AAA Due i HU ju | nn i pi A ot i ai i an } 4 + Ei i hi JA at Uni: i ! it us hi Ku in . Di je # pi it} i \ i ti deal 5 bi ni N} vi i N N i h + Beh a A Mi 141 i | Rare (hi i. N NEID iA Et Ma HU NU fi INK! I Hl) i . Kal Ion, HH Li i AT ni ae I a i. . ti fi. LI ith on i 5 i 4 » n KO AUDE pui tn ti | NI Hin DI = Er en ae = = = === = iat hi EAN EIN IH Mu it % bith? a 4 MAR RO IATA DI int a Mit i ki LI . Ki HN i eet AG ne i i... LL ce ni Ihe: t I ji La Sue = = LS Se = i (I Ht he Li af tee Hy Hi N N Kin Py i Mi } si Sie qi iS ez eases Ù bito EE pl EN ni ilo innato 4 y DIM Hitt poni i i tin) i Ni a HER ner di NONE be HE Bi, Rest] N ti sine € TRALCI ti oe ee DÒ ONE rt tano N un Tui hl ji ‘4 n ‘rhe th _. Mie i } DAN CARLI ALITO MI a ie pui Bu - Senne ut Nee Ath A he : SIONE N i ig We. ur han IRA MERE LOOLOGISCHE ANNALEN, ZEITSCHRIFT FÜR GESCHICHTE DER ZOOLOGIE HERAUSGEGEBEN VON GEH. REG.-RAT DR MAX BRAUN, O. Ö. PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND VERGL. ANATOMIE UND DIREKTOR DES ZOOLOG. MUSEUMS IN KÖNIGSBERG I. PR. BAND VI. MIT 19 TEXTABBILDUNGEN UND 8 TAFELN. WÜRZBURG. WEE Te IL AG? WON EU RTERERBIHEZSICER KGL. UNIVERSITATS-VERLAGSBUCHHANDLER. 1914. - Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung vorbehalten Druck der Kénigl. Universitatsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg. Enhalt Cummings, Bruce F., A biographical sketch of Col. George Montagu (1755—1815), english field Be Corrigenda et Addenda zum Aufsatz in Band V BR BETEN TER A ER ER EN SUR Gudger, Dr. E. W., Georg Me (Aus dem Englischen von Dr. W. Pre ikcubach)) Mit 4 Abbildungen à Killermann, Dr.Seb., Das Tierbuch des Petrus dd er ehsichen 1460, gemalt im se Jahrhundert. Mit 16 Abbildungen auf 8 Tafeln Klunzinger, Dr. C. B., Erinnerungen aus meinem Leben als Natur- forscher und Arzt zu Koseir am Roten Meer. — Mit 15 Abbildungen Poche, Franz, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II Szalay, Dr. W., Der Wisent im Brehm — — —, Der Meerochs . Besprechungen Seite Georg Marcgrave. Von Dr. E. W. Gudger. (Aus dem Englischen von Dr. W. Breitenbach in Brackwede.) Mit 4 Abbildungen. „GEORG Marccrave ! wurde in Liebstadt in Sachsen im Jahre 1610 geboren, ging als Arzt mit der Expedition des Grafen Moritz von Nassau-Sriecen im Jahre 1638 nach Brasilien, schrieb die „Historia Rerum Naturalium Brasiliae“ und starb 1644 an der Kiiste von Guinea.“ So lauten die berichtigten Notizen, die in unseren biographischen Nachschlagewerken über Marccrave zu finden sind. Da ich indessen Gelegenheit hatte, auf Marccrave als auf den ersten Beschreiber und Zeichner drei amerikanischer Fisch- arten oder Gattungen, deren Lebensgeschichte ich bearbeitet habe, zurückzugreifen, so bin ich mit seinem Lebenslauf etwas besser bekannt geworden. Und da ich diesen sehr interessant fand, habe ich mich bemüht, die zerstreuten Tatsachen zu sammeln und zu der folgenden Skizze zu verarbeiten. Ich tat das in der Hoffnung, daß auch andere jetzige Naturforscher mit Interesse etwas über den Mann erfahren würden, der als erster den Versuch gemacht hat, die alte Welt mit der wirklichen Naturgeschichte der neuen Welt bekannt zu machen. Wenn diese Abhandlung dazu bei- trägt, Marccraves ausgezeichnete Arbeiten bekannt zu machen und ihm zu der verdienten Anerkennung zu verhelfen, so ist meine Mühe reichlich belohnt. !) Man trifft auch die Schreibweise Markgrave, Marggrave, Margrave, Markgraf, Marcgraf; er selbst schrieb sich aber Marcgrave. Zool. Annalen VI. 1 2 Breitenbach, Georg Marcgrave. Wie das Nachstehende zeigen wird, ist das Material zu einer Lebensbeschreibung Marccraves spärlich, weit zerstreut und in wenig bekannten Quellen verborgen. Ich habe wahrend des letzten Jahres (1911) viele Zeit und große Mühe darauf verwandt, es zusammen zu bringen, aber ohne die Hilfe und Mitwirkung einer Anzahl von Bibliothekaren!) würde ich wohl nur verhält- nismäßig wenig zusammen gebracht haben. Unsere Kenntnis von Marccraves Jugendjahren ist besonders dürftig; unser vertrauenswürdigster und fast einziger Gewährs- mann ist Mancer oder der unbekannte Schriftsteller in dessen „Bibliotheca Scriptorum Medicorum“, (73), dessen Bericht die anderen Schriftsteller wahrscheinlich benutzt haben ?). Aus dieser Quelle erfahren wir, daß Grorc Marccrave am 10. September 1610 in Liebstadt bei Meißen geboren wurde. Er stammte aus guter Familie, die schon 200 Jahre in Liebstadt gewohnt hatte. Sein Vater und sein Großvater mütterlicher Seite waren für jene Zeit unterrichtete Männer, „gelehrt in Theologie, Latein und Griechisch.“ Da diese Männer sahen, daß Marccrave als Knabe einen guten Charakter hatte und viel versprach, so scheinen sie viel Zeit und Aufmerksamkeit auf seine Erziehung verwandt zu haben. 1) Die meisten der angeführten Werke verdanke ich der Freundlichkeit der Herren HERBERT PuTMAnnN, Bibliothekar und W. W. BisHop, Oberaufseher des Lese- saales der Kongreßbibliothek. Große Gefälligkeiten in bibliographischer Hinsicht er- wiesen mir die Herren Harry CLEMENS, Bibliothekar an der Universität Princeton und H. H. B. Meyer, Oberbibliothekar der Kongreßbibliothek. Auch bin ich Herrn H. M. LypENBERG, Bibliothekar an der öffentlichen Bibliothek zu New York, sehr zu Dank verpflichtet. Herr LypEnBERG hat sich persönlich für diese Arbeit interessiert und mich mit Daten und Nachweisen versehen, die ich nie ohne seine Freundlichkeit erhalten hätte. Ferner danke ich sehr Herrn Dr. PerLBUcH von der Königl. Bibliothek zu Berlin für Photographien der Originalzeichnungen brasilianischer Gegenstände (die hier veröffentlicht werden), für Nachweise und Abschriften von in Amerika nicht er- hältlichen Aufsätzen. Die Damen BoppiıE und Dameron sind mir bei der Übersetzung einer großen Anzahl lateinischer Stellen behilflich gewesen. Allen, die mir bei Anfertigung dieses Aufsatzes so freundlich geholfen haben, spreche ich meinen herz- lichen Dank aus. ?) Es ist ein interessantes Problem, wer der Verfasser dieser Skizze ist; Herr LYDENBERG hat sich vergeblich bemüht es zu lösen. Er bemerkt, daß der Schreiber, der es klar und deutlich sagt, daß er ein persönlicher Freund MARCGRAVES und ein Zeitgenosse der leitenden Persönlichkeiten bei der Expedition des Grafen Moritz nach Brasilien sei, nicht MAnGEr selbst gewesen sein kann, denn dieser war nicht vor 1652 geboren und MARCGRAVE starb 1644. Unter dieser Einschränkung und um Wiederholungen zu vermeiden, wird immer von ihm als MancET gesprochen werden. — el Breitenbach, Georg Marcgrave. 3 Sie lehrten ihn Latein und Griechisch und sorgten dafür, daf sein Talent für Musik und Zeichnen entwickelt wurde, so daß er schließlich kein schlechter Musiker und „kein zu verachtender Maler“ wurde. Da diese klugen Männer weiter erkannten, daß Marccrave, sollte er im Leben etwas leisten, in die Welt hinaus mußte, so ermunterten sie ihn zum Reisen und zum Studieren, und er ging gern darauf ein, verließ 1622 in seinem sieb- zehnten Jahre seine Vaterstadt und kehrte erst nach elf Jahren zurück. Während dieser Zeit besuchte er. zehn deutsche Univer- versitäten und studierte an ihnen Mathematik, Botanik, Chemie und Medizin. Diese Universitäten waren Straßburg, Basel, Ingolstadt, Altdorff, Erfurt, Wittenberg, Leipzig, Greifswald und Rostock, wo er bei Simon Pautti, einem berühmten Botaniker, wohnte und studierte. Von da ging er nach Stettin, wo er zwei Jahre blieb, um bei Lorenz von Ercusrapt, dem berühmtesten Astro- nomen der damaligen Zeit, Astronomie zu studieren. Hier scheint er so große Fortschritte gemacht zu haben, daß er seinem Lehrer bei der Ausarbeitung gewisser astronomischer Ephemeriden behilflich sein konnte, und Marccrave selbst erzählt uns, daß Ercx- sTADT ihn in der Vorrede seines 1634 veröffentlichten Werkes ehrenvoll erwähnt habe. Nach verschiedenen Reisen in Norddeutschland und in Däne- mark ging Marccrave nach Leyden in Holland, wo er zwei Jahre blieb. Nachts widmete er sich dem Studium der Astro- nomie auf dem Turm des Observatoriums der Universität, bei Tage botanisierte er in den Gärten und auf den Feldern. Seine Lehrer waren hier der Botaniker ApotpH Vorrrius und der Astro- nom JacoB Gotius. _ Marccrave war jetzt 28 Jahre alt und im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte. Seine Reisen und seine Studien in den verflossenen elf Jahren, sein Aufenthalt und seine Arbeit auf den verschiedenen Universitäten, seine enge Berührung mit gelehrten Professoren, besonders mit den vier oben genannten, hatten ihn mächtig angespornt. Er hatte das Beste empfangen, das Europa zu geben hatte, aber doch war er nicht zufrieden, Mancer sagt, er habe beständig das Wort seines Vaters und Großvaters vor Augen gehabt, daß die Welt offen vor ihm liege. Während seines Aufenthaltes in Leyden erhielt er einen anderen und noch mächtigeren Ansporn, der sein ganzes zu- 1* 4 Breitenbach, Georg Marcgrave. künftiges Leben beeinflussen sollte. Das benachbarte Amsterdam war der Sitz der Hollandischen Westindischen Kompagnie. Diese Gesellschaft war gebildet worden, nicht, wie die große Ostin- dische Kompagnie, um Handel zu treiben und Kolonien anzulegen, sondern hauptsachlich, um den Handel und die Niederlassungen der Spanier und Portugiesen in der neuen Welt zu plündern. In erster Linie aber war ihr Zweck, Schiffe zu kapern und für die Belgier einzutreten, mit denen die Spanier im Krieg waren. Im Laufe dieser Ereignisse nun hatten die Hollander die ganze Nordostküste Brasiliens weggenommen und besetzt. Marccrave kannte viele aus Brasilien zurückgekehrte Hollander, und ihre Erzählungen aus der neuen Welt erregten seine Ein- bildungskraft und reizten seinen Ehrgeiz mächtig an. Er scheint sich vorgenommen zu haben, nach Brasilien zu gehen, nicht als bloßer Abenteurer, sondern als Gelehrter und Forscher. Mancer erzählt uns: „Er hatte den sehnlichen Wunsch, die südlichen Sterne, besonders Merkur, zu studieren und er sah vor sich das große, noch unbearbeitete Feld der Naturgeschichte und die reiche Ernte, die auf ihm in Amerika eingeheimst werden könne. Des- halb suchte er jede Gelegenheit, um nach Amerika gehen zu können.“ Zu jener Zeit war Jan pe Larr in Amsterdam Präfekt oder leitender Direktor der Westindischen Kompagnie. Marccrave Kannte De Laer und suchte seinen Einfluß und seine Hilfe; es gelang ihm, zum Astronom der Gesellschaft ernannt zu werden, er wurde als solcher in die Listen des Archivs eingetragen und für For- schungen in Brasilien bestimmt. Demgemäß verließ Marccrave Holland, das er niemals wieder- sehen sollte, am 1. Januar 1638 und erreichte nach einer Reise von 2 Monaten die Küste Brasiliens. Die Expedition stand unter dem Befehl des Graren Moritz von Nassau-Srecen, der den Oberbefehl über die holländischen Eroberungen in der neuen Welt hatte und der etwas über ein Jahr früher als Marccrave nach Brasilien gereist war. Dieser bemerkenswerte Mann war nicht nur ein großer Soldat und Staatsmann, sondern er liebte und pflegte auch die Wissenschaften, in denen er wohl bewandert war!) Auf dieser Expedition nahm er seinen Vertrauten, Franz 1) Mit Bezug auf den Grafen Moritz kann ich nichts besseres tun als SWAINSONS Lobrede anzuftihren, der alle anderen Schriftsteller, die vom Grafen sprechen, zu- stimmen. ,Es ist fast unbegreiflich, wie dieser gefeierte Mann, dessen Leben in — 4 — Breitenbach, Georg Marcgrave. 5 PLAUTE, seinen Hofprediger (der später Professor der Theologie in Breda wurde) und WirHELM Piso, seinen Leibarzt, mit, während später als Geograph und Astronom Gerorc Marccrave und Hrenric® Crazrrz, ein junger deutscher Gelehrter, der leider kurz nach der Ankunft in Brasilien starb, hinzukamen. Piso war Arzt des Grafen Morrrz und Chefarzt der ee Wahrscheinlich war er auch Leiter der wissenschaftlichen Ar- beiten der Expedition (Driesen, DE Crane), da er viel älter und erfahrener als Marccrave war. Er beschränkte sich aber, wie wir nachher sehen werden, persönlich auf das rein medizinische Gebiet, während Marccrave auf der anderen Seite ein viel größeres Arbeitsfeld hatte. Wohl befaßte auch er sich bis zu einer ge- wissen Ausdehnung mit praktischer Medizin, seine größte Tätig- keit galt aber der Astronomie, Geographie und Naturgeschichte und auf allen drei Gebieten hat er eine ganz enorme Arbeit ge- leistet. Marccrave, der den Grafen Moritz schon viele Monate vor seiner Abreise nach Brasilien gekannt zu haben scheint, verstand es bald, die Gunst seines Patrons zu erwerben. Mancer versichert, das sei vor allen Dingen dem Umstande zu verdanken gewesen, daß Marccrave einige Kenntnis vom militärischen Bauwesen be- sessen habe. Diese Kenntnisse waren dem Grafen wahrscheinlich beim Bau seiner neuen Hauptstadt Mauritia in der Nähe von Pernambuco von Nutzen. Aber sei dem, wie ihm sei, jedenfalls stieg Marccrave schnell in der Achtung seines Chefs, denn wir finden, daß der letztere für ihn im Jahre 1639 in der Stadt Mauritia ein astronomisches Observatorium aus Stein erbauen ließ, von dem aus Marccrave die Bewegungen der Sterne, ihren Auf- und Untergang, ihre Größen, en und andere Erscheinungen studierte 1). dieser Zeit sich abwechselnd im Lager und im Rat abzuspielen schien, Mufe finden konnte, an die Wissenschaft auch nur zu denken, viel weniger sich mit ihr noch eingehend zu beschäftigen. Aber die Beweglichkeit seines Geistes, und die Kraft seines Denkens waren so groß, daß das doch der Fall war. Er unterstützte und schiitzte nicht nur die Arbeiten derjenigen, die er zu diesem Zwecke angestellt hatte, sondern war selbst in den schwierigsten Zeiten seiner Regierung tätig und beschrieb und zeichnete selbst die verschiedenen neuen brasilianischen Tiere. 1) Auf dieser Insel Antonio Valf im Hafen von Recife erbaute Graf Moritz nach den Plänen PETER Posts einen vor der Mauritius genannten Stadt gelegenen vizeköniglichen Palast, der den Namen „Freiburg“ erhielt. Dieses Gebäude hatte zwei Türme, die 6—7 Meilen weit vom Meere aus sichtbar waren und den Seefahrern 6 Breitenbach, Georg Marcgrave. Aus Sorge fiir seine Sammlungen lieB sein generòser Freund und Schutzherr (nach Lichtenstein und Driesen) in Mauritia Gärten, Käfige und Fischteiche einrichten. Mancer erzählt uns weiter, der Graf habe sich selbst einen Schüler Marccraves ge- nannt, und wie wir noch sehen werden, nahm er in seinen Mußestunden an der Bearbeitung der Sammlungen lebhaft teil. Auf seinen Sammelreisen scheint Marccrave den nordöstlichen Teil Brasiliens ziemlich gründlich erforscht zu haben, besonders jene Gegenden, die die heutigen Staaten Pernambuco, Parahyba und Rio Grande do Norte umfassen. Wie viele Forschungs- reisen Marccrave machte, ist nicht bekannt, es ist aber sicher, daß er mindestens drei gemacht hat. Er scheint seit seiner Ab- reise aus Holland ein Tagebuch geführt zu haben, das für die Jahre 1638, 1639 und 1640 in die Hand des unbekannten Schrift- stellers bei Mancer gefallen zu sein scheint. Dieser Mann sagt ausdrücklich, daß das Buch tägliche Aufzeichnungen enthalten habe und daß es in seinem Besitz gewesen sei. Was aus dem Tagebuch für die übrigen 31/2 Jahre (1641— 1644) geworden sei, wußte er nicht. Die erste Reise wurde am 21. Juni 1639 angetreten und dauerte 39 oder 4o Tage. Die zweite begann am 20. Oktober 1639 und dauerte 20 Tage. Die dritte und kürzeste umfaßte die Zeit vom 8.—19. Dezember 1640. Wie viele weitere Forschungs- reisen Marccrave außer diesen noch gemacht hat, ist nicht be- kannt; aber wenn er auch nur diese unternommen hätte, so würde er doch hinreichend Gelegenheit zum Studium der Naturgeschichte gehabt haben. Denn er brauchte nur zur Stadt hinaus ins Freie zu gehen, um sich von Pflanzen und Tieren umgeben zu finden, die der wissenschaftlichen Welt bis dahin unbekannt waren. Man darf indessen nicht meinen, daß, weil der Urwald vom Lager aus leicht erreicht werden konnte, es leicht gewesen sei, als Leuchttürme dienten (NreNHorr). Einen dieser Türme hat MARCGRAvE wahr- scheinlich als Observatorium benutzt. Es war das sehr wahrscheinlich das erste astronomische Observatorium, das auf der südlichen Halbkugel und in der neuen Welt errichtet worden ist. Und zur selben Zeit erhielt er vom Grafen Morirz eine Ab- teilung Soldaten zugewiesen, die ihn durch jene Teile Brasiliens begleiteten, die er durchforschte, so daß er in der Lage war, wilde Tiere aller Art, Fische, Vögel und Pflanzen zu jagen, zu fangen, zu sammeln und zu trocknen. Mit allen diesen Gegen- ständen, die gesammelt, konserviert und ausgestopft waren, erregte er das Entzücken des Grafen und empfing dessen höchstes Lob’). 1) Das wußte MANGET vom Obersten von MAnsrEeLD, dem Führer der Truppen. Ban AE Breitenbach, Georg Marcgrave. 7 die in ihm lebenden Tiere zu sehen oder gar zu sammeln. Alle Forschungsreisenden und Naturforscher, die sich an den Wild- nissen Brasiliens aufgehalten haben, haben nachdrücklich betont, daß man Stunden und Tage durch die Urwälder reisen könne, ohne jemals einen Vogel oder ein Säugetier zu sehen oder zu hören. Das ist natürlich eine Folge der außerordentlich dichten Vege- tation und der Tatsache, daß die meisten Waldbewohner sich in den Spitzen der Bäume aufhalten und hoch oben in und an diesen gefunden werden. Man muß sich wundern, daß Marccrave in dem wilden und unbewohnten Lande und mit seiner geringen Kenntnis der Gewohnheiten der Tiere, die er suchte, überhaupt eine solche Menge wertvollen Materials sammeln konnte. Daß er keine Gelegenheit versäumte, seine Sammlungen und Be- obachtungen zu vervollständigen, werden wir noch sehen, und es ist wahrscheinlich, daß, nachdem er sich akklimatisiert hatte und mit der Fauna und Flora Brasiliens bekannt geworden war, die Jahre 1641—44 wissenschaftlich reichere Ergebnisse gehabt haben wie die drei vorhergehenden Jahre. Endlich kam die Zeit heran (Mai 1644), in der seine Arbeit ihr Ende erreichte. Sein Chef bereitete seine Rückkehr nach Holland vor, und er selbst beschloß ebenfalls heimzukehren. Bezüglich dieses Punktes ist der unbekannte Schriftsteller bei Mancer sehr deutlich, so daß ich die Stelle wörtlich an- führen will. „SAMUEL KECHELIUS, ein bedeutender Astronom, der viele Jahre in Leyden lehrte und früher mit Marccrave zusammen wohnte, hat mir von Briefen erzählt, die ihm Marccrave aus Bra- silien geschickt habe, in denen letzterer mitteilte, daß er alle seine Habe eingepackt habe und nur noch auf günstigen Wind warte, um mit Gottes Hilfe mit dem berühmten Fürsten in die Heimat zurückzukehren. Aber trotz dieser Bestimmung wurde er, wie Kecuetius erzählt (und dasselbe berichten auch andere Schrift- steller), unerwartet nach Angola in Afrika geschickt; zu welchem Zweck, wußte er selbst nicht, und hier starb er bald nach seiner Ankunft.“ So starb im Alter von 34 Jahren, im Zenith seiner Wirk- samkeit und seines Ruhmes Grorc Marccrave, der, hätte er nur einige Jahre länger gelebt, um seine brasilianischen Sammlungen und Beobachtungen selbt zu bearbeiten, sich bestimmt auf den a stra 8 Breitenbach, Georg Marcgrave. Rang des ersten Naturforschers seiner Zeit erhoben haben würde, wenn nicht zu dem des größten seit ARISTOTELES !). Die wissenschaftlichen Früchte dieser brasilianischen Expe- dition des Grafen Moritz, Pıros und besonders Marccraves sind vierfach: 1. die astronomischen und mathematischen Manuskripte MarccRaves; 2. die großen naturwissenschaftlichen Sammlungen; 3. die Manuskripte Marccraves und Pisos’ über naturgeschichtliche und medizinische Gegenstände; 4. zwei Sammlungen von Zeich- nungen brasilianischer Pflanzen und Tiere, eine in Ol, die andere in Wasserfarben; wir kommen darauf noch zuriick. Uber die naturgeschichtlichen Sammlungen, die Graf Morirz aus Brasilien heimbrachte, erzählt uns LICHTENSTEIN, daß außer dem von Marccrave auf seinen Forschungsreisen zusammenge- brachten Material der Graf Expeditionen östlich nach Afrika und westlich bis an den stillen Ozean geschickt habe (vgl. Marccraves Schrift über die Chilenen, mit der Zeichnung eines Lamas, auf die noch zurück zu kommen sein wird) und daß diese viele naturgeschichtliche Gegenstände mitgebracht hätten. Um diese Sammlungen unterzubringen, verwandelte der Graf Freiburg in ein Museum und seine Grundstücke in einen botanisch-zoloogischen Garten (van Kampen.) Als dieser berühmte Schutzherr der Naturwissenschaften sich endlich entschloß, nach Holland zurückzukehren, nahm er alle angesammelten Schatze aus Freiburg mit sich, und so umfang- reich waren diese (,,die reichsten, die jemals ein Schiff nach Europa brachte“), daß LicHTENSTEIN versichert, der Graf habe mit ihnen sein eigenes Museum, das zweier Universitàten (Leyden und noch eine andere) und diejenigen vieler Privatpersonen (Martius spricht besonders von dem SeBas) mit einer solchen Menge naturwissen- schaftlichen Materials versorgt, daß es nach hundert Jahren noch nicht völlig verarbeitet worden sei. Es scheint gewiß zu sein, daß diese Sammlungen größtenteils das Werk Marccraves waren. Und als Beweis für die Sorgfalt, 1) Ich bedaure sehr, daß ich dieser Arbeit kein Bild Marccraves beigeben kann. In keinem der Werke, die am Schluß dieses Aufsatzes aufgeführt werden, ist ein solches Bild oder ein Hinweis auf ein solches zu finden. Herr LYDENBERG ist so freundlich gewesen und hat das große Portrait-Verzeichnis der öffentlichen Bibliothek in New York und andere Verzeichnisse (von denen eines 30000 Deutsche enthält) durchgesehen, ohne ein Bild Marccrave’s zu finden. Wahrscheinlich ist gar kein Bild Marceraves vorhanden. Breitenbach, Georg Marcgrave. 9 die er auf sie verwandt hat, und fiir den Wert derselben mag hier eine Stelle aus Mancer angeführt werden, der schreibt: „SAMUEL KEcHELIUs sah, daß in Harlem ein Kasten mit ge- trockneten brasilianischen Insekten fiir 4000 Gulden verkauft wurde, deren Namen sämtlich von Marccraves eigener Hand geschrieben waren.“ Über Umfang und Inhalt der mathematischen und astro- nomischen Arbeiten Marccraves wissen wir wenig. Der Schrift- steller bei Mancer!) erzählt uns, daß er Zeichnungen für Lager, Städte und Befestigungen anfertigte und Karten der erforschten Gegenden zeichnete. Auch brachte Graf Moritz wichtige Manu- skripte mit heim. De Laer, der Marceraves literarischer Testamentsvollstrecker war, erzählt in der Vorrede zu Marccraves Teil des großen Fo- liowerkes von 1648, daß es nach unter Marccraves Papieren auf- gefundenen Notizen klar sei, daß unser Autor seine mathema- tischen und astronomischen Niederschriften zu einem großen drei- teiligen Werke unter dem Titel „Progymnastica Mathematica Americana“ verarbeitet habe. Der erste Teil handelt von Astronomie und Optik und ent- hält eine Übersicht über alle südlichen Sterne, die zwischen dem Sternbild des Krebses und dem Südpol gefunden wurden; viele verschiedene Beobachtungen über alle Planeten und die Bahn der Sonne und des Mondes waren in origineller Art bearbeitet; es fanden sich neue Theorien über die inneren Planeten Venus und Merkur, die sich auf besondere Beobachtungen stützten; ferner waren darin eine Theorie der Refraktionen und Parallaxen und schließlich Angaben über Sonnenflecken und andere astro- nomische Seltenheiten. Der zweite Teil behandelt geographische und geodatische Gegenstände, er enthält eine Theorie der geo- graphischen Länge und der Art, dieselbe zu berechnen; er zeigt die wahren Dimensionen der Erde auf Grund besonderer Beobachtungen und deckt die Irrtümer alter und neuer Geographen auf. Der !) DRIESEN, DE CRANE und van Kampen sagen, dafs MARCGRAvE vier Spezialkarten von Brasilien angefertigt habe und daß Graf Moritz nach seiner Rückkehr nach Holland sie in Kupfer habe stechen lassen und daß viele Abdrücke von ihnen ge- macht worden seien. Das müssen die Karten gewesen sein, von denen MANGET sagt, daß sie in den Fluren der besser situierten Holländer ganz allgemein als Wandschmuck anzutreffen gewesen seien. Später wurde eine zweite Auflage gedruckt, aber da Marceraves Name auf ihr fortgelassen wurde, büßte er seinen ganzen Ruhm ein. STAI IO Breitenbach, Georg Marcgrave. dritte Teil basiert auf den beiden ersten und besteht aus den Morırz’schen Tafeln. (Es ist fraglich, ob die Tafeln in dem Ob- servatorium zu Mauritia angefertigt sind oder ob sie so heißen, weil sie dem Grafen Moritz gewidmet sind.) Nach gewissen Angaben in den verschiedenen Vorreden und Einleitungen zu den großen Werken von 1648 und 1658 scheint es ziemlich wahrscheinlich zu sein, daß Piso diese Manuskripte besessen hat; auf jeden Fall aber steht es fest, daß alle diese Niederschriften auf Befehl des Grafen Moritz oder De Larrs zum Zweck der Herausgabe an Gorıus, den Leydener Astronomen und ehemaligen Lehrer Marccraves, weiter gegeben worden sind. Unglücklicherweise scheinen sie verloren gegangen zu sein, auf jeden Fall sind sie niemals veröffentlicht worden. „Dadurch geschah Marccrave ein großes Unrecht, und sein Werk wurde mit großer Reklame von Care und La Conpamine ausgenutzt“. (LICHTENSTEIN.) Dieser Ansicht ist auch De Crane und er deutet weiter an, daß Huycens viele Originalbeobachtungen Marccraves nur wieder- entdeckt habe. De Crane und ebenso Van Kampen und Driesen, die ihn un- zweifelhaft abschrieben, behauptet, der Grund, weshalb GoLius diese Manuskripte niemals veröffentlicht habe, sei der gewesen, daß sie in Geheimschrift geschrieben gewesen seien. Das scheint indessen ein Irrtum zu sein, da es, soweit ich sehe, weder von De Laer noch von einem anderen Biographen Marccraves be- statigt wird. Doch macht Laranpe bezüglich der astronomischen Tafeln im dritten Teil folgende interessante Bemerkung: „Unter Manuskripten von M. de l'Isle habe ich auch eine Notiz über einige Beobachtungen verschiedener anderer Astronomen gefunden, Beobachtungen, die niemals veröffentlicht worden sind. Unter ihnen sind die, die Marccrar in den Jahren 1639 und 1640 auf der Insel de Vaaz in Brasilien machte und die in den Archiven aufbewahrt liegen; das Original aber liegt mit den Manuskripten von pe LonviLLe und anderen in Cadix, wohin Gopm sie gebracht hat und von denen man glaubt, Don ANTONIO DE ULLoa habe sie in Händen gehabt“. An einer anderen Stelle bemerkt Laranpe noch, daß FLam- STEED die Beobachtungen Marccraves über die Sonnenfinsternis nachgeprüft habe. Diese Bemerkungen machen es wahrscheinlich, daß die Manuskripte nicht in Geheimschrift abgefaßt waren. Breitenbach, Georg Marcgrave. II De Crane deutet an, daß das Exemplar in den Archiven der französischen Marine sich befinde, und van Kampen meint, die Papiere seien (auf welche Art, sagt er nicht) in die Hände der Spanier gefallen und Gopm und ULLoa hätten sie benutzt, als sie im Jahre 1835 auf dem Hochland von Ekuador einen Längengrad auszumessen hatten. Ich habe aber in dem süd- amerikanischen Reisebericht UrLLoas keinerlei Angabe hierüber gefunden, trotzdem ich sorgfältig danach gesucht habe. Nur eins jener Manuskripte ist erhalten geblieben. Es ist der ,,Iractatus Topographicus et Meteorologicus Brasiliae cum Eclipsi Solaris“ (von 1640), den BarLaeus (1647) aufbewahrt zu haben scheint und den Pıso in dem Werk von 1658 veröffentlicht hat. Während dieses Werk auf Marccraves eigenen Beobachtungen beruht, ist es weiter noch bekannt, daß Graf Moritz, um noch mehr Angaben zu erhalten, allen holländischen Schiffskapitänen in Brasilien befohlen hat, sorgfältige Notizen und Zeichnungen der Sonnenfinsternis anzufertigen und sie an Marccrave zu schicken. Von Interesse ist Marccraves eigene Bemerkung über sein Werk, die sich in seiner Vorrede zu der „Progymnastica“ findet und die De Laet (1648) anführt. Sie lautet: „Ein Werk, das vielfach gewünscht, aber bis heute von niemand unternommen worden ist, nunmehr aber in glücklichster Weise mit Unterstützung des gefeierten Helden Jomann MORITZ, Graf von Nassau— Siegen, Präfekten über Land und Meer in Bra- silien, und mit Gottes Hilfe begonnen und nach vieler Arbeit vollendet wurde in der neuen Stadt Mauritia in der brasilianischen Region Süd-Amerikas von dem Verfasser, Grorc MARCGRAVE, einem Deutschen aus Liebstadt“. Sowie der Turm zu Freiburg, der Marccrave zum Gebrauch überwiesen wurde, wahrscheinlich das erste auf der südlichen Halb- kugel erbaute Observatorium war, so wahrscheinlich ist es auch, daß Marccraves Beobachtungen über die südlichen Sterne die ersten waren, die jemals auf der Erde angestellt wurden. Aus diesem Grunde ist, auch wenn wir von ihrem wissenschaftlichen Wert absehen, ihr Verlust unersetzlich. Bezüglich der naturgeschichtlichen Schriften Marccraves ist uns das Schicksal etwas günstiger gewesen, denn sie sind uns einigermaßen vollkommen erhalten geblieben!). Ehe wir indessen 1) Die einzige, von der bestimmt bekannt ist, daß sie fehlt, ist eine Abhandlung über die geographische Verbreitung der Pflanzen. Das wurde von DRIESEN festgestellt. 12 Breitenbach, Georg Marcgrave. ihre Geschichte genauer verfolgen, müssen wir zunächst einen un- erfreulichen Punkt erörtern, nämlich die Beziehungen Marccraves zu biso; Die Sammlung des Materials fiir die vorliegende Abhandlung war noch nicht sehr weit gediehen, als ich fand, "daß Marccrave seine „Zıstorrae Rerum Naturalium Brasıhae“ in Geheimschrift geschrieben hatte. Das führte mit anderen Anzeichen zu dem Schluß, daß die Beziehungen zwischen ihm und Piso gespannte waren. Dem unbekannten Schriftsteller bei Mancrr waren alle Hauptpersonen der brasilianischen Expedition persönlich bekannt; das sagt er uns an verschiedenen Stellen. Auch schreibt er: „Aus vielen Anzeichen schließe ich, daß Piso und Marccrave sich gegenseitig nicht verstanden, obgleich Piso sich als einen Schüler Marceraves bezeichnete“. Ferner scheint dieser Schriftsteller vieles gewußt zu haben, von dem er behauptet, es gereiche Pıso nicht zum Ruhme. Wenn man die Parteilichkeit dieses Biographen berücksichtigt, so scheint es, daß der lebende Piso sich den Ruhm des toten Marccrave vielfach angeeignet hat. Ferner sollte man im Auge behalten, daß Pıso als Chefarzt der Expedition nach Brasilien ging und . daß seine wissenschaftliche Arbeit mehr nebensächlich war, während Marccrave vielmehr als Gelehrter und Forscher hinaus- ging und seine medizinische Arbeit nebensächlich war. Während Piso in dem von Marccraves Freund De Larr 1648 herausgege- benen Werk Marccrave mächtig rühmt, kombiniert er in dem Werke von 1658, wie wir nachher sehen werden (nachdem De Laer 1649 oder 1650 gestorben war), die Arbeiten Marccraves mit seinen eigenen und erwahnt die ersteren nur noch in Anmer- kungen. In den Vorreden zu beiden Werken, von 1648 und 1658, nennt Piso Marccrave ,meus domesticus“. Selbst wenn wir diesen Ausdruck sehr günstig mit „mein Hausgenosse“ übersetzen, zeigt er doch noch, daß Marccrave ihm untergeordnet war. An irgend einer anderen Stelle zeigt sich, daB Piso sich für den Leiter des wissenschaftlichen Stabes der Expedition hielt und daß Marc- GRAVE für seine Arbeiten von ihm Anweisungen erhalten habe. Bestätigt wird das durch eine Bemerkung von DE LAET, er habe an MARCGRAVE einige aus Ximines erhaltene Notizen und für ihn (pe LAEr) auf den amerikanischen Tafeln gesammelte Exemplare geschickt, damit MARCGRAVE sie mit den Pflanzen Brasiliens vergleichen solle. + Breitenbach, Georg Marcgrave. 