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AQOLOGISCHE ANNALEN
LEPRSCHRIER
EURE
GESCHICHTE DER ZOOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON
DR MAX BRAUN,
O. O. PROFESSOR FUR ZOOLOGIE UND VERGL. ANATOMIE UND DIREKTOR DES
ZOOLOG. MUSEUMS IN KONIGSBERG I. PR.
&
| WÜRZBURG.
NA TÜBER/S VERLAG (CE KABITZSEN)
1905.
Druck der Kel. Universitàtsdruckerei von H. Stürtz in Würzburg.
Inhalt
Seite
Burckhardt, Prof. Dr. Rudolf, Das erste Buch der aristotelischen Tier-
geschichte . I
Guldberg, Prof Dr. en De Wahlere des Kae 29
Blanchard, Prof. Dr. R., Sur un cas inédit de négresse-pie au XVIIIe
siecle ; 4I
Poche, Franz, Rebel einiger Gattungsnamen the Te Ganci 47
— — Ze Nomenclatur der Salamandriden ; 50
Bloch, Dr. Bruno, Die Grundzüge der älteren bs olbare Bi dc 51
Braue Prof. Dr. Max, Geschichte der beschreibenden Naturwissen-
scheinen und der Medizin als Vorlesungsfach auf den Universitäten
mit deutscher Unterrichtssprache . i 74
v. Maehrenthal, Prof. Dr. H. C., Entwurf von Reda dee saelosıschen
Nomenclatur . 89
Lühe, Priv.-Dozent Dr. Max, - Géschichie (ola Sie e uno
ie -Forschung bis auf Westrumb (1821) : 139
Burckhardt, Prof. Dr. Rudolf, Zur Geschichte und Kick der ione
teca Literatur à 355
Ward; Pret. Henry B, The earliest eed of ea 168 : 376
a Pits) en RENTE MR A Pain et 02 AN
Besprechunsgéeno ur A Oy 954, 290
20%
207
=
T7
7%
Das erste Buch der aristotelischen Tier-
geschichte.
Von
Rudolf Burckhardt, Basel.
I Vorbemerkungen.
| s ist das Verdienst von Aubert und Wimmer, in ihrer
Ausgabe und Ubersetzung der Tiergeschichte von Ari-
| | stoteles nachgewiesen zu haben, daß diesem Werk
eine Disposition zugrunde liegt. Sie haben eine Inhaltsübersicht
in großen Zügen entworfen, woraus sich die Bestätigung einer
alten Hypothese Theodor Gazas ergab. Dieser Humanist
war es, der eine Umstellung der letzten Bücher des Werkes für
nötig erklärte und ‚Aunbert und Wimmer (Aristoteles,
Tierkunde Leipzig 1865) haben an diese Arbeit die letzte Hand
gelegt, zugleich auch das X. Buch entschieden für unecht erklärt.
Leider haben aber dieselben Autoren unterlassen, die feineren
Züge in der Disposition der aristotelischen Tiergeschichte aufzu-
suchen und doch wäre dies gerade zu ihrer Zeit am Platze gewesen,
da kurz vorher das seichte, mit belesener Scheingelehrsamkeit
und widerlichen Ansprüchen auf Gerechtigkeit prunkende Buch
von G. H. Lewes (Aristoteles, übersetzt von J. V. Carus,
Leipzig ı865) erschienen war. In ihm (pag. 276) erkannte der
Autor zwar die Historia animalium als eine „staunenswerte
Leistung“ an, „aber absolut betrachtet, das heißt im Verhältnis
Zool. Annalen. I.
2 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
zur Wissenschaft, die sie behandelt, ist sie eine schlecht geordnete,
schlecht kompilierte Masse von Details, meist von geringem
Werte, mit einem gelegentlichen Schimmer von etwas besserem...
Als Sammlung ist sie ungeheuer. Im giinstigsten Falle ist sie
aber eine Sammlung von Details ohne eine Spur von Organisation“
usw. So die Ubersetzung von J. V. Carus, der in seiner Ge-
schichte der Zoologie Aristoteles wohl zurùckhaltender be-
handelt hat als Lewes, aber doch ohne Beweise weiterer Ver-
tiefung in seine Schriften abzulegen. Wenn Aubert und
Wimmer aber unterlassen haben, gerade der Einleitung der
Tiergeschichte eine mehr als summarische Behandlung zu teil
werden zu lassen, so mag auch dazu neben Lewes, der be-
hauptet (pag. 285), das erste Buch beginne ohne ein Wort der .
Finleitung, Titze in bester Meinung beigetragen haben (N. Titze,
Aristoteles über die wissenschaftl. Behandlungsart der Natur-
kunde überhaupt. Prag 1819). Titze war es nämlich darauf
angekommen nachzuweisen, daß das erste Buch der Schrift über
die Teile der Tiere als methodische Einleitung der gesamten
aristotelischen Biologie geschrieben sei, daher die Schrift über
die Teile der Tiere in Wirklichkeit nur drei, statt vier Bücher
umfabt habe, daß alsdann auf die methodische Einleitung die
Tiergeschichte (Hist. anim.), dann erst die Teile der Tiere (Part.
anim.), endlich die Zeugungs- und Entwickelungsgeschichte (Gener.
anim.) gefolgt sei. Mit dieser Hypothese zog er aller Augen auf
die Disposition der verschiedenen zoologischen Werke, die er in
ihrer Gesamtheit in den alleräußersten Linien als die schon von
Aristoteles erwähnten Ioayuareia megt vis Cwixng puosws zu-
sammenfaßte. Damit hat Titze wohl einer Reihe von Schriften
anderer Forscher Nahrung gegeben, aber auch das Interesse
von der Verfolgung der Disposition in ihre Einzelheiten abge-
lenkt und das weitere Nachforschen nach einer Einleitung ee
Tiergeschichte als überflüssig erscheinen lassen.
Die allgemeine Zustimmung zu Titzes Hypothese und die
Anerkennung für den Versuch Auberts und Wimmers entheben
uns aber nicht der Aufgabe, tiefer in die Struktur der aristo-
telischen Schriften einzudringen, speziell in den Anfang der Tier-
geschichte, der doch mit zur Grundlage für alle an Aristoteles
M ou zoologischen Studien und daher ein Dokument
sten Ranges für die Geschichte der Biologie geworden ist. Die
A ufo die in nachfolgender Arbeit in Angriff genommen
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 3
werden soll, besteht in einer Analyse des ersten Buches der
aristotelischen Tiergeschichte mit besonderer Rücksicht auf seine
methodische Gliederung. Daraus ergeben sich Anhaltspunkte
für die Beurteilung des Textes, sowie für Ziele und Wege des
gesamten Werkes, ja für die biologiegeschichtliche Wertung
desselben.
Eine solche Analyse ist bisher nicht gegeben worden und
so liegt denn keines Autors Arbeit vor, mit der ich mich aus-
einanderzusetzen hätte. Ich lege dabei die zugänglichste Aus-
gabe, die von Aubert und Wimmer in bezug auf Text und
Paragraphierung desselben zugrunde, bemerke indes, daß die
Übersetzung und Paragraphierung mannigfache Korrekturen als
notwendig erscheinen lassen. Immerhin empfiehlt es sich am
ehesten, um unseren Ausführungen zu folgen, diese Ausgabe
zur Hand zu nehmen.
An dieser Stelle erfülle ich die angenehme Pflicht, meinem
Kollegen an der Universität Basel, Herrn Prof. Alfred Körte
den verbindlichsten Dank dafür auszusprechen, daß er den philo-
logischen Teil meiner Arbeit kontrolliert und mir bei diesem An-
lasse wertvolle Ratschläge gegeben hat.
te. Der Bext-vons:t 78
S ı beschäftigt sich ohne weitere Einleitung mit der Unter-
scheidung der tierischen Teile in 6uorouegi) (Gewebe) und œvouoroueof
(Organe). Aristoteles spricht damit eine wissenschaftliche Tat-
sache aus, die schon für Anaxagoras (Arist. de coelo III. 3)
feststand und die er nur referierend zu behandeln brauchte. Er
beginnt damit denjenigen Abschnitt unseres Textes, den wir als
anatomischen bezeichnen und zwar speziell die allgemeine
Anatomie, die er nach der Abstufung der Teile ordnet.
In 2—4 läßt er diese Unterscheidung zurücktreten hinter
Unterschieden logischer Art, deren Berücksichtigung in die
Mannigfaltigkeit der Tierwelt Ordnung zu bringen verspricht.
Diese logischen Unterscheidungen, die Gleichheit und Ver-
schiedenheit festzustellen erlauben, sind die Gestalt (eidog 2),
Quantität (0775007) [zai éllauus] 3), Analogie (evadoyia 4) und Lage
(Jeoıg 4). In 2 begreift er die Gestalt nicht nur so, daß ein Teil
dem Teile eines anderen Organismus gleiche, sondern er betont
dabei, daß die Formähnlichkeit eines Teiles mit Bezug auf den
1
4 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
gesamten Organismus zu denken sei. Das Unterscheidungs- _
merkmal der Gestalt schließt also unseren Begriff der Homologie
ein, wofern wir ihn nur ideal-logisch und nicht real-genetisch
fassen.
In 3 wird die Übereinstimmung der Teile in ihrem Ver-
hältnis zum Organismus zur Voraussetzung erhoben, aber Über-
schuß und Mangel, d. h. ihre quantitativen Eigenschaften zum
‘Unterscheidungsmerkmal gewählt und noch ausführlicher spezi-
fiziert. Was hierbei mit oyîjua gemeint ist, möchte ich nicht ent-
scheiden, wohl aber darf nicht mit Aubert und Wimmer das
Wort mit Gestalt wiedergegeben werden, da dieser Ausdruck
von ihnen eben für eidog verwendet ist. Die ausführliche Exem-
plifikation dieses Paragraphen zeigt schon, daß Aristoteles
diesem Unterscheidungsmerkmal eine augenfällige Ausdehnung
innerhalb der tierischen Organisation zuschreibt. Als drittes Unter-
scheidungsmerkmal führt er die Analogie ein und zwar in
einer Form und mit Beispielen, die deutlich genug dartun, daß
dabei dasselbe gemeint ist, was auch wir noch als Analogie
bezeichnen, nämlich die funktionelle Übereinstimmung zweier
Teile. Als viertes Kriterium für die Beurteilung tierischer Teile
wird die Lage angegeben und nur kurz durch das schlagende
Beispiel der Zitzen illustriert. /
5 enthält den Unterschied der Gewebe nach ihren elemen-
taren Qualitäten, die hier einfach durch Adjektiva ausgedrückt
werden. Mit erı vow ava Adyov vodroıg schließt der ganze der
Gliederung des Organismus nach der Abstufung der Teile und
ihrer Bedeutung fiir die Zoologie gewidmete Abschnitt.
Diesem Abschnitt in der Tiergeschichte steht ein analoger
in der Schrift über die Teile der Tiere zur Seite und zwar zu
Anfang des II. Buches (des I. nach Titze). Eine Vergleichung
beider Abschnitte unter sich ergibt, daß dort Aristoteles die
Stufenfolge der Teile in umgekehrter Reihenfolge aufzählt wie hier,
daß er dort den Geweben zwei Stufen von elementaren Bestand-
teilen voranschickt (dvvdusıs, Grundkräfte und oroıysia, Elemente,
Ausdrücke, die in der entsprechenden Stelle der Tiergeschichte
fehlen). Die dort anschließenden Erörterungen über das Wesen
als das frühere und das Werden als das spätere beweist zur
Gentige, daß Aristoteles sich dadurch vollkommen frei fühlte,
die Stufenfolge so oder so anzuordnen, sie zeigt aber auch, daß
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 5
er in der Tiergeschichte die mehr realer Beobachtung zugäng-
lichen Teile der Stufenfolge in den Vordergrund stellte und das
spekulative Element, das dort in den duvauas und oroıysia , so-
wie in der anschließenden Erörterung obwaltet, zurückschob.
Ein völlig neuer Abschnitt hebt mit 6 an.
6. „Die Unterschiede der Tiere sind solche der
Lebensweise, der Verrichtungen, der Charaktere
und der Teile, worüber wir im allgemeinen zuerst
handeln wollen, dann aber wollen wir eingehend
(étormoavres) reden über jede Gattung (yévos)“ So etwa
möchte ich den Anfang dieses Abschnittes übersetzen, da mir die
Übersetzung von Aubert und Wimmmer in mehrfacher Hin-
sicht unrichtig erscheint. Bei Aristoteles ist diagooa: Subjekt
des Satzes und nicht „die Tiere“ wie bei Aubert und Wimmer.
Dadurch fällt auch der Hauptaccent auf „die Unterschiede“. Auf
dieses Subjekt aber bezieht sich dann auch das Prädikat zegi
Exaotov yévog, Unter yevog ist also nicht die „Gruppe“, das genus
animalium verstanden, wie Aubert und Wimmer übersetzen,
sondern das genus logicum der Unterschiede, wie ja doch
Aristoteles den Begriff yévos z. B. Metaph. XI. 1. 20, XI. 12. 21,
XII. 1. 5 usw. gebraucht. Auch ist weit und breit hin nicht von
einem yévog in naturhistorischem Sinne die Rede. Endlich ist
kein Grund vorhanden, das aktive &govuev passivisch wieder-
zugeben. Auf den Sinn dieser Worte wird unten zurückzukommen
sein. Verfolgen wir zunächst den Text weiter: Der nachfolgende
Satz beginnt sio de dvagogat. Durch diesen Anfang wird das
dıapogai im ersten Satz seiner Bedeutung nach verstärkt, ferner
werden die Hauptunterschiede, die im ersten Satz aufgezählt sind,
mit Ausnahme der Teile wiederholt und umgestellt. Hier-
bei werden fiog und nedäıs, die im vorangehenden Satze zu-
sammengestellt sind und dem Sinn nach den folgenden Abschnitt
beherrschen, in ganz sonderbarer Weise durch zai tè 797 ge-
trennt. So wenigstens in zweien der ersten Familie der Hand-
schriften, welcher die Be kker’sche Ausgabe und mit ihr Aubert
und Wimmer folgen, nämlich im Florentiner und im Rhenanus.
Dagegen ist im Codex Marcianus (A?), der mit zu der ersten
Familie gehòrt, also den anderen beiden wohl als ebenbiirtig
betrachtet werden darf, zat t& 797 wenigstens hinter medzag
gestellt. Es hat also, wie wir endgültig konstatieren wollen, ge-
schwankt. Hieraus ergeben sich zwei Möglichkeiten, entweder
6 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
es ist ein späterer Zusatz, was dem Sinn und der sonstigen Dis-
position nach das Wahrscheinliche ist, oder es wurde, wenn wir
dem Codex Marcianus folgen, nur insofern hier gebraucht, um
den Abschnitt über flo. xa med£eıs und den über 79n einander
anzunähern. Dabei ist dann anzunehmen, daß zur Vermeidung
von Schwerfälligkeit Aristoteles nicht nochmals fio und rrodseıg
gesondert von den #97 einen dritten Satz einleiten läßt, wie
logischer Weise nötig gewesen wäre; wir werden weiter unten
für diese Ansicht noch ein Argument vorbringen. Daß aber der
ganze Abschnitt 6—10 797 dem Inhalt nach ausschließt, beweist
schon der Anfang von 11, wo eine zweite Kategorie von Unter-
schieden der Bio xat nod£as anhebt und ausdrücklich neben den
vorangehenden gestellt wird. Endlich wird ja dem 790g ein be-
sonderer Abschnitt (18) gewidmet.
Ich bin also der Ansicht, zai tà 797 sei durch Nach-
schreiben dieser Stichwörter des ersten Satzes hier hineingeraten
und sei an dieser Stelle zu entfernen. Die Verschtedenheit aa
der Bedeutung der Begriffe flog und nedSıg sollen hier nicht er-
örtert werden (vergl. J. B. Meyer, Aristoteles Tierkunde pag.
88 ff.) Für uns genügt es vollständig, daß sie physiologische,
funktionelle Bedeutung haben und zwar auf die Funktion des
(resamtorganismus bezügliche, wenn auch der eine mehr die
Verrichtungen des Organismus nach der Außenwelt, der andere
die nach den Teilen des Organismus gerichteten ausdrückt.
Nach Streichung des zat ta 797 wird also, nachdem im
ersten Satze von 6 die drei Hauptkategorien von Unterschieden
der Tiere auseinandergesetzt sind, im zweiten Satze die eine da-
von der physiologischen im weiteren Sinne exponiert und nun
weiterhin in 6—10 im einzelnen durchgeführt.
Der mit 6 beginnende Abschnitt endet also, wenn wir den
Stichwörtern folgen, im ganzen mit ı8 und gliedert sich in zwei
ungleiche Teile (6—17 fior xai nod£ers und 18 790g). Innerhalb
6-17 ist aber wiederum zu unterscheiden zwischen denjenigen
Unterschieden physiologischer Art, die vom Medium, worin ein
Tier existiert, abzuleiten sind (A)!), denjenigen, welche aus dem
Zusammenleben der Tiere resultieren (B) und demjenigen, die vor-
wiegend aus dem aktiven Verhalten der Tiere gegeniiber dem
1) Die nachfolgend verwendeten Buchstaben entsprechen denjenigen, die in der
beigegebenen Tabelle verwendet sind.
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 7
Medium hervorgehen (C). Wir würden nach heutigem Gebrauch
A und C zusammenziehen, da wir uns das Verhältnis von Organis-
mus und Medium weniger voluntaristisch vorstellen. Alle drei Teile
des Abschnittes aber haben miteinander gemein, daf in ihnen das
funktionelle Verhältnis des Organismus zur Außenwelt den obersten
Gesichtspunkt bildet, sei diese Außenwelt nun belebt oder leblos,
sei das Verhalten der Organismen ein vorwiegend passives oder
ein vorwiegend aktives. Die Reihenfolge, in der sich die Ab-
schnitte A, B, C folgen, ist gegeben durch die wissenschaftliche
Bedeutung, die Aristoteles ihnen zuschreibt, wie später noch
besser einleuchten wird.
Die weitere Gliederung des Abschnittes A ist an der
Hand unserer Disposition aus dem Text leicht zu entnehmen.
Aristoteles unterscheidet den Zusammenhang zwischen physio-
logischen Merkmalen und. Gesamtorganisation und denjenigen
zwischen ihnen und der spezifisch animalen Funktion der Orts-
bewegung und im ersten Abschnitt gliedert er nach der Zeitdauer
dieses Zusammenhanges innerhalb der Lebensdauer. Erst dann
beginnt eigentlich die Einteilung in Wassertiere und Landtiere.
Wenn nun aber auch die ganze Kette von Gliedern der Dis-
position, die sich zwischen a und 1. einschiebt in Worten nicht
zum Ausdruck gelangt, so ist sie dennoch dem Sinn nach vor-
handen und ergibt sich durch Antithese aus 2, b, II, BC, 2 .
Die Logik der weiteren Gliederung der an den Wasser- und
Landtieren zu gewinnenden zoologischen Unterscheidungsmerk-
male ist durchsichtig, sowie wir Aristoteles nicht zumuten, er
hätte wissen sollen, was wir wissen und sowie wir einsehen, daß
es für die logische Gliederung nebensächlich ist, ob der in einem
logischen Glied ausgesprochene Sachverhalt auch materiell rich-
tig ist. Unrichtig sind die Angaben, daß die Seeanemonen und
Schaltiere kein Wasser aufnehmen, die Insekten keine Luft ein-
nehmen, daß der Schwamm infolge seiner Empfindung auf der
Hut ist, sich nicht abreißen zu lassen, daß die Seeanemonen sich
nachts ablösen, um Nahrung zu suchen, daß endlich Schaltiere
und Holothurien unbeweglich seien. Von den Bewegungen der
Kammmuscheln spricht er ja selbst später (Hist. anim. IV. 104).
Dieses alles abgerechnet, läßt sich die formale Richtigkeit des
gesamten Abschnittes A nicht bestreiten.
Innerhalb der Wassertiere stellt er zwei Systeme auf, wo-
nach man sie unterscheiden könne. Diese Glieder @ und ¢ charak-
8 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
terisieren sich dadurch, daß 6, bei welchem der Aufenthaltsort
als Einteilungsprinzip dient, als das weniger wissenschaftlich er-
scheinende System hinter a, bei welchem die Physiologie zu
grunde liegt, zurückgeschoben wird. Geschichtlich wird dies so
zu verstehen sein, daß das geographische System @, wie wir es
in der knidischen Tierfolge und im Dekalog antreffen, durch ein
physiologisches, das wohl zu Aristoteles Zeiten noch relativ
modern war, verdrängt wurde.
Eine Eigentümlichkeit dieses Abschnittes besteht darin, daß
Aristoteles drei allgemein gültige Sätze aufstellt:
1. Den im Wasser sich ernährenden Landtieren entsprechen
keine echten Wassertiere mit Ernährung auf dem Lande.
2. Tiere mit sitzender Lebensweise gibt es nur im Wasser,
keine Landtier aber ist an seine Stelle gebunden.
3. Tiere, welche ausschließlich zum Fluge geschickt wären,
wie der Fisch nur zum Schwimmen, gibt es nicht.
Besonders klar ist, warum Aristoteles auf den zweiten
dieser Sätze muß Wert gelegt haben. Für ihn bestand ein wesent-
licher Gegensatz zwischen den beiden Landorganismen Tier und
Pflanze darin, daß das Tier sich bewegt, die Pflanze aber nicht
(vergl. Gener. anim. III 761a und De anim. I ıob) Alle drei
Sätze haben auch heute noch ihre Gültigkeit und drücken überein-
stimmend aus, daß die Möglichkeit vitaler Entfaltung im Wasser
größer ist, als bei terrestrischer Lebensweise.
Zum Text sei bemerkt, daß mir die von Aubert und
Wimmer vorgenommenen Streichungen von Glossen in 10 an-
gebracht scheinen. Die Ausführungen über den Schwamm sind
offenbar inhaltlich etwa folgendermaßen zu ergänzen: „Auch der
Schwamm [gehört zu den angewachsenen Wassertieren
und daß er als Tier aufzufassen ist, beweist der Um-
stand, daß er] scheint eine Art von Empfindung zu haben“,
Natürlich nehme ich hierbei nicht einen Ausfall im Text selbst
an, sondern eine springende, elliptische Ausdrucksweise, die bei
Aristoteles nicht überrascht. An dieser Stelle mag sie da-
durch motiviert sein, daß der Autor den ganzen Passus nicht zu
lang ausführen wollte, da es ihm doch nur darauf ankam, ein
Beispiel anzuführen.
Soll nun der Inhalt des ganzen Abschnittes zusammengefaßt
werden, so würde er handeln von den Unterschieden der
Tiere, welche sich aus dem passiven Verhalten der
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. Ü
Organisation gegenüber dem leblosen Medium er-
geben und zwar sowohl für die gesamte Organisation
als auch für die spezifisch animalischen Funktionen
der Ortsbewegung.
Der Gedankengang wird vom quantitativ Vorherrschenden
zum qualitativ Höheren, vom Konstanten zum Wechselvollen, vom
Wasser zur Luft fortschreitend durchgeführt.
Mit 11 hebt Abschnitt B an, eingeleitet durch diagpogaì xara
Toùs Plovg ual tas nodseıs und damit einerseits Abschnitt A koordi-
niert, anderseits aber durch die Kürze der Behandlung in einem
gewissen Gegensatz zu A mit Abschnitt C verbunden. Die
Unterschiede der Tiere können auch von ihrem Verhalten gegen-
über dem lebenden Medium abgeleitet werden.
Dabei werden zwei Paare von Gegensätzen sich gegenüber-
gestellt: a@ysdaia und uovadıza einerseits, moditixa und orrogadiza
andererseits. Der Gedanke, daß es sich dabei um Verrichtungen
des Organismus handelt, gelangt insofern sehr fein abgeschätzt
zum Ausdruck, als der Unterschied «yelaia-nolırızd durch die
Anwesenheit und das Fehlen eines obersten Zweckes bedingt
wird. Jene sind Herden ohne einheitliche Wirkung, diese organi-
sierte Gesellschaften mit einheitlichem Endeffekt. Diesem Gegen-
satzpaar gegenüber tritt das zweite uovadırd-omogadızd dadurch
besonders stark zurück, daß die letztgenannte Bestimmung weder
durch Beispiel belegt, noch auch weiterhin in der Tiergeschichte
behandelt wird. Ich erblicke darin einen Beweis dafür, daß
Aristoteles sie wohl aus theoretischen Gründen aufstellte,
später aber angesichts der Wirklichkeit fallen ließ.
Abschnitt C wäre als logisches Glied der Disposition kaum
verständlich, wollte man nicht zweierlei berücksichtigen. Einmal
enthält der Abschnitt Äußerungen der Lebensweise, welche wir
der Anpassung ans Medium, also Abschnitt À einverleiben
würden, welche aber für Aristoteles sich insofern von den
dort zusammengefaßten Unterschieden unterscheiden, als er bei
ihnen einen gewissen Grad von Spontaneität den Organismen zu-
schreibt, eine gewisse Freiwilligkeit, die anderseits auch zwischen
den eigentlich physiologischen Funktionen und den psychologi-
schen, dem Charakter, dem der folgende Abschnitt gewidmet ist,
den Übergang bildet. Zweitens aber, wenn wir die Abschnitte
A, B, C und 2, überblicken, so gewahren wir, daß Aristoteles
ihnen successive sich vermindernde Bedeutung für die Zoologie
10 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
zuschreibt, wie er denn auch aus allen Angaben des gesamten
Abschnittes C keine allgemeinen SchluBfolgerungen ableitet. Die
Gliederung'im einzelnen erhellt aus unserer Übersicht.
Zum Text ist zu bemerken, daß die Übersetzung von Aubert
und Wimmer ér dov toédmov = drittens sinnlos ist. Außerdem
scheint mir der Stoff eine kleine Änderung des Textes notwendig
zu machen. Von der Vorliebe für gewisse Aufenthaltsorte nämlich
handeln die zwei Sätze 16 xal ta uev aypoıza-meöıoregd (Landtiere)
und 17 xai tov Jakarriwv-srergaie (Wassertiere). Ich möchte daher
annehmen, daß hier eine Umstellung des Textes vorgenommen
wurde und zwar so, daß entweder die Reihenfolge war: Stimme,
Aufenthaltsort (Land, Wasser), Paarungssucht, Wehrhaftigkeit
oder: Stimme, Paarungssucht, Aufenthaltsort, Wehrhaftigkeit.
Jedenfalls gehören die beiden Sätze über den Aufenthaltsort zu-
sammen. Stimme und Begattung sind an der Hauptstelle (Hist.
anim. IV. 105— 108) in Zusammenhang gebracht, somit wird wohl
die zweite Reihenfolge als die auch hier wahrscheinlichere müssen
angenommen werden.
Wie zu Beginn von 6 angekündigt ist, folgt nunmehr
ein Abschnitt (18) über das 90g, den Charakter der Tiere, resp.
darüber, inwiefern sich hierdurch die Tiere unter sich und vom
Menschen unterscheiden. Den Abschluß bildet ein zusammen-
fassender Satz, worin Ausführlichkeit für später versprochen wird
und worin durch tà 1797 zat toùs Blovg auch 6—17 subsummiert
wird. Damit ließe es sich denn auch rechtfertigen, wollte man
im zweiten Satz von 6 zat tà 1797 stehen lassen.
III Das gegenseitige Verhältnis der Abschnitte ı 5
und 6 18.
Nach dem Vorangehenden dürfte erwiesen sein, daß man
aus dem Text der Tiergeschichte nicht notwendig ein Chaos
von Tatsachen und Meinungen herauszulesen braucht, sondern
daf dieser Text vielmehr bei näherem Zusehen trotz Schwer-
verständlichem und Mangelhaftem, doch eine Gestaltung zeigt,
die eingehendes Studium lohnt und die zoologiegeschichtlich
gewürdigt sein will.
Die erste Frage, die sich hierbei erhebt, ist die nach dem
Verhältnis der Abschnitte 1—5 und 6—18. Denn wenn die
Disposition im einzelnen vorhanden ist, ja Abstufungen zeigt, die
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. rt
bewußt durchgeführt sind, wenn die Abschnitte im einzelnen durch
Stichwörter eingeleitet und oft (Ende 10, Ende 18) durch Abschluß
gekennzeichnet sind, so ist es wahrscheinlich, daß auch die große
Gliederung der Disposition nichts weniger als willkürlich ist.
Wenn wir nun die Fassung der Abschnitte 1—5 und 6— 18
vergleichen, so fällt zunächst auf — und es ist schon früheren
Autoren aufgefallen, ohne daß sie den Grund eingesehen hätten —
daß der anatomische Abschnitt 1—5 weder einleitende noch ab-
schließende Worte aufweist. Als Stichwort kann und muß zwar
in 1 «gia gelten und als Inhalt die Gliederung des Organismus
nach der Stufenfolge der Teile. Der physiologisch-psychologische
Abschnitt 6—18 aber beginnt mit einem einleitenden Satze über
die Unterschiede der Tiere, in ihm werden diese auch, mit Aus-
nahme der wuögıa, die ebenfalls einleitungsweise genannt werden,
abgehandelt; ferner enthält 6 eine kleine Exposition über die
Art und Weise der nachfolgenden Darstellung und endlich schließt
der Abschnitt mit einer ähnlich vorbereitenden Bemerkung ab.
Sodann beginnt mit ıg ein Textabschnitt, der wie 1—5 anatomi-
schen Inhaltes ist, der mit xata rods stonuevovs tedmovg und Wieder-
holung der vier 1—5 näher ausgeführten Stichwörter: eidog, vmeo-
047, avahoyia, Yeoıg an 1—5 anschließt und weiterhin den Haupt-
inhalt der Einleitung ausmacht, indem er, die an allen Tieren
gemeinsamen Teile an erster Stelle bespricht, dann die auf Ana-
tomie begründeten Unterschiede folgen läßt.
Ais ich einmal bemerkt hatte, wie sparsam und bewußt die
logischen Stichwörter in dieser Einleitung verwendet werden,
konnte ich mir nicht mehr vorstellen, daß Aristoles, wenn er
die Unterschiede der wögıa, der Teile eben abgehandelt hätte,
sie zu Beginn von sechs nochmals aufführen würde; ferner aber
erhielt für mich der erste Satz von 6 vollends die Bedeutung
einer Einleitung durch die richtige Übersetzung, sowie durch das
Stichwort tim, das am Ende der gesamten Einleitung wieder-
kehrt (36). Das einzige Hindernis für eine solche Auffassung
besteht in dem de, das natürlich wegfällt, sowie man annimmt,
hier habe ursprünglich das ganze Werk angefangen.
Diese stilistischen Gründe und noch weitere, die teils aus
der Erklärung des nachfolgenden Textes teils aus allgemeineren
Erfahrungen sich ergeben, haben mich zu der folgenden Annahme
geführt: Der ursprüngliche Text habe mit 6 begonnen,
nicht mit 1—5; der anatomische Abschnitt gehöre viel-
12 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
=
mehr zwischen 18 und 10 hinein und damit auch zu den
übrigen anatomischen Ausführungen.
Zur Erhärtung dieser Ansicht mögen außerdem folgende
Argumente dienen:
Zunächst die Tatsache, für deren Beurteilung ich auf Aubert
und Wimmer (pag. 2) verweise, daß der den meisten und besten
Handschriften zugrunde liegende Text schwerlich der originale,
wohl aber der im Altertum allgemein verbreitete gewesen sei.
„Damit ist aber freilich nicht bewiesen, daß diese mit unseren
heutigen übereinstimmenden Exemplare der Tierkunde diese Schrift
in derjenigen Gestalt erhalten haben, in welcher sie aus der Hand
des Aristoteles selbst hervorgegangen war. Ja wir haben die
stichhaltigsten Gründe, dies zu bezweifeln. Wir glauben viel-
mehr dartun zu können, daß der heutige Text unserer Tierkunde,
abgesehen von den durch die schriftliche Vervielfältigung hinein-
gekommenen, von dem Unverstand oder der Eilfertigkeit der
Abschreiber verschuldeten Entstellungen, nicht so, wie wir ihn
besitzen von Aristoteles selbst verfaßt, daß er vielmehr viel-
fach entstellt und namentlich durch Zusätze und Einschiebsel aller
Art verunstaltet worden ist‘.
Demnach beweist die überlieferte Anordnung des Textes und
die Übereinstimmung der Handschriften gar nichts dafür, daß diese
Anordnung die ursprüngliche sei. Da ja auch für andere aristo-
telische Werke z. B. die Metaphysik, erst die ausgedehntesten
textkritischen Untersuchungen die überlieferte Anordnung auf-
gelöst haben, so werden wir wohl mit der Annahme, der Text
der Tiergeschichte habe Veränderungen erfahren, nicht irre gehen
und es handelt sich nur noch darum, Gründe dafür zu finden,
daß gerade diese Umstellung des Urtextes stattgefunden habe.
Es mochte rein literarischen Bearbeitern der aristotelischen
Schriften geschienen haben, daß, da Aristoteles der Anatomie
eine besondere Schrift gewidmet hat und da er diese mit einer
ähnlichen, aber ausführlicheren Einleitung wie 1—5 einleitet (An-
fang des II. Buches von Part. anim.), es im Sinne des Autors liege,
wenn die Einleitung der Tiergeschichte nach Art des reiferen und
mehr philosophisch als empirisch gehaltenen Werkes umgewandelt
würde. Bei der stark anatomischen Richtung der späteren grie-
chischen Biologie, die von Aristoteles ‘ausgeht, konnten sie
wohl glauben, durch eine solche Umstellung im Interesse des
Autors zu handeln. Wenn man aber diesen Grund nicht als hin-
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 13
reichend gelten lassen will, so sind noch andere als literarische
Rücksichten denkbar, die nicht außer acht gelassen werden
dürfen. Diese Rücksichten denke ich mir kurz gesagt als medi-
zinisch-dogmatischer Natur. Bei dem blühenden Betrieb der Ana-
tomie in Alexandrien unter Herophilus und Erasistratus
ist anzunehmen, daß die Tiergeschichte zu Lehrzwecken diente.
Ein direktes Zeugnis dafür, daß gerade die Anatomen sich ihrer
bedienten, existiert zwar nicht. Bei dem Fehlen von zusammen-
hängenden Schriften derselben und Angaben über ihr Verhalten
gegenüber der älteren Literatur überhaupt, mit Ausnahme von
Hippokrates, will aber dieser negative Tatbestand nicht viel
bedeuten. Einer anatomischen, medizinischen Unterrichtszwecken
dienenden Richtung allein liegt es näher, die Zoologie mit den
Teilen des Organismus zu verbinden und die augenscheinlichsten
Allgemeinheiten über Beziehungen des ganzen Organismus, wie sie
6—10 enthält, zurückzuschieben. Ein solches Vorgehen war ge-
wissermassen nur eine weitere Konsequenz der starken Betonung
der Anatomie für die Zoologie durch Aristoteles selbst. Wie
er selbst die nächstliegenden, aber allerdings vorwissenschaftlich
zu nennenden Unterscheidungen (8) zu gunsten anatomisch be-
gründbarer (a) zurückgeschoben hat, so wurde nun wiederum das
von ihm so glänzend verwertete Prinzip der Anatomie als leitend
erkannt und beurteilt; man weiß ja, daß’ erst in Alexandrien die
menschliche Anatomie zu voller Blüte gedieh. Diese Wertver-
schiebung würde auch mit dem übereinstimmen, was wir über die
Zoologie in Alexandrien wissen.
Daß die zoologischen Werke von Aristoteles in Alexan-
drien bekannt waren, beweisen die uns überlieferten Fragmente
von Kallimachos, Aristophanes von Byzanz und Anti-
gonos, dem Paradoxographen. Kallimachos scheint etwa
310 v. Chr. geboren und 235 gestorben zu sein, also vor der
eigentlichen Blüteperiode der alexandrinischen Anatomie. Nach
O. Schneider (Callimachea Leipzig 1870, pag. 290—297) scheint
er sowohl in seinen naturhistorischen Denkwürdigkeiten, als auch
in einer besonderen Schrift über die Vögel an die Angaben der
aristotelischen Tiergeschichte angeschlossen zu haben. Nach dem
Zeugnis von Suidas war Aristophanes von Byzanz Schüler
von Kallimachos. Er wird auf ca. 257—180 v. Chr. angesetzt
und von Susemihl (Gesch. d. griech. Literatur in der Alexan-
drinerzeit I, 428 u. ff.) als ein Gelehrter von größter Vielseitig-
14 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
keit, hauptsächlich innerhalb der Philologie, geschildert, in dem
die Verbindung gelehrter und künstlerischer Betätigung in Alexan-
drien ihr Ende nahm. Von seiner Tiergeschichte sind ansehnliche
Auszüge erhalten. O. Maaß (Analecta Eratosthenica, Philol.
Unters. von Kießling und von U. Wilamowitz VI. 1883)
glaubt, sie stellen nicht nur einen Auszug, sondern auch eine Fr-
weiterung der aristotelischen Angaben unter Berücksichtigung
der alexandrinischen Sammlungen dar, allerdings unter starkem
Anklang an die Wunderbücher. Die zoologiegeschichtliche Stellung
dieses seltsamen Schriftstellers wird uns noch später beschäftigen.
Für jetzt sei nur hervorgehoben, daß die Anlage der von ihm er-
haltenen zoologischen Fragmente schon nicht das geringste mehr
mit derjenigen der aristotelischen Tiergeschichte gemein hat.
(Aristophanis Historiae animalium Epitome ed. Lambros,
Berlin 1885.)
Damit ist bewiesen, „daß Aristoteles, wenn überhaupt
jemals von seiner Schule als Biologe in voller Breite und Tiefe
erfaßt, doch schon nach einem Jahrhundert, ja, wenn aus Aristo-
phanes auf Kallimachos zurückgeschlossen werden darf,
schon in der Generation nach Theophrast, wohl vielleicht als
philosophisch-dogmatischer Heros weiter lebte, aber nicht mehr als
induktiver Naturforscher verstanden wurde. Wir wollen parallele
Exempla odiosa aus der modernen Biologiegeschichte unter-
drücken.
Als dritter Zeuge für die Bekanntschaft der Alexandriner
mit der Tiergeschichte ist Antigonos von Karystos zu nennen.
Seine etwa um 240 entstandenen ‘Jorog.@v nagaddEwv ovvaywyh zeigt
höchstens Kenntnis des Aristoteles, aber ebenso wenig wie
die aristophantischen Schriften das geringste Verständnis für ihn
(Rerum nat. Script. graeci minores Vol. I rec. Otto Keller,
Lipsiae 1877).
Daß der anatomische Abschnitt der Tiergeschichte, lediglich
als einleitendes Fachwerk empfunden, an den Anfang verlegt
wurde, das spricht auch dafür, daß als dies geschah, das lebendige
Bewußtsein für seinen natürlichen Zusammenhang mit 109 ff. nicht
mehr existierte. Auch dies läßt auf eine Zeit der Umstellung
schließen, in der die aristotelischen Werturteile nicht mehr aus
dem Quell der Forschung entsprangen, sondern zur Schablone
herabgesunken waren.
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 15
IV. Der Text von 19—38.
Die beiden folgenden Abschnitte (10—20 und 21—22) beginnen
in offenbar absichtlicher Übereinstimmung unter sich mit demselben
Stichwort (ndvrwv, maou). Sie enthalten ebenfalls allgemein anato-
mische Tatsachen, aber nun nicht nach der Abstufung der Teile eines
Tieres, sondern nach den allgemeinsten Funktionen des tierischen
Organismus angeordnet. Da in ihnen betont ist, welche ana-
tomischen und funktionellen Charaktere gemeinsam allen Tieren
zukommen, so liegt die Vermutung nahe, daß Aristoteles,
wenn er einen anatomischen Teil dem physiologischen Abschnitt
hätte voranstellen wollen, wohl eher, wie etwa Buffon in der
Histoire naturelle, diesen vorangestellt hätte, ein weiteres Argu-
ment für unsere Hypothese von der Anordnung des Urtextes.
Für Zusammengehörigkeit von 19—22 mit 1—5 spricht aber, ab-
gesehen von der Rekapitulation der vier Stichworte von 1—5 in
19 der gemeinsame anatomische Gesichtspunkt, sowie der Gegen-
satz beider Abschnitte zu den nachfolgenden 23—31, mit dein
jedoch sie immerhin den gesamten Abschnitt von den «dora, den
Teilen bilden.
Ich übersetze den Anfang von 1g folgendermaßen: „Allen
Tieren sind diejenigen Teile gemeinsam, womit und
wohinein sie die Nahrung aufnehmen. Diese sind
entweder dieselben oder verschiedene nach den an-
gegebenen Richtungen und differieren nach Gestalt,
Quantität, Analogie oder Lage.“ Mund und Magen kom-
men allen zu, Exkretionsorgane nur einem Teil. Alle, welche eine
Blase besitzen, haben einen Darm, aber nicht umgekehrt. Damit
ist als allgemeine Art der Ausscheidung gekennzeichnet die der
flüssigen Bestandteile, die der festen Bestandteile als eine be-
sondere. Es ist dies eine Verallgemeinerung, die mit den drei
oben angeführten Sätzen (pag. 7) sachlich zusammengehörend, der
größeren Bedeutung des flüssigen Elementes für die organische
Natur das Wort redet. Echt aristotelisch sind dem Ernährungs-
apparat die Zeugungsteile eingeordnet (vergl. Gener. anim. II. 4.
704b). Durch den Abschluß öo« uëv ovv avayzardtata (— 20 Ende)
wird nochmals die Bedeutung dieses gesamten Organkomplexes
für alle Tiere hervorgehoben. Diesen Organkomplex würden wir
heute als Assimilationsapparat bezeichnen, den von Aristoteles
einbezogenen Generationsapparat vielleicht ausschließen, dagegen
16 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
einbeziehen das Cirkulations- und Respirationssystem, deren Funk-
tion ihm ja nicht bekannt war und die er folglich ausschloß. Aber
die prinzipielle Bedeutung seines Begriffes des Assimilationsappa-
rates darf uns auch hier die sachliche Unrichtigkeit nicht ver-
kennen lassen.
Ebensolche Allgemeinbedeutung aber mißt Aristoteles
im folgenden Abschnitt (21—22) für den tierischen Organismus
dem Gefühl bei, als der allgemeinsten Grundlage der Sinnes-
wahrnehmung. Im Anschluß daran behandelt er das Gefäßsystem,
was eben nur begreitlich wird, wenn man berücksichtigt, daß er
im Herzen auch das nervöse Centralorgan erblickt, wie er denn
ja auch im dritten Satze dieses Abschnittes Gefühl und Blut in
direkten physiologischen Zusammenhang bringt. Im Schlusse
von at de noımtızal Övvausıs ab fügt er die auf aktive Wirkung
gerichteten Teile bei und wählt als Beispiel die Muskulatur des
Mundes und der Ortsbewegung, die erstere wohl mit absichtlicher
Prägnanz, da die gemeine Meinung wohl geneigt wäre, sie eher
mit dem Assimilationsapparat in Zusammenhang zu bringen.
Wie in Abschnitt 19—20 der Assimilationsapparat, so ist
also in 21—22 der Relationsapparat zusammengefaßt, wobei es
nebensächlich ist, daß als Centralorgan das Herz und als periphere
Verbindungsorgane zwischen ihm und den Sinnesorganen statt
der Nerven das Gefäßsystem gedacht ist. In diesen beiden Ab-
schnitten also gruppiert Aristoteles die nach seinen Kenntnissen
allgemeinsten tierischen Funktionen und die ihnen dienenden
Organsysteme, die wir heute folgendermaßen zusammenfassen und
gliedern wiirden.
A. Chemie des Organismus.
Assimilationsapparat:
I. Rezeptiver Teil: Digestionssystem (Darm und Drüsen).
II. Transaktiver Teil: Cirkulationssystem.
III. Reaktiver Teil: Exkretionssystem.
B. Physik des Organismus.
Relationsapparat:
I. Rezeptiver Teil: Sinnesorgansystem.
II. Transaktiver Teil: Nervensystem.
‚III. Reaktiver Teil: Muskulatur.
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 17
Logisch entspricht diesem Schema die aristotelische Gliede-
rung, wenn ja, wie gezeigt, auch nicht materiell. Auch beachte
man, daß Aristoteles die dem Chemismus dienenden Teile
voranstellt, also die wvy7 Joentiny, die allen Organismen, auch
den Pflanzen zukommt, und dann erst die spezifisch animalischen
folgen läßt. £
Die geschichtliche Rolle dieses physiologisch orientierten
anatomischen Systems habe ich anderorts dargestellt (Zur Ge-
schichte der biologischen Systematik, Verh. d. Naturf. Ges. Basel
1903), obschon ich dort noch nicht gewagt hatte, das System der
Physiologie, wie es sich später herausgebildet hat, auf diese
Stelle der Tiergeschichte zu begründen, deren Disposition mir
damals dunkel geblieben war. Aber sie kehrt auch an anderen
Stellen wieder und ist so sehr naturgemäß auf oberste Begriffe
der Naturforschung begründet, daß sie an diesem Orte nur einen
logischen Bestandteil der aristotelischen Prinzipien der Zoologie
überhaupt bildet.
Nachdem nun Aristoteles die Gliederung des höheren
tierischen Individuums in seine Bestandteile durchgeführt und die
allen Tieren gemeinsamen Teile besprochen hat, wendet er sich
den anatomischen Eigentümlichkeiten zu, die, weil verschieden
bei verschiedenen Tieren, gerade zur Feststellung der Mannig-
faltigkeit tierischer Organisation geeignet sind, aber doch größere
Zusammenfassung gestatten. Können wir 1—5 und 19—22 als
allgemeine Anatomie bezeichnen, so folgt jetzt die spezielle
23—31 und zwar mit der deutlichen Absicht auf Grund von ihr
allgemeine Gruppen zu bilden. In diesem Abschnitt geht Aristo-
teles namentlich nach drei anatomischen Merkmalen vor: Blut-
gehalt (23—éyer verra@gwv) Zeugungs- und Entwickelungsgeschichte
23 nal ta uèv Cwotdxa —24) und Ortsbewegung (25—31) nebst
deren Konsequenzen für die Organisation. Wären nicht die Ab-
schnitte so deutlich abgetrennt, so würde man kaum begreifen
warum derjenige, der das folgenschwerste der drei Prinzipien
enthält, nur wenige Zeilen umfaßt, während der zweite schon un-
gebührlich lang ausgesponnen wird, um mit einem Hinweis auf
größere Ausführlichkeit zu enden (24 Ende), und vollends der
dritte (25—-31) beinahe die dreifache Länge des zweiten erreicht.
Solche Dehnungen sind aber bei Aristoteles nicht ungewöhn-
lich. Auch lassen sich noch andere Gründe für diese eigentüm-
liche Disposition denken.
Zool. Annalen. I. 2
18 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
Der Abschnitt über Lokomotion und deren Organe zeigt
gewisse Ähnlichkeiten mit der Schrift megi rsogeiag, die schon
Aubert und Wimmer zur Erklärung dieser Stelle herangezogen
haben. Sei es nun, daß jene Schrift eine weitere Ausführung
des hier schon zu breit gewordenen Themas war oder die vor-
liegende Stelle einen Auszug aus jener Schrift bildet, so läßt sich
doch jedenfalls die Ausdehnung von 25—31 aus der Bedeutung,
die Aristoteles dem Problem augenscheinlich zumaß, verstehen,
Anderseits muß der ganze Abschnitt auch mit Rücksicht auf die
zahlreichen weiteren Ausführungen über die Bluttiere betrachtet
werden. Wenn wir in Erwägung ziehen, was hier alles noch zum
Thema des Abschnittes 23 — reTr«owv beigetragen, aber außerdem
mit den Ausführungen über Lokomotion verbunden wird, so stellt
sich heraus, daß Aristoteles in 25—31 zu der Aufstellung
des Unterschiedes von Bluttieren und Blutlosen noch viele und
durch die Korrelation mit lokomotiven Eigenschaften verstärkte
Belege für den Wert jener Unterscheidung hinterher beibringt.
Es schneiden sich in diesem Abschnitt zwei Gedankenkreise und
ihre zugehörigen Radien, wie dies bei Aristoteles vielfach
geschieht. Dadurch aber wird die formelle Kürze des Abschnittes
über den Blutgehalt wiederum etwas kompensiert, da materiell
noch so vieles im Abschnitt über Lokomotion nachgetragen wird.
Es muß dazu mitgewirkt haben, daß man die Disposition
bei Aristoteles vermißte, wenn er von der Ortsbewegung der
Tiere schon in dieser Einleitung zweimal spricht, nämlich schon
6—10 und hier wiederum 25—31. Aber man beachte, daß der
Zusammenhang, in dem es geschieht, ein verschiedener ist. Dort
der Einfluß des Mediums auf den Organismus überhaupt, dabei
auch in hervorragender Weise auf die Lokomotionsorgane. Hier
aber die Lokomotionsorgane betrachtet in ihrem logischen Wert
für die Klassifikation der Tiere und zwar als eines der mannig-
faltigsten und augenfälligsten Merkmale. |
Für die Einzelheiten der Gliederung von 25—31 verweise
ich auf die Tabelle, worin jedoch nur die hauptsächlichsten Züge
eingetragen sind.
V..Der Wext von 32 38.
Hat die ganze Einleitung bisher die Gliederung des zoolo-
gischen Stoffes auf die Begriffe: Verrichtungen, Charakter, Teile
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 19
begründet, so verweist Aristoteles nun von 32—35 darauf, daß
im wirklichen Bestande der Tierwelt selbst Anhaltspunkte zur
Gliederung gegeben seien und daß diesem wirklichen Tatbestand
vielfach der Sprachgebrauch entspreche. Hier ist er der große
Realist, der die Bedingtheit des Vorhandenen im Vergleich zum
ideal Möglichen überblickt. Auch in diesem Abschnitt ist er
stark exkursiv, wohl um aus dem Sachverhalt selbst hervortreten
zu lassen, daß der Gegensatz zwischen Gattung (yévos) und Art
(sidog) sich nicht logisch scharf formulieren läßt. Man weiß, daß
John Ray es gewesen ist, der eine schärfere Fassung dieser
beiden Begriffe verlangte und daß Linné es gewesen ist, der sie
zum Erstarren gebracht hat. Vom Standpunkt der Entwicklungs-
lehre aus wird man aber Aristoteles aus seinem Vorgehen,
logisch nicht zu präzisieren, was in Wirklichkeit nicht präzisiert
werden kann, heute weniger denn je einen Vorwurf machen wollen.
Den Abschluß der gesamten Einleitung geben 36—38, welche
uns wieder eingehender beschäftigen müssen.
Taira uèv ovv todtov tov toedmov stontrar viv we Ev Tim,
yevuatos YAOLY rregl VOWY ual Loa Iewentéov. Hier kehrt das Wort
timog wieder, das im ersten Satze von 6 vorgekommen ist, sicher
nicht ohne Grund und zugleich ein Indicium für unsere obige
Hypothese von der einleitenden Bedeutung des ersten Satzes von
6., yevuatos yaouv = „so um des Vorgeschmackes willen“ ein deut-
licher Abschluß der Einleitung. „In aller Genauigkeit
werden wir es später ausführen, damit wir zuerst die
vorhandenen Unterschiede und das allen Zukom-
mende erfassen. Nachher aber wird zu versuchen
sein, die Ursachen von alledem in Erfahrungen zu
bringen.“ Aubert und Wimmer verknüpfen die beiden Sätze
ganz willkürlich, lassen dafür die vorhandene Verbindung zwischen
Haupt- und Nebensatz des ersten Satzes fallen. Mit alledem ent-
stellen sie auch hier den Sinn; denn das werd dé roöro will augen-
scheinlich nichts anderes besagen, als daß, wie die Metaphysik
auf die Physik, die Schrift über die Teile der Tiere, deren oberste
Tendenz auf Erkennung der Ursache gerichtet ist, auf die Tier-
geschichte folgen werde; beginnt doch auch ihr Eingang des
II. Buches unmißverständlich mit verwandten Worten und schließt
damit an den hier gegebenen Hinweis. Das verschiedene Tempus
Egoöuev und AdBwuev einerseits und rreıgareov (éoriv) anderseits läßt
für mich gar keinen Zweifel darüber, daß Aristoteles hier sauber
20 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
unterschieden wissen wollte, zwischen dem Futurum, das sich auf die
frühere und dem, das sich auf die spätere Handlung bezieht. Wir
nehmen nun zuerst die Tiergeschichte vor, d. h. die Untersuchung
der Tiere auf Unterschiede und Ubereinstimmung. Das ist der
Sinn des von {va abhängigen Satzes, in dem nun zum drittenmal
innerhalb der Disposition der Einleitung auf dıayogat der Accent
fällt, wodurch wiederum unsere oben geäußerte Auffassung von
6 verstärkt wird. Aber nicht minder bedeutungsvoll sind die
dınpogai den mao ovußepmnora vorangesteilt, entsprechend dem
Grundsatz, vom Mannigfaltigen erst induktiv zum Nachweis der
Übereinstimmung zu gelangen. Das ist der Weg, den die naive
Forschung stets betreten wird und wohl nicht ohne inneren
Grund hat Wotton, der Aristoteles bei den Zoologen der
Renaissance zuerst wieder zur Geltung brachte, sein Werk betitelt:
De differentiis animalium. Nach der Tiergeschichte sollte dann
die Schrift über die „Ursachen der Tiere“ folgen, d. h. die von
uns als de partibus animalium bezeichnete.
Nach diesem Entwurf des Planes ins Große: zuerst die Tier-
geschichte, dann die Ursachen der tierischen Organisation zu
schildern, wendet sich Aristoteles der ersten Aufgabe zu (37)
nämlich die Teile der Tiere zu erörtern und zwar aus dem Grunde,
weil in ihnen die ersten und größten Unterschiede auch für das
Gesamttier vorliegen. Damit begeht er den Schritt, eine ana-
tomisch begründete Tiergeschichte zu schreiben und entgegen
dem Augenschein vorzugehen, welchem folgend man früher die
Gliederung der Tierwelt auf geographisch-physiologischer Grund-
lage zu geben suchte. Und nun rekapituliert er die Stichworte
von 2—4, resp. 19. Damit gewinnt er zugleich den Abschluß seiner
gesamten Ausführungen über Anatomie, deren Verwertung als
wissenschaftliches Prinzip überhaupt und sichert ihr das Über-
gewicht über alle anderen Prinzipien der Zoologie, die er wie
die späteren Ausführungen zur Genüge dartun, deswegen nicht
etwa beseitigt, aber der Anatomie untergeordnet wissen will.
38 rückt den Menschen merkwürdig praktisch und didaktisch
motiviert in den Vordergrund. Hier kein Wort über seine sonst
von Aristoteles mit so großer Wärme verteidigte Stellung
an der Spitze der Tierwelt. Es ist, als ob er diese theoretischen
Erwägungen gewaltsam hier zurückgehalten hätte, um sie erst im
Leser oder Hörer entstehen zu lassen. Den Rest des ersten
Buches betrachtete Aristoteles selbst als Lösung einer rein pro-
3urckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 21
pädeutischen Aufgabe (39--86): Der Mensch als Paradigma fiir
die Zoologie a capite ad calcem beschrieben, auszugsweise unter
Hinweis auf vollständigere Darstellungen. Zur Einleitung gehört
dieses Kapitel eigentlich nicht mehr.
Kenner der Literatur über die zoologischen Schriften des
Aristoteles werden beachten, daß ich in der Art, wie ich den
Stagiriten verstanden wissen möchte, von der bisherigen Behand-
lungsweise abweiche. Es sind vornehmlich drei wissenschaftliche
Richtungen zu unterscheiden, die sich bisher um seine zoologischen
Schriften bemüht haben; oft auch fließen sie in derselben Person
zusammen. Die eine, die grammatische, war bemüht um Sichtung
der Texte, Erklärung der einzelnen Naturobjekte, von denen
Aristoteles spricht, wobei naturgemäß die Identifikation der Be-
zeichnungen antiker Autoren mit denen moderner die größte Rolle
spielt, ehe die abendländische Forschung eine Identifikation der
Objekte zuließ. Die zweite Richtung war bemüht, die metaphysi-
schen Prinzipien des Aristotelesin seinen zoologischen Schriften
aufzusuchen und seinem philosophischen Lehrgebäude einzuordnen.
Eine dritte typisch hervortretende Gruppe bemüht sich, die der
gesamten Schriftsammlung zugrunde liegende Ordnung festzu-
stellen. In dieser Richtung hat sich an Titze eine kleine Lite-
ratur angeschloßen und sie beherrscht auch die Bemühungen
um die zoologischen Schriften von Aristoteles bei Frantzius
sowohl als auch bei Aubert und Wimmer. Wo diese Autoren
die Erforschung der biologischen Schriften von Aristoteles
gelassen haben, ist sie, soweit allgemeinere Aufgaben in Betracht
kommen, auch stecken geblieben und man darf ruhig das allge-
meine Urteil aussprechen, daß die Nachfolger im ganzen nicht
darüber hinausgekommen sind. Eine neue Richtung begann erst
damit, daß Poschenrieder die anatomischen Einzelangaben
von Aristoteles einer Vergleichung mit der Hippokratik unter-
zog. An seiner Arbeit erwies es sich, wie wertvoll es ist,
Aristoteles genau zu nehmen.
Bisher nahm man die drei Hauptwerke und die Parva
naturalia, verglich sie totaliter untereinander, definierte mit irgend
einem Schlagwort oder mit modernen Wissenschaftsbezeichnungen
das eine oder andere Werk; man verglich ganze Bücher, stellte
sie um usw., aber all das, bevor der Text im einzelnen studiert
war. Aubert und Wimmer haben mit dem Nachweis, daß die
Tiergeschichte eine Disposition besitzt, einen glücklichen Wurf
DR Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
getan. Früher hatte man in unverständlicher Verkennung der
Aufgabe gegenüber einem antiken Autor fast ausschließlich sich
bemüht, die Richtigkeit der von Aristoteles angegebenen
Facta zu prüfen und ihm dafür Zensuren zu erteilen, wie sie nicht
überschwänglicher als von Cuvier, nicht arroganter als von
Lewes erteilt werden konnten. Aber wir haben nicht das Ver-
hältnis zwischen der geistigen Potenz des Aristoteles zu
unserem Wissensstoff zu untersuchen, sondern zu dem ihm zu
Gebote stehenden und dieses Verhältnis läßt sich nicht bestimmen
aus der Quantität richtiger und der Quantität unrichtiger Facta
nach dem Stand unseres Wissens, sondern allein aus der Fähig-
keit der Stoffbeherrschung die sich wiederum in der logischen
Entwickelung der Gedanken niedergelegt findet, also aus der
Disposition und ferner, sofern Material dafür,vorliegt, aus dem
Verhältnis des Autors zu seinen Vorgängern. In diesem Falle
sind wir allerdings auf die spärlichen Überreste der hippokrati-
schen Zoologie angewiesen, die nur schwer das persönliche Ver-
dienst von Aristoteles abschätzen lassen. Dagegen erweist
sich das Studium der aristotelischen biologischen Texte als sehr
ergiebig, wofern wir sie im einzelnen möglichst scharf fassen.
Auch läßt sich a priori erwarten, daß die geistige Physiognomie
des Autors in charakteristischer Form in den kleineren, sich
wiederholenden dispositionellen Merkmalen ausdrückt, als in der
allergröbsten Einteilung. Bei Aristoteles ist zwar auch diese
nachweisbar beabsichtigt und durchdacht, was nur wenigen
Autoren unserer Wissenschaften nachgerühmt werden kann, wo
sie die großen Stoffmassen zu gestalten unternahmen. Um so mehr
haben wir aber auch Grund anzunehmen, daß auch im einzelnen
seine Dispositionen bewußt durchgeführt sind und es scheint mir
vor allem dafür zu sprechen, daß im physiologischen Abschnitt
der Tiergeschichte, auf den er methodisch mit Recht nicht den
größten Wert legt, der aber zur Vergleichung am geeignetsten
ist, weil er nach einer naiven, auch in der Hippokratik nachweisbaren
Betrachtungsweise verfährt, daß wir in jenem Abschnitt diese
Disposition am durchsichtigsten finden, während sich in anderen,
z. B. in dem über Gemeinsamkeit des Assimilationsapparates
(19, 20) eine starke, dem modern-biologisch, aber nicht
biologie-historisch denkenden Leser unbegreifliche Lücke
darin entgegentritt, daß zwischen den rezeptiven und reaktiven
Organsystemen (Darm- und Exkretionssystem) der transaktive Teil,
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 23
das Zirkulationssystem fehlt, weil seine wesentliche Funktion noch
nicht erkannt, ihm vielmehr völlig irrige Funktionen zugeschrieben
wurden. Für die Logik dieser und ähnlicher Abschnitte kommt
es aber, wie hier wiederholt werden muß, nicht darauf an, ob die
Beobachtungen an und für sich richtig sind, sondern ob die
Elemente richtig oder unrichtig verbunden werden. Dies ist ein
Kardinalpunkt, an dem sich zeigt, wie biologische und biologie-
historische Forschung reinlich gesondert werden müssen, will man
nicht einem Autor Unsinn unterschieben, für den er unmöglich
verantwortlich gemacht werden darf.
Es ist nun nicht meine Absicht, aus der Analyse der Ein-
leitung der Tiergeschichte die Forscherphysiognomie des Biologen
Aristoteles zeichnen zu wollen; so etwas wäre erst nach ent-
sprechender Durcharbeitung aller seiner einschlägigen Schriften
denkbar, wobei noch schöne Überraschungen bevorstehen. Für
jetzt ist der Wert des besprochenen Abschnittes nur noch nach
zwei Seiten hin zu vergleichen: nämlich nach dem Stand der
damaligen und im Vergleich zur heutigen Biologie.
VI. Die zoologie-historische Bedeutung der Einleitung
zur Liergeschiehte.
Überblicken wir nochmals die Einleitung in ihrer Gesamt-
heit. Nach Titze sollte eine Einleitung der Tiergeschichte über-
haupt fehlen und das Werk „so ganz ohne alle Vorbereitung des
Lesers, nur gleich mit der Sache selbst“ anfangen. Demgegen-
über haben schon Aubert und Wimmer in ihrer Gesamt-
disposition der Tiergeschichte den einleitenden Charakter von
1—36 hervorgehoben und die drei Gesichtspunkte der Lebens-
weise, des Charakters und der Anatomie sowohl in ihr, als auch
durch das ganze Werk durchgreifend nachgewiesen. Allerdings ist
nicht zu verstehen, wie sie darin (pag. 35 und 36) das Prinzip
der allgemeinen, der beschreibenden und der vergleichenden
Anatomie durchgeführt finden wollten. Für uns ist abgesehen
vom Sinn der gesamten Einleitung für die Auffassung von 1—38
als einer solchen entscheidend die Gegenwart von Stichwörtern
wie tim und yevuatos yaoi, sowie daß in 6 nach unserer Deutung
des ersten Satzes ein Anfang des ganzen Werkes vorhanden ist,
endlich der Hinweis auf die ausführlichere Darlegung, die folgen soll.
Es fragt sich nun, was wohl Aristoteles mit der Tier-
24 : Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
>77
geschichte bezweckte. Aubert und Wimmer meinen: „ein
Bild zu entwerfen von dem Leben der Tierwelt“. Aristoteles
selbst spricht es aber deutlich genug aus, daß ihm diese Absicht,
wie wir sie weit eher bei Aldrovandi oder Buffon realisiert
finden, nicht zunächst liegt. Theoretische Betrachtung (36), Unter-
schiede und Gemeinsames, Ursachen hierfür, Gliederung des
‘Organismus, Unterscheidung und Zusammenfassung von Gruppen,
all diese einleitungsweise ausgedrückten Absichten sind nichts
weniger als historischer Art — historisch im alten Sprachgebrauch
verstanden, nämlich im Sinne einer rein schildernden, deskriptiven
Darstellung. Aber auch wenn man zugeben will, daß der Haupt-
teil der Tiergeschichte so gehalten sei, und Aristoteles msde
Tierwelt als Teil des Kosmos habe darstellen wollen, so hebt
sich die Einleitung mit ihrem Dominieren des logischen und
methodischen Charakters der Behandlung des Stoffes nur um so
schärfer von den ihr folgenden Ausführungen ab. Gerade diese
Seite der Einleitung aber, ihre methodische Haltung ist es, die
uns das wichtigste Vergleichsmoment für ihre geschichtliche
Beurteilung liefert. Wenn wir uns daher den Gedankengang
der Einleitung in ihren Hauptzügen vergegenwärtigen, so läßt
er sich etwa dahin zusammenfassen: Aristoteles geht von
Unterscheidungsmerkmalen aus, die schon längst vor ihm als
allgemein gültig anerkannt waren, also von historisch gegebenen
Erfahrungsbegriffen (Lebensweise, Charakter, Teile). Er zählt
diese in einer Reihenfolge auf, die ebenfalls ihrer historischen
Entwickelung entspricht; denn es ist nur allzu begreifiich, daß
die Lebensweise und der Charakter dem naiven Empfinden zu-
nächst liegen, während die Anatomie als wissenschaftliches Prinzip
neueren Datums war (vergl. hierzu meine Schrift: Das koische
Tiersystem, Verh. d. Naturf. Gesellsch. Basel. 1903). Mit dem
ersten der Unterscheidungsmerkmale knüpft er an die aller-
bekanntesten Dinge an, wie sie wirklich jedem Anfänger an-
schaulich darzulegen waren: Wassertiere, Landtiere. Er schreitet
sodann fort zu den übrigen Formen tierischen Lebens, wie sie
sich aus der Analogie mit dem menschlichen ergeben. 6-18
beweisen uns, daß nach diesen Unterscheidungsmerkmalen, die
sich auf das gesamte Individuum beziehen, die Zoologie von ihm
noch ganz auf dem Stadium befunden wurde, wo sie vorwiegend
Übertragung des Menschen auf das Tier ist. Den einer solchen
Betrachtungsweise wirklich innewohnenden Wert konnte er nicht
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 25
verkennen, aber er wufite ihn einem logisch wertvolleren Prinzip,
nämlich dem der Anatomie unterzuordnen, das nun den haupt-
sächlichen Raum in seinen Ausführungen einnimmt. Damit
kämpfte er nach zwei Seiten: einmal gegenüber der überlieferten
Schablone, die Tiere bloß als Hausrat der Natur aufzufassen, wie
dies in vorwissenschaftlichen und nachwissenschaftlichen Perioden
geschieht (z. B. bei Herodot und Plinius), andererseits gegen-
über einer rein dialektischen Systematik der Lebewelt, wie sie
von ihm in seiner Polemik gegen die Dichotomie (Part. anim. I. 3)
angefochten wird. Aus der Hippokratik wissen wir, daß die
Anatomie ursprünglich nur zu Zwecken der medizinischen Praxis
verwendet worden war. Es muß ein ungeheurer Umschwung
sich vollzogen haben, als Demokrit begann, Zootomie um ihrer
selbst willen zu treiben. Aristoteles fand augenscheinlich die
Zootomie schon wohl vorbereitet vor und da uns die Quellen
fehlen, aus denen er geschöpft haben mag, dürfen wir uns nicht
verleiten lassen, in ihm den Neuerer in der Richtung der Zootomie
zu suchen. Was aber wohl kaum spurlos verloren gegangen
wäre, wenn es nicht Aristoteles ausschließliches Eigentum
gewesen wäre, das ist de Verbindung ausgedehntester
und: beabsichtieter Kenntnis dert Tierweltsund.der
Ziootomie “mit induktiver Logik und’ natürliehster
dialektischer Entwickelung des Stoffes und als klassi-
sches Zeugnis hierfür ist gerade die Einleitung der Tiergeschichte
zu betrachten. Was ihre Stellung innerhalb der zoologischen
Schriften von Aristoteles betrifft, so könnte man geneigt sein,
ihre prinzipielle. Bedeutung schon deswegen zu unterschätzen,
weil hier nicht von &vegyeia, dövauıs, évreléyaua noch von allen
sonstigen metaphysischen Kategorien die Rede ist, sondern weil
nur aus der Beobachtung der Tierwelt durch Induktion allgemeine
Sätze abgeleitet werden, unterstützt durch einige Erfahrungsbegriffe,
aber unter vollständigem Verzicht auf alle Spekulation.
Diese ganze Einleitung ist sozusagen aristotelische Philo-
sophie vor der aristotelischen Spekulation, sie enthält logische
Prinzipien, aber nicht metaphysische, wie die anderen, bisher für
so viel wichtiger genommenen Einleitungen von Part. an. I und II.
Deswegen aber ist sie doch eine prinzipielle Erörterung, wenn
wir von einer philosophischen Einleitung nicht von vornherein
spekulativ gewonnene Allgemeinbegriffe verlangen. Eine all-
gemeine Einleitung zu einem Werk vom Umfang der Tier-
26 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
geschichte ist in einem heutigen Buch mit ähnlicher Absicht nicht
vorhanden. Daß man ausginge von der Mannigfaltigkeit der
Tierwelt und dem Prinzip der Medien unter Zurückschieben des
naiven Urteilens nach menschlicher Analogie, daß man fort-
schritte zu einer anatomischen Betrachtungsweise, zuerst unter
Darlegung der Stufen der Organisation, dann des charakteristisch
tierischen, endlich der für die Teile der Tierwelt wesentlichen
Merkmale, daß man schließlich die verschiedene Qualifikation der
tierischen Individualverbände für wissenschaftliche Behandlung
hervorheben würde, das alles ist ein Weg, der, so gerade und
selbstverständlich er wäre, doch nirgends eingeschlagen wird.
Buffon hat also damit bis heute Recht, wenn er sagt: „L’histoire
des animaux d’Aristote est peut-étre encore aujourd’hui ce que
nous avons de mieux fait en ce genre“. Ja Aristoteles würde
seinen Bau heute in mancherlei Richtung ausbauen und korri-
gieren, darüber ist nicht zu streiten. Aber so sehr er es ver-
mieden hat, hier metaphysische Elemente einzustreuen, so sehr
würde er es wohl auch heute vermeiden, dies zu tun. Rein in-
duktiv geht er von der bestehenden organischen Natur aus, um
deren Verhältnis zur Logik zu bestimmen. Da ist weder von
Naturgesetzen, noch von Ursache und Wirkung, noch von Fr-
klärung, noch von Kausalitätsbedürfnis, noch von alledem die
Rede, was unsere Einleitungen enthalten, als Erbstück aus einer
Zeit, wo man das Bedürfnis nach Naturbeherrschung aus dem
Verhältnis des Menschen zur Natur in die organische Natur-
forschung übertrug. Damit sind wir bis an den Punkt angelangt,
wo das spezifische Verdienst der Tiergeschichte liegt. Sie ist der
erste und einzige Versuch, die Erforschung der organischen Natur
nur aus dem Objekte selbst zu entwickeln, ohne alle Neben-
rücksichten auf metaphysische Spekulation, ohne alle Verge-
waltigung der organischen Natur durch Hypothesen der Kosmo-
gonie, insbesondere der anorganischen Naturforschung, an denen
damals doch wahrhaft kein Mangel gewesen wäre, endlich ohne
die Präponderanz der Zwecke der Medizin, wie sie zeitweise
nicht zugunsten der freien Forschung die Biologie beherrscht
haben. Speziell das zuletzt berührte Verhältnis bedarf noch einiger
Worte der Erklärung. Aristoteles war hier in geringerer
Versuchung als spätere Biologen, namentlich die der ganzen
Periode von Harvey bis Bichat. Die Hippokratik enthält ja
mächtige Wissensschätze, aber nach der Seite der nichtmensch-
Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. 27
lichen Biologie lag im ganzen ihr philosophisch schwacher Punkt.
Die Bedeutung der Mannigfaltigkeiten der organischen Natur war
nicht erkannt und ihre Wirdigung hintangehalten durch die
Einheitsgedanken der kosmogonischen Spekulation. Mit einem
nur aus instinktiver Sicherheit verständlichen Takt hat Aristoteles
die der medizinischen Literatur entnommenen Fakta in den Dienst
der Zoologie gestellt, hat er vermieden, seine wissenschaftliche
Behandlung der Tierwelt mit jenen gemeinen Rücksichten zu
motivieren, die immer und immer wieder in der Neuzeit vor-
geschoben worden sind und die wir auch heute noch so oft zu
hören bekommen. Ich wähle eines der ältesten Dokumente der
wissenschaftlichen Zoologie der Neuzeit, Marc Aurelio Seve-
rinos Zootomia Democritaea (erschienen Nürnberg 1645), um
daran zu zeigen, welche Aufgaben alle der Zoologie in der Neu-
zeit zugeschoben wurden. Die Zootomie ist nötig: erstens der
Physiologie als der Lehre von der Seele, zweitens damit man
lerne die geschickten Einrichtungen der Natur in die menschliche
Technik übertragen, drittens der gesamten Medizin und zwar so-
wohl für die Lehre von den Organen (vergl. Anatomie) und für
die Entwickelungsgeschichte des Menschen; nämlich, damit man
lerne, das System der Natur vom Niedern zum Höhern aufzu-
bauen, ferner zur Verteidigung der alten Autoren, endlich sowohl
zum Unterricht, als auch für die Pathologie, die Semiotik, die
Prophylaxe und Therapie, viertens für die Scientia morum und
fünftens für die Pietas. Die Auffassung von der Nützlichkeit der
Zoologie zu all diesen Zwecken hat seit der Renaissance keine
wesentliche Abänderung dieses Programms erfahren und man
kann höchstens behaupten, daß ihr einige praktische Zwecke mehr
aufgebürdet worden sind und ferner, daß der Inhalt der von
Severino gegebenen Begriffe geändert hat. Das aber hat für
die Gesamtauffassung keine Änderung herbeigeführt, wie es z. B.
für das Verhältnis von Pietas und Zoologie ganz auf dasselbe
hinauskommt, ob die Pietas im Sinne derjenigen des 17. Jahr-
hunderts aufgefaßt wird, oder der antichristlichen Dogmatik der
Gegenwart. Insbesondere aber und dies fällt in unserem Zu-
sammenhange am meisten ins Gewicht: das Verhältnis zwischen
Biologie und Medizin wird von der letzteren durchweg so auf-
gefaßt, daß die Biologie der Physiologie zu dienen habe, diese
aber der Medizin.
Wie hoch aber stellt sich der kulturelle Wert einer also
28 Burckhardt, Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte.
aufgefaBten Biologie im Vergleich zu derjenigen eines Aristoteles?
Aristoteles war Mediziner, Sohn eines Mediziners und Sproß
einer Asklepiadenfamilie. Ihm zuletzt konnte es passieren, seine
Kunst, deren Tradition und ihre Verdienste um die Biologie zu
unterschätzen. Aber — und darin liegt ein wesentliches Merkmal
seiner Biologie — er verwendete wohl die biologischen Einzel-
beobachtungen, wie sie die Hippokratik zur Verfügung hatte, im
Dienste der Biologie. Nicht die Nützlichkeit der Zoologie für die
Medizin war es aber, die ihm diese Wissenschaft wertvoll machte;
mit geradezu bewundernswerter Schärfe hat er ihre eigenen
wissenschaftlichen Ziele und diejenigen medizinischer Praxis aus-
einanderzuhalten gewußt unter umfassendster Berücksichtigung
der durch medizinische Praxis gewonnenen Beobachtungen. Wenn
einer Dogmatik er seinen Tribut entrichtet hat, so ist es die in
Griechenland alles durchsetzende philosophische gewesen. Aber
weder macht er hieraus ein Hehl, noch wird die moderne sehr philo-
sophisch angehauchte Forschung ihn deshalb tadeln wollen. Und
endlich ist gerade die Tiergeschichte und gerade ihre Einleitung
hievon am allerfreiesten. Damit aber steht er auf der nie wieder
erreichten Höhe eines Künstlers, der, wo höchstens Ansätze vor-
handen waren, eine Wissenschaft und zwar eine nicht aus der
Gefühlssphäre und des Lebens Notdurft bestimmte, sich selbst
ihre eigenen Zwecke aus ihrem eigenen objektiven Substrat
bestimmende, eine souveräne Wissenschaft geschaffen hat.
Nicht seine, vielleicht nicht einmal eigenen Entdeckungen,
die ein auf Erfolg und Entdeckerruhm erpichtes Zeitalter bei ihm
lobte, nicht der Umfang seines für seine Zeit umfassenden Wissens,
nicht die Schlagwörter seiner Philosophie, obschon sie wahr-
scheinlich der Wirklichkeit der organischen Natur am meisten
entspricht, nicht all das ist es, was wir an ihm zu bewundern
haben. Es ist nichts als billig, wenn wir zur Beurteilung seiner
Leistungen und zum Maßstab für sein eigenes Schaffen die Worte
ernst nehmen, womit er seine biologischen Werke einleitet: Sach-
kenntnis und Schulung des Denkens sind zweierlei;
nur wer diese besitzt, nicht allein jene, ist zur Kritik
fähig.
Disposition des ersten Buches der Tiergeschichte ($$ 1-88).
a
Textteile Inhalt Stichworter
1-36 | A. Einleitung Uber die Methode der Zoologie, ring, zeinaros
31 1. Stoffgliederung auf Grund der aus Allgemeinbetrachtung der Lebe: | %d0! 6. 36.
| welt gegebenen Begriffe (Verrichtungen, Charakter, Teilel
6-18 a. Verrichtungen (und Charakter?, abgestuft nach deren wissen-| plot, modus, Oy
schaftlicher Bedeutung 6 11-18,
6-17 1. Verrichtungen, in Hinsicht auf das Verhalten des Organismus (lot, agdses, 6.
zum leblosen Medium (physiologischer Abschnitt im weiteren!
nne)
6-10 A. Die aus dem passiven Verhalten der tierischen Organisation gegenüber
6-8
6-8 dx te — ys
6 ff tà pds-nogdéZos
— rà Goren
— Ido
6 rd dè ru — tw
6 noddd — ngondderZos
6 xal aınwd — xodvp pls
6 mal droda — 06905
6 Ena 68 — Sorgen
6 ray d"év 8S ean —xogdUZo5
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7 100 dI yrpoalanı — 8 dr
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Bivia dl ry Eh —olorgos
9-10
9
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sod da dAodorigia
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rit dè mopevriad— écrin
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aopevrind — fous darle
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11 rà adv yüe = dvdooros
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12 modirind — dvagza
13 nal rà dw caguogdza
— 17 édewedv
13 — rà don
14 — dregra
14 Kal rà ply vuxtn
— gar op
15 du db — x
16 — dadeiv
17 xal ra pv dpeodioa-
ord — dyelav
46 xal 1à piv dygorna —
aepiargd
47 xel Gv Padartion —
nergaîa
17 Zu — ddewpiv
18
1-5 +19-31
1-5
reti
3-4
3
4— Mace rv pega
42044 ydy— r0îs ungols
5
19—33
19-20
21-22
23-31
23 — rerrdpum
23 xal rh un Spordna—ag
35-31
25
26
26—27
28-29
28
29
30
ai
92-35
33
33-36
36-38
dem leblosen Medium entspringenden Unterschiede
|, mit Rücksicht auf die Gesamtorganiaation
a. während des ganzen Lebens
1, Wassertiere:
@ nach den funktionellen Bezichungen zum Wasser unterscheidbar
(physiologischer Abschnitt im engeren Sinne)
* vollkommene Wasserticre (alle Funktionen ans Wasser gebunden); |
Atmung, Zeugung am Lande):
+ mit Fosien versehen: Otter, Biber, Krokodil
tt mit Flügeln versehen: Move, Taucher
tit fublos: Wasserschlange
iere mit Aufenthalt im Wasser, aber ohne anderweitige Be-
zichungen zu ihm: Secanemone, Seholtiere |
fi nach dem Aufenthaltsort unterseheidbar (geographisch)
* Meertiere
Flubtiere
Seetiere
* Sumpfiere
2, Landtiere;
@ mit Luftatmung: Mensch und lungenbesitzende Landiiere
fi ohne Luftatmung: Insekten (Wespe, Bicne)
b. in verschiedenen Lebensaltern verschieden
1 mit Rücksicht auf die spezifisch animalische Funktion der Ortsbewegung
a. aquatile Lebensweise und Ortsbewegung
1. dauernd angewachsen: viele Schaltiere, Seliwimme
2. nicht angewachsen, aber unbeweglich: Schaltiere, Holothurien |
3. beweglich
a. Schwimmer: Fische, Weichtiere, Weichschaltiere
A. Geher: Krabben
b, terrestriache Lebensweise und Ortsbewegung
1, Geflogelte Landbewôbner: Vogel, Bienen
2, An die Erdoberfläche gebundene Landbewohner
a. mogevrind
Ri denvonnd
+ Aa vorantnd
| ©. Geher und Schwimmer zugleich
B. Die aus dem sozialen Medium der tierischen Lebensweise sich ergeben.
‚den Unterschiede
I, ohne einheitlichen Zweck der Assoziation
a. gesellschaftlich, herdenweise
b. vereinzelt
| © zwischen beiden schwankend
| Il: mit einheitlichem Zweck der Assoziation, mit oder ohne Anführer
| ©, Die aus dem aktiven Verhalten der Tierindividuen gegenüber dem leb.
losen Medium entspringenden Unterschiede nach
I. Nahrungserwerb
II: Wohnort
III. Tagesperiode
IV. Zühmbarkeit
V. Vermittelung gegenseitiger Beziehungen durch Laute
VI. Paarungssucht
|
|
| -
| VIL Wahl des Aufenthaltsortes
|
| VIIL Wehrhaftigkeit
2. Charakter (nicht einzeln disponierbar, höchstens mit dem Gegen:
satz zwischen tierischem Charakter und menschlichem)
| 3. Teile (Anatomischer Abschnitt)
A. Allgemeine Anatomie
1. Gliederung des Organismus nach der Stufenfolge der Teile
a, Unterschied von Geweben und Organen im allgemeinen
1. Unterschied dieser Teile nach Gestalt, Quantität, Analogic, Lage
a. Gestalt mit Bezug auf den Gesamtorganismus
1 Quantität ebenso
7. Analogie (physiol. Übereinstimmung anatom. verschiedener Organe)
| 6 Lage im Organismus
| 3, Unterschied der Gewebe nach elementaren Qualitäten
Il: Gliederung des Organismus nach der Funktion der Teile, zugleich all:
gemeine Charakteristik des tierischen Organismus
| a. Ansimilationsapparat
b, Relationsapparat
B. Spezielle Anatomie im Dienste der Zoologie (Gruppierung der
Arten nach anatom. Merkmalen)
1, Blutgehalt
| Il Zeugung und Entwickelung: Eier, Warmer, lebende Junge
| Ill, Lokomotion und deren Organe
| a. Zahl der Organe
b, Korrelation der Organe mit dom Medium
| 1. Wassertiere
2. In der Luft sich bewegende Tiere
@ Bluttiere: mit Gefieder, mit Flughäuten
2. Blutlose: Kafer, Dipteren, Tetrapteren
(Digression Ober Körpergröße und Rlutgehalt im Anschluß an di
Unteracheldungen
© Mechanismus der Ortsbewegu
1. tetrasemiotische
2. plelosemiotische
3. abschließend im allgemeinen. Gangart bers Kreuz.
Il Stoffgliederung auf Grund der in der Beschaffenheit der Tierwelt
gegebenen Hilfsmittel far Unterscheidung und Benennung
a. in große Abteilungen verteilbar
|
|b in einzeln stehenden Arten zu betrachten.
|B. Exposition der Themata für die nachfolgenden Einzelausführungen
I. Objekt der Betrachtung
8. Unterschiede und Übereinstimmungen (Tiergeschichte)
|b. Ursachen der Erscheinungen (Telle der Tiere)
II, Reihenfolge der Betrnehtung (nur für Ia ausgeführt):
3. nach der Anatomic und deren logischen Gliederung
| bi (nach den Stufen tierischer Vollkommenheit hier atilischwei
gend vorausgesetzt) der Mensch als Ausgangspunkt genommen,
nur unter Berufung auf praktiache Rücksichten,
meiste Fische |
** unvollkommene Wassertiere (Nahrung, Aufenthalt im Wasser, |
|
|
|
|
|
| 7005 6. 18.
|
| pégra 6. 1
| 4180s o. 19. 37
brepoy) 3. 19. 38.
| dva2oyla 4. 19, 58-
| eos 4. 19. 37.
megh Bau nal Gou 36.
Siapooa na) avute
Anndra, alriar 36.
18 don pddioca nal
nat 37.
drdgonos yuugı-
möraror 98,
ae
Die Waltiere des Königsspiegels.
Von
Professor Dr. med. Gustav Guldberg,
Christiania, Anatomisches Institut.
[m
| n dem altnorwegischem Werke „Konungs skuggsja“ oder
| Speculum regale, Königsspiegel, werden in Ka-
| pitel XII verschiedene große Seetiere, am nächsten als
Wale angesehen, erwähnt, die im Meere um Island leben. Ein
großer Teil von diesen hier besprochenen Tieren ist so treffend
charakterisiert worden, daß man mit den jetzigen cetologischen
Kenntnissen sie teilweise zu identifizieren vermag. In der zoologi-
schen Literatur liegen bis jetzt nur zerstreute Angaben über die
in dieser altnorwegischen Schrift besprochenen Tiere vor und da-
zu nicht selten mit Mißdeutungen und unrichtigen Angaben. Ich
glaube daher, daß eine zusammenhängende Darstellung dieses
Kapitels für die Fachkreise nicht ganz für überflüssig angesehen
werden darf.
Der Königsspiegel (Speculum regale, Konungs skuggsja,
wie das Buch sich selbst nennt) ist ein in der altnorwegischen
Sprache geschriebenes Werk, dessen originale Handschriften teils
im Reichsarchiv in Christiania, teils im Geheimarchiv und in der
kgl. Bibliothek in Kopenhagen aufbewahrt sind. Das Werk ist zum
erstenmal i.J. 1768 von Halfdan Einersen, zum zweitenmal i. J.
1848 als Universitätsprogramm von Christiania durch die bekannten
Elistorike m RK eysers Pen. Munehrmad e ReWaverher-
ausgegeben worden; ferner ist i. J. 1881 von Dr. Oskar Brenner,
Privatdozent der Universitat München, der alte Text wieder ver-
öffentlicht worden. |
Den Verfasser des Werkes kennt man nicht; er sagt
Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels.
ios)
N
(7.—8.) Die Ravnhvale (= Rabenwale, isländisch: hrafn.
reydr) und die Hvitinger. Sie werden Weißfische genannt,
weil ihre Farbe schneeweiB ist, wahrend die meisten anderen
Walsorten schwarz sind mit der Ausnahme, daß einige weiße
Flecken haben, nämlich die Skjoldhvale (= Schildwale), Geir-
wale (Geir — Speer) und die Bardhvalr (= Bartwal?). Alle diese
(d. h. 5) Walsorten, die ich jetzt erwahnt habe, sind essbar wie
viele andere.
(12.) So heißt eine Walart Fiskreke und diese ist (unter allen
Walsorten) den Menschen am niitzlichsten, denn sie treibt von
den Meeren an das Land sowohl Hering als allerlei andere Fische,
ganz wie er dazu bestimmt und von Gott gesandt, und wie es
sein schuldiges Amt wäre, solange wie der Fischer mit Verstand
auf seinen Fang Acht gibt; er hat auch eine wunderbare Natur;
denn er versteht ganz gut sowohl die Menschen als die Schiffe
zu schonen; wenn sich aber die Menschen entzweien oder schlagen,
so Blut vergossen wird, dann ist es, als ob dieser Wal es gewuft
hatte; denn er fahrt dann zwischen das Land und die Fische
und treibt sie alle in das Meer hinaus von den Menschen weg
ganz auf dieselbe Weise, wie er sie früher zu denselben getrieben
hat. Dieser Fisch ist von nicht größerem Wuchse als 30 Ellen
oder die größten 40 Ellen. Er würde ganz genießbar sein, wenn
es erlaubt wäre, ihn zu jagen oder zu töten; dies ist jedoch ver-
boten, weil er den Menschen so nützlich ist.
(13.) Auch gibt es eine Walsorte, die Burwale heißt, und
sie haben keine größeren Zähne als daß man daraus große Messer-
hefte oder Würfel machen kann. Sie sind nicht wütend oder
grausam, sondern ruhig und halten sich von den Weidmännern
entfernt. Sie sind vom Wuchse ungefähr wie diejenigen, die ich
eben erwähnt habe (Fiskreke); ein Wal dieser Sorte hat aber
im Kopfe sehr viele Zähne, ungefähr 7o.
(14.) Weiter noch heißt eine Walsorte Slettebake (= mit
glattem Rücken) und hat keine Rückenflosse und ist vom Wuchse
ungefähr wie diejenigen, die wir eben jetzt erwähnten (Burwale
und Fiskreke). Die Leute aber, welche über das Meer fahren,
fürchten sich vor ihm sehr; denn seine Natur ist sehr mit den
Schiffen herumzutaumeln.
(15.) So ist es eine Walsorte, die Havrkitte heißt, und sie
hat eine merkwürdige Natur; denn sie hat in ihrem Magen Netz-
Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels. 33
haut und Fett als das Vieh, und diese Wale werden nicht länger
als 30 Ellen, die, welche die längsten sind.
(16 u. 17). Noch gibt es weiterhin Walsorten, die gegen die
Menschen wütend und grausam sind, und die es überall versuchen,
wenn sie ankommen können, dieselben zu töten. Eine Sorte heißt
Roßwal, die andere Rotkamming. Diese sind sehr gefräßig
und boshaft; nie werden sie des Totschlagens satt, denn sie fahren
in allen Meeren herum und versuchen die Schiffe zu finden; so
laufen sie in die Höhe, damit sie um so schneller die Schiffe
heruntersenken und die Menschen auf diese Weise töten kön-
nen. Diese Fische sind nicht genießbar, sondern gefährlich,
ganz als ob sie die Feinde des Menschengeschlechts zu sein
bestimmt seien; die längsten von ihnen werden nur 30 oder 40
Ellen lang.
(18). Ferner gibt es eine Walsorte, die Naawale heißt.
Diese Fische kann man nicht essen, weil man davon erkrankt
oder stirbt, wenn man sie ißt. Dieser Wal ist nicht vom Wuchse
groß, er wird nur 20 Ellen lang. Er ist nicht wütend, sondern
hält sich von den Weidmännern entfernt. Er hat im Kopfe Zähne,
alle klein, mit Ausnahme eines großen Zahnes, der sich im Ober-
kiefer vorne auf dem Kopfe befindet. Der Zahn ist schön und
gut gewachsen und gerade wie ein Licht. Er ist 7 Ellen lang,
wenn er recht lang ist, und ganz gedreht, als ob er mit Gerät
gemacht wäre. Er steht vom Kopfe des Fisches gerade hervor,
wenn dieser vorwärts zieht; so scharf und gerade wie er aber ist,
so hat der Fisch in diesem Zahne kein Verteidigungsmittel, da-
gegen behandelt er ihn sorgfältig, damit der Zahn nicht beschä-
digt wird. Jetzt weiß ich keine andere Walsorten, die die
Menschen nicht essen können außer diesen fünf: die beiden, die
ich erst erwähnt: Schweinewal und Entenwal und die drei,
die ich später erwähnt habe: Roßwal, Rotkamming und
Naawale.
Jetzt sind die Walsorten unerwähnt, die an Wuchs noch
größer sind; sie sind alle für die Menschen genießbar. Einige
sind für die Menschen gefährlich, andere aber sind ruhig und
sanftmütig.
(19). Skjeljung nennt man eine Sorte von ihnen. Dieser Fisch
ist von großem Wuchse und wütend gegen Schiffe. Seine. Natur
ist, mit seinen Schwimmfloßen die Schiffe zu schlagen, außerdem
läßt er sich fließen und legt sich vor die Schiffe, wo Menschen
Zool. Annalen. I. 3
34 Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels.
segeln. Wenn auch die Leute von ihm wegsteuern, zieht er doch
immer voran, und es gibt dann keine andere Wahl als auf ihn
heraufzusegeln; wenn dies aber die Schiffe tun, stürzt er sie um
und schlägt alles tot, was darin ist. Von diesen Fischen werden die
längsten 70 oder 80 Ellen lang, und sie eignen sich gut zum Essen.
(20). So gibt es ferner eine Walsorte, die Nordwal
heißt und dieser Fisch ist 80 oder go Ellen lang; wenn er von
den größten ist, ist er ebenso dick wie lang; denn das Tau, das
ihm entlang gezogen wird, reicht eben um ihn herum, wo er am
dicksten ist. Er hat einen so großen Kopf, daß dieser ein größeres
Drittel (mehr als ein Drittel) von ihm selbst ist. Dieser Fisch
lebt reinlich, denn die Leute sagen, daß er nur von Nebel und Regen
und von dem, was aus der Luft ins Meer fällt, lebt, und wenn
er totgeschlagen ist und seine Eingeweide eröffnet werden, findet
man in seinem Magen nicht das, was man in dem Magen anderer
Fische, die Nahrung zu sich nehmen, findet, denn sein Magen ist
rein und leer. Die Barten, die in seinem Schlunde wachsen, er-
heben sich quer über dem Munde, sobald er ihn hoch aufmacht,
und er stirbt oft davon, daß er ihn nicht wieder zumachen
(d.h. schließen) kann. Er ist nicht (sehr) wütend gegen Schiffe;
er hat auch keine Zähne und ist ein fetter und wohl eßbarer Fisch.
(21). Noch eine Walsorte gibt es ferner, der Röydr heißt
und dieser Fisch ist der am besten eßbare von allen. Er ist ein
ruhiger Fisch und für Schiffe nicht gefährlich, obwohl er ihnen
oft nahe kommt. Dieser Fisch ist groß und vom Wuchse lang.
Die Leute sagen, daß der größte, den man gefangen hat, 130 Ellen
lang war. Er wird wegen seiner Sanftmütigkeit und Ruhigkeit
von den Weidmännern oft gejagt. Sein Fleisch schmeckt und
riecht auch besser als das irgend eines anderen dieser Fische, die wir
jetzt erwähnt haben. Er ist auch als fett gehalten, und er hat
keine Zähne. Es ist auch gesagt worden, daß wenn man von
seinem Samen etwas erhalten könnte, so daß man mit Sicherheit
wüßte, daß dieser von ihm und keinem anderen Wale wäre, dann
würde dieser, (d, h. der Samen) das sicherste Heilmittel sein für
die Augen und gegen den Aussatz (Lepra) und Wechselfieber,
kurz gegen alle Krankheiten, die die Menschen befallen; aber doch
ist der Samen anderer Wale auch gut als Heilmittel, obgleich
nicht so gut wie derjenige dieses Fisches.
Jetzt habe ich für Dich beinahe alle die Walsorten her-
gezählt, die von den Menschen erlegt werden“.
Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels. 35
Wenn man mit unbefangenem Blick die obige Darstellung
durchliest, wird man als Naturforscher erstaunen, wie viele charakte-
rische Ziige in die Beschreibung eingeflochten sind, die nur auf
Beobachtungen beruhen können, und andererseits wirkt es in
gewissem Grade wohltuend zu sehen, daß der unbekannte Ver-
fasser nicht mit der Last altertümlicher Gelehrtheit und Vorur-
teilen beladen war. Freilich findet man auch hier ,,Dichtung und
Wahrheit“ vermengt, falsche Uberlieferungen und Deutungen mit
richtigen Beobachtungen. Der Verfasser baut wohl meistens auf
die Aussagen und die Kenntnisse anderer, indem er das damalige
Wissen dieser Dinge berichtet; aber wie stand die Naturwissen-
schaft in dem 13. Jahrhundert in Europa? Auf dem historischen
Hintergrund betrachtet, zeigt doch dies kleine Stiick Natur-
geschichte ein schònes Relief!
In bezug auf den Vergleich der im Kénigspiegel genannten
Formen mit den jetzt bekannten größeren Seetieren aus den
nordischen Meeren werde ich folgende Bemerkungen hinzufügen,
indem ich die Sache hauptsächlich von der naturwissenschaftlichen
Seite betrachte.
1. Die Nydinger (Hnydingr), die von älteren Verfassern
als Orca gladiator (Schwertwal) angesehen worden sind, habe ich
mit Prof G. Storm als Globocephalus melas Trail (Grind-
delphin) gedeutet und stimme ich hiermit auch Herrn Nordgaard
(siehe Literaturverz. Nr. 15) bei. Die Grinddelphine werden
12—15, selbst bis 20 Fuß lang, ihre Zähne sind wenige und ver-
hältnismäßig klein, bei den älteren sehr abgenutzt und nicht her-
vorragend; dadurch läßt es sich erklären, wenn es steht, daß
sie „weder Zähne noch Barten“ haben. Die Grinddelphine
treten bekanntlich in sehr großen Massen auf, und werden aufs
Land getrieben und geschlachtet, ganz wie die Darstellung uns
erzählt.
2. Nisa (Hnisa) ist unsere Phocaena communis Less. oder Braun-
fisch; das Wort ,,Nisa* braucht man noch auf Island und hier in
Norwegen heißt der Braunfisch fortwährend ,,Nise“ oder „Ise“.
3. Leiptr ist eine Delphinart, wahrscheinlich unser Del-
phinus acutus Gray, Hvidskjaeving.
4. Der Wagnhvalr (isländisch „Vögn“) ist Orca gladiator,
der Schwertwal; die alte Beschreibung paßt ganz auf sein
Benehmen und seine Art, unter gewissen Verhältnissen die großen
Wale anzugreifen. Unter der norwegischen Küstenbevölkerung
3*
36 Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels.
leben noch die Namen: „Vagn“, „Vagnhund“ Die angegebene
Lange, 12 Ellen= 18 Fuß, paßt auch nicht schlecht. ~~
5. und 6. Der Andhval und der Svinhval sind gewiB
Synonyme und müssen zweifellos als Entenwal oder Dögling
(Färinseln) Zyperoodon diodon Lacepede (islandisch Andhvalr, andar
nefja) gedeutet werden, wie ich schon vor Jahren angegeben habe
(Lit.-Nr. 5. u. 12.), eine Ansicht, die auch neuerdings von Herrn
Nordgaard geteilt wird. Die angegebene Größe, 25 Ellen
== 371/2 Fuß, ist aber eine Uberschatzung, denn die größten
Entenwale erreichen kaum mehr als 30 Fuß.
7. Was Ravn-hvale (isl. hrafn-reydr) ist, kann ich nicht
sagen. Nordgaard deutet ihn als den mittelgroßen Bartenwal
Balenoptera borealis Less., unser Sejhval, welches mir doch
zweifelhaft scheint. |
8. Dagegen können die Hvitinger nur als Weißwale,
Delphinapterus levcas Pallas, gedeutet werden.
9., 10. u. 11. Die darauf aufgezählten Walsorten Skjold-
hval, Schildwal, Geirhval, Speerwal und Bardhval {Bard
== Barten oder Bardi = Axt) sind schwer zu deuten; vielleicht
sind es Synonyme mit später genannten Walen oder sind es
eigene Arten. Nordgaard hält den Skjoldwal für eine Delphin-
art, den Geirwal für Balenoptera rostrata, und den Bardwal
für den Pottwal. Ich kann mich z. Z. nicht näher darüber aus-
sprechen.
ı2. Als Fiskreke (isl. Fiskreki, d. h. der Fischtreiber)
ist gewiß eine von den kleineren Finwalarten (Galenoptera-Arten)
anzusehen. Die angegebene Länge 30 Ellen = 45 Fuß paßt auf
unseren Dalenoßtera borealıs Less, aber diese Art tritt nur im
Sommer und dann auch sehr unregelmäßig auf, frißt nie Fische
(Guldberg 7 u. 8), so daß wir es hier wahrscheinlich mit dem
etwas kleineren (ca. 30 Fuß langen) und an der Küste stationären
Zwergwal, Balenoptera rostrata Fabr., zu tun haben. Die Maximal-
länge von 40 Ellen — 55 Fuß paßt zwar auf einen jungen, gewöhn-
lichen Finwal, Balenoptera musculus auct.; doch werden die Langen-
maße von Tieren, die nur im Meere beobachtet sind, immer sehr
unsicher und die Angaben gehen ja hierüber sehr auseinander.
Vielleicht entspricht „Fiskreke“ dem jetzigen kollektiven Ausdruck
»Heringwal“ d. h. ein Wal, der Fische, spez. Heringe, jagt.
13. Den Burwal (Bur = Vorratshaus) habe ich mit dem
Pottwal, Physeter macrocephalus L., identifiziert (Lit. Nr. 13). Das
Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels. 37
Wort ,,Bur*, ein Vorratshaus, palit auf das abgestumpfte vordere
Kopfende, und der Benitzung der Zihne als Messerhefte diirfte
die Größe der Pottwalzihne entsprechen; nur die Anzahl 70 statt
40 bis 54 (20 bis 27 in jeder Hälfte des Unterkiefers, der Ober-
kiefer hat keine Zähne), ist zu hoch angegeben.
14. Der Slettebake oder Slettibaka ist identisch mit
dem Nordkaper, Galena biscayensis auct., D. glactalis, Bonaterre,
wie ich schon früher gezeigt habe (Lit.-Nr. g—11). ,Bak in alt-
norwegisch bedeutet Rücken, und „Slettebake‘“ bedeutet „mit
glattem Rücken“.
15. Den Hafrkitte hat man in verschiedener Weise zu
deuten versucht: so übersetzt Peder Claussön (1599) Hafrkitte
mit ,Seewolf* (Azarrhichas lupus); dieser Fisch aber wird höchstens
1 bis 2 Meter lang und kann nicht in der Tradition bis 30 Ellen
gewachsen sein. Wahrscheinlicher ist mit Hafrkitte eine größere
Haienart gemeint; Nordgaard (15) deutet die betreffende Be-
zeichnung auf den Eishai (Acanthorhinus carcharıas Gum. L.), oder
vielleicht auf Se/ache maximus; die letzte Deutung kommt mir der
Größe wegen wahrscheinlicher vor. Der Eishai wurde wahr-
scheinlicherweise am häufigsten gefangen.
16. u. 17. Der Roßwal (Hroßhvalr) und der Rotkamming
(Raudkemmingr), deren Länge auf 30 bis 40 Ellen angegeben wird,
sind schwer wieder zu erkennen. Man ist geneigt den Namen „Roß-
wal“ mit dem Walroß zu identifizieren; die Größe paßt aber nicht;
sowohl die Länge wie die Gefährlichkeit der Tiere müßen dann
übertrieben sein. Peder Claussön kommentiert die Namen
nieht. In Dr. Joh. Fritzners Wörterbuch wird Hrof-
hvalr als eine Art Wal bezeichnet. Nordgaard glaubte,
daß beide Namen Synonyme sind und daß damit wirklich das
Walroß gemeint ist. Auf Island wird das Walroß mit dem Namen
„MRosmhvalr‘“ bezeichnet. Vom Walroßfang spricht schon Ottar
im neunten Jahrhundert, wenn er dem König Alfred dem Großen
in England von seiner Reise nach Bjarmeland erzählt. Von ihm
wird das Wairoß Horshvalr genannt, und Ottar sagt, daß es nicht
länger als 7 Ellen ist (Literatur Nr. 6). Ich kann mich zur Zeit
nicht näher über die Deutung der hier in Frage een Be-
zeichnungen aussprechen.
18. Der Naahval (isländisch Nahvalr) ist ohne Zweifel der
bekannte Narwal, Monodon monoceros L., der eine Länge von
15 bis 20 Fuß hat und dessen Stoßzahn 6 bis 10 Fuß. lang wer-
38 Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels.
den kann. Die alte, oben gegebene Beschreibung dieser Zähne
ist ja sehr charakteristisch und naturtreu. Daß man das Fleisch
dieses Wales nicht essen darf, ist gewiß nur Aberglaube. Die
Deutung dieser Walart als Narwal ist auch einstimmig gewesen.
19. Den Skeljung (Skeljungr) habe ich schon vor Jahren
(Lit. Nr. 6) zusammen mit Prof. G. Storm als synonym mit dem
heutigen Buckelwal, Megaptera boofs Fabr., dem „Knölhval“
der heutigen norwegischen Walfänger, gedeutet. Die Länge von
70—80 altnorweg. Ellen ist, wenn wir sie auch als Fuß ansehen,
übertrieben, doch fand man früher Buckelwale von 60 Fuß (20 m)
Länge. Die Beschreibung des Königsspiegels über die ,,Natur“
dieser Art enthält viel Fantastisches; dass aber der Buckelwal
zuweilen ruhig auf dem Meeresspiegel liegt, so daß man auf ihn
heraufsegeln kann, ist charakteristisch und enthält etwas Wahres.
In dem Namen „Skeljungr“ bedeutet das Wort „Skel“ Schale
(s. Muschel); das deutet darauf hin, daß das Tier oft mit Cirri-
pedien in großer Menge besetzt ist, wie auch Nordgaard deut-
lich auseinandergesetzt hat. Daher sprechen verschiedene Gründe
dafür, den Skeljung mit dem Buckelwale zu identifizieren.
20. Der Nordhval (Nordhvalr) ist der jetzige Polarwal oder
Grönlandwal, Dalena mysticetus L., (Eschricht (2 u. 3), Guld-
berg (6), Nordgaard (15), Obwohl die Größe 80—g90 Ellen,
selbst wenn wir es als Fuß ansehen, viel zu hoch geschätzt ist
— Scoresby (16) erwähnt (1820) aber Wale von 60—70 Fuß
Länge —, stimmt die Beschreibung des Tieres ganz in bezug auf
die relative Größe des Kopfes und die enorme Dicke des Körpers,
(ein 50 Fuß langes Tier maß 34 Fuß im Umkreis nach Scoresby),
wenn nur nicht alles genau buchstäblich gedeutet werden soll. Dazu
kommt, daß die Benennung „Nordhval‘‘ vom Mittelalter bis zum
heutigen Tage in unserer Sprache sich gehalten hat. Wenn es
heißt, daß man im Magen des Nordwals nichts findet, bezieht
dies sich darauf, daß sein Futter nur von kleinen Weichtieren
(Pteropoden) und kleinen Crustaceen besteht, die keinen festen
Inhalt im Magen oder Darm bilden können. Die großen Barten
bilden ja auch einen auffallenden Charakter des Polarwals.
21. Der Röydr ist als eine der großen Finwalarten
(Palænoptera) (Lit. 6) zu deuten, entweder der gewöhnliche
Finwal, Dalenoptera musculus auct., 2. physalus L., oder der
Blauwal, Dalenoptera sibbaldi Gray, der größte aller jetzt
Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels. 39
lebenden Organismen. Röydr oder Reydr entspricht gewiß
unserem „Rörhval“, deutsch Röhrenwal, d. h. eine große Daleno-
plera-Art. Dal er gut zu essen ist, paßt am besten für den ge-
wöhnlichen Finwal, der wirklich das beste Fleisch hat. Die
außerordentlich große Länge und Größe überhaupt samt der
Sanftmut und Ruhe (d. h. in Bewegungen) sind Charaktere, die
auf den Blauwal sich am nächsten beziehen; denn dieser letzte
kann über 80 Fuß lang werden, ja man sagt bis 100 Fuß, während
der gewöhnliche Finwal eine Länge von 60—75 Fuß hat. Man
hat natürlicherweise diese zwei Balænopteraarten im Wasser nicht
unterscheiden können, was ja heute auch nur für Kenner möglich
ist. Nordgaard identifiziert „Röydr* mit dem gewöhnlichen
Finwal. Ich glaube, daß der alte Name „Röydr“ sich auf die
beiden größten Balænopteraarten bezieht.
Ich habe mich auf diese Bemerkungen beschränken müssen,
um nicht den Rahmen zu groß zu machen. Die Cetaceen werden
nicht selten auch in anderen altnorwegischen Schriften mit samt
ihrem Fang erwähnt. Wenn jemand daher die ältere Geschichte
des Walfanges studieren will, ist ein tieferes Eindringen in diese
alte Schriften unbedingt notwendig.
Literaturverzeichnis.
1. Kongespeilet, udgivet som Universitetsprogram, Christiania 1848.
ıa. Speculum regale, ein altnorwegischer Dialog etc. Herausgegeben von Dr. Oskar
Brenner. München 1881.
2. Eschricht, D.F., Undersögelser over Hvaldyrene. Kj6benhavn 1844. Særtrvk
af Kgl. Danske Videnskabernes Selskabs Afh.
3. Eschricht und Reinhardt, Om Nordhvalen, Kjöbenhavn 1861.
4. Fritzner, Dr. Johan, Ordbog over det gamle norske Sprog, Christiania [1862] —
1867.
5. Guldberg, G., Oleum physeteris s. choenoceti, in Monatshefte für Praktische
Dermatologie, Bd. X. 1890.
6. — Om Skandinavernes Hvalfangst, in Nordisk Tidsskrift 1890.
— Bidrag til Cetacéernes Biologi, Chr.a Vidensk. Selsk. Forh. 1886, No. 9.
8. — Zur Biologie der Nordatlantischen Finwalarten, in Zoolog. Jahrbücher Bd. II,
1886. i
9. — Bidrag til nöiere Kundskab om Atlanterhavets Rethval. Christiania Videnskabs
Selskabs Forh. 1891, No. 8.
Io. — Zur Kenntnis des Nordkapers. Zool. Jahrb. VII. Abt. f. Syst.
11. — Sur la présence, aux temps anciens et modernes, de la Baleine de Biscaye etc.
in Academie Roy. de Belgique 3me Serie, tome VII, No. 4. 1884.
12. — Næbhvalen, in ,,Naturen“ 1886, No. 11 u. 12.
40
13.
16.
17:
Guldberg, Die Waltiere des Königsspiegels.
EZ
Guldberg, Cetologische Mitteilungen, 1. Bemerkungen über das Auftreten und.
Fang von Pottwalen an den nordeuropäischen Küsten im letzten Dezennium, in
„Nyt Magasin f. Naturvidenskab“ Bd. 39. H. 4.
.— Über die Wanderungen verschiedener Bartenwale, in Biolog. Centralblatt
Bd. XXIII. Nr. 24 und Bd. XXIV. Nr. 11 und 12. 1904.
Lilljeborg, W., Sveriges och Norges Ryggradsdjur, I. Daggdjuren vol. II.
Nordgaard, O., Gamle Hvalnavne, in , Norsk Fiskeritidende“ 1902 H. 12 und
TO02 scuso:
Scoresby, Account of arctic regions, 1820.
Samlede Skrifter af Peder Claussòn Friis. Udgivet for den Norske historiske
Forening af Prof. Dr. Gustav Storm.
Sur un cas inédit de négresse-pie
au X VIN siecle
par
R. Blanchard,
Professeur à l’Université de Paris.
(Avec une planche).
| | l'époque où jétais étudiant à la Faculté de médecine
de Paris (1874—1880), j'avais remarqué maintes fois un
See très beau tableau qui représentait une jeune négresse-
pie et qui ornait l’une des salles d'examen. Place sur une che-
minée, à portée de la canne ou du parapluie, il avait été lardé
par les étudiants d’un nombre respectable de trous. Un beau
jour, les démolisseurs vinrent jeter a bas les vieilles salles d'examen
et le tableau disparut.
Cependant, j'en avais gardé un souvenir précis et je me
proposais de rechercher sa trace. Je le retrouvai dans les greniers
de la Faculté, au milieu d’autres tableaux ou portraits, dont un
certain nombre d’un réel intérêt artistique ou historique. J’obtins
du Doyen l'autorisation de le transporter à mon laboratoire; je
le soumis à une restauration habile et, depuis quatre ans environ,
il orne mon cabinet. Il est actuellement dans un parfait état et
jai la satisfaction d’avoir sauvé d’une destruction certaine une
beile œuvre d’art et de pouvoir faire connaître un cas inédit d’albi-
nisme partiel, qui ne le cède en intérêt ni au cas célèbre de Buffon
ni à celui de Le Masurier, dont il est contemporain.
Il suffit, en effet, de jeter un coup d’ceil sur la planche,
pour se convaincre que le cas est remarquable et que la peinture
A2 Blanchard, Sur un cas inédit de négresse-pie au XVIII siècle.
est de bonne qualité. Le tableau mesure 1™ 57 sur o® 97; la
hauteur totale du personnage, du bout des pieds au sommet de
la tête, est. de 1™ 27. C’est une fillette non pubère, a seins non
encore développés; elle est donc représentée à peu pres de gran-
deur naturelle. Sur l'une des pierres se lit, en langue portugaise,
la signature: Rocha pintou do natural, em 1780. 2 |.
consulté sur la provenance de ce tableau différentes personnes
connaissant bien l’histoire de la Faculté; j'ai fait moi-même des
recherches a cet égard, sans pouvoir établir a quelle date ni dans
quelles conditions cette peinture remarquable était entree a la
Faculte.
En 1901, mon preparateur, le Dr. M. Neveu-Lemaire,
ayant pris part a l'une des croisières de S. A. le Prince de
Monaco, eut l’occasion d’observer à l’île de Sao Thomé deux
jeunes nègres pies, au sujet desquels il publia une note’). Je
l’autorisai a faire mention de mon cas encore inédit et même a
en publier une gravure. Celle-ci, trop réduite, n’en donne qu’une
idée insuffisante.
Cependant, l’origine de mon tableau restait toujours inconnue.
A la fin de l’année 1903, mon ami le Commandant Chaves,
directeur de l’Observatoire meteorologique de Ponta Delgada
(Acores), vint me voir a mon laboratoire: il fut tres etonne d’y
trouver la toile en question, qui était identique, m’assura-t-il, a un
tableau du Musée ethnographique de Madrid. Quelque temps
apres, il m’envoya une photographie qu'il avait faite au Musée
ethnographique: on n’y voyait qu’une partie du tableau en question,
assez cependant pour constater que M. Chaves ne s’etait pas
trompe.
Jenvoyai alors une photographie de mon tableau a mon
ami le professeur I. Bolivar, directeur du Musee d’histoire
naturelle de Madrid, en le priant de bien vouloir la comparer au
tableau du Musée d’ethnographie. La réponse ne se fit pas attendre;
elle porte la date du 7 janvier 1904 et est ainsi conçue:
«Notre tableau est la copie exacte du vötre; il n’y a que
de très petites variations dans le paysage, mais la figure est la
') M. Neveu-Lemaire, Sur deux cas d’albinisme partiel observés chez des
nègres aux iles du cap Vert; considérations sur l’albinisme partiel chez ’Homme et
les animaux. Bulletin de la Soc. Zool. de France, XXVI, p. 179—192, 1901;
cf. p. 183— 184.
—
Blanchard, Sur un cas inédit de négresse-pie au XVIII¢ siècle, 43
méme et dans la méme position. Notre tableau mesure 1" 37
sur om 84 et la figure (du bout de l’orteil au sommet de la tête)
1™ 27. Il est signe sur l’une des pierres qui se trouvent a gauche:
Joaq® M® da Rocha pintou do natural 1786. Ce tableau
se trouve au Musée de Madrid depuis longtemps; je l’ai toujours
connu et jignore sa provenance, mais je tächerai de connaître
son histoire,»
Un peu plus tard, le 20 janvier, une nouvelle lettre éclair-
cissait le mystère:
«Dans les archives du Musée, écrivait don I. Bolivar, se
trouve cette indication:
<1792, 22 Sept. — D2 Jose Pavon entresa nna colec-
cion de inséctos del Peru y retrato de nifia pia hija
de padres negros remitida por el Gobernador de Santo
Domingo.»
La traite des négres n’ayant jamais été pratiquee au Perou,
c'est donc de Saint-Domingue que la jeune négresse pie était
originaire; elle y est née de parents entierement noirs. Voila
un point acquis, et il est important. Il devait m’orienter dans
de nouvelles tentatives pour determiner l’origine de mon tableau.
Mais je n’ai pas eu plus de chance que precedemment; je crois
donc pouvoir affirmer qu'il n’existe a la Faculté de médecine
aucun document permettant d’élucider ce probleme.
En 1786, l’île de Saint-Domingue appartenait à l'Espagne
pour la partie orientale et à la France pour la partie occidentale:
il est vraisemblable que le peintre portugais J. M. da Rocha
vendit, comme un objet de haute curiosité, l’un des deux exem-
plaires de sa toile au Gouverneur de la colonie espagnole et l’autre
exemplaire au.Gouverneur de la colonie française. Ainsi s’expli-
querait la transmission toute naturelle du tableau a la Faculté
de médecine, par les soins du Ministére de la marine. C’est donc,
pensons-nous, dans les archives de ce Ministère qu’on devra trouver
les documents relatifs a cette peinture.
Quoi qu’il en soit, nous nous trouvons en presence d’un cas
d’albinisme partiel, chez une négresse née a Saint-Domingue, de
parents négres. Le cas est-il vraiment inédit, ainsi que je Vai
annoncé plus haut? J'ai voulu éclaircir ce point et j'ai acquis la
conviction qu’effectivement personne encore (sauf le D' Neveu-
44 Blanchard, Sur un cas inédit de négresse-pie au XVIII¢ siècle.
Lemaire, avec mon autorisation) n’avait signalé ce tableau pourtant
si remarquable. |
Simon!) a fait le releve de tous les cas de negres-pies
(Elsterneger, Schecken) connus en 1861. Il arrive a un
total de 22 cas; aucun d’eux ne concorde avec le mien, ni par
la localite, ni par la date, ni par le sexe ou l’äge du sujet, ni
par la description des taches.
| La galerie d’anthropologie du Museum de Paris possede
deux remarquables tableaux peints par Le Masurier à la Mar-
tinique, en 1782; ils représentent une negresse pie, âgée d’environ
12 à 15 mois. Ils ne concordent pas pour l’âge avec mon tableau
qui, exécuté quatre ans plus tard, représente une fillette de 13 ans
environ; maloré une très grande ressemblance générale, au moins
pour la face antérieure du corps, ils ne concordent pas non plus
dans le detail ?).
Jai dit que Simon avait réuni 22 cas de negres pies. En
realite, il importe d’etablir deux categories, parmi les observations
quil resume. Un premier lot doit comprendre les cas où l’albi-
nisme partiel est congénital et reste immuable au cours des ans.
Une seconde catégorie doit renfermer les cas où des individus,
nes completement noirs, ont vu apparaître, a une époque plus ou
moins précoce, des taches blanches qui se sont étalées plus ou
1) Th. Simon, Uber Albinismus partialis bei Farbigen und Europäern. Deutsche
Klinik, XII, p. 399—402, 407—410, 1861.
?) Is. Geoffroy Saint-Hilaire (Traité de tératologie, I, p. 310,
1836) consacre quelques mots au cas de Le Masurier. A part cette brève mention,
ce cas est généralement demeuré inaperçu. Jen ai déjà donné une description dans
la Grande Encyclopédie (article Albinisme, I, p. 1174—1181, 1885; cf. p. 1177
— 1178); il n'est pas inutile de la reproduire ici: « On voit encore aujourd’hui, dans la
galerie d’anthropologie du Muséum, deux tableaux qui représentent cette négresse
pie; l’un deux porte la mention: «ad vivum accuratissime pingebat in
Martinica Le Masurier anno 1782.» Accuratissime est parfaitement
approprié, car les deux toiles sont d’une finesse remarquable. Dans l’une, l’enfant,
agée de quelques mois, est vue par le côté droit et par trois quarts de dos; dans
l’autre, elle est vue de face. Nous avons eu déjà l’occasion de dire que le visage
et les chairs étaient rosés. La téte est noire, mais une tache blanche très symé-
trique s’observe sur le menton et descend sur le cou; une autre, tout aussi régulière,
se voit sur le front et remonte sur le cuir chevelu. La partie antérieure du tronc
est blanche, parsemée de taches noires. Les bras, les avant-bras, les cuisses et la
moitié supérieure des jambes sont également blancs. La nuque, le dos et les fesses
sont noirs. On dirait qu’un voile noir a été tendu sur la face postérieure, un voile
blanc tacheté de noir sur la face antérieure; on dirait de plus que l’enfant a des
brodequins et des mitaines noirs, le bout des doigts de la main étant blanc. »
Zoologische Annalen. Bd. I.
Sur un cas inédit de négresse-pie au XVIII: siècle
par
R. Blanchard.
Blanchard, Sur un cas inédit de négresse-pie au XVIII siècle. 45
moins rapidement a la surface du corps, parfois de facon a rendre
celui-ci complétement blanc dans l’espace de quelques années.
Ce partage étant effectué, on constate que le nombre des
cas d’albinisme partie] congénital se réduit a onze, savoir: les
observations 4—-8 et 1o—15. La plus célèbre de ces observations
est sans contredit celle de Buffon'): elle concerne une jeune
négresse pie, «Marie Sabina, nee le 12 octobre 1736, a Matuna,
plantation appartenant aux Jésuites de Carthagene en Amérique,
de deux Negres esclaves, nommés Martiniano et Padrona»
Le célèbre naturaliste français en eut connaissance par un tableau
trouvé, en 1746, à bord d’un navire anglais capturé par un
corsaire français, tableau qui lui fut envoyé, à la date du 10 sep-
tembre 1772, par Taverne, ancien bourgmestre et subdélégué de
Dunkerque. Simon pense que Marie Sabina est cette même
négresse pie dont le P. Jose Gumilla, de la compagnie de
Jésus, signale l’existence aux environs de Carthagène, en 1738;
c'est, en effet, très probablement la même personne. Buffon
fit faire, d’après le tableau qui lui fut transmis, une gravure qui
orne ses œuvres et qui est bien connue. C’est une composition
charmante et gracieuse, qui rend d’autant plus regrettable la perte
de la peinture originale.
On doit déplorer tout autant la perte du portrait trouvé à
bord d’un vaisseau espagnol capturé par l’amiral Franklin.
Il s'agissait d’un jeune nègre, né de parents noirs dans les colonies
espagnoles et partout tacheté de noir et de blanc.
Blumenbach possédait le portrait de trois nègres pies, un
garçon et deux filles. Que sont devenus également ces dessins?
Les observations 1—3, 9 et 16--22 de Simon ne se rappor-
tent pas au véritable albinisme partiel. Elles concernent des
individus qui, nés entièrement noirs, ont blanchi partiellement, soit
sans cause apparente, soit à la suite de maladies graves ou de
fortes émotions, à un âge d’ailleurs très variable (de 3 à 50 ans):
la dépigmentation du tégument est totale, aux points où elle se
manifeste, et s'étend progressivement. Il s’agit donc ici simple-
ment de vitiligo ou d’une affection analogue, causée par des
troubles nerveux.
1) Histoire natureile. Paris, in- 4°; cf. supplément, IV, p. 555—578,
et pl. II, 1787.
46 | Blanchard, Sur un cas inédit de négresse-pie au XVIII® siècle.
En somme, les cas de véritable albinisme partiel ne sont
pas très nombreux. Ceux qu’a recueillis Simon ne sont qu’au
nombre de 11; le mien fait le 12°: En tenant: compte fes
recents, enumeres par Neveu-Lemaire, on arrive au plus a un
total de 23 a 25 cas. Tous se rapportent a des négres d’Afrique,
nes ou observés pour la plupart en Amérique; un seul cas,
recueilli par Francois a Lifou, concerne un Négrito des iles
Loyaute.
Richtigstellung einiger Gattungsnamen unter
den Säugern.
Von
Franz Poche, Berlin.
È der Durcharbeittng der Säugetiere anläßlich eines sich
\ | nunmehr dem Abschlusse nähernden zoogeographischen
Werkes fand ich, daß einige der bisher üblichen Gattungs-
namen aus diesem oder jenem Grunde unhaltbar sind, und zwar
sind dies die folgenden:
Microlestes Plieninger (Jahrh. Ver. Vaterl. Naturk. Württem-
berg III, 1847, pag. 164) ist durch Merolestes Schmidt-Goebel
(Fauna Coleopt. Birm., 1846, pag. 42) unter den Coleopteren
präoccupiert. An seine Stelle hat daher der Name Zypsıprym-
nopsis Dawkins (Quart. Journ. Geol. Soc. London XX, 1864,
pag. 411) zu treten.
Der Name Chlamyphorus Harlan (Ann, Lyc. Nat. Hist.
New-York I, 1825, pag. 237) wird ganz allgemein in der verbesserten
Form Chlamydophorus (Wagler, Natürl. Syst. Amphib., 1830,
pag. 35) verwendet. Da aber eine solche Anderung der Bildung
eines Namens nach den internationalen Nomenklaturregeln nicht
zulässig ist, so ist die ursprüngliche Form desselben wieder in
Gebrauch zu nehmen. Demgemäß ist auch die bisher so genannte
Unterfamilie Chlamydophorinae als Chlamyphorinae zu be-
zeichnen. a
Sphenodon Lund (Ann. Sci. Nat. (2) XI, 1839, pag. 220 [hier
errore Spenodon; cf. pag. 231]) ist durch Sfhezodon Gray (Zool.
Miscell. 1831, pag. 14 [hier SfAaezodon] präoccupiert. Es ist
daher nötig, dafür einen neuen Namen zu schaffen, und erlaube
48 | Poche, Richtigstellung einiger Gattungsnamen unter den Säugern.
EEE
ich mir, die Gattung nach Herrn Professor P.Matschie, dessen
scharfsinnige Forschungen bereits so viel Licht auf die Verbrei-
tung der Säugetiere geworfen haben,
Matschreella, nom. nov.,
zu nennen. Die typische Art derselben ist somit als Mazscheeella
minuta (Ld.) zu bezeichnen,
Halticus Brandt (Bull. Cl. Phys.-Math. Acad. Sci. St.-Peters-
bourg II, 1844, Spalte 213) ist durch Aaltcus Hahn (Wanzenart.
