdeckung der Kopfhöhlen (Head-Gavities) den Weg für die definitive Entscheidung des Gegenstandes geebnet. Barrour zeigte, dass sich das Mesoderm im Kopfe, gerade so wie im Rumpfe, in eine Somatopleura und Splanchno- pleura spaltet, und dass dadurch jederseits ein Hohlraum entsteht, welcher mit der primären Leibeshöhle des Rumpfes kommunicirt, und als direkte Fortsetzung derselben anzusehen ist. Es besteht jedoch nach BaLFour ein wesentlicher Unterschied zwischen den Kopfhöhlen und der primä- ren Leibeshöhle des Rumpfes. Die letztere erscheint schon sehr früh in ihrem dorsalen Abschnitt durch die primäre Körpersegmentirung in hinter einander liegende kammerartige Abschnitte getheilt, deren Hohl- räume als Höhlen der Urwirbel ventralwärts offen sind und in die große gemeinsame Höhle des anstoßenden primär unsegmentirten Mesoderms (sekundäre Leibeshöhle) einmünden. Im Kopfe fehlt dagegen der dor- sale, primär segmentirte Theil des Mesoderms (Urwirbelplatte, Segment- platte a. A.), und die Kopfhöhle wird nur durch die primär unsegmen- tirten sog. Seitenplatten des Mittelblattes gebildet. Durch das Auftreten | der vom Darm ausgehenden Kiemenspalten wird die Kopfhöhle in eine entsprechende Reihe metamer angeordneter Abtheilungen zerlegt, die E- Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 315 . sekundären Kopfhöblen !, aus denen sich im Wesentlichen die Bogen des Visceralskelettes entwickeln. Eine andere Metamerenbildung des Kopfes, besonders eine solche, die mit der Segmentirung des Rumpfes von vorn herein übereinstimmte, hat Baırrorr nicht beobachtet und er ist daher der Ansicht, dass jene visceralen Kopfhöhlen als Äquivalente der Muskelplatten anzusehen wären. Bis hierher stehen die Angaben Baırrour’s vollkommen mit der Gesensaurschen Theorie im Einklang, denn sie scheinen zu bestätigen, dass die Metamerie der Kiemenorgane, die wir kurz als Branchiomerie bezeichnen, mit der Körpersegmen- tirung übereinstimme. Am Schluss seines Artikels »Mesoblast of the Head« macht Barrour jedoch die bedeutsame Bemerkung, dass am hin- teren Theile des Kopfes eine scheinbare Ausnahme von jener Metamerie bestehe, indem hier zu einer bestimmten Zeit drei bis vier Muskelseg- mente (longitudinale Muskeln) gebildet würden, von denen er nicht sagen könne, ob sie wirklich zum Kopfe gehörten, oder ob sie als Myo- meren des Rumpfes sich bis zu einem gewissen Grade über den hinteren Kopftheil vorgeschoben (overlapped) hätten. Wir können nach dem oben besprochenen Verhalten von Petromyzon und den Amphibien schon jetzt vermuthen, dass diese Muskelsegmente des hinteren Hai- fischkopfes wirklich der Ausdruck einer echten Mesomerie des Kopfes sind, und dass sie den ersten drei Myomeren von Petromyzon, also den drei hinteren Schädelsegmenten (Urwirbeln) entsprechen. Weiter unten werden wir sehen, wie weit sich die Vermuthung bestätigt. BaLFour’s eigene Urtersuchungen haben den Beweis nicht geliefert, dass die sekun- dären Kopfhöhlen resp. Kiemenhogen den primären Mesodermsegmenten homodynam sind, daher kann denn auch das von ihm aufgestellte Schema der Kopfsegmente noch nicht als bewiesen angesehen werden. Durch Barrour’s Entdeckung der Kopfhöhlen wurde MarsHaLL? ver- anlasst, die Entwicklung derselben bei den Haifischen aufs Neue zu studiren und den von Bırrotvr nur erschlossenen Zusammenhang der einzelnen Hirnnerven mit den Kopfhöhlen genauer festzustellen. Seine Untersuchungen bestätigen zunächst vollkommen die Angaben Barrour’s über die erste Entwicklung der »Head Cavities«, weiterhin führen sie _ aber zu einer wichtigen Erweiterung unserer Kenntnisse. MarsmaLı zeigt, dass der Kopfabschnitt des »Coeloms«, die primäre Kopfhöhle, zuerst nur in ihrer ventralen Partie durch die drei ersten Kiemenspalten ge- gliedert wird, während der dorsale Bezirk derselben in Kontinuität ! Nur der vorderste Theil der Kopfhöhle theilt sich später unabhängig von einer Kiemenspalte in die beiden ersten der acht Kopfhöhlen. ® MıLxes MarssatL, On the Head Cavities and Associated Nerves of Elasmo- branchs. Quart. Journ. of Micr. Sc. Vol. XXI. 1881. 316 Fr. Ahlborn, bleibt. Erst in der Zeit zwischen den Entwicklungsstadien / und K (BALFouR) werden die Anlagen der drei ersten Kopfhöhlen auch in dem dorsalen Bereich vollständig von einander getrennt, und zwar erfolgt die Trennung in der dorsalen Verlängerungslinie der beiden ersten Kiemen- spalten. Diese zuletzt auftretende Gliederung des dorsalen Theiles der primären Kopfhöhle betrachtet MarsnaLr als eine typische Segmentation des Kopf-Mesoderms, welche nicht direkt durch die Visceralspalten ver- anlasst wird und der Segmentation der Urwirbel äquivalent ist. Eben so wie sich im Rumpfe die Höhlen der Urwirbel alsbald von der primä- ren Leibeshöhle abschnüren, lösen sich auch die dorsalen Theile der Kopfhöhlen aus dem Verbande mit den visceralen Abschnitten. MarsHaLL hat jedoch die Trennung der Kopfhöhlen in dorsale (Urwirbel) und ven- trale Theile nur in den ersten drei Paaren beobachtet und kann den definitiven Beweis für die morphologische Gleichwerthigkeit der dorsa- len Kopfhöhlenabschnitte mit den primären Mesomeren des Rumpfes nicht erbringen. Von der größten Wichtigkeit für die morphologische Beurtheilung des Wirbelthierkopfes sind aber die Beobachtungen, welche neuerdings Dr. J. W. van Wisue in seiner Arbeit »Über die Mesodermseg- mente und die Entwicklung der Nerven des Selachier- kopfes«! niedergelegt hat. Der Autor bezeichnet seine Arbeit selbst als eine Erweiterung der Untersuchungen Barrour’s und MaArsuaLr’s. In Wirklichkeit ist sie aber viel mehr als eine bloße Erweiterung, denn die darin enthaltenen thatsächlichen Beobachtungen sind dazu angethan, der GzgGensaur’schen Theorie dauernd den Boden unter den Füßen zu ent- ziehen. Wenn die schließlichen Resultate der Arbeit dem nicht ent- sprechen, so liegt dies offenbar daran, dass van WiJuE noch ganz wie BALFour und MarsHALL unter dem Einfluss jener Theorie steht, und es dort, wo die Beobachtung dagegen spricht, vermeidet, diesen Wider- spruch bestimmt zum Ausdruck zu bringen, während er die schein- baren Übereinstimmungen besonders hervorzuheben für gut befindet. Ich bin natürlich weit davon entfernt, dem Autor hieraus irgend einen Vorwurf zu machen, und der weitere Verlauf dieser Untersuchungen wird zeigen, einen wie hohen Werth ich seiner Arbeit beilege. An dieser Stelle interessirt uns zunächst eins der wichtigsten Resul- iate, zu welchen die Untersuchungen van Wıme’s geführt haben: es ist der positive Nachweis, dass die von der Branchiomerie unabhängige Mesomerie, die MArsuaLı bereitsim vorder- sten Kopftheile beobachtet hatte, sich über den ganzen 1 Verhandelingen der K. Akad. der Wetenschappen. Bd. XXII. Amsterdam 1883, : Über die’Segmentation des Wirbelthierkörpers. 317 Kopf erstreckt und eine typische Segmentirungist, welche entwicklungsgeschichtlich vollkommen mit der primä- ren Metamerie der Mesoblastsomiten des Rumpfes über- einstimmt. Wie im Rumpfe, so entstehen auch im Kopfe der Selachier die Somiten (primären Mesomeren, Urwirbel) nur aus dem dorsalen Ab- schnitt des primitiven Goeloms, und zwar in derselben Weise, wie dies schon GörTE für die Anuren angegeben hat (siehe p. 311), nämlich so, dass die Segmentirung in der Nackengegend beginnt und von da nicht nur nach hinten, sondern auch nach vorn fortschreitet. »Am Ende der Periode H und ganz im Anfang der I sind die hinteren Kopfsomiten schon gebildet, die vorderen aber noch nicht und höchstens durch Fal- ten angedeutet. Wenn bald darauf das ganze dorsale Mesoderm des Kopfes in Somiten zerfallen ist, giebt es deren im Ganzen neun, die alle, mit Ausnahme des ersten, welches solid ist, - eine Höhle umschließen.« »Während der Anlage der vierten Kiementasche, und noch vor dem Auftreten der fünften, also in der ersten Hälfte des Stadiums J (das Yan Wısu= zwischen J und H einschob), entwickelt sich eine Masse em- -bryonalen Bindegewebes — aus der Innenwand der Somiten. Diese zerfallen dadurch in ein Muskelsegment (Myotom) und ein Skelettseg- | ment, besser: Bindesubstanzsegment (Sklerotom). Die Segmentation der - Sklerotome geht aber im ganzen Körper (Haie!) fast sofort verloren.« Die primäre Mesomerie des Körpers ist daher auch im Schädel jetzt nur noch in der Metamerie der Myotome erhalten. »Nicht lange nach der Diffe- 'renzirung der Somite in Myotome und Sklerotome trennen sich ihre Höhlen von der Leibeshöhle..... Diese Trennung ist schon in der ersten ‚ Hälfte der Periode J auch für die Kopfsomiten, mit Ausnahme des zwei- | ten vollzogen.« Im weiteren Verlauf seiner Arbeit hat van Wısue das spätere Schick- sal der einzelnen Kopfmyotome eingehend verfolgt und die darüber vor- handenen Angaben Marsnarr’s im Allgemeinen bestätigt und erweitert. Danach entwickeln sich aus dem vordersten Myotom des Selachier- ‚schädels die Augenmuskeln Rect. super., R. infer. und Obliquus in- ferior; aus dem zweiten Myotom der M. oblig. super., und aus dem dritten M, rect. extern. Aus dem vierten und fünften Myotom gehen keinerlei Muskeln hervor, beide verfallen frühzeitig einer voll- Ständigen Degeneration. Das sechste Myotom ist das erste, welches |embryonale Muskelfasern besitzt; diese sind noch im Stadium P sicht- \bar, sie bleiben aber auf einer rudimentären Stufe stehen und scheinen |schließlich-zu degeneriren. Das siebente bis neunte Myotom ist | 318 Ä Fr, Ahlborn, viel. besser entwickelt, und es gehen daraus die Muskeln hervor, welche vom Schädel zum Schultergürtel ziehen, so wie der vorderste Theil des Sterno-hyoideus. Über das Schicksal der zeitweise gebildeten Skleromeren des Kopfes erfahren wir durch van WısuE eben so wenig Bestimmtes, wie über das der Somiten /V und V; sie verschwinden, degeneriren. Offen- bar lässt sich schon in diesen frühen Embryonalstadien nicht mehr ver- folgen, was aus den Skleromeren wird, doch glaube ich nicht fehl zu gehen, wenn ich annehme, dass sie im Kopfe bei fortschreitendem Wachsthum im Allgemeinen ihre ursprünglich scharfe Begrenzung auf- geben und so eine nicht mehr segmentirte Bindegewebsmasse bilden. Eben so, glaube ich, verwandeln sich auch die beiden ganzen Kopf- somiten, aus denen keine Muskeln hervorgehen, zunächst in indifferen- tes Bindegewebe, und dasselbe scheint auch iheilweis mit dem sechsten Myotom der Fall zu sein, in welchem van WısuE nur eine rudimentäre Muskelanlage wahrgenommen hat. Diese ganze kontinuirliche Binde- gewebsmasse tritt nun — so vermuthe ich — gerade so wie die ersten drei Myomeren vollständig in den Dienst der Kopforgane, speciell des Gehirns und der drei höheren Sinnesorgane, indem es sich den Formen derselben oft bis in die feinsten Details anpasst und sie hüllend und stützend umgiebt. Die Bildung des Primordialcraniums würde sich auf diese Weise leicht erklären lassen. Vergleichen wir die primäre Mesomerie des Haifischkopfes, wie wir sie jetzt durch van Wısur kennen gelernt haben, mit dem, was wir von der Mesomerie des Kopfes der Amphibien und Petromyzonten wissen, so ergiebt sich Folgendes. Die drei letzten Myotome der Selachier sind offenbar dieselben »ihree or four muscle-plates«, die BaLrour sah, und von denen er nicht wusste, ob sie zum Kopfe oder zum Rumpfe gehör- ten. van WisuE hat nachgewiesen, dass diese drei Myotome von dem dreiwurzlig entspringenden Nervus hypoglossus innervirt werden. Damit hat sich aber unsere oben (p. 315) ausgesprochene Vermuthung voll-- kommen bestätigt, wonach zwischen den drei hinteren Muskelsegmenten des Kopfes der Selachier, Petromyzonten und Amphibien eine komplete Homologie besteht. Ob auch das Verhalten der ersten Rumpfsegmente der Selachier bezüglich ihrer Innervation ein gleiches oder ähnliches ist wie bei den letztgenannten Thiergruppen, kann ich augenblicklich nicht angeben. Die vordere Kopfhälfte der Anuren, die GörtE einem einzigen Segment gleichwerthig erachtete (vgl. p. 313), entspricht, nach den Selachiern zu urtheilen, einem Komplex von sechs vorderen Segmen- ten; denn da sich dieselben Augenmuskeln, welche auch die Amphibien besitzen, bei den Selachiern aus den ersten drei Myotomen entwickeln, | Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 319 so ist nicht anzunehmen, dass bei den Amphibien diese Muskeln aus einem Myotom entständen und noch dazu aus einem solchen, welches keinem der drei Augenmuskelsegmente der Haie homolog wäre. Dass es bei den Amphibien gelingen könnte, alle die neun Schädelsegmente (der Selachier) nachzuweisen, ist zwar nicht undenkbar, allein wir dürfen es bei der intensiven Untersuchungsart Görrte’s nicht erwarten; Görtz würde die Segmente wahrscheinlich auch gesehen haben. Was nun soeben von den Amphibien gesagt ist, muss aber auch für alle übrigen Wirbelthiere gelten. Bei allen Cranioten finden wir jene typi- schen sechs Augenbewegungsmuskeln, die bei den Selachiern nachweis- lich aus den drei ersten Kopfmyotomen hervorgehen. Da nun nicht abzusehen ist, dass bei den höheren Vertebraten dieselben sehr charak- teristischen Muskeln aus anderen, weiter hinten gelegenen Myotomen gebildet werden sollten, so ist es gerechtfertigt, die Augenmuskeln über- all als die Abkömmlinge derselben drei vordersten Somiten anzusehen. Wir müssen daher annehmen, dass der Kopf der Wirbel- thiere allgemein neun Mesodermsegmente enthält, die in demselben Maße wie die segmentale Muskulatur den specifischen Kopforganen dienstbar wurden, und, indem sie schon früh ihre Selbständigkeit aufgaben, in allen ontogenetischundphylogenetisch vorgeschrittenen Sta- dien nicht mehrals getrennte Segmente zuerkennensind. Durch diesen unmittelbaren entwicklungsgeschichtlichen Nachweis (van Wisne) einer typischen und primären Mesomerie des ganzen Kopfes sind wir der Mühe enthoben, die Anzahl der Kopfsegmente indirekt zu bestimmen. Damit schwindet aber der ursprüngliche Zweck jener Theo- rie, welche dieses Problem auf vergleichend-anatomischem Wege zu lösen versuchte. | Wenn die Theorie GEsEnzaur’s dennoch bis heute allgemeine Aner- kennung gefunden hat, so ist dies darauf zurückzuführen, dass man sich mit ihrer hypothetischen Grundidee im Allgemeinen für einverstanden er- ‚ klürte, nach welcher die Kiemenbogen und Hirnnerven dieselbe Segmen- lirung im Kopfe der Wirbelthiere zum Ausdruck bringen, wie die Rippen und Spinalnerven im Rumpfe. Im Folgenden werde ich festzustellen versuchen, wie weit jene hypothetische Grundlage der Gesexsaur’schen Theorie durch die Ent- wicklungsgeschichte und Anatomie bestätigt wird, und wie weit die primäre Mesomerie des Körpers sich zu einer durchgreifenden Segmen- tirung der Organe ausgestaltet. Zuerst stelle ich die Frage: »Sind die Kiemenbogen den Rippen homodynam?%« 320 Fr. Ahlborn, Über die Natur der Metamerie der Rippen kann kein Zweifel bestehen. Diese Gebilde gehen aus demjenigen Theile des Mesoderms hervor, welcher, den Intermuscularligamenten entsprechend, auf der Grenze zwischen je zwei primären Mesoblastsomiten liegt. Sie können daher mit Recht als die Wiederholung, oder, um es genauer zu be- zeichnen, als der sekundäre Ausdruck der primären Mesomerie ange- sehen werden. Die letztere erstreckt sich, wie wir wissen, ursprünglich nur auf einen dorsomedianen Abschnitt des Mesoderms (Segmentplatte), dehnt sich aber später lateralwärts und gegen die ventrale Körperseite aus, indem sie sich gleichsam auf Kosten der primär unsegmentirten Seitenplatten des Mesoderms erweitert. - Ein ganz anderes Verhalten erblicke ich in der Metamerie der Kiemenbogen. Die erste Anlage derselben ist in jenem vorderen Seitentheile des Mesoderms mit enthalten, welcher durch das Auftreten der primitiven Kiemenspalten in eine metamere Reihe von Abschnitten zerlegt wird. Diese Branchiomerie wird nicht geändert, wenn später die Somiten über die Seitenplatten herunterwuchern. In jedem von zwei Kiemenspalten eingeschlossenen Mesodermbalken entwickelt sich ein Kiemenbogen als Träger der in gleicher Weise metameren Respirations- organe (Branchiomeren). Die Kiemenspalten, welche offenbar die Ver- anlassung dieser Metamerie sind, haben wir als typisch entodermale Bildungen anzusehen. Das Entoderm sendet durchaus unabhängig vom Mesoderm in bestimmten wechselnden Abständen Falten gegen das Ektoderm, indem es das dazwischen liegende Mittelblatt zur Seite drängt. Diese Falten gelangen in den Kiemenspalten — vielleicht unter Beihilfe des Ektoderms ! — zum vollständigen Durchbruch nach außen. Eine nähere Beziehung der Kiemenspalten zu bestimmten Kopf- segmenten ist von allen Autoren festzustellen versucht, welche ent- wicklungsgeschichtlich das Vorhandensein solcher Segmente nachge- wiesen haben. Nach GöTTE geht bei den Anuren die Segmentation des Mesoderms der Kiemenbildung vorauf. Erst später erfolgt der Durch- ‚bruch der Kiemenspalten, und zwar für die ersten drei Paare genau auf der Grenze zwischen dem I. und II., resp. I. und III., resp. III. und IV. Kopfsegment seiner Zählung, während die beiden letzten Paare, das vierte und fünfte, ganz im Bereich des einen letzten Kopfsegmentes ent- stehen. GöTTE hat, um eine causale Abhängigkeit der Kiemenspalten- pildung von den Segmenten wahrscheinlich zu machen, das mecha- nische Erklärungsprincip herangezogen : durch die Eindrücke, welche die gewölbten vordersten Mesomeren auf den beiden Deckblättern her- vorrufen, soll die Lage der ersten drei Kiemenspalten a priori bestimmt | 1 Vgl. die entsprechende Angabe in v. KörLızer’s Entwicklungsgeschichte. | Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 331 | sein. Wenn diese Auffassung auch mit der Entstehung der beiden letzten Kiemenspalten im Einklang stände, so würde sie die segmentale Natur der Kiemenbogen im Sinne der Theorie GEGENnBAur’s bis zu einem gewissen Grade darthun; ‚so aber beweist gerade das Auftreten dieser letzten Kiemenspalten in einem Segmente, dass thatsächlich alle diese Faltenbildungen des Darmes nicht nothwendig an die Segmentgrenzen gebunden sind, und dass auch das Zusammen- treffen der ersten drei Kiemenspalten mit den Scheidewänden der Meso- meren nicht durch die »Eindrücke« der letzteren bedingt sein kann. Die Ursache der Kiemenbildung ist jedenfalls nicht im Mesoderm, sondern im Entoderm zu suchen, wo die faltenförmigen Anlagen durch lokales Wachsthum und erhöhte Zelltheilungsvorgänge entstehen, Von größter Bedeutung für die Beurtheilung der Kiemenbogen sind die Verhältnisse bei den Selachiern, wie sie in letzter Instanz van WıJHE entwicklungsgeschichtlich nachgewiesen hat. Zwar nimmt auch dieser Forscher in herkömmlicher Weise die segmentale Natur der Kiemen- bogen an, allein man wird sich überzeugen, dass alle seine vorzüglichen Beobachtungen dagegen sprechen. Gleich im Anfang (p. #) hebt er bervor, dass die Kiementaschen als Ausstülpungen der Seitenwand des Darmes unterhalb der unteren Grenze der Kopfsomiten (Urwirbel) entstehen, und dass daher die Höhlen der primitiven Visceralbogen nicht — wie Bır- Four glaubte — zudenen der Somiten, sondern zu demven- tralen Theile der Leibeshöhle gehören, welcher ausdem primär unsegmentirten Mesoderm der Seitenplatten ge- bildet wird. van Wiısue behandelt daher die Höhlen der Kopfsomiten getrennt von dem ventralen Kopfcoelom. Die vordersten Kiemenspalten entstehen vor der Abschnürung der inzwischen angelegten Kopfsomiten, aber sie liegen nicht genau in der Verlängerung der Segmentgrenzen und haben offenbar keine Beziehung zu den Somiten. Die hintersten Kiementaschen treten erst nach der Abschnürung der Somiten auf, und es kann daher die Höhle des vierten, fünften und sechsten Visceral- bogens auch nie mit derjenigen eines Somiten in Verbindung stehen. Die Höhlen der primitiven Visceralbogen kommuniciren potentiell mit der Pericardialhöhle, sie sind also Theile der sekundären Leibeshöhle, die im Rumpfe zur definitiven wird. Nach dem Vorhergehenden steht es entwicklungsgeschichtlich außer allem Zweifel, dass die Metamerie der Kiemenbogen, welche nach Gesenpaur’s Hypothese ein Ausdruck der primären Mesomerie des Schädels sein soll, thaisächlich nichts Anderes ist, als eine durch die primäre Branchiomerie desDarmes bedingte Gliede- 322 Fr, Ahlborn, rung, welche von derSegmentirungdesMesodermsvoll- kommen unabhängig ist. Dieses Resultat wird durch die folgenden vergleichenden Berach tungen im vollen Maße bestätigt. — Nach den Darstellungen Görrr’s entsteht der Zungenbein- oder Hyoidbogen der Anuren aus dem zweiten, oder drittletzten Schädelsegment, welches, ‘wie wir sahen, dem siebenten der Selachier komplet homolog ist. Bei diesem letz- teren dagegen entsteht der Hyoidbogen nach Barrour aus der dritten Kopfhöhle, und nach den genaueren Untersuchungen von van WiJHE in der Verlängerung des dritten und vierten Myotoms, während die Verlängerung des siebenten Somiten erst die fünfte Visceralbogenhöhle (III. Kiemenbogen) umfasst. Hier zeigt sich also, dass homologe Branchio- meren in ganz verschiedenen Mesomeren liegen, und dass der Hyoid- bogen der Anuren einem, und der der Selachier zwei Segmenten entspricht. Noch viel auffallender zeigt sich die Selbständigkeit der Branchio- merie bei den Petromyzonten. Hier ist voraufzuschicken, dass die erste Kiemenöffnung der Petro- myzonten der ersten primitiven Kiemenspalte der Selachier und Anuren nicht homolog ist. Ich schloss dies zunächst aus der Lage des als Hyoid- bogen bezeichneten Knorpelstücks (vgl. die Abbildung bei Jon. MüLzer und in WieDersazım’s Vergl. Anat. p. 122) und fand erst nachträglich die entwicklungsgeschichtliche Bestätigung in Barrour’s Handbuch der vergl. Embryologie (Vetter) p. 82. Dort wird zunächst ausgeführt, dass zwischen den einzelnen primitiven Kiementaschen der Petromyzon- ten Mesoblastsegmente liegen, welche dieselbe Natur und Beschaffenheit haben, wie die Wandungen der Kopfhöhlen im Selachierembryo, und gleich diesen eine centrale Höhlung umschließen. »Ein ähnliches Ge- bilde liegt hinter der letzten, und zwei ähnliche vor der ersten bleibenden Tasche.« — Auch im erwachsenen Thiere sind vor der ersten Kiementasche zwei ganz ähnliche Spangengebilde vorhanden, wie sie zwischen je zwei der folgenden Kiementaschen liegen. Die vorderste Knorpelspange ist das Hyoideum der Autoren, welches hei allen anderen Wirbelthieren vorn durch die erste (Hyomandibularspalte), hinten durch die zweite Kiemenspalte (Hyobranchialspalte) begrenzt wird. Halten wir also an der hergebrachten Bezeichnung der ersten Knorpelspange als Hyoidbogen fest, so müssen der ersten bleibenden Kiementasche der Petromyzonten ursprünglich noch die genannten zwei anderen vorauf- gegangen sein und sie selbst entspräche der Ill. primitiven Kiemen- tasche der Selachier. Dies stimmt aber mit der Deutung, welche Barrour der ersten Dauerkieme gegeben hat, nicht überein, denn Barrour Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 323 bezeichnet die letztere als Hyobranchialspalte und drückt damit aus, dass schon die nächste, davor liegende Knorpelspange der Hyoidbogen sei, und nicht, wie gewöhnlich angenommen, erst die folgende, vorderste. Die erste Kieme der Petromyzonten wäre dann der II. primitiven Kiemen- tasche der Haie homolog. Hiernach ist es also kontrovers, ob die erste Dauerkieme der Petro- myzonten der II. oder der Ill. primitiven Kiementasche der Haie homo- log ist. Ist sie nach Barrour der II. gleich, so haben wir das bisher als Hyoidbogen bezeichnete Knorpelstück richtiger als Mandibularbogen anzusehen, und erst die folgende Spange, welche der ersten Kieme vor- aufgeht, ist das Hyoideum. Wäre dagegen die erste Kieme gleich der III. der Haie, so würde die Barrour’sche Bezeichnung derselben als hyo- branchiale Spalte unrichtig sein. Es lässt sich bis jetzt noch nicht defini- tiv darüber entscheiden, welche von beiden Möglichkeiten zutriflt. Von großem Interesse ist aber jedenfalls die Beobachtung von Scott, dass bei Embryonen von 4,8 mm (und darunter) eine Zeit lang noch eine vor- dere achte Kiemenspalte vorhanden ist, die jedoch bald wieder ver- schwindet und keine Branchialfalten entwickelt!. Wenn es demnach auch nicht undenkbar ist, dass es in einem besonders günstigen Moment gelingen möge, noch eine sehr rudimentäre vorderste (neunte) Kiemen- spalte nachzuweisen, wie es die alte Deutung des Hyoidbogens er- fordert, so scheint mir doch, so lange dieser Nachweis noch nicht er- bracht ist, die Deutung Barrour’s die richtige zu sein. Wir werden daher hinfort die erste Knorpelspange des Visceralskeletts auch bei Petromyzon als Mandibularbogen, die zweite als Hyoid bezeichnen, und die erste Dauerkieme dieser Thiere mit der hyobranchialen Spalte der Selachier etc. homologisiren. Führen wir nun den Vergleich durch, so liegt die Hyobranchial- spalte von Petromyzon ähnlich wie bei den Anuren im Bereich des ' siebenten Kopfsegments, während dasselbe Organ bei den Selachiern ' (van Wisue) unter dem hinteren Theile des vierten primitiven Urwirbels | gelegen ist. Bei den Haifischen entstehen die ersten sechs Kiemenspalten mit annähernd gleichen Abständen ungefähr ventral von den letzten | acht Kopfsomiten; bei Petromyzon dagegen verbreiten sich die sieben Dauerkiemen eben so über den Abschnitt der drei letzten Myomeren desKopfesund der neunersten desRumpfes, also annähernd ' Es ist auffallend, dass hier bei Petromyzon eine Reduktion der vorder- sten Kiemenspalten eintritt. Es lässt sich das wohl durch die parasitäre Lebens- weise dieser Thiere erklären und ist nicht zu verwechseln mit der normalen, von hinten nach vorn fortschreitenden Kiemenreduktion, wie wir sie sonst in der aul- steigenden Reihe der Wirbelthiere vorfinden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Ba. 159 [89 324 Fr. Ahlborn, über zwölf Körpersegmente. Dass man hier den primitiven Kiemen- bogen keinen segmentalen Charakter zuschreiben kann, leuchtet ein, und wir müssen alle Versuche von vorn herein ais gescheitert betrach- ten, welche dieses dennoch unter willkürlicher Annahme von entwick- lungsgeschichtlich nicht nachgewiesenen Verschiebungen glaubhaft machen wollen. — Entfernt man an einem Petromyzon in der Kiemen- region das Integument und führt einen horizontalen Längsschnitt in der Höhe des Rückenmarks, so bekommt man ein übersichtliches Bild von dem Verlauf der Myomeren. Verfolgt man dann die einzelnen Muskel- segmente von der Achse des Körpers zur Seite, so kann man sich leicht davon überzeugen, dass der Verlauf der Ligamenta intermuscularia im Allgemeinen nicht von den Kiemenspalten alterirt wird, und dass, den obigen Ausführungen entsprechend, keinerlei regelmäßige Wechselbe- ziehung zwischen den Körpersegmenten und den branchiomeren Organen besteht. Wahrscheinlich sind auch hier — wie bei den Haien — die Kiemenanlagen bereits vorhanden, wenn die Myotome sich von den So- miten aus allmählich ventralwärts über die Seitenplatten ausdehnen. Die Frage, ob die Kiemenbogen den Rippen homodynam seien, wie es die GEGENBAUR sche Theorie voraussetzt, müssen wir demnach ver- neinend beantworten!. Die Rippen sind segmental, dieKie- menbogen nicht. Nach dem Verhalten der Ligamenta intermuscu- laria bei den Petromyzonten ist die Möglichkeit vorhanden, dass neben den branchiomer angeordneten Kiemenbogen gleichzeitig die segmenta- len Rippen auftreten, wenn auch vielleicht nur in rudimentärem Zustande. Wir dürfen annehmen, dass die branchiomeren Kiemenbogen Produkte der unsegmentirten Seitenplatten sind, während die Rippen den ver- größerten Segmenten ihre Entstehung verdanken. Es bleibt uns jetzt noch die zweite Frage zu erörtern: »In wie fern besitzen die Hirn- und Spinalnerven eine segmen- tale Natur im Sinne der Theorie GEGENBAUR'S ?« Die anatomische und histologische Übereinstimmung der Hirnnerven III. bis XII. mit den Spinalnerven führte zu der Vermuthung, dass ein ursprünglicher und fundamentaler Unterschied zwischen diesen beiden Abtheilungen des peripherischen Nervensystems nicht besteht. Besonders ! Nach dem Abschluss dieses Aufsatzes erschien von A. Dourn im V. Bd. der Mitth. aus der zool. Station zu Neapel (p. 102 ff.) eine Reihe von Abhandlungen, welche zum Theil die Frage der Kopfsegmentirung sehr ausführlich behandein. Doarx kommt unter viel weiteren Gesichtspunkten u. A. ebenfalls zu dem Schluss, dass die Bogen des Visceralapparates nichts mit den Rippen zu thun haben, und 3 auch sonst besitzen seine Resultate viel Übereinstimmendes mit den meinigen. Ich muss mich jedoch hier mit einem bloßen Hinweis auf die Arbeit Dourn’s begnügen. | be WE ea Er a he dh Selle m ah ad ze nal Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 325 finden sich in den spinalartigen Ganglien der erwähnten Hirnnerven ganz gleichartig gestaltete zellige Elemente wie in den Spinalgangiien, und es ist eine auffallende Erscheinung, dass alle diese Nerven aus dem- jenigen Hirntheile hervorgehen, den wir schon nach dem Namen Medulla oblongata als eine Verlängerung des Rückenmarks ansehen. Ich habe früher gezeigt (a. a. O0. p. 212 ff.), dass auch der Oeulomotorius, den man bisher zum Mittelhirn rechnete, ein Nerv des Nachhirns ist, und für den Trochlearis ist dieser Nachweis entwicklungsgeschicht- lich geführt worden. Die Nerven Opticus und Olfactorius, die an der vorderen Hirnhälfte (GöTTE) entspringen, besitzen keine anatomisch mit den Spinalganglien übereinstimmende zellige Einlagerungen, und man hat sie bisher allgemein als nicht segmentale, oder den Segmenten vor- aufgehende Nerven den »spinalartigen« Nerven der Oblongata gegen- über gestellt. Bei der verhältnismäßig großen Ähnlichkeit der spinalartigen Hirn- nerven mit den Spinalnerven war es gerechtfertigt, wenn GEGENBAUR zur Begründung seiner Segmenttheorie die Annahme machte, dass die er- wähnten Hirnnerven ursprünglich auch den am meisten in die Augen _ springenden Charakter der Spinalnerven besessen hätten, nämlich die mit den Mesodermsegmenten coinecidirende, gleichzählige Metamerie. Auf Grund dieser Annahme folgerte GEGENBAUR, dass die spinalartigen Hirn- nerven Komplexe segmentaler Neuromere seien, die durch Zusammen- schieben und Verschmelzen ursprünglich getrennter Spinalnervenpaare entstanden wären. So wie die ursprünglich gleichartigen vorderen Körpersegmente allmählich eine höhere organologische Differenzirung und Ausgestaltung erfahren haben, muss die Verschmelzung der Neuro- mere unter gleichzeitiger höherer und funktionell specifischer Entwick- lung successive vor sich gegangen sein, und die ursprünglich nicht vom ‘ Rückenmark zu unterscheidende Oblongata wird — nach jener An- nahme — in demselben Zeitmaß die Umwandlung ihres anatomischen Baues erfahren haben, durch welche sie uns jetzt vom Rückenmark ver- schieden erscheint. Weiter unten werden wir sehen, wie weit sich diese Auffassung der spinalartigen Hirnnerven bestätigt hat. Wenn es mit ihrer Hilfe — wie GEGENBAUR hoffte — nicht gelang, die Zahl der Kopfsegmente zu be- stimmen, so lag dies daran, dass es überhaupt nicht möglich zu sein scheint, diese Aufgabe auf vergleichend-anatomischem Wege zu lösen. GEGENBAUR selbst suchte die spinalartigen Nervenkomplexe des Nach- hirns dadurch in ihre ursprünglichen Komponenten (Spinalnervenpaare) zu zerlegen, dass er die zu den Visceralbogen gehenden metameren Nervenstämme als die freien Enden der an den Wurzeln verschmolzenen 22” 326 Fr, Ahlborn, »Spinalnerven« betrachtete. Er stützte sich dabei auf die Annahme, dass die Kiemenbogen den Rippen homodynam wären; gerade so, wie im Rumpfe jeder Rippe ein Spinalnervenpaar entsprach, so musste dann auch jeder zu einem Visceralbogen gehende Nerv einem Spinalnerven gleich kommen. Durch den oben geführten Nachweis, dass die Visceral- bogen als hranchiomer gegliederte Organe von der segmentalen Meso- merie unabhängig sind und daher nicht mit den segmentalen Rippen verglichen werden können, ist jedoch zugleich bewiesen, dass auch die branchiomeren Nervenzweige nicht als segmentale Spinalnervenenden betrachtet werden dürfen; es konnten daher auf diese Weise die spinal- artigen Hirnnerven nicht in segmentale Elemente zerlegt werden. WIEDERSHEIM glaubte bei Ammocoetes die Vagus-Hypoglossusgruppe nach der Anzahl der Wurzeln in eine Reihe spinalartiger Nervenpaare auflösen zu können; allein da v. Inerına gezeigt halte, dass schon am Rückenmark die Zahl der Wurzeln bei den einzelnen Spinalnerven schwanken konnte, so war auch auf diese Weise ein bestimmtes Resul- tat nicht zu erzielen, zumal sich herausstellte, dass gerade in dieser Nervengruppe solche Schwankungen nicht selten sind. Wir wissen jetzt, nachdenı durch van Wine die Zahl der primären Mesodermsegmente des Kopfes entwicklungsgeschichtlich bestimmt wor- den ist, dass alle früheren Versuche, diese Aufgabe von den spinal- artigen Hirnnerven aus zu lösen, das Ziel nicht erreicht haben, weil mit der Reduktion der Kopfsomiten auch die spinalartigen Hirnnerven den segmentalen Charakter mehr und mehr verloren haben, den sie nach der Theorie GEGENBAuR’s ursprünglich besaßen. Umgekehrt können wir nun aber prüfen, wie weit die erwähnten Hirnnerven bei den Cranioten noch jetzt an ihre frühere Segmentalität erinnern und welche Beziehun- gen zu den Kopfsomiten sie behalten haben. Unsere Kenntnis über diese Verhältnisse verdanken wir in erster Linie wiederum der Arbeit van Wısue’s. Danach innervirt der Hypoglossus die aus den letzten drei Somiten hervorgehenden Muskeln, die, wie ich oben gezeigt habe, den ersten drei Myomeren der Petromyzonten zu vergleichen sind. Die Augenmuskeln werden als Derivate der drei vordersten Kopfsomiten von eben so vielen Nerven (IIl., IV., VI.) motorisch innervirt, und es ist sowohl durch MarsnALL als durch van Wishe festgestellt worden, dass der Oculomotorius nur zu den Muskeln des ersten Myotoms geht (Muse. rect. sup., int., inf. und obl. inf.), und eben so der Trochlearis zu dem des zweiten (Musc. obl. sup.), während auch der Abducens nur den Muskel des dritten Myotoms (Musc. rect. ext.) innervirt. Für die drei mittleren Kopfsegmente werden keine motorischen Nerven angegeben, weil dieselben sehr früh degeneriren und keine Muskeln bilden; da Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 3237 jedoch zwischen den Augennerven und dem Hypoglossus noch der mo- torische Trigeminus vorhanden ist, so könnte man annehmen, dass der- selbe ursprünglich jenen drei Segmenten zugehört hat. Die sensiblen Nerven der Oblongata haben fast gar keine Beziehun- gen zu den Mesodermsegmenten; sie verbreiten sich gleich wie der motorische Theil des Trigeminus und der Hypoglossus der Hauptsache nach über den branchiomer gegliederten vorderen Theil der mesoder- malen Seitenplatten und sind also nicht an bestimmte Somiten gebun- den. Zwar hat van Wine versucht, die sensiblen Nerven so gut es ging auf die Kopfsomiten zu vertheilen, allein da er im Sinne GEGENBAURr’S die Branchiomerie mit der segmentalen Mesomerie gleichbedeutend oder übereinstimmend erachtet, so kann ich seine Entscheidungen, so weit sie darauf gegründet sind, nicht ohne Vorbehalt anerkennen. Es bleibt auch im Auge zu behalten, dass die gesammte Neuromerie sekundärer Natur ist; sie ist nur eine Wiederholung aller vor ihr entstandenen Metamerien des Körpers. Eine primäre Metamerie, wie sie z. B. im dor- salen Mesoderm vorliegt, ist weder im centralen, noch im peripherischen Nervensystem vorhanden, und wenn im Rumpfe die Neuromerie mit der primären Mesomerie übereinstimmt, so reicht diese Eigenschaft im Allgemeinen nur so weit, als die Nerven sich innerhalb des primär seg- mentirten Mesoderms befinden, und sie hört auf, wenn die Nerven in solche Orgäne eintreten, die außerhalb der Mesomeren liegen, oder die in einer anderen nicht segmentalen Metamerie entwickelt sind. Wenn man daher den Nachweis führen wollte, dass die Nerven der Medulla oblongata ursprünglich Spinalnerven gewesen, und dass das Nachhirn als ein vorderer Abschnitt des Rückenmarks zu betrachten sei, so würde man immer das größere Gewicht auf die oben erwähnten anatomischen und histologischen Übereinstimmungen zu legen haben, und erst in zwei- ter Linie die metameren Erscheinungen heranziehen können. Im Ganzen genommen müssen wir daran festhalten, dass die Ner- ven der Medulla oblongata der cranioten Wirbelthiere im Allgemeinen einen segmentalen Charakter, wie die Spinalnerven, nicht besitzen. Zwar werden die Rudimente der Kopfsomiten von diesen Nerven mit versorgt, aber in demselben Maße, wie die segmentale Mesomerie des Kopfes durch die von ihr unabhängige Branchiomerie, so wie durch die Entwicklung der drei höheren Sinnesorgane und des Schädels redueirt erscheint, finden wir an Stelle der segmentalen Neuromerie eine kom- plieirte dysmetamere Bildung, die nicht mehr in erster Linie die primäre Mesomerie wiederholt, sondern an eine Reihe anderer, vom Entoderm und Ektoderm abhängigen Bedingungen geknüpft ist. Mit Rücksicht sowohl auf diese Verhältnisse, als besonders auf die 328 Fr. Ahlborn, ausgedehnte Verbreitung und hohe funktionelle Entwicklung der spinal- artigen Hirnnerven schwindet aber mehr und: mehr die Kluft, welche sie bisher von den nichtsegmentalen beiden vorderen Hirnnerven trennte. Andererseits deuten auch die in neuerer Zeit bekannt gewordenen Be- ziehungen der letztgenannten Hirnnerven zu der Nervenleiste dar- auf hin, dass ein fundamentaler Unterschied zwischen ihnen und den hinteren, spinalartigen Hirnnerven nicht besteht, und dass wir vom ontogenetischen Standpunkte aus einer einheitlichen Auffassung aller vom Centralorgan ausgehenden Nerven enigegensehen dürfen. Die Untersuchungen von MaArsuaLL und besonders von van WisHE haben gezeigt, dass die Nervenleiste nicht ausschließlich am Rückenmark und an der Oblongata vorhanden ist, sondern dass sie sich in gleicher Weise am Rande der dorsalen Abschnürungslinie des ganzen, aus einheitlicher Anlage hervorgehenden Gentralorgans nach vorn erstreckt und in die Ränder der vorderen Verschlussöffnung (Neuroporus) der Medullarrinne ausläuft. Diese Verschlussöffnung bleibt bei den Se- lachiern verhältnismäßig lange offen ; sie liegt aber nicht dorsal, sondern in Folge der Hirnkrümmung scheinbar ventral, so dass sie durch die unteren Ränder der in der Vorwölbung begriffenen Augen- blasen begrenzt wird (van Wise, 1. c., Taf. IV, Fig. 278). Die Augen- blasen biegen durch den verdickten Rand des Neuroporus direkt in die Epidermis um, und die Nervenleiste hängt mit dem verdickten Rande kontinuirlich zusammen. Nach dem Verschluss des Neuroporus zeigt sich zwar (van Wısne), » dass die verdickte Stelle wenigstens zum Theil nicht zum Nervenrohr, sondern zur Haut gehört«, allein es ist hiernach anzunehmen, dass dann immer noch ein Theil der auslaufenden Nerven- leiste in die Hirnwand übergeht, aus welcher die Augenblasen ihren Ursprung nehmen. Wenn man nun mit van Wisue annehmen muss, dass der Opticus wegen der ventralen Lage der Verschlussöffnung eben- falls nur scheinbar ventral liegt und im Grunde genommen wie jeder andere sensible Nerv dorsal entsteht, so ist doch sein Verhältnis zur Nervenleiste nicht derart, dass man ihn hinsichtlich seiner Entstehungs- weise ohne Weiteres mit den hinter ihm liegenden sensiblen Nerven auf gleiche Stufe stellen kann. Vielleicht könnte es mit Hilfe der Hıs’schen Auffassung von der Entstehung der Nervenleiste aus einer »Zwischenfurche« gelingen, den Sehnerven noch etwas näher an die übrigen sensiblen Nerven heranzu- bringen. Wenn man sich nämlich einmal rein schematisch die Nervenleiste als eine vom Centralorgan ausgehende hohle Längsrinne vorstellen kann, so erscheinen sämmtliche sensible Nervenanlagen (d. h. die Auswüchse der Nervenleiste) in der frühesten Periode potentiell Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. 329 als blindsackförmige Ausstülpungen des Gentralorgans, wie der Opticus de facto eine solche ist. Wenn sich diese Vorstellung rechtfertigen ließe, so würde die primitive Augenblase einer kolossalen hinteren Nerven- wurzelanlage zu vergleichen sein; allein es bleibt wohl im Auge zu behalten — und dies ist besonders zu betonen —, dass die hinteren Nervenwurzeln aus der Nervenleiste selbst entstehen, während die Augenblasen aus einem Abschnitte der Hirnwand gebildet werden, der jedenfalls nur zum kleinsten Theile auf die auslaufende ®ervenleiste bezogen werden kann. Da der Opticusals dorsaler Nerv zur Seite des vorderen Neuro- porus (scheinbar ventral) entsteht, so kommt van WIsHE zu dem interes- santen Schluss, dass der Sehnerv genau genommen nicht der zweite, sondern der erste Hirnnerv ist. Der Olfactorius entsteht ursprüng- lich hinter dem Opticus, und zwar, wie die Untersuchungen von MARSHALL und van Wısue wahrscheinlich gemacht haben, als ein dorsaler Nerv aus der Nervenleiste; er ist also seiner Entwicklung nach nicht verschieden von den sensiblen Nerven der Oblongata, und wenn er mit dem Opticus nicht einem bestimmten Körpersegmente zugezählt werden kann, so unterscheidet er sich in diesem sekundären Charakter nicht wesentlich von allen anderen sensiblen Nerven, die sich in erster Linie an nicht segmentirten Organen verbreiten, z. B. von Acusticus und Vagus. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Nerven I und II und den hinteren sensiblen Hirnnerven bleibt der Mangel spinalartiger Gan- glien bei den ersteren. Es ist jedoch in Erwägung zu ziehen, ob die Ganglien der Bulbi olfact. (Rhinencephalon) und der Retina für die Nervi olfactorii und optici nicht dieselbe oder analoge Bedeutung haben, wie die spinalartigen Ganglien für die hinteren Hirnnerven, und ob nicht — bei allen sonstigen Verschiedenheiten — in dieser Beziehung alle vom Gentralorgan ausgehenden sensiblen Nerven mit einander überein- stimmen. Resultate: Durch den entwicklungsgeschichtlichen Nachweis (vAN WisHE) von neun primären Urwirbeln des Kopfes ist die Theorie GEGENBAuR’Ss ihrer ursprünglichen Aufgabe enthoben, die Kopfsegmente indirekt zu bestimmen. Die hypothetische Grundlage der Gesensaur’schen Theorie, dass die metameren Bogenbildungen des Visceralapparates dieselbe Segmentation im Kopfe zum Ausdruck bringen, wie die Rippen im Rumpfe, bestätigt sich nicht; denn die Branchiomerie geht unabhängig neben der primären Mesomerie einher und erstreckt sich über die primär unsegmentirten mesodermalen Seitenplatten nicht nur des Kopfes, sondern auch eines vorderen Rumpfabschnittes. 330, Fr. Ahlborn, Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. Dem Nervensystem liegt keine primäre Segmentation zu Grunde. Die Neuromerie erstreckt sich daher nur auf das peripherische Nerven- system als eine sekundäre Wiederholung aller vor ihr am Körper ent- standenen Metamerie-Erscheinungen ; sie ist segmental, wenn die Nerven in erster Linie in den Leibessegmenten verbreitet sind, nicht segmental. wenn sie z. B. in den branchiomeren Organen zum Vorschein kommt. Wenn die Annahme berechtigt ist, dass die neun rudimentären Kopfsegmente bei den Vorfahren der cranioten Wirbelthiere jemals in derselben Weise wie die Rumpfsegmente entwickelt waren, und wenn dann gleichzeitig die Oblongata eine ganz gleichförmige Fortsetzung des Rückenmarks war, so kann man nach Analogie schließen, dass ursprüng- lich am Nachhirn neun Spinalnervenpaare vorhanden waren, von denen noch jetzt selbständige motorische Wurzeln der ersten drei Paare in den Nerven Ill, IV und VI vorhanden sind. Im Allgemeinen können wir aber die sog. spinalartigen Hirnnerven der Cranioten — wie sie jetzt vorliegen — nach ihrer morphologischen und physiologischen Bedeutung und mit Rücksicht auf den sekundären Charakter der Neuromerie nicht mehr mit segmentalen Spinalnervenpaaren vergleichen. Die beiden ersten Hirnnerven scheinen nach ihrer Entstehung und Verbindung mit der Nervenleiste mehr mit den übrigen dorsalen Nerven übereinzustimmen, als man bisher annehmen konnte. Göttingen, den 4. Januar 1884. Über die Bedeutung der Zirbeldrüse. (Glandula pinealis; Conarium; Epiphysis cerebri.) Von Dr. Fr. Ahlborn zu Göttingen. Mit Fig. 7 auf Tafel XVIIL Von allen Hirnorganen der Wirbelthiere ist bislang wohl keins so vollständig räthselhaft geblieben, wie die Glandula pinealis. Zwar hat es nicht an zahlreichen Vermuthungen über ihre wahre Bedeutung ge- fehlt, aber alle erwiesen sich schließlich eben so unzulässig, wie die Ansicht Descartes’, der die Zirbel nach ihrer Lage inmitten des Gehirns und als einzigen unpaaren Theil desselben für den Sitz der Seele hielt. Die gänzliche Erfolglosigkeit aller Deutungsversuche erklärte sich durch die singuläre Stellung der Epiphysis und durch den Mangel jeglicher Vergleichspunkte mit irgend einem anderen Organ des thierischen Körpers. Um so bedeutungsvoller waren daher die Angaben Görrr’s (Ent- wicklungsgeschichte der Unke, p. 283 und 30&), wonach die Epiphysis »ein Umwandlungsprodukt einer letzten Verbindung des Hirns mit der Oberhaut« ist. Die Entstehungsweise schien darauf hinzudeuten, dass die Epiphysis jenem kurzen Kanal zu vergleichen sei, welcher bei den Embryonen vom Amphioxus und der Ascidien von außen her in die Hirnhöhle führt, und welcher in der vorderen Verschlussöffnung des Neuralrohres der eranioten Wirbelthiere ein Analogon besitzt. Allein die Untersuehung Görtr’s hatte nicht den direkten Nachweis geliefert, dass die Epiphysis das Umwandlungsprodukt des ‚vorderen Neuroporus sei; es war zunächst nur festgestellt, dass die Hirnwand nach vollzogener | Abschnürung des Hohlraumes noch eine kurze Zeit mit der Epidermis zusammenhängt (ohne bestimmte Abgrenzung), und dass dann im Bereich des zuletzt von der Epidermis abgetrennten Hirntheiles die Epiphyse 332 Fr. Ahlborn, entsteht. Wenn GöTtE sagt (p. 283): »Sie (die Zirbel) entsteht an der Decke des Vorderhirns etwas unterhalb der Grenze des Mittelhirns. Nach dem Schlusse der Hirnröhre bleibt nämlich dieselbe an jener Stelle mit der Oberhaut im Zusammenhange etc.,« so scheint mir daraus nur hervorzugehen, dass die Verbindungsstelle mit der Oberhaut sich dort befindet, wo später die Zirbel entsteht; dass aber an derselben Stelle auch die letzte Verschlussöffnung der Hirnröhre gelegen hat, lässt sich aus GöTTE’s Darstellung nicht entnehmen, und das hat er offenbar auch zunächst nicht im Sinne gehabt. Über die Lage der vorderen Verschlussstelle des Gehirns sind neuerdings durch van Wine! sehr interessante Angaben gemacht, welche sich unmittelbar zu GörtEe’s Darstellung in Beziehung setzen. Der vordere Neuroporus ist danach bei den Selachiern noch im Sta- dium @ (der Barrour’schen Bezeichnungsweise) vorhanden in Form eines kurzen Schlitzes, der (wegen der Kopfbeuge) an der ventralen Seite des Vorderhirns zwischen den Augenblasen liegt und von da eine kurze Strecke nach vorn geht. Ein Querschnitt zeigt die Öffnung so, dass sie seitlich durch die unteren Ränder der in Vorwölbung begriffenen Augen- blasenanlagen begrenzt wird. Die Ränder der letzteren biegen also an der Stelle des Neuroporus direkt in die Epidermis um, und die Nervi optici sind wegen der ursprünglich dorsalen Lage der Verschlussöffnung genau genommen dorsalen Ursprunges, wie alle anderen sensiblen Ner- ven, und sie stehen in der Reihe der dorsälen Hirnnerven ursprünglich nicht an zweiter, sondern an erster Stelle. »Die Öffnung des Medullar- rohres schließt sich bald zwischen den Augenblasen, bleibt etwas weiter nach vorn aber länger bestehen, und nachdem sie auch hier verschlos- sen, hängt doch noch das Gehirn bis in das Stadium J mit der Epider- mis zusammen.« Dieser letzte Zusammenhang des Gehirns mit der Epidermis ist offenbar dieselbe Erscheinung, die Görtz von den Am- phibien beschrieb ; van Wisae fährt daher fort: »Da an dieser Stelle in dem folgenden Stadium die Epiphysis gefunden wird, so kann ich Görre’s Entdeckung, dass dieselbe bei den Amphibien ein Umbildungs- produkt einer leizien Verbindung des Hirns mit der Oberhaut ist, für die Selachier bestätigen.« — Dieser letzte Schluss scheint mir mit besonderer Vorsicht aufgenommen werden zu müssen, und ich muss gestehen, dass ich mich von seiner Richtigkeit nicht habe überzeugen können. Zunächst bemerke ich dagegen, dass das bloße Vorfinden der Epiphysis in einem folgenden Stadium leicht über den wahren Ursprung dieses Organs täuschen kann und nicht beweist, dass sie wirklich an ! van WııuE, Über die Mesodermsegmente etc. Verhandl. der K. Akad. der Wetensch. Vol. XXIII. Amsterdam 1883. Über die Bedeutung der Zirbeldrüse. 333° derselben Stelle entstanden ist. Wenn ich nun die Zeichnungen van Wısne’s (Fig. 4 und 2) mit den entsprechenden Figuren BaLrour’s (Development of Elasmobranch Fishes, Taf. XIV, Fig. 1, 2, 9a, 95) ver- gleiche, so finde ich, dass die »letzie Verbindungsstelle mit der Epi- dermis«, die Barrour nicht gesehen hatte, in der Nähe des Olfactorius liegt, während die Anlage der Epiphysis von Bırrour viel weiter hinten gezeichnet wird. Da nun in der That der proximale Ausgangspunkt der Zirbel nicht in der Nähe des Geruchsnerven, sondern stets im hintersten Theile des Zwischenbirndaches liegt, so glaube ich annehmen zu müssen, dass die Zeichnungen Barrour's (der ja auch die Entwicklung der Epi- physe eingehend verfolgt hat) richtig sind, und dass van WısHeE an der »letzten. Verbindungsstelle« später nur das distale Bläschen der Epi- physis beobachtet hat, welches nachher durch einen langen fadenförmi- gen Stiel mit dem ursprünglichen Ausgangspunkte verbunden ist. Wie dem aber auch sei, so viel scheint mir aus den Darstellungen van Wısur’s mit Bestimmtheit hervorzugehen, dass die vordere Verschlussöffnung (Neuroporus) des Gehirns, die durch die in die Epidermis umbiegenden ventralen Ränder der Augenblasen begrenzt wird, jedenfalls nichts mit der Epiphysis gemein hat, denn sie liegt wahrscheinlich der Hypophysis näher als der Epiphysis. Das Neuralrohr ist relativ lange vor dem Auf- treten der ersten Epiphysenanlage vollständig geschlossen, der Porus ist nicht mehr vorhanden. Dann erst, wenn auch die Trennung des Hirns von der Epidermis fast ganz durchgeführt ist, dringt von innen her ein Divertikel der Hirnhöhle aus dem hinteren Dach des Thalamus opticus nach oben und vorn empor. Indem dasselbe die Hirndecke an dieser Stelle blindsackförmig vor sich her treibt, kann es dann wohl geschehen, dass ein Theil derselben, der noch vor nicht langer Zeit mit der Epi- dermis verbunden war, sogleich zur Bildung der Epiphyse verwendet wird. Die Höhle der primitiven Zirbeldrüse ist also nicht ein Rest der vor- deren Verschlussöffnung des Gehirns, sondern eine spätere Neubildung, und ihre Wände gehen aus indifferentem Zellmaterial des allseits ge- schlossenen Neuralrohres hervor. Die Epiphyse kann daher auch nicht mit dem vorderen Neuroporus der Ascidien und Amphioxusembryonen ‚verglichen werden. Durch den’|Vergleich der Epiphysis cerebri mit einer primitiven Augenblase glaube ich nun eine Reihe sehr gewichtiger Gründe für eine neue und wie es scheint richtige Deutung der Zirbeldrüse gefunden zu ‚haben. Zu diesem Vergleich wurde ich durch die’auffallende Ähnlich- \ keit der ersten Entwicklungsvorgänge beider Organe veranlasst. In ganz . analoger Weise, wie eine primitive Augenblase durch eine hohle Aus- 334 Fr. Ahlborn, stülpung der Hirnwand entsteht, wird auch die erste Anlage der Zirbel durch eine lokale blindsackförmige Ausweitung gebildet. Der Unter- schied liegt nur darin, dass die Augenblasen quantitativ mächtiger und lateral angelegt werden, während die Epiphysis von Anfang an bedeu- tend kleiner ist und in der dorsalen Mediane entsteht. Ein anderer, qualitativer Unterschied zwischen der ersten Anlage der Augenblasen und der Epiphysis ist nicht vorhanden. Wie das hohle Augenbläschen durch einen röhrenförmigen Stiel, den späteren Sehnerven, Anfangs mit der Hirnhöhle kommunieirt, so besitzt auch die Epiphysis stets eine deutliche und ursprünglich hohle terminale Blase, die durch einen An- fangs hohlen Stiel mit dem Lumen des Hirns in Verbindung steht. So- wohl die Augenblasen, als die Epiphyse entstehen aus dem primitiven Vorderhirn und zwar aus einer Region desselben, die- wir später kurz als die optische bezeichnen können. Speciell die Epiphyse hat ihren Ausgangspunkt stets dicht vor der Commissura posterior!, also fast genau auf der Grenze zwischen den beiden Ausbreitungsbezirken des Nervus opticus, nämlich zwischen Thalamus opticus und Lobus opticus (Gorpora quadrigemina). Auch im definitiven Zustande besitzt die Epiphyse, ob- gleich vollkommen rudimentär, noch sehr merkwürdige Ähnlichkeit mit der Augenblase. Bei den Selachiern, Ganoiden, Petromyzonten und Amphibien ist der Stiel der Epiphyse zu einem langen, nervenartigen Faden ausgezogen, und das distale Bläschen liegt weit nach vorn vorge- schoben. Bei den Haien und Ganoiden (vgl. die Figuren von Enzras ! und Carrie?) erscheint das Bläschen vorn in das knorplige Schädeldach eingebettet. Bei Petromyzon liegt es an der vordersten und höch- sten Stelle der Schädelhöhle dicht unter das knorpelig-faserige Dach derselben gepresst (vgl. diese Zeitschr., Bd. XXXIX, Taf. XVI), so dass | es vermöge seiner blendend weißen Farbe nach außen hindurchscheint ' und seiner Lage nach an einem kleinen weißen Fleck mitten zwischen | den beiden Augen zu erkennen ist (Taf. XVII, Fig. 7 Ep). Nach Srannıus (Handb. der Anatomie, p. 128) soll es gelegentlich j vorkommen, dass die Epiphyse von Petromyzon mit einer außerhalb des N Schädels unter dem Integument liegenden weißen Masse kommunieirt; hiervon habe ich mich jedoch bislang nicht überzeugen können (vgl. Ge- hirn der Petromyzonten, diese Zeitschr., Bd. XXXIX, p. 234, 235). Wie | dem aber auch sei, jedenfalls hat das Epiphysenbläschen bei den ge- | nannten Thiergruppen eine sehr angenähert peripherische Lage, ähnlich ! i Auf diese konstante Lage der Zirbel wurde zuerst durch Enters mit Be- I stimmtheit hingewiesen (Die Epiph. am Gehirn der Plagiostomen, diese Zeitschr., | Bd. XXX, Suppl. 1878). 2 CATTıE, Recherches sur la glande pineale etc. Arch. de Biol. Vol. Ill. 4882. Über die Bedeutung der Zirbeldrüse. | 335 wie die Augenblasen. Eine vollkommene Übereinstimmung in der Lage zeigt sich aber bei den Amphibien. Hier liegt das Bläschen der Epi- physe — wie GörTE gezeigt hat — vollständig außerhalb des Schädels nur vom Integument bedeckt und auf gleicher Höhe mit den Augen. Man sieht es, ähnlich wie bei Petromyzon, als ein kleines weißes Fleckchen auf der Verbindungslinie der beiden Pupillen mitten auf der Stirn durch das Integument hindurchscheinen (Stirndrüse Srıepa’s). Der nerven- artige, fadenförmige Stiel geht vom Boden des Bläschens aus eine kurze Strecke an der Außenseite des Schädeldaches zurück, tritt dann durch eine feine Öffnung in die Schädelhöhle und setzt sich an der charak- teristischen Stelle mit dem Gehirn in Verbindung. Die Epiphysis besitzt hier also die gleiche peripherische Natur wie eine Augenblase, sie ist bei den Amphibien kein centraler Hirntheil, sondern gehört in gleicher Weise zum peripherischen Nervensystem, wie man den N. opticus mit der Retina dahin zu rechnen hat. An dieser Stelle sei auch die von van Wımme nachgewiesene nahe Beziehung der embryonalen Nervenleiste zu der Anlage der Epiphyse hervorgehoben, welche darauf hinweist, dass die Epiphyse mit einem Hirnnerven zu vergleichen ist. Sehr eigenartig ist endlich der anatomi- sche Bau des Bläschens bei den Petromyzonten (vgl. darüber diese Zeit- schrift, Bd. XXXIX, p. 278—283 und Taf. XVI)!; denn es tritt darin eine radiäre Struktur und eine ausgesprochene Schichtenbildung zum Vor- schein, welche an die ähnliche (und allerdings viel höhere) Entwicklung ‚ der Retina erinnert und auch — so viel ich weiß — im peripherischen ' Nervensystem sonst nur in der Retina vorhanden ist. Ich lege jedoch auf diese Ähnlichkeit weit weniger Gewicht, als auf die vorhergehenden Punkte, halte sie aber immerhin noch für bedeutsam genug, um sie wenigstens zu erwähnen. In ihrer jetzigen Beschaflenheit ist die Epiphyse jedenfalls ein | vollkommen rudimentäres Gebilde. Keinerlei Nervenfasern treten aus | sten rer dem Gehirn in den nervenförmigen Stiel ein, und die massenhafte Ab- lagerung eines eigenthümlich weißen (phosphorhaltigen ?) Pigments (Hirnsand) in einer breiten mittleren Gewebsschicht (a. a. O. Taf. XVI, Fig. A4, 46, 47) ist vielleicht nur eine Folge dauernder Funktions- losigkeit. ' Daselbst ist in den Figuren 46 und 47 das Gewebe der Epiphyse an der Grenze der weißen Schicht nicht der Originalzeichnung entsprechend dargestellt, da der Lithograph, ohne die zweite Korrektur abzuwarten, mit dem Abdruck be- gonnen hatte und eine Verbesserung nicht mehr angängig war. Ich bitte daher, den Text p. 280 als maßgebend betrachten zu wollen. 336 - Fr. Ahlborn, Alles zusammengenommen komme ich nun aus fol- genden Gründen: Ei 4) nach der mit den Augenblasen übereinstimmenden Entstehung 1 .der Epiphysis durch eine hohle Ausstülpung der Hirnwand; 4 2) nach dem Ursprung und der Verknüpfung der Epiphysis mit | der optischen Hirnregion, speciell mit dem Thalamus opticus; Y 3) nach der morphologischen Ähnlichkeit des Organs mit einer primitiven Augenblase (Bläschen und Stiel); A) nach der angenähert peripherischen Lage des Bläschens bei den Selachiern, Ganoiden und Petromyzonten, und nach einer voll- kommen peripherischen Lage bei den Amphibien (außerhalb des Schädeis auf gleicher Höhe mit den Augen); 5) nach dem ursprünglichen Zusammenhang der Epiphysis mit der Nervenleiste (van WIJRE); zu der Vermuthung, dass die Glandula pinealis der Wirbel- thiere als das Rudiment einer unpaaren Augenanlage an- zusehen ist. Wenn dieser Schluss richtig ist, so besitzt die Epiphysis als rudimentäres Stirnauge, wie mir scheint, noch jetzt ein funktio- nirendes Analogon in dem unpaaren Auge der Tunicaten und vielleicht auch des Amphioxus. Ohne jetzt auf einen näheren Vergleich einzugehen, will ich nur noch auf folgendes interessante Verhalten aufmerksam machen, welches mir für die specielle Ausdeutung der betreffenden Organe besonders wichtig zu sein scheint. Wie nämlich bei den Ascidien das Auge durch einen rechtsseitig stärker entwickelten Hirntheil nach links zur Seite gedrängt erscheint, so ist auch bei den Petromyzonten, wie ich | früher gezeigt habe !, der proximale Theil der Epiphysis cerebri durch das rechtsseitige, stark asymmetrisch entwickelte Ganglion habenulae (Zirbelpolster) nach links verschoben. Das viel kleinere linke Ganglion, 4 welches mit dem angrenzenden rechten durch starken Faseraustausch | (sog. Commissura tenuissima) verbunden ist, entsendet nach vorn eine U größtentheils aus Fasern bestehende Verlängerung, welche genau unter- halb des nervenartigen Epiphysenfadens vorwärts zieht und unterhalb I des oberen Bläschens der Zirbel in einer polsterförmigen (Meniscus []) soliden Anschwellung endet. Die letztere steht in kontinueller Faser- | verbindung mit einem zweiten Epiphysenbläschen, welches sich von | dem größeren oberen Bläschen derselben abgeschnürt hat (und also — ” wie die Linse des Tunicatenauges [?] — zwischen der meniscusförmigen | Anschwellung des linken Ganglion habenulae und dem oberen Bläschen | 1 Vgl. diese Zeitschr., Bd. XXXIX, p. 230—235, 278—286, Taf. XVI und Fig. 2, | Tan Xxall 2 | A. ee us. seh mer. 23 u nn nee EBENE. Über die Bedeutung der Zirbeldrüse. 337 der Epiphyse — Retina der Tunicaten [?] — liegt). Die Tubercula inter- ' media (Ganglia haben.) entwickeln sich erst nach der ersten Anlage der Epiphyse durch lokale Wucherungen des oberen Thalamusrandes ; sie nehmen dann ein mächtiges System von Fasern in sich auf, die sich zum Theil symmetrisch in kleineren Bündeln strahlenförmig aus dem Thalamus opticus sammeln, zum Theil in den mächtigen sog. MEYNERT- schen Bündeln aus der Region des Ganglion interpedunculare her- kommen. Die unmittelbare Verknüpfung dieser Fasern mit der Epiphyse könnte zu der Vermuthung führen, dass sie wenigstens zum Theil die centralen Faserbahnen dieses rudimentären Sinnesorganes sind, welche (indem sie sich wie der Tractus oplicus und alle Faserzüge des Gehirns später entwickelten) die Ansatzstelle des röhrenförmigen Stiels der Epi- physe verfehlten und so, statt in die Nervenanlage einzudringen. (wie die Fasern des Opticus), unmittelbar vor derselben jene eigenthümlichen Bildungen der Tubercula intermedia verursachten. Göttingen, den 20. Januar 1884. Nachtrag. Nach vollendetem Druck erfabre ich durch eine freundliche Mit- theilung des Herrn Oberstabsarzt Dr. RasgL-RückuArD, dass derselbe in seiner Abhandlung »Zur Entwicklung und Deutung des Gehirns der Knochenfische« (Arch. für Anat. u. Phys. 1882) p. 133 bereits zu einer Deutung der Epiphyse gekommen ist, die sich mit der meinigen in den wesentlichen Punkten deckt, und von der ich zu meinem größten Be- dauern seither keine Kenntnis hatte. Es gebührt somit Herrn Dr. Rısı- Rückmarn jedenfalls das Verdienst der Priorität. Wenn ich nun selbst ganz unabhängig und auf anderem Wege zu demselben Resultate ge- langte, so möge dies als ein Zeichen gelten, dass unsere beiderseitigen Urtheile und Schlüsse richtig waren, und dass wir in dieser Frage den richtigen Weg gefunden haben, der uns vom bloßen Denken und Ver- muthen allmählich zum Erkennen führen wird. Untersuchungen über Luciola italica L. Von Dr. ©. Emery, Professor in Bologna. Mit Tafel XIX. Der Entwurf zu der vorliegenden Arbeit entstand in Folge der Lektüre der in dieser Zeitschrift (Bd. XXXVI, p. 354) publicirten Stu- dien über Lampyriden von WIELowIEJskyv. Wegen der Leichtigkeit, mit welcher es gelingt, Luciola-Männchen massenhaft zu sammeln, hoffte ich, durch exakte Wägungen und chemische Untersuchung von Thieren, die in verschiedenen Momenten der Flugzeit gesammelt wurden, zu interessanten Schlüssen, bezüglich des Stoffwechsels der Lampyriden, gelangen zu können; besonders günstig schien mir auch die später gemachte Erfahrung, dass die Luciolen als Imagines nicht fressen, da ich ihren Darm stets leer, und den Vormagen sogar immer mit Lufi ge- füllt fand. — Der physiologischen Arbeit sollte natürlich eine ana- tomische Untersuchung der Leuchtorgane vorangehen. — Fortwährendes Regenwetter brachte aber in diesem Jahre die Flugzeit der Luciolen in Bologna bald zu Ende, und so konnte für chemische Untersuchungen kein genügendes Material gesammelt werden; die wenigen von mir im chemischen Laboratorium der Universität Neapel an sehr geringen Mengen angestellten Versuche ergaben keine brauchbaren Resultate. Ich kann also vorläufig fast nur die Ergebnisse meiner anatomischen Untersuchungen abschließen und publiciren. Leider sind auch hier einige Fragen offen geblieben, deren Lösung nur in der nächsten Saison an frischem oder frisch konservirtem Material versucht werden kann. Ich habe keineswegs die Absicht eine anatomische Monographie der Luciola zu geben, und werde, außer den ausführlich behandelten Leuchtorganen, nur wenige Punkte besprechen. Eine Übersicht der Litteratur hier zu geben halte ich für überflüssig, | da sie bei WieLowiEsskv sehr vollständig zusammengestellt ist. Untersuchungen über Luciola italica L. 339 I. Äußere Erscheinung der beiden Geschlechter, nebst anatomischen Bemerkungen. Es wird gewöhnlich angegeben, dass bei Luciola beide Geschlech- ter fliegen und leuchten ; ich habe selbst nie ein Weibchen fliegen sehen, und glaube auch, dass, wenigstens bei der Bologneser Rasse, die Weib- chen zum Flug völlig unfähig sind, da ihre Flügel viel kürzer sind als diejenigen der Männchen, während ihr Körper viel plumper und schwerer ist. Indessen berichtet mir Dr. Gavanna, dass er glaube, bei Florenz ein Pärchen in copula fliegend gefangen zu haben. Auch die Flügeldecken des Weibchens sind bedeutend kürzer als die des Männ- chens. Der Hinterleib des Weibchens ist gewöhnlich durch die Ovarien mit ihren großen Eiern strotzend gefüllt. — Beim Männchen erscheint dieser Körperabschnitt gewöhnlich ebenfalls prall; sticht man ihn an und drückt ihn mit den Fingern, so entweicht daraus mit zischendem Geräusch eine nicht unbedeutende Luftmenge. Öffnet man den Leib vorsichtig, so ergiebt sich, dass das Abdomen beinahe ganz von einer großen mit Luft gefüllten Blase eingenommen wird; dieselbe ist nichts Anderes als der hintere Theil des Vorderdarms. — Da, wie gesagt, die Thiere im Imago-Stadium keine Nahrung aufnehmen, so dient ihr Darm als Luftblase, anscheinend zur Vergrößerung des Leibesumfanges, resp. zur Verminderung des specifischen Körpergewichts; der Darm über- nimmt also bei diesen Thieren die Funktion, welche bei anderen Insek- ten Tracheenblasen zukommt, die hier nicht vorhanden sind. Bei Männchen und Weibchen ist der Prothorax hellroth gefärbt, beim Weibchen heller und mehr gelblich. Dieser Unterschied beruhtaufderverschiedenenFärbung desunter derHaut liegenden Fettkörpers, denn der Chitinpanzer des Prothorax ist ‚ in beiden Geschlechtern röthlichgelb. — Der Fettkörper des Abdomens besteht in beiden Geschlechtern aus kreideweißen, mit krystallinischen Uratkonkrementen reichlich versehenen Klümpchen, welche manchmal zu mehreren zusammenfließen und unregelmäßige gelappte Massen darstel- len. Im Prothorax des Weibchens behält der Fettkörper die gleiche Be- schaffenheit. — Nicht so im Prothorax des Männchens: hier bleibt die ' Form der Fettkörperklumpen wohl dieselbe wie im Abdomen, dagegen ‚ist die Farbe ein zartes Rosa (Fig. 14). Die mikroskopische Unter- suchung des Inhalts der Fettkörperelemente ließ, im farbigen sowohl als im farblosen Gewebe, gelbliche Fetttropfen erkennen (Fig. 15, 16 a); außerdem waren die bekannten Uratkonkremente reichlich vorhanden und in denselben zeigte sich folgender Unterschied: In den weißen Klumpen sind die Konkremente in der Größe von einander sehr ver- schieden ; die kleineren sind kugelrund und deutlich doppelt konturirt, Zeitschrift f. wiesensch. Zoologie. XL. Bd. 93 340 C. Emery, was wohl von einer Refraktionserscheinung abhängt; die größeren haben keinen so klaren doppelten Umriss, man erkennt aber an denselben, bei durchfallendem Licht, eine durchscheinendere Randzone und eine dunklere, strahlig gestreifte innere Masse; die größten Körner sind immer deutlich gelappt und bestehen aus mehreren verschmolzenen kleineren; auch bei mittelgroßen erkennt man oft, an Einkerbungen des Randes, oder an dunklen Strahlen der inneren Masse, dass sie nicht einfache, sondern gleichfalls zusammengesetzte Gebilde darstellen. Die Farbe dieser Konkremente ist bei aulfallendem Licht weißlich, bei durchfallendem bräunlich (Fig. 16 b). — Im rosafarbenen Fettkörper sind alle Konkremente gleich groß, kugelrund und doppelt konturirt; in Form und Größe kommen sie den kleinsten Kugeln der farblosen Klum- pen gleich; ihre Farbe ist aber sowohl bei auf- als auch bei durch- fallendem Licht ein zartes Rosa (Fig. 15 b). Besonders merkwürdig ist die Thatsache, dass bei Luciola die gefärbte Art des Fettkörpers nur beim Männchen vorkommt, während bei Lampyris die Weibchen und Larven sowohl weißen als auch rosafarbenen Fettkörper besitzen. Außer dem Fettkörper des Thorax sind beim Männchen der Luciola auch die Hoden durch Auflagerung derselben Konkremente im Binde- gewebe rosa gefärbt. Weiter unten werde ich auf den Fetikörper zurückkommen. In entomologischen Büchern wird gewöhnlich angegeben, dass die Luciola-Männchen an zwei, die Weibchen dagegen an drei Bauchseg- menten leuchten. Dem ist jedoch nicht so: beim Männchen leuchtet zwar die ganze untere Fläche des vorletzten (fünften) und letzten (sechsten) Hinterleibssegments; beim Weibchen leuchten nur zwei Flecken an den Seiten der unteren Fläche des drittletzten (fünften) Seg- ments des hier siebengliedrigen Abdomens. Obwohl dieses schon von PETERS richtig beobachtet wurde, so scheinen die meisten Käferspießer und -Beschreiber nur die Farbe der Hautdecke berücksichtigt, und Alles, was am getrockneten Thiere hell aussah, als leuchtend beschrieben zu haben. In beiden Geschlechtern sind die ersten vier Bauchschienen des Abdomens schwarz gefärbt, die folgenden (beim Männchen zwei, beim Weibchen drei) hell und mit durchsichtiger Chitinhaut bedeckt. An Alkohol-Exemplaren des Weibchens sieht man noch recht deutlich, falls sie nicht zu alt sind, die kreideweißen Leuchtorgane als helle Flecken an den Seiten des fünften Bauchsegmenits durchscheinen. Il. Struktur der Leuchtorgane. Die Leuchtorgane bilden in jedem der zwei letzten Bauchsegmente des Männchens eine kontinuirliche Platte; aus der Richtung der eine Untersuchungen über Lueiola italica L. 341 solche Platte versorgenden Tracheenstämme und Verzweigungen ist wohl anzunehmen, dass jede Platte ursprünglich aus zwei symmetri- schen Hälften besteht, welche erst später verschmelzen. An Querschnit- ten ist aber keine Spur einer mittleren Naht zu bemerken. Beim Weibchen besteht im fünften Unterleibssegment jederseits eine kleine rundliche Leuchtplatte. In beiden Geschlechtern liegen die Leucht- platten der Hypodermis unmittelbar an (Fig. 4, 8). Da sie in ihrem Bau keinerlei Unterschiede darbieten, so kann die Beschreibung derselben sowohl für das Männchen als für das Weibchen gelten. Es sei beiläufig bemerkt, dass meine Untersuchungen größtentheils an Männchen aus- geführt wurden, welche in großer Anzahl zur Verfügung standen, während vom viel selteneren Weibchen nur wenige Exemplare gefangen wurden. Eine Membran, welche die Leuchtplatten umhülle, konnte ich nicht erkennen. Die gröbere Struktur der Leuchtplatten, so wie der Verlauf der Tracheen in derselben sind von Tarcıonı-TozzErTI in seiner zweiten Abhandlung (Bullett. Soc. Entom. Ital. II. 1870) ziemlich genau be- schrieben. An jeder Platte kann eine ventrale ziemlich durchsichtige und eine dorsale ganz undurchsichtige kreideweiße Schicht unterschie- den werden. Im Inneren der letzteren und auf ihrer dorsalen Fläche verlaufen die sehr weiten Tracheenstämme und ihre hauptsächlich hori- zontal gerichteten Verzweigungen. Die dickeren Stämme und Zweige sind innerlich mit feinen Härchen besetzt (Fig. 8 T}, welche von den Querleisten der Chitinmembran entspringen. Von den eben erwähnten horizontalen Tracheen steigen feine Stämmchen senkrecht gegen die Körperoberfläche (d. i. ventralwärts) hinab. Dieselben dringen in die ventrale durchscheinende Schicht der Leuchtplatte ein und reichen, sich baumartig verzweigend, bis an ihre der Haut anliegende Fläche. Breitet man eine Leuchtplatte flächenhaft aus und betrachtet sie bei schwacher Vergrößerung, nachdem man ihre dorsale Schicht, durch Auflösung ihrer Uratkonkremente mittels schwacher Kalilauge, durch- sichtig gemacht hat, so erscheinen die Tracheenstämmchen von hellen runden oder ovalen Feldern umgeben, welche durch breite dunklere Zwischenräume getrennt sind (Fig. 2). Diese hellen Felder entsprechen je einer cylindrischen Masse von durchsichtigem Gewebe, welche ein Tracheenbäumchen mit seinen Zweigen umfasst: diese Gebilde wurden von Targıonı als centraler Theil seiner Acini = digitiformi bezeich- net. Es ist nicht schwer dieselben in Seitenansicht zu bekommen, wenn man eine frische Leuchtplatte in 0,75°/,iger Kochsalzlösung zerreißt oder ‚ unter dem Deckglas etwas zerdrückt. — Man sieht dann das Tracheen- stämmchen einfach oder in wenige Äste getheilt feine Zweige abgeben, 23 * 3 49 0. Emery, u deren Ghitinhaut immer deutliche und ziemlich starke Querleisten zeigt; diese feinen Tracheen sind noch’ mit Luft gefüllt und erscheinen, wegen der starken Querleisten des Chitins, bei geringer Vergrößerung varicös, oder mehrfach eingeschnürt, wie sie von TarsıonI beschrieben werden. Ein genügend starkes Linsensystem zeigt aber, dass diese Gestalt nur der Luftsäule zukommt, nicht dem Äußeren der Tracheenröhre. — Ich spreche hier absichtlich von Querleisten des Chitins und nicht, wie üblich, von einer Chitinspirale, denn eine solche existirt hier in der That nicht, vielmehr haben die Verdickungen der Membran einen haupt- sächlich queren aber doch ziemlich unregelmäßigen Verlauf (Fig. 41). — Durch Zerzupfen der Leuchtplatten kann man die Tracheen etwas wei- ter verfolgen und erkennen, dass die luftgefüllte und mit Querleisten versehene Trachee plötzlich aufhört und sich in zwei sehr feine Zweige theilt, deren Wand ganz glatt, d. i. ohne jede Verdickungsleiste ist. Diese feinsten Tracheencapillaren fand ich, eben so wie TarGIonI, nie mit . Luft, sondern mit einer farblosen Flüssigkeit gefüllt (ähnliche Beob- achtungen machten auch WIELowIEsskY und Andere an Lampyris). Lässt man das Präparat länger stehen, so dringt die Flüssigkeit auch in die früher lufthaltigen, quergestreiften Tracheenästchen ein. Die Endigung der feinsten Röhrchen kann an solchen Präparaten nicht deutlich er- kannt werden. Es ist leicht die Tracheenstämmchen und Zweige durch Kali- oder Ammoniaklösungen zu isoliren; ihre Endzweiglein werden aber dabei so zart und durchsichtig, verwirren sich und knäueln sich leicht derart durch einander, dass es schwer wird zu entscheiden wie sie endigen: ob sie Anastomosen eingehen, oder bis zur Spitze von einander unab- hängig bleiben. Beweisende Bilder lassen sich viel besser und leichter an mit Osmiumsäure behandelten Thieren, sowohl durch Zupf- als durch Schnittpräparate gewinnen. Werden lebende Luciolen in eine Osmiumsäurelösung gebracht, so sterben sie nicht sofort, sondern bleiben noch eine Zeit lang am Leben und leuchten dabei beständig. Schon lange bevor die Thiere aufgehört, haben sich zu bewegen, bemerkt man, dass die Leuchtplatten anfangen sich zu bräunen, und zwar von ihren vorderen Seitenecken, d. i. von der Eintrittstelle der Tracheen aus. Die Leuchtorgane können sogar, nach Osmiumsäurebehandlung, von außen gesehen fast schwarz er- scheinen. — Betrachtet man sie mit der Lupe, so erkennt man, dass die braune Färbung sich auf regelmäßige runde Felder koncentrirt, welche den senkrechten Tracheen und dem sie umgebenden Gewebe entsprechen. Das mikroskopische Bild werde ich weiter unten be- schreiben. — Die Bräunung tritt gewöhnlich bei allen Exemplaren nicht Untersuchungen über Lueiola italica L, 343 mit gleicher Intensität auf und kann auch ausbleiben : sie wird auch in derselben Leuchtplatte nicht immer gleichmäßig. Welche Bedingungen diese Unterschiede beherrschen, ist mir nicht bekannt. Die zu Zupfpräparaten bestimmten Thiere wurden aus der Osmium- lösung in Wasser gebracht, wo sie, bei Zusatz von einem Thymolkrystall, mehrere Wochen und sogar Monate bleiben konnten, ohne zu verfaulen oder Schimmel zu bilden; die inneren Organe wurden derart langsam macerirt. Dagegen ergaben Versuche, die Ösmiumthiere mit verdünntem Glycerin oder schwachem Alkohol zu maceriren, keine guten Resul- tate. — Die zu schneidenden Exemplare wurden in 70°/,igem Alkohol gehärtet. Ich habe auch Luciolen einfach in Alkohol konservirt oder ihnen eine Sublimatlösung in den Leib injicirt und dann die Thiere in Alkohol gebracht. Zerzupft man eine Leuchtplatte einer mit Osmiumsäure behandel- ten und dann macerirten Luciole, so lassen sich aus der ventralen Schicht die cylindrischen, die Tracheen einschließenden Läppchen leicht isoliren. Jedes Läppchen stellt eine beinahe homogene, schwach lichtbrechende aber ziemlich scharf begrenzte Masse dar (Fig. 12, 13); in ihrem Inneren, sieht man das Tracheenstämmchen mit seinen quergestreiften Verzwei- gungen verlaufen, welche letzteren beinahe bis an die Oberfläche des Cylinders reichen. An ungefärbten Präparaten sieht man gewöhnlich keine Kerne in der Masse des Cylinders. Die Tracheen sind, wenigstens zum Theil, noch mit Luft gefüllt, manchmal durch Osmiumniederschläge geschwärzt oder sogar verstopft. Ist die Osmiumeinwirkung nur schwach gewesen, so sieht man die gestreiften Tracheenästchen, bevor sie die Oberfläche des Cylinders überschreiten, sich einfach in zwei feine, ungestreifte, schwach ge- bräunte Äste gabeln, welche außerhalb des Cylinders frei hervorragen. ' Hat die Osmiumsäure intensiver gewirkt und so eine stärkere Osmium- reduktion hervorgerufen, so sind die ungestreiften Tracheenzweiglein ‚ grau bis dunkelbraun gefärbt und an der Gabelungsstelle sieht man, noch innerhalb der Oberfläche des Cylinders, eine kleine braune un- regelmäßig dreieckige Masse, in welcher das distale Ende der gestreiften Trachee, so wie die Basis der beiden glatten Endzweige oder Capillaren wie eingebettet erscheinen (Fig. 13). Es gelingt auch den ganzen ‚ Tracheenbaum eines Läppchens frei zu isoliren (Fig. 9) und dann hängen jene braunen Klümpchen regelmäßig am Ende jedes gestreiften Ästchens,. ‚ wie Beeren einer Traube an ihren Stielen. Aus jeder Beere ragen die ‚beiden glatten Tracheencapillaren frei heraus. Selten bildet ein jedes ‚von diesen geschwärzten Klümpchen das Centrum zu einer rundlichen Masse, welche wohl nichts Anderes ist als eine Zelle oder sonst ein 344 C. Emery, Bruchstück des cylindrischen Lappens (Fig. 10). Da das eben beschrie- bene braune Klümpchen an der Gabelungsstelle eines Tracheenästchens nur an Osmiumpräparaten und zwar nicht an allen vorkommt, so muss ich es für ein Artefact erklären ; eine besondere Zelle ist es nicht, denn es lässt sich in ihm oder an seiner Stelle kein Kern nachweisen. Es entspricht also morphologisch nicht einer M. Scaurtze’schen Tracheen- endzelle. Welche Bedeutung diese Reduktionscentra für die Physiologie des Leuchtens besitzen, soll weiter unten ausgeführt werden. An Osmiumpräparaten sah ich die glatten Tracheen- endzweige immer frei endigen und niemals mitanderen Capillaren, sei es desselben Stammes, sei es anderer Stämme, sich verbinden. Diesen Satz kann ich für Luciola ganz sicher stellen, und nicht nur durch Zupfpräparate, vielmehr durch ganz scharfe Schnittpräparate beweisen (Fig. A, 7); die dunkle Osmiumfär- bung der Tracheencapillaren giebt hier die schönsten und deutlichsten Bilder, die man sich nur wünschen kann. — Damit will ich nicht be- haupten, dass es bei anderen Lampyriden nicht anders sein könne, und dass die von KöLLIkEr und WIELOWIEJSKY gesehenen Anastomosen nicht existiren. Der in Neapel gemachte Versuch an wenigen Weibchen von Lampyris Raymondi (einer Noctiluca nahe verwandten Form) die Endzellen und die Tracheencapillaren durch Osmiumsäure zu bräunen, wollte mir nicht gelingen. Es wurde oben erwähnt, dass die durchscheinenden cylindrischen Läppchen durch eine körnige Substanz von einander getrennt sind. Die aus den Läppchen hervorragenden Tracheencapillaren dringen in diese Substanz ein. — Wie letztere gebaut ist lässt sich an frischen Präpara- ten nicht bestimmen. Zerzupft man Leuchtplatten von mit Osmium- säure und Wasser behandelten Thieren, so bleiben oft an den cylindri- schen Läppchen große körnige Zellen hängen (Fig. 12, 13); dieselben werden durch die Osmiumsäure nur leicht gebräunt, selbst wenn die Tracheencapillaren beinahe schwarz geworden sind. Die gleichen Zellen und ihre Bruchstücke schwimmen auch in großer Anzahl im Präparat herum. An denselben Präparaten kann man auch die Verhältnisse der körnigen Zellen, die wir schlechtweg Parenchymzellen nennen können, zu den Tracheencapillaren, wenn auch eigentlich nur indirekt, erschließen. Es handelt sich darum, zu erkennen, ob die Tracheen- capillaren in oder zwischen den körnigen Zellen liegen. Ich glaube, dass Letzteres der Falk ist, und dass sie immer nur zwischen den Zellen endigen, denn ich konnte niemals an isolirten Zellen Reste von Tracheen- capillaren finden; dazu waren auch die isolirten Tracheenendigungen Untersuchungen über Lueciola italica L. 345 immer frei von Trümmern der Zellen, was wohl nicht der Fall sein könnte, wenn die Tracheen in Zellsubstanz eingebettet gewesen wären. ‘ Schnittpräparate verbreiten über diese Frage kein neues Licht, denn sowohl Osmiumpräparate als solche, die nach Härtung durch Sublimat oder durch Alkohol gewonnen sind, lassen keine Zellgrenzen erkennen. An Flächenschnitten sieht man um jedes Tracheenstämmchen den run- den Durchschnitt des eylindrischen Lappens, dessen Umriss an Subli- matpräparaten (Fig. 6) ziemlich scharf, an Osmiumexemplaren dagegen (Fig. 7) undeutlich und verschwommen bleibt; innerhalb desselben be- finden sich um den Tracheenstamm die durch Karmin intensiv gefärb- ten Kerne; Zellgrenzen sind nicht sichtbar, und da solche auch nicht an macerirten Präparaten auftreten, so bin ich geneigt den cylindrischen Lappen als ein Synceytium anzusehen. — Die den Parenchymzellen eigenen Kerne sind viel größer und körniger und bilden um die Cylin- der, oder richtiger zwischen den Gylindern, eine einfache Lage. Das Bild eines Flächenschnittes durch die ventrale Schicht einer Leuchtplatte wird dem Leser durch die Fig. 6 und 7 besser als durch eine lange Beschreibung klar werden. Auf Fig. 7, welche einem Osmium-Karmin- präparat entnommen ist, sieht man noch die geschwärzten Tracheen- zweige mit ihren Capillaren und den braunen Klumpen, die an den Gabelungsstellen sich gebildet haben. In seiner citirten zweiten Arbeit bildet Tareıonı einen senkrechten Durchschnitt der Leuchtplatte ab, in welchem die Parenchymzellen die cylindrischen Lappen überall, und selbst an ihrem freien gegen die Haut gerichteten Ende, bedecken. In Wirklichkeit ist dem aber nicht so: die eylindrischen Lappen reichen bis zur Hypodermis und stehen nur durchihre Seitenflächen mitdemParenchym in Berührung (Fig. 4 und 8). Letzterer Umstand ist für die weiter folgenden physiologischen Betrachtungen nicht ohne Wichtigkeit. Die Struktur der dorsalen kreideweißen Schicht der Leuchtplatten ist sehr einfach. Aus der wenig konsistenten fast breiigen Masse ist es mir nicht gelungen Zellenelemente zu isoliren. Zerzupft man frische oder mit verschiedenen Reagentien behandelte Organe, so sieht man immer nur die opaken Uratkonkremente in unzähliger Menge in der Flüssigkeit schwimmen. Das Zellplasma scheint durch die vielen in demselben eingelagerten Konkremente derart gelockert zu sein, dass die Zeile selbst ihre Gohaesion völlig verloren hat. An feinen gefärbten Schnittpräparaten sieht man (Fig. 5) in der beinahe undurchsichtigen Masse eingestreute Kerne, welche den Kernen der Parenchymzellen durchaus ähnlich sind; Zellgrenzen konnte ich doch nicht erkennen. An Längsschnitten, welche durch die vordere und 346 C. Emery, hintere Grenze der Leuchtplatten geführt wurden (Fig. 8), war aber die zellige Struktur der dorsalen Schicht deutlich zu erkennen, denn die einzelnen den Kernen entsprechenden Zellterritorien waren nicht in gleichem Maße mit Konkrementen besetzt; die Zellgrenzen waren manchmal sehr deutlich nachweisbar, indem einige Zellen beinahe ganz frei von Uratkugeln, andere dagegen mehr oder weniger reich daran waren, und in jeder Zelle war deren Dichtigkeit beinahe gleichmäßig: so war das Areal einer jeden Zelle von dem der benachbarten Elemente, bei durchfallendem Licht, durch helleren oder dunkleren gelblichgrauen Ton abgesetzt. Den durchschnittenen Tracheen anliegend, finden sich in dieser Schichi abgeplattete von spärlichem Plasma umgebene Zellkerne, welche der sog. Peritonealhaut oder Matrix der Tracheen angehören. Es ist sonst leicht sich davon zu überzeugen, dass die Uratkugeln führenden Zellen mit den Parenchymzellen der ventralen Schicht zu- sammenhängen: die Grenze zwischen beiden Schichten ist keine scharfe (Fig. 8), und es fehlt nicht an Uratzellen, welche, über die Grenze hin- aus, in die ventrale Schicht hineinragen. Es ist auch deutlich zu er- kennen, dass die durchsichtigen Zellen, welche um die vertikalen Tracheenstämmchen die cylindrischen Massen bilden, mit der Matrix der gröberen Tracheen kontinuirlich verbunden sind. Die dorsale und ven- trale Schicht der Leuchtplatten sind aber verschieden genug, um den Verdacht gänzlich auszuschließen, die dorsale Schicht möchte auf Kosten der ventralen, im Laufe des Imagolebens, wachsen, und die Uratkon- kremenie entständen in Folge der Veränderungen, welche die Paren- chymzellen durch die leuchtende Verbrennung erleiden. Der ab- weichende Verlauf der Tracheen in beiden Schichten, so wie das verschiedene Verhalten der Peritonealhaut, welche in der ventralen Schicht die cylindrischen Läppchen bildet, sind ohne Zweifel seit der larvalen Entwicklung der Leuchtplatten bestehende Einrichtungen und können nicht nach der Metamorphose, durch die physiologische Thätig- keit des Organs, erworben worden sein. — Ich kann noch hinzufügen, dass ich mehrere, theils in den ersten Tagen der Flugzeit, theils gegen Ende derselben gefangene Luciolen auf Sebnitten untersucht habe, ohne in der Dicke und Struktur der Leuchtplatten beständige Unterschiede finden zu können. Vergleichen wir nun die Leuchtplatten der Luciola mit den Leucht- organen anderer Lampyriden, so können wir die hellen Zellen- elemente der eylindrischen Läppchen, welche die senk- rechten Tracheenstämmchen und ihre Zweige umgeben, den M. Scaurzze'schen Tracheenendzellen gleich stellen. Innerhalb derselben erleiden die Tracheen ihre letzte Theilung, indem Untersuchungen über Luciola italica L. 347 sie sich darin zu zwei glatten Capillarendzweigen gabeln. Auch die Reaktion auf Osmium ist im Wesentlichen die gleiche; bei Luciola wird zwar nur ein Theil der Zelle geschwärzt, d. i. jene Stelle, welche die Basis der Capillaren unmittelbar berührt, während bei Lampyris meistens die ganze Endzelle geschwärzt wird. Dieser Unterschied ist wohl durch die massivere Form der Zellen der Luciola bedingt; aber andererseits kommt eine theilweise Schwärzung auch bei Lampyris vor, und auf Fig. 7 und 9 seiner Arbeit bildet WırLowızssky solche Zellen ab; wie bei Luciola, so bildete sich in diesen Fällen ge- “rade in jenem Theil der Zelle, in welchem die Verzwei- gung der Trachee stattfindet, der Osmiumniederschlag. Dass die körnigen Parenchymzellen der Luciola den gleichen Elementen von Lampyris entsprechen, braucht kaum erwähnt zu werden. Die Anordnung und Vertheilung der Elemente ist ferner bei Luciola viel regelmäßiger. Während bei Lampyris die verschie- ‚ denen Theilchen des Organs in der ventralen Schicht beinahe ohne be- stimmte Ordnung zusammengehäuft sind, bilden dieselben hier auf die zierlichste Weise parallele Säulchen, und es giebt wohl kaum ein bübscheres Präparat als ein gut gefärbter Flächenschnitt durch eine Leuchtplatte der mit Osmium behandelten Luciola. — Mit Recht sieht Wirrowiessky in den Leuchtplatten des Lampyris-Weibchens eine auf höherer Differenzirungsstufe stehende Form desselben Organs als die ' Leuchtknollen des Männchens so wie der Larve und des Weibchens selbst ' sind. Erstere unterscheiden sich von den Leuchtknollen sowohl durch ‚die Ausbildung einer dorsalen reflektirenden Uratschicht als durch die Theilungsweise der Tracheenendzweige, welche, statt baumförmig, pinselförmig geworden sind, und durch den Besitz von Tracheenend- ı zellen. Die Leuchtplatten der Luciola scheinen mir eine noch höhere und vollkommenere Differenzirung zu be- ‚ zeichnen, welche sich sowohl im regelmäßigen Lappen- bau als in der besonderen Ausbildungder Tracheenend- zellen selbst und inder konstanten zweiästigen Gabelung ‚ der Tracheenendzweige kund giebt. Es wollte mir nicht gelingen Nervenendigungen zu präpariren. Ich sab zwar an macerirten Präparaten feine Nerven neben den Tracheen in die Läppchen eindringen; ihren Zusammenhang mit Zellen irgend welcher Art konnte ich aber nie erkennen. Noch ein Wort über die Körner, welche die Parenchymzellen der dorsalen und ventralen Schicht enthalten. Tarcıonı betrachtet dieselben als einerlei, ohne ihr durchaus verschiedenes Verhalten gegen Reagen- lien genügend zu berücksichtigen. Ich kann in dieser Beziehung 348 C. Emery, WIELOwIEJsky nur beistimmen : die Körner der ventralen Schicht sind nicht krystallinisch; sie verschwinden in Balsampräparaten ganz und gar, werden aber durch Kali nicht gelöst; die Uratkugeln der dorsalen Schicht sind dagegen in Alkalien leicht löslich, bleiben aber in Alkohol, Chloroform und Kanadabalsam unverändert und werden dabei auch nicht durchsichtig. III. Einiges über den Bau des Fettkörpers und die Beziehungen der Leuchtplatten zu demselben. Es ist mehrfach die Ansicht ausgesprochen worden, die Leucht- organe ständen zu dem Fettkörper in engster Beziehung; sie seien, so zu sagen, besonders differenzirte Abschnitte des Fettkörpers selbst. Diese Ansicht scheint mir Vieles für sich zu haben; leider kann sie aber nur durch genaue entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen fest be- gründet werden, und solche fehlen bis jetzt ganz und gar. Bei Untersuchung des Fettkörpers der Luciola fiel mir auf, dass derselbe in seinen verschiedenen Theilen sehr bedeutende Besonder- heiten darbietet. Ich habe schon oben die knollenförmigen Fettkörper- klumpen erwähnt, welche die Hauptmasse des Systems bilden. Bei Lampyris sind die Knollen durch Fortsätze mit einander verbunden und bilden derart förmliche Netze, welche manchmal in ziemlich großen Fetzen präparirt und ausgebreitet werden können. Bei Luciola wer- den derartige Netze nicht gebildet, sondern die Knollen hängen an Tracheenverzweigungen traubenförmig und finden sich oft zu mehreren zusammen verklebt oder verschmolzen, wodurch höckerige unregel- mäßige Massen entstehen (Fig. 44). Diese Form des Fettkörpers ist durch die zahllosen eingelagerten Uratkörner fast immer ganz undurch- sichtig. Wie bereits oben erwähnt wurde, giebt es von dieser Fett- körpersorte zwei Varietäten, die weiße und die rosafarbene, welche beide durch Färbung und Größe der Konkremente sich unterscheiden ; die weiße Form gehört beiden Geschlechtern an, während die rosa- farbene nur im Thorax der Männchen vorkommt. In der Nähe der Körperoberfläche, oft sogar der Hypodermis eng anliegend, findet sich eine andere mehr indifferente Form des Fett- körpers. Dieselbe bildet unregelmäßige, verschiedenartig zusammen- hängende Platten und Stränge, durch deren Lücken und Zwischenräume Muskel und Nerven an die Haut gelangen. An Schnitten durch die vorderen Bauchringe des Abdomens (Fig. 17) nehmen diese Fettkörper- platten, den Tracheen und der Haut gegenüber, genau dieselben Be- ziehungen ein wie die Leuchtorgane. — Die Stämme der Tracheen ver- laufen nämlich auf ihrer dorsalen Fläche und senden ins Innere feine Untersuchungen über Lueiola italica L. 349 Verzweigungen. — Diese Art des Fettkörpers besitzt nur sehr wenige, immer farblose Uratkörner, welche meist sogar vollständig fehlen (Fig. 18). Eine Kontinuität zwischen dieser ventralen Fettkörperschicht und den Leuchtorganen habe ich an Schnittpräparaten nicht zweifellos nachweisen oder ausschließen können. Hauptsächlich hoffte ich durch Querschnitte vom fünften Bauchsegment des Weibchens zu einem Schluss zu kommen; leider waren die wenigen dazu noch brauchbaren Exemplare durch langes Liegen in Alkohol zu spröde geworden und lieferten keine beweisenden Präparate. Besonders auffallend ist die vollkommene Übereinstim- mung, in Form, Größe und Verhalten gegen Reagentien bei den Kernen der Leuchtorgane einerseits und denen derbeiden eben erwähnten Formen des Fettkörpersande- rerseits. Dieser Umstand spricht wohl zu Gunsten der Homodynamie der Leuchtorgane mit Fettkörperabschnitten. Von den eben beschriebenen Elementen des Fettkörpers weichen noch andere Theile durch nicht unbedeutende Unterschiede ab. Ich meine die Zellgruppen, welche den Flügelmuskeln des Herzens auf- sitzen, so wie die großen gelblichen Zellen, die im Abdomen der Lampy- riden (und auch bei anderen Insekten) Tracheenverzweigungen trauben- förmig aufgehängt und mit den Fettkörperballen vermischt sind. Bei Luciola sind dieselben von Tarcıonı in der citirten Abhandlung be- schrieben und abgebildet. — Solche Elemente habe ich nicht eingehend studirt; ich erwähne sie nur der Vollständigkeit wegen, denn sie scheinen zu den Leuchtorganen keine nähere Beziehung zu haben. In Betreff der soeben erörterten Frage nach den Homologien der Leuchtorgane schien mir die Endigungsweise der Tracheen im Fett- körper eine besondere Aufmerksamkeit zu verdienen. Ich untersuchte hauptsächlich die knollenförmigen Fettkörperballen, welche den Leib ausfüllen, an mit Osmiumsäure behandelten Thieren. Niemals sah ich quergestreifte Tracheen an einen Fettkörperballen treten; immer nur _ feine glatte Tracheencapillaren. Dieselben waren jedoch nicht ganz so fein wie in den Leuchtplatten und ich fand sie nach längerer Zeit noch mit Luft gefüllt. Sie zweigten sich nicht nach und nach von gestreiften Tracheen ab, sondern entstanden büschelförmig aus der Theilung einer feinen gestreiften Trachee (Fig. 20, 24) in zwei oder mehrere Zweige. Eine oder mehrere solcher Capillaren legten sich einem Fettkörperballen an und verliefen manchmal in komplicirten Windungen auf seiner Ober- fläche, bevor sie in die Substanz des Ballens eindrangen; nie sah ich sie Anastomosen bilden. Besonders auffallend scheint mir das Verhalten der Matrixschicht der Tracheen zu den Gapillaren. — Während die gestreiften 350 C. Emery, Tracheen nur eine sehr feine Peritonealmembran besitzen, ist leiziere an den Gapillaren meist viel stärker ausgeprägt; das Chitinrohr selbst ist hier im Vergleich zu der es umschließenden Zellsubstanz manchmal unbedeutend und nur die Endverzweigungen, welche aus Fortsätzen der Matrixzellen hervorragen und sich dem Fettkörpergewebe eng an- setzen, bleiben von einem solchen Überzug scheinbar frei. Oft sah ich auch Tracheenmatrixzellen sich zwischen den Röhrchen schwimmhaut- artig ausbreiten (Fig. 22) und manchmal auch freie Fortsätze aussenden (Fig. 23), welche wohl mit anderen Gebilden verbunden sein mögen und von ihnen bei der Präparation abgerissen wurden. Nur selten sah ich (Fig. 21) eine feinste Trachee an einem kleinen Fettkörperballen in einem von Matrixsubstanz gebildeten Klümpchen endigen. Von letzterer Form abgesehen bietet die Endigungsweise der Tracheen im Fettkörper von Luciola eine gewisse Ähnlichkeit mit den von WırLowizssky abge- bildeten Tracheenendigungen an den Leuchtplatten von Lampyris (Lamprorhiza) splendidula-Weibchen. Echte Tracheenendzellen haben wir im Luciola-Fettkörper noch nicht, aber bereits eine davon nicht sehr abweichende Form der Maätrixzellen; die Weise der Tracheen- verzweigung ist, nach WiELoWwIEIskYs Ausdrucksweise, keine baum- förmige mehr, sondern eine fast rein büschelförmige. IV. Notizen über den Stoffverbrauch der Luciolen. In der zweiten Hälite Mai dieses Jahres erschienen die Luciolen später als gewöhnlich, zuerst vereinzelt, dann nach und nach zahl- reicher, aber nicht so häufig wie in den meisten Jahren. Woher dies rührt wüsste ich nicht zu sagen. — Vom 23. des Monats an ließ ich die Luciolen einsammeln und wog sie sorgfältig, bevor sie zu weiteren Ver- suchen konservirt wurden: wie gesagt führten letztere Untersuchungen zu keinem brauchbaren Resultat. Dennoch scheint es mir nicht ganz ohne Interesse zu sein die erhaltenen Zahlen zu veröffentlichen. Folgende Tabelle (p. 354) giebt die Resultate der nur an männ- lichen Exemplaren vorgenommenen Wägungen: Obschon jedes Mal andere Thiere gewogen wurden, so lässt sich doch aus den aufgeführten Zahlen schließen, dass der Stoffverbrauch einer leuchtenden und fliegenden Luciole täglich etwas über ein halbes Milligramm beträgt. Die schwachen Zahlen der Gewichtsabnahme in den ersten Tagen sind dadurch zu erklären, dass noch immer junge Luciolen ausschlüpften, was später nicht mehr der Fall war. Es wurde schon oben bemerkt, dass die Luciolen als Imago nicht fressen. | Bei einem Kontrollversuch an 400 Luciolen, welche vier Tage lang in einer großen Glasglocke mit frischem Laub am Leben gehalten wurden, Untersuchungen über Luciola italica L. 351 Gewichts- Zahl der 4 Gewicht abnahme Datum des | „„wogenen Bern, per per Tag und Bemerkungen Fanges Thiere B Individuum per Individuum 23. Mai 0,04475 |\0,00040 |} 24. » 100 0,04435 |) gooz, || Das Gewicht der Thiere a5.» 50 0,01390 hi “) | nimmt stetig ab. 26. » 50 0,01836 150,00054 an; : : Sr \starke Regengüsse. 99, » 100 0,04394 Die Luciolen sind viel zahl- 30. » — == reicher geworden und ihr As 400 0,04263 Gewicht hat momentan zugenommen, Egg a) EB Re] PER Be A TEE Das Sammeln wird einige Di UST. 22 tov dahin raskss Tage ausgesetzt; später 12. bis 16. 46 tritt beständiges Regen- Juni wetter ein und mit großer Mühe werden noch we- nige Thiere gefangen. ergab sich eine Gewichtsabnahme von 0,00016—0,00020 per Tag für jedes Individuum. Die Thiere leuchteten und funkelten lebhaft, konnten aber nur wenig fliegen, was den Stoffwechsel selbstverständlich ein- schränkte. V, Zur Physiologie des Leuchtens. Die Frage, die ich hier hauptsächlich behandeln will, betrifft den eigentlichen Sitz der leuchtenden Verbrennung in der Leuchtplatte. Die Luciolen-Männchen haben zwei Weisen zu leuchten. Wenn sie in der Nacht munter sind. oder fliegen, so nimmt das Licht in kurzen und regelmäßigen Pausen zu und ab; derart entsteht das bekannte funkelnde Leuchten, wodurch diese Thierchen zur wundervollen Zierde einer italienischen Frühsommer-Nacht werden. Fängt man eine fliegende Lucioie, oder reizt man bei Tag ein ruhendes Thier, oder schneidet man dessen Hinterleib ab, so leuchtet es auch ziemlich stark, bei Weitem aber nicht so hell wie auf dem Höhepunkt der Lichtwelle des funkeln- den Leuchtens. In diesem Fall ist aber das Leuchten beständig ; jedoch bemerkt man, besonders bei verletzten Thieren, dass die Leuchtplatten in ihrer ganzen Ausdehnung nicht gleichmäßig leuchten, sondern bald diese, bald jene Stelle stärker aufglüht, gleich als zögen phosphores- eirende Wolken darüber hin. Selbstverständlich ist eine mikroskopische Beobachtung des funkeln- den Leuchtens nicht möglich; ein konstant leuchtendes Thier oder ein abgetrenntes Abdomen ist dagegen ohne Schwierigkeit unter das Mikro- skop zu bringen und mit ziemlich starker Vergrößerung zu betrachten. 352 C. Emery, Wird die Untersuchung im finsteren Zimmer vorgenommen, so sieht man auf dunklem Hintergrund hell leuchtende Ringe auftreten, ungefähr wie ich auf Fig. 24 abzubilden versucht habe. Jene Ringe sind nicht gleichmäßig beleuchtet, sondern zeigen hellere Punkte, welche regellos aufblitzen und wieder erlöschen, oder blassleuchtend fortbestehen, um bald wieder in stärkerem Glanz zu erscheinen; auch kann ein Theil der Leuchtplatte ganz dunkel sein, ein anderer lebhaft leuchten. Die Lage und Anordnung der Ringe bleibt sich aber gleich, und auch die funkelnden Punkte eines Ringes erscheinen, wie ich glaube, an der gleichen Stelle. Über Letzteres machte ich aber keine genauere Beobachtung, was ich jetzt bedauere; ich war damals mit der Architektonik der Leuchtplatten nicht vertraut genug, und als ich später durch Flächenschnitte jene Struktur besser kennen lernte, standen keine lebenden Luciolen mehr zur Verfügung. Vergleichen wir das eben beschriebene Bild mit den Resultaten der anatomischen Untersuchung, so werden wir nothwendig zu dem Schluss kommen, die leuchtende Verbrennung finde an der Grenze zwischen dem Tracheenzellencylinder und den Parenchymzellen statt; ob in ersterem oder in letzteren, ist durch die angeführten direkten Beob- achtungen nicht festgestellt worden. Es wurde oben erwähnt, dass in Osmiumsäurelösungen gebrachte Luciolen noch leuchtend gesehen wur- den, während die Leuchtorgane, durch Reduktion des Metalls, bereits gebräunt waren. Die Vermuthung liegt nahe, die Stellen, wo Osmium- säure reducirt wird, seien diejenigen, welche den intensivsten Sauer- stoffverbrauch ausüben, d. i. gerade die leuchtenden Stellen des Organs. Hat die Osmiumsäure nur schwach gewirkt, so sieht man an einem Flächenbild der Platten kleine Kreise von länglichen Punkten (Fig. 3), welche den Gabelungsstellen der Tracheenendzweige entsprechen; die Gapillaren sowohl als die gestreiften Tracheen sind noch farblos und an Balsampräparaten fast unsichtbar. Ist die Osmiumreduktion intensiver gewesen, so haben sich um die Gabelungsstellen die oben erwähnten braunen Klümpchen gebildet und die Gapillaren sind mehr oder weniger braun gefärbt (Fig. 4). Erst bei sehr intensiver Reduktion, erscheinen die gestreiften Tracheenzweiglein durch Metallniederschlag in ihrem Inneren geschwärzt (Fig. 7). Niemals sind die Parenchymzellen selbst bedeutend gebräunt; diese Thatsache genügt, meiner Ansicht nach, zum Ausschlusse der Annahme, dass ihr Plasma der Sitz der leuchtenden Oxydation sei. | Soll ich aus den gemachten Erfahrungen einen Schluss ziehen, so habe ich anzunehmen, dass die leuchtende Verbrennung an der Oberfläche der Parenchymzellen stattfindet, aber Untersuchungen über Luciola italica L. 333" außerhalb ihrer Substanz selbst. Die Parenchymzellen son- dern wahrscheinlich den Leuchtstoff ab ; dieser wird von den Tracheen- endzellen aufgenommen und, mittels des in den Tracheencapillaren vorhandenen Sauerstoffs, verbrannt: eine solche Kombustion kann nur da stattfinden, wo die Chitinmembran der Tracheen außerordentlich fein und leicht durchdringbar ist, was eben an den Gapillaren der Leucht- platten der Fall ist; desshalb bräunt sich das Plasma der Tracheenzellen nur an der Gabelung der Tracheenendzweige und um die Capillaren. Ich nehme an, dass die Tracheencapillaren von einer feinsten Plasma- schicht überzogen sind, welche von den Fortsätzen der Tracheenend- zellen herrührt, obschon diese Schicht mittels der angewandten opti- schen Mittel nicht unterscheidbar erschien ; aber die Tracheencapillaren selbst sind so fein, dass ich mit den besten Linsen (Zeıss, homog. Immers. !/s) und Condensor-Beleuchtung ihr Lumen nicht sehen konnte. Sie zeigten immer nur einen einfachen Umriss, nur schien ihre Ober- fläche oft etwas rauh und uneben. Ich glaube also, dass M. ScuuLtze Recht hatte als er in den Tracheenendzellen die eigentlich leuchtenden Elemente gefunden zu haben meinte. Auch bei ihm entstand diese Vermuthung aus der mikro- skopischen Beobachtung des leuchtenden Thieres. Ich denke es lässt sich kaum eine andere den Thatsachen völlig entsprechende Hypothese aufstellen. Die Osmiumreduktion in den Geweben des lebenden und leuchtenden Thieres scheint mir ein Experimentum cruecis zu sein, wodurch der Sitz des Leuchtens der Lampyriden als festgestellt be- trachtet werden kann. Wenn nun WIELowIEJsKkY (p. 416) den Tracheenendzellen das Ver- mögen zu leuchten abspricht, weil sie keine für Leuchtorgane specifi- schen Bestandtheile sind, und weil ihre beinahe homogene Beschaffen- heit es unwahrscheinlich macht, dass sie als Drüsenzellen den Leuchtstoff absondern, so scheint mir das keine genügende Beweisführung gegen die M. Scnurtze’sche Hypothese. WiırLowizssky selbst nimmt an, dass die Matrixschicht der Tracheen vielleicht, den rothen Blutkörperchen der Wirbelthiere analog, den Sauerstoff aufspeichern und an andere Elemente abgeben könnte. Warum sollten nicht eben so verbrennbare Stoffe aus den Geweben durch die Matrixzellen aufgenommen und da- selbst oxydirt werden ? Was nutzt aber den Luciolen das Leuchten? ist es allein ein ge- schlechtliches Reizmittel für die seltenen Weibchen? Mir will das sehr unwahrscheinlich vorkommen. Viel eher würde ich in dieser Erschei- nung ein Schreckmittel oder ein Warnungszeichen gegen insektenfressende Nachtthiere vermuthen. Schneidet oder quetscht man eine Lueiola, so 354 C, Emery, spürt man einen unangenehmen kohlartigen Geruch, und vielleicht ge- nügt dieser, um sie für Fledermäuse oder andere Nachtthiere ungenießbar zu machen. Einen scharfen Geschmack haben sie freilich nicht. Bologna, December 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIX. Fig. 4. Sagittalschnitt durch das Hinterende einer männlichen Luciola: von den oberhalb der Leuchtplatte gelagerten Organen sind nur Umrisse gezeichnet. ce, Haut des letzten Bauchringes, beim Schneiden von der darüber liegenden Leuchtplatte etwas abgehoben; d, dorsale Schicht der Leuchtplatte, von breiten Tracheen regel- ics durchsetzt und wegen der zahlreichen eingelagerten Uratkonkremente un- durchsichtig; v, ventrale, leuchtende Schicht der Platte, mit senkrechten Tracheen- stämmchen, deren Zweige, an ihrem Übergang in Capillaren, braune, durch Osmiumreduktion entstandene Klümpchen tragen; n, strukturlose Substanz (Ge- rinnsel?), welche das Ende des letzten Ventralsegmentes füllt. — Osmium-Karmin, in Kanadabalsam eingeschlossenes Präparat. Vergr. 130:4. Fig. 2. Ein Stück einer in Alkohol konservirten, mit Kali aufgehellten Leucht- platte, von der Fläche gesehen; Einschluss in Gummiglycerin. 430:4A. Fig. 3. Aus der Flächenansicht einer Leuchtplatte nach schwacher Osmium- wirkung am lebenden unverletzten Thier. Alkohol, Kali, Einschluss in Balsam. 250:1. Fig. 4. Aus einem eben solchen Präparat, nach stärkerer Osmiumwirkung. 250 :1. Fig. 5. Flächenschnitt aus der dorsalen Schicht einer mit Sublimat und Alkohol gehärteten Leuchtplatte. Boraxkarmin, Balsam. t, Tracheen mit den Kernen ihrer Mairixzellen; n, Kerne der Parenchymzellen. 380: 1. Ä Fig. 6. Flächenschnitt aus der ventralen Schicht einer eben so behandelten Leuchtplatte. Die Tracheenstämme sind von den durch die Matrixzellen (Tracheen- endzellen) gebildeten Cylinder umgeben; zwischen den Cylindern, die in Balsam hell gewordenen Parenchymzellen. 380 :4. Fig. 7. Von einem in Osmiumsäure getödteten Thiere:: Flächenschnitt durch die ventrale Schicht einer Leuchtplatte. Alkohol, Boraxkarmin, Kanadabalsam. {, senk- rechte Tracheenstämme. 380:4. Fig. 8. Längsschnitt durch das vordere Ende der Leuchtplatte des letzten Seg- ments. T7, querer kommissuraler Tracheenstamm, inwendig behaart; ll, dorsale Grenze der Leuchtplatte; mm, Grenze zwischen dorsaler und ventraler Schicht der Leuchtplatte. In der dorsalen Schicht sind die Parenchymzellen nicht alle gleich dicht mit Uratkörnern gefüllt, so dass Zellgrenzen erkennbar werden. t, Tracheen der dorsalen Schicht mit ihren Matrixkernen;; £', Tracheenstämmchen der ventralen Schicht; c, Haut. 380:4. Fig. 9. Ein Tracheenstämmchen der ventralen Schicht, nach Osmiumsäurebe Untersuchungen über Luciola italica L. 355 kandlung isolirt. An der Gabelungsstelle der gebräunten Capillaren sitzen durch Osmiumreduktion gebildete braune Klümpchen, 270:4. Fig. 40. Ein Stück eines ähnlichen Präparats, wo aber, um die braunen Klümp- chen, Reste der Tracheenendzellen geblieben sind. 600: A. Fig. 44. Ein Stück eines senkrechten Tracheenstämmchens mit Capillaren und braunen Osmiumklümpchen: stark vergrößert. 600:4. Fig. 42, 43. Isolirte Bestandtheile der ventralen Schicht einer Leuchtplatte; Zupfpräparat aus einem mit Osmiumsäure behandelten Thier. £, Tracheenstämm- chen von cylindrischen Läppchen umgeben; p, Parenchymzellen, dem Cylinder anhaftend. 600:4. Fig. 14. Einige rosafarbene Fettkörperballen, bei auffallendem Licht, in natür- licher Farbe. 70:4. Fig. 45. Fettkugeln a und Uratkonkremente b aus dem rosafarbenen Fettkörper ; frisch in NaCl-Lösung. 600 :4. Fig. 46. Die entsprechenden Bestandtheile aus dem weißen Fettkörper ; frisch in NaCl-Lösung. 600 :4. Fig. 47. Längsschnitt durch das dritte ventrale Bauchsegment einer männlichen Luciola. cc, die schwarze Chitinhaut, mit der Hypodermis; aa, durchschnittene Fettkörperplatte; it, Tracheenstamm. 380:4. i Fig. 18. Flächenansicht einer kleinen Fettkörperplatte, aus einem in Osmium- säure getödteten Thier. Boraxkarmin, Balsam. 380:4. Fig. 49—23. Tracheenendigungen an Fettkörperballen des Abdomens von in Osmiumsäure getödteten Thieren. 600:4. Fig. 19. Büschelförmige Theilung einer feinen Trachee und Ausbreitung der daraus entstandenen Capillaren an einem großen Fettkörperballen. Fig. 20, 24. Büschelförmige Verzweigung und Endigung von Tracheen an kleineren Fettkörperballen. Fig. 22. Glatte Trachee des Fettkörpers mit schwimmhautartiger Verbreitung der Matrix. Fig. 23. Glatte Trachee des Fettkörpers mit einer Matrixzelle, welche einen freien Fortsatz a von sich giebt. Fig. 24. Mikroskopisches Bild einer Leuchtplatte von Luciola am lebenden und leuchtenden Thier. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 2% Nachtrag zu meinem Aufsatze „Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe“. | Von - A. Kölliker. Im Biologischen Centralblatt, Bd. III, Nr. 24 (siehe auch in Recueil zool. Suisse, 2, p. 259) hat Korımann soeben auch die Frage der Ab- stammung der Bindesubstanzen besprochen und dieselbe im Wesent- lichen im Anschlusse an WaLDeyer erledigt. Doch geht er in Manchem seinen eigenen Weg und harmonirt in gewissen Beziehungen auch mit Hıs. Da ich die ganze Frage oben ausführlich erörtert habe, so kann ich hier nicht noch einmal im Einzelnen auf dieselbe eingehen, und möchte ich nur speciell hervorheben, dass auch diese neueste Kund- gebung zu Gunsten eines besonderen Blut- und Bindegewebskeimes mich nicht veranlasst, an den früher aufgestellten Sätzen irgend etwas zu ändern. Nur so viel möchte ich hervorheben, dass es doch gerathen erscheint, in dieser schwierigen Frage nur mit bestimmten feststehenden Größen zu rechnen, und das scheint mein geehrter Freund Korımans doch etwas außer Augen gelassen zu haben, wie Folgendes beweisen möchte. Er sagt (p. 740): » Nun aber wissen wir, dass der Mesoblast im Be- reiche der Primitivrinne entsteht und von dort aus erst peripher weiter schreitet. Das Zellenmaterial für die Bildung des Blutes liegt aber schon am Rande der Keimscheibe längst vor dem Auftreten der axialen An- lage zur Verwendung bereit. Der Mesoblast hat also keinen Antheilan der ersten Anlage der Area vasculosa.« Um diesen Satz dreht sich Alles, denn dass Korımann das Zellenmaterial für das Blut, die Gefäße und Stützsubstanzen »Akroblast« nennt und über dessen Bildung Hypothesen aufstellt, ohne thatsächliche Nachweise vor- zulegen, kommt erst in zweiter Linie in Betracht. Nun erlaube ich mir aber doch zu fragen, woher wissen wir denn, dass das Material für die Blutbildung vor der Mesoblastbildung im Keimwulste des Hühnerblasto- Nachtrag zu meinem Aufsatze „Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe‘. 357 | derms (und auch im Urmundrande der niederen Wirbelthiere, KoLLmann) vorhanden ist? Wer hat dies bewiesen? Gerade umgekehrt glaube ich nachgewiesen zu haben und habe ich stets behauptet, dass beim Hühn- chen und Kaninchen die gefäßbildende Lage vom Mesoderm aus sich entwickelt und ein Theil desselben ist und sind meines Erachtens meine Angaben noch von Niemand als unrichtig nachgewiesen und so wider- legt worden, dass man sagen könnte, das Gegentheil von dem, was ich behauptet, sei wahr. Denn auch diejenigen, die einen peripherischen, vom Entoblasten abstammenden Mesoblasten annehmen, lassen densel- ben mit dem axialen verschmelzen. Wie steht es da mit dem »selb- ständigen« Akroblasten? Ich möchte daher glauben, dass vor der Aufstellung einer solchen Hypothese erst durch Thatsachen der Beweis zu erbringen wäre, dass meine Beobachtungen über die Entstehung des gesammten Mesoblasts vom Primitivstreifen aus, unrichtig sind. Wenn ich auch in diesem wichtigsten Punkte von Korımann ab- weiche, so stimmen wir doch in der Deutung des Keimwulstes mit ein- ander überein, den auch Korımann von den Furchungskugeln ableitet. Auch Korımann’s Annahme, dass die Entoblastzellen desselben Dotter- elemente direkt aufnehmen, halte ich, wie man weiß, für möglich, nur würde ich doch mehr Beweise wünschen, als vorliegen, bevor ich die- selbe für gesichert halten könnte. Im Übrigen erlaube ich mir zu be- merken, dass die Annahme, dass Zellen körperliche Theile aufnehmen und chemisch umändern (fressen und verdauen, wie man jetzt zu sagen beliebt), keine so neue Sache ist, wie Manche zu glauben scheinen, und dass schon seit Langem die sogenannten Blutkörperchen haltenden Zel- len der Milz in diesem Sinne gedeutet worden sind. Würzburg, 8. März 1884. y4* en: nie aoriant Be bau alas zn 02 bau 198 9 zinda < als DE bring EN: vn aözeel, nam m “ & bi u tere wradtenen she 0.0, .. Ewa . sa Eh a) eh en ee kn =: Kor Bat . fs IM ;£ Air m | ee eat vs lan „an ae seit " a ki “ us ie act a N Untersuchungen über den Bau und die Entwicklungsgeschichte der Sülswasser-Dendrocoelen (Tricladen). Von Isao Tijima aus Japan. Mit Tafel XX—XXII und 3 Holzschnitten. Das häufige Vorkommen der Planarien im Süßwasser hat dieselben zu einem Untersuchungsgegenstande für eine große Anzahl von For- schern gemacht. Wegen den Schwierigkeiten jedoch, welche diese Thier- formen der Erforschung bieten, sind die existirenden Beschreibungen, was insbesondere den feinen Bau anbetrifit, keineswegs vollständig, so dass eine erneute Durchforschung mit Anwendung der modernen Methode als außerordentlich lohnend erscheint. Besonders erwünscht schien aber eine solche Untersuchung in Bezug auf die Entwicklungs- geschichte, von der wir äußerst wenig wissen, denn die Beobachtungen von Knappert und METSCHNIKOFF sind so lückenhaft und so abweichend von einander, dass es kaum möglich ist, ein allgemeines Bild von der Entwicklung zu gewinnen. Diese Umstände bewogen meinen hochver- ehrten Lehrer, Herrn Geheimrath Professor Dr. LEUcKART, mir eine genaue Untersuchung der erwähnten Thierformen vorzuschlagen. Im Nachfolgenden nun sind die Resultate meiner Untersuchungen enthalten. Letztere wurden im Frühjahr des Jahres 1882 angefangen und im, Sommer des folgenden Jahres zu Ende gebracht. Es sei mir hier gestattet, Herrn Geheimrath Professor Dr. LEUCKART für seine gütige Unterweisung, so wie für die freundliche Erlaubnis zum freien Gebrauch seiner reichhaltigen Bibliothek meinen herzlichsten Dank auszudrücken. Eben so bin ich Herrn Professor Dr. Cuun für des- sen freundliche Unterstützung bei meiner Arbeit sehr zu Dank ver- pflichtet. Endlich spreche ich Herrn Dr. KorscueLr meinen Dank für Durchsicht meines Manuskriptes aus. Eine historische Übersicht über die Angaben der früheren Autoren Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 25 360 | Isao lijima, werde ich weglassen, da ich in den einzelnen Kapiteln auf dieselben verweisen werde. Überdies findet sich ein ausführliches Verzeichnis der Turbellarien-Litteratur, zugleich mit kurzen Notizen über den In- halt, in dem Anfangstheile des vor Kurzem erschienenen klassischen Werkes von GRArFF (21). Einige Worte über die Untersuchungsmethode dürften dagegen nicht überflüssig sein. Die Quetschmethode, welche von früheren For- schern ausschließlich gebraucht wurde, ist gar nicht geeignet, die ge- nauen Verhältnisse der verschiedenen Organe zu erkennen; sie sollte nur angewendet werden, um den Exkretionsapparat näher zu studiren, da diese Organe sich auf Schnitten nur theilweise beobachten lassen. Um die Thiere zum Schneiden vorzubereiten, giebt es meines Wissens nur ein einziges Mittel: Dasselbe besteht in der Anwendung des Queck- silberchlorids, welches die Gewebe in unverändertem Zustande kon- servirt. Die Anwendung dieses Reagens auf Turbellarien und andere Thiere für histologische Zwecke verdanken wir A. Lane, der dadurch unsere mikroskopische Technik bedeutend gefördert hat. Ich habe fast immer koncentrirte wässerige Lösung von Quecksilberchlorid, fast siedend, mit völlig befriedigendem Erfolg gebraucht. Die Thiere wer- den ohne Wasser auf einen flachen Teller gebracht und dann plötzlich mit der Lösung übergossen ; dieselbe wirkt äußerst rasch, so dass die Thiere sich durchaus nicht kontrahiren. Es wird auf diese Weise jede Schrumpfung vermieden, was bei den anderen Methoden nur selten der’ Fall sein dürfte. Große Thiere müssen eine halbe Stunde lang in der Lösung bleiben. Ist das Objekt genügend erhärtet, so wird es in Was- ser gebracht, worin es einige Stunden verbleibt. Das Wasser wird gelegentlich gewechselt, um das Quecksilberchlorid möglichst zu ent- fernen, da es sich sonst in Stecknadelform ausscheidet. In schwachem, starkem und absolutem Alkohol soll es in jedem mindestens 48 Stunden verweilen, ehe es ins Färbemittel gebracht wird. Zur Färbung habe ich mit Vorliebe Boraxkarmin angewendet, und zwar in verdünnter Lösung, welche in drei bis vier Tagen genügend färbt. Hämatoxylin und Safranin lieferten ebenfalls schöne Präparate. Goldchlorid dagegen gab niemals befriedigende Präparate. Chrom-, Osmium- und Pikrinschwefelsäure sind als Härtungsmitiel nicht empfehlenswerth. Um die Thiere für die Sammlung zu konserviren, werden diesel- ben am besten getödtet durch Übergießen mit starker, vielleicht 50°/,iger Lösung von Salpetersäure, unter deren Einwirkung sie sich zur vollen Länge ausdehnen. | Um die Entwicklungsstadien zu untersuchen, muss man eine Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 361 andere Methode anwenden. Im frisch gelegten Kokon die kleinen Eier unter Tausenden von gleich großen Dotterzellen aufzufinden, ist mit großer Schwierigkeit verknüpft; man muss vielleicht stundenlang seine Geduld erproben, ehe es gelingt, ein Ei zu isoliren. Zu der Zeit aber, wenn das Ei sich zu furchen beginnt, klebt sich eine Menge von Dotter- zellen fest an dasselbe an, so dass das Ganze dann eine solche Größe erreicht, dass es dem unbewaffneten Auge als ein kleines Pünktchen er- scheint. Die Methode, welche ich gebraucht habe, um frühere Stadien zu untersuchen, ist folgende: Der Kokon wird in einem Tröpfchen 2°/,iger Essigsäurelösung auf dem Objektträger geöffnet. Die Schale wird weggenommen, so dass der ‚Inhalt in die Essigsäurelösung ausfließt. Der Objektträger wird nun geschüttelt, bis die isolirten Dotterzellen in der Lösung gleichmäßig flottiren, worauf dann die sich furchenden Eier, am Rande mit Dotter- zellen untrennbar verklebt, als weiße Pünktchen erscheinen. Das Deck- gläschen wird nun aufgelegt, durch Wachsfüßchen oder ein Stückchen Papier aber verhindert, die Eier zu quetschen. Nach einer halben Stunde wird die Essigsäure vorsichtig mit Hilfe von Fließpapier durch 70°/,igen Alkohol ersetzt. Man muss sehr aufmerksam verfahren, damit die Eier nicht verloren gehen. Eine Stunde nachher wird der frühere Alkohol durch 90°/,igen ersetzt, in dem die Eier zwei Stunden liegen bleiben. Die Aufhellung wird sodann durch eine Lösung von gleichen Theilen Wasser mit Glycerin bewirkt, die später durch reines Glycerin ersetzt wird. Nunmehr ist das Präparat fertig und das Deckglas wird mit Lack umzogen. Auf diese Weise habe ich sehr hübsche Präparate bekommen. Um Schnitte von Embryonen herzustellen, die zu klein sind, um sie einzeln zu behandeln, kann man mit Erfolg den Kokoninhalt in toto härten. Die Schale muss allerdings vorher weggenommen werden. 10/,ige Chromsäure bewährt sich hier als bestes Härtungsmittel. Queck- silberchlorid macht die Embryonen spröde und leicht zerbrechlich. Die zu schneidenden Thiere werden im Winter in weiches Paraffin, im Sommer aber in eine Mischung von gleichen Theilen weichen und harten Paraffins eingebettet. Die Schnitte wurden vermittels des Mikro- toms bis zu 0,04—0,02 mm Dicke angefertigt und mit Schellack in Serien auf den Objektträgern befestigt. Allgemeine Bemerkungen über die untersuchten Arten. In den Gewässern Leipzigs, so weit ich sie durchsuchte, sind die Trieladen durch drei Arten vertreten. Diese sind Dendrocoelum lacteum Oerst., Planaria polychroa ©. Schm. und eine Art von Polycelis, welche 95% -_ 362 | Isao lijima, ich nirgends beschrieben fand und desshalb als neue Art betrachten muss. Während ich Hunderte von Pl. polychroa untersuchte, begegnete ich nur drei Exemplaren, welche in der Gestalt und der Lage der Augen der Pl. torva M. Sch. ähnelten. Ob sie wirklich jener Art angehörten, kann ich nicht bestimmt sagen, da sie ganz jung waren und noch nicht entwickelte Geschlechtswerkzeuge besaßen. Meine Exemplare wurden hauptsächlich in der Pleiße am Rosenthal gefischt. Dort findet man die drei Arten zusammen in außerordentlicher Häufigkeit auf Schilf, abge- fallenen Blättern oder unter gesunkenen Holzstücken. i D. lacteum (vgl. den Holz- Fig. A, Fig. 3. Fig. 2. schnitt Fig. 1), eine der bekannte- an nn sten unserer Planarien, scheint eine große Verbreitung in Europa zu besitzen und ist von so charak- teristischer Form, dass sie kaum zu verkennen ist. In der Gestalt stimmt die in Leipzig vorkom- mende Form völlig mit Duszs’ Figur (9) überein, und auch ihre Ge- schlechtswerkzeuge zeigen die nämliche Bildung, wie soiche aus | den Beschreibungen und Abbil- dungen - von Duscis und Osc. Scamit (55) zu ersehen ist, so dass ich keinen Zweifel über die Identität dieser Arten hege. Die außerordentlich beweglichen Kopf- lappen sind für dieselben höchst:charakteristisch. Die von Levnıe (Tafeln zur vergl. Anatomie) beschriebene saugnapfartige Vertiefung am vor- deren Ende des Kopfes habe ich nicht gefunden. Ihre Farbe ist milch- weiß, und der Darmkanal schimmert in verschiedener Färbung durch, je nach der Natur der Substanzen, welche er in seinen Epithelzellen einschließt. , Die Thiere erreichen die beträchtliche Länge von 26 mm und die Breite von 6 mm. Von Planaria polychroa (Holzschnitt Fig. 2) war die Artbestimmung nicht so leicht. In der Körperform steht sie etwa zwischen Pl. poly- chroa und lugubris, welche ©. Scunpr (56) beiGraz auffand. In kriechen- dem Zustande ist sie schlank und ziemlich flach. Der Kopf ist stumpf dreieckig, doch ist der Kopfrand an den beiden Seiten der stumpfen vorderen Ecke nicht so schief wie bei Pl. lugubris und nicht so abge- rundet wie auf der Scummr'schen Figur von Pl. polychroa. Die beiden Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgeseh. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 363 Augen liegen ungefähr so weit hinter dem vorderen Ende, als sie von einander abstehen. Kurz hinter den Augen ist der Kopf am breitesten; hier liegen die seitlichen Ecken, welche so stumpf abgerundet sind, dass man sie kaum als Lappen bezeichnen kann. Hinter dem Kopf findet sich eine schwache doch unverkennbare, halsähnliche Einschnürung, welche O. Scumipr ausdrücklich in seiner Beschreibung von Pl. polychroa leug- net. In dem mittleren Theil des Körpers ist die Breite ungefähr gleich dem breitesten Theil des Kopfes. Nach hinten ist der Körper zugespitzt. Die allgemeine Färbung variirt von bräunlichgrau bis schwarz, je nach der größeren oder geringeren Menge des schwarzen Pigments. Auf der Bauchfläche ist dieselbe immer seltener als auf dem Rücken. Die Stellen am vorderen Körpertheil, wo das Hauptnervensystem und das Ovarium liegen, sind gewöhnlich durch dichtere Pigmentirung ausgezeichnet. Auch in der Umgebung der Geschlechtsöffnung und weiter vorn ist das Pigment besonders entwickelt. Wenn die Thiere lange im Aquarium gehalten werden, scheint das Pigment zu schwinden. In der Länge können die Thiere 20 mm, in der Breite —5 mm erreichen. Wenngleich sich unsere Pl. polychroa in Betreff der Körperform mit der Beschreibung Scummr’s nicht ganz in Übereinstimmung bringen lässt, so zeigt doch die Gestalt und Anordnung der Geschlechtswerk- zeuge eine Ähnlichkeit beider Formen, welche uns berechtigt, sie als identisch zu betrachten. In Folge der Unterschiede in der Körperform können wir sie höchstens als lokale Varietäten betrachten. Hierauf wende ich mich zur Beschreibung der von mir aufgefun- denen Polvcelis-Art, für welche ich den Namen Polycelis tenuis in Vorschlag bringe. Eine Zeit lang wurde diese Art von mir und Ande- ren für Pol. nigra Ehrbg. gehalten, aber die nähere Untersuchung hat mehrere Unterschiede davon zu Tage gebracht, so dass ich mich genöthigt sah, dafür eine neue Species aufzustellen. Freilich ist dabei zu berück- sichtigen, dass die von früheren Systematikern für Pol. nigra ange- gebenen diagnostischen Charaktere ganz unvollständig sind und sich verschiedentlich widersprechen. So ist z. B. nach Ducks (9) der Kopf rundlich mit einem kleinen zugespitzten Zapfen in der Mitte, wogegen er nach Dizsing (7) stumpf dreieckig sein soll. Abgesehen aber davon zeigt unsere Pol. tenuis noch andere Unterschiede. ©. F. Mürter und Dusks beschreiben ihre Pol. nigra als oblong und bilden eine Form ab, welche Pol. tenuis niemals aufweist. Auch Dissine beschreibt sie als oblong, während er D. lacteum langgestreckt nennt. Dagegen ist Pol. tenuis sehr schlank und dies sogar noch mehr als D. lacteum. 364 Isao Iijima, Das Verhältnis der Breite zur Länge ist 1:8, während für Pol. nigra eine verhältnismäßig größere Breite angegeben wird (Länge 5", Breite 1—11/5’”). Die Gestalt von Pol. tenuis ist im Holzschnitt Fig. 3 dargestellt, freilich in kriechendem, völlig ausgedehntem Zustande, während sie sonst einen ovalen oder rundlichen Umriss hat. In der Mitte des vorderen Kopfrandes findet sich eine kleine spitze Hervor- ragung, von der aus der Rand beiderseits sich etwas schief nach hinten zieht, aber nur so unbedeutend, dass man das Kopfende im Allgemeinen wohl als abgestumpft ansprechen darf. An den Seiten des Kopftheils bildet der vordere Rand einen abgerundeten Vorsprung. Hinter dem Kopfe bemerkt man eine ziemlich bedeutende halsähnliche Einschnü- rung. Bald nimmt der Körper wieder an Breite zu und dann bleibt diese ziemlich gleich bis zum Schwanzende. Das letztere selbst ist etwas zugespitzt. Nur der Kopftheil unseres Thieres ist abgeplattet. Die Rückenfläche ist konvex, so dass der Querschnitt eine fast halb- mondförmige Gestalt hat. Die in einer einzigen Reihe angeordneten zahllosen Augen liegen im vorderen Drittel des Körpers am Rande. Völlig ausgewachsene Exemplare messen 12 mm in Länge. Der seitliche lappige Theil des Kopfes ist gewöhnlich farblos. Im Übrigen hängt die Färbung von zwei Momenten ab: von der Grund- farbe, welche vielleicht der perienterischen Flüssigkeit zugehört, und den schwarzen Pigmentkörnern der Leibeswand: Letziere sind dem peri- pherischen mesenchymatösen Bindegewebe eingelagert. Die Abände- rung der ersteren von Grau bis zu tiefem Braun und das mehr oder minder massenhafte Auftreten der letzteren macht die allgemeine Fär- bung zu einer höchst variablen. Wir unterscheiden so nach dem Vor-. herrschen der einen oder anderen Farbe braune oder schwärzliche Indi- viduen. ist das pigmentirte Bindegewebe übermäßig entwickelt, so verleiht dies dem Thiere ein ganz schwarzes Aussehen. Besonders dicht findet sich das Pigment gewöhnlich auf der dorsalen Medianlinie, wo es nicht selten eine schwarze Linie bildet, welche die ganze Länge des Thieres durchläuft. Auf der Bauchfläche ist die Umgebung des Mundes und der Geschlechtsöffnung, so wie der Verlauf des Hauptnervensystems. durch besonders dichte Pigmentirung ausgezeichnet. Dass in derselben Art auch ein Unterschied der Körpergestalt statt- finden kann, die äußere Form allein also nicht zur Artbestimmung genü- gend ist, hat meine Erfahrung mit Pl. polychroa zur Genüge gezeigt. Oscar Schmidt hat, als er uns zum ersten Mal über mehrere Arten von Planarien in unseren Gewässern belehrte, mit Recht großes Gewicht auf die Form und Anordnung der Geschlechtsorgane gelegt. Die bei Graz vorkommende Polycelis hat er als nigra bestimmt (52). Nach seiner - Unters, über d. Bau u, die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 365 Beschreibung weichen die Geschlechtswerkzeuge nun aber von den- jenigen der Pol. tenuis in wichtigen Punkten ab. Da die Geschlechts- organe von Pol. tenuis später ausführlich dargestellt werden sollen, so genügt hier eine kurze Erwähnung der Hauptdifferenzen. Bei der Scunmir'schen Pol. nigra ist der sog. »Uterus« hinter dem Ge- schlechtsantrum gelegen, wogegen bei Pol. tenuis der H-förmig ver- ästelte »Uterus« vor dem Penis liegt und seine Schenkel zu den Seiten des Antrums und der Pharyngealtasche emporsteigen lässt. Das Ge- schlechtsantrum ist dort einfach, wie etwa bei Pl. polychroa; hier ist es jedoch in zwei Kammern getheilt, in die Penisscheide, welche den Penis enthält, und den Vorraum, welcher mit dem letzteren durch einen engen Kanal in Verbindung steht und durch die Geschlechtsöffnung unmittelbar nach außen mündet. Die merkwürdigen, aus zwei Hälften bestehenden und auf einer gemeinsamen plattenförmigen Basis sitzenden schnabelartigen Haken auf der Oberfläche des Penis sind bei Pol. tenuis solide zwiebelförmige Körper. Sie liegen in dem Epithel eingebettet und sind viel zahlreicher und kleiner als bei Pol. nigra, von welcher sie Scnaumipr abgebildet hat. Seine Untersuchungen, die an zerquetschten Thieren ausgeführt wurden, dürften von Irrthümern nicht ganz frei sein. Bei Pol. tenuis aber tritt die Eintheilung des Antrums in zwei Kammern und die Lage des Uterus mit seinem mächtigen Gang bei der Zerquetschung oder Zer- gliederung sehr deutlich hervor, ein Umstand, der es geradezu unmög- lich erscheinen lässt, dass Schumipt, der die Verhältnisse bei anderen Formen so genau erkannte, diesen so charakteristischen Bau hätte über- sehen können. Übrigens findet man noch die Scumipr’schen Angaben bestätigende Abbildungen in der Abhandlung von Ro»oz Zoran (70) über die Anatomie von Pol. nigra. Gleichzeitig darf ich auch wohl erwähnen, dass die nach hinten gerichtete Lage des Uterus unter den anderen Tricladen nicht ohne Parallele ist. So zeigt namentlich Gunda sesmentata dieselben Verhältnisse (Lang, 38). I. Anatomie und Histologie. 1) Die Körperbekleidung. Die Cilien. Alle Beobachter stimmen darin überein, dass die Oberfläche unserer Turbellarien in ganzer Ausdehnung mit Flimmer- haaren bedeckt sei. In der That ist dies zweifellos auch bei den Süß- wassertricladen der normale Fall; jedoch war es mir nicht leicht, mich davon zu überzeugen, da die Flimmerhaare bei ausgewachsenen Thieren 366 Isao lijima, theilweise zu schwinden scheinen. Außerdem treten sie in Folge der Undurchsichtigkeit des Körpers beim lebenden Thiere nur am Körper- rande hervor. Eine besondere Entwicklung zeigen diese Cilien an zwei Stellen des vorderen Kopfrandes, an denen sie sich zu einem starken Büschel langer Haare zusammengruppiren, die sich fortwährend lebhaft bewegen. Diese Cilien besitzen die von mir untersuchten drei Arten in übereinstimmender Weise. Offenbar entsprechen dieselben den Cilien, welche Kenne (27) bei einer von SEmper aus Cambridge in Amerika mitgebrachten Süßwasserplanarie und bei Pl. lugubris beschreibt. Er rechnet sie wohl mit Recht zu den Sinnesorganen. Eingehender wird von diesen Cilien, welche ich für Tastorgane halte, im Kapitel über das Nervensystem die Rede sein. Zwischen den beiden Reihen von Cilien, am Mediantheile des Kopfrandes, stehen kürzere unbewegliche Cilien. Dieselben gehören der allgemeinen Cilienbekleidung des Körpers an. Unter diesen kurzen Cilien findet man oft Haare von doppelter Länge, welche bald einzeln stehen, bald von einer gemeinsamen Wurzel aus- gehen. Wir können sie als Borsten oder Geißelhaare bezeichnen. Bei den meisten Individuen zeigt der seitliche Rand des Körpers keine Spur von Gilien ; es ist dies offenbar das Resultat eines Verlustes. Ihrer Abwesenheit verdanken es gewisse Schmarotzer, Trichodinen !, dass sie sich auf der Körperoberfläche unserer Thiere ruhig und unge- stört ansetzen können. Nur in Ausnahmefällen sind Cilien am Seiten- rande vorhanden, und dann sind sie sehr weit von einander getrennt. Bloß bei jüngeren Individuen von D. lacteum habe ich den gänzen Rand oftmals ziemlich dicht mit Cilien besetzt gesehen. In allen Fällen aber unterscheiden sich die am Körperrande befindlichen Gilien von denjenigen der Tastregionen nicht bloß durch ihre weniger starke Ent- wicklung, sondern auch durch ihre Starrheit, denn man sieht sie nur äußerst selten klappende Bewegungen in unbestimmter Richtung aus- führen. | Auf dem größeren Theil der Bauch- und Rückenfläche scheinen die Cilien ziemlich konstant vorhanden zu sein. Ich habe das an D. lac- teum nachgewiesen, indem ich das mit einer schwachen Lösung von Salz- oder Salpetersäure getödtete Thier einfach wie ein Blatt Papier zusammenfaltete, wobei die Cilien an dem gefalteten Rande deutlich i Diese interessanten Infusorien schmaroizen nur auf Pl. polychroa. Ich habe zwei Arten gefunden: eine ist identisch mit der auf Hydra lebenden Tricho- dina pediculus Ehrbg., die andere aber ist größer und besitzt charakleristische Merk- male, welche sie von T. pediculus unterscheidet. Es ist dies vielleicht dieselbe Art, welche Haııez (22, Taf. V) in allerdings wenig befriedigender Weise abge- bildet hat. ir j\ s 2 a Er Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 367 hervortraten. Das Vorhandensein und die Bewegungsart der Cilien bei den beiden anderen Arten habe ich mittels Karmin oder Indigopartikel- chen am lebenden Thiere vergebens zu konstatiren versucht. Auf Schnitten sind dieselben gar nicht oder nur unvollkommen erhalten, während die der Tastregion oftmals sehr hübsch konservirt sind. Bei einer Geoplana! aus Südamerika, welche ich zur Vergleichung studirt habe, zeigte sich die Bauchfläche ganz mit starken Cilien be- kleidet; die gewölbte Rückenfläche war mit einer körnigen Kruste be- deckt. Auch Moszrey (48) konnte an konservirten Bipalien und Rhynchodesmen nur an der Bauchseite Cilien nachweisen. METscunI- KOFF? hat bei Geodesmus Flimmerhaare auf dem ganzen Körper gefun- den, und dasselbe hat Kenner (27) auch bei Rhynchodesmus und Geo- desmus beobachtet. Der letztere konnte an zerzupften Exemplaren die Cilien besonders schön auf der Bauchfläche sehen, auf der Rückenfläche dagegen nur schwach und vereinzelt. Die Beobachtungen F. Mürrer’s (59) und Darwin’s (6) zeigen die Anwesenheit der Gilien auf der Rücken- fläche der Geoplana. Aus dem Vorhergegangenen ist vielleicht zu erschließen, dass die Cilien auf dem Rücken der Geoplana und anderer Landtricladen von zarterer Beschaffenheit sind, als auf der Bauchfläche, und durch die Konservirungsflüssigkeit leichter zerstört werden als diese. DieEpidermis. Bekanntlich sind die hochcylindrischen Zellen der Epidermis (Taf. XX, Fig. 3, 4 ep) in einfacher Lage mit ihren Längs- achsen rechtwinklig zu der Körperoberfläche angeordnet, so dass die Epi- dermisschicht von bedeutender Dicke ist. Im Allgemeinen kann man sagen, dass dieselbe am Rücken dicker ist als an der Bauchseite.. Am klarsten zeigt sich dies Verhältnis bei Pol. tenuis, bei der das Rücken- epithel durchschnittlich 0,025 mm und das ventrale 0,049 mm dick ist. Bei. Pl. polychroa ist der Unterschied zwar auch deutlich, aber nicht so beträchtlich; die Zellen an beiden Seiten messen durchschnittlich 0,03 mm in der Höhe. Bei D. lacteum zeigt die Epithelschicht auf der ganzen Bauchfläche eine gleichmäßige Dicke von circa 0,0% mm. Eine Ausnahme machen nur die die Geschlechtsöffnung umgebenden Theile, an denen dieselbe eine größere Dicke erreicht. An der Rücken- ! Die Exemplare verdanke ich Herrn Geheimrath LEUCKART. Sie sind von Dr. v. Inerıng gesammelt und unter der Bezeichnung: »Grüne Landplanarien aus Rio Grande do Sul« eingeschickt. Da das Material ein nur beschränktes war und die Zeit drängte, konnte ich eine nähere Untersuchung derselben nicbt vornehmen. Sie waren langgestreckt und maßen über 70 mm. Ausgezeichnet waren sie durch eine ungeheure Menge von Augenflecken. 2 »Über Geodesmus bilineatus.« Bull. Acad. St. P6tersbourg. Vol. IX. 4863. 