18 Während die wirklichen Verhältnisse wahrscheinlich niemals sicher festgestellt werden können, scheint es doch, als wenn Pıso nur dem Namen nach wissenschaftlicher Leiter gewesen sei. So- weit ich selbst feststellen konnte, bestand Pısos einzige Vorbe- reitung auf wissenschaftliche Arbeit in seinem medizinischen Studium, und dieses war natürlich (er war 1596 geboren) sehr gering. Marccrave dagegen hatte elf Jahre lang an den besten deutschen und holländischen Universitäten studiert und hatte nicht nur reiche Erfahrungen in der Medizin, sondern auch in Botanik, Naturgeschichte, Mathematik und Astronomie. Auf Grund dieser wissenschaftlichen Kenntnisse hatten Dr Larr und Grar Moritz ihn ausgewählt, erhielt er die Stelle eines Astro- nomen mit festem Gehalt und wurde der intime persönliche Freund des Grafen Moritz und war als solcher fast ein Glied seiner Familie. Aus vielen Stellen, besonders aber aus der Vorrede De Larr’s zu Marccraves „Historiae Rerum Naturalium Brasiliae“ erfahren wir, daß dieses Werk in der Stadt Mauritia, und zwar in Ge- heimschrift, geschrieben worden ist. De Laer schreibt: „Als mir diese verworrenen und unvollendeten Papiere durch den berühmten Grafen Jonann Morirz, durch dessen Güte, Gunst und Unterstützung er allein diese Arbeiten ausführen konnte, übergeben wurden, bot sich eine nicht geringe Schwierig- keit dar. Denn der Schreiber hatte in der Furcht, daß irgend- jemand versuchen könnte, seine eigenen Arbeiten für sich zu benutzen, falls er zufällig sterben sollte, ehe es ihm möglich sei, seine Beobachtungen der Welt bekannt zu geben, einen großen Teil dieser Dinge, die ihm am wichtigsten erschienen, in einer gewissen von ihm selbst als zweites Alphabet bezeichneten Ge- heimschrift geschrieben, die erst mit größerer Mühe, als man an- nehmen sollte, verstanden und umgeschrieben werden mußte. Ob- gleich ich mit anderen Gegenständen beschäftigt war, habe ich diese Aufgabe doch mit großer Mühe ausgeführt“. Wenn LicarensreN hierüber schreibt, spricht er folgende Vermutung aus: „Aus der wunderbaren Energie, mit der er während seines Aufenthaltes in Brasilien seine Beobachtungen machte und nieder- schrieb, Könnte man schließen, daß Marccrave seinen frühen Tod vorhergefühlt und daß er sich deshalb so beeilt habe, seinen Ruhm sicher zu stellen“, 14 Breitenbach, Georg Marcgrave. Und wenn man von seinem frühen und fast plòtzlichen Tode und von dem Schicksal seines litterarischen Nachlasses liest, so kann man sein gesundes Urteil in dieser Angelegenheit nur rühmen. Aber ich wünsche im Licht der oben gegebenen Daten die Aufmerksamkeit auf die Tatsache zu lenken, daß die unter dem Gesamttitel „Progymnastica Mathematica Americana“ zusammen- gefaßten astronomischen und mathematischen Schriften nicht in Geheimschrift geschrieben gewesen zu sein scheinen. Die Be- deutung dieser Tatsache für den Streit Marccrave-Piso scheint nur die zu sein, daß, da Piso keine mathematischen Kenntnisse hatte, keine Gefahr vorlag, er könne diese Schriften als seine eigenen ausgeben, falls dem Verfasser ein Unfall zustoßen sollte, daß aber eine solche Gefahr sehr wohl bezüglich der naturge- schichtlichen Schriften bestand; daher die Geheimschrift!). So vorsichtig war Maccrave, daß einige Gegenstände in einer zweiten Geheimschrift geschrieben waren. (De Larr, Vorrede 1648.) Indessen pe Larr, der ein gelehrter und geschickter Mann war, löste seine Aufgabe ?) trotz zweier großen Schwierigkeiten. Die erste war die, daß er keine großen Kenntnisse in Naturgeschichte hatte und die zweite die, daß Marcgraves Notizen in keiner Weise geordnet waren; die jedes einzelne Tier betreffenden be- fanden sich auf einem besonderen Bogen. Die meiste Arbeit machten aber die Notizen über die Pflanzen, denn Marccrave war nicht in der Lage gewesen, gleichzeitig auf demselben Bogen Blätter, Blüten und Früchte ein und derselben Pflanze zu be- schreiben. Diese Notizen hatte Marccrave natürlich auf dem Felde und in Mauritia geschrieben und es ist klar, daß er die Absicht hatte, sie nach seiner Rückkehr nach Holland zusammen zu heften und im ganzen herauszugeben. Wie gut pe Laer diese Arbeit ausführte, wissen diejenigen, die mit der 1648 in Leyden und Amsterdam veröffentlichten „Historia Naturalis Brasiliae“ bekannt sind, die folgende Widmung an Graf Moritz enthält: 1) Siehe die Fußnote auf Seite 9. ?) Es mag im Vorbeigehen bemerkt werden, daß pe Larr über hundert An- merkungen zu Marccrave’s Beschreibungen der Pflanzen und Tiere hinzufügt. Sie bestehen größtenteils aus Daten, die Ximines Berichten über Pflanzen und Tiere Neu- Spaniens entnommen waren. Breitenbach, Georg Marcgrave. 15 »Die Naturgeschichte von Brasilien, vorbereitet unter der Oberaufsicht und mit Unterstützung des gefeierten Johann Moritz, Grafen von Nassau, Oberstkommandierenden zu Land und Wasser, in der nicht nur Pflanzen und Tiere, sondern auch die Krank- heiten des Landes, der Charakter und die Sitten beschrieben und durch mehr als 500 Bilder erläutert werden“. Der erste Teil des Werkes besteht aus Pisos ,,De Medicina Brasiliensi“ und umfaßt vier Bücher: 1. Uber Luft, Wasser und Wohnorte; 2. über medizinische Krankheiten; 3. über Gifte und ihre Gegengifte; 4. über den Gebrauch von Heilkräutern. Dieser Teil, der WirHELM von ORANIEN gewidmet ist, ist 132 Folio- seiten stark und durch 104 Abbildungen illustriert, die sich auf Buch 3 und 4 beziehen. Von diesen Bildern erläutern drei die Herstellung von Mandioca (Farinha) und Zucker, neun stellen Tiere dar (5 Schlangen, 1 Tausendfuß, 1 Seegurke, 1 Kugelfisch, 1 Frosch) und g2 Pflanzen. Der zweite Teil des Werkes, Marccraves ,,Historiae Rerum Naturalium Brasiliae“, wird dem Grafen mit folgenden beredten Worten gewidmet: „Dem Grafen Jonann Moritz von Nassau, dem großen Be- fehlshaber zu Land und zu Wasser über Brasilien, widmet Grorc Marccrave aus Liebstadt, ein Deutscher aus Sachsen, diese Dinge, die er während seiner Reisen durch Brasilien mit unermudlichem Eifer untersucht hat, die er sorgfaltig beschrieben und nach dem Leben abgebildet hat, deren Namen bei den Eingeborenen er nach Möglichkeit erkundet und deren Nutzen er erforscht und die er in dieser Geschichte zum Nutzen aller Erforscher und Bewunderer der Naturgeschichte geordnet hat, in schuldiger Anerkennung und als Zeichen der Dankbarkeit für die große Güte, die ihm von diesem erwiesen wurde)“. Dieses Werk umfaßt 303 Folioseiten, besteht aus acht Büchern und enthält 429 Abbildungen. Es ist wie folgt eingeteilt: 1. Buch, in dem 149 Kräuter mit 86 Figuren beschrieben werden; 2. Buch mit Beschreibungen von 48 Sträuchern und fruchttragenden Pflanzen mit 39 Figuren; 3. Buch mit 104 beschriebenen und 75 abgebildeten Bäumen; 4. Buch handelt von Fischen und Krebsen, sowohl aus dem Meere 1) Diese Dedikation wurde in Mauritia geschrieben (MANGET) und scheinbar in Vorahnung des schließlichen Resultates seiner Reise nach Afrika. 16 Breitenbach, Georg Marcgrave. © wie aus dem Süßwasser; es werden von ersteren 26 beschrieben und 19 abgebildet, von letzteren 105 beschrieben und 86 abge- bildet; außerdem befindet sich noch die Beschreibung und Ab- bildung eines Seesternes dabei; 5. Buch enthält Beschreibungen von 117 Vögeln, von denen 54 abgebildet sind; 6. Buch handelt von Vierfüßern und enthält Beschreibungen von 46 und Abbil- dungen von 26, zusammen mit 19 Reptilien, von denen 7 abge- bildet sind; 7. Buch ist den Insekten gewidmet und enthält 55 Beschreibungen und 29 Abbildungen; 8. Buch, das letzte, befaßt sich mit dem Lande, seinen Ureinwohnern und seinen jetzigen Bewohnern und hat 5 Bilder. Ein Anhang handelt von den Bewohnern Chiles und enthält zwei Abbildungen, von denen die eine wahrscheinlich die erste Zeichnung eines Lama ist. Wie am Schluß des Inhaltsverzeichnisses bemerkt wird, sind die 429 Abbildungen dieses Teiles größtenteils vom Verfasser sorgfältig gezeichnet worden. Wenn wir von dem 8. Buch und dem Anhang mit seinen 7 Figuren absehen, so sind also 301 Pflanzen beschrieben und 200 abgebildet; von Tieren sind 367 beschrieben und 222 abge- bildet. Diese 668 Formen waren praktisch fiir die Wissenschaft sämtlich neu, und die 422 abgebildeten waren wahrscheinlich vorher noch niemals gezeichnet worden. Trotzdem Marccrave nichts von den Feinheiten der Klassi- fikation wußte, die auf dem Bau und der Stellung der Staub- gefäße und Griffel der Blüten und der Zählung der Flossenstrahlen und der Seitenschuppen bei den Fischen beruhte, war die von. ihm in Brasilien geleistete Arbeit doch epochemachend. Dadurch daß er die Gelehrten Europas mit den Wundern Brasiliens be- kannt machte, wurde er der würdige Vorläufer des PRINZEN von Wien, von Spıx und Martius. Seine Naturgeschichte Brasiliens ist wahrscheinlich das wichtigste naturgeschichtliche Werk seit dem Wiedererwachen der Wissenschaften und bis zu den Forschungen des Prinzen von Wırp ohne Zweifel das bedeutendste Werk über Brasilien überhaupt. Aber, Ehre, wem Ehre gebührt; man darf den Grafen Moritz nicht vergessen, denn er allein ermöglichte es MARCGRAVE, diese ganze prächtige Arbeit auszuführen. Van Kampen vergleicht Grar Moritz mit NapoLeon, der einen ganzen Stab von Gelehrten auf seiner Expedition nach Ägypten bei sich hatte. Pıso aber ver- gleicht ihn mit ArexANDER, in welchem Vergleich aber MARCGRAVE, = 6 vu Breitenbach, Georg Marcgrave. 17 und nicht er selbst, den Platz des ARISTOTELES einnehmen muß. Alle Ehre dem Grafen Moritz! Es ist aber nicht meine Absicht, eine eingehende Analyse der naturgeschichlichen Arbeiten Marccraves vorzunehmen. Das ist längst geschehen, und zwar in sehr geschickter Weise für einen großen Teil der Tiere von LicHTEnsSTEIN (1814— 15, 1816— 17) und für die Pflanzen von Martius (1853—55). Ich interessiere mich am meisten fiir das Buch ùber die Fische und es scheint deshalb nicht unangebracht zu sein, die Urteile einiger der großen Ichthyologen darüber anzuführen. Cuvier und VALENCIENNES (1828) sagen: „GEORGE Marccrave... der gelehrteste, der exakteste und der- jenige, der die Geschichte der Fische am meisten bereichert hat. Er machte uns mit 100 (105) zu jener Zeit fùr die Wissenschaft neuen Fischen bekannt und gab Beschreibungen, die denen aller friheren Autoren tiberlegen sind“. GÜNTHER (1880) schreibt: „MARcGRAvE studierte besonders die Fauna des Landes, sein viertes Buch behandelt die Fische. Er beschreibt etwa 100 Arten, die vorher sämtlich unbekannt waren, in einer Weise, die die aller seiner Vorgänger übertrifft. Die beigegebenen Abbildungen sind nicht gut, aber fast immer erkennbar und geben eine gute Vor- stellung von der Gestalt des Fisches“. Jorpan (1905) bemerkt, daß »Marccrave etwa 100 für die Wissenschaft neue Arten unter portugiesischen Namen und mit Geist und Genauigkeit beschrieb. Es ist die erste Untersuchung einer lokalen Fischfauna außerhalb der Mittelmeer-Region und gereicht Marccrave und dem berühmten Fürsten, dessen Gehilfe er war, zum Ruhme In hundert Jahren wurden keine Versuche von ähnlicher Bedeutung mehr gemacht“. Da ich Kopien seiner Abbildungen besitze, so will ich hier Marccraves Beschreibung von zwei wohlbekannten Fischen wieder- geben, um zu zeigen, wie genau er beobachtete und wie sorg- faltig er seine Beschreibungen abfaßte. Der erste Fisch, den unsere Fig. ı nach der „Naturgeschichte Brasiliens‘ !) wiedergibt, ist der gefleckte Stachelroche, den wir 1) Die Kongreßbibliothek besitzt zwei Exemplare dieses seltenen Werkes. In dem einen sind die Holzschnitte ungefärbt, in dem andern mit der Hand koloriert. Mein eigenes Exemplar hat ungefärbte Abbildungen. Zool. Annalen VT. 2 18 Breitenbach, Georg Marcgrave. unter dem zoologischen Namen Aefobatus narinari kennen. Marccrave beschreibt ihn wie folgt: „Von den verschiedenen, von den Brasilianern ‚„Narıinarı“ ge- nannten Fischarten, heißt der, den wir hier beschreiben, Narınarı pinima. Die Portugiesen nennen ihn „Raja“, die Holländer „Pyl- steerte“ oder „Siecle“. Er ist eine Marina partinaca. Sein Körper ist lang, breit, fast dreieckig geformt, nach beiden Seiten in sehr breite dreieckige Flügel ausgezogen, die fleischiger Natur sind. Nahe am Schwanze befinden sich zwei Flossen etwa von Handgröße, mit rundem Umriß und beide gleich lang. Sein Kopf, der dick, zu- sammengedrückt und in der Mitte von einer Furche durch- zogen ist, ist etwa so lang wie der eines ausgewachsenen Schwei- nes. Das unten abgerundete Maul ist dreieckig, etwas zu- sammengedrückt und endet in einer Schnauze. Das Maul ist 21/2 Zoll breit, zahnlos, besitzt aber statt der Zähne einen Unter- kiefer in Form einer Zunge. Diese ist 4 Zoll lang, 11/2 Zoll breit und reicht bis an die äußere Öffnung des Maules. Es ist auch ein quergestellter Ober- kiefer vorhanden, 2 Zoll lang und ebenso breit. Der Unterkiefer besteht aus ı7 harten weißen Knochen, die die Gestalt des Buchstabens V haben und durch Häute fest mit- einander verbunden sind. Unter ihnen liegen 17 andere Knochen, der eine unter dem anderen; sie haben ein schwammiges An- sehen und sind nicht so hart. Der Oberkiefer besteht aus 14 Knochen, die ebenso gestaltet sind wie die letzteren und eben- falls durch Haute miteinander verbunden. Uber diesen 14 Knochen liegen wieder 14 andere. Auferdem sind die zwei Kiefer mit den anderen Kopfknochen durch Haute verbunden. Die Schädelhöhle, in der das Gehirn liegt, ist etwa 6 Zoll lang und kaum 2 Zoll breit. Die Schnauze ist ganz knorpelig. Der Fisch hat zwei kleine Augen etwa von der Größe eines Nummus mis- Fig. 1. Narinari. (Nach Marcgrave.) — TX = Breitenbach, Georg Marcgrave. 19 micus. Hinter diesen Augen liegt jederseits eine große Atem- höhle, in der etwa ein Apfel von gewöhnlicher Größe Platz hat. In diesen Höhlen liegen die Kiemenblätter verborgen. Auf der unteren Seite des (hinteren) Kopfendes bemerkt man fünf läng- liche Einschnitte. Die ganze obere Körperfläche ist dunkel gefärbt und mit weißen Flecken von der Größe eines Nummus misnicus bedeckt, während die Unterseite ganz weiß ist. Die Haut ist überall weich und ohne Schuppen. Die Körperlänge von der Spitze der Schnauze bis zur Schwanzwurzel beträgt 11/2 Fuß; die Spannung zwischen den äußersten Enden der dreieckigen Flügel 3 Fuß 10 Zoll. Die Länge der Floßen in der Nähe des Schwanzes ist 7 Zoll bei einer Breite von 4 Zoll. Der Kopf ist 10 Zoll lang, 7 breit und 11/2 Fuß dick. Der Schwanz ist 4 Fuß 3 Zoll lang, am Anfang 5 Zoll dick, er nimmt aber dann allmählich an Dicke ab. Etwas hinter dem Schwanzende befindet sich eine kleine Art Flosse von etwas über einem Zoil lang, und dicht hinter dieser stehen zwei kleine, wie Fischangeln gekrümmte Haken von 3 Zoll Länge. Sein Fleisch hat einen guten Geschmack und genügt zur Nahrung für 40 Personen“. Den Krötenfisch beschreibt er so: „Dieser Fisch wird von den Brasilianern „Niqui“und von unseren Leuten „Pietermann“!) genannt. Er hat einen dicken K opf, ein großes froschähnliches Maul, ist zahnlos, hat eine dicke Zunge und der Unterkiefer istetwaslänger als der Oberkiefer. Die Ki,“ we vordere Mittelregion des Körpers ist y > ziemlich breit, die hintere schmal und Fig. 2. Niqui. (Nach Marcgrave.) abgerundet. Er ist höchstens 6 oder 7 Zolllang und im vorderen Teil etwa 11/2 Zoll oder etwas mehr breit. Seine Augen sind klein und vorspringend, sie stehen auf Cylindern gleich denen der Landkrabben, die Pupille ist dunkel und die Iris aschbraun. Er hat große Kiemen und etwas hinter diesen auf jeder Seite eine etwa einen Zoll lange und breite Flosse, die am Ende abgerundet ist; unterhalb derselben, auf der Bauchseite, 1) Der heutige Name dieses Krötenfisches ist mir nicht bekannt. JoRDAN und EVERMANN (Fishes of North America, B. III, S. 2315) schreiben über „Die brasiliani- sche Gattung Marcgravia (cryptocentra) . . . .“, der möglicherweise der hier be- schriebene Fisch angehört. 2* 20 Breitenbach, Georg Marcgrave. und etwas mehr nach hinten vereinigen sich die Kiemen. Die Flosse auf der Mitte des Rückens läuft fast bis zum Schwanze, sie ist 11/2 Zoll hoch und wird nach hinten niedriger; auf der Bauchseite des Körpers befindet sich eine entsprechende Flosse. Der Schwanz ist über einen Zoll lang, weniger breit, von der Gestalt eines Parallelogramms und am äußeren Ende abgerundet. Vor der Rickenflosse stehen zwei kräftige Stacheln und vor jeder postbranchialen steht je ein scharfer. Der Fisch ist mit einer Haut bedeckt, deren Farbe von dunkel bis schwarz variiert; auf dem ganzen Ricken, auf dem Kopf, an den Seiten und an allen Flossen erscheint sie gemischt grau. Die Unterseite ist weiß, an den Seiten weniger weiß als schwarz oder grau. Auf dem ganzen Riicken, auf dem Kopf und an den Seiten sind kleine schwarze Flecken von der GrôBe eines Mohnkorns zer- streut. Das Tier liegt im Sande in der Nahe der Kiste verborgen und verwundet die Füße der über den Strand hingehenden Menschen“. Die Uniibertrefflichkeit des Marccraveschen Buches und sein Unterschied von den Werken Gesners und ALprovannıs liegt in seiner unbedingten Originalität. Wenn diese Naturforscher auch Großes und Gutes für die Naturwissenschaft geleistet haben, so waren sie doch nur Kompilatoren, Abschreiber, Männer, die die Beobachtungen von Reisenden systematisch zusammenstellten, die aber selbst nicht das Geringste von den Tieren gesehen hatten, die sie in ihren großen Folianten beschrieben und abbildeten. Daher ist es nicht wunderbar, daß ihre Bücher mit Abbildungen sagenhafter Ungeheuer angefüllt sind, die es dem modernen Naturforscher zuzeiten schwer machen, ihnen die Anerkennung zu zollen, die sie trotzdem verdienen. Ganz anders war Marccrave. Er ging nach Brasilien und lebte in dessen Wildnissen. Seine Abbildungen und Beschrei- bungen wurden nach den Tieren selbst angefertigt, in den meisten Fällen sogar wahrscheinlich nach dem Leben 1). Sodann waren alle oder doch fast alle Pflanzen und Tiere in seiner ,,Natur- geschichte von Brasilien“ fiir die Wissenschaft neu, und seine Ab- bildungen und Beschreibungen sind so genau, daß der heutige 1) In Freiburg in Mauritia hatte Graf Moritz Gärten, in denen viele Pflanzen des Landes angepflanzt waren, er hatte auch Käfige, in denen die Tiere gehalten wurden, und Fischteiche mit Süßwasser- und Seefischen (NIENHOFF). — 20 — Breitenbach, Georg Marcgrave. . 21 Forscher sie auf den ersten Blick erkennen kann. Der folgende Vorfall wird zeigen, mit welcher Sorgfalt er seine Beobachtungen anstellte. In seiner oben angeführten Beschreibung des gefleckten Stachelrochen gab er die Anzahl der Zähne für den Oberkiefer mit ı4 und für den Unterkiefer mit ı7 an. Zufällig fand ich selbst bei dem ersten von mir untersuchten Exemplar dieses Rochens genau dieselben Zahlen. Nach verschiedenen Anzeichen erscheint es sehr zweifelhaft, daß Pıso an der Herausgabe der „Naturgeschichte von Brasilien“ (1648) einen großen Anteil hatte, und tatsächlich erklärt Licnren- STEIN, daß De Laer in Abwesenheit Pisos die Herausgabe des ganzen Werkes besorgt habe. Ob er nun daran Teil hatte oder nicht, jedenfalls war Pıso sehr unzufrieden und er beschuldigte DE Lart, seine Arbeit übereilt und oberflächlich gemacht zu haben. Zehn Jahre später (1658) veröffentlichte er ein großes Foliowerk unter dem Titel „De Indiae Utriusque Re Naturale et Medica“ mit der Absicht, das frühere Werk zu vervollständigen. Der erste Teil dieses Werkes, das er dem Kurfürsten von Branden- burg widmete, führt den Titel „Historiae Naturalis et Medicae Indiae Occidentalis“ und besteht aus Marccraves „Naturgeschichte von Brasilien“ und Prsos ,,Medizinalpflanzen von Brasilien“, die zu fünf Büchern zusammen gearbeitet sind: ı. Über das Klima. 2. Über Krankheiten. 3. Über Tiere. 4. Über Pflanzen. 5. Über Gifte und Gegengifte. Es umfaßt 327 Seiten. Darauf folgt Marc- GRAVES ,,lractatus Topographicus“ usw., mit 39 Seiten, dann Jacos Boxrs ,,Historiae Naturales et Medicae Indiae Orientalis“ mit 160 Seiten und den Schluß bildet seine eigene ,,Mantissa Aromatica“ mit 66 Seiten. Nicht nur ist das eine Verbesserung des früheren Werkes, sondern in vielen Beziehungen sogar eine deutliche Verschlech- terung. Marccraves Werk über die Pflanzen Brasiliens wird ge- kürzt und verliert seine Originalität, da es mit Pısos Angaben über die medizinischen Eigenschaften vermengt wird. Am meisten leidet aber der zoologische Teil, denn Pıso war noch weniger Zoologe als Botaniker. Es scheint, als habe er die (gleich zu beschreibenden) Originalzeichnungen nicht mehr zur Verfügung gehabt, nach denen die Abbildungen der ersten Auflage an- gefertigt wurden; deshalb wurden seine Abbildungen nach der Ausgabe von 1648 kopiert oder nach Beschreibungen angefertigt, oder an die falsche Stelle des Textes gestellt oder gänzlich fort- 20 Breitenbach, Georg Marcgrave. gelassen (LiCHTENSTEIN). Im ganzen trägt die Ausgabe zum Ruhme Pisos wenig oder nichts bei. Wir müssen jetzt von der vierten Abteilung der wissen- schaftlichen Denkwürdigkeiten der brasilianischen Expedition des Graren Moritz sprechen. Im Jahre 1786 teilte ScHNemer der Welt das Vorhandensein dieser kostbaren Schätze mit folgenden Worten mit: „ich habe so oft von einer Sammlung von Originalzeich- nungen brasilianischer Tiere gehört, die Graf Jonann Morirz von Nassau, früher Gouverneur des ehemals holländischen Teiles Brasiliens, gemacht und in seiner eigenen Handschrift verzeichnet und später nach seiner Rückkehr dem Großen Kurfürsten von Brandenburg geschenkt habe, daß ich sehr begierig war, diese Handschriften zu sehen. Im Anfang dieses Jahres wurde mein Wunsch endlich erfüllt. Ich fand diese Sammlung in der König- lichen Bibliothek zu Berlin in zwei Foliobänden verschiedener Größe unter dem Titel ,Icones Rerum Brasiliensium“. Alle Blätter sind numeriert, doch ohne regelmäßige Folge in den zwei getrennten Bänden. Bei einem Vergleich derselben mit (den Figuren in) Marccraves „Naturgeschichte von Brasilien“ er- kennt man deutlich, daß Marccrave alle besten Bilder in der Originalgröße in Holzschnitt wiedergegeben hat. Wie treu? Darüber hat er sich selbst geäußert. Die hinzugefügten Be- merkungen sind holländisch und, wie wir bestimmt wissen, vom Grafen selbst geschrieben!) und stimmen überall mit Marccraves Text überein. Sie sind aber außerordentlich kurz und geben nur die Größe und die Beziehungen der Tiere zueinander an. Die Sammlung wird wohl nicht mehr vollständig sein, jedenfalls habe ich in ihr vergeblich nach einigen Skizzen Marccraves ge- sucht; es sind aber einige Skizzen vorhanden, die MARCGRAVE nicht kopierte, und einige Tiere, die er nicht kannte. Im allge- meinen bemerkte ich, daß bei einem sorgfältigen Vergleich diese Sammlung Marccraves Text gut erklärt. Dieser kann auch nicht 1) Lichtenstein kommentiert die charakteristischen, halb scherzhaften Bemer- kungen, die Graf Moritz hinzugefügt hat und von denen die folgende hier mitgeteilt werden mag. Auf das Blatt, das die Abbildung des Ameisenfressers Zamandua guacu, enthält, hat der Graf geschrieben: „Dies ist der große Ameisenfresser, der so groß wie eine Otter ist. Er steckt seine Zunge in ein Loch, die Ameisen setzen sich auf sie und dann zieht er sie in sein Maul hinein. Die Zunge ist etwa eine halbe Elle Wangs nn... Er kann gar nicht laufen.“ — 22 — Breitenbach, Georg Marcgrave. 23 falsch sein, da Marccrave nur Holzschnitte bieten konnte und sein Zeichner die Originalabbildungen oft ganz falsch kopiert hat; in der erwähnten Sammlung haben dagegen alle Tiere ihre natürlichen Farben, aus deren Verschiedenheiten man so oft die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale nahe verwandter Arten und Gattungen hernimmt!)“. Dann drückt Scaneiner den Wunsch aus, es möchten noch mehr Autoren wie Broch ihre Bücher nach diesen prächtigen Bildern illustrieren. Brock kannte nicht nur diese Zeichnungen, sondern er kopierte auch eine große Anzahl derselben für seine „Ausländischen Fische“ und seine große „Ichthyologie“. In der Vorrede zu Band 6 dieses letzteren Werkes (1788) schreibt Brocu, diese Sammlung von Bildern bestehe aus zwei Abteilungen und die Bilder seien auf weißem Pergament ausgeführt. „Die erste Abteilung enthält 32 Vierfüßer, 87 Vögel, 9 Am- phibien, 80 Fische, 31 Insekten, einige Schaltiere, Seesterne und einen Tintenfisch, im ganzen 183 Blatter. Auf jedem Blatt befindet sich die Abbildung eines Fisches, Vogels, Vierfüßers, Amphibiums, Insektes oder Wurmes. Alle sind sehr schòn gezeichnet und gemalt, teilweise in sehr glänzenden und schönen Farben. Über der Zeichnung des Tieres findet man den Namen, den es in Brasilien trägt, und unten stehen oft in holländischer Sprache Notizen über seine Größe?)., ‘Die zweite Abteilung, ebenfalls auf Pergament, enthält 2 Vierfüßer, 15 Vögel, 46 Amphibien, 45 Fische, 46 Insekten und verschiedene Seiten mit Pflanzen . . . sie be- steht aus 114 Blättern, auf denen man die erwähnten Bemerkungen von derselben Hand wie in der ersten Abteilung geschrieben findet“. Es kann nicht geleugnet werden, daß diese Abteilungen durch Brocxs Reproduktionen der Welt bekannt wurden, ich selbst lernte sie durch die Vorrede zu Band 6 der „Ichthyologie“ kennen; über die Treue der Wiedergabe wollen wir Cuvier und VALEN- CIENNES Sprechen lassen. »BLocH hatte viele dieser Bilder in seiner „Ichthyologie“ kopiert, ohne, wie es scheint, daran zu zweifeln, daß sie vom Grafen ge- zeichnet worden seien, und, was noch tadelnswerter bei ihm ist, 1) Für diese Übersetzung bin ich Herrn Dr. PERLBACH von der Königl. Bibliothek in Berlin zu Dank verpflichtet. ?) Siehe Fig. 3. 24 Breitenbach, Georg Marcgrave. er fügte manche Einzelheit ganz willkürlich hinzu oder ließ solche fort !)“. Die erwähnte Sammlung von Zeichnungen ist in Wasser- farben ausgeführt und findet sich in der Königlichen Bibliothek in Berlin unter folgender Bezeichnung: „Brasilianische Naturgegen- stande (Collectio rerum naturalium Brasiliae) in zwei Bänden. Libri pieturati AY 30. 37%. Über Verfasser und Geschichte derselben werden wir später sprechen. Fig. 3 ist eine Photographie der Zeichnung des gefleckten Stachelrochen Narinari aus dieser Sammlung. Wenn man in Be- tracht zieht, daß diese Wasser- farbenzeichnung etwa 270 Jahre altist, so wundert man sich über ihre Frische und ihre scharfen Umrisse. Daß sie wunderbar genau ist, kann ich aus eigener Anschauung bestätigen, denn ich habe dem Studium dieses Fisches eine beträchtliche Zeit gewidmet. Außer dieser Sammlung von Zeichnungen befinden sich in der Königlichen Bibliothek zu Berlin noch zahlreiche Ölbilder unter Fig. 3. Photographie des Wasserfar- 2 benbildes vom Nin folgendem Titel: „Iheatrum re- rum Naturalium Brasiliae (Icones) in 4 Bänden. Libri picturati A. 32—35“. Zum erstenmal wurden diese in der Literatur erwähnt in einem anonymen Aufsatz in „Neue Zeitungen von Gelehrten“ Sachen, Erster Teil, Nr. 4, 1717,“ und es wurde dazu bemerkt: „Außer diesem Ost- indianischen Werke ist in der Königl. Bibliothek auch ein West- indianisches unter folgendem Titel enthalten: ,,Theatrum rerum naturalium Brasiliae, imagines, etc.“ Dieser Autor bemerkt, daß diese Ölbilder in 4 Bänden vorliegen und daß im ersten 357 Fische, im zweiten 303 Vögel, im dritten 245 „andere Tiere vom Menschen bis zu den Insekten“, und im vierten 555 Pflanzen abge- bildet seien, im ganzen 1460 Bilder. Er erwähnt auch eine kleinere !) Das wurde wahrscheinlich von VALENCIENNES geschrieben, der 1826 eine be- sondere Reise nach Berlin machte, um sich diese Zeichnungen anzusehen. es 24 == Breitenbach, Georg Marcgrave. 25 Sammlung in Wasserfarben, gibt aber nicht an, wie viele Zeich- nungen sie enthalt. Im Jahre 1785 gibt Böhmer in seiner „Bibliotheca Historiae Naturalis“ einen kurzen Auszug aus der vorstehenden Notiz. Die nächste Bezugnahme ist noch unklarer. Licurenstein erzählt, daß IrLinger die wissenschaftliche Welt auf diese Bilder auf- merksam gemacht habe. Was er getan hat, kann ich nicht sagen, da es mir trotz größter Mühe nicht möglich gewesen ist, Näheres festzustellen. Wir dürfen deshalb vielleicht annehmen, daß es nicht besonders wichtig war. Zuletzt hat LicHtENSTEIN (1814—15) die Bilder gefunden und ausführlich beschrieben. Wir kommen auf seine Abhandlung noch zurück. Man kann nicht daran zweifeln, daß alle diese Zeichnungen in Brasilien angefertigt worden sind und daß Graf Moritz sie im Jahre 1644 mitgebracht hat. Bei seiner Rückkehr wurde die- ser ausgezeichnete Mann in einer seinen hervorragenden Verdien- dii zen. sten um das holländische Volk De angemessenen Weise gefeiert, Ehren über Ehren wurden auf sein Haupt gehäuft. Im Jahre 1652 trat er in die Dienste des Großen Kurfürsten, durch den er im den Fürstenrang erhoben wurde. Zwischen den beiden ge- feierten Männern entstand eine enge Freundschaft, die ununterbrochen bis zu dem Tode des Fürsten im Alter von 76 Jahren (1679) dauerte, zu welcher Zeit er Gouverneur von Berlin war. Die zwei Sammlungen von Zeichnungen brasilianischer Ge- genstände, nach deren kleinerer inzwischen Abbildungen für die „Naturgeschichte von Brasilien“ angefertigt worden waren, ver- machte der Fürst dem die Wissenschaft fördernden Kurfürsten: Dieser übergab sie Dr. Christus Mentzer, seinem Leibarzt und Günstling, der ein geschickter Sprachkundiger war; er sollte sie in Ordnung bringen, in Bände einbinden lassen und dann sollten sie der Bibliothek der Hauptstadt Berlin zur Aufbewahrung übergeben werden. Die Ölzeichnungen, die sich auf einzelnen Blättern befanden, Fig. 4. Photographie des Ölgemäldes vom Narinari. 20 Breitenbach, Georg Marcgrave. sammelte Dr. MenTzEL in vier Bänden, die heute die Bezeichnung „Libri picturati A. 32—35“ tragen; die Blätter wurden logisch geordnet und mit den brasilianischen Namen und den Bezug- nahmen auf Marccrave und Piso versehen, bei denen man eine genauere Beschreibung finden kann und wo auch die Hinweise auf die Sammlung in Wasserfarben sind). Für diese Sammlung hatte Dr. MentzeL ein farbiges Titel- blatt gezeichnet. Es scheint, daß es beträchtliche Zeit gedauert hat, eine Klassifikation dieser Sammlung auszuarbeiten, denn das Titelblatt ist datiert 1660, die Vorrede 1664. In dieser Weise wurde die unschätzbare Sammlung von Bildern der Nachwelt erhalten. In Wirklichkeit blieb sie aber 150 Jahre lang unbekannt, bis LICHTENSTEN in den Jahren 1814—17 in den „Abhandlungen“ der Berliner Akademie auf ihren großen Wert aufmerksam machte. Seine erste Abhandlung wird durch einen historischen Bericht und eine kritische Auseinandersetzung über die Arbeiten Marccraves und Pisos in Brasilien eingeleitet, aus dem ich große Anregung geschöpft und dem ich viele An- gaben entnommen habe. Dann folgt eine kritische Besprechung des Textes und der Abbildungen in der „Naturgeschichte von Brasilien“. Die Wasserfarbenzeichnungen werden ebenfalls in der König- lichen Bibliothek in Berlin aufbewahrt, es ist aber nicht klar, wie sie dorthin gekommen sind. Doch konnten auf Grund der Angaben von Driesen. die folgenden interessanten Tatsachen festgestellt werden. Im Jahre 1652 verkaufte Graf Morirz an den Kurfürsten von Brandenburg für 50000 Taler eine große Sammlung brasilianischer Merkwürdigkeiten. Das Geld scheint aber nicht in bar ausgezahlt worden zu sein, vielmehr übertrug der Kurfürst an den Grafen als Sicherheit einen ausgedehnten Besitz in der Stadt Cleve. Die Verkaufsurkunde oder der Kata- log der Sammlung ist datiert vom ı8. Februar 1652, und in ihr heißt es unter Nr. 14 nach DRIESEN: „Ein großes Buch in Royal Folio und ein etwas kleineres, enthaltend (Abbildungen von) Menschen, vierfüßigen Tieren, Vögeln, Reptilien, Fischen, Bäumen, Kräutern und Blumen, in denen alles, was in Brasilien gesehen und gefunden wurde, im kleineren Maßstabe deutlich nach dem Leben abgebildet ist, mit 1) Siehe Fig. 4, der früher beschriebene gefleckte Stachelrochen Narinari. LE Breitenbach, Georg Marcgrave. 