Insecten I, 1831, pag. 113) unter den Hemipteren präoccupiert,
und hat infolgedessen dafür der Name Sczrtopoda Brandt
de essSpalte 2172) femzutre tene
In Ann. Mag. Nat. Hist.(7) XI, 1903, pag. 388 führt Troues-
sart für Megalomys Trouessart (Naturalliste III, 1881, p. 357)
den neuen Namen Moschomys ein, und zwar mit der Begründung
(pag. 387), dass der Name Adegamys bereits von [d’ Orbi gny u.]Lau-
rillard (in d Orbigny, Voy. Amer. Merid. IIL 4 Th, Fakon
tologie, 1842, pag. 110) für eine andere, fossile Nagergattung ver-
wendet wurde, dieser Name aber unrichtig ist als eine Abkürzung
n „Megalomys‘“, dem einzigen richtig gebildeten Namen. In
Übereinstimmung mit den von den Internationalen Zoologen-Kon-
gressen vorgeschriebenen Nomenklaturregeln sollte „Megamys“ zu
„Megalomys‘‘ verbessert werden, und ist daher der Name Megalomys
Trt. präoccupiert und muss geändert werden. — Dagegen ist
folgendes zu bemerken: Die internationalen Nomenclaturregeln
bestimmen nicht nur nicht, daß Fehler in der Bildung eines
Namens zu berichtigen sind, sondern sagen vielmehr (pag. 936,
I, $ 8) ausdrücklich: „Die ursprüngliche Schreibung eines Namens
ist beizubehalten, falls nicht ein Schreib- oder Druckfehler oder
ein Fehler der Transkription nachzuweisen ist“, und weiterhin
(pag. 945, Ratschläge, $ 5 e): „Aehnliche Gattungsnamen sind
nicht zu verwerfen, wenn sie nicht bei richtiger Schreibweise
absolut identisch sind.“ (eine Bestimmung, die, wie ich vor kurzem
[Zool. Anz. XXVII, 1904, pag. 297] nachgewiesen habe, unbedingt
als Regel und nicht als Ratschlag aufzufassen ist). Eine
Änderung der Bildung eines Namens, wie Trouessart sie hier
vertritt, ist also ganz unzulässig. Es ist somit auch der Name
Megalomys Trt. durch Megamys Orb. Laurill. nicht präoccupiert
und daher an Stelle des jüngeren Namens Moschomys Trt. bei-
zubehalten, bezw. wieder in Gebrauch zu nehmen.
aa
Poche, Richtigstellung einiger Gattungsnamen unter den Säugern. 49
Ferner möchte ich die Gelegenheit benützen, um auf die
Prioritätsrechte des Namens Zelladotherrum tigrinum Johnston
(in: Cornish, Living Animals of the World I, 1890—9I, pag. 270)
hinzuweisen. Da mir das betreffende Werk leider nicht zugäng-
lich ist, so entnehme ich denselben aus Lydekker, Zool. Rec.
1902, Vol. XX XIX, 1903, Mammalia, pag. 39. Da der Name nach
dem Charakter des Werkes (soweit dieser sich aus dem Titel des-
selben erschließen läßt) wohl kaum ein „nomen nudum“ sein dürfte,
sich offenbar auf einen Vertreter des Genus Okapra Lank. bezieht und
älter ist als die beiden anderen für solche aufgestellten Artnamen
Johnston! (Equus? johnstont Sclater, Proc. Zool. Soc. Lond. 1901,
I, pag. 50) und erzkssont (Okapia Erıkssoni Ray Lankester,
Ann. Mag. Nat. Hist. (7) X, 1902, pag. 417), so wird er jedenfalls
an die Stelle eines derselben treten müssen, vorausgesetzt, daß
sich in dem Falle, daß die gedachten beiden Arten wirklich ver-
schieden sind — was ja noch keineswegs über jeden Zweifel er-
haben ist (s. Ray Lankester, l.c., pag. 418) —, ermitteln läßt,
auf welche derselben er sich bezieht. Es wäre dann also das
Okapi, bezw. eine der beiden Arten desselben, als Okapra hıgrına
(Johnst.) zu bezeichnen.
Zool. Annalen. I. 4
Zur Nomenclatur der Salamandriden.
Von
Franz Poche, Berlin.
Amphib, 1830, pag. 209)nur die Larvenform von Améblystoma
Tschudi (Classif. Batrach., 1838, pag. 92 [hier errore? Am-
bystoma)) ist, wird die betreffende Catane durchweg unter letz-
terem Namen angeführt. Dies ist jedoch unstatthaft, da es be-
kanntlich für die Gültigkeit eines Namens irrelevant ist, ob der-
selbe auf das ausgebildete Tier oder auf ein Entwicklungsstadium
gegründet wurde. Es hat daher an die Stelle von Amblystoma
Tsch. der Name Szvedon Wagl. zu treten. Dementsprechend
ist auch die bisher so genannte Unterfamilie Amödlystomatınae
fortan als Szvedoninae zu bezeichnen. — Nach demselben Grund-
satze muß, falls man, wie es beispielsweise Boulenger (Cat.
Batrach. Grad. Coll. Brit. Mus. >2.. Aufl, 1882, , pas 258)
Günther (in Godman und Salvin, Biologia Centr.-Amer.,
Batrachia, 1901, pag. 295 f.) tun, Salamandra tigrina Green (Journ.
Acad. Nat. Sci. Philadelphia V, 1825, pag. 116) und Gyrınus mexı-
canus G. Shaw (Naturalists Miscell. IX, 1798, pag. — [Text zu
Tab. 342] [das Datum entnehme ich aus Sherborn, Ann. Mag.
Nat. Hist. (6) XV, 1895, pag. 376|) — welcher letztere Name
gleichfalls auf die Larvenform gegründet ist — zu einer Art ver-
einigt — s. dagegen aber z. B. Cope, Bull. Un.) St Nat. Muse
34, 1889, pag. 84 —, diese als Szredon mextcanus (G. Shaw) und
nicht, wie bisher fast durchweg geschehen, als Amélystoma hıgrı-
num (Green), bezw. Szredon tigrinus (Green), bezeichnet werden.
S q eitdem es bekannt wurde, daß Szredon W agler (Natürl. Syst.
Die Grundzüge der älteren Embryologie
bis Harvey).
Von
Dr. Bruno Bloch, Basel.
| | be dem Aufschwung, den die Medizingeschichte in letzter
Zeit genommen hat, ist ein Gebiet bisher fast unberihrt
(53 geblieben: die Geschichte der Embryologie, ob-
schon gerade hier ein Verständnis für manche Grundprobleme und
methodologische Eigentümlichkeiten nur auf historischer Basis ge-
wonnen werden kann. Der große Gegensatz, der besteht zwischen
dem Aufwand von Forscherarbeit, der in dem empirischen Ausbau
der Embryologie zutage tritt und dem Interesse, das der historischen
Entwickelung dieser Wissenschaft im allgemeinen entgegengebracht
wird, muß auffallen. In keinem der bekannten medizinhistorischen
Handbücher, auch nicht in dem neuesten und ausführlichsten von
Pagel-Neuburger findet sich eine Darstellung der Geschichte
der Embryologie, die ihrem praktischen Werte — in der Medizin
— und ihrer theoretischen Bedeutung — in der Deszendenz-
lehre — auch nur einigermaßen gerecht würde. Was uns in
diesen Werken geboten wird, das sind lediglich vereinzelte, un-
zusammenhängende Notizen über embryologische Entdeckungen
und Abhandlungen; nirgends ist jedoch der Versuch gemacht,
den Bindegliedern nachzuforschen und die losen Einzelfakta zu
einer geschlossenen Gesamtdarstellung zu verknüpfen. Eine Aus-
nahme macht nur die historische Abhandlung, mit der O. Hert-
wig sein Handbuch der vergleichenden Entwickelungslehre der
Wirbeltiere einleitet: sie gibt uns ein zusammenhängendes Bild
!) Nach einem in der Naturforschenden Gesellschaft zu Basel gehaltenen Vortrage.
A*
52 Bloch, Die Grundziige der alteren Embryologie bis Harvey.
der Hauptströmungen in der Embryologie, wenigstens für die
neuere Periode, etwa von der zweiten Hälfte des XVII Jahr-
hunderts an. Doch fehlt hier die Grundlage, nämlich die Ge-
schichte der antiken Embryologie, deren Kenntnis es allein er-
möglicht, den richtigen Standpunkt und das wahre Verständnis
für die Beurteilung der späteren Perioden zu gewinnen. Und doch
ist eigentlich, wenn man unbefangen an die Frage herantritt, gar
nicht einzusehen, weshalb gerade die Entwickelungsgeschichte,
wie allgemein angenommen wird, eine so viel kürzere Vergangen-
heit hinter sich haben sollte, als die gesamte Heilkunde und ihre
Hülfswissenschaften.
Die große io Bedeutung der Embryologie mußte
ja schon den frühesten Ärzten und Naturforschern durch die
Erfahrungen bei Geburten und Aborten wie bei der Tierzüchtung
lebhaft zum Bewußtsein kommen. Das Grundproblem, auf dem
sich die embryologische Wissenschaft aufbaut — die Frage: wie
entsteht ein lebender Organismus, welche Umwandlungen erfahrt
der urspriingliche Keim bis zu seiner definitiven Gestaltung? —
ist ein einfaches und naheliegendes; die Wahrscheinlichkeit, daß
es schon in relativ sehr friiher Zeit aufgestellt worden ist, ist eine
große — umsomehr, als das ihm so eng verwandte kosmo-
genetische Problem, das die Entstehung des Weltganzen zu er-
gründen sucht, wie uns die Mythen aller Völker beweisen, ein
uraltes ist. Primitiv und leicht zugänglich ist aber auch, was
noch viel mehr besagen will, die Technik, deren es zur Lösung
der einfachsten Fragen der Embryologie bedarf: denn die Ge-
legenheit, menschliche und tierische Embryonen, besonders Vogel-
embryonen zu beobachten und zu zergliedern, war zu allen Zeiten
gegeben.
Sehen wir zu, inwieweit diese zunächst rein aprioristischen
Annahmen durch die geschichtliche Quellenforschung gestützt und
bestätigt werden!
Die Geschichte der Embryologie im Altertum knüpft sich
— von den unzuverlässigen Spuren embryologischer Kenntnisse
der Ägypter und Babylonier kann hier wohl abgesehen werden
— eng an die Namen und Arbeiten seiner drei größten Natur-
forscher und Ärzte: Hippokrates, Aristoteles und Galen.
Zwar haben sich schon die vorhippokratischen griechischen
Naturphilosophen, Pythagoras, Alkmaeon, Anaxagoras,
Parmenides und besonders Empedokles und Demokritos
Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. 53
mit den Problemen der Entwickelung abgegeben. Zahlreiche,
noch erhaltene Fragmente aus ihren Schriften, die ich hier nicht
einer näheren Besprechung unterziehen kann, beweisen das. Sie
zeigen uns, daß sich schon diese Männer mit den Fragen in
erster Linie beschäftigt haben, welche bis in die neueste Zeit
hinein die wichtigsten Aufgaben, die am heftigsten diskutierten
Themata der Embryologen bildeten. Es sind das die Fragen
nach der Herkunft und dem Wesen des Zeugungsstoffes, die Be-
teiligung der beiden Geschlechter an der Hervorbringung eines
neuen Individuums, die Bestimmung der Geschlechter und die
Ursachen der Geschlechtsverschiedenheit, die Ernährung des
Fötus und, nicht zum wenigsten, die folgenschwere Untersuchung,
welches von den Organen des Körpers in der Entwickelung zeit-
lich und sachlich den ersten Rang einnehme, die Frage nach dem
Primat der Teile, wie wir sie von nun an bezeichnen wollen.
Es wäre unstatthaft, die Gesamtleistung der vorhippokratischen
Periode auf embryologischem Gebiete nach den vereinzelten
Überbleibseln einer einst wohl ausgedehnten Literatur beurteilen
zu wollen. Den einen Schluß lassen sie jedoch wohl zu: alle
diese Naturphilosophen haben entwickelungsgeschichtliche Auf-
gaben zu lösen versucht nicht auf Grund eines sorgfältig ge-
sammelten Tatsachenmaterials; ihre embryologischen Anschauungen
sind vielmehr der Ausfluß ihrer allgemein-philosophischen Prin-
zipien und Ergebnis aprioristischer Spekulation. So trägt z. B.
Empedokles seine Theorie von den vier Elementen in die Lehre
von der Entwickelung des Fötus hinein. Es ist diese Vermengung
rein embryologischer Fragen mit physiologischen und philo-
sophischen keine vereinzelte Erscheinung. Wir begegnen ihr in
der gesamten antiken Embryologie und Biologie, bei Hippo-
krates so gut wie bei Aristoteles und Galen. Nur ganz
allmählich hat sich aus dem Wirrwarr von Hypothesen und
Theorien eine schärfere Fassung der embryologischen Probleme
losgeschält. Ihre frühere Stellung als integrierender Bestandteil
der Physiologie hat sie sogar — von wenigen Ausnahmen ab-
gesehen — bis weit in die neuere Zeit hinein behalten und wenn
wir noch heutzutage in manchen Lehrbüchern der Physiologie
als Anhang einen Abriß der Embryologie finden, so ist das noch
ein Rest jener althergebrachten Anschauung, welche physiologische
und rein genetische Fragen und Gesichtspunkte nicht streng zu
scheiden wußte.
54 Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey.
Von den griechischen Naturphilosophen stark beeinflußt,
sowohl was die Methodik des Forschens und Denkens anbetrifft,
als auch nach den theoretischen und allgemein biologischen Voraus-
setzungen, erweisen sich mehrere Bestandteile der großen hippo-
kratischen Schriftsammlung, welche embryologische Angaben
enthalten. Es sind das die Bücher De carne (negl oagxwv),
De diaeta (magi diairms) und De alimento (negl toogis). Auf
ihren Inhalt näher einzugehen, ist hier nicht der Ort, so bezeichnend
er auch ist für gewisse Eigentümlichkeiten der antiken Physiologie.
Weit über alle diese Versuche, aus Hypothesen und halb-
philosophischen, halb naturwissenschaftlichen Prinzipien eine, nur
durch wenige und unzulängliche Beobachtungen gestützte Ent-
wickelungsgeschichte zu konstruieren, steht das hippokratische
Buch De natura pueri (megl gvoros naıdiov), das zusammen mit
der Schrift De semine (neel yovrs) ein Ganzes bildet. Es ist
ein in mancher Beziehung geradezu klassisches Werk von ganz
hervorragender Bedeutung für die Geschichte der Embryologie.
Sein Wert beruht nicht darauf, daß es die Embryologie um zahl-
reiche Einzelbeobachtungen bereichert. Solche finden sich viel-
mehr nur spärlich; sie sind umsponnen von einem Gewebe rein
theoretischer und hypothetischer Voraussetzungen und Deutungen,
in denen wir uns nun schwer mehr zurechtzufinden vermögen. Die
Zeugungstheorie zeigt Anklänge an Empedokles. Sowohl
Mann als Weib bringen zweierlei Samen hervor: kräftigeren männ-
lichen und schwächeren weiblichen. Derselbe stellt gewissermaßen
einen Extrakt des ganzen Körpers vor; er strömt bei der Be-
gattung durch das Rückenmark in die Geschlechtsteile und je
nachdem bei der Befruchtung der eine oder andere Samen an
Stärke und Menge überwiegt, gleicht das Junge dem Vater oder
der Mutter. Die erste Entwickelung der Frucht wird mit einem
Brennprozeß verglichen. Von der Mutter her gelangt Pneuma,
Luftgeist, in die Frucht, dehnt sich dort aus, erwärmt die Masse
und bricht sich, indem er diese zu einer Art von Aufwallung
bringt, nach außen Bahn, während frisches Pneuma fortwährend
nachströmt; denn „alles was erwärmt wird“, so läßt sich der
unbekannte Autor vernehmen, „läßt Pneuma fahren und zieht
anderes, nämlich kaltes zu sich heran, als Ersatz hiefür, von
welchem es sich nährt“. Außer durch Pneuma ernährt sich
der Fötus auch durch das Blut der Mutter, das, anstatt der Menses,
dem Uterus und durch den Nabelstrang dem Fötus zuströmt,
Bloch, Die Grundziige der alteren Embryologie bis Harvey. 55
kontinuierlich und in allmählich zunehmender Menge. Kochung,
Gerinnung und Austrocknung sind auch bei der Bildung des
Körpers und der Eihäute tätig. Die Gestaltung des Körpers, die
Gliederung der Organe und die Entstehung der Gewebe bewirkt
wiederum das Pneuma, als trennendes und vereinigendes Prinzip.
Ich will den Leser nicht mit der ganzen, uns oft fremdartig an-
mutenden Vorstellungsreihe belästigen. Eine Stelle möge als
typisches Beispiel genügen, sie lautet also:
„Das Fleisch aber bekommt während seines Wachstums
durch das Pneuma Gelenke, und es gesellt sich in ihm immer
das Gleiche zum Gleichen, das Feste zum Festen, das Lockere
zum Lockeren, das Feuchte zum Feuchten; ein jedes geht aber
an den ihm eigenen Platz, zu dem ihm Verwandten, aus dem
es entstanden ist. So ist alles, was aus dem Festen entstanden
ist, fest, alles was aus dem Feuchten entstanden ist, feucht.
Auf dieselbe Art und Weise bildet sich auch das übrige während
des Wachstums; die Knochen werden durch die Wärme fest
gemacht und bekommen Zweige wie ein Baum. Alle diese
Einzelheiten bilden sich aber infolge der Atmung aus, weil sich
durch das Aufblasen alles je nach der Wahlverwandtschaft
temi
Die Auffindung und richtige Beschreibung embryologischer
Tatsachen, die Aufzählung guter Einzelbeobachtungen ist es also
nicht, wodurch der Autor des Buches De natura pueri so gewaltig
vor seinen Zeitgenossen hervorsticht. Aber er bietet etwas anderes,
weit wichtigeres: er hat gefunden, durch Überlegung und Beob-
achtung, daß man im Studium der Embryologie am einfachsten
und sichersten zum Ziele gelangt, wenn man eine Henne eine
Anzahl Eier ausbrüten läßt, Tag für Tag eines derselben öffnet
und den Embryo besichtigt und die so gewonnenen Erfahrungen
auch auf die, ungleich schwieriger zu verfolgende Entwickelung
anderer Lebewesen anwendet. Das war eine geniale Kon-
zeption wie sie uns in der Geschichte der Wissenschaften nicht
oft begegnet; denn damit war die Methode der wissenschaftlichen
embryologischen Forschung entdeckt, welche nicht nur bis in die
neueste Zeit die wichtigste und ergebnisreichste geblieben ist,
sondern die, solange die modernen technischen Hilfsmittel fehlten,
überhaupt die einzige war, mit welcher man auf entwickelungs-
geschichtlichem Gebiete Ersprießliches leisten konnte. Und diese
Entdeckung ist nicht etwa eine zufällige; sie ist der Ausfluß und
56 Bloch, Die Grundziige der alteren Embryologie bis Harvey.
die Konsequenz des ganzen, ùberraschend tiefen und gereiften
Auffassung des Verfassers vom Wesen der Entwickelung über-
haupt. Der Entwickelungsgang zeigt — das ist seine
mehrfach ausgesprochene Uberzeugung — bei allen Orga-
nismen, Pflanzen und Tieren, im Prinzip analoge Grund-
züge, seine wichtigsten und prinzipiellen Erschei-
nungen sind gesetzmäßige und allgemein gültige
Das ist der Grund, weshalb von der Entwickelung des Hühnchens
im Ei auf die der Menschen und der Säugetiere geschlossen
werden kann.
Diese Anschauung veranlaßt den Autor, auch über die Ent-
wickelung der Pflanzen einige elementare Beobachtungen
mitzuteilen, ihre Abhängigkeit vom Standort mit der Beeinflussung
des Embryos durch die Konstitution der Mutter zu vergleichen,
seine Angaben über die Gestaltung des Fötus im Uterus mit
Beispielen aus der Entwickelung des Hühnchens zu erläutern und
zu beweisen. Ich führe die in dieser Hinsicht wichtigste Stelle
aus dem Buche hier an. Sie lautet:
„Ich behaupte also, daß die Erdgewächse alle von der aus
der Erde stammenden Feuchtigkeit leben, und daß die Gewächse
solche Feuchtigkeit in sich haben, wie auch die Erde in sich
trägt. In gleicher Weise lebt das Kind im Uterus der Mutter,
und soweit die Mutter gesund ist, ist auch das Kind gesund.
Wenn einer aber das hierüber Gesagte vom Anfang bis Ende
verstehen will, so wird er finden, daß die Beschaffenheit der
aus der Erde stammenden Gewächse in allen Stücken dieselbe
ist wie die der menschlichen Frucht“.
So lehrt auch die Beobachtung der Bildung des Hühnchens
im Ei, daß seine Entwickelung im ganzen und großen verläuft
wie die des Menschen im Uterus; denn:
„auch im übrigen wird man diejenige Beschaffenheit des Fötus,
von welcher ich gesprochen habe vom Anfang bis Ende so
finden, wie ich es bei der Betrachtung derselben dargelegt habe,
wenn man nämlich sich der Beweise, welche ich vorbringen
werde, bedienen will. Wenn man nämlich 20 oder mehr Eier
einer oder zwei Hennen unterlegt, und vom zweiten Tag an-
gefangen, bis zu dem letzten, an welchem das Junge aus dem
Ei kriechen wird, täglich ein Ei wegnimmt und zerbricht, so
wird man, wenn man zusieht, alles meiner Beschreibung ent-
Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. 57
sprechend finden, soweit man einen Vogel mit einem Menschen
vergleichen kann.“
Hs ist im Grunde nichts anderes als die Idee einer ver-
gleichenden Entwickelungsgeschichte die in diesen Sätzen
ausgesprochen wird. Aus ihr heraus ist offenbar die Methode
geboren worden, die sich später zu einer so fruchtbringenden
gestalten sollte. Erst sehr viel später allerdings! Zweitausend
Jahre lang blieb sie unbeachtet und unbenützt, bis sie ein italieni-
scher Gelehrter der Renaissance, Ulisse Aldorvandi, wieder
ans Tageslicht zog und damit die moderne Ära der Embryologie
anbahnte. Weder das Altertum noch das Mittelalter war reif
genug für den Gedanken; und auch der Entdecker hat ihn keines-
wegs so verarbeitet, daß erhebliche wissenschaftliche Erfolge daraus
erwuchsen.
Der einzige, der in diesem Zeitraum wenigstens teilweise
auf dem Wege fortgeschritten ist, den die hippokratische Schrift
gewiesen hat, ist Aristoteles. Sein großes embryologisches
Werk De generatione animalium (meoi Cawy yevéoews) ist in
mancher Beziehung als eine Fortsetzung und Ausfihrung dessen
anzusehen, was im Buche iber die Entstehung des Kindes be-
gonnen und angedeutet war. Er hat den Gedanken von der Ein-
heitlichkeit der Entwickelung ausgebaut und soweit die zeitlichen
und persönlichen Bedingungen dazu vorhanden waren, in die
Tat umgesetzt. Was uns in seinem Werke so sehr imponiert,
das ist der universelle Blick, der die embryologischen Verhält-
nisse aller bekannten Tierarten zu umfassen trachtet, und der
streng logische Aufbau der Systematik und der Theorien.
Nicht nur die Säugetiere oder gar, wie bei den meisten
späteren Embryologen, allein der Mensch, werden in den Bereich
der Untersuchung gezogen. Auch den Vögeln, den Reptilien,
den Fischen und den meisten wirbellosen Tierklassen wird Be-
achtung geschenkt. Uber die Entwickelung des Hühnchens
werden einige vorzügliche Beobachtungen mitgeteilt; schon am
‚dritten Tage nach Beginn der Bebrütung erblickte Aristoteles
das pulsierende Herz. Er kennt ferner die Placenta, Nabelschnur,
Dottersack und -Gang bei den Selachiern. Das alles mußte be-
kanntlich im 19. Jahrhundert von Joh. Müller von neuem ent-
deckt werden. Er macht richtige Angaben über die Befruchtung
und Entwickelung bei den Kephalopoden und erläutert sie, wie
aus dem Texte hervorgeht, sogar durch Abbildungen; er be-
58 Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey.
schaftigt sich mit der Zeugung und Entwickelung der Bienen,
Wiirmer und zahlreicher anderer Wirbellosen. Seine Theorien
bestechen durch ihre Klarheit und Folgerichtigkeit. Freilich
stehen sie gar oft in der Luft; sie erweisen sich als rein begriff-
liche Konstruktionen eines genialen Denkers, deren empirischer
Unterbau oft aus falschen und mißdeuteten Beobachtungen, aus
kritiklos aufgenommenen Berichten besteht. Das gilt vor allem
von der Zeugungstheorie des Aristoteles. Und das von Erfolg
begleitete Bestreben, auch alles das in feste Formen der
systematischen Ordnung zu fugen, was der Natur der Sache und
der zeitlichen Umstände nach notwendig zweifelhaft oder ganz
unrichtig war, mußte die Nachbeter in ein ebenso bequemes als
verhängnisvolles Gefühl der Sicherheit wiegen, das kein weiteres
Fragen nnd damit auch kein Forschen und keinen Fortschritt
zuließ. Schwerer noch fällt der Umstand ins Gewicht, daß
Aristoteles die wichtigste Anregung der Hippokratischen
Bücher nicht ausgeführt hat. Er hat zwar vereinzelt Hühner-
embryonen beobachtet; darüber kann nach seinen Versicherungen
gar kein Zweifel herrschen; wir vermissen jedoch bei ihm eine konti-
nuierliche, lückenlose Beobachtung und Darstellung der aufeinan-
derfolgenden Stadien, wie sie jene Schrift klar vorgeschrieben hatte.
Aristoteles unterscheidet vier Arten von Zeugung: die
Urzeugung, die Sprossenbildung, die parthenogenetische und die
geschlechtliche Zeugung.
Urzeugung nimmt er für eine große Zahl von Wirbel-
losen und einige Wirbeltiere an: An dieser Lehre der Entstehung
von Lebewesen aus toter Materie ist bis ins XVI. Jahrhundert
hinein nie gerüttelt worden. Erst Francesco Redi hat in
seinen „Esperienze intorno alla generazione delle insetti‘ (Firenze
1608) wenigstens für die Insekten und Würmer den Beweis er-
bracht, daß keine Generatio spontanea vorliege. Für die antiken
Menschen lag ja in der Annahme einer Urzeugung gar nichts
besonders Auffälliges und Unerklärliches: war ihm doch die un-
organische Welt ebenso sehr von Leben und Bewegung erfüllt
wie die organisierte. Aristoteles selber spricht das deutlich
genug aus in. folgenden Worten: „Es entstehen aber die Tiere
und die Pflanzen in der Erde und in dem Feuchten, weil in der
Erde Wasser vorhanden ist und in dem Wasser Luft, in aller
Luft aber Lebenswärme, so daß gewissermaßen alles von Leben
erfüllt ist.“ (De gen. anim. III, 112.)
Bloch, Die Grundziige der alteren Embryologie bis Harvey. 59
Durch Sprossung sollen die Myes (eine Art von Schal-
tieren) sich fortpflanzen; darunter ist offenbar Mytilus gemeint,
wo gemeinsam am Byssus kleine Kolonieen junger Tiere sitzen.
Parthenogenesis nach unserer heutigen Auffassung
kennt Aristoteles nicht. Seine „Zeugung ohne Begattung“
ist ein Mittelding zwischen Parthenogenesis und Hermaphro-
ditismus. Weitaus die meisten Tiere sind auch nach ihm ge-
schlechtlich getrennt. ihre Zeugung kommt zustande durch
die Vereinigung des männlichen Spermas mit dem Ei bei den
Vögeln, bei den Säugetieren, deren Eier Aristoteles ja un-
bekannt waren, mit dem Menstruationsblut. Aristoteles ist
der einzige, welcher der letzteren Flüssigkeit eine solche Rolle
beim Zeugungsakt zuschreibt. Hippokrates und Galen, und
mit ihnen alle späteren bis Harvey, nahmen statt dessen eine
weibliche Samenflüssigkeit, analog dem Sperma des Mannes an.
Der letzte Verfechter jener sonderbaren aristotelischen Lehre, die
nicht einmal bei den Scholastikern Gnade gefunden hat, war
Victor Cardelinus (1628). Noch in einem anderen Haupt-
punkte unterscheidet sich die aristotelische Zeugungslehre wesent-
lich von der hippokratischen und galenischen. Sie faßt Befruchtung
und Zeugung als rein dynamische Vorgänge auf. Vom
männlichen Samen geht einé Bewegung auf das Ei (resp. die
Menstruationsflüssigkeit) über, weckt dort die schlummernden
Kräfte und Qualitäten und regt die Formentwickelung und das
Wachstum an. Der weibliche Anteil (das Ei) ist also das stoff-
liche Prinzip, er liefert die materielle Grundlage des Fötus und
enthält alle Teile desselben der Anlage nach (potentiell. Das
Sperma des Männchens geht materiell nicht in den Keim über,
es überträgt nur eine Bewegungsenergie auf den trägen weib-
lichen Ausscheidungsstoff. Diese geistreiche Zeugungshypothese
steht mit den philosophischen Lehren des Aristoteles in engstem
Zusammenhang. Sie gestattete es ihrem Urheber, alle ihm be-
kannten Einzelfälle, alle Arten und Abarten der Zeugung in ein
einheitliches und allgemein gültiges Schema zu bringen. Selbst
die generatio spontanea erscheint da als etwas ganz natürliches,
von der geschlechtlichen Zeugung nicht grundsätzlich verschiedenes,
denn hier wie dort stammt die materielle Grundlage des werden-
den Organismus aus den Elementen, sei es direkt — wie bei der
Urzeugung — oder nachdem sie in Form von Nahrung auf-
genommen, durch den Körper assimiliert und zu einer blutähn-
60 Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. :
lichen Flüssigkeit (resp. zu einem Ei) verarbeitet worden sind —
wie bei den geschlechtlich Zeugenden. In beiden Fallen bedarf
es, damit die Entwickelung möglich sei, eines anregenden, ener-
getischen Prinzipes, das die an und für sich träge Masse in Be-
wegung setzt, der im Sperma enthaltenen „tierischen Wärme‘,
bei den geschlechtlich Zeugenden, der atmosphärischen Wärme
bei der Entstehung aus toten Stoffen. Das erste Produkt der
Zeugung ist bei allen Organismen ein ungegliederter, wurmartiger
Körper — der Keim (xümua) Es werden Anlage- und Nähr-
substanz unterschieden. Im Ei z. B. wird der Dotter, im Gegen-
satz zu Alkmaeon und dem hippokratischen Embryologen, als
Nahrungsstoff, das Eiweiß als Bildungssubstrat angesehen, eine
Auffassung, die später heftige Kontroversen zwischen Aristo-
telikern und Galenikern hervorrrief. Die Entwickelung selber
besteht in einer Fortsetzung der übertragenen Bewegung und
wird der Tätigkeit einer automatischen Maschine verglichen.
Die Bildung der Organe und Gewebe richtet sich in jeder
Beziehung nach ihrer schließlichen Funktion, das Zweckmäßigkeits-
prinzip oder die Zielstrebigkeit wird also in erste Linie gestellt,
wie aus folgenden Worten hervorgeht:
„Es ist in den geordneten und gesetzlichen Werken der
Natur ein jegliches nicht deswegen so beschaffen, weil er mit
solchen Eigenschaften entsteht, sondern vielmehr weil es ein
so Beschaffenes ist, deshalb entsteht es mit solchen Eigen-
schaften. Denn die Entstehung und Entwickelung richtet sich
nach dem Wesen und ist um des Wesens willen, nicht aber
dieses nach der Entstehung.“
Die Hauptfunktionen des Keimes sind Wachstum und Er-
nährung; erst später gesellt sich dazu das Vermögen der Emp-
findung und des Denkens. Die Ernährung geschieht durch das
in den Nabelgefäßen zufließende mütterliche Blut; bei den Eier
legenden, wie schon bemerkt, durch den Dotter. Alle Organe
werden zuerst nur in ihren Umrissen gebildet und abgegrenzt,
gleichsam skizziert, und erhalten erst später ihre spezifischen
Organcharaktere.
Von allen Organen des Körpers bildet sich zuerst das Herz. .
Diese Lehre vom Primat des Herzens verficht Aristoteles
öfters und stets mit großer Wärme und sucht sie mit induktivem
und deduktivem Beweismaterial zu stützen. Trotzdem bildet sie
das Objekt, um das die Embryologen des Altertums, des Mittel-
Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. 61
alters und der Neuzeit bis ins XVII. Jahrhundert wohl am er-
bittertsten gestritten haben. Es wird sich bald zeigen, was die
Embryologie diesen Kontroversen schließlich zu verdanken hat.
Nach dem Herzen entstehen die großen Gefäße. Sie schaffen
das zum Aufbau der Teile nötige Material, das Blut, aus dem
Herzen herbei. Die auffallende Größe des Kopfes und besonders
der Ausen”in: früher. Zeit setzt Aristoteles‘ wie alle alten
Embryologen in Erstaunen. Den Grund dafür sieht er in der
Beschaffenheit des Gehirnes. Die Gewebe entstehen aus dem
Blute, das durch die Gefäßwände sickert, infolge Erwärmung und
Abkühlung. Zuletzt entstehen die Horn- und Hautgebilde durch
Austrocknung der obersten Schicht. Manche treffende Bemer-
kungen orientieren über die Verhältnisse der fötalen Nebenorgane,
Eihäute, Placenta, Dottersack, Nabelschnur bei den verschiedensten
Tierklassen. Auch den Ursachen des Geschlechtsunterschiedes,
der Vererbung, den mannigfachsten Mißbildungen sind breite
Ausführungen gewidmet.
Diese kurze Skizze kann uns kaum mehr als eine Ahnung
geben von der Reichhaltigkeit und Bedeutung des Inhaltes.
Mit diesem groß angelegten Werke hatte die antike Embryo-
logie ihren Höhepunkt erreicht. Das wenige, was uns aus der
nach-aristotelischen Literatur erhalten ist (Herophilos, Sora-
nos, Athenaios) lohnt kaum die Mühe des Sammelns.
Galenos freilich, der schreibselige Arzt aus Pergamon, hat
auch zwei größere Abhandlungen über Zeugung und Entwicke-
lung verfaßt, die beiden Bücher „Vom Samen“ (mei oreguaTog)
und die Schrift „Über die Ausbildung der Frucht“ (neei
uvovuevwv dıarkaoswg), außerdem in sein physiologisches Haupt-
werk „Vom Gebrauch der Körperteile“ (reo. xesiag uoglwv) manche
embryologische Details eingeflochten.
Keine anderen Schriften des vielbewunderten und meist
überschätzten Arztes vermögen uns den Verfall der antiken Bio-
logie, der wohl eine Folge und Teilerscheinung des allgemeinen
kulturellen Niederganges war, deutlicher vor Augen zu führen,
als die embryologischen. Trotzdem die Methodik der embryo-
logischen Forschung in der hippokratischen und aristotelischen
Arbeit in nicht mißzuverstehender Weise ausgesprochen und fest-
gelegt worden war, finden wir bei Galen keine Spur einer An-
wendung derselben; die Entwickelung des Hühnchens im Ei hat
er nicht verfolgt; es fehlen auch alle Anhaltspunkte dafür, dal
62 | Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey.
er je menschliche Embryonen seziert hätte. Das spärliche Tat-
sachenmaterial, das er beibringt, beweist nur, daß er gravide
Haustiere seziert und ihre Embryonen einer — nicht gerade sehr
eingehenden — Untersuchung unterzogen hat. Er schildert gut
die fötalen Gefäßverhältnisse bei Tieren, speziell die Gefäßanasto-
mosen, welche unter den Namen Ductus Arantii, Ductus Botalli
und Foramen ovale bekannt sind. Das sind aber auch die ein-
zigen neuen und guten Beobachtungen, die ihm die Embryologie
verdankt. Den weitaus größten Raum seiner Arbeiten beansprucht
ein unerfreuliches, erbittertes Gezanke um Fragen und Theorien,
zu deren Lösung die experimentellen Grundlagen auch nicht an-
nähernd ausreichen konnten. Seine Kritiken und Ausfälle richten
sich vornehmlich gegen Aristoteles und seine Anhänger, die
Peripatetiker (Chrysippos, Athenaios u. a.) oder Philosophen,
wie sie auch schlechtweg genannt werden. Selbst vor der direkten
Beschimpfung der Gegner scheut Galen nicht zurück: sie ver-
stehen nichts von Anatomie, „sie häufen Unsinn auf Unsinn“
(ignorantiam ignorantiae annectunt). Zum ersten Male in der
Geschichte der medizinischen Wissenschaften werden hier die
„Philosophi“ und die „Medici“ als zwei sich befehdende Gruppen
einander gegeniibergestellt. Wir begegnen diesen beiden wohl
charakterisierten Parteien im Verlauf der Geschichte noch sehr
oft, nicht selten unter anderem Namen (Aristoteliker — Galenisten,
Theoretiker — Praktiker); es ist gerade das schon erwähnte
Problem des Primats der Teile, um das sich die beiden Lager
formieren.
Selbst in den allgemeinen Fragen und Theorien, die mehr
klares, folgerichtiges Denken als subtile Einzelforschung erfordern,
herrscht bei Galen — im Gegensatz zu Aristoteles — oft
verwirrendes Dunkel. Wie oft stellt er Probleme der schwierigsten
Art auf, setzt breit alle Möglichkeiten ihrer Lösung auseinander,
bekämpft erbittert alle gegnerischen Ansichten — aber was er
schließlich als eigene Lösung bringt, ist meist mehr geeignet, die
Sache zu verwirren als zu klären. Es fehlt ihm der tiefgründende
und weitumfassende Blick, das straff-logische Denken des Ari-
stoteles. Sein Bestreben, die Naturwissenschaft vom philo-
sophischen Standpunkt aus zu bearbeiten, ist ihm, wie so vielen
seiner Nachfolger und Anhänger, verhängnisvoll geworden; Prob-
leme und Gedankenkombinationen zerrinnen ihm unter der Hand.
Galen ist Anhänger der Zweisamentheorie; er schreibt auch
Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. 63
dem Weibchen Samenflüssigkeit dazu und verbreitet sich des
breiten und langen iber seine Eigenschaften, Herkunft und Wir-
kungsweise. Die dynamische Auffassung der Befruchtung lehnt
er ab, kann sich aber doch nicht ganz von ihr losmachen. Er
teilt die Organe ganz allgemein in solche ein, die direkt aus
Samensubstanz, und solche, die aus dem durch die Nabelgefäße
zuströmenden mütterlichen Blute entstanden sein sollen. Nur diese
sollen im postuterinen Leben regeneriert werden können. Die
Unterscheidung ist eine rein willkürliche, vom mehr oder minder
weißlichen Aussehen der fertigen Organe hergenommene und
widerspricht allen Tatsachen.
Trotzdem haben sie alle späteren Embryologen bis Harvey
ruhig akzeptiert. Auch in der Primatfrage weicht Galen von
dem bisherigen ab. Ausgehend von dem aristotelischen Prinzip,
daß jeder Embryo zuerst eine Art Pflanzenleben (ohne animale
Funktionen) führe, gelangt er zum Schluß, daß sich auch vor
allen anderen Teilen das Hauptorgan der vegetativen Funktionen,
die Leber, bilden müsse. Also wiederum die fatale Vermischung
genetischer und physiologischer Betrachtungsweise! Auf Galens
Eròrterungen über die Vererbungsprobleme und die bei der Ent-
wickelung wirkende ,,gestaltende Kraft“ (facultas formatrix) brauche
ich hier nicht näher einzugehen. Das Gesagte genügt zur Kenn-
zeichnung seines wissenschaftlichen Arbeitens.
Mit Galen schließt die Embryologie des Altertums ab. Und
zugleich hört auch jegliches wissenschaftliche Forschen auf diesem
Gebiete, wie auf so manchem anderen, für lange Zeit auf. Was
nach ihm bis zum XVI. Jahrhundert von Entwickelungsgeschichte
sich in naturphilosophischen und medizinisch-anatomischen Werken
vorfindet, das ist im besten Falle eine mehr oder minder genaue
Wiedergabe dessen, was schon die antiken Ärzte und Natur-
forscher gefunden hatten. Ofters sind es dialektisch -spitzfindige
Untersuchungen auf rein theoretischer, durch keinerlei Beobach-
tungen gefestigter Basis. Der Einfluß des erstarkenden Christen-
tums mit seiner Abwendung von allen profanen naturwissen-
schaftlichen Problemen konnte für die Embryologie natürlich nur
ungünstig sein. Wie hätte auch diese Wissenschaft Förderung
erfahren sollen, von Männern, wie Tertullian (160—220. Pres-
byter in Karthago), der den männlichen Fötus deshalb früher als
den weiblichen sich ausbilden läßt, weil Adam vor Eva erschaffen
wurde, dem die zehnmonatliche Dauer der Schwangerschaft darum
04 Bloch, Die Grundzige der alteren Embryologie bis Harvey.
das richtige und naturgemäße zu sein schien, weil die Zahl der
Monate dem Dekalog entspricht. Auch die ganze byzantinische
Periode, an ihrer Spitze Oreibasios, der Leibarzt Julians
des Abtriinnigen, hat für die Embryologie nichts Ersprießliches
hervorgebracht: einige geringwertige Kompilationen, das sind
ihre ganzen Leistungen auf diesem Gebiete.
Die Araber übergehe ich hier, obschon sie sich, wie schon
aus dem Verzeichnis ihrer embryologischen Literatur hervorgeht,
mit Entwickelungsgeschichte ziemlich intensiv abgegeben haben,
und ihr Emfiuß auf die spätmittelalterliche Embryologie des
Abendlandes kein geringer, zeitweise sogar ein dominierender
gewesen ist.
Nicht ohne tiefe Wirkung auf die Geschichte der Embryologie
ist die Scholastik, wie sie in einem ihrer bedeutendsten Männer
in Albert von Bollstädt, dem Großen, verkörpert war, ge-
blieben. Sie hat zwar keine eigenen originellen Leistungen zu
verzeichnen. Aber sie hat, von dem Bestreben geleitet, Theologie,
Philosophie und Realwissenschaften zu einem wunauflöslichen
Ganzen zu verbinden, dem Abendlande die Erkenntnismethoden
und das gesamte Wissen des Aristoteles wiedergegeben. Es
ist eben der Dominikaner Albertus Magnus, Lehrer in Köln
und Paris, Bischoff in Regensburg (r193— 1280), welcher in seinem
großen Sammelwerke diesen Übergang zu stande gebracht hat.
Speziell seine Embryologie ist nichts anderes als ein Auszug und
eine Paraphrase zum aristotelischen Buche „De generatione ani-
malium“ und bringt im wesentlichen dessen gesamten Inhalt m
nüchterner, sachlicher Form, vermehrt durch einige Zusätze des
Emfluß Galens und der es Der Wert dieser großen Arbeit,
ig eigentlich Neues sie auch bietet, ist nicht gering anzu-
schlagen. Im Vergleich zu der vorhergehenden Verfallperiode
bedeutet selbst diese Leistung eine Art von Renaissance. Das
Werk Alberts des Großen hat bald Nachahmung gefunden,
wie die Folge von großen Enzyklopädien beweist, die noch im
gleichen Jahrhundert verfaßt worden sind und die es sich eben-
falls zur Aufgabe machen, das gesamte Wissen der Zeit in wohl
geordneter, en alan Form ihren Lesern zu vermitteln.
Sie stehen aber — was die Embryologie betrifft — mehr unter
dem Banne der Araber. Dieser unheilvolle arabische Einfluß ist
ır gleichzeitigen Anatomie und Embryologie
Bloch, Die Grundzige der alteren Embryologie bis Harvey. 6
CIA
des Ricardus Anglicus des altesten franzòsischen Anatomen.
Er nimmt in der Folge noch zu und vernichtet so manches, was
die scholastisch-aristotelische Periode in der Embryologie ge-
schaffen hat.
Der geschichtliche Verlauf der Embryologie im Spätmittel-
alter ist eben insofern ein ganz anderer als derjenige der Anatomie,
als die Scholastik, die für den Betrieb der Anatomie gar nichts
getan, höchstens die unglückselige dialektische Behandlung der-
selben gefördert hat, durch die Rezeption und Verarbeitung des
Aristoteles, die Entwickelungswissenschaft gehoben hat. Gegen-
über diesem Höhepunkt bedeutet der immer siegreicher vor-
dringende Arabismus und Galenismus in XIIL., XIV. und XV. Jahr-
hundert entschieden einen Niedergang. In diesen rein literarischen
Kämpfen zwischen Aristotelikern, Galenisten und Arabisten, an
welchen später auch die Hippokratiker teilnahmen, wurden auch
die alten embryologischen Kontroversen und Konflikte wieder
nach. Die Fragen nach dem Zeugungsanteil der beiden Ge-
schlechter, nach der Bedeutung des Eiweißes und des Eidotters,
wach dem Ursprung der Gefäße, nach dem Wesen der Vererbung
und vor allem das Problem des Primates der Teile, sie bildeten
die Hauptobjekte, um die sich der Zank der Medici und Philo-
sophi drehte.
In das XVI. Jahrhundert fällt, wie bekannt, die große, unter
schweren Kämpfen errungene Umwälzung in der Anatomie. Es
vollzieht sich die Wendung vom sklavischen Glauben an die
Überlieferung zur freien Kritik der Alten und endlich zu eigener
selbständiger Beobachtung. Männer wie Vesal, Falloppio,
Eustacchi treten auf, und in mühevoller Lebensarbeit gelingt
es ihnen, das Werk der Reformation der Anatomie zu vollenden,
die Irrlehre, die anderthalb Jahrtausende hindurch unerschüttert
dagestanden hatte, zu stürzen und an ihrer Stelle das Gebäude
der modernen Anatomie zu errichten.
Auch die Reformation der Embryologie ist eine Tat des
XVI, Jahrhunderts; aber sie ist von ganz anderen Männern, unter
ganz verschiedenen Voraussetzungen vollzogen worden. Die
Rückkehr zur Beobachtung der Natur und zum Vertrauen auf
die eigene sinnliche Wahrnehmung und damit die Begründung
des modernen Wissenschaftsbetriebes erfolgte hier nicht wie in
der Anatomie (Vesal)im Gegensatz zu den zeitgenössischen klassi-
zistischen Bestrebungen und im Kampf gegen die Überlieferung
Zool. Annalen. I. 5
66 Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey.
(Galen!), sondern geradezu in direktem Anschluß an die Antike ©
(Hippokrates) und in der Weiterverfolgung ihrer else il
Prinzipien und Wege.
Das Nahen einer neuen Zeit kündet sich schon in dem Buche
des vorvesalischen Anatomen Alessandro Benedetti (1460
bis ı525) an. Benedetti hat — als erster seit Galen — wieder
den Versuch gewagt, neben der Büchergelehrsamkeit auch die
Beobachtung der Natur für das Studium der Embryologie zu
verwerten, indem er die Sektion einer trächtigen Hündin vornahm,
um über die Anatomie der Föten etwas zu erfahren.
Ein umfangreiches, für die französischen Embryologen fast
100 Jahre lang maßgebendes Buch über Entwickelungsgeschichte
hat Jean Fernel, Professor an der Fakultät zu Paris, einer der
einflußreichsten Lehrer seiner Zeit, 1554 herausgegeben. Die
Bedeutung dieser Abhandlung liegt nicht etwa in der Rückkehr
zur Natur, sondern in den Bruch mit dem Arabismus und dem
Zurückgreifen auf die antiken Quellen.
Bei den großen Reformatoren der Anatomie tritt das Studium
der Embryologie ganz in den Hintergrund. Diese im ersten
Augenblick etwas auffallende Tatsache erklärt sich wohl am besten
daraus, daß das Interesse und die Arbeitskraft dieser Forscher
viel zu sehr von ihrer Hauptaufgabe, der Neugestaltung der
Anatomie in Anspruch genommen waren, als daß ihnen daneben
noch Kraft und Muße geblieben wären, die nicht minder schwierige
und zunächst wohl nicht so dringend erscheinende Reform der
Entwickelungslehre an die Hand zu nehmen. Vesal ist in diesem
Gebiete nur wenig über den Standpunkt Galens hinausgelangt;
hält er doch (wenigstens in der Fabrica) ‘noch an der Existenz
einer Allantois fest. Er hat ihn sogar insofern nicht erreicht, als
wir eine Beschreibung der fötalen Gefäßanastomosen, wie sie
Galen gegeben hatte, bei ihm vermissen. Wir treffen eine
solche zuerst wieder bei seinem Rivalen Falloppio, der auch
— als erster — Placenta, Eihäute und ihre Gefäße gut schildert.
Ihm verdanken wir ferner die ersten schüchternen Versuche, die
Genese des Knochensystems beim Fötus zu verfolgen.
Einen großen Schritt weiter in dieser Richtung hat Bar-
tolommeo Eustacchi (1574) getan.
Die Abhandlung von der Entstehung und Entwickelung der
Zähne, die sein kleines, aber inhaltreiches Büchlein: („Libellus
de dentibus.‘“ Venet. 1564) enthält, zeugt von solcher Schärfe der
Bloch, Die Grundziige der alteren Embryologie bis Harvey. 67
Beobachtung und so vorurteilsfreier, kritischer Verwertung des
Gesehenen, daß sie unbedingt unter den embryologischen Spezial-
untersuchungen des XVI. Jahrhunderts den ersten Rang einnimmt.
Eustacchi hat durch zahlreiche Sektionen menschlicher und
tierischer Föten nachgewiesen, daß die seit Hippokrates un-
bestritten herrschende Annahme, wonach die Zähne der ersten
Dentition im Uterus aus dem von der Mutter gelieferten Blut
diejenigen der zweiten Dentition aus der Muttermilch und der
assimilierten Nahrung entständen, von Grund aus falsch sei. Alle
Zähne sind vielmehr, wie ihn seine sorgfältigen Untersuchungen
lehrten, bereits beim Neugebornen als schleimig-häutige, teilweise
schon erhärtete Säckchen, als organisierte Gebilde, präformiert.
Die historische Bedeutung dieser mühevollen Untersuchungen
Eustacchis (auf alle ihre recht wertvollen Einzelheiten kann ich
hier nicht eingehen) ist nicht gering.
Nicht nur wird hier — zum ersten Male in der neuern Zeit —
auf dem Gebiete der Embryologie, die Beobachtung der Natur
und die eigene Erfahrung mit Erfolg den bis dahin unangetasteten
Autoritäten gegenübergestellt, sondern es ist auch — wieder
zuerst — der Versuch geglückt, genaue Autopsiebefunde bei
Menschen und Tierembryonen systematisch zur Feststellung
. embryologischer Tatsachen zu verwerten.
Aber dieser Versuch Eustacchis blieb zunächst ganz ver-
einzelt. Die Schuld hierfür lag nicht nur in den Zeitumständen
und Personen. Sie war in der Methodik selber begründet. Durch
die Untersuchung menschlicher Aborte, wie sie mehr oder weniger
durch den Zufall und oft mit. pathologischen Veränderungen in
die Hände der Anatomen und Ärzte gelangen konnten, ließ sich,
auch wenn hie und da Sektionen von Tierembryonen zu Hilfe
gezogen wurden, kein einigermaßen vollkommenes, wissenschaft-
lich befriedigendes Bild des Entwickelungsganges gewinnen. Das
hatten schon die Bemühungen der Alten, vor allem Galens, zur
Genüge erwiesen, und von neuem wurde es bestätigt durch den
mißlungenen Plan des Vesalschülers Realdo Colombo aus
Cremona (f 1559). Den Ruhm, welchen sein Lehrer durch die
Begründung der menschlichen Anatomie geerntet hatte, wollte
er sich in der Embryologie holen, dadurch daß er das Prinzip
aufstellte und verfocht, auch in dieser Wissenschaft dürfe man
sich nur auf die Befunde am menschlichen Körper stüzen. Er
sah nicht ein, daß die verschiedenen Wissenschaften auch ver-
5*
68 Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey.
schiedene Methoden erfordern. Sein Versuch, wie richtig rein
theoretisch auch der Grundgedanke war, kam um einige Jahr-
hunderte zu früh und mißlang total.
Es war einem. andern vorbehalten, den richtigen, seit
Hippokrates verlassenen Weg im Studium der Embryologie
von neuem einzuschlagen, nicht einem in den Schulmeinungen be-
fangenen Anatomen oder Ärzte, sondern einem der gebildesten
und gelehrtesten Männer dieser Zeit, dem in allen Gebieten des
Wissens bewanderten Bologneser Professor Ulisse Aldrovandi
(1522— 1603). Er ist damit zum Begründer der neuen Embryologie
geworden. Aldrovandi ist der erste, welcher systematisch, vom
Beginn der Bebrütung an bis zum Ausschlüpfen des Hühnchens,
Tag für Tag die Entwickelung des Hühnerembryos im Ei beob-
achtet und die Ergebnisse dieses Studiums für eine fortlaufende
Darstellung der Entwickelung zu verwerten gesucht hat.
Der Gedanke, der der Aldrovandischen Arbeit zugrunde
liegt, ist ein hippokratischer. Er ist, wie wir wissen, bereits in
der Schrift, „von der Natur des Kindes“ ausgesprochen; die Art
und Weise, wie Aldrovandi seine Untersuchungen anstellt.
entspricht genau den in jenem Buche gegebenen Vorschriften.
Wir haben somit in der Begründung der Entwickelungsgeschichte
durch Aldrovandi keine eigentliche Neuschöpfung vor uns,
sondern ein Wiederaufleben und Fruchtbarmachen einer antiken
Idee, eine Renaissance im wahren Sinne des Wortes. Und das
Verdienst Aldrovandis besteht darin, daß er einen fundamen-
talen Entwickelungsgedanken, an dem die Gelehrten 2000 Jahre
lang achtlos vorübergegangen waren, aufgegriffen und für die
Wissenschaft fruchtbar gemacht hat. Er hat damit — direkt,
und indirekt durch die Arbeiten seiner Schüler und Nachfolger —
die Entwickelungslehre von dem seit Jahrhunderten lastenden
Bann der leeren Spekulation und spitzfindigen Dialektik befreit
und die Methode der freien Forschung und Beobachtung auch
hier zum obersten Prinzip erhoben.
Den unmittelbaren Anstoß zu dieser Reformation hat Aldro-
vandi das uralte Problem des Primats der Teile gegeben, das
schon so viele unfruchtbare Kontroversen zwischen Philosophen
und Medizinern hervorgerufen hatte. Der ganze, die Entwicke-
lung des Hühnchens betreffende Abschnitt nimmt in dem viel-
bändigen Riesenwerke des gelehrten Polyhistors einen ver-
schwindend kleinen Raum (kaum ein paar Seiten) ein; die Resul-
Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. 69
tate sind dürftig im Vergleich zu denjenigen späterer Forscher,
von den aristotelischen Anschauungen kann sich Aldrovandi
noch durchaus nicht lossagen. Trotzdem fehlen neue Beobach-
tungen und Widerlegungen früherer Irrtümer nicht. Das erste
Auftreten und die Entwickelung der Gefäße ist genauer dargestellt
als bei Aristoteles, Chorion und Amnion, Dottersack und
Nabelgefäße in ihren Umwandlungen sind richtig gesehen und
beschrieben, die Reihenfolge, in der die Organe entstehen und
sich ausbilden, nicht ohne Geschick beobachtet. Aldrovandi
ist auch der Entdecker und erste Beschreiber der sogenannten
Eischwiele, die erst im Jahre 1826 von Yarrell wieder aufge-
funden wurde. Wichtiger aber als diese Einzelheiten sind die
ganz neue Art der Darstellung, die streng systematische Auf-
zählung alles dessen, was sich an jedem Tag der Entwickelung
nach der Eröffnung des Eies den Augen darbot und vor allem
die Anregungen, die von der Arbeit ausgingen.
Seit dem Versuche Aldrovandis ist die Kontinuität des
wissenschaftlichen Studiums der Entwickeiungslehre nicht mehr
auf längere Zeit unterbrochen worden, wenn es auch während
der nächsten 100 Jahre nur von wenigen gepflegt wurde. Volcher
Koyter, Fabrizio, Harvey und Malpighi sind die Namen,
an die sich in dieser Zeit die wichtigsten Fortschritte in der Er-
kenntnis der Entwickelung knüpfen.
Im engsten Zusammenhange mit den Bestrebungen des
Aldrovandi stehen die, an Ergebnissen viel reicheren embryo-
logischen Untersuchungen seines Schülers, des Holländers V olcher
Koyter (1534—1600). Die Beobachtungen, die er in seiner vor-
trefflichen kleinen Abhandlung „De ovorum gallinaceorum
generationis primo exordio progressuque et pulli galli-
nacei creationis ordine“ (Norimberg 1573) niedergelegt hat
sind von ihm auf die direkte Veranlassung seines Lehrers (insti-
gante Ulysse Aldrovando promotore et praeceptore meo) im
Mai des Jahres 1564 in Bologna angestellt worden. Seine An-
gaben beziehen sich auf die Resultate der Untersuchung zweier
Entwickelungsserien von je 23 Eiern, welche zwei Hennen unter-
legt worden waren.
In der Fähigkeit, richtig zu beobachten und das Beobachtete
kritisch zu sichten und zu ordnen, ist er seinem Lehrmeister be-
deutend überlegen. Die Abhängigkeit von den antiken Autori-
täten, die Sucht, das Gesehene den bestehenden Theorien anzu-
70 Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey.
passen, ist bei ihm weit geringer. Die Beschreibung ist im Gegen-
satz zu allen früheren embryologischen Abhandlungen knapp,
klar und, sachlich gehalten, fast frei von theoretischen Speku-
lationen. Sie ist grundlegend geworden für alle späteren embryo-
logischen Arbeiten. Gleich bei der Beschreibung der Eier vom
ersten Tag stoßen wir auf eine gar nicht so üble, wenn auch
natürlich noch unbeholfene Schilderung der Keimscheibe, deren
Umwandlungen in den folgenden Tagen ebenfalls kurze Er-
wähnung finden. Das Auftreten eines pulsierenden, roten
Kügelchens, das richtig als Herz gedeutet wird, beobachtete
Koyter schon am dritten Tag. Er beschreibt die Gefäße, die
vom Herzen ausgehen und verfolgt aufmerksam ihre weitere
Entwickelung. Daß das embryonale Herz außerhalb des Körpers
noch eine zeitlang fortpulsiert, ist ihm nicht entgängen. Die
Entwickelung des Gehirns beginne am 5. Tag; in seinem frühesten
Stadium erscheint es als eine Blase, die sich zwischen den Augen
hervorstülpt. Am 10. Tag kann man an ihr deutlich Krüm-
mungen und Windungen unterscheiden. Diese Proben aus dem
Material, das Koyter gesammelt hat, verdeutlichen wohl den
Fortschritt, der in seiner Arbeit liegt.
Ich lasse noch zur Kennzeichnung der Art, wie er die
Sache in die Hand nahm, seine Beschreibung des fünftägigen
Hühnereies in wortgetreuer Übersetzung folgen:
„Am fünften Tage fand ich die zweite Membran, welche
das ganze Ei einhüllte und von vielen Gefäßen besetzt war.
Sie war von der Schalenhaut losgelöst und so stark, daß man
sie ohne Beschädigung mit der Substanz herausheben konnte.
Nach der Eröffnung dieser Membran sah ich wieder das blutige,
pulsierende Bläschen, aber tiefer als bis dahin gelagert. Ich
nahm von jeder Henne ein fünftägiges Ei und in dem einen
zeigte sich nur das eine, noch unausgebildete Bläschen, allseitig
von Blutgefäßen umgeben, wie schon bemerkt. Die lateralen
Bläschen waren von dunklerer Farbe und hatten zwischen sich
ein kleineres Bläschen. Diese stellten zusammen das Gehirn
vor. Die dritte Blase zeigte sich nur in ihrer Größe ver-
ändert... .. Im anderen Ei erschien deutlich der Kopf des
Hühnchens, im Verhältnis zum übrigen Körper sehr groß, an
demselben auf jeder Seite ein schwärzliches Auge, welches im
Zentrum durchsichtig war, zwischen den beiden Augen eine
dritte Blase (welche im folgenden richtig ais Gehirn gedeutet
Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. 71
wird). Vom Kopf aus erstreckte sich der übrige, längliche
Körper. Nahe beim Kopf lag das pulsierende Herz oder
Bläschen. Von da aus nahmen die Gefäße deutlich ihren Ur-
sprung. Ich konnte aber keine Spur von einer Leber ent-
decken, so wirr lagen die Eingeweide durcheinander.“
Eine Ergänzung zu den Arbeiten Aldrovandis und
Koyters bildet das sehr umfangreiche embryologische Werk
des Girolamo Fabrizio (Hieron. Fabricius ab Aquapendente
1537—1619) Nicht der außerordentlich weitschweifige und er-
müdende Text. Der bedeutet entschieden einen Rückschritt.
An die Stelle kurzer, objektiver Aufzeichnung des Beobachteten
sind wieder langatmige, theoretisch-spekulative Betrachtungen und
Diskussionen getreten. Wirklich neue Beobachtungen fehlen fast
ganz, sowohl in der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens als
in der der Menschen und Haussäugetiere. Galenischen und aristo-
telischen Lehren wird in weitgehendem Maße gehuldigt. Nur
das Kapitel, das von der vergleichenden Anatomie der Placenta
handelt, erhebt sich über das Niveau der ganzen Arbeit.
Ganz anders verhält es sich mit den Bilderserien, dem
ersten gelungenen Versuch einer bildlichen Darstellung der Ent-
-wickelungsvorgänge vom embryologischen und vergleichend ana-
tomischen Standpunkt aus. Die Tafeln — 47 an der Zahl —
stellen die Entwickelung des Hühnchens im Ei (in 70 Einzel-
abbildungen), einzelne Momente aus der Entwickelung der Haus-
säugetiere (Hund, Schaf, Rind, Pferd, Schwein, Maus, Meer-
schweinchen), des Menschen, der Fische (Galeus laevis) und der
Schlangen dar, mit besonderer Berücksichtigung des Baues der
verschiedenen Placentargebilde Sie proklamieren das, was wir
im Texte leider vermissen: eine durchaus unbefangene Beob-
achtung und Wiedergabe der Erscheinungen, die sich bei der
Entwickelung abspielen. Ihnen kommt auf dem Gebiete der bild-
lichen Darstellung die gleiche grundlegende Bedeutung zu, wie
sie die Koytersche Arbeit in textlicher Hinsicht beanspruchen
darf.
Aldrovandi, Koyter und Fabrizio stehen abseits von
der breiten Heerstraße, auf der in dem halben Jahrhundert,
während dessen ihre Arbeiten ausgeführt und veröffentlicht
* wurden, sich die große Menge der Anatomen und Ärzte, die sich
mit embryologischen Fragen befaßten, bewegt hat. Die Werke
dieser Schulembryologen sind im ganzen nur wenig von denen
72 2 Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey.
der genannten drei Forscher beeinflußt. Sie schließen sich viel-
mehr in Methodik und Ziel, in den theoretischen Anschauungen
und in der praktischen Ausübung eng an die Ausführungen
Aranzios, Colombos und verwandter Gelehrten an. Manches
in diesen embryologischen Abhandlungen aus der zweiten Hälfte
des XVI. und dem Beginne des XVII. Jahrhunderts (bis zur Ära
Harvey) geht sogar noch weiter zurück, bis auf Fernel. Und
keineswegs ist etwa die Autorität der Alten überwunden, sie
tritt sogar recht oft wieder stark in den Vordergrund.
Als Vertreter dieser anatomischen Richtung in der Embryo-
logie mache ich namhaft: Costanzo Varolio (1543—1575),
bekannt durch seine Gehirnstudien, den Basler Felix Platter
und die Franzosen Severin Pineau (f 1619), Andre du Lau-
rens (VII. Buch der Anatomie), die beiden Riolan, besonders
den Sohn, den berüchtigten Gegner Harveys, und endlich den
Schüler Fabrizios: Adrian van den Spieghel (Spigelius
1578—1625). Der Raum verbietet es mir leider, auf die teilweise
recht interessanten Darstellungen dieser Autoren hier näher ein-
zugehen. Nur die Arbeit des zuletzt genannten möchte ich noch
mit ein paar Worten streifen und zwar hauptsächlich deshalb,
weil seine gar nicht unerheblichen Leistungen auf dem Gebiete
der Embryologie von allen Historikern bisher vollständig über-
sehen worden sind. Spigelius hat nämlich zuerst den Satz
ausgesprochen, daß die Kenntnis der Entwickelung von Bedeutung
sei für die Erklärung pathologischer Zustände im post-
fötalen Leben und antizipiert so in glücklicher Vorahnung einen
Gedanken, dessen ganze Tragweite und Bedeutung zu ermessen,
einem viel späteren Zeitalter vorbehalten war. Ganz vortrefflich
ist in seinem Werkchen die Entwickelung der Knochen ge-
schildert. Er unterscheidet richtig zwischen den häutig und
knorpelig präformierten Bestandteilen des Skelettes, und die
Entdeckung, daß der Zwischenkieferknochen beim Menschen
ursprünglich paarig angelegt ist, hat Spieghel ebenfalls ge-
macht — 200 Jahre vor Goethe, dem dieses Verdienst sonst
allein zugeschrieben wird.
Noch in einem anderen Punkte überragt Spieghel die
meisten seiner Zeitgenossen und Kollegen, in der Darstellung des
fötalen Kreislaufes. Er ist zwar noch weit entfernt von einer
richtigen Auffassung dieses komplizierten physiologischen Pro-
blems, das seit Varolio — also lange vor dem Auftreten
Bloch, Die Grundzüge der älteren Embryologie bis Harvey. 73
Harveys — in beinahe allen Embryologien breit diskutiert
wird; doch hat er wenigstens mit einem fundamentalen Irrtum
seiner Vorgänger, der Annahme einer zentripetalen Stromrichtung
in den Nabel- und Körperarterien, gebrochen.
Die endgültige Klarstellung der verwickelten Verhältnisse
des fötalen Kreislaufes zu geben, war einem Größern vorbehalten,
William Harvey. Mit ihm beginnt die neue Ära nicht nur
in der Physiologie, sondern auch in der Lehre von der Ent-
wickelung. Er hat — wie das in dem berühmten Satze: ,,omne
vivum ex ovo“ zum Ausdruck kommt — den Begriff des Ge-
formten, Organischen und Lebendigen an die Stelle gesetzt,
welche seit Empedokles hypothetische Elemente und dunkle
Elementarqualitäten eingenommen hatten. Die strenge Schei-
dung, die dadurch eintrat zwischen der aus den Elementen
entstammenden und zu ihnen zurückkehrenden flüssigen oder
festen Materien und dem lebendigen, organischen Gebilde, das
allein die Fähigkeit der Fortpflanzung hat, mag vielleicht vom
allgemein-philosophischen Standpunkte aus ihre Bedenken haben;
für die Weiterentwickelung der biologischen Wissenschaften war
sie ein unabweisliches Postulat).
1) Eine ausführlichere Darstellung des Gegenstandes unter Angabe der benützten
Quellen findet sich in Nova Acta Acad. Leop. Carol. 1904.
Geschichte der beschreibenden Naturwissen-
schaften und der Medizin als Vorlesungsfach
auf den Universititen mit deutscher Unter-
richtssprache.
Von
M. Braun, Königsberg i. Pr.
| ine Zeitschrift, der zur Aufgabe gestellt ist, sich neben
der Erorterung von Nomenclaturfragen ganz besonders
| der Geschichte der Zoologie zu widmen, ist wohl auch
berechtigt, von Zeit zu Zeit darùber zu berichten, inwieweit dieses
trotz seiner Bedeutung wenig gepflegte Gebiet auch in den Vor-
lesungen an den Universitaten zum Ausdruck gelangt. Der Ver-
such, hierbei alle Universitäten zu berücksichtigen, mußte von
vornherein nicht nur wegen Unkenntnis der Unterrichtssprache
vieler ausländischer Hochschulen aufgegeben werden, sondern
auch deshalb, weil es nicht möglich war, die notwendigen Grund-
lagen zu beschaffen. Mit Rücksicht auf den Umstand, daß die
Universitäten Deutschlands ihre Vorlesungsverzeichnisse unter-
einander austauschen und diesem Gebrauch auch ausländische
Universitäten mit deutscher Unterrichtssprache folgen, beschränkte
ich mich auf dieses hierorts vorhandene, amtliche Material, dessen
gelegentliche Lücken aus anderen Quellen (Universitäts-Kalender,
Hochschulnachrichten) ergänzt wurden. Wenn ferner bei der fol-
genden Aufzählung nur die letzten zehn Semester — das ab-
laufende Sommersemester mitgerechnet — berücksichtigt wurden,
so geschah dies, weil es zur Kennzeichnung der gegenwärtigen
Braun, Geschichte der beschreibenden Naturwissenschaften etc. 75
Lage ausreichend erschien; ein wesentlich anderes Bild ergab sich
auch beim Zurückgehen auf weiter zurückliegende Jahre nicht.
Etwas schwieriger war die Frage, welche Vorlesungen in
das folgende Verzeichnis aufgenommen werden sollten. Zunächst
diejenigen, welche die Geschichte der Zoologie im allgemeinen oder
einzelne Gebiete derselben bezw. einzelne Tiergruppen oder Faunen
einzelner Länder, eventuell auch Vertreter der Zoologie und ihre
Werke betreffen. Desgleichen fanden Aufnahme Vorlesungen
(und Übungen), welche in die Literatur der Zoologie oder ihrer
Zweige einführen wollen; hierbei wurden aber die an manchen
Universitäten angekündigten Colloquia über neueste Erscheinungen
der zoologischen Literatur nicht berücksichtigt, was manche viel-
leicht ungerechtfertigt finden werden — ich bin jedoch der An-
sicht, daß die neuesten Leistungen, so bedeutend sie auch sein
mögen und so wichtig es gewiß auch ist, wenn fortgeschrittene
Studierende mit ihnen ausführlicher bekannt gemacht und die
Ergebnisse nach allen Richtungen hin erörtert werden, noch nicht
der Geschichte angehören; ich gebe zu, daß in diesen Colloauen
auch historische Fragen berührt werden können — das ist jedoch
der Ankündigung noch nicht ihr Zweck. Ähnlich habe ich mich
auch denjenigen Vorlesungen und Übungen gegenüber verhalten,
welche Philologen über die Werke naturhistorischer bezw. medi-
zinischer Schriftsteller des Altertums ankündigen; ihr Zweck ist
ein anderer, als Studierende der Naturwissenschaften bezw. der
Medizin mit dem Inhalt der betreffenden Schrift bekannt zu
machen. Andere Gesichtspunkte und Methoden treten hierbei in
den Vordergrund, auch dürfte wohl allseitig zugegeben werden,
daß wenn überhaupt so nur ausnahmsweise Naturwissenschaftler
und Mediziner Besucher solcher Vorlesungen sind. Wenn letztere
jedoch von Vertretern der Zoologie angekündigt worden sind
(vergl. Basel) oder in den Vorlesungsverzeichnissen nicht nur
unter den philologischen Fächern Aufnahme gefunden haben (so
in Rostock), so sind sie auch hier berücksichtigt worden.
Die Anführung einschlägiger Vorlesungen aus anderen natur-
geschichtlichen Disziplinen (Botanik, Mineralogie, Geologie und
Paläontologie) geschah zum Teil um der Sache selbst willen, zum
Teil des Vergleiches wegen; Vorlesungen aus der Geschichte der
sogenannten exakten Naturwissenschaften und der Erdkunde sind
hier nicht verzeichnet worden, ebenso nicht Vorlesungen über
Geschichte der Philosophie, obgleich in letzteren Fragen erörtert
7 6 Braun, Geschichte der beschreibenden Naturwissenschaften etc.
werden, die mit den Naturwissenschaften bezw. ihrer Geschichte
mehr oder weniger innig zusammenhangen oder sie direkt be-
treffen. |
Dagegen ist es schon wegen des früher noch weit mehr als
jetzt bestehenden Zusammenhanges zwischen tierkundlicher und
medizinischer Forschung gewiß gerechtfertigt, die Vorlesungen
über Geschichte der Medizin nicht außer acht zu lassen; speziell
- medizinische Themata, wie Geschichte des ärztlichen Standes, der
Seuchen, der Chirurgie u. a. m. blieben hierbei unberücksichtigt,
nicht dagegen Geschichte der Anatomie bezw. der Physiologie.
In dieser Begrenzung habe ich bei Zusammenstellung des
folgenden Verzeichnisses Vollständigkeit erstrebt; es. ist jedoch
möglich, daß eine oder die andere Vorlesung übersehen worden
ist, besonders bei jenen Universitäten, deren Lektionskataloge
nicht nach Fächern, sondern allein nach der Anciennitàt der Do-
zenten geordnet sind bezw. in den Fällen, wo ich wegen Unvoll-
ständigkeit des amtlichen Materiales den nach gleichem Prinzip
geordneten „Universitäts-Kalender“ gebrauchen mußte. Nachweis
von Lücken werde ich mit Dank entgegennehmen und bei ge-
gebener Gelegenheit benützen; auch wäre es mir sehr erwünscht,
wenn Fachgenossen in anderen Sprachgebieten ähnliche Zu-
sammenstellungen in einer der vier in den „Zoologischen Annalen“
zur Anwendung kommenden Sprachen (englisch, französisch, ita-
lienisch, deutsch) liefern würden.
Das Bild, welches uns die folgende Zusammenstellung bietet,
ist, soweit Geschichte der Zoologie in Frage kommt, keines-
wegs erfreulich, da zoologiegeschichtliche Vorlesungen mit einer
größeren Regelmäßigkeit in den letzten 10 Semestern nur an
zwei Universitäten angekündigt worden sind, in Innsbruck
durch v. Dalla-Torre und in Basel durch Rud. Burck-
hardt. Andere Universitäten fallen entweder ganz aus oder es
taucht nur ab und zu einmal eine einschlägige Vorlesung auf,
um vielleicht nach einer längeren Pause wiederholt zu werden,
wie für einzelne Stellen frühere, hier nicht berücksichtigte Jahre
lehren. Nicht besser, eher noch ungünstiger steht es mit Vor-
lesungen aus der Geschichte anderer beschreibender Naturwissen-
schaften; auszunehmen ist ein Spezialgebiet, Geschichte der
Kulturpflanzen, das in Berlin durch Gilg undin Halle durch
Braun, Geschichte der beschreibenden Naturwissenschaften etc. 17
Schulz regelmäßig, an einigen anderen Orten gelegentlich be-
handelt wird.
Erheblich günstiger steht die Geschichte der Medizin
als Lehrgegenstand an den Universitäten mit deutscher Unter-
richtssprache da; sie wird in dem gewählten Zeitraum regelmäßig
oder so gut wie regelmäßig in jährlich oder gar halbjährlich
wiederkehrenden Vorlesungen in Berlin, Freiburg i. B., Rostock,
Tübingen, Würzburg, Graz, Wien und Zürich angekündigt, sie
wiederholt sich häufiger in Breslau, Erlangen, Göttingen, Leipzig,
Basel und wird gelegentlich auch an anderen Orten angezeigt;
immerhin fallen aber auch einzelne Universitäten in den letzten
10 Semestern vollständig aus, so daff von einer regelmäßigen
Berücksichtigung der Medizingeschichte an allen unseren Hoch-
schulen nicht die Rede ist.
I. Deutsche Universitäten.
Berlin.
1899/1900. v. Martens: Geschichte der Zoologie; 2stdg.
Gilg: Die Kulturpflanzen, ihre Geschichte und Verbreitung;
2 stdg.
Krause, W.: Geschichte der Anatomie; 1stdg.
Pagel: Geschichte der Medizin und der Krankheiten mit Be
rücksichtigung der Hygiene und der Therapie; 2stdg.
Pagel: Medizinisch-historische Ubungen.
1900. Pagel: Literaturgeschichte der Medizin; 2stdg. — Medizinisch-
historische Ubungen.
1900/1901. Krause, W.: Gesch. d. Anat.
Pagel: Gesch. d. Med. etc. — Med.-hist. Ubungen.
TOOI. Gilg: Die Kulturpflanzen etc.
Pagel: Gesch. d. Med. ete — Med-hist. Übungen.
1901/1902. Krause, W.: Gesch. d. Anat.
Pagel: Gesch. d. Med. etc. — Med.-hist. Ubungen.
1902. Gilg: Die Kulturpflanzen etc.
Pagel: Lit.-Gesch. d. Med. — Med-hist. Übungen.
1902/03. Pagel: Gesch. d. Med. etc. — Med.-historische Ubungen.
1903. Gilg: Die Kulturpflanzen etc.
Pagel: Lit.-Gesch. d. Med. — Med.-hist. Übungen.
Schweninger: Ausgewählte Kapitel aus der Geschichte der
Medizin; 1 stdg.
1903/04. Gilg: Die Kulturpflanzen etc.
Pagel: Gesch. d. Med. etc. — Med.-hist. Ubungen.
78 Braun, Geschichte der beschreibenden Naturwissenschaften etc.
1904. Gilg: Die Kulturpflanzen etc.
Pagel: Lit.-Gesch. d. Med. — Med.-hist. haies
Schweninger: Ausgew. Kap. a. d. Gesch. d. Med.
2. Bonn.
IQOI/02. Noll, Geschichte der Botanik in ausgewählten Zeitbildern; 1stdg.
1902/03. Noli, Geschichte der Pflanzenphysiologie in ausgewählten
Zeitbildern; 1 stdg.
ar Bresiaw:
1899/1900. Filehne: Geschichte der Medizin (ausgewählte Kapitel); 1stdg.
1900/01. Filehne: Gesch. d. Med.
1901/02. Filehne: Gesch. d. Med.
1902/03. Rosen: Geschichte der Botanik seit der Renaissance; 1 stdg.
4. Erlangen.
1900. Fleischer: Ausgewählte Kapitel aus der Geschichte der Medizin;
I stdg.
1901. Fleischer: Ausg. Kap. a. d. Gesch. d. Med.
1902. Fleischer: Ausg. Kap. a. d. Gesch. d. Med.
5s brerburge 1.5.
1899/1900. Schüle: Geschichte der Medizin; rstdg.
NB. Die Vorlesung wiederholt sich jedes Wintersemester.
6. Gießen.
1902/03. Martin: Geschichte der Tierheilkunde; 1stdg.
1903/04. Martin: Gesch. d. Trhlkde.
7 Göttingen.
1900. Liebisch: Entwickelung der Mineralogie im XIX. Jahrhun-
dert; ıstdg.
Aschoff: Geschichte der Medizin; 1 stdg.
1901. Aschoff: Gesch. d. Med.
1902. Aschoff: Gesch. d. Med.
1903/04. Boruttau: Geschichte der Medizin; ıstdg.
8. Greifswald.
1902/03. Triepel: Zeugungsgeschichte und Zeugungstheorien; 1stdg.
1903/04. Driepel: Dasselbe
o Mito ll Resa ss:
1899/1900. Schulz: Geschichte der kultivierten menschlichen Nahr- und
Genußpflanzen; 3stdg.
NB. Wird als 2stündige Vorlesung in den folgenden Wintersemes-
tern wiederholt. |
Mehnert: Deszendenz- und Vererbungstheorien; ıstdg.
NB. Wird jedes Wintersemester (bis 1902/03 inkl.) wiederholt.
Braun, Geschichte der beschreibenden Naturwissenschaften etc. 79
1899/1900.
1900/OT.
1903/04.
1904.
1899/1900.
1900/01.
IQ0I.
1900/01.
1902.
1903.
1900/OT.
1902/03.
1903/04.
1904.
1902.
1900/0I.
_ 1901.
1901/02.
TOME Che DIS
Lauterborn: Geschichtliche Entwickelung der Zoologie und
ihrer Hauptprobleme; 1 stdg.
Lauterborn: Einführung in die zoologische Literatur; 1stdg.
Tischler: Herkunft und Geschichte unserer wichtigeren K ultur-
pflanzen; rstdg.
Schwalbe: Geschichte der Medizin; 1 stdg.
raie
Haeckel: Geschichte der Zoologie im XIX. Jahrhundert; ıstdg,
Walther: Geschichte der Geologie und Paläontologie im
XIX. Jahrhundert; 1 stdg.
Schrader: Aus der Geschichte unserer Haustiere und Kultur-
pflanzen; 1 stdg.
2 keine le
Bockendahl: Ausgewahlte Kapitel aus der Geschichte der
Medizin; 1stdg.
13. Kònigsberg i. Pr.
Lühe: Übersicht über die Geschichte der Zoologie; 1stdg.
— Geschichte der Zoologie seit Linné rstdg.
14. Weip zie.
Kaestner: Theorien der Zeugung; Istdg.
Seiffert: Geschichte der Medizin und der Naturwissen-
sch art; astde
Seiffert: Gesch. d. Med. u. d. Nat.
15. Marburg.
Aschoff: Geschichte der Medizin; istdg.
16. München.
Moritz: Bilder aus der Geschichte der Medizin; 1stdg.
i. Münster.
Einschlägige Vorlesungen wurden nicht angekündigt.
18. Rostock ı.M.
Kobert: Geschichte der Medizin von der Zeit der Ägypter an;
1 stdg.
. Kalbfleisch: Hippocratische Schriften; 2stdg.
Kobert: Geschichte der Medizin und der Pharmazie von der
Zeit der Griechen an; Tstdg.
Kalbfleisch: Ausgewählte Schriften Galens; 2stdg.
80 Braun, Geschichte der beschreibenden Naturwissenschaften etc.
1902. Martius: Die Entwickelung der Medizin-in der 2. Hälfte des
XIX. Jahrhunderts; 1 tsdg.
Kalbfleisch: Uber die philosophischen und medizinischen
Abschnitte des griechischen Lehrbuches von U. v. Wilamowitz-
Moellendorf; 1stdg.
1902/03. Kobert: Geschichte der Medizin und Pharmazie von der Zeit
der Römer an; 1stdg.
1903/04. Kobert: Geschichte der Medizin und Pharmazie von der römi-
schen Kaiserzeit; 1 stdg.
19,5 tt ads DUREE:
Einschlägige Vorlesungen wurden nicht angekündigt.
20. Tübın sen.
1809/1900. Vierordt: Geschichte der Medizin; 2stdg. — (Ebenso in den
folgenden Wintersemestern bis auf 1902/03, in dem „Geschichte
der Medizin seit dem XVI. Jahrhundert“ (2stdg.) angekündigt
wurde.
1901/02. Winkler: Ausgewählte Kapitel aus der Geschichte der Natur-
wissenschaft; ıstdg.
1902. Hegelmaier: Geschichte der Kulturpflanzen; ıstdg.
21. Würzburg.
1899/1900. Helfreich: Geschichte der Medizin; 2stdg.
NB. Derselbe kiindigt die gleiche Vorlesung jedes Semester an.
II. Österreichische Universitäten.
1. Czernowitz.
Einschlägige Vorlesungen sind nicht angekündigt worden.
Dazzi
1899/1900. Fossel: Geschichte der Medizin der neueren Zeit; 1 stdg.
NB. Die Vorlesung wiederholt sich jedes Jahr.
stIunsbruck.
1900. v. Dalla-Torre: Die Tierwelt des Aristoteles; 2stdg.
1900/01. — Einführung in die entomologische Literatur; 1 stdg.
1901. — Die Zoologie der Römer; 2stdg.
1902/02. — Geschichte der faunistischen Erforschung Osterreich-
Ungarns; 2stdg.
1902. — Die Er fonsehun gsgeschichte der Tiereck von Tirol
und Vorarlberg; 2stdg.
1903/04. — Geschichte der Entomologie; rstdg.
1904. — Die Tierwelt des Aristoteles; 3stdg.
1900/01.
1899/1900.
1900/01.
1902 02.
1903/04.
1899/1900.
1900.
I900/0I.
1902.
1903/04. ©
1904.
Einschlägige Vorlesungen sind nicht angekündigt worden,
Studers (einstündige)
1900.
1902/03.
Braun, Geschichte der beschreibenden Naturwissenschaften etc. 81
Tinted cables rect
Nestler: Die Fortschritte der Pflanzenphysiologie in den
letzten to Jahren; 1stdg.
5. Wien.
v. Töply: Geschichte der Medizin im Altertum und Mittelaiter,
2 stdg.
Kreidl: Geschichte der Physiologie; rstdg.
NB. Diese Vorlesungen werden jedes Semester angekiindigt,
die zuerst angefùhrte in der Folge ohne den Zusatz; dazu
kommen noch folgende:
Neuburger: Geschichte der Medizin im XIX. Jahrhundert;
I stdg.
— Geschichte der Medizin im Altertum und Mittelalter; ıstdg.
— Die großen Persönlichkeiten in der Geschichte den Medi-
zin; ıstdg.
III. Schweizerische Universitäten.
1. Basel.
Burckhardt, Rud.: Lektüre und Erklärung von Aristoteles
Piergceschichtey astde.
— Geschichte und Kritik des Darwinismus; rstdg.
Burckhardt, Albr.: Ausgewählte Kapitel aus der Geschichte
der Medizin; ıstdg. (ebenso in den beiden folgenden Winter-
semestern).
Burckhardt, Rud.: Lektüre und Besprechung role scher
Sehen ma 2stdg.
Burckhardt, Rud.: Casini der Biologie; 2stdg.
Burckhardt, Rud.: Geschichte der Zoologie seit Linné; 2stdg.
2, Bern.
vielleicht wäre
Vorlesung: Urgeschichte der Haustiere (Winter-
semester 1900/o1) hierher zu rechnen.
DZ Ich:
Seitz: Geschichte der Heilkunde; 2stdg.
NB. Wird in jedem Sommersemester angekündigt.
Kündig: Kultur- und Nutzpflanzen, deren Herkunft und
Bedeutung; 1stdg. (Im Sommer 1903 wiederholt.)
Zool. Annalen. I. i 6
Literatur.
I. Zoologiehistorisches.
Burckhardt, Rud., Uber antike Biologie. Aarau 1904, 19 pag. 8° (34. Jhrshft. d.
Ver. schweiz. Gymnasiallehrer).
-— Die Biologie der Griechen. Frankfurt a. M. 1904. 26 pag. 8° (Ber. d. Senckenb.
naturf. Ges. 1904).
Dahms, Paul, Die Beizjagd in Altpreußen. Arch. f. Kulturgesch. Hrsg. v. Dr. Georg
Steinhausen. II. Bd. 1904. pag. 1—10.
Darmstaedter, L. und R. Du Bois-Reymond: 4000 Jahre Pionierarbeit in den
exakten Wissenschaften. Berlin, J. A. Stargardt. 1904. 5 u. 389 pag. 8°.
Giard, Alfred, Les précurseurs des idées modernes sur l’origine des perles.
(Feuille jeun. natural. [4] ann. 34. 1904. pag. 45—49).
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Paris. Av. Fig. Paris, Steinheil. 1904.
Norrenberg, J., Geschichte des naturwissenschaftlichen Unterrichts an den héheren
Schulen Deutschlands. Leipzig u. Berlin. 1904. V u. 76 pag. 8°. (Sammlg. naturw.
padag. Abh. hrsg. von O. Schmeil u. W. B. Schmidt. Bd. I. Hft. 6).
Sharp, D., The place of Herbert Spencer in biology. (Zoologist [4] Vol. VIII.
1904. pag. 1—6).
Strunz, Fr., Naturbetrachtung und Naturerkenntnis im Altertum. Eine Entwicklungs-
geschichte der antiken Naturwissenschaften. VII. u. 168 pag. 8°. Hamburg.
ea OS'S. 1004,
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pag. 66).
Wasielewski, W. v., Goethe und die Deszendenzlehre. Frankfurt a. M. 1904.
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Ziegler, Heinrich, Ernst, Der Begriff des Instinktes einst und jetzt. Zool.
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pag. 700 — 726.
Literatur. 83
II. Biographie.
Geheeb, Adalb., Meine Erinnerungen an große Naturforscher. Selbsterlebtes und
Nacherzähltes. 44 pag. 8°. Eisenach. H. Kahle. 1904.
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1904. pag. 52—54).
Fürbringer, Max, Carl Gegenbaur {. In: Anat. Anzgr. Bd. 23. pag. 589—608
mit Portr.
Bode, W., Prof. A. Radcliffe Grote +. (Allg. Zeitschr. f. Entom. IX. Bd. 1904. Nr, 1/2.
pag. 1-6 mit Portr.).
Breitenbach, Wilh., Ernst Haeckel. Fin Bild seines Lebens und seiner Arbeit.
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Blasius, Rudolf, Gustav Radde +. Ein Lebensbild. Journ. f. Ornithol. LII. Jahrg.
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Blanchard, Raph., Notices biographiques. XVI. Francois-Vincent Raspail. (Arch.
de parasitologie T. VIII. 1904. pag. 1-87. 1 pl. 20 Figg.).
Zoth, O., Zur Erinnerung an Alexander Rollet. (Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 101. 1904).
51 pag. 8°. mit Portr. Bonn. M. Hager. 1904.
Mobius, M., Matthias Jacob Schleiden. Zu seinem 100. Geburtstage. Mit Portr. u.
2 Abb. III. u. 106 pag. 8°. Leipzig. W. Engelmann. 1904.
Fletcher, J., The Rev. George William Taylor. (Canad. Entom. Vol. XXXVI. 1904.
pag. 1—2. with portr.).
Hoyle, W. E., Isaac Cooke Thompson, F. L. S. (Journ. of conch. Vol. XI. (1904.
Pages tA 15).
Heigel, K. Th. v., Zum Andenken an Karl v. Zittel. 17 pag. 4°. Minchen. G. Franz.
Klautzsch, A. Karl Alfred v. Zittel +. Nachruf. Naturwiss. Rdschau [W. Sklarek].
XIX. Jahrg. 1904. Nr. 5. pag. 65--66.
III. Museumsberichte etc.
Dutcher William, Report of the A. O. U. Committee on the protection of North
American Birds for the year 1903. (The Auk N. S. Vol. XXI. 1904. pag.
972083 pl):
Kobelt, W., Museum Loebbeckeanum. Nachrichtenbl. d. d. Malacoz. Ges. XXXVI.
Jahrg. 1904. pag. 81—87.
IV. Geschichte einzelner Arten.
Lauterborn, Robert, Beiträge zur Fauna und Flora des Oberrheins und seiner
Umgebung. II. Faunistische und biologische Notizen. Ludwigshafen a. Rh. 1904.
jo pag. 8°. (Mitt. d. Pollichia, eines naturw. Ver. d. Rheinpfalz. Jahrg. 1904.)
Enthält historische Angaben über wilde Pferde, Castor fiber, Phocaenaorca,
Emys europaea, Pleuronectes flesus und Mantis religiosa.
Schuster, Wilhelm, Zum Kapitel Maultier und Maulesel. Der Zoolog. Garten.
XLV. Nr. 3. 1904. pag. 95—96.
V. Verzeichnisse. -
Palmer, T. S., Index generum mammalium, a list of the genera and families of
mammals. Washington 1904. (North american fauna Nr. 23.)
6*
8 4 Literatur.
Poche, Franz, Einige Erganzungen und Berichtigungen zu Sherborns ,Index ani-
malium“. Zool. Anzgr. XXVII. 1904. pag. 394—396.
Trouessart, E. L., Catalogus mammalium tam viventium tam fossilium. Quinque-
nale supplementum, anno 1904. Fasc. I. Primates, Prosimiae, Chiraptera, Insecti-
vora, Carnivora, Pinnipedia. Berolini 1904. 288 pag. 8°.
VI. Nomenclatur.
Kleinschmidt, O., Ein Streit um Namen? Ornith. Mtsber. (A. Reichenow)
XII. Jahrg. 1904. Nr. 3. pag. 42—46.
Nachwort hierzu von A. Reichenow. Ebenda pag. 46.
Poche, Franz, Über die Zulässigkeit der von Lesson in seiner „Traite d’ Ornitho-
logie“ eingeführten Namen. In: Journ. f. Ornith. 1904. pag. 296—3o1. i
—— Einige notwendige Änderungen in der ornithologischen Nomenclatur. Ornithol.
Monatsber. XII. Jahrg. 1904. Nr. 2. pag. 22—27.
— Über die Trennung der „Ratschläge“ und „Regeln“ in den neuen Nomenclatur-
regeln. Zool. Anz. Bd. XXVII. Nr. 9. 1904. pag. 295—297.
— Über die nomenclatorische Berücksichtigung und Behandlung von im Jahre 1758
erschienenen zoologischen Werken, in denen die Grundsätze der binären Nomen-
clatur befolgt sind. Zool. Anz. XXVII. 1904. pag. 401—404.
— Ein bisher nicht berücksichtigtes zoologisches Werk aus dem Jahre 1758, in dem
die Grundsätze der binàren Nomenclatur befolgt sind. In: Zool. Anz. XXVII.
1904. pag. 495—510.
Reichenow, Ant., Zur Rettung zweier alteingebiirgerten Namen. In: Ornithol.
Monatsber. XII. Jahrg. 1904. Nr. 1. pag. 1—3.
VII. Synonymie.
Alfken, J. D., Beitrag zur Synonymie der Apiden (Ztschr. syst. Hymenopt. Dipt.
Jahrg. IV. 1904. pag. 1 - 3).
Buturlin, S. A., The correct name of the pacific. Dunlin. (The Auk N. S. Vol.
XXI. 1904. pag. 50—55.) — Tringa alpina sakhalina.
Fuhrmann, O., Zur Synonymie von Macrochynchus bivittatus (Ulianin). Zool.
Anz. Bd. XXVII. 1904. pag. 208.)
Kirkpatrick, R., A correction to ,Notes on some Medusae from Japan“ (Ann.
mag. nat. hist. [7]. Vol. XIII. 1904. pag. 80).
Gonomeandrus chrysostephanus n. g. n. sp. Kirkp. 1903 (Ann. mag. nat.
hist. [7] Vol. XII. 1903. pag. 615) = Medusa saltatrix. |
Kobelt, W., /berus Montf. und Ofala Schm. Nachrichtsbl. d. d. malakozool.
Ges. XXXVI. Jahrg. 1904. pag. 88.
Iberus Untergattung (neben Pomatia oder Helicogena und Tachea innerhalb
der Gttg. Helix; Ofala kann höchstens als Name einer Sektion Verwendung
finden.
Oudemans, A. C., Symbiose von Copforshosoma und Greenia, eine Prioritàts-
frage. In: Zool. Anz. Bd. XXVII. 1903/04. Nr. 4. pag. 137 —139.
Poche, Eranz, Zur Synonymie der Accipitres und der Bucerotidae, nebst Be-
merkungen über die Methodik des Eliminationsverfahrens überhaupt. In: Ornithol.
Monatsber. (A. Reichenow) XII. Jahrg. 1904. Nr. 6. pag. 89— 93.
Literatur. — Besprechungen. 85
Poche, Franz, Kritische Bemerkungen über die bisher so genannten Arten 7any-
siptera dea (L.) und Urogalba paradisea (L.). Ornithol. Monatsber. (A. Reichenow)
XII. Jahrg. 1904. Nr. 4: pag. 57-
Snellen, P. C. T., Agrotis smithii Snell. Eene rectificatie. (Tijdschr. entom.
D. 46. 1904. pag. 91—92.) Agrotis smithii = A. baja.
VII. Terminologie.
Bardeleben, Karl von, Einige Vorschläge zur Nomenclatur. In: Anat. Anzgr.
XXIV. Bd. 1903/04. Nr. 16/11. pag. 301—304.
Bert, P. et Pellanda, C., La nomenclature anatomique et ses origines. Expli-
cation des termes anciens employés de nos jours. Paris, F. Alcan. 1904. VI.
et Ioo pag.
IX Holts ta cher.
Kretschmer, Konrad, Historische Geographie von Mitteleuropa. München und
Berlin, R. Oldenbourg. VII. und 650 pag. 8°. 1904.
Besprechungen.
Burckhardt, Rudolf: Das koische Tiersystem, eine Vorstufe der zoologischen
Systematik des Aristoteles. (Verh. d. naturf. Ges. Basel. Bd. XV. 1903. pag.
377413.)
in dem zweiten Buch der im Corpus hippocraticum enthaltenen Schrift wegi
dvattns werden 52 Tiere mit Namen angeführt und ihr diätetischer Wert besprochen.
Stellt man die Namen in der Reihenfolge zusammen, wie sie die Schrift selbst in den
in Betracht kommenden Kapiteln X— XII gibt, so erhält man eine Anordnung, die
unmöglich zufällig sein kann; sie erscheint bei näherer Prüfung als eine absteigende
Stufenleiter von Tieren, die mit dem aristotelischen System eine weitgehende Ähn-
lichkeit zeigt. Da nun der unbekannte Verfasser der genannten Schrift der koischen
Schule angehört und selbst berichtet, andere Autoren benützt zu haben, so schließt
Burckhardt, daß ein bereits ziemlich bekannt gewesenes Vorbild vorgelegen haben
müsse, das als ,koisches Tiersystem“ bezeichnet wird. Dasselbe gelangt frei-
lich in der in Rede stehenden Schrift nicht rein zur Anwendung, da stellenweise,
offensichtlich im Zusammenhange mit der Tendenz des Werkes, Umstellungen statt-
gefunden haben; aber es läßt sich wieder herstellen. Da nun diese pseudohippo-
kratische Schrift „De diaeta“ um eine ganze Anzahl von Dezennien älter ist als die
Tiergeschichte des Aristoteles und in letzterer sich das „koische Tiersystem“
wieder findet, so dürfte zum mindesten wahrscheinlich sein, daß entgegen der all-
gemeinen Annahme nicht Aristoteles der Schöpfer des ihm zugeschriebener
Systemes ist, sondern daß er dasselbe von Vorgängern übernommen hat. Mit dieser
Annahme wird jedoch keineswegs die Bedeutung des Aristoteles herabgesetzt, da
_ letzterer das nach physiologischen Prinzipien aufgebaute in bewufiter Absicht durch
Anwendung anatomischer Gesichtspunkte auf eine andere Basis bringt und erweitert.
Das aristotelische System wird man als das Endglied einer langen und langsamen
86 | Besprechungen.
Entwickelung des Denkens über die organische Natur und ihre Mannigfaltigkeit be-
trachten müssen, eines Prozesses, dessen Spuren noch zu verfolgen sind. Eine Etappe
dieses langen Weges ist das koische System, eine andere, noch weiter zurückliegende
„Die knidische Tierfolge“, die sich in einer ebenfalls pseudohippokratischen
Schrift: zeoi 1ad@v findet. Hier gilt als Einteilungsprinzip das umgebende Medium,
wobei eine ganz allgemeine, aber auch sehr urivollkommene Anordnung resultiert, die
mit dem koischen Tiersystem keinerlei nähere Berührungspunkte aufweist. M. Br.
Burckhardt, Rud.: Zur Geschichte der biologischen Systematik. Verh. d. naturf.
Ges. Basel. Bd. XVI. 1903. pag. 388 —440.
Eine Untersuchung des gegenwärtigen Standes der zoologischen Geschichts-
schreibung, die mit A. v. Haller (1774) beginnt und mit J. V. Carus (1872) schließt,
ergibt, daß dieselbe bis jetzt so gut wie ausschließlich Geschichte der systematischen
Zoologie bezw. des zuologischen Systems ist. Unterdessen hat sich aber die Zoologie
bedeutend erweitert, namentlich nach der zoologischen Seite hin; es beginnt dies
allerdings schon mit Aristoteles, aber erst die Neuzeit hat mit ihrer Fülle tech-
nischer Hilfsmittel den Aufbau sehr erheblich gefördert und andere Disziplinen.sind
aus ihm hervorgegangen. Demgegenüber ist der Ausbau der Systematik der auf
Zootomie fußenden Wissenschaften (vergleichende Physiologie, vergleichende Anatomie)
auffallend zurückgeblieben. Verfasser schildert nach diesen Feststellungen die geschicht-
liche Entwickelung sowohl der physiologischen wie der vergleichend-anatomischen
Systematik in ausführlicher Weise; hiermit ist an sich schon ein dankenswertes Feld
für die geschichtliche Erforschung der Gesamtzoologie gewonnen, das bisher nur
wenig, jedenfalls ohne durchschlagenden und dauernden Erfolg bearbeitet worden ist;
aber weiterhin dürfte die Betrachtung des Entwickelungsganges der biologischen Systeme
Veranlassung geben, das System der vergleichenden Anatomie, das sich kaum über
die ursprüngliche, der Praxis entstammenden Form herausgebildet hat, in Einklang mit
der historisch solider begründeten und an die exakten Wissenschaften direkt an-
schließenden physiologischen Systembildung zu bringen. Einen dahingehenden Ver-
such unternimmt der Verfasser zunächst noch nicht, stellt ihn jedoch in Aussicht.
M. Br.
Dacqué, Dr. Edgar: Der Deszendenzgedanke und seine Geschichte vom Altertum
bis zur Neuzeit. München 1903. 8°. 113 pag.
Der Verf. will eine historische Entwickelung des Abstammungsgedankens geben;
hierbei setzt er seine prinzipielle Richtigkeit voraus, begründet die letztere aber doch
in dem einleitenden Kapitel dadurch, daß er wenigstens im allgemeinen diejenigen
Tatsachen und Verhältnisse schildert, welche den Deszendenzgedanken als unabweis-
bare logische Forderung erscheinen lassen. Der Natur der Sache nach handelt es
sich hierbei weniger um exakte wissenschaftliche Beweise, die nur ganz ausnahms-
weise gewonnen werden können, als um Analogien und Wahrscheinlichkeitsschliisse,
also um eine indirekte Begründung, wie sie Paläontologie, Embryologie und ver-
gleichende Anatomie, Atavismus, Tier- und Pflanzengeographie ergeben. Der Haupt-
teil der Arbeit ist aber der geschichtliche; in ihm wird zuerst die vordarwinische Zeit
bis zum Zeitalter der streng wissenschaftlichen Begründung des Deszendenzproblems
abgehandelt; dann folgt die Besprechung der Darwinschen Lehre und der nach-
darwinischen Zeit, welche die ausschließliche Geltung des Selektionsprinzips ein-
geschränkt bezw. durch-andere Faktoren zu ersetzen versucht hat. Im ganzen ver-
Besprechungen. 87
halt sich der Verf. mehr als Chronist denn als Historiker; das Werk wird demnach
demjenigen, der sich tiber die in Betracht kommenden Autoren und ihre Anschauungen
rasch orientieren will, sehr wohl dienen kònnen, wahrend es demjenigen, der die
historische Entwickelung des Deszendenzgedankens verfolgen bezw. kennen lernen
will, mehr ein Führer durch die Literatur sein wird. Nach beiden Richtungen hin
wirde ein Autoren-Verzeichnis wesentliche Dienste leisten. M. Br.
Albrecht, Oskar: Zur 4ltesten Geschichte des Hundes; Studien zur Geschichte
seiner Zahmung, Verbreitung und Rassengliederung. Miinchen 1903. 8°. 63 pg.
‚Der Verf. bedient sich der für Forschungen über die Geschichte des Hundes
noch wenig angewandten linguistischen Methode, ist sich aber darüber klar, daß zur
Erzielung sicherer Resultate auch andere Methoden herangezogen und die Ergebnisse
aller verglichen werden müssen. Bestimmend war der Umstand, daß im Gegensatz
zum Hund andere Haustiere von frei lebenden Verwandten nicht sehr verschieden
sind und daher auch sprachlich gewöhnlich nicht unterschieden, sondern mit demselben
Wort bezeichnet werden; der Nachweis eines solchen Wortes in einer Sprache läßt
also an sich noch nicht den Schluß zu, daß die betreffende Art innerhalb dieses
Sprachkreises im domestizierten Zustande vorhanden gewesen ist. Anders beim Hund,
der wegen seiner beträchtlichen Verschiedenheiten von wilden Caniden auch sprach-
lich unterschieden wird.
Die betreffende Bezeichnung muß wie für viele Tiernamen so auch für den
Hund als ein Onomatopoeticon, also gebildet durch Nachahmung der Stimme des
Hundes, aufgefaßt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Haushund über
eine ganze Reihe von Lauten verfügt und daß aus diesem Grunde sowie wegen der
an sich bestehenden Schwierigkeit, unartikulierte tierische Laute mit der Stimme des
Menschen wiederzugeben, die Bezeichnungen für Hund sehr verschieden lauten können.
Der Verf. prüft nun den Wortschatz der verschiedenen Völkerkreise auf die
Benennungen für den Haushund, am vollständigsten bei den Indogermanen und Semiten,
wobei auch archäologische Daten Berücksichtigung finden. Bei den Indogermanen
lautet die ursprüngliche Bezeichnung: Kwan oder Khwan, ein Wort, das sich als
solches im Sanskrit findet und verändert in allen Zweigen der indogermanischen
Sprachgenossenschaft erhalten hat. Daraus darf geschlossen werden, daß die Indo-
germaren schon vor ihrer Gliederung in die heute bestehenden Völkergruppen den
Haushund, den sie sprachlich von wilden Caniden (Wolf, Schakal) unterschieden, be-
sessen haben. Die verschiedenen Bezeichnungen, welche man für den Haushund an-
gewendet findet, gehen auf Worte zurück, welche — von Kwan ableitbar — bei den
Hauptstämmen, in welche sich die Indogermanen gliederten, vorkommen: Äuan bei
den westkleinasiatischen Phrygern, Albanesen, Graecoitalikern und Kelten, Svan bei
den südöstlichen Indogermanen, Indiern, Iraniern (übergreifend auf Letten und Alt-
preußen) und Hund bei den germanischen Völkern. Gelegentlich treten freilich auch
Bezeichnungen auf, die mit diesen drei indogermanischen Stammworten nicht in Be-
ziehung gebracht werden, wie das auf eine große Hunderasse hinweisende englische
Kollektivum für Hund: dog, dessen Ursprung noch unaufgeklärt ist. In anderen Fällen
weisen solche Bezeichnungen auf Rassen hin, die der betreffende Stamm aus seiner
_ Urheimat mitbrachte oder an seinem neuen Wohnsitz bereits vorfand.
Eine gemeinsame Bezeichnung für den Haushund haben auch die semitischen
Sprachen und zwar ein Wurzelwort K. /. b., das in den verschiedenen semitischen
Sprachen verschieden vokalisiert wird. Demnach kannten bereits die Ursemiten vor
88 Besprechungen.
ihrer Gliederung den Haushund. Das betreffende Wort fehlt jedoch in der ägyptischen
und anderen hamitischen Sprachen, weshalb bei der nahen Verwandtschaft dieser mit
semitischen Sprachen angenommen werden muß, daß der Hund in den Zeiten der
semitisch-hamitischen Gemeinschaft noch nicht domestiziert war. Dies erfolgte seitens
der Ägypter möglicherweise noch in ihrer vornilotischen Zeit, sicher aber bald nach
ihrer Seßhaftmachung in Afrika und zwar unter Benützung des Schakals.
Gegenüber der Einheitlichkeit der Bezeichnung für Hund bei den Ariern und
Semiten fällt die Vielheit der Benennungen bei den Altaiern auf. Bei den mongoloiden
Polarvölkern werden z. T. altaische Bezeichnungen, z. T. originale bezw. aus dem
Russischen entlehnte benützt. Eine besondere Bedeutung beansprucht der ,,Tibet-
hund‘, dessen Ursprung wohl feststeht; von Tibet gelangte er nach Iran, Mesopo-
tamien, den drei großen Halbinsein Südeuropas, dann aber auch nach Südosten und
Osten, besonders nach China.
In bezug auf Details muß das Original verwiesen werden, das von der außer-
ordentlichen Sorgfalt des Verf., der weitere Mitteilungen in Aussicht stellt, auf jeder
Seite Zeugnis ablegt. M. Br.
Möbius, M.: Matthias Jacob Schleiden zu seinem 100. Geburtstage. Lpzg. 1904. 8°.
106 pg. Mit ı Portr. u. 2 Textabb.
Der auf den 4. April d. J. fallende hundertste Geburtstag des auch den Zoo-
logen wohlbekannten Forschers und der Umstand, daß eine ausführlichere Darstellung
seiner Leistungen bis jetzt noch fehlt, sind die Veranlassung zu der vorliegenden
Schrift gewesen, deren Lektüre den Zoologen ebenfalls empfohlen werden kann.
Nach einer kurzen biographischen Einleitung, die uns mit den eigenartigen Schicksalen
dieses etwas unruhigen und sehr streitbaren Mannes bekannt macht und in wenigen
Worten auch die Persönlichkeit schildert, bespricht der Verf. in gerechter und sach-
licher Weise die Leistungen und Verdienste Schleidens an der Hand seiner zahl-
reichen, vorzugsweise botanischen Publikationen. Von diesen haben zwei eine über
das Fachgebiet hinausgehende Bedeutung: Die ‚Grundzüge der wissenschaftlichen
Botanik“ (1. Aufl. 1842/43) insofern, als die hier vorgenommene Reform der Botanik
nicht ohne wesentlichen Einfluß auf andere Naturwissenschaften, speziell auch auf die
Zoologie geblieben ist; während die ‚Beiträge zur Phytogenesis‘ (1838), wie allgemein
bekannt, für Schwann die Veranlassung gewesen sind, die durch Schleiden
begründete Lehre von dem zelligen Aufbau der Pflanzen auf den tierischen Organis-
mus zu übertragen und auch für diesen geltend hinzustellen. Außer durch wissen-
schaftlich-botanische Arbeiten ist Schleiden durch eine Anzahl für ein grösseres
Publikum bestimmter Werke bekannt geworden, von denen ‚die Pflanze und ihr
Leben“ (1. Aufl. 1848, 6. Aufl. 1864) und „das Meer‘ (1. Aufl. 1867, 2. Aufl. 1874)
vorbildlich geworden sind. Viel weniger bekannt dürfte sein, daß sich Schleiden
auch in der Dichtkunst versucht und zwei Bändchen Gedichte (1858 u. 1878) heraus-
gegeben hat, die jedoch keinen großen Anklang gefunden haben. Misr.
Entwurt
von Regeln der zoologischen Nomenelatur.
Als Grundlage für eine Neubearbeitung der internationalen Regeln
der internationalen Nomenclatur-Commission
vorgeschlagen
von F. C. v. Maehrenthal
in Berlin.
Vorwort.
Die internationalen Zoologen-Congresse haben durch eine Reihe
von Beschlüssen zu einer internationalen Regelung der zoologischen
Nomenclatur geführt, die als ein überaus großer Erfolg gewiß von
jedem Systematiker geschätzt wird, welcher die Namengebung als eine
rein formale, durch Übereinkommen zu regelnde Angelegenheit seiner
Wissenschaft anzusehen gewohnt ist. Dieser große Erfolg berechtigt
zu der Erwartung, dab die bisher getroffenen Bestimmungen auf dem
Wege der internationalen Vereinbarung auch eine fortschreitende, dem
Bedürfnis folgende Vervollkommnung finden werden.
In dem vorliegenden Entwurf habe ich den Versuch unternommen,
durch Ereänzung und Ausgestaltung der bisher vereinbarten Be-
stimmungen einen weiteren Fortschritt in der Entwickelung der inter-
nationalen Regeln anzubahnen. Die Grundlage des Entwurfes bilden
die maBgebenden Beschlüsse des 5. internationalen Zoologen-Congresses
zu Berlin (1901), die ihren Ausdruck finden in der Neuauflage der
internationalen Regeln, welche von der in Berlin gewählten Unter-
commission veranstaltet wurde”). — Die offenbare Unzulänglichkeit
der bisher getroffenen Bestimmungen, die jedem Systematiker fühlbar
*) Règles internationales de la Nomenclature zoologique. Paris. 1904. 8°.
Zool. Annalen, I. 7
90 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
geworden sein diirfte, liegt nicht allein in manchen Liicken, die noch
auszufüllen sind, sondern auch darin, daß wichtige Grundsätze, auf
denen Regeln und Ratschläge beruhen, eine ausreichende Begriffs-
bestimmung noch nicht gefunden haben. Der Versuch, auch diesen
Mangel zu beseitigen und die Begriffsbestimmungen als Leitsätze für
eine logische Gliederung des manchmal recht schwierig zu behandelnden
Stoffes zu verwenden, hat mit Notwendigkeit zu einer Anordnung ge-
führt, die sich von der bisher eingehaltenen sehr weit entfernt. Vor
allem schien es mir aus Gründen der Zweckmäßigkeit wichtig zu sein,
diejenigen Bestimmungen, die sich nur auf die Einführung neuer Tier-
namen beziehen, auszuscheiden und als „Ratschläge“ in einem Anhang
zusammenzustellen. Die „Regeln“ enthalten demnach nur diejenigen
Bestimmungen, welche die Behandlung der schon veröffentlichten Namen
und die Giiltigkeit der Benennungen betreffen, also rückwirkende Kraft
besitzen. Es bedarf wohl keiner weiteren Erklärung, daß schon die
Durchführung dieser Anordnung, noch mehr natürlich die notwendige
Ergänzung der bisher vereinbarten Bestimmungen nur durch eine
größere Zahl von selbständigen Entscheidungen möglich wurde. Bei
diesen Entscheidungen war ich besonders bestrebt, die Wahrung der
Priorität bis zu den äubersten Grenzen zu berücksichtigen und der
subjektiven Beurteilung einen möglichst geringen Spielraum bei der
Feststellung des Standes der vergebenen Namen zu gestatten. Um
den Vergleich meines Entwurfes mit der Neuauflage der internationalen
Regeln zu erleichtern, habe ich jeden Abschnitt des Entwurfes mit
einem in eckige Klammern gesetzten Hinweis auf diese Neuauflage
versehen. |
Es erübrigt mir noch, den Herren Ch. W. Stiles in Washington
und Franz Poche in Berlin auch an dieser Stelle meinen Dank aus-
zusprechen für die überaus wertvolle Unterstützung, die sie mir während
der Fertigstellung des Entwurfes zukommen ließen. Herrn Ch. W. Stiles,
welcher die Artikel 1—10 einer eingehenden Prüfung unterzog, ver-
danke ich die Anregung zu einer ganzen Reihe wichtiger Verbesserungen.
Während des letzten halben Jahres unterstützte mich Herr Franz Poche
bei der wiederholten kritischen Durchsicht des Entwurfes mit außer-
ordentlicher Hingabe und nahm durch die Schärfe seines Urteiles auf
die letzte Ausgestaltung des Entwurfes einen ganz wesentlichen Einfluß.
Berlin, September 1904.
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 9]
Inh altstibersicht.
Vorbemerkungen . . . . DI RETE NR ENI ae "99
I. Die Benennung der uo Aerea eat 190
he Die Benennung. der ‚Einheiten: dg "00m ne nr 093
AaAlleemeinerkeseln =.=: 3 eg a one ao
Art. 2. Wesen und Bedeutung de E wise 93
Art. 3. Beziehung zur Nomenclatur der Pflanzen na
Protisten se. 2 EN N ENT
Art. 4. Untilgbarkeit der Benin’ Se Seige ie Ae erat
Bo Dre bedinoungen den Zuläassıckeit. 2. 22... 207
Art. 5. Zusammenfassung der Bedingungen. . . . . 97
Atina babies Wassenschathichkeit = 7 22.2, oe ee OD
Arre eSchifitze (chien aa es Me eg Ca Ne 100
Mite 3 IuinneischerBenennungsweise . .2.22.7.....100
Art 92 Dies Kennzeichmuner 2.0 ur ist ee a KOO
Ati Ose Die Veröftentliehung TRL
C. Die gültige Benennung . . ee LO0
Art. 11. Höhere Einheiten und Schalteinheiten se i LOG
Ant. 12. Bamilien und Unterfamilien 2 252.2... 222 106
Art. 13—15. Gattungen, Untergattungen, Arten und
Unterarten:
Art. 13. Das Prioritäts- und Autoritäts-Gesetz . . . . 108
Art 14.2 Das-Coor:dimations-Gesetz ar er 23.222777 15
Abk, > Dies Gleichhers dev» Namen = aye ee re, BR
D Die Schwerbunge -. —. ee RUE at el)
Art. 16. Namen höherer Tani ten Shiny I Roe E ee 120)
Art. 17. Art- und Unterartnamen . . . e SIZE:
Art. 18. Benennung der Arten und Me Cono A LS
2 19 eli chiounoentdersschreibun eee nr bo
Be Der /Aukorname- fins: DARI a ae e ESTERO
Art. 20. Bestimmung des oe. N ERRE
Art. 21. Anwendung des Autornamens . . . . . . . 127
Anhang: Ratschläge bei der Einführung neuer Tiernamen . . . . 12
Nr tl. Alloemeine Rasschlase 2. 378. er. 128
Nr. 12—15. Besondere Ratschläge . 1
=
92 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenelatur.
Vorbemerkungen.
al Die Systematik der biologischen Wissenschaften beruht
auf der Voraussetzung, daß die Lebewesen Gruppen (Hin-
heiten) bilden. Die wissenschaftliche Benennung dieser
Einheiten und ihrer Rangstufen im System wird als
Nomenclatur bezeichnet. Regeln der. Nomenclatur
haben die Aufgabe, Beständigkeit und Eindeutigkeit der
wissenschaftlichen Benennungen nach Möglichkeit zu sichern.
ES Da das zoologische System die lebenden und die aus-
gestorbenen Tierformen umfaßt, beziehen sich Regeln der
zoologischen Nomenclatur auf diese wie auf jene.
I. Die Benennung der Rangstufen.
Art. 1.
[—] Die Rangstufe der gesamten Tierwelt im System der
Lebewesen heißt Regnum (Reich). Für die untergeord-
neten Rangstufen sind die folgenden Benennungen anzu-
wenden, und zwar entsprechend ihrer Reihenfolge im Sinne
stufenweise fortschreitender Unterordnung: Subregnum
(Unterreich), Phylum (Stamm), Subphylum (Unter-
stamm), Classis (Klasse), Subclassis (Unterklasse),
Ordo (Ordnung), Subordo (Unterordnung), Familia
(Familie), Subfamilia (Unterfamilie), Genus (Gat-
tung), Subgenus (Untergattung), Species (Art), Sub-
species (Unterart).
Erklarungen.
= a) Die Rangstufen Phylum, Classis, Ordo, Familia, Genus und
Species sind insofern verbindliche (obligatorische), als im Reich der
Stamm, in jedem Stamm die Klasse, in jeder Klasse die Ordnung, in
jeder Ordnung die Familie, in jeder Familie die Gattung, in jeder Gattung
die Art als Einheit untergeordneter Rangstufe unterschieden werden
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 93
muB. Im Gegensatz hierzu sind die Rangstufen Subphylum, Subclassis,
Subordo, Subfamilia, Subgenus und Subspecies nicht-verbindliche
(facultative), so dab es beispielsweise nicht erforderlich ist, jeden
Stamm in Unterstämme, jede Art in Unterarten aufzuteilen. — Die
verbindlichen Arten und die nicht-verbindlichen Unterarten bilden die
letzten Einheiten des Systems.
b) Ist die Einschaltung von weiteren Einheiten (Schalteinheiten)
erforderlich, so sind für ihre Rangstufen folgende Bezeichnungen anzu-
wenden: Cladus und Subcladus (zwischen Unterstamm und Klasse),
Legio und Sublegio (zwischen Unterklasse und Ordnung), Sectio und
Subsectio (zwischen Unterordnung und Familie), Tribus und Subtribus
(zwischen Unterfamilie und Gattung), Colors und Subeohors (zwischen
Untergattung und Art).*)
c) Nomenclatorisch gilt als Unterart jede Einheit des Systems,
welche der Art untergeordnet ist, auch wenn ihr vom Autor eine andere
Bezeichnung (wie Varietas, Forma, Mutatio, Aberratio u. a.) beigelegt
worden ist. Vergl. Art. 2 Erkl. e.
II. Die Benennung der Einheiten.
A. Allgemeine Regeln.
Art. 2.
Die Benennung einer Einheit des Systems gilt als
eine Bezeichnung der Körper, von denen der Begriff dieser
Einheit abgeleitet worden ist.
Erklärungen.
a) Wird auf Grund der Untersuchung von Körpern der Begriff
einer Einheit des Systems geschaffen und dieser ein Name gegeben,
so wird der Name sowohl zum Zeichen für den geschaffenen Begriff
als auch zum Zeichen für die Körper, welche die gedachte Einheit
bilden. Um aber die Benennung einer Einheit zu einer beständigen
zu machen, ist es erforderlich, sie als eine rein gegenständliche zu
behandeln, d. h. ihre Beziehung zu den untersuchten Körpern und allen
mit diesen zu der gedachten Einheit zu vereinigenden Körpern als
eine unverrückbare zu betrachten. In jedem einzelnen Fall, sei es bei
der Einführung eines Namens, sei es bei der Anwendung eines schon
*) Vergl.: Generelle Morphologie der Organismen. Von Ernst Haeckel.
Berlin. 1866. 8°. 2. Band, S. 400.
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|
94 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
eingeführten Namens, gilt daher die Benennung einer Einheit nur als
ein Zeichen für die Körper, von denen die Beerifisbestimmung
(Kennzeichmung, Definition, Diagnose) der Einheit abgeleitet wird. —
Der Name einer Einheit behält demnach seine Bedeutung als Zeichen
für die untersuchten Körper, wenn die erste Begrifisbestimmung durch
eine neue, mehr oder minder verschiedene ersetzt, oder selbst das
Bestehen der Einheit geleugnet wird. Wird ermittelt, daß Körper in
der ersten Begriffisbestimmung ihrer Einheit nicht zutreffend gekenn-
zeichnet worden sind, so ist der Name, welcher der Einheit gegeben
wurde, nicht auf andere Körper zu übertragen, für welche die erste
Begriffsbestimmung der Einheit zutrifft. Beispiele: Hectocotylus
G. Cuvier (1829), Lozoon Dawson (1855).
b) Damit die Benennungen der Einheiten als eindeutige Zeichen
für die Körper dienen, ist es nicht erforderlich, daß sie ursprüngliche
Wörter sind, d.h. solche, die durch eine neue Zusammenfügung von
Lauten (Buchstaben) gebildet werden, sondern es ist zulässig, jedes
bestehende Wort, mit welchem ein Begriff schon verbunden ist, als
Namen auf Einheiten zu übertragen. Der ursprüngliche Begriff solcher
übertragenen Wörter braucht in keiner notwendigen Beziehung zu der
Begriffsbestimmung der Einheit zu stehen; es können also Benennungen,
die ihrem Wortsinn nach unzutreffend sind, trotzdem für ihre Einheiten
gültig sein (wie z. B. Apus Scopoli, 1777). Die Namengebung der
Einheiten des Systems ist in diesem Sinne ganz unabhängig von
jedweder anderen Namengebung; es können daher selbst solche Namen,
welche die Terminologie der Tierkunde für Körperteile, Organe,
Funktionen, Entwickelungsstufen usw. anwendet, als Benennungen von
Einheiten des zoologischen Systems gültig sein (wie z. B. Radius,
Pelvis, Crinis, Plasmodium). — Um als Zeichen für die Körper zu
dienen, können demnach die Benennungen der Einheiten ebensowohl
ursprüngliche wie übertragene Wörter sein, die weder durch Herkunft
oder Wortsinn, noch durch Sprachrichtigkeit oder Wohlklang be-
stimmt sind. |
c) Ein Wort wird nicht dadurch zum Namen einer Einheit, dab
es seinem Wortsinn gemäb zur Bezeichnung der Begriffsbestimmung
angewandt wird, sondern dadurch, daß es gleich einem Eigennamen
zum Zeichen für die Einheit bestimmt wird. Ein Wort ist daher nur
dann als Name anzuerkennen, wenn die maßgebende Absicht des Autors
aus der Fassung seiner Veröffentlichung ersichtlich ist. In lateinischen
Veröffentlichungen führt oft nur die Vergleichung der Schriftstellen zur
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 95
Unterscheidung der Namen. von Bestandteilen der Kennzeichnung;
häufig ist für diese Entscheidung die Druckanordnung maßgebend.
Beispiel: Die Bezeichnungen aria Hominis bronchialis, Filaria
Vespertilionis in Rudolphis Entozoorum Synopsis (Berolini, 1819), 8. 7,
sind, wie aus dem Vergleich mit anderen Schriftstellen (z. B. S. 2—7)
ersichtlich ist, nicht als binäre oder ternäre Benennungen anzuerkennen,
sondern als Angaben des Vorkommens unbenannter Arten der Gattung
Filaria zu behandeln.
d) Um zu einer geschichtlich richtigen Benennung der Einheiten
zu gelangen, ist es erforderlich, die Körper zu kennen, welche die Grund-
lage für frühere Begriffsbestimmungen benannter Einheiten bildeten.