368 Isao Iijima, seite ist sie (zum größten Theil) ungefähr so dick wie auf der Bauch- fläche; nur an dem Rande des Körpers besitzt sie vielleicht die doppelte Höhe (Taf. XX, Fig. 45). Etwas Ähnliches bemerkten Moserzy (48) und KenneL (27) bei den Landtricladen. Bei Geoplana aber sind die Zellen überall von gleicher Höhe. Einzelne Drüsen, wie sie Mosez£y beschreibt, sind niemals in dem Epithel vorhanden und ich muss deren Annahme mit KenneL für eine durch die unvollkommene Behandlung hervorgerufene Täuschung er- klären. Nach Minor (47, p. 407) tragen die Cylinderzellen eine äußere Cuticula, welche wahrscheinlich Porenkanälchen besitzt, um die Cilien nach außen hindurchtreten zu lassen. Die Existenz einer solchen QCuti- cula habe ich bei den Süßwassertricladen und Geoplana niemals wahr- nehmen können. Auf Quer- und Längsschnitten sind die Zellengrenzen nicht immer sehr deutlich, doch kann man sie auf gut gelungenen Schnitten ohne Schwierigkeit sehen und zwar vorzugsweise da, wo die Stäbchen oder Rhabditen nicht in übermäßiger Menge vorhanden sind. Auf Horizon- talschnitten durch das Epithel treten oftmals die Furchen zwischen den Zellen hervor, wodurch die mehr oder minder polygonale Form der Zellen sehr deutlich erscheint. Fig. 5 (Taf. XX) zeigt ein instruktives Bild von der Anordnung der Zellen. — Die Kerne liegen gewöhnlich in der Mitte der Cylinderzellen; da aber, wo die Rhabditen über die Hälfte der Zellen einnehmen, sind sie mehr gegen deren Basis hin gerückt. Die rund- lichen Kerne messen circa 0,007 mm im Durchmesser und enthalten eine Menge stark gefärbter Körnchen, welche- vielleicht als zertheilte Kernkörperchen zu betrachten sind. Kerne von solcher Beschaffenheit treffen wir auch in allen übrigen Geweben des Körpers mit Ausnahme der Eier und gewisser Drüsenzellen, deren Kerne mit einem oder einigen großen Kernkörperchen versehen sind. Je kleiner die Rhabditen oder je weniger zahlreich sie sind, desto reicher sind die Zellen an fein granulirtem Protoplasma. Die Art, wie die Zellen auf der Basalmembran aufsitzen oder mit dem Innern des Körpers in Verbindung stehen, ist höchst merkwürdig. Da dieselbe von allen meinen Vorgängern übersehen worden ist, so habe ich meine specielle Aufmerksamkeit darauf gerichtet. Auf Quer- oder Längs- schnitten sieht man allenthalben am Körper die Epidermiszellen, nicht etwa flach auf der Basalmembran aufsitzen, sondern mit der letzteren durch zahlreiche feine Fortsätze in Berührung kommen, welche, etwa kamm- föormig, ziemlich dicht neben einander stehen (Taf. XX, Fig. 3u. 4). Am besten lassen sich die Epidermiszellen bei Pl. polychroa studiren. Bei ihr wurde ich zuerst auf die geschilderte Eigenthümlichkeit aufmerksam. Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Sißwasser-Dendroeoelen (Trieladen). 369 Ihr Aussehen erinnerte mich sogleich an die von Heınennaın entdeckte Strei- fung der Zellen des Nierenganges oder die von Sommer (63) beschriebenen Darmzellen des Leberegels. In einigen Fällen schien es mir, als ob ich die Streifung in das Protoplasma hinein bis in die Nähe des Kernes verfolgen könnte. Sie erschien mir dann wie von Fibrillen hervorgebracht, die im Innern der Zellen ähnlich wie Nervenfibrillen endigten. Wahrschein- lich habe ich dabei die Zellengrenzen als Fibrillen angesehen, da ich nachher auf besonders gut gelungenen Schnitten bei anderen Individuen mich überzeugen konnte, dass die Kammzähne nichts Anderes waren als direkte Protoplasmafortsätze der Epidermiszellen. Von noch größe- rem Interesse war mir, dass die Fortsätze der Zellen durch die Basal- membran nach innen einzudringen schienen. In sämmtlichen Schnitten der mit Saflranin gefärbten Thiere, in denen die Basalmembran den Farbstoff nur wenig aufgenommen hatte und in Folge dessen blass und (homogen) gelblich gefärbt erschien, beobachtete ich in der Membran eine aus dunklen Linien bestehende Streifung. Diese Linien waren so angeordnet, dass ich sie als kontinuirliche Fortsätze der Epidermiszellen betrachten konnte. An einem mit Boraxkarmin gefärbten Exemplare fand ich diese meine Beobachtung bestätigt. Bei demselben war näm- lich zufälligerweise die Basalmembran, welche gewöhnlich sehr dick ist und sich so stark färbt, dass die feinen Fortsätze unmöglich durch- schimmern können, so außerordentlich dünn (an einzelnen Stellen ganz unsichtbar, Taf. XX, Fig. 4), dass man in unverkennbarer Weise die Fort- sätze durch dieMembran hindurch nach innen bis unter die Hautmuskula- tur verlaufen sah, woselbst sie sich dann im Bindegewebe verloren. Herr Geheimrath LEucKArRT sowohl, wie meine Freunde, denen ich meine Präparate zeigte, äußerten keinerlei Zweifel an meiner Auffassung. Als direkte und nothwendige Folgerung scheint mir hieraus hervorzugehen, dass es sich dabei um eine organische Verbindung zwischen dem Epithel und dem Körperinnern handelt. Grarr (21) hat bei den Rhabdocoeliden eine solche Verbindung nicht finden können. Die von Grarr (20) bei Planaria limuli und von Lang (38) bei Gunda segmentata in der Körperbedeckung auf der Bauchfläche gefundenen Haftpapillen fehlen bei den von mir untersuchten Arten durchaus. Doch münden auch hier die Schleimdrüsen hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, in einer der Klebzellen-Zone von Gunda entsprechenden Region aus. Die Zellen zeigen dabei übrigens keine andere Beschaffenheit als sonst. Die Rhabditen (Stäbchen, stäbchenförmige Körper, Batonnets). So nennt GraArr (21, p. 52) jene eigenthümlichen stäbchenförmigen Kör- per unserer Turbellarien, welche ihre Entstehung in gewissen dem 370 Isao Iijima,, Mesenchym eingelagerten Zellen nehmen und welche wir in großen Mengen der Epidermis eingelagert finden. Sie sind wohl zu unterschei- den von den Nematocysten, Sagittocysten etc., denen sie vielleicht morphologisch gleichwerthig sind, von denen sie aber durch ihre Be- schaffenheit durchaus abweichen. Wahre Nematocysten, solche wie von den Polycladen und Rhabdocoeliden beschrieben werden, kommen bei Süßwassertrieladen niemals vor. Betrachten wir zunächst die in der Haut eingelagerten Rhabditen. Sie sind ziemlich stark lichtbrechend und färben sich gewöhnlich stark. Nehmen sie, wie dies gelegentlich geschieht, keine Farbe an, dann zeigen sie ein gelbliches Aussehen. Sie sind immer homogen. Eine Granulirung habe ich nie beobachtet. In der Regel liegen sie der Länge nach in den Cylinderzellen, mit dem einen ihrer Enden nach der Körper- oberfläche zu gerichtet (Taf. XX, Fig. 3 u. 4 rh). In der Größe schwan- ken sie nicht bloß bei verschiedenen Arten, sondern auch bei denselben Individuen. Zweierlei Arten von Rhabditen sind nicht vorhanden, ob- wohl Minor (47) und Kenne deren Dasein behaupten. Die in der Größe variirenden Rhabditen sind durch alle Zwischen- stufen verbunden. An der Rückenseite sind sie größer und zahlreicher als an der Bauchseite. Einem umgekehrten Verhältnis begegnen wir bei einigen Rhabdocoeliden (GrAFF, 21). Wir beschränken unsere Betrachtung zunächst auf die Rhabditen der Rückenseite. Sie sind hier bei allen von mir untersuchten Arten von spindelförmiger Gestalt. Im mittleren Theil besitzen die Stäbchen eine gleichmäßige Dicke; nach den Enden aber sind sie zugespitzt. Ihr Querschnitt giebt eine rundliche Figur. Bei Pl. polychroa beträgt ihre . Länge nicht viel mehr als die Hälfte der Cylinderzellen, wogegen sie bei Pol. tenuis und D. lacteum beinahe derjenigen der Epidermis- zellen gleich kommt, so dass die Kerne nur zwischen oder unter ihnen an der Basis der Zellen Platz finden können. Bei D. lacteum sind die Rhabditen in den Rändern der Rückenfläche, wo sich die Epidermis er- höht (Taf. XX, Fig. 15), entsprechend länger. Am Rücken von Geoplana, wo Mıx ScuuLtze die Rhabditen ver- gebens suchte, sind sie, wenigstens bei der mir vorliegenden Art, nadelförmig und so lang, dass sie sich gegen die Basalmembran hin um- biegen müssen, um in den Epidermiszellen Platz zu finden. An der Bauchseite finden wir im Allgemeinen nicht nur weniger, sondern auch viel kleinere Rhabditen als am Rücken. Übrigens sind dieselben in der Größe sehr wechselnd (Taf. XX, Fig. 4). Bei Geoplana, bei welcher wir sie an der Rückenseite eine so beträchtliche Länge er- reichen sahen, finden wir sie nur durch sehr kleine Körperchen vertreten. : Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 371 In der Umgebung der Geschlechtsöffnung nehmen die Rhabditen bei D. lacteum eine besondere Beschaffenheit an (Fig. 45). Sie sind hier im Epithel sowohl wie im Mesenchym in außerordentlicher Menge vorhanden, — eine Thatsache, welche an die Vermuthung ScHnEiDer’s (57) erinnert, dass die Rhabditen bei der Begattung als eine Art von »Liebespfeil« wirken. Da sie gleichzeitig ganz besonders schlank und spitz sind, dürfte ihnen vermuthlich eine besondere physiologische Be- deutung zukommen. Dicht am Rande der Bauchfläche, wo, wie schon bemerkt, die ein- zelnen Schleimdrüsen ausmünden und eine den Körper rings um- säumende Zone bilden, sind die Rhabditen für gewöhnlich klein oder ganz abwesend. Eben so fehlen die Rhabditen am vorderen Kopfrande im Bereich der Tastorgane, wie dies bei D. Jacteum überhaupt der Fall ist, während sie bei Pl. polychroa und Pol. tenuis nur wenig zahl- reich und niemals ganz ausgebildet sind (Taf. XXI, Fig. 12 to), — eine Thatsache, welche ich speciell hervorheben möchte. Ich zweifle nicht daran, dass die Rhabditen nicht in dem Epithel, sondern in Zellen, welche am peripherischen Theile des Körpers im Mesenchym eingebettet liegen (Taf. XX, Fig. 4 rh.z), gebildet werden. Die Existenz einer unter dem Epithel liegenden besonderen Bildungs- schicht, wie sie Harızz (22) angiebt, ist schon von GrRAFF und SELENKA (66) in Abrede gestellt. Die Bildungszellen liegen einzeln innerhalb der Hautmuskulatur und zwar weniger auf der Bauchseite als auf dem Rücken. Am häufigsten finden sie sich am Rande des Körpers. Bei ganz erwachsenen Embryonen von D. lacteum ließen sie sich nur hier und in der Umgebung der Geschlechtsöffnung nachweisen. Die Bil- dungszellen (Taf. XX, Fig. 6) sind rundlich und mit einem außerordent- lich feinkörnigen Inhalt versehen, der sich zwar schwach aber gleich- mäßig färbt. Jede Zelle enthält einen Kern von dem gewöhnlichen Aussehen und lässt mehrere Rhabditen entstehen, welche bekanntlich Anfangs klein und rund sind, aber bald in die Länge wachsen. Man kann alle Übergangsstadien auf einem Schnitte von jüngeren Tbhieren, ja sogar oft in einer einzigen Bildungszelle beobachten. Haben die Rhabditen ihre definitive Größe erreicht, so durchbrechen sie die Zellen- wand, welche schließlich absorbirt zu werden scheint und wandern durch das Bindegewebe und die Basalmembran entweder einzeln oder in Gruppen nach außen in die Epidermiszellen, in denen sie definitiv verbleiben. Auf Schnitten habe ich während ihrer Umwandlung eine verschiedene Lage der Stäbchen beobachten können. Mosetey beschreibt ' eine Röhre, welche sich von den Bildungszellen aus zur Basalmembran hin erstreckte. Eine solche habe ich nicht auffinden können. Eben so 872 Isao Jijima, wenig eine »closely fitting investing membrane« der in der Epidermis liegenden Rhabditen. Auch nicht die von den Bildungszellen ausgehen- den protoplasmatischen Stränge, welche von LevckArt (42) und Grarr bei Rhabdocoeliden beschrieben werden und die gewissermaßen als Bahnen für das Vorw ärtsgleiten der Rhabditen dienen. Dass die Rhabditen den Nematocysten der Coelenteraten Horliolbe seien, ist durch die Untersuchungen mehrerer Forscher wahrscheinlich gemacht. Da aber die Süßwassertricladen über diese Frage keine Auf- klärung versprechen, werde ich auf dieselbe nicht weiter eingehen. Allein darüber kann kein Zweifel sein, dass die funktionelle Bedeutung beider Gebilde eine abweichende ist. Bevor ich jedoch näher hierauf eingehe, darf ich wohl die Frage aufwerfen, ob die Thiere dann über- haupt die Fähigkeit besitzen, die Rhabditen auszusioßen. MoseLey und KeEnNEL sprechen von einem Hervorpressen der Rhabditen, ohne jedoch den Vorgang wirklich gesehen zu haben. Genauer ist Scaneier (57, p. 20) in seinen Angaben. Er glaubt sich überzeugt zu haben, dass dieselben in Folge eines Reizes nach außen gepresst werden, obwohl es ihm nur ein einziges Mal gelang, diesen Vorgang zu sehen. Er erschließt ihn zunächst aus der Thatsache, dass die erwachsenen Exemplare von Mesostomum Ehrenbergii eine wechselnde Zahl von Rhabditen enthalten, während sie alsbald nach der Geburt damit reichlich ver- sehen sind. Allein dabei hat er keine Rücksicht darauf genommen, dass sich wohl die Epidermiszellen, nicht aber nothwendigerweise die Rhab- diten mit dem Wachsthum des Tbieres vermehren. Auch die oben an- geführte Beobachtung hat keine Beweiskraft. Schxeiper brachte das Thier zwischen Objektträger und Deckglas und bemerkte nun an den Seitenrändern Stränge von verschiedener Länge, welche er trotz ihres ganz anderen Aussehens für die aus dem Epithel ausgestoßenen Rhab- diten hielt. Obwohl SchnEiper zur Stütze dieser Deutung angiebt, dass er einmal die ausgestoßenen genuinen Stäbchen eine ähnliche Formver- änderung durchmachen sah, ist mir dieselbe doch von vorn herein höchst unwahrscheinlich, denn die Rhabditen, welche mechanisch herausge- drückt werden, durchlaufen, wie wir durch SchnEipDer selbst erfahren, niemals eine solche Veränderung, sondern quellen allmählich und platzen dann. Meiner eigenen Beobachtung zufolge bin ich geneigt an- zunehmen, dass die Rhabditen überhaupt nicht ausgestoßen werden. In dieser Hinsicht habe ich zuerst zu erwähnen, dass Vorkommen und Zahl bei unseren Wassertricladen im erwachsenen Zustande von großer Regelmäßigkeit ist. In einigen Exemplaren, in welchen die Dotterstöcke noch auf einer primitiven Stufe standen, so dass die Rhabditen noch nicht als Reizorgane bei der Begattung angewendet waren, habe ich aller- - Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen), 373 dings eine ungewöhnlich geringe Menge getroffen, und zwar in Gruppen angeordnet (Taf. XX, Fig. 5). Allein das Fehlen derselben an einzelnen Stellen lässt sich viel besser durch die Annahme erklären, dass jede Gruppe aus denjenigen Rhabditen besteht, welche in einer gemeinsamen Bildungszelle ihren Ursprung genommen haben, als dass die fehlenden durch eine Ausstoßung verloren gegangen seien. Am lebenden Thiere, z. B. am Rande von D. lacteum, wo sie, wie wir sahen, besonders zahlreich sind, können wir die Rhabditen mit so großer Deutlichkeit wahrnehmen, dass, wenn sie jemals ausgeworfen würden, es durchaus keine Schwierigkeit haben könnte, die Entladung zu sehen. Trotzdem blieben alle meine Versuche vermittels Druck, Reizen mit Pinseln oder durch Wirkung von Reagentien die Thiere zum Ausstoßen zu bewegen, ohne den gewünschten Erfolg; nur durch übermäßigen Druck, welcher zugleich die Gewebe zerstörte, konnte ich die Rhabditen von den Zellen isoliren. So herausgedrückte Rhahditen schwellen, wie erwähnt, lang- sam im Wasser, um schließlich zu verschwinden. Damit halte ich den Nachweis gegen die Entladung der Rhbabditen auf einen Reiz hin für geliefert, Weiter aber babe ich auch, während der obigen Versuche, eine ganze Menge von protoplasmatischen Strängen auf dem Objektträger nahe dem Thiere beobachtet. Diese Stränge sind vielfach gewunden und von verschiedener Länge, oft so außerordentlich lang, dass die Annahme kaum möglich scheint, die Rhabditen hätten sich ohne Verringerung der Dicke so verlängern können. Bei näherer Untersuchung ergaben sich diese Stränge als Schleimmasse von klebriger Beschaffenheit, welche das Thier beim Druck ausgeschieden hatte. Wahrscheinlich hat Scaxei- DER diese Masse für ausgeworfene Stäbchen gehalten. Da es sicher scheint, dass die Rhabditen nicht ausgestoßen werden, brauche ich auch auf die Scaneiper’sche Vermuthung, dass die Rhabditen bei der Begattung als Reizmittel wirken, indem sie herausgepresst wür- den, nicht näher einzugehen. Dagegen aber scheint die Anschauung Max ScnuLtze’s (58), dass die Rhabditen dem äußeren Druck einen Widerstand entgegensetzten und damit die feineren Tastgefühle der Haut beförderten, wie der Nagel das Tastvermögen der Fingerspitze, durch das beständige Vorkommen der Rhabditen in der Haut begünstigt zu sein. Noch plausibler ist es jedoch, dass dieselbe den Hautwider- stand befördern und damit dem ganzen Körper zum Schutze dienen. In der That scheint es mir auch, als wäre dies ihr Hauptzweck. Dabei würde auch der Vergleich mit dem Fingernagel oder Fischschuppen, die den von ihnen geschützten Organen Festigkeit verleihen, als passend sich erweisen. Die durch die Rhabditen, entsprechend den Fingernägeln beförderte Empfihdlichkeit der Haut, kommt dann wohl auch erst in 374 Isao Iijima, zweiter Linie in Betracht. Grarr (21, p. 58), der mit den Angaben SchuLrtze’s übereinstimmt, verknüpft ebenfalls die Empfindlichkeit der Haut mit dem mehr oder weniger häufigen Vorkommen oder dem Ent- wicklungsgrad der Rhabditen, obschon er mit Recht behauptet, dass sie keineswegs als Endapparate der Nerven zu betrachten sind. Er hat sich dieser Ansicht desshalb zugeneigt, weil SchuLtze’s Auffassung es ver- ständlich macht: 1) dass die Rhabditen in lebhaften und sensiblen Gat- tungen (Proxenetes, Mesostoma, Macrostoma) höher entwickelt sind als in trägeren, weniger sensiblen Formen (Plagiostomida) und 2) dass die bei den oben genannten Formen besonders großen Rhabditen an dem empfindlichen Vorderende des Körpers angehäuft sind. Daraus müsste man schließen, dass, je empfindlicher ein Körper- theil ist, desto reichlicher und höher entwickelt auch die Rhabditen in ihm sich vorfinden müssten. Diese Auffassung trifft aber für unsere Süßwassertricladen durchaus nicht zu. Wir haben schon gesehen, dass in jener stark bewimperten Zone (Tastorgan, Taf. XX, Fig. 4 to) am vor- deren Kopfrande, welche wegen der Endigung der den Gehirnlappen entstammenden Sinnesnerven sicher als der empfindlichste Theil des Körpers zu betrachten ist, — dass dort die Rhabditen entweder ganz fehlen, oder, wenn sie vorhanden sind, nur in geringer Anzahl und un- bedeutender Größe auftreten (Taf. XXII, Fig. 12). Hätte Grarr die Rhab- diten nur als Schutz- oder Stützmittel angesehen, so würde er den von mir hervorgehobenen Gegensatz vermieden und die Funktion der Rhabditen klar gelegt haben. Zur Stütze meiner Auffassung gebe ich noch zu bedenken, dass Thiere, die sich lebhaft bewegen, mehr der Gefahr ausgesetzt sind, sich zu verletzen, als solche, die träger sind. Eben so wird das Vorderende mehr als das Schwanzende oder die Rückenseite mehr als die Bauch- seite einer Beschädigung ausgesetzt sein, und so ist denn die reichliche Anhäufung der Schutz- und Stützmittel, der Rhabditen, an den be- treffenden Stellen durchaus verständlich. Auch ihr reichliches Vorkom- men und ihre starke Entwicklung am seitlichen Rande des Körpers bei D. lacteum wird sich aus demselben Grunde erklären lassen. Findet man doch ohnehin bei den Tricladen am Rande sehr häufig Wunden oder Narben. | Was die Rhabditen von besonderem Aussehen in der Umgebung der Geschlechtsöffnung bei D. lacteum anbetrifit, so ist mir deren Natur sehr fraglich geblieben. Interessant ist übrigens die Thatsache, dass in derselben Gegend bei Pl. polychroa und Pol. nigra die Rhabditen und ihre Bildungszellen durch einzellige Drüsen ersetzt sind (vgl. Taf. XX, Fig. 12 dr und Fig. 45 rh), eine Thatsache, welche Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen), 375 mich an Krrerstein’s Ansicht (26), dass die Stäbchen Drüsensekrete seien, erinnerte. 2) Die Basalmembran. Die Basal- oder Basilarmembran, welche zwischen dem Epithel und den äußersten Ringmuskelfasern liegt, scheint bei allen Turbellarien in mehr oder minder kräftiger Entwicklung vorhanden zu sein. Wohl in Folge ihrer unmittelbaren Berührung mit den einschichtigen Ringmuskel- fasern und der außerordentlichen Feinheit der letzteren, ist sie von mehreren Forschern nicht richtig erkannt worden. Zuerst wurde sie von Krrerstein (26) bei einigen Polycladen beschrieben. Derselbe schreibt ihr eine Schichtung zu, welche wahrscheinlich auf die Ring- fasern der Hautmuskulatur zurückzuführen ist, da Krrerstein direkt auf die Membran die Längsmuskelfasern folgen lässt. Schneider (57) be- zeichnet die Membran schlechtweg als » die äußerste Grenzschicht der Muskulatur«, weil er glaubte, die Ringmuskulatur ginge ohne bestimmte Grenze in die Membran über. Moserry (48) scheint bei Landtricladen die wahre Basalmembran gesehen zu haben; aber er hält ebenfalls die als solche bei anderen Planarien beschriebene dicke Membran für ein Homologon der äußeren Muscularis. Diese Ansicht wurde später durch Minor (47) widerlegt, doch verfällt derselbe, indem er die Moseıey’sche Angabe kritisirt, selbst in einen groben Irrthum. Nach ihm ist nämlich die Membran ringfaserig, das äußerste System der Hautmuskulatur aber aus Längsfasern gebildet, eine Angabe, aus der man also schließen kann, dass er die Ringınuskelfasern gesehen hat, während er glaubte an der Membran eine ringfaserige Beschaffenheit zu erkennen. Bei den von mir untersuchten Arten zeigt die Basalmembran die stärkste Entwicklung bei Pl. polychroa (0,004—0,007 mm dick). Auch bei Dendrocoelum fehlt sie nicht. MoseLry irrt sich, wenn er ihr Vorkommen daselbst leugnet. Hier sowohl wie bei Pol. tenuis und Geoplana erscheint sie als eine haarscharfe Linie. Mit Karmin färbt sie sich stark, mit Hämatoxylin dagegen nicht. Da sie ziemlich stark lichtbrechend ist, besitzt sie für gewöhnlich ein homogenes Aus- sehen; unter Umständen kann sie jedoch auch eine feine Granulirung zeigen. Ihre beiden Konturen treten immer scharf hervor, ja auf feinen Schnitten ist die unmittelbar unter ihr liegende einfache Schicht von Ringmuskelfasern so deutlich gegen sie abgesetzt, dass es kaum möglich ist, beide zu verwechseln (Taf. XX, Fig. 3 und A bm). Das Epithel sitzt auf der Membran durch die schon beschriebenen feinen Fortsätze auf. Da die Membran der Ringfaserschicht dicht anliegt, ist es verständlich, dass sich das Epithel leichter von ihr löst, als sie selbst von der Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. Bd. XL. 26 376 Isao lijima, Muskelschicht. Durch zufällige Zerstörung der Schnitie habe ich aber auch selbst die Membran vollständig getrennt von der äußersten Muscu- laris sehen können. Eben so konnte sie Grarr durch Zerzupfung bei Rhabdocoeliden als selbständiges Häutchen zur Anschauung bringen. In der schon citirten Fig. # ist ein Fall dargestellt, in dem die Basalmembran nicht in vollkommen ausgebildetem Zustande und theil- weise gar nicht vorhanden ist. Es ist möglich, dass wir es hier mit einer pathologischen Erscheinung zu thun haben. Gegen das. Epithel zu zeigt die Membran eine flache Begrenzung, nach innen aber besitzt sie un- regelmäßige zapfenförmige Erhebungen. Diese Erhebungen sind bald zu Spitzen ausgezogen. Bald sind sie von bedeutender Breite. In dem letzten Fall ist die Basalmembran von gewöhnlichem Aussehen. Wenn wir annehmen dürfen, dass die Membran später wieder hergestellt wird, so wird dies nur durch Ersatz von innen geschehen können. Bei kleineren Exemplaren ist die Membran dünner als bei größeren. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass dieses Dickenwachsthum von dem Epithel aus stattgefunden hat, da die Epithelzellen sich an ihrer Basis in die schon bekannten feinen Fortsätze spalten. So dünkt es mir wahrscheinlicher, die Entstehung der Basalmembran von dem Innern des Körpers herzuleiten, als ihre Bildung dem Epithel zuzuschreiben. Ihrem Aussehen nach kann sie (im lebenden Zustande) nichts Anderes sein, als eine Lage gallertartiger Substanz von eigenthümlicher Konsistenz, dieselbe, die von v. Inzrıng als Protoplasmamasse bezeichnet worden ist. 3) Die Muskulatur. Der Bequemlichkeit wegen werde ich die Muskulatur in folgenden zwei Abtheilungen betrachten: 4) Hautmuskulatur und 2%) Körpermusku- latur. Dabei sehe ich von der speciellen Organen angehörenden Musku- latur vor der Hand ab. Die Hautmuskulatur. Zu der Hautmuskulatur oder dem Haut- muskelschlauch rechne ich die unter der Haut am peripherischen Theil des Körpers gelegenen verschiedenen Schichten von Muskeln, welche auf dem Rücken so gut wie auf der Bauchseite ganz dieselben Verhält- nisse aufweisen. Die Berichte meiner Vorgänger sind in dieser Hinsicht ziemlich abweichend von einander und in der That müssen wir auch gewisse Modifikationen bei den einzelnen Formen erwarten, da die drei von mir untersuchten Arten schon Abweichungen zeigen. Im Gegensatz zu M. ScuuLtze und Krrerstein hat MoseLey die äußerste Muskellage aus Ringfasern bestehend gefunden. Auch hat er schräg verlaufende Fasern in dieser Schicht gesehen, und ich glaube Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 377 daher, dass seine »external circular layer« wenigstens zwei getrennte‘ Schichten (Ring- und Schrägfaserschicht) umfasst. Nach innen von diesen beiden, die letzte Schicht der oberflächlichen Muskulatur bildend, folgen mächtig entwickelte Längsfasern. Minor hat trotz der MosELry- schen Angabe die äußeren Ringfasern übersehen ; wahrscheinlich hat er sie mit der Basalmembran zusammengeworfen, wie ich schon im vorigen Kapitel bemerkte. Demnach lässt er die Hautmuskulatur aus drei Schich- ten bestehen: aus einer äußeren Längsfaser-, einer mittleren Ringfaser- und einer inneren Längsfaserschicht. Die äußere Ringfaserschicht wurde von Kenner auch nicht erkannt, obschon er bei D. lacteum und P|. lugubris der Wahrheit ziemlich nahe kam. Er hat dicht unter der Basalmembran zwei feine Schichten quer- und längsverlaufender Muskel- fasern angetroffen. Welche der beiden nach außen und welche nach innen gelegen war, konnte er kaum entscheiden; doch ist es ihm wahr- scheinlich, dass die Längsfasern dicht an der Membran und nach außen von den anderen Fasern lagen. Nach innen von diesen kam dann eine mächtige Schicht von Längsmuskeln. Harzzz (22) lässt nach Vergleichung der Land- und Süßwassertricladen die Hautmuskulatur aus vier Schich- ten bestehen, und zwar sind dieselben, wenn wir von außen nach innen fortschreiten:: 4) Ring-, 2) Längs-, 3) Ring- und 4) Längsfaserschicht, — eine Darstellung, welche mit der von Lang (38) von Pl. torva ge- gebenen im Wesentlichen übereinstimmt. Nur soll nach Letzterem die dritte Schicht aus schräg verlaufenden Fasern anstatt aus Ringfasern bestehen. . Meiner Untersuchung nach stimmt die Hautmuskulatur von PI. polychroa vollständig mit der von Pl. torva überein; aber bei D. lacteum fehlt die zweite Schicht und bei Pol. tenuis die dritte. Vergleichen wir nun die obigen Angaben, so stimmen alle darin überein, dass die innerste (vierte) Schicht aus Längsfasern besteht. Alle Schich- ten, welche nach außen von der vierten liegen, scheinen von MosELkY für Ringfasern gehalten worden zu sein. Wenn wir die äußerste Ring- faserschicht den Angaben von Minor und KenneL noch beifügen, so kommen auch sie mit Harızz in Übereinstimmung. Die Kenxer’sche Ringfaserschicht bei Planaria und Dendrocoelum wird gewiss mit unserer Schrägfaserschicht identisch sein, da in etwas schief getroffenen (uerschnitten die schräg verlaufenden Fasern leicht das Aussehen von Ringfasern darbieten. Nach diesen Bemerkungen wende ich mich zu einer genaueren Schilderung meiner eigenen Beobachtungen, und zwar zunächst der Hautmuskulatur von Pl. polychroa, weil hier die Schichtung am vollständigsten ausgebildet ist. 26* 378 Isao Iijima, a) Die Ringmuskelfasern (Taf. XX, Fig. 8 arm) verlaufen dicht unter der Basalmembran und bilden die äußerste Lage der Hautmusku- latur, wo sie sich fast bei allen Plathelminthen vorfinden. Die Fasern sind in einfacher Reihe angeordnet und von einander durch unbe- deutende Zwischenräume getrennt, deren Breite freilich mit dem mehr oder minder gestreckten Zustande des Körpers variüirt. Sie verlaufen parallel und in ziemlich gerader Linie. Wo und auf welche Weise die einzelnen Fasern endigen, kann ich nicht sagen. Am- leichtesten kann man dieselben auf horizontalen Schnitten wahrnehmen; auch auf gut gelungenen Längsschnitten lassen sie sich ohne Schwierigkeit nach- weisen, besonders an der Ventralseite, wo das Studium der Hautmusku- latur durch geringes Hervortreten des pigmentirten Bindegewebes er- leichtert wird. b) Die äußeren Längsmuskelfasern (Fig. 8 alm) stehen in unmittelbarer Berührung mit den Ringfasern und sind ganz eben so an- geordnet wie sie, abgesehen von ihrer Verlaufsrichtung. Oft sind sie aber durch größere Zwischenräume von einander getrennt. c) Die Schrägmuskelfasern (Fig. 8 sm) scheinen, auf Hori- zontalschnitten gesehen, in flachen Bündeln zu verlaufen. Auf Quer- und Längsschnitten kann man sie nicht leicht auffinden, weil sie dicht von pigmentirtem Bindegewebe umgeben sind. Die Bündel nehmen ihren Ursprung von der Seite und laufen schräg medianwärts nach hin- ten, so dass sie sich mit denen der anderen Seite (unter verschiedenen Winkeln) kreuzen. Hier muss erwähnt werden, dass die Fasern der bis jetzt betrach- teten drei Schichten außerordentlich fein sind, auf dem Querschnitt rundlich erscheinen und nicht über 0,001 mm Durchmesser haben. d) Die inneren Längsmuskelfasern (Fig. 8 lm) sind von den Schrägmuskelfasern durch eine Schicht von Bindegewebe getrennt, welche an der Bauchseite viel umfangreicher ist als am Rücken. Über- haupt ist diese Muskelschicht von allen am stärksten. Die Fasern sind in Bündeln angeordnet, welche an der Bauchseite eine größere Dicke haben als am Rücken. Hier und da theilt sich ein Bündel oder es schickt einige Fasern zu einem benachbarten Bündel. Zwischen den Bündeln liegt Bindegewebe, welches pigmentirt sein kann oder nicht. Durchsetzt wird dieser Zwischenraum von Nerven und terminalen Ästen der Dorsoventralmuskelfasern. Ich habe schon erwähnt, dassin der Hautmuskulatur vonD. lacteum die zweite, d. h. die äußere Längsfaserschicht fehlt. Sonst bietet die Schichtung keinen wesentlichen Unterschied von derjenigen der Pl. polychroa. Auf Horizontalschnitten fiel mir oftmals die wellenförmige Unters. über d, Bau u, die Entwicklungsgesch, d. Süßwasser-Dendroeoelen (Tricladen),. 379 Biegung der äußersten einfach gelagerten Ringfasern auf. Die Schräg- fasern (Taf. XXII, Fig. 15 sm) liegen nicht dicht darunter, sondern erst unter einer Schicht von Bindegewebe, wovon man sich auf Querschnit- ten leicht überzeugen kann. Die Fasern verlaufen einzeln und nicht in flachen Bündeln, wie bei Pl. polychroa. Eine Kreuzung der Fasern kommt nur im mittleren Theile des Körpers zu Stande; an den Seiten kann eine solche nicht stattfinden, da die auf der einen Seite ent- springenden schrägen Fasern die andere Seite nie erreichen. Die Bün- del der dicht unter den Schrägfasern verlaufenden Längsfasern (Taf. XX, Fig. 15 lm und Taf. XXII, Fig. 15) sind sehr stark entwickelt. Am dicksten sind sie an dem vorderen Mediantheil der Ventralfläche in der Gegend des Gehirns. Unweit dem Kopfrande konvergiren die Bündel medianwärts. Was die Hautmuskulatur der Pol. tenuis anbelangt, so muss ich zuvörderst erwähnen, dass ich hier die Schrägfaserschicht gänzlich ver- misst habe. Die äußersten Ringfasern und die darauf folgenden Längs- fasern verhalten sich ganz wie bei Pl. polychroa, und eben so das innerste Längsfasersystem. Die Körpermuskulatur. Unter diesem Namen fasse ich zwei Systeme von Muskelfasern zusammen, nämlich 4) die Dorsoventral- und 2) die Quermuskelfasern. Die Dorsoventralfasern (Taf. XX, Fig. 4, 43, 44 und 45 dvm) ziehen überall von der Bauch- zur Rückendecke. Bei den drei Arten finden sich. die Fasern in ziemlich gleichmäßiger Vertheilung. Im Kopf- theil von D. lacteum sind sie unregelmäßig und dicht neben einander gedrängt, denn sie sind es, welche die Bewegung der Kopflappen be- dingen. Die Fasern, welche einzeln verlaufen, sind am dicksten in der Mitte, an beiden Enden spalten sie sich baumartig in feine Ästchen, welche sich, so weit ich dies entscheiden konnte, nicht an der Basal- membran inseriren, sondern schon in dem Mesenchymbindegewebe zwischen den beiden Längsfaserschichten des Hautmuskelschlauches verschwinden. Wo eine Faser in ihrem geraden Verlauf durch das Vorhandensein eines Organs gehindert wird, macht sie gewöhnlich einen Umweg. Als Quermuskelfasern bezeichne ich diejenigen, welche von einer Seite des Thieres nach der anderen verlaufen. Es sei zuerst erwähnt, dass bei Pol. tenuis dieses System fehlt Die Fasern sind locker angeordnet, bilden aber dennoch eine unver- kennbare Schicht, welche in einem bestimmten Körpertheil gelegen ist. Bei Pl. polychroa verlaufen die Fasern fast unmittelbar unter den Darmästen und ziemlich weit über dem Hauptnervensystem (Taf. XX, Er ‘ Isao Iijima, 380 Fig. 14 qm). Bei D. lacteum dagegen ist die Lage der Querfasern eine etwas andere (Taf. XX, Fig. 15 qm). Hier liegen dieselben unterhalb des Gehirns und der Längsnervenstämme, den inneren Längsfasern des ventralen Hautmuskelschlauches zugewendet. Aber die Strickleiter bildenden Querkommissuren sinken hier bald nach ihrem Ursprung aus den Längsnervenstämmen unter die Schicht von Querfasern, so dass die- selben zwischen dieser und der inneren Längsfaserschicht zu liegen kommen. Ein Blick auf Taf. XXII, Fig. 45 wird diese Verhältnisse klar legen. Die Fasern sind hier dichter angeordnet wie bei Pl. polychroa. Die Schicht erreicht ihre größte Dicke im vorderen Theil, etwa unter dem Gehirn. Im Moszey’schen Schema (48, p. 129) von der Muskulatur des D. lacteum wird diese Schicht schlechtweg als inneres Ringmuskelsystem bezeichnet. Die Querfasern bilden aber keinen Muskelschlauch. Quer- verlaufende, ventralwärts vom Darm gelegene Fasern wurden schon von KenneL beschrieben, wahrscheinlich bei Pl. lugubris, da die von ihm angegebene Lage derjenigen von D. lacteum nicht entspricht. Kenner hält sie für abgebogene Sagittalfasern, aber mir scheint es zweifellos, dass man sie nicht als solche, sondern als ein getrenntes System be- trachten muss, denn dafür spricht schon die einfache Thatsache, dass sie eine Schicht bilden, welche die Sagittalfasern rechtwinklig kreuzt. Die Muskulatur der drei von mir untersuchten Arten stellt sich demnach folgendermaßen dar: Pl. polychroa D. lacteum Pol. tenuis Ringfasern Ringfasern Ringfasern Haut- |. Ä x s | Außere Längsfasern — Außere Längsfasern. muskel- E 5 Schrägfasern Schrägfasern — schlauch € 5 = ‚Innere Längsfasern Längsfasern Längsfasern Körper- \ Querfasern Querfasern _ muskul. \ Dorsoventralfasern Dorsoventralfasern Dorsoventralfasern Anhangsweise erwähne ich noch, dass auch bei Geoplana die äußerste Hautmuskelschicht aus Ringfasern besteht. Ob auch‘ die nächste Schicht aus Längs- oder Schrägfasern gebildet wird, konnte ich nicht mit Bestimmtheit erkennen, obschon meine Quer- und Längs- schnitte mehr auf Schräg- als auf Längsfasern hindeuten. Die Bündel der innersten Längsfasern sind in auffallender Mächtigkeit vorhanden. Tiefer im Körper konnte ich nur unregelmäßig verlaufende Fasern er- kennen, was wahrscheinlich eine Folge des geschrumpften Zustandes. meiner Exemplare war. Histologie der Muskelfasern. Die Muskelfasern unserer Thiere - Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwa sser-Dendrocoelen (Trieladen), 381 sind, wie zur Genüge bekannt ist, immer glatt. Quergestreifte Muskel- fasern sind unter den Rhabdocoeliden nach Grarr (21, p. 66) nur am Vorderende von Mesostomum rostratum und am Probosciden- Rüssel gefunden worden. Auf dem Querschnitt sind die Fasern rund- lich, elliptisch oder eckig; in mehreren Fällen zeigten die Dorsoventral- fasern auch Querschnitte von unregelmäßig gelappter Gestalt oder Hufeisenform. Eine Differenzirung der Fasern in Rindenschicht und Marksubstanz habe ich bei meinen drei Arten nur an den inneren Längsfasern des Hautmuskelschlauches mit großer Deutlichkeit konstatiren können. Die Rindenschicht zeichnet sich vor der Marksubstanz durch stärkeres Fär- bungs- und Lichtbrechungsvermögen aus. In allen anderen Muskel- systemen habe ich diese Differenzirung nicht erkennen können; der Querschnitt der Fasern zeigte immer ein homogenes gleichmäßiges Aus- sehen. Ich muss hier erwähnen, dass auch Lane nur an den longitudi- nalen Muskeln von Pl. torva und Gunda segmentata eine Differen- zirung bemerkt hat. Unter den Rhabdocoeliden sollen nach GrArrF die Muskelfasern immer homogen sein, mit Ausnahme von Vortex viridis, bei dem ebenfalls die Längsfasern eine Differenzirung in Rinde und feinkörnige Marksubstanz zeigten. Wir müssen wohl einen physiologi- schen Unterschied zwischen den homogenen und den so differenzirten Muskelfasern erwarten, und ein solcher wird auch wahrscheinlich, wenn wir bedenken, welcher außerordentlichen Variabilität die Körperform der Turbellarien in der Längsrichtung unterworfen ist. Was die morphologische Natur der Muskelfasern anbetrifft, so ist ScuNnEiDer (57) wegen der Abwesenheit der Kerne nicht geneigt, die Muskelfasern als Zellen anzuerkennen. Minor (47, p. 447) ließ unent- schieden, ob wir es in ihnen mit Muskelzellen oder mit Fibrillen zu thun haben. Lang (38, p. 194) befindet sich in Übereinstimmung mit Herrwic (2%), wenn er die Fasern als mesenchymatöse Muskeln be- zeichnet. Gestützt auf die embryologischen Thatsachen bei den Poly- claden, hat er mit Recht vermuthet, dass die Kerne, welche die Fasern einmal besaßen, in den ausgebildeten Fasern nur verschwunden seien. Im Hinblick auf meine entwicklungsgeschichtlichen Befunde muss ich ihm vollständig beipflichten. Die Dorsoventralfasern wenigstens sind nichts Anderes als verlängerte Zellen, — Muskelzellen, welche im Jugendstadium Kerne besitzen, gerade wie solches auch bei den Band- würmern (Leuckarr) der Fall ist und auch Harızz es abbildet (22, Taf. VIII, Fig. 31, Eurylepta auriculata). Weiteres werde ich im ent- wicklungsgeschichtlichen Theil meiner Arbeit darüber mittheilen. 382 Isao lijima, Ak) Das Mesenchym. Die einzelligen Drüsen. Eingebettet im Mesenchymbindege- webe werden die Drüsenzellen sehr zahlreich gefunden, vor Allem hin- ter dem Gehirn, ober- und unterhalb des Darmkanals, weniger in den Septen zwischen den Darmästen. Im Bau stimmen sie völlig mit den- jenigen überein, welche so häufig im Körper wirbelioser Thiere gefunden werden. Sie bestehen aus mehr oder minder rundlichen Zellen mit außerordentlich langgestrecktem Stiel oder Ausführungsgang, welcher schließlich nach außen ausmündet. Das Protoplasma ist fein- oder grob- körnig und imbibirt sich sehr leicht mit Färbmitteln. Der Kern zeigt, wenn er sich, wie dies häufig der Fall ist, gut darstellen lässt, ein ver- hältnismäßig großes Kernkörperchen, was bei den Kernen der meisten anderen Gewebe nicht der Fall ist. Auf Schnitten sind die Ausführungs- gänge nicht immer gut konservirt, doch kann man ihren Verlauf leicht konstatiren. Am schönsten lassen sie sich an gequetschten jüngeren Thieren studiren. Hier und da breiten sie sich mehr aus, oder es fließen auch gelegentlich die neben einander verlaufenden Gänge zusammen. Drüsenzellen, die in Folge der Entleerung ihres Inhaltes ein blasses Aus- sehen erhalten sollen, konnte ich nicht mit Sicherheit konstatiren. Bei einigen Exemplaren habe ich dagegen oftmals unverkennbare, des Aus- führungsganges aber enibehrende Drüsenzellen an Stellen bemerkt, an welchen bei anderen Exemplaren solche lagen, die mit Ausführungs- gängen versehen waren. Wahrscheinlich waren dies Drüsenzellen, die ihre völlige Ausbildung noch nicht erlangt hatten. Je nach dem Ausmündungsorte der Drüsen scheint es mir zweck- mäßig, zwei Gruppen zu unterscheiden, nämlich Schleim- und Speicheldrüsen. Ich sehe dabei von den zu den Geschlechtswerk- zeugen gehörigen einzelligen Drüsen ab. Was zunächst die Schleim- drüsen (sch.d) anbetrifit, so münden sie an der Körperoberfläche nach außen, und zwar hauptsächlich am Rande der Ventralfläche (Taf. XX, Fig. 13, 14 und 15; Taf. XXII, Fig. 12 am). Die Ausmündungsstellen bilden daher eine die Ventralfläche rings umsäumende Zone, welche der von Lana bei Gunda beschriebenen durch die Klebzellen und die Drüsenausmündungen gebildeten Zone vollkommen entspricht (Taf. XX, Fig. 7 am). Die Ausmündung ist aber nicht ausschließlich auf diese Zone beschränkt, denn ich sah die Drüsen auf der Dorsal- und Ventral- fläche isolirt ausmünden; allerdings war dies nur selten der Fall. Nur bei Geoplana münden die Schleimdrüsen in ziemlich großer Anzahl auf der ganzen Körperoberfläche aus, obwohl die Mehrzahl auch hier auf die eben beschriebene Zone sich vertheilt. Ace Mn | Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen), 383 Auf medianen Längsschnitten sieht man, dass diejenigen Drüsen- zellen, welche am vorderen Rande ausmünden, ungefähr von der Gegend des Gehirns an bis etwa zur Mitte des zwischen Stirnrand und dem Insertionspunkte des Rüssels gelegenen Feldes reichen (Taf. XX, Fig. 7). Die Ausführungsgänge verlaufen mehr oder weniger bündel- weise, ober- und unterhalb des Verdauungskanales, über dem Gehirn und theilweise auch unter dessen Kommissur (siehe Fig. 13). Diejenigen Drüsenzellen, welche die Seitentheile des Körpers einnehmen (Taf. XX, Fig. 44, 45 und auch Fig. 7 sch.d) münden mit kürzeren Gängen aus und sind weniger zahlreich als jene, welche ihre Ausführungsgänge nach vorn schicken. Was Moserzy als »remarkable glandular mass« bei Bipalium Ceres (48, p. 123) beschrieben hat und für eine An- deutung der Anneliden-Segmentalorgane hielt, vermag ich für nichts Anderes zu halten, als für die am seitlichen Rande ausmündenden Schleimdrüsen. Das bei Berührung lebender Thiere herausquellende gallertartige Sekret ist auf diese Drüsen zurückzuführen. Wenn man D. lacteum auf Glas kriechen lässt, so sieht man, dass der Körperrand bei jeder Bewegungswelle fest gegen das Glas angedrückt wird; ja oftmals klebt derselbe an einer Stelle so fest, dass die betreffenden Punkte zu einer Spitze ausgezogen bleiben, wenn sich das Thier weiter bewegt. Diese Thatsache und die klebrige Natur des Sekrets führten mich auf den Ge- danken, dass das Thier dieses Sekret gebraucht, um sich anzuheften. Von Planaria arethusa (Leypy) und Bipalium (48, p. 112) ist be- kannt, dass sie sich nach ihrer Lebensweise im Wasser oder in der Luft mittels ihres Sekrets an feste Gegenstände anhängen. Das dazu nöthige Sekret verdankt seine Entstehung wahrscheinlich ebenfalls solchen Drüsen. Als Speicheldrüsen bezeichnen wir diejenigen, welche an dem freien Ende des Pharynx nach außen münden, obschon es keineswegs nachweisbar ist, dass sie die gleiche physiologische Bedeutung haben, wie die mit diesem Namen bezeichneten Drüsen der höheren Thiere. In Bau und Gestalt sind sie nicht im geringsten von den schon beschrie- benen Schleimdrüsen zu unterscheiden. Die Drüsenzellen (Taf. XX, Fig.12, 44u.15sp.d) finden sich in massenhafter Anlagerung ober- und unterhalb des Darmkanales, theils vor der Pharyngealtasche, theils zu deren Sei- ten bis weit nach hinten. Zu ihnen gehören, mit anderen Worten, alle diejenigen Drüsen, welche im mittleren Theile des Körpers liegen und ihre Fortsätze nicht an die Körperoberfläche schicken. Taf. XX, Fig. 7 zeigt schematisch die Verbreitungsbezirke beider Drüsenarten, der Schleim- und Speicheldrüsen, wie sie von oben gesehen sich ausnehmen. 384 Isao lijima, Die Ausführungsgänge der letzteren erreichen entweder von vorn oder von hinten, zu Bündeln vereinigt, die Ansatzstelle des Pharynx, von wo an sie sodann im mittleren Theil der Pharyngealwand hinlaufen. Im Pharynx selbst findet man niemals Drüsenzellen. Bei der Betrachtung des Pharynx werden wir darauf nochmals zurückkommen. Das Mesenchymbindegewebe. Der Raum zwischen den äußersten zwei Schichten der Hautmuskulatur und dem Darmepithel, so wie zwischen allen Organen, ist erfüllt durch ein lockeres Binde- gewebe, wie wir es auch bei anderen Plathelminthen finden. Von früheren Forschern wurde dieses Bindegewebe, Parenchym oder Mesenchym, wie sie es nannten, entweder ganz unbeachtet ge- lassen oder nur sehr undeutlich beschrieben und mit anderem Ge- webe verwechselt. Erst Harızz erkannte, dass es aus netzförmig mit einander anastomosirenden Fasern besteht, welche er als: »Reti- culum conjonctif« bezeichnete. Grarr giebt in seiner Monogra- phie eine detaillirte Beschreibung von dem Mesenchymbindegewebe, und was er für die Abtheilung der Rhabdocoela angiebt, scheint mir auch mit den Verhältnissen unserer Süßwassertricladen die größte Ähn- lichkeit zu haben. Er unterscheidet dreierlei Elemente: 1) Sagittal- muskelfasern, 2) Bindegewebsbalken und 3) Bindegewebszellen. Die erstgenannten, namentlich die Dorsoventralmuskelfasern, bilden bei den Tricladen ein selbständiges System von so wohl entwickelten Muskel- fasern, dass diese nicht mit eigentlichem Bindegewebe zu verwechseln sind. Die »Bindegewebsbalken « sind reticuläre Fasern und entsprechen vollkommen dem Haızzz’schen »Reticulum conjonctif«. Die Bindege- webszellen sollen zwischen den Balken oder ihnen anliegend gefunden werden. Ähnliches beschreibt Rosoz Zorran (71) in seiner Unter- suchung über den Bau der Cestoden, bei denen das Parenchym aus fibrilläirem Bindegewebe und verästelten Bindegewebszellen bestehen soll. Auch Kergert ! beschreibt nackte una verästelte Zellen in dem Parenchym der Trematoden. Nach dem, was ich bei den Süßwasser- tricladen gesehen habe, zweifle ich, ob die »Bindegewebsbalken« und die »Bindegewebszellen« als zwei getrennte Elemente des Parenchyms be- trachtet werden dürfen, und ich brauche daher das Wort Bindegewebs- zellen in dem Sinne, dass beide Elemente GrArr's darunter verstanden werden. Bei jungen Embryonen ist der Raum zwischen der Epidermis und dem Darmepithel, wie auch der zwischen allen inneren Organen, erfüllt 1 C. KERBERT, »Beitrag zur Kenntnis der Trematoden«. Archiv für mikr. Anat. Bd. XIX. ? IN Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen),.. 385 durch eine solide Masse von Bindegewebszellen, die theils in Syncytium-: form auftreten, theils auch durch Zellengrenzen markirt sind. Unter- suchen wir erwachsene Thiere, so bieten die Bindegewebszellen größten- theils ein auffallend anderes Aussehen dar. In Folge des Auftretens von Lücken (Pseudocoel) in großer Anzahl, welche mit einander kom- municiren, rücken die Kerne aus einander. Die so von einander ver- hältnismäßig weit entfernten Kerne sind mit anastomosirenden Strängen von Protoplasma umgeben. Mit anderen Worten heißt dies, die Binde- gewebszellen verästeln sich mehr oder minder deutlich und die Aste stehen in Zusammenhang mit einander, wodurch das Reticulum oder die Bindegewebsbalken gebildet werden. Mitunter kommen auch unver- ästelte Bindegewebszellen vor, welche aber mit reticulumbildenden Zellen durch Zwischenformen verbunden sind. Im peripherischen Theil des Körpers, namentlich in der Gegend der Hautmuskulatur sind fast gar keine Lückenräume vorhanden und die Bindegewebszellen zeigen sehr merkwürdige Verhältnisse; bald scheinen sie in embryona- lem Zustande zu bleiben, bald sind sie verästelt oder von Fortsätzen des tiefer liegenden Reticulums durchsetzt. Bei Pl. polychroa ist das Protoplasma ın der Umgebung der Kerne eben so wie die Masse der reticulumbildenden Fortsätze fein granulirt und schwer zu färben, so dass es ohne scharfe Grenze gegen die Lücken bleibt. | Die Fortsätze besitzen ein sehr unregelmäßiges Aussehen; bald er- scheinen sie als feine Linien, bald verbreiten sie sich zu Platten (Taf. XXI, Fig. 43 bg). D. lacteum und Pol. tenuis sind viel besser geeignet, das Reticulum zu studiren, weil hier erstens die Zellen scharf konturirt sind und zweitens der durch sie eingenommene Raum viel größer ist. Besonders klare Bilder erhält man bei ganz erwachsenen Thieren in den tieferen Körpertheilen (Taf. XXI, Fig. 4 bg). Die anastomosiren- den Stränge sind hier scharf, ziemlich lichtbrechend und immer als direkte Fortsätze des Protoplasma zu erkennen, welches den Kern um- giebt. Unverästelte Zellen kommen in der Tiefe nicht vor. Die Lücken erscheinen auf Schnitten als rundliche oder eckige Maschen im Reticulum. Bei mehreren Thieren waren sie vollständig klar, bei anderen dagegen mit gleichmäßig vertheilten ungefärbten Körnchen erfüllt. Ganz dieselben Körnchen findet man in den Mesen- chymlücken mancher Cestoden. Bei lebenden Thieren sind die Lückenräume wahrscheinlich mit sog. perivisceraler Flüssigkeit erfüllt, welche vermuthlich dazu dient die 386 Isao Iijima, im Innern der Darmzellen gebildete Nährflüssigkeit zu den verschie- denen Körpertheilen hinzuleiten. Das pigmentirte Bindegewebe. Das Pigment fehlt gänzlich bei D. lacteum, wie schon dessen Name vermuthen lässt. Bei Pl. polychroa und Pol. tenuis besteht dasselbe aus schwar- zen Körnchen, welche in größerer oder geringerer Menge in die feinen reticulären Fasern eingebettet sind (Taf. XX, Fig. 3 und k), ganz eben so wie dies bei den Hirudineen der Fall ist. Das pigmentirte Binde- gewebe ist nur auf die Peripherie des Körpers beschränkt, wo es unter den äußeren Längsfasern (der zweiten Schicht) der Hautmuskulatur liegt. | Auf der Dorsalseite ist es mehr entwickelt als auf der Ventralseite. Sehr reichlich findet es sich auf der dorsalen Mittellinie bei Pol. tenuis, bei der auch die Ovarien und die Ovidukte, so wie die Hauptnerven- stämme von pigmentirtem Bindegewebe umhüllt sind. Ähnlich ist es bei Pl. polychroa, wenigstens theilweise. Wo eine solche übermäßige Entwicklung des pigmentirten Bindegewebes stattfindet, zeichnet sich die betreffende Stelle am lebenden Thiere natürlich durch eine schwarze Färbung aus. Das pigmentirte Gewebe fehlt bei Pl. polychroa nur über den Augen, bei Pol. tenuis sogar am ganzen Rande des Körpers, so weit die zahlreichen Augen sich ausbreiten. Obwohl ich die pigmentirten Fasern allmählich vielfach in reticu- lumbildendes Mesenchymbindegewebe habe übergehen sehen, ist es mir doch trotz vielfacher Versuche niemals gelungen, Kerne in den Fasern nachzuweisen. Eben so wenig ließ sich das Pigment durch gewöhnliche Reagentien auflösen. Bei Geoplana, deren Farbe, wie ich früher bemerkte, als grün be- zeichnet war, konnte ich weder ein Pigment nachweisen, noch das Ge- webe, welches dasselbe hätte enthalten können. 5) Die Verdauungsorgane. Die allgemeine Gestalt des Verdauungsapparates der Dendrocoeliden ist schon durch die Untersuchung meiner Vorgänger ziemlich vollständig bekannt geworden. Ich kann daher bei der hier folgenden Besprechung größtentheils nur eine die früheren Beobachtungen bestätigende Be- schreibung geben. Die Wiederholung schon bekannter Thatsachen wird aber um so eher gestattet sein, als sie sich kaum vermeiden lässt, ohne die Darstellung lückenhaft erscheinen zu lassen. Der Mund und die Pharyngealtasche. Der Mund (Taf. IX, | Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgesch. d, Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 387 Fig. 4, Taf. XXI und XXII, Fig. 2 m), welcher in der ventralen Mittel- linie ungefähr da liegt, wo das letzte Drittel des Körpers beginnt, ist ein Porus von unbedeutender Größe. Nach Darwın (6) stellt er sich bei Geoplana als Querschlitz dar, was aber bei der von mir untersuchten Art nicht der Fall war. Das Epithel des Mundes besteht aus Cylinder- zellen, die kontinuirlich in das Körperepithel übergehen, aber der Rhab- diten entbehren. Unter dem Epithel folgt ein System von Muskelfasern, die einen Sphincter bilden. Außerdem ist der Mund mit radial sich aus- breitenden Muskelfasern versehen. Es sind dies ganz dieselben Ver- hältnisse, wie wir sie späterhin bei der Geschlechtsöffnung antreffen werden. Die Mundöffnung führt in das hintere Ende eines Raumes hin- ein, welcher den Pharynx oder Rüssel im Ruhezustande in sich auf- nimmt und desswegen als Pharyngealtasche oder Rüsselhöhle bezeichnet wird (ph.t). Dieselbe ist in der Längsrichtung des Körpers eylindrisch ausgezogen und nimmt nach oben und unten den größten Theil der Körperhöble ein (Taf. XX, Fig. 44 ph.t). Nach vorn reicht sie bis ungefähr in die Mitte des Körpers, bis dahin, wo der Pharynx durch Muskeln an die Körperwand befestigt ist. Die Epithelzellen des Mundes setzen sich in die Tasche hinein fort. ‘Im hinteren Theil derselben sind sie hoch, wie an der Mundöffnung, während sie nach vorn zu immer flacher werden, und in der Nähe der Insertionsstelle des Pharynx sogar so stark sich abplatten, dass ihr Vorhandensein sich nur auf Tangential- schnitten nachweisen lässt, ganz wie es Lang (38, p. 95) von Gunda be- schrieben hat. Cilien habe ich auf den Epithelzellen niemals beobachtet. Was die Muskulatur anbelangt, so ist die Tasche sehr spärlich damit ausgestattet, ja in ihrem hinteren größeren Theile fehlt dieselbe gänzlich. Hier aber verlaufen die Dorsoventralfasern des Körpers so dicht unter- halb des Epithels, dass sie gewissermaßen als Ringmuskeln für die Tasche wirken. Bei Pl. polychroa und Pol. tenuis kommen an der unteren Seite der Tasche auch die Quermuskelfasern mit dem Epithel in Berührung. Am vorderen Theil der Tasche treffen wir zwei über ein- ander liegende Schichten von Muskelfasern an, die als der Tasche an- gehörig betrachtet werden müssen. Dicht unterhalb des abgeplatteten Epithels verlaufen die locker angeordneten feinen Längsfasern in ein- facher Lage und darunter in ebenfalls einfacher Lage die Ringfasern. Nach hinten werden die Fasern beider Schichten lockerer und feiner, bis ungefähr in die Mitte der Tasche, wo sie überhaupt nicht mehr nach- zuweisen sind. Nach vorn gehen die beiden Schichten kontinuirlich in die zwei äußersten Muskelschichten des Pharynx über, auf welche ich sogleich zu sprechen komme. Der;Pharynx (Rüssel). Der Pharynx? stellt bei den von mir 388 Isao Iijima, untersuchten Süßwassertricladen und auch bei Geoplana ein cylindri- sches Rohr dar. BeiPl. polychroa fand ich dasselbe fast ganz gerade; bei den anderen Arten lag es in mehr oder minder gewundener Form innerhalb der Pharyngealtasche. Wie schon bemerkt, ist es ungefähr in der Mitte der Körperlänge an dem vorderen Ende der Tasche mit der Körperwand in Zusammenhang. Das freie Ende des Pharynx liegt am - anderen Ende der Tasche etwa über der Mundöffnung. Wenn die Thiere fressen, so wird der Pharynx durch den Mund oft bis zu erstaunlicher Länge nach außen vorgestreckt. Er führt dabei wurmariige Bewegungen aus, als wenn er die geeignetsten Nahrungs- mittel aussuchte, indem gleichzeitig das freie Ende trompetenförmig erweitert wird. Nach Minor macht er auch peristaltische Bewegungen, um die Nahrungssubstanz in den Darm überzutreiben. Was nun den Bau des Pharynx anbetrifft, und zunächst die ver- schiedenen Muskelschichten, so lauten darin die Angaben von MosELey (48), Minor (47), Kenner (27), Harızz (22) und Lang (38) im Wesent- lichen übereinstimmend. Nach meiner eigenen Beobachtung sind diese Muskelschichten folgendermaßen aufzufassen. Dicht unter der die Flimmerhaare tragenden Epithelschicht, also von außen nach innen fort- schreitend, treffen wir zuerst eine Schicht von Längsmuskeln (Taf. XX, Fig. 10 alm), deren stark entwickelte und einzeln verlaufenden Fasern bei D. lacteum in zwei- bis dreifacher, bei anderen Arten gewöhnlich in einfacher Lage angeordnet sind. Auf diese Schicht folgt eine andere von bedeutenderer Dicke, die aus ziemlich dicht gedrängten Ringfasern besteht (Fig. 10 arm). Diese äußeren Längs- und Ringfasern sind die- jenigen, welche sich in die zwei Muskelschichten des vorderen Theils der Pharyngealtasche fortsetzen, wie man deutlich auf Längs- oder Hori- zontalschnitten erkennen kann. Getrennt durch eine dicke Bindege- webszone (Fig. 10 bd.z), deren Bestandtheile sofort näher betrachtet werden sollen, folgt auf die letztere Lage eine Schicht von locker ange- ordneten Längsfasern (innere Längsfasern, Fig. 10 ılm). Nach. innen von dieser Schicht und unmittelbar unter dem Epithel des Pharyngeal- ganges liegt wiederum eine Schicht von dicht an einander gedrängten Ringfasern (innere Ringfasern, Fig. A0 irm). Diese letzte Schicht ist die am stärksten entwickelte. Die beiden letzterwähnten Schichten, nament- lich die der inneren Längs- und Ringfasern sind übrigens nur bei P!. polychroa und Pol. tenuis in der hier beschriebenen Weise ange- ordnet. Bei D. lacteum und Geoplana sind dieselben mit einander verflochten, so dass die Fasern der einen ihren Verlauf zwischen den Fasern der anderen nehmen. Schließlich sind noch die Radiärfasern - {Fig. 40 rm) zu erwähnen, welche die verschiedenen Schichten der Unters. über d, Bau u, die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 389 Pharyngealwand durchsetzen. Diese Radiärfasern sind sehr locker an- geordnet und verästeln sich an beiden Enden, ähnlich wie wir es bei den Dorsoventralfasern sahen. Außer den oben geschilderten Muskel- schichten finden sich am vorderen Theil des Pharynx noch eine Anzahl der Länge nach verlaufender starker Fasern, welche von der Insertion des Pharynx nach allen Richtungen hin ausstrahlen und dadurch die Befestigung desselben bedingen. Kehren wir nun zu jener breiten Zone zurück (Fig. 10 bd.z), welche die äußere Ringfaserschicht von der inneren Längsfaserschicht trennt, so erkennen wir, dass deren Grundgewebe, ganz eben so wie das Mesenchymbindegewebe, aus reticulären Bindegewebszellen besteht. Die Kerne sind meistens gegen die angrenzende Muskelschicht gekehrt. In dem mittleren Theil dieser Zone verlaufen ziemlich dicht neben ein- ander die Ausführungsgänge (Fig. 10 dr.a) der Speicheldrüsen, deren Verbreitung im Körper schon oben beschrieben wurde. Kenner sah einzelne Drüsen in dem Pharynx, eine Angabe, deren Richtigkeit ich, wie erwähnt, verneinen muss. Nach Lang münden die Speicheldrüsen an der ganzen Oberfläche des Pharynx hauptsächlich an dessen freiem Ende nach außen. Ich habe aber nie die Ausführungsgänge an der ganzen Oberfläche ausmün- den gesehen, sondern ausschließlich an der Lippe des Pharynx. Es er- giebt sich dies zweifellos bei der Zerquetschung des Pharynx an jüngeren Thieren, an denen man den ganzen Verlauf der Ausführungsgänge sehr deutlich verfolgen kann. Nach außen von den Drüsengängen findet man nervöse Elemente (Fig. 16 nv), welche sich durch ein wenig gefärbtes, körniges oder faseriges Aussehen von dem übrigen Gewebe unterschei- den. An Flächenschnitten konnte ich mich überzeugen, dass die diffu- sen Nerven einen Plexus bilden, welcher in der Nähe des freien Endes eine mächtige Dicke erlangt. Weiteres über die Innervation wird später bemerkt werden. Mit einigen Worten muss ich hier noch auf die Epithelgebilde des Pharynx zurückkommen. Die Epithelschicht liegt dicht auf den äußeren Längsfasern (Fig. 44 es). Sie zeigt ein körniges Aussehen und ist für gewöhnlich nur schwach gefärbt. Zuweilen habe ich in ihr eine senk- rechte Streifung beobachtet, — vielleicht dieselbe Erscheinung, deren Moserzey erwähnt, wenn er von »vertical lines which might represent separation into cellular elements« spricht. Kerne sind im Epithel nicht mehr nachweisbar, obschon die betreffende Schicht bei Embryonen aus deutlichen Zellen besteht. Gegen die Längsfasern zu ist der Kontur dieser Schicht außerordentlich fein und in den Räumen zwischen den Fasern sehr oft ausgebuchtet. Nach außen hat die Schicht eine stark 390 Isao lijima, gefärbte körnige Cuticula (Fig. 44 cu). Bei einigen Thieren war der innere Kontur dieser Cuticula nicht scharf ausgeprägt, ein Umstand, welcher vielleicht daran Schuld war, dass dieselbe von mehreren frühe- ren Forschern übersehen wurde. Wenn sie aber deutlich hervortritt, ist sie durchaus nicht zu verkennen. Man unterscheidet sogar feine Poren, durch welche die kurzen aber starken Gilien (Fig. 11 c) nach außen zu gehen scheinen. An der Basis des Pharynx.wird die Epithel- schicht und ihre Guticula schwächer, bis sie allmählich in das abge- plattete Epithel der Pharyngealtasche übergeht. Eben so setzen sich beide gegen das freie Ende des Pharynx hin in das Epithel und die Cuticula des Pharyngealganges fort, wobei sie in enger Berührung mit der inneren Ringfaserschicht bleiben. Ungefähr in der Mitte des Ganges verschwindet die CGuticula und die Epithelschicht beginnt von da an nach vorn allmählich das ursprüngliche Aussehen der Epithelzellen (kubische Zellenformen mit deutlichem Kern) anzunehmen. Die Cilien, welche die ganze Oberfläche des Pharynx bekleiden, setzen sich auch in den Pharyngealgang hinein fort, so weit die Guticula vorhanden ist. Bei den europäischen Landtrieladen konnte Kenner keine Cilien im Pharyn- gealgange finden, trotzdem MoseLey von Bipalium ihr Vorhandensein behauptet. Bei Geoplana bietet der Bau des Pharynx Verhältnisse dar, für welche die voranstehende Beschreibung vollständige Geltung hat. Der Darm. Bekanntlich führt der Pharyngealgang unmittelbar an jener Stelle in den Darm ein, an welcher sich dessen drei Hauptstämme vereinigen. Der unpaare Hauptstamm verläuft in gerader Linie mit dem Pharyngealgange nach vorn, bis er über der Gehirnkommissur oder vor ihr ungefähr in der Höhe der paarigen Augen ankommt, wo er blind endigt. Die beiden paarigen Stämme ziehen zu beiden Seiten der Pharyngealtasche nach hinten, konvergiren hinter deren Ende und enden schließlich ebenfalls blind. Oft ist einer derselben kürzer als der an- dere. Bei D. lacteum sind dieselben in der Regel hinter der Ge- schlechtsöffnung durch verschiedene Zweige mit einander verbunden (Taf. XX, Fig. 2), oder sie vereinigen sich völlig, um dann als ein un- paarer Hauptstamm nach hinten sich fortzusetzen, wie dies O. Scumipr von D. Nausicaae abgebildet hat (55, Taf. I). Bei Pol. tenuis habe ich nur einmal auf einem Horizontalschnitte einen Verbindungszweig zwischen den hinteren Hauptstämmen gesehen. Dagegen finden sich netzartige Anastomosen der Seitenäste des Darms nicht selten bei Dendrocoelum. Die Seitenäste, welche den Hauptstämmen aufsitzen, sind nicht so regelmäßig angeordnet, wie es bei Gunda der Fall zu sein scheint. Gewissermaßen allerdings gehen auch sie paarweise von den Haupt- Unters, über d, Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 391 \ stämmen aus, aber eine häufig vorkommende Verschiebung an den Ver- zweigungsstellen, so wie die hier und da in unverkennbarer Weise unpaarig abgehenden Seitenzweige erschweren die urn auf eine paarige Anordnung. Im Folgenden gebe ich einen Überblick über die annähernde Zahl der Seitenastpaare bei meinen drei Arten: vd u Pl, polychroa, 22—28 » 9—13 ». 7stamme des Darmes D. lacteum, .26—34 Paare, 5 In 2 ned Dame el (am © ro Pol. tenuis,, . 15—-19-, » | k—6. » Jangehören. S Die Seitenäste verästeln sich mit Ausnahme einiger der ersten so- wohl wie der letzten Paare dichotomisch. Am reichlichsten trifft man diese Verzweigung bei D. lJacteum, am wenigsten bei Pol. tenuis. Die hinteren seitlichen Hauptstämme schicken auch nach innen Äste von unbedeutender Größe aus. Die relative Stärke des Verdauungskanals in den drei Arten ist ebenfalls eine variable; bei Pl. polychroa ist der Darmkanal mit seinem hohen Epithel viel dicker als bei den beiden an- deren, so dass denn auch in Folge dessen die Septen zwischen den Darm- ästen oft außerordentlich schmal sind. Die Angabe Mertscunikorr's, dass der Darm der Planarien aus einem des Hohlraums entbehrenden Eiweißkörper bestehe, ist schon längst widerlegt. Auch MoseLey giebt hinsichtlich des Darmepithels eine un- befriedigende Beschreibung. Nach den Untersuchungen von GRAFF, Minor, Hırızz, Kenner und Lane steht es fest, dass das Darmepithel aus einer einfachen Lage von cylindrischen Zellen besteht. Ich stimme mit Kenner in der Angabe überein, dass in histologischer Beziehung kein auffallender Unterschied zwischen den Epithelien des Hauptdarmkanals und denen der Seitenäste besteht, wie dies MoseLev und Minor behaup- ten. Wenn überhaupt ein Unterschied vorhanden ist, so besteht der- selbe lediglich in einer geringen Höhe der Zellen in den Seitenästen. Wenn die Thiere gut gefüttert sind, dann nehmen die Epithelzellen überall die Nahrungssubstanz auf, eben sowohl in den Hauptkanälen, wie in den Seitenästen, ein Umstand, durch welchen nicht nur die den Zellen zugeschriebene drüsige Natur an Wahrscheinlichkeit verliert, son- dern auch die Ansicht, dass die Seitenäste eine Art von Leberanhängen ‚ darstellten, welche ein Verdauungssekret abgeben. | Die eigentliche Beschaffenheit der Darmepithelzellen lässt sich am besten an Exemplaren studiren, die man längere Zeit hungern lässt. Die ‚ Zellen sind dann bald eylindrisch, bald langgestreckt mit abgerundetem ; freien Ende oder sogar birnförmig. Offenbar sind sie nackt ohne deut- liche Zellmembran. Das reichliche Protoplasma, welches sich wenig Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 27 392 Isao Iijima, oder gar nicht färbt, ist granulirt, so.dass auf den ersten Blick die Zel- len ein drüsenähnliches Aussehen darbieten. Die Kerne sind gewöhn-. lich in der Nähe der Basis gelegen. Dies ist das gewöhnliche Aussehen der Darmepithelzellen, aber dazwischen kommen hier und da, besonders bei freilebenden und fressenden Thieren, auch solche vor, welche prall mit stark lichtbrechenden ölkugelartigen Gebilden gefüllt sind. Diese Kugeln sind von ungefähr gleicher Größe und färben sich stark. Unter günstigen Umständen konnte ich den Kern solcher Zellen nachweisen. Diese Zellen (Kolben, Mınor) sind von KenneL für einzellige Drüsen ge- halten worden, und auch Harızz erklärt die Kugeln für Produkte einer Sekretion. Bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse kann es aber gar nicht bezweifelt werden, dass die Kugeln nichts Anderes sind als Nahrungssubstanzen, welche von denDarmzellen aufgenommen sind, dass wir es also hier mit einer vintracellulären Verdauung« zu thun haben. Füttert man die Thiere mit Dotter von Hühnereiern, so findet man die gefressenen Dotterkugeln überall in den Zellen der Darmver- zweigungen. Eine Zeit lang bleiben sie hier unverändert, wie das schon durch die Mertscanıkorr’schen (44) Versuche mit Blut und Indigo- partikelchen bekannt geworden ist. Ich selbst habe diese Versuche mit gleichem Erfolg wiederholt. Die Thatsache, dass der Darmkanal bei D. lacteum so oft schwarz durchschimmert, ist durch die Schlamm- partikelchen zu erklären, welche in den Darmzellen eingeschlossen sind. Solche Thiere scheiden, wenn sie lange in reinem Wasser gehalten wer- den, die Schlammpartikelchen wieder aus, . worauf dann die Darmver- zweigung nicht mehr so deutlich durchscheint wie vorher. Somit steht es also fest, dass die Darmzellen die Fähigkeit besitzen, die Nahrungssubstanz, unter Umständen auch unverdaubare Körper, rhizopodenartig in ihr Inneres aufzunehmen, nach welcher Aufnahme dann erst der Verdauungsprocess beginnt. Pseudopodienartige Fortsätze der Darmzellen zu beobachten bin ich freilich nicht im Stande gewesen, Eben so entbehren die Zellen der Cilien. Betreffs eingehender Angaben über die intracelluläre Verdauung bei Goelenteraten und Turbellarien verweise ich den Leser auf die Arbeiten von METscanIkorF (k4, 45, 46), KrUKENBERG (30), LANKESTER (20) und Grarr (24). | Bei Pl. polychroa findet man zwar nicht beständig, aber sehr ofi gegen die Basis des Darmepithels zu eine Menge großer rundlicher Zei- len, welche eigenthümlich aufgeblasen erscheinen. Sie haben eine deut- liche Wandung, sind aber sehr arm an fein granulirtem Protoplasma, so dass sie auf Schnitten meistentheils ein ganz klares Aussehen haben. In ihnen sind außer dem Kern eine größere oder geringere Menge der Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 393 schon beschriebenen Nahrungskugeln, oder auch gewisse Konkretionen enthalten, die offenbar ein Zersetzungsprodukt der letzteren darstellen. Solche Zellen habe ich auf Taf. XX, Fig. 17 abgebildet. Sie werden immer von gewöhnlichen Darmepithelzellen umschlossen, obgleich diese mehr gegen das Lumen des Darmes zu liegen. Ich halte sie für alte Zustände der nach der Außenfläche des Darmes geschobenen Zellen, welche jetzt die aufgenommene Nahrung zu verflüssigen im Begriff sind. Die Epithelschicht finden wir bei D. lacteum weniger dick als bei den anderen Arten. Die Zellen stehen meistens senkrecht, während sie bei anderen Arten mehr in die Länge gestreckt sind und dann ge- wöhnlich schräg auf dem Mesenchym aufsitzen. Sind die Schnitte senk- recht durch den Darmkanal gelegt worden, dann tritt die Grenze zwischen dem Epithel und dem Mesenchym ziemlich scharf hervor, wahrscheinlich in Folge des Vorhandenseins einer Membrana pro- pria. 6) Die Exkretionsorgane. Über die Exkretionsorgane der Plattwürmer liegen uns verschie- dene sehr eingehende, neuere Untersuchungen vor, und die über- raschenden Resultate, welche uns dieselben geliefert haben, nehmen unser besonderes Interesse in Anspruch. Bevor ich meine eigenen Beob- achtungen anführe, will ich einen Überblick über diese Angaben geben. Obwohl die Existenz eines Wassergefäßsystems bei unseren Thieren schon seit lange behauptet wurde, fehlte doch eine nähere Kenntnis desselben bis in die neueste Zeit. Von dem Verlaufe der Gefäße bei den marinen Trieladen haben wir zuerst durch O. Scanipr (55) ein all- gemeines Bild erhalten. Die unglückliche Zusammenstellung der Ex- kretionsorgane mit den Längsnerven (den sog. »Balkensträngen«) der Süßwassertricladen, die ganz eben so auch bei den Cestoden und Nemertinen statt hatte, ist zuerst von Kenner (27) berichtigt worden, der auch den Exkretionsapparat der Süßwassertricladen richtig er- kannte. Er fand Gefäße, welche in der Kopfgegend einige Schlingen bildeten, um dann in den Seitentheilen des Körpers nach hinten zu ver- laufen. Er schrieb den Gefäßen keine eigentliche Wandung zu, sagte aber, dass sie hier und da mit bewimperten Zellen versehen seien, welche, ohne ein kontinuirliches Epithel zu bilden, in dem Lumen der Gefäße ihre schwingenden Geißeln erkennen ließen. Francorte (12) geht in dem ersten Abschnitt seiner Arbeit, in wel- chem er eingehend den Exkretionsapparat von Derostomum betrachtet, nicht weiter, als dass er das Vorkommen von Exkretionskanälen und limmernden Läppchen bei der weißen Planaria zugiebt. 27% 394 Isao lijima, Lang ist es, dem wir die erste genaue anatomische und histologi- sche Darstellung des Exkretionssystems bei den Tricladen verdanken (G.segm). Damit war zur Genüge gezeigt, dass die Trieladen in Be- ziehung auf das Exkretionssystem im Wesentlichen mit den Trematoden und Cestoden übereinstimmen, wie solches bei einem Vergleich mit den Untersuchungen von BürschLi (1), Framont (10 und 44) und Pıntner (52) zur Genüge erhellt. Nach Lane finden sich bei Gunda an jeder Körperseite zwei viel- fach gewundene Kanäle, von denen der eine oberhalb und der andere unterhalb des Darmkanals verläuft. Beide stehen nicht nur unter sich in Verbindung, sondern anastomosiren auch mit denen der anderen Körperseite. Aus diesen Hauptkanälen gehen feine mehrfach verästelte, aber niemals anastomosirende »Exkretionscapillaren« aus, welche schließ- lich in einen mit einer Flimmerflamme versehenen Trichter endigen. Die Hauptkanäle bilden in den nach einander folgenden Septen oft- mals regelmäßige Knäuel. Von jedem solchen Knäuel geht ein Ast aus, der auf der Rückenfläche nach außen mündet. Die Exkretionskanäle sollen aus durchbohrten Zellen bestehen, ähnlich wie die Schleifenkanäle der Hirudineen. Den Ursprung der Wimpertrichter suchte Lane auf Entodermzellen zurückzuführen. Auf die Lang’sche Arbeit folgte der zweite Theil der oben erwähn- ten Abhandlung von Francotte (43), welcher über die Exkretionsorgane von Monocelis (Rhabdocoelida) und Polycelis nigra (Den- drocoelida) handelt. Was die Exkretionsorgane der letzteren an- betrifft, so zeigen dieselben bei wesentlicher Übereinstimmung mit denen der übrigen Plattwürmer einen bemerkenswerthen Unterschied in der Anordnung der Kanäle von der beiGunda segmentata. Die Haupt- kanäle bilden bei derselben ein Netzwerk, welches im ganzen Körper vertheilt ist, und an den Seitenrändern in unmittelbare Berührung mit der Epidermis kommt, wo sie wahrscheinlich nach außen münden. Sie schicken feine ziemlich gerade Äste aus, welche immer solitär stehen und in einen »entonnoir vibratile« endigen. An der Basis des konischen Trichters findet sich eine mit deutlichen Kernkörperchen versehene Zelle, welche wohl der Geißelzelle entspricht, die von Pınıner bei den Cesto- den beschrieben ist, bei Gunda aber nicht vorhanden zu sein scheint. Übrigens sah der Verfasser im Lumen der Haupikanäle eine sich schlangenartig bewegende kontinuirliche Linie, welche von »une lame vibratile tapissant l'interieur des canaux« hervorgebracht wird, — eine Thatsache, weiche uns an die Sırsoıv’sche (61) »undulirende Membran« erinnern könnte. Auffallend ist die Beobachtung, dass in den an der: Ventralseite gelegenen Kanälen die Bewegung dieser Linie von vorn en ae BE 2 a nme msn _ u nn a ni nn Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 395 nach hinten verläuft, während sie in denen der Rückenseite die umge- kehrte Richtung zeigt. Bei Dinophilus, dessen systematische Stellung noch nicht sicher bestimmt ist, fand Korscaerr (29) Wimpertrichter von ganz demselben Aussehen, wie sie Lang von Gunda beschrieben hat. Die feineren Ge- fäße sind bei Dinophilus in einem Netzwerk angeordnet, wie es auch bei einigen Rhabdocoeliden der Fall ist. Dabei zeigen die Hauptkanäle in ihrem ganzen Verlauf eine Flimmerung, welche, wie wir sehen wer- den, auch bei einigen Tricladen in einem bestimmten Theil der Gefäße vorkommt. Die Flimmerung der Hauptkanäle bei Dinophilus kann ich nach eigenen Beobachtungen bestätigen. In seiner Rhabdocoeliden-Monographie spricht Grarr die Vermuthung aus, dass die Exkretionsorgane der Abtheilung der Acoela gänzlich feh- len. Diese Ansicht wird von Lang (39) bezweifelt, so dass eine spätere Untersuchung deren Existenz möglicherweise auch hier noch darthun kann. Die Anordnung der Hauptkanäle bei den übrigen Abtheilungen der Rhabdocoeliden lässt fünf Haupttypen unterscheiden, auf welche ich hier nicht näher eingehe. Was unser Interesse am meisten in Anspruch nimmt, ist die auf neuere Untersuchungen gestützte Darstellung der feineren Verästelungen und Anfänge der Exkretionsorgane bei Meso- stomum Ehrenbergii, von denen wir schon früher durch die Unter- suchungen ÖERSTEDT'S, so wie besonders die späteren von LEUCKART (42) und ScHnEIDer (57), ein ziemlich genaues Bild erhalten hatten. Die feineren Gefäße bilden, wie bei Derostomum (Francorte), ein sub- cutanes Netzwerk, doch sind auch solche vorhanden, welche sich ohne Weiteres in das Gewebe des Körpers verlieren. Die Wimpertrichter, welche von den früheren Forschern bei Mes. Ehrenbergii nicht erkannt wurden, sitzen einzeln den feinen Gefäßen an. Sie stellen kurze gerade Röhrchen dar, an deren freiem Ende ein die schwingenden Geißeln tragendes Knöpfchen (Geißelzelle oder Kern des Wimpertrichters) sich befindet. Die Existenz der bewimperten Stellen im Lumen der Gefäße, welche von Leuckarr (42) und Scaxeiver (57) beschrieben wurde, lässt Grarr unentschieden. Er ist sogar eher geneigt ihre Annahme, im Hin- blick auf die Befunde Pınrner’s bei den Bandwürmern, für irrthümlich zu halten. Ähnliche Bewimperung hat Francorte übrigens in den Haupt- kanälen von Derostomum und später wiederum in denen von Monocelis gefunden, wie es denn auch Trematoden giebt, in deren Gefäße solche Wimpern unzweifelhaft existiren (Aspidogaster nach Leuckarr). Zum Schluss haben wir noch eine interessante Mittheilung von VeipovskY (69) nachzutragen, welche hauptsächlich über die Exkretions- systeme von Anocelis coeca und Planaria albissima (nov. sp.) 396 - Isao lijima, handelt. Bei der ersteren konnte der genannte Forscher hinter dem zweiten Paar der Darmäste keine Spur von einem exkretorischen Appa- rat auffinden. Die der Länge nach verlaufenden Haupikanäle sind paarig und öffnen sich auf der Rückenfläche in zwei Ausmündungen, die vor dem Anfang des Darmkanales liegen. Von den Hauptkanälen aus zwei- gen sich Seitenäste in bestimmter Anzahl ab, die in symmetrischer An- ordnung zu den Körperseiten hinlaufen. Von einem der Seitenäste läuft ein besonderer Zweig schräg nach hinten zu gegen den medianen Körper- theil, wo er sich in ein feines Gefäßnetz auflöst. Die Wand der schrägen Zweige und der Netzgefäße ist mit Geißeln versehen, welche ihre Be- wegung in der Richtung der Hauptkanäle ausführen. Von dem Gefäß- netz gehen einzelne sehr feine Kanäle ab, welche in geschlossene Trich- ter auslaufen. Von besonderem Interesse ist dabei, dass nach VEsnovsKkY, der sich hier in Übereinstimmung mit den Angaben von Francorte über Derostomum befindet, die Trichter von Anocelis coeca der schwingen- den Geibelflamme entbehren, eine Thatsache, welche der Verfasser speciell hervorhebt. Bei Pl. albissima liegen die seitlichen vielfach gewundenen zwei Hauptkanäle dorsalwärts von den Verdauungsorganen, wie bei Anocelis. Sie ziehen in der Länge des ganzen Körpers hin und verbinden sich zwischen den Augen durch einen Querast. Außerdem schicken sie Zweige aus, welche einigermaßen paarig angeordnet sind. Über die feineren Kanäle und die Trichter ‘scheint der Verfasser keine Beobach- tungen gemacht zu haben. Der Darstellung meiner eigenen Kesäliäle schicke ich die Bemer- kung voraus, dass Untersuchung der Exkretionsorgane bei den Platt- würmern: mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist, da die übrigen Ge- webe und Organe ein genaues Erkennen nur zu oft verhindern und so viel Gelegenheit zu Täuschungen bieten, dass, wie schon GrArF bemerkt, die Angaben der Autoren nur mit großer Vorsicht aufzunehmen sind. Die erwachsenen Thiere fand ich für die Beobachtung des Exkretions- apparates, ihrer Undurchsichtigkeit und Dicke wegen, so ungeeignet, dass ich bald davon absah sie zu untersuchen. Auch die Schnittmethode ließ mich im Stiche. Wohl gelingt es eben sowohl bei Pl. polychroa wie bei Pol. tenuis die Hauptgefäße auf Schnitten aufzufinden, aber es geschieht im Ganzen nur selten und nur nach äußerst sorgfältigem Aufsuchen. Günstiger in dieser Hinsicht verhält sich D. lacteum, bei dem die Hauptgefäße eine größere Stärke erreichen (0,2 mm oder mehr), so dass man den allgemeinen Verlauf derselben ohne große Schwierig- keit verfolgen kann. Aber auch hier ließen sich die feineren Äste und Trichter niemals mit Sicherheit nachweisen. Dagegen überzeugte ich Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgesch, d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen).,. 397 mich hier von der Richtigkeit der Lang’schen Angabe, dass das Haupt- gefäß von durchbohrten Zellen gebildet werde. Die feinkörnige Wand ist von wechselnder Dicke und enthält deutliche Kerne, welche aber nicht häufig sind. Auf Querschnitten sieht man niemals zwei Kerne, sondern immer nur einen. Gegen das Lumen ist die Wand schärfer be- grenzt als gegen das Mesenchym. Auch von den feineren Gefäßen ist zu sagen, dass sie nichts Anderes als durchbohrte Zellen sind. Meine weiteren Beobachtungen habe ich ausschließlich an jungen Exemplaren von D. lacteum (über 20 Tage nach dem Ausschlüpfen) gemacht, da in diesem Alter die Bedingungen für die Untersuchung am günstigsten erschienen. Am lebenden Thiere lässt sich der Exkretions- apparat nur unter einem gewissen Drucke, dem man das Thier aussetzt, sichtbar machen. Hat man zu viel Wasser unter dem Deckglas, oder nimmt man allzuviel davon hinweg, um den Druck zu vermehren, dann sind die Gefäße mit ihrer Flimmerung nicht zu sehen; erhält man aber durch genügendes Absaugen oder Zufließenlassen von Wasser den richtigen Druck, dann treten sie plötzlich ganz deutlich hervor. Ihr Erscheinen geschieht so rasch und oftmals unerwartet, dass man in hohem Grade dadurch überrascht wird, weil man vorher keine Spur von ihnen wahr- nehmen konnte. | Die Hauptgefäße stimmen nach Lage und Ordnung im Wesentlichen mit denen der Pl. albissima (Veivovsky) überein. Es sind ihrer zwei vorhanden, die an beiden Seiten des Körpers die ganze Länge des Thieres durchziehen (Taf. XX, Fig. 2). Sie liegen ausschließlich an der Rücken- seite, oberhalb des Verdaungskanales. ‚Hauptgefäße an der Bauchseite, wie sie Gunda besitzt, sind nicht vorhanden, wovon man sich leicht auf Schnitten oder an gequetschten Exemplaren überzeugen kann. Die seitlichen Gefäße sind vielfach gewunden und schicken zuweilen Äste aus, welche, immer enger werdend, schließlich in dem Mesenchym sich verlieren, auch bisweilen, dem Anschein nach, kurz und stumpf endigen. Oft spaltet sich das Gefäß, um wieder zusammenzufließen,, so dass sich hier und da ein Netzwerk bildet, welches aber keine so weite Ver- breitung wie bei Polycelis nigra (nach Francorrz) hat. Die Anord- nung der Netze und Verästelungen ist ziemlich wechselnd, nicht nur bei verschiedenen Individuen, sondern auch auf beiden Seiten eines und ‚desselben Individuums. Nur hinter den Augen spalten sich die beiden Hauptgefäße regelmäßig in zwei Stämme, von denen der eine, indem er verschiedene Schlingen bildet, nach außen von den Augen, der andere nach innen von denselben verläuft '. Vor den Augen vereinigen sich ! Die Verästelungsweise der Gefäße in der Umgebung der Augen bei D. lac- 298 Isao lijima, beide und von diesem Punkt geht dann ein Quergefäß aus, welches die beiden seitlichen Hauptgefäße mit einander in Verbindung bringt (siehe Taf. XX, Fig. 2). Nur einmal erschien es mir, als wäre dieses Quer- geläß doppelt vorhanden. In den anderen Körpertheilen habe ich nie Queranastomosen beobachtet. Das Gewicht, welches Lane auf die That- sache legt, dass bei Gunda das Kopfsegment der großen Gefäße ent- behre und diese nur in demjenigen Theile des Körpers vorkämen, in denen sich Geschlechtsorgane entwickeln, erscheint bei unseren Süß- wassertricladen (Planaria, Polycelis, Anocelis und Dendrocoelum) als nichtig, da sich die großen Gefäße hier bis zum vordersten Theil des Kopfsegmentes erstrecken. Dass im Pharynx die großen Kanäle fehlen, muss ich bestätigen. Nun gelangen wir zu der schwierigen Frage: Wie öffnen sich die Gefäße nach außen? Eine ganz befriedigende Antwort kann ich auf diese Frage leider nicht geben, doch wird das Folgende wenigstens zu ihrer Lösung beitragen. Meine Beobachtungen stimmen hier vollständig mit denen von Lang (an Gunda) überein. Verfolgt man den Verlauf der Hauptgefäße, so trifft man gewisse Stellen, an denen sich die Kanäle bedeutend erweitern und die Windung derselben so wie die Netzbildung häufiger ist. Zweifellos entsprechen diese Stellen den Lang’schen Knäueln. Von einem solchen mehr oder minder komplicirten Knäuel steigt nun ein ge- _ wundener weiter Kanal dorsalwärts in die Höhe, wo er sich durch Ver- schiebung der Mikroskopeinstellung bis zur Epidermis verfolgen lässt. Bevor derselbe endigt, bildet er eine schwache Erweiterung, welche sich aber bald wieder verengert. Auf Querschnitten habe ich mich nun überzeugen können, dass solche aufsteigende Kanäle die Basalmembran durchbrechen; am basalen Theil der Epidermiszellen aber entzogen sie sich einer Untersuchung. Was ich hier beschreibe ist nur eine Wiederholung der Lang’schen Angabe. ‘Da Vespovsky auch bei Anocelis coeca dieselbe Art der Aus- mündung beschreibt, kann ich nicht zweifeln, dass ich es hier mit den Ausmündungsstellen der Wassergefäße zu thun habe, Man findet im Verlauf der Hauptgefäße immer einige solche Ausmündungen. Ihre Zahl kann ich nicht bestimmt angeben , da. die dunkle Beschaffenheit des Darmkanals nicht alle sichtbar werden ließ. Nach dem Vorgange von Lang und Vespovsky dürfte man eine paarige Anordnung der Ausmün- dungsöffnungen erwarten, und in der That habe ich in mehreren Fällen teum wurde schon von Fr. Leivic (Tafeln zur vergl. Anatomie, 1. Heft, Tübingen 41864) richtig abgebildet. Auch von Pl. gonocephala zeichnet derselbe das Stück eines Gefäßes in der Nähe des Auges. Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch, d, Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen), 399 eine, wenn auch nicht ganz streng durchgeführte, so doch annähernd paarige Lagerung mit Entschiedenheit beobachtet. Das erste Paar fand ich ungefähr an der Stelle, wo beim erwachsenen Thiere die Ovarien liegen, das zweite ungefähr in der Mitte zwischen dem Stirnrand und dem Insertionspunkt des Pharynx. Ich konnte mich ziemlich sicher überzeugen, dass sich zwischen den beiden Paaren kein anderes befand. Weiter hinten am Körper habe ich die Ausmündungen entweder ganz vermisst oder nur einige in unpaarer Anordnung sehen können. Einmal konnte ich zwei Paare hinter den Geschlechtswerkzeugen deutlich zur Anschauung bringen, aber das betreffende Thier zeigte am vorderen Körpertheil keine Öffnung. Auf Taf. XX, Fig. 2 habe ich einen Fall dargestellt, in dem ich die größte Anzahl von Öffnungen konstatiren konnte. Wahrscheinlich sind noch andere durch den Darmkanal ver- deckt. :Aus Fällen, in denen ich die zwei auf einander folgenden Paare ziemlich deutlich gesehen habe, muss ich schließen, dass die Öffnungen von einer segmentalen Anordnung viel weiter entfernt sind als bei Gunda. Es ist dies auch keineswegs zu verwundern, wenn wir be- denken, dass die anderen Organe bei Gunda gleichfalls in hohem Grade segmental geordnet sind, während dies bei unseren Süßwasser- tricladen durchaus nicht in solcher strengen Weise der Fall ist. Wimperflammen in den Hauptgefäßen, wie sie Francorte bei Dero- stomum und Monocelis beschreibt, so wie undulirende Membranen, wie er sie bei Pol. nigra gefunden hat, sind bei D. lacteum nicht vor- handen. | Das Verhalten der Exkretionscapillaren, welche die Trichter mit den großen Gefäßen verbinden, ist mir trotz wiederholter besonders dahin gerichteten Untersuchungen niemals klar geworden. Wohl konnte ich an der Spitze des Trichterhohlraumes unter günstigen Umständen die Capillaren bis zu einer gewissen Entfernung verfolgen, darüber hinaus aber verlor ich regelmäßig jede Spur von ihnen. Ob die Capillaren ein Netzwerk bilden, wie sie dies in mehreren Fällen thun, oder sich wie bei Gunda verhalten, und in welcher Art und Weise sie mit den großen Gefäßen in Verbindung stehen, muss ich einstweilen unentschieden lassen. Was ich jedoch ausdrücklich noch hervorheben möchte, ist die un- zweifelhafte Thatsache des Vorhandenseins einer Flimmerung im Lumen gewisser Gapillaren. Bei günstigen, gequeischten Exemplaren, bin ich nämlich oft einer kontinuirlichen Flimmerströmung begegnet, und zwar besonders am mittleren Theil des Körpers, wo sich dieselbe oftmals über eine beträchtliche Länge erstreckte und einen mehr oder minder gewundenen Verlauf nahm (Taf. XX, Fig. 16 B). Die Strömung geht 400 -Isao lijima, von einem Ende des Capillargefäßes nach dem anderen in bestimmter Richtung fort, ganz in derselben Weise, wie man es in den Hauptge- fäßen von Dinophilus findet. Einen solchen Fall zeigte ich Herrn Ge- heimrath Leuckarr, und derselbe nahm keinen Augenblick Anstand, zu erklären, dass es bewimperte Gefäße seien, welche mit Flimmertrich- tern nichts zu thun hätten. Einmal glaubte ich auch zwei Flimmerströ- mungen gesehen zu haben, die zu einer gemeinsamen zusammen- flossen. | Weiteres über diese Gefäße, besonders auch darüber, wie sie mit den nichtbewimperten in Zusammenhang stehen, muss ich dahingestellt sein lassen, denn die Gefäße sind so fein, dass sie, wäre nicht ihre Flimmerung vorhanden, kaum sichtbar sein würden. So viel aber steht fest, dass bei D. lacteum, sowohl wie bei Anocelis coeca, die feineren Gefäße an gewissen Stellen mit Flimmerung versehen sind. Wir gelangen jetzt zur Betrachtung der Wimpertrichter. Sie sind nur sehr gering an Zahl! und oft weit von einander getrennt. Unregel- mäßig vertheilt finden sie sich von der Gegend der Augen an bis zum Schwanzende. Leider erschweren besonders die Rhabditen die Beobachtung, unter günstigen Umständen jedoch treten die Trichter ziemlich deutlich hervor. Sie stellen einen länglichen konischen Hohlraum dar, an dessen Basis die flackernde Wimperflamme befestigt ist (Taf. XX, Fig. 16 A), ganz eben so, wie sie von anderen Plattwürmern beschrieben worden sind. Eine doppelt konturirte Wand des Trichters konnte ich nicht zur An- schauung bringen, eben so wenig die Geißelzelle. Darüber aber hege ich in Übereinstimmung mit Pıntner, Lang, GrArF und VespovskyY keinen Zweifel, dass der Trichter an seiner Basis vollkommen geschlossen ist. Die netzförmigen, durch Fraımont und FrancoTtE als intercelluläres Iymphatisches Netz bezeichneten Ausläufer der Wand des Trichters, konnte ich in einigen Fällen, in denen ich sie wahrgenommen zu haben glaubte, für nichts Anderes halten, als für Netzbildungen des Mesen- chyms. Im Darmepithel habe ich die Wimpertrichter niemals gesehen. Da meine Zeit beschränkt war, konnte ich keine Beobachtungen über das Verhalten des Exkretionssystems zu den sog. Exkretions- vacuolen anstellen. Diese Exkretionsvacuolen wurden zuerst von Lane erkannt und richtig beschrieben. Auch KorschzLr wies dieselben bei Dinophilus apatris nach. Bei Süßwassertricladen kommen sie ebenfalls vor, und zwar am häufigsten in dem Darmepithel in der Nähe der blinden Endigung der Seitenäste, so wie am seitlichen peripherischen 1 Ich erinnere daran, dass ich meine Beobachtungen ausschließlich an jungen Thieren angestellt habe. _Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen), 401 Theil des Körpers. In geringerer Anzahl werden sie zerstreut in dem Körperepithel gefunden und vielleicht auch tiefer im Körper, aber nie- mals da, wo das Mesenchym große Lückenräume enthält. Beim leben- den Thiere sind sie wasserklar, ähnlich wie die Vacuolen im Leibe der Protozoen. Auf Schnitten haben sie ein merkwürdiges Aussehen, indem ihre stark gefärbte Wandung wie geschrumpft erscheint und auch im Innern stark gefärbte Körnchen enthalten sind. Die Wandung sowohl wie die Körnchen könnten vielleicht als Konkretionen von Harnstoff ge- deutet werden. Nach Lang würden die letzteren entweder direkt nach außen entleert oder durch das Exkretionssystem entfernt. In dem letz- teren Falle müssten sie ihren Weg durch denjenigen Punkt des Trich- terhohlraumes nehmen, an welchem dieser in die Exkretionscapillare übergeht. 7) Die Geschlechtsorgane. Unsere bisherige Kenntnis von den Geschlechtsorganen der Süß- wassertricladen haben wir größtentheils den Arbeiten von O. Scanipr (54, 55, 56) zu verdanken. Besonders genau sind die Verhältnisse der- selben bei unserer Pl. polychroa und D. lacteum beschrieben und . abgebildet, so weit dies bei der von Scanipr ausschließlich angewende- ten Methode überhaupt möglich war. Scumipr war auch der Erste, der die Geschlechtswerkzeuge der bei Graz vorkommenden Pol. nigra beschrieb. Die bei Leipzig sich findende Polycelis zeigt, wie schon be- tont wurde und gleich näher zu beschreiben ist, ganz andere Verhält- nisse, was mich, wie ich schon früher ausführte, besonders dazu veran- lasste, auf sie eine neue Species zu gründen. Da aber die Scamipr’schen Beschreibungen keineswegs vollständig sind und wir auch durch andere Forscher nur unbefriedigende Angaben erhalten haben, so gebe ich in dem Folgenden eine genaue Darstellung des Geschlechtsapparates bei den drei von mir untersuchten Arten. Die Geschlechtsöffnung und das Genitalantrum. Die Geschlechtsöffnung (Taf. XX, Fig. 4 und 2, Taf. XXI, Fig. 1, 2,3 und, Taf. XXI, Fig. 2 0) ist ein runder Porus von unbedeutender Größe, der mitten zwischen Mund und Hinterende in der ventralen Medianlinie ge- legen ist. In ihrem Bau verhält sie sich, wie schon früher bemerkt, dem Munde ganz ähnlich. Namentlich ist sie mit Ring- und Radiär- fasern versehen, wie sie denn auch in einen der Pharyngealtasche ent- sprechenden Raum hineinführt, welcher als Genitalantrum bezeichnet wird. Das Antrum welches beiden Geschlechtsprodukten gemeinsam zu- kommt, stellt keineswegs eine geräumige Höhle dar, sondern wird zum 402 Isao lijima, größten Theil durch das freie Ende des Penis oder durch die später zu beschreibenden muskulösen Drüsenorgane, so wie die Falten des An- trums selbst ausgefüllt. Bei Pl. polychroa ist das Antrum einfach (Taf. XXI, Fig. 5 an); dagegen ist es bei D. lacteum und Pol. tenuis durch eine Einfaltung seiner Wandung in zwei Kammern getheilt. In solchen Fällen pflegt man die den Penis enthaltende Abtheilung als Penisseheide (Taf. XXI, Fig. 1, 2u. 3 ps), die durch die Geschlechis- öffnung mit der Außenwelt kommunicirende aber als Vorraum (Taf. XXT, Fig. 4, und 3 vor) zu bezeichnen. Beide stehen durch einen nach hin- ten verlaufenden Kanal in Verbindung, welcher sich auf der Spitze einer mehr oder minder hervorragenden Erhebung in den letzteren öffnet. Diese Erhebung entsteht aus der vorderen und oberen Wand des Vor- raumes, ist nach hinten zu gerichtet und endigt gerade über der Ge- schlechtsöffnung. Der für gewöhnlich nur enge Verbindungskanal wechselt außerordentlich in seiner Weite; er kann sogar zu einem solchen Umfang anwachsen, dass sein Vorhandensein nur durch eine klappenartige Ausbuchtung der Antrumwand angedeutet ist. Bei D. lacteum wurden die zwei Kammern des Antrums schon von Dusts (9) und O. Scaaipr (55) richtig abgebildet. Bei Pol. nigra ist das Antrum nach dem letzteren Forscher (54) einfach wie bei Pl. polychroa. Das Innere des Antrums ist mit einem Epithel ausgekleidet, wel- ches aus kubischen oder cylindrischen Zellen besteht, die an der Ge- schlechtsöffnung in das Körperepithel übergehen. Nach KEFERSTEIN (Polycladen), Moserzy und Kenner (Landtricladen), so wie Minor soll das Epithel des Antrums mit Flimmerhaaren ausgestattet sein. Auf Schnitten von D. lacteum habe ich oft dem Epithel anliegend gefärbte Körnchen gesehen, welche als zerstörte Überreste der erwähnten Flim- merhaare gelten könnten; aber bestimmt kann ich solches nicht bebaup- ten, da es mir nicht gelungen ist, das Epithel in frischem Zustande zu uniersuchen. Überdies habe ich auf Schnitten von Pl. polychroa und Pol. tenuis solche Überreste nicht wahrnehmen können. BeiD. lacteum sind die Epithelzellen der Penistasche besonders in der Nähe des Insertionspunktes des Penis mit intensiv gefärbten Körnern erfüllt, welche den Zellen das Aussehen von Drüsen verleihen. Die von O. Scumipr bei Pl. gonocephala (54) und D. lacteum (55) gefun- denen einzelligen Drüsen, welche sich in das Lumen des Penis öffnen, sind später durch SchnEiper (57) so aufgefasst worden, als ob sie in der Penisscheide ausmündeten, was aber in der That nicht der Fall ist, wie schon Mınor bemerkte. Die Muskulatur der Wand des Antrums, welche dessen Formver- änderung verursacht, besteht aus zwei sich rechtwinklig kreuzenden Unters, über d, Bau u, die Entwicklungsgesch, d, Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 403 Systemen von Muskelfasern. Die dicht unter dem Epithel liegenden sind Ringfasern, die sich zum größten Theil in einfacher Lage vorfinden und kontinuirlich in die äußerste Ringfaserschicht des Penis übergehen. Die darauf folgenden Längsfasern entspringen aus dem den Bulbus des Penis bildenden Filzwerk von Fasern. Der Verbindungskanal zwischen der Penisscheide und dem Vorraum ist noch mit Radiärfasern versorgt, Die männlichen Organe. Die Hoden. Bei den Tricladen sind die blasigen Hoden von rundlicher Gestalt und stets in Mehrzahl vorhanden, wie. dies auch bei den Polycladen der Fall ist. Die vordersten Hoden finden sich unmittel- bar oder kurz hinter den im Vordertheil des Körpers liegenden paarigen Ovarien. Die drei von mir untersuchten Arten besitzen jede eine charakteristische Lage und Anordnung der Hoden, worauf ich besonders aufmerksam machen muss, da solches von OÖ. Scumipr ganz unberück- sichtigt gelassen ist. Bei Pol. tenuis liegen die Hoden an der Bauchseite unterhalb des Darmkanales, zu beiden Seiten der Längsnerven. In Fig. I h (Taf. XX) ist ihre Anordnung dargestellt. Die hintersten finden sich etwa in der Höhe des Mundes. Man sieht, dass Lage und Anordnung der Hoden hier denen der Landtricladen am ähnlichsten sind (vgl. mit 48 und 27), nur stimmt die regelmäßig paarweise Anordnung bei Bipalium oder Geodesmus nicht ganz damit überein. Ziemlich die umgekehrte Lage finden wir bei Pl. polychroa. Die Hoden sind hier auf die Rückenseite oberhalb des Darmkanales be- schränkt und in zwei zu beiden Seiten des Körpers gelagerten Zonen angeordnet, wie es auch an der Bauchseite von Pol. tenuis der Fall ist. Bei Pl. polychroa aber erstrecken sich die Hoden bis zum Schwanz- ende. Auf Querschnitten erkennt man, dass jede Zone nach der Breite aus vier bis fünf neben einander liegenden Hodenbläschen besteht (Taf. XX, Fig. 14 h). Am zahlreichsten sind die Hoden bei D. lacteum. Hier liegen sie ober- und unterhalb des Darmkanals bis zum Schwanzende hin, ohne sich auf eine bestimmte Zone zu beschränken. Ein Querschnitt vom vorderen Körpertheil zeigt, dass die Hoden an der Rücken- und Bauch- seite in einfacher Lage angeordnet sind, in den Septen aber fehlen. In der Gegend der Rüsseltasche und der äußeren Genitalien nehmen sie nur den seitlichen Theil des Körpers ein (Taf. XX, Fig. 15 h). Weiter hinten zeigen sie dieselbe Anordnung wie im vorderen Körpertheil. Bei allen Arten sind die Hoden, sobald sie zur Reife gelangten, 404 Isao lijima, eng an einander gepackt. Die segmentale Anordnung der Hoden, welche Gundain so auffallender Weise zeigt, ist kaum zu erkennen. In einem früheren Stadium sind die Hoden, wie bei den unent- wickelten Cestodengliedern, solide Zellenhaufen (worauf Lang [38] zu- erst aufmerksam gemacht hat), die offenbar in einem Lückenraum des Mesenchyms liegen. Wenn die Zellen sich in der Folge vermehren, dann sind es immer die am weitesten nach innen liegenden, welche zu- erst sich theilen und zu Spermatozoen entwickeln. Sobald dieser Pro- cess eintritt, bildet sich im Innern eine Höhle, in welcher alle Entwick- lungsstadien der Spermatozoen zu finden sind. Diese Höhle vergrößert sich in dem Maße, als Spermatozoen entstehen, wobei die peripherisch liegenden Spermamutterzellen eine Zeit lang die Epithelbekleidung der inneren Höhle bilden. Nach außen sitzen diese peripherischen Sperma- mutterzellen höchstens auf einer feinen Tunica propria, welche offenbar dem Gebilde entspricht, das KenneL (27) als fein fibrilläre oder MoseLry (48) als innere derbe Umhüllungsmembran bezeichnet hat. Als äußere Wandung der Hoden beschreibt Moseıey ein lockeres Gewebe, und auch Mınxor (47) schreibt den Hoden eine Kapsel zu. Es kann dies Beides wohl nichts Anderes sein als umliegendes Mesenchymbindege- webe. Wenn alle Spermamutterzellen zu Spermatozoen entwickelt sind, was noch vor der Zeit der Eiablage geschieht, so findet man an Stelle der Hoden nur noch eine geräumige Höhle im Mesenchym, deren Wan- dungen bald zusammenfallen. Auf Schnitten von Pl. polychroa, die im . Herbst und Winter angefertigt wurden, besteht die erwähnte periphe- rische Schicht der Hoden größtentheils aus einer oder mehreren Zellen- lagen, aber oft sind am unteren Theil der Hoden die Spermamutterzellen nicht mehr vorhanden (Taf. XX, Fig. 14), so dass hier die Grenze der inneren Höhle gegen das Mesenchym nur durch eine feine Linie (Tunica propria) gebildet wird. | Die reifen Spermatozoen von D. lacteum sind ‚ußetördenich lange feine Fäden (0,2 mm lang), an denen ich Kopf und Schwanzende nicht unterscheiden konnte. Vielleicht würde eine genauere Untersuchung, eine ungleichmäßige Zuspitzung beider Enden ergeben. Solche Formen werden ja sehr häufig bei den Rhabdocoeliden gefunden (GraArr, 21, p. 154). In Fig. 23 (Taf. XXI) sind einige Spermatozoen von D. lacteum dargestellt, welche den Vasa deferentia entnommen und in Blut von Limnaeus untersucht wurden. Diejenigen, welche nicht weit von dem einen Ende eine Anschwellung von körnigem Aussehen besitzen, sind noch nicht zu vollständiger Reife gelangt. Die Spermatozoen von Pl. Polychroa und Pol. tenuis habe ich nicht untersucht. Die Vasa deferentia. Bei den von mir untersuchten drei Arten Unters. über (. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 405 sind die mehr oder minder gewundenen Vasa deferentia zu beiden Seiten der Pharyngealtasche nach innen von den Längsnerven und Ovi- dukten und unterhalb des Darmkanals gelagert (Taf. XX, Fig. 1, Taf. XXI, Fig. 4, 2 und 5, Taf. XXI, Fig. 2 vd). Es muss hervorgehoben wer- den, dass beiPl. polychroa kein einziger der Hoden mit dem Samen- leiter in Berührung kommt, da erstere ausschließlich oberhalb des Darmes gelagert sind. Wenn bei Pol. tenuis und D. lJacteum einige Hoden in unmittelbarer Nachbarschaft der Vasa deferentia gesehen wer- den, so ist diese Berührung vermuthlich nur dadurch zu Stande ge- kommen, dass die Hoden ebenfalls unterhalb des Darmes gelegen sind. Die an der Rückenseite liegenden Hoden von D. lacteum sind so weit von den Vasa deferentia entfernt, wie die von Pl. polychroa. Nach vorn endigen die Vasa deferentia blind, kurz hinter dem Insertionspunkte des Pharynx. Die blinde Endigung habe ich am entschiedensten auf Serien- schnitten von Pl. polychroa beobachtet, wo das blinde Ende mit pigmentirtem Bindegewebe bedeckt war. Hinter der Pharyngealtasche konvergiren die beiden Vasa deferentia medianwärts, dann aber, unge- fähr an der Basis des Penis, steigen sie nach aufwärts, um sich schließ- lich in das Lumen des Penis zu öffnen. Bei Pl. polycehroa und Pol. tenuis gehen sie ein wenig weiter nach hinten, als der basale Theil des Penis reicht, doch Diegen sie, bevor sie in den Penis eintreten, wie- der etwas nach vorn um. . Die Wandung der Vasa deferentia besteht aus einem Epithel von niedrigen oder eylindrischen Zellen (Taf. XXI, Fig. 22), welche keine Flimmerbaare zu tragen scheinen. Wenn die Samenleiter mit Sperma gefüllt sind, so platten sich die Epithelzellen ab. Eine Muskulatur fehlt den Wandungen durchaus. Hinsichtlich der Kommunikation zwischen den Hodenbläschen und den Vasa deferentia ist zu erwähnen, dass Moserey bei Bipalium die ersteren direkt in die letzteren sich öffnen sah. Bei Geodesmus wird nach Kenner die Kommunikation durch einen kurzen Kanal bewerk- stelligt, welcher vermuthlich nichts Anderes ist als ein ausgestülpter Theil der Wandung des Samenleiters oder eine Verlängerung der Hoden. Bei Rhyncehodesmus, wo die Vasa deferentia im Gegensatz zu Bipa- lium und Geodesmus die vorderen Hoden nicht erreichen, beginnen dieselben erst bei den hintersten Hoden, ein Umstand, der MosELEY und Kenner Veranlassung zu der sehr glaublichen Vermuthung gegeben hat, dass hier die dicht hinter einander liegenden Hoden mitunter durch- brochen würden und einen Schlauch bildeten, welcher mit den Vasa deferentia in Verbindung stehe. Max Scuurtze (60) und Minor (47) glaubten feine Kanäle gesehen zu haben, welche einzelne Hoden mit den 406 Isao lijima, Vasa deferentia verbänden, wovon ich aber niemals etwas wahrge- nommen habe. Die zwischen den Hoden verlaufenden Nervenfasern, welchen ich einige Mal auf Horizontalschnitten von D. la cteum begegnet bin, haben freilich auf den ersten Blick das Aussehen von Kanälen, die von (der Länge nach parallel mit der Längsachse der Kanäle angeordne- . ten) Spermatozoen erfüllt sind, so dass ich selbst sie für solche gehalten habe, bis ich meinen Irrthum gewahr wurde. Die Lage der Hoden in den Septen zwischen den Darmästen bei Gunda segmentata bewog Lang, die Ansicht Kenner’s in Bezug auf Rhynchodesmus, dass sich die Hoden in einander öffnen, zu verwerfen. Lane lässt die Verbindung dadurch zu Stande kommen, dass jeder Hoden sich median- und ventralwärts nach hinten zieht und die so gebildete Verlängerung direkt in die Wand des Samenleiters übergeht. Dass sich die Hoden in die Samenleiter an jener Stelle öffnen sollen, wo beide sich berühren, wie MoseLry solches bei Bipalium gefunden hat, scheint mir außerordentlich wahrschein- lich. Da aber auch die weiter entfernt liegenden Hoden ihren Inhalt in den Samenleiter zu entleeren haben, so geht Lane noch einen Schritt weiter, indem er den letzteren selbst sich dadurch bilden lässt, dass die Verlängerungen der auf einander folgenden Hoden mit einander ver- schmelzen. Ich muss diese Lang’sche Auffassung jedoch für vollkommen unbegründet erklären, zumal derselbe die Samenleiter bei Gunda nie ganz entwickelt vorgefunden, also selbige nie sich bis zum vordersten Hodenpaareerstrecken gesehen hat. Ich zweifle auch daran, dass sich bei Gunda jemals die Samenleiter bis zum vorder- sten Hoden hinziehen oder so weit nach hinten ausdehnen, dass sie die Entleerung der in dem Schwanztheil gelegenen Hoden vermitteln könnten. Bei den von mir untersuchten drei Arten weiß ich nach Untersuchung eierlegender Thiere ganz sicher, dass die Samenleiter sich niemals weiter entwickeln als bis zu dem Umfang, welchen ich bereits vorher ange- deutet habe. Ich habe mich auch davon überzeugt, dass man bei jungen Thieren mit unverkennbaren rundlichen Hoden, welche Spermato- zoen auf einer noch sehr primitiven Entwicklungsstufe enthalten, die Samenleiter als solide oder doch enge Röhren findet, welche durchaus keine Äste oder Öffnungen in ihrer Wand aufweisen. In einem solchen Fall, wie bei Pl. polychroa, wo, wie erwähnt, die Hoden oberhalb des Darmes liegen, kann man dies leicht außer Zweifel stellen. Diese Thatsache spricht geradezu gegen die Lang’sche Auffassung, andererseits aber für eine selbständige Entstehung der Samenleiter unabhängig von den Hoden. Wie werden nun aber die Spermatozoen in die Vasa deferentia ein- geführt? Bevor wir diese Frage beantworten, sei zunächst erwähnt, dass Unters. über d. Bau ı1. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 407 eine große Anzahl von ihnen, insbesondere die, welche in den weiter von den Vasa deferentia entfernt liegenden Hoden entstanden sind, nie- mals in jene zu gelangen scheinen, wie dies auch bei Bothriocepha- lus und anderen Bandwürmern mit zahlreichen Hoden der Fall ist. Ich bin zu diesem Schluss durch Betrachtung von Schnitten solcher Thiere gelangt, welche schon einige Mal Kokons abgelegt hatten. Die Hoden selbst waren nicht mehr nachzuweisen. Hier und da sind sie noch durch zusammengefallene Höhlen angedeutet, welche früher die Hoden enthielten, doch sind viele dieser Höhlen offenbar gänzlich durch den - Druck der wachsenden Dotterstöcke verschwunden. Die Spermatozoen finden sich bald in kugeligen Haufen, bald einzeln in nur geringer An- zahl, theils in diesen Höhlen, theils in den Mesenchymlücken, und mit- unter selbst den Dotterzellen beigemischt. Manche sind sogar im Stande mit den Dotterzellen ihren Weg in die Ovidukte zu finden, in denen sie vermuthlich, da sie durch eine Begattung in andere Individuen nicht hineingelangen können, bald zu Grunde gehen. In der Gegend der Vasa deferentia fand ich überdies große Haufen von Spermatozoen (vor oder während der Zeit der Eierablage) weder in besonderen Kanälen, noch in der direkten Verlängerung der Hoden selbst, sondern in den erweiterten Lückenräumen des Mesenchyms. Freilich kann man dieses Verhalten dahin deuten, dass die Spermato- zoen enthaltenden Räume eine Fortsetzung derjenigen darstellten, in welchen vorher die Hoden gelagert waren und die ja selbst in letzter In- stanz nichts Anderes als Lücken des Mesenchyms darstellen. Die Ent- fernung der Spermahaufen von der Wand der Vasa deferentia ist eine verschiedene. An vielen Stellen sind dieselben auch mit den letzteren in Berührung getreten und dann zeigt die Wand auch wohl Öffnungen, durch welche die Spermatozoen ihren Weg ins Innere finden mögen (Taf. XXI, Fig. 22). Aus der obigen Beobachtung schließe ich, dass die Spermatozoen die Vasa deferentia durch die Mesenchymlücken hindurch erreichen. Diejenigen Hoden, welche von Anfang an in Berührung mit den Vasa deferentia sich befanden, können ihren Inhalt direkt in die letzteren entleeren, wie es bei Bipalium immer stattzufnden scheint. Dabei scheint mir übrigens auch das Öffnen der Hoden in einander, von wel- | chem MoseL£ey und KenneL — bei den Cestoden auch BÖTTIcHER u. A. — sprechen, für unsere Süßwassertricladen sehr wahrscheinlich. Der von mir hier angenommene Durchgang der Spermatozoen durch ‚ das Mesenchym erscheint auf den ersten Blick allerdings sehr sonder- bar. Aber durch Grarr (21, p. 161) haben wir erfahren, dass bei Acoelen undAlloioccelenunter den Rhabdoeoeliden ‚ welchen Zeitschrift f, wissensch. Zoolorie. XL. Bad. 38 408 Isao Iijima, die Vesicula 'seminalis oder die Vasa deferentia gänzlich fehlen, die Spermatozoen ihren Weg ebenfalls durch das Parenchym ' finden. Duprgssist behauptet ein Gleiches für Otomesostoma morgiense Graf (Mesost. morgiense Duplessis), Moxizz für die Cesioden. Übrigens scheint es mir, als wenn die Dotterzellen auch bei den Tricladen in ähn- licher Weise durch die Mesenchymlücken sich hinschieben, um durch die Öffnungen der Ovidukte aufgenommen zu werden. Der Penis. Das männliche Begattungsorgan besitzt eine cylin- drische oder konische Gestalt. Der abgerundete basale Theil ist in dem Mesenchym eingebettet und das spitze nach hinten gerichtete Ende liegt frei in der schon beschriebenen Penisscheide. In Gestalt und Bau des Penis zeigen die drei Arten merkwürdige Unterschiede, so dass ich die- selben getrennt zu betrachten genöthigt bin. Schenken wir zunächst unsere Aufmerksamkeit dem Penis von P|. polychroa (Taf. XXI, Fig. 5 p). Derselbe kann in drei Abschnitte ge- theilt werden; diese sind: 1) der basale Theil von nur geringer Größe, 2) der mittlere knollige Theil, in dem der Penis seine größte Dicke er- reicht, und 3) der freie langgestreckte Theil, der am Ende stumpf zu- gespitzt ist. Der aus einem Filzwerk von Muskelfasern bestehende basale Theil enthält eine kleine Höhle, welche von einem aus cylindrischen Zellen bestehenden Epithel ausgekleidet wird. In sie münden die bei- den Vasa deferentia ein. O. Scanımr (56), der sonst den Penis von Pl. polychroa ganz richtig abgebildet hat, lässt die Samenblase, wie er diese Höhle nennt, in einem »weichkörnigen Parenchym« liegen, woran, wie ich glaube, seine Untersuchungsmethode die Schuld trägt. Aus dem oberen Theil der Samenblase geht der nach hinten und oben gerichtete Penisgang ab. Derselbe krümmt sich bald wieder rach unten und bil- det im Centrum des Knollens eine Erweiterung, aus welcher er, sich abermals verengernd, nach hinten fortgeht, bis er sich an der Spitze des Penis nach außen öffnet. Die Erweiterung in dem Knollen ist mit einem Epithel von cylindrischen Zellen ausgestattet; im Übrigen ist das Epithel des Penisganges von unbedeutender Höhe. Der mittlere knollige Theil wird durch ein Filzwerk oder einen Knäuel von dicht gedrängten Muskel- fasern gebildet. Zwischen den Fasern zerstreut finden sich wenige Kerne, welche dem Bindegewebe angehören. Die Fasern lösen sich von dem Knäuel ab. Nach vorn gehend bilden sie den schon beschriebenen basalen Theil; nach hinten verlaufen sie parallel, unı die Längsfasern des Antrums und die des freien Theiles vom Penis zu bilden. Dieser leiztere Theil ist äußerlich von einem niedrigen Epithel bekleidet. 1 »Notice sur nouveau Mesostome, Mesost. morgiense.« Bull. Soc. Vaud. Tome XIV. Lausanne 4876. Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 409 Darunter folgt eine Schicht von Ringmuskelfasern, welche kontinuirlich in die des Antrums übergeht. Der Penisgang ist in diesem Theile auch mit Ringmuskelfasern ausgestattet. Zwischen beiden Schichten von Ringmuskelfasern findet sich eine breite Zone von Bindegewebszellen, welche von den Radiärmuskelfasern und den oben erwähnten Längs- fasern durchsetzt wird. Der Penis von Pl. polychroa ist sehr beweglich und verändert seine Gestalt außerordentlich, wie schon O. Scauipr (56) bemerkt hat. Dass er gelegentlich die Gestalt annimmt, welche Scamipr in seiner ' Fig. 6 abbildet, habe ich ebenfalls gesehen. Der Penis von Pol. tenuis ist nicht so langgestreckt wie der von Pl. polychroa. Er stellt einen Kegel mit abgerundeter Basis dar (Taf. XXI, Fig. 22). Die Vasa deferentia treten an der Basis des Penis und an dessen seitlichem Theil in einen Hohlraum hinein, welcher der Samen- blase der Pl. polychroa entspricht. Der Penisgang ist kein enger Kanal, wie im vorigen Falle, sondern stellt eine eigenthümliche Höhle dar, welche durch mehrere Falten der Peniswandung verengert wird. Den Querschnitt des Penis mit solchen nach innen vorspringenden Falten zeichne ich auf Taf. XXI, Fig. 18. Die Falten verlaufen der Länge nach und so sind sie auf Fig. 2, welche dieselbe darstellt, theils in ganzer Länge, theils auch gar Bicht getroffen. Der basale Theil der Penishöhle ist mit einem Cylinderepithel ausgekleidet; nur auf den Falten sind die Epithelzellen außerordentlich abgeplattet. Die Penishöhle öffnet sich am ‚ freien Ende des Penis durch eine runde Öffnung nach außen. Die Wand des knolligen basalen Theiles des Penis wird durch ein Filzwerk von Muskelfasern gebildet, von dem nach hinten Längsfasern in das freie ‚, Ende des Penis und zu der Wandung der Penisscheide abgehen. Dicht unter dem äußeren Epithel des Penis liegt eine ansehnlich entwickelte ; Schicht von Ringmuskelfasern. Das äußere Epithel besteht aus Zellen, ' deren Grenzen nicht deutlich sind. An der größeren (hinteren) Hälfte ‚ des freien Theiles schließt das Epithel sehr eigenthümliche Körper ein, \ welche einigermaßen an die Rhabditen erinnern. O. Scrmipr (54) hat auf dem Penis seiner Pol. nigra mehrere ‚ Kreise von Stacheln gefunden und beschreibt sie mit folgenden Worten: »Diese haben das Aussehen eines gebogenen Vogelschnabels und be- ‚ stehen aus zwei getrennten Hälften, die am Grunde in eine gemein- ‚ schaftliche plattenförmige Basis übergehen.« Bei Pol. tenuis ist nichts ‚ dergleichen vorhanden. Trotzdem zweifle ich nicht, dass die Gebilde bei Pol. tenuis, über welche ich jetzt handle, die Homologa seiner »Stacheln« sind. Sie sind zwiebelförmige, solide und stark lichtbrechende ‚ Körper, welche sich gut färben lassen und derart in das Epithel einge- 28* 410 Isao lijima, bettet sind, dass sie ihre zugespitzten Enden nach der Oberfläche zu richten. Auf Querschnitten (Taf. XXI, Fig. 20) alterniren die Körper mit den Kernen des Epithels. Auf Flächenschnitten dagegen (Taf. XXI, Fig. 19) erscheinen sie rund und liegen einzeln in einem Raum, welcher durch vier neben einander liegende Kerne begrenzt wird. Über die physiologische und morphologische Bedeutung dieser Körper wage ich nichts Bestimmtes zu behaupten. Ich wende mich nun zu dem Penis von D. lacteum. Hier stellt der Penis fast eine Hohlkugel dar; nur an seinem freien Theile ist er ein wenig ausgezogen (Taf. XXI, Fig. 4 p). Die Vasa deferentia treten in den Penis wie gewöhnlich ein. Die Penishöhle ist verhältnismäßig geräumig und von einem drüsigen Epithel ausgekleidet, welches eine Menge von kleinen Zapfen bildet. Die Zapfen scheinen dadurch zu Stande zu kommen, dass die Zellen von verschiedener Höhe sind, nicht aber durch die Erhebung des Grundgewebes. Das Epithel ist mit Körnern erfüllt, die sich stark färben, so dass weder die Zellgrenzen noch die Kerne sichtbar sind. Der Rest der Wand des knolligen Theiles vom Penis wird durch ein Filzwerk von Muskelfasern gebildet, von der nach hinten theils in das Bindegewebe des freien Penis, theils auch gegen die Ringfaserschicht der Penisscheide hin Längsfasern abgehen, wie dies schon oben beschrieben wurde. Das äußere Epithel des freien Theiles bietet auf Flächenschnitten ein merkwürdiges Aussehen dar. Ich habe dies auf Taf. XXI, Fig. 17 dargestellt. Man sieht von der Umgebung des Kernes stark gefärbte Fäden ausgehen, welche netzartig mit den Ausläufern anderer Kerne anastomosiren. Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Maschen wirklich Lücken sind oder ob sie nur Räume darstellen, in welchen die Zellenleiber außerordentlich abgeplattet sind. Unter dem Epithel folgt eine Schicht von Ringmuskelfasern, wie bei den anderen Arten. Der Penis von D. lacteum besitzt noch eine eigenthümliche Ein- richtung, welche sich bei den anderen Arten nicht findet. Der Rand der Penisöffnung ist nämlich nach innen in die Penishöhle umgeschlagen und bildet so ein ansehnliches klappenartiges Rohr (Taf. XXI, Fig. 1 P). Im Zustande der Ruhe ist dasselbe also nach vorn gerichtet, doch kann es auch handschuhartig nach hinten zu vorgestülpt werden, wodurch die Länge des Penis bedeutend vermehrt wird. Nach Duvess (9) ist der freie Theil des Penis mit einer Ringfurche versehen. Sie kommt dadurch zu Stande, dass das Rohr ausgestülpt wird. Richtiger ist die Darstellung von O. Scauıpr (55), der dieses un- gemein dehnbare Organ als Flagellum bezeichnet. Näheres über: seinen Bau ist aus den Scaumpr’schen Abbildungen nicht zu erkennen. Im Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 4 1 Zustande der Ruhe ist der freie Rand des Organs trompetenartig (Taf. XXI, Fig. A) nach hinten und außen umgebogen. Die Außenfläche, welche beim Ausstülpen natürlich nach innen liegt, ist glatt und von einem außerordentlich flachen Epithel bekleidet. Die innere Fläche dagegen besitzt eine Anzahl von auf einander folgenden tiefen Ringfurchen, so dass sie auf Längsschnitten ein gezähntes Aussehen darbieten. Das Epithel hat hier ganz das drüsige Aussehen wie in der Penishöhle. Aber es bekleidet, ohne Zapfen zu bilden, die Einsenkungen und Erhebungen der Fläche in gleichmäßiger Dicke. Längsmuskelfasern verlaufen in dem Bindegewebe des Organs, nach einem System von Ringfasern aber habe ich vergeblich gesucht. | | Die weiblichen Organe. Das Ovarıum. Bei den Tricladen ist ein einziges Paar von Ova- rien vorhanden. Polycelis tenuis besitzt freilich, was mir von großem Interesse zu sein scheint, noch ein zweites Paar (Taf. XX, Fig. A und Taf. XXI, Fig. 14 005), aber dasselbe bleibt immer, so viel ich weiß, rudimentär und ohne Eier, so dass man auch hier von nur einem Paare sprechen kann. Die auffallende Angabe von Harızz (22, p. 58), dass die Dendro- coelen, und darunter auch die Tricladen, die Ovarien in zahl- reicher Menge zerstreut im Mesenchym aufweisen, erklärt sich dadurch, dass derselbe wahrscheinlich die Querschnitte des Dotterstocks für Ovarien gehalten hat. Bei allen drei Arten sind die Ovarien in dem vorderen Körpertheil gelagert, und zwar ventralwärts von den Darmästen (Taf. XX, Fig. 13 ov). Gewöhnlich kommt ihr oberer Theil zwischen zwei seitliche Darmäste zu liegen, aber es giebt auch Fälle, in denen ein Darmast direkt darüber hinläuft. Bei D.lacteum und Pl. polychroa (Taf. XXI, Fig. 4, 2 und 6 ov) findet man die Ovarien in der Gegend des vierten bis fünften Paares der Darmäste. Bei Pol. tenuis dagegen liegt für gewöhnlich nur ein Paar von Darmästen vor ihnen (Taf. XX, Fig. 4 0v). Stets sind die Ovarien innerhalb der Längsnerven, nie nach außen davon gelagert, wie dies bei Gunda der Fall ist (38, p. 202). Die für gewöhnlich kugelige Gestalt der Ovarien ändert sich bei den verschiedenen Ausdehnungszuständen des Körpers. Wenn MosELEY und Kenner denselben eine umhüllende Membran zugeschrieben haben, so ist diese wohl nichts Anderes als eine dünne Tunica propria. Von den durch Minor aufgefundenen besonderen Kapseln fand ich keine Spur; wahrscheinlich hat derselbe das umgebende Mesenchymbinde- gewebe für solche gehalten, wie er es auch bei den Hoden gethan zu 412 Isao Tijima, haben scheint. Pol. tenuis hat stets ein pigmentirtes Bindegewebe in unmittelbarer Umgebung der Ovarien (Taf. XXI, Fig. 14 »g). Das Ovarium junger Exemplare ist eine solide Masse, die von gleich großen Zellen gebildet wird und dasselbe Aussehen zeigt wie die jungen Hoden. Die Zellgrenzen sind oft nicht wahrnehmbar. Das Protoplasma ist wenig granulirt und die stark gefärbten Kerne zeigen keine deutlichen Kernkörperchen. Ganz wie bei den Hoden sind es auch hier zunächst die im Centrum liegenden Zellen, welche, wie dort zu Spermatozoen, so hier sich zu Eiern entwickeln. In dem Maße, als die Eizellen wachsen, vermehrt sich die Granulirung im Protoplasma; die Kerne, bezüglich die Keimbläschen, hellen sich mehr und mehr auf. Um diese Zeit etwa erkennt man ein oder mehrere Kernkörperchen in den Kernen, die sich durch Größe und starke Färbung auszeichnen. Zwischen den peripherisch gelagerten Eizellen und den am meisten entwickelten sind immer alle möglichen Zwischenstadien zu finden, doch dürften die äuße- ren, wenn sie sich überhaupt jemals zu Eiern entwickeln, dies erst sehr spät thun. Diese peripherischen kleinen Eizellen werden von MosEL£y als »the cellular lining of the sac of the ovary« bezeichnet. Auf Schnitten habe ich zwischen den fast fertigen Eiern oft Lücken- räume gesehen. Jedenfalls liegen dieselben so locker zusammen, dass sie ihre runde Gestalt zu bewahren vermögen. Es erklärt sich dies durch die Annahme, dass das Ovarıum die Tendenz hat nach Art der Hoden eine Höhle in seinem Innern zu bilden. Das Wachsthum der Eier kommt dadurch zu Stande, dass einige der Eizellen ihr Material an die ihnen benachbarten Eianlagen abgeben, wie wir das so vielfach bei den verschiedensten Thieren sehen. Zwischen den wachsenden Eiern er- kennt man schlanke, verästelte Zellen, welche den Eiern gewissermaßen als Umhüllungsgewebe dienen. Die Äste anastomosiren oft mit denen der anderen Zellen, so dass sie eine außerordentlich große Ähnlichkeit mit verästelten Bindegewebszellen besitzen. Und in der That hat man sie auch für solche gehalten; MoseLev, Kenner und Lane bezeichnen sie als Bindegewebszellen. Mir selbst scheint solches indessen nicht be- rechtigt zu sein, denn ursprünglich sind diese Bildungen gewöhnliche Eizellen, nur dass dieselben, anstatt sich weiter zu entwickeln, den werdenden Eiern als Futter dienen, wobei sie dann natürlich degene- riren. Ich habe jetzt noch den bei Pol. tenuis oben als rudimentäre Ovarien bezeichneten Organen einige Worte zu widmen. Dieselben liegen als ein Paar rundliche Körper kurz vor den eigentlichen Ovarien. Wie man auf Taf. XXI, Fig. 1% ov erkennt, stellen sie eine solide koiben- formige Masse am vorderen Ende der Ovidukte dar. Sie sind gewöhn- Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 413 lich kleiner als die wahren Ovarien, aber von derselben Beschaffenheit wie diese im Jugendzustande. In einigen Fällen fand ich sie auch nach innen gebogen, wie die Ovarien bei D. lacteum oder Pl. polychroa. Ihre Lage am Ende des Ovidukts scheint mir anzudeuten, dass sie den Ova- rien der zwei letztgenannten Arten morphologisch eher entsprechen, als die in Thätigkeit befindlichen. Ein dem letzteren homologes Organ würde dann den beiden anderen Arten fehlen. Ob dem wirklich so ist, muss ich freilich vor der Hand dahingestellt sein lassen. Der Ovidukt. Wie die Ovarien, so sind auch die Ovidukte in paariger Zahl vorhanden, indem ein jedes der beiden Ovarien mit einem derselben in Zusammenhang steht. Ich würde darauf kaum ausdrück- lich aufmerksam gemacht haben, wenn nicht gerade die Angaben Harzzz’s mit dieser Thatsache in Widerspruch ständen. Nach ihm ist der Ovidukt ein unpaares in der Medianlinie liegendes Rohr. Wahrschein- lich hat dieser Forscher den sog. Uterusgang für den Ovidukt gehalten. Durch diese Annahme wird es auch erklärlich, dass derselbe einen direkten Zusammenhang zwischen dem Ovidukt und seinen Ovarien nicht finden konnte, welche letztere er fälschlicherweise, wie wir sahen, in größerer Anzahl annahm. Die Ovidukte liegen im größten Theil ihres Verlaufes dicht über den Längsnerven (Taf. XX, Fig. 44 und 45 ovd), so dass man sie auf Querscbnitten sehr leicht auffinden kann. Bei D. lacteum und P|. polychroa (Taf. XXI, Fig. I und 2) nehmen sie ihren Ursprung von den äußeren Seiten der Ovarien: bei Pol. tenuis berühren sie dieselben nur an dieser Stelle, da sie hier von den rudimentären Ovarien aus- gehen (Taf. XXI, Fig. 14). Hinter dem Mund konvergiren die beiden Ovidukte medianwärts, um dann oberhalb des Genitalantrums in die Höhe zu steigen. Ihre Endigung ist bei den einzelnen Arten eine ver- schiedenartige. Bei Pl. polychroa münden sie beide in einen er- weilerten Raum des Uterusganges, kurz bevor sich der letztere selbst in das Antrum öffnet (Taf. XXI, Fig. 5). Bei D. lacteum und Pol. tenuis vereinigen sie sich, bevor sie in das Antrum einmünden, zu einem gemeinsamen Gang, welcher sich wiederum bei jeder Art in be- ‚sonderer Weise verhält. Die Vereinigung der Ovidukte geschieht bei D. lacteum hinter dem Antrum; der gemeinsame Gang geht nach vorn | und öffnet sich in den Kanal zwischen der Penisscheide und dem Vor- | raum (Taf. XXI, Fig. 4), — ein Verhältnis, welches von Dusks (9) und ‚ von O. Senmmpr (55) richtig beschrieben worden ist. R J Bei Pol. tenuis vereinigen sich die beiden Ovidukte über der Penisscheide; der gemeinsame Gang verläuft nach hinten und öffnet sich 414 Isao Iijima, gerade hinter der Öffnung der Penisscheide in den Vorraum (Taf. XXI, Fig. 2 und 3). Im Querschnitt ist der Ovidukt kreisrund. Er besitzt ein Lumen von unbedeutender Größe. Anfangs ist er ein solider Zellenstrang, wie zuerst durch Lang bekannt wurde. Ich habe oft sogar bei schon er- wachsenen Exemplaren von Pol. tenuis das Lumen noch nicht voll- ständig ausgebildet gefunden. Die Wand besteht aus mehr oder weniger cylindrischen Epithelzellen (Taf. XXI, Fig. 7—12 e), die an dem Ver- einigungspunkt des Ovidukts mit dem Ovarium unmerklich in die peri- pherischen Eizellen übergehen. Auf Taf. XXI, Fig. 14 (Pol. tenuis) sind diese Verhältnisse dargestellt. Bei Pl. polychroa bildet der Ovidukt, bevor sein Epithel in das des Ovariums übergeht, eine trichterartige Erweiterung. Hier erreichen die Epithelzellen eine ansehnliche Höhe und besitzen Kerne an der Basis. Querschnitte lassen erkennen, dass die Zellen hier etwa spiralig ange- ordnet sind und im Innern einen Raum für das Lumen frei lassen. 3 Eine Muskulatur fehlt dem Ovidukt gänzlich. . Der Ovidukt von D. lacteum erfordert ebenfalls eine specielle Betrachtung. Fig. 8 und 9 (Taf. XXI) stellen Quer- und Längsschnitte durch dessen hinteren Theil dar, woselbst man seinen Bau am besten studiren kann. Man sieht, dass das Epithel (e) aus kubischen Zellen besteht, deren Protoplasma sich immer gut färbt, unter Umständen so- gar so intensiv, dass es seine Kerne nicht mehr erkennen lässt. Die Zellen tragen starke Cilien, deren spiralige Anordnung auf Querschnitten sehr deutlich zu sehen ist. Auf Längsschnitten überzeugt man sich sofort, dass die Cilien nach hinten zu gerichtet sind. Dieselbe Cilien- anordnung hat MoseLey bei Bipalium und Rhynchodesmus be- 4 schrieben und später Kenner bei Geodesmus. MoseLey vermuthet, dass die Cilien keine schwingende Bewegung ausführen können, und dass sie nur dazu dienen, ein Zurückgleiten des nach außen fortrücken- den Eies zu verhindern. Bei den beiden anderen Arten habe ich keine Cilien in dem Ovi- dukt wahrnehmen können. Was den Ovidukt von D. lacteum noch weiter charakterisirt, ist das Vorhandensein einer zweiten Schicht von Zellen, die nach außen dem Epithel dicht anliegen (Taf. XXI, Fig. 6 bis 9 b). Die Zellen sind bald kubisch, bald cylindrisch, oft auch birn- förmig, mit dem abgerundeten Ende nach der Peripherie zu gerichtet. Das Protoplasma scheint mehr flüssig zu sein, und desshalb ist die Schicht auch von hellerem Aussehen als die des inneren Epithels. Das | letztere ist am vorderen Körpertheil dünn und oft nicht scharf begrenzt, Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 415 so dass es schwierig ist, es als eine Zellschicht zu erkennen, wenn man es nicht vom hinteren Körpertheil her verfolgt hat. Aus diesem Grunde wurde es wohl auch von Kenner übersehen. Seiner Beschreibung nach (27, p. 144) wird die eigentliche Wand des Oviduktes bei D. lacteum durch gedrängte schmale Stiele birnförmiger Zellen gebildet, wie solche auch zahlreich in der Umgebung des Ovi- duktes gefunden werden. Eine Vergleichung seiner Fig. 3 (Taf. VII) und meiner Fig. 10 (Taf. XXI) ergiebt sofort, dass die »birnförmigen Zellen« der äußeren Zellenschicht entsprechen und ferner, dass die » Stiele« nichts Anderes sind als das eigentliche Epithel und die Cilien des Lumens. Der Cilien thut er übrigens keinerlei Erwähnung. Die Einrichtung, vermöge welcher der Ovidukt die Dotterzellen aufzunehmen befähigt wird, ist eine sehr eigenthümliche. Kenner allein hat sie richtig erkannt. Betrachten wir zuerst, wie sie bei Thieren sich verhält, bei welchen die Dotterstöcke zu völliger Entwicklung ge- langt sind. Beinahe in der ganzen Länge des Oviduktes, kurz hinter dem Ovarium beginnend, bis fast zum hintersten Ende, finden sich in der Wand des Ovidukts kleine runde Öffnungen, mittels deren das Lu- men mit den Mesenchymlücken, bezüglich dem Leibesraum in offener Kommunikation steht. Die Öffnungen sind gewöhnlich nach oben ge- richtet, gelegentlich aber auch nach den Seiten. BeiD. lacteum ist jede Öffnung durch eine Knickung des Ovidukts ausgezeichnet, wie auf Taf. XXI, Fig. 7 abgebildet ist. Bei Pol. tenuis scheint sich die Wand des Ovidukts an jeder Öffnung nach außen fortzusetzen, so dass hier jedes Mal ein kurzer Ast gebildet wird (Taf. XXI, Fig. 12 und 46). Die Enifernung der Öffnungen von einander ist im Allgemeinen ziemlich regelmäßig. Ich bin nicht in der Lage gewesen ihre Zahl zu bestimmen; oft habe ich eine oder zwei, gelegentlich aber auch gar keine in einem Sep- tum gefunden. Höchst wahrscheinlich werden sich, wie bei Gunda, die Öffnungen segmental angeordnet finden, entsprechend der segmentalen Gruppirung der Dotterstöcke. Auf Schnitten sieht man sehr leicht, wie die in Stränge ausgezogenen Dotterstöcke an die Öffnungen herantreten (Taf. XXI, Fig. 16), oder wie die von den Dotterstöcken abgelösten Dotter- zellen vor den Öffnungen sich ansammeln, um aufgenommen zu wer- den, auf ganz ähnliche Weise, wie die Aufnahme der Spermatozoen in die Vasa deferentia stattfindet. Bei Thieren, deren Dotterstöcke noch nicht völlig entwickelt sind, tritt jede Öffnung in Zusammenhang mit eigenthümlichen außerordent- lich großen Zellen (Taf. XXI, Fig. 7, 10 und 14 a), auf welche Kenne zuerst bei D. Jacteum aufmerksam gemacht hat. Nur bei Pol. tenuis bin ich nicht im Stande gewesen, diese blasigen Zellen zu konstatiren. 