27 beigesetzten Namen, Eigenschaften und Eigentümlichkeiten (auf besonderen Zetteln). Nr. 15 enthalt mehr als 100 Abbildungen von Indianern in Ol auf Papier und diese sind nicht gebunden“, Driesen bemerkt, daß der erste von diesen unter Nr. 14 auf- geführten Banden 455, der zweite 488 Blatter enthielt, die in der Regel nur eine Abbildung aufweisen, während das Inventar an einer Stelle von 100 und an einer anderen von „mehreren Hundert“ spricht. Da aber die Gesamtzahl in der Sammlung heute 1460 beträgt, so meint DrieseN (S. 109), es sei nur eine kleine Anzahl durch Kauf erworben worden, der größere Teil sei dem Kur- fürsten vom Grafen Moritz geschenkt worden. Es erhebt sich nun von selbst die interessante Frage, wer diese Zeichnungen gemacht hat. Wir wissen von Mancer, daß Marcerave ein geschickter Zeichner war. In seiner Dedikation der „Historiae Rerum Naturalium Brasiliae“ sagt Marccrave, daß er die in ihr enthaltenen Zeichnungen nach dem Leben angefertigt habe. De Laer sagt in seiner Inhaltsgabe von Marccraves acht Büchern, daf die Abbildungen vom Verfasser gemacht worden seien. Ein Vergleich der Figuren in Marccraves Buch mit den beiden Sammlungen von Bildern zeigt deutlich, daf die ersteren nach den Wasserfarben-Zeichnungen hergestellt worden sind. Daher darf man wohl mit Recht schließen, daß Marccrave die Wasser- farben-Zeichnungen gemacht hat. Da aber diese Zeichnungen Notizen in der Handschrift des Grafen Morirz tragen (Mentzer und andere sagen ausdrücklich, daß sie vom Grafen herrühren), so meinen ScHnEIDER, BLocH und Swainson, daß der Graf die Zeichnungen. angefertigt habe. Andererseits stellt Lichrenstem folgende treffende Vermutung auf: „ - . man kann vielleicht nicht ohne Grund annehmen, daß der Fürst, der Marccrave sehr gern hatte, dieser und nicht der größeren Sammlung Bemerkungen in seiner eigenen Handschrift hinzufügte“. Ich selbst habe gute Gründe zu glauben, daß Fürst Morirz einige dieser Zeichnungen selbst gemacht hat. LicHTENSTEIN er- zählt, daß der Fürst „mit seinen gelehrten Gehilfen die Pflanzen und Tiere des Landes studierte, beschrieb, und zeichnete“. Ein Vergleich der Handschrift unter der Wasserfarben- zeichnung des gefleckten Stachelrochen mit dem Facsimile eines Briefes des Grafen Morrrz, den Driesen mitteilt, führt zu der Ansicht, daß beide von derselben Hand geschrieben sind. 28 Breitenbach, Georg Marcgrave. Lichtenstein, der sich tiefer als ein anderer in die Frage nach dem Urheber dieser Zeichnungen versenkt hat, hat sich mit dem Glauben begnügt, daß die meisten von Marccrave stammten. Hier mögen die fünf Punkte folgen, auf denen dieser Glaube be- ruht: 1. Marccrave sagt, daß er sie gemacht habe und BaArLAEUS bestätigt das; 2. die Buchstaben, mit denen die Namen ge- schrieben sind, sind in ihrem Charakter mehr deutsch als hol- landisch; 3. in Form und Farbe stimmen sie mehr mit Marccraves Beschreibungen überein; 4. die Holzschnitte in Marccraves Text sind zum größten Teil nach ihnen hergestellt worden; 5. Niemand anders als Marccrave hätte sie machen können. Er vermutet aber weiter, daß sie Kopien der Ölbilder seien, da sie kleiner und weniger geschickt ausgeführt seien. Die beiden Abbildungen des gefleckten Stachelrochen, die ich hier wiedergebe, sind die ein- zigen, die ich gesehen habe, aber ich zweifle nicht, daß die Wasser- farben-Zeichnung nach dem Leben gemacht ist und daß, wenn eine eine Kopie ist, es die Ölzeichnung sein wird, die aber mehr aus- sieht, als sei sie nach einem toten und getrockneten Exemplar angefertigt worden. Nach meiner Meinung kann es nicht zweifel- haft sein, daß Marccrave alle oder doch fast alle diese Wasser- farben-Zeichnungen gemacht hat. Nicht so bestimmt ist die Urheberschaft der Ölbilder, von denen LicHTENSTEIN vermutet, sie seien von gewissen „namenlosen Künstlern‘ gemacht, die den Grafen Moritz nach Brasilien be- gleitet hätten. Cuvier und Varenciennes und auch Drirsen be- gnügen sich damit zu sagen, daß sie auf Befehl des Grafen ge- malt worden seien. Pıso sagt in der En une zu dem Folio- Werk von 1658: „Ich habe Abbildungen beigegeben, die von dem Maler, der mit mir durch diese Wildnisse wanderte, nach dem Leben ge- zeichnet sind“. Danach scheint es ziemlich festzustehen, daß Graf Morrrz außer Marccrave noch einen anderen Zeichner bei sich hatte. Indessen klärt Drizrsen (1849) dieses Geheimnis auf. Er sagt: „Herr Waagen, Direktor der Gemäldegallerie des Berliner Museums, hat versichert, der Maler sei Franz Porr aus Harlem, der Bruder des berühmten Architekten Perer Porr. Holländische Autoren berichten ausdrücklich, daß JonHann Moritz gewisse bra- silianische Landschaftsbilder sehr gelobt habe, die Franz Port auf Segeltuch gemalt und aus Brasilien mitgebracht habe“. a ta Breitenbach, Georg Marcgrave. 29 Nun war aber Prrer Porr mit dem Grafen Morirz in Bra- silien und der Erbauer des Freiburg genannten Palastes und der umgebenden Gärten auf der Insel Antonio Vaez (NiexHorr) Daß sein Bruder ihn begleitet habe, erscheint sehr wahrscheinlich. Martius (1853—55) kommt zu fast genau demselben Schluß und es ist wahrscheinlich, daß er seine Angaben DRIESsEN ent- nommen hat. Er stellt ausdrücklich fest, daß dieser Künstler mit dem Grafen aus Brasilien zurückkam. Eine weitere Bestätigung findet diese Vermutung bei Dr Larr in seiner „L’Histoire de Nouveau Monde ou Description des Indes Occidentales‘ (1640): „Ich habe von einem gewissen jungen Landsmann, der ein ganz geschickter Maler ist, drei Abbildungen von anderen Fischen erhalten, die irgendwo aus jenem Meere stammen (Maranham oder der Nordostküste Brasiliens)“. Diese Abbildungen gleichen so auffallend denen in Marc- GRAVES Buch, daß sie mit demselben Druckstock gedruckt sein müssen oder daß doch beide Druckstöcke nach derselben Zeichnung angefertigt sein müssen. Es ist natürlich möglich, daß dieser „ge- wisse junge Mann“ Marccrave selbst war. Fassen wir die wissenschaftlichen Früchte des Lebens GEorG Marccraves zum Schluß kurz zusammen. Von seiner „Progym- nastica Mathematica Americana‘ ist nur ein Bruchstück erhalten. Seine glänzende „Historia Rerum Naturalium Brasiliae“ wurde von fremder Hand herausgegeben. Seine prächtigen naturwissen- schaftlichen Zeichnungen, wie man solche vorher noch nicht gesehen hatte, waren für die Welt ı50 Jahre lang verloren. Seine glänzenden Sammlungen wurden in alle vier Winde zer- streut. Sein Schicksal ist wahrhaft tragisch. Gestorben im Alter von 34 Jahren auf der Höhe seiner Fähigkeiten, welch’ ein Verlust für die Welt! Rufen wir uns die Ergebnisse seines sechs und einhalbjährigen Aufenthaltesin Brasilien ins Gedächtnis zurück! Was würde es für die Wissenschaft bedeutet haben, hätte er seine Manuskripte selbst herausgeben, seine Zeich- nungen selbst veröffentlichen, seine Sammlungen selbst beschreiben können, kurz hätte er die von ihm geplante „Naturgeschichte von Brasilien“ selbst herausgeben können, die die Bewohner der Luft, des Landes und des Wassers umfassen sollte und von der uns glänzende Bruchstücke erhalten sind, als ein gewaltiges Denkmal seines Genius. Wohl kann Lichtenstein sie ein „kost- ==) 294.4 30 Breitenbach, Georg Marcgrave. bares Vermächtnis“ nennen und fragen, ob von irgend einem anderen Lande bei seiner ersten Erforschung ein gleich voll- ständiger und erschöpfender Bericht über dessen Naturgeschichte vorhanden sei. Und weiter schreibt LIcHTENSTEIN: „Das alles . . . ist... nur ein kleiner Teil von dem, was er in einem längeren Leben vollführt haben würde und ein Beispiel eines beklagenswerten Schicksals, das einen so befähigten Forscher so früh aus dem Leben rief. Wie viele Irrtümer, wie viele leere Vermutungen, wie viele zwecklose Debatten würden uns erspart geblieben sein, wenn Marccrave selbst in der Lage gewesen wäre, seine Beobachtungen zu ordnen und zu veröffentlichen“. Wäre er am Leben geblieben, so würde nach meiner Ansicht unsere Kenntnis der Naturgeschichte Brasiliens im Jahre 1650 weiter vorgeschritten gewesen sein als sie es im Jahre 1800 war. Nachdem er den Gefahren der Tiefe, den Zufällen und Epi- demien des Lagers und der Belagerung entgangen war (bei zwei Gelegenheiten, bei denen er eben mit dem Leben davonkam), nachdem er glücklich durch die Gefahren des Waldes und des Wassers, des Fiebers, der wilden Tiere, der giftigen Schlangen und der menschenfressenden Wilden hindurch gekommen war, starb dieser begabte Mann an endemischem Fieber in jenem schrecklichen, Fieberloch, an der Goldküste Westafrikas. Mit 34 Jahren auf dem Höhepunkte seiner Fähigkeiten zu sterben, sein großes Werk unvollendet zu lassen, welch’ ein Verlust für die Welt! Mit Recht darf LicHrENsTEIN ihn einen großen Helden der Wissenschaft nennen. Bibliographie. 1884. Artikel Marcgrave in der Allgemeinen Biographie. Leipzig. 1717. Anonym. ... Außer dem Ost-Indianischen Werke ist in der Königl. Bibliothek auch ein West-Indianisches unter folgendem Titel enthalten: Theatrum .rerum naturalium Brasiliae, imagines, etc. Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen, Erster Teil, Nr. IV, S. 29 und 30. 1647. Barlaeus, Caspar. Rerum per octennium in Brasilia et alibi nuper Ge- starum, Historia, S. 330—331. Amsterdam. Auch Cleve, 1660. S. 559. 1659. Barlaeus, Caspar. Brasilianische Geschichte bey Achtjähriger in selbigen Landen geführter Regierung Seiner Fürstlichen Gnaden Herrn Johann Moritz Fürstens zu Nassau, S. 839, 840, 841. Cleve. 1788. Bloch, Marc Elieser. Ichthyologie, B. VI. Vorrede, S. 5 u. 6. 1785. Boehmer, Georg Rudolph. Bibliotheca Scriptorum Historiae Naturalis Oeconomiae Aliarumque Artium ac Scientarum. Bd. I, S. 760761. 1841. Cuvier, Georges. Histoire des Sciences Naturelles. S. 141. Paris. 1828. 1806. 1640. 1849. 1880. 1886. 1860. 1905. La. 1814. Ver 1648. 1853, 1660. 1853. 1813. 1648. 1658. 1786. 1707. 1840. 1840. Breitenbach, Georg Marcgrave. 31 Cuvier et Valenciennes. Histoire Naturelle des Poissons. T. I De Crane, Jo. Guil. Oratio de Ioanne Mauritio Nassaviaae Principe Cognomine Americano. S. 16, 24-29. De Laet, Jan. L’Histoire du Nouveau Monde ou Description des Indes Occidentales. B. V. S. 509. Leyden. Driesen, Ludwig. Leben des Fùrsten Johann Moniz von Nassau-Siegen. S. X u. tor—112. Berlin. Günther, A. C. L. G. An Introduction to the Study of Fishes. S. 7. Hallam, Henry. Introduction to the Literature of Europe in the Fifteenth, Sixteenth and Seventeenth Centuries. B. IT. Cap. 9. Hoefer. Nouvelle Biographie Générale. Artikel Marcgrave. Jordan, David Shaw. A Guide to the Study of Fishes. B. I. Cap. XXil, History of Ichthyology. S. 389. New York. Lallande, J. J. Le F. Astronomie (2. Aufl.), Bd. II. S. 160. B. III S. 142. 1815. 1816. 1817. 1826. Lichtenstein, Heinr. Die Werke von Marcgrave und Piso über die Naturgeschichte Brasiliens erläutert aus den wieder aufgefundenen Originalzeichnungen. Abhandlungen der Königl Akademie der Wissenschaften in Berlin, S. 201—222; ebenso Band für 1816—17, S. 177 und Band für 1826, veròffentlicht 1829, S. 65. Mangetus. Bibliotheca Scriptorum Medicorum. B. II S. 262. Marcgrave, Georg. Historiae Rerum Naturalium Brasiliae. Leyden und Amsterdam. 1855. Martius, Fr. Ph. von. Versuch eines Kommentars iber die Pflanzen in den Werken von Marcgrave und Piso tiber Brasilien. Ab- handlungen der Math.-Phys. Classe der Kônigl. Bayrischen Akademie der Wissenschaften. B. VII. S. 181—194. Mentzel, Christus. Vorrede aus Theatrum rerum naturalium Brasiliae. Netscher, P. M. Les Hollandais au Brésil. Notice Historique sur les Pays-Bas et le Brésil au XVII. Siècle. S. 85 u. 104—105. La Haye. Nienhoff, John. Voyages and Travels into Brazil (1640—49). Edited by Henry Nienhoff. Found in a General Collection of Voyages and Travels in all Parts of the World, by John Pinkerton. B. XIV. S. 710—711. Piso, W. De Medicina Brasiliensi. Leyden u. Amsterdam. Piso, W. De Indiae Utriusque Re Naturali et Medica. Amsterdam. Schneider, J. G. Nachricht von den Originalzeichnungen von Marcgrafs brasilischer Zoologie. Leipziger Magazin zu Naturkunde und Oekonomie, drittes Stück. S. 270— 278. Sloane, Hans. Voyage to Jamaica and its Natural History. Bd.I. Vor- rede. London. Swainson, William. Taxidermy with the Biography of Zoologists, in the Cabinet Cyclopaedia conducted by Dionysius Lardner. S. 259—261. Van Kampen, Nicolaas, Godfried er Daniel Veegens. Joan Maurits van Nassau-Siegen, gezeg de Amerikaan. In Drietal levensbeschrijvingen van beroemde mannen. S. 280—290. à Gi % 4, My j Daa LT Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. Von Franz Poche, Wien. Vor kurzem erschien die im Titel genannte Arbeit WATER- HOUSE’S (1912), die gewiss von allen systematisch arbeitenden Zoologen aufs freudigste begrüsst worden ist. Ein ganz besonderes Verdienst hat sich der Verfasser dadurch erworben, daß er sich nicht darauf beschränkte, die im Zool. Rec., Bd. 38—47, und im Intern. Cat. Sci. Lit, N, Zool, Jg. 1—10 (für 1901—ıg10) ent- haltenen neuen Gattungs- (und Untergattungs-) Namen in einem Alphabet zu vereinigen, was die Hauptaufgabe des Werkes war, sondern sich bestrebte, auch möglichst viele andere vor 1911 ein- geführte Gattungsnamen, die aber weder in jenen Werken noch in WATERHOUSE (1902) noch in ScuppER (1882, 2) enthalten sind, zu sammeln, so daß es im Vereine mit diesen beiden Veröffent- lichungen ein vollständiges Verzeichnis der bis Ende ıgıo ein- geführten Gattungsnamen bilden sollte. Angesichts der großen Wichtigkeit nun, die der tunlichst vollständigen Sammlung dieser in mehrfacher Hinsicht zukommt — wie ich 1908, p. 273 näher ausgeführt habe —, möchte ich im folgenden eine Anzahl von Lücken in WATERHOUSE, 1912, wie sie nach der Natur des Werkes ganz unvermeidlich sind, bzw. in den beiden anderen gedachten Publikationen, ausfüllen. Im Interesse der Sache muß ich hier darauf hinweisen, daß außer den von WATERHouSsE (1912, p. III f.) angeführten und be- nützten von verschiedenen Autoren veröffentlichten Ergänzungen zu seiner früheren Arbeit (1902) noch -andere solche erschienen sind, die von ihm nicht benützt wurden. Es sind dies die von mir bereits 1908, p. 274 angeführte und kurz besprochene Arbeit Zool. Annalen VI. 3 — I — 34 Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. von Csıkı, und Ricumonp, 1903 [ca. 20 Namen, aber ohne Zitat, nur mit Angabe des Autors und des Datums, und überdies ein paar Berichtigungen; durchwegs Vögel. Die in diesen ent- haltenen Namen fehlen daher wenigstens im allgemeinen in WATERHOUSE, t. c. — Von so großem Vorteile es nun auch wäre, diese Namen mit den nachstehend angeführten in einer Arbeit vereinigt zu haben, statt sie in drei verschiedenen Zeitschriften suchen zu müssen, so sehe ich doch, insbesondere aus Gründen der Raumerparnis, davon ab, dies im folgenden zu tun. Die vorliegende Publikation stellt durchaus eine Originalarbeit dar. — Neben in den genannten Arbeiten ganz fehlenden Namen bringe ich im folgenden auch eine Anzahl von Berichtigungen zu jenen. Hierbei gebe ich stets auch die in jenen enthaltene be- zügliche Information genau wieder, einerseits um den betreffenden Autoren Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, andererseits um darauf hinzuweisen, dass die fraglichen Namen mit schon in jenen ent- haltenen identisch und daher letztere nicht etwa neben ihnen anzuführen sind; und in jenen Fällen, wo der Name selbst un- richtig wiedergegeben ist, führe ich ihn überdies auch in dieser Form an der betreffenden Stelle des Alphabets in „ “ und mit einem entsprechenden Hinweis an, um die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit seiner Streichung aus den Listen in dieser Form zu lenken. Ferner sei speziell auf die ausschlaggebende Wichtigkeit hingewiesen, die der Feststellung der tatsächlichen Zeit der Einführung eines Namens bei der Entscheidung von Prioritätsfragen oft zukommt. — Ich betone aber ausdrücklich, daß die Verantwortung für fast alle diese Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten nicht die Verfasser der betreffenden Ver- öffentlichungen, die ja zum weitaus größten Teil nicht Original- arbeiten, sondern Kompilationen sind und sein wollen, sondern den der von ihnen jeweils benützten Quelle trifft. Die Gesamtzahl der nachstehend angeführten Namen beträgt ca. 240. Bei jedem Namen gebe ich die Klasse an, in die die be- treffende Gattung tatsächlich gehört. Dabei lege ich durchgehends das von mir (1911) aufgestellte System des Tierreichs zu- grunde, was zur Vermeidung von Mißverständnissen wohl zu be- achten ist. Zusätze in | ] rühren, wenn nicht ausdrücklich das Gegenteil angegeben ist, stets von mir her. — Scupper, 1882, 2 führe ich der — d — Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. 35 Kürze halber stets bloß als Scupper an. — Wo ich neben der ersten Seitenzahl auf eine zweite hinweise — (cf. p....) —, ent- hält die letztere Stelle nomenklatorisch oder sachlich wichtige Angaben, so insbesondere die Kennzeichnung, die Angabe, daß es sich um einen neuen Namen handelt, usw. Zu beachten ist endlich, daß WATERHouSsE (1912) Namen, die ich (1908) ausdrücklich als nomina nuda angeführt hatte, durch- wegs ohne diesen Zusatz anführt, und überdies in Fällen, wo Namen bei ihrer ersten Veröffentlichung nomina nuda darstellten, später aber in Begleitung einer Kennzeichnung ver- öffentlicht ‘wurden, und wo ich daher diese letztere Stelle gleich- falls zitierte, dieses Zitat weglässt. Es ist also eine — allerdings geringe — Anzahl der von ihm angeführten Namen, wenigstens auf Grund der von ihm zitierten Stelle, überhaupt nicht zu- lässig (cf. darüber Pocus, 1912, p. 6f). Ein so wichtiger Um- stand dies natürlich ist, so führe ich doch aus Rücksicht auf den Raum diese Fälle im folgenden nicht einzeln an, zumal sie sich an der Hand meiner erstgenannten Arbeit ohnedies relativ leicht feststellen lassen. Abu-defduf [corr.: Abudefduf] Forskal, Descript. Animalium, 1775, p. 59. — Pisces. Abu Hamrur [corr.: Abuhamrur] Forskäl, Descript. Animalium, 1775, P- 44. — Pisces. Acanthorhinus Blainville, Journ. Phys. Chim. Hist. nat. Arts 83, 1816, p. — Selachii. [In Scudder als ,,Acanthorhinus Blainv. Pisc. 1828. A.“ a geführt.] Acanthurus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 72. — Reptilia. „Actinotrochidea Poche ’08 Verm. 47“ in Waterhouse, 1912: delendum [ist kein Gattungs-, sondern ein Ordnungsname]. Aérornis W. Bertoni, An. Cient. Parag. Igor, p. 66. — Reptilia. Agreocantor a Direct. Birds East. North America, 1907, p. 243. — Reptilia. [Cit. nach „Committee“: Allen, Richmond, Brewer, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Allomorpiime Reuss, Denkschr. kais. Ai Wiss., Math.-natwiss. Cl., 1, 1850, 1. Abth., p. 380. — Rhizopoda. [In Scudder als ,,Allomorphina Reuss. Prot. 1861. M.“ angefihrt.] GESSO Allorchestes Dana, Amer. Journ. Sci. Arts (2) 8, 1849, p. 136. — Carci- noidea. [In Scudder als „Allorchestes Dana. Crust. 1852 M.“ angeführt.] Amphibelone Haeckel, Radiolarien, 1862, p. 292. — Rhizopoda. [In Water- ~ house, 1902, als noe Haeckel, ’81, Prot. 20“ angeführt.] „Anapas, Bergendal, ’92, Verm. 85“ in Waterhouse, 1902: delendum [vide Anapus]. 3 je 30 Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No II. Anapus Bergendal, Bih. Svenska Vet. Akad. Handl. 18, Afd. IV, Nr. 4, 1893, p. 18. — Rotifera. [In Waterhouse, 1902, angeführt als , Anapas, Bergen- dal, ’92, Verm. 85“.] Anisodontes Rosen, Ann. Mag. Nat. Hist. (7) 16, 1905, p. 128. — Reptilia. - Anodontohyla Boulenger, Ann. Mag. Nat. Hist. (7) 13, 1904, p. 44. — Amphibia. Aptus Sharpe, Hand-list Gen. Spec. Birds, 5, 1909, p. 511 (cf. p. 645). — Reptilia. Autonoe Bruzelius, Svenska Vet.-Akad. Handl. (N. S.) 3, 1859, 1860, Nr. 1 1859, p. 23. — Carcinoidea. [In Scudder als , Autonoe Bruz. Crust. 1861. M.“ angeführt.] Avagina [Leiper], Nature 66, 1902, p. 641. — Planarioidea. Aymardia Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904, 1904, p. 224. — Mammalia. Azuria Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 238. — Reptilia. [Cit. nach ,, Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] > Barnesia W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 77. — Reptilia. Bergia W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 86. — Reptilia. Berlepschia W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 114. — Reptilia. Bimichaélia Thor, Verh. zool.-bot. Ges. Wien 52, 1902, p. 165. — Arachnoidea. Brachyrhamphus (M. u. W. Bertoni in) W. Bertoni, An. Cient. Parag 1901, p. 46. — Reptilia. Bruguieria Prever, Nummuliti Forca di Presta dint. Potenza (in: Mém. Soc. Paléont. Suisse 29), 1902, p. 11. — Rhizopoda. Caelatura Conrad, Proc. Acad. Nat. Sci. Philadelphia 6, 1853, p. 267. — Lamellibranchia. Caenomorphina Blochmann, Biol. Centrbl. 14, 1894, p. go. — Infusoria. [In Waterhouse, 1902, als ,Coenomorphina, Blochmann, ’93, Prot. 33“ an- geführt.] Caeruleocantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 236. — Reptilia. [Cit. nach ,, Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Calliope (Leach in litt.) Bate, Rep. Brit. Assoc. Adv. Sci. 25, 1855, 1856, Rep. State Sci, p. 58 (cf. p. 61). — Carcinoidea. [In Scudder als ,, Calliope Bate. Crust. 1862. S.“ angeführt.] ; Campecopea [Leach in litt., Brewster, Edinburgh Encyclop., 7, 1830, [1813/14], p. 387 (cf. p. 405). — Carcinoidea. [In Scudder als ,Campe- copea Leach. Crust. 1818. A.“ angeführt.] Campylorhamphus W. Bertoni, An. Cient. Parag. IgoI, p. 70. — Reptilia. yCaryophyllus Bloch. Verm. 1782. A,“ in Scudder: delendum [vide Chario- phyllus]. Cassidulus Lamarck, Syst. Anim. sans Vertèbres, 1801, p. 348. — Echinoidea. [In Scudder als ,Cassidulus Lam. Ech. 1816. A.“ angeführt.] Catastylus Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 23. — Insecta. Ceraphanes W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 115. — Reptilia. — 4 — Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. 37 Chaitophoroides Mordwilko, Ann. Mus. Zool. Acad. Sci. St.-Pétersbourg 13, 1908, 1909, p. 382. — Insecta. Chalmersia Delage Hérouard, Traité Zool. Concr., 2, 2. T., Igor, p. 536. — Anthozoa. Chamaebates W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 150. — Reptilia. Chariophyllus Bloch, Abh. Erzeug. Eingeweidewirmer Mitt. wid. dieselb., 1782, p. 34. — Cestoidea. [In Scudder als „Caryophyllus Bloch. Verm. 1782. A.“ angefiihrt. ] Chasmichthys Jordan u. Snyder, Proc. United States Nat. Mus. 23, 1901, p. XV. — Pisces. Chelidorhamphus (M. u. W. Bertoni in) W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 102. — Reptilia. Chentrosoma Monticelli, Ann. Mus. Zool. Univ. Napoli (N. S.) 1, Nr. 25, 1905, p. 11. — Acanthocephaloidea. Chilostomella Reuss, Denkschr. kais. Akad. Wiss., Math.-natwiss. Cl., 1, 1850, 1. Abth., p. 379. — Rhizopoda. [In Scudder als „Chilostomella Reuss. Prot. 1861. M.“ angefiihrt.] Chromulinella Lemmermann, Algen I (Schizophyceen, Flagellaten, Peri- dineen) (in: Kryptogamenflora Mark Brandenburg angrenz. Gebiete, heraus- geg. von dem Botanischen Verein der Provinz Brandenburg, 3), Heft III, 1908, p. 418 (cf. p. 421). — Flagellata. Chrysocantor.Maynard, Warblers New England, 3. T., 1901, p. 58. — Reptilia. [Cit. nach Bangs, Bull. Mus. Comp. Zoël. Harvard Coll. 39, 1903, P. 153.] Cichlosoma Regan, Ann. Mag. Nat. Hist. (7) 16, 1905, p. 60 (cf. p. 61). — Pisces. Cinclopyramis Haeckel, Nat. Schöpfgesch., 7. Aufl., 1879, p. 705. — Rhizo- poda. [In Waterhouse, 1902, als Cinclopyramis, Haeckel, °81, Prot. 18“ angeführt.] Cinerosa Maynard, Warblers New England, T. 5?, 1904, p. 110. — Reptilia. [Cit. nach Richmond, Proc. United States Nat. Mus. 35, 1908, p. 599.] Cleistoperidinium Lemmermann, Algen I (Schizophyceen, Flagellaten, Peridineen) (in: Kryptogamenflora Mark Brandenburg angrenz. Gebiete, herausgeg. von dem Botanischen Verein der Provinz Brandenburg, 3), Heft IV, 1910, p. 661 (cf. p. 675). — Flagellata. Climacocercus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 112. — Reptilia. Clypeaster Lamarck, Syst. Anim. sans Vertébres, 101, p. 349. — Echino- idea. [In Scudder als ,Clypeaster Lam. Ech. 1816. A.“ angeführt.] yCoenomorphina, Blochmann, ’93, Prot. 33“ in Waterhouse, 1902: delendum [s. Caenomorphina. ] Colomastix Grube, Ausfl. Triest Quarnero, 1861, p. 125 (cf. p. 137). — Carcinoidea. [In Scudder als „Colomastix Grube. Crust. 1864. M." an- gefiihrt. ] Conopotheras Oberholser, Smithson. Misc. Coll. 48, Quart. Iss. III, 1905, p. 66. — Reptilia. [In Waterhouse, 1912, als ,Conopothorax Oberholser ’o Aves 66“ angeführt.] | „Conopothorax Oberholser ’o5 Aves 66“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Conopotheras]. 38 Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. Corynosoma Lühe, Zool. Ann. 1, 1904, p. 231. — Acanthocephaloidea. Crewella Cockerell, Ann. Mag. Nat. Hist. (7) 12, 1903, p. 202. — Insecta. Cuculliger Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 24. — Insecta. Cyanomonas Oltmanns, Morphol. Biol. Algen, 1, 1904, p. 30. — Flagellata. Cyphinidoma Haeckel, Rep. Radiolaria Challenger (in: Rep. Voyage Challenger, Zool., 18), 1887, 1. T., p. 371. — Rhizopoda. [In Waterhouse, 1912, als: ,Cyphinodoma Haeckel 1887 Rhizop.; Challenger XVIII pt. 1, 371“ angeführt.] Cyphinidura Haeckel, Rep. Radiolaria Challenger (in: Rep. Voyage Chal- lenger, Zool., 18), 1887, 1. T., p. 372. — Rhizopoda. [In Waterhouse, 1912, als: ,Cyphinodura Haeckel 1887 Rhizop.; Challenger XVIII pt. 1, 372“ angefihrt. | „Cyphinodoma Haeckel 1897 Rhizop ; Challenger XVIII pt. 1, 371“ in Water- house, 1912: delendum [vide Cyphinidoma]. „Cyphinodura Haeckel 1887 Rhizop.; Challenger XVIII pt. 1, 372“ in Water- house, 1912: delendum [vide Cyphinidura]. „Daphaenositta, De Vis, ’97, Aves 47“ in Waterhouse, 1902: delendum [vide Daphoenositta ]. Daphoenositta De Vis, Ibis (7) 3, 1897, p. 380. — Reptilia. [In Water- house, 1902, als „Daphaenositta, De Vis, ’97, Aves 47“ angeführt.] Dendranthus Sharpe, Hand-list Gen. Spec. Birds, 5, 1909, p. 144. — Reptilia. Dendrocichla Sharpe, Hand-List Gen. Spec. Birds, 3, 1901, p. 74. — Reptilia. Dendrooecia W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 138. — Reptilia. Desmodillus Thomas u. Schwann, Abstr. Proc. Zool. Soc. London 1904, p. 6. — Mammalia. Desmodon Elliot, Publ. Field Columb. Mus., Zoöl. Ser., 6, 1905, p. 530. — Mammalia. Dictyopodium Haeckel, Nat. Schöpfgesch., 7. Aufl., 1879, p. 706. — Rhizo- poda. [In Waterhouse, 1902, als ,Dictyopodium Haeckel, ’81, Prot. 18“ angeführt.] Diomedea Linnaeus, Syst. Nat, 10. Aufl., 1, 1758, p. 84 (cf. p. 132). — Rep- tilia. [In Scudder als „Diomedea Linn. 1766. Aves. A.“ angeführt.] Diplochilus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 88. — Reptilia. Dipsadoides Annandale, Journ. Proc. As. Soc. Bengal 1, 1905, p. 212. — Reptilia. Dissemuropsis Dubois, Synops. Avium, 1. T., 1901, p. 532. — Reptilia. Dryomys Thomas, Proc. Zool. Soc. London 1905, 2, 1906, p. 347. — Mammalia. Echinogaster Monticelli, Ann. Mus. Zool. Univ. Napoli (N. S.) 1, Nr. 25, 1905, p. 11. — Acanthocephaloidea. E dwardsia O.-G. Costa, Cenni Zool. Descr. somm. Spec. nuov. Anim., 1834, p. 62. — Carcinoidea. [In Waterhotise, 1902, als „Edwardsia, Cosfa, ’40, Crust.; [Z]“ (die [ ] ist von Waterhouse — d. Verf.) angeführt.] Ehrenbergina Reuss, Denkschr. kais. Akad. Wiss., Math.-natwiss. Cl., 1, 1850, 1. Abth., p. 377. — Rhizopoda. [In Scudder als ,Ehrenbergina Reuss. Prot. 1861. M.“ angefiihrt.] Poche, Supplement zu €. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. 39 Elasmocera Rondani, Ann. Accad. Aspir. Nat. Napoli 2, 1845—1846, 1846, p. 152. — Insecta. [In Scudder als ,Elasmocera Rond. Dipt. 1856. M.“ angeführt.] Ellopostoma Vaillant, Notes Leyden Mus. 24, 1902, p. 145. — Pisces. Embrithopoda Andrews, Nature 73, 1906, p. 224. — Mammalia. Endophrys Przesmycki [errore: Ppzesmycki (cf. p. 334)], Anz. Akad. Wiss. Krakau 1901, Math.-Natwiss. Cl., p. 367 (cf. p. 373). — Rhizopoda. Eriopsis Wrzesniowski, Zeitschr. wiss. Zool. 50, 1890, p. 632. — Carcinoidea. [In Waterhouse, 1912, als: ,Eriopsis Moehring 1758 Aves; Geslacht. Vogel. Nozeman u. Vosmaer 26“ angeführt.] Euchromulina Lemmermann, Algen I (Schizophyceen, Flagellaten, Peri- dineen) (in: Kryptogamenflora Mark Brandenburg angrenz. Gebiete, heraus- geg. von dem Botanischen Verein der Provinz Brandenburg, 3), Heft II, 1908, p. 418 (cf. p. 420). — Flagellata. Eulepocinclis Lemmermann, Algen I (Schizophyceen, Flagellaten, Peri- dineen) (in: Kryptogamenflora Mark Brandenburg angrenz. Gebiete, heraus- geg. von dem Botanischen Verein der Provinz Brandenburg, 3), Heft IV, 1910, p. 503. — Flagellata. Euphacus Lemmermann, Ber. deutsch. bot. Ges. 19, 1901, p. 88. — Flagellata. Eurrhinospiza Bianchi, Ann. Mus. Zool. Acad. Sci. St.-Petersbourg 12, 1907, 1908, p. 569 (cf. p. 572). — Reptilia. Eurystheus Bate, Rep. Brit. Assoc. Adv. Sci. 25, 1855, 1856, Rep. State Sci., p. 58 [nom. nud.]; u. Ann. Mag. Nat. Hist. (2) 19, 1857, p. 143. — Carcinoidea. [In Scudder als „Eurytheus Bate. Crust. 1857. M.“ angeführt.] Eurytenes Lilljeborg, Nov. Act. Soc. Sci. Upsal. (3) 6, Nr. 1, 1865, p. 11. — Carcinoidea. [In Scudder als „Eurythenes Lillj. Crust. 1865. S.“ angeführt.] „Eurythenes Lillj. Crust. 1865. S.“ in Scudder: delendum [vide Eurytenes]. „Eurytheus Bate. Crust. 1857. M.“ in Scudder: delendum [vide Eurystheus]. Fissula Lamarck, Syst. Anim. sans Vertébres, 1801, p. 339. — Nematoidea. [In Scudder als ,Fissula Bosc. Verm. A.“ angeführt.] Fissurina Reuss, Denkschr. kais. Akad. Wiss., Math.-natwiss. Cl. 1, 1850, 1. Abth., p. 366. — Rnizopoda. [In Scudder als ,Fissurina Reuss. Prot. 1861. M.“ angeführt.] Fruticantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 246. — Reptilia. [Cit. nach ,, Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Frutiornis Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 251. — Reptilia. [Cit. nach ,, Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301. ] Galerites Lamarck, Syst. Anim. sans Vertèbres, 1801, p. 346. — Echinoidea. [In Scudder als ,Galerites Lam. Ech. 1816. A.