Ist es nicht möglich, die früher untersuchten Stücke (Originalexemplare)
auizufinden, so sind für die Wiedererkennung (Identifizierung) der
Einheit diejenigen in der früheren Begriffsbestimmung enthaltenen, in
Wort oder Bild bestehenden Angaben maßgebend, welche die Stücke
kennzeichnen, die dem Urheber der Begriffsbestimmung zur Unter-
suchung vorlagen. — Eine behauptete Auffindung der Originalexemplare
oder eine behauptete Wiedererkennung einer Einheit ist solange anzu-
erkennen, als ihre Unrichtigkeit nicht erwiesen ist. Beispiel: Acarus
coleoptratus Linné (1758), emend. Latreille (1795).
e) Die Benennung der Einheiten des zoologischen Systems ist
ebenso unabhängig von der namentlichen Bezeichnung der Zustands-
formen (Entwickelungszuständen, Formen des Dimorphismus und Poly-
morphismus, Formen der individuellen, normalen oder abnormalen
Variation) wie von derjenigen der Körperteile der Tiere. Namen, die
als Bezeichnungen vermeintlicher Zustandsformen oder Körperteile an-
gewandt worden sind, sind nicht als Benennungen der Einheiten zu
betrachten, denen die benannten Körper zuzurechnen sind. Ist jedoch
die Begriffsbestimmung einer benannten Einheit von einer irrtümlich als
selbständige Einheit des Systems gehaltenen Zustandsform oder von
einem irrtümlich als Ganzes gehaltenen Teil eines Lebewesens abgeleitet
worden, so ist der angewandte Name auf diejenige Einheit zu über-
tragen, welcher die benannten Körper zuzurechnen sind. — Ist aus
einer Veröffentlichung nicht ersichtlich, dab durch eine in ihr angewandte
Benennung nur eine namentliche Bezeichnung einer Zustandsform oder
eines Körperteiles beabsichtigt wird, so ist diese Benennung als eine
' solche zu behandeln, die für eine Einheit des Systems angewandt
worden ist. Diese Bestimmung betrifft besonders solche Benennungen,
die denen einer letzten Einheit gleichen, d. h. binär, ternär usw., mit oder
[a
(Art. 1]
[Art. 1]
[Art. 1]
96 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
ohne Einfügung eines Satzzeichens (Beistriches, Trennungsstriches usw.)
oder einer Bezeichnung wie Varietas, Varietas culta, Forma, Mutatio,
Aberratio, Monstrositas, Stadium u. a. angewandt und nicht ausdrücklich
als Bezeichnungen von Zustandsformen aufgestellt worden sind. Vergl.
Art. 1 Erkl. c.
f) Benennungen hypothetischer Einheiten, d.h. solcher Ein-
heiten, deren Bestehen nur aus der Kenntnis anderer Einheiten erschlossen
und deren Begrifisbestimmung nicht von wirklich aufgefundenen Körpern
abgeleitet wird, sind nur Zeichen für Begriffe und fallen daher nicht
in den Bereich der Nomenclatur. Beispiel: Pithecanthropus Haeckel, 1866
dagegen: Pithecanthropus Dubois, 1894].
Art. 3.
Die Benennung der Einheiten des zoologischen Systems
ist insofern unabhängig von der Benennung der Einheiten
der Systeme anderer Reiche, als Tiere und andere Lebewesen
gleich benannt sein können. Werden jedoch Lebewesen,
die als Pflanzen oder Protisten angesehen worden sind, dem
Tierreich zugerechnet, so gelten Benennungen, die sie im
System der anderen Reiche erhalten haben, als Tiernamen.
Erklärungen.
a) Die Benennung einer Einheit des zoologischen Systems kann
nicht deshalb als ungültig verworfen werden, weil sie mit der älteren
Benennung einer Einheit eines anderen Systems buchstäblich über-
einstimmt — vorausgesetzt, daß die letztere Benennung nicht als
Tiername zu gelten hat. Beispiel: Haplotaxis Hoffmeister (1843).
b) Die nicht-zoologischen Benennungen von Lebewesen, die, wenn
auch nur durch einen Schriftsteller, aus einem anderen Reich in das
Tierreich versetzt wurden, sind so zu berücksichtigen, als wenn sie als
Benennungen von Einheiten des zoologischen Systems eingeführt worden
wären. Beispiele: Der botanische Gattungsname des Erregers der
Pebrine-Krankheit des Seidenspinners, Nosema Nägeli (1857), ist im
Sinne des Prioritäts- und Autoritäts-Gesetzes (Art. 13) dem zoologischen
Namen Glugea Thélohan (1891) vorzuziehen; der von Babes (1888)
eingeführte zoologische Gattungsname Haematococcus ist zu verwerfen,
weil die von Agardh (1828) mit dem gleichen, botanischen Namen
benannten Lebewesen von Bütschli den Tieren zugerechnet wurden.
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenelatur. 97
Art. 4.
Werden Körper, die als Tiere angesehen worden sind,
Art. 1]
dem Tierreich nicht mehr zugerechnet, so sind Namen,
die für ihre Einheit im zoologischen System eingeführt
worden sind, auch weiter bei der Benennung anderer Ein-
heiten des zoologischen Systems zu berücksichtigen.
Erklärung.
Beispiele: Der Name Volvox, von Linné (1758, emend. 1767) für [-]
eine Gattung des zoologischen Systems eingeführt, kann im Sinne des
Prioritäts- und Autoritäts-Gesetzes (Art. 13) auch dann nicht als Be-
nennung einer anderen Gattung desselben Systems giiltig werden, wenn
die ursprünglich mit diesem Namen belehnten Lebewesen dem Pflanzen-
reich zugerechnet werden; der Name Nosema, von Nägeli für eine
Gattung des botanischen Systems eingeführt (vergl. Art. 3 Erkl. b),
würde auch dann als vergebener Gattungsname im zoologischen System
zu gelten haben, wenn der Erreger der Pebrine-Krankheit nicht mehr
dem Tierreich zugerechnet würde.
B. Die Bedingungen der Zulässigkeit.
Art. 5.
Die Benennung einer Einheit des Systems gilt als [Art 25]
zulässig, wenn sie eine wissenschaftliche ist, der von
Karl v. Linné eingeführten Benennungsweise entspricht
und in Begleitung einer Kennzeichnung der benannten
Körper seit dem Beginn des Jahres 1758 veröffentlicht
worden ist. Vergl. Art. 6—10.
Erklärungen,
|
ei
a) Ein Name wird eingeführt durch die Veröffentlichung, durch |
welche die Bedingungen seiner Zulässigkeit erfüllt werden, wenn er
in derselben mit der Absicht einer Neubenennung oder als neue Be-
-nennung ohne solche Absicht für eine Einheit angewandt wird. — Vom
Standpunkt der Nomenclatur gilt eine Einheit erst dann als be-
gründet, wenn sie einen zulässigen Namen erhält. Die nomenclatorische
[Art. 26]
98 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
Begründung einer Einheit erfolgt demnach, wenn auf Grund der Auf-
findung neuer Körper oder einer systematischen Vereinigung oder
Trennung schon bekannter - Körper eine Einheit als neue aufgestellt
und für sie ein Name eingeführt wird, oder wenn mit dem Hinweis
auf eine Veröffentlichung, in welcher eine Einheit als neue aufgestellt,
aber nicht zulässig benannt wurde, für diese ein Name eingeführt
wird. Der für eine Einheit bei ihrer Begründung eingeführte Name
ist Ihr ursprünglicher; mehrere ursprüngliche Namen einer Einheit
können nur von demselben Autor (vergl. Art. 20) in derselben Ver-
öffentlichung eingeführt sein. Die Kennzeichnung, welche die ur-
sprünglichen Namen einer Einheit bei ihrer Einführung begleitet, ist
die ursprüngliche Kennzeichnung dieser Einheit. Von den
ursprünglichen Namen einer Einheit sind diejenigen zu unterscheiden,
die für dieselbe Einheit an Stelle der ursprünglichen Namen ein-
geführt werden. — Durch die zulässige Benennung einer Einheit
werden auch diejenigen Körper benannt, deren Zugehöriekeit zur
Einheit als mehr oder minder unsicher bezeichnet wird. Die Anwendung
eines zulässigen Namens durch seinen Autor bei seiner Einführung, d.h,
die ursprüngliche Anwendung, ist von einer anderen Anwendung
zu unterscheiden. Bezüglich der ursprünglichen Anwendung mehrerer
für dieselbe Einheit eingeführten Namen ist die Anwendung der
ursprünglichen Namen von derjenigen der anderen Namen zu unter-
scheiden. Die durch die ursprüngliche Anwendung der ursprünglichen
Namen einer Einheit benannten und nicht als ihr nur zweifelhaft
zugehörig bezeichneten Körper bilden den ursprünglichen Inhalt der
Einheit, d. h. die ursprüngliche Einheit. — Die Schreibung, die
ein Name bei seiner Einführung besitzt, ist seine ursprüngliche.
b) Die Zulässigkeit eines Namens hängt nicht davon ab, ob die durch
ihn benannte Einheit sicher erkannt und abgegrenzt wird oder nicht. Die
/ulässigkeit eines Namens ist auch unabhängig davon, ob er als gültige
Benennung oder als nicht-gültige angewandt wird, ob er ohne Vorbehalt
oder mit solchem vorgeschlagen wird, ob er mit Absicht oder ohne
solche als Ersatz für einen anderen Namen gebraucht wird, ob er den
Verfasser der Veröffentlichung oder eine andere Person zum Urheber
hat. Bezüglich der Ausnahmestellung, welche die vor-linnéischen
Namen einnehmen, vergl. Erkl. d.
c) Als Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Benennung der Tiere
gilt die 10. Ausgabe des Systema Naturae von Karl v. Linné (Tomus I.
Holmiae, 1758). “Die Zeit der Veröffentlichung. dieses Werkes fällt
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 99
unzweifelhaft in die ersten Wochen des Jahres 1758*). Aus Zweck-
mäbigkeitsgründen wird als feststehend angenommen, dab diese Ver-
öffentlichung mit dem Beginn des Jahres 1758 und alle anderen
Veröffentlichungen desselben Jahres später erfoleten.
d) Namen, die vor dem Jahre 1758 in Veröffentlichungen für Ein-
heiten angewandt worden sind (sog. vor-linneische Namen), können
nur dann zulässig werden, wenn sie nach dem Jahre 1757 in einer
Veröffentlichung, die nicht ein unveränderter Neudruck der früheren
ist, als gültige Benennungen (nicht etwa als Citate) angewandt werden.
So gelten z. B. die in Linnés 10. Ausgabe des Systema Naturae aus
früheren Veröffentlichungen eitierten, aber nicht als gültige Benennungen
angewandten Tiernamen selbst dann nicht als eingeführt, wenn sie
wissenschaftliche sind und der linneischen Benennungsweise entsprechen.
e) Namen, welche die Bedingungen der Zulässigkeit nicht erfüllen,
werden bei der Ermittelung der gültigen Benennung (Art. 11--15)
nicht berücksichtigt.
Art. 6.
Als wissenschaftliche Benennungen gelten diejenigen
Namen, die ihrer Herkunft nach lateinische oder griechische
Wörter sind und auch als solche angewandt werden, oder
ihrer Herkunft nach zwar nicht lateinische oder griechische
Wörter sind, aber gleich solchen als Wörter angewandt
werden, die im internationalen Gebrauch keiner Verän-
derung zu unterliegen haben.
Erklärung.
Werden Wörter lateinischer oder griechischer Herkunft zu Lehn-
wörtern einer nicht-klassischen Sprache umgeändert und als solche
angewandt. so gilt diese Anwendung nicht als wissenschaftliche Be-
nennung. Beispiele: Stenocephale Latreille (1825) |dagegen: Steno-
cephalus Laporte, 1832], Sporozoaires Balbiani (1884), Psorospermeen
Joh. Miller (1841). — Beispiele von wissenschaftlichen Namen, die
nicht-klassischer Herkunft sind: Sus tajacu Linné (1758), Phalaena
ziezac Linné (1758), Phaluena oo Linné (1758), Lowia benghalensis
| Linné (1758), Hermannia Nicolet (1855).
#) Vergl.: Index to the »Systema Naturae« of Linnaeus. By C. Davies
Sherborn. S. VI. (The Manchester Museum, Owens College. Museum Hand-
books. Publication 25. London, Manchester. 1899. 8°.)
=
[ Art,
®
100 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
: | Art. 7. =
Art. 20] Als Schriftzeichen der wissenschaftlichen Namen sind
außer den Buchstaben und Zahlzeichen der altlateinischen
Schrift alle anderen Schriftzeichen derjenigen Sprachen .
zulässig, welche die altlateinische Buchstabenschrift grund-
sätzlich übernommen haben.
Erklärungen.
[Art. 20] a) Zulässig sind die nicht-altlateinischen Buchstaben y, « und w.
Zulässig ist die Unterscheidung von kleinen und großen Buchstaben,
die Anwendung von Lautzeichen (wie in: Mülleria, lovéni, stali, gron-
landicus, Ibanezia, frici, veydovskyanus) und die Anwendung von Satz-
zeichen (Bindestrich, Punkt, Auslassungszeichen) innerhalb des Namens
(wie in: crista-galli, e.-newtoni, m’intosht).
[+] b) Ziffern gelten als Wörter, wenn sie zum Zweck der Wort-
kürzung als Wortbestandteil angewandt werden (wie in: 4-puretatus).
Dagegen gelten Ziffern und Buchstaben nicht als Namen, wenn sie nur
zur Bezeichnung einer Reihenfolge, also im Sinne einer Nummerierung
angewandt werden (wie in: Sus scrofa 8 Linné (1758), Cyclophorus
woodianus var. y Hidalgo (1888), Serumsporidium cypridis III L. Pfeiffer
(1895)). — Zahlwörter und diesen verwandte Wörter (wie z. B. primus,
unicus, ultimus, sequens, alter) sind selbst dann als Namen zulässig,
wenn sie ihrem Wortsinn gemäß angewandt werden (wie z. B. in:
Amoeba prima, Amoeba secunda usw. A. Gruber, 1884).
[Hai c) Geometrische Zeichen, d. h. Zeichen, die eine Gestaltung ver-
anschaulichen, sind nur dann zulässig, wenn sie durch zulässige Buch-
staben dargestellt werden (wie in: Phalaena oo Linné (1758), Phalaena
c-nigrum Linné (1758)). Namen, die ganz oder teilweise aus geometrischen
Zeichen bestehen, die nicht mit zulässigen Buchstaben übereinstimmen,
sind unzulässig (wie z. B. Araneus ¥ insignitus T. Martyn (1793)).
Art. 8.
[Art. 2, 8] Kine Benennung: letzter Einheiten entspricht der von
Linne eingeführten Benennungsweise der Arten und
Unterarten (Varietates Linné), wenn sie aus der Ver-
bindung des Namens einer letzten Einheit (Art- oder
Unterartnamens) mit der als Gattungs- oder Untergattungs-
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 101
namen zulässigen Benennung einer übergeordneten Einheit
besteht. Eine Benennung übergeordneter Einheiten ent-
spricht der von Linne eingeführten Benennungsweise der
Gattungen und Untergattungen, wenn sie aus
einem Worte besteht und als Hauptwort in der Einzahl
angewandt wird. Eine Benennung höherer, der Gattung
übergeordneter Einheiten und von Schalteinheiten,
welche der Gattung untergeordnet sind, entspricht der von
Linné eingeführten Benennungsweise solcher Einheiten, wenn
sie aus einem Worte besteht und als Hauptwort in der
Mehrzahl angewandt wird.
Erklärungen.
a) Für die Beurteilung, ob in einer Veröffentlichung ein Name
als Hauptwort in der Einzahl oder Mehrzahl angewandt wird, ist der
lateinische und griechische Sprachgebrauch maßgebend.
b) Ein Name, der in der lateinischen Fassung einer Veröffent-
lichung für eine den letzten Einheiten übergeordnete Einheit als
Hauptwort nicht in der Nominativform angewandt wird, diese aber
sicher erkennen läßt, ist als in dieser Form veröffentlicht zu betrachten.
Beispiel: Pothriocephalus Rudolphi (1808). — Ein Name, der in einer
Veröffentlichung als Hauptwort nicht in der Form der Einzahl angewandt
wird, aber diese sicher erkennen läßt und, ausdrücklich als Unter-
gattungsname bezeichnet, für eine der Gattung untergeordnete und der
Art übergeordnete Einheit gebraucht wird, ist als in der Form der
Einzahl veröffentlicht zu betrachten.
c) Benennungen letzter und diesen übergeordneter Einheiten sind
als Unterart-, Art-, Untergattungs- und Gattungsnamen unzulässig, wenn
aus der Veröffentlichung, in der sie angewandt werden, zu ersehen ist,
daß der Verfasser gegen den Grundsatz der binàren Nomenclatur
verstößt. Benennungen sind daher: 1) als Gattungs- oder Unter-
sattungsnamen unzulässig, wenn aus der Veröffentlichung zu ersehen
ist, dab der Verfasser die Unterscheidung untergeordneter, letzter Ein-
heiten ausschließt oder diese Einheiten unzulässig benennt; 2) als Art-
oder Unterartnamen unzulässig, wenn aus der Veröffentlichung zu
ersehen ist, dab sie der Verfasser als selbständige Benennungen be-
Art. 25]
ea
[Art 15]
fel
102 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
handelt, die ohne Verbindung mit einem als Gattungsname zulässigen
Namen einer übergeordneten Einheit anzuwenden sind.
d) Die Benennung einer letzten Einheit ist eine binäre, wenn
sie aus der Verbindung eines Namens der letzten Einheit (Art- oder
Unterartnamens) mit dem Nämen ihrer übergeordneten Gattung oder
Untergattung besteht. Die Benennung einer letzten Einheit ist eine
ternäre, wenn sie aus der Verbindung eines Namens der letzten
Einheit (Unterartnamens) mit der binären Benennung ihrer über-
geordneten Art besteht. — Zur Zulässigkeit einer ternären Benennung
ist es nicht erforderlich, dab der Verfasser der Veröffentlichung die
letzte Einheit ausdrücklich (z. B. durch Benennung ihrer Rangstufe)
als eine der Art untergeordnete Einheit bezeichnet oder dab er eine
vollständige Aufteilung der Art in untergeordnete Einheiten vornimmt. —
Hat der Verfasser einer Veröffentlichung eine Einheit, die er ausdrücklich
(z. B. dureh Benennung ihrer Rangstufe) als eine der Art untergeordnete
bezeichnet, durch Wegfall des Artnamens binär benannt, so gilt der
mit dem Gattungs- oder Untergattungsnamen verbundene Name als
Unterartname. — Werden durch weitergehende Teilungen der Art
außer ternären noch quaternäre usw. Benennungen eingeführt, so gelten
alle mit der binären Artbenennung verbundenen Namen der unter-
schiedenen untergeordneten Einheiten nomenclatorisch als Unterartnamen
(vergl. Art. 1 Erkl. c. und Art. 2 Erkl. e).
e) Art- und Unterartnamen können aus zwei oder mehr Bestand-
teilen bestehen. Die Zusammengehörigkeit solcher Bestandteile, die
häufig von den Autoren der Namen getrennt geschrieben worden sind,
muB ersichtlich sein entweder schon aus dem Wortsinn (wie in: Pha-
laena C nigrum Linné (1758), Helix Oculus capri Linné (1758), Te-
trastemma aquarum dulcium W. Silliman (1884), Cyclotus rudis-planusque
Chitty (1857), Zosterops e. newtoni G. Hartlaub (1877)) oder aus dem
Vergleich mit der Benennungsweise, die von dem Autor in derselben
Veröffentlichung für andere Einheiten angewandt worden ist. Ist die
Zusammengehörigkeit von Wörtern, die in Verbindung mit dem Namen
einer übergeordneten Einheit zur Benennung einer letzten Einheit in
einer Veröffentlichung angewandt worden sind, nicht ersichtlich, so eilt
diese Benennung nicht als binär oder ternär.
Art. 9.
Als Kennzeichnung gilt jede in Wort oder Bild be-
stehende Angabe über Eigenschaften der Körper und jeder
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenelatur. 103
ausreichende Hinweis auf eine solche, gleichzeitig oder
früher veröffentlichte Angabe. — Als Ersatz für die Kenn-
zeichnung einer übergeordneten Einheit gilt die Kenn-
zeichnung ihrer untergeordneten Einheit; als Ersatz für
die Kennzeichnung einer untergeordneten Einheit gilt die
Kennzeichnung ihrer übergeordneten Einheit jedoch nur
dann, wenn vom Verfasser der Veröffentlichung die unter-
geordnete Einheit als einzige aufgeführt oder als typische
bestimmt wird.
Erklärungen.
a) Die Gültigkeit einer Kennzeichnung ist unabhängig davon, ob
diese zur Wiedererkennung (Identifizierung) der gekennzeichneten Einheit
ausreicht oder nicht.
b) Als Angaben über Eigenschaften der Körper gelten alle Angaben
über den Bau (in jedem Erhaltungszustande), die Lebensvorgänge und
die Erzeugnisse des Körpers, und zwar für jede Lebensstufe. Als
Erzeugnisse eines Lebewesens gelten alle durch seine Lebensvorgänge
aus eigenen oder fremden Bestandteilen gebildeten Körper (wie Eihüllen,
Gespinnste, Losung, Gehäuse, Nester, Bauten u. a.) und alle durch
seine Lebensvorgänge in fremden Körpern erzeugten Veränderungen
(wie Bohrlöcher, Fraßgänge, FuBspuren, Gallen u. a.).
c) Angaben, durch welche der Fundort, das Verbreitungsgebiet, [—
die Umgebung, die Wirte, die Häufigkeit des Vorkommens, Zahlen-
verhältnisse und andere äußere Beziehungen der Lebewesen, oder der
Aufbewahrungsort und die Sammlungsnummer der untersuchten Stücke
bezeichnet werden, gelten selbst dann nicht als Kennzeichnung, wenn
sie die Wiedererkennung der Einheit ermöglichen.
d) Die Anführung eines nicht-wissenschaftlichen Tiernamens für [—
eine Einheit gilt nur dann als Kennzeichnung, wenn er aus dem Namen
einer anderen, neben- oder übergeordneten Einheit und einem Zusatz
besteht, der Eigenschaften der benannten Körper offensichtlich bezeichnet.
Beispiele: blinde Naide, geschmeidiges Wasserschlängelein mit zwei
Gabelspitzen, Mésange noire, whiteheaded Tit, Blauhai, Kragenbär; jedoch
"nicht: Amherstfasan, Paradiesvogel, Gotteslachs, Mésange de Canada.
In allen anderen Fällen gilt die Anführung eines nicht-wissenschaftlichen
Tiernamens, selbst wenn er als volkstümliche Bezeichnung sicher zu
It 1
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J
ba
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cal
lag
104 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
deuten ist (wie z. B. Zaunkönig, Roitelet) oder seinem Wortsinn nach
Eigenschaften der benannten Tiere bezeichnet (wie z. B. Lotkehlchen,
Rouge-gorge, Kreuzschnabel, Bee-croise), nicht als Kennzeichnung.
e) Ein Hinweis auf Angaben einer anderen Veröffentlichung kann
ein unmittelbarer oder durch weitere Hinweise ein mittelbarer sein.
Er gilt als ausreichend, wenn durch ihn zum mindesten der Verfasser
oder der Titel der Veröffentlichung zutreffend bezeichnet wird. Die
Anführung eines zweiten, für dieselbe Einheit in einer anderen Ver-
öffentlichung gebrauchten, wissenschaftlichen oder nicht-wissenschaft-
lichen Namens gilt daher nicht als ausreichender Hinweis, wenn nicht
zugleich mindestens durch Nennung des Verfassers oder des Titels die
andere Veröffentlichung zutreffend bezeichnet wird.
f) Eine Art ist gekennzeichnet, wenn ihre Unterarten gekenn-
zeichnet sind, eine Untergattung oder Gattung ist gekennzeichnet, wenn
ihre Arten gekennzeichnet sind, usw. Eine einzige oder als typisch
bestimmte Art ist gekennzeichnet, wenn ihre Gattung gekennzeichnet
ist, eine einzige oder als typisch bestimmte Gattung ist gekennzeichnet,
wenn ihre Unterfamilie oder Familie gekennzeichnet ist, usw.
g) Ein wissenschaftlicher Name, welcher der linneischen Benennungs-
weise entspricht, jedoch ohne Begleitung einer gültigen Kennzeichnung
seit dem Jahre 1758 veröffentlicht worden ist, heißt nomen nudum.
Wird ein solcher Name später in Begleitung einer: gültigen Kenn-
zeichnung veröffentlicht, oder wird eine gültige Kennzeichnung allein
mit ersichtlicher Beziehung zu einem solchen früher veröffentlichten
Namen veröffentlicht, so gilt der Name erst vom Zeitpunkt dieser
späteren Veröffentlichung als eingeführt. Bezüglich der vor-linneischen
Namen vergl. auch Art. 5 Erkl. d. |
Art. 10.
Als Veröffentlichungen gelten die durch den Druck
oder ein anderes mechanisches oder chemisches Verfahren
hergestellten Vervielfältigungen einer Schrift oder Ab-
bildung, wenn sie verbreitet werden und ihrem Inhalt nach
nicht dazu bestimmt sind, ‘ausschließlich als Bekannt-
machungen für bestimmte Personen zu dienen.
Erklärungen.
a) Für die Beurteilung, ob Vervielfältigungen als Veröffentlichungen
anzusehen sind oder nicht, ist es nicht bestimmend, in welcher Anzahl
v. Maehrentha], Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 105
(Auflage) und an welchem Orte die Vervielfiltigungen hergestellt sind,
welche Sprache in ihnen angewandt wird, in welcher Art (ob durch
Verkauf, Tausch oder geschenkweise) ihre Verbreitung stattfindet, in
welchem Grade sie zugänglich sind, und wie lange sie bis zur voll-
ständigen Vernichtung erhalten bleiben.
b) Vervielfältigungen, die (wie z. B. manche Rundschreiben und |
Berichte) ihrem Inhalt nach ausschließlich zum Zweck der Benach-
richtigung bestimmter Empfänger (wie z. B. Vereinsmitglieder, Mit-
arbeiter) hergestellt sind, gelten auch dann nicht als Veröffentlichungen,
wenn sie eine weitere Verbreitung finden. Ebenso gelten Verviel-
fältigungen, die durch den Vermerk »als Manuskript gedruckt« oder
durch eine andere Bezeichnung ausdrücklich von der allgemeinen
Verbreitung ausgeschlossen werden, nicht als Veröffentlichungen. Da-
gegen gelten als Veröffentlichungen solche Vervielfältigungen, die (wie
2. B. Subskriptionswerke, Vereinsschriften, Preis- und Tauschlisten) zwar
für einen beschränkten Kreis von Abnehmern hergestellt, aber ihrem
Inhalt nach zur allgemeinen Verbreitung bestimmt sind.
c) Eine Veröffentlichung wird nicht dadurch ausgetilet, daß ihre
Verbreitung durch Einstellung der Herausgabe eingeschränkt wird
(»unterdrückte Werke«).
d) Der Inhalt einer Veröffentlichung gilt nicht als ausgetilet, wenn |—]
er durch eine Berichtigung in derselben oder in einer anderen Ver-
öffentlichung geändert wird. So bleibt z. B. die Benennung einer
Einheit als veröffentlicht bestehen, selbst wenn sie als Druckfehler. in
derselben Veröffentlichung berichtigt wird.
e) Als Zeitpunkt einer Veröffentlichung gilt derjenige, in welchem [-—]
die Möglichkeit der Verbreitung der Vervielfältigungen eintritt, also
der Tag, an welchem die ersten zur Verbreitung fertiggestellten Ver-
vielfältigungen durch Kauf, Tausch oder als Geschenk erhältlich sind
T
i
(Tag der Ausgabe). — Vervielfaltigungen (Druckbogen, Tafeln), die
gleichzeitig als ein Ganzes zur Verbreitung gelangen, bilden eine
Veröffentlichung. — Gelangen dieselben Vervielfältisungen zu zwei ver-
schiedenen Zeitpunkten, und zwar zuerst allein, später mit anderen zu
einem Ganzen vereinigt, zur Verbreitung, so ist zu unterscheiden, ob
die erste Verbreitung dem Wesen nach beschränkter als die spätere
ist oder nicht. Im ersteren Falle, der z. B. eintritt, wenn während der
‚ Vorbereitung einer umfassenderen Veröffentlichung einzelne Bogen oder
Tafeln, oder für die persönliche Verwendung des Verfassers bestimmte
Sonderabdrücke versendet werden, ist der Zeitpunkt der späteren Ver-
Zool. Annalen. I. 8
106 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Noménclatur.
breitung für die Veröffentlichung maßgebend. Werden dagegen Verviel-
fältigungen, bevor sie als zusammengehöriges Ganzes (als Sammelwerk,
»Band«, ‚»Jahrgang« -u. dergl.) verbreitet werden, in einzelnen Teilen
(als »Lieferungen«, »Hefte«, »Nummern«, »Sonderausgaben« u. dergl.)
zur gleichen allgemeinen Verbreitung herausgegeben, so sind die Ver-
öffentlichungszeiten der einzelnen Teile maßgebend.
[—] f) Enthält eine Veröffentlichung die Angabe der Verüitentlichungs-
zeit, so gilt diese Angabe als maBgebend, so lange nicht nachgewiesen
wird, dab sie unrichtig ist. Angaben über den Zeitpunkt des Ein-
ganges, der Vorlegung, Verlesung usw. einer Handschrift, Vermerke der
Druckerei über die Zeit der Fertigstellung der einzelnen Druckbogen
oder Tafeln und andere ähnliche Angaben können nur als Hinweise
bei der Ermittelung der wahren Verüffentlichungszeit dienen. |
a g) Verschiedene Veröffentlichungen gelten als gleichzeitige, so
lange nicht die Priorität einer derselben ermittelt ist. Bezüglich der
Priorität der Veröffentlichungen des Jahres 1758 vergl. Art. 5 Erkl. e.
C. Die gültige Benennung.
Art. 11.
Ee Zur gultigen Benennung einer hoheren, der Familie
übergeordneten Einheit oder einer Schalteinheit, welche
der Familie untergeordnet ist, kann jeder Name dienen,
welcher den Bedingungen der Zulässigkeit (vergl. Art. 5
bis 10) entspricht und nicht die Endung idae oder inae
besitzt.
Erklärung. |
[Art. 25] Für die gültige Benennung solcher höheren Einheiten und Schalt-
einheiten ist das Prioritäts- und Autoritäts-Gesetz (Art. 13) nicht
mabgebend.
Art. 12.
TArt. 4] Die gültige Benennung der Familie wird durch An-
fügung der Endung idae, diejenige der Unterfamilie durch
Anfügung der Endung «ae an den Stamm des gültigen -
Namens der typischen Gattung gebildet.
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 1
fom)
=
Erklärungen.
a) Für die Bildung des Stammes eines Gattungsnamens ist |
der lateinische und griechische Sprachgebrauch maßgebend. Griechische
Wörter und aus griechischen Wörtern neu gebildete Namen behalten
ihren griechischen Stamm, falls sie nicht schon als Lehnwörter der
altlateinischen Sprache einen geänderten Stamm erhalten haben (wie
z. B. Polypus) oder gemäß der Änderung ihrer Endung als lateinische
Wörter zu behandeln sind (wie z. B. Macrostomus). Namen, die als
indeklinabel anzusehen sind, gelten unverändert als Stamm. Beispiele:
Bos, Bovidae; Rhinoceros, Rhinocerotidae; Cephalothria, Cephalotrichidae;
Macropus, Macropodidae; Macrostoma, Macrostomatidae; Macrostomum,
Macrostomidae; Vanicoro, Vanicoroidae. — Bei der Anfügung der
Endungen idae und mae an einen Stamm, der mit einem Selbstlaut
auslautet, findet gemäß dem lateinischen und griechischen Sprach-
gebrauch eine AusstoBung des auslautenden Selbstlautes statt, und zwar
wird bei lateinischen oder als solche gebildeten Stämmen (mit Aus-
nahme der einsilbigen) jeder auslautende Selbstlaut, bei griechischen
Stämmen nur die auslautenden Selbstlaute a, e und o ausgestoßen.
Beispiele: Taenia, Taentidae; Canis, Canidae; Ursus, Ursidae;
Schneideria, Schneideriidae.
b) Typische Gattung einer Familie (oder Unterfamilie) ist ihre
älteste oder zu bevorzugende Gattung. Älteste Gattung ist diejenige,
für welche der älteste zulässige Name eingeführt worden ist, der für
sie als bedingtes Homonym (vergl. Art. 13 Erkl. g 8) nicht zu verwerfen
ist. Wenn durch diesen Vorgang zwei oder mehr Gattungen zur Wahi
stehen, so ist diejenige zu bevorzugen, welche von dem ersten Schrift-
steller bevorzugt worden ist, der für dieselben ältesten Gattungen aus
einem ihrer zulässigen Namen einen Familien- oder Unterfamiliennamen
gebildet und eingeführt hat. — Die typische Gattung einer Familie
ist zugleich typische Gattung ihrer typischen Unterfamilie. — Eine
Familie (oder Unterfamilie) behält ihren Namen, so lange dieselbe
Gattung ihre typische bleibt und deren gültige Benennung nicht ge-
ändert wird.
c) Gleiche Familiennamen (oder Unterfamiliennamen), die von |
verschiedenen Gattungsnamen gleichen Stammes gebildet sind, können
nebeneinander bestehen. Beispiel: Macrostomus, Macrostomidae;
Macrostomum, Macrostomidae.
8*
—
[Art. 5]
108 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
Art. 19. =
(Prioritäts- und Autoritäts-Gesetz.)
rt.25-36| Die gültige Benennung der Gattungen, Untergattungen,
Arten und Unterarten wird durch die Priorität der
Veröffentlichung und durch die Autorität der Schrift-
steller bestimmt, so zwar, daß unter Berücksichtigung der
nomenclatorischen Coordination (vergl. Art. 14)
I) von verschiedenen Namen, die für eine Einheit oder
für mehrere zu vereinigende Einheiten in nicht-gleich-
zeitigen Veröftentlichungen eingeführt worden sind,
der früher eingeführte Name dem später eingeführten
vorzuziehen ist;
II) von verschiedenen Namen, die für eine Einheit oder
für mehrere zu vereinigende Einheiten in derselben
Veröffentlichung oder in gleichzeitigen Veröffent-
lichungen eingeführt worden sind, derjenige vor-
zuziehen ist, der von dem ersten Schriftsteller be-
vorzugt wird;
III) der gleiche Name, der für mehrere Einheiten oder
für mehrere zu trennende Teile einer Einheit in nicht-
gleichzeitigen Veröffentlichungen angewandt worden
ist, nur für diejenige Einheit gültig sein kann, welche
dıe in der ersten Veröffentlichung benannten Körper
enthält;
IV) der gleiche Name, der für mehrere Einheiten oder
für mehrere zu trennende Teile einer Einheit in der-
selben Veröffentlichung oder in gleichzeitigen Ver-
öffentlichungen angewandt worden ist, nur für die-
jenige Einheit gültig sein kann, welche die von dem
ersten Schriftsteller bevorzugten Körper enthält.
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 109
Erklarungen.
a) Da das Prioritäts- und Autoritàts-Gesetz die gültige Benennung
der Gattungen, Untergattungen, Arten und Unterarten mit Bezugnahme
auf deren nomenclatorische Coordination (vergl. Art. 14) bestimmt, so
sind in der Fassung des Prioritäts- und Autoritäts-Gesetzes und der
nachfolgenden Erklärungen unter gleichen oder verschiedenen Namen
nur gleichwertige Namen, unter mehreren Einheiten nur Einheiten
derselben Benennungsgemeinschaft, unter Vereinigungen und
Teilungen von Einheiten nur solche Vorgänge innerhalb derselben
Benennungsgemeinschaft zu verstehen. Bezüglich der Gleichheit
der Namen vergl. Art. 15.
b) Sind gleiche Namen für dieselbe Einheit eingeführt worden,
oder werden mehrere Einheiten, für welche gleiche Namen eingeführt
worden sind, zu einer Einheit vereinigt, so ist das Prioritäts- und
Autoritäts-Gesetz nur in übertragenem Sinn auf die Bestimmung des
Autornamens (vergl. Art. 21) anwendbar. Beispiel: Ramphogordius
lacteus H. Rathke (1843, sp. nov.!) = Nemertes lactea HK. Grube
(1855, sp. nov.!) = Porlasia lactea Mc Intosh (1869, sp. nov.!).
c) Während als Anwendung des gleichen Namens für mehrere
Einheiten nur die ursprüngliche Anwendung, d. h. die Einführung
gleicher Namen für mehrere Einheiten in Betracht kommt, ist bezüglich
der Anwendung des gleichen Namens für mehrere zu trennende Teile
einer Einheit seine ursprüngliche Anwendung von der folgenden
zu unterscheiden (vergl. Art. 5 Erkl. a). Wenn ein Name, der für eine
Einheit eingeführt worden ist, in einer Veröffentlichung auf Grund
vermeintlicher Wiedererkennung der Einheit für Körper angewandt
wurde, die als zu einer anderen Einheit gehörig von den ursprünglich
benannten Körpern zu trennen sind, so kann er für diese andere Einheit
nicht auf Grund dieser Anwendung zur gültigen Benennung werden.
d) Während die ursprüngliche Anwendung eines Namens für
eine Einheit als Einführung gleicher Namen für die einzelnen Teile
der durch ihn ursprünglich benannten Einheit anzusehen ist, darf die
ursprüngliche Anwendung mehrerer Namen für eine Einheit nicht
als Einführung verschiedener Namen für die einzelnen Teile derselben
Einheit betrachtet werden (vergl. Art. 5 Erkl. a). Wenn ein Name, der
für eine Einheit eingeführt worden ist, in einer Veröffentlichung auf
Grund vermeintlicher Wiedererkennung der Einheit durch einen anderen
zulässigen Namen ersetzt, letzterer jedoch für Körper angewandt
a
[Art. 31]
[Art. 31]
110 vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
wurde, die als zu einer anderen Einheit gehörig von den ursprünglich
in der Einheit enthaltenen Körpern abzutrennen sind, so kann dieser
andere Name für diese andere Einheit nicht auf Grund dieser
Anwendung zur gültigen Benennung werden. Vergl. Erkl. f a.
[Art. 36] e) Verschiedene Namen, die für eine Einheit oder für mehrere zu
vereinigende ursprüngliche Einheiten eingeführt worden sind, heißen
Synonyme; gleiche Namen, die für mehrere Einheiten oder für mehrere
zu trennende Teile einer ursprünglichen Einheit eingeführt worden sind,
heißen Homonyme. — Durch die Ermittelung, daß Namen, die für
eine Einheit oder für mehrere zu vereinigende Einheiten eingeführt
worden sind, als gleiche zu gelten haben, wird die ursprünglich oder
später bestehende Synonymie aufgehoben. Ursprünglich bestehende
Homonymie wird aufgehoben, wenn ursprüngliche Einheiten, für welche
gleiche Namen eingeführt worden sind, vereinigt werden (vergl. Erkl. b).
[Art. 36] f) Die Synonymie ist entweder eine unbedingte (absolute)
oder eine bedingte (relative):
a) Unbedingte Synonyme sind verschiedene Namen, die für
dieselbe Einheit eingeführt worden sind. — Zwei verschiedene Namen
Selten nur dann als unbedingte Synonyme, wenn aus der Veröffentlichung
oder aus den Veröffentlichungen. durch welche sie eingeführt worden
sind, sicher zu erkennen ist, daß der eine Name an Stelle des anderen
Namens für die durch diesen benannte Einheit angewandt worden ist.
Unbedingte Synonymie kommt zu stande, wenn eine Einheit bei ihrer
Begründung mehrere ursprüngliche Namen erhält, oder wenn ursprüng-
liche Namen einer Einheit mit der Absicht einer Neubenennung oder
ohne solche durch andere Namen ersetzt werden (vergl. Art. 5 Erkl. a).
Beispiele: Tethia Lamarck (1816), Thethya G. Cuvier (1817), Tethium
Blainville (1834), Tethea G. Johnston (1842) pro: Tethya Lamarck (1815);
Macrostomum O. Schmidt (1848) pro: Macrostoma A. Orsted (1843);
Proto A. Orsted (1843) pro: Dero Oken (1815). — Ein unbedingtes
Synonym, das nicht ein ursprünglicher Name der Einheit ist, gilt als
eingeführt auch für diejenigen Körper, für welche die ursprünglichen
Namen eingeführt worden sind, und kann nur für eine Einheit gültig
werden, welche den durch die ursprünglichen Namen benannten Typus
enthält (vergl. Erkl. d und i). — Ein Name, der als unbedingtes Synonym
zu Gunsten eines anderen Namens verworfen worden ist, kann für seine
Einheit gültig werden, wenn der früher vorgezogene Name zu verwerfen ist.
ß) Verschiedene Namen werden zu bedingten Synonymen,
wenn die durch sie benannten ursprünglichen Einheiten ganz oder teil-
%
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 111
weise vereinigt werden. — Die Vereinigung von Einheiten kann durch
Wiedererkennung oder durch Anfügung, oder durch Wieder-
erkennung und Anfügung zu stande kommen. Arten werden durch
Anfügung vereinigt, wenn die früher getrennten Körper in der Ver-
einigung als Unterarten getrennt bleiben; Gattungen (oder Untergattungen)
werden durch Anfügung vereinigt, wenn die früher getrennten Arten
in der Vereinigung als solche getrennt bleiben oder durch Anfügung
vereinigt werden. Im entgegengesetzten Falle findet die Vereinigung
durch Wiedererkennune statt. Wiedererkennung und Anfügung können
gleichzeitig zur Vereinigung von Einheiten führen. — Wird eine Einheit
ihrem ganzen ursprünglichen Inhalt nach mit einer anderen Einheit
(oder einem Teil dieser) vereinigt, so wird ihr Name für die Einheit,
die aus der Vereinigung hervorgegangen ist, zum vollständigen
(totalen) Synonym; wird eine ursprüngliche Einheit geteilt und einer
ihrer Teile mit einer anderen Einheit (oder einem Teil dieser) vereinigt,
so wird ihr Name für die Einheit, die aus der Vereinigung hervor-
gegangen ist, zum unvollständigen (partiellen) Synonym. Verel.
Erkl. k und 1. — Ein Name, der als vollständiges Synonym zu Gunsten
eines anderen Namens verworfen worden ist, kann wieder gültig werden:
1) für die Einheit, die aus der Vereinigung hervorgegangen ist, wenn der
früher vorgezogene Name zu verwerfen ist; 2) für eine Einheit, welche den
durch ihn benannten Typus enthält, wenn die früher vereinigten Einheiten
getrennt werden. — Ein Name, der als unvollständiges Synonym zu
Gunsten eines anderen Namens verworfen worden ist, kann in gleicher
Weise wie ein vollständiges Synonym wieder gültig werden, voraus-
gesetzt, dab er für den unvereinigten Teil seiner ursprünglichen Einheit
als bedingtes Homonym (vergl. Erkl. g 8) verworfen worden ist.
g) Die Homonymie ist entweder eine unbedingte (absolute)
oder eine bedingte (relative):
a) Unbedingte Homonyme sind gleiche Namen, die für mehrere
Einheiten eingeführt worden sind. — Ein Name, der als unbedingtes
Homonym für eine Einheit verworfen worden ist, kann für diese nicht
aus dem Grunde wieder gültig werden, weil der gleiche Name für die
andere Einheit als Synonym zu verwerfen ist. Bezüglich der Bedingungen,
unter welchen ein verworfenes unbedingtes Homonym wieder gültig
werden kann, vergl. Art. 14 Erkl. c! und ec”.
8) Ein Name wird zum bedingten Homonym, wenn die durch
ihn benannte ursprüngliche Einheit geteilt wird. — Die Teilung einer
Einheit kann durch Nebenteilung oder Unterteilung oder durch
[Art. 36]
112 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
Neben- und Unterteilung zu stande kommen. Eine Gattung wird
nebengeteilt, wenn ihre Teile als Gattungen getrennt werden; sie wird
untergeteilt, wenn ihre Teile als Untergattungen getrennt werden.
Eine Art wird nebengeteilt, wenn ihre Teile als Arten getrennt werden;
sie wird untergeteilt, wenn ihre Teile als Unterarten getrennt werden.
Untergattungen und Unterarten können nur nebengeteilt werden. —
Ein Name kann als ein bedingtes Homonym nur für diejenige aus der
Teilung hervorgegangene Einheit gültig sein, welche den auf Grund
erfolgter Typus-Bestimmung oder Elimination zu bevorzugenden Teil
der ursprünglichen Einheit (d. h. den Typus) enthält (vergl. Erkl. h,
i und j). — Ein Name, der als bedingtes Homonym zu Gunsten eines
Teiles seiner Einheit für einen anderen Teil berechtigter Weise ver-
worfen worden ist, kann für diesen anderen Teil nur dann wieder
gültig werden, wenn die getrennten Teile vereinigt werden.
Art. 28, 30] h) Während die Gültigkeit von Synonymen und Homonymen, die
zu verschiedenen Zeiten eingeführt worden sind, nur durch die Priorität
der Veröffentlichung bestimmt wird, ist für die Gültigkeit von Syno-
nymen und Homonymen, die gleichzeitig eingeführt worden sind, die
autoritative Bestimmung des ersten Schriftstellers maßgebend.
Als erster Schriftsteller gilt der Autor der Namen (vergl. Art. 20)
in der Veröffentlichung, in welcher die Namen eingeführt werden, anderen-
falls ein anderer Schriftsteller in derselben Veröffentlichung, anderenfalls
ein Schriftsteller in einer gleichzeitigen Veröffentlichung, anderenfalls ein
Schriftsteller in einer nächstfolgenden Veröffentlichung. Die autori-
tative Bestimmung erfolgt bei Synonymie durch die Bevorzugung
eines Namens, bei unbedingter Homonymie durch die Bevorzugung einer
Einheit, bei bedingter Homonymie durch die Bevorzugung eines Teiles der
Einheit. Die Bevorzugung ist nach folgenden Grundsätzen zu beurteilen:
a) Ein Name wird vor einem anderen, gleichzeitig veröffentlichten
Namen bevorzugt, wenn er auf Grund der erkannten Synonymie als
gültige Benennung angewandt wird. |
p) Eine Einheit wird vor einer anderen, gleichzeitig mit dem
gleichen Namen benannten Einheit bevorzugt, wenn ihr auf Grund der
erkannten Homonymie dieser Name als gültige Benennung zugewiesen
wird, oder wenn für die andere Kinheit auf Grund der erkannten
Homonymie ein anderer Name eingeführt wird.
y) Ein Teil einer Einheit wird vor einem anderen Teil derselben
Kinheit bevorzugt: 1) wenn er ursprünglich (d. h. bei der Begründung
der Einheit, also von dem Autor bei der Einführung der ursprüng-
4
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 113
lichen Namen der Einheit) oder in einer Veröffentlichung, in der eine
Teilung der Einheit vorgenommen wird, als Typus oder als typisch
bezeichnet, oder mit dem Art- oder Unterartnamen typus oder
typicus (-a, -um) benannt. wird (Typus-Bestimmung), oder 2) wenn
ihm bei der Teilung der Einheit durch Begründung neuer Einheiten
der Name der ursprünglichen Einheit als gültige Benennung belassen
wird (Elimination). — Werden von demselben Schriftsteller in
derselben Veröffentlichung durch Bezeichnung und durch Benennung
verschiedene Teile der Einheit als Typus bestimmt, so ist nicht die
Benennung, sondern die Bezeichnung als maBgebende Bevorzugung
anzuerkennen. Werden Körper, deren Zugehôrigkeit zur Einheit ur-
sprünglich als mehr oder minder unsicher bezeichnet wurde, durch
Typus-Bestimmung oder Elimination bevorzugt, so ist diese Bevor-
zugung nicht als maßgebend anzuerkennen.
i) Der Typus einer Einheit wird durch Anwendung des Prioritäts-
und Autoritäts-Gesetzes ermittelt und ist entweder ihr ganzer ursprüng-
licher Inhalt (die ursprüngliche Einheit, vergl. Art. 5 Erkl. a) oder
derjenige Teil desselben, der auf Grund erfolgter Typus-Bestimmung
oder Elimination bei der Anwendung des für die Einheit eingeführten
Namens zu bevorzugen ist. Typus einer Einheit kann nur ein solcher
Teil derselben sein, der bei der Begründung der Einheit ihr zugerechnet
und nicht als ihr nur zweifelhaft zugehörig bezeichnet wurde. Durch
genauere Ermittelung des ursprünglichen Inhaltes einer Einheit kann eine
weitere Begrenzung ihres Typus zu einer engeren werden; fortschreitende
Teilung des ursprünglichen Inhaltes einer Einheit führt durch Typus-
Bestimmung oder Elimination zu engeren Begrenzungen ihres Typus. —
Typisch für eine übergeordnete Einheit ist diejenige untergeordnete
Einheit, welche den Typus der übergeordneten Einheit enthält.
j) Ist eine ursprüngliche Einheit, für welche ursprünglich der
Typus nicht bestimmt worden ist, zu teilen, so ist für die gültige
Anwendung ihres Namens das Verfahren derjenigen Veröffentlichung
maßgebend, in welcher eine Teilung der ursprünglichen Einheit vor-
genommen und entweder 1) ein Teil derselben als Typus bestimmt,
oder 2) durch Begründung neuer Einheiten für einen Teil der ursprüng-
lichen Einheit, also durch Elimination, die Anwendung ihres Namens
für den tibrigbleibenden Teil eingeschränkt wird. — Werden durch
zwei Teilungen der bezeichneten Art verschiedene Teile, von denen
jedoch einer den anderen einschließt, zum Typus, so ist die engere
Begrenzung desselben als maßgebend anzuerkennen. Werden durch
[Art. 30]
[Art. 30]
a
114 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
zwei Teilungen verschiedene Teile, von denen jedoch jeder einen
Teil des anderen einschlieBt, zum Typus, so gilt der beiden gemein-
same Teil als enger begrenzter Typus. Werden durch zwei Teilungen
in nicht-gleichzeitigen Veröffentlichungen verschiedene, einander
ausschließende Teile zum Typus, so ist das Verfahren der früheren
Veröffentlichung als maßgebend anzuerkennen. Werden durch zwei
Teilungen in derselben oder in gleichzeitigen Veröffentlichungen
verschiedene, einander ausschließende Teile zum Typus, so ist die
autoritative Bestimmung des ersten Schriftstellers als maßgebend an-
zuerkennen, der einen der Teile vor dem anderen bei der Anwendung
des Namens der geteilten Einheit bevorzugt. — Wird von einem
Schriftsteller in einer Veröffentlichung bei der Teilung der ursprüng-
lichen Einheit infolge Begründung neuer Einheiten für alle Teile der
ursprünglichen Einheit die Anwendung ihres Namens nicht ein-
geschränkt, so ist die autoritative Bestimmung des ersten Schriftstellers
als maßgebend anzuerkennen, der für eine der neu begründeten Hin- -
heiten den neu eingeführten Namen als Synonym zu Gunsten des Namens
der geteilten Einheit verwirft.
k) Ist eine ursprüngliche Einheit, deren Typus ursprünglich
bestimmt worden ist, ganz oder teilweise mit einer anderen urspriing-
lichen Einheit oder einem Teil dieser zu vereinigen, so ergeben sich
für die gültige Anwendung ihres Namens folgende Möglichkeiten:
a) Die aus der Vereinigung hervorgegangene Einheit X enthält
den ursprünglich bestimmten Typus der Einheit A. In solchem Falle
kann der Name der Einheit A für die Einheit X als bedingtes Syno-
nym gültig sein; für den etwa unvereinigt gebliebenen Teil seiner
Einheit ist er als bedingtes Homonym zu verwerfen.
6) Die aus der Vereinigung hervorgegangene Einheit X enthält
nicht den ursprünglich bestimmten Typus der Einheit A. In solchem
Falle ist der Name der Einheit A für die Einheit X als bedingtes
Homonym zu Gunsten des unvereinigten Teiles seiner Einheit zu
verwerfen. |
I) Ist eine ursprüngliche Einheit, deren Typus ursprünglich
nicht bestimmt worden ist, ganz oder teilweise mit einer anderen
ursprünglichen Einheit oder einem Teil dieser zu vereinigen, so ergeben
sich für die gültige Anwendung ihres Namens folgende Möglichkeiten:
a) Die ganze Einheit A wird mit der anderen Einheit oder einem
Teil dieser durch Wiedererkennung oder Anfügung oder durch beides
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 115
(vergl. Erkl. fß) zu der Einheit X vereinigt. In solchem Falle kann
der Name der Einheit A für die Einheit X als bedingtes Synonym
sültig sein.
8) Ein Teil der Einheit A wird mit der anderen, früher be-
gründeten Einheit oder einem Teil dieser durch Wiedererkennung,
zu der Einheit X vereinigt. In solchem Falle kann der Name der
Einheit A für die Einheit X als bedingtes Synonym gültig sein; für
den unvereinigten Teil seiner Einheit ist er jedoch als bedingtes
Homonym zu verwerfen. | |
y) Ein Teil der Einheit A wird mit der anderen, gleichzeitig
oder später begründeten Einheit oder einem Teil dieser durch Wieder-
erkennung zu der Einheit X vereinigt. In solchem Falle ist der
Name der Einheit A für die Einheit X als bedingtes Homonym zu
Gunsten des unvereinigten Teiles seiner Einheit zu verwerfen.
6) Ein Teil der Einheit A wird mit der anderen Einheit oder
einem Teil dieser durch Anfügung oder durch Wiedererkennung
und Anfügung zu der Einheit X vereinigt. In solchem Falle ist
maßgebend die Ermittelung des Typus der Einheit A aus den vorher-
segangenen Veröffentlichungen, in denen eine Teilung der Einheit
schon vorgenommen wurde, oder, falls diese Ermittelung nicht ausreicht,
die mit der Teilung vorzunehmende Typus-Bestimmung. Enthält die
Einheit X den ermittelten oder erst bestimmten Typus der Einheit A,
so kann der Name der letzteren für die Einheit X als bedingtes
Synonym giiltig sein, jedoch ist er für den unvereinigten Teil seiner
Einheit als bedingtes Homonym zu verwerfen; im anderen Falle ist
der Name der Einheit A für die Einheit X als bedingtes Homonym
zu Gunsten des unvereinigten Teiles seiner Einheit zu verwerfen.
Art. 14.
(Coordinations-Gesetz.)
Die Gattungen und Untergattungen, ebenso die Arten [Art. 6, 11]
und Unterarten sind in Bezug auf die Anwendung des
Prioritäts- und Autoritätsgesetzes nomenclatorisch
coordiniert, so zwar, dab
I) Gattungs- und Untergattungsnamen, Art- und Unter-
artnamen gleichwertig sind,
116 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenelatur.
II) Gattungen und Untergattungen innerhalb des Tier-
reichs, Arten und Unterarten innerhalb der Gattung
Benennungsgemeinschaften bilden, innerhalb derer
Gattungs- und Untergattungsnamen für die Gattung
und ihre typische Untergattung, Art- und Unterart-
namen für die Art und ihre typische Unterart gleich
zu sein haben und nur für diese gleich sein dürfen.
Erklärungen.
[Art. 7, 9] a') Ein Name, der als Gattungsname eingeführt worden ist, wird
zum Untergattungsnamen, wenn die Gattung zur Untergattung wird,
und umgekehrt. Wird eine Gattung in Untergattungen geteilt, so
wird der Name der Gattung auch Name ihrer typischen Untergattung.
[Art. 12] a’) Ein Name, der als Artname eingeführt worden ist, wird zum
Unterartnamen, wenn die Art zur Unterart wird, und umgekehrt. Wird
eine Art in Unterarten geteilt, so wird der Artname auch Unterart-
name ihrer typischen Unterart.
[—] b') Verschiedene Namen, die als Gattungs- oder Untergattungs-
namen für Arten und Unterarten eingeführt worden sind, welche zu
einer Gattung (oder Untergattung) vereinigt werden, sind für diese
bedingte Synonyme. Die Synonymie einer Gattung, die in Unter-
cattungen geteilt ist, setzt sich aus den Synonymen ihrer Untergattungen
zusammen.
—] b°) Verschiedene Namen, die als Art- oder Unterartnamen für
Körper eingeführt worden sind, welche zu einer Art (oder Unterart)
vereinigt werden, sind für diese bedingte Synonyme. Die Synonymie
einer Art, die in Unterarten geteilt ist, setzt sich aus den Synonymen
ihrer Unterarten zusammen.
[Art. 34, 36] c') Gleiche Namen, die für verschiedene Gattungen oder Unter-
gattungen, mit Ausnahme der Gattung und ihrer typischen Unter-
gattung, eingeführt worden sind, sind im Tierreich unbedingte Homo-
nyme. — Ein Name, der als unbedingtes Homonym für eine Gattung
(oder Untergattung) zu verwerfen ist, kann für diese nicht wieder
gültig werden. Der gleiche Name kann daher im Tierreich nur für
eine Gattung (und ihre typische Untergattung) oder für eine nicht-
typische Untergattung gültig sein.
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 117
c°) Gleiche Namen, die als Art- oder Unterartnamen für ver-
schiedene Arten oder Unterarten, mit Ausnahme der Art und ihrer
typischen Unterart, eingeführt worden sind, sind in folgenden Fällen
unbedingte Homonyme:
a) Die Arten oder Unterarten sind bei der Einführung ihrer
gleichen Namen in dieselbe Gattung (oder Untergattung) gestellt
worden. — Dieser Fall tritt ein, wenn die Namen, die für die Arten
oder Unterarten bei der Einführung ihrer gleichen Namen als Gattungs-
oder Untergattungsnamen angewandt. worden sind, gleiche Namen der-
selben Gattung (oder Untergattung) oder unbedingte Synonyme sind.
8) Eine Art oder Unterart wurde bei der Einführung ihres Namens
in eine Gattung (oder Untergattung) gestellt, die für die andere Art
oder Unterart begründet worden ist. — Dieser Fall tritt ein, wenn
der Name, der für die eine Art oder Unterart bei der Einführung
ihres Namens als Gattungs- oder Untergattungsname angewandt wurde,
und der Name, der für die andere Art oder Unterart als Gattungs-
oder Untergattungsname eingeführt wurde, gleiche Namen derselben
Gattung (oder Untergattung) oder unbedingte Synonyme sind.
y) Eine Art oder Unterart wird in eine Gattung (oder Unter-
gattung) gestellt, in welche die andere Art oder Unterart bei der Ein-
führung ihres Namens gestellt worden ist. — Dieser Fall tritt ein,
wenn der Name, der für die eine Art oder Unterart als gültiger Gattungs-
oder Untergattungsname angewandt wird, und der Name, der für die
andere Art oder Unterart bei der Einführung ihres Namens als Gattungs-
oder Untergattungsname angewandt worden ist, gleiche Namen derselben
Gattung (oder Untergattung) oder unbedingte Synonyme sind.
5) Eine Art oder Unterart wird in eine Gattung (oder Untergattung)
gestellt, die für die andere Art oder Unterart begründet worden ist. —
Dieser Fall tritt ein, wenn der Name, der für die eine Art oder Unterart
als gültiger Gattungs- oder Untergattungsname angewandt wird, und
der Name, der für die andere Art oder Unterart als Gattungs- oder
Untergattungsname eingeführt worden ist, gleiche Namen derselben
Gattung (oder Untergattung) oder unbedingte Synonyme sind.
e) Die Arten oder Unterarten werden in einer Gattung vereinigt. —
In diesem Falle wird für die Arten oder Unterarten derselbe Name
als gültiger Gattungsname angewandt.
Ein Name, der auf Grund des Falles a oder B als unbedingtes
Homonym für eine Einheit zu verwerfen ist, kann für diese nicht wieder
gültig werden. Dagegen kann ein Name, der auf Grund der Fälle y,
[Art. 35, 36
el
ld
[Art. 28, 29]
[Art. 28, 31]
118 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
è und e als unbedingtes Homonym für eine Einheit verworfen worden
ist, für diese wieder gültig werden, wenn der Grund der Verwerfung
aufgehoben wird. Diese Aufhebung kann dann eintreten, wenn eine
der gleichbenannten Arten oder Unterarten in eine andere Gattung
versetzt wird. — Der gleiche Name kann in einer Gattung nur für
eine Art als Artname (und ihre typische Unterart als Unterartname)
oder für eine nicht-typische Unterart als Unterartname gültig sein.
d') Ein Name, der als Gattungs- oder Untergattungsname für
Arten oder Unterarten eingeführt worden ist, welche in verschiedene
Gattungen (oder Untergattungen) zu stellen sind, wird für diese zum
bedingten Homonym.
d?) Ein Name, der als Art- oder Unterartname für Körper ein-
geführt worden ist, welche in verschiedene Arten (oder Unterarten) zu
stellen sind, wird für diese zum bedingten Homonym.
e') Gültiger Name einer Gattung (oder Untergattung) ist ihr
ältestes oder zu bevorzugendes Synonym, welches für sie nicht als
unbedingtes oder bedingtes Homonym zu verwerfen ist. — Werden
Gattungen (oder Untergattungen, oder Gattungen und Untergattungen)
zu einer Gattung (oder Untergattung) vereinigt, so wird der älteste
oder zu bevorzugende ihrer gültigen Namen zum gültigen Namen der
Gattung (oder Untergattung), die aus der Vereinigung hervorgegangen
ist. Wird eine Gattung (oder Untergattung) in zwei oder mehr
Gattungen (oder Untergattungen) geteilt, so verbleibt der gültige Name
der geteilten Gattung (oder Untergattung) derjenigen aus der Teilung
hervorgegangenen Gattung (oder Untergattung), welche ihren Typus
enthält.
e°) Gültiger Artname (oder Unterartname) einer Art (oder Unterart)
ist ihr ältestes oder zu bevorzugendes Synonym, welches für sie nicht
als unbedingtes oder bedingtes Homonym zu verwerfen ist. — Werden
Arten (oder Unterarten, oder Arten und Unterarten) derselben Gattung
zu einer Art (oder Unterart) in derselben Gattung vereinigt, so wird
der älteste oder zu bevorzugende ihrer gültigen Artnamen (oder Unter-
artnamen, oder Art- und Unterartnamen) zum gültigen Artnamen
(oder Unterartnamen) der Art (oder Unterart), die aus der Vereinigung
hervorgegangen ist. Wird eine Art (oder Unterart) in zwei oder
mehr Arten (oder Unterarten) derselben Gattung geteilt, so verbleibt
der gültige Artname (oder Unterartname) der geteilten Art (oder
Unterart) derjenigen aus der Teilung hervorgegangenen Art (oder
Unterart), welche ihren Typus enthält. |
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 119
Art. 15.
Als gleiche Namen gelten:
I) Namen, die aus denselben oder gleichgestellten Buch-
staben oder Zahlzeichen in derselben Folge bestehen;
II) Art- und Unterartnamen, die sich nur durch adjek-
tivische Geschlechtsendungen derselben Deklination
unterscheiden (vergl. Art. 17);
III) Namen in der ursprünglichen und in der gemäß
Art. 19 berichtigten Schreibung.
Erklärungen.
a) Namen, die sich nur durch Satzzeichen (Bindestrich, Punkt, |
Auslassungszeichen) unterscheiden, sind gleiche. Beispiele: novae-
seelandiae und novaeseelandiae, mintoshi und m’intosht.
b) Gleichgestellte Buchstaben und Zahlzeichen sind:
a) Buchstaben verschiedener Schriftart (wie in: MacAndrewia und
Macandrewia, C-nigrum und c-nigrum, aethiops und ethiops, urfus und
ursus, goldfuszi und goldfupr);
8) die für lateinische Wörter nicht-unterschiedlich gebrauchten
Buchstaben © und 7, v und v (wie in: tohannis und johannis, maior und
major, svecicus und suecicus, Egvus und Equus, Angvilla und Anguilla);
y) Buchstaben, die sich nur durch Lautzeichen unterscheiden (wie
in: Urothoe und Urothoé; Metopoides und Metopoides; muller, mulleri
und miilleri; kroyeri, kroyeri, kréyert und kréyeri; stali und stali: loveni
und lovéni; Ibanezia und Ibanezia; frici und friei; vejdovskyanus und
vejdovskyanus) ;
5) Zahlzeichen, die dieselbe Zahl ausdrücken (wie z. B. IV, III und 4).
c) Als gleiche Art- und Unterartnamen gelten:
a) lateinische, griechische oder nach antiken Vorbildern gebildete
Partieipialformen und Eigenschaftswörter zweier oder dreier Endungen,
die derselben Deklination angehören und sich nur durch verschiedene
Endungen für verschiedene Geschlechter oder für ein Geschlecht unter-
scheiden (wie z. B. albus, -a, -um; levis, -e; levior, -ius; campester, -tris,
-tre und campestris, -tre; spinifer, -fera, -ferum und spiniferus, -fera,
-ferum; macrostomos, -on; verschieden sind dagegen z. B. inermus
[ai
—
(-a, -um) und inermis (-e), latilabrus (-a, -um) und latilabris (-e), eremus
(-a, um) und eremos (-on), inacrostomus (-a, -um) und macrostomos (-on));
[Art. 36 R.]
[Art. 36 R.]
[Art. 2, 8]
120 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
8) lateinische, griechische oder nach antiken Vorbildern gebildete
Hauptwörter und die von ihnen abgeleiteten Eigenschaftswörter, wenn
das Eigenschaftswort mit einer seiner Geschlechtsendungen vom Haupt-
wort nicht unterschieden ist (wie z. B. das Hauptwort /ydia und das
Eigenschaftswort /ydius, -a, -um, das Hauptwort macrostoma und das
Eigenschaftswort macrostomus, -a, -um; verschieden sind dagegen z. B.
das Hauptwort petaloceras und das Eigenschaftswort petalocerus, -a, -um,
das Hauptwort macrostoma und das Eigenschaftswort macrostomos, -on).
Dagegen gelten als verschiedene Art- und Unterartnamen solche
Wörter, die sich zwar nur durch eine Geschlechtsendung unterscheiden,
aber im lateinischen oder griechischen Sprachgebrauch nur als Haupt-
wörter Geltung besaben (wie z. B. nanus und nana, mimus und numa,
pisum und pisa, silvanus und silvana, rex und regina, victor und victriæ).
d) Als verschiedene Gattungs- und Untergattungsnamen gelten
Wörter, die zwar sonst buchstäblich übereinstimmen, aber sich durch
die Endungsweise unterscheiden, und zwar selbst dann, wenn sie aus
lateinischen, griechischen oder nach antiken Vorbildern gebildeten
Eigenschaftswörtern hervorgegangen sind. Beispiele: Cyclostomus,
Cyclostoma, Cyclostomum; Aceras, Acera, Aceros, Acerus: Tethya, Tethyus,
Tethyum; Picus, Pica; Harpina, Harpinia; Polyodus, Polyodon, Polyo-
donta, Polyodontas, Polyodonte, Polyodontes, Polyodontus.
e) Gleiche Herkunft und gleiche Bedeutung bedingen nicht Gleichheit
der Namen. Verschiedene Namen sind z. B.: silvestris und sylvestris,
coeruleus und caeruleus, Lingula und Ligula, fluvialis und fluviatilis,
albogularis und albigularıs, Astropecten und Asteropecten, Nemosoma
und Nematosoma, Aegithalos und Aegithalus, Plakina und Placina,
Balaena und Phalaena, abyssi und abyssorum, lnnae und linnéi,
castelnaudu und castelnaui, clapuredei und claparedi, fabric und fabre-
ciusi, marionis und martont, schmardai und schmardae, haeckelti und
haeckeli. — Gleiche Lautung bedingt nicht Gleichheit der Namen. Ver-
schiedene Namen sind %. B.: Crameria und Krameria, Homura und
Omura (im Französischen gleichlautend), friè und fritschi (im Tschechi-
schen gleichlautend). |
.D. Die Schreibung.
Art. 16.
Die gültigen Benennungen aller Einheiten, welche den
Arten übergeordnet sind, sind mit eroßem Anfangs-
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 121
buchstaben und ohne Verwendung von Satzzeichen (Binde-
strich, Punkt, Auslassungszeichen) oder Zahlzeichen als
ein Wort zu schreiben.
Erklarung.
Ist ein Name ursprünglich mit einem großen Buchstaben innerhalb [—|
des Wortes geschrieben worden, so ist dieser Buchstabe durch einen
kleinen zu ersetzen. Beispiel: Gen. MacAndrewia J. E. Gray (1859),
corr.: Macandrewia.
Art. 17.
Die gültigen Art- und Unterartnamen sind mit kleinem [Art.2,13—1
Anfangsbuchstaben, mit oder ohne Verwendung von Satz-
zeichen (Bindestrich, Punkt, Auslassungszeichen), jedoch
ohne Verwendung von Zahlzeichen als ein Wort zu
schreiben. — Der Auslaut derjenigen Art- und Unterart-
namen, die lateinische, griechische oder nach antiken Vor-
bildern gebildete Participialformen oder Eigenschaftswörter
zweier oder dreier Endungen sind, hat mit dem Geschlecht
des gültigen Namens der übergeordneten Gattung über-
einzustimmen.
Erklärungen.
a) Satzzeichen (Bindestrich, Punkt, Auslassungszeichen) sind zu [Art. 15]
verwenden, wenn sie zum Zweck der Übersichtlichkeit der Zusammen-
setzung des Namens geboten erscheinen. Als Namensbestandteile ge-
brauchte Ziffern sind durch die entsprechenden lateinischen Wörter zu
ersetzen. Beispiele: Helix Oculus capri Linné (1758), corr.: Helix
oculus-capri; Phalaena C nigrum Linné (1758), corr.: Phalaena c-nigrum;
Zosterops e. newton. G. Hartlaub (1877), corr.: Zosterops e.-newtoni;
Corallistes noli tangere O. Schmidt (1870), corr.: Corallistes nolitangere;
Geodia Me Andrewü Bowerbank (1858), corr.: Geodia mceandrewii;
Coccinella 2-punctata Linné (1758), corr.: Coccinella bipunctata.
[a
b) Für die Beurteilung, ob ein Art- oder Unterartname als Participial- |]
form oder Eigenschaftswort zu betrachten ist oder nicht, ist das Vorbild
der antiken Sprachen maßgebend. — Ein Art- oder Unterartname, der
in seiner ursprünglichen Schreibung mit einem in der altlateinischen
Zool. Annalen. I. 9
122 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
Sprache nur als Partizipialform oder Kigenschaftswort angewandten Wort
in einer Geschlechtsform desselben tibereinstimmt, ist adjektivisch anzu-
wenden, selbst wenn er bei seiner Einführung bezüglich der Geschlechts-
endung nicht in Ubereinstimmung mit dem voranstehenden Gattungs-
namen gebracht wurde (z. B. Papilio ocellata, corr.: Papilio ocellatus).
Stimmt ein Art- oder Unterartname in seiner ursprünglichen Schreibung
mit einem in der altlateinischen Sprache sowohl als Eigenschaftswort
wie als Hauptwort angewandten Wort überein, so ist bezüglich seiner
Behandlung die ursprüngliche Anwendung durch seinen Autor (vergl.
Art. 20) maßgebend. Diese Anwendung kann aus dem Vorhandensein
oder Fehlen der Übereinstimmung mit dem Geschlecht des voranstehenden
Gattungsnamens, aus der Schreibung des Anfangsbuchstabens und aus
erklärenden Angaben über die Herkunft oder den Wortsinn des Namens
ersichtlich sein. Ist die Anwendung keine eindeutige, so ist ein solcher
Art- oder Unterartname als Eigenschaftswort zu behandeln. — Art-
und Unterartnamen, die von griechischen Wörtern, die nicht schon als
Lehnwörter der altlateinischen Sprache angehören, abzuleiten sind, sind
in entsprechender Weise wie Art- und Unterartnamen, die von alt-
lateinischen Wörtern abzuleiten sind, mit Hinsicht auf den griechischen
Sprachgebrauch zu beurteilen. — Die Übereinstimmung der Geschlechts-
endung adjektivischer Art- und Unterartnamen mit dem Geschlecht
des Namens der übergeordneten Gattung hat bei altlateinischen oder
nach altlateinischen Vorbildern gebildeten Wörtern nach altlateinischem
Sprachgebrauch, bei griechischen Wörtern ohne latinisierten Auslaut
(wie z. B. macrorhynchos, -on) nach altgriechischem Sprachgebrauch
zu erfolgen. Griechische Eigenschaftswörter zweier Endungen (-oc, -ov),
die lateinischen Auslaut erhalten haben, sind wie lateinische Eigenschafts-
wörter dreier Endungen (-ws, -a, -um) zu behandeln (wie z. B. macro-
stomus, bathycephalus, macrorhynchus). — Wird ein Art- oder Unterart-
name auf Grund der irrtiimlichen Annahme, dab er adjektivisch
anzuwenden sei, durch Änderung seines Auslautes zu einem Namen
umgebildet, der nicht als Eigenschaftswort zu betrachten ist, so wird
dadurch ein unbedingtes Synonym eingeführt (vergl. Art. 13 Erkl. fe
und Art. 15 Erkl. c).
= c) Fir die Beurteilung des Geschlechtes der Gattungsnamen ist
das Vorbild der antiken Sprachen maBgebend. — Griechische Haupt-
wörter, die nicht schon als Lehnwörter der altlateinischen Sprache
angehören, behalten mit ihrem griechischen oder entsprechend latinisierten
Auslaut ihr ursprüngliches Geschlecht. Das Geschlecht griechischer
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenelatur. 1923
Wortzusammensetzungen, deren letztes Glied ein Hauptwort ist, wird
durch dieses bestimmt, auch wenn sie als Appellativa noch ein anderes
Geschlecht besitzen können (wie z. B. Callithrie). Lateinische und
griechische Hauptwörter, deren Geschlecht ein doppeltes ist (Substantiva
generis communis, wie z. B. Canss, Tigris, Anguis, Limaa, Ornis, Ophis),
sind ebenso wie solche Wörter, die gemäß ihrem Auslaut nach lateinischem
oder griechischem Sprachgebrauch männlichen oder weiblichen Geschlechtes
sein können (wie z. B. Sarcoptes, Eriophyes, Metopoides), als Namen
männlichen Geschlechtes zu behandeln. Eigenschaftswörtern und Parti-
zipialformen lateinischer und griechischer Herkunft kommt als Gattungs-
namen das ihrer Endung entsprechende Geschlecht zu; jedoch erhalten
Wörter, die als Hauptwörter ein anderes Geschlecht als ihre gleich-
lautende adjektivische Form besitzen, als Gattungsnamen das Geschlecht
der substantivischen Form (wie z. B. Maerostomus männlich, Macrostoma
und Macrostomum sächlich). Das Geschlecht von Gattungsnamen, die
von lateinischen oder griechischen Wörtern abzuleiten sind, aber einen
geänderten Auslaut besitzen (wie z. B. Tethya, Tethyus, Carabites,
Carabicina), ist ebenso wie dasjenige der Gattungsnamen nicht-klassischer
Herkunft (wie z.B. Azteca, Okapia, Lamarckia, Köllikerella) gemäß dem
Auslaut nach den altlateinischen Sprachregeln zu bestimmen. Wörter,
auf welche sich infolge ihres Auslautes diese Sprachregeln nicht anwenden
lassen, sind als Namen männlichen Geschlechtes zu behandeln (wie
z. B. Tout G. R. Gray, 1855; Paua: Temminck, 1813).
Art. IS.
Bei der gültigen Benennung der Arten ist der Name der [Art.2,10,1
übergeordneten Gattung dem Artnamen voranzusetzen, bei
der gültigen Benennung der Unterarten ist die Benennung
der übergeordneten Art dem Unterartnamen voranzusetzen.
Soll der gültige Name der übergeordneten Untergattung
angegeben werden, so ist er zwischen Gattungs- und Art-
namen in runde Klammern einzusetzen.
Erklärung.
Beispiel: Gattungsname Parus Linné (1758), Untergattungsname [Art. 10, 1
Cyanistes Kaup (1829), Artname caeruleus Linné (1758), Unterartname
persicus W. Blanford (1873); Benennung der Art: Parus caeruleus
9*
[Art. 19]
[a
124 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
Linné, oder Parus (Cyanistes) caeruleus Linné; Benennung der Unterart:
Parus caeruleus persicus W. Blanford, oder Parus (Cyanistes) caeruleus
persicus W. Blanford.
Art. 19.
Die ursprüngliche Schreibung eines Namens ist bei-
zubehalten, wenn nicht ein Fehler der Schreibweise (gemäß
Art. 16—18) vorliegt, oder ein Schreib- oder Druckfehler .
ersichtlich ist, in welchen Fällen die ursprüngliche
Schreibung zu berichtigen ist.
Erklärungen.
a) Die ursprüngliche Schreibung eines Namens wird beibehalten,
wenn dieser durch dieselben oder durch gleichgestellte Buchstaben
oder Zahlzeichen in derselben Folge wiedergegeben wird (vergl. Art. 15
Erkl. b). — Die getreue Wiedergabe der in der ursprünglichen Schreibung
eines Namens angewandten Schriftzeichen (wie z. B. in: œthiops, urfus,
goldfußi, mulleri, kroyeri, stali) hängt nicht von dem veröffentlichenden
Schriftsteller allein ab und wird daher nicht als ein Erfordernis für die
gültige Benennung einer Einheit betrachtet. Lautzeichen, die in der
ursprünglichen Schreibung eines Namens angewandt wurden, brauchen
nicht wiedergegeben zu werden, wenn sie als falsch gebraucht (wie
2. B. in: Leucothée) oder als entbehrlich (wie z. B. in: clepsinoides,
arboréus) angesehen werden. Lautzeichen, die in der ursprünglichen
Schreibung eines Namens fehlen, können eingesetzt werden, wenn es
zur Bezeichnung der richtigen Aussprache zweckmäßig erscheint (wie
2. B. mülleri statt mulleri, Urothoë statt Urothoe).
b) Schreib- und Druckfehler sind unbeabsichtigte Änderungen
eines Wortes, die durch unrichtige Wiedergabe des beabsichtigten
Wortlautes bei dem. Schreiben oder der Vervielfältigung einer Schrift
zu stande kommen. Ein Schreib- oder Druckfehler ist ersichtlich,
wenn ein noch nicht bekanntes Wort als Änderung eines entweder
ohne weiteres oder aus derselben oder einer anderen (gleichzeitigen
oder früheren) Veröffentlichung bekannten Wortes zu erkennen und
ein Grund für eine absichtliche Wortänderung nicht zu ersehen ist
(wie z. B. in: albns, viridesceus, Kröyeia neben Kröyeria). Wird die
ursprüngliche Schreibung eines Namens von dem Autor desselben oder
einem anderen Schriftsteller, in derselben oder in einer anderen Ver-
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 195
öffentlichung als Schreib- oder Druckfehler berichtigt, so ist zu ent-
scheiden, ob auch ohne diese Berichtigung ein Schreib- oder Druck-
fehler ersichtlich ist oder nicht. Verneinenden Falls ist der Name in
seiner berichtigten Schreibung ein unbedinetes Synonym (vergl. Art. 13
Erkl. fa). Beispiel: Nemertes knochi Kölliker (1845) und Nemertes
krohnii C. Siebold (1850).
c) Wird an Stelle eines eingeführten Namens in derselben oder
in einer anderen Veröffentlichung ein anderer Name ohne jedwede
Erklärung der Namensänderung angewandt, so kann diese eine be-
absichtigte oder unbeabsichtigte sein. Wenn ein Grund für eine be-
absichtigte Änderung nicht zu erkennen ist, so ist mit Rücksicht auf
die Art der Änderung zu entscheiden, ob diese auf einen Schreib- oder
Druckfehler zurückgeführt werden kann, oder aber auf eine Wort- oder
Lautverwechselung, die in der Schrift und Vervielfältigung unverändert
wiedergegeben wurde. Liegt kein ausreichender Grund vor, eine als
unbeabsichtigt erkannte Namensänderung auf eine Wort- oder Laut-
verwechselung zurückzuführen, so ist sie als Schreib- oder Druckfehler
zu berichtigen; in diesem Falle gilt der Name in seiner ursprüng-
lichen und in seiner geänderten Schreibung als gleich. — Beabsichtigte
Namensänderungen sind z. B.: Macrostomum O. Schmidt (1848) pro:
Macrostoma A. Orsted (1843); Thethya G. Cuvier (1817) pro: Tethya
Lamarck (1815). Unbeabsichtigte, auf Wort- oder Lautverwechselungen
zurückzuführende Namensänderungen sind z. B.: Proto A. Orsted (1843)
pro: Dero Oken (1815); Orchomene excavatus O. Sars (1891) pro:
Orchomene cavimanus T. Stebbing (1888). Unbeabsichtigte, auf Schreib-
oder Druckfehler zurückzuführende Namensänderungen sind z. B.:
Macandreuria Vosmaer (1885) pro: Macandreura A. Marschall (1873)
pro: Macandrewia J. E. Gray (1859); Stelleta A. Marschall (1873)
pro: Stelletta O. Schmidt (1862).
d) Werden zwei oder mehr Berichtigungen der ursprünglichen
Schreibung eines Namens veröffentlicht, von denen jede einwandfrei
ist, jedoch die anderen ausschließt, so ist die älteste Berichtigung,
oder, falls die ersten Berichtigungen gleichzeitig veröffentlicht wurden,
die von dem ersten Schriftsteller (vergl. Art. 13 Erkl. h) bevorzugte
Berichtigung als maßgebend anzuerkennen; die durch die anderen
Berichtigungen eingeführten Namen sind dann unbedingte Synonyme.
Beispiel: Wenn Coccinella 19-punctata Linné (1758) zuerst als
C. novemdecimpunctata berichtigt wurde, so ist der durch eine spätere Be-
richtigung eingeführte Name C. undevigintipunetata unbedingtes Synonym.
fa
[Art. 21]
126 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
EB. Der Autorname —
Art. 20.
Als Autor des Namens einer Kinheit gilt der Verfasser
der Veröffentlichung, durch welche der Name eingeführt
wird. Ist jedoch aus dem Inhalt der Veröffentlichung zu
ersehen, daß nicht der Verfasser, sondern eine andere
Person Urheber der Benennung und der begleitenden
al
Fe
Kennzeichnung ist, so gilt diese andere Person als Autor
des Namens.
Erklarungen.
a) Verfasser einer Veröffentlichung ist die in derselben als verant-
wortlicher Urheber von Schrift oder Bild dem Namen nach bezeichnete
Person oder, falls diese Namensbezeichnung fehlt oder eine unvoll-
ständige ist, diejenige Person, welcher die Urheberschaft von späteren
Schriftstellern zugeschrieben wird. Wird die Urheberschaft einer Ver-
öffentlichung, in welcher die Namensbezeichnung des Urhebers fehlt
oder unvollständig ist, nicht ermittelt, so gilt diese Veröffentlichung
als anonym. Sind mehrere Personen Verfasser einer Veröffentlichung,
so gilt die einzelne Person nur für denjenigen Teil derselben als
einziger Verfasser, für welchen sie als einziger verantwortlicher Urheber
in der Veröffentlichung bezeichnet oder von späteren Schriftstellern
erkannt wird. — Als verantwortlicher Urheber einer Schrift oder eines
Bildes ist nicht eine Person zu verstehen, welche die zur Verviel-
fältigung gelangende Schrift oder Abbildung hergestellt, oder die Ver-
öffentlichung unternommen, herausgegeben, geleitet oder unterstützt hat.
b) Der Verfasser einer Veröffentlichung gilt auch dann als Autor
eines durch diese Veröffentlichung eingeführten Namens, wenn in der-
selben eine andere Person als Urheber des Namens allein, oder auch
als Urheber eines Teiles der begleitenden Kennzeichnung, oder nur
als Urheber der Kennzeichnung allein bezeichnet wird. — Sind mehrere
Personen gemeinsame Verfasser einer Veröffentlichung, so gelten alle
Verfasser als Autoren eines durch diese Veröffentlichung eingeführten
Namens, wenn nicht aus dem Inhalt der Veröffentlichung zu ersehen
ist, dab allein einer oder einige der Verfasser Urheber dieses Namens
und der begleitenden Kennzeichnung sind.
c) Wird die ursprüngliche Schreibung eines Namens nicht durch
den Autor desselben, sondern durch einen anderen Schriftsteller gemäß
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 197
Art. 19 berichtigt, so gilt im Sinne der Gleichheit der Namen (Art. 15)
nicht dieser Schriftsteller, sondern der Autor des Namens in der
ursprünglichen Schreibung auch als Autor des Namens in der be-
richtigten Schreibung.
Art. 21.
Der gültigen Benennung einer Einheit ist der Name [Art. 22, :
des Autors ohne Zwischenzeichen anzufügen, und zwar der
Benennung einer Art der Name des Autors des Art-
namens, der Benennung einer Unterart der Name des
Autors des Unterartnamens. Wird bei der gültigen Be-
nennung einer Art (oder Unterart) der Gattungsname, der
fiir die Art (oder Unterart) bei der Einführung des gültigen
Artnamens (oder Unterartnamens) angewandt wurde, durch
einen anderen ersetzt, so ist der Name des Autors in
runde Klammern zu setzen. — Ist der Autor dem Namen
nach nicht bekannt, so tritt an die Stelle des Autornamens
der Titel der Veröffentlichung.
Erklärungen.
a) Kommen bei der gültigen Benennung einer Einheit mehrere |
Autoren in Betracht, die in nicht-gleichzeitigen Veröffentlichungen den
gleichen gültigen Namen eingeführt hatten (vergl. Art. 13 Erkl. b), so
ist der Autor, welcher zuerst den Namen eingeführt hat, den anderen
vorzuziehen. Beispiel: Ramphogordius lacteus H. Rathke (1843) [=
Nemertes lactea E. Grube (1855) = Borlasia lactea Me Intosh (1869)].
b) Tritt die Notwendigkeit ein, an Stelle des Autornamens den [--]
Titel der Veröffentlichung anzuwenden, so ist dieser in abgekürzter
Form (für Veröffentlichungen in Zeitschriften nur durch Angabe des
Titels derselben, des Bandes usw.) anzuführen. Beispiel: Zumbricus
pellucidus Mag. nat. Hist. V.7 p. 131.
c) Ist es erwünscht, der Benennung einer Einheit die Jahreszahl | Art, 22—
oder eine andere nähere Bezeichnung ihrer Einführung, oder den Namen
eines zweiten Schriftstellers, oder erklärende Vermerke (wie z. B. part.,
emend., non... nom. nov., nom. emend., comb. nov.) anzufügen, so sind
solche Zusätze entweder durch einen Beistrich von dem Autornamen
al
128 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
zu trennen oder in Klammern zu setzen. Beispiele: Helix pomatia
Linné, 1758; Helix pomatia Linné (1758); - Taenia solium Linné, emend.
Rudolphi..
[Art. 22 R.] d) Ist es erwiinscht, den Autornamen abgekiirzt anzuwenden, so
sind üblich gewordene Kürzungen*) oder solche zu bevorzugen, die
eine Mehrdeutigkeit ausschließen.
[Art. 19 R.] e) Die Benennung der Einheit ist von dem Autornamen wenn
möglich durch die Schriftart zu unterscheiden. Beispiel: Rana esculenta
Linné, 1758.
Anhang:
Ratschläge bei der Einführung neuer Tiernamen.
Allgemeine Ratschläge.
Nr
[Art. 1 R.] Benennungen, die als Namen von Pflanzen Geltung
haben, sind für Einheiten des zoologischen Systems nicht
einzuführen. Dieser Ratschlag gilt besonders für die Be-
nennung der Gattungen und Untergattungen. Vergl.
Regeln Art. 3.
Nr 2.
=] Überflüssige Vermehrung der Synonymie ist zu ver-
sdeiden. Verel Ineseln Ark 13 Werk 1.
ES Wird ermittelt, dab ein Gattungs-, Untergattungs-, Art- oder
Unterartname als unbedingtes oder bedingtes Homonym für eine Einheit
zu verwerfen ist, so ist ein neuer Name für diese Einheit erst dann
einzuführen, wenn man sich überzeugt hat, daß das verworfene Homonym
nicht schon ein Synonym besitzt, das an Stelle des verworfenen Homonyms
zum gültigen Namen der Einheit werden muB.
*) Vergl.: Liste der Autoren zoologischer Art- und Gattungsnamen zusammen-
gestellt von den Zoologen des Museums fiir Naturkunde in Berlin. 2. vermehrte
Auflage. Berlin. 1896. 8°.
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 199
Nr. 3.
Das Zustandekommen von unbedingter Homonymie ist —|
ebenso wie Gleichheit von Namen höherer, den Familien
übergeordneter Einheiten zu vermeiden. Vergl. Regeln
tr co und Art. 14 Brekla er ec.
a) Bei der Einführung von Gattungs-, Untergattungs-, Art- und [—]
Unterartnamen sind die literarischen Hiilfsmittel*), welche über die
schon vergebenen Namen Auskunft geben, eingehend zu Rate zu ziehen.
b) Bei der Benennung von Gattungen und Untergattungen ist auch |]
die Verwendung von Namen zu vermeiden, die schon für höhere (super-
generische) Einheiten eingeführt wurden. Beispiel: Subgen. Lysianassina
A. Costa (1867) und Subfam. Zysianassina W. Lilljeborg (1865).
c) Auch bei der Benennung höherer, den Familien übergeordneter [—]
Einheiten ist die Verwendung von Namen zu vermeiden, die schon
für andere Einheiten eingeführt wurden. Beispiel: Polyzoa J. E. Gray
(1840) und Gen. Polyzoa Lesson (1830).
d) Bei der Benennung von Arten oder Unterarten einer Gattung, [—]
deren Selbständigkeit oder Abgrenzung nicht sicher steht, sind auch
_ diejenigen Namen zu berücksichtigen, die für Arten nnd Unterarten
der nächst verwandten Gattungen eingeführt wurden.
*) Außer den besonderen Fachschriften, welche einzelne Gruppen berück-
sichtigen, sind als wichtigste Hülfsmittel zu empfehlen:
Index Animalium sive Index Nominum quae ab A. D. 1758 Generibus et Speciebus
Animalium imposita sunt. Societatibus eruditorum adiuvantibus a Carolo
Davies Sherborn confectus. Sectio I a kalendis Ianuariis, 1758 usque ad
Finem Decembris, 1800. Cantabrigiae. 1902. 8°.
Nomenclator zoologicus. An alphabetical List of all generic Names that have
been employed by Naturalists for recent and fossil Animals from the
earliest Times to the Close of the Year 1879. In 2 Parts: I. Supplemental
List. II. Universal Index. By Samuel H. Scudder. Washington. 1882. 8°.
Index zoologicus. An alphabetical List of Names of Genera and Subgenera proposed
for Use in Zoology as recorded in the „Zoological Record“ 1880--1900
together with other Names not included in the „Nomenclator zoologicus“
of S. H. Seudder. Compiled... by Charles Owen Waterhouse and edited
by David Sharp. London. 1902. 8°.
The zoological Record. Vol. 38 (& sequ.) Being Records of zoological Literature
relating chiefly to the Year 1901 (& sequ.) London. 1902 (& sequ.) 8°. —
Index to Names of new Genera and Subgenera.
Register zum zoologischen Anzeiger. Herausgegeben von J. V. Carus. Jahr-
gang 1—10 (1878-87), 11-15 (1888—92), 16—20 (1893—97), 2125
(1898-1902). Leipzig. 1889, 93, 99, 1903. 8°.
ial
(Art. 36 R.]
[Art. 36 R.]
[Art. 36 R.]
[Art. 36 R.]
130 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
e) Außer den Namen, die für wirkliche Einheiten schon ver-
geben wurden, sind auch diejenigen zu berücksichtigen, die für hypo-
thetische Hinheiten angewandt und veröffentlicht wurden. Vergl. Regeln
Art. 2 Erkl. f.
Nr 4.
Benennungen, die in Schrift oder Laut von anderen,
schon vergebenen Namen wenig unterschieden sind, sollen
vermieden werden.
a) Wörter, die in ihrer Sprache eine feststehende Schreibung nicht
besitzen, sind, falls sie in einer Schreibung als Namen schon vergeben
wurden, in der anderen Schreibung nicht einzuführen. Beispiele:
arena und harena; autumnalis und auctumnalis; balaena, balena, ballaena
und ballena; baca und bacca; belua und bellua; caelebs und coelebs;
coeruleus und caeruleus; caespes und cespes; cicindela und cicendela ;
clipeus, clupeus und clypeus; dama und damma; muraena und murena;
silvestris und sylvestris; litoralis und littoralis; pirus und pyrus; Ilepfva,
Ilsıpfva und Tleıpava; Adnva, Adnvaia, Adnvain, Adfvn, Adavda,
ASsavaia und Addva; Moebius und Mobius; Me Intosh und M’ Intosh;
Liljeborg und Lilljeborg; Frié und Fritsch.
b) Wörter nicht-lateinischer Herkunft, die verschiedene Formen
der Latinisierung erhalten können, sind, falls sie in einer Form als
Namen schon vergeben wurden, in einer anderen Form nicht einzuführen.
Beispiele: aegithalos und aegithalus; aegocephalos und aegocephalus ;
polytrichon und polytrichum: boscas und boscis; Gulielmus, Guilelmus,
Guilielmus und Guglielmus; Linnaeus und Linnéus; Claparèdeus und
Claparèdius; Barroussia und Barrouwia; Lobianchella und Lobiancoella ;
Castelnauus und Castelnaudus; Pfeifferus und Pfeifera; ceylonicus,
ceylanicus, ceilonicus, ceilanicus, zeylonicus und zeylanicus; sinensis und
chinensis; viennensis und vindobonensis.
c) Worter, die einer Sprache angehòren, welche die lateinische
Buchstabenschrift nicht grundsätzlich übernommen hat, und verschiedene
Umschreibungen (Transeriptionen) zulassen, sind, falls sie in einer Form
der Umschreibung als Namen schon vergeben wurden, in einer anderen
Form nicht einzuführen. Beispiele: thynnus und thunnus; balaena und
phalaena ; cnemidocoptes und knemidokoptes; Chrysippus und Chryshippus;
Pontogeneia und Pontogenia; Mecznikow und Metschnikoff; Merejkowsky
und Mereschkowsky; Prjevalsky, Przewalski und Prschewalski.
d) Zusammengesetzte Wörter, die aus denselben Bestandteilen in
derselben Folge bestehen, sich aber nur durch die Art der Verbindung
unterscheiden, sind, falls sie in einer Verbindungsform schon als Namen
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 43]
vergeben wurden, in einer anderen Form nicht einzuftihren. Beispiele:
albogularis und albigularis; multangulus und multiangulus; septem-oculatus
und septi-oculatus; xiphosurus und ziphurus; boselaphus und boëlaphus ;
ichthyophagus und ichthyphagus; cerasphorus, ceratophorus, ceraophorus
und cerophorus: megacephalus und megalocephalus; aglaactis, aglaeactis
und aglaiactis.
e) Wörter, die verschiedenen Sprachen angehören, aber infolge ihrer [—]
Stammverwandtschaft eine ähnliche Schreibung oder Lautung besitzen,
sind, falls sie in der Form einer Sprache als Namen schon vergeben
wurden, in der Form der anderen Sprache nicht einzuführen. Beispiele:
doryphorus und doryferus; Seeland und Zealand; Elisabeth und Elizabeth. .
f) Benennungen, die von anderen, schon vergebenen Namen nur |Art. 36 R.]
durch die Endungsweise unterschieden sind, sollen vermieden werden.
Beispiele: fluviahs, fluviatilis und Auviaticus; silvestris und silvaticus ;
artijeæ und artificus; ceylanicus und ceylanensis; japonicus und japonensis ;
polyodus, polyodon, polyodonta, polyodontas und polyodontus; rea und
regina; victor und victria; nanus und nana; silvanus und silvana; mimus
und mima; pisum und pisa; claparedei und claparedi; fabric: und
fabriciusi; martonis und mariont; schmardai und schmardae; haeckelii
und haeckeli.
Nato:
Zur Benennung sind Worter zu wahlen, deren Herkunft |—|
und Bedeutung unschwer zu erkennen ist. Werden Worter
bezeichnenden Inhaltes gewahlt, so sollen sie ihrem ur-
sprunglichen Wortsinn gemäß zutreffend sein.
a) Die Bildung von Namen durch willkürliche Buchstabenvereinigung [Art. 8 R.]
oder durch Umstellung der Buchstaben eines Wortes ist nicht empfehlens-
‘wert. Beispiele: neda, clanculus; dacelo, verlusia, linospa, thoelaos.
b) Benennungen, die durch ihren Wortsinn wichtige Unterscheidungs- [—]
merkmale der Einheiten bezeichnen, sind zu bevorzugen (wie z. B. die
Artnamen in: Hydra viridis Linné, 1767; Colymbus nigricollis (Brehm),
1831). — Das Vorkommen (Fundort, Verbreitungsgebiet, Wirte usw.)
ist nur dann in der Benennung zum Ausdruck zu bringen, wenn es sicher
bekannt und erfahrungsgemäß für die Einheit bezeichnend ist.
c) Die Benennungen typus und typicus (-a, -um), deren Wortsinn
in der Nomenclatur Einheiten bezeichnet, für deren Bestimmung nur
das Prioritäts- und Autoritäts-Gesetz maßgebend ist, sind als Art- und
Unterartnamen unter allen Umständen nicht empfehlenswert.
Fe
[Art. 14 R.]
=]
[Art. 8 R.]
BE Se,
20 R.]
sl
[Anh. F]
Ga
132 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
Nr. 6. =
Benennungen, die von ungewohnlicher Lange sind, des
Wohlklanges entbehren oder nicht leicht auszusprechen
sind, sollen vermieden werden.
Ne
Die N eubildune von Wörtern aus Sprachstämmen soll
Sprachgebräuchen entsprechen, die als richtig anerkannt
werden.
a) Bei der Neubildung von Wortzusammensetzungen aus lateini-
schen oder griechischen Stämmen sind die aus antiken Vorbildern ab-
geleiteten Sprachregeln zu befolgen.*)
b) Hybride Wortbildungen, d. h. Vereinigungen von Wörtern ver-
schiedener Sprachen, sind zu vermeiden. Beispiele: arborophilus,
hemifusus, schmidtiformis, subwilsont, eugrimmea, buchiceras, pseudogra-
teloupia, moebiusispongia.
Nr. 8.
Die Latinisierung von Wörtern der griechischen oder
einer nicht-klassischen Sprache soll antiken Vorbildern
entsprechen”) oder einem eingebürgerten Gebrauch folgen.
a) Griechische Haupt- und Eigenschaftswörter, die nicht schon als
Lehnwörter der altlateinischen Sprache angehören, haben die Endungen
-a und -n in -a, -ag und -ng in -as und -es, -oc und -oug in -us,
-ov und -ovv in -um, -wc und -wv in -os und -on zu ändern. —
Beispiele von griechischen Lehnwörtern der altlateinischen Sprache,
die von dieser Regel abweichen: crambe, simia, Pirene, polyzonos,
polyrrhizos, aegocephalos, polytrichon.
b) Für griechische Wörter, die in der altlateinischen Sprache als
Lehnwörter verschiedene lateinische Formen besaßen, ist wenn möglich
eine solche vorzuziehen, die dem Ratschl. a entspricht. Beispiele:
phoca, nicht phoce; Doryphorus, nicht Doryphoros: arctus, nicht aretos;
scorpius, nicht scorpios.
*) Als wichtige Hiilfsmittel sind besonders zu empfehlen:
Sprachregeln fiir die Bildung und Betonung zoologischer und botanischer Namen
von Paul Kretschmer. Berlin. 1899. 8°.
Scientific Names of latin and greek Derivation. By Walter Miller. San Francisco.
1897.08 dn Bee Walia hee seri (Zool weakness)
==) Siehe Fußnote zu Nr. 7.
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 133
c) Personennamen und geographische Namen nicht-klassischer [Art. 16 R.]
Herkunft, für welche eine lateinische Form schon eingebürgert ist,
sind nur in dieser lateinischen Form einzuführen. Beispiele: Zan-
naeus, Fridericus, GFnilelmus, Nova-Seelandia, Sancta-Catharina, varso-
viensis, petropolitanus, burdigalensis, novaequineensis.
d) Wörter nicht-klassischer Herkunft, für welche eine lateinische [Art. 8 R.]
Form nicht schon eingebürgert ist, sind mit einem Auslaut nach antiken
Vorbildern zu versehen, falls sie einen solchen nicht schon besitzen.
Benennungen ohne solchen Auslaut (wie z. B. Saul, Schraetser) sind
zu vermeiden. Bezüglich der anzufügenden Auslaute vergl. Ratschl.
Nr. 13 d und 14 e, f.
Nr. 9.
Die Schreibung von Namen, die einen sprachlichen [—|
Ursprung haben, soll Sprachgebräuchen entsprechen, die
als richtig anerkannt werden.
a) Wörter, die der altlateinischen Sprache ursprünglich oder als
Lehnwörter angehören, sind als Namen in einer Schreibung einzuführen,
die von den mabgebenden Schriftstellern der klassischen Zeit angewandt
wurde. Beispiele: autumnalis, nicht auctumnalis; caelebs, nicht coelebs;
caeruleus, nicht coeruleus; clipeus, nicht clypeus: silvestris, nicht syl-
vestris; tessellatus, nicht tesselatus.
b) Griechische Wörter, die nicht schon als Lehnwörter der alt- [Art. 8 R.,
ima
nh
lateinischen Sprache angehören, sind folgendermaßen zu umschreiben: Anh. FI
ea i = où == ma
ven en. [Oo da
micha) ae, ov — th | GC —S
bo an oat ts (CIE AM Cet ni
=) | i (nicht j!) he Or (cht! av, ev,
== == © ow) ==)
Sr li On el
fee nc o m e == N
a nch ven pu == phth
e Ir = x xi = Ch
Bd Q == 0 yo = chil
se = 6 | ov (nicht oi) == ce. | e = ps
Rte) 1 | où = u o =o
u eu n =) | = 0€
G— 7 DR: . * (spiritusasper) = h.
om
[ Art. 20]
{Art. 20 R.,
Anh. G]
a
by
ai
134 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
| c) Für griechische Wörter, die als Lehnwörter in der altlateinischen
Sprache eine schwankende Schreibung besaßen, ist wenn möglich eine
solche vorzuziehen, die dem Ratschl. b entspricht. Beispiele: thynnus,
nicht éhunnus: phalangae, nicht palangae; Iulus, nicht Julus.
d) Wörter solcher nicht-klassischer Sprachen, welche die lateinische
Buchstabenschrift grundsätzlich übernommen haben, sollen diejenige
Schreibung einschließlich der Lautzeichen unverändert beibehalten, die
ihnen in ihrer Sprache eigentümlich ist. Beispiele: Parrouxia, nicht
Barroussia; Lobiancoella, nicht Lobianchella; Menevillea, nicht Mene-
villia; massalongoianus, nicht massalongianus.
e) Wörter solcher Sprachen, welche die lateinische Buchstaben-
schrift nicht grundsätzlich übernommen haben, sind, falls für sie eine
Form der Umschreibung in der Literatur nicht schon eingebürgert ist,
dem Laut nach so zu umschreiben, dab die Selbstlaute durch die Buch-
staben a, e, i, 0, u, a, 6, ü, ai, au, eu nach deutscher Aussprache,
die Mitlaute durch die Buchstaben b, d, f, g (wie in good), h, j, k, I,
m, n, p, q, 1, s, 4, v, y (wie in year), z, ng, ch, kh, sh, th nach
englischer Aussprache bezeichnet werden. Beispiele: knyziok (vergl.:
Parus knjaescik Gmelin, 1788); Aguti (vergl.: Agouti Lacépède, 1799),
f) Sind Wörter solcher Sprachen, welche die lateinische Buchstaben-
schrift nicht grundsätzlich übernommen Haben, schon in einer oder
in mehreren Formen der Umschreibung in der Literatur eingebürgert,
so ist eine dieser Formen beizubehalten, und zwar wenn möglich eine
solche, welche dem Ratschl. e entspricht. Beispiele: Japan (statt
Yapan); Schmankewitsch (statt Shmankevitsh); Tokio, nicht Tokyo; Birma,
Barma, Burma; Liukiu, Lieukieu, Luchu, Lutschu; Metschnikof, Meczni-
kow: Merejkowsky, Mereschkowsky; Prjevalsky, Przewalsky, Prschewalska.
Near 102
Bei der Einführung eines neuen Namens, der nicht
als allgemein verständlich gelten kann, ist seine Herkunft
oder Bildungsweise anzugeben.
po JOE
Bei der Einführung eines Namens für eine neu auf
gestellte oder für eine schon früher aufgestellte, aber
noch nicht zulässig benannte Gattung, Untergattung, Art
oder Unterart ist der Typus derselben zu bestimmen.
Vergl. Regeln Art. 13 Erkl. h und i.
~
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur. 135
Die Bestimmung des Typus ist für die Anwendung des einge-
führten Namens maßgebend, wenn die benannte Einheit später zu teilen
ist. Es sind daher diejenigen Tiere, welche der Begriffsbestimmung
der Einheit hauptsächlich als Grundlage dienen, genau, wenn möglich
auch durch Angabe des Aufbewahrungsortes und der Sammlungs-
nummern, zu kennzeichnen und ausdrücklich als Typus der Einheit
zu bezeichnen (vergl. Ratschl. Nr. 5c). — Für Gattungen (oder Unter-
gattungen), die mehr als eine Art enthalten, ist diejenige Art als
typische zu bezeichnen, welche den Typus der Gattung (oder Unter-
gattung) enthält. Die Bestimmung der typischen Untergattung einer
Gattung und der typischen Unterart einer Art findet in der Benennung
dieser Einheiten ihren Ausdruck (vergl. Regeln Art. 14 Erkl. a! und a?).
Besondere Ratschläge.
| NES Ree
Namen höherer, den Familien übergeordneter Einheiten
oder von Schalteinheiten, welche der Familie untergeordnet
sind, sollen lateinische oder griechische Wörter sein, deren
bezeichnende Bedeutung unschwer zu erkennen ist, oder
sie sind nach dem Vorbild der Familien- und Unter-
familiennamen durch Anfügung einer geeigneten Endung
an den Stamm des gültigen Namens der typischen Gattung
zu bilden (vergl. Regeln Art. 12).
Nero:
Als Gattungs- und Untergattungsnamen sind zu wählen:
a) Hauptwörter (Tier- und Personennamen u. a.) der
lateinischen oder griechischen Sprache. Beispiele:
Venus, Zeus, Mus, Mya, Sanguisuga, Cassis, Conus,
Lucernaria, Semibos, Rupicapra, Hydromedusa, Chryso-
phrys, Camelopardalis, Chenalopex, Callithriz, Rhinoceros.
b) Neubildungen aus lateinischen oder griechischen Wort-
stimmen durch Zusammensetzung. Beispiele:
Stiliger, Semifusus, Stenogyra, Pleurobranchus, Sarcocystis,
Pelodytes, Aglaactis, Hydrophilus, Rluzobius, Xiphurus,
Melanostomus, Pherocoma, Plissolophus, Platyonyx, Mega-
ceros, Lithoblaps, Cercolabes, Carabodes, Helicodes.
LA
[Anh. A]
Fra
[Art. 8 Ri]
136
vy. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur.
c) Neubildungen aus Haupt- oder Eigenschaftswörtern
d)
der lateinischen oder griechischen Sprache durch
Anderung der Endungsweise nach dem Vorbild antiker
Derivativbildungen. Beispiele: aus Carabus: Cara-
bites, Carabidium, Carabicina; aus Limazx: Limacella,
Limacia, Limacina, Limacites, Limacula; aus Helix:
Helicina, Helicida, Heliciella, Helicites.
Neubildungen aus nicht-klassischen Personen-, Schitts-
und Tiernamen durch Anfügung einer Endung nach
antiken Vorbildern, wobei die Endung a (ia nach
dem Selbstlaut « und nach Mitlauten) zu bevorzugen
ist. Tauf- und Familiennamen sind nicht zu einem
Namen zu vereinigen, von Doppel-Namen ist nur
einer zu verwenden, getrennte Adelspartikel sind
nicht mit dem Namen zu verschmelzen. Bei-
spiele: Lamarckia, Kollikeria, Köllikerella, Schulzea,
Schulzella, Stalia, Kröyeria, Ibanezia, Blainvillea, Cavo-
lima, Fatioa, Bernaya, Metschnikovella, Poeya, Danaia,
Blakea, Hirondellea, Challengeria, Gondulia, Okapia ;
Guerinia und Ménevillea (nicht Guérinménevillea), Dalla-
torrea (nicht Torrea), Dellavallea (nicht Vallea), Du-
thiersia, Dumerilia, Chiajea (nicht Dellechiajea), Benedenia
(nicht Vanbenedenia).
Wörter nicht-klassischer Herkunft, die einen Auslaut
besitzen, der antiken Vorbildern entspricht. Bei-
spiele: Chilosa, Vanikoro, Azteca, Parra, Sancho.
Nr. 14,
[Art. 14, 16] Als Art- und Unterartnamen sind zu wählen:
a)
Eigenschaftswörter und Participialformen der lateini-
schen oder griechischen Sprache. Beispiele: albus,
viridis, minor, asiaticus, lucifugus, subrotundus, semiatratus,
auricomus, bidens, bifurcus, bicornis, parvicollis, permagnus,
b)
d)
f)
g)
v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenclatur, 137
spinifer, armiger, mediterraneus, hemileucus, callitrichus,
megalocephalus, oxyrhynchus, doryphorus, platyonychus,
pithecordes, ichthyodes.
Neubildungen von Higenschattswortern aus lateinischen
oder griechischen Wortstammen durch Zusammen-
setzung. Beispiele: albicapillus, curvirostris, sanqui-
rostris, tripunctatus, spinibarbus, latilabris, macrophthal-
mus, bathycephalus, petalocerus, macrostomus, macrurus.
Hauptworter der lateinischen oder griechischen Sprache
in der Nominativ- oder Genitivform, allein oder in
Zusammensetzungen mit anderen Wortern. Beispiele:
leo, elpenor, agricola, tiliae, bovis, abyssi, abyssorum,
antiquorum, ferrum-equinum, cornu-amimonis, aristotelis,
sanctae-catharinae, carolı.
Zeitworter der lateinischen oder griechischen Sprache
in Verbindung mit einem anderen Wort als Objekt.
Beispiele: cedonulli, nolimetangere.
Neubildungen von Kigenschaftswortern aus nicht-
klassischen Sprachstammen durch Anfügung einer
Endung ‘nach antiken Vorbildern. Beispiele:
japonensis, luchuensis, russicus, parisinus, magellanicus.
Neubildungen aus nicht-klassischen Personen-, Schiffs-
oder geographischen Namen durch Anfügung einer
lateinischen Genitivendung. Dem Namen männlicher
Personen ist die Endung 7, dem Namen weiblicher
Personen die Endung ae anzufügen. Beispiele:
cuvieri, moebiusi, schmardai, bogdanovi, dallatorrei, chiajer,
dellechiajei, quérini, menevillei, guerinmeneviller, dumerili,
canestrinii, targioni, pereyaslawzewae, challengeri, jan-
mayent.
Wörter nicht-klassischer Herkunft, die einen Auslaut
besitzen, der antiken Vorbildern entspricht, und zwar
9
138 v. Maehrenthal, Entwurf von Regeln der zoolog. Nomenelatur.
entweder unverändert oder mit Umwandlung des Aus-
lautes in eine lateinische Genitivendung. Beispiele:
ananas, schmardae, zachariae, elizabethae.
INES ALS.
[Art. 18] Bastardformen, deren Abkunft bekannt ist, sind, falls
sie nicht als Einheiten des Systems anerkannt und benannt
werden, durch eine Zusammenstellung der Namen der
Erzeuger (Arten oder Unterarten) zu bezeichnen.
|Art. 18] Die zusammengestellten Namen der Erzeuger sind entweder durch
ein liegendes Kreuz zu verbinden, wobei der Name des Vaters dem
der Mutter vorauszugehen hat, oder in Form eines Bruches unter-
einander zu stellen, wobei der Name des Vaters über den der Mutter
zu setzen ist. Beispiele:
Capra hircus L. >< Ovis aries L.
(Tetrao tetriw L. >< Tetrao urogallus L.) >< Gallus gallus (L.)
Capra hircus L.
Ovis aries L.
Tetrao tetrix L. >< Tetrao urogallus L.
Gallus gallus (L.)
Geschichte und Ergebnisse
der Echinorhynchen-Forschung bis auf
Westrumb (1821).
(Mit Bemerkungen über alte und neue Gattungen der Acantho-
cephalen.)
Von
Priv.-Doz. Dr. Max Lühe in Königsberg i. Pr.
Inhalte:
Einleitung. I. Allgemeiner Teil. 1. Die Anfänge der Echinorhynchen-
forschung. 2. Die Publikationen von ©. F. Müller über Echinorhynchen. 3. Die
systematische Echinorhynchen Forschung von O. F. Müller bis auf Westrumb
(1780-1821). 4. Fortschritte in der Erkenntnis der Organisation der Echinorhynchen
von O. F. Müller bis auf Bojanus und Westrumb (1780— 1821). — II. Spe-
zieller Teil. ı. Die bis zum Erscheinen von Westrumbs Monographie (1821)
einschl. der Gattung Æchinorhynchus eingereihten Formen. 2. Echinorhynchen und
andere, zeitweise zu den Echinorhynchen gezählte Helminthen, die vor ihrer Einreihung
in die Gattung Zchinorhynchus unter anderen Gattungsnamen aufgeführt wurden.
3. Von Westrumb noch nicht angeführte Acanthocephalen-Arten, die vorstehend
erwähnt wurden. 4. Die Gattungen der Acanthocephalen. — Literaturverzeichnis.
| ie nachfolgende in ihrem Hauptteile nach Artnamen ge-
ordnete Besprechung der Echinorhynchenforschung bis
| es Jahre 1821 einschließlich ist eine erste Vorarbeit
zu einer Revision der Echinorhynchenarten. Bei einigen Arten
habe ich bereits auf eigene Untersuchungen Bezug nehmen können,
die zum Teil auch an Originalexemplaren angestellt wurden.
Zahlreicher jedoch sind die Fälle, in denen auf Grund der vor-
handenen Literatur Fragen aufgeworfen werden mußten, deren
Lösung weiteren Forschungen vorbehalten bleibt.
Zool, Annalen. I. 10
140 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Westrumb’s Monographie der Acanthocephalen ist als zeit-
licher Endpunkt gewählt worden wegen der epochemachenden
Bedeutung, die dieselbe für die hier behandelte Helminthengruppe
hat. Sind doch bei den Acanthocephalen die Westrumbschen
Artbegriffe in ähnlicher Weise die Grundlage für alle spätere
Forschung geworden, wie die Artbegriffe Rudolphi’s bei den
übrigen Helminthen. Nach 1821 erschienene Arbeiten sind nur
in soweit herangezogen worden, als dies wünschenswert erschien,
um die Speciesbegriffe sicher zu stellen (vergl. als Beispiel für
drei verschiedene Fälle Ech. filecollis Rud., Ech. globulosus Rud.
und Ech. ınflatus Rud.) bez. deren bisherige Unzulänglichkeit
darzutun (vergl. z. B. Ech, aluconis O. F. Müll.) oder um einzelne
alte Angaben auf Grund unserer heutigen Kenntnisse in die
richtige Beleuchtung rücken zu können (vergl. z. B. Ach. hırun-
dinaceus [Pall]. Absichtlich bin ich über diesen Rahmen nur
in der kurzen Besprechung der Gattungen der Acanthocephalen
hinausgegangen.
Die große Ausführlichkeit und Wärme, mit der Looß (1902)
neuerdings für seinen Vorschlag, die vor-Rudolphischen Hel-
minthennamen unberücksichtigt zu lassen, Stiles und mir gegen-
über eintritt, und die Tatsache, dass trotzdem mein abweichender
Standpunkt die Grundlage der nachstehenden Besprechung bildet,
nötigt mich dazu hier auf die Ausführungen von Looß einzu-
gehen. Ich glaube mich hierbei kurz fassen zu dürfen, obwohl
ich mir bewußt bin, daß Looß daraufhin seinen Vorwurf, ich
wiese eine Sache zurück, „ohne von ihr selbst und von den für
sie vorgebrachten Gründen genügend Kenntnis genommen zu
haben“ und ich ließe den von Looß vorgebrachten Gründen
„keine nennenswerte Würdigung zu teil werden“, vielleicht
wiederholen wird. Die bisherige Diskussion hat meines Erachtens
aber den Beweis erbracht, daß Looß sich doch nie überzeugen
lassen wird, und andererseits handelt es sich um eine Frage, die
durch internationale Abmachungen bereits erledigt ist (wie denn
Braun den Looßschen Vorschlag einmal als „zu spät ge-
kommen“ bezeichnet hat). Ich halte mich unter diesen Umständen
gar nicht für berechtigt, hier den Raum für eine ausführliche
Erwiderung zu beanspruchen und: beschränke mich darauf den
scharfen Angriffen, die Looß gegen mich gerichtet hat, folgendes
entgegenzuhalten:
Looß erklärt (1902, p. 736): „Wäre Lühe auf meinen Ge-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. I41
dankengang eingegangen und hatte er meine wirklichen ,,Oppor-
tunitätsgründe“ ad absurdum führen wollen, so hätte er zeigen
müssen, daß auch bei einem Zurückgehen bis auf Linné die Zahl
der Namensänderungen von Eingeweidewürmern und vor allem
der Neubenennungen alt bekannter Species nicht größer und
einschneidender werden würde als bei einem Zurückgehen
bis auf Rudolphi; Beispiele hierfür finden sich unter den von
Lühe angeführten aber nicht und würden auch schwerlich bei-
zubringen sein.“ Dieser Ausspruch ist mir gänzlich unverständ-
lich und selbst wenn der verlangte Nachweis keine logische Un-
möglichkeit wäre, wäre er doch niemals durch Beispiele zu
erbringen. Looß hatte eine Ausnahmestellung für die Helminthen
verlangt. Die Berechtigung dieses Verlangens habe ich bestritten,
indem ich zu zeigen versuchte und auch mit genügender Deutlich-
keit gezeigt zu haben glaube, daß bei einem Zurückgehen
bis auf Linne die Zahl der Namensänderungen und
vor allem die Neubenennungen alt bekannter Species
bei den Eingeweidewürmern nicht grösser und ein
schneidender sind als bei anderen Tiergruppen (vergl.
Lühe 1900, 2, p. 459—460). Looß sagt (1902, p. 736), der von
mir bei der betreffenden Erörterung verfolgte Zweck sei ihm zu-
nächst „nicht ganz klar“ gewesen. Ich hatte jene Erörterung mit
dem Satze begonnen: „Sollten aber wirklich in anderen Spezial-
disziplinen die Verhältnisse so sehr viel anders liegen? [nämlich
wie bei den Helminthen] Ich glaube nicht“ und daran hatte ich
einen speziellen Vergleich zwischen Helminthen und Protozoen
geschlossen. Ich verstehe nicht, wie dabei mein Gedankengang
unklar geblieben sein kann!
Looß erklärt ferner (1902, p. 736): „Das System und die
Nomenclatur der freilebenden Tiere basieren auf dem System
und der Nomenclatur Linnes und sind eine mehr oder minder
allmahliche Weiterbildung dieser; das System und die
Nomenclatur der Eingeweidewürmer basieren auf dem System
und der Nomenclatur Rudolphi’s, haben dagegen mit Linne
fast nichts zu tun.“ Das gestatte ich mir direkt zu bestreiten.
Bereits an der eben zitierten Stelle glaube ich trotz aller Kürze
völlig ausreichend dargetan zu haben, daß System und Nomen-
clatur der Protozoen sogar noch weniger auf Linne beruhen,
wie System und Nomenclatur der Helminthen. Und wenn wir
nur Vertebraten, Mollusken und Arthropoden ausnehmen, so zeigt
10*
142 Lthe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
wohl auch kaum ein einziger Kreis der Meerestiere in seinem
System engere Beziehungen zu Linné als dies bei den Helmin-
then der Fall ist. In der Tat wandelt sich auch bereits bei Looß
(1902, p. 742) das eben zitierte ,,System und Nomenclatur der
freilebenden Tiere“ um in ‚die meisten Spezialdisziplinen, und
besonders die, welche sich mit dem Studium größerer Tiere be-
schäftigen.‘ In dieser letzteren Beschränkung hat Looß dann
| freilich recht, wenn er die seit Linné’s Zeiten im großen und
ganzen feststehenden Speciesbegriffe betont, aber auch nur in
dieser Beschränkung.
Deshalb kann ich von meinem Ausspruch, über den Looß
so „erstaunt“ ist (p. 733—734), daß nämlich die Annahme seines
Vorschlages nur zu Meinungsverschiedenheiten in anderen Spezial-
disziplinen führen müßte, nichts zurücknehmen. Ich finde im
Gegenteil, daß Looß selbst (p. 732) nach der als statthaft aner-
kannten „Ausdehnung seines ausschließlich für die Helminthen
gemachten Vorschlages auf andere Spezialdisziplinen, deren Ver-
treter dies für notwendig erachten‘“'doch auch erkennen
müßte, daß hierdurch ganz unzweifelhaft erheblichen Meinungs-
verschiedenheiten Tür und Tor geöffnet wird. Jedenfalls ist mir
nach dem Gesagten auch unklar, wie Looß, der auch sonst mit
Vorwürfen mangelnder Objektivität und Inkorrektheit nicht kargt’),
den Ausspruch tun kann: „Meinen für die Helminthologie ge-
machten und mit deren Verhältnissen (aber ohne genügende Rück-
sicht auf die Verhältnisse anderer Spezialdisziplinen! Lühe) be-
gründeten Vorschlag ohne weiteres als die Ursache für das
Schreckgespenst von allerhand möglichen und unmöglichen An-
sprüchen anderer Spezialdisziplinen hinzustellen, ist entweder
unlogisch oder böse Absicht.“ Diese letzten, im Original
nicht gesperrt gedruckten Worte machen mir natürlich jede
weitere Diskussion über diese Frage unmöglich.
1) So z. B. wird es als „zum mindesten inkorrekt“ bezeichnet (p. 704— 705),
daß ich gesagt habe, Looß und ich hätten fast gleichzeitig Dis?. Drachysomum Crepl.
als Typus von Zevinsentella „festgelegt“. Er habe nur gesagt, daß die Gattung „auf
die Formen vom Typus des Dist. brachysomum Crepl. zu beschränken wäre“. Ist
Looß in der formalen Behandlung derartiger Fragen wirklich noch so unbewandert,
um nicht zu wissen, daß durch einen solchen Ausspruch in der Tat die Art als Typus
der Gattung für alle Zeiten festgelegt ist? Aber auch von dieser formalen Seite
ganz abgesehen, hat die von mir vorgenommene „Ernennung von Dist. brachysomum
zum Typus von Zevinsenielia“, die Looß mir zum schweren Vorwurf macht, rein
sachlich keinen anderen Sinn oder Zweck haben sollen, als der zitierten Äußerung von
Looß untergelegt werden muß.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorbynchen-Forschung ete. 143
Anmerkung beider Korrektur: Seitdem obiges geschrieben wurde,
habe ich zufällig auf dem internationalen Zoologenkongreß in Bern Herrn Prof.
Loof persönlich getroffen und hierbei erfahren, daß derselbe der Auffassung ist,
die persönliche Polemik sei von mir begonnen worden. Er habe sich durch mein
im Centrbl f. Bakteriol. Bd. XXVIII, 1900, Nr. 14/15, p. 458—466 erschienenes
Referat über seine „Weiteren Beiträge u. s. w.“ (Zool. Jahrb., Abt. f. Syst.
Bd. XII, Heft 5 6) verletzt gefühlt, weil dieses Referat etwas „von oben herab“
geschrieben sei, und dies habe nicht nur den Anlaß zu unserer Polemik ab-
gegeben, sondern sei auch die Ursache dafür, daß in den neueren Arbeiten
von Looß die zwischen diesem und mir bestehende Übereinstimmung in
wichtigen Fragen weniger hervortritt als Meinungsverschiedenheiten, die sich
auf Fragen mehr untergeordneter oder lediglich formaleı Bedeutung beziehen.
Unter diesen Umständen kann ich nur meinem Bedauern Ausdruck geben,
daß mein Referat auf Looß einen Eindruck gemacht hat, der zum mindesten,
wie ich wohl kaum zu versichern nötig habe, nicht beabsichtigt gewesen ist.
I. Allgemeiner Teil.
I. Die Anfänge der Echinorhynchen-Forschung.
Im Gegensatze zu anderen Helminthengruppen, aus denen
einzelne im Menschen oder in Haustieren schmarotzende Arten
schon sehr früh bekannt geworden waren, sind Echinorhynchen
(sogar der Riesenkratzer des Schweines nicht ausgenommen) erst
beachtet worden, als man begann, den Helminthen überhaupt
größere Aufmerksamkeit zu schenken und systematisch nach
ihnen zu suchen. Redi (1684 bezw. 1708), der erste Forscher,
der derartige systematische Untersuchungen angestellt hat, ist
auch der erste Autor, bei dem wir die Schilderung eines £c%z-
norhynchus finden. Manche seiner Angaben sind zwar mit Un-
recht auf Echinorhynchen bezogen worden (vergl. unten bei Be-
sprechung der einzelnen Arten unter Ech. argentinae, Ech. garzae
und Ech. xipluae) und der auch heute noch herrschenden und
von Redi’s letztem Biographen, Guiart (1898), vertretenen Auf-
fassung, daß Redi bereits mehrere Echinorhynchen-Arten gekannt
habe, von denen dann zwei (Æch. argentinae und Ech. garzae)
seit ihm noch nie wieder gefunden worden wären, vermag ich
mich nicht anzuschliessen. Ich sehe vielmehr, wie bei der Einzel-
besprechung des näheren ausgeführt werden wird, die eine dieser
Arten als einen Cestoden, die andere als einen Trematoden an.
Durch diese andere Deutung des Zchrinorhynchus argentinae fällt
dann auch die einzige, der Zeit vor Redi entstammende Angabe
144 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
über einen Echinorhynchus, die bei O. F. Müller (1787, 1, p. 61)
und Gmelin (1791, p. 3049, No. 39) im-Anschluß an Redi (1708,
p. 236) zitiert wird, aus der Geschichte der Echinorhynchen fort,
selbst wenn wirklich diese Angabe von Nicolaus Steno (1675,
p. 225)!) sich auf dieselbe Art beziehen sollte, die später den
Namen Zchinorhynchus argentinae erhielt.