416 Isao Tijima, Diese Zellen haben einen dünnen feinkörnigen Inhalt, offenbar eine geronnene Flüssigkeit, welche oftmals große Vacuolen in sich einschließt. Die Kerne solcher Zellen sind auch bedeutend größer als die des an- liegenden Gewebes. Gewöhnlich findet sich nur eine Zelle gerade an der Öffnung des Ovidukts. Wir können dann wohl sagen, dass das Lumen des letzteren sich nicht in den Leibesraum, sondern in diese Zelle öffnet; ja, bei D. lJacteum sieht man außerordentlich deutlich die Cilien des Lumens in den Zellinhalt hineinragen (Taf. XXI, Fig. 10). Ich habe mehrere Fälle beobachtet, in welchen zwei oder sogar noch mehrere Kerne in einen gemeinsamen Ballen eingebettet waren, so dass ich diesen desshalb als ein Verschmelzungsprodukt mehrerer Zellen betrachten muss. In anderen Fällen waren Übergangsformen zwischen den großen blasigen Zellen und den kleineren von gewöhnlichem Aus- sehen vorhanden (Taf. XXI, Fig. 40 und 44). Ob solehe Übergangs- formen dem Epithel des Oviduktes oder einem anderen Gewebe ange- hören, darüber kann ich kein sicheres Urtheil abgeben. Dass die großen blasigen Zellen übrigens zur Zeit der Eiablage völlig verschwinden, scheint Kenner nicht gewusst zu haben. Nach ihm sind sie auch schon bei Thieren vorhanden, »bei denen die Dotterstöcke noch gar nicht aus- gebildet und in Verbindung mit den Eileitern getreten sind«. Ich kann dieser Behauptung nur mit Misstrauen gegenüber treten, da ich jene Gebilde nie vor dem Auftreten der Öffnungen an dem Eileiter gesehen habe, diese Öffnungen aber erst nach der Verbindung des Bileiters mit der ersten Anlage der Dotterstöcke ihren Ursprung nehmen. Wie es scheint sind KenneL die jungen Stadien der Dotterstöcke nicht bekannt gewesen, und desshalb hat er wohl jene Zellen, nicht aber die Dotter- stöcke selbst erkannt. Ob die großen Zellen wirklich »Drüsengebilde s ui generis« sind, wofür sie Kenner hält, oder ob sie nur gewisse im auf- geblasenen Zustande befindliche Stellen der Oviduktwand darstellen, einen Zustand, der durch das Auftreten der Öffnungen hervorgerufen werden dürfte, darüber habe ich nicht zur Entscheidung kommen können. Der Dotterstock. Der Dotterstock entwickelt sich verhältnis- mäßig spät und erreicht seine völlige Entwicklung erst kurz vor der Zeit der Eiablage, ein Umstand, welcher es erklärt, dass er einigen meiner Vorgänger gänzlich unbekannt geblieben ist. Da die Dotter- stöcke in vollständig ausgebildetem Zustande mächtig entwickelt und so dicht an einander gedrängt sind, dass sich ihre genaue Anordnung nur schwer erkennen lässt, scheint es mir zweckmäßig, die Betrachtung mit den jüngeren Stadien zu beginnen. Im Voraus sei übrigens erwähnt, dass meine Untersuchungen in Bezug auf die Entstehung der Geschlechts- Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 417 produkte Resultate geliefert haben, welche mit denen Lung’s (38) in srößtem Widerspruche stehen. In dem entwicklungsgeschichtlichen Theil meiner Abhandlung wird von diesen Angaben, wie überhaupt von der Entwicklungsweise der Geschlechtsorgane, ausführlicher die Rede sein. Alle die Thiere, welche ich beim Beginn meiner Untersuchung der Schnittbehandlung unterwarf, zeigten die Dotterstöcke noch auf einer primitiven Stufe der Entwicklung. In dem Zustande, den dieselben zeigten, begegnet man auf dem mittleren Körpertheil (Planaria,Poly- celis, Dendrocoelum) streckenweise hier und da verästelten feinen Strängen von Zellen (Taf. XX, Fig. 14 und 45 dis), welche bald kurz, bald auch von ansehnlicher Länge sind. Man findet sie weniger am Rücken als an der Bauchseite; häufig durchziehen sie auch die Sep- ten von.oben nach unten. Bald sind die Stränge außerordentlich ein- fach und dann nur von Zellen gebildet, die in einer Reihe hinter ein- ander liegen, bald sind sie aus mehreren neben einander liegenden Zellreihen zusammengesetzt (Taf. XXI, Fig. 15). In dem ersteren Falle besteht der Querschnitt aus einer einzigen Zelle, in dem letzteren ist er ein rundlicher Zellenkomplex. Die sich stark färbenden Kerne enthalten gewöhnlich mehrere Körner, welche vielleicht als Kernkörperchen zu deuten sind. Das Protoplasma der Zellen ist äußerst feinkörnig und färbt sich ziemlich stark. Die Zellgrenzen sind außerordentlich zart und bisweilen abwesend, so dass die Zellen ein Syncytium bilden. Nur gegen das Mesenchym hin haben die Stränge immer scharfe Konturen. Fassen wir die Anordnung der Stränge noch genauer ins Auge, so erkennen wir auf Horizontalschnitten, dass sie an der Bauchseite viel- fach verästelt sind und häufig mit einander anastomosiren (Taf. XXI, Fig. 5 und 6). Im Allgemeinen sind die Stränge der Quere nach ge- richtet, aber hinter dem Geschlechtsantrum verlaufen sie der Länge nach, um den Övidukt zu erreichen. Bei Pol. tenuis habe ich im Schwanztheil zwei seitliche Hauptstämme wahrgenommen (Taf. XX, Fig. 1), von denen seitlich vielfach verzweigte und anastomosirende Äste ausgingen. Was den Verbreitungsbezirk der Stränge anbetrifft, so finden wir sie ungefähr von der Gegend der Ovarien bis zum Schwanzende, inner- und außerhalb der Längsnerven resp. der Ovi- dukte. Auf der Bauchseite gehen, wie wir auf den Querschnitten er- kannten, von den Strängen mehrere Äste aus, die in den Septen dorsal- wärts aufsteigen und sich oberhalb des Darmes verbreiten. Wie sich alsbald ergeben wird, sind diese Stränge nichts Anderes als die jungen Stadien des Dotterstockes. Auf Horizontalschnitten sieht man die Stränge an jeder Öffnung des 418 Isao lijima, Ovidukts diesen sich annäbern (Taf. XXI, Fig. 6). Noch mehr zeigen Querschnitte (Taf. XXI, Fig. 10—12), an denen man sich überzeugt, dass die Stränge an diesen Stellen von den Seiten oder von oben die Wand des Ovidukts berühren oder mit den großen blasigen Zellen endigen, wie wir dies oben beschrieben haben. Verschwinden die großen Zellen, so können die von dem Dotterstocke abgelösten Dotter- zellen von den Öffnungen der Ovidukte leicht aufgenommen werden. Schon auf der eben beschriebenen Entwicklungsstufe des Dotter- stockes finden wir hier und da ohne bestimmte Regel, was den Ort ihres Vorkommens anbetrifit, einige Zellen der Stränge im Begriff, sich in definitive Dotterzellen umzuwandeln (Taf. XXI, Fig. 15 dz). Dieser Process besteht einfach darin, dass die Zellen an Größe zunehmen, wo- bei eine Aufhellung des Protoplasmas und eine Anhäufung von stark lichtbrechenden Körnern (Dotterkugeln) stattfindet, welche die Fähig- keit besitzen, färbende Substanzen in sich aufzunehmen. Mit der oben beschriebenen Umwandlung der Zellen geht natürlich auch ein Wachsthum der im Jugendzustande nur kleinen Dotterstöcke, so wie eine Vermehrung derselben vor sich, bis sie mit der Ausbildung ihrer Zellen zur völligen Entwicklung gelangen. Wie gesagt, geschieht dies erst kurz vor der Eiablage, in einer Zeit in der die Dotterstöcke den größten Theil des Raumes erfüllen, welcher früher durch Mesenchym- bindegewebe eingenommen wurde. Aber auch dann noch kann man die strangartige Anordnung der Dotterstöcke ohne große Schwierigkeit wahrnehmen (Taf. XX, Fig. 9 und 12, Taf. XXI, Fig. 12 und 16 dis). Bei der von mir untersuchten Geoplana zeigte der völlig ent- 7 wickelte Dotterstock ganz dieselbe Anordnung wie bei den Sübwasser- tricladen. Seinen Zusammenhang mit dem Ovidukt habe ich nicht untersucht. Max SchuLtze (60) scheint die allgemeine Gestaltung annähernd ge- kannt zu haben, da er die Dotterstöcke als »zwei dendritisch verzweigte Schläuche« beschreibt. Er lässt aber die Ausführungsgänge der Dotter- stöcke in den Uterus münden, in welchem sich die »Dottermasse« mit den »Eikeimen« vereinigen soll. ©. Schmivr scheint keine Beobachtun- gen über die Dotterstöcke gemacht zu haben. Moszızy (48) hat bei Bipalium eine kleine Zellenmasse gesehen, welche durch einen Stiel mit dem Ovarium verbunden war und den Dotierstock darstellen soll, ob- wohl er Ähnliches bei Rhynchodesmus nicht gefunden hat. Eben so hielt er die kurzen Verzweigungen des Ovidukts bei Bipalium (p. 138) für den rudimentären Zustand der »branched ovaries«, welche nach ihm die niedriger stehenden Planarien, z. B. D. lacteum, aufweisen. Durch KenseL (27) wissen wir, dass diese Verzweigungen nichts Anderes Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 419 sind als die Ausführungsgänge der Dotterstöcke. Von Minor (47) er- fahren wir ebenfalls sehr wenig über den Dotterstock, für den er den neuen Namen »Eifutterstock « einführt. Harzez sagt in Bezug auf die Dotterstöcke der Süßwasser-Dendrocoelen: »ils sont nombreux comme les ovaires« (22, p. 63). Er betrachtet den Dotterstock überhaupt nur als eigenthümlich differenzirte Partien des Ovariums und deutet die Dotterzellen — in Übereinstimmung mit dem jüngeren van BENEDEN — als Äquivalente der Eier. Da ihm die eigentlichen Ovarien entgangen sind, beruht diese seine Auffassung, obschon sie an sich nicht unwahr- scheinlich ist, für die Tricladen wenigstens, auf einer falschen Voraus- setzung. Wenn derselbe weiter die Dotterzellen nicht als Ernährungs- substanz für die Embryonen gelten lässt, so ist dies eine Ansicht, der ich ganz entschieden enigegentreten muss (vgl. den entwicklungsge- schichtlichen Theil dieser Arbeit). Kenner (27) kannte ebenfalls nicht die wahre Funktion der Dotterstöcke, doch wurde deren Anordnung von ihm richtig erkannt. Übrigens war er, wie ich schon erwähnte, der Erste, der den Zusammenhang der Dotterstöcke mit dem Ovidukt nach- wies. Lane theilte die interessante Thatsache mit, dass bei Gunda segmentata die streng segmental geordneten Dotterstöcke immer paarweise vorhanden und die des einen von denjenigen des nächst- folgenden Segmentes vollkommen gesondert sind. Die Anhangsorgane. Der »Uterus«. Das jetzt zu besprechende Organ wurde von ' meinen Vorgängern schlechtweg als »Uterus« bezeichnet. Nach meinen ' Untersuchungen muss ich es für ein Drüsenorgan halten, dessen Höhlung nichts mit der Vereinigung der sog. Keime und des Dotters zu thun hat. Ich lasse aber einstweilen den alten gewohnten Namen dafür bestehen, da mir dies viel zweckmäßiger zu sein scheint, als eine neue Bezeichnung | | | zu schaffen, die sich auf bloße Vermuthungen über seine Funktion gründet. Bei Pi. polychroa und D. lacteum stellt der sog. Uterus eine Blase von unregelmäßiger Gestalt dar, die vor dem Penis, zwischen diesem und der Pharyngealtasche gelagert ist (Taf. XXI, Fig. A u. 5 uf). ‚Bei Po!. tenuis ist er ein H-förmig verästeltes Rohr, bezüglich dessen ‚ näherer Bildung ich auf Taf. XXI, Fig. 2 ut verweise. Pol. nigra be- ‚sitzt nach O. Scamipr (54) einen Uterus von rundlicher Gestalt, der ‚hinter dem Geschlechtsantrum liegt, wie etwa bei Gunda segmentata ‚(mach Lang). Das gleiche Verhalten stellt auch Rosoz Zoran (70) in seiner anatomischen Darstellung der Pol. nigra dar. Eine besondere Muskulatur habe ich auf der Wand des Uterus nicht 420 Isao lijima, wahrgenommen, obschon eine solche von Minor (47, p. 444) erwähnt wird. Das hohe Epithel der Blase besteht aus birnförmigen Zellen, deren abgerundetes Ende gegen die innere Höhle gerichtet ist. Sie sitzen einer feinen Basalmembran auf. Ihre Kerne sind gegen die Basis zu ge- lagert. Das reichliche Protoplasma ist sehr feinkörnig und enthält, be- sonders in der Nähe des freien Endes, ziemlich stark lichtbrechende Kugeln von verschiedener Größe in größerer oder geringerer Anzahl. Die Kugeln sind homogen und färben sich ziemlich stark, doch bleiben sie unter Umständen auch ganz ungefärbt. Zuweilen sieht man die Kugeln frei in der Höhlung des Uterus liegen. Einmal habe ich bei D. lacteum eine ganze Menge von ihnen, theilweise zu einer homogenen Masse zusammengeflossen, in der Höhlung gefunden. Zweifellos sind sie Sekretprodukte des drüsigen Epithels. Meines Wissens war Lang der Erste, der die oben beschriebenen Körner oder Kugeln im Uterusepithel von Pl. torva und Gunda segmentata gesehen hat; eben so hat er sie mit Sperma untermischt in der Höhlung des Uterus gefunden. Letz- teres aber habe ich bei meinen Arten niemals im Uterus gefunden, eben so wenig wie Eier oder Dotterzellen, obwohl ich besonders zu der Zeit der Eiablage eifrigst danach suchte. Das hintere Ende des blasigen Uterus von D. Jacteum und PI. polychroa setzt sich in einen langen Gang (Taf. XXI, Fig. 1 und 5 uig) fort, welcher nach hinten über den Penis und dessen Scheide hinläuft. Bei Pol. tenuis geht der Uterusgang in der Mitte des Verbindungs- stückes von dem H-förmigen Uterus ab (Taf. XXI, Fig. 2 uig). Bei Pl. polychroa bildet er, bevor er sich in den hintersten Theil des Genital- antrums Öffnet, eine Erweiterung, in welcher die beiden Ovidukte zusammentreffen (Taf. XXI, Fig. 5). Bei den zwei anderen Arten kom- men die Ovidukte nie in Verbindung mit dem Uteruszang. Bei Pol. tenuis öffnet sich der Uterusgang in den Vorraum hinter der Öffnung des gemeinsamen Ovidukts (Taf. XXI, Fig. 2 und 3), bei D. lacteum dagegen an der linken Seite des Vorraums über dem birnförmigen muskulösen Organ’ (Taf. XXI, Fig. 4 mus.dr). Das Epithel des Ganges ist niedrig, setzt sich aber kontinuirlich in das Epithel des Uterus selbst fort. Seine Muskulatur ist ziemlich mächtig entwickelt und besteht aus Ring- und Längsfasern, die von einem Sysiem radialer Fasern durch- setzt werden. x Betreffs der wahrscheinlichen Funktion des sog. Uterus mache ich auf die Beschaffenheit der oben erwähnten Sekretmasse aufmerksam. Das bedeutende Lichtbrechungsvermögen so wie das homogene Aus- | sehen derselben sprechen für eine größere Konsistenz, als die jener Flüssigkeit, in welcher die Spermatozoen oder die Dotterzellen und Eier Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen)., 421 schwimmen. Nun bietet in meinen Schnitten von D. lacteum, welche den ganz neu gebildeten Kokon noch in der Penisscheide enthalten zeigen, die Kokonschale ganz dasselbe Aussehen dar, wie das Sekret- produkt des Uterus. Könnte nicht also die Kokonschale als ein Sekret des sog. Uterus entstanden sein, — bei unseren Thieren also Verhält- nisse obwalten, wie sie zuerst von LeuckArT bei den Trematoden und Cestoden durch den Nachweis der sog. Schalendrüse konstatirt sind, eines Gebildes, dessen Drüsenzellen dann vielleicht in den oben be- schriebenen Epithelzellen ihre Vertreter finden würden? ScHNEIDER (57, p. 46) meint, die Ei- oder Kokonschale von Mesostomum Ehrenbergii sei eine Bildung der das Ei umgebenden Dotterzellen, — eine Ansicht, welche durch GrArr und Andere widerlegt wurde. GRAFF (21, p. 144) giebt an, dass die Schale bei den Rhabdocoeliden aus dem Epithel des sog. Uterus herstammen könne. Dass die Kokonschale der Süßwassertricladen wirklich ein Sekretprodukt ist, darüber kann kein Zweifel sein. Anfangs ist sie eine zarte Membran, welche sich erst im Laufe der Zeit härtet und färbt, gerade wie die Eischale der parasiti- schen Plattwürmer oder die Kokonschale der Hirudineen. Während der Zeit der Eiablage habe ich genügende Beobachtungen gemacht, um zu behaupten, dass die Bildung des Kokons bei D. lac- teum in der Penisscheide geschieht, nachdem sich die Dotterzellen resp. Eizellen daselbst in großer Menge angesammelt haben. Auch die Ausmündung des Ovidukts, wie sie aus Fig. 4 (Taf. XXI) zu ersehen ‚ist, spricht für eine Anhäufung der Dotterzellen und Eier in der Penis- scheide. Freilich scheint die Vermuthung, dass die Kokonschale bei dieser Art das Produkt des Uterus sei, auf den ersten Blick desshalb kaum annehmbar, weil der Uterusgang. bei dieser Form nicht in die Penisscheide, sondern in den Vorraum sich öffnet. Überdies besitzt, ‚ wie wir gesehen haben, das Epithel der Penisscheide ein drüsiges Aus- sehen, was man gleichfalls für die Annahme einer Abscheidung der ' Schalensubstanz durch dieses Epithel geltend machen könnte. Von Pol. 'tenuis und Pl. polychroa habe ich keine Exemplare mit neugebil- ‚detem Kokon im Körperinnern untersuchen können. Dass aber die ge- ‚ waltige Anhäufung der Dotterzellen, resp. der Eier behufs Einschließung ‚in die Kokons, auch hier nicht im Uterus stattfindet, scheint mir sehr wahrscheinlich. Es würde dies Verhalten ganz dem entsprechen, wie ‚wir es bei D. lacteum gesehen haben. Dazu kommt noch, dass die ‚eigenthümliche H-förmige Bildung des Uterus bei Pol. tenuis eine ‘solche massenhafte Anhäufung an einer Stelle unmöglich macht. Ob übrigens die Kokonbildung bei Pol. tenuis im Vorraum oder in der Penisscheide stattfindet, ist völlig gleichgüliig, weil hier sowohl Uterus- \ 429 Isao lijima, gang wie Ovidukt in den Vorraum sich öffnen. So kann ich wohl un- beanstandet vermuthen, dass bei Pol. tenuis so gut wie bei PI. polychroa die Kokonbildung in dem Genitalantrum stattfindet und ferner, dass die Substanz der Schale von dem Uterus geliefert wird, und letzteres um so mehr, weil bei diesen Arten das Epithel des An- trums keine drüsige Beschaffenheit zeigt. Der lange Stiel, mit welchem der Kokon von Pl. polychroa versehen ist, soll nach GrArr (21, p. 144) bei den Rhabdocoeliden in dem Uterusgang gebildet werden. Endlich möchte ich erwähnen, dass jene Höhlung, welche bei den Landtricladen von Mossezey und Kenner als Uterus bezeichnet wird, nicht dem oben beschriebenen Uterus der Süßwassertricladen entspricht. Es scheint dieses Drüsenorgan bei den Landtricladen zu fehlen und der sog. Uterus derselben vielleicht nur ein Theil des Antrums zu sein. Dann aber ist es räthselhaft, woher bei diesen Formen die Kokonschale stammt. Das muskulöse Drüsenorgan (Taf. XXI, Fig. 4 u. 3 mus.dr). Mıx Scaurtze (60) sah zur Seite des Geschlechtsantrums ein eigenthüm- liches birnförmiges Organ, von dem er behauptet, es käme bei Pl, torva und nigra vor. Später wurde es durch O. Scanmıpr bei D. lac- teum, Pl. torva und Pl. polychroa gefunden. Einen besonderen Namen hat ihm Niemand gegeben und auch ich unterlasse es, ihm einen solchen beizulegen, will es vielmehr nur durch die unbestimmte Be- nennung, »muskulöses Drüsenorgan«, bezeichnen. Über seine Natur bin ich nicht ins Klare gekommen, obwohl es mir außer Zweifel steht, dass ihm gewisse sekretorische Funktionen obliegen. Bei Pl. polychroa habe ich dieses Organ niemals gefunden. O. Scnmipr (56) bildet es jedoch auch hier ab und bemerkt dabei: »Das accessorische kolbige Organ ist besonders bei den mittelgroßen Indivi- duen sehr deutlich; dagegen war es bei vielen großen geschlechtsreifen Individuen so undeutlich, obwohl schließlich nachzuweisen, dass, hätte ich (0. Scamivr) nur solche Exemplare zur Untersuchung gehabt, der Nachweis desselben sehr zweifelhaft gewesen sein würde.« Wie freilich ein solch massiges und ausgeprägtes Organ bei großen Thieren undeut- lich werden kann, ist mir unklar. Bei erwachsenen Exemplaren von D. lacteum ist das Organ stets vorhanden (Taf. XXI, Fig. I mus.dr). Es ist hier von mächtiger Ent- wicklung, fast so groß wie der Penis, so dass man es schon an leben- den Thieren deutlich erkennen kann. Es liegt an der linken Seite des Penis und hinter demselben. Das dickere Ende des zwiebelförmigen Organs ist im Mesenchym eingebettet, während das spitze Ende frei in einer Scheide liegt, welche durch Verlängerung des Vorraums gebildet ! ! | { Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen), 423 wird. Wie Scanr angiebt, enthält es im Innern ein Lumen, welches sich an der Spitze nach außen öffnet. Es reicht ungefähr bis zwei Drittel der Länge des Organs in dieses hinein und erweitert sich an seinem blinden Ende ein wenig. Ausgekleidet ist dasselbe mit einem ' Epithel von ceylindrischen Zellen, welche an dem blinden Ende die größte Höhe erreicht. Kerne sind nachweisbar, aber die Zellgrenzen treten gar nicht deutlich hervor, da die Zellen ganz mit schwach gefärb- ten Körnern erfüllt sind. Ein Theil wenigstens von diesen Körnern scheint von den in dem Mesenchym eingebetteten einzelligen Drüsen zu “ stammen, auf welche ich bald zurückkommen werde. In der Umgebung des Lumens besteht der kolbige Theil des Organs aus einem Filzwerk ‘ von dicht an einander liegenden Muskelfasern, welche an dem schmalen | freien Ende des Organs zu Längsfasern ausgezogen sind. Die Ringfaser- \ schicht hat eine eigenthümliche Lagerung. Auf Taf. XXI, Fig. I mus.dr | ist diese Schicht im Querschnitt durch eine starke Linie dargestellt. In ‘ dem freien Theil des Organs liegt die Ringfaserschicht dicht unter dem Epithel des Lumens, also nach innen von den Längsfasern. Verfolgen ‘ wir diese Schicht nach dem kolbigen Theile hin, so sehen wir, wie sie ; weiter und weiter von dem Epithel des Lumens zurücktritt, bis sie ‘ schließlich an der Peripherie das Faserfilzwerk berührt und bald ganz ı verschwindet. Der freie Theil des Organs ist äußerlich mit einem Epi- ‘ thel von kubischen Zellen bekleidet, welches kontinuirlich in das des ' Vorraums übergeht. | Bei Pol. tenuis ist das muskulöse Drüsenorgan nicht immer vor- handen. Ich habe Schnitte von mehreren vollkommen geschlechtsreifen Exemplaren, deren Dotterstock völlig entwickelt ist, ohne dass sich eine ; Spur des drüsigen Organs findet (Taf. XXI, Fig. 2). Bei anderen Exem- plaren dagegen fand ich es wohl entwickelt und immer in doppelter An- zahl (Taf. XXI, Fig. 3 mus.dr), so dass das eine an der rechten Seite mit dem freien Ende nach links, das andere in der Medianlinie nach , vorn zu gerichtet lag, und die Längsachse beider einen rechten Winkel ‚ mit einander bilden. Die freien Enden ragen in den Vorraum hinein, | ganz wie bei D. lacteum. Diesen Organen aber fehlte das Lumen. ‚ An Stelle des letzteren enthielten dieselben einen weiten Innenraum, ‚ welcher, ohne von einem Epithel begrenzt zu sein, mit Strängen eines ‚ schwach oder gar nicht gefärbten körnigen Protoplasmas ausgefüllt war. | Die Stränge, in denen ich mitunter Kerne wahrgenommen habe, bilden vielfache Knäuelungen und setzen sich an der Spitze des freien Theiles ‚ nach außen fort. Ich hebe hervor, dass diese Stränge oder Streifen durchaus nicht mit Spermatozoen zu verwechseln sind. Die Wand der ‚ Organe ist nicht so dick wie die bei D. lacteum, wird aber ebenfalls Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 29 424 Isao lijima, durch ein Filzwerk von Muskelfasern gebildet. In dem freien Theil verlaufen die Fasern der Länge nach. Äußerlich ist er von einem Epi- ihel bekleidet, auf welchem eine Schicht von Ringfasern folgt, die beide in diejenigen des Vorraums übergehen. Ähnliche Organe fand O. Scummr (54) bei Pol. cornuta. Dort waren sie ebenfalls doppelt vorhanden und zu beiden Seiten der Median- linie gelegen. Sie sollen, was mir sehr zweifelhaft erscheint, in einer selbständigen Höhlung enthalten sein, die sich hinter dem Geschlechts- organ nach außen öflnet. Rosoz ZoLran (70) scheint dieselben Organe auch bei Pol. nigra gefunden zu haben. Sie liegen rechtwinklig gegen einander, gerade wie ich es von Pol. tenuis beschrieb, sollen aber gleichfalls in einer selbständigen, weit von dem Geschlechtsantrum ent- fernten Höhlung liegen. Vermuthlich ist diese Höhlung nichts Anderes als der Vorraum des in zwei Kammern geschiedenen Genitalantrums. Ich muss noch einmal auf die Körner zurückkommen, welche wir in dem Epithel des muskulösen Drüsenorgans bei D. Jacteum gefunden haben, so wie auf die körnigen Stränge, welche das Innere der ent- sprechenden Gebilde bei Pol. tenuis erfüllen. Diese Körner oder Stränge sind durch die muskulöse Wandung hindurch bis zu dem um- gebenden Mesenchym deutlich zu verfolgen. Meiner Meinung nach nehmen sie ihren Ursprung in einzelligen Drüsen von ganz eigenthüm- licher Beschaffenheit (Taf. XXI, Fig. 3 dr). Dieselben (Taf. XXI, Fig. £) unterscheiden sich von den Speichel- oder Schleimdrüsen leicht durch ihre bedeutende Größe und ihren außerordentlich fein granulirten Inhalt, der sich nicht stark färben lässt. Bei solchen Individuen von Pol. tenuis, welche der muskulösen kolbigen Organe entbehren, sind auch diese Drüsenzellen nicht zu sehen. Sie kommen ausschließlich in der Nähe des kolbigen Organes vor; an jener Seite, an welcher das- selbe fehlt, sind auch die großen Drüsenzellen nicht vorhanden. Zeigen die Drüsenzellen einen ununterbrochenen Umriss, so ist ihr Inhalt ganz gleichmäßig vertheilt. Man findet aber auch solche, welche einen Bruch an ihrer Wand aufweisen. In ihnen ist ein Theil des Inhalts heller und grobkörniger (siehe Fig. 4); man sieht hier auch, wie dieses körnige Protoplasma in Streifen nach dem Innern des kolbigen Organs hinzieht. Hinsichtlich der Funktion des Organs vermuthet Max ScHULTZE, dass es zur Eischalenbildung oder zur Anhaftung der Kokons an äußere Gegenstände dient. O. Schmipr wusste gar nichts damit anzufangen, als er die Organe zuerst bei Pol. cornuta fand; er bezeichnet sie als »räthselhaftes Organ«. Eben so scheint ihre Bedeutung auch Ro»oz ZoLtan ganz dunkel geblieben zu sein. Für D. lacteum konnte Scamipr auch nur der Ansicht Max ScuuLzze’s beistimmen. Harzzz (22, Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 425 p. 70) erklärt das »räthselhafte Organ« Scamipr’s für ein Receptaculum seminis, welches Pseudospermatophoren enthalte. Ich habe niemals Spermatozoen in dem Organ gesehen. Der Bau bei Pol. tenuis, bei der dasselbe keine eigentliche Höhle in sich einschließt, erlaubt auch nicht, es als Receptaculum seminis zu betrachten. Eben so spricht sein gänzliches Fehlen bei der geschlechtsreifen Pl. polychroa und bei _ gewissen Individuen von Pol. tenuis gegen die Vermuthung, dass es zur Eischalenbildung dient. Es deutet vielmehr darauf hin, dass es, trotz seines komplicirten Baues, keine große physiologische Bedeutung besitzt. Übrigens scheint es mir außerordentlich wahrscheinlich, dass es einen Drüsenendapparat darstellt, und dass seine muskulöse Wand dabei der Ejaculation des Sekrets besondere Kraft ertheilt. Im Hinblick auf seine Bildung könnte man auch vermuthen, dass es möglicherweise aus dem Vorraum hervorgestreckt zu werden vermöchte, vielleicht um bei der Kokonablage Hilfe zu leisten. Die Penisdrüsen. Bei Pl. gonocephala und D. lacteum fand O. Scamipr (54, 55) Drüsen, welche in das Lumen des Penis aus- ‚ münden. Seiner Angabe ist ganz mit Unrecht von ScaNEIDEr (57) und ‘ KenseL (27) widersprochen worden. Minor hat auch bei D. lacteum die von Scunipr gefundenen einzelligen Penisdrüsen konstatirt und Lang (38) wies dieselben bei Gunda segmentata nach. Ich habe sie ebenfalls bei Pol. tenuis und D. lacteum wahrgenommen (Taf. XXI, ' Fig. 4 und 2 p.dr). Die Drüsenzellen liegen in der Umgebung des Penis und färben sich weniger stark als die Eiweißdrüsen, wie dies schon Lane angiebt. Die Ausführungsgänge verlaufen getrennt oder in Bündeln und öfinen sich am basalen Theil des Penis in dessen Höhlung. Nur bei Pl. polychroa vermochte ich die Drüsen nicht aufzufinden, doch zweifle ich daran, dass sie in Wirklichkeit fehlen. Die Eiweißdrüsen. Kenner beschreibt bei Pl. lugubris zahlreiche einzellige Drüsen, welche ihr Sekret in die sog. Vagina er- gießen. Dieselben Drüsen fand er bei Rhynchodesmus und Geodesmus. Ähnliche Drüsen kennen wir durch Moseıry bei Bipalium. Lang hat sie "bei Gunda segmentata ebenfalls in der Vagina ausmünden gesehen und bezeichnet sie als Eiweißdrüsen, welchen Namen ich adoptiren will. Bei Pl. polychroa konnte ich an der Stelle, welche der sog. Vagina entspricht, die aber meiner Meinung nach nur den Endtheil des Uterusganges darstellt, von den Eiweißdrüsen nichts bemerken. Nach den Beobachtungen Kenner’s an der Pl. polychroa so nahe stehenden Pl. lugubris ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass sie hier fehlen, zumal sie auch beiD. Jacteum und Pol. tenuis sehr ausgeprägt vor- handen sind. Bei diesen Formen öffnen sie sich aber nicht in den 29* 426 Isao Iijima, Uterusgang, sondern immer in den hintersten Theil des Ovidukts (Fig. A und 2 edr) und namentlich in jenen Theil der beiden Ovidukte, an dem diese konvergiren, um sich zu einem gemeinsamen Gang zu vereinigen. Bei Pol. tenuis münden in den gemeinsamen Ovidukt ebenfalls zahl- reiche Ausführungsgänge von beiden Seiten ein (Taf. XX, Fig. 12 edr), wie das wahrscheinlich auch bei D. lacteum der Fall ist. Die Eiweißdrüsen zeichnen sich durch ein starkes Färbungsver- mögen aus. Vermuthlich secerniren sie jene Flüssigkeit, in welcher die Eier und Dotterzellen im Innern des Kokons flottiren. Die Drüsen im Bereiche der Geschlechtsöffnung. Da- von, dass bei D. lacteum die Umgebung der Geschlechtsöffnung mit außerordentlich langen Rhabditen (Taf. XX, Fig. 45 rh) besetzt ist, habe ich schon gesprochen. Da, wo diese besonders gearteten Rhabditen sich finden, habe ich niemals Drüsen beobachtet. Entsprechend der Anord- nung der langen Rhabditen bei D. lacteum finden wir aber bei Pol. tenuis, die derselben entbehrt, zahlreiche, stark sich färbende ein- zellige Drüsen (Taf. XX, Fig. 12 dr), welche sich in der Umgebung der Geschlechtsöffnung nach außen öffnen. Bei einigen Exemplaren waren sie nicht so zahlreich und deutlich wie bei anderen. Auch bei Pl. polychroa finden wir ähnlich gelagerte Drüsen (Taf. XXI, Fig. 5 dr). Sehr eigenthümlich aber ist es, dass sich diese Drüsen, abweichend von denen des Pol. tenuis, gar nicht färben. Über die Funktion der betreffenden Organe wage ich keine Ver- muthungen; ich begnüge mich damit, auf sie aufmerksam gemacht zu haben. 8) Das Nervensystem!. Angeregt durch die höchst wichtige Abhandlung Lane’s über: »Das Nervensystem der Tricladen« (36), habe ich meine specielle Aufmerk- samkeit bei den drei mir zu Gebote siehenden Arten von Süßwasser- iwricladen auf dasseibe gerichtet. In Folge dieser Untersuchungen kann ich nun meinestheils die Angaben Lang’s über das Nervensystem von Pl. torva bestätigen und einige noch wenig untersuchte oder unerkannt gebliebene Punkte klar stellen. Um die genaueren Verhältnisse des Nervenapparates verständlich zu machen, wähle ich in meiner Beschreibung denselben Weg, den ich bei der Untersuchung eingeschlagen habe. Zunächst konnte ich mich ohne Schwierigkeit von der Existenz eines Plexus von feineren Nerven an der Rückenseite überzeugen, dessen 1 Eine Übersicht der früheren Angaben über das Nervensystem der Tricladen brauche ich nicht zu geben, da sich eine solche bereits bei Lane (33 und 36) findet. Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 427 Theile dicht unter den inneren Längsfasern der Hautmuskulatur gelegen sind. Der ein unregelmäßiges Netz bildende Plexus (Taf. XXI, Fig. 3) verbreitet sich, ohne Stämme zu bilden, gleichmäßig über die ganze Rückenseite. Er ist nur an Flächenschnitten zu erkennen. Es ist der- selbe Plexus, welcher schon von Lane bei Rhynchodemus und Pl. torva besprochen wurde. Ob auch beiGunda segmentata beson- dere, die dorsale Muskulatur versorgende Nerven vorkommen, lässt Lang unbestimmt. Noch lehrreicher aber, als die Flächenschnitte des Rückens, sind für unsere Zwecke die in horizontaler Richtung gefertigten Serien- - sehnitte der Bauchseite. Man kann sich hier sofort über die Beschaffen- heit des in der vorderen Körperregion gelagerten Gehirnabschnittes und der davon nach hinten verlaufenden zwei Längsnervenstämme mit ihren strickleiterbildenden Querverzweigungen orientiren. BeiPl. polychroa beginnt der Gehirnabschnitt schon kurz vor den Ovarien. Bei D. lac- teum und Pol. tenuis, welche beide in der Gestaltung des centralen Nervensystems vollkommen mit einander übereinstimmen, ist der Ge- hirnabschnitt weit stärker centralisirt und desshalb auch viel deutlicher ‚ als solcher zu konstatiren. Er liegt weit vor den Ovarien, wie die Fig. 1 (Taf. XXII) zeigt, auf welcher ich ihn mit schwacher Schattirung ange- deutet habe. Bevor wir nun aber diesen Gehirnabschnitt näher betrachten, - wende ich mich zu den Längsstämmen und den davon abgehenden Nerven, die übrigens, was wir immer im Auge behalten müssen, in den Gehirnabschnitt sich fortsetzen und einen wichtigen Bestandtheil des- selben ausmachen. Wie bei den übrigen Plathelminthen, so sind auch bei unseren Süß- ‚ wassertricladen zwei Längsnervenstämme vorhanden, die zu beiden Seiten in gleichbleibender Entfernung von den Seitenrändern hinlaufen. ‚ Nach hinten zu nehmen sie allmählich an Stärke ab, bis sie sich schließ- ‚ lich beide vereinigen, Diese Vereinigung aber ist keineswegs so präg- ‚ nant, wie dies bei Gunda (nach Lane, 36, Taf. V, Fig. 2 und 3) der ' Fall zu sein scheint. Die zwischen beiden Längsnervenstämmen aus- ‚ gespannten Querkommissuren, die zuerst von Kenne und dann genauer ‚ von Lang beschrieben sind, verlaufen im Ganzen mit einer gewissen ‚ Regelmäßigkeit. Sie gehen direkt von einem Stamm zum anderen, ver- ‚ ästeln sich aber oftmals, um mit der nächst hinteren oder nächst vor- ‚ deren Kommissur zu anastomosiren. Es finden sich auch solche, welche ‚ endigen, bevor sie den anderen Stamm erreicht haben. Ich verweise ‚auf Taf. XXI, Fig. 1, 2, 6 und 9 co. Es war gar nicht leicht, die an- ‚ nähernde Zahl dieser Kommissuren zu bestimmen ; doch nach sorgfältiger 423 | Isao Iijima, Vergleichung der mittels der Camera lucida hergestellten Zeichnungen von erwachsenen Thieren, konnte ich ermitteln, dass bei Pl. poly- chroa und D. lacteum deren wenigstens 44, bei Pol. tenuis über 23 vorhanden sind. Ich habe dabei alle Kommissuren gezählt, welche hinter der später zu beschreibenden Gehirnkommissur (Taf. XXI, Fig. I und 2 gco) liegen. Vergleicht man diese Zahl mit jener der Darmäste p. 391), so sieht man, dass schon die geringste Zahl der Kommissuren die Zahl der Darmäste übersteigt. Auch nach den Seiten hin gehen von den Längsnervenstämmen Nerven aus, deren Anordnung im großen Ganzen der der Kommissuren entspricht. Diese Seitennerven (sin) spalten sich in gewisser Entfernung von den Längsstämmen dichotomisch und bilden einen Plexus, wie dies Lane schon von dem seitlichen Theil der Ventralfläche beschreibt. Dieser Plexus (Taf. XXI, Fig. 5, 6, 9 und 10 np), welcher den inneren Längs- fasern der Hautmuskulatur dicht anliegt, wie die Kommissuren und Seitennerven, geht wahrscheinlich kontinuirlich in jenen über, welchen wir an der ganzen Rückenseite sich verbreiten sahen. Auf Querschnitten von D. lacteum überzeugt man sich leicht, dass die Kommissuren und die Seitennerven zahlreiche feine Äste ven- tralwärts abgeben. Solche feine Nerven (Taf. XXII, Fig. 15 vn) dringen zwischen die Bündel der inneren Längsmuskelfasern ein. Wie sie sich unter der Basalmembran verhalten, konnte ich nicht erkennen. Eben so kann ich nicht sagen, ob der Nervenplexus an der Rückenseite eben solche Äste ausschickt. Bei Pl. polychroa und Pol. tenuis konnte ich nicht einmal an der Bauchseite die von den Kommissuren und Seiten- nerven nach der Peripherie ausgehenden Nerven wahrnehmen, jeden- falls wegen der Anwesenheit des pigmentirten Bindegewebes. Von den Längsnervenstämmen steigen auch feine Nerven dorsal- wärts (Fig. 15 dn). Dies kann ich von D. lacteum mit Sicherheit, aber weniger bestimmt von anderen Arten behaupten. Solche fast senkrecht aufsteigende Nerven habe ich bis in die Septen verfolgt. Weiteres über ihr Schicksal muss ich dahingestellt sein lassen. Ich habe sie, und auch da nur selten, allein im mittleren Theil des Körpers finden können. Sie gingen immer von da aus, wo die Längsstämme ihre Seitennerven und Kommissuren ausschickten. Bei Gunda sah Lane solche dorsalwärts auf- steigende Nerven nur an Gehirnabschnitten, in anderen Körpertheilen konnte er sie nicht auffinden. Über die Innervation des Pharynx kann ich mich kurz fassen. Etwa zwischen der äußeren Ringfaserschicht und den Ausführungsgängen der Speicheldrüsen sind die Nerven (Taf. XX, Fig. 10 nv) zu einem Plexus verbunden, der gegen das freie Ende des Pharynx hin eine ansehnliche u u vi m | | Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch, d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 429 Anschwellung bildet, wie dies schon Lane beschreibt. Auf Querschnit- ten trifft man auch einige wenige nervöse Elemente innerhalb der Aus- führungsgänge der Speicheldrüsen an. Zwei seitliche Nervenstämme in den Pharynx, wie sie Lane bei Gunda gefunden hat, habe ich nicht wahrnehmen können. Es ist mir auch niemals gelungen die Verbindung der Nerven des Pharynx mit denen des Körpers sicher nachzuweisen. Ich gehe jetzt zu der Schilderung des Baues und der histologischen Bestandtheile der Längsnerven und der von diesen abgehenden Zweige über. Zunächst wollen wir uns auf Horizontalschnitten über die Längs- nerven orientiren, was am besten an jener Stelle geschieht, die zwischen den Ovarien und dem Pharynx liegt (Taf. XXII, Fig. 16). Die Längs- stämme stellen nicht etwa solide Stränge von Nervenfasern dar, sondern werden von zwei, drei oder vielleicht noch mehreren Faserzügen ge- bildet. Diese sind neben einander gelagert und durch die sog. Substanz- inseln getrennt. Da, wo die Kommissuren und die Seitennerven nach beiden Seiten abgehen, verschmelzen die Faserzüge mit einander, so dass die langgestreckten Substanzinseln nicht unregelmäßig zerstreut sind, sondern eine Lage haben, welche durch die aus den Seitenstäm- men austretenden Nerven bestimmt wird, oder mit anderen Worten in den Intervallen zwischen zwei querverlaufenden Nerven liegen. Lane spricht sich darüber genau aus. Ich glaube mit vollem Recht die Punkte, an denen die Seitennerven und Kommissuren austreten, als Ganglien bezeichnen zu dürfen. Dieselben besitzen allerdings auffallend wenige Ganglienzellen, zeichnen sich aber dadurch aus, dass ihnen die für Gan- slien so charakteristische sog. Punktsubstanz eingelagert ist (Taf. XXII, Fig. 43, 45 und 16 ps). Kenne spricht von Punrktsubstanz nur in dem Gehirn und Lang erwähnt sie gar nicht. Am schönsten erkennt man die Punktsubstanz der Ganglien. auf Schnitten von Pl. polychroa, nach welcher Richtung diese auch geführt sein mögen (Fig. 16). Auf denjenigen Schnitten, welche die interganglionären Faserzüge in der Längsrichtung getroffen haben, erkennt man häufig deutliche bipolare Nervenzellen (Fig. 13), wie solche von Lang — auch von Kanne ‚ und Levekarr bei den Cestoden in den Längsnerven — aufgefunden ‚ sind. Die Kerne derselben sind von denen der übrigen Gewebe nicht ‚ zu unterscheiden. Multipolare Zellen habe ich niemals mit Sicherheit ‚ wahrgenommen. Die bipolaren Zellen setzen sich in Nervenfasern fort. | Fasern findet man in verhältnismäßig größerer Anzahl als Kerne, in- dessen werden wir bald sehen, dass nicht alle diese Fasern als Nerven ' zu betrachten sind. Übrigens sind die Züge bildenden Fasern nicht dicht neben einander gelagert, sondern durch mehr oder minder langgestreckte klare Räume getrennt. Diese Fasern verlieren sich theils in der Punkt- 430 | Isao Iijima, substanz der Ganglien, theils setzen sie sich durch diese hindurch fort. Die Grenzen der Faserzüge gegen das Mesenchym sind ziemlich deutlich, wenn auch nicht ganz scharf. Auf Querschnitten (Fig. 14) bieten die Faserzüge ein Aussehen dar, welches vollständig mit dem der Längsnerven von Cestoden überein- stimmt. Ich konnte mich davon an Schnitten von Bothriocephalus, die Herr Geheimrath LeuckArr zur Durchsicht mir zu überlassen die Güte hatte, überzeugen. Die »Balkenstränge« von Sommer und Lannoıs, welche später als Längsnerven erkannt wurden, waren deutlich an ihnen zu erkennen. Übrigens war diese auffallende Übereinstimmung schon Moserey bekannt, der freilich durch die Existenz der maschen- artigen Lückenräume in den Strängen veranlasst wurde, dieselben als » primitives Vascularsystem « zu deuten. Von Kenner ist das netzartige Aussehen der Querschnitte als Schrumpfungs- oder Quellungserscheinung betrachtet worden. Hier- gegen muss ich bemerken, dass dasselbe (D. lacteum) durchaus kon- stant und derart beschaffen ist, dass es kaum erlaubt scheint, es als Resultat mechanischer Veränderung zu betrachten. Und das um so weniger, als wir die gleiche Beschaffenheit auch an den Nervenstämmen der Gestoden und Trematoden kennen gelernt haben. Bei Pl. poly- chroa und Pol. tenuis sind die Maschen und Netze nicht immer so deutlich wie bei D. lJacteum, wo die Längsnerven den größten Um- fang besitzen, nichtsdestoweniger aber zweifle ich nach dem, was ich auf besonders gut gelungenen Schnitten von ganz großen Exemplaren gesehen habe, nicht daran, dass die gleiche Bildung auch den genannten zwei Arten zukommt. Lang scheint, obschon er ähnliche Gebilde bei Tristomiden beschreibt (34), bei den Trieladen nicht auf die Netze der Längsnerven aufmerksam geworden zu sein. Auf Taf. XXI, Fig. 14 habe ich einen Querschnitt der Faserzüge aus den Längsnerven von D. lacteum dargestellt. Man wird sofort an die Sommer- und Lanvois’sche Zeichnung von den » Balkensträngen « (62) erinnert, welche später von Mosszey zur Vergleichung kopirt wurde. Die Netze werden durch feine aber scharf ausgeprägte Stränge gebildet, welche sich ziemlich stark färben. Die scharf begrenzten rundlichen oder polygonalen Maschen sind von äußerst variabler Größe. Die größe- ren sind, wie überhaupt die Mehrzahl der Maschen, vollständig klar. Hier und da begegnen wir kleineren Maschen, die mit fein granulirtem Protoplasma erfüllt und mit Kernen versehen sind. In noch kleineren Maschen finden wir nur fein granulirtes Protoplasma. Vergleichen wir diese Bilder mit dem Aussehen der Längsschnitte (Fig. 13), so werden dieselben sofort klar. Was im Querschnitt sich als Masche darstellt, Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 431 erscheint nach der Länge der Faserzüge als eine langgestreckte Höhlung, welche zwischen die fast parallel verlaufenden Längsfasern eingeschlos- sen ist. Die netzartigen Stränge sind also nichts, als die diese Höhlungen begrenzenden Plättchen. Eben so können die auf den Längsschnitten in größerer Anzahl auftretenden Fasern nichts Anderes sein, als die opti- schen Längsschnitte dieser Plättchen. Die Kerne, welche wir in den wenigen kleinen Maschen sehen, gehören jedenfalls den bipolaren Nervenzellen an. So erkennen wir, 1) dass die eigentlichen Nervenfasern oder Nervenzellen in verhältnismäßig geringer Anzahl vorhanden sind, 2) dass diese nur in ganz kleinen Zwischenräumen zwischen den der Länge nach ausgestreckten vorher erwähnten Plättchen verlaufen und 3) dass die größeren Zwischenräume zwischen den Plättchen einfache Räume darstellen, welche wahrscheinlich mit irgend einer Flüssigkeit gefüllt sind. Die Plättchen, welche den Nervenfasern vermuthlich nach Art eines Neurilemms ihre Festigkeit verleihen, sind wahrscheinlich von binde- gewebiger Natur, wie dies auch von einigen Forschern für die Cestoden und Trematoden angegeben wird. i Fig. 15 (Taf. XXI) stellt einen Querschnitt durch ein Ganglion von D. lacteum in geringerer Vergrößerung als Fig. 14 dar. In dem cen- tralen Theil erkennt man die Punktsubstanz (ps), in dem peripherischen sieht man die oben beschriebenen Netze. Die Fasern der dorsalwärts aufsteigenden Nerven (dn), der Seitennerven (sin) und Kommissuren (co), verlieren sich in der Punktsubstanz. Die beiden letzteren, welche von dem untersten Theil des Ganglions ausgehen, sind durch Fasern ver- bunden, welche mit der Punktsubstanz nicht in Verbindung stehen. Diese Fasern verlaufen direkt unterhalb des Ganglions. Dies erklärt die Thatsache, dass auf denjenigen Horizontalschnitten, welche durch die Kommissuren und die Seitennerven hindurchgeführt wurden, die beiden Nerven als Theile eines einzigen Nervenstranges erscheinen. Querschnitte dieser und anderer feiner Nerven zeigen die netz- artigen Balken nicht, sondern besitzen nur ein punktirtes Aussehen. Eben so muss ich bemerken, dass auch die Nervenzüge der Gehirnab- schnitte keine deutliche Balken aufweisen. Es dürfte hier am Platze sein, die sog. Substanzinseln etwas näher zu betrachten. Auf dieselben wurde zuerst von den Gebrüdern HERTWwIG (26) aufmerksam gemacht, später wurden sie durch Lang genauer be- schrieben. Über ihre Bedeutung stimme ich vollständig mit dem letzte- ren Forscher überein (37). Sie sind nichts als Züge von Mesenchym- bindegewebe, welche sich in den Verlauf der Nervenzüge einschieben. Durch sie hindurch, nie aber durch die eigentlichen Nervenzüge, ver- 432 Isao Iijima, laufen die muskulösen Dorsoventralfasern. Auf Querschnitten scheint es mitunter als ob einzelne Muskelfasern in die Nervenstränge ein- drängen, allein auf Horizontalschnitten erkennt man, dass diese Muskel- fasern, immer in regelmäßigen Gruppen angeordnet, mit einer größeren oder geringeren Menge von Bindegewebszellen zwischen den Nerven- zügen liegen. Bei Pl. polychroa und Pol. tenuis finden wir auch pigmentirtes Bindegewebe in den Substanzinseln. Die Kerne, welche in den Substanzinseln des Gehirntheils auftreten, dürften wahrschein- lich, wenigstens theilweise, den Ganglienzellen zugehören. Zur Anatomie des Nervensystems ist noch Folgendes zu bemerken. Nach hinten werden die Ganglien der Längsnervenstämme immer kleiner und die Entfernungen zwischen denselben immer größer. Gleichzeitig werden die die Ganglien der Länge nach verbindenden Faserzüge ein- heitlicher, wie dies schon von Lane beschrieben wurde. Nach vorn nehmen die Längsnervenstämme an Stärke zu. Was ich bei Pl. poly- chroa, die ich hier zuerst in Betracht ziehe, als Gehirn bezeichne, ist überhaupt nichts, als der vor den Ovarien liegende verdickte Theil der Längsnervenstämme. Man sieht diesen Theil auf Taf. XXI, Fig. 5 und 6 und schematisch dargestellt in Fig. 2. Die interganglionären Faserzüge sind außerordentlich kurz, so dass sie in Menge auf einander folgen. In Übereinstimmung damit sind auch die Substanzinseln viel kürzer als im hinteren Körpertheil. Die außerordentlich breiten Ganglien, deren Zahl in dem Gehirntheil ungefähr auf ein Dutzend zu veranschlagen ist, geben nach innen Querkommissuren und nach außen Seitennerven ab, ganz wie im hinteren Verlauf. Die beiden Seitenstämme konvergiren nach der Medianlinie und kommen kurz hinter den Augen bis fast zur Berüh- rung zusammen. Wir können wohl sagen, dass die beiden Stämme hier endigen. Die vordersten Ganglien sind so dicht gedrängt, dass sich ihre Zahl kaum bestimmen lässt, doch wollen wir, um uns die Beschreibung zu erleichtern, die Summe derselben zusammen als erstes Ganglion be- zeichnen. Dieses erste Ganglion schickt nach vorn einige Nervenzüge aus, welche wir als vordere Längsnerven (v/n) zu bezeichnen pflegen. Wie Lang angiebt, sind dies direkte Fortsetzungen der hinteren Längs- nerven; aber es sind auch Formen vorhanden, welche sie mit den Seitennerven verbinden, wie man auf Fig. 6 erkennt. Sie verhalten sich in der That gerade so wie die letzteren, da sie sich bald nach ihrem Ursprung vielfach spalten, um einen Plexus zu bilden. Die ersten Gan- glien der beiden Nervenstämme sind durch einige mächtige Faserzüge, die Gehirnkommissur (gco), mit einander verbunden. Ich konnte nicht bestimmen, ob unter dieser Gehirnkommissur noch eine andere sich \ Unters. über d, Bau u, die Entwicklungsgesch. der Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 433 befand, welche dann den strickleiterbildenden (motorischen) Kommis- suren entsprechen würde. Der Grund, wesshalb ich den Gehirnabschnitt schon kurz vor den Ovarien anfangen lasse, liegt darin, dass sich alle Ganglien in diesem Theil des Nervensystems dadurch auszeichnen, dass sie nach den Seiten außer den Seitennerven noch besondere Nerven abgehen lassen, welche wir als Sinnesnerven bezeichnen dürfen. Weiter haben die Ganglien dieses Abschnittes einen äußeren Beleg von Kernen, welche ich, obschon sie von denen der umgebenden Gewebe nicht zu unterscheiden sind, in Übereinstimmung mit Lang als den Ganglienzellen angehörig betrach- ten muss, da sich die Sinnesnerven durch denselben Beleg auszeichnen. Die Anordnung der Sinnesnerven werde ich am besten an den Figuren demonstriren. Auf Taf. XXII, Fig. 2 habe ich die Sinnesnerven sche- matisch (mit weniger starker Schattirung) dargestellt. Im Weiteren ver- weise ich auf Fig. —6, welche nach Schnitten aus einer Serie gezeichnet sind. Auf Fig. 6 (rechte Seite) sind die Seitennerven mit ihren Aus- gangspunkten zum größten Theil sichtbar. Fig. 5 stellt einen Schnitt dar, welcher als dritter nach oben auf den vorigen folgt. Hier sind die Seitennerven nur dort getroffen, wo sie den Plexus (np) bilden, aber dafür sehen wir stärkere Nerven (sn), welche gleichfalls von den Gan- slien austreten. Dieses sind die Sinnesnerven, welche gegen die Basal- membran hin endigen, wie es auf Fig. 4 (einen nach oben liegenden Schnitt darstellend) zu sehen ist. AufFig. 7 (Querschnitt etwa zwischen den Ovarien und dem vorderen Kopfrand) konstatiren wir, dass die Quer- kommissur (co) und die Seitennerven (sin) von dem unteren Theil der Ganglien ausgehen, und wie wir schon gesehen haben, dicht über den inneren Längsfasern der Hautmuskulatur verlaufen, während die Sin- nesnerven (sn) von dem oberen Theil der Ganglien austreten und an der Dorsalfläche dicht an dem Seitenrande verlaufend, an der Basalmembran endigen. Die nach vorn gerichteten Sinnesnerven (Taf. XX, Fig. 13 sn) versorgen den vorderen Kopfrand. Fassen wir hiernach kurz das über den Gehirntheil von Pl. poly- chroa Gesagte zusammen. Es besteht derselbe aus den keulenförmig verdickten vorderen Theilen der Längsnerven, welche gegen einander konvergiren und ganz vorn durch die sog. Gehirnkommissur verbunden werden. Die Ganglien geben außer den Querkommissuren und Seiten- nerven’ noch Sinnesnerven ab, welche gegen die Basalmembran hin am Kopfrand endigen. Diese Endigungen berühren am vorderen Theil des Kopfes direkt den Rand des Körpers, während sie weiter hinten mehr dorsalwärts liegen. Auch bei D. lacteum und Pol. tenuis konvergiren die beiden 434 / Isao lijima, Längsstämme im Gehirnabschnitt gegen die Medianlinie, aber sie setzen sich nach. vorn als vordere Längsnerven fort, ganz eben so wie bei den anderen Tricladen. Sie geben Seitennerven ab und sind mitunter durch Querkommissuren (motorische Kommissuren verbunden (Taf. XXII, Fig. 1). So weit die Längsstämme und Querkommissuren in die Bildung des Gehirns eingehen, stellen sie dessen motorischen Theil dar, dem weiter oben noch ein zweiter sensorieller Theil mit zwei seitlichen Ge- hirnlappen und der Gehirnkommissur aufliest. Lagerung und Gestalt derselben habe ich auf Taf. XXII, Fig. 4 gl und gco schematisch durch die Schattirung dargestellt. Die Gehirnkommissur verbindet die beiden Längsnervenstämme und gleichzeitig die Gehirnlappen. Die letzteren stellen zugleich die seitliche Erweiterung der Gehirnkommissur und der Längsnervenstämme dar. Nach vorn und den Seiten setzen sie sich als Sinnesnerven (sn) fort, die sich hauptsächlich in die Laterallappen des Kopfes hinein erstrecken, wo sie unter der Basalmembran an jener Stelle endigen, welche ich als Tastorgan (fo) bezeichnet habe. Das Weitere über den Bau des Gehirns kann ich am besten mit Hilfe der Figur 8—A0 erläutern (da, wie schon erwähnt, Pol. tenuis und D. lacteum im Bau des Gehirns vollständig übereinstimmen, können wir beide in dieser Hinsicht zusammen betrachten). Fig. 8 stellt einen Querschnitt durch das Gehirn dar, an dem man sich leicht über die Lage der Längsnervenstämme (/!n) orientiren kann, da hier die meisten Fasern quergeschnitten sind. Von dem untersten Theil des Längsnervenstammes gehen nach innen und außen feine Nerven ab, die Quer- oder motorischen Kommissuren (co) und die Seitennerven (sin). Oberhalb und getrennt von den motorischen Kommissuren stehen die beiden Längsnervenstämme durch die dicke Brücke der Gehirn- kommissur in Verbindung. Die querverlaufenden Fasern der Gehirn- kommissur sind bis in die Punktsubstanz der Längsnervenstämme und zum Theil auch oberhalb der Stämme in die Gehirnlappen hinein zu verfolgen. Aus der Punktsubstanz der Längsnervenstämme scheinen nach den Seiten und nach oben hin feine Fasern abzugehen, die nament- lich in die Gehirnlappen (gl) eintreten. Die letzteren werden zum größten Theil durch Punktsubstanz gebildet; den Verlauf der Fasern in ihnen habe ich nicht genau studirt. Am dicksten sind sie an der Basis, indem sie allmählich nach den Seiten zu an Stärke abnehmen. Oben und unten sind die Gehirnlappen mit reichlichen Kernen (den Ganglien- zellen angehörig) bedeckt. Nach dieser Orientirung werden die Verhältnisse auf Fig. 9 und 10 leicht verständlich sein. Diese Figuren stellen zwei Schnitte dar, welche denselben Serien angehören und nur ein Geringes von einander ab- Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 435 stehen. Sie sind nicht ganz horizontal geschnitten, sonst müssten beide Seitenhälften einander spiegelbildlich gleich sein. Auf Fig. 10 (links) ist der Längsnerv (ln) nur theilweise getroffen. Im vorderen Theil z. B. ist er nicht zu erkennen, aber wir sehen hier eine Strecke lang quer- verlaufende Fasern (#), welche nichts Anderes sein können als die schon beschriebenen Verbindungsfasern der Seitennerven und der Quer- kommissuren. Übrigens ist zu bemerken, dass diese Quernerven in der Gegend des mit H bezeichneten Punktes denjenigen (motorischen) Quer- kommissuren angehören, oberhalb welcher wir die sensorielle Gehirn- kommissur erwarten müssen. Auf noch weiter nach oben liegenden Schnitten (Fig. 9, links) ist der auf der letzten Figur fehlende Theil des Längsnervenstammes getroffen. Nach vorn setzt sich derselbe als vor- derer Längsnerv (v/n) fort. Die hier vermuthete Gehirnkommissur ist denn auch vorhanden. Der linke Gehirnlappen ist noch nicht zu sehen, während der rechte deutlich hervortritt. Wir sehen, dass die Gehirn- kommissur aus mehreren Faserzügen besteht, welche von einander durch querverlaufende Substanzinseln getrennt werden. Die Gehirnlappen sind durch mehrere Reihen von Substanzinseln mit einer gewissen Regel- mäßigkeit durchsetzt. Punktsubstanz treffen wir in den Gehirnlappen in reichlicher Menge. Nach der Richtung der Sinnesnerven verlaufen meistens feine Fasern. Wir sehen, dass das Gehirn von Pl. polychroa entschieden auf einer niedrigeren Stufe steht als das von D. lJacteum und Pol. tenuis. Dasselbe würde die Ausbildung des Centralorgans der anderen Arten erst dann erreichen, wenn die Sinnesnerven sich im vorderen Körper- theil koncentrirten und dadurch Gehirnlappen bildeten, die einstweilen noch fehlen. Im Wesentlichen ähnelt übrigens das Gehirn von D. lacteum oder Pol. tenuis dem von Gunda segmentata (nach Lang). Ein bemerkens- werther Unterschied liegt nur darin, dass bei den erstgenannten Arten die (motorisch-sensoriellen) Kommissuren, welche den Gehirnlappen mit dem darunter liegenden motorischen Theil (Gehirntheil der Längsnerven) verbinden, nicht zu sehen sind, und dass die Sinnesnerven, welche aus dem Gehirnlappen austreten, sehr zahlreich sind. Das Tastorgan. Die aus dem Gehirnlappen austretenden Sinnes- nerven, welche sich spalten und mit einander anastomosiren, verlaufen in einer Ebene zu den mehr oder minder lappigen Seitentheilen des Kopfes. Die mehr nach vorn liegenden Sinnesnerven endigen gerade an dem Rande unter der Basalmembran, die nach hinten liegenden da- gegen auf der Dorsaltläche dicht innerhalb des Randes (Taf. XXI, Fig. 12 sn). So sind die Endigungen der Sinnesnerven in zwei Linien 436 Isao Iijima, zu beiden Seiten des Kopfes gelegen, am vorderen Theil gerade am Rande, nach hinten dagegen etwas dorsalwärts. Ob auch bei D. lac- teum diese Verschiebung nach der Dorsalseite stattfindet, weiß ich nicht. Im Bereich dieser Linien fehlen die Rhabditen vollständig. So ist es wenigstens bei D. lJacteum der Fall. Bei den zwei anderen Arten kommen die Rhabditen hier wohl vor, doch sind sie immer sehr klein und niemals so zahlreich wie sonst (Fig. 12 to). Was diese Linien wei- ter noch auszeichnet, ist das Vorhandensein der starken, dicht neben einander stehenden Cilien, von welchen ich schon früher gesprochen habe. Diese Cilienreihen kann man, so weit sie an dem Rande stehen, am leichtesten bei gequetschten Thieren wahrnehmen. Sie sind beständig in Bewegung, doch gehen die Flimmerwellen bald nach dieser, bald nach jener Richtung. Wie ich schon früher erwähnte, war KrnneL (27) der Erste, wel- cher auf die soeben beschriebenen Flimmerstellen bei den Süßwasser- tricladen aufmerksam gemacht hat. Er kannte auch die Thatsache, dass die aus dem Gehirn austretenden Nerven dort endigen und bezeichnet sie darauf hin als Sinnesorgane. Auch die Lage am vorderen Kopfrand, so wie die eigenthümliche Weise, in welcher die Thiere während der Fortbewegung den lappigen Kopfabschnitt tragen, weist darauf hin, dass sie mittels derselben etwaige Hindernisse wahrnehmen, und be- rechtigt uns, diese Hautstellen als Tastorgan zu bezeichnen. Derselben Kategorie gehören sehr wahrscheinlich die von Moseıry am vorderen Kopfrande von Bipalium gefundenen bewimperten Papillen und Gruben an, welche ebenfalls, wie aus der vorliegenden Beschreibung hervorgeht, von Nerven versorgt werden. Vermuthlich sind auch die paarigen Wimpergrübchen der Rhabdocoeliden und die Kopfspalten der Nemertinen von ähnlicher Bedeutung. Das Auge. Über den Bau der Planarienaugen konnten die älteren Forscher begreiflicherweise etwas Genaues nicht ermitteln. GrArr (20) giebt zur Berichtigung der Befunde Mıxor's (47), dass der Inhalt des pigmentirten Bechers eine helle homogene Substanz sei, in Kürze an, dass bei allen Süßwassertricladen und den von ihm untersuchten Rhabdocoeliden, im Auge eine Linse vorkomme, die aus mehreren Zel- len bestehe. Kenner beschreibt die Augen von Rhynchodemus als Pig- menibecher, die mit Zellen gefüllt seien, deren Kerne sich ziemlich deutlich färben. Seitdem haben wir zwei eingehende Untersuchungen über die Augen der Süßwassertricladen erhalten, nämlich die von RicHARD HERTWIG (13) und die von Justus CARRIERE (2). Was die Augen von Pl. polychroa anbetrifft, so stimmen die Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 437 Angaben beider Forscher im Wesentlichen überein. Da sie beide, ganz besonders aber der letztere, so ausführlich auf den Bau der betreffen- den Gebilde eingegangen sind, kann ich ihren Untersuchungen nichts Neues hinzufügen. Ich werde mich desshalb über diesen Punkt ganz kurz fassen. Das Auge besteht aus drei Theilen, 1) dem Pigmentbecher, 2) den Sehkolben und 3) dem Ganglion opticum. Der Pigmentbecher wird durch kompakte Pigmentkörnchen gebildet und ist mit seiner Öffnung nach außen und oben gerichtet. Vor der Öffnung des Bechers befindet sich eine Anhäufung von nervöser Substanz, namentlich Punktsubstanz und Fasern, welche von zahlreichen Kernen, die wahrscheinlich Gan- glienzellen angehören, umgeben ist. Diese bilden das Ganglion opticum oder die Retina, wie sie R. HrrrwIc nennt. Es liegt nur wenig unter der Basalmembran. Die Grenze zwischen der Substanz der Ganglien und der Höhle des Pigmentbechers ist eine ziemlich scharfe. Diese Grenze überschreitend erstrecken sich aber mehrere besonders dicke Fasern in die Becherhöhle hinein. In dieser nehmen sie allmählich an Dicke zu, bis sie schließlich je in einer kolbigen Anschwellung endigen, die in verschiedener Distanz von der Abgrenzung der Höhle gegen das Ganglion opticum gelegen sind. Carrızre betrachtet die Kolben als um- gewandelte Nuclei. Nach R. Herrwis aber finden sich darin noch Kerne, von denen ich freilich nichts wahrnehmen konnte. Die Kolben färben sich schwach und sehen ganz homogen aus. Die Fasern, namentlich die Fortsetzung der Kolber, sind bis in die Sehnerven zu verfolgen, welche ihrerseits von dem unteren Theil des Ganglion opticum ihren Ursprung nehmen und schräg nach hinten und unten verlaufen. Wie die Seh- nerven von dem Gehirn abgehen, konnte ich nie mit Sicherheit fest- siellen. Bei D. lJacteum habe ich eine eigenthümliche Modifikation der Seh- kolben gesehen. Einen Querschnitt durch das Auge dieser Art habe ich auf Taf. XXI, Fig. 44 dargestellt. Von der Grenze zwischen der Becher- höhle und dem Ganglion opticum aus erstrecken sich in die Höhle un- regelmäßige dicke Stäbe von ganz demselben Aussehen wie die Kolben in den Augen von Pl. polychroa. Die Stäbe spalten sich hier und da und verschmelzen mit einander, so dass Zwischenräume von rund- licher, langgestreckter oder verästelter Gestalt zu Stande kommen. Diese Räume enthalten entweder Körnchen oder sind vollständig klar wie Vacuolen. An dem Boden des Bechers ist die homogene Substanz der Stäbe vollständig verschmolzen. Einen direkten Zusammenhang zwi- schen den Stäben und den Fasern des Sehnerven oder des Ganglion opticum habe ich nicht sehen können. 438 Isao lijima, Nebenaugen, von welchen CArrIERE spricht, habe auch ich nicht selten’bei D. lacteum und Pl. polychroa gefunden. Nach Carrıere ist das Auge von Pol. nigra eine homogene Kugel, die von einer nach außen offenen Pigmentschale umschlossen wird. Dieser Behauptung muss ich entgegentreten, nicht nur weil man jetzt weiß, dass die früher als homogen betrachtete Linse aus einzelnen Ele- menten besteht, sondern auch desshalb, weil ich eine solche Kugel, wie sie von ihm abgebildet und beschrieben wird, niemals bei Pol. tenuis gefunden habe. In den kleinen Augen dieser Art kann man, wenn auch nicht so deutlich wie bei Pl. polychroa, doch immer noch ganz un- verkennbar wahrnehmen, wie die Fasern in die Pigmentschale eintreten und auch hier je in einem Kolben endigen. Auf einem dünnen Quer- schnitt sieht man stets mehr als einen oder zwei Kolben in der Pigment- schale (Taf. XXII, Fig. 42). Vor den Augen mögen ebenfalls nervöse Elemente vorhanden sein; aber dieselben lassen sich nicht von dem Mesenchymgewebe unterscheiden. Über das Verhalten der Sehnerven habe ich keine Beobachtungen gemacht. Wie bei Pol. nigra kommen auch bei tenuis doppelte oder drei- fache Augen vor, welche offenbar durch Zusammenwachsen einzelner Augen entstanden sind. II. Embryologie.. 1) Allgemeines. Über die Entwicklungsvorgänge der Süßwassertricladen besaßen wir bis jetzt nur zwei Abhandlungen. Es sind dies die von KnArrerr (28) und METScHnIKOFF (43)1. Die Resultate dieser beiden Autoren sind aber so lückenhaft und so abweichend von meinen eigenen Beobachtun- gen, dass es mir unzweckmäßig erscheint, in meiner Darstellung immer auf dieselben zu verweisen. Es möge daher die folgende kurze Wieder- gabe des durch die genannten Forscher bekannt Gewordenen genügen. KnapPpErrt stellte seine Untersuchungen an den Eiern von Planaria fusca und Polycelis nigra an. In einem Kokon fand er vier bis sechs Eier, welche von Futterstoff oder Dotterzellen umgeben waren. ! Als ich das vorliegende Manuskript bereits abgeschlossen hatte, erschien eine andere Arbeit METSCHNIKOFF’s: »Über die Embryologie vonPlanaria polychroa« (Diese Zeitschr., Bd. XXXVIII, 3. Heft, Juli 1883). Da es mir die Zeit versagt, diese letzte Arbeit hier näher zu berücksichtigen, verweise ich auf meinen Aufsatz in dem »Zoologischen Anzeiger« (Nr. 153, 4883), worin ich den Unterschied unserer Ergebnisse präcisirt habe. Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 439 Seiner Darstellung zufolge besitzt das Ei eine Umhüllungsmembran, was mir jedoch unwahrscheinlich ist, da ich eine solche nie sehen konnte. Von dieser Umhüllungsmembran soll sich der Dotter zunächst zurück- ziehen, so dass ein perivitelliner Raum zu Stande kommt, in welchem bald zwei oder drei Kugeln (offenbar die Richtungskörperchen) sichtbar werden. Die Furchung ist eine äquale; es wird eine solide Masse von gleich großen Furchungskugeln gebildet, welche im Innern der Eihülle liegt und durch osmotische Aufnahme des Futterstoffes an Größe zu- nimmt. Die Eihülle scheint bald zu Grunde zu gehen. In der rund- lichen Masse von Furchungskugeln ist jetzt eine peripherische durch- sichtige Wand und eine in der Mitie liegende Dottermasse zu unter- scheiden. Erstere besteht aus Zellen, welche von den Furchungskugeln herstammen, während die letztere das durch die Embryonalwand hin- durch aufgenommene Produkt der Dotterzellen ist. Meinen Beobachtun- gen nach ist in diesem Stadium schon ein Embryonalpharynx vorhan- den, wie denn auch die im Innern sich befindende Dottermasse nichts Anderes sein kann als die durch diesen aufgenommenen Dotterzellen. Den Pharynx aber lässt Knapperr erst in diesem Stadium sich in ganz eigenthümlicher Weise bilden. Zunächst erscheint derselbe als eine hügelartige Verdickung an der Oberfläche der Embryonalwand. Diese verlängert sich sodann, erhält ein Lumen und Muskulatur und wird auf diese Weise zu einem Apparat (Embryonalpharynx), mit welchem der Embryo die umgebenden Dotterzellen aufzunehmen befähigt ist. Indem der Embryo den nach außen hervorragenden Embryonalpharynx in den Körper hineinzieht, kommt die Pharyngealtasche und der definitive Pharynx zu Stande. Nach dem Auftreten der ersten Anlage des Pha- rynx spaltet sich die Wand des Embryo in zwei Lagen. Der dadurch gebildete Spaltraum stellt die zukünftige Leibeshöhle dar. Die peri- pherische Lage soll sich in die Epidermis und Muskulatur umwandeln; die innere, welche die mit Nahrungssubstanz angefüllte Höhle umfasst, soll sich dagegen zur Darmwand entwickeln. Die Embryonen sind An- fangs von rundlicher Gestalt, die erst nach dem Eintreten der Dendro- coelisirung des Darmes in die definitive Form sich umwandelt. Die Angaben Merscnnikorr's (43) über die Entwicklung von Pl. ‚ polychroa, welche mir nur aus Horrmans’s und Schwause’s Jahresbericht ı (1879)! bekannt wurden, sind ebenfalls unbefriedigend. METSCHNIKOFF ‚ beginnt seine Untersuchung mit einem Stadium, in welchem das Ei be- 1 Nachträglich sei noch bemerkt, dass METSCHNIKOFF in Seiner zweiten Arbeit (diese Zeitschr., Bd. XXXVIII) darauf hinweist, dass der Referent in diesem Be- richte sich theilweise eine irrige Darstellung des Originals zu Schulden kommen ließ. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 30 AA Isao lijima, reits in eine Anzahl von Furchungskugeln getheilt ist. Eine Umhüllungs- membran hat er im Gegensatz zu KnaPPerr nicht gefunden. Weiterhin, wenn die »zusammengeflossenen « Zellen des Embryo sich schärfer von den umgebenden Dotierzellen abgrenzen, nimmt der Embryo eine halb- kugel- oder glockenförmige Gestalt an. Am oberen Pol bildet sich ein kontraktiler Schlund, mittels dessen die Embryonen die umgebenden Dotterzellen verschlingen, wodurch sie an Größe zunehmen. Das Epi- thel von abgeplatteten Zellen, mit welchem der Embryo schon bedeckt ist, erhält jetzt Cilien, durch deren Hilfe er zu rotiren beginnt. Unter dem Epithel liegt eine dicke Rindenschicht von Zellen, das Mesoderm. Die im Inneren der Embryonen sich findende kompakte Masse von Dotterzellen soll das Entoderm darstellen. Dies ist mir von vorn herein unwahrscheinlich, da ein solcher Fall keinerlei Parallele in der Ent- wicklungsgeschichte der Metazoen besitzt. Die kompakte Masse von Entodermzellen (Dotterzellen) nimmt schließlich die Gestalt des ver- zweigten Darmes an, doch ist ein Lumen in demselben nicht vorhanden. Vielleicht, dass diese Auffassung METscHnIkorF’s über den Ursprung des Entoderms auf die von ihm vertretene Ansicht zurückzuführen ist, der zufolge bei Planarien der Darm überhaupt eine lumenlose protoplas- matische Masse sei. Erst wenn der Embryo nach einer nicht unbe- deutenden Formveränderung den jungen Planarien ähnlich geworden ist, wird der Schlund eingezogen. Der letztere wird nun bewegungs- los und verliert seine Muskeln, deren Stelle dann von der definitiven Muskulatur eingenommen wird. Am sechsten Tage nach dem Aus- schlüpfen saugen sich die Embryonen an dem mütterlichen Körper fest, — was ich nie, wenigstens nicht bei D. lacteum, zu beobachten Gelegen- heit hatte. Die Entwicklungsgeschichte der Polycladen ist genauer studirt. Wie aus den Mittheilungen von Harızz (22), SELEnkA (64—66), GörtE (1A— 16) u. A. hervorgeht, durchlaufen dieselben Entwicklungszustände, welche keineswegs mit denen der Tricladen in Übereinstimmung ge- bracht werden können, wesshalb ich denn auch für jetzt auf eine Ver- gleichung beider Gruppen nicht eingehen will. Auch die Entwicklung der Ctenophoren ist in vielen Punkten verschieden von der der Süß- wassertricladen, und desshalb muss ich einstweilen die neuerdings von Lang (38), Serenka (66) und von Cnun (2) hervorgehobene nahe Ver- wandtschaft der ersteren mit den Turbellarien dahingestellt sein lassen. Meine eigene Untersuchung über die Entwicklung der Tricladen habe ich hauptsächlich an Dendrocoelum lacteum durchgeführt, und ich hebe ausdrücklich hervor, dass die Entwicklungsvorgänge, welche ich beschreibe, ausschließlich auf diese Art sich beziehen. Von Polycelis Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 441 tenuis undPlanaria polychroa habe ich nur einige Stadien unter- sucht, indessen scheint es mir, dass bei diesen Arten ganz dieselben Vorgänge stattfinden. Eiablage, Kokon etc. D. lacteum fängt schon Ende Februar an, die Kokons abzulegen. Die anderen Arten scheinen erst später da- mit zu beginnen. Wie lange die Zeit der Eiablage dauert, kann ich nicht bestimmt sagen. Ich habe Anfang Mai Hunderte von Individuen des D. lacteum gesammelt, die sämmtlich zu Grunde gingen, nachdem ein jedes wenigstens drei Kokons abgelegt hatte, so dass ich anderthalb Monate später keine geschlechtsreifen Thiere mehr besaß. Wahrschein- lich also werden diese Thiere nur einmal im Leben geschlechtsreif. Bekanntlich ist der Kokon von Pl. polychroa kugelig und mit einem langen und dünnen Stiel versehen, welcher nach KnarPpErrt erst von der Geschlechtsöffnung ausgeschieden wird und zur Anheftung an fremde Körper dient. Der ungestielte Kokon von Pol. tenuis ist der kleinste und besitzt eine elliptische Form. Der ebenfalls ungestielte von D. lacteum dagegen ist kugelig und größer (bis 3 mm im Durch- messer). Der Kokon wird mittels eines weißen Sekrets gewöhnlich an Wasserpflanzen angeklebt. Woher dieses Sekret stammt, konnte ich nicht feststellen. Wie ich schon im ersten Theil meiner Arbeit angegeben habe, findet die Kokonbildung in der Penisscheide statt. In Folge einer An- häufung von Dotterzellen resp. von Eiern, betrachtet man am lebenden Thiere zunächst eine allmähliche sich vergrößernde Anschwellung der betreffenden Stelle. Einige Stunden später, meistens in der Nacht, wird der Kokon abgelegt. Gewöhnlich hat die Kokonschale schon vor ihrer Ablage eine gelbliche Farbe, aber manchmal habe ich auch frisch gelegte Kokons mit noch zarter, vollständig farbloser Schale gefunden. ‚ Bald wird dieselbe aber härter und nach drei Tagen zeigt sie eine ‚ schwarzbraune Färbung. | Der Inhalt des Kokons besteht aus einer Flüssigkeit, in der sich eine ‚ sehr große Menge von Dotterzellen und verhältnismäßig nur wenige Eier finden. Die Flüssigkeit, die vielleicht eiweißartiger Natur ist, mag wohl ‚ eine Ausscheidung jener einzelligen Drüsen sein, welche in den Ovi- ‚ dukt ausmünden. Von den Dotterzellen giebt HıLırz (22) eine ausführ- ‚liche Beschreibung und genaue Abbildungen. Ich habe auch auf ‚ Taf. XXIN, Fig. 2 einige von ihnen dargestellt. Die durch v. SıEsoLp ‚ bekannt gewordene peristaltische und amoeboide Bewegung kann man | an ihnen in prachtvoller Weise beobachten. Sie sind so massenhaft vor- ‚handen, dass sie dem Kokoninhalt eine milchweiße Farbe verleihen; es | mögen in jedem Kokon wohl über zehntausend gezählt werden, wie | 30* 442 Isao lijima, METSCHNIKOFF dies thut. Die Zahl der Eier kann man erst bestimmen, wenn diese zu Embryonen von ansehnlicher Größe entwickelt sind. Gewöhnlich habe ich 24 bis 42 Embryonen in einem Kokon (von D. lac- teum) gefunden. Einmal fand ich in einem ungewöhnlich kleinen Kokor deren nur sieben. Die Eier sind immer kleiner als die Dotterzellen (Taf. XXIII, Fig. 1). Bei Pl. polychroa und D. lacteum messen sie circa 0,044 mm im Durchmesser, die Keimbläschen circa 0,019 mm. Die Eier von Pol. tenuis sind bedeutend kleiner (circa 0,035 mm), aber die Keimbläs- chen sind ungefähr eben so groß wie bei anderen Arten. Die Eier sind vollständig nackt. Der Dotter ist immer fein granulirt und gleichmäßig vertheilt. Nur in den Eiern von Pl. polychroa findet sich, meistens an der Peripherie, eine Menge grober Körner, welche man wohl als Dottierkugeln bezeichnen kann. Das Keimbläschen ist von hellem Aus- sehen. Eine reticuläre Anordnung des Kernsaftes habe ich darin nicht beobachtet. Es enthält entweder ein einziges großes Kernkörperchen oder mehrere kleine, doch finden sich auch Eier, welche einige große Kernkörperchen neben kleineren enthalten. Wo mehrere Kernkörper- chen vorkommen, sind dieselben meistens peripherisch angeordnet. Wo und wann die Befruchtung des Eies vor sich geht, konnte ich nicht eruiren. Es ist sehr wahrscheinlich (ich habe nicht besonders da- nach gesucht), dass sich in der eiweißartigen Flüssigkeit des Kokons - Spermatozoen finden, wenn auch schon abgestorben, wie es in den Kokons der Hirudineen der Fall ist. Eine Begattung zu beobachten ist. mir nicht ein einziges Mal gelungen, doch wird dieselbe von Dusss (9) beschrieben. 2) Bildung des Embryo. Die Umwandlung des Keimbläschens zu dem ersten Amphiaster kann schon in dem Ovarium stattfinden. Auf Schnitten oder an Essig- säurepräparaten konnte ich deutlich die von einander getrennten und durch Fäden mit einander verbundenen Kernplatten wahrnehmen. Näheres habe ich über den Bau des Amphiaster nicht in Erfahrung bringen können. Einmal fand ich in einem Kokon, welcher der Penis- scheide entnommen war, Eier mit zwei großen Kernen. Sie waren noch nicht in die beiden Furchungskugeln zerfallen. Andererseits habe ich in frisch gelegten Kokons mehrfach Eier angetroffen, in denen sich die Keimbläschen noch unverändert fanden. Daneben freilich kamen auch solche mit Amphiaster und noch andere mit zwei Kernen vor. Weiter- hin entwickeln sich die Embryonen desselben Kokon in ziemlich gleichem Grade, doch enthalten gleich alte Kokons oft sehr abweichende Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 443 Stadien, so dass die Altersbestimmung gewisser Stadien nur eine an- nähernde sein kann. Richtungskörperchen habe ich nie beobachtet. Da die Eier eine Umhüllungsmembran nicht besitzen, so werden dieselben nach der Abirennung voraussichtlich dem übrigen Kokoninhalt sich beimischen und unter der unzähligen Menge von Dotterzellen verlieren, so dass man sie kaum jemals wird bemerken können. Während der ersten 24 Stunden haften die Dotterzellen fest dem in den ersten Furchungsstadien befindlichen Ei an. Schüttelt man den Kokoninhalt mit 2°%/,iger Essigsäure, so lösen sich die Dotterzellen von einander ab, aber diejenigen, welche das furchende Ei unmittelbar um- geben, bleiben in Zusammenhang, so dass das Ganze dem unbewaffne- ien Auge als ein weißes Pünktchen erscheint. Inmitten der sie um- gebenden Dotterzellen durchlaufen die Eier nun eine totale Furchung. Ich habe die verschiedenen Stadien auf Taf. XXII, Fig. 3—8 dargestellt. Schen nach der ersten Theilung habe ich die beiden Furchungskugeln oft durch die zwischen sie hineinragenden Theile der umgebenden Doiterzellen vollständig von einander getrennt gefunden. Weiterhin kommen die fast gleich großen Furchungskugeln in eine feinkörnige Flüssigkeit zu liegen, aber immer sind sie mehr oder minder weit von einander entfernt, wie solches nicht selten auch 'bei den Furchungs- vorgängen anderer Thiere zu sehen ist. Die erwähnte Flüssigkeit wird von den umgebenden Dotterzellen geliefert, die immer kleiner sind als die weiter entfernten, auch auf Schnitten ein bedeutend helleres Aus- sehen zeigen als jene. Mit dem Fortschreiten der Furchung werden die Kugeln immer kleiner, aber ihre gesammte Masse übersteigt weit die des ursprünglichen Eies, zweifellos in Folge der Aufnahme von Flüssig- keiten. Nach drei bis vier Tagen sind mehr als 20 Furchungskugeln ge- bildet, welche eine solide, aber doch etwas lockere Masse darstellen (Fig. 8). In dem nächsten Stadium (vier bis fünf Tage, Fig. 9) besitzt der Embryo eine vollständige kugelige Gestalt und einen Körper, der gegen die ihm anhaftenden Dotterzellen ziemlich scharf absteht. Die kugelige Gestalt kommt dadurch zu Stande, dass ein fein granulirtes Protoplasma mit wenigen Kernen den rundlichen Zellenhaufen umgiebt, so dass der Embryo jetzt aus einer peripberischen Schicht von, so zu sagen, verschmolzenen Zellen und einer inneren Zellenmasse besteht, welche noch ganz die Beschaffenheit der Furchungskugeln besitzt. Zwischen diesem und dem zuletzt betrachteten Stadium, in dem die Furchungskugeln einen morulaähnlichen Haufen bildeten, habe ich 444 Isao Iijima, kein Übergangsstadium beobachten können. Bezüglich des Ursprunges der peripherischen verschmolzenen Zellen ist aber zu berücksichtigen : 1) Dass die Grenze dieser Schicht gegen die ihr anhaftenden Dotter- zellen eine ununterbrochene ziemlich scharfe Linie darstellt, eine That- sache, welche gegen die Annahme spricht, dass diese Schicht durch Verschmelzung der Dotterzellen entstanden ist. | 2) Dass der Durchmesser des Embryo ungefähr derselbe ist, wie der des letzten Stadiums, in welchem die Führungskugeln nur einen Haufen bildeten. 3) Dass die Zahl der im Centrum des kugeligen Embyo liegenden Zellen meist weniger als fünfzehn beträgt, während in dem Haufen von Furchungskugeln deren immer über zwanzig enthalten sind. 4) Dass in noch späteren Stadien die Grenzen der mehr peripherisch gelegenen Zellen und der inneren Zellenmasse sich verwischen, worauf diese sich dann den verschmolzenen Zellen zugesellen. Diese Thatsache halte ich für genügend, um anzunehmen, dass die Schicht von verschmolzenen Zellen durch Metamorphose aus peripheri- schen Furchungskugeln hervorgeht. Es handelt sich meiner Meinung nach hier um einen Vorgang, nach dessen Ablauf wir zwei Schichten von Zellen’antreffen, welche nach ihrer relativen Lage und ihrer späte- ren Bestimmung als Ektoderm und Entoderm bezeichnet werden dürfen. Es muss bemerkt werden, dass das Protoplasma der peripherischen Schicht vielleicht theilweise noch jene Flüssigkeit darstellt, in welcher die Furchungskugeln sich befanden; die weitere Massenzunahme der Schicht findet durch osmotische Aufnahme der von den Dotterzellen gelieferten Nahrungssubstanz statt. Gleichzeitig haben die Kerne der umgewandel- ten Zellen eine Veränderung durchlaufen, indem sie jetzt eine Anzahl von Körnchen enthalten, welche sich stark färben. Es sind dies wahr- scheinlich die Reste von Kernkörperchen, wie man solche in den Dotter- zellen und in fast allen Geweben der Tricladen trifft. Die Kerne der im Centrum liegenden Zellen enthalten dagegen ein bis drei große und deutliche Kernkörperchen. Aber auch diese nehmen bald das Aussehen der ersteren an. In noch weiter fortgeschrittenen Stadien haben sich die Kerne der peripherischen Schicht vermehrt und zwar durch einfache Theilung, denn ich habe darin sehr oft mehr oder minder stark eingeschnürte große Kerne wahrgenommen. Wahrscheinlich haben unterdessen auch noch mehrere der inneren Zellen durch fortgesetzte Umwandlung zu der Verstärkung der peripherischen Schicht beigetragen. Diese inneren Zellen | | Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen), 445 haben sich ebenfalls vermehrt, sind dabei aber immer kleiner gewor- den. Amphiaster habe ich oft in ihnen beobachtet. Fig. 40 zeigt den Durchschnitt eines fünftägigen Embryo, der schon bedeutend an Größe zugenommen hat (0,2 mm im Durchmesser). In derartigen Präparaten habe ich zwischen den centralen Zellen oder in der Nähe derselben häufig freie Kerne mit einigen großen oder zerfallenen Kernkörperchen gesehen, die unverkennbare Übergangsformen zwischen diesen und den verschmolzenen Zellen der peripherischen, jetzt beson- ders mächtigen Schicht bildeten. Bald darauf ereignen sich bemerkenswerthe Veränderungen in der centralen Gruppe von Entodermzellen, welche schließlich zu der Bil- dung des Embryonalpharynx hinführen. Einige der in der Peripherie der Gruppe liegenden Zellen verlängern sich nämlich außerordentlich und wandeln sich in Muskelzellen um, die sich durch ihre Verästelun- gen, ihr starkes Färbungsvermögen und ihr homogenes Aussehen sofort als solche zu erkennen geben (Taf. XXIII, Fig. 11). Dieselben umfassen die centrale Gruppe vonZellen in lockerer Anordnung. Sie schicken auch nach außen Äste aus, und diese durchsetzen die peripherische Lage des Synceytium. Nach außen von den Muskelzellen liegen nur wenige Zellen. Diese bleiben in ihrer Lage, während die von den Muskeln umfasste Gruppe von Entodermzellen gegen die Oberfläche des Embryo hin zu rücken beginnt. Bevor diese Bewegung anfängt, ist die Gruppe von Entodermzellen eine ziemlich kompakte. Die in ihrer Umgebung häufig vorkommenden Spalten sind wahrscheinlich durch das Andrängen der vorrückenden Zellen hervorgerufen worden. Es gelang, die Verrückung dieser Zellengruppen durch alle Stadien hindurch zu verfolgen. Die Muskelzellen, welche in der Umgebung der Gruppe vorkommen, unter- stützen vermuthlich die Ortsveränderung, denn sie gehen verloren, so- bald die Zellengruppe an der Oberfläche des Embryo angelangt ist. Auf Taf. XXIII, Fig. 12, welche einen Äquatorialschnitt von einem 0,24 mm im Durchmesser haltenden Embryo darstellt, ist die sich ver- schiebende kompakte Gruppe von Entodermzellen noch nicht bis zur Oberfläche emporgestiegen. Anders auf Fig. 13 (Embryo 0,28 mm im ‚ Durchmesser), wo dieselbe einen Kegel darstellt, dessen Basis die Ober- ‚ fläche des Embryo berührt. Die Gruppe von Entodermzellen ist nun, wie oben schon angedeutet, die Anlage des Embryonalpharynx, über dessen weitere Ausbildung ich Folgendes ermitteln konnte. Alle Zellen der Gruppe, mit Ausnahme derjenigen, welche unmittel- bar um die Längsachse des Kegels liegen, verästeln sich reichlich und | rücken gleichzeitig etwas aus einander. Auf diese Weise wird in der Längsachse des Kegels eine Säule von allerdings nur wenigen Zellen 446 ! Isao lijima, gebildet, welche von einer Schicht retikulärer Zellen umgeben ist. In Fig. 14 A und B habe ich zwei Querschnitte durch solche Stadien des Embryonalpharynx dargestellt. Der Schnitt B trifft ungefähr die Mitte des Pharynx. Die Verästelungen der peripherischen Zellen haben eine gewissermaßen radiäre Anordnung; sie umfassen theils die centrale Säule von Zellen als Ringfasern, theils auch liegen sie als Längsfasern den letzteren an. A giebt einen Schnitt durch die Spitze des Kegels wieder. Die retikulären Zellen sind hier nicht mehr getroffen, sondern nur jene, welche das dann nach innen zugekehrte Ende der Säule ein- nehmen. Es sind immer vier Zellen, die in derselben Ebene liegen und das alsbald sich bildende Lumen des Pharynx zwischen sich nehmen. Sobald dieses Lumen vorhanden ist, scheinen die anderen Zellen der Säule zu verschwinden, oder was noch wahrscheinlicher ist, sich außer- ordentlich abzuplatten. Sie verbinden sich dabei mit den Zellen des schon vorhandenen Körperepithels und gehen kontinuirlich in dieses über. Auf Fig. 15 (Embryo, 0,33 mm im Durchmesser) ist der Embryo- nalpharynx schon fertig, an dem unteren Ende aber noch mit den auf Fig. 1% A gezeichneten Zellen (M) versehen. Auf einer noch weiter aus- gebildeten Stufe zeigt sich der Embryonalpharynx in Fig. 16. Die noch in Vierzahl vorhandenen Entodermzellen (M) liegen gerade da, wo das Lumen des Embryonalpharynx in die innere (Darm-) Höhle hinüberführt, und dienen offenbar zum Verschluss der letzteren, so dass das Austre- ten der aufgenommenen Dotterzellen verhindert ist. Die netzbildenden Fasern sind allem Anschein nach muskulöser Natur, wie denn der Embryonalpharynx wahrscheinlicherweise auch jetzt schon Schluck- bewegungen ausführt. Doch kehren wir zur Betrachtung jenes Stadiums zurück, in wel- chem die Anlage des Embryonalpharynx noch nicht vollständig die Oberfläche erreicht hat (Fig. 12). In diesem Stadium erst ist am Körper das Epithel (ek) vorhanden, welches ich in früheren Stadien nie zur Anschauung bringen konnte. Von Embryonen in dem Stadium der Fig. 40 kann ich mit Sicherheit behaupten, dass es noch nicht vorhan- den ist. Dasselbe besteht aus wenigen, außerordentlich abgeplatteten Zellen, deren Kerne gewöhnlich einige große Kernkörperchen enthalten (Fig. 21 A und B). Die Dotterzellen haften nicht mehr an dem Embryo, und dieser löst, wenn man ihn lange mit 2°/,iger Essigsäure behandelt, das Epithel ab, das dann als ein dünnes Häuichen sichtbar wird. Auf Schnitten erscheint es als eine feine Linie, aber Kerne trifft man darin nur sehr selten. Die Entstehung des Epithels habe ich nicht direki verfolgen können; aber es ist mir außerordentlich wahrscheinlich, dass es seinen Ursprung nimmt, indem einige der peripherisch liegenden Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 447 Kerne das sie umgebende Protoplasma als Zellenleib an sich ziehen. Die so gebildeten Zellen würden sich dann abplatten und den Embryo ein- schließen. Wir können dies dahin auffassen, dass die zu äußerst liegen- den Zellen des Syncytiums, welch letzteres wir bis jetzt im Ganzen als Ektoderm bezeichnet haben, das permanente Ektoderm oder das Körper- epithel bilden, während der Rest, d. i. der größte Theil desselben, das Mesoderm liefert. Auf Taf. XXIN, Fig. 12, 13 und 15 habe ich das Ektoderm (ek) nur durch eine Linie dargestellt. In dem Mesoderm (mes) sehen wir eine reichliche Menge von Kernen, welche theils die Nachkommen der ur- sprünglichen Ektodermzellen sind, theils von dem Entoderm herstam- men. Das letztere (en) ist durch einige wenige rundliche Zellen ver- treten, die zerstreut im Centrum des Embryo liegen. Sie sind hier zurückgeblieben, während, wie wir sahen, der größte Theil des Ento- derms zur Bildung des Embryonalpharynx an die Oberfläche rückte. Einstweilen aber ist es noch unmöglich, die Grenze zwischen dem Meso- derm und Entoderm zu bestimmen, da das letztere fort und fort zur ' Bildung des ersteren beizutragen scheint. Festhalten aber müssen wir, dass die mehr ventral gelegenen Zellen dem Entoderm angehören. Auf die Ausbildung des Embryonalpharynx, welche am siebenten bis achten Tage vollendet ist, folgt die Bildung der Darmhöhle. Sie tritt zunächst als eine einfache Höhlung in dem Protoplasma des Embryo am inneren Ende des Lumens des Embryonalpharynx auf (Fig. 45). Kaum aber gebildet, vergrößert sie sich sehr rasch, während der Embryo mittels Schluckbewegungen die umgebenden Dotterzellen in das Innere - aufnimmt. In Folge dessen vergrößert sich der Embryo um ein Bedeuten- des, so dass die normal entwickelten Embryonen schon am 10. bis 15. Tage 0,7 mm im Durchmesser haben. Sie stellen eine dünnwandige Hohlkugel dar, welche an einem Punkt eine Öffnung, den Embryonal- "pharynx zeigt. Ihr innerer Hohlraum ist mit Dotterzellen angefüllt. ‚Schematisch habe ich dieses Stadium auf Fig. 27 dargestellt. Die Wand ‚der Hohlkugel ist im Allgemeinen von ziemlich gleicher Stärke, nur in ‚der Umgebung des Embryonalpharynx (e.ph) ist sie ein wenig verdickt. Behandeln wir einen solchen Embryo mit Osmiumsäure, und unter- ‚suchen wir ihn bei auffallendem Licht, dann erscheint der Embryonal- ‚pharynx als ein dunkles Pünktchen, in dessen Umgebung einige weiße ‚Flecke von wechselnder Größe sich bemerkbar machen (dunkel ge- ‚zeichnet auf Fig. 23). Es sind dies Stellen, an denen die Wand etwas ‚dünner ist. Schon nach kurzer Zeit sind dieselben nicht mehr aufzu- finden. Fig. 16 und 20 stellen Theile von Äquatorialschnitten dar, die | | | | 448 Isao Jijima, diesem Stadium angehören. Der erstere Schnitt geht durch den Em- bryonalpharynx; der zweite zeigt einen weit von dem Pharynx entfern- ten Theil der Embryonalwand. Das Ektoderm (ek) ist noch immer als eine scharfe Linie mit äußerst spärlichen Kernen zu unterscheiden, wäh- rend das Mesoderm (mes) zahlreiche Kerne aufweist, die meistens mit mehr oder minder deutlichen Zellgrenzen versehen sind. Die innere Begrenzung des Mesoderms ist mit Bestimmtheit zu erkennen, da die Entodermzellen (en) jetzt zu abgeplatteten Zellen geworden sind, welche das Darmepithel darstellen. Dasselbe tritt auf Äquatorialschnitten als eine scharfe Linie hervor, wie das Körperepithel, und begrenzt die Embryonalwand gegen die im Innern der Darmhöhle enthaltenen, jetzt theilweise in Zersetzung befindlichen Dotterzellen. Die abgeplatteten Kerne des Darmepithels sind allerdings nur in geringer Anzahl vorhan- den, doch so deutlich, dass sie nicht zu verkennen sind (Fig. 20 en). Die Entstehung des Darmepithels habe ich nicht direkt verfolgt. Nachdem die Darmhöhle zuerst aufgetreten ist (Fig. 15), sieht man keine Spur von einem auskleidenden Epithel, allein jene eigenthümlichen Entodermzellen (WM) sind erhalten und bleiben, ohne sich zu theilen, während die Darmhöhle sich vergrößert. Ich glaube daraus schließen zu dürfen, dass das Darmepithel sich bildet, indem mit der Vergröße- rung der Darmhöhle die mehr central gelegenen Zellen, welche wir von vorn herein als Entoderm betrachtet haben, gegen die Höhle zu sich ab- platten. Ungefähr zwischen dem 45. und 18. Tage, wenn die im Kokon enthaltenen Dotterzellen sämmtlich von den Embryonen aufgenommen sind, messen die letzteren, die immer noch eine kugelige Gestalt be- sitzen, zwischen 0,8 und 1,00 mm im Durchmesser. 3) Weitere Ausbildung des Embryo. Ungefähr zwischen dem 17. und 20. Tage nach der Ablage des Kokons findet eine wichtige Veränderung der Embryonen statt, indem sie den provisorischen Pharynx verlieren und mit dem definitiven ver- tauschen. Von Interesse ist dabei die Thatsache, dass das Verschwinden des Embryonalpharynx bald nach der vollständigen Aufnahme der Dotterzellen beginnt. Das Mesoderm in der Umgebung des Embryonalpharynx scheint unterdessen in einen aktiven Vermehrungsprocess eingetreten zu sein. Es übt einen Druck auf den mit Lücken erfüllten Embryonalpharynx. aus, in Folge dessen dieser immer kleiner wird. Das Körperepithel wächst über der äußeren Öffnung des Pharynx zusammen. Eben so wird die innere Öffnung von dem Mesoderm resp. dem Darmepithel über- Unters, über d. Bau u, die Entwicklungsgesch, d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen), 449 wachsen. Die Überreste des Pharynx rücken gegen das Körperepithel hin. Ein solches Stadium habe ich auf Taf. XXIII, Fig. 17 dargestellt. Die vier eigenthümlichen Entodermzellen (Fig. 15 und 16 M), welche am inneren Ende des Pharynxlumens gelegen waren, sind nicht mehr aufzufinden. Noch vor dem Verschwinden des Pharynx habe ich oft- mals die Kerne jener Zellen mehr oder minder eingeschnürt gefunden, so dass es wahrscheinlich ist, dass diese Zellen sich in mehrere getheilt haben. Welches Schicksal sie schließlich erleiden, konnte ich nicht be- stimmen. Nach einiger Zeit tritt ein vollständiges Verschwinden des Embryo- nalpharynx ein. Die Stelle, welche derselbe einnahm, ist freilich immer noch zu erkennen, indem das Mesoderm daselbst eine bedeutende Ver- dickung zeigt (Fig. 17—19). Gleich darauf tritt in der Mitte dieser Ver- dickung, etwas näher dem Körper- als dem Darmepithel, eine Anfangs nur kleine Höhle auf (Fig. 18 ph.t), die erste Anlage der Pharyngeal- tasche. Sobald sich dieselbe erweitert, platten die angrenzenden Zellen sich ab. Sie bilden das die Pharyngealtasche auskleidende Epithel (Fig. 19), das somit, eben so wie die äußere Epithelschicht des Pharynx, vollständig mesodermalen Ursprungs ist. A priori erscheint diese Be- hauptung allerdings unwahrscheinlich, zumal man nicht weiß, ob die Zellen des Pharyngealepithels nicht die Nachkommen jener vier Ento- dermzellen sind, welche an dem inneren Ende des Embryonalpharynx sich vorfanden. Von dem Geschlechtsantrum aber weiß ich ganz ent- schieden, dass dessen Epithel vom Mesoderm herstammt. Die gewöhn- liche Annahme, dass die Pharyngealtasche und das Geschlechtsantrum als Einstülpungen der Körperwand entstanden seien, muss demnach aufgegeben werden. Weiterhin ist die Vergrößerung der Pharyngealhöhle mit der Bil- dung des definitiven Pharynx verknüpft. Die Höhle erweitert sich zu- nächst derart, dass zwischen ihr und dem Darme nur eine solide Erhebung des Mesoderms bleibt. Bevor diese aber zu Stande kommt, wird der spätere Pharynx durch eine Anhäufung zahlreicher Kerne an- gedeutet (Fig. 19 ph). Auf Fig. 28 ph, welche den Medianlängsschnitt eines 20tägigen Embryo darstellt, ist bereits die erste Anlage des defini- tiven Pharynx gebildet. Eben so auch schon der Pharyngealgang. Ob übrigens das Epithel dieses Ganges eine Fortsetzung des Entoderms ist, ' oder, wie das äußere Epithel des Pharynx, durch angrenzende Meso- | | | | | dermzellen gebildet wird, habe ich nicht erkennen können. Um so leichter aber ist die Thatsache zu konstatiren, dass der Pharynx von ‚ Anfang an etwas schief gerichtet ist. Während der Bildung der ersten Pharyngealanlage macht der 450 Isao Iijima, kugelige Embryo eine Formveränderung durch, indem er sich allmäh- lich seiner definitiven Gestalt nähert. Zunächst zieht er sich an einer Seile etwas aus, so dass er eine birnförmige Gestalt erhält (Fig. 24). Das ausgezogene Ende repräsentirt den Kopf, während der Pharynx (in der Figur durch den schwarzen Punkt angedeutet) dem abgerundeten Ende genähert ist. Bald wird die Seite, auf welcher der Pharynx liegt, die Ventralseite, bedeutend abgeplattet (Fig. 25), so dass ein Querschnitt dieses Stadiums ungefähr die Form eines Halbkreises mit der zugehörigen Sehne zeigt. Fig. 28 stellt den Längsschnitt eines Embryo in diesem Stadium dar. Das Mesoderm ist an der Ventralseite bedeutend dicker als an der Dorsalseite.. Am stärksten ist es am Kopfende (k), wie sich denn überhaupt der ganze Körperrand durch stärkere Verdickung des Mesoderms auszeichnet. Weiterhin (circa 30 Tage nach der Ablage) erscheint der Embryo ziemlich flach. Der Pharynx hat sich vergrößert und zeigt schon eine cylindrische Gestalt. Er liegt horizontal in der nach außen noch immer geschlossenen Pharyngealtasche. Das äußere und innere Epithel des Pharynx besteht aus niedrigen Zellen, welche einstweilen noch keine Cilien besitzen. Schon in diesem frühen Stadium sieht man übrigens die verschiedenen Muskelsysteme des Pharynx, allerdings noch in ge- ringer Entwicklung. Der obere Theil der Wand der Pharyngealtasche ist mit der dorsalen Körperwand zusammengewachsen, so dass die Darm- höhle aus zwei Theilen besteht, welche vor und hinter dem Pharynx gelegen sind und nur an den Seiten der Pharyngealtasche mit einander kommuniciren. Nach hinten fortwachsend bildet die Wand der Pharyn- gealtasche jene Theile, welche später die äußeren Geschlechtsorgane enthalten und die zwei hinteren Hauptdarmkanäle von einander ab- trennen. Die Verzweigungen des Darmkanales, deren Bildung jetzt gleichfalls schon begonnen hat, kommen dadurch zu Stande, dass die ursprünglich einfache Darmhöhle durch die am Rande des Körpers ent- springenden und immer weiter nach der Medianlinie vorwachsenden Septen eingeschnürt wird. Die Darmäste sind also nicht, wie man früher annahm, Ausstülpungen der Hauptdarmkanäle, sondern, wie gesagt, aus der ursprünglichen einfachen Darmhöhle in Folge deren Einschnü- rung durch die Septen entstanden. Von Anfang an sind ungefähr so viel Darmäste wie bei den erwachsenen Thieren vorhanden. Die sekun- dären Verzweigungen der Darmäste kommen erst später zu Stande. Die Dotterzellen in der Darmhöhle sind ihrem Aussehen nach in- zwischen weit in der Zersetzung vorgeschritten. Die Dotterkugeln sind meistens zu Klumpen zusammengeflossen und in dieser Form bald ein- zeln, bald auch zu unregelmäßigen Konglomeraten vereinigt anzutrefien. She Unters, über d, Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen), 451 Die Kerne werden in wechselnder Menge von einem mehr oder minder massenhaften Protoplasmaklumpen eingeschlossen. Daneben findet man nicht selten auch eine unregelmäßige entweder feinkörnige und schwach gefärbte oder grobkörnige und stark gefärbte Masse, welche weder Kerne noch Dotterkugeln in sich einschließt. Was das Darmepithel anbetrifit, so scheinen sich dessen Zellen bedeutend vermehrt zu haben. Wo es deutlich hervortritt, ist die epi- theliale Anordnung der abgeplatteten Zellen nie zu verkennen. Dies habe ich ziemlich oft an den uns jetzt interessirenden Stadien sowohl von D. lacteum wie von Pol. tenuis beobachtet. Recht häufig aber ist es nicht zu erkennen, und dann scheinen die Mesodermzellen die Zersetzungsprodukte der Dotterzellen unmittelbar zu berühren. In- dessen zweifle ich nicht daran, dass das Epithel auch hier vorhanden ist, zumal die Darmhöhle früher, so lange die Embryonen noch eine kugelige Gestalt hatten, überall ein abgeplattetes Auskleidungsepithel zeigte. Hierzu kommt noch, dass die Grenze zwischen der Körperwand und dem Inhalt der Darmhöhle eine sehr unebene ist, so dass die Schnitte meistens schief durch sie hindurchgeführt sind, eine scharfe Grenze also schon von vorn herein nicht zu erwarten ist. Übrigens zeigt das Darmepithel auch da, wo es deutlich hervortritt, keine Basalmem- bran, was gleichfalls dazu beiträgt, dass es nur schwer von den unter ihm liegenden Mesodermzellen zu unterscheiden ist. Das Körperepithel hingegen wird in Folge des frühen Auftretens der stark lichtbrechenden Basalmembran sehr bald scharf von dem Meso- derm abgegrenzt. In ihm trifft man jetzt auch zahlreiche Kerne. Nach wie vor aber stellt es eine ganz dünne Schicht dar. in dem Mesoderm hat die Bildung der Muskelfasern begonnen. In Fig. 30 habe ich einige frühe Stadien von Dorsoventralmuskelfasern ab- gebildet. Sie sind Anfangs nichts Anderes als verlängerte Zellen, wie ich dies schon früher bemerkt habe. Auf welche Art und Weise die Kerne später verschwinden, habe ich nicht verfolgen können. Neben den kernhaltigen Muskelfasern findet man übrigens schon solche, welche ihre Kerne verloren haben. Auf Flächenschnitten dieser Stadien habe ich auch schon die dem Körperepithel noch immer dicht anliegenden verästelten Zellen gefunden und häufig bemerkt, wie deren Äste in der Querrichtung des Körpers parallel mit einander hinlaufen (Taf. XXIII, Fig. 22). Wahrscheinlich, dass dieselben die erste Anlage der äußeren Ringfaserschicht darstellen. Weiteres über die Entwicklung der Muskel- systeme habe ich nicht beobachtet. Die übrigen Mesodermzellen sind zum größten Theil verästelt oder spindelförmig ausgezogen, anderentheils | aber offenbar noch im Syneytiumzustande. 452 Isao Tijima, Ungefähr am 35. bis 40. Tage sind die Embryonen schon als junge Planarien zu bezeichnen (Fig. 26). Die Tastcilien an den Seiten des Kopfrandes und die starren Cilien der ganzen Oberfläche sind wohl ent- wickelt. Die Entstehung der Augen habe ich nicht untersucht. Das Nervensystem besteht, so weit ich zu beobachten Gelegenheit hatte, schon in seiner ersten Anlage aus zwei Gehirnlappen, welche mit ein- ander durch Kommissuren verbunden sind, und aus zwei nach hin- ten verlaufenden Längsnervenstämmen. Rings um die Gehirnlappen (Fig. 31 gl) sieht man eine dichte Anhäufung von Kernen. Die Längs- nervenstämme konnte ich auf Querschnitten nicht weiter als bis in die Gegend des Pharynx verfolgen. Die strickleiterbildenden Querkommis- suren sind noch nicht wahrzunehmen. Mit Hinblick auf die Vermuthung Herrwig’s (24), dass das Nervensystem der Planarien mesenchymatösen Ursprungs sei, möchte ich bemerken, dass das Nervensystem schon in diesen frühen Stadien inmitten des Mesoderms gelagert ist. Auch war ich, trotz eifrigen Nachsuchens, niemals im Stande, vor dem Auftreten des Nervensystems eine Einsenkung oder Verdickung des Körperepithels aufzufinden. | Bei Embryonen, welche bis zum Ausschlüpfen fertig sind, ist das Körperepithel bedeutend verdickt und an der dorsalen Seite bereits von cylindrischer Bildung. Die Zellen umschließen gruppenweise ange- ordnete Rhabditen, welche je nach der Dicke des Epithels in Größe schwanken. Bei Embryonen von D. lacteum habe ich die Bildungs- zellen in dem Mesoderm nicht auffinden können, wohl aber bei denen von Pol. tenuis, wo sie immer deutlich wahrzunehmen waren, und zwar zahlreicher an dem Rücken als an der Bauchseite. Alle Muskel- systeme sind vorhanden. Der Mund aber ist noch nicht durchgebrochen. In Fig. 29 ist der Mund dargestellt; es braucht nur die über die Öffnung sich hinziehende dünne Wand durchbrochen zu werden, wie es zur Zeit des Ausschlüpfens geschieht, um die Ausbildung auch dieses Theiles zum Abschluss zu bringen. Der Pharynx besitzt schon den definitiven Bau, das Darmepithel dagegen erreicht seine vollständige Entwicklung erst nach dem Ausschlüpfen des Embryo. Ungefähr 11/, Monat nach der Ablage platzt der Kokon, die jungen Thiere kriechen heraus und führen nun ein selbständiges Leben. Oft bleiben einige von ihnen noch iängere Zeit in der zerplatzten Schale zurück. Beim Ausschlüpfen messen die Thiere 2!/,—4 mm. 4) Postembryonale Entwicklung. Die weitere Entwicklung nach dem Ausschlüpfen der jungen Thiere bis zu ihrer völligen Geschlechtsreife beschränkt sich auf nur wenige Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 453 wichtige Vorgänge und zwar hauptsächlich auf die weitere Ausbildung der Nerven und des Darmepithels, so wie die Entwicklung der Ge- schlechtsorgane. Über die Entstehungsweise der Exkretionsorgane, welche die aus- geschlüpften Thiere schon besitzen, und der feineren Nerven (Quer- kommissuren ete.), welche in ihnen noch nicht zu erkennen sind, habe ich keine Beobachtungen gemacht. Hinsichtlich des Darmepithels ist zu erwähnen, dass es bei 10 bis 44 Tagen (nach dem Ausschlüpfen) alten Thieren schon theilweise seine definitive Bildung angenommen hat. Am besten konnte ich es in den Hauptkanälen beobachten. Die Zellen sind sehr langgestreckt, ihr Ende ist gegen das Lumen hin abgerundet. Das Protoplasma ist sehr feinkörnig und die Kerne liegen an der Basis. Die Grenze zwischen dem Epithel und Mesoderm wird gewöhnlich durch eine feine Linie angedeutet. Mehrere von den Zellen schließen schon eine Menge von kleinen Kügelchen in sich ein, die jedenfalls aus den aufgenommenen Dotterballen entstanden, welche in dem Darmlumen flottiren. An gewissen Stellen ist das Epithel sehr niedrig, doch kann es auch hier die erwähnten Kugeln enthalten. An noch anderen Stellen habe ich Epithelzellen von flacher oder kubischer Gestalt wahrgenommen. In solchen Fällen war die Grenze gegen das Mesoderm keineswegs eine scharfe, doch ließ sich die epitheliale An- ordnung der Zellen nicht verkennen. In dem Lumen des Darmes liegt noch eine Menge von unregelmäßigen Dotterballen, welche entweder homogen oder körnig sind und gelegentlich vacuolenähnliche Hohlräume enthalten. Die Doiterballen finden sich meistens einzeln, zuweilen aber auch in größerer Anzahl zu einem unregelmäßigen Konglomerat ver- schmolzen. Kernhaltige Protoplasmamassen sind nicht mehr zu sehen. Drei Monate nach dem Ausschlüpfen haben die Embryonen nur ‚ unbedeutend an Größe zugenommen. Im letzten Sommer habe ich ‚ ziemlich große Exemplare von D. lacteum beobachtet, welche noch | \ keine äußeren Geschlechtsorgane besaßen, und so kann die Vermuthung, ‚ dass die Thiere zum mindesten ein Jahr alt werden, bevor sie die ‚ äußeren Geschlechtsorgane erhalten, nicht weit von der Wahrheit ent- fernt sein. Diejenigen Thiere, welche im Sommer schon die äußeren ‚ Geschlechtsorgane besitzen, erreichen ihre völlige Reife erst im Früh- ling des nächsten Jahres. So gebrauchen die Thiere bis zu ihrer völligen ‚ Entwicklung also einige Jahre. Nach der Ablage der Kokons scheinen | sie, wie früher erwähnt, abzusterben. Die Entwicklung der Geschlechtsorgane. Die äußeren ‚ Geschlechtsorgane habe ich auf ihrer niedrigsten Bildungssiufe nur bei \ \ ' P]. polychroa (7—10 mm in der Länge) angetroffen. An jener Stelle, 454 | Isao Iijima, wo dieselben entstehen, vermehren sich die Mesodermzellen und bilden so das Gewebe, aus dem dann die Genitalien hervorgehen. Von hohem Interesse scheint es mir, dass die Bildung der ersten Anlage des Penis und des Geschlechtsantrums nur eine Wiederholung der Vorgänge bei der Entstehung des Pharynx und dessen Tasche ist. Das Geschlechts- antrum erscheint zuerst als eine kleine selbständige Höhle, inmitten des Mesoderms. Während der Vergrößerung dieser Höhle bleibt an ihrer vorderen Wand eine konische, nach hinten gerichtete Erhebung zurück, die Anlage des Penis. Ob der Penisgang als Fortsetzung der Höhle oder selbständig von ihr entsteht, muss ich dahingestellt sein lassen, wie ich denn auch über die Entwicklung der Vasa deferentia keinerlei Mitthei- lung machen kann. Die Geschlechtsöffnung bricht erst später durch. Was die Entstehung des Dotterstockes so wie der Hoden und Ova- rien anbetrifft, so giebt Lane (38) an, dass sie von dem Darmepithel herstammen, welcher Behauptung ich entgegentreten muss. Schon früher bei Besprechung der Dotterstöcke (p. 416) habe ich diese in ihrer Entstehung verfolgt und gezeigt, dass dieselben auf einer sehr frühen Stufe ihrer Entwicklung vielfach sich verästelnde und mit einander anastomosirende Stränge darstellen. Diese Stränge werden von kleinen Zellen mit feinkörnigem Protoplasma gebildet (Taf. XXI, Fig. 6, 7, 10, 44 und 45). Lang dagegen lässt die Dotterstöcke dadurch entstehen, dass vereinzelte kleine Zellen aus dem Darmepithel die Septen bevöl- kern und sich in Dotterzellen umwandeln. Da es nicht sehr wahrschein- lich ist, dass bei der von Lang untersuchten Planaria torva und meinen drei Arten ein Unterschied in der Entwicklung der Geschlechts- produkte besteht, so muss ich annehmen, dass die wahren Jugendsta- dien der Dotterstöcke von Lane nicht erkannt wurden. Die Stränge des jungen Dotterstockes verlaufen zum größten Theil inmitten des Mesenchyms. Kommen sie gelegentlich mit dem Darm- epithel in Berührung, so zeigen sie immer eine scharfe Grenze gegen das letztere. Es ist fast undenkbar, wie einzelne aus dem Darmepithel aus- gewanderte Zellen sich zu solchen Strängen anordnen konnten. Im Hinblick auf Lang’s Angabe wäre es höchstens möglich, die letzten Aus- läufer der Stränge mit dem Darmepithel in Beziehung zu bringen, aber auch diese Vermuthung habe ich nicht durch die Wirklichkeit bestätigt gefunden. Iın Gegentheil sah ich oft, dass die Stränge gerade inmitten des Mesenchyms endigen. Auch konnte ich mehrmals mit Sicherheit Stränge von verschiedener Länge unterscheiden, deren beide Enden noch frei in dem Mesenchym lagen, welche also noch gar nicht mit den Öffnungen der Ovidukte in Verbindung getreten waren. In Fig. 43 (Taf. XXI) habe ich einige sehr junge Stadien der Dotterstockstränge Unters, über d. Bau u. die Entwicklungsgesch, d. Süßwasser-Dendrocoelen (Tricladen). 455 dargestellt. Sie bestehen nur aus ganz wenigen Zellen und sind unver- kennbar im Begriff sich in der Längsrichtung zu vermehren. Wir dürfen sagen, dass die Dotterstockstränge durch Vermehrung einzelner Zellen, welche in dem Mesenchym sich befinden, ihren Ursprung nehmen. Einige Male habe ich wirklich auch Zellen mit rundlichem Umriss, welche den eben erwähnten entsprechen dürften, gefunden ; sie standen in direkter Verbindung mit den sich mehr oder minder ver- ästelnden Mesenchymzellen. So sind auch die auf Taf. XXI, Fig. 13 dargestellten Dotterstockzellen durch die netzarligen Verzweigungen des Mesenchyms befestigt und liegen nicht etwa frei in den Mesenchym- lücken. Ich habe also keinerlei Beweise dafür gewinnen können, dass die Zellen des Darmepithels in das Mesenchym auswandern; es ist mir im Gegentheil, wie aus dem Dargestellten hervorgeht, wahrscheinlich, dass die Dotterstöcke mesodermalen Ursprungs sind. Lang bildet große Dotterzellen ab, welche mit Dotterkörnchen versehen sind, und neben diesen vereinzelte kleinere Zellen, welche, seiner Meinung nach, von dem Darmepithel herstammen und sich in Dotterzellen umwandeln sollen. Wäre diese Annahme gerechifertigt, dann müsste eine zweifache Art der Entwicklung der Dotterstöcke statt- finden; erst würden dieselben als Stränge angelegt und dann später neue (dem Darmepithel entstammende) Zellen, diesmal aber vereinzelte, den Dotterstöcken angefügt, — aber das ist ein Vorgang, der von vorn herein unwahrscheinlich erscheint. In der That behalten die Dotter- stöcke auch nach ihrer Ausbildung die strangartige Anordnung (Taf. XX, Fig. 9 und Taf. XXI, Fig. 16). Eine sekundäre Anlagerung von Zellen habe ich niemals beobachtet. Erst in Folge ihres Wachsthums kommen die Dotierstöcke an mehreren Punkten nahe an den Darm zu liegen, aber die Grenze zwischen beiden ist, sobald die Schnitte rechtwinklig ge- führt sind, immer eine hinlänglich scharfe, um erkennen zu lassen, dass ‚ Darm und Dotterstock nicht in einander übergehen. | Was die Ovarien und Hoden anbelangt, so entstehen auch sie nach ‚ Lane durch Knospung aus dem Darmepithel. Nach dem aber, was wir über gie Bildung der Dotterstöcke festgestellt haben, sind wir schon von vorn herein berechtigt, auch diese Angabe nur mit äußerster Vorsicht , aufzunehmen. Meine Untersuchungen rechtfertigen dieses Misstrauen. | Auf einer frühen Stufe stellen die Hoden eine kugelige solide Masse von Zellen dar, wie das Lane ganz richtig angiebt. Aber in noch jünge- ren Stadien sind sie nach meiner Überzeugung verästelte Stränge von ', Zellen, welche ganz dasselbe Aussehen besitzen wie die Anlagen der | | Dotterstöcke, die ihrerseits aber erst später auftreten, nachdem die Hoden | ziemlich entwickelt sind. Die Zellenstränge, welche die einzelnen | Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL. Bd. 31 | I 456 Isao lijima, Hoden aus sich hervorgehen lassen, bilden knollige Anschwellungen, | wie man auf Taf. XXI, Fig. 241 erkennt. Indem die Anschwellungen abgeschnürt werden, kommen die einzelnen Hoden zu Stande. Neben solchen Strängen habe ich oft schon vereinzelte junge Hoden wahrge- nommen, In den Anschwellungen erscheinen die mehr central gelegenen Kerne etwas modificirt, indem sie heller und größer sind als die übrigen, ganz wie das auch in den bereits abgeirennten Hoden der Fall ist. So wenigstens beiD. lacteum, das sich für derartige Beobachtungen dess- halb am besten eignet, weil der Darmkanal hier den kleinsten Umfang besitzt und das Mesenchym demnach einen großen Raum einnimmt. Mit voller Sicherheit gewinnt man hier die Überzeugung, dass die primitiven Hoden nirgends mit dem Darm in Berührung stehen. Was die Entstehung der Ovarien anbetrifft, so erschienen mir die jüngsten Stadien, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, von ganz demselben Aussehen, wie die jungen Hoden, was auch Lane hervorhebt. Aber auch hier war eine Verbindung mit dem Darmepitkel nirgends be- merkbar, obwohl solche nach Lang noch bestehen soll, wenn das Ova- rium schon vollkommen ausgebildet ist. In Bezug auf den Ovidukt sagt Lane: »Zweifellos entsteht er durch Wucherung aus dem soliden Ovarium selbst, ähnlich wie die Samen- leiter Auswüchse der Hoden sind.« Und hierin muss ich unserem Ge- währsmann beipflichten, da auch ich den Eileiter oftmals in einem Stadium gesehen habe, in welchem er noch nicht an die äußeren Geni- talien heranreicht. Dass aber andererseits der Samenleiter nicht als Auswachsung der Hoden zu betrachten ist, habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit hervorgehoben. Leipzig, den 40. Juli 1883. Litteraturverzeichnis. 4) O. BürschLı, Exkretorischer Gefäßapparat der Trematoden. Zool. Anz. 4879. p. 588. 2) J. CArrıkrE, Die Augen von Planaria polychroa Schmidt und Polycelis nigra Ehrb. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XX. p. 160. Taf. IX. 1882. 3) J. V. Carus, Icones Zootomicae. Taf. XIII. 1857. 4) C. Caun, Die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Würmern und Coelentera- ten. Biol. Centralblatt. Bd. II. 1882. 5) J. G. DALyeLz, Powers of the Creator. 4853. 6) C. 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Anz. 4881. p. 189. 46) Zur Entwicklungsgeschichte der marinen Dendrocoelen. Zool. Anz. 1882. p. 190. | 17) -—— Entwicklungsgeschichte von Stylochopsis pilidium. Unters. zur Entwick- lungsgeschichte der Würmer. Taf. I und II. Leipzig 1882. 418) C. Gırard, Embryonic development of Planocera elliptica. Journ. of Acad. Nat. Sc. Philadelphia. N. S. Vol. II. 4854. 49) L. v. GrarF, Kurzer Bericht über fortgesetzte Turbellarien-Studien. I. Diese Zeitschr. Bd. XXX. Suppl. 4878. 20) —— Kurze Mittheilungen über forlgesetzte Turbellarien-Studien. II. Pl. limuli. Zool. Anz. 1879. p. 202. - Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Mit Atlas. Leipzig 1882. 32) P. HaALrez, Contributions a V'histoire naturelle des Turbellaries. Travaux de Institut Zoologique de Lille. Fasc. II. 4879. 23) R. Hertwiıc, Über das Auge der Planarien. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissen- schaft. Bd. XIV. Suppl. 4884. (Journ. Roy. micr. Soc. II. ser, Vol.I. p. 605.) 24) O. und R. Herrwic, Die Coelomtheorie. 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Anz. 4879. p. 45. 33) —— Das Nervensystem der marinen Dendrocoelen. Mitth. a. d. zool. Station zu Neapel. Bd. I. 34,5 Isao lijima, ) A. Lang, Über das Nervensystem der Trematoden. Ibidem. Bd. II. ) —— Das Nervensystem der Cestoden im Allgemeinen und dasjenige der Tetra- rhynchen im Besonderen. Ibidem. Bd, I. —— Das Nervensystem der Tricladen. Ibidem. Bd. III. —— Vergleichende Anatomie des Nervens?stems der Plathelminthen. Ibidem. Bd. II. : ) —— Der Bau von Gunda segmentata und die Verwandtschaft der Plathelmin- then mit Coelenteraten und Hirudineen. Ibidem. Bd. I. —— Die Grarrsche Rhabdocoeliden-Monographie. Biol. Centralblatt Nr. 54. Bd. III. 4883. ) E. R. LAnkESTER, On the intracellular digestion and endoderm of Limnocodium. Quart. Journ. Mie. Sc. Vol. XXI. 4881, ) R. Leuckart, Die menschlichen Parasiten. Leipzig und Heidelberg 1863. (1, u. 3. Lieferung der zweiten Auflage. 1879—1882.) 43) —— Mesostomum Ehrenbergii. Archiv f. Naturgesch. 18. Jahrg. Bd. I. 41852. 43) E. METSCHNIKOFF, Untersuchungen über die Entwicklung der Planarien. Notizen der neurussischen Gesellschaft der Naturforscher. Bd. V. Odessa 4877. (HoFFMAnN und ScHwALBgE’s Bericht für 1878.) ) —— Über die Verdauungsorgane einiger Süßwasserturbellarien. Zool. Anz. 1878. p. 387. 5) —— Über die intracelluläre Verdauung bei Coelenteraten. Zool. Anz. 1880. p- 261. ) —— Zur Lehre über die intracelluläre Verdauung niederer Thiere. Zool. Anz. 1882. p. 310. 7) C. S. Mıwot, Studien an Turbellarien. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut zu Würzburg. Bd. III. p. 405. 4877. ) H. N. MoseELey, On the Anatomy and Histology of the Landplanarians of Ceylon, with some accounts of their habits etc. Phil. Trans. Royal Society. London 4874. —— On Stylochus pelagicus and a new Species of pelagic Planarian ete. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XVII. 1877. ) 0. F. MüLter, Zoologia danica, seu animalium Daniae et Norvegiae rariorum et minus notorum descriptiones et historia. 2 Bände. Havniae 1777. 4) A. S. Örsten, Entwurf einer systematischen Eintheilung und speciellen Be- schreibung der Plattwürmer auf mikroskopische Untersuchungen begrün- det. Kopenhagen 4844. 2) Te. Pıntser, Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers mit beson— derer Berücksichtigung der Tetrabothrien und Tetrarhynchen. Arbeiten des zool. Instituts zu Wien. Tom. III. 4880. ) H. SCHAUINSLAND, Beitrag zur Kenntnis der embryonalen Entwicklung des Disto— mum. Vorl. Mitthlg. Zool. Anz. 1882. p. 494. OÖ. ScanıpT, Die dendrocoelen Strudelwürmer aus der Umgebung von Graz. Diese Zeitschr. Bd. X. p. 24. —— Untersuchungen über Turbellarien von Corfu und Cephalonia. Diese Zeit- schrift. Bd. XI, p. 1. Über Planaria torva. Diese Zeitschr. Bd. XI. p. 89. A. SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Gießen 1873. ) Max SchuLtzE, Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswald 41851, Unters. über d. Bau u, die Entwicklungsgesch. d. Sißwasser-Dendrocoelen (Trieladen), 459 59) 60) 61) Max ScHULTzE, Beiträge zur Kenntnis der Landplanarien nach Mittheilungen des Dr. Frırz MüLzer. Abhandl. d. Naturforsch. Gesellsch. in Halle. Bd. IV. —— Zoologische Skizzen. Diese Zeitschr. Bd. IV. p. 178. C. T. v. SıesoLD, Über undulirende Membranen. Diese Zeitschr. Bd. II. p. 360. Sommer und Lanpoıs, Über den Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothrio- cephalus latus. Diese Zeitschr. Bd. XXII. p. 49. F. Sommer, Die Anatomie des Leberegels Dist. hepaticum. Beiträge zur Ana- tomie der Plattwürmer, III. Leipzig 1880. E. SELENkA, Die Keimblätter der Planarien. Sitz.-Ber. d. phys.-med. Societät zu Erlangen. 1884. —— Zur Entwicklungsgeschichte der Seeplanarien. Biol. Centralbl. 4. Jahrg. 65) p. 229. 66) —— Zur Entwicklung der Seeplanarien. Leipzig 1881. 67) TASCHENBERG, Beiträge zur Kenntnis ektoparasitischer mariner Trematoden. Halle 4879. ULıanın, Im Berichte d. russischen Naturforscherversammlung zu Moskau. 4869. Gedruckt 1878. Abbildungen von d. Anat. der Planaria ulvae Oerst. VespovskY, Exkrecni Apparät Planarii. Sitz.-Bericht der k. b. Gesellschaft der Wissenschaften. 1882. (Tschechisch geschrieben.) ) Rosoz Zoran, A Polycelis nigra Ehr. boncz tana. Kaposvärott 1884. (Ungarisch geschrieben.) —— Beiträge zur Kenntnis d. Cestoden, Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. p. 263. 1882. Erklärung der Abbildungen. Folgende Buchstaben haben in allen Figuren dieselbe Bedeutung. ' A, Ausführungsgänge der Schleimdrüsen ; das, Seitenäste des Darmkanals; a, große Zellen an den Öffnungen des dn, dorsalwärts aufsteigende Nerven; Ovidukts; dr, Drüsen; alm, äußere Längsmuskelfasern ; dr.a, Ausführungsgänge der Drüsen; am, Ausmündungsstelle der Schleim- dts, Dotterstock ; drüser ; dvm, Dorsoventralmuskelfasern ; an, Geschlechtsantrum ; dz, Dotterzellen ; arm, äußere Ringmuskelfasern ; e, Epithel des Ovidukts; db, zweite Zellenschicht des Ovidukts; edr, Eiweißdrüsen ; bd.g, Bindegewebszone ; ek, Ektoderm; ‚bg, Bindegewebszellen ; en, Entoderm;; | bm, Basalmembran ; ep, Körperepithel; | e, Cilien; e.ph, Embryonalpharynx; ‚ co, Querkommissur der Längsnerven : es, Epithelschicht des Pharynx ; cu, Cuticula ; ex.o, äußere Öffnungen des Exkretions- ‚ da,;, Hauptdarmkanal,, | \ systems; 460 Isao lijima, ex.v, Exkretionsvacuole ; pdr, Penisdrüsen ; g, Gehirn; pg, pigmentirtes Bindegewebe; gco, Gehirnkommissur; oh, Pharynx; gl, Gehirnlappen; ph.t, Pharyngealtasche; go, Geschlechtsöffnung ; ps, Penisscheide; H, Verbindungsfasern zwischen den Sei- ps.vor, Kanal zwischen der Penisscheide tennerven und den Querkommissuren; und dem Vorraum; h, Hoden; pts, Punktsubstanz ; ilm, innere Längsmuskelfasern; gm, Quermuskelfasern ; irm, innere Ringmuskelfasern ; rh, Rhabditen; K, Kopftheil; rh.z, Bildungszellen der Rhabditen; In, Längsnervenstämme; rm, Radiärmuskelfasern; M, Entodermzellen an dem Embryonal- sch.d, Schleimdrüsen ; pharynx ; sp.d, Speicheldrüsen ; m, Mundöffnung;; sm, Schrägmuskelfasern ; mus.dr, muskulöses Drüsenorgan ; sn, Sinnesnerven; mes, Mesoderm; sin, Seitennerven; n, Nucleus; to, Tastorgane; np, Nervenplexus; ut, Uterus; nv, Nerven; ulg, Üterusgang; ov, Ovarium; vd, Vasa deferentia; 0vg, Fudimentäres Ovarium; vln, vordere Längsnerven; ovd, Ovidukt; vor, Vorraum; P, ausstülpbarer Theil des Penis; vn, ventralwärts hineintretende Nerven. p, Penis; Tafel XX, Mit Ausnahme der Fig. 4, 2 und 7 sind die Figuren mit Hilfe des Zeichenpris- mas konstruirt. Fig. 4. Schematische Darstellung der Organisation von Polycelis tenuis, nov. spec. Roth: Nervensystem, die feineren Nerven nur theilweise dargestellt. Braun: Ovarien, Ovidukte und Dotterstöcke; die letzten theilweise ausgelassen. Grün: Hoden. Blau: Vasa deferentia. Fig. 2. Darstellung des Verdauungskanales und der Hauptgefäße desExkretions- systems von Dendrocoelum lacteum. Fig. 3. Theil eines Längsschnittes von Planaria polychroa (Rückenseite). Subli- mat und Boraxkarmin. Vergr. 570. Fig. 4. Dessgi. (Ventralseite). Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 570. Fig. 5. Flächenschnitt durch das Körperepithel (Dorsalseite). Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 570. Fig. 6. Bildungszellen der Rhabditen. Sublimat und Hämatoxylin. Vergr. 570. Fig. 7. Schematische Darstellung der Verbreitungsbezirke von Schleim- und Speicheidrüsen (Pl. polychroa). Fig. 8. Hautmuskulatur von der Bauchseite (Pl, polychroa). Vergr. 570. Fig. 9. Theil eines Längsschnittes von Pl. polychroa durch den Ovidukt. Subli- mat und Boraxkarmin. Vergr. 90. Fig. 40. Theil eines Querschnittes vom Pharynx (Pl. polychroa). Sublimat und Boraxkarmin, Vergr. 200. Fig. 44. Dessgl. (peripherischer Theil). Vergr. 570. Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 461 Fig. 12. Querschnitt von Polycelis tenuis durch das Geschlechtsantrum. Subli- mat und Boraxkarmin. Vergr. 40. Fig. 43. Vorderer Theil eines senkrechten Längsschnittes durch ein Ovarium (Pl. polychroa). Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 40. Fig. 44. Querschnitt von Pl. polychroa durch den Pharynx. Sublimat und Borax- karmin. Vergr. 40. Fig. 15. Querschnitt von Dendrocoelum lacteum durch die Geschlechtsöffnung. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 40. Fig. 46. A, Wimpertrichter; B, bewimperter Kanal von einem gequeischten Thiere. Vergr. 570. Fig. 47. Schnitt durch das Darmepithel (Pl. polychroa). Sublimat und Borax- karmin. Vergr. 200. Tafel XXI. Mit Ausnahme der Figuren 4, 2, 3 und 5 sind die Umrisse der Zeichnungen mit Hilfe des Zeichenprismas aufgenommen, Fig. 1. Äußere Genitalien von Dendrocoelum lacteum, halbschematisch darge- stellt (Kombination von mehreren Horizontalschnitten). Von der Rückenseite. Ver- größerung circa 40. Fig. 2. Äußere Genitalien von Polycelis tenuis, halbschematisch dargestellt. Von der Rückenseite. Vergr. circa 60. Fig. 3. Dessgl. mit dem muskulösen Drüsenorgane. Vergr. circa 60. Fig. 4. Einzellige Drüsen (Pol. tenuis). Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 5. Äußere Genitalien von Planaria polychroa (halbschematisch von der Dorsaiseite). Vergr. 40, | Fig. 6. Theil eines Horizontalschnittes von Dendrocoelum lacteum durch die Öffnungen des Oviduktes. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 90. Fig. 7. Theil eines Längsschnittes von D. lacteum durch einen Ovidukt, zur Ver- anschaulichung der Öffnungen. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 90. Fig. 8. Querschnitt eines Oviduktes von D. lacteum. Sublimat und Hämatoxy- lin. Vergr. 200. Fig. 9. Längsschnitt eines Oviduktes von D. lacteum. Sublimat und Hämatoxy- lin. Vergr. 200. Fig. 40. Querschnitt durch eine Öffnung des Oviduktes von D. lacteum. Subli- mat und Hämatoxylin. Vergr. 200. Fig. 14, Dessgl. von Planaria polychroa. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 12. Dessgl. von Polycelis tenuis. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 43. Theil eines Querschnittes von Planaria polychroa mit der ersten An- lage der Dotterstockstränge. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 44. Horizontalschnitt durch das Ovarium von Pol. tenuis mit dem rudimen- tären Ovarium. Sublimat und Boraxkarmin, Vergr. 200. Fig. 145. Junges Stadium des Dotterstockes aus einem Horizontalschnitte von Pl. polychroa, mit zwei ausgebildeten Dotterzellen. Sublimat und Hämatoxylin. Vergr. 570. Fig. 146. Ovidukt und Dotterstock (ausgebildet) aus einem Horizontalschnitte von Pol. tenuis, Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 90. Fig. 17. Flächenschnitt durch das Epithel des Penis von D. lacteum. Sublimat und Hämatoxylin. Vergr. 570. 462 Isao lijima, Fig. 48. Querschnitt durch den Penis von Pol. tenuis. Sublimat und Borax- karmin. Vergr. 90. Fig. 19. Flächenschnitt durch das Epithel des Penis von Pol. tenuis. Sublimat und Hämatoxylin. Vergr. 570. Fig. 20. Querschnitt durch das Epithel des Penis von Pol. tenuis. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 570. Fig. 34. Junge Stadien der Hoden (D. lacteum) aus einem Horizontalschnitte. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 22. Querschnitt eines Vas deferens (D. lacteum). Sublimat und Borax- karmin. Vergr. 90. Fig. 23. Spermatozoen von D. lacteum. Vergr. 570. Tafel XXII, Die Umrisse sämmtlicher Figuren, mit Ausnahme der Fig. 4 und 2 sind mit Hilfe des Zeichenprismas aufgenommen. Fig. 4. Vorderer Körpertheil von Dendrocoelum lacteum. Schematische Dar- stellung des Nervensystems. Der sensorielle Theil des Gehirns ist durch weniger starke Schattirung angedeutet. Fig. 2. Schematische Darstellung des Nervensystems etc. von Planaria poly- chroa. Die durch die Schattirung angedeuteten Nerven sind die Sinnesnerven., Fig. 3. Horizontalschnitt durch den dorsalen Körpertheil von Pl. polychroa, zur Veranschaulichung des Nervenplexus. Vergr. circa 40. Fig. 4. Horizontalschnitt des Kopfendes von Pl. polychroa durch die Endi- gungsstelle der Sinnesnerven. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. circa 20. Fig. 5. Horizontalschnitt des Gehirns von Pl. polychroa, durch die Gehirnkom- missur und die Sinnesnerven. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. circa 20. Fig. 6. Horizontalschnitt des Gehirnabschnittes von Pi. polychroa. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. circa 20. Fig. 7. Querschnitt von Pl. polychroa, etwa zwischen den Ovarien und dem vorderen Kopfrand. Pikrinschwefelsäure und Boraxkarmin. Vergr. circa 40. Fig. 8. Querschnitt der Gehirnlappen von Pol. tenuis. Vergr. circa 40. Fig. 9. Horizontalschnitt des Kopftheils von D. lacteum, durch die Gehirnkom- missur. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. circa 20. Fig. 10. Dessgl., durch den unteren Theil des Nervensystems. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. circa 20. Fig. 44. Querschnitt des Auges von D. lacteum. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. i Fig. 12. Seitlicher Theil eines Querschnittes von Pol. tenuis, durch den Kopf- theil. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 43. Horizontalschnitt eines Längsnervenstammes von D. lacteum. Subli- mat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 44. Querschnitt eines Längsnervenstammes von D. lacteum. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 15. Theil eines Querschnittes von D. lacteum, durch das Ganglion eines Längsnervenstammes. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 90. Fig. 16. Horizontalschnitt eines Längsnervenstammes von Pl. polychroa. Subli- mat und Hämatoxylin. Vergr. 90. hie me Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch, d. Süßwasser-Dendrocoelen (Trieladen). 463 Tafel XXIII. Die sämmtlichen Figuren beziehen sich auf Dendrocoelum lacteum. Mit Aus- nahme der Fig. 23—27 sind die Umrisse mit Hilfe des Zeichenprismas aufgenom- men. . : Fig. 4. Ein reifes Ei aus dem Ovarium. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 2. Dotterzellen (zwei von ihnen in amöboider Bewegung begriffen). Ver- gsrößerung 200. Fig. 3. Ein im Anfang der Theilung begriffenes Ei aus einem Kokon 24 Stunden nach der Ablage desselben. Chromsäure und Boraxkarmin (Schnitt). Vergr. 200. Fig. 4. Ein zweizelliges Furchungsstadium, aus einem Kokon 30 Stunden nach der Ablage. Essigsäurepräparat. Vergr. 200. Fig. 5. Ein vierzelliges Furchungsstadium, aus einem Kokon circa 30 Stunden nach der Ablage. Essigsäurepräparat. Vergr. 200. Fig. 6. Ein Stadium aus einem Kokon 50 Stunden nach der Ablage. Essig- säurepräparat. Vergr. 200. Fig. 7. Durchschnitt eines Furchungsstadiums aus einem viertägigen Kokon (im Ganzen 20 Blastomeren). Chromsäure und Boraxkarmin,. Vergr. 200. Fig. 8. Ein Stadium aus einem viertägigen Kokon (im Ganzen mehr als 20 Blastomeren). Essigsäurepräparat. Vergr. 200. Fig. 9. Ein optischer Durchschnitt eines ‚kugeligen Embryo aus einer peri- pherischen Schicht von geschmolzenen Zellen und einem inneren Haufen von rundlichen Zellen bestehend; aus einem viertägigen Kokon. Essigsäurepräparat. Vergr. 200. Fig. 10. Äquatorialschnitt eines kugeligen Embryo, 0,2 mm im Durchmesser, von ungefähr fünf Tagen. Chromsäure und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 44. Centraler Theil eines Äquatorialschnittes von einem siebentägigen Em- bryo (0,23 mm im Durchmesser). Chromsäure und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 12. Theil eines Äquatorialschnittes von einem Embryo (0,24 mm im Durch- messer), durch die nach der Oberfläche vorrückende Gruppe von Zellen (die An- lage des Embryonalpharynx). Das Körperepithel (ek) ist schon gebildet. Chrom- säure und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 43. Theil eines Äquatorialschnities von einem Embryo 0,28 mm im Durch- messer, die Anlage des Embryonalpharynx liegt jetzt an der Oberfläche. Chrom- säure und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. i4. Querschnitte der Anlage des Embryonalpharynx. Chromsäure und Boraxkarmin. Vergr. 200. A, durch den untersten Theil; B, durch den miitleren Theil. Fig. 45. Theil eines Äquatorialschnittes von einem Embryo, 0,33 mm im Durch- messer, durch den Embryonalpharynx und die erste Anlage der Darmhöhle. Chrom- säure und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig, 46. Theil eines Äquatorialschnittes von einem Embryo (0,85 mm im Durchmesser) mit außerordentlich erweiterter Darmhöhle. Sublimat und Borax- karmin. Vergr. 200. Fig. 47. Dessgl., mit dem bald verschwindenden Embryonalpharynx. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 18. Dessgl., mit der ersten Ablage der definitiven Pharyngealtasche. Os- miumsäure und Boraxkarmin. Verer. 200. Fig. 19. Dessgl., mit der erweiterten Pharyngealtasche und der ersten Anlage des definitiven Pharynx. Chromsäure und Boraxkarmin. Vergr. 200. 464 Isao Iijima, Unters. über d. Bau u. die Entwicklungsgesch. d. Süßw.-Dendroe. (Triel.). Fig. 20. Theil eines Äquatorialschnittes durch die Embryonalwand, weit von dem Embryonalpharynx entfernt (aus demselben Stadium wie das von Fig. 16), Chromsäure und Boraxkarmin. Vergr. 200. Fig. 21. Körperepithel eines kugeligen Embryo. Essigsäurepräparat. Vergr. 200. A, optischer Durchschnitt; B, Flächenansicht. Fig. 22. Flächenschnitt eines Embryo von dem Stadium der-Fig. 24. Bildung der Hautmuskulatur. Chromsäure und Boraxkarmin. Fig. 23—25. Embryonen, zur Veranschaulichung der Formveränderungen. Ver- größerung circa 10. Fig. 26. Ausgebildeter Embryo aus einem Kokon genommen. Vergr. circa 40. Fig. 27. Schematischer Äquatorialschnitt des Stadiums mit dem Embryonal- pharynx. Fig. 28. Senkrechter Medianschnitt des Stadiums von Fig. 25 (ein ungefähr 20tägiger Embryo). Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 90. Fig. 29. Theil eines Querschnittes von einem fast zum Ausschlüpfen fertigen Thiere, durch den Pharynx und den Mund. Chromsäure und Boraxkarmin. Ver- größerung 200. Fig. 30. Junge Stadien von Dorsoventralmuskelfasern. Vergr. 570. Fig. 34. Theil eines Querschnittes von einem ausgebildeten Embryo durch das Gehirn. Sublimat und Boraxkarmin. Vergr. 200. Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. Von Dr. Eugen v. Daday, Privatdocent und Assistent an der königl. ungar. Universität zu Klausenburg. Mit Tafel XXIV. Die Protozoen der zahlreichen Kochsalzteich®e und Tümpel in Siebenbürgen wurden zuerst von Professor Dr. G£za Entz studirt und mit der Protozoen-Fauna des Meeres und der süßen Gewässer ver- glichen, wobei gefunden wurde, dass: »Die Infusorien-Fauna der siebenbürgischen Kochsalzteiche, welche im Vergleich mit jener der Süßwässer eben nicht reich zu nennen ist: 4) einige neue Formen be- sitzt, welche bis jetzt weder im süßen, noch im Meerwasser gefunden worden; 2) ein Theil der Infusorien der Salzteiche wurde bis jetzt im Süßwasser nicht, sondern nur im Meere gefunden; 3) den größten Theil der Infusorien der Salzteiche bilden jene Formen, welche sowohl im Süßwasser als auch im Meere vorkommen; %) ungefähr nur der vierte Theil der gefundenen Infusorien wird durch Formen gebildet, welche im Meerwasser bisher noch nicht gefunden worden sind!;« schließlich aber wird behauptet, dass die Infusorien-Fauna der kon- tinentalen Kochsalzteiche in einer näheren Beziehung zu derjenigen des Meeres als der süßen Gewässer steht ?. Unter den vom genannten Forscher in zwei Abhandlungen 3 auf- gezählten 37 Infusorien (Ciliaten) aus den Kochsalzteichen von Torda ‚ und Szamosfalva sind 8 Species (Acineta tuberosa Ehrb., Phacus stria- tus Cohn, Lacrymaria lagenula Glap. et Lachm., Aspidisca polystyla Stein, | Styloplotes appendiculatus Stein, Uronychia transfuga Stein, Euplotes 1! Die Infusorien-Fauna der Kochsalzteiche von Torda und Szamosfalva. 1876. (In ungarischer Sprache.) p. 9—10. 21. c. p. 10. 3 Über einige Infusorien des Salzteiches zu Szamosfalva. Naturhistorische Hefte. Bd. II, 4. Hft. p. 219—258. Taf. VIII—X. (In ungarischer Sprache.) Bd. III, 4. Hit. ' Pp. 33—72. (In deutscher Sprache.) _ 466 Eugen v. Daday, Harpa Stein, Oxytricha gibba Duj.) exquisit marine Formen; 14 Species (Loxophyllum lamella Ehrb., Loxophyllum fasciola Ehrb., Amphileptus anaticula Ehrb., Cyclidium glaucoma Ehrb., Pleuronema chrysalis Ehrb., Condylostoma patens Duj., Chilodon cucullulus Ehrb., Aspidisca Iyn- ceus Ehrb., Aspidisca turrita Ehrb., Euplotes charon Ehrb., Stylonychia pustulata Ehrb., Metopus sigmoides Clap. et Lachm., Vaginicola crystal- lina Ehrb., Cothurnia imberbis Ehrb.) kommen sowohl in süßen Ge- wässern als auch im Meere vor; 2 Genera (Chanostoma margaritiferum und Sparotricha vexillifer), 3 Species (Holophrya gulo, Chlamydodon eyclops und Ervilia salina) und 4 Varietäten (Cothurnia imberbis var. curvula, Vaginicola crystallina var. annulata, Vorticella microstoma var. halophyla, Vorticella nebulifera var. salina) sind neu und nur durch 6 Species (Enchelys nebulosa Ehrb., Cyrtostomum leucas Stein, Cine- tochilum margaritaceum Ehrb., Glaucoma scintillans Ehrb., Halteria grandinella Ehrb., Stichotricha Muelleri Lachm.) werden jene Infusorien vertreten, welche bis jetzt nur aus süßen Gewässern bekannt sind. Von Rhizopoden wurden in dem Salzteiche zu Szamosfalva folgende gefunden: Pleurophrys Helix Entz, Plectophrys prolifera Entz, Euglypha pusilla Entz, Microcometes tristripetus Entz, Orbulinella smaragdea Eniz, Ciliophrys infusionum Cienkow., Amoeba guttula Duj., Amoeba limax Duj., Amoeba princeps Ehrb., Amoeba diffluens Ehrb., Amoeba radiosa Ehrb., Podostoma filigerum Glap. et Lachm. !.. Die allgemeine CGharakte- ristik der Rhizopoden-Fauna des Salzteiches lässt sich in Folgendem zu- sammenfassen: »Im Ganzen genommen ist der Salzteich arm an Rhizo- poden-Formen; in größter Zahl kommen solche Formen vor, welche im Süßwasser zwar sehr gemein sind, aber wahrscheinlich in die Reihe jener Organismen zu rechnen sind, welche sowohl im süßen als auch im Seewasser vorkommen; unter den verhältnismäßig vielen, dem Salz- teiche eigenen Formen sind die Art-Verwandten zweier (Euglypha pu- silla, Microcometes tristripetus) bis jetzt nur im Süßwasser gefunden worden, während die nächste Verwandte einer anderen Art (Pleuro- phrys Helix) im Seewasser lebt; unter zwei neuen Genera (Plectophrys, Orbulinella) ist das eine (Orbulinella) mit den durchlöchert schaligen See-Foraminiferen verwandt; endlich kann noch als negativer Charak- ter hervorgehoben werden, dass die in den Süßwässern so häufigen Arcellen, welche doch so leicht zu finden sind, da man sie schon mit freiem Auge sieht, so wie auch die im Süßwasser eben so häufigen Dif- flugien wie im Meere so auch im Salzteiche gänzlich fehlen 2.« ! Über die Rhizopoden des Salzteiches zu Szamosfalva. Naturhistorische Hefte. Bd. I, 6. Heft. Taf. IX—X. In deutscher Sprache p. 185—199. 2 Naturhistorische Hefte. Bd. I, 4. Heft. p. 199. Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. 467 Die folgenden Zeilen sollen einen weiteren Beitrag zur Kenntnis der Rhizopoden der kochsalzhaltigen Binnenwässer liefern und den Satz, dass die Protozoenfauna dieser Gewässer merkwürdige Anklängeandie Meeresfauna darbietet, weiter begründen. x x * Seit einigen Jahren mit dem Studium der Grustaceen Siebenbürgens beschäftigt, wurden von mir im August des vorigen Jahres auch in den Kochsalztümpeln bei Deva (im südwestlichen Winkel Siebenbürgens) Sammlungen angestellt. Bei Durchmusterung meiner in Weingeist kon- servirten Ausbeute fanden sich zu meiner größten Überraschung unter den Copepoden in großer Anzahl leere Schalen einer Polythalamie, welche meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Um mich zu überzeugen, dass die leeren Schalen von einer jetzt lebenden Poly- ihalamie herrühren, ließ ich mir im Laufe des heurigen Sommers zu verschiedenen Malen Wasser aus den genannten Salztümpeln zusenden, in welchem sich die Schalen unter Algenfäden, im Schlamme und an der Oberfläche flottirend ganz konstant vorfanden. Leider waren die Schalen meist leer und nur wenige enthielten in einzelnen Kammern den Protoplasmakörper; in Lebensthätigkeit aber konnte ich die interessante Polythalamie, — wohl den ersten nicht im Meere lebenden Repräsentan- ten der ganzen Ordnung, — nicht beobachten. Nach der mir zur Verfügung stehenden Litteratur lebender und fossiler Pelythalamien repräsentirt die Polythalamie der Salztümpel zu Deva ein neues Genus, welches ich zu Ehren meines geschätzten Lehrers Entzia nennen will. Die Charaktere des Genus lassen sich in Folgendem zusammen- fassen : >. Die vielkammerige, chitinartige Schale ist nicht durchlöchert und enthält in großer Menge eingebettete Kieselplättchen. Die spiralig ge- ordneten Kammern bilden zusammen eine von links nach rechts gewun- dene Schale, ähnlich dem Gehäuse einer flachen Helix. Die Kammern sind nur von der konvexen Seite ganz sichtbar, während sie sich auf der konkaven Seite decken, so dass auf der Apicalseite alle Kammern, auf der Basalseite aber nur die Kammern des letzten Umganges sicht- bar sind. Auf der äußeren Scheidewand der Endkammer befinden / / sich zwei größere, ovale, röhrenförmig verlängerte und zwei kleinere kreisförmige Mündungen, welche sich an sämmtlichen Scheidewänden wiederholen. Species: Entzia tetrastomella (Fig. A—-8) mit den Charak- ‚teren des Genus. | 468 Eugen v. Daday, Morphologie und chemische Zusammensetzung der Schale. Die Form der Schale lässt sich, wie schon oben bemerkt, mit dem Gehäuse einer flachen Helix vergleichen, dessen Umgänge von links nach rechts gewunden sind; in dieser Hinsicht stimmt unsere Polythalamie mit dem Genus Rotalia aus der Familie der Globigerinen CGarp. über- ein, während aber bei den Rotalien, wie Max ScHuLtzE bemerkt, rechts und links gewundene Exemplare gleich häufig sind!, fand ich die Rich- tung der Windungen an sämmtlichen Exemplaren konstant von links nach rechts (Fig. —4). Somit gehört Enizia in jene Formenreihe, bei welcher die Kammern nach Max ScHuLtzeE in einer Spirale angeordnet sind, das heißt in die Gruppe der Helicostegia d’Orb. Die Apicalseite ist stets konvex, das heißt die Anfangskammer liegt höher, während sich die folgenden stufenweise senken, so dass die End- kammer am tiefsten zu liegen kommt. Die natürliche Folge dieser An- ordnung ist, dass die Basalseite der Schale sich etwas konkav verhält und sich somit eine Dorsal- und Ventralseite unterscheiden lässt, von welchen sich auf der ersteren die Umgänge und Kammern sämmtlich scharf unterscheiden lassen (Fig. 1—4), während auf der letzteren nur die Kammern des letzten Umganges sichtbar sind (Fig. 7). Dorsal- und Ventralseite präsentiren sich am schärfsten, wenn man die Schale von der Kante betrachtet (Fig. 6) und in dieser Hinsicht erinnert unsere Polythalamie an die Rotalinen und an Rosalina ornata d’Orb. Die Kammern bilden bei vollkommen entwickelten Exemplaren stets zwei ganze Umgänge (Fig. 4, 7) und auf jeden Umgang fallen je acht Kam- mern, wonach ich wohl mit Recht die Zahl der Kammern der entwickel- ten Exemplare auf 16 setze. Dies kann ich um so bestimmter thun, da ich unter den zahlreichen Exemplaren, welche ich durchmusterte, keine einzige mit mehr, aber sehr viele mit weniger als 16 Kammern antraf. So fand ich Exemplare mit 6 (Fig. 1), mit 10 (Fig. 2), mit 12 (Fig. 3), mit 413 und mit 14 Kammern. Die letzteren lassen wohl kaum eine andere Deutung zu, als dass sie für jugendliche Individuen gehalten werden auf verschiedenen Stadien der Entwicklung, welche sich später zu Individuen mit 16 Kammern herangebildet hätten. Entscheidend für die Richtigkeit dieser Auffassung scheint der Umstand zu sein, dass die entsprechenden Kammern der 6-, 10-, 12-, 13-, 44- und 16kamme- rigen Individuen fast von gleicher Größe und von gleicher Form sind {Fig. 1—4) Ne Der äußere Rand der Schale und beider Umgänge ist in Folge der ! Über den Organismus der Polyihalamien. p. 59. D ee SEE Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. 469 Ausbuchtung der einzelnen Kammern, wie bei den Rotalinen, leicht wellenförmig gebuchtet ; im Übrigen ist die Oberfläche ganz glatt. Das Ergebnis der Messungen von 40 Individuen ist in folgender Tabelle zusammengestellt: Gemessene | ae messer der Querdurch- Querdurch- Schale zen der ser der ee an ee messer der Nr. ur in zweiten Um-| kammer |Fndkammer | ganges | 4 46 | 0,34 0,08 0,04 0,46 9 16 | 0,42 0,08 0,04 0,418 3 46 | 0,34 0,08 0,04 0,16 4 44 | 0,28 0,08 0,04 0,44 5 44 0,28 0,08 0,04 0,14 6 43 0,24 0,08 0,04 0,102 7 43 | 0,22 0,08 0,04 0,4 8 42 0,2 0,08 0,04 0,08 9 | 10 112910, 418 0,08 0,04 0,08 40 | 6 0,08 — 0,04 0,03 | | Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass das größte der A6kamme- rigen Individuen 0,42 mm misst, und dass die Größe der Schalen je nach der Verminderung der Zahl der Kammern stufenweise abnimmt, so dass die kleinste sechskammerige Schale nur 0,08 mm misst. Ferner will ich noch hervorheben, dass der Querdurchmesser der ersten Kam- mer des zweiten Umganges bei sämmtlichen gemessenen Schalen die gleiche Länge von 0,08 mm, der Durchmesser der Anfangskammer aber bei sämmtlichen Schalen 0,04 mm misst. Die größte Schwankung be- trifft natürlich den Querdurchmesser der Endkammer; bei den Indivi- duer von gleicher Kammerzahl ist aber auch dieser gleich und nur eine der A6kammerigen Schalen (Nr. 2) bildet eine Ausnahme, bei welcher die Endkammer die Länge von 0,18 mm besitzt, — es wurde natürlich vom inneren Rande des Umganges zur äußeren Wand der Kammer ge- messen. Ich stellte aber nicht nur an der Anfangs- und Endkammer Mes- sungen an, sondern auch an den anderen Kammern, wobei sich heraus- stellie, dass die entsprechenden Kammern sämmtlicher Exemplare fast ' die gleiche Größe besitzen und die Schwankungen sind so minimal, ' dass sie kaum erwähnt zu werden verdienen. Die Zahlenangaben der Messungen sprechen, wie ich glaube, ganz ‚ entschieden für die schon a priori richtig scheinende Annahme, dass die ‚ 6-, 40-, 42-, 43- und A4kammerigen Exemplare nur in die Entwick- | | | lungsreihe der A6kammerigen Exemplare gehören können und ich zögere ‚auch nicht im mindesten mich für diese Annahme auszusprechen. 