“ angeführt.] Genarches Looss, Zool. Jahrb., Syst., 16, 1902, p. 732. -— Planarioidea. Geoffroya Sherborn, Index Animal., 1, 1902, p. 414. —- Insecta. Geooecia W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 79. — Reptilia. Geophilus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1001, p. 43. — Reptilia. „Gnoremopsar Richmond ’08 Aves 146“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Gnorimopsar]. | 40 Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. Gnorimopsar Richmond, Proc. United States Nat. Mus. 35, 1909, 1908, p. 584. — Reptilia. [In Waterhouse, 1912, als „Gnoremopsar Richmond ’o8 Aves 146“ angeführt.] Grateloupina Dall, Proc. United States Nat. Mus. 26, 1902, p. 348. — Lamellibranchia. Greeniella Banks, Proc. United States Nat. Mus. 28, 1904, p. 56. — Arachnoidea. Gùmbelia Prever, Nummuliti Forca di Presta dint. Potenza (in: Mém. Soc. Paléont. Suisse 29), 1902, p. 11. — Rhizopoda. Guercioja Mordwilko, Ann. Mus. Zool. Acad. Sci. St..Pétersbourg 13, 1908, 1909, p. 361. — Insecta. Gueriniella M. E. Fernald, Cat. Coccidae World, 1903, p. 331. — Insecta. Gymnodinium Stein, Organism. Infusionsthiere, III. Abth, 1. H., 1878, p 80. — Flagellata. [In Waterhouse, 1902, als ,Gymnodinium Stein, 83 Prot. 10“ angeführt.] Halcampomorphe Carlgren, Svenska Vet.-Akad. Handl. (N. F.) 25, 1892, No. 10, 1893, p. 38. — Anthozoa. Hantkenia Prever, Nummuliti Forca di Presta dint. Potenza (in: Mem. Soc. Paléont. Suisse 29), 1902, p. 11, — Rhizopoda. Heliocladus Haeckel, Nat. Schépfgesch., 7. Aufl., 1879, p. 705. — Rhizopoda. [In Waterhouse, 1902, als „Heliocladus, Haeckel, 81, Prot. 20“ angeführt.] Hemidinium Stein, Organism. Infusionsthiere, III. Abth., 1. H., 1878, p. ot. — Flagellata. [In Waterhouse, 1902, als , Hemidinium, ‚Stein, 283, Prot. 10“ angefiihrt. | Heterodontherium Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904, 1905, p. 811. -- Mammalia. Hexancistra Haeckel, Nat. Schöpfgesch., 7. Aufl., 1879, p. 705. — Rhizo- poda. [In Waterhouse, 1902, als ,Hexancistra, Haeckel, ’81, Prot. 19“ angeführt.] Hicksonia Delage Hérouard, Traité Zool. Concr., 2, 2. T., 901, p. 386. — Anthozoa. Homalosoma Boulenger, Proc. Zool. Soc. London 1901, I, p. 270. — Pisces. [Nach der beigegebenen Abbildung etc. ganz offenbar errore pro: Homa- loptera.] Hydatis Lamarck, Syst. Anim. sans Vertèbres, 1801, p. 335. — Cestoidea. [In Scudder als ,Hydatis Lam. Verm. 1816. A.“ angeführt.] Hydnophorella Delage Hérouard, Traité Zool. Concr., 2, 2. T., Ig01, p. 628. — Anthozoa. Hydrolegus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 74. — Reptilia. Hylocentrites W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 126. — Reptilia. Hyoboops Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904, 1905, p. 651. — Mammalia. Ibis Lacépède, Tabl. Méth. Mammiféres Oiseaux, An VII [1799], p. 18. — Reptilia. [In Scudder als ,Ibis Cuv. Aves. 1817. A.“ angeführt.] „los Jordan & Starks ’or Pisces 23“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Iso]. Iso Jordan u. Starks, Proc. United States Nat. Mus. 24, 1901, p. 204. — Pisces. [In Waterhouse, 1912, als ‚los Jordan & Starks ’o1 Pisces 23“ angeführt.] cal Oe Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. 41 Jabiru Hellmayr, Abh. math.-phys. Kl. Bayer. Akad. Wiss. 22, 1906, p. 711. — Reptilia. Klebsia Oifers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 8. — Insecta. Kreischeria Geinitz, Sitzber. Abh. Natwiss. Ges. Isis Dresden 1882, Abh., p- 31. — Arachnoidea. [In Waterhouse, 1902, als ,,Kreischiria, Geinitz, ’82, Arachn. 23‘ angeführt.] „Kreischiria, Geinitz, 82, Arachn. 23“ in Waterhouse, 1902: delendum [vide Kreischeria ]. Kuwania Cl[oc]k[ere]ll in M. E. Fernald, Cat. Coccidae World, 1903, p. 32. — Insecta. Kuwanina C[oc]k[ere]ll in M. E. Fernald, Cat. Coccidae World, 1903, p. 121. — Insecta. Laetmatophilus Bruzelius, Svenska Vet -Akad. Handl. (N. S.) 3, 1859, 1860, Nr. 1, [1859], p. 10. — Carcinoidea. [In Scudder als ,,Laetmophilus Bruz. Crust. 1861. M.“ angeführt.] „Laetmophilus Bruz. Crust. 1861. M.“ in Scudder: delendum [vide Laetmato- philus]. Laharpeia Prever, Nummuliti Forca di Presta dint. Potenza (in: Mém. Soc. Paléont. Suisse 29), 1902, p. 11. — Rhizopoda. Lepidopomus Meek, Publ. Field Columb. Mus., Zoòl. Ser., 5, 1904, p. 189 (cf. p. 190). — Pisces. Lepismodion Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 16. — Insecta. Lepocincliella Lemmermann, Algen I (Schizophyceen, Flagellaten, Peri- dineen) (in: Kryptogamenflora Mark Brandenburg angrenz. Gebiete, herausgeg. von dem Botanischen Verein der Provinz Brandenburg, 3), Heft IV, 1910, p. 504. — Flagellata. „Leucoma Rôm. Moll. 1857. M.“ in Scudder: delendum [vide Leukoma]. Leukoma Römer, Krit. Untersuch. Art. Molluskengeschl. Venus bei Linné u. Gmelin, 1857, p. 17. — Lamellibranchia. [In Scudder als ,,Leucoma Rôm. Moll. 1857. M.“ angeführt.] Lineocantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 240. — Reptilia. [Cit. nach „Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Liocerca Looss, Zool. Jahrb., Syst., 16, 1902, p. 732. — Planarioidea. Loxiipasser Sharpe, Hand-list Gen. Spec. Birds, 5, 1909, p. 207. — Reptilia. Machilinus Silvestri, «Redia» 2, 1904, p. 2. — Insecta. Machilodes Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 11. — Insecta. È Machilopsis Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 10. — Insecta. Maculocantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 238. Reptilia. [Cit. nach ,, Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301. ] . Martinella Cockerell, Ann. Mag. Nat. Hist. (7) 12, 1903, p. 450. — Insecta. Megacephalus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 39. — Reptilia. _ 42 Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. IL. Megascapheus Elliot, Field Columb. Mus., Zoòl. Ser., 3, 1903, p. 190. — Mammalia. Melanomys Thomas, Ann. Mag. Nat. Hist. (7) 10, 1902, p. 248. — Mammalia. Melithreptes Sharpe, Hand-list Gen. Spec. Birds, 5, 1909, p. 64. — Reptilia. Micraétus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 156. — Reptilia. Micropa Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 8. — Insecta. Microsqualodon Abel, Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1905, p.94. — Mammalia. Microtrogon W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 41. — Reptilia. Myiophthorus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 128. — Reptilia. Myiornis Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 129. —- Reptilia. „Myiospiza, Ridgway, ’98, Aves 49“ in Waterhouse, 1902: delendum [vide Myospiza]. Myiospiza Sharpe, Aves (in: Zool. Rec. 35, 1898, 1899), p. 49. — Reptilia. Myospiza Ridgway, Auk (N. S.) 15, 1898, p. 224. — Reptilia. [In Water- house, 1902, als ,,Myiospiza, Ridgway, ’98, Aves 49“ angeführt.] Neodendroica Maynard, Warblers New England, 4. T., 1901, p. 69. — Reptilia. [Cit. nach Richmond, Proc. United States Nat. Mus. 35, 1908, p. 625.] Nesihierax Dubois, Synops. Avium, 2. T., 1902, p. 869. — Reptilia. Nesospiza [errore pro: Neospiza] Reichenow, Végel Afrikas, 3, 1904, p. 226 (cf. p. 278). — Reptilia. Notabilia Mordwilko, Ann. Mus. Zool. Acad. Sci. St.-Pétersbourg 13, 1908, 1909, p. 362. — Insecta. Ocellia Olters, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, P. 7. — Insecta. Odontocoelus Elliot, Publ. Field Columb. Mus., Zoòl. Ser., 4, 1. T., 1904, p. 68. — Mammalia. Odontocyrtus Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904, 1905, p. 860. — Mammalia. Omophora Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 21. — Insecta. Oreomystes Sharpe, Hand-list Gen. Spec. Birds, 5, 1909, p. 132. — Reptilia. Orthezia [(Bosc) d’Antic (s. [d’Orthez], Obs. Phys. Hist. Nat. Arts 26, 1785, p. 207)], Obs. Phys. Hist. Nat. Arts 24, 1784, p. 171. — Insecta. „Pachlysa Berthold 1827 Hemiptera; Latreille Nat. Fam. Theirreichs [errrore pro: Thierreichs] 417“ in Waterhouse, 1912: delendum (vide Pachlysd). Pachlysd Berthold in: Latreille, Nat. Famil. Thierreichs, 1827, p. 417. — Insecta. [In Waterhouse, 1912, als „Pachlysa Berthold 1827 Hemiptera; Latreille Nat. Fam. Theirreichs [errore pro: Thierreichs] 417“ angeführt.] Pachycordyle Weismann, Entsteh. Sexualzell. Hydromedusen, 1883, p. 87. — Hydrozoa. Palpiger Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 19. — Insecta. Palpigeridia Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 19. — Insecta. Palpigerina Olfers, Schrift. Physik.-6kon. Ges. Kònigsberg 48, 1907, 1908, . p. 19. — Insecta. Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. 43 „Parahydromys Thomas ’06 Mamm. 724 in Waterhouse, 1912: statt Thomas lies: Poche. Paulomagus Howe, Suppl. Birds Rhode Island, 1903, p. 22. — Reptilia. [Cit. nach ,,Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 21, 1904, p. 423.] Perimenia Nierstrasz, Ergebn. Fortschr. Zool. 1, 1908, p. 291 (cf. p. 298). — Aplacophora. Phaedra Bate, Quart. Journ. Geol. Soc. London 15, 1859, 1. T., p. 138 (cf. p. 140). — Carcinoidea. [In Scudder als ,,Phaedra Spence-Bate. Crust. 1862. S.“ angeführt.] „Phalangodes Gerv. Arachn. 1842. A.“ in Scudder: delendum [vide Pha- langodus]. Phalangodus Gervais, Mag. Zool. 1842, Arachn., p. 3. — Arachnoidea. [In Scudder als ,,Phalangodes Gerv. Arachn. 1842. A.“ angeführt.] Phrynus (Oliv[ier] in) Lamarck, Syst. Anim. sans Vertèbres, 1801, p. 175. — Arachnoidea. [In Scudder als ,,Phrynus. Latr. Arachn. 1802. A.“ an- geführt.] Phyllobates W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 142. — Reptilia. Phyllooecia W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 120. — Reptilia. Physalia Lamarck, Syst. Anim. sans Vertèbres, 1801, p. 355. — Hydrozoa. [In Scudder als ,,Physalia Lam. Acal. 1819. A.“ angeführt.] Piceacantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 2. — Reptilia. [Cit. nach „Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Pinacantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 244. — Reptilia. [Cit. nach „Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Pitaria Dall, Proc: United States Nat. Mus. 26, 1902, p. 353. — Lamelli- branchia. Pneumonoeces Looss, Zool. Jahrb., Syst., 16, 1902, p. 732. — Planarioidea. „Polychaerus, Mark, °92, Verm. 72“ in Waterhouse, 1902: delendum [vide Polychoerus]. Polychoerus Mark, Festschr. siebenzigst. Geburtst. R. Leuckarts, 1892, p- 298. — Planarioidea. [In Waterhouse, 1902, als ,,Polychaerus, Mark, ’o2, Verm. 72“ angeführt.] Polystylus Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 24. — Insecta. Pomphorhynchus Monticelli, Ann. Mus. Zool. Univ. Napoli (N. S.) 1, Nr. 25, 1905, p. 11. — Acanthocephaloidea. Poroperidinium Lemmermann, Algen I (Schizophyceen, Flagellaten, Peri- dineen) (in: Kryptogamenflora Mark Brandenburg angrenz. Gebiete, herausgeg. von dem Botanischen Verein der Provinz Brandenburg, 3), Heft IV, 1910, p. 657 (cf. p. 661). — Flagellata. Porpita Lamarck, Syst. Anim. sans Vertébres, 1801, p. 355. — Hydrozoa. [In Scudder als ,,Porpita Lam. Acal. 1819. A.“ angeführt.] Potamolegus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 158. — Reptilia. Praemachilis Silvestri, »Redia« 2, 1904, p. 1. — Insecta. {In Waterhouse, 1912, als „Praemachilus Syvestri ’05 Aptera; 5 751“ angeführt.] 44 Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. ‚Praemachilus Silvesitri ’o5 Aptera; 5 751“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Praemachilis]. Prionochilus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 8. — Reptilia. Procellisterna [Sclater u. Evans (?)], Ibis (8) 3, 1903, p. 417 (cf. p. 416). — Reptilia. Propareutatus Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904 1905, p. 815. — Mammalia. Protomonas Haeckel, Gener. Morpholog., 2, 1866, p. XXIII]. — Rhizopoda. [In Waterhouse, 1902, als „Protomonas, Haeckel, ’68, Prot.; Jena Zeitschr. Naturw. IV p. 131“ angefiihrt. ] Psaliurus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 105. — Reptilia. Pseudo-aphrites [corr.: Pseudoaphrites] Zietz, Trans. Proc. Rep. Soc. South Australia 26, 1902, p. 266. — Pisces. Pyrorhamphus W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 85. — Reptilia. Pyrrhocorax Moehring, Geslacht. Vogelen, Ausg. v. Nozeman u. Vosmaer, 1758, p. I (cf. p. 15). — Reptilia. [In Waterhouse, 1912, als „Pyrrhocoryx Moehring 1758 Aves; Geslacht. Vogel. Nozeman u. Vosmaer 1“ angeführt.] yPyrrhocoryx Moehring 1758 Aves; Geslacht. Vogel. Nozeman u. Vosmaer 1“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Pyrrhocorax]. Razocorys Bianchi, Bull. Acad. Sci. St.-Pétersbourg (5) 23, 1905, Cl. Phys.- Math., p. 230. — Reptilia. [In Waterhouse, 1912, als „Rhazocorys Bianchi ’o6 Aves 99° angeführt.] Reganella C. H. Eigenmann, Science (N. S.) 21, 1905, p. 794. — Pisces. Renggerornis W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 130. — Reptilia. „Rhazocorys Bianchi ‘06 Aves 99“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Razocorys]. Rhiacichthys Boulenger, Proc. Zool. Soc. London 1903, 2, p. 124. — Pisces. Salacella Delage Hérouard, Traité Zool. Concr., 2, 2. T., 1901, p. 247. — Hydrozoa. Saphedera Looss, Zool. Jahrb., Syst., 16, 1902, p. 732. — Planarioidea. Saturnulus Haeckel, Nat. Schöpfgesch., 7. Aufl., 1879, p. 705. — Rhizopoda. [In Waterhouse, 1902, als ,,Saturnulus, Haeckel, ’81, Prot. 19“ angeführt.] Schizolachnus Mordwilko, Ann. Mus. Zool. Acad. Sci. St.-Pétersbourg 13, 1908, 1909, p. 375. — Insecta. Silvestrius (M. u. W. Bertoni in) W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 136. — Reptilia. Simocephalus Schödler, Jahrber. Louisenstädt. Realschule [Berlin] 1858, p. 17. — Carcinoidea. [In Waterhouse, 1902, als „Simocephalus, Schrödler, ’58, Brach.“ angeführt.] : Sinniculus Loman, Zool. Jahrb., Syst., 16, 1902, p. 198. — Arachnoidea. „Solenopoda Zarnik ’o7 Prot. 47“ in Waterhouse, 1912: delendum [ist kein Gattungs-, sondern ein Ordnungsname]. Sphenodontherium Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904, 1905, p. 794. — Mammalia. Spirophacus Lemmermann, Ber. deutsch. bot. Ges. 19, 1901, p. 88. — Flagellata. Sporothraupis Sharpe, Hand-list Gen. Spec. Birds, 5, 1909, p. 379. — Reptilia. Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. 45 Spumaria Persoon, Neu. Mag. Bot. 1, 1794, p. 88. — Rhizopoda. [In Water- house, 1912, als ,Spumaria Persoon 1894 Rhizop.; Neu. Mag. Bot. I 88" angefihrt.] Steinina Léger et Duboscq, Arch. Protistk. 4, 1904, p. 351 (cf. p. 352). — Sporozoa. Stylonotus Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, p. 20. — Insecta. Sylviocantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 239. — Reptilia. [Cit. nach „Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301. | Tangarius Sharpe, Hand-list Gen. Spec. Birds, 5, 1909, p. 489. — Reptilia. Tatus Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904, 1905, p. 813. — Mammalia. Tenes Thomas, Ann. Mag. Nat. Hist. (8) 3, 1909, p. 468. — Mammalia. Terracantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 245. — Reptilia. [Cit. rach ,, Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Tetrameres Creplin, Arch. Natgesch., 12. Jg., 1, 1846, p. 130. — Nematoidea. Theileria Bettencourt, Franca & Borges, Arch. Inst. Bacter. Camara Pe- Stana I, 1907, p. 343 (cf. p. 346). — Sporozoa. Thrasyaccipiter (M. u. W. Bertoni in) W. Bertoni, An. Cient. Parag. 1901, p. 164. — Reptilia. Triaenura Olfers, Schrift. Physik.-ökon. Ges. Königsberg 48, 1907, 1908, . p. 26. — Insecta. Trichocerca (Cuvlier] in) Lamarck, Syst. Anim. sans Vertèbres, 1801, p. 394. — Rotifera. [In Scudder als „Trichocerca Lam. Rot. 1816. A.“ angeführt ] Tricomys Trouessart, Cat. Mammalium, Quinquenn. Suppl. 1904, 1904, p. 504. — Mammalia. Tricranastrum Haeckel, Nat. Schöpfgesch., 7. Aufl., 1879, p. 705. — Rhizo- poda. [In Waterhouse, 1902, als „Tricranastrum, Haeckel, ’81, Prot. 20“ angefùhrt.] „Iriopes Schranck 1803 Crust.“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Triops in Poche, 1908, p. 339.] Tuberolachnus Mordwilko, Ann. Mus. Zool. Acad. Sci. St.-Pétersbourg 13, 1908, 1909, p. 374. — Insecta. Urobarrouxia Mesnil, Bull. Inst. Pasteur 1, 1903, p. 479. — Sporozoa. Vaillantella Fowler, Proc. Acad. Nat. Sci. Philadelphia 57, 1905, p. 474. — Pisces. [In Waterhouse, 1912, als: ,,Vaillentella Fowler ’05 Pisces; 5 118“ angefùhrt.] „Vaillentella Fowler ‘os Pisces; 5 118“ in Waterhouse, 1912: delendum [vide Vaillantella]. Vireocantor Maynard, Direct. Birds East. North America, 1907, p. 242. — Reptilia. [Cit. nach „Committee“: Allen, Richmond, Brewster, Dwight, Merriam, Ridgway, Stone, Auk 26, 1909, p. 301.] Willia L. Agassiz, Contrib. Nat. Hist. United States, 4, 1842, p. 346. — Hydrozoa. [In Scudder als „Willia Haeck. Acal. 1879. S.“ angeführt.] 46 Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus No. II. Eiteraturverzeichnns. (Mit Ausschluss der lediglich in den Zitaten von Gattungsnamen angeführten Veröffentlichungen.) Poche, F. (1908), Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus. (Zool. Ann. 2, p. 273-343.) Poche, F. (1911), Die Klassen und höheren Gruppen des Tierreichs. (Arch. Natgesch., 77. Jg., 1, 1. Supplhft., p. 63—136.) Poche, F. (1912), Die Bestimmung des Typus von Gattungen ohne urspriing- lichen solchen, die vermeintliche Existenz der zoologischen Nomenklatur vor ihrem Anfange und einige andere nomenklatorische Fragen; zugleich eine Erwiderung auf die von Herrn Stiles an alle Zoologen der Welt gerichtete Herausforderung und eine Begriindung dreier von zahlreichen Zoologen gestellter Antrage zwecks Einschrankung der Zahl der Namensänderungen und Abschaffung des liberum veto in der Nomen- klaturkommission. (Arch. Natgesch., 78. Jg., Abt. A, 8. Heft, p. 1-110.) R[ichmond], C. W. (1903), The ‘Index Zoologicus’. (Auk 20, p. 450—451.) Scudder, S. H. (1882), Nomenclator Zoologicus. 2 Bde. (Bull. United States Nat. Mus., No. 19.) Waterhouse, C. O. (1902), Index Zoologicus. Waterhouse, C. O. (1912), Index Zoologicus No. II. Der Wisent im Brehm. Aufreihung der Fehler nebst den veralteten Stellen fiir die neue Brehm-Auflage Dr. B. Szalay in N.-Szeben-Hermannstadt. Es gibt wenig Werke, welche das Gefallen aller Klassen derart gewonnen, welche das Liebgewinnen der Natur in solchem Grade gefördert hätten, als gerade Brenms Tierleben. Mit Freude blättert darin Alt und Jung, Laie und Gelehrter, weil dieses Werk infolge des umfangreichen Materials, das darin aufgespeichert ist, ein wahres Lexikon der Zoologie darstellt. Es ist in jeder größeren Gemeinde vorhanden, deshalb leicht zugänglich, ist in alle Kultur- sprachen übersetzt, es bildet ein Nachschlagebuch für Millionen. Solche Werke werden tausend und abertausendmal zitiert und deshalb sind die Irrtümer, die Fehler in keinem Buche mit solch schweren Folgen verbunden als jene im Breum, denn diese haben ein tausendfaches Echo. Wir hoffen deshalb, daß den Verfassern der neuen Auflage die Beseitigung der leider hie und da zahl- reichen Fehler der alten Ausgabe gelingen wird, denn nur so kann dieses so prachtvolle Werk seines Ruhmes würdig werden, welches auch dem guten, wahrhaftig sprichwörtlichen Rufe deutscher Gründlichkeit vollauf entsprechen muß. Wir beanstanden z. B., daß in den früheren Auflagen die im Text erwähnten und zitierten Werke fast nie mit dem pünktlichen vollen Titel (durch Fußnoten) angeführt wurden, weshalb man selbe auch nicht kontrollieren kann. Die Folge ist, daß viele Irrtümer, weil unentdeckt geblieben, in die folgende Auflage durchschlüpfen. Das darf nicht weiter so fortgehen! — I — 48 Szalay, Der Wisent im Brehm. Die Bilder sind zwar immer prachtvoll — jedoch nicht durch- wegs treu. Auffallend ist, welche kleine Rolle unter den Illu- strationen den Lichtbildern zugeteilt worden war. Gute Photo- graphien der großen außereuropäischen Tiere, in unseren Tier- gärten aufgenommen, würden den wissenschaftlichen Wert des »Brehm nur fördern, denn diese Bilder sind immer treuer als die schònsten Zeichnungen. In der 3. Auflage war die Ubersichtlichkeit des Textes schwach; man muffte immer suchen, wo der Teil über die Be- schreibung, wo jener über die Lebensweise, über die Geschichte etc. des betreffenden Tieres sich befindet. Es wäre deshalb not- wendig, besonders die längeren Absätze in mit Titeln versehene Unterabteilungen zu scheiden. Wir finden es ferner für nicht ganz praktisch, wenn so riesen- hafte Teile, wie jener „der Säugetiere“ nur von einem — wenn auch noch so gelehrten — Forscher beschrieben werden. Die wichtigsten Tiere haben ihre Spezialisten, die selbstredend einen bedeutend tieferen Blick in ihr Spezialgebiet besitzen, als der genialste Generalforscher. Die Mitwirkung der ersteren sollte aus kleinlichen pekuniären Hinsichten doch nicht abgelehnt werden, — denn dadurch leidet das Werk gewiß. Auf diese Weise ist es freilich nicht zu wundern, wenn eine ganze Legion von Fehlern aus der ersten Ausgabe in die zweite, von da in die dritte übergegangen ist. Dies ist z. B. in einem der interessantesten Kapitel, welches von dem europäischen wilden Ochsen, vom Wzsent und Ur, be- richtet, der Fall. Von diesen Tieren wird auch in der übrigen Literatur manch Falsches behauptet, weil außer uns noch niemand die riesige Literatur dieser Tiere (4000 Werke) gesammelt und durchforscht hat. Es gibt kaum jemand, der nur die wichtigsten historischen Quellen im Original gesehen hätte — geschweige denn die übrigen; so kommt es, daß die Fehler irgend eines an- gesehenen Forschers (Cuvier, BreHM etc.) fortwährend wiederholt werden, — wodurch sie fast unausrottbar erscheinen. Mit diesen wollen wir uns nun im nachstehenden befassen. — Da ich mich auf eine große Anzahl von langbetitelten Werken beziehen muß (ein Krebsschaden der Bibliographie!) — so werde ich diese abkürzen. Die ausführlichen Titel finden sich in meinem umfangreichen Werke: Die Literatur des Wisent, wo der Inhalt von 4000 Werken kurz besprochen wird. (Manuskript). Szalay, Der Wisent im Brehm. 49 Die unrichtigen und veralteten Stellen im Brehm, Saugetiere, 3. Auflage, III. Band, Seite 257—277, im histori- schen Teil sind folgende:!) | 1. Seite 258, I. Zeile: „Früher verbreitete sich (der Wisent) nachweislich über ganz Europa: — wohl genauer, „fast über ganz Europa,“ gerade mit dem Nachweisen hapert es ja; außerdem fand man im höchsten Norden gewiß nicht überall Reste. 2. Seite 258, Z. 2: „Zur Zeit der Blüte Griechenlands war er in dem heutigen Bulgarien häufig.“ — Dies behauptet in dieser Weise zuerst GEORGE Cuvier (Recherches s. 1. ossem. foss. Paris 4. Auflage, 1834. Band IV, p. 226). Dort, wo er den pa- onischen Wildochsen des ArisroreLes bespricht, meint er, Päonien sei das heutige Bulgarien, was man ihm etwa 5o Male nachsagte, ohne die Richtigkeit dieser Aussage zu prüfen. — In der Tat entspricht aber Päonien der Gegend von Üsküb (direkt südlich unter Serbien) in der Türkei, nördlich von Saloniki, west- lich von Bulgarien. 3. 258. Z. 4: „ARISTOTELES nennt ihn Bonassus.“ — Richtiger Bonasos, siehe alle besseren Aristoteles-Ausgaben und Wörter- bücher. Die Schreibart „bonassos“ ist nur in ungenauen nicht authentischen Codices zu finden. (Wörterbuch v. Pape etc.) 4. 258. Z. 6: ,,Carrurnius beschreibt ihn um das Jahr 282 n. Chr.“ — Hier ist Tırus Carpurnius SıcuLus gemeint, der die im Zirkus kämpfenden Wildochsen beschrieb (Eclogae). — Von diesem Dichter, einem Nachahmer der Vergilischen Bucolica, wußte man lange nicht, wann er gelebt hat, so daß sowohl Moncez (p. 448) als das große Krorzsche Wörterbuch ihn in das 3. Jahrhundert n. Chr. versetzten. — Jetzt wissen wir es aber schon bestimmt, daß er ein großer Bewunderer Neros war, und um das Jahr 50 n. Chr. lebte. (Siehe: Barnrens, 1879, III. 65; Rippex, auch Meyers Gr. Konvers. Lex. etc.) | 5. 258. Z. 6; „Alte Schriften erwähnen seiner im 6. und 7. Jahrhundert.“ — Breum befaßte sich nie intensiv mit der Geschichte des Wisent; er hing mit Leib und Seele an den Lebenserscheinungen der Tiere — somit verweist er hier gewiß nur auf schon oft er- 1) Daß ich alle bemerkt hätte, dessen darf ich mich nicht rühmen. Ich reihe nur jene auf, die mir ohne vieles Nachsuchen aufgefallen sind. Zool. Annalen VI. 4 50 Szalay, Der Wisent im Brehm. wahnte Quellen. Solche gibt es aber aus dieser Zeit nur eine, mithin kann nur diese gemeint sein, die er aus BLasius (pag. 494) schöpfte, ein Werk, das er, wie wir sehen werden, öfter be- nutzt hat. Da lesen wir namlich: »Die Leges Alamannorum aus dem 6. und 7. Jahrhundert erwahnen den Auer“ (= bison), — (also fast buchstäblich über- nommen). Diese Gesetze wurden namlich zirka 600 n. Chr. ver- faßt. — Das Unrichtige bei Brenn besteht darin, daß man bei seinem Texte unwillkürlich an zwei verschiedene Quellen denkt, deren eine im 6. die andere im 7. Jahrhundert verfaßt worden wäre. Statt „alte Schriften“ soll also „Leg. Alm.“ ge- druckt werden, 6. 258, Z. 8: „Das Nibelungenlied (erwähnt seiner) als im Wasgau vorkommend.“ — Das ist eine Anspielung auf die be- rühmte letzte Jagd des Helden SIEGFRIED, von welcher nur ZARNCKE nachgewiesen hat (1885, p. 384—389), daß sich selbe in der Vorstellung des Dichters nicht im Wasgau, auch nicht im Odenwald (wie vielfach behauptet wurde) abgespielt haben muß, sondern zwischen diesen beiden Orten, ganz nahe unter Worms, höchstens eine '/, Stunde vom Rhein entfernt (der Oden- wald ist vom Flusse mehrere Stunden weit) — also in jenem höchstens hügeligen Walde, der in alten Akten unter dem merkwürdigen Namen „Forehahi“ erwähnt wird. Dieser Ort be- fand sich neben der heutigen Gemeinde Edigheim, die früher nachweisbar am rechten Rheinufer lag. 7. 258. Z. 8. „Zu Karls des Großen Zeiten fand er sich im Harze“. — Die Quelle dieser Behauptung ist sehr wenigen be- kannt. Sie lautet (Eck#art, Comment. 1720, II. 32): „Imperator (Karl d. Gr.) .... Saxonica pace conclusa ex palatio Salae in Baioariam profectus est; sed antea venationem bubalorum, caetera- rumque ferarum per saltum Hircanum exercuit. Inde vero ad Regensburch veniens . . . .“ etc. — Dies geschah 803, und nicht 805, wie GERARD meint. Laut den gründlichen Forschungen EckHaRT's ist es bewiesen, daß das genannte Palatium Salae (der Palast an der Saale) der Ort „Salz“ der alten Schriften war, gleich unterhalb Salzburg bei Neustadt an der Saale in Unter- franken. — Der Saltus Hircanus kann unmöglich der Schwarzwald sein (dies wurde auch oft gesagt), sondern nur ein Wald, der sich zwischen Unterfranken und Sachsen ausbreitet und nicht weit vom Szalay, Der Wisent im Brehm. SI Zentrum der kaiserlichen Jagden, dem Palatium Salae liegt. Das ist sicher der Thüringerwald! und nicht der Harz. Da fanden sich also damals — jedoch nicht die Wisente! — sondern die Bubali, d. s. die Ure, denn immer diese letzteren sind in der Geschichte der frankischen Herrscher gemeint, dafiir haben wir Beweise (= Erwahnung der sehr langen Horner). — Es ist zwar äußerst wahrscheinlich, daß unter der Bezeichnung ,,caeterarumque ferarum“ auch der Wisent mitinbegriffen ist — allein dies ist nicht bewiesen! — Dieser Beleg ist infolgedessen hier zu streichen, und muß zu jenen des Ur gestellt werden. Außer dieser kennen wir auch die Geschichte einer zweiten Bubalus-Jagd — Karls des Großen —; diese ist viel bekannter, fand aber bei Aachen im Jahre 807 statt. Ich bemerke noch, daß fast alle Erwähnungen des mittel- alterlichen Wisents im Harz sich in ultima analysi auf den Carsar’schen Urus zurückführen lassen, weil der Harz wegen der Wortähnlichkeit mit der Sylva hercynica identifiziert wird. Das ist auch nicht richtig. Sylva hercynica ist bei Caesar (in zoolog. Hinsicht!) einfach der süddeutsche Urwald im allgemeinen. 8. 258. Z. 8. „(Der Wisent) fand sich im Sachsenlande“. — Das ist nicht nur möglich, sondern fast sicher, weil die Ausläufer des Thüringer-Waldes sich hier ausbreiten, — nur hat Brekm hierfür keine Beweise! Überhaupt brachte man das Sachsenland unter Kart pem Grossen nur deshalb mit den Wisenten in Ver- bindung, weil die Jagden im Thiringerwald mit dem sachsischen Kriege im Zusammenhang stehen. Hier fand infolgedessen eine etwas oberflachliche Verallgemeinerung statt. — Es existiert eine alte Urkunde, die den sächsischen Ur im Jahre 782 bezeugt — das ist aber wieder der Ur und nicht der Wisent (Vorz, 133; WEGENER p. 9). Bream wußte von diesem letzten Belege kaum etwas, sonst hätte er denselben wegen seines Interesses gewiß näher geschildert. 9. 258. 9. — „Um das Jahr 1373 lebte der Wisent in Pommern“. — Vom pommerschen Bison existiert aus dem 14. Jahrhundert nur eine und zwar sehr bekannte Nachricht, die Brenm Seite 259 selbst näher schildert: WrarısLaw V. tötete im Jahre 1364 einen riesigen Wisent. — Diese Jahreszahl darf deshalb nicht geändert werden, weil selbe als die letzte derartige Jagd in dieser Provinz betrachtet wird (Buyack, 1839 18.) 4* Szalay, Der Wisent im Brehm. on N 10. 258. 20, ,,1717 (gelangten) zwei Wisente an den Kénig Grorc von England (aus Preußen)“. — Von diesem Gegenstand besitzen wir zwei Quellen: Nach Bock (1784, p. 107 und 193) ge- schah dies im Jahre 1726. Er gedenkt dessen auch zweimal in gleicher Weise; nach Hacen aber (1819, p. 226/227) im Jahre 1724. Hacen schrieb hievon zwar spater, aber wie es scheint, auf Grund- lage ausführlicherer Belege. Nach ihm soll der englische König im Jahre 1733 noch weitere zwei Exemplare erhalten haben. — Die beiden Zahlen 1724 und 1726 müssen sich auf dieselbe Sendung beziehen, doch konnte ich bis heute nicht feststellen, welche die richtige ist. — 11. 258. 21. — „Im Jahre 1738 wurden aus Preußen einige Wisente an die Kaiserin KarHARINA von Rußland gesandt“. — Diese Tiere gingen im nächsten. Jahr an der Rinderpest zu- grunde D. Wirpr, Prosektor in St. Petersburg vollzog eine Sektion an denselben (1739, November) und beschrieb deren Er- gebnisse, die dann durch Partas veröffentlicht wurden (1781, p. 6.) — Hasen behauptet, dies wäre im Jahre 1730 geschehen, (1819, p. 208) — das ist aber sicher nur ein Druckfehler (siehe hierüber Parras; ferner Bock 1784, p. 193). — Diese Zubrs gingen auf Befehl Frreprich WILHELM I. nach St. Petersburg; beehrt mit denselben war aber nicht die Kaiserin KATHARINA — diese war 1738 erst 9 Jahre alt — sondern die Kaiserin Anna, die seit 1730 regierte. — Nach Hacen bestand die Sendung aus einem alten Stiere und mehreren Kühen (p. 208), später redet derselbe Autor (p. 227) von 2 Stieren und 6 Kühen (1739). Es kann immer nur derselbe Transport gemeint sein, weil eine’ zweite Sendung — etwa als Ersatz für die an Pest verendeten Tiere — unmöglich schon im selben Jahre (1739) nach St. Petersburg gelangen konnte, da die Tiere erst im November zugrunde gingen. 12. 258:24. — Die Schreibart „Bialowitsch‘“ ist entschieden falsch. Die Bauern sprechen den Namen ,,Bjelowesch“ aus; die offizielle Schreibart ist aber ,,Bialowieza.