Bleibt hiernach auch nur eine einzige Echinorhynchen-Art
Qubo, de Re di bekannt war, so ist doch die Schilderung, welche
er (1708, p. 234) von dieser Art liefert, ein um so besseres Zeug-
nis für die Genauigkeit und Zuverlässigkeit seiner Beobachtungen.
Daß das Vorderende des Tieres mit seinem, die Fixierung an
der Darmwand des Wirtes vermittelnden Rüssel die Aufmerk-
samkeit Redi’s besonders auf sich gelenkt hat, scheint natürlich.
„In omnibus anguillarum generibus . . . . in earum, inquam, omnium intestinis
saepius, sed non semper, deprehendi aliquot minutissimos vermes candidos, et aliquot
nigros qui utplurimum internae intestinorum tunicae ab una sui extremitate alte infixi
sunt. Si vermes illi microscopio inspiciantur, formati apparent ad instar coni, in cujus
basi situm est caput, e quo proboscis nascitur quam foras emittere et intus adducere
solent. Ea autem proboscis propter varias ac minutissimas cuspides quibus scatet,
inaequabilis, vel potius, spinis hirsuta est.“
Auf welche Art sich diese Angaben beziehen, lafit sich
freilich nicht feststellen, da im Aal eine Reihe verschiedener
Echinorhynchen-Arten schmarotzen. Ausser dem “ch. propinguus
Duj., derjenigen Echinorhynchen-Art, die in den Fischen des
Mittelmeeres (oder doch wenigstens der Adria bei Triest und
Rovigno) am haufigsten zur Beobachtung gelangt, (vergl. auch
unten unter Ech. globwlosus O. F. Müll.) kommt wohl namentlich
noch Eck. luca O. F. Müll. (= ZcA. angustatus Rud.) in Be-
tracht, der in Mitteleuropa in Aalen nicht selten ist (vergl. z. B.
Mihling 1898, p. 69) und von Stossich (1898, p. 139) auch in
Triester Aalen häufig gefunden wurde.
Die nächste Angabe über einen Echinorhynchus, welche von
Leeuwenhoek (1722, p. 313—314) herrührt und sich gleich-
falls auf einen Parasiten des Aales bezieht, bedeutet nicht nur
einen Fortschritt gegenüber Redi, sondern läßt auch bereits
eine Bestimmung der Art zu, um die es sich gehandelt hat. Der
Text Leeuwenhoek’s geht freilich noch kaum über das hinaus,
was bereits Redi gesehen hatte.
1) Steno erwähnt dort in der Leibeshöhle des „Argentina piscis“ (Argentina
sphyraena L.) gefundene ,,Animalcula conchiliis hiantinis a Fabio Columna descriptis
similia, nisi quod testis carerent.‘
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete. 145
» + + + + tam firmiter intestinis inhaerebant, ut raro eos sine corporum infrac-
tione inde avellere possem.
Eam partem, quam pro capite habebam, et qua intestino adhaeserant, micro-
scopio opposui, ut detegerem causas tantae eorum cohaesionis cum anguillarum intestinis,
et cum admiratione vidi multiplices partes hamosas, quibus imaginarium hoc caput
undique erat obsitam .
Saepe etiam vidi, cum hos vermes illaesos ab intestinis avellere daretur, eos
partem hance hamosam intra corpus retrahere, eamque tenui pellucida tegere, quae
in unaquaque parte hamosa rotundo tuberculo protuberabat, quod visu haud erat in-
jucundum, quia haec tubercula ordine admodum concinno juxta se invicem erant locata.“
Dieser Schilderung sind nun aber noch eine Abbildung des
vergrößerten Vorderendes, die über die Form des einstülpbaren
Rüssels sowie über die Zahl und Anordnung der Haken an diesem
Rüssel ein Urteil gestattet, sowie ferner noch zwei Abbildungen
des ganzen Echinorhynchus in natürlicher Größe beigefügt. Auf
Grund dieser Abbildungen kann die Art, die Leeuwenhoek
vorgelegen hat, wenn auch nicht mit völliger Sicherheit, so doch
mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als “ch. lucia O. F. Müll.
(= Æch. angustatus Rud.) bestimmt werden — natürlich nur
unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Wirtes, der ja bei der‘
Identifizierung aller von älteren Autoren geschilderten Arten
eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hat.
Im Anschluss an diese ältesten Erwähnungen von Echino-
rhynchen bei Redi und Leeuwenhoek sind dann zunächst
noch zwei kurze Mitteilungen von Frisch (1727) und Roederer
(1762) zu erwähnen, von denen die eine sich auch zeitlich un-
mittelbar an Leeuwenhoek’s Arcana naturae anschließt. Frisch
(1727, p. 47) hat seine Untersuchungen über den Bau der „Lum-
brici (Ascarıs lumbricordes L.) augenscheinlich an Material an-
gestellt, welches von Schweinen stammte, denn er unterscheidet
kleinere und größere „Lumbrici“, die sich ausser durch diese ver-
schiedene Größe durch eine verschiedene Bildung des „Mundes“
auszeichnen. Bei den kleineren ist der Mund deutlicher und
können an demselben Lippen erkannt werden. „In majoribus vero
hoc os unco quodam armatur, qui cunei obtusioris formam habet,
et valde durus est, quo unco in cuticula interiori intestinorum
et pylori ita haerent ut tuberculum inde exoriatur sive callus.“
Diese Angabe ist nur dadurch zu erklären, dass wir mit Rudolphi
(1808, p. 28) annehmen, sie beziehe sich auf den Ech. hirundinaceus
(mall) (each. eıisas:Bloch) des Schweines,. der ja in der Pat
wenigstens im weiblichen Geschlechte nicht unerheblich größer
146 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
ist als Ascaris lumbricoides L. und dessen Rüssel wirklich in der
geschilderten Weise in der Darmwand fixiert erscheint. Frisch
hat offenbar beide Arten nicht genügend voneinander unterschieden,
wie er ja auch diese „Lumbrici“ nur als die Larven von Band-
würmern ansehen will.
Aphoristischer Natur ist auch die Mitteilung von Roederer
(1762, p. 537), der zwei zur Gattung /asciola gestellte Helminthen
kurz charakterisiert, von denen die eine (Fasciola muris hepatıca)
mit dem C)'sticercus fasciolaris identisch ist, die andere dagegen
(Fasciola truttae intestinalis) ein im „Mastdarm“ der Forelle (Salmo
fario L.) gefundener Echinorhynchus ist, dessen Beschreibung frei-
lich einen Fortschritt gegenüber den früheren Arbeiten nicht er-
kennen lässt und dessen sichere Bestimmung nicht möglich ist.
Kurz vor dieser Mitteilung Roederer’s war aber auch
bereits die erste jener Publikationen von Pallas (1760) erschienen,
in denen dieser seine Beobachtungen an Echinorhynchen mitteilt.
Pallas stellt dieselben (auf p. 289 des Abdrucks von 1778) als
„animalculum a nemine descriptum, quod in permultis piscibus
aquarum dulcium inveni frequentissimum“ und unter dem Namen
„Haerucula seu Taeniola osculis obtusis“ zu den Bandwürmern
(damalige Gattung Zaenza) „ob similitudinem quam cum Taenia
habet tantam ut ejusdem generis esse vix dubitem“. Als Wirte
führt Pallas an: Rana, Esox, [Acerina] cernua, Perca und
Trutta nobilis (offenbar gleich Salmo /arıo L.); verschiedene Arten
werden jedoch noch nicht unterschieden. Der Name Zaerucula
ist gewählt „quia intestino tenacissime inhaerere solet, cum nondum
satis certus sim an oscula habeat ad modum Taeniarum per corpus
disposita, an vero singulare genus constituat“ Von weiteren An-
gaben sind noch hervorzuheben die Feststellung, daß die „Aculei“
des Rüssels rückwärts gekrümmt sind („retrorsi“), was freilich
auch Leeuwenhoek bereits abgebildet hatte, die uns hier zum
ersten Male begegnende Angabe, daß die Würmer bei Über-
führung in Wasser oder Weingeist durch Flüssigkeitsaufnahme
stark aufquellen, vor allem aber der erste Versuch zum Eindringen
in den inneren Bau der Echinorhynchen, der bedingt ist durch
die Entdeckung der Lemnisken, die als zwei vom Rüssel nach
hinten ziehende und vielleicht muskulöse Stränge geschildert
werden. („Substantia fere uniformis; sed a rostro retrorsum
tendunt funiculi duo latiusculi, opaci ad longitudinem ipsius rostri
terminati, forte musculares.“)
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 147
Im Elenchus zoophytorum reiht dann Pallas (1766, p. 415)
die Echinorhynchen definitiv unter dem Namen Taenta haeruca
den Bandwürmern ein, bringt aber sachlich nur insofern neues,
als die Wirtsliste um Gadus callarıas L. bereichert wird. Ge-
nauere von Abbildungen begleitete Angaben über die Echino-
rhynchen des Frosches und des Schweines (welch letztere er 1781
Taenıa hirundinacea nannte = Echinorhynchus gigas Bloch 1782)
gibt Pallas erst 1775 (p. 452—454, Taf. IX, Fig. 2—3), nachdem
inzwischen auch bereits mehrere einschlägige Mitteilungen von
Koelreuter (1771 und 1775) erschienen waren, deren erste von
großer Wichtigkeit ist. Vor Betonung des durch dieselbe er-
zielten Fortschrittes ist nur noch anzuführen, daß sich durch
Phipps (1774 und 1775) an Fasciola und Taenıa als dritte fremd-
artige Gattung, der Echinorhynchen eingereiht wurden, noch
Sıpunculus anschließt. Vergl. weiteres hierüber unten bei der
speziellen Besprechung von Zch. lendıx (Phipps).
Koelreuter (1771, p. 499—500, Taf. XXVI, Fig. 5) fand
im Darme von Zewcıscus rutilus (L.) und Zdus ıdus (L.) Echino-
rhynchen, deren Schilderung deshalb wichtig ist, weil Koelreuter
zuerst erkannte, daß diesem Wurme eine systematische Sonder-
stellung zukommt. Er spricht von „hi acanthocephalı, quo distincto
nomine hoc animalium genus appellare liceat.“ In Verbindung
mit einem Speciesnamen wird der so vorgeschlagene Gattungs-
name freilich nicht gebraucht. Daß aber Koelreuter auf dem
Boden der binären Nomenclatur steht, geht unzweifelhaft daraus
hervor, daß er die Fische, bei deren Besprechung er seine
Acanthocephalen-Funde erwähnt, binär benennt: Cyprinus rutilus,
Cyprinus ıd., Coregonus lavaretus, Gadus lota, sowie daß er von
einem ,,Piscis, e Coregonorum genere“ spricht. Unter diesen Um-
ständen muß ich Acanthocephalus als gültigen Gattungsnamen
ansehen, zumal auch eine Art, fiir die das ,Nomen genericum“
zuerst aufgestellt wird, kenntlich abgebildet ist und mit Æc/.
anguillae O. F. Müll. = Ech, globulosus Rud. identifiziert
werden muß, so daß hierdurch der Gattungsbegriff gesichert er-
scheint. Fingebùrgert hat sich der Koeireutersche Name bisher
freilich nur als Name der ganzen Ordnung, die Rudolphi (1808)
Acanthocephala nannte, für die aber um Kollisionen mit dem
. Gattungsnamen zu vermeiden, der Name Rhynchelmintha zweck-
mäßiger erscheint.
Dass der Gattungsname, welchen Koelreuter vorgeschlagen
148 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
hatte, nicht durchdrang, ist die F olge davon, daß den en
ee zunächst
2, die Publikationen von 0. F. Müller über Echinorhynchen
folgten, die eine neue Epoche der Echinorhynchenforschung
heraufbeschworen. Auch O. F. Müller (1776, p. XXVII und
214—215) oder vielmehr richtiger der Staatsrat Zoega, auf den
sich Müller beruft, hatte erkannt, daß die Echinorhynchen nicht
in bereits bestehende Gattungen eingereiht werden konnten. Die
neue Gattung, die somit für sie geschaffen werden mußte und
innerhalb deren auch gleich mehrere neue Arten unterschieden
wurden, erhielt von Zoega den Namen Zchmorhynchus, der
alsbald zur allgemeinen Anerkennung gelangte. Folgte doch
seiner Aufstellung (1776) und der Publikation der ersten Abbil-
dung verschiedener Arten (1777) unmittelbar eine Arbeit von O.
F. Müller (1778), die insofern von grundlegender Bedeutung ist
als sie zum ersten Male einen Einblick in die innere Organisation
eines Zchinorhynchus gewährte. Müller erkannte den Geschlechts-
dimorphismus der Echinorhynchen. Er sah außer den schon von
Pallas (1760) entdeckten beiden Lemnisken auch das Receptacu-
lum des Rüssels als „durchsichtigen Beutel, welcher dazu dient,
den Rüssel aufzunehmen, wenn er sich zurückzieht“; er sah ferner
sogar das Ligament, welches seiner Ansicht nach (anscheinend im
Verein mit dem Musculus retractor proboscıdıs, da der „feine
Kanal“ nach ihm auch „durch den Beutel scheinet“) „die Stelle
des. Darmes vertritt“. Vor allem erkannte O. F. Müller auch
bereits die wahre Bedeutung der in der Leibeshöhle der Weibchen
schwimmenden Ovarien und embryonenhaltigen Eier, obwohl er
anfänglich geneigt war, die ersteren für die Eier zu halten und
die ihrer Form wegen als „spreu-ähnliche Körper“ bezeichneten
Embryonen für parasitische Infusorien.
Bei den Männchen sah Müller die beiden Hoden als zwei
„eiförmige große helle Blasen“, in die sich „der Darm verliert“
sowie die als den Geschlechtsorganen zugehörig erkannten Kitt-
drüsen, die bei verschiedenen Arten in verschiedener Lage und
Anzahl vorhanden sein sollten. Bei Zch. lucir O. F. Müll. wurden
nur „zwei kleine Kugeln beobachtet, von dickerem Wesen [scil.
als die nicht erkannten Hoden] in einer schiefen Lage, die durch
einen nach dem äussersten des Schwanzes zu geschlängelten
Kanal verbunden werden“. Bei Zch. anguillae O. F. Müll. (1780)
IL ihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 149
wurden dagegen sieben solche Kugeln beobachtet d. h. außer
den hier in der Tat weniger dicht wie bei “ch. lucı zusammen-
liegenden sechs Kittdrüsen noch das in neuerer Zeit als Mark-
beutel bezeichnete Gebilde.
Wenigstens eine Echinorhynchen-Art findet sich übrigens
bei O. F. Müller (1776) auch noch einer fremden Gattung ein-
gereiht, der vierten bei der dies geschieht, und zufälligerweise
ist dies eine Art, die Müller außerdem gleichzeitig auch noch
unter anderem Namen in der Gattung Zchinorhynchus verzeichnet,
nämlich Ascaris versipellis Fabr. = Echinorhynchus gadi Loega.
Die Gattung Æchinorhynchus selbst enthielt bei ihrer Aufstellung
vier Arten, außer der eben genannten den Zchrnorhynchus laevis
Zoega, eine nicht sicher zu identifizierende Art (Ech. candıdus
Zoega) und einen Nematoden (ch, lacustris Zoega = Cucul-
lanus elegans Led.)
3. Die systematische Echinorhynchen-Forschung von 0. F. Miller
bis auf Westrumb (1780—1821).
Mit den in den Jahren 1776—1780 erschienenen Publikationen
O. F. Miller’s beginnt eine neue fruchtbare Periode der Echino-
rhynchen-Forschung, welche wir bis zum Jahre 1821 rechnen
mussen, welches durch die Monographie Westrumb’s einen Ab-
schluß in systematischer, durch die Arbeit von Bojanus einen
solchen in anatomischer Hinsicht brachte. Die Periode ist vor
allem charakterisiert durch die Tatsache, daß von verschiedenen
Seiten, namentlich von Goeze, Schrank, Zeder, Rudolphi und
Bremser, welch letzterem die beiden Briider Natterer helfend
zur Seite standen, zahlreiche Tiere nur zu helminthologischen
Zwecken untersucht wurden und daß infolge hiervon die Zahl
der bekannten Arten rasch anschwoll. Hierdurch wurde das Be-
dürfnis nach zusammenfassenden Verzeichnissen der verschiedenen
Funde geweckt und der erste, der diesem Bedürfnis zu ent-
sprechen suchte, ©. F. Müller (1787, 1), vermochte bereits 42 ver-
schiedene Wirte von Echinorhynchen aufzuzählen, von denen
einer 2, zwei andere sogar 3 verschiedene Arten beherbergen
sollten, und Schrank (1788), der erste der ein solches Verzeichnis
nach den Parasiten-Arten geordnet zusammenstellte, zählt 22 ver-
schiedene Echinorhynchen-Arten auf, abgesehen von 4 weiteren
„unzulänglich bekannten“ Arten. Bei Gmelin (1791), der Para-
siten verschiedener Wirte fast stets als verschiedenen Arten an-
150 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
gehörig betrachtete, steigt infolgedessen die Zahl der Echino-
rhynchen-Arten auf 48, abgesehen von Zch. murıs Schrank, für
den die besondere Gattung Zaeruca gebildet wird. Zeder (1803)
zieht bereits mehrfach mehrere von Gmelin unterschiedene Arten
wieder in eine zusammen; infolge des durch die ersten Arbeiten
Rudolphi’s und die eigene Arbeit Zeders bedingten Zuwachses
an Arten zählt er aber deren außer der Aaeruca muris doch
wieder 48 Arten, trotzdem ihm noch 3 weitere Gmelinsche zu
unsicher sind, um sie mitzuzählen.
Einen raschen weiteren Zuwachs bedingte dann die eifrige
helminthologische Sammeltätigkeit von Rudolphi sowie von
Bremser und seinen Mitarbeitern, von denen namentlich der
letztere in den Jahren von 1806—1811 eine Helminthensammlung
von geradezu gewaltigem Umfange zusammenbrachte Wurden
doch in diesen Jahren fast 40000 verschiedene Tiere auf ihre
Helminthen untersucht. In den folgenden Jahren wurde dann
freilich diese großartige Wiener Helminthensuche nur noch in
geringerer Ausdehnung fortgesetzt, um so reichere Ausbeute aber
brachte Rudolphi’s italienische Reise (1817). Auch die wertvolle
Ausbeute der brasilianischen Reisen von v. Olfers und nament-
lich von Joh. Natterer ist zum Teil bereits in der hier ‘be
sprochenen Periode wissenschaftlich ausgenutzt worden (von
Rudolphi 1819 und Westrumb 1821).
Rudolphi (1809) eliminierte den Zeh. quadrirostris Gze.
durch Schaffung der neuen Gattung Tetrarhynchus und zählte
dann 38 sichere Echinorhynchen-Arten neben 24 „Species dubiae“.
Bremser (1811, p. 26) berichtet, daß in Wien nicht weniger wie
31 neue Echinorhynchen-Arten gefunden worden seien, von denen
sich freilich später nicht alle als wirklich neu herausstellten. Ein-
schließlich dieser neuen, fast durchweg als „Species dubiae“ ver-
zeichneten Arten zählt dann Rudolphi (1819) 49 sichere Arten
und gleichfalls 49 „Species dubiae“ um in einem Nachtrage noch
4 weitere sichere Arten und 3 „Species dubiae“ hinzuzufügen.
Bei Westrumb (1821), der das Wiener Material bearbeitete,
schwillt die Zahl der sicheren Arten wiederum erheblich an,
größtenteils auf Kosten der „Species dubiae“, die Gesamtzahl der
Arten aber sinkt etwas infolge der Zusammenziehung mehrerer
Rudolphischer Arten. Westrumb verzeichnet nämlich 66
Arten, die er für sicher hält neben nur noch 24 „Species dubiae“.
Unter den letzteren figuriert auch der Acanthrus sipunculordes
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 151
Acharius (unter der Bezeichnung „Zch. Zperlanı“), der insofern
besonders bemerkenswert ist, als für ihn noch nach der Einführung
des Gattungsbegriffes /chinorhynchus eine besondere Gattung
geschaffen worden war.
Gleichzeitig mit dieser Zunahme der Arten, die infolge viel-
facher Synonymisierung in der Tat noch größer ist als sie nach
den hier mitgeteilten Zahlen erscheint, erfolgte auch eine Klärung
der Auffassung über die Stellung der Echinorhynchen im System.
Anfänglich war dieselbe eine recht schwankende, wenn auch die
Gattung Zchinorhynchus meist in die Nähe der Nematoden-
Gattungen gestellt wurde (vergl. z. B. Blumenbach 1779 und
oz, Abildeaard. 1700, Modeer, 1792 0% 251 und ap 207
Cuvier 1798, Lamarck 1801 und 1816). Zeder (1800) wies ihr
dann aber eine größere Selbständigkeit zu, indem er sie allen
anderen Helminthen durch Schaffung einer besonderen Ordnung
gegenüberstellte, die dann von Rudolphi (1808) den noch heute
üblichen Namen Acanthocephala erhielt. In dieser Ordnung be-
ließ Rudolphi freilich anfänglich auch noch die Gattung Te/ra-
rhynchus (= Tentacularıa Bosc), die er aus Zchinorhynchus ab-
gezweigt hatte. Erst als er gelegentlich seiner italienischen Reise
selbst Tetrarhynchen gesammelt hatte, erkannte er deren Cestoden-
Natur (vergl. hierzu auch den von Lühe 1900 publizierten Ent-
wurf eines Helminthensystemes, welchen Rudolphi unmittelbar
vor seinem Aufbruch nach Italien zu Papier gebracht hatte). Erst
in der Synopsis also bilden die Acanthocephalen eine wirklich
natürliche Gruppe (Rudolphi 1819), die dann bald darauf durch
Westrumb (1821) jene monographische Bearbeitung erfuhr, die,
wenigstens soweit die Artbegriffe in Betracht kommen, die Grund-
lage für alle weitere Forschung wurde.
Zur Unterscheidung der verschiedenen Echinorhynchen-Arten
war man auf die Größe, die Farbe, die Formverhältnisse und die
Bewaffnung angewiesen. Unterschiede in der Form der Eier
wurden zwar gleichfalls bereits beobachtet. Deren systematischer
Wert wurde aber so wenig erkannt, daß Zch. analıs Schrank
(= Lech. filicollis Rud.) und Ech. minutus Gze. durch die von
Westrumb ausdrücklich hervorgehobene verschiedene Form
ihrer Eier nicht davor geschützt wurden, in eine einzige Art
zusammengefasst zu werden (vergl. unten Zeh. polymorphus
Brems. und einen zweiten anscheinend ähnlichen Fall unter 4c,
sphaerocephalus Brems.).
152 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Die Formverhältnisse des Rüssels und des zwischen diesen
und den Rumpf eingeschalteten Halses wurden dagegen fiir so
wichtig gehalten, dafi hiernach bei Rudolphi und Westrumb
die Arten gruppiert wurden. In einzelnen Fallen kònnen diese
Formverhältnisse in der Tat so charakteristisch wiedergegeben
sein, daß sie allein zur Identifizierung der Art genügen, wie z. B.
bei dem Koelreuterschen Acanthocephalus aus Leuciscus rutilus
(L.) und /dus 1dus (L.) Immerhin ist doch nicht zu verkennen,
daß die Form des Rüssels und des Halses von ihrem Kontrak-
tionszustande abhängt und deshalb bei der Unterscheidung der
Arten nur mit Vorsicht angewendet werden darf. Zu Rudolphi’s
Zeit ist der Wert dieses Merkmals offenbar überschätzt worden.
Wurden doch z.B die sicherlich ganz ungemein ähnlichen, wenn
nicht sogar identischen Arten Zch. buleoms Schrank (= Zeh.
caudatus Zed.) und £ch. globocaudatus Zed. weit auseinander-
gerissen, weil der Rüssel bei dem einen an der Basis, bei dem
anderen in der Mitte am dicksten sei. Andererseits kann aber
auch gerade /ch. buteonıs Schrank den systematischen Wert
der Rüsselform beleuchten. Denn wenn Westrumb (1821, p. 22)
bei dieser Art angibt, daß der Rüssel in der Mitte „quasi con-
strictus“ sei, so ist die auch von anderen Autoren bei den lang-
rüsseligen Echinorhynchen der Raubvögel betonte mittlere Ein-
schnürung des Rüssels in der Tat charakteristisch, weil sie auftritt
infolge der Anheftung des Receptaculum proboscidis in der Mitte
des bewaffneten, als Rüssel bezeichneten Körperteiles, d. h. also
einer anatomischen Eigentümlichkeit der betreffenden Formen.
Im allgemeinen wichtiger für die Wiedererkennung der in
alten Beschreibungen gemeinten Arten sind aber jedenfalls die
Formverhältnisse des Rumpfes, trotzdem ja natürlich auch diese
nicht ganz konstant sind. Leider sind bei den Angaben über
Form und Größe die Geschlechtsunterschiede in der Regel nicht
berücksichtigt worden (vergl. unten die Besprechung von “ch.
luc). Dafür daß auch die Farbe, die in den alten Beschreibungen
fast stets angegeben wird, ein nicht unwichtiges Artmerkmal
ist, kann auf “ch. minutus Gze. als klassisches Beispiel hin-
gewiesen werden.
Die Art der Bewaffnung wurde namentlich von Rudolphi
und Westrumb systematisch verwertet. Für die Haken des
Rüssels, um die es sich hierbei in erster Linie handelt, wird aber
von beiden nur die Zahl der Querreihen angegeben, die innerhalb
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 1523
gewisser Grenzen variiert und bei teilweise zurückgezogenem
Rüssel auch zu gering gezählt werden kann. Die Bedeutung der
Längsreihen der Haken haben weder Rudolphi noch Bremser,
der Westrumb’s Arbeit inspiriert hat, erkannt, trotzdem bereits
in einer Anzahl vor-Rudolphischer Abbildungen diese Längs-
reihen sehr schön gezeichnet” worden waren (z. B. von O. F.
Müller) und trotzdem auch bereits frühere Autoren die Haken
nach Längsreihen gezählt hatten (O. F. Müller 1780, 2, p. 205 bei
Ech. percae Gmel., Hermann 1782 bei Ach, alosae Herm. und
Wok\saluelnSchtank; ob auch Zeder 1800,/p. 137 bei Bon.
ovatus Zed., ist zweifelhaft. Wenn es erst Dujardin (1845)
vorbehalten blieb, diese in neuerer Zeit als so wichtig erkannte
Zählung der Längsreihen allgemeiner einzuführen, so ist dies
jedenfalls eine Folge davon, daß eine sichere Vornahme dieser
Zählung bei auf der Seite liegendem Z#chrnorhynchus mit gewissen
Schwierigkeiten verknüpft ist, wie unter anderem eine frühere,
unten von mir als irrtümlich nachgewiesene und berichtigte An-
gabe über Ach, globulosus Rud. beweist. Mit Rücksicht auf das
unten bei einzelnen Arten erwähnte Verhältnis von Dujardin
und Diesing sei übrigens hier als charakteristisch angeführt,
daß Diesing (1851) auch diesen Fortschritt Dujardin’s nicht
mitmacht.
4. Fortschritte in der Erkenntnis der Organisation der Echino-
rhynchen von 0. F. Müller bis auf Bojanus und Westrumb.
(0720 1027)
Der Zufall hat es gefügt, daß dasselbe Jahr 1821, welches
die für die Folgezeit grundlegende systematische Monographie
Westrumb's brachte, durch eine kleine aber nicht unwichtige
Arbeit von Bojanus auch einen gewissen Abschluß der ana-
tomischen Forschung zeitigte. Ich beschränke mich hier auf
einen kurzen Überblick über die diesbezüglichen seit ©. F. Müller
erzielten Fortschritte.
Anschließend an O. F. Müller folgen zunächst die Angaben
Goeze’s (1782, p. 147—148), der den Lchinorhynchus hirundı-
Zuceus Pall (== Ech. cas Bl.) zerghederte und, hierbei zwei
Musculi retractores receptaculi proboscidis entdeckte. Zeder
(1800, p. 108—110) fand bei einer Wiederholung dieser Unter-
suchung dann noch acht weitere Muskeln an dem Receptaculum,
darunter auch die beiden Protrusores, die Westrumb (1821,
154 Lùhe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
p. 50—51) als solche erkannte, indem er im übrigen Zeder’s von
Rudolphi (1808, p. 228—220) angezweifelte Darstellung bestätigte.
Dieselbe, Zahl von Muskeln wie bei “ch. hirundinaceus fand
Westrumb auch noch bei Zch. major Brems., sperula Olf.
und monıhformıs Brems. Bei Zeh. porrigens Rud., ranae
Schrank (= ch: haeruca Wid. nee Lam. ogee Terz!
(= Ech. proteus Westr.), buteonts Schrank (= “ch, caudatus
Zed.), vanelli Gmel. (= Ech, lancea Westr.) und hystrix Brems.
war dagegen die Zahl der Muskeln wesentlich geringer, wie ja
auch neuerdings Kaiser (1891, p. 93—124) nur bei “ch. monalı-
forms dieselben komplizierten Verhältnisse gefunden hat wie bei
Ech. hırundınaceus. |
Außer diesen Muskeln hatte Goeze noch speziell die Lem-
nisken untersucht, wenn er dieselben auch nicht, wie Kaiser
(1891, p. 33) anzunehmen scheint, entdeckt hat!). Entdeckt hat
Goeze in ihnen aber das sie der Länge nach durchziehende
GefaB, welches ihn veranlaßt, die Lemnisken als Nahrungskanäle
aufzufassen, und dessen Verzweigungen von Rudolphi (1808,
p. 254) zuerst beobachtet wurden. Von Rudolphi stammt
übrigens auch der Name Lemnisken her. Goeze’s Annahme,
daß es sich um Organe handele, die bei der Ernährung eine
Rolle spielen, erscheint Rudolphi nicht unwahrscheinlich.
Hatte bereits Bloch (1782, p. 26) auf dem Scheitel des Rüssels
eine Vertiefung wahrzunehmen geglaubt, durch welche die Nah-
rung aufgenommen würde, so ist Westrumb (1821, p. 45) über-
zeugt, daß allen Echinorhynchen eine solche Saugpapille zukommt,
und in dem von ihm bei “ch. spirula Olfers entdeckten Re-
tractor proboscidis scheint er den Anfang des Nahrungskanales
erblicken zu wollen (vergl. seine Abbildung Taf. II, Fig. 109).
Nitzsch (1818) betont freilich, daß er niemals eine Mundöffnung
bei Echinorhynchen habe wahrnehmen können, meint aber: „in-
dessen könnte auch beim Mangel einer eigentlichen Mundöffnung
die Nahrung doch vorzüglich durch Poren des Rüssels aufge-
nommen werden, wofür die so ungemein erweiterten Gefäße am
Rüsselkopf des Zch. flicollis Rud. zu sprechen scheinen“.
Außer in den Lemnisken waren nämlich damals Gefäße nur noch
im kugelig aufgetriebenen Rüssel von “ch. fiicolhs Rud. be-
kannt geworden. Erst später fielen Rudolphi 1819 bei Ach.
1) Vergl. oben p. 146.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 155
vasculosus Rud. auch die Gefäße in der Wandung des Rumpfes
auf. Westrumb (1821, p. 50) wies nach, daß diese Gefäße in
einer besonderen Tunica vasculosa zwischen Cuticula und Muscu-
laris liegen. Genauere Angaben über die Anordnung der Grfäße,
unter denen zwei Längskanäle besonders auffielen, machte aber
erst Bonus (1821, p. 181).
Poren, wie sie Nitzsch in dem vorstehenden Citat erwähnt,
waren speziell am Rüssel freilich nie beobachtet worden, um so
häufiger finden sich aber Angaben über Poren am Rumpfe und
wenigstens in einem Falle ist nachweisbar, daß diese „Poren“
mit den Kernen der Hypodermis identisch sind, wie dies bereits
Kaiser (1891, p. 24) vermutet hat. (Vergl. unten die Besprechung
von Ech. rutile O. F. Müll. nec Zed.) Vielfach wird freilich
das Vorhandensein von Poren auch nur aus dem bedeutenden
Aufsaugungsvermögen der Echinorhynchen und ihrem bereits von
Pallas beobachteten starken Anschwellen in Wasser theoretisch
erschlossen. Zur Aufklärung dieses Aufsaugungsvermögens hat
namentlich Treutler (1791) eine Reihe von sorgfältigen Ver-
suchen gemacht, die ihn zu dem Schlusse führten, daß die Echi-
norhynchen keine Mundöffnung besitzen und „non per sugendi
oscula, sed per poros in toto eorum corporis dispersos alimenta
sua excipere.“
Die Muskulatur der Leibeswand ist zuerst von Goeze (1782,
p. 147) als „zwote Haut‘ von dem darübergelegenen Gewebe
unterschieden worden. Goeze beobachtete aber nur die Ring-
muskelschicht. Zeder (1803, p. 131) betont, daß außerdem auch
Längsmuskeln vorhanden seien, die aber „weniger stark“ ent-
wickelt sein sollen. Daß Ring- und Längsmuskeln zwei kon-
tinuierliche Schichten bilden, und die Längsmuskeln nach innen
von den Ringmuskeln liegen, hebt aber erst Rudolphi (1808,
ba 22,5) hervor. Nach Westrumb (1821, p. 50) treten bei Zch.
spırula Olfers und moniliformıs Brems. die Ringmuskeln, bei
Lich. monılıformıs Brems., porrigens Rud. und folymorphus Brems.
die Längsmuskeln zu Bündeln zusammen, die durch Zwischen-
räume voneinander getrennt sind.
Wenn ich nun schließlich zu der Besprechung der Genital-
| organe übergehe, so hat Goeze (1782, p. 148) Beobachtungen
über die Eier von Zch. hirundinaceus (P all.) angestellt, die im
wesentlichen eine Bestätigung der Angaben O. F. Müllers über
Zool. Annalen. 1. 11
156 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
diejenigen von Zch. luca O. F. M ù11.!) darstellen. Von Interesse
ist aber die Beobachtung, daß „die unreifen . . . . nicht so spitz
an beiden Enden sondern ovaler“ sind. In Anbetracht der Klein-
heit des Objektes und der unvollkommenen optischen Hilfsmittel
jener Zeit halte ich diese Feststellung fùr ein sprechendes Zeug-
nis fir die Sorgfalt der Goezeschen Beobachtungen. Wenn
jedoch Goeze (1782, p. 156) bei den Embryonen des von ihm
Ech. candidus genannten Ech. luci sogar „schon die Spur des
keimenden Rüssels bemerkt“ haben will, so muß hier ein Irrtum
vorliegen, wie auch bereits Kaiser (1891, p. 116) betont.
Goeze, Zeder und Rudolphi sahen die Eier aus einer
Öffnung am Vorderende des Rüssels hervortreten und Zeder
(1803, p. 143) betont ausdrücklich, daß auf diese Weise die Eier
„tief unter den Darmschleim vergraben“ werden. Nitzsch (1818)
erklärt aber bereits demgegenüber, daß er dies nie beobachtet
habe, und „so kann ich mich nicht davon überzeugen, daß jenes
der natürliche Weg ihres Ausgangs sei“, zumal doch auch die
Öffnung am Hinterende beim Männchen sich durch die Bursa
als Geschlechtsöffnung erweise und also wahrscheinlich beim
Weibchen dieselbe Bedeutung habe.
Die Paarigkeit der Ligamentsäcke bei Zch. hirundinaceus
(Pall.) war bereits von Zeder (1800, p. 108) festgestellt worden.
Nitzsch (1818) konnte sich aber noch so wenig von derselben
überzeugen, daß er sogar an eine Verwechselung mit den Lem-
nisken glaubt (!. Auch Bojanus (1821, p. 181) ist sich über die.
Paarigkeit nicht ganz klar geworden, wenn er sie auch für wahr-
scheinlich hält. Er hat aber erkannt, daß der „Eiergang‘ am
Vorderende (d. h. also wo die beiden Ligamentsäcke miteinander
kommunicieren) und am Hinterende, wo er „in einen, aus mehreren,
symmetrisch geordneten Teilen zusammengesetzten Apparat“ über-
gehe, immer einfach sei. An diesem zur Genitalöffnung führen-
den Apparate unterscheidet er paarige büschelförmige und beutel-
formige Anhänge, die zusammen offenbar der nicht erkannten
Glocke entsprechen. Wichtig ist aber die Feststellung der Genital-
öffnung. Ganz gute, wenn auch von ihm selbst noch nicht ver-
standene Abbildungen der Glocke und der sich anschließenden
weiblichen Genitalwege hat Westrumb (1821) publiciert. (Vergl.
besonders Tas [lie Big. 15
1) Vergl. oben p. 148.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. roy
Für die männlichen Genitalorgane bedeutet den ersten Fort-
schritt gegenüber O. F. Müller die Vermutung Zeders (1800,
p. 141), daß die von Schrank und ihm selbst beobachteten
„Schwanzbläschen nur bei der Begattung zum Vorschein kommen
und zur Erleichterung derselben dienen.“
Rudolphi’s (1808, p. 290—292) Auffassung der männlichen
Genitalorgane beruht gänzlich auf Mißverständnissen, denn nach
ihm sollen die Hoden mit der Bursa nach außen hervortreten
und soll ferner die Befruchtung der Eier (trotzdem doch die be-
schalten Embryonen bereits als solche erkannt waren) im Freien
erfolgen.
Eine Klarung brachte dagegen Nitzsch (1818), der die
beiden Hoden richtig erkannte, auch die Vasa efferentia sah, aber
freilich noch in Verkennung der Kittdriisen annahm, daf die Vasa
efferentia „in eine langgestreckte, jederseits mit vier Lappen oder
Divertikeln versehene Samenblase“ einmtinden. Letztere sollte
dann „durch eine kurze, dicke, ebene Röhre (Ductus ejaculatorius)
mit einer erweiterten Blase am Hinterende des Wurmes enden“,
die der Bursa im eingestülpten Zustande entspricht.
Bei voller Anerkennung des Fortschrittes, den diese auf
Ech. hirundinaceus (Pall) bezüglichen Angaben bedeuteten, be-
tont Rudolphi (1819, p. 586—588) doch, daß sie nicht allgemein
gültig sein könnten. So habe ja doch Ach, anguzllae O. F. Müll.
keine derartige gelappte Samenblase, sondern anstatt dessen
einzelne, durch Gefäße miteinander verbundene kugelige Organe,
die durch Nitzsch’s Auffassung noch nicht erklärt seien. Boja-
nus (1821) beschränkt sich darauf, Abbildungen von den Genital-
organen des männlichen Ech. hirundinaceus (Pall.) zu liefern
und durch diese, die auch Rudolphi überzeugen würden, für
die Auffassung von Nitzsch einzutreten.
Westrumb (1821, p. 55) betont schließlich, daß die Zahl
der „lobi vel diverticuli‘ der Samenblase 6—8 betrage. Im all-
gemeinen sind seine Abbildungen der Genitalorgane verschiedener
Arten aber wichtiger als seine Textangaben.
Na
158 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
IL. Specieller Teil.
I. Die bis zum Erscheinen von Westrumbs Monographie
(1821) einschließlich der Gattung Echinorhynehus eingereihten
Formen.
In das nachstehende Verzeichnis sind zunächst nur die der
Gattung Zchinorhynchus eingereihten Formen aufgenommen wor-
den. Namen, die für einzelne Arten vor dieser Einreihung in
die genannte Gattung gebraucht worden waren, wie Acantho-
cephalus, Acanthrus sipunculoides u. a. folgen in einem besonderen
Abschnitt, der in sich ebenso wie die nachstehende Liste der
Echinorhynchen-Namen alphabetisch geordnet ist.
Außer den wirklichen Namen, die für die verschiedenen
Echinorhynchen-Arten gebraucht worden sind, mußten aber auch
eine Reihe von Bezeichnungen aufgenommen werden, die nicht
Namen im Sinne der Nomenclaturgesetze darstellen. Ich meine
die von Rudolphi (1809) eingeführte Bezeichnung unbestimm-
barer Funde nach ihren Wirten. Es ist zwar bereits wiederholt
darauf aufmerksam gemacht worden, daß diese Bezeichnungen
nicht als wirkliche Namen angesehen werden dürfen. Sie sind
aber von Rudolphi’s Nachfolgern vieifach.nach Art von Species-
namen gebraucht worden (z. B. noch neuerdings von v. Ihering
[1902] in einer zoogeographischen Studie) und konnten deshalb
nicht ausgeschlossen werden. Ist es doch einem Wirtsgenitiv
nicht ohne weiteres anzusehen, ob er eine bestimmte Helminthen-
art bezeichnen soll oder nicht.
Daß dies bei Rudolphi nicht der Fall ist, geht weniger
aus seinen Nomenclaturregeln hervor, in denen alle dem Wirt
entlehnten Artnamen verworfen werden (vergl. Rudolphi 1801,
p. 65), als vielmehr aus seiner Besprechung der einzelnen Formen.
Diese lehrt nämlich, daß Rudolphi den Wirtsgenitiv nicht etwa
für unvollkommen bekannte Arten angewandt hat, sondern für
Helminthen, deren Kenntnis so unvollkommen war, daß Rudolphi
sie keiner bestimmten Art einreihen konnte Wenn Diesing
(1851, p. 466, No. 871) und von Linstow (1878, p. 137, No. 724)
als Parasiten von Os Zarda L. einen ,,£chinorhynchus Tardae
R ud.“ anführen, so beruht dies auf einer Verkennung des eben be-
tonten Unterschiedes. „Zchmorhynchus Tardae“ ist bei Rudolphi
keineswegs, wie v.-Linstow (1900, p. 375) annimmt, ein provi-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 159
sorischer Artname, sondern nur eine von einem wirklichen Namen
scharf zu unterscheidende Bezeichnung, die allein die Möglichkeit
bieten soll, einen von Rudolphi gefundenen, aber seiner un-
günstigen Erhaltung wegen nicht näher zu untersuchenden und
deshalb auch nicht bestimmbaren Lchinorhynchus registrieren zu
konnen. Daf Rudolphi selbst die Wirtsgenitive niemals als
Artnamen angesehen hat, geht auch daraus hervor, daB er in
seinem Verzeichnis der Helminthen der verschiedenen Wirtstiere
diese Genitive niemals angeführt hat. So steht auf p. 748 der
Synopsis unter den Helminthen von Os Zarda L. zwischen den
Arten Ascaris vesicularis und Distoma cunealum nicht etwa der
„Echmorhynchus Tardae“ angeführt, sondern nur ein „Zchinor-
hynchus“. (Vergl. hierzu auch unten die Besprechung von „Zch.
Alaudae, Anatum, Halratt, Hırundınum, Lavareti, Orioli cristati,
Pleuronectes maxim, Salmonum, Zenıs“ u. a, sowie im Gegen-
satz dazu auch Zeh. alcedinis Westr. und Zeh. pardalıs Westr.)
Sowohl vor Rudolphi (vor O. F. Müller, Schrank,
Gmelin u. a.) wie auch in späterer Zeit sind aber vielfach den
Wirtsnamen entlehnte Genitive als unzweifelhafte Artnamen ge-
braucht worden. Um Verwechslungen zu verhüten, scheint es
mir deshalb wichtig, jene Rudolphischen Bezeichnungen (sowie
die nachstehend gleichfalls berücksichtigten, weil von Rudolphi
teilweise citierten, ähnlichen Bezeichnungen nicht bestimmter Hel-
minthen bei Viborg, 1795) auch in der Schreibweise von wirk-
lichen Namen zu unterscheiden. Hierzu stehen zwei Wege offen.
Entweder man fügt zwischen den Gattungsnamen und den Wirts-
genitiv ein „spec.“ ein, entsprechend dem heutigen Gebrauch durch
einen solchen Zusatz zum Gattungsnamen eine nicht bestimmte
Art der betreffenden Gattung zu bezeichnen. Wie man in einer
Aufzählung der Helminthen von O%s Zarda L. heute nicht mehr
einfach „Zchinorhynchus“, sondern „Zchinorhynchus spec.“ sagen
würde, so könnte man bei einer Aufzählung der Echinorhynchen
auch einen Zchmorhynchus spec. Tardae verzeichnen. Oder man
behandelt die Rudolphischen Bezeichnungen als Citate und
setzt sie als solche in Anführungsstriche. Ich habe nachstehend
die letztere Methode befolgt. Ein weiterer wesentlicher Unter-
schied in der Behandlung ergibt sich, wenn man principiell alle
Artnamen mit kleinen Anfangsbuchstaben schreibt, wie dies zwar
noch nicht ganz allgemein gebräuchlich aber doch unzweifelhaft
zweckmässig ist. Diese Schreibweise ist zwar auch bei den in
160 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Rede stehenden Rudolphischen Bezeichnungen vielfach ange-
wandt worden, auch von mir selbst, wie. ich offen bekennen muß.
Sie ist aber ganz unzweifelhaft falsch. „ch. orıolı“ dürfen wir
ebensowenig schreiben, wie wir „ein Zchmorhynchus aus ortolus”
schreiben würden. Wo der Genitiv des Wirtsnamens nicht der
Speciesname einer bestimmten Parasitenart ist, sondern ein völlig
selbständiger Name, der nur den Wirt eines zweifelhaften Para-
sitenfundes angeben soll, ıst er meines Erachtens auch dann groß
zu schreiben, wenn wie bei „Echmorhynchus Tardae* nicht der
Gattungsname, sondern der zur eindeutigen Bezeichnung des
Wirtes genigende Artname des letzteren Verwendung ge-
funden hat.
Besonderes Gewicht habe ich bei der nachfolgenden Be-
sprechung der einzelnen Echinorhynchen-Arten auch gelegt auf
eine den heutigen systematischen und nomenclatorischen Auf-
fassungen entsprechende Bezeichnung der Wirtsnamen. Trotz
der verhältnismäßig recht erheblichen Zeit, die diese Feststellung
der gültigen Wirtsnamen erforderte, kann ich mir jedoch nicht
verhehlen, daß Irrtümer hierbei kaum ganz vermieden sein dürften.
Solche Irrtümer dürften sich aber überhaupt nicht sicher ver-
meiden lassen in dem Übergangsstadium, in welchem sich die
zoologische Nomenclatur seit Einführung des Prioritätsprincips
‘befindet und wohl noch auf lange Zeit hinaus befinden wird, und
welches charakterisiert ist durch „Unsicherheit und Schwankungen
in den wissenschaftlichen Namen in einem Grade, wie sie früher
unter dem Autoritätsprincip nicht annähernd bestanden haben.‘
(Reichenow.) Nicht berücksichtigt habe ich die einschneidenden
Änderungen einer ganzen Reihe von Vogelnamen, welche Poche
für nötig hält. Abgesehen davon, daß ich auf Poche’s dies-
bezügliche Publikation (Ein bisher nicht berücksichtigtes zoo-
logisches Werk aus dem Jahre 1758, in dem die Grundsätze der
binären Nomenklatur befolgt sind. In: Zool. Anz., Bd. XXVII,
1904, No. 16/17, pag. 495—510) erst nach Abschluß meines Manu-
skriptes aufmerksam wurde, so daß eine Nachprüfung nicht mehr
möglich war, ist es mir zweifelhaft, ob Poche’s Auffassung mit
dem Geiste der Nomenclaturgesetze ebenso in Einklang zu bringen
ist wie mit ihrem Wortlaute. Linné’s Systema naturae ist doch
nicht nur um überhaupt ein beliebiges Datum als Ausgangspunkt
für die Geltung des Prioritätsgesetzes zu gewinnen, als solcher
Ausgangspunkt festgestellt worden, sondern wegen des Einflusses,
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 161
den es auf die Zeitgenossen ausgeübt hat. Aus diesem Grunde ist
es mir zweifelhaft, ob wirklich ein Werk, von dem Poche selbst
betont, daß es nicht nachweisbar später wie Linne’s Syst. nat., Ed.X
erschienen und jedenfalls nachweisbar noch ohne Kenntnis des-
selben geschrieben ist, wirklich nomenclatorische Berücksichtigung
erheischt. Ich würde diese Frage verneinen, wenn eine präcise,
künftige Zweifel ausschließende Fassung des betreffenden Para-
graphen der Nomenclaturgesetze sich gewinnen läßt, die diesem
Sinne des Prioritätsgesetzes, wie ich ihn auffasse, Rechnung trägt.
Aber auch wenn dies wirklich nicht möglich sein sollte und die
principielle Entscheidung jener Frage der Auffassung von Poche
entsprechend ausfiele, hedürften die von Poche angenommenen
Synonymien und Homonymien noch eines näheren Beweises bezw.
die von Poche wieder ausgegrabenen Moehringschen Namen
einer näheren Darlegung ihrer Bedeutung. So sagt Poche z.B.
einfach: „Der Momotus Brisson (t. c., S. 44) ist durch Merula
Moehr. (t. c., S. 8 u. 76) zu ersetzen. Dementsprechend ist auch
der Name der Familie in Merulidae zu ändern. — Die von Sundevall,
t. ©, S. 255 gegebene Deutung als „7rochzli Lin. sp. incerta“ ist
gänzlich unhaltbar.“ Gründe für diese Aussprüche fehlen, so daß
diese vorerst nur als unbewiesene Behauptungen erscheinen, und
da auch alle anderen Moehringschen Namen von Poche ebenso
kurz und bündig abgetan werden, so erscheint eine Nachprüfung
unbedingt erforderlich, speziell auch mit Rücksicht auf die Arten,
die als typisch für die von Moehring angenommenen Gattungen
anzusehen wären. Auf Arten sollMoehring nach Poche über-
haupt nicht eingehen. Aus der Besprechung der einzelnen Namen
bei Poche scheint aber hervorzugehen, daß dieselben ähnlich
wie Merula in dem oben wiedergegebenen Citat sich nur auf
einzelne Arten beziehen. Woraus schließt dann aber Poche,
daß Moehring Gattungsnamen gemäß den Grundsätzen der
binären Nomenclatur gebildet hat? Eine Nachprüfung ist mir
wie gesagt jetzt nicht mehr möglich. Ich führe deshalb nur an,
daß bei Annahme der Pocheschen Auffassung von den nach-
stehend erwähnten Gattungsnamen zu ersetzen wären /Phalacro-
corax durch Graculus Moehr., Nychcorax Raf. nec Moehr.
durch Nychardea Swains., Zrithacus Cuv. nec Moehr. durch
Dandalus Boie, Buteo Cuv. nec Moehr. durch Craxırex Gould.
Die von Rudolphi und Westrumb gebrauchten Namen
der Wirte habe ich noch neben den heute geltenden Namen der-
162 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
selben Arten angeführt, wenn außer dem Gattungs- auch der
Speciesname geändert werden mußte. Wo dagegen die Unter-
schiede zwischen den heute üblichen und jenen alten Namen nur
die Folge der heutigen engeren Umgrenzung der Gattungen sind,
glaubte ich mich in der Regel auf Anführung der heute gelten-
den Namen beschränken zu dürfen. :
Die Umrechnung der Linien in Millimeter gibt nur Nähe-
rungswerte unter möglichster Vermeidung oder Abrundung von
Brüchen, um den Maßangaben keine größere Genauigkeit beizu-
messen als sie beanspruchen dürfen.
Ech. acanthosoma W e str.
Bei der unter Bremser’s Leitung in Wien erfolgten Hel-
minthensuche wurden auch 162 Exemplare von Arherina hepsetus
L. untersucht und hierbei einmal Echinorhynchen im Darme ge-
funden, die 3—4 Linien (d. h. ca. 6,5—9 mm) lang waren, einen
langen, keulenförmigen, mit ca. 24 Querreihen kleiner Häkchen
besetzten Rüssel und einen sehr kurzen Hals besaßen und deren
durchweg mit kurzen Stacheln besetzter Rumpf nahe dem Vorder-
ende am dicksten war, um sich nach hinten zu allmählich zu ver-
schmachtigen. Westrumb (1821, p. 30, Nr. 56) nennt die Art
Ech. acanthosoma und hält sie für verschieden von dem Zchino-
rhynchus, den Rudolphi im gleichen Wirt gefunden hatte (vergl.
„Zeh. Atherinae“), da Rudoiphi bei diesem nichts von einer Be-
stachelung des Körpers erwähnt.
ssEch. Acipenseris ruthent® Rud.
Unter dieser Bezeichnung führt Rudolphi (1310, pP 70
Nr. 81) provisorisch Echinorhynchen an, die in Wien gefunden
worden waren und die Westrumb (1821, p. 16, Nr. 29) mit
anderen Echinorhynchen aus Aczpenser uso L. zu der neuen Art
Echinorhynchus plagıcephalus vereinigt. Siehe daher im übrigen
unter letzterem Namen.
Heh. acus Rud.
Im Darmkanal des jetzt mit Gadus morrhua L. vereinigten
Gadus callarias L. fand Rudolphi (1802, p. 51—53 und 1809,
p. 278—281 Nr. 23) Echinorhynchen, die er für identisch mit dem
Fch. candidus O. F. Müll. hält, aber Zch. acus nennt, da die Be-
nennung candıdus „nichts sagt, und noch dazu bei diesem Wurm
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 163
unpassend ist, der wie Müller selbst sagt, oft andere Farben
zeigt, so daß ihn O. Fabricius (1780, p. 275, Nr. 256) deswegen
Ascarıs versipellis nennt“. In der Synopsis vereinigt Rudolphi
(1819, p. 71 und 324, Nr. 32) dann noch den “ch. lineolatus O. F.
Müll. mit dem “ch. acus, wodurch als weiteres Synonym dann
auch noch Zeh. gadı Zoega hinzukommt, welch letztgenannten
Namen ich als prioritätsberechtigt und gültig ansehe. Weiteres
über die Art siehe deshalb unter Ach. gad.
Ech. adfinis Rud.
In dieser Form findet sich der Name des Ach. affinis Rud.
mecuG mel, (siehe diesen) in der Prkläarıme von Tat IV iow
bei:Rudolphi (1808, p. XXIV).
Ech. aequalis Zed.
Auf Grund von Rudolphi’s (1801) Nomenclatur-Regeln,
die alle von dem Wirtsnamen abgeleiteten Benennungen von Para-
siten verwerfen, tauft Zeder (1803, p. 154, Nr. 15) die Echino-
rhynchen aus der ,,Ohreule“ bezw. „bunten Ohreule“ — Aszo otus
fei. diesG oeze (1752, p. 154, Tat. Xa Pie, 12) beschrieben,
Sehrankı(1788, p. 23). 277 ondıs und Gmelin (1701, P. 3045)
Ech. scopıs genannt hatte, um in Zch. aegualıs. Unter diesem
selben Namen wird die Art dann auch noch von Rudolphi
(1809, p. 275—277 und 1819, p. 70—71) sowie von Westrumb
(1821, p. 23—24) angeführt, die sie jedoch beide nicht selber ge-
sehen haben, so daß alle Angaben ausschließlich auf Goeze be-
ruhen. Nach dessen Abbildung aber hat die Art eine unverkenn-
bare große Ähnlichkeit mit den Echinorhynchen aus anderen
Raubvögeln, namentlich Eulen (vergl. unter Zch. aluconıs, buteonıs,
globocaudatus, tnaegualis, nycteae, tuba). Wie bei diesen ist der
langgestreckte cylindrische Rüssel mit sehr zahlreichen Häkchen
besetzt (in der Abbildung sind 19 Querreihen und auf dem dar-
gestellten halben Umfang 15 Langsreihen gezeichnet) und ist der
sich ohne Hals direkt anschließende Rumpf glatt und verhältnis-
mäßig lang (ca. 11/2 Zoll d. h. ca. 40 mm). Vergl. auch die an-
geführten Synonyme, namentlich das älteste derselben Zch. otıdıs
Schrank.
Ech. affinis Gmel. 1791, nec Rud. 1802,
In der mir nicht zugängigen „Geschichte der dänischen und
monweeischen Tiere‘ (1782, Bd. 1, p.136) berichtet OF. Müller
164 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
über das Vorkommen von Echinorhynchen im Darm von Leuciscus
rutilus (L.), für die dann Gmelin (1791, p. 3050, Nr. 44) die Art
Bch. affınıs bildet. Zeder (1803,>p, 163, Nr. 45) nemmsce e
selbe Art Ech. rutılı. Von Rudolphi (1809, p. 315—316, Nr. 57)
wird sie mit Zch. carpionis Gmel. unter der Bezeichnung „Zeh.
Cyprini rutıl“ zusammengefaßt und später (1819, p. 65. Nr. 9) zu
Ech. clavaeceps Zed. gezogen. Vergl. im übrigen unter dem
_ letzteren Namen, sowie namentlich unter Ech. rutil’ O. F. Müll.
(nec Zed.) (= Ach. clavaeceps Led., em. uj.) und une war
rutile Zed. (nec O. F. Müll... Ich habe übrigens den Namen
Ech. affınıs Gmel. nec Rud. nie citiert gefunden. Sogar Ru-
dolphi (1809, p. 315) citiert statt dessen Ech. rutılı.
Ech. affinis Rud. 1802, nec Gmel. 1701. |
Zur Vermeidung der Benennung einer Art nach ihrem Wirte
aufgestellter neuer Name für Zeh. percae Gmel. em emer.
Siehe daher unter letzterem Namen, aber auch unter Ach. adfınıs.
Ech. agilis Rud.
Diese Art hat Rudolphi während seiner italienischen Reise
im August ı817 in Spezia gefunden und dann in der Synopsis
(1819, p. 67, Nr. 16 und p. 316—317) beschrieben. Westrumb
(1821, p. 17—18) lagen Exemplare vor, die Natterer in dem-
selben Wirte wie Rudolphi (Mugıl cephalus Cuv.) gefunden
hatte. Nach der Schilderung beider Autoren ist die Art 1!/2—3
Linien d. h. ca. 3,25—6,75 mm lang; der kleine, keulenförmige
Rüssel trägt nur 3 Querreihen verhältnismäßig sehr langer Haken;
ein kurzer Hals ist vorhanden, der Rumpf verjüngt sich spindel-
formig nach beiden Enden, ist aber vor der Mitte dicker wie
hinter derselben und ist ferner nach Rudolphi gegenüber
anderen Echinorhynchen durch eine dichte Querstreifung ausge-
zeichnet. Westrumb (1821) betont bei dieser Art bereits die
verschiedene Lange der Haken, indem diejenigen der vordersten
Reihe die langsten, diejenigen der hintersten Reihe die ktirzesten
seien. Identisch mit Zeh. agılıs Rud. scheint Ech. gracilis Van
Bened. nec Rud. zu sein (vergl. auch unter Ach, gracıhs Rud.).
„Beh. Alaudae® Rud.
Unter dieser Bezeichnung führt Rudolphi (1819) Pr 72
Nr. 63) Echinorhynchen an, die bei der Wiener Helminthensuche
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete. 165
im Darmkanal von Alauda nemorosa Gmel., d. i. Zullula arborea
(L.) einmal und in demjenigen von A/auda trivialis L., d. i. Anthus
trivialis (L.) zweimal gefunden worden waren. Bereits Rudolphi
wirft die Frage auf, ob diese Echinorhynchen nicht vielleicht zu
Ech, micracanthus Rud. gehören und Westrumb (1821, p. 21)
hat sie denn auch in der Tat dieser Species eingereiht.
Ech. alcae (O. F. Mill.) Gmel.
Im Prodromus zoologiae danicae hat O. F. Miller (1776,
p. 214, Nr. 2597) einen von Fabricius im Darm von Alca pica
Gmel.= Alca torda L. gefundenen Ascaris alcae angeführt, den
dann /abricus (1780, p. 276, Nr. 257) selbst kurz beschreibt. Bei
O. F. Muller (1780, 2, Taf. 74, Fig. 8) findet sich eine Abbildung
den, mut, welche Gmelin: (1701,-P. 3045 1., Nr 14); allerdings
nicht ganz ohne Zweifel, zu Æchinorhynchus rechnet. Ihm folgen
hierin Bosc (1802, p. 7), dessen Übersetzung der Diagnose aller-
dings nicht ganz korrekt ist, und Zeder (1803. p. 161, Nr. 39).
Auch Rudolphi (1809, p. 306—307, Nr. 42) hielt es anfänglich
wegen der allgemeinen Körperform des von Müller abgebildeten
Wurmes für wahrscheinlich, daß es sich wirklich um einen Echzno-
rhynchus handele, der dem Zch. lineolatus O. F. Müll. nahestünde.
Später aber ist er von dieser Auffassung zurückgekommen und
betont mit vollem Recht, daß weder die Beschreibungen noch
die Abbildung genügten, um die systematische Stellung des frag-
lichen Wurmes klarzulegen. Er führt denselben deshalb nunmehr
unter den Entozoa vel Generis dubii vel fictitia als „Alcae prcae“
(eu Entozoon) an (Rudolphiı, 1819; p. 138, Nr. 25). Unter
dem Namen Ascarıs alcae bezw. „Ascaride prismatique“ hat
die Art auch noch Bruguiére (1792, p. 140) angeführt. Eine mir
nicht zugängige Kopie der Müllerschen Abbildungen bei Bru-
sucre („Bableau’Encyel. t. 32, Fig. 19, 20) citiert Rudolphi
(1809, p. 306) unter dem Namen Prodoscidea alcae.
Ech. alcedinis Westr.
Unter diesem Namen führt Westrumb (1821, p. 40, Nr. 71)
Echinorhynchen an, die Natterer in Brasilien im Darme der
von Westrumb noch zur Gattung Alcedo gerechneten Galbula
_ galbula (L.) gefunden hatte. Da nur 2 Exemplare mit zurück-
gezogenem Rüssel vorlagen, so war eine genauere Charakteri-
sierung freilich nicht möglich. Es wird nur angeführt, daß ein
166 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
Hals fehle und dafi der Rumpf cylindrisch sei mit etwas ver-
schmälertem Hinterende. Wenn Westrumb diese , Species
dubia“ nach ihrem Wirte benennt, so hat er also offenbar dem
Brauche Rudolphi’s folgen wollen. Dies zeigt sich auch darin,
dag Westrumb bei allen nach ihren Wirten benannten Species
dubiae die Abkürzung des Autornamens bezw. das „mihi“ weg-
läßt, welches er sonst stets hinzufügt. Er läßt aber auf den
Genitiv des Wirtes noch ein „n. sp.“ folgen und, da hierdurch
die Form als selbständige Art gekennzeichnet ist, so dürfte Ech.
alcedinis (und ebenso auch Zch. tritonis Westr., Ech. fardalis
Westr. und “ch. dendrocofi Natt.) als wirklicher Speciesname
anzusehen sein und nicht nur als die lateinische Ubersetzung von
„ein Lchinorhynchus aus Alcedo* — ganz ähnlich wie ja auch
die in neuerer Zeit von v. Linstow für nicht genügend zu cha-
rakterisierende Arten gebildeten Helminthennamen mit dem Genitiv
des Wirtsnamens als zweitem Worte ganz unzweifelhaft prioritàts- —
rechtlich vollgültige Speciesnamen darstellen und nicht nur provi-
sorische Bezeichnungen für noch unbestimmte Helminthenfunde,
wie wir sie bei Rudolphi finden.
Ech. alosae Herm.
Im Mai 1780 fand Hermann (1782, p. 177—179, Taf. IV,
Fig. 11—12) zu Straßburg (Elsaß) im Darm eines Maifisches
(Clupea alosa L, em. Günther) einen Echinorhynchus, welchen
er Lich. alosae benannte. Unter demselben Namen wird die Art
dann auch von Schrank (1788, p. 27, Nr. 80), Gneo
p. 3049, Nr. 40) und Bosc (1802, p. ıof.) citiert, während Zeder
(1803, p. 159, Nr. 30) sie in Zch. subulatus umtaufte und Ru-
dolphi (1809, p. 300f., Nr. 37 und 1819, pi 75, Nr ss) sowe
Westrumb (1821, p. 31, Nr. 59) sie dann gleichfalls unter letz-
terem Namen anführen. Keiner dieser späteren Autoren hat aber
die Art selbst gesehen, trotzdem bei der Helminthensuche der
Wiener Naturforscher auch 6 Exemplare von Clupea alosa unter-
sucht worden waren. Alle tatsächlichen Angaben beruhen viel-
mehr ausschließlich auf der von Hermann gelieferten Schilde-
rung. Nach dieser waren die fraglichen Würmer ca. 2 Zoll (d. h.
ca. 5o mm) lang, fadenförmig und nur im vorderen Abschnitt
des Rumpfes etwas dicker. Dieser vordere Rumpfabschnitt, der
solchergestalt die Form einer länglichen Keule hat, war rötlich,
während doch der Wurm im übrigen weiß war, und war ähnlich
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 107
wie bei dem später von Rudolphi entdeckten Zch. prists be-
stachelt. Diese Stacheln werden aber von Hermann nicht nach
Querreihen, sondern nach Längsreihen gezählt, deren 6 ange-
nommen werden. (Schrank macht daraus freilich 6 „Stachel-
kränze“ d. h. also Querreihen!) Ebenso werden von Hermann
im Gegensatz zu allen seinen Zeitgenossen auch die Haken des
„walzenförmigen“ Rüssels nur nach Längsreihen gezählt und 8
solcher angegeben.
Ech. aluconis O. F. Mill.
Unter diesem Namen liefert O. F. Miller (1780, 2, Taf. 69
bezw. 1784, p. 86) Abbildung und Beschreibung eines Lchino-
rhyschus, den er im Darm von Syrnzum aluco (L.) gefunden hatte.
Auf seinen Angaben beruht dann die Anführung der Art bei
Gmelin (1791, p. 3045, No. 7) und Bosc (1802, p. 6), wahrend
Fröhlich (1802, p. 65—66) die Art wieder selbst gefunden und
untersucht hat. i
Auch Rudolphi (1795, p. 13— 14) glaubte den Ach, aluconts
in Syrnıum aluco L. wiedergefunden zu haben. Indessen mußte
er später diese Wirtsangabe in S/rıx flammea L. berichtigen
(1809, 275—277) und da auch seine Befunde sich mit den Ab-
bildungen von O. F. Müller nicht völlig deckten, so nannte er
die seibstuntersuchte Art /ch. Zuba und sah ch. alucoms nur
als zweifelhaftes Synonym von Zch. tuba an. Diese Zweifel
Rudolphi’s sind später in Vergessenheit geraten, aber nicht be-
hoben worden. Es ist daher auch bisher nicht möglich, Zeh.
aluconıs als prioritätsberechtigten, gültigen Namen der seit Ru-
dolphi ch. tuba genannten Art (siehe diese) anzusehen und eben-
sowenig läßt sich der von Goeze in Syrniuwm aluco (L.) gefundene
Ech. nycteae Schrank (siehe diesen) mit genügender Sicherheit
mit “ch. aluconis O. F. Müll. identificieren. Eine vor wenigen
Jahren erschienene Arbeit von Marotel (1899), die uns zum
ersten Mal einen tieferen Einblick in die Organisation eines Eulen-
kratzers tun ließ, scheint nämlich zu beweisen, daß in Syrmzum
aluco (L.) wenigstens zwei verschiedene, einander jedoch sehr
ähnliche Echinorhynchen-Arten schmarotzen, außer der in unserer
Zeit gewöhnlich ch. caudatus Zed. oder £ch. globocaudatus
. Zed. genannten Art noch Zch. fenuicaudatus Marotel. De Marval
(1902, p. 437) hat zwar beide Arten zusammengezogen, indem er
sie als verschiedene Altersstadien auffaßte. Derselbe kann aber
168 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
hier ähnlich wie seiner Zeit Bremser bei seiner Vereinigung
aller Entenkratzer zu dem einheitlichen Artbegriff Ech. polymor-
phus (vergl. unter diesem Namen) doch vielleicht zu weit ge-
gangen sein. Marotel unterscheidet nämlich Ach. fenurcaudatus
und Ech. globocaudatus außer durch verschiedene Größe, die ja
vielleicht in der Tat die Folge von Altersunterschieden sein
könnte, und durch verschiedene Ausbildung der Bursa des Männ-
chens, die ja vielleicht durch verschieden weite Vorstùlpung vor-
getäuscht sein könnte, auch noch durch verschiedene Größe der
Eier (58:28 u bei Zch. tenuzcaudatus Marotel gegenüber 67—72
:27—32 4 bei Ech. globocaudatus Zed... De Marval, der die
Originalexemplare von Zch. tenuicaudatus Marotel selbst unter-
sucht hat, will diese Art zwar mit Ach. globocaudatus Zed., Ech.
caudatus Zed. und anderen Arten vereinigen (vergl. hierzu auch
unter Æch. buteonis Schrank, globocaudatus Zed., inacqualis
Rud. und ¢umzdulus Rud.), scheint aber den von Marotel an-
gegebenen Unterschied in der Größe der Eier selbst bestätigt
zu haben. Denn während er die Eier der von ihm untersuchten
und Zch. caudatus Zed. genannten Art aus Syrnzum aluco (L.)
80:30 u groß fand, will er die von Marotel für Ach. tenuicaudatus
angegebene erheblich ‚geringere Eigröße durch die Annahme er-
klären, daß die betreffenden Echinorhynchen nur jüngere Exem-
plare darstellten. Ein Beweis für die hierin ausgesprochene An-
nahme, daß bei noch fortschreitendem Wachstum der Echino-
rhynchen auch deren reife Eier noch größer würden, wird freilich
nicht erst versucht. Ich selbst habe bei den von mir bisher
daraufhin untersuchten Echinorhynchen aus Prsor/una scops (L.),
aus Syrnium aluco (L.) [von v. Linstow als Ech. globocaudatus
Zed. bestimmt, vergl. Mühling 1808, p. 55 Nr. 231| und aus
Buteo buteo (L.) [von Bremser als Zch. caudatus Zed. bestimmt]
die Eier annähernd gleich groß und zwar in guter Uberein-
stimmung mit Marotel’s Angaben für Ach. ftenuscaudatus 55—59 u
lang und 22—28 u breit gefunden. Dabei ist aber die Bursa des
Männchens, welche bei einigen Exemplaren aus Syrazum aluco
ganz ausgestülpt ist, keineswegs so klein wie sie nach Marotel
bei Ach. tenuicaudatus sein soll, sondern im Gegenteil auffällig
groß, in ihrer Form infolge ihrer den Durchmesser weit über-
ragenden Länge und einer Verringerung des Durchmessers nach
der Mitte zu an eine Kirchenglocke erinnernd und dabei gleich-
falls im Gegensatz zu Marotel’s Schilderung infolge einer charak-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 169
teristischen starken Krümmung des Hinterendes des Rumpfes
völlig nach vorne gewandt. Nach allem dem kann ich die An-
nahme, daß die mitteleuropäischen Eulen und Falconiden mehrere
einander sehr ähnliche Echinorhynchen-Arten beherbergen, weder
für widerlegt noch für bewiesen halten. Ich finde vielmehr, daß
wir in dieser Frage auch heute noch kaum über den Standpunkt
hinausgekommen sind, den Mehlis bereits im Jahre 1831 (p. 171)
einnahm. „Eine nochmalige genaue Revision“ dieser Arten ist
heute noch ebenso erforderlich, wie sie damals bereits von Mehlis
für wünschenswert erklärt wurde. Nur durch eingehende ver-
gleichende Untersuchungen, die an einem umfangreichen, aus
den verschiedenen mitteleuropäischen Raubvögeln stammenden
Materiale angestellt sind, kann die notwendige Grundlage ge-
schaffen werden für die Frage, ob diese Raubvögel außer dem
abweichenden Zch. lagenaeformis W estr. nur noch eine einzige
oder mehrere einander sehr ähnliche Echinorhynchen-Arten be-
herbergen. In dem einen Falle werden “ch. aegualis Zed,
buteonts Schrank, contortus Mol. nec Brems., globocaudatus
Zed., znaegualıs Rud., zycleae Schrank, faba Rud., polyacanthus
Crepl. (1825, p. 22—24), polyacanthoides Crepl. (1825, p. 24—25)
und /enuicaudatus Marotel (1899) sowie Paradoxites renardi
Lindemann (1865, p. 495) und /aradoxites taentordes Linde-
mann (1865, p. 496) sämtlich synonym zu dem prioritätsberech-
tigten Ech. aluconis O. F. Müll. Handelt es sich aber’ um
mehrere Arten, so wird die Klarung der Synonymie derselben
voraussichtlich auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen und es wird
dann wohl auch nach griindlicher Erkenntnis der morphologischen
Eigentümlichkeiten und der Verbreitung der betreffenden Arten
nicht möglich sein, alle am Ende des 18. und am Anfang des 19.
Jahrhunderts beschriebenen Echinorhynchen mitteleuropäischer
Raubvögel mit Sicherheit zu identificieren. Sollten wirklich spe-
ciell in Syrnzum aluco (L.) mehrere dieser Arten vorkommen, so
wird wohl der Ech. aluconıs O. F. Müll., der mich zu dieser Er-
örterung veranlaßte, dauernd unidentificierbar bleiben. Offenbar
würden aber diese Echinorhynchen-Arten aus mitteleuropäischen
Raubvögeln miteinander, sowie mit den beiden brasilianischen
Arten Æch. megacephalus Westr. und /umıdulus Rud. sehr
nahe verwandt sein und eine natürliche Gattung bilden, für deren
Benennung der Lindemannsche Gattungsname Zaradoxıtes
(Lindemann 1865, p. 492—496) Anwendung finden muß. Be-
170 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
treffs einer hierher gehörigen Larvenform siehe unter Ach.
cinctus Rud.
Ech. amphipachus W estr.
Diese Form, von Rudolphi (1819, p. 76, Nr. 52) bereits
provisorisch als „Ach. Erinacet abdominals verzeichnet, wurde bei
der Helminthensuche, die unter Bremser’s Leitung in Wien
stattfand, einmal auf 175 Untersuchungen im Mesenterium von
Frinaceus europaeus L gefunden. Als wichtigstes Speciesmerk- :
mal sieht Westrumb (1821, p. 4—5, Nr. 3) die Eigentümlichkeit
an, daß bei allen gefundenen Exemplaren der Rumpf in zwei,
durch ein fadenförmiges Mittelstück verbundene Abschnitte zerfiel.
Am Rüssel wurden 5 Querreihen von Haken beobachtet. Die
Lange wird aut 6 12 Linien angegeben d h. cal za
Ech. anatis Schrank nec Gmel.
Im Anschluß an seine Besprechung des ch. longicollis Gze.
(— Ech. lacus Loega) berichtet Goezer (1782, pi
Taf. XIII, Fig. 6—7), daß er „in einer zahmen Ente (Anas bosch.)
auch einige Langhälse, von etwas anderer Bildung“ gefunden
habe. Eine Beschreibung fehlt, der Erklärung der Abbildungen
wird nur noch hinzugefügt: „Also eine etwas verschiedene Art
in zahmen Enten, als Tab. XIII, Fig. 1, 2, in den wilden.“ Letz-
teres ist Zeh. minutus G ze. (vergl. diesen, sowie Ach. analıs Gmel.
nec Schrank), den von Goeze in der Hausente gefundenen
und noch nicht besonders benannten Kratzer nennt dagegen
Schrank (1788, p. 26, Nr 6) Leh anaes:
Später will Schrank (1803, Nr. 3105, p. 215) diesen ch.
anatis auch selbst in der Hausente gefunden haben. Seine kurze
Schilderung läßt indessen die Möglichkeit offen, daß es sich nicht
um den Goezeschen Hausentenkratzer, sondern um Zeh. minutus
(ze. gehandelt habe. |
Froelich (1789, p. 105) berichtet, daß er den „Entenkratzer“
auch einmal in einer jungen Gans gefunden habe, die eben von
der Weide zur Mastung gekauft worden war. Er fügt freilich
hinzu: „er gehet von dem ‘gemeinen Entenkratzer etwas ab“. Als
solche Abweichung gegenüber der Goezeschen Abbildung ist
aber aus Froelich’s Schilderung nur die Kürze des Halses zu
entnehmen, die ja natürlich, wenigstens z. T., auf Kontraktions-
verhältnissen beruht haben kann. Wichtig ist dagegen in der
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc: 173
Schilderung dieses „Entenkratzers“ aus der Gans die ausdrücklich
betonte „schneeweiße“ Farbe. Dieselbe gestattet nämlich die
Schlußfolgerung, daß es sich nicht um den durch rötliche Farbe
charakterisierten Ech. minutus Gze. gehandelt haben kann, wel-
chen Froelich später (1802, p. 68) als Ech. analıs bezeichnet,
sondern vielmehr um dieselbe Art, welche Froelich selbst später
Ech. torquatus und Rudolphi Zch. filzcollis nannte und als
deren prioritätsberechtigten Namen ich Ach. anatıs Schrank nec
G mel. ansehe. Weiteres hierüber siehe unter Zch. filicollis Rud.
Zeder (1800, p. 139— 141), der den Ach, anatis Schrank
gleichfalls selbst gefunden zu haben glaubt — außer in der Haus-
ente auch noch in Zulıca fusca Gmel, d. i. Gallinula chloropus
(L.) juv. — tauft ihn zur Vermeidung seiner Benennung nach dem
Wirte um in Zeh. constrictus und vereinigt gleichzeitig mit ihm
den Ech, vesiculosus Schrank (vergl. diesen). Unter dem Namen
Lich. constrictus Zed. ist die Form dann auch noch bei Zeder
(1803, p. 158, Nr. 26) und Rudolphi (1809, p. 74 und 330—331,
Nr. 44) als besondere Art angeführt. Später jedoch wird sie mit
Ech. minutus Gze. (= Ech. anatıs Gmel. nec Schrank) und
anderen Entenkratzern zu einer Art “chk. versicolor Rud. (1819,
p. 74 und 330—331, Nr. 44) bezw. Ach. polymorphus Brems.
were) Westzumb71351, p. 3310) vereiniet. ©, Nerel. hierzu
namentlich unter Zch. polymorphus Brems. und Zech. fil
collis Rud.
Auf Ech. anatıs Schrank nec Gmelin hatte aber noch
vorher Froelich (1802, p. 68, Nr. 36) Echinorhynchen bezogen,
die er im Darme einer Wildente gefunden hatte, die aber, sobald
man die beiden von Goeze in Enten gefundenen Echinorhynchen-
Formen auseinander zu halten sucht, wie dies doch auch Froelich
selbst tat, bezogen werden müssen auf
Ech. anatis Gmel. nec Schrank.
Gmelin (1791, p. 3045, Nr. 12), dem sich wie üblich Bose
(1802, p. 6) anschließt, hat nämlich die von Goeze (1782, p. 164
bis 165, Taf. XIII, Fig. 1—2) im Darm von Odemia fusca (L.)
gefundenen Echinorhynchen (£ck. minutus Gze. = Ech. boschadhs
Schrank nec Gmel.) Zch. anatıs genannt. Diese Form ist nach
Goeze von dem in der Hausente gefundenen “ch. anatıs Schrank
nec Gmel. vor allem unterschieden durch die schärfere Sonderung :
des Rumpfes in einen vorderen bestachelten und einen hinteren
Zool. Annalen. I. 12
172 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
unbestachelten Teil, sowie durch die geringere Größe des ganzen
Tieres, namentlich aber des unbestachelten Hinterleibes. In beider
Hinsicht stimmt der von Froelich (1802, p. 68, Nr. 36) in einer
nicht namhaft gemachten Wildente gefundene “ch. anatis mit
Ech. minutus Gze (= Ech. anatis Gmel. nec Schrank) besser
überein als mit Ech. anattss Schrank nec Gmel, für den doch
Froelich selbst ihn erklärt. Die Art wurde gefunden „in Ge-
sellschaft des Echin. Boschatis. Sie unterscheidet sich von diesem
schon beim ersten Anblicke dadurch, daf sie beinahe um die
Hälfte kleiner, die Brust rundlicher und von dem Körper deut-
licher abgeschieden, und dieser selbst eiförmig und kaum um die
Hälfte länger als die Brust ist“. Als Brust bezeichnet nämlich
Froelich den bestachelten Vorderteil des Rumpfes, als Körper.
den unbestachelten hinteren Teil und das von ihm angegebene
Größenverhältnis beider Teile stimmt fast ganz genau überein mit
Goeze’s Abbildung des Ach. minutus Gze., während in der Ab-
bildung des Ach. anatts Schrank nec Gmel. der unbestachelte
Hinterkörper ganz erheblich länger ist. Ausschlaggebend für die
Identität des von Froelich (1802) geschilderten Wurmes mit
Fch. anatıs Gmel. nec Schrank = Zch. minutus Gze. ist dann
schließlich noch, daß Froelich auch ausdrücklich betont ‚der
Körper ist allezeit rot gefärbt“. Vergl. im übrigen bezüglich
dieser Art unter Ach. minutus Gze.
„Ech. Anatis mollissimae“ Rud.
Unter dieser provisorischen Bezeichnung führt Rudolphi
(1809, p. 304—306, No. 41) die Echinorhynchen aus der Eider-
ente an, die Phipps (1774) Szfunculus lendix genannt hatte.
Vergl. daher unter dem Namen Zch. lendix (Phipps).
stich. Anatum“ Rud.
Da Bremser (1811, p. 26) alle Echinorhynchen aus mittel-
europàischen Entenarten zu einer einzigen Art vereinigt hatte,
während Rudolphi (1819, p. 71—72 und 74, No. 35 und 44)
deren noch zwei unterschied, so werden die bei der Wiener
Helminthensuche in Entenarten gefundenen Echinorhynchen von
Rudolphi (1819, p. 78, No. 78) als nicht geniigend bestimmbar
unter der indifferenten Bezeichnung „Ach. Anatwm“ registriert.
Später hat Rudolphi (1819, p. 672) freilich noch selbst die Auf-
fassung Bremser’s als berechtigt erkannt. Vergl. im übrigen
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 173
unter Ech. polymorphus Brems., Ech, fihcolhs Rud. und Ech.
minutus Gze.
Ech. anguillae O. F. Müll.
Dieser Name findet sich zuerst bei O. F. Müller (1780, 2)
in der Erklarung der Tafel 69. Eine Beschreibung der im Darme
von Anguilla anguilla(L.) gefundenen Art folgt einige Jahre später
bei O. F. Müller (1784, p. 84—85). Danach ist das Weibchen
doppelt so lang wie das Männchen, in dessen Hinterkörper sieben
undurchsichtigere ,,globuli* auffielen!. Der Rüssel ist nicht cylin-
drisch wie bei den meisten anderen Echinorhynchen, sondern
„globosa“ und mit grösseren aber weniger zahlreichen und weniger
dicht stehenden Haken besetzt als bei anderen Arten. Diese
Haken sind in 6—8 Querreihen zu je 5—6 angeordnet.
Nach den Abbildungen und der Schilderung von O. F. Müller
wird Ech. anguillae citiert von Gmelin (1791, p. 3046 — 3047, Nr. 21)
und Bosc (1802, p. 8). Wegen der Identität des Wirtes rechnet
Gmelin zu dieser Art auch die von Redi (1708, p. 236) und
Leeuwenhoek (1722, p. 313—314) im Aal gefundenen Echino-
rhynchen, nach meinen Ausführungen auf p. 144f. jedoch mit
Unrecht. Die von Redi beobachtete Art ist überhaupt nicht
bestimmbar und die von Leeuwenhoek beobachtete kann nur als
Ech. lucit O. F. Müll. bestimmt werden, wenn man auf Grund
von Leeuwenhoek’s Abbildung überhaupt eine Bestimmung ver-
suchen will. Dagegen ist andererseits “ch. anguillae O. F. Müll.
identisch mit dem von Koelreuter (1771, p. 499-500) beschrie-
benen Acanthocephalus aus Leucıscus rutilus (L.). Obwohl hierauf
meines Wissens noch nie hingewiesen ist, kann die Abbildung
Koelreuter’s, die die charakteristischen Merkmale des Rüssels
ebenso deutlich erkennen läßt wie O. F. Müller’s Beschreibung
dies tut, an dieser Identität, durch welche Ech. angutllae typische
Art der Gattung Acanthocephalus wird, nicht den geringsten Zwei-
fel lassen. (Vergl. im übrigen weiter unten unter Acanthocephalus.)
Eigene Angaben über die Art macht dann wieder Rudol-
phi (1802, p. 49—51, Nr. 4), der sie in Greifswald wiedergefunden
hat und sie Ech. globulosus nennt. Auch er betont, daß das
Männchen „doppelt so klein“ sei wie das Weibchen, gibt aber
trotzdem die Länge der Art nur allgemein an als „mehrenteils
2—4, doch zuweilen auch gegen 6 Linien“ d. h. ca. 4—9g bez. ca.
1) Vergl. oben auf pag. 148 f.
12*
174 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
13 mm betragend. „Der mit 6—8 Reihen-feiner Hacken versehene
Rüssel nicht kugelig, wie ihn Müller angibt, sondern oval, zu-
weilen sogar beinahe zylindrisch. Der Hals dünner und länger
wie der Rüssel, mit einer kurzen Scheide versehen. Der Körper
beinahe cylindrisch, doch wird er nach dem Schwanz zu etwas
dünner.“ Des weiteren folgen noch Angaben über die männlichen
Genitalorgane, über die Rudolphi aber noch keine volle Klar-
heit gewonnen hat.
In der Historia naturalis bringt Rudolphi (1809, p. 259—
261, Nr. 7) nichts Neues, Zeder (1803, p. 150, Nr. 7) hat diet
nicht selbst untersucht und bringt nur Diagnose und Literatur
unter dem Namen “ch. globulosus Rud. |
Später stellte Rudolphi (1819, p. 65--66 und 313-314,
Nr. 10) zu derselben Art auch noch Echinorhynchen, die er in
verschiedenen Mittelmeerfischen gefunden hatte. Da dieselben
aber in der Tat ebenso: wie die von Westrumb (1327. po
Nr. 17) untersuchten Exemplare einer anderen Art (Zch. propin-
guus Duj.) angehören, so siehe hierüber unter “ch. globulosus
Rud. Über die bei der Wiener Helminthensuche im Aale ge-
fundenen Echinorhynchen siehe unter “ch. globosus W estr.
Umfaßt Ach. globulosus Rud. 1819 außer “Ech. angunllae
O. F. Mill. noch eine zweite Art, so ist andererseits von den
heute unterschiedenen Arten “ch. linstowt Ham. identisch mit
Lich. anguillae O. F, Müll. Den Unterschied, welchen Hamann’s
(1891, p. 207—209 bez. p. 95— 96) Schilderung dieser Art gegen-
über Mühling’s (1898, p. 110) Schilderung des Ech. globulosus
Rud. 1802 aufweist, kann ich beseitigen durch die Feststellung,
daß ich auch bei letzterer Art, die fortan wieder ihren alten Namen
Lich. anguillae O. F. Müll. zu führen hat, stets nur ro Längs-
reihen von Haken gefunden habe, nicht ı2 wie Mühling angibt,
und zwar gilt dies, wie ausdrücklich betont sei, auch für das von
Mühling selbst gesammelte Material,
Ech. angustatus Rud.
Zur Vermeidung der Benennung einer Art nach ihrem Wirt
aufgestellter neuer Name für Ach. luc O. F. Müll., em. Zeder.
Siehe daher unter letzterem Namen.
»Ech. annularis Gmel.“
Irrtümliches Citat bei Rudolphi (1809, p. 287) und West-
rumb (1321, p. 37) anstatt Zch. annulatus.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 175
Ech. annulatus Gmel. nec Mol.
Unter diesem Namen führt Gmelin (1791, p. 3048, Nr. 28)
Ech. laevis Zoega an und unter dem gleichen Namen findet sich
die Art dann außer bei Bosc (1802, p. 9) auch noch bei Fabri-
cius (1794, p. 38—41, Tab. IV, Fig. 4—6) verzeichnet, welch letz-
terer sie im Darm von Salmo trutta L. gefunden hatte und eine
ausführliche, von charakteristischen Abbildungen begleitete Schilde-
rung von ihr entwirft.
Nicht zu verwechseln mit Ech, annulatus Gmel. ist eine an-
dere Echinorhynchen-Art, die Molin (1861, p. 267—268, Taf. VIII,
Fig. 8—g) im Jugendzustand in der Leibeshöhle von Merluccrus
merluccius (L.) gefunden und gleichfalls #ch annulatus genannt hat.
Da die Identität dieser von Molin gefundenen und zum Wieder-
erkennen ausreichend charakterisierten Art mit einer anderen, sei
es im Jugend-, sei es im erwachsenen Zustand bekannt gewor-
denen Art nicht nachzuweisen ist, Zch. annulatus Mol. nec Gmel.
also nicht als synonym eingezogen werden kann, so muß diese
Art umgetauft werden. Ich schlage hiermit für sie in Rücksicht
auf die von Molin geschilderte Anordnung der Stacheln am Vor-
derende des Rumpfes den Namen Zch. bifasciatus nom. nov. vor.
Ech. appendiculatus Westr.
Mit diesem Namen belegt Westrumb (1821, p. 15, Nr. 25)
eine Echinorhynchen-Art, die in Wien bei Untersuchung ven
18 Exemplaren von Sorex araneus L. einmal im Darme gefunden
und daraufhin von Rudolphi (1819, p. 76, Nr. 51) provisorisch
als „Ach. Soricıs“ verzeichnet worden war. Sie ist nach West-
rumb 3—4 Linien, d. h. ca. 6,5—9 mm lang, mit sehr langem
Rüssel, der eine deutliche Papille und 24 Querreihen von Haken
besitzt. Ein Hals fehlt, der Rumpf ist ungefähr in der Mitte ver-
dickt („versus mediam obovatam partem intumescit, retrorsum vero
eylindricum aequale parum attenuatum‘“),
Ech. ardeae Gmel.
Neuer, von Gmelin (1791, p. 3046, Nr. 15) gebildeter Name
für Zch. striatus Gze..(vergl. diesen), der sich später nur noch
bei Bosc (1802, p. 7) wiederfindet.
och. Ardeae albae“ Rud.
Unter dieser Bezeichnung wird von Rudolphi (1809, p. 307,
Nr. 43) und Westrumb (1821, p. 41, Nr. 80) der Zch. gazae bez.
170 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
garzae der älteren Autoren angeführt. Siehe daher unter Zch.
garzae. aie
wich. Ardeae nigrae* Rud.
| Bei seiner Besprechung des Zc/rmostomum ferox (Ru d.) führt
Rudolphi (1809, p. 426) in dem Verzeichnis der Literatur und
der Synonyme auch die Bezeichnung „Zchmorhynchus Ardeae
nıgrae“ an, nach einer handschriftlichen Mitteilung seines Freundes
Braun. :
| ssEch. Ardeae purpureae Rud.
Unter dieser provisorischen Bezeichnung werden bei Ru-
dolphi(1810, p. 78, Nr. 72) Echinorhynchen angeführt, die Bremser
indem angegebenen Wirte gefunden hatte und Westrumb (1821,
p. 12, Nr. 19) später Ach. macrourus benannte. Siehe daher Weiteres
unter dem letzteren Namen.
Ech. areolatus Rud.
Unter diesem Namen beschreibt Rudolphi (1819, p. 69 und
319—320, Nr. 23) Echinorhynchen, die in Wien im Darmkanal
von Sylvia atricaprlla (L.) gefunden worden waren und von denen
Bremser ihm ı Exemplar geschickt hatte. Dasselbe war ca.
3 Linien lang (d. h. ca. 6-7 mm) und hatte einen cylindrischen,
mit ca. 20 Querreihen kleiner Haken besetzten Rüssel und einen
cylindrischen, nach hinten sich etwas mehr als nach vorne zu
verschmächtigenden Rumpf. Rudolphi sieht die Art als ver-
wandt mit “ch. gracııs Rud. an. Westrumb (1821, p. 72) be-
richtet, daß sie bei der Wiener Helminthensuche in 23 Exemplaren
von Sylvia atrıcapılla dreimal gefunden wurde. Seine Schilderung
der Art (auf p. 28, Nr. 52) liefert insofern Ergänzungen zu der-
jenigen von Rudolphi, als angegeben wird, daß die Lange bis
zu 4 Linien d. h. bis zu ca. g mm beträgt und daß ein freilich
nur sehr kurzer Hals vorhanden ist.
Ech. argentinae Gmel.
Im Anschluß an seine Besprechung des Lchinorhynchus
anguillae (vergl. oben p. 144) erwähnt Redi (1708, p. 235—237)
Würmer, die er in dem ,,pesce argentino“ der Italiener (Argentina
sphyraena L.*) gefunden hat und als ,nec a vermibus quos in
1) Daß die Deutung des ,pesce argentina“ auf Argentina sphyraena L., wie
sie sich bei Gmelin, Rudolphi und Westrumb findet, in der Tat richtig ist,
wird bestätigt durch die von Carus (Prodrom. faunae mediterraneae Vol. II. Stutt-
gart 1889— 1893. p. 555) angeführten Vulgärnamen: Pei d’Artjen, Péi d’arjen, Peis
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. y
intestinis anguillarum inesse supra vidimus, multum dissimilia“
bezeichnet. Offenbar mit Rücksicht hierauf haben O. F. Miller
(1787, 1, p. 61) und Gmelin (1791) diese Würmer den Echinorhyn-
chen eingereiht. Von Gmelin (1791, p. 3049, Nr. 39) werden sie
Echinorhynchus argentinae getauft. Bereits Rudolphi (1809,
p- 322—324, Nr. 3) hat dann ganz richtig erkannt, daß dieser
Ech. argentinae Gmel. ein Zetrarhynchus ist. Trotzdem aber er-
scheint hier ein näheres Eingehen auf die Angaben Redi’s er-
forderlich, da noch bis in die neueste Literatur hinein eine auf
Redi’s Angaben basierte Art Zch. argentinae angeführt wird.
Die Würmer, für welche Gmelin die Art Zch. argentinae
geschaffen hat, werden von Redi (1708, p. 235) geschildert als
„animalcula viventia, quorum caput et dimidia corporis pars candida
erant, reliquum vero corpus flavum ..... Animalcula autem illa
contrahebantur et porrigebantur ut limaces; atque etiam in capite,
sicut limaces, quatuor gerebant cornicula, vel potius duros vali-
dosque uncinos.‘* — Alles das paßt doch aber unter keinen Um-
ständen auf Echinorhynchen! Nimmt man weiter hinzu, daß die
Länge der Tiere bei starker Streckung der Breite von 4 Fingern
entsprach, daß die Würmer sich aber auch so stark zusammen-
ziehen konnten, daß sie „nucis pineae nucleo breviora“ wurden,
so kann sich diese Schilderung offenbar nur auf Cestoden beziehen
und als solche kommen wieder nur die Tetrarhynchen in Betracht
mit Rücksicht auf die vier „Cornicula“ oder „Uncini“, „quorum
ope adeo fortiter adhaerebant internis parietibus hujusce cavitatis,
cui inclusa erant, ut aliquot inde avellere non ante potuerim quam
forficulis eam cavitatis partem, quam dentibus prensabant, rese-
cassem.“ Da in Knochenfischen nur die Larven von Tetrarhyn-
chen vorkommen, so steht hiermit auch in Einklang, daß Redi
(1708, p. 235 und 237) die fraglichen Würmer in der Bauchhöhle
bez. unter dem Peritonealüberzuge von Hoden, Leber, Magen
und Darm fand.
d’argent, Argentin, Argentinha, Argentina, die an der Südküste Frankreichs und in
Italien für Argentina sphyraena L. üblich sind. Findet sich doch der Name Argen-
tina für Argentina sphyraena L. auch bereits bei Willoughby, Ray und Artedi.
Es ist mir daher unverständlich, weshalb Diesing (1851, p. 58, Nr. 112 u. p. 401,
Nr. 398) als Wirt des Zch. argentinae Gmel. Scopelus humboldti Cuv. anführt.
Jedenfalls ist diese Auffassung Diesing’s ohne Nachprüfung übernommen worden von
v. Linstow (1878, p. 251, Nr. 1388), Parona (1894, p. 257) und Guiart (1898,
p. 434—438), die alle als Wirt der von Redi gefundenen Helminthen Scopelus hum-
boldti Cuv. namhaft machen.
178 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete. |
| Insoweit müssen wir also Rudolphi beistimmen, wenn der-
selbe die hier excerpierten Angaben Redi’s auf einen 7% etrarhyn-
chus bezog, den er anfänglich (1809, p. 322, Nr. 3) Zetrarhynchus
elongatus, später (1810, p. 458, Nr. 13) „7etrarhynchus Argentinae“
nannte. Der Name ZÆchmorhynchus argentinae wird von Ru-
dolphi (1809) ausdrücklich als synonym zu Zefrarhynchus elongatus
eingezogen. Trotzdem ist es aber wohl dem Einfluß von O. F.
Müller und Gmelin zuzuschreiben, wenn auch Rudolphi noch
glaubt oder wenigstens die Möglichkeit zugibt, daß Redi in der
Argentina auch noch wirkliche Echinorhynchen gefunden habe.
Zum Unterschiede von dem Æc/norhynchus argentinae Gmel.
nennt er dieselben anfänglich (1809, p. 314, Nr. 55) „Zeh. Sphy-
raenae“. Bereits in seiner Synopsis (1819, p. 80, Nr. 95) findet
sich aber wieder die Bezeichnung „Zch. Argentinae“, welche dann
auch von allen späteren Autoren, bis auf Guiart (1898), über-
nommen worden ist. Daß hierbei dieser „Zch. Argentinae“ Rud.
1819 wohl unterschieden wird von dem aus der Gattung Achzno-
rhynchus definitiv eliminierten Zch. argentinae Gmel. 1791, äußert
sich unter anderem darin, daß bei Westrumb (1821, p. 42, Nr. 88)
Gmelin nicht citiert wird. |
Ich kann aber auch den ,,Echinorhynchus Argentinae“ Rud.
1819 nicht als Lchinorhynchus anerkennen. Die Art stützt sich
nur auf nachstehenden Satz Redi’s (1708, p. 237—-238): „Praeter
eos vermes (nämlich dem bereits als 7etrarhynchus erkannten Ech.
argentinae mel. 1791), erant et in ventris inferioris cavitate per-
multi alii vermiculi qui viscera dentibus prensabant. capite candido,
et aureo colore in caeteris corporis partibus, figura lumbricos
referentes, nisi quod caput habebant crassius et figura rhomboi-
dali praeditum.“ Dieses ,, Caput“ möchte Rudolphi (18009) fur die
„bulla collapsa“ am Hinterende des Zchenorhynchus halten, eine
Annahme, für die ich bei Redi keine Stütze finde. Da diesem
die „Zähne“ aufgefallen waren, bin ich vielmehr überzeugt, dass
derselbe Vorder- und Hinterende des Wurmes nicht verwechselt
hat und dass die „Zähne“ sich an dem ,, Caput“ fanden. Anderer-
seits erinnert die Schilderung der Färbung sowie das ,,dentibus
prensabant“ so lebhaft an die vorausgegangene Schilderung der
Tetrarhynchen und passt die Beschreibung. des „Caput“ so gut
zu dem Vorderende mancher Tetrarhynchenlarven (Reeeptaculum
mit teilweise eingestülptem Scolex), dass ich überhaupt keinerlei
Grund zu der Annahme sehe, der angeführte Satz R edi’s beziehe
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 179
sich auf Echinorhynchen. Ich glaube vielmehr, dass auch diese
ali vermiculi* Tetrarhynchenlarven waren und dass die Bezeich-
nungen „Zehinorhynchus Sphyraenae“ Rud. 1809 und ,,/chinorhyn-
chus Argentinae“ Rud. 1819 synonym sind zu Æchinorhynchus
argentinae Gmel. 1791 = Zetrarhynchus elongatus Rud. 1809
= »Zetrarhynchus Argentinae“ Rud. 1819.
Der Vollständigkeit wegen sei noch auf die bereits oben im
allgemeinen Teil (p. 144) citierte Angabe von Steno (1675, p. 225)
hingewiesen, die von Gmelin (1791, p. 3049, Nr. 39) im Anschluss
atin cin (i705; Dr230),. und On Miller 17871, p01) au.
argentinae Gmel. und dementsprechend von Rudolphi (1809,
p. 322. Nr. 3) auf Zetrarhynchus elongatus bezogen wird.
ssEch. Atherinae“ Rud.
Gelegentlich seiner italienischen Reise untersuchte Rudolphi
(1819, p. 80 und 336, Nr. 96) im Juni 1817 in Neapel unter anderem
auch sechs Exemplare von A¢herina hepsetus L. und fand hierbei
einmal im Darme einen einzigen Lchinorhynchus von zwei Linien
(d. h. ca. 41/2 mm) Länge, ohne Hals, dessen langer („linearis‘“),
gerader Rüssel mit etwa 10—12 Querreihen mittelgroßer Haken
besetzt war und dessen Rumpf infolge seiner allmählichen Ver-
schmächtigung nach hinten zu rübenförmig erschien, mit stumpf
endender Hinterleibsspitze. Diese allgemeine Körperform stimmt
ganz gut überein mit Zch. acanthosoma Westr. (siehe diesen), der
im gleichen Wirt gefunden wurde Dieses wird auch von
Westrumb (1821, p. 30, Nr. 56) selbst betont und wenn West-
rumb trotzdem glaubt, daß es sich um zwei verschiedene Arten
handelt und (1821, p. 42, Nr. 89) den „Zch. Atherinae“ als spec.
inquirenda beibehält, so stützt er sich nur darauf, daß Rudolphi
nichts von der für “ch. acanthosoma charakteristischen Bestachelung
des Rumpfes erwähnt. Diesing (1851, Nr. 81, pag. 48 f.) hat
denn auch später stillschweigend den „Zch. Atherinae“ zu £Ech.
acanthosoma gezogen.
Eich. attenuatus O. F. Müll.
Nachdem O. F. Muller (1777, Tab. XXXVII, Fig. 1—3)
Abbildungen von ch. laevıs Zoega publiciert hatte, erklärte er
später (1779, 1, p. 89) diese selben Figuren für Darstellungen einer
neuen Art, die er “ch. attenuatus nennt und charakterisiert als
»Lichinorhynchus globiferus, corpore aequali flavo, collo filiformi“,
ıSo Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
während Zchinorhynchus laevis (vergl. auch unter diesem Namen)
im Gegensatz hierzu charakterisiert wird als „Zelunorhynchus
globiferus corpore acuminato, collo rugoso“.
Citiert wird die Art bei Schrank (1788, p. 26, Nr. 86), der
außer Müller’s Notiz auch noch Goeze’s Beschreibung des
Ech. longicolhs heranzieht, und bei Gmelin (1791, p. 3048, Nr. 27),
der den Goezeschen ch. longicollis als selbständige Art ansieht
aber unter “ch. altenuatus die von Pallas gegebene Beschreibung
des Ech. longicollis anführt. Rudolphi (1793, Obs. XIX. p. 20—21)
berichtet, daß er den “ch. atfenuatus im Darm von Pleuronectes
flesus L. gefunden habe, und führt später (1802, p. 59—61) als
weitere Wirte noch Coffus scorprus L., Lota lota (L.), Zoarces
viveparus (L.) und Acerima cernua (L.) an. Für identisch mit Zch.
attenuatus halt Rudolphi (1802, 1. c.) außer Zeh. longrcollis (nach
der Beschreibung von Goeze) auch noch £c. salvelint Schrank
und Zch. pleuronechs Gmel. Die Identität von “ch. laevis und
Lich. attenuatus scheint ihm möglich, aber noch nicht sicher, Zeder
(1803, p. 155— 156, Nr. 21) dagegen führt Zch. laevıs Zoesar —_
Ech. annulatus Gmel. als Synonym von Zch. atlenuatus an, zu dem
er außerdem auch noch Æc. dbarbi! Schrank rechnet, von dem
er dafür aber ch. salvehn! Schrank ausschließt. In ähnlichem
Umfange finden wir die Art dann auch bei Rudolphi (1800,
p. 284 —287, Nr. 26) wieder. Freilich ist sie dort in Ech. tereltı-
collıs umgetauft. Siehe daher Weiteres über das Schicksal des
Artbegriffes unter letzterem Namen.
Ech. bacillaris Zeder.
Neuer Name für eine von Bloch beschriebene und von
Schrank ch. mergi genannte Art. Siehe daher unter letzterem
Namen.
Ech. balaenae Gmel.
Unter diesem Namen führt Gmelin (1791, p. 3045, Nr. 4)
die Echinorhynchen an, die nach einer Angabe von Phipps
(1775) Hunter in einem Bartenwal gefunden hat. (Vergl. unter
Stpunculus lendix.) Rudolphi (1819, p: 71 und 325. Na
führt den Gmelinschen Namen als synonym zu dem von ihm
selbst beschriebenen /ch. forrigens an, da letzterer gleichfalls aus
einem Bartenwal stammt. Diese Synonymisierung lässt sich aber
nicht aufrecht erhalten und kann daher auch kein Prioritätsrecht
des Gmelinschen Namens gegenüber Zch. porrigens begründen,
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 181
solange wir über die von Hunter gefundenen Echinorhynchen
gar nichts Näheres wissen, was einen Vergleich mit den heute in
der Mehrzahl bekannten Echinorhynchen-Arten aus Bartenwalen
ermöglichen könnte. Wenn wir daher allein auf die Angaben
von Phipps angewiesen wären — Bosc (1802, p. 5), Zeder
(1865, prior Nr 37) und-Rudaaphi.(1809, p: 304, Nr 40), die
außer Gmelin noch Zch. balaenae anführen, citieren nur nach
Phipps, seies direkt wie Rudolphi, sei es durch Vermittelung
von Gmelin wie Bosc und Zeder — so würde Zch. balaenae
für alle Zeit unidentificierbar bleiben müssen. Es ist aber mög-
lich, dass die von Hunter gefundenen Echinorhynchen noch
existieren und einer Untersuchung zugängig gemacht werden
können. Wenigstens befindet sich in meinem, aus dem Nachlaß
von J. Fr. M. v. Olfers stammenden Exemplar von Rudolphi’s
Synopsis am Schluß der Besprechung von “ch. porrigens auf
_p. 327 von v. Olfers handschriftlich vermerkt: „vidi in Museo
Hunteriano Londini mense Majo 1817.“
Ech. barbi Schrank.
Im Darm einer Barbe fand Schrank (1782, p. 83—85) einen
Kratzer von gelblicher Farbe, dessen langer Hals in eine kelch-
artige Bildung auslief, aus welcher dann der Rüssel hervortrat.
Später führt Schrank (1803, p. 217—218, Nr. 3110) als Unter-
schied gegenüber “ch. dobulae an, daß der Hals verhältnismäßig
viel dicker sei als bei letzterem, dagegen erwähnt er jetzt auch
bei “ch. barbı „eine fast durchscheinige Blase“ am Vorderende
des Halses statt der früher geschilderten „becherförmigen Mündung“.
Als selbständige Art wird Ach. barbi noch citiert bei Schrank
(1788, p. 25—36, Nr. 85), Gmelin (1791, p. 3049, Nr. 41) und
Pose (1802, p> lt) Zeder (1803, p 155 6, Nr. 21) sieht ihnsals
synonym zu Zch. attenuatus an, Rudolphi (1809, p. 314—315,
Nr. 56) möchte ihn dagegen lieber mit Zch. nodulosus vereinigen,
führt ihn aber vorläufig noch als zweifelhafte Form selbständig
an, um erst später (1819, p. 72, Nr. 37) stillschweigend diese Ver-
einigung mit Ach nodulosus zu vollziehen. Seit der von Bremser
(1811, p. 26) und Westrumb (1821, p. 37—39) vorgenommenen
Vereinigung von Ech. nodulosus, attenuatus und anderen älteren
Arten zu dem einen Artbegriff Zch. proteus Westr. fällt dann
auch “ch. barbr unbestritten unter diesen Artbegriff, dessen priori-
tätsberechtigter Name Zch. laevıs ist.
182 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
ss Ech. Blennii Rud.
Diese Bezeichung wird im Register von Rudolphi’s Historia
naturalis (1810, p. 351) gebraucht für Echinorhynchen, die Ru-
dolphi (1810, p. 376, Nr. 8) im Darm des von ihm noch zur
Gattung Dlenmius gerechneten Zoarces viviparus (L.) gefunden
hatte und die er selbst für identisch mit Ach. afınıs Rud. (= Ech.
luca O. F. Müll.) hält.
Ech. borealis Gmel.
Unter diesem Namen führen Gmelin (1791, p. 3045, Nr. ro),
Bose (1802, pr 6) Zeder (1803, p. 161, Nr. 38), und Eee
(1799, p. 71—-72), welch letzterer allein die Art selbst wieder ge-
sehen hat, die von Phipps (1774) Stpunculus lendıx genannten
Echinorhynchen der Eidergans an. Siehe daher unter dem priori-
tätsberechtigten Namen “ch. lendix (Phipps).
Ech. boscadis Bosc.
In dieser Form verzeichnet Bosc (1802, p. 6) den Ach. bo-
schadis Gmel. nec Schrank. Vergl. daher unter diesem, sowie
unter dem prioritätsberechtigten Namen Ech. anatis Schrank nec
Gmeel.
Ech. boschadis Schrank nec Gmel.
Den von Goeze (1782, p. 164-165, Taf. XIII, Fig. 1 >)
in Oidenua fusca (L.) gefundenen “ch. minutus (vergl. unter diesem
Namen) führt Schrank (1788, p. 27, Nr. 88) in seinem Verzeich-
nis der Eingeweidewürmer unter dem Namen Zch. boschadıs auf.
Unter demselben Namen findet sich dann die Form auch noch
bei Schrank (1803, Nr. 3106, p. 216) angeführt. Siehe daher
Weiteres unter dem prioritätsberechtigten Namen Zch. minutus.
Eeh. boschadis Gmel. nec Schrank.
Gmelin. (1791,
Echi
Motacıllae atricapillae“ registrierten Echinorhynchen (vergl. unter
diesen Rudolphi’schen Bezeichnungen). Die Lange der Exem-
plare schwankte zwischen 2—6 Linien d. h. ca. 4—14 mm, nur
ein einziges der Exemplare aus Sylvia atricapilla (L.) erreichte die
Länge von einem Zoll d. h. ca. 27 mm. Der Hals wird als sehr
kurz bezeichnet, der cylindrische Rüssel, der mit 12 Querreihen
von Haken besetzt ist, dagegen als gross. Ihren Namen verdankt
die Art einer von Westrumb beobachteten Ouerstreifung des
Rumpfes, der wie gebändert erschien!). Gefunden wurde sie in
Luscinia luscinia (L.) bei 16 Untersuchungen einmal, in Zuscinta
philomela (L.) bei 23 Untersuchungen dreimal, in Ruzcrlla phoent-
curtis (L.) ohne Angabe der Häufigkeit, in Zrzthacus rubeculus (L.)
bei 137 Untersuchungen dreimal, in /rafincola rubetra (L.) bei
8 Untersuchungen einmal, in Prylloscopus trochilus (L.) [= Sylvia
fitis Bechst.] bei 48 Untersuchungen dreimal, endlich in ‚Sylvia
atricapilla (L.) bei 23 Untersuchungen einmal. Während sie sonst
stets den Darm bewohnte, sollen die Exemplare aus Sylvra atri-
capılla (L.) im Netz („in omento“) gefunden worden sein. Daß sie
dort encystiert gewesen seien, wird nicht ausdrücklich betont, und
auch ihre erhebliche Größe — ein Exemplar maß, wie bereits er-
wähnt, ı Zoll, die übrigen allerdings nur 3—6 Linien — spricht
nicht gerade sehr zu gunsten der Auffassung, daß es sich um
eine encystierte Jugendform gehandelt habe, die dann ja natürlich
auch von Westrumb mit Unrecht zu dem den Darm von Sing-
vogeln bewohnenden ch. fasciatus gerechnet worden wäre. Viel-
leicht waren sie durch eine Schußverletzung des Darmes in die
Leibeshöhle ausgetreten und wurden nur infolgedessen am Netz
gefunden.
Zusatz bei der Correctur: In einer soeben erschienenen vor-
läufigen Mitteilung zu einer Revision der Vogel-Echinorhynchen, die auf den
vorstehenden Seiten noch nicht berücksichtigt werden konnte, erklärt de
Marval (1904, p. 575) den Ech. fasciatus Westr. (= „Ech. Sylviarum“ +
„Ech. Motacillae atricapillae“ + ,,Ech. Rubetrae“ bei Rudolphi) ebenso wie
Ech. dimorphocephalus Westr. (= „Ech. Muscicapae“ Rud.), Ech. merulae
Gmel. und Ech. transversus Rud. als synonym zu Ech, cylindraceus Gze.
1) Diese anscheinende Banderung ist wahrscheinlich durch die Radiarfibrillen-
schicht des hypodermalen Fasergewebes hervorgerufen worden. Sind doch z. B. auch
bei Ech. agilis Rud. die Garben jener Radiärfibrillen verhältnismäßig so regelmäßig,
daß der Echinorhynchus bei Betrachiung eines optischen Längsschnittes deutlich quer-
gebändert erscheint.
14*
206 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
(bei de Marval ,,Ech. cylindraceus Schrank. Synonymes: Ech. pici Gze.“
etc., trotzdem man bei Goeze diesen letzteren Namen vergebens suchen
würde). Vergl. hierzu die Besprechungen unter den angeführten Namen.
Außerdem sind nach de Marval noch nachstehende, der Zeit nach West-
rumb entstammende Echinorhynchen-Arten gleichfalls synoym zu Ech. cylin-
draceus: Ech. decipiens Duj. aus Anorthura troglodytes (L.), Ech obliquus
Duj. aus Certhia familiaris L., Ech. pigmentatus de Marval (1902, p. 419
bis 420) aus Corvus corone L., Ech. rostratus de Marval (1902, p. 420—422)
aus Corvus corone L. und Corvus frugilegus L., Ech. parvus Fuhrm. (nomen
nudum! vergl. Wolffhügel 1900, p. 46) aus Coccothraustes coccothraustes (L.),
sowie endlich Ech. rectus Linton (1892, p. gi) aus Larus (Chroicocephalus)
spec. (Mexico). Bezüglich der zuletzt genannten Art kann ich freilich ernste
Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung de Marval’s nicht unterdrücken.
In der bisher allein vorliegenden vorläufigen Mitteilung konnte ja freilich eine
Begründung dieser Auffassung noch nicht geliefert werden. Wenn ich trotz-
dem, ohne eine solche Begründung abzuwarten, meinen Zweifeln bereits jetzt
Ausdruck gebe, so stütze ich mich hierbei noch weniger auf die an anderen
Stellen dieser Arbeit mehrfach betonten zoogeographischen Gründe (vergl.
unter Ech. mutabilis Rud. und Ech. tumidulus Rud.) als vielmehr auf die
verschiedene Lebensweise der Spechte und Passeres einerseits, der Möven
andererseits. Bisher kennen wir kein Beispiel dafür, daß Möven und insekten-
fressende Vögel ein und dieselbe Helminthenart beherbergen. De Marval
(1904, p. 573) betrachtet es freilich als ein Hauptresultat seiner Arbeit „que
les hötes, contrairement aux idées jusqu’ ici admises, n’ont rien de spécifique
pour une espéce donnée“ und ich selbst stimme ihm auf Grund des Studiums
der Literatur und auf Grund eigener Erfahrungen durchaus darin bei, daß
manche Echinorhynchen-Arten in einer ganzen Reihe verschiedener Wirte
vorkommen. Indessen gilt dies doch immer nur innerhalb gewisser Grenzen.
Wenn, wie dies einem Zweifel doch kaum unterliegen kann, die mitteleuro-
päischen Spechte und Passeres den Ech. cylindraceus Gze., de Marv. emend.
dadurch erwerben, daß dessen noch unbekannte Jugendform in einem Insekt
schmarotzt, welches jenen zur Nahrung dient, so vermag ich mir bisher nicht
vorzustellen, wie dieselbe Echinorhynchen-Art auch noch Gelegenheit finden
soll, sich im Darm einer mexikanischen Möve anzusiedeln. Ich kann es unter
diesen Umständen auch nicht für einen Zufall halten, daß in europäischen
Möven, die doch wahrlich in recht großer Zahl untersucht worden sind, noch
niemals ein Echinorhynchus gefunden ist, der dem Ech. cylindraceus Gze.
ähnlich wäre, daf vielmehr die beiden einzigen bisher bekannt gewordenen
Exemplare des Ech. rectus Linton sich ebensosehr durch die verschiedene
Heimat wie durch den verschiedenen Wirt auszeichnen. Wenn Linton in
seiner Beschreibung der Art eine gewisse Ähnlichkeit mit Ech. transversus
R ud. betont, so ist dies zwar vielleicht die Ursache dafür, daß jetzt de Mar-
val diese Arten identificiert. Ich selbst würde aber jene Äußerung Linton’s
in erster Linie erklären durch den derzeitigen unbefriedigenden Stand der
Acanthocephalen-Systematik überhaupt, der (schon allein wegen der bisher
üblichen gänzlichen Vernachlässigung des inneren Baues) noch keinen Vergleich
zuläßt mit unseren systematischen Kenntnissen von den anderen Helminthen-
Klassen und der ja auch gerade deshalb eine derartige Revision, wie sie jetzt
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 207
de Marval für die Vogel-Echinorhynchen vorgenommen hat, als außerordent-
lich dankenswert erscheinen läßt. Mit diesen Ausführungen soll aber selbst-
verständlich die Möglichkeit nicht geleugnet werden, daß Ech. cylindraceus
Gze. und Ech. rectus Linton vielleicht zwei nahe verwandte Arten dar-
stellen oder, mit anderen Worten, zwei Angehörige einer der zahlreichen
natürlichen Gattungen, welche heute noch in dem alten Gattungsbegriff Echino-
rhynchus zusammengefaßt werden. Bietet doch auch die Verbreitung der
Cestodengattungen Hymenolepis und Choanotaenia bereits Beispiele dafür, daß
Schmarotzer von Insektenfressern und Wasservögeln (speziell Möven) ein
und derselben natürlichen Gattung, wenn auch nicht ein und derselben Art
angehören können. Der Nachweis einer solchen nahen Verwandtschaft der
beiden genannten Echinorhynchen-Arten ist aber noch durch genaue, auch
den anatomischen Bau berücksichtigende Untersuchungen zu erbringen. Aut
den anatomischen Bau der von ihm untersuchten Echinorhynchen ist de Mar-
val bisher leider noch nicht eingegangen, trotzdem hierzu schon allein der
Weg, den die moderne Cestoden- und Trematoden-Systematik eingeschlagen
hat, ermuntern mußte.
Ech. filicollis Rud.
Diese Art ist von Rudolphi (1809, p. 283—284, Nr. 25)
begrtindet worden auf Echinorhynchen, die Albers im Darm
von /uligula fuligula (L), Braun in dem von Azx sponsa (L.)
und Nitzsch in dem von /zlca atra L. gefunden und an Ru-
dolphi gesandt hatten, sowie auf weitere, welche Rudolphi
selbst im Darme von /ulca atra L. und von Anas boschas L. fera
gefunden hatte. Dieselben waren !2—1, seltener 11/2 Zoll d. h.
ca. 13—27 bez. ca. 40 mm lang bei einer Dicke bis zu fast 2 Linien
d. h. ca. 4 mm und vor allem charakterisiert durch den schlanken,
fadenförmigen, 2—3 Linien d. h. ca. 4—7 mm langen Hals, der
in eine kugelige Bulla von ı— 2 Linien d.h. ca. 2—4,; mm Durch-
messer überging. Ein Rüssel wurde an keinem der zur Unter-
suchung gelangten über 30 Exemplare beobachtet, wenngleich
Rudolphi denselben nur für zurückgezogen hielt. Dagegen
fiel am Scheitel der Bulla ein „Punctum eminens“ auf, „a quo
Striae plurimae tenerae in ipsam sphaeram pellucidam divergunt.“
Nach Braun (1891) sind diese Streifen nichts anderes als die
Hakenreihen des deformierten Rüssels. Hals und Bulla sind
völlig in die Darmwandung versenkt, derart, daß die nur noch
von dem Peritoneum überzogene Bulla auf der Außenfläche des
Darmes knotenförmig vorspringt. An der Bulla selbst fielen ober-
flachlich verlaufende und netzförmig anastomosierende Gefäße auf.
Rudolphi hält diesen Zch. filicollis für verwandt mit Ech.
tereticollis Rud. und Ech. longicollis (Pall) Gze. (die beide zu
208 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. laevis Zoega synonym sind), bei denen aber die Dicken-
zunahme am Übergang vom Hals in den Rumpf nicht so plötz-
lich erfolge. Andererseits betont aber auch bereits Rudolphi
die Ähnlichkeit des Zch. filicollis Rud. mit Ech. lendix (Phipps)
(vergl. diesen). |
Bremser (1811, p. 26) sieht alle anderen bisher aus Enten
und Wasserhühnern bekannt gewordenen Echinorhynchen, die
Rudolphi in scharfen Gegensatz zu ch. filicollis gestellt hatte,
als synonym zu dieser Art an, um fiir den so geschaffenen um-
fassenderen Artbegriff später den Namen “ch. polymorphus zu
bilden, der -Sich "zuerst bei Rudolphi (1810, pP. 072) erwchet
findet. Die erste Begründung von Bremser’s Auffassung findet
sich aber erst bei Jassoy (1820), der den Nachweis zu führen
sucht, daß die Bulla von Zch. filtcollis Rud. nichts anderes ist
als ein umgewandelter Rüssel. Diese Auffassung, die dann vor
allem auch von Westrumb (1821) vertreten wurde (vergl.
Näheres hierüber unter Ach. polymorphus Brems.), wurde jedoch
von Rudolphi (1819, p. 327, Nr. 35) auch noch nach Kenntnis-
nahme der von Jassoy als Beweismaterial ins Feld geführten
Tafel entschieden bekämpft. („Si enim, simulac specimen anceps
vel intermedium occurrit, species tantopere diversas conjungere
vellemus, omnes aut plurimae saltem ruerent species.“)
Später freilich hat Rudolphi (1819, p. 598, § 3 und p. 671
— 672, Obs. 1) sich an der Hand von Exemplaren des Ach.
sphaerocephalus Brems. die Bremser ihm gesandt hatte, davon
überzeugt, daß in der Tat die allmähliche Umwandlung eines be-
waffneten Echinorhynchen-Rüssels zu einer unbewaffneten kuge-
ligen Bulla möglich sei. Es war nur consequent von ihm, wenn
er daraufhin Bremser’s Auffassung von der Einheit der in
Enten und Wasserhühnern schmarotzenden Echinorhynchen sich
zu eigen machte, denn insoweit Bremser sich bei der Zusammen-
fassung dieser Echinorhynchen zu der einen Art Ech. polymorphus
geirrt hat, hatte auch bereits Rudolphi sich bei Bildung des
Artbegriffs Ech. versicolor geirrt, den er bisher noch dem Ech.
filicolus gegenüber gestellt hatte. |
Bereits bei Westrumb (1821) finden sich nämlich Anzeichen
dafür, daß in der Tat in Ech. polymorphus Brems. mehrere Arten
enthalten sind, wenn auch erst Braun (1891) den sicheren Nach- -
weis hierfür erbracht hat. Braun meint nun freilich, „es dürfte
von vornherein als vergebliche Aufgabe bezeichnet werden, aus
l.ühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 209
den älteren Angaben diejenigen herauszusuchen, welche zu der
einen resp. anderen Art gehören.“ Ich vermag jedoch diesen
Pessimismus nicht zu teilen, obwohl auch ich in dieser Arbeit
mehrfach habe darauf hinweisen missen, dafi manche unter den
von mir besprochenen alten Echinorhynchenarten nicht (oder zum
mindesten zur Zeit noch nicht) identificiert werden können. Auch
darin vermag ich Braun nicht beizustimmen, wenn er glaubt,
daß die Männchen von Zch. filicollis Rud., die nach Braun’s
wichtiger Feststellung die für die Weibchen charakteristische
Umwandlung des Rüssels zur Bulla nicht erleiden, „bisher über-
haupt noch nicht beschrieben wurden.“
Was zunächst die Weibchen von Zch. filtcollis Rud. anbe-
trifft, so sind dieselben, wie auch Rudolphi (1819, p. 327, Nr. 35)
selbst erkannt hat, ganz unverkennbar von Froelich (1802,
p. 70—71, Nr. 38) geschildert, der sie in einer nicht näher be-
zeichneten Wildente gefunden hatte und “ch. forguatus nennt
(vergl. unter diesem Namen). Ferner muß ich ganz wie bereits
Rudolphi darauf hinweisen, daß Æch. lendix (Phipps) gleich-
falls eine auffällige Ähnlichkeit mit Zch. filicollis Rud. zu be-
sitzen scheint. Die Identität dieser beiden Arten würde ich frei-
lich erst dann annehmen können, wenn neuere und zuverlässigere
Angaben darüber vorliegen, daß in Eiderenten Spitzbergens
Echinorhynchen vorkommen, die in ihrem äußeren und inneren
Bau keinerlei Unterschiede gegenüber dem mitteleuropäischen
Lich. fiheollis Rud. erkennen lassen.
Die Männchen von Ech. filicolus Rud. sind zunächst mit
Sicherheit wiederzuerkennen in dem von Froelich (1802) gleich-
zeitig mit den als Ach. forquatus bezeichneten Weibchen gefun-
denen “ch. tenwcollis Froel. (vergl. unter diesem Namen). Ebenso
kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß auch Rudolphi (1819,
p. 330, Nr. 44) die Männchen von &ch. filicollis Rud. selbst ge-
funden hat und zwar in Fulsgula fuligula (L.). Die betreffenden
männlichen Echinorhynchen wurden zwar zugleich mit Weibchen
von Ech. minutus Gze. gefunden und deshalb von Rudolphi
mit diesem zu dem neugeschaffenen Artbegriff Zch. versicolor
vereinigt. Im Gegensatz zu dem rötlichen Zch. minutus Gze.
waren sie nämlich weiß, wie dies nach Braun (1891) für die
Männchen von Zch. filicollis charakteristisch ist. Ihre Lange
betrug 2—3 Linien d. h. ca. 4—7 mm. Ihr Rüssel war „mox
oblonga linearis, mox ovalis“ (nach Braun bei den Männchen
210 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
von Zeh. filtcolles „umgekehrt birnförmig“) und mit 8—12 Quer-
reihen von Haken besetzt. Auch das Vorderende des Rumpfes
trug noch 20—30 Querreihen von Stacheln.