470 Eugen v. Daday, Was die Form der Kammern betrifft, kann ich die Ergebnisse meiner Beobachtungen im Folgenden zusammenfassen. Der Umriss der Anfangskammer ist stets kreisförmig (Fig. 1—4); es scheint diese Kam- mer ganz rund zu sein, ihre äußere freie Oberfläche entspricht wenig- stens entschieden einem Kugelabschnitte. Die zweite Kammer ist etwas in die Länge gezogen; ihr vorderes Ende, d. h. dasjenige, welches an die Anfangskammer anstößt, ist konisch zugespitzt, das hintere breitet sich hingegen aus. Sämmtliche folgende Kammern bilden abgestutzte Dreiecke, deren Basis gewölbt ist, von deren Seiten aber eine sich ein- wärts, die andere auswärts buchtet (Fig. 1, 4, 7). Schwankungen der Form sind zwar häufig, aber unbedeutend. Im Ganzen lässt sich von der Form der Kammern behaupten, dass sie mit der Form der Kammern der Rotalia veneta M. Sch., Rotalia Freyeri M. Sch. und Rosalina ornata d’Orb. (vgl. M. ScuuLtze, »Über den Organismus der Polythalamien.« Taf. III, Fig. 1, 2, &—6 und 8 und die beigeg. Fig. I—4 und 7) auf- fallend übereinstimmt. Die Scheidewände der einzelnen Kammern sind für das Genus sehr charakteristisch und sind, die Anfangskammer ausgenommen, an allen anderen Kammern übereinstimmend gebaut. Die Scheidewand der An- fangskammer ist nicht auffällig entwickelt und bildet nur die ent- sprechende Ergänzung der übrigen Umwandung dieser Kammer (Fig. 2 bis 4). Den Bau der Scheidewände sämmtlicher anderen Kammern zeigt am deutlichsten die vordere Wand, gewissermaßen der Deckel der End- kammer, wenn man die auf ihrer Kante stehende Schale von vorn be- trachtet. Man sieht nun, dass die Scheidewand aus zwei symmetrischen Hälften besteht, welche sich in der Mittellinie dachförmig treffen (Fig. 6) und gewissermaßen selbständige Theile der Schale zu sein scheinen. Die ganze Scheidewand ist mehr oder minder gewölbt, welches Verhal- ten auf Durchschnittsbildern (Fig. 2—4, 7, 8) am schärfsten hervortritt. Meine Untersuchungen führten mich zur Überzeugung, dass die Scheidewände der Kammern, wie bei den Rotalinen, aus zwei Lamellen gebildet werden, von welchen die eine zur vorderen, die andere zur hinteren Kammer gehört, dass aber diese Lamellen bei unseren Species keinen Interseptalraum einschließen, sondern dass die Grenze der bei- den Lamellen nur durch eine scharfe Linie angedeutet wird (Fig. 2—4, 7 und 8). Die auf diese Weise gebildeten ziemlich dicken Scheidewände sind durch feine Poren eben so wenig siebartig durchlöchert wie der übrige Theil der Schale, sondern statt diesen sind zwei kleinere runde und zwei größere ovale Mündungen vorhanden, welche sowohl morpho- logisch als auch physiologisch den feinen Mündungen der Rotalinen und der übrigen Polythalamien überhaupt entsprechen. Durch diese vier nn “ Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. 471 Mündungen stehen die Kammern mit einander und die Endkammer mit der Außenwelt in Kommunikation. Die zwei kleineren runden und zwei größeren ovalen Mündungen der Scheidewände sind für unsere Polythalamie höchst charakteristisch. Mit ihrer Lage kann man am sichersten ins Reine kommen, wenn man die auf die Kante gestellte Schale von vorn betrachtet. In dieser Stel- lung der Schale fällt sofort auf, dass die zwei kleineren runden Mün- dungen neben der Mittellinie der Scheidewand in der Nähe der äußeren Hälfte liegen, während sich die größeren ovalen Mündungen unterhalb der kleinen befinden (Fig. 6). Da sich die Durchschnittsbilder je zweier gleichnamiger Mündungen decken, sind von der Seite betrachtet nur immer zwei Mündungen, eine kleinere und eine größere, zu sehen. Die Ränder beiderlei Mündungen sind aufgeworfen (Fig.5 a, db) und röhrenförmig vorgezogen, welch wichtiger Charakter von der Seite be- trachtet natürlich am schärfsten hervortriit; in dieser Stellung der Schale ist auf den Scheidewänden je eine stärker hervorspringende, von der Basis aus sich verengende, und je eine kürzere Röhre zu sehen, deren längere von der größeren, die kürzere von der kleineren Mündung ent- springt und deren vorderes freies Ende ein ringförmiger Wulst ab- schließt (Fig. 8). In dieser Hinsicht nähert sich Enizia tetrasiomella den Lageniden, deren Scheidewandmündungen sich nach Bürscatı röhrenförmig verlängern !, weicht aber von diesen durch Form und Zahl der Öffnungen ab. Ich gehe nun auf die feinere Struktur und die chemische Zusammen- setzung der Schale über und will schon hier bemerken, dass Entzia ‚ auch in dieser Hinsicht eine der interessantesten Polythalamien zu sein scheint. | Die Farbe der Schale ist bald heller, bald dunkler gelblich bis tief braun, zeigt überhaupt jene bräunliche Farbennuancen, welche an Chi- ‚tingebilden so häufig vorkommen. Die Substanz der Schale enthält sehr ‚verschieden große und verschieden geformte, dicht stehende eckige Plättchen (Fig. A—4, 6, 7), welche ganz in die Grundsubstanz einge- ‚ bettet sind, so dass die Schale trotz ihres Vorhandenseins eine glatte Oberfläche behält. Nach diesem Befunde halte ich es für wahrschein- ‚lich, dass die eckigen Plättchen keine Fremdkörper sind, welche sich ‚von außen in die Schalensubstanz einlagern, sondern dass sie sich vom ‚Protoplasma ausgeschieden, in die Schalensubstanz einlagern, und dass ‚sie eben darum nie von der Schalenoberfläche hervorragen. Ich schließe ‚mich mithin der Ansicht von Max SCHULTZE, SCHNEIDER und Entz an, | ! Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd.1I. 2. Aufl. 6. u. 7. Life. \P. 497. Leipzig u. Heidelberg. | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 32 "| 472 Eugen v. Daday, nach welchen die Kieselplättchen der Difflugien und Pleurophryen, so wie der Polymorphina silicea M. Sch. vom Protoplasma ausgeschieden und der Schalensubstanz einverleibt werden. Der Umstand, dass die Schale nicht ganz spröde ist, sondern einen gewissen nicht unbedeutenden Grad von Biegsamkeit besitzt, was ver- schiedenartig verbogene, verknütterte leere Schalen beweisen, ferner die große Ähnlichkeit in der Zusammensetzung der Schale mit den Schalen der Difflugien und Pleurophryen, so wie auch noch ihre Farbe ließen mich schon im Vorhinein vermuthen, dass sie aus einer chitinartigen Grund- substanz besteht, welche die eckigen Plättchen eingebettet enthält. An- wendung von Reagentien bestätigte zum Theil die Richtigkeit dieser Vor- aussetzung. Zuerst wurde koncentrirte Salzsäure angewendet, welche eben so wenig eine Veränderung verursachte wie Kali- und Natronlauge: Farbe, Form und Struktur blieb unverändert. Diese Resultate beweisen erstens, dass die eckigen Plättchen nicht aus kohlensaurem Kalk, sondern wie die ganz gleichen Plättchen der Difflugien, Pleurophryen und Poly- morphina silicea M. Sch. aus Kieselsäure bestehen und zweitens, dass die Grundsubstanz nicht aus Horn-, sondern höchst wahrscheinlich aus Chitinsubstanz besteht. Dann wurde koncentrirte Schwefelsäure ange- wendet. Die längere Zeit in bis zum Sieden erwärmter Schwefelsäure liegende Schale verlor ihre Dichtigkeit und wurde sehr dünn und bieg- sam, sie löste sich aber nicht gänzlich auf, sondern nur die Scheidewände trennten sich, so dass die Schale in einzelne Kammern zerfiel. Nach diesen Resultaten glaube ich berechtigt zu sein zu behaupten, dass die Grundsubstanz der Schale zwar aus einer chitinartigen Verbindung be- steht, welche aber durch Einlagerung von Kieselsäure theilweise verdrängt wird und sich nur in den Scheidewänden rein erhält, was das Zerfallen der Schale in einzelne Kammern nach Anwendung von Schwefelsäure beweist. | Die eben mitgetheilten Resultate bestätigen, wie ich glaube, zur Genüge die Richtigkeit des oben aufgestellten Satzes, dass die Entzia auch nach der chemischen Struktur ihrer Schale zu den interessantesten Polythalamien gehört, indem sie jene Eigenschaften in sich vereinigt, welche die chitin- und die sandschaligen Rhizopoden einzeln charakteri- siren. Ferner kann ich auch aussprechen, dass sie in der eben be- sprochenen Beziehung näher zu den Difflugien, Pleurophryen und zu den sandschaligen marinen Mono- und Polythalamien steht, als zu den Rota- Iinen, welchen sie die Form ihrer vielkammerigen Schale anreiht. I lic». 1: Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. 473 Der Weichkörper. Vom Weichkörper, dem Protoplasmaleib, kann ich leider — da ich die Polythalamie in voller Lebensthätigkeit nicht beobachten konnte, — nur Weniges mittheilen. Exemplare, welche den Protoplasmaleib un- versehrt enthielten, konnte ich nicht bekommen, doch gelang es mir nach Anwendung von Karminfärbung den Protoplasmaleib wenigstens in einzelnen Kammern deutlich sichtbar zu machen. AufFig. 3 bilde ich nach einem Präparate ein 12kammeriges Exem- plar ab, dessen neunte Kammer durch das tingirte, granulirte Proto- plasma ausgefüllt wird. In demselben ist ein ovaler Kern mit zwei dunk- ler gefärbten Kernkörperchen deutlich zu sehen. Es sei noch besonders hervorgehoben, dass ich den Kern in der neunten Kammer, mithin in einer der mittleren Kammern des vollkommen ausgebildeten 16kam- merigen Exemplares antraf, welches Verhalten mit den von F. E. ScuuLze an Polystomella striatopunctata gemachten Beobachtungen übereinstimmt, da genannter Forscher den Kern der 30kammerigen Exemplare der Polystomella zwischen der 10. und 20. Kammer, also ebenfalls in einer der mittleren Kammern antraf. Es mag wohl sein, dass auch andere Kammern Kerne enthalten, hiervon konnte ich mich aber nicht mit Sicherheit überzeugen. Eben so wenig gelang es mir den Bau der Pseudopodien zu er- mitteln; da die Schale außer an den Scheidewänden keine sichtbaren Poren enthält, werden die Pseudopodien wohl aus den vier Mündungen der Endkammer ausstrahlen; doch ist es nicht ganz unmöglich, dass sie auch anders wo die Schalensubstanz durchbrechen, wie dies GEzA Entz von Pleurophrys Helic behauptet: »Von dem hinteren abge- rundeten Theile des Körpers gehen manchmal pseudopodienähnliche Fortsätze aus, welche, wie bei anderen Rhizopoden, den Weichkörper zur Schale fixiren, in anderen Fällen durchbohren jedoch solche Fort- sätze die Schale und stehen als steife Fäden weit hervor. Dieselbe auf- fallende Erscheinung, d. h. die Durchbohrung der Schale durch Pseudo- ‚ podien, traf ich auch bei der P. sphaerica des süßen Wassers öfters an, bei welcher die Pseudopodien wie bei einer Actinophrys von der ganzen _ Schalenoberfläche abstrahlen!.« Was die Fortpflanzung betrifft, sei hier nur so viel erwähnt, dass ‚ich öfters ähnliche Formen antraf, welche von Max ScHuLTzE als jüngste ı Formen der Polystomella strigilata beansprucht werden? und welche ‚in die Entwicklungsreihe der Enizia gehören dürften. 1 Naturhist. Hefte. Bd. I, 4. Heft. p. 190—19, 2]. c. Taf. V, Fig. 46. 32* 474 Eugen v. Daday, Stellung im System. Um mit der systematischen Stellung der Enizia ins Reine zu kom- men, verglich ich dieselbe mit den bis jetzt bekannten Polythalamien; da mir alter die Originalarbeiten nicht alle zur ven stehen, stütze ich mich auf die Arbeit von Bürscnati. Aus der mitgetheilten ausführlichen Beschreibung ist ersichtlich, dass Entzia tetrastomella nach der allgemeinen Form ihrer Schale und nach der Anordnung der Kammern sich am nächsten der Subfamilie der Rotalinen Garp. anreiht, welche BürtscaLı mit folgenden Worten charak- terisirt: »Schale niedrig, schraubenspiralig aufgerollt, so dass auf der apicalen Fläche sämmtliche Kammern, auf der basalen hingegen nur die des letzten Umganges sichtbar sind !.« Ferner Max ScHuLtze: »Die Kalkschale aus spiralig geordneten Kammern so gebildet, dass sie äußer- lich einem Helix- oder Turbogehäuse ähnlich ist. Die Kammern nur auf einer, meist konvexen Seite der Schale sichtbar, auf der anderen weni- ger konvexen, planen oder konkaven verdeckt?.« In dieser Subfamilie scheint sie sich dem Genus Rotalia, noch mehr aber dem Genus Pulvinu- lina zu nähern, mit welchem sie leicht verwechselt werden könnte; sie unterscheidet sich aber dadurch, dass ihre Schale, wie oben hervorge- hoben, keine Poren enthält, während dieselben nach M. ScauLTtze und BürscaLı, bei den Genannten so wie bei fast allen anderen Vertretern der Familie der Globigerinen Carp. stets vorhanden sind. Gestützt auf die von M. ScuuLTze gegebene Charakteristik der Polymorphina silicea, in welcher gesagt wird, dass »die Schale, wie es scheint, immer solide, ohne feine Poren .« ist, glaube ich, dass Enizia trotz ihrer abweichenden Schalenform auch mit dieser Species verwandt ist, und zwar hauptsäch- lich darum, weil die Schale beider Kieselplättchen enthält. Wenn man ferner in Betracht zieht, dass die Schale der Entzia durch keine feinen Poren durchlöchert ist, kann man nicht umhin auf eine Verwandtschaft mit den Imperforaten zu denken; in dieser Gruppe wäre, wegen der Übereinstimmung der Struktur der Schale, das von BürscaLı anhangsweise angeführte Genus Trochammina zu erwähnen, von welchem - gesagt wird: »Die Gattung Trochammina hingegen um- schloss eine große Zahl in ihren Gestaltverhältnissen ungemein verschie- dener mono- und polythalamer Formen, die nur durch die feinere Be- schaffenheit ihrer Schalenwände zusammengehalten wurden. Dieselben setzen sich nämlich aus feinen Sandkörnchen zusammen, die so innig verbunden sind, dass die Außenfläche der Schale stets glatt, ja zum 171.€..9. 206. 2 ]1..e. p. 58. Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. 475 Theil wie polirt erscheint!.« Trotzdem aber, dass die beiden Genera in Bezug auf die Struktur ihrer Schalen so auffallend übereinstimmen, muss ich dennoch behaupten, dass Enizia in entfernterer Verwandt- schaft zu den Imperforaten als zu den Perforaten steht und zwar haupt- sächlich in Folge des Baues der Kammerscheidewände. Bei der Be- schreibung der Kammerscheidewände wurde nämlich erwähnt, dass dieselben aus zwei Lamellen gebildet werden, deren eine der älteren, die andere der jüngeren Kammer angehört, während die Scheidewand der Imperforaten durch eine einfache Lamelle gebildet wird. Ich habe diesbezüglich zwar kein eigenes Urtheil, doch sei mir erlaubt, mich auf BürscaLı zu berufen, welcher bemerkt: »In den meisten Fällen wird diese Scheidewand in der geschilderten Weise nur von einer einfachen Schalenlamelle, nämlich der Fortsetzung der Wand der älteren Kammer gebildet, indem nämlich derjenige Abschnitt der neuen Kammer, der sich an die alte anlehnt, keine besondere neue Wand erhält, sondern einfach durch die Wand der vorhergehenden Kammer vervollständigt wird. So ist das Verhalten wenigstens durchweg bei den polythalamen Imperforaten und einem großen Theil der einfacheren Perforaten. Bei den höher entwickelten Formen dieser letzten Abtheilung erhält die Scheidewand jedoch noch eine Verstärkung dadurch, dass sich an ihrer Bildung auch die Wand der neuen Kammer betheiligt?.« Hiernach kann Entzia unmöglich zu den Imperforaten gerechnet werden, sondern repräsentirt eine Form, welche in Folge des Mangels der Poren und des Baues der Scheidewände die zwei Hauptgruppen verbindet, aber den- noch sich näher den Perforaten als den Imperforaten anschließt. Nehmen wir nun die Zusammensetzung der Schalenwände und deren Mündungen in Betracht und vergleichen wir Entzia nach dieser Richtung hin mit den Perforaten. Bürscurı erwähnt bei der Charakteri- sirung der Gruppe der Lageniden Carp. unter Anderen auch: »Mündung gewöhnlich charakteristisch, etwas röhrenförmig verlängert... 3«, wäh- rend er bei der Gruppe der Globigerinen Garp. bemerkt: »Mündung im Gegensatz zu den Lageniden gewöhnlich schlitzförmig und nicht röhren- ‚ förmig ausgezogen®.« Hiernach steht unser Genus vermöge der Zusam- ‚ mensetzung seiner Scheidewände der Subfamilie der Rotalinen aus der | | Gruppe der Globigerinen zwar sehr nahe, unterscheidet sich aber scharf durch seine röhrenförmig vorgezogenen Mündungen, während es sich in dieser Hinsicht den Lageniden anschließt, von welchen es sich aber ‚ wieder dadurch unterscheidet, dass seine Scheidewände nicht eine Mün- dung, sondern deren vier besitzen, und zwar zwei größere, ovale, und 11. e. p. 196. Zulnc. p. 145. Sal cp: 42]. c.p,200. 476 Eugen v. Daday, zwei kleinere, runde, welcher Fall, meines Wissens, ganz allein da- steht. Was die Zusammensetzung der Schale betrifft, haben wir oben ge- zeigt, dass sie bei unserer Polythalamie aus einer chitinartigen Grund- substanz besteht, welche durch Kieselsäure imprägnirt ist; außerdem enthält die Grundsubstanz verschieden geformte und verschieden große eckige Kieselplättchen. Eine ähnliche Zusammensetzung der Schale ist zwar hei sehr vielen Mono- und Polythalamien bekannt; die Zusammen- setzung aus Chitinsubstanz und Kieselsäure erinnert aber lebhaft an Difflugien und verwandte Rhizopoden meist süßer Gewässer. In dieser Beziehung steht unsere Polythalamie jedenfalls auch der Polymorphina silicea nahe, von welcher Max ScauLtzE bemerkt: »Die Schale ist gelb- lich gefärbt, durch viele ganz unregelmäßige nicht durchbohrende Ver- tiefungen ausgezeichnet, und besteht wenigstens zum größten Theil aus Kieselerde1,« doch scheint die Schale von Polymorphina auch etwas Kalk zu enthalten, wie dies die Worte M. ScauLtze’s bezeugen: »Die Menge der neben der Kieselerde etwa vorhandenen Kalksalze kann nur sehr gering sein etc.2« Doch sei hiermit nicht gesagt, dass Enizia, was Sub- stanz und Struktur ihrer Schale betrifft, den Globigerinen fern steht, da doch Bürscarı bei der Charakterisirung dieser Gruppe ausdrücklich be- merkt: »Mono- bis polythalam, chitinös, kalkig (hyalin) oder sandig?°.« Nach alle Dem, was hier angeführt wurde, können wir Entzia tetra- stomella den sandschaligen Formen aus der Gruppe der Globigerinen und zunächst den »sandschaligen Rotalinen« und dem Genus Trocham- mina anreihen, von welchem Bürscnzi bemerkt: »Diese umfasst poly- thalame, rotaloid, trochoid oder nautiloid aufgerollte Formen, die sich in ihrer Gestaltung zum Theil den kalkschaligen Rotalinen ete. .. so nahe anschließen, dass wir sehr geneigt sind, sie in die Nähe dieser zu stellen *.« Nach diesen vergleichenden Bemerkungen glaube ich nicht zu irren, wenn ich behaupte, dass: 1) Entzia tetrastomella, die einzige bis jetzt gekannte kontinentale Polythalamie, erinnert durch die Form ihrer Schale an die Subfamilie der Rotalinen aus der Gruppe der Globigerinen Carp. 2) Der Struktur ihrer Schale nach stimmt sie mit dem Genus Trochammina der imperforaten Polythalamien überein. 3) Der Bau ihrer Scheidewände entspricht dem der perforaten Polythalamien. 11: €. p: 61. 2 ].c.p. 61. 3.1. c. p. 200. 21. c.p. 196. | | | | | | | \ Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Döva in Siebenbürgen. 477 4) Der Bau der Mündungen ihrer Scheidewände ist der der Lage- niden Carp. 5) Die chemische Zusammensetzung ihrer Schale entspricht der der Difflugien, ferner der Polymorphina silicea, des Genus Trochammina und erinnert an die Gruppe der Globigerinen. Endlich halte ich es für wahrscheinlich, dass Entzia tetrastomella mit einigen Formen des Genus Trochammina eine Gruppe repräsentirt, welche die imperforaten Polythalamien mit den perforaten verbindet; zugleich bildet sie ein Genus, welches die Gruppe der Lageniden durch Vermitielung der Rotalinen und des Genus Trochammina mit der Gruppe der Globigerinen eng verbindet. Zum Schlusse seien noch einige Worte jenen Protozoen gewidmet, in deren Gesellschaft Entzia in den Kochsalztümpeln vorkommt. Ich notirte mir folgende Arten: Amoeba limax Duj., Pleurophrys Helix Entz, Dactylosphaera polypodia M. Sch., Cyphoderia Ampulla Ehrb., Orbulinella smaragdea Entz, Euglena viridis Ehrb., Peranema trichophora Duj., Amphidinium operculatum Clap. et Lachm., Glenodinium cinctum Ehrb., Acineta tuberosa Ehrb., Strombidium sulcatum Ehrb., Glaucoma scintillans Ehrb., Cyelidium Glaucoma Ehrb., Chilodon cucullulus Ehrb,., Lionotus grandis Entz, Lionotus fasciola Ehrb., Euplotes Charon Ehrb., Oxytricha gibba Duj., Sparotricha vexillifer Entz, Cothurnia imberbis Ehrb. var. curvula, Vaginicola erystallina Ehrb. var. annulata, Vorticella microstoma Ehrb., Vorticella mierostoma Ehrb. var. halophila, Vorticella nebulifera Ehrh. var. salina. Die angeführten Arten, welche kaum ein vollständiges Bild der Protozoenfauna der Devaer Sazüuepel geben dürften, können nach 478 Eugen v. Daday, ihren bis jetzt bekannten Fundorten in vier Gruppen eingetheilt werden. 1) Arten, welche bis jetzt nur in süßen Gewässern gefunden wurden. Cyphoderia Ampulla Ehrb., Euglena viridis Ehrb., Peranema trichophora Duj., Glenodinium einctum Ehrb., Strombidium sulcatum Ehrb., Glaucoma scintillans Ehrb., Lionotus fasciola Ehrb., Vorticella microstoma Ehrb. 2) Arten, welche sowohl in süßen, als auch in koch- salzhaltigen Binnenwässern und im Meere vorkommen. Amoeba limax Duj., Dactylosphaera polypodia M. Sch., Cyclidium Glaucoma Ehrb., Chilodon cueullulus Ehrb., Euplotes CGharon Ehrb., Vorticella nebulifera Ehrb., Cothurnia imberbis Ehrb. 3) Arten, welchein kochsalzhaltigen Binnenwässern und im Meere vorkommen. Amphidinium operculatum Clap. et Lachm., Acineta tuberosa Ehrb., Oxytricha gibba Du). Ak) Arten, welche bis jetzt nur in kochsalzhaltigen Binnenwässern gefunden wurden. Pleurophrys Helix Entz, Entzia tetrastomella nov. gen., nov. sp., Orbulinella smaragdea Eniz, Sparotricha vexillifer Entz, Lienotus grandis Entz, Cothurnia imberbis Ehrb. var. curvula, Vaginicola erystallina Ehrb. var. annulata, Vorticella microstoma Ehrb. var. halopbila, Vorticella nebulifera Ehrb. var. salina. Die Vertreter der zwei ersten Gruppen sind sämmtlich sehr ge- meine Arten, von welchen ich nichts zu bemerken habe. Der in die dritte Gruppe eingereihte Gilioflagellat Amphidinium operculatum Clap. et Lachm. ist hingegen eine sehr interessante Form, welche einige Bemer- Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. 479 kungen verdient. Diese Art wurde von Crararive und Lacamann in den norwegischen Fjorden entdeckt, dann aber längere Zeit hindurch nicht wieder gefunden. Von Stein wird sie wieder in der jüngst erschienenen großen Monographie der Cilioflagellaten (arthrodele Flagellaten) aus der Ostsee erwähnt; ferner theilte mir Professor G£za Entz Skizzen dieses Cilioflagellaten mit, welche er in Neapel entwarf und nach seiner münd- lichen Mittheilung traf er diese Art im Golf von Neapel häufig an. Nach diesen Daten ist Amphidinium operculatum eine marine Art, welche der Protozoenfauna der Kochsalztümpel bei Deva ein entschieden marines Gepräge verleiht. Von dieser interessanten Art will ich hier noch er- wähnen, dass mich meine Untersuchungen zur Überzeugung brachten, dass der sogenannte Cilienkranz aus einer spiralig gewundenen Geißel besteht, welche einen undulirenden Saum besitzt, dessen Schwingungen die vermeintlichen Cilien vortäuschen ; dasselbe Verhalten wurde, wie ich später erfuhr, von Kırss auch bei Hemidinium nasutum , Gymno- dinium fuscum und Peridinium habulatum konstatirt, so dass es mir sehr wahrscheinlich scheint, dass die Cilioflagellaten einen Gilienkranz überhaupt nicht besitzen. In der vierten Gruppe ist Entzia tetrastomella natürlich die inter- essanteste Form, sie ist die einzige bis jetzt bekannte Polythalamie, welche außerhalb des Meeres angetroffen wurde und spricht mit Amphi- dinium operculatum entschieden für die Richtigkeit des von Professor Geza Entz aufgestellten Satzes, wonach die Protozoen der kochsalzhalti- gen Binnenwässer näher denen des Meeres als der süßen Gewässer stehen. Die übrigen Protozoen dieser Gruppe sind Arten, welche bis jetzt nur noch aus den Kochsalzteichen bei Torda und Szamosfalva in Siebenbürgen gefunden wurden. Im Ganzen genommen stimmt die Protozoenfauna der Kochsalz- tümpel zu Deva mit der der Kochsalzteiche zu Torda und Szamosfalva ziemlich überein, hat aber an Entzia tetrastomella und Amphidinium operculatum zwei speciell für diese Tümpel charakteristische Arten auf- . zuweisen. Klausenburg, am 15. December 1883. 480 Eugen v. Daday, Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in Siebenbürgen. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIV. Fig. A—8. Entzia tetrastomella, nov. gen., nov. sp. Nach der Natur. Fig. 1. Ein 6kammeriges Exemplar von der Apicalseite. Fig. 2. Ein A0kammeriges Exemplar von der Apicalseite, die obere Schalen- fläche weggelassen. Fig. 3. Ein 42kammeriges Exemplar von der Apicalseite, die neunte Kammer enthält das mit Karmin gefärbte Protoplasma und den Kern. Fig. 4. Ein A6kammeriges Exemplar von der Apicalseite. Fig. 5. Mündungen der Scheidewände. a, kleinere, rundliche, b, größere, ovale Mündung von vorn betrachtet. Fig. 6. Ein A6kammeriges Exemplar von vorn betrachtet. Fig. 7. Ein A16kammeriges Exemplar von der Basalseite. Fig. 8. Eine Scheidewand von der Seite gezeichnet mit röhrenförmig verlänger- ten Mündungen. i Vergrößerung bei Fig. 5 und 8 Harın. IV/8, bei Fig. 1,2, 3 Harrn. IV/7, bei Fig. 4, 6, 7 Harrn. IV/B. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. Von Georg Simmermacher, stud. rer. nat. (Aus dem zoologischen und vergleichend-anatomischen Institut zu Gießen.) Mit Tafel XXV—XXVI und zwei Holzschnitten. Unter Haftapparaten an den Tarsalgliedern von Insekten verstehe ich Einrichtungen, welche sich entweder nur an den Tarsen männlicher Insekten finden, und den Zweck haben, dem Männchen das Festhalten auf dem Weibchen und damit die Begattung zu erleichtern, oder solche, welche beiden Geschlechtern vieler Insekten zukommen, und diesen das Laufen an glatten, senkrechten, oder wagrecht überhängenden Flächen ermöglichen. Einrichtungen zu erstgenanntem Zweck, welche man als sekundäre Geschlechtsorgane bezeichnen kann, fand ich nur bei den Coleopteren. ‚ Sie unterscheiden sich, so weit meine Untersuchungen reichen, durch- gehends von den Einrichtungen, welche ich allgemein als Kletterappa- | \ I }| | rate bezeichnen will, dadurch, dass sie höchstens an den Tarsen der zwei ersten Beinpaare vorkommen, während sich die Kletterapparate stets an allen sechs Füßen der betreffenden Insekten finden. Außerdem sind bei der Bildung sexueller Haftapparate stets mehrere Tarsalglieder selbst betheiligt, indem die beim Männchen mehr oder weniger ver- breiterten Tarsen auf ihrer Unterseite die eigentlich als Haftapparate wirkenden Chitinbildungen tragen. — Für die Kletterapparate gilt dies wohl theilweise, nicht aber als durchgehende Regel. Außer bei den Coleopteren besteht nämlich der Kletterapparat aus einem sogenannten, ‚frei am Ende des letzten Tarsalgliedes angebrachten Haftlappen. Solche ‚Haftlappen fand ich bei Insekten folgender Ordnungen: | Dipteren, Hymenopteren, Hemipteren, Lepidopteren, Neuropteren, ' ‚Orthopteren 1 4 | 482 Georg Simmermacher, Im ersten Theile meiner Arbeit will ich die sexuellen Zwecken dienenden Haftapparate, im zweiten Theil die Kletterapparate behan- deln. — Ehe ich nun zum ersten Theil meiner Arbeit selbst übergehe, fühle ich mich gedrungen an dieser Stelle meinem- hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. H. Lupwis, für das stets an meiner Arbeit genommene Interesse und für die Rathschläge, durch welche mich der- selbe vielfach unterstützte, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. 1 Theil. Sexual-Haftapparate. Sekundäre Geschlechtsorgane fand ich, wie bereits bemerkt, nur bei den Coleopteren, und zwar in folgenden Familien: Dyticidae, Garabidae, Cicindelidae, Silphidae, Melcidae und Hydro- philidae. Das Vorhandensein solcher Haftapparate zeigt sich dadurch, dass beim Männchen, wie schon erwähnt, ein Theil der Tarsalglieder durch Ver- breiterung eine mehr oder weniger auffallende Form angenommen hat, und an seiner unteren Fläche dem bloßen Auge wie behaart erscheint. Da die Dyticiden (Schwimmkäfer) einerseits den Ausgangspunkt meiner Untersuchungen bildeten, andererseits, wenigstens bei einzelnen Gattungen, der durch die Verschiedenheit der Tarsen bei Männchen und Weibchen bedingte Dimorphismus am deutlichsten in die Augen springt, und auch die Deutung der die verbreiterten Tarsen bedeckenden Chitin- gebilde nach mikroskopischer Untersuchung am leichtesten fällt, will ich meine Arbeit mit der Beschreibung der Haftapparate bei den Dyticiden beginnen. A. Familie Dyticidae. Den durch die Verschiedenheit der Tarsalglieder bedingten Dimor- phismus und zugleich die verschiedene Beschaffenheit der Tarsen am ersten, zweiten und dritten Beinpaar habe ich durch die Figuren 1 (abc; a,b,c,) und 2 (abc) wiederzugeben versucht. ich wählte zu dieser, so zu sagen typischen, Darstellung die Gattung Dyticus, da bei den großen Formen dieser Gattung der Unterschied der Geschlechter einerseits, und der drei Gliedmaßenpaare unter sich andererseits am stärksten ausgeprägt ist. — Bei beiden Geschlechtern der Gattung Dyti- cus sind die zwei ersten Beinpaare vom dritten dadurch verschieden, dass sie weniger gestreckt sind, an ihrem Rand nur kurze Borsten tragen und mit zwei starken Klauen endigen, dem Thier also in erster Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten, 483 Linie als Kletterfüße dienen, während beim viel länger gestreckten dritten Beinpaar die Endklauen sehr rückgebildet sind, sich dagegen besonders an den Tarsen sehr lange Schwimmhaare entwickelt haben, | so dass die beiden letzten Gliedmaßen zu Ruderbeinen umgewandelt sind. Beim männlichen Dyticus haben aber die drei ersten Tarsalglieder am ersten und zweiten Fußpaar noch eine weitere, besonders an den vordersten Füßen in die Augen springende Modifikation durch Umwand- . lung in Saugapparate erfahren. Am ersten Fußpaar ist die Verbreite- rung der drei ersten Tarsalglieder eine so starke, dass dieselben zusammen ‚ ein rundliches Schälchen bilden, wodurch sie sich deutlich von den zwei ‘ folgenden Tarsalgliedern abheben. Am mittleren Fußpaar ist die Ver- breiterung der drei ersten Tarsalglieder nur eine geringere, so dass sie sich auf den ersten Blick nur wenig von den beiden folgenden Gliedern ‚ unterscheiden. An den zusammen ein Näpfchen bildenden drei Tarsalgliedern des ersten Fußpaares erkennt man schon mit bloßem Auge auf dem ersten Glied zwei aus Chitin bestehende, anscheinend ihrer flachen Unterlage direkt aufsitzende Näpfchen. Die mikroskopische Betrachtung lehrt, dass ) die den übrigen Raum der verbreiterten Tarsalglieder bedeckenden, dem bloßen Auge als Chitinhaare oder Borsten erscheinenden Bildungen ) ebenfalls kleinere, aber auf deutlichen Stielchen sitzende Saugnäpfchen "sind, welche sich von den mit bloßem Auge erkennbaren (abgesehen - von der Größe) dadurch unterscheiden, dass sie der fransenartigen Fort- sätze, welche erstere an ihrer Peripherie tragen, entbehren. Am ganzen Rand der drei erweiterten Glieder stehen starke, chiti- nöse Borsten, welche ich im weiteren Verlauf meiner Beschreibung als - Randborsten bezeichnen will (Fig. 3 a). Die drei ersten etwas verbreiterten Glieder des zweiten Fußpaares - sind wie die des ersten mit gestielten Saugnäpfchen besetzt, welche aber in Größe wie sonstiger Beschaffenheit auf den drei Gliedern unter einander sämmtlich übereinstimmen (Fig. 3 5b). Zweck dieser zahl- reiehen auf den Tarsalgliedern angebrachten Saugnäpfchen ist, dem -, Männchen das Festhalten auf dem Rücken des Weibchens bei der Be- -‚ gattung zu erleichtern. | Setzt das erstere seine Füße an den Körper des Weibchens und drückt diese an, so werden die einzelnen (schüsselartigen) größeren und \ kleineren elastischen Näpfchen flach gedrückt, und damit das unter ‚ihnen befindliche Wasser verdrängt. Zieht nun das Männchen den 1 ganzen Fuß wieder etwas zurück, so entsteht unter jedem Saugnapf - ein leerer Raum, während das die Chitinwand umgebende Wasser einen bedeutenden Druck ausübt, so dass das Männchen beliebig lange Zeit | 5 484 Georg Simmermacher, fest an dem Weibchen haften kann, bis es durch Niederdrücken und Verschieben des ganzen Fußes den Halt wieder löst. Welch kräftiger Halt durch diese Einrichtung dem Männchen verschafft wird, werde ich weiterhin durch einige aus Versuchen abgeleitete Zahlen ausdrücken. — Ich gehe nun über zu einer genaueren Beschreibung der äußerlich sichtbaren Chitintheile am Haftapparate der Dyticiden, wobei ich nach wie vor die Gattung Dyticus selbst als typische Form benutze. Sowohl den beiden großen Saugnäpfen, wie den kleineren ist ge- meinschaftlich, dass sie aus zwei Theilen bestehen, einem innerhalb des Chitinpanzers der Tarsen eingelenkten Stielchen, und einem auf dessen obersten freien Ende angebrachten, elastischen Näpfchen (Fig. # au. 5). Prateau unterscheidet zwei Formen von Saugnäpfchen, welche er als Modifikationen ein und desselben Typus ansieht: » Cupules sessiles« und » Gupules pediculees«. Mit ersteren meint er die zwei auffallend großen Saugnäpfe bei Dyticus. »Le fond repose directement sur la face inferieure de l’article corre- spondant du tarse!.« Nach meinen Untersuchungen sitzen auch die großen Saugnäpfe niemals direkt auf, sondern werden stets von einem Stielchen getragen. Dass dies bei der Gattung Dyticus PLATEau entging, hat seinen Grund darin, dass das Stielchen erstens eine verhältnismäßig sehr geringe Größe hat, und außerdem in einer Vertiefung des ersten Tarsalgliedes eingesenkt ist, worauf ich später noch einmal zurück- kommen werde. Von oben gesehen zeigen die Saugnäpfchen in ihrer Mitte, wo sie am Stielchen befestigt sind, eine Erhebung, dann folgt eine diese Erhebung ringförmig umgebende Senkung, und schließlich hebt sich die Chitinwand wieder, so dass ein senkrecht durchschnittener Saugnapf ein Bild giebt, wie ich es in Fig. A b dargestellt habe. — Der eigentliche Saugnapf ist so elastisch, dass er sich völlig flach aufdrücken lässt. An einem so behandelten Objekt sieht man, dass am eigentlichen Saugnapf selbst wieder zwei Theile zu unterscheiden sind. Vom Mittel- punkt radiär ausstrahlende starke Chitinleisten und eine zwischen diesen gewissermaßen ausgespannte dünnere, chitinöse, farblose Mem- bran (Fig. 4 a). 5 Bei den großen Saugnäpfen sind die Leisten. nicht nur verhältnis- mäßig stärker, sondern auch zahlreicher als bei den kleinen, bei wel- chen sie die Peripherie nicht erreichen (Fig. 5). Dass die radiären Streifen wirklich massive Stäbchen sind, zeigt ein in Fig. 4 c abge- bildeter Querschnitt durch einen großen Saugnapf. Die bei Dyticus, wie 1 Un mot sur le mode d’adherence des mäles de Dyticides aux femelles, pen- dant l’acte de Paccouplement par F£Lıx PLATEAUT, membre de la societe entomologique. Annales de la societe entomologique de Belgique. XV. 41874—1872. p. 205. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 485 bereits bemerkt, stets in der Zahl zwei vorhandenen großen Saugnäpfe unterscheiden sich, wie ebenfalls schon erwähnt, von den zahlreichen kleineren durch den Besitz von Fransen an ihrem Rand. Diese Fransen sind Fortsätze der soeben besprochenen Chitinstäbchen. Den Zweck dieser Fransen, ‚welche ich übrigens für die Gesammtwirkung nicht für besonders wichtig halte, da sie erstens nur den zwei großen Saugnäpfen zukommen, den sonst gleich gebauten, sehr zahlreichen kleinen dagegen fehlen, zweitens aber auch an großen Saugnäpfen anderer Dyticiden- gattungen (Eunectes, Hydaticus, Acilius) nicht vorhanden sind, erkläre ich mir auf folgende Weise. Beim Andrücken des Fußes auf seine Unter- lage legen sich die großen Saugnäpfe in Folge der vorspringenden Leisten nicht ganz dicht an und die verhältnismäßig große unter dem Saugnapf befindliche Wassermenge kann zwischen den von je zwei Leisten gebildeten Rinnen ablaufen, und aus den zwischen den Fransen befindlichen Öffnungen austreten. Ist dies geschehen, so werden die zuerst durch das austretende Wasser seitlich an einander geschobenen Fransen beim Zurückziehen des Fußes durch das nun von außen in ent- gegengesetzter Weise wirkende Wasser wieder verbreitert, und dadurch der unter den großen Saugnäpfen befindliche leere Hohlraum wasserdicht verschlossen. — Vielleicht dienen diese chitinösen Fransen aber auch dazu, indem sie gewissermaßen federartig wirken, dem Käfer wieder das Lösen der Saugnäpfe von ihrer Unterlage erleichtern zu helfen. Bei den kleineren Saugnäpfen ist in Folge der geringeren Wassermenge, welche durch das Niederdrücken entfernt werden muss, und des ge- ringeren Druckes, welcher auf jedes einzelne Schälchen wirkt, diese komplieirte Einrichtung überflüssig. Bezüglich der Stielchen der Saugnäpfe habe ich vorerst Folgendes zu bemerken. Sie sind bei Dyticus in ihrer ganzen Hauptlänge ceylin- drisch, oben etwas keulenartig verdickt. Am entgegengesetzten Ende, welches am ganzen Fuß nicht sichtbar ist, weil es in dessen unterer Fläche eingelenkt ist, schließt es mit einer gelenkknopfartigen Verdickung ab. Das Stielchen ist nicht massiv, sondern in seiner ganzen Länge von einem an beiden Polen geschlossenen Kanal durchzogen. Die Bedeutung dieses Kanales können wir uns einerseits aus Zweckmäßigkeitsgründen, andererseits entwicklungsgeschichtlich erklären. Er bewirkt größere Leichtigkeit des ganzen Haftapparates, größere Elasticität der einzelnen Stielchen und Vermeidung unnöthigen Stoffverbrauchs. Dass der Kanal auf diese drei Punkte wirklich von Einfluss ist wird wahrscheinlicher, wenn ich gleich hier auf die meist sehr große Zahl der gestielten Saug- näpfe, die bei Dyticus latissimus z. B. an allen vier Füßen zusammen 7500 beträgt, hinweise. Entwicklungsgeschichtlich wird der Kanal 486 Georg Simmermacher, durch Ableitung der Saugnäpfe der Dyticiden von den später eingehen- der zu besprechenden ähnlichen, in ihrer ganzen Lone hohlen Gebilden der Garabiden erklärt. Es bleibt nun noch übrig einige Worte über die Anordnung und Zahl der Saugnäpfe zu sagen. Dieselben sind stets auf dem ersten wie zweiten Fußpaar in sogenannter Quincunx-Stellung angeordnet (Fig. 7 a, 7b). Der durch diese Anordnung erreichte Vortheil ist klar. Bei Be- trachtung des ganzen Fußes sieht man an den verschiedenen Richtungen, in welchen die Stielchen stehen, dass dieselben nicht starr, sondern be- weglich eingelenkt sind; durch die Quincunx-Stellung wird nun einer- seits den einzelnen Stielchen Spielraum zur Bewegung gelassen, anderer- seits der von den drei verbreiterten Tarsalgliedern bedeckte Raum möglichst ausgenutzt, also ein Maximum des Haftens bewirkt. Ich will gleich darauf hinweisen, dass bei den sexuellen Haftapparaten, wie bei den Kletterapparaten, fast immer dieselbe zweckmäßige Anordnung der gestielten Saugnäpfchen, Röhrchen oder Härchen auf der Fläche der Tarsen selbst, wie auch der Haftlappen eingehalten ist. In einigen Fällen ist die Quincunx-Stellung durch symmetrische Anordnung ersetzt. Diese letztere lässt sich aber leicht von ersterer ableiten, und werde ich hier- auf bei der Behandlung einiger Garabidengattungen noch einmal zurück- kommen. Auf die Einlenkung der Stielchen werde ich weiter unten näher eingehen; so viel willich indessen gleich hier bemerken, die untere Fläche der Tarsalglieder, auf welcher die Saugnäpfchen stehen, ist nicht glatt, sondern jedes Stielchen ist an seiner Basis mit einem ziemlich starken, wenn ich so sagen darf, Ringwall umgeben. — Die Stielchen der kleinen Saugnäpfchen sind verhältnismäßig lang, stehen völlig frei und entbehren jeder weiteren Stütze. Zweck des erwähnten Ringwalles ist also wohl, dem nur sehr kurz eingelenkten Stielchen noch einen Halt zu geben, seine Bewegungsfähigkeit zu beeinträchtigen (Fig. 7a, b). Die Zahl der Saugnäpfe ist, wie schon angedeutet, meist eine viel be- trächtlichere als man im ersten Augenblick anzunehmen geneigt ist. Die Größe ist eine schwankende. Beide Punkte werde ich in dem die Haft- apparate der Dyticiden in systematischer Weise behandelnden Theil meiner Arbeit genauer betrachten. Der Rand der drei erweiterten Tar- salglieder ist bei der Gattung Dyticus mit Borsten besetzt. Dieselben sind mit einem Gelenkknopf eingelenkt. Sie finden sich indessen nicht bei allen Dyticidengattungen, verhalten sich also gerade so wie die ana- logen Bildungen an den Tarsen der CGarabiden. Wir werden später noch öfter Gelegenheit haben diese beiden Familien mit einander zu ver- gleichen. \ \ Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 487 Die Bewegung der Tarsen selbst wird vermittelt durch einen kräf- tigen Muskel, welcher den ganzen Fuß parallel seiner Längsachse durch- zieht, am Chitinpanzer eines jeden Tarsalgliedes festsitzt und aus einzelnen Muskelfibrillen besteht, zwischen welchen sich ein Tracheen- ausläufer hinzieht. Dieser Muskel setzt sich an die Stielchen der Saug- näpfe an, um denselben eine willkürliche Bewegung zu ermöglichen. Fig. 8 zeigt einen Querschnitt durch ein Tarsalglied von Dyticus. Die kreisrunden, elliptischen, oder unregelmäßigen Figuren mit ihrer von einem Mittelpunkt oder einer Mittellinie ausgehenden radiären Streifung, sind die Querschnitte durch die Muskelfibrillen, die sich öfter zu den »Primitivbündeln« Leypie’s! vereinigen. — Sie erfüllen den ganzen Hohlraum innerhalb des Chitinpanzers. Auf den Querschnitten ist nun auch die Einlenkung der Stielchen deutlich zu erkennen. Der schon erwähnte, auf der Fläche des ganzen Tarsalgliedes sichtbare Ringwall, welcher die Basis eines jeden Stiel- chens umgiebt, wird verursacht durch ringförmige Erhebungen auf der unteren Seite des Chitinpanzers. Von der Peripherie dieser ringförmigen Erhebung senkt sich nun nach innen, frei, nicht mit der allgemeinen Chitinsohle zusammenhängend, ein an beiden Polen offener Chitinbecher, der bei den kleinen Saugnäpfen einfacher gebaut ist als bei den großen. An seiner unteren Seite ist die Öffnung dieses Chitinbechers weiter als an der entgegengesetzten Seite, so dass dem Stielchen trotz dem ihm gewährten Halt noch ein gewisser Spielraum zur Bewegung gelassen ist. Im Becher selbst sitzt der gelenkknopfartig erweiterte Theil des Stielchens, dessen zuletzt wieder etwas verjüngtes Ende durch die obere engere Öffnung der Einsenkung austritt (Fig. 9 a), so dass die Muskeln sowohl an dem Ende der einzelnen Stielchen, wie an der allgemeinen Wand des Chitinpanzers ansetzen, und erstere regieren können. Die Stielchen | der zwei großen Saugnäpfe ragen fast gar nicht frei aus der unteren Öffnung des Chitinbechers heraus, sondern stecken fast ganz in demsel- ben (Fig. 9 6), was bei Prareau die Meinung hervorrief, die zwei großen Saugnäpfe wären überhaupt ungestielt und säßen ihrer Unterlage direkt auf. Auch die untere Fläche selbst des Tarsalgliedes senkt sich an den Stellen, an denen sich die zwei großen Saugnäpfe befinden, statt sich ‚ ringwallartig zu erheben, im Gegentheil noch etwas sanft muldenförmig ein, so dass sich nicht allein die verhältnismäßig kleinen Stielchen, son- dern auch die beiden großen Saugnäpfe selbst nicht so frei erheben wie die kleinen. Schnitte, welche die Wand des inneren Becherchens treffen, zeigen, dass dieselbe nicht massiv, sondern porös ist, indem sie auf dem Schnitt ein Gitterwerk darstellen (Fig. 9 c, d). — ! Leyoıe, Histiologie. Frankfurt a/M. 1857. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 33 483 Georg Simmermacher, Nachdem ich nun die Haftapparate von Dyticus als typische Form zur Erklärung der Verhältnisse im Allgemeinen benutzt habe, will ich zu einer speciellen Betrachtung der diesbezüglichen Verhältnisse der einzelnen Gattungen der Familie Dyticus übergehen, hierzu aber vorerst noch Folgendes bemerken. : REDTENBACHER führt in seinem Werk zum Bestimmen der Käfer 15 verschiedene Gattungen der Familie Dyticidae an!. Ich habe alle diese Gattungen untersucht, und kam dabei zu folgenden allgemeinen Resul- taten. 4) Bei 12 Gattungen unserer einheimischen Dyticiden finden sich an den Tarsen des Männchens Haftapparate in Form von Saugnäpfen. 2) In ihrer Gesammteinrichtung sind diese Haftapparate für jede der 12 Gattungen mehr oder weniger verschieden, dagegen für die ein- zelnen Species ein und derselben Gattung konstant. — Es steht dies im Widerspruch mit einer Äußerung Darwın’s: »Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass die bekannten Sexualverschiedenheiten zwischen bei- den Geschlechtern einer Art sich gewöhnlich in genau denselben Theilen der Organisation entfalten, in denen auch die verschiedenen Arten einer Gattung von einander abweichen?.« — Ich habe nicht sämmtliche Species, aber doch von den meisten Gattungen mehrere, und von der Gattung Dyticus alle von REDTENBACHER angegebenen untersucht. — 3) Die Verschiedenheiten bei den einzelnen Gattungen sind folgende: A. Entweder sind die Tarsalglieder des ersten und zweiten Fuß- paares theilweise verbreitert und mit Saugnäpfen besetzt (Dyticus), oder nur an den vordersten Füßen sind Saugnäpfe, und die mittleren sind einfache Kletterfüße (Cybister). B. Die drei Tarsalglieder am ersten Fußpaar sind sehr stark ver- breitert und bilden zusammen ein rundliches Schälchen und die ent- sprechenden Glieder des zweiten Fußpaares sind nur wenig verbrei- tert und haben ihre gestreckte Form kaum verändert (Dyticus), oder die Verbreiterung ist auch am ersten Fußpaar eine unbedeutende, die vordersten und mittleren Füße haben ihren Habitus im Wesentlichen erhalten (Ilybius). | GC. Unter den Saugnäpfen selbst haben wir zwei Typen zu unter- scheiden: a) Wirklich runde, echte Näpfchen (Dyticus). 1 LupwiG REDTENBACHER, Fauna Austriaca. — Die Käfer. 3. Aufl. Wien. 1874— 1873, 2 Darwin, Entstehung der Arten. — »Sekundäre Sexualcharaktere sind erblich.« p. 180. l Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 489, b) Lang gestreckte, fast rechteckige, plattenartige Chitinbil- dungen (Cybister), die sich, abgesehen von der Gestalt, von den runden Saugnäpfen noch in folgenden Punkten unterscheiden: Sie sind sehr dünn und zart und in Folge dessen höchst biegsam ; sie sind kaum pigmentirt; nur an der Änsatzstelle an das Stielchen etwas gebräunt, sonst fast glashell. Die Stützleisten sind sehr zart und laufen nicht radiär vom Mittelpunkte aus, sondern parallel der Längsachse der Platte. Die Ansatzstelle der Platte an das Stielchen befindet sich nicht in der Mitte der letzteren, wie bei den Näpf- chen, sondern ist mehr oder weniger nach hinten gerückt. Sie sind größer als die Saugnäpfe, aber in geringerer Zahl vorhanden. D. Die Saugnäpfe auf ein und demselben Tarsalglied sind unter sich entweder alle gleich oder differiren in Form, Größe oder in Ge- stalt der Stielchen. Ich gehe nun über zur systematischen Beschreibung der Haftappa- rate, bei den einzelnen Gattungen, wobei ich die von REDTENBACHER ge- brauchte Anordnung beibehalte. 4. Gattung: Hyphydrus. Untersucht: ovatus; Fig. 14 a, b, c. — Die drei ersten Glieder etwas verbreitert, letztes Glied sehr klein. Die zwei ersten Fußpaare tragen Saugnäpfe auf den drei ersten Gliedern. Rand- borsten fehlen. Erstes Fußpaar (Fig. 14 a). Die Saugnäpfe sind verschieden. — Am Rand stehen kleine mit dünnem, mehr trichterförmigem Stielchen, in der Mitte größere, mit auffallend dickem völlig cylindrischem Stiel. Erstere stehen dicht gedrängt, sind daher sehr zahlreich, letztere stehen weiter aus einander und sind an Zahl geringer. Unbedeutender ist der Unterschied am ersten, sehr auffallend dagegen am zweiten und dritten Glied. Auf diesen beiden Gliedern ist die Anordnung der größeren Saugnäpfe eine symmetrische. Zweites Fußpaar (Fig. 14 b). Verhält sich fast eben so wie das erste, nur ist der Größenunterschied zwischen den kleineren und größeren Saugnäpfen ein geringerer und letztere ‚ stehen auf allen drei Gliedern dichter als auf dem ersten Fußpaar. Zahl der Saugnäpfe auf allen vier Füßen zusammen !: 1) a. Am Rand jederseits 150 kleinere — ET In der Mitte größere 1700 b. Am Rand jederseits 100 kleinere —= En 10,700 18508 In der Mitte größere 10/” c. Eben so. 200, 20 220 3700 2) a. Größere und kleinere zusammen 450 b. Größere und kleinere zusammen 2507950 x 2 = 1900 c. Größere und kleinere zusammen 250 4 Es bedeutet hier, wie in allen folgenden Zählungen: A, erstes, 2, zweites 337 490 Georg Simmermacher, Messungen: Durchmesser eines größeren Saugnäpfchens 0,027 mm Durchmesser des Stielchens 0,013 » Länge des Stielchens 0,067 » Durchmesser eines kleinen Saugnäpfchens 0,0054 » Durchmesser des Stielchens 0,0027» Länge des Stielchens 0,04 » 2. Gattung: Hydroporus Fig. 15). Untersucht: rufifrons, planus, palustris. Drei Glieder am ersten und zweiten Fußpaar erweitert. Beide Fuß- paare sind gleich; Randborsten fehlen. Die Saugnäpfchen differiren unter sich nicht. Die Stielchen trichterförmig. Die Form der Glieder wird von hinten nach vorn gestreckter. Zahl der Saugnäpfe: ar a ey, 60 Des na nn. 060 ASUS OR) 1120 2) Eben so 560 Messungen: Durchmesser des Saugnäpfchens 0,01 mm Länge des Stielchens 050422 3. Gattung: Noterus (Fig. 16). Untersucht: sparsus. Die Füße sind wenig verbreitert. Am ersten Fußpaar sitzt am ersten, zweiten und dritten Glied, am zweiten Fußpaar nur am ersten und zweiten Glied je ein verhältnismäßig großer Saugnapf. A. Gattung: Laccophilus (Fig. 12). Untersucht : minutus. Das erste und zweite Fußpaar sind völlig gleich; Randborsten fehlen. Die Saugplättchen sitzen in geringer Zahl auf keulenförmigen Stielchen am äußersten Ende der schwach erweiterten Tarsalglieder. In ihrer Form er- innern die einzelnen Haftplättchen am meisten an die von Ilybius, unter- scheiden sich jedoch von diesen dadurch, dass das Plättchen selbst fast an seinem äußersten Ende an das Stielchen befestigt ist und dadurch von erste- rem absteht. Das Saugplättchen ist länger als das Stieichen. Letzteres ist gelb pigmentirt, ersteres fast farblos. Die Zahl der Saugplatten ist etwa 20 auf jedem Fuß. Im Ganzen 80. Fußpaar; a, b, c, erstes, zweites, drittes Tarsalglied. Die Gesammtsumme auf drei Gliedern ist mit 2 zu multipliciren um die Zahl der Saugnäpfe auf einem Fußpaar zu erhalten. — Das Ergebnis von 4 und 2 ist zuaddiren, um die Summe aller Saug- näpfe auf den vier Füßen zu erhalten. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 491 5. Gattung: CGolymbetes (Fig. 10.a, b, ec). Untersucht : pulverosus und adspersus. Die an den beiden vorderen Fußpaaren schwach erweiterten drei Tar- salglieder tragen eine geringe Zahl langgestielter großer Saugplatten. Die Zahl derselben ist etwa 28 an jedem Fuß. Im Ganzen 112. Der Längsdurchmesser der Saugplatte = 0,1 mm Der Querdurchmesser der Saugplatte —= 0,03 » Länge des Stielchens — le 6. Gattung: Ilybius (Fig. 11). Untersucht: fuliginosus und ater. Es gilt dasselbe wie für die Gattung Colymbetes, nur bilden die ein- zelnen Haftplatten ein Übergangsglied zwischen den runden Saugnäpfen und den langgestreckten Saugplatten. Ihre Größe ist geringer, ihre Zahl be- deutender als bei Colymbetes. Zahl der Platten auf jedem Fuß etwa 50. Im Ganzen 200. Längsachse der Saugplatte 0,047 mm Querachse der Saugplatte 0,013 » Länge des Stielchens 0,2 » 7. Gattung: Agabus (Fig. 17). Untersucht: chalconotus, guttatus, agilis. Die drei ziemlich stark erweiterten Glieder erinnern in ihrer Form an die verbreiterten Tarsen mancher Carabiden, z. B. Feronia. Die beiden Fuß- paare sind gleich. Auf jedem erweiterten Glied sitzen auf kurzen, kegel- förmigen Stielchen, in symmetrischer Anordnung etwa fünf ziemlich große . Saugnäpfe. Randborsten sind vorhanden. Die Zahl der Saugnäpfe 15 auf jedem Fuß. Im Ganzen 60. 8. Gattung: CGybister (Fig. 18 a, b, c, d). Untersucht: Cybister Roeselii und eine nicht bestimmte Species von Timor. - Die Gesammtform der drei sehr stark erweiterten Glieder erinnert an ' Dyticus, indem sie zusammen ein Schälchen bilden. Dasselbe ist jedoch nicht rund, sondern stark oval und schon dadurch von Dyticus unterschie- den. Die Tarsalglieder des zweiten Fußpaares haben keine Verbreiterung erfahren. Borsten sind nicht allein am Rand der drei verbreiterten Glieder vorhanden, sondern am ersten der Glieder sind die Dornen bis auf dessen Mitte vorgerückt, so dass nur noch zwei Reihen gestielter Haftplatten auf ‚ demselben Platz finden. Die beiden folgenden Glieder sind sehr kurz, so ) | verhältnismäßig groß, sehr zart, kaum pigmentirt und haben Parallelstreifung. ' Am einen Ende sind sie deutlich abgerundet, am entgegengesetzten er- | | dass auf beiden nur noch für eine Reihe Haftplatten Raum ist. Die Haft- platten zeigen die in der Einleitung angedeuteten Eigenschaften. Sie sind scheinen sie gerade abgeschnitten und dann zwischen je zwei Parallelstreifen etwas eingebuchtet. Die einzelnen Haftapparate bei Cybister sind wirkliche 492 - Georg Simmermacher, vollkommen in einer Ebene liegende Platten und keine Saugnäpfchen, wie bei Dyticus, an welchen sich zur Vergrößerung der Fläche ein Zipfel entwickelt hat, wie es W. von REICHENAU zeichnet und beschreibt!. Wir können wohl die Saugplatten von den einfachen Näpfchen ableiten und sie uns auch wahr- scheinlich auf die durch von REIcHEnAU beschriebene Veränderung entstan- den denken, doch ist bei Gybister davon nichts mehr zu erkennen. An dem Präparat der Species von Timor konnte man an den in verschiedener Weise gefalteten Platten deren Biegsamkeit deutlich erkennen und habe ich daher zwei solcher verbogenen Platten in Fig. 18 c und d wiedergegeben. — Die Füße dieser exotischen Art stimmen mit denen von C. Roeselii völlig überein. Zahl der Saugplatten. GC. Roeselii C. von Timor a. Zwei Reihen von je 20 = 40; je 14 —- 28 b. Eine Reihe von 22: 19 c. Eine Reihe von 23: 19 85. 22 — 110, 766,22 132 Messungen. Längsdurchmesser des ganzen aus drei Gliedern gebildeten Näpfchens: 11, mm 4 mm Querdurchmesser 3 » 2 » Längsdurchmesser der Saugplättchen 0,37 » VEN) Querdurchmesser 0,13 » 0,06 » 9. Gattung: Eunectes (Fig. 13). Untersucht : griseus. Am ersten Fußpaar drei zu einem Schälchen erweiterte Glieder. Zwei- tes Fußpaar einfach. Auf dem ersten erweiterten Glied stehen zwei große Saugnäpfe, auf den zwei folgenden stehen kleinere mit auffallend langen Stielchen. Im Ganzen erinnert der Haftapparat von Eunectes sehr an den von Dyticus, doch bestehen immerhin noch mancherlei Unterschiede. — Nur das erste Fußpaar trägt Saugnäpfe, nicht aber auch das mittlere. Auf dem ersten verbreiterten Tarsalglied sitzen außer den zwei großen Saugnäpfen keine kleineren mehr, und diese ersteren sind nicht gefranst. Zahl der Saugnäpfe und Messungen. BT BED Durchmesser des großen S.-N. 0,23 mm b. . .. . 2507500 xX2 = 1000 Durchmesser des kleinen S.-N. 0,02 » GE EI 10. Gattung: Dyticus (Fig. 3 a, b, 4, 5). Untersucht unsere einheimischen sechs Arten: latissimus, dimidiatus, punctulatus, circumflexus, circumeinctus, marginalis. Am ersten Fußpaar sind drei Glieder zu einem Schälchen, am zweiten 1 Kosmos. Zeitschrift für Entwicklungslehre und einheitliche Weltanschauung. X. 4884. — W. von REICHENAU, Ursprung der sekundären Geschlechtscharaktere, insbesondere bei den Blatthornkäfern. Taf. V, Fig, 6b. N ne ne E — nn m Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten, 493‘ nur wenig erweitert. Auf dem ersten Glied der vordersten Füße sitzen außer kleinen langgestielten noch zwei größere, befranste, kurz gestielte Saugnäpfe. Die Saugnäpfe auf den mittleren Füßen sind sämmtlich von gleicher Größe und Form. Alle sind rund mit radiären Stützleisten. Die Zahl der Saugnäpfe ist eine sehr große und beträgt abgesehen von D. latis- simus, der die meisten Saugnäpfe besitzt, für die übrigen fünf Arten im Mittel 2700. Randborsten sind immer vorhanden. Die Zahl der Saugnäpfe ist auf dem mittleren Fußpaar stets eine größere als auf dem vordersten. — Dafür sind die Saugnäpfchen auf den mittleren Füßen meist etwas kleiner. Der Durchmesser des von den drei verbreiterten Gliedern gebildeten Schälchens ist gewöhnlich 3 mm; die Gesammtlänge der drei erweiterten Glieder an den Mittelfüßen 5 mm. Die Breite 4 mm. Durchmesser des großen gefransten Saugnapfes durchschnittlich 0,7 mm. Durchmesser der kleinen Saugnäpfe schwankt zwischen 0,06—0,03 mm. Zahl der Saugnäpfe. Daytmlalısamus...4) a. ..... 2 h - . 60971500. < 2 = 3000 N) a... 780 4200 b ss ass0 x 2 — 4500 c 190 Dyt. dimidiatus. Die Saugnäpfe stehen weiter aus einander, dadurch ist ihre Zahl geringer. Renee 62 | DERS 150240 X 2 = 480 BRHBEE 133 2) 270 ang DE 0 270)8100 0620 en 270 Dyt. punctulatus. Die Saugnäpfe stehen am ersten Fuß sehr weit, am zweiten sehr dicht. Man. 43 DEE ‚oe ion = a2 2,00 EI III: 67 RR 2020073. 020022 129200 Dyk eireumilexus.4) a, . .. :.50 DREDR En Box 2 400 Öilsipsaunepis 90 ac 2,7500. 3. — 1200 — 2 — 2400 Dyt.eimeumeinetus. 4)-a..... ...65 bes: lan 630 Can En 1,50 han 2003 — 12.00 —< 2% 2400 Dyt: wareımalis. A)a. ... .ı 2] Das De 46 170 xX2 = GEHE 16) Bu 20530 2 1590 —< 2 — 3180 494 Georg Simmermacher, 14. Gattung: Acilius (Fig. 20 a, b). Untersucht : sulcatus. Drei Glieder der Vorderfüße zu einem Schälchen, drei Glieder der Mittelfüße nur schwach erweitert. Auf dem ersten Glied der vordersten Füße sitzen drei größere Saugnäpfe, von denen wieder einer die beiden anderen gleichen an Größe übertrifft. Er ist nicht so stark wie der ent- sprechende Saugnapf bei Dyticus, denn an seinem Rand ist er (im Präparat) verschiedene Mal eingerollt. Fransen fehlen. Er sitzt seiner Unterlage an- scheinend direkt auf, während die beiden anderen auf deutlichen Stielen sitzen. Die große Masse der kleinen langgestielten Saugnäpfchen bedeckt nicht den ganzen Raum der erweiterten Elkder, sondern ist z allen dreien auf die Ecken beschränkt (Fig. 20 a). Die drei schwach erweiterten Glieder der Mittelfüße sind mit gestielten kleinen Saugnäpfchen in sehr geringer Zahl besetzt. Randborsten stehen an allen Gliedern des ersten und zweiten Fußpaares. Zahl der Saugnäpfe. a De ee an BR) EIN) In 9) Im Ganzen ca. 50. >=< 2 — 400 Messungen. 1) Durchmesser des Schüsselchens 2 2) Länge der drei erweiterten Glieder 1 Breite der drei erweiterten Glieder 0 1) Durchmesser des großen S.-N. 0 Durchmesser der zwei mittelgroßen S.-N. 0 Durchmesser der kleinen S.-N. 0 2) Durchmesser der kleinen S.-N. 0 12. Gattung: Hydaticus (Fig. 19 a, b, ce). Untersucht: zonatus, bilineatus, stagnalis. Zwei Fußpaare erweitert. Die hs Glieder der vordersten Füße bilden ein Schälchen. Die Zahl der Saugnäpfchen ist gering, sie sind aber ziemlich groß und annähernd gleich. Fransen fehlen. In ihrer Anordnung lässt sich eine deutliche Symmetrie erkennen. Die Stielchen sind etwa trichterförmig (Fig. 19 c). Randborsten sind vorhanden. Am ersten Glied der vordersten Füße findet sich eine Stelle, die mit nicht sehr langen umgebogenen Chitin- dornen besetzt ist. Etwas Ähnlichem werden wir bei den Carabiden (Gat- tung Badister) begegnen. Zahl der Saugnäpfe. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 495 ' Messungen. 1) Durchmesser des Schälchens 1 mm. Die Saugnäpfchen werden auf den Gliedern von a nach c kleiner. a) Durchmesser 0,13 mm b) » 00079) c) » 0,07 » 8 Länge der drei erweiterten Glieder 4,00 mm Breite der drei erweiterten Glieder 0,75 » Durchmesser der S.-N. aufa, b, c 0,07 » Nachdem ich mit Hydaticus die specielle Morphologie der Haft- apparate bei den einzelnen Dyticidengattungen beendet, möchte ich noch eine Bemerkung bezüglich der Verbreitung der Haftapparate in dieser Familie anknüpfen. Haftapparate fand ich an den Tarsen der Männchen bei 12 Gattungen mit 98 Arten. Sie fehlen nur drei Gat- tungen mit 44 Arten, Haliplus (12 Arten), Pelobius (1 Art: Hermanni) und Gnemidotus (1 Art: caesus). Bei weitaus der Mehrzahl unserer einheimischen Dyticiden besteht also der Dimorphismus zwischen Männchen und Weibchen bezüglich der Tarsen. Bei nur zwei Gattungen fand ich die Haftapparate auf das erste Fußpaar beschränkt bei Cybister und Eunectes mit je einer Species. Bei den zehn anderen Gattungen (mit 96 Arten) dagegen tragen Vorder- und Mittelfüße Saugnäpfe oder Saugplatten. Ich werde ganz gleiche Verhältnisse bei den Carabiden zu be- sprechen haben und dabei nochmals auf die Dyticiden zurückkom- men. — Eine auffallende Bildung fand ich an den Vorderfüßen von Cnemidotus caesus. An der Tibia und dem nicht erweiterten ersten, zweiten und dritten Tarsalglied sitzen nämlich an den Seiten ziemlich lange Stielchen, welche mit einem deutlichen Kölbchen besetzt sind. Die Stieichen sind farblos, die Kölbchen grau pigmentirt (Fig. 21). Viel- leicht haben wir es hier mit einem Tastapparat zu thun? Ich gehe nun zu einer kurzen physiologischen Betrachtung über. Prateau! versuchte die Kraft zu schätzen, mit der sich die männ- lichen Dytieiden an die weiblichen festsaugen, und stellte sich daher die Frage: wie groß ist das Minimalgewicht, welches ein festhaftendes Männchen von seiner Unterlage losreißt? Die Antwort auf diese Frage verschaffte er sich auf folgende Weise. Einige frisch (mit Äther) getödtete Dyticiden presste er an ein etwas 11 c.p. 208—210. 496 Georg Simmermacher, gewölbtes Glas (um die Wölbung des Rückens des Weibchens zu er- setzen) und brachte den Käfer so zum Haften. Vorher hatte er durch das Abdomen des getödteten Käfers einen Faden gezogen, und an dessen Ende einen leichten Karton befestigt. Den ganzen Apparat brachte er in Wasser und legte so lange nach und nach Steinchen auf das Karton- blättchen, bis der Käfer vom Cylinder losriss. Aus dem Gewicht sowohl des Käfers allein, als des Käfers, Fadens und der aufgelegten Steinchen zusammen kam er zu folgenden Resul- taten. : Ein Acilius sulcatus von 0,370 g Gewicht fällt ab vom Glas bei einer Belastung von 6,452 » Die Saugnäpfe hatten also getragen 6,822 g Ein anderes Exemplar derselben Species von 0,400 g fiel ab bei einer Belastung von 5,350 » Die Saugnäpfe hatten also getragen 5,750 g Ein Acilius canaliculatus von 0,250 g fiel ab bei einer Belastung von 3,745 » Die Saugnäpfe hatten also getragen 3,995 g Ein Dyticus marginalis von 2,170 g fiel ab bei einer Belastung von 26,650 » Die Saugnäpfe hatten also getragen 28,820 g Ein Dyticus transversalis von 0,190 g fiel ab bei einem Gewicht von 2,240 » Die Saugnäpfe hatten also getragen 2,400 g Man kann aus diesen Versuchen berechnen, dass bei den zwei Arten von Acilius durchschnittlich das A5fache Gewicht des Käfers selbst zur Überwindung der Kraft nöthig war, mit der er sich ansaugen kann und bei Dyticus das 12- bis A3fache. (Die Division des Gesammtgewichts von Käfer, Faden, Karton und Steinchen durch das Gewicht des Käfers giebt das gewünschte Resultat.) Es ergiebt sich für: Acilius sulcatus 1. Versuch 1T,A3 eikke] 18.36 2. Versuch 13,30/ 115 13. Aciius canalleulatus2 23... .... 14,90) Dyticus mareinalis .. m. 22.2 202 ..% Ir cort® ih Dytieus transversais 0... .....: 411,60) 25 Ich will hier darauf hinweisen, dass in ganz ähnlicher Weise durch von Wırrich die Kraft bestimmt wurde, mit der sich der Laubfrosch Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 497 (Hyla arborea) mit Hilfe seiner Haftzehen an glatten Flächen festzuhalten vermag. Ich werde diesen Punkt im zweiten Theil meiner Arbeit noch- mals zu berühren haben. Die von Hrpworra gelegentlich geäußerte Ansicht über die Kraft der Saugnäpfe der Dyticiden will ich hier nur erwähnen. Dieselbe zu kritisiren ist wohl nicht nöthig. » The Dytiscus when under water is able to hold himself so firmly on glass as to require the weight of many pounds to overcome the power with which he is attached I.« Die eingehendere Beschäftigung mit den Dyticiden erweckte nun auch in mir die Frage nach der Bedeutung der Furchen auf den Flügel- decken vieler weiblichen Schwimmkäfer. Die allgemeine auch in der Litteratur noch festgehaltene Ansicht geht dahin, diese Furchen erleichterten den Männchen das Festhalten - der Weibchen bei der Begattung und seien demnach ein Ergebnis ge- schlechtlicher Zuchtwahl. Darwın z. B. sagt, » dass die Weibchen man- cher Wasserkäfer (Dytiscus) ihre Flügeldecken tief gefurcht haben und bei Acilius sulcatus dicht mit Haaren besetzt sind, als Halt für die Männ- chen %. Meiner Ansicht nach mussten jedoch diese Furchen für das Fest- halten des Männchens auf dem Rücken des Weibchens eher hinderlich wie günstig sein, da die seither beschriebenen Saugnäpfe am Fuße des Männchens zum Haften einer glatten und keiner gerieften Unterlage be- dürfen. — Beim Durchsehen der einschlägigen Litteratur fand ich denn auch, dass über diesen Gegenstand schon experimentelle, biologische und geographische Untersuchungen gemacht worden waren. Ich will die Ergebnisse dieser Untersuchungen in Folgendem in aller Kürze wiedergeben und zum Schluss die Ansicht, welche ich mir auf Grund dieser verschiedenen feststehenden Thatsachen gebildet habe, aussprechen. In der schon angeführten Abhandlung PıArzau’s über die Kraft der Saugnäpfe bespricht er auch die Furchen auf den Flügeldecken der weiblichen Dyticiden und sagt in der Hauptsache Folgendes>: a) Seine Ansicht, die Furchen auf den Flügeldecken seien wegen der durch sie bewirkten Unebenheiten dem Anhaften nur hinderlich, findet er dadurch bestätigt, dass er Saugnäpfe getödteter Schwimmkäfer statt auf gewöhnliches Glas auf maites, also rauheres Glas (» verre depoli«) oder auf rauhes Papier (»papier mouille«) presste. Die kleinen Unebenheiten dieser Unterlagen reichten hin ein Haften zu verhindern. b) Bei den Arten, bei welchen die Weibchen gewöhnlich gefurcht 1 Quarterly Journal of Microscopical Science III. 41855. p. 312. 2 Darwın, Abstammung des Menschen etc. I. p. 343. Stuttgart. 1882. ar enp; Sam! 498 Georg Simmermacher, sind, giebt es öfter auch solche mit glatten Flügeldecken, und auf diesen vermögen sich nach seinen eigenen Beobachtungen, wie nach denen von PREUDHOMME DE BoRRE und M. van Vexum die Männchen eben so gut fest- zuhalten wie auf den mit gefurchten Flügeldecken. c) Er setzte in einem Aquarium Männchen mit beiderlei Weibchen, gefurchten und glatten, zusammen und konnte keine Bevorzugung der gefurchten Weibchen gegenüber den glatten von Seiten der Männchen beobachten. d) Bei genauerer Beobachtung fand Prarzau, dass die verbreiterten Füße auch gar nicht auf gefurchte, sondern im Gegentheil auf glatte Flächen des Körpers der Weibchen aufgesetzt werden. Das erste Fuß- paar nämlich auf den glatten Thorax, das zweite auf die schmalen aber glatten Seitenränder der Flügeldecken, in der Gegend des dritten Ab- dominalsegments. Ich will hier einschalten, dass mit diesen Ansatzstellen jedenfalls auch die verschiedene Art der Verbreiterung selbst, welche die Füße bei vielen Gattungen erfahren haben, zusammenhängt. Am ersten Gliedmaßenpaar wurden die auf dem Thorax aufsitzenden Tarsen, wel- chen eine verhältnismäßig große glatte Fläche zur Verfügung stand, viel breiter als am mittleren Beinpaar. Dessen Tarsen hatten nur einen schmalen Raum zum Ansetzen, sie dehnten sich daher mehr in die Länge als in die Breite. e) Prarzav tritt endlich der Ansicht entgegen, die glatten Exemplare ohne verbreiterte Tarsen seien geschlechtslose Thiere, und giebt an, bei denselben wohl entwickelte Geschlechtsorgane gefunden zu haben. f) Die Furchen hält Prarzau doch für eine Zweckmäßigkeitseinrich- tung und nimmt an, ihre Aufgabe sei, den Männchen zu erleichtern auf den Rücken der Weibchen zu gelangen. »Ce röle consiste a faciliter au mäle l’action de grimper sur le dos de l’individu de l’autre sexe.« Nach einem kurzen Referat im zoologischen Jahresbericht! kam Camerano? durch seine Untersuchungen über denselben Gegenstand zu dem Resultat — die Furchen haben für die Begattung gar keine Bedeu- tung. — Für seine Ansicht führt er folgende Gründe an: a) Die glatten Weibchen sind nicht etwa geschlechtlich verkümmert, sondern haben reife Eier. b) Die Furchung ist nicht konstant, sondern nimmt ab je südlicher wir kommen. — Ich will hier gleich einschalten, dass auch nach den Untersuchungen von PREUDHOWME DE BoRRE das vorherrschende Auftreten 1 Zoologischer Jahresbericht für 1880. II. p. 444. Leipzig. 4884. 2 L. CAMERANO, Ricerche intorno alle solcature delle elitre dei Ditiscidi comme carattere sessuale secundario. In: AttiR. Accad. Torino. vol. XV. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten, 499 gefurchter oder glatter Weibchen verschieden ist!, und dass REDTEN- BACHER ? in seiner Diagnose für Dyt. marginalis angiebt: »Um Wien sehr häufig und die glatten Weibchen eben so häufig wie die gefurchten.« c) Es finden sich auch gefurchte Männchen in kalten und nahrungs- armen Gewässern, »und zwar gilt dies nicht nur für die Arten im Ganzen, sondern für die Individuen ein und derselben Art«. Aus diesen Punkten zieht Camerano den Schluss, die gefurchten Weibchen seien phylogenetisch älter als die glatten. Zur klareren Übersicht des Verhältnisses zwischen Weibchen mit glatten und gefurchten Flügeldecken lasse ich eine Zusammenstellung der diesbezüglichen Bemerkungen folgen, wie sie in den von REDTEN- BACHER und KarscH ® gegebenen Diagnosen für die Gattungen und Arten der Dyticiden enthalten sind. — (Die vorgesetzten Buchstaben R und K bedeuten REDTENBACHER und Karsch.) Für die Gattungen gilt Folgendes: R 4) Acilius. »Flügeldecken mit vier breiten behaarten Furchen.« R 2) Dyticus. »Flügeldecken der Weibchen meist gefurcht.« K 3) Colymbetes. »Flügeldecken der Weibchen meist nicht längs- gefurcht.« Bei Cybister sind, so weit ich an C. Roeselii und an Sammlungs- exemplaren exotischer Formen sehen konnte, die Weibchen glatt. Für die einzelnen Species der Gattung Dyticus entnehme ich REDTENBACHER folgende Notizen : a) Dyt. latissimus. »Flügeldecken der Weibchen mit tiefen Furchen.« b) Dyt. punctulatus. »Flügeldecken der Weibchen weit über die Hälfte gefurcht.« ce) Dyt. dimidiatus. »Flügeldecken der Weibchen bloß etwas über die Hälfte gefurcht.« d) Dyt. marginalis. »Flügeldecken der Weibchen gefurcht oder glatt.« e) Dyt. circumcinctus. »Flügeldecken der Weibchen gewöhnlich einfach, selten gefurcht.« f) Dyt. circumflexus. »Flügeldecken der Weibchen nicht ge- furcht.« 1 Archiv für Naturgeschichte. 4870. Bd. XXXVI, 2. p. 69. 2 REDTENBACHER, 1. c. p. 99. Auf diesen Gegenstand bezügliche Notizen finden sich noch in: Archiv für Naturgeschichte. 1866. p. 323. — Stettiner Entom. Zeit- schrift. 4865. p. 365. — Entom. Tidskrift. 4880. I. p. 166—167. R. SAHLBERG, Sur le dimorphisme de la sculpture des Dytiscides. 3 KarschH, Die Insektenwelt. 2. Aufl. Leipzig. 1883. 500 Georg Simmermacher, - Ich habe diese Angaben durch nachfolgendes Schema zu veran- schaulichen gesucht. Hauptzweck desselben ist das Abnehmen der Furchen sowohl innerhalb der drei Gattungen, Acilius, Dyticus, Colym- betes, als besonders inner- halb der verschiedenen Arten der Gattung Dyticus zu ver- anschaulichen. Einer weite- ren Erklärung wird es wohl nicht bedürfen. In dem Schema stellt 1. Gattung Acilius, 2 » Dyticus, 3 » CGolymbetes, k. Dyticus latissimus, 5. >» . punetulatus, 6 7 8 9 » dimidiatus, » marginalis, » eircumeinctus, » circumflexus. Bringe ich nun die bis jetzt angestellten Betrachtun- gen in Zusammenhang mit der Ansicht TaAscHENBERG'S, » die Schwimmkäfer, um wel- che es sich zunächst handelt, sind für das Wasserleben um- gewandelte Laufkäfer«!, so komme ich zu dem Schluss, dass wir die Furchen nicht für Zweckmöäßigkeitseinrich- tungen anzusehen haben, sondern als noch gegenwärtig im Schwinden begriffene Ru- dimente der bei den Garabi- den beiden Geschlechtern zu- kommenden Furchen auf den Flügeldecken. — Ich glaube, dass diese Ansicht besonders bekräftigt wird durch die von CamErano festgestellte und von mir weiter vorn i Breum’s Thierleben. Abth, Insekten von E. L. TASCHENBERG. p. 43, Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 501 angeführte Thatsache, dass man zuweilen auch gefurchte Männchen findet, die Furchen also als Rückschlagsform auftreten können. Kurz nach dem Niederschreiben der hier entwickelten Meinung fand ich dieselbe Ansicht in der schon weiter vorn citirten Abhandlung W. von Reıcuenau’s ausgesprochen. Da ich derselben jedoch nicht in allen Theilen beistimmen kann, halte ich es für am besten, die betreffende Stelle im Wortlaut folgen zu lassen. v. Reıcnenau sagt!: » Wie nämlich ' der ganze Typus zeigt, insbesondere aber Mundtheile und Fühler lehren, . sind die Schwimmkäfer dem Wasserleben angepasste Laufkäfer. Als solche haben sie, wie von KıiESENWETTER gezeigt hat, weiblicherseits die ' Furchen der Flügeldecken als ein zum Behuf des Anklammerns der Männchen passendes Erbstück in der Regel beibehalten, während, wie | wir hinzufügen, männlicherseits die rauhhaarigen Tarsalglieder vieler Laufkäfer als nützlich zu demselben Zweck weiter entwickelt wurden. ' Dass die Leisten und Furchen auf den Flügeldecken von den Männchen - verloren wurden, bezüglich nur noch einige Rudimente, Nähte, davon ‚ übrig blieben, erklärt sich aus der Thatsache, dass sie beim Schwim- men nur hinderlich sein müssen, also nur da erhalten bleiben konnten, wo sie aus einem anderen Grund, der Erhaltung der Art, wichtig wur- den.« — v. ReicHznau erklärt sich also das Erhaltenbleiben der Furchen ‚ auf den weiblichen Flügeldecken durch Zweckmäßigkeitsgründe. Ich muss bemerken, dass ich mit dieser Auffassung nicht übereinstimme, nach einer anderen Erklärung suchte und auch eine solche gefunden zu haben glaube. PrArteau schreibt allerdings den Furchen, wie schon bemerkt, auch den Zweck zu, den Männchen zu erleichtern auf den Rücken der Weib- chen zu »klettern «. — »Les sillons des elytres des femelles ont certaine- ment leur petit röle dans l’economie de la nature et si mes observations sont exactes, ce röle consiste ä faciliter au mäle l’action de grimper sur | le dos de l’individu de l’autre sexe ?.« | Mit dieser Ansicht stehen aber zwei Dinge in Widerspruch. Erstens die von PrArEAu selbst angeführte Thatsache, dass in einem Aquarium, ‚ in welchem er Männchen zu Weibchen von beiderlei Form brachte, er | keine Bevorzugung der gefurchten Exemplare gegenüber den glatten - beobachten konnte. »Lorsqu’on place dans le m&me aquarium un mäle ’ et des femelles de Dytiscus, les unes lisses, les autres sillonees, on ne ' voit nullement le mäle t&moigner de preference pour ces dernieres ?.« ‚ Zweitens die weiter vorn angeführte Thatsache, dass bei einzelnen Arten der Gattung Dyticus die Furchen bei den won höchst un- Fe 120. p, 175: 1.6: 9.910. Belkcc. P7212. 502 i Georg Simmermacher, regelmäßig auftreten (marginalis, »gefurcht oder glatt«, circumeinctus, »gewöhnlich einfach, selten gefurcht«) und bei einer Species, circum- flexus, ganz verschwunden sind. Ich glaube wohl mit von Reichenau, dass die Furchen auf den Flügeldecken der Männchen aus Zweckmäßigkeitsgründen, also durch Zuchtwahl und Vererbung nach und nach verschwunden sind, kann dagegen nicht wie von REICHEnAU annehmen, dass sie sich bei den Weib- chen umgekehrt aus Zweckmäßigkeitsgründen sollten erhalten haben. — Aus dem von mir aufgestellten Schema glaube ich, wie schon erwähnt, ableiten zu können, dass die Furchen zur Zeit noch im Verschwinden begriffen sind. Dass die Männchen den Weibchen also in der Verwandlung voraus- eilten, hat meiner Ansicht nach seinen Grund in einer dem weiblichen Geschlecht allgemein zukommenden konservativen Tendenz, oder wie sich Eimer umgekehrt ausdrückt, in dem »Gesetz der männlichen Prä- ponderanz«. Eimer bedient sich dieses Ausdruckes in einer Abhandlung über die Zeichnung der Thiere und sagt: »Ferner wies ich darauf hin, dass überall das weibliche Geschlecht in der Regel jugendlichere Zeichnungsarten beibehält, dass es also lange auf einer tieferen Stufe der Entwicklung stehen bleibt als das männ- liche, und dass umgekehrt das Männchen es ist, welches je- weils den neuen Fortschrittin der Umbildung zuerstan- nimmt, um denselben allmählich auf das ganze Geschlecht zu vererben und zu übertragen, diesemgewissermaßen aufzupfropfen. Ich bezeichne dies Gesetz als das der männlichen Präponderanz!.« Eimer sagt dies in Beziehung auf Reptilien und Vögel. Für Säugethiere hat er »aus Mangel an Material nicht in demselben Maße wie dort zahlreiche lautredende Thatsachen auffinden können, aber immerhin einzelne, die auch für sie die Kraft jenes Gesetzes erweisen dürften «. Wir sind jedenfalls berechtigt dieses Gesetz, welches Eımzr für Säuge- thiere, Vögel und Reptilien aufstellt, auch auf die Insekten auszudehnen. In ganz demselben Sinne haben sich indessen auch schon WALLAcE und Darwın ausgesprochen. Erster sagt: »Die Thatsache, dass die zwei Geschlechter einer Art sehr beträchtlich differiren, ist so gewöhnlich, dass sie nur wenig Aufmerksamkeit erregte, bis Darwın gezeigt hat, wie sie in vielen Fällen durch das Princip der geschlechtlichen Zucht- wahl erklärt werden könne. Es kämpfen z. B. bei den meisten 1 Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Würtemberg. 1883. p.57. EIMER, »Über die Zeichnung der Vögel und Säugethiere.« in: Zoolog. Anzeiger. 5. Jahrg. Nr. 428; 6. Jahrg. Nr. 456; 7. Jahrg. Nr. 4157—159. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 503 polygamischen Thieren die Männchen um den Besitz der Weibchen. Die Sieger vererben, indem sie stets die Erneuerer der folgenden Generation werden, ihren männlichen Nachkommen ihre eigene überlegene Größe, ihre Kraft, ihre eigenthümlich entwickelten Angriffswaffen 1.« In unserem Fall handelt es sich nun nicht um einen durch Erwer- bung, sondern durch Schwinden eines Körpertheils erlangten Vortheil, doch hat desshalb das oben Gesagte nicht weniger Gültigkeit. Bei Darwın habe ich ein weiteres Beispiel gefunden, welches mir zu zeigen scheint, dass nicht nur bei den Dyticiden, sondern auch bei anderen Insekten eine Umwandlung im Bau bei den Männchen schneller durchgeführt war als bei den Weibchen. Es betrifft dies die Lepidop- teren. Darwın sagt: » Außerdem ist der Grad, bis zu welchem das Organ rudimentär geworden, in nahe verwandten Arten zuweilen sehr ver- schieden. Für diesen letzteren Fall liefert der Zustand der Flügel bei einigen zu der nämlichen Familie gehörigen weiblichen Nacht- schmetterlingen ein gutes Beispiel ?.« Auch hier scheint sich ein bei den Männchen bereits verschwun- denes Organ bei den Weibchen noch mehr oder weniger erhalten zu haben. Nach alle Diesem halte ich also die Ansicht aufrecht. Die Furchen auf den Flügeldecken der weiblichen Dyticiden haben für die Begattung gar keine Bedeutung, haben sich also nicht aus Zweckmäßigkeitsgründen erhalten, sondern nur in Folge der geringeren Umwandlungsfähigkeit der Weibchen, und sind noch zur Zeit im Verschwinden be- griffen. Erst nach dem Abschlusse meiner Arbeit hatte ich Gelegenheit die 1881 erschienene Monographie der Dyticiden von Suarp? zu vergleichen. Auch Suarp lässt die Furchen auf den Flügeldecken vieler weiblichen Dytieiden nicht durch geschlechtliche Zuchtwahl entstehen, weil sie bei einer Reihe von Arten rudimentär sind, oder ganz fehlen. Speciell in Bezug auf die Gattung Copelatus kommt er dann zum Schluss, dass diese Furchen, auf welche Weise sie auch entstanden sein mögen, anfänglich bei den Weibchen mehr zum Ausdruck gekommen seien, wie bei den Männchen, dass sie aber im Lauf der Zeit wieder theilweise 1 WALLACE, Beiträge zur Theorie der natürlichen Zuchtwahl. p. 477. 2 Darwın, Entstehung der Arten. »Sekundäre Geschlechtscharaktere sind ver- änderlich.« p. 180. 3 On Aquatic Carnivorous Coleoptera or Dytiscidae by Davıp Suarp M.B. in: The Scientific Transactions of the Royal Dublin Society. Vol. II. (Series II.) 41880— 1882. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL. Bd. 34 504 Georg Simmermacher, verschwunden seien und jetzt noch gewissermaßen das Bestreben hätten völligzu verschwinden. Er sägt p. 201 bis 202: »It seems impossible to believe that the development of this beautiful sculpture can have been determined by the action of natural selection ; preserving those individuals of a species in which it was more developed than in others, ...... We are entitled to believe then {hat whatever the influences may be that have brought about in Copelatus this peculiar sculpture, they are influences which have acted at first more strongly on the female than on the male, but that continued during a long period such disparity has disappeared or tends to disappear.« Die Resultate meiner Untersuchungen stimmen also wenigstens in so fern mit der Ansicht Suare's, als auch er sich die Furchen bei den weiblichen Dytieiden nicht durch Zuchtwahl entstanden denkt und ein allmähliches, zur Zeit noch im Gang befindliches Schwinden derselben annimmt. — Im weiteren Verlauf seiner Abhandlung macht denn Snarr noch auf einige interessante Beziehungen zwischen den beiden Familien der Dyticiden und Carabiden aufmerksam. Zunächst betont er wieder- holt die Gleichheit im Bau der Flügel resp. im Bau der Adern der Flügel. Er sagt p. 245: »The wings of the Dytiscidae in their neuration vary very little and are extremely similar to those of the Garabidae and Cicin- delidae.,.;= 8 + but it certainly is a remarkable fact that iheir wings should be so similar to those of the CGarabidae and Cieindelidae« etc. p. 257 betont er denn auch die Übereinstimmung im Bauplan der Hinter- heine der Garabiden und Dyticiden: »Although the swimming legs of the Dytiscidae in the higher forms are so remarkable and characteristic, yet there is not one of their many pecularities sufficiently constant to serve as a character by which the family may be distinguished from the Carabidae.« Einen ganz ähnlichen Dimorphismus wie bei den Dyticiden fand ich hei der schon mehrfach erwähnten Familie der Garabiden (Laufkäfer). i / EN B. Familie Carabidae. Bei weitaus den meisten Gattungen sind die Vorderfüße des Männ- chens etwas verbreitert und an ihrer Unterseite mit für das bloße Auge \ oft eine braune Decke bildenden Chitinröhrchen besetzt. Die Breite der erweiterten Tarsen schwankt zwar in gewissen Grenzen, erreicht aber 4 nie die Dimensionen und auffallende Form mehrerer Dyticiden. Gewöhn- a lich sind, wie bei diesen, drei Glieder, in mehreren Fällen aber auch zwei und vier Glieder verbreitert und mit Chitinröhrchen besetzt. Die bei den Dyticiden häufige Erscheinung, dass auch Tarsalglieder des (| Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 505 zweiten Beinpaares verbreitert sind, findet sich bei den Carabiden viel seltener. In wenigen Fällen fehlt hier wie dort die Verbreiterung ganz. Was TAscHEnBERG! in Bezug auf den allgemeinen Habitus der Dyti- eiden und Carabiden sagt, erstreckt sich bis auf die die erweiterten männlichen Tarsen bedeckenden Chitingebilde. — »Die Schwimmkäfer, um welche es sich zunächst handelt, sind für das Wasserleben umge- schaffene Laufkäfer, da aber dieses weniger Abwechslung bietet, wie das in der freien Luft, so finden wir auch bei Weitem nicht den Wechsel von vorher.« — Während wir nämlich bei den Haftapparaten der Dyti- ciden nur zwei wesentlich verschiedene Formen finden (echte, runde Saugnäpfchen bei Dyticus, und langgestreckte Formen, die ich als Saug- platten bezeichnete, bei Gybister), zwei Formen, die sich aber auf den ersten Blick auf einen gemeinsamen Typus zurückführen lassen, fand ich, obgleich ich nicht einmal alle Garabusgattungen untersuchte, vier ganz verschiedene Typen von Chitinröhren, welche sich in wesentlichen Punkten von einander unterscheiden, zwischen welchen aber Über- gangsformen nicht fehlen. Wenn ich bei den Dyticiden bezüglich der Haftapparate sagte, Zahl, Anordnung, Vertheilung auf die beiden Fußpaare und einzelnen Tarsen ist für die Arten innerhalb einer Gattung konstant, für die einzelnen - Gattungen aber, wenn auch um Weniges, von einander verschieden, so gilt der erste Theil des Gesagten, die Konstanz der Arten innerhalb einer Gattung, auch für die Carabiden, nicht aber die zweite. Während zwar die einzelnen Chitinröhrchen eine größere Mannigfaltigkeit in Be- zug auf die Form zeigen, gilt dies nicht für die Gesammteinrichtung der Tarsen. Jeder der vier Typen von Röhrchen findet sich nämlich (gerade wie bei den Dyticiden) nicht nur bei einer einzigen, sondern bei mehre- ren Gattungen der Carabiden. Die bei den Dyticiden eine Mannigfaltig- keitin der Gesammteinrichtung der Tarsen herbeiführenden Verschieden- heiten fallen aber weg. Die Form der Verbreiterung ist stets dieselbe, die einzelnen Tarsen sind nur etwas nach beiden Seiten der Längsachse des Fußes ausgedehnt, bilden aber nie zusammen ein Schälchen, wie bei | den Dytieiden; dadurch fällt ein Unterschied im Habitus für das erste und zweite Fußpaar von selbst aus. Die einzelnen Glieder der Tarsen selbst haben freilich je nach gewissen Gruppen von Gattungen eine ver- schiedene Form, viereckig abgerundet, dreieckig, herzförmig, doch wird dadurch der Gesammthabitus des Fußes kaum beeinträchtigt. Die Röhr- chen auf einem Fuß sind ferner stets völlig, oder doch fast gleich in 1 TASCHENBERG, |. C. p. 43, 34% 506 Georg Simmermacher, Bezug, auf Form und Größe. Die bei den Dyticiden oft auftretende Erscheinung, dass sich die Näpfchen eines Fußes oder gar eines Gliedes durch Form der Stielchen, Größe, Befransung etc. unterscheiden, ist somit ebenfalls ausgeschlossen. — In den wenigen Fällen, in denen die ersten zwei Fußpaare verbreitert sind, stimmen dieselben, so weit meine’ Untersuchungen reichen, in jeder Beziehung unter einander überein. In Bezug auf die Stellung der einzelnen Chitinröhrchen auf den er- weiterten Gliedern haben wir zwei Arten der Anordnung zu unter- scheiden. Die Röhrchen bedecken entweder, wie es bei den Dyticiden meist der Fall ist, den Fuß in Quincunxstellung (z. B. Gattung Cara- bus, Fig. 22), oder sie sind in zwei divergirenden Reihen angeordnet (z. B. Feronia, Fig. 23, 24). Übrigens lässt sich diese symmetrische An- ordnung sehr einfach von der Quincunxstellung herleiten. Erstere ent- steht aus der letzteren, einfach durch Verschwinden einer Reihe von Mittelgliedern, und es fehlt thatsächlich nicht an Übergangsformen zwi- schen der Anordnung in Quincunxstellung und in zwei symmetrischen Reihen. — Folgendes kleine Schema, welches vier thatsächlich bei verschiedenen Carabidengattungen vorkommende Stellungen illustrirt, möge dies veranschaulichen. 1 2 3lay 4 Carabus Nebria Badisier Feronia Schematische Darstellung des Überganges der Quincunxstellung in zwei divergirende symmetrische Reihen. Ähnliche Verhältnisse finden wir bei den Dyticiden beim Vergleich der Anordnung der Saugnäpfe z. B. bei Dyticus (vollkommen quincunx) mit Hydaticus (symmetrisch, wenn auch nicht in zwei völlig getrennten Reihen). Die den erwähnten vier Typen angehörigen, in verschiedener Weise modificirten Chitinröhrchen haben wir alle als Saugapparate anzusehen, wenn dieselben auch mit Ausnahme der wirklichen Saugnäpfchen, welche sich bei einzelnen Garabidengattungen eben so gut finden wie bei den Dyticiden, und in einem Fall sogar denen der Gattung Dyticus. selbst gleich sind, nicht so vollkommen wirken wie 'die Saugnäpfe der Schwimmkäfer. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 507 Dennoch ist der morphologische und physiologische Zusammenhang zwischen den betreffenden Chitingebilden der Dyticiden und Carabiden nicht zu verkennen, und die aufgestellte Ansicht von der nahen Ver- wandtschaft beider Familien gewinnt durch die Untersuchung der Tar- salglieder an Wahrscheinlichkeit. Auf eine diesbezügliche Äußerung Turren West’s und besonders auf die Ansicht von ReıcHenau’s werde ich später zurückkommen. Zwei Formen der Chitinröhrchen der Garabiden von Carabus, so wie von Harpalus wurden schon von Turren West abgebildet!, wenn auch erstere nicht in ganz genügender Weise, weil Turren West den ganzen Fuß von Carabus, nicht isolirte Röhrchen, und diesen nur mit schwacher Vergrößerung (150) zeichnete, so dass er den charakteristi- schen und für die Funktion des Röhrchens wichtigen Spiralfaden bei Carabus nicht kennen lernte. Im Gegensatz zu Dewirz sah Turren West die Röhrchen der Garabiden ganz richtig als Saugvorrichtungen an. Die Ansicht, welche Dewirz über die Chitinröhrchen an den Tarsen der Carabiden ausgesprochen hat, ist irrig. Sie entstand auch nicht aus eigener Untersuchung der betreffenden Gebilde, sondern nur aus An- schauung der Dewırz bekannten beiden Abbildungen Turren Wesr's, und dem Wunsch, seine Theorie, dass fast alles Haften (einerlei ob zur Be- gattung oder zum Klettern) durch ein klebriges Sekret bewirkt würde, zu bekräftigen. Dewirz sagt wörtlich?: »In der Gattung Garabus sind die Tarsen haarlos ; die Vordertarsen der Männchen jedoch, wie bei den kletternden Käfern mit Bürsten besetzt, deren Härchen dieselbe Gestalt wie bei den kletternden Thieren besitzen. Auch hier scheint es mir zweifellos zu sein, dass aus diesen Härchen ein klebriger Schleim her- vorquillt, welcher dazu dient, bei der Begattung die Vordertarsen am Weibchen zu befestigen.« Es geht aus diesen Worten hervor, dass Dewırz weder die »Härchen« der Carabiden noch die der kletternden Käfer (womit jedenfalls Chryso- meliden, Coccinelliden etc. gemeint sind) kannte, sonst hätte er die- selben nicht als gleich bezeichnen können. Ich will dazu gleich hier bemerken, dass sich, abgesehen von Verschiedenbeiten in der Größe und Form der Röhrchen, Drüsen, welche zur Absonderung eines »kleb- rigen Schleimes« nöthig wären, und welche sich bei kletternden Insek- ten finden, und auch Dewırz durch die Untersuchungen Leynig’s, »Über 1 Transactions of the Linnean Society London. 4860—41862. XXIU. 43. Taf. XLII, XLIII. Turren West, The foot of the fly elucitated by onparson with the foot of other insects. p. 393. 2 Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde. Berlin 4882. Dewirz, Weitere Mittheilung über den Kletterapparat der Insekten. p. 441. 508 Georg Simmermacher, die Hautdrüsen der Insekten«, wenigstens bei Telephorus bekannt waren, bei den Garabiden durchaus nicht finden, sondern die innere Anatomie des Carabidenfußes vollständig der des Dyticidenfußes ent- spricht. — Nachdem ich nun die Verhältnisse im Allgemeinen ‘und, was mir besonders wichtig schien, unter stetigem Hinweis auf die ähnlichen Ver- hältnisse bei den Dyticiden besprochen habe, willich die von mir unter- suchten Gattungen morphologisch-systematisch beschreiben. Ich halte es für am zweckmäßigsten dabei so zu verfahren, dass ich von den bereits von mir erwähnten vier Typen von Saugröhrchen und den dazwischen liegenden Übergangsformen, unter im Auge Behalten eines bestimmten Repräsentanten, eine kurze, aber ausreichende Be- schreibung gebe, um nachher bei den einzelnen Gattungen nur an- führen zu müssen, zu welchem Typus sie gehören, wobei allenfalsige besondere Verhältnisse noch erwähnt werden können. Zum Vertreter des ersten Typus wähle ich die Gattung Carabus (Fig. 22 a, b). Die Röhrchen bedecken die innere Seite der erweiterten Tarsal- glieder vollständig und überragen dessen Rand nur wenig. Letzterer ist mit kurzen Borsten besetzt. — Die Röhrchen selbst erweitern sich von ihrem Ursprung bis zur Mündung gleichförmig, aber nur in ge- ringem Maße. Ihr Rand ist nicht gerade abgestutzt, sondern legt sich, wenn auch nur wenig, um. Innerhalb der einzelnen Röhrchen findet sich, und das ist sehr merkwürdig, ein an der Wand wie in einer Trachee hinlaufender Spiralfaden. Derselbe beginnt an der Mündung und geht etwa bis in die Mitte des Röhrchens, wo er nach der letzten Windung in sanft geschwungener Linie verläuft. Der erste, d. h. der der Basis am nächsten befindliche Theil des Röhrchens ist massiver als der letzte Theil, was man deutlich an der Färbung erkennt. Anfänglich ist das Röhrchen schön braun, nach und nach wieder fast glashell. Dem schwächeren, dafür aber auch elastische- ren Theil wird durch den Spiralfaden eine Stütze verliehen, die seine Elasticität noch erhöht. Das Männchen presst beim Aufsetzen seiner Tarsen auf das Weibchen jedenfalls die Röhrchen zusammen und treibt damit die Luft wenigstens theilweise aus. Lässt der Druck etwas nach, so dehnt sich der durch den Spiralfaden elastisch gemachte Theil des Röhrchens wieder aus, es entsteht/ein wenn auch schwach luftverdünn- ter Raum, die umgebende Luft drückt auf den umgelegten Rand, be- festigt dadurch das Röhrchen auf seine Unterlage und der ganze Fuß gewährt dem Männchen in ähnlicher, wenn auch nicht so kräftiger Weise WINE nen an = i = c > z m —— nu a | Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 509 Halt auf dem Weibchen, wie dies bei den Dyticiden der Fall ist. Be- sonders deutlich fand ich den Spiralfaden bei Garabus cancellatus. Die Zahl der Röhrchen berechnete ich bei Garab. granulatus auf jedem Fuß auf 10000, im Ganzen also 20000. Die Länge der Röhrchen beträgt bei allen circa 0,14 mm, der mittlere Durchmesser etwa 0,004 mm, der Durchmesser der Mündung etwa 0,008 mm. Im Gegensatz zu den Röhrchen der übrigen Carabiden- gattungen wird man die der Gattung Garabus am besten als tubenförmig bezeichnen. Als Vertreter des zweiten Typus gelte die Gattung Feronia (Fig. 23 a, b, 24 a, b). Die Röhrchen unterscheiden sich ganz außerordentlich von den vorher beschriebenen; sie sind trichterförmig, oben etwas gebogen. Das Röhrchen ist sehr lang, überragt den Fuß bei Weitem und verleiht dem- selben dadurch unter dem Mikroskop ein äußerst zierliches und elegan- tes Aussehen. Kurz vor seinem Ende erweitert sich das vorher dünne Röhrchen plötzlich ganz außerordentlich in Form eines Trichters, der aber komprimirt ist, so dass seine Öffnung keinen Kreis, sondern eine Ellipse darstellt (diese Form ist die natürliche und nicht die Folge des Druckes durch das Deckgläschen). Der Rand ist bei einigen Gattungen eben so wie bei Carabus umgelegt, aber breiter (Feronia, Fig. 23 «a, b) bei anderen Gattungen glatt abgeschnitten (Harpalus, Badister, Fig. 24 a, b). Eine Stütze gewährt dem Röhrchen nur seine eigene, anfänglich be- ; deutendere Stärke. Es ist, wie alle ähnlichen Chitinbildungen, anfäng- lich stark und schön braun, und wird allmählich dünnwandiger und farblos. Durch Andrücken und Nachlassen kann jedenfalls auch durch diesen Apparat ein Ansaugen bewirkt werden. Die eigenthümlichen ‚ Röhrchen bedecken nicht den ganzen Fuß, sondern stehen auf jedem Glied in zwei hinter einander divergirenden Längsreihen. Die Länge ‚ der Röhrchen und Weite der Mündung ist schwankend. Länge der Röhrchen bei Feronia 0,16 mm Weite der Mündung 0,05 » Randborsten sind vorhanden. — Der dritte Typus der Röhrchen sei vertreten durch die Gattung Loricera (Fig. 28). ' Die Ghitinbildungen, welche den ganzen Fuß bedecken, bilden ge- wissermaßen ein Übergangsglied von den Saugröhrchen zu den echten Saugnäpfehen. Es sind lange Röhrchen, welche sich an ihrem Ende 510 Georg Simmermacher, plötzlich zu einem kleinen runden Kelch erweitern. Im Übrigen zeigen sie keine besonderen Eigenschaften. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich diese Röhrchen als Übergangsformen zu den eigentlichen Saugnäpfchen hinstelle, denn letzteres ist entstanden, sobald man sich den Theil unterhalb der plötz- lichen Erweiterung etwas eingeschnürt und dadurch den vorher mit dieser Erweiterung in Verbindung stehenden Kanal geschlossen denkt. Die Röhrchen sind lang, ragen über den Fußrand hinaus, sind in Quincunxstellung angeordnet. An jedem Tarsalglied befinden sich einige wenige, verhältnismäßig große Randborsten. Als vierten Typus betrachte ich die zu wirklichen Saugnäpfen ent- wickelten Chitinröhrchen. Dabei sind aber zwei Unterabtheilungen aus einander zu halten. Erstere sind lang- und dünngestielte Saugnäpfe, wie wir solchen auch schon bei den Dyticiden begegneten (z. B. Eunec- tes, Fig. 13). Einen mit solchen Saugnäpfchen ausgestatteten Fuß haben die Arten der Gattung Chlaenius (Fig. 29). Die Röhrchen bedecken den ganzen Fuß in Quincunxstellung, stehen in Folge ihrer Länge weit über den Rand hinaus; letzterer ist mit Rand- borsten besetzt. Für die zweite Untergruppe kann ich nur eine Gattung mit einer Art anführen. Die Gattung Oodes (Fig. 30). Der Saugnapf bei den Laufkäfern hat bei Oodes (helopioides) seine vollste Entwicklung erreicht und gleicht fast völlig denen der Gattung Dyticus, bei welchen jedenfalls die Umwandiung gewöhnlicher Füße in Saugfüße im höchsten Grade durchgeführt ist. — Gewissermaßen eine Übergangsform von den anscheinend so ge- trennten beiden Formen der CGarabus- und Feroniaröhrchen fand ich in den Röhrchen der Gattungen Nebria und Anisodactylus. Nebria steht in Bezug auf die Form der Röhrchen der Gattung Cara- bus nahe, doch sind die Röhrchen länger, die Mündung weiter — der Spiralfaden fehlt. — Die Stellung der Röhrchen ist die gleiche wie bei Carabus. Bei Anisodactylus stehen die den Rand weit überragenden Röhrchen denen von Feronia sehr nahe. Die Mündung ist aber weniger weit, da sie sich doch nach der einen Seite an Nebria und damit Carabus anschließen. In Bezug auf die Stellung der Röhrchen nähert sich der ganze Fuß dem der Gattung Feronia dadurch, dass sie in deutlichen, Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 511 weiter wie bei Carabus entfernten Längsreihen angeordnet sind. Von Feronia weicht aber diese Anordnung wieder ab und nähert sich Cara- bus dadurch, dass die Reihen nicht auf die Zahl 2 beschränkt sind (ich erinnere an das vorn gegebene Schema). Von dem Fuße von Nebria habe ich nur ein Glied gezeichnet (Fig. 26). — Zum Schluss der allgemeinen Betrachtung noch einige Worte über die Einlenkung der Röhrchen. Dieselbe ist die gleiche wie die der ge- stielten Saugnäpfchen bei den Dyticiden. Der Ringwall um die Basis eines jeden einzelnen Röhrchens ist gleichfalls vorhanden und bei denen mit weit von einander entfernt stehenden Röhrchen deutlich sichtbar (Loricera, Badister). Bei der Gattung Carabus ist dieser Wall um die Röhrchen in Folge der außerordentlich dichten Stellung der letzteren am sanzen Fuß nicht mehr sichtbar, dass er aber, wenn auch nur schwach vorhanden, erkennt man auf Querschnitten durch den Carabusfuß, welche dieselben wellenförmig konturirten Formen zeigen wie Schnitte durch den Dyticusfuß. Jedenfalls sind aber die einzelnen Röhrchen nicht so beweglich eingelenkt wie bei den Dyticiden, denn sie stehen stets alle nach derselben Richtung, nie nach verschiedenen, wie es oft bei den Dytieiden zu sehen ist. — Ich gehe nun dazu über die von mir untersuchten 20 Carabiden- gattungen nach den verschiedenen Typen zu ordnen. Dem Garabustypus (Fig. 22 a, b) gehören an die Gattungen: Garabus, Procustes, Galosoma. Bei den drei auch im System nahe stehenden und alle drei durch ihre Größe unter den Carabiden ausgezeichneten Gattungen sind drei oder vier Tarsalglieder erweitert und mit Röhrchen besetzt. — (REDTENBACHER betrachtet, wenn er die Zahl der erweiterten Glieder angiebt, nur deren Form und Größe, nicht aber ob sie behaart sind oder nicht. — Wenn ich in Vorstehendem und Folgendem Glieder als erweitert bezeichne, so meine ich nur solche, die auch Röhrchen etc. tragen.) — Die Form der einzelnen Glieder ist ein abgerundetes Rechteck, dessen Breite 4 mm, Gesarumtlänge der erweiterten Glieder 3 mm. — Die Verbreiterung ist in ‚ ‚allen drei Gattungen auf die Tarsen des ersten Fußpaares beschränkt. Von CGarabus führte REDTENBACHER 33 Species an, ich untersuchte davon sieben Arten (granulatus, cancellatus, auratus, catenulatus, nemo- ‚ ralis, purpureus). — Bei alle diesen vier Glieder erweitert. Die Zahl der Röhrchen fand ich bei Carab. granulatus Aalen 3600 Has eik al 3600 A 1s00g, 9000 x 2 — 20000. 312 Georg Simmermacher, Die Messungen ergaben: Länge der Röhrchen 0,135 mm Mittlerer Durchmesser 0,004 » Durchmesser an der Öffnung 0,08 » Die Gattung Procustes hat nur eine Art: Pr. coriaceus. — Es sind drei Glieder erweitert, sonst gilt dasselbe wie für Carabus. Von den vier Arten der Gattung Calosoma untersuchte ich syco- phanta. Es sind wie bei Garabus vier Glieder erweitert. Sonst stimmt gleichfalls. Alles mit Carabus. — Röhrchen tubenförmig, Spiralfaden, Quin- cunxstellung, Randborsten. Dem zweiten Typus Feronia angehörig fand ich: a) mit umgeschlagenem Rand die Gattungen Feronia, Poecilus, Amara, Bembidium, b) mit glatt abgeschnittenem Rand Selenophorus, Harpalus, Aplinius, Badister. Bei allen sind die einzelnen Glieder herzförmig. Feronia (Fig. 23 a, b), untersucht: lepida, niger, vulgaris, Panzeri ; Breite der erweiterten Glieder !/, mm, größter Durchmesser der trichter- förmigen Erweiterung des Röhrchen 0,05—0,1 mm. Bembidium. Nur zwei Glieder erweitert. Von Poecilus und Amara gilt das Gleiche wie von Feronia. Bei allen vier Gattungen sind nur die Tar- sen des ersten Beinpaares theilweise erweitert. Selenophorus. Vier Glieder vom ersten und zweiten Fußpaar er- weitert. Untersucht: caliquosus (eine nordamerikanische Species). Röhrchen am Ende konkav ausgeschnitten. Harpalus. Untersucht: ruficornis und serripes. Vier Glieder an den beiden ersten Fußpaaren erweitert. Badister. Untersucht: unipustulatus, bipustulatus (Fig. 25). Drei Glieder erweitert und sehr spärlich mit Röhrchen besetzt. — Dieselben sind auf jedem Glied in vier Reihen angeordnet (siehe auch Schema). Zahl; d: 735% .,45,:%0 b..r. .1n8.,207 60. 2: —4120 GN 20 Auf dem ersten erweiterten Glied ist eine ovale Stelle mit kurzen Chitin- dörnchen besetzt. Es erinnert dies sehr an eine ähnliche bei den Dyticiden auch schon erwähnte Erscheinung (bei Hydaticus). — Zum dritten Typus mit wirklichen Saugnäpfchen gehörig fand ich a) mit langgestielten Saugnäpfchen die Gattungen Chlaenius, Licinus. Von den sieben Arten der Gattung Chlaenius untersuchte ich spolia- ® | tus, Schrankii. Die Form der Glieder ist ein abgerundetes Rechteck. Breite der erweiterten Glieder 1/; mm. Gesammtlänge der drei erweiterten Glieder # | 2 mm. Durchmesser der Saugnäpfe 0,043 mm. Nur die vordersten Füße haben erweiterte Tarsen. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 513 Zahl der Saugnäpfe a. . . . 300} b. . 2... 4007900 x & = 1800. EEE]! Von den vier Arten der Gattung Lieinus untersuchte ich depressus und agricola. Es sind nur zwei Glieder am ersten Fußpaar erweitert. Die Saug- näpfchen bedecken nicht die ganze Fläche der erweiterten Glieder ; sie sind so zu sagen zurückgedrängt durch eine auf beiden Seiten befindliche Zone von Borsten, so dass den Saugnäpfen auf dem ersten Glied nur noch ein verhältnismäßig kleiner dreieckiger Raum übrig bleibt. b) Kurz gestielte Saugnäpfe fand ich, wie bereits bemerkt, nur bei der Gattung Oodes, Fig. 30, mit der einzigen Art helopioides. — Die Zahl der Saugnäpfehen ist gering; auf drei erweiterten, rechteckig, abgerundeten Gliedern des ersten Fußpaares sitzen je 40 Saugnäpfchen. 6 x 40 = 240. Durchmesser derselben 0,02 mm. Zum vierten Typus — Röhrchen mit einer kelchartigen Erweiterung, Übergangsform von den Garabusröhrchen zu Saugnäpfen — gehören die Gat- tungen: Loricera, Elaphrus, Notiophilus, Leistus. Bei allen vier Gattungen sind nur am ersten Fußpaar drei Tarsen erweitert. Loricera (untersucht: pilicornis). Die Röhrchen bedecken die ganze Fläche der erweiterten Tarsen. Elaphrus (untersucht: aureus). Die Röhrchen bedecken am ersten Glied etwa !/;, am zweiten und dritten Glied ?/, der Fläche. Notiophilus (untersucht: palustris). Die Füße sind nur sehr schwach erweitert. Die Zahl der Röhrchen nimmt vom ersten nach dem dritten Glied ab. Leistus (untersucht: spinibarbis, ferrugineus). Fläche ganz und dicht mit Röhrchen besetzt. Über die beiden Übergangsformen von den Carabiden- zu den Feroniaröhrchen (Nebria und Anisodactylus) habe ich bereits das Nöthige weiter vorn gesagt. Ich habe nun zum Vergleich mit den Dyticiden theils nach meinen eigenen Untersuchungen, theils nach den ReDrEngacker’schen Diagnosen zusammengestellt, bei wie viel Carabidengattungen die Tarsen in unse- ' rem Sinn erweitert sind. Es ergab sich aus dieser Zusammenstellung, dass bei weitaus der ‚ Mehrzahl der Carabiden der durch Verbreiterung der männlichen Tar- ‚ sen bedingte Dimorphismus vorkommt. Ohne Tarsenverbreiterung sind nur neun Gattungen (26 Arten), welche meist nur aus einer oder zwei Species bestehen. Durchgehends erweiterte Tarsen haben dagegen : 2 Glieder verbreitert: 14 Gattungen mit 102 Arten 3 oder 4 Glieder verbreitert: 65 > » 340 » Im Ganzen 79 Gattungen mit 442 Arten. 514 Georg Simmermacher, Bei den Dyticiden herrschte, wie ich weiter vorn zeigte und hier der Übersicht wegen wiederhole, fast das gleiche Verhältnis. Einfache Tarsen haben nur 3 Gattungen mit 12 Arten Erweiterte Tarsen haben dagegen 12 » ».98 » In Procenten ausgedrückt stellt sich demnach das Verhältnis folgendermaßen: Dyticiden Carabiden -Verbreiterte Tarsen haben: 90°), 850/, der Arten Einfache Tarsen haben: 410%, ED Es trägt die Darstellung des Verhältnisses, in welchem dieser eigenthümliche Dimorphismus in den beiden Familien auftritt, wohl auch dazu bei die mehrfach geäußerte Ansicht von der nahen Ver- wandtschaft der beiden Familien bekräftigen zu helfen; besonders kann man einen genetischen Zusammenhang zwischen den Tarsen und den sie bedeckenden Röhrchen und Saugnäpfchen bei den beiden Fami- lien nicht verkennen. Anders wie bei den Dyticiden stellt sich das Verhältnis bei den Carabiden, wenn man vergleicht, bei wie viel Arten auch die mittleren Tarsen verbreitert sind. Während bei den Dyticiden dies unter 12 Gattungen mit 98 Arten, bei 10 Gattungen mit 96 Arten der Fall ist, und nur bei 2 Gattungen mit 2 Arten nicht vorkommt, fand ich bei den Carabiden dies unter 79 elpmzen mit 442 Arten nur bei 12 Gattungen mit etwa 77 Arten. Wir können uns diese Verschiedenheit wohl durch die auch durch die Vergleichung der einzelnen Chitingebilde selbst gerechifertigte An- nahme erklären, dass die Haftapparate bei den Dyticiden überhaupt eine höhere Vervollkommnung erfahren haben. Schon W. v. REicHEnau hat sich hierüber ausgesprochen; nach dem bisher Gesagten stellt sich die Sache aber viel einfacher, als er sie sich erklärt. Da ich die durch v. Reichenau! ausgesprochene Ansicht nur verein- fachen möchte, wird esam besten sein dieselbe wörtlich wiederzugeben, um dann das Nöthige dazu zu bemerken. »Um jene merkwürdigen Gebilde erklären zu können — (es sind die Haftapparate der Dyticiden gemeint) —, brauchen wir nicht an einen jenseits menschlichen Erkennens liegenden unmittelbaren Ausfluss schöpferischer Weisheit zu appelliren, vermöge dessen das Männchen derartig ausgestattet worden wäre, um sich auf seinem glatten Weib- chen festhalten zu können. Die Geschichte der Schwimmkäfer reicht | aus, um die Möglichkeit eines so vereinzelt erscheinenden Haftapparates einzusehen. Wie nämlich der ganze Typus zeigt, insbesondere aber 1 ]1.c. p. 475, 476. Br ng u Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 515 Mundtheile und Fühler lehren, sind die Schwimmkäfer dem Wasser- leben angepasste Laufkäfer. Als solche haben sie, wie KiESENWETTER gezeigt hat, weiblicherseits die Furchen der Flügeldecken als ein zum Behuf des Anklammerns des Männchens passendes Erbstück in der Regel beibehalten, während, wie wir hinzufügen, männlicherseits die raubhaarigen Tarsenglieder vieler Laufkäfer als nützlich zu demselben Fweek weit eifisurekelt: wurden... 7:2 2% TONZDETE SED, ARZTIOE, . . Von den Männchen müssen im großen Ganzen nur diejenigen zur Paarung gelangt sein und Nachkommen erhalten haben, welche die ausgebildetste Bürste zum Anklammern auf dem Rücken des Weibchens hatten, während der Vorderfuß des Weibchens die ihm unnützen Borsten seiner Ahnen verlor, da nur die hinteren Fußpaare zum Schwimmen benutzt werden. Dieselben haben denn auch bei beiden Geschlechtern sehr entwickelte Wimperborsten erhalten. Wenn wir nun ungleiche Ausbildung der Tarsenverbreiterung voraussetzen, erscheint demnach die Naturauslese zur Erklärung ausreichend. Die ungleiche Ausbildung muss in sich eine vorkommende Steigerung begreifen, und ich glaube, dass dieses die Regel sein wird bei einem Gebilde, welches in der wichtigsten Periode des Lebens mit Anstrengung thätig erhalten bleibt. Die jedenfalls gewaltige Muskelanstrengung, mit der das von Leidenschaft beseelte Männchen auf dem Weibchen sich festzuhalten bestrebt ist, wird in Folge nach dem Gesetze der progressiven Vererbung bei den gleichstrebigen Nachkommen eine Kräftigung der betreffenden Muskeln und weitere Ausbildung der betrefienden Organe bewirkt haben (funk- tionelle Anpassung), so dass die Naturauslese sich vielleicht hierbei nur mit Ausmerzung von Deformitäten zu befassen haben wird.« Hierzu will ich mir erlauben einige Bemerkungen zu machen. — , Dass ich eben so wie v. Reichenau die ein Schälchen bildenden erwei- ‚ terten Tarsen mehrerer Dytieiden für umgewandelte, bezüglich weiter entwickelte Fußglieder von Carabiden ansehe, habe ich bereits mehr- mals betont. Aber v. Reichenau macht den Vorgang dieser Modifikation ‚ komplicirter als er sich in Wirklichkeit verhält. Zunächst haben wir den Haftapparat der Dyticiden, nach dem was ‚ wir jetzt vom männlichen Carabidenfuß wissen, nicht mehr als »so ver- ‚ einzelt« anzusehen. Die Umwandlung der Chitinorgane auf den Tarsen ‚, der männlichen Carabiden in die Saugnäpfe der Dyticiden konnte auf ‚ einem kürzeren Weg geschehen ‚ als es sich v. Reichenau jedenfalls vor- stellt, denn er scheint diese Bedeckung der Carabidentarsen für einfache ‚ Borsten, nicht aber Röhrchen angesehen zu haben, sonst hätte er sich wohl nicht des Ausdruckes »anklammern«, sondern ansaugen oder ‚ eines ähnlichen Wortes bedient, bei Aufstellung der Ansicht, das 516 Georg Simmermacher, Männchen hätte am ersten Aussicht auf Paarung und Nachkommenschaft gehabt, welches im Besitz der ausgebildetsten Bürste gewesen wäre. Sodann hat v. ReıcHnenau übersehen, dass jaauch nur den männ- lichen Carabiden diese »Bürste« zukommt, sonst hätte er nicht wohl sagen können, »während der Vorderfuß der Weibchen die ihm unnützen Borsten seiner Ahnen verlor«. — Die Weibchen hatten diese Borsten nicht, brauchten sie also auch nicht erst zu verlieren, so dass auch in dieser Hinsicht die Umwandlung eine einfachere war. Nach dem was v. REICHEnAU weiter sagt, verstehe ich ihn so, als meinte er, das Weibchen hätte diese Borsten aber nur an den Vorderfüßen ver- loren und an den hinteren Füßen hätten sie sich (für die betreffenden Extremitäten der Männchen gilt natürlich dasselbe) zu Schwimmhaaren umgebildet » während der Vorderfuß des Weibchens die ihm unnützen Borsten seiner Ahnen verlor, da nur die hinteren Fußpaare zum Schwim- men benutzt werden; diese haben denn auch in beiden Geschlechtern sehr entwickelte Schwimmborsten erhalten«). — Die Schwimmhaare der Dyticiden sind keine umgewandelten Borsten, welche dieFläche der Tarsalglieder bedeckten, sondern einfach verlängerte Randbor- sten, wie sie sich an allen drei Fußpaaren der Carabiden finden. Einen Zusammenhang zwischen den Chitinbildungen an den Tarsen der Dyticiden und Carabiden scheint schon Turren West erkannt zu haben, denn er sagt bei der Figurenerklärung eines mir unbekannten Dyticiden: Fig. 39: »Small water-beetle (Exoletus haemorrhoidalis): tarsus of LA. of g!. — This supplies a most interesting transition link bet- ween the suckers of the Great Dytiscus and such teneni hairs as occur on the Harpalide-beetle etc.!«. Die betreffende gestielte Saugplatte gleicht vollkommen der von mir abgebildeten von Colymbetes. — Als ein » Verbindungsglied« zwischen Dyticussaugnäpfchen und Harpalus- oder Feroniaröhrchen kann man aber meiner Ansicht nach diese gestielten Saugplatten nicht ansehen; ich betrachte vielmehr die zwei in Betracht kommenden Formen, wenn ich so sagen soll, als die Endglieder zweier wohl gemeinsamen Ursprung „habenden, aber divergirenden Reihen. Ich verlasse hiermit die Carabiden und gehe über zu den bei uns 4 nur durch wenige Arten vertretenen Cicindeliden. Bemerkenswerth ist wohl, dass nach GrenacHer? »die Verwandt- schaft der Laufkäfer und Schwimmkäfer auch im Auge ihren Ausdruck findet «. 11.0. P.420. 2 GRENACHER, Untersuchungen über das Sehorgan derArthropoden. 4876. p-1 02. EN ZEN a na nn de ie a Zr EN EN ERNEUERT EBNERRD WEB NEE nn nn u Mu EEE SS EN TE | Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 517 C. Familie Cieindelidae. Bei den zwei einheimischen Gattungen Megacephala und Cicindela herrscht derselbe Dimorphismus wie bei den Carabiden, indem die vor- dersten Füße der Männchen erweiterte und mit Chitinröhrchen bedeckte Tarsalglieder besitzen. Der Unterschied in dieser Beziehung bei den zwei Gattungen ist gering. Es sind drei Glieder verbreitert, dieselben sind dicht mit Röhrchen bedeckt. Am Rand stehen verhältnismäßig lange Dornen. Die Form der verbreiterten Glieder bietet nichts Besonderes. Ich habe daher auch keine besondere Zeichnung des ganzen Fußes, sondern nur von den einzelnen Röhrchen gegeben. Dieselben sind für die zwei Gattungen auch nur wenig verschieden. Die Gattung Megacephala ist nur durch eine Art, M. euphratica (Fig. 32), vertreten. Die einzelnen Röhrchen erscheinen nach vorn allmählich erweitert und dann schräg abgeschnitten. Gattung Cicindela. Untersucht: hybrida (Fig. 34). Es gilt dasselbe wie für Megacephala, nur ist die Erweiterung der Röhrchen keine allmähliche, sondern iritt plötzlich ohne Übergang auf, so dass das ganze Röhrchen etwa das Aussehen eines Löffels erhält. — In geringem Maße, d. h. nur bei zwei Gattungen, fand ich den seit- her behandelten Dimorphismus in der Familie der Silphiden. — Wir be- gegnen bei diesen zugleich einer neuen Form von Röhrchen. D. Familie Silphidae. Die beiden Gattungen, welche für uns in Betracht kommen, sind - .. Neerophorus (Todtengräber) und Silpha (Aaskäfer). in beiden Gaitungen sind vier Tarsalglieder der Männchen etwas ver- breitert und tragen Chitinröhrchen, welche bei Necrophorus und Silpha ‚gleich sind. Ich will dieselben desshalb zuerst beschreiben. Es sind anfänglich cylindrische, dann plötzlich etwas erweiterte, schief abge- - schnittene Röhrchen. Auf der inneren Fläche der die Öffnung ab- schließenden Wand sitzen merkwürdigerweise noch kleine Chitin- höckerchen, welche dem ganzen Gebilde ein eigenthümliches Ansehen verleihen. In Fig. 34 a, b habe ich ein solches Röhrchen (von Necro- .phorus) von oben und von der Seite abgebildet. Am letzteren Bild 518 Georg Simmermacher, sehen die Chitinerhebungen über den seitlichen Rand heraus. Merk- würdig ist auch, dass diese Chitinröhrchen nicht wie andere gerade auslaufen, sondern kurz vor ihrer Einlenkungsstelle wie geknickt er- scheinen. — Wir werden dieser eigenthümlichen Form im zweiten Theil der Arbeit noch bei zwei anderen Familien begegnen. — Während die Röhrchen in den beiden Gattungen Silpha und Necrophorus abgesehen von der Größe übereinstimmen, ist der Gesammthabitus der Tarsen ein verschiedener. Gattung Necrophorus (Fig. 34 a, b). Untersucht: germanicus und vespillo. Die einzelnen Tarsalglieder sind etwa herzförmig, nicht ganz mit Chitinröhrchen bedeckt; letztere sind beschränkt auf die Spitzen der beiden Flügel eines Gliedes, und stehen dort nur in geringer Zahl. Am Rand jeden Gliedes befinden sich ganz außerordentlich lange, ge- schwungene, und ziemlich zahlreiche, aber auf dieselbe Gegend wie die Röhrchen beschränkte Borsten. — Bei N. vespillo sind Vorder- und Mittelfüße, bei N. germanicus nur Vorderfüße verbreitert. Gattung Silpha. Untersucht: reticulata (Fig. 35). Die einzelnen Glieder sind viereckig abgerundet. Die Röhrchen sind, entsprechend dem Größenunterschied der Thiere, kleiner als bei Necrophorus, bedecken aber die Glieder vollständig. Randborsten sind in gewöhnlicher Zahl und Größe vorhanden, und dienen wohl hier wie bei den anderen Gattungen und Familien zum Schutz der Röhrchen. Nur die beiden vordersten Füße sind erweitert. — E. Familie Meloeides. Von ein und derselben Species Meloe, fand ich mehrere Exemplare mit einfachen, andere mit vier, wenn auch sehr schwach erweiterten Tarsen an den vordersten Füßen. An den alten Spiritusexemplaren - konnte ich kein Geschlecht mehr bestimmen, und äußere Unterschiede fehlen. — Ich kann daher nur die, aber gewiss zutreffende Vermuthung aussprechen, dass wir in der Gattung Meloe einen gleichen Dimorphis- mus vor uns haben, wie bei den seither betrachteten Familien : Dytici- den, Carabiden, Ciöindeiiäch, Silphiden und, wie wir gleich noch sehen ran. Hydrophfiiden Es sind bei Meloe am betreffenden Fuß vier Glieder schwach er- weitert, sie sind herzförmig, dicht mit kleinen unbedeutenden Chitin- röhrchen besetzt (Fig. 33 a, b). — Als Saugapparate können diese Röhr- Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten, 519 chen jedenfalls nicht wirken, denn auch noch bei 500facher Vergröße- rung konnte ich nur spitz auslaufende Röhrchen erkennen, ohne eine Öffnung zu sehen. — Haben wir hier vielleicht eine Rückbildung vor uns? — Ein ebenfalls durch die Verschiedenheit der Tarsen bedingter, mit bloßem Auge erkennbarer Dimorphismus findet sich bei dem großen Wasserkäfer Hydrophilus piceus. Derselbe veranlasste mich zu einer eingehenderen Untersuchung der Familie Hydrophilidae überhaupt. — Bleiben wir zunächst bei der Species Hydrophilus piceus. Als »eine schwache Analogie« für die betreffenden Organe. der _ Dyticiden, wie v. Reichenau! sagt, kann man jedoch die Bildung am Fuß von Hydrophilus nur physiologisch, nicht aber morphologisch bezeichnen. Jedenfalls auch nur in physiologischem Sinne kann man die Worte Turren West’s? auffassen : » Yet this unquestionably represents the hand of Dytiscus.« Während bei den Dytieiden (eben so wie bei den anderen bis jetzt besprochenen Familien) immer die drei oder vier ersten Tarsalglieder ‘ (wenn auch in verschiedener Stärke) sich nach beiden Seiten der Längs- ‚ achse des Fußes ausgedehnt haben, hat bei Hydrophilus nur ein Glied, \ und zwar das letzte, das Klauenglied, eine Vergrößerung gegenüber den | anderen erfahren, und diese Verbreiterung ist, außerdem, dass sie an einem ganz anderen Glied auftritt, keine symmetrische, sondern eine einseitige, nach der inneren Seite des Fußes (am rechten Fuß nach der ' linken, am linken Fuß nach der rechten Seite) (Fig. 36 a von oben, 36 b ‚von unten). Auf der unteren Seite ist dieses lappenartig verbreiterte ‚Glied glatt (Fig. 36 a), auf der oberen Seite ist es dagegen mit schon für , das bloße Auge sichtbaren Dornen besetzt (Fig. 36 b). Fig. 37 zeigt einen einzelnen dieser Dornen, welche sich über ‚den größten Theil der ventralen Fläche erstrecken. Diese letztere wird ‚so zu sagen begrenzt von einer schmalen glatten Zone am äußeren Rand | der Verbreiterung. In dem verbreiterten Glied findet sich, wie in den ‚Hafttarsen der Dyticiden, ein Muskel, den man herausreißen kann (Fig. 40). Eine Trachee erstreckt sich gleichfalls bis in das äußerste " Tarsalglied. Zu den Borsten auf der inneren Fläche führen Muskeln, wie zu den Stielchen an den Saugnäpfen der Dyticiden. Fast am äußersten Ende des erweiterten fünften Tarsalgliedes 1 W. v. REIcHEnAU, 1. c. p. 475. 2 TUFFEN WEST, 1. c. p. 443. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 35 520 - Georg Simmermacher, befindet sich ein von einem Röhrchen ausgehender Büschel von Chitin- borsten, welche man wohl als Tastborsten anzusehen hat. Das Röhr- chen mit Borsten lässt sich aus dem Fuß herausziehen. An dem ersten Theil erkennt man alsdann noch eine dunkle kugelartige Erweiterung, an welche sich wieder eine Anfangs schwach pigmentirte, dann glas- helle Chitinröhre anschließt (Fig. 41). — Die Dornen auf der etwas höher liegenden Fläche der ventralen Seite des Klauengliedes bedecken dieselbe nicht ganz, sondern lassen in der Mitte einen Raum frei. — Dieser innere Raum erschien mir bei starker Vergrößerung von Poren durchsetzt. Ich be- handelte daher zum besseren Erkennen dieser Erscheinung ein Klauen- glied auf folgende Weise. Durch längeres Liegen in Kalilauge zerstörte ich die Weichtheile, zog das Pigment aus, machte das ganze Objekt wei- cher, und schnitt endlich die borstenfreie Stelle heraus. Das aus zwei Hälften, dem oberen und unteren Theil, bestehende Stückchen konnte ich nun aus einander legen, so dass ich die innere (untere) Chitinwand des Panzers für sich betrachten konnte. Nachdem ich das Stückchen gefärbt (mit alkoholischem Cochenilleauszug), erkannte ich dann, dass die vor- her nur undeutlich erschienenen Poren verursacht wurden durch Kanäl- chen, welche in ziemlich regelmäßigen Längsreihen die innere Wand des Chitinpanzers in schiefer Richtung durchsetzen, deren Wand sich gleichzeitig, aber nur sehr wenig, über die Chitinwand erhob, und so schief stehende Röhrchen von minimaler Höhe und sehr schwankendem Durchmesser bildeten. Die Wand dieser Röhrchen zeigt eine starke Runzelung. Dass wir in dem eigenthümlichen Klauenglied von Hydrophilus, da es nur dem Männchen zukommt, einen Haftapparat vor uns haben, dürfen wir wohl nach Analogie der erweiterten männlichen Dyticustar- sen annehmen. Ehe ich die eben beschriebenen eigenthümlichen Röhr- chen kannte, war ich der Meinung, die beweglichen Dornen auf der ventralen Fläche spielten, wenn auch nur als sehr unvollkommene Haft- apparate die Hauptrolle, indem sie eine rauhe Oberfläche erzeugten und dadurch dem Männchen das Festhalten des Weibchens erleichterten. Nun vermuthe ich aber, dass diese beweglichen Dornen doch, wenn sie dem Chitinpanzer anliegen, von den, wenn auch kurzen, röhrigen Fort- sätzen der Kanälchen überragt werden. Die Runzelung dieser Röhrchen scheint mir deren Elasticität und damit ihre Fähigkeit als, wenn auch schwache Saugapparate zu wirken, anzudeuten. Beim weiteren Durchsuchen der Familie der Hydrophiliden fand ich eine Erweiterung der Tarsen noch bei den Gattungen Sphaeridium und Berosus. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 321 Gattung Sphaeridium (Fig. 42). Bei den zwei Arten : bipustulatum und scaraboides, ist das Klauen- glied beim Männchen ähnlich wie bei Hydrophilus erweitert, einseitig nicht symmetrisch, trägt an der Spitze des Gliedes einige zusammen- stehende Borsten. | Bei der GattungBerosus fFig. 43 a,b) fand ich die Tarsen des Männchens wie bei den Dyticiden u. a. symme- trisch erweitert. Ich untersuchte luridus und aericeps. Die Erweite- rung ist eine schwache. Die Saugnäpfchen sitzen auf ziemlich langen Stielchen und sind selbst sehr klein, ihr Durchmesser kommt fast dem der Stielchen gleich, so dass die Schälchen selbst fast verschwinden. Bei der GattungLaccobius mit der einzigen Species minutus fand ich bei REDTENBACHER angegeben: » Vorderfüße des Männchens etwas erweitert«, doch erlangte ich leider kein Exemplar zur genaueren Untersuchung. Mit meinen Untersuchungen über sexuelle Haftapparate an den Tar- sen von Insekten bin ich nun zu Ende. Ehe ich zum zweiten Theil meiner Arbeit, den Kletterapparaten übergehe, wollte ich nur noch dar- auf hinweisen, dass es außer an den Tarsen bei den verschiedenen Insektengruppen noch die mannigfaltigsten Einrichtungen giebt, welche dem Männchen das Festhalten des Weibchens erleichtern. Ich will hier nur auf einige derartige Einrichtungen hinweisen. — Sie bestehen bald aus Vertiefungen auf dem Rücken des Weibchens, in welche ent- sprechende Vorsprünge der Bauchseite des Männchens passen, — bald sind es Anhänge, welche zum Umklammern des Weibchens dienen, bald sind die Kiefer derartig vergrößert, dass das Männchen das Weib- chen festhalten kann, bald ist die Tibia des Männchens in auffallender Weise verdickt, dass man sie ebenfalls als ein sekundäres Geschlechts- | organ betrachtet. Eine Zusammenstellung aller bis jetzt bekannt gewordenen der- artigen Einrichtungen liegt nicht im Plan meiner Arbeit und würde eine ‘ solche für sich bilden. — Bezüglich der an den Fühlern der Männchen der Gattung Penthe 1 Diesbezügliche Notizen finden sich in: Archiv für Naturgeschichte. 4864. I. p. 27. — Atti Accad. Sc. Torino (CAmErAno). XV. p. 440. — GRABER, Die Insekten. I. p. 272. — Darwin, Descent of men. I. p. 307, 342. 35* 522 Georg Simmermacher, befindlichen Chitinhaare spricht Darwıx ! die Vermuthung aus, sie hätten denselben Zweck wie die Chitinhaare an den Tarsen der Carabiden. Mit dem vorn über letztere Gesagten wird dies wohl kaum in Einklang zu 2 bringen sein. II. Theil. Kletterapparate. Nachdem- ich alle mir bekannt gewordenen Haftapparate, welche sich nur an den Tarsen männlicher Insekten finden, und als sekun- däre Geschlechtsorgane zu bezeichnen sind, betrachtet habe, gehe ich über zur Besprechung ähnlicher Bildungen, welche aber einen anderen wie den seither besprochenen Zweck erfüllen, nämlich als Kletterappa- rate dienen. Bei Chrysomeliden (Blattkäfern), Hylobiiden (Rüsselkäfern), Tele- phoriden (Fliegenkäfern) und Cerambyciden (Bockkäfern) sind in beiden Geschlechtern alle Tarsen an ihrer Unterseite mit Chitinbildungen be- deckt, welche für das bloße Auge dasselbe Ansehen haben wie die im ersten Theil besprochenen. Die Käfer, bei welchen sich diese Einrichtungen finden, leben alle, im Gegensatz zu den im ersten Theil besprochenen, im Wasser oder auf der Erde lebenden Familien auf Blättern oder auf der Rinde, wo sie mit Hilfe der ihre Tarsen bedeckenden Röhrchen umberlaufen und sich in | allen Lagen halten können. # Die mikroskopische Untersuchung der Tarsen führte mich zu folgen- | den Resultaten. Die die Tarsen bedeckenden Chitingebilde sind sämmt- lich Röhrchen. Dieselben erstrecken sich höchstens auf die drei ersten Glieder, nicht auch noch über das Klauenglied. Bi Bei den zur Gruppe der Tetrameren gehörigen Chrysomeliden, | Hylobiiden und CGerambveiden zeigen diese Röhrchen eine Erweiterung und deutliche Öffnung, bei den zu den Pentameren gehörigen Telepho- riden laufen sie spitz aus. Bei allen genannten Käferabtheilungen stehen sie, wie die im ersten Theil beschriebenen Röhrchen oder Saug- näpfchen zum Zweck möglichster Ausnutzung des bedeckten Raumes in Quincunxstellung. Bei den Chrysomeliden, Hylobiiden und Telephoriden sind die Röhr- chen nicht in den Chitinpanzer der Tarsen eingelenkt, sondern erheben sich direkt von dessen Oberfläche, bei den Gerambyciden dagegen sind - sie in gleicher Weise eingelenkt wie die Röhrchen oder Saugnäpfe der Dyticiden, Carabiden und Silphiden und den später noch zu besprechen- den Staphyliniden, mit welch beiden letztgenannten sie auch noch in je vr DRAN 3 i ; ’ - all, ’ > cJ nn ri en Zen u en he a 1 Darwıs, Descent of men, I. p. 307. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 523 anderer Beziehung übereinstimmen. Die Röhrchen ‘der Chrysomeliden und Hylobiiden zeigten, so weit meine Untersuchungen reichen, wenn auch nur höchst geringe Unterschiede in der Form, was auch für die ein- zelnen (von mir untersuchten vier) Gattungen der Chrysomeliden gilt. Von letzteren untersuchte ich die Gattungen Chrysomela, Timarcha, Lina und Cassida. Bei der Gattung Chrysomela (Fig. 44) sind nicht die drei ersten Tarsalglieder mit vorn offenen Röhrchen bedeckt, sondern nur das dritte herzförmige Glied, die beiden vorderen tragen spitze ohne Mündung aus- “laufende Röhrchen. Bei der Gattung Gassida, mit dem auffallend lang ausgezogenen herzförmigen dritten Glied, sind die drei ersten mit wirk- lichen Haftröhrchen besetzt (Fig. 45). Die Röhrchen von Chrysomela (Fig. 50, Chr. tremulae, Röhrchen von oben, von der Seite und geschlos- senes Röhrchen vom ersten und zweiten Glied) sind nach vorn stark er- weitert und scheinen dann einfach schief abgeschnitten. Die von Timarcha verhalten sich eben so, nur ist die Verbreiterung vorn eine geringere (Fig. 49, Tim. coriaria, von oben und von der Seite). Die Röhrchen von Lina und Cassida erscheinen so, als hätte man gleich- mäßig eylindrische Röhrchen am vordersten Ende nicht schief abge- schnitten, sondern die straff gespannte Wand durch einen feinen Schnitt geschlitzt, so dass die Chitinwand etwas nach beiden Seiten, unter Bil- dung eines spitzen Winkels zurückgewichen wäre. — Da sich an der vorn offenen Seite die zwei einen spitzen Winkel bildenden Grenzlinien der Öffnungen dunkel abheben, machen die Röhrchen bei schwacher Vergrößerung, besonders wenn man den ganzen Fuß und nicht isolirte (abgekratzte) Röhrchen betrachtet, den Eindruck, als gabele sich das Röhrchen an seinem Ende in zwei kurze spitz auslaufende Ästchen. Bei der ersten Betrachtung des (ganzen) Fußes von Cassida war ich selbst überrascht, da ich eine solche Gabelung zu sehen glaubte. TurrEn West hat die Röhrchen, wie ich später fand, auch wirklich für vorn gegabelt angesehen und auch so abgebildet und erklärt. (A Gassidide [Omoplata normalis]: bifid tenent hairs and ordinary hairs from one of ihe tarsal joints!.«) Da aber Turren West die »tenent hairs« doch für Saugröhrchen hielt, zeichnete'er in Fig. 50 an einem, in Fig. 51 an zwei »bifid« Röhrchen einfach je eine kleine Erweiterung. An den Gabeln der »ordinary hairs« ließ er diese Kreischen weg. Unerklärlich ist mir jedoch, wie er sich die Röhrchen von Hylobius nach der Vorstellung, die er sich von ihnen machte, als Saugröhrchen erklären konnte. — Die Röhrchen der Rüsselkäfer sind nämlich ziemlich dünn und schlank, und ! 1. c. Tab. XLIU, Fig. 51 ; Fig. 52 Donacia bidens. 524 Georg Simmermacher, erweitern sich an ihrem Ende mit einer kleinen etwas schiefen Öffnung (Fig. 53) wie bei Chrysomela, so dass ein Ansaugen wohl möglich ist. Turren West bildet sie aber so ab, als verdickten sich die betreffenden Röhrchen an ihrem vorderen Ende und giebt auch in diesem Sinn seine Figurenerklärung. (A Gurculionide; [Hylobius abietis]. %: the appea- rance presented by the soft globular ends of tenent hairs on another Gurculionide, when not pressed up the glass 1.«) — Eben so beruht auch die Zeichnung Fig. 53 und die dazu gehörige Erklärung auf falscher Vorstellung, deren Entstehung ich mir aber nicht erklären kann, da ich bei nachträglicher Untersuchung von Haltica impressa (Fig. 54) deren Röhrchen nicht wesenilich verschieden fand von denen der verwandten Gattungen. Die Zeichnung Turren Wesr's stellt vorn verdickte (pistill- förmige) Röhrchen vor, auf deren Kopf je zwei oder drei Spitzen ange- bracht sind. (»A Halticide beetle; tenent hairs on enlarged joint of hind tarsus. These hairs have in some cases two, in other three minute claw like appendages at their extremity, in addition to the expanded mem- brane?,.«) Ein so gestaltetes Röhrchen könnte natürlich eben so wenig saugend wirken, wie die angeblich verdickten Röhrchen von Hylobius. So viel hatte ich zunächst über die morphologischen Verhältnisse der Chrysomeliden und Hylobiiden zu sagen. Da nun von Dzwırz? die von BLACcKWALL zuerst ausgesprochene An- sicht wieder ans Licht gezogen wurde, die Fähigkeit vieler Insekten, an ° glattenFlächen, z. B.Glas, hinaufzuklettern, beruhe auf einem beim Laufen abgesonderten »Klebstoff«, so beobachtete ich eine Reihe von kletternden Chrysomeliden und Hylobiiden direkt unter dem Mikroskop, indem ich sie auf einen Objektträger setzte, diesen rasch wandte, so dass der Käfer an seiner Unterseite hinlaufen musste, wobei ich durch das Mikroskop seine am Objektträger haftenden Füße beobachten konnte. Auf diese Weise beobachtete ich Chrysomela staphylea, lamina, varians — Lina ‚populi, tremula, aenea — Clythra cyanaea — Gynanthrophialma — Cryptocephalus sericeus — Cassida nebulosa und stigmatica, — Timarcha coriaria — Hylobius abietis und pinastri. Die Chrysomeliden und Hylo- biiden eignen sich zu dieser Betrachtung sehr gut, weil sie nicht so un- ruhig hin und herlaufen wie viele andere Käfer (z. B. Telephoriden), sondern so zu sagen langsamer schreiten, so dass man den Fuß leichter und genauer verfolgen kann. In allen Fällen sah ich allerdings, dass ein Sekret aus den Röhr- chen an den Tarsen austritt. Sobald nämlich der Käfer seinen Fuß 11. c. Tab. XLIH, Fig. 49. 2 Fig. 54. 3 Dewırz, Sitzungsberichte. 4882. p. 5 und 4109. | | Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 525 zurückzog, sah man klare, farblose Tröpfchen in derselben Anordnung, in der die Röhrchen auf den Tarsen vertheilt sind. Bald waren es regel- mäßige Pünktchen, bald sah man deutlich wie die Flüssigkeit durch den weggezogenen Fuß verwischt und ausgezogen worden war. Während nun Dewırz den Schwerpunkt dieses Sekretes in dessen Klebkraft legt, bin ich der Ansicht, dass eine solche der besprochenen Flüssigkeit gar nicht zukommt. Ich bin der Ansicht, dass wir in dem Klettern der Käfer an Glas keine Kleb-, sondern eine Adhäsionserscheinung vor uns haben. Die Röhrchen sind, wie ich in meinen Figuren gezeigt habe, vorn alle mehr oder weniger verbreitert, die Mündung keine wagrechte, sondern eine schiefe. Die Chitinröhrchen sind an ihrer Mündung äußerst zart und biegsam, so dass sie durch Andrücken des ganzen Fußes sich ihrer Unterlage leicht und vollkommen anschmiegen und somit eine Adhäsion herbeiführen können, welche durch die aus den Röhrchen tretende Flüssigkeit bedeutend verstärkt wird. Wir haben gar keinen Beweis für, wohl aber einen, und wenn wir, wie es Dewirz! thut, Analogieschlüsse machen wollen, sogar zwei Gründe gegen die Klebkraft des fraglichen Sekrets. Bringt man näm- lich einen, oder mehrere kletternde Käfer in ein Glas, so können die- selben stundenlang an ein und derselben Stelle hängen, oder je nach Willen am Glas umherlaufen. Bringt man aber nur ein paar Tropfen Äther, Ammoniak, Benzin, oder irgend einer anderen rasch verdunsten- den und betäubenden Flüssigkeit in das Gefäß, so fallen die Käfer sofort zu Boden. — Durch die Betäubung geht ihnen die zum Andrücken der Röhrchen nöthige Kraft verloren, der Fuß giebt etwas nach, die Adhä- sion hört damit auf und der Käfer liegt am.Boden. Besäße das Sekret wirklich Klebkraft (etwa wie eine Gummi arabicum-Lösung), so könnte der Käfer ruhig in seiner horizontalen, oder vertikalen Stellung bleiben. Dies kam aber bei vielen derartig von mir gemachten Versuchen nie vor. Träte nun gar, wie BrackwaLL und nach ihm Dewırz meint (p. 6) »eine an der Luft erhärtende« Flüssigkeit aus, so würden ja die Käfer, die stundenlang an einer Stelle sitzen, jämmerlich angeleimt. Sitzungsberichte d. G. n. Fr. 1881 p. 7 sagt Dewirz Anmerkung 2: »Auch die Ballen an den Zehenspitzen des Laubfrosches sind nach von Wırrıch keine Saugscheiben, sondern wirken vermöge eines klebrigen Schleims nur durch Adhäsion — dasselbe gilt wohl auch von den Haftlappen der Geckos.« Was den ersten Fall, das Haften des Laubfrosches,, betrifft, so 1 Sitzungsberichte. 4882. p. 5—7. 526 Georg Simmermacher, möchte ich zunächst auf den Widerspruch der Dzwirz’schen Worte hin- weisen. Um Adhäsion hervorzubringen bedarf es keines »klebrigen« Schleims, sondern einfacher Feuchtigkeit. — In zweiter Linie aber hat von Wirtica selbst durch Versuche nachgewiesen und in klaren Worten ausgesprochen, dass Klebrigkeit beim Haften des Laubfrosches gar keine Rolle spielt, sondern solche im Gegentheil nur hinderlich wirkt!: »Das sehr lockere und bindegewebartige und elastische Polster, so wie die vielfach drüsig eingestülpte Gutis befähigt hierbei dieselbe sehr genau allen kleinen Unebenheiten der Ebene zu adaptiren und wird hierin noch durch das bei diesem Druck reichlich hervortretende Drüsen- sekret unterstützt, das sich als eine dünne capillare Schicht zwischen Haut und Fläche legt. Es ist klar, dass zu dieser indirekten Mitwirkung das Sekret keiner sehr bedeutenden Klebrigkeit bedarf und dass selbst eine dünnflüssige Schicht dazu hinreicht. Von wie großer Bedeutung übrigens die Capillarität der Sekretschicht ist, davon überzeugt man sich leicht durch folgenden Versuch: Befeuchtet man eine Glasplatte mit Wasser und lässt dann den an den hinteren Extremitäten gehaltenen Frosch danach greifen, so merkt man leicht, dass die Zeher nur schwach haften, erst wenn die Flüssigkeit fortgepresst, oder abgeflossen ist, trägt er die Platte. Nimmt man statt Wasser ein dickflüssiges Öl, so ist der Versuch noch evidenter. Mit Gummi arabicum ist der Erfolg ganz der- selbe. Das Gummi arabicum übertrifft das Sekret der Haftlappen gewiss an Klebrigkeit und doch reicht letz- tere nicht hin jene zu fixiren, wenn sie in zu dicker Schicht zwischen ihnen und der Glasfläche liegt« ... — p. 181. »Aus alle Dem geht also hervor, dass kein physikalischer Grund der Annahme entgegen- steht, dass das Haften der Zehenglieder durch eine innige Adhärenz bewirkt wird, die zunächst ihren Grund in dem Niederdrücken der Endphalanx und dem damit verbundenen Anpressen der Haftballen, dann aber in der durch die Sekretschicht erregten Capillarattraktion hat.« — / Die Ansicht vox Wırrica's gründet sich auf so genaue anatomische und experimentelle Untersuchungen (Prüfung der Haftkraft in den ein- zelnen Fällen mit Gewichten), dass kein Zweifel über die Richtigkeit seiner Ansicht walten kann. — Leyvie*, welcher denselben Gegenstand vorübergehend berührt, und die Ansicht vox Wırrica’s kannte, wirft sogar die Frage auf, ob nicht vielleicht doch eine Kontraktion einzelner Zellen, und damit das 1 Archiv für Anatomie und Physiologie. 