“ Laut dem Edikt des internationalen geographischen Kongresses soll in wissenschaft- lichen Werken immer die offizielle Schreibart des Landes maß- gebend sein. — Von dem Namen Bialowieza siehe Näheres bei WESTBERG, 1895. 280. 13. 258, 3. Absatz: — „In der Johann Thurocischen Chronik ist die Abbildung eines ungarischen Königs . . . die Lanze nach LE cr 2 Szalay, Der Wisent im Brehm. 53 einem Wisent schwingend“. — BreHms Gewahrsmann bezüglich der ungarischen Daten war Gr. KoLoman LAz&r, ein tüchtiger Zoologe, der ihn aber auch nur mit den Forschungen eines Historikers, — des Grafen Joser KEMÉNY — bekannt machte. Dieser schrieb in der Form eines Briefes, i. J. 1840, die wichtigsten, ihm be- kannten Erwähnungen des ungarischen Wisents zusammen (er- schienen im: „A szabad termeszetböl — Aus der freien Natur — 1873, pag. 181 u. 182, ungarisch). Hier lesen wir: „Ich habe in Wien in der Bibliothek des verstorbenen Erzherzogs Anton eine Ausgabe der Thurocischen Chronik gesehen, . . . .“ etc. — Diese Chronik führt den Titel „Chronica Hungarorum“, von welcher nur zwei Hauptausgaben bekannt sind, die Augsburger und Brünner, 1488. — Ich kenne beide — von der erwähnten Abbildung ist in diesen aber keine Spur zu finden. Die Angaben des Grafen Kemeénys sind oft kontrollbedürftig, deshalb gebe ich mir schon seit mehreren Jahren große Mühe, Klarheit in diese Angelegen- heit zu bringen. Ich habe konstatiert, daß in dieser Bibliothek tatsächlich ein Thuroczius vorhanden war (welche Ausgabe weiß ich noch nicht), die Bücher dieser Sammlung wurden aber später versteigert, und sind verschwunden. Näheres hierüber siehe in meiner Monographie vom ungarischen Wisent. Wir wissen, daß von berühmteren Werken (so z. B. auch von solchen HerBERSTAINS) manchmal Separat-Prachtdrucke für Fürsten gedruckt wurden — vielleicht handelt es sich hier auch um einen ähnlichen Fall. 14. 258:37. „Erwiesenermaßen hauste er noch im Jahre 1729 in den Gebirgswaldungen Ungarns“. — Auch dieses wird in dem zitierten Briefe Keménys angeführt. Ein gewisser LavısLaus Turòczi (nicht der vorige) erwähnt (Ungaria suis cum regibus, 1729. —), daß zu seiner Zeit der Wisent (urus) im Bakonyerwalde (westlich von der Donau in Ungarn) noch anzutreffen sei: „In SilvaWbalkonyiafsunt Merde innumerae... alces, uri). «Mete: (p. 210); — das ist aber ein großartiger Irrtum. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert haben in der Gegend viele große Jager (Graf Zrınyı etc.) gelebt, deren Jagdkorrespondenz uns erhalten geblieben ist. In dieser wird der Bison aber nie erwähnt — und das ist entscheidend. Turöczı huldigte einfach jener bekannten Gewohn- heit der alten Schriftsteller, daß sie solche Daten, die aus uralter Zeit stammen, ohne Kritik auf ihr eigenes Zeitalter beziehen. Wir wissen ganz bestimmt, daß im eigentlichen Ungarn (Sieben- 54 Szalay, Der Wisent im Brehm. bürgen und die Marmaros ausgenommen) seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts kein Wildochs mehr existierte. In Nordosten Siebenbiirgens hat sich aber dieses Wild bis zirka 1790 erhalten und zwar im Székler-Moldauer Grenzgebirge. — Das Wort „erwiesenermaßen“ ist demnach gerade hier am schlechtesten angebracht. 15. 258. Vierter Absatz: (,Der Wisent hauste) gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in den Székler Bergwaldungen (bei) . . . Eule“ Graf Keménys (p. 184) Quelle ist hiefür eine Stelle in Joser BEnkö: „Urus visus (est) hoc (1775. M. Mart.) etiam anno in Silva Boroszlanos, pagi File.“ (Transsilvania, 1778. I. 131.) Die Jager haben einen Wisent ,gesehen“. Freilich nur so aus der Ferne — denn sonst hatten sie ihn ja erlegt. — File (Udvarhely-er Komitat) liegt im südöstlichen Teile Sieben- bürgens. Wir wissen aber mit Bestimmtheit, dass die Waldochsen bei uns im Süden viel früher ausgerottet worden sind, als im Norden. Gegen 1775 waren aber auch hier schon nur die letzten Mohikaner dieses Wildes vereinzelt zu treffen, und so ist dieser Beleg etwas verdächtig. — Beweise für die Siebenbürger Wisente, in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts haben wir nur aus dem Rodnaer- und Kelemen-Gebirge. 16. 258. Vierter Absatz: „Ur, Auer oder Auerochs ... mit letzterem Namen bezeichneten unsere Vorfahren ... ein aus- gestorbenes Rind“ (= Los primigenius). : Diesen Satz wiederholt man seit NeHRING sehr oft und wird das Urrind leider in den meisten modernen Werken mit dem Namen „Auerochs“ wiedergegeben. Das ist aber nicht ganz richtig. Von ca. 1450 bis 1860 war der offizielle Name des Bison stets „Auerochs“, der sich auch in die Volkssprache unausrottbar ein- gebürgert hat. Auch HERBERSTAIN bestätigt dies schon für die erste Halfte des 16. Jahrhunderts. Ich sammelte aus der mittelalter- lichen Literatur viele hundert Erwähnungen des Gos primigenius und fand, daß seitens der Tierkundigen (MrcENpERG z. B.) dieses Tier nie den Namen „Auerochs“ führt; es heißt Ur, Urrind, Ur- stier. Ich kenne dessen Erwähnung in 14 Heldengedichten u. dgl. aus dem 12.—14. Jahrhundert, deren Dichter die Hofjagden und oft auch dieses Tier gut kannten — dasselbe wird aber hier nie anders als Ur, Urrind genannt, was doch kein Zufall sein kann. Hingegen kommt das Wort „Urochs“ (urosse), aber nicht „Auer- Se Szalay, Der Wisent im Brehm. 55 ochs“ hie und da in biblischen Glossen vor, und zwar nur bei den geistlichen Herren (9.—14. Jahrh.), die damit sehr vereinzelt den biblischen Bubalus verdeutschen wollten — vielleicht überhaupt nur 1—2 Mönche, deren Glossen (bubalus = urohso) dann von den späteren einfach nachgeschrieben wurden. STEINMEYER III. 32, 33, 53 78, 201, 366, 444, 672.) Es ist auch unwahrscheinlich, daß wirkliche Jager diesen König des Waldes einen „Ochsen“ genannt hätten. Die Form „Auerochs“ existiert in der Wirklichkeit seit dem Aussterben des Urs in Deutschland (15. Jahrh.), und zwar zur Bezeichnung des Bison. Der Name Wisent war aber seit ca. ı600 so gut wie vergessen, und kam erst gegen 1870 wieder in Mode. Deshalb ist es unrichtig, wenn NeHRING den Dos primigenius „Auerochs“ nennt; bleiben wir nur beim richtigen Namen Ur oder Urrind, und lassen wir das zweideutige „Auerochs“ als einen historischen Namen des Wisent gelten. Durch unsere moderne forcierte Neuerung (Dos primigenius = Auerochs) ist schon jetzt so ein Chaos, so eine Ungewißheit entstanden, so viele Mißverständ- nisse herbeigeführt worden, daß dies unhaltbar ist. So z. B. er- wähnt eine alte Notiz neun „Auerochsen“, die 1569 aus Polen nach Prag geschickt worden sind. Selbstverständlich handelt es sich im 16. Jahrhundert bei diesem Namen gewiß nur um Wisente — und dennoch, durch unsere Neuerung irregeführt, hält ein sehr angesehener Forscher diese Tiere für Ure (Zeitschr. Landw. Ver- suchswesen. XI. 1908. 20). Ich wiederhole: Kenner nannten den Dos primigenius Ur, Urrind; das unwissende Volk sehr selten auch Urochs. — Den Namen Auerochs führte nur der Wisent. (Eine Ausnahme von diesem Satz wäre höchstens im 15. Jahrhundert denkbar — solche kennen wir aber noch nicht), — Bedingt wird dieser Umstand dadurch, daf die Form , Auer“ viel jiinger ist als ,Ur“, und dann entstand, als die Ure schon sehr selten wurden. 17. 258. 3. Zeile von unten. ,Altdeutsche Gesetze sprechen von zwei gleichzeitig lebenden Wildrindern.“ — Es sind auf uns verschiedene altdeutsche Gesetze übergegangen, die bayerischen, alemannischen, salischen etc. — Wer dies weil, wird glauben, daf von diesen mehrere die beiden Wildrinder erwahnen. In der Tat gilt dies aber nur von den alemannischen. Allgemeine Ausdriicke — besonders wenn mit derselben Buch- stabenzahl auch eine korrekte Bezeichnung môglich ist — sind NO 56 Szalay, Der Wisent im Brehm. in wissenschaftlichen Werken wegen der Zweideutigkeit zu ver- meiden. 18. 259. 3. yPrinius kennt den Bonasus, weil derselbe lebend nach Rom gebracht wurde.“ — Seit Puscu ist es Mode geworden, von den zoologischen Kenntnissen des Prinıus verachtend zu reden. Das ist aber ungerecht. Prius muß den Wisent aus Germanien kennen, wo er mehrere Jahre als Kavallerie-Offizier weilte. 19. 259. 9. Lukas Davip gibt an, daß der Herzog Orro von BRAUNSCHWEIG im Jahre 1240 „den Brüdern“ Aueroxen und Bisonten schenkte“. — Ein vollkommen irrtümlicher Satz! — BrenM ent- lehnte diese Zeilen aus BLasius, wo es heißt (p. 499): , Lukas Davin berichtet, daß Herzog Orto von Braunscuwetc den Brüdern Auer- oxen, Visonten etc. gegeben“. Es entging aber BreHm, daß dies hier nur eine unpünktliche Abkürzung einer anderen Stelle des Bıasıvs ist, die folgend lautet (p. 494): „L. Davin erwähnte bei der Abreise des Herzogs Otto... aus Preußen im Jahre 1240 großer Jagden, auf denen Auer- oxen und Bisonten erlegt wurden.“ | Luxas Davip sagt nämlich im Jahre 1576 (deshalb gebraucht er den Ausdruck Auerochs für den Wisent; er ist mit den beiden Wildochsarten nicht im reinen): „Doch ehe dann er (= Otto) ver- reiset (nämlich aus Preußen) — begabet er die brüder mit vielen gaben. Ins erste gab er Inen viel speck, schinken . . . (etc.) und so dann im lande viel wildes vorhanden von Auer- oxen, Visonten, wilde pferde, Elende, grose und kleine Beere, rehe und hasen, liesse er Inen seine garne und hunde und Federspiel, die er mit sich brachte .... und seinen obersten Jegermeister (der dann später) wart ein Bruder Deut. Ordens“. — Er schenkte also keine Auerochsen den Brüdern — von wo hätte er sie auch gehabt, da er nur ein Gast der deutschen Ordens- brüder in Preußen war! 20. 259. IT. , Wradislaw“ — richtiger Wratislaw. 21. 259. 12. ,Marrutas v. Mrcnow“. — (Chronica Polonorum 1521, Krakau.) Dieser Schriftsteller wurde im Palatinat Krakau, in Miechow 1456 geboren, weshalb man ihn auch Miechowita nennt. — Es gibt aber auch einen Schriftsteller, der aus einer anderen Gemeinde: „Michow“ stammt und diesen Namen führt, weshalb der Irrtum Breums leicht erklarlich ist. 22. 260. 2. , GRATIANI versichert 1662. . .“ etc. — Dies kann nur so verstanden werden, daß Gratiani im Jahre 1662 in Kônigs- Szalay, Der Wisent im Brehm. 57 berg Auer und Wisente gesehen hat. Deshalb wundert sich auch HrrzHEIMER, einer unserer gründlichsten Forscher (Jahrb. f. w. u. pr. Tierzucht, 1910. 46.), wie GRATIANI so spät noch Ure angetroffen haben kann, da die letzten in Masovien schon langst vorher aus- gestorben sind. — Wieder ein Beweis, daß solche Werke wie Brenm nicht Fehler enthalten dürfen. In der Tat hat Antonio Gratiant A Burco sein Werk 1563 geschrieben und nur gedruckt wurde es 1669. 23. 260. 8. — „Ein altes Ölgemälde aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts (mit dem Worte) Tur“ — Dieses ist sehr bekannt, hat schon eine ziemliche Literatur und wird immer unter dem Namen „das Augsburger Turbild (Urbild)* erwähnt. Um Mißverständnissen vorzubeugen, soll dieser Name des Bildes immer angeführt werden. 24. 260, zweiter Absatz: „Der Wisent hat ı4, der ameri- kanische Bison ı5 Rippen“. — Ein großer Irrtum. Beide haben nur 14 Rippen. ARISTOTELES sezierte 334 v. Chr. rein aus Zufall einen Bonasus, dessen Hörner sich ausnahmsweise abwärts krümmten — weshalb der große griechische Naturforscher ihn mit den entsprechenden Hörnern beschrieb. Fast 2100 Jahre hindurch sagte ihm jeder diesen Fehler nach, sogar noch Linné, und nur Burron und später Cuvier verbesserten ihn. — Aber gerade Cuvier hatte ein ähn- liches „Pech“ im Jahre 1819, denn er beschrieb einen amerikanischen Bison, der, wieder rein aus Zufall 15 Rippen (statt der normalen 14) aufzuweisen hatte. Dieser Irrtum wurde infolge des großen Ansehens Cuviers überall aufgenommen, sogar durch R. Owen (Notes on the anatomy of the male Aurochs, Proceed. Zool. Soc’ London. XVI. 1848. p. 126—133). RÜTIMEYER (Versuch. nat. Gesch. Rindes, Neue Denkschr. all. schw. Ges. Nat. Wiss. Zürich. 1867. II. 68.) erwähnt zwar, daß das Skelet des amerikanischen Bisons in Amsterdam nur 14 Rippen besitzt — betrachtet dies aber als eine Ausnahme! So stark war die falsche Annahme von den 15 Rippen eingewurzelt. So ging dies bis zum Jahre 1876 (die III. Aufl. des BreHM erschien 1891), als die großartige Monographie von J. A. ALLEN endgültig die Lösung der Frage brachte (The Amer. Bisons living and extinct p. 2. und... 42).: „Ihe American bison has ¢he same number of pairs of ribs, and the same number of lumbar ver- 58 Szalay, Der Wisent im Brehm. tebra, as the European, notwithstanding numerous statements to the contrary“. 25. 260. Dritter Absatz: „Ein im Jahre 1555 in Preußen erlesten iN Visemtstent 2: Dies wissen wir aus der „Erclerung“ des HENNEBERGER (1595. p. 25): „Fürst Jou. Sicismunp, Markgraf zu Brandenburg etc. (erlegte) durch anordnung GasrieL DIEMINGERS, Jegermeister zu Friedrichsburg im new gemachten Wolffsgarten“ einen , Auhrochs“, der , 19 Centner und 5 Pfundt Nürembergische Gewicht“ schwer war. Dies konnte um so weniger 1555 geschehen, da ja der Mark- graf erst 1572 geboren wurde. Es ist nun auffallend, daß diese Jagd im Jahre 1595 statt- gefunden haben soll, in demselben Jahre, in welchem das Werk HENNENBERGERS erschienen ist! Der Verfasser schreibt zuerst tat- sächlich 1585, und nur das zweite Mal 1595, so daß man die erste Zahl als die authentische annehmen könnte — wenn der Mark- graf dann älter als 13 Jahre alt gewesen wäre. So aber müssen wir folgern, daß die Jagd im Januar 1595 abgehalten wurde und das HEnNENBERGERSche Werk erst Ende dieses Jahres erschienen ist. 26. 261. Zweiter Absatz: , RouLLIER erzählt... .“. — BRANDT aber, Breums Quelle, schreibt ROUILLER (p. 159 = 127). Beide Schreibarten sind schlecht, denn der Name lautet nach der maß- gebenden Bibl. Zoolgc. p. 2077 (Carus = Engelmann)... CHARLES RourLLier. Er war Professor in Moskau und veröffentlichte 1848 in der russischen Zeitschrift „Sowremennik“ (Zeitgenosse, Nr. 5) einen Artikel über den kaukasischen Wisent. 27. 262. Ende des zweiten Absatzes: „In Bialowieza sind nach FRIESE gegenwärtig 1500 Wisents“. Wie wir auch diese Behauptung immer betrachten, ist selbe und war selbe immer falsch. — Büchner unterzog die erschienenen Statistiken der Bielowiezaer Wisente einer genauen Prüfung, und fand, daß sich die wirkliche Zahl der Wisente daselbst z. B. in den Jahren 1884/85 höchstens nur auf 500 belief, trotz des „amt- lichen“ Ausweises, der von 1500 erzählt. (S. auch SIEMIRADZKI). Diese falsche Zahl hat auch Friese irregeführt. Laut den korrekten Tafeln Avers waren hier 1885 nur 384 Bisons vorhanden, diese Zahl war seit 1867 überhaupt nie höher als 600! Im Jahre 1890 betrug sie 403; 1891 (Erscheinen der III. Aufl. Breums) 479. 28. 264. Mitte des dritten Absatzes: „(In Ungarn) blieb die Wisentjagd dem Könige . . . vorbehalten“. — Leider war das Szalay, Der Wisent im Brehm. 59 nicht so, denn sonst würde Ungarn gewiß noch heute dieses Wild besitzen. Die alten ungarischen Gesetze erwähnen nie den Bubalus (das war hier der offizielle Name des Bonasus seit ca.. 1100), um so weniger seine Schonung. Jeder Adelige konnte also seine Jagd auf eigenem Gute ausüben. Wir wissen nur so viel, daß es im 11.—14. Jahrhundert gewisse Wälder gab (forestae regum), wo die Jagd den Königen des A’rpadenhauses vorbehalten war, so im Bakonyer Gebiet, hauptsächlich aber in der Marmaros (NO-Ungarn). Ich habe nun eine Schenkungs-Urkunde aus dem Jahre 1272 entdeckt, wo es heißt: „Contulimus eisdem (nämlich den Inwohnern des Ortes Felszäsz im Komitat Ugocsa unweit von Marmaros) sylvam Stulba vocatam . . . in qua ... et feras mediocres; videlicet ursos, apros, cervos et capellas occidendi liberam habeant facultatem“. (Frjér, Cod. diplmtc. V/1. p. 176.). — Es ist sehr auffallend, daß hier die edelsten Vertreter der hohen Jagd Schwarzwild, Hirsch, Bar) nur als zur ,mittleren Jagd“ gehòrig bezeichnet werden, die der König gar nicht beachtet! Was er sich aber vorbehielt, ist da nicht angegeben — denn jeder Bauer wufte es — das war der Wisent! 29. 264. Ende des dritten Absatzes: Nicht Bornemisser, sondern Bornemisza, siehe den Brief des Kermény. 30. 265, oben: „Der Kaiser von Rußland (ließ) der Königin Vikroria Wisente einfangen.“ „Es war im Juli“. — Das Jahr dieses Ereignisses hat in mancher Hinsicht ein Interesse, und des- halb ist es fast ärgerlich, wenn man den Monat (Juli) pünktlich angegeben findet, vom Jahr aber nichts erfahren kann. Nur nach einem zweijahrigen Nachforschen ist es mir gelungen, diese Jahres- zahl (1846) festzustellen. 31. 266. Zweiter Absatz: Breum sagt: „Mein Vater — schreibt mir Graf LAzir — (nämlich KoLoman LAzAr) erzählte als Familienüberlieferung, daß Graf Franz LAzAr 1740 . . . in einem mit Wisenten bespannten Wagen (in Hermannstadt) umherfuhr“. — Das ist aber wieder ganz falsch. — Ich habe mich bei der Familie LAzir selbst erkundigt —, die weiß hiervon gar nichts. In den Jahrbüchern der Stadt Hermannstadt (N.Szeben) ist auch nichts zu ermitteln. Das Ganze beruht nur auf einem Gerede, ohne jeden wissenschaftlichen Wert. Noch wichtiger ist aber dabei der Umstand, daß die Quelle dieses Märchens durchaus nicht der sehr zuverlässige Zoologe Koroman LAzAr ist, sondern wieder der kontrollbedürftige Graf 60 Szalay, Der Wisent im Brehm. Joser Kemény, der in seinem schon erwähnten berühmten Briefe schreibt (p. 183): , Von meinem verstorbenen Vater vernahm ich als eine alte Tradition, daß der Graf Franz LAzAr 1740 in einem Wisentgespann etc:“ — Diese Tradition lebte also nicht in der LAzArschen Familie (was bei uns mehr in die Wagschale fiele), sondern in der Keményschen — und auch hier nur angeblich! — Der Zoologe Koroman LAzir gab den Inhalt des Kreményschen Briefes BreHm bekannt — wurde aber von diesem mißverstanden. 32. Zu 266. — Infolgedessen kann man diesen Brief auch durchaus nicht als einen Beweis der Zahmung des Wisents be- trachten. BreHm hätte sich viel eher auf ein bekanntes Epigramm des MarrıaL berufen können, wo es heißt (Epig. Lib. I. Nr. CV.). „Lurpes esseda, quod trahunt bisontes . . . Quis spectacula non putet Deorum!“ (1617. p. 125). — Martiatis erzählt, was er alles im Zirkus gesehen, in dem Zirkus, wo man sich in einen Götter- tempel versetzt fühlt — da erblickte man auch kleine gallische Wagen, in denen Wisents (freilich junge) gespannt waren. — Das ist gewiß keine Aufschneiderei, sonst hätte er sich vor der ganzen vornehmen römischen Welt blamiert. 33. 267. Zeile 3. „Nach den neueren Erfahrungen scheint (es) erwiesen zu sein“, daß der Wisent keinen Anteil an der Ent- stehung einzelner zahmer KRinderrassen hatte. — Das Wort „scheint“ ist zu streichen, weil ja dies schon ganz ausgemacht ist. 34. 267. Zeile 4. „Zwischen Wisent und Hausrind besteht ein heftiger Abscheu . . .“ etc. — Dies wird bei älteren Autoren infolge der ungenauen diesbezüglichen Untersuchungen GILIBERTS oft betont und stark übertrieben, obwohl die neuen Kontrollunter- suchungen dies nicht bestätigen. Der amerikanische Bison mischt sich sehr gerne mit dem Hausvieh, der europäische etwas schwerer — aber doch ohne namhafte Schwierigkeiten. Dürsr sagt auch: „Sämmtliche Bisontina kreuzen sich mit den Taurinen und sind bedingungslos fruchtbar!“ (Witckens-Duerst, 1905. 246.) 35. 267:7. — Nicht „Csiter Kreis“, sondern Kreis Csik, im Osten Siebenbürgens. 36. 267:8. Brenn zitiert zwischen Gänsefüßen aus dem 1781 erschienenen Werke des Franz SULZER, wo es heißen soll: „Im Csikerkreise verliebte sich ein Wisentstier in eine (Hauskuh)“ ... etc. Es wäre höchst auffallend und beachtenswert, wenn ein Geograph im Jahre 1781 das Wort „Wisentstier“ gebraucht hätte! da ja dasselbe seit dem ı6. Jahrhundert nicht mehr gebraucht Szalay, Der Wisent im Brehm. 61 und ganz vergessen worden war. Erst gegen 1850 rief man es wieder ins Leben, aber nur seit ca. 1880 wird es wieder allgemein gebraucht. Bream kennt den SuLzEr wieder nur aus dem Briefe Keménys. SuLzer bedient sich selbstredend des Wortes „Auerochs“, Übrigens entsprechen auch die übrigen zitierten Zeilen im BREHM gar nicht jenen SULZERS —, es ist nur der Sinn wiedergegeben. 37. Zu 267:7. — In Surzers Märchen beruht wahrscheinlich nur der Kern des Ganzen auf Tatsachen. Ein Wisentstier, der in der Zeit der Brunst ferne von den selten gewordenen, ausgerotteten Wisentkühen leben mußte, näherte sich den weidenden Hauskühen aus leicht begreiflichen Gründen — (ein Beweis, daß er sich vom Hausrind nicht scheute) — darin ist schließlich nichts Merk- würdiges. Daß er aber die Herde bis in den Stall hinein begleitet hätte, ist freilich eine Zugabe. 38. 275, zweiter Absatz: Gefährlichkeit der amerikanischen Bisonjagd. Altere Reiseschriftsteller übertrieben deshalb die Gefährlich- keit der Buffalojagd, damit sie selbst für Helden gelten können. Europäische Autoren vergleichen wieder ganz falsch die gefähr- liche Natur des europäischen Bison mit jener des amerikanischen, und machten den Buffalo deshalb viel schlimmer als er war. Die Werke von Xantus, Dopce, ALLEN, Hornapay etc. brachten aber Licht in diese Frage. Die Natur unseres Wisent und des Buffallo ist ganz verschieden. Der letzte ist ein dem Schafe in Vielen ähnliches Wesen (harmlos, blöd in die Gefahr rennend, dumm — Hornapay 420/421) — und ist weder wilder, noch gefährlicher als unser Hirsch, und es ist ganz sicher, daß, wenn die berüch- tigsten berittenen Buffalojäger sich nicht in die Mitte der sich nie wehrenden fast zahmen, davonrennenden Bisonherde, sondern in einen derartigen Knäuel von Hirschen geworfen hätten — wenigstens so viel Unfälle geschehen wären, als dies bei Buffalos der Fall war. Ich bezweifle übrigens, daß diese An- griffsart bei 10.000 dicht nebeneinander rennenden Hirschen über- haupt möglich gewesen wäre — wie dies in Amerika in Mode war. Es gibt Gegenden, wo der Hausochse unvergleichbar ge- fährlicher ist, als der wilde Buffalo. Der Buffalo ist eines der zahmsten, schüchternsten Tiere, dies weiß ein jeder, der die Literatur studiert hat. Es ist doch bekannt, daß sogar Antilopen und Rehböcke oft zum Angriff übergehen, wenn sie sich anders nicht retten können. Der Oryx durchspießt manchmal den 62 Szalay, Der Wisent im Brehm. Panther — so vereinzelt kam Derartiges auch beim Buffalo — aber nur beim verwundeten — vor. Hornapay lächelt über jene Unerfahrenen, die vom Erlegen eines Bison als von einer Heldentat reden: ,,By the ignorant it is considered so great on honor (?) to Kill one (bison) p. 524. Diese Verhältnisse müssten mithin im Bre#m in das gehörige Licht gestellt werden. 39. 277, erster Absatz: „Erst seit einigen Jahrzehnten sieht man (amerikanische) Bisons in unseren Tiergärten“. Dieser Satz ist unrichtig. Man kann erstens nicht wissen, ob mit den Worten „unsere Tiergärten‘ die deutschen oder über- haupt die europäischen gemeint sind. Zweitens werden die meisten hierdurch gewiß der Meinung sein, daß der amerikanische Bison erst vor einigen Jahrzehnten nach Europa gebracht worden wäre. — Nachfolgende Daten werden deshalb hier von Nutzen sein: Sehr wenige wissen, daß der Buffalo!) schon in der ersten Hälfte des ı6. Jahrhunderts nach Europa gebracht worden ist, um dem neugierigen spanischen Hofe in Madrid vorgestellt zu werden — siehe Tuever 1558 p. 147 Db. Zwischen 1766 und 1776 reiste eine Wander-Menagerie in ganz Deutschland, Holland und Frankreich mit so einem Tiere umher. Parras (1781:5) ließ dasselbe in Holland zeichnen, und SCHREBER nahm dieses Bild in seine große Naturgeschichte auf. Eine andere Abbildung ließ Burron in Paris von diesem Buffalo verfertigen, welches man in dessen Werken ebenfalls sehen kann. (Supplement.) 1827 finden wir den Bison im Pariser Zoologischen Garten; die Zeichnung desselben in der Cuvmr-Grorrroyschen Naturge- schichte (WAGNER p. 1515). Im Jahre 1845 zeigte man in Deutschland in mehreren Stadten eine Bisonkuh. (Frrzincer 1860, 380.) Dann treffen wir selben in Tiergärten an. In Dresden 1863 (WecENER 1863, 8); in Paris 1867 vier Stück (PAGENSTECHER 1867, 283), in Cöln 1867, Stier und Kuh (PAGENSTECHER p. 288) wosie sich auch vermehrten; in Frankfurt 1867, und zwar aus dem Kölner Tiergarten stammend (Scumirr 1867); in Hannover 1867 (Nor 1867) usw. 40. Zu Seite 258-267. Ich glaube im Vorstehenden ge- nügend bewiesen zu haben, daß die Bearbeitung des historischen 1) Der aber damals diesen Namen noch nicht führte — s. das Studium des Verfassers „Geschichte des Buffalo-Namens“. Ss Szalay, Der Wisent im Brehm. 63 Teiles im Brenm im ganzen veraltet ist. Die Auswahl des Materiales entspricht nicht mehr den modernen Anforderungen. Breum verfasste diesen Teil in den sechziger Jahren. Damals brachte das ganze einschlägige Material die für seine Zeit groß- artige Arbeit des Branpr zusammen (i. J. 1867) — heute aber, wo durch meine Mühe die ganze Weltliteratur dieses Gegen- standes (4000 Werke) uns zur Verfügung steht, — wissen wir buchstäblich 30 mal so viel als BranpT, und zwar vieles, was für die Geschichte des Wisent äußerst wichtig ist und was BRANDT noch verborgen blieb. Ganz speziell gewann die Wissenschaft durch die Arıtik der alten Belege. Die Geschichte des ungarischen Wisent ist entschieden eines der interessantesten Kapitel, — doch konnte Graf Lizir (der Gewährsmann Breums) damals nur einige unsichere Daten liefern. — Hochinteressant und einzig in ihrer Art war z. B. die Institution der „ungarischen königlichen Wisentjäger“ ,,venatores bubalini“ im 11., 12. und 13. Jahrhundert (s. Regestrum Vara- diense), deren Haupt der Comes venatorum bubalinorum war. Unter ihm standen gewiß mehrere Hundert solcher Jäger (ein Beweis für den großen Bestand an Wisenten im NO des Landes- Marmaros —), denn selbe hatten besondere Offiziere, die amtlich decuriones venatorum bubalinorum genannt wurden. Sehr fesselnd ist auch die Beschreibung (16. Jahrhundert) einer wilden Jagd auf einen aus dem Tiergarten entflohenen Wisent in der Nacht — denn der wilde Jäger, den man schon als tot beweint hat, war ein deutscher Kaiser. (Dies geschah während seines Aufenthaltes in Ungarn.) Derartiges (ganz neue, unbekannte Belege) habe ich massen- haft beschrieben (Monographie des ungarischen Wisent.). — Auch die hochinteressanten deutschen Wisent-Ortsnamen sollten mehr beachtet werden. Bisher wurden zwar nur 7 bekannt ge- macht — meinen ı5jährigen Bemühungen ist es aber gelungen aus alten Akten weitere 50 zu entdecken, die auch für die Kenntnis der Verbreitung dieses Tieres wichtig sind. — In Ungarn kenne ich zirka 60 derartige Ortsnamen, die sich meistens im Karpathengebirge befinden. Wir haben auch viele Belege vom ungarischen Wisent in hiesigen und ausländischen herrschaftlichen Tiergärten (13.—18. Jahrhundert). Ganz speziell aber versorgte im 18. Jahrhundert immer Siebenbürgen die Wiener kaiserlichen Menagerien mit diesen Tieren (mehrere Belege vorhanden) — — 17 = Dawn Szalay, Der Wisent im Brehm. bis zirka 1789. Ich kenne sogar Zeichnungen von solchen Sieben- bürger Wisenten in Wien, von denen ich eine Photographie ver- fertigen ließ. (S. „Geschichte der Wisente in Wien“) Ich muß schließlich auch einiges über die Geschichte des Düffels mitteilen. 41. Seite 324, zweiter Absatz; „Die Begleiter ALEXANDERS des Großen trafen den gezähmten Büffel in Persien an.“ — Ganz falsch!. Arrxanper begegnete in Arachosien dem wilden Büffel, der etwas früher auch in Mesopotamien bezeugt ist. Er sagt doch (Hist. Anim. Lib. II. Cap. ı. Pars 4yg.), daß dieses Tier vom zahmen Ochsen sich derart wunZerscherdet (mithin kann er nicht zahm sein!) — wie das Schwarzwild vom Hausschwein. 42. Detto, „Später mögen ihn die Mohammedaner nach Syrien verpflanzt haben.“ Monammen lebte 571—632. ,,Moham- medaner“ existieren daher nur seit 632; der Buffel war aber gewiß schon früher und zwar zirka 100 Jahre früher in Syrien (siehe später). 43. 324. Anfang des zweiten Absatzes. ,,Wann und auf welche Wege der gezähmte Buffel sich weiter verbreitet hat, wissen wir nicht.“ — Heute wissen wir aber das schon so ziemlich. In einigen Wochen wird mein Studium ùber den mittel- alterlichen europäischen ,,//eerochs‘‘ erscheinen, wo vieles über die Geschichte dieses Tieres mitgeteilt ist. (,„Meerochs“ ist durchaus nicht der Elch, wie TrEıcHEL, NEHRING, Daums und viele glauben !!) 44. Seite 324, zweiter Absatz. „Im Jahre 596 unter AcıLuLr gelangte er zu nicht geringem Erstaunen der Europäer nach Italien“. — Das klingt gerade so, wie wenn die Europäer dieses Tier erst 596 zu Augen bekommen hätten. Aber woher? Dieser falsche Satz ist in der Literatur sehr oft abgedruckt und, um hierin Klarheit zu schaffen, muß ich die Resultate meiner Arbeiten („Der Bubalus* und ‚die Geschichte des Büffels“ — [Manuskript] ganz kurz mitteilen: Der Wanderweg des zahmen Arni nach Europa weist folgende Hauptstationen auf: 1. Urheimat Indien. 2. Im 2. Jahrhundert v. Chr. gelangt er nach Persien. Der persische Name gaumisch (Schafochse) deutet darauf hin, daß dies kein genuines Tier Persiens war. Besonders am Südrande — Foe Va Szalay, Der Wisent im Brehm. 65 des Kaspischen Meeres gedieh der Büffel vorzüglich (in der Provinz Masanderan). 3. Im 1. Jahrhundert n. Chr. kam er zu den Arabern, wo er, besonders in Mesopotamien, neben dem Euphrat eine zweite Heimat fand (Hann) und von diesem Zentrum aus sich nach allen Richtungen verbreitete. Sein arabischer Name (ghiamus) ist ein persisches Lehnwort, und so kann er den Arabern nur von Persien aus bekannt geworden sein (BocHART, Hommet). 4. Arabische Gedichte erwähnen schon im 2. Jahrhundert n. Chr. den Ghiamus! (Entdeckung Honners.) 5. Etwa Mitte des 4. Jahrhunderts kam er nach Armenien, zur Südküste des Schwarzen Meeres, denn von einem anderen Tier kann die Station Bubalia nicht ihren Namen erhalten haben, die wir 366 auf der Casroriusschen Karte verzeichnet finden. Von diesem Zeitpunkt an verbreitet sich der zahme Bubalus außerordentlich rasch. 6. Im 5. Jahrhundert ist er überall in Kleinasien zu finden und kam gegen Ende dieses Jahrhunderts am Westrande des Kaspischen Meeres, am Ostrande des Schwarzen Meeres, auch zu Schiff, teils als Handelsgegenstand, teils als Tribut und Kriegs- beute nach Südrußland, und somit nach Europa, wo ihm später die Avaren begegneten. Inzwischen fand er aber auch den Weg nach dem Süden. 7. In der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts ist er in Syrien, und kam vereinzelt als Geschenk nach Griechenland. In Süd- rußland treiben die Avaren große Büffelherden davon. Bald darauf kam er nach Ägypten. 8. Im Jahre 560 bringen die Avaren ihre Büffel nach Ungarn und von da 9. im Jahre 596 nach Italien. Die in der Chronik erwähnten Bubali sind ganz bestimmt die Büffel. (Haun irrt sich ent- schieden.) 10. Im Jahre 679 überschwemmen die Bulgaren das heutige Bulgarien mit ihren Büffeln, die sich von da aus bald über den ganzen Balkan verbreiten, so auch in Griechenland, wo aber auch schon früher vereinzelt kleinere Herden angetroffen wurden. 11. WiırLıarn spricht 786 in einer Weise von den syrischen Büffeln, aus der hervorgeht, daß diese Tiere hier schon seit wenigstens 100—200 Jahren eingebürgert sein mußten. Zool. Annalen VL 9 ti 66 Szalay, Der Wisent im Brehm. 