Ferner müssen aber meines Erachtens auch die von Goeze
in der Hausente gefundenen langhalsigen Kratzer, welche Schrank
(1788, p. 26, Nr. 87) Zeh. analıs genannt und Zeder (1800, p. 139
— 141) in Ech. constrictus umgetauft hat, als Männchen von Zch.
filicolis Rud. aufgefaßt werden, ebenso der von Froelich
(1789) in der Gans gefundene “ch. anatis und die von Zeder
(1800) in der Hausente und in Gallinula chloropus (L.) gefundenen
und mit Ech. constrictus vereinigten Echinorhynchen. Goeze’s
Abbildung sowie Froelich’s und Zeder’s Beschreibung dieser
Echinorhynchen stimmen gut mit den Beschreibungen der Männ-
chen von Ech. filicollis Rud. bei Braun (1891), Froelich (1802)
und Rudolphi (1819) tiberein und in Ubereinstimmung hiermit
steht auch, daß Rudolphi (1819) die von ihm gefundenen Männ-
chen von “ch. filicollis mit Ech. constrictus Zed. identificierte.
Hiernach wäre Ech. anadis Schrank, nec Gmel de
prioritatsberechtigte Name der Art und Synonyme desselben
wären außer “ch. fihcollis Rud. noch Ech. boscadis Bosc, Ech.
boschadis Gmel. nec Schrank (während ch. boschatis Froel.,
zweifelhaft bleibt ebenso wie Zch. collarıs Schrank), Ech. con-
stricius Led., Ech. tenuzcollis Froel, Ech. torguatus Froel, Eck:
versicolor Rud. e. p. und Zeh. polymorphus Brems, €) ps aus
zweifelhaftes Synonym kommt noch Zeh. vesiculosus Schrank
hinzu. Zweifelhaft ist auch die Zugehòrigkeit der von Schrank
(1803, p. 215, Nr. 3105) in der Hausente gefundenen und als ZcA.
anatis angesehenen Echinorhynchen, da diese als „oraniengelb“
bezeichnet werden. Vergl. weiteres unter diesen verschiedenen
Namen. Uber die bei der Wiener Helminthensuche gefundenen
Exemplare der Art vergl. unter Ech. polymorphus Brems.
Hinzugefügt sei noch, daß von den in neuerer Zeit unter-
schiedenen Arten Zch. stellaris Mol. nicht aufrecht erhalten
werden kann, sondern unverkennbar die Weibchen der vorstehend
besprochenen Art bezeichnet!).
1) Anmerkung bei der Correctur: De Marval (1904, p. 576) hat neuer-
dings eine von meiner Auffassung wesentlich abweichende Liste der Synonyme von
Ech. filicollis Rud. zusammengestellt, die jedoch zweckmäßigerweise zusammen mit
der Auffassung desselben Autors über die Synonymie von Zch. minutus Gze. be-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 211
Ech. fusaeformis Zed.
Mit diesem Namen belegt Zeder (1803) den “ch. truttae
Schrank. Bei allen späteren Autoren findet sich der Name
jedoch in der Form:
Ech. fusiformis Rud.,
die zuerst von Rudolphi (1809) angewandt wird. Vergl. im
übrigen unter dem prioritätsberechtigten Namen Zch. fruttae,
sowie unter Zch. farionis und Ech. salmonıs.
Eich. gadi Zoega.
Diese Art wird von Zoega in O. F. Müller’s Prodromus
zoologiae danicae (1776, p. 214, Nr. 2599) angekündigt und zur
Charakterisierung nur mit dem Zusatz ,,proboscide cylindrica,
echinata“ versehen, der ja auf sehr viele Echinorhynchen paßt,
aber im Verein mit dem uns durch den Speciesnamen bekannt
gegebenen Wirte genügen würde, um uns in der Art den £ck.
acus Rud. wiedererkennen zu lassen. Bestätigt wird diese Iden-
er dusceh die \bbildungen, weiche © 3, Muller (ere
Taf. XXXVI, Fig. 11—-14) veröffentlichte — allerdings nicht mehr
unter dem Namen Zch. gadi, sondern unter dem neuen Namen
Ech. lineolatus. Daß aber dieser Ech. lineolatus ©. F. Müll. 1777.
identisch ist mit dem Zch. gadı Zoega in O. F. Müller 1776, geht
zur Grenüge aus dem der Figurenerklärung beigefügten Citat „Zool.
d. prodr. 2599“ hervor. Zwei Jahre später publicierte O. F. Müller
(1779, 1, p. 96—98) dann auch eine ausführlichere Beschreibung des
Wurmes, wiederum unter dem Namen Zch. lineolatus, und zwar
giebt Müller zunächst eine kurze Charakterisierung der Art,
die noch von Zoega herrührt (also wieder ein Beweis für die
Identität des Ach. lineolatus mit Ech. gadı, wenn ein solcher noch
nötig wäre), und berichtet erst daran anschließend noch über
einige eigene Beobachtungen. Zch. lineolatus ist hiernach un-
bedingt synonym zu dem prioritätsberechtigten Ach. gadı, welch
letzteren Namen Müller nur deshalb verwirft, weil in den
meisten Gadus-Arten neben Ech. lineloatus auch noch Zch. can-
didus vorkomme. Neben dem Zch. hneolatus (= Ech. gadi) wird
auch von Rudolphi (1800, p. 278— 282, Nr. 23 und 24) anfäng-
sprochen wird und deshalb um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, erst weiter
unten in einem Zusatz zu meiner Besprechung des Zch. polymorphus Brems. berück-
sichtigt werden soll.
212 Liihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete:
lich noch Zeh. acus Rud.. Zeh: candidus OEM
e. p.) als selbständige zweite Art aus Gadus-Arten angeführt,
allerdings schon mit einem gewissen Zweifel. Rudolphi (1802,
p. 52 und 1800, p. 282) betont nämlich, daß Müller beide Arten
fast immer zusammen gefunden habe und daß sich dieselben nur
durch etwas verschiedene Größe und Runzelung unterscheiden
ließen. „Das ist doch ein schwacher Unterschied.“ Rudolphi
neigt daher zu der Annahme, daß Zch. lneolatus ältere und Zch.
candidus sive acus‘“ jüngere Exemplare ein und derselben Art
seien. In der Synopsis (1819, p. 71 und 324, Nr. 32) hat er dann
auch in der Tat die beiden bisher getrennten Arten zu einer
zusammengezogen und nennt diese nunmehr einzige Echino-
rhynchen-Art der mittel- und nordeuropäischen Gadus-Arten mit
dem ihr von ihm selbst gegebenen Namen “ch. acus, unter dem
sie auch bis heute in der Literatur geführt wird, der aber trotz
dieses langjährigen, alleinigen Gebrauches dem Prioritätsgesetze
zu weichen hat.
Außer Ech. hneolatus ©. E Müll., Zeh. acus Rad nd
Lith, candidus ©. EF. Müll. 1770 ‘e. p. sind dann ere noch
synonym zu Æch. gadi Zoega: Ech. candidus O. F. Müll. 1777
nec Zoega 1776 (denn Zch. candidus Zoega 1776 ist, wie bei
dessen Besprechung bereits gezeigt worden ist, ein zweifelhaftes
Synonym von Æch. laevis Zoega 1776 = Ech. proteus Westr.
1821), Zaenia haeruca Pall. 1760 e. p, Zaenia lumbricalis Pallas
1781 und (vielleicht!) ich. Zofkz Gmel. 1791. Feiner ist de 2
noch geführt worden unter der nicht als Speciesnamen anzu-
sehenden Bezeichnung ,,£ck. Gadi virentis bei Rathke 1709,
und unter dem Namen Ascaris versipellis Fabr., dem einzigen
Namen, demgegenüber Zch. gadi Zoega nicht unbedingte Priori-
tät hat, da er auf derselben Seite von O. F. Müller’s Prodro-
mus (1776, p. 214) publiciert ist. Wenn ich den Namen “ch. gadı
als gültig ansehe und Ascaris versipellis als synonym einziehe und
nicht umgekehrt, so tue ich dies deshalb, weil man die Charakteri-
sierung des “ch. gad: im Prodromus trotz ihrer Kürze als zum
Wiedererkennen der Art genügend ansehen kann, während das
gleiche von Ascaris versipellis nicht gilt. In dessen Charakteri-
sierung (,,Asc. versipellis rugosa, compressiuscula, subobtusa
antice subtus orificio lunari. Gr. [d. h. Grönländischer Name:]
Okabkuma“) wird niemand einen Echinorhynchus, geschweige denn
eine bestimmte Art erkennen können. Eine Deutung dieser an-
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 213
geblichen Ascarıs wird vielmehr erst möglich auf Grund der
später von Fabricius (1780, p. 275) publicierten Beschreibung, die
etwas mehr Detail beibringt Im übrigen verweise ich hier be-
zùglich der angeführten Synonyme von “ch. gadi auf deren ge-
sonderte Besprechung.
Westrumb (1821) hat die Art nicht selbst vorgelegen.
Die Echinorhynchen aus Lophius und drei mediterranen Gadus-
Arten, welche Bremser (1811, p. 26) in dem Bericht ùber die
Wiener Helminthen-Sammlung als Zch. acus Rud. anführt, wer-
denmvon Westie mb (16204). 12 IN 18 und Pr EN zi
Ech, pumilio Rud. gezogen.
Als Speciesmerkmale des Zch. gadı werden von Rudolphi
bez. Westrumb und deren Vorläufern angesehen die Größe
(Länge 1—3 Zoll d. h. ca. 25—80 mm, Dicke des cylindrischen
Rumpfes kaum ı Linie d. h. ca. 2 mm), die cylindrische Form
des in schräger Richtung vom Rumpfe entspringenden, 1/2 Linie
(d. h. etwas über ı mm) langen und mit ca. 20 Querreihen von
feinen Haken besetzten Rüssels und das fast völlige Fehlen eines
Halses.
stich. Gadi callariae‘“ Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthen-Sammlung der Kopen-
hasener Mierarzneischule führt Vibore (1705 p. 244, Nr. 207
— 209) auch unbestimmte Echinorhynchen aus Gadus callarıas
an, die wohl der Art Zch. gadı Zoega angehören dürften.
„Elch. Gadi virentis“ Rathke.
Rathke (1799, p. 72) gibt eine Abbildung mit kurzer Be-
schreibung von einem Zchmorhynchus aus Gadus vırens L.
(„Zeiunorhynchus Gadi virentis“), der bereits von /aéricius (1799,
p. 150) für identisch mit „Zeh. candidus oder lneolatus“ erklärt
und von Rudolphi (1809, p. 278) und Westrumb (1821, p. 24)
zu Ech. acus gerechnet wird. In der Tat handelt es sich offen-
bar um Zch. gadi Zoega (= Ech. acus Rud. = £ch. lineolatus
Oe. Mill).
„Ech. galbulae Westr.
Irrtümliches Citat anstatt Zch. alcedinis Westr. bei v. Lin-
Scopo 72. Nr. 362) und’ v. bherine (1902, p. 46).).
1) Anmerkung bei der Correctur: De Marval (1904, p. 583) citiert
abermals anders aber ebenso irrtümlich „Zeh. alcedinis galbulae Westr.“, anschei-
214 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. garzae Zed.
In der Bursa Fabricii und dem Darmkanal des von den
Italienern .,,garza biancha“ genannten Reihers —- wohl Æerodias
garzetta (L.), anstatt dessen in der bisherigen helminthologischen
Literatur freilich immer Zerodias alba (L.) genannt worden ist —
fand Redi (1708, p. >30) Würmer, die ©. F. Müller (17675 ana
und Gmelin (1791, p. 3046, Nr. 16) für Echinorhynchen halten
und die Gmelin Zch. gazae nennt, anscheinend infolge eines
Schreib- oder Druckfehlers statt Zch. garzae. Bosc (1802, p. 7)
druckt diesen Namen dem Gmelin nach, während Zeder ihn
in ich. garzae korrigiert und Rudolphi (1800; p. 307 Nee
sowie 1819, p. 78, Nr. 73); dem sich auch Westrumb (1821,
p. 41, Nr. 80) und die späteren Autoren anschließen, den Fund als
„Lech. Ardeae albae“ verzeichnet. Ist es aber wirklich ein Achinzo-
rhynchus? Ich glaube: nein! Schon das Vorkommen in der Bursa
Fabricii scheint mir dagegen zu sprechen. Redi sagt von den
fraglichen Würmern: „Candidi sunt et lacteo quodam humore
referti, ore suo adeo tenaciter internis canalis parietibus haerentes,
ut vix inde avelli possint absque intestini vel ipsorum vermium
laceratione.“ Das würde ja freilich auf Echinorhynchen passen
können, paßt aber mindestens ebensogut, wenn nicht sogar noch
besser auf Holostomiden, die ja bekanntlich auch gerade die Bursa
Fabricii der Vogel mit Vorliebe heimsuchen. Auf diese sehr viel besser
als auf Echinorhynchen paßt dann auch die von Redi weiterhin
noch betonte Beweglichkeit: „suntque naturae adeo extraordi-
nariae, ut pro lubitu identidem figuram mutent.“ Aus den 7 Ab-
bildungen, die Redi beifügt (Taf. XXI, Fig. 9), läßt sich auch
nend im Anschluß an Diesing (1851, p. 55, Nr. 92), dessen , Ach. Alcedinis gal-
bulae Westrumb“ ich freilich nur als eine registrierende Bezeichnung im Sinne
Rudolphi’s, nicht als einen wirklichen Artnamen ansehe. Wenn de Marval ferner
bemerkt, daß diese Art zu unterdrücken sei („A supprimer"), weil sie niemals be-
schrieben sei, so würde eine solche Entscheidung ja sachlich nur von Vorteil sein
können, indem sie die Wissenschaft von dem Ballast einer ungenügend bekannten
Art befreit. Trotzdem kann ich ihr aber leider nicht beistimmen, ich erblicke viel-
mehr in den Angaben Westrumb’s über die Form des Rumpfes und das Fehlen
des Halses bei Zch. alcedinis Westr. (vergl. unter diesem Namen) eine „Beschrei-
bung“, welche im Sinne der Beschlüsse des V. internationalen Zoologen-Kongresses
genügt, um die formale Giltigkeit des Westrumb’schen Artnamens sicher zu stellen,
so ungenügend sie auch nach Westrumb’s eigener Auffassung ist, um die Art
wirklich zu charakterisieren. Vergl. hierzu auch die Ausführungen von Maehrenthal’s
auf p. 102— 104 dieser Zeitschrift, sowie nachstehend unter „Zeh. Gruis“.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 215
nicht mehr entnehmen als diese Beweglichkeit und die Größe und
allgemeine Form der Würmer. Trotzdem kann man aber unter
Berücksichtigung dieser Größen- und Formverhältnisse und des
Wirtes mit Wahrscheinlichkeit die Schilderung Redi’s auf Strigea
[= Molostomum autt.] longicollis (Duj.) beziehen),
„Ech. Gasterostei aculeati“ Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthensammlung der Kopen-
hasener Merarzneischule führt Viboro (17795, p. 219, Nr)
unter anderem auch unbestimmte Echinorhynchen aus Gasterosteus
aculeatus L. an.
Ech. gazae Gmel.
Siehe vorstehend unter Ach. garzae!
Eich. gibbosus Rud.
Von Rudolphi (1809, p. 292—293, Nr. 30) subperitoneal
in Cyclopterus lumpus L. und Zrachinus draco L. gefunden und
als dem Zch. strumosus Rud. sehr ähnlich erkannt. Sollte sich
jedoch von dem letzteren durch abweichende Bestachelung unter-
scheiden. Wie Mühling (1898, p. 110—114) festgestellt hat, be-
ruht diese Angabe jedoch auf einem Irrtum und ist Ach, gibbosus
die Jugendform von Zch. strumosus.
Rudolph? (1819, p. 73, Ne ol und Westrumb (1827,
p. 32, Nr. 60) führen den “ch. grbbosus an, ohne neues zu bringen.
Ech. gigas Bloch 1782.
Identisch mit Taenza hirundinacea Pallas 1781. Siehe des-
halb unter Ech, hirundinaceus.
Ech. globocaudatus Zed.
Im Darme einer ,,Stockeule“ fand Zeder (1800, p. 128—130)
=
1) Anmerkung bei der Correctur: Aus den oben stehenden Ausfüh-
rungen geht bereits hervor, daß ich de Marval’s (1904, p. 582—583) Auffassung
nicht zu teilen vermag, wenn dieser „Zch. ardeae-albae Rud.“ als Artnamen be-
handelt anstatt als die lediglich registrierende Bezeichnung „ein [scil. ungenügend be-
schriebener und deshalb nicht zu bestimmender] Zchinorhynchus aus Ardea alba“
und wenn de Marval ferner erklärt, diese Art sei zu unterdrücken (,à supprimer‘),
weil sie nie beschrieben sei. Eine alte Beschreibung der Art existiert und wenn auch
„Zch, Ardeae albae“ Rud. kein Artname ist, für die formale Giltigkeit des Artnamens
Ech. garzae war eine nochmalige Beschreibung nicht erforderlich, genügte vielmehr
das Citat der alten Beschreibung durch Redi. Vergl. hierzu auch die vorstehende
Anmerkung, sowie die dort bereits citierten Ausführungen v. Maehrenthal’s.
216 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
einen Zchinorhynchus, welchen er als Vertreter einer neuen Art
ansah und Ech. globocaudatus taufte. Eine genauere Bestimmung
des Wirtes konnte Zeder nicht vornehmen, da er nur dessen
Därme mit der oben wiedergegebenen Bezeichnung von einem
Jäger erhalten hatte. Rudolphi deutete diese Stockeule auf
Glaucidium passerinum (L.), eine Annahme, die schon wegen der
Seltenheit dieser Art in Deutschland wenig wahrscheinlich ist.
Nach Naumann wird der Name „Stockeule“ gebraucht für
Syrnium aluco (L.) und Pısorhna scops (L.), während außerdem
noch Glaucidium noctua (L.) als „kleine Stockeule“ bezeichnet
wird. Für Glaucidium passerinum (L.) habe ich dagegen den
Namen „Stockeule“ nicht nachweisen können. Hiernach spricht,
wenn auch der Wirt der Originalexemplare von Zch. globocaudatus
mit Sicherheit natürlich nicht feststellbar ist, doch die verhältnis-
mäßig größte Wahrscheinlichkeit dafür, daß es sich weder um
die „kleine Stockeule‘“ noch um die in Deutschland recht seltene
Pisorhina scops (L.) gehandelt habe, sondern um Syruz0m aluco (L.)
in dem später auch Nitzsch und Bremser Echinorhynchen
fanden, die als Ach. globocaudatus bestimmt wurden (vergl. Ru-
dolphi. 1819, p. 66 und 314, Nr. 13 und Westrumb Tess pe
Nr. 13). Auch mir vorliegende, von v. Linstow als Zch. globo-
caudatus Zed. bestimmte Echinorhynchen sind in dem gleichen
Wirte gefunden (vergl. Mühling 1898, p. 55, Nr. 231). Hiernach
erscheint nicht ausgeschlossen, daß Zeh. globocaudatus Zed.
identisch ist mit ch. aluconis O. F. Müll. Trotzdem kann letz-
terem Namen bisher kein Prioritätsrecht zugestanden werden, da
die Identität beider Arten nicht bewiesen ist. (Vergl. hierzu unter
Ech. aluconts.)
Zeder selbst betont in seiner Beschreibung des Zch. globo-
caudatus die Ähnlichkeit mit Zch. nycteae Schrank, der ja von
Goeze gleichfalls in Syrnzum aluco (L.) gefunden worden war,
sowie mit Ech. duteonis Schrank, um dann freilich fortzufahren:
„So nahe auch diese drey Kratzer unter einander verwandt zu
seyn scheinen, eben so sehr sind sie von einander verschieden.“
Von den drei Unterschieden, die Zeder anführt, hält freilich kein
einziger einer ernsten Kritik stand.
1. Soll Zeh. globocaudatus einen deutlichen Hals besitzen,
der einen geringeren Durchmesser habe als Rüssel und Rumpf
und daher deutlich hervortrete, während doch bei den beiden
anderen Arten ein solcher Hals fehlt Rudolphi (8190, pee
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 217
und 314, Nr. 13) und Westrumb (1821, p. 20, Nr. 13) haben
aber auch bei den von ihnen für Ech. globocaudatus gehaltenen
Kratzern keinen Hals gefunden und glauben, daB Zeder den
hinteren mit kleineren Haken besetzten Teil des Rüssels, d. h.
denselben Abschnitt, den Creplin (1829, p. 46) und neuerdings
wieder de Marval (1902, p. 11) als „Hals“ bezeichneten, für den
Hals gehalten habe. Dies ist auch um so wahrscheinlicher, als
ein Æchinorhynchus mit deutlich hervortretendem unbewaffneten
Halse, soweit ich die Literatur kenne, in Eulen nie wieder ge-
funden ist.
2. Soll bei den drei Arten die Form des Rüssels eine ver-
schiedene sein: bei Ach. globocaudatus Zed. kegelformig abge-
stumpft, bei Zch. duteonis Schrank lang und walzenförmig, bei
Lich. nycteae umgekehrt kegelförmig abgerundet. Auch mit diesen
Unterschieden ist aber nicht viel anzufangen, da die Form des
Rüssels bis zu einem gewissen Grade durch Contraction ver-
ändert werden kann. Rudolphi und Westrumb bezeichnen
beide den Rüssel von £ck. globocaudatus als „medio incrassata“
und ich selbst finde bei den bisher von mir untersuchten Echino-
rhynchen aus verschiedenen Eulen und Bussarden den Rüssel
stets in derselben Weise gebaut und zwar entsprechend den An-
gaben von Marotel (1899, p. 293) über Zch. tenutcaudatus
Marotel und von de Marval über Ach. caudatus Zed. (1902,
Pp. 433, wo freilich das Receptaculum proboscidis viel zu kurz
gezeichnet ist).
3. Sollen die fraglichen drei Arten sich auch noch durch ihr _
Hinterende unterscheiden. “ch, globocaudatus erhielt seinen Namen
in Rücksicht auf eine „Kugel am Schwanzende“, in welche der
Körper hinten „erweitert“ ist, welche aber „nicht bei allen gleich
geformt; bey zween geht aus der Nebenseite der Kugel eine all-
mählich verengerte, vorne abgerundete, krumm gebogene Röhre,
wodurch diese Kugel einer Retorte sehr nahe kommt, bey den
zween übrigen bemerke ich an gedachter Nebenseite nur einen
länglichten Spalt ohne Röhre.“ Diese Angaben sind, zumal Ab-
bildungen fehlen, nicht gerade sehr klar, aber doch wohl nur so zu
deuten, daß die „Röhre“ die Bursa des Männchens, die „Kugel“
dagegen nur das etwas erweiterte Hinterende des Rumpfes dar-
stellt; der „Spalt“ würde dann die Genitalöffnung des Männchens
bei zurückgezogener Bursa bezeichnen müssen, falls er nicht über-
haupt auf einer irrtümlichen Beobachtung beruht. Die Exemplare
218 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
mit der retortenförmigen Röhre sollen nun nach Zeder so stark
an Ech. nycteae Schrank erinnern, daß er sie anfanglich dieser
Art zuzählen wollte. (Freilich kann Zeder sich hierbei nur auf
Goeze’s Taf. XI, Fig. 8 stutzen, die sehr wenig natiirlich aus-
gefallen ist.) „Jene hingegen, welchen die retortenförmige Röhre
fehlt, schienen mir mehr Ähnlichkeit mit dem Busshartskratzer
zu haben, an welchem Goeze eine Schwanzblase angemerkt hat.
a ea Der kugelschwanzige würde dann zwischen den beiden
[anderen Arten] stehen.“ Wo bleiben aber hier präcise Species-
Unterschiede bestehen, wenn es sich bei der verschiedenen Ge-
staltung des Hinterendes nur um Geschlechtsdimorphismus han-
delt, was doch auch Zeder bereits für möglich hält? Und anderer-
seits ist die ,Schwanzblase“, welche Goeze bei Ach. buteonts
beobachtete, unzweifelhaft die Bursa des Männchens, entspricht
also der „retortenförmigen Röhre“ und nicht der „Kugel am
Schwanzende“ bei Zeder. Jedenfalls ist also auch der dritte
von Zeder angeführte Unterschied zwischen den fraglichen drei
Arten nicht ausreichend, um die von ihm vorgenommene Auf-
stellung einer neuen Art ais genügend begründet erscheinen zu
lassen, trotzdem eine neuere Arbeit von Marotel (1899) in der
Tat an die Möglichkeit denken läßt, daß bei den Echinorhynchen
der mitteleuropäischen Eulen die Gestaltung der Bursa vielleicht
zur Unterscheidung mehrerer Arten verwertet werden kann.
Wenigstens unterscheidet Marotel eine ebenfalls in ‚Syrarum
aluco (L) gefundene Echinorhynchenart als Echinorhynchus tenui
caudatus n. sp. unter anderem dadurch von Zch. globocaudatus,
daß er die erheblich geringere Größe der Bursa bei der neuen Art
betont. De Marval (1902, p. 437) hat dann freilich Ach, fenuicau-
datus Marotel ebenso wie Ech, globocaudatus Zed. als identisch
mit Zch. caudatus Zed. (= Ech. buteonts Schrank) bezeichnet,
ohne aber auf Details der Organisation einzugehen und speciell
ohne überhaupt die Bursa zu erwähnen. (Vergl. hierzu auch
unter “ch. tumidulus Rud. den de Marval gleichfalls als
identisch mit Ech. duteonis Schrank ansieht, sowie unter Zch.
aluconis O. F. Müll.) Die Arbeit de Marvai’s nötigt mich
aber noch zu einer weiteren Bemerkung. Derselbe stützt sich
nämlich bei seiner Annahme, daß Zch. caudatus Zed. die Jugend-
form und Zch. globocaudatus Zed. das erwachsene Stadium ein
und derselben Art darstellen, darauf daß „Zeder, en decrivant
son £. caudatus, n’a point décrit les œufs, ce qui me fait croire
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 219
qu’ ils n’ étaient pas tout a fait murs, tandis qu’ au contraire il
les décrit très soigneusement pour son Æchinorhynchus globo-
caudatus. Dieser Ausspruch muß auf einem Versehen beruhen,
denn ich kenne weder eine von Zeder gelieferte Beschreibung
des Zch. caudatus Zed., es sei denn die kurze, lediglich auf
Goeze’s Angaben beruhende Diagnose (Zeder 1803, p. 153,
Nr. 12), noch finde ich in Zeder’s Beschreibung des Zch. globo-
caudatus Zed. (1800, p. 128—130) eine auch noch so kurze Er-
wähnung der Eier dieser Art.
Zeder (1803, p. 153, Nr. 13) bringt nur eine kurze Diagnose
des Æch. globocaudatus. Auch Rudolphi’s Angaben in der
Historia naturalis (1809, p. 264—265, Nr. 11) beruhen ausschließ-
lich auf der von Zeder (1800) gelieferten Beschreibung, aus der
noch die auf ı°/a bis 21/2 Zoll, d. h. ca. 45—70 mm angegebene
Länge der Art nachzutragen ist. Später hat Rudolphi (1819,
p- 66 u. 314, Nr. ı3) die Art selbst kennen gelernt auf Grund
von Exemplaren, die Nitzsch gefunden und ihm übersandt hatte.
Dieselben waren ı--ı!/2 Zoll d. h. ca. 27—4o mm lang und hatten
24 Querreihen von Haken am Rüssel. Einen Vergleich zwischen
Lich. globocaudatus Zed. und dem von ihm selbst früher gefun-
denen Zch. tuba Rud. welchen Dujardin später mit Zck. globo-
caudatus Zed. identificierte (vergl. unter £c4. Zuba Rud.), hat
Rudolphi (1819) aber nicht zu ziehen versucht.
Bremser hat nach Westrumb- (1821, p. 23, Nr. 20 und
p. 69) bei Untersuchung von 79 Exemplaren von Syruzum aluco
(L.) den Zch. globocaudatus Zed. 46 mal gefunden. Die Zahl der
Reihen, in denen die kleinen Haken angeordnet sind, wird nur
als sehr groß („plurimis seriebus“) angegeben. Einen näheren
Vergleich mit den anderen ähnlichen Arten, speciell mit dem von
ihm selbst untersuchten Zch. buleoms Schrank (siehe diesen)
hat aber auch Westrumb nicht versucht.
Zusatz bei der Correctur: Seitdem obiges geschrieben wurde,
hat de Marval (1904, p. 573 und 575) in seiner bereits vorstehend in einigen
nachträglichen Zusätzen und Anmerkungen berücksichtigten Arbeit seine
frühere Auffassung der Raubvogel-Echinorhynchen insofern einer Revision
unterzogen, als er dieselben jetzt nicht mehr zu einer einzigen Art zusammen-
faßt, sondern zwei verschiedene Arten annimmt. Er nennt diese Ech. aluconis
O. F. Müll. und ,, Ech. buteonis Goeze“ (müßte heißen Ech. buteonis Schrank,
da Goeze seinem „Busshardtskratzer“ noch keinen wissenschaftlichen Namen
gegeben hat — vergl. außer unter Ech. buteonis auch die nachträglichen Zu-
sätze unter Ech. fasciatus Westr. und Ech. polymorphus Brems.). Als
Zool. Annalen. I. ie
220 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
synonym zu Ech. buteonis Schrank werden aufser dem unbedingten Synonym
Ech. caudatus Zed. noch angeführt: Ech. buteonis Froel., polyacanthus
Crepl., fenuicaudatus Marotel, acanthotrias v. Linst. und tumidulus Rud.
— als synonym zu Ech. aluconis O. F. Müll. dagegen: „Ech. stridulae Goeze“
(kein bei Goeze vorkomniender Name!) — Ech. nycteae Schrank = Ech.
strigis Gmel. Ech. aequalis Zed. = „Ech. strigis-auriculate Goeze“ (kein
bei Goeze vorkommender Name!) = Ech. ofidis Schrank = Ech. scopis
Gmel., Ech. caudatus Brems. (nec Zed.!), Ech. contortus Mol. Ech. croaticus
Stoss., Ech. globocaudatus Zed., Ech. inaequalis Rud., Ech. polyacanthoides
| Crepl. und endlich Ech. mergi Gmel. = Ech. bacillaris Zed. Was bei der
von de Marval vorgenommenen Revision der Vogel-Echinorhynchen aus
Ech. tuba Rud. geworden ist, ist aus der bisher allein vorliegenden vor-
laufigen Mitteilung noch nicht zu ersehen. Frheblich weniger wichtig ist das
Fehlen von Ech. aluconis Froel., welches überhaupt nur dadurch bemerkbar
wird, daß Ech. buteonis Froel. besonders angeführt ist. Ganz unverständlich
ist mir dagegen bisher, wie Ech. mergi Gmel. (vergl. weiter unten unter
diesem Namen) unter die Synonyme von Zeh. aluconis geraten konnte.
Was nun die Unterschiede der beiden von de Marval angenommenen
Arten anbelangt, so werden beide als weißlich und glatt bezeichnet, aber nur
bei Ech. buteonis wird noch der Zusatz gemacht: ,renflé en avant“. Der
Rüssel wird bei beiden als konisch bezeichnet, aber außerdem bei Ech. alu-
conis als ,obovale“, bei Ech. buteonis als „arrondi au bout, ou piriforme“;
sein hinter der Insertion des Receptaculum proboscidis gelegener Teil wird
von de Marval als Hals unterschieden und bei £ch. aluconis als cylindrisch,
bei Ech. buteonis als konisch bezeichnet. Sonst werden (außer einer auch
durch Zahlen näher präcisierten Angabe über die verschiedene Eiform) nur
noch Zahlangaben gemacht:
Ech. aluconis Ech. buteonis
P-moesderslierer ne EEE 3-45 mm 3-40 mm
Zahl der Längsreihen der Russel! Faken MP 21-20 3032
Zahl der Haken in jeder Längsreihe:
a) vor der Insertion des Receptaculum probos-
CIGIS PRE Ngee 78 Te
b) hinter der Ion. aes Recepten pro-
boseidis Se EWR: 5—6 5—6
Eier: |
AMAR ee ae 5 OOO OM Tel 0,0600 mm
DirBrete a ie tn ee 82.0,0182 5 0,0182 0/02/0989
c) Anzahl der Eihüllen GEBETEN te RE 3 3
Wenn man diese Unterschiede, unter denen die verschiedene Eiform
jedenfalls am auffälligsten und wichtigsten ist, vergleicht, so bleibt es zunächst
noch unklar, wie die von O. F. Müller und Goeze mit der sehr viel un-
vollkommeneren Methodik ihrer Zeit beschriebenen Kratzer mit den beiden
von de Marval geschilderten Arten identificiert werden konnten — es sei
denn, daß etwa noch vorhandene Originalexemplare Müller’s und Goeze’s
untersucht werden konnten.
Bereits bei Besprechung des Ech. aluconis O. F. Müll. habe ich ja eine
Revision der Raubvogel-Echinorhynchen als dringend erforderlich bezeichnet.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 221
Ich habe auch dort bereits (auf p. 168) auf Differenzen in den Angaben über
die Eigröße hingewiesen. Auffälligerweise stimmt aber keine jener früheren
Angaben (am wenigsten diejenige von de Marval selbst) mit den jetzigen,
für die Artunterscheidung benutzten Angaben de Marval’s überein. Nach-
stehende Tabelle dürfte deshalb nicht ganz ohne Nutzen sein:
Ei-Länge Ei-Breite
Behr almeonis,.de Narr val’(1904,.:p..573) tn 304080 18,2 u
Men rouicous de Marval (1904, pi 375% u. 28. 60 u 18,2—20 u
Ech. acanthothrias v. Linstow (1883, p. z (== Beh:
buteonis de Marval 1904] . . 56 u DE
Ech. tenuicaudatus Marotel eee, Be 2 = EA hope
de Marval G04). 4 SO 28 u
Echinorhynchen aus ver ter Rambo es
Originale von Ech. caudatus Brems. (nach Lihe,
vers oben D 160) tae: Ie AO 220017
yEchinorhynchus LARA nach einer Angabe
Marotels (1899, p. 302), die anscheinend auf einem
Citat beruht, deren Quelle jedoch nicht angegeben und
mir auch sonst bisher noch nicht bekannt geworden ist 67—72 u 27-32 u
Ech. caudatus de Marval (1902, p. 436) [die beiden jetzt
uniersehiedenenzAricnsamfassend[ ose n. 80 u go u
Auch wenn wir bei diesen Zahlangaben die Fehlergrenzen in Rechnung
ziehen, welche durch die „persönliche Gleichung“ bedingt sind (wenn ich diesen
Fachausdruck der Astronomen hier anwenden darf), so bleiben doch noch
sehr auffallende Unstimmigkeiten zurück und es ist deshalb zunächst abzu-
warten, ob die ausführliche monographische Bearbeitung der Vogel-Echino-
rhynchen durch de Marval diese Unstimmigkeiten bereits in befriedigender
Weise aufklären wird.
Mit Rücksicht darauf, daß neuerdings auch v. Maehrenthal eine ähnlich
radicale Stellung in Nomenclaturfragen einnimmt wie Stiles, mag es viel-
leicht nicht ganz überflüssig erscheinen, wenn hier zum Schluß noch der
durchsichtige Druckfehler , Ech. globocuadatus“ bei v. Linstow (1878, p. 109,
Nr. 640) erwähnt wird.
Ech. globosus Westr.
In dem von Westrumb (1821) publicierten Protokoll der
Wiener helminthologischen Untersuchungen findet sich auf p. 79
die Notiz, daß bei Untersuchungen von 43 Aalen, Anguzlla angu-
ela (L.), ımal ein Echinorhynchus im Darme gefunden sei, der
Ech. globosus genannt wird. Es handelt sich offenbar um einen
Druckfehler, indem Zch. anguillae O. F. Müll. = Ech. globu-
losus Rud. gemeint ist, zumal diese Art nach Bremser (1811,
p. 26) in der Wiener Helminthensammlung vertreten war. Vergl.
daher im übrigen unter den beiden eben genannten Namen.
15*
222 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. globulosus Rud.
Unter diesem Namen schildert Rudolphi (1802, p. 49—51
und 1809, p. 259—261) Echinorhynchen, die er mehrfach in
Anguilla anguilla (L.) gefunden hat und die seiner eigenen,
offenbar berechtigten Auffassung nach identisch sind mit ch.
anguillae O. F. Müll. 1780, so daß letzterer Name Priorität hat.
Siehe daher unter ihm Weiteres über diese Art.
Auf seiner italienischen Reise fand dann Rudolpi (1819,
p. 65—66 und 313—314, Nr. 10) im Darm einer Reihe von Mittel-
— Gobius niger L., Dentex dentex (L.), Corvina
umbra (L.) [= Sciaena umbra L. nec Cuv. = Corvina nigra Cuv.
& Val], Sphyraena sphyraena (Gmel.) [= Sphyraena spet Lac.
= Sph. vulgaris Cuv. & Val.] und Zucıtharus lnguatula (L. nec
O. F. Mill.) — Echinorhynchen, die er zusammen mit solchen,
die die Wiener Naturforscher in Gobrus aphya Risso nec L. =
Gobius quadrimaculatus Cuv. & Val. und in Gobrus jozo L. ge-
funden hatten, zu “ch. globulosus Rud. zog. Daß seine frühere
Schilderung dieser Art auf die mediterrane Form nicht völlig
paßte, fiel ihm freilich selbst bereits auf. Da er aber seine
Originalexemplare der Art verloren hatte, konnte er einen direkten
Vergleich nicht vornehmen und er war überzeugt, daß die medi-
terrane Form, falls sie wirklich nicht mit Ach. e/obulosus iden-
tisch sei, demselben mindestens außerordentlich nahe verwandt sei.
Der von ihm selbst hervorgehobene Unterschied betrifft den Hals,
den er bei den mediterranen Exemplaren sehr kurz fand. Einen
weiteren Unterschied bietet aber auch die Länge der ganzen
Tiere, die zwar nur für die Exemplare aus Sczaena umbra ange-
geben wird, dort aber mit nur ı!/a— 3 Linien d. h. ca. 3—7 mm
hinter derjenigen von Æch. anguillae O. F. Müll. zurückbleibt,
Auch betont Rudolphi mehrfach die gelbliche (,,flava“) Barbar
der Exemplare.
Westrumb (1821, p. 11, Nr. 17) hat den eigentlichen Eck.
globulosus Rud. = Ech. anguillae O. F. Mill. nicht untersucht,
obwohl ihm derselbe vorgelegen zu haben scheint (vgl. außer
Ech. globosus auch unter Ech, transversus Rud.). Die von ihm
wirklich untersuchten Echinorhynchen, welche er zu Zch. glo-
bulosus R ud. rechnet, entstammen vielmehr. wiederum sämtlich
Mittelmeerfischen. Zu den beiden bereits von Rudolphi ge-
nannten Wirten Gobus aphya Risso nec L., in dessen Darm
die Echinorhynchen bei 21 Untersuchungen 15mal gefunden
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 223
worden waren, und Godius 7020 L., von dessen zur Untersuchung
gelangten 139 Exemplaren 105 den Parasiten beherbergten,
kommen noch hinzu Scorfaena scrofa L., von dem 26 Exemplare
untersucht wurden mit nur einmaligem Funde des Æchinor hynchus
(vergl. auch unter „Zch. Scorpaenae“ Rud.), und Zeus faber L.,
in dem die Echinorhynchen 4mal gefunden wurden bei 15 Unter-
suchungen (vergl. auch unter „ch. fabri‘ Rud.). Die in diesen
4 Fischen gefundenen Echinorhynchen werden von Westrumb
einzeln geschildert, im wesentlichen übereinstimmend ınit Rudol-
phi’s vorstehend citierten Angaben.
Bereits Creplin (1825, p. 29—34) hat die Überzeugung ver-
treten, daß die Angaben Rudolphis und Westrumb’s über
diese mediterranen Echinorhynchen sich auf eine von Zch. an-
guillae O. F. Müll. = Zch. globulosus Rud. 1809 verschiedene
Art beziehen müssen und Dujardin (1845, p. 533—534, Nr. 57)
hat sich dieser Auffassung angeschlossen und die mediterrane Art
Lich. propinguus genannt. Da er dieselbe aber selbst ebenso
wenig untersucht hat wie Creplin, so sind als Originale dieses
Lich. propinquus Duj. die nach dem bereits erwähnten Verlust
der Echinorhynchen des Aales noch vorhandenen Originalexem-
plare von Zch. globulosus Rud. anzusehen.
ssEch. Gobii“ Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthensammlung der Kopen-
hagener Tierarzneischule führt Viborg (1795, p. 244, Nr. 214)
auch einen Echinorhynchus aus Gobrus an, der hiernach auch von
Rudolphi (1809, p. 309, Nr. 47) citiert wird.
„LEch. Gobii“ Rud.
In der Synopsis gebraucht Rudolphi (1819, p. 79, Nr. 84)
dieselbe Bezeichnung „Zch. Gobu“, dagegen in ganz anderem
Sinne — nämlich für Echinorhynchen, die bei der Wiener Hel-
minthensuche in Coffus gobio L. gefunden worden waren, die
Bremser (1811,p. 26) bereits in seinem Bericht über die Wiener
Helminthensammlung als neue Art verzeichnet hatte und die später
von Westrumb (1821, p. 37 — 39) als Ech. proteus Westr.
= Lich, laevis Zoega) bestimmt wurden.
Ech. gracilis Rud. nec Van Bened.
Dien ist vorne Rudeolphi (1810 p. 68 und 319, Nr. 22)
aufgestellt für Echinorhynchen, welche Treutler im Darme von
224 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Coracias garrula L. gefunden hatte. Länge 1—1'/a Linien d. h.
ca. 2—21/2 mm, Rüssel cylindrisch, am Scheitel abgerundet, mit-
unter fast keulenförmig, dicht besetzt mit den in 10—12 Quer-
reihen angeordneten Haken’). Ein Hals fehlt, der Rumpf mitunter
am Vorderende etwas verdickt, aber im allgemeinen cylindrisch.
An seiner Oberfläche fielen große runde „Poren“ auf (wahrschein-
lieh “die Kerne der Hautschicht, vergl. unter. ZA rama Die
langen Lemnisken werden noch besonders angeführt.
Mit dieser Art identificiert Westrumb (1821, p. 20, Nr. 36)
Echinorhynchen, die in Wien bei Untersuchung von 38 Exem-
plaren von Coractas garrula L. einmal gefunden wurden. Die-
selben waren freilich wesentlich größer, 4—6 Linien d.h. 8—13mm
lang und in Zusammenhang hiermit steht wohl auch, daß West-
rumb die von Rudolphi geschilderten „Poren“ nicht fand
sondern anscheinend zahlreichere kleinere Kerne (,,hinc illincve
puncta rotunda insculpta in superficie obvia quae pori forsan vi
spiritus contracti“). Die Haken des Rüssels bezeichnet Westrumb
als klein, die Zahl ihrer Querreihen gibt er auf Io an.
Nicht zu verwechseln mit Ech. gracılıs Rud. ist Ech, gra-
cuis Van Bened. nec Rud, welcher von Van Beneden (1870,
p. 28, Taf. V, Fig. 7) in „Mugu chelo“ gefunden wurde und, wie
bereits auf p. 164 erwähnt wurde, allem Anschein nach mit Zch.
agılıs Rud. identisch ist. Sein Wirt ist übrigens offenbar nicht
der mediterrane J/ugil chelo Cuv. & Val., sondern der Maugıl
septentrionals Günther der Nordsee (= Mugi! chelo Yarr.,
neerCuv..& Mal.)
„Ech. Gruis“ Rud.
Bei Untersuchungen von 5 Kranichen, Grus grus (L.) =
Ardea grus L. = Grus cinerea Bechst. wurde in Wien einmal
ein einzelner Zchmorhynchus gefunden, der von den Echino-
rhynchen der Reiher sehr erheblich abweicht, so daß Westrumb
(1821, p. 41, No. 79) deshalb glaubt, daß der Kranich überhaupt
nicht als sein normaler Wirt anzusehen sei. Benannt wird die
Art jedoch nicht, vielmehr führt Westrumb sie noch ebenso
wie bereits Rudolphi (1819, p. 78, Nr. 71) einfach als „Zc%.
Gruis an. Das einzige Exemplar war 2 Linien d. h. ca. 4,5 mm
lang und 4/4 Linie d. h. ca. 0,5 mm dick. Der Rüssel ist groß,
1) Anmerkung bei der Correctur: Nach de Marval (1904, p. 577
Nr. 9) hat Ech. gracilis Rud. 16 Längsreihen von je 8—10 Haken am Rüssel.
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 225
cylindrisch, mit ca. 12 Querreihen von Haken; der Hals sehr
kurz, fast fehlend; der Rumpf in der Mitte etwas verdickt.
Zusatz bei der Correctur: Auch hier also existiert entgegen der
Auffassung de Marval’s (1904, p. 582—583) eine, wenn auch kurze, Beschrei-
bung, welche die formale Giltigkeit eines Artnamens zur Folge haben müßte.
(Vergl. die nachträglichen Anmerkungen zu Ech. galbulae und Ech. garzae.)
„Ech. Gruis“ ist aber gar kein Artname, sondern bedeutet nur „ein [scil. un-
genügend bekannter und deshalb nicht zu bestimmender] Zchinorhynchus
aus Grus.“
ssEch. Haematopodis.“
Unter dieser besonderen Bezeichnung schildert Rudolphi
(1819, p. 670—671) die aus //aematopus ostralegus stammenden
Exemplare von Zch. sphaerocephalus Brems. Vergl. deshalb unter
dem letzteren Namen.
Ech. haeruca (Pall. e. p.) Rud. nec Lam.
Während Pallas unter dem Namen Taenia haeruca (siehe
diesen) mehrere Echinorhynchen-Arten zusammengefaßt hatte,
beschränkte Rudolphi (1802, p. 56—57) den Speciesnamen
haeruca auf die von Schrank (1788) Ach. ranae genannte Art.
Dieser Speciesname ch. haeruca Rud. ist seitdem in allgemeinem
Gebrauche, kann aber trotzdem wie eine Reihe anderer Ru-
dolphi’scher Namen nicht als giltig angesehen werden, da er
homonym ist zu dem ein wenig älteren, nachstehend besprochenen
Ech. haeruca Lam. 1801. Prioritätsberechtigter giltiger Name
für den Froschkratzer ist infolgedessen ch. ranae Schrank.
Siehe daher Weiteres über die Art unter diesem letzteren Namen.
Ech. haeruca Lam. nec Rud.
Lamarck (1801, p. 336) nennt den Pseudoechinorhynchus
Gze. = Ech. muris Schrank, welchen er zusammen mit Zch.
gigas als Vertreter der Gattung Achinorhynchus anführt, Ech.
haeruca. Wahrscheinlich ist er hierbei durch Gmelin (1791)
beeinflußt worden, der dieselbe Art //aeruca muris genannt hatte,
den er aber freilich nicht citiert. Mit Sicherheit ist eine solche
BeeinfluBung durch Gmelin dagegen bei Bosc anzunehmen,
welcher (1802, p. 4) die gleiche Art unter dem Namen
Ech. haerucae Bosc
anführt. Vergl. Weiteres über diese Art unter “ch. muris Schrank.
„Ech. Haliaëti Rud.
Bei der Untersuchung von 8 Flußadlern, Pandion halaetus
226 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
(L.), in Wien wurden einmal, und zwar erst nach der Publication
von Bremser’s Bericht über die Wiener Helminthensammlung,
Echinorhynchen gefunden, die Rudolphi (1819, p. 76, Nr. 57)
als „Zeh. Haliaétt“ registriert, worin ihm auch Westrumb (1821,
p- 40, Nr. 70) folgt, da die Art wegen des zurückgezogenen
Rüssels nicht sicher bestimmbar sei. Doch meint Westrumb,
daß es sich vielleicht um “ch. caudatus Zed. (d. i. Ech. buteonis
Schrank) handele.
Ech. hippuris Zed.
Die von Bosc (1797, p. 9 und 1802, p. 11—13) unter dem
Namen Zentacularia coryphaenae beschriebene Tetrarhynchenlarve
aus Coryphaena hippuris (L.) ist von Zeder (1803, p. 160, Nr. 34)
unter dem Namen Zch. hippurıs der Gattung Lchinorhynchus
eingereiht worden. Rudolphi (1809, p. 320—322) hat sie jedoch
aus dieser bereits wieder eliminiert und unter Verwerfung des
Gattungsnamens 7en/acularia sowohl wie der dem Namen des
Wirtes entlehnten Speciesnamen in Zetrarhynchus papillosus um-
getauft.
Eeh. hirundinaceus (Pall) = 7aema hirundinacea Pallas
1781 = Echmorhynchus gigas Bloch 1782.
Wahrscheinlich bezieht sich die bereits in dem Abschnitt
über die allgemeine Geschichte der Echinorhynchenforschung er-
wähnte Angabe von Frisch (1727, p. 47) auf den Æchinorhynchus
gigas, wie dies bereits Rudolphi (1808, p. 28 und 18009, p. 251)
vermutet hat. Die älteste unzweideutige und von einer Abbildung
(Tab. IX, Fig. 3) begleitete Schilderung dieser Art findet sich
dagegen erst bei Pallas (1775, p. 454), zunächst noch ohne Be-
nennung. Einige Jahre später aber kommt Pallas (1781, p. 107)
noch einmal auf dieselbe Art zurück und nennt sie nunmehr
Schweinewurm oder Zaenta hirundinacea, welcher Name zwar
seitdem nie wieder gebraucht worden ist, aber unbestreitbares
Prioritätsrecht hat. Den seither allgemein üblich gewordenen
Namen Echinorhynchus gigas haben Bloch (1782, p 28 77
Taf. VII, Fig. 1—8) und Goeze (1782, p. 143 ff., Taf. X, Fig.
ı—6) anscheinend unabhängig voneinander aufgestellt. Wohl
ist Bloch’s Abhandlung von der Erzeugung der Eingeweide-
würmer früher erschienen, als Goeze’s Versuch einer Natur-
geschichte der Eingeweidewürmer. Aber die letztere war doch
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 227
„schon über die Hälfte abgedruckt“ — und die Besprechung des
Echmorhynchus gigas findet sich auf p. 143— 150 des 472 Seiten
umfassenden Buches —, als Goeze Kenntnis von Bloch’s Ab-
handlung erhielt (vergl. Goeze 1782, Vorrede p. VI).
Bloch (1782) hat bereits die beiden Geschlechter richtig
unterschieden auf Grund der viel erheblicheren Größe der Weib-
chen und der verschiedenen Gestalt des Hinterendes. („Das
Weibchen hat ein zugespitztes, das Männchen aber ein stumpfes
Schwanzende, an welchem eine längliche Furche wahrzunehmen
ist.“) Goeze (1782) hat diese Zweigeschlechtigkeit noch nicht
erkannt, scheint vielmehr die auch von ihm beobachteten Größen-
unterschiede nur als Altersunterschiede auffassen zu wollen, wenn
er sagt: „Es waren Würmer von dreyerley Größe: recht große,
mittlere und wahre Junge“ und an einer anderen Stelle einfach
von „Alten und Jungen“ spricht. Dagegen fügt er seiner Schil-
derung der äußeren Erscheinung der Würmer noch einen beson-
deren Abschnitt über die „Anatomie des Wurms‘“ an, der nament-
lich über das Receptaculum des Rüssels, die Retractoren dieses
Receptaculums, die Lemnisken und die Eier sorgfältige, bereits an
anderer Stelle (vergl. oben p. 153— 156) gewürdigte Angaben enthält.
SC (7783,29, 21, Ne. 72: und31803..p. 2471 >21
Nero) Gmelin (17917 p. 30444 Nr 3) unde Bose .(1802,Pp.55)
geben nur kurze Diagnosen auf Grund der Arbeiten von Bloch
(1782) und Goeze (1782). Auch die Angaben Rudolphi’s
(1793, p. 18—19; 1802, p. 46—47; 1809, p. 251—253) enthalten
nichts wesentlich Neues, beschranken sich vielmehr in der Haupt-
sache auf eine kritische Würdigung der älteren Literatur, die um
eine neue Beschreibung zu vermehren Rudolphi (1802) für über-
flissig hält. Doch hat derselbe den Parasiten außer im Haus-
schwein auch im Wildschwein gefunden. Dagegen hat Zeder
(1800, p. 119—122) noch eine auf eigenen Untersuchungen be-
ruhende sorgfältige Beschreibung geliefert, indem er zugleich
anscheinende Widersprüche in den Angaben von Bloch (1782)
und Goeze (1782) zu erklären sucht durch verschiedene Con-
tractionszustande des Rüssels, sowie durch den Hinweis, daß
Goeze, der nur 3 Reihen von Haken zählt, offenbar nur die in
gerader Richtung hintereinander stehenden Haken als verschie-
denen Reihen angehörig ansah, ohne die Quincunx-Stellung der
Haken zu berücksichtigen, welche Bloch veranlaßte, 6—7 Haken-
reihen zu zählen.
228 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Eine spätere Publication von Zeder (1803, p. 140, Nr. 1)
bringt nichts Neues und keinerlei Detail, sondern nur linneische
Diagnose und Literatur.
Abhängigkeit des Vorkommens der Echinorhynchen von der
Fütterung der Schweine hatte bereits Bloch (1782) angenommen,
indem er angab, daß vorzüglich diejenigen Schweine häufig damit
geplagt seien, die man auf den Koben mästet, und daß dann
nicht selten 20—30 Würmer in einem Schwein gefunden würden.
.Froelich (1802, p 74-75) bestätigte’ dies in seiner 'genaneren,
an eine kurze Besprechung der Größen- und Form-Verhältnisse
der Art sich anschließenden Angabe, „daß die Schweine, welche
lange im Stalle mit zärterer Kost genährt worden sind, die
wenigsten Würmer dieser Art zu haben pflegen; diejenigen hin-
gegen, welche allein mit Eicheln gemästet worden, diesen Wür-
mern am meisten unterworfen sind.“ In diesem Zusammenhange
sei daran erinnert, daß nach den Untersuchungen von Kaiser
(1893) als normale Zwischenwirte des Schweine-Zchrnorhynchus
in Mitteleuropa die in der mulmigen Erde am Fuße alter Eichen
lebenden Larven von Cefoma aurata L. anzusehen sind. Die
späteren helminthologischen Publicationen Rudolphi’s (1814,
p. 05, Nr. 35 und 1819, p. 63 u. 310, Nr.) enthaltenen ce ae
Wiedergabe der hier angeführten Mitteilung Froelich’s.
Westrumb's (1821, p. 10, Nr. 15) Angaben enthalten, ab-
gesehen von einer Erhöhung der maximalen Größen-Angaben,
nichts Neues, sondern geben nur eine kurze Zusammenfassung der
bis dahin bekannt gewordenen Merkmale der Art. Als solche
waren auf Grund der vorstehend besprochenen Literatur anzu-
sehen: 1. Die Größenverhältnisse: g' kaum 3 Zoll, d.h. ca. 80 mm,
9 dagesen: bis zu 24 Zoll, d. h. ea. 650 mm, meist freilich our
14—15 Zoll, d.h. ca. 375—400 mm lang. Größter Querdurch-
messer, in der Nähe des Vorderendes, 2-5 Linien d. h. ca.
4—ıı mm. 2. Die Farbe, da nach Goeze (1782) die Riesen-
kratzer „die weißesten unter allen Eingeweidewürmern“ sein sollen,
während Rudolphi (1809) ein Exemplar aus einem Wildschwein
„magis caerulescens“ fand. 3. Gestalt und Bewaffnung des Rüssels,
der im Verhältnis zur Gesamtgröße des Tieres als auffällig klein,
annähernd kugelig („subglobosa“) und mit 6 (bei Bloch 6—7)
Querreihen von Haken bewaffnet geschildert wird. Über diese
Reihenzählung hinausgehend findet sich nur noch bei Bloch die
Gesamtzahl der Haken auf „einige vierzig‘‘ angegeben, was mit
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 229
der inzwischen festgestellten 6-Zahl der Haken in jeder Querreihe
einigermaßen in Einklang steht. Die Größe und Starke der
bereits mit bloßem Auge sichtbaren Haken wird namentlich von
Bloch und Goeze betont. 4. Die Kürze des an den Rüssel
sich anschließenden, in den Rumpf eingezogenen (,,vaginatum‘)
und unbewaffneten Halses. 5. Das gänzliche Fehlen von Wider-
haken auf dem langgestreckten, „spulwurmähnlichen“ (Zeder),
nach hinten sich verschmächtigenden Rumpfe, der an seinem
hinteren Ende noch wieder eine knopfförmige Anschwellung er-
kennen läßt.
Anatomische Untersuchungen über die Art, die bereits am
Ende des 18. und Anfang des ıg. Jahrhunderts in Lehr- und
Handbüchern der Zoologie häufig als alleiniger, gewissermaßen
typischer Vertreter der Gattung angeführt wird, haben außer
Goeze noch Zeder, Nitzsch, Bojanus und Westrumb
angestellt. Vergl. hierüber oben p. 153—157.
„Ech. Hirundinum‘ Rud.
Echinorhynchen, die in Wien nach Publication von Bremser’s
Bericht über die Wiener Helminthensammlung (1811) im Darm
von Ffirundo rustica L. uud Apus apus (L.) gefunden worden waren,
führt Rudolphi (1810, p. 77 Nr. 69) vorläufig als „Ach. Hirun-
dıinum“ auf und unter derselben Bezeichnung werden sie auch
noch von Westrumb (1821, p. 41, Nr. 77) angeführt, da sie
infolge Verlustes des Rüssels nicht zu bestimmen waren. Ge-
funden wurden sie nur je einmal bei Untersuchung von 530
Exemplaren von Zırundo rustica L. und 41 Exemplaren von
Apus apus (L.). Ihre Länge wird auf 6 bezw. 10 Linien ange-
geben, ein Hals soll fehlen.
„ch. Husonis® Rud.
Umter dieser Bezeichnung tuhrtsiwndolphi «18102 pays.
Nr. ro) Echinorhynchen aus Acıpenser huso L. an, die später
Maes enum bi @c21, ps 16, Nr 20) mibtranderen aus Terpenser:
ruthenus L. zu der Art Æchinorhynchus plagicephalus vereinigt
hat. Siehe daher im ibrigen unter letzterem Namen.
Ech. hystrix Brems.
Bei der unter Bremser’s Leitung erfolgten Helminthen-
suche wurden auch 23 Kormorane — Phalacrocorax carbo (L.) —
230 Liihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
untersucht und hierbei dreimal Echinorhynchen gefunden, die
Bremser wegen der Bestachelung ihres Rumpfes Ech. hystrix
nannte. Exemplare derselben wurden auch an Rudolphi ge-
sandt, der daraufhin in seiner Synopsis (1819, p. 75 und 332—333,
Nr. 46) eine Schilderung der Art veròffentlicht. Westrumb
(1821; p..20—30; Nr. 55; Taf. I, Fig.4; Taf. IN, Biagi
trägt dann namentlich durch seine Abbildungen zur besseren
Kenntnis der Art bei.
Die Länge der an Rudolphi gesandten Exemplare gibt
dieser auf 1!/2—3 Linien d. h. ca. 3—7 mm an. Westrumb
aber fand bei seinem umfangreicheren Material die Länge zu
2—6 Linien d. h. ca. 4—13 mm. Die naheliegende Vermutung,
daß diese Schwankungen in der Grösse mit Geschlechtsunter-
schieden in Zusammenhang stehen, wie dies bei so vielen anderen
Echinorhynchen der Fall ist, findet in den Abbildungen von
Westrumb keine Stütze. Nach diesen sind Männchen und Weib-
chen fast gleich groß. Die Haken des Rüssels sind nach Rudolphi
in ca. 16, nach Westrumb in ca. 18 Querreihen angeordnet!),
der Durchmesser des Rüssels soll nach dem Scheitel zu abnehmen
und eine ähnliche Abnahme des Querdurchmessers nach vorne
zu wird auch für den kurzen Hals betont. Der Rumpf kann als
keulenförmig bezeichnet werden. Sein Vorderende erscheint
kugelig aufgetrieben, während der schlankere Hinterkörper sich
nach hinten zu kegelförmig verschmächtigt. Erinnert Zch. hystrix
durch diese Körperform an Ech. strumosus, so wird die Ähnlich-
keit noch weiter gesteigert durch die Bestachelung des Rumpfes,
die bei “ch. hystrix anscheinend noch stärker ausgebildet ist als
bei Zch. strumosus und nur das Hinterende freilässt. Ein schiefer
Ansatz von Hals und Rüssel wird in den Beschreibungen von
seiten Rudolphi’s und Westrumb’s nicht ausdrücklich hervor-
gehoben. In der von Westrumb (1821, Taf. I, Fig. 4) publi-
cierten Abbildung bilden aber die Längsachse von Rüssel und
Hals und die Längsachse des Hinterkörpers einen stumpfen
Winkel miteinander, wenn dieser auch nicht so auffällig her-
vortritt wie bei Zch. strumosus. Nach allem dem ist jedenfalls
die Habitusähnlichkeit zwischen beiden Arten eine recht große,
— auch bei “ch. strumosus Rud. zeigen die beiden Geschlechter
bekanntlich keine merklichen Unterschiede in der Größe — trotz-
1) Anmerkung bei der Correctur: De Marval (1904, p. 577, Nr. 10)
gibt neuerdings ı8 Längsreihen von je 8—ıo Haken an.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 225
dem dieselben von Rudolphi und Westrumb wegen der
verschiedenen Form des Riissels (,,cylindrica* bei Ech. strumosus,
„basi incrassata“ bei “ch. hystrix) nicht nebeneinander gestellt
werden. Diese Ahnlichkeit fallt aber um so mehr ins Gewicht,
als nach Westrumb’s Abbildung (1821, Taf. III, Fig. 16) auch
bei Ech. hystrix ganz wie bei Ech. strumosus und im Gegensatze zu
fast allen anderen genauer untersuchten Echinorhynchen die Hoden.
nicht hinter- sondern nebeneinander liegen, und als die Lebens-
weise von Phalacrocorax den Schluß rechtfertigt, daß auch die.
Jugendform von Zeh. hystrix ähnlich wie diejenige von Ach. stru-
mosus in Fischen schmarotze. Beide Echinorhynchen-Arten sind
also offenbar nahe miteinander verwandt und werden voraus-.
sichtlich bei der notwendigen Aufteilung der alten Gattung Zchz-
norhynchus in einer natürlichen Gattung vereinigt bleiben, für die-
ich bereits hier den Namen Corynosoma (von xogvvn Keule und
owua Rumpf — Typische Art: Corynosoma strumosum) in
Vorschlag bringe. Zu derselben, vorläufig durch die Körperform,,
die Bestachelung, die symmetrische Lage der Hoden und das
Vorkommen in fischfressenden Warmblütern (vor allem Pinnipe-
diern) charakterisierten Gattung!) gehören ferner noch Zch. ha-
mannı x. Linst. (1892, p. 10—11, Taf. II, Fig. 17 — 24) aus dem
Dünndarm von Ogmorhinus leptonyx (Blainv.) und Zeh. bullosus
v. Linst. (1892, p. 11, Taf. III, Fig. 36—38) aus dem Dickdarm.
von Macrorhinus leoninus (L.) (= Cystophora proboscidea Peron
bei v. Linstow).
Identisch mit “ch. hystrix ist auch eine Art, welche Villot
(1875, p. 473474, Taf. XIV, Fig. 1—3) an den Küsten der Bre-
tagne und zwar gleichfalls in Phalacrocorax carbo (L.) gefunden,
aber irrtümlicherweise mit Zch. striatus G ze. (vergl. diesen) identi-
ficiert hat. Die Abbildungen lassen meines Erachtens keinen
Zweifel in dieser Beziehung zu, die eine derselben (Fig. 2) ist
aber auch deswegen noch von besonderem Interesse, weil sie wie
keine andere bisherige Abbildung die auffällige Ähnlichkeit im
Habitus mit Zch. strumosus erkennen läßt. Da meine Uberzeu-
1) Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei gleich hinzugefügt, daß die Gattungs-
diagnose mit den angeführten Merkmalen nicht etwa erschöpft ist, sondern auch noch
Berücksichtigung weiterer Eigentümlichkeiten des Baues verlangt (z. B. Bau des
Receptaculum proboscidis, Lage des Centralnervensystems, Form und Anordnung der
Kittdrüsen). Indessen ist hier nicht der Ort, um auf diese Frage noch weiter ein-
zugehen.
222 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
gung von der Zugehörigkeit des Ech. hystrix Brems. (= Zch.
striatus Villot nec Gze.) zur Gattung Coryzosoma mihi bereits
feststand, bevor ich auf die Arbeit von Villot aufmerksam ge-
worden war, so darf ich in dessen Abbildungen eine Bestätigung
jener meiner systematischen Auffassung erblicken.
Ech. idbari Gmel.
O. F. Müller (1779, 1, p. 94) berichtet, daß er die von ihm
Ech. candidus genannte Art einmal auch im Darm von Cyprinus
tdbarus gefunden hätte, und fügt einige Bemerkungen über diesen
Fund bei. Hierauf gründet Gmelin (1791, P.: 3050, Nr. 735).die
Art Ech. sdbari, welche nach Zeder (1803, p. 163) „ganz aus-
zustreichen‘ ist. |
Rudolphi (1802, p. 51—-53) beschränkt sich zunächst darauf,
die Einheitlichkeit des Ech. candidus O. F. Müll. zu bezweifeln.
Später verzeichnet er den Zch. zdbarı unter den zweifelhaften
Formen (1809, p. 316, Nr. 58), indem er gleichzeitig an die Mög-
lichkeit denkt, daß derselbe zu Zch. nodulosus gehöre. Auch in
der Synopsis (1819, p. 81, Nr. 97) ist jedoch “ch. ıdbarı noch
weiter unter den zweifelhaften Formen selbständig aufgeführt und
wenn Bremser (1811, p. 26) und Westrumb (1821, p. 38), wohl
infolge der von Rudolphi ausgegangenen Anregung, die
Gmelin’sche Art in der Tat. als synonym zu “ch. proteus W estr.
(= Ech. nodulosus Schrank = Fch. laevis Zoega) einziehen, so
ist doch demgegenüber zu betonen, daß die tatsächlichen An-
‚gaben über “ch. ıdbarıi viel zu gering sind, um einer Synonymi-
‚sierung desselben mit “ch. laevıs mehr als durchaus hypothetischen
‘Wert verleihen zu können.
Ech. inaequalis Rud.
Im Magen und Dünndarm eines Dufeo buteo (L.) fand Jurine
Echinorhynchen, die Rudolphi (1808, Tab. IV, Fig. 2 und 1809,
p. 261, Nr. 8) unter obigem Namen abbildete und beschrieb. Der
Rüssel ist hiernach ähnlich demjenigen von “ch. buteonis Gze.,
der ja auch demselben Wirt entstammt, und demjenigen der ver-
schiedenen aus Eulen beschriebenen Echinorhynchen-Arten, denn
‘ob der von Rudolphi beobachteten ovalen Auftreibung in der
Mitte des Rüssels die ihr von diesem Autor zugeschriebene
‚systematische Bedeutung wirklich zukommt, ist doch wohl recht
zweifelhaft. Dagegen ist Ach. 2naequahs nur 11/2 Linien (d. h.
ca. 3 mm) lang (gegenüber 21/2 Zoll = ca. 70 mm bei Zch. buteonıs).
Lü he, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 233
Die Zahl der Querreihen von Haken auf dem Rüssel wird auf
ca. 24 angegeben. Ein Hals ist vorhanden aber kurz, der Rumpf
ist in seinem Vorderteil oval aufgetrieben, während sein hinterer
(in der Abbildung abgeknickt gezeichneter) Abschnitt cylindrisch
erscheint.
Bei der recht erheblichen Zahl von Echinorhynchen-Arten,
die aus mitteleuropäischen Falken und Eulen beschrieben worden
sind, und der Schwierigkeit, diese Arten als wirklich voneinander
verschieden zu erkennen, erhebt sich unwillkürlich die Frage, ob
Ech. tnaequalis, der als eine der letzten dieser Arten bekannt
gegeben wurde, nicht mit einer älteren Art zu identifizieren ist.
Bei seiner erheblich geringeren Größe wäre dies nur dann mög-
lich, wenn die Exemplare, die Rudolphi vorgelegen haben,
noch sehr jung gewesen wären — was tatsächlich der Fall zu
sein scheint.
Bremser fand einen als Ech. 2naequalis bestimmten Zchıno-
rhynchus bei der Untersuchung von 325 Bussarden nur 2mal und
auf Grund der Untersuchung dieser Exemplare neigt Westrumb
(7821, p. 14, Nr. 22) zu der Annahme, daß Ach. imaeguahıs mit
Ech. buteonis identisch sei.
Den Zch. 1naequals selbst oder doch jedenfalls eine ihm
sehr ähnliche Form hat offenbar neuerdings de Marval (1902,
p. 433) untersucht auf Grund von Exemplaren, die gleichfalls aus
Buteo buteo, sowie ferner noch aus ,,Falco fumıdulus“ (anscheinend
Schreibfehler statt Falco tinnunculus) stammten und die nach
de Marval den Jugendzustand der von Zeder (1800, p. 128
bis 130) unter dem Namen Zch. globocaudatus beschriebenen Art
darstellten (vergl. Weiteres hierüber unter dem letzteren Namen
und unter Æch. aluconıs). Die Zahl der Haken-Querreihen am
Rüssel gibt de Marval allerdings höher an als Rudolphi,
denn nach ihm sollen in jeder Längsreihe 7—8 größere und
10— 11 an dem hinteren, von de Marval als Hals bezeichneten
Teile des Rüssels sitzende kleinere Haken vorhanden sein. Da-
neben wird aber auch einmal die Gesamtzahl beider Hakensorten
auf 15—18 angegeben und in der beigefügten schematischen Ab-
bildung werden 9 größere und 12 kleinere Haken gezeichnet. Die
Anzahl der Querreihen würde sich also aus diesen einander wider-
sprechenden Angaben zu mindestens 30 und höchstens 42 ergeben }).
1) Anmerkung bei der Correctur: Vergl. hierzu auch den nachträg-
lichen Zusatz unter Ech, globocaudatus Zed.
234 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. inflatus Rud.
Mit diesem Namen belegt Rudolphi (1809) den von
O. F. Müller zuerst geschilderten “ch. salmonıs (vergl. diesen).
Nachdem diese Art als synonym zu Ech. Jusiforms Rud. ein-
gezogen worden war (vergl. unter “ch. truttaeé Schrank) und
bevor Creplin (1839, p. 284, Anm. 13) wieder ihre Selbstandig-
keit erkannte, belegte Creplin’ (1820, p 30) mit demselben
Namen Zch. inffatus eine ganz andere Art, die er im Darme
von Hlaematopus ostralegus L. gefunden hatte. Dieser noch heute
gebräuchliche Name “ch. infiatus Crepl. nec Rud. kann als
homonym natürlich nicht erhalten bleiben.
Wie ich während der Drucklegung dieser Arbeit aus der
bereits mehrfach in nachträglichen Zusätzen berücksichtigten Mit-
tellune de Marval’s (1904, p. 577, Nr. 12) ersehe, senecde u
Forscher Zoch. crassıcolhs Villot (1875, p. 472, Far. Xen
9—10) aus Caldris arenaria (L.) sowie Ech. lanceolatus v. Linst.
(1876, p. 2) aus Charadrius hiaticula L. als identisch mit Zeh.
inflatus Crepl. nec Rud. an. Hiernach wäre Zch. crassicollis
Vill. der giltige Name dieser Art, für welche de Marval vor-
laufig den Creplin’schen Namen noch beibehalten hat.
Ech. inscriptus Westr.
Unter diesem Namen schildert Westrumb (1821, p. 15— 16,
Nr. 27) Echinorhynchen, die Natterer in Brasilien im Darm von
Turdus flavipes Vieillot und 7urdus albicollis Spix gefunden
hatte. Die Exemplare aus dem ersten dieser Wirte, die als Typen
der Art anzusehen sind, waren 6—10 Linien d.h. ca. 13—23 mm
lang. Ein Hals fehlte. Der dem Rumpfe in schräger, fast querer
Richtung angesetzte Rüssel war nur bei einem Exemplar aus-
gestreckt, lang und mit ca. 20 Querreihen von kleinen aber kräf-
tigen Haken dicht besetzt. Der Rumpf zeigte bei allen Exem-
plaren eine Ringfurche Die Exemplare aus 7wrdus albicollis
waren kleiner, nur 4 Linien d. h. ca. 9 mm lang, vielleicht aber
nur wegen geringerer Streckung („corporis superficies magis.
adhuc hinc illincve aequo modo constricta ac incisa est“).
Zusatz bei der Correctur: Neuerdings erklart de Marval (1904,
p. 574, Nr. 2) den Ech. inscriptus Westr. für identisch mit Ech. areolatus:
Rud. (Vergl. diesen.) Solange die nähere Begründung hierfür noch aussteht,
möchte ich aber doch aus denselben Gründen, die mich veranlaßten, weiter
unten für die Selbständigkeit von Ech. mutabilis Rud. und Ech. tumidulus:
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 235
einzutreten, an der Auffassung festhalten, daß Ech. inscriptus Westr. dem
europäischen Ech. areolatus Rud. zwar sehr nahe stehen mag, aber doch
eine selbständige Art darstelle.
Ech. kerkoideus Westr.
Bei der Wiener Helminthensuche gelangten auch 156 Exem-
plare von Spermophilus cıtıllus (L.) zur Untersuchung und wurden
im Darme eines derselben Echinorhynchen gefunden, dieRudolphi
(1819, p. 76, Nr. 54) unter der provisorischen ‚Bezeichnung „Zch.
Calle antubtt und dıe dann Westrumb’(1825, p. 8, Ne =>)
Lich. kerkotdeus taufte. Nach Westrumb’s Schilderung steht
diese Art dem Zch. erimacez (R ud.) sehr nahe. Wie dort ist der
Rumpf vorn am dicksten, um sich nach hinten allmählich zu ver-
jüngen, sodaß er eine gewisse Ähnlichkeit in der Form mit dem
Schlagstab des Webstuhles (xegxzıs) erhält, die Veranlassung zur
Wahl des Namens wurde. Ein kurzer Hals ist vorhanden. Der
üssel ist im Verhältnis zum Rumpfe sehr groß, aber nur mit
5 Querreihen verhältnismäßig starker Haken besetzt, die als wenig
zurückgebogen bezeichnet werden, also anscheinend stark ab-
stehen, ähnlich jedenfalls wie dies bei Zeh. anguillae der Fall ist,
vgl. weiter unten (im nächsten Abschnitt) unter Acanthocephalus.
Am Scheitel des Rüssels eine deutliche Papille. Der einzige
greifbare Unterschied gegenüber Ach. erinacer (Rud.) besteht
hiernach, wenn wir von der Verschiedenheit der Wirte absehen,
bisher in der 5-Zahl der Hakenreihen, deren Rudolphi bei Eck.
erinacer nur 4 gefunden hatte.
»ÆEch. Labri“ Rud.
Enter dieser Bezeichnung führt Rudolphi (erg p so;
Nr. 90) einen Zciumorhynchus aus dem Darme von Crenilabrus
finca (Brünn.) an, der sich in dem Wiener Museum befindet
und der nach Westrumb (1821, p. 42, Nr. 85) einmal in einem
einzigen Exemplar gefunden worden war, während 5 Exemplare
des genannten Wirtes zur Untersuchung gelangt waren, und der
wegen schlechter Erhaltung sowie größtenteils eingezogenen Rüs-
sels nicht bestimmt werden konnte.
Ech. lacustris Zoega in O. F. Müller 1776 (p. 214
Nr. 2598). Ist kein Achznorhynchus, sondern ein Nematode! (cf.
Muller 1780; % pr 205) |
== Cuvewlanus (sic!) Jacusins ©. F. Müller 1780
= Cucullanus elegans Zeder 1800.
Zool. Annalen. I. 16
236 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. o Zoega.
Die Art ist aufgestellt in O. F. Müller’s Prodromus (1776,
De Zig Nr. 2001) Beioelueotsist nur die kurze Diagnose: ,.pro-
boscide echinata, pone apicem in sphaeram laevem dilatata.‘ Alles
weitere, sogar die Wirtsangabe fehlt. Auch aus der späteren
Literatur ist nicht zu entnehmen, aus welchem Wirt Zoega’s
Originalexemplare stammten. Trotzdem kann in Rücksicht
auf die ‚„sphaera laevis“ über die Identität der Art mit Zch. pro-
Zeus Westr. kein Zweifel sein.
O=E. Müller (17,7% Lab XXX Hecker) hellen:
dann Abbildungen des “ch. laevis nach Exemplaren aus Pleuro-
nectes limanda L. Später fand derselbe (1779, 1, p. 89) in einer
nicht namhaft gemachten Gadus-Art Echinorhynchen, welche er
für Æch. laevis erklärte und von denen er diejenigen aus /leuro-
nectes limanda L. als Ech. attenuatus nov. spec. unterschied. Die
bereits bei Besprechung von Zeh. atlenuatus citierten Species-
unterschiede, welche er anführt, sind jedoch durchaus unzureichend,
wie bereits Rudolphi (1802, p. 59—61) erkannt hat. Trotzdem
aber hat sich Rudolphi nicht entschließen können beide Arten .
für identisch zu erklären. Dies tut nur Zeder (1803, p. 155 —156,
Nr. 21). Rudolphi (1809, np. 284—290, Nr. 26—27) dagegen
trennt beide Arten und rechnet den Ech. laevis Zoega, O. F.
Müll. 1779 nec O. F. Müll. 1777, der inzwischen von Gmelin
(1791, p. 3048, Nr. 28) in Ach. annulatus umgetauft war, zu Ach.
nodulosus Schrank, den ch. attenuatus O. F. Müll. 1779 =
Ech. laevis O. F. Müll: 1777 nec ©. E Müller 1779 deerew
zu Lich. lerehcolhs Rud. Schon hieraus geht hervor, daß die
Geschichte des Ech. laevis eine sehr complicierte ist. Sie wird
dies in noch höherem Grade dadurch, daß dieselbe Art vielfach
gefunden und für neu gehalten wurde, derart, daß bei keiner
zweiten Echinorhynchenart die Synonymie so reichhaltig: ist wie
bei Zch. laevıs. Erst Bremser (1811, p. 26) erkannte die les
tität der bis dahin unterschiedenen langhalsigen Fischechino-
rhynchen und von Westrumb (1821, p. 37—39) erhielt der so .
geschaffene einheitliche Artbegriff den noch heute üblichen Namen
Ech. proteus, der indessen dem prioritätsberechtigten Namen £c4.
laevis zu weichen hat. Bezüglich weiterer Einzelheiten verweise
ich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Besprechung der
Synonyme von Zch. laevıs, das sind nach dem derzeitigen Stande
unserer Kenntnisse Æchinorhynchus annularıs, Ech. annulatus,
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 237
Ech. attenuatus, Ech. barbi, Ech. bramae, Ech. candidus, Ech.
dolio Gabi, Ech ıidbarı, „oh. Lavare, Bahstevss,
Ech. longicollis, Ech. nodulosus, Ech. ovatus, Ech. pıscinus, Ech.
proteus, „Ech. Salmonum, Ech. salvelini, Ech. sphaericus, Ech.
subglobatus, Ech. sublobatus, Ech. tenuicollis, Ech. tereticollıs und
Taenıa longicollis. |
Der Rüssel der Art ist nach Westrumb bald cylindrisch,
bald mehr keulenfòrmig, mit ca. 20 Querreihen von Haken be-
setzt. Der Hals ist sehr lang, aber im tibrigen verschieden ge-
staltet (bald cylindrisch, bald konisch; bald runzelig, bald
glatt) („in plurimis apice in machinulam rotundatam est exten-
datum, quae duabus ex membranis glaberrimis formata.“ Der
größte Durchmesser des sich nach vorne wie nach hinten ver-
jüngenden Rumpfes ist bald mehr dem Vorder-, bald mehr dem
Hinterende genähert. Die Lange der Würmer betrug 5—8 Linien
d. h. ca. 11—18 mm. In der Mehrzahl waren sie weiß; in einer
Barbe wurden aber von Westrumb selbst außer solchen, weißen
Exemplaren auch noch rötliche (aurantiaci) gefunden, die im
übrigen keine Unterschiede erkennen ließen. Die rötlichen Exem-
plare sollen aber alle tot gewesen sein und will Westrumb
(1821, p. 61) diese Farbe auf postmortale Imbibition von „mucus
intestinalis“ zurückführen.
Gefunden wurde Zchinorhynchus laevis bei der Wiener Hel-
minthensuche nach Westrumb in Acıpenser huso bei Unter-
suchung von 6 Exemplaren ımal!), in Coffus gobio L. bei Unter-
suchung von 170 Exemplaren 5mal, in Acerına cernua (L.) bei
Untersuchung von 71 Exemplaren 6 mal, in Zueroperca lucioperca
(L.) bei Untersuchung von 363 Exemplaren nur 3 mal, in Acerina
schraetser (L.) bei Untersuchung von 63 Exemplaren 2 mal, in Salmo
hucho L. bei Untersuchung von 46 Exemplaren 1 mal, in Salmo sal-
velinus L. bei Untersuchung von 795 Exemplaren nur 7 mal, in
Salmo trutta L. bei Untersuchung von 11 Exemplaren nur i mal,
in Thymallus thymallus (L.) bei Untersuchung von 45 Exemplaren
1) Möglich, daß dies derselbe Fund ist, welcher nach Hamann’s (1891, p. 203
und 207 bez. gı und 95) Schilderung dem Æch. anguillae O. F. Müll. (vergl. diesen)
zuzuzählen ist, so daß dann die irrtümliche Bestimmung dieser Echinorhynchen aus
Acipenser huso nicht erst Diesing zur Last fiele, wie Hamann annahm, sondern
bereits in der Zeit vor dem Erscheinen von Westrumb’s Monographie erfolgt wäre.
Daß Westrumb selbst den Ach. anguillae nicht untersucht hat, ist ja bereits bei
Besprechung des Zch. globulosus Rud. betont worden.
16*
238 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
gmal, in Barbus barbus (L.) bei Untersuchung von 48 Exemplaren
14mal, in Gobzro gobio (L.) bei Untersuchung von 348 Exemplaren
nur 2mal, in /dws idus (L.) bei Untersuchung von 13 Exemplaren
i mal, in Phoxinus phoxinus (L.) bei Untersuchung von 635 Exem-
plaren 31mal, in Leucescus rutilus (L.) bei Untersuchung von
204 Exemplaren 17mal. Endlich wurden auch bei Untersuchung
von 482 Exemplaren von Lofa lofa (L.) 201mal Echinorhynchen
gefunden, ohne daß bei dieser Statistik die Funde von £ck. laevis
Zoega und “ch. lucit O.F. Miller auseinandergehalten worden
sind.
Westrumb (1821, Taf. III. Fig. 22—28) gibt auch bereits
Abbildungen über den inneren Bau dieser von ihm Ech. proteus
genannten Art.
Ech. lagenaeformis W estr.
Bei der Untersuchung von 109 Exemplaren des Circus
cyaneus (L.) in Wien wurde ein einziges Exemplar eines Lchino-
rhynchus gefunden, welchen Rudolphi (1810, p. 76, Nr. 56)
provisorisch als Ach. Falconis cyanez registriert und welchen später
Westrumb (1821, p. 7, Nr. 8) als Vertreter einer besonderen,
Ech. lagenaeformis genannten Art ansieht, zumal er sich von allen
anderen in Falken beobachteten Echinorhynchen sehr auffällig
unterscheidet. Er war ı!/a Linien (d.h. etwas über 3 mm) lang,
mit großem kugeligem Rüssel, der nur 5 Querreihen von Haken
trägt, mit sehr kurzem Halse und nach hinten zu stärker wie
nach vorn zu sich verschmächtigendem Rumpfe. Westrumb
denkt an die Möglichkeit, daß das gefundene Exemplar nur ver-
irrt war und der normale Wirt der Art ein anderer ist. Wie
übrigens ein Blick auf Diesing (1851, p. 23, Ne 0)
v. Linstow (1878, p. 109, Nr. 638) lehrt, ist Eck. lagenaeformıs
Westr. in Europa nicht wieder gefunden oder wenigstens nicht
wieder erkannt worden und es ist mir daher nicht klar, worauf
v. Ihering’s (1902, p. 47) Annahme beruht, daß „bei den euro-
päischen Arten von Duteo, Milvus, Circus etc. Echinorhynchus
caudatus und £. lagenaeformis ebenso gemein sind, wie in Brasilien
bei den entsprechenden Arten.“ (Vergl. hierzu auch unter £ck.
buteonis Schrank und Ech. tumidulus Rud.) Andererseits
scheint mir die Vermutung nahe zu liegen, daß Zch. lagenae-
formis Westr. die geschlechtsreife Form von Zch. oligacanthus
Rud. sei (siehe diesen), ebenso wie ich auch vermute, daß jener
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 239
Echinorhynchus brasilianischer Raubvögel, welchen Diesing und
im Anschluß an ihn auch v. Ihering mit dem europäischen Zch.
lagenaeformis Westr. vereinigen, die geschlechtsreife Form von
Ech. ohgacanthoıdes Rud. ist. Ist doch diese Jugendform nach
Natterer’s Sammlungen in brasilianischen Schlangen ebenso
häufg wie der angebliche Ech. lagenaeformis in dortigen Raub-
vôgeln. Diese Auffassung kann meiner Ansicht nach dadurch
nur gestützt werden, daß bereits Diesing zwei brasilianische
Raubvögel, die auch unter den Wirten von Zch. lagenaeformıs
Dies. nec Westr. figurieren, daneben noch als Wirte von Zch.
oligacanthoides Rud. anführt (vergl. bei letzterer Art), denn die
damals bereits als identisch mit dieser Larvenform erkannten
Exemplare können doch offenbar nur sehr jung gewesen sein.
Ob aber außerdem auch noch andere Unterschiede zwischen
den von Diesing unterschiedenen Arten bestanden, erscheint
zweifelhaft.
Zusatz bei der Correctur: In seiner mehrerwähnten vorläufigen
Mitteilung zieht de Marval (1904, p. 581, Nr. 30) Ech. lagenaeformis Westr.
ein als synonym zu Ech. compressus Rud., welch letztere Art übrigens meines
Wissens in ihren Wirten Lycus monedula (L.) und Corvus cornix L. bisher
ebensowenig wieder aufgefunden ist wie Ech. lagenaeformis Westr. in euro-
päischen Falken. Außer dem im Sinne Diesing’s und Ihering’s erwei-
terten Artbegriffe Ech. lagenaeformis Westr. = „Ech. Falconis cyanei“ Rud.
und dem bereits von Westrumb als Ech. compressus Rud. bestimmten
„Ech. Cornicis“ Rud. sieht de Marval weiter noch als synonym zu derselben
Art an: Ech. macracanthus Westr. = „Ech. Charadrii pluvialis“ Rud. aus
dem hier genannten europäischen Wirt, Ech. manifestus Leidy (1856, p. 48)
= „Ech. Pici.collaris“ Leidy (1850, p. 98)') aus der nordamerikanischen Specht-
Art Colaptes mexicanus (Aud.) (= C. collaris Vig.), Ech. spira Dies. aus
brasilianischen Aasgeiern — Sarcorhamphus papa (L.) und zwei von Diesing
(1851, p. 34, Nr. 38) als Cathartes aura und Cathartes urubu bezeichneten
Catharista- Arten, wahrscheinlich Catharista atrata (Bartr.) = Vultur aura
L. e. p. und Catharista urubitinga (Natt. & Pelz.) — sowie Ech. taenioides
Dies. aus Cariama cristata (L.) = Dicholophus cristatus Illig. = Microdactylus
marcgravu Geoffr.
Schon bis hierher bietet diese Synonymie manches auffallende. Danach
wiirde ein und dieselbe Art in Mitteleuropa und Nordamerika bei Végeln von
sehr verschiedener Lebensweise nur vereinzelt beobachtet, dagegen in Bra-
silien außerordentlich häufig sein und zwar häufig vor allem bei Falconiden
1) Da mir die beiden Publicationen Leidy’s zur Zeit nicht zugängig sind, kann
ich vorläufig nicht entscheiden, ob der Wirtsgenitiv in diesem Falle ein prioritäts-
berechtigter Artname oder nur eine registrierende Bezeichnung ist. Mein Citat beruht
auf Diesing’s Revision der Rhyngodeen.
240 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
(nach den Sammlungen Natterer’s und den Angaben v. Ihering’s). Trotz
dieser Häufigkeit der Art waren aber alle von Natterer in brasilianischen
Falconiden gesammelten Arten nur 1—2 Linien d. h. ca. 2—4,5 mm lang (nach
Diesing 1851, p. 23, Nr. 10), während der von de Marval zur gleichen
Art gerechnete Ech. spira der Aasgeier im männlichen Geschlecht eine Länge
von 2 Zoll d. h. ca. 5 cm, im weiblichen sogar eine solche von 8—11 Zoll
d. h. ca. 20—30 cm erreichte (nach Diesing 1851, p. 34, Nr. 38) und auch
bei Ech. taenioides aus der sich hauptsächlich von Kerfen, daneben allerdings
auch noch von Eidechsen, Schlangen u. dgl. nährenden Cariama das Männ-
chen 8 Zoll d. h.ca. 20 cm, das Weibchen über einen Fuß d.h. ca. 35—40 cm
‘lang wird (nach Diesing 1851, p. 23, Nr. 8). Auch Hamann (1895, p. 3—4)
macht auf Grund einer Nachuntersuchung der Originalexemplare ähnliche
Längenangaben: Zch. spira, Männchen bis 10 cm, Weibchen bis 30 cm lang;
Ech. taenioides, Männchen bis 30 cm, Weibchen bis 40 cm lang. Wenn diese
Arten wirklich mit dem von Diesing als ‘Ech. lagenaeformis bestimmten
Parasiten der brasilianischen Falkenarten identisch sind, warum bleibt dann
dieser letztere trotz seiner Häufigkeit immer so erheblich kleiner?
Bezüglich Ech. oligacanthus Rud. und Ech. oligacanthoides Rud. scheint
de Marval zu einer ähnlichen Auffassung gekommen zu sein wie ich selbst,
da er auch diese beiden Arten, wenngleich unter Beifügung eines Fragezeichens,
als synonym zu Ech. compressus Rud. d. h. also auch als synonym mit Ech.
lagenaeformis Westr. sensu Diesing bezeichnet. Außerdem reiht er ihnen,
gleichfalls mit einem Fragezeichen, auch noch die encystierte Jugendform an,
welche Fraipont (1882, p. 6-7, Fig. 8—10) in Uromastix acanthinurus Bell
gefunden und Ech. uromasticis Fraip. genannt hat. Wie aber all die Vogel-
arten, welche vorstehend als Wirte der geschlechtsreifen Echinorhynchen ge-
nannt wurden und welche sich doch in sehr verschiedener Weise ernähren,
imstande sein sollen, sich mit ein und demselben Echinorhynchus zu inficieren,
dessen Jugendform in Reptilien schmarotzt, ist noch nicht klar und wird auch
nicht klarer durch die letzten Namen, welche die von de Marval zusammen-
gestellte Synonymenliste noch enthält. Es sind dies nämlich Ech. ricinoides
Rud. und „Ech. Coraciae“ Rud. d. h. die bereits von Westrumb zu einer
Art zusammengefaßten Echinorhynchen, welche je einmal in der Leibeshöhle
(encystiert?) des Wiedehopfs und der Blauracke und einmal im Darm (frei?)
des Wiedehopfs gefunden wurden. Wenn in einer Zeit, welcher der Wirts-
wechsel der Echinorhynchen noch unbekannt war, Helminthen, die zwar beim
gleichen Wirt aber z. T. im Darm z. T. in der Leibeshöhle gefunden worden
waren, unbedenklich zu ein und derselben Art zusammengefaßt wurden, so
braucht uns dies nicht Wunder zu nehmen. Wenn aber das gleiche auch
heute noch geschieht, so dürfen wir den Versuch zur Erklärung eines solchen
Vorkommnisses erwarten und es bleibt deshalb vorläufig abzuwarten, ob
de Marval’s versprochene Monographie der Vogel-Echinorhynchen die von
ihm angenommene Verbreitung des Ech. compressus Rud. in befriedigender
Weise zu erklären vermag. (Vergl. auch weiter unten unter Ech. rıcinoides
Rud. sowie den nachträglichen Zusatz zu Ech. fasciatus Westr. auf p. 206.)
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 241
Ech. lancea Westr.
Unter diesem Namen schildert Westrumb (1821, p. 26—27,
Nr. 49) Echinorhynchen aus dem Darm von Vanellus vanellus (L.)
die augenscheinlich der gleichen Art angehören, wie ein von
Goeze beobachteter Echinorhynchus, den Gmelin (1791) Ech.
vanelli getauft hatte. “ch. lancea ist also synonym zu Zch. va-
nella und Weiteres über die Art findet sich deshalb unter letz-
terem Namen.
ssEch. Lari.
Unter dieser besonderen Bezeichnung schildert Rudolphi
(1819, p. 671) die aus Larus spec. stammenden Exemplare von
Lich, sphaerocephalus Brems. Vergl. deshalb unter dem letzteren
Namen.
„Ech. Lavareti Rud.
Koelreuter (1771, p. 513—514) berichtet, daß er im Darm,
namentlich im Enddarm, von Coregonus lavaretus (L.) Würmer
von t/2—21'/2 Linien (d. h. ca. 1—5,6 mm) Länge gefunden habe,
welche dem Acanthocephalus aus Leuciscus rulılus sehr ähnlich,
aber so fest in die Darmwand eingebohrt waren, daß beim Ver-
such, sie gewaltsam loszulösen, der Rüssel in der Regel (,saepius“)
abriß und stecken blieb. Rudolphi (1809, p. 313, Nr. 53) wagt
nicht zu bestimmen, ob es sich um eine besondere Art oder um
Lich, nodulosus Schrank gehandelt habe und verzeichnet deshalb
den Koelreuter’schen Fund unter der indifferenten Bezeich-
nung „Zch. Lavaretı“. Später faßt Rudolphi (1819, p. 80, Nr. 93)
diesen „Zeh. Lavareti mit dem Ech. sublobatus Gmel. sowie mit
den in Wien in verschiedenen Salmoniden gefundenen und von
Westrumb (1821, p. 37—39) zu Zeh. proteus gerechneten Echino-
rhynchen unter der Bezeichnung ,,Ach, Salmonum“ zusammen.
Westrumb (1821) rechnet dann auch den „Zch. Lavareti* zu
Lich, proteus (prioritàtsberechtigter Name: Ech. laevis Zoega).
Er folgt hierin seinem Lehrer Bremser (1811, p. 26), der zuerst
die Vereinigung der bis dahin unterschiedenen langhälsigen Echino-
rhynchen aus mitteleuropäischen Fischen zu einer Art vorgenommen
hatte, wenn er auch diese Art noch nicht Ach. proteus nannte,
sondern ihr den Rudolphi’schen Namen Ech. fereticollis bei-
leste. Die von Koelreuter betonte innige Fixierung an der
242 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Darmwand spricht in der Tat für die Identität des „Zch. Lavaret
mit Zch. laevis. | ‘A
Ech. lendix (Phipps) = Srpunculus lendix Phipps.
Im Darm einer Eiderente fand Phipps (1774, p. 103, Taf. VII,
Fig. A—C und 1775, p. 197—198, Taf. XII, Fig. 1 A--C) Para-
siten, die er Szpunculus lendix nennt, die aber unzweifelhafte
Echinorhynchen darstellen. Aus ihrer Beschreibung ist anzu-
führen, daß sie krokusfarben waren und 3 Linien (d. h. ca. 6,5 mm)
lang, daß sie mit Hilfe eines kurzen Rüssels an der Schleimhaut
ihres Wirtes befestigt erschienen und dafi am Hinterende eine
einfache Offnung sichtbar war „pro lubitu extensibilis“. Wichtiger
als diese kurzen Angaben des Textes sind die Abbildungen, von
denen eine ein Stück Darmwandung mit anhaftenden Würmern,
die zweite einen einzelnen Wurm vergrößert, die dritte einen
ebensolchen mit gespaltenem Hautmuskelschlauch darstellt. Be-
weisend für die Echinorhynchen-Natur der fraglichen Art ist
namentlich die letztgenannte Abbildung. Sie läßt nämlich die
beiden Lemnisken erkennen sowie das Ligamentum suspensorium,
welches ungefähr im zweiten Viertel der Längsausdehnung des
ganzen Tieres eine starke Anschwellung zeigt, die den beiden
dicht benachbarten Hoden entsprechen könnte Scheint doch
auch die von Phipps im Text erwähnte Öffnung am Hinterende
darauf hinzuweisen, daß die Schilderung sich auf Männchen be-
zieht, deren für den Durchtritt der Bursa bestimmte Genital-
öffnung weiter und daher leichter wahrnehmbar erscheint als die
der Weibchen — auch wenn man aus dem „pro lubitu extensi-
bilis“ nicht direkt schließen will, daß Phipps auch das Hervor-
treten der Bursa direkt gesehen hat. Ein Echinorhynchen-Rüssel
ist freilich in keiner der Figuren dargestellt worden. Offenbar
ist derselbe von Phipps überhaupt nicht gesehen worden, viel-
mehr stellt das von diesem als Rüssel (,,trompe“ bez. ,rostrum“)
bezeichnete Organ nur die Basis des Halsabschnittes dar, während
der Rüssel und der größte Teil des Halses beim Loslösen der
Würmer in der Darmwand der Eiderente stecken blieben. Denn
daß dieser Zchinorhynchus der Eiderente in derselben Weise in
der Darmwand fixiert ist wie das Weibchen des unter dem Namen
Ech. filicollis Rud. am bekanntesten gewordenen Echinorhynchus
der mitteleuropäischen Enten, wird ausdrücklich von Rathke
(1799, p. 71—72) berichtet, der den Ech. lendıx wieder beobachtet
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 243
hat und betont, daß die Stelle, wo ein solcher sitzt, bereits an
der Außenfläche des Darmes deutlich erkennbar sei infolge der
erheblichen Geschwulst („betydelige haevelse“), welche der Rüssel
verursacht habe. In der Tat lassen auch die Abbildungen von
Phipps im Habitus der ganzen Tiere eine ganz unverkennbare große
Ähnlichkeit mit den Weibchen von Zch. filicollis Rud. erkennen.
Westrumb (1821, p. 33 ff.), der alle Echinorhynchen aus
Enten zu einer einzigen Art zusammenfaßt, führt dementsprechend
Stpunculus lendıx als synonym zu Zch. polymorphus Brems. auf.
Die Angaben von Phipps sind aber nicht ausreichend, um die
von ihm beschriebene Art bereits jetzt mit einer der aus mittel-
europäischen Enten bekannt gewordenen Echinorhynchen-Arten
zu identificieren. Bei einem diesbezüglichen Versuche könnte
trotz der bereits erwähnten Angaben, die auf Männchen hinzu-
deuten scheinen, auf Grund der Formverhältnisse der ganzen
Tiere nur das Weibchen von £ch. filicollis Rud. in Frage kommen.
Solange aber das Vorkommen dieser Art in Somateria mollissima
(L.) nicht durch bisher noch fehlende neuere und einwandfreie
Beobachtungen sicher gestellt ist — Braun (1891, p. 377) hat in
der Eiderente nur “ch. minutus Gze. gefunden, zu dessen Identi-
ficierung jeder andere Anhaltspunkt fehlt — kann ich Zch. lendıx
(Phipps 1774) auch noch nicht als identisch mit dem mitteleuro-
päischen “ch. filtcollis Rud. und damit als ältesten prioritäts-
berechtigten Namen für diese Art anerkennen. Ich halte es viel-
mehr für richtiger als prioritätsberechtigten Namen für Ach. fil-
colas ud. nur Ech. anatıs Schrank nec Gmelin anzusehen
(siehe unter diesen Namen) und Zch. lendix als eine Species
inquirenda zu betrachten, die mit Ach. anats vielleicht nur nahe
verwandt ist.
Da Phipps erzählt, daß Hunter die Echinorhynchen der
Fiderente untersucht habe, so ist es möglich, daß von diesem
Ech, lendix ebenso wie von Ech. balaenae noch Originalexemplare
in London vorhanden sind. (Vergl. unter Zch. balaenae.)
Gmelin (1791, p. 3045, Nr. 10) und ihm folgend auch Bosc
(1802, p. 6), Rathke (1799, p.-71—72) und Zeder (1803, p. 161,
Nr. 38) nennen den Zch. lendix der Eiderente Ech. borealıs, wäh-
rend Rudolphi (1809, p. 304—306, Nr. 41) ihn einfach als ,,Ech.
Anatis mollissimae‘‘ verzeichnet. Die Echinorhynchen, die Hunter
einer Angabe von Phipps zufolge in nicht näher bezeichneten
244 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Bartenwalen gefunden und für identisch mit Szpunculus lendix
Phipps gehalten hatte, sind dagegen von Gmelin unter dem
Namen Æch. balaenae als besondere Art abgezweigt worden.
(Siehe diese.)
Zusatz bei der Correctur: Erst nachträglich bin ich darauf auf
merksam geworden, daß v. Linstow (1901, p. 279—280, Taf. I, Fig. 15— 17)
den Namen Ech. borealis neuerdings für eine ganz andere Art — aus Lofa
Jota (L.) — angewendet hat. Selbstverständlich kann diese letztere Art den
ihr von v. Linstow gegebenen Namen nicht behalten. Ihre Umtaufe hat
aber meines Erachtens Zeit, bis auch sie durch genauere Untersuchung besser
bekannt geworden ist.
„Ech. levis O. F. Müll.“
Irrtümliches Citat bei Zeder (1803, p. 155—- 156, Nr. 21}
statt Zeh. laevis.
Ech. linearis Westr.
Mit diesem Namen belegt Westrumb (1821, p. 10, Nr. 16)
eine Echinorhynchen-Art, die in Wien bei Untersuchung von
26 Exemplaren von Sterna cantiaca Gmel. einmal gefunden und
daraufhin von Rudolphi (1819, p. 78, Nr. 79) provisorisch als.
„Zeh. Sternae“‘ verzeichnet worden war. Länge 2 Zoll d. h. ca.
5o mm und darüber bei einer Dicke von kaum einer Linie d. h.
ca. 2 mm, Hals kurz, Rüssel eiförmig, mit 12 Querreihen von
Haken. Seiner sehr kurzen Beschreibung hat Westrumb auch
eine Abbildung (Tab. I. Fig. 2) beigefügt.
Ech. lineolatus O. F. Müll.
Unter diesem Namen liefert O. F. Müller (1777, Taf.
XXXVI, Fig. 11—14 bez. 1779, 1, p. 96—98) Abbildungen und
nähere Beschreibung eines Æchinorhynchus, der ausweislich des.
beigefügten Citates „Zool. d. prodr. 2599“ identisch ist mit Ech.
gadı Zoega 1776. Unter dem gleichen Namen ist die Art auf
Grund der Angaben von Müller und Pallas (der sie anfäng-
lich zu seiner 7aenia haeruca gerechnet, später aber als Tuenıa
lumbricalıs abgezweigt hatte) noch angeführt bei Gmelin (1791,
p. 3047, Nr. 24), Bosc (1802, p. 8), Zeder (1803, p'152 Pme)
und Rudolphi (1809, p. 281—282, Nr. 24), bis Rudolphi (1819,
p. 71 u. 324, Nr. 32) sie mit Zeh. acus Rud. vereinigte. Wer
teres siehe daher unter letzterem Namen, ferner unter Ach. can-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 245
didus und vor allem unter Ach. gadı, welch letzteren Namen ich
als prioritatsberechtigt ansehe.
Ech. longicollis (Pall.) Gze.
Unter dem Namen Taenza longicollis schildert Pallas (1781,
I. Bd. p. 110—111) kurz einen Æchinorhynchus, den er selbst für
identisch mit Ach. laevis Zoega halt und der außer in Pleuro-
nectes limanda L. ‚auch in Dorschen anzutreffen“ ist. In der
Form Zchinorhynchus longicollis findet sich der Name zuerst bei
Goeze (1782, p. 162—163, Tab. XII, Fig. 12—14, dessen Exem-
plare gleichfalls aus dem „Dorsch“ d. h. Zo/a lota (L.) stammten
und der die Art gleichfalls für identisch erklärt mit dem Ech.
attenuatus O. F. Mill. aus Pleuronectes limanda, welchen O. F.
Müller (1777) anfänglich ch. laevis Zoega genannt hatte.
Schrank (1788, p. 26, Nr. 86) und Rudolphi (1802, p. 61) sehen
deshalb den “ch. longicollis als synonym zu Zeh. attenuatus an.
Gmelın (1791, p. 3047, Nr. 25), Bose (1802, p. 8) und Zeder
(1803,.p. 156 f, Nr. 23) führen dagegen den “ch. longicollis noch
neben Zch. attenuatus als besondere Art an und Zeder motiviert
dies ausdrücklich durch die verschiedene Darstellung von Hals.
und Rüssel in den von O. F. Müller und von Goeze publi-
cierten Abbildungen. Trotzdem ist aber jedenfalls “ch. longicollis
(Pall.) Gze. synonym zu Ech. laevis Zoega (= Ech. attenuatus
O. F. Müll... Bereits Rudolphi (1802, p. 61) hat mit Recht
betont, daß Goeze’s Abbildungen des “ch. longicollis „nicht
taugen“. Ein Zchmorhynchus mit derartig gestaltetem Hals und
Rüssel ist nie wieder beobachtet worden und seit Zeder (1803):
ist auch “ch. longicollis nie wieder als selbständige Art ange-
geführt worden.
Ech. lophii Gmel.
Die Echinorhynchen, welche O. F. Miller (1779, 1, p. 95) in
Lophius piscatorius L. gefunden und zu Zch. candidus gestellt hatte
(vergl. unter Ech. candidus) führt Gmelin (1791, p. 3050, Nr. 47)
als besondere Art Ach, lophit an. Diese Art ist nach Rudolphi
01802, pi 53), „wohl auszustreichen nach Zeder (1803, p. 103)
„ganz auszustreichen“, nach Rudolphi (1800, p. 517 f. Nr. 61):
durchaus zweifelhaft, da O. F. Mùller mehrere verschiedene
Arten unter dem Namen Ech. candıdus zusammengeworfen habe
und daher zweifelhaft bleibe, ob die Echinorhynchen aus Zophius
246 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
zu dieser oder zu einer anderen Art gehören. Später hat jedoch
Rudolphi (1819, p. 71, Nr. 32), dem sich dann auch Westrumb
agen, p: 24, Ne. 44) anschlob, den Ech. lophu zu Ech. acus ge-
zogen. Vergl. aber auch Ech. pumilo Rud.
Ech. lueii O. F. Müll.
Diese Art, die bereits Leeuwenhoek (1722) im Aal beob-
achtet zu haben scheint (vergl. oben p. 145) wurde von O. F.
: Müller (1777, Taf. XXXVI, Fig. 4—6) zuerst nur durch Ab-
bildungen bekannt gegeben. In der beigegebenen kurzen Figuren-
Erklärung (,,Achinorhynchus luci Z. D. pr. 2657. In Intestino
angustiori Lucii Esocis“) findet sich zwar ein Hinweis auf Müller’s
Prodromus, der jedoch auf einem Versehen beruht, denn dort ist
unter der angeführten Nummer Zaenza solida (= Sclustocephalus
sol.) angeführt. Dagegen hat Müller bereits im nächsten Jahre
(1778, p. 189— 196) eine ausführlichere Beschreibung der Art ge-
liefert, die durch den hier gewonnenen Einblick in den inneren
Bau für die Echinorhynchen-Forschung überhaupt eine epoche-
machende Bedeutung gewonnen hat (vergl. oben p. 148), zur Cha-
rakterisierung der Art aber wiederum nur durch die beigefügten
Abbildungen von Männchen und Weibchen beiträgt. Die nächste
Schilderung der Art von seiten Müller’s (1779, 1, p. 90—gı) bringt
nichts wesentlich Neues, trotzdem jetzt auch auf die äußere Form
mit einigen Worten eingegangen wird.
Goeze (1782, p. 156) beschreibt die gleiche Art unter dem
Namen Zch. candıdus (siehe bei diesem sowie bei Zch. sturzionts
Gmel); Schrank (1788, p. 23-24, Nr. 78 und’ 18035 pire,
Nr. 3113), sowie Gmelin (1791, p. 3049, Nr. 38) und Bot
(1802, p. 10) führen sie nur kurz unter dem Namen Ech. lucii an.
Froelich (1791, p. 100—ıor) berichtet, daß er dieselbe Art auch
ziemlich häufig in Perca fluviatilis gefunden habe, wo sie „ge-
wöhnlich gleich unter dem Pförtner des Magens, öfter aber auch
tiefer unten im Darmkanal“ wohne. Auch betont Froelich,
daß die Art „einen zwar kurzen, aber deutlichen, walzenrunden
Hals besitzt“, während sie in Müller’s Abbildung, die jedoch
sonst ,,vortrefflich, ganz nach der Natur ausgefallen“ sei, halslos
dargestellt ist. Zeder (1800, p. 118 und 123—125) will jedoch
diese Angaben Froelich’s auf eine andere Art beziehen (vergl.
unter Zch. percae) und soll nach ihm Zch. luci ausschließlich im
Hecht vorkommen. Von den Unterschieden zwischen beiden
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 247
Arten, die Zeder anführt, halt jedoch Rudolphi: (1802, p. 53
bis 56) nur die Zahl der Hakenreihen für „ziemlich sicher“ und
diese erklärt er für „kein gutes Kennzeichen“, obwohl er doch
auch wieder ausdrücklich betont, daß es „scheint‘, daß Zeder
„Glauben verdient“.
Hatten bereits Goeze und Zeder im Darme von Zofa lota
(L.) Echinorhynchen gefunden, welche dem £c%. lucı sehr ähnlich
waren, so berichtet jetzt auch Rudolphi (1802, p. 53—-55, Nr. 6)
über Echinorhynchen aus dem gleichen Wirt, die er zu Ech. luci
ziehen möchte, welch letztere Art er zur Vermeidung ihrer Be-
nennung nach dem Wirt freilich in Ach. angustatus umtauft. Auch
in Delone belone (L.) will Rudolphi die gleiche Art gefunden
haben, während es ihm bei Echinorhynchen aus Gasterosteus acu-
leatus IL. noch zweifelhaft ist, ob sie zu Ech, lucır oder zu Ech.
percae = Ech. ajınıs Wud, gehören.
Unter dem Namen “ch. angustatus findet sich die Art dann
auch bei Zeder angeführt (1803, p. ı51— 152, Nr.7 -- nur Diag-
nose und Literatur), sowie bei Rudolphi (1809, p. 266 — 268.
Nr. 13), dessen Besprechung gleichfalls nichts Neues bringt.
In dem Wiener Helminthencatalog (1811, p. 26) sind dann
Ue ©. BP. Müll. CZ #eh. ansustalus Wud.) und Reh. peroae
Gmiel. Ecrans Rud. nee Gmel) unter dem Namen ZeA.
angustatus Rud. zu einer Art vereinigt worden und dem schließt
sich auch Rudolphi (1819, p, 68 und 318—319, Nr. 19) auf
Grund der Vergleichung einer größeren Zahl von Exemplaren an,
indermrer oleichzeitio auch den von Hrocliehr(18502,P. 73 2
Nr. 40) in Perca fluviatilis L. gefundenen „Zch. candıdus“ zu Ech.
angustatus zieht und Solea solea (L.), in der er den “ch. angus-
tatus in Neapel gefunden haben will, als neuen Wirt anfuhrt.
Bei der Wiener Helminthensuche ist die so umgrenzte Art
nach Westrumb (1821) gefunden worden in Zofa lofa (L.) (die
Zahl von 201 Funden auf 482 Untersuchungen umfaßt außer der
vorliegenden Art auch noch den Zch. laevıs), Pleuronectes flesus
L. (1mal auf 2 Untersuchungen), Pleuronectes passer L. (3 mal auf
4 Untersuchungen), Perca fluviatilis L. (142mal bei 375 Unter-
suchungen), Zucroperca lucioperca (L.) (nur 3 mal auf 363 Unter-
suchungen), Acerina cernua (L.) (5mal auf 71 Untersuchungen),
Silurus glanis L. (imal auf 26 Untersuchungen), sox lucius L.
(nur 37 mal auf 867 Untersuchungen) und Coffus gobio L. (3 mal
248 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
auf 170 Untersuchungen). Als auffällig kann nach dem von
Westrumb mitgeteilten Untersuchungs-Protokoll auch noch die
relative Seltenheit der Art in den Sommer- und Herbst-Monaten
hervorgehoben werden. Weitere Wirte der Art siehe noch in
der Besprechung von Zch. percae Gmel.
Bei der auch durch neuere Untersuchungen bestätigten
Häufigkeit des Zch. luck ist die mangelnde Präcision in ihrer
Charakterisierung besonders auffällig. So geben Rudolphi (181g,
- p. 68, Nr. 19) und Westrumb (1821, p. 26, Nr. 48) ebenso wie
auch später noch Diesing (1851, p. 43, Nr. 66) die Zeiiecke
Hakenreihen auf 8—20 an — in Wirklichkeit beträgt sie 16— 18
— und ihre Angaben über die Länge der Tiere, die nach Ru-
dolphi (1809, p. 269) 2 Linien bis 1 Zoll d. h. ca. 4-27 mm
betragen soll, leiden wie auch bei anderen Arten darunter, daß
nicht zwischen Weibchen und Männchen unterschieden wird.
Froelich (1701, p. 101), der die Länge der Männchen auf
3—4 Linien (d. h. ca. 6,5—9 mm), die der Weibchen auf 6—7
Linien (d. h. ca. 13—15 mm) angibt, macht die einzige’ Ausnahme
hinsichtlich dieser Unterlassung, die um so auffälliger ist, da be-
reits O. F. Müller (1778, p. 193) betont hatte, daß das Männchen
des “ch. lucia „um ein Drittel kürzer als das Weibchen“ sei.
wich. Lucii Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthensammlung der Kopen-
hagener Tierarzneischule führt Viborg (1795, p. 244, Nr. 210)
auch Echinorhynchen aus Æsox lucius L. an, die nicht bestimmt
sind und daher ebensogut zu Ach, laevis Zoega wie zu Ech. luci
O. F. Müll. gehören können.
Ech. macracanthus Westr.
Bei der in Wien vorgenommenen Untersuchung von 7 Exem-
plaren des Charadrius pluvialis L. wurde einmal ein Echimorhynchus
gefunden, den Rudolphi (1819, p. 78, Nr. 77) provisorisch als
„Ech. Charadrit pluvıalıs“ anführt und den dann Westrumb (1821,
p- 7, Nr. 9) unter dem Namen Zch. macracanthus beschreibt.
Hiernach war derselbe 2 Linien (d. h. ca. 4,5 mm) lang; der
Rüssel verhältnismäßig sehr groß, mit deutlicher Scheitelpapille
und 4 Querreihen sehr langer Haken; Hals kurz; Rumpf läng-
lich-eiförmig.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 249
Zusatz bei der Correctur: Diese Art wird von de Marval (1904,
p. 581, Nr. 30), der sie allerdings irrtümlich als
„Ech. macrocanthus Rud.“
citiert, als synonym zu Ech. compressus Rud. eingezogen. Vergl. hierzu den
nachträglichen Zusatz unter Ech. lagenaeformis Westr.
Ech. macrourus Westr.
Bei der unter Bremser’s Leitung erfolgten Wiener Hel-
minthensuche wurden in 2 von 24 Exemplaren von Ardea pur-
purea 1.. Echinorhynchen gefunden, die wegen des Fehlens eines
Halses, sowie einer Längsstreifung und Bestachelung des Kör-
pers von Zch. striatus Gze. verschieden zu sein schienen und
deshalb von Westrumb (1821, p. 12, Nr. 19) als besondere Art
unter dem oben angegebenen Namen beschrieben werden. Sie
waren 3—4 Linien (d. h. ca. 6—g mm) lang, hatten einen sehr
langen, 1/4 der Körperlänge erreichenden Rüssel, der in der Mitte
etwas verdickt und mit 40 Querreihen mittelgroßer Haken besetzt
war. Der Rumpf war an seinem Vorderende nicht breiter wie
der Rüssel, verdickte sich dann aber plötzlich zu einem annähernd
eiförmigen Körperabschnitt, an den sich dann wiederum ein langes,
cylindrisches Hinterende nach Art eines Schwanzes anschloß.
Rudolphi (1819, p. 78, Nr. 72) hatte diese Echinorhynchen
bereits provisorisch als „Ach. Ardeae purpureae“ verzeichnet.
Zusatz bei der Correctur: De Marval (1904, p. 580, Nr. 26) zieht
Ech. macrourus Westr. als synonym zu Ech. sphaerocephalus Brems. ein.
Vergl. unter dem letzteren Namen.
Ech. maraenae Gmel.
Unter diesem Namen führt Gmelin (1791, p. 3049, Nr. 37)
den von Martin (1780) in Osmerus eperlanus (L.) gefundenen
und von Acharius (1780) Acanthrus sipunculoides getauften
Echmorhynchus an, indem er im Anschluß an O. F. Müller (1787, 1,
p- 61) und Schrank (1788, p. 25, Nr. 84: Zeh. sipunculus) den
schwedischen Namen Nors, der von den beiden genannten
Forschern mit ,Maraene‘* übersetzt worden war, irrtümlich auf
Coregonus maraena statt auf den Stint deutet. Außerdem führt
freilich Gmelin (1791, p. 3047, Nr. 23) den Acanthrus sipun-
culotdes Acharius auch noch als synonym zu Zch. candidus an,
unter welchem Namen er im Anschluß an O. F. Müller (1779, 1)
250 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
mehrere verschiedene Echinorhynchen-Arten zusammenfaßt. Wei-
teres siehe vor allem unter Acanthrus sipunculoides Acharius.
Ech. major Brems.
In seinem Bericht über die Helminthen-Sammlung des Wiener
Naturalienkabinetts führt Bremser (1811, p. 26) unter anderem
auch eine neue Echinorhynchen-Art aus Zrinaceus europaeus L.
an, welche Rudolphi (1819) übersehen zu haben scheint und
jedenfalls im Gegensatz zu anderen ähnlichen Funden nicht ver-
zeichnet. Eine Beschreibung der Art findet sich bei Westrumb
(1821, p. 9, Nr. 14) unter dem Namen “ch. major Brems. Da
nach ist dieselbe im Darm gefunden worden, 6—g Linien d. h.
ca. 13—20 mm lang und 2—3 Linien d. h. 4—7 mm dick. Der
Rüssel ist klein, annähernd kugelig, mit 5 Querreihen kleiner
Haken, der Hals sehr kurz. Der Rumpf verschmälert sich vorne
plötzlich, nach hinten zu allmählich. Der einzige greifbare Unter-
schied gegenüber £ck. erinacet (Rud.) und Ech. kerkordeus W estr.
wäre hiernach die erheblichere Größe, die auch für die Wahl des
Artnamens bestimmend war. Gefunden wurde die Art in Wien
bei Untersuchung von 175 Exemplaren ihres Wirtes 8mal. Sie
gehòrt zu denen, die Westrumb auch bereits anatomisch unter-
sucht hat (vergl. Westrumb 1821, Taf. II, Fig. 11—15).
Eich. megacephalus Westr.
Unter diesem Namen schildert Westrum b (1821, p. 14, Nr. 23,
Tab. I, Fig. 6) die Jugendform eines Echinorhynchen, welche Natterer
in Brasilien unter dem Peritonealüberzuge des Darmes einer
Schlange gefunden hatte. Dieselbe war ı—2 Linien d. h. ca.
2—4,5 mm lang, wovon ?/5 auf den Rüssel entfielen, der mit ca.
30 Querreihen kleiner Haken besetzt war. Ich vermute, daß,
dieser Æch. megacephalus die Larve ist von jener Echinorhynchen-
art aus brasilianischen Raubvögeln, die Rudolphi zu ZeA.
tumidulus Rud. gerechnet hat. (Vergl. unter letzterem Namen.)
Die von Westrumb Coluber maculatus Lac, von Diesing
(1851, p. 27, Nr. 21 und p. 435, Nr. 654) Zantherophıs Zeae Fitz
genannte Schlange, die die fragliche Larve beherbergte, ist nach
Mitteilung von Hrn. Dr. v. Marenzeller Drymobsus bifossatus
(Radde) Blgr. Wergl. v. Therins 1002, p. 46, Auer
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 251
Ech. mergi Schrank.
Außer dem “ch. gigas hat Bloch (1782, p. 27—28, Taf. VII,
Fig. g—11) noch eine zweite Echinorhynchenart geschildert, die
von ihm „der Stachelhals (Zchinorhynchus capite et collo armato)“
genannt wird. Schrank (1788, p. 27, Nr. go) gibt demselben
den Artnamen Ach. mergi, unter welchem er auch bei Gmelin
(ro2#p 3045, Ne: 13) und Bose (1802, “p- 7) angeführt ist,
Zeder (1803, p. 159, Nr. 31) tauft die Art dann zur Vermeidung
ihrer Benennung nach dem Wirt um in Zch. bacıllarıs und unter
diesem Namen führen auch die späteren Autoren sie an (vergl.
Rudolph 1509,.p. 301 368, Nr. 38 und 1810, .p. 07 und
316, Nr. 15, sowie Westrumb 1821, p. 14—15, Nr. 24). Wieder-
gefunden bez. wiedererkannt ist die Art, als deren Wirt Mergus
albellus L. bezeichnet wird, aber niemals, so daß unsere Kenntnis
derselben auch heute noch ausschließlich auf den Angaben
Bloch’s beruht, die recht dürftig sind und das von Rudolphi
(1819, p. 316) gefällte Urteil „male et descripsit et delineavit“
durchaus rechtfertigen. Von allgemeinem Interesse ist, daß Bloch
bereits zwei Iypen von Haken am Rüssel erkannt zu haben
scheint, größere am vorderen, von Bloch allein als Rüssel an-
gesehenen Abschnitt und kleinere am hinteren, von Bloch als
bewaffneter Hals angesehenen Teil des Rüssels. Die ı—ı!/2 Zoll
(d. h. ca. 27—40 mm) langen Würmer wurden von Bloch im
Darme „des kleinsten Tauchers“ gefunden. Unmittelbar an-
schließend aber bespricht Bloch ohne weitere Beschreibungen
nur mit Einschaltung einer Schilderung der Bewegungsweise des
Rüssels das Vorkommen von Echinorhynchen im Hecht und „fast
in allen Fischarten“. Das macht durchaus den Eindruck, als wenn
Bloch auch diese Echinorhynchen der Fische zu seinem „Stachel-
hals“ rechnete, ein Eindruck, der verstärkt wird, wenn wir durch
Rudolphi (1819, p. 316) erfahren, daß das Glas, welches nach
eigenhändigem Vermerk die Originale des „Stachelhalses“ ent-
halten sollte und welches in den Besitz des zoolögischen Museums
zu Berlin übergegangen war, auch Echinorhynchen aus Fischen
enthielt. Eine genauere Untersuchung des “Ach. merg! war jedoch
wegen des ungünstigen Erhaltungszustandes bereits zu Rudolphi’s
Zeit nicht mehr möglich, nur das eine konnte Rudolphi noch
feststellen, daß Bloch’s Angabe, das Hinterende des Wurmes
sei zugespitzt, auf einem Irrtum beruhte. Die Haken des Rüssels
sollen nach Bloch’s Angaben zu je 20—22 in 30 Querreihen
Zool. Annalen, I. 17
252 Lùhe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
angeordnet sein, die Abbildung zeigt jedoch wesentlich weniger
Haken. Zur Charakterisierung einer Species Zch. mergi ist daher
auch diese Angabe durchaus unzureichend, auch wenn man wirk-
lich versuchen wollte, aus dem Begriffe des ,,Stachelhalses“, wel-
cher, wie gesagt, offenbar mehrere kleinere und deshalb dem Zch.
gigas gegenübergestellte Echinorhynchen-Arten umfaßt, eine mit
obigem Namen zu benennende einzelne Art herauszuschälen. Hier-
nach muß also Æch. mergz als unidentificierbar aus der Liste der
selbständigen Arten gestrichen werden.
Zusatz bei der Correctur: De Marval (1004, p.573, Nr.) sieht
den Ech. mergi aus mir nicht ersichtlichen Gründen als synonym zu Ech.
aluconis O. F. Müll. an. Vergl. hierzu den nachträglichen Zusatz unter Ech.
£lobocaudatus Zed.
Ech. merulae Gmel.
In Goeze’s (1782, p. 165) Schilderung des Ach. minutus
Gze. aus Anas fusca (vergl. diesen) findet sich der Satz: „In
einer zwoten wilden Ente eben dieselben; wie auch nachher in
einer Amsel, oder Schwarzdrossel (Zurdus Atricapılla)“. Auf
diese Fundnotiz gründet Gmelin (1791, p. 3046, Nr. 18) seine
Art Ech. merulae, deren Diagnose ,,E. ovatus, thorace aculeato“
der Charakterisierung des Zch. minutus entlehnt ist und deren
Wirte durch die Worte gekennzeichnet werden: „Habitat in
merula, et fringilla montana“. Diese Wirtsangabe beruht nach
dem vorstehend citierten Satz Goeze’s natürlich auf einem Ver-
sehen. Wie Gmelin auf den Passer montanus (L.) gekommen
ist, ist unerfindlich. Rudolphi (1809, p. 226) nimmt an, daß
derselbe an Stelle der Amsel („Atricapillae loco“) angeführt sei und
daß die Merula bei Gmelin der „wilden Ente“ bei Goeze ent-
spricht. Auf diesem Wege kommt Rudolphi (1809, p. 295,
Nr. 33) dazu Ech. merulae Gmel. als Synonym zu £ck. minutus
Goeze zu stellen. Diese Deutung der Gmelin’schen Wirte ist
aber doch wohl zu gewaltsam und meiner Ansicht nach in keiner
Weise mit den von Gmelin bei der Systematik der Helminthen
befolgten Principien in Einklang zu bringen. Goeze erzählt zu-
nächst, daß er den “ch. minutus in einer wilden Ente gefunden,
dann daß er denselben in einer zweiten Ente wiedergefunden
habe, und hierauf erst identificiert er mit derselben Art einen
Fund aus der Amsel. Es entspricht durchaus den sonstigen Auf-
fassungen Gmelin’s, wenn er nun den Speciesbegriff Ach. mınu-
Zus auf die Parasiten der Ente einschränkt und für die Parasiten
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 253
der Amsel eine neue Art, eben Zch. merulae schuf. Ist doch
auch Zurdus merula der Linnéische Name für die Amsel. Das
Versehen, daß Gmelin noch als weiteren Wirt den Bergsperling
hinzufügt, ist auch durch Rudolphi’s Annahme nicht zu erklären.
Einziger Wirt von Zch. merulae ist also Turdus merula L.
Dann aber dürfen wir auch entgegen der Auffassung Rudolphi’s
Ech. merulae nicht mit Ech. minutus identificieren, solange das
Vorkommen von Ech. minutus Gze. 1782 (= Ech. polymorphus
Brems. e. p.; vergl. unter diesen Namen) in der Amsel nicht
anderweitig verbiirgt ist. Dies ist aber nicht der Fall und bei
der verschiedenen Lebensweise von Enten und Amseln ist es
auch höchst unwahrscheinlich, daß beide denselben Parasiten be-
herbergen sollten. Lebt doch die Larve des Ech. minutus, wie
wir heute wissen, in Gammarus. Andererseits ist aber auch aus
der Amsel bereits ein Lchinorhynchus bekannt, der infolge der
Bestachelung des erweiterten vorderen Abschnittes seines Rumpfes
eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Zch. minutus Gze. besitzt. Ich
halte es daher für wahrscheinlich, daß der von Goeze gefundene
Lich. merulae Gmel. identisch ist mit dem von Bremser ent-
deckten Ech. pyriformis Brems. (vergl. Westrumb 1821, Daf i
Fig. 20 und im übrigen weiter unten unter dem Namen “ch.
pyriformis). Immerhin sind aus der Amsel auch noch andere
Echinorhynchen bekannt und ist die urspringliche Charakteri-
sierung des “ch. merulae Gmel, den auch noch Bosc (1802,
p. 7) anführt, den ich aber seit dem Erscheinen von Rudolphis
Historia naturalis (1809) nicht einmal mehr citiert gefunden habe,
so unzureichend, dass seine Identität mit Ach. pyriforms hypothe-
tisch bleibt und ich daher auch dem Namen “ch. merulae kein
Prioritätsrecht zugestehen kann.
Zusatz bei der Correetur: De Marval (1904, p. 575, Nr. 5) sieht
Ech. merulae aus mir nicht ersichtlichen Gründen als identisch mit Ech. cylin-
draceus an. Vergl. hierzu auch den nachträglichen Zusatz unter Ech. fasciatus.
Ech. micracanthus Rud.
Im August 1817 fand Rudolphi in Florenz in einer J/o/a-
cilla spec. (,,Becasigue dicta, sed minime Ficedula Linnaei,
pro qua omnes fere aves minores in Italia venduntur“) Echino-
rhynchen, welche er in der Synopsis (1819, p. 69—70 und 322—
323, Nr. 27) unter dem Namen “ch. micracanthus beschreibt. Bei
der Wiener Helminthensuche wurden dann noch in einer Reihe
Ue fee
254 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
anderer Singvögel Echinorhynchen gefunden, die Westrumb
(1821, p. 21 Nr. 38) zur gleichen Art rechnet, nämlich in Sylvia
atricapilla (L.) (dreimal auf 23 Untersuchungen — in dem von
Westrumb auf p. 72 mitgeteilten Untersuchungsprotokoll fehlt
diese Angabe freilich), Sylvza nısorıa Bechst. (zweimal auf 20
Untersuchungen), Saxzcola .cenanthe (L.) (einmal auf 43 Un-
tersuchungen), Aulla phoenicurus (L.) (einmal auf 32 Unter-
suchungen, von Westrumb übrigens nur in dem Untersuchungs-
protokoll auf p. 72, nicht dagegen im Text der Arbeit auf p. 21
erwähnt), Passer montanus (L.) (einmal auf 516 Untersuchungen,
von Westrumb gleichfalls nur in dem Untersuchungsprotokoll
auf p. 72, nicht in dem Text der Arbeit auf p. 21 erwähnt), /77-
gilla coelebs L. (11 mal auf 530 Untersuchungen), Zox1a cocco-
thraustes L., d. i. Coccothraustes coccothraustes (L.) (zweimal auf
133 Untersuchungen), Alauda arvensis L. (dreimal auf 92 Unter-
suchungen), Alauda nemorosa Gmel. d. i. Lullula arborea (L.) (ein-
mal auf 9g Untersuchungen) und in Alauda trivialis L. d. i. Anthus
trivialts (L.) (zweimal auf 29 Untersuchungen). Von den Echino-
rhynchen aus Coccothraustes hatte Rudolphi ein Exemplar er-
halten, welches er selbst bereits der Art Ech. micracanthus ein-
reihte, die Echinorhynchen aus den anderen vorstehend angeführten
Wirten — vergl. auch unter ,,fck. Alaudae“ — hat dann West-
rumb (1821, p. 21 bez. 71—72) derselben Art eingereiht. Diese
Art wird geschildert als 6—101/2 Linien (d. h. ca. 13—23 mm)
lang und #/s—‘/e Linie (d. h. ca. 1 mm) dick. Der !% Tinien
(d. h. ca. 0,7 mm) lange Rüssel ist dem Rumpfe ohne Hals in
schräger Richtung angesetzt und mit ca. 30 Querreihen sehr
kleiner Haken besetzt. Bemerkenswert aber ist, daß W estrumb
keine einheitliche Schilderung der Art liefert, sondern es ähnlich
wie bei “ch. striatus für nötig hält, die in verschiedenen Wirten
gefundenen Formen einzeln zu besprechen.
Zusatz bei der Correctur: Nach de Marval (1904, p. 578, Nr. 17)
ist von den in neuerer Zeit unterschiedenen Arten Ech. carrucioi Franca-
viglia synonym zu Zch. micracanthus Rud. (Daß in diesem Namen bei
de Marval das A fehlt, ist wohl nur ein Druckfehler.)
Ech. microcephalus Rud.
Unter diesem Namen führte Rudolphi (1819, p. 665, Nr. 50)
einen Zchinorhynchus in die Wissenschaft ein, den Olfers in
Brasilien im Darme von Didelphys cayopollin Schreb. (= Didelphys
murina L.) gefunden und an Rudolphi geschickt hatte. West-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 2,545
rumb (1821, p. 3, Nr. 1) hat die Art selbst nicht gesehen und
gibt nur Rudolphi’s Beschreibung wieder, nach der der Riissel
klein, annähernd kugelig und mit 6 Querreihen von Haken be-
waffnet ist. Ein Hals fehlt, der Rumpf ist dagegen sehr lang
und ähnlich gestaltet, wie das durch Kaiser (1891, p. 12) für
Ech. trichocephalus genauer geschildert ist, insofern nämlich der
Anfangsteil des Rumpfes ganz besonders dünn ist, hierauf eine
Anschwellung folgt, die wie bei Zch. trichocephalus als ovoid be-
zeichnet werden kann und an die sich dann der cylindrische
Hauptabschnitt des Rumpfes anschließt.
Ech. minutus Gze.
Die erste Schilderung von Kratzern aus mitteleuropäischen
Enten findet sich bei Goeze (1782, p. 163—165), der zwei Arten
solcher unterscheidet. Die eine dieser Arten, die im Darm von
Oidemia fusca (L.) gefunden worden war, nennt er “ch. minutus
— über die formelle Gültigkeit dieses Namens siehe unter £c4.
cylindraceus Gze. — und schildert sie bei aller Kürze ausreichend
genug, um jeden Zweifel an ihrer Identität auszuschließen. Von
Wichtigkeit hierfür sind die Länge des Halses, die Bestachelung
des vorderen Abschnittes des Rumpfes, der gegen den unbe-
stachelten Hinterkörper durch eine Ringfurche abgesetzt ist und
last not least die rötliche Farbe, welche es bedingte, .daf die
Echinorhynchen bei macroscopischer Betrachtung wie ‚kleine
karminrote Punkte“ erschienen und welche in der Speciesdiagnose
ihren Ausdruck durch den Zusatz „coccineus“ findet. Weniger
wichtig wäre die geringe Größe der Exemplare — dieselben
waren nur 3/4 Linien d. h. ca. 1,5 mm lang —, da Goeze bei
seinem nur einmaligen Funde junge Exemplare vor sich gehabt
haben könnte. Jedenfalls aber geht aus den angeführten Merk-
malen mit Sicherheit hervor, daß Zch. minutus Gze. identisch ist
mit jener Art, auf welche Braun (1891) den Namen Zch. poly-
morphus Brems. beschränkt hat und deren Larven Gre eff (1864)
in dem Zch. mıharıus Zenker von Gammarus erkannt hat. Man
vergleiche auch Goeze’s Taf. XIII, Fig. 2 mit Greeff’s Taf. II,
Fig. 10.
Schrank (1788, p. 27, Nr. 88) nennt den Ech. minutus Ech.
boschadis (nec Gmel.!), Gmelin (1791, p. 3045, Nr. 12) dagegen,
dem sich auch Bosc (1802, p. 6) anschließt, Zch. anatis (nec
Schrank!). Identisch mit dieser Art ist ferner der Zchino-
256 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
rhynchus einer Wildente, welchen Froelich (1802, p. 68, Nr. 36) -
unter dem Namen Zch. anatis beschrieben hat, nicht aber der
von demselben Autor (1780, p. 105) in der Gans gefundene Ech.
anatıs. (Vergl. hierzu unter letzterem Namen.) i
Unter dem Namen Zch. minutus finden wir die Art dann
wieder bei Zeder (1800, p. 142—143), der sie in Gallinula chlo-
ropus (L.) gefunden hatte. Auch Zeder betont ,,die hochrote
Farbe seines Hinterleibes“ und daß „unter denjenigen, welche ich
kenne und selbst besitze, dieser Kratzer der kleinste ist“. Seine
Länge wird auf °/a—ı!/a Linie d. i. ca. 1,5—3 mm angegeben.
Citiert findet sich die Art dann noch bei Zeder (1803, p. 158,
Nr. 27) und bei Rudolphi (1809, p. 295— 296, Nr. 33), der sie
aus eigener Anschauung damals noch nicht gekannt hat. Später
hat er sie dann freilich auch selbst in Fubgula Julıgula (L.) ge-
funden. (Vergl. Rudolphi 1819, p. 330—331.) Nach der Farbe
(„abdomine vel toto, vel maximam partem coccineo aut potius
miniato, proboscide colloque albis“) sowie nach der Form der als
„lineari-elliptici“ bezeichneten Eier kann an der Identität der von
Rudolphi gefundenen Art kein Zweifel sein. Es wurden nur
Weibchen derselben gefunden, deren Länge auf etwas über 2 Linien
d. h. ca. 5 mm angegeben wird. Die Zahl der Querreihen von
Stacheln auf dem Rumpfe wird auf 30—50 angegeben.
Gleichzeitig fand Rudolphi nun freilich in derselben fwd
gula fuligula (L.) auch noch männliche Echinorhynchen, die sich
auf Grund ihrer weißen Farbe und ihrer etwas beträchtlicheren
Größe als Männchen jener Art wiedererkennen lassen, deren
Weibchen Rudolphi Zch. fihcollıs nannte. (Vergl. unter diesem
Namen.) Rudolphi glaubte in denselben, wie mir scheint mit
Recht, den Ech. constrictus Zed. wieder zu erkennen, kam aber
nun zu der Überzeugung, daß die Namen Zch. minutus Gze.
und Zch. constrictus Zed. nur die beiden Geschlechter ein und
derselben Art bezeichneten, die er jetzt wegen der beobachteten
Farbendifferenzen “ch. versicolor nannte und mit der er auf Grund
eines weiteren Fundes, in welchem er den Ech. collaris Schrank
wieder zu erkennen glaubte, auch diese Art vereinigte.
Ob dieser “Ech. collaris Schrank sowie Ech. boschatis Froel.
gleichfalls mit Ach. minutus Gze. identisch sind, ist nicht sicher
zu entscheiden. (Vergl. unter diesen beiden Namen.) Dagegen
ist £ch. minutus Gze. bei der Wiener Helminthensuche wieder
zur Beobachtung gelangt, aber freilich nicht als besondere Art
Ato,
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 257
erkannt worden. Bremser (1811, p. 26) rechnet ihn zu Zeh.
fihcolhs Rud., Jassoy (1820) und Westrumb (1821, p. 33—36)
zu Lich. polymorphus Brems. (Vergl. hierüber unter Ech, poly-
morphus Brems.) |
Zusatz bei der Correctur: De Marval (1904, p.574, Nr. 3) nennt
diese Art ,,Eck. analis Gze“. Ich werde hierauf sowie auf die von de Mar-
val angenommene Synonymie der Art aus dem bereits in einer nachtràg-
lichen Anmerkung zu Æch. filicollis Rud. genannten Grunde erst in einem
Zusatz zu Ech. polymorphus Brems. eingehen.
Ech. moniliformis Brems.
Unter den in Wien gefundenen neuen Echinorhynchen-Arten
zählt Bremser (1811, p. 26) auch eine solche auf, die in Mzcrofus
arvalıs (L.) und Cricetus cricetus (L.) gefunden worden war. Ein
Exemplar derselben schickte er an Rudolphi (1819, p. 71 und
324—325, Nr. 33), der daraufhin die Art unter dem ihr von
Bremser handschriftlich gegebenen Namen Zch. monilformıs
bekannt gab. Bremser selbst (1819, p. 18) macht Angaben
über die Häufigkeit des Parasiten, der in den ersten fünf Jahren
der Wiener helminthologischen Sammeltätigkeit in 1563 Feld-
mäusen nur 3mal, darauf allein im Jahre 1812 in 432 weiteren
Feldmäusen noch 4mal gefunden worden war. Nach Westrumb
(1821, p. 66) hat die Zahl der untersuchten Feldmäuse später noch
eine weitere Steigerung erfahren und die Gesamtziffer von 2095
erreicht, wobei der Ach. monılhformıs noch ein achtes Mal gefun-
den wurde. Außerdem wurde derselbe gefunden in einem von
14 untersuchten Hamstern und ferner noch je einmal in Puforrus
putorius (L.), von dem 95 Exemplare, und in Falco cineraceus
Montagu, d.i. Grcus pygargus (L.), von dem 39 Exemplare
untersucht worden waren. Bei den beiden letztgenannten Wirten
fand er sich jedoch nicht im Diinndarm, sondern im Magen und
dorthin war er offenbar mit verzehrten Feldmäusen (bez. Hamstern)
gelangt.
Ihren Namen verdankt die Art der eigentümlichen Gliede-
rung ihres Rumpfes, der nur in seinem hinteren Viertel gleich-
mäßig cylindrisch ist, während die anderen drei Vierteile durch
ringförmige Einschnürungen in einzelne Abschnitte zerfallen, die
nach Rudolphi (1819, p. 325) ungefähr je eine Linie d. h. etwas
über 2 mm, nach Westrumb (1821, p. 25, Nr. 46) dagegen an
verschiedenen Körperstellen etwas verschieden lang sein sollen
und dem ganzen Wurm ein perlschnurartiges Aussehen verleihen.
258 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Die Lange der in Wien gefundenen Exemplare schwankte zwischen
2 und 10 Zoll d. h. ca. 5 und 27 cm, ohne daß hierbei jedoch
auf Geschlechtsunterschiede geachtet worden wäre [Kaiser
(1891, p. 10) fand die Männchen 4—5 cm, die Weibchen 6—8 cm
lang.] Die Dicke giebt Westrumb auf 2— 21/2 Linien d.h. ca.
4—5,5 mm an, während Rudolphi das von ihm untersuchte
4 Zoll g Linien d.h. knapp 13 cm lange Exemplar nur ?/s Linien
d. h. ca. 1,5 mm dick fand. Zum Vergleich sei angeführt, daß
Kaiser den Durchmesser für das fadenförmig verjüngte Vorderende
zu 0,35—0,5 mm bestimmte, während nach hinten zu die Dicke
allmählich bis auf 1,5—2 mm zunahm. Der Rüssel ist verhältnis-
mäßig sehr klein, zwischen !/4 und !/s Linie d. h. ca. 0,5—0,7 mm
(nach Kaiser’s genaueren Angaben 0,215—0,230 mm) lang und
!/s Linie d. h. ca. 0,3 mm (nach Kaiser 0,118—0,120 mm) dick.
Die Haken sind sehr klein und schwach. Die Zahl ihrer Quer-
reihen wird von Rudolphi auf ca. 12, von Westrumb auf
ca. 16 angegeben, während neuerdings Kaiser sie zu 10—15
bestimmte. Einen Hals haben Rudolphi und Westrumb nicht
gesehen. i
Ech. monılformıs Brems. gehört zu den Arten, welche
Westrumb bereits anatomisch untersucht hat (vergl. Westrumb
1821, Taf. II Fig. 21—24 sowie oben p. 154).
„Ech. Morinelli“ Rud.
Unter dieser provisorischen Bezeichnung registriert Ru-
dolphi (1819, p. 78, Nr. 75) Echinorhynchen, die bei der Wiener
Helminthensuche in Charadrius morinellus L. gefunden worden
waren und die später Westrumb (1821, p. 26—27, Nr. 49) mit
Lich. vanelli Gmel. zu einer (von ihm Zch. lancea genannten)
Art vereinigt, trotzdem sie etwas kleiner waren wie die Exem-
plare aus dem Kibitz, nämlich nur 4—6 Linien (d. h. ca. 8,5—-13
mm) lang.
ssEch. Motacillae atricapillae“ Rud.
Bei der Wiener Helminthensuche wurde in einem von 23
untersuchten Exemplaren von Motacılla atricapilla L., d. i. Sylvia —
atrıcapılla (L.), im Netz ein Zchinorhynchus gefunden, den Ru-
dolphi (1819, p. 77, Nr. 65) auf Grund einer handschriftlichen
Mitteilung provisorisch als Echznorhynchus aus Motacılla atrica-
pilla verzeichnet. Er fügt hinzu, daß derselbe von dem im
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 259
gleichen Wirt gefundenen “ch. areolatus verschieden sein soll,
wirft aber die Frage auf, ob es sich nicht vielleicht um dieselbe
Art handele, welche in Wien im Darme verschiedener anderer
Singvégel gefunden worden war und von Rudolphi(1819, p. 77,
Nr. 66) provisorisch als ,,Eck. Sylorarum“ verzeichnet wird. Diese
Frage ist dann auch von Westrumb (1821, p. 27, Nr. 51) be-
jaht worden, der die betreffende Art Ach. fasciatus nennt. Siehe
daher Weiteres unter diesem Namen.
„Ech. muraenae Gmelin.“
Irrtümliches Citat bei Westrumb (1821, p.42, Nr. 87) statt
Ech. maraenae Gmel.
Ech. murenae Bosc.
Unter diesem Namen führt Bosc (1802, p. 10) die von
Martin (1780) in Osmerus eperlanus (L.) gefundenen Echino-
rhynchen an. Offenbar schließt sich Bosc auch hier, wie fast
durchweg an Gmelin (1791) an. Hatte aber bereits Gmelin
anstatt des Stintes irrtimlicherweise die Maraene als Wirt dieses
Echinorhynchen angesehen, so ist nunmehr bei Bosc infolge
eines abermaligen Irrtums aus der Maraene die Muraene ge-
worden und daß es sich nicht etwa nur um einen Druckfehler
in dem Speciesnamen handelt, geht daraus hervor, daß Bosc
auch im Text ausdrücklich „la muréne“ als Wirt angiebt. Ver-
gleiche im übrigen unter Zch. maraenae Gmel. und vor allem
unter Acanthrus sipunculoides Achar.
Ech. muris Schrank.
Mit diesem Namen belegt Schrank (1788, p. 21, Nr. 71) den
von Goeze (1782, p. 138, Taf. 9 B, Fig. 12) auf Grund emer ihm
übermittelten Zeichnung unter dem Namen Pseudoechinorhynchus
ohne Beifügung eines Speciesnamens abgebildeten und kurz be-
schriebenen Wurm, den Graf von Borke in einer Maus gefun-
den hatte und den auch bereits O. F. Müller (1787, 1) zu den
Echinorhynchen rechnete, ohne ihn zu benennen. Mit Rücksicht
auf die ganz abweichende Gestaltung des Riissels erhebt Gmelin
(1791) die Art zum Vertreter einer besonderen Gattung ZZaeruca
und unter dem Namen //aeruca muris findet sie sich auch noch
Deti~udolpii (1793. p: 2122) und Zeder (1803, pi 100) an-
geführt. (Vergl. auch unter “ch. erinacer.) Später hat Rudolphi
260 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
(1809, p. 302—304, Nr. 39) diese Gattung Haeruca wieder zu
Echinorhynchus einbezogen und daher die Art unter den Species
inquirendae wieder als Zch. muris aufgeführt. Er äußert jedoch
bereits Zweifel, ob es sich wirklich um einen Zchinorhynchus
handelt. Unter gleichem Namen wird die Art dann auch noch
von Westrumb (1821, p. 39—40, Nr. 69) und späteren als spec.
inqu. aufgeführt. Lamarck (1801, p. 336) nennt sie Ach. haeruca,
Bosc (1802, p. 4) Ech. haerucae. Offenbar aber handelt es sich
einfach um einen Cysticercus fasciolaris, trotzdem das einzige
Exemplar angeblich im Magen der Maus gefunden wurde.
Nachträglich werde ich darauf aufmerksam, daß bereits D u-
jardin (1845, p. 502—503) eine ähnliche Auffassung vertreten hat,
die aber völlig in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Wenig-
stens führt Diesing (1851, p. 54, Nr. 89) den Ach. murıs wieder
an, ohne irgend welche Zweifel an seiner Zugehörigkeit zu den
Echinorhynchen zu äußern, und auch noch v. Linstow (1878,
p. 22) verzeichnet den “ch. muris als eine selbständige Para-
sitenart. | |
Dujardin glaubt, daß die Zeichnung des Grafen v. Borke,
die allen Angaben über den Ach. muris zu Grunde liegt, nur
das Vorderende eines Cys/cercus Jascıolarıs darstellt, und führt
auch an, daß er diese Überzeugung gewonnen habe, als er im
Pariser Museum ein derartiges Cysizcercus-Fragment als ,,Maeruca
ou Ech. muris“ etikettiert fand. Ich teile, wie gesagt, die Uber-
zeugung vollkommen, daß Ach. murıs nichts anderes wie ein
Cysticercus fasciolaris ist. Ich sehe aber keinen zwingenden Grund
zu der Annahme, daß die von Goeze publicierte Abbildung nur
ein Bruchstück eines Wurmes darstelle, glaube vielmehr, daß sie
einen noch verhältnismäßig jugendlichen Cystzcercus darstellt, der
nur eine Länge von ca. 2—3 cm besaß und dessen äußere Glie-
derung dementsprechend noch wenig ausgeprägt war. Diese
Differenz gegenüber der Ansicht von Dujardin ist indessen
durchaus unwesentlich. Daß es sich überhaupt um Cysäcercus
fasciolaris handelt, wird dagegen durch die Zeichnung des Haken-
kranzes und der darauf folgenden (durch die nicht gezeichneten
Saugnäpfe bedingten) Verdickung genügend sicher gestellt.
„Ech. Muscicapae“ Rud.
Unter dieser provisorischen Bezeichnung führt Rudolphi
(1819, p. 77, Nr. 64) Echinorhynchen an, die in Wien im Darm
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 261
von Muscıcapa collars Bechst. gefunden worden waren und für
die später Westrumb (1821, p. 17, Nr. 30) die Species Ech.
dimorphocephalus schafft. Vergl. daher diese.
„Ech. Mustelae‘“ Rud.
Im Wiener Museum sah Rudolphi (1819, p. 75—76 und
335, Nr. 50) drei Exemplare eines im Mesenterium von Mustela
vulgaris Erxl., d.i. Putortus (Ictis) nivalis (L.), gefundenen Zchr-
norhynchus, der seiner Ansicht nach zweifellos eine neue Art dar-
stellte, den er aber trotzdem nur unter der indifferenten Bezeich-
nung „Zch. Mustelae“ registriert, da eine ausreichende Charakte-
risierung der Art wegen des bei allen Exemplaren eingestülpten
Rüssels nicht möglich war. Aus gleichem Grunde stellt auch
Westrumb (1821, p. 39, Nr. 68) die Art zu den Species dubiae.
Derselbe hält sie jedoch dem “Ach. erimacez (Rud.) für ähnlich
oder verwandt. Gefunden wurde die Art nach Westrumb
(1821, p. 66) nur einmal bei Untersuchung von 373 Wieseln.
Ech. mutabilis Rud.
Unter diesem Namen beschreibt Rudolphi (1819, p. 669
bis 670, Nr. 56) eine brasilianische Echinorhynchen- Art, die v.
Olfers und Natterer im Darm einer Anzahl von Wasservögeln
gefunden hatten und zwar v. Olfers in zwei von Rudolphi
noch nicht namhaft gemachten brasilianischen Reiherarten und
Natterer in Ardea egretta Gmel., Ardea scapularis Illig. —
Rudolphi und alle späteren helminthologischen Schriftsteller
bis auf de Marval (1902, p. 425) führen freilich statt dieser Art,
die Natterer nach Ausweis vonv. Pelzeln (1871, p. 301) haufig
erlegt hat, die nahe verwandte Ardea virescens L. an, die nach
Gray’s Handlist. of Birds, Part 3, London 1871, p. 31, Nr. 10155
in ihrem Vorkommen auf die Vereinigten Staaten Nordamerikas
beschränkt ist — ferner in einer Nycficorax-Art, die ebenso irr-
tumlich von Rudolphi bis auf de Marval stets mit dem euro-
päischen Vy#corax nycticorax (L.) identificiert wird, während es
sich doch nur um eine der drei von Natterer erlegten brasilia-
nischen Arten handeln kann, nämlich um Myctcorax gardent
(Gmel.), Mycticorax pileatus (Lath.) oder Nychcorax violaceus (L.),
vergl. Pelzeln (1871, p. 302—303) — des weiteren außer in
diesen Reiherarten auch noch in Platalea ayaya L. und einer .Sterna-
Art, die von Rudolphi bis aut de Marval stets mit der euro-
262 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
päischen, in Amerika nicht vorkommenden Serra minuta L. iden-
tificiert ist, wahrscheinlich aber die von Natterer in Sapitiba
erlegte Sterna argentea Pr. Neuw. darstellt.
Die Art ist nach Rudolphis Schilderung dem europäischen
Ech. striatus Gze. sehr ähnlich. Wie bei diesem ist das Vorder-
ende des Rumpfes bestachelt, der hintere Teil desselben schlanker
und unbewaffnet. Wie dort schiebt sich zwischen Rumpf und
Rüssel ein unbewaffneter konischer Hals ein. Der Rüssel soll
‚dagegen bei “ch. mutabilis an der Basis (nicht wie bei Zch.
striatus am Vorderende) verdickt sein und sich nach vorn zu fast
plötzlich verschmalern. Die Länge der Exemplare schwankte
zwischen r!/e und 5 Linien d. h. ca. 3 und ca. 11 mm.
Westrumb (1821, p. 30—31, Nr. 57) vereinigt die Art mit
Ech. striatus Gze. auf Grund eigener Untersuchungen, die ihn
zu dem Resultat führten, daß die Unterschiede, die bezüglich der
Form des Rüssels vielleicht bestehen, doch zu gering seien, um
eine Artunterscheidung zu rechtfertigen. Speciell für die Exem-
plare aus Nyckcorax wird angeführt, daß der Rüssel bald an der
Spitze, bald an der Basis verbreitert, stets aber an der Spitze ab-
gestutzt und mit ca. ı2 Querreihen kleiner Haken besetzt sei.
Die Berechtigung dieser von Westrumb vorgenommenen
Vereinigung ist meines Wissens bisher noch nie angefochten
worden. Auch die neuesten Publikationen über “ch. striatus G ze.
von v. Ihering (1902, p. 46) und de Marval (oo pee)
nehmen die Zugehörigkeit der südamerikanischen Echinorhynchen
zu der genannten europäischen Art an und dies veranlaßt mich
zu einigen Bemerkungen im Interesse einer richtigen historischen
Würdigung von Westrumb’s Auffassung. Denn diese entsprach
zwar völlig dem Stande der Helminthologie am Anfange des
19. Jahrhunderts, braucht aber deswegen doch noch nicht richtig
zu sein und bedarf jedenfalls der Nachprüfung. Sind doch früher
sehr vielfach einander ähnlich erscheinende Helminthen aus ähn-
lichen Wirten zu einer Art vereinigt worden, auch wenn die einen
in Europa, die andern in Amerika gefunden worden sind. In
fast allen genauer untersuchten Fällen hat sich jedoch inzwischen
herausgestellt, daß es sich alsdann zwar um sehr ähnliche, aber
doch immerhin um verschiedene Arten handelt. Der Nachweis,
daß diese Regel nicht auch für die Echinorhynchen und speciell für
die hier besprochenen Formen gilt, ist zum mindesten noch zu
erbringen und in diesem Sinne muß ich für Beibehaltung des Zch,
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 263
mutabilis Rud. als selbständiger Art, wenn auch als spec. inqu.
(wie viele Echinorhynchen sind denn aber nicht mehr spec. inqu.?)
plaidieren. Vergl. hierzu auch “ch. tumidulus Rud.
Aus diesem Grunde führe ich auch hier und nicht erst bei
Etch. striatus an, daß Westrumb auf Grund neuerer Funde von
Natterer für die letztere Art noch zwei weitere brasilianische
Wirte anführt, nämlich Ardea cayennensis Gmel., d. i. Nycticorax
violaceus (L.), und Ardea leuce Ill., welch letztere jedoch identisch
ist mit der bereits von Rudolphi als Wirt von Zeh. mutabilis ange-
führten Ardea egretta L. Aus der besonderen Schilderung, welche
Westrumb von den Echinorhynchen aus diesen beiden Wirten
entwirft, sei angeführt die Lange (3—5 Linien, d.h. ca.6—11 mm,
wogegen für die Echinorhynchen aus Vyc#corax spec. nur 4 Linien,
d.h. ca. 9 mm angegeben werden), die Schilderung des Rüssels,
die der oben bereits wiedergegebenen für die Exemplare aus Vyc-
“icorax spec. entspricht, ferner die Ringfurche, die wie bei Zc.
striatus aus Ardea cimerea den bestachelten und kugelig aufge-
triebenen Vorderteil des Rumpfes von dem unbewaffneten, sich
nach hinten zu verschmälernden und längsgestreiften Hinterteil
desselben scheidet. Für die Exemplare aus Nyczicorax spec. wird
das Vorhandensein einer solchen Furche nicht ausdrücklich be-
tont und für die Exemplare aus den anderen bereits von Ru-
dolphi angeführten Wirten des Zch. mutabilis wird eine geson-
derte Schilderung nicht gegeben.
Ech. napaeformis Rudolphi 1802.
Neuer Name für Haeruca erinacei Rudolphi 1793. Siehe
deshalb unter “ch. erimacet.
Ech. nodulosus Schrank.
Die Art soll nach Schrank (1790 — cf. Schrank 1792,
p. 116, Nr. 25) im Darm von Szlurus glanis L. gefunden worden
sein. Zeder (1800, p. 134—137) berichtet dagegen, daf er selbst
die Exemplare, auf Grund deren Schrank die Art aufgestellt
hat, gefunden und an Schrank gesandt habe und daß die Wirts:
angabe von Schrank nur auf einem Mißverständnis beruhe.
In der Tat habe er nicht im Wels sondern in Zo/a dota (L.) Echi-
norhynchen gefunden und infolge einer weiteren Verwechselung
mit gleichzeitig an Schrank gesandten Echinorhynchen aus
Squalius cephalus (L.) habe Schrank dann die Echinorhynchen
264 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
aus Lofa als Ech. dobulae beschrieben, während aus dem Döbel
— Squalius cephalus (L.) = Cyprinus dobula L. — in der Tat
der Echinorhynchus nodulosus stammte, der auBerdem auch noch
in anderen Cypriniden vorkomme, [Da sowohl Ach. nodulosus
wie Ech. dobulae synonym zu Ech. laevis Zoega sind, so wird
hierdurch freilich diese Verwechselung der Wirte bei den beiden
von Schrank unterschiedenen Arten gegenstandslos.|
Nach Zeder hat bereits Goeze den Ech. nodulosus im
Darme des Döbels gefunden. Zeder selbst fand ihn ausschließ-
lich in Cypriniden und unterscheidet ihn von Zch. fiscinus Led.
der ihm „beim ersten flüchtigen Anblick so ähnlich“ sieht, „daß
man sie leicht für eine Art halten und zusammenwerfen kann,
besonders wenn der knotige Kratzer noch sehr klein ist“, durch
den Hals, der bei Zch. priscinus Zed. dicker sein soll, und nament-
lich durch die Bewaffnung des Riissels. Während nämlich Zeder
glaubte, daß bei “ch. piscinus die Haken alle „gleiche Größe
haben“ erkannte er bei Ach. nodulosus bereits die beiden ver-
schiedenen Hakentypen und betont, daß die vordere Hälfte des
Rüssels „mit größeren Haken bewehrt sei, dagegen der untere
Teil bey der Kugel mit äußerst kurzen Häkchen‘, die nur mit
dem zusammengesetzten Mikroskop zu entdecken seien, während
der Rüssel, „mit dem Suchglase betrachtet, nur zur Hälfte —
ganz vorne — behakt zu sein scheint.“
Schrank (1803, p. 219— 220, Nr. 3114) bringt nichts wesent-
lich Neues. Rudolphi (1808, Tab. IV, Fig. 4) publiciert zu-
nächst eine Abbildung der Art und hält in der später folgenden
Beschreibung (1809, p. 287—290, Nr. 27) den Zch. nodulosus für
identisch mit “ch. laevis Zoega. Er betont die Variabilität des
Halses bei Ech. nodulosus, will die Art aber trotzdem durch die
Form des Halses (also nicht mehr des Rüssels) von dem nahe
verwandten Zch. fereticolls Rud. (= Ech. piscinus Zed.) unter-
scheiden. Bremser (1811, p. 26) erklärte dann jedoch diese
Arten für identisch und trotz des Widerspruches, den Rudolphi
(1819, p. 72—73 und 328—329, Nr. 37) hiergegen erhob, ist diese
Vereinigung seit Westrumb (1821, p. 37—39) allgemein aner-
kannt. Westrumb nannte die Art Zch. proteus, ihr prioritäts-
berechtigter Name ist jedoch “ch. laevis Zoega.
ÆEch. nyctae Schrank.“
Irrtümliches, hier erst bei der Correctur eingefügtes Citat
{wohl Druckfehler) bei de Marval (1904, p. 573) anstatt
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 265
Ech. nyeteae Schrank.
Im Darme. einer Strix stridula L., d. i. Syrnium aluco (Lì,
fand Goeze (1782, p. 153, Taf. XI, Fig. 8—12) Kratzer von
13/4 Zoll d. h. fast 50mm Länge, die „ein besonderes Phänomen“
zeigten. „Ein an dem Darmstück vestsitzender Kratzer wurde
stark gezogen. Der Rüssel zeigte sich, und gleichwohl sass er
an einer aus dem Rüssel vorgestreckten Verlängerung noch am
Darme vest. Unter dem Komposito zeigte sich diese Verlänge-
rung des Rüssels als eine Trompete, deren weite Oeffnung sich
unten vest an den Darm angesogen hatte. Dies beweiset, daß
der Wurm, wenn er mit der Rüsselwalze sich befestiget hat,
diesen trompetenförmigen Theil zum Saugen hervorstrecke, und
damit wohl eigentlich die Nahrung an sich ziehe.“ Diese Ver-
längerung des Rüssels ist die wesentlichste Eigentümlichkeit der
Art, die auf Grund von Goeze’s Beschreibung von Schrank
(1788, p. 22—23, Nr. 75) den Namen ch, nycteae, später von
Gmelın (1701, p 2015, Nr 3). den auch von Bosc (1302, p. 6)
gebrauchten, aber als synonym zu Zch. nycteae einzuziehenden
Namen Ech. strigis erhielt, und sie ist auch die Veranlassung,
daß Rudolphi (1802, p. 57—59 und 1809, p. 275—277) die Art
als zweifelhaft-synonym mit seinem “ch. Zuba ansieht. Bei An-
nahme dieser noch nicht genügend bewiesenen Synonymie würde
natürlich der Name “ch. nycteae Priorität haben (vergl. jedoch
auch unter Ech. aluconis). Sollte aber die „Trompete“ des Wur-
mes nicht nur eine hochgezogene Schleimhautfalte des Darmes
gewesen sein?
Zusatz bei der -Correctur: Nach de Marval (190%, p. 573) ıst
Ech, nycteae Schrank synonym zu Ech. aluconis. Vergl. hierzu den nach-
träglichen Zusatz unter Zch. globocaudatus Zed.
„Ech. Oedienemi“ Rud.
Unter dieser provisorischen Bezeichnung registriert Ru-
dolphi (1819, p. 78, Nr. 76) Echinorhynchen, die bei der Wiener
Helminthensuche in Oedicnemus oedienemus (L.) gefunden worden
waren (3mal bei 10 Untersuchungen) und die später Westrumb
(1821, p. 26—27, Nr. 49) mit Ech. vanelh Gmel. zu einer (von
ihm Zeh. lancea genannten) Art vereinigt.
Ech. oligacanthoides ui
Von Rudolphi (1819, p. 64 und 311—312, Nr. 7 u. p. 666,
Nr. 52) charakterisiert auf Grund von Exemplaren, die v.Olfers
256 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
in Brasilien in Cysten am Darm von Coluber olfersi gefunden
hatte. Auch die Angabe Westrumb’s (1821, p. 5, Nr. 5), daß
Natterer die Art „in intestinis“ derselben Schlange gefunden
habe, ist jedenfalls auf solche Cysten zu beziehen, zumal auch
Diesing (1851, p, 24—25, Nr. 14) die Art aus Schlangen nur
im encystierten Zustande kennt und den definitiven Wirt uns in
Falco milvordes Spix, d. i. Puteogallus nigricollis (Lath.) und
dem von Diesing gleichfalls noch zur Gattung Falco gerech-
neten Harpagus bidentatus (Lath.) kennen lehrt. Die Zahl der
Hakenreihen am Rüssel wird auf 4 angegeben. (Vergl. hierzu
auch unter Æch. lagenaefor mıs.)
Ech. oligacanthus Rud.
Von Rudolphi (1819, p. 64 und 311, Nr. 6) in Florenz in
Coluber quadrilineatus subperitoneal gefunden und Zch. oligacan-
thus genannt, weil Rudolphi nur 3 Querreihen von Haken am
Rüssel fand. Westrumb (1821, p. 5, Nr. 4) bietet nur ein Ex-
cerpt aus Rudolphi (1819). Aus Rudolphi’s Beschreibung
der Art ist noch von Wichtigkeit die Form des Rüssels, die als
,subglobosa‘ bezeichnet wird, die große Kürze des Halses und
die Verschmächtigung des Rumpfes nach hinten zu, denn in allen
diesen Merkmalen stimmt Zeh. oligacanthus Rud. überein mit
Ech. lagenaeformis W estr., welchen ich als die geschlechtsreife
Form von Zch. olıgacanthus Rud. anzusehen geneigt bin. Vergl.
hierzu auch unter “ch. lagenaeformıs Westr. Wenn meine be-
reits bei Besprechung dieser Art vertretene Auffassung von Zch.
oligacanthus Rud. und Zeh. olıgacanthoıdes Rud. richtig ist, werden
diese beiden Arten vermutlich eine natürliche Gattung bilden
ähnlich den Gattungen Gzigantorhynchus, Neorhynchus, Parado-
xites, Corynosoma und anderen. (Vergl. hierzu auch die Be-
sprechung von Ach. aluconis O..F. Müll. "und 27 se
Brems.)
„Ech. Orioli* Rud. nec Westr.
Bremser (1811, p. 26) zahlt unter den in Wien gefundenen
neuen Echinorhynchen-Arten auch eine solche aus Orzolus gal-
bula Gmel, d. i. Orzolus ortolus (L.), auf, welche Rudolphi
(1819, p. 77, Nr. 62) provisorisch als „Zeh. Oriolk“ verzeichnet,
während sie einen wirklichen Namen erst durch Westrumb
(1821, p. 25, Nr. 26) erhielt. Vergl. daher unter Ech. sigmoideus
Westr.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 267
„Ech. Orioli‘ Westr. nec Rud.
Unter dieser selben Bezeichnung „Zch. Orioh“ findet sich
dann bei Westrumb (1821, p. 40. Nr. 73) dieselbe Form ange-
führt, die Rudolphi (1819, p. 673, Nr. 59) als „Zch. Oriol
crıstatı““ registriert hatte.
ssEch, Orioli eristati“ Rud.
Im Darm eines von Rudolphi und Westrumb Orzolus
cristatus genannten Vogels hatte Natterer in Brasilien Echino-
rhynchen von 6—12 Linien d. h. ca. 13—27 mm Länge gefunden,
welche aber sämtlich den Rüssel eingestülpt hatten „qua ex re
haud diagnoscenda“ (Westrumb 1821, p. 40, Nr. 73). Sie wer-
den deshalb von Rudolphi (1819, p. 673, Nr. 59) sowohl wie
von Westrumb nur mit Angabe des Wirtes anstatt mit einem
Speciesnamen angeführt. Als Wirt dieser Echinorhynchen wird
dann später von Diesing (1851, p. 55, Nr, 94 und p. 477, Nr. 988)
Icterus cristatus Temm. namhaft gemacht. Es kann sich hier-
nach nur um Os#nops cristatus (Bo dd.) handeln, den Natterer
im Marz 1818 auf Isla de Marambaya und bei Sapitiba erlegt
hatte. (Vergl. v. Pelzeln, 1871, p. 19: und p. IL)
Zusatz bei der Correctur: Wenn de Marval (1904, p. 582—583)
unter den wegen fehlender Beschreibung zu unterdriickenden Arten auch
„Ech. orio Rud.“ aufführt, so kann hiermit nur dieser , Ach. Orioli cristati“
Rud. = ,Ech. Orioh“ Westr. nec Rud. gemeint sein, zumal de Marval
selbst vorher (1904, p. 574, Nr. 2) ,Ech. orto Rudolphi (partim)“, d. i. offen-
bar „Zeh. Orioh“ Rud. nec Westr., zusammen mit Ech. sigmoideus Westr.
als synonym zu Ech. areolatus Rud. angefàhrt hat. Im Ubrigen wiirden
meines Erachtens die Gròfenangaben eine ,,Beschreibung“ im Sinne der
Nomenclaturgesetze bilden, wenn ,,£ck. Oriol“ wirklich ein Name wäre.
Vergl. hierzu den nachträglichen Zusatz unter „ch. Gruis“ Rud.
Ech. otidis Schrank.
Mit diesem Namen belegt Schrank (1788, p. 23, Nr. 76)
Echinorhynchen, die Goeze (1782, p. 154, Taf. XI, Fig. 13) kurz
geschildert und abgebildet hatte, ohne sie zu taufen, und die
Graf von Borke in „einer bunten Ohreule“ (im Jahre 1778, es
handelt sich also wahrscheinlich. um denselben Fund, den O. F.
Müller [1779] unter Ach. candıdus anführt, vergl. unter diesem
Namen), Goeze selbst „in den Gedärmen einer Ohreule“ gefun-
den hatte. Den wissenschaftlichen Namen des Wirtes führt
Goeze nicht an, doch nimmt Schrank an, daß es sich um Aszo
Zool. Annalen. I. 18
268 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
otus (L.) gehandelt habe, und hierin stimmt ihm Rudolphi (1800,
P- 275—277) bei, gegenüber Gmelin (1791,-p- 3045), der den
Wirt auf Prsorhima scops (L.) deutet (vergl. Zch. scopis). Sollte
die noch‘ zweifelhaft erscheinende Selbststandigkeit der Art
wirklich sichergestellt werden und alsdann dem Namen Zeh.
otidıs, der ja zweifellos der älteste Name für den Goeze’schen
„Ohreulenkratzer“ ist, Prioritätsrecht zuerkannt werden, trotzdem er
auf einem offensichtlichen Versehen beruht, so würde er jeden-
falls auf Grund von § 8 der zoologischen Nomenclaturregeln (nach
den Beschliissen des V. internationalen Zoologen-Congresses zu
Berlin, 1901) zu korrigieren sein, da oZıdıs der Genitiv von dem
Gattungsnamen O#s ist und nicht von o/us. Im übrigen vergl.
bez. dieser Art unter “ch. aegualıs Zed., unter welchem Namen
die seit Goeze nicht wiedergefundene Form später geführt wurde.
Zusatz. bei der Correctur: De Marval (1904, p. 573) Sicherer:
otidis Schrank als synonym zu Ech. aluconis O. F. Mill. an. Vergl. den
nachträglichen Zusatz unter Ech. globocaudatus.
Ech. ovatus Zed.
Zeder (1800, p. 137—139) fand in verschiedenen Fischen
(Esox luctus L., Lota lota (L.), Salmo salar L. und Cyprinoiden),
und zwar meist subperitoneal, Echinorhynchen, deren Rumpf 11/4
bis 2 Linien d. h. ca, 2,5—4,5 mm und deren Hals und Rüssel
1/9—%;4 Linien d. h. ca. 1—1,5 mm lang waren. Der Rüssel soll
mit 19 Reihen Haken besetzt sein, wobei wahrscheinlich Quer-
reihen gemeint sind, wie dies auch Rudolphi (1809, p. 290) an-
nimmt, obwohl Zeder die Anordnung der Haken in Längsreihen,
die sonst zu jener Zeit vielfach nicht beachtet wurde, wohl er-
kannt hat. (Er bezeichnet den Rüssel als , durch die der Länge
nach herablaufenden dornähnlichen Haken gestreift.“) Bei einigen
Cyprinoiden will Zeder dieselbe Art wie im Peritoneum auch
im Darmkanal gefunden haben. Er hält dieselbe für neu und
nennt sie “ch. ovatus und unter diesem Namen wird die Art dann
noch von Zeder (1803, p. 157, Nr. 24) und von kdo hp
(1809, p. 296-291, Nr. 28 und 1819, p- 73, NrJ-36) anseithre
Rudolphi (1809) betont ihre Ähnlichkeit mit Zch. sphaericus
Rud. Bremser (1811, p. 26) faßt diese beiden Arten mit 204
lereticollis Rud. und anderen älteren Arten zu einer einzigen Art
zusammen, die dann Westrumb (1821, p. 37—39) “ch. proteus
nennt und deren prioritatsberechtigter Name “ch. laevis Zoega
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 269
ist. Das Vorkommen von Larven dieser Art in Fischen könnte
nun freilich sehr zweifelhaft erscheinen, da “ch. laevis seine Lar-
venentwickelung nach den Feststellungen von Rud. Leuckart
(1862) in Gammarus durchmacht. Indessen hat noch neuerdings
Hamann (1891, p. 93 £.) in Phoxinus phoxınus (L.) = Phoxinus
laevis Agass., Cobitis barbatula L., Gobio gobto (L.) = Gobto
fluviatilis Cuv., Gasterosteus aculeatus L. und Gasterosteus pungt-
fus L. Echinorhynchenlarven gefunden, die sich im Darm von
Salmo farıo L. zu geschlechtsreifen, von Lchinorhynchus laevis
nicht unterscheidbaren Echinorhynchen entwickelten, ohne daß
freilich seine Erklärung dieses auffallenden Vorkommnisses mich
völlig zu befriedigen vermöchte.
Ech. pardalis Westr.
Von Westrumb (1821, p. 39, Nr. 67) unter den Species
dubiae aufgefthrt auf Grund eines von Natterer im Duodenum
von Fels pardals L. gefundenen Exemplares, das einen Teil
seines Rüssels verloren hatte und deshalb nur unvollkommen
charakterisiert werden konnte. Länge 10 Linien (d.h. ca. 22 mm),
der noch vorhandene Teil des Rüssels cylindrisch, mit ziemlich
kräftigen Haken, Hals fehlt.
Die art istyspaters von Die sin o=(1851, pe 2l 2ou Nr 5)
in Ech. campanulatus umgetauft worden. Indessen hat diesem
Namen gegenüber Ach. fardals Priorität, weil durch den Zusatz
„n. sp.“ als Benennung einer neuen selbständigen Art gekenn-
zeichnet und also nicht nur „ern Æchinorhynchus aus der Pardel-
katze“ bedeutend. Vergl. hierzu auch oben p. 166 unter Ech.
alcedinis Westr.
„LEch. Pari‘ Rud.
In seiner Liste neuer Echinorhynchenarten führt Bremser
(1811, p. 26) auch einen solchen aus Parus major L. auf, den
Rudolphi (1819, p. 77, Nr. 68) dann als ,,Eck. Pari“ verzeichnet.
Nach Westrumb (1821, p. 41, Nr. 76) ist er nur einmal bei
Untersuchung von 66 Kohlmeisen gefunden und nicht bestimm-
bar, da der Riissel abgerissen war.
Ech. percae Gmel.
OZE-Müller (1780, 1, p. 205) und Pallas (1766; pi 475)
hatten über das Vorkommen von Echinorhynchen in Perca fluvia-
18*
270 Lùhe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
tis L. berichtet, ohne daß ersichtlich wäre, welche Art sie vor
sich gehabt haben. Müller, der einfach von „Kratzern“ spricht,
ohne sich über deren Species-Zugehörigkeit zu äußern, führt von
Merkmalen, die bei dem Versuch einer Bestimmung in Betracht
kommen könnten, nur an, der Rüssel sei „ein Cylinder von gleicher
Dicke mit 10 Reihen der Länge nach und neun Häckgen in
jeder“. Hiernach ist von den in neuerer Zeit unterschiedenen drei
Echinorhynchen-Arten des Barsches der kurzrüsselige “ch. ret
©. E Müll. ( “ch. clavaeceps Zed., em. Duj.) von vornherem
auszuschließen. Dagegen stimmen die o in jeder Längsreihe ge-
zählten Haken völlig überein mit der Haken-Anordnung bei Æc/.
lucz O. FE. Müll. (= Zeh. angustatus Rud.) und wenn dieser
auch 14 Längsreihen besitzt an Stelle der von O. F. Miller
angegebenen 10, so ist doch jedenfalls diese Abweichung immer
noch wesentlich geringer, als bei “ch. laevis Zoewa ( Bee
proteus Westr.), dessen Rüssel 20 Längsreihen von je 11 — 12
Haken trägt.
Pallas führt Perca fluviatıls L. nur als Wirt seiner Sammel-
art Zaenta haeruca auf (siehe diese).
Auf diese Angaben von Müller und Palias gründet nun
Gmelin (1791, p. 3048, Nr. 30) seine Art Ech. percae, macht aber
selbst bereits den Zusatz „an vere distincta species?“
Im AnschluB an Gmelin findet sich die Art dann bei
Bosc (1802, p. 9) citiert und unter Beifügung eigener Beobach-
tungen angeführt bei Rudolphi (1793, p. 21 und 1795, p. 14—15)
sowie bei Zeder (1800, p. 118 und 126—128). Rudolphi (1793)
betont als Unterschied gegenüber #ch. luci, dab ch. percae
„mollis, rugosus“ sei und nicht „pellucidus et laevis‘, wie für £c4.
luc angegeben werde und ferner daß er eine leicht sichtbare,
in den Beschreibungen des “ch. luc dagegen nicht erwähnte
„Vesicula terminalis“ besitze. Besonders aber ist Zeder (1800,
p. 123— 128) für die Selbständigkeit beider Arten eingetreten, in-
dem er gleichzeitig betont, daß Zch. percae außer in Perca fluvia-
Zılis L. auch noch in Zsox luctus L. vorkomme und dort sogar
noch häufiger sei als “ch. luci, so daß hierdurch die entstandene
Verwirrung erklärlich werde Die Angabe Zeder’s, daß O. F.
Müller den „Barschkratzer“ zu Zch. candıdus gestellt habe, ist
freilich ein Irrtum und beruht offenbar auf einem irrtümlichen
Citat Gmelin’s (siehe unter Ech. cernuae). Dagegen hat nach
Zeder’s Annahme Froelich (1791, p. 100—101), der den ez.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 27
lucit im Barsch gefunden haben wollte, ebenso wie Rudolphi
(1793) nur den Zch. percae vor sich gehabt und auch die An-
gaben, die O. F. Müller selbst über den ch. luc gemacht
habe, sollen sich wenigstens zum Teil nicht auf diesen, sondern
auf £ch. percae beziehen. Die von Rudolphi (1793) beobachteten
„hemisphärischen Schwanzbläschen“ werden von Zeder als syste-
matisch wertlos erkannt, da sie auch bei vielen anderen Arten
anzutreffen seien, dagegen werden folgende Unterschiede für die
beiden Arten betont: Ach. fercae habe nur 8—10 Querreihen von
Haken, Zch. lucı dagegen deren 15— 17; bei Ech. percae sei der
Rüssel am Scheitel „abgestumpft‘“, bei “ch. luci: dagegen „ab-
gerundet“; “ch. percae besitze „einen kurzen und begrenzten Hals,
welcher an dem eigentlichen Hechtkratzer nie entdeckt wird“;
Ech. lucit sei „vorne, bey vollkommen ausgestrecktem Haken-
rüssel, auffallend schmächtiger als am Schwanzende, welches
walzenrund, linienförmig und stumpf abgerundet zugeht“, bei Ach.
percae dagegen sei „der Vorderleib weiter als der Hinterleib“.
Rudolphi (1802, p. 53—56) will zwar von diesen Unter-
schieden nur die verschiedene Hakenzahl anerkennen und auch
diese nur bedingt. Er schließt sich aber trotzdem in der An-
nahme zweier verschiedener Arten an Zeder an, indem er, um
die Benennung nach dem Wirte zu vermeiden, den Ech. percae in
Ech. affinıs umtauft (1802, p. 55—56, Nr. 7), unter welchem Namen
dann auch Zeder (1803, p. 152, Nr. 8) die Art anführt. Gleich-
zeitig berichtet Rudolphi, daß er Kratzer, die von Zch. affınıs
nicht zu unterscheiden waren, auch im Magen von /Veuronectes
fiesus L. gefunden habe. („Sie waren hier auch vielleicht nur
zufällig und die der Flunder gewöhnlichen Zch. attenuatus wurden
auch nicht vermißt. Überhaupt mögen wohl manche Verwechse-
lungen bloß deswegen vorgefallen sein, weil mancher Wurm oft
bei ganz andern Fischen zufällig vorkommt“) Später führt Ru-
dolphi (1809, p. 268—270, Nr. 14) auf Grund eigener Funde als
weitere Wirte der Art noch Gasterosteus aculeatus L. und Selurus
glanıs L. an und spricht gleichzeitig die Vermutung aus, daß
vielleicht auch der Ech. cernuae Gmel. (= Ech. candıdus Loega;
siehe unter diesem Namen) hierher gehöre. Später kommt als
weiterer neuer Wirt „ni fallor“ noch Zoarces viviparus (L.) hinzu
(Rudolphi 1810, p. 376. — Vergl. auch unter „Zch. Dlennu‘‘).
Auch der Ech. candidus Froelich (1802, p. 73—74) aus Perca
fluviatilis wird von Rudolphi (1814, p. 95, Nr. 37) zu Ech. affinis
27 2 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
gezogen. Spater aber hat Rudolphi (1819, p. 68, Nr. 19) den
Ech. affinis, der damit als selbstandige Art definitiv aus der Lite-
ratur verschwindet, mit Ech. angustatus (= Ech. lucii O.F. Men
vereinigt, offenbar mit Recht.
„Ech. Percae cernuae* Vibor g.
In seinem Verzeichnis der Helminthensammlung der Kopen-
hagener Tierarzneischule führt Viborg (1795, p. 243, Nr. 203)
‚unter anderen einen nicht bestimmten Zchmorhynchus aus Perca
cernua, d. i. Acerina cernua (L.), auf.
„Ech. Percae fluviatilis Viborg.
Ebendort führt Viborg (1795, p. 244, Nr. 215) ferner auch
noch einen unbestimmten Echinorhynchus aus Perca fluviatilis L. an.
Ech. phocae Gmel.
Ist kein Zchmorhynchus, sondern ein Nematode. Näheres
vergleiche unten unter den Namen Ascarıs neitsıl Fabr. 1776 und
Ascaris phocae Fabr. 1780. “Außer von Gmelin (1791, BP 307%
Nr. 1) wird die Art als Æchinorhynchus auch noch von Bosc
(1802, p. 5) angeführt.
ssEch. Phocae vitulina‘ Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthen-Sammlung der Kopen-
hagener Tierarzneischule fuhrt Viborg (1795, p. 243, Nr. 199
bis 201) auch einen Lchinorhynchus aus Phoca vitulina an. Es
kann sich nur um Zeh. strumosus Rud. handeln.
„Ech. Picae“ Rud.
Unter den bei der Wiener Heiminthensuche gefundenen
neuen Echinorhynchen-Arten verzeichnet Bremser (1811, p. 26)
auch eine solche aus Zrca fica (L.). “Rudolph (reıgspr
Nr. 60) führt diese dann unter der Bezeichnung „Ach. Picae“ auf,
während Westrumb (1821, p. 18, Nr. 32) sie Ech. teres tauft.
Siehe daher unter letzterem Namen.
Ech. pict Gmel.
Neuer, von Gmelin (1791 p. 3045, Nr. 9) gebildeter Name
für Lich. cylindraceus Gze. (vergl. diesen), der später nur noch
von Bosc (1802, p. 6) wieder gebraucht wird.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 273
„Ech. piriformis“ Brems.
Vergl. den nachträglichen Zusatz unter ch. pyriformrs.
Ech. piscinus Zed.
Unter diesem Namen schildert Zeder (1800, p. 132—134) einen
Kratzer, den er „fast in allen hieländischen Fischen des siissen Was-
sers“: „im Darmkanale aller hieländischen Karpfenarten‘“, sowie
von Salmo trutta L., Anguilla anguilla (L.) und Lota lota (L.) ge-
funden hatte, den er aber ,,noch nicht fiir eine neue Art angeben
will“. Er hält ihn vielmehr für identisch mit den Kratzern, die
Redi, Leuwenhoek und O. F. Müller im Aale gefunden
hatten (vergl. unter Zch. anguillae) und betont ferner die Ähnlich-
keit mit Ech. barbi! Schrank, attenuatus O. F. Müll. und az-
nulatus Gmel. Später hat Zeder (1803, p. 155— 156, Nr. 21),
denn auch seinen “ch. piscinus mit diesen drei Arten zu einer
einzigen Art vereinigt, die er Ach. attenuatus nennt. Vergl. wei-
teres unter letzterem Namen und unter Zch. nodulosus Schrank,
sowie ferner unter dem seit Westrumb (1821) ftir diese Art
allgemein üblich gewordenen Namen £c/. proteus Westr. und
dem prioritätsberechtigten Namen “ch. laevis Zoega.
Ech. plagicephalus W estr.
Bei der unter Bremser’s Leitung in Wien erfolgten Hel-
minthensuche wurden zweimal in Acıpenser huso L. und einmal
in Acıpenser ruthenus L. Echinorhynchen gefunden, die Rudolphi
(1819, p. 78, Nr. 80 und p. 79, Nr. 81) provisorisch als „Zeh. Husonis“
bez. „Zch. Acıpenseris rutheni“ verzeichnet und die dann später
Westrumb unter dem Namen Zch. plagicephalus als neue Art
kurz charakterisiert. Sie waren 6—10 Linien (d. h. ca. 13—22 mm)
lang, besaßen einen sehr langen, schlanken Rüssel mit ca. 20 Quer-
reihen von Haken, einen glatten, beiderseits, namentlich aber
nach hinten verjüngten Rumpf und einen kurzen, runzeligen Hals.
„Ech. Platessae“ Rud.
OF he Muller (1780, © ps >2o7)serzahlt, dab rer in einer
von zwey Goldbutten (leur. Platessa L.) einen weißen Kratzer“
gefunden habe, dessen Rüssel die Gestalt eines „schmalen, überall
gleich dicken Cylinders“ hatte und mit ı6 Reihen von je über
ı5 sehr kleinen Haken besetzt war. Rudolphi (1809. p. 310,
Nr. 49) registriert diesen Fund unter der seitdem beibehaltenen
Bezeichnung „Zchinorhynchus Platessae“.
274 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. platessoida Bosc.
Von Bosc (1802, p. 9) angewandte Namensform für den
Ech. platessoidae Gm el.
Ech. platessoidae Gmel.
Unter diesem Namen verzeichnet Gmelin (1791, p. 3048,
Nr. 29) Helminthen, die Fabricius in Grönland im Magen von
Pleuronectes platessoides Fabr. gefunden und Ascaris plewronectis
genannt hatte. (Vergl. auch weiter unten unter diesem Namen.)
Unter dem Gmelin’schen Namen findet sich die Art noch bei
Zeder (1803, p. 162, Nr. 43) citiert. Bosc (1802, p. 9) gebraucht
die Namensform “ch. platessorda, Rudolphi (1809, p. 310—312,
Nr. 50) anfänglich die Bezeichnung ,,Æch. Pleuronectis platessordae“,
um jedoch später zu dem kürzeren „Zch. Platessoidae“ zurückzu-
kehren (Rudolphi 1819, p. 80, Nr. 89). Rudolphi macht aber
auch bereits darauf aufmerksam, daß es zweifelhaft ist, ob es sich
überhaupt um einen Zchinorhynchus handelt. Weder nach den
vorliegenden Beschreibungen, noch aus der von O. F. Müller
(1780, 2, Taf. LX XIV, Fig. 5) publicierten Abbildung ist eine
sichere Deutung der Art möglich, welche aber trotzdem als Echzzo-
rhynchus weiter gefùhrt wird. Westrumb (1821, p. 42, Nr. 84)
gibt von ihr nur den Namen und die Literaturcitate ohne eine
Bemerkung daran zu knùpfen und damit sind die Rudolphi-
schen durchaus berechtigten Zweifel der Vergessenheit anheim-
gegeben worden.
Zweifelhaft wie die Art selbst ist aber auch ihr Wirt, der
nach Günther’s Catalogue of the Fishes of the British Museum
Vol. IV. London 1862, p. 405 Anm. nicht identifizierbar, wenn
auch vielleicht mit //z#poglossoides limandoides (B1.) identisch ist.
v. Einstow (1878, p. 245, Nr. 1353) gibt als Wirt von 277
Pleuronectis platessoidis Rud.“ Platessa flesus Cuv. an. Worauf
diese . Annahme beruht, ist aber nicht ersichtlich, da Diesing
(1851, p. 57, Nr. 108), den v. Linstow allein citiert, nur die alte
Wirtsangabe hat.
Ech. pleuronectes Bosc.
Von Bosc (1802, p. 9) angewandte Namensform fir den
Ech. pleuronectis Gmel.
Ech. pleuronectis Gmel.
O. F. Müller (1780, 1, p. 150) erzählt, daß er in 5 Stein-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 275
butten (Rhombus maximus) „wenige weiße Kratzer“ gefunden habe,
deren Art nicht bestimmt wurde und mangels jeder weiteren An-
gabe natürlich auch nicht mehr zu ermitteln ist. Trotzdem führt
Gmelin (1791, p. 3047 f, Nr. 26), der ja überhaupt bei der Syste-
matik der Helminthen ein tibertriebenes Gewicht auf die Wirte
legt, diese Echinorhynchen unter dem besonderen Artnamen Zch.
pleuronectis an, allerdings bereits unter dem Zusatz „an vere
distincta species?“ Bosc (1802, p. 9) macht daraus “ch. pleuro-
nectes. Rudolphi (1809, p. 310, Nr. 310) erkennt diese Art da-
gegen mit Recht nicht an und registriert den Fund Müller’s
einfach unter der indifferenten Bezeichnung:
„Ech. Pleuronectis maxtmi Rud,
die seitdem beibehalten ist und wie manche ahnliche Bezeichnung
leider auch vielfach nach Art eines Speciesnamens gebraucht
worden ist, z. B. von v. Linstow (1878, p. 244), wo als in Rhom-
bus maximus (L.) vorkommende Echinorhynchenarten “ch. tube-
House Led, Beh. anzustatus Wud, Zeh. proteus Westr und
außerdem auch noch „Zeh. Pleuronectis maximi Müller“ ange-
führt werden, obwohl wir doch wohl zu der Überzeugung berech-
tigt sind, daß die von O. F. Müller in dem Steinbutt gefundenen
Echinorhynchen einer der 3 Arten angehört haben, die auch sonst
aus demselben Wirt bekannt geworden sind.
which. Pleuronectis platessa“ Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthensammlung der Kopen-
Hasener Tierarzneischule führt Vibors (1705, p. >43, Nr. 204)
unter anderen auch einen nicht bestimmten Achznorhynchus aus
Pleuronectes platessa L. an.
ssEch. Pleuronectis platessoidae* Rud.
Unter dieser Bezeichnung registriert Rudolphi (1809,
p. 310—312, Nr. 50) die von Fabricius entdeckte und Ascaris
pleuronectts genannte, von Gmelin unter dem Namen Zchino-
rhynchus platessotdae angeführte Art. Siehe daher Weiteres unter
diesen beiden Namen.
Ech. polymorphus Brems.
Bremser (1811, p. 26) war bei seinen helminthologischen
Untersuchungen zu der Überzeugung gelangt, daß alle aus mittel-
276 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
europäischen Enten beschriebenen Echinorhynchen ein und der-
selben Art angehören, für welche er vorerst den Namen Ech.
filicollis Rud. beibehielt. Der neue Name £c4. polymorphus
Brems. fiir dieselbe findet sich zum ersten Male erwahnt bei
Rudolphi (1819, p. 672). Jassoy’s Arbeit (1820) bedeutet vor
allem wegen der Kupfertafel einen wesentlichen Fortschritt, welche
den Beweis dafür liefern soll, daß in der Tat die bisher als ver-
schieden angesehenen Arten nur Wachstumsstadien ein und der-
‚selben Art seien. Nähere textliche Angaben bringt erst West-
rumb (1821, p. 33—36), der nicht weniger wie 10 solcher Wachs-
tumsstadien unterscheidet:
I. Jüngstes Stadium von kaum ‘= Linie d.h. ca, mm
Länge mit einer Bestachelung des Rumpfes, die nur das Hinter-
ende des Rumpfes frei läßt, und mit nur wenigen Reihen kleiner
Haken an dem noch sehr kleinen Rüssel.
2. Stadium von fast ı Linie d. h. ca, 2 mm anse
bereits größerem Rüssel, mit ca. 8 Querreihen von Haken an
demselben, ohne Hals und mit einem Rumpfe, der seine größte
Dicke in der Mitte erreicht und zum Teil bestachelt ist, wenn
auch am Vorderende des Rumpfes von solchen Stacheln nur noch
„parva rudimenta“ vorhanden sind.
3. Stadium, entsprechend Fig. 1—2 bei Jassoy (1820).
Länge etwas über 1 Linie also ca. 2,5 mm. Rüssel mit ca. 8—10
Hakenreihen. Hals mitunter nicht nachweisbar, mitunter bereits
deutlich, aber kurz. Rumpf vorn und hinten unbestachelt, in der
Mitte gürtelförmig verdickt und dicht bestachelt. Ein seciertes
Exemplar war ein noch unreifes Weibchen.
4. Stadium, entsprechend Zch. minutus Gze. Länge ca.
2 Linien d. h. ca. 4,5 mm. Rüssel mit 8 Hakenreihen. Im übrigen
mit den Angaben Goeze’s und Zeder’s über Zch. minutus Gze.
übereinstimmend.
5. Stadium, entsprechend Fig. 3—4 bei Jassoy (1820)
und Zeh. constrictus Zed. Länge 2'/2—3 Linien d. h. ca. 5—7 mm,
wovon ca. ?/s Linien d. h. ca. 1,5 mm auf den Hals entfallen.
Zahl der Hakenreihen 8. Vorderer Rumpfabschnitt bestachelt,
hinterer unbestachelt Von zwei secierten Exemplaren dieses
Stadiums erwies sich eines als ein noch nicht voll entwickeltes
Männchen [von Zch. anatis Schrank = Ech. filicollis Rud.?],
das andere als ein Weibchen mit linearen Eiern [also Ach. minufus
Gze.].
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete. 277
6. Stadium, entsprechend Fig. 5—6 bei Jassoy (1820),
mit kleiner werdendem Rüssel, dessen Hakenreihenzahl jedoch
unverändert bleibt. Länge nicht angegeben. Ein seciertes Exem-
plar dieses Stadiums erwies sich als geschlechtsreifes Männchen
von ich ras Schrank = Em. fihcollıs Rud.?].
7. Stadium mit Beginn der Umwandlung des Rüssels,
welcher birnförmig geworden ist und in seinem hinteren verdickten
Abschnitt keine Haken mehr erkennen läßt. Hals lang, faden-
formig. Rumpf beiderseits verjüngt, vorne mit wenigen Haken-
reihen.
8. Stadium, entsprechend Fig. 7 bei Jassoy (1820), die.
den Maßangaben Dujardin’s (1845, p. 524: Länge des Rumpfes
15—22 mm, des Halses 1,8 mm, Durchmesser des Halses 0,5 mm,
des kugelig gewordenen Rüssels 2,8 mm) zugrunde liegt. Der
hintere Teil des Rüssels hat bereits Kugelgestalt angenommen,
aber der Rumpf zeigt an seinem Vorderende noch geringe Be-
stachelung.
g. Stadium ohne jegliche Reste dieser Bestachelung des
Rumpfes, am umgewandelten Rüssel nur noch eine einzige Haken-
reihe, die eine kleine scheitelständige Hervorragung der Kugel
kranzförmig umgibt.
10. letztes Stadium, dadurch charakterisiert, daß auch
von den Haken des Rüssels keinerlei Reste mehr vorhanden
sind. Männchen dieses Stadiums wurden nie beobachtet, alle
untersuchten Exemplare waren vielmehr ausschließlich Weibchen.
(Für das 7.--9. Stadium wird das gleiche nicht ausdrücklich be-
tont.) Die Eier dieser Weibchen waren (im Gegensatz zu Sta-
dium 5) oval. |
Die jüngeren Stadien waren nur in der Schleimhaut des
Darmes fixiert, die älteren hatten fast die ganze Darmwandung
durchbohrt.
Rudolphi (rerg,p. 327, Nr 35) Wat noch nach Kenntnis
nahme der später von Jassoy (1820) publicierten Tafel diese
Zusammenfassung der bis dahin unterschiedenen Echinorhynchen
aus Enten und anderen Wasservögeln zu einer einzigen Art be-
kämpft. Später freilich, nachdem er den ähnlichen Echinorhynchus
sphaerocephalus Brems. (vergl. diesen) kennen gelernt hatte, hat
Rudolphi (1810, p. 598, $ 3 und p. 671—672, Obs. 1) sich als
geschlagen bekannt („Quibus visis manus victas dare cogor“) und
Bremser’s Ansicht von der Einheit des Zch. polymorphus Brems,
278 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
als berechtigt anerkannt. (Vergl. hierzu auch unter Zch. filicollis
Rud.) Trotzdem aber läßt sich dieselbe nicht aufrecht erhalten.
Bereits Westrumb’s vorstehend referierte Angaben ent-
halten einen bemerkenswerten Widerspruch. Bei den Weibchen
des Stadium 5 sind die Eier „linearia pellucida‘, bei denen des
Stadium 10 dagegen „ovalia — oblonga“. Diese verschiedene
Eiform ist aber, wie namentlich Braun (1891) nachgewiesen hat
(vergl. unter “ch. filicollis Rud.), ein wichtiger Unterschied zweier
‚Arten, von denen die eine dem ch. minutus Gze., die andere
dem Zeh. filicolis Rud. entspricht. Bemerkenswert ist auch die
Angabe Westrumb’s, daß das Endstadium der Metamorphose
nur bei Weibchen gefunden wurde. Hat doch auch Braun (1891)
betont, daß nur bei den Weibchen von Zch. filicollis Rud. die
charakteristische Umwandlung des Rüssels erfolge.
Außerdem ist aber vielleicht in Zch. polymorphus Brems.
noch eine dritte, neue Art enthalten, die charakterisiert ist durch
das Fehlen eines Halses und das Fehlen der Bestachelung am
Vorderende des Rumpfes, auf welches jedoch noch eine gürtel-
förmige Zone mit Stacheln folgt (vergl. Stadium 3). Daß es sich
bei der betreffenden Angabe Westrumb’s nicht nur um eine
Verwechselung von Hals und Vorderende des Rumpfes handelt,
scheint nämlich aus den Angaben von de Marval (1902, p. 427
bis 430) hervorzugehen, der eine entsprechende Schilderung von
Echinorhynchen aus Anas boschas L., Fuligula ferina (L.), Bernicla
torquata Boie d. i. Branta bernicla (L.) und Cygnus cygnus L.
domest. unter dem Namen Zch. polymorphus Brems. entwirft.
Wenn aber de Marval (1902, p- 427) behauptet, daß Bremser,
Westrumb und Jassoy auch den Zch. striatus Gze. (vergl.
diesen) nur als ein Entwickelungsstadium des Zch. polymorphus
ansähen, anstatt ihn als besondere Art anzuerkennen, so ist mir
unklar geblieben, aus welcher Quelle de Marval diese irrtüm-
liche Auffassung geschöpft hat.
Von den verschiedenen Stadien des Ech. polymorphus, die
Westrumb unterscheidet, können Stadium 7—10 nur Weibchen
von Zch. anälıs Schrank nec Gmel. (= Zch. hhkolıs Ben,
vergl. unter diesem letzteren Namen) umfassen. Stadium 1—6
entsprechen dagegen zusammen dem Zch. versicolor Rud. und
umfassen außer Ech. minutus Gze. noch die Männchen von Ech.
anatıs Schrank nec Gmel. sowie die erwähnte dritte Art, wenn
sich deren Selbständigkeit bestätigt,
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 279
Diese als £c4. polymorphus zusammengefaßten Arten wurden
in Wien gefunden: in Azas boschas domestica bei Untersuchung
von 111 Exemplaren nur 2mal, in Anas boschas fera bei Unter-
suchung von 97 Exemplaren dagegen yımal, in Anas crecca L.
bei Untersuchung von 31 Exemplaren ıımal, in Anas penelope L.
bei Untersuchung von 9 Exemplaren 2 mal, in Fulgula clangula
(L.) bei Untersuchung von 11 Exemplaren amal, in Auligula
nyroca (Gùldenst.) [= Anas leucophthalmos Temm. bei West-
rumb] bei Untersuchung von 22 Exemplaren 13 mal, in Auligula
marila (L.) bei Untersuchung von 5 Exemplaren 1 mal, in Falgula
rufina (Pall.) bei Untersuchung von 19 Exemplaren 2mal, in
Oidemia fusca (L.) bei Untersuchung von 7 Exemplaren 1 mal,
endlich noch in Zubhca atra L. bei 157 Untersuchungen 53 mal.
Negativ blieb dagegen die Untersuchung von 9 Gallinula chlo-
ropus (L.), 139 Anser anser (L.) domestica und 5 Anser anser fera.
Die Beziehung dieser Funde auf £c4. minutus Gze. oder £ch.
anatis Schrank ist ohne Nachuntersuchung des im Wiener Hof-
museum aufbewahrten Materiales nur zum kleinsten Teil möglich.
Die Exemplare aus /4ca atra L. gehörten jedenfalls dem Zch. anatis
Schrank nec Gmel. ( Zeh. falicolhse Rud:) an („ulteriorem
metamorphosin fere omnes exhibent‘“). Hatte doch auch Ru-
dolphi in diesem Wasserhuhn dieselbe Parasitenart gefunden.
Die Exemplare aus Zuligula clangula (L.) verteilen sich wahr-
scheinlich auf beide Arten, ähnlich wie ja auch Zeder (1800) und
Rudolphi (1819) beide Arten in Galhnula chloropus (L.) bez.
Fuligula fuligula (L.) gefunden hatten. Westrumb gibt näm-
lich an, daß diese Exemplare aus /uligula clangula (L.) dem 1.,
4. und 7. der von ihm unterschiedenen Stadien angehörten und „alii
forma £ch. vulgo minuti, alii consirich gaudent“ Weiter finden
sich specielle Angaben nur noch über die Echinorhynchen der
Hausente. Dieselben gehörten dem 3. und 5. der von Westrumb
unterschiedenen Stadien an. Zum Teil hatten sie einen sehr kurzen
Hals und einen in der Mitte bestachelten Rumpf und könnten
also der bereits erwähnten hypothetischen Art angehören, die
de Marval (1902) unter dem Namen Zch. polymorphus beschrieben
hat auf Grund von Exemplaren, die Wolffhügel unter anderem
auch in Hausenten gefunden hatte. Zum anderen Teil hatten sie
einen längeren Hals, der als „subconicus“ bezeichnet wird und
einen im vorderen Abschnitt bestachelten Rumpf und könnten
dem von Goeze in der Hausente entdeckten “ch. minulus Gze.
280 3 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
entsprechen, bei dem namentlich Greeff (1864) den zwischen den
Rüssel und das bestachelte Vorderende des Rumpfes einge-
schalteten Hals ausgesprochen kegelförmig gezeichnet hat.
Zusatz bei der Correctur: Wenn ich vorstehend auf Grund einer
früheren, eine andere Erklärung kaum zulassenden Publication de Marval’s
an die Möglichkeit denken mußte, daß in Ech. polymorphus Brems. auch
noch eine bisher ganz unbeachtet gebliebene Art enthalten sein könnte, so
findet sich hierfür in der neueren Veröffentlichung de Marval’s (1904) keine
Stütze mehr. Soweit sich dies nach der bisher allein vorliegenden vorläufigen
Mitteilung beurteilen läßt, die nur die Synonymie und kurze Diagnose der
untersuchten Arten, aber keine Wirtsangaben enthält, unterscheidet vielmehr
auch de Marval (1904, p. 574, Nr. 3 und p. 576, Nr. 7) unter den Echino-
rhynchen der Enten nur die beiden, auch sonst angenommenen Arten, ohne
daß freilich eine dieser Arten der früher (1902) von ihm selbst gegebenen
Schilderung des Ech. polymorphus entspräche. Vielmehr wird jetzt von an-
deren Abweichungen abgesehen auch bei beiden Arten angegeben, daß das
Vorderende des Rumpfes bestachelt sei. Zwischen diesen bestachelten
Vorderkörper und den Rüssel soll dann freilich kein wirklicher Hals sondern
ein „Faux-cou“ eingeschaltet sein. Wodurch sich aber ein solcher ,,Faux-cou“
von einem wirklichen Halse unterscheiden soll, kann erst die noch ausstehende
ausführliche Arbeit de Marval’s lehren. Anfänglich hatte ich den Eindruck,
daß der „Faux-cou“ de Marval’s dem entspräche, was sonst Hals genannt
wird, zumal bei einigen Arten die sonst gemachten Angaben über Form und
Länge des fraglichen Körperteils ersetzt sind durch den Satz ,,Faux-cou
representant la base nue du rostre“ — und daß andererseits der ,,Cou“
de Marval’s einen sonst stets noch zum Rüssel gerechneten Teil bezeichne
und zwar anscheinend denjenigen Teil des Rüssels, welcher hinter der Inser-
tion des Receptaculum proboscidis gelegen ist (wie z. B. bei den Echino-
rhynchen der Raubvögel, vergl. oben p. 102 und 220). De Marval wendet
jedoch die beiden Begriffe nicht durchweg in diesem Sinne an. Wohl wird
der „Cou“ bei der Mehrzahl der Arten, die ihn überhaupt besitzen, als be-
stachelt geschildert, aber bei Ech. faeniatus v. Linst. im Gegenteil als „nu,
eylindrique“. Demgegenüber kann ich nur betonen, daf eine Definition des
Begriffes „Hals“ meines Erachtens nur dann mit dem bisherigen Gebrauche
dieses Begriffes ın Einklang zu bringen ist, wenn sie so gefaßt wird, daß als
Hals derjenige Körperteil der Echinorhynchen zu bezeichnen ist, welcher
zwischen Rüssel und Rumpf eingeschaltet, sich vom Rüssel durch das Fehlen
der Hakenbewaffnung unterscheidet, dessen Gefäßsystem aber nicht mit dem
des Rumpfes sondern mit dem des Rüssels und der Lemnisken zusammen-
hängt. Daß der von de Marval als „Faux-cou“ bezeichnete Körperteil in
diesem Sinne ein wirklicher Hals ist, geht wenigstens für eine der im Ech.
polymorphus Brems. enthaltenen Arten (Ech. minutus Goeze) bereits aus
den Angaben von Greeff (1864) mit genügender Sicherheit hervor.
Die beiden von ihm unterschiedenen Arten der Enten-Echinorhynchen
nennt de Marval ,Ech. anatis Gze.“ und Ech. filicollis Rud. Den Namen
Ech. anatis wird man freilich bei Goeze ebenso vergebens suchen, wie die
von de Marval beigefügten Synonyme: „Zch. anatis boschadis Gze.“ und
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 281
„Ech. boschadis Gze“. Daf die Art aber der von mir Ech. minutus Gze.
genannten entspricht, geht hervor aus den weiter noch beigefügten Synonymen
Ech. minutus Zed. und „Zeh. minutus coccineus Gze.“ (anscheinend nur unter
Weglassung des „etc.“ nach Rudolphi citiert, vergl. oben p. 198, denn aus
den zahlreichen Goeze zugeschriebenen Artnamen mit Wirtsgenitiven geht
hervor, daß de Marval das Werk von Goeze nicht selbst in der Hand
gehabt haben kann — vergl. auch die nachträglichen Zusätze unter Ech.
fasciatus und Ech. globocaudatus). In seiner Abgrenzung dieser Art gegen.
über Ech. filicollis Rud. lehnt sich de Marval ohne Rücksichtnahme auf die
für die Systematik der Enten-Echinorhynchen so wichtige Arbeit von Braun
(1891) an Rudolphis (1819) Gegenüberstellung von Ech, versicolor und Ech.
filicollis an. Daher fehlt in seiner Synonymenliste bei Ech. versicolor Rud.
das ,,partim“ (daß dasselbe auch bei Ech. polymorphus Brems. fehlt, ist
jedenfalls nur ein Lapsus calami), daher werden weiter als Synonyme von
„Zeh. anatis Gze.“ angeführt Ech. collaris Schrank, constrictus Zed. und
tenuicollis Froel. Inwieweit etwa meine auf Braun’s Untersuchungen be-
ruhende abweichende Auffassung, bezüglich deren ich um unnötige Wieder-
holungen zu vermeiden, auf die Besprechung unter den angeführten Namen
bez. unter Ech. minutus, filicollis und anatis verweise, auf Grund der Unter-
suchungen de Marval’s einer Berichtigung bedarf, wird sich erst beurteilen
lassen, wenn die ausführliche Monographie de Marval’s mit der Begründung
seiner Auffassung erschienen sein wird. Außer den bereits genannten Namen
führt de Marval als weitere Synonyme der in Rede stehenden Art nur noch
Ech. anatis Gmel. an, sowie Ech. miniatus v. Linstow (1896, p. 12 — aus
einer nicht bestimmten südamerikanischen Ente). Zeh. boschadis Gmel. wird
von ihm ebensowenig berücksichtigt wie Ech. anatis Schrank, Ech. boscha-
dıs Schrank u.a.
Als synonym zu Ech. filicollis Rud. werden außer Ech. polymorphus
Brems. (partim) und außer Ech. forquatus Froel. und Ech. stellaris Mol,
beztiglich deren ich ja bereits auf p. 209 und 210 dieselbe Auffassung ver-
treten habe, noch angefihrt:
1. Ech. alcae Gmel., ohne daß für diese Deutung der von mir auf
p. 165 als unidentificierbar bezeichneten Art ein Grund ersichtlich ware.
2. „Ech. longicollis Zeder (partim)“, gleichfalls ohne daf mir bisher
verständlich wäre, woraus de Marval schließt, daß Zeder’s (1803, p. 156
—157) kurze Characterisierung der genannten Art, in der unter anderem als
Wirt einzig und allein Lofa /ota (L.) angeführt wird, sich nicht nur auf den
Ech, laevis Zoega (= Ech. proteus Westr.) beziehen, sondern auch noch
eine sonst nur in Entenvégeln gefundene Art umfassen soll.
3. Ech. miliarius Zenker = Gregarina miliaria Dies. und ferner die
(mit dem nicht besonders angeführten Ech. diffluens Zenker unbedingt syno-
nyme) Gregarina diffluens Diess., die doch beide von Greeff (1864) gerade
im Gegenteil als die Jugendformen von Ech, minu/us Gze. erkannt worden sind.
4. yEch. anatum Rudolphi“, obwohl dies doch unzweifelhaft weder
ein wissenschaftlicher Name noch eine für eine einzige Art gebrauchte Be-
zeichnung ist. Zum mindesten hätte hier ein „partim‘ hinzugefügt und dann
dieses Synonym in derselben Form auch bei der anderen Echinorhynchenart
aus Entenvögeln angeführt werden müssen (vergl. oben p. 172).
282 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
5. „Sißunculus lendix Phipps (partim)“, „Zch. anatis mollissimae
Müller“ und „Ach. borealis Gmelin (partim)“. Bezüglich des ersten dieser
Namen habe ich meinen Ausführungen auf p. 243 und 209 nichts hinzuzufügen,
es sei denn daß ich vor einer Überschätzung der Bedeutung des „partim“
warnen möchte, da Beschreibung und Abbildung sich ausschließlich auf die
Echinorhynchen der Eiderente beziehen und die angehängte Bemerkung, daß
Hunter dieselbe Art auch in einem Wale gefunden haben wolle, nach ge-
lungenem Nachweis, daß Ech. lendix (Phipps) und Ech. filicollis Rud.
identisch sind, das Prioritätsrecht des ersteren Namens umso weniger zu be-
einflussen vermag, als alle weiteren Angaben über die fraglichen Wal-Echino-
-rhynchen fehlen. Die Beifügung des „partim‘ bei Ech. borealis ist mir nicht
verständlich und beruht wohl nur auf einem Versehen. Das Citat „Zch. anatis
mollissimae Miller“ endlich kann nur auf dem Citat bei Rudolphi (1809,
p. 304, Nr. 41) beruhen, da ich aus den Werken von O. F. Müller keine zu
jenem Citat berechtigende Stelle kenne, es sei denn die Anführung des
Kratzers aus der Eiderente ohne Beifügung wissenschaftlicher Namen in dem
„Verzeichnis“ (©. F. Müller 1787, 1, p. 57), welche Rudolphi in der ge-
nannten Weise ins lateinische übersetzt hat.
Ech. porrigens Rud.
In der anatomischen Sammlung von Walter (vergl. Lühe,
1900, p. 558—-559) fand Rudolphi (1819, p. 71 und 325—327,
Nr. 34) Echinorhynchen aus ,,4alaena rostrata“, die noch an der
Wandung des Dünndarmes festsaßen und die er unter dem Namen
Lich. porrigens beschreibt. Er unterscheidet hierbei junge Exem-
plare von ca. 1 Zoll dh: ca: 27 mm Lange und erwaeheene
Exemplare von 3'/2—6 Zoll d. h. ca. go—160 mm Länge. Der
Russel war bei allen Exemplaren eingestilpt, doch konnte durch
Öffnung des Vorderendes des Wurmes festgestellt werden, daß
er ungefähr 1 Linie d. h. etwas über 2 mm lang war. Die Rück-
ziehmuskeln des Rüssels werden als kurz bezeichnet, die Lem-
nisken als „corpora duo globulis multis constantia, neque lemnisci,
quales in “ch. Gigante occurrunt“. Diese Organe sind einge-
schlossen in einen als Receptaculum bezeichneten Körperteil,
welcher bei den „Erwachsenen“ die Gestalt eines Kegels mit nach
vorne gewandter Basis hat, bei einem Durchmesser von über
2 Linien d. h. fast 5 mm nur ca. 1 Linie d.h. wenig über 2 mm
lang ist und sich in einen fadenförmigen, kaum !/s Linie d. h.
ca. 0,75 mm dicken und über 1 Zoll d.h. ca. 30 mm langen „Hals“
fortsetzt. An diesen schließt sich dann der als Corpus bezeichnete
Körperabschnitt an, welcher anfänglich allmählich an Dicke zu-
nimmt, bis er eine solche von ca. 11/2 Linien d. h. ca. 3 mm er-
reicht hat.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 283
Inwieweit bei den von Rudolphi angegebenen. Größen-
Differenzen geschlechtlicher Dimorphismus beteiligt ist, ist der
Nachprüfung bedürftig. Jedenfalls aber hat Rudolphi die
Männchen bereits mit zu den „Erwachsenen“ gerechnet, da er
ihre Bursa erwähnt. Seine „Specimina juniora“ müssen also in
der Tat Jugendformen darstellen oder einer anderen Art ange-
hören. Außer ihrer bereits angeführten Länge ist nur noch an-
zuführen, daß sie nur 4/2 Linie d. h. ca. ı mm dick sind und daß bei
ihnen zwar gleichfalls das Vorderende knopfförmig abgesetzt er-
scheint, daß aber doch immerhin die Sonderung des Körpers in
„Receptaculum“, „Hals“ und Corpus weniger ausgeprägt ist wie bei
den „Erwachsenen“ Rudolphi’s Abbildung der „Jugendform“
erinnert in dieser Beziehung mehr an Zch. brevicollis Malm 1867
(vergl. Borgström 1895 und Shipley 1899).
Westrumb: (1821, p. 28—29, Nr. 53; Taf. I, Fig. r7; Taf. LE
Fig. 25—33) hat die Art an der Hand von Exemplaren, die
Rudolphi an Bremser gesandt hatte, selbst untersuchen können.
Er erweitert die Kenntnisse vor allem durch eine anatomische
Untersuchung der Art, deren Resultate in einer Reihe von Ab-
bildungen niedergelegt sind. Hier sei nur angeführt, daß danach
das Männchen erheblich kleiner zu sein scheint als das Weibchen
und daß die beiden hintereinander gelegenen Hoden nicht unerheb-
lich hinter der Mitte liegen, also anscheinend verhältnismäßig weiter
nach hinten wie bei einer anderen, kleineren Echinorhynchenart,
die Kaiser (1891) irrtümlich als Zch. porrigens Rud. bezeichnet.
Prioritätsrechtlich sind die Angaben von Westrumb auch inso-
fern von Bedeutung, weil dieser die von Rudolphi angeführte
„Jugendform“ überhaupt nicht erwähnt und somit für den Fall,
daß Rudolphi wirklich zwei verschiedene Arten zusammen-
geworfen haben sollte, den Namen “ch. porrigens den „Specimina
adulta“ Rudolphi’s sichert, die ja auch Rudolphi selbst ge-
nauer geschildert hat.
Die von Kaiser (1891) untersuchten Echinorhynchen aus
Balaenoptera sibbaldi Gray, die Shipley (1899) in seiner Be-
sprechung der in Cetaceen schmarotzenden Echinorhynchenarten
auffalligerweise nicht berticksichtigt, die aber Kaiser selbst als
Lich. porrigens ud. bezeichnet, .gehören dieser Art schon allein
ihrer Kleinheit wegen sicher nicht an. Kaiser’s Schilderung
des erweiterten Vorderabschnittes des Rumpfes (Receptaculum
bei Rudolphi, Retinaculum bei Shipley) ist freilich nicht klar
Zool, Annalen. I. 19
284 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
genug, um ohne Nachuntersuchung eine sichere Bestimmung zu
ermöglichen, indessen vermute ich, daß Zch. porrigens Kaiser
nec Rud. identisch mit Ach. turbinella Dies. ist.
Rudolphi selbst und im Anschluß an ihn auch West-
rumb und spätere Autoren führen als Synonym zu Zch. porre
gens den Ech. balaenae Gmel. an, welchen Hunter in einem
Bartenwal gefunden hatte. Doch ist dieses Synonym durchaus
zweifelhaft und auch als Nomen nudum nicht PEO ae
Vergl. im übrigen unter Ach. balaenae.
Schließlich noch einige Worte über den Wirt von Zch.
porrigens Rud. welchen Rudolphi selbst auf Grund der Fti-
quettierung des betreffenden Präparates in der Walter’schen
Sammlung Dalaena rostrata genannt hat. Da aber dieser Name,
unter welchem er sich auch bei Westrumb (1821, 1. c.) und
"Dujardin (1815 .p: 504, NE. 11) verzeichnet findet, mes
schiedene Wale Verwendung gefunden hat, so ist die Art
nicht sicher festzustellen. Nach Shipley (1899) kommen in
erster Linie die beiden heute als Palaenoptera rostrata (= Ba-
laena rostrata Fabr.)!) bez. AHyperoodon rostratus (= Balaena
rostrata Chemnitz) bezeichneten Arten in Frage. Da aber eine
recht erhebliche Konfusion herrschte in der Verwendung des
Namens Dalaena rostrata, mit welchem z. B. Rudolphi selbst
später wieder eine andere Art, die Dalaenoptera borealis Less.
belegte, so könnte eventuell auch noch eine andere Art als die
beiden genannten gemeint gewesen sein. In meinem Exemplar der
Synopsis findet sich z. B. die handschriftliche Randbemerkung von
v. Olfers „eadem ac 2. Boops. cf. Cuvier.“, der ich zwar keinerlei
entscheidenden Wert beizumessen vermag, zumal nach Ausweis der
mir zugängigen Literatur der Name Dalaena rostrata für Megaptera
boops (Fabr., nec L.) sonst nie gebraucht worden ist, die mir
1) Diesen Namen kann ich übrigens aus prioritätsrechtlichen Gründen nicht als
giltig ansehen, trotzdem ich mich dadurch in Gegensatz zu einem der besten Kenner
der nordischen Wale stelle (vergl. Kükenthal, Die Wale der Arktis. In: Fauna
arctica, Bd. I, Jena 1900, p. 216). Der Speciesname ,rostrata* kann unzweifelhaft
nur einer der beiden oben genannten Arten belassen werden und da ich im Anschluß
an Kükenthal zwar Dalaena rostrata O. F. Müller (1776) für nicht identificierbar,
aber Dalaena rostrata Chemnitz (1779) für identisch mit Zyperoodon butzkopf
Bonnaterre halte, so sehe ich Dalaena rostrata Fabricius (1780) für ein ungil-
tiges Homonym an und betrachte daher ebenso wie True (citiert nach Kükenthal,
I. c.), wenn auch mit etwas anderer Motivierung, als den giltigen Namen des Zwerg-
wales Lelaenoptera acuti-rostrata Lacepéde 1802.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 285
aber trotzdem von Interesse scheint mit Rücksicht auf die Tat-
sache, daß Zch. porrigens Rud. nach Shipley (1899, p. 267)
neuerdings in Megaptera boops (E abr., nec L.)!) gefunden sein soll.
Diesing (1851, p. 53—54, Nr. 87 und p. 501, Nr. 1203) nennt
den Wirt von Zeh. porrigens Rud. Dalaena borealis Fischer,
womit jedenfalls Dalaenoptera borealis Less. gemeint ist, und diese
Wirtsangabe beruht offenbar darauf, daß sehr bald nach dem
Erscheinen der Synopsis Rudolphi selbst ein Exemplar dieser
Art untersucht und unter dem Namen Dalaena rostrata näher
beschrieben hat. v. Linsto w (1878, p.61, Nr. 269) hat wieder eine
andere Wirtsangabe, nämlich Palaena mysticetus L., deren Quelle
mir unbekannt ist, die jedoch sicherlich nicht richtig ist. Weder
ist der Name Palaena rostrata als Synonym von Salaena mysti-
cetus L. nachweisbar, noch kann ich es bei der Kopfform der
letzteren Art für denkbar halten, daß sie jemals auch nur in
einem Manuskriptnamen als „rostrata“ bezeichnet worden sei.
Zusatz bei der Correctur: Seitdem obiges geschrieben wurde,
haben Herr Prof. Braun und Herr Dr. Japha auf Island Wal-Echinorhynchen
gesammelt, solche aber ausschließlich in Dalaenoptera borealis Less. gefunden.
Von Megaptera longimana (Rud.) wurden zwar fast ein Dutzend Stück unter-
sucht; dieselben lieferten aber ebensowenig Entoparasiten wie ein Blauwal
(Balaenoptera sibbaldi Gray) und 3 Finwale (B. musculus L.). Collett’s
Fund von Ech. porrigens Rud. in Megaptera longimana bleibt also nach wie
vor vereinzelt. Andererseits beherbergten die beiden in diesem Sommer in
Island untersuchten Exemplare von Balaenoptera boreahs Less. außer Ech,
turbinella Dies. auch noch, wenn auch weniger zahlreich, ch. porrigens Rud.
Eine beglaubigte Angabe über das Vorkommen dieser letzteren Art in einem
weiteren Wale liegt aber bisher noch nicht vor. Es scheint mir deshalb die
Fiktion, auch die Rudolphi’schen Originalexemplare entstammten der Bal.
borealis, unseren derzeitigen Kenntnissen noch am besten zu entsprechen,
wenngleich ich gegenüber Jägerskiöld (1891) noch einmal besonders be-
tonen muß, daf die Identität des erst im Jahre 1819 gestrandeten und von
Rudolphi unter dem Namen Dalaena rostrata beschriebenen Wales mit
Balaenoptera borealis Less. in dieser Wirtsfrage nicht das geringste zu be-
weisen vermag.
Ferner kann ich jetzt noch hinzufügen, daß meine Vermutung Zeh.
porrigens Kaiser nec Rud. sei identisch mit ch. turbinella Dies. sich nicht
bestätigt hat. Dieselbe beruhte auf den Angaben von Kaiser und von
1) Auch hier muß ich den Versuch Kükenthal’s (Die Wale der Arktis, in:
Fauna Arctica, Bd. I, Jena 1900, p. 218), den bisher tiblichen Namen fiir die Art zu
retten, als nicht gelungen betrachten. Bereits Eschricht hat nachgewiesen, daß
Balaena boops L. ebenso den Finwal bezeichnet wie 2. physalus L. und B, musculus L.
Dann aber ist unzweifelhaft Palaena boops Fabr. ungiltiges Homonym und giltiger
Name der Art ist Megaptera longimana (R ud.)
19%
286 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Borgström über die Zahl der Längsreihen von Rüsselhaken: nach Kaiser
(1891) bei Ech. porrigens 20, nach Borgström (1895) bei Ech. turbinella
19-20 und bei Ech. brevicollis 24—25. Trotzdem es von vornherein klar ist,
daß Borgström’s Angaben einer Correctur bedürfen, da bei der Quincunx-
Stellung der Haken eine ungerade Zahl von Lissa unmöglich ist, glaubte
ich doch bei der Wichtigkeit der Zahl der Längsreihen von Rüsselhaken für
die Charakterisierung der Echinorhynchen-Arten jenen Zahlangaben größere
Bedeutung beimessen zu müssen, als der Wirtsangabe Kaiser’s (Balaenoptera
sibbaldi, d.h. der Wirt von Ech. brevicollis) und den Angaben desselben über
Länge und Breite der Echinorhynchen, die diese schlanker erscheinen lassen
als für Ech. turbinella sonst charakteristisch zu sein scheint. Wenn sich
inzwischen herausgestellt hat, daß ich besser gefahren wäre, auf diese letz-
teren Angaben größeres Gewicht zu legen als auf die Hakenzahl, so kann
ich meinen Irrtum in gewissem Sinne nur freudig begrüßen, denn derselbe
bestätigt die in dieser Arbeit vielfach hervortretende Überzeugung, daß auch
alte und nach heutigen Begriffen durchaus ungenügende Beschreibungen von
Kratzern in der Regel zur Identificierung ausreichen, wenn nur der Wirt an-
gegeben und der Habitus geschildert ist. Daß ich meine oben wiedergegebene
Vermutung betreffs der von Kaiser untersuchten Art hier gleich berichtigen
kann, verdanke ich Herrn Prof. Chun, der mir das in dem zoologischen
Institut der Universität Leipzig vorhandene Material von Echinorhynchen aus
Cetaceen freundlichst zur Untersuchung überlassen hat. Darunter befinden
sich 2 Gläser mit „Ach. porrigens juv.“, deren Wirt zwar nur als Balaenoptera
ohne Beifügung eines Speciesnamens bezeichnet ist, die aber offenbar das
von Kaiser untersuchte Material darstellen. Der Habitus dieser Echino-
rhynchen stimmt so völlig mit dem von Ech. brevicollis Malm überein und
unterscheidet sich so wesentlich von Ech. furbinella Dies. (vergl. z. B. die
Zusammenstellung der Abbildungen bei Shipley 1899), daß ich diese Echino-
rhynchen der Malm’schen Art zurechnen muß. Die Zahl der Längsreihen
von Rüsselhaken bestinimte ich freilich, abweichend sowohl von Kaiser wie
von Borgström, zu 22. Ich habe ja aber auch für Ech. anguillae O. F. Müll.
(auf p. 174) eine irrtümliche Zählung berichtigen müssen und finde in ähnlicher
Weise bei Ech. lucii O. F. Müll. (= Ech. angustatus Rud.) ebenso wie
bereits Kaiser (1891, p. 11) stets 14 Längsreihen, während Hamann
(1891, p. 100) 16 Reihen gefunden haben will. Und auch bei der in Balae-
noptera borealis Less. so häufigen Echinorhynchen-Art, die von allen neueren
Autoren wegen ihres Habitus fir Ech, turbinella Dies. erklärt wird, obwohl
die Originale dieser letzteren Art aus Hyperoodon rostratus stammen sollten,
finde ich abweichend von Borgström nur ı8 Längsreihen von Haken.
Nachdem ich jetzt alle, bisher aus Walen bekannt gewordenen Echino-
rhynchen-Arten aus eigener Anschauung kennen gelernt habe, möchte ich
ferner der Ansicht Ausdruck verleihen, daß die von Hunter gefundenen und
von Gmelin Ech. balaenae genannten Echinorhynchen dem Ech. turbinella
zuzurechnen sein dürften. Wenigstens ist dieser häufigste und stets in großen
Mengen beobachtete Wal- -Echinorhynchus zugleich derjenige, welcher wegen
der Gedrungenheit seiner Körperform den von Hunter gezogenen Vergleich
mit dem Ech. lendix der Eiderente am ehesten zuläßt. Prioritätsrechtlich ist
dies freilich ohne Bedeutung, da der Name Ech. balaenae wegen Fehlens jeg-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 287
licher Beschreibung (auch wenn man an eine solche noch so geringe Anfor-
derungen stellt) niemals Giltigkeit erlangen kann. Vergl. im Übrigen p. 180~—18r.
Ech. pristis Rud.
Von Rudolphi (1802, p. 64—65 und 1809, p. 299—300) in
Greifswald im Darm von Delone belone (L.) gefunden. Das einzige
Exemplar, auf welches die Art gegründet wurde, war nur ?/3 Zoll
(d. h. ca. 17—18 mm) lang bei einer Dicke von kaum '!/2 Linie
(d. h. ca. ı mm). Der dünne cylindrische Rüssel mit 30 Quer-
reihen von Haken besetzt. Ein Hals fehlt. Der Rumpf etwas
hinter dem Rüssel ein wenig verdickt, sonst aber cylindrisch, am
Vorderende mit 12— 13 Querreihen kleiner „etwas stumpfer“ Haken
besetzt, von denen die hintersten weiter auseinander stehen. Von
dem sehr ähnlichen £c4. alosae Herm. (vergl. diesen) unterscheidet
sich die Art nach Rudolphi durch die stärkere Bestachelung
des Rüssels und die geringere Bestachelung des Rumpfes.
Auf seiner italienischen Reise fand dann Rudolphi (1810,
pa und 3,5. Nr 47) in Scomber-scombrus L. und Scomber
coltas Gmel. wesentlich größere Echinorhynchen (von 2 Zoll bis
2 Zoll 13 Linien d.h. ca. 50—85 mm Länge bei einer Dicke von
wenig über 1/4 Linie d.h. von ca. 0,6 mm), welche 40 Querreihen
von Haken am Rüssel trugen und deren Rumpf an seinem Vorder-
ende in einer Ausdehnung von 3 Linien (d. h. fast 7 mm) mit
Stacheln besetzt war, die zwar wiederum in ı2 Querreihen standen,
aber als stark und dick bezeichnet werden. Anfänglich hielt
Rudolphi diese Echinorhynchen für eine neue Art, nach einem
Vergleich mit dem früher gefundenen Zchmorhynchus aus Delone
aber stellte er sie zu Ach. pristis. Später stellt er (1819, p. 672
—673, Nr. 58) zu derselben Art auch noch Echinorhynchen, die
Natterer in Coryphaena hippuris gefunden hatte, deren kurze
Schilderung aber wiederum, wie bereits Dujardin (1845, p. 535,
Nr. 60) hervorhebt, etwas abweicht. Die Länge derselben wird
auf 7 Linien (d. h. ca. 15 mm) bei einer Dicke von 14/2 Linien
(d.h. etwas über 3 mm) angegeben und die Stacheln des Rumpfes
werden als stark, dreieckig und infolge des Besitzes einer mittleren
Längsrippe moosblattähnlich bezeichnet.
Westrumb (1821, p. 33 Nr. 62) brinet über den Zen.
pristis nichts Neues. Vor ihm hat nur noch Zeder (1803, p. 158
— 159, Nr. 29) die Art citiert.
288 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. proteus Westr.
Neuer Name für einen Speciesbegriff, für welchen bereits
früher Bremser (1811, p. 26) den Namen Ech. tereticollis Rua.
gebraucht ‘hatte. (Vergl. diesen.) Außer den bereits von Bremser
zusammengefaßten Arten rechnet Westrumb (1821, p. 37—39)
jedoch ferner noch zu Æch. proteus: „Ech. Gobu“ Rud., „Zeh.
Salmonum“ Rud. und Zch. candidus O. F. Müll. 1779 e. p. Das
älteste identificierbare Synonym und daher der prioritätsberech-
tigte Name für Zch. proteus Westr. ist Ech. laevis Zoega. Siehe
daher Weiteres tiber die Art namentlich unter letzterem Namen.
Ech. pumilio Rud.
In seinem Bericht über die Wiener Helminthen-Sammlung
führt Bremser (1811, p. 26) unter anderem auch Zch. acus Rud.
aus Lophius piscatorius L., Gadus barbatus L., Gadus mediterraneus
Brems. = Phycis phycıs (L.) und Merluccius merluccius (L.) an.
Von den Exemplaren aus Zophrus sandte er dann einige an Ru-
dolphi (1810, p. 66 und 314, Nr. 11), der sie als neue Art er-
kannte und Zch. fumilio nannte. Westrumb (1821, p. 12, Nr. 18)
zieht dann auch die Echinorhynchen aus den anderen genannten
Wirten zu dieser Art, deren Länge auf 1—2 Linien d.h. ca.
2—4,5 mm angegeben wird. Der Rüssel ist kurz und mit 4—6
Reihen sehr kleiner Haken besetzt. Ein Hals soll fehlen. Ge-
funden ist die Art in 44 Exemplaren von Lophius piscatorius L.
ı mal, in 46 Exemplaren von Gadus barbatus L. 5mal, in o Exem-
plaren von Merluccius merluccius x mal und in 5 Exemplaren von
Phycıs phycis (L.) 3 mal.
Ech. pyriformis Brems.
Bei der Wiener Helminthensuche wurden auch 31 Amseln
(Zurdus merula L.) untersucht und hierbei 5mal Echinorhynchen
gefunden, die Bremser als besondere Art erkannte und Zch.
pyriformis taufte. Die erste Beschreibung der Art gibt Rudolphi
(1819, p. 74 und 331—332, Nr. 45), der von Bremser zwei Exem-
plare erhalten hatte. Eine neue ergänzende Beschreibung und
eine Abbildung der Art bringt dann Westrumb (1821, p. 31,
Nr. 58 und Taf. I, Fig. 20). Die Länge der Tiere gibt Rudolphi
auf 1'j2 Linien (d. h. etwas über 3 mm), Westrumb dagegen
auf 3—7 Linien (d. h. ca. 6—15 mm) an. Die größte Breite soll
‘/a—ı Linie (d. h. ca. 1—2,2 mm) betragen und unter Berück-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 289
sichtigung dieses Durchmessers stehen die relativen Maßverhält-
nisse in Westrumb’s Abbildung nur mit Rudolphi’s, nicht
aber mit Westrumb’s eigener Längen-Angabe im Einklang.
Gegen die naheliegende Annahme, daß bei den Schwankungen
der Länge zwischen ı!/a und 7 Linien sekundäre Geschlechts-
unterschiede eine wesentliche Rolle spielen, spricht, daß wenigstens
eines der beiden von Rudolphi untersuchten kleinen Exemplare
ein Weibchen war.
Der Rüssel von Zch. pyriformis soll kurz, keulenformig und
mit 8 Querreihen sehr kleiner Haken besetzt sein. Ein Hals soll
fehlen. Der Rumpf ist vorne stark verdickt, fast kugelig auf-
getrieben um nach hinten zu sich konisch zu verjüngen. Sein
vorderer und größter Abschnitt ist dicht mit zahlreichen kleinen
Stacheln besetzt.
Bezüglich der von mir als wahrscheinlich angesehenen Iden-
titat von Zch. pyriformis mit Æch. merulae Gmel. vergl. unter
letzterem Namen.
Zusatz bei der Correctur: De Marval (1904, p. 579, Nr. 20) hat
den Namen dieser Art neuerdings aus etymologischen Gründen in Ech. piri-
formis corrigiert.
Ech. quadrirostris Gze.
Ein „Zchinorhynchus“ aus Leber und Muskulatur des Lachses
wird bereits bei seiner ersten Beschreibung durch Goeze (1783,
p. 165—167) wegen der Vierzahl seiner Rüssel allen anderen
Kratzern gegenübergestellt. Die Art wird dann noch mehrfach
in der Literatur unter dem ihr von Goeze gegebenen Namen
Ech. quadrirostris angeführt — nur Zeder (1803, p. 159, Nr. 33)
nennt sie Ech. conicus —, bis Rudolphi (1809, p. 318— 320) sie
unter dem Namen Tefrarhynchus appendiculatus seiner neugegrün-
deten Gattung TZetrarhynchus einreihte.
Viborg (1705, p. 244, Nr. 216) berichtet, daß ein Zchıno-
rhynchus quadrirostris aus Gadus morrhua L. sich in der Hel-
minthensammlung der Kopenhagener Tierarzneischule befinde.
Da aber bereits früher Abildgaard (1790, p. 38) berichtet hatte,
daß er von vierrüsseligen Echinorhynchen „zwei verschiedene
Arten... bei dem Lachs und Kabliau“ gefunden habe, so trennt
Rudolphi (1800, p. 324, Nr. 4) die Form aus Gadus morrhua L.
von Ech. quadrirostris Gze. als besondere Art, die er provisorisch
nach ihrem Wirte als ,, 7e/rarhynchus Morrhuae‘ bezeichnet. Wahr-
scheinlich ist dieselbe identisch mit 7etrarhynchus erinaceus Van Ben.
200: Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. ranae Schrank 1788 nec Schrank 1803.
Nachdem bereits Pallas Echinorhynchen im Froschdarm
gefunden hatte (vergl. unter Zaenza haeruca), lieferte Goeze
(1782, p. 158—162, Tab. XII, Fig. 10—11) eine eingehendere Be”
schreibung derselben, die vor allem die Bewegungen (Ein- und
Ausstülpen) des Rüssels ausführlich berücksichtigt. Auf Grund
dieser Goeze’schen Schilderung taufte Schrank (1788, p. 25,
Nr. 83) die betreffende Art Zch. ranae und unter diesem selben
Namen wird sie dann auch noch von Gmelin (1791, p. 3046,
Nr. 19), Bosc (1802, p: 7) und Zeder (1803, p. 152, Nelo dn
geführt: Bei Schrank (1803, p. 217, Nr. 3109) ist dagegen als
Ech. ranae eine ganz andere Art angeführt (anscheinend Zeh.
lucii, vergl. nachstehend unter Ach. ranae Schrank 1803 nec
Schrank 1788) und seit Rudolphi (1802, p. 56—57) wird der
Froschkratzer allgemein ch. haeruca genannt, ein Name, der
jedoch als Homonym von “ch. haeruca Lam. 1801 (siehe diesen)
ungiltig ist.
Bremser (1819, p. 21) hat den Ech. ranae einmal in dem
Magen eines Bufo cinereus Schneid. (= Dufo vulgaris Laut.)
gefunden ,jedoch in Gesellschaft eines halbverdauten jungen
Frosches“ und gleichfalls ein einziges Mal im Duodenum eines
Bombinator igneus (Laur.), von welchem doch nach Westrumb
(1821, p. 78) nicht weniger wie 1113 Exemplare in Wien auf ihre
Helminthen untersucht worden sind. Wir werden daher mit
Bremser und Westrumb auch dieses Exemplar aus Pombr
nator als verirrt anzusehen haben, ebenso wie ein weiteres ein-
zelnes Exemplar, welches Rudolphi (1819, p. 67 und 317—318,
Nr. 18) in Berlin gleichfalls im Darme von Dombinator igneus ge-
funden hat. Sonst haben die Wiener Naturforscher und Rudolphi
ebenso wie Goeze die Art nur in Raxa-Arten gefunden und
zwar Goeze (1782, 1 c.) und Rudolphi (1809, p. 266-—267,
Nr. 12) besonders in Rana temporaria L. und seltener in Rana
esculenta L., Bremser und seine Schüler dagegen ausschließlich
in Rana esculenta (239 mal beider Untersuchung von 1290 Fröschen),
obwohl auch von Kana temporaria 427 Stück untersucht wurden.
Der Name Rana temporaria umfaßt freilich in diesen Angaben
offenbar außer R. femporaria L. s. str. = R. arvalis Nilss. noch
R. muta Laur. und bei Bremser vielleicht auch noch A. agzlis
Thom.
Goeze und Rudolphi betonen beide, daß die Echino-
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Förschung etc. 291
rhynchen der Frösche im Frühjahr (März, April) wesentlich sel-
tener sind als im Sommer (Juni-August) und auch in Wien sind
die meisten Funde (gı) im Sommer gemacht worden (gegenüber
51 im Frühjahr, 52 im Herbst und 45 im Winter). Indessen ist
die Beweiskraft dieser Wiener Statistik doch deswegen nur eine
bedingte, weil die Zahl der untersuchten Wirtstiere immer nur
im ganzen und nicht gleichfalls nach Jahreszeiten gesondert an-
gegeben ist.
Goeze gibt an, daß er nach O. F. Müller’s Schilderung
des Zch. luci auch bei Ech. ranae Männchen und Weibchen
„bald herausgefunden“ habe, aber weder er noch Rudolphi oder
Westrumb erwähnen die verschiedene Größe der beiden Ge-
schlechter. Es wird nur angegeben, daß nach Rudolphi’s Be-
obachtungen die Länge der Art „von einigen Linien bis über
einen Zoll“ schwankt, während Goeze ein Exemplar von „we-
nigstens 21/2 Zoll“ Länge fand. Von sonstigen Kennzeichen der
Art wird die Kürze des Rüssels betont, der als konisch mit ab-
gerundetem Scheitel bezeichnet wird und kaum länger ist wie
der beiderseits scharf abgesetzte Hals. Die Zahl der Querreihen,
in denen die Haken am Rüssel stehen, wird von Rudolphi und
Westrumb in gleicher Weise auf 6—8 angegeben, während
nach neueren Angaben von Kaiser (1801, p. 12) deren in Wirk-
lichkeit 8—12 vorhanden sind. Westrumb’s Schilderung der
Art bedeutet trotz des umfänglichen Materiales, das ihm zur Ver-
fügung stand, nur insofern einen Fortschritt gegenüber Rudolphi,
als Westrumb kurz die Verschiedenheit der Form des Hinter-
endes bei Männchen und Weibchen betont. Einen wichtigen
Fortschritt in der Kenntnis der Art enthalten dagegen die von
Westrumb (1821, Taf. II, Fig. 18—20) publicierten Abbildungen
über den anatomischen Bau der Art. Eine Figur (18) stellt ein
aufgeschnittenes Männchen, eine andere (19) ein. aufgeschnittenes
Weibchen dar und die dritte (20) ist bemerkenswert als erste
Darstellung der weiblichen Ausführwege (Glocke, Uterus und
Scheide), die Westrumb freilich noch nicht richtig erkannt hat
(vergl. oben p. 156).
Ech. ranae Schrank 1803 nec Schrank 1788.
Schrank (1803, p. 217, Nr. 3109) berichtet, er habe den
Ech. ranae „ganz außerordentlich häufig“ in Zofa gefunden. „Er
kömmt dem Hechtkratzer höchst nahe, ist aber verhältnismäßig
292 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
zu seiner Lange viel dünner, und hat einen Hals, der doch außer-
ordentlich kurz ist.“ Dieser 6 Linien (d.h ca-13 mm) lange und
1/3 Linie (d. h. ca. 0,7 mm) dicke Ach. ranae Schrank 1803 nec
Schrank 1788 ist wohl identisch mit “ch. luca O. F. Müll. 1778,
der ja die in Zola am häufigsten beobachtete Echinorhynchen-
Art ist.
„Ech. Ranae temporariae“ Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthensammlung der Kopen-
. hagener Tierarzneischule führt Viborg (1795, p. 244, Nr. 211—212)
auch unbestimmte Echinorhynchen aus Rana temporaria L. an,
die jedenfalls zu Ech. ranae Schrank 1788 nec Schrank 1803
gehòren.
Ech. reticulatus Westr.
Im Darm von Pardirallus nigricans (Vieill.) fand Natterer
in Brasilien 2 Echinorhynchen von 4 bez. 6 Linien d.h. ca. g bez.
13 mm Länge, für welche Westrumb (1821, p. 24, Nr: 43) die
Species “ch. reticulatus schuf, so genannt wegen der Oberflächen-
gestaltung des Rumpfes der untersuchten Exemplare (,,superficies
et in longitudinem et in latitudinem striata et incisa, ita ut ima-
ginem retis piscatorii aliquomodo nobis offerat“. Rumpf cylin-
drisch, vorn plötzlich, hinten allmählich sich verjüngend. Ein Hals
fehlt. Der große, cylindrische Rüssel ist dem Rumpf in schräger
Richtung angesetzt und mit 16 Querreihen kleiner Haken besetzt.
Zusatz bei der Correctur: De Marval (1904, p. 581, Nr. 30) sieht
neuerdings den früher von ihm selbst beschriebenen Ech. rheae de Marv.
(1902, p. 414—416) aus Rhea americana Lath. als synonym zu Ech. reticu-
latus an.
Ech. ricinoides Rud.
Die Art ist von Rudolphi (1809, p. 253—254, Nr. 2) auf-
gestellt für 2 im Abdomen von Upupa epops L. gefundene Echi-
norhynchen von 11/2 bez. 3 Linien d.h. ca. 3—7 mm Länge. Die-
selben waren am Mesenterium fixiert und soll nach Rudolphrs
ausdrücklicher Angabe der Darm keine Verletzung aufgewiesen
haben, durch welche die Würmer etwa hätten in die Leibeshöhle
gelangen können. Ihr Rüssel war groß und annähernd kugelig,
hatte eine deutliche Scheitelpapille und trug 7 Querreihen von
Haken, deren Größe derjenigen der Haken von £ck. hırundınaceus
entsprach und erheblicher war, wie bei ch. erinacei und ÆcA.
compressus, die beide als Verwandte von “ch. ricinoides angesehen
werden. Der Hals wird als kurz bezeichnet.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 293
In der Synopsis bringt Rudolphi (1819, p. 64, Nr. 3) nichts
Neues. Nach Westrumb (1821, p. 7—8, Nr. 10) hat Bremser
dieselbe Art im Darme von Upupa epops L. gefunden (einmal auf
38 Untersuchungen). Das betreffende Exemplar war 3 Linien
d.h. ca. 6,5 mm lang und !/a Linie d.h. ca. 1 mm dick und ließ
nur 6 Querreihen von Haken erkennen.
Derselben Art rechnet Westrumb (I. c.) ferner noch Echino-
rhynchen zu, die im Netz von Coracias garrula L. gefunden wor-
den waren (einmal auf 38 Untersuchungen) und die Bremser
(1811, p. 26) als eine noch nicht untersuchte neue Art und Ru-
dolphi (1819, p. 77, Nr. 61) daraufhin als „Ach. Coracıae“ ver-
zeichnet hatte.
Zusatz beider Correctur2 De Mary al (1902, pP. 381, Nr. 30) sieht
Ech. ricinoides als synonym zu Ech. compressus Rud. an. Vergl. hierzu den
nachträglichen Zusatz unter Ech. lagenaeformis Westr.
„Ech. Rubetrae“ Rud.
Einen bei der Wiener Helminthensuche im Darm von ?ra-
tincola rubetra (L.) gefundenen Lchinorhynchus verzeichnet Ru-
dolphi (1819, p. 77, Nr. 67), da er von dem Funde Mitteilung
erhalten hatte, ohne daß die Specieszugehörigkeit bereits fest-
gestellt war, provisorisch als „Zch. Rubetrae“. Er vermutet aber
bereits, daß es sich um dieselbe Art handele, die in Wien auch
in anderen Singvögeln gefunden worden war und von Rudolphi
(1819, p. 77, Nr. 66) provisorisch als „Zch. Sylviarum“ verzeichnet
wird. Westrumb (1821, p. 27, Nr. 51), der diese Vermutung be-
stätigt, nennt die Art “ch. fasciatus. Siehe daher Weiteres unter
diesem Namen.
„Ech. Rutheni Rudolphi.“
Ungenaues Citat bei Westrumb (1821, p. 16, Nr. 29) an-
spart Po locoipenseris rutheni“. \Nierel. daher unter dieser Be-
zeichnung. Übrigens darf auf derartige Ungenauigkeiten bei dem
Citieren solcher Bezeichnungen von Helminthen nach ihren Wirten,
die keine Speciesnamen darstellen sollen, kein allzugroßes Gewicht
gelegt werden. Kam es doch bei derartigen Bezeichnungen nur
darauf an, daß der Wirt durch den Genitiv genügend gekenn-
zeichnet war. Wie wenig Wert im übrigen auf diese Bezeich-
nungen gelegt wurde, geht wohl am besten daraus hervor, daß
Rudolphi im Text der Historia naturalis (1809, p. 314) dieselbe
Form als „Zeh. Sphyraenae‘‘ bezeichnet, die im Register (1810,
294 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
p. 351) als „Zeh. Argentinae sphyraenae“ verzeichnet ist und dann
in der Synopsis (1810, p. 80) als „ch. Argentinae“ registriert wird.
Vergl. auch unter „Zch. Zenıs“.
Ech. rutili O. F. Müll. (nec Zed.).
Unter diesem Namen bildet O. F. Müller (1780, 2, Tab. 61)
Echinorhynchen aus Zeuciscus rutilus (L.) ab, welche sich durch
einen kurzen, fast kugeligen Rüssel und den Besitz eines einzigen
Kranzes großer Haken auszeichnen. In der später (1784, p. 61)
publicierten zugehörigen Beschreibung werden diese Eigentüm-
lichkeiten gleichfalls angeführt und die Zahl der Haken auf 6
angegeben. Es kann sich hiernach nur um den Zch. clavaeceps
der neueren Autoren handeln (vergl. diesen), bei welchem Müller
nur die 6 großen vorderen Haken gesehen, die ı2 hinteren, er-
heblich kleineren Haken dagegen nicht beachtet hat. Das Knöpf-
chen, welches jeder der 6 Haken nach O. F. Müller an seiner
Basis besitzen soll, „cuius ope, ut videtur, exigitur et reflectitur“
ist offenbar die Hakenwurzel, deren wir hier zum ersten Mal Er-
wähnung finden. Weiter ist noch erwähnenswert der Satz „Irun-
cus altero latere antica versus osculo solitario, quatuor ad postica
usque seriatim dispositis ac aequalibus distantibus instruitur.“ Für
sich genommen ist dieser Satz kaum verständlich. In Fig. 3 auf
der bereits citierten Taf. 61 sind aber offenbar diese ,,Oscula“ zur
Darstellung gebracht und hiernach kann ihre Deutung keinem
Zweifel unterliegen. Sie sind nichts anderes, als die erst in
neuerer Zeit von Säfftigen (1884) und Hamann (1891) in ihrer
wahren Bedeutung erkannten Riesenkerne der Haut, die hiernach
bereits O. F.Müller gesehen hat. Man vergleiche Hamann’s
Fig. 1 auf Taf. IX mit der bereits citierten Figur O. F. Miller’s.
In der Figur Hamann’s sind freilich 6 Kerne in der Haut ge-
zeichnet. Aber wenn die Zahl dieser Kerne auch innerhalb ge-
wisser Grenzen schwankt, so habe ich doch gerade die von O.
F. Müller gezeichnete Fünfzahl verhältnismäßig häufig beobach-
tet und alsdann auch stets in der von Müller gezeichneten
Anordnung.
Unter ihrem ursprünglichen Namen Zch. rudıli finden wir
die von Müller beschriebene Art nur noch bei Gmelin (1791,
P23050, Neos) und=Bosen(1802,p. a) citiert. Zeder (1803)
p. 163, Nr. 46) tauft sie in Ach. fuberosus um, hier anscheinend
weniger zur Vermeidung ihrer Benennung nach dem Wirt, als
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 295
vielmehr deswegen, weil er den Namen Zch. rutili in anderem
Sinne braucht (vergl. unten “ch. resi: Zed. nec O. F. Mill).
Unter dem Namen Zch. tuberosus Zed. ist dann die Art auch
von Rudolphi (1809, p. 257—258, Nr. 5; 1819, p. 65 und 312,
Nr. 8 und 1820, p. 14, Nr. 5) sowie von Westrumb (1821, p. 9.
Nr. 13) verzeichnet.
Bereits Bremser (1811, p. 26) hat den Ach. ruta O.F.Müll.
für identisch mit Zch. clavaeceps erklärt, doch sind ihm Rudol-
phi (1819, p. 312: a Müllero diversus et describitur et deline-
aus) und Westrumb (1827, px Je Speciem) supprimere sausus
non sum) nicht gefolgt. Rudolphi (1819, p. 312) führt noch
speciell als Unterschied des Ech, rutıl! gegenüber Ech. clavaeceps
an „hunc in peritoneo, clavicipitem autem in intestinis Cyprini
rutili occurisse.“ Das beruht aber auf einem Mißverständnis, das
vielleicht dadurch hervorgerufen worden ist, daß O. F. Müller
sagt, er habe die nur einmal gefundene Art „intestino Cyprini
rutili copiose adhaerentem‘“ gefunden. Daß aber die Parasiten
dem Darm äußerlich anhingen, wie Rudolphi anzunehmen
scheint, kann ich aus dieser Angabe O. F. Müller’s keineswegs
herauslesen. Auch unterliegt es meines Erachtens nicht dem ge-
ringsten Zweifel, daß an dem von O. F. Müller (1780, 2, Taf. 61,
Fig. ı) abgebildeten Darmstück mit anhaftenden Echinorhynchen
diese letzteren nach Art anderer Darm-Echinorhynchen in der
Schleimhaut fixiert sind.
Später hat dann Rudolphi (1820, p. 14, Nr. 5) die von
O. F. Miller entdeckte Art wiedergefunden und zwar gleich-
falls im Darme von Zeuciscus rutilus. (Ein Vergleich mit “ch,
clavaeceps wird jetzt von ihm nicht erst versucht, Auch Ru-
dolphi hat bei den 1—-4 Linien, d.h. ca. 2—0 mm langen Exem-
plaren nur eine einzige Reihe von Haken gesehen, auch ihm
sind die Riesenkerne der Haut aufgefallen: „Pori, quales Mül-
lerus sistit, disci potius sunt, quibus magna foraminum inest
copia, passim maximi, valdeque exstantes, huic speciei proprii,
neque alibi mihi visi.“
Nachdem dann Creplin (1825, p. 26—29) im Darm von
Leuciscus rutilus, Lota lota und Anguilla anguilla Echinorhynchen
gefunden hatte, die er für identisch mit Zch. tuberosus Zed. (Ech.
rutıli O. F. Müll.) hielt, an deren Rüssel er aber 2—3 Reihen
von Haken beobachtete, hat Dujardin (1845, p. 538, Nr. 65)
wieder die Vermutung geäußert, daß Zch. fuberosus Zed. und
296 Lüh e, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. clavaeceps Zed. identisch seien. Er ist jedoch mit dieser
Auffassung ebensowenig durchgedrungen, wie früher Bremser.
Bereits bei Diesing (1851, p. 25, Nr. 15, bezw. p. 33. Nr. 36):
werden beide Arten wieder gesondert aufgeführt. Seitdem finde
ich tatsächliche Angaben über den “ch. fuberosus nur noch bei
Wagner (1857), sonst fristet dieser Name nur noch in Citaten
sein Dasein, so daß, wo es sich um eigene Untersuchungen han-
delt, immer von Zch. clavaeceps die Rede ist. (Vergl. auch unter
diesem Namen.)
Nach den Angaben Westrumb’s (1821, p. 6, Nr. 6 und
p. 80—81) über Zch. clavaeceps ist Ech. rutile O. F. Müll, wie
wir die erstere Art fortan wieder zu nennen haben, bei den
Wiener helminthologischen Untersuchungen in einer großen Zahl
verschiedener Fischarten und zwar fast ausschließlich Cyprinoiden
gefunden worden, in jeder derselben aber verhältnismäßig selten.
Diese relative Seltenheit des Parasiten wird auch durch neuere
Untersuchungen bestätigt und scheint für die Art, die ja auch
Rudolphi bei seiner langjährigen helminthologischen Tätigkeit
nur ein einziges Mal gefunden hat, charakteristisch zu sein. Nur
Säfftigen (1884) und Hamann (1891) wollen die Art verhält-
nismäßig häufig gefunden haben. Bei der Wiener Helminthen-
suche wurde sie nach Westrumb gefunden: in Salmo hucho L. bei
Untersuchung von 46 Exemplaren ımal, in Codzts barbatula L.
bei Untersuchung von 385 Exemplaren 4mal, in Cobitis faenıa L.
bei Untersuchung von 58 Exemplaren ı mal, in Cyprus carpro L.
bei Untersuchung von 201 Exemplaren 3mal, in Carassius
carassıus (L.) bei Untersuchung von 358 Exemplaren nur ımal,
in Carassius auratus dagegen auffällig häufig, nämlich bei Unter-
suchung von nur 38 Exemplaren 6mal, in 7Zzzca Hnca (L.) bei
Untersuchung von 466 Exemplaren 5mal, in Darbus barbus (L.)
wieder verhältnismäßig häufig, nämlich 5 mal bei Untersuchung
von nur 48 Exemplaren, in Adramıs brama (L.) bei Untersuchung
von 148 Exemplaren 2mal, in Alburnus alburnus (L.) verhältnis-
mäßig am seltensten, nämlich nur 2mal bei Untersuchung von
1129 Exemplaren, in Godzo gobio (L.) bei Untersuchung von 348
Exemplaren 2 mal, in Scardinius erythrophthalmus (L.) bei Unter-
suchung von 876 Exemplaren 5mal, in Zeuciscus rutilus (L.) bei
Untersuchung von 204 Exemplaren 18mal, in Phoxinus phoxinus
(L.) gleichfalls 18 mal, aber erst bei Untersuchung von 635 Exem-
plaren (im Text auf p. 6 führt Westrumb diese Art übrigens
Lühe; Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 207
=
nicht an, die demzufolge auch bei Diesing [1851] fehlt, vergl.
jedoch das Untersuchungsprotokoll bei Westrumb auf p. 81),
endlich noch in Chondrostoma nasus (L.) bei Untersuchung von
209 Exemplaren 2 mal.
Ech. rutili Zed. nec O. F. Müll.
Unter diesem Namen verzeichnet Zeder (1800, p. 163, Nr. 45)
den von Koelreuter (1771, 1, p. 499—500) in Leuciscus rutılus (L.)
gefundenen Acanthocephalus (= Ech. anguillae O. F. Müll. —
siehe unter diesen beiden Namen), mit welchem er einen von
O. F. Müller im gleichen Wirt gefundenen Lchznorhynchus, den
Gmelin (1791, p. 3050, Nr. 44) bereits “ch. affınıs getauft hatte,
identificiert. („Im ersten Bande der Geschichte der seltenen Dä-
nischen und Norwegischen Tiere S. 136 sagt Müller ausdrück-
lich, daß Koelreuter’s und seine im Rothauge gefundenen
Kratzer die nämlichen, und also nur eine Art waren.) Die hier
citierte deutsche Ausgabe der Zoologia Danica, die nach den
Citaten von O. F. Müller selbst (1787, 1) mit der lateinischen Aus-
gabe in ihrem Inhalte nicht ganz übereinzustimmen scheint, ist
mir nicht zugängig, da sie auch auf der Kgl. Bibliothek zu Berlin
nicht vorhanden ist. In der mir vorliegenden lateinischen Aus-
gabe finde ich jedoch keine Stelle, die darauf hinwiese, daß
O. F. Müller den Koelreuter’schen Acanthocephalus wieder-
gefunden zu haben glaube. Im Gegenteil sagt er dort bei Er-
wähnung dieses Acanthocephalus (1779, p. 98) „Hic in Cyprino
Rutilo inuentus ab illo, quem ego in eodem pisce reperi, valde
diuersus est.“ Da ich aber das entscheidende Citat nicht nachzu-
prüfen vermag, muß ich die Frage offen iassen, ob Ach. rutili
Zed. nec O. F. Müll. einfach synonym zu Zch. anguillae O. F-
Müll. ist oder außerdem auch noch den £c%. ruts O. F. Müll.
nec Zed. enthält, welchen Zeder (1803, p. 163, Nr. 46) unter
dem Namen “ch. tuberosus neben seinem Zeh. rutile noch als
besondere Art. anführt.
Ech. salmowis O. F. Müll.
Unter diesem Namen liefert O. F. Müller (1780, 2, Taf. 69
bez. 1784, p. 83) Abbildung und Beschreibung eines Achinorhynchus
aus Salmo salar L. und unter demselben Namen finden wir die
Art dann citiert bei Gmelin (1791, p. 3048, Nr. 33), Bosc (1802,
P- 9-ı0) und Zeder (1803, p. 162, Nr. 44). Rudolphi (1809,
298 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
p. 270—271, Nr. 16), der selbst einmal ein einzelnes Exemplar
gefunden hat, nennt sie “ch. snflatus und hält sie für nahe ver-
wandt mit seinem Zeh. affinis, indem er von Artmerkmalen an-
führt die Verbreiterung des Rumpfes nahe dem Vorderende, die
8-Zahl der Haken-Querreihen, die außerordentliche Kürze des
Halses („Collum subnullum“). Über die vorübergehende Ver-
einigung der Art mit Ach. fruttae Schrank = Ech. fusıformis
Rud. vergl. unter “ch. truttae. Daß diese Vereinigung unbe-
rechtigt war, betonte zuerst Creplin (1839, p. 284, Anm. 13),
der selbst beide Arten gefunden zn haben glaubte und den £ck.
salmonıs O. FE. Müll. in Ach. pachysomus umtaufte, unter weichem
Namen die Art seitdem geführt wird. Nach Rudolphi’s Schil-
derung ist die Art 3—5 Linien d. h. ca. 6—12 mm lang; der
Rüssel mit ca. 8 Querreihen von Haken besetzt, Hals sehr kurz
(„subnullum“), Rumpf vorne stark verdickt, in Müller’s Abbil-
dung fast birnförmig gezeichnet.
„Ech. Salmonum“ Rud.
Unter dieser Bezeichnung faßt Rudolphi (1819, p. 80,
Nr. 93) verschiedene Echinorhynchen zusammen, deren Species-
Zugehörigkeit ihm zweifelhaft ist, nämlich den Zch. sublobatus
Gmel., den „Zch. Lavareti® Rud.und die Echinorhynchen, welche
in Wien in Salmoniden gefunden worden waren und von West-
rumb (1821, p. 37) zu “ch. proteus gerechnet werden, einer Art,
deren Einheitlichkeit Rud. noch nicht anerkennt. Die als „Ach.
Salmonum“ bezeichneten Echinorhynchen sollen vielmehr nach
Rudolphi entweder: zu Zeh. Zereticolis Rud. oder za
nodulosus Schrank gehören.
Ech. salwelini Schrank.
Hermann (1782, p. 172—177, Tab. IV, Fig. 8—10) fand im
Darme eines „Sälmlings“ — ob des „eigentlichen“, bereits von
Hermann als Salmo salar juv. erkannten oder des sogenannten
„Basler Sälmlings“, wird offen gelassen — Echinorhynchen, die
ihm am meisten Ähnlichkeit mit dem „durch die Kugel, den runz-
lichten Hals und den zugespitzten Körper bestimmten“ Ach. laevis
Zoega, sensu O. F. Müller 1779 zu haben schienen, während
er von Ech. attenuatus O. F. Müll. unterschieden wird, „weil die
Kugel, die er hinter dem Rüssel zeiget, nicht eyförmig, sondern
rund, der Hals nicht fadenförmig, sondern dicker und runzlicht,
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 299
der Körper nicht glatt und gelb, sondern eingeschnitten und weiß
ist.“ Die Haken des Rüssels sollen zu je 10 in ca. 14—16 Längs-
reihen angeordnet sein. Mit Rücksicht auf die unmittelbar bevor-
stehende Publication von Goeze’s Helminthenwerk hat Her-
mann jedoch diesen Wurm noch nicht „durch systematische
Kennzeichen bestimmen“ wollen, um sich nicht der Gefahr aus-
zusetzen wieder eine Änderung vornehmen zu müssen.
Schrank (1788, p. 24, Nr. 81) nannte diese von Hermann
beobachtete Art Lech salvelin, Gmelın (1791, ps» 3049, Nr.)
und ihm folgend Bosc (1802, p. 10) Ech. sublobatus, woraus
Zeder (1803, p. 154, Nr. 17) Ech. subglobatus macht. Schrank
(1803, p. 218—210, Nr. 3112) führt unter Berufung auf Zeder
— aber ohne entsprechendes Citat — als Wirte des Zeh. salvelini
Hechte und „Bürstlinge“ d.h. Perca fluriahihs L. an. Eine solche
Angabe Zeder’s ist mir aber nicht bekannt und beruht daher
der diesbezügliche Vermerk bei Schrank offenbar auf einem
Irrtum.
Rudolph 11802, p. on, unter Nr vo) halt die rt vr
identisch mit Zeh. attenuatus ©. E. Mull, später aber (1809,
p. 312—313, Nr. 52) führt er sie doch noch selbständig unter dem
ihr von Gmelin gegebenen Namen an, stellt sie jedoch zu den
Species dubiae und vermutet ihre Identität mit Zch. nodulosus
Schrank, den er mit Zch.-laevis Zoega, sensu O. F: Müller
1779 identificiert. Schließlich aber vereinigt Rudolphi (1810,
p- 80, Nr. 93) diese von Hermann gefundenen Echinorhynchen
mit anderen Echinorhynchen aus Salmoniden unter der indiffe-
renten Bezeichnung „Zch. Salmonum“. Bremser (1811, p. 26)
“und Westrumb (1821, p. 37—39) fassen sie mit anderen älteren
Arten zu einer einzigen Art zusammen, die seit Westrumb all-
gemein Zch. proteus genannt worden ist, deren prioritätsberech-
tigter Name jedoch “ch. laevis Zoega ist. Diese Zusammen-
fassung, der zufolge Zch. salvelint synonym von Æch. laevis wird,
muß auch von unserem heutigen Standpunkt aus als berechtigt
anerkannt werden.
„Ech. Sciaenae“ Rud.
Auf seiner italienischen Reise fand Rudolphi (1819, p. 80
und 335, Nr. 91) in Neapel einen einzelnen Achznorhynchus im
Mesenterium von Sczaena aquila Risso, den er geneigt ist für
identisch mit ch. ferehcolis Rud. (= Eck. laevıs Loega) zu
Zool. Annalen. I, 20
300 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
halten. Da aber der Rüssel nur teilweise ausgestülpt war und
Rudolphi auch über die Form des Halses sich nicht völlig klar
wurde („Collum subsphaericum, an bullam obscuratam sistens 2“),
so ist ihm jene Identität doch noch zweifelhaft und der Bestätigung
bedürftig. Er registriert seinen Fund daher nur unter der Bezeich-
nung „Ach. Sciaenae“, unter welcher er sich dann auch bei West-
rumb (1821, p. 42, Nr. 86) und späteren citiert findet.
ssEch. Scombri“ Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthen-Sammlung der Kap
hagener Tierarzneischule führt Viborg (1795, p. 243, Nr. 205)
auch einen Æchinorhynchus aus Scomber an, der daraufhin auch
von Rudolphi (1809, p. 312, Nr. 51) citiert wird. |
In der Synopsis nimmt Rudolphi (1819, p. 75, Nr. 47) an
daß diese nicht bearbeiteten Echinorhynchen aus Scomber der
Art Ech. pristis Rud. angehören, die er selbst inzwischen im
Darme von Scomber gefunden hatte.
Ech. scopis Gmel.
So nennt Gmelin (1791, p. 3045, Nr. 6) die von Goeze
(1782, p. 154) kurz geschilderten Echinorhynchen aus der ,,Ohr-
eule“ bez. „bunten Ohreule“, indem er im Gegensatz zu Schrank
(1788, p. 23) und anderen diese Wirtsbezeichnung auf Pısorhına
scops (L.) deutet. Vergl. ch, aegualıs Zed. und Logos
Schrank. Der Name Zch. scoprs findet sich außer bei Gmelin
nur noch bei Bosc (1802, p. 5), der hier wie stets auf Gmelin fußt.
ssEch. Scorpaenae‘“ Rud.
Von Rudolphi (1819, p. 79, Nr. 85) angeführt auf Grund
des Kataloges der Wiener Helminthensammlung, in dem noch
unbestimmte Echinorhynchen aus Scorfaena scrofa L. angeführt
waren. Westrumb (1821, p. 11, Nr. 17) hat dieselben bei seiner
Bearbeitung des Wiener Echinorhynchen-Materiales zu Ech. glo-
bulosus Rud. gerechnet. Siehe daher Weiteres unter letzterem
Namen.
„Kehnnorineoseudatos Rense.
Unter diesem Namen hat Renier (1807, Taf. VI), wie ich
einem Citat von Bremser (1819, p. 8) entnehme, einen frei
im adriatischen Meere gefundenen Wurm angeführt. „Wie er aber
Kratzer aus Thieren bei mir [d. h. Bremser] sah, hat er sogleich
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 301
jenem ein eigenes Genus angewiesen.“ Eine sichere Bestimmung
des fraglichen Wurmes ist mir jedoch nicht möglich, da ich mir
das Werk von Renier nicht beschaffen konnte.
Ech. sigmoideus Westr.
Mit diesem Namen belegt Westrumb (1821, p. 15, Nr. 26)
eine Echinorhynchen-Art, die in Wien bei Untersuchung von 111
Exemplaren von Orzolus ortolus (L.) einmal im Darme gefunden
und daraufhin von Rudolphi (1819, p. 77, Nr. 62) provisorisch
als „Zeh. Orioli“ verzeichnet worden war. Die Länge wird von
Westrumb auf 3—4 Linien d. h. ca. 6—9 mm angegeben, die
Zahl der Hakenreihen an dem langen Rüssel auf 20—24. Ein
Hals soll fehlen. Der Artname ist gewählt, weil bei allen von
Westrumb untersuchten Exemplaren das Hinterende nach der
entgegengesetzten Seite gekrümmt war, wie der Rüssel, so daß
die Würmer in ihrer Form an ein S erinnerten.
Zusatz Beide: Correctur: De Marval (1904, p 574, Nr. 2)r sieht
neuerdings Ech. sigmoideus Westr. als synonym zu Zeh. areolatus Rud. an.
Vergl. oben p. 176.
Ech. simplex Rud.
Mit diesem Namen belegt Rudolphi (1809, p. 270, Nr. 5)
den von Rathke (1799, p. 72) in 7vgla gurnardus gefundenen
Echinorhynchus (vergl. unter „Ach. Triglae gurnardı“), welchen
Rudolphi nach der Abbildung Rathke’s für eine „Species
distinetissima® hal. Westrumb (1321, p. to, Nr. 34) berichtet,
daß Natterer einen ähnlichen Achinorhynchus ohne Hals und
mit ca. 20 Querreihen von Haken am Rüssel einmal im Darm
von 7rigla adriatica mel. gefunden habe, einen Fund, welchen
Rudolphi (1819, p. 80, Nr. 92) provisorisch als „Ach. Triglae“
registriert hatte.
Ech. sipunculus Schrank.
Unter diesem Namen führen Schrank (1788, p. 25, Nr. 84)
und diesem folgend auch Zeder (1803, p. 154, Nr. 16) die Echino-
rhynchen an, welche Martin (i780) in Osmerus eperlanus (L.)
gefunden und Acharius (1780) Acanthrus sipunculordes genannt
hatte. (Siehe daher Weiteres über die Art vor allem unter letz-
terem Namen.) Irrtümlicherweise giebt freilich Schrank als Wirt
die Maraene an, wohl infolge ungenauer Ubersetzung des schwe-
dischen Wortes Nors — außerdem aber auch noch die Quappe
20*
302 | Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
(Zofa), ohne daß die Quelle für diese letztere, ausschließlich bei
Schrank vorkommende Wirtsangabe ersichtlich wäre.
ssEch. Soricis“ Rud.
Bremser (1811, p. 26) zählt unter den in Wien gefundenen
neuen Echinorhynchen-Arten auch eine solche aus Sorex araneus
L. auf und diese Art wird von Rudolphi (18109, p 76 Nes
provisorisch unter der Bezeichnung „Zch.' Soricıs“ angeführt.
‚Einen wirklichen Namen erhielt sie jedoch erst durch West-
rumb (1821, p. 15, Nr. 25). Vergl. daher unter Ach. appendicu-
latus Westr.
Ech. sphaericus Rud.
Im Peritoneum von Coffus scorfius L. fand Rudolphi
(1802, p. 62—63, Nr. 12) Echinorhynchen, die dem “Ach. ovatus
Zed. „äußerst nahe verwandt“ waren. Bei einer Gesamtlange
von 11/2 Linien, d. h. etwas über 3 mm war der Rumpf kürzer
als der Hals. Von Haken wurden 12 Querreihen beobachtet, die
Farbe des Wurmes war rot. Rudolphi nennt denselben wegen
der Form des Rumpfes “ch. sphaericus und unter diesem Namen
findet er sich dann auch bei Zeder (1803, p. 157, Nr. oo) umd
Radolphi (1809, p. 201-292; Nr. 29 und 1810; p. 73, Net)
verzeichnet. Bremser (1811, p. 26) und Westrumb (2
Pp. 37) vereinigen ihn mit Zch. ovatus Zed. und anderen älteren
Arten zu einer einzigen Art (ch. proteus W estr. — Ech. lacus
Zoega) \Verg]. hierüber unter “ch. ovatus Zed.
Ech. sphaerocephalus Brems.
Diese Art, die Natterer in Brasilien gefunden hatte im
Darme von Larus azarae Less. (= Larus Nr. 199 bei Rudol-
phi = Larus fuscus Nr. 199 bei Westrumb = Larus domint-
canus Lichtst. bei Diesing) und Æaematopus palliatus Temm.
[? — Rudolphi, Westrumb und Diesing führen sämtlich
statt dessen den europäischen /. ostralegus L. an, indessen ist
nach v. Pelzeln (1871, p. 298, Nr. 10) 7. palhatus die einzige Art
der Gattung, die Natterer in Brasilien erlegt hat], wird zuerst
von Rudolphi (1819, p. 670—672, Nr. 57) bekannt gegeben, dem
Bremser Exemplare geschickt hatte. Eine nochmalige, durch
Abbildungen erläuterte Beschreibung liefert Westrumb (1821,
PD: 3037, 1165).
Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete. 303
Rudolphi unterscheidet kleine und große Exemplare. Die
„kleinen“ Exemplare waren 2 Linien, d. h. ca. 4,5 mm (aus Larus
azarae) bez. 21/2 Linien, d. h. ca. 5,5 mm (aus //aematopus) lang,
mit kugeligem („globosa vel subglobosa“) Rüssel, der mit zahl-
reichen Reihen mittelstarker Haken dicht besetzt ist, mit einem
schlanken Halse, der 3—4mal so lang ist wie der Rüssel, und
einem Rumpfe, der in seinem vordersten Abschnitt mit feinen
Stacheln besetzt und dessen hinterster Abschnitt fadenförmig ver-
jüngt ist. Nur eines dieser Exemplare hatte an Stelle des Rüs-
sels eine große Bulla mit in Längsreihen angeordneten Haken.
— Die „großen“ Exemplare waren 7—0 Linien, d.h. ca. 15—20 mm
(aus //aematopus) bez. 10—ıı Linien, d. h. ca. 22—25 mm (aus
Larus azarae) lang, hatten an Stelle des Rüssels eine nur schwach
bewaffnete Bulla und ihr Rumpf war ganz unbestachelt (bei den
Exemplaren aus Larus azarae) oder doch nur wenig bestachelt
(bei denen aus //aematopus).
Eine ausführlichere Schilderung giebt Westrumb, der ohne
die Exemplare aus den beiden verschiedenen Wirten auseinander
zu halten, wie dies Rudolphi getan hat (vergl. unter „Zch.
Haematopodıs“ und „Zeh. Lari“), 3 Entwickelungsstadien unter-
scheidet:
I. Stadium, 2'/2—3 Linien lang, d. h. ca. 5,5—6,5 mm.
Rüssel kugelig mit deutlicher Papille und ca. 16 Querreihen von
Haken. Hals fadenförmig oder konisch, ca. ?/s Linien, d. h. ca.
1,5 mm lang. Rumpf entsprechend der Schilderung Rudolphi’s
in drei Abschnitte zerfallend, die durch Einschnürungen von ein-
ander abgegrenzt werden, deren vorderster mit kleinen Stacheln
dicht besetzt und deren mittlerer, unbewaffneter am dicksten ist
(„tumidula“), während der dritte kaum dicker ist wie der Hals.
Nach der Abbildung (Taf. I, Fig. 13) könnte man diesen hintersten
Abschnitt des Rumpfes wegen seiner Kürze eventuell für die
Bursa des Männchens halten, wenn derselbe nach der Schilderung
im Texte nicht auch in gleicher Weise bei den Weibchen be-
obachtet zu sein schiene und wenn nicht Westrumb ausdrück-
lich betonte, daß er bei keinem der Exemplare, die sämtlich
genau durchmustert wurden, eine „vesicula caudalis“ gesehen
habe. Die Eier eines secierten Weibchens waren spindelförmig
(„lineari-eliptica“).
2. Stadium, ohne Größenangabe, mit einem Rüssel, der
bereits die Form einer Bulla angenommen hat (die Abbildung
304 Lübe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Taf. I, Fig. 14 läßt ihn nur verhältnismäßig größer erscheinen,
als im Stadium ı) und abgesehen von einem einfachen Kranze
langer Haken, welcher die scheitelständige Papille umgiebt, nur
noch „Rudimente“ von Haken trägt. Hals wesentlich länger wie
in Stadium ı, Rumpf ebenso gegliedert wie dort, aber am Vorder-
ende nur noch sehr schwach bestachelt.
3. Stadium, 7—12 Linien, d. h. ca. 15—27 mm lang, fast
völlig den ausgebildeten Weibchen von “ch. anatis Schrank
nee mel. (= Zch. fihcolhs: Rud.;— Ech. polymorphus irae mace
e. p.) gleichend. Die durch Umwandlung des Rüssels entstandene
Bulla, deren Lagerung in der Darmwandung dieselbe ist, wie bei
der eben genannten Art, soll keine Reste von Bewaffnung mehr
erkennen lassen. Ihre Scheitelpapille aber soll von kleineren Pa-
pillen umgeben sein und auf der Abbildung (Taf. I, Fig. 15) ist eine
meridionale Streifung der Bulla gezeichnet, die in mir den Ver-
dacht weckt, daß sie ebenso wie eine ähnliche bereits von Ru-
dolphi beobachtete Streifung bei dem Weibchen von Zch. anatis
Schrank nec Gmel. (= Ech. filıcolhs Rud.) durch die Längs-
reihen der Rüsselhaken bedingt sein könnte (vergl. unter Ach.
filicollis Rud.). Hals sehr lang, fadenförmig. Rumpf gänzlich
unbewaffnet. Ein seciertes Männchen dieses Stadiums ließ in
seinem inneren Bau keinerlei Unterschied gegenüber Zeh. poly-
morphus Brems. (= Ech. minutus Gze. + Ech. anatis Schrank
nec Gmel.) erkennen, die Eier eines Weibchens waren elliptisch
(, subsphaerico-elongata“). Sie hatten also eine andere, breitere
Form als die Eier des anderen secierten Weibchens, welches zum
1. Stadium gerechnet wird. Infolgedessen vermute ich, daß auch
Ech. sphaerocephalus Brems. keine natürliche Art ist, sondern ganz
wie Æch. polymorphus Brems. wenigstens zwei verschiedene
Arten umfaßt.
Zusatz bei der Correctur: De Marval (1904, p. 580, Nr. 26) hat
in seiner vorläufigen Mitteilung zu einer Monographie der Vogel-Echinorhynchen
eine Aufteilung des Ech. sphaerocephalus Brems. in der hier angedeuteten
Weise nicht vorgenommen und giebt als Ei-Maaße nur die einheitlichen Zahlen
0,0936 zu 0,0312 mm an. Andererseits führt er Ech. macrourus Brems.
= „Ech. Ardeae purpureae“ Rud. und Ech. polymorphus Brems. (partim)
als Synonyme der Art an. Was die Anführung des Ech. polymorphus an
dieser Stelle bedeutet, kann erst die versprochene ausführliche Arbeit lehren,
und ebenso kann diese auch erst die Begründung beibringen für die Syno-
nymisierung des europäischen Ech. macrourus, gegen welche vorläufig ähn-
liche zoographische Bedenken geltend gemacht werden können, wie ich sie
bereits mehrfach betont habe (vergl. z. B. unter Ech, mutabilis und tumidulus),
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete. 305
ganz abgesehen davon, dafs Westrumb’s Schilderung des Ech. macrourus
recht wenig an Ech. sphaerocephalus erinnert. (Vergl. oben p. 249.)
„Ech. Sphyraenae‘“ Rud.
Einen Wurm, den Redi (1708, p. 237) in der Leibeshöhle
von Argentina sphyraena L. gefunden hat, führt Rudolphi
(1809, p. 314, Nr. 55) unter der Bezeichnung „Zchinorhynchus
Sphyraenae“ auf, um dieselbe später (1819, p. 80, Nr. 95) in „Zchino-
rhynchus Argentinae“ zu ändern. Weiteres über diese, aus der
Liste der Echinorhynchen zu streichende Form siehe unter £c4.
argentinae.
Ech. spiralis Rud.
Einen von Nitzsch in einer kleinen Ardea-Art — Ardetta
minuta (L.)? — gefundenen und an Rudolphi geschickten
Lichinorhynchus beschreibt dieser (1809, p. 243—274, Nr. 19) unter
dem Namen “ch. spıralıs wegen seiner spiraligen Zusammenrollung.
Derselbe ist ausgezeichnet durch seine Lange von 5 Zoll (d. h.
ca 135 mm) bei einer Dicke von nur 2/3 Linien (d. h. ca: 1,5 mm).
Der kaum ı Linie (d. h. ca. 2 mm) lange Rüssel in über dreißig
Querreihen mit dicht gedrängten sehr kleinen Haken besetzt.
_ Hals fehlt. Rumpf von gleichmäßiger Dicke.
Zur gleichen Art rechnet Rudolphi (1819, p. 323, Nr. 28)
später auch noch einen einzelnen Æchinorhynchus, den er in Ri-
mini im Darm von Ardetta minuta (L.) fand, der aber nur 17
Linien (d. h. ca. 38 mm) lang war und dessen Rüssel nur 16—18
Querreihen von Haken trug.
Bei der Wiener Helminthensuche wurden ı2 Exemplare von
Ardetta minuta (L.) untersucht, aber in keinem derselben Echino-
rhynchen gefunden. Westrumb (1821, p. 21, Nr. 39) giebt daher
nur ein Excerpt aus Rudolphi.
Ech. spirula Olfers.
Diese Art ist von Rudolphi (1819, p. 63 u. 310—311, Nr. 2)
bekannt gegeben auf Grund von 2 Exemplaren, die er von
Olfers erhalten und die letzterer im Blind- und Dickdarm von
Midas rosala (L.) gefunden hatte. Natterer fand sie außer in
demselben Affen auch noch in Szma apella L. [= Cebus fatuellus
(L.)] und von Mikan erhielt Bremser noch weitere Exemplare,
die gleichfalls aus Midas rosalia stammten. Außerdem fand aber
Natterer auch noch im Darme eines Nasua narica (L.) 3 Exem-
306 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
plare, die nach Rudolphi und Westrumb mit den Echino-
rhynchen aus den vorgenannten Affen übereinstimmen sollen.
(Vergl. hierzu Rudolphi ı819, p. 665—666, Nr. 51 und West-
QUO N)
Der Rüssel der Art wird als annähernd kugelig vo fast
ebenso breit als lang bezeichnet. Er ist mit 6 Querreihen von
Haken bewaffnet. Der Hals ist sehr kurz (bei den Echinorhynchen
aus Nasua aber länger). Die Lange der beiden Originalexem-
plare betrug: 10 bez. 13 Linien (d. h. ca. 22— 29 mm) ihreroper
Durchmesser (bald hinter dem Vorderende) 11/2 Linien (d. h. etwas
über 3 mm), ihr Durchmesser an dem verjüngten Hinterende da-
gegen nur noch !} Linie (d. h. ca. ı mm). Die Lange der zen
Natterer in Affen gefundenen Exemplare wird von Rudolphi
(1819, p. 665) auf 6—12 Linien (d. h. ca. 13—27 mm) angegeben,
die 3 Exemplare aus Vasua waren dagegen 15 Linien, 17 Linien
und 3!/a Zoll lang (d. h. ca. 33, 38 und go mm — 2 Männchen
und 1 Weibchen?). Ob dieselben wirklich zu Zch. spirula ge-
rechnet werden dürfen und nicht vielmehr eine neue Art dar-
stellen, ist durch Untersuchung der im Wiener Hofmuseum auf-
bewahrten Originale noch zu erweisen. Die Abbildung, welche
Westrumb (1821, Taf. I, Fig. 16) von dem srößten der Pxenr
plare aus Nasza publiciert hat, läßt eine gewisse Ähnlichkeit mit
Lich. hirundinaceus (P all) (= Ech. gigas Bloch) erkennen und
weckt daher den Verdacht, daß Ech. sperula, oder doch wenigstens
der Æchinorhynchus aus Nasua, mit dem Zchinorhynchus des
Schweines verwandt sei. Hat doch auch bereits Westrumb
(1821, p. 51) betont, daß der Muskelapparat des Rüssels, soweit
die damaligen primitiven Untersuchungsmethoden diesen über-
haupt bereits feststellen ließen, demjenigen von Ech. hirundinaceus
(Pall) (= Zeh. gigas Bl.) entspricht, und scheint doch nach einer
der anatomischen Abbildungen, die Westrumb giebt (Taf. II,
Fig. 16b) auch Zch. spirula ganz wie Ech. hirundinaceus und Ech.
moniliformis geschlossene Ligamentsäcke zu besitzen (vergl. hierzu
auch unten in der Besprechung der Gattungen der Acantho-
cephalen unter Gzgantorhynchus). Die neuere Charakterisierung
der Art durch v. Linstow (1897, p. 33) ist freilich so wenig ein-
gehend, daß sie die hiernach möglich erscheinende Verwandt-
schaft des Zch. spirula Olfers mit Ech. hirundinaceus (P all)
und Ech. moniliformis Brems. weder zu beweisen noch zu wider-
legen vermag.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 307
o Lich. Sternae Rud.
Bremser (1811, p. 26) zählt unter den in Wien gefundenen
neuen Echinorhynchen-Arten auch eine solche aus Sterna stubbe-
rica Otto (= St. cantica Gmel.) auf und diese Art wird von Ru-
dolphi (1819, p. 78, Nr. 79) provisorisch unter der Bezeichnung
„Zeh. Sternae“ angeführt, um erst später von Westrumb (1821,
p. 10, Nr. 16) Ach. lınearıs getauft zu werden. Vergl. daher unter
letzterem Namen.
Ech. striatus Goeze.
Unter diesem Namen fthrt Goeze (1782, p. 152) kurz einen
Echinorkhynchus an, den Graf von Borke in Ardea cinerea ge-
funden und von welchem Goeze selbst nur die beiden ihm vom
Grafen von Borke übermittelten und von ihm publicierten Zeich-
nungen gesehen hatte. Die nächsten Erwähnungen der Art bei
Schrank (1788, p: 22, Nr. 74), Gmelin :(1791, p. 3046, Nr, 15)
— der die Art allerdings “ch. ardeae nennt, wie er ja überhaupt
bei der Speciesbenennung der Helminthen vom Genitiv des Wirts-
namens einen sehr ausgedehnten Gebrauch macht — ferner bei
Zeder (1803, p. 155, Nr. 20) und Rudolphi (1809, p. 263—264)
beruhen ausschließlich auf dieser Publication Goeze’s. Dagegen
erhielt Rudolphi (1819, p. 74 und p. 329--330, Nr. 43) später
zwei gleichfalls aus Ardea cinerea stammende Exemplare der Art
von Bremser und giebt daraufhin eine neue Charakterisierung
der Art, indem er gleichzeitig die Zeichnungen des Grafen von
Borke, auf die er sich in der Historia naturalis fast ausschließ-
lich hatte stützen müssen, für „pessimae“ erklärt.
Während Rudolphi bei seinen Untersuchungen den “ch.
striatus selbst nie gefunden hat, ist diese Art bei den unter
Bremser’s Leitung erfolgten helminthologischen Untersuchungen
in Wien in 24 Exemplaren von Ardea cinerea L. auch nur 2mal
gefunden worden. Außerdem aber führt Bremser (1811, p. 26)
als Wirt derselben Echinorhynchen-Art auch noch Cygnus olor
(L.) an, in welchem sie nach Westrumb’s (1821, p. 30—31,
Nr. 57 und p. 76) genaueren Angaben einmal bei 4 Unter-
suchungen gefunden wurde. Westrumb sieht aber die Bestim-
mung dieses Fundes als zweifelhaft an und hält es für möglich,
daß die betreffenden Exemplare vielmehr dem Zch. polymorphus
Brems. zuzuzählen seien, dessen fünftem Altersstadium der Zch.
striatus sehr ähnlich sei. (Vergl. hierzu unter Ech. polymorplus),
308 Lithe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
Als neuen, wenn auch nur gelegentlichen Wirt führt dagegen
Westrumb Aaliaétus albıcılla (L.) an, von welchem 39 Exem-
plare auf ihre Helminthen untersucht worden waren, deren eines
in seinem Magen den offenbar mit einem Beutetier dorthin ver-
schleppten Zch. striatus Gze. beherbergte. Außerdem führt
Westrumb für £c4. striatus G ze. noch eine Reihe brasilianischer
Wasservögel als Wirte an, da er den “Ach. mutabilis Rud. mit
Ech. striatus Gze. vereinigte. (Vergl. hierzu unter Zch. mutabilis).
Charakterisiert wird Zch. striafus von Rudolphi durch seine
Länge (5-6 Linien, d. h. ca. ı17 73 mm), durch den ande
Spitze verdickten Rüssel, der mit 12 Querreihen mittelgroßer
Haken besetzt sei (Westrumb, der für die von ihm untersuchten
Exemplare des “ch. striatus gleichfalls die Dickenzunahme des
Rüssels nach der Spitze zu betont, fand bei eben denselben 14
Querreihen von Haken — vergl. jedoch unter “ch. mutabılıs),
ferner durch die Einschaltung eines unbewaffneten, konischen
Halses zwischen Rissel und Rumpf und durch die Scheidung des
Rumpfes in zwei durch eine Ringfurche getrennte Abschnitte,
von denen der vordere, annahernd kugelige dicht mit kurzen
Hakchen besetzt ist, der hintere dagegen sich nach hinten zu
verschmachtigt, langsgestreift und unbewaffnet ist.
ssEch. Stridulae Goeze‘.
Diese von Goeze selbst nicht gebrauchte Bezeichnung fir
den von demselben (1782, p. 153) beschriebenen Æchinorhynchus
aus Strix stridula L. [d. h. Syrnium aluco (L.)! findet sich bei
Westrumb (1821, p. 23, Nr. 41) unter den Synonymen von £ck.
tuba Rud. aufgeführt. Ebenso citiert auch bereits Rudolphi
(1809, p. 275, Nr. 21) Goeze’s Beschreibung des „Zch. Stridulae.
Vergl. im übrigen unter Æck. nycteae Schrank.
Ech. strigis Gmel.
Unter diesem Namen führt Gmelin (1791, p. 3045, Nr. 8) die
Echinorhynchen auf, die Goeze (1782, p. 153) in ,S#2x stridula
L., d. 1. Syrrzum aluco (L.) gefunden und’ Schrank (rs
p 22-23) bereits #ch. nycteae genannt hatte (vergl. diesen), =>
Ferner führt Westrumb (1821, p. 23—24) unter den Synonymen
von Zch. acqualis Rud. unter anderem auch noch „Zeh. Strigis
Goeze“ an (d. h. ein von Goeze beschriebener /chzenorhynchus
aus einer Eule). Vergl. hierzu jedoch unter “ch, ofıdıs und “ch.
acqualis,
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 309
ssEch. Strigis auricutatac (Gze.).
Unter dieser Bezeichnung citiert Rudolphi (1809, p. 277)
Goeze’s Beschreibung des “ch. aequalis Zed. Siehe daher unter
diesem Namen.
„LEch. Strigis oti Viborg.
In seinem Verzeichnis der Helminthen der Kopenhagener
Tierarzneischule führt Viborg (1795, p. 243, Nr. 202) auch einen
nicht bestimmten Lchinorhynchus aus Strix otus, d. i. Asto otus
(Eau
s,Ech. Strigis stridulae“ (Gze.).
Diese Bezeichnung findet sich im Register von Rudolphi’s
Historia naturalis (1810, p. 352) mit einem Hinweis auf das Citat
von Goeze’s Beschreibung des Zch. nycteae Schrank. Siehe
daher unter diesem Namen, aber auch unter „Zch. Stridulae“
Ech. strumosus Rud.
Diese durch die starke Auftreibung des vorderen, bestachelten
Abschnittes des keulenförmigen Rumpfes und den excentrischen
Ansatz des Halses wohlcharakterisierte Art ist von Rudolphi
(1802, p. 63—64 und 1809, p. 293, Nr. 31) im Darm von Phoca
vitulina L. entdeckt. Die Länge giebt Rudolphi auf 2—3
Linien d. h. ca. 4—6,5 mm an, den Hals hat er nicht gesehen,
auen am Rüssel nur „ungefähr 170 Reihen“ der (in der Vat in
20—25 Querreihen angeordneten) Haken gezählt. Die Zahl der
Querreihen, in denen die Stacheln auf dem vorderen Abschnitt
des Rumpfes angeordnet sind, giebt Rudolphi auf ca. 30 an.
Zeiderz (1803, pense, Nr >S) und Rugolpkr (1819, p- 7,
Nr. 41) bringen nur linneische Diagnose und Literaturcitate und
auch Westrumb (1821, p. 32, Nr. 61) beschränkt sich auf ein
Excerpt aus Rudolphi (1802 und 1809).
Vergl. hierzu auch unter Æch. gibbosus, da dieser nur die
Jugendform des Zeh. strumosus darstellt.
Ech. sturionis Gmel.
Im Anschluß an seinen £ck. candidus aus dem Hecht (— £ck.
luca O. F. Müll.) und Echinorhynchen aus Zo/a, die mit den
Hechtkratzern „eine Gattung auszumachen scheinen“ erklärt
Goeze (1782, p. 157): „Hierher mögten auch die weißen rund-
lichen Kratzer gehören, die ich in den Gedärmen eines Störs
SITO) Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
(Acipenser Sturto) gefunden habe.“ Trotzdem alle weiteren An-
gaben fehlen, gründet hierauf Gmelin (1791, p. 3050, Nr. 48)
die Species Zeh. sturionıs, die dann auch von Zeder (1803, p. 164,
Nr. 48) und_Rudolphi (1809, p. 318, Nr. 62 und Tepe
Nr. 82) citiert wird. Bei Westrumb (1821) und dementsprechend
auch bei Diesing (1851) fehlt sie sowohl unter den Species
dubiae wie unter den Synonymen des Zch. proteus Westr.,
der einzigen Echinorhynchen-Art, die Westrumb und auch noch
Diesing aus dem Stör anführen auf Grund eines von Rudolphi
in Rimini gemachten Fundes (vergl. unter “ch. fereticollis Rud.).
Rudolphi (1810, p. 79, Nr. 32) hält diese von ihm selbsg. une
die von Goeze im Stör gefundenen Echinorhynchen für ver-
schieden und die Goeze’schen für möglicherweise zu Zch. luci
gehörig. Es existiert aber keine weitere Angabe über das Vor-
kommen von Zeh. luci in Acipenser sturio L. und mit dem einen,
oben citierten Satze von Goeze läßt sich weder das eine noch
das andere beweisen.
Heh. subglobatus Zed.
So nennt Zeder (1803, p. 154, Nr. 17) den 4ckh. salvelinz
Schrank = Ech. sublobatus Gmel. Vergl. Weiteres unter dem
ersteren dieser Namen.
Ech. sublobatus Gmel.
Mit diesem Namen belegt Gmelin (1701, p. 3049, Nr. 34)
die von Hermann gefundenen Echinorhynchen, welche Schrank
(1788, p. 24, Nr. 81) bereits “ch. salvelint genannt hatte. Der
Name “ch. sublobatus findet sich nur noch wieder bei Bosc (1802,
P- To), und Rudolphi (1809, p. 312 313, Nt. 52) Mere
übrigen unter Ach, salvelını.
Ech. subulatus Zed.
Mit diesem Namen belegt Zeder (1803, p. 159, Nr. 30) unter
dem Einfluss der vonRudolphi aufgestellten Nomenclaturregeln,
welche alle vom Wirte hergeleiteten systematischen Namen
verwerfen, den Ech, alosae Herm. Vergl. daher unter letzterem
Namen. |
„Ech. SyWwiarum“ Rud.
Unter den neuen Echinorhynchen-Arten, die bei der Wiener
Helminthensuche gefunden worden waren und die von Bremser
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. II
(1811, p. 26) nur mit Nummern und Wirtsangabe angeführt wer-
den, befindet sich auch eine Art aus einer Anzahl von Sing-
vögeln — Zuscima luscinia (L.), Luscinia philomela (L.), Ruticella
phoenicurus (L.), Erithacus rubecula (L., Pratincola rubetra (L.),
Pratincola rubicola (L.), Phylloscopus trochilus (L.) [= Sylvia fitis
Bechst.| und Axorthura troglodytes (L,) — die von Bremser
(le) gnd Rudolp hi @sio;p: 77; Ne 66) noch samtlich: zur
Gattung Sylvia gerechnet werden, während Westrumb (1821,
p. 27, Nr. 51) sie noch der in ihrem ursprünglichen Umfange bei-
behaltenen Linne’schen Gattung Mofacılla beläßt. Rudolphi
(1819, p. 77, Nr. 66) verzeichnet diese Art unter der provisorischen
Bezeichnung „Zch. Sylviarum“ während Westrumb sie später
Lich. fasciatus tauft. Vergl. daher Weiteres unter diesem Namen.
ssEch. Tanagrae‘“ Rud.
Im Darm einer 7anagra hatte v. Olfers in Brasilien einen
Echinorhynchus von 15 Linien, d. h. ca. 33 mm Länge gefunden,
dessen Rüssel zum größten Teil eingestülpt war und den Ru-
dolphi (1819, p. 673—674, Nr. 61) deshalb nur als „ch. Tana-
grae“ registriert. Unter derselben Bezeichnung ist der Fund dann
auch bei Westrumb (1821, p. 40, Nr. 74) eitiert.
„Ech. Tardae“ Rud.
Einmal fand Rudolphi (1809, p. 308, Nr. 45) auch Echino-
rhynchen im Darm von Otis tarda L., die aber bereits tot waren
und ein Hervorpressen des Rüssels nicht mehr gestatteten, so
daß Rudolphi auf eine Bestimmung bez. Benennung der Art
verzichtete und seinen Fund einfach als ,,Achinorhynchus Tardae“
(ein Ach. aus Tarda) verzeichnete (vergl. auch Rudolphi 1819,
Pez Sr. 70 und’ Westrumb 1821, p. 41, Nr. 73).
Ech. tenuicollis Froel.
Im Dickdarm einer Wildente, deren Species nicht näher
bezeichnet wird, fand Froelich (1802, p. 69— 70, Nr. 37) zusammen
mit den von ihm unter dem Namen “ch, Zorguatus beschriebenen
Echinorhynchen auch eine Form, die er Zch. tenuzcollis nennt, die
sich durch den Besitz einer Bursa als Männchen kennzeichnet,
und die von Rudolphi (1819, p. 330—331) zu seinem Zch. versi.
color gezogen wird, während Westrumb (1821, p. 33 ff.) sie ent-
sprechend zu Zch. polymorphus Brems. rechnet. Durch die Er-
Bae eat ue; Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
kenntnis, daß unter diesem Namen zwei verschiedene Arten zu-
sammengefaßt sind (vergl. außer unter Zch. polymorphus nament-
lich noch unter Ach. fihcolhs Rud.), erhebt sich dann freilich die
Frage, welcher dieser Arten der Zch. tenutcollis Froel. zuzu-
zählen ist. Die Entscheidung ist möglich auf Grund der ange-
gebenen Länge von ca. 3 Linien, d.h. ca. 6—7 mm und nament-
lich der weiteren Angabe, daß die Farbe „durchaus milchweiß“
gewesen sei. Hiernach handelt es sich um die Männchen der-
selben Art, deren gleichzeitig gefundene Weibchen Froelich
Ech. torquatus nennt, die am bekanntesten ist unter dem Namen
Ech. filicollis Rud. (vergl. deshalb unter diesem), als deren prio-
ritätsberechtigten Namen ich jedoch “ch. anatis Schrank nec
Gmel. ansehe.
Ech. tenuicollis Westr. nec Froel. |
Dieser Name findet sich bei Westrumb (1821, p. 80) für
einen Parasiten von Acerina schraetser (L.). Anscheinend handelt
es sich um einen Druckfehler statt Ze. tereficollis, da als Parasit
des genannten Fisches von Westrumb an anderer Stelle (1821,
p. 38) “ch. proteus angeführt wird, welche Art in dem von
Westrumb auf p. 65—81 mitgeteilten Untersuchungsprotokoll
im Anschluß an Bremser (1811, p. 26) noch stets Ach. fereticollis
genannt wird, während ihr prioritätsberechtigter Name “ch. laevis
Zoega ist.
Ech. terebra Rud.
Von Chamisso auf seiner Weltumsegelung im Magen von
Ihynnus pelamys (L.) gefunden und von Rudolphi (1819, p. 668
—669, Nr. 55) im Nachtrag zur Synopsis beschrieben. Rüssel
sehr lang mit 60—80 Querreihen von Haken besetzt. Hals fehlt.
Rumpf am Vorderende einfach cylindrisch, weiter nach hinten zu
aber taenienähnlich gegliedert (,nunquam Echinorhynchum vidi,
tantopere crenatum, quem fere pinnatifidum dicas“) Die Lange
der Würmer wird auf 8—12 Linien (d. h. ca. 18—27 mm), ihr
Durchmesser auf ca. !/4 Linie (d. h. ca. 0,5 mm) angegeben.
Wenn Rudolphi es nicht für ausgeschlossen hält, daß die
bereits längere Zeit in schwachem Alkohol aufbewahrten Echino-
rhynchen, auf welche er diese Art gegründet hat, nur schlecht
erhaltene Exemplare von Zch. pristıs waren, so beruht dieser
Hinweis einzig und allein auf der Verwandtschaft der Wirte beider
Arten, die natürlich nichts gegen die Verschiedenheit der Para-
siten beweist.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 73
Westrumb (1821, p. 25, Nr. 45) bringt nur ein Excerpt
aus Rudolphi (1819).
Ech. teres Westr.
Unter diesem Namen führt Westrumb (1821, p. 18, Nr. 32)
eine Echinorhynchenart an, die in Wien bei Untersuchung von
225 Dohlen, Lycus monedula (L.), 5mal und bei Untersuchung von
172 Elstern, Pica fica (L.), einmal gefunden, von Bremser (1811,
p. 26) bereits als neue Art und daraufhin von Rudolphi als
»lich. Picae“ verzeichnet worden war. Nach Westrumb’s
Schilderung ist die Art 5—10 Linien, d. h. ca. 11—22 mm lang
und %/4—1 Linie, d. h. ca. 1,5—2,25 mm dick, mit langem Rüssel,
der 10--12 Querreihen von Haken trägt, und ohne deutlichen
Hals. „Corporis forma teres et cylindrica, ita tamen subattenuata,
ut pars posterior longior anteriori sit.‘
Zusatz bei der Correctur: Als synonym zu Ech. teres sieht de
Marval (1904, p. 581, Nr. 27) Ech. hepaticus Molin (1861, p. 262, Nr. 86;
Taf. VIII, Fig. 2) aus Pica pica (L.) an, obwohl dieser nicht im Darm sondern
in der Leibeshöhle und z. T. an der Leber fixiert gefunden wurde (ob etwa
aus Darmverletzungen ausgetreten ?).
Ech. tereticollis Rud.
Unter diesem Namen vereinigt Rudolphi (1809, p. 284
— 287, Nr. 26) die Arten Ech. attenuatus O. F. Müll, Ach. pesci
nus Led., Ech. longicollis Pall. und ch. dobulae Schrank. Im
selben Umfang findet sich die Art dann auch in Rudolphi’s
Synopsis verzeichnet (1819, p. 72 und 328, Nr. 36), wo als neuer
Wirt noch Acıpenser sturio L. angeführt wird. Bremser (1811,
p. 26) vereinigt dagegen mit “Ach. fereticollis, welchen Namen er
beibehält, auch noch Zch. nodulosus Schrank, ovatus Zed.,
sphaericus Rud., sublobatus Gmel., „ZLavaret“ Rud., barb
Schrank, dvamae Gmel. und zdbavz Gmel. und schafft so jenen
Speciesbegriff, für den dann Westrumb (1821, p. 37—39) den
Namen “ch. proteus bildete. Weiteres über diese Art siehe unter
den angeführten Synonymen sowie namentlich unter dem priori-
tätsberechtigten Namen “ch. laevis Zoega.
Ech. thymalli Schrank.
Schrank (1803, p. 220— 221, Nr. 3117) erzählt, daß er im
Darm der Äsche einen Echinorhynchus gefunden habe, der „sehr
dem Hausentenkratzer gleicht, aber der Leib ist überall stachellos.“
314 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Er wird deshalb als besondere Art angesehen und £ck. thymalls
genannt. „Der Leib nebst dem Halse etwa 3 Linien [d. h. ca. 6,5 mm]
lang, sackformig, doch gegen das Hinterende etwas schmächtiger“,
„der Hals walzenförmig, unbewehrt, mit einer Blase am Ende“,
„der Rüssel so lang als der Hals, mit vielen Querreihen von
Haken (ich habe 15—18 gezählt) über seine ganze Länge herab,
davon die vorderen in jedem Betrachte größer sind.“ Zeh. thy-
mali, den ich in der späteren Literatur weder als selbständige
Art noch als Synonym jemals citiert gefunden habe, ist hiernach
offenbar synonym zu Æch. laevis Zoega (= Ech. proteus W estr.).
Ech. torquatus Froel.
Zusammen mit der von ihm Zeh. fenuzcollis genannten Form
fand Froelich (1802, p. 7o—71, Nr. 38) im Dünndarme einer
nicht naher bezeichneten Wildente Echinorhynchen, die er unter
dem Namen Zch. forquatus als neue Art beschreibt. Sie soll sich
von Æch. fenucollis sowohl wie von Zch. anatis und Ech, boschalıs
unterscheiden ,,ganz vorziglich durch die unbewaffnete Brust und
den besonderen Bau des Halses. Merkwürdig ist es, daß dieser
Kratzer die Darmhäute von innen ganz durchbohrt, und seinen
Rüssel in einer dichten, runden, beinahe erbsengroßen Blase, -
welche über die Außenfläche des Darmes hervorragte, stecken
hatte. Diese Blase wurde von der äußeren Darmhaut gebildet
und enthielt eine wässerige Feuchtigkeit. Wegen dieses Um-
standes glückte es mir nicht, auch nur ein einziges Stück unver-
sehrt mit dem Rüssel zu erhalten.“ „Der Hals ist dünn, faden-
förmig, beinahe ı!/a Linien [d. h. ca. 3 mm] lang, glatt, etwas
schief gebeugt, vorne auf einmal in einen halbrunden, apfelförmigen,
glatten, weißen Kragen erweitert, in welchem wahrscheinlich der
Rüssel aufgenommen werden kann. — Den Rüssel sah ich nicht.“
Nach diesen Angaben ist die Art offenbar identisch mit
Lich. filicollis Rud., zu welchem Rudolphi (1810, p. 327, Nr. 35)
sie denn auch als synonym einzieht, obwohl der Name Zch. Zor-
quatus Froel. das Prioritätsrecht gegenüber Ech. fiicolhs Rud.
(1809) auf seiner Seite hat. Weiteres über diese Art, als deren
prioritätsberechtigten Namen ich Zch. anatis Schrank nec
Gm el. ansehe, siehe vor allem unter Æck. filicollis Rud. sowie
unter Zch. polymorphus Brems., zu welchem Namen Westrumb
(1821, p. 33 ff.) unter anderem auch Zch. torguatus Froel. als
synonym einzieht. Übrigens hat Froelich gleichzeitig mit den
-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. ALS
Ech. torquatus genannten Weibchen auch die Männchen derselben
Art gefunden, diese aber fiir eine selbstandige Art gehalten.
(Vergl. Ech. tenwecollis Froel.).
Ech. transversus Rud.
Unter diesem Namen faßt Rudolphi (1819, p. 69 und 321,
Nr. 26) Echinorhynchen zusammen, die in Wien in verschiedenen
Singvögeln gefunden worden waren und von denen ihm sein
Freund Bremser einige Exemplare übersandt hatte. Trotz ihrer
Zusammenfassung zu einer Art giebt Rudolphi (1819, p. 321
—-322) jedoch entgegen seiner sonstigen Gewohnheit von den
aus verschiedenen Wirten stammenden Exemplaren gesonderte
Beschreibungen.
Das erste dieser Exemplare war im Darm von Sturnus vul-
garis L. gefunden worden. Es war etwas über 5 Linien (d. h.
ca. ıı mm) lang — ein anderes Exemplar aus demselben Wirt
sollte aber nach einer schriftlichen Mitteilung von Bremser
doppelt so lang sein — und hatte einen Rüssel von etwas über
12 Linie (d. h. ca. 1,25 mm) Länge, dessen Achse quer zur Längs-
achse des Rumpfes stand und dessen Haken grösser als diejenigen
von Æch. micracanthus Rud. und in 24—30 Querreihen angeordnet
waren. Ein Hals wurde nicht beobachtet, der cylindrische Rumpf
war in seinem vorderen Abschnitt schlanker.
Mit dieser Schilderung stimmt diejenige eines anderen Exem-
plares aus Saxtcola stapazina (L.), dessen Rüssellänge auf ?/3 Li-
nien (d. h. ca. 1,5 mm) angegeben wird, im wesentlichen überein.
Von zwei weiteren Exemplaren aus Monticola cyanus (L.) wird
außer dem schiefen bez. queren Ansatz des Rüssels nur die
Grosser angeseben (Banse 312 bez. 51/2 Linien —— Ca.7,5 bez
12 mm, größte Dicke 1 Linie = etwas über 2 mm). Etwas ge-
nauere Angaben finden sich aber wieder für drei Exemplare aus
,lurdus n. sp. die 7 Linien (d. h. ca. 3,5—15 mm) lang
waren, deren quer angesetzter Rüssel als „polyacantha‘“ bezeichnet
wird und deren Eier besonders geschildert werden, weil sie breiter
und kürzer sind als gewöhnlich („solito“), von einer Form, die
bezeichnet wird als „elliptico-lanceolata.“ Ob freilich Rudolphi
bei diesem Vergleich andere Arten im Auge hat, oder die anderen
Exemplare des Ech. transversus Rud., ist nicht klar ersichtlich.
Im letzteren Fall würde natürlich die abweichende Eiform dafür
Zool. Annalen. I. 21
316 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
sprechen, daß die Exemplare aus 7urdus n. sp. von Rudolphi
nur irrtümlich zu Zch. fransversus Rud. gerechnet worden seien.
Schließlich führt Rudolphi noch an, daß die gleiche Art
in Wien auch noch in 7wurdus merula L. sowie in Monticola
saxatilis (L.) gefunden worden sei. Die gesonderte Beschreibung
der Echinorhynchen aus diesen Wirten liefert dann Westrumb
(1821, p. 20, Nr. 37) in Frganzung der von ihm nicht wieder-
holten Angaben Rudolphi’s. Hiernach waren die Exemplare
aus Zurdus merula L. 4—6 Linien, d. h. ca. 8,5—13 mm lang
und ihr 8/4 Linien, d. h. ca. 1,5 mm langer und dem Rumpie
in schrager Richtung angesetzter Rüssel mit 24 Querreihen von
Haken besetzt, während die Exemplare aus J/onticola saxatilis
(L.) 5—6 Linien, d. h. ca. 11—13 mm lang waren und ihr cylin-
drischer, dem Rumpfe gleichfalls in schräger Richtung angesetzter
Rüssel ca. 30 Querreihen von Haken trug.
(refunden ist die Art bei der Wiener Helminthensuche nach
Westrumb (1821, p. 71—72) in Sturnus vulgaris L. bei 51
Untersuchungen 3mal, in T7urdus merula L. bei 31 Unter-
suchungen 7 mal, in einer von Rudolphi als „7urdus n. sp.‘
von Westrumb als 7urdus galactotus Natt.!) bezeichneten
Drossel-Art bei 10 Untersuchungen 3mal, in Monticola cvanus
(L.) bei 2 Untersuchungen imal, in Monticola saxatilis (L.) bei
34 Untersuchungen ımal, endlich in Saxzcola stapazina (L.) bei
11 Untersuchungen 2mal. Außerdem aber fügt Westrumb
(1821, p. 20) als neuen Wirt noch 7wrdus leucurus — wohl Sax:
cola leucura (Gmel.) — hinzu, in welchem Natterer in Spanien
3—4 Linien (d. h. ca. 6,5—-9 mm) lange Echinorhynchen gefunden
hatte, deren Riissel mit ca. 30 Querreihen von Haken bewaffnet
war und die von Westrumb als “ch. transversus Rud. be-
stimmt wurden.
Zusatz bei der Correctur: Nach de Marval (1904) ist Gen.
transversus synonym zu Ech. cylindraceus Gze. Vergl. den nachträglichen
Zusatz unter Ech. fasciatus Westr.
!) Die Bedeutung dieses Namens, der, nach Gray’s Handlist of Birds und
Giebel’s Thesaurus ornithologiae zu urteilen, keinen Eingang in die ornithologische
Literatur gefunden zu haben scheint, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Diesing
(1851, p. 481, Nr. 1025) nennt die Art „Turdus galactotus Temm.“, wobei er an
die spanische Agrobates galactodes (Temm.) = Sylvia galactodes Temm, gedacht
zu haben scheint, da er (1851, p. 38, Nr. 52) auch Spanien als Heimat der betreffenden
Exemplare anführt. Dann ist aber auffällig, daß weder Rudolphi (1819) noch
Westrumb (1821) von dieser ausländischen Herkunft etwas erwähnen.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. a7
Ech. trichiuri Holten.
In seiner Schilderung des 7rıchrurus gladius Holten =
Lepidopus caudatus (Euphrasen) beschreibt Holten (1802,
p. 26—27, Tab. II, Fig. 7) auch mehrere neue Parasiten-Arten,
darunter den Zch. frıchiuri, welcher am Peritonealüberzuge des
Enddarms gefunden worden war und nach der beigefügten Ab-
bildung mit dem Teirarhynchus linguatula Van Bened. identisch
ist, für welchen Lönnberg (1889) die Gattung Coenomorphus
geschaffen hat. In Rücksicht darauf, daß Braun (1900, p. 1723
— 1724) diese Gattung Coenomorphus als synonym zu Dibothrro-
rhynchus de Blainv. eingezogen hat, würde der prioritätsberech-
tigte Name des fraglichen Cestoden also Dzbothriorhynchus trichiuri
(Holten) lauten.
Ech. trichuris Blumenbach.
Unter diesem Namen mit dem Zusatz „der Haarwurm.
E. cauda filiformi tenui prolongata“ verzeichnet Blumenbach
(1770, p. 410) den T7rzchuris trichiura (L.) — bekannter unter dem
Namen 77ichocephalus dispar Rud. —, welchen er selbst „häufig
in den Leichen armer erwachsener Personen gefunden“ zu haben
angiebt.
ssEch. Triglae‘* Rud.
Unter dieser Bezeichnung registriert Rudolphi (1819, p. 80
Nr. 92) Echinorhynchen, welche Natterer in 7rıgla adriatica
G mel. gefunden hatte und die Westrumb (1821, p. 19, Nr. 34)
zu Lich, simplex Rud. zieht.
„Ech. Triglae gurnardi® Rathke.
RKathke: (1790, px 72 mit: Patil. Pies a und b) berichtet,
daß er in 7rigla gurnardus L. einen LEchinorhynchus gefunden
habe, und giebt auch eine Abbildung desselben in natùrlicher
Größe und eine zweite vergrößerte. Da die Art hierdurch cha-
rakterisiert erscheint, so hat Rudolphi (1809, p. 270, Nr. 5) sie
getauft. Siehe daher Weiteres unter “ch. simplex Rud.
Ech. tritonis Westr.
Unter diesem Namen führt Westrumb (1821, p. 42, Nr. 90)
eine Echinorhynchenlarve an, die einmal unter dem Peritoneum
von Molge alpestris (Laur.) gefunden wurde, aber „ob probos-
cidem amputatam“ nicht genau charakterisiert werden konnte.
Ale
318 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
| Ech. truttae Schrank.
Goeze (1782, p. 157—158) fand „in den Gedarmen einer
Forelle [d. h. also in Salmo fario L., nicht in Salmo trutta L,
wie-Zeder (1803, p. 15% Nr. ır), Rudolphi (1809, p. 262),
Dujardin (1845, p. 539, Nr. 66) und Diesing (1851, p. 33, Nr. 37)
anscheinend infolge des von Schrank (1788, p. 24, Nr. 80) ge-
wählten Speciesnamens angeben] eine ungeheure Menge Kratzer
von außerordentlicher Länge. Von Farbe alle rötlich, welches ich
- den rötlichen Säften dieser Fische zuschreibe.“ Beigefügt ist eine
Abbildung des ganzen Tieres „in natürlicher Größe“ (Länge etwas
über 6 cm), sowie des vergrößerten Vorderendes. Daraufhin ent-
wirft Schrank (1788, p. 24, Nr. 80) eine kurze Diagnose der
Art, die er “ch. truttae tauft. Unter dem gleichen Namen findet
sie sich dann auch noch bei Gmelin (1791, p. 3049, Nr. 36) und
Bosc (1802, p. 10) angeführt, sowie bei Schrank (1803, p. 220,
Nr. 3116), der dieselbe Art auch noch im Grindling gefunden
haben will. Zeder (1803, p. 153, Nr. 11), bei dem sich zuerst
die bereits erwahnte irrtimliche Wirtsangabe findet, tauft die Art
zur Vermeidung ihrer Benennung nach dem Wirt um in Zeh.
fusaeformis. Rudolphi (1809, p. 161—163; 1814, p. 95, Nr. 36;
1819, D. 67 und 317, Nr. ı7) sowie Westrumb (3213 pe
Nr. 28), denen sich auch die späteren Helminthologen anschlossen,
nannten die Art dann “ch. fusiformas.
Bremser (1811, p. 26) erklärte die Art für identisch mit
Lich. farionis Froelich und £ck. salmoms O. F. Müll. = Zoch.
inflatus Rud.), welch letzteren Rudolphi (1814) demgegenüber
noch für verschieden hält. („Die Wiener Naturforscher ......
haben überhaupt bei den Kratzern so viele Arten zusammen-
geworfen, daß ich bey dieser Gattung weniger auf sie baue.“)
In der Synopsis hat aber dann auch Rudolphi (1819) die ge-
nannten bisher von ihm noch auseinandergehaltenen Arten mit-
einander vereinigt.
Bei der Wiener Helminthensuche wurden 868 Forellen unter-
sucht und hierbei 122 mal Echinorhynchen gefunden, die sämtlich
als Ech. fusiformis bestimmt wurden. Derselben Art wurden
ferner noch zugezählt Echinorhynchen aus Salmo salar L. (2 Funde
auf 23 Untersuchungen) und 7%hymallıs thymallus (L.) (7 Funde
auf 45 Untersuchungen). Auch nachdem Creplin (1839, p. 284,
Anm. 13) Zeh. truttae und Ech. salmonis wieder voneinander ge-
trennt hatte, ließ Diesing (1851, p. 33, Nr. 37), obwohl er diese
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete. 319
Trennung annahm, die Bestimmung jener Wiener Echinorhynchen
als Lich. fusiformis = Ech. truttae unverändert. Nach West-
rumb’s (1821, p. 16, Nr. 28) Schilderung stimmen sie mit Goeze’s
Abbiidung jedenfalls iberein in dem Fehlen des Halses und in
der Form des Rüssels, der sich nach vorne zu etwas verdickt.
Auch die Zahl der Querreihen von Haken (ca. 12) könnte als
übereinstimmend angesehen werden. Über die Form des Rumpfes,
welcher bei dem von Goeze abgebildeten Tier nach Schrank’s
ziemlich treffendem Ausdruck, „spulwurmförmig“ erscheint, äußert
sich Westrumb nicht. Die Länge der Exemplare giebt er zu
3—12 Linien d. h. ca. 7—27 mm an, also erheblich geringer als
sie in Goeze’s Abbildung dargestellt ist, ebenso wie Zch. farıonıs
Froel. sowohl (vergl. diesen) wie auch die halslosen und orange-
gelben Echinorhynchen, welche neuerdings Hamann (1891,
p. 98—99) und v. Linstow (1895) in Salmo farıo L. und 7hy-
mallus thymallus (L.) gefunden haben und Zch. clavula nennen,
mit einer durchschnittlichen Länge der Weibchen von 9 und der
Männchen von 15 mm erheblich hinter Goeze’s Zeichnung zurück-
bleiben. Es dürften hiernach Zweifel berechtigt sein, ob diese
Zeichnung wirklich der natürlichen Größe entsprach und ob hier
nicht vielmehr ein Versehen untergelaufen ist. Jedenfalls scheint
mir die Annahme gerechtfertigt, daß Zch. clavula Ham. nec Dui.
in ähnlicher Weise mit Zch. trutiae Schrank (= Ech. fusiformis
R ud.) identisch ist, wie ich bereits oben die Identität von Æc/.
linstowi Ham. mit Ech. anguillae O. F. Müll. (= Ech. globulosus
Rud.) nachweisen konnte. Da indessen neuere Angaben über
die seit Rudolphi (1809) Ech. fusiformis genannte Art nicht
vorliegen und mir diese Art bisher aus eigener Anschauung eben-
sowenig bekannt ist wie Zch. clavula Ham. nec Duj., so ist der
sichere Nachweis der von mir vermuteten Identität beider noch
erst zu erbringen. Sicher scheint mir aber jedenfalls zu sein, daß
die neuerdings von Hamann (1891) und v. Linstow (1895) Zch.
clavula genannte Art nicht dieselbe ist, welche Dujardin seiner-
zeit mit diesem Namen belegt hatte.
Ech. clavula Duj. ist nämlich nach Dujardin (1845, p. 532,
Nr. 55) nur 4,5—7,5 mm lang und somit wesentlich kleiner als
die von Hamann und v. Linstow geschilderten Echinorhynchen.
Ebenfalls im Gegensatz zu den letzteren soll er weiß sein und
einen Hals besitzen. Die Haken seines Rüssels sollen in 16—18
Längsreihen stehen, während Hamann und v. Linstow deren
320 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
20 angeben. Die letzteren beiden fanden die betreffenden Echino-
rhynchen nur in Salmo fario L. und Thymallus thymallus (L.),
Dujardin dagegen schildert seine Art nach Exemplaren aus
Abramıs brama (L.), Cyprinus carpio L., Esox lucius L. und Anguilla
anguilla (L.. Hamann sowohl wie noch neuerdings Guido
Schneider (1903, p. 27) nennen zwar als weitere von Dujardin
angeführte Wirte noch Gobius niger L., Lepadogaster gouant Bris.
und Salmio fario L. Dujardin selbst aber er wähnt die in diesen
Fischen gefundenen Echinorhynchen nur kurz als dem Ech. clavula
ähnlich, aber nicht genau untersucht. Unter diesen Umständen
bleibt die Zahl der Querreihen der Rüsselhaken (30—32 bei
Dujardin, 26—32 bei Hamann) das einzige übereinstimmende
Merkmal. Dieses aber scheint mir in keiner Weise zu genügen,
um unter Zurückstellung der angeführten Differenzen die Identität
von Ech. clavula Hamann mit Zch. clavula Duj. wahrscheinlich
zu machen, zumal auch Guido Schneider (1903, p. 27—29)
neuerdings einen Lchinorhynchus gefunden hat, der mit Zch. cla-
vula Duj. besser übereinzustimmen scheint als die von Hamann
und v. Linstow geschilderte Art. Die Identifizierung dieser letz-
teren mit Ach. Zruttae Schrank = Ech. fusiformis Rud. ist da-
gegen zum mindesten mit erheblich geringerem Zwange verbun-
den, als ihre auch von Guido Schneider noch nicht bezweifelte
Identifizierung mit Ech. clavula Duj.
Ech. tuba Rud.
Die von Rudolphi anfänglich (1795, p. 13—14) als Zeh.
aluconis beschriebene Art nennt derselbe (1802, p. 57—59) Ech.
tuba, nicht nur um die Benennung nach dem Wirte zu vermeiden,
sondern auch weil ihm seine Identität mit dem “ch. aluconıs
O. E. Müll. zweifelhaft geworden ist, da die Abbildung der letz-
teren Art bei Miller (1780, Taf. 69) nichts zeigt von der cha-
rakteristischen „nach vorne breiteren Röhre, die fast eben so lang
ist wie der Rüssel, und womit der Wurm sich ansaugen kann.“
Da eine ahnliche Bildung nur noch bei der von Goeze (1782)
in Syrntum aluco(L.) gefundenen, von Gmelin (1791) Ech. strıgıs
genannten Art (= “ch. nycteae Schrank 1788; vergl. unter
diesem Namen) beobachtet worden war, so wird außer Zch. alu-
coms O. F. Müll. auch noch Zch. stvigis Gmel. als zweifel-
haftes Synonym angeführt. Die Haken des Riissels sind aber
bei “ch. tuba nach Rudolphi zahlreicher und kleiner, als in
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 321
Goeze’s Abbildung des “ch. nycleae und entsprechen vielmehr
denen des Ohreulenkratzers von Goeze (= Zch. aequalis Zeder
1803), bei welch letzterem aber wieder nicht die „Röhre“ erwähnt
wird. Die Eule, in der Rudolphi den “ch. tuba gefunden hatte,
war übrigens nur irrtümlich anfänglich als S¢vzx aluco bezeichnet
worden, in der Tat ist sie eine ‚S/rıx flammea L. gewesen. (Vergl.
Rudolphi 1809, p. 275— 277.) Die Lange der von Rudolphi
setundenen 3 Bxemplare. betrug; >, 1 bez. 11/4 Zoll (d.h. ca
13, 27 bez. 33 mm), ihr Durchmesser kaum !/a Linie (d. h. ca.
ı mm). Ein Hals fehlte.
Westrumb (1821, p. 23, Nr. 41), der die Art selbst nicht
untersucht hat, sieht Ach. aluconis und Ech. nycteae als Synonyme
des Æch. tuba an, ohne die Rudolphi’schen Zweifel zu äußern
und erzählt, daß Bremser die Art dreimal bei der Untersuchung
von 20 Uhus (Dubo bubo) gefunden habe. Diese Exemplare waren
aber, als Westrumb das Wiener Echinorhynchenmaterial be-
arbeitete, seiner Angabe nach durch den Alkohol bereits so ver-
ändert, daß ihre Struktur nicht mehr genau zu erkennen war —
dies darf vor allem wohl so aufgefaßt werden, daß Westrumb
die röhrenartige Verlängerung des Rüssels, die die Art nach
Rudolphi’s Schilderung charakterisieren soll, nicht gesehen hat.
Bereits Dujardin (1845, p. 508, Nr. 16) sieht die Art als
zweifelhaft an und glaubt, daß Ach. tuba Rud. synonym zu Zch.
globocaudatus Zed. ist (vergl. diesen). Er selbst will jedenfalls
in dem von Rudolphi angegebenen Wirt (Strix flammea L.) nur
diese letztere Art gefunden haben. Auch betont er mit Recht,
daß Rudolphi außer dem einmal in der Schleiereule gefundenen
Lich, tuba (wenigstens zur Zeit der Abfassung der Historia natu-
ralis! Lùhe) keine weiteren Echinorhynchen aus Eulen selbst ge-
sehen hatte, so daß ihm die Möglichkeit fehlte, die verschiedenen
von ihm angeführten Arten selbst zu vergleichen. Diese Bemer-
kungen Dujardin’s sind aber wie manche andere von demselben
geübte verständige Kritik (vergl. z. B. unter “ch. muris) von
seinen Nachfolgern nicht berücksichtigt und in Vergessenheit
geraten. |
Ech. tuberosus Zed.
Neuer Name für die von O. F. Müller gefundene und ch.
rutili O. F. Müll. nec Zed. genannte Art. Vergl. daher unter
letzterem Namen.
322 Lüh e, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Ech. tubifer Gmel.
Ist kein Æchinorhynchus, sondern ein Nematode. Näheres
vergleiche unten unter den Namen Ascaris tubifera Fabr. 1780
und Ascaris urksuk Fabr: 1776. Außer von Gmelin (2701,
p. 3044, Nr. 2) wird die Art als Echimorhynchus auch noch von
Bosc (1802, p. 5) angeführt.
Ech. tumidulus Rud.
Diese Art ist von Rudolphi (1819, p. 25 und 320, Nr. 25)
aufgestellt auf Grund von Exemplaren, welche v. Olfers in
Brasilien im Darme von Crotophaga ani L. gefunden hatte. Die-
selben waren 12—17 Linien (d. h. ca. 27—38 mm) lang, die Männ-
chen kleiner wie die Weibchen. Der kaum 1 Linie (d. h. ca. 2 mm)
lange Rüssel ist mit 40 und mehr Querreihen sehr kleiner Haken
bewaffnet. Ein Hals wurde nicht beobachtet. Der Rumpf ist am
Vorderende in einer Langsausdehnung von 2—3 Linien (d. h. ca.
4—7 mm) verdickt (daher der Speciesname ¢wmzdulus'), im übrigen
cylindrisch. Die Bursa des Männchens ist ungefähr 1 Linie d.h.
ca. 2 mm dang .und 4/2 [Linie d.h. ca. 1 mm dick, „utrmese
obtusissima, inflexa“ d. h. wohl wie bei Ech. globocaudatus seit-
lich eingekrümmt (vergl. unter diesem Namen und unter Zch.
aluconts). Die Eier werden als „praeter morem brevia et minutula“
bezeichnet. Nachträglich berichtet Rudolphi (1819, p. 666—667,
Nr. 53), daß v. Olfers die gleiche Art auch im Dickdarm eines
anderen, noch nicht näher bezeichneten brasilianischen Cuculiden
gefunden habe, außerdem aber auch noch in einem gleichfalls
noch nicht näher bezeichneten brasilianischen Falconiden. Auch
Natterer habe die Art außer in C7o/ophaga ant L. noch in
Leucopternis albicollis (Lath.) gefunden. Echinorhynchen, die
Natterer in einem anderen brasilianischen Falconiden, Astur
magnirostris (Gmel.), gefunden hatte, sieht Rudolphi (1819,
p. 667, Nr. 54) dagegen bereits als Ech. caudatus Zed., d. i. Ech.
buteonis Schrank, an, allerdings nicht ohne Zweifel hierüber zu
äußern, da er an den ihm von Bremser übersandten Exemplaren
nur einen Teil des Rüssels gesehen habe. Westrumb (1821,
p. 22—23, Nr. 40) hat dann den Ach. fumidulus Rud. überhaupt
mit Zch. caudatus Led. = Ech. buteonis Schrank vereinigt.
Von brasilianischen Wirten führt er auf Grund der Sammlungen
Natterer’s außer Crotophaga am L. noch eine weitere Cuculiden-
Art, Coccygus semculus (Lath.), an und von Falconiden kommen
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung ete.
zu Leucopternis albicollis (Lath.) noch hinzu: Milvago chimachima
(Vieill.), Polyborus brasiliensis (Briss.), Urubitinga meridionalis
(Lath.) — die Identität dieser bei Westrumb Falco bursarellus
genannten Art ergiebt sich aus der ,,Nr. 6“, die Westrumb (I. c.)
und =v- Pelzein (1871, pie 2, Nr. 8); dem: Namen’ hinzuftgen,
ebenso wie sich aus der von beiden beigefügten „Nr. 4“ ergiebt,
daß Westrumb’s Falco brasiliensis = Polyborus brasıllensıs (Briss.)
und nicht Urubitinga brastliensis (Briss.) ist — endlich noch
Astur magnirostris (Gmel.). |
Daß in Kuckuksvögeln und Raubvögeln ein und dieselbe
Art schmarotzen sollte, war bereits Rudolphi aufgefallen. Er
sagt ausdrücklich: „Nisi species ista distinctissima ideoque cognitu
facillima foret, eandem in avibus aeque diversis occurrere vix
admitteres“. v. Olfers sucht hierfür eine Erklärung zu liefern,
indem er in seinem, jetzt in meinem Besitz befindlichen Exem-
plar der Synopsis die Randbemerkung macht: „Hae aves ex lar-
vis et insectis potissimum vietum quaerunt“ — ohne daß freilich
diese Erklärung mich zu befriedigen verméchte. Diesing (1851,
pago, Nr 20) hat denn auch die Arten getrennt und den von
ihm wiederhergestellten Artbegriff Ech. fumidulus Rud. auf die
Parasiten der brasilianischen Kuckucksvögel beschränkt, worin ihm
auch neuerdings v. Ihering (1902) folgt. Hat doch auch sogar
Westrumb einen Unterschied zwischen dem Zch. buleonıs
Schrank aus europäischen Falconiden und dem Zeh. tunndulus
Rud. aus Crolophaga ant L. constatieren müssen, trotzdem er
beide Arten miteinander identificierte. Denn bei den europäischen
Exemplaren zählte er nur ca. 30 Querreihen von Haken am
Rüssel, beiden Exemplaren aus Cvrotophaga ani L dagegen fand
er diese Querreihen ,,quam plurimi usque 50“.
Die von Rudolphi zu. Ech. fumidulus gerechneten Echino-
rhynchen brasilianischer Falconiden hat Diesing (1851, p. 30— 31,
Nr. 30) freilich im Anschluß an Westrumb mit Zch. caudatus
Zed. vereinigt gelassen und auch seither hat diese Identificierung
von Parasiten brasilianischer und europäischer Falconiden keinen
Widerspruch erfahren (vergl. z. B. de Marval 1902 und v. Ihering
1902). Trotzdem möchte ich ihre Richtigkeit bezweifeln. So
lange nicht durch eingehende Untersuchungen der Beweis für
diese Identität erbracht ist, glaube ich vielmehr, daß es sich um
zwei einander ähnliche, vicariierende Arten handelt, ähnlich wie
ich auch Zch. striatus Gze, und Zch. mulabılis Rud. (vergl,
324 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
namentlich unter dem letzteren Namen) als solche vicariierende
Arten ansehe. Des weiteren vermute ich, daß die Echinorhynchen
brasilianischer Falconiden, die Rudolphi zu Zch. fumidulus
Rud. Westrumb und spätere Autoren zu Zch. caudatus rech-
nen, identisch sind mit Ach. megacephalus Westr. (vergl. unter
diesem Namen).
Ech. vanelli Gmel.
Im Anschluß an seine Besprechung des Zehmorhynchus
buteonis berichtet Goeze (1782, p. 155): „Am 30. März 1782,
mitten im Darm eines Kybitzmännchens ein ähnlicher Kratzer:
hinten mit einer Schwanzblase, mit einem weißen Mittelpunkt.“
Hierauf begründet Gmelin (1791, p. 3046, Nr. 17) seine Art Ach.
vanellı, die sich dann weiter noch angeführt findet bei Bosc
(1802, p. 7), Zeder (1803, p. 162, Nr. 41) und Rudolphrz (1809,
p. 308, Nr. 44 und 1810, p. 78, Nr. 74). Doch betonen Zeder
(1803) und Rudolphi (1809) ausdrücklich die Notwendigkeit
weiterer Untersuchungen, um festzustellen, ob es sich wirklich um
eine besondere Art handele. Schrank (1788, p. 23, Nr. 77) hatte
die von Goeze in Vanellus gefundenen Kratzer noch mit zu
Ech. buteonıs gerechnet (siehe diesen). Bei der unter Bremser’s
Leitung erfolgten Wiener Helminthensuche wurden dann auch
100 Kiebitze, Vanellus vanellus (L.), untersucht und hierbei 31 mal
Echinorhynchen gefunden (vergl. Westrumb p. 74).. Es kann
wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß diese in Wien gefun-
denen Echinorhynchen, die von Bremser (1811, p. 26) direct als
Lich. vanellı bestimmt wurden, dem von Goeze im gleichen Wirt
gefundenen entsprechen. Denn auch die Wiener Echinorhynchen
waren dem Zch. bitteonis so ähnlich, daß Westrumb (1821,
p. 26--27, Nr. 49) sich anfänglich zweifelhaft war, ob sie nicht
derselben Art zugezählt werden müßten. Er bildet dann aber
doch für sie den neuen Speciesnamen Zch. lancea, zu dem er
Ech. vanelll Gmel. als synonym einzieht. Wenn wir diese Syno-
nymisierung überhaupt als berechtigt anerkennen, hat aber natür-
lich der jüngere Name “ch. lancea Westr. 1821 dem prioritäts-
berechtigten Gmelin’schen Namen zu weichen. Nach West-
rumb’s Schilderung ist Zch. vanelli 6—10 Linien (d.h. ca. 13 bis
22 mm) lang und hat einen annähernd cylindrischen Rüssel mit
ı2 Querreihen von Haken. Der Hals ist kurz, aber deutlich
abgegrenzt, Der Rumpf läßt zwei Abschnitte erkennen, einen
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 325
vorderen länglich-eiförmigen (,,obovalis*) und einen hinteren cylin-
drischen.
Die von Rudolphi als „Zch. Morınelli“ und „Zch. Oedı-
cnemm“ registrierten Echinorhynchen (vergl. diese) rechnet West-
rumb auch noch zu der von ihm “ch. lancea genannten Art,
die er auch bereits anatomisch untersucht hat (vergl. Westrumb
1821, Katz I, (Flo. 4-7).
Ech. vasculosus Rud.
Wahrend seiner italienischen Reise fand Rudolphi (1819,
p- 75 und 334, Nr. 49) dreimal Echinorhynchen in Drama rai
(Bloch), welche er ein und derselben Art zuzählte, trotzdem -es
sich einmal um ein einzelnes im Darmlumen schmarotzendes
Exemplar handelte, wahrend in den beiden anderen Fallen die
Echinorhynchen in der Leibeshohle, sei es frei (einmal 2 Exem-
plare), sei es am Mesenterium fixiert (einmal ein einzelnes Exem-
plar) gefunden wurden. Die Exemplare waren 5—6 Linien, d.h.
ca. 1I—ı3 mm lang. „partem anteriorem alba, ceteroquin rubella‘‘;
ihr ovaler Rüssel war mit 10 Reihen kräftiger Haken besetzt,
ihr konischer Hals hatte dieselbe Länge wie der Rüssel, das
Vorderende des Rumpfes wiederum in der gleichen Längenaus-
dehnung hatte „subkonische“ Gestalt und war dicht mit kurzen
Stacheln besetzt, während der cylindrische Hinterkörper unbe-
waffnet war. Ihren Namen erhielt die Art nach dem Lacunen-
system der Haut, welches Rudolphi vorher noch nie so deutlich
gesehen hatte.
Westrumb (1821, p. 29, Nr. 54) hat einan Bremser ge-
sandtes Originalexemplar selbst untersucht, bringt aber gegenüber
Rudolphi nichts wesentlich Neues.
Eich. ventricosus Rud.
Im Dünndarm eines Putorius putorius (L.) fand Rudolphi
(1809, p. 294 — 295, Nr. 32) einmal zwei Echinorhynchen von 2
bez. 3 Linien (d. h. ca. 4,5— 6,5 mm) Länge, deren cylindrischer
Rissel 12—14 Querreihen kraftiger Haken trug. Der nach vorn
zu sich verjingende Hals war kiirzer als der Riissel und im
Gegensatze zu allen anderen Echinorhynchen mit kleinen Häk-
chen besetzt. Ahnliche Hakchen fanden sich auch an dem vor-
deren, kugelig aufgetriebenen Abschnitt des Rumpfes, an welchen
sich ein hinterer, mehr cylindrischer und unbewaffneter Rumpf-
326 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
abschnitt anschloß. An dem äußersten Hinterende will Rudol-
phi dann aber wieder eine Bestachelung gesehen haben, so daß
die Anordnung der Stacheln auf dem Rumpfe anscheinend ähn-
lich ist wie bei Zch. strumosus.
Die Synopsis (Rudolphi, 1810, p. 74, Nr. 42) bringt nichts
Neues und auch Westrumb (1821, p. 33, Nr. 63). bietet nur ein
Excerpt aus Rudolphi’s erster Beschreibung, da die Art in
Wien trotz der dortigen Untersuchung von 95 Iltissen nie ge-
funden worden ist.
Ech. versicolor Rud.
Unter diesem Namen fabt Rudolphi (1810, p. 74 und
330-331, Nr. 44) die drei in der Historia naturalis noch von ihm
unterschiedenen Arten Zch. minutus Gze., Ech. constrictus Zed.
und Zeh. collaris Schrank zusammen, nachdem er sie selbst
kennen gelernt hat. Zu derselben Art rechnet er ferner die von
Froelich (1802, p. 66-70, Nr. 35—37) in Wildenten gefundenen
und als drei verschiedene Arten aufgefaßten Zch. anatis, Ech.
boschatis und Æch. fenwcollıs. Der Artbegriff Ech. versicolor hat
also bereits fast denselben Umfang wie “ch. polymorphus Brems.
Nur an der Selbständigkeit von Æc. filicollis Rud. halt Rudol-
phi in der Synopsis anfänglich noch fest. Vergl. im übrigen
unter den angeführten Synonymen, insbesondere unter Zch. minu-
lus Gze. und folymorphus Brems., sowie unter Lich. fihcollis Rud.
Ech. vesiculosus Schrank.
Von Schrank (1700 — cf. Schrank. 1792, Nr. 26, pr sa
—117 und 1803, -Nr. 3107, p. 216) im Darm von Falica fusca
Gmel, d. i. Gallinula chloropus (L.) juv. gefunden und durch
die Bursa von Zch. anafis unterschieden (1792: „Bulla adpensa ab
Echinor. Anatis diversum constituit“ und 1803: Ganz wie der
Hausentenkratzer, aber am Hinterende eine Blase, die er zur
Halfte einziehen kann, und dann sieht er wie der Mund einer
Egel aus; er kann sie auch ganz in den Leib hineinziehen.“)
Ze der (1800, p. 139 —141) betont bereits, daß dies kein Art-
unterschied ist, und vereinigt daher den Leh. vesiculosus Schrank
mit Ech. anatis Schrank nec Gmel. zu einer Art, die er Zch.
constrictus nennt. Vergl. daher unter diesen beiden Namen.
Li he, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 327
„Ech. Wachniae“ Rud.
Tilesius (1810, p. 363 und 374, Tab. XIX, Fig. 4—7) erwähnt
bei seiner Beschreibung der beiden von den Russen Baxua (Wachnja)
genannten kamtschadalischen Gadus- Arten das häufige Vorkommen
von Echinorhynchen in einer derselben, die er Gadus macrocephalus
tauit (ef. 1. cz p. 350): Daß ersaber diese Echinorhynchen, "die
Rudelphi (1819, pP. 79 und 335, Nr. 83) als “Ache Wachniae:
registriert, auf zwei verschiedene Arten hat verteilen wollen, kann
ich im Gegensatz zu Rudolphi aus seiner hierfür allein in Be-
tracht kommenden Figurenerklärung auf p. 374 nicht herauslesen.
‘Und ebensowenig finde ich bei Tilesius den von Rudolphi
und im Anschluss an diesen auch von Westrumb (1821, p. 41,
Nr. 81) gebrauchten Artnamen Gadus wachnia. Wohl wird von
Tilesius der Name Wachnja vielfach gebraucht, aber nur als
russischer Vulgärname und nie in Verbindung mit dem Gattungs-
namen Gadus. Der von Rudolphi und Westrumb gebrauchte
Artname Gadus wachnia hat aber zur Folge gehabt, daß Die-
sing (1851, p. 395, Nr. 352) als Wirt des „Ach. Wachniade“ den
Gadus wachna Pall. bezeichnet, obwohl dessen Identität mit Gadus
macrocephalus Tilesius keineswegs als sicher gelten kann. (Vergl.
z. B. Günther, A. Catalogue of the Fishes in the Britisch Mu-
seum, Vol. IV.-1862, wo Gadus macrocephalus Tiles. auf p. 330
— 331 besprochen, Gadus wachna Pall. dagegen nur in einer An-
merkung auf p. 328 erwähnt wird). v. Linstow (1871. p. 238,
Nr. 1328) hat dann den Wirt des „Zch. Wachniae“ sogar „Gadus
wachnia Pall.“ genannt, anscheinend in dem Glauben, durch diese
Kombination der Wirtsbezeichnungen bei Rudolphi und bei
Diesing einen Druckfehler in Diesing’s Systema helminthum
zu berichtigen.
Rudolphi (1819, p. 335) ist geneigt, den von Tilesius
gefundenen Æchinorhynchus aus Gadus macrocephalus Tiles. für
Ech.gadı Zoega zu halten. Hierbei ist er zum Teil jedenfalls durch
die Verwandtschaft der Wirte beeinflußt worden. Immerhin ist
- richtig, daß die Abbildungen von Tilesius (1810, Taf. XIX,
Fig. 4—7) eine entschiedene Ähnlichkeit mit Zch. gadı erkennen
lassen. Als Unterschiede könnten die geringere Zahl der Längs-
reihen der Rüsselhaken und die pfriemenförmige Zuspitzung des
Hinterendes auffallen, wenn nicht die Abbildungen den Eindruck
starker Schematisierung und daher geringer Zuverlässigkeit
machten.
328 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
| Ech. xiphiae Gmel.
Redi (1708, p. 241) schildert Entozoen, die er im Enddarm
von Xzphias gladıus L. fand und die von Pallas (1781, p. 108,
unter 7aenia haeruca) und Gmelin (1791, p. 3047, Nr. 22) an-
scheinend wegen ihres teilweisen Eindringens in die Darmwan-
dung für Echinorhynchen gehalten und von Gmelin Ech. xıplmae
genannt werdem: Bosc (1802, p. 8) und Zeder (1803, pue
Nr. 42) beschränken sich darauf, die Art nach Gmelin zu citieren.
Goeze(1782,p. 140, Anm.) môchte den Redi schen Wurm dagegen
der Beschreibung nach eher für einen Bandwurm halten und auch
Rudolphi (1809, p. 308 f., Nr. 46) bezweifelt, daß die Art wirk-
lich zu den Echinorhynchen gehört, da Bewegungen, wie sie
Redi schildert („singulis momentis figuram mutant, extenduntur,
contrahuntur, inspissantur, explicantur, coarctantur, et attenuantur“)
noch bei keinem Lchinorhynchus beobachtet seien. Dieser Ein-
wand ist durchaus gerechtfertigt, und wenn wir ferner berück-
sichtigen, daß die Würmer nach Redi ca. 6 Querfinger lang
waren und daß sie „non solum intra intestinum latitant ac volu-
tantur, sed variis in locis intestinum ipsum perforantes ab una
extremitate in eo conclusi sunt, et ab altera in ipsam abdominis
cavitatem pertingunt“ — so kann es keinem Zweifel unterliegen,
daß Redi in der Tat keine Echinorhynchen vor sich gehabt hat,
sondern den von Rudolphi (1810, p. 136 und 470—472) unter
dem Namen Sothriocephalus plicatus beschriebenen Cestoden, der
den Endabschnitt des Darmes von Azphias gladius bewohnt und
für den das von Redi geschilderte Eindringen in die Darmwan-
dung absolut charakteristisch ist, wenn sein Vorderende freilich
auch nicht frei in die Leibeshöhle des Wirtes hineinhängt, sondern
von einer handschuhfingerartigen Hülle umschlossen ist, die vom
Peritoneum und subperitonealem, bez. infolge chronischer Ent-
zündung neugebildetem fibrinösem Bindegewebe gebildet wird.
Rudolphi (1819, p. 136, Nr. 2) hat denn auch in seiner Synopsis
bereits “ch. xiphiae Gmel. als synonym zu dem ihm inzwischen
bekannt gewordenen Dofhriocephalus plicatus angeführt.
„Ech. Zenis Rud.“
Rudolphi’s (1819, p. 79, Nr. 86) Notiz über „Zeh. Fabrı“ wird
von Westrumb (1821, p. 11, Nr. 17) in seinem Synonymie- und
Literatur-Verzeichnis zu “ch. globulosus Rud. sei es infolge
eines Versehens, sei es, weil bei einer solchen nicht als Name
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 329
angesehenen provisorischen Bezeichnung auf strikte Genauigkeit
kein Wert gelegt wurde, als eine Notiz über ,,Ach. Zemıs“ citiert.
Vergl. auch unter „Zeh. Ruthent“.
2. Echinorhynchen und andere, zeitweise zu den Echinorhynchen
gezählte Helminthen, die vor ihrer Finreihung in die Gattung
Echinorhynchus unter anderen Gattungsnamen aufgeführt
wurden.
Acanthocephalus Koelreuter.
Mit diesem Gattungsnamen ohne Beifügung eines Species-
namens belegt Koelreuter (1771, p. 499—500) Echinorhynchen,
die er im Darme von Leuciscus rutilus (L.) und /dus 1dus (L.)
gefunden hatte. Die beigefügten Abbildungen (Tab. XXVI,
Fig. 5) sind stark schematisiert, genügen jedoch zur Wiederer-
kennung der Art, die mehrfach für identisch mit Zch. clavaeceps
Zed. erklärt worden ist, aber ganz unzweifelhaft mit Unrecht.
Die von Koelreuter abgebildete Art muß vielmehr auf Grund
der allgemeinen Körperform und der Stärke der nicht allzu zahl-
reichen Haken mit Zch. anguillae O. FE. Müll. (= Zch. globulosus
Rud. = Zeh. linstowi Hamann) identificiert werden, da sie trotz
aller Schematisierung dessen charakteristischen Habitus in unver-
kennbarer Weise wiedergiebt. Diese Art wird dadurch auch
Typus der Koelreuter’schen Gattung.
Des weiteren berichtet Koelreuter (1771, p. 513) noch
über das Vorkommen von Acanthocephalen in Coregonus lava-
retus (L.) und (1775. p. 429) in Lota lota (L.), Uber die letzteren
fehlen alle naheren Angaben, iiber die ersteren vergleiche unter
„Zeh. Lavareti.
Acanthrus sipunculoides Acharius.
Martin (1780, p. 44—49) fand in Osmerus eperlanus (L.)
Würmer, deren Schilderung sich nicht gerade durch sehr große
Klarheit auszeichnet, aber durch Acharius (1780, p. 49—55)
wichtige Ergänzungen erfährt. Martin berichtet, daß diese
Würmer Wasserblasen erzeugten („göra Hydatides eller vattu-
hölsor i fiskens inälfvor“), welche als fingerförmige oder lanzett-
liche Auswüchse am Darm auftreten. In diesen Auswüchsen
sollen sich dann unter dem Peritoneum oder im Zellengewebe
330 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
die kleinen eiformigen Würmer von 2—3 Linien (d. h. ca. 4,5
—6,75 mm) Lange finden, welche am vorderen Ende zwei kleine
rötliche oder rostfarbene Punkte ( jedenfalls die Lemnisken, die auch
bei Ech. gadı rötlich gefärbt sein können) und ein schnabelähnliches
Rostellum besitzen. („Masken astadkommer vattu-blasorne säledes,
at fingerformige eller lancett-like utskott ses pa intestina crassa,
da inom Lamina Peritonei eller in Cellulis af Tela cellulosa,
märkas helt sma oval-formige kräk, af 2—3 liniers langd, hvilka
pa den öfra runda ändan ega 2 röda eller rostfärgade puncter,
fästade til et rostellum, eller en liten näbb“). Außerdem aber
hat Martin die Würmer, die sich bis zur Länge eines Zolles
(d. h. ca. 27 mm) ausstrecken konnten, offenbar auch noch im
Darmlumen gefunden, denn wenn er erzählt, daß die grösseren
Würmer auch noch an dem zerschnittenen Darm festhafteten
(„De större Maskarne ses längs efter, där intestina skäras, fast-
häftade“), so ist mir dies nur verständlich, wenn „skära‘“ im Sinne
von „uppskära“ (aufschneiden) gebraucht worden ist. Auch das
„Ore affixum intestinis adhaeret“ des lateinischen Resumés ist
doch wohl am einfachsten auf ein Festhaften an der Schleimhaut
des Darmes zu beziehen. Gmelin (1791, p. 3049, Nr. 37: ch.
maraenae) und Zeder (1803, p. 154, Nr. 16: Zch. sipunculus)
geben denn auch den Sitz des von Martin gefundenen Wurmes
als „in intestinis‘ an, Westrumb (1821, p. 42, Nr. 87: „Zeh.
Eperlani“) sagt im Gegenteil: „Hab. In vesiculis abdominalibus
Salmonis eperlani Die in den angeblichen ,Hydatiden“ einge-
schlossenen Würmer sieht aber Martin nur als die Jungen der
im Darmlumen schmarotzenden an („Foetus, ovali plano corpore,
in lamellis Peritonei nidulantur vel in sacculis‘) und Acharius
bestreitet in seiner genaueren Schilderung der fraglichen Würmer
das Vorkommen solcher ,,Hydatiden“ überhaupt. Bei Unter-
suchung einer großen Zahl von Stinten hat Acharius die von
ihm Acanthrus sipunculoides genannten Würmer nur selten, ihre
vermeintlichen Föten aber niemals gefunden. Die von ihm ge-
fundenen Würmer sassen also offenbar, obwohl dies nicht aus-
drücklich gesagt wird, sämtlich im Darmlumen. Die von Martin
geschilderten „Hydatiden“ scheint Acharius für die mißdeuteten
Appendices pyloricae zu halten. (Vattublasor, Hydatides, hos
Norsen har jag icke sett, och intet annat fingerformigt, än de
naturliga utskotten eller intestinula coeca, som omgifva Pylorus
vid intestini början, eller aro dess appendices‘).
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 331
Acharius schildert die Bewaffnung des Rüssels mit im
Quincunx stehenden Haken und giebt auch zwei Abbildungen
des Wurmes, eine in natürlicher Größe und eine andere ver-
größert. Eine sichere Identificierung der Art ist danach aber
nicht möglich, wenigstens zur Zeit noch nicht, so lange keine
genaueren Untersuchungen über die Echinorhynchen des Stintes
vorliegen. Nach Acharius hat meines Wissens nur noch Crep-
lin (1838, p. 392) Echinorhynchen im Darm dieses Fisches ge-
funden und dieselben als Zch. proteus Westr. (= Ech. laevis
Zoega) bestimmt. Mit diesem kann aber Acanthrus sipunculoides
nicht identisch sein, da die von Acharius publicierten Abbil-
dungen nichts von einem Halse erkennen lassen. Dujardin
(1845, p. 539—540) meinte, daß Acanthrus sipunculordes vielleicht
mit Zeh. luci O. F. Müll. (= Ech. angustatus Rud.) identisch
sei. Hierfür fehlt aber gleichfalls jeder Anhaltspunkt. Dagegen
ist ©. F. Müller (1784, p. 83) beizustimmen, wenn er eine Ähn-
lichkeit der Abbildung des Acanthrus sipunculoides mit den un-
gefähr gleichzeitig von O. F. Müller (1780, 2, Tab. 69) publi-
cierten Abbildungen des “ch. salmonis O. F. Müll. herausfindet.
Ob beide Arten wirklich miteinander verwandt sind, wie Müller
glaubt, oder ob sie vielleicht sogar miteinander identisch sind,
wie Kessler (1868) in einer mir nicht zugängigen Arbeit anzu-
nehmen scheint, muß freilich auch noch als zweifelhaft bezeichnet
werden.
Synonym zu Acanthrus sipunculoides ist außer den bereits
angeführten “ch. sipunculus Schrank, Ech. maraenae Gmel.
und „Zeh. Eperlani“ bei Rudolphi und seinen Nachfolgern auch
noch “ch. murenae Bosc.
Ascaris alcae O. F. Müll.
Von Gmelin (1791, p. 3045 f., Nr. 14) der Gattung Zchtno-
rhynchus eingereiht. Siehe daher unter “ch. alcae.
Ascaris alce Fabr.
In dieser Form findet sich der Name der vorstehend bereits
angeführten Art bei Fabricius (1780, p 276, Nr. 257).
„Ascaris lumbricoides Pallas.“
Irrtümliches Citat bei Westrumb (1821, p. 24, Nr. 44) an-
statt Zaenia lumbricalis.
Zool. Annalen. I. 22
332 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
„Ascaris neitsib Müll.“
Irrtümliches Citat von Rudolphi (1809, p. 119) anstatt
Ascaris neitsıl. |
Ascaris neitsil Fabr.
Unter diesem. Namen führt O. F. Müller (1776, p. 214,
Nr. 2590) einen von Fabricius in. Phoca foetida Fabr. gefundenen
Wurm an, der bei.0. F.. Muller (1780, 2; Taf. LXXIV Re
auch abgebildet wird. Eine Charakterisierung derselben Art liefert
fast gleichzeitig auch Fabricius selbst (1780, p. 272, Nr. 250)
unter dem Namen
Ascaris phocae Fabr.
Gmelin (1791, p. 3044, Nr. ı) stellt diese Art, ohne daß
ersichtlich wäre weshalb, zu den Echinorhynchen. Es ist aber in
der Tat ein Nematode und zwar das Weibchen der von Ru-
dolphi (1800, p. 119) Ophtostoma dispar genannten Art.
Ascaris pleuronectis Fabr.
Von Fabricius in Grönland im Magen von ZPleuronectes
platessoides F abr. gefunden, zuerst mit kurzer linneischer Diagnose
angezeigt von ©. FE. Müller (1776, p. 214, Nr. 2594), daram
etwas ausführlicher beschrieben von Fabricius selbst (1780,
pi 274, Nr: 254) und abgebildet von ©. Fy Müller G7 come
Taf. LXXIV, Fig. 5), Bereits O. F. Müller (1787, p. 60) führte
später diese von Fabricius gefundenen Helminthen unter den
Echinorhynchen auf und Gmelin (1791, p. 3048, Nr. 29), der sich
dem anschließt, nennt sie Æchinorhynchus platessordae. (Vergl.
Weiteres unter diesem Namen).
Ascaris tubifera Fabr.
Unter diesem Namen liefert Fabricius (1780, p. 273, NE 251)
eine kurze Charakterisierung einer im Darme von /%oca barbata
Fabr. gefundenen Art, die bereits früher unter dem ihr von
demselben Fabricius gegebenen Namen
| Ascaris urksuk Fabr. Nr
von O. F. Müller (1776, p. 214, Nr. 2591) bekannt gegeben war
und von der O. F.-Müller (1780, Taf. LXXIV, Fig. >)releieh-
falls unter dem letzteren Namen auch eine Abbildung publiciert
hat. Nach der Charakterisierung durch Fabricius ist das Vor-
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 333
derende in einen dünneren cylindrischen Rüssel oder Schnabel
(„rostrum“) verlängert, der auch auf Müller’s Abbildung kennt-
lich ist. Diese rüsselartige Verlängerung hat dann offenbar O.
F. Müller (1787, p. 56) veranlaßt, die Form später unter den
Echinorhynchen aufzufùhren und darin folgt ihm dann auch nicht
nur Gmelin (1791, p. 3044, Nr. 2), der die Art Æchinorhynchus
Zubrfer nennt, sondern auch Fabricius selbst (1791, p. 152—153
bez. 1793, p. 139—140) ist geneigt, sich der Auffassung Müller’s
anzuschließen, wenngleich er noch eine ‚nähere Untersuchung“
für nötig hält. Vergl. hierzu auch die referierende Besprechung
der Ascaris tubifera bei Bruguiere (1792, p. 138). Es handelt
sich aber in der Tat nicht um einen Æchinorhynchus, sondern
um einen Nematoden, der von Rudolphi (1809, p. 248, Nr. 2)
den Namen Lzorhynchus gracilescens erhalten hat.
Ascaris versipellis Fabr.
Diese von Fabricius in Gadus barbatus L. gefundene
Art wird zuerst angeführt in O. F. Müller’s Prodromus (1776,
p. 214, Nr. 2596) und dann von Fabricius selbst (1780, p. 275,
Nr. 256) beschrieben. Den Namen erhielt die Art wegen ihrer
je nach dem Darminhalt des Wirtes wechselnden Farbe. Aus der
Beschreibung seien hervorgehoben die Runzeligkeit, die schwindet,
wenn der Wurm sich ausstreckt und die mangelnde Zuspitzung
am Vorderende, ,,ubi rostrum protactum obtusum habet, et sub-
tus orificium lunare, e quo proboscidem teretem curtam protudere
potest.“ Spater giebt Fabricius (1796, p.. 155, Anm. 66 bez.
1793, 1, p. 143, Anm. 66) die Aufklärung, daß die Ascaris verst-
pelhs „wirklich der Zchmorhynchus candidus Mülleri ist.“
Gmelin (1791, p. 3047, Nr. 23) zieht die Art anscheinend
noch ohne Kenntnis dieser Äusserung als synonym zu Zch. can-
didus, Rudolphi (1802, p. 52 und 1809, p. 278—280), dem sich
auch Zeder (1803, p. 150—151, Nr. 5) und Westrumb (1821,
p. 24, Nr. 44) anschließen, entsprechend zu “ch. acus Rud. ein
und in der Tat berechtigen die vorstehend citierten Angaben von
Fabricius dazu, die Ascaris versipellis Fabr. als identisch mit
Echinorhynchus gadi Loega (= Ech. candidus O. F. Mill. e. p.
== Ech..acus Rud.) anzusehen.
Unter dem Namen Ascaris versipellis Fabr. bez. ,Asca-
ride variable“ findet sich die Art noch in großer Ausführlich-
keit, wenn freilich auch nur auf Grund der Angaben von Fabri-
22*
334 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
cius und O. F. Muller besprochen bei Bruguiere (07
p. 139—140). |
Fasciola barbata L.
In der 2. Ausgabe der Fauna suecica führt Linné (1761,
p. 505, Nr. 2077) zusammen mit Fasciola hepatica L. und Fasciola intesti-
nalis L. eine Fasciola barbata ore papillis fasciculato an, zu deren
näherer Charakterisierung noch hinzugefügt wird „Habitat in in-
testinis loliginis. — Descr. Corpus album, oblongum, magnitudine
seminis Cucumeris, depressum, constans saepe 2 partibus: quarum
anterior linearis ore papillis copiosis fasciculato; posterior ovalis.“
Wie bereits Rudolphi (1819, p. 130—131, Nr. 6) erkannt
hat, handelt es sich offenbar um einen TZetrarhynchus. Die Art
ist hier aber anzuführen, weil Pallas (1766, p. 415) und Koel-
reuter (1775, p. 429) sie für einen Achznorhynchus (Taenia haeruca
bei Pallas, Acanthocephalus bei Koelreuter) erklärt haben und
weil Ph. L. St. Miller (1775, p. 44) bei Gelegenheit der Be-
| sprechung der Fasczola barbata L. auch als „eine hierher gehörige
Art“ die Zaenta haeruca Pall. einfügt.
ssFasciola truttae intestinalis.“
Unter dieser Bezeichnung, die freilich nicht als ein den Grund-
sätzen der binären Nomenclatur gebildeter Name angesehen
werden kann, berichtet Roederer (1762, p. 537) über nicht sicher
zu identificierende Echinorhynchen aus dem Darm von Salmo
fario L.
Haeruca erinacei Rud.
Vergl. Ech. ertnacei (Rud.).
Haeruca muris (Schrank) Gmel
Vergl. Ech. muris Schrank. Die Art ist als urspringlich
einzige Art Typus der Gattung Zaeruca Gmelin 1701.
Haerucula Pall.
Unter diesem Namen mit dem Zusatz ,,seu Taeniola osculis
obscuris“ liefert Pallas (1760) eine summarische Beschreibung
von Echinorhynchen aus Rana, Esox, Perca fluviatilis, Acerina
cernua und ,,7rutta nobilis“ (auf p. 289 des Abdruckes von 1778).
Vergl. im übrigen die allgemeine Besprechung der Anfänge der
Echinorhynchenforschung (oben p. 146), sowie ferner auch unter
Taenıa haeruca Pall. Besonders betont sei jedoch, daß der Name
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 335
Haerucula nach der Art seiner Publikation meiner Ansicht nach
nicht als Gattungsname anzusehen ist, wenn es mir auch wiinschens-
wert erschien, ihn hier mit aufzuführen.
Proboscidea alcae (Fabr.) Brug.
Unter diesem Namen hat, wie ich Rudolphi (1809, p. 306)
entnehme, Bruguiere (,,labl. Encycl. tab. 32, Fig. 19, 20“) die
von O. F. Müller (1780) publicierte Abbildung des ch. alcae
(Fabr.) Gmel. reproduciert. Vergl. unter letzterem Namen. Zu
dem Citat vergl. auch Bruguière (1792).
Proboscidea pleuronectis (Fabr.) Brug.
Unter diesem Namen hat nach Rudolphi (1809, p. 311)
Baio re Wap Bneyel cab. 62 Bio, 13, 11%) die von Ooi:
Müller (1780) publicierten Abbildungen der Ascaris pleuronectis
Fabr. = Æch. platessoidae G mel. reproduciert. Vergl. unter diesen
beiden Namen.
Proboscidea versipellis (Fabr.) Bru g.
Unter diesem Namen soll nach Rudolphi (1809, p. 279)
Brusmiène (@ tableau Eneyel tab. 32. Hic. 17, 194) die von to:
F. Müller (1777) publicierten Abbildungen des “ch. candıdus
reproduciert haben. Vergl. hierzu unter letzterem Namen sowie
unter Ascaris versipellis Fabr. Wie ich gleichfalls Rudolphrs
Historia naturalis entnehmen muß, enthält die Gattung ZProbos-
cıdea Brug. außer den hier genannten Arten noch mehrere
Nematoden.
Pseudoechinorhynchus Gze.
Unter diesem Gattungsnamen ohne Beifügung eines Species-
namens hat Goeze (1782, p. 138—139) über einen Wurm aus
der Maus berichtet, der später von Schrank (1788, p. 21, Nr. 71)
den Namen “ch. murıs erhielt und unter diesem auch vorstehend
bereits besprochen ist.
Sipunculus lendix Phipps.
Ist nach den Abbildungen von Phipps (1774 und 1775)
ganz unzweifelhaft ein Æchinorhynchus. Siehe deshalb Weiteres
unter Zch. lendix (Phipps).
336 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Taenia haeruca P all.
Unter dem Speciesnamen TZaenza haeruca fasste Pallas
(1766, p. 415) alle ihm damals bekannten Echinorhynchen. zu-
sammen, zu deren Bestimmung freilich einzig und allein die auf-
geführten Wirte Anhaltspunkte liefern. Mit Sicherheit läßt sich
hiernach nur sagen, daß eine jener Arten der Zchinorhynchus
ranae Schrank = Zch. haeruca Rud. nec. Lam. aus dem Frosch
ist. Die außerdern noch zur 7aenia haeruca Pall. gerechneten
Echinorhynchen aus Fischen [Zsox luctus L., Perca fluviatilis
L., Acerina cernua (L.), Gadus callarıas L. und Trutta spec.)
verteilen sich, nach diesen Wirten zu urteilen, jedenfalls auch
noch auf mehrere Arten und zwar dürfen wir unter diesen mit
Wahrscheinlichkeit den Zch. luci: O. F. Müll. 1778 vermuten,
neben dem vor allem wohl noch Zch. laevis Zoega 1776 und
Ech. gadı Zoega 1776 in Frage kommen.
1775 berichtet Pallas (auf p. 452—454), daß er noch eine
zweite ähnliche Art gefunden habe (Zuenia hirundinacea Pallas
1781 = Echinorhynchus gigas Bloch 1782), der Speciesbegriff
Taenıa haeruca bleibt daneben aber unverändert bestehen. Nur
tritt unter den in ihm enthaltenen natürlichen Arten der Zch.
ranae Schrank dadurch mehr in den Vordergrund, daß von ihm
eine Abbildung gegeben wird.
Wiederum einige Jahre später hat die Zahl der Echinorhyn-
chen-Arten, welche Pallas (1781, I, p. 107—112) kennt, eine
weitere Zunahme erfahren. Neben 7Zaenza hirundinacea, Taenıa
haeruca und der nur irrtümlich zu den Echinorhynchen („Darm-
kletten“ bei Pallas) gerechneten 7aezza spirillum Pall. (einem
Trichocephalus) finden wir jetzt nämlich noch angeführt Zaenza
lumbricalis (aus dem Dorsch, gleich “ch. gadi Zoega 1776) und
Taenıa longicollis (aus Lota, gleich Ech. laevis Zoe ga 1776). Der
Artbegriff Zaenza haeruca ist aber dadurch immer noch nicht
einheitlich geworden. Pallas erkennt sogar selbst, daß in ihm
noch drei Arten stecken könnten, „welches ich künftigen Beobach-
tern aufzuheitern empfehle.“ Von diesen drei Arten ist eine nicht
näher berücksichtigt, sondern nur kurz erwähnt als ‚die mit zwey
Reihen zinnoberrother Querpunkte gezierten, welche man in der
Bachforelle über die Masse häufig findet, wovon ich aber itzt
keine zur Hand habe.“ Die zweite Art ist Ach. luca O. F. Müll.
1778 und durch Schaffung dieses Artbegriffs aus Zaezza haeruca
Pall. eliminiert. Die dritte Art ist der wiederum allein von diesen
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. ST
verschiedenen Arten abgebildete “ch. ranae Schrank aus dem
Frosche, auf welchen also in der Tat der von Pallas gewählte
Speciesname /aeruca beschränkt werden könnte, wenn nicht durch.
die gleichzeitig mit dieser Beschrankung vorgenommene Finreihung
der Art in die Gattung Æchinorhynchus der Name Ech. haeruca
(Pall. e p.) Rud. 1802 homonym geworden wäre von “ch. haeruca
Lam. 1801. Vergl. Weiteres unter diesen Namen sowie unter
Lich. ranae Schrank.
Taenia hirundinacea F all.
Vergl. unter Zch. hirundinaceus, sowie daneben auch vor-
stehend unter Zaenza haeruca Pall.
Taenia longicollis Pall.
> Vergl. unter Zch. longicollis (Pall.) Gze. sowie daneben
auch vorstehend unter 7aenia haeruca Pall.
Taenia lumbricalis Pall.
Unter diesem Namen schildert Pallas (1781, p. 107— 108)
einen Æchinorhynchus aus dem Dorsch, den er selbst und zwar
offenbar mit Recht mit Ach. lineolatus O. F. Müll. identificiert.
Weiteres über die Art siehe daher unter diesem Namen, sowie
ferner namentlich noch unter Zch. acus Rud. und unter dem
prioritätsberechtigten Namen Zch. gadı.
„Taenia lumbricoides Pallas.
Irrtümliches Citat anstatt Zaenza lumbricalis bei Rudolphi
(1809, p. 281).
Taenia spirillum Pall.
Mit diesem Namen belegt Pallas (1781, I, p. 111 — 112) einen
Wurm aus Pseudopus apus (Pall), den er bereits früher (1775)
beschrieben hatte. Derselbe ist ein Zrichocephalus (= Trick.
echinatus Rud. 1809), muß jedoch hier angeführt werden, da
Pallas (1781) ihn zu den „Darmkletten“, d. h. den von ihm noch
der Gattung 7aema beigezählten Echinorhynchen rechnet.
Tentacularia Bosc.
Unter diesem Gattungsnamen beschreibt Bosc (1797, P- 9)
einen dem Zch. guadrirostris Gze. ähnlichen Wurm (d. h. eine
Tetrarhynchenlarve) aus der Leber von Coryphaera lippuris (L.),
welchem er später den Speciesnamen TZentacularia coryphaenae
338 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
verlieh (Bosc 1802, p. 11—13). Als ältester Gattungsname für
einen Tetrarhynchen, zu welchem die Gattung Tetrarkynchus
Rud. 1809 synonym ist, hat der Name Teniacularıa prioritäts-
rechtliche Giltigkeit erlangt, nachdem in den internationalen Nomen-
claturregeln die früher zugunsten der Helminthen gemachte
Ausnahme von der strikten Durchführung des Prioritätsgesetzes
gestrichen worden ist. Hier aber ist er anzuführen, weil 7enia-
cularia coryphaenae Bosc von Zeder (1803, p. 160, Nr. 34) der
Gattung Zchinorhynchus eingereiht worden ist (vergl. “ch. hıp-
puns Led).
3. Von Westrumb noch nicht angeführte Acanthocephalen-
Arten, die von mir erwähnt wurden.
Apororhynchus hemignathi Shipley (vergl. im nächsten
Abschnitt unter Afororhynchus).
Echinorhynchus acanthotrias v. Linst. (vergl. unter Zch.
globocaudatus Zed.).
Echinorhynchus annulatus Mol. nec Gmel. = Zeh. bfas-
ciatus Lhe. nom. nov. (vergl. unter “ch. annulatus Gmel.).
Echinorhynchus bifasciatus Lhe. nom. nov. (vergl. den
vorigen).
Echinorhynchus borealis v. Linst. nec Gmel. (vergl. unter
Ech. lendıx |Phipps)).
Echinorhynchus brevicollis Malm (vergl. unter Zch. porri
gens Rud).
Echinorhynchus bullosus v. Linst. (vergl. unter £c4. hystrix
Brems.).
Echinorhynchus campanulatus Dies. = Ech. pardalıs
Westr. (vergl. diesen).
Echinorhynchus carrucioi Francaviglia (vergl. unter Zch.
micracanthus Rud.).
Echinorhynchus clavula Duj. nec Hamann (vergl. unter
Ech. truttae Schrank).
Echinorhynchus clavula Hamann nec Duj. (anscheinend gleich
Ech. truttae Schrank — vergl. diesen).
Echinorhynchus contortus Mol. nec Brems. (vergl. unter
Ech. contortus Brems. und Ech. aluconis O. F. Müll.)
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 339
Echinorhynchus crassicollis Villot. = Ech. inflatus Crepl.
nec Rud. (vergl. unter Ach. ınflatus Rud.
Echinorhynchus croaticus Stoss. (vergl. unter Zch. globo-
caudatus Zed.).
Echinorhynchus decipiens Duj. (vergl. unter “ch. fasciatus
Westr.).
Echinorhynchus diffluens Zenker = Ech. minutus Gze. juv.
(vergl. unter “ch. polymorphus Brems.).
Echinorhynchus echinodiscus Dies. (vergl. im nachstehenden
Abschnitt unter Gzgantorhynchus).
Echinorhynchus gracilis Van Bened. nec Rud. = Zeh.
agılıs Rud. (vergl. unter Ech. gracilis Rud. und Ech. agils
Cu di):
Echinorhynchus hamanni v. Linst. (vergl. unter Ech. hystrix
Brems.).
Echinorhynchus inflatus Crepl. nec Rud. = Ech. crassicollis
Villot (vergl. unter “ch. inflatus Rud).
Echinorhynchus lanceolatus v. Linst. (vergl. unter Zch.
inflatus Rud.).
Echinorhynchus linstowi Hamann = Zch. anguillae O. F.
Müll. (vergl. diesen).
Echinorhynchus manifestus Leidy (vergl. unter Zch. lagenae-
formis Westr.).
Echinorhynchus miliarius Zenker = £ch. minutus Gze. juv.
(vergl. diesen sowie unter Ach. polymorphus Brems.).
Echinorhynchus miniatus v. Linst. (vergl. unter Ech. poly-
morphus Brems.). |
Eehinorhynchus obliquus Duj. (vergl. unter Zch. fasciatus
Westr.).
Echinorhynchus pachysomus Crepl. = Zch. salmonis O. F.
Müll. (vergl. diesen).
Echinorhynchus parvus Fuhrm. (vergl. unter Zch. fasciatus
Westr.).
»Echinorhynchus Pict collaris“ Leidy (vergl. unter £c4.
lagenaeformis Westr.
Echinorhynchus pigmentatus de Marv. (vergl. unter Zch.
fasciatus W estr.).
340 Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Echinorhynchus polyacanthoides Crepl. (vergl. unter Ech.
aluconts ©. F. Müll.). 5
Echinorhynchus polyacanthus Crepl. (vergl. ebendort).
Echinorhynchus porrigens Kaiser nec Rud. = Ech. brevi-
collis Malm (vergl. unter Ech. porrigens Rud.).
Echinorhynchus propinquus Duj. = Æch. globulosus Rud.
1819 ep. nec Rud. 1802 (vergl. unter Zch. globulosus Rud.).
Echinorhynchus rectus Linton (vergl. unter Ech. fasciatus
Westr.).
Eehinorhynchus rheae de Marv. (vergl. unter Ach. reticulatus
Westr.).
Echinorhynchus rostratus de Marv. (vergl. unter ch.
fasciatus Westr.).
Echinorhynchus spira Dies. (vergl. unter “ch. lagenaeformis
Westr. sowie im nachstehenden Abschnitt unter Gzgazzo-
rhynchus).
Echinorhynchus stellaris Mol. = Ech. anatıs Schrank nec
Gmel. (vergl. Ach. filtcollis Rud.).
Echinorhynchus taeniatus v. Linst. (vergl. p. 280).
Echinochynchus taenioides Dies. (vergl. unter Zeh. lagenae-
forms Westr. sowie im nachstehenden Abschnitt unter
Gigantorhynchus).
Echinorhynchus tenuicaudatus Marotel (vergl. unter Ach.
aluconis O. F. Müll. und Zeh. globocaudatus Zed.).
Echinorhynchus trichocephalus Kaiser (vergl. unter Zch.
microcephalus Rud.). |
Echinorhynchus turbinella Dies. (vergl. unter Ech. porrigens
Reud)):
Echinorhynchus uromasticis Fraipont (vergl. unter Ech.
lagenaeformis Westr.).
Echinorhynchus nov. spec.? = Ech. polymorphus Brems.
e p, de Marval (vergl. unter “ch. polymorphus Brems.).
Echinorhynchus nov. spec.? = Ech. sphaerocephalus Brems.
| e p. (vergl. unter diesem Namen).
Paradoxites renardi Lindem. (vergl. unter Ech. aluconis ©.
F. Müll. sowie in dem nachstehenden Abschnitt in der Be-
sprechung der Gattung Paradoxites). ss
Paradoxites taenioides Lindem. (vergl. ebendort).
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 341
4. Die Gattungen der Acanthocephalen.
Wenn wir absehen von den Gattungen Ascaris, Fasciola,
Proboscidea, Sipunculus und Taenia, denen im 18. Jahrhundert
einzelne Acanthocephalen zugerechnet wurden — wenn wir ferner
absehen von den Gattungen Pseudoechinorhynchus Gze. = Haeruca
Gmel. und Zentacularıa Bosc = Tetrarhynchus Rud. deren
Zugehòrigkeit zu den Acanthocephalen sich als irrtiimlich heraus-
gestellt hat, so sind in dem hier berücksichtigten Zeitraum bis
zum Jahre 1821 nur 3 verschiedene Gattungsnamen für Acantho-
cephalen gebraucht worden und zwar:
Acanthocephalus Koelreuter, dessen typische Art wir
bereits in Lchinorhynchus anguillae O. F. Müll, erkannt haben.
(Werol pe 147 und 320.)
Acanthrus Acharius, dessen ursprünglich einzige Art,
A. sipunculoides Acharius aus dem Darm von Osmerus eper-
lanus (L.), nicht zu identificieren ist, so daß auch der Gattungs-
begriff sich nicht präcisieren läßt. Endlich
Echinorhynchus Zoega (auch gebraucht in den Formen
Echynorhynchus, Echinorynchus, Echinoryncus, Echinoryngus,
Echynoryngus), dessen typische Art nur £c4. laevis Zoega oder
Ech. gadi Zoega sein kann (vergl. oben p. 149). Die Entschei-
dung hierüber zu treffen behalte ich mir noch vor, um alsdann.
gleichzeitig auch gleich die Diagnosen der von mir bisher an-
genommenen Acanthocephalen-Gattungen zu geben.
Die übrigen, bisher gleichfalls noch wenig zahlreichen
Acanthocephalen- Gattungen sind sämtlich wesentlich: jüngeren
Datums und ihre Besprechung geht daher eigentlich über den
Rahmen des von mir behandelten Themas hinaus. Trotzdem er-
scheint mir die Anfügung einer solchen an dieser Stelle zweck-
mäßig, zumal ich bereits mehrfach auf die mutmaßlichen verwandt-
schaftlichen Beziehungen einzelner Echinorhynchen-Arten hinge-
wiesen habe. Die in Betracht kommenden Gattungsnamen sind
folgende:
Apororhynchus Shipley (1899). Typische, weil einzige
Art: A. hemignathi Shipley.
Zusatz bei der Correctur: De Marval (1904, p. 582, Nr. 32) stellt
den Apororhynchus hemignathi Ship]. zur Gattung Neorhynchus. Die Begrün-
dung hierfür ist enthalten in den Worten der Speciesdiagnose: „Noyaux
géants presents dans la peau et les lemnisques. Cas de paedogenese.“ Daf
342 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
die Größe der Kerne der Hautschicht und der Lemnisken, in diesem Falle
die einzige tatsächliche Unterlage für die Annahme einer Pädogenese, an
Neorhynchus erinnert, hat ja bereits Shipley (1896, p. 210— 211) betont. Die-
selbe genügt doch aber nicht, um die fragliche Art daraufhin der Gattung
Neorhynchus einzureihen. Schon allein das Fehlen eines typischen Echino-
rhynchenrüssels und das Fehlen der Rüsselscheide, deren Bau doch auch
Hamann (1895, p. 40-41) bereits für die Charakterisierung der Gattung
Neorhynchus verwertet hat, sollte meines Erachtens genügen, um die von
Shipley geschaffene eigene Gattung als wohlbegründet erscheinen zu lassen.
Arhynchus Shipley (1896) nec Dujean 1834, wegen
Präoccupation umgetauft in Apororhynchus.
Corynosomu Lhe. Typische Art: C. strumosum. Vergl.
oben unter Ech. hystrix.
Gigantorhynchus Ham. (1895), aufgestellt für Ech. fae-
modes Dies. Ech. spira Dies. und Ech. echinodiscus Dies. Die
Festlegung einer typischen Art dieser Gattung scheint mir zur
Zeit im Interesse einer Sicherung des (Gattungsbegriffes weder
erforderlich noch zweckmäßig. Dieselbe wird, da sie bisher noch
nicht erfolgt ist, am besten noch aufgeschoben, bis wenigstens
eine der drei in Betracht kommenden Arten einer Nachunter-
suchung unterzogen worden ist. Ist doch z. B. das Verhalten der
Ligamentsäcke, welches meiner Ansicht nach von großer systema-
tischer Wichtigkeit ist, von Hamann noch gar nicht berück-
sichtigt. v. Ihering's (1902, p. 46) Urteil, daß die Familie der
Gigantorhynchiden „durch Aufnahme von Zchinorhynchus gigas
und monziliformis zu einer wenig natürlichen umgestaltet“ würde,
muß ich daher mindestens für ebenso verfrüht halten, wie die
von anderer Seite vorgenommene Einreihung des Ech. gigas
und anderer Arten in die Gattung Gzgantorhynchus (vergl.
v. Linstow 1897).
Zusatz bei der Correctur: Seitdem obiges geschrieben wurde,
habe ich auf der Durchreise durch Berlin gesehen, daß in dem dortigen
zoologischen Museum nur von Ech. echinodiscus genügendes Material für
genauere anatomische Untersuchungen vorhanden ist. Ich habe solche Unter-
suchungen inzwischen auch bereits begonnen, in der Absicht, auf diesem Wege
zu einer schärferen Fassung des Begriffs der Gattung Gigantorhynchus zu
gelangen. In Rücksicht hierauf sehe ich die genannte Art als Typus dieser
Gattung an und ich darf hinzufügen, daß einer mündlichen Mitteilung zufolge
auch Herr Dr. Stiles, freilich aus anderen Gründen, in einer in Vorbereitung
befindlichen Publication dieselbe Art als Typus von Gigantorhynchus bezeichnet
hat. Ob dann freilich Ech. spira und Ech. taenioides in derselben Gattung
werden bleiben können, erscheint mir mehr wie zweifelhaft, da bei diesen die
I iihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 343
Formverhaltnisse und die Bewaffnung des Rüssels doch recht abweichend,
dabei aber anscheinend unter sich (und mit Ech. hirundinaceus) im wesent-
lichen übereinstimmend sind.
Auf die bisherigen Resultate meiner Untersuchung des Ech. echinodiscus
einzugehen, ist hier noch nicht der Ort, zumal auch jene Untersuchung zur
Zeit noch nicht abgeschlossen ist. Dagegen mòchte ich aus Hamann’s (1895)
Angaben noch di- characteristische Anordnung der Markbeutel der Ring-
muskeln in seitlichen Langsschniiren, die Achtzahl der Kittdriisen und die lang-
gestreckte wurstförmige Gestalt der Hoden hervorheben als Merkmale, die
sich auch bei Ech. hirundinaceus und Ech. moniliformis wiederfinden, ohne
daß dies von Hamann besonders betont wird. Entgegen der Auffassung
von Ihering’s spricht also zur Zeit mehr für als gegen die Verwandtschaft
dieser Arten mit Gigantorhynchus echinodiscus, da die Übereinstimmung im
Bau der Rüsselscheide und in der Lage des Centralnervensystems bereits
von Hamann hervorgehoben ist. Als ein Merkmal, durch welches sich
Gigantorh. echinodiscus von allen anderen genauer untersuchten Echino-
rhynchen unterscheidet, sei angeführt, daß die hinter einander gelegenen
beiden Hoden fast ganz am Hinterende des sehr lang gestreckten Körpers
liegen, eine Eigentümlichkeit, die trotz ihrer Auffälligkeit von Hamann nicht
besonders angeführt wird.
Neorhynchus Ham. (1895) aufgestellt für Zeh. clavaeceps
Dede — Don, VAPORI nd Zen. asınz Rud als
typische Art sehe ich -Veorhynchus ruil: (O. F. Müll) Lhe: an.
Paradoxites Lindem. (1865, p. 492—496, Taf. XII) auf-
gestellt für 2 neue Arten: P. renardi und P. faemoides, beide
aus Glaucidium passerinum (L.) Beide Arten sind Species inqui-
rendae und bisher nicht identificierbar, ihre specifische Verschieden-
heit problematisch. Eine von ihnen als Typus der Gattung zu
bezeichnen, ist daher wertlos. Wertlos ist auch die von Linde-
mann gelieferte Diagnose seiner Gattung, da derselben eine
völlig verkehrte Auffassung der Organisation der Echinorhynchen
zugrunde liegt. Trotzdem aber ist es weder erforderlich noch
zweckmäßig, die Lindemann’sche Gattung zum toten Ballast
zu werfen. Beide Arten derselben gehören nämlich ganz un-
zweifelhaft zu derselben Gruppe von Echinorhynchen. wie Zeh.
buteonis Schrank, globocaudatus Zed., tenurcaudatus Marotel
u. a. (vergl. vorstehend außer diesen Namen namentlich auch
unter Ech. aluconis O. F. Müll.) Es scheint mir deshalb geboten,
für diese Gruppe von Echinorhynchen, die, meiner Überzeugung
nach, wie ich bereits bei Besprechung von Zch. aluconis O. F.
Müll. betont habe, eine natürliche Gattung darstellen, den Gat-
tungsnamen /aradoxttes wieder aufzunehmen.
344 Lihe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Literaturverzeichnis.
In nachstehendem Literaturverzeichnis habe ich die bis zum Jahre 1821 ein-
schließlich erschienenen Arbeiten, in denen Acanthocephalen berücksichtigt sind, mit
möglichster Vollständigkeit angeführt, von den später erschienenen Arbeiten dagegen
nur diejenigen, die im Texte Berücksichtigung gefunden haben, diese aber auch dann,
wenn sie nicht speciell Acanthocephalen behandeln (wie z. B. Braun 1900 oder
v. Pelzeln 1871). Arbeiten, die mir im Original nicht vorgelegen haben, sind mit
einem Stern (*) bezeichnet. Da das Literaturverzeichnis selbst chronologisch geordnet
ist, habe ich wie bereits früher in einer Arbeit zur Erleichterung der Übersicht ein
alphabetisches Autorenregister angefügt.
1675. Steno, Nicolaus, Ova viviparorum spectantes factae justu Serenissimi Magni
Ducis Hetruriae. In: Thomae Bartholini Acta Medica et Philosophica
Hafniensia Anni 1673. Vol. II. Hafniae 1675. p. 219— 232.
1684. Redi, Francesco, Osservazioni intorno agli animali viventi che si trovano
negli animali viventi. 12°. Firenze 1684.
1708. Redi, Franciscus, De animalculis vivis quae in corporibus animalium vivorum
reperiuntur, observationes. Ex Etruscis Latinas fecit Petrus Coste. 12°.
Amstelaedami, apud Webstenios, 1708.
1722. a Leeuwenhoek, Antonius, Arcana naturae detecta. Editio novissima,
auctior et correctior. 4°. Lugduni Batavorum 1722.
1727. Frisch, J. L., Observationes ad Anatomiam lumbricorum in visceribus perti-
nentes, ad confirmandam hypothesin, lumbricos in visceribus esse larvas seu,
ut vocant nymphas taeniarum. In: Miscellanea Berolinensia ad incrementum
scientiarum ex scriptis societatis regiae scientiarum exhibitis edita. Con-
tinuatio II. Berolini 1727 p. 46 —48.
60 Dallas, RES. De infectis viventibus intra viventia, Diss. med. inaug. 4°.
Lugd. Batav. 1760. [Auchin: Sandifort, Thesaurus dissertationum 1778,
D 2417. 2001 |
1761. Linné, C., Fauna Suecica. Editio altera. 8°. Stockholmiae 1761.
1762. Roederer, ....., Zwo Gattungen von fasciolis. In: Göttingische Anzeigen
von gelehrten Sachen unter d. Aufsicht d. Kgl. Gesellsch. d. Wiss. I. Bd.
61. Stück. den 19 Junius 1762. p. 537.
1766. Pallas, P. S., Elenchus zoophytorum. 8°. Hagae-Comitum. 1766.
1767. Linné, C., Systema naturae. Ed. XII. T. 1. Fasc. 2. 8°. Holmiae 1767.
1771. Koelreuter, J. T. (1.), Descriptio Cyprini Rutili, quem Halawel Russi vocant,
historico-anatomica. In: Novi Commentari Academiae scientiarum imperialis
Petropolitanae. Tom. XV. 1770 (1771) p. 494—503.
— — (2.), Descriptio Piscis, e Coregonorum genere, russice Sig (CI) vocati,
historico-anatomica. Ibid. p. 504—516.
1774. “Phipps, Constantine John, A voyage towards the North Pole. London
7774”, [Nere Ehi pps 751
1775. Koelreuter, J. T., Observationes in Gado lota institutae. In: Novi Com-
mentarii Academiae scientiarum imperialis Petropolitanae. T. XIX. (1774)
1775. P. 424—434. |
Miller, Ph. L. St., Linné’s vollständiges Natursystem nach der 12. lateinischen
Ausgabe. Bd. VI. Würmer. 8°. Nürnberg 1775.
EEE
Perea Bla nn Br PTE
119:
1780.
1781.
Li he, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 315
Pallas, P. S., Lacerta apoda. In: Novi Comment. Acad. scient. imp. Petro-
politanae. T. XIX. (1774) 1775. p. 435—454.
Phipps, Const. Jean, Voyage au Pole Boréale, fait en 1773. Traduit de
l'Anglais. 4°.
Müller, Otho Friedrich, Zoologiae Danicae Prodromus seu Animalium
Paris’ 1775:
Daniae et Norvegiae Indigenarum Characteres, Nomina, et Synonyma im-
primis popularium. 8°. Havniae 1776.
Müller, Otho Friedrich, Zoologiae Danicae seu Animalium Daniae et
Norvegiae rariorum ac minus notorum Icones. Fasc. I. Fol. Havniae 1777-
(Müller, O. F.), Von den Thieren in den Eingeweiden der Thiere, insonderheit
vom Kratzer im Hecht. In: Der Naturforscher. XII. Stück. Halle 1778.
P2 178196. Lab. VE
Pallas, P. S. (siehe unter 1760).
Bloch, M. E., Beytrag zur Naturgeschichte der Würmer, welche in anderen
Thieren leben. In: Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft Natur-
forschender Freunde. IV. Bd. Berlin 1779. P- 534— 561.
Blumenbach, Joh. Friedr., Handbuch der Naturgeschichte. 8°. Göttingen. 1770.
Müller, Otho Friedrich (1.), Zoologia Danica seu Animalium Daniae et
Norvegiae rariorum ac minus notorum Descriptiones et Historia. Vol.I. 8°.
Havniae et Lipsiae 1779.
Müller, O.F. (2.), Om Dyr i Dyrs Indvolde, isaer om Giedde-Kratseren. In:
Skrifter som udi det Kgl. Videnskabers Selskab ere fremlagde og nu til
Trykken beforderede. XII. Deel. Kjobenhavn 1779. p. 223—236. mit 5 Fig.
auf einer Tafel. [Übersetzung von O. F. Müller 1778.]
Acharius, Erik, Anmärkninger vid Herr Martins Rön rörande en besynnerlig
Mask hos Norsen. In: Kongl. Vetenskaps Academiens Handlingar. Tom. I.
Stockholm 1780. p. 49—55. Tab. II. Fig. 1 —2.
Fabricius, Otho, Fauna Groenlandica. 8°. Havniae et Lipsiae. MDCCLXXX.
Martin, Anton Rolandsson, Om en särdeles Mask, som liknar sprutor, och
gör Hydatides eller Vattu-hölsor i Norsens inälfvor. In: Kongl. Vetenskaps
Akademiens Nya Handlingar. Tom I. Stockholm 1780. p. 44—49.
Müller, O. F. (1.), Unterbrochene Bemühungen bey den Intestinalwürmern.
In: Schriften der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde. I. Bd.
Berlin 1780. p. 201-—208.
Miller, Otho Friedrich (2.), Zoologiae Danicae seu Animalium Daniae et
Norvegiae rariorum ac minus notorum. Icones. Fasc. II. Fol. Havniae 1780.
(Müller, O. F. & Goeze, J. A. E.), Von Bandwürmern. In: Der Natur-
forschen. XIV Stück. Halle 1780, p. 220 — 202.
Müller, O.F. (1.), Anmerkungen und Erläuterungen beym Durchlesen einiger
Abhandlungen in den Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft natur-
forschender Freunde. In: Schriften d. Berl. Ges. naturf. Freunde. I. Bd.
Berlin 1781. ..p. 116— 138.
Müller [O. F.] (2.), Om Baendel-Orme. In: Nye Samling af det Kongl. Danske
Videnskapers Selskabets Skrifter. I. Deel. Kjebenhavn 1781. p. 55—96,.
Pallas, P. S. (1.), Bemerkungen über die Bandwirmer in Menschen und
Thieren. In: Neue nordische Beytrage zur physikalischen und geographischen.
Erd- u. Völkerbeschreibg., Naturgesch. u. Oekonomie. Bd. I. Petersburg u.
Pepe ep Oo 112.
346
1782.
1784.
1786.
1787:
1788.
1789.
1790.
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Pallas, P. S. (2.), Einige Erinnerungen die Bandwürmer betreffend; in Be-
ziehung auf das zwölfte und vierzehnte Stück des Naturforschers. Ibid.
“Bd IE ST 725802: >=
Bloch, Marcus Elieser, Abhandlung von der Erzeugung der Eingeweide-
würmer und den Mitteln wider dieselben. 4,4. Berlin 1782.
Goeze, Joh. Aug. Ephr., Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweide-
würmer thierischer Körper. 4°. Blankenburg 1782.
Hermann, Johann, Helminthologische Beobachtungen. I. Stück. In: Der
Naturforscher. XVII. Stück. Halle 1782. p. 171—182. Tab. IV. Fig. 8—15.
*Müller, O.F., Geschichte der seltenen und unbekannten dänischen und nor-
wegischen Thiere. Leipzig und Dessau 1782. [Weicht, nach den Citaten
bei ©. F. Müller (1787, ı) zu urteilen, von der lateinischen Ausgabe der
Zoologia danica ab, war mir jedoch nicht zugängig.]
Schrank, Fr. von Paula, Zoologische Beobachtungen. In: Der Natur-
forseher. XVII. Stück. Halle 1732. ‘p: 66 85.
Müller, Otho Friedrich, Zoologia Danica seu Animalium Danicae ac Nor-
vegiae rariorum ac minus notorum Descriptiones et Historia. Vol. II. 8°.
Havniae et Lipsiae 1784.
Retzius, Anders Jahan, Lectiones publicae de Vermibus intestinalibus
inprimis hurnanis. 8°. Holmiae 1786.
Miller, O.F. (1.), Verzeichnis der bisher entdeckten Eingeweidewiirmer, der
Thiere, in welchen sie gefunden wurden und der besten Schriften, die
derselben erwähnen. In: Der Naturforscher. XXII. Stück. Halle 1787.
P- 33-86.
*Müller, O. F. (2.), Zoologia Danica seu Animalium Daniae et Norvegiae
rariorum ac minus notorum Descriptiones et Historia. Ad formam tabularum
denuo edidit frater auctoris. Vol. I. Fol. Havniae 1787. [Vergl. O. F. Müller
1779, 2]
Nau, Bernard, Beschreibung eines neuen Geschlechtes der Eingeweide-
wirmer. In: Schrift d. Ges. naturf. Freunde. Berlin. VII. Bd. 1787. p. 471
i e DEAVALE
“Bloch, M. E., Traité de la génération des vers des intestins et des vermi.
fuges, trad. de l’Allemand. Avec X, pls. Suivi d’un précis du traitement
contre les ténias publié par ordre du Roi. 8°. Strasbourg 1788. [Vergl.
Bloch 1782.]
“Müller, Otho Friedr., Zoologia Danica seu Animalium Daniae et Nor-
vegiae rariorum et minus notorum Descriptiones et Historia. Ad formam
tabularum denuo edidit frater auctoris. Vol. II. Havniae 1788. [Vergl.
O. F. Miller 1784.]
Schrank, Franz von Paula, Verzeichnis der bisher hinlanglich bekannten
Eingeweidewürmer, nebst einer Abhandlung über ihre Anverwandtschaften.
8°. München 1788.
Froelich, Joseph Aloys, Beschreibungen einiger neuen Eingeweidewürmer.
In: Der Naturforscher. XXIV. Stick. Halle 1789. p. 101—162. Tab. IV.
A bildgaard, P.C., Almindelige Betragtninger over Indvolde-Orme, Bemaerk-
ninger ved Hundsteilens Baendelorm, og Beskrivelse med Figurer af nogle
nye Baendelorme. In: Skrivter af Naturhistorie-Selskabet. I. Bd. 1. Hft.
Kjobenhavn 1790. p. 26—64.
1791.
1792.
1793-
1794.
1795.
17917:
1798.
1799:
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 347
Fabricius, Otho, Udferlig Beskrivelse over de Gr@nlandske Saele, Forste
Stykke. Ibid: p. 79—157.-
*Schrank, Fr. v. Paula, Förtekning pà nägra hittils obeskrifene Intestinal-
kràk. In: Kongl. Vetenskaps Academiens nya Handlingar för ar XI. 1790.
Stockholm 1790. p. 118—126. [Vergl. Schrank 1792.].
Fabricius, Otho, Udferlig Beskrivelse over de Gr@nlandske Saele. Andet
Stykke. In: Skrivter af Naturhistorie-Selskabet. I. Bd. 2. Hit. Kjebenhavn
1791. P. 7377170.
Froelich, M. Joseph Aloys, Beyträge zur Naturgeschichte der Eingeweide-
würmer. In: Der Naturforscher, XXV. Stück. Halle 1791. p. 52—113.
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ou par ordre de matiéres, par une société de gens de lettres, de savants
et d’artistes.) 4°. T.I. Paris 1792. [In diesem mir allein zugängigen Bande
ohne Tafeln ist Conus bereits der letzte der alphabetisch geordneten Artikel.]
Modeer, Adolph, Inledning til kunskapen om Maskkräken, i allmänhet. In:
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wirmer. In: Der Kgl. Schwed. Akad. d. Wiss. Neue Abhandlungen. XI. Bd.
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1793. P. 24—59. [Vergl. Abildgaard 1790.]
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1.—2. Stück. Ibid. I. Bd. 1. Abtlg. p. 73—144 und I. Bd. 2. Abtlg. 1793.
p. 69— 155. [Vergl. Fabricius 1790 und 1791.]
Rudolphi, Carolus Asmund, Observationes circa Vermes Intestinales.
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[Fabricius, Otho], Bidrag til Snylte-Ormenes Historie. In: Skrivter af Natur-
historie-Selskabet. 3. Bd., 2. Hft. Kjobenhavn 1794. p. 1—45, Taf. I—IV.
Rudolphi, Carolus Asmund, Observationum circa Vermes Intestinales.
Pars II. Inaug.-Diss. 4°. Gryphiswaldiae 1795.
Viborg, Erich, Nachricht von der Einrichtung der Königl. Danischen Thier-
arzneischule nebst einigen Bemerkungen von ähnlichen Anstalten. In:
Erich Viborg’s Sammlung von Abhandlungen für Thierärzte und Öko-
nomen. I. Bändchen. 8°. Copenhagen 1795. p. 169— 274.
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une traversée de Bordeaux à Charles-Town. In: Bull. des sciences par la
Soc. philomatique. Paris 1797. Nr. 2 p. 9. Tab. 2. Fig. 1.
Cuvier, G, Tableau élémentaire de l’histoire naturelle des Animaux. gM.
Paris, an VI.
Rathke, J., Jagttagelser henh@rende til Indvoldeormenes og Bloddyrenes
Naturhistorie. In: Skrivter af Naturhistorie-Selskabet, 5. Bd., 1. Hft. Kj@ben-
havn 1799. p. 61—148.
Zool. Annalen. I. 23
348
1800.
1801.
1802.
1803.
1804.
1805.
1806.
1807.
1808.
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Li he, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Fabricius, Otho, Anmaerkninger ved forestaaende Afhandling. Ibid. p. 149
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merkungen. 4°. Leipzig 1800.
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Frôlich, J. Aloys, Beiträge zur Naturgeschichte der Eingeweidewürmer.
In: Der Naturforscher. XXIX, Stück. Halle 1802) "pP. 5-06. aba 8
Holten, H. S., Beskrivelse over en ny Fisk fra Portugal, og tvende i samme
fundne ubekiendte Indvoldeorme. In: Skrivter af Naturhistorie-Selskabet.
V. Bd. 2. Hft. Kjebenhavn 1802, p. 19—28, Tab. 2.
Rudolphi, Karl Asmund, Fortsetzung der Beobachtungen über die Ein-
geweidewürmer. In: Wiedemann’s Arch. f. Zool. u. Zoot. II. Bd. 2. Stück.
Braunschweig 1802, p. I—67.
Schrank, Franz v. Paula, Fauna boica. MI Bd. 2. Abile Pate
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[Vergl. Dumeril 1806.]
Rudolphi, K. A., Bemerkungen aus dem Gebiete der Naturgeschichte, Me-
dizin und Thierarzneykunde. 1. Teil. 8°. Berlin 1804.
Rudolphi, K. A., Bemerkungen aus dem Gebiete der Naturgeschichte, Me-
dicin und Thierarzneykunde. 2. Teil. 8°. Berlin 1805.
Dumeril, C., Analytische Zoologie. Aus dem Französischen mit Zusätzen von
L. F. Froriep. 8% Weimar 1806.
Blumenbach, Joh. Friedr., Handbuch der Naturgeschichte. 8. Auflage. 8°.
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Rudolphi, Carol. Asm., Entozoorum sive vermium intestinalium Historia
naturalis. Vol. I. P. 1. 8°. Amstelaedami 1809.
Ahrens, August, Abhandlung über Würmer, welche in der Erdschnecke
entdeckt worden sind. In: Magazin d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin.
IV. Jahrg. 1810. p. 292—296, Taf. IX, Fig. 12—19. [Hier citiert, weil
von Kaiser (1893) in sein Verzeichnis der Acanthocephalen-Literatur auf-
genommen. Vergl. auch Carus & Engelmann, Bibliotheca zoologica. Bd. I.
Leipzig 1861. p.385. Enthält aber in der Tat nichts über Acanthocephalen,
sondern vielmehr die erste Beschreibung von Leucochloridium paradoxum.]
1811.
1812.
1814.
1815.
1816.
1817.
1818.
1819.
1820.
1821.
1825.
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I.ühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc. 349
Rudolphi, Carol. Asm., Entozoorum sive vermium intestinalium historia
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WAI arr 99335 975% Max
[Bremser, . . . .], Notitia collectionis insignis vermium intestinalium etc. 4°.
31 p. Vindobonae 1811. [Auch deutsch unter dem Titel:]
[Bremser, . . . ], Nachricht von einer beträchtlichen Sammlung thierischer
Eingeweidewürmer etc. 4°. 31 p. Wien 1811.
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trage zur Anthropologie und allgemeinen Naturgeschichte von D. Karl
Asm. Rudolphi. 8° Berlin 1812. p. 79—106.
— — (2.), Uber die Verbreitung der organischen Körper. Ibid. p. 107—172.
— — (3.), Uber das Schönheitsverhältnis zwischen beyden Geschlechtern bey
Menschen und Thieren. Ibid. p. 173—188.
Rudolphi, Karl Asm., Erster Nachtrag zu meiner Naturgeschichte der Ein-
geweidewürmer. In: Magazin d. Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin. 1814.
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Paris 1817.
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Nieezsiche ne. 22(03)), Artikel 4077/2745 Ibid pr 248.
Bremser, . ..., Über lebende Würmer im lebenden Menschen. Ein Buch
für ausübende Ärzte. 4°. Wien 1819.
Rudolphi, Carol. Asm., Entozoorum synopsis, cui accedunt mantissa duplex
et indices locuplentissimi. 8°. Berolini 1819.
Goldfuss, Georg Aug., Handbuch der Zoologie. (Handbuch der Natur-
geschichte von G. H. Schubert. 3. Teil.) 1. Abtlg. 8°. Nürnberg 1820.
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2385p... Deals rHierbipoli,; 1820:
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1845.
1851.
1857.
1859.
1861.
1862.
1864.
1865.
1867.
1870.
1071
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XX 190: pP. 6 Lal,
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Villot, A., Recherches sur les Helminthes libres ou parasites des cötes de
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Fraipont, Julien, Nouveaux vers parasites de /’Uromastix acanthinurus,
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Rs ENIT |
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1884.
1889.
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1892.
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1895.
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1884. 8°. 52 p. Taf. II—V. Abdr. a. Morphol. Jahrb. Bd. X.
Lonnberg, Einar, Uber eine eigentiimliche Tetrarhynchenlarve. Stockholm
1889. 8°. 48 p. 3 Taf. Bihang till K. Svenska Vet.-Akad. Handlingar.
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Braun, M. Uber Zchinorhynchus polymorphus und filicollis. In: Centrbl. f.
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Hamann, Otto, Monographie der Acanthocephalen (Echinorhynchen). Ihre
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Systematik und Biologie. In: Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. XXV.
[N. F. Bd. XVIII.] p. 113—231, Taf. V—XIV. — Auch separat unter dem Titel:
Hamann, Otto, Die Nemathelminthen. Beiträge zur Kenntnis ihrer Ent-
wicklung, ihres Baues und ihrer Lebensgeschichte. I. Heft. Monographie
der Acanthocephalen (Echinorhynchen). Jena 1891. 8°. 119 p. 10 Taf.
Jägerskiöld, L. A., Einiges über die Schmarotzer der nordatlantischen
Balaenopteriden. In: Verhandlungen des biologischen Vereins in Stockholm.
Bd. IH. Nr. 7 p. 127— 134.
Kaiser, Johannes E., Die Acanthocephalen und ihre Entwickelung. Biblio-
theca zoologica. Heft VII. Cassel 1891—1893. 4°. 136 u. 148 u. XIX p.
ıo Taf. >
v. Linstow, . ..., Helminthen von Südgeorgien. Nach der Ausbeute der
deutschen Station von 1882—1883. Hamburg 1892. 4°. 19 p. 3 Taf. Aus
d. Jahrb. d. Hamburgischen Wissenschaftl. Anstalten. IX, 2.
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Parona, Corrado, L’Elmintologia italiana da sui primi tempi all’ anno 1890.
Storia sistematica, corologia e bibliografia. Genova 1894. 8°. 733 p. 1 Karte.
(Atti della R. Univ. di Genova. Vol. XIII.)
-Borsstrom, Bier. Inaug.-Diss. Stockholm 1895. [Citiert nach Ship-
ley 1899; in der Bibliographia Zoologica des Zool. Anz. nicht aufgeführt.]
Hamann, Otto, Die Nemathelminthen. Beiträge zur Kenntnis ihrer Ent-
wicklung, ihres Baues und ihrer Lebensgeschichte. 2. Heft. Jena 1895. 8°.
Vu AE pur Tat,
v. Linstow, ...., Zur Anatomie von Zchinorhynchus clavula Duj. In:
Arch. f. Naturg. Jahrg. 1895. Bd. I. Hft. 2. p. 145— 158. Taf. IX.
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Shipley, Arthur E., On Arhynchus hemignathi, a new Genus of Acantho-
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P- 207 218, with pl. 12.
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in: Arch 7. Naturs Jahre>1r897. dsl. Mit v1.) pr 27 345 NarıIV NV:
Guiart, Jules, Notices biographiques II. — Francesco Redi. 1626 — 1697.
In=/Areh-de Barasitologge, 77.7. Niro. 9.420 44T:
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Lühe, Max (1.), Notices biographiques IX. — Karl Asmund Rudolphi, der
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de Zoologie. T. XII. p. 573—583. [Erst während des Druckes dieser Arbeit
erschienen und daher auch erst von p. 203 ab beriicksichtigt.]
Autorenregister.
Abildgaard 1790, 1793. Borgstrom 1895.
Acharius 1780. Bose 1797, 1802.
Ahrens 1810.
Braun 1891, 1900.
Bloch 1779, 1782, 1788: Bremser 1811, 1819.
Blumenbach 1779, 1807.
Bruguiére 1792.
Bojanus 1821, Creplin 1825, 1829, 1839.
Ce ow ae VE ws
Le ee a PI
TE VOLE ee cho dc
Lühe, Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen-Forschung etc.
Cuvier 1798, 1817.
Diesing 1851, 1859.
Dujardin 1845.
Dumeril 1804, 1806.
Fabricius 1780, 1790, 1791, 1793, 1794,
1799.
Fraipont 1882.
Brisehs 17727.
Froelich 1789, 1791, 1802.
Gmelin 1791.
Goeze el 1.782.
Goeze u. O. F. Müller 1780.
Goldfuss 1820.
Greeff 1864.
Guiart 1898.
Hamann 1891, 1895.
Hermann 1782.
Holten 1802.
v. Ihering 1902.
Jägerskiöld 1891.
Jassoy 1820,
Kaiser 1891.
Koelreuter 1771 (2), 1775.
Lamarck 1801, 1816.
Leeuwenhoek 1722.
Leuckart 1862.
Lindemann 1865.
inne 1707. 1907.
v. Linstow 1876, 1878, 1883, 1892, 1895,
1896, 1897, 1900, 1901.
Linton 1892.
Looss 1902.
Lühe 1900 (2).
Malm 1865.
Marotel 1899.
Martin 1780.
de Marval 1902, 1904.
Mehlis 1831.
Modeer 1792.
353
Molin 1861.
Mühling 1898.
Muller nO7Be71770%1777,.1778% 1779,02)
178012) 478%.(2),. 1782, 1734, 178720)
1788.
Müller, ©. F. u. Goeze 1780.
Müller En: ies Sterzzs:
Nau 1787.
Nitzsch 1818 (2), 1821.
v. Olfers 1816.
Oken 1815.
Palais 1700, 1766, 177252 17778, 1282 (2).
Parona 1894.
vi Pelzeln 1871.
Phipps 1774, 1775.
Rathke 1799.
Redi 1681, 1708.
Renier 1807.
Retzius 1786.
Roederer 1762.
Rudolphi 1793, 1795, 1801, 1802, 1804,
1805, 1808, 1809, 1810, 1812 (3), 1814,
1819, 1820.
Safftigen 1884.
| Schneider 1903.
Schrank 1782, 1788, 1790, 1792, 1803.
Shipley 1896, 1899 (2).
Steno 1675.
Stossich 1898.
Tilesius 1810.
Treutler £791.
Van Beneden 1870.
Viborg 1795. |
Villot 1875.
Wagener 1857.
Westrumb 1821.
Wolffhügel 1900.
Zeder 1800, 1803.
Fa Besprechungen.
Besprechungen.
Burckhardt, Rudolf: Die Biologie der Griechen. Frankf. a.M. 1904. 8°. 26 pag.
(Sp.-Abdr. a. d. Ber. d. Senkenb. nat. Ges. 1904.)
In diesem in der vorjährigen Januarsitzung der „Senkenbergischen natur-
forschenden Gesellschaft“ gehaltenen Vortrage schildert der Redner einen ihm be-
freundeten Spezialforscher, der in sein enges Spezialgebiet ganz aufgehend den Zu-
sammenhang desselben mit anderen Zweigen der Biologie und damit den Blick auf
das Ganze verloren hat und trotz aller Einzelleistungen unbefriedigt ist — ein Typus,
dem man heutzutage nicht gerade selten begegnet. Um den Freund auf den richtigen
Weg zurückzuführen, läßt ihn der Vortragende im Geiste die Arbeitsstätten der Alten
besuchen, um ihm nicht nur ihr nach vielen Richtungen geläutertes Wissen, sondern
ihr wissenschaftliches Leben und ihr ganzes Verhältnis zur Natur aufzudecken. Im
ersten Bild wird — immer unter möglichster Anlehnung an die uns überkommenen
Schriften der Griechen — die Naturforschung der koischen Ärzte dargestellt, die eine
verhältnismäßig hohe Stufe erreicht hatte; sie wandten schon die experimentelle
Methode an, ließen auch Hühnereier bebrüten, um sie von Zeit zu Zeit zu öffnen und
die verschiedenen Stadien den Schülern vor Augen führen zu können; sie zogen zum
Vergleich keimende Pflanzen heran und unterschieden bereits eine verhältnismäßig
große Zahl von Tierarten. Auch als Ärzte leisteten sie Tüchtiges. In einem zweiten
Bilde hören wir Aristoteles die Disposition seiner zoologischen Schriften erörtern
und nehmen teil an dem Unterricht im Lykeion zu Athen. Die Methode gleicht der
unsrigen, die sich nicht darauf beschränkt, das geschriebene Wort zur Grundlage zu
machen, sondern das Objekt selbst heranzieht und sich ferner auch Zeichnungen be-
dient, die an die Wand gemalt oder rasch im sandigen Boden entworfen wurden.
Daß die Alten auch Vorstellungen von einer Verwandtschaft der Organismen besaßen,
lehrt unter anderem der von Theophrast angelegte botanische Garten, in welchem
näher verwandte Formen auch nebeneinander angepflanzt waren- Auch die Beob-
achtung des lebenden menschlichen Körpers, die leicht bei den in der Palaestra statt-
findenden Kampf- und Übungsspielen der Jünglinge möglich war, wurde nicht ver-
nachlässigt. So wirkte in Griechenland alles zusammen, um eine biologische Wissen-
schaft entstehen zu lassen, zu der auch die plastische Kunst Beziehungen hatte. Eine
weitere Fortbildung erfuhr die Biologie in der alexandrinischen Schule durch anato-
mische Studien, die an Leichen und der Überliefernng nach auch am lebenden Men-
schen angestellt worden sind. Mit der lebendigen Schilderung einer solchen von
Herophilus vorgenommenen Vivisektion schließt die Reihe der vorgeführten Bilder.
Es sind nur einzelne, aber wahrheitsgetreue Episoden; sie dürften jedoch hinreichen,
um mehr als bisher sich an den Gedanken gewöhnen zu lassen, daß die Wissenschaft
auch eine Art Organismus ist. So wenig wie es bei diesen, wenn man sie verstehen
will, genügt, einen und zwar den fertigen Zustand zu kennen, so wenig kann allein
eine auch noch so sehr ins Einzelne gehenda Kenntnis des derzeitigen Standes der
Wissenschaft vom Leben genügen und befriedigen. Auch die Biologie hat ihre Ent-
wickelungsgeschichte und die Geschichte einer Wissenschaft ist noch niemals studiert
worden, ohne daß daraus für den Fortschritt der Wissenschaft selbst neue Anregungen
entsprungen wären. M. Br.
—_ ud
Zur Geschichte und Kritik der biologie-
historischen Literatur
von
Rudolf Burckhardt.
| hs in jeder anderen Wissenschaft, so sind wir auch
beim Studium der Biologiegeschichte genötigt, all-
__| gemeine Übersicht des Gebietes und Quellenstudium
an zahlreichen Einzelpunkten miteinander in Einklang zu bringen
und zu einem organischen Ganzen zu verweben.
Der moderne Biologe, dem der Biologiehistoriker seine In-
tentionen darlegen möchte, pflegt mit einem gemachten Urteil
an die Geschichte seiner Wissenschaft heranzutreten. Ihm gilt
die Biologiegeschichte als ein Anhängsel, das einem Zopf zum
Verwechseln ähnlich sieht, als eine neue unerfreuliche Specialität,
die für uns wenig Wert habe, da ja „das Wertvolle“ längst in
den Gesamtbestand der Biologie übergegangen sei. Dieser neue
Ballast beschwöre uns die gespenstigen Schrecken der Gymnasial-
zeit herauf, Latein, Griechisch und Geschichte, die wir mit moderner
Realbildung und Weltanschauung glücklich gebannt glaubten.
Für uns sei unsre heutige Wissenschaft ein Ideal von Objek-
tivität, das zu unseren Häuptern schwebt, eine eiserne Notwendig-
keit, deren Ausdehnung sich meist nur notgedrungen überfliegen
lasse, damit wir an einem Punkte möglichster Sicherheit, an einer
Specialität uns baldigst anklammern. Wie das zu geschehen
hat, dafür hat drollig genug einst ein angesehener Zoologe eine
gedruckte Anleitung verfaßt. In anderen Disciplinen wohl weiss
man noch, daß die Existenz einer „objectiven Wissenschaft“ eine
Zool. Annalen. I. 24
356 Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
ungeheuerliche Annahme ist. Die Wissenschaft lebt, sie hat viel-
leicht unter besseren Bedingungen einst intensiver und höher
gelebt, als momentan. Der sichere Tiefgang, den wir an ihr als
Zeitsymptom bewundern, er ist ein Zeichen bloß ihres Umfanges,
beweist aber nichts für die Richtung, der sie folgt. Aber auch,
wo sie uns wie ein wohl ausgerüsteter Schiffskoloß erscheint,
sehen wir vielleicht nur unsere eigene Erstarrung in sie hinein
und zu myop, um ihrer großen Gesamtbewegungen ansichtig zu
werden, haben wir uns längst abgewöhnt, zu empfinden, daß sie
Fleisch von unserem Fleisch und Bein von unserem Bein ist, daß
sie nicht außer uns, sondern in uns lebt, ja nicht nur in uns den
Lebenden, sondern in denen, deren Leben einst eine eigenartige
Daseinsform im Gesamtorganismus der Wissenschaft gebildet hat.
Mögen die Toten ihre Toten begraben. Wir wenden uns an die-
jenigen Fachgenossen, denen daran liegt, in die Geschichte der
Wissenschaft einzudringen; die wissen, daß im Bilde der Welt-
entwickelung die genetische Betrachtung auch unserer Wissen-
schaft ein unentbehrlicher Zug ist; daß ein Jeder von uns, mit
all seinem Wissen und seinen Begriffen historisch bedingt, sich
nur von der Kleinlichkeit der Specialistik zu erheben vermag,
wenn er auch vor der Analyse dieser Bedingungen nicht zu
erschrecken braucht.
Auf den nachfolgenden Seiten habe ich mir zum Ziele gesetzt,
orientierende und kritische Besprechungen einiger der wichtigsten
Werke der biologiehistorischen Literatur zu bringen. Ich bezwecke
damit, einmal denen zu Hilfe zu kommen, welche sich selbst zu orien-
tieren beabsichtigen und daher begreiflicherweise zu derjenigen
Literatur greifen, die ganze Disziplinen der Biologie geschichtlich
behandelt. Gleichzeitig möchte ich aber die Korrekturen an-
bringen, die sich aus dem gegenwärtigen Wissen, dem biologi-
schen sowohl als dem geschichtlichen, ergeben.
Wir sind von der Zoologie selbst her gewohnt, uns ein Bild
gradueller, ja lawinenartig zunehmender Vervollkommnung der
Wissenschaftlichkeit überhaupt zu machen. Dem Historiker aller-
dings bietet sich der geschichtliche Prozeß der Zoologie etwas
anders dar. Vollends, wenn wir nun aber an die Biologie-
geschichte herantreten, wäre eine solche Vorstellung zum min-
desten höchst naiv. Die Biologiegeschichte setzt sich vielmehr
bisher aus meist gelegentlichen, selten spontanen, jedenfalls
höchst heterogenen Äusserungen zusammen. Eine Tradition
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 357
dieser Wissenschaft, eine Anerkennung ihrer eigenen Probleme,
auch die bescheidendste Zentralisierung der äußeren Hilfsmittel
für sie existieren noch nicht. Dies alles wirkt natürlich auch
auf die Literatur über die Biologiegeschichte zurück und ver-
leiht ihr den Charakter einer Gelegenheitsliteratur, die denn
auch die Zeichen einer solchen an der Stirn trägt: gram-
matischen Betrieb, Richtung ihrer Hauptlinien auf ganz andere
Zwecke, Zusammenhangslosigkeit der Einzelangaben, Überfüllung
mit solchen bei zähem, beinahe unwandelbarem Festhalten an
den unbewußt überlieferten Gliederungen des Stoffes und an der
einmal gültigen Behandlung der Probleme.
Die Biologie selbst ist zwar schon im klassischen Altertum
zu erstaunlicher Höhe emporgestiegen, hat sich aber dort noch
nicht im Spiegel historischen Bewusstseins reflektiert. Geschichte
der Philosophie spricht aus der Metaphysik und der Schrift mei
weyng von Aristoteles, Geschichte der praktischen Medizin
aus Galen und dem Prooemium von Celsus. Bei der Ausdeh-
nung der aristotelischen Biologie fiel naturgemäß der Schwer-
punkt auf Beschreibung des ausgedehnten biologischen Stoffes und
auf dessen logische Ordnung, im Anschluß hieran auch auf die Er-
örterung systematischer Prinzipien; eine Geschichte der Biologie
fehlt aber vollständig. Wir müssen uns nun zwar vorstellen, daß
die Summe biologischer Kenntnisse, die vor Aristoteles vor-
handen war, nicht zu gering gewesen sein könne. Aber ihre Ein-
spannung in den Rahmen einer allumfassenden Philosophie war
doch wohl kaum vor ihm in annehmbarer Form versucht worden;
wozu hätte er sich sonst mit den größten Albernheiten der ihm
vorangehenden Systematiker durch Erfahrungstatsachen ausein-
anderzusetzen brauchen? Da nun ferner Geschichte einer Wissen-
schaft nicht entsteht, wo bloß Stoffmassen des Wissens angesam-
melt werden, sondern wo bereits Begriffe gebildet sind und ihren
Weg durch eine Reihe von Köpfen genommen haben, lag für Ari-
stoteles kein Grund vor, seine Wissenschaft vom Leben histo-
risch zu vergleichen. Eine Parallele aus der Gegenwart und aus
einem Teilgebiet unserer Wissenschaft mag dies deutlicher er-
kennen lassen.
Für den modernen Histologen beginnt die Histologie des
Nervensystems mit Golgi, Ehrlich, Weigert, His, kurz den
Forschern der siebenziger und achtziger Jahre des vergangenen
Jahrhunderts. Was vorangeht, ist nicht Geschichte der Nerven-
24*
358 Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
| histologie, sondern chronologische Aufzählung der mit unzuläng-
lichen Mitteln und wenigstens bis auf Stilling, Gerlach und
Max Schulze ziemlich erfolglosen Bemihungen um die Auf-
klärung der nervösen Struktur. So beachtenswert es nun auch
ist, daß gerade Golgi es nicht verschmähte, seine Untersu-
chungen in ihren ersten Anfängen zu Beginn der siebenziger Jahre
auch historisch zu fundieren, so kann man es doch keinem
späteren Nervenhistologen verargen, wenn er nicht jedes Mal
ebenso begann, sondern unhistorisch zu Werke gehend, frisch
aus dem Material schöpfte, entdeckte und systematisierte. Und
was hier für ein Teilgebiet gilt, es liesse sich für die hundert
anderen Specialitäten der Gegenwart in ähnlicher Weise dartun.
Dabei sehen wir aber davon ab, daß der Teil, wie ihn eine unserer
Specialitäten repräsentiert, verschwindend klein ist im Vergleich
zu dem Teil der Wirklichkeit, den Aristoteles vor sich hatte,
als er die Biologie umfaßte und wir lassen die hieraus sich er-
gebenden Unterschiede als für unsere Beweisführung nebensäch-
lich fallen, um uns noch einmal zu vergegenwärtigen: Kennt-
nis allein erzeugt keine geschichtliche Reflexion.
diese kommt erst zum Durchbruch, wo logische Ord-
nung der Kenntnis vermittelst Allgemeinbegriffen
vorangegangen ist. Zu einer Wissenschaft bedurfte es ihrer
Geschichte nicht, so lange sie in den Windeln lag. Die Geschichte
nach zweieinhalbtausend Jahren seit Entwickelung ihrer logischen
Prinzipien aber für entbehrlich zu halten, ist barbarisch oder
kindisch, jedenfalls unwissenschaftlich und es ginge nicht an, sich
für ihre Vernachlässigung auf den Realisten Aristoteles berufen
zu wollen. Daß bei ihm noch keine geschichtlich fundierte Biologie
vorlag, hatte ungemein starke Nachwirkungen. Eine solche Wissen- |
schaft ist noch heute leichter über Bord zu werfen und sie war es
auch damals, da sie aus dem Rahmen der alexandrinischen Bedürf-
nisse herausfiel. Eine in bezug auf ihre geistige Verarbeitung so un-
reife Wissenschaft wie die Biologie aber auch heute noch ist, ist
der allergeeignetste Tummelplatz für Betätigung ungezügelter
Phantasie und wichtig tuender Skepsis. Nicht nur die aristote-
lische Biologie, auch die der Renaissance und der naturphiloso-
phischen Periode hat jenen Fermenten nicht zu trotzen vermocht,
eben weil ihr noch das Skelett der Geschichte gefehlt hat. Es
ist daher nur allzu begreiflich, wenn heute die Philosophiegeschichte
das Interesse für die biologische Systematik verloren hat und
PR e sii
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 359
deren Geschichte nicht mehr als Teil ihrer Gesamtheit anerkannte,
nachdem der Biologe selbst die Geschichte entbehrlich gefunden
hatte. Ebenso ist es auch begreiflich, wenn hinwiederum unter
den heutigen Philosophen diejenigen am allerwenigsten Lust ver-
spüren, sich mit der Geschichte der Biologie zu beschäftigen,
deren himmelanstrebendes Gertiste der Psychologie aus dem
brüchigen Gestange einer gechichtslosen Experimentalphysiologie
besteht. In einem allgemeinen Fortschritt der Wissenschaftlich-
keit finden jedoch solche Einseitigkeiten keinen Grund.
Die Geschichte der Biologie entstand daher aus
anderen Quellen, als wie man hätte erwarten sollen, aus
Bedürfnissen der Zoologie selbst, nämlich aus der Ge-
schichte der praktischen Medizin und ihrer Hilfs-
wissenschaften, der Botanik undder Anatomie. Erst
als die volle Breite der zootomischen Kenntnisse, über die einst
Aristoteles verfügt hatte, weit überholt war, kam es in un-
serer Wissenschaft zu historischem Bewußtwerden, wie es sich
in den Schriften von Cuvier, Spix und J. V. Carus nieder-
geschlagen hat. Damit steht aber die Zoologie nicht allein da.
Von dem langsamen Entwickelungstempo, das einer selbststän-
digen Behandlungsweise der Geschichte unserer Disziplinen im
allgemeinen eigen ist, mag man sich eine Vorstellung machen,
wenn man die Systematik der Medikohistorie verfolgt. Die histo-
rische Einleitung des Celsus hat dort beständig die Stichworte
für die Einteilung der antiken Medizin geliefert, wie in den älteren
Werken von Albinus, Boerhave, Haller und Kurt Sprengel,
so auch in den neueren, wie Haeser und dem seit 1001 er-
scheinenden Handbuch der Geschichte der Medizin von Pusch-
mann (Neuburger und Pagel).
Wir glauben daher annehmen zu dürfen, daß aus einer
kritischen Besprechung der biologiehistorischen Literatur nicht
nur der empirisch arbeitende Zoologe Vorteil ziehen dürfte, sondern,
daß auch für das Verständnis der eigenen Aufgaben der Biologie-
geschichte etwas abfalle, ja vielleicht auch für die Geschichte der
Philosophie, wie denn nicht minder für die Philosophie des Ge-
schehens,
*
Wir beginnen unsere kritischen Besprechungen mit dem
neuesten Werke der deutschen Zoologiegeschichte, mit der Ge-
360 Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
schichte der Zoologie von J. V. Carus. Hierzu liegen mehrfache
Gründe vor. Der Zoologe, der sich gegenwärtig zum Studium
der Geschichte seiner Wissenschaft entschlieBt, wird zuerst nach
diesem Werk greifen. Vielleicht berücksichtigt er dabei gerne
Erfahrungen, die im gleichen Falle ein Fachgenosse seit einem
Jahrzehnt gesammelt hat. Ich habe es vorgezogen, nicht mit den
altesten Versuchen der Biologiegeschichte zu beginnen. Die
Meinung, daß die Geschichte nur insofern von Belang sei, als wir
ihre Spuren in der gegenwärtigen Wissenschaft wiederfinden, ist
zu banal, als daß sie mich bestimmen könnte, zu glauben, das
neueste Werk müsse, weil es das letzte sei, auch vor den übrigen
den Vorrang einnehmen. Dagegen bestimmt mich eine Erfahrung
unseres zoologischen Forschungsbereiches dazu, die Entwickelung
der Biologiegeschichte inumgekehrter Richtung zu verfolgen. Wissen
wir doch alle, daß ein ontogenetischer Prozeß von uns ganz anders
erfaßt wird, wenn wir von dem letzten Stadium, womöglich der
ausgewachsenen Form des Wesens rückwärts nach den einfacheren
Zuständen hin untersuchend vordringen. Ein weiterer Grund, mit
der Carus’schen Geschichte zu beginnen, ist der, daß dieses Werk
allein den Versuch macht, den Bereich der zoologischen Wissen-
schaft in möglichster Breite zu umspannen, wozu die enzyklo-
pädisch veranlagte Natur des Verfassers ihn geradezu prädestinierte.
Man mag also auch die nachfolgenden Ausführungen zum Teil
als Kommentar zu jenem Werk, zum Teil als eine verspätete
Kritik betrachten.
I. J. V. Carus, Geschichte der Zoologie 1872.
Die Geschichte der Zoologie von Carus ist nicht als selb-
ständiges, lediglich den Absichten des Autors entsprungenes und
durch sie bestimmtes Werk zustande gekommen, sie ist der
zwölfte Band der Geschichte der Wissenschaften in Deutschland,
welche unter Anregung L. von Ranke’s ,,auf Veranlassung
und mit Unterstützung Sr. Majestät des Königs von Bayern
Maximilians II durch die historische Kommission der Kgl. Aka-
demie der Wissenschaften“ herausgegeben wurde. Plan, Umfang
und besondere Berücksichtigung der deutschen Wissenschaft waren
vorgezeichnet; ebenso sollte das Altertum zurücktreten. Bei all
diesen Restriktionen hat Carus sich bemüht, der Zoologie-
geschichte einen prinzipiell hohen Standpunkt zu wahren. „Die
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 361
moderne Naturforschung hat sich bis jetzt einer historischen Be-
handlung ihrer eigenen Vorzeit wenig geneigt gezeigt. Wie ihr
aber das Bewußtsein, daß sie nur eine Entwickelungsstufe in dem Fort-
gange der betreffenden Ideen darstellt, den direkten Vorteil bringt,
daß sie diese wie früheren Keimen entsprungen, so auch weiterer
Ausbildung fähig erkennt und daß sie durch Einsicht in das Ent-
wickelungsgesetz derselben zu weiteren Schritten geführt wird,
so würde mancher Streit mit anderen Geistesrichtungen eine
mildere Form annehmen, wenn der von der anderen Seite so
scharf betonten Notwendigkeit einer Pflege idealistischer Bedürf-
nisse durch geschichtliche Untersuchungen Rechnung getragen
würde, welche ja sowohl durch die Methode als auch durch die
zu erlangenden Resultate jenem Zuge zum Idealismus so aus-
nehmend Vorschub leisten. Wie hier der Geschichte im allge-
meinen wohl einst noch eine weitere Rolle zufallen dürfte, so
sollen die den geistigen Fortschritt so wesentlich mitbestimmen-
den Naturwissenschaften zeigen, daß sie außer durch ihren posi-
tiven Inhalt auch durch die Behandlungsweise ihrer eigenen Ent-
wickelung fördernd auf die Entwickelung der Kultur zu wirken
imstande sind“ (Vorwort).
Carus verlangt also Verständnis für die Entwickelung der
eigenen Wissenschaft im Dienste dieser selbst, und damit auch
im Dienste höherer ethischer Absichten. Es wird zum Schlusse
unserer Betrachtung noch einmal auf diesen Standpunkt zurück-
zukommen sein. Gehen wir vorerst auf den Inhalt seines Buches
ein. An einer obersten Gliederung in Altertum, Mittelalter und
Neuzeit wie sie Carus wählt, wird man in der Zoologiegeschichte
am allerwenigsten rütteln wollen ; ist doch bekannt genug, wie eng
die Umgrenzung dieser Perioden mit dem Verhältnis des Menschen
zur Lebeweltund somit auch zu deren wissenschaftlichen Erforschung
in Beziehung steht. Etwas anders steht es aber mit der Gliederung
des Abschnittes bei Carus, der die „Einleitung“ (p. 1—8) und
die zoologischen Kenntnisse des Altertums (p. 9—95) umfaßt.
Diese zwei Abschnitte sind so gegliedert, daß der Zoologe sich
durch die ersten 25 Seiten höchstens dann nicht wird abschrecken
lassen, tiefer zu dringen, wenn ihn der Reiz der Neuheit erfaßt.
Die Einleitung enthält eine, wie auch das Zitat von Whewell
dartut, offenbar unter dem Eintluß englisch realistischer Welt-
und Geschichtskonstruktion entstandene deduktive Behandlung
des Problems von der Entstehung einer wissenschaftlichen Zoologie
902°. Bur ckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
. Nicht ganz neu übrigens; denn schon Buffon hat ein ähnliches
Kapitel. So lesbar diese Einleitung auch geschrieben ist, so ist
sie zunächst eitel Poesie, beruhend auf spekulativen Deduktionen,
nicht auf äußeren Erfahrungstatsachen. Dasselbe gilt für. den
nachfolgenden Teilabschnitt des Altertums, der die Urzeit be-
handelt und der zum Teil mit der Einleitung zusammengehört
hätte, insofern er nämlich Hypothesen über die Vorgeschichte
der Zoologie formuliert, zum Teil aber überhaupt nicht in ein
Buch gehört hätte, das sich über so viel wichtigere Gebiete der
Zoologiegeschichte der größten Kürze befleißigen mußte Der
ganze Abschnitt (sprachliche Begründung der Tierkenntnis) hat
mit der Geschichte der Zoologie sozusagen nichts zu tun, so
interessant er auch vom Standpunkt der Sprach- und Völker-
geschichte ist. Denn wenn ja auch untersucht werden kann,
welche Vorstellung dieses oder jenes Urvolk von diesem oder
jenem Tier mag gehabt haben, so ist doch die Feststellung einer
solchen Tatsache kaum dazu angetan, für die Zoologie von ge-
schichtlicher Bedeutung zu werden. Man wird nicht irre gehen,
wenn man annimmt, daß an der Ausdehnung dieses Vorstellungs-
kreises der Einfluß Max Müller’s, Ruskin’s und anderer Ur-
geschichtsforscher Schuld gewesen sein mag, sowie eine besondere
Vorliebe für diese Themata bei Carus selbst, da seine Ausfüh-
rungen doch gerade in diesen Kapiteln mit einem so reichen
Zitatenschatz belegt sind, wie kaum an anderen Stellen. Dasselbe gilt
für den Abschnitt 2 (Eintritt der Tiere in den religiösen Vor-
stellungskreis) und 3 (Alter und Verbreitung der Tierfabel).
Abgesehen von alledem setzt diesen Abschnitt in Nachteil, daß
das der gesamten „Urzeit“ zugrunde liegende Material wohl am
raschesten von allem veraltet ist. Auch der Abschnitt 4 (Schrift-
quellen der vorklassischen Zeit) setzt sich aus einigen spekulativen
Konstruktionen und spärlichem Material zusammen. Auf Grund
heutiger Quellen würde hier eine Erweiterung möglich sein, die
diese Ausführungen nicht mehr annehmbar erscheinen ließen, auch
wenn es sich vorwiegend nur um Feststellung der Tierkenntnis
bei den vorgriechischen Völkern handelte. Was wir über all
jene Zeiten und ihre Zoologie wissen und vermuten, liegt jedenfalls
näher beisammen, als die Zoologie eines einzigen alten Volkes,
nur die Ägypter vielleicht ausgenommen, und die hellenische.
Carus hat die antike Zoologie auf 70 folgenden Seiten
kondensiert. Daß bei diesem geringen Umfang eine auch nur
Burckhardt, Zur Geschichte und Kıitik der biologie-historischen Literatur. 3 63
aphoristische Behandlung des Gegenstandes unmöglich war, ver-
steht sich von selbst. Eine solche Kondensation würden erst lange
Vorarbeiten bis zu einem gewissen Grade zulassen. Carus aber
war weder mit den vorhandenen Vorarbeiten hinreichend ver-
traut, noch mit den Quellen. Sollte es sich daher Jemand ein-
fallen lassen, jetzt noch diesen Abschnitt etwa bei einer Vorlesung
über Geschichte der Zoologie zugrunde legen zu wollen, so
könnten wir uns nicht mehr vorstellen, wie er die spätere Ent-
wickelung der Zoologie auf dieser Grundlage aufbauen wollte.
Es soll damit natürlich den durch äußere Umstände gebundenen
Autor nicht der Schatten eines Vorwurfs treffen. Für ihn, da
er die Zoologie der Neuzeit vornehmlich in Deutschland zu
schildern hatte, konnte hier nicht erst ein über Jahre auszudehnen-
des Studium der antiken Naturforschung und Philosophie der
Abfassung seines Werkes vorangehen. Aber die Haltung des
ganzen Abschnittes beweist auch, daß ein solches Studium nicht
vorausgegangen ist. Infolge der Kürze der ganzen Zoologie des
klassischen Altertums sieht sich nun aber Carus genötigt, seine
Unterabschnitte generell zu verteilen, nicht individuell. Dieses
Verfahren verträgt aber gerade die Zoologie des klassischen Alter-
tums absolut nicht. Das geht an, wo die Personen völlig hinter
dem Stoff verschwinden, also etwa in der Scholastik oder in der
französischen Zoologie nach Cuvier oder in der mechanistischen
Physiologie des ausgehenden XIX. Jahrhunderts, wo die Person
der einzelnen Vertreter des Faches so völlig objektiviert auftritt,
daß sie nur als Paradigma einer Idee in Betracht kommt. Im
Altertum, insbesondere in seiner klassischen Zeit und mit einer
Person von dem einheitlichen Gepräge des Aristoteles läßt
sich nicht so verfahren. |
Eine Einleitung über das klassische Altertum beginnt mit
zwei Seiten von geradezu klassischer Fassung (p. 26—28). Nach-
dem dem Autor Aristoteles schnell dazwischen gefallen ist,
um als Gründer der Zoologie bezeichnet zu werden, dessen
Schriften später zu würdigen seien, ist von den Hilfsmitteln der
Beobachtung die Rede. Carus folgt hier ganz Whewell und
den englischen Logikern in der Abschätzung der Methodik, als
welche ihm ausschließlich Beobachtung und Experiment gelten.
Der Abschnitt über Kenntnis der alten bekannten Tierformen
hätte sich wohl besser mit dem kurzen Abschnitt 4 (Ansichten
über das Verhältnis der Tiere zur Erdoberfläche) verschmelzen
364 Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
lassen. In Abschnitt 2 (Kenntnis des tierischen Baues), wird die
antike Zootomie verarbeitet. Was die Vorsokratiker betrifft, so
wird man sich heute lieber an die tiefgründige und umsichtige
Darstellung von Gomperz (Griechische Denker Bd. I) halten,
wo die Tatsachen größeren Zusammenhängen eingegliedert, eine
andere Beleuchtung erfahren, als bei Carus. Am schwächsten
ist das, was Carus über die Hippokratiker berichtet; hier wäre
sein apodiktisches Urteil nach neueren Forschungen total abzu-
ändern. Auch in der Behandlung Plato’s zeigt sich ein Fehler,
vor dem bei geschichtlicher Betrachtung unserer Wissenschaft
und jeder anderen ebenso nicht genug gewarnt werden kann.
Wenn wir nämlich auf Ansichten über die organische Natur
stoßen, wie sie im Timaeus niedergelegt sind, Ansichten, die in
ihrer Fassung mit unserer heutigen nicht die geringste Ähnlich-
keit haben, ihnen vielmehr diametral entgegenlaufen und von
völliger Unkenntnis der Wirklichkeit zeugen, so darf die Bedeu-
tungslosigkeit dieser Ansichten für die unsrigen wohl zugegeben
werden. Sind sieaberauchfürdie Zoologie bedeutungs-
los, sosind siees nicht für die Zoologiegeschichte. Für
diese haben sie vielmehr den Wert fast reiner Experimente. Denn
mit unverhohlener, typischer Deutlichkeit zeigen sie uns die Miß-
bildung einer Biologie, aus der die Kenntnis und die induktive Be-
handlung der organischen Naturwissenschaft verschwunden ist.
Diese Erscheinung wiederholt sich in der Geschichte der Wissen-
schaft so und so oft und lauft auch immer wieder unter den
gleichen Symptomen ab. Wie wir aber in der organischen Natur
selbst den Riickbildungserscheinungen und den rudimentàren Or-
ganen vermehrte Aufmerksamkeit schenken, seit wir sie genetisch
erfassen, so sollten wir es auch mit dem Organismus unserer Ge-
schichte halten, wo wir, genau wie innerhalb der Phylogenie,
nicht bloß Zustände mit Zuständen, sondern Prozesse mit Prozessen
vergleichen, wenn immer es das Erfahrungsmaterial zuläßt.
Aristoteles widmet Carus zehn Seiten unter Berufung
darauf, daß seine „Bedeutung für die geistige Entwickelung der
Menschheit“ von anderen bereits in trefflicher Weise gegeben sei.
Es spricht aus diesem Urteil etwas von dem Überdruß, den
die Literatur über den Zoologen Aristoteles Carus mag einge-
Nößt haben. Unser Historiker schrieb am Ende einer Periode,
die reich an Arbeiten über Aristoteles gewesen war. Unter dem
Einfluß von Brandis, Trendelenburg, Joh. Müller waren
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 365
außer zahlreichen Schriften, die einzelne Fragen behandelten, eine
Reihe von Bearbeitungen der aristotelischen Zoologie unternommen
worden, die in den Ausgaben von Titze (Teile der Tiere), Au-
bert und Wimmer (Zeugungsgeschichte und Tiergeschichte)
sowie in dem kritischen Werke von J. B. Meyer einen ge-
wissen Abschluß gefunden hatten, nicht zuletzt in dem nur mit
größter Vorsicht zu gebrauchenden Buche des englischen Rea.
listen Lewes, das Carus ins Deutsche übersetzt hatte, ehe er
seine Geschichte der Zoologie schrieb. Einen beschränkten Teil
der aristotelisch zoologischen Literatur zitiert denn auch Carus;
aber man kann sich daraus, sowie aus dem Texte selbst des Ein-
drucks nicht erwehren, daß ein Quellenstudium der aristotelischen
Schriften der Abfassung dieses Abschnittes nicht vorangegangen
sei, da er in Haltung und Inhalt nicht eine Vergleichung von
Aristoteles’ Schriften mit dem Stande zoologischen Wissens um
1870 vorstellt.
Ein weiterer Beweis dafür, daß Carus Aristoteles nicht
aus den Quellen kannte, mag darin erblickt werden, daß er als
eines von drei Merkmalen für den bahnbrechenden Charakter
von Ray’s Arbeiten (p. 431) aufführt die vorwaltende Berück-
sichtigung der Anatomie als Grundlage der Klassifikation, wäh-
rend er doch selbst dieses Verdienst p. 72 Aristoteles zuge-
schrieben hatte; ferner, daß er Caesalpin den Ausspruch zu-
schreibt (p. 446) „alle Wissenschaft bestehe in der Zusammen-
Anmerkung. Als Antwort auf meinen Offenen Brief an Herrn
Brandes in Sachen Aristoteles hat der Berliner Journalist Mauthner in
Nr. 104 des „Berl. Tagebl.“ seinem Arger über mich und meine Zurückweisung
seines Zerrbildes von Aristoteles’ Biologie Luft gemacht. Dadurch daß
er hierbei nicht auf die Tatsachen eintritt, enthebt er mich jeder Discussion
des größten Teils seiner Erwiderung. Nur drei Punkte, die mich scheinbar
sachlich ins Unrecht setzen, bedürfen einer Richtigstellung: 1. Über die Be-
hauptung M’s., mir sei Aristoteles lieber als die Wahrheit, mag der urteilen,
welcher meine Schrift: „Das koische Tiersystem“ kennt. 2. M. will „ein Bei-
spiel geben von der Art, wie Herr Burckhardt Lewes und mich ins Un-
recht zu setzen sich bemüht und wie ehrlich er dabei verfahrt.“ Er behauptet,
ich verschwiege, „dass Aubert und Wimmer die Stelle für unecht er-
klären“, an der vom Herzknochen der Rinder die Rede ist. Die von ihm vorge-
brachten Argumente sind aber gänzlich hinfällig, da es A. und W. niemals
eingefallen ist, die Hauptstelle über den Herzknochen der Rinder (Zeugungs-
gesch. V 87) anzufechten. M. hat also wiederum eines ;,krassen Irrtumes“
sich überwiesen statt den Aristoteles. 3. Habe ich weder S. ı2, wie mir M.
unterstellt, noch sonst irgendwo mich über den Artbegriff bei Aristoteles aus-
gesprochen.
366 Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
stellung ähnlicher und der Trennung unähnlicher Dinge“; ferner,
daß er seine Behauptung, Wotton schließe an Aristoteles an
(p. 268), vollkommen unbegründet läßt, wogegen kaum verständ-
lich ist, warum er p. 207 und 208 den mittelalterlichen Über-
setzungen des Aristoteles große Ausführlichkeit widmet. Ein
weiterer Beleg folgt p. 17. Wie unmöglich es aber ist, Aristoteles
nach den logischen Normen zu beurteilen, wie sie Carus selbst in
seinem System der tierischen Morphologie vertreten hatte, beweist
die ganze Erörterung auf p. 70 (zweite Hälfte). Immerhin verdient
volle Anerkennung, daß Carus wenigstens sucht, Aristoteles
gerecht zu werden, wenn es ihm auch nicht entfernt gelungen ist.
Bei dem ungeheueren Einfluß auf den Entwickelungsgang der
Zoologie, den Carus ihm im ausgehenden Mittelalter und zu Be-
ginn der Neuzeit willig zuerkennt, ist es fast erstaunlich, daß er
in seinern Werke nicht auf ganze Kapitel verzichtet hat, die sich
doch mehr nur wie Liebhabereien eines Literarhistorikers lesen,
und daß er nicht vorgezogen hat, die Basis zu festigen, anstatt
solche Ornamente anzubringen. Diese Schwäche macht sich
aber auch im weiteren Verlauf geltend und läßt Carus oftmals
vermeintlich andere Autoren schief beurteilen, weil ihm die
Kenntnis des monumentalen Unterbaues bei Aristoteles fehlt.
Die wenigen Angaben über die alexandrinische Wissenschaft
entsprechen nicht mehr dem Stand der Kenntnisse und vollends
von einer Würdigung Galen’s kann kaum eine Rede sein. Auch
hier ist für Carus die Klippe geworden, daß er nicht zwischen
der zoologiehistorischen und der für die aktuelle Zoologie be-
stehenden Bedeutung des Autors zu scheiden vermag. Eine Cha-
rakteristik Galen’s gehört mit zum Verständnis des nachfolgenden
mehr als tausendjährigen Stillstandes. In Abschnitt (3 Versuche
zur Systematik) übersieht Carus, daß man im Altertum
weniger als jemals in der Neuzeit versucht war, als
Systematik bloß die Klassifikation der ganzen tieri-
schen Individuen aufzufassen. Wenn er daher dem sub-
tilen Ausbau der heutigen Klassifikation entgegenstellt, daß
im Altertum die Systematik „mehr oder weniger nichts anderes
ist, als ein Teil der angewandten Logik“, so übersieht er dabei,
daß bei dieser Anwendung der Logik im Altertum die Teile
und die Funktionen des Organismus in zwar noch primitiver,
aber immerhin viel harmonischerer Form neben der Klassifikation
der Gesamttiere in die biologische Systematik einbezogen wurden;
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 367
daß somit seine ganze Beurteilung von Systematik im allgemeinen
eine durchaus einseitig der Individualzoologie entsprechende ist.
Gerade ein Zoologiehistoriker aber müsste aus der Geschichte
lernen, daß neben der Tierklassifikation eine anatomische und eine
physiologische Systematik einhergeht und bei genauer Verfolgung
die wesentlichsten Merkmale für die Beurteilung der Zoologie
von einem höheren Standpunkte, von dem der Philosophiegeschichte
liefert.
Für die Beurteilung von Plinius gilt dasselbe, was über
Galen gesagt wurde und was auch außerdem über die Zoologie
der Genesis zu sagen wäre. Eine Zoologiegeschichte muß diesen
Erscheinungen die größte Beachtung schenken, nicht weil sie dem
Bilde, wie es die heutige Zoologie gibt, wesentlich positive Züge
einverleibt hätten, sondern weil sie für die Entwickelung der Zoo-
logie und zwar vorwiegend als Widerstände von so gewaltiger
geschichtlicher Wirkung gewesen sind. Nach alledem wirkt der
letzte Abschnitt über den Ausgang des Altertums, der zugestan-
denermaßen unter dem Einfluß der Lektüre von J. Burckhardt’s
Zeitalter Konstantins des Großen geschrieben ist, ungemein vor-
teilhaft und man wird, wie auch bei den einleitenden Kapiteln
nur bedauern, daß Carus nicht nach dieser erstmaligen wenig
glücklichen Fassung das Studium der antiken Zoologie nachträg-
lich wenigstens wieder aufgenommen und den Abschnitt umge-
arbeitet hat.
Der zweite Hauptabschnitt, die Zoologie des Mittelalters
reicht von p. 26—258. In Anbetracht der geringen Fortschritte
und im Verhältnis zu dem der antiken Zoologie gewidmeten
Raum ist er auffallend ausgedehnt. Die Periode des Stillstandes
bis zum ı2. Jahrhundert wird wiederum durch kulturhistorische
Betrachtungen eingeleitet. Ein längerer Exkurs ist dabei Bildung
und Unterricht gewidmet; doch werden die Bedingungen von
seiten der Medizin gar nicht erwähnt, die denn doch auch wie im
Altertum für die Entwickelung der Zoologie entscheidende sind.
Insbesondere hat es sich Carus entgehen lassen, das Studium
des Rückbildungsprozesses der Biologie, wie er sich in der Patri-
stik schrittweise verfolgen läßt, auch nur als Postulat für die
Zoologiegeschichte hinzustellen. Wenn dagegen der Physiologus
und seine Darstellung einen breiten Raum einnimmt, so spricht
daraus wiederum die Vorliebe von Carus zur literarisch-gram-
matischen Behandlungsweise. Hier führt er eine reiche Lite-
368 Burckhar dt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
ratur auf und diskutiert literarische Streitfragen, die fiir die spe-
zielle Physiologusforschung obschweben, die aber fiir die Ge-
schichte der Zoologie belanglos sind. Das Erscheinen des anti-
quarischen Katalogs, von M. Weg (Nr. 94), der die Carus’sche
Bibliothek enthält, bestätigt denn auch diese Vermutung.
Ahnliches ist von der Behandlung der Zoologie der Araber
zu sagen (p. 151—178). Ein Abschnitt, der seinen Wert behalten
wird, behandelt sodann die Erweiterung der speziellen Tierkennt-
nis ums XIII. Jahrhundert (p. 178—201). Selbstverstàndlich wird
auch er Zuwachs erfahren, aber kaum einen Zuwachs, der das
zoologiehistorische Urteil über diese Zeit wesentlich verändern
dürfte. In der anschließenden Schilderung des Erwachens der
wissenschaftlichen Kritik ist doch wohl der Schule von Salerno
noch nicht die Bedeutung zuerkannt, die wir heute für sie in
Anspruch nehmen müssen. Wenn sodann Mondinus nur kurz
Galen’s Nachtreter genannt und von der ganzen Entwickelung
der Bologneser Anatomie nichts gesagt wird, so steht dies in
keinem Vergleich zur Ausführlichkeit, womit z.B. Thomas von
Cantimpre geschildert wird. Insgesamt betrachtet erweist sich
der Abschnitt über das Mittelalter bei Carus als der wenigst
ausgeglichene. Es fehlen die nötigsten der Patristik zu entneh-
menden Grundlagen für die Beurteilung der mittelalterlichen Zoo-
logie, ebenso die Kenntnis der Medicohistorie des betreffenden Zeit-
raumes sowie der SchöpfungstheorienvonAugustinund Thomas.
Zu selbstandigen Abhandlungen sind der Abschnitt iber den
Physiologus, die arabische Literatur und die Tierkenntnis des
XIII Jahrhunderts ausgewachsen, denen sich eine literarhistorische
Skizze von Albert dem Großen, Vincent de Beauvais und Thomas
von Cantimpre anreiht.
Die Zoologie der neueren Zeit nimmt den größten Raum
in dem Carusschen Werke ein. Der Autor gliedert sie in drei
Perioden, deren jeder er ein Stichwort gibt: eine der encyklo-
pädischen Darstellungen, eine der Systematik und eine
der Morphologie; jede wird mit einer allgemeinen Charakteristik
des Zeitraums eingeleitet. Es ließe sich zuerst fragen, inwiefern
diese Beziehungen begründet seien. Logisch sicherlich nicht; denn
welcher Gegensatz, oder noch schärfer, welche Kontinuität ergibt
sich aus ihrer Reihenfolge? Das entscheidende Moment für eine
solche oberste Gliederung dürfte nur ein philosophisches sein.
Es ergibt sich aus der Frage: wie verhält sich der forschende
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 369
Mensch zu dem zu erforschenden Objekt. Allumfassung, Ordnung,
Form besagen das nicht; andere Begriffe möchten denn doch
diesem Verhältnis besser entsprechen.
Zu Beginn der Neuzeit ist der in der Zoologie herrschende
Zug: Aufschließung und Eroberung der Mannigfaltig-
keit der Natur, Zuwachs an Kenntnis, daher auch Vorherrschen
der Individualzoologie, der Deskription. Dann erst folgt, übri-
gens aus großen philosophiegeschichtlich begründbaren Zusammen-
hängen heraus die Periode der Systematik mit der Physio-
gnomie: Beherrschung der Mannigfaltigkeit der Natur
durch Normierung mit Hilfe von Gattungsbegriffen, also von
der Einheit des menschlichen Denkens aus. Die dritte Periode
würde sich dann dadurch charakterisieren lassen, daß das Ob-
jektaus der realen Einheit seiner selbst herausgedeutet
wird und zwar in der Richtung der physiologischen Synthese
als mechanisch notwendige Daseinform und in der Richtung geneti-
scher Synthese als genetisch notwendige Daseinsform. Demnach
würden die Perioden nach dem Grade der Objektivierung des
Forschens aufzustellen sein. Dabei aber tiberschichtet jede neue
Periode die vorangehende, so daß in jedem Einzelfalle der Forscher
gewissermaßen die sämtlichen Grade von Objektivierung durch-
lauft oder, wenn man lieber will, die entsprechenden Grade von
Naivität ablegt. Auch ist bei einer solchen Einteilung zu beachten,
daß nicht der Anfangspunkt für eine der unterschiedenen Stufen
bezeichnend ist, sondern der Punkt, wo jede derselben zur Herr-
schaft gelangt, geschichtlich wird. Damit können wir die richtig
empfundene, aber falsch bezeichnete und gar nicht begründete
Einteilung der Neuzeit bei Carus belassen, verleihen ihr aber
eine sachgemäße Begründung.
Gleich die Einleitung zur „Periode der encyklopädischen Dar-
stellungen“ führt uns einen Mangel der bisherigen Geschichte
unserer Forschung vor Augen, den bisher kein Historiker zu
überwinden glücklich genug war. Die Unterscheidung und Coor-
dination: Zoologie und Botanik wird so sehr von frühester Zeit
an in unsere Köpfe getrichtert, daß es immer und immer wieder
nachdrücklichster Betonung bedurfte: für manche Fragen der Em-
pirie verschwinden die Verschiedenheiten von Pflanze und Tier
hinter der Gemeinsamkeit von Bau und Funktionen ihrer nie-
dersten Repräsentanten. Ja noch mehr: Hat nicht etwa ein großer —
Teil unserer gegenwärtigen Biologie die wesentlichen Grundlagen
370 Burckhar dt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
von der Botanik empfangen z. B. die Reizphysiologie und die
Biomechanik? Und was für die Empirie gilt, gilt noch in grö-
ßerem Maße für die Geschichte: Die Botanik ist der ur-
sprüngliche und geschichtlich bedeutungsvollste
Teilder Wissenschaft von den niederen Organismen.
An ihr bilden sich alsdann die Vorstellungen, für die wir heute
wohl eher das Substrat in den niederen Wirbellosen suchen.
Daher geht es denn nicht an, daß Botanik und Zoologie für
Geschichtsbetrachtung des Beginnes der Neuzeit in einem ge-
wissen Gegensatz gesetzt werden. Die Entwickelung der
Botanik und der Anatomie gehen vielmehr der der
Zoologie vorauf; ja diesseits der Alpen ist es wesentlich die
Vertiefung in die Form der Pflanze gewesen, die auch der Er-
fassung tierischer Formen vorarbeitete. Trennung in beide Dis-
ziplinen bestand ja auch in den älteren Werken des 16. Jahr-
hunderts gar nicht. Und später bildete sich der Begriffsapparat
der Systematik vorzugsweise an der Pflanzenwelt, man denke
an Caesalpin und Bauhin und durch diese logisch tiefere
Verarbeitung gelangte die Botanik wiederum an die Spitze der
Biologie.
Woher kam denn eigentlich der Schnitt, der Botanik und
Zoologie so scharf trennte, daß selbst ein Zoologiehistoriker wie
Carus sich nicht darüber hinwegsetzen kann? Die aristotelische
Auffassung von Pflanze und Tier wurde im Mittelalter in Schlag-
wörter umgepragt. Das Wort Linnes: die Steine wachsen, die
Pflanzen wachsen und ernähren sich, die Tiere wachsen, ernähren
sich und bewegen sich, ist scholastischen Ursprungs und
stammt in dieser Fassung von Hermolaus Barbarus.
Es ist der physiologische Maßstab des christlichen Mittelalters,
dem man also die scharfe Accentuierung dieses Gegensatzes
zwischen Pflanze und Tier verdankt; an Bemühungen, ihn auf
seinen richtigen Wert zurückzuführen, hat es ja neuerdings, wie
die Diskussionen um die Pflanzenseele und uın die Physiologie der
Pflanzenzelle lehren, nicht gefehlt... Solch eine gewaltsame Tren-
nung von Botanik und Zoologie läßt sich aber zuletzt für Ge-
schichtsbetrachtung aufrecht erhalten. Und neben der Botanik
war es die Anatomie des Menschen, von der aus die moderne
Biologie ihren Ursprung nahm. Was Carus hievon, nachdem die
Zoologie der Neuzeit bereits geschildert ist, auf p. 376—385 zu
berichten weiß, ist dürftig und zeigt nur wie wenig die stereotype
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. di
Einteilung: Zoologie und vergleichende Anatomie der Wirklich-
keit unserer Wissenschaftsgeschichte adaequat ist.
Die ganze Schwäche dieses Abschnittes tritt dann auch in
den allgemeinen Erörterungen über das gegenseitige Verhältnis der
zoologischen Teildisziplinen am deutlichsten hervor. Aber wir
greifen nochmals auf den zoologischen Teil zurück, um an einem
Beispiel darzutun, wie fatal für Carus die Unkenntnis der antiken
Zoologie wurde Won Jonston redend. p. 391 „erscheint zuerst
die Anordnung der Fische insofern logischer als bei Aldrovandi
als hier der Aufenthaltsort consequent nur in bezug auf die Wasser-
art zur Einteilung benutzt wird. Jonston gibt daher nur drei
Klassen: Seefische, Fische, welche sowohl im Meere als in den
Flüssen leben und Süfwasserfische. Die beiden Aldrovandi-
schen Klassen der um Felsen und am Strande lebenden Fische
werden hier nur zu Unterordnungen“. Hätte Carus die Hippo-
kratik, mit der er so rasch fertig war, gekannt, so hätte er ge-
funden, daß alle Fischklassifikation dort ihren Ausgangspunkt
nimmt und mit erstaunlicher Zähigkeit alle Wechselfälle der
Geschichte unserer Wissenschaft überdauert hat. Hier kommt
also weder Jonston’s noch Aldrovandis Wissenschaft in
Betracht, sondern wahrscheinlich Gattungsbegriffe, die diese
nicht einmal direkt aus der Hippokratik, sondern auf dem Um-
weg durch Galen kannten. Auf derselben Seite unten: „Auch
bei der Klassifikation der Vögel macht sich etwas mehr Con-
sequenz bemerkbar, da Jonston die Ernährung, Schwimm-
und Spaltfüßigkeit hervorhebt.“ Carus weiß nicht, daß diese
Einteilung uns schon bei Aristoteles entgegentritt. Ebenso mif-
lich kommt auch in der Beurteilung von Rondelet’s Verdiensten
um die Ichthyologie (p. 360— 369) zum Vorschein, daß sich Carus
von der Entwickelung dieses schwierigen Teiles unserer Systematik
keine rechte Vorstellung machen konnte. Auch die p. 370 aufge-
führte Unterscheidung in breite und runde Würmer ist uralt und über-
liefert hippokratisch. Ebenso die künstliche Brütung der Hühnchen,
die en ber Colter @ 370) aber aueh schon bei Abdallatır
(p. 161) erwähnt, ohne zu wissen, auf welche Quellen sie zurückgeht.
Es versteht sich von selbst, daß dieser ganze Abschnitt von
Carus eine reiche Fülle von interessanten Einzelheiten darbietet,
wenn er auch in bezug auf die oberste Gliederung und die Be-
urteilung des Verhältnisses der Zoologie zu den übrigen Wissen-
schaften nicht als geglückt darf bezeichnet werden.
Zool. Annalen. I. 25
372 Bure khardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
Die Periode der Systematik (p. 386—572) stellt die „tormellen
Hilfsmittel“ für wissenschaftliche Begründung fest. Wenn aber
Carus meint, die zoologischen Systeme seien im Verlauf dieser
Periode von „einzelnen Männern erfunden“ worden, so ist dies
eine ziemlich harmlose Auffassung und zwar sowohl der Ent-
wickelung der zoologischen Systematik, die dann auch im voran-
gehenden Abschnitt von Carus nicht entsprechend ihrer Ent-
wickelung dargestellt wird, weil ihm das Wiedererwachen des
philosophischen Aristotelismus entgangen ist, wie auch des ein-
heitlichen Zugs nach philosophischen und praktischenOrganisationen,
der die ganze Periode durchweht. Die zoologische Systematik istnur
eine Teilerscheinung in dieser Gesamtheit. Und endlich ist für
Carus noch immer zoologische Systematik gleichbedeutend mit
Klassifikation der Tiere. Die Fortbildung der auf Anatomie be-
gründeten physiologischen Systematik kümmert ihn nicht, wie
denn überhaupt weder das nötige logische Verständnis für die
Physiologie, noch die Kenntnis physiologischer Schriftsteller,
namentlich Haller’s, Carus hier geleitet hatte. 7 Daneben
tritt die ganze Remission der Biologie und ihre Imprägnation
mit Elementen anderer Wissenschaften nicht genügend zu-
tage. Verkümmert ist auch die ganze Darstellung der französi-
schen Physiologie und ihrer Vorbedingungen. Neben de Maillet
und Robinet waren Diderot und Maupertuis zu nennen und
die Behandlung Buffon’s verràt wenig Kenntnis seiner Werke.
Die starke Seite des Abschnittes ist die monographische Behand-
lung von Ray, Klein und Linné. |
Nur einige, speziell die deutsche Zoologie betreffende Mängel
seien hervorgehoben. Von Friedrich Blumenbach wird
p. 541 sein „durch große Schärfe und Klarheit sich auszeichnendes
Handbuch“ hervorgehoben. Bei genauerer Besichtigung der Dis-
position dieses Buches erweist es sich als ein Ausbund von
Konfusion. Bei Blumenbach taucht die Anthropologie plötz-
lich auf, es fehlt dagegen seine klassische Schrift über den Bil-
dungstrieb. Herder, der älteste und anregendste der deutschen
Genetiker und Kosmologen wird nicht erwähnt. Die Rudolphi’-
sche Biographie von Pallas war Carus nicht bekannt.
Als Periode der Morphologie rechnet Carus die Zeit von
der Blüte der französischen und dem Beginn der deutschen Natur-
philosophie bis zu Darwin. Wir haben bereits das entscheidende
Kriterium für diese Periode oben anders angegeben und zwar
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 373
so, daß auch der Darwinismus darin noch Platz hat. Wenn
Carus angibt p. 574 „Es ist der Charakter des hier noch zu
schildernden Zeitraums, daß die sichere Erkenntnis der tierischen
Gestaltungsgesetze zu der immer schärfer erkannten und immer
glücklicher bearbeiteten Aufgabe der Zoologie wurde“, so treten
damit die Prätensionen hervor, die er in seinem „System der
tierischen Morphologie“ vertrat. Die von anderen Forschern
neuerdings stets wiederholte Formulierung dieser Aufgabe, ver-
glichen mit den wirklichen Leistungen, sollte doch endlich
zum Bewußtsein bringen, wie sinnlos es ist, auf diese Weise
immer wieder der Zoologie Bahnen vorschreiben zu wollen, die
ihr nicht eigen sind. In der ganzen Einleitung dieses Ab-
schnittes steht kein Satz, gegen den sich nicht die schwersten
Einwände erheben ließen. Ähnliches hat für den Abschnitt
Naturphilosophie zu gelten. Eine der deutschen Naturforschung
jener Zeit würdige Darstellung dieses spezifisch deutschen
Stückes der Philosophiegeschichte ist auch heute noch ein pium
desiderium. Carus’ Darstellung ist gehalten, als ob er sich
seine ganze Opposition gegen Oken’sche Einflüsse, die, wer weiß
wie, in seinem Studiengang an ihn mögen herangetreten sein, vom
Leibe schreiben müßte. Dabei bleibt ihm Raum weder zu einer
sachgemäßen Wiedergabe der Oken’schen Naturphilosophie,
noch zu einer Würdigung der Verdienste eines Burdach oder
einer Erscheinung wie Gall, der als erster Genetiker des Nerven-
systems, als eine Figur von erzschwäbischer Konstitution und
eminenter historischer Bedeutung in einer deutschen Geschichte
der Zoologie nicht fehlen durfte. Daß Joh. Müller ohne vor-
aufgehende Kenntnis Haller’s und der französischen Physiologen
nicht wiedergegeben werden konnte, liegt auf der Hand. Der
beste Abschnitt der ganzen Periode dürfte in den „Fortschritter.
der Kenntnis einzelner Klassen“ p. 680—716 zu erblicken sein.
In einem weiteren Abschnitt würden wir unter der Überschrift:
Historische Zoologie p. 717—720 eine kurze Übersicht der Zoc-
logiegeschichte erwarten. Carus hat aber dabei nur gemeint:
antiquarische Angaben über Tiere, die in Schriften alter Zoologen
angetroffen werden. Auch eine klare Übersicht der von Carus
benützten zoologiehistorischen Literatur allgemeinerer Art fehlt
vollständig. Das vortreffliche bibliographische Hilfsmittel, die
Quellenkunde von Assmann wird nirgends zitiert, ebensowenig
Haller’s Bibliographieen; die geschichtlichen Werke von Spix,
25*
374 Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur.
Cuvier, Lewes nur in so unscheinbaren Anmerkungen, daß,
wer sie nicht kennt, sicher nicht darin wichtige Hilfsmittel er-
blicken wiirde, die denn doch auch ein Forscher, zumal, wenn
er sich national einschränken muß, angeben dürfte.
Man wird vielleicht unsere Kritik zu ausgedehnt finden und
zu wenig des Lobes darin. Daher sei hier ausdrücklich betont,
daß unsere Absicht war, das Buch, dessen Vorzüge besonders
in der Fasslichkeit und allseitig wechselnden Wiedergabe einer
Fülle von interessanten Tatsachen, dazu in meist gefälliger Form,
bestehen, zu ergänzen. Dabei mussten mehr die mangelhaften
Punkte, als die eo ipso anzuerkennenden betont werden. Carus
selbst würde es, wäre in seinem arbeitsreichen Lebenslauf ihm
Mufe dazu geblieben, überarbeitet und dabei Manches besser
wiedergegeben haben; das ist wohl kaum zu bezweifeln. Dass
er die Fehler seiner Zeit geteilt hat: die Tatsachen für das allein
Maßgebende in der Wissenschaft zu halten, die Gedankenstruktur
zu unterschätzen, die Zoologie mit Maßstäben der anorganischen
Naturforschung, Gesetzen, messen zu wollen, das muß doch gerade
der Historiker milde verstehen und damit verzeihen lernen. Bei
alledem bleibt Carus der einzige in seiner Zeit, der die Zoo-
logiegeschichte in möglichst umfangreicher Art in die Hand
genommen hat. Wenn dabei noch ganz persönliche Neigungen
zu gelehrter antiquarischer Geschichtsbetrachtung, Absichten
ethischer Art und Mitschwingen in den Tönen seiner Zeit,
dem Werk den Stempel nicht der letzten Wissenschaftlichkeit, die
erwünscht wäre, aufdriicken, so dürfen wir ihm schon deswegen
nicht gram sein, weil diese Symptome sich so unverhohlen selbst
darstellen. Andererseits sollte bei uns umso intensiver das Bewußt-
sein dafür rege werden, daß die Geschichte der Zoologie kein ab-
geschlossen vorliegendes Arbeitsgebiet ist, daß sie der Neubear-
beitung bedarf und ihrer wert ist, ja daß die Aufgabe, aus ihr
einen Zweig der Philosophiegeschichte zu formen, nur um so
dringender sich meldet. Aber auch für aile Arbeit auf zoologie-
historischem Gebiete kann die Petitio principii nicht scharf genug
hervorgehoben werden: Manarbeite nur nach den Quellen
selbst. Wahre Objektivität hat in dieser Richtums
bessene Gelesenheit, sich zu entialten, als wensee
darauf beharrt, gegenüber Jem subjektiven Gehalt,
ohne den die Wissenschaft überhaupt undenkbar
ist, sich blind zu stellen. In Wirklichkeit hindert die Pflege
Burckhardt, Zur Geschichte und Kritik der biologie-historischen Literatur. 375
und Vermehrung realer Facta nicht, daß auch der idealen Kon-
struktion volle Sorgfalt zuteil wurde. Ja erst die bewußte Hand-
habung der Methode verschafft uns die Freude, im Materialzu-
wachs nicht Ballast zu erblicken, sondern ein Substrat fir den
ordnenden und schaffenden Geist, einen Stoff, der dem Organismus
unserer Wissenschaft assimiliert, inm neue Kraft zuführt.
The earliest record of Filaria loa.)
By
Henry B. Ward.
arious authors have chronicled the existence of a drawing
representing the extraction of /7/arza loa in the sixteenth
ee i century, and have generally regarded it as the earliest
evidence of the occurrence of this parasite thus far noted. So far
as I have been able to find, the first reference to this illustration
occurs in Guyon (64:747) who refers to it as found in a book
printed in Frankfort in 1598; he says it is a plate intercalated in
a description of the Guinea Worm (Dracunculus medinensis) and
one of the scenes on it portrays the extraction of a Filaria from
the eye. This species is not named in the text; by virtue couts
location, however, it should be regarded as the form now called
Filaria loa, rather than as the Guinea worm. The original publi-
cation is said to be one translated from Italian into Latin by
C. Reinus under the title, „Vera descriptio regni africani, quod
tam ab incolis quam Lusitanis Congus appellatur“.
This record has been cited by many later authors, among
others notably by Manson, Moniez (96), and Blanchard (86),
but the most recent discussion of it is found in Blanchard (99),
who prints a copy of the ancient plate and says (p. 527):
„Le plus ancien document que nous possédons relativement
au Loa est une curieuse gravure publiée par Pigafetta, en 1598
(fig. 12). On y voit un personnage qui est en train de s’extirper
une Filaire de Médine; un autre Ver, déjà en partie enroulé sur
un bàton, sort de sa jambe droite. Un autre personnage subit
1) Studies from the Zoological Laboratory, The University of Nebraska, Lincoln,
under the direction of Henry B. Ward, No. 61.
2 Ward, The earliest record of Filaria loa. a,
une operation qui consiste evidemment a exstirper la Filaire sous-
conjonctivale. Cette gravure peu connue a été reproduite par Jean-
Hugues de Linscot, dans le récit de son voyage aux Indes, et
interprétée par lui comme représentant la manière dont, à Ormuz,
on a coutume de crever les yeux aux parents du roi. Mais cette
interpretation fantaisiste ne saurait nous. arrêter, puisque nous
savons que la gravure en question a été publiée pour la première
fois dans une description du Congo: elle ne peut s’appliquer a
autre chose qu’au Loa, bien que le texte soit muet a cet égard,
et cette opinion est précisément corroborée par ce fait, que l’un
des individus représentés est atteint de dracontiase.
„Ainsi se trouve etablie d’une facon indiscutable l’existence
du Loa sur la côte occidentale d’Afrique a la fin du X VIF siècle,
exactement un siècle après la découverte de l'Amérique, à une
epoque où la traite des noirs n’avait pas encore commence. Cette
constatation est importante, puisqu'elle vient confirmer la demon-
stration que nous avons donnée autrefois de l’origine africaine de
tous les cas de Loa observés en Amérique.‘
This shrewd analysis and appropriate explanation of the scene
met my own full approval and in a recent paper I cited it as an
established fact. During the past summer the occasion of a visit
to Europe enabled me to undertake the completion of a long
unfinished bibliography on /ilarza loa which was intended to
accompany the record of an American case of this parasite. As
this demanded a personal examination of every article in which
Filaria loa was noted, it was natural that the oldest record should
also come under scrutiny and to my great astonishment the plate
was not present in the first copy of the work examined. After
much labor an examination was made of every copy of this publi-
cation in the library of the British Museum, London, as well as
in the Bibliotheque Nationale, Paris, and the results of this study
are given in the following paragraphs.
Francesco Antonio Pigafetta, an Italian explorer and historian,
accompanied Magellan on his circumnavigation of the world in
1519—23, and is the principal authority on this voyage. He died,
however, about 1534, and among his works I fail to find any which
corresponds to that in question. The real author was a Dutch
doctor known as J. H. van Lindschoten, or Jean Linscot, as the
name is variously written.
The editions of this work are exceedingly numerous and
378 | Ward, The earliest record of Filaria loa. 3
disclose so many changes that it is difficult to secure any clear
© idea of their number and relation to each other. The learned
LE
=
% #53 id
Holland bibliographer, P. A. Thiele, librarian of the University
of Leyden, published in 1867 an extended list of them with others
4 Ward, The earliest record of Filaria loa. 379
under the title: Mémoire bibliographique sur les journaux des
navigateurs Néerlandais.
On page 3 he lists De Bry’s ,,Petits Voyages en Orient
1598--1628“ as follows:
I. Description du pays de Congo par Ed. Lopez.
Voyages aux côtes de l’Afrique par Sam. Braun.
II. Voyage en Orient de Jan Huygen van Linschoten. I° partie.
III Méme voyage, 2° partie.
Premier voyage des Hollandais en Orient, sous C. Houtman.
Description de trois voyages au Nord, par Ger. de Veer.
IV. Voyages en Orient de Linschoten, 3° partie, etc.
On page 83 he adds a detailed description under ,,B. Col-
lection des Petits Voyages de de Bry. 1. Voyages en Orient de
Jan Huygen van Linschoten.“ The plates are listed under letters
a, b, c, d, etc., and the bibliographer notes especially that they
lack numerals. The plate under consideration is not listed among
those found in this work; it should be noted, moreover, that it
bears a number (6) and has no evidence of a letter anywhere on
its surface.
The edition of the De Brys work, bound under the title ,,India
orientalis* which I first secured in London, bore the following
title page:
Pigafetta, Philippum. Regnum / Congo / hoc est. Vera
descri/ptio regni afri/cani, quod tam ab in/colis quam lusitanis /
Congus appellatur. / Per / Philippum Pigafettam, / olim ex Edoardi
Lopez acroamatis / lingua Italica excerpta; nunc Latio / sermone
donata ab / Avgvst. Cassiod. Reinio. / Iconibus et imaginibus rerum
memorabilium quasi / viuis, opera et industria Ioan. Theodor. et
Ioan, / Israelis de Bry fratrum, etc. exornata. / Francofvrti /
Excudebat Volffgangus Richter, impen/sis lo. Theo. & Io. Israel.
desbry, trata ,M. D =XCVIEL
Ihis work I examined in detail and with great care; there
is in the text no mention whatever of worms and no plate such
as has been cited and copied. The work has an appendix with
the following title:
„Lcones quibus ad maiorem lectoris recreationem primus
Lusitanorum cum rege congressus, incolarum arma et instrumenta
bellica, vestes tam foemineze quam viriles, & aliquorum animalium
forme, quasi ad vivum proponuntur.
In es incise per Johannem Theodorum et Johannem Israelem
380 Ward, The earliest record of Filaria loa. 5
de Bry, fratres et cives Francofortenses. Francoforti [as on title
page to date incl.“ 3
This contains 14 plates and the explanation of each; but no
one of them bears the least resemblance to that under consideration.
The second part of this volume, which in the copy noted
is bound in the same cover but appears distinctly as an inde-
pendent work, has its individual title page which reads as follows:
II. Pars / Indiae orientalis, / in qua / Johan. Hvgonis Lint-
scotani / Navigatio in Orientem, item regna, littora, portus, flumi-
/ na, apparentiae, habitus moresque, Indonum & Lusitano- / rum
pariter in Oriente degentium; præterea merces, mo- /netae, men-
surae / & pondera, quae quibus in locis, quove / compendio pro-
stent, accurate proponuntur. Ea Lint- / scotus ipse spectator atg;.
autor primum vernaculi sibi / idiomate Belgice in publicum dedit:
Deinde superioribus / Germanis Germanice, & nunc Latinis item
auribus / Latine utcumq; reddita enunciauit / Tevcrides Annavs
Lonicervs pri / uatus, Civis Francfordiensis. / Opus et nauigantibus
et mercatoribus Historiarumque / studiosis apprime vtile. / Addita
sunt passim D. Paludani Annotationes; item icones, artificio / se
in arte facta per Ioh. Theodorum, et Ioh. Israelem de Bry, / fratres,
quorum sumptibus opus ipsum recens / iterum foras datum. /
Francofordii, | Ex officina Wolffgangi Richteri. / M. D. XCIX.
On page 26 of this work one may read ,, Caput VIII Ar-
musium, quod Insula est et Ciuitatis nomen, hoc capite describi-
tur“. Thereupon follows an account of the native custom on the
accession of a new king of putting out the eyes of all male rela-
tives, and later on in the chapter a description of the worms which
infest the inhabitants and are thought to come through drinking
water. This second part has also an appendix which is entitled:
»lcones vivae, verae et genuinae nationum, gentiumque om-
nium, quotquot accolunt ad oram maritimam, quae a gadibus
usque in Indiam orientalem & inde ad Chinarum usque regnum
continuate ductu pertingit, additis eorundem ceremoniis moribusq;
ita expressis, ut coram spectari credas. Expressi sunt et habitus
moresg, quibus tum ipsi Lusitani, tum uxores et mancipia eorum
hodie in India utuntur. Omnia elaboratissime scitissimeque in zere
representata, opera studiorum que Io. Theodori et Io. Israelis
de Bry fratrum.“ [The bottom lines are as before.] |
The plates given include many which are merely reprinted
from the Icones of the first part, but a number of new illustra-
6 Ward, The earliest record of Filaria loa, 381
tions have also been added. Here one finds for the first time the
plate under discussion. Plate VI. „Quo modo incolae Armusij
noctu in lintribus dormiant et de propinquis regum excaecandis.“
Some interesting facts appear from a study of the earliest
edition which is written in Dutch and has 1596 as the date of
publication. In „Dat 6. Capittel. Van’t Eylandt ende Stadt van
Ormus,“ the text includes the same statements regarding blinding
the eyes of the kings relation and later on concerning the plague
of worms: but there is no plate corresponding to Pl. VI of the
edition of 1599 and no illustration at all including any of the data
of this chapter numbered sixth in this the original edition and
eight in the edition of 1599.
The corresponding edition in French is dated 1610 in the
copy examined; in this in due order is „Ch. VI. Description de
l'Isle et Cité d’Ormuz“ which is apparently an identical translation
of the text of the Latin edition and noticeably shorter than the
verbose form of the English edition. It has at page 18 an account
of the custom of putting out the eyes of the king’s male relatives.
At the bottom of page 21 is described the ,,Maladie de vers or-
dinaire a Ormuz“ and the top half of page 22 contains the plate
reproduced by Blanchard. It is not numbered but bears a title
»Portrait de la maniére de crever les yeux aux parents du Roy
en VIsle d’Ormuz, et d'autres choses remarques en ce Chapitre“.
The plate bears in its lower left hand corner the arabic numeral
„6“, which shows it to be probably the same plate as that used
in the earlier Latin edition with which it also agrees in other
details. This numeral is lacking from Blanchard’s copy so the
latter may have been reproduced from another edition, but the
two are identical otherwise and Blanchard quotes in his text the
title as given above, while he also cites this edition without further
comment in the bibliographic index of his paper.
I saw also in Paris a reasonably identical German edition
of 1598 which has this same chapter and plate. The latter bears
the title „Wie die Inwohner in Ormus schlafen, und der König
seiné Verwandten des Gesichts beraube“ The description of the
terrible worms resembles closely the text of earlier editions, but
adds just before the plate ,Seind aber zweiffels ohn ein sonder-
bare Straff Gottes“. The identical plate is used also in another
paper in the same volume: ,,Anhangs der Beschreibung des König-
reichs Congo, Inhaltend Fünff Schiffarten Samuel Brauns. Ge»
382 | Ward, The earliest record of Filaria loa. 7
druckt zu Franckfurt am Mayn bey Caspar Rôteln. M. D.C. XXV.«
This repetition demonstrates its attractive and useful character.
In addition to these editions it is necessary to mention only
the well known English reprint under the date of 1885 in the
series of Hakluyt Voyages. This reprint is much more accessible
than the original of which it is a faithful copy with most valuable
annotations. From this I may cite verbatim the text pertaining
to the matters under discussion (p. 46):
„Ch. VI. Of the Island and Towne of Ormus.“ „And there
they have a common custome, that he which is King doth pre-
sently cause al his brethren and his kinsmen of the Male kinde
to have their eyes put forth?) which done they are all richly
maintained during their lives for that there is a law in Ormus,
that no blinde man may bee their king over them.“
Later in the same chapter one finds (p. 52), ,, here is im
Ormus a sicknesse or common Plague of Wormes®), which growe
in their legges, it is thought that they proceede of the water that
they drink.“ There is no mention whatever of such worms occur-
ring in the eyes.
From the preceeding it appears clear thatthe plate in question
is taken not from the account of Pigafetta’s voyage to the Congo
region as Blanchard believed, but first occurs in van Linschoten’s
voyage to the East Indies. Even here it is not found in the ori-
ginal edition but is added to the later reprints only. The critics
already cited incline to regard it purely as a product of the fer-
tile imagination of the De Brys in spite of the vigorous state-
ments of these brothers on the title pages of the „Icones“ regar-
ding the accuracy of their representations. My own study of the
plate seemed to yield internal evidence of some more extended
knowledge on the part of the artist while at the same time it
gave further proof of the impossibility of interpreting the plate
as suggesting an eye worm. This accords fully with the results
(Footnote) 2) ,,Teixera (1610) says it is a practice DEE Barbosa mentions
this pa ps z about 1516: £ pa a The De Bry edition of Lindschoten has an imaginary
plate, VI, which includes this.“
(Footnote) 6) „I. e. the socalled Guinea worms common in the tropics. The
De Brys give a very imaginary plate to explain this and other matters related of
Ormuz, viz., the troughs of water in which people were obliged to sleep on account
of the heat, and the blinding of the King’s relatives. This plate is not in the original
Dutch edition of 1596," etc.
8 Ward, The earliest record of Filaria loa. 383
of the study of the text which contains no hint of worms in the
eye, but fer contra confines them to the legs, while it explains
minutely the custom of putting out the sight of the king’s rela-
tives. In these particulars all editions agree fully.
The artist must have relied upon some description, written
or verbal, much more extensive than the very general account of
the worms given in the text, for he portrays with some accuracy
the gradual rolling of the Guinea Worm on a split stick, indi-
cating not only the active process but the custom reported by
later authors of pausing occasionally during the extraction of the
parasite and permitting the worm to relax before proceeding
further. Thus while he winds at one specimen, another worm
half extracted hangs from the other leg.
This representation of dracontiasis is urged by Blanchard
in support of his views regarding the other figures in the plate;
but it seems rather to militate against the explanation he gives
since the best authorities contend that the Guinea Worm and
Filaria loa do not both occur in the same territory. Now the
island of Ormus lies at the entrance to the Persian Gulf, within
the limits ordinarily accorded to Dracunculus medinensis but far
removed from the home of /7/aria loa. Furthermore the person
whose eyes are being treated is under evident restraint and mani-
fests too great resistance and pain for one undergoing a simple
operation for the removal of /7/arza loa which is also described
by later authors as but little painful. In the plate just behind
this group one sees a figure as of a blind man led away by two
attendants, a further detail in accord with the text and the ori-
ginal inscription of the plate. The room at the left of the plate
represents the supposed method of sleeping in tubs of water
during hot weather. The figure at the extreme right has too
much the appearance of a North American Indian to belong
properly in such a plate.
In view of this discussion it may fairly be maintained that
the internal evidence also is irreconcilable with the thory of Guyon,
Manson and Blanchard. Neither the account of this voyage nor
the questionable plate can stand as a record of Filarza loa, but
only for Dracunculus medinensis. The earliest record of 7: loa
becomes then that of Mongin (1770) nearly two centuries later.
384 Ward, The earliest record of Filaria loa. 9
. Literature cited.
Blanchard, R. |
86. La Filaire sous-conjonctivale (Filaria loa Guyot). >=
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| Dr. eis Coi o
‘ anew und a an der Universitàt t Lemberg,
Preis: brosch. M. 15.— a M. 1725 n ax
es Centralblatt Mess IV. 1901: ++ + aber die Forderung, mikroskop. eh die! dee
mitteln moderner Technik "hergestellt sind, ‘mit allen Einzelheiten naturwahr und zugleich mit ‘der
Jarheit, Wie. ‘sie. ‘ein Lehrbuch. fordert, darzustellen und nur mit solchen Abbildungen ein reich illustriertes Lehr-
zu einem üblic en Preise auszustatten, ist wohl mit dem hier angezeigten Werk zum erstenmale erfüllt...
| Hie: sind. ‚anschauliche Klarbeit, überzeugende Naturwahrheit auch der kleinsten Einzelheiten und :
tierische wo ithuende Weichheit i in einer Weise verbunden, die sich wohl nicht übertreffen ae
xt des Lehrbuches ist diesen vortrefflichen Hlustrationen würdig...“ $
ale Monatsschrift für Anatomie und Physiologie“: lee Hiervon‘.
gesehen st die © “schwie rige Gegenüberstellung kontroverser Ansichten zumeist sehr klar und ice 3
. + « In der That wird demselben (dem Studierenden) das schwierige Studium durch die Klarheit . ae 5
ung, die Vortrefflichkeit der zum Teil farbigen eee und Sores = (A laatine,: Sh Pak
und Papier anlangt, WA erleichtert? cada 4 ARE | INTE SET
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cl ultze, 05; Entwickelung. und Bedeutung der Ora s
‘| Tafel und 3 Textfiguren. (Sep.-Ausg. M. 2.)
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Era (Sep „Ausg, ‘M — 80)
,, Ein Beitrag zur Anatomie des st ARE
“6 "Textfiguren. und 1 lithogr. Tafel. (Sep.-Ausg.
EN, Über Be roue Dickenwachstum A
‘M. 1.50) © ri
G des Mikrosko IT POSE de Blattpulver von are
Kraus, Ge Aus der Pflanzenwelt Unterfrankens L Johann Anal Fehr ‘und
Wiesen. (Sep.-Ausg. M. 1.50.) i
Goldschmidt, Dr Flora des Rhôngebirges IL. (Sep. „Ausg, M. — 60)
J | Neue uso: Band i
: da ony vile
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none Th. Über mehrpolige aan a Aue zur Analyse des Zeilkerns. |
HER ‘und DA A MT Werhatfnissen, | nn -Ausg. M. a
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0. „Fünfte Folge. (Sep.-Ausg. M. 5.—.) Rik a UNS
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"Bayon, G. P;; Beitrag zur Diagnose und Lehre vom Kretinismus unter besondere
a : | der Differential - Diagnose mit anderen aria von esa und Sch
8 Tafeln. (Sep.-Ausg. M. 4.—.) te
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Funaoka, E., Über die ey verschiedener Froschmuskeln, Mit ni Tale
—.80.) te
(Sep. Ausg. M. 3)
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| Herausgegeben von
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.0, Bs Professor für Zoolagle und vergl. ‘Anatomie und Direktor des zoolog. Museums in tically FA «Pr.
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- Inhalt:
| uv . Maehrenthal, ani von Regeln der te Re Near:
| Als Grundlage. für eine Neubearbeitung der internationalen Regeln
‚der internationalen. Nomenclatur-Commission vorgeschlagen.
Lie, ‚Geschichte und Ergebnisse der Echinorhynchen - Forschung bis auf
Westrumb (1821) mit Bemerkungen über alte und: neue: NER
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A Stuber’ s Verlag te Kabitzsch).
È 1904.
Sa „Zoologischen Anaslen“ erscheinen in zwanglosen Heften, ı von denen
ungefähr vier einen Band von 320 bis 400 Druckseiten gr. 8° zum Subskriptions- |
x preise von Mk. 15.— bilden. Einzelhefte werden nicht abgegeben. ;
Re Druckfertige Manuskripte in deutscher, englischer, französischer oder italienischer
‚Sprache do, man an Herrn Prof. Dr. Max Braun in Königsberg i. Pr., Zoolog.
Museum, einsenden,
Rr nega Attal PARTS Pere über Zusammenset: ng,
‘Miser Nahrungs- und Genussmittel, über zweckmässige Ernährung v
ete: ausserdem ‚310 ‚Kochrezepte ‘und 60 Speisezettel enthaltend,
‘ragenden Autors nach wie vor ein Vademecum b den. ür die
Jener, die aus prophylaktischen oder thera h
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"Preis Mk. di 50.
| In diesem Buche ane zum erstenmal versucht, eine : ai systematisch N
der NEN Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten der Geschlechter ‚durch experimentelle
zu erzielen. Eine Unmenge Versuche sind unter Beobachtung ‚peinlicher | Genauigkeit ausgeführ
Das Buch wird deshalb ein een Interesse für ee in cies ar ‚nehmen,
von ‘Dr P. ©. Mayen,
Assistent an der Psychiatrischen Klinik zu Wirzburg. |
Preis: gebd. Mk. 3.60.
Enthalt unter anderem genaue Vorschriften über die neuen. RSS: elektiven Gli |
welche auch bei Tieren anwendbar sind; ausserdem ausführliche Anleitung zur Ausführung der neuesten |
elektiven Fibrillenimprägnationsmethoden nach Ramén ‘Cajal, sowie ‘Bielsch owsky, | "Methoden
welche ihrer Einfachheit halber in der gesamten ‚des ee \ noch eine M oc
Rolle spielen werden, sagt Ms
| A Stuber’ Verlag € raie) Würzburg,
‚Ein Handbuch für Studierende und Ärzte:
von
a RA te à Professor Dr. Max Bid |
| ra | Dritte völlig umgearbeitete Auflage.
| Mit 272 Abbildungen. Preis brosch. M. ER RR MER
Poker Zentralblatt. 1903. Nr. 9: Der Umstand, dass nach wenigen Jahren die dritte
kunde gerade so wesentliche Fortschritte in dieser Zeit gemacht, dass das Neuerscheinen des Buches _
o mit Freuden zu begrüssen ist, Dieses tiefere Eindringen der Wissenschaft hat auch eine teilweise
3 ibearbeitung veranlasst, namentlich tritt diese bei den parasitischen Urtieren hervor, in geringerem
de bei den übrigen Gruppen. Auch neue Abbildungen erfreuen den Leser. Da die wichtigere
Literatur überall angegeben ist und vorzügliche Abbildungen das Verständnis erleichtern und er-
le, wird das Buch seinen alten Platz behaupten und sich neue Freunde hinzuerwerben,
Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. 75. Es ist mit Genugtuung zu begrüssen, dass in der
jetzigen Zeit des Interesses. an tierischen Parasiten auch ein zuverlässiger Ratgeber vorhanden ist,
der den Arzt bei den vernachlässigten Zoologicis nicht nur über alle neueren Forschungsergebnisse,
sondern auch über die zoologische Grundlage genügend belehren kann. Wir hatten schon bei Be- |
sprechung der zweiten Auflage Gelegenheit, auf die gediegene Durcharbeitung und die schöne Aus-
stattung des Werkes. rühmend hinzuweisen, für die neue Auflage gilt dieses Lob in gleicher Weise.
Kein Arzt ‚sollte versäumen, sich dieses billige und doch umfangreiche Werk anzuschaffen, es wird
ihm nicht nur POE sondern ‘auch Anregung. der interessantesten. ‚Art in reichem Masse ge-
währen. NU di RTLA i LIE oe MERO A DG: Brandes.
Konpontium der vergleichenden Anatomie.
Ho Gebrauche für ‚Studierende der. Medizin
RE von | :
ie ‘Dr. Bernhard Bawitz..
"Privatdozent an ‚der Universität Berlin.
Mit 90 ‚Abbildungen. - Preis sieh M. 5.—.
| Le hrbuch der Histologie
und ‘der
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...n Anatomie
mit besonderer Beriicksichtigung
des menschlichen Körpers |
einschliesslich der mikroskopischen Technik
‚von È
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LE . Otto Dornblü th.
Zweite ana verbesserte und vermehrte Auflage. A à
UE Preis gebd. Mk. 5.40. Ws ae
éstattet nk reichen Belehrungen über Zusammensetzun g, Verdaulichkeit und Nährwert
sc er 1gS- und Genussmittel, über dr Ernährung von Gesunden und Kranken |
, ausserdem 310 Kochrezepte und 60 Speisezet nthaltend, wird das Buch des hervor-
suet nden Autors nach wie vor ein Vademecum bilden fiir die unermessliche Zahl
Douce. die aus prophylaktisch en oder therapeutischen Gründen ihrer Er-
nährung eine besondere Aufmerksamkeit widmen müssen. Standen dem Buche
in dieser - linsicht bereits ‘die gro ssartigsten arztlichen Empfehlungen zur Seite,
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Preis pro Band im Umfang. von ca. Ci 3 Druckbogen à M: 1
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| Neue Folge Band KXXV.
Ring, M., Finfluss der Verdauung auf das. Drehungsvermögen ‘von Semmai ng.
(|; Ausg. M. —.60.) w SEE
‘ Rostoski, O., Zur Kenntnis der Pracipitine. (Sep: „Ausg. M. + 80.) ER da
Boveri, Th., Uber mebrpolige Mitosen als Mittel zur Analyse des Zellers; ‘Ge. ee Pina .80.
Miller, Johs., Uber den Umfang der Eiweissverdauung im menschlichen Magli: unter normalen
Re und pathologischen Verhältnissen. (Sep.-Ausg. M. —.80.)
x Borst, M., Berichte über Arbeiten aus dem patholog. -anatom.. Institut der Universitat Wiszburg
A Fünfte Folge. (Sep.-Ausg. M: 5.—.)
Bayon, G. P., Erneute Versuche über den Einfluss des Schilddrüsenverlustes Sind: der ‚Schi
RS ‚drüsenfütterung auf die Heilung von Knochenbrüchen. Mit 3 Pe No Lee
med. Fakultät zu Würzburg preisgekrönte Arbeit. (Sep.-Ausg. M. 3. = i
Goldschmidt, Die Flora des Rhöngebirges II. (Sep.-Ausg. Mi 1.-.) : a = :
Lehmann, K. B., Die Verunreinigung des Kanalhafens -von Frankenthal, ‚ihre Ursachen, ib 4
Folgen und die Mittel zur LEE (Sep. "Ausg. M. È:
Rise Neue Folge. Band XXXVI.
der Det sala mit anderen Formen von pe und Schwachsinn. 4
8 Tafeln. (Sep.-Ausg. M. 4—.) ° À
. Hallausr, B., Über Eiweissausscheidung im Fieber. Preisgekrönte. Arbeit. (Seni As M. 2 50.)
È Stubenrath, F. K., Medizinische Statistik der Stadt "Würzburg für die are: 1898— 1902. (Sepe
+: Ausg. M. 2,50.) VER
Bott, Ss Uber den Bau der Schlehkrüppel. (Aus der Panzenwelt Unterfrankens m) (Sep. -Ausg,
Overton, E.; Nalin ia Thesen über die Wasserökonomie. we Amphibien, und die ‘osmo»
i tischen Eigenschaften der Amphibienhaut. (Sep.-Ausg. M. —.80.)
Schmidt, Herm., Zur Kenntnis der Larvenentwickelung von Echinus microtuberculatus, Mit a Text,
abhild: und 5 Doppeltafeln. (Sep.-Ausg. M. 4.—.)
Lippold, Erieh, Anpassung der Zwergpflanzen des Würzburger Wellenkalkes rach Blattgrösse
und Spaltoffnungen, (Aus der EINEN Unterfrankens III. ye Er lia M. 4. SUE
. Neue Folge. Band XXXVIL
Funaoka, E., Über die LOO SES verschiedener. Froschmuskela, 1 Tafel. Ge "Ausg
M. —.80.)
Weygandt, W., Weitere Beiträge zur Lehre von Kretinismus. Mit 2 Tafeln und 16 Textabb.
(Sep -Ausg. M. 3.—.)
Grünbaum, D., Vergleichende Untersuchungen a die riolekolaye Konvenbasieat’ des inter
lichen und fötalen Blutes und des Fruchtwassers unter Berücksichtigung der chemischen ,
Zusammensetzung des Fruchtwassers. Von der Med. Fakultat zu WW oaepates Pea i
i Arbeit. (Sep.-Ausg. M.3.—.) fing
Kraus, Gr., Anemometrisches vom Krainberg bei Gambach. "Mit 4 Tafeln. — sen ae i
-
Fehrs „Tempe“, (Aus der Pflanzenwelt Unterfrankens IV. (Sep. -Ausg. M. 2. A
Goldschmidt, M., Die Flora des Rhöngebirges IV. (Sep.-Ausg. M. 1.—.) - Pee
Förster, A., Kritische Besprechungen der Ansichten über die Entstehung von Doppelbildungen. si
Von der hohen Fakultät zu Würzburg preisgekrönte Arbeit. (Sep. -Ausg. M. 1.50) —. oa
Sehultze, 0., Weiteres zur Entwickelung der peripheren Nerven mit Beriicksichtigung der Re-
generationsfahigkeit nach Nervenverletzungen. Mit 10 Abbildungen. (Sep.-Ausg. M. 1.80.)
v. Rindfleisch, E., Scirrhus ventriculi diffusus. Mit 1 lith, Tafel. (Sep-Ausg. M. 1.—.)
Kanngiesser, Fr., Uber Alter und Dickenwachstum von Würzburger Wellenkalkpflanzen.
der Pflanzenwelt Unterfrankens V. (Sep.-Ausg. M. 1.20.)
Hofmann, F. E., Meteorologische Verhältnisse und medizinische. Statistik der Stadt © Würzburg
für die Jahre 1903 und 1904. (Sep.-Ausg. M. 2.50.) : Be ake
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