1854. v. Wırtıcı, Der Mechanismus der Haftzehen von Hyla arborea. p. 180. 2 Nova Acta. 1868. IV. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 527 Entstehen eines wenn auch kleinen Vacuums anzunehmen sei. — Bei den an senkrechten Wänden laufenden Geckonen ist nun von einem Anleimen gar keine Rede, indem dabei überhaupt kein Sekret in Be- tracht kommt. Die Fähigkeit dieser Thiere an senkrechten Flächen umherzulaufen beruht nur auf der Bildung eines luftleeren Raums, ent- standen durch andrücken und wieder nachlassen des blättrigen Fußes. Ich verweise in dieser Beziehung auf die Mittheilungen von Dr. M. Brauni und die Untersuchungen Carrier’s 2. M. Braun sagt wörtlich: »Keinem Untersucher ist es geglückt an irgend einer Stelle des Fußes Drüsen aufzufinden, solche existiren sieher nicht.« — Schnitte, welche ich selbst gesehen, stimmen vollstän- dig mit der von Braun gegebenen Abbildung überein. — Die Bedeutung, welche Dewirz beim Laufen an glatten Flächen dem »Kleben« zuschreibt, erfährt also auch dadurch eine weitere Ein- schränkung. Kommen wir nun auf das thatsächlich beobachtete Sekret der Chrysomeliden zurück. — Angaben über dessen chemische Eigen- schaften kann ich leider nicht machen. Durch Einwirkung von Lackmus- tinktur suchte ich Aufschluss über seine saure oder basische Natur zu erhalten, doch reagirte es darauf nicht. — Das’Sekret ist ein Abson- derungsprodukt von Drüsen, welche unter dem Chitinpanzer liegen und mit ihren Ausführgängen in die Chitinröhrehen münden. Ich fand diese Drüsen, außer bei Telephorus (Fig.47), bei dem'sie schon Levoıc ? nachgewiesen hatte, noch bei Ragonycha melanura, so wie bei Chryso- meliden und Hylobiiden (Fig. 53). In allen Fällen sind die gefundenen Drüsen einzellig, birn- oder flaschenförmig. Ihr Längsdurchmesser ist bei Telephorus 0,027 mm, ihre Breite 0,013. Ihr Inhalt ist im inneren Theil, nicht aber am Rand körnig; ‚der Zellkern liegt stets unten, an der am stärksten erweiterten Stelle der Drüsen. Bei Telephorus finden sich zwischen den Röhrchen noch einzelne längere Borsten zerstreut; zu diesen führen Nerven, welche vor ihrer Endigung eine kleine bipolare Ganglienanschwellung zeigen. Die Röhrchen von Telephorus endigen nicht wie die der Hylobiiden und Chrysomeliden mit erweiterter Öffnung, sondern laufen: spitz . aus. 1 Humboldt, Monatsschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Stuttgart 1883. Heft 2. p. 184. Über die Haftzehen der Geckos. Von Dr. M. Braun, Pro- sektor am vergl.-anat. Institut: der Universität Dorpat. 2 Arbeiten aus dem zool. Institut Würzburg. Herausgeg. von C. Seuper. 1. 4874. CARTIER, Untersuchung über die Häutung der Reptilien. | 3 MürLer’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1859. p. 39. Leynis, Zur \ Anatomie der Insekten. Pi > Da TE 1° E Trotzdem lässt sich eine Adhäsion zwischen den zarten und biegsamen Röhrchen und deren Unterlage annehmen. Ist der so gewährte Halt auch kein so starker wie bei den CGhrysomeliden und Hylobiiden, so ist auch die geringere Chitinisirung der Körpertheile der. Telephoriden, ‚also ihr geringeres Gewicht, in Folge dessen sie eines geringeren Haltes bedürfen, zu berücksichtigen. — Ähnlichem werden wir später bei den Fliegen begegnen. — Dass sich bei Telephorus die Öffnung des Röhr- chens in dessen Mitte befindet, wie Dewirz angiebt, konnte ich nicht finden. Ich muss gestehen, dass ich trotz öfterem und aufmerksamen Suchen bei 500facher Vergrößerung diese Öffnung nie finden konnte. — Sollte Herrn Dewızz hier nicht ein Irrtkum unterlaufen sein? Der das Röhrchen durchziehende Kanal mündet jedenfalls als capillare Öffnung an dessen Spitze. Ehe ich die Telephoriden verlasse um zu den Gerambyeiden über- zugehen, möchte ich noch eine Äußerung von Dewirz erwähnen, die mich in zweifacher Hinsicht erstaunte. Er sagt p. 140: »Während die einen Insekten sehr lange Zeit umherlaufen können, erlahmt bei ande- ren die Drüsenthätigkeit sehr schnell, was auch gerade bei Telephorus der Fall ist. Stubenfliegen z. B. laufen unzählige Mal an einem Glas- eylinder auf und ab, der Telephorus thut es ganz behende ein- höchstens zweimal; ein ferneres Emporklimmen ist ihm dann unmöglich , da die Drüsen jedenfalls den Stoff nicht so schnell bereiten können.« — Dem widersprechen zunächst meine Beobachtungen. Exemplare von Telephorus liefen unzählige Mal im Glas mit gleicher Geschwindig- keit wie Fliegen auf und ab und dazu nicht nur einzelne Thiere, son- dern sogar in der Begattung befindliche, so dass also das laufende Weib- chen sein doppeltes Gewicht zu tragen hatte. — Warum soll denn bei Telephorus die Thätigkeit der Drüsen, welche in Menge vorhanden sind, so schnell erlahmen? — Bezüglich der Fliegen will ich einstweilen be- merken, dass es mir nicht gelang, in deren Haftlappen Drüsen nachzu- weisen, und dass die Äußerung von Dewirz p. 7: »In die Höhlung und Mündung der Röhrchen tritt der Klebstoff jedenfalls aus Hautdrüsen, welche Leyvie gerade im Haftlappen in bedeutender Menge gefunden hat«, aufeiner Verwechslung, oder auf einer falschen Verallgemeinerung beruht. — Leyvig sagt Archiv etc.p.38: »Einfacher nochals die Hautdrü- sen der vorangegangenen Käfer sind die, welche ich aus den Hautlappen des Tarsus von Telephorus dispar in Menge fand.« Die »Hautlappen des Tarsus« sind doch nicht zu verwechseln mit »Haftlappen«. — Letztere finden sich bei Käfern nicht, nur bei Dipteren, Hymenopteren etc. und mit diesen hat sich Leypıe in fraglicher Arbeit gar nicht be- schäftigt. — Untersuchungen uber Haltapparate an larsaigliedern von Insekten, 529 Ich habe in diesen Haftlappen, obgleich ich danach suchte, keine Drüsen gefunden. — Lassen wir indessen die Haftlappen einstweilen auf sich beruhen und gehen über zu einer weiteren Käfergruppe, bei welcher ich alle 6 Füße mit Chitinröhrchen bedeckt fand, zu den Bock- käfern: Cerambyciden. Als typischen Vertreter wähle ich den großen Bockkäfer Gerambyx heros. Eine Totalansicht gab ich nur vom letzten und vorletzten Glied des Fußes (Fig. 46«). Isolirte Röhrchen sind in Fig. 46b,c abgebildet. An den 6 Füßen sind die 3 ersten Tarsen gleichmäßig mit Chitinröhrchen bedeckt; dieselben stehen so außerordentlich dicht, dass sie die Unter- seite des Fußes wie mit einem zartbraunen Sammetüberzug bedecken. Am auffallendsten fand ich dies bei einer exotischen Form: Gallipogon barbatum. An einem Fuß von Cerambyx heros hatte ich die Härchen so abgekratzt, dass nur noch die kurzen Stümpfe auf der Sohle standen, dann das Pigment mit Kalilauge ausgezogen. — Aus dem so behandelten Präparat berechnete ich die Zahl der Röhrchen auf allen 3 Fußpaaren zusammen auf ca. 200 000. Zweck dieser Röhrchen ist jedenfalls, den Thieren im Verein mit den beiden am Klauenglied befindlichen Klauen das Klettern an der Rinde zu erleichtern. Ob wenigstens die kleineren Gerambyciden auch an solch glatten Flächen wie Glas laufen können, konnte ich leider aus Mangel an lebenden Exemplaren nicht feststellen, möchte es aber in Anbetracht des auch bei kleineren Arten verhältnismäßig hohen Gewichts wegen, bezweifeln. Dass es Cerambyx heros nicht vermag, weiß ich von früher öfter in der Gefangenschaft gehaltenen Exemplaren. Die Form der einzelnen Röhrchen scheint für alle Gattungen die gleiche zu sein, wenigstens fand ich dies bei Gerambyx heros, Prionus coriarius, Hylotrupes bajulum, Gallipogon barbatum (exotische Form). Bezüglich der Gestalt der Röhrchen brauche ich nur auf die Ab- bildung und das bei den Silphiden Gesagte hinzuweisen, mit deren Röhrchen die der Cerambyciden identisch sind. Die Befestigung der Röhrchen wird bewirkt durch Einlenkung wie bei den Carabiden, Dyticiden und Silphiden, so dass also aus ihnen kein Sekret austritt, sondern sie lediglich als Saugapparate wirken, ohne durch Feuchtigkeit unterstützt zu werden. Meiner Ansicht nach würde bei der ganz außerordentlich dichten Stellung der Röhrchen ein aus- tretendes Sekret, zumal ein klebendes, auch nur hinderlich sein, und wer den wirklich sammetartigen Überzug, z. B. bei dem erwähnten ı -Gallipogon barbatum, betrachtet, wird mir darin beistimmen. — Drüsen m Ad, 3 ST ı 2 DE N, RE IE konnte ich auf zahlreichen Schnitten durch die Tarsen von Cerambyx heros auch nicht finden, sondern die Verhältnisse sind , wie bereits be- merkt, analog denen der Garabiden, Silphiden und Dyticiden. Ist auch die Haftkraft des einzelnen Röhrchens eine sehr geringe, so wirkt dafür die ungeheure Masse. Dewrrz ist freilich der Meinung, auch die Cerambyeiden klebten sich beim Klettern an, aber aus einer von ihm gethanenen Äußerung glaube ich schließen zu können, dass er auch über diese Familie keine eigenen Untersuchungen angestellt, sondern nur nach den Abbildungen TurrEn Wesr's geurtheilt hat. Er sagt p. 109: »Viel besser sieht man die Öff- nung bei Bock- oder Rüsselkäfern, wo sich die Härchen an der Spitze verdicken.« — Dies Wort »verdicken« erinnert zu sehr einerseits an die Worte Turren Wesrt's, 1. c. Tafelerklärung p. 429, Fig. 49%: »the appea- rance presented by the soft globular ends of tenent hairs«, anderer- seits an Fig. 41, in der Turren West in der That an jedes haarfein ge- zeichnete Röhrchen ein dickes Knöpfchen gesetzt hat. —In Anmerkung 2, p: 109 sagt Dzwırz: »Diese Härchen sind von Turren West bei ver- schiedenen Insektenordnungen sehr eingehend beschrieben und abge- bildet.« — Bei eigener Untersuchung wären Dewirz gewiss die mancher- lei Irrthümer und Mängel der Figuren, z.B. der »bifid tenent hairs« auf- gefallen. Auch Beobachtungen an lebenden Insekten scheint Dewirz nur an der Fliege gemacht, im Übrigen aber sich auf die Äußerungen Brackwarr's verlassen zu haben. Bei Anführung der von BrAckwaALL aufgestellten Ansicht, das Klettern der Insekten an glatten Flächen werde ermöglicht durch ein klebendes Sekret, sagt er: »Auch fand er (Brack- wALL) Spuren dieses Klebstoffs an senkrechten Glaswänden, an denen Insekten umhergekrochen waren«, und erwähnt außerdem nur einmal, dass er um den Austritt des Klebstofis direkt zu beobachten »das Insekt« — (wie aus dem Vorhergehenden hervorzugehen scheint, eine Fliege) — »auf die untere Seite einer dünnen Glasplatte« durch einen auf den Rücken geklebten Papierstreifen befestigt hätte. Aus ‘dieser einen Beobachtung und der einen Thatsache, dass Ley- pic bei Telephorus Drüsen beschrieben und abgebildet hat, zieht also Drwirz seinen weitgehenden Schluss, dass fast » wohl die Hälfte der aus- gebildeten Insekten vermöge dieses Klebstoffs kleitern« (p. 7) und dehnt, wie ich bei den Garabiden gezeigt habe, diese Ansicht von einem klebenden Sekret sogar auf sexuelle Haftapparate aus. — Fasse ich nun Dewirz gegenüber meine Ansicht vorerst nur über die Käfer zusammen, so lautet diese: Estrittaws den Röhrchen vielerKäferbeim Klettern an glatten Flächen wohl ein Sekret aus, diesist aber kein Klebstoff, sondern hat nur den Zweck dieAd- Untersuchungen über Haftapparate an larsalglıedern von Insekten. 531 häsıon der einzelnen Röhrchen, während sie an ihre Unterlage gedrückt werden, zu begünstigen. — Bei den Cerambyciden tritt kein Sekret aus, sondern essind die Röhrchen nur Saugapparate, analog denen der vorn an- geführten männlichen Silphiden. Einer ganz auffälligen Erscheinung begegnen wir bei der arten- reichen Familie der Staphyliniden. Bei denselben sind nämlich in beiden Geschlechtern am ersten Fußpaar vier Glieder (also alle außer dem Klauenglied), von A nach % an Größe abnehmend, in auffallender Weise verbreitert und mit Chitin- röhrchen besetzt (Fig. 55 a). Die einzelnen Röhrchen sind ihrer Form und Einlenkung nach fast identisch mit den schon beschriebenen der "Silphiden und Cerambyeiden. Nach der Einlenkung erscheinen sie wie eingeknickt, dann verlaufen sie gerade, dehnen sich an ihrem Ende etwas aus und sind endlich schief abgeschnitten. In der die Öffnung umgebenden Chitinwand sitzen kleine Höckerchen. Diese letzteren sind kürzer als bei den Silphiden und CGerambyciden, denn sie sehen bei auf der Seite liegenden Röhrchen nicht über deren seitlichen Rand der Mündung heraus, sondern letzterer erscheint glatt. Im Wesentlichen aber gleichen sie denen der beiden anderen Familien und ist dies Vor- kommen gleicher, von denen aller anderen Coleopteren ziemlich ab- weichenden Röhrchen auffallend bei drei Familien, die sowohl im System als auch in der Lebensweise so weit aus einander stehen. Sta- phyliniden und Silphiden gehören zur Abtheilung der Pentameren, die Cerambyceiden zu den Tetrameren. Die Silphiden und wenigstens die großen Staphyliniden (Gattungen Ocypus, Staphylinus) leben fast aus- schließlich auf der Erde (die einen von Aas, die anderen von Raub), die dritte Familie lebt auf Bäumen von deren Saft. Für die Bedeutung der erweiterten und mit Röhrchen besetzten Tarsen der Staphyliniden kann ich bis jetzt keine Erklärung geben. Sexuelle Zwecke haben sie nicht, dafür spricht schon ihr Vorkom- men bei beiden Geschlechtern. Die Begattung geschieht, wie ich selbst beobachtete, durch einfaches Aneinanderlegen der Endtheile des Ab- domens. Die Füße sind dabei unbetheiligt. — Als Kletterapparate können sie auch nicht dienen, dem widerspricht schon die Beschrän- kung auf das erste Fußpaar. Da die Staphyliniden Raubkäfer sind, dachte ich, die verbreiterten Tarsen der vordersten Füße dienten ihnen vielleicht zum Festhalten der Beute. Mit dieser wurden sie aber, wie ich an gefangenen beobachtete, mit ihren starken Mandibeln fertig. — DIDI u a Se a ar a a } Zum Reinigen des Körpers von Sand etc. dient, wie mich die Beobach- tung lehrte, das zweite und dritte nicht verbreiterte Fußpaar eben so gut wie das erste. Um den auffallenden Unterschied des ersten Fußpaares von den anderen zu zeigen, habe ich auch einen langgestreckten Mittelfuß abge- bildet (Fig. 56). Eine Erklärung für diese auffallende Verschiedenheit der Füße kann ich also nicht geben. Haben wir vielleicht eine aus früheren Entwicklungsstufen der Staphyliniden erhalten gebliebene Bil- dung vor uns? — Auffallend ist, dass sich in der ganzen Abtheilung der Lamellicornier keine Haftapparate der bisher beschriebenen Art finden, weder sexuelle noch Kletterapparate. Es gilt dies nicht allein für die auf der Erde lebenden Formen, wie z. B. Geotrupes (Mistkäfer), sondern auch für auf der Rinde (Lucanus, Dorcus) und sogar sich auf Blättern aufhaltenden Formen (Cetonia, Rosenkäfer, Osmia, Melolontha, Ani- soplia, Mai-, Juni-, Brachkäfer). Bei allen diesen zeigt meist die Tibia eine sehr starke Entwicklung, wogegen die Tarsen sehr dünn und un- bedeutend sind, so dass auf ihnen überhaupt kaum noch Raum für Gebilde wie Saugnäpfe, oder Röhrchen etc. ist. Dies thatsächliche Feh- len von Chitingebilden der seither besprochenen Art bei der großen Abtheilung der Lamellicornier widerlegt offenbar die Worte TurFEN Wesr's!: »Tenent hairs are so usually present in some modification or other, that itis really difficult to name a beetle, which has not some form of them; the only one I yet know, that seems to me really to pos- sess nothing of the kind is a species of Helops which loves on sandy heaths.« — Nach v. Reichenau sind die Tarsen beim Stutzkäfer »rudimentär, leicht abfallend und die als fleißige Graber bekannten Pillenkäfer oder Ateuchusarten haben sie im Lauf der Generation bereits verloren «2. Bei dem noch verhältnismäßig große Tarsen besitzenden Enemia lupereus (exotische Form) fand ich am starken Klauenglied wohl Chitin- haare, dieselben erwiesen sich jedoch, wie ich vermuthete, unter dem Mikroskop als einfache Borsten. — Dagegen ist bei den Lamellicorniern verbreitet ein am Klauenglied befindliches Borstenbüschel, das wohl als Tastapparat dient, wie wir Ähnliches bei Hydrophilus fanden. — — Wir verlassen nun die Käfer, um zu den übrigen Insektenordnungen überzugehen, deren Mitglieder alle oder theilweise die Fähigkeit be- sitzen, eben so wie viele Goleopteren, an glatten Flächen umberzulaufen. Es sind dies die Dipteren, Hymenopteren, Hemipteren, Lepidopteren und Neuropteren. - 1 TUFFEN West, 1. c. p. 416. 2 v. REICHENAU, |. c. NULL Be a A , Untersuchungen uber Haltapparate an zarsalgliedern von Insekten. 555 Dieseiben stehen, so weit mir bekannt, sämmtlich dadurch den CGoleopteren gegenüber, dass sich an der Unterseite ihrer Tarsen nie Röhrchen, oder ähnliche Gebilde finden, sondern, dass die Kletterfähig- keit bedingt wird durch ein, zwei oder drei sogenannte Haftlappen, welche sich am Ende des letzten Tarsalgliedes unterhalb der Klauen befinden. Ich werde nicht alle genannten fünf Ordnungen mit gleicher Ausführlichkeit behandeln, sondern mich im Wesentlichen auf Dipteren und Hymenopteren beschränken, ohne indessen bei diesen, wie ich es bei den Coleopteren, besonders Dyticiden und Carabiden that, der Systematik Rechnung zu tragen. Außerdem werde ich die Tarsen eini- ger Orthopteren kurz berühren. — Ich wurde zu diesen Untersuchungen, eben so wie zu den vorher besprochenen über die kletternden Käfer, veranlasst durch die schon etwa 200 Jahre alte, in neuester Zeit wieder von Dzwırz ans Licht ge- zogene, und wie er meint, von ihm endgültig entschiedene Frage: »Wie ist es den Stubenfliegen und vielen anderen Insekten möglich, an senk- rechten Glaswänden emporzulaufen ? !« Da ich zunächst die Fliegen im Auge habe, lasse ich eine kurze Be- schreibung des Kletterapparates der Dipteren folgen, welche zum Ver- ständnis des Folgenden dienen soll. Am äußersten Tarsalglied der Fliegen befinden sich zwei verhältnis- mäßig bedeutende, bei größeren Fliegen (Musca domestica, vomitoria, Eristalis taenax, vinctorum u. a.) mit bloßem Auge sichtbare Haftlappen. Es sind dies farblose, sehr dünne, Anfangs schmale, dann sich rasch verbreiternde Chitinblättchen, welche an ihrer Unterseite mit zahllosen mikroskopischen in Quincunxstellung angeordneten Chitinhärchen besetzt sind, und am äußeren Rand von diesen überragt werden. Öfter, z.B. bei Asilus, finden sich in der Mitte des sonst farblosen Haftlappens je ein oder zwei braun pigmentirte Streifen. Wahrscheinlich ist diese Pig- mentirung als eine Verdickung aufzufassen (ähnlich wie bei den Dyticiden die pigmentirten, dicken Radien im Gegensatz zu der farblosen, dünnen Membran), welche dem ganzen Haftlappen eine Art Stütze gewährt und ein festeres Anlegen desselben an seine Unterlage begünstigt. Oberhalb der Haftlappen befinden sich zwei starke Klauen, wie bei fast allen an- deren Insekten auch. Letztere erleichtern den Fliegen jedenfalls das Klet- tern an rauhen Wänden etc. durch Eingreifen in deren Vorsprünge und Vertiefungen. — Dass das Klettern an glatten Flächen, wie Glas etc., durch die Haftlappen ermöglicht wird, sieht man sofort, wenn man Fliegen in ein mit einem Glasdeckel verschlossenes Gefäß bringt; man 1! Dewırz, Sitzungsberichte. 4884. p. 5 und 109, bemerkt alsdann, dass bei diesem Laufen oder Ruhen an einer Stelle nur die Haftlappen gebraucht werden, die Klauen aber außer Thätigkeit bleiben. — Warum ich diese vielleicht unnöthig erscheinende Bemer- kung hier einschalte, wird sich bald aus dem Folgenden ergeben. Ehe ich meine weitere Ansicht ausspreche, wie es der Fliege möglich ist an glatten: senkrechten, oder wagrecht überhängenden Flächen umher- zulaufen, will ich einen kurzen Überblick über die verschiedenen mir bekannt gewordenen Ansichten, welche man über diesen Punkt ausge- sprochen hat, in chronologischer Folge geben. Um die verschiedenen Erklärungen, welche man alle gegeben hat, möglichst nahe zusammenzustellen, und.sie nicht durch Einschaltungen aus einander zu ziehen, halte ich es für besser die Einwände und Wider- legungen der verschiedenen Ansichten erst am Schluss des geschicht- lichen Überblicks zu bringen. — Im Jahre 1664 gab auf unsere Frage Power! die Antwort: Die Fliege hält sich an Flächen fest durch die Haken an ihren Füßen, ist die Fläche jedoch zu glatt, so kann sie aus einer schwammartigen Bildung am Fuß einen klebrigen Stoff absondern, mit dem sie sich anklebt. Im Jahre 1667 bestreitet Hooke?, welcher bereits die Härchen an den Haftlappen kannte, die Absonderung eines Sekrets und nimmt an, dass über allen Flächen stets eine dunstige Schicht (»smoky substance«) liege, in welche die Fliege ihre Härchen einstecke und sich dadurch Halt verschaffe. Nach der Ansicht Power’s, die er kannte, vermochte er sich nicht zu erklären wie die Fliege den festgeklebten Fuß so rasch wieder losbringen und so schnell umherlaufen könne. Eine dritite, einigermaßen an die von Hooke gegebene Erklärung erinnernde Ansicht stellte 1696 LEEUwEnHOER3 auf. Er sah die Fortsätze an den Haftlappen als Häkchen an und sagt, auch am sorgfältigst ge- reinigten Glas hängen immer noch mikroskopische Spuren von Feuchtig- keit und Staub, und die dadurch bewirkte Unebenheit des Glases er- möglicht den Fliegen das Laufen. Er vergleicht die Häkchen der Fliegen mit den Krallen an den Füßen großer Krebse, welche an der norwegi- schen Küste an Felsen hinaufklettern. 1738 giebt Reaumur die Erklärung, auch die für unsere bloßen Augen sorgfältigst geglättet erscheinenden Flächen enthalten Uneben- heiten, welche den Häkchen an den Haftlappen der Fliegen Anhalts- 1 GEORGE Power, Experimenial Philosophy. p. 5. 2 Hook, Micrographia. 4667. p. 170. 3 LEEUWENHOEK, Collected works. 1696. vol. 41. p. III. p. 1—73. 4 M.DE REAUMUR, M&moires pour servir a l’histoire des Insectes. T.IV. Mem. VI. p- 259. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 535 punkte gewähren. »CGes poils peuvent s’engrainer dans les in6galites des corps les plus polis ä nos yeux et doivent aider a soutenir les mou- ches contre le verre plat, pos&e m&me verticalement, comme celui de nos fenetres.« Eine andere, die thatsächlichen Verhältnisse gerade umkehrende Ansicht äußerte 1764 Krırer! in Nürnberg. Er sagt nämlich, wenn die Fliege auf wagrechten Flächen hinläuft, so benutzt sie die Haftlappen ; beim Laufen an senkrechten Flächen aber, zumal an Glas, hält sie sich vermittels der in die Unebenheiten der Flächen eingreifenden Krallen. — „Der Rand dieser Fußblätter ist mit kurzen Haaren, oder vielmehr steifen Borsten besetzt, womit dieFliege denMonarchen so wenig als den Bettler verschont, und diejenigen zur Ungeduld reizt, die sie vom Schlaf erweckt, wenn sie über das Gesicht weglaufet und die Haut küzelt. Diese Theile an den Füßen zeigen nun von selbst, dass die Fliege die Fuß- blätter auf wagrechten, die hinter solchen befindlichen Krallen aber auf senkrechten, zumal glatten Flächen, als Glas, Porcellain u. dgl. oder, wenn ihr Rücken mit der unteren Fläche gleichlaufend ist, gebrauchet. Im ersten Fall darf sie nur die Krallen in die Höhe heben und auf den Fußblättern fortlaufen, im letzteren aber die feinen Spitzen der Krallen nur in die kleinen unsichtbaren Grübchen glatter Flächen einschlagen und die Fußblätter erheben. Zum öftern kann man Letzteres an den Fliegen sehen, die mit einge- schlagenen Krallen an den Spiegeln oder Fensterscheiben ihr Leben ge- endiget haben und daran hängen geblieben sind.« — Der Engländer GiLgerr White? stellte 1788 eine neue Ansicht auf, indem er das Laufen der Fliegen an Glas in erster Linie dem Luftdruck, nebenbei aber, wie es scheint, auch einer klebrigen Flüssigkeit zuschreibt. »Gegen Ende des Jahres wird der Widerstand (Druck der Luft) zu stark für ihre abnehmenden Kräfte und man sieht allenthalben Fliegen sich anstrengen und von den Fenstern ihre Füße ziehen, als ob sie fest am Glase säßen, und nur mit der größten Schwierigkeit können sie einen Fuß nach dem anderen erheben und ihre hohlen Kappen (»hollow caps«) von der schlüpfrigen Oberfläche ablösen. Wenn sie (mit Zunahme der kalten Witterung) schwächer werden, muss man bemerken, dass sie sich mit Mühe bewegen und kaum fähig sind ihre Beine zu heben, welche an das Glas angeleimt scheinen, und in der That kleben manche hier an, bis sie auf dieser Stelle sterben. « — 1 Geschichte der gemeinen Stubenfliege von dem Herrn Verfasser des Neuesten aus dem Reiche der Pflanzen etc. Herausgegeben von Jon. Cur. KeLLer, Maler in Nürnberg. | 2 Natural history.of Selborne. Edition with BEnNET’s notes. p. 474—475. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 36 536 Georg Simmermacher, Zehn Jahre später (1798) äußerte auch Deruanm ! die Ansicht, dass das Laufen der Fliegen u. a. Insekten an glatten Flächen auf Luftdruck beruht. »Ich möchte hier verschiedene Fliegen und andere Insekten nennen, die außer ihren scharf gekrümmten Klauen auch fleischlose Platten an ihren Füßen haben, die sie befähigen an Glas und anderen glatten Körpern mit Hilfe von Luftdruck zu haften.« — Kırey und SPEnce schreiben in ihrem 1817 erschienenen Werk? die betreffende Fähigkeit der Fliegen ebenfails dem Luftdruck zu und schei- nen den ganzen Haftlappen für einen Saugnapf anzusehen. »Furnished with a sucker at each extremity by means of these organs it marches up and down at its pleasure or as the state of the atmosphere inclines it.« — In J. Wacer’s 1830 erschienenem Werk über Systematik der Wirbelthiere® finde ich in einer Anmerkung folgendes auf unsere Frage Bezügliche: »Die Beobachtung, dass Fliegen gegen ihre Schwere selbst auf senkrecht stehenden Gläsern stehen können, hat schon so Manchen zur Frage ‚wie dies möglich sei‘ veranlasst. Es geht damit wie bei den Plattzünglern zu. Diese Insekten haben nämlich am letzten Fußwurzelglied zwei Saugnäpfchen, welche mit ihm durch einen schmächtigen und trichterförmigen Hals zusammenhängen, unmittelbar unter der Wurzeleiner jeden Klaue stehen, sehr dehnbar, konkav-konvex, an dem Rande gezähnelt und nach allen Seiten hin beweglich sind. Ihre konkave Fläche ist mit Flaum bedeckt, welche ohne Zweifel die bei den Plattzünglern befindlichen Hautplättchen vorstellt; ihre konvexe körnig. Diese Näpfchen erweitern sich beim Auftreten des Fußes und treiben auf der Standebene so vielLuft unter sich aus als nöthig ist, um durch den Druck derselben das Fallen des Insekts zu verhindern.« — Im Jahre 1833 sprach dann BrackwaAuLL in the Transactions of the Linnean Society * wieder die alte Ansicht aus, das Laufen der Fliegen auf glatten Flächen beruhe nur auf den mikroskopischen Unebenheiten der- selben, und den Härchen auf den Haftlappen würden durch diese Ver- tiefungen und Erhöhungen Anhaltspunkte verschafft. Sehr bald aber (im selben Band) widerruft er diese Ansicht und schreibt das Haften allein der Wirkung eines klebrigen Sekrets zu, welches aus den Här- chen der Haftlappen von Fliegen (eben so von Bienen und Wespen wie auch aus den die Tarsen bedeckenden Röhrchen mancher Käfer) abge- 1 DERHAN, Physiko-Theology. 1743. Vol. II. p. 289. 2 Kırsy WırtLıam and WıLLIıAMm SpEncE, Introduction to Entomology. London, Stuttgart. 4817. p. 326. 3 WAGLER, Natürliches System der Amphibien. 1830. p. 234. Anmerkung. * Transactions of the Linnean Society. 1833. XVI. p. 491. 5 Transactions of the Linnean Society. 1833. XVI. p. 767. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 9347 sondert wird und.-die Insekten gewissermaßen anleimt. Eine Mitwir- kung des Luftdrucks bestreitet er ausdrücklich und beruft sich auf seine diesbezüglichen Versuche mit der Luftpumpe und darauf, dass es den Insekten unmöglich war an einem Glascylinder umherzulaufen, wenn er dessen Wand mit Mehl oder einem anderen feinen Staub wie Gips etc. bestreute. — 1845 wiederholte BrackwaLL seine Ansicht in »Annals of natural history«! unter nochmaligem Hinweis auf das klebrige Sekret (welches er auch bei Spinnen beobachtet haben will) und seinen Ver- such mit der Luftpumpe, zu welch letzterem er die gewöhnliche Haus- fliege benutzte. — 1846 wurde diese Ansicht Brackwarr's im Auszug wiedergegeben im Archiv für Naturgeschichte ?. 4844 sprach Newmann® von einer unbegrenzten Zahl von Härchen, welche die Unterseite der Tarsalglieder wie ein Polster bedecken, an ihrem Ende etwas erweitert sind, und beständig einen klebrigen, gummiartigen Stoff absondern, der den Insekten, weiche diese Haare besitzen, das Klettern an glatten Flächen auch gegen die Schwerkraft möglich macht. Newmann scheint dabei mehr Käfer wie Fliegen im Auge zu haben, sieht aber jedenfalls das Sekret als wirklich kle- bend an. — Geuser ? erklärt sich 1846 das Laufen der Fliegen an glatten Flä- chen durch Adhäsion. Er sagt (in Bezug auf die Baumheuschrecken): »Also in nichts Anderem als in Adhäsion ist das Laufen an glatten Flä- chen begründet« — und in einer Anmerkung dazu: »Aus demselben Grunde können auch die Fliegen am Glase laufen, nicht nur an senk- rechten Wänden, sondern auch an Decken. Es sind weder Haken, wo- durch sie sich festhalten, noch geschieht es durch Ansaugen, wie manche Naturforscher glauben.« — | v. SıegoLp erwähnt 1848 in seiner vergleichenden Anatomie die Ansicht BrackwaLr's, stimmt derselben aber nicht unbedingt zu, son- dern ist der Meinung, dass dieselbe noch einer genaueren Prüfung be- dürfe. »Die Richtigkeit dieser Behauptung, welcher auch SpEncE in the Transactions of the Entomological Society vol. IV. p. 18 beigetreten ist, bedarf indessen noch einer genaueren Prüfung. « 1 Annals of natural history. 4845. XVI. p. 445. Joun BLACKWALL, On the means by which walk various animals on the vertical surface of polished bodies. 2 Archiv für Naturgeschichte. 4846. II. p. 490. Referat über die Arbeit von BrAckwALr in Annals of nat. hist. XVI. 3 E. Newman, Entomolog. Mag. 4841. I. p. 447. * Dr. H. GeuseL, Neuere Beiträge zur Zoologie. Frankfurt a/M. 1846. p. 50. 5 v. SIEBOLD und Staunıus, Lehrbuch der vergl. Anatomie. Bd. I. Wirbellose Thiere. Berlin. 4848. p. 563. 36* 5938 Georg Simmermacher, 1854 wird die Ansicht Brackwaur's wieder von Hrpwortn! bestritten, indem er behauptet, die einzelnen Härchen wirkten wie Saugnäpfe (die- ser Auffassung entsprechen auch seine Abbildungen). 1855 wiederholt? er seine Ansicht, giebt indessen zu, dass das ausiretende Sekret die Wirkung unterstütze, sagt aber, es sei nicht klebrig, sondern verdunste im Gegentheil sehr schnell; wäre es klebrig, so würde der Fuß bei 10 bis 15 minutigem Haften an einer Stelle festkleben und beim Losreißen Noth leiden. — Derselben Ansicht ist TurreEn West® in seiner 1862 erschienenen, schon mehrmals angeführten Abhandlung I»the foot of the fly...«. Er lässt die einzelnen Härchen als Saugnäpfe wirken (vgl. auch seine diesbezüglichen Abbildungen z. B. 10a, e, Scatophaga stercoraria) und schreibt dem Sekret nur eine unterstützende Wirkung zu. Dagegen wird in den schon öfter citirten Sitzungsberichten der Gesellschaft naturf. Freunde in Berlin 1882 von Dewırz * die BLACK wALL- sche Ansicht, dass sich die Fliegen nur mit Hilfe des Sekrets ankleben, mit allem Eifer wieder aufgenommen , wie ich weiter vorn zeigte, auch für Hyla arborea und Geckonen als gültig hingestellt, und in einem kurzen Artikel im Zool. Anzeiger® auch auf »springende Insekten« und Spinnen ausgedehnt, mit welchem Recht, werden wir später sehen. — — Nachdem ich nun den geschichtlichen Überblick über die verschiede- nen geäußerten Ansichten beendet, möchte ich nunmehr zu einer kurzen Kritik derselben übergehen. — Die zuerst 1664 von PowEr ausgesprochene Ansicht von einer »schwammartigen« Bildung am Fuß scheint mir weniger aufklarer Kennt- nis der morphologischen Verhältnisse als auf einer Vermuthung zu be- ruhen. — Hooke (1667) dagegen hatte die Härchen am Haftlappen schon gekannt. Dass über jedem, auch dem sorgfältigst getrockneten Glas noch eine dünne Feuchtigkeitsschicht liegt, ist auch durch optische Versuche erwiesen, dass diese aber den so zu sagen in sie eingesteckten Härchen einen Halt verschafft, ist natürlich nicht anzunehmen. Bemerkenswerth ist übrigens, dass es schon Hooke unwahrscheinlich erschien, dass die Fliege den angeklebten Fuß so rasch wieder loszureißen, und mit solcher Schnelligkeit, wie man es bei warmem Wetter jederzeit beobachten kann, umherzulaufen vermag. 1 Quarterly Journal of Microscopical Science. 4854. II. p. 158—163. Jous HEPwoRTH, On the structure of the foot of the fly. ?2 Quarterly Journal of Microscopical Science. 4855. III. p. 312—334. 3 Transactions of the Linnean Society. XXIII. 1862. 4 Sitzungsberichte. 4882. p. 5—7 und p. 109—143. | 5 Zoologischer Anzeiger. 1883. VI. Nr. 439: Dewırz, Die Bes ne durch einen klebenden Schleim beim Springen gegen senkrechte Flächen. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 539 Die von LEEUwENHOoER (1738) geäußerte Ansicht, die auch dem sorg- fältigst gereinigten Glas anhaftenden Staub- und Feuchtigkeitsatome ge- währten den Fliegen Halt, verträgt sich nicht mit der Thatsache, dass man schon bei schwacher Vergrößerung die Härchen an den Haftlappen erkennt, aber selbst bei starker Vergrößerung nicht die von LEEUWENHOEK angenommenen Verunreinigungen finden kann. Außerdem hat auch, wie schon bemerkt, BLAcKwALL gezeigt, und ich fand dies bestätigt, dass ein auf das Glas gestreutes feines Pulver den Fliegen und anderen Insekten das Laufen unmöglich macht. Der erste Einwand gilt auch für die von Rtaumur (1738) geäußerte Meinung. So gut wie man die Spitzen der Härchen deutlich erkennt, müsste man auch die von Rtaumur angenommenen Unebenheiten im Glas erkennen, die sich aber z. B. an einem Objektträger nicht finden lassen. Reaumur führt nun auch an, dass einzelne Insekten an glatten Flächen laufen könnten, welche gar keine Haftlappen besäßen : — »il-y-en a plu- sieurs especes qui n’ont point de ces pelotes, il suffit de citer les abeilles pour exemples de celles ä qui elles manquent, et qui n’en marchent pas moins bien sur le verreic«. Die Bienen besitzen indessen (wie auch andere von mir untersuchte Hymenopteren) eben so gut Haftlappen mit Chitinhärchen wie die Fliegen. Dieselben sind indessen nicht scharf in zwei oder drei Theile gesondert, wie bei diesen, sondern mehr oder weniger zusammen verschmolzen. Ich werde darauf noch später zurückzukommen haben. Hummeln und Libellen, welchen die Haftlappen wirklich fehlen, vermögen nach meinen Beobachtungen nicht an Glas zu laufen. — Das 1764 von KeLLer in Nürnberg Gesagte, die spitzen Krallen ver- schafften den Fliegen Halt am Glas durch Eingreifen in dessen Uneben- heiten, und auf wagrechten Flächen bedienten sie sich der »Fußblätter«, ist, wie schon gesagt, geradezu eine Umkehrung des thatsächlichen und leicht zu beobachtenden Verhaltens der Thiere. Wir werden auch später sehen, dass bei ectoparasitisch lebenden Dipteren, welche nie auf glatten Flächen zu laufen genöthigt sind, die Haftlappen eine offenbare Rück- bildung, die Klauen dagegen eine stärkere Ausbildung wie bei Musca, Eristalis, Asilus u. A. erfahren haben. — GILBERT Wnıte (1788) und Dernanm (1798) waren die Ersten, welche das Haften der Fliegen dem Luftdruck zuschrieben. Deruam war jedoch der irrigen Ansicht, dass jedes einzelne Härchen wie ein Saugnapf wirke (wie bei Dyticus), was, da die Härchen stets spitz auslaufen, natürlich unmöglich ist. — 1 REAUMUR, 1.c.p. 259. 540 Georg Simmermacher, Spence hat seine erste Ansicht (von 1847), das Haften beruhe auf Luftdruck, später wieder aufgegeben und sich der Ansicht angeschlossen, es würde durch ein klebendes Sekret bewirkt!. Diese Meinungsänderung von SPENCE ist mir nicht durch seine eigene Veröffentlichung, sondern nur durch von SızsoLp? bekannt. — ; Zu der vox WacLer 1830 in seinem Werk über Amphibien gelegent- lich gemachten Anmerkung möchte ich zweierlei bemerken. Zunächst ist der Rand der Haftlappen nicht »gezähnelt«, wie WAGLEr sich aus- drückt, sondern abgerundet; die anscheinende Zähnelung kommt nur von den den Rand überragenden Härchen. Ferner bin ich über die Be- deutung dieser Härchen anderer Meinung wie WaAGLEr. Derselbe hält diese Härchen, oder diesen »Flaum«, wie er sich ausdrückt, in ihrer Wir- kung für gleichbedeutend mit den Hautblättchen auf der Fußsohle der Geckonen. — Nach den weiter vorn angeführten Arbeiten haben diese Hautplättchen den Zweck, dass je zwei von ihnen einen Raum herstellen, in dem durch Niederdrücken und Wiedernachlassen ein Vacuum ge- bildet wird. Die Bedeutung der Chitinhärchen der Dipteren (und auch Hymenopteren) ist meiner Ansicht nach die, der ganzen als Saugapparat wirkenden Fläche der Haftlappen Elasticität zu verleihen, und dadurch das schnelle Laufen an glatten Flächen zu ermöglichen. — BLAcKwWALL gab seine 1833 veröffentlichte Ansicht, es wären einfach Unebenheiten im Glas, welche den Fliegen Halt verschafften, wie schon vorn bemerkt, selbst sehr bald wieder auf, um dagegen unter Be- streitung einer Mitwirkung des Luftdrucks das Haften allein der Klebrig- keit des Sekrets zuzuschreiben. Bei einer genaueren Verfolgung der von BrackwALL geschilderten Versuche wird man jedoch bald erkennen, dass dieselben einerseits in ungenügender Weise ausgeführt wurden und dadurch zu weit gehende Schlüsse veranlassten, und dass sie andererseits Widersprüche in sich selbst enthalten. Die Absonderung eines Sekrets aus den Tarsen und Haftlappen schloss BrackwALL daraus, dass er in einem Glas Insekten (Käfer, Fliegen, Wespen) und auch Spinnen umherlaufen ließ und alsdann an diesem Glas die Spuren des Sekrets fand. Bei dieser Art und Weise des Ex- perimentirens konnte BLACKwALL weder sagen, von welchen der im Glas befindlichen Thiere das Sekret abgesondert wurde, noch in welcher Menge es von den einzelnen Arten abgesondert worden war, noch aus welchen Körpertheilen es kam. Dass bei diesem Versuch nicht alles 1 Transactions of the entomological Society. IV. p. 18. 2 von SIEBOLD, 1. c. p. 563. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 541 Sekret aus den Haftlappen abgesondert worden sein muss, beweist die Thatsache, dass ich sah, wie Wespen, die ich an einem Glasdeckel laufend beobachtete, aus ihren Mundtheilen beständig eine glashelle Flüssigkeit und zwar in ganz bedeutender, mit bloßem Auge sofort sichtbarer Menge absonderten. Durch die Art und Weise, in der BLackwaLı seine Versuche ausführte, konnte er also zu ganz übertriebenen Ansichten über die Menge und damit die Bedeutung des Sekrets gelangen, und außerdem nicht erkennen, ob jedes im Glas befindliche Thier an der Absonderung betheiligt war. Einen Widerspruch in sich selbst enthält die Schilderung seines Versuchs mit der Luftpumpe, durch den er beweisen wollte, dass der Luftdruck beim Haften keine Rolle spiele, und das Haften nur als ein Kleben zu bezeichnen ist. Dabei sagt er aber selbst, dass die unter der Glocke befindlichen Fliegen Anfangs munter an derselben hinliefen und dass sie später — wenn sie durch die Unmöglichkeit, athmen zu können, ihre Kraft verloren hätten — von dem Glas abfielen. — Nun, hätten sich die Thiere angeklebt, so hätten sie nach Verlust ihrer Kräfte doch gerade, weil sie die Füße nicht mehr loszubringen vermochten, hängen bleiben müssen! »With his assistance and the help of his air pump it was de- monstrated to the entire satisfaction of several intelligent gentlemen present that the house fly, while it retains its vital powers unimpaired cannot only traverse the upsides but even the interior of the dome of an exhausted receiver; and that the cause of its relaxing its hold and ulti- mately falling from the station it occupies is a diminution of muscular force, attributable to impeded respiration!.« Dass die durch Luftmangel geschwächten Thiere nicht am Glas hängen blieben, stimmt mit dem Ergebnis des Versuchs überein, den ich schon bei Behandlung der Chrysomeliden schilderte, dass nämlich in ein Glas gesetzte Fliegen, eben so wie Bienen u. a. Insekten, sofort zu Boden fielen, wenn ich einen Tropfen einer betäubenden Flüssigkeit in das Glas brachte. — Klebten sich die Thiere an, hätten also beim Laufen konstant die Wirkung des klebenden Sekrets zu überwinden, so müssten sie ja gerade in Folge einer durch Luftmangel (eben so wie durch Betäubung) herbeigeführten Entkräftung einfach an der von ihnen ein- genommenen Stelle sterben und ruhig an derselben hängen bleiben. — 1827 scheint indessen BLAcCKwALL mit seinem Versuch mit der Luftpumpe einen scheinbar besseren Erfolg gehabt zu haben. — Er beschreibt 1845 seinen 1827 angestellten Versuch und sagt u. A.?: »In the next place I put specimens of the common house-fly into the receiver of an air 1 Transaction of Linn. Soc. 4833. XVI. p. 487. 2 Annals of nat. history. 4845. XV. p. 145. 942 ueVIZ DIOMEIMACHET, pump, after having exhausted the air, observed that they walked readily upon its inner surface as long as their vital powers were unimpaired, and that some individuals died adhering to its sides, from which it re- quired a slight degree of force to detach them.« — Aber auch nach dem hier geschilderten Versuch kann ich nicht an- nehmen, dass das Haften der Fliegen durch Ankleben geschah. Zunächst sagt auch hier wieder BrackwALr, sie liefen so lange munter am Glas umher, »as their vital powers were unimpaired« und dann starben nicht alle, sondern nur einige (»some individuals«) an der von BLAcKWALL ge- wünschten Stelle am Glas. — Ich glaube aber ganz bestimmt, dass, wenn dieser 1827 angestellte, 1845, also volle 18 Jahre später, veröffentlichte Versuch richtig beschrieben ist, was bei dem großen zwischen Versuch und Beschreibung liegenden Zeitraum vielleicht doch etwas bezweifelt werden darf, die an der Wand der Glocke gestorbenen Fliegen nicht mit ihren Haftlappen angeklebt waren, sondern mit ihrem Rüssel. — In dieser Stellung findet man nämlich sehr häufig, besonders im Herbst, Fliegen an Spiegeln, Fensterscheiben ete. hängend, und bei so gestor- benen Exemplaren bedarf es in der That einer gewissen sich dem Gefühl bemerkbar machenden (wenn natürlich auch schwachen) Anstrengung, sie von der Fläche, an der sie hängen, loszureißen. — Die Beine berühren in diesen Fällen die betreffende Fläche nicht, sondern stehen meist von derselben ab. Gerade die diesbezüglichen Worte BLack war's: »from which itrequired a slight degree of force to detach them«, lassen mich vermuthen, dass die unter der Luftpumpe gestorbenen Fliegen nicht mit den Füßen hafteten, sondern in derselben Weise wie die eines natürlichen Todes gestorbenen Fliegen. — (Bezüglich der im Herbst mit dem Rüssel an Scheiben haftenden Fliegen, vgl. auch die vorn p. 535 von KeLLer geäußerte Ansicht, die betreffenden Individuen hätten ihre Kralien in die Vertiefungen des Glases eingeschlagen. — Eben so vgl. die dies- bezügliche Äußerung GıLserr Wuıte’s p. 535.) — Das Austreten eines Sekrets aus den Haftlappen habe ich selbst direkt beobachtet, und zwar in der Weise, dass ich auf den Tisch des Mikroskops ein niedriges Schächtelchen setzte, dessen Boden und Deckel entfernt waren. Letzterer wurde ersetzt durch einen Objektträger. In diesen Raum brachte ich nun eine Fliege, deren Haftlappen ich, wenn das Thier am Objektträger hinlief, beobachten konnte. Ich erkannte dann in der That zeitweise äußerst kleine Tröpfehen eines wasserhellen Sekrets. Dieses Sekret war aber erstens in viel zu geringer Menge vor- handen, um allein ein Ankleben der Fliege bewirken zu können, zweitens vermochte ich durchaus kein regelmäßiges Austreten desselben, d.h. Austreten bei jedesmaligem Aufsetzen der Haftlappen, zu beobachten. Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 543 Trotzdem machte ich noch zwei Versuche, ob ich nicht ein Ankleben der Fliegen im Tode beobachten könnte, wodurch die Brackwaur’sche Ansicht bestätigt würde. Ich brachte mehrmals einige Fliegen in ein Glas, verschloss dasselbe, und ließ es dann ruhig stehen. Ich dachte, kleben die an der Wand des Glases sitzenden Fliegen wirklich an, so werden sie, da ihnen alle Nahrung fehlt, in dieser Stellung sterben. Dem war aber nicht so, sondern nach einigen Tagen lagen die Fliegen alle mit dem Rücken auf dem Boden des Gefäßes. Ich machte nun einen anderen Versuch; um ein möglichst rasches Eintrocknen des »Klebstoffs« herbeizuführen, setzte ich wieder mehrere Fliegen in ein Glas, verschloss es, und brachte es, als ich die Thiere an der Wand des Glases umherlaufen oder sitzen sah, schnell in einen ge- heizten Backofen. Der Erfolg war derselbe. — Nach wenigen Minuten lagen die Thiere mit dem Rücken auf dem Boden. Die von BLackwaLı geäußerte Ansicht ist also auch nicht die richtige; eben so wenig wie die von NEwManNn, welcher, wie BLACKWALL, zur Er- klärung des Haftens ein klebendes Sekret zu Hilfe nimmt. Die von HrpworrnH 1854 und auch von Turren West 1862 geäußerte und auch durch ihre Zeichnungen illustrirte Meinung, dass die einzelnen Härchen an den Haftlappen wie Saugnäpfe wirken, ist natürlich gleich- falls zu verwerfen. Die Härchen laufen sämmtlich spitz aus. so dass eine derartige Wirkung unmöglich ist, und endigen nicht, wie es HEPwORTH und Turren West in ihren Abbildungen darstellen, mit einem Saug- scheibchen. Ein solches sollen doch jedenfalls die Kreischen am Ende eines jeden Härchens darstellen. Dewırz stellte in seinen Veröffentlichungen in den Sitzungsberichten d. Ges. naturf. Freunde 1882 nichts Neues auf, sondern wiederholte nur ‚ das bereits von BLackwarL Behauptete und dehnte es auf alle klettern- ' den und auch springenden Insekten und Spinnen aus. | Ich glaube nun im Vorhergehenden zur Genüge gezeigt zu haben, dass die Erklärung des Laufens der Fliegen an glatten Flächen durch ein ' jedesmaliges Ankleben und Wiederlosreißen nicht die richtige ist. Das ' Haften der Füße an glatten Flächen beruht auf Adhäsion, die bei den Fliegen eben so wie bei den Käfern durch ein feuchtes Sekret noch etwas begünstigt werden kann. Die dicht mit Chitinhärchen besetzten Haft- ‚ lappen vermögen sich, dem Druck des Fußes folgend, jeder glatten Fläche ‚ vollkommen anzulegen, wobei die unter den Haftlappen befindliche Luft verdrängt wird, und die äußere Luft ihren Druck ausübt. (Ein luft- ‚leerer Hohlraum kann freilich, da die Haftlappen keine wirklichen Saug- näpfe sind, nicht hergestellt werden, ist aber auch bei dem geringen ‚Gewicht der Dipteren nicht nöthig.) — Die Härchen auf der Unterseite 544 Georg Simmermacher, der Tarsen tragen jedenfalls durch ihre Elastieität dazu bei den Fuß schnell wieder von seiner Unterlage losbringen zu können, und ermög- lichen dadurch das anhaltend rasche Laufen an glatten Flächen. (Schon die gleichmäßige Schnelligkeit des Laufens lässt ein jedesmaliges An- kleben und Wiederlosreißen der Haftlappen als unwahrscheinlich er- scheinen.) Den zuerst von BLackwALL angestellten Versuch, dass Fliegen nicht an Glas laufen können, wenn dasselbe mit irgend einem feinen Pulver bestreut ist, fand ich bestätigt. Derselbe bekräftigt aber nur die Ansicht, das Haften beruhe auf Luftdruck, denn an solchem durch aufgestreutes Pulver rauh gemachten Glas ist ein luftdichtes Andrücken der Haftlappen unmöglich. Beobachtet man Fliegen, welche etwa am Fenster umher- laufen, so sieht man, dass dieselben zeitweise einhalten und ihre Haft- lappen durch Reiben derselben an einander von anhaftendem Staub rei- nigen. Dass die Haftlappen kleine Staubpartikelchen nach und nach sammeln, sieht man, wenn man laufende Fliegen unter dem Mikroskop beobachtet, dann hinterlassen sie auf dem Objektträger öfter mikrosko- pische Staubtheilchen; sammeln sich diese in größerer Menge an, so sucht sie das Thier durch Reiben zu entfernen, weil sie die Wirkung des Luftdrucks unmöglich machen. — Wie will man die von Dewırz |. c. p. 6 angeführten Worte: »Als Beweis führte er an, dass bei einem auf das Bein ausgeübten Druck eine an der Luft erhärtende Flüssigkeit hervorquelle«, mit der Thatsache vereinigen, dass Fliegen stundenlang, wie ich beobach- tete eine ganze Nacht hindurch, an einer glatten Fläche (einem Spiegel, einem Fenster) sitzend zubringen ohne festzukleben, sondern bei der geringsten Veranlassung sofort weiterlaufen oder wegfliegen? Ich glaube, dass dies im Verein mit den bisher angeführten Thatsachen — die äußerst geringe Quantität so wie das unregelmäßige Austreten des Sekrets, — die schon Hooke 1667 aufgefallene Unwahrscheinlich- keit der Erklärung durch ein klebendes Sekret bei dem gleichmäßig schnellen Laufen der Fliegen, — die eigenen Worte BLackwaLL's bei Schilderung seines Versuchs mit der Luftpumpe, dass die Thiere vom Glas abfielen, wenn sie durch Luftmangel erschöpft waren, — die Un- möglichkeit des Laufens an glatten Flächen, wenn ein luftdichtes An- legen der Haftlappen durch künstliche Mittel (Bestäubung) verhindert wird, — das Scheitern aller Versuche ein Haften der Fliegen mit den Füßen im Tod herbeizuführen (durch Betäubung, durch schnelles Ab- tödten durch Hitze, durch langsames Sterbenlassen) — die Thatsache, dass man nie eines natürlichen Todes gestorbene Fliegen mit den Füßen angeklebt findet — — genügt, um die Ansicht von einem Ankleben Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 945 der Fliegen beim Laufen zu widerlegen und die Erklärung des Haftens durch Luftdruck zu rechtfertigen. — Es bleiben mir nun nur noch einige Worte über die morphologi- schen Verhältnisse des Dipterenfußes. — Wie bereits weiter vorn erwähnt, können bei schmarotzenden Dipteren, welche nie auf glatten Flächen laufen, die Hafılappen eine offenbare Rückbildung, die Klauen dagegen eben so wie die über das ganze Bein (und auch über den übrigen Körper verbreiteten Chitin- dornen) eine stärkere Entwicklung erfahren. Als Beispiel führe ich an die auf Vögeln parasitirende Vogellausfliege (Ornithomyia) Fig. 59, so wie auch die Hirschlausfliege (Lipoptera cervi). — Gewöhnlich ist der Dipterenfuß mit zwei Haftlappen ausgestattet, z. B. bei Musca domestica, M. vomitoria den Eristalis-Arten. Zwischen diesen Haftlappen befindet sich eine stabförmige, ebenfalls mit Chitin- härchen besetzte Verlängerung, welche indessen in der ganzen Ordnung der Dipteren mancherlei Modifikationen aufweist. Bei der schon ge- nannten Ornithomyia z.B. ist diese stabförmige Bildung in ein völlig haar- loses, auffallend verzweigtes Organ umgewandelt (Fig. 59). Wie man aus den Abbildungen Turren Wesr's ersieht, ist dies eben so bei Ephydra riparia (T. W. Fig. 16) und einer anderen Fliege, welche Turren West ohne Hinzufügung eines wissenschaftlichen Namens als »Sheep- tick« bezeichnet (T. W. Fig. 18). — Bei anderen Dipteren, welche drei Haftlappen, außer den zwei seitlichen noch einen mittleren, besitzen, haben wir den letzteren jeden- falls gleichermaßen als ein Umwandlungsprodukt dieser stabförmigen Verlängerung (welche in diesem Falle fehlt) anzusehen. Ich habe keinen solchen Fuß mit drei Haftlappen gezeichnet und verweise in dieser Beziehung auf die Abbildungen Turren Wesr's. T. W. Fig. 7 Fuß mit drei Haftlappen von Rhagio scolapacaeus. Fig. 12 - - - - - Bibio Marci. Fig. 3 - - - - — [(Bibio Marei: Ordn. Dipteren. U.-Ordn. Nemocera (Tipularia) Langhörner. Fam. Bibionides (Musciformes). Sargus cuprarius: Ordn. Dipteren. U.-Ordn. Brachycera. Fliegen. Fam. Stratiomyidae. Waffenfliegen !.) — - Sarcus cuprarius. 1 Nach Craus, Kl. Lehrbuch der Zooiogie. Marburg, 1880. p. 568. 946 | Georg Simmermacher, In der Ordnung der Hemipteren fand ich Haftlappen wie bei den Fliegen bei verschiedenen auf Sträu- chern und Kräutern lebenden Blattwanzen. Eben so aus der Ordnung der Neuropteren bei einigen Phryganiden. Die Fähigkeit an glatten Flächen zu laufen besitzen ebenfalls viele Lepidopteren. Dieselben haben Haftlappen wie die Fliegen, Wie ich an einem Sei- denspinner beobachtete, traten aus dessen Haftlappen beim Hinkriechen auf einem schief gehaltenen Objektträger unter dem Mikroskop ebenfalls hin und wieder aber äußerst minimale Spuren eines wasserhellen Se- krets. Verkehrt hängend konnte sich derselbe am Glas nicht halten, jedenfalls in Folge seiner verhältnismäßig bedeutenden Schwere. — Es eignete sich dieser Schmetterling zur Beobachtung am besten wegen seiner Trägheit, die ein Wegfliegen verhindert. — Wie verträgt sich bei den Schmetterlingen die Ansicht von einem klebrigen, an der Luft rasch eintrocknenden Sekret, abgesehen von allen anderen Einwänden, mit der Thatsache, dass alle Dimmerungs- und Nachtschmetterlinge den ganzen Tag an ein und derselben Stelle sitzen, und nur des Abends, oder in der Nacht einige Stunden fliegen ? — Während der 18 Stunden, die sie an ein und derselben Stelle sitzen, müssten sie doch sicher ankleben!? Interessant gegenüber den Dipteren ist die Betrachtung des Haft- lappens der Hymenopteren. Ich untersuchte und zeichnete die gewöhnliche Wespe (Vespa vul- garis), die Biene (Apis mellifica) und die Hornisse (Vespa crabro), alle in die Unterordnung Aculeata gehörig. Alle drei Arten laufen an glatten Flächen mit derselben Behendigkeit hin wie die Fliegen, mit Hilfe des schon dem bloßen Auge sichtbaren Haftlappens (die Hummel, Bombus hortorum, ebenfalls zur U.-O. Aculeata gehörig, enibehrt der Haftlappen, und besitzt die betreffende Fähigkeit nicht). — Bei den drei oben genannten Arten beruht die Fähigkeit, an glatten Flächen zu laufen, nicht auf bloßer Adhäsion, sondern auf der Bildung eines Vacuums. Es finden sich nämlich nicht mehr zwei oder drei ge- trennte Haftlappen, wie bei den Dipteren, sondern nur ein einziger, welchen wir gewissermaßen als durch eine Verschmelzung von zwei Dipterenhaftlappen entstanden ansehen können. Den Eindruck , als Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 547 haben sich zwei Haftlappen mit ihren inneren Seitenrändern an einander gelest und so eine Art Schale gebildet; empfängt man besonders bei Be- trachtung des Fußes von Vespa vulgaris (Fig.60), weniger auffallend ist dies bei Vespa erabro (Fig. 61) und eine Andeutung an zwei Theile ist nicht zu sehen bei Apis mellifica (Fig. 62). Am Rand dieser Bildungen stehen bei allen drei Arten, eben so wie bei den Dipteren, Härchen. Der Austritt einer sehr geringen Menge eines Sekrets lässt sich unter dem Mikroskop beobachten. Jedenfalls wirkt aber in allen drei angeführten Fällen (bei Biene, Wespe und Hornisse) der eine Höhlung umschließende Haftlappen wie ein Saugnapf, indem durch Andrücken und Wiedernach- lassen ein luftleerer Raum entsteht. Das am Rand austretende Sekret trägt dazu bei, einen luftdichteren Verschluss herbeizuführen, oder eine Adhäsion der der Unterlage wagrecht aufliegenden Theile (bei Biene und Hornisse) zu bewirken. Die Härchen wirken wahrscheinlich auch ela- stisch, wie bei den Dipteren. Es bedürfen die drei genannten, die Dipteren an Größe, also auch an Gewicht übertreffenden Hymenopteren einen stärkeren Halt und die- ser wird durch den in der beschriebenen Weise modificirten Haftlappen erlangt. — Ich will indessen hier bemerken, dass durch den Vergleich der Haftiappen der Dipteren und Hymenopteren nicht die Ansicht aus- gesprochen sein soll, letzterer hätte sich aus ersterem durch Verschmel- zung entwickelt. — Ähnliche wie die bei den drei besprochenen Hymenopteren be- sprochenen Gebilde finden sich nach einer Abbildung von Home!, aber nicht auf das Ende des Fußes beschränkt, sondern mehrere auf die Unterseite vertheilt bei Cimbex lutea (Hymenopt., Tenthredenidae). Durch eigene Anschauung kenne ich dieselben nicht, sondern nur aus ) genannter Abbildung. — Die bei den Dipteren beschriebene stabförmige Verlängerung zwi- schen zwei Haftlappen fand ich bei den drei untersuchten Hymenopte- ' ren nicht. Seitlich von den Haftlappen finden sich bei Biene und , Wespe starke Krallen, die bei der Hornisse auffallenderweise fehlen. ' Bei der Wespe sind auch diese Klauen mit Chitindornen besetzt. — In gewisser Hinsicht merkwürdige, noch nicht beschriebene Chitin- bildungen fand ich unter den | k | I Orthopteren ‚bei einigen Heuschrecken aus der Abtheilung der Locustiden und Acri- | diden, welche ich hier wenigstens kurz zur Sprache bringen möchte, 1 E. Home, Lectures on comparat, anatomy. London. 1829. Tome IV. Tab. \LXXXI. 948 Georg Simmermacher, wenn sie auch nicht in direktem Zusammenhang mit der in dieser Ar- beit behandelten Frage stehen. — Hone giebt in seinen »Lectures on comparative anatomy.«! Abbil- dungen der Tarsen von Gryllus-, Acridium- und Locusta-Arten, welche eine völlig glatte Oberfläche der einzelnen Ballen zeigen. - Auf den Ballen des Fußes von Locusta viridissima (Fig. 63) fand ich dagegen, eben so wie auf denen von Stenobothrus flavicosta (Fig. 6%), eigenthümliche Chitinröhrchen zerstreut, welche von allen im Vorher- gehenden beschriebenen ähnlichen Gebilden dadurch abweichen, dass immer einige Röhrchen so zu einem Gebilde vereinigt sind, dass man nur am oberen Theil die Zusammensetzung aus mehreren Röhrchen er- kennt; am Basaltheil zeigen dieselben eine völlige Verschmelzung. Am oberen Theil sitzt nun auf der wagrechten Begrenzungsfläche eines jeden Röhrchens nochmals je ein ganz feines, etwas gekrümmtes Spitzchen. — Bei Locusta viridissima fand ich immer drei Einzelröhr- chen zu einem solchen Gebilde vereinigt (Fig. 65a), bei Stenobothrus flavicosta drei, öfter aber auch vier oder gar fünf (Fig. 655, c). Den Zusammenhang dieser auffallenden Bildungen mit den inneren Weich- theilen des Fußes habe ich aus Mangel an frischem, schnittfähigem Ma- terial nicht weiter verfolgen können, und muss mich daher hier mit der Beschreibung der Harttheile begnügen. — Ich will hier noch bemerken, dass die Abbildung des Fußes von Locusta viridissima denselben in seiner natürlichen Beschaffenheit darstellt, die des theilweisen Fußes von Stenobothrus sibiricus nach Behandlung mit Kalilauge. Stenobothrus hat, wie manche andere kleine Heuschrecken (Gryllus- Arten), zwischen den Klauen einen Haftlappen. Diese eben erwähnten kleinen Grylius-Arten sind nun sehr geeignet, die von Dewirz ausge- sprochene Ansicht, die springenden Insekten klebten sich an, zu wider- legen. Dewırz drückt sich hierüber folgendermaßen aus: »Von größter Wichtigkeit ist dieses Festkleben auch für springende Insekten, beson- ders für diejenigen, welche auf Bäumen und Sträuchern leben, ..... Das Thier vermag vom Boden zur Decke, von einer senkrechten Wand zur anderen zu springen und sich augenblicklich festzukleben. Während des Springens dreht es sich so, daß die Sohlen der Fläche zugekehrt sind, an der es sich festhalten will?.« Es beziehen sich diese Worte insbesondere auf springende Cicadellinen. Die Beobachtung der kleinen springenden Gryllus-Arten zeigt, dass die Absonderung eines klebenden Schleimes nicht nötbig ist und auch 1 Tome IV. Tab. LXXXIV. 2 Zoologischer Anzeiger 4883. VI. Nr. 139: Dewırz, Die Befestigung durch einen klebenden Schleim beim Springen gegen senkrechte Flächen. | | | | N | | Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 549 nicht stattfindet. Beim Springen gegen eine senkrechte Glaswand be- rühren sie dieselbe, wie sich ganz deutlich erkennen lässt, nur mit ihrem Haftlappen und bleiben sofort in Folge der Adhäsion zwischen der Unterlage und dem Haftlappen sitzen. — Spuren eines Sekrets waren an einem Objektträger, gegen welchen ich die kleinen Heuschrecken springen ließ, durchaus nicht zu entdecken, und Drüsen ließen sich durch Zerzupfen der Haftlappen eben so wenig finden. — Das wirkende Agens ist auch hier wieder der Luftdruck. Der von Dzwirz angenom- mene »klebende Schleim« ist eben auch wieder nur eine Vermuthung. Dies zeigt sich sehr deutlich in dem sich an die oben angeführten Worte von Dewırz anschließenden Satz über springende Spinnen: »Während die allermeisten Spinnen mit dem Klebeapparat nicht versehen sind, sondern nur mit ihren Krallen klettern, besitzen die springenden Spinnen einen wohl entwickelten Klebeapparat an ihren Füßen, der sie geschickt macht, nicht nur an senkrechten glatten Flächen, wie Glasscheiben, emporzulaufen, sondern auch von einer glatten Fläche zur anderen (z. B. einem Glascylinder) zu springen, mögen die Flächen geneigt sein wie sie wollen.« Eine Untersuchung des Fußes der Spinnen und Cicadellinen hat Dewırz wohl nicht vorgenommen, sonst hätte er wahrscheinlich eine Beschreibung des »wohl entwickelten Klebeapparats« ge- geben, oder wenigstens angedeutet, worin er besteht. Mit feinen Chitinhaaren besetzt fand ich unter den Orthopteren die Tarsen von Forficula (Ohrwurm;; Orth. Cursoria), welche wie Fliegen an allen glatten senkrechten und wagrecht überhängenden Flächen hinläuft. Es beruht bei diesen die Fähigkeit jedenfalls auf derselben Ursache wie bei den Fliegen. — Wie weit sich die von Dewırz geäußerte Ansicht über Zuhilfenahme eines Klebstoffs von Seiten »vieler Larven« auf wirkliche Untersuchung und thatsächliche Beobachtung eines abgeschiedenen Sekrets gründet, wage ich nicht zu entscheiden, da ich mich nur mit ausgebildeten In- sekten, nicht mit Larven beschäftigt habe. »Auch viele Larven nehmen einen Klebstoff bei ihrer Fortbewegung zu Hilfe. ‘Die Muscidenlarven indem sie abwechselnd das hintere und vordere Ende festkleben, die Larve des Erlenblattkäfers (wahrscheinlich auch vieler anderer Chryso- meliden) indem sie das Afterende und die mit Ballen versehenen sechs Brustfüße befestigt. Auch wäre es den springenden Dipterenlarven (z.B. Gecidomyien) nicht möglich, ohne dass sie das Kopfende festklebten, die Sprungbewegung auszuführen!.« Immerhin möchte ich mir erlauben die Ansicht zu äußern, dass bei 1 Sitzungsberichte. p. 7. 550 Georg Simmermacher, dem relativ weichen Körper der Larven ein Haften wohl schon herbei- geführt wird durch Adhäsion, welche durch Andrücken des elastischen Körpers an seine Unterlage bewirkt werden kann. — Ist doch nach GeuseL! dies bei jungen Feldgrillen möglich: »Auch die ganz jungen Feldgrillen vermögen am Glas zu laufen, weil ihr Körper noch sehr leicht und die Füße weich sind. Die alten Grillen können es nicht.« — Es bleiben mir nun noch einige Worte über die kleine Gruppe der Strepsipteren. Ob sich bei denselben überhaupt Haftapparate in unserem Sinn finden, kann ich nicht angeben. Ich fand nur in einem Aufsatze von SıE- soLp’s? eine Abbildung »der sechsbeinigen Larve von Xenos Rossii von der Bauchseite aus«. Die Füße endigen in dieser Zeichnung mit je einem kleinen Kreis. Sollte dies vielleicht Saugscheiben vorstellen? Eine Ab- bildung der Tarsen des ausgebildeten Thieres (Xenos Peckii) fand ich in einer Abhandlung Kırsy’s®. Die Tarsen sind mit feinen Härchen besetzt, so dass der Fuß einigermaßen an den der Chrysomeliden erinnert. Näheres kann ich über diese Härchen nicht angeben und wollte ich dieselben hier nur des Zusammenhangs halber erwähnen. — — Nach dieser kurzen Abschweifung fasse ich das bisher Gesagte zum Schluss kurz dahin zusammen, dass das Laufen und Festhalten vieler Insek- ten an glatten Flächen als eine Adhäsionserscheinung, also als eine Wirkung des Luftdrucks anzusehen ist. In vielen Fällen kann die Ad- häsion durch ein austretendes Sekret begünstigt werden. Diesem Sekret kommt dann aber nicht die Eigenschaft der Klebrigkeit zu, wenigstens nicht in dem Grade, dass es für sich allein im Stande wäre, ein Haften der Thiere durch »Ankleben« zu bewirken, sondern der Haupttheil der Wirkung beim Haften an glatten Flächen ist dem Druck des umgebenden Mediums, also bei kletternden Insekten der Luft, zuzuschreiben, indem, sobald die unter dem Haftapparat selbst befindliche Luft durch An- drücken desselben an seine Unterlage verdrängt ist, die äußere den Haftapparat umgebende Luft auf denselben ihren Druck ausübt. Fällt der äußere Druck weg, oder ist das Thier durch Schwächung seiner Muskelkraft nicht mehr fähig, den Haftapparat seiner Unterlage genügend anzulegen, so reicht auch das allenfalls vorhandene Sekret nicht mehr aus, ein Haften zu bewirken. Sind auch im Allgemeinen Analogieschlüsse zu verwerfen, so ist 1 GEUBEL, 1. c. p. 50. Anmerkung. 2 Arch. f. Naturgesch. 4843. IX, 4. p. 438: v. SıesoLD, Über Strepsipteren. 3 Transcact. of Linn. Soc. IX. 1815: Wm. Kırsy, A new Order of Insects. Tab. IX, Fig. 8. Untersuchungen über Haltapparate an larsalglıedern von Insekten. 551 es doch wohl erlaubt, wenigstens darauf hinzuweisen, dass in allen anderen Thierklassen das Haften an einer glatten Unterlage, wenn es nicht ein Befestigen für Lebenszeit ist, fast ausnahmslos, wenn es sich um Fortbewegung an Flächen handelt, immer durch Druck bewirkt wird. Eine ganz kurze Zusammenstellung möge dies illustriren. Schon unter den Protozoen begegnen wir einem Haften durch An- saugen bei den Acineten, durch wie Saugröhrchen wirkende Fortsätze. Aus dem zweiten Thierkreis Goelenteraten saugen sich bekanntlich viele ‘ Glieder mit ihrem Körperende an ihre Unterlage an (Hydra, Actinien). Sterben diese Thiere ab, so hört das Haften auf, wie bei den vorher am Glas laufenden durch Betäubung rasch getödteten Insekten. Das Haften der Echiniden und Asteriden an den Glasscheiben der Aquarien ge- schieht mit Hilfe ihrer Ambulacralfüßchen. Unter den Mollusken sau- gen sich z. B. die Chitonen , Patellen u. a. an Steine an und wider- stehen der stärksten Brandung. Unter den Würmern finden sich Sauggruben und Saugnäpfe sowohl zum Haften für längere Zeit an einer Stelle (bei den CGestoden), als auch zur Fortbewegung (bei den Hirudineen). Unter den Arthropoden giebt es Saugnäpfe nicht allein zu Begattungszwecken (Dyticiden und Carabiden), sondern sie finden sich auch in beiden Geschlechtern, z. B. bei den Sar- coptiden. Das Weibchen trägt an den vier vorderen, das Männchen an allen sechs Füßen eine »gestielte Haftscheibe«!. Auch einzelne Krebse sollen die Fähigkeit haben an glatten senkrechten und auch überhängen- den Felswänden hinzulaufen — Die eigenthümlichen kammartigen Gebilde am Abdomen der Skorpione hält Oscar Scanipr für einen Haft- apparat. »Ihre eigentliche Bedeutung kennt man nicht; von den auf- gestellten Vermuthungen haben die beiden, sie möchten bei der Paarung verwendet werden, oder zum Drehen des Körpers an steilen glatten Wänden und somit zur Unterstützung der Füße dienen, noch den größten Schein der Wahrheit für sich 3.« In seiner Arbeit über Rotatorien führt Eckstein? außer seinen An- gaben über Befestigung durch einen ausgezogenen Faden auch an, dass bei Rotifer der Fuß durch den äußeren Druck angepresst wird: »dabei entsteht ein leerer Raum, so dass der Fuß durch den äußeren Druck angepresst hängen bleibt«. — Auch unter den Vertebraten begegnen wir Hafteinrichtungen ge- 1 Abbildungen bei TurrFEn West. 2 Perry, Seelenleben der Thiere. p. 561. 3 Lanpoıs, Thierstimmen. p. 22. * Kırı EckstEın, Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. Diese Zeitschr. 1883. Bd. XXXIX. p. 449. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 37 I AI AuALikiIL VL ALIIU UA UA ’ nug, und zwar der verschiedensien Art, welche durch Druck des um- gebenden Mediums Wasser oder Luft wirken. Mit ihrem Mund saugen sich an die Cyclostomen; eine komplicirte Saugvorrichtung besitzt der Schiffshalter Echeneis am Kopf, die Bauchflossen sind zu einem großen Saugnapf umgewandelt bei Gyclopterus lumpus. — Unter den Amphibien beruht, wie weiter vorn schon besprochen, das Haften z. B. von Hyla arborea auf Adhäsion. Über die Fähigkeit einiger Reptilien, z. B. der Geckonen, an glatten Flächen zu laufen, habe ich ebenfalls schon vorn gesprochen. Außer den schon erwähnten Arbeiten CArTIErs und Braun’s verweise ich bezüglich dieser Ordnung noch auf untenstehende Litteratur!. Unter den Säugethieren ist es ebenfalls mehreren möglich an senk- rechten glatten Flächen oder selbst wagrecht überhängenden hinzulau- fen. Sie verdanken diese Einrichtungen sämmtlich Saugeinriehtungen an der inneren Handfläche, die wenigstens bei Hyrax nach Dosson durch zahlreiche Schweißdrüsen geschmeidig erhalten wird. Es sind dies: nach ScHwEInFURTH ? eine Hyrax-Art, nach Dosson? und IMENEZ DE LA Esranpı * mehrere Chiropteren, nach Waczer Chiroptera bicolor (die betreffende Abbildung s. bei Jean DE Spix, Simiarum et Vespertilionum Brasiliensium species novae 1833 Tab. XXXVI Fig. 9), nach Monnıke® ınehrere Affenarten der Gattungen Inuus und Cercopitheceus. In allen anderen Thierklassen hat man also festgestelli, dass es Saugvorrichtungen der verschiedensten Art sind, welche ein dauerndes Haften, oder eine willkürliche Bewegung an glatten Unterlagen er- möglichen. Es ist wohl schon desshalb nicht wahrscheinlich, dass die Insekten in dieser Hinsicht so völlig von dem, was für alle anderen Thierklassen gilt, abweichen — abgesehen von allen anderen weiter vorn erwähn- ten Thatsachen und Betrachtungen. — Ich schließe daher meine Arbeit mit Wiederholung der schon ein- 1 a) Archiv für mikr. Anat. 14876. Bd. XII. p. 220: Leynıe, Über die allgem. Bedeckung der Amphibien. — b) WAcLeEr, Natürliches System d. Amphibien. p. 233 —234. p. 342. — c) Verhandlungen der Physik. med. Gesellschaft in Würzburg. 41872. Bd. III: CArrıEer, Studien über den feineren Bau der Haut bei den Reptilien. p. 290. — d) Home, Lectures on comp. Anatomy. London. 1823. II. IV. Tab. LXXX. 2 SCHWEINFURTH, Im Herzen von Afrika. Bd. I. p. 448—420. 3 Proceedings of Zoologica! Society of London. 1876. p. 526—535. * Zoological Record. 1870. 5 WAGLER, l. c. p. 234. Anmerkung. 6 a) Diese Zeitschrift. 4879. Bd. XXXI. p. 393: Mounike, Über das Vermögen versch. Säugethiere, sich an glatten Flächen festzuhalten. — b) Sitzungsbericht der Niederrhein. Ges. in Bonn. 4878. p. 112. Untersuehungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 553 mal ausgesprochenen, auf morphologischen Untersuchungen, Beobach- tung lebender Thiere, verschiedenen angestellten Versuchen, und end- lich auch auf Vergleich mit ähnlichen und analogen Verhältnissen in anderen Thierklassen begründeten Ansicht: Die Haftapparate der Insekten wirken, einerlei ob sie sexuellen Zwecken dienen, oder alsKletterapparate fungiren, in erster Linie in Folge des auf sie wirkenden Druckes des sie umgebenden Mediums, welcher bei Kletterapparaten allerdings noch durch ein die Adhäsion begünstigen- des, nicht aber als Klebstoff aufzufassendes Sekret verstärkt werden kann. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV—XXVIl. Erster Theil. Sexualhaftapparate. Goleoptera. Dyticides. Fig. 1. Die drei Beine von Dyticus & mit bloßem Auge gesehen. a, erstes Bein mit drei zu einem Schälchen erweiterten Tarsalgliedern. b, zweites Bein mit drei nur schwach erweiterten Tarsalgliedern. c, drittes Bein ohne erweiterte Tarsalglieder. a, b, c, Dasselbe von unten gesehen. Fig. 2. Die drei Beine von Dylicus ©. a, b, Kletterfüße, c, Schwimmfuß. Fig. 3. a, Erweiterter erster Fuß von Dyticus punctulatus. Vergr. 80. b, Erweiterter zweiter Fuß von Dyticus punctulatus. Vergr. 80. Fig. 4. a, Einer der beiden größeren Saugnäpfe von Dyticus. Vergr. 120. b, Senkrechter Schnitt durch Saugnapf und Stielchen desselben. Vergr, 420. c, Querschnitt durch den eigentlichen Saugnapf. Vergr. 250. Fig. 5. Kleines Saugnäpfchen. Vergr. 250. Fig. 6. Chitindorn am Rand der erweiterten Glieder. Vergr. 250. | Fig. 7. Stück der Fläche der erweiterten Tarsalglieder um die Quincunxstellung ‚der Saugnäpfchen, und die Umwallung der Stielchen zu zeigen. a, vom ersten Fuß, b, vom zweiten Fuß. Vergr. 250. Fig. 8. Querschnitt durch ein Tarsalglied (erw. Glied vom ersten Fuß). Vergr. 250. Fig. 9. Querschnitt durch mit Kalilauge behandelte Tarsalglieder (nur Chitin- theile erhalten) (erw. Glied vom zweiten Fuß). Verer. 500. a, das Stielchen des kleinen Saugnäpfchens steckt mit seinem etwas ver- dickten Ende in einer nach unten offenen Chitinhülle. b, fast der ganze Stiel des großen Saugnapfes sitzt in einer solchen Hülle. 3 94 IS} » Er ’ Fig. 10. Fig. 41. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 45. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Vergr. 80. b, UtLVlz DIUNUDILIAUETL, Schnitt durch die Chitinwand der Basalhülle des kleinen Saugnäpf- chens. Vergr. 500. Dessgleichen durch die Hülle des Stielchens des großen Saugnapfes. Vergr. 500. a, Fuß von Colymbetes pulverosus, von der Seite. Vergr. 250. Isolirtes Saugnäpfchen von oben. Vergr. 500. 2 Isolirtes Saugnäpfchen von der Seite. Vergr. 500. Isolirtes Saugnäpfchen von Ilybius fuliginosus. Vergr. 500. Isolirtes Saugnäpfchen von Laccophilus. Vergr. 500. Fuß von Eunectes griseus. Vergr. 420. a, Fuß von Hyphydrus ovatus (erster Fuß). Vergr. 350. Fuß von Hyphydrus ovatus (zweiter Fuß). Vergr. 350. Isolirte Saugnäpfchen von Hyphydrus ovatus, ein großes mit dickem, cylindrischem Stielchen. Vergr. 500. Ein kleines mit dünnem koni- schem Stielchen. Fuß von Hydroporus palustris. Vergr. 350. Fuß von Noterus semipunctatus. Vergr. 350. Fuß von Agabus agilis. Vergr. 350. a, Die drei erweiterten Glieder des ersten Fußes von Cybister Roeselii. Isolirte Saugplatte von demselben. Vergr. 500. c und d, Isolirte Saugplatten einer Species von Timor (die Chitinplatten Fig. 19. Fig. 20. Fig. 24. Fig. 22. Fig. 23. Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26. Fig. 27. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 30. Vergr. 500, Fig. 31. Fig. 32. sind in verschiedener Weise gefaltet, um die Biegsamkeit der äußerst dünnen Platten zu zeigen). Vergr. 500, a, Erster Fuß von Hydaticus Hübneri. Vergr. 120. Zweiter Fuß von Hydaticus Hübneri. Vergr. 120. Isolirtes Saugnäpfchen von Hydaticus Hübneri. Vergr. 250. a, Erster Fuß von Acilius sulcatus. Vergr, 120. Zweiter Fuß von Acilius sulcatus. Vergr. 120. Fuß von Gnemidotus caesus. Vergr. 120. Carabides. a, Erweiterter (erster) Fuß von Carabus cancellatus. Vergr. 120. Isolirtes Röhrchen (mit Spiralfaden) von demselben. Vergr. 500. a, Erweiterter Fuß von Feronia nigra. Vergr. 420. Isolirtes Röhrchen von demselben. Vergr. 250. a, b, Dasselbe von Harpalus ruficornis. Vergr. 120 und 500. Ein erweitertes Glied des Fußes von Badister. Vergr. 250. Ein erweitertes Glied des Fußes von Nebria. Vergr. 250. Ein isolirtes Röhrchen von Selenophorus. Vergr. 500. Ein isolirtes Röhrchen von Loricera. Vergr. 500. Ein isolirtes langgestieltes Saugnäpfchen von Chlaenius. Vergr. 500. Ein isolirtes kurzgestieltes Saugnäpfchen von Oodes helopioides. Cicindelides. Ein isolirtes Röhrchen von Cicindela hybrida. Vergr. 500. Ein isolirtes Röhrchen von Megacephala euphratica. Vergr. 500. Fig. 33. b, Fig. 34, Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. 555 Meloe. a, Schwach erweiterter Fuß von Meloe, Vergr. 120. Einzelne Röhrchen, Vergr. 500. Silphides. Necrophorus germanicus, erster erw. Fuß des 3. Vergr. 120. a und b, Isolirte Röhrchen von oben und von der Seite. Vergr. 500. Fig. 35. Silpha reticulata, Stück des schwach erw. Fußes des $. Vergr. 120. Hydrophilides. Fig. 36. Hydrophilus piceus, Fuß mit erw. Klauenglied des 3. a. von oben, Db, von unten. Fig. 37. Einzelner Dorn von der Fläche des erw. Klauengliedes. Vergr. 350. Fig. 38. Stück der inneren Fläche des erw. Klauengliedes, Stelle ohne Dornen, mit ausgestülpten Chitinröhrchen (erst mit Kalilauge ausgezogen, dann mit alkoho- lischem Kochenille-Auszug gefärbt). Vergr. 500. Fig. 39, Fig. 40. Fig. 44. Vergr. 350. Fig. 42. Fig. 43. - Fig. 44. Fig. 45. Fig.-46. _N_ Fig. 47. Fig. 48. Fig. 49. Vergr. 500. Fig. 50. Vergr. 500. Fig. 51. Fig. 52. Fig. 53. Fig. 54, Querschnitt durch das Klauenglied. Vergr. 350. Muskel, der in das Klauenglied führt. Vergr. 350. Tastapparat (?) mit Chitincirren aus dem Klauenglied herausgezogen. Sphaeridium bipustulatum, Fuß mit verdicktemKlauenglied. Vergr. 250. Berosus, Fuß dyticusartig erweitert. Vergr. 250. Ganzes Glied. Einzelnes Röhrchen. Vergr. 500. Zweiter Theil. Kletterapparate (und;Fufs der Staphylinen). CGhrysomeliden, Hylobius, Gerambyx. Chrysomela tremulae, ganzer Fuß. Vergr. 250. Cassida. Vergr. 250. Cerambyx heros. Ein mit Röhrchen besetztes Tarsalglied. Vergr. 120. Isolirtes Röhrchen von oben und von der Seite. Vergr. 500. Schnitt durch den Fuß von Telephorus dispar. Schnitt durch den Fuß von Hylobius abietis. Isolirte Röhrchen von Timarchia coriaria, von oben und von der Seite. Isolirte Röhrchen von Chrysomela tremulae und ein Taststäbchen (?). Isolirte Röhrchen von Lina populi. Vergr. 500. Isolirte Röhrchen von Cassida staphylea. Vergr. 500. Isolirte Röhrchen von Hylobius abietis. Vergr. 590. Isolirte Röhrchen von Haltica impressa. Vergr. 500. 596 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Georg Simmermacher, Untersuchungen über Haftapparate etc. Staphylinen. 55. a, Erster erweiterter Fuß von Ocypus. Vergr. 120. b und c, Einzelne Röhrchen von oben und von der Seite. Vergr. 500. 56. Zweiter (nicht erweiterter) Fuß von demselben. Vergr. 120. 57. Schnitt durch den Fuß einer Staphyline. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. a = Dipteren, Hymenopteren und Orthopteren. Musca vomitoria. Ende des Fußes mit zwei Haftlappen. Vergr. 350. Ornithomyia. Ende des Fußes mit zwei Haftlappen. Vergr. 350. Vespa vulgaris. Ende des Fußes mit einem Haftlappen. Vergr. 120. Vespa crabro. Vergr. 120. Apis mellifica. Vergr. 420. Locusta viridissima, ganzer Fuß. Vergr. 120. Stenobothrus flavicosta (Klauenglied). Vergr. 120. Chitinröhrchen aus der’Fußsohle. Vergr. 500. Von Locusta viridissima. b und c, Von Stenobothrus flavicosta. 66. Fuß von Forficula. Vergr. 350. mE} ne Tate Tr er Een ER HERREN VEREEER | Bemerkung über die Bedeutung der feuchten Schnauze der mit feinem Geruchsinne ausgestatteten Säuger. Von Sigm. Exner, a. ö. Professor der Physiologie in Wien. Das am 31. December 1883 ausgegebene 4. Heft des 39. Bandes dieser Zeitschrift enthält eine Abhandlung von Ivan B. CysuLsky aus Kiew »Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen«, zu der ich mir eine formale und eine sachliche Bemerkung zu machen erlaube. Erstere bezieht sich auf die unter ihrem Titel befindliche Zeile: »aus dem Laboratorium von Professor S. Exner in Wien«, welche die Vor- stellung erwecken muss, dass ich in der für solche Fälle üblichen Weise die Verantwortung bezüglich des Inhalts der Abhandlung übernommen habe, was thatsächlich nicht der Fall ist. Das Thema rührt allerdings von mir her, die Untersuchung wurde auch unter meiner Leitung aus- geführt, doch habe ich, aus Gründen, die nicht hierher gehören, auf die Abfassung des Manuskriptes keinerlei Einfluss genommen, dasselbe auch nicht durchgelesen. Sachlich habe ich der genannten Abhandlung beizufügen, dass ich in dem reichen Flechtwerke markloser Nervenfasern, welches sich im Epithel der Rinderschnauze findet, wesentlich ein Organ des Temperatur- sinnes sehe, welches mittelbar dazu dient, die Richtung, aus welcher ein Geruch kommt, zu erkennen. Es ist klar, dass einem mit der Nase Beute suchenden oder einem den Feind witternden Thiere sein vor- trefllicher Geruchsinn in den meisten Fällen nichts nützen würde, wenn es nicht ein ähnlich feines Organ hätte, das ihm gestattet, die Richtung, aus welcher die mit dem Riechstoff geschwängerte Luft kommt, richtig zu beurtheilen. Ein Volksmittel, bei sehr geringer Luftbewegung die Richtung derselben zu erkennen, besteht darin, dass der Finger feuchi gemacht und dann frei in die Luft gehalten wird. Die Seite, auf welcher 999 D1gM. EXNET, DEMEIKUNG Uber die bedeutung der jeuchten DCANAUuze ELc, man ihn kühl werden fühlt, zeigt die Windrichtung an. Es ist nicht zu verkennen, dass die feuchte Schnauze der Wiederkäuer, Hundearten etc. durch den großen Reichthum an Drüsen einerseits und an bis hart an die Oberfläche reichenden Epithelnerven andererseits, in hohem Grade geeignet ist, dem Thiere das in vollkommenerem Grade zu leisten, wozu uns der befeuchtete Finger dienen kann, und so mittels einer von der Schnelligkeit der Verdunstung abhängigen Temperaturempfindung eine Richtungswahrnehmung zu vermitteln. Dieser hier gegebenen Deutung kommt noch zu statten, dass schon MERKEL 2, durch anderweitige Thatsachen geleitet, die marklosen Nerven von ähnlicher Art, wie die durch Cysusky geschilderten, wenigstens in den meisten Fällen für Temperaturnerven hält, in anderen freilich hält er in neuerer Zeit diese Deutung nicht mehr für zutreffend. Wien, Anfang Februar 1884. 1 Es scheint mir diese Deutung von der Funktionsweise der feuchten Schnauze so nahe liegend, dass ich kaum daran zweifle, es hätten Andere schon vor mir die- selbe eben so aufgefasst, doch erinnere ich mich nicht, je etwas hierüber gelesen zu haben, und eine Nachsuche in der Litteratur würde vor Allem auf die Schwierigkeit stoßen, dass man die ganze zoologische, histologisch-physiologische, anatomische Litteratur, ja wohl auch Reisewerke und dgl. durchlesen müsste. 2 Vgl. M. ScauLtze’s Arch. f. m. Anat. Bd. 40. 4875. p. 654 und Endigungen der sensibeln Nerven in der Haut der Wirbelthiere. Rostock 1880. p. 186. Entwicklungsgeschichte der Aphiden. Von Dr. Emanuel Witlaezil in Wien. Mit Tafel XXVII—XXXW. Die Entwicklungsgeschichte der Aphiden ist schon mehrfach unter- sucht worden, aber trotzdem noch nicht so weit, als erwünscht, aufge- klärt. Die Arbeit von HuxLey ist wegen der verhältnismäßig zurückliegen- den Zeit, in welcher sie entstanden, unvollständig und nicht dem heutigen Stande der Wissenschaft entsprechend. Dasselbe scheint in noch höherem Maße von derjenigen WaLno-BurnErr's zu gelten, wie ich einem Citate über diese mir nicht vorgelegene Arbeit entnehme. Leyoie und LEUCKART machten nur vereinzelte Bemerkungen zur Entwicklung der Aphiden. Eben so neuerdings Branpt. Merscunikorr's »Embryologische Studien« wirkten in vielen Beziehungen auf dem Gebiete der Entwicklung der Insekten bahnbrechend, indem darin viele neue Gesichtspunkte gegeben sind, z. B. zuerst der Gegensatz in der Bildung des Keimstreifens zwi- schen verschiedenen Gruppen der Insekten nachgewiesen ist. Seine Mittheilungen über die Aphiden enthalten aber Angaben, welche sich theils mit den seither anderweitig bekannt gewordenen Thatsachen der Entwicklungsgeschichte der Insekten nicht vereinbaren, theils vielfache Zweifel offen lassen und jedenfalls einer erneuten Untersuchung be- dürfen, um mit unserer weiter fortgeschrittenen Kenntnis der Entwick- lung der Insekten in Einklang gebracht zu werden. Barsıanı gab werth- volle Daten über die Entwicklung der Geschlechtsorgane und einzelne Bemerkungen über die ersten Stadien der Entwicklung der viviparen Weibchen aus dem Winterei. Seine Angaben sind aber nicht immer mit der Lehre von den Keimblättern in Einklang gebracht. Brass hat neuerdings in einer kleinen Arbeit den Angaben Merscnnikorr's über die ersten Entwicklungsstadien widersprochen, seine eigenen Angaben sind Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 38 560 Emanuel Witlaczil, aber derartige, dass sie eine nochmalige Untersuchung dringend noth- wendig erscheinen lassen. Auch Wırr hat in jüngster Zeit über die ersten Entwicklungsphasen der viviparen Aphiden eine kleine Arbeit publicirt, die mir aber leider erst nach Abschluss meiner eigenen Unter- suchungen zukam!. : Ich habe bereits in meiner Arbeit über die Anatomie der Aphiden Gelegenheit gehabt, einzelne Angaben MErscanikorF's über die Entwick- lung dieser Thiere zu berichtigen. Nach dem Auseinandergesetzten lag es aber nahe, die ganze Entwicklungsgeschichte derselben einer erneu- ten Untersuchung zu unterwerfen, ein Gedanke, welcher besonders da- durch Unterstützung fand, dass die viviparen Aphiden günstiges Material zum Studium der noch so viele Schwierigkeiten bietenden Entwicklungs- geschichte der Insekten, namentlich auch der ersten Entwicklungs- phasen, abzugeben schienen. Ich glaube, dass meine Beobachtungen thatsächlich geeignet sind, unsere Auffassung von der Entwicklung der Insekten in mancher Beziehung zu modificiren. Material, Methode, Darstellung. Ich wählte als Typus für die Entwicklungsgeschichte der Aphiden Drepanosiphum (Aphis) platanoides Schrk. aus mehreren Grün- den. Schon aus Anlass meiner anatomischen Untersuchungen hatte ich gefunden, dass diese Art die typischen anatomischen Verhältnisse der Aphiden darbietet und auch wegen der ziemlichen Größe und Durchsichtig- keit der Thiere günstiges Material für diese Untersuchungen liefert. Ich fand nun, dass auch die Embryonen derselben recht klare Bilder geben, dass namentlich nicht, wie bei manchen anderen Arten, ein stark ent- wickelter und gefärbter Fettkörper in den letzten Stadien die Unter- suchung erschwert. Übrigens wurde die erwähnte Art auch sonst schon mehrfach untersucht, so von Craus bezüglich der Eibildung der oviparen Weibchen und von Baısınti in Bezug auf Bau und Entwick- lung der Geschlechtsorgane der Herbstweibchen und Männchen. Es kam noch dazu, dass ich diese Art in großer Menge in meiner Nähe im Prater auf Acer pseudoplatanus fand. 1 Ich begann meine Untersuchungen im Frühjahre 4883, sobald ich im Freien Aphiden finden konnte und war bis zum Sommer über die früheren Entwicklungs- stadien zur Klarheit gelangt. Die späteren Stadien studirte ich im Laufe des Som- mers, um endlich im Herbste die Entwicklung der Geschlechtsorgane der jetzt auf- tretenden oviparen Weibchen und der Männchen zu untersuchen. Ende Oktober war ich endlich mit den Untersuchungen fertig, so dass ich über das von mir Ge- fundene am 7. November 4883 einen Vortrag in der hiesigen zoologisch-botanischen . Gesellschaft halten konnte. Seitdem beschäftigte ich mich mit der Ausarbeitung dieser Abhandlung. Entwieklungsgeschiehte der Aphiden. 561 Mein Vorgehen bei der Untersuchung war dieses, dass ich mich bestrebte, die Entwicklungsphänomene zuerst an der erwähnten Art zu erkennen und hierauf durch Untersuchung anderer Arten meine Anschau- ungen etwa zu berichtigen und Abänderungen festzustellen. Die vor- kommenden Verschiedenheiten sind aber nicht groß und beziehen sich bloß auf einzelne Organe, während im großen Ganzen die Entwicklung bei allen Aphiden gleich verläuft. Manches, namentlich in Bezug auf die Eni- wicklung der Geschlechtsorgane, wurde mir bei anderen dafür günstigere Objekte abgebenden Arten zuerst klar und ich habe dann erst nachträg- lich die betreffenden Verhältnisse bei Aphis platanoides konstatirt. Was die übrigen untersuchten Arten anbelangt, so habe ich die- selben auch größtentheils im Prater auf den in ihren Namen angegebenen Pflanzen gefunden. Ich möchte dieselben nach kleinen anatomischen und entwicklungsgeschichtlichen Merkmalen in mehrere Gruppen brin- gen. Fast ganz wie bei Aphis platanoides fand ich die Entwicklung bei AphisarundinisF., Ghaetophorus populiL., Chaeto- phorus aceris F. Bei einigen Arten treten in den späteren Entwick- lungsstadien starke Auftreibungen des Magens und des Enddarmes auf, eine Eigenthümlichkeit, welche sich wahrscheinlich in Folge einer be- sonderen Beschaffenheit der Säfte ihrer Nährpflanzen entwickelt hat und wohl die Ursache ist, dass bei den Larven und Imagines dieser meist schwärzlichen Thiere der Körper sehr dick erscheint. Hierher gehören Aphis sambueiLl., Aphis hederaeKalt., Aphis evonymirF. und wohl auch Aphis frangulae Kalt. und Aphis saliceti Kalt.(?), welch leztere Art ich leider nicht sicher bestimmen konnte. Etwas abweichend ist auch die Entwicklung von Aphis (Siphonophora) pelargonii Kalt. und nach den Angaben METscanIKorFF'S auch bei der von mir nicht untersuchten Aphis (Siphonophora) rosae L. Bei diesen ist nämlich die Entwicklung einzelner Organe etwas verschoben, so zwar, dass der Darmkanal und die Geschlechtsorgane sich hier etwas früher als sonst ausbilden. Diese Eigenthümlichkeit kommt auch bei Pemphigus spirothecae Pass. vor, bei welcher Art wir übrigens noch Abweichungen in Bezug auf die ganze Organisation der Herbst- weibchen und Männchen, besonders aber bezüglich der Bildung der Ge- schlechisorgane finden. DryobiusroborisL. zeigt darin eine Eigen- thümlichkeit, dass sein Darm später theilweise mit sich selbst verwächst. Durch sehr charakteristische Eigenthümlichkeiten zeichnet sich endlich dieGattung Galliptierus aus, von welcher ich die Arten Gallipterus tiliaeL., coryli Koch., quercus Kalt. (wohl mit der vorigen Art identisch),‘alniF.,elegans Koch. untersuchte. Diese in den letzien Entwicklungsstadien auftretenden Eigenthümlichkeiten beziehen sich 38* 562 | Emanuel Witiaczil, namentlich auf das Herz, den Pseudovitellus und den auch eine Ver- wachsung eingehenden Darm. Die Arten der Gattung Callipterus sind übrigens darum für die Untersuchung nicht sehr günstig, weil ihre Embryonen zu durchsichtig sind und einen sehr schwach gefärbten Pseudovitellus besitzen, während wir uns sonst über zu intensive Fär- bung z. B. bei Chaetophorus populi L. oder über einen zu rei- chen Fettkörper bei Pemphigus spirothecae Pass. beklagen müssen. Letztere Art ist übrigens für die Untersuchung desshalb ge- eignet, weil sie nicht, wie die meisten ihrer Gattungsgenossen, im Laufe des Sommers ihre ursprüngliche Nährpflanze verlässt, sondern in allen Generationen auf Populus nigra vorkommt. Betreffs der Wahl der zu zerzupfenden Individuen muss bemerkt werden, dass zur Untersuchung der jüngeren Entwicklungsstadien die ziemlich ausgewachsenen Larven gutes Material geben, während für die späteren Stadien am besten die Imagines zerzupft werden. Ich will hier erwähnen, dass in älteren Imagines mit Embryonen in den letzten Stadien keine oder nur wenige oft abnorm ausgebildete jüngere Embryonen gefunden werden, obwohl im zwar auch schon oft der Destruktion unterliegenden Endfach die vorderen (Einähr-)Zellen noch erhalten sind. Dies Verhalten beweist uns, dass nicht, wie man bis- her ziemlich allgemein annahm, sämmtliche Zellen des Endfaches sich zu Embryonen entwickeln, sondern nur die hinten liegenden jungen Eichen, während die an der Spitze des Endfaches liegenden, hier freilich wegen Funktionsmangels klein bleibenden Einährzellen später wie bei den oviparen Weibchen der Destruktion anheimfallen. Es entspricht dies Verhalten der Endfächer der viviparen Thiere auch dem Umstande, dass eine große Anzahl von Generationen viviparer Weibchen im Laufe des Sommers auf einander folgt, von denen aber jede natürlich nur eine beschränkte Zeit lebt und keine unbeschränkte Anzahl von Jungen produeirt. Dieselben, namentlich die ersten und mittleren Entwicklungssta- dien, haben bei den verschieden Arten ziemlich die gleiche Größe. Erst in den letzten Stadien machen sich bedeutendere Größernunterschiede geltend, indem z. B. die Embryonen von Gallipterus und auch die von Pemphigus und CGhaetophorus kleiner bleiben als die von Aphis platanoides. Bei derselben Art zeigen dieselben Stadien oft ein Schwanken in der Größe und auch bis zu einem gewissen Grade in der Form. Ich muss bier bemerken, dass die ersten Entwicklungssta- dien, welche ich aus großen Larven von Aphisplatanoides erhielt, die ich in einem Glascylinder mehrere Tage gehalten hatte, sich durch ihre Größe auszeichneten, so wie dadurch, dass einzelne Entwicklungs- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 969 erscheinungen vorzeitig eintraten und bei längerem Halten die Entwick- lung abnorm verlief. Dies Verhalten wurde wohl durch die, denen eines Treibhauses wahrscheinlich ähnlichen Verhältnisse im geschlossenen Glaseylinder, in welchem außer den Thieren sich auch etwas frisches Laub befand, bedingt. Ich habe die Embryonen der viviparen Thiere größtentheils in einer schwachen Salzlösung (1!/,/,) untersucht. Die Ovarien wurden aus dem Thier herauspräparirt und das übrige Thier bis auf kleine Theile, die zur Unterstützung des Deckgläschens dienen mussten, entfernt. Die so erhaltenen (meist zehn) Eiröhren enthalten bei den meisten Arten je mehrere Embryonen auf verschiedenen, in den einzelnen Eiröhren aber einander entsprechenden Entwicklungsstadien, so dass man aus einem Thiere eine Anzahl derselben oder wenigstens nahe bei einander liegen- der Stadien erhält. Die eben herauspräparirten Embryonen leben noch einige Zeit unter dem Mikroskop, wie man sich an den Furchungsstadien überzeugen kann, welche Anfangs die Kerne undeutlich, weil in amöboider Be- wegung, zeigen. Bald jedoch sterben die Eier ab, da sie keine Dotter- haut und kein Chorion besitzen und desshalb viel empfindlicher sind, als die mit Eihäuten versehenen großen Eier der oviparen Thiere. Von Einfluss mag auch der Umstand sein, dass jetzt kein Wachsthum des Eies, mit welchem sonst die Entwicklung verknüpft ist, mehr stattfinden kann. Die Eier der viviparen Weibchen erhalten sich jedoch bis zu einer Stunde und die späteren Entwicklungsstadien auch länger ziemlich un- verändert. | In vielen Fällen freilich unterliegen die Embryonen wohl durch irgend eine Verunreinigung des Untersuchungsmediums sogleich der Verderbnis, indem sie ein helles körniges Aussehen erhalten, von dem nur Anfangs noch der Pseudovitellus ausgeschlossen ist. Namentlich leicht unterliegen auch sonst die Endfächer der Destruktion, respek- tive die zarten Zellwände der in ihnen enthaltenen Einähr- und Ei- zellen, so dass dann ihre Kerne, die eine festere Membran haben, in einem gemeinsamen Medium zu liegen scheinen, ein Verhalten, das schon zu vielen Irrthümern Anlass gegeben hat. Hier muss bemerkt werden, dass während der Untersuchung im Salzwasser die Embryonen einer Zusammenziehung unterliegen, welche sich mit der Länge. der Zeit steigert und die nach Behandlung mit Salz- oder Essigsäure, so wie bei der Präparirung der Thiere für das Schneiden besonders stark wird. Aber schon bei Untersuchung in Salzwasser treten die diesbezüglichen Erscheinungen im Äußern, so wie im Innern der Embryonen hervor, indem sich kleine mit Flüssigkeit gefüllte Höhlungen bilden. Nament- 564 Emanuel Witlaezil, lich wo zwei Zellschichten unmittelbar auf einander lagern, z. B. das eben abgespaltene Mesoderm unter dem Ektoderm, treten im optischen Durchschnitt in Reihen rosenkranzförmig neben einander gelagerte kleine Höhlungen auf. Im Endfach treten solche Reihen kleiner Höhlungen zwischen den einzelnen Einährzellen auf. In den Hodenschläuchen und anderen Organen finden sich oft nach längerem Liegen größere Blasen. Die frühen Entwicklungsstadien, so wie einzelne Theile zerzupfter Embryonen von den späteren Stadien habe ich auch nach der Unter- suchung im frischen Zustande der Behandlung mit verdünnter Salz- säure (3 %/,), oder der beiläufig dieselbe Wirkung habenden Essig- säure unterworfen. Die Wirkung dieser Reagentien ist eine bekannte und ich will hier nur bemerken, dass, wie schon Brass angiebt, die Salzsäure etwas dotterauflösend wirkt, wodurch sie für die Untersuchung der ersten Entwicklungsstadien von großem Vortheil ist. Die späteren Stadien werden durch Behandlung mit Salz- oder Essigsäure dunkel und undurchsichtig, wesshalb dieselbe bei ihnen fast gar nicht angewendet werden kann. Zu bemerken ist, dass der Pseudovitellus bei Einwirkung dieser Säuren am spätesten dunkel wird. Ganz Vereinzeltes wurde trocken und im auffallenden Lichte untersucht. Die Schnittmethode wurde von mir wenig angewendet, indem die Umstände mich nicht dazu kommen ließen, die ganze Entwicklung parallel auch an Schnitten der viviparen Embryonen und der Wintereier zu untersuchen, was wohl auch wegen der Kleinheit der Objekte beson- dere Schwierigkeiten gemacht hätte. Falls Jemand die Entwicklung der Aphiden aus dem Winterei auf Schnitten untersuchen wollte, mag ihm die Bemerkung dienlich sein, dass die Eier der Lachnus-Arten, be- sonders aber die von Dryobius roboris L., verhältnismäßig die größten sind. Ich habe, wie schon früher ovipare Weibchen mit sich ausbildenden Wintereiern, jetzt vivipare Weibchen mit Embryonen im Ganzen geschnitten und zwar, nachdem ich sie in Alkohol gehärtet und mit BEALE’schem Karmin gefärbt, nach der Neapler Methode. Ich fand auf solchen Schnitten die ersten Entwicklüngsstadien recht hübsch ge- färbt und mit geringen, auf die Behandlung mit Reagentien zurückzu- führenden Veränderungen dieselben Bilder bietend, wie die frischen Objekte. Die späteren Stadien zeigten sich aber (obwohl ich natürlich die ganzen Thiere vor der Färbung angeschnitten hatte) meist schlecht gefärbt und die letzten Stadien blieben wegen der bereits zur Absonde- rung gelangten Chitincuticula ganz ohne Färbung. | Die Entwicklung der Geschlechtsorgane bei den Embryonen von Pemphigus habe ich theils an Zerzupfungs-, theils an Quetschungs- Entwieklungsgeschichte der Aphiden. 565 präparaten untersucht. Durch Anritzen dieser Embryonen am hinteren Leibesende und gelinden auf das Deckgläschen ausgeübten Druck kann man nämlich die Geschlechtsorgane aus den Embryonen behufs besserer Untersuchung heraustreten lassen. Über die richtige Lage der Theile muss man sich freilich an ganzen (mit Vortheil dazu noch gefärbten) Thieren belehren. Die Entwicklung der Geschlechtsorgane der anderen Arten wurde größtentheils an Zerzupfungspräparaten untersucht. — Vorliegende Abhandlung zerfällt in einen beschreibenden und einen iheoretischen Theil. Im ersteren ist eine Darstellung der Entwicklung gegeben, wie ich sie zunächst an Aphis platanoides gefunden habe, an welche sich Bemerkungen über Verschiedenheiten in der Entwick- lung anderer Arten und die Besprechung der Litteratur über die Ent- wicklung der Aphiden anschließt. Einzelne Nachträge zur Anatomie der Aphiden habe ich der Darstellung an passender Stelle eingefügt. Bei Darstellung des von mir Beobachteten suchte ich, namentlich in zweifel- haften Fällen, es möglichst zu vermeiden, Überzeugungen über das Werden irgend eines Vorganges auszusprechen, ohne zu zeigen, welche direkt beobachtete Thatsachen dieselben in mir hervorriefen. Eine Besprechung der gesammten Litteratur über die Entwicklung der Insekten habe ich geordnet nach den Organen im zweiten, theoreti- schen Theile dieser Abhandlung gegeben, wo ich auch an die Besprechung der vorhandenen Angaben allgemeinere Bemerkungen knüpfe. Weiter- gehender Schlussfolgerungen, namentlich in-.phylogenetischer Beziehung, habe ich mich jedoch enthalten, indem es mir gewagt erscheint, jetzt schon solche zu ziehen, da zwar durch die Entwicklungsgeschichte be- reits eine große (vielleicht aber noch nicht genügende) Anzahl neuer Daten bekannt geworden ist, welche jedoch noch nicht gesichtet und in den einzelnen größeren Abtheilungen meist noch zu keinem Gesammi- bilde verarbeitet sind. Was die Zeichnungen anbelangt, so habe ich sie, um das Verständ- nis zu erleichtern, nach derselben Seite orientirt und auf schwierigen Stadien die Embryonen von mehreren Seiten gezeichnet. Ich habe dabei getrachtet, den ganzen Entwicklungsgang an einer Art: Aphis plata- noides darzustellen und von anderen Arten nur einzelnes Abweichen- des abgebildet. In meiner ersten Arbeit findet man einzelne, freilich nur auf die Entwicklung der Mundtheile untersuchte Stadien von ChaetophoruspopuliLl. gezeichnet. Bei der Darstellung habe ich eine Anzahl von 31 Entwicklungs- stadien, welche sich bei allen Arten konstatiren ließen, angenommen. Dieselben folgen in der Weise auf einander, dass sie mir die dargestellten Vorgänge vollkommen klar zu machen scheinen, ohne durch übergroße 566 Emanuel Witlaczil, Menge'eine überflüssige Breite zu verursachen. Übrigens habe ich die gezeichneten Stadien durchaus nicht ganz willkürlich gewählt, sondern mich an die am öftesten vorkommenden gehalten. Es treten nämlich auf gewissen Stufen der Entwicklung der Organe kleine Ruhepausen ein, wie dies ähnlich zwischen den einzelnen Furchungsstadien der Fall ist, und das hat zur Folge, dass die betreffenden Stadien uns öfter, als die anderen aufstoßen. I. Beschreibender Theil. 1. Entwicklung der viviparen Weibchen in der Mutter. Erste Entwicklungsperiode. Von der Furchung bis zur Bildung des Mesoderms (Stadien I_XVM). Das aus dem Endfach nach hinten tretende Eichen bildet Anfangs einen Wulst am hintern Rande des Endfaches (Fig. 4 A), welcher mit dem Größerwerden des Eies immer selbständiger wird, und schließlich ein besonderes, von den Epithelzellen an der Basis des Endfaches um dasselbe gebildetes Fach erhält, welches sich durch eine Einschnürung vom Endfache absetzt. Nur in den allerersten Stadien der Eibildung bleibt der Fortsatz, welcher das Ei mit den am vorderen Pole des End- faches gelegenen Einährzellen und den übrigen Eichen verbindet, er- halten. Noch da es kein besonderes Eifach gebildet und mehr breit als lang erscheint, kann man oft eine deutliche Spalte zwischen ihm und dem übrigen Inhalte des Endfaches wahrnehmen, so z. B. auf meiner Fig. 1A. Mit dem Größerwerden nimmt das Ei mehr und mehr eine läng- liche Gestalt an, zeigt aber manchmal (z. B. auf Fig. 3) noch im ausge- bildeten Zustande eine eben so große Breite als Länge. Der Keimfleck so wie die Membran des Keimbläschens, welche im Endfach verhältnismäßig stark hervortreten, sind Anfangs noch deutlich zu sehen, werden aber immer undeutlicher. Die Membran des Keim- bläschens scheint gänzlich resorbirt zu werden, während das Kern- körperchen beim ausgebildeten Ei im Keimbläschen, so wie auch später in den Keimbläschenderivaten bloß im frischen Zustande nicht zu erkennen ist. Nach Behandlung mit Salzsäure treien aber die Kernkörperchen als eine Anzahl von Körnchen in der Mitte des Kernes hervor, welche, wie schon BürscaLi (98) gezeigt hat, mit einander durch einen Protoplasma- strang verknüpft sind. Der Kern des ausgebildeten Eies, so wie später die Kerne der Furchungsstadien erscheinen an dem frisch unter das Mikroskop gebrachten Objekte Anfangs undeutlich, indem sie amöboiden N EEE Entwicklungsgeschichte der Aphiden. . 567 Bewegungen unterliegen (welche in schwacher Weise Fig. 3 zeigt), die aber bald aufhören, indem der Kern sich beim Absterben des Eies zu kugeliger Gestalt zusammenzieht. Das Ei besteht Anfangs aus klarem ganz feinkörnigem Protoplasma. Da die Einschnürung, welche das Eifach gegen das Endfach begrenzt, schärfer hervorzutreten beginnt, beginnen sich auch im Protoplasma um das ziemlich in der Mitte, meist etwas mehr gegen den hinteren Eipol gelegene Keimbläschen an mehreren Stellen Dotterkörnchen zu bilden (Fig. 2), welche bald das ganze Ei bis auf eine nicht unansehnliche Schicht an der Peripherie, wo das Protoplasma erhalten bleibt, füllen (Fig. 3A). Die Dotterkörnchen scheinen von festerer Konsistenz zu sein, als das Protoplasma und sind in diesem suspendirt, eben so wie das Keimbläschen und seine Derivate von einer geringen Protoplasmamenge umgeben sind. Durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure kann man den Dotter auflösen und man findet dann an seiner Stelle eine helle Flüssigkeit, welche ganz kleine Körnchen enthält und von dem dunkleren auch feinkörnigem Protoplasma an der Peripherie sich nicht scharf ab- grenzt (Fig. 3B). Nachdem das Ei die besprochene Ausbildung erfahren hat, beginnt die Furchung, welche in der Weise vor sich geht, dass das Keimbläschen sich zunächst in zwei Bläschen, diese wieder in je zwei etc. theilen, bis 16 Kerne vorhanden sind (Fig. 3—9), die im noch ungetheilten Ei- inhalt suspendirt erscheinen und an der Peripherie des Dotters, wo derselbe an die äußere Protoplasmaschicht angrenzt, liegen. Die Thei- lungen gehen dabei in der Weise vor sich, dass der Kern vor derselben eine biskuitförmige Gestalt annimmt, wie ich dies in Fig. k gezeichnet habe und treten meist bei allen Kernen zugleich, manchmal aber doch mit kleinen Zeitunterschieden auf, wie dies Fig. 6 illustrirt. Die auf einander folgenden Stadien, welche ich erhielt und in denen ich genau die Kerne, wie es die Zeichnungen zeigen, abzählen konnte, lassen wohl keinen Zweifel darüber offen, dass die späteren Kerne durch Theilung des Keimbläschens entstanden sind, wiewohl ich den Vorgang selbst, wegen des erwähnten bald eintretenden Absterbens der Eier, nicht beob- achten konnte. Auf dem Stadium mit 16 Kernen finden wir meist einen derselben mehr inmitten des Dotters gelagert, während die übrigen an der Peri- pherie desselben liegen. Doch erst im nächsten, dem 32zelligen ent- sprechenden Stadium finden wir 30 Zellkerne, wohl vermöge der ihnen zukommenden amöboiden Beweglichkeit in die äußere Protoplasma- schicht gerückt, während sich zwei Kerne in der Mitte des Dotters finden. Um die ersteren gruppirt sich das Protoplasma in Form von Zellen, in- 568 Emanuel Witlaezil, dem jeder Kern wie ein Attraktionscentrum wirkt (Fig. 10), und es ent- steht so das gegen den centralen Dotter jetzt noch nicht scharf abgegrenzte Blastoderm, welches auch noch keine ganz kontinuirliche Schicht bildet, sondern hier und da von dazwischen tretendem Detter unterbrochen wird. Es tritt auf diesem Stadium bereits eine polare Differenzirung ein, indem die Zellen, welche sich am vorderen Pole bilden, theils darum, weil hier weniger Kerne an die Peripherie treten, theils darum, weil hier mehr Protoplasma vorhanden sein mag, größer erscheinen, als die am hinteren Pole hervortretenden, und das Ei gewinnt eine birnförmige Gestalt, was auf den folgenden Stadien noch deutlicher hervortritt. Indem die Zellen nach außen kleine Vorragungen bilden, erscheint das Ei nach außen jetzt nicht mehr von glatter Linie begrenzt, sondern es zeigt hier kleine Er- hebungen, ein Verhalten, welches sich auch auf den folgenden Stadien findet. Die zwei Kerne im Inneren des Dotters sind im frischen Zustande nicht leicht zu erkennen, treten aber ganz deutlich nach Behandlung mit Salzsäure hervor, wo es sich zeigt, dass sie von Protoplasma umgeben sind, das sich strahlenförmig zwischen die Dotterkörnchen fortsetzt. Bis inclusive zu diesem Stadium gelingt es meist, die Kerne im Ei durch Verschiebung des Tubus des Mikroskopes genau abzuzählen, bei den späteren der besprochenen Stadien freilich nur nach Behandlung mit Salzsäure, indem, wie dies aus den Figuren ersichtlich, nur an der Oberfläche des frischen Eies unklar wenige Kerne hervortreten. Ich habe auf meinen Zeichnungen dieser Stadien das Ei in drei Schichten zerlegt, von welchen die erste die Oberflächenansicht, die zweite den optischen Durchschnitt und die dritte die untere Flächenansicht giebt, in welche drei Ansichten sämmtliche. im Ei vorhandenen Kerne einge- zeichnet wurden. | Sowohl die an die Peripherie gerückten, als auch die im Dotter ver- bliebenen Kerne unterliegen weiter der Theilung und wir erhalten so das dem 64zelligen entsprechende Stadium, welches ein vorn dickeres, hinten dünneres und nur am hinteren Pol noch unterbrochenes Blasto- derm zeigt, dessen Zellen von dem darunter liegenden centralen Dotter mehr abgesetzt, so wie auch gegen einander schärfer begrenzt erscheinen (Fig. 44). Bei einigen Aphiden, so den Gallipterus-Arten (Fig. 58) und auch bei Aphis pelargonii zeigt das Ei auf diesem Stadium von der Oberfläche quere Wülste, in welchen die Zellen des Blastoderms liegen. Die Kerne sind jetzt am frischen Ei als dunklere Flecke in dem fast homogenen Protoplasma der Zellen zu erkennen. Nach Behandlung mit Salzsäure tritt das noch immer ein körniges Aussehen zeigende Kern- körperchen in dem helleren Kern hervor, der in dem dunkleren fein- körnigen Protoplasma liegt. Bei Zellen des Blasioderms, die in Theilung Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 569 begriffen scheinen, ist der Zellkern oft selbst nach Behandlung mit Salz- säure nicht zu erkennen, wie dies auf meiner Zeichnung (Fig. 12) des dem 198zelligen entsprechenden Stadiums zu sehen ist, auf welchem das Blastoderm bereits scharf vom darunter liegenden Dotter geschieden ist und auch hinten bereits immer geschlossen zu sein scheint. Der Dotter zeigt auf den letzten zwei Stadien noch unverändert dicht liegende kleine Körnchen. Nach Behandlung mit Salzsäure findet man inmitten desselben auf ersterem Stadium vier oft aber auch nur drei von sternförmig ausstrahlendem Protoplasma umgebene Kerne, indem die im Dotter liegenden Kerne sich langsamer theilen als die des Blastoderms, so dass oft noch einer ungetheilt geblieben ist. Die erwähnten drei Kerne liegen nicht selten in einer Zeile hinter einander. Auf dem folgen- den Stadium finden wir auch eine variable Menge, meist 5—6 Kerne, im Dotter, während im Blastoderm sich ca. 120 Zellen befinden, wie man durch freilich nicht ganz genaue Zählung der in Oberansicht, in Unter- ansicht und im optischen Mittelschnitt erscheinenden Zellen finden kann. Während der ganzen Furchung ist die Größenveränderung des Eies eine nur unbedeutende, wahrscheinlich in Folge dessen, weil diese Ver- änderungen sehr rasch vor sich gehen. Über die Dauer des ganzen Fur- chungsprocesses kann ich leider keine Angabe machen, weil derselbe unter dem Mikroskope nicht beobachtet werden kann. Die nächsten Veränderungen zeigen uns eine Eigenthümlichkeit, die außer den Aphiden nur noch wenigen Insekten zukommt. Das Eiröhrenepithel hat nämlich schon auf dem Stadium VII (Fig. 14) durch starkes Wachsthum einiger Zellen am hinteren Pole des Eies eine An- schwellung erhalten. Während nun im Stadium IX (Fig. 13), welches auf das zuletzt besprochene folgt, die Zellen des Blastoderms wegen fortschreitender Theilung und weiterem Wachsthum namentlich am vorderen Eipole eine mehr und mehr cylindrische Gestalt annehmen und die Dotterkörnchen sich zu verflüssigen beginnen, indem sie zur Ernährung des Blastoderms dienen, wächst, wie es scheint, nur eine Zelle von der verdickten Stelle des Eiröhrenepithels gegen das Ei zu und ver- ursacht, indem sie unter schnellem Wachsthum sich durch Theilung in einen Zellhaufen verwandelt, am hinteren Eipole eine Einstülpung des Bla- stoderms. Ich fand einmal nur eine große Zelle in der erwähnten Einstül- pung des Blastoderms, während allerdings in den meisten Fällen in dersel- ben schon ein kugelrunder Haufen verschmolzener Zellen vorhanden ist. Der sich so bildende Körper bleibt durch einen stielförmigen Fortsatz mit dem Eiröhrenepithel verbunden. Die Theilung der ersten Zelle scheint eine endogene zu sein, indem der Kern sich theilt, während der Zellin- halt in Zusammenhang bleibt und auch den stielförmigen Fortsatz bildet. 570 Emanuel Witlaezil, In den’'großen Kernen des betreffenden Körpers tritt namentlich nach Be- handlung mit Salzsäure eine sehr große Anzahl von vielleicht zusammen dem Kernkörperchen entsprechenden Körnchen hervor (Fig. 13B). Das Protoplasma dieses Körpers wird allmählich, manchmal schon frühe, manch- mal erst später, grünlich und verleiht so dem ganzen Gebilde die für den Pseudovitellus bei den Apbiden charakteristische Färbung. Dass das Blastoderm hinten schon vor dem Auftreten des Pseudovitellus geschlossen war, erhellt daraus, dass durch diesen immer eine Einstülpung desselben bewirktwird, welche inForm einer beim weiteren Wachsthum desPseudo- vitellus immer dünner werdenden Zellschicht denselben umgiebt. Das Einwachsen des Pseudovitellus in das Ei habe ich bei abnorm entwickel- ‘ten Eiern übrigens schon auf dem vorhergehenden Stadium beobachtet. Die auf dem Stadium IX begonnenen Processe nehmen in den fol- genden, eine bedeutende Größenzunahme zeigenden Stadien ihren weite- ren Verlauf. Das Blastoderm wird namenilich am vorderen Eipole immer dicker, indem seine Zellen höher werden. Es verliert sich dabei, da der Breitendurchmesser der Blastodermzellen wegen Theilung derselben klei- ner wird, die Unebenheit des Blastoderms nach außen, während nach innen noch lange die einzelnen Zellen über die allgemeine Grenzfläche etwas vorgewölbt erscheinen. Ihr Protoplasma ist fast klar, ganz fein- körnig und ihre Kerne liegen mehr gegen die äußere Peripherie zu. Auf Schnitten treten die Zellen des Blatoderms besonders scharf hervor. Der Pseudovitellus rückt unter bedeutendem Wachsthum in die Mitte des Eies, dessen innere Höhlung er bald fast ganz ausfüllt, wobei die ihn umhüllende, vom Blastoderm stammende Haut immer dünner wird, um schließlich ganz zu verschwinden. Durch den schon erwähn- ten stielföürmigen Fortsatz bleibt aber der Pseudovitellus fast bis zur Um- rollung mit dem Eiröhrenepithel in Verbindung. Bei den meisten Aphiden unterscheiden sich auf diesen und den folgenden Stadien von der grünlichen, dunklen, mit kleinen Körnchen erfüllten verschmolzenen CGentralmasse des Pseudovitellus nur an der Peripherie einige deutlichere Zellen mit hellerem Protoplasma, die oft eine ununterbrochene Schicht um den ganzen Pseudovitellus bilden (Fig. 16). Der stielförmige Fortsatz und später auch die verdickte Stelle des Eiröhrenepithels lassen keine geson- derten Zellen erkennen und zeigen ein:körniges Aussehen. Das besprochene Verhalten des Pseudovitellus lässt sich bis in sehr späte Entwicklungs- stadien erkennen, wenn auch die Zellgrenzen im Inneren desselben mehr und mehr hervortreten. Nach.Behandlung mit Salzsäure oder auf Schnitten gefärbter Embryonen treten im Pseudovitellus die Kerne als helle Bläschen mit dunklem Kernkörperchen deutlich hervor, um welche das dunkle Zellprotoplasma nur an der Peripherie unvollkommen Entwicklungsgeschichte der Aphiden. - 571 Zellwände erkennen lässt (Fig 60). Nur bei einigen Aphiden, so den schon erwähnten Callipterus-Arten, dann bei Aphis saliceti (?) fand ich eine größere Selbständigkeit der den Pseudovitellus zusammen- setzenden Zellen (Fig. 58, XII). | Die Dotterkörnchen sind bereits auf dem Stadium X gänzlich ver- schwunden, ohne dass der Dotter in Ballen zerfallen wäre (Fig. 14). Man findet jetzt innerhalb des Blastoderms eine Anzahl von 3—8 ziem- lich großen Zellen mit dunklerem Kern und feinkörnigem Protoplasma- inhalt, welche manchmal abgerundet, meist aber mit strahlenförmigen Fortsätzen versehen, eine verschiedene Lage einnehmen, bald zerstreut, manchmal sogar so vertheilt, dass sie scheinbar eine besondere Schicht unter dem Blastoderm darstellen, meist eine zusammenhängende ver- schmolzene Masse repräsentiren, die beim Hineinwachsen des Pseudo- vitellus an den vorderen Eipol gedrängt wird und noch ziemlich lange erhalten bleibt, wie man sich auf den Zeichnungen überzeugen kann. Diese den Wanderzellen der Autoren entsprechenden Zellen will ich als Dotterzellen bezeichnen. Es sind das die Überreste des Dotters, indem die von Protoplasma umgebenen Kerne sich noch erhalten, während die Dotterkörnchen, also ein Theil des Zellinhaltes der Dotterzellen, bereits aufgelöst sind. Von dem Stadium X an kann man wahrnehmen, dass das Blastoderm am vorderen Eipol eine dünnere Stelle zeigt, welche später als spalt- förmiger Einschnitt desselben auf der Innenseite oft sehr deutlich her- vortritt, indem unmittelbar daneben die bauchigsten Stellen des Blasto- derms sich befinden. Es muss übrigens bemerkt werden, dass manch- mal das Blastoderm mehr gleichmäßig und weniger dick als auf meinen Zeichnungen dieser Stadien erscheint. Es entsteht jetzt in Folge energischerer Zellvermehrung am hinteren Eipole eine neue Einstülpung, welche Anfangs von gleichmäßiger Dicke ist. Doch ehe diese Einstülpung noch merklich geworden ist, löst sich dort auf der Innenseite des Blastoderms, wie es scheint, nur eine Zelle ab, die rapid wächst und durch Theilung einen Haufen von ziemlich großen mehr oder weniger runden, mit ziemlich großem Kern und hellem Protoplasma versehenen Zellen entstehen lässt: die Genitalanlage. Ich fand manchmal nur eine große Zelle an der Stelle, wo ich bei anderen Embryonen eine größere Anzahl etwas kleinerer Zellen in einem kuge- ligen zusammenhängenden Haufen fand, und desshalb vermuthe ich, dass dieser aus einer Zelle entstanden ist. Die Genitalanlage liegt auf diesen Stadien, da der Pseudovitellus schon den Raum innerhalb des Blasto- derms größtentheils einnimmt, meist etwas zur Seite gedrängt, hat aber, 572 Emanuel Witlaczil, so viel ich finden konnte, keine genau bestimmte Lage zum Pseudo- vitellus. Sie behält die beschriebene Beschaffenheit noch lange. Nachdem die erwähnte Einstülpung ein unbedeutendes Stück in das Ei hinein gewachsen ist, macht sich an ihren Wandungen ein Dickenunterschied geltend. Aufeiner Seite wird sie dünner, während die andere Seite so wie das obere quere Stück ihre unveränderte Dicke behalten. Zugleich wird das Blastoderm auf jener Seite, wo die Ein- stülpung, auch dünner und zwar vom hinteren Eipol aus. Man erkennt dies Verhalten des Stadiums XIII gut auf meiner Fig. 17. Von diesem Stadium an können wir bereits scharf Rücken- und Bauchseite unter- scheiden ; letztere ist diejenige. an welcher das Blastoderm dünner wird. Beim weiteren Wachsthum der erwähnten Einstülpung legt sich . der dünne Theil derselben bald nahe an den dickeren Theil an, welcher seinerseits eine bedeutende Längenzunahme zeigt und sich vollkommen in der Weise einbiegt, dass jener dünne Theil, welcher das Amnion bil- det, auf die Innenseite des Buges zu liegen kommt. Der dicke größere Theil der Einstülpung bildet den Keimstreifen, welcher bald aufsteigend (entsprechend dem Kopf und Thorax) bis zum vorderen Pole reicht, und von hier mit dem früher quer gelegenen dem Abdomen entsprechenden Theile absteigend und sich meist an den aufsteigenden Theil anlegend wieder bis zum hinteren Pole, wo er ventralwärts etwas umgeschlagen er- scheint und dann in das Amnion übergeht (Fig. 17—24). Während der aufsteigende Theil des Keimstreifens sich an das Blastoderm an der Rücken- seite des Eies anlegt, zeigt der absteigende, mehr gegen die Mitte des Eies zu gelegene Theil eine sehr verschiedene Lagerung, bald mehr nach rechts oder links gewendet und theilweise neben dem aufsteigenden Theile liegend, meist der Biegung des aufsteigenden Theiles folgend, manchmal aber auch $-förmig gebogen theilweise von demselben abstehend. Das äußere Blastoderm ist auch allmählich dünn geworden und zwar von der Stelle an, wo es in das Amnion übergeht, immer mehr fortschreitend: es bildet die äußere seröse Hülle des Embryo. Nur die Theile des Blastoderms, welche mit dem Ursprung des inneren Theiles des Keim- streifens zusammenhängen und diesen umgeben, bleiben dick, indem sie die sogenannten Seitenplatten, eine später das erste eigentliche Kopfsegment bildende Fortsetzung des Keimstreifens vorstellen. Wenn man das Stadium XVI, bis zu welchem wir bereits gekom- men sind, von der Rückseite betrachtet (Fig. 22), so findet man in gün- stigen Fällen auf dem Bilde zwei optische Durchschnitte des Keimstrei- fens, nämlich dort wo er in die Seitenplatten, und dort wo erin den Abdominaltheil übergeht. Man erkennt auf denselben, dass die Seiten- ränder des Keimstreifens sich ventralwärts umbiegend in das denselben U Entwicklungsgeschiehte der Aphiden. 573 bedeckende Amnion übergeben. Man findet auch, dass die Seitenplatten bereits mit Recht diesen Namen tragen, indem sie in der Mittellinie am freien Ende eine Einbuchtung und unten im Durchschnitte auf der Innen- seite einen Einschnitt zeigen. Es ist dies die erste Andeutung der den Körper in zwei symmetrische Hälften theilenden Mittelfurche des Embryo. Das Dünnerwerden der das Amnion und die Serosa bildenden Theile des Blastoderms und seiner hinteren Einstülpung scheint, wie bei den sich aus dem befruchteten Ei entwickelnden Insekten, auf einer Höhen- - abnahme der betreffenden Zellen durch theilweise Resorption zu be- ruhen. Optische Querschnitte des Keimstreifens mit dem anliegenden Amnion (Fig. 22 z. B.) zeigen nämlich eine nicht merklich geringere Anzahl von Zellen im Amnion, als im Keimstreifen, indem der Unter- schied zwischen beiden Gebilden durch die verschiedene Höhe ihrer Zellen bedingt wird. Vielleicht geht auch gleich von Anfang an das Wachsthum und die Theilung der Zellen der Embryonalhäute langsamer vor sich, als im Keimstreifen und den Seitenplatten, ein Vorgang, der auch ein Dünnerwerden jener Gebilde zur Folge hätte und der einfacher ist als jener, der aber doch nur als ein sekundärer zu betrachten wäre, da jenes der bei den sich aus dem befruchteten Ei entwickelnden In- sekten eintretende Vorgang ist. Beim Hineinwachsen der den Keimstreifen bildenden Einstülpung wird der große Pseudovitellus bei Seite gedrängt, so dass der aufstei- gende Theil des Keimstreifens auf eine, der durch seinen stielförmigen Fortsatz die Serosa am hinteren Pole durchbohrende Pseudovitellus auf die andere Seite zu liegen kommt. Ich will diese beiden Seiten des Eies als Rücken- und Bauchseite bezeichnen , indem gegen die letztere Kopf- und Thorakalextremitäten gerichtet sind. Der absteigende Theil des Keimstreifens liegt neben dem Pseudovitellus, wobei seine Lage nicht genau bestimmt ist und man in einigen Eiern den Pseudovitellus auf der linken, in anderen auf der rechten Seite, auf der anderen Seite aber den absteigenden Theil desKeimstreifens und an dessen Rückenseite allerdings auchin einer ziemlich variablen Lage, meist iin der Mitte, die einen rund- lichen Körper darstellende, jetzt aus einer größeren Masse kleiner aber un- verschmolzenerZellen bestehendeGenitalanlage findet. Der etwas breitere aufsteigende Theil des Keimstreifens nimmt so ziemlich die ganze Dicke des Eies ein und wird von den Seitenplatten umfasst, welche durch eine Anfangs noch undeutlich schräg vom Ende derselben zur Basis desinneren Theils des Keimstreifens verlaufende Linie sich von der Serosa absetzen. Es muss hier nochmals die große Mannigfaltigkeit der Lagerung und auch Verschiedenheit der Größe der einzelnen Theile des während dieser Veränderungen eine bedeutende Größenzunahme zeigenden Em- 974 Emanuel Witlaczil, bryo hervorgehoben werden, was auch auf meinen Zeichnungen einigermaßen hervortritt, obgleich ich der größeren Deutlichkeit der Darstellung wegen solche Stadien abgebildet habe, welche eine ähnliche Lagerung aufwiesen. So können die Seitenplatten eine verschiedene Dicke und Länge haben, es kann der Ursprung des inneren Theiles des Keimstreifens schon vor oder genau am hinteren Eipole liegen, oder selbst ein gutes Stück auf die andere Seite übergreifen. Auf dem folgenden Stadium XVII finden wir den Keimstreifen noch gewachsen, in Folge dessen seine beiden inneren Theile sich einkrüm- men, und während ihr mittlerer Theil sich an die Seitenplatten und die Serosa anlegt, mit den Endtheilen den vorderen und hinteren Eipol in Anspruch nehmen. Die Lagerung der übrigen Theile des Embryo ist dieselbe geblieben. Wir finden aber im Keimstreifen eine wichtige Ver- änderung, indem das Mesoderm aufgetreten ist. Dasselbe spaltet sich, wie man auf der Seitenansicht des Embryo (Fig. 23) und auf Durch- schnitten des Keimstreifens (Fig. 24) sehen kann, in Form einer ziemlich dünnen Zellschicht von der bisher einzigen hohen Ektodermschicht des Keimstreifens auf der nach innen gekehrten Seite der Seitenplatten und der nach außen gekehrten des übrigen Keimstreifens ab. Diese Abspal- tung erfolgt offenbar dadurch, dass jede Zelle des Keimstreifens sich der Quere nach in zwei theilt. — Die mediane Furche zwischen den beiden Seitenplatten ist auf diesem Stadium bereits sehr stark ausgeprägt und eben so der Einschnitt am freien Ende der Seitenplatten, von welchem aus die Begrenzungslinien der Seitenplatten im Bogen nach rechts und links verlaufen. Es treten jetzt auch in der Mitte jeder Seitenplatte auf der Innenseite dorsoventral verlaufende Einkerbungen hervor, ‘die auf dem vorhergehenden Stadium nur schwach angedeutet waren. Ausgehend von der Anschauung, dass wir bei den Aphiden Gene- rationswechsel vor uns haben und die viviparen Weibchen als Ammen zu betrachten sind, hat Carus (45) seiner Zeit die Behauptung aufgestellt, diese entwickelten sich nicht aus Zellen, sondern aus Keimkörnern, eine Ansicht, welche bereits von Leyvıe (55) widerlegt wurde. Dieser ist der Meinung, dass die Entwicklung der unbefruchteten Eier mit derjenigen der befruchteten auf Eins hinauslaufen dürfte und mit einem Zellver- mehrungsprocesse beginnt, welcher dem Furchungsprocesse der be- fruchteten Eier analog ist. Eine ähnliche Auffassung hat Levckarr (Öl), welcher, indem er einmal den Kern der primitiven Eizelle eines vivi- paren Weibchens mit einer knospenartigen Auftreibung fand, die Meinung ausspricht, es scheine fast, als wenn die später im Ei periphe- risch auftretenden Kerne durch Prolifikation am Eikern ihren Ursprung | | | | Ä Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 575 nehmen würden. 'Er giebt weiter an, dass sich bisweilen schon sehr früh ein Unterschied zwischen peripherischen und centralen Zellen gel- tend macht. METschNIKorF (62) nimmt mit Recht an, dass die Kerne im Ei der vivi- paren Aphiden durch Theilung des Keimbläschens entstehen, behauptet aber, dass alle so entstandenen Kerne in die peripherische Protoplasma- schicht treten. Er konnte nämlich im Dotter keine Kerne finden. Branpr (8 u. 9) behauptet zuerst die amöboide Bewegung des Keim- bläschens, hält dieses aber für eine Zelle, deren Derivate sich direkt in die Blastodermzellen umwandeln sollen, eine Angabe, welche auf Beobach- tung verdorbenen Materiales seinerseits zurückzuführen ist. Er leugnet auch die so deutliche peripherische Protoplasmaschicht und giebt fälsch- lich an, dass’ die das Ei durchsetzenden Keimbläschendescendenten an der Peripherie in mehrfachen Zelllagen vorkommen. Neuerdings hat Brass (10) behauptet, dass die Keimkerne durch Knospung vom Keimbläschen abstammen. Die Furchung ist nach ihm eine totale, indem zunächst zwei Zellen entstehen, von welchen die eine das Entoderm, die andere das Ektoderm hervorgehen lassen soll. Das letztere umlagert nach ihm die Entodermzellen, während das Mesoderm als linsenförmige Zellmasse unter dem Ektoderm am hinteren Eipole auf- tritt. Die Zeichnungen aber, welche er von den ersten Entwicklungs- stadien der viviparen Aphiden nach stundenlang unter dem Deckgläs- chen gelegenen Objekten giebt, zeigen, dass er durch das lange Liegen unter Druck veränderte, in Destruktion begriffene Eier untersuchte. Zum Theil gilt dies auch von seinen späteren Zeichnungen. Die von ihm ge- sehenen glänzenden Körperchen unter dem Blastoderm dürften Fett- tröpfchen oder Dotterkörnchen gewesen sein. Es muss schließlich noch der ganz unqualifieirbare Ton zurückgewiesen werden, welchen sich Brass ohne jede Berechtigung in seiner Polemik gegen METscanIKorFF erlaubt. Wırz (92) konnte die auch von Brass angegebene amöboide Be- wegung der Kerne im Ei nicht beobachten. Das von Protoplasma um- gebene Keimbläschen verwandelt sich nach ihm in den ersten Furchungs- kern und lässt durch Theilung die auch von Protoplasma umgebenen Kerne entstehen, welche zum größten Theil in die wandständige Proto- plasmaschicht rücken, um das Blastoderm zu bilden, zum Theil aber im Doiter zurückbleiben. Am hinteren Eipol lässt das Blastoderm eine Stelle offen, welche der Ernährung dienen soll, indem sie Nährstoffen Eintritt gewährt, während die dem hinteren Pole zunächst liegenden Blastoderm- \ theile nach ihm ein Syncytium darstellen, welches zur Bildung der | inneren Keimzellen beitragen soll. Zu den Angaben von Wırı muss ich | bemerken, dass ich bei frischen Eiern nie eine hervortretende Proto- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 39 576 Emanuel Witlaezil, plasmaschicht um die Kerne gesehen habe, wie er sie zeichnet. Es dürfte durch die Behandlung mit Reagentien bei der Färbung diese Ver- änderung mit den Objekten vor sich gegangen sein. Was die letzte Angabe anbelangt, so ist sie leider nicht ausgeführt, so dass man sagen könnte, wo der Fehler liegt. Er scheint aber die Verdickung des Eiröhrenepithels und die davon ausgehende Bildung übersehen zu haben. METSCHNIKOFF (62) giebt an, dass bei Bildung des Blastoderms der hintere Eipol von Keimzellen frei bleibt, der hier liegende Dotter sammt den ihn seitlich umgebenden Theilen des Biastoderms in die Länge wächst und das »eylindrische Organ« bildet, das durch eine vom Blas- : toderm ausgebildete quere Scheidewand, von welcher dann die weiteren Veränderungen im Embryo selbst ausgehen, abgeschnürt wird, mit dem Eiröhrenepithel verschmilzt, und indem es die Zellen verliert, weiterhin rückgebildet wird. Er beschreibt auch ein ihm räthselhaft gebliebenes, keine Zellen zeigendes und später verschwindendes »zapfenförmiges Organ«, das er manchmal beobachtet hat und welches von den Über- resten des »ceylindrischen Organes« in die Einstülpung des Keimstreifens hineinreichte und, wie er glaubt, mit dem oberen Theil desselben ver- wachsen ist. Ich brauche wohl nicht erst hervorzuheben, dass dies von ihm nur manchmal gesehene Organ die sich verhältnismäßig lange er- haltende Verbindung des Pseudovitellus mit seiner Ursprungsstelle am Eiröhrenepithel ist. Die Zellen der oben erwähnten queren Scheidewand würden nun, indem sie sich vermehren und mit einander verschmelzen, einen soliden »Keimhügel« bilden, von dessen Zellen eine sich durch ihre Größe und grüne Färbung auszeichnet und durch Vermehrung einen besonderen Zellhaufen, den »Dotterhügel« bildet, aus welchem später der von mir Pseudovitellus genannte »sekundäre Dotter« entsteht. Eine andere sich ablösende verschmolzene Zellmasse würde den »Genitalhügel« bilden, während der übrige Theil des »Keimhügels« sich einstülpt und so den Keimstreifen entstehen lässt. Ein »Keimhügel« in dem Sinne METscHnIKorr's, als solide aus ver- schmolzenen Zellen bestehende Masse, ist nicht vorhanden und diese Bezeichnung kann als überflüssig fallen gelassen werden. Die Bildungs- weise des Pseudovitellus ist aber METSCHnIKkoFF wohl nur darum entgangen, weil er die Verdickung des Eiröhrenepithels am hinteren Eipol noch vor Eintritt der beschriebenen Veränderungen übersehen hat. Seine Fig. 10 entspricht offenbar meinem Stadium XI, indem der quere Wulst die seit-. her auf dem hinteren Pole zum Verschluss gelangte Blastodermschicht ist, welche von dem vom Eiröhrenepithel her wachsenden Pseudovitellus (seinem cylindrischen Organ), der allerdings erst allmählich eine grünliche Färbung annimmt, in das Ei eingestülpt wird. Seine nächsten Stadien Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 977 entsprechen der langsamen Einstülpung des Pseudovitellus, welcher aber in den späteren Stadien auch bei den von METschniIkorr untersuch- ten Arten nicht das von ihm gezeichnete Aussehen getrennter Kugeln hat, sondern eine zusammenhängende Zellmasse vorstellt. Seine Fig. 16—18 stellen so ziemlich dasselbe Stadium, allerdings mit Varia- tionen in Form und Lage, dar. Die Angabe, dass die Genitalanlage jetzt und auch später aus verschmolzenen Zellen besteht, ist irrig. Der Dotter wird nach Merscanikorr während dieser Vorgänge rückge- bildet, indem die Dotterkörner zu einer kompakten granulösen Masse verschmelzen, welche immer mehr Risse aufweist, um bald gänzlich zu verschwinden. Die von ihm erwähnten Risse und Nähte dürften wohl die Begrenzungslinien der großen, unregelmäßig liegenden und geform- ten, von ihm aber übersehenen Dotterzellen sein. Was die Bildungsweise des Pseudovitellus ‚anbelangt, so giebt METScHnIKorF für die Psylloden, deren Pseudovitellus zwar bräunlich ge- färbt ist, aber im entwickelten Thier dieselbe Form und Lage hat, wie bei den Aphiden, eine mit der von mir für die im Mutterthiere und von Barsıanı auch schon für die aus dem Winterei sich entwickelnden Aphiden beschriebenen fast identische Bildungsweise an. Er bemerkt dort unter Anderem (p. 476): »Es erweist sich mit absoluter Bestimmtheit, dass der runde Körper, welcher die erste Anlage des sekundären Dotters dar- stellt, einen umgebildeten Theil eines Keimfachwandungabschnittes re- präsentirt und dass er uns also zum ersten Male mit solchen Gebilden bekannt macht, welchenichtausdemE&Ei, sondern auseinem Theile des mütterlichen Körpersihren Ursprung nehmen.« Freilich ist das so entstandene Gebilde von bisher unaufgeklärter Be- deutung und scheint nur bei wenigen Insekten vorzukommen. Ich restituire dafür die ältere Bezeichnung von Huxrey, da wir über die Be- deutung dieses Körpers noch nichts wissen, also keinen darauf Bezug habenden Namen wählen können, die Bezeichnung Huxrev’s mir aber die passendere zu sein scheint, indem sie besagt, dass der betreffende Körper dotteräbnlich ist, ohne Dotier zu sein. Die Bezeichnung METScHnIKorFF’S nimmt dagegen für denselben die Bedeutung eines sekundär entstandenen Dotiers in Anspruch, welche ihm, wie ich schon in meiner früheren Ar- beit gezeigt habe, nicht zukommt. Freilich ist auch meine dort ausge- sprochene Auffassung dieses Körpers als Marrıcar’sche Gefäße falsch, in- dem sie sich mit seiner Entwicklung absolut nicht verträgt. Die Bildung des Keimstreifens und der Embryonalhäute beschreibt METSCAHNIKOFF in ähnlicher Weise, wie ich sie oben dargestellt habe. Er nennt aber, wiewohl er die Übereinstimmung der Bildungsweise der Embryonalhäute hier und bei den Wirbelthieren hervorhebt, das Amnion 39* 878 Emanuel Witlaczil, »Deckblatt« und die Serosa »Insektenamnion«., — Die Abspaltung einer äußeren Schicht vom Keimstreifen, die er aber nicht als Mesoderm er- kannt hat und von welcher er die Extremitäten entstehen lässt, hat er aus- gehend von den Seitenplatten beobachtet (seine Fig. 22, 26). Er be- hauptet auch fälschlich, dass dieselbe am Abdomen nicht stattfinde. Zweite Entwicklungsperiode. Von der Anlage der Segmente und Extremitäten bis zur Erlangung der definitiven Lage des Embryo (Stadien XVIII—XXV]). Nachdem jetzt die Keimblätter differenzirt sind, beginnt die Ent- wicklung der Organe. Auf dem Stadium XVIII (Fig. 25—27) finden wir bereits die Segmentirung und Anlage der Extremitäten begonnen. Es treten von vorn nach hinten zu fortschreitend am aufsteigenden Theile des Keimstreifens drei Segmente des Kopfes und etwas schwächer ange- deutet die drei Thorakalsegmente auf, welche alle schwache Extremitäten- anlagen aufweisen, während am absteigenden Theil des Keimstreifens ganz schwach eine größere Anzahl von Segmenten angedeutet ist, von denen man in den späteren Stadien, wo sie deutlicher werden, sieben und ein undifferenzirtes und, wie schon oben bemerkt, zum Theil umgebogenes Endstück unterscheiden kann. Die Segmente sind Ausbuchtungen des Keimstreifens gegen die Bauchseite und werden dadurch bezeichnet, dass ihnen das zwischen den Segmenten dünner werdende aber überall nur eine Zelle dicke Mesoderm folgt, so dass ihnen auf der Rückenseite kleine Einbuchtungen entsprechen. | Die Seitenplatten zeigen die mediane Einschnürung jetzt so stark, dass sie sich fast gänzlich von einander trennen. Der mediane Einschnitt an ihrem freien Rande ist noch tiefer geworden und die von hier nach den Seiten verlaufenden Ränder zeigen ihrerseits wieder je einige Einschnitte, wodurch mehrere in der Größe ziemlich variable Lappen gebildet wer- den, von welchen die letzten gegen den Ursprung des übrigen Keim- streifens zu gelegenen die jetzt noch etwas schwächer als die Thorakal- extremitäten angedeuteten Anlagen der Antennen sind. Auf Ansichten dieses Stadiums von der Rücken- und von der Bauchseite bemerkt man an optischen Durchschnitten des Keimstreifens, dass jetzt auch an dem- selben die Mediane durch eine mittlere Einschnürung in der ganzen Länge, namentlich auf der Rückenseite, angedeutet, und die Segmenti- rung an den Seiten wohl ausgeprägt ist. Das Mesoderm, dessen Zellen körniges Protoplasma zeigen, zieht sich jetzt von der Mittellinie zurück Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 979 und gewinnt in jedem Segmente jederseits eine koncentrische Lagerung (Fig. 25, 26). Das Amnion umzieht alle die erwähnten Vorragungen des Keim- streifens. Die Serosa überwächst jetzt die Seitenplatten, indem sie an der ganzen Peripherie derselben, so wie an der Stelle ihres Überganges in das Amnion eine gegen die Mitte der Seitenplatten wachsende Ringfalte bildet, welche endlich verwachsend die beiden Embryonalhäute zum Abschluss bringt. Diese Ringfalte sieht man auf dem betreffenden Sta- dium besonders gut gleich nach Behandlung des Objektes mit Salzsäure, indem der Embryo sich stärker zusammenzieht als die Embryonalhäute, so dass diese etwas von ihm abtreten. Übrigens bildet bei Zusammen- ziehung des Embryo oft auch die Eiröhre um denselben Falten, welche man nicht mit den Embryonalhäuten verwechseln darf. Die Serosa bildet nun um den ganzen Embryo eine geschlossene, nur von dem Stiel des Pseudovitellus durchbohrte und hier an dem Eiröhrenepithel festgehal- tene Kapsel, während das Amnion den Keimstreifen auf seiner ganzen Länge von der Spitze des Abdomens bis zum Ende der Seitenplatten be- gleitet, denselben von außen umhüllend und an den Seiten in denselben übergehend. Auf vielen meiner Zeichnungen ist diese Haut wiederge- geben. | Wo die Seitenplaiten in den aufsteigenden Theil des Keimstreifens übergehen, und eigentlich noch etwas vor diesem Bug, entsteht jetzt in derMediane eine vonMesoderm überzogeneEinstülpung desKeimstreifens: die vordere Darmeinstülpung, welche ich mit Barrour (5) Stomodaeum nennen werde. Von den Seitenplatten zieht sich jetzt das Mesoderm, welches von Anfang an nicht bis zu den äußersten Enden. derselben reichte, etwas gegen die Mittellinie zurück und beginnt hier eine un- regelmäßige oder abgerundete Form der Zellen aufzuweisen (Fig. 27). Der grüne Pseudovitellus zeigt jetzt und während der folgenden Stadien auch in der mittleren Masse die Zellgrenzen meist, angedeutet. - Die mittleren Zellen sind aber dunkler, als die an der Peripherie liegenden, welche einen feinkörnigeren Inhalt besitzen. Die großen Kerne treten manchmal ganz deutlich hervor, wie ich dies auch in einigen Zeichnungen wiedergegeben habe. Die Genitalanlage ist von der graulichen Färbung und hyalinen Beschaffenheit, welche die meisten Embryonalgebilde jetzt zeigen und besteht aus sich gegenseitig polygonal begrenzenden ziemlich kleinen Zellen. Auf Schnitten durch dieses Stadium findet man deutlich das Ekto- derm aus einer Zellschicht bestehend, welche in den Seitenplatten ein etwas körniges Aussehen besitzt. Der Pseudovitellus zeigt die periphe- ‚ rischen gesonderten Zellen gefärbt, während die theilweise verschmol- 580 Emanuel Witlaezil, zenen im Centrum, die auch deutlich Kern mit Kernkörperchen zeigen, fast ungefärbt bleiben. Auf dem folgenden Stadium XIX ist die gegenseitige kiöge der Theile des Embryo dieselbe (Fig. 28—30). Die Kopf- und Mundextremitäten sind nach unten und außen gewachsen und eben so die Antennen, welche, wie auf Fig.30 besonders deutlich zu sehen ist, seitlich vom Stomodaeum liegen und aufihrer Hinterseite an die Mandibelanlagen anstoßen, auf der Vorderseite aber in die übrigen, die Gehirnanlage bildenden Theile der Seitenplatten übergehen. Antennen und alle Extremitäten bestehen aus zwei Schichten, da sie durch Ausstülpung des Ektoderms und Mesoderms entstanden sind. Innerhalb des letzteren befindet sich auch in jedem Segmente eine ganz unbedeutende, später verschwindende Höhlung. An der von der Mittellinie abgewendeten Seite der eng vom Amnion um- gebenen Extremitätenanlagen befindet sich die äußere wulstförmige Begrenzung des Ektoderms (Fig. 29). Die Mesodermschicht besteht jetzt am ganzen Keimstreifen aus unregelmäßigen, meist aber abgerundeten Zellen und ist besonders an den Grenzen der einzelnen Segmente von der Mittellinie zurückgezogen. Die Extremitäten liegen an den äußersten Rändern des Keimstreifens. Der Theil des Keimstreifens zwischen den Extremitäten zeigt jetzt bedeutende Dicke und von der Seite die Seg- mente durch Vorwulstung gegen die Bauchseite angedeutet. Auf diesem Stadium finden wir eine sehr wichtige Veränderung. Es hat sich nämlich vom Ektoderm der Seitenplatten, so wie des ver- dickten Kopf- und Thorakaltheiles desübrigen Keimstreifens, auf derselben Seite, auf welcher früher das Mesoderm zur Abspaltung gekommen war, eine dicke Zellschicht gesondert, welche die Anlage des Nervensystems repräsentirt. Diese Abspaltung, welche vom Ektoderm nur eine dünne Hautschicht übrig lässt, geht in der Weise vor sich, dass die Zellen des Ektoderms sich durch eine, verschiedene, meist schiefe Lage habende Scheidewand in zwei theilen, während bei der Abspaltung des Mesoderms die Querwände der Zellen fast immer eine senkrechte Lage zeigten. Diese Abspaltung ergreift später auch den Abdominaltheil des Keimstreifens. An dem an die Antennen angrenzenden vordersten Theil der Seitenplatten, welcher später die Augen bildet, geht diese Abspaltung aber nicht vor sich. Auf der Rückenansicht des Embryo in diesem Stadium sieht man oft auf den Seitenplatten die durchscheinenden Durchschnitte des Vor- derkopfes und der Antennen, welche nicht zu Irrthümern Anlass geben dürfen. Mich selbst hat diese Übereinanderlagerung verschiedener Theile Anfangs zu ganz irrigen Ansichten über die Bildungsweise des Nerven- systems, besonders des Gehirns, geführt. Das Stomodaeum ist größer geworden. Während hinter demselben Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 581 die Mandibeln und seitlich die Antennen liegen, wächst vor dem- selben der zwischen den Seitenplatiten gelegene Theil des Keimstreifens etwas aus und bildet den ganz unzweifelhaft unpaaren Vorderkopf, dessen Mesoderm aber die mediane Furche zeigt (Fig. 30). Es tritt jetzt auch die hintere Darmeinstülpung: das Proktodaeum auf, als von Meso- derm überkleidete Einstülpung des Ektoderms am äußersten Ende des Abdomens von dem umgeschlagenen Lappen desselben aus (Fig. 28). Seine Bildungsweise ist übrigens schwieriger zu konstatiren als die des Stomodaeums; besonders schwer zu erkennen ist aber auch auf den folgenden Stadien noch der Mesodermüberzug dieser Einstülpungen. Das Ektoderm bildet auch noch an der Grenze des zweiten Maxillen- und des ersten Brustsegmentes auf jeder Seite eine von Mesoderm freie Ein- stülpung: die.Speicheldrüsen, welche zu Seiten des Nervenstranges bis in die Mesodermschicht wachsen und sich dort in zwei kurze Äste: die zwei Lappen der jederseitigen Speicheldrüse theilen. Die letzten haben eine ziemlich variable Lage, liegen aber meist so, dass ihre Theilungs- ebene mit der Medianebene des Embryo zusammenfällt. Auf den folgenden Stadien beginnen schon die Lageveränderungen des Embryo. Indem der Keimstreif sich zusammenzieht , entfernt sich das Abdomen von Kopf und Thorax und drängt den Pseudovitellus, welcher sich endlich jetzt vom Eiröhrenepithel trennt, zunächst an den vorderen Eipol und bei weiterer Zusammenziehung auf die Rückenseite, während die Genitalanlage mehr an den vorderen Eipol kommt (Fig. 34 und 34). Die Extremitäten und Antennen wachsen während dieser Vorgänge zuerst noch ziemlich gleichmäßig und nach außen und unten gerichtet, wobei. nur die Mandibeln und die hinter denselben gelegenen I. und II. Maxillen etwas kürzer bleiben und dünner werden (Fig. 3I—33). Im folgenden Stadium XXI aber haben die Thorakalextremitäten bereits eine nach unten und hinten gerichtete Lage eingenommen, während die ziem- lich großen Il. Maxillen auch nach hinten gerichtet sich zwischen die Thorakalextremitäten gelegt haben und die Mandibeln und die an der Hinterseite mit einer Tasteranlage versehenen I. Maxillen im Wachsthum ganz zurückgeblieben sind und von den Antennen überwachsen werden (Fig.34—36). Die äußereEktodermschicht aller dieser Extremitäten bildet an der Basis derselben auf der äußeren Seite des Keimstreifens noch immer einen Wulst, während das innere Mesoderm jetzt langgezogene schief liegende Zellen zeigt und sich in die Mesodermschicht des Keimstreifens fortsetzt. Im Abdomen tritt jetzt die Segmentirung deutlich hervor, in- dem sich an jedem Segmente zwei extremitätenähnliche Vorwulstungen bilden, in welchen das sich von der Mittellinie zurückziehende Mesoderm En 582 Emanuel Witlaczil, eine Lagerung, wie in den früher schon besprochenen Extremitäten an- - nimmt (Fig. 31, 33, 3%). Die Anlage des Nervensystems, und zwar sowohl des Gehirns als des Bauchnervenstranges zeigt eine bedeutende Dickenzunahme. Sie besteht jetzt und in den folgenden Stadien aus hohen und auch ziem- lich dicken Säulen von hellem Aussehen, welche wir wohl als Zellen betrachten müssen. Von der Seite zeigt der Bauchnervenstrang Ein- schnitte, welche, wie man nicht ohne Mühe feststellen kann, auf der Bauchseite mit den Segmenteinschnitten zusammen, auf der Rückenseite aber zwischen dieselben fallen. In der Rückenansicht (Fig.32, 35) findet man diese Auswulstungen zwischen den Segmenten ganz deutlich. Während von der wohl ausgeprägten, diese Wülste median theilenden Mittelfurche das Mesoderm sich ganz zurückgezogen hat, sind je zwei solche auf einander folgende Wülste durch Mesodermstreifen getrennt, so wie sie auch an der Außenseite durch Mesoderm begrenzt werden. Der rechte und der linke Lappen des Gehirns hängen in der Mittellinie nur ganz wenig zusammen, die Einschnitte auf der Hinierseite der- selben treten scharf hervor und die Anlagen der Augen erscheinen scharf abgesetzt. Es sind das die seitlichen Endtheile der Seitenplatten, welche, indem die Spaltung nicht bis an das Ende dieser gereicht hat, auf der Innenseite mit der Gehirnanlage, auf der Außenseite mit der diese be- deckenden Haut, von welcher sie eigentlich einen Theil: darstellen, zu- sammenhängen. Ob die Gehirnanlage von Anfang an mit dem Bauch- nervenstrang in Zusammenhang steht, konnte ich wegen der versteckten Lage dieser Partie leider nicht konstatiren. Während die Speicheldrüsen ziemlich unverändert bleiben, zeigen Stomo- und Proktodaeum ein nicht ganz unbedeutendes Längenwachs- thum. Vor dem ersteren wächst der Vorderkopf, dessen hintere untere Wand zugleich die Vorderwand des Stomodaeums ist (Fig. 34), nach unten und rückwärts und erscheint durch eine quere Furche von den Seitenplatten abgesetzt. Die Genitalanlage zeigt auf dem Stadium XXI häufig schon eine besondere peripherische Schicht, welche wohl aus den äußeren Zellen derselben entstanden ist, indem ja die Genitalanlage in der von Mesoderm entblößten Mittellinie dem Keimstreifen anliegt und das Mesoderm jetzt überhaupt noch keine weiteren Differenzirungen eingegangen ist,''so dass man kaum annehmen kann, diese Schicht stamme davon ab. Nachdem der Keimstreifen sich so weit zusammengezogen, dass das Ende des Abdomens,, obwohl noch immer gegen den Bauch umge- schlagen, in die Nähe des vorderen Eipols gekommen ist, ‚beginnt in Folge von ähnlichen Wachsthumsvorgängen im Keimstreifen eine andere Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 983 noch viel umfassendere Lageveränderung: die Umrollung des Embryo, während welcher die Differenzirung desselben nur um ein Unbedeuten- des fortschreitet. Wohl durch innere Vorgänge in dem die Hauptmasse des Keimstreifens bildenden Nervenstrang, Vorgänge, welche eine Streckung des ganzen Keimstreifens zur Folge haben, rückt zunächst der Kopf etwas nach rückwärts empor (Fig. 37). Im weiteren Verlaufe dieses Processes erreicht der Kopf den vorderen Eipol, während das Ende des Abdomens nur eine unbedeutende Lageveränderung erfährt (Fig. 38).. Hierauf beginnt in Folge eines dem vorigen in der Wirkung entgegengesetzten Vorganges im Keimstreifen derselbe sich zusammenzu- ziehen, so dass das Ende des Abdomens langsam gegen den hinteren Eipol rückt (Fig. 39, 41), bis endlich der After ganz an diesem zu liegen kommt. Hierbei verschwindet die früher vorhandene Umschlagung des Endes des Abdomens gegen die Bauchseite. Durch diese Lageveränderung erhält der Embryo seine definitive, eine zu der vorigen verkehrte Lage, indem nicht nur Kopf und Ab- domen, sondern auch Bauch und Rücken die entgegengesetzte Stellung eingenommen haben, eine Lage, welche der dauernden Lage der ekto- blastischen Insekten im Ei entspricht. Kopf, Thorax und Abdomen erschei- nen jetzt bereits mehr oder weniger in ihrer definitiven Form abgegrenzt. Die Embryonalhäute zerreißen zu Anfang, des beschriebenen Pro- cesses an der Stelle, wo der Vorderkopf liegt und ziehen sich während der Umroliung über dem Embryo zurück (Fig. 37), indem sie sich im Stadium XXIH (Fig. 38) an der nach außen gewendeten Seite des Ab- domens zu einem wurstförmigen hohlen Körper zusammenrollen, dessen Zellen fettige Rückbildung erleiden. Dieser Körper verbleibt in seiner Lage am Rücken des Embryo, schrumpft später mehr und mehr zu- sammen und wird, wie es scheint, von den Seitenwänden des Körpers, zu dessen Aufbau er als Nährmaterial mit beitragen muss, eingeschlos- sen. Die Seitenwände des Körpers, Fortsetzungen der Hautschicht des Keimstreifens und der Mesodermschicht, bedecken nämlich schon auf den Stadien XXII und XXIII zum Theil den Pseudovitellus und die Genital- anlage (Fig. 37, 38) und lassen auf dem Stadium XXIV (vgl. Fig. 56), in dem sie zuerst vorn verwachsen, nur mehr einen kleinen herzförmi- gen Fleck des Rückens unbedeckt.. Da nun auf diesem Stadium die Embryonalhäute zusammengerollt als dunklere Masse.am Rücken liegen, ich aber in der Rückenansicht desselben die Grenzen der Seitenwände ganz scharf sah, so muss ich schließen , dass sich diese über den Em- bryonalhäuten befinden. Dass die Embryonalhäute am Aufbau des Rückens sich nicht; unmittelbar: betheiligen können, erhellt übrigens schon daraus, dass sie ‚dort eine unregelmäßige Masse in Zerfall be- 584 Emanuel Witlaezil, griffener Zellen darstellen. Auf dem Stadium XXV erscheint der Rücken bereits geschlossen, man erkennt aber an diesem und den folgenden Stadien von der Seite meist noch die dunklen Überreste der Embryonal- häute unter demselben (Fig. 41, 43). Die Antennen und Extremitäten zeigen während dieser Vorgänge ein unbedeutendes Längenwachsthum und eben so die dünneren und kürzeren, sich ganz zwischen die Brustgliedmaßen hinein legenden I. Maxillen. Alle diese Organe zeigen die mehr und mehr verschmel- zende innere Mesodermmasse deutlich. Mandibeln und I. Maxillen sammt ihrem Taster zeigen Anfangs im Inneren auch noch Mesoderm, welches sich aber später aus denselben zurückzieht. Indem sie sich in den Körper einsenken,, werden sie von der Haut desselben, wie von einem sich über sie stülpenden Ring umgeben (Fig. 41, 43). | Der Pseudovitellus wird während der Umrollung zunächst in die Mitie des Eies gedrängt, dann aber durch die erneute Zusammenziehung des Keimstreifens wieder auf einer Seite frei und liegt nach Vollendung der Umrollung wieder am Rücken des Embryo, allerdings auf der an- deren Seite des Eies, ohne in seiner Beschaffenheit bemerkenswerthe Veränderungen erfahren zu haben. Das Proktodaeum ist etwas ge- wachsen und zeigt eine ziemlicheDicke, während das Stomodaeum stär- ker gewachsen ist und dünner erscheint. Die Speicheldrüsen zeigen keine Veränderung; man kann jetzt namentlich auf dem Stadium XXV oft sehr deutlich sehen, wie sich ihre Ausführungsgänge in die Körper- wand fortsetzen. Das Nervensystem,’ besonders der Bauchstrang, zeigt während jener Vorgänge ziemlich bedeutende Veränderungen. Während dieser bei der Umrollung zunächst dünner und länger wird und hierauf wieder kurz und dick, treten die ventralen und dorsalen Einkerbungen scharf hervor. In Folge dessen erhält der Bauchnervenstrang von der Seite ein geschlängeltes Aussehen. Die Grenze zwischen Kopf und Thorax ist durch einen tieferen Einschnitt und einen Bug des Bauchstranges be- zeichnet, welcher im Thorax die stärkste Masse bildet und sich im Ab- domen allmählich verjüngt. An den Spitzen der Einfaltungen der Rückenseite, welche in die Segmente fallen, beginnt sich in jedem der durch eine mediane Vertiefung in zwei gespaltenen Wülste die centrale Fasermasse der Ganglien zu differenziren, welche, auf den Stadien XXI und XXIII noch undeutlich, später stark hervortritt, während die übrige Zellmasse des Nervenstranges den Faltungen desselben zu folgen scheint (Fig. 43). Wir können jetzt deutlich im definitiven Kopf drei Ganglien unter- scheiden, welche dem Mandibel- und den beiden Maxillensegmenten ln) , Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 585 entsprechen und eine voluminöse über diesen Anhängen liegende Masse bilden, welche nach vorn und hinten etwas verjüngt erscheint und auf letzierer Seite in die Ganglienmasse des Thorax übergeht: das Unter- schlundganglion. Die drei Ganglien des Thorax, welche den drei Tho- rakalsegmenten entsprechen, sind sehr stark und gehen rückwärts in die allmählich kleiner werdenden Ganglien des Abdomens über, welche in einer der Zahl der Abdominalsegmente entsprechenden Menge ange- legt sind. Von unten gesehen erscheint das Bauchmark im Thorakal- theil sehr breit, nach vorn gegen das Unterschlundganglion etwas ab- gesetzt und nach hinten in den bald nur einen verhältnismäßig schma- len Strang darstellenden Abdominaltheil übergehend. Die Mittellinie ist von der Unterseite daran als tiefe Spalte zu erkennen, von der kleine Querspalten zwischen die einzelnen Ganglien abzweigen (Fig. 40). Im Gehirn beginnt die Differenzirung der Fasermasse jederseits an der Stelle, wo der schon mehrfach erwähnte Einschnitt an der nach hinten gewendeten Seite des jederseitigen Lappens sich befindet. Wäh- rend die äußeren Theile der beiden Seitenlappen mit den Anlagen der Augen zusammenhängen, verlängern sich die mittleren, von einander durch einen medianen Einschnitt gesonderten Theile nach unten in in den Vorderkopf reichende auch allmählich größer werdende Lappen (Fig. 39, 43). Nach hinten zu weichen die Mittellappen etwas aus einander um, allerdings nur ganz knapp, den Ösophagus durchzulassen und gehen in den Bauchstrang über (Fig. #0). Die Genitalanlage zerfällt bereits während der Umrollung, indem sie sich transversal lagert und in der Mitte biskuitförmig einschnürt, in zwei Lappen, von denen jeder auf der von der Mediane abgewendeten Seite eine Anzahl Einkerbungen aufweist, welche, indem sie tiefer werden, ein Zerfallen der jederseitigen Genitalanlage in fünf länglich runde mit je einer Hüllhaut bekleidete Zellkörper: .die Anlagen der Endfächer, zur Folge haben. Bei den Embryonen von Gallipterus, welche jederseits vier Endfächer anlegen, kann man besonders gut die mediane Einschnürung der Genitalanlage und Theilung derselben in zwei seitliche Theile, welche auf der Außenseite Einkerbungen zeigen und in die Anlagen der Endfächer zerfallen, verfolgen. Meine Zeich- nungen darüber stimmen mit den von Barsranı gegebenen überein, wesshalb ich sie nicht in die Arbeit aufgenommen habe. Die periphe- rische Schicht ist hier vor der Theilung undeutlich und differenzirt sich erst nach derselben zu einem ganz deutlichen Epithel um die Endfächer. Diese liegen Anfangs ganz allgemein mit der Längsachse quer zum Körper in einer Reihe jederseits hinter einander (Fig. 41, 42). Das Epithel der Endfächer wächst weiter an den beiden Enden etwas in die Länge 586 Emanuel Witlaezil, und indem die zu den Seiten des Proktodaeums liegenden Endfächer mit einem Ende eine mehr nach vorn und außen, mit dem entgegengesetzten aber nach hinten und innen gerichtete Lage einnehmen, entstehen an den. ersteren daraus die mit einander verwachsenden soliden Endfäden, am letzteren aber die auch bald mit einander verwachsenden, von Anfang an ein Lumen besitzenden Stielchen der Eiröhren (Fig. %3, 44). In dem Stadium XXVI tritt bereits in der Mittellinie vor dem Proktodaeum eine ziemlich breite von Mesoderm überzogene Einstülpung auf, welche be- stimmt ist, die accessorischen Geschlechtsorgane zu bilden (Fig. 43). Auf dem Stadium XXV von oben (Fig. 42) konnte ich zuerst die Tra- cheenanlagen in der Zahl von sieben kurzen Einstülpungen der Haut auf jeder Seite des Abdomens wahrnehmen und in dem dafür günstigeren Stadium XXVI im Thorax auf jeder Seite zwei solche Einstülpungen. Es ist möglich, dass die Tracheen schon etwas früher angelegt werden und nur von mir in der Masse von verschiedenartigen Gebilden bis zu diesen dafür günstigen Stadien übersehen wurden. Andererseits ist zu bemer- ken, dass auf den Stadien, wo bei ektoblastischen Insekten die Tracheen bereits angelegt werden, hier, da der Keimstreifen so schmai ist, dass er nicht über die Anlagen der Extremitäten hinausreicht, noch gar kein Platz für Tracheen vorhanden ist. Die Zahl der Tracheen scheint hier von Anfang an die für die Aphiden typische zu sein, obwohl es mir manchmal vorkam, als wenn sowohl vor der ersten als hinter der letzten erwähnten Tracheen- anlage noch je eine solche Einstülpung vorhanden wäre, so dass.wir dann die für die Tracheen wohl ursprüngliche Zahl von 44 Paaren hätten. Auf dem Stadium XXVI (Fig. 43, 44) finden wir Stomo- und Prok- todaeum, welche in der Mittellinie ‚des Körpers verlaufen, und von denen das erste, längere und dünnere, dem Bauchnervenstrang auf der Rückenseite anliegt, bedeutend gewachsen und einander mit ihren Enden genähert. Die Speicheldrüsen weisen keine besondere Verän- derung auf; sie liegen in einigermaßen variabler Weise an der Grenze von Unterschlundganglion und Bauchmark seitlich der Rückenseite der- selben an und haben ihre Ausführungsgänge nach unten gewendet. Der Pseudovitellus, welcher schon früher eine mediane Lage an der Rücken- seite des Abdomens eingenommen und über welchem die Genitalanlage sich befindet, zeigt jetzt in der Mittellinie hinten und vorn ‘eine Ein- schnürung, welche immer tiefer wird. In Bezug auf Form und Größe der Embryonen während der be- schriebenen Veränderungen muss bemerkt werden, dass die Größe des Eies während der zweiten Entwicklungsperiode nur unbedeutend zu- nimmt, der Embryo aber während der ersten Umrollungsstadien seitlich‘ zusammengedrückt erscheint, indem die Organe in der Ebene der Um- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 587 rollung sich lagern, wesswegen man diese Stadien nie von oben oder unten, sondern immer nur von der Seite zu sehen bekommt. In der beschriebenen Weise verläuft die Entwicklung während der zweiten Entwicklungsperiode bei den meisten Aphiden.‘ Bei einigen aber eilt die Entwicklung der Verdauungs- und Geschlechtsorgane etwas voraus. Bei Aphis pelargonii und Pemphigus spirothecae scheint zwar der Darm auch nicht früher angelegt zu werden wie allge- mein, die betreffenden zwei Einstülpungen wachsen aber etwas schneller (Fig. 54 und 59) und verwachsen schon während der Umrollung, so dass man den Darm auf dem Stadium XXII bereits verwachsen findet (Fig. 55). Die Genitalanlage erfährt bei diesen Thieren schon auf dem Stadium XIX oder XX die Theilung, welche hier nicht in der oben be- schriebenen regelmäßigen Weise vor sich geht. Die ganze Genitalmasse zerfällt nämlich auf einmal in eine Anzahl von Klumpen, die oft von ungleicher Größe sind, indem ein oder der andere zwei Endfächern entspricht und sich erst sekundär wieder theilt (Fig. 59). An diesen Theilen finden wir bereits eine besondere ein Epithel bildende peri- pherische Schicht. Wir finden bei diesen Arten während der Umrollung die Endfächer bereits jederseits in der definitiven Zahl und eben so vor der Afteröffnung die Einstülpung für die accessorischen Geschlechtsorgane. Huxzey (40) bildet auf den späteren Stadien im Embryo den Pseu- dovitellus als körnige aus vielen Ballen bestehende Masse ab und da- neben die aus deutlichen Zellen bestehende rundliche Genitalmasse. Ein bedeutender Irrthum ist ihm bekanntlich darin untergelaufen, dass er, da er die Umrollung übersah und die Stadien vor derselben mit den späteren verglich, das ursprüngliche Abdomen für ein unteres Blatt hält, während er die Seitenplatten als Abdominalkappe anspricht. Hübsch zeichnet er mein Stadium XX von der Seite und von unten. METSCHNIKOFF (62) giebt weiteran, dass die schon erwähnte vom Bde streifen abgespaltene Schicht sich in der Mittellinie als Andeutung der bilateral symmetrischen Anordnung des Embryo in zwei etwas aus einander weichende Hälften theilt, welche zur Bildung der Extremitäten verbraucht werden sollen, und dass auf den betreffenden Stadien scharf ausgeprägte Keimwülste fehlen, welche Angabe ich auch nicht ganz bestätigen kann. Er behauptet eben so für die Aphiden fälschlich ein sehr frühes Auftreten des Fettkörpers, schon da die Extremitäten ange- legt werden, indem er die zuerst am Kopfe, später auch am Rücken deutlich zu sehenden, theils rundlichen, theils vieleckigen, noch nicht weiter difierenzirten Zellen des Mesoderms für Fettzellen ansah und sie mit gelblicher Farbe bezeichnet. Der Keimstreifen soll jetzt aus mehreren 388 Emanuel Witlaezil, unregelmäßigen Reihen von Zellen mit verschmolzenem Zellinhalte be- stehen (seine Fig. 23). Er sucht nach einer Spaltung desselben in Keimblätter, da er in der oben erwähnten abgespaltenen Schicht nicht das Mesoderm erkannt hat. Da er die drei Fußpaare bereits als rund- liche Erhebungen auffand, konnte er die Mundgliedmaßen noch nicht finden ; mit Ausnahme wie er glaubt der II. Maxillen, welche nach ihm eine zunächst unpaare Masse vorstellen und aus dem Keimstreifen an der Stelle hervorgehen, wo er in die Seitenplatten umbiegt. Ich habe schon gezeigt, dass die Anlagen der Mandibeln eben so paarig, wie die anderen Segmentanhänge entstehen: für die Anlagen der II. Maxillen hat sie METSCHNIKOFF wohl wegen der eigenthümlichen Lage gehalten, welche die II. Maxillen später zwischen den übrigen Extremitäten einnehmen und mit der ihm die falsch angegebene Anlage besser übereinzustimmen’ schien. Bestimmt leugnet er das Vorhandensein der Antennen zu dieser Zeit, indem sie sich erst etwas später durch Einschnitte aus: dem vor- deren Theile der Seitenplatten sondern. Jetzt erst fand er die Einschnürungen zwischen den einzelnen Seg- menten. Kopfwülste konnte er am Kopfe, bei welchem er besonders die Höhlung zwischen Seitenplatten und Keimstreifen hervorhebt, nicht finden. Ich glaube, dass wir überhaupt von besonderen Kopfwülsten nicht zu sprechen brauchen. Die mediane Vertiefung zwischen den Keimwülsten setzt sich zwischen die beiden Seitenplatten fort, oder geht eigentlich, wie oben gezeigt worden ist, von dort aus. Da beim Keimstreifen als Keimwülste die beiden symmetrischen Hälften bezeichnet werden, die Seitenplatten aber als Theil des Keimstreifens betrachtet werden müssen, so sind sie auch in ihrer Gesammtheit als Fortsetzungen der Keimwülste zu betrachten. METScHNIKorFF giebt an, dass bei der Zusammenziehung des Keimstreifens vor der Umrollung die Segmente des Abdomens und zwar in der definitiven Zahl von neun sehr deutlich hervortreten, und eben so die Keimwülste. Dass die Abdominalsegmente jetzt schon in der Zahl von neun auftreten ist nicht richtig und erhellt auch nicht aus METscanıkorr’s Zeichnung. Übrigens ist ihre allerdings erst während des Larvenlebens erreichte definitive Zahl zehn. Die Segmentirung und Theilung in Keimwülste ist auch im Abdomen nicht stärker ausge- prägt, als im übrigen Körper; sie wird nur leicht kenntlich dadurch, dass sich an den Abdominalsegmenten auch Paare von extremitätenähn- lichen Auswulstungen bilden. METScHnIkorFF giebt auch ähnliche Gebilde, die er für Andeutungen von Embryonalgliedmaßen betrachtet, an, aber erst nachdem der Embryo die definitive Lage eingenommen hat. Was METScHNIKOFF da zeichnet, scheinen mir aber nur die Vorwulstungen der Segmente zu sein, indem jene Gebilde dann bereits verschwunden sind. Entwicklungsgeschiehte der Aphiden. 589 Die Umrollung erklärt METscanıKorr durch ein Stemmen der Beine gegen die Eiröhre, einen Vorgang, der, wie ich an anderer Stelle zeigen werde, physikalisch unmöglich ist. Das »Deckblatt« verdünnt sich nach ihm noch vor der Umrollung so sehr, dass man es nur am hinteren Ende wahrnimmt. Weiter sagt er nichts davon. Die äußere als »Insekten- amnion« bezeichnete Embryonalhaut umwächst nach ihm den ganzen Embryo. Der am Rücken liegende Theil soll zur Schließung desselben dienen, während der übrige Theil mit den am Bauche liegenden Körper- theilen verwachsen soll, so zur Bildung der Haut auch hier beitragend. Dritte Entwicklungsperiode. Von der Erlangung der definitiven Lage bis zum Aus- schlüpfen des Embryo (Stadien XXVU—XXX]). In dieser Entwicklungsperiode erlangen die meisten Organe ihre Aus- bildung. Auf dem Stadium XXVII finden wir den Embryo ziemlich ge- wachsen von langer mehr cylindrischer Form. Antennen, II. Maxillen und Beine sind gewachsen, Mandibeln und I. Maxillen haben sich tiefer eingesenkt, wobei sie länger geworden sind (Fig. 45). Der Pseudovitellus zeigt die Einschnürung viel tiefer, und Stomo- und Proktodaeum sind über demselben zur Verwachsung gekommen, was in jeden Zweifel aus- schließender Weise an Embryonen von der Rückenseite beobachtet wer- den kann (Fig. 46). Indem die freien Enden von Stomo- und Proktodaeum sich einander nähern, stoßen sie entweder in gerader Richtung oder etwas von der Seite in der Mittellinie zwischen den Endfächern auf einander und verwachsen zunächst zu einem soliden Zapfen, welcher aber bald das Lumen durchtreten lässt. Man erkennt jetzt bereits an Stomo- und Proktodaeum je zwei Abschnitte. Der vordere Theil des Stomodaeums ist dünner und bildet den Ösophagus, der hintere wird durch Höherwerden der ihn bildenden Zellen dicker und bildet später den Magen. Das vor- dere dünnere Stück des Proktodaeums wird, indem es namentlich später stärker wächst, zum Dünndarm, während das hintere Stück desselben, welches von Anfang an dick bleibt und jetzt noch dickere Zellwandungen zeigt, zum Enddarm wird. Dieses Verhalten ist bei Aphis platanoi- des nicht gleich von Anfang an so deutlich, als bei manchen anderen Arten, z. B. Aphissaliceti (?). Die Endfächer zeigen jetzt bereits eine Differenzirung ihres Inhaltes, indem die Zellen derselben eine im Centrum zusammenstoßende und dort später verschmelzende Schicht bilden, deren gegen den Endfaden gekehrte Zellen größer werden und die Einährzellen vorstellen, 590 Emanuel Witlaezil, während die gegen die Eiröhre gewendeten jungen Eichen kleiner bleiben. Einmal fand ich auf diesem Stadium bei Aphis platanoides die Endfächer aus der lateralen Genitalmasse noch nicht gesondert, auf der Innenseite zusammenhängend, auf der Außenseite vier Lappen zeigend, von welchen der letzte größer als die übrigen war und offenbar den zwei hintersten zuletzt sich differenzirenden Endfachanlagen entsprach. Die Anlage des Nervensystems ist auf diesem Stadium noch größer geworden und man findet die Differenzirung weiter fortgeschritten, indem die Fasermasse in den Ganglien viel umfangreicher geworden ist, und die dieselbe umgebenden cylindrischen Zellen in eine große An- zahl von in mehreren Schichten über einander liegenden kleinen runden Ganglienzellen zerfallen sind. | Auch das Mesoderm, welches den ganzen Embryo unter der Hypo- dermis umgiebt, hat sich weiter differenzirt. Von demselben stammt zunächst die dünne, jetzt bereits das Nervensystem umgebende binde- gewebige Hüllhaut. An der Mesodermschicht unter der Hypodermis beginnt die Differenzirung am Kopfe, indem ihre Zellen theils mit einander verwachsend Längsmuskeln bilden, theils indem sie größer werden und später Fetttröpfchen zur Absonderung bringen, den Fett- körper bilden. Auch die dorsoventralen Abdominalmuskeln kann man manchmal von der Seite bereits erkennen, wiewohl sie von oben noch nicht zu sehen sind, also an der Hypodermis noch nicht festgewachsen sind. Im Vorderkopf erscheinen bereits die Muskeln, welche später zur Bewegung des Schlundes dienen, angelegt. Auf diesem Stadium sieht man auch oft am Ende der kurzen Tracheeneinstülpungen des Abdomens taschenförmige Erweiterungen, welche wohl den dorsalen und ventralen Ast jedes abdominalen Tracheenstammes bilden. Auf dem Stadium XXVIll finden wir, dass die Extremitäten sich schon von ihrer Basis an in die verschiedenen Theile zu differenziren beginnen, indem stellenweise Einschnürungen auftreten, an welchen die Hypodermiszellen eine Höhenzunahme zeigen (Fig. 47). Die innere verwachsene Mesodermschicht derselben beginnt die Muskulatur zu bilden, indem sie die Extremität in einigen, Zwischenräume zwischen sich lassenden und am freien Ende der Extremität mit der Hypoder- mis verwachsenen Strängen durchzieht, welche später in mehrere, sich besonders anheftende, zur Bewegung der einzelnen Abschnitte der Beine dienende Theile zerfallen. Die langen und bereits in der Mittellinie mit einander»verwachsenden II. Maxillen und über diesen die bereits einen dünnen Endabschnitt zeigenden Antennen lie- gen zwischen dem ersten Beinpaar und haben hier’ eine gerade nach hinten gerichtete Lage, während die Beine nach hinten und zugleich Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 591 etwas nach innen gekehrt verlaufen und mit den Enden in der Mittel- linie fast schon zusammenstoßen. Der Vorderkopf wird an der Spitze, wo er später die Oberlippe bildet, dünner und zeigt an der Basis jeder- seits einen vorragenden Auswuchs. Die Mandibeln und I. Maxillen wer- den größer, wobei sie durch stärkeres Wachsthum der vorderen Hälfte das retortenförmige Aussehen gewinnen, indem sie an dem in den Kör- per ragenden Ende bereits dicker, am anderen aber dünner geworden sind. Die Taster der ersten Maxillen, in welchen das Mesoderm sich erhalten hat, legen sich jederseits an den Vorderkopf vor den erwähnten seitlichen Auswüchsen und unterhalb der äußeren Begrenzung desselben an und verwachsen mit demselben. Die Vorderlappen des Gehirns sind getrennt von einander bis in die Basis des Vorderkopfes gewachsen. Die Augen beginnen sich zu differenziren, indem eine äußere dünne Schicht sich abspaltet, welche die Krystallkegel mit der Hornhaut zu liefern hat, während die darunter liegende dicke Schicht in schmale hohe Zellen zerfällt, die zum Theil, um andere gruppirt, ein dunkles Pigment zur Absonderung bringen. Es ist dies offenbar die Sehstabschicht, während der innerste, hell blei- bende Theil des Auges theilweise die Nervenbündelschicht repräsentiren dürfte. Diese Differenzirung der Augen schreitet vom Hinterrande aus langsam fort, so dass Anfangs nur hier mehrere Einzelaugen, wenn auch unvollkommen, ausgebildet werden. Der Pseudovitellus zeigt sich auf diesem Stadium nur unbedeutend verändert (Fig. 48). Der Darm ist aber gewachsen und bildet in Folge dessen eine Schlinge, welche von der vorderen Einschnürung des Pseudo- vitellus aus nach hinten gerichtet, sich unter denselben legt. Die dünne und früher so schwer zu beobachtende Mesodermschicht um den ganzen Darm ist jetzt leicht zu erkennen und beginnt sich zur Ringmuskulatur zu differenziren. Neben dem Ösophagus sieht man jetzt von oben eine Reihe von ziemlich großen abgerundeten Mesodermzellen. An der Grenze von Gehirn und Unterschlundganglion erkennt man gefäßähn- liche aber keine besondere Wandung zeigende, in der Mittellinie unter einem Winkel zusammenstoßende Lacunen, welche nach außen und hinten gerichtet verlaufen und von welchen zunächst der Mittellinie und dann in einiger Entfernung davon je ein kurzer, nach vorn und außen gerichteter Hohlraum abzweigt. Auf den folgenden Stadien findet ein sehr bedeutendes Größen- wachsthum des Embryo statt, wobei derselbe nach und nach eine dorsoventral komprimirte Gestalt erhält, was zur Folge hat, dass man ihn nie auf der Seite, sondern immer auf dem Bauche oder Rücken lie- gend erhält. Auf dem Stadium XXX erscheint der Embryo in der Mitte Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 40 92 Emanuel Witlaezil, etwas schmäler als am Kopf und am Abdomen. Auf dem letzten von mir untersuchten Stadium XXXI zeigt der Embryo die Abschnitte des Körpers äußerlich wohl ausgeprägt, indem eine Einschnürung hinter den Augen den Kopf absetzt, während eine zweite Einschnürung hinter den zwei breiten ersten Thorakalsegmenten folgt, und das dritte Thorakal- segment mit den in der Zahl von acht vorhandenen Abdominalsegmenten, deren letztes den späteren Zerfall in zwei Segmente bereits angedeutet zeigt, in eine Masse vereinigt ist. Diese nimmt eirca die Hälfte der Länge des ganzen Embryo ein. Die Grenzen der einzelnen Segmente sind durch Wülste angedeutet, welche quer über den Embryo verlaufen und aus den nach innen umgebogenen Rändern der zwei an einander stoßen- den Segmente bestehen (Fig. 50). Die Extremitäten erlangen während der letzten Entwicklungsstadien ihre vollkommene Ausbildung. Wir können an denselben (Fig. 53) eine starke konische Goxa mit reichem Muskelinhalt, weiterhin einen kurzen, später mit dem Femur verwachsenden Trochanter, Femur, Tibia und zwei Tarsalglieder unterscheiden, von welchen das erste später sehr kurz erscheint. Die Goxa, welche bei dem ausgeschlüpften Thier ziem- lich fest mit dem Körpersegmente, an welchem sich die Extremität an- setzt, verbunden ist, dient wohl vorzüglich dazu, den Femur von der Brust fern zu halten und so eine freiere Bewegung desselben zu ermög- lichen. Die Bewegung des ganzen Beines ist eine recht freie und erfolgt zwischen Goxa und Trochanter mit Femur. Zwischen Femur und Tibia ist Bewegung nur in einer Ebene möglich und eben so zwischen dieser und dem Tarsus, so wie zwischen den zwei Gliedern des letzteren. Die Antennen zeigen beim reifen Embryo (Fig. 53) in der Regel nur vier ausgesprochene Segmente, nämlich die beiden kurzen dicken Basal- glieder, das lange, aus zwei Theilen bestehende und am Ende des ersten dickeren Theiles einige Geruchsgruben zeigende Endglied, und zwischen diesem und jenem ein langes Glied, welches sich später bei der Larve in die drei zwischen jenen liegenden und dann auch einige Geruchs- gruben erhaltenden Glieder differenzirt. | Die Unterlippe zeigt beim reifen Embryo drei Glieder, von weichen das erste das längste und das letzte zugespitzt ist. Sie sitzt einem ver- hältnismäßig langen, unter dem Vorderkopf gelegenen Fortsatze des betreffenden Körpersegmentes an, welcher aus dem Anfang der noch ungegliederten Gliedmaße entstanden ist. Die Muskulatur zeigt in der Uniterlippe eine ganz bestimmte Anordnung in Längs- und zum Theil Quermuskeln (Fig. 51), welche letzteren beiläufig in der Mitte, wo das erste Segment in das zweite übergeht, liegend, wohl zur Erweiterung der Mittelrinne der Unterlippe dienen und vielleicht durch Herstellung Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 593 eines Hohlraumes an der betreffenden Stelle beim Saugen behilflich werden. Der Vorderkopf erhält seine definitive Ausbildung (vgl. meine Arbeit über die Anatomie der Aphiden) und zeigt auf jeder Seite unten zwei Muskulatur enthaltende Vorragungen und in der Mediane einen Wulst, welcher die zur Bewegung des Pharynx dienende Mus- kulatur enthält. Die äußerste Spitze bildet sich absetzend die der Unterlippe anliegende Oberlippe. Die seitlichen Theile an der Basis des Vorderkopfes senken sich in den Embryo ein und bilden, indem sie darin mit einander verwachsen und in der Höhlung Chitin absondern, einen transversalen, am Grunde des Vorderkopfes verlaufenden Chitin- stab, welcher sich in Chitinleisten am Vorderkopfe selbst fortsetzt (Fig. 52, 53). Die Mandibeln und I. Maxillen haben sich als »retortenförmige Organe« in den Körper eingesenkt; sie haben jetzt eine noch mehr ge- wundene Form angenommen und erscheinen seitlich zusammengedrückt (Fig. 50, 51). Während die äußere, in die Mundhöhle übergehende Haut ihnen als Hülle dient, sondert die innere sich solid zusammen- legende Ektodermmasse der eigentlichen Extremitätenanlage an ihrer Peripherie, also unter der ersteren Haut, Chitinsubstanz aus. Diese bildet in jedem »retortenförmigen Organe« an dem äußeren stark gebogenen Rande zwei Streifen, die neben einander verlaufend am inneren Ende desselben etwas aus einander weichen, während sie mit dem anderen Ende in die Mundhöhle heraustretend, die nur aus Chitin bestehenden Stechborsten bildet. Durch Einsenkung der Mandibeln und I. Maxillen - hat sich der Vorderkopf unmittelbar der Unterlippe genähert und zwi- schen ihnen ist die Mundhöhle zur Ausbildung gekommen, in welche vorn unten der wohl auch bei Einsenkung der I. Maxillen entstandene kurze unpaare Theil der Ausführungsgänge der Speicheldrüsen ein- mündet. Oben geht die Mundhöhle in den auf der Innenseite mit einer starken Chitincutieula versehenen, bis zu dem transversalen Chitinstab reichenden Pharynx über, welcher dem schon im Embryo dorsoventral verlaufenden Theile des Stomodaeums entspricht, der erst nach dem Durchtritt durch das Nervensystem in den wagrecht verlaufenden eigent- lichen Ösophagus übergeht. Der Darm zeigt in den letzten Entwicklungsstadien ein bedeutendes Dicken- und Längenwachsthum. In Folge des letzteren bildet er noch eine zweite große nach vorn gerichtete oder mehrere kleine Schlingen. Beim reifen Embryo von Aphis pelargonii macht der Dünndarm am hinteren Körperende mehrere oft rosettenförmig neben einander liegende Windungen. Magen und Enddarm zeichnen sich durch ihre Dicken- zunahme aus, wobei aber letzterer dünnwandig wird. Bei einer Gruppe der Aphiden, wohin Aphis sambuci, hederae und andere ge- 40* 594 Emanuel Witlaczil, hören, die sich im reifen Zustande durch Größe des Magens und End- darmes auszeichnen, zeigt der Magen ein besonders starkes Höhenwachs- thum seiner Zellen (Fig. 61). Der Ösophagus ist noch bedeutend dünner als der Mitteldarm (Fig. 50). Die Speicheldrüsen differenziren sich wäh- rend der letzten Stadien durch bedeutende Größenzunahme der Zellen der beiden kurzen Äste am blinden Ende der betreffenden Einstülpungen. Diese beiden Äste verwachsen, indem sie sich eng an einander legen und die Zellen an der Basis derselben umlagern später mantelförmig die übri- gen eigentlichen Sekretionszellen. Die Ausführungsgänge werden ver- hältnismäßig sehr dünn. Hier mag der Platz sein, einige anatomische Details nachzutragen. Die großen Zellen des Dünndarms und Magens erscheinen bekanntlich bei den Larven und Imagines auf der Innenseite bauchig. Bei einigen Arten tritt dies stärker hervor und zwischen diesen Vorwulstungen ist das in Form einer dünnen Schicht auf der Innenseite den ganzen Magen und Dünndarm überziehende Sekret ihrer Zellen in Form von kleinen Bläschen, die oft perlschnurförmig neben einander liegen, beson- ders gut zu erkennen (Fig. 66). Ist der Magen sehr dick, wie bei den oben erwähnten Arten, wobei er wegen der starken Lichtbrechung in den Sekrettröpfehen dunkel erscheint, so lösen sich unter dem Drucke des Deckgläschens leicht Epithelzellen von der äußeren chitinigen Cuticula des Darmes ab und es scheint, als wenn das Lumen des Magens und Darmes mit merkwürdigen, bald rundlichen, bald mehr länglichen Kör- pern gefüllt wäre (Fig. 67). BeiDryobius roboris wendet sich der Ösophagus, nachdem er ein Stück im Abdomen nach hinten verlaufen und geht in den nicht dicken und allmählich in den Dünndarm über- gehenden, nach vorn gerichteten Magen ein. Dieser zeigt ein eigenthüm- liches, schon früher von mir für den Enddarm der Aphiden beschriebe- nes gefeldertes Aussehen, indem an demselben zahlreiche Quermuskeln mit vier Längsmuskeln sich kreuzen, und ist mit dem neben ihm nach hinten verlaufenden Enddarm verwachsen. Diese Verwachsungsstelle ist stark gewunden, aber von keiner besonderen Haut umgeben und lässt sich durch Präparirnadeln leicht gerade ziehen. Am Anfang des Ab- domens tritt der Dünndarm aus der Verwachsung und erscheint lang, aber wenig aufgeblasen, in seinem vorderen Theil dunkel und ähnlich scheinbar mit Inhalt, wie bei Aphis sambuci u.a. m. der Magen gefüllt. Der bei Weitem längere Theil desselben zeigt aber das bei den Aphiden allgemeine Aussehen und geht dicker werdend in den dünn- wandigen, mehr aufgeblasenen Enddarm über, welcher eine Strecke weit mit dem Magen verwachsen ist, hinter der Verwachsung aber noch ein Stück gesondert bis zum After verläuft. Auch die Gattung Galli- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 595 pterus hat einen theilweise verwachsenen Darm (Fig. 57 und 65). Es reicht nämlich beim Embryo in den letzten Entwicklungsstadien dieser Arten der hier sehr lang werdende Ösophagus fast bis ans hintere Kör- perende, wo er erst in den Magen übergeht, der aufsteigend in den Dünn- darm übertritt, welcher wieder vorn im Abdomen eine quere Schlinge bildet und dann in den absteigenden Enddarm eingeht. Der aufsteigende Magen und vordere Theil des Dünndarms nun, welche aber hier keine besonderen Eigenthümlichkeiten aufweisen, verwachsen ein gut Stück mit dem neben ihnen nach rückwärts verlaufenden Enddarm, ohne dass um diese, mehrere schwache spiralige Windungen bildende Ver- wachsungsstelle eine peritoneale Tunica zu konstatiren wäre. Bei ausgeschlüpften Thieren konnte ich überhaupt um den Darm keine peritoneale Tunica finden. Der Darm eines reifen Embryo von Aphis sambuci, Aphis pelargonii und hier und da auch einer anderen Art zeigte mir an der Peripherie zellige Körper (Fig. 62), die man vielleicht für Mesodermzellen erklären könnte, welche sich an den Darm legen, um eine peritoneale Tunica zu bilden, wenn nicht die mit dem anatomischen Befunde des reifen Thieres besser übereinstimmende Er- klärung plausibler wäre, dass es auch, freilich meist nicht so stark her- vortretende Zellen des Mesoderms sind, welche den Darm von Anfang an umgeben und sich zur Ringmuskulatur desselben differenziren. Der aus dem reifen Embryo herauspräparirte Darm zeigt bereits Kontraktio- nen. Das Epithel des Darmkanals bringt, nachdem die dasselbe be- deckende dünne Mesodermschicht in die isolirten Ringmuskeln zerfallen ist, auf der Außenseite eine Chitincuticula zur Absonderung. Eine eben solche Intima befindet sich im Ösophagus und im Enddarm. - Der Pseudovitellus erlangt auch auf den letzten Entwicklungsstadien seine definitive Ausbildung (Fig. 49, 50, 52). Auf dem Stadium XXIX finden wir von seinen Hinterlappen die definitive Verbindung über dem Darm hergestellt, während die ursprüngliche Verbindung der beiden seitlichen Theile, weiter vorn unter dem Darm, noch erhalten ist. Diese Querbrücke besteht aus verschmolzenen Zellen und zeigt meist ein heller grünliches Aussehen, als die übrige Masse. Auf dem folgenden Stadium hat sich diese vordere Verbindung gelöst, die beiden seitlichen Theile ragen aber noch bedeutend gegen die Mittellinie vor, während auf dem letzten Stadium der ganze Körper die definitive Form erhalten hat und in zwei seitlichen soliden Strängen, welche sich im sechsten Ab- dominalsegmente median verbinden, durch das Abdomen reicht. Bei reifen Embryonen findet man auch, dass einzelne hellere peripherisch liegende, stark abgeplattete Zellen dieses Körpers um denselben eine Art Haut bilden, wie ich es schon in meiner anatomischen Arbeit für die 596 Emanuel Witlaezil, Larven und Imagines konstatirt habe. Nur bei der Gattung Gallipte- rus geht die definitive Verbindung des Pseudovitellus vorn im Abdomen vor sich, während die Theilung an seinem hinteren Rande statt hat (Fig. 57). Der Pseudovitellus erscheint in bei Weitem den meisten Fällen schön grün gefärbt. Kleine Abweichungen in der Farbe kommen vor, indem er z. B. bei den Gallipterus-Arten blass grünlich gefärbt ist, bei Aphis saliceti (?) gelblich, bei Aphis sambuei dunkelgrün, bei Dryobius roboris bräunlichgrün, beiPemphigusspirothe- cae graulich. Bei der letzten Art ist er auch wenig umfangreich, in- dem er im ausgebildeten Embryo jederseits höchstens drei Ausbuch- tungen besitzt. Es muss noch bemerkt werden, dass schon auf dem Stadium XXIX die dorsoventralen Muskeln ausgebildet erscheinen, und zwar jederseits in zwei Reihen, von welchen die äußere den äußeren Rand des Pseudo- vitellus, der zwischen je zwei auf einander folgenden Muskeln eine Aus- buchtung zeigt, begrenzt. Die Muskeln der mehr medianwärts gelegenen Reihe durchbohren den Pseudovitellus, noch da er ungetheilt ist, bilden aber später, indem der Pseudovitellus vor demselben sich theilt und sich auf die Seite zurückzieht, die innere Begrenzung desselben in ähnlicher Weise, wie jene die äußere. BeiChaetophorus populi findet sich außer diesen zwei jederseits noch eine dritte Reihe dorsoventraler Muskeln. Die übrige Muskulatur und der Fettkörper erlangen jetzt auch ihre definitive Ausbildung. Man kann beobachten, dass aus derselben, den Embryo unter der Haut umgebenden Mesodermschicht neben einander Längsmuskeln, Fettzellen und am Rücken das Herz entstehen. Später bildet der Fettkörper unter der Hypodermis um den ganzen Embryo eine dicke Schicht, welche, indem ihre Zellen farbige Fetttröpfchen absondern, bei Aphis platanoides verhältnismäßig spät, auf dem Stadium XXXI, den Embryo ziemlich undurchsichtig macht. Der Fettkörper ist in der Regel blass grünlich gefärbt, so bei Aphis platanoides; bei den Arten der Gattung Callipterus gelblich. Bei Aphis pelargonii fand ich ihn gelblichgrün. BeiAphis sambuci und anderen, später ganz dunkel er- scheinenden Arten wird er schon während der letzten Entwicklungsstadien dunkelgrün. Bei Ghaetophorus populi wird er theilweise bräunlich. Das Herz wird während der letzten Entwicklungsstadien gebildet. Auf dem Stadium XXVII fanden wir bereits neben dem Ösophagus am Rücken eine Reihe ziemlich großer rundlicher Mesodermzellen. An der- selben Stelle findet man im folgenden Stadium einen soliden Zellstrang, der im Durchmesser zwei etwas kleinere Zellen enthält und der wohl durch Theilung aus jener Zellreihe hervorgegangen ist. Im Abdomen zeigt derselbe hinter einander Anschwellungen, welche durch Höhen- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 597 zunahme seiner Zellen an der betreffenden Stelle entstanden sind (Fig. 49). Im folgenden Stadium (Fig. 50) ist dieser Zellstrang bereits ausgehöhlt; seine vordere dünne Partie, in welcher die Differenzirung der übrigen vorauseilt, ist die vorn in die am Hinterrande des Gehirnes schon früher entstandenen Blutsinuse mündende Aorta. Die im Abdomen verlaufende Partie stellt uns aber das Herz vor, indem die oben erwähn- ten Anschwellungen jederseits die Ostien entstehen lassen, welche in sieben Paaren vorhanden sind, von welchen allerdings das erste wenig ausgebildet erscheint. Die Ostien entstehen an den Grenzen der Seg- mente, so zwar, dass das erste Paar an der Grenze des Metathorax und des ersten Abdominalsegmentes und die folgenden an den Grenzen je zweier auf einander folgender Abdominalsegmente liegen. Im siebenten Abdominalsegment liegt das Endstück des Herzens, welches, ähnlich wie bei den Larven der Ameisen, sich seitlich und hinten in mehrere kurze Fasern fortsetzt und wie bei diesen offen zu sein scheint. Von oben sieht man, dass jedes Ostium vorn und hinten von je einer nach innen gerichteten klappenartigen Zelle begrenzt wird, welche zwischen sich eine trichterförmige, am Grunde in eine dorsoventral verlaufende Spalte mündende Vertiefung bilden. Man findet auf dem Stadium XXX auch bereits die Flügelmuskeln des Herzens angelegt, welche sich jeder- seits, wie es scheint, unter den Ostien breit ansetzen und seitlich ver- laufend wohl an den Intersegmentalwülsten angewachsen sind. Diese Flügelmuskeln, so wie die als Fortsetzung derselben das Herz umhüllende dünne Muskelschicht dürften wohl aus sekundär zu dem Herzen tretenden Mesodermzellen entstanden sein, während der schon früher vorhandene Zellstrang die Wände des Herzens selbst und vielleicht auf seiner Innen- seite durch Theilung der Zellen desselben, welche die Aushöhlung zur Folge hat, Blutkörperchen entstehen lässt. Doch konnte ich solche auch bei reifen Thieren nicht mit Sicherheit konstatiren. Ich fand zwar beim Zerzupfen von Larven und Imagines in denselben oft ganz kleine, läng- liche, von Fettpartikeln zu unterscheidende Körperchen, doch waren die- selben nicht mit Sicherheit von auch oft sich vorfindenden Pilzsporen zu unterscheiden. Ich habe in Fig. 68 noch die Abbildung eines Stückes des Herzens einer Larve von Aphis platanoides gegeben, welche im Ganzen mit Bear®’schem Karmin gefärbt und in Kanadabalsam aufbewahrt worden ist, denn die in meiner ersten Arbeit nach einem Zerzupfungspräparat gegebene Zeichnung ist ungenügend. Man erkennt hier sehr hübsch die zellige Wand des Herzens, welche von einer Muskelhaut umgeben wird, die sich in die seitlichen Flügelmuskeln fortsetzt. Diese scheinen, indem sie an den Ostien vom Herzen abtreten, sich seitlich an die Interseg- 398 Emanuel Witlaczil, mentalwülste anzuheften, welche man auch quer über das Herz ver- laufen sieht. Das Herz ist von Fettkörper umgeben, welcher aber um dasselbe einen Sinus frei lässt. Die von GraseEr beschriebene Mechanik der Herzbewegung ist hier wohl unmöglich und kommt mir überhaupt unwahrscheinlich vor. Nach meinen Beobachtungen gilt sie auch nicht für die Ameisenlarven. Durch Kontraktion der Flügelmuskeln wird das Herz trotz der Einwände GrABER’S erweitert; das um dasselbe aus den Lacunen zwischen den Organen (der Leibeshöhle) angesammelte Blut tritt durch die venösen Ostien und die hintere Öffnung in dasselbe und wird durch von hinten nach vorn vorschreitende Kontraktionen der Herzwand, indem die Ostien sich schließen, in die Aorta und von da in die oben beschrie- benen Blutsinuse und weiter in die Lacunen des Körpers getrieben. Bei der auch in anderen Organen Besonderheiten aufweisenden Gattung Callipterus ist das Herz nicht schlauchförmig, sondern bildet einen kurzen eiförmigen Sack (Fig. 57). Derselbe liegt im fünften und sechsten Abdominalsegmente, ist hinten dicker und geht vorn in die natürlich um so längere Aorta über, welche auch in ähnliche, wie die schon oben beschriebenen Blutsinuse mündet. Von Ostien konnte ich an demselben mit Sicherheit nur vier Paare wahrnehmen. Die Ver- theilung der Flügelmuskeln konnte ich hier leider nicht erkennen. Die angeführten Eigenthümlichkeiten der Gattung Gallipterus dürften wohl sekundär erworbene sein, da das schlauchförmige Herz mit seiner segmentalen Gliederung, wie wir es bei den anderen Aphiden finden, das einfachere und ursprünglichere Verhältnis zu repräsentiren scheint. Das Nervensystem zeigt auf den letzten Stadien noch eine, wenn auch unbedeutende Größenzunahme (Fig. 49, 50). Wir finden, dass das wohl ausgebildete Gehirn von oben eine mediane und jederseits noch etwa in der Mitte. eine Einschnürung zeigt. Die eingekerbten Linien, welche wir schon an den Seitenplatten als die Begrenzung derselben gegen hinten zwischen den Augen fanden, sind auch beim reifen Embryo erhalten, indem sie kleine Lappen des Gehirnes, die in der Zahl von jederseits zwei am Rücken desselben liegen und sich über das Unterschlundganglion etwas hinüberlegen, begrenzen. Vielleicht bilden diese Lappen oder wenigstens die inneren von ihnen ein Äquivalent der pilzhutförmigen Körper anderer Insekten. In den Vorderkopf gehen die zwei getrennten Vorderlappen Jdes Gehirns. Das Unterschlundganglion besitzt jetzt eine wohl abgerundete Gestalt und setzt sich durch eine starke Einkerbung von dem großen breiten, herzförmigen, wie man sich auf Querschnitten überzeugen kann (Fig. 63) auch dicken Bauchmark ab. Dieses ist durch Verschmelzung der drei in ihm noch erkennbaren Tho- rakalganglien und der noch ein viertes erkennbares Ganglion bildenden Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 599 sämmtlichen Abdominalganglien entstanden und setzt sich nach hinten in den unpaaren Bauchnervenstrang fort, der nur aus Fasermasse besteht. Das Tracheensystem erhält seine definitive Ausbildung indem die erwähnten seitlichen Einstülpungen sich in Äste, in den Abdominal- segmenten in einen dorsalen und ventralen Ast spalten, welche am Rücken und Bauch gegen die Mittellinie wachsen und dort sich in einer mehr oder weniger wagrechten Ebene wieder spaltend mit einander zur Bildung der vier Längsstämme verwachsen, von welchen zwei am Rücken, zwei am Bauche verlaufen. Die Ausbildung ist, wie auch beim Herzen und den meisten anderen Organen, zuerst am vorderen Körper- ende vollendet, wo man bereits im Stadium XXIX (Fig. 49) die jetzt noch ziemlich dicken Tracheenäste ausgebildet finden kann. Eine be- sondere Tunica um die Tracheen ist nicht vorhanden, ein Verhalten, welches höchst wahrscheinlich das allgemeine ist. Es wäre noch zu bemerken, dass die Tracheen bei längerem Liegen des Objektes unter dem Deckgläschen besser hervortreten. Die Genitalorgane werden im Embryo noch nicht vollkommen aus- gebildet. Bereits auf dem Stadium XXVI konnten wir vor dem Prokto- daeum eine von Mesoderm überzogene ziemlich breite Ektodermeinstül- pung wahrnehmen, welche später nur wenig an Größe zunimmt. Die Endfäden heften sich im Anfang des Abdomens am Rücken an, während die Stielchen der Eiröhren mit einander verwachsen und einen gemein- samen Ausführungsgang, den Eileiter, bilden. Die beiden Eileiter scheinen sich bereits im reifen Embryo an die erwähnte Einstülpung an- zuheften. Die Eiröhrenstielchen, so wie die Eileiter, besitzen ein zartes Lumen und nur eine, von der früher erwähnten peripherischen Schicht der Genitalanlage abstammende Zellschicht. Beim reifen Embryo finden wir bei Aphis platanoides und den meisten anderen Aphiden be- reits kurze Eiröhren mit einem in Entwicklung begriffenen Ei. Bei eini- gen Arten aber, bei welchen die Entwicklung der Geschlechtsorgane etwas vorauseilt, finden wir bereits längere Eiröhren mit je zwei Eiern, von welchen das erste in Furchung begriffen, das zweite meist schon mit einem Blastoderm versehen ist. Dies ist der Fall bei Aphis pelar- gonii und wie es scheint auch rosae. Ich fand es weiter beiPem- phigus spirothecae und auch bei Aphis sambuci. Die Hypodermis differenzirt sich in den letzten Entwicklungsstadien weiter. Bereits auf dem Stadium XXVIII finden wir am fünften Ab- dominalsegmente jederseits eine etwas verdickte Stelle, welche Stellen in den folgenden Stadien durch Höhenwachsthum ihrer Zellen noch mehr hervortreten (Fig. 50) und auf dem letzten abgebildeten Stadium durch Theilung ihrer Zellen, wodurch dieselben kleiner werden, die Anfangs ‘600 Emanuel Witlaezil, allgemein hügelförmigen Cornicula (nZuckerröhren«) entstehen lassen (Fig. 52). Bei Aphis platanoides sind dieselben beim Ausschlüpfen beiläufig eben so lang als dick. An den betreffenden verdickten Haut- stellen der früheren Stadien differenziren sich einige Mesodermzellen aurch Ablagerung von gelbem bis bräunlichem Exkret in ihrem Inneren zu Exkretzellen, die ich früher wohl mit Unrecht »Zuckerzellen« genannt habe. Sie füllen später die Cornicula, und liegen beim reifen Thier auch noch in großer Menge am Rücken an der Basis dieser Röhren. In- dem sie an die Luft treten, unterliegen sie der Destruktion, da ihr Inhalt krystallisirt. Die folgende Thatsache spricht nebst anderen schon früher mitgetheilten dafür, dass die Cornicula an der Spitze offen sind. Bei großen Herbstweibchen der Gallipterus-Arten, die allerdings schon im Absterben begriffen waren, fand ich außerhalb der hier höcker- förmigen Cornicula am Rücken bis zu einem bestimmten Umkreis der- selben eine verhältnismäßig große Menge von Exkret derselben (Fig. 69). Es war das eine im auffallenden Lichte schön silberweiße Masse, die aus geraden oder gebogenen Prismen bestand, welche im durchfallen- den Lichte dunkel, fast schwarz erschienen, ins Röthliche, Violette, Bläuliche oder Grünliche fallend, offenbar in Folge der Lichtbrechung in den dünnen Luftschichten zwischen den zahlreichen Fasern, aus welchen jedes der erwähnten Prismen bestand. Im Speichel oder Wasser werden diese heller und erscheinen dann grau, in die Regen- bogenfarben spielend. Im absoluten Alkohol werden sie im durch- fallenden Lichte ganz hell, indem derselbe zwischen die Fasern jener Prismen vollständig eindringt und die dünnen Luftschichten zwischen denselben verdrängt. Da mir aber die nöthigen Mittel zu einer mikro- chemischen Untersuchung fehlten, so brachte ich mehrere solche Massen zusammen auf die Zunge und glaube sie von schwach basischem Ge- schmacke gefunden zu haben. Das hier, so wie schon früher von mir (144) über diesen Exkretionsstoff der Aphiden Mitgetheilte stimmt sehr gut mit der Beschreibung, welche schon vielfach, namentlich aber von Leyoie (107) und neuerdings von WIELowIEJsKkı (143) über harnsaure Salze, die in Bindegewebszellen bei Insekten vorkommen, gegeben wurde. Dass die Ameisen nicht diesen austretenden Stoff, sondern die Exkre- mente der Aphiden genießen, habe ich bereits früher nachgewiesen. Das Exkret der Cornicula hat also wohl mit Unrecht bisher die Bezeich- nung des Zuckers getragen, und es dürfte aus harnähnlichen Stoffen bestehen. Da die Aphiden keine Marrıcatschen Gefäße, wohl aber meist Cornieula besitzen, liegt die Vermuthurg nahe, dass letztere die Funk- tion der ersteren übernommen haben mögen. Die Wachsdrüsen, wo sie vorkommen, bilden sich auch in den Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 601 letzten Entwicklungsstadien aus, indem an gewissen Stellen die Zellen der Hypodermis hoch werden und sich in einzellige Drüsen, deren viele in einer schildförmigen Masse zusammensitzen, differenziren. Die Haare, die Krallen an den Beinen, so wie die schuppenartigen Fortsätze der Haut, namentlich an den Antennen, und am Ende des dickeren Basaltheiles des letzten Gliedes derselben mehrere Geruchs- sruben finden wir auf dem letzten von mir gezeichneten Stadium be- reits angelegt. Die Krallen scheinen sich um je eine Zelle zu bilden, wie dies Fig. 64 B zeigt. Haare befinden sich zahlreich an den Ex- tremitäten, an den Antennen, am Vorderkopfe, an der Rückseite von Kopf und Thorax, so wie in mehreren, meist jederseits drei Reihen am Rücken des Abdomens (Fig. 52, 53). Bei den Gallipterus-Arten findet man übrigens am Tarsus und den Schienen zwischen größeren noch eine große Menge ganz kleiner Haare. Die Haare entstehen um Fort- sätze großer Zellen der Hypodermis, welche in der Mitte einen großen hellen Fleck besitzen, den ich aber nicht für den Kern ansehen kann und für einen mit Flüssigkeit gefüllten Hohlraum halte. Bei jungen Larven kann man die Vertheilung der Haare am Körper gut erkennen. Vor einer Häutung findet man aber die Haare doppelt, indem über der neuen Larvenhaut die alte, sich abhebend, mit ihren allerdings leeren Haaren liegt. Auf dem letzten Entwicklungsstadium finden wir an der Ober- fläche des Körpers des Embryo eine Chitincuticula abgeschieden. Gut zu erkennen ist sie an den Enden der Extremitäten, wo sie meist weit absteht und unter ihr die Krallen etc. zur Ausbildung kommen (Fig. 53, 64). Der Embryo wird mit dieser gelblichen Guticula geboren und er streift sie in derselben Weise wie später die Larven- "'häute ab, indem sie am Rücken vorn reißt, und der Embryo langsam herauskriecht. Man muss also wohl von einer ersten Häutung gleich ' nach der Geburt sprechen. | Huxey’s (0) Zeichnungen der späteren Entwicklungsstadien (von ‚ welchen er freilich nicht viele untersucht hat) zeigen die Mandibeln und ‚ ersten mit Tasteranlage versehenen Maxillen schon etwas in den Körper ‚ eingesenkt und dahinter die langen, schmalen, nach innen gerückten ‚U. Maxillen. Freilich entsprechen seine Zeichnungen in den meisten Punkten mehr den thatsächlichen Verhältnissen, als die von ihm an die- selben geknüpften Deutungen. So giebt er auch an, dass die Mandibeln und I. Maxillen bei der weiteren Entwicklung sich in formlose Zapfen verwandeln. Was die Segmentirung des Körpers anbelangt, so nimmt ‚er für den Kopf sechs Segmente an, indem er auch Augen und Vorder- 602. Emanuel Witlaczil, \ kopf für besondere Segmente bezeichnend hält, für das Abdomen aber elf Segmente, wodurch er im Ganzen 20 Segmente erhält. BaLBIant (2) hat schon gezeigt, dass wir am Abdomen, und das erst beim Imago, zehn Segmente haben. Für den Kopf gestattet uns die Ent- wicklung in Übereinstimmung mit der allgemeinen Auffassung nur vier Segmente anzunehmen, von welchen das erste eigentliche Kopfsegment durch die Antennen, und die folgenden drei sekundären Kopfsegmente durch die drei Paare Mundextremitäten charakterisirt werden. Die Augen sind bloß differenzirte Theile der Haut des Antennensegmentes und der Vorderkopf entsteht als unpaare, erst später hervorwachsende Erhebung eben dieses Segmentes. Leyvic (55) fand, dass die Tracheen aus neun Paar Stigmen ihren Ursprung nehmen. Die Keimröhren reifer Embryonen würden nach ihm allgemein (er untersuchte Aphiden von Rosen, Geranium, Sambu- cus, Epheu und Juniperus) zwei Kammern enthalten. Auch über die Bildung der Augen macht er, freilich ungenügende, Angaben. Der Bauchstrang soll bloß aus drei Ganglien gebildet sein. METScHnIKoFF (62) hat die Entstehung des Vorderdarmes durch Ein- stülpung erkannt. Die Entstehung des Hinterdarmes beschreibt er nicht näher. Diese beiden Abschnitte sollen aber mit einem dritten mittleren in Verbindung treten, welcher aus sich in der Mittellinie am Rücken sammelnden, von ihm aber nicht abgebildeten Zellen entstehen soll, die eine Röhre bilden. Ich habe das Stadium, welches er auf seiner Fig. 33 abbildet und das ihn zu seiner Aussage vermochte, wenn wir von dem Einfluss der allgemeinen Anschauung über die Darmbildung absehen, auch untersucht und abgebildet. Merscanıkorr hat offen- bar ein Stück des Stomodaeums gesehen, welches, indem es im Kopfe in die Tiefe steigt, dort im optischen Querschnitt erscheint, dessen ande- res Ende er aber nicht erkannte, so dass er es in einen scheinbar soliden Strang übergehend zeichnet, der nichts Anderes ist, als die zwischen den beiden seitlichen Mesodermpartien und Bauchnervenstranganschwel- lungen verlaufende zellfreie Medianfurche. Er behauptet auch fälschlich, dass der Darm aus verschmolzenen Zellen besteht und dass die die Muskeln liefernde peripherische Zellschicht erst während der definitiven Ausbildung desselben, wo sie freilich deutlicher erkennbar wird, auf- tritt. Die Bildung der Speicheldrüsen, welche er aber nicht als solche ° erkannte, schildert er in der Weise, dass sie als paarige Zellkörper auf jeder Seite des Thorax schon früh entstehen, und dass später die auf derselben Seite mit einander verwachsen, indem eine centrale Höhlung sich in ihrem Inneren bildet. Seine Darstellung erklärt sich daraus, dass er den Zusammenhang dieser Drüsen mit der Haut übersehen hat. | | Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 603 Die Mandibeln und ersten Maxillen würden auch nach METSCHNIKOFF später rückgebildet werden, während sich neben denselben besondere Körper, die im Laufe des Wachsthums ein retortenförmiges Aussehen gewinnen und die er »retortenförmige Organe« nennt, anlegen sollen, welche die Stechborsten zur Absonderung bringen. Die Unrichtigkeit dieser Angabe habe ich schon in meiner früheren Arbeit (114) nachge- wiesen. Die Darstellung METscanikorr's von der Bildung des Nervensystems ist ziemlich mangelhaft. Er giebt allerdings mit Recht für den dorsalen Rand des Gehirns jederseits drei Ausbuchtungen an (seine Fig. 31), von welchen die äußerste die Augenanlagen, die beiden mittleren da- gegen die dorsale Grenze der Seitenplatten und damit des Gehirns sind. Auf der Bauchseite giebt er jederseits zwei Ausbuchtungen an, die vom Rücken aus zu sehen wären. Er meint offenbar die beiden Lappen, welche im optischen Durchschnitt jede Seite des Gehirns zeigt. Indem er aber in seiner Fig. 33 die obere Begrenzung der Seitenplatten ohne Ausbuchtungen fand, erklärt er diese ganze Begren- zungslinie für die mittlere Ausbuchtung von vorhin, während die äußere, an die Seite gerückt, die Anlage des Auges bildet, und die innere gegen die Hirnspitze am vorderen Eipol gedrängt worden sein soll. Nach seiner Zeichnung zu urtheilen, hielt er für diesen letzten Theil den durch- schimmernden Vorderkopf. Auf derselben Figur zeichnet er ein großes Ganglienpaar, welches er als Unterschlundganglion bezeichnet und drei Paar Bauchganglien, welche aber abgesehen von der unrichtig angegebe- nen Anzahl nach meiner Darstellung noch gar keine Ganglien sind, son- dern die dorsalen Auswulstungen des Bauchnervenstranges zwischen den Ganglien. Von der Bauchseite sah er die zwei Vorderlappen des Gehirns, welche er auf seiner Fig. 44 abbildet. Die von ihm in Fig. 46 und 47 gegebene Darstellung des Gehirns von der Rückseite stimmt nicht vollkommen mit dem richtigen Sachverhalt überein. Die Augen entstehen nach ihm aus äußeren Hirnabschnitten, die sich von der übri- gen Masse absondern und indem sie nach ihm eine Masse verschmolzener kleiner Zellen darstellen, sich an die Haut anlegen würden, während doch in Wirklichkeit die Augenanlage gar nicht von der Haut getrennt war. Auch der Beginn der Ausbildung der Augen am Hinterrande blieb ihm verborgen. Er bemerkt, dass aus dem durch Zusammenziehung der Bauchganglien entstandenen Bauchmark am hinteren Ende ein paariger, durch das Abdomen ziehender Nerv entspringt, welcher thatsächlich aus zwei Hälften besteht, aber unpaar ist. Was die Bildung der Geschlechtsorgane anbelangt, so hat METscanI- Korff, daer Aphis pelargonii untersuchte, nicht das typische Ver- 604 . Emanuel Witlaczil, halten vor sich gehabt. Er bemerkt, dass, nachdem die Genitalanlage sich quer gezogen hat, dieselbe in meist zehn Zellhaufen zerfällt, welche aber mit einander durch eine kittartige Substanz verbunden wären. Erst später, nach der Trennung dieser Zellmassen, würden ihre periphe- rischen Zellen sich abplatten und ein äußeres Epithel bilden, von wel- chem aus auch durch Zellvermehrung die Ausführungsgänge gebildet werden. Die »Kittsubstanz« zwischen den einzelnen Zellhaufen auf seiner Fig. 38 ist wohl nichts Anderes, als mit Flüssigkeit gefüllte Hohl- räume zwischen diesen. Das Epithel scheint aber selbst nach der Zeich- nung von METSCHNIKOFF schon vorhanden zu sein, indem er um jeden Zellhaufen eine dünne dunklere Schicht abbildet. Er zeichnet das Epithel in Fig. 39 eben so wie den Ausführungsgang als aus verschmolzenen Zellen bestehend, welche im letzteren zwar in zwei Reihen angeordnet, aber ohne Lumen wären. Ich fand sie unverschmolzen und in den Aus- führungsgängen ein Lumen. Die Hypodermis soll sich nach METScHNIKOFF zur Zeit der Zusammen- ziehung des Keimstreifens von der darunter liegenden Embryonalmasse als aus kleinen, durch Zwischensubstanz getrennten Zellen bestehende Schicht ablösen. Ich habe gezeigt, dass die Haut der bei Abspaltung des Nervensystems übrig bleibende Theil des Ektoderms ist; Zwischensub- stanz kommt in ihr eben so wenig, wie in irgend einem anderen Organe des Embryo vor. Auch die beiden Schichten an den Beinen würden nach ihm von Anfang an aus verschmolzenen Zellen bestehen, welche im inneren Blatt und eben so an der Spitze der Extremitäten im äußeren Blatt in mehreren Schichten lägen. Die Chitincuticula um den reifen Embryo war ihm schon bekannt. | Nachembryonale Entwicklung. Während des Larvenlebens machen die Aphiden bekanntlich vier Häutungen durch, zu welchen noch die oben erwähnte gleich nach der Geburt kommt. Mit den Häutungen sind das Wachsthum und die Form- veränderungen der Larve verknüpft. Die letzteren, welche mit der Lebensaufgabe der verschiedenen Typen in Zusammenhang stehen und danach zum Theil verschieden sind, bespreche ich in einer Arbeit über den »Polymorphismus von Ghaetophorus populi L.« (115). Bar- BIANI (2) macht darüber einige Angaben, so, dass bei der jungen Larve Kopf und Thorax zusammen länger sind, als das Abdomen. und dass der Körper am Thorax am breitesten und an den Enden ab- gerundet ist. Hier will ich nur kurz erwähnen, dass während des Larvenlebens = ar. P Entwicklungsgeschichte der Aphiden, 605 das noch nicht ganz ausgebildete neunte und auch das zehnte Abdomi- nalsegment sich entwickeln, dessen Rückenabschnitt zu dem sogenann- ten Schwänzchen wird. Die Cornicula erreichen jetzt ihre definitive Größe. Die Färbung ist bei den jungen Larven heller und wird später allgemein dunkler. Erst während des Larvenlebens differenzirt sich meist das dritte Antennenglied in drei besondere Glieder, während die in den Gallen verbleibenden Generationen der gallenerzeugenden Arten während des ganzen Lebens die am Embryo angelegte geringe Zahl, meist vier Antennensegmente behalten, und in den zusammengesetzten Augen sehr wenig Kegel besitzen. Mit der Differenzirung jener Antennen- segmente entstehen an ihren Enden auch einzelne Geruchsgruben. Bei den geflügelten parthenogenetischen Weibchen und den Männchen finden wir die große Zahl von Geruchsgruben erst nach der letzten Häutung (vgl. darüber meine Arbeit zur Anatomie der Aphiden). Während des Larvenlebens bilden sich auch erst die Nebenaugen, wo sie vor- kommen, aus. Die Flügel entwickeln sich, wie schon Kyser bekannt war, erst wäh- rend des Larvenlebens. Es entstehen an den Seiten von Meso- und Meta- ihorax durch Höherwerden der Zellen Vorwulstungen nach außen, welche nach der ersten und zweiten Häutung kaum merklich sind, nach der dritten Häutung aber, indem sie durch Zellvermehrung, unter Flacher- werden der Zellen, eine Ausstülpung der Körperwand bilden, bereits stark hervortreten. Nach der vierten Häutung bilden sie deutlich nach hinten gerichtete stäbchenförmige Vorragungen und treten endlich nach der fünften Häutung als ausgebildete Flügel hervor. Die erwähnten Wülste sondern auf ihrer Oberfläche jedes Mal eine Chitincuticula aus, die Flügelscheide, unter welcher sich die Flügelanlage beim weiteren Wachsthum, indem sie sich faltet, wieder abhebt. Nach jeder Häutung erscheint die Anlage, indem sich ihre Falten glätten, größer, am größten nach der letzten Häutung, vor welcher die Faltung die komplicirteste, Längs- und Querfalten aufweisende, war. Die beiden Blätter der be- treffenden Ausstülpung legen sich flach auf einander und verwachsen, so den Flügel bildend, welcher seine Festigkeit von der denselben über- ziehenden dünner Chitincuticula erhält. Mit der Differenzirung der Flügel geht diejenige der Flugmuskulatur Hand in Hand. Die Geschlechtsorgane erlangen auch erst während des Larven- lebens ihre vollständige Ausbildung, indem das Mesoderm der hinte- ren Einstülpung, welche Vagina und Eiergang bildet, noch die Eileiter überwächst und sich allgemein zur Ringmuskulatur differenzirt. An- hangsorgane sind bei den viviparen Aphiden bekanntlich keine vorhan- den. Eine besondere Längsmuskelschicht an den Ausführungsgängen ist 606 . Emanuel Witlaezil, nicht vorbanden und eben so fehlt um die Geschlechtsorgane eine peri- toneale Tunica. Die Eiröhren differenziren sich weiter und erhalten bei den verschiedenen Arten und Generationen eine verschieden große An- zahl von in der Entwicklung fortschreitenden Embryonen. 2. Entwicklung der oviparen Weibchen und der Männchen, Die Herbstweibchen und Männchen entwickeln sich in der für die viviparen Weibchen beschriebenen Weise und nur die Geschlechtsorgane zeigen davon bedeutendere Abweichungen. Bei Aphis platanoides findet man bei einer ganz jungen weib- lichen Larve die accessorische Genitalanlage von mehr oder weniger konischer Gestalt, von einer Mesodermschicht überzogen und aus hohen hellen, cylindrischen Zellen bestehend (Fig. 70). Am freien Ende der- selben scheinen sich die Eileiter bereits anzusetzen. Jedenfalls hängen die Endfächer, welche in ihrem Inhalte gesonderte Einähr- und Eizellen aufweisen, durch die Eiröhrenstielchen an ihrer Basis zusammen und bilden bereits die Eileiter. Bei einer etwas größeren Larve (Fig. 74) finden wir aus der acces- sorischen Genitalanlage schon die Anhangsorgane in Differenzirung be- griffen, indem sich etwa in der Mitte der Länge derselben jederseits eine Ausstülpung bildet, welche bald etwas nach vorn wächst, aus einer Schicht hoher heller Zellen besteht und von Mesoderm überzogen ist: die Kittdrüsen. Etwas vor der Einmündungsstelle derselben bildet sich in der Mittellinie eine dritte auch nach vorn wachsende und dann um- biegende Ausstülpung, deren vorwärts gerichteter Theil dickwandig und von Mesoderm überzogen ist, während der umgebogene Theil aus breiteren, flachen Zellen besteht und von Mesoderm frei ist: das Re- ceptaculum seminis mit seinem Ausführungsgang. Der nach hinten von den Einmündungsstellen gelegene Theil wird zur Vagina, der nach vorn gelegene zum Eiergang. | Bei einer noch größeren Larve finden wir die ganze Anlage größer und weiter diflerenzirt (Fig. 72). In den Kittdrüsen sieht man jetzt ganz deutlich an der inneren Oberfläche eine schon früher vorhan- den gewesene feinkörnige, später auch blasige Absonderungsschicht und eben so an der ganzen inneren Oberfläche des Ausführungs- apparates eine dünne helle Schicht, welche als schleimige Absonderung dieser Zellen betrachtet werden muss. Die früher sehr langen und dün- nen Eileiter erscheinen jetzt kürzer und dicker, zusammengezogen, und sind etwa bis zur Hälfte von dem unpaaren Eiergang aus mit Mesoderm überwachsen. Die Endfächer selbst, welche jederseits in der Zahl von Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 607 fünf vorhanden sind und von welchen die der Mittellinie zunächst liegen- den am weitesten in der Entwicklung vorgeschritten sind, zeigen ihren Inhalt schön ausgebildet. Den vorderen Theil nehmen die großen Einähr- zellen, den hinteren die kleineren Eizellen ein, von welchen eine be- reits gewachsen und nach hinten getreten ist. Die das Endfach bilden- den flachen, auf der. einen Seite in den soliden Endfaden übergehenden Zellen bilden durch Zellvermehrung um diese das aus hohen Zellen be- stehende Eiröhrenepithel. Bei einer großen Larve finden wir aus dem Mesoderm der Ge- schlechtsorgane die Muskulatur bereits überall differenzirt. Die ganzen Eileiter und auch die Stielchen der Eiröhren sind von Muskulatur über- zogen, welche aber überall nur in einer Schicht von mit einander ana- stomosirenden Ringmuskeln vorkommt (Fig. 73). Bei jungen männlichen Larven derselben Art findet man jederseits drei Hodenschläuche, von welchen die der Mediane zunächst liegenden in der Entwicklung am weitesten vorgeschritten sind. Die sie umgebende Hautsetzt sich am Hinterende in einen ganz kurzen Gang fort, welcher sich mit den Stielchen der anderen Hodenschläuche derselben Seite zu dem Vas deferens vereinigt und auch einen queren, gegen die Mittellinie ver- laufenden Ast entstehen lässt, welcher sich mit dem der anderen Seite zu einem Anfangs verhältnismäßig langen Quergang vereint. Alle diese Gebilde (Fig. 74) zeigen ein wenn auch nicht bedeutendes Lumen und bestehen aus hellen Zellen ohne eine äußere Mesodermumhüllung. Die langen Samenleiter (Vasa deferentia) heften sich hinten an das freie Ende der accessorischen Genitalanlage an. ‚Später entstehen zwischen den Mündunsgsstellen der beiden Samen- leiter und etwas vor denselben durch Ausstülpung die von Anfang an mit Mesoderm überzogenen Anlagen der accessorischen Drüsen. Auch die Samenleiter werden jetzt von der den Samengang (Ductus ejaculatorius) bildenden accessorischen Genitalanlage aus mit Mesoderm überzogen; eben so im weiteren Verlaufe die Stielchen der Hodenschläuche und von beiden Seiten aus der quere Verbindungsgang. Alle diese Theile er- fahren hierbei eine Zusammenziehung ; der letzte in so starkem Maße, dass dadurch die Schläuche beider Seiten ganz nahe zusammengerückt werden. Die jetzt bereits allenthalben aus jenem Mesoderm differenzirte Ringmuskelschicht ist bei verschiedenen Arten verschieden dick. Bei der ausgewachsenen Larve erscheinen die accessorischen Drüsen (Fig. 75), welche man wegen der Lage ihres Ursprungs wohl kaum den Kittdrüsen der Weibchen homologisiren darf, lang und von keilförmiger Gestalt, am freien Ende dicker und abgerundet. Das Epithel der acces- sorischen Drüsen besteht aus nicht besonders hohen Zellen, welche auf Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL, Bd. 4A 608 Emanuel Witlaezil, ihrer Innenfläche eine helle, etwas körnige Substanz abscheiden, die als dünne Schicht (welche nicht mit einer Guticula zu verwechseln ist) auf der Innenseite das ganzeOrgan umgiebt und weiter in eine großblasige, gegen das Centrum des ganzen Organes zu aber kleinblasige Masse übergeht. Diese innere Sekretmasse ist manchmal losgelöst von der Oberfläche des Drüsenepithels und erscheint an diesem oft mehrmals geschichtet. Nach Behandlung mit Salzsäure erscheinen diese Drüsen von gelblicher Farbe und man erkennt in den körnigen Zellen ihres Epithels von der Ober- fläche leicht die Kerne und Kernkörperchen. Die Samenleiter, welche die Muskelschicht in derselben Stärke zeigen, wie die accessorischen Drüsen (Fig. 76), weisen auch auf der Innenseite ihres Epithels eine, wie es scheint, schleimige Absonderung auf. Die Auftreibungen, welche diese Organe gleich unterhalb der Hodenschläuche später zeigen, schei- nen in passiver Weise durch Ansammlung der aus den Hodenschläuchen tretenden Samenfäden zu entstehen. Der unpaare dicke Samengang zeigt auf seiner äußeren Oberfläche eine Schicht von mit einander anastomosirenden Ringmuskeln, auf seiner Innenseite aber, wo man Längsfalten wahrnimmt, eine starke Chitin- euticula. Bekanntlich vertritt bei den Aphiden den Penis der zur Be- gattung fast ganz ausgestülpte Samengang, welcher dann einen langen dicken $-förmig gebogenen, nach hinten und unten gerichteten Schlauch vorstellt, der auf seiner Außenseite von der erwähnten Chitincuticula umgeben wird, unter welcher das Epithel und innerhalb dieses die oft nicht ganz fest anliegende Ringmuskulatur sich befindet, welche an der Spitze dieses Schlauches eine mehr schiefe Richtung zeigt. In diesem ausgestülpten Schlauch verlaufen fast seiner ganzen Länge nach die Samenleiter und hinteren dünnen Theile der accessorischen Drüsen, so wie am Ende noch ein kleines Stück des Samenganges selbst. Die Entwicklung der Samenfäden geht in der von Barslant be- schriebenen Weise vor sich. Ich muss hier auf dieEmbryonalentwicklung unserer Thiere zurückgreifen. Auf dem Stadium XXVI (Fig. 77.A) finden wir bei einem männlichen Embryo von Aphis platanoides die jeder- seitige Genitalanlage auf der Außenseite mit zwei Einschnitten versehen, welche dieselbe auf den folgenden Stadien in drei, je von einer zelligen Haut umgebene Lappen getheilt haben. Es sind das die Hodenschläuche, welche jetzt in einer Linie hinter einander zu beiden Seiten des Körpers liegen (Fig. 77B). Auf dem Stadium XXIX (Fig. 770) finden wir die Zellen, welche den Inhalt bildeten, bereits in Zellhaufen zerfallen, deren Anzahl bei verschiedenen Arten je nach der Anzahl von Zellen, welche in jedem Hodenschlauch vorhanden war, verschieden ist. Die Zellen jedes Haufens zeigen eine radiäre Anordnung, was im Verein mit dem eben Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 609 erwähnten Umstande darauf schließen lässt, dass sie durch die als endo- gene Zellbildung bekannte Theilung entstanden sind, indem der Kern sich früher getheilt hat und erst, nachdem mehrere Kerne vorhanden waren, auch der Zellkörper, und zwar gleich entsprechend der Anzahl der Kerne in eine größere Menge Zellen zerfiel. Einzelne mehr peripherisch gelegene Zellen verwachsen übrigens mit einander zur Bildung einer die ganze Zellkugel umhüllenden Haut. Auf dem Stadium XXXI (Fig. 77D) finden wir die Hodenschläuche größer, besonders länger und in ihrem hinteren Theile weiter differenzirt, indem die Zellkugeln, deren Membran jetzt scharf hervortritt, durch Theilung jeder ihrer Zellen eine bedeutend größere Anzahl freilich Anfangs kleiner Zellen erhalten haben. Bei jungen Larven findet man die Hodenschläuche ganz ähnlich, nur bedeutend größer, indem die meisten Ballen bereits ihren Zell- inhalt vermehrt und diese Zellen namentlich an der Basis des Hoden- schlauches eine bedeutende Größe erreicht haben. Man erkennt in gün- stigen Fällen auch eine bestimmte Anordnung derselben; man findet nämlich in jedem Ballen eine mehr oder weniger genau der Anzahl der zuerst vorhandenen Zellen entsprechende Zahl von kugligen Zellmassen, deren jede wahrscheinlich durch endogene Theilung aus je einer jener Zellen entstanden ist (Fig. 77 E). Behandelt man aber das Präparat mit Salzsäure, so ist diese Anordnung nicht mehr zu erkennen; man findet den Ballen von einer großen Menge jetzt einen Kern aufweisender Zellen erfüllt und von einer Membran umgeben, welche aus stark abgeplatteten, aber den Kern deutlich zeigenden Zellen besteht (Fig. 77F). Bei jungen Imagines findet man die Hodenschläuche noch größer und weiter differenzirt. An der Spitze finden wir Zellballen, welche den zuletzt an der Basis gefundenen in ihrer Entwicklung entsprechen, indem sie eine bedeutende Anzahl großer Zellen als Inhalt aufweisen. Weiter gegen die Basis zu erscheinen die Zellen in den Ballen kleiner, vielleicht weil bereits die Bildung der Samenfäden begonnen hat. Man findet aber auch Zellballen, in deren großen Zellen der Kern sich in zwei theilt, von welchen jeder oder manchmal nur der eine sich wieder in zwei theilt; um diese gruppirt sich dann das Protoplasma in Form von Zellen (Fig. 77G). Es scheinen also jene größeren Zellen durch endogene Theilung wieder je mehrere Zellen entstehen zu lassen, so dass erst die vierte Generation, erst die Urenkelzellen der den Ei- und Einährzellen des Endfaches unmittelbar entsprechenden Zellen, die Samenfäden zur Ausbildung brächten. Doch mag dies ein abnor- ıner Fall sein, und in der Regel schon die dritte Generation von Zellen die Samenfäden ausbilden. Indem die Samenfäden in diesen Zellen zur Ausbildung kommen, erhalten sie eine längliche Form mit einem 4A* 520: Emanuel Witlaezil, spitzen Ende. Man kann Anfangs noch manchmal die einzelnen oben erwähnten Kugeln in den Samenballen unterscheiden, später mit dem Längerwerden nehmen aber alle Zellen in einem Samenballen dieselbe Lage ein, wodurch dieser lang schlauchförmig wird (Fig. 78). Man sieht dann die Samenfäden in keilförmigen, den einzelnen Kugeln entsprechen- den Bündeln in dem Samenballen liegen, an deren dickerem Ende in Form von Körnchen die Überreste der Zellen sich befinden. Wohl durch den Druck der weiter oben gelegenen, sich entwickelnden Samenballen werden die unteren bereits entwickelten in den Anfang des Eileiters ge- presst, welcher dadurch eine samenblasenförmige Auftreibung erhält. Die Häute der einzelnen Samenballen unterliegen dabei der Destruktion und die Samenfäden bilden hier verworrene Knäuel. Die eben für Aphis platanoides gegebene Beschreibung der Entwicklung der Geschlechtsorgane gilt auch für die von mir unter- suchten Arten der Gattung Gallipterus, welche für diese Unter- suchungen günstiges Material geben. Wir finden bei ihnen nur ein Ei in jeder Eiröhre des Weibchens ausgebildet, während ein zweites ange- legt, aber so wie das Endfach rückgebildet wird. Ghaetophorus aceris und populi zeigen nichts Besonderes. Aphis hederae hat eine geringe Muskulatur an den Samenleitern und accessorischen Drüsen. Aphis arundinis zeichnet sich dadurch aus, dass in jedem Hoden- schlauche nur wenige Samenballen vorhanden sind. Ich fand bei dieser Art an den Anschwellungen der Samenleiter starke Kontraktionen, und die Samenfäden schon in den. Hodenschläuchen in lebhaft zitternder Bewegung. Bei Aphis pelargonii und den in derselben Weise sich ent- wickelnden Arten differenziren sich auch bei den Herbstweibchen und Männchen die Geschlechtsorgane zu der Zeit, wie bei den viviparen Weibchen. Wir finden schon auf dem Stadium XX die Geschlechtsan- lage in die Breite gezogen, um wie dort in ziemlich unregelmäßiger Weise beim Weibchen in zehn Endfächer, beim Männchen in meist sechs Hodenschläuche zu zerfallen. Doch findet man beim Männchen schon, da die ganze Genitalanlage noch ungetheilt ist (Fig. 79), die Zellen der- selben in Zellhaufen verwandelt, welche hier besonders schön die oben beschriebene Anordnung zeigen, indem die meisten central zusammen- stoßen, einige aber an die Peripherie treten, um dort durch Verwach- sung die Hüllhaut des Samenballens zu bilden. Beim reifen Embryo fand ich in der Regel jederseits drei Hodenschläuche, mehrere Male je- doch zusammen sieben, einmal acht. Man erkennt ganz deutlich die den Stielchen der Endfächer entsprechenden kurzen Ausführungsgänge der Hodenschläuche, den transversalen Gang und die an die hintere Einstül- Entwieklungsgeschichte der Aphiden. 611 pung befestigten Samenleiter (Fig. 80). Die Hodenschläuche sind jetzt kurz, diek und eckig und enthalten eine nicht große Zahl von Zell- ballen, deren Häute ganz deutlich zu erkennen sind und dort, wo mehrere an einander oder die Wand stoßen, deutlich dreieckige Zwischenräume erkennen lassen. Diese Ballen zeigen schon ganz deut- lich die dritte Generation von Zellen in mehreren, aus je einer Zelle entstandenen Haufen angeordnet. Die postembryonale Differenzirung der Anhangsorgane des Geschlechtsapparates ist hier wie bei den ande- ren Aphiden. Es mag noch erwähnt werden, dass, während ich bei Aphis pla- tanoides Anfangs September 1883 bereits kleine männliche Larven fand, die sie gebärenden nur geflügelten viviparen Weibchen auch Embryonen viviparer Weibchen und später auch oviparer Weibchen enthielten. BeiAphis pelargonii fand ich im Herbst ungeflügelte und weniger zahlreich auch geflügelte, roth gefärbte, parthenogenetische Weibchen, welche beide Anfangs zum Theil vivipare Weibchen, zum Theil Männchen und später auch ovipare Weibchen gebaren, resp. solche Embryonen enthielten. Abweichend von der typischen ist die Entwicklung der Geschlechts- organe bei Pemphigus spirothecae. Auf dem Stadium XIX tritt bereits Zerfallen der Genitalanlage ein. Bei weiblichen Embryonen finden wir auf dem Stadium XXI (Fig. 84) neben dem Pseudovitellus hinten auf jeder Seite ein wohl entwickeltes Endfach, neben welchem noch ein in der Entwicklung zurückgebliebenes Endfach zu liegen scheint, Auf den folgenden Stadien zeigen die beiden ersten Endfächer eine Größenzunahme und die aus ihrem Epithel am hinteren Ende ge- bildeten Eileiter treten mit der accessorischen Genitalanlage in Verbin- dung. Auf dem Stadium XXVII (Fig. 82) etwa finden wir die Anhangs- organe in Differenzirung begriffen, indem sich seitlich beiläufig in der Mitte der accessorischen Genitalanlage die Kittdrüsen und in der Mediane das Receptaculum seminis durch Ausstülpung anlegen. Sie sind wie sonst gebaut, bleiben aber verhältnismäßig klein. In den großen End- fächern tritt eine nicht unbedeutende Anzahl großer Zellen hervor. Auf den folgenden Stadien erleidet das Endfach der einen Seite eine Rück- bildung, während auf der anderen Seite ein Ei zur Ausbildung kommt, das bereits im Embryo eine sehr bedeutende Größe erreicht. Wenn man Larven oder Imagines im Ganzen färbt und in Kanadabalsam aufbe- wahrt, so findet man die Anhangsorgane des weiblichen Geschlechts- apparates zusammengeschrumpft als queren Wulst an dem Ausführungs- gang, etwa in der Mitte zwischen Ei und Vulva. Beim männlichen Embryo finden wir auf dem Stadium XIX schon 612 Emanuel Witlaczil, in einer gemeinsamen zelligen Haut meist sechs große Ballen, von denen aber einer oft ganz zurücktritt. Sie sind ihrerseits von je einer Haut umgeben und enthalten eine größere Anzahl kleinerer Zellen als die Endfächer, so dass die ganze Genitalmasse beim männlichen Embryo jetzt viel umfangreicher erscheint als beim weiblichen. In den folgenden Stadien werden die in den Ballen enthaltenen Zellen, indem sich die Samenfäden in ihnen ausbilden, langgestreckt, wobei man in jedem der eiförmigen, später schlauchförmig werdenden Ballen mehrere Zellmassen unterscheiden kann. Auf dem Stadium XXVII (Fig. 83) finden wir die große, wegen der verschiedenen Lage der Schläuche in derselben aber nicht ganz runde Genitalmasse, von der Haut umgeben, am Rücken liegen, aber noch ohne Ausführungsgang. Wir finden jedoch von der accessorischen Genitalanlage durch Ausstülpung vom blinden Ende der- selben nicht unmittelbar neben einander zwei, an den freien Enden etwas aufgetriebene Schläuche gebildet. Dieselben bestehen aus einer Epithelschicht und sind von Mesoderm überzogen. Sie setzen sich bald darauf neben einander in der Mitte der unpaaren Genitalmasse an und bilden, indem sich das Mesoderm um dieselben in Ringmusku- latur differenzirt, die Samenleiter. Beim reifen Embryo (Fig. 8%) finden wir die Samenballen bereits destruirt; die Samenfäden dringen in die Samenleiter ein, Auftreibungen derselben gleich unter dem Hoden und auch an ihrer Basis verursachend. Bei im Ganzen gefärbten und präpa- rirten Larven und Imagines kann man sich leicht überzeugen, dass wirk- lich keine besonderen accessorischen Drüsen vorhanden sind. — Wir müssen wohl jene wenigen Zellballen, welche von einer zelligen Haut umgeben in der ungetheilt bleibenden Genitalmasse liegen, für die Samenballen ansehen, welche in der oben beschriebenen Weise ent- standen sein mögen, indem je eine Zelle einen Zellhaufen producirte, dessen äußere Zellen seine Haut bildeten, während die inneren wieder je einen Zellhaufen entstehen ließen, die man ja oft noch in den Samenballen unterscheiden kann. Die so entstandenen Zellen scheinen die Samenfäden auszubilden. Man wird mir vielleicht einwerfen, dass wir hier nur eine sehr kleine Anzahl von Samenballen haben, welche auf eine zu geringe Anzahl von ursprünglichen Zellen in der Genital- anlage schließen lassen. Da möchte ich darauf aufmerksam machen, | dass wir schon bei Aphis pelargonii nur eine recht geringe Anzahl von Samenballen finden. Ich hätte freilich die betreffenden Verhältnisse ' am liebsten am Objekte selbst nachgewiesen, konnte aber trotz vielen | Bemühens die bezüglichen Stadien nicht gut erhalten. Die Herbstweibchen und Männchen von Pemphigus nehmen be-| kanntlich keine Nahrung zu sich. Wohl in Zusammenhang damit steht Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 613 es, dass sich beim Embryo schon frühzeitig, nach der Umrollung schon massenhaft vorhanden, ein Anfangs ziemlich farbloser, später grünlicher Fettkörper entwickelt, welcher die Untersuchung sehr erschwert. Der Darm entwickelt sich ‚wie bei: den anderen Generationen, hat auch im Embryo dasselbe Aussehen und zeigt sogar Kontraktionen, indem er von Muskulatur überzogen ist. Er zeigt ein deutliches Lumen, etwas aufge- triebenen Magen und Enddarm, liegt mit seinem vorderen Theile in der Mittellinie über dem Bauchmark, in welchem er eine mediane Vertiefung verursacht und bildet auch eine Schlinge. Später scheint er der De- struktion zu unterliegen, bleibt aber in der äußeren Form erhalten. Vorderkopf und Unterlippe, welche auf dem Stadium XXVIII noch die den hier‘ verhältnismäßig kurzen Extremitäten entsprechende Länge hatten, sind beim reifen Embryo bereits etwas verkümmert. Der Körper des ausgebildeten Embryo erscheint plump, mit kurzen dicken Beinen und eben solchen Antennen, und ist ganz von einer Chitincuticula bedeckt. Ich brachte im September 1883 Blätter von Populus nigra, welche an ihren Stielen die spiraligen Gallen von Pemphigus spiro- ihecae zeigten, in ein ziemlich geräumiges Glas, welches ich zudeckte und an einer lichten Stelle des Zimmers stehen ließ, damit sich in dem- selben keine Schimmelpilze entwickelten. Die Gallen enthielten meist ungeflügelte vivipare Weibchen (der sog. zweiten Generation), welche in jeder Eiröhre mehrere Embryonen viviparer Weibchen besitzen, aber auch bereits Larven und Imagines geflügelter viviparer Weibchen (der dritten Generation), welche sich außerdem durch die wohl ausgebildeten Augen und Antennen auszeichnen und in jeder Eiröhre nur einen Embryo enthalten, im Ganzen gewöhnlich acht, von welchen sechs weiblich, zwei aber männlich sind. Die Gallen öffneten sich um diese Zeit, indem sie sich etwas aufrollten, und die geflügelten Imagines verließen dieselben. Sie legten größtentheils an die Blätter und mit Vorliebe in an denselben vor- handene Falten die Embryonen der oviparen Weibchen und Männchen (vierte Generation) ab, welche sich nur wenig bewegend und ohne Nah- rung aufzunehmen ihre Häutungen durchmachten. Die Häute, aus welchen die Thiere auskrochen, indem sie vorn am Rücken rissen, blie- ben an einander hängen und bildeten einen langen weißen Strang, welcher jedem der Thiere während dieser nachembryonalen Entwicklung anhing. Nach vollzogenen Häutungen sind die Thiere übrigens kaum verändert, länglich eiförmig und von plumper Gestalt, indem Kopf und 'Thorax klein, das Abdomen aber verhältnismäßig groß ist. Die Weibchen unterscheiden sich, wie auch schon bei der Geburt, von den Männchen, indem sie noch plumper, dabei grün gefärbt sind und im Abdomen das große gelbliche Ei durchschimmern lassen, während die Männchen 1: Emanuel Witlaezil, etwas schlanker und mehr grau erscheinen. Die Männchen erhalten keine Flügel und Nebenaugen und zeigen, wie die Weibchen, die Augen nur aus drei Kegeln, die Antennen kurz, nur aus vier Gliedern bestehend, von welchen am Ende des dritten und am vierten Gliede meist nur eine Geruchsgrube vorhanden ist. Die Beine sind kurz, plump, der Vorder- kopf und die Unterlippe rückgebildet, wie ich schon in einer anderen Arbeit gezeigt habe. Der Darm ist vorhanden, aber in Destruktion be- griffen, das Centralnervensystem, besonders das Gehirn, wegen mangeln- der Ausbildung von Augen und Antennen verhältnismäßig sehr klein. Wachsdrüsen sind vorhanden und zeigen hier und da eine Absonderung von dünnen gewellten Fäden. Nach vollzogenen Häutungen begatten die Männchen die Weibchen, und die letzteren legen hierauf das verhältnismäßig sehr große, braune, von kleinen Dotterkörnchen undFetttropfen erfüllteEi ab. Ich beobachtete beide Processe an den Thieren selbst, die ich auf weißes Papier gebracht hatte. Da beiläufig eine viermal so große Anzahl von Weibchen als Männchen vorhanden ist, so muss jedes Männchen mehrere Weibchen befruchten und lebt länger als diese, welche, nachdem sie das Ei abge- legt haben, ein ganz zusammengeschrumpftes Abdomen aufweisen und bald zu Grunde gehen. Ich fand auch todte Weibchen, welche noch das Ei enthielten. Dieses war aber in Destruktion begriffen, mit großen Fettblasen und oft, wie auch das ganze Thier, von Pilzen erfüllt. Aus dem überwinterten Ei entwickelt sich im nächsten Frühjahre ein unge- flügeltes vivipares Weibchen (der ersten Generation), welches in seinen Eiröhren eine noch bedeutend größere Anzahl von Kammern, als die späteren ungeflügelten Generationen und daher einen sehr aufgetriebenen Körper besitzt. Dieses sogenannte Urmutterthier erzeugt die Galle und producirt Thiere der (sogenannten) zweiten Generation, welche im Laufe des Sommers sich mehrmals erneuert. Die Entwicklung der Geschlechtsorgane hat schon Barsıanı (2) ein- gehend studirt. Die weiblichen Geschlechtsorgane besteken nach ihm bei der Geburt des Embryo aus den beiderseits liegenden aufge- blasenen Endfächern, welche Keim- und Einährzellen noch ununter- schieden enthielten. Deren Epithel geht vorn in das Ligamentum suspensorium, hinten in den aus einer Zellschicht bestehenden Stiel der Eiröhre über, welcher mit den anderen derselben Seite sich zum Eileiter verbindet. Die beiden Eileiter vereinigen sich zum Eiergang, dessen hinterer Theil bedeutend dicker ist und die Vagina bildet. An der Grenze zwischen Eiergang und Vagina entstehen durch Ausstülpung die Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 615 _Kittdrüsen und das Receptaculum seminis. Die Zeichnüngen, welche Baısranı hier, so wie für die Entwicklung der männlichen Geschlechts- organe giebt, kommen den wirklichen Verhältnissen sehr nahe, aber die richtige Deutung fehlt oft. Er spricht es, so viel ich finden konnte, nicht aus, dass die Anhangsorgane des Geschlechtsapparates aus einer besonderen accessorischen Genitalanlage entstehen, und obwohl auf seinen Zeichnungen ein Gegensatz zwischen Eileitern (freilich mit Un- recht auch dem Eiergang) und der hinteren Masse in ihrer histologischen Zusammensetzung hervortritt, behauptet er doch, dass in allen Theilen die histologische Differenzirung durch Sonderung der früher vorhandenen einzigen Zellschicht in mehrere Zellschichten vor sich geht. Die äußerste würde eine peritoneale Tunica bilden, unter welcher sich größtentheils eine Muskelschicht befände, während die zu innerst liegende Epithel- schicht auf ihrer Innenseite eine Cuticula absondern würde. Eine peri- toneale Tunica ist in Wirklichkeit nicht vorhanden, aber auch an den Kittdrüsen eine dünne unterbrochene Muskelschicht, welche hier BaL- pIanı eben für eine peritoneale Tunica ansah. Die Muskeln kommen am ganzen Apparat nur in einer Schicht von quer gelagerten Fasern vor und sind nicht quergestreifi. Man kommt durch höheres und tieferes Ein- stellen des Mikroskopes zu der Überzeugung, dass Bausıanı die quer über die Muskeln verlaufenden Streifen, welche durch theilweise Fal- tung und die Längsrichtung der Zellen des Epithels erzeugt werden, für Querstreifen der Muskeln angesehen hat. Was Barsıanı für eine Schicht von Längsmuskeln hielt, ist die Epithelschicht, welche viel dicker, als er sie gezeichnet, aus langgezogenen Zellen besteht. ich will an dieser Stelle die Angaben über die Endfächer und ihren Inhalt besprechen, wobei ich auch die diesbezüglichen Angaben über die viviparen Aphiden behandeln werde, da eine Trennung nicht gut möglich ist. Lexoig (55), Leuckart (54), Huxtey (40) machten nur unbestimmte Angaben über das Verhältnis der einzelnen Theile des Endfaches zu ein- . ander. Lussock (57) hielt Einähr- und Eizellen für Modifikationen von Epithelzellen des Endfaches. Dieselbe Auffassung hat Craus (16), wel- cher die von Ersterem noch nicht erkannte Verbindung der Einähr- und Eizellen bei den oviparen Weibchen nachwies. Diese Auffassung erklärt sich aus dem Bestreben, die Eibildung der Insekten auf einen bei anderen Thieren schon nachgewiesenen Vorgang zurückzuführen, ist aber unvereinbar mit den seither über die Bildung der Genitalien bei den Insekten bekannt gewordenen Thatsachen, besonders mit der schon von MErscanikorr (62) erkannten Bildungsweise der Endfächer, wonach dieselben aus je einem Zellhaufen entstehen, deren peripherische Zellen 616 Emanuel Witlaezil, das Epithel bilden, während die inneren zu Ei- (und Einähr-) zellen werden. Baıslanı (2) spricht sich über das Herkommen der das Epi- thel um die Endfächer bildenden Zellen nicht näher aus, wies aber auch bei den viviparen Aphiden bereits nach, dass im Endfach die vorderen Zellen größer werden, indem sie die abortirenden Eichen, wie er die Einährzellen nennt, bilden, während die hinteren kleiner bleiben, oft zwischen jenen verborgen sind und später zu Eichen werden. Von seiner »Mutterzelle«, welche durch Sprossung die Zellen des Endfaches bilden soll, spricht er an der betreffenden Stelle nicht. In meiner früheren Arbeit habe ich bereits die Abwesenheit einer solchen »Mutter- zelle« nachgewiesen und auch die Auffassung Barsranr's von den Einähr- zellen, welche er für abortirte Eichen ohne besondere Aufgabe hält, widerlegt. Ich habe aber dort bemerkt, dass sich bei den viviparen Aphiden keine Einährzellen finden. Diese Angabe muss ich nun dahin berichtigen, dass die Einährzellen als größere Zellen am vorderen Pole des Endfaches auch bei den viviparen Aphiden in der Anlage vorhanden sind, dass sie aber nicht fungiren. Der Zusammenhang, in welchem auch hier die im Endfach vorhandenen Zellen durch Verschmelzung in der Mitte stehen, löst sich bei Ausbildung eines Eichens zwischen diesem und den Zellen des Endfaches. Die Einährzellen entwickeln sich aber auch hier später nicht zu Embryonen. Branpr (9) hält bei den viviparen Aphiden bläschenförmige Körper, welche er im Endfache fand, für Zellen erster Ordnung, welche sich theils direkt in Epithelzellen umgestalten, theils als Keimbläschen (Zellen erster Ordnung) sich mit Dotter umgeben und so zum Ei werden sollen, das er als Zelle zweiter Ordnung bezeichnet. Branpr's ganz irrige An- schauung basirt auf schlechten Beobachtungen. Er hat nämlich bereits in Destruktion begriffene Endfächer vor sich gehabt, in welchen die zar- ten Zellmembranen der Zellen im Endfache sich aufgelöst hatten, so dass die mit festerer Membran versehenen Kerne im verschmolzenen Proto- plasma sämmtlicher Zellen schwammen und von ihm mit ihren Kernkör- perchen für Zellen gehalten wurden. Ähnlich giebt Brass (10) an, dass die primitiven Eier der Ovarialhülle nicht eng anliegen, sondern gewisser- maßen in einer nur spärlich vorhandenen Flüssigkeit schwimmen. Er hält übrigens auch das Epithel der Eiröhre ganz ungerechtfertigter Weise für einen peritonealen Überzug des Ovariums und leugnet jene struktur- lose Tunica propria, welche doch allgemein um die Eiröhren angegeben wird und besonders an in Destruktion begriffenen Eiröhren gut hervor- tritt, indem sich die Epithelzellen von ihr ablösen, während sie erhalten bleibt. Natürlich kommt das Epithel an der ganzen Eiröhre und während des ganzen Lebens vor, indem die strukturlose Cuticula nur eine sekun- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 617 däre Absonderung von ihr ist. Wiırr (92) theilt die irrige Auffassung von Brass über das Eiröhrenepithel, stimmt aber in Bezug auf die Ab- stammung der Theile des Endfaches den Angaben von METscHnikorr bei. Seine Zeichnungen zeigen die centrale verschmolzene Masse der Zellen des Endfaches, für welche er den überflüssigen Namen Rhachis vor- schlägt, größer, als sie in Wirklichkeit ist. Er will, freilich sehr dünne und zarte Dotterstränge, selbst während der Blastodermbildung noch zwischen Ei und Endfach gesehen haben, was meinen Beobachtungen widerspricht. Er konnte zwischen den Zellen des Endfaches keinen Größenunterschied finden, erklärt sämmtliche für Eianlagen und tauft die Bezeichnung Dotterstrang in die neue: Eistiel um. Obwohl er auch bei alten Thieren im Endfach, wenn auch weniger Zellen, wie früher fand, hält er es doch für möglich, dass bei langem Leben des Thieres sämmtliche Zellen aufgebraucht werden. Es ist dies aber that- sächlich nicht der Fall. Falsch ist endlich die Angabe, dass in jungen birnförmigen Endfächern, an welchen das Epithel bereits gesondert ist, der Inhalt aus verschmolzenen Zellen besteht, die gar keine bestimmte Anordnung zeigen. Bei den jungen männlichen Larven kämen nach Bausrant (2) An- fangs die Hodenschläuche in derselben Zahl vor, wie die Endfächer bei den Weibchen und reducirten sich später, indem mehrere mit einander verwüchsen, so dass man oft die Spuren der Verwachsung wahrnehmen könne. Trotz allen Bemühens konnte ich nichts diese Angaben von Baısranı Bestätigendes finden. Die Stielchen der Hodenschläuche ver- einigen sich auch nach ihm jederseits zu einem Vas deferens und bilden außerdem den queren, Anfangs langen Verbindungsgang. Der Ductus ejaculatorius soll durch Vereinigung der Vasa deferentia entstehen, An- fangs nicht viel dicker sein als diese, später aber bedeutend dicker werden und seitlich zwei Protuberanzen erhalten, aus welchen die accessorischen Drüsen hervorgehen. Da solcherart diese Organe in Lage und Bildungsweise mit den Kittdrüsen der Weibchen übereinstimmen, erklärt Barsranı beiderlei Organe für homolog. Alle erwähnten Organe bestünden Anfangs aus gleichen Zellen, die sich später in eine äußere Schicht flacher Zellen, welche die peritoneale Tunica bilden soll, und eine innere Epithelschicht sondern würden. Eine besondere Muskel- schicht zwischen beiden ist am Ductus ejaculatorius, und nach ihm nur bei einigen Arten auch an den übrigen Organen vorhanden. Nun, Bır- BIANIS peritoneale Tunica an diesen Organen ist eben nichts Anderes, als die überall vorhandene Muskelschicht, während jene gänzlich fehlt. Das Epithel der erwähnten Organe soll auf der Innenseite überall eine struk- turlose Intima absondern, was, wie ich gezeigt, nicht richtig ist. Im 618 Emanuel Witlaezil, Ductus ejaculatorius, wo sie allein vorhanden ist, bildet sie keinen besonderen vom Epithel losgelösten Sack, eine Gopulationstasche, wie BaLsıanı will, obwohl man oft Falten derselben innerhalb des Ductus ejaculatorius erkennt. Bei der Ausstülpung des Ductus ejaculatorius als Penis kommt natürlich die chitinige Intima zu äußerst zu liegen, die Epithelschicht befindet sich aber darin nicht in Form eines Fernrohres zusammengeschoben, sondern liegt ihr an und zeigt auf der Innenseite die Muskelschicht, deren Fasern nicht immer fest der Wand des ganzen Organes anliegen. Ob die äußere Genitalbewafinung durch lokale Ver- dickung des Integuments oder durch Wucherung der Hypodermis ent- steht, lässt Bauzıanı unentschieden. Es finden wohl beide Processe statt, wobei allerdings der letztere der bei Weitem wichtigere sein dürfte. Barsianı giebt an, dass in den Hodenschläuchen Fächer vorhanden sind, welche nach ihm dadurch entstehen, dass sich von der Wand des Organes aus membranöse Scheidewände zwischen den kugeirunden Zell- haufen in demselben bilden. Diese Scheidewände sollen sich später spalten, so dass wir um jede Zellkugel, die übrigens aus mehreren klei- neren Zellkugeln besteht, eine besondere zellige Haut erhalten. Diese Haut ist zweifelsohne vorhanden, die Bildungsweise aber, welche Bar- BIANI angiebt, ohne sie näher zu beschreiben, konnte ich eben so wenig, wie LA VALETTE Sr. GEORGE (48) finden. Dieser spricht die Vermuthung aus, dass sie aus den peripherischen Zellen der Zellhaufen entstehen möge, eine Vermuthung, welche durch meine Beobachtungen unterstützt wird. BaLpıanıI giebt weiter an, dass in den Fächern an der Spitze des Hoden- schlauches weniger Zellkugeln vorhanden sind, als weiter unten, was ich nicht bestätigen kann. Die Zellen der Zellkugeln entstünden nach seiner Vermuthung durch Sprossung auf einer Mutterzelle, obwohl er diese Mutterzelle nicht nachweisen konnte. Weiter giebt BaLsIanı an, dass die Zellen der Zellkugeln durch endogene Zellbildung noch je meh- rere Zellen erzeugen, welche (er hält sie für Enkelzellen der den jungen Eichen unmittelbar entsprechenden Zellen) erst die Samenfäden in der sonst für Insekten beschriebenen Weise entstehen lassen. Bürscauı (13, 1%), und La VALErTE haben letztere Angabe bezweifelt. Ersterer erklärt die von Baısıanı beobachteten Gebilde für durch Verschmelzung meh- rerer Zellen entstandene Kunstprodukte, letzterer für Zellen, deren Kerne sich voreilig getheilt haben. Ich erhielt manchmal ähnliche Bilder, wie Baısıanı, bin aber geneigt, die Erklärung von La VALETTE anzunehmen. Ähnliche Beobachtungen, wie die zuletzt oben von mir über Pem- phigus spirothecae mitgetheilten, sind schon von mehreren Seiten gemacht worden. Ders&s (400) fand in den Spalten der Rinde von Pista- zien Gysten, welche die Form von ungeflügelten Thieren der auf dieser Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 619 Pflanze lebenden Pemphigus-Arten hatten und daneben auch Eier. Aus beiden behauptet er Junge auskriechen gesehen zu haben und glaubt desshalb, dass die auf dieser Pflanze lebenden Pemphiginen die Winter- eier nur ausnahmsweise ablegen und in der Regel die Eier im absterben- den Mutterthiere verbleiben und so ihre Entwicklung durchmachen. In einer zweiten kleinen Arbeit (101) giebt er an, dass die geflügelten vivi- paren Weibchen dieser Arten überwintern und im Frühjahr die in Größe, Form und Farbe sich von einander unterscheidenden kleinen Männchen und oviparen Weibchen ablegen, welche er auch abbildet. Diese begatten sich und aus dem vom Weibchen nicht abgelegten Ei entwickelt sich dann die erste der von ihm behaupteten fünf Generationen. Die Angabe von Ders&s, dass das befruchtete Ei bei den Pemphiginen im Leibe der absterbenden Mutter bleibe und sich darin entwickle, ist wohl trotz der Bestätigung durch anderere Entomologen falsch. Abgesehen von meinen und zum Theil auch Dersis’ entgegenstehenden Beobachtungen erscheint es anatomisch nicht möglich, dass das Ei, dessen Mikropyle sich am vorderen Pole befindet, befruchtet wird, ohne die Eiröhre zu verlassen und Eiergang und Vagina, an der Mündung des Receptaculum seminis vorüber, zu passiren. Bausıanı (9%) fand bei Phylloxera quercus ähnliche Verhält- nisse. Er führt, und das wohl mit Recht, die von Ders&s angegebenen fünf auf vier Generationen zurück, wie er sie bei Phylloxera quer- cus fand und wie sie sonst für die Pemphiginen angegeben werden. Bei Phylloxera, welche, wie auch die Gattung Chermes während des Sommers Eier ablegt, die sich aber unbefruchtet entwickeln, fand er im Frühling die erste Generation aus den befruchteten, im Herbst abgelegten Wintereiern ausgeschlüpft. Diese ungeflügelten parthenogenetischen Weibchen legen Eier ab, aus welchen ungeflügelte »Larven« entstehen, die parthenogenetisch Eier ablegen, aus welchen wieder solche »Larven« entstehen etc. (Alles zweite Generation). Am Ende des Sommers sollen sich aber nach ihm einige dieser »Larven« in Nymphen verwandeln, ‚in welchen die Eier in der Ausbildung noch nicht so weit fortgeschritten sind, wie bei jenen »Larven« und aus denen geflügelte parthenogenetische Weibchen entstehen (dritte Generation). Diese legen je 5—8 Eier von zweierlei Größe ab, welche auch später während der Entwicklung eine von einander verschiedene Färbung annehmen. Aus den größeren wer- den die Herbstweibchen, aus den kleineren die Männchen (vierte Gene- , ration). Beide unterscheiden sich, wie schon die Eier, durch ihre ver-. schiedene Färbung. Aber auch ungeflügelte »Larven« entwickeln sich ‚ nach ihm vollständig, und legen erst als Imagines zweierlei Eier ab, ‚ aus welchen Männchen und Herbstweibchen entstehen. Diese Generation 620. Emanuel Witlaezil, zeichnet sich dadurch aus, dass ihr der Rüssel fehlt; auch Darm und Speicheldrüsen sollen bei ihnen nicht vorhanden sein. Die Ernährung soll auf Kosten während der Entwicklung nicht assimilirter Dotter- substanz geschehen. Sie würden keine Häutungen durchmachen und sich auch wie jene Generationen im Larvenzustande begatten. Der Genitalapparat der Weibchen ist wie der der drei parthenogenetischen Generationen (welche ja bei Phylloxera und Ghermes Kittdrüsen und Receptaculum seminis besitzen), nur sind alle Theile kleiner und eine einzige Eiröhre vom rechten Ovarium ist erhalten, die ein ein- ziges Ei erzeugt, während vom Ovarium der anderen Seite nur eine kleine blindsackförmige Erweiterung des Eierganges übrig geblieben ist. Der Genitalapparat des Männchens würde aus zwei großen Hodenschläu- chen, einem Paar accessorischer Drüsen und dem Ductus ejaculatorius bestehen. Die Ansicht Baustanrs, dass bei Phylloxera die ungeflügelten Generationen, so wie die vierte aus Männchen und Weibchen bestehende Generation Larven seien, und keine Häutungen durchmachen, ist höchst wahrscheinlich irrig. Er hat einfach die Häutungen übersehen, wäh- rend er sie bei der Flügel erhaltenden Generation eben desswegen nicht übersehen konnte. Wahrscheinlich unrichtig ist auch die Angabe, dass die vierte Generation überhaupt keinen Darm besitze und dass die Er- nährung durch noch vorhandene Dottersubstanz geschehe. Die Angabe aber, dass auch ungeflügelte Weibchen der zweiten Generation unmittel- bar männliche und weibliche Eier ablegen, stimmt mit meiner oben von Aphis pelargonii mitgetheilten Beobachtung überein, dass Herbst- weibchen und Männchen nur zum Theil von geflügelten, zum Theil aber von ungeflügelten parthenogenetischen Weibchen geboren werden. Für Pemphigus spirothecae hingegen scheint das Verhalten von Aphis platanoides zu gelten, wonach Herbstweibchen und Männchen nur von geflügelten Weibchen geboren werden. Ähnliche Angaben von vier Generationen, von Kelbhen die letzte aus ungeflügelten und des Saugrüssels ermangelnden, aus zweierlei Eiern ausschlüpfenden Männchen und Weibchen besteht, sind auch für Phylloxera vastatrix gemacht worden. Eben so für verschiedene Pemphiginen. Auch für Schizoneura lanigera ist neuerdings von Gorrne (40%) ein ähnliches Verhalten wie bei Pemphigus nachge- wiesen worden. Es scheint also das Vorkommen von Männchen und ! Weibchen mit verkümmertem Ernährungsapparat ein allgemeineres zu sein. Das von Dersis beobachtete Auftreten dieser Generation im Früh- jahre ist aber wohl ein ausnahmsweises; in der Regel tritt dieselbe, wie fast bei allen Aphiden die Männchen und Weibchen im Herbste auf. Entwicklungsgeschichte der Aphiden. Re 621 3. Entwicklung der viviparen Weibchen aus dem Winterei. Ich 'habe über die Entwicklung der Wintereier leider keine um- fassenden Beobachtungen angestellt. Aus meinen eigenen Resultaten, so wie den Angaben Bausrant's lässt sich aber feststellen, dass hier die Entwicklung ganz ähnlich, wie bei dem unbefruchteten Ei verläuft und die. Unterschiede sich alle auf die verschiedenen Entwicklungsbe- dingungen, namentlich auf das Vorkommen eines großen Nahrungs- dotters: im Winterei zurückführen lassen. Es war dies zu erwarten, da ja. die unbefruchtet sich entwickelnden Eier auf der Befruchtung be- dürftige zurückzuführen sind, deren Entwicklung nach Ausfall der Be- fruchtung eine voreilige geworden ist. Vergleichen wir nun an Hand der Angaben Baıstant's (2) über die Entwicklung der viviparen Weibchen aus dem Winterei, diese Vorgänge mit den oben dargestellten. Chorion und Dotterhaut kommen bei den Sommereiern gar nicht zur Ausbildung, da sie sich bei den Winter- eiern erst nach Abschluss des bedeutenden Größenwachsthums bilden. Dieses wird hier durch die Einährzellen unterstützt, mit welchen das Ei lange durch einen Strang verbunden ist. Dass das Eiröhrenepithel auch Dotter bereite, wie vielfach angegeben wird, ist kaum anzuneh- men, da sich an der Peripherie des Eies von Anfang an das reine Proto- plasma erhält, das Eiröhrenepithel aber später das Chorion bildet. Die Bildung des Pseudovitellus geht hier, und nach der Darstellung von METScHNIKOFF eben so bei den Psylloden in ganz ähnlicher Weise vor ' sich, ‚wie oben dargestellt, und zwar schon lange, bevor das Ei seine | vollständige Ausbildung erreicht hat. Sie geht vom Eiröhrenepithel ‚ aus, welches am hinteren Eipol eine Anschwellung bildet, von der sich | eine einen Zellhaufen erzeugende Zelle ablöst. Dieser liegt am hinteren | Eipol umgeben von einer Protoplasmaschicht, welche sich in die das ganze Ei umgebende, sich später bräunlich färbende peripherische ' Protoplasmaschicht fortsetzt. Das scheinbar frühere Auftreten des Pseudovitellus in den Wintereiern erklärt sich daraus, dass bei den Sommereiern die Ausbildung des Eies auf eine sehr kurze Zeit be- schränkt ist und, nachdem kaum Dotterkörnchen aufgetreten und wie es scheint, früher als bei den Wintereiern, die Verwandlung des Kern- körperchens stattgefunden hat, die Furchung beginnt. Dieselbe ist be- reits vollendet, wenn die Bildung des Pseudovitellus vor sich geht, ' zu einer Zeit also, da das Winterei noch immer in Ausbildung begriffen, ' ja in derselben noch gar nicht weit vorgeschritten ist. Die Verbindung ; des Pseudovitellus mit dem Eiröhrenepithel wird natürlich gegen Ende 622 Emanuel Witlaezil, der Ausbildung des Wintereies gelöst und es bildet sich hier, eben so wie bei den Psylloden, um den Stiel dieses Körpers vom Eiröhren- epithel aus eine Chitincuticula, welche das für diese Insekten so charak- teristische, als Fortsatz des CGhorions am hinteren Eipole erscheinende Stielchen bildet. Die nachträgliche Zerklüftung des Doiters tritt in der Entwicklung des Wintereies, wie bei den meisten Insekten auf und die Dotterzellen persistiren lange, während im Sommerei der Dotter ungefurcht bleibt und früher aufgebraucht wird. Im Winterei tritt auch, wie allgemein bei den Insekten, zu Beginn der Entwicklung eine Zusammenziehung des Dotters auf, welche beim Sommerei, das während der Entwicklung noch weiter wächst, nicht bemerkbar wird. Die Bildung des Blasto- derms beginnt am hinteren Eipol, was hier wegen der Größe der Eier besonders hervortritt. Es treten jetzt Zellen auch in der nach hinten offenen Protoplasmatasche auf, welche die polare Masse, wie BaLstanı auf diesem Stadium den Pseudovitellus nennt, umgiebt. Die Wände dieser Tasche verlängern sich und der Pseudovitellus rückt so in das Ei hinein. Barsıanı hält nun die so entstandene Einstülpung für den Keimstreifen, aber wohl mit Unrecht, da sie der im Sommerei durch das Hinein- wachsen des Pseudovitellus gebildeten Einstülpung entsprechen dürfte. Aus in der Entwicklung weiter vorgeschrittenen Wintereiern hat Bausıanı Theile des Embryo herauspräparirt. Das Abdomen fand er aus acht Segmenten bestehend. Die Entwicklung der Genitalanlage hat er genau verfolgt. Es ist das eine ovale, hinter dem Pseudovitellus liegende Zellmasse, welche sich quer auszieht und in der Mitte biskuitförmig einschnürt, wobei zugleich seitlich mehrere Einschnitte auftreten. _ Die so entstandenen Lappen isoliren sich später und bilden die Anlagen der Endfächer. Hierauf oder schon während dieses Vorganges bekleidet sich nach ihm jede derselben mit abgeplatteten Zellen, und während die länglichen Endfächer die Anfangs transversale mit der longitudinalen Lage vertauschen, bilden sich von diesen aus vorn die Endfäden, nach hinten aber die von Anfang an hohlen Eiröhren (will sagen Stielchen derselben) , welche sich jederseits mit einander vereinigen. Im Endfach finden sich vorn größere (Einährzellen), hinten kleinere, oft zwischen jenen verborgene Eichen. Beim reifen Embryo sollen in jeder Eiröhre bereits allgemein zwei Eikammern vorhanden sein. Seine Angabe über die Bildung des Darmes, welche mit der von MrTscHnikorr genau über- einstimmt, dürfte wohl durch diese beeinflusst gewesen sein und da er keine Abbildungen der betreffenden Stadien giebt, so kann ihr kein Gewicht beigelegt werden. Woran wir uns aber halten dürfen, ist die Bemerkung, dass der Dotter nicht in den Darm eingeschlossen wird. Entwieklungsgeschichte der Aphiden. 623 II. Theoretischer Theil. 1. Bildung des Blastoderms,. Über die Bildung des Blastoderms bei den Insekten sind bisher sehr zahlreiche und verschiedene Angaben gemacht, der Furchungsprocess selbst ist aber noch nicht genau beobachtet worden. Die meisten Autoren haben angegeben, dass das Keimbläschen mit der Befruchtung schwindet, unter Anderen Rarnke (72, 73), KöLuiker (42), Zanpacn (93), Husrev (40), Levorarr (51), Weısmann (87). Levnie (55) und LeuckArr glauben aber, dass die Vorgänge der Zellbildung im Insektenei sich eng an die gewöhnlichen Erscheinungen des embryonalen Zellbildungspro- cesses anschließen, während RATHkE, KöLLiker und ZanDacn die Dotter- furchung hier leugnen. Die älteren Autoren haben meist nur das Hervortreten von Zellen an der Oberfläche des Eies beobachtet und geben eine mehrfache Zell- schicht dort an. So z. B. KöLLiker, welcher behauptet, dass sich der Dotier zuerst mit einer Zelllage bedeckt, welche sich später zu einer doppelten und dreifachen vermehrt. Zanpach und Leuckarr (52) aber fanden bereits, dass die Keimhaut aus einer einfachen Lage von Zellen besteht. Rozın (75, 76) behauptete die Entstehung des Blastoderms, welches nach ihm wieder drei Schichten besitzen soll, durch Sprossung an der Oberfläche des Dotters, indem bei den Dipteren zuerst am Pole, wo keine Polkörper auftreten, an der Oberfläche des Dotters Hervorragungen ent- stehen, in denen sich erst später Zellkerne bilden sollen. Nach Weısmann (87) entsteht das Blastoderm durch freie Zellbildung in einer peripherischen Protoplasmaschicht der Eier, welche er Keim- hautblastem nennt, zuerst am animalen Pole, und wird im Anfang von einem darunter sich bildenden inneren Keimhautblastem ernährt. Das Keimhautblastem soll größtentheils durch Umwandlung der übrigen Dotierelemente entstehen. METSCHNIKOFF (62) hat zuerst bei Gecidomyia und Aphis die Purchung etwas näher verfolgt. Er fand, dass hier das Keimbläschen zuerst den Keimfleck verliert und dann sich in zwei helle Bläschen theilt, die sich wieder theilen und so fort. Es entstehen so die Keimkerne, welche aus dem Dotter in die äußere helle Protoplasmaschicht des Eies treten, sich dort mit Protoplasma umgeben, und so zu Zellen werden, welche das einschichtige Blastoderm bilden. Ganın (23) ist der Meinung, dass das Keimbläschen geschwunden, da die erste Zellbildung im Ei beginnt, und auch MELnıkow (64) stimmt Zeitschrift £f. wissenseh. Zoolosie. XL. BA. kD 624 | Emanuel Witlaezil, der Auffassung Weısmann’s bei, da er das Keimbläschen im ausgebildeten Ei nicht finden konnte. Grıun (30, 31) behauptet für die ungeschlechtlich sich fortpflanzende Chironomusart wieder, dass das Blastoderm sich in mehrere Schichten spaltet. Er und P. Mayer (59) suchen die sich widersprechenden An- gaben über die Bildung des Blastoderms zu vereinigen, indem sie an- nehmen, dass das Keimbläschen schwindet, aus dessen sich im Dotter vertheilenden Elementen aber die Kerne entstehen. Dieser Vorgang wäre nach P. Mayer so aufzufassen, dass die sonst langsam verlaufenden Theilungen hier auf einmal erfolgen. Nach ihm sollen uns die doch sicher ein sekundäres Verhalten darbietenden Pteromalinen das Verständnis für die Insektenentwicklung öffnen, indem wie bei ihnen die Insekteneier ursprünglich mit wenig oder keinem Nahrungsdotter ver- sehen gewesen wären. Bei ihnen sucht er auch die ursprüngliche, durch Einstülpung entstandene Gastrula. | KowaLevskı (43) hebt hervor, dass kein Forscher die Spaltung des Blastoderms in mehrere Schichten beschrieben hat. Die betreffenden Angaben sind falsch, indem das Dickerwerden des Blastoderms vom Höhenwachsthum seiner Zellen herrührt. Bürscari (12), welcher der Ansicht Weısuann’s über die Entstehung der Keimhauizellen zu huldigen scheint, möchte die Bildung des Keim- hautblastems als den ersten Schritt der Entwicklung betrachten. Mit Unrecht, da die von WEISMAnN, wie er neuerdings selbst zugiebt, unbe- rechtigter Weise Keimhautblastem genannte peripherische Protoplasma- schicht nicht erst sekundär gebildet wird, sondern vom ursprünglichen Protoplasma des Eies während der Ausbildung desselben erhalten blieb. Dies hat namentlich Baısıranı (2) nachgewiesen, welcher mit Recht den Process der Blastodermbildung der Furchung anderer Thiere vergleicht und die Dotterballen für Zellen ansieht. Nach Braxpr (89) stammen die Zellen des Blastoderms direkt vom Keimbläschen, das er fälschlich für eine Zelie ansieht. Er leugnet bei den von ihm untersuchten Insekten Aphis, Agrion, Donacia, Phryganea die peripherische Protoplasmaschicht des Eies, weiche doch sonst fast allgemein angegeben wird und bei Aphis z. B. sehr deutlich auftritt. Er will auch durch die von ihm entdeckte amöboide Beweglichkeit der Eikerne die in neuester Zeit bekannt gewordenen Vor- gänge hei der Zelltheilung erklären. Mit Recht hat ihm gegenüber Bo- BRETZKY (7) hervorgehoben, dass diese regelmäßigen Veränderungen des Kernes durch die ganz unbestimmte amöboide Beweglichkeit durchaus nicht erklärt werden können. GRABER (27) fand zu einer Zeit, wo das Blastoderm noch nicht an- / Entwieklungsgeschichte der Aphiden, 625 gelegt ist, im Inneren des Dotters bei verschiedenen Insekten eine An- zahl von »Zellen« von amöboidem Habitus, wahrscheinlich Theilungs- produkte des Keimbläschens. Solche finden sich auch noch nach voll- zogener Blastodermbildung. BoBRETZKY (7) bediente sich bei seinen Untersuchungen, wie schon früher Kowauzvskı und zugleich GrABeEr der Schnittmethode. Er erklärt aber mit Unrecht die auf den Schnitten gefundene peripherische Proto- plasmaschicht für während der Härtung des Eies und der dadurch be- dingten Zusammenziehung an die Peripherie getretene und dort ge- ronnene Flüssigkeit. Noch vor Bildung des Blastoderms fand er im Inneren des Dotters Kerne, welche von radiär ausstrahlendem Proto- plasma umgeben waren (das Objekt war wohl durch die Härtung und Färbung verändert) und die er für Zellen erklärt. Während sie sich ver- mehren, bilden sie, vom animalen Pol angefangen, auch das Blasto- derm, indem sie an die Peripherie tretend die Fortsätze verlieren. Ihre Kerne stammen vom Keimbläschen ab. Er hebt als charakteristisch für die Furchung der Insekten hervor, dass während der Theilung des Keimbläschens das Deutoplasma keine bemerkbaren Veränderungen in seiner Anordnung zeigt und sich erst viel später in Dotterballen gruppirt; ein Verhalten, welches aber auch der freilich von ihm geleugneten peri- pherischen Protoplasmaschicht zukommt. Er möchte daher die Furchung der Insekten segmentatio intravitellina nennen und sie neben die totale segmentatio vitellina und die diskoidale segmentatio extravitellina stellen. Es sei das eine specifische, obwohl durch eine Reihe von Mittelformen | mit der totalen verbundene Form der Eifurchung. | "Tieuommrorr (82) hält wie Boprerzey die Kerne im Ei für amöboide | Zellen und nimmt merkwürdigerweise wieder an, dass dieselben nach der Befruchtung frei im Ei entstehen. Neuerdings hat Wzısmann (91) eine merkwürdige Beschreibung der ‘ Furchungsvorgänge gegeben. BeiRhodites und Biorhiza würde nach ihm eine peripherische Protoplasmaschicht fehlen, obwohl er angiebt, dass sich etwas dotterarmes Protoplasma am vorderen Eipol sammelt und dass derDotter an der Peripherie durchsichtig ist, so wie ihn seineZeichnungen auch hier heller zeigen. Das Keimbläschen soll einen amöboiden Streifen vom vorderen bis zum hinteren Pol bilden und sich hierauf unter amö- boider Bewegung in zwei Kerne theilen, welche bei Rhodites als »vorderer« und »hinterer Polkern« die beiden Pole des Eies einnehmen würden. Der hintere soll durch knospungsartige Theilung unter fortwäh- render amöboider Bewegung eine größere Anzahl von Kernen entstehen lassen, welche an die Oberfläche des Eies treiend das Blastoderm bilden. Der bisher unverändert gebliebene vordere Polkern aber soll sich wäh- - .9%* 626 Emanuel Witlaezil, rend der Blastodermbildung in das Innere des Dotters ziehen und dort auf ähnliche Weise die inneren Keimzellen bilden. Diese würden sich auf Kosten des Dotters sehr vermehren und fast den ganzen Raum ausfüllen, der früher von demselben eingenommen wurde. Bei Biorhiza würde der vordere Polkern seine Unthätigkeit aufgeben, da noch die aus dem hinteren Polkerne hervorgegangenen Kerne in lebhafter Theilung be- griffen sind. Die das Blastoderm bildenden Kerne würden dadurch zu Zellen werden, dass sie sich mit Dotterballen umgeben, welche sich in Protoplasma verwandeln; wie aus den anderen Kernen die inneren Keimzellen entstehen, hat er nicht näher erforscht. Die amöboide Be- wegung der Kerne dient nach ihm zur Vermittlung der Ernährung durch Imbibition. Bei Chironomus soll nach der Befruchtung eine starke Zusammenziehung des Eies und die Bildung einer peripherischen Proto- plasmaschicht erfolgen. Bei Gryllotalpa sollen große Zellen im Dotter, welche aufsteigen, das Blastoderm bilden. Er unterscheidet daher drei Typen der Bildung des Blastoderms, wovon der erste durch Gryllo- talpa, der zweite durch Biorhiza und Rhodites, und der dritte durch Chironomus und auch Aphis und Gecidom yia repräsentirt werden soll. Weısmann hat in Öl untersucht. Er giebt zwar an, sich durch Kon- 'trolle mit frischen Eiern überzeugt zu haben, dass sich die Eier zwei bis drei Tage in diesem Medium normal entwickeln, seine Angaben über die Furchung lassen aber daran zweifeln, dass sie den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Einzelne Theilungsvorgänge mag er, wie man aus den Abbildungen schließen kann, richtig gesehen haben, aber Angaben, dass ein Theilungskern die längste Zeit unverändert und viel größer bleibt, als die anderen, dass ein Kern sich vor der Thei- lung so lang auszieht, dass er als Strang die ganze Länge des Eies durchzieht, dass die Zellvermehrung durch Knospung vor sich geht (denn die knospungsartige Theilung Weısmann’s ist nichts Anderes als Knospung), sind unvereinbar mit allen sonst über die Entwicklung bekannt gewordenen Thatsachen. Weısmann verwerthet in großem Maße die amöboide Beweglichkeit der Kerne. Seine Zeichnungen sind derselben entsprechend sehr unbestimmt und beweisen nicht viel. Wenn Eier in Wirklichkeit in großem Maße amöboide Beweglichkeit der Kerne zeigen, so wird man der Exaktheit der Forschung wegen ver- langen müssen, dass, nachdem man sie im frischen Zustande abgebildet, dieselben auf irgend eine Weise durch Reagentien getödtet und dann nochmals abgebildet werden. | Richtungskörper wurden bisher bei den Insekten nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Weısmann (94) möchte bei Chironomus am vorderen Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 627 ‚Pole des befruchteten Eies auftretende kernhaltige Körper, welche unter Umständen bis an den hinteren Pol fortkriechen und dort zu Grunde gehen, dafür ansehen. Von Grossen (105) und mir wurden sie bei den Sommereiern der Aphiden trotz vielen Bemühens nicht gefunden. Hasrcren (32) bezeichnet die Insektenfurchung als superficielle. Grazer (27) bemerkt dem gegenüber, sie sei mehr eine totale, und Craus (99) nennt sie eine endovitelline. Barrour (5) stellt die Furchung der Insekten zu seinem centroleci- thalen Typus, d. h. zu den Eiern, welche den Nahrungsdotter in der Mitte haben und behält die Hazcrer’sche Bezeichnung der Furchung als superficieller bei. Er betont die Ähnlichkeit der Insektenfurchung mit derjenigen gewisser Crustaceen (Eupagurus), bei welchen sich An- fangs nur der Kern theilt, so dass sich die Eier einige Zeit im Zustande eines Syncytiums befinden, während später Kerne und Protoplasma sich an der Peripherie sammeln und ein Blastoderm bilden, so wie mit der Furchung von Arachnoideen, so namentlich Tetranychus. Ziemliche Ähnlichkeit mit den letzten Angaben Weısmann’s haben diejenigen von Brass (10) über die Furchung der Aphiden. Auch er giebt (wie übrigens schon seiner Zeit Leuckarr [51] für dieselben Thiere) eine knospungsähnliche Theilung der Kerne nach Objekten an, die er stundenlang unter dem Deckgläschen hatte und die zweifelsohne nicht die normalen Vorgänge zeigten. Nach ihm käme hier übrigens auch eine typische Gastrula vor, indem ein Theil des Eies, welcher zum Ektoderm wird, den anderen zu Entoderm gewordenen umlagern würde. Wir (92) hat bereits die Angaben von Brass zurückgewiesen. Er fand, dass die | Eikerne durch Theilung des Keimbläschens entstehen, giebt an, dass sie | schon im Dotter von Protoplasma umgeben sind (er untersuchte vor- | wiegend gehärtete und gefärbte Eier auf Schnitten), und betrachtet sie desshalb als Zellen, welche größtentheils in die Protoplasmaschicht an der Peripherie rücken und dort das Blastoderm bilden. | Ich konnte genau die einzelnen Furchungsstadien verfolgen, \ fand aber an frischen Objekten nie um die aus dem Keimbläschen ent- standenen Kerne eine bedeutendere Protoplasmamenge. Nach meinen Beobachtungen nun, mit Berücksichtigung der darüber in der Litteratur vorhandenen Angaben, wäre der Process der Blastodermbildung bei den Insekten der folgende. Das ausgebildete Insektenei besitzt wohl allgemein eine periphe- rische Schicht von Protoplasma, welche sich von Anfang an erhalten hat, während im Inneren Dotterkörnchen und Fetttröpfchen zur Ablagerung gekommen sind. Der Unterschied zwischen Proto- und Deutoplasma ist kein so scharfer. Letzteres ist Protoplasma, welches zahlreiche Dotter- 628 | Emanuel Witlaczil, körnchen und auch Fetttröpfchen suspendirt enthält. Im Dotter, aber mehr gegen einen Pol zu, welcher später zum animalen wird, befindet sich auch das Keimbläschen, dessen Kernmembran resorbirt wird und dessen Kernkörperchen innere Veränderungen erleidet, welche dasselbe im frischen Ei unsichtbar machen. Das Keimbläschen theilt sich und eben so seine Descendenten, bis eine größere Anzahl von Kernen vor- handen ist, von welchen ein Theil zuerst am späteren animalen Pol in die peripherische Protoplasmaschicht rückt, um das Blastoderm zu bilden, während die übrigen im Dotter zurückbleiben und dieDotterzellen bilden. In der Peripherie sondert sich das Protoplasma bald um die Kerne in Form von Zellen, während im Dotter wegen der hier vorhandenen ge- ringen Protoplasmamenge das Zerfallen der ganzen Masse langsamer und später eintritt und in manchen Fällen ganz unterbleiben kann. Dieses spätere Zerfallen des Eiinhaltes in Zellen muss als Beendigung des Fur- chungsprocesses angesehen werden. Es erscheint aber wegen der Größe des Eies von der Theilung des Keimbläschens zeitlich getrennt und in eine spätere Zeit verschoben, indem es erst nach dem Eintreten von Eikernen in die peripherische Protoplasmaschicht auftritt, nach einem Vorgange, welcher die Gastrulation anderer Thiere zu vertreten scheint. Ich muss hier wohl etwas weiter ausholen. Bei verschiedenen Thie- ren tritt manchmal am noch ungefurchten Ei ein Gegensatz zwischen rei- nem und dunklem körnchenreichen Protoplasma hervor, welches demge- mäß eine polare Anordnung zeigt. Während der Furchung und bei der Blastula wird dieser Gegensatz noch auffallender. Indem die protoplasma- reichen Zellen sich stärker vermehren, stülpt sich der von ihnen ge- bildete Abschnitt der Blastula über den aus den weniger größeren protoplasmaarmen Zellen gebildeten Abschnitt. Ersterer, in der so »durch Embolie« gebildeten Gastrula außen liegender Abschnitt bildet das Ekto- derm, letzterer innen liegend das Entoderm. Bei den meisten Wirbelthieren ist im Ei auch von Anfang an eine polare Differenzirung von reinem und sehr dotterreichem Protoplasma vorhanden. Das erstere, der Bildungsdotter, bildet eine Scheibe, welche dem verhältnismäßig sehr großen zweiten Theile, dem Nahrungsdotter, anliegt. Der Bildungsdotter enthält das Keimbläschen und unterliegt der Furchung, welche aber schließlich auch den Nahrungsdotter wenigstens theilweise ergreift. Auch hier kommt es durch denselben Process wie vorhin zur Bildung einer Gastrula, indem die stark wachsende Schicht protoplasmareicher Zellen den Nahrungsdotter umwächst, ein Process, der hier freilich wegen der großen soliden Masse des Nahrungsdotters mehr hervortritt und desshalb diese Gastrula besonders als Gastrula »durch Epibolie« bezeichnen ließ. Wir müssen auch hier die äußere Zellschicht Entwicklungsgeschiehte der Aphiden. 629 als Ektoderm, die innere solide Zellmasse des Nahrungsdotters aber als Entoderm betrachten, eine Auffassung, welche auch Barrour (95) in seinem Handbuche der Embryologie verficht. Bei den Insekten haben wir eine ganz eigenthümliche Vertheilung von Bildungs- und Nahrungsdotter, indem ersterer den ganzen großen dotterkörnchenreichen Nahrungsdotter als dünne Schicht an der Peripherie umgiebt. Im Nahrungsdotter liegt das Keimbläschen. Wegen der Größe des Eies kann sich der Eiinhalt nicht zugleich mit dem Keim- bläschen theilen, da die Kerne, die ja bei jeder Theilung das Hauptagens sind, gewissermaßen die Herrschaft über den Eiinhalt verloren haben. Es verläuft desshalb die Furchung nur am Keimbläschen im Inneren des Eies, und darum ist wohl die Bezeichnung dieser Furchung als endo- vitelliner die passendste. Die Vertheilung der Kerne im großen Ei scheint durch die ihnen, so wie dem Keimbläschen zukommende amöboide Beweglichkeit zu erfolgen, welche es auch ermöglicht, dass ein Theil der so entstandenen Kerne in den peripherischen Bildungsdotter tritt. Diese erlangen die Herrschaft über das sie umgebende Protoplasma, welches wegen des Heraustrittes vieler Kerne um jeden derselben in nicht zu sroßer Menge vorhanden ist, wieder, und bilden, indem nach dem Aus- drucke van BEnzDen’s (96) jeder Kern wie ein Attraktionscentrum wirkt, die Zellen des Blastoderms. Auf dieselbe Weise bewirken etwas später die im Nahrungsdotter zurückgebliebenen Kerne das Zerfallen desselben in die Dotterballen, welche ohne Zweifel Zellen entsprechen und die man desshalb wohl Dotterzellen nennen kann. Es scheint mir, dass die Kerne noch vor der Blastodermbildung, wiewohl sie von etwas Protoplasma umgeben sind (sie sind ja darin eben | so wie die Dotterkörnchen suspendirt), nicht als Zellen betrachtet werden ‚ dürfen, weil sonst auch das von etwas Protoplasma umgebene Keim- bläschen für sich als Zelle betrachtet werden müsste. Indem sich das Ei jetzt im Zustande eines Syncytiums befindet, entspricht der Summe ' der Kerne die Summe des Eiinhaltes, inbegriffen die peripherische Protoplasmaschicht und die gesammte Dotterkörnchenmasse. Bei den später an die Peripherie rückenden Kernen wird der Zellleib von dem dort vorhandenen Protoplasma, bei den im Dotter verbleibenden aber von einer geringen, dort vorhandenen Protoplasmamenge und den darin reichlich enthaltenen Dotterkörnchen gebildet. Erstere, das Blastoderm, müssen wir offenbar für das Ektoderm, letztere, den großen Nahrungs- dotter, wie ich noch erörtern werde, für das Entoderm ansehen. Für die Funktion des Gewebes erscheint nicht der bei der Theilung eine so große Rolle spielende Kern, sondern der Zellleib von besonderer Wich- tigkeit, indem die Kerne, je nachdem sie in das peripherische Proto- 630 Emanuel Witlaczil, plasma traten oder im centralen Dotter verblieben, in Zellen des Ekto- derms oder des Entoderms eingingen. Ob bestimmte von den durch Theilung des Keimbläschens entstandenen Kernen im Dotter zurückblei- ben, ist zweifelhaft und dürfte schwer nachzuweisen sein. Indem bei den Insekten das Ektoderm dadurch gebildet wird, dass Kerne in die bereits an der ganzen Peripherie gelegene Protoplasmaschicht rücken, erhalten wir eine Lagerung von Ekto- und Entoderm,. welche bei anderen Thieren erst durch die Gastrulation erreicht wird. Es kann daher keine Gastrulation mehr auftreten. Der mechanische Effekt der Gastrulation ist hier erreicht durch das Eintreten der Kerne in die peripherische Protoplasmaschicht. Es entspricht also das Insektenei nach Bildung des Blastoderms dem Gastrulastadium anderer Thiere, während wir bei demselben von einer Blastula nicht sprechen können. Der Übergang zur typischen ist durch die sogenannte Gastrula durch Epi- bolie gegeben, in welche die der Insekten überginge, wenn das peri- pherische Protoplasma nur an einer Stelle und in demselben das Keim- bläschen liegen würde. Die erörterte abweichende Erscheinung erklärt sich aus der Größe des Insekteneies, aus der Lage des Keimbläschens und dem Umstande, dass eine Protoplasmaschicht das ganze Ei um- giebt. Diese Eigenthümlichkeiten haben sich aber phylogenetisch wohl desshalb entwickelt, weil die Insekten ihre Entwicklung bis zu einer großen Vollkommenheit (die Metabolie ist ja eine sekundäre, nur den höheren Insekten zukommende Erscheinung) im Ei durchmachen, für welches es von Vortheil war, dass sich an der Peripherie das resistentere Protoplasma erhielt, wodurch überdies die Athmung erleichtert wurde. 2. Bildung des Keimstreifens. Die Bildung eines Keimstreifens bei den Insekten war schon den früheren Forschern bekannt. Weısmann (87) unterschied zuerst einen regmagenen und einen aregmagenen Keimsireifen, von denen der letz- tere, bei den meisten Insekten vorkommend, nur durch partielle Ver- dickung eines Theiles der Keimhaut entsteht, während der erstere bei Chironomus und Pulex vorkommend, durch ein Einreißen der Keimhaut um einen bestimmten Theil der Keimhaut entstehen sollte. Kurrrer (45) hat bereits gezeigt, dass eine gewisse, bei bestimmten Musciden vorkommende Lagerung des Keimstreifens in Zusammenhang mit dessen Zusammenziehung bei Bildung der Embryonalhäute Weıs- MANN Zu dieser irrigen Ansicht verleitet hat, und dass in Wirklichkeit bei allen Musciden die Bildung des Keimstreifens dieselbe ist, was auch Weısmann neuerdings (91) bestätigt. ei . Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 631 METscHnIKoFF (61, 62) fand zuerst den inneren Keimstreifen, und stellt denselben dem bis dahin bekannten äußeren Keimstreifen gegen- über. Bei Chironomus ist der Keimstreifen ein äußerer und senkt sich später am hinteren Ende in den Dotter ein. Bei Gorixa und Aphis ist der Keimstreifen ein innerer und würde am hinteren Pole als Neubildung vom Blastoderm aus entstehen, welches nur die beiden Sei- tenplatten bildet, die zuerst eine symmetrische Theilung zeigen. Ich habe für Aphis gezeigt, dass der Keimstreifen durch Einstülpung und nicht von einer besonderen Zellmasse entsteht. Branpr (8) möchte den inneren dem äußeren Keimstreifen scharf gegenüber stellen, obwohl Übergänge möglich sind. Nach ihm würde der innere Keimstreifen bei Agrion und Galopteryx von einer ver- dickten Stelle des Blastoderms aus entstehen, welche aus mehreren Zell- schichten bestehen soll, und in ihren verdünnten Überresten die, bilate- rale Symmetrie zeigenden Seitenplatten bildet. Nach Mernıkow (64) bildet sich bei den Pediculiden und Mallo- phagen hinten am Ei eine schildförmige Verdickung des Blastoderms, die aus mehreren Zellschichten bestehen soll, und eine Einstülpung ent- stehen lässt, aus der der innere Keimstreifen mit dem Deckblatt hervor- geht. Der Überrest des Schildes senkt sich später in die Einstülpungs- öffnung, die Embryonalhäute sollen aber über der Einstülpung nicht verwachsen, obwohl sie sich an einander schmiegen. P. Mayer (59) verallgemeinert die von einigen Forschern gemachten, ' den Angaben Merschnikorr's gegenüber stehenden Mittheilungen, dass ' die Embryonalhäute über dem inneren Keimstreifen nicht zur Ver- ' wachsung kämen und will darin einen Unterschied zwischen innerem ' und äußerem Keimstreifen finden, dass bei ersterem keine Isolirung von ‚ der äußeren Embryonalhaut stattfände. Er hält den äußeren Keimstrei- fen für den älteren. | Nach Ganiy (25) soll der Keimstreifen gar bei Formica und Myr- | mica unabhängig vom Blastoderm im Inneren des Dotters entstehen, ‚ während das Blastoderm sich loslösend eine provisorische Embryonal- hülle bilden würde. Er führt eine ähnliche Angabe Werısmann’s über die | Biene an. Diese Bildungsweise soll nach ihm übrigens auch den Lepi- ‚ dopteren zukommen. Nach Grimm (30) soll der Keimstreifen bei der von ihm untersuchten Ghironomusart wieder durch Verdickung der inneren Blastodermmasse (das Blastoderm zerfällt nach ihm in mehrere Schichten) und späteres ‚Einreißen entstehen. Erst Kowarevskı (43), welcher die Schnittmethode anwandte, macht die Angabe, dass der Keimstreifen durch Verdickung einer Seite des 632 Emanuel Witlaezil, Blastoderms ohne Zellvermehrung gebildet wird. Bei den Lepidopte- ren senkt er sich vorn und hinten in den Dotter ein und liegt dann frei in demselben, indem sich die Embryonalhäute über ihm schließen. Ko- WwALEVSKI bemerkt, dass man wohl früher den Keimstreifen der Lepi- dopteren wegen seiner Lage im Dotter einen inneren nannte, dass aber diese Bezeichnung für den Keimstreifen der Hemipteren und Libellu- liden in Anspruch genommen werden muss. Aber auch dieser ist durch Übergänge mit dem äußeren verbunden. Der Keimstreifen von Hydro- philus bildet zwischen allen Arten von Keimstreifen Übergänge. Seine Entwicklung beginnt am hinteren Ende und er wächst nach vorn auf der Oberfläche, nach hinten zur Rückenseite sich wendend und in den Dotter dringend. Wenn dieses letztere Wachsthum die Oberhand ge- winnt, erhalten wir den inneren Keimstreifen der Hemipteren. Wenn das vordere die Oberhand gewinnt, so erhalten wir den äußeren Keim- streifen des Hydrophilus oder durch tieferes Einsenken in den Doiter den der Lepidopteren. | GraBER (27) bestätigt die Angabe von der Einschichtigkeit des Keimstreifens. Er nennt die Insekten mit innerem Keimstreifen ento- blastische, die mit äußerem ektoblastische, welche Bezeich- nungen ich wegen ihrer Kürze acceptire. Batrour (5) gebraucht für den noch nicht eingesenkten Keimstreifen die Bezeichnung Bauchplatte, welche aber wohl überflüssig ist. Der äußere Keimstreifen entsteht durch Verdickung eines langen, vom vorderen bis zum hinteren Eipol reichenden Streifens des Blastoderms, welcher sich in den Dotter einsenkt, indem das seine Flächenausdehnung vergrößerndeBlastodermüber ihm eine verwachsende Ringfalte bildet. Dadurch entstehen die zwei Embryonalhäute,; von wel- chen eine dem Keimstreifen anliegt, die andere aber das ganze Ei umgiebt. Der innere Keimstreifen entsteht auch durch Einstülpung, welche aber hauptsächlich am hinteren Pole in Form eines in das Ei hinein- wachsenden Streifens entsteht, dessen eine sich verdickende Hälfte zum größten Theile des Keimstreifens wird, während die allein aus dem ober- flächlichen Blastoderm sich differenzirenden Seitenplatten genau in der- selben Weise von den Embryonalhäuten überwachsen werden, wie der äußere Keimstreifen. Wie wir uns den Übergang des einen Keimstreifens in den anderen zu denken haben, hat schon KowALgvskr aus einander gesetzt. Es wären noch die Verschiedenheiten der Lage zu erörtern. Beim äußeren Keimstreifen ist der animale Pol der vordere Eipol, beim inneren Keimstreifen dagegen, den wir uns aus jenem durch Hinunier- und Hineinrücken in das Ei ableiten können, der hintere Pol. Bei erste- rem liegen die Extremitäten einer Seite des Eies zugewendet, bei letz- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 633 terem, indem er sich beim Hineinrücken in das Ei umbiegst, der anderen. Bauchseite ist also bei den einen und den anderen die entgegengesetzte Seite des Eies. Eine Eigenthümlichkeit beider Arten von Keimstreifen, auf welche schon Hartscazk (34) hingewiesen hat, ist, dass der vorderste breiteste Theil derselben, die sogenannten Seitenplatten, durch einen Bug von dem übrigen abgesetzt erscheint, welcher Bug freilich beim inneren Keimstreifen viel stärker hervortritt, indem dieser an der be- treffenden Stelle seine Richtung total ändert. Eine weitere mit dieser zusammenhängende Eigenthümlichkeit ist die, dass aus dem Keimstreifen der Embryo von der Spitze des Abdomens bis zum Hinterrande des Ge- hirns entsteht, indem der Vorderkopf an jenem Bug, aus den Seiten- platten aber das Gehirn sich differenzirt. Untersuchen wir nun an Hand der Angaben in der Litteratur, wel- chen Insekten ein äußerer, welchen ein innerer Keimstreifen zukommt. Für die höheren Insekten finden wir ausschließlich einen äußeren Keim- streifen angegeben, so für die Hymenopteren, Coleopiteren, Lepidopteren, Dipteren. Bei den Neuropteren ist vielleicht auch ein äußerer Keimstreifen vorhanden. Bei den Trichopteren kann man nämlich nach verschiedenen (freilich ungenügenden) Angaben von ZappacH (93), Kowauzvskı (43), Mernıkow (64), bei den Plani- pennia nach den Arbeiten von Packarn (68) und Hacen (33) auf einen äußeren Keimstreifen schließen. Über die Strepsipteren sind keine Angaben vorhanden. Den Rhynchoten kommt wohl allgemein ein ‚innerer Keimstreifen zu, welcher für die Hemipteren s. str. und Phytophthires von Metscanikorr (62) und Braxpr (8), und für die ‚Apteren von Meıxıkow (64) und Grimm (29) nachgewiesen wurde, ı während die CGicadaria in Bezug auf ihre Embryologie noch nicht ‚ untersucht worden sind. Von Orthopteren haben wir nach Branpr | (8) und Packarn (69) bei den Amphibiotica, nach einer russischen Arbeit von Ursanın bei den Physopoden einen inneren Keimstreifen. ‚Über die Gorrodentia fehlen Angaben. Die Thysanuren sollten | nach Packarv’s (68) freilich unverlässlichen Angaben einen äußeren ‚Keimstreifen besitzen, während Ursanın für dieselben einen inneren an- ‚giebt. Bei den Orthoptera genuina endlich bildet sich nach RATkkE ‚(72, 73) der Keimstreifen um den Dotter herum, also könnte man hier ‚auf einen äußeren Keimstreifen schließen. Es kommt mir aber unwahr- ‚scheinlich vor, dass, während sonst die niederen Insekten einen inneren Kara besitzen, hier eine Ausnahme bestehen sollte. Ich möchte ‚darauf aufmerksam machen, dass manchmal der innere Keimstreifen scheinbar die Lage eines äußeren erhält, so z. B. nach METscHnIkoFF’s ‚und Branpr's Angaben bei Corixa, indem der Keimstreifen sich so an Gr ne 634 Emanuel Witlaezil, die äußere Embryonalhaut anlegt, dass die Beine nach außen gewendet unmittelbar unter derselben liegen. . Wenn wir nach einer Erklärung der aus einander gesetzten Verhält- nisse suchen, so werden wir zunächst dazu geführt, dass die Anlage eines Keimstreifens überhaupt durch die Größe des Eies resp. des Nah- rungsdotters und die Lagerung des Ektoderms um denselben bedingt wird. Die Anlage des Embryo kann nicht im ganzen, das massige Entoderm umgebenden Ektoderm erfolgen, sie erfolgt bloß an einer Stelle, welche entsprechend dem langgestreckten Körper streifenförmig ist: dem Keimstreifen. Dasselbe gilt für die Insekten, wie für die Wirbel- thiere. Wohl wegen der so zu gewinnenden geschützten Lage wächst dann der Keimstreifen in das Ei hinein und wird von dem sich über ihn stülpenden übrigen Ektoderm überwachsen, welches die Embryonal- häute bildet. Die Mikropyle liegt bei den Insekteneiern, wie schon LevokArr (50) zeigte, fast ganz allgemein an dem in der Eiröhre vorn gelegenen Pole. Das Keimbläschen scheint aber bei den entoblastischen Insekten allge- mein mehr am hinteren Pole zu liegen, wie man sich theils durch Beob- achtung überzeugen, theils daraus schließen kann, dass hier die Blasto- dermbildung und fast alle weiteren Diflerenzirungsprocesse bis zur Ausbildung des Embryo beginnen, wie ich dies namentlich oben für Aphis gezeigt habe, und wie sich auch aus den freilich nicht sehr reich- lichen diesbezüglichen Litteraturangaben ergiebt. Es ist das Letztere eine mit der Größe der Eier in Zusammenhang stehende Erscheinung, welche, abgesehen von anderen phylogenetischen Ursachen, wohl da- durch zu erklären ist, dass am hinteren Eipole, dem das Keimbläschen näher lag, die Kerne nach vollzogener Furchung früher an die Peri- pherie treten, so dass hier die Blastodermbildung und anschließend auch die folgenden Differenzirungsprocesse beginnen. ' Dieser Pol wird aber später ganz allgemein zum animalen Pol, indem hier das Kopfende des Embryo entsteht. Es ist dies also bei den entoblastischen Insekten, welche wohl, da sie im Sysieme sonst niedriger stehen, das ur- sprünglichere Verhalten darbieten, der hintere Eipoi. Bei den ekto- blastischen Insekten beginnen die Blastodermbildung und die folgen- den Differenzirungsprocesse am vorderen Eipol, welcher hier ganz allgemein zum animalen Pole wird. Vielleicht entwickelte sich phylo- genetisch diese Eigenthümlichkeit, indem das Keimbläschen eine Lage in der Nähe der Mikropyle einnahm, wodurch die Befruchtung erleichtert wurde. Diese Lage des Embryo mochte weiter den Vortheil bieten, dass der Embryo in der Eischale sich nicht umzurollen brauchte, wie dies bei den entoblastischen Insekten allgemein geschieht, vielleicht da- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 635 mit der Kopf, welcher beim Sprengen der Eischale den thätigsten An- theil nimmt, in die Nähe der Mikropyle kommt, wo dies am leichtesten geschehen mag. — Die erörterte Hypothese setzt natürlich voraus, dass die Größe und der Bau des Insekteneies, welche wir jetzt an demselben finden, verhältnismäßig frühe vorhanden waren. 3. Embryonalhäute. Bildung des Rückens. Nachdem man bis dahin die Embryonalhäute der Insekten über- sehen oder falsch gedeutet hatte, indem z. B. Zanpacn (93) und nach ihm Leuckarrt (52) die Bildung des Faltenblattes für die Trennung des Embryo in eine äußere und eine tiefere Schicht gehalten haben, hat Weısmann (87) die Entstehung eines Faltenblattes beschrieben. Es entsteht nach ihm von einem Schwanz- und einem Kopfwulste aus, welche eine Schwanz- falte und eine die sogenannte Kopfkappe überwachsende Kopffalte ent- stehen lassen, die mit einander über dem Keimstreifen verwachsend das denselben bedeckende Faltenblatt bilden. Dieses soll sich später in der Mittellinie in zwei Hälften theilen, welche sich an die Seiten des Körpers zurückziehen und mit demselben größtentheils verschmelzen würden, während die die Seitenplatten bedeckenden (von Zappaca so be- zeichneten) Scheitelplatten, welche den Vorderkopflappen Huxrzy’s (40) entsprechen, dieÄntennen, und der Theil am Hinterende des Embryo den After bilden soll. Er glaubt, dass wegen seiner Wichtigkeit das Falten- blatt nicht bloß den Musciden zukommt, bei welchen er es beobach- tete. Der Rücken soll nach ihm bei den Insekten mit aregmagenem Keimstreifen, wenigstens zum Theil von der vom Anfang an.hier ge- legenen dünnen, sich später verdickenden Zelllage gebildet werden. Die Schließung der Segmente würde nach seiner Angabe hinten beginnen und das letzte Segment wäre von Anfang an vollständig. METSCHNIKOFF (62) fand zuerst zwei Embryonalhäute, welche bei Simulia entstehen, indem zwei Falten von vorn und hinten aus über dem Keimstreifen mit einander verwachsen. Er bemerkt, dass die äußere, das ganze Ei umhüllende mit der serösen Hülle, die innere, dem Keim- streifen anliegende mit dem Amnion der Wirbelthiere zu vergleichen wäre, welche Vergleichung durch die Art und Weise ihrer Bildung und die gegenseitige Beziehung derselben sehr gestützt werde, legt ihnen aber doch verschiedene Bezeichnungen bei, indem er die äußere der beiden Häute Insektenamnion, die innere aber Faltenblatt nennt. Bei Simulia reißt nach ihm später das erstere, koncentrirt sich am Rücken und soll in dessen Wandung übergehen, welche übrigens zum Theil auch von den emporwachsenden Seitenwandungen des Körpers gebildet 636 Emanuel Witlaczil, / werden würde. BeiMusca und einer Tachinide konnte er das In- sektenamnion nicht finden. Bei Gecidomyia soll der abgesonderte Rückentheil des Blastoderms eine den ganzen Embryo umhüllende Amnionblase bilden, während Kopf- und Schwanzfalte, die auch vor- handen sind, später verschwinden würden, ohne mit einander zu ver- wachsen und ein Faltenblait zu bilden. Eben so soll bei Teleas nur ein äußeres Blatt vorhanden sein. Die letzterwähnten Angaben scheinen mir jedoch alle sehr zweifelhaft zu sein. Bei Gorixa und Aphis entstehen die Embryonalhäute, indem die Hälfte der den Keim- streifen bildenden Einstülpung, so wie der größte Theil des äußeren Blastoderms dünn wird und in Form einer verwachsenden Ringfalte die Seitenplatten überzieht. Der diesen unmittelbar anliegende Theil, die Scheitelplatten, sind nur eine Fortsetzung des den inneren Keim- streifen bedeckenden Faltenblattes. Das Faltenblatt fand METScHNIKOFF später nicht mehr. Das Insektenamnion aber soll theilweise die Extre- mitäten umwachsen und mit ihnen verschmelzend zur Bildung ihrer Haut beitragen, während der übrige Theil bei der Umrollung zerreißt und am Rücken sich zusammenziehend theilweise seine Wand bilden, theil- weise überwachsen werden würde. Kuprrer (45) beschreibt für Chironomus die Bildung der Em- bryonalhäute durch das Verwachsen einer Kopf- und einer Schwanzfalte über dem Keimstreifen. Er ist gegen die Homologisirung der Embryo- nalhäute der Insekten mit denen der Wirbelthiere, da sie bei den erste- ren wichtiger seien, indem dadurch erst der Keimstreifen gebildet werde, und das innere Faltenblatt zum Keim gehöre, indem es die Scheitel- platten und Antennen bilde. Branpr (8) zeigte, dass das Amnion METScHnIKoOFF's nicht mit den Extremitäten verschmelzen kann, wie dieser will, da sonst bei der Um- rollung der entoblastischen Insekten der Dotter unmöglich, wie dies der Fall ist, zusammengehalten bleiben könnte. Er konnte den von METScHNIKOFF angegebenen Abschluss der Embryonalhäute durch eine Ringfalte bei den von ihm untersuchten entoblastischen Insekten: CGalopteryx, Agrion, Hydrometra, Corixa, Aphis nicht fin- den. Er glaubt desshalb, dass die ektoblastischen den entoblastischen Insekten gegenüber zu stellen wären, indem die Bildungsweise ihrer sonst äbnlichen Embryonalhäute verschieden sei. Bei ersteren sind zwei getrennte Embryonalhäute vorhanden, während bei letzteren nur eine | vorhanden sein soll, welche er in ein äußeres parietales und ein inneres viscerales Blatt unterscheidet. Er leugnet die Trennung dieser beiden Theile, obwohl seine Zeichnungen zeigen, wie sie sich auch über die Seitenplatten erstrecken, was doch wohl nur durch die Bildung einer j | | Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 1. 080% Ringfalte geschehen konnte. Diese beiden Theile verschmelzen später an einer Stelle am Kopfe, reißen dort ein, und sollen dann, indem sie den Dotter umkapseln, durch ihre Zusammenziehung die Umrollung des Embryo bewirken. Während das dünn gebliebene viscerale Blatt nach _ der Umrollung den Dotter am Rücken bedeckt und später in einer Weise, die er dahin gestellt sein lässt, den Rücken bilden soll, würde sich das parietale Blatt in eine dicke solide Masse am Kopfe verwandeln, die später resorbirt wird. Er betrachtet als Hauptaufgabe der Embryonal- . haut der entoblastischen Insekten die Bildung des Dottersackes, welche Aufgabe wahrscheinlich auch den Embryonalhäuten der ektoblastischen Insekten zukomme. Mernıkow (64) giebt für Donacia an, dass die Embryonalhäute sich bilden, indem zwei Falten, Kopf- und Schwanzfalte, über dem Keim- streifen mit einander verwachsen. Er macht die Angabe, dass, während das von ihm auch Amnion genannte äußere Blatt von Anfang an den ganzen Embryo überzog, das Faltenblatt später auch eine vollständige Kapsel bilde, indem es sich mit dem Wachsthum der Seitenwände des Körpers über den ganzen Dotter ziehe, und hier so wie diese verwachse. Später verlören nach ihm die Embryonalhäute die Zellkerne, blieben aber trotzdem bis zum Ausschlüpfen erhalten. Nach seiner Abbildung zu urtheilen, ist das, was er jetzt für das Faltenblatt ansah, eine Chitin- cuticula; für das äußere Blatt wird er vielleicht Falten des Chorions gehalten haben. Auch bei den Phryganiden und Dipteren tragen nach ihm die Embryonalhäute zum Aufbau des Körpers nicht bei. Bei den ersteren wäre der Embryo vor der von ihm als Umrollung bezeich- neten Umschlagung vollkommen in zwei Kapseln eingeschlossen, die von den Embryonalhäuten gebildet würden. Bei der Umschlagung reißt die äußere und zieht sich über Kopf und Hinterleib zusammen, wo sie der Fettmeiamorphose unterliegt, ein Verhalten, welches schon Zanpacn be- kannt war, der aber die betreffende Haut Dotterhaut nannte. Das Fal- tenblatt soll sich aber als eine strukturlose Hülle in allen Theilen dem Embryo anschließen; er hat hier offenbar, wie schon bei Donacia (es ' geht dies ganz klar aus seiner betreffenden Zeichnung hervor), eine Chi- ‚ tineuticula des reifen Embryo, die ja schon Zunpvacn bekannt war, für ‚ das Faltenblatt gehalten. Bei Chironomus und Simulia ist der Pro- ‚ cess der Bildung der zwei Hauikapseln auch der oben beschriebene. Erst nach Schluss des Rückens reißt die äußere Haut. Bei den Insekten mit innerem Keimstreifen, wenigstens den von ihm untersuchten Mallopha- gen und Pedieuliden würden die Embryonalhäute keine geschlos- senen Kapseln bilden, sie sollen bloß Theile einer zusammenhängenden Membran sein und nach der Umrollung, von welcher er demgemäß wie 638 Emanuel Witlaczil, von einer Ausstülpung des Keimstreifens durch die Einstülpungsöffnung spricht, zum Theil atrophiren, zum Theil aber mit den Rücken des Embryo bilden. Er spricht sich gegen jede Homologisirung der nach ihm bei verschiedenen Gruppen ja verschiedenen Embryonalhäute der Insekten mit denen der Wirbelthiere aus, indem solche nur bei Wirbel- thieren mit einer Allantois vorkommen, und wo sie vorkommen, ihre Bildungsweise und das gegenseitige Verhalten, so wie ihr provisorischer Bestand ganz gleich sind. Grium (29, 34) dehnt die Angabe, dass bei Insekten mit innerem Keimstreifen die äußere Embryonalhaut keine geschlossene Kapsel bildet, sondern sich nur mit den Rändern über den Seitenplatten an einander legt, auch auf Phthirius und Docuphorus aus, bei welchen eben- falls der Verschluss des Rückens nach der Umrollung durch die innere Embryonalhaut erfolgen soll. Ganın (2%, 25) hat über die Entwicklung der Pteromalinen ganz abweichende Angaben gemacht. Es würde bei diesen nur eine Embryo- nalhaut von anderem Ursprung, als die gewöhnlichen, vorhanden sein. Eine ganz falsche Angabe macht er über Hymenopteren und Lepi- dopteren, bei welchen nach ihm das ganze Blastoderm zu einer Art Amnionhülle werden soll. Er macht weiter die Bemerkung, dass die junge Larve von Bombyx mori die bis dahin vorhandene äußere Embryonalhülle zerreißt und auffrisst. Baısıanı (2) nennt die Embryonalhüllen, um über ihre Bedeutung nicht zu präjudiciren, zusammenfassend Embryonalhaut. Bürscarı (42), welcher auch noch die Bezeichnungen von METscHnI- KOFF gebraucht, konnte bei Apis nur eine äußere Embryonalhaut fin- den, welche doch durch Verwachsung einer vorderen und hinteren Blastodermfalte, deren Seiten in einander verlaufen, entsteht und eine gänzlich geschlossene Kapsel bildet. Sie persistirt und wird schließlich durch die Bewegungen der Larve zerrissen. KowaLzvski (43) findet, dass zwischen den Embryonalhäuten der Wirbelthiere und denen der Insekten in Bildung und Lage nicht der ge- ringste Unterschied ist, erklärt desshalb diese Gebilde bei den zwei er- wähnten Gruppen für homolog und nennt auch bei den Insekten die äußere Embryonalhaut: seröse Hülle, die innere: Amnion, worin ihm seither die meisten Forscher gefolgt sind. Für Apis beschreibt er die Bildung der Embryonalhäute in der allgemeinen Weise, und giebt auch an, dass die Seitenwände des Körpers so wie das sie bedeckende Amnion etwas später am Rücken verwachsen. Das Amnion verschwindet bald auf nicht näher ermittelte Weise; verschmilzt aber jedenfalls nicht mit der Serosa oder dem Keimstreifen. Für die Lepidopteren macht Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 639°‘ auch er die Angabe, dass das Amnion beim Umschlagen des Embryo zerreißt und von diesem aufgefressen wird. BeiHydrophilus werden die Embryonalhäute immer dünner, um im letzten Stadium gänzlich zu verschwinden. Obwohl er die einzelnen Stadien des Verschwindens nicht beobachten konnte, glaubt er, dass die seröse Hülle mit der Haut verschmilzt. Während die ventralen Theile des Amnions und die Serosa entweder zerreißen oder sonst verschwinden, würde eine verdickte Zell- schicht auf dem Rücken die »Rückenplatte« bilden, welche von dem dor- salwärts wachsenden Mesoderm und etwas später auch der Haut, indem sich ihre Ränder einzufaltien scheinen, überwachsen wird, so zu dem Anfangs am Rücken vorn nach außen mündenden, später verschwinden- den »Rückenrohr« sich umgestaltend. Er führt an, dass Wasner die Bildung eines Rückenrohres und sein Eindringen in den Dotter auch bei Phryganea beobachtet hat. Dourn (22) macht wieder die Angabe, dass bei der Biene und den Ameisen nur eine Embryonalhaut vorhanden sei. Für Gryllotalpa giebt er an, dass die beiden Embryonalhäute am Kopfe verschmelzen und, indem ihre Zellen hier einer fettigen Degeneration unterliegen, ein- reißen, worauf langsam der ganze Embryo hervortritt (ob er dabei eine Umrollung erleidet, ist nicht angegeben). Die Embryonalhäute rollen sich hierbei auf, so dass sie einen dicken Kranz um den Embryo und schließlich am Rücken einen Wulst bilden, welcher der Destruktion unterliegt, nachdem ihn die Seitenwände des Körpers überwachsen haben, und so der Rücken gebildet worden ist. Das von KowaLevski beschriebene Rückenrohr erklärt Doarn wohl mit Recht für die auf dem Rücken zusammengerollte Serosa. Die Zellhaut zwischen der Rücken- platte und den Rändern des Keimstreifens, welche Kowarzvskı für die Hypodermis hält, wird wohl von den Seitenwänden des Körpers ge- bildet, welche die zusammengerollte Embryonalhaut überwachsen. Bei den Phryganiden erstreckt sich nach Wacner’s Angabe die Ver- diekung der Serosa auch auf den über dem nach oben gebogenen Ende des Abdomens liegenden Theil, welcher beim Reißen dieser Haut sich wie eine Klappe auf den Rücken legt. Im Wesentlichen findet sich diese Angabe auch bei Zappıcn, der allerdings die Serosa für die Dotterhaut ansah. Und ich kann hinzufügen, auch bei Mszrnıkow, der freilich eben so wie für Donacia angiebt, dass schon früher der Rücken des Insekts geschlossen sei, welche Angaben mir aber nicht sehr zuverlässig er- scheinen. Donrn beobachtete bei Phryganea, dass die Serosa später zerreißt und sich über dem Rücken zusammenzieht, in der Mitte noch in offener Kommunikation mit dem Dotter bleibend, allmählich aber durch Resorption verschwindend. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 43 640 Emanuel Witlaczil, BoBrETZzey (7) beschreibt die Bildung der Embryonalhäute bei den Lepidopteren in der bekannten Weise. Weısmann (91) konnte neuer- dings bei Rhodites und Biorhiza nur eine einzige als »Amnion« den ganzen Embryo umwachsende und sich von ihm loslösende Embryonal- haut finden, welche von einer aus einem einzigen Blatte bestehenden Falte vom Kopfe aus gebildet werden soll. Nach Tıenonirorr (82) wür- den bei Bombyx mori die Zellen des Amnions zur Serosa Fortsätze bilden. Der Rücken wird auch hier durch Verengung der Amnionwurzel gebildet. GraBErR (27) nennt die Falten, durch welche die Embryonalhäute gebildet werden, ventrale Blastodermfalten, und die Falten, durch welche der Schluss des Rückens erfolgt, dorsale Blastodermfalten. Diese wach- sen gegen einen Punkt des Rückens, den Rückennabel, und verwachsen in demselben. Zu diesen Benennungen wäre zu bemerken, dass bei ersterem Vorgange thatsächlich nur eine ringförmige Falte vorhanden ist, welche nur dort, wo sie den Keimstreifen kreuzt, besser bemerkbar wird, dass weiter der zweite Vorgang ganz ähnlich und bei ihm überdies die Bezeichnung von Blastodermifalten unpassend ist. Diese Bezeich- nungen passen auch nicht für die entoblastischen Insekten, und sind da- her wohl nicht anzunehmen. Die Bezeichnung Rückennabel für den Punkt, wo die Wände des Körpers verwachsen, scheint mir aber passend zu sein. — Bei Chironomus würde nach GrAger das Amnion beim Ausschlüpfen aus dem Ei zerreißen (eine Cuticula?), während die Serosa nach dem Schluss des Rückens dort sich zusammenzieht und absor- birt wird. | BaLrour (5) acceptirt die Bezeichnung dorsaler Nabel und ist ge- neigt, die Erklärung Donrn’s für das Rückenrohr von Kowauevskt als richtig anzusehen. Auch meint er, dass bei den entoblastischen Insekten wohl.die Seitenwände über den Dottersack wachsen. Er scheint mir aber mancher unzuverlässigen Angabe in der Litteratur noch zu großen Werth beizulegen. Die mehrfachen Behauptungen in der Litteratur, dass bei den ento- blastischen Insekten die beiden Embryonalhäute sich nicht von einander sondern, scheinen mir den gründlicheren Angaben von METSCHNIKOFF und meinen eigenen Beobachtungen gegenüber nicht sehr ins Gewicht zu fallen. Auch dass die Mallophagen und Pediculiden diesbezüg- lich eine Ausnahmestellung einnehmen sollten, kommt mir nicht sehr wahrscheinlich vor. Wenn angegeben wird, dass die Seitenplatien sich später in den Körper einsenken, so ist dies identisch mit dem Über- wachsen durch eine Blastodermfalte. Man könnte vielleicht annehmen, . dass diese nicht verwächst, weil später bei der Umrollung der Keim- e. ’ r ne en nn nn nn u Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 61 streifen zu dieser Öffnung ausgestülpt werde. Abgesehen davon, dass die Umrollung, wie ich später zeigen werde, kaum durch die Zusammen- ziehung der Embryonalhäute erklärt werden kann, beschreibt aber Branpr eine besondere, dieser vorausgehende Verschmelzung der beiden Embryonalhäute am Kopfe des Embryo, die ja dann überflüssig wäre. Die Sonderung der Embryonalhäute erfolgt bei den entoblastischen In- sekten durch das Verwachsen einer eben solchen Ringfalte, wie bei den ektoblastischen Insekten, nur dass sie etwas mehr gegen den hinteren Eipol gerückt ist. Bei der Umrollung halten die Embryonalhäute den Dotter zusammen, und indem sie sich am Rücken zusammenrollen, werden sie von den Seitenwänden des Körpers überwachsen und resor- birt, ohne unmittelbar am Aufbau des Körpers Theil zu nehmen, wie ich dies namentlich für Aphis gezeigt habe. Bei den ektoblastischen Insekten scheinen mir die Angaben von nur einer Embryonalhaut wenig des Vertrauens würdig zu sein. Niemand beschreibt, wie die dieselbe bildenden nur aus einem Blatt bestehenden ‘ Falten sich von dem Keimstreifen trennen. Wenn man bedenkt, dass es , lange bedurfte, ehe die Embryonalhäute und ihre Bildungsweise erkannt worden sind und dass diese Untersuchungen größtentheils bedeutende ‘ Schwierigkeiten aufweisen, so wird man diese verschiedenen, meist ' flüchtigen Angaben erklärlich finden. Die von den verschiedenen ‘ Autoren bei Bildung der Embryonalhäute gebrauchten Benennungen, ; wie Kopf- und Schwanzwulst, Kopf- und Schwanzfalte, Kopfkappe etc. ‚ halte ich für überflüssig, da die Bildung der Embryonalhäute thatsäch- ‚ lich durch eine einzige, aus zwei Blättern bestehende, ringförmige | Falte erfolgt. Unter den ektoblastischen Insekten scheinen sich bei ‚ den Phryganiden und Coleopteren, bei welchen ein Rückenrohr beschrieben worden ist, auch die Embryonalhäute, oder wenigstens ‚ die Serosa, am Rücken zusammenzurollen, um von den Seitenwän- ‚ den des Köhpets überwachsen zu werden rd dort der Resorption zu ‚ unterliegen, während das Amnion vielleicht schon früher resorbirt wor- den ist. In den meisten Fällen aber bilden die Embryonalhäute um den \ Embryo zwei geschlossene Kapseln, indem auch das Amnion zugleich ‚ mit den Seitenwänden sich über dem Rücken schließt, und unter- ‚ liegen dann der Resorption, oder werden von dem reifen Embryo, in- ‚dem er sich zu bewegen beginnt, zerrissen und aufgefressen. Es müssen also die Embryonalhäute, nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt ‚haben, noch mittelbar zum Aufbau des Embryonalkörpers beitragen, indem sie resorbirt, oder, wenn sie sich so lange erhalten, von dem reifen Embryo aufgefressen werden. ' Die Aufgabe der Embryonalhäute ist, den sich ausbildenden Embryo 43* 642 Emanuel Witlaczil, zu schützen. Ihre eigenthümliche Bildungsweise, welche mit der des Keimstreifens Hand in Hand geht, wurde erst durch den großen Nah- rungsdotter ermöglicht, welcher überhaupt auf die Entwicklung der In- sekten von eingreifendem Einfluss war. Bei den höheren Wirbelthieren finden wir diese zwei Häute wieder. Obwohl nun die Embryonalhäute der Insekten und Wirbelthiere in Bildungsweise, Lagerung und Aufgabe genau übereinstimmen, möchte ich sie doch nicht für einander homo- log ansehen. Denn obwohl Insekten und Wirbelthiere auf denselben Stamm zurückzuführen sein dürften, sind die höheren Wirbelthiere doch allzuweit von den Insekten entfernt, und bei anderen da- zwischen zu stellenden Thieren finden wir keine solchen Embryonal- häute. Wir müssen dieselben daher bei den zwei Gruppen, in denen sie vorkommen, wohl als analoge, durch den bei beiden vor- handenen großen Nahrungsdotter bedingte Bildungen ansehen, was uns nicht hindert, wie dies ja auch sonst üblich ist, sie mit denselben Namen zu bezeichnen. | 4. Keimblätter. Schon METscHnIKoFF und KowaLzvskı haben als charakteristisch für die früheren Arbeiten auf dem Gebiete der Embryologie der Insekten das Bestreben hervorgehoben, die gewonnenen noch ganz ungenügen- den Daten zu generalisiren und mit den auch gar nicht so sicher be- gründeten Anschauungen über die Entwicklung der Wirbelthiere in Einklang zu bringen. Dies trifft zu für die Arbeit von KöLLıker (42), welcher entsprechend den damals für die Wirbelthiere angenommenen Anschauungen auch bei den Insekten das Blastoderm in ein seröses und muköses Blatt zerfallen lässt, und für die von Zanpaca (93), welcher bei den Insekten das aus dem Keimstreifen hervorgehende Hornblatt und Muskelblatt und ein Darmdrüsenblatt unterschied, so wie für die Arbeiten von LEvUckART (52) und Huxızry (40), welche die Auffassung ZannacH’s acceptirten. ZanvachH lässt sein Hautblatt, welches durch Abspaltung entstanden sein soll, nachdem die Anhänge des Kopfes und die Körpersegmente ge- bildet sind, von den Seitentheilen der Keimwülste, auf welche es in zwei Hälften getrennt sich zurückgezogen hatte, wieder gegen die Mittellinie hin wachsen und sämmtliche oberflächlich gelegenen Theile des Embryo von Neuem überziehen. Es soll die Haut, die Hauptmasse der Embryo- | nalanlage aber als Muskelblatt die Muskeln und Nerven bilden. Die erwähnte Überwachsung konnte jedoch weder Zanpach noch WEISMANN: 2 (87) beobachten. Letzterer wies nach, dass das Hautblatt Zanpaon’s eine Entwieklungsgeschiehte der Aphiden. 643 Embryonalhaut ist, und giebt an, dass die embryonale Zellmasse sich in eine obere und untere Schicht theilt, aus deren ersterer die Haut und der größte Theil der Muskeln, aus der letzteren Darm, Nerven- system und ein Theil der Muskeln entstehen soll. Trotzdem spricht er sich [seitdem (91) hat er jedoch die Keimblätterlehre auch für die In- sekien acceptirt] gegen jede Parallelisirung dieser auch von ihm bei den Insekten gefundenen Zellschichten mit den Keimblättern der Wirbel- thiere aus und sieht in der Differenzirung der Embryonalzellen in eine obere und untere Schicht nur den unmittelbaren Vorläufer der Anlage der einzelnen Organe und ihrer histologischen Ausbildung. Nun, auch die Bildung der Keimblätter ist ein Vorläufer der Ausbildung der Organe, indem bei fortdauernder Zellvermehrung des Embryo dieselben nicht ungeordnet bleiben, sondern sich nach gewissen Gesetzen in den Keim- blättern lagern, aus welchen sich weiter auch nach bestimmten Gesetzen die einzelnen Organe differenziren. Allerdings hängen nach unserer heutigen Überzeugung diese ontogenetischen Vorgänge ‚mit der phylo- genetischen Entwicklung der Thiere zusammen. METScHNIKOFF (62) nahm, ohne allgemeine Anerkennung zu finden, gestützt auf das Vorhandensein zweier Blätter in den Extremitäten der Embryonen zwei Keimblätier an, ein Hautblatt und ein Nervenmuskel- blatt. Da er die Bildung des Mesoderms bei den entoblastischen Insek- ten zwar beobachtet hat, dasselbe aber nicht als solches erkannte und glaubte, dass es als »Extremitätenschicht« zur Bildung der Extremitäten verbraucht werde, da er also die weitere Entwicklung der Keimblätter nicht verfolgt hat, so erklärt es sich, dass er ähnlich wie WEısmann aus dem äußeren nur die Haut hervorgehen lässt, während das untere das Nervensystem und die Muskeln bilden soll. Mernıkow (64) und Ganin (24) fanden zwar auch in den Extremi- täten der von ihnen untersuchten Insekten eine äußere Zellschicht und eine innere Zellmasse, erklären sich aber für die Auffassung WEIsmann’s. Nock Bürscart (12) ist es fraglich, ob die Keimblättertheorie für die Insekten anzunehmen sei. Kowazvskı (43) aber wies, indem er die Schnittmeihode anwandte, auf Querschnitten am Keimstreifen zwei Schichten nach, deren Entwicklung er genauer verfolgen und so zeigen konnte, dass dieselben den Keimblättern der Wirbelthiere entsprechen. Das obere oder Sinnesblatt bildet Haut- und Nervensystem, während das untere die Muskulatur entstehen lässt. Indem aber KowaLzvskı die : Parallele mit den Wirbelthieren weiter auszudehnen bestrebt ist, möchte er dem Darmdrüsenblatt der Wirbelthiere das »Rückenrohr« des Hydro- philus und der Phryganiden vergleichen, welches wahrscheinlich nichts Anderes als die am Rücken zusammengerollte Serosa ist, und 644 Emanuel Witlaczil, betrachtet das Darmdrüsenblatt der Insekten, welches nach ihm durch Biegung der Ränder des unteren Blattes entstehen soll, für ein den In- sekten zukommendes besonderes Gebilde. Der sich heute mit der Entwicklungsgeschichte der Insekten Be- schäftigende befindet sich den älteren Forschern gegenüber dadurch in einer günstigeren Lage, dass seither eine große Menge von neuen Daten über die Entwicklung der Insekten bekannt geworden ist und dass heute auch die Entwicklungsgeschichte der anderen niederen Thiere schon viel besser erforscht ist, so dass wir die Entwicklungsphänomene der Insek- ten auf die bei denselben zu beobachtenden zurückführen können, wobei die Parallele mit den Wirbelthieren, die wohl von demselben Stamme, aber auf selbständige Weise sich entwickelt haben, allerdings von großem Vortheil sein wird. Wir können daher heute mit größerer Sicherheit die Frage des dritten Keimblattes, des Entoderms, zu lösen unternehmen. Mir scheint aber, wie ich zum Theil schon erörtert habe, sowohl bei Insekten als bei Wirbelthieren der Nahrungsdotter dem Entoderm der anderen Thiere homolog zu sein. Da die Sonderung in Entoderm und Ektoderm allgemein eine frühzeitige ist und oft schon an der noch ungetheilten Eizelle sich ausspricht, so dürfen wir nach meiner Überzeugung auch bei den Insekten (und dasselbe gilt für die Wirbelthiere) um dieselbe Zeit diese Sonderung erwarten. Sie ist aber hier wegen der Größe des Eies noch besonders auffällig, indem das reine Protoplasma nur einen geringen Theil desselben, bei den Insekten in Form einer Schicht um das ganze Ei, bei den Wirbelthieren schei- benförmig an einer Stelle gelegen, einnimmt. Durch die Größe des Eies und Nahrungsdotters ist auch die Furchung bei diesen Thieren beeinflusst; es sind aber nach derselben allgemein im Dotter Kerne nachgewiesen, was wieder für unsere Auffassung spricht. Die einzige wichtige Verschiedenheit liegt darin, dass hier das Entoderm später in aktiver Weise am Aufbau des Embryonalkörpers nicht Theil nimmt und auch der, sonst wenigstens theilweise von ihm gebildete Darmkanal hier allgemein vom Ektoderm gebildet zu werden scheint. Ich habe dies für die Insekten wenigstens bei Aphis nachgewiesen, und auch das vom Ektoderm gebildete (sogenannte) Darmdrüsenblatt der Wirbelthiere kann durchaus nicht für dem Entoderm der anderen Thiere bomolog angesehen werden. Diese abweichende Erscheinung bei Insekten und Wirbelthieren erklärt sich wohl auch durch die Größe der unmittelbar zum Aufbau des Embryonalkörpers nicht weiter verwendbaren Ento- dermmasse und ist geeignet, unsere Auffassung der Keimblätter etwas zu modifiziren. | Das Mesoderm der Insekten und Wirbelthiere ist homolog dem Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 645 typischen Mesoderm und es entstehen aus demselben auch hier jene Gebilde, welche sonst vom Mesoderm abgeleitet werden. Das Ektoderm erscheint sowohl bei Insekten als Wirbelthieren homolog dem der anderen Thiere und bildet hier wie dort dieselben Organe, nur dass dort noch die Bildung des Darmkanals dazu kommt. Bei den Insekten ist das Blastoderm sammt dem eingestülpten, den Keim- streifen und die innere Embryonalhaut bildenden Theil als Ektoderm zu betrachten. Ein Theil des Ektoderms wird zur Bildung der Embryonal- häute verwendet und nimmt daher nicht weiter am Aufbau des Körpers Theil, während das übrige zunächst das Mesoderm absondert, und sich dann, so wie auch dieses weiter in Organe differenzirt. 5. Das Entoderm (Nahrungsdotter, Wanderzellen). Die Dotterzerklüftung ist ein seit Langem bekanntes Phänomen der Insektenentwicklung und hat zu den verschiedensten Erklärungsver- suchen Anlass gegeben, da man die in den Dotterschollen befindlichen Kerne Anfangs übersah und auch, nachdem man sie gefunden, ihnen nicht gleich von Anfang an die gebührende Wichtigkeit beilegte. Auch der Zusammenhang zwischen den Dotterschollen und den späteren Wan- derzellen ist nur allmählich klar geworden. ZapvacH (93) glaubt, dass durch die Dotterzerklüftung der große Dotter mit seinen Fettkugeln lockerer und dann leichter verflüssigt wird, dass daher die nach ihm mit der symmetrischen Theilung des Keim- streifens in Keimwülste in Beziehung stehende Dotterzerklüftung eine physiologische Aufgabe hat. Er sah Zellen, welche nach ihm in die Ex- tremitäten gleiten (Wanderzellen), und beschreibt diesen Process als Fett- ablagerung. MELNIKowW (64) theilt die Auffassung Zanpacn’s von der physio- logischen Bedeutung der Dotterzerklüftung und meint, dass die Ursache das Moment der Flächenvergrößerung sei, indem dadurch die energische Ernährung des Keimes ermöglicht werde. Er glaubt aber, dass dieser Vorgang mit der Bildung der Keimwülste, überhaupt mit keinem morpho- logischen Vorgange in Zusammenhang stehe. Grıum (31) stimmt der Auffassung MELnıkow’s bei. Dourn (21) glaubt, dass die Zerklüftung des Dotters der Zusammen- ziehung desselben bei anderen Insekten entspreche, was aber wohl irrig ist, da beide Processe sich meist zusammen vorfinden. Er kommt der Wahrheit nahe, indem er ausspricht, dass die Zerklüftung des Dotters durch die Entstehung von Centren kleiner Gruppirungen bedingt wird. j 646 Emanuel Witlaezil, Weısmann (87) erwähnt, dass mit dem Verschwinden der Dotter- ballen besonders an den Dotterspitzen im Vorderkopf und den Extremi- täten an Stelle derselben durch »freie Zellbildung« helle Kerne entstehen, d. h. er hat später an deren Stelle Zellen gefunden, welche noch später verschwinden. MrrTscanikorr (62) fand bei Gorixa, dass der Dotier ganz in den Mitteldarm aufgenommen wird, während er bei den Gocciden in denselben nicht aufgenommen wird, und sich im Körper verstreut. Bei Gecidompyia erhalten sich zwei seitliche Stränge, welche später Zellen erkennen lassen und den Fettkörper bilden sollen. Barsıant (2), welcher die von der Peripherie ausgehende Dotterzerklüftung sehr schön be- schreibt, giebt für die aus dem Winterei sich entwickelnden Aphiden ebenfalls an, dass kein Dotter in den Darm aufgenommen wird. Nach Bürscauı (12) laufen bei Apis Protdplasmafäden zu Zellen, welche dem Dotter ankleben und welche zur Muskulatur des Mittel- darmes in genetischer Beziehung stehen sollen. Große rundliche grüne Zellen mit mehreren Kernen, welche später um das Herz herum und in diesem liegen, würden nach ihm Blutkörperchen und Feitkörper bilden. Kowarevskı (43) macht über die Zerklüftung des Dotters mehrere Angaben, die nicht streng mit einander übereinstimmen. Die Zerklüf- tung geht während der Bildung der Extremitäten von außen nach innen vor sich. Er glaubt, dass bei Hydrophilus keine Zellkerne dabei eine Rolle spielen, während er bei den Lepidopteren angiebt, dass auf Querschnitten im Dotter den Kernen des Blastoderms ähnliche Kerne zu finden sind. An der Peripherie des Dotters unter dem geschlossenen Mitteldarm fand er diese zahlreich eine dichte Lage bildend, jeder von etwas sich verästelndem Protoplasma umgeben. Bei Apis hat er beob- achtet, dass die Kerne unter dem Epithel des Darmkanals später schwin- den. Er möchte sie zu den »Wanderzellen« zählen und ihnen eine physiologische Funktion zuschreiben, nämlich auch die, den Dotter zu schnellerem Verbrauche aufzulösen. Ihre Abstammung ist dieselbe, wie die der Zellen des Blastoderms, indem bei der Vermehrung der Kerne des Eies einige im Dotter zurückbleiben. Bei den Lepidopteren spricht er die wohl irrige Meinung aus, dass das Zerfallen in Dotter- ballen von den Zellen des Blastoderms abhängt, obwohl er die Rolle, welche diese dabei spielen, nicht feststellen konnte, und nur vermuthet, dass die Zellen des Blastoderms den Dotter einsaugen und sich dann theilen, so die Dotterballen erzeugend. Bei den Lepidopteren wird nur ein kleiner Theil des Dotters in den Darm eingeschlossen. Die hellen Flecke in den Dotterballen vieler Insekten ist er bereit als Kerne anzu- sehen. Entwicklungsgeschiehte der Aphiden. 647 Donrn (22) giebt in seiner späteren Arbeit an, dass die » Wander- zellen« sowohl in den Dotterballen, als frei zwischen denselben liegen und glaubt, dass sie sich unabhängig vom Keimstreifen in den Dotter- ballen bilden, obwohl sie dem Keimstreifen schon sehr frühe anliegen. Nach ihm kommen sie auch im ausgebildeten Embryo um die Organe und im Herz vor. Er glaubt wie Bürscnuı, dass sie den Fettkörper, so wie auch die im Herz befindlichen die Blutkörperchen bilden, welche man durch das Rückengefäß in Bewegung gesetzt sehen kann. Er sah die Umwandlung der Dotterschollen in jene Zellen sowohl im Embryo, als auch zwischen den beiden Embryonalhäuten und glaubt, wohl mit Unrecht, dass durch den Rückennabel die äußeren in den sich schließen- den Embryonalkörper einwandern. Außerordentlich schnelle Wande- rungen dieser Zellen mit ihren Doiterbläschen würde man nach ihm in allen Extremitäten derMallophagen erkennen. Um das Nervensystem sollen ähnliche Zellen das Neurilemm bilden. P. Mayer (59) glaubt aus theoretischen Gründen, dass das Entoderm vor dem Mesoderm auftritt und durch die Dotterschollen repräsentirt wird, meint aber, dass es vielleicht durch Einstülpung vom Blastoderm aus am hinteren Eipole gebildet werde. Harscnex (34) macht die wohl unhaltbare Angabe, dass bei den Lepidopteren eine Zellmasse vorn am Keimstreifen des sich segmentirenden Embryo das Entoderm vor- stelle. GRABER (27) giebt an, dass sich auch nach vollzogener Blastoderm- bildung im Dotter Zellen von amöboidem Habitus finden, welche sich hier vermehren und den Wanderzellen der Autoren entsprechen. Wei- tere innere Keimzellen (Entoderm) sollen nach ihm übrigens im post- blastodermalen Stadium durch Wucherung der inneren, dem Deuto- plasma zugewendeten Seite des: Mesoderms entstehen, welches er desshalb Entoderm im weiteren Sinne nennt. Die Dotterfurchung hält er für einen ziemlich nebensächlichen Vorgang, da in ein und derselben Ab- theilung, z. B. unter den Phryganiden bei Mystacides die Dotter- furchung fehlt, beiPhryganeagrandis vorkommt. In jedem Ballen befinden sich nach ihm eine, oft mehrere Wanderzellen; mit der Theilung der Wanderzellen geht die Vermehrung der Dottersegmente Hand in Hand. Auch nach Boprerzkv (7) bleiben bei der Blastodermbildung Zellen im Dotter zurück, welche später die Dotterzerklüftung bewirken. In den Dotterballen fand er einen, selten zwei Kerne. Er betrachtet die Dotter- zerklüftung mit Recht als eine Beendigung des Furchungsprocesses und sieht auch die Dotterballen als Entoderm an. Die Brüder Hrrrwic (39) sehen ebenfalls den Nahrungsdotter für das Entoderm an. Tıc#omikorr (82) hält die Dotterballen für echte Bildungszellen, 648 Emanuel Witlaczil, ähnlich wie bei den Wirbelthieren. Jede liefert nach ihm mehrere Wan- derzellen. Auch Barrour (5) sieht die Dotterballen für Zellen an. Nach Allem, was erörtert wurde, kann wohl kaum daran gezweifelt werden, dass das Zerfallen des Nahrungsdotters in Dotterballen nichts Anderes als die Beendigung des Furchungsprocesses ist, dass die Dotter- ballen Entodermzellen repräsentiren und dass aus denselben später die sogenannten Wanderzellen werden. Dies geschieht, wie ich für Aphis gezeigt habe, dadurch, dass als Beginn des Resorptionsprocesses des Nahrungsdotters die Dotterkörnchen sich auflösen. Das übrig gebliebene Protoplasma sammt dem Zellkern repräsentirt dann die sogenannten Wanderzellen, die aber, was zu beachten ist, einen Theil ihres Zellin- haltes bereits eingebüßt haben. Dass diese Zellen wirklich wandern, scheint mir zweifelhaft. Diese Meinung mag durch ihr oft amöben- artiges Aussehen, dadurch, dass sie sich, indem der Dotter bei der Auf- lösung kleiner wird, von demselben an der Peripherie oft trennen und vielleicht auch durch den Umstand erzeugt worden sein, dass sie, wie ich dies bei Aphis fand, beim Wachsthum der Organe passiv mit ver- schoben werden. Die Auflösung des Dotters beginnt an der Peripherie desselben und ergreift, freilich oft erst spät, nach Auflösung der Dotter- körnchen, auch die übrig gebliebenen sogenannten Wanderzellen. Ich fand bei Aphis, dass diese so schon in Rückbildung begriffenen Zellen verschwinden und nichts mit der Bildung gewisser Organe, wie vielfach angegeben wird, zu thun haben, indem man hier die Bildung des Fett- körpers, der Muskeln und des Herzens aus Mesodermzellen genau ver- folgen kann. Jene Angaben sind übrigens durch den Umstand leicht erklärlich, dass in der Regel der Dotter und später die sogenannten Wanderzellen eng dem Mesoderm anliegen, was die Untersuchung sehr erschwert und eine Verwechslung leicht möglich macht. Wenn diese in Rückbildung begriffenen Zellen aber wirklich mit der Neubildung von Organen etwas zu thun haben, warum werden sie (resp. der Nahrungs- dotter) bei manchen Insekten ganz, bei anderen theilweise in den Darm aufgenommen und hier resorbirt? Man sollte doch glauben, dass, wenn sie zur Bildung von Organen verwendet würden, dies mit allen und überall in der gleichen Weise der Fall sein werde. 6. Das Mesoderm. Herz, Fettkörper, Muskulatur. Über die Bildung des Mesoderms und seine Schicksale erhalten wir erst durch die neueren Arbeiten Aufschluss. Merschnikorr (62) hat zwar, wie ich schon erwähnte, als der Erste, die Bildung des Meso- derms durch Abspaltung vom Ektoderm bei den entoblastischen In- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 649 sekten beobachtet, er hat es aber nicht als solches erkannt und glaubte, dass es als »Extremitätenschicht« bei Bildung der Extremitäten ver- braucht werde. Kowauzvskı (43) hat zuerst die Bildung des Mesoderms bei den ekto- blastischen Insekten erkannt. Es entsteht nach ihm bei Hydrophilus, indem sich längs der Medianlinie des Keimstreifens eine Furche bildet, deren Ränder entweder oben zusammenschließen und so eine Röhre bilden, die bald solid wird und sich unter dem Ektoderm ausbreitend eine untere Zellplatte darstellt, oder indem die Zellen jederseits der Furche über dieser zusammenwachsen und sich in der Medianlinie ver- einigen, wodurch eine Zellschicht außerhalb der Zellen entsteht, welche die Furche auskleideten (im Vordertheil des Keimstreifens von Hydro- philus). Der Vorgang ist in beiden Fällen derselbe und beruht im Grunde auf Einstülpung eines Theiles des Ektoderms längs der Median- linie. Bei Apis bildet sich nach ihm das Mesoderm, indem sich ein großes Schild des Blastoderms noch vor Bildung der Embryonalhäute einsenkt und die so entstandene Rinne sich schnell schließt. Er beob- achtete die Bildung des Mesoderms durch Einsenkung auch bei den Fliegen, Käfern und Phryganiden, bei welchen sich eine tiefe, sich schließende Rinne hinten zu bilden beginnt, während bei den Bienen die Rinne am Kopfende zuerst bemerkbar wird und eben so bei den Schmetterlingen, wo sie erst nach Beginn der Bildung des Keimstreifens auftritt. KowaLevskı unterscheidet zwei Mesodermlamellen, welche durch Spaltung des nach Trennung in der Mittellinie auf die Seiten zurückgezogenen Mesoderms in den Segmenten entstehen und von denen die innere, seine Muskulatur bildend, den Darm überziehen soll, während die nalore;, die Körperwand Ubenziehendi ihre Muskula- tur und den Fettkörper bildet. Bürscati (12) beschreibt für die Biene isinbrlich, wie sich auf der Bauchseite des Eies zwei Längsfalten zuerst vorn nähern und mit ein- ander verwachsen, wodurch die einzellige Schicht zwischen den beiden Falten unter dieselben als innere Schicht zu liegen kommt. Er deutet diesen Vorgang nicht; es ist offenbar die Bildung des Mesoderms. Er konnte die innere Schicht nicht näher verfolgen, meint jedoch, dass aus ihr wohl Fetikörper, Muskulatur und Genitalien entstehen, welch erstere er aber auch zum Theil auf » Wanderzellen« zurückführt. Dourn (22) behauptet für Gryllotalpa ein Hautmuskelblatt und ein Darmmuskelblatt. Harscaer (34) giebt für die Lepidopteren an, dass das Mesoderm am Keimstreifen in zwei Bändern liegt, welche seitlich dicker sind und segmentweise Höhlen (sekundäre Leibeshöhle) enthalten. Bosrerzky (7) fand, dass bei den Lepidopteren die Bildung des 650 Emanuel Witlaezil, Mesoderms erst nach Bildung der Embryonalhäute in der von KowaLevskI beschriebenen Weise vor sich geht, indem sich längs einer Mittelrinne auf beiden Seiten sich verlängernde Zellen vom Keimstreifen abtrennen, unter demselben seitwärts verschieben, und hier seitlich je einen Längs- strang bilden, welche, bevor noch an der Oberfläche des Keimstreifens die ersten Spuren von Segmenten zur Anschauung kommen, sich der Länge nach in urwirbelartige Abschnitte theilen. P. Mayer (59) bemerkt, dass man zwar die von KowaLzvskr be- schriebene Einstülpung des Blastoderms für die des Entoderms ansehen und aus der dadurch gebildeten tieferen Schicht zuerst das Entoderm und dann das Mesoderm hervorgehen lassen könnte, dass aber diese Auffassung Schwierigkeiten biete, und glaubt, dass dadurch nur das Mesoderm gebildet wird. Nicht so GrABer (27), welcher von der Bildung des Mesoderms der ektoblastischen Insekten als von der Embolie der einschichtigen Blastula spricht, die dadurch entstandene innere Schicht als Entoderm im weiteren Sinne bezeichnet und daraus Mesoderm und zum Theil innere Keimzellen ableitet, indem solche von den Mesoderm- zellen sich loslösen sollen. Diese Bildungsweise würde auch für die entoblastischen Insekten gelten, bei welchen die Invagination an dem hakig umgebogenen Endtheil des Keimstreifens beginnen soll, während doch hier die Bildungsweise des Mesoderms eine ganz andere ist. HacckEL (32) sieht auch in der Mesodermbildung durch Einstülpung die Gastru- lation. Eine ähnliche Auffassung haben die Brüder Herrwıc (39), welche seltsamerweise finden, dass die besprochene Einstülpung am Grunde eine Öffnung hat, welche durch den Dotter geschlossen wird, der Anfangs eine vielkernige Riesenzelle repräsentirt, die erst später in viele kleine Zellen zerfällt. Weısmann (91) leitet das Mesoderm theils von der Einstülpung des Blastoderms, die er als Gastrulaeinstülpung be- zeichnet und bei Rhodites mehr quer gerichtet fand, theils aber mit Unrecht von inneren Keimzellen ab. Er möchte annehmen, dass die Gastrulaeinstülpung der Insekten, welche früher Entoderm und Meso- derm darstellte, im Laufe der phylogenetischen Entwicklung sich in zwei Hälften zerlegt hat, von welchen die Dotterzellen in der ontogenetischen Entwicklung immer weiter zurückgerückt sind. Tıenomirorr (82) fand beim Seidenwurm zwar eine an Stelle der künftigen Rückenrinne sich bildende Ektodermeinsenkung, hält sie aber für provisorisch und behauptet, dass die Zellen des Muskelblattes sich ganz einfach von denen des oberen Blattes und zwar an beliebigen Stellen, nicht nur in der Mitte des Keimblattes abschnüren. Für die entoblastischen Insekten habe ich an Aphis gezeigt, dass | das Mesoderm nach Bildung des Keimstreifens durch Abspaltung von | Entwicklungsgeschichte der Aphiden, 651 seiner ganzen Fläche erzeugt wird. Es theilt sich später auch: in der Mediane und zieht sich in zwei Streifen auf die Seiten zurück, welche wieder eine segmentweise Anordnung zeigen. Es fehlen aber an dem hier bedeutend schmäleren Keimstreifen die seitlichen mehrschichtigen Theile, welche bei den ektoblastischen Insekten vorhanden sind und segmentweise Höhlungen zur Ausbildung bringen. Die Verschiedenheiten in der Bildungsweise des Mesoderms bei ento- und ektoblastischen Insekten lassen sich auf die Verschiedenheiten in der Bildung des Keimstreifens zurückführen. Indem bei ersteren eine verhältnismäßig schmale, der Länge nach einwachsende Einstülpung den srößten Theil des Keimstreifens bildet, kann hier das Mesoderm nicht vor Bildung des Keimstreifens, es kann auch nicht durch Einstülpung gebildet werden, und es entsteht durch Abspaltung. Von den ekto- blastischen Insekten geht bei den Lepidopteren die Bildung des Mesoderms auch erst nach Bildung des Keimstreifens vor sich, bei den meisten ist sie aber zurückverlegt und beginnt vor Anlage des Keim- streifens. Dies war möglich im Zusammenhang mit der Bildungsweise des äußeren Keimstreifens durch Einstülpung einer ganzen Fläche. Die größere Breite des Keimstreifens ermöglichte aber auch die Bildung des Mesoderms durch Einstülpung eines Theiles des Ektoderms. Diese Bil- dungsweise unterscheidet sich von jener dadurch, dass dort sich der Dicke nach ein Theil des Ektoderms ablöst, während sich hier der Breite nach ein Theil des Ektoderms zu Mesoderm differenzirt. Ähnliche Ver- schiedenheiten in ihrer Bildungsweise zeigen uns die Gastrula durch Ab- spaltung und die durch Einstülpung. Die Bildung des Mesoderms der Insekten durch Abspaltung scheint aber die ursprünglichere zu sein. Dass wir es in der eigenthümlichen Bildungsweise des Mesoderms bei den ektoblastischen Insekten nicht mit der Gastrulation zu thun haben, erhellt aus den thatsächlichen Verhältnissen. Die zu Gunsten dieser Anschauung von GrABEr und den Brüdern Herrwie angeführten Thatsachen sind wohl sicher unrichtig. Diese Auffassung wird auch den Dotierzellen nicht gerecht und verlegt die Gastrulation in eine Zeit, wo thatsächlich schon Ektoderm und Entoderm angelegt sind. Sie beruht bloß auf Spekulation, indem man eine gewöhnliche Gastrula auch bei den ' Insekten finden wollte; indem der Process der Bildung des Mesoderms durch Einstülpung bei den ektoblastischen Insekten merkwürdigerweise mit jenem der Bildung der gewöhnlichen Gastrula identisch ist, so hielt man ihn für die Gastrulation, vergessend, dass auf diesen Process die Bildung so vieler Organe bei den Insekten, vor Allem auch die des Keim- streifens mit dem Amnion, usitökzefäliien ist. — Über die Bildung des Herzens bei. den Insekten haben wir. bisher 652 Emanuel Witlaezil, nur vereinzelte Angaben. Weısmann vermuthete, dass es an Stelle der Muskeln am Rücken des Embryo während des Verschlusses desselben entsteht. Ähnliche Vermuthungen haben auch Andere ausgesprochen. Nach BürscaLr’s (12) Angabe für Apis wird das Herz wahrschein- lich aus zwei Zellwülsten gebildet, welche die noch unverwachsenen Seitenwände des Körpers begrenzen. Es erscheint nach ihm als Schlauch mit einfachen zelligen Wandungen, an dessen Anschwellungen in derHöhe der Segmente sich jederseits offenbar durch Einstülpung eine sogenannte venöse Spalte bildet. Das Herz erscheint vollgestopft mit rundlichen großen grünlichen Zellen (Dotterzellen), welche schen früher zwischen jenen beiden Zellsträngen auf dem Dotter lagen, und sowohl die Blut- körperchen als auch um das Herz den Fettkörper bilden sollen. Nach Donrx (22) entsteht das Herz bei Gryllotalpa aus einer pulsirenden Membran, deren Pulsationen erst durch das Vorschreiten der langsam den Rücken überwachsenden Seitenwände des Körpers eingeschränkt werden. Wo jene überwachsen wird, gruppiren sich ihre Zellen zu Muskelbündeln, der in der Mittellinie des Rückens ge- legene Theil bleibe aber erhalten, biege sich rinnenförmig gegen den Dotter und eine ähnliche dort befindliche Membran ein und bilde durch Zusammenwachsen der Ränder dieser Rinne eine geschlossene Röhre: das Herz. Die Spaltöffnungen sollen in einer sehr eigenthümlichen Weise in der Mitte der Segmente entstehen. Ob aus hier vorhandenen Wander- zellen die Peritonealhäute des Herzens oder Blutkörperchen gebildet werden, konnte er nicht feststellen. Nach Tıcuonikrorr’s (82) Angabe für Bombyx mori entstünde das Herz, indem die Mesodermplatten gegen den Rücken zu den Mitteldarm nicht ganz umwüchsen, sondern eine divergirende Richtung annehmend und erst unter dem Rücken sich wieder einander zuwendend und mit einander verwachsend den betreffenden Kanal bilden würden. Es soll daher das Herz, indem um diese Zeit das Epithel des Darmes am Rücken noch nicht verwachsen ist, Anfangs mit der Höhlung des Darmes in Zu- sammenhang stehen. Ich fand bei Aphis, dass das Herz und die Aorta aus einem Strang von Mesodermzellen gebildet werden, welcher Anfangs solid, durch Theilung seine Zellen vermehrt und, indem er sich aushöhlt, wahr- scheinlich die Blutkörperchen entstehen lässt. Die venösen Ostien fand ich hier an der Grenze je zweier Segmente des Abdomens. — Meine Be- obachtungen stimmen hierin, wie auch in manchen anderen Punkten, mit den Angaben Bosrerzky’s über die Crustaceen überein. BoBrETzkKY fand nämlich (seine Mittheilung ist leider in einer russischen Arbeit gegeben; ich entnehme diese Notiz aus Barrour’s Handbuch der Embryologie) bei Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 653 Astacus und Palaemon auf dem Stadium, bevor das eigentliche Herz auftritt, an dessen Stelle eine solide Masse von Mesodermzellen, von welcher er vermuthet, dass das Herz aus ihr hervorgeht. Diesen Beobachtungen stehen jene Angaben gegenüber, dass das Herz durch Faltenbildung entstehe. Die beiden diesbezüglichen Angaben stimmen aber auffallender Weise nicht mit einander überein, indem nach der einen die betreffende Falte der Mesodermlamelle ventralwärts nach der anderen dorsalwärts gekehrt ist. Was bei der Angabe von Dourn den Zweifel noch besonders verstärkt, ist die sonderbare Bildungs- weise der venösen Ostien, während wieder Tıcuomirorr eine merkwür- dige anfängliche Kommunikation des Herzens mit dem Darme behauptet. Beide Angaben finden sich übrigens in kurzen Arbeiten ohne Abbil- dungen. Die Angaben Bürscaur's und Donrn’s, dass sich im ausgebildeten Herz Doiterzellen finden, enthalten nichts Unwahrscheinliches, da das- selbe ein beiderseits sffener Schlauch ist. Fettkörper und Muskulatur haben manche Forscher theilweise, no mit Unrecht von Dotterzellen abgeleitet. Sonst finden wir über den Fett- körper schon bei H. Meyer (65) eine freilich schlechte Angabe, wonach bei den Raupen die Lappen des Fettkörpers aus je einer Zelle bestün- den, welche manchmal Tochterzellen in sich zur Ausbildung brächten. ' Weısmann (87) giebt für die Dipteren an, dass der Fettkörper schon ı im Ei aus der tiefen Zellschicht des Embryo gebildet wird, dass ihm aber im Ei noch die Fetitropfen fehlen. Merscunikorr (62) giebt für Apbis die Bildung des Fettkörpers als eine sehr frühzeitige an, indem er die noch nicht weiter differenzirten Mesodermzellen für Fettzellen an- sah, während sie nach ihm bei Aspidiotus außerhalb des Embryonal- lebens fallen soll. Ich fand bei den Aphiden, dass der Fettkörper sich ‚ erst spät aus dem Mesoderm differenzirt, aber beim reifen Embryo schon ‚ Fetttröpfchen enthält. Die Muskeln entstehen nach Weısmann (87), indem hinter einander | gelegene Zellen des unteren oder oberen Blattes mit einander verschmel- ‚ zen. Die Querstreifung konnte er im Embryo noch nicht finden, obwohl \ er schon Kontraktionen wahrnahm. METscHniIkorr (62) lässt die Muskeln ) aus dem unteren Blatte in der von Weısmann beschriebenen Weise ge- ‚ bildet werden. Nach Bürscatı (12) bilden sich die Muskeln zuerst an der Bauchseite in der schon beschriebenen Weise, indem sich Mesoderm- ‚zellen in Reihen sammeln. Ich kann auch nicht mehr angeben. Nur ‚ will ich bemerken, dass ich bei Aphis, so wie die Anlage des Meso- | derms auch die hung der besprochenen Mesodermgebilde am ani- | malen Pol beginnend fand. 654 - Emanuel Witlaezil, 7. Keimwülste, Segmente, Extremitäten, Leibeshöhle. Schon Zanvaca (93) hat auf die Keimwülste aufmerksam gemacht, in welche der Keimstreifen vor Anlage der Organe durch eine mediane Furche getheilt wird. Weısmann (87) macht bei den Musciden die An- gabe, dass sich die Keimwülste gänzlich von einander trennen, was aber seine Zeichnungen nicht beweisen. METSCHNIKOFF (62) leugnet dies daher bei Simulia mit Recht. Seitdem begegnen wir fast allgemein der An- gabe von Keimwülsten, aber es wird bemerkt, dass die Furche, welche in der Mittellinie des Körpers verlaufend, die Keimwülste von einander sondert, vorn sich gable, indem sie die Anlage des Vorderkopfes zwischen sich Jasse und seitlich die Seitenplatten abtrenne. Diese stoßen aber vor dem Vorderkopfe an einander und sind hier auch durch eine Furche ge- trennt, welche im Vorderkopfe zwar meist nicht besonders scharf her- vortritt, aber nach meiner Überzeugung als die Fortsetzung der Mittel- furche des Körpers betrachtet werden muss, so wie ja die Seitenplatten als Fortsetzungen der Keimwülste zu betrachten sind. Diese sind nichts Anderes, als die beiden symmetrischen Hälften des Keimstreifens, in welche derselbe durch jene Mittelfurche getheilt wurde. Die Theilung ist aber das früheste Zeichen der paarigen Anlage der Organe und ist wohl durch ein Fortwachsen des Keimstreifens in zwei von vorn nach hinten parallel verlaufenden Linien zu erklären, während der dazwischen liegende Theil im Wachsthum zurückbleibt. WeEIsMann giebt an, dass bei den Musciden die Ursegmente (eine auch von LEuckKART acceptirte Bezeichnung Zanpach's) sich rasch von vorn nach hinten vorschreitend bilden. DieSegmentirung geht auch bei Aphis von vorn nach hinten vor sich, wird aber bald durch die sich ausbildenden Segmentanhänge verdeckt. Sie ist durch Querfaltung der Keimwülste und Sonderung des Mesoderms in Ursegmente bedingt. Diese zeigen bei den ektoblastischen Insekten in einer verdickten seit- lichen Partie, welche den entoblastischen Insekten fehlt, Höhlungen, welche wohl als Andeutung einer nicht zur Ausbildung kommenden | sekundären Leibeshöhle zu betrachten sind. KöuLiker (42) nahm noch an, dass der Lippenrand des Keimströifeng sich zurUnterlippe umgestalte, während Zanvacn glaubte, dasseinetiefe Falte der Keimwülste dieselbe bilde. Weısmann und Huxrzy (40) fanden aber bereits, dass die Unterlippe aus den verwachsenen zweiten Maxillen entsteht. Seitdem ist diese Bildungsweise der sich weiter verschieden gestaltenden Unterlippe für die Insekten allgemein nachgewiesen, wäh- | rend Mandibeln und erste Maxillen auch in den verschiedenen Ord- E| nungen eine verschiedene Ausbildung resp. Rückbildung erfahren. Entwicklungsgesehichte der Aphiden. 655 Nach Weısmann sollten die Antennen aus dem Faltenblatt ent- stehen. METSCHNIKOFF giebt aber bereits an, dass die Antennen peri- pherische Auswüchse der Seitenplatten sind und bemerkt, dass sie dicht vor den Mandibeln liegen und desshalb, wie schon Zanpach er- örtert hat, als postorale Anhänge erscheinen. BaLrour hebt hervor, dass die Antennen Anfangs eine ventrale Lage haben und möchte sie den paarigen Fortsätzen des praeoralen Lappens der Chaetopoden ver- gleichen. Der Vorderkopf ist nach Merscanikorr bei Gorixa ein konischer Zapfen. Für Gorixa und Aphis giebt er an, dass die Thorakal- extremitäten früher deutlich erkennbar werden, als die Mund- extremitäten, während die Antennen bestimmt erst nach den Mund- gliedmaßen angelegt werden. Die Wachsthumsrichtung der Beine giebt er wie allgemein als Anfangs nach außen und etwas nach hinten, später nach innen und hinten gerichtet an. Die von ihm an den Abdo- minalsegmenten von Aphis und Gorixa gefundenen Ausbuchtungen hält er für die Andeutung von Abdominalgliedmaßen, wie sie auch bei Spinnen und dem Skorpion nachgewiesen wurden. Nach Branpr (8) entstehen die drei hinteren Extremitätenpaare bei Galopteryx und Agrion früher als die drei Mundextremitätenpaare ı und darauf entstehen Antennen und Vorderkopf. Seine Zeichnungen beweisen aber das Erstere nicht so recht; er scheint seinen Ausspruch ‚ auf einen älteren Embryo gegründet zu haben, der allerdings die hinteren , Extremitäten länger zeigt, weil diese eben stärker wachsen, als die ‘ Mundextremitäten. Dasselbe Bedenken gilt für die Angabe von Grimm (34), dass beiDocuphorus die Beine vor den Mundextremitäten ent- ; stehen, welche Bildungsweise auch Mzınıkow (64), der die Bildung der- ‚ selben nicht genau ’verfolgen konnte, vermuthet. Beide geben an, dass | die Antennen nach den Mundextremitäten entstehen. Bürscauı (12) glaubt, dass bei Apis die Segmentanhänge gleich- ‚ zeitig entstehen und giebt an, dass kein Segment ohne Andeutung eines Anhanges isi. Nach Kowauzvski.(43) treten bei Hydrophilus die Ex- ‚ tremitäten gleichzeitig auf, während bei Apis zuerst die drei Paar Seg- mentanhänge des Kopfes, etwas später die Antennen und zuletzt die drei ‚ Beinpaare entstehen. Der Vorderkopf soll bei den von ihm untersuchten ‚ ektoblastischen Insekten paarig angelegt werden. Nach Harscark (34) ‚ entstehen bei den Lepidopteren die Extremitäten, die Antennen und ‚der paarig angelegte Vorderkopf als taschenförmige Ausstülpungen des ‘Keimstreifens, dort wo das Mesoderm einschichtig ist. 0 SEMPER (78) hat ein Gesetz aufgestellt, wonach bei den gegliederten 'Tbierklassen der: Rumpf in der Regel früher aufträte, als der Kopf. Bei Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XL. Bd. Ah 656 Emanuel Witlaczil, den Insekten soll freilich das Zeitintervall zwischen Bildung von Rumpf und Kopf ungemein verkleinert sein. Er kann aber hier zur Unterstützung seines Gesetzes nur auf zweifelhafte Angaben hinweisen. Ich fand bei den Aphiden bald nach dem Auftreten der Segmente ziemlich gleich groß sowohl Mundextremitäten als Beine, und etwas später auch an den Abdominalsegmenten kleine ventrale Ausstülpungen, welche wohl als Anlagen von Extremitäten zu betrachten sind. Es scheint also, dass die Bildung der Extremitäten von vorn nach hinten, wenn auch im Anfang sehr rasch, vor sich geht. Die Antennen treten etwas später als die Mundextremitäten deutlich hervor. Es sind dies Auswüchse der Seitenplatten, daher praeorale Anhänge, obwohl sie meist seitlich vom Mund liegen. Der sich zugleich mit den Antennen ausbil- dende Vorderkopf entsteht aus dem mittleren, unmittelbar vor dem Munde gelegenen Theile des praeoralen Segmentes und ist bei den Aphiden, wie überhaupt bei den entoblastischen Insekten, von Anfang an unpaar. Vielleicht könnte man seine scheinbare anfängliche Paarigkeit bei den ektoblastischen Insekten dadurch erklären, dass derselbe durch die Mittelfurche des Körpers in der Mediane eingeschnürt erscheint. Jedenfalls haben wir es hier auch schon der Lage nach mit keinem Ex- tremitätenpaare zu thun. Die vermuthlichen Extremitätenanlagen der Abdominalsegmente sind schon von mehreren Forschern angegeben worden, kommen, nach sonstigen Angaben und den Abbildungen der Autoren zu urtheilen, vielleicht allgemein bei den Insekten vor, und treten gleich nach den Thorakalextremitäten auf, nur dass sie später bei Kontraktion des Keimstreifens schärfer hervortreten. Die aus scheinbar gewöhnlichem Mangel oder spätem Auftreten abgeleiteten Bedenken Barrour’s (5) gegen die Annahme, dass sie alle in die Kategorie der . Beine gehören, scheinen mir däher unbegründet zu sein. Alle die erwähnten Anhänge des Körpers entstehen durch Aus- - stülpung der Ektoderm- und darunter liegenden Mesodermlamelle und enthalten demgemäß diese zwei Schichten, von welchen später erstere die Haut, letztere die Muskulatur bildet. Noch ehe diese entstanden ist, befindet sich innerhalb der betreffenden Schicht des Mesoderms in jedem Anhange eine unbedeutende Höhlung, eine Fortsetzung der Leibeshöhle des Insekts. Die Flügel entstehen durch Ausstülpung des Ektoderms der Haut. Die Leibeshöhle der Insekten ist eine primäre, indem sie aus der Furchungshöhle hervorgeht. Das Insektenei erfährt nämlich, wie allge- mein angegeben wird, zu Beginn der Entwicklung eine Zusammen- ziehung, welche vor der Blastodermbildung das Zurücktreten des Eies vom Chorion an den Polen, nach derselben die Bildung von Polräumen nn nn nn Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 657 zwischen Blasioderm und Dotter zur Folge hat. Letztere, zwischen Ekto- und Entoderm gelegen, sind offenbar als Furchungshöhle zu betrachten. Diese setzt sich zwischen Dotter und Keimstreifen fort und erstreckt sich in die Ausstülpungen der beiden Schichten des Keimstreifens. Sie erhält sich zwischen den aus dem Mesoderm und Ektoderm gebildeten Organen, indem sie die später von Blut erfüllten Lakunen bildet, und repräsentirt uns mit einem Wort die definitive Leibeshöhle. Sie umgiebt auch den ganzen Embryo unter der Serosa, welcher Theil beim Ver- schluss des Rückens sich von dem übrigen sondert. Da Keimstreifen und Amnion durch eine Einstülpung des Blastoderms gebildet werden, so kommt endlich noch bei Verschluss dieser Einstülpung eine besondere, aus einem Theil der Höhlung des betreffenden Faches der Eiröhre her- vorgegangene, zwischen Embryo und Amnion gelegene Höhle zur Son- derung, welche Embryonalhöhle benannt worden ist. 8, Darmkanal. Nach den früheren Angaben, so z. B. noch nach der von WeEIsMmanN (87), sollte der Ösophagus und der Enddarm dadurch entstehen, dass eine Spalte zwischen den Keimwülsten sich mit Embryonalzellen umgäbe, welche durch Spaltung der tieferen Zellschicht entstanden wären. Der Mitteldarm entstünde nach der Annahme von KöLLıker (42) und LEUCKART (52) aus dem Muskelblatt durch Fortsetzung desselben Spaltungspro- cesses, von welchem sie die Bildung von Ösophagus und Enddarm ab- leiten. Zappach (93) aber und Weısmann sind der Ansicht, dass die Wandung des Mitteldarmes wahrscheinlich durch Umhüllung des Dotters mit einem Blastem, in dem sich Zellen bilden, entsteht. LeuckArT, Weis- mann und Andere betonen einen Unterschied der Bildungsweise des Mitteldarmes von derjenigen der Endabschnitte des Darmes, ohne dass sie seine Bildungsweise selbst beobachtet hatten. Letzterer hebt das ’ von jenem der Endabschnitte des Darmes verschiedene Aussehen der hellen Wandung des Dottersackes hervor, das doch wohl, vorausgesetzt, dass Weismann wirklich das Darmepithel und nicht an der Oberfläche des Dotters hervortretende Dotterzellen gesehen hat, schon dadurch Er- klärung fände, dass das Epithel des Mitteldarmes eine in Resorp- tion egföiffene Dottermasse umbüllt. Die Wandung des Darmes soll nach Weısmann Anfangs eine mehrfache Lage lose auf einander geschichteter Embryonalzellen besitzen, welche später in eine Lage aus einander rücken, auf der Innenseite eine struk- turlose Intima abscheiden und auf der Außenseite erst nachträglich von einer Anfangs sehr dünnen Muskelhaut überzogen werden würden. Er 44% 658 Emanuel Witlaezil, betont früheren Forschern gegenüber, dass die drüsigen Anhänge des Darmes (sie sollen aber noch im Anfang mehrschichtig und solid sein) bei den Insekten nicht durch Abspaltung in ihrer ganzen Länge aus dem tiefen Keimblatt, sondern durch Auswachsen und, wenn man will, Aus- stülpen der Darmwand (wie bei den Wirbelthieren) ‘entstehen. Bei Musca entstehen nach ihm die Marrıicarschen Gefäße in der Zahl von vier zu zweien beisammen. METscHnIKoFF (62) erkannte die Bildungsweise des Ösophagus durch Einstülpung, während er für den Enddarm nur angiebt, dass er auf selbständige Weise entsteht. Dieser soll übrigens zwei Zellschichten zei- gen. FürSimulia behauptet er, dass der Mitteldarm nicht aus der inneren Schicht des Keimstreifens entsteht, lässt aber unentschieden, wie er gebil- det wird. Bei Gecidom yia giebt er die Zahl von zwei Paar MarricaHI- scher Gefäße an, welche aber Anfangs aus je einer soliden Zellreihe be- stehen sollen, die er sich durch Zusammenkleben von Embryonalzellen bilden lässt. Bei Aphis soll sich der Mitteldarm bilden, indem wenige Zellen, welche er als Homologon des Schleimblattes ansehen möchte, sich in der Mittellinie des Körpers sammeln und später wahrscheinlich durch Schließung einer Rinne einen röhrenförmigen Strang bilden. Bei Aspidiotus ist der Darmkanal ganz kurz und dabei repräsentirt sein größter Theil den Enddarm, wie man aus der Einmündung der Maır- pıcarschen Gefäße schließen kann, »so dass man sogar die Frage auf- stellen muss, ob denn überhaupt bei dieser Hemiptere ein Mitteldarm vorkommt ?« Nach MELnıkow, Grimm und Branpr entstehen Ösophagus und End- darm durch Einstülpung. Eben so nach Ganın (25). Während nach diesem beiFormica Ösophagus und Enddarm lange Röhren vorstellen, die mit geschlossenen Enden dem Dotter anliegen, ist dieser noch nicht mit zelligen Elementen bedeckt. Er konnte nicht bestimmen, ob die ‘durch ihre fünfeckige Form und ihre bedeutende Größe von den Zellen des Enddarmes und des Ösophagus abweichenden Zellen der später entstehenden Dotterblase durch freie Zellbildung, oder von den Zellen des Enddarmes oder Ösophagus ihren Ursprung nehmen. Die Marrichr- schen Gefäße sollen nach ihm wieder als solide zellige Fortsätze des beim Ausschlüpfen des Ameisenembryo noch blinden Endes des Enddarmes entstehen. — Wie ich aus einer Bemerkung in der Arbeit von P. Mayer entnehme, giebt übrigens GAnın in einer russischen Arbeit für Blatta an, dass das Darmdrüsenblatt (will sagen der Mitteldarm) aus den Ein-_ stülpungen des Ösophagus und Enddarmes hervorgeht. Nach Kowaevskı (43) entstehen Ösophagus und Enddarm durch Einstülpung, während die Mitteldarmwandung durch eine von der unte- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 659 ren Mesodermlamelle sich abspaltende Schicht gebildet werden soll, welche von den Seiten aus den Dotter umwüchse und sich zuerst am Rücken und zuletzt unten schlösse. Bei Apis ist der Dotter von einer festen Haut umgeben, welche vielleicht als eine Verschmelzung des Protoplasmas der im Dotter liegenden Zellen anzusehen ist. Seine Figur 16 über Apis zeigt einen Embryo von der Seite, welcher deutlich erkennen lässt, wie die hintere Darmeinstülpung sich ganz allmählich auf den Dotter fortsetzt. Bei den Lepidopteren sind nach ihm Öso- phagus und Enddarm sehr lang, so dass nur ein sehr kleiner Theil des Darmkanals, der einen kleinen Theil des Dotters einschließt, zum Mittel- darm wird. «Die Marricar'schen Gefäße entstehen bei Hydrophilus als zwei geschlängelte Gefäße, welche nahe dem hinteren Körperende in den Darm und zwar nach der Zeichnung in den bereits unten geschlos- senen Mitteldarm einmünden. — Die letzten Angaben scheinen alle dafür zu sprechen, dass auch hier der Mitteldarm nur ein Theil von Enddarm und Ösophagus ist. Bürscas (12) giebt für Apis an, dass Ösophagus und Enddarm durch Einsiülpung, der Mitteldarm aber wie ein Abguss um den Dotter entstehe. Die Zellschicht des Mitteldarmes scheint ihm in der Nähe der Enden des Keimstreifens ihren Ursprung zu nehmen, weil sie hier meist an Dicke voraus ist, was wieder für die eben betrefis der Angaben Ko- WALEVSKIsS ausgesprochene Auffassung ins Gewicht fällt. Er ist der Meinung von Zandach und Weısmann, dass diese Schicht wahrscheinlich wie das Blastoderm durch freie Zellbildung entstehe, indem auf dem Dotter ein feinkörniges Blastem erscheine. Gegen die Auffassung von KowALEvskı spricht, dass der Dotter um diese Zeit weit vom Keimstreifen zurückgezogen ist und die betreffende Bildung auf der Rückenseite be- sinnt. Das blinde Ende des Ösophagus bläht sich birnförmig auf und erst am Ende des Eilebens wird die Verbindung mit dem Mitteldarm hergestellt. Die Marrısar’schen Gefäße erscheinen jederseits zu zweien, Anfangs getrennt, sich aber bald auf gemeinschaftlicher Basis erhebend, von Anfang 'an mit deutlichem Lumen. Er ist in Zweifel, ob er nicht die Marpıcar’schen Gefäße für den Tracheen homolog ansehen soll, da diese mit Tracheen und Speicheldrüsen zusammen (bei Apis) dreizehn Paare Hauteinstülpungen geben, eben so viele als Rumpfsegmente vor- handen sind. Auch Donrn (22) lässt den Mitteldarm aus Dotterzellen entstehen und giebt an, dass bei einigen Hymenopteren (Ameisen) der , Durchbruch des Hinterdarms in den bereits funktionirenden Mitteldarm erst am Ende des Larvenlebens erfolgt. Die Marrıicar’schen Gefäße ent- stehen nach ihm als zwei getrennte Ausstülpungen des Hinterdarmes bei 660 | Emanuel Witlaczil, Gryllotalpa, Ameisen und Bienen. Bei dem ersteren Insekt ver- schmelzen die beiden später zu einem ziemlich langen Gang, und durch Wucherungen desselben, welche Anfangs solid sein sollen, entsteht eine Unzahl solcher Gefäße. | Hırscuek (34) giebt für die Lepidopteren an, dass der Öso- phagus und etwas später der Enddarm durch Einstülpung angelegt wer- den und dass beide Einstülpungen von Anfang an mit Mesoderm ver- sehen sind, das bei ersterem eine dorsal liegende Masse bildet, während es letzteren von Anfang an ganz überzieht. Das Hinterende des Öso- phagus plattet sich am Mitteldarm tellerförmig ab, der mittlere Theil wird membranartig dünn und bricht später gegen den Dotter durch. Der Mitteldarm soll aus einer problematischen Zellmasse entstehen, welche schon früher, aus kleinen, seither groß gewordenen Zellen bestehend, vorn am Keimstreifen vorhanden war und die er als Entoderm bezeich- net. Die von ihm auf seinem ersten Stadium beobachtete Zellmasse dürfte wohl Mesoderm gewesen und mit dem späteren Gebilde nicht identisch sein. Die Marricur'schen Gefäße entstehen als Ausstülpungen des Enddarmes in der Zahl von sechs, wovon je drei gemeinsam münden. | GrABER (27) hält es für möglich, dass das Darmdrüsenepithel aus den inneren Keimzellen hervorgehe und eben so meint neuerdings Weısmann (91), dass der Mitteldarm um den Überrest des Doiters wahr- scheinlich aus den inneren Keimzellen sich bilde. Auch Barrour (5) stimmt dieser Auffassung zu. TicHomirorr (82) hingegen wiederholt, trotz der seither dagegen geltend gemachten Bedenken, die Angabe Kowaıevskis, dass das Epithel des Mitteldarmes auf Kosten des Meso- derms entstehe. Ich habe für Aphis gezeigt, dass der Darm lediglich von einer vorde- ren und einer hinteren Ektodermeinstülpung, für welche ich die von Bır- Four vorgeschlagenen Bezeichnungen Stomodaeum und Prokto- daeum annehme, ohne Dazutritt eines besonderen Mitteldarmabschnittes gebildet wird. Aus dem Stomodaeum entsteht Ösophagus und Magen, aus dem Proktodaeum Dünndarm und Enddarm. Beide Einstülpungen sind von Anfang an mit Mesoderm überzogen, das später die Muskeln bildet. Das Stomodaeum entsteht, wie allgemein, im Zusammenhang mit der am vorderen Ende des Keimstreifens etwas vorauseilenden Diffe- renzirung, früher und liegt hinter dem Vorderkopf und vor den Man- dibeln.. Das Proktodaeum entsteht bei den entoblastischen Insekten und: vielleicht allgemein aus dem hakig nach unten umgebogenen, äußersten hinteren Ende des Keimstreifens. Das von BaLrour angegebene Merk- mal, dass Ösophagus und Enddarm mit einer chitinigen, dem Mittel- + Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 661 darm, der eine andere Bildungsweise hätte, nicht zukommenden QCuticula versehen sind, welches auf ihre Bildungsweise schließen lassen soll, kommt auch den Aphiden zu und ist durch die Funktion der Darmab- schnitte und nicht durch ihre Bildungsweise bedingt. Ich glaube, dass die von mir für Aphis festgestellte Bildungsweise des Darmes wahrscheinlich für alle Insekten Gültigkeit hat. Viele der oben mitgetheilten von Anderen beobachteten Thatsachen sprechen dafür und die anderen über die Bildung des Mitteldarmes gemachten Angaben scheinen mir keinen sehr ernsten Einwand dagegen zu bilden. Die Bildung des Mitteldarmes ist bisher überhaupt noch nicht genau beobachtet worden. Mehr spekulativ sind zwei Ansichten aufgestellt worden, von welchen die eine die Mitteldarmwandung vom Mesoderm ableitet, eine Ansicht, gegen welche neben Anderem das spricht, dass oft eine Dottermasse zwischen Keimstreifen und Mitteldarmwandung er- halten bleibt. Die andere Ansicht leitet die Mitieldarmwandung von den Dotterzellen her, welche, indem sie ihre Dotterkörnchen und zwar zuerst an der Oberfläche der in den Darm aufzunehmenden Dottermasse ver- lieren, und in einer Schicht den noch nicht alterirten Dotter umgeben, scheinbar eine Zellwand um denselben bilden. Einzelne Autoren, so z. B. Bürscarı, geben aber an, dass außer dieser Schicht das Mitteldarm- epithel sich befindet, und jene Zellen, in welche sich ja nach und nach der ganze Dotter verwandelt, unter diesem später verschwinden. Man hat hier also wohl den Vorgang der Auflösung des Dotters, wobei zu- nächst seine Zellen kenntlicher werden, mit der Bildung des Mitteldarmes verwechselt. Wenn der in Rückbildung begriffene Dotter diese Aufgabe hat, warum nimmt er dann nicht bei allen Insekten, z. B. auch bei den Apkiden und Cocciden, an derselben Theil? Die Angaben, dass Zellen. zweifelhafter Provenienz den Mitteldarm bilden, sind nicht von Bedeutung, und die Behauptung, dass die betreffenden Zellen durch freie Zeilbildung entstünden, beruht wohl auf irrthümlicher Deutung des Her- vortretens der Dotterzellen. Dafür, dass allgemein bei den Insekten auch der Mitteldarm vom Ektoderm gebildet wird, spricht noch das Verhalten in mancher anderen Abtheilung des Thierreichs. So entsteht nach mehrfachen Angaben der Mitteldarm bei den Crustaceen, speciell Decapoden, durch eine sekun- däre Einstülpung des Ektoderms und bei den Isopoden nach Bo- BRETZKY (97) der Hauptsache nach, wenn nicht ausschließlich vom Prokto- und Stomodaeum. Eben so entsteht wohl bei den Wirbelthieren, welche in der Entwicklung so viele Analogien mit den Insekten auf- weisen, der Darm sekundär vom Ektoderm aus. Durch eine Bezeich- nung der betreffenden Schicht als sekundäres Entoderm, gegenüber dem 662 Emanuel Witlaczil, primären, welches wohl ohne Zweifel die Dotterballen repräsentiren, wird an der Sachlage nichts geändert. Die Mırricatschen Gefäße entstehen in verschiedener Anzahl meist aus zwei symmetrisch gelegenen Ausstülpungen des Darmes. Sie ent- stehen durch Ausstülpung und sind von Anfang an hohl. Als Homologa der Tracheeneinstülpungen sind sie wohl kaum anzusehen. Das für Bürschzı bestechende Zahlenverhältnis ist in der Regel nicht vorhanden. Meist entstehen übrigens, wie schon erwähnt, die vier oder mehr vor- handenen Marricutschen Gefäße von nur zwei Auswüchsen. Bei den Psylloden aber sind vier gänzlich von einander durch Zwischenräume getrennte, hinter einander entspringende Marpicnr’sche Gefäße vorhan- den. Es wäre auch eine kolossale Lageveränderung, die die betreffen- den Hauteinstülpungen von der äußeren Körperoberfläche bis weit in das Proktodaeum, also in ein, wenn auch von der Haut angelegtes, so doch besonderes Organ durchgemacht hätten. 9. Tracheen, Speicheldrüsen, besondere Drüsen, Haare. Cuticula. Die Tracheen sollen nach H. Meyer (65) entstehen, indem longitudi- nal angeordnete Zellen sich zu einem Schlauch vereinigen, und eine darin entstandene strukturlose Intima durch Reißen den Spiralfaden erzeugt. Die Enden dieses lagern sich in sternförmigen Zellen ab. Die größeren Tracheenstämme sollen noch eine zweite, äußere, zellige Hüllhaut be- sitzen, welche in ähnlicher Weise wie die äußere Haut des Ovariums entstehen würde. Schon Leypıe (107) zeigte, dass der Spiralfaden durch partielle Verdickung der Anfangs gleichmäßigen Intima entsteht, welche in den verschmolzenen Zellen abgeschieden wurde, und diese Angabe wird von allen späteren Forschern bestätigt. Leuckarr (52) und auch Weıs- MANN (87) glauben aber noch, dass die Tracheen in ihrer ganzen Länge auf einmal durch Abspaltung aus der tieferen Zellschicht entstehen. Weısmann scheint anzunehmen, dass die äußere Haut H. Meyer’s ein accessorisches Gebilde ist, welches nicht nur den dicken Stämmen zu- kommt. Die Endigungen der Tracheen entstehen auch nach ihm so, wie sie H. Meyer beschrieben hat und auch Senrer (77) vermuthete. — Die älteren Forscher und ebenso WEısmann konnten die Bildung der Speichel- drüsen nicht verfolgen, Letzterer bemerkt aber, dass sie gemeinsam am hinteren Mundrande ausmünden und wahrscheinlich selbständig ange- legt werden. Nach Ganım (25) sollen bei Formica, Myrmica und auch den Schmetterlingen die Speicheldrüsen sich bilden, indem eine unpaare Einstülpung am Hinterrande der Mundöffnung, welche später Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 663° zu einer langen Röhre werde, an ihrem Ende als zellige Ausstülpungen dieselben entstehen lasse. Kowarzvskı (43) giebt bereits an, dass die Tracheen bei Hydro- philus als große Einstülpungen seitlich vom Nervenstrang in den Seg- menten entstehen, und dass dieselben später durch Verwachsung die Tracheenstämme entstehen lassen. Bei Apis enisieht nach ihm an der Innenseite des dritten Paares der Mundextremitäten durch Einstül- ‘ pung je eine Öffnung, welche in eine ziemlich lange Röhre führt. Später, bei Verwachsung der beiden zweiten Maxillen zur Unterlippe, entsteht eine Tasche, in welche diese beiden Drüsenschläuche einmünden. Nach Bürscauı (42) entstehen die Tracheen bei Apis, ehe der Keimstreifen noch deutlich Segmentanhänge zeigt, in der definitiven Zahl von zehn Paaren vom zweiten bis elften Rumpfsegment. Ihre Einstül- pungen sind Anfangs seicht und werden später taschenförmig. In der Richtung der Querdiagonale der Taschen entstehen später die Bauch- und Rückenäste der Tracheen, in der Richtung der Längsdiagonale die Längsäste, welche sehr bald zu den Längsstämmen verschmelzen. Die Endverzweigungen der Tracheen entstehen auch nach ihm in spindel- förmigen oder in mehrere Fortsätze auswachsenden Zellen, in welchen die feinsten ‚Chitinröhrchen endigen. Er betont die Ähnlichkeit der Tracheeneinstülpungen mit den Segmentalorganen der Anneliden. — Wenn sich die zweite Maxille ausgebildet hat, wird an ihrem Hinter- rande eine ähnliche Einstülpung bemerkbar, wie die der Tracheen. Sie wächst jedoch in Gestalt eines Schlauches nach hinten und liefert die Spiendrüse der Larve. Wenn später die zweiten Maxillen nach innen und, oben zusammenrücken, um endlich zur Unterlippe zu verschmelzen, lassen sie zwischen sich und der darunter liegenden Körperhaut einen engen Kanal, welcher zwischen den ersten Maxillen ausmündet: der unpaare Ausführungsgang der Spinndrüsen. Diese hält Bürscazz den Tracheen für homolog. Sie entsprechen aber jedenfalls nicht denjenigen des ersten Thorakalsegmentes, wie er annimmt, indem er bemerkt, dass Speicheldrüsen, Tracheen und Marrıcarsche Gefäße zusammen in der Anzahl 43 der Rumpfsegmente von Apis vorkommen. Dern bei den: Larven verschiedener Insekten sind die Tracheen des ersten Thorakalsegmentes und auch Speicheldrüsen im zweiten Maxillar- segmente vorhanden. Nach Harscazr’s (34) Angabe für die Lepidopteren sollen auch an den drei sekundären Kopfsegmenten und zwar an dem Mandibel- segmente mehr an der Hinterseite der Extremität, bei den zwei Maxillen- segmenten aber aus Faltenbildungen an der äußeren Seite der Extremi- täten Tracheen entstehen. Diese abweichende Bildungsweise wäre jeden- 664 Emanuel Witlaezil, falls auffällig. Sonst giebt er die Tracheeneinstülpungen als taschen- förmig an. Sie bilden durch Verwachsung von Ausbreitungen die Längs- stämme, während jene vermeintlichen Kopftracheen später verschwinden. HarscHek führt die Tracheen auf Oberflächenvergrößerung respirato- rischer Hautstellen zurück, indem ihm die Annahme Moseızy’s- (107), dass die Tracheen aus Hautdrüsen durch Funktionswechsel entstanden seien, gezwungen erscheint. Unter Umständen, z. B. bei Änderung der Lebensweise, scheint mir aber die Annahme Moseıezy’s einfacher zu sein, als die von Hartscaek postulirte totale Neubildung. Falls Speichel- und Spinndrüsen den Tracheen homolog sind, so spricht dies auch noch für die Annahme Moserry’s, indem uns homologe Organe in verschiedener Funktion, wovon die eine mehr an die ursprüngliche erinnert, entgegen treten. Die Speicheldrüsen entstehen nach HarscHek als ganz kurze Röhren am Mandibelsegmente am inneren vorderen Winkel der Man- dibeln und sind als Hautdrüsen zu betrachten. An derselben Stelle stülpen sich am zweiten Maxillensegmente die Spinndrüsen ein. Speichel- und Spinndrüsen sind homodyname Organe und bei Insekten mit drei Paaren Speicheldrüsen entwickelt sich wohl das dritte Paar am ersten Maxillensegmente. Nach Tıenomirorr’s (82) wohl richtiger Deutung sind die vermeint- lichen Kopftracheen Harscaer’s die Anlagen verschiedener Theile des inneren Kopfskelettes, welches nach seiner Beschreibung mit dem von mir für die Phytophthires beschriebenen große Ähnlichkeit hat. Die Spinndrüsen der Lepidopteren entstehen nach seiner Angabe gleich- zeitig mit den Tracheen und gleichen ihnen vollständig. BaLrour (5) betont, dass die Tracheen immer außen von den Glied- maßen entstehen und glaubt auch, dass Speichel- und Spinndrüsen mit den Tracheen von gleichem Ursprung sind, indem sie an den Man- dibeln und zweiten Maxillen paarig entstehen und erst sekundär unpaar werden. Ich fand bei Aphis die Tracheenanlagen erst verhältnismäßig spät nach Anlage der Extremitäten, was wohl darin seine Ursache hat, dass hier, wie allgemein bei den entoblastischen Insekten, der Keimstreifen sehr schmal ist und seitlich nicht über die Extremitätenanlagen hinaus- reicht, so dass für die Tracheen erst Platz gewonnen wird, nachdem vom Keimstreifen aus die Seitenwände des Körpers gegen den Rücken zu wachsen beginnen. Das frühe Auftreten der Tracheen bei den jünge- ren ektoblastischen Insekten ist daher vielleicht eine sekundäre Er- werbung. Ich fand die betreffenden Einstülpungen bei Aphis An- fangs noch ganz kurz, aber mehr röhrenförmig. Die Speicheldrüsen fand ich bald nach Bildung der Extremitäten paarig hinter den zweiten Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 665 | Maxillen angelegt; ihr kurzer unpaarer Ausführungsgang entsteht später sekundär in einer der sonst beschriebenen ähnlichen Weise. Wie Pırmen (144) gezeigt hat, ist die typische Zahl und zugleich das Maximum der Tracheen bei den Insekten die Zahl elf, indem sie an den drei Thorakalsegmenten und den ersten acht Abdominalsegmenten vor- kommen. Diese Zahl wird freilich oft durch das Ausfallen einzelner Tracheen verringert. Entwicklungsgeschichtlich wird auch nie eine srößere Zahl angelegt. Sie fehlen immer in den beiden letzten Abdomi- nalsegmenten (was vielleicht mit einer Rückbildung und sekundären Anlage dieser, wie ich sie bei Aphis beschrieben habe, zusammen- hängt?). Im ersten Thorakalsegment sind oft bei den Larven Tracheen vorhanden, fehlen aber bei den Imagines, und die des zweiten Thorakal- segmentes, welche jetzt alle nach vorn gelegenen Theile des Körpers versorgen, sind in Folge dessen an die Grenze des ersten und zweiten Thorakalsegmentes gerückt. An den drei Mundsegmenten haben wir Speichel-, respektive Spinndrüsen, welche, wie die Tracheen, als paarige Hauteinstülpungen angelegt werden und trotz ihrer von den Tracheen etwas verschiedenen Lage an den betreffenden Segmenten wahrschein- lich als Homologa derselben zu betrachten sind. Lageveränderungen der Tracheen sind ja auch bekannt geworden, so z.B. bei Sitaris humeralis durch FArre (102), indem hier bei einem Larvenstadium, welches bestimmt ist, in der Honigzelle auf dem Honig zu schwimmen, sämmtliche Stigmen stark gegen oben gerückt erscheinen, um so ihre Funktion erfüllen zu können, während der Mund dem Honig zugewen- det bleibt. Wo besondere Hautdrüsen als sekundäre Erwerbungen auf- treten, werden dieselben erst: in den letzten Stadien angelegt, so z. B. bei den Aphiden die Wachsdrüsen. Die Bildung der Haare und Flügelschuppen der Lepidopteren hat Semper (77) bereitsgründlich untersucht. Sie entstehen um Fortsätze großer ; Zellen der Hypodermis. Weısmann (87) will die Borsten am Ende der nach ‚ ibm eingezogenen Afterfüße unter der sich abhebenden Chitincuticula wie Krystalle in der Mutterlauge aufschießen gesehen haben. Ich habe bei Aphis gezeigt, dass die Krallen am Ende der Beine um je eine Zelle ent- \ stehen. Über die Bildung der Haare macht auch TıcHomirorr (82) für | Bombyx mori eine Angabe. Er vermuthet, dass zu derselben sehr | große, von ihm zwischen den kleinen Epidermiszellen gefundene Zellen ‘in Beziehung stehen, welche sich noch dadurch auszeichnen, dass sie große Kerne besäßen. Ich konnte bei Aphis die Bildung der Haare durch je eine große Zelle der Hypodermis thatsächlich konstatiren. Die 666 Emanuel Witlaczil, großen hellen Flecke in denselben scheinen mir aber nicht die Kerne, sondern von Flüssigkeit erfüllte Höhlungen zu sein. Die Absonderung einer Ghitincuticula um den reifen Embryo ist schon vielfach beobachtet worden und dürfte allgemein sein. So fand schon WEısmann (87), dass-.um den Embryo von Ghironomus, wäh- rend er in Folge des Längenwachsthums eine korkzieherartige Gestalt annimmt, sich eine Chitincuticula ausbildet. Merscunıkorr (62) fand eine Cuticula beim reifen Embryo von Aphis, Ganmm (25) beiFormica und Myrmica. Dieser möchte ihre Abstoßung mit Recht als erste Häutung betrachten. Meınıkow (64) giebt sie für Pedieuliden und Mallophagen an, bei. denen sie nach ihm beim Ausschlüpfen im Ei zurückbleibt. Bei denPhryganiden und Donacia hat er sie auch beobachtet und gezeichnet, aber für eine strukturlos gewordene Embryo- nalhaut gehalten. Bei Aphis beobachtete auch ich sie. Sie wird nach der Geburt des Embryo von diesem in derselben Weise abgestreift, wie später die Larvenhäute; dieser Process repräsentirt also eine allererste Häutung. 10. Nervensystem. Die bisherigen Angaben über die Bildung des Nervensystems sind recht dürftig. KöLLırer (42) konnte im Embryo die Ganglienkette nicht finden und ZunpıcH (93) nur, indem er den Leib des Embryo durch Druck sprengte. LEuckarr (52) und Weısmann (87) lassen das Nerven- system aus der unteren Zellschicht entstehen. Letzterer bemerkt, dass es Anfangs sehr umfangreich ist und später eine Zusammenziehung er- fährt. Die Differenzirung beginnt nach ihm bei Chironomus im Kopfe fast gleichzeitig mit der Ausbildung von Ösophagus und Enddarm, indem die Kopfwülste in die Tiefe treten und sich dort zum größten Theil zu Ober- und Unterschlundganglion nebst der sie verbindenden Kommissur differenziren, während die elf Ganglien des Bauchstranges sich durch Abtrennung von den Keimwülsten bilden. Auf seinen Abbildungen fallen die Einschnürungen an Bauch- und Rückenseite mit den Segment- grenzen zusammen. MErscHnıKorr (62) macht über die Bildung des Nervensystems, welches er auch von dem unteren Blatt ableitet, da er seine Anlage thatsächlich nicht beobachtet hat, nur bei Aphis ausführlichere An- gaben. Er giebt an, dass die Differenzirung desselben spät erfolgt, weil er sie eben nicht von Anfang an beobachtet hat und findet einen morphologischen Unterschied zwischen Hirn und Bauchmark darin, dass ersteres aus dem Blastoderm, nämlich den Seitenplatten, letzteres aus dem Keimstreifen entsteht. Dieser Unterschied ist aber kein großer. Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 667 Ganz irrthümlich giebt er an, dass sich gleich ursprünglich nur ein Unterschlundganglion und drei andere Ganglien anlegen, für welche er übrigens noch nicht weiter differenzirte und zwischen die auf einander folgenden Segmente fallende Vorwulstungen des Nervenstranges hält. Später giebt er eine Zusammenziehung der Anlage des Gentralnerven- systems an. Genauere Angaben macht Bürscart (12) für Apis. Nach ihm ent- . steht das Nervensystem aus der äußeren Schicht der Keimwülste und den Seitenplatten (er sagt fälschlich Scheitelplatten). Er vermuthet, dass die Differenzirung durch ein Auseinanderweichen der Zellen, welche eine von ihm gesehene, zerfressen aussehende Zeichnung des Keim- streifens dort bedingt, eingeleitet wird. In jedem Segment giebt er ein Paar Ganglienknoten an, im Ganzen siebzehn, von welchen jedes ein Stück in der Mitte verschmolzen ist und nach hinten und vorn kurze Kommissuren sondern würde. Die drei Paare der Mundgliedmaßen ver- schmelzen später zum Unterschlundganglion. Das Gehirn besteht aus zwei großen, über dem Ösophagus verwachsenen Knoten. Eine eigent- liche Schlundkommissur findet sich nicht, indem der Ösophagus zwischen Ober- und Unterschlundganglion durchdringt. | Nach Kowarzvsk1 (43) scheidet sich der Keimstreifen bei Hydro- ‚ philws in Nerven- oder Medullar- und Seitenplatten. Die ersteren sind ‘ von einander durch eine tiefe Furche geschieden. Sie werden nach ihm | später zu paarigen ganglienartigen Verdickungen, welche durch feinere ‚ paarige Streifen verbunden sind. Später erscheint das Nervensystem ‘ von der Haut ganz gesondert, von Zellen der unteren Schicht, welche das ' Neurilemm bilden, umgeben. Bei der Larve von Apis sind die drei ‚ vorderen Ganglienpaare zu dem Unterschlundganglion verschmolzen. Das Gehirn besteht jederseits aus einem zweilappigen Körper, welche mit einander durch eine sehr dünne Brücke verbunden sind. Von den Schmetterlingen erwähnt er, dass die Mittelfurche des Körpers sich sehr tief einsenkt, so dass sie fast eine geschlossene Rinne bildet, aus ‚ deren Boden ein Theil der Zellen, welche den mittleren Theil jedes Ganglions bilden, abstamme. Nach Harscaek (34) entstehen bei den Lepidopteren zu den Seiten ‚ der Mittelfurche die Primitivwülste, in welchen das Ektoderm sich in zwei | Sehichten sondert, von denen die tiefen die »Seitenstränge« bilden, welche | segmentweise Anschwellungen zeigen und sich später vom Ektoderm ab- lösen. Die Primitivfurche vertiefe sich, so dass sie zwischen den Seiten- , strängen einen faltenförmig eingestülpten Strang mit spaltartigem Lumen, ‚ den »Mittelstrang«, bilde, welcher durch den Ösophagus vorn begrenzt werde und sich später vom Ektoderm größtentheils loslöse und mit den 668 | Emanuel Witlaezil, Seitensträngen verschmelze. Er soll zwischen den Ganglienanschwel- lungen der Seitenstränge die Querkommissuren bilden, während er dort, wo die Längskommissuren entstehen, mit dem Hautepithel in Zusammen- hang bleiben, sein Lumen verlieren und als zapfenförmiger Fortsatz der Haut erscheinen soll, indem die Längskommissuren nur von den Seiten- strängen gebildet werden. Die Ganglien des Mandibeisegmentes sollen die Schlundkommissur bilden, wesshalb hier der ganzen Länge nach eine Rückbildung des Mittelstranges erfolge. Die beiden Ganglienpaare der Maxillensegmente würden allein das Unterschlundganglion liefern, in welches der Mittelstrang ganz einginge. Die Kopflappen bilden vom oberflächlichen Epithel getrennt eine tiefere mehrfache Schicht unregel- mäßig polygonaler Zellen. Außerdem sollen aber noch zwei andere Ele- mente in die Bildung des Oberschlundganglions eingehen, nämlich die Fortsetzungen der Seitenstränge und zwischen diesen und den Kopf- lappen eingeschoben eine jederseits vom Ektoderm her eingestülpte Falte. Eine vollkommene Trennung der beiden Gehirnhälften persistirt bis in die letzten Stadien. Schematische Zeichnungen Harscaer’s von der Seite zeigen zwischen den auch nach innen abgerundeten Ganglien je zweier auf einander folgender Segmente tiefe Einstülpungen der Haut. Die beschriebenen Verhältnisse erkannte er auch an Präparaten einer Vespa; an den Zeichnungen Kowauzvskr’s könne man Ähnliches finden. | BaLrour (5) meint bezüglich der Angaben Harscaer’s, dass sich die- ser bezüglich des Eintrittes eines medianen Elementes in das Nerven- system wahrscheinlich durchaus im Irrthum befindet und die von ihm be- schriebenen Gebilde bloß auf Schrumpfung beruhen. Bei den Spinnen und Peripatus lässt sich die Abwesenheit eines medianen Elementes mit Sicherheit konstatiren, und eben so bei den Chaetopoden, kei welchen auch die Entstehung des Bauchnervenstranges aus zwei geson- derten Strängen nachgewiesen ist. Ich fand bei Aphis, dass das Nervensystem ziemlich früh, schon da Stomo- und Proktodaeum sich bilden, zur Anlage kommt, sich aber | erst später ausbildet. Es entsteht durch Abspaltung von dem Ektoderm ! des Keimstreifens, welche, vorn beginnend, von den Seitenplatten die | Gehirnanlage, vom mittleren Theil des übrigen Keimstreifens aber einen | durch die Mittelfurche symmetrisch getheilten Nervenstrang zur Sonde- rung bringt. Der paarige Nervenstrang erhält später ein, von der Seite | gesehen, geschlängeltes Aussehen: je ein Einschnitt desselben auf der } Bauchseite entspricht einem Segmenteinschnitte des Körpers, während } die Einschnitte auf der Rückenseite dazwischen, also in die Segmente F fallen. An der Spitze dieser Einschnitte tritt die Sonderung der centralen |] Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 669 Fasermasse der Ganglien, welche später von dem übrigen, in kleine Ganglienzellen zerfallenden Theile umgeben wird, auf. Wir zählen drei den Mundextremitäten entsprechende Ganglien, drei große Thorakal- ganglien und eine Anzahl von etwa sieben immer kleiner werdenden Ganglien im Abdomen, alle aus je zwei Hälften bestehend. Später er- fährt der ganze Strang eine Koncentration, indem die drei Ganglien der Mundsegmente das Unterschlundganglion bilden, während die sieben Abdominalganglien als ein größeres Ganglion mit den drei Thorakal- ganglien zum Bauchmark verschmelzen. Die Gehirnanlage besteht aus jederseits einem, aus dem größten Theil der Seitenplatte hervorgegangenen Lappen, welcher in der Mitte eine Eirschnürung zeigt, die Seitenlappen von den Mittellappen trennt. Diese gehen nach hinten durch kurze Fortsätze in das Unterschlund- sanglion über und bilden später die in den Vorderkopf reichenden, von einander getrennten Vorderlappen. Am hinteren oberen Rande der Ge- hirnanlage sind von Anfang an jederseits zwei kleine Lappen bemerkbar, welche vielleicht Homologa der pilzhutförmigen Körper bilden. Die Sei- tenlappen hängen seitlich mit der Haut zusammen, indem an einer Stelle, wo später das Auge sich bildet, die Spaltung der Seitenplatte in Haut und Nervenschicht unterblieben war. Die Ausbildung der Augen geht sehr spät vor sich und beginnt am Hinterrande. derselben, welcher ja am vordersten Ende des Keimstreifens liegt. — Vom ganzen Central- nervensystem, namentlich vom Bauchmark, gehen zahlreiche Nerven ab, welche wohl erst sekundär von demselben aus gebildet werden. In den letzten Entwicklungsstadien erhält das Nervensystem eine von Zellen des Mesoderms gebildete bindegewebige Hülle. Ich glaube berechtigt zu sein, die von mir beschriebene Bildungs- weise des Nervensystems zunächst auch bei den anderen entoblastischen Insekten vorauszuseizen, die sich durch einen schmalen Keimstreifen auszeichnen, so dass man von besonderen Querkommissuren zwischen ‚ den beiden knapp neben einander verlaufenden Hälften des Nerven- | stranges nicht sprechen kann. Bei den ektoblastischen Insekten ist all- | gemein der Keimstreifen viel breiter und die Haut bildet, wie man aus allen diesbezüglichen Arbeiten entnehmen kann, zwischen den beiden Nervensträngen eine etwas eingestülpte Verdickung. Dass dieselbe sich aber in der von Hırscaek beschriebenen Weise differenzirt, müsste bei der Komplikation des Vorganges ganz genau durch Abbildungen bewiesen werden, was bis jetzt nicht geschehen ist. Seine Angaben be- züglich der Bildungsweise des Unterschlundganglions sind nach allem, sonst diesbezüglich bekannt Gewordenen zu urtheilen, wohl sicher falsch, und auch die angegebene Bildungsweise des Bauchnervenstranges er- 670 Emanuel Witlaczil, scheint mindestens zweifelhaft. Ich bin geneigt, auch für die ektoblasti- schen Insekten die von mir beobachtete Bildungsweise anzunehmen (die beiden Nervenstränge mögen später mehr zusammenrücken) und sehe in den Angaben, dass aus den Nervensträngen gleich von Anfang an Gan- glienknoten sich differenziren, keine allzugroße Schwierigkeit, da die be- treffenden Darstellungen an Genauigkeit zu wünschen übrig lassen. Erneute Untersuchung am frischen Objekt und auf Schnitten, nament- lich Sagittalschnitten, wird uns über die Bildung des Nervensystems die- ser Insekten Gewissheit geben müssen. Was die Bildungsweise des Gehirnes anbelangt, so mögen die Kopf- lappen Harscher’s meinen Seitenlappen, die Fortsetzungen der Seiten- stränge aber den Mittellappen entsprechen. Die Schicksale der jeder- seitigen Hauteinstülpung, welche zwischen diese beiden Theile tritt und zur Bildung des Gehirnes beitragen soll, hat Harscaek auch nicht so genau verfolgt, als bei der Fremdartigkeit des Vorganges verlangt werden muss. Es sind das wohl ähnliche Einstülpungen, wie die von HArscHek für Kopftracheen erklärten, welche aber lediglich die Bildung eines Kopf- gerüstes bezwecken. Über die Bildung des Gehirnes sind von Reıcuen- Bach für Grustaceen mit denen Harscurr’s übereinstimmende Angaben gemacht worden. Der Autor scheint aber durch die Auffassung HATscaex’s beeinflusst gewesen zu sein und desshalb möchte seinen Angaben kein zu großes Gewicht beizulegen sein. Man stößt beim Studium der Litteratur oft auf die Erscheinung, dass ein Forscher, bei derselben oder einer anderen Thiergruppe, die Verhältnisse genau so findet, wie sie eben von einem Anderen dargestellt wurden, wo sich doch später die Falsch- heit beider Angaben herausstellt. Zu betonen in der Bildungsweise des Nervensystems wäre, ent- sprechend schon dem Unterschiede zwischen den durch einen Bug ab- gesetzten Seitenplatten und dem übrigen Keimstreifen, der Unterschied von Gehirn und Bauchnervenstrang, welcher es kaum passend erschei- nen lässt, wenn man hier von einem Oberschlundganglion spricht. Die beiden Hälften des Gehirnes zeigen eine große Selbständigkeit. Dass das Gehirn von Anfang an mit dem Bauchnervenstrang zusammenhängt, konnte ich leider nicht konstatiren, ich glaube aber nicht, dass beide Theile des Gentralnervensystems Anfangs getrennt sind. Das Unter- schlundganglion wird wohl allgemein aus den drei Ganglien der Mund- segmente gebildet. Auch bei Insekten, welche später ein kurzes, aus wenig Ganglien bestehendes Bauchmark aufweisen, wird im Embryo die Ganglienkette vollständig angelegt. Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 671 11. Geschlechtsorgane. Über die Entwicklung der Genitalien finden sich in der Litteratur zahlreiche Angaben, die aber mit einander noch nicht in Einklang ge- bracht sind. Schon Heroı» (35) giebt für den Kohlweißling an, dass die Anhangsorgane des Geschlechtsapparates beim Weibchen später als die Geschlechtsdrüsen als Auswüchse einer embryonalen Zellmasse unter dem Afterdarm entstehen, die mit den fadenförmigen Eileitern zusammenhängt, später aber verschwinden soll, während die Anhangs- organe sich mit dem Eiergang in Verbindung setzen. Beim Männchen hingegen würden die Anhangsorgane als Auswüchse des Ductus ejacula- torius entstehen. Bei ganz jungen Raupen (er untersuchte nur solche) fand er die Hoden aus vier Säckchen, die Ovarien aus vier Röhren ge- bildet, woraus er mit Recht schließt, dass diese Organe bereits im Embryo vorhanden sein müssen. Suckow (79, 80) lässt die Genitalien bei den Schmetterlingen am hinteren Körperende vom Darme aus entstehen, zu einer Zeit, da dieser eben erst gebildet worden ist. Nach H. Meyer (65) bestehen bei den Raupen der Schmetterlinge Eier- stöcke und Hoden aus je vier hellen Schläuchen, welche in einen Fett- körperlappen als gemeinschaftliche Hülle eingeschlossen sein sollen, der sich nach vorn bis zum Rückengefäß fortsetzt und dort anheftet, während ein nach hinten gehender Fortsatz die Grundlage der Ausführungsgänge bildet. Um die einzelnen Schläuche legt sich nach ihm später eine zellige Verstärkungsmembran an und die beiden seitlichen Genitalanlagen verschmelzen während des Puppenstadiums zu einem einzigen rund- ‚ liehen Körper. Die Eier sollen entstehen, indem Kerne im Inneren des Ovariumschlauches sich mit Protoplasma umgeben und so zu Zellen ‚ werden. Die mit kleinen Kernen würden unverändert bleiben, wäh- ‚ rend in denen mit großen Kernen dieser sich theilen und jeder neue Kern um sich 'eine Zelle bilden soll, von denen aber nur die hinten | liegenden als Keimbläschen Grundlage eines Eies werden, während die ‚, übrigen obliteriren. In den Hodenschläuchen sollen sich Kerne bilden, ‚ die sich vermehrend um sich Zellen bilden, welehe die Samenfäden entstehen lassen und dadurch eine Streckung der Schläuche verursachen. | Auch Bessers (6) und Lupwic (58) lassen die Hoden- und Ovarium- \ schläuche der Lepidopteren unabhängig von ihren Ausführungsgängen | entstehen, lange Zeit vollkommen abgeschlossen sein und sich erst nach- ‚ träglich durch Dehiscenz mit den Ausführungsgängen in Verbindung | | | ‚ setzen. Die mit einer Haut um die betreffenden Schläuche zusammen- hängenden Ausführungsgänge sollen dabei nach BesseLs aus einer ein- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 45 672 Emanuel Witlaezil, fachen Kette von Zellen bestehen, während Branpr (9) sie immer röhren- förmig mit einem deutlichen Lumen fand. Die meisten der erwähnten Forscher geben an, dass die Genitalorgane bereits im Embryo angelegt werden und Barsıant (2) macht gelegentlich die Bemerkung, dass bei jungen Embryonen von Tinea die Geschlechtsanlage ähnlich, wie bei den Aphiden eine unpaare ovale Masse ist, welche in der Mitte eine Ein- schnürung zeigt. Bei den Musciden fand schon Rosın (75) am hinteren Eipole, be- vor noch das Blastoderm gebildet war, Körperchen, welche er globules polaires nennt, deren Bedeutung er aber nicht feststellen konnte. Weıs- MANN (87) nennt dieselben Polzellen, indem er ihren Zellcharakter fest- stellen konnte und erwähnt, dass sie sich später theilen und dann wieder mit der Zellmasse des Embryo vereinigen. Die Geschlechtsanlagen fand er in der Larve (88, 90) und glaubt, dass die Ausführungsgänge und accessorischen Geschlechtsorgane sich aus den Strängen entwickeln, an welchen jene befestigt sind, eine Auffassung, welche bisher ziemlich all- gemein war und die auch von Barrovr (5) getheilt wird. METSCHNIKOFF (60, 62) hat bei Gecidomyia die Schicksale der Polzellen genauer verfolgt. Es wird bei der Furchung ein an den hinteren Eipol gerückter Keimkern von dunklerem Protoplasma umgeben und bildet so die große membranlose Polzelle, die sich in zwei, dann in vier iheilt, welche später von den Blastodermzellen umgeben werden. Sie theilen sich dann in zwei Gruppen, von welchen später jede in ein besonderes Organ einge- schlossen erscheint, das aus kleinen Embryonalzellen besteht, die sich nach hinten in Form einer Zellreihe in einen Stiel fortsetzen soll. Diese »Embryonalzellen« bilden später ein Epithel, während jene Anlage des Ausführungsganges rückgebildet wird. Der Inhalt der zwei großen Pol- zellen in jedem Organe soll körnig werden und sich im ganzen Organe vertheilen, während ihre jetzt mit Kernkörperchen versehenen Kerne durch Theilung die Dotterbildungszellen und die Pseudova der viviparen Cecidomyiden liefern sollen. Für Simulia giebt Merscanikorr nichts Näheres über die mehreren, am hinteren Eipole beobachteten Pol- zellen an, aber für Chironomus bemerkt er, dass bei derselben die Ausbildung der Geschlechtsorgane nur quantitativ von der für Gecido- myia beschriebenen abweicht. Die eben ausgeschlüpften Larven haben hier auch zwei, wenn auch kleinere, Geschlechtsanlagen, welche nach hinten in einen dünnen Ausführungsgang übergehen. LEUcKART (53) theilt die Auffassung METscHnIKorr’s von der Bedeutung der Polzellen. Seitdem hat auch Grimm (30, 34), welcher sich zuerst dagegen aus- sprach, für Chironomus die Angaben METscanikorr's von der Betkeili- sung der Polzellen am Aufbau der Geschlechtsorgane bestätigt. Eben so | | l | | Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 673 BaLsrant (4), nach welchem bei Chironomus von den acht Polzellen je zwei und zwei mit einander verschmelzen sollen und die so erhal- tenen vier sich in zwei Gruppen theilen, von denen jede die Anlage der späteren Geschlechtsdrüse ist. Für den Floh (3) giebt dieser an, dass im Embryo zwei kleine, hinten im Abdomen gelegene Zellhaufen die Geschlechtsanlagen repräsentiren. Weısmann (91) behauptet für Chiro- nomus neuerdings, nach Bildung der Embryonalhaut außerhalb der- selben am hinteren Eipol den schon früher aufgetretenen Polzellen ganz ähnliche Zellen gesehen zu haben. Er leugnet, dass die Polzellen zur Bildung der Geschlechtsorgane in. Beziehung stehen; sie sollen ja nach den meisten Angaben mit dem Blastoderm verschmelzen. Ganın lässt, wie ich einer Notiz von BranDr (9) entnehme, in einer russischen Arbeit bei Fliegen die Vermehrung der Zellen und das Wachsthum des Ova- riums auf dem Wege der Bildung von ähnlichen Tochterzellen zu Stande kommen, wie wir sie in den Hodenschläuchen finden. Jaworowskı (41) lässt in ähnlicher Weise die Geschlechtsorgane bei Chironomus und allen übrigen Insekten aus je einer Embryonalzelle auf jeder Seite des Körpers entstehen, welche mit ihrem Vorderende an der Körperwandung, mit dem Hinterende am Darm angeheftet sein soll. Diese würden mehrere Generationen von Mutter- und Tochterzellen in sich erzeugen, welche Endfach, Endfaden und Ausführungsgänge auf eine ganz unmögliche Weise bilden sollen. | Bei Hymenopteren giebt Ganin (24) für Platygaster an, dass die Geschlechtsorgane Auswüchse der Haut am hinteren Körperende seien. Donrn (22) bemerkt, dass in jungen Ameisenlarven die Anlage der Ovarien als birnförmiger Körper vorhanden ist, dessen breite Fläche in acht fingerförmige Fortsätze ausgezogen erscheint. Dieser Körper ist ohne bindegewebige Umhüllung und mit einer besonderen Rindenschicht versehen, soll aber als Wucherung am Hinterdarm zwischen den MıL- picHi'schen Gefäßen entstehen. Bürscarı (12) hält bei Apis eine oblonge Zellmasse ohne Ausführungsgang, welche er in einem in der Entwick- lung weit fortgeschrittenen Embryo jederseits fand, für die Genitalanlage. Wie ich einem Citat von Branpr (9) entnehme, giebt Ursanın in einer russischen Arbeit ausführlicher an, dass beim Bienenembryo die weib- liche Geschlechtsanlage zu beiden Seiten des Rückengefäßes als nieren- formiger Körper mit kleinem Ausführungsgange liegt, während der größte Theil der Ausführungsgänge von einer unpaaren Einstülpung der Hypo- dermis an der Bauchfläche des vorletzten Leibesringes der Larve angelegt wird, welche sich an der Spitze theilt und durch diese zwei Theile mit - jenen kurzen Ausführungsgängen in Verbindung tritt, in ihren unteren Theilen aber den accessorischen Genitalorganen den Ursprung giebt. 45* 674 | Emanuel Witlaczil, Für die viviparen Aphiden machte Merscanikorr (62) die Angabe, dass die sehr frühe gebildete, Anfangs unpaare Genitalanlage vom Blasto- derm am hinteren Eipol abstammt. Sie zerfällt später in die Anlagen der einzelnen Endfächer, welche sich in zwei Gruppen zu beiden Seiten des Embryo lagern. Epithelzellen und Eizellen entstehen aus derselben Anlage; erstere bilden nach vorn die Endfäden, nach hinten die Ei- röhren, welche sich jederseits zum Eileiter vereinigen. Barsıanı (2) giebt für die Aphiden an, dass die unpaare Genitalanlage sich in der Mitte biskuitförmig einschnürt und so in zwei seitliche Massen zerfällt, welche erst in die Anlage der Endfächer, resp. Hodenschläuche zerfallen, indem sie zunächst an der Außenseite durch Einschnitte eine Anzahl von Lappen hervortreten lassen. Er giebt ganz unbestimmt an, dass nach oder schon während des Zerfalls die Endfachanlagen sich mit einer Schicht Epithel- zellen umgeben, welche nach rückwärts die Eiröhren entstehen lassen. Diese bilden, sich vereinigend, den Eileiter, diese wieder auf dieselbe Weise den Eiergang. Er hat gezeigt, dass die accessorischen Genitalorgane der oviparen Weibchen und der Männchen erst bei den Larven durch Aus- stülpung des Eier-, resp. Samenganges angelegt werden; obwohl aber seine Zeichnungen auf einen von der eigentlichen Geschlechtsdrüse ver- schiedenen Ursprung dieser Organe hinweisen, ist er doch der Ansicht, dass dieselben mittelbar vom Epithel der Endfächer resp. Hodenschläuche herrühren. Ich fand unabhängig von anderen ähnlichen Angaben bei den Aphiden die folgenden Verhältnisse. Die Genitalanlage bildet und entwickelt sich zunächst in der von METSCHNIKoFF und Baııanı beschrie- benen Weise. Vom Epithel der Endfächer und Hodenschläuche, dessen Zellen mit den Ei- und Dotterbildungszellen, so wie den entsprechenden Zellen der Hodenschläuche von einem Ursprunge sind, werden die Ei- und Samenleiter gebildet, welche beim reifen Embryo mit einer unabhängig vor dem After entstandenen, von Mesoderm überzogenen Genitaleinstülpung in Verbindung treten. Diese accessorische Geni- talanlage wird zum Eier-, resp. Samengang und bildet in der Regel erst während des Larvenlebens durch Ausstülpung die accessorischen Drüsen und beim Weibchen auch das unpaare Receptaculum seminis. Erstere sind von Anfang an mit sich zur Muskulatur differenzirendem Mesoderm überzogen, während Ei- und Samenleiter erst sekundär von der accessorischen Genitalanlage aus mit Mesoderm, das: sich zur Musku- latur differenzirt, versehen werden. Über einige 0 rthopteren macht GrABEr (26) die Angahe; dass bei eben der Eihaut entschlüpften Larven Hodenfollikel und Eiröhren bereits differenzirt sind und an den letzteren je drei Anschwellungen zu sehen sind, was darauf hinweist, dass die Bildung der Eier bereits vorge- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 675 schritten sein muss. Branpr (9) fand. bei nicht ganz jungen Larven von Periplaneta die Geschlechtsorgane wie bei den erwachsenen Thieren. Er möchte das Vorkommen von Mutterzellen, welche er im Endfach nicht finden konnte, auch für den Hoden in Zweifel ziehen. Nussaun (67) giebt für die Pediculinen (er untersuchte junge Larven) an, dass die Ge- schlechtsausführungsgänge mit den Anhangsorganen unabhängig von den eigentlichen Geschlechtsdrüsen aus paarigen, am hinteren Leibesende auf der Bauchseite entstehenden Epiblastverdickungen entstehen, welche, indem sie mit’ einander verschmelzen, sich abschnüren sollen. Ge- schlossene, ursprünglich geirennte Höhlungen darin sollen den ver- schiedenen Anhangsorganen Entstehung geben und zwar in der Weise, dass selbst die später unpaaren Stücke paarig angelegt werden. Aus soliden Ligamenten am Hinterende der Sexualdrüsenkeime sollen die mit der accessorischen Geschlechtsanlage in Verbindung tretenden, später zellig und kürzer werdenden Vasa deferentia und Ovidukte entstehen. Für Blatta macht er ähnliche, aber nur ganz kurze Angaben. Indem er seine Beobachtungen verallgemeinert, behauptet er allgemein für die Insekten, dass alle unpaaren Theile der Geschlechtsorgane aus paarigen Anlagen entstehen. — Parmetn (112) kam durch vergleichend anatomische Untersuchungen, namentlich an Orthopteren und Neuropteren, auch zu dem Resultate, dass die Geschlechtsorgane der Insekten aus zwei morphologisch verschiedenen Elementen aufgebaut sind, und zwar aus paarigen inneren Gebilden (Testes mit den Vasa deferentia, Ovarien mit den Tuben), und aus Integumentalgebilden, welche bei manchen Ephe- meriden paarig, uns verschiedene Übergänge zu unpaaren zeigen und dureh Ausstülpung der Wand Nebenorgane ausbilden, die sich zu ver- schiedenen Zwecken differenziren. Er betont Nussaum gegenüber mit Recht, dass erst weitere entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen zeigen müssen, in wie weit alle unpaaren Nebenapparate aus paarigen Anlagen entstehen und glaubt, dass in verschiedenen Gruppen wohl ein verschiedenes Verhalten vorhanden sein dürfte. Dass PıLm£n mit dieser Einschränkung der Angaben von Nussaum vollkommen im Rechte ist, geht aus meiner Darstellung der Entwicklung des Geschlechtsapparates bei den Aphiden hervor. Aber auch die De- tailangaben Nussaum’s erwecken vielfache Zweifel an ihrer Richtigkeit. Freilich ist bei den Aphiden die Bildung der accessorischen Ge- schlechtsorgane dadurch vereinfacht, dass beim Männchen kein äußerer Penis vorhanden ist, indem dieser durch den ausgestülpten Samengang vertreten wird. Jedoch auch bei Insekten mit äußerem Penis entstehen wahrscheinlich die accessorischen Organe meist durch Ausstülpung, und bei ihrer großen Mannigfaltigkeit sind dieselben bei den beiden Ge- 676 Emanuel Witlaezil, schlechtern zumeist nicht homolog. Ich habe diese Verhältnisse bei den Ps ylloden, deren Männchen einen langen äußeren Penis besitzen, untersucht und werde sie demnächst ausführlich darstellen. Bei den Weibchen derselben werden die accessorischen Genitalorgane durch Ein- stülpung, die äußere Genitalarmatur durch Ausstülpung gebildet. Das- selbe gilt für die Männchen, indem der nach außen wachsende Penis an der Spitze sich wieder einstülpt. Wo aus dieser Einstülpung die acces- sorischen Drüsen sich differenziren, entsteht aber im Samengang, wahr- scheinlich durch Spaltung, ein dessen Lumen zum Theil füllendes, zapfen- förmiges Organ von räthselhafter Bedeutung. Die äußere Genitalarmatur liegt bei der Larve in einer Höhlung des Körpers eingeschlossen und ist von einer Haut, der Fortsetzung der Körperwand, umgeben. Für die Allgemeingültigkeit der dargelegten Entstehungsweise der Geschlechtsorgane der Insekten aus zwei verschiedenen Theilen sprechen auch manche freilich bisher nicht richtig gedeutete ältere Litteraturangaben. So namentlich die oben von Hero» citirte. Suckow und Ganin dürften die accessorische Genitalanlage gesehen haben. Es repräsentirt uns aber dies Verhalten einen sekundären Zustand, während die vom Epithel der Endfächer und Hodenschläuche aus gebildeten Ei- und Samenleiter, die erst später von der hinteren An- lage aus mit Mesoderm überwachsen werden, das primäre Verhalten vor- zustellen scheinen. Was die eigentlichen Geschlechtsdrüsen selbst anbelangt, so war man sich über ihren Ursprung bisher sehr unklar, indem die meisten Forscher dieseiben im Embryo übersehen haben. Nach den wenigen Litte- raturangaben zu schließen, scheinen sie allgemein frühe angelegt zu wer- den und in ähnlicher wie der von Anderen und mir für die Aphiden be- schriebenen Weise sich auszubilden. Am frühesten scheinen sie sich bei den Musciden anzulegen, woschon während der Furchung eine Zelle sich absondert, welche durch Theilung die Polzeilen entstehen lässt, aus denen wohl die Geschlechtsdrüsen hervorgehen. Eine ähnliche frühzeitige Sonde- rung der Genitalanlage ist ja auch in anderen Thiergruppen nachgewiesen worden. Bei den Aphiden sondert sich die Genitalanlage vom Blasto- derm, ehe noch dieses das Mesoderm zur Abspaltung gebracht hat, aber auf der Seite, auf welcher dies später geschieht, und man könnte daher vermuthen, dass bei den anderen Insekten, wo etwas später die Genital- anlage sich differenzirt, dies aus dem Mesoderm erfolgt, und dass auch in den zwei erwähnten Fällen die sich frühzeitig sondernden Zellen den Werth von Mesodermzellen besitzen. Die wie es scheint aus einer einzigen Zelle entstehende Genitalanlage dürfte allgemein Anfangs unpaar sein und später in zwei an die Seiten tretende Theile zerfallen, welche sich ihrerseits in die ee ka u u Te Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 677 Anlagen der Endfächer und Hodenschläuche theilen. Die peripherischen Zellen derselben bilden ein Epithel, welches auch die primären Ei- und Samenleiter entstehen lässt. Auf die Angabe von H. Meyer und Anderen, dass das Epithel und die Ausführungsgänge der Endfächer und Hoden- sehläuche unabhängig entstehen, ist wohl kein großes Gewicht zu legen, da von ihnen der ganze Process nicht genau verfolgt worden ist. Die in den Endfächern enthaltenen Zellen differenziren sich später in Ei- und Einährzellen, indem bei der großen Anzahl dieser Zellen nicht alle zu Eiern werden und einige sekundär die Funktion der Be- reitung von Nährstoff für die sich ausbildenden Eier erhalten haben. Die Differenzirung der Hodenschläuche wurde, nachdem schon Anga- ben von H.Meyer, WEIsmann, Lannoıs, BEsseLs vorlagen, neuerdings von Bürscari (43,44), Baısıani (2) und La VaLerte (48) ausführlicher verfolgt. Der Erstere leugnet mit Unrecht die schon von den früheren Forschern ge- kannte zellige Umhüllungsmembran der Samenballen und behauptet ein Querwachsen des Epithels der Hodenschläuche, wodurch diese quergekam- mert erscheinen. Auch Barsıanı giebt ein Querwachsen des Epithels an, dasselbe soli aber durch nachträgliche Trennung in zwei Schichten um jede Samenkugel eine zellige Membran bilden. La Varerre glaubt, dass diese durch Verschmelzung der peripherischen Schicht der Samenballen zu Stande kommt, was durch meine Beobachtungen bestätigt wird. Die starke Vermehrung der Keimzellen ist bekannt. Einen letzten Zellver- mehrungsprocess durch endogene Zellbildung, welchen Barsıanı be- schrieben hat, leugnen Bürscarı und La VALETTE wohl mit Recht. Auch nach meinen Beobachtungen tritt eine zweimalige Zellvermehrung des Inhaltes der Hodenschläuche ein, wie es scheint immer durch endogene Zellbildung, und erst die Enkelzellen der den Eizellen gleichwerthigen Zellen erzeugen die Samenfäden. Diese weitere Differenzirung der Samenzellen erklärt sich durch den Vortheil, den eine möglichst große Zahl von Samenfäden für die Erhaltung der Art bietet. 12. Die mechanischen Vorgänge bei Entwicklung der Insekten. Lageveränderungen des Embryo. Harschek (A406) führt in seiner Arbeit über Amphioxus die me- chanischen Vorgänge während der Entwicklung zurück auf Faltungen, Kontinuitätstrennungen und Verwachsungen, von welchen die ersteren zwei zunächst durch Druck und Zug, den benachbarte Theile auf ein- ander ausüben, zu erklären sind, welcher wieder auf Differenzen in den Wachsthumsenergien benachbarter Theile zurückzuführen ist. Zuletzt kommen wir aber auch hier, so wie bei den Verwachsungen, auf Vorgänge im Protoplasma , welche unserem Verständnis weniger zugänglich sind, 678 Emanuel Witlaezil, so wie auch gewisse aktive Formveränderungen direkt durch Kontrak- tionen des Protoplasmas bedingt sind. Alle Vorgänge der Veränderung eines Organes sind natürlich auf Veränderungen der Zellen, aus welchen es besteht, zurückzuführen und wir können alle zu besprechenden Vor- gänge in letzter Linie durch Wachsthumsvorgänge (im weiteren Sinne) der den Embryo zusammensetzenden Zellen erklären. Bei den Insekten sind im Laufe der Entwicklung Kontraktionen von Theilen des Embryo für Veränderungen der Form und Lage oft von großer Bedeutung und es müssen daher Kontraktionen des Protoplasmas als wichtiges Agens hervorgehoben werden. Diese Kontraktionen sind entweder solche, durch welche Masse und Volum nicht geändert und nur die Gestalt der Theile eine andere wird (durch solche ist auch die Vertheilung der Eikerne bedingt), oder solche, bei welchen eine Verringerung des Volums und der Masse erfolgt, indem flüssige Theile ausgeschieden werden, wodurch das Organ auch eine größere Dichte erhält. Besonders zu betonen von den Vorgängen im Protoplasma ist natürlich das Wachsthum, indem das Protoplasma neue Stoffe assi- milirt und aufnimmt, und dadurch sowohl an Masse als an Volum gewinnt. Das Wachsthum, wenn allgemein vorkommend, bedingt nur eine Größenzunahme. Wenn es aber stellenweise stärker ist, so bedingt es eine große Mannigfaltigkeit der Veränderungen im sich ent- wickelnden Insektenembryo. Auf partiell stärkeres Wachsthum sind die meisten Vorgänge im Laufe der Insektenentwicklung zurückzuführen. Dasselbe bedingt nämlich die Faltungen (Segmentirung, Bildung der Keimwülste, der Ganglienkette) und die in dieselbe Kategorie gehörenden Ein- und Ausstülpungen (Bildung des Keimstreifens und der Embryonal- häute, Bildung der Extremitäten, des Darmes, der Tracheen, der acces- sorischen Genitalorgane). Die Kontinuitätstrennungen mögen theilweise auch auf Wachsthumsdifferenzen zurückgeführt werden, beruhen aber wohl hauptsächlich auf inneren Wachsthumsvorgängen. Wir können hier als Extreme die Ablösung einzelner Zellen (Bildung der Genitalanlage) und die Abspaltung einer ganzen Zellschicht (Abspaltung des Mesoderms und der Anlage des Nervensystems) hervorheben. Auf innere Wachs- thumsvorgänge sind auch die Verwachsungen zurückzuführen, bei welchen eine Verbindung bisher getrennter Theile eintritt (die beiden letzten Vorgänge z. B. bei Abschluss der Embryonalhäute, bei Bildung des Rückens, der Muskulatur, des Fettkörpers, des Herzens). Ich will hier nur die für die Entwicklung der Insekten so charak- teristischen Lageveränderungen des Embryo besprechen. ZınDach (93) schon beschreibt für die Phryganiden als Umroliung eine Lageveränderung, bei welcher der Embryo seine dorsale Krümmung | Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 679 mit einer 'ventralen vertauscht.: Diese noch nicht genügend erklärte Lageveränderung wurde seither noch vielfach beschrieben, so von Kowa- LEvsKI (43) für Hydrophilus vor dem Auskriechen mit dem Ende des Abdomens, während sie bei den Lepidopteren am hinteren Ende be- ginnend den ganzen Embryo ergreift, so dass derselbe nachher den Rücken nach außen, die Beine aber nach innen gewendet hat. Diese Lageveränderung wurde von CLAparkpe auch bei den Spinnen beobachtet; er vermuthet, dass sie bei den Insekten allgemein sei. Dem widerspricht Weısmann (87), welcher bei Chironomus eine Umdrehung des Embryo um die Längsachse beobachtete, in Folge deren die Bauchseite des Embryo an die bisherige Rückenseite des Eies zu liegen kommt. Er glaubt, dass die Lageveränderungen durch mecha- nische Momente, durch Veränderungen in den Größenverhältnissen der Theile des Embryo bedingt sind. Umrollung und Umdrehung sind nach ihm nicht typische Erscheinungen und es hängt hauptsächlich von der Form des Eies, von der Gestalt, relativen Größe und Lage des Embryo im.Ei’ab,'ob’ so eine Lageveränderung und welche von ihnen eintritt. Die Umdrehung bei Chironomus soll mit einem Reißen der Keimhaut zusammenhängen, durch welches nach ihm der Keimstreifen dieser Gat- tung gebildet werden würde. Kuprrer (45) wies nach, dass ein Reißen der Keimhaut bei Bildung des Keimstreifens nicht eintritt und möchte die auch von ihm beobachtete Umdrehung durch den Zug erklären, welchen die sogenannte Schwanzfalte, indem sie zur Bildung der Embryonalhäute den hinteren Eipol zu umwachsen trachtet, auf den Eiinhalt, der bisher der Bauchseite anlag, ausübt. Merscunıkorr(62) fand bei Simulia auch und zwar eine zweimalige Umdrehung um die Längsachse, dann eine Zusammenziehung des Keim- streifens während der Bildung der Extremitäten, wodurch erst das hintere Körperende an den hinteren Eipolkommt, und endlich die Thatsache, dass der Embryo in Folge des Längenwachsthums am Ende der Entwicklung eine korkzieherartig gewundene Lage im Ei einnimmt. Bei den viviparen Gecidomyiden fand er keine Umdrehung des Embryo, was er dadurch ‚ erklärt, dass hier das Ei gleichzeitig mit dem Embryo an Größe zunimmt, | | wodurch dieser eine große Freiheit in der Lagerung erhielte, während der Embryo des Chironomus, um sich der gleichbleibenden Größe des Eies anzupassen, Lageveränderungen vollziehen müsse. Nach dieser Erklä- rung müsste der Embryo und das Ei von Gecidomyia während der Entwicklung auch irgend welche äußere Formveränderungen zeigen; nach Mersennikorr's Abbildungen behält jedoch das Ei während der ganzen Entwicklung genau dieselbe Form mit gewölbter Bauchseite. Was aber die Vermuthung Weısmann’s, dass die Lageveränderungen auch von der Form 680 Emanuel Witlaezil. des Eies abhängen, betrifft, so muss dieselbe eingeschränkt werden, indem das Chorion des Insekteneies nicht so hart ist, um nicht geringe- ren Formveränderungen des Embryo nachzugeben. Als Beispiele will ich nur anführen, dass bei den Wintereiern der Aphiden, da zu Be- ginn der Entwicklung ihr Inhalt sich zusammenzieht, das Chorion Falten bildet, und dass nach einer Angabe von METscHnIkorF bei Go- rixa nach der Umrollung das früher an einer Seite flachere Ei gleich- mäßig birnförmig wird. Ich halte nach alle dem eine Erklärung der Umdrehung noch für ausständig. METScHNIKOFF hat auch für die entoblastischen Insekten, namentlich beiCorixa und Aphis eine Lageveränderung des Embryo beschrieben, welche er Umdrehung um die Querachse nennt, für welche ich aber die passendere Bezeichnung Umrollung gebrauchen möchte, während für die bisher so benannte Lageveränderung vielleicht die Bezeichnung Um - schlagung einzuführen wäre. Bei der Umrollung rückt der bei den entoblastischen Insekten bisher am hinteren Eipole gelegene Kopf nach rückwärts an den vorderen Eipol empor, während das hintere Körper- ende an den hinteren Eipol gelangt. Merscuxikorr will diese Lagever- änderung dadurch erklären, dass die früher gebogenen und nach außen gewendeten Beine, indem sie sich jetzt streckend der Mittellinie nähern und nach unten herabsenken, das Kopfende des Embryo allmählich nach oben drängen. Dies ist physikalisch unmöglich, denn die Beine müssten sich streckend zunächst den hinter ihnen gelegenen Dotter zurückdrängen und der Kopf müsste in zu der thatsächlichen entgegengesetzter Rich- tung emporsteigen. Auch wären zu dieser Aktion die schwachen zarten Beine kaum tauglich. Diese Bedenken hat schon Branpr (8), der die Umrollung auch für die Libelluliden nachwies, geltend gemacht. Er sucht dieselbe dadurch zu erklären, dass die am Kopfe des Embryo ein- reißenden und dort mit einander verschmelzenden und so den Dotter umkapselnden Embryonalhäute durch Kontraktion den Dotter an den vorderen Eipol drängen. Der Embryo müsse ausweichen, da aber der Kopf durch den von ihm zum vorderen Eipol verlaufenden Theil der Se- rosa festgehalten werde, so treten Thorax und Abdomen zunächst nach unten und hierauf werde erst der Kopf durch den schon erwähnten bisher ruhig gebliebenen Theil der Serosa emporgezogen. Ein Theil der Em- bryonalhäute bildet dabei am Kopfe eine namentlich bei Gorixa sehr voluminöse Masse, welche entsprechend der gegebenen Darstellung solid sein soll (Branpr hat größtentheils mit Essigsäure oder Essigsäure und Glycerin untersucht). MELNIKoFF (64) erklärt in ähnlicher Weise die Umrollung der Pediculiden und Mallophagen durch Ausstülpung der nach ihm nicht zum Verschluss gelangenden Einstülpung des Keim- Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 681 streifens, und viele Forscher, so auch Barrour (5), haben die Branpr’sche Erklärung der Umrollung acceptirt. | Für die viviparen Aphiden zunächst kann diese Erklärung nicht gelten. Es giebt bei denselben zur Zeit der Umrollung keinen Dotter mehr, das Abdomen mit dem Pseudovitellus behält Anfangs seine eben erst durch Zusammenziehung des Keimstreifens erhaltene Lage, während der Kopf sich an den vorderen Eipol nach rückwärts emporzieht, und rückt erst hierauf an den unteren Eipol, und die Embryonalhäute schließ- lich werden hierbei ganz passiv am Rücken zusammengerollt, wo sie eine hohle, Anfangs umfangreiche Masse bilden. Und sollte das, was für die aus dem Sommerei sich entwickelnden Aphiden gilt, nicht auch für die aus dem Winterei sich entwickelnden mit einem großen Nahrungs- dotter versehenen Aphiden und weiter für alle entoblastischen In- sekten gelten? Die Embryonalhäute können schon der Masse nach keinen so großen soliden Körper bilden, wie ihn Branpr abbildet; dieser Kör- per muss hohl sein, und das allein wirft die Erklärung Branpr’s über den Haufen. Geringe Zusammenziehungen der Embryonalhäute kommen vor; wie kann man aber behaupten, dass die doch so dünnen Embryo- nalhäute durch ihre Zusammenziehung die große Arbeit der Umrollung des Embryo leisten? — Die Umrollung ist wohl, wie auch die anderen Lageveränderungen durch Wachsthumsvorgänge im Embryo selbst zu erklären. Ich habe bei Aphis angegeben, dass dieselbe auf eine Streckung des Keimstreifens, auf welche eine Zusammenziehung desselben folgt, zu- rückgeführt werden muss. Diese sind aber wahrscheinlich durch innere Wachthumsvorgänge in dem jetzt die Hauptmasse des Keimstreifens bil- denden Bauchnervenstrang zu erklären. Auf ähnliche Momente ist wohl die Umrollung auch der anderen entoblastischen Insekten zurückzuführen. Freilich frägt es sich noch, welcher Umstand in der Phylogenie maßgebend war, dass sich gewisse innere Wachsthumsvorgänge so ausbildeten, dass sie die Umrollung zur Folge hatten. Falls die entoblastischen Insekten in Bezug auf die Lage ihres Keimstreifens ein älteres Verhalten repräsentiren, könnte man vielleicht vermuthen, dass dies darum geschah, weil es für den reifen Embryo leichter ist am vorderen Eipole, wo sich allge- mein die Mikropyle befindet, die Eihaut zu sprengen. Durch die Um- ‚ rollung erlangen die entoblastischen Insekten eine Lage im Ei, die genau derjenigen entspricht , welche die ektoblastischen Insekten in Folge der Lage ihres Keimstreifens von Anfang an haben; bei diesen tritt daher keine Umrollung mehr auf. Eine Zusammenziehung des Keimstreifens zu Beginn der Extremitä- tenbildung scheint nach Kowarzvskı bei allen Insekten vorzukommen. Ich muss dazu bemerken, dass sie bei einigen Insekten, so Aphis, erst 682 Emanuel Witlaezil, ziemlich spät eintritt. Eine Längenzunahme des Embryo vor dem Aus- schlüpfen ist auch schon von vielen Seiten angegeben worden und scheint bei Insekten, die lange Larven besitzen, allgemein zu sein. Die dadurch bedingten Lageveränderungen haben’aber mit den drei oben beschriebe- nen Arten derselben nichts zu schaffen. Diese scheinen mir zwar auf dieselben Processe zurückführbar zu sein, haben aber mit einander wohl sonst nichts zu thun; sie müssen eine bestimmte Bedeutung für den Embryo haben, da sie sich sonst nicht phylogenetisch ausgebildet hätten. 13. Entwicklungsperioden. Es machte sich von Anfang an bei Untersuchung der Entwicklungs- geschichte der Insekten das Bedürfnis der Eintheilung des gegebenen umfangreichen Stoffes geltend. Wie jede Eintheilung in der Zeit auf einander folgender Ereignisse in mehrere Abschnitte, wie z. B. die Ein- theilung der Geschichte in Alterthum, Mittelalter und Neuzeit, ist na- türlich auch diese Eintheilung nur eine äußerliche. Es muss aber auch so eine Eintheilung vor Allem bestrebt sein, die einzelnen Perioden nach dem Zusammenhange der in ihnen behandelten Vorgänge abzugrenzen, wobei nur in geringem Maße auf den größeren oder kleineren Umfang der so erhaltenen Abschnitte Rücksicht genommen werden darf. Falis eine große Menge gleichzeitig verlaufender Vorgänge vorhanden ist, an welche die Eintheilung geknüpft werden könnte, so muss der wichtigste selbstverständlich in den Vordergrund gestellt werden. Bisher herrschte eine ziemliche Ungleichmäßigkeit in der Begren- zung der Entwicklungsperioden, obwohl die meisten Forscher drei solche unterscheiden, von denen allerdings oft ein oder die andere noch in Un- terabtheilungen zerfällt wird.- ZanpackH (93) theilt die Entwicklung in folgende drei Perioden ein: 1) Erste Anlage des Embryo bis zum Be- ginn der Theilung in zwei Blätter. 2) Anlage der Körpersegmente und Extremitäten. 3) Von der Umdrehung des Embryo bis zum Aus- schlüpfen. Weısmann (87) unterscheidet auch drei Entwicklungsperioden: 4) Bis zur Bildung der Keimwülste und Urtheile des Kopfes. 2) (ver- hältnismäßig kurz) Die Zusammenziehung der Keimwülste und die da- durch bedingten Veränderungen. 3) Von der Bildung der Unterlippe bis zum Ausschlüpfen. METSCcHNIKOFF (62) hat 1) die Bildung des Blastoderms in eine besondere Periode abgetrennt, weil dieser Vorgang ganz abge- schlossen erscheine und nicht in Zusammenhang mit den anderen viel specielleren Vorgängen dargestellt werden solle. Er behandelt dann in seiner 2) Periode die Vorgänge vom Erscheinen des Blastoderms bis zur Andeutung der Segmente und zum Erscheinen der Extremitäten, und in der 3) Entwicklungsperiode die Ausbildung der Embryonaltheile, indem Entwicklungsgeschichte der Aphiden, 683 er die zwei letzten Perioden WEısuann’s zusammenzieht, weil es ihm na- türlich erschien, alle gleichartigen Phänomene, wie sie hier auftreten, zu- sammenzustellen. AuchKowauzvskı (43) unterscheidet drei Entwicklungs- perioden : 4) Bis zur Bildung des Keimstreifens und der Embryonalhäute inel. 2) Bildung der Extremitäten und des Darmdrüsenblattes, bis zum Riss der Embryonalhäute und Bildung der Rückenplatte. 3) Vollständige Ausbildung und Schließung der Darmwandung auf der Rückenseite. Ich glaube, dass es bei unserer heutigen Kenntnis der Insekten- entwicklung möglich ist, eine Eintheilung zu treffen, welche für alle Insektengruppen, die doch die wichtigeren Entwicklungsvorgänge ge- meinsam haben, Geltung behält und nach welcher bei weiteren Unter- suchungen vorzugehen wäre. Am natürlichsien würde es wohl sein, die Vorgänge vor Bildung der Organe, welche ausschließlich vorbereitende Processe umfassen, den weiteren Entwicklungsvorgängen, welche die An- age und Ausbildung der Organe betreffen, gegenüber zu stellen. Jede dieser beiden Perioden könnte man in zwei Unterabtheilungen zerfällen. Die erste in eine Periode der Bildung des Blastoderms,, welche mit der Furchung und Gastrulation der anderen Thiere zusammenfällt, und eine Periode der Anlage des Keimstreifens, der Embryonalhäute und des Me- soderms. Die zweite in eine Periode der Anlage der Organe und eine Periode der Ausbildung derselben, nachdem sie ihre definitive Lage an- genommen... Die ersten beiden Abschnitte sind aber wohl zu wenig um- fangreich und auch nicht so scharf geschieden, indem (nach meiner Auf- fassung) in der Blastodermbildung Furchung und Gastrulation, also mit der Furchung die Anlage von Ekto- und Entoderm vereinigt ist, wäh- rend die Bildung des dritten Keimblattes, des Mesoderms, in den zweiten ‚ Abschnitt fiele. Es erscheint daher praktisch, diese beiden Abschnitte in eine Entwieklungsperiode zusammenzufassen, so wie dies andererseits ‚ auch die Kreirung von besonderen Entwicklungsperioden für die beiden ‚ umfangreichen späteren Abschnitte ist. Wir erhalten auf diese Weise drei Entwicklungsperioden, ‚von welchen die erste die die Organbildung vorbereitenden Pro- ‚cesse: die Furchung und Keimblätterbildung so wie die Anlage des ‚ Keimsireifens mit den Embryonalhäuten, die zweite die Anlage der | meisten Organe bis zur Erlangung der definitiven Lage des Embryo und seiner Organe, und die dritte die Ausbildung dieser Organe nebst ‚Anlage einiger neuer, Organe bis zum Ausschlüpfen umfasst. Als vierte Entwicklungsperiode kann man die nachembryonale Enit- jwieklung der Larve, während welcher neben mehr äußerlichen Veränderungen die Geschlechtsorgane erst ihre Ausbildung erreichen, Eg Diese Eintheilung, welche ich auch dem beschreibenden 684 | Emanuel Witlaezit, Theile dieser Arbeit zu Grunde gelegt habe, halte ich nach den bisher doch so ziemlich bekannt gewordenen Entwicklungsphänomenen der verschiedenen Gruppen der Insekten überall für durchführbar, und ich glaube, sie stimmt auch, so weit dies überhaupt möglich ist, mit den bis jetzt gebrauchten Eintheilungen überein. Natürlich wurden Phänomene, welche nicht allgemein vorkommen, nach Thunlichkeit ausgeschlossen und die Bestimmung der Grenzen der einzelnen Ent- wicklungsperioden nach den wichtigsten Vorgängen vorgenommen. Schwierigkeiten ergeben sich, indem an den Grenzen der einzelnen Entwicklungsperioden nicht bei allen Organen ein gleicher Abschluss vorhanden ist, da die Entwicklung der einzelnen Organe bei den ver- schiedenen Insektenabtheilungen nicht immer in denselben Zeitabschnitt fällt, aber dies ist bei der großen Mannigfaltigkeit, die hier herrscht, eben unvermeidlich. Der Gegensatz zwischen ento- und ektoblastischen Insekten bedingt auch einige Verschiedenheiten, indem bei ersteren zu- erst die Bildung des Keimstreifens und dann erst die des Mesoderms er- folgt, bei den letzteren dagegen die Bildung des Mesoderms meist voraus- eilt, indem bei ersteren allgemein die Umrollung vorkommt, während bei letzteren oft die Umschlagung und auch die Umdrehung auftritt. Über den Grad der Ausbildung des Embryo möchte ich hier noch einige Bemerkungen machen. Es scheint bei den Insekten allgemein die Entwicklung bis zu demselben Grade (ich hoffe nicht missverstanden zu werden) im Ei vor sich zu gehen. Dass einzelne oder auch mehrere Organe in der Entwicklung eine Verschiebung erleiden können und trotz- dem die Mehrzahl der Entwicklungsphänomene in derselben Weise wie sonst verläuft, kann man aus den im beschreibenden Theile gegebenen Beispielen entnehmen. Ich konnte bei den betreffenden Arten auch die typische Anzahl von Entwicklungsstadien feststellen. Es ist also die so vielfach ausgesprochene Meinung, dass der Embryo bei den Insekten mit unvollkommener Verwandlung, bevor er das Ei verlässt, eine höhere Stufe der Ausbildung erreicht, als derjenige der Insekten mit vollkom- mener Verwandlung, im Allgemeinen nicht richtig. Wie von mehreren Seiten erörtert worden ist, bieten die den Imagines ähnlichen Larven das ursprünglichere Verhalten. Sekundär haben sich durch Anpassung an verschiedene Lebensverhältnisse die den Imagines in Aussehen und Organisation unäbnlichen Larven ausgebildet, welche nur bei höheren Insekten vorkommen. Dies war natürlich von Einfluss auf die Embryo- nalentwicklung der betreffenden Insekten, und diese hat durch Rückbil- dung einzelner Organe und Ausbildung anderer, oder eine veränderte Ausbildung der Organe namentlich in den späteren Entwicklungsstadien Veränderungen erlitten, ohne dass aber die Entwicklung desswegen ab-_ nn en ne | Entwicklungsgeschiehte der Aphiden. 685 gekürzt würde. Indem die Larve sich so verschieden von dem Imago ausbildete, wurde ein theilweiser Neuaufbau des Körpers nothwendig, welcher meist während des Puppenstadiums erfolgt. Erst dadurch wird der vollkommene Zustand erreicht. — Es ist also namentlich falsch, was Owen (440) behauptet, dass die Insekten mit unvollkommener Ver- wandlung auf einem Stadium ihrer Entwicklung fuß- und kopflose Larven sind, wie die Maden der Fliegen, aber auf diesem Stadium das Ei nicht verlassen, sondern erst, wenn sie sich weiter entwickelt haben. Auch Lussock (108) legt mit Unrecht noch großes Gewicht auf ähnliche Betrachtungen, wiewohl er andererseits die äußeren auf die Ausbildung der Larven wirkenden Einflüsse betont. Wien, den 29. Februar 1884. Verzeichnis der Litteratur über die Entwicklungsgeschichte der Insekten. In dieses Verzeichnis sind natürlich die zahlreichen Arbeiten über die Metamorphose der Insekten und die damit zusammenhängenden äußeren Veränderungen, welche von den Entomologen kurzweg als Ent- wicklung bezeichnet werden und allerdings einen kleinen Theil der- selben umfassen, nicht aufgenommen. Dagegen sind Abhandlungen über das Ei der Insekten, wegen des engen Zusammenhanges der Beschaffen- heit desselben mit der Entwicklung, einbezogen worden. Manche der eitirten Arbeiten enthält trotz des fremden Titels auch entwicklungs- geschichtliche Notizen. Übrigens konnte ich leider nicht alle ceitirten, der Vollständigkeit wegen in das Verzeichnis aufgenommenen Arbeiten ‚ in die Hände bekommen. Jene Abhandlungen, welche die nachembryo- ‚ nale Entwicklung der Insekten betreffen, durfte ich im vorliegenden ‚ Versuche noch nicht der Erörterung unterwerfen. — Eine Anzahl russi- ‚ scher, die Entwicklungsgeschichte der Insekten behandelnder Arbeiten konnte wegen meiner Unkenntnis der russischen Sprache in das Ver- , zeichnis nicht aufgenommen werden. Wir erhalten über diese, mit frem- ‚ den Schriftzeichen, in oft unter russischem Titel erscheinenden, von unse- ‚ ren Bibliotheken nicht gehaltenen Zeitschriften publicirten Arbeiten leider nur aus gelegentlichenMittheilungen russischer Autoren in Abhandlungen, die in einer Weltsprache geschrieben sind, so wie aus Jahresberichten und gelegentlichen Berichten über die in russischer Sprache erscheinende ‚ Litteratur und die Versammlungen russischer Naturforscher Kenntnis. 686 | ' Emanuel Witlaczil, 4) Barsıanı, Note sur la reproduction et Fembryogenie des Pucerons. | Compt. rend. T. 62. 1866. Annal. d. scienc. natur, Zoo!. 2) Ser. V. T. X1.48369. 7. XIV. 18708 71. XV. 1873. 3) —— Sur embryog£nie de la Puce. Compt. rend. T. 81. 1875. 4) —— Sur la signification des cellules polaires des Insectes. Compt. rend. T. 95. 1882, 5) F.M. Barrour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Deutsch von VETTER, I. 4880. 6) E. Besses, Studien über die Entwicklung der Sexualdrüsen bei den Lepidop- teren. Zeitschrift f. wiss. Zoologie XVII. 1867. 7) N. BoBrErzkv, Über die Bildung des Blastoderms und der Keimblätter bei den Insekten. Zeitschr. f. w. Zool. XXXI. 4878. 8) A. Branpr, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Libelluliden und Hemi- pteren mit besonderer Berücksichtigung der Embryonalhülle derselben. Mem., Acad. Petersbourg. Ser. VII. T. XIII. 4869. — Auch separat Peters- burg 4869. 9) Über das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig 1878. 10) A. Brass, Zur Kenntnis der Eibildung und der ersten Entwicklungsstadien bei den viviparen Aphiden. Hallea.d.S. 1883. 44) (WaLpo-)BURNETT, Researches on the development of the viviparous Aphides. Proc. of the Amer. Assoc. for Advance of-Sceience. VH. Meet. — Auch in SıLLıman’s Amer. Journ. of Science and Arts. 2. Ser. XVII. 4854. 12) O0. Bürscarı, Zur Entwickiungsgeschichte der Biene. Zeitschr. f. w. Zool. XX, 4870. 43) —— Vorläufige Mittheilung über Bau und Entwicklung der Samenfäden bei In- sekten und Krebsen. Zeitschr. f. w. Zool. XXI. 4874. Nähere Mittheilungen über die Entwicklung und den Bau der Samenfäden der Insekten. Zeitschr. f. w. Zool. XXI. 4874. 5) J. V. Carus, Zur näheren Kenntnis des Generationswechsels. Leipzig 1849. 16) GC. Craus, Beobachtungen über-die Bildung des Insekteneies. Zeitschr. f. w. Zool. XIV. 4864. 47) GC. Cavn, Bau, Entwicklung und physiologische Rerientunzder Bee ki se Abh. d. SENCKENB. naturf. Ges. X.— Inaug. Dissert. Leipzig, Frankfurta.M. 1875. 48) H. Dewırz, Über Bau und Entwicklung des Stachels und der Legescheide der Hymenopteren und der grünen Heuschrecke. Zeitschr, f. wiss. Zool. XXV. 41875. 49) —— Über Bau und Entwicklung des Stachels der Ameisen. Zeitschr. f. w. Zool. XXVII. 4877. 20) —— Beiträge zur postembryonalen Gliedmaßenbildung bei den Insekten. Zeit- schrift f. w. Zool. XXX. Suppl. 1878. — Nachträge dazu. XXXI. 4878, 34) A. Dours, Zur Embryologie der Arthropoden. Vorl. Mitth. Centralblatt f. d. med. Wiss. 1866. 22) —— Notizen zur Kenntnis der Insektenentwicklung, Zeitschr. f. w.Zool. BEER 4876. 23) M. Ganın, Neue Beobachiungen über die Fortpflanzung der viviparen Dip larven. Zeitschr. f, w. Zool. XV. 4865. 24) —— Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der Insekten. Zeitschr. f. w. Zool. XIX. 4869. 14) a5) 36) 27) 28) 29) 30) 31) 32) 33) 34) 35) 36) 46) a7) Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 687 M. Ganis, Über die Embryonalhülle der Hymenopteren und Lepidopteren- embryonen. M&em. Acad. Petersb. Ser. VI. T. XIV. 1870. V. GRABER, Fortgesetzte Untersuchungen über die nachembryonale Entwicklung und die Cutieula der Geradflügler. Erstes Programm des k.k. 2. Staats- gymnasiums in Graz für 1870. —— Vergleichende Embryologie der Insekten. Vorl. Mitth. Archiv f. mikr. Anat. XV. 1878. —— Vergleichende Lebens- und Entwicklungsgeschichte der Insekten. Natur- kräfte XXH. München 1878. 0. v. Grinm, Zur Embryologie von Phthirius pubis. Bull. Acad. Petersb. 1869. —— Die ungeschlechtliche Fortpflanzung einer Chironomusart und deren Ent- wicklung aus dem unbefruchteten Ei. Mem. Acad. Petersb. Ser. VII. T. XV. 4870. —— Beiträge zur Lehre von der Fortpflanzung und Entwicklung der Arthro- poden. Me&m. Acad. Petersb. Ser. VII. T. XVII. 1872, E. Hacker, Die Gastrula und die Eifurchung der Thiere. Jen. Zeitschr. f. Naturw. IX. 4875. H. Hasen, Entwicklung und innerer Bau von Osmylus. Linnaea entomologica. VI. 1852. B. Hatscazx, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren. Jen. Zeit- schrift f. Naturw. XI. 1877. M. Herorp, Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge, anatomisch und physio- logisch bearbeitet. Kassel und Marburg 4815. —— Disquisitiones animalium vertebris carenlium in ovo formatione. De gene- ratione insectorum in ovo. Frankfurt a. M. 1835—1838. —— Recherches sur le developpement de l’oeuf chez les insects. Extrait. Annal. d. seienc. natur. Ser. I. T. XII. 4839. —— Untersuchungen über die Bildungsgeschichte der wirbellosen Thiere im Ei. Dritte Liefer. herausgeg. von A. GERSTAECKER. Berlin 1876. O. und R. Herrwie, Die Coelomtheorie. Versuch einer Erklärung des mittleren Keimblattes. Jen. Zeitschr. f. Naturw. XV. 4884. — Separat Jena 1884. ) Ta. H. Hvxtey, On the agamic Reproduction and Morphology of Aphis. Part. . I. Transact. of the Linn. Soc. of London XI. ıı. 1857. A. Jaworowskı, Vorläufige Resultate entwicklungsgeschichtlicher und anato- mischer Untersuchungen über den Eierstock bei Chironomus und einigen anderen Insekten. Zool. Anzeiger V. 1882. A. 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Arch. f. “ _mikr. Anat. III. 4867. — Eben darüber in Srrıcker’s Handbuch der Lehre von den Geweben 1870. 49) R. LEUCKART, Artikel »Zeugung« in WaAcner’s Handwörterbuch der Physiologie IV. 1853. 50) —— Über die Mikropyle und den feineren Bau der Schalenhaut bei den Insek- teneiern. Arch. f. Anat. u. Physiol. 4855. 54) —— Zur Kenntnis des Generationswechsels und der Parthenogenesis bei den Insekten. MoLescaotr's Untersuchungen zur Naturlehre IV. 4858. — Auch separat Frankfurt 4858. 52) —— Über die Fortpflanzung und Entwicklung der Pupiparen. Abhandl, der naturf. Ges. zu Halle IV. 1858. — Auch separat Halle 1858. 53) —— Die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Cecidomyialarven. Archiv für Naturg. 1865. 54) F. Levis, Die Dotterfurchung nach ihrem Vorkommen in der Thierwelt und nach ihrer Bedeutung. Oken’s Isis 1848. 55) —— Einige Bemerkungen über die Entwicklung der Blattläuse. Zeitschr. f. w. Zool. II. 4850. Der Eierstock und die Samentasche der Insekten. Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Befruchtung. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. T. 33. 1867. — Auch separat Dresden 4866. 57) J. Lussock, On the Ova and Pseudova of Insects. Philos. Transact. of the Royal Soc. T. 149. 1859. 58) H. Lupwıc, Über die Eibildung im Thierreich. Verh. d. Würzb. Phys.-med.Ges. N. F. VII. — Auch in den Arbeiten a. d. zool. zoot. Institut in Würzburg. I. 4874. — Endlich separat Würzburg 1874. 59) P. Mayer, Über Ontogenie und Phylogenie der Insekten. Jen. Zeitschr. f. Naturw. X. 4876. 60) E. METSCHNIKOFF, Über die Entwicklung der Cecidomyialarve aus dem Pseud- ovum. Arch. f. Naturg. 4865. Untersuchungen über die Embryologie der Hemipteren. Vorl. Mitth. Zeitschr. f. w. Zool. XVI. 41866. 62) —— Embryologische Studien an Insekten. Zeitschr. f. w. Zool. XVI. 1866, 63) G. MEıssner, Beobachtungen über das Eindringen der Samenelemente in den Dotter. Zeitschr. f. w. Zool. VI. 1855. 64) N. MELnıkow, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Insekten. Arch. f. Naturg. T. 35. 1869. 65) H. Meyer, Über die Entwicklung des Fettkörpers, der Tracheen und keimbe- reitenden Geschlechtstheile bei den Lepidopteren. Zeitschr. f. w. Zool. I. 1849. 66) J. MüLter, Über die Entwicklung der Eier im Eierstock bei den Gespenstheu- schrecken eic. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. XII. ı1. 1825. 67) J. Nussaum, Zur Entwicklungsgeschichte der Ausführungsgänge der Sexual- drüsen bei den Insekten. Zool. Anzeiger V. 4882. | 68) A. S. Packarn, Embryological Studies on Diplax, Peritbemis and the Thysanou- :Tous genus Isotoma. Mem. Peabody Acad. Science I.ı. 1874. 69) —— Embryological Studies on hexapodous Insects. Mem. Peabody Acad. Sc. I. ım, 1872. er 56) 61) . 0 Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 689 70) A. PAgENSTECHER, Die ungeschlechtliche Vermehrung der Fliegenlarven. Zeitschr. f. w. Zool. 4864. 74) Perez, Formation de l’ovule chez le Bombyx du murier. Rev. d. cours scient. 4872. 72) H. RaTake, Zur Entwicklungsgeschichte der Blatta germanica. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1832. 73) —— Zur Entwicklungsgeschichte der Maulwurfsgrille, Gryllotalpa vulg. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1844. 74) —— Studien zur Entwicklungsgeschichte der Insekten. Herausgegeben von Hagen. Stett. entom. Zeit. XXII 1861. 75) Ca. Rosın, Memoire sur la production des cellules du blastoderme sans segmen- tation du vitellus chez quelques articules. Gompt. rend. T. 54. 1862. 76) —— Memoire sur la production du blastoderme chez les articule. Brown- - Seouarp's Journ. de la Physiol. V. 1862. 77) €. Semper, Über die Bildung der Flügelschuppen und Haare bei den Lepidop- teren. Zeitschr. f. w. Zool. VIII. 1857. 78) —— Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. Arb. zool.-zoot. Inst. Würzburg III. 1876—1877. 79) F.W. L. Suckow, Anatomisch-physiologische Untersuchungen der Insekten und Krustenthiere. Bd. I. Heft 4. Heidelberg 4848. Geschlechtsorgane der Insekten. HErusıngers Zeitschr. f. organ. Physik II. 1828. 81) Arten Tuonpson, Artikel »Ovum« in Topp’s Cyclop. of Anat. and Physiol. V. 1859, 82) A. TıcHoMIROFF, Über die Entwicklungsgeschichte des Seidenwurms. Zool. An- zeiger 11. 1879. 83) W. WALDEYER, Eierstock und Ei. Ein Beitrag zur Anatomie und EulWiek un geschichte der Sexualorgane. Leipzig 1870. 84) N. Wacner, Beitrag zur Lehre von der Fortpflanzung der Insektenlarven. Zeit- schrift f. w. Zool. XIII. 4863. Über die Entwicklung einer Hymenopterenform aus der Familie Ptero- malinae. Arbeiten d. 4. Versamml. russ. Naturforscher. Petersburg 4868. Zoologie. 86) A. Weısmann, Über die Entstehung des vollendeten Insektes in Larve und Auppe- Frankfurt 4863. 87) —— Die Entwicklung der Dipteren im Ei. Zeitschr. f. w. Zool. XIII. 41863. 80) 8 © ._ 88) Die nachembryonale en der Musciden. Zeitschr. f. w. Zool. XIV. 1864, 89) —— Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Insekten. Arch. f. Anat. u. Physiol. 4864. 90) —— Die Metamorphose der Corethra plumicornis. Zeitschr. f. w. Zool. XVI. 1866. 94) —— Beiträge zur Kenntnis der ersten Entwicklungsvorgänge im Insektenei. In den Beiträgen zur Anatomie und Embryologie, J. HENLE von seinen Schülern als Festgabe dargebracht 1882. 92) L. Wırr, Zur Bildung des Eies und des Blastoderms bei den viviparen Aphiden. Arb. zool.-zoot. Instit. Würzburg VI. 93) G. ZADpDAcH, Untersuchungen über die Entwicklung und den Bau der Glieder- thiere. Heft I. Die Entwicklung des Phryganideneies. Berlin 1854. 46* 690 Emanuel Witlaczil, Andere Litteratur, auf welche in dieser Abhandlung Bezug ge- nommen wurde: 94) Basıanı, Observations sur la reproduction de Phylloxera du Ch@ne, Annal. d. seienc. nat. Zool. Ser. V. T. XIX. 1874. 95) F. M. Barrour, Handbuch der Embryologie, deutsch von VETTER, II. 1884. 96) E. v. BEneDen, Recherches sur la composition et la signification de l'oeuf, bas&es sur l’etude de son mode de formation et de premiers phenomenes embryonnaires. M&m. cour. Acad. Belgique XXXIV. 4870. 97) N. BosrETzky, Zur Embryologie des Oniscus murarius. Zeitschr. f. w. Zool. XXIV. 4874. 98) O. BürscaLı, Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle, die Zelltheilung und die Conjugation der Infusorien. Abhandl. d. Sencken- berg. Naturf. Gesellsch. X. 4876. — Auch separat. 99) C. CrAus, Grundzüge der Zoologie. 4. Auflage. Marburg I. 1880. 1I. 1882. 400) DerBes, Observations sur les Aphidiens, qui font les galles des Pistachiers. Annal. d. scienc. nat. Zool. Ser. V. T. XI. 1869. 404) —— Note sur les Aphidiens du Pistachier terebinthe. Annal. d. seienc. nat. 2001. Ser... 7... X). 4873: 402) FABRE, L’hypermetamorphose et les moeurs des Me&loides. Annal.d. scienc. nat. Zool, Ser. IV. T,.VIl. 4857. 403) C. GEGENBAUR, Grundriss der vergleichenden Anatomie. 2. Aufl. Leipzig 1878. 404) R. GoETHE, Die Blutlaus, Schizoneura lanigera Hausm. Landwirthsch, Jahr- bücher. Berlin 1883. 105) C. GrosBEn, Die Embryonalentwicklung von Moina rectirostris. Arbeiten a. d. zool. vergl.-anat. Inst. d. Univers. Wien II. 1879. 406) B. HATscHEr, Studien über Entwicklung des Amphioxus. Arb. a, d. zool. Inst. d. Univ. Wien IV. 4881. 107) F. Levis, Lehrbuch der Histologie. 1857. 108) J. LUBBOCK, Ursprung und Metamorphose der Insekten. Deutsch von SCHLÖSSER. Bibl. naturw. Schriften I. Jena 1876. 409) MosELeEy, On the Structure and Development of Peripatus capensis. Phil, Trans- act, Royal Soc. London 4875. 440) R. OwEn, Lectures on the Anatomy of the Inverlebrate Animals. 444) J. A. ParmeEn, Zur Morphologie des Tracheensystems. Helsingfors 4877. 442) —— Zur vergleichenden Anatomie der Ausführungsgänge der Sexualorgane bei den Insekten. Vorläufige Mittheil. Morphol. Jahrb. IX. 4883. 443) H.v. WıELowıEsski, Studien über die Lampyriden. Zeitschr. f. wiss. Zool. XXXVII. 4882. 144) E. Wırraczır, Zur Anatomie der Aphiden. Arb.a.d. zool. Inst. d. Univ. Wier IV. 1882. 1 Der Polymorphismus von Chaetophorus populi L. Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien. Math.-naturw. Klasse. T. 48. 1884. 445) 1 Bei der Korrektur eingefügt. Entwicklungsgeschiehte der Aphiden. 691 Erklärung der Abbildungen. Alle Zeichnungen sind mit freiem Auge entworfen und wegen meiner Kurzsichtig- keit fast um die Hälfte kleiner, als die Objekte mit der Camera erscheinen. ab, Abdomen; am, Amnion; ao, Aorta; at, Antenne; bh, Bindegewebhülle ; bl, Blasioderm;; bm, Bauchmark; ch, Chitinstab; co, Corniculum; cu, Cuticula ; d, Dotter; da, Dünndarm; de, Ductus ejaculatorius; dz, Dotterzelle ; ec, Ektoderm; ed, Enddarm; ef, Endfach ; eg, Eiergang; eh, Embryonalhäute ; el, Eileiter; ep, Epithel; er, Eiröhre;; ez, Exkretionszelle; fm, Flügelmuskel; fz, Fettzelle;; g, Gehirn‘; ga, Ganglion;. ge, Genitalanlage; gea, Anlage d.accessorischen Geschlechtsorgane; gh, Hinterlappen des Ge- hirns; gi, Unterschlundganglion; gla, accessorische Drüse; gls, Kittdrüse ; gs, Seitenlappen des Ge- hirns; gv, Vorderlappen des Ge- hirns; h, Herz; ha, Haar; hs, Hodenschlauch ; hy, Hypodermis; i, Intima ; k, Kern; ks, Keimstreifen; la, Labium; Id, Labrum; Im, Längsmuskel; m, Muskulatur; md, Mandibel; me, Mesoderm; mxı, 1. Maxille; . mat, Maxillartaster ; Tafel XXVIII. m&%a, 11. Maxille; n, Nervenstrang; 0, Mund; oc, Auge; oe, Ösophagus; os, venöse Ostie; pı, erstes Fußpaar; Pa, zweites Fußpaar; P3, drittes Fußpaar pr, Protoplasma; pro, Proktodaeum; ps, Pseudovitellus; qm, Quermuskel; rf, Ringfalte ; rs, Receptaculum seminis; sb, Samenballen ; sd, Speicheldrüse ; se, Serosa; si, Blutsinus; sp, Seitenplatte; st, Soomodaeum; t, Tunica; ir, Trachee : va, Vagina; ve, Magen; vd, Vas deferens; vk, Vorderkopf. Die Figuren der Tafeln XXVIII—XXXI sind sämmtlich von viviparen Weibchen von Aphis platanoides. Die Figuren der Tafel XXVIII sind mit der stärksten mir zur Verfügung stehenden Vergrößerung von 600 linear (= Ocular IV. Objektiv 8. von HARTNACK) gezeichnet. Fig. A. Das Endfach, A, mit einem sich ausbildenden Ei im -Durchschnitt in Salzlösung beobachtet, B, von oben gesehen nach Behandlung mit Salzsäure. Fig. 2. Ein weiter ausgebildetes Ei. Der Keimfleck im frischen Ei nicht mehr erkennbar, Dotterkörnchen in Bildung begriffen. In Salzlösung. Fig. 3 (I. Entwicklunssstadium). Ein ausgebildetes Ei. A, in Salzlösung, B, das- selbe nach Behandlung mit Salzsäure. Fig. 4. Das Keimbläschen in Theilung begriffen. Salzlösung. Fig. 5 (H. Stadium). lösung. Das Keimbläschen hat sich in zwei Kerne getheilt. Salz- Fig. 6. Einer der Kerne theilt sich wieder. Salzlösung. 92° Emanuel Witlaczil, Fig. 7 (III). Vierkerniges Stadium. Salzlösung. Fig. 8 (IV). Achtkerniges Stadium. A, von oben in Salzlösung. B, Drei An- sichten desselben Objektes bei hoher, mittlerer und tiefer Einstellung desMikroskopes, um ein Abzählen sämmtlicher Kerne möglich zu machen, nach- Behandlung mit Salzsäure. Fig. 9 (V). A6kerniges Stadium. A, von oben in Salzlösung. B, dasselbe Objekt bei Hoch-, Mittel- und Tiefeinstellung des Mikroskopes nach Behandlung mit Salzsäure. Fig. 410 (VI). 32kerniges Stadium im Durchschnitt und von oben. A, in Salz- lösung, B, mit Salzsäure, Fig. 44 (VII). Dem 64zelligen entsprechendes Stadium im Durchschnitt und von oben. A, in Salzlösung, B, mit Salzsäure. Fig. 42 (VIII). Dem 428zelligen entsprechendes Stadium im Durchschnitt und von oben. A, in Salzlösung, B, mit Salzsäure. Fig. 13 (IX). Vom Eiröhrenepithel wächst ein Zellkörper, der Pseudovitellus, in das Ei, das Blastoderm vor sich einstülpend. Im Durchschnitt und von oben. 4A, in Salzlösung, B, mit Salzsäure. Fig. 14 (X). Die Dotterkörnchen haben sich aufgelöst. Das Blastoderm nimmt bedeutend an Dicke zu. Genitalanlage vorhanden. Durchschnitt in Salzlösung. Fig. 45 (XI). Der Pseudovitellus ist weiter hineingewachsen. Salzlösung. Fig. 16 (XII). Der Pseudovitellus füllt fast den ganzen Raum innerhalb des Blastoderms aus. Die Genitalanlage zeigt Zellvermehrung. Am hinteren Pol beginnt sich durch stärkere Vermehrung der Blastodermzellen eine Einstülpung zu bilden. Salzlösung. Fig. 47 (XIII). Die hintere Einstülpung wächst; die eine Seite derselben, so wie die auf derselben Seite gelegene Hälfte des Blastoderms wird dünner, Von der Seite in Salzlösung. he Fig. 48 (XIII). Dasselbe Stadium von oben in Salzlösung. Fig. 49 (XIV). Die Einstülpung ist noch größer geworden und das dünne Blatt derselben (Amnion) legt sich an das dicke (Keimstreifen) an. Von der Seite in Salz- lösung. Fig. 20 (XV). Der Keimstreifen bildet bereits einen aufsteigenden und einen absteigenden Theil. Von der Seite in Salzlösung. Fig. 24 (XVI). Der größte Theil des Blastoderms hat sich verdünnt und bildet so die Serosa, der mit dem aufsteigenden Theile des Keimstreifens zusammen- hängende dicke Theil aber die Seitenplatten. Von der Seite in Salzlösung. Fig. 22 (XVI). Dasselbe Stadium von oben in Salzlösung. Fig. 23 (XVII). Der Keimstreifen hat weiter bedeutend an Länge zugenommen. Das Mesoderm spaltet sich in seiner ganzen Länge an der Rückseite von demselben ab. Von der Seite in Salzlösung. Fig, 24 (XVII). Dasselbe Stadium von der Rückseite in Salzlösung. Tafel XXIX, Alle Stadien in Salzlösung mit der Vergrößerung 400 (= Oc. III. Obj. 8. Harr- NACK) untersucht. Fig. 25 (XVII). Am aufsteigenden Theil des Keimstreifens (Kopf und Thorax) tritt Segmentirung auf, schwach angedeutet auch am absteigenden Abdomen. Das Stomodaeum beginnt sich zu bilden. Eben so die Ringfalte behufs Abschließung von Serosa und Amnion. Von der Seite. | | i . | | \ | | | Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 693 _ Fig. 26 (XVIM). Dasselbe Stadium von oben. Die Mittelfurche des Körpers deutlich bemerkbar. Fig. 27 (XVII). Dasselbe Stadium nicht ganz von unten. Fig. 28 (XIX). Die Gliedmaßen treten an Kopf und Thorax hervor. Die Ab- spaltung der Anlage des Nervensystems tritt auf. Speicheldrüsen und Proktodaeum sind angelegt. Von der Seite. Fig. 29 (XIX). Dasselbe Stadium von oben. Das Mesoderm hat sich von der Mittellinie zurückgezogen. Die Extremitäten und Antennen nach außen gewendet. Fig. 30 (XIX). Dasselbe Stadium von unten. Die Antennenanlagen befinden sich seitlich von den Mandibelanlagen. Vorderkopf. Fig. 34 (XX). Die Extremitäten und Antennen so wie die Darmeinstülpungen sind länger geworden. Am Abdomen tritt die Segmenlirung deutlich hervor, indem der Keimstreifen sich zusammenzuziehen beginnt, wodurch auch der Pseudovitellus und die Genitalanlage an den vorderen Eipol gelangen. Von der Seite. Fig. 32 (XX). Dasselbe Stadium von oben. Die Anlage des Nervensystems macht sich besonders bemerkbar. Fig. 33 (XX). Dasselbe Stadium von unten. Fig. 34 (XXI). Die Zusammenziehung des Keimstreifens ist weiter fortgeschrit- ten und in Folge dessen der Pseudovitellus und die Genitalanlage auf die Rückenseite des Thieres gerückt. Die Anlage des Nervensystems zeichnet sich durch Dicke aus. Mandibeln, I. und II. Maxillen beginnen sich auszubilden. Von der Seite. Fig. 35 (XXT). Dasselbe Stadium von oben. Die II. Maxillen sind mehr gegen die Mittellinie des Körpers gerückt. Fig. 36 (XXI). Dasselbe Stadium von unten. Die Extremitäten so wie Antennen haben jetzt bereits eine nach innen gewendete Lage. Tafel XXX. Alle Stadien in Salzlösung mit der Vergrößerung 400 untersucht. Fig. 37 (XXW). Die Umrollung des Embryo beginnt, indem der Kopf nach rückwärts sich gegen den vorderen Eipol emporzieht. Von der Seite. Fig. 38 (XXIII). Der Kopf hat bereits den vorderen Pol erreicht, an welchem aber auch noch die Spitze des Abdomens liegt. Die Embryonalhäute sind in eine wurstförmige Masse am Rücken zusammengerollt. Von der Seite. Fig. 39 (XXIV). Der Keimstreifen zieht sich wieder zusammen. Die Seiten- wände des Körpers sind bereits gebildet. Die Genitalanlage in Theilung begriffen. Von der Seite. | Fig. 40 (XXIV). Dasselbe Stadium von unten. Mandibeln und I. Maxillen mit ‚, ihren Tastern senken sich bereits etwas in den Körper ein. | Fig. 44 (XXV). Die Spitze des Abdomens ist am hinteren Eipol angelangt. Das , Nervensystem hat sich weiter differenzirt. Von der Seite. Fig. 42 (XXV). Dasselbe Stadium von oben. Tracheenanlagen bemerkbar. Die ‚ jederseitige Genitalanlage in Theilung begriffen. Unterschlundganglion und Bauch- mark Setzen sich ab. Fig. 43 (XXVI). Stomodaeum und Proktodaeum wachsen stärker. Vor letzte- rem entsteht die Anlage der accessorischen Geschlechtsorgane. Von der Seite, Fig. 44 (XXVI). Dasselbe Stadium von oben. Der Pseudovitellus in der Mittel- | linie eingeschnürt. Die Endfächer verbinden sich wieder jederseits auf der nach außen und vorn gekehrten Seite durch die Endfäden, auf der nach hinten und innen gelegenen durch die Stielchen der Eiröhren. 694 Emanuel Witlaezil, Tafel XXXI, Alle Stadien in Salzlösung mit der Vergrößerung 400 untersucht. Fig. 45 (XXVII). Mandibeln und I. Maxillen haben sich weiter eingesenkt. Von der Seite, ; Fig. 46 (XX VII). Dasselbe Stadium von oben. Stomo- und Proktodaeum ver- wachsen über dem Pseudovitellus mit einander. Die Einschnürung des Pseudovi- tellus weiter fortgeschritten. Die Zellen in den Endfächern, der Fettkörper und die Muskulatur beginnen sich zu differenziren. Fig. 47 (XXVII). Mandibeln und I. Maxillen haben sich fast ganz eingesenkt und die retortenförmige Gestalt angenommen. Die Maxillen der letzteren legen sich an den Vorderkopf an. Die Extremitäten und Augen beginnen sich zu differenziren. Von der Seite. Fig. 48 (XXVIN). Dasselbe Stadium von oben. Der Darm bildet bereits eine Schlinge. Enddarm und Magen zeichnen sich durch Dicke aus. Die Anlage des Herzens als eine Reihe Mesodermzellen in der Mittellinie des Körpers tritt auf. Fig. 49 (XXIX). Während die primäre Verbindung noch nicht gelöst ist, geht der Pseudovitellus schon die definitive Verbindung hinten über dem Darme ein. Die Tracheen vorn bereits ausgebildet. Das Herz eine solide Zellmasse. Die Segmenti- rung tritt am Körper hervor. Die Muskulatur und der Fettkörper differenziren sich allgemein. (Speicheldrüsen, Längsmuskeln und Fettkörper nicht eingezeichnet.) Von oben. Tafel XXXII, Alle Stadien in Salzlösung untersucht. Fig. 50—51 mit der Vergrößerung 400, Fig. 53—53 mit der Vergrößerung 240 (= II. 6. Harrnack). Fig. 50 (XXX). Von oben. Das Herz ein Hohlschlauch mit sieben Paar Ostien und vorn einer langen in Blutsinusse mündenden Aorta. Die vordere Verbindung des Pseudovitellus gelöst. Erste Anlage der Cornicula. (Fettkörper, Längsmuskeln, Genitalien nicht eingezeichnet.) Fig. 51 (XXX). Dasselbe Stadium von unten, Vorderkopf, Unterlippe, An- tennen und Extremitäten differenziren sich. Fig. 52 (XXXI). Von oben. Der reife Embryo. Das Tracheensystem ausgebildet. Reicher Fettkörper entwickelt. Haare am ganzen Körper vorhanden. Die Cornicula weiter differenzirt. Fig. 53 (XXXI). Dasselbe Stadium von unten. Eine Chitincuticula kommt am ganzen Körper zur Ausbildung, und hebt sich besonders an den Enden der Extre- mitäten von demselben ab. Tafel XXXIII. In Salzlösung mit der Vergrößerung 400 untersucht, nur Fig. 58 (Stadium: VII) mit der Vergrößerung 600 gezeichnet. Fig. 54. Stadium XX von Aphis pelargonii von oben. Fig. 55. Stadium XXIII von Aphis pelargonii von der Seite. Fig. 56. Stadium XXIV von Aphis pelargonii von oben. Fig. 57. Stadium XXX von Callipterus tiliae von oben. Fig. 58. Zwei in einer Eiröhre auf einander folgende Stadien (VII und XIII) von Callipterus tiliae, von der Seite. Fig. 59. Stadium XX von Pemphigus spirothecae von unten. Entwicklungsgeschiehte der Aphiden. 695 Tafel XXXI. Vergrößerung bei Fig. 60 600, sonst überall 400. Fig. 60. Pseudovitellus von Aphis platanoides etwa vom Stadium XIII mit Es- sigsäure behandelt. Fig. 64. Magen eines Embryo auf dem Stadium XXX von Aphis sambuci, in Salzlösung.. Fig. 62. Stück des Darmes eines reifen Embryo von Aphis sambuci, in Salz- lösung, Fig. 63. Querschnitt durch die Thorakalpartie eines Embryo auf dem Stadium XXVIH von Aphis platanoides. Mit Beale'schem Karmin gefärbt. Fig. 64. A, Stück eines Beines an der Grenze von Femur und Tibia, B, zweites Tarsalglied eines reifen Embryo von Aphis platanoides. Mit Essigsäure behandelt. Tafel XXXIIL Fig. 65. Darmkanal eines Imago von Callipterus tiliae in Salzlösung beobachtet. Vergr. 240. Fig. 66. Vorderende des Magens eines Imago von Aphis pelargonii in Salzlö- sung. Vergr. 400. Fig. 67. Stück des Mitteldarmes eines Imago von Dryobius roboris in Salzlö- sung. Vergr. 400. Fig. 68. Stück des Herzens einer großen Larve von Aphis platanoides. Von einem im Ganzen mit BeALr’schem Karmin gefärbten Thier. Vergr. 400. Fig. 69. Exkret der Cornicula eines Imago von Callipterus tiliae. Trocken un- tersucht. Vergr. 600. Tafel XXXIV. Mit den angeführten Ausnahmen Alles in Salzlösung mit der Vergrößerung 400 untersucht. Fig. 70. Anlage der accessorischen Geschlechtsorgane von einer ganz jungen weiblichen Larve von Aphis platanoides. Fig. 71. Die accessorischen Geschlechtsorgane einer älteren weiblichen Larve derselben Art. Fig. 72. Geschlechtsorgane einer mittelgroßen weiblichen Larve derselben Art. Fig. 73. Die Geschlechtsausführungsgänge einer großen weiblichen Larve der- selben Art. - Fig. 74. Geschlechtsorgane einer mittelgroßen männlichen Larve derselben Art. Fig. 75. Bereits mit blasigem Sekret gefüllte accessorische Drüse eines jungen männlichen Imago derselben Art. Fig. 76. Geschlechtsausführungsgänge eines jungen Männchens derselben Art. Fig. 77. Entwicklung des Hodenschlauches und seines Inhaltes bei derselben Art. A, Genitalanlage einer Seite von einem Embryo auf dem Stadium XXVI. B, Dieselbe auf dem Stadium XXVIII. C, Ein Hodenschlauch vom Stadium XXIX. D, Ein solcher vom Stadium XXXI. (Alles in Salzlösung mit der Vergrößerung 400 untersucht.) E, Ein Samenballen von der Spitze eines Hodenschlauches einer mit- telgroßen Larve in Salzlösung. F, Derselbe nach Behandlung mit Salzsäure. G, Samenmutterzellen und Samenzellen von der Spitze eines Hodenschlauches eines jungen Männchens nach Behandlung mit Salzsäure. Die letzten drei Figuren mit der Vergrößerung 600. 696 Emanuel Witlaezil, Entwicklungsgeschichte der Aphiden. Fig. 78. Hodenschlauch eines jungen Männchens von Aphis arundinis. | Fig. 79. Geschlechtsanlage eines männlichen Embryo auf dem Stadium XX von Aphis pelargonii. Fig. 80. Geschlechtsorgane eines reifen männlichen Embryo derselben Art. Fig. 84. Geschlechtsanlage eines weiblichen Embryo äuf dem Stadium XXI von Pemphigus spirothecae. Fig. 82. Geschlechtsorgane eines weiblichen Embryo auf dem Stadium ca. XXVII von derselben Art. Fig. 83. Geschlechtsorgane eines männlichen Embryo auf dem Stadium ca. XXVI von derselben Art. Fig. 84. Geschlechtsorgane eines reifen männlichen Embryo derselben Art. 25 Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwalde. Von Professor Dr. @. Nüsslin in Karlsruhe. Mit Tafel XXXV und XXXVI. Im Nachfolgenden werden vier neue Urthiere: Zonomyxa violacea, ' Vaginicola Bütschlii, Epistylis ophrydiiformis, Amphitrema stenostoma und eine Amöbencyste beschrieben. Die Beobachtungen an Zonomyxa violacea wurden in einundeinhalbjährigem Zeitraum, die an Epistylis ophrydiiformis vor einem halben Jahre, die übrigen ausschließlich wäh- rend dieses Winters angestellt. Zu den letzteren gab ein kleines Glas mit "Wasser, in dem Moose des Herrenwieser Sees abgeschüttelt worden wa- ren, das Material. Die ersteren wurden theils an Ort und Stelle selbst, ‚theils an besorgten Vorräthen angestellt. Zonomyxa! violacea; novum genus, nova Species. Vgl. Taf. XXXV, Fig. 4—23. I. Diagnose. »Großer, erwachsen durchschnittlich 0,15 mmdicker, in der Ruhe nahezu kugeliger, von zarter chitinartiger ‚Hülle allseitig umschlossener Süßwasserrhizopode, des- ‚sen vacuoläres, durch zahlreiche kleine violette Vacuolen |violett gefärbtesPlasmaloboseFortsätzeaussendet; ohne ‚joder mit Kernen von verschiedener Zahlund Größe.« | Vorstehend in Kürze charakterisirter Rhizopode wurde von mir vor 4 /» Jahren im Herrenwieser See, einem alten, ehemals wohl größeren ‚| Hochgebirgssee unweit Baden-Baden zwischen Porfindasen aufgefunden. 1 C&vn Gürtel, uö&a Schleim, 693 | 0. Nüsslin, Derselbe hat auf den ersten Blick große Ähnlichkeit mit Amphi- zonella violacea! Greeff, doch weisen die Unterschiede in den Einzelheiten beider auf Gattungsdifferenzen hin, worauf weiter unten? näher eingegangen werden soll. II. Gestalt und Gröfse. Die äußere Körperform unseres Rhizopoden gleicht in der Ruhe der Kugel, wobei jedoch der Umfang stellenweise ein- und ausgebuchtet zu sein pflegt. In der Bewegung kann der Rhizopode eine sehr gestreckte Eiform annehmen, auch vermag er nierenförmig zu werden, oder größere Umfangstheile lappenartig hervorzutreiben. Der Durchmesser größerer Individuen hat im Mittel 0,15 mm, doch sind größere Zahlen von 0,18 bis 0,20 keine Seltenheiten. III. Hülle. Den ganzen Innenkörper umschließt eine dünne, selten. über 0,002 mm, meist weniger dicke Hülle von chitinartiger® Substanz, großerDehnbarkeitundbedeutender chemischer Wider- standsfähigkeit. Sie liegt dem Innenkörper meist unmittelbar an, doch erscheinen nicht selten einzelne kleinere Stellen ihres Umfanges buchtig abgehoben (Fig. 4 u. 7). Vermöge ihrer großen Ausdehnungsfähigkeit wechselt die Dicke der Hülle je nach dem Drucke, den der Innenkörper ausübt, welch’ letz- terer an verschiedenen Stellen des Umfangs ungleich sein kann. Wenn z. B. das Thier einen Fortsaiz nach außen sendet, wird über diesem die Hülle immer dünner und dünner und meistens zuletzt für das Auge nicht mehr unterscheidbar. Der gleiche Effekt kann künstlich durch allmählich wachsenden Deckglasdruck auf das ganze Thier hervorgebracht werden: dessen ku- geliger Körper plattet sich mehr und mehr ab, sein größter Umkreis wächst hierbei beträchtlich, während die Hülle, immer dünner und zuletzt nicht mehr unterscheidbar wird. Aus diesen Erscheinungen scheint mir mit größter Wahrscheinlichkeit hervorzugehen, dass auch 1 Vgl. GrEEFF, Über einige in der Erde lebende Amöben und andere Rhizo- poden. Arch. f. mikr. Anat. Bd. II. 1866. 2 Vel. das Kapitel IX über die systematische Stellung. 3 Chitinarfig nenne ich die Hülle sowohl mit Rücksicht auf ihr chemisches als mechanisches Verhalten. Die von mir angenommene, sehr bedeutende Dehnbarkeit lässt freilich auf eine gewisse Nachgiebigkeit gegen Druck schließen, macht jedoch. keineswegs die Vor- aussetzung eines weichen, etwa gallertigen Zustandes erforderlich, so wenig dies bei sehr dünnen Lamellen von Gummi elasticum der Fall ist. Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwalde, 699 bei der Bildung einfacher oder reich verzweigter Pseudopodien von Seiten ' des Innenplasma die über ihnen liegende Hülle nicht durchbrochen (zerrissen), sondern nur stark gedehnt wird. Ob bei der Auf- nahme von Nahrung von Seiten der Nahrungstheilchen eine Durchbre- chung der Pseudopodienhülle, oder nur eine Einstülpung und später Abschnürung,, oder gar eine substanzliche Auflösung von Seiten des Plasma selbst stattfindet, dies Alles verbleibt im Bereich bloßer Ver- muthungen, da ein optischer Nachweis unmöglich zu sein scheint. Dass die Hülle bei der Pseudopodienbildung bloß gedehnt und nicht durch- brochen worden ist, wird einmal durch obige Beobachtungen und sodann durch die Thatsache höchst wahrscheinlich gemacht, dass nirgends ein plötzliches Aufhören der Hülle an der Basis einer Pseudopodie, sondern stets eine allmähliche Verdünnung gesehen werden kann (Taf. XXXV, Fig. 2). Bekanntlich hat Greerr bei Amphizonella violacea eine Durch- bohrung der Hülle durch die fingerförmigen Fortsätze vorausgesetzt. Die chemische Widerstandsfähigkeit der Zonomyxahülle offenbart sich durch ihr Verhalten gegen Säuren und Alkalien, welche selbst in ‚ höheren Koncentrationen wenig Veränderungen hervorrufen. Jod färbt sie erst nach längerer Einwirkung, Jodkalium-Jodlösung und verdünnte Schwefelsäure bewirken keine Violett- oder Neutralfärbung, wie solches ' 2. B. bei der Hülle von Amphitrema geschieht. Eben so wenig färben Karmin und Hämatoxylin die Zonomyxahülle. IV, Das Plasma. Das Plasma des Innenkörpers ist eine vacuoläre oder reticu- läre leichtflüssige Masse mit homogen verdichteter Peri- ‚ pherie, Diese letztere bildet eine Außenzone des Innenkörpers, welche sich meist der Hülle unmittelbar anlegt und mit ihr nahezu gleiche Dicke ' hat (0,009—0,00k mm; Taf, XXXV, Fig.4)?. Meist ist diese Außenschicht homogen, ohne Körnchen und Vacuolen, nur die farblosen Vacuolen rücken manchmal in sie herein und bis an die Hülle heran. Diese Außen- zone ist es, welche auch den Saum der Pseudopodien, die feineren wohl gänzlich bildet. Nach innen geht die verdichtete Außenschicht mittels zahlloser zarter Plasmabalken in die reticuläre Masse über, welche vollauf mit feinen, stark lichtbrechenden Körnchen von etwa 0,0005 mm Durchmesser erfüllt ist und in ihren Maschen nachfolgende Einschlüsse führt. A) Violette Vacuolen. Dieselben stellen für das Auge kleine ca. 0,003 mm dicke Farbstoffkrümel von verschiedener, bald kugeliger, - 4 Durch ein Versehen des Lithographen ist in dieser Figur die Hülle allseitig gleich dick gezeichnet worden. 2 Ebenfalls in der Lithographie nicht erkennbar. 700 0. Nüsslin, bald eckiger Gestalt und dunkelvioleiter Färbung dar. Erst nach An- wendung von Deckglasdruck, besonders auf größere Pseudopodien wird es deutlich, dass diese scheinbaren Pigmentkörner diffus violett gefärbte Flüssigkeitsvacuolen sind, da sie unter dem Drucke immer größer und dabei heller in der Farbe werden, oder gar zusam- men-, oder in das Wasser überfließen. Diese kleinen violetten Vacuolen sind im ganzen Binnenkörper zer- streut, doch formiren sie insbesondere eine subperiphere Zone, welche auf die homogene Außenschicht nach innen folgt und meist 1—3 Vacuolenlagen dick ist (Taf. XXXV, Fig. %). Der violette Farbstoff ist außerordentlich empfindlich: sehr verdünnte Säuren und Alkalien, Jod, Alkohol zerstören ihn sofort. Auch geht er auf natürlichem Wege beim Tode und eben so einige Zeit nach der Encystirung verloren. Die Anwesenheit der violetten Va- cuolen erzeugt bei unserem Rhizopoden eine totale violette Färbung des Innenkörpers, welche jedoch nicht selten stellenweise, in Folge aufge- nommener gelblicher, grüner oder brauner Nahrungstheile, ein schmutzi- ges Kolorit annehmen kann. 2) Farblose Vacuolien. Äußerst zahlreich finden sich in den plasmatischen Maschenräumen ungefärbte Flüssigkeitstropfen von meist kugeliger Gestalt und sehr verschiedener Größe. Jedoch herrscht eine Größe von durchschnittlich 0,007 mm unter allen vor, besonders in einersubperipherischen Zone, in welcher dieselben sehr dicht gelagert sind und welche nach innen auf die Zone der violetten Vacuolen folgt (Taf. XXXV, Fig. 4). Öfters rücken diese kleineren ungefärbten Vacuolen in die plasmatische Rindenschicht,, ja bis an die Hülle heran, wobei sie gern eckig erscheinen. Die größeren Vacuolen finden beson- ders in den inneren Regionen ihren Platz. Die farblosen Vacuolen der Zonomyxa sind nicht im eigentlichen Sinne Kontraktil, da sie nicht rasch kollabiren. Doch lässt sich am unversehrten Thiere der Wechsel ihres Werdens und Vergehens bei gründlicher Beobachtung leicht erkennen. Sie ziehen sich dabei ganz allmählich zusammen, während meist anders wo eben so langsam neue auftauchen. So beobachtete ich bei einem Individuum, wie inner- halb 145 Minuten drei Vacuolen verschwanden und zwei neue daneben entstanden. Manchmal enthalten diese Vacuolen feste Einschlüsse , wie Körnchen oder krystallartige Gebilde. An solche Vacuolen schließen sich jene, oft sehr großen an, in denen bei unserem Rhizopoden öfters die Nahrungskörper eingebettet liegen. 3) Glanzkörper. Ein weiterer Bestandtheil der Maschenräum sind, jedoch nicht immer, feste ziemlich lichtbrechende, etwas gelblich‘ Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 701 erscheinende, runde, ovale oder unregelmäßig geformte Körper, von eben so verschiedener Größe wie Gestalt. Ihre Größe schwankt ungefähr zwischen 0,004 und 0,03 mm Dicke. Die kleineren, oft sehr regel- mäßig runden oder ovalen könnten leicht mit Zellkernen verwechselt wer- den, während die größeren meist unregelmäßige Gestalten annehmen und in ihrer Substanz selten homogen erscheinen, indem sie bald feste, bald vacuoläre Einschlüsse bergen oder Schichtung zeigen. Meist sind solche Glanzkörper vorhanden, oft sogar in großer Menge. Sie erinnern an die Glanzkörper Greerr's bei Pelomyxa !, wess- halb ich sie eben so benannte. Sie scheinen aus einer eiweißartigen Substanz zu bestehen; Jod färbt sie intensiv, zuerst gelb, dann braun, Osmiumsäure ruft keine besondere Bräunung hervor, Jod und Schwefelsäure keine Bläuung. k) Nahrungstheile. Bei der bedeutenden Gefräßigkeit unseres Rhizopoden ist sein Körper stets mehr oder weniger angefüllt mit Nah- rungstheilen in den verschiedensten Stadien der Verdauung. Von den frisch aufgenommenen und kaum veränderten Diatomeen, Desmidiaceen, Crustaceen, Rotatorien und Rhizopoden bis zu den völlig unkenntlichen verdauten schmutzig gelben oder braunen Nahrungsresten finden sich alle Zwischenstadien vertreten. Bald liegen die Nahrungstheile einzeln direkt im Körper (so insbesondere lange Algen und größere Thiere), bald finden sie sich in größeren Flüssigkeitsvacuolen. Sehr häufig erscheinen einzelne verdaute Nahrungsreste als größere Ballen durch eine Plasma- hülle zusammengehalten (Taf. XXXV, Fig. 4) und werden alsdann mit derselben nach außen ausgeschieden. V. Kerne. Dieser Bestandtheil unseres Rhizopoden hat ein ganz besonderes Interesse. Ein völlig ausgebildetes Kerngebilde scheinterst gegen die Periode der Encystirung zu erscheinen und als- dann in Mehrzahl aufzutreten (bis zur Zahl 14). In diesem Sta- dium sind die Kerne meist etwas ovoide Körper, deren größter Durch- messer im Mittel 0,02 mm misst. Eine Membran lässt sich öfters ohne Weiteres als doppelt konturirter Saum erkennen, bei Zusatz von Essig- säure fritt sie gern stellenweise von dem etwas kontrahirten Kerninhalt hinweg und lässt sich dadurch unzweifelhaft nachweisen. Der letztere bildet eine zart feinkörnige Masse, in der sich äußerst charakteristisch sehr blasse, etwa 0,0006 mm im Durchmesser haltende Körner befinden, welche, durch die ganze Kernmasse zerstreut, vorzugsweise in 1 Vgl. Archiv f. mikr. Anatomie Bd. III. 4867. 702 | | 0. Nüsslin, einer subperipheren Zone gelagert erscheinen (bald ein-, bald zweischichtig)t (Taf. XXXV, Fig. 4 n). Die Kernsubstanz scheint außerordentlich weich zu sein, da ihre: äußere Form durch den gelindesten Druck, so wie durch relativ scho-- nende Härtungsmittel verzerrt wird und alsdann eckig, zackig oder ab-. geplattet erscheint. Verdünnte Essigsäure .(1%/,) macht den Kerninhalt wider die Regel außerordentlich blass, fast homogen; erst nach Zusatz von Alkohol kehrt unter starker Kontraktion die ursprüngliche Struktur zurück. Die Aufnahme von Farbstoffen (Karmin) ist zwar energischer, als die von Seiten des Plasma der Zonomyxa, doch lange nicht so cha- rakteristisch, wie es sonst bei Kerngebilden die Regel ist. Und doch sind diese ausgebildeten Kerne der Zonomyxa nach ihrer Struktur zweifellose Kerngebilde. Wie schon erwähnt finden sich solche charakteristische Zonomyxa- kerne hauptsächlich zur Zeit vor und während der Encystirung, welche im Jahre 1882 Mitte September, im milderen Herbste 1883 dagegen erst zu Anfang des Oktober eintrat. Auch trefien wir echte Kerne nach der Encystirung, sogar noch in dem Stadium, in welchem die encystirte Zonomyxa ihren violetten Farbstoff und ihre Vacuolen verloren hat. Niemals darf man jedoch selbst auch in diesen verschiedenen Stadien mit Sicherheit auf die Anwesenheit solcher Kerne rechnen, sie können auch völlig fehlen 2. So habe ich öfters Zonomyxakörper, welche im frisch encystirten Stadium noch mit violetten und farblosen Vacuoien versehen waren, zerdrückt, ohne Kerne gefunden zu haben. Andererseits können auch im Frühjahr und Sommer die oben beschriebenen echten Kerngebilde angetroffen werden, doch gegen die Regel als seltene Ausnahme. In der großen Mehrheit der Fälle fehlen in letzteren Jahresperioden, also zur Zeit des energischsten Lebens und Wachsens, die echien Kerne vollständig. An ihrer Stelle trifft man Gebilde, welche ich »Kernsub- stanzen« nennen möchte. Es sind dieses bald größere, bald kleinere, in der Ein- oder Mehrzahl auftretende, meist zackige Plasmamassen 1 Ganz übereinstimmende Verhältnisse fand BürscnLı bei Amoeba Princeps, vgl. Abhandl. d. SEnkEng. Gesellsch. Bd. X oder die Tafel II, Fig, Ab in Bronn’s Klassen und Ordn. Bd. I. 2 Dieses beträchtliche Schwanken in Bezug auf Zahl, Größe und Vorkommen der Kerne unseres Rhizopoden stimmt wenig überein mit unseren schulgerechten Ansichten. Wohl aber liefert es eine sprechende Illustration zu der klaren, durch treffende Kritik sich auszeichnenden Darstellung der Kernverhältnisse bei den Rhizo- poden, welche BürscaLı in Broxn’s Klassen u. Ordnungen in Bd. I auf p. 409 u. fg. geliefert hat. EEE HEREEEERSEHEETEERD GE Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 703 (Taf. XXXV, Fig. 12u. fg.), welche im Innern des Thierkörpers so gelegen sind, dass sich an ihre Zacken oder Ecken die Balken des plasmatischen Maschennetzes direkt ansetzen (Taf. XXXV, Fig. 8). Ist nur ein solches Ge- bilde vorhanden, so liegt es mehr oder weniger im Gentrum des ganzen Thierkörpers und ist öfters von ansehnlichem Umfang, meist viel größer als die echten Kerne. Sind mehrere anwesend, so erscheinen sie meist entfernt von einander im Thierkörper zerstreut. Zahlreiche Präparate von sehr gelungener Kernfärbung lassen es mir höchst wahrscheinlich erscheinen, dass aus dem großen centralen Gebilde durch Einschnürung zwei kleinere und aus diesen wieder neue entstehen. Man vergleiche die Figuren 42 u. fg. auf Tafel XXXV. Diese Präparate entstammen alle der Encystirungsperiode, wann der Process der Kernumbildung offenbar ein sehr reger ist. Was jedoch aus den echten Kernen nach der Encystirung wird, ist noch sehr zweifelhaft. Ich vermuthe, dass sie sich wieder zu einer Masse vereinigen, aus der später durch Zerfall die keimkörperartigen Gebilde hervorzu- gehen scheinen. Dass alle jene Gebilde gleichsam als »Matrices« für die später erscheinenden echten Kerne, oder abgesehen von dieser genetischen Beziehung überhaupt als Kernsubstanzen. aufgefasst werden dürfen, dies legen zwei Momente nahe. Einmal färben sie sich durch Karmin intensiver, als die übrigen Plasmamassen, sodann erscheinen sie nicht selten, anstatt zackig oder eckig, regelmäßig ovoid und stehen da- durch den echten Kernen sehr nahe. Höchst bemerkenswerih erscheint es, dass einige Zeit nach der Encystirung, wenn die echten Kerne. verschwunden sind und das Körper- plasma Farbe und Vacuolen verloren hat, wiederum größere homogene Plasmamassen mitten in dem dunklen körnigen Plasma auftreten, welche jedoch, in der Regel, gegen Karmin mehr Abneigung zu haben scheinen, als die sie umgebende körnige Plasmasubstanz. Offenbar sind diese Massen ganz andere Gebilde, als die oben genannten, wie aus dem hei der Encystirung Gesagten hervorzugehen scheint. VI. Bewegung und Ernährung. Die Körperbewegungen und Ortsveränderungen unseres Rhizopoden sind sehr mannigfaltiger Natur. Wie oben erwähnt, ist die Oberfläche des in der Ruhe nahezu kugeligen Körpers selten gleichmäßig abge- rundet, indem bald diese, bald jene Stelle des Umfangs sich aus- oder einbuchtet. Solche Ausbuchtungen erscheinen oft zackig oder gekerbt. Bei allen diesen Formveränderungen bleibt die Hülle überall mehr oder weniger gleich dick. Will der Rhizopode nach einem entfernten Orte hinkriechen, so Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 47 704 | 0. Nüsslin, geschieht dies wobl meist nach Art der Platiwürmer oder Egel. Seine Gestalt wird oval, am einen Pol länglich nach dem Orte seiner Bestim- mung hin zugespitzt. Indem der spitze Pol festhaftet, der stumpfe nach- gezogen wird, rückt das ganze Thier so weit hinweg, als es sich ausge- streckt hatte. Hierbei verdünnt sich die Hülle am spitzen Pol, bleibt jedoch meist als deutlich doppelter Saum erkennbar, am stumpfen Poi verdickt sie sich dagegen oft beträchtlich. Um Fremdkörper (Sphagnumblätter oder Stengel) zu umfassen, kann der Rhizopode seine Kugelform in eine zwei- oder mehrlappige verwandeln, deren Lappen sich zu verschiedenen Sei- ten um das Fremdgebilde herumlegen ; überhaupt sind die Bewegungen der Zonomyxa sehr vielseitig. Bei den bisher genannten handelte es sich um Veränderungen größerer Körperpartien, wobei die Hülle wenig oder gar nicht verdünnt wurde. Anders ist es bei den Bewegungserschei- nungen, welche wohl zur Nahrungsaufnahme dienen. Hierbei bleibt der Gesammtkörper mehr oder weniger in der Ruhe: nur einzelne Umfangstheile gerathen in Bewegung. Indem die periphe- rische Plasmaschicht sich lappen- oder zapfenartig erhebt, spannt sie die darüber gelegene Hülle unter zunehmender Verdünnung aus. Sehr bald ist an dem Lappen oder Zapfen kein doppelter Saum (Hülle) mehr er- kennbar, während man an deren Basis deutlich bemerkt, wie sich die | Hülle des Thierkörpers allmählich verdünnt. Würde die Hülle vom Fort- satz an dessen Basis durchbohrt, so müssten beiderseits Hüllenränder ' klaffend zu erkennen sein; da dieses jedoch nie der Fall ist, nehme ich nur eine Dehnung der Hülle durch den Fortsatz an, wie oben schon | näher ausgeführt worden ist. Der Fortsatz bleibt nun selten einfach lappen- oder zapfenartig, in’ | der Regel verästelt er sich geweihartig oder handförmig. Anfangs tritt nur hyalin-homogene Plasmasubstanz hervor und diese bildet auch später an dem größer gewordenen Fortsatz die Spitzen und Ränder. Sobald ein solcher Fortsatz größere Massen bildet, treten auch‘ die Gebilde des Innenkörpers in ihn herein: zuerst jene feinen stark lichtbrechenden Körnchen und die kleinen violetten Vacuolen, dann die‘ größeren ungefärbten Vacuolen, endlich selbst Glanzkörpergebilde. In manchen Fällen rücken die farblosen Vacuolen (seltener violette oder! Körnchen) bis an den Saum der Fortsätze, also in die hyaline Außen- schicht herein. Nicht selten wächst der Fortsatz zu erheblichen Dimen-F sionen, wobei der Thierkörper selbst eine größere stielartige Ausbuch- | tung Ale Basis des Fortsatzes hervortreibt. | An den Fortsätzen lässt sich die Beschaffenheit des Innenkörpers, Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 705 die Natur seiner Bestandtheile und ganz besonders jener violetten Vacuo- len am leichtesten studiren (vgl. Taf. XXXV, Fig. 3). Die Gestalten und Verästelungen der Fortsätze sind so außerordent- lich mannigfaltig, dass eine nähere Beschreibung unstatihaft erscheint. Sie können bald nur an einer Stelle des Umfangs, an dieser neben und über einander hervorkommen, oder sie erscheinen an entfernten Orten in beliebiger Zahl. Zur Nahrungsaufnahme werden die kleineren Objekte (Diatomeen) von den feinsten Spitzen der Fortsätze umfasst und allmäh- lich umflossen und eingezogen; bei größeren Nahrungstheilen legen sich breitere Lappenfortsätze zur Umfassung an. Wie sich bei der Aufnahme der Nahrungstheile die Hülle verhält, wurde schon oben bei der Be- sprechung der letzteren diskutirt. Um die in den Innenkörper aufgenommenen Nahrungstheile bilden sich häufig größere Flüssigkeitsvacuolen, später erscheinen die verdauten Reste nicht selten von Plasmamassen hüllenartig umschlossen und werden auch in diesen Hüllen ausgeschieden, welchen Vorgang ich einmal ver- folgen konnte, ohne jedoch damals leider auf das Verhalten der Körper- hülle beim Austritt jener Nahrungsballen geachtet zu haben. VII. Vorkommen und Lebensweise. Zonomyxa violacea wurde bisher nur im Herrenwieser See!, einem höheren Schwarzwaldsee unweit Baden-Baden (ca. 800 m Erhebung), von mir gefunden. Jener See besitzt an einer Stelle eine längliche flache Ausbuchtung, deren Ufer von Torfmoosen dicht bewachsen sind. Hier findet sich unser Rhizopode in außerordentlicher Häufigkeit im Wasser, besonders in Blatikonkavitäten der Sphagnumblättchen. Ein einziger Sphagnumstengel im Wasser eines Glasröhrchens hin und her geschüttelt, lässt oft mehrere Zonomyxen herausfallen. Auf weißer Unterlage sind dieselben schon mit unbewaffnetem Auge als dunkle Körnchen zu er- kennen und eine stärkere Lupe zeigt auch ihre violette Farbe. VIII. Encystirung. Wie die meisten Süßwasserrhizopoden umgiebt sich auch Zonomyxa violacea für die kalte Jahreszeit mit einer schützenden Kapsel. Die ersten Encystirungen beobachtete ich 1882 und 1883 im Monat September. Im ersteren Jahre, welches einen frühen kalten Herbst hatte, waren schon Mitte September zahlreiche Cysten zu sehen und gegen Ende des Monats fiel es schwer, noch eine freie Zonomyxa zu finden. Im diesjährigen, viel milderen Herbste begannen die Einkapselungen zwar zur gleichen i Während der Korrektur dieses Druckbogens fand ich dieses Urthier auch im Nonnenmatweiher See (im südlichen Schwarzwalde nahe beim Belchen). 47% 706 0. Nüsslin, Zeit, doch nur sehr vereinzelt, so dass zu Ende des September noch die Mehrzahl frei lebte und den ganzen Oktober hindurch, selbst noch um Mitte November nicht selten freie Rhizopoden anzutreflen waren. Bei der Encystirung verfährt unsere Zonomyxa mit großer Sorgfalt und Umständlichkeit, wobei sie theils eigene Ausscheidungen, theils fremde Körper in Verwendung bringt. Da Eneystirungen nackter Rhizopoden bisher nur spärlich und theil- weise unsicher bekannt geworden sind, gewinnt dieser Zonomyxa- Encystirungsprocess eine erhöhte Bedeutung. Sowohl durch Vergleichung zahlreicher, in der Freiheit vollzogener Encystirungsstadien, als durch Beobachtung des Encystirungsprocesses selber bei gezüchteten Exemplaren bin ich zur Annahme des nachfolgend geschilderten Encystirungsherganges geneigt. Der Rhizopode nimmt zunächst (Taf. XXXV, Fig. 7) vor der Ein- kapselung Massen von Nahrungstheilen und anderer Fremdkörper in sick auf, giebt sodann nach und nach, bald schaumige Plasmatheile, bald einzelne der aufgenommenen Körper von sich, doch nicht nach außen, sondern in den Raum zwischen Hülle und Binnenkörper. Da- durch wird die Hülle gedehnt, doch scheint sie vorher durch Ausschei- dung verdickt worden zu sein. An den Stellen, wo Bestandtheile unter die Hülle ausgeschieden worden sind, bildet sich alsbald eine neue Hülle zwischen den letzteren und dem Binnenkörper. Die schaumigen Plasma- massen enthalten wohl von der Flüssigkeit der verschiedenen zahlreichen Vacuolen, die nach und nach immer mehr verschwinden. Unter den unter die Hülle ausgetretenen Körpern finden sich, insbesondere An- fangs, völlig grüne Algensporen in großer Anzahl, die offenbar von der Verdauung verschont und wohl nur für die Zwecke der Encystirung vor dem Rhizopoden verschlungen worden waren. Die Hauptmasse der zwischen Hülle und Binnenkörper gelagerten Bestandtheile wird jedoch von abgestorbenen, meist braunen Ballen gebildet (Taf. XXXV, Fig. 5 und 6). In einzelnen Fällen zählen hierher auch Rhizopodenschalen vor Difflugien und anderen, ja selbst Hyalosphenien! | Nach und nach entsteht auf diese Weise eine bald mehr, bald weni- ger dicke Fremdkörperhüllschicht. Bei den einen verbleibt sie ziemlich durchsichtig, bei anderen gestattet sie in Folge ihrer Dicke und der tief dunklen, mehrschichtig gelagerten braunen Ballen keinerlei Einblick in das Innere der Gysten. Meistens hat diese Fremdkörperhüllschicht ein geblättertes Gefüge, welches seine Entstehung der wiederholten Aus- scheidung von Membranen von Seiten der Rhizopoden verdankt. Die Fremdkörper erscheinen alsdann zwischen die Membranen schichten- weise vertheilt. | Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 707 Sehr häufiglässt die Fremdkörperhülle zwei Schichten unterscheiden, von denen die äußere durch größere und dunklere, die innere da- gegen durch kleine, farblose oder gelbliche Körper sich kennzeichnet (Taf. XXXV, Fig. 6 1! und 22). Selten fehlen in der Fremdkörperhülle die zwiebelschalenartigen Etagen fast vollständig; in solchen Fällen hatte der Rhizopode auf einmal große Fremdkörpermassen unter die Hülle ausgeschieden, welche sich Anfangs neben ihm bis ein Drittel seiner ' eigenen Masse erreichend, später um ihn herum lagern. Innerhalb dieser, aus mehr oder weniger groben Partikeln aufge- bauten »Fremdkörperhülle« (f! und 2) liegt nun zunächst eine wenig dicke (circa 0,005 mm), völlig durchsichtige, aber fein- faserig-körnige Schale (i3). Auch sie scheint aus mehreren Lagen feiner Membranen zusammengesetzt, zwischen denen winzige, spindel- förmige Körnchen gelagert sind. Da sie sich im frischen Zustande färbt (Taf. XXXV, Fig. 10), da ferner ihre Körnchen höchst wahrscheinlich aus dem Plasma selbst entstammen, möchte ich diese und die folgende Kapselhaut (t*) als Eigenhülle des Plasma bezeichnen, wobei jedoch keineswegs an einen fundamentalen Unterschied in genetischer Beziehung gegenüber der Fremdkörperhülle gedacht werden darf. Die Hüllschichten i3 und t* sind der Plasmasubstanz nur näher verwandt, als 2! und 22, | doch auch die letzteren enthalten Bestandtheile des Plasma. Unter dem Präparirmikroskop lässt sich nach einiger Übung die Fremdkörperhülle mittels gewöhnlicher spitzer Nadeln, oder besser noch mit Lancetinadeln vom übrigen Körper abschälen, so dass die Hüllen {? und {? allein zurück- bleiben (Taf. XXXV, Fig. 10). Häufiger jedoch verbleibt an dem frei- gelösten Körper die innerste Fremdkörperschicht {? (Taf. XXXV, Fig. 11). An weit herangereiften Stadien der Cyste lässt sich sogar der einzig von der innersten Kapsel (6) umgebene Körper herausschälen (Taf. XXXV, Fig. 9). Diese letzte und innerste Hüllkapsel oder die innere Eigen- hülle (i*) ist völlig homogen und von verschiedener Dicke (Taf. XXXV, Fig. 9, 10 und 41). Sie erscheint erst spät. Wenn die äußere Eigen- hülle schon gebildet ist, von der inneren jedoch noch keine Spur sich erkennen lässt, in solchen Fällen gewahrt man zumeist eine periphere dichtere Zone des Plasma, die wohl als Matrix für diehomo- gene Kigenhülle zu gelten hat (Taf. XXXV, Fig. 6r). Nicht selten ist diese Rindenzone schon stellenweise homogen geworden, indem daselbst die Körnchen von der Peripherie hinweggerückt sind. In auffallend verschiedener Weise verhalten sich die beiden Eigen- hüllen gegen Jod: die homogene Kapsel färbt sich energisch rothbraun (die Kapselsubstanz ist daher chemisch verschieden von der Hülle der frei lebenden Zonomyxa), die körnig-faserige Kapsel 708 | 0 Nüsslin, wird dagegen nur gelb gefärbt. In vielen Fällen (bei passender Lage des Präparates) bemerkt man eine dreieckige oder vielmehr eine kegel- artige Figur, welche mit ihrer Basis der äußeren Oberfläche der körnig-faserigen Eigenhülle aufsitzt, mit der Spitze in das Plasma des Cystenkörpers hineinragt (Taf. XXXV, Fig. 10 {r). . Dieser »Trich- ter« repräsentirt sicherlich eine Austrittsstelle. Bei Deck- glasdruck tritt das Plasma an dieser Stelle unter Ausstülpung des Trich- ters nach außen. | Sowohl die blätterige, als auch die innerste homogene Hülle bilden sich ganz allmählich unter fortschreitender Verdickung; anfänglich ist von ihnen noch nichts zu sehen, wenn auch die Fremdkörperhülle schon längere Zeit gebildet war. Unter der letzteren bleibt der Innenkörper in der Regel noch mehrere Tage im Besitz seiner violetien Vacuolen (Taf. XXXV, Fig. 5), dann verschwinden diese; später theilen auch die farblosen Vacuolen das gleiche Schicksal, wodurch unser Rhizopode an Sielle des vacuolären, violett gefärbten Plasma ein farbloses körniges Aussehen gewinnt. Sowohl im frisch encystirten Zustiride während der Anwesenheit der violetten Vacuolen, als auch in den späteren Stadien der Encystirung können Zellkerne angetroffen werden, doch fehlen sie auch nicht selten. Wie schon oben erwähnt, verschwinden in einem späteren Gysienstadium die wahren unzweifelhaften Kernbildungen vollständig. An ihre Stelle treten jetzt andere Bildungen, die wir, ohne damit ihren genetischen Zusammenhang erklären zu wollen, im Nachfolgenden schildern werden. Sehr häufig sieht man zu der Zeit, in welcher bereits die inneren Hüllen theilweise oder vollständig gebildet sind, im Inneren des Cystenkörpers, meist etwas excentrisch gelagert, einen größeren, in der Regel nahezu kugeligen homogenen Körper, der, theilweise mit deutlichen Grenzen, doch ohne besondere Hülle in dem dunklen körnigen Plasma gelegen ist. Er macht im frischen Zustande den Eindruck einer großen Vacuole und kann in der Dicke bis 3/, des Durchmessers des ganzen Cystenkörpers betragen. Erst nach der Einwirkung von Über- osmium- oder Essigsäure verdichtet sich dieser Körper unter Volumver- ringerung und wird dabei oft zackig, indem er strahlenartige Fort- sätze in das umgebende körnige Plasma aussendet. In der Regel ist dieser auch nach der Gerinnung homogen verbleibende Körper gegen Farbstoffe, Karmin, Hämatoxylin, indifferent, ja er färbt sich sogar meist schwächer, als das benachbarte körnige Plasma. Ein zweites Vorkommen zeigt in dem körnigen Plasma mehrere, ungleich große Stücke homogener | Plasmasubstanz, die sich eben so indifferent gegen die Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 709 Färbemittel verhalten (Taf. XXXV, Fig. 6). Der dritte Befund, welcher in einem späteren Cystenstadium die Regel bildet, lässt uns höchst bemerkenswerthe keimkugel- oder sporenartige Gebilde wahrnehmen. Dieselben enthalten im Durchmesser 0,008—0,013 mm, erscheinen fast immer kugelrund und im Inneren homogen. In ein- zelnen Fällen lassen sich ähnliche Körner im Inneren derselben, besonders in subperipherer Lagerung beobachten (Taf. XXXV, . Fig. 9), wie solche in den echien Kernen vorkommen. Gern sind diese Gebilde von einem schmalen hellen Hof umgeben, der sie vom körnigen Plasma trennt. Sie treten stets in größerer Anzahl auf, meist zu 20 bis 30. Sie bekunden in der Regel keine besondere Neigung für Karmin ‘ und Hämatoxylin, doch giebt es auch Fälle, in denen sie sich recht lebhaft färben und dadurch an Kerngebilde mahnen. Möglicher- weise sind es Kerne, welche bei der Neubelebung der Gysten im näch- sten Frühjahr nach einer wahrscheinlich zu der Zeit vollzogenen Theilung ‚ des gesammten Cysteninhalts in die jungen Rhizopoden übergehen? Die Entstehung dieser Keimkugeln ist noch sehr zweifelhaft. Fast möchte es wahrscheinlich sein, dass sie durch Zerklüftung der ' größeren oder kleineren homogenen Plasmamassen her- vorgehen, da zu der Zeit, in welcher sie vorkommen, neben ihnen ‚ nur noch körniges Plasma zu finden ist, während vorher größere oder kleinere homogene Plasmastücke aufgetreten waren. Das weitere Schicksal der von mir Keimkugeln genannten Gebilde ‚ ist mir noch völlig unbekannt, daher erscheint ihre Benennung sehr ge- wagt und diese möchte ich nur auf ihre große Ähnlichkeit mit ‚ den Sporen anderer Organismen bezogen wissen. Gezüchtete Oysten lieferten im Vorjahre keinerlei Ergebnisse, selbst nicht nach vorheriger Eintrocknung. Das körnige Plasma der Cysten erscheint sehr dunkel, indem die einzelnen Körnchen desselben zwar fein, doch sehr stark lichtbrechend ı sind. Oft ist es sehr zäh, so dass beim Zerplatzen der Cysten die Körnchen wie in Fäden gereiht langsam austreten. Mehrmals beobachtete ich, be- sonders bei älteren Gysten, dass das körnige Plasma mit den Keimkugeln nicht völlig den Cysteninhalt ausfüllte, so dass ersteres sich in einer wässerigen Flüssigkeit hügelartig zu erheben schien (Taf. XXXV, Fig. 10 und A). 710 | 0. Nüsslin, IX. Systematische Stellung. Meines Erachtens können bezüglich der Einreihung unseres Rhizo- poden in die vorhandenen Gattungen nur zweierlei Möglichkeiten be- stehen: entweder ist dieser Rhizopode eine neue Gattung, oder nur eine neue Art. Im letzteren Falle wäre er als eine neue Species der GREEFF’ ho Gattung »Amphizonella« einzuordnen, für welche ich einen der Namen »aquatica« oder »lacustris« gewählt haben würde. Da jedoch ein Vergleich unseres Rhizopoden mit der Garerrr’schen Beschreibung seiner Amphizonella(violacea) sehr erhebliche Diffe- renzen zu erkennen giebt, schien mir die Wahl einer neuen Gat- tung angezeigt. Im Folgenden sollen die Unterschiede meinesRhizopoden gegen- über der Amphizonella violacea Greeff aufgezählt werden. A) Das Plasma desselben ist reticulär (vacuolär) und enthält zahlreiche, zum Theil sehr große Vacuolen. 2) Das violette Pigment tritt gelöst inkleinen Vacuolen auf. Bei A. lässt GrEEFF die Natur des violetten Pigments. unerörtert; doch scheint seine Darstellung die Annahme erweckt zu haben, als sei das Pigment körnig. »Ein tief violettes feinkörniges Pigment findet sich bei der Amphizonella violacea Greeff!.« 3) Es fehlt jegliche Spur gelben Pigmentes, haeid (GREEFF bei A. ein diffuses hellgelbes Pigment beobachtete. k) Die echten Kerne enthalten selten über 0,024 im größten Durchmesser, sind fast stets in größerer Anzahl vorhanden, erscheinen nur während der Encystirungsperiode und haben eine subperiphere Körnchenzone. Die Kerne der A. sind dagegen 0,04 mm dick und kuge- lig, treten in der Einzahl auf und sind ganz mit runden Körnern ange- 0) füllt. Während bei Zonomyxa Kerne, abgesehen von der Jahreszeit, nur nach Zerdrückung des Rhizopodenkörpers sichtbar werden, fällt bei Amphizonella ohne Weiteres unter den Nahrungsstoffen »sehr bald der Nucleus in die Augen« (GREEFF, |. c. p. 326). 5) Die Hülle bildet eine sehr dünne Kapsel, die nicht selten schwer zu erkennen ist, während sie bei A. außerordentlich dick ist. Dieser erhebliche Unterschied steht in schönem Einklang zu den Aufent- haltsorten beider Rhizopoden. Würde Zonomyxa v. mit Amphizonella v. in die gleiche Gattung gehören, so wäre erstere als Stammart aufzufassen, während die letztere durch Anpassung an das Leben außer Wasser in ihrer Hülle eine Verdickung erlitten hätte. 1 Vgl. Bürscauı, Klassen und Ordnungen. p. 102. . ; % A Er Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwalde. 711 6) Die Bewegunsserscheinungen sind in der Form der Pseudo- podien sehr mannigfaltig, während bei A. nur finger- oder schwertförmige Fortsätze auftreten. 7) Unser Rhizopode lebt im Wasser, Amphizonella in feuchter Erde. Trotz der im Vorstehenden genannten, zum Theil sehr erheblichen Unterschiede beider Rhizopoden könnte dennoch eine generische Zu- sammengehörigkeit in dem Bereich des Möglichen gelegen sein, falls nämlich bei beiden das Verhalten der Pigmente, des Plasma und der Kerne ein übereinstimmendes wäre. Die Darstellung Greerr’s lässt manchen wichtigen Punkt unerörtert, so dass eine nochmalige genauere Nachforschung unsere Anschauungen über Amphizonella wesentlich zu modificiren im Stande wäre. Bis dahin muss ich für meinen Rhizopoden eine neue Gattung und Art fest- halten und wählte für erstere den Namen Zonomyxa, weil der Rhizopode zwischen den Grerrr’schen Gattungen Amphizonella und Pelomyxa seine natürlichste Stellung findet. Mit Pelomyxa hat er die vacuoläre Beschaffenheit des Plasma, den Besitz von Glanzkörpern und Ähnlichkeiten bezüglich der Kerne (Größe, Körnchenlagerung) gemeinsam, mit Amphizonella die Hüllbildung, die violette Farbe und Ähnlichkeiten in der Bildung der Pseudopodien. Daher sollte meine Gattungsbenennung sich aus Bestandtheilen der Namen der beiden nächstverwandten Gattungen zusammensetzen. Die Speciesbezeichnung »violacea« erklärt sich von selbst aus der so äußerst charakteristischen Pigmentirung. X. Vermehrung. Abgesehen von der bereits oben erwähnten Möglichkeit einer Ver- mehrung durch die keimkörperähnlichen Gebilde in den Cysten muss ich an dieser Stelle noch Beobachtungen erwähnen, welche auf das Vor- kommen einer Theilung hinweisen. Einige Male konnte ich eingeschnürte, in der zur Einschnürung senkrechten Achse verlängerte Individuen zu Gesicht bekommen. In einem Falle vollzog sich der Process der Ein- schnürung vom Anfang bis beinahe zur Trennung in zwei Theile unter meinen Augen. Der stark verlängerte Rhizopode bildete schließlich zwei etwas ungleiche kugelige Körper, welche nur noch durch einen dünnen Substanzfaden in Verbindung standen. Statt sich jedoch zu trennen, floss nach längerer Zwischenpause der Inhalt des kleineren wieder in den größeren über und es rundete sich dabei der letztere zu der ur- sprünglichen Kugelgestalt ab. 712 | 0. Nüsslin, XI, Parasiten. Nicht selten treten auf der Hülle stäbchenförmige Gebilde auf, welche äußerlich ansitzen. Genau betrachtet erscheinen sie als längliche Stäbchen, welche auf verschieden langen Stielen befestigt sind, deren Dicke geringer, als die der Stäbchen ist. Oft finden sich diese Gebilde über den ganzen Hüllumfang verbreitet. Höchst wahrscheinlich sind es Pilze, wobei die länglichen Stäbchen wohl als Sporen aufzufassen sind. Eine neue Panzervorticelline. Vaginicola Bütschlii, nov. sp. (Taf. XXXV, Fig. 24—34; Taf. XXXVI, Fig. 1—4.) Speciescharakter: »Körper mit grünen Körnern, am Hinterende zapfenartig abgerundet, ohne stielartiges Haftorgan. Schale mehr oder weniger depress, mit Hals- einschnürung und weiter ausgeschweifter, ventralwärts gekrümmter Mündung, mit seitlichem Kielam Hinter- ende, mit dem Rücken leicht an Pflanzentheile ange- kittet.« Maße: Länge der Schale ohne Kamm: 0,08—0,14 mm. Breite der Schale: 0,054—0,11 mm. Tiefe der Schale: 0,02—0,04 mm. Breite des Kammes: 0,002—0,0! mm. Durchmesser der grünen Körner: durch- schnittlich 0,004 mm. Vorstehende Vorticelline ist insbesondere durch ihre von bekannten Formen abweichende Schale :charakterisirt. Lange Zeit hindurch (das lebende Urthier bekam ich erst spät zu Gesicht) glaubte ich in ihr einen der Hyalosphenia papilio verwandten Rhizopoden vor mir zu haben. Auch der eingezogene, mit grünen Körnern vollgepfropfte Körper er- innerte an jene Form. Erst der an gehärteten und gefärbten Präparaten deutlich gewordene bandartig-hufeisenförmige Nucleus, der in dieser Form noch bei keinem Rhizopoden gefunden wurde, machte jene Annahme un- wahrscheinlich. Ende Januar dieses Jahres gelang es nun zum ersten Male, ein Individuum zu bekommen, das trotz der kalten Jahreszeit Lebhaftigkeit genug besaß, um durch Bewegungen das Rätbsel seiner verwandtschaft- lichen Stellung zu lösen. Es streckte zwar seinen Leib nur unvollständig aus, doch schnellte es nach Art der Vorticellinen plötzlich zurück. Auch konnten deutlich der Spalt des eingezogenen Vorhofs, die wulstigen Peristomränder und das Schlagen der Cilien im Inneren Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 713 erkannt werden. Seit der ersten Auffindung angeklebter Schalen unter- suchte ich nunmehr ganze Moosblättchen und fand auf diese Art häufiger ; lebende Individuen. Obgleich diese sich mit großer Lebhaftigkeit in raschem Tempo aus- ' streckten und einzogen, eröffnete doch keines sein Wimperorgan. Das am höchsten ausgestreckte Stadium meiner Beobachtungen ist in Fig. 28, Taf. XXXV wiedergegeben. Schale. _ Die äußerst formveränderliche Schale charakterisirt sich in allen Fällen durch ihre weite Öffnung, welche aufeinem kurzen, ' schwach eingeschnürten und nach einer Seite (ventralwärts) mehr oder weniger eingebogenen Halse ruht, ferner durch ihren am Hinterende bilateral gelagerten Kamm. Die Schale besitzt stets eine hellbräunliche Färbung, ähnlich, ‘ doch unreiner als bei Hyalosphenia. Die Schalen sind mit der Rücken- ‚ fläche leicht angekittet. Ich fand dieselben stets an Moosblättchen, wo- ‘ bei sie im Inneren der Blattrinne saßen, oft mehrere in einem Blättchen (Taf. XXXVI, Fig. 4). Bei einigem Schütteln der Blättchen lösen sie sich gern ab, sind also nur leicht befestigt. Die Schalen sind immer sym- metrisch mit ausgesprochener Längsachse, doch schwankt das Verhältnis ihrer Querachsen, wie auch die Stärke der Halskrümmung beträchtlich. Die extremsten Vorkommnisse sind durch die Figuren Taf. XXXVI, A und 3 einerseits und Taf. XXXV, 25 und 24 andererseits vertreten. In auffallender Weise weichen die Figuren Taf. XXXVI, 1,2 und 3 von allen übrigen ab: durch Größe, Breite, geringe Tiefe, schwache ; Halskrümmung und breiten Kamm. Der Kamm umsäumt bald nur das Hinterende, bald rückt er auch | an den Seiten empor (Taf. XXXV, Fig. 26 und Taf. XXXVI, Fig. 2, gegenüber Taf. XXXV, Fig. 29, 34 u. a.) Die Mündung selbst ist weit, mit mehr oder weniger tief ausge- schweiften Einschnitten an den Seiten und lippenartiger Ausbildung der Ventral- und Dorsalsäume. | | | | | Körper. Der Leib unserer Art füllt im eingezogenen Zustande bald mehr, bald weniger den Hinterraum der Schale aus und besitzt, wie die letz- tere, eine bilaterale Gestalt. Das Vorderende erscheint häufig stumpf zugespitzt, das Hinterende am lebenden Wesen mit zapfenartig verenger- ter Basis. Dieser Zapfen kann jedoch auch im Leben vollständig eingezogen werden. 714 0. Nüsslin, Der Körper lässt keine deutliche Hautschicht erkennen, das Plasma ist leicht beweglich und die in ihm liegenden feinen ziemlich blassen Körnchen, so wie die großen chlorophyligrünen Körner treten oft ganz an die Peripherie heran. Hierdurch ähnelt unsere Art vielen Rhizopoden. Die grünen Körner füllen fast vollständig den Körper aus, nur das Vorderende hält sich mehr oder weniger frei von ihnen. Eine Vacuole war an lebenden Wesen meist zu erkennen, doch bei verschiedenen Individuen in verschiedener Weise. Bald verhielt sie sich wie die gewöhnlichen kontraktilen Blasen der Vorticellinen, bald blieb sie unverändert, ohne zu kollabiren. Im letzteren Falle war ihre Größe meist beträchtlich und der Körper stets eingezogen. Die inneren Räume des Vorhofs und der Speiseröhre waren bald völlig zusammengefallen, bald weit ausgedehnt (Taf. XXXV, Fig. 29). Der Kern, am lebenden Körper nicht zu erkennen, tritt im ge- härteten und gefärbten Präparate in der Regel als hufeisenförmig gebogenes Band hervor. Seine Lagerung kann verschieden sein (Taf. XXXV, Fig. 24 und 30 gegen Taf. XXXVI, Fig. I und 2). Oft sind die Enden des Kerns nochmals gebogen (Taf. XXXVI, Fig. 2), oder es lösen sich daselbst Stücke ab (Taf. XXXV, Fig. 30). Nicht selten zerfällt auch der Kern in mehrere unregelmäßige Stücke (Taf. XXXV, Fig. 31). In einem Falle wurde an einem Individuum am Schlusse einer zweitägigen Beobachtung der Eintritt der Encystirung beobachtet (Taf. XXXV, Fig. 27). Da keines der anderen Exemplare trotz des Winters eine solche zeigte, vermuthe ich, dass die Verderbnis des Wassers unter dem Deckglas die Veranlassung hierzu gab. Vaginicola Bütschlii lebt gleichfalls im Herrenwieser See und hält sich, wie schon erwähnt, in den Blättchen der Moose auf. 70 Eine neue Vorticelline mit hoch entwickeltem »Reservoir« an der kontraktilen Vacuole. Epistylis ophrydiiformis, nov. spec. (vel. Taf. XXXVI, Fig. 5.) Speciescharakter: »Außerordentlich langgestreckte, den Ophrydien gleichende schmale Einzelthiere von be- deutender Größe, aber geringer Anzahl aufniederen sehr dünnen verzweigten Stielen, nicht selten auch vereinzelt.« Maße: Länge des ausgestreckten Körpers: 0,25 mm; größte Dicke: 0,03 mm. Zur Charakteristik dieser Epistylisart genügt allein schon die läng- 5 Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 715 liche Form des Einzelthieres, welche bei keiner anderen Art genannter Gattung, auch nicht annähernd, bisher gefunden worden ist und unter den Vorticellinen einzig nur in Ophrydium versatile Ehrb. ein Ebenbild besitzt. - Auch die bedeutende Größe muss als wichtiges Kennzeichen gelten, da diese Form dadurch den größten Arten der Vorticellinen gleich kommt. Eben sc kennzeichnet der hoch ausgebildete »Reservoirappa- rat« unsere Species schon durch sich allein, denn kein Beobachter scheint bisher einen solchen irgend wo gefunden zu haben. Die völlig ausge- streekten Thiere sind in der unteren Hälfte am breitesten, indem sich hier eine schwache Ausbauchung des Körpers findet. Nach der Basis verengert sich der ausgestreckte Leib außerordentlich, bleibt jedoch trotzdem an seiner Basis dicker als der Stiel. Der Körper trägt eine dieke Cuticula, welche eine feine Querringelung erkennen lässt. Nach der Einwirkung verdünnter Essigsäure hebt sich dieselbe vom Körper ab. Über das Wirbelorgan und das Peristom eine nähere Schilderung zu geben wage ich nicht, da ich seit einem Jahre die Art nicht wieder ‘ gefunden und früher diese Verhältnisse zu wenig beachtet habe. Eine sog. Borste (b) findet sich auch bei dieser Species vor. Die Bewimperung des Vorhofs scheint in Spiraltouren herumzu- laufen. An den Vorhof schließt sich eine deutlich erkennbare, nach unten stark verengte Speiseröhre an. Von besonderem Interesse erscheint nun bei unserer Art ein Organ, welches einerseits mit dem Vorhof, andererseits mit der kontrak- ' tilem Vacuole in Zusammenhang steht und die Entleerung der Vacuole in den Vorhof vermittelt. Ich nannte dasselbe oben '»Reservoirapparat«, weil in ihm zweifellos ein höher differen- zirtes Ausbildungsstadium jenes Organes erkannt werden muss, das zuerst GreEFF! bei Carchesium polypinum gesehen hat, während ‚ sodann Bürsc#ri? dasselbe weiterhin bei Vorticella nebulifera, ‚ monilata und eitrina, so wie bei einer Garchesiumart entdeckt und mit dem Namen »Reservoir« belegt hat. Auf unserer Taf. XXXVI, ‚ Fig. 6 ist die Fig. 20 aus der Abhandlung BürscaLı’s wiedergegeben, ‚ um einen Vergleich beider Apparate dem Leser zu erleichtern. Wie aus derselben ersichtlich, stellt dieses »Reservoir« eine ‚ rundliche Blase von schwammigem Inhalt dar (d. h. »von einem schwammigen Netzwerk von Plasmafäden«). Während Greerr sich in 1 GREEFF, Untersuchungen über den Bau und die Naturgesch. der Vorticellen. Archiv für Naturgesch. XXXVII. Jahrg. p. 206. 2 BürscaLı, Diese Zeitschr. Bd. XXVII. p. 63. 716 0. Nüsslin, keiner Weise über die Funktion des betreffenden Organes ausspricht, hat Bürscaui »deutlich beobachtet, dass bei jeder Systole das Reservoir plötzlich anschwillt und hierauf wieder sehr allmählich zu seinem frühe- ren Umfang herabsinkt, ohne Zweifel dadurch, dass die von ihm auf- genommene Vacuolenflüssigkeit nur allmählich in den Vorhof abgeführt wird .«. Dieses Organ hat nun bei unserer Epistylis ophrydiiformis eine sehr hohe Stufe der Ausbildung erreicht, indem es einen mächtigen Sack mit einem röhrenförmigen Halsanhang darstellt und in seinen Wandungen deutliche kontraktile Streifen enthält, welche sich gegenseitig zu kreuzen scheinen. Die Basis des Sackes hängt mit der kontraktilen Vacuole, das Ende desHalses mit dem Vorhof zusammen. So oft die kontraktile Vacuole kollabirt, erweitert sich der Sack, um die Vacuolenflüssigkeit aufzunehmen und bald darauf unter Zusammensinken in den Vorhof abzugeben. Hierauf füllt sich die Vacuole wieder und so geht es weiter. Die kontraktile Vacuole ist in Folge des Dazwischentretens dieses Reservoirs fern von dem Vorhof hinweg in die Tiefe des Körpers gerückt. Es scheint mir außer jedem Zweifel zu liegen, dass die kreuzweise angeordneten Streifungen auf der Wand- oberfläche des Organes als kontraktile Plasmastreifen aufgefasst werden müssen, und dass hiernach auf den Apparat jene Bewegungs- thätigkeit übergegangen zu sein scheint, welche bei den meisten Ur- thieren, welche eine kontraktile Vacuole führen, dem Plasma selbst eigen sein wird. Mit Rücksicht hierauf möchte ich das »schwammige Netz- werk von Plasmafäden «, welche BürscaLı bei den oben genannten Arten im Innern des Raumes fand, gleichfalls als eine muskulöse Differenzi- rung aufgefasst wissen. Ist diese Annahme richtig, so würde die Ver- schiedenartigkeit der muskulösen Einrichtungen mit Recht unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen: denn hier fände sich einschwam- miger Binnenmuskel, dorteine muskulöse Wandschicht,. Was die eigentliche Bedeutung dieser »Reservoirapparate« be- trifft, so lassen sich nur Vermuthungen anführen. Bekanntlich hat BürscuLı (oben citirt) die Ansicht ausgesprochen, es sei die Systole der Vacuole nicht ein aktiver Kontraktionsvorgang des umgebenden Proto- plasma, sondern ein Phänomen, das auf den Druck, die Spannung zurückzuführen wäre. Auch unter einer solchen Voraussetzung bliebe die Möglichkeit bestehen, unserem Apparate eine Bewegungsthätigkeit zuzuerkennen; freilich wäre dieselbe alsdann nicht initiativer, sondern nur regulirender Natur: das Organ wäre ein Regulator für die Bewegungserscheinungen der kontraktilen Vacuole. 1 b% Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwalde. 717 Der Nucleus unserer Art ist von gewöhnlicher lang bandförmiger Gestalt und verläuft unter schwachen Krümmungen der Länge nach. Zahlreiche Vacuolen mit Nahrungsballen fanden sich meistens. Das Protoplasma ist äußerst blass und feinkörnig. Bei einem Individuum wurde der Beginn der Bildung eines hinteren Wimperringes beobachtet. Die Stiele sind außerordentlich fein, die Verästelung scheint unregelmäßig zu sein. Die Art lebt ebenfalls im Herren- wieser See, einem Hochgebirgssee mit Torfmoosen im badischen Schwarzwalde. Über eine neue Amphitremaspecies. „Amphitrema stenostoma“!, nov. spec. (Vgl. Taf. XXXVI, Fig. 7—14.) Speciescharakter: »Die beiden Öffnungen der Schale nach innentrichterförmig verengert, ohneäußereRing- wülste und Halseinschnürungen. Schale, besonders an den Polen, mit durchsichtigen, meist farblosen Fremd- körpern. Großer bläschenförmiger Nucleus. Durchschn. Maße: Länge der Schale ohne die Fremdkörper: 0,055 mm; Breite: 0,04 mm; Dicke 0,03 mm. Der in Rede stehende Rhizopode steht der Amphitrema Wrightia- num 2 Archer in jeder Hinsicht sehr nahe. Hätte nicht ArcHer einen weiten ringförmigen Wulst um die beiden Öffnungen der Schale so deut- lich abgebildet und beschrieben, während ich niemals etwas Ähnliches zu finden vermochte, ja sogar höchst selten überhaupt eigentliche Öff- nungen durch das Auge entdecken konnte, so wäre die Aufstellung einer neuen Art wohl unnöthig gewesen. Der von mir gewählte Speciesname »stenostoma« deutet dem- nach auf den charakteristischsten Unterschied unserer Form gegenüber A. Wrightianum hin. Da die letztere die einzige bisher neben Diplo- phrys und Ditrema bekannt gewordene Amphistomenform re- präsentirt hat und nur unvollständig beschrieben worden ist, möchte für das Folgende ein näheres Eingehen auf unsere Amphitremaart gerechtfertigt erscheinen. Manche Lücke wird trotzdem der künftigen Forschung zur Ausfüllung übrig bleiben. Der Körper füllt die Schale bald mehr bald weniger, nicht selten 1 otevos eng, oroue Mund (Mündung). 2 Vgl. ArcBER in Quarterly Journal of microsc. science. Vol. X. 1870. p. 20 u. 422 und Vol, IX. Pl. XX. BEP a ARTE a it Ser OS a de re PA nn, ea N Ei 24 Ben nn ae een year u, er 718 0. Nüsslin, vollständig aus. Besonders ist das Letztere im Ruhezustande der Fall, während bei ausgestreckten Pseudopodien die Plasmamasse wohl immer von der Schale zurücktritt, wobei sog. Epipodien entstehen können. 'Zumeist ist am erwachsenen Rhizopoden der Körper vollauf mit grünen Zellen (?) von lebhafter Färbung angefüllt. Tritt in solchem Falle der Plasmaleib bis zur Schale hin, so erscheint der ganze Inhalt der: letzteren 'mit grünen Körnern vollgepfropft (Taf. XXXVI, Fig. 14). Meistens jedoch lassen diese grünen Körner im Centrum eine runde Zone mehroder weniger frei. Hier erkennt man nun die farblosen Plasma- körnchen, häufig sodann braune Körnchen, den Zellkern und, jedoch selten, Vacuolen. Die Kontouren des Kernes sind jedoch selten ohne Weiteres, meist erst nach Anwendung von Reagentien, besonders von verdünnter Kali- lauge zu erkennen. Nur selten treten bei größeren Individuen die grünen Körner spärlich auf (Taf. XXXVI, Fig. 13). Bei jungen Exemplaren da- gegen können sie völlig fehlen (Fig. 40) oder in der Ein-, Zwei- und Mehrzahl vorhanden sein. Doch zeigen sie schon in kleinen Individuen ihre gewöhnliche Größe. i Der Zellkern besitzt den bei Rhizopoden so verbreiteten bläschen- förmigen Charakter mit einem einzigen großen Kernkörper (Fig. 10, 13 a) oder mehreren kleinen (Fig. 13). Gehärtete und gefärbte Kerne erscheinen als solide Rundkörper von ansehnlichem Umfang (circa 0,041 mm Durchm.), doch lässt sich bis- weilen auch an ihnen ein Kernkörper erkennen (Fig. 42). Kontrak- tile Vacuolen sind ebenfalls vorhanden ; ob konstant, vermag ich nicht zu entscheiden. Bei Individuen mit spärlichem Besitz von grünen Kör- pern habe ich mehrmals Vacuolen, bald in Ein-, bald in Mehrzahl ge- sehen, welche sich langsam kontrahirten. Bekanntlich hat Arcner ! das Vorhandensein von Nucleus und kontraktiler Vacuole in Abrede gestellt. Die Pseudopodien sind sehr selten zu sehen: Wochen hindurch ver- mochte ich trotz täglicher Beobachtung von Dutzenden keine ausgestreck- ten Individuen zu finden. Von besonderem Interesse erscheint es mir, dass die Pseudopodien unseres Rhizopoden bald ausgesprochen lobos, bald eben so deutlich fadenförmig sind. Es kam mir sogar ein Fall vor, in welchem der Rhizopode gleichzeitigaus der einen Öffnunglobose, ausderanderen fadenförmige Pseudopodien enisendet hatte. Dasselbe Individuum streckte zuerst beiderseits lobose (Taf. 1 No nucleus nor contractile vesicle detected, either in this or the two latter forms referred to Pleurophrys. Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 719 XXXVI, Fig. 8), etwas später, nach deren Einziehung, faden- förmige Pseudopodien aus (Fig. 7) und zuletzt jene ungleich- artigen. Will der Rhizopode sich von einer Stelle fortbewegen, so lässt er nur einseitig lobose Massen austreten und steht alsdann in seiner Längsachse senkrecht auf der Unterlage (Fig. 9). Eine ein- seitige Bevorzugung der Pseudopodien an einem der Pole in Bezug auf deren Masse und Länge lässt sich nicht immer beobachten, wie solches Arcner bei A. Wrightianum beschreibt (Taf. XXXVI, Fig. 8 und 7). Die fadenförmigen Pseudopodien sind sehr zart, führen keine Körn- chen und gehen niemals Anastomosen ein; nicht selten beginnen sie breit, um sich bei einer gewissen Länge zu zertheilen. Die Schale ist von Gestalt eiförmig, in der einen Querachse jedoch zusammengedrückt (Taf. XXXVI, Fig. 14). Die Schalen- substanz ist farblos und völlig durchsichtig, ihre Dicke schwankt sehr, auch kann sie ein- und zweischichtig sein, in welch letzterem Falle die äußere Schicht sehr dünn ist und die angeklebten Fremdkörper trägt. Diese Zusammensetzung aus zwei Schichten wurde jedoch erst nach Einwirkung koncentrirter Schwefelsäure erkennbar — doch auch dann nichtimmer. Nur einmal fand ich doppelte Schalenbildung, ohne solche Reagentien angewendet zu haben. In diesem Falle färbte sich die innere Schale durch Karmin sehr intensiv, so dass es sich hier wohl um eine Neubildung, eine Art Häutung gehandelt haben mag (Fig. 11). Der chemische Charakter der Schale scheint von demjenigen der monostomen Monothalamien völlig verschieden zu sein, dagegen mit ‚der Zellhaut der Desmidiaceen übereinzustimmen. Wäh- ‚rend bei Einwirkung koncentrirter Schwefelsäure die Schalen von Hyalosphenia, Difflugia, Nebela, Lagenophrys etc. lange Zeit fast un- ‚verändert bleiben, löst sich die Schale unseres Rhizopoden verhältnis- mäßig rasch unter fortschreitender Verdünnung. i | Unter dem Einfluss von verdünnter Schwefelsäure und Jod in Jodkalium nimmt die Schale unter passenden Bedingungen ‚eine dunkle Färbung an, die bald im Neutralton, bald violett oder ‚blau erscheint. Diese beiden chemischen Einwirkungen erzeugen bei unserem ‚Rhizopoden die gleichen Resultate, wie bei den Desmidiaceen ‚Closterium), welche sich neben Amphitrema unter dem Deckglas be- ‚anden. Sowohl verdünnte Kalilauge, als auch verdünnte Schwefelsäure ockern nach längerer Einwirkung den Zusammenhang zwischen Schale ınd Fremdkörpern, wodurch es möglich gemacht wird, mittels mecha- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XL. Bd. 48 720 0. Nüsslin, nischer Erschütterung — (durch Betasten des Deckglases mit der Nadel) — die Schale völlig zu entblößen. | An der auf solche Weise ihrer Fremdkörper entledigten und durch Verschiebung auf einen der Pole senkrecht gestellten Schale lässt sich nun niemals eine Öffnung deutlich bemerken, geschweige denn ein ringförmiger Mündungswulst erblicken, wie ein solcher von Arcaer! für seine A. Wrightianum abgebildet und beschrieben wurde. Öfters erkennt man allerdings am Pole der Schale eine meist ovale Umrandung, deren größter Durchmesser etwa einund- einhalbmal denjenigen eines der grünen Körner übertrifft. Wahrscheinlich ist dieser ovale Ring der Rand der äußeren Öff- nung, und diese verengt sich trichterförmig nach innen und mündet daselbst mit einem engen Loch an der Spitze der hügeligen nach innen gerichteten Verdickungen, welche die Schale an den Polen in der Regel zu erkennen giebt (vgl. Taf. XXXVI, Fig. 42 und 41). Nur einmal vermochte ich die trichterföormigen Lumina der nach innen gerichteten Zapfen an den Polen der Schale zweifellos zu erkennen. Nach diesem Präparate wurde die Fig. 12% gezeichnet. Dass die Öff- nungen der Schale an irgend einer Stelle sehr eng sein müssen, scheint mir, abgesehen von direkten Beobachtungen, aus dem Umstand hervorzugehen, dass der durch koncentrirte Schwefelsäure stark zum Quellen gebrachte Inhalt nicht an den natürlichen Ausgängen, d.h. an den Polen, sondern seitlich unter Zersprengung der Schale herausbricht. Ein Quellen der Schalensubstanz, wodurch etwa die Öffnungen verengt worden wären, lässt sich in vorstehendem Falle doch kaum annehmen, da die Schale sich sichtbar durch Auflösung zu- nehmend zu verdünnen pflegt. DieFremdkörper auf der Schale sind fast stets durchsichtig, sofern sie sich nicht, wie häufig an den Polen, in dichten Haufen vereinigen. Sie bestehen meistens aus Steinchen und Krystallen, seltener aus Diatomeenschalen und liegen, besonders gern an dem einen der Pole haufenförmig gedrängt zusammen, während der andere nur wenige enthält (Fig. 9, 10 und 14); dech kommen auch Ausnahmen I hiervon vor. Viele dieser Fremdkörper lösen sich in Säuren auf, insbe- sondere die büschelig gestellten Nadeln in den terminalen Haufen. Diese mögen wohl von dem Rhizopoden selbst gebildet werden. Rekapituliren wir nun noch die Momente, durch welche sich unsere 1 Natürlich muss dieses Merkmal Arcker’s aus der Gattungsdiagnose ge- strichen werden. Vgl. ARCHER, 1. c. p. 122. Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 721. Art von A. Wrightianum Archer unterscheidet, so wären folgende Punkte aufzuführen : 1) Die Öffnungen der A. stenostoma sind trichterförmignach innenVv erengt und entbehren eines äußeren Ringwulstes. 2) Die Fremdkörper der Schale sind in der Regel farblos und durchsichtig, während Arcuer dieselben bei seiner Art durchweg dunkelbraun darstellt. 3) Sie ist etwas kleiner, besonders schmäler. 4) Sie besitzt einen großen meist centralen Kern und kontrak- tile Vacuolen. 5) Die Pseudopodien sind theils lobos, theils fadenförmig. Unser Rhizopode lebt in großer Individuenzahl in dem schon‘ öfters genannten Herrenwieser See und hält sich besonders gern an den Blättchen der Torfmoose auf. Encystirungen konnte ich selbst in der Winterszeit nicht finden, wonach der Rhizopode durch seine Schale genügend geschützt zu sein scheint. Kopulationen junger Individuen von verschiedener Größe wurden beobachtet; vielleicht lag eine Theilung von der Art vor, wie sie GRUBER ! | für Euglyphaalveolata und andere beschrieben hat. | Über eine Amöbencyste. (Vgl. Taf. XXXVI, Fig. 15, 16, 17.) | Es möchte sich wohl rechtfertigen lassen, wenn ich im Nachfolgen- ‚ den einer Beobachtung in Wort und Bild in Kürze Erwähnung thue, ‘ welche sich auf die Enceystirung einer Amöbe bezieht. | Im December des vorigen Jahres fiel mir zufällig u. A. eine kleine, 0,092 mm dicke Kapsel auf, deren Inhalt aus farblosem feinkörnigen | Plasma mit schönem bläschenförmigen Kern und zahlreichen successiv " und allmählich kollabirenden Vacuolen bestand. | Die kugelige, deutlich doppelt kontourirte Kapsel, deren Bild einem röthlichen Saume glich, und der äußerst zarte an einem Fremdkörper | angeheftete Stiel verlieh dem Gebilde etwas Fremdartiges. Die Vacuolen ‚ veränderten in kurzer Zeit ihren Ort und versammelten sich dicht ge- | | drängt in einer Ecke. Auch nahmen die größeren stark lichtbrechenden ' Körnchen des am Rande dichteren Plasma an Umfang zu. \ An der Oberfläche der Kapsel traten plötzlich lobose Gebilde her- von, ohne dass es möglich gewesen wäre, irgend eine Öffnung zu er- kennen (Taf. XXXVI, Fig. 16). In diesem Sum musste ich leider, in 1 GRUBER, Der Theilungsvorgang bei Euglypha alveolata etc. Diese Zeitschr. Bd. XXXV und XXXV1. 48% 7223 0. Nüsslin, Folge eines Geschäftes, die Beobachtung unterbrechen und mein Objekt auf eine halbe Stunde verlassen. Nach der Rückkehr überraschte mich der Anblick: eine nahezu leere Cyste lag nun vor, der Inhalt hatte sich in eine gewöhnliche Amöbe verwandelt, deren hinteres Ende noch in der Kapsel lag. Leider verschwand dieselbe unter den zahlreichen im Präparate vorhandenen Bestandtheilen und ging für weitere Beobach- tungen verloren. : Karlsruhe, 8. Februar 1884. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXV. Allgemeine BedeutungderBuchstaben: it, Hülle des frei lebenden Rhizopoden; ct, Cystenhülle im Ganzen; tl, äußere, grobballige Fremdkörperhülle; ??, innere, feinballige Fremdkörperhülle; 23, äußere, körnig-faserige Eigenhülle; #, innerste, homogene Eigenhülle des encystirten Rhizo- poden; pv, violette Pigmentvacuolen; cv, kontraktile-Vacuole; v, farblose Vacuolen; k, lichtbrechende Plasmakörnchen; g, Glanzkörper; db, Nahrungsballen; n, Kern- bildungen; kk, keimkörnerähnliche Bildungen; r, dichtere Rindenschicht des Cystenplasma; ir, Mündungstrichter der Cyste. Fig. 4. Eine Zonomyxa violaceaim Zustand der Ruhe, kugeligeingezogen, mit kleinen Buchtungen an der Peripherie. Fig. 2. Ein Individuum im Begriffe, nach Art der Würmer von der Stelle fort- zukriechen. Die Hülle wird nach dem zugespitzten Pole zu immer dünner, zuletzt unsichtbar. Fig. 3. Exemplar, an welchem Pseudopodienmassen aus dem Inneren hervor- gebrochen sind. Auch hier verdünnt sich die Hülle gegen die Pseudopodien zu und ist an diesen unkenntlich. In den Pseudopodien sieht man Körnchen, violette und farblose Vacuolen; nur die feinen Spitzen und die Rindenschichten zeigen hyalines Plasma. Fig. 4. Ein Stück des Rhizopoden schematisch dargestellt, um die unge- | fähre Lagerung der einzelnen Bestandtheile und deren Größenverhältnisse zu er- läutern. Zu äußerst liegt unter der Hülle eine homogene Rindenzone? des Plasma, an welche sich das Körnchen führende Maschennetz anschließt. In diesem findet sich zu äußerst eine dichte Zone violetter Vacuolen, darauf eine solche farbloser Vacuolen von verschiedener Größe. Nach innen viele Glanzkörper, kleine und große; zahlreiche Nahrungsmassen, frei und in Vacuolen, frisch und verdaut; end- lich ein Zellkern mit Hülle und subperipherer Körnchenzone. ii Fig. 5. Ein frisch encystirtes Individuum mit einfacher heterogener und grob- he EPs Fremdkörperhülle. Die violette Farbe des Binnenkörpers ist deutlich durch- f zusehen. Fig. 6. Späteres Stadium einer Zonomyxacyste. Drei besondere Hüllzonen HH, i? und ?? sind bereits gebildet. Am Cystenplasma erkennt man eine dichtere Rin- denzone, aus der wohl die innerste homogene Kapselhaut entsteht. Im Inneren des körnigen Plasma liegen homogene Plasmaballen. An einer Stelle eine trichterför- mige Einstülpung der Rindenschicht (tr). 1 Durch ein Versehen des Lithographen ist die Hülle allseitig gleich dick ge- zeichnet. Sr 2 In der Lithographie unkenntlich. Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzwald. 723 Fig. 7. Ein durch Karmin gefärbtes Präparat, welches die umfangreiche cen- trale Kernsubstanz und die massenhaft aufgenommenen Nahrungstheile (und Fremdkörperballen?) zeigen soll. Die zackig unregelmäßige Gestalt der Kernsub- stanz ist theilweise Folge des Druckes von Seiten der Fremdkörper etc. während des Härtungsprocesses. Das Individuum stand nahe vor der Encystirung. Fig. 8. Gleichfalls ein durch Karmin gefärbtes Präparat, an dem die zackigen Kernsubstanzen, so wie der reticuläre Bau des Plasma deutlich hervortreten. Die Zacken der Kernsubstanzen, deren unregelmäßige Gestalt theilweise als eine ur- sprünglich natürliche, theilweise als eine durch die Härtung erzeugte, erscheinen möchte, gehen in die Netzbalken des Plasma über, und diese “konvergiren strahlen- artig nach einer rundlichen, besonders fein gewobenen Plasmaplatte. Fig. 9. Cyste, von der alle Hüllen bis auf die innerste Kapselhaut abgezogen sind. Durch Deckglasdruck sind das körnige Plasma ! und einzelne der Keimkörner- gebilde ausgetreten. Die leizteren zeigen in diesem Präparate eine distinkte Kar- minfärbung. Fig. 10. Eine Cyste, von der die Fremdkörperhülle entfernt worden ist. Die körnig-faserige Hülle #3 hat sich an einer Stelle (über dem Trichter) gefärbt, welche Erscheinung auf die Entstehung dieser Hülle aus dem eigenen Cystenplasma hinzu- _ weisen scheint. kk, nicht besonders gefärbt. Fig. 41. Ein Präparat von ähnlicher Art wie das vorige, noch mit einer dünnen Fremdkörperhülle (#2) versehen. Innerste Cystenkapsel sehr dick. Cystenplasma lässt einen beträchtlichen Binnenraum unausgefüllt. Fig. 42—23 inel.: Schematische Darstellungen von karminroth gefärbten Prä- paraten von Zonomyxa violacea. Dieselben wurden zunächst durch Überosmium- säure und Essigsäure getödtet, alsdann durch Alkohol gehärtet, hierauf mit durch | Essigsäure angesäuerter Karminlösung gefärbt. Sämmtliche Präparate entstammen , bezüglich der Zeit der Encystirungsperiode. | Fig. 43 bisinel.24. Noch frei gewesene Individuen, Fig. 22 und 23 bereits ency- ‘ stirte. Die ganze Serie stellt einen kleinen Auszug aus der ganzen Präparatensamm- ‚ lung dar und soll zeigen, welche verschiedene Fälle in Bezug auf Zahl, Form und ‚ Größe der Kerngebilde vorkommen. Eigentliche Kerne von konstanter Größe, mit ; Membran, subperipherer Körnchenzone und abgerundetem, meist ovoiden Umfang ' finden sich nur in Fig. 49, 24 und 22. In Fig, 23 treten die kugeligen keimkörner- ‚ ähnlichen Kerngebilde auf. — Je geringer die Zahl, desto größer das einzelne Kern- gebilde. Unsere Serie versinnlicht wohl auch den in der Natur stattfindenden Pro- | cess der Umwandlung der Kerngebilde und deren natürliche Aufeinanderfolge in der Zeit. Als Abschluss dieser Entwicklung hat wohl Fig. 23, d. h. die Bildung der keimkörnerartigen Gebilde zu gelten. Fig. 24 bis incl. 34 stellen Vaginicola Bütschlii nov. spec. dar. Sämmt- liche Figuren im Maßstab 500:4. | Fig. 27, 28 und 29 nach lebenden Exemplaren. Fig. 24, 30 und 34 nach Präparaten, die mit Osmium-, Essigsäure und Alkohol ‚ behandelt und mit angesäuertem Karmin gefärbt worden sind. Fig. 24. Seitenansicht zu Fig. 30 gehörig. Fig. 25 und 26. Seiten- und Ventralansichten einer besonders breitmündigen und stark eingebogenen Schale. Fig. 27. Ein encystirtes Individuum liegt in der Schale. Dasselbe wurde längere Zeit unter dem Deckgläschen kultivirt. Es encystirte sich am dritten Tage. Fig. 28. Ein nahezu ausgestrecktes Individuum. Es haftet am Boden der Schale ‚mit verengerter zapfenartiger Basis. Fig. 29. Körper eingezogen, mit großem Vorhofsraum und weiter Vacuole. Fig. 30. Ventralansicht eines gefärbten Individuums. Fig. 34. Dieselbe von einem anderen. Kern in Stücke zerfallen. Tafel XXXVI. | | Fig. ı—4. Vaginicola Bütschlii nov. spec. Fig. 5. Epistylisophrydiiformis nov., spec. ! Der weiße Rand um dasselbe ist durch ein Versehen desLithographen hinzu - gekommen. 724 0. Nüsslin, Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarzw. Fig. 6. Vorticella monilata Taten. Fig. 7 bis incl. 44. Amphitremastenostomanov. Spec. Fig. 15 bis incl. 47. Eine Amöbencyste. Alle Figuren Originale außer Fig. 6. Allgemeine Buchstabenbedeutung: t, Hülle; n, Kern ; nn, Kernkörper; k, Plasmakörnchen; pk, gefärbte (Pigment-) Körnchen; chk, chlorophyligrüne Körner; v, Vacuole; cv, kontraktile Vacuole; ps, Pseudopodien; ve, Vorhof; oe, Speiseröhre ; s, Borste; st, ‚Stiel; b, Nahrungsballen ; ce, Cuticula; w, Wirbelorgan ; p, Peristom, Fig. 1. Sehr großes Exemplar einer Vaginicola Bütschlii, mit seitlich außer- ordentlich breiter, dorso-ventral stark komprimirter Schale. Im Körper ist nur der hufeisenförmige Kern gezeichnet. Fig. 2. Ein Individuum mit ähnlicher Schale, doch ist hier der Kamm weniger ausgebreitet. Fig. 3. Seitenansicht zum vorigen. Fig. 4. Ein Moosblattstückchen mit zwei Individuen von Vaginicola Bütschlii und zwei leeren Schalen derselben Species. Sämmtliche Schalen sind mit der »Rückenfläche« an das Blättchen leicht angekittet. Fig. 5. Ein Bäumchen von Epistylis ophrydiiformis mit drei Einzel- thieren: A, Bund C. A, ganz ausgestreckt, B, wenig, C, ganz eingezogen. r,sack- artiges»Reservoir«; h, dessen halsartiger Ausführgang in den Vorhof. Fig. 6. Vorhof und Speiseröhre von Vorticeila monilata. r, »Reser- voir«; seitlich liegen zwei kontraktile Vacuolen. Diese Figur ist nach Fig. 20 BürscaLrs (Über Dendrocometes etc., diese Zeitschr. Bd. XXVII, Taf. VI) kopirt. Fig. 7—14. Amphitrema stenostoma. 670:4. Umrisse mit Camera lueida gezeichnet. Fig. 7. Ein Individuum mit beiderseits ausgestreckten fadenförmigen Pseudopodien. Fig. 8. Ein solches beiderseits mit lobosen Pseudopodien. Fig. 9. Dasselbe zu Anfang der Beobachtung. Es ist in der Stellung, mit seiner Längsachse nahezu senkrecht gerichtet, mittels einseitig ausgetretener loboser Pseudopodien fortzukriechen. Wie in den beiden vorhergehenden Figuren sind Epipodien zu sehen. Im Centrum erblickt man eine hellere Partie, in welcher der Kern gelegen ist und die grünen Körner spärlicher auftreten. Auch eine Vacuole! ist daselbst zu erkennen. (Der Inhalt ist nach einem anderen Exemplar modifieirt gezeichnet.) Fig. 10. Ein sehr junges Exemplar mit mächtigem Eremdkorpenanhanz; mit @ bläschenförmigem Kern, ohne grüne Körner. Fig. 41. Ein Individuum mit doppelterSchale. Die innere, @f, durch Karmin stark gefärbt. polen die trichterartig eingesenkten Öffnungsränder, wodurch sehr enge innere Mündungslöcher zu Stande kommen. Am Kern tritt das intensiver gefärbte große a Kernkörperchen deutlich hervor. Fig. 43. Ein Individuum mitspärlich vorhandenen grünen Zellen und schwacher & Fremdkörperbedeckung. Kern, Plasmakörner und braune Körnchen sind hier deut- lich zu erkennen. Der Kern bläschenförmig mit sieben Kernkörpern. Fig. 43a. Kern der vorigen Figur einige Stunden später. Die Kernkörper haben sich zueiner Masse vereinigt, welche an ihrem Umriss noch Unebenheiten zeigt; Fig. 44. Ein Individuum mit einseitig stark bevorzugtem Fremdkörperbüschel, mit grünen Körnern vollgepfropft. Ansicht von der schmalen Seite. Fig, 415. Eine Amöbencyste mit Stiel. Fig. 46 und 47. Auskriechen der Amöbe aus ihrer Cyste. !:In der Figur zu dunkel gemalt. —4ı >00. 26 ——— Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Fig. 412. Ein durch Karmin gefärbtes Individuum. Man erkennt an den Schalen- 4 Ku 2 ur Bee s se 3 Zeitschr. Kiss. Zool. Bi.NL. ig... [17772 W tl Zilk 1 aus sei ascr zelet mn da nr mama 1a ran € nur mund Cure nie a VASE NE re rn chrilt F ıiss. Zool. Bd.AL. ph.mw R, ; rare 959% 5, 10] 920800 cLm Fig 15. = S SQ S N B .S S So ES I S S ill wiss. Zool. Ba AL. Lin izstr 4 Funke, leipzig, VerlaurwWilh.Engelmann in Leipzig, U miss, Zool. Bd.Il. "Riss, Zool. Bi, AZ. Werner &Wirier, Franke IH = | | | #. a . n & A I Zoolo aan a aa " ' ! ya a. 4 are ach ii a i r Badlan ei . - BR in re Rs l N N N 2 a) > h h [X ne AN i win k \ rt j u Kae, VIER, y ) | « Dar 5 x v { en { rar 1 AT } \ \ | i N ; wi ; \ \ \ 5 f : . } S A . ’ } R b I L ! - [ N Er N { 11, S 2; f b (2 RR 1” : { %L “ iv IK nk ® r R I ? j . { ) \ { ’ . f ı i ; £ E 1 Au h | (ke \ I s DEM } i cn , ” } ? ) 5 R Be \ ü A I he Net r F DE: 5 N X } ö N { IR N N 3 4 n r k NN Sr f (Br N . B fi Gi ? N r f \ Fun Au et De ‚ N R h N u Hal) bean ENG Ra T N P n d oe ! 7 [ as cd ö .. $ i RE Nil? Ka | ! N h a : n ler: j fe 0 ! { { j EHEN j a ! ut } in N N TH \ 1 > R LER .. R u} ii Y r “7 14 \ m f ' { y or \ r N R 3 n s I j 0 Ih 3 { | ( ß \ n A 8 5 v i } \ \ NE a \ i Le N p \ h | \ aM 90 ar | ı \ £ Pt \ a \ \ \ r s f Y y . 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L / Ü Y ; } . ; Y f \ \ ' h \ \ 7 h \ N 3 \ f x re f ] 5 } : \ \ )) Y N r ) \ ) % 1 j ; j . } f 2 - ‘ x ] } e r i ) re ET \, t } 3 ’ . a j h N \ f ‘ i Pe e ya En: N / 3 } h ) N l i F l } \ r h . u 5 | . 4 \ j \ - i ] N \ N r ) j \ y ; ’ . ” \ 2 ’ \ p r x N \ El en 2 N 3 , ) N x {) j k 5 N i ' , j } \ ar \ EN s r ; AhTE - x \ ) ö \ N } F ee ; et } ı \ . x 1 ) i f \ 4 D i ! \ I} / v ’ \ n f ' | N ad BERN A ., { y \ iS h 1 r r R a o } F Y \ ı {N a aan ie N F : J OL | \ ae { D ? H k { ‘ > Ex y { x ( x » . \ Y . \, N h hd \ \ \ aa gi a A ee h AR N ua A | Era} 2 ‘ Dem N Pet Dar: N A * 1 re Hr N ı R s T N t iR \ u x 3 “ ; 5 re ur AUT Ye vn ' j lm Mr EN . n on SR E NUN - h ) “ al ve L j / Mia, A “ x 3 EN LTE VAN NY g e “ nr u Yu, R ® > \ . Zeitschr f' wiss. Zoologie. Bd.AL. Taf iX .®, Ei if >) Er .- J Lehner Winzer, Frankfurt IH. ag. Rririih. Zug: Taf! Zeitschrift f, wiss. Zoologie BadM. Zeilschnifl f'wiss. Zoologie BaM. B ö | Taf mes" an In Ü PR LERTEN Kaas oh a dent Base a Figez. RER Dot u. 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Zoologie. Bd _M. e . [ ö u Taf am RER Sue rl, f ’ ] u f & a er \ sn) / ö N a 1 | 5 ö { \ 2 \ \ \ r , i N y N N R > } ? | Na Drill u N \ ih i \ \ k = I 2 \ Sale r x h " ©) 4 # 2 1. \ Ka N ’ ET An AR Be 1 IT Ar k 1 Iar Bu RaRaRN ; Yu L r er Ka Ian 4 ia N. D y R Der, R r f 3 N x Re FE: £ ü fer / 5 F EL \ a} ? 1 \ | ' Fu f BEA tn ß \ ie } } ir? PL ‚ v E D „ | R N \ h £ n { { Dee! / t } ; ' R 5 ra Ü » ra ö } A \ \ an J A L R J! H J v Y { + \ \ FOR u { L I 7 \ ‘ Ay y' - \ X ı { \ 1 ü £ ) i! 3% en A rd } ' Y f h [ ö N j v r - \ \ r Eu { { Y - a \ 3 C N x I ’ nz, j T h ei, . “ ? r B 1 “4 | £ 1 A " v 1 tv Y S Y = m \ er L y Ü 1 U “ R N \ x x I 12, 3 N N 5 f J . 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Universität zu Würzburg, Ernst Ehlers, Professor an -der Universität zu Göttingen. | unter der Redaktion von Vierzigster Band. | | Erstes Heft. Mit 10 Tafeln u. 1 Holzschnitt. | u Be LEIPZIG, | Verlag von Wilhelm Engelmann. 1884. Ausgegeben den 19. Februar 1854. Inhart. Über den Bau von Opisthotrema cochleare noy. genus, nov. spec. Ein Bei- trag zur Kenntnis der Trematoden. Von P. M. Fischer. (Mit Taf. I.) 1 Bemerkungen über einige Flagellaten. Von F. Blochmann. (Mit Taf. IL.) 42 Die Knospung der Anchinia. Von A. Korotneff. (Mit Taf. III und IV.) 50 Studien an japanischen Lithistiden. Von L. Döderlein. (Mit Taf. V-VIL! 62 Das Männchen der Sepioloidea lineolata d’Orb. (Sepiola lineolata Quoy & Gaim.) nebst Bemerkungen über die Familie der Sepioladen im Allge- meinen. Von J. Brock. (Mit einem Holzschnitt.) . .. - .... #105 Über Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. Von A. Gruber. (Mit Tat VIEH und EX.) a ee a 121 Resultate meiner Studien über die Selasiäche Fauna kleinerer und größerer Süßwasserbecken der Schweiz. Von ©. E. Imhof. (Mit Taf. X.) . . 154 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung . Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Zur Naturgeschichte der Infusionsthiere. Von Th. Wilhelm Engelmann. Mit 4 Kupfertafeln. gr. 8. 1862. .4 2.50. Zur Histologie der Radiolarien. Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Sphaerozoiden und Thalassicolliden von Dr. Richard Hertwig, Privatdocenten an der Universität Jena. Mit 5 lithogr. Tafeln. 4. 1876. .2 10.—. Y PERL IC TR. nt y ü Y> ne - ‘ y ? 5 ER EEE Bring ariinnand acheeh m Eee 4 u br we ; : Kae e S er - N n y vn a er ae ' “ A DREHTE RE, ri ie rs TILBEra; FE: ann ee anne PETERS, a aan rin A ae pr ig : a TR U EN mn I FREE I KARL a IE HM IED Var i E F BR Sy Bon j SEErE m : SENT i 1 i Ra: a ber i narite rl j ie Ngatın ee A Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. | | Über zwei Süsswasser-Calaniden August Gruber. Mit 2 lithogr. Tafeln. gr. 8. 1878. .42.—. Über die Bedeutung der Kerntheilungsfiguren. Eine hypothetische Erörterung Dr. Wilh. Roux. gr. 8. 1883. 4 —. 60. Grundzüge einer Spongienfauna des Atlantischen Gebietes Dr. Oscar Schmidt, Prof. d. Zoologie u. vergleich. Anatomie, Director d. landschaftlichen zoolog. Museums zu Gratz. Mit 6. Tafeln. Eol2 187022177 — Über den ‚or sanismus Polythalamien. (Foraminiferen) | nebst Bemerkungen über die Rhizopoden im Allgemeinen | Max Sigmund Schultze, Doctor d. Philosophie u. Medicin, Prosector u. Privatdocent a. d. Universität Greifswald. Mit 7 illuminirten Kupfertafeln. gr. Fol. 1854. #4 24.—. Die Anatomie des Leberegels Distomum hepaticum L. Prosector in Greifswald. (Beiträge zur Anatomie er Plattwürmer. III. Heft.) Mit 6 Tafeln. gr. 8. 1880. .2 6.— Leitfaden für das Aquarium der Zoologischen Station zu Neapel. Text 8: 1880. 4 1: 60: Atlas von 47 Tafeln. 8: 15837 43. — Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. Druck von Breitkopf und Härte! in Leipzig. Dr. Ferdinand Sommer, Ä | | Bi. sehrıft r Tür Fe... ‚Zeit 5 | WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben von und Albert v. Kölliker, zu Würzburg, der Universität Carl Theodor v. Siebold, Professor an der: Universität zu München, Professor unter der Redaktion von Ernst Ehlers, an der Universität zu Göttingen. »fessor Vierzigster Band. Pr Zweites Heft. Mit 9 Tafeln u. 1 Holzschnitt. 0 LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann 1854. Ausgegeben den 6. Maı 1884. inhalt. f Seite Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. Von A. Kölliker. (Mit Tat, Xu RIE N. et. nur 179° Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. Von C. K. Hoffmann. (Mit Tat. XII u, XIViu. 4 Holzsechnd) 2-2 Fr 22 u. an 2id Die Wurmfauna von Madeira. IV. Von P.Langerhans. (Mit Taf. XV—XVIL) 247 Über den Ursprung und Austritt der Hirnnerven von Petromyzon. Von FrAnIDorn.: (Mit Tat: XVEER)“ Sees ee 286 Über die Segmentation des Wirbelthierkörpers. Von F. Ahlborn. .. . . 309 Über die Bedeutung der Zirbeldrüse (Glandula pinealis; Conarium ; Epiphysis cerebri). Von F. Ahlborn. (Mit Fig. 7 auf Taf. XVIIL). ..... 331 Untersuchungen über Luciola italica L. Von C. Emery. (Mit Taf. XIX.) 338 Nachtrag zu meinem Aufsatze: »Die embryonalen Keimblätter und die Ge- webes;. Von A. Kölliker . ... »...2.::.,. N ee 356 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, ‘dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Verlag von August Hirschwald in Berlin. Soeben erschien: Cursus der normalen Histologie zur Einführung in den Gebrauch des Mikroskopes sowie in das praktische Studium der Gewebelehre von Prof. Dr. Joh. Orth. Dritte Auflage. 1884. Mit 108 Holzschn. 8 #. A. Schönfeld’s Antiquariat, Wien IX, Universitätsstrasse 4 versendet auf Verlangen überallhin Cataloge gratis franco. Kauft größere und kleinere Büchersammlungen sowie Einzelwerke zu den besten Baarpreisen. Baer vs nr u mn vn a Er et Se! a En a m na en rn san em Emm. mm > = me i i K | j | | | | | | | EN „ 4 &: Bi E | ’ IE 16% Ian | “ Wi | | | | | Teen In C. J. Brill’s Verlag in Leiden ist erschienen: | Die frei in der reinen Erde und im süssen Wasser lebenden Nematoden der Niederländischen Fauna. Eine systematisch-faunistische Monographie von Dr. .J. C-. de Man Middelburg-Niederlande. Vormals Conservator am Zoologischen Museum in Leiden. Gr. 4%. (VIII u. 208 pag.) Mit 34 lithogr. Tafeln. Preis 4 40. — Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Untersuchungen über Nematoden on Dr. © I Eberth, Prosector an der zootomischen Anstalt zu Würzburg. Mit 9 Kupfertafeln. 4. 1863. 4 12.— Die Borstenwürmer (Annelida Chaetopoda). Nach systematischen und anatomischen Untersuchungen dargestellt | von Ernst Ehlers, D. M., Privatdocent und Prosector am anatomischen Institut zu Göttingen. 1. Abtheilung. Mit Tafel I—XI. 4. 1864. 4 26. — 2. Abtheilung. (Schluss) Mit Tafel XII—XXIV. 4. 1868. „4 36.— Grundzüge der Entwicklungsgeschichte der Thiere! M. Foster, M. A, M.D,F.R.S. Fellow und Praelector der Physiologie in Trinity College, Cambridge. und Francis M. Balfour, Fellow von Trinity College, Cambridge. Deutsche autorisirte Ausgabe von Dr. N. Kleinenberg. Mit 71 Holzschnitten. gr. 8. 1876. #6. Entwicklungsgeschichte = des Menschen und der höheren Thiere Albert Kölliker, Professor der Anatomie an der Universität Würzburg. Zweite, ganz umgearbeitete Auflage. Mit 606 Figuren in Holzschnitt. gr. 8. 1879. geh. 4 30. geb. 4 32. ——mm—— Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. ‚Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben Carl _. V. Raul Profes n der Universität zu Mün und u V. Kölliker, Profes an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Vierzigster Band. Drittes Heft. Mit 8 Tafeln u. 5 Holzschnitten. LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1854. Ausgegeben den 27. Jumi 1884. _— Inhali 0 sıZz Untersuchungen über den Bau und die Entwicklungsgeschichte der Süßwasser- Dendrocoelen (Trieladen). Von I. Iijima. (Mit Taf. XX— XXIII u. .Holzschn.).. 2a PR 7... 28 7 De nF} a a Über eine Polythalamie der Kochsalztümpel bei Deva in-Siebenbürgen. Von Ev. Daday. 2 (Mit Tal RRIV). 2, een 465 Untersuchungen über Haftapparate an Tarsalgliedern von Insekten. Von G. Simmermacher. (Mit Taf. XXV—XXVIl u. 2 Holzschn.). . .. 481 Bemerkung über die Bedeutung der feuchten Schnauze der mit’ feinem Ge- ruchsinne ausgestatteten Säuger. Von S. Exner ....... ...1...557 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung | Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zioologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Verlag von Wilheim Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Die Binnenmollusken . der nördlich gemässigten Länder von Europa und Asien und der arktischen Länder von Hermann Jordan. Mit 1 Verbreitungstabelle, $S Tafeln und 2 Karten. gr. 4. 4 20. (Nova Acta der Kaiserl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher. Band XLV. No. 4.) Foologische Studien von Dr. Emil Selenka, Professor in Erlangen. "a I. Heft. Befruchtung des Eies von Toxopneustes variegatus. Ein Beitrag zur Lehre von der Befruchtung und Eifurchung. Mit 3 Tafeln. 4. 13578. MA. 143 II. Heft. Zur Entwickelungsgeschichte der Seeplanarien. Ein Beitrag zur Keimblätterlehre und Descendenztheorie. Mit 7 Tafeln und 2 Hol» schnitten. 4. 1881. .% 6. a. ED Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben Pu Be V. lehold, n der Universität zu München und Albert v. Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion voü Ernst Ehlers, Professor an — 2 BL zu Göttingen. N, Guss er er Band. Viertes Heft. Mit 9 Tafeln. LEIPZIG, les von Wilhelm Engelmann. 1584. Ausgegeben den 5. September 1884. En-h.alt. DEI Seite Entwicklungsgeschichte der Aphiden. Von Emanuel Witlaczil. (Mit Bat, XRVYLII-RRXIV N. ne ee ee De 559 Über einige neue Urthiere aus dem Herrenwieser See im badischen Schwarz- walde. Von’®. Nuüisish/n.. (Mit Tat. ax Vz URN De 697 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Unter der Presse befindet sich: Lehrbuch der vergleichenden mikroskopischen Anatomie mit Einschluss der vergleichenden” Histologi > 2. yon i 2% Dr. Hermann Fol, Direktor des embryologischen Instituts und o. ö. Professor an der Universität Genf. ca. 40 Bogen Text mit ca. 350 Figuren in Holzschnitt. Das Werk erscheint in ver Lieferungen, von denen die 1. demnächst, die 2. Ende des Jahres und die 3. und 4. Lieferung im Jahre 1885 ausgegeben wird. SE Bestellungen darauf werden von allen Buchhandlungen entgegengenommen. Soeben erschien: Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze Mycetozoen und Bacterien von A. de Bary, Professor an der Universität Strassburg. Mit 198 Holzschnitten. gr. 8. 1884. geh. 4 13.—, geb. M 14.50. ee A EEE he A # n x ae \ 2 mn ER ED I EEE SO SEA ASS FEN BEN IEN Eau Kor u Dr L mer mem remain JENSEN Lan KG e NEUE RT ANN pay here Mic DEN r re g2 rue In BR BE ERS #% a A Kalk N hi a ROH Lee ” 1 NN a AU U ‚li RR, BR 4 N eur aA RER Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. (Zu beziehen durch jede Buchhandlung.) Soeben erschien: | Fleischer, Dr. phil. H. Emil, Lehrbuch der Zoologie für Landwirtschaftsschulen und Anstalten verwandten Charakters sowie auch für den Gebrauch des praktischen Landwirtes. Mit 435 in den Text eingedruckten Holzstichen, gr.8. geh. Preis 7 9. Verlag von Wilhelm Engelmann in L ep Soeben erschien: Zoologischer Jahresbericht für 1882. Herausgegeben von der Zoologischen Station zu Neapel. IV. Abtheilung: Vertebrata. Mit Register und dem Register der neuen Gattungen zu allen vier Abtheilungen. Redigirt von Prof. J. Victor er in Leipzig. Früher erschien: ee I. Abtheilung: Allgemeines bıs Vermes. Mit Register. Redigirt von Dr. Paul Mayer in Neapel. gr.8. 410. ; | II. Abtheilung: Arthropoda. Mit Register. Redigirt von Dr. PaulMayer und Dr. Wilh. Giesbrecht in Neapel. gr.8. 411. III. Abtheilung: Tunicata, Mollusca, Br achiopoda. Mit Register. Redigirt von | Dr: Paul’Mayer in Neapel. gr. 82.2.3. Soeben erschien: Über Paarige Ausführungsgänge der Geschlechts- organe bei Insecten. Eine morpnologche anne ın RS en won 7 Dr ip A, Palmen, or a. 0. Prof. er ‚Universität Finlands. Mit 5 Tafe gr 8. 4884. 45. Soeben erschien: Biologische Probleme. zugleich als Versuch zur Entwicklung einer rationellen Ethik. | Von W.H. Rolph. Zweite, stark erweiterte Auflage. gr. 8. 1884. U 4. Soeben erschien: Sitzungsberichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig. Zehnter Jahrgang 1883. gr.8. M2. | | m __ | äh ,- « are ec LT ee TEE Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. nn arm ni ER RER) URL ER a A m ET Teen De man sn m ame nem u en mer re en m me an EEER, [ & | 8 ® | PAR WED ac) Sc Va LT HA a DA a4 U BARS a BE Va WU oa I\ | ur ‚= " | i . h | A \ je j E 1: 19 I ; | j Ye | [ ii 1 } | = j | | | BIETEN, ati vo iaat, ent nat hr N ORDER Lan rang EEE RE) EEE SEHEN De U . {60 u + ts era SEILER RI . DEREK Y N .% DOCH ; ” ve, e,? R we ” PREIS BR ar SPS + Ber et. i N ba 17 Are DEE we - ee re A : 1 ER a IE NIEREN - N DRCHe ES era rn \ LIE WC EP „. IST RE iR) a. \ nett Area A DICH tn EICHE DON RR IR DIE ve SE Sec Irre er ERSTEIREHTE, MER re Bach ee a LT SO 2: ES NER RN EIER IER : a un ik 4 4x . 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