12. Im Jahre 869 erfahren wir, daß eine große Büffelherde sogar im Zentrum von Konstantinopel herumrennt — — somit ist leicht einzusehen, daß das schwarze Tier in der Provinz schon seit wenigstens 150—250 Jahren gezüchtet werden mußte. — Bald darauf bringen die Ungarn ihre Büffel und Kamele nach Pannonien. 13. Im Jahre 1097 wimmelt ganz Syrien, Kleinasien, Agypten von Büffeln — hierfür nabe ich viele sichere Belege (s. auch ,,Der Meerochs“). Vor 1063 sind schon viele Büffel in Sizilien. 14. 1206 ist er bei Adrianopel und in Ostrumelien nach- gewiesen. 15. 1154 kam eine Herde nach Frankreich, 1252 eine nach England. 45. Seite 325 unten. .,Der Büffel verschmäht geradezu. . wohlschmeckende Kräuter, und wählt dafür die dürrsten... aus“, — So dumm ist er aber wirklich nicht (Orner etc.) — er begnügt sich nur auch mit schlechtem Futter, und verarbeitet das groß- artig — wo er aber eine fette Weide findet, gedeiht er noch besser! Obigem Irrtum begegnet man sehr oft in der Literatur, wir aber hier in Siebenbürgen, die wir in manchen Gemeinden mehr Büffel haben als Kühe, kennen unsere Haustiere doch besser. 46. 326, dritter Absatz. „Eine Kreuzung (zwischen Büffel und Hauskuh) hat bis jetzt noch keinen Erfolg gehabt, weil das Junge, dessen Vater der Büffelstier ist, schon im Mutterleibe eine so bedeutende Größe erreichen soll — daßes.... getötet wird .... “ — Die Frage, ob so eine Kreuzung erfolgreich werden kann, hat schon eine bedeutende Literatur (Szentkiralyi etc.) und die neuesten Werke sind noch immer Brexus Meinung. Hiergegen bringe ich es hiermit mit der Erlaubnis des Herrn Professors WELLMANN in Budapest zur allgemeinen Kenntnis, daß sich in Budapest, im kleinen Museum des tierärztlichen Instituts (Rottenbillergasse) ein ziemlich großer Bastardbüffel ausgestopft befindet, der, wie ich weiß, längere Zeit gelebt hat — wie sich hiervon jeder an Ort und Stelle überzeugen kann (Abteilung Prof. WELLMANNS) — und somit ist auch diese strittige Frage endlich glücklich aus der Welt geschafft! 47. 327, zweiter Absatz. „Das Fleisch des Büffels wird von Europäern nicht gegessen.“ Ist im Allgemeinen auch nicht richtig. In Siebenbürgen essen viele arme „Europäer‘ dieses Szalay, Der Wisent im Brehm. 67 Fleisch, das besonders wenn nicht zu alt, zwar etwas härter als das des Rindes, aber dennoch genießbar ist. Bei uns wird es oft statt Rindfleisch verkauft; die Wiener essen auch sehr viel Büffelfleisch — — nur wissen sie es nicht! Bemerkung. a) Jene Werke, die ich als meine eigenen wiederholt erwähnt habe (Manuskripte), sollen schon in diesem und im nächsten Jahre nacheinander im Drucke erscheinen. b) Das Benützen des in diesem Artikel besprochenen wissenschaftlichen Materiales ist in jedem Falle nur bei Erwähnung des Autors und dieser Quelle gestattet. 5* ue BRD; A biographical sketch of Col. George Montagu (1755—1815). English Field Zoologist by Bruce F. Cummings, British Museum of Natural History. (Antea 1913, pp. 307—325-) Corrigenda et Addenda. CORRIGENDA. Page 308, line 21, for “Yet none or very few” read “Yet very few”. Page 300, line 8, for “irate” read “irascible”. Page 316, line 2, for “Mouse Harvest” read “Harvest Mouse”. Ibid, line 5 Rhinolophus ferrum-equinum was added to the British list by Latham who discovered specimens at Dartford, Kent. (Pennant, Brit. Zoology, ed. IV, 129, 1776.) Ibid., line 12, for “Sowerly” read “Sowerby”. Page 317, 8 lines from bottom, for “Dr. M. Dougall” read “Dr. M’Dougall”. Ibid., 16 lines from bottom, for “in” read “is”. ADDENDA. Literature. (4). Lady Holland’s Journal (pub. by Longmans, 1908) including an account of a visit to Lord Boringdon at Saltram in 1799 when she met. Col. Montagu at dinner. (5). The Kingsbridge Gazette (pub. in Devonshire), July 7th 1899. Supplement dealing with Col. Montagu, by Dr. E. A. S. Elliot, M. B. O. U. (6). The Field Newspaper (London), July 24th, 1897. “Recollections of Col. Montagu” by Dr. E. A. S. Elliot, M. B. O. U. (7). Transactions of the Devonshire Association, 1903, XXXV, pp. 430—433. “An Original Article on the Pilchard Fishery at Borrough Island by Col. Montagu a Hundred Years Ago, with supplementary notes to the present time Dy, Dr WAS Elliot, M2B 02%. (8). Ibid. 1900, XXXII. pp. 271—276, “Notes from an unpublished M S. of a Contemporary of Col. Montagu—Dr. A. G. C. Tucker, of Ashburton”, by Dre eas Elliot, MB OU 70 Cummings, A biographical sketch of Col. George Montagu. Lady Holland (4) the famous grande dame, visited Lord Boringdon at Saltram in 1799, where she met Montagu. She writes in her gossipy journal: “Col. Montagu I saw but once. Lord Borringdon announced him as a superior man and I was therefore prepared for something remarkable tho’ his praises are often queerly bestowed, frequently for the love of paradox, to surprise by admiring where others disapprove However, Col. Montagu appears to be clever. He launched forth on the topics he is au fait of and during a three hours’ assemblage of people at and after dinner, he gave the natural history of every bird that flies and every fish that swims. He is a man of bad temper nor does it sound creditable to him that none of his officers speak to him and they are on the eve of bringing him to a court martial. He is separated from his wife and might inherit an estate of his brother’s if he would be united to her, but the condition is too hard and he renounces the possession of a benefit so encumbered.” I am much indebted to Dr. E. A. S. Elliot, of Slade, Kingsbridge, Devon, for drawing my attention to his note in “The Field” (6) in which he gives an interesting account of a conversation he enjoyed with a cottager, aged 96, who knew Col. Montagu and as a glazier’s apprentice put the glass into all his cases of stuffed birds. The Colonel often used to come into the workshop with his gun and dogs and say there was a case ready to be glazed. He was very fond of his gun which he called his “Joe Manton”. The Colonel was very genial with a good word for everyone although a man with peculiar tastes. For example, the old cottager, as a house decorator, remembered the very peculiar wall-paper on the staircase at Knowle. The house and grounds resembled those of Charles Waterton, the “mad Englishman” who lived at Walton Hall and wrote the famous “Wanderings in S. America“, for the house itself “was full of curiosities” and there were “live birds all over the grounds”. On the pond, he had ducks, gulls and all sorts of swimming birds. While some repairs were being done to the house and a lot of old timber was lying about, the Colonel stepped on a rusty nail and died of lockjaw in three days. Many years ago, when Kingsbridge Church was being restored, the vaults in the aisles were opened and the lead stolen from the coffins. Montagu’s coffin the most massive of all presented some difficulty, but the lead was finally ripped off and the remains of the coffin and of the Colonel’s bones were pitched back into the vault. More recently, during a second restoration, Dr. Elliot, who has kindly sent me this information, upon dis- covering the sacrilege, rescued the breastplate and had it suitably framed and placed on the Church wall over the vault. Biicherbesprechung. Otto Keller, Die antike Tierwelt. 2. Band, 617 Seiten, 161 Abbildungen, ‚sowie 2 Lichtdrucktafeln. Leipzig, Wilh. Engelmann 1913. Schon bei Gelegenheit der Publikation des 1. Bandes von KELLER’s yAntiker Tierwelt“ sind an dieser Stelle (Zool. Annalen, Bd. 3. p. 339/40) die Vorztige betont worden, die das Unternehmen willkommen erscheinen lassen: 1. Reproduktion antiker Tierbilder im Rahmen des zoologischen Systems, 2. gleichzeitige Bearbeitung des Materials nach kulturgeschichtlichen, philo- logischen und zoologiegeschichtlichen Gesichtspunkten. In derselben Weise wie im 1. Band die Säugetiere werden nun im vorliegenden 2. Bande die Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische und Wirbellosen behandelt. Über Adler, Nachtigall, Schwalbe und Gans hatte KeLLER schon früher (1887) in seinen „Tieren des klassischen Altertums“ eingehend berichtet. Jetzt erfahren wir näheres über alle möglichen anderen Vögel. Schon die Alten wußten z. B., daß der Kuckuck seine Eier in fremde Nester legt. Der Rabe wieder war dafür bekannt, daß er Land wittern könne, eine Fähigkeit, die häufig von den antiken Seefahrern ausgenützt wurde, auch von solchen, die, wie die Wikinger, nicht auf strikte Küstenfahrt sich beschränkten. Mit Hilfe vom Schiff aus losgelassener Raben soll z. B. Island entdeckt worden sein. Eine ziemlich bedeutende Rolle im Leben der Schiffsleute spielte auch der Eisvogel (Halkyone), dessen Brutzeit in den Dezember fallen und von ruhigem Wetter begleitet sein sollte. Da sein Nest den Alten unbekannt war, betrach- teten sie die Schwamm-, Kork- und Lederpolypen (Alcyonidae) als Niststätten des Vogels. Vom Sperling erfahren wir, daß er in den Ländern der alten Kultur offenbar schon so verbreitet war, wie heute bei uns, während in Mittel- europa seine allmähliche Ausbreitung erst mit der Entstehung und Ent- wickelung der Städte erfolgt zu sein scheint. In Anbetracht seiner unermüd- lichen Liebesspiele und seiner großen Fruchtbarkeit war der Sperling in Griechenland der Aphrodite zugesprochen. Auch die Taube war durch ihr Liebesleben aufgefallen. Im allgemeinen galt sie jedoch, in einigem Gegen- satz zum Sperling, als Symbol der ehelichen Treue; doch sahen etliche in der strengen Monogamie der Taube eher ein Zeichen großer Verliebtheit als übermäßiger Keuschheit, und noch im 18. Jahrhundert schrieb ein gewisser Riepiin eine Abhandlung ‚De turturum dubia castitate“. Ihr mildes Wesen wurde mit dem Mangel an Galle in Verbindung gebracht. In Wirklichkeit fehlt ihr aber nur die Gallenblase, Galle dagegen wird gebildet. Weiter er- fahren wir allerlei Interessantes über Taubenmästen, Taubenschießen und Taubenpost der Alten. Andere Verwendung fanden Hähne, Steinhühner (die Rebhühner der Mittelmeerländer) und Wachteln, die alle zu blutigen Kampf- spielen herhalten mußten. Der Berücksichtigung der ägyptischen Antike ver- danken wir in der Gruppe der Vögel längere Berichte über Ibis, Strauß und 72 Bücherbesprechung. Storch. Auch von eigentlich exotischen, dem Mittelmeergebiet ursprünglich fremden Vögeln, die später als Nutztiere des Menschen eingeführt wurden, ist mehrere Male die Rede. So hören wir von der Einführung des Fasans aus dem Kaukasus, des Huhns und des Pfaues aus Persien, des Perlhuhns aus Nordafrika, während der Truthahn aus guten Gründen nicht erwähnt wird: er ist erst im 16. Jahrhundert aus Amerika eingeführt worden. An weiteren exoti- schen Vögeln waren den Alten auch die indischen Papageie bekannt, die afrikanischen dagegen nicht. Der „Menschenzungenvogel“ war im alten Rom sehr geschätzt, und zeitweilig wurde ein rechter Sport damit getrieben, ihm Begrüßungs- und Huldigungsformeln für den Kaiser beizubringen. Dem Papa- geienartikel ist die farbige Lumierereproduktion eines pompejanischen Mosaiks mit 2 Papageien und einer Taube beigegeben. Von den Reptilien werden u. a. eingehend Gecko, Schildkröte, Cha- mäleon behandelt, für welch letzteres die bekannte vortreffliche Darstellung aus den Aristotelischen Schriften erwähnt wird. Um so mehr nur ist man nach Lektüre derselben wieder erstaunt, feststellen zu müssen, daß den Alten offenbar die Froschmetamorphose unbekannt war. Ganz dem Wesen der Mittelmeerländer entspricht es, daß das Fisch- kapitel durch eine allgemeine Einleitung besonders hervorgehoben wird. Welche Rolle den Fischen in jenen Gebieten zukommt, davon kann man sich noch heute auf den mediterranen Fischmärkten eine Vorstellung bilden. Nicht alle den Alten bekannten Fische werden diesmal von KELLER behandelt; für eine solche Übersicht verweist er auf die Darstellungen, die er und Trr STRAM in englischen Werken 1905 und roro über die griechische und römische Fauna gegeben haben. Nur die wichtigsten Vertreter sind hier wieder ein- gehend aufgenommen. Vor allem erhalten wir einen höchst interessanten Einblick in den so bedeutsamen Thunfischfang, der offenbar im klassischen Altertum schon in ganz ebenso blutiger Weise wie noch heute im Mittelmeer betrieben wurde. Auch eine andere noch weniger erfreuliche Fangart war schon bei den Alten, wie verbotenerweise noch heute im Golf von Pozzuoli, im Schwung: nämlich das Vergiften des Wassers mit Cyclamenwurzeln. In welcher Weise und in welchem Umfang die Muränenzucht bei den Römern betrieben wurde, weiß man zur Genüge aus den mehr oder weniger ver- bürgten Erzählungen römischer Schriftsteller über Vedius Pollio, Hirrius, Hor- tensius u. a. Aber auch Fische, die nicht gegessen wurden, entgingen der Aufmerksamkeit der Alten keineswegs. So kannten sie die spezifische Wir- kung des Zitterrochens und das Aussehen des wahrlich nicht jedem modernen Naturforscher bekannten Schiffshalters, Æcheneis, den sie nicht unrichtig mit einer großen Nacktschnecke (limax) verglichen. Daß sie daneben über manche dieser Tiere, so gerade auch über den Schiffshalter, die wunderlichsten Mären zu berichten wußten, beeinträchtigt den Wert solcher Beobachtungen durch- aus nicht. Unter den Wirbellosen interessieren vielleicht diejenigen am meisten, die gezüchtet wurden, so die Austern, bei deren Erwähnung der Plan einer Parkanlage abgebildet ist, dann die Schnecken, deren Zuchtstätten, die Coc- learien, sich bis in die Kolonien verbreitet haben und z. B. unter den römi- schen Überresten in Bonn a. Rh. gefunden wurden, weiter die Seidenraupen, aber nicht die chinesischen, Bombyx mori, die erst unter Justinian’s Regie- Biicherbesprechung. 73 rung, d. h. im 5. Jahrhundert n. Chr. nach Europa kamen, sondern die ganz anders gestalteten koischen, Lasiocampa otus. Dieser große Nachtfalter mit seiner stark behaarten Raupe und dem mächtigen Puppenkokon findet sich noch heute in den Mittelmeerlandern, und sein Gespinst wird von den Bauern der Basilicata als Scharpie benutzt. Sonst ist sonderbarerweise im Altertum von Schmetterlingen sehr selten die Rede; auch die Bibel erwähnt sie nicht. Man sah in ihnen offenbar die Seelenvégel (Psyche!) und dachte dabei wohl hauptsächlich an die dickleibigen Abend- und Nachtfalter, die schon eher etwas Unheimliches haben konnten, so z. B. an den Totenkopf, Acherontia atropos, von dem sich stilisierte Abbildungen in den mykenischen Gräbern gefunden haben. Erst spàter, meint KELLER, als ,eine tandelnde und idyllische Richtung in Poesie und bildender Kunst aufkam, in der alexandrinischen Epoche, be- gann man beim Psycheschmetterling immer weniger an den traurigen Nacht- falter zu denken, sondern an den frisch-fròhlichen Tagschmetterling, der honig- naschend von einer Blume zur andern huscht, im Sonnenglanz sein herrliches Flügelkleid schillern läßt und in Lebenslust und -freude paarweise umeinander tàndelt“ (p. 439). Von Insekten seien noch erwahnt Laus, Floh, Wanze, Zikade, Mistkäfer. Sehr lehrreich für die Beurteilung unserer Vorstellung vom Leben und Treiben der Bienen und Ameisen ist es zu erfahren, wie die Alten dar- über gedacht haben. KELLER bietet da reichhaltiges, z. T. wohl einzigartiges Material. In anderen Fallen allerdings, und gerade bei den Wirbellosen, ist der Verfasser nur bemiiht fiir antike Tiernamen den richtigen Trager im modernen Tierbestand ausfindig zu machen. Solche Identifizierungsversuche sind, so- weit die Aristotelische Fauna in Betracht kommt, schon eingehend und in durchaus befriedigender Weise von SUNDEVALL, AUBERT und WIMMER u. a. gemacht worden, so dafs der Zoologe nicht viel Neues zu erwarten hat und manchmal unbefriedigt bleibt. Immerhin ist es in diesen Zeiten hochgehenden Interesses an nomenklatorischen Fragen nicht uninteressant z. B. daran er- innert zu werden, daß die Bezeichnung Aplysia (Schmutz) bei ARISTOTELES einen Schwamm, nicht wie bei Linné den Seehasen betrifft. Ob der Philologe KELLER in Zoologenkreisen Erfolg haben wird, wenn er in warmer und ein- dringlicher Weise für die ursprünglich geltende Schreibweise Lo/ligo (statt Loligo) und Pina (statt Pinna) eintritt, muß dahingestellt bleiben. Bedauern darf man wohl, dafs der Verfasser nicht bei möglichst vielen Tieren die in Betracht kommenden monographischen Bearbeitungen oder sonstigen Quellen zitiert hat, so z. B. für die Steckmuschel und ihr kommerziell verwertetes Produkt, den Byssus. Bei einer ganzen Reihe von Tieren, wie beim Huhn, bei der Perlmuschel, bei der Spinne, ist jeweils eine gute Literaturzusammen- stellung am Schluß des betreffenden Abschnittes angebracht. Andere Male, so bei der Biene, der Ameise, der Purpurschnecke sind die einschlägigen Arbeiten wenigstens zerstreut im Text erwähnt. Häufig, z. B. bei Echeneis, wünschte man auch ausdrücklich zu wissen, ob keine Abbildungen des be- treffenden Tieres aus dem Altertum bekannt sind, wie eine solche Angabe bei einzelnen Tieren sich auch in der Tat findet (Lämmergeier, Eisvogel, Trappe). Gerade die Abbildungen nämlich, das sei zum Schluß nochmals betont, bilden ja einen ganz besonderen, spezifischen Vorzug des KELLER- schen Werkes. Strohl (Zürich). Der Meerochs. Ein Beitrag zur Geschichte des Zebu, des „Büffels‘“, des Elches, der mit „Meer“- zusammengesetzten alten Tiernamen usw. Von Dr. B. Szalay in N. Szeben-Hermannstadt. IL Die Auffassung Treichels, Nehrings und Dahms. Dr. Joacuim veröffentlichte im Jahre 1896 ein kulturhistorisch äußerst wertvolles Werk: ‚Das Marienburger Treßlerbuch der Jahre 1399 bis 1409‘. Es stellt die Rechnungsbücher des Deutschen Ordens dar, mit mannigfaltigem Inhalte, welcher auch für die Tiergeschichte eine reiche Quelle bildet. Es wird uns darin der lebende Wisent und der Ur (os primigenius) wiederholt vor Augen geführt (von diesem an einem anderen Orte) — unsere Aufmerksamkeit wird aber hauptsächlich durch den Namen eines ganz unbekannten Tieres — des Meerochsen — gefesselt, welches am Anfange des XV. Jahrhunderts im Stuhmer Tiergarten (Stuhm in der Nähe von Marienburg in Westpreußen) in mehreren Exemplaren ver- treten wart). Im Treßlerbuche ist hierüber folgendes zu lesen: P. 126: ,1401. Nov. 5. Item 3 firdung dem manne, der zum Sthume der merochsen wart, und 3 fird, dem manne, der der tyr (Hirschtier) wart.“ 1) Die erste Notiz von diesen Tieren finden wir in einem Werke von Jou. Vorcr: Das Stilleben des Hochmeisters des deut. Ordens. — Raumers Histor. Taschenbuch I. 1830. p. 196. Die zweite bei J. G. Buyack (Gesch. d. Preuss. Jagdw. 1839. 12). — STRICKER (Gesch. Menag. 13) erwähnt selbe mit Fragezeichen „Meerkühe und Meerochsen?“ — Zool. Annalen VI 6 70 Szalay, Der Meerochs. P. 153: — „1402. Febr. 22! Item 3 Sch. dem manne der zum Sthume der meerkü wart P. 322. — 1404. juni 9. item 4 scot Brandenburg (so hieß der Verpfleger dieser Tiere) gegeben, der der meerkuwe hut zum Stume“, — P. 322. — 1404. oct. 20: 16 scot Brandenburg, dem, der mer- kwu hut zum Sthume. zum rocke gegeben etc. P. 360: 1405. Sept. 6, (vom Marienburger Hauskomptur:) »4 scot dem manne der der hirzen zum Sthume wart . 4 scot dem knechte gegeben der der kuw zu Sthume warte | P. 363: 1405. Oct. 14: 5 fird. vor 7. elen groes (= grobes) gewandes, dem knechte, der das meerkuw hüt..... dem hirzhüter ouch 10 elen“. — P. 365. 1405. ©Oet. 15: la Ard. 1% seh’ den #zwen (nämlıch Knechten) zum Sthume gegeben, die der merkü und der hirzen warten, — BP. 401. _ 1406. Juli 25. „a (scot idem! hirtens ders der meiew- kuw zu Sthume wart — — P. 406 — 1406. Nov. 2. .... den zwen herten die der meer- qwü und den hirzen zu Sthume huten... R417 = 1407 Bebr. 10.) ide ., zulSthumerdemy hir. hirten und merkuwhirte . P.447..—= 1407." Nov.) 297,10 scotmzwen hirten‘. „2. die, .der merkuwe und der hirzen huten P. 512. — 1408. Nov. 19: 4 scot dem tyrhirten und merkü- hirten zum Sthume . P. 583. — 1409. Nov. 5 (vom „Huskompthur zu Koninges- berg“) — item ı m. 24/2 scot vor 20 elen gro gewant dem tyrhirten und merkühirten zum Sthume.* — A. Nenrinc bemerkt mit Recht (Über Ur und Wisent nach dem Treßlerbuche -— Globus [Andree] LXXIV. 44.—1898 Braun- schweig) — daß hier immer von denselben Fxemplaren die Rede ist, deren Zahl sich erst im Jahre 1407 durch einige neue Stücke vermehrt hat. Nerurinc hatte die Vorsicht, bei Dr. Joacum anzufragen, ob die Lesart dieser Namen außer Zweifel richtig sei, und ob selbe nicht auf Uerkuh zu deuten seien (= Urkuh). — Der Befragte verneinte aber dies auf das Entschiedenste. Szalay, Der Meerochs. 77 A. Treıcner hatte sich für die Deutung dieser Tiergattung sehr interessiert (Der Tiergarten zu Stuhm nach dem D. O. Treßler- buche, — Zeitschr. d. hist. Ver. f. d. R.-Bez. Marienwerder, Heft XXXV. 1897. p. 61—77) und kam zu der Überzeugung, daß diese Tiere keine eigentlichen Meertiere sein kònnen, denn in Stuhm stand gewiß kein Salzwasser zur Verfügung — außerdem könnte z.B. der 7richechus Manatı unmöglich mit den Hirschen zusammen, auf gleiche Weise im Stuhmer Park verpflegt werden. Und wenn das dennoch der Fall gewesen wäre, so müßten wir im Treßlerbuche gewiß vieles über die kostspielige Verpflegung lesen — hiervon ist aber keine Spur vorhanden. — Auch eine Robbenart (Halichoerus Grypus — s. bei NeHRING) kann sich nicht unter dem Namen „Meerochs“ verbergen, denn diese hießen ge- wöhnlich Seehunde (TrEıcHEL 66. 67). — Der Wisent, der unter diesem Namen im Treßlerbuche wiederholt erwähnt wird, ist mit Sicherheit auszuschließen. Nach all diesem bleibt uns nichts übrig, als den rätselhaften Namen mit dem des Elches zu identifizieren. Das Volk kannte nämlich das Elend, welches damals hauptsächlich an den Ostkiisten des Kurischen Haffes anzutreffen war. Bei dem Ausdrucke „Merochs“ handelte es sich mithin nicht um ein in der See selbst lebendes Wesen, sondern um ein lier vom oder am Meere“. — Der Name „Ochse“ ist nicht auffallend, wir nennen doch auch heute das Weibchen des Elches: die Kuh, als Beweis, daß wir auch heute gewisse Be- ziehungen zwischen diesen beiden Tierarten wahrnehmen. — Die Elche waren damals bei Stuhm selten, der Verfasser des Treßler- buches kannte sie nicht, kümmerte sich auch um die richtige Benennung wenig, sondern taufte sie, weil sie aus der Richtung des Meeres kamen, einfach Meerochsen. Sie bildeten eine Sehens- würdigkeit für die Stuhm besuchenden Ritter aus dem ober- : deutschen Binnenlande, die das Elch auch nicht kannten. (Treı- CHEL 67.) Daums (1898. 268 b) hatte die in Frage stehende Stelle des Treßlerbuches auch erörtert und kam zu demselben Resultate, wie IREıcHEL: Die süddeutschen Gäste haben nie einen Elch ge- sehen; gaben ihm den Namen „Meerochs“, und dieser war dann unter den Preußen ‚zum Schluß kurzerhand im Gange“. — Hingegen behauptet aber NEHRING (p. 47) wohl mit Recht, daß das Elch im Jahre 1400 nicht nur neben dem Nordmeere, sondern überall in Preußen häufig war, derart, daß es in der ersten 6* 78 Szalay, Der Meerochs. Halfte des 18. Jahrhunderts noch in Schlesien und sogar in Sachsen verzeichnet ist. Mithin kann sich die erste Silbe des Wortes Meer- ochs nicht auf die See beziehen, sondern selbe muf als eine Umwandlung des Wortes ‚Moor‘ aufgefaßt werden, da bekanntlich das Elen überall die sumpfigen Wälder mit Vorliebe zu seinem Aufenthaltsorte wählt. In dieser Annahme wurde NeHRING noch dadurch bestärkt, daß der richtige Name dieses Tieres (Elch) im Treßlerbuche nirgends erwähnt wird. Durch diese Erörterungen wenig zufriedengestellt, suchte ich emsig im großen Deutschen Wörterbuche der beiden Grimm, um die alten Erwähnungen der Chroniken daraus kennen zu lernen, — mußte aber mit Staunen konstatieren, daß Grimm den Ausdruck Meerochs, in unserem Sinne, nicht kennt, denn er führt unter diesem Namen drei verschiedene Tiere an: a) Zrechechus Manatı, b) eine Fischart, c) einen Vogel: Rohrdommel. — Ich forschte daher weiter. Nach Jou. Curist. ApeLunc (Grammat. Krit. Wörterb. d. hochdeut. M. 1808. Wien. p. 434 und Friscu, Wörterb. p. 40) soll das Meerrind ein Vogel sein (Rohrdommel = Ardea stellarıs), der in anderen Gegenden der Schweiz auch den Namen: Moor- ochse führt. — Hier steht also auch Moor statt Meer, und dies spricht scheinbar wieder für die Richtigkeit der Neurınsschen Anschauung. Im Grossen vollst. Universal-Lexikon (von JoH. HEINR. ZEDLER 1733. Halle) lesen wir: Meerochs = Hıppopotamus. Ich muß dazu gleich bemerken, daß ZEDLER hier einfach einen französischen Namen: Boeuf de mer, den man in Frankreich hie und da für das Nilpferd anwendete, verdeutscht hat, siehe: Dic- tionnaire des Sciences Natur. Strassb. 1817. V. 33. Zum Vergleich füge ich hier die alten Namen des Nilpferdes hinzu; es sind dies: Meerpferd und Meerroß (ZEDLER), Meerpferd = Hippopotamus = ein Tier im Meere, sagt Frisch, 054, Mer-ros = Hippopotamus (LexER I. 116), Merphert = Hippopotamus (DierenpacH; LEXER), Wasserpfard — Equus fluminis (MEGENBERG p. 236), darauf folgt die Beschreibung nach den alten Griechen), — Szalay, Der Meerochs. 79 Gerade bei den zahlreichen Umdeutschungen MEGENBERGS habe ich bemerkt, daß viele dieser deutschen Tiernamen rein nur bessere oder schlechtere Übersetzungen aus dem Lateinischen darstellen, die das Volk und ebenso die Literatur vorher nie kannte. Oft wird es von Wichtigkeit sein, diesen Grundsatz vor Augen zu halten. — Das ,Merrint“ wird auch bei MEGEnBERG (XIV. Jahrhundert) erwähnt, aber nur als eine Robbe (Buch der Natur, 237, 19): „Foca haizt ain merrint“. — Kommt auch in Glossen vor. Deshalb sagt Lexer I. 2111 (Handwb.): Merkuo = foca. Dieses Tier hieß auch Meerkaib (Albert. Mag: Von Weibern, 1575, Frankfurt. 100). Wir lesen bei STEINMEYER (Althd. Glossen INA 120): Alga — merogs. — Alga = herba maritima, meergras.“ (Glossae Salomonis). Das erste ,merogs“ dürfte hier nur eine Verschreibung sein, statt „mergras“. — Weiter folgt die Glosse: „Bullus = thaurus marinus, qui dicitur selh (shel)“ — und dazu: youllo = taur“. (STEINMEvER IV. 182). — Es ist damit wieder eine Robbe gemeint. (Selah = phoca = bos marinus, sagt Cod. Selestad. f. 124a. Siehe auch bei ARENANDER p. 64). — Die Robben haben überhaupt in alten Glossen oft die Namen: Merihunt, Merikuo, merikalb, meriohso. — Bei Jou. LeonH. Frisco (Teutsch-lat. Wörterb. Berlin 1741) bedeutet das Wort Meerochs = eine Rochenart (einen Fisch); Meerkuh eine Fischart in Amerika = Vacca marina. Der niederländische MAERLANT sagt anno 1268: „Foca dat es een stier van der zee“. I. 322. Es steht aber fest, daß unter den gleichlautenden Namen des TreBlerbuches unmôglich ein Vogel oder das Nilpferd ver- standen werden kann, denn wir wissen aus der Geschichte des letzteren, daß //rppopotamus sehr selten, nur mit den größten Schwierigkeiten und nie in Mehrzahl nach Europa gebracht wurde, immer als eine große Sehenswürdigkeit galt, welcher gegenüber, besonders in Anbetracht der großen Auslagen, mit denen die Verpflegung des Tieres verbunden ist, sich unsere 80 Szalay, Der Meerochs. Quelle gewiß nicht so wortarm verhalten würde, als dies der Fall ist. Ich glaube, niemand wird es fiir wahrscheinlich halten, daß im Jahre 1408 im Stuhmer Wildparke etwa acht Nilpferde sich: zwischen den Hirschen aufgehalten hätten, ohne daß dieser Fall durch alle Chroniken weltberühmt geworden ware. Kurzum, aus den philologischen Lexikas läßt sich das Wort Meerochs nicht deuten. — Wir miissen nun auf die Unzulänglichkeit der bisherigen Deutungsversuche näher eingehen. 1. Es ist rein unmöglich, daß die deutschen Bewohner Preußens den Elch je einen Meerochsen hätten nennen können. Den Kern der TreıcneL schen Beweisführung bildet die Annahme, daß der Alces im Jahre 1405 schon in Preußen ein seltenes Tier und gerade deshalb sein deutscher Name nicht allbekannt war. Daß das eine vollkommen irrige Annahme TREICHELS ist, darauf hat schon NeHRInG hingewiesen. In der Zeit war dieses Tier nicht nur in Preußen, sondern sogar in Süddeutschland noch gewöhnlich, derart, daß sein Name jedem deutschen Bauer wohlbekannt war. Um so mehr mußte ihn aber der Schreiber des Treßlerbuches kennen, weil er doch bei den die Jagd in hohem Grade liebenden Hochmeistern angestellt war (s. Voıcr), derart, daß er die in der Nachbarschaft erlegten Elche jede Woche mit eigenen Augen besichtigen und deren Namen von einem jedem Diener hören konnte und hören mußte. Alle die vielen Verfasser, die uns die Geschichte des deutschen Elches überliefert haben, behaupten einstimmig die Häufigkeit des Alces nicht nur im ı5., sondern auch in den viel späteren Jahrhunderten in Ostpreußen. Ich könnte hier leicht 80—100 Werke erwähnen, nachdem ich die Literatur über dieses Tier seit Jahren sammle; es sei hier jedoch nur auf einige hingewiesen: Lanpau (Gesch. Jagd in Hessen, p. 205); mehrere Aufsätze von Buyack; BRINCKEN, WANGENHEIM, ÖLBERG, RzaczynsK1, Bock, Riesen- THAL, SCHLOTFELDT, WIGAND (1590), Baccro ANDREA, GESNER, Lucas Davin I. 64 anno 1576), SCALIGER, NIEREMBERG, MENABENUS APOLLONIUS 1581, Datums und viele andere. Kart Hipper behauptet (Die früheren und heutigen Wild- bestande Ostpreußens, Neudamm 1897. p. 52), daß der Elch im Jahre 1700 in allen Wäldern Preußens gewöhnlich und dem Volke ein sehr bekanntes Wild war. Sein Fleisch war noch Ende des XVIII. Jahrhunderts nicht teurer, als das Hirschwildpret (Dans, N Szalay, Der Meerochs. 81 Ehem. Verbreit. u. Auss. d. Elches. Globus 1898. 238a). Als diese Tiere im Jahre 1848 bei Ibenhorst massenhaft nieder- gemetzelt wurden, war der Preis eines Pfundes auf 5 Pfennige gesunken. Bock schreibt noch im Jahre 1784, daß er sehr oft Gelegen- heit hatte, das Elen in Preußen zu sehen und in der freien Natur zu beobachten (IV. 94). Der Preis eines ganzen abgeschossenen Elches war im Jahre 1782 nur 10—12 Taler. Damals war zu Kônigsberg (also unweit von Stuhm!!) eine , Wildprettfaktorey“ errichtet, welche auf Bestellung das Fleisch jedes Wildes, und speziell auch dasjenige des Elches in jedem Quantum lieferte. Ich glaube, hiermit zur Genüge bewiesen zu haben, daß das Elen im Jahre 1400 bei Marienburg ein sehr gewöhnliches Tier sein mußte, dessen Name jedermann kannte, und gerade deshalb spielt er auch im Stuhmer Wildparke keine Rolle! — somit fällt aber gerade die Basis der TrercHELschen und Neurincschen Hypothese weg!). 2. Die Alten hatten von der Einteilung der Tiere ganz andere Ansichten, als die heutige Zoologie. Wir wissen z. B., daß die Römer das Nashorn (Boves aethiopici) und den Elefant (Boves Lucae) als Ochsenarten betrachteten. Die Araber faßten die Hirsche und die Antilopen auch als Ochsen?) auf. KEMALEDDIN EL Damirr (7 1405) reiht unter dem Titel: Die wilden Ochsen — nur Antilopen auf; Kazwini hingegen den Hirsch (BocHArTus II) 972). — In vielen Werken lesen wir, daß die Araber noch heute dieser Auffassung huldigen (SHaw, HEUGLIN, Hommet etc.). — Ähnliches bietet auch die große Naturgeschichte (Pen thsao kang-mu) des berühmten chinesischen Naturforschers Lı-Car-Tscahm (XVI. Jahrh.) — wo beim Genus Rind auch der Yack, die Antilopen und das Rhinoceros aufgezählt werden (AzBEL- Rémusat: Mémoires de l’Inst. Roy. de France X. 1833. 132. Paris). Die Araber betrachten auch das Nilpferd als eine Ochsenart, dessen Name „Wasserbüffel“ = ,Gamus el Baher‘ ist (HeuGLIN, Reise im NO. Afr. 1877. 96). | 1) Gerade Preußen ist der Teil Deutschlands, wo sich der Elch am längsten — bis heute — erhalten hat. In Süddeutschland verschwand er bedeutend früher, und besonders im westlichen Teile der deutschen Heimat. So lesen wir in der Frankfurter Chronik aus dem J. 1751 (Der Zoolog. Garten: Max Schmidt, 1867. 347), daß dort in einer wandernden Menagerie „ein fremdes Thier“ zu sehen ist, nämlich der Elch. ?) Hierüber ausführlich in meiner Monographie „Der Bubalus“. Szalay, Der Meerochs. 00 to Demgegentiber besitzen wir aber gar keine Belege dafiir, daß .der germanische Genius je die Hirsche zu den Ochsen ge- zählt oder selbe Ochsen genannt hatte. Der Umstand, daß das , Lier“ der Hirche auch heute zuweilen „die Kuh“ genannt wird, gehört unter eine ganz andere Beurteilung, indem das Wort „Kuh“ gar nichts anderes, als nur „das weibliche Tier im allge- meinen“ bezeichnen will, so daß dasselbe sogar für den weiblichen Elefant gebraucht werden könnte, ohne daß dabei der männliche für einen „Stier“ gedacht werden müßte. Hiermit wird aber auch die Annahme Neurincs: „Meerochs = Moorochs = Elch“ — äußerst unwahrscheinlich; dabei ist auch die für das Jahr 1407 schon vielleicht anachronistische Philo- logie (Meer = Moor) zu berücksichtigen. 3. Es muß schließlich nochmals mit Nachdruck hervorgehoben werden, daß dieses Tier, dessen uralte deutsche Namen: Elahò, Elch, Schelch, Elen, Elendt in unzähligen mittelalterlichen Glossen angeführt werden!) im 15. Jahrhundert überall eine alltägliche Erscheinung war, dessen Name gerade so allbekannt sein mußte, als heute derjenige des Rehes — und somit müssen wir logisch daran festhalten, daß der Elch nirgend und nie mit dem ganz dunklen und gar nicht passenden Namen „Meerochse“ angeführt werden konnte. Setzen wir den Fall, ein ,vornehmer Fremde“ würde das Reh einmal „Rotschaf“ oder „Meerbock“ nennen: Was glauben meine Leser, wird sich nur ein einziger Bauer oder Waidmann finden, der ihm diesen pedanten Namen nachsagen würde? Wird dieser „kurzer Hand im Gange sein“? — Gewiß nicht — und wenn doch — so nur als Spott! — Der Bauer war und ist immer sehr konservativ. Ich rekapituliere: TREICHEL und NEHRING zogen alle Umstände in Erwägung und kamen zu dem Endresultat, daß der Meerochs nur der Elch sein kann. Wir haben aber in obigen drei Punkten bewiesen, daß der fragliche Name gerade auf den Elch am wenigsten paßt. Damit ist auch festgestellt, daß heute weder die Zoologie noch die Philologie von der speziellen Bedeutung des Wortes Meer- ochse irgend eine Ahnung besitzt. Daß dies aber auch von der Geschichte gesagt werden muß, wird später erörtert. 1) Siehe diese bei STEINMEYER. Szalay, Der Meerochs. (oe) IL. Nehmen wir nun Abschied von Preußen und vom Stuhmer Wildpark, um der schönen großen ungarischen Ebene (Alföld) einen Besuch abstatten zu können, deren Bewohner, berühmt durch ihren gesunden Menschenverstand und die Originalität ihrer Auffassungsweise, schon oft die Lehrer der Gelehrten wurden. In unübersehbarer Weite wogt das gelbe Meer des berühmten fetten ungarischen Kornes, des Hafers und des Maises. Den letzteren heißt der Ungar tengeri. — Siehe da! welch’ eine ganz eigentümliche Benennung. Tengeri bedeutet soviel, als im Latei- nischen marinus = „vom Meere stammend“. (Tenger = Meer). — Wie kam der Mais zu diesem merkwürdigen Namen?. Das Wörterbuch belehrt uns: „Tengeri“ ist nur eine Abkürzung und sollte heißen „tengeri bùza“ d.i. Meerkorn. Die Geschichte der ungarischen Sprache beweist, daß der Ungar viele Gegenstände, die zwar nicht aus dem Meere, aber doch über das Meer, d.h. auf einem Schiffe ins Land kamen, mit dem Adjektiv tengeri be- zeichnet, und somit bedeutet dieses Wort im allgemeinen nur so viel: auBereuropäisch. Die Volkslogik meint nämlich, daß jedes Land, welches uns seine überseeischen Produkte liefert, neben dem Meere liegen muß. Somit wurden auch solche Gegen- stände, die aus Zentralasien stammten, als Meerwaren bezeichnet, — sie kamen über’s Meer. Als Beweise dieser Auffassungsart dienen z.B folgende Namen: Tengeri macska (Meerkatze), tengeri tyuk (Meerhahn = der Truthahn aus Amerika), etc. siehe später. Wenn man die mittelalterliche Bedeutung des Wortes tengeri näher prüft, so wird dieselbe immer natürlicher und logischer erscheinen, dermaßen, daß es sogar zu wundern wäre, wenn diese Logik nur dem ungarischen Bauer eigen gewesen wäre. Ich habe Belege dafür, daß dieselbe auch in anderen europäischen Sprachen, so in der holländischen, ferner auch in der französischen. auftaucht: Dindon du mer ist der Truthahn (Suolahti 244). — Binden, —dinder — ‚de md) Wir sind in der Lage, viele hierher gehörende Beispiele in der deutschen Sprache vergleichen zu können. Halten wir uns an den großen Sprachschatz Grimms. Man findet da über 100 Wörter, die mit dem Substantivum Meer- zusammengesetzt sind. Uns interessieren aber hiervon zuerst nur die zoologischen Benennungen, ca. 50 an der Zahl, die wir in vier Gruppen teilen können. AOL Te 84 Szalay, Der Meerochs. TEN, 1. Die meisten mit Meer- verbundenen Hauptwörter beziehen sich auf solche Tiere, die tatsàchlich im Meere hausen, wie Fische, Weichtiere, Strahltiere, Würmer usw.: Meerapfel = Meerigel = Seeigel = Æchinus, Meeresel = ein Fisch (Rrombus), Meerhahn, Meerhase, Meerhirsch, alles Fischgattungen. Meerhund = Seehund (Robbe), Meerrind = Robbe (bei MEGENBERG), Meerkalb = Phoca vitulina, Meerkuh und Meerochs = Manati, Lamantin (= ein Sauge- tier), Meerlöwe = Seelöwe (Robbe), Meermaus (Aphrodite aculeata L.) eine Art Ringelwürmer, Meerpfau und Meerpferd sind Fische (Seepferdchen), Meersau, eine Haifischart, Meerschlange (fabelhafte Schlange), Meerschwein = Delphin, Meertaube = ein Fisch, Meerwidder = Walfischart, Meerwolf — alte Benennung einer Robbenart. 2. Tiere, besonders Vögel, die sich nicht immer im Meere, sondern meistens nur in dessen Nähe, an den Küsten aufhalten: Meeradler, Meeramsel, Meerdrehals, Meerente = Anas nigricans, (Meerfichte: Pinus maritima), Meerhuhn = Scolopax glottis et totanus, Meerlerche = eine Art Strandlaufer, Meerotter = Seeotter = Mustela lustris, Meerschwalbe = Sterna, Meerzeisig — ein Vogel. 3. Diese Gruppe wird durch Namen dunklen Ursprungs ge- bildet, wo das Wort Meer- nicht erklart werden kann. Da spielen entweder alte Fabeln, Sagen, — oder Mißverständnisse und Un- gelehrtheit eine Rolle, in anderen Fallen wird es sich um die so gewohnlichen Tiernamen-Ubertragungen handeln (siehe über diese ausführlich in meiner Arbeit: Die Namen des Wisent) — dann Szalay, Der Meerochs. 85 um Idiomen oder wohl um einfache Irrtiimer der Verfasser, — ja um Schreibfehler der Abschreiber. — Hierher gehòren z. B.: Meerochs und Meerrind = Rohrdommel. Wir haben es da nur mit einem Provinzialismus zu tun, und diese Benennungen sollen auf Moorochs und Moorrind richtig- gestellt werden, wie denn viele Sprachen die Rohrdommel durch den Namen ,Moorstier“ wiedergeben, wie: Boeuf de marais, buhai de balta (Moorstier, im Rumänischen), Nadibika (Rohrstier, im Ungarischen); ,Ochsvogel“ in mehreren türkisch-tatarischen Sprachen; sogar im Deutschen: Urrind, oder Mooskuh (FriscH, Wôrterb. 40.) — Der lateinische Name: Botaurus scheint auch zu dieser Sippe zu gehören. (Vincentius BeLLovacensis sagt: Bo- taurus, quasi boo-taurus!). Meer und Moor haben dieselbe Wurzel und konnten sich im frühen Mittelalter ersetzen. Das Bläßhuhn (Zudca atra) heißt niederl. meerkoet, weil hier meer = Sumpf. — Das Teichhuhn (Gallnula chloropus) hatte früher auch den Namen: Meerhuhn, wo Meer wieder die Be- deutung von Moor hat (SuoLAHTI 302 und 307). Es gibt aber auch falsche Meer-Zusammensetzungen. Aus dem lateinischen Vogelnamen Merg-us entstand früher die deutsche Benennung merch, dann Merrache und schließlich Meerrache (SUOLAHTI 440.) 4. Diese Gruppe ist entschieden die interessanteste, indem uns die hierher gehörenden Namen den klaren Beweis liefern, daß gerade entsprechend dem ungarischen Ausdrucke tengeri buza, mehrere deutsche Tier- und Pflanzennamen gebildet wurden, in welchen das Wort Meer- allein nur die außereuropäische, durch Schiffe bewirkte Herkunft zum Ausdrucke bringen will. Das sind folgende: 1. Meeraffe und 2. Meerkatze, eine Affenart in Afrika (Cercopithecus), 3. Meerschweinchen = Cova cobaya, stammt aus Brasilien, 4. Meerwolf = die Hyäne in Afrika (Nenmicu). 5. Meerochse muß somit auch hierher gehören. Ich fand in der übrigen Literatur noch einige lehrreiche Beispiele: 6. Meergans ist der Pelikan (ApeLunc und viele andere, STEINMEYER etc.), 86 Szalay, Der Meerochs. 7. Meer-Ferkel = Tati, der Armadill oder Gürteltier (Dasy- pus) in Amerika (ZEDLER, Gross. vollst. Universal-Lexikon, 1733. Halle), Meer-Elster = die „persianische Elster“ (ZEDLER), 9. Meerschwein (Merswein = Dornswein = Istrix, bei MEGEN- BERG p. 142), d.i. das Stachelschwein in Nord-Afrika und Spanien. 10. Meerhuhn = Truthahn (aus Amerika, SuoLAHTI 243, 244.) (Link heißt ihn den „welschen Hahn“. (Urwelt u. Alt. 1821. p. 204). 11. Meerhirsch = Antilope! in der Frankfurter Chronik (Dr. .. Max Scamipr, Der Zool. Garten VIII, 1867. 431), die im Jahre 1771 eine Menagerie uns vorführt, in welcher ,zwey Ostindische getygerte Meer- Hirschen, oder Antiluppen genannt, aus Ceylon“ zu sehen waren (= die Antzlope prcta = Nilgau nach Scumiptrs Meinung). Hieraus lernen wir, daf diese Ausdrucksweise noch vor 140 Jahren Gang und Gabe war und oft für außereuropäische Tiere angewandt wurde; das diesbezügliche Sprachgefühl ver- schwand also erst im Anfange des XIX. Jahrhunderts aus der deutschen Sprache!), Interessant ist aber das hohe Alter der mit Meer- im erwähnten Sinne zusammengesetzten Tiernamen, indem z.B. die Meerkatze schon in einer althochdeutschen Quelle aus dem XI. Jahrhundert merchazza (STEINMEYER III. 34) genannt wird. Die Wiege dieser Auffassungsweise muß also unbedingt bis ins gotische Zeitalter zurückgelegt werden ?). O0 ADELUNG erklärt das Wort folgendermaßen: „Weil dieser Affe aus wärmeren Ländern über das Meer zu uns gebracht wurde“. — Diese Erklärung wurde schon seit ZEDLER oft wiederholt, aber nur in der Form einer Vermutung. Näher hat sich unseres Wissens mit diesem Gegenstand niemand befaßt. Das Wort Meerschwein hat in der alten Litteratur eine vielfache Bedeutung. Meistens bezeichnet es den Delphin in den Glossen (MEGENBERG 27. 117. 141. 256, LEXER, DIEFENBACH Wörterb. !) Die Namen: Seehund und Meerkatze kommen in den Chroniken des 17. und 18. Jahrhunderts wiederholt vor, so z. B. in der Solothurner Chronik des Jahres 1663, (Der Zoolog. Garten 1867. p. 66. 346). ?) Siehe weitere Erwähnungen im STEINMEYER III. 81. 714. IV. 355. Da guieen ist der Name mit, spinga, spinta, symia wiedergegeben. (Ferner bei LexER, KLUGE | usw. Auch in den Carmina Burana verzeichnet = XIII. Jh.) Szalay, Der Meerochs. 87 756), aber auch eine Fischart, welche MEGENBERG Porcus marinus heißt. Dasselbe kommt auch bei Marrtant (Naturen Bloeme) vor II. 30. Das bekannte heutige Meerschweinchen (Cazia cobaya) heißt bei Friscx (p. 654) Meerschweinlein = Cuniculus brasilianus = Porcellus transmarinus. ZEDLER sagt schon im Jahre 1739, daß es den Namen daher bekam, weil es „aus Westindien übers Meer zu uns gebracht“ wurde. (Wiederholt bei ADELUNG). Dieses Wort hat also vier ganz verschiedene Tiere bezeichnet. Sehr interessante und lehrreiche Beispiele habe ich aus der ungarischen Sprachgeschichte gesammelt: a) Tengeri juh (Juh = Schaf), also Meerschaf). Im Jahre 1543 wird eine türkische Fahne erwähnt, die mit dem Schweif irgend einer orientalischen Schafart geziert war (— bei ZOLNAY.) b) Tengeri kecske (Meerziege). — Eine auslandische Ziegen- art, die sich in einem Tiergarten befindet 1568. (Zay, Vadaszlap 1889. 83.) c) Tengeri macska (Meerkatze) = Cercopithecus (Pallas Lex.) d) Tengeri malac = Meerschweinchen, Cavza cobaya aus Brasilien, e) „Lengeri tik“ (= Meerhahn) = der Truthahn! weil er aus Amerika stammt. (Comenius 30.) 5. Die letzte Gruppe entstand durch Verallgemeinerung der Bezeichnung „Meer“ im Sinne „ausländisch“. Diese Namen — lauter Provinzialismen — beziehen sich auf solche Tiere, deren Heimat dem Volke unbekannt war. Selbe sahen fremd aus, und der Bauer vermutete eine überseeische Herkunft. Dies geschah auch, wenn echte einheimische Bergvögel zuweilen die Ebenen besuchten; siehe SvoLautı (Vogelnamen 1909. p. 17, 58, 122). Beispiele: Meeramsel (= Ringdrossel, Zurdus torquatus), Meerzeisig (Zrıngılla lnaria, Leinfink), Meerhäher (Blaukrähe, Coracıas garrula). Ferner im Ungarischen: Tengeri fülemile (Meernachtigall) ist der Eisvogel A/cedo. (ZOLNAY) 1543. Tengeri kan (Meereber) = Stachelschwein (//5sZrıx cristata — bei Comentus), 88 Szalay, Der Meerochs. Tengeri kacsa (Meergans) — eine auslandische Gans, 1712. (ZOLNAY), Tengeri ugul — das Kaninchen. (Comentus). Das allerinteressanteste ist aber ein altes ungarisches Ad- jektiv: „tengeri“ — marinus („meerisch“ als alte Glosse bei LexER I. 2111), welches auch selbständig, ohne Pflanzen- oder Tier- namen die Bedeutung ,ausländisch® hatte. So sagt z. B. Graf GEorc THurzé in einem Briefe an seine Frau (ca. 1610): „Ich kann dir allerlei Gewürze, wie Rosinen, Reinfall und noch ähnliche Meeresdinge (tengeri marhat) schicken.“ — In der heutigen Sprache bedeutet ferner ,tengeri“ (= marinus) auch selbstàndig soviel wie Mais. Es sei hier noch erwähnt, daß zur Bezeichnung der aus- landischen Herkunft außer dem Worte „Meer“ noch viele andere gebräuchlich waren, wie dies SuoLAHTI betont, so z.B. „ungarisch“, „spanisch“, „türkisch“, „indisch“, „welsch“, ,rheinlandisch* — ohne daß sich die Heimat jener Vogel mit diesem Beinamen irgendwie decken würde — und das ist dabei eben das Neue. Diese Namen wollen nichts anderes bedeuten, als: „fremdartig“. — Beispiele aus SUOLAHTI: Ungarischer Heher = Blaukrähe = Coracıas garrula, Rheinschwalbe, Rheingans, Spanischer Buchfink, Spanischer Dorndreher, Welschhahn (= Truthuhn), Indianisch Kann (= Truthenn), Turkische Henne (= Truthuhn), Welscher Hänfling, Welsche Goldammer etc, — „Indisch“ wurde übrigens im XVL—XVIIl. Jahrhundert auch vieles bezeichnet, das aus Amerika kam, abgekürzt aus „west- indisch.“ — Diese Ausdrucksart war auch im Spanischen und Französischen üblich. Im Ungarischen heißt der Mais auch török- buza = türkisches Korn. B. Die Untersuchung der mit Meer- zusammengesetzten Pflanzen- namen in der einschlägigen Literatur ergab sechs Klassen: ı. Pflanzen, die neben dem deutschen Meere wachsen, bei welchen dieser Umstand dem Volke bekannt sein mußte. — I4 __ Szalay, Der Meerochs. 89 2. Pflanzen, die in der mittelalterlichen lateinischen Arznei- sprache (oder, aber seltener, überhaupt in der Botanik) das Adjektiv marinus aufweisen. Diese wurden zuerst von den Gelehrten tiber- setzt; viele verbreiteten sich aber unter dem Volke. (Im Unga- rischen gehören auch die deutschen Übersetzungen her.) Cedrus maritimus: Merzeder bei MEGENBERG, Tengeri kaposzta (= etwa Meerkraut) = Crambe maritima, Tengeri kômény (Meerfenchel) = Crzthmum marinum, Tengeri retek (Meerettig). 3. Pflanzen, die bekanntlich von außereuropäischen Staaten (vor- her sagte man „von Übermeer“ — siehe Lexer) herrühren, also über das Meer kamen. — Die interessantesten Beispiele gehören hierher: 1. Meerapfel = Paradiesapfel, aus Südamerika (Grimm), 2. MeernuB = die Muskatnuß = Nux moschata — aus Hol- landisch-Indien (ZEDLER), 3. Meerrohr = Arundo indica (Zornai: Oklevelszotar) — aus Indien. Auch im Ungarischen: Tengeri nad (= Rohr), 4. Tengeri buza (Meerkorn) = der Mais, aus Amerika. 4. AuBerdeutsche Gewächse, die sowohl am Kontinent, wie eventuell auch neben dem Meere wachsen, welch’ letzterer Um- stand aber dem Volke nicht bekannt sein konnte. Das Wort Meer- ist hier nichts anderes, als eine sekundäre Verallgemeinerung des Sinnes „überseeisch“ und bedeutet einfach soviel wie aus- ländisch (also auch eurcpäisch) Man könnte auch annehmen, daß diese Pflanzen irrtümlich für außereuropäisch gehalten wurden, Hierher gehörende Beispiele habe ich unter den Ge- wächsen sowohl in der deutschen als in der ungarischen Sprache sehr viele gefunden. Meerbirnbaum = Z:2yPhus vulg. (ZEDLER), Meer-Cucumer = Citrulle = Wasser-Melone (ZEDLER), Meer-Granatapfelbaum (Purzca granatum — ZEDLER), Meerhirse (Lzthospermum — ADELUNG), auch im Ungarischen: Tengeri köles, Meerkirsche (Arbutus unedo) = jetzt Erdbeerbaum (ADELUNG), Meerklee — Burgundisches Heu — (Friscn), = Medicago sativa (Luzerne), Meer-Rauke (Zruca maritima) Frisch, Meertraube = „gedorret weinper“ — (LExER), auch im Ungarischen: Tengeri sz616=Rosine= Uva passa. go Szalay, Der Meerochs. Im Ungarischen noch: Tengeri barack (Meerpfirsich) = die Aprikose (Prunus armenıaca L.), aus dem Jahre 1588 (Frankovics und MorLnAR ALB.), Tengeri bodza (Meer-Hollunder) — so bieß der Flieder- strauch (Tajszotar), Tengeri csalan (Meer-Brennessel, Tengeri füge (Meerfeige = die gewöhnliche Feige), Tengeri malyva (Meer-Eibisch), Tengeri szölö (Meertraube) = die Johannisbeere, weil sie anfanglich hier nicht heimisch war, Tengeri tövis (Meerstachel) = Rhamnus paliurus L. 5. Beispiele, die eventuell dafür zu sprechen scheinen, daß in manchen Namen Meer anstatt Moor. steht: Meerlinse = Wasserlinse, Lentille des marais (ZEDLER), wachst nur in Teichen, Meerrettig, ein sehr altes Wort: = Cochlearia amo- racıaL. — Wachst auch in Deutschland neben stehenden Wässern, und so hält es ApeLunc für wahrscheinlich, daß es ursprünglich Moorrettig lautete. — Manche leiten es aus dem lateinischen amarus ab. und schreiben Märrettig. In einer Gegend lautet der Name aber Marreddik (mar = Pferd) — entsprechend dem englischen horse-radish, weil es die Pferde gerne fressen. 6. Endlich Namen, die vorläufig ganz unklar bleiben. Dies sind bekannte deutsche Pflanzen, die weder neben dem Meere, noch im Moore wachsen. Z.B.: Meer- Stachelkraut = Fingerhut, Digzialıs purpurea — (ZepLer). Hier müssen irgendwelche Verwechslungen stattgefunden haben. IIL. Hiermit haben wir den ersten und wichtigsten Schritt zur Deutung des Wortes Meerochs getan. Die nahere Bestimmung desselben wird aber nur dann gelingen, wenn wir unser Forschungs- feld von dem der Zoologie und Philologie auf jenes der Geschichte verlegen und nach anderen historischen Quellen suchen, die weniger wortarm als das Treßlerbuch sind. Alte Chroniken und solche Lexikas kommen da in Betracht, die aus den ersteren geschôpft haben. Und mit Erfolg. Im Benecxeschen Mittelhochd. Wörterbuch lesen wir: „Merohse ist im Mittelalter ein lasttragendes Landtier im Orient, und wird mit anderen Zugtieren, z. B. Kamelen, er- — 6 = Szalay, Der Meerochs. QI wähnt.“ Siehe z. B.: Des Landgrafen Ludwigs des Frommen Kreuzfahrt, Z. 6075 (Hagen, 1854. Leipzig): Zur Beforderung des Gepäckes dienten „vil wagen, kamele, drumedar, olbenten, merohsen“. — Benecxe ist der Meinung, daß hier das Wort „meer“ nicht buchstäblich zu nehmen ist; es will nur soviel sagen: fremd, was tiber das Meer gekommen ist (p. 138), und bezieht sich wahrscheinlich auf den Elefant! (IL/L 435, 722). — Diese Vermutung spricht Eprincer schon als eine Tatsache aus: Meerrint = Elefant (p. 33). — Das ist aber freilich ganz irrig, und wird schon durch den oben zitierten Text selbst widerlegt, wo der Elefant schon Olbent heiBt. — Wir wissen, und haben viele Belege dafür, daß durch Olbent im Mittelalter sowohl der Elefant (Helfant = Olbent), als (wieder durch die schon erwähnte Tiernamentibertragung) das Kamel, manchmal aber abwechselnd beide bezeichnet werden. In den meisten Glossen heiBt es: Camelus = Olbent, Kaemlin. Hingegen: Elefas = Helfant. (STEINMEYER: Die althochd. Glossen III. 32). Diese Formen wurden aber auch verwechselt, siehe spàter. Im Texte Ludwigs des Frommen (aus der Zeit der Kreuz- züge) ist aber Camelus dromedarius durch drumedar wieder- gegeben, und so kann das Wort Olbenten nur den Elefant be- zeichnen. Man könnte zwar auch an das zweihöckerige Kamel denken, dessen Verbreitungskreis reicht aber nicht so tief, außer- dem ist es doch ganz unwahrscheinlich, daß der Chronist durch drei nacheinander folgende Namen (kamele, drumedar, olbenten) immer nur dasselbe Tier meinen wollte. — Wenn aber unter ‚Olbenten‘ Elefanten zu verstehen sind, dann können eben die „merohsen“ nicht Elefanten sein. (Den endgültigen Beweis siehe später in Orracuers Reimchronik). EpLincer behauptet p. 33: Die Formen Ulband und Olpent beziehen sich nie auf das Kamel, sondern nur auf den Elefant, während Olbent und Olbande = Kamel. Richtiger heißt es bei SCHADE (II. Aufl. p. 665): Olbent = Kamel und Elefant, hingegen bedeutet ahd. elafant und helfant nur den Elefant. Nach Pa- LANDER (p. 100) hätten die Formen Helfant und Olbent durchaus verschiedene Quellen — beweisen läßt sich das aber schwer. WEINLAND meint (Zool. Garten 1862, 224), der Ursprung des germ. Wortes Helfant ware im Jiidischen. BENECKE ist der Ansicht, daß das Wort Olbent nie den Elefant bedeutet hat. Daf dies irrig ist, beweist ohne weiteres schon Zool. Annalen, VI. 7 92 Szalay, Der Meerochs. der Umstand, dafi wir in den Glossen ohne Ausnahme alle Zwischenformen von Helfant bis Olbent nachweisen können; die Berührungsvarianten in der Mitte beider Reihen müssen aber für beide Tiere gemeinschaftlich gebraucht worden sein. Übrigens lauten beide Grundformen so ähnlich, daß es ge- radezu auffallend wäre, wenn selbe nicht verwechselt worden wären. — Einige Beispiele: „Elefas es een elpendier“ — beim niederl. Maerlandt p. 71. (VERWIJS), Elefas = helphant = alpant (Sremnmeyer III. 80), Olband = Kameel (Bexecke II/1. 437); Olbent = Elefant. — „Der Olbent isset eine niht“ (WAcKERNAGEL, Lesebuch 505. 26.) — Kann Kameel oder Elefant sein. Elfent = Elefant (BENECKE I. 660). Olfent = Kamel angelsachsisch; elpend = Elefant = olpend! Ulband = Kamel gotisch (ScHwenck, Wôrterb. 1838. 169 noch viele sehr beweisende Beispiele) }). Übrigens ist diese spezielle Frage von der ausschließlichen Bedeutung des Wortes Olbent nicht von Belang, indem man beim Durchlesen aller Meerochs-Erwähnungen, die sich größten- teils aus Dichterwerken sammeln lassen, — lebhaft den Eindruck gewinnt, daß von den Dichtern gewiß nur wenige bewußt von diesem Tiere reden. Sie haben vom morgenländischen Meer- ochsen in anderen poetischen Leistungen gelesen; fanden, daß die Erwähnung desselben eine richtige orientalische Stimmung herbeiführt — und nahmen dasselbe auch in Gebrauch, — ohne das Tier näher zu kennen. In den alten Heldengedichten werden die Kamele oft in allen Formen aufgereiht, z. B. bei Heinrich v. NEUENSTADT (Apoll. v. Tyrl. 6690 u. 10138): „Helffan und Kamelein“; wieder weiter: Olbentin und Kamelein jae) dierissundidas helfitantasss = 1) ForsTEMANN erwähnt (Personennamen 1900. p. 840 u. 1173) den Personen- namen Helfant, welcher aus dem Zeitworte hilp — helfen, stammen soll. Ferner eine Form Olpant, ebenfalls Mannesname, mit dem er nichts anzufangen weifs. Ich glaube, beide sind mit dem gewöhnlichen englischen Taufnamen Olifant identisch. Dieser wird allgemein als Tiername aufgefaßt und den übrigen Tiernamen, die gleichfalls Personen bezeichnen, zur Seite gestellt, wie: Pardus, Bock, Bär, Ursus, Wolf, Wismut, Lupus, Bubalus, Leo, Capreolus, Hirsch, Adler usw. (Siehe meine Studie über den europäischen „Panther“, d. i. Luchs). — 7 — Szalay, Der Meerochs. 93 Bei dem Worte Meerrind sagt Benecxke (II/1. 722): „Ein Rind, wie es jenseits des Meeres im Osten, in Asien (bei den Sarazenen, nach den meisten Beispielen) vorkommt. Welches Tier aber gemeint ist, läßt sich schwer sagen; kaum der Elefant (doch vergl. ORRENDEL). — Besonders als Zugtiere der Wagen, auf welchen die Heiden des Ostens ihre Fahnen angebracht haben.“ Es sind folgende Belege bekannt: Wotrram v. EscHensacH: Willehalm (352, 7): „Carroschen giengen drunder, die zugen dä besunder gewäpende merrinder“. Dann: „Stark liute menten diu merrinder mit garten = 352, 9. (Lachmann). Ferner: „ahtzehen merrint“: 161. 2. — (menen — ditrelbben)! Und weiter: „Merrinder si dä menten (= treiben), diu die carroschen zugen, swen die gote dar betrugen, die darüf wärn gemachet, des geloube was geswachet“. (360, 24). — Herzog Ernst in den deutschen Gedichten d. Mittelalters (Hagen und Buscuine, Berlin 1808, S. 4692, cf. auch 4787): „Sinen got Machamet der vogt von Babilone, het ùf einen karrast hoch gesetzt, den zugen merrinder“. — (Siehe hierzu W. Grimm: Athis und Propilius, Berlin 1846, p. 63.) — Siehe auch die Ausgabe BARTSCH, 4204. „Der jüngere Titurel“ (Haun, 3635, 3): „vor nùner schar der witen sol man merrinder triben vil mit garten, diu dri karràtschen ziehent mit vanen wol gerichtet“. — Siehe auch 3348. Herzog Ernst (3376): „ob wir noch frische hiute in den kiln vinden inder (= irgendwo) die gewesen sind merrinder“. — Im Orrendel („Der ungenähte graue Rock Christi wie König Orrendel ihn erwirbt) Hagen, Berlin 1844. (1352): „stant uf, trüt kint, und bint din merrint, daz ez dir niht entloufe.“ — Beachtenswert ist — meint Benecke — daß kurz vorher (1342) für merrint helfant steht: „daz er dò muoste vallen mit helfant 7% la 94 Szalay, Der Meerochs. und mit allem.“ — (Das ist aber gar kein Beweis, denn . .. nonunquam dormitat etiam bonus Homerus . . .) Die Meerochsen spielen auch im spanischen Feldzuge Karts pes Grossen eine ähnliche Rolle. Der Kriegswagen der Sarazenen mit der Flagge wird folgender- maßen beschrieben (BartscH: Karl der Große, von dem Stricker 1857, p. 254, = 9631— 9640 Z.): ,»Do rihte man tf einen wagen einen mast mit stahel wol beslagen. Da was sin vane gebunden an, den zugen vor dem her dan zwéne starke merohsen gròz, die man vil vaste beflòz mit gewaefen und mit wenden, daz sie niemen kunde erwenden, sin zùgen den wagen fiir sich. Der vane was harte witinneclich.“ — etc. Es ist hochinteressant, daß dieses Tier sogar in Europa u. z. in Rom auftaucht. Die dies betreffende Sage findet sich in der sog. Repgauischen Chronik (= Sächsische Weltchronik) aus dem XIII. Jahrhundert. Es wird erzählt, daß Drerrich von BERN (= THEODORICH DER Grosse, Bern = Verona) der Herrscher in Rom war, ein grobartiges Kastell erbauen ließ, das sog. „Dietriches- hus“ (oder Domus Theodorici, die Engelsburg) welches bekannter- maßen ursprünglich das Mausoleum des Haprianus darstellte. Man hieß es auch Castellum Crescentii, doch bildet es in den alten mittelalterlichen deutschen Sagen das „Dietrichshus“. — Die Repg. Chronik beschreibt den Aufbau des Kastells folgend!): „Didric buwede dö enen torn (Turm), de leget jegen de Tiberbrugge: he makede umme den torn enen viereggeden mantel van witten marmore. de sten sin unmate dicke unde lanc. se sin gelodet (gelötet) to enander mit bli unde mit iserinen krampen. uppe der vierden egge jegen das suden stet en osse gehouwen an enen sten. men seget dat en merosse toge (zòge) de groten sten al to samene.....“ („das heyst nu dy Engelsborg“ — spatere Schrift). — 1) K. MùLLeNHorr: Zeugnisse und Exkurse; Ztschr. f. deut. Alterthum XII. Berlin 1865. 322, und Monum. Germ. Hist. Deut. Chroniken II. 1877. p. 140. Zeile 26. Herausgeg. durch Lupw. WEILAND. Szalay, Der Meerochs. 95 Weitanp fügt zu dem fraglichen Worte folgende Bemerkung (p. 685): „Merosse, überseeisches, morgenländisches Rind, Zugthier.“ Wie ich nachträglich feststellen konnte, bildet die Quelle dieser Anschauung Ludwigs: Oscar ScHape (Altdeut. Wörterbuch, Halle 1866 p. 728), der sich folgendermaßen äußert. Meerrind — a) Seehund. b) morgenländisches Rind, Zugtier der Sarazener — Rind aus dem Lande über dem Meere = Elefant! Zur Be- kräftigung des letzten Satzes führt ScHape an: In Tibet heißt der Elefant: „Der große Ochse oder einfach Ochs; das Wort Ele- phant = aleph hindi = indischer Ochse.“ (Diese Etymologie wider- legt-aber Hommez mit Sicherheit — Die Namen der Säugetiere bei den südsemit. Völkern p. 326). Endlich meint exer (1 2rri): Merrint —- überseeisches, morgenländisches rind, zugtier, auch elephant, siehe ORENDEL*. — Hierauf folgen mehrere Erwähnungen: a) OTTACHERS Reimchronik (Pez. in script. III. 423b: Kembel und merrinder“. Ein Beweis, daß Kamel und Merrind verschiedene Tiere sind! b) , Willehalm von Österreich“ von Jon. v. Winrzsurc, im Jahre 1314. c) , Wilh. v. Wenden“ von ULRICH v. EscHEnBAcH (Toischers Ausgabe 1876. Z. 3642). — Siehe Lexer III. 314. d) „Willehalm,“ v. Eschenbach, 161. 2 (LacHMann), e) Der jüngere Titurel (Harn, 3348), f) Herzog Ernst (BarrscH, 4204) —!). Wir wollen noch eines Umstandes gedenken. Es wird auf- gefallen sein, daß der Meerochse in den alten Heldendichtungen meistens als ein orientalischer Zugochse dargestellt ist, der dem Fahnen- und Götterwagen der Sarazenen vorgespannt ist — — wie wenn das eine bekannte Sitte der Araber gewesen wäre. Dem ist es aber gar nicht so! Grimm schrieb hierüber eine inter- essante Arbeit (Deut. Rechtsalt. 1854, 264), wo er eine Reihe von Belegen anführt, welche von der alten Sitte des Ochsen- gespannes der germanischen Könige Kunde geben (tauri regis) — und beweist, daß auch später noch (XI. — XIII. Jahrh.) besonders 1) Es ist merkwürdig, daß die Spezialwerke über deutsche Säugetiernamen (PALANDER; dann EDLINGER) diesen Gebrauch der Benennung Meerochs für einen morgenländischen Ochsen gar nicht kennen! =. 2I —- 96 Szalay, Der Meerochs. hochgeschätzte Exemplare dieser Tiere vor den Fahnenwägen Kriegsdienst leisteten. Dies war weithin eine urgermanische Sitte und — nach Grimm wissen wir darüber gar nichts, daß die Mohammedaner auch solche Götterwägen gehabt hätten — sondern die Phantasie der Dichter „übertrug hier nur ein ein- heimisches alterthum auf sie, wobei bloß die zahmen stiere in meerrinder verwandelt wurden“. — Und dies ist wieder ein Beweis, daß die Meerrinder keine Elche etc. sondern nur Tiere, die zu unseren zahmen Ochsen in allem am nächsten standen — sein mußten. Diese Belege beweisen mithin zur Genüge die Richtigkeit unseres obigen Satzes, daß der Meerochs ein außereuropäisches Tier ist, welches aber sonst mit dem Meere nichts zu tun hat. Den Schlüssel der ganzen Frage bildet aber jener Umstand, daß es sich dabei nicht um ein Wild, sondern um ein zahmes Lasttier handelt. Es ist nichts Sonderbares, daß wir die Spuren desselben auch bis Rom verfolgen können, wir wissen doch, daß Rom nicht nur die Hauptstadt der Alten Welt war, sondern daß hier auch das Zentrum des morgenländischen Tier- Exports gewesen ist. IV: Mit diesen Waffen in der Hand können wir uns nun dem geheimnisvollen Tiere mit sicheren Schritten nähern. Im Orient gab es nur 8 Arten der Lasttiere, d. s.: Elefant, Kamel, Büffel, Zebu, Rindvieh, Esel, Pferd, Maulesel. — Die letzten drei bleiben außer Betracht, weil dies Pferde, und nicht Ochsen sind. Vom Hausrind kann im Stuhmer Tiergarten auch keine Rede sein. Das Kamel ist auch mit Sicherheit auszu- schließen, weil die mittelalterlichen Quellen dasselbe neben dem Meerochsen, als besondere Art, deutlich unterscheiden. Außer- dem war das Kamel schon durch die Bibel ein wohlbekanntes Tier, mit einem, nach dem Zeugnisse von tausend Glossen allge- mein verbreiteten deutschen Namen: Olbent. Gerade so leicht können wir auch den Elefanten ausschließen, der hie und da auch in Europa gesehen wurde, und dessen deutscher Name Helfant war. Die Lehrbücher verbreiteten Zeichnungen von seiner bekannten Gestalt. Es wäre mithin der größte Bockstreich, zu glauben, daß dieses Tier je auch den Namen Meerochs geführt hätte, zumal er ja kein Ochse ist. Szalay, Der Meerochs. 97 Unter Ochsen verstanden die Deutschen nur gehòrnte Tiere, wie ich das schon einmal hervorgehoben habe. — Es wird doch niemand daran denken, daß im Stuhmer Wildparke sich acht ‚Elefanten zur Schau gestellt hätten, ohne eine große Rubrik im Treßlerbuche zu bedingen! — Bedeutend schwerer wird unser Standpunkt, wenn wir zur Annahme des Büffels schreiten, indem fast der ganze vor- handene Stoff über den Meerochsen ganz vortrefflich auch auf den Büffel bezogen werden kann, und sogar bezogen wurde, siehe das Neueste Konvers.- Lexikon oder allg. deut. Real- Enzyklop., Wien 1826. III 528: „Büffel = Meerochs“. Ich würde diese Identifizierung auch vollziehen, wenn mich mehrere sehr bedenkliche Umstände hiervon nicht gänzlich abhalten würden. Diese sind: N Der Name des Büffels war in Deutschland schon im X. bis XI. Jahrhundert bekannter als der des Elefanten. Der Grund hiervon liegt darin, daß um das Eigenrecht dieses Namens sogar zwei europäische kontinentale Tiere — zuerst der deutsche Ur, später der ital. Büffel, wetteiferten, von welchen der erstere sogar auf deutschem Boden heimisch war — und dies ist ein Umstand von hervorragender Wichtigkeit. Der italienische Büffel galt überall als ein wildes Tier; er war ochsenähnlich und schwarz, gerade so wie der Ur — deshalb wurden beide allge- mein in der konfusesten Art verwechselt. — Man glaubte, in Italien würden die Ure gezähmt. (Diese Verwechselung habe ich mit unzähligen Belegen nachgewiesen. Siehe das Werk: Der Bubalus.) Die ältesten deutschen Erwahnungen des Wortes Büffel kennen wir noch nicht, weil die Sammlung des alten Wort- schatzes nicht beendet ist. | STEINMEYER erwähnt folgende zwei Beispiele: Pueffel = Urus in einem Cod. Gottingensis aus dem XIII. Jahrhundert. — Steinm. III. 17 4). Puffel — Bubalus im Cod. Vindobonensis 12840, aus dem XV. Jahrhundert. — Srtemm. III. 33). — Der Vocabularius theutonicus (Nürnberg) aus 1482 schreibt: Buchfel. (Grimm; Lexer I. 379 etc.) Auch bei HEINRICH von DER Nevenstapr (Apollonius von Tyrland, 10282) kommt das Wort 98 Szalay, Der Meerochs. vor, um das Jahr 1300: , Wisinttier und frosch + Puffel, hirsen und hinden“. Sogar ALBERTUS Macnus bezieht sich (ca. 1250) auf den deutschen Namen des Büffels, indem er sagt: (II/1. Cap. 3): „Bubalus. . . animal, quod in Romana lingua (= italienisch) et nostra bufletus vocatur.“ 1) Dirrenpaca (Glossarium lat. ger. 1857 und Hoch- u. Nieder- deutsches Wörterb. 1885) führt mehrere Beispiele aus dem XV. und XVI. Jahrhundert auf (Buvel, Buffel, Puffel, Wufel, Bufel). yEyn buffel in walschen landen“ (Italien) sagt der Dict. alphab. germano-latinus im XV. Jahrhundert), — Aus dem Jahre 874 finde ich den Ortsnamen Buffileba bei Gotha (FörstEmann, Ortsn. 319), den ich als Buffil-leba (leba — mansio, Erbteil) = Büffel-leba auffasse: Das Erbe des Vaters Büffel. „Leba“ (heute falsch: Leben) schließt sich nämlich fast immer an Personennamen an: Adalolfesleiba, Hildesleve, Heri- iridesleiba, Ursiliebe etc. Die älteste und unverkennbare Erwähnung des deutschen Wortes Büffel glückte es mir aber in den Monum. Germ. Hist. zu entdecken (Necrologia Germ. II. 32) u. z. wieder in der Form eines latinisierten Personennamens, — bei Salzburg aus dem VIII. Jahrhundert: » Blurullus, der nur aus Puffel (us) stammen kann, und diente ebenso als Beiname, wie das beliebte „Wisunt“ — — beide Wildochsen- namen. Wir müssen deshalb unbedingt annehmen, daß das ger- manische Wort Büffel schon im siebenten Jahrhundert allgemein gebraucht wurde. Es bezog sich nicht etwa auf den welschen Ochsen, sondern auf den einheimischen Ur, dessen lateinischer Name bis zum XIII. Jahrh. in ganz Europa „bubalus“ lautete. In einem größeren Werke („Der Bubalus“) habe ich mittelst Aufreihung aller Erwähnungen der ganzen Weltliteratur zuerst endgültig bewiesen, daß unter dieser Bezeichnung im Mittel- alter 4 von einander ganz verschiedene Tiere benannt wurden, und zwar: 1. Antilope Bubalis — aber nur in Nordafrika. — Als ein wichtiges Resultat meiner Untersuchungen ist zu betrachten, daß dieser Name in dieser Bedeutung ausschließlich nur durch !) Ich finde diesen Beleg in keiner sprachgeschichtlichen Quelle. Szalay, Der Meerochs. 99 gelehrte, griechische und romische Autoren, angewendet wurde, den das europàische Volk nie gebrauchte und infolgedessen kann es auch nie die Grundlage eines Beinamens, Ortsnamens oder Personennamens bilden. Deshalb ist es ganz falsch, wenn der neueste riesige The- saurus Linguae Latinae. . („Lipsiae apud Teubner, 1900“) die Be- lege des Bubalus bei Isiporus und Grecorius Macnus zur Az4- lope bubalis stellen (II. Band). Ich habe zuerst bewiesen, daß sich alle Erwahnungen bei den alten klassischen Historikern (Geographen) auf die Antilope beziehen, hingegen fast alle bei den Kirchenvätern auf den wilden Ochsen (Urus), — indem diese Väter gewöhnlich nur die vulgäre, populäre Anwendung des Wortes kannten und aus der vulgär-lateinischen Sprache schöpften — wo aber die Antilopenbedeutung ganz unbekannt war (PLINIUS). — Der Name Bubalus bezieht sich in Asien bis zum IIl.—IV. Jahrhundert und in Europa bis zum VII. immer und nur auf den Urstier (Dos primigentus) — später immer häufiger auf den ita- lienischen Büffel. — In der Beachtung dieser einfachen Regel findet man einen guten Führer durch das altmittelalterliche Laby- rinth der Bubalus-Erwähnungen. Es existieren von meinem Satze nur zwei scheinbare Aus- nahmen: * Der Bubalus des EpripHantus (Episcopus Constantiensis, II. Hälfte des IV. Jahrh.) und der des Rurmus aus Aquileia (IV. Jahrh.). Beide waren Kirchenschriftsteller, die die klassische Li- teratur- und somit den Bubalus des ArLianus u. a. gut kannten, sich viel im Orient aufhielten. Dass selbe unter obigen Namen die Antilope verstehen, ist nicht zu bewundern, sie gehòren eben zu den Gelehrten. 2. Den Ur (Los primigenius) seit dem nebligen Altertum fast bis zum Ende des Mittelalters. 3. Den Wisent (Lison europaeus). — So z. B. in den alten ungarländischen lateinischen Chroniken — inwiefern es sich um ein wildes Tier handelt — ohne Ausnahme immer der Wisent gemeint ist. 3 4. Den zahmen Biffel, und zwar seit dem IV. Jahrhundert n. Chr. (eigene Forschung) — bis heute. Die erste diesbeziigliche Anspielung auf den Büffel finden wir in Kleinasien. Noch früher wird er aber (II. Jahrhundert n. Chr.) bei Arabern erwahnt. Es 100 Szalay, Der Meerochs. ist durch die orientalische Sprachgeschichte endgültig festgestellt, daß die Araber den zahmen Büffel aus Persien kennen gelernt haben. Damals grenzte aber Persien an Indien, weiches für den indischen Hausbüffel die Brücke nach Europa bildete. — Diesen Zusammenhang weisen zuerst unsere Ausführungen Schritt für Sehritt nach). Wir besitzen gar keine Erwähnung seitens europäischer Schriftsteller vom zahmen Büffel des Altertums, selbst seitens ARISTOTELES nicht, hingegen haben wir sogar Abbildungen des wilden Arni, die 7000 Jahre alt sind. — Wie wir schon betont haben, war der Tiername Bubalus im VI. u. VII. Jahrhundert einer der bekanntesten (Ur), der wahr- scheinlich schon damals in alle europäische Sprachen überge- gangen ist, und bildete mithin einen Teil der Volkssprache (so schon im VII. Jahrhundert bei den Südslaven, aber auf den Büffel bezogen; siehe die Bibel des CvrıLL aus 855, wo dieses Wort wenigstens in den bekannten späteren Auflagen neben dem tur und zubr vorkommt.) Ich folgere nämlich aus dem Erwähnten und aus jenem Umstande, daß die Leges Alamannorum (+ 622) und Leges Bajuvarenses (um 635) als Bezeichnung für den Ur, nicht das im hohen Maße sich aufdringende lateinische Wort Urus, sondern den Ausdruck Bubalus gebrauchten — mit Wahr- scheinlichkeit annehmen zu dürfen, jazu müssen, daßdas Volk das be- treffende Tier deutsch, auf mehreren Orten (neben Ur) schon Büffel nannte. — PFrAHLER ist auch derselben Meinung (Handb. deut. Alterth. 609). — Diese Wahrscheinlichkeit steigert sich bedeutend, wenn ich mich auf die Beweiskraft des anglo-sächsischen Wortschatzes berufe. Dieser Stamm dürfte nämlich das Wort buffle aus der alten Heimat schon im V. Jahrhundert nach England mitge- bracht haben, als den Namen des Ures, der später auf den Ka- ledonischen Wildochsen, dann auf den welschen Ochsen, noch später auf den amerikanischen Bison überging. — In mehreren alten Quellen kommt derselbe schon vor. Das lateinische Wort Bubalus ist in England schon für das X. Jahrhundert belegt und zwar in einer Weise, die auf einen Volks- gebrauch schließen läßt (N. Denkschr. d. a. Schweiz. Ges. f. g. ) S. die „Geschichte des Büffels“ — welche die erste ausführliche Behand- lung dieses Stoffes darstellt, und das gesamte vorhandene Material ausbeutet. S. ferner „Der Wisent im Brehm“ vom Verfasser — Zool. Annalen VI, p. 47. = — Szalay, Der Meerochs. IOI Naturw. 1867, 140, 141) und wir halten es fiir unwahrscheinlich, daß derselbe nur nachträglich nach England importiert worden ware. Nach unserem Dafürhalten schöpften Deutsche, Sachsen, Franzosen alle aus der mittelalterlichen lateinischen Vulgàr- sprache, wie das Wort Panther und viele andere, Tiger, Hel- fant, und somit kann ich mich der Ansicht des Fr. Krucz (Ethmol. Wörtb. 76) gar nicht anschließen, der das Wort Büffel aus der französischen Sprache herleitet. Die Deutschen kannten sowohl den Ur, als auch den italienischen Büffel immer viel besser als die Franzosen, und somit ist eine Entlehnung aus dem Französi- schen ganz unwahrscheinlich. Viel näher liegt die Annahme einer italienischen Entlehnung. Ich weise nur kurz auf den Umstand hin, daß durch die deutsche Herrschaft in Italien (951 — 1268) während 300 Jahren viele Hunderttausende von deutschen Brüdern aus allen Teilen der Heimat, Italien und den dort schon seit 595 eingebürgerten Büffel, kennen lernen mußten, der also seinen deutschen Namen in keinem Fall später, als im X. Jahrhundert erhalten haben muß. Ich bin aber überzeugt, obwohl die Beweise noch fehlen — daß schon die Langobarden, die mit dem Büffel in Italien viel zu schaffen hatten, ihn schon deutsch benannt haben und daß sich dieser Name weitervererbt hat. Wiederholt dachte ich schon mit Bedauern auf den Schaden, den wir durch das Verloren- gehen der betreffenden Teile der gotischen Bibelübersetzungen erlitten. Es wäre nichts Besonderes, wenn wir da eventuell dem Namen Büffel in irgend einer Form begegnen würden und zwar entweder im Buche V. Mosis, 14, 5, (in Verbindung mit dem jü- dischen Namen Jachmur oder bei Amos VI. 12. | (Das jüdische Bakar ist hier nämlich durch Hieronymus mit Bubalus wiedergegeben worden.) Der Ur verschwand im IX. u. X. Jahrhundert sukzessive aus Süddeutschland, dafür wurde aber der Büffel der Campagna immer bekannter. Besonders durch die Kreuzzügler, die in Ungarn, am Balkan, in Kleinasien und Palästina massenhafte Herden bewundern konnten, verbreitete sich seine Kenntnis der- maßen, daß die Erdichtung eines neuen Namens für ein Absur- dum hätte gelten müssen. Wer hiervon noch immer nicht überzeugt sein sollte, nehme sich die Mühe, im KR. Roéuricurs Werke (Regesta Regni Hieroso- Ta DT Io2 Szalay. Der Meerochs. lymitani, Innsbruck 1893) nachzublättern. Dieses Buch führt uns das innere Leben der Kreuzzügler im Heiligen Lande (XII. u. XIII. Jahrh.) vor Augen. Es wimmelt überall von den Er- wähnungen des Büffels, teils als Ortsnamen!), teils als Personen- Beinamen, letztere bei Franzosen, Italienern und Deutschen. Der Beiname „Büffel“ wird derart geliebt und gemein, daß er sogar den Damen zur Zierde diente, und so lesen wir in einer in Accon aus dem Jahre 1184 stammenden Urkunde: Curia Mariae Bubalae p. 169. (Büffelin — heißt er in alten Glossen). — Es ist nur selbstverständlich, wenn der Büffel in den Zoologien des XIII. u. XIV. Jahrh. als ein wohlbe- kanntes Tier dargestellt wird Cantimpré; [ALBertTus Maenus; Maerlant — (s. Serapeum 1862 p. 547) — und MEGENBERG|. Ein deutscher Volksstamm, die Siebenbùrger Sachsen in Ungarn, heifen das Tier schon seit dem XII. Jahrhundert beffel. Diese Sachsen gehòren seit Jahrhunderten zu den inten- sivsten Büffelzüchtern Europas (A. SzENTEIRÀLYI, 1888 p. 296 und Archiv des Ver. für Siebenbiirg.-Landeskunde XX. 1886). Es ist bezeichnend, daß sich neben Brassö-Kronstadt in Ungarn 4 Gemeinden befinden, in welchen die Zahl der Büffel jene der Kühe übertrifft. — Gesner (Mitte des XVI. Jahrh.) widmet der genauen Be- schreibung des Büffels mehrere Seiten. Indessen waren es nicht diese naturhistorischen Bücher, sondern die Bibel selbst, — mithin das im XV. u. XVI. Jahr- hundert noch immer gelesenste Werk — die die Kenntnis des Büffels am wirksamsten verbreitete, indem dieser Name dort wiederholt eine Rolle spielt (Lurnersche Übersetzung V. Mosis 14, 5 : pùffel). Dieser einzige Umstand wäre schon hinreichend, um die Identifizierung: „Meerochse = Büffel“ vollkommen zu wider- legen. Wir haben aber einen noch mächterigen, einen wahrhaftig souveränen Gegenbeweis, der keinen Widerspruch duldet. Und das ist das Vorkommen des Wortes Büffel in deutschen Sprich- 1) Buflaria = Büffelplatz p. 127; Toro Bufali Büffelhügel p. 111; Casale Buba- lorum oder „de Buflis‘ = Büffelhof p. 37, 60, 63, 111, 233 — dann Bufalis (Büffel- ort) p. 205. — Beinamen: BaLpuinus BuBaLus p. 65, 68 u. 94 etc. HENRICUS BUBALUS p. 76, 84, 86, 96, 159, 180 usw. HENRI LE BUFLE p. 79. Guipo BurALus p. 379. Jon. BurLe p. 72. FırLıppE LE BUFLE p. 357. GODARDUS DE BUFLES p. 65, 69. Boamunpus BUFLUS p. 142 und noch andere. sso Szalay, Der Meerochs. 103 wortern und Redensarten — und zwar im Jahrhunderte des Treßlerbuches! In das Reich der Sprichwörter können nur die dem Volke wohlbekannten Tiere Eingang finden, und wenn das deutsche Volk schon im letzten Viertei des Mittelalters unter einem „Büffel“ einen schwer, ungeschickt und faul arbeitenden Menschen versteht, so muß diesem Vergleiche eine allgemein verbreitete Kenntnis des fraglichen Tieres zugrunde liegen, denn sonst hätte doch der Vergleich keinen Sinn: LuTHER sagt (V. 4o1): „eine büffelerbeit“. Hans Sachs (1494— 1570): „wil ie ein Büffel bleiben“ (I 537). Andere uralte Sprüchwörter: Er hat eine Büffelhaut. Ein rechter Büffel. Wenn’s der Büffel satt hat, legt er sich auf die Erde. Wenn der Büffel ziehen soll, bekommt er einen Ring in die Nase. Der Büffel ist ein großes Tier, und kann doch keinen Fuchs fangen. — Alle auch im holländischen bekannt (Große Verbreitung!) — | Das Wort büffeln, püflen wird im X VI. Jahrhundert oft er- wähnt (Mathesius Bergpred. 1562; Junii Nomenclator 1571, Seb. Franck: „Büffelarbeit“, usw. — Siehe Fro. KLuce. Etym. Wörtb. Gl, GEM. Soi) 1900.77). | Das „Deutsche Sprichwörter-Lexikon“ (Wander 1867! p. 504) kennt noch diesen Spruch: „Wer nicht büffelt, wird gerüffelt“. Selbstverständlich fehlen diese auch in der italienischen Sprache nicht, z. B.: Si lascia menare per il nasö come un buffelö; so heißt auch der schwerfällige, unbeholfene Junge etc. Die Abänderung der in Sprichwörtern eingebürgerten Tier- namen ist einfach undenkbar. Wir wissen aus der Geschichte des deutschen Biffels!), daß, dieses Tier nie, in keiner Zeit, in Deutschland wirklich heimisch war. Es wurden nur vereinzelte Zucht- Versuche in gewissen Gemeinden veranstaltet, von welchen aber die Gesamtheit des deutschen Volkes gar keine Kenntnis nahm. Die erwähnten Sprichwörter beweisen aber außer jedem Zweifel, daß das deutsche Volk schon vor dem XV. Jahrhundert, ja schon vor dem XIII. (Arzerrus Macnus) unbedingt und zwar aus tausendfacher Autopsie den Büffel und seine Natur sehr gut kennen musste. Und so frägt man sich wohl überrascht: !) Siehe des Verfassers „Geschichte des Büffels“. 104 Szalay, Der Meerochs, Wo liegt denn die Quelle dieser Sprichwörter? — Diese Quelle habe ich aber schon in der italienischen Herrschaft der Hohenstaufen angedeutet, wenn wir nicht richtiger bis zu den Zeiten AcıLurrs zurückgreifen wollen. Noch eine Bemerkung: Wer die Beschreibung des oben erwähnten Tieres in den zoologischen Werken des XIII. Jahr- hunderts liest (ALBERTUs, dann THomas von Cantimpré und Marr- LANT, beide Hollander, wird in diesen alle charakteristischen Züge des Sprichwortbüffels auffinden (Ring in der Nase; bei großer Last wirft er sich auf die Erde; große Kraft und dabei Unbeholfenheit etc.) die also damals schon weit und breit bekannt waren und infolgedessen schonim XIII. Jahrhundert oder noch vorher eine Veranlassung zur Bildung obiger Sprich- worter gegeben haben. Im XIII. Jahrhundert kannte das niederländische Volk im entferntesten Winkel der deutschen Gebiete den Namen Büffel gerade so gut, wie die deutschen Nachbarn Italiens. MAERLANT heißt das Haustier bufel (1268; Verwys I. 40), den wilden Ochsen buffel (I. 162) : Wieder ein Beweis, daß dieser Name damals (1268) schon uralt sein musste. B. Der Meerochs muß unbedingt ein außereuropäisches Tier darstellen, — somit kann damit nicht der Büffel gemeint sein, dessen italienische Heimat allgemein bekannt war. (Die Erwähnungen siehe im Werke: „Der Bubaius). — Im XVIII Jahrhundert fand sich sogar ein Autor (Carranı, s. Burron, Sup- plement a l’Historie Nat. Paris 1776. VI. 53), der den Büffel als ein uritalisches Vieh, ja sogar als eine in Italien entstandene Ochsen- art schilderte. Dies beweist zur Genüge, daß der buffalo als ein par ex- cellence italienisches Tier betrachtet wurde — und so paßt auf ihn der Name: Morgenländischer Ochse — gar nicht. — Auch dann nicht, wenn man z. B. annehmen würde, daß Büffel aus Rom !) Es ist sehr zu bedauern, daß sogar die Verfasser der bedeutendsten deutschen: sprachgeschichtlichen Lexikas ihr Augenmerk nicht auf die ältesten bekannten Er- wähnungen von wichtigen Substantivas (z. B. Tiernamen) oder von selteneren Adjek- tivas etc. richteten, und diese nicht eigens hervorheben, so wie dies in den betreffen- den Werken anderer Sprachen (z. B. in der ungarischen) schon durchgeführt ist, denn hierdurch verlieren wir die Basis für zahlreiche wissenschaftliche und besonders kultur- historische Untersuchungen. KıucEs Wörterbuch enthält auch nur einige Versuche: auf diesem Gebiet. Szalay, Der Meerochs. 105 mittelst Schiffen nach Preußen gebracht wurden und man diesen Trans- port zur teilweisen Rechtfertigung des Namens Meerochse heran- ziehen wollte. — Hierauflautet unsere Bemerkung: Im XVII, XVII. und XIX. Jahrhundert war es eine gewöhnliche erscheinung, daB man aus Ungarn Büffel nach Osterreich und Deutschland zum Zwecke des Fleischgewinnes hinübertrieb, aus welchem Grunde es den Hochmeistern leicht gewesen wäre, sich aus Ungarn Büffel zu verschaffen, wenn sie sich für diese Tiere interessiert hätten. Laut dem Treßlerbuche standen sowohl Coxrap (1393 — 1407) als Urricx JUNGINGEN zu dem ungarischen König Sıcıs- MUND in dem freundschaftlichsten Verhältnis. Es wurden gegen- seitig wiederholt Geschenke ausgetauscht. Der Hochmeister sandte dem Konig ein prachtvolles Gemälde, ein anderes Mal schöne Wisenthörner!) wofür sich Stcismunp mit einer Riesenfuhre ungarischen Weines und Hausen revanchierte, zu deren Beför- derung 2ı Pferde angespannt wurden. Die Arbeit der letzteren hätten aber 6 Büffel gerade so gut verrichten können — der Hochmeister hätte seinem Freunde nur einen diesbezüglichen Wunsch bekannt zu geben gebraucht. Es ist ferner gar kein Beispiel bekannt, daß ein als süd- europäisch allgemein bekanntes Tier, den Beinamen „Meer-“ in unseren spezifischem Sinne erhalten hätte und somit ist die obige, sowieso sehr forcierte Annahme gänzlich hinfällig. — Ich habe schon oben bemerkt, daß die mit Meer zusammen- gesetzten Namen immer nur Tieren von ganz unbekannter oder bekannt außereuropäischer Herkunft verliehen wurden. C. Ich lege nicht viel Gewicht darauf, erwähne aber dennoch, dafò die Meerochsen durch die Sage schon mit der Geschichte THEODORICHS DES Grossen in Verbindung gebracht werden und zwar in Rom. Dietrich von Bern regierte in Italien von 490 bis 526 — hingegen ist es allbekannt, daf die Buffel erst 595 nach Italien gebracht wurden (Paulus diaconus IV. 10. (11), infolgedessen. kann schon wegen diesen Umstandes eine Indentifizierung nicht stattfinden. Freilich haben Sagenbeweise nur einen beschrankten wissenschaftlichen Wert. — Wer aus den Meerochsen unbedingt einen Büffel machen will, könnte ja einen Advokatenkniff an- 1) Tresslerbuch p. 467, TREICHEL p. 68, ferner NEHRING, im Globus 1898, 44;: Vorer 1830 und 1835 p. 273, 320. 106 Szalay, Der Meerochs. wenden: ,Die Ostgoten verstanden unter dem Meerochsen noch den Büffel, weil derselbe damals noch ein außereuropäisches Tier war — und nur später fand eine Namensübertragung auf den Zebu statt“. — Eine derart gehäufte Hypothese kann aber nicht ernst genommen werden. Was blieb noch tibrig? Nur der Zebu. Es ist kein ein- ziges Wort in den Erwahnungen des Meerochsen, welches auf den Zebu nicht vortrefflich passen wiirde, deshalb kònnen wir es mit Sicherheit aussprechen: Der Meerochs ist der heutige Zebu, weil er ‘einen Ochsen darstellt, der im Morgenlande einheimisch ist, als Zug- tier gebraucht wird und infolge seines interessanten Hòckers dem Stuhmer Wildparke eine Anziehungskraft zu verleihen imstande war. Der Name Meerochs scheint fiir dieses Tier wie geschaffen. — Daß die meisten der vorerwähnten Merkmale auch beim Büffel zutreffen, beweist nur, daß diese beiden Tiere viele ge- meinschaftliche Züge besitzen, weshalb sie wiederholt verwechselt wurden. THropor Simons beschreibt die Tierhetze in Rom unter Gorpranus I. (Aus uralten ròm. Zeiten). In diesem kampften unter anderen 100 Tauri Cypriaci (Capitolinus), d. i. Zebuochsen, die aber Simons irrig für Büffel erklärt. — Bock (Vers. e. w. Naturgesch. v. O.- u. W.-Preußen 1784. IV. 197— 199) verwechselt auf eine fast lächerliche Weise den Büffel mit dem Zebu und dem Wisent usw. — Eine weitere Frage ist folgende: Auf welche Art ist der Hochmeister zu allen Buckelochsen gelangt? — Die Antwort hierauf ist unschwer. Das Treßlerbuch und das Königsberger Archiv beweisen mit vielen Beispielen, daß die Hochmeister einen wahrhaftigen Geschenk-Export von seltenen Tieren nach den Richtungen Eu- ropas ausübten: Falken wurden versandt: Dem rom. Konig Cremens, dem österreichischen Herzog Wir®eLm dem württemberger Grafen, dem sächsischen Herzog, dem Erzbischof zu Köln und dem zu Mainz, Ure wurden vermittelt an den Herzog von Burgund, Wisenthörner dem ungarischen König u. a. m. — Als Gegenge- schenke erhielt der Hochmeister: Wisente vom polnischen König, Ure vom Comptur von Balga, weitere vier vom lithauischen Herzog, dann Hirsche und Eber von anderen Coryphaeen, ferner sogar = 32 — Szalay, Der Meerochs. 107 einen Löwen und aus Rom verschiedene feine Jagdgeräte (VoIGT 196. 199). Somit löst sich die Frage von selbst: Der Hochmeister er- hielt die Meerochsen gewiß von einem Freunde als Präsent und zwar fast sicher aus Italien, diese wurden hier eingeschifft und nach Balga transportiert. Wir wissen, daß der dortige Comptur die Tiere dem Hochmeister übermittelte. Wir können die Her- kunft der Tiere sogar noch näher präzisieren: Vieles spricht dafür, dass selbe gerade aus Rom stammen. Voıcr (p. 231) be- richtet, daß die Hochmeister in Rom einen beständigen ,Ordens- procurator“ hatten, der im eigenen Ordenshotel in Rom logierte. Dieser musste die Zebus vermitteln. In Italien war es im Mittel- alter Mode, Leoparden, Löwen und andere außereuropäische Tiere in den Palästen zu halten; die berühmten Löwen der Stadt Venedig waren damals lebendige Tiere. So wurden auch sicher wiederholt Buckelochsen aus den benachbarten Teilen Kleinasiens etc. durch Handelsschiffe importiert, die wegen ihrer eigentüm- lichen Höcker Interesse erregten und zwar schon in den Zeiten des DIETRICH von BERN. — Ich hatte sogar das Glück, einen Beleg zu finden, wonach gerade im XV. Jahrhundert Zebus nach Italien gebracht wurden. Diese ließ Lorenzo Mepici für seinen Tier- garten aus Indien holen. Sie waren schwarz gefleckt (niemand wird sie also für Büffel halten können). Der Dichter ANGELO PoLiziano besang selbe: „Atque aliud nigris missum quis credat! ab Indis Ruminat insuetas armentum discolor herbas.“ (Davelouis 453). — Der Ordensprocurator benützte mithin einmal eine ähnliche Geiegenheit seinen tierliebenden Herren mit diesen Tieren eine Freude zu bereiten. So kamen selbe in das Treßlerbuch. — Es bleibt uns noch die Erörterung eines strittigen Punktes übrig: Wie wir sahen, taucht der Meerochse, der Zebu gerade in .der Geschichte der Kreuzzüge in Palästina auf und dennoch behauptet Orto Keırer, ein um die Tiergeschichte sehr ver- dienstvoller Forscher, daß im XIII. Jahrhundert weder im Heiligen Lande, noch in Kleinasien Buckelochsen anzutreffen waren („Das Ausland“ 1859 p. 359). — Hiergegen bringt gerade KELLER eine Reihe von Belegen über das Vorkommen dieser Tiere im Alter- Zool. Annalen VI. 8 lan = 108 Szalay, Der Meerochs. tum und in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters in Kleinasien, auf den griechischen Inseln (Cyprus), in Palästina usw. vor. — Diese Tiere sollen dann unter den Kriegstumulten der griechischen Kaiser in Kleinasien ausgestorben sein, indem selbe dort nicht mehr erwähnt werden. — Freilich, Tauri Cypriaci und Zebu können sie um 1200 nicht heißen, sie sind aber, wie wir das bewiesen haben, unter dem Namen der Meerochsen angeführt und für die alte Tiergeographie um diesen Zeitpunkt in Kleinasien und Palästina zu verzeichnen. — HevcLın erwähnt (Reise, 1877. II. 132), daß er diese Tiere in der Nähe von mehreren Häfen des Roten Meeres angetroffen hat. — Daß unter den Tauri Cypriaci die Buckelochsen zu verstehen sind, dies behauptet direkt so auch keine alte Quelle. In Rom wußte ja aus den amphitheatralischen Hetzen ein Jeder, wie sie aussehen, weshalb es die Geschichtsschreiber für unnötig hielten, sie näher zu be- schreiben. Nur die Buckelochsen auf den alten Münzen der Insel Cyprus und andere Beweise bekräftigten die nachträgliche Diagnose. — Unsere Studien wäre lückenhaft, wenn wir das Wichtigste aus der Geschichte des Zebus nicht anführen sollten, um welche sich besonders Orto KeLLER große Verdienste erwarb. Werner trennt die Buckelochsen von den eigentlichen Taurinen und führt selbe unter den Bibovinen (Banteng, Gaur, Yak) auf. — Nach C. KeLLER soll der Zebu nichts weiter als ein domestizierter Banteng sein (Natg. Haus. 1905, p. 133). — Neurine teilt auch diese Ansicht (1886, 136). — Duersr reiht aber die Zebus zu den Ochsen. — Es ist bekannt, daß die eigentliche Heimat dieser Tiere, von welchen auch zweihöckerige existieren, Indien ist, wo selbe der- maßen verehrt werden, daß man z. B. wie Wirxezm sagt (1808 II. 205) „die indianischen Königinnen nicht mehr ehren zu können glaubt, als daß man ihnen die schmutzige Galanterie erweist, die Wände etc. ihres Zimmers mit Kuhmist zu bemalen“. — Das sind die „Götterkühe“ des Lippert (Kulturgesch.). — Man reitet auch auf diesen schnellen Tieren und in Afrika werden sie bei den Hottentotten zu Kampf-Stieren abgerichtet, die man im Kriege verwendet. In Indien ziehen sie die Kanonen. Die Zebus mischen sich nicht nur mit unserem Hausrinde er- folgreich, sondern auch mit dem Yak (Bull. zool. d’acclimat. Paris 1859 p. XXXV). Ihre erste Zähmung fällt in die prähistorische Zeit (Grorrroy: Bull. acclim. 1859, p. 4. 5.) — Szalay, Der Meerochs. 109 Grorrroy behauptet (e. d. p. 505), daß dieses Tier im Al- tertum einen engeren Verbreitungskreis gehabt hatte als heute, weil Heroporos, ARISTOTELES es nicht erwähnen. Dies ist aber doppelt falsch (siehe später) und Hann hat vollkommen Recht (Haustiere p. 83), wenn er das Gegenteil behauptet, indem damals die Spur des Zebus im Altertum überall in Kleinasien und sogar auf vielen griechischen Inseln auftaucht. Den Europäern ist dies Rind schon seit uralten Zeiten be- kannt. Taxrres, derindische König, schenkte 3000 solche Rinder ALr- XANDER DEM Grossen, die dann nach Mazedonien kamen. (KELLER C. Nat. Haust. 33). ARISTOTELES VIII. 28 und Prius (V Ill. 70) schreiben: In Syrien findet man Ochsen, die einen Höcker haben, wie das Kamel. — In Asien erwähnen sie die ältesten Quellen. In den Veden heißen die Zebus ushtra. Auch auf den assyrischen Denkmälern finden wir deren Zeichnungen. Surpas nennt sie Boùs xaunhirns d. i. Kamelochse. Bei ScaLicer findet sich der Name Bocameli (ArprovanpI 46), Auf dem Relief des ARCHE- Laos ist eine Opferszene dargestellt: Dem Andenken Homers wird ein Buckelochse geopfert. (KeLLER: Tiere des klass. Altert. — 1887, 66-70). — Im alten Agypten finden wir das Bildnis dieses Tieres oft auf den Denkmälern. Serres denkt dieses auch auf dem be- rühmten Palestriner Mosaik auffinden zu können (Frorieps Notizen HO ETES 27). Ketter C. (Abstammung, 1902, 153, 154) stellte fest, daß eine Zeichnung aus dem Negadah-Zeitalter (in Agypten), welche früher irrtümlich für einen Büffel gehalten wurde, den damals noch sehr banteng-ähnlichen Zebu veranschaulicht. — Sicher ist aber die Diagnose der sehr charakteristischen Fel- senzeichnungen bei Benihassan (Kınzrer: Bibl. Naturgesch. 1902, 43). Ebenso auf den Ruinen von Persepolis (MAGERSTEDT 15; Werner Rinderzucht 1902 p. 18), dann auf den assyrischen Skulp- turen (SCHRADER 1892, Sitz.-Ber. preuss. Ak., 581a). — Sehr ko- misch ist die kindliche Zeichnung desselben bei ALDROVANDI (p. 51). — In Smyrna wurden im Altertum Stiergefechte mit Zebus veranstaltet. (Stark: Nach dem griech. Orient p. 383). Hier waren diese Tiere der Aphrodite geweiht, deshalb wurden viele Zebuopfer abgehalten. Prius nennt selbe in Carien; VIII. 70. — ArELIANUS redet von den abyssinischen Ochsen (XVII, 45). CaprroLIimus erwähnt sie in Cypern (in Gordiano 3); Oprranus in 8* IIO Szalay, Der Meerochs. Phrygien (Cyneget. II. 90)!), — ebenso ArıstoTELes H. A. III. 9. — Prius in Syrien (VIII, 70) — siehe auch Vincentius BELLOVACENSIS (ibs XSVITRICapaizo) «| Als ProLomarus II. seinen berühmten Festzug abhielt, wurden in diesem auch Buckelochsen vorgefihrt?). Das Tier soll auch in Scythien vorgekommen sein (siehe: Dictionnaire des Sciences naturelles, Straßbourg, Verlag: Levrault, 1817. V. 33 unter dem Namen Boeuf de Scythie). — Dies finden wir auch bei Gesner. — O. Kerrer erwähnt folgendes?): „Auf den Münzen der indischen Sinhakönige sind Buckel- ochsen sichtbar, ebenso auf solchen vieler griechischer Kolonien in Kleinasien, Syrien, so der Stadt Smyrna, Hierapolis usw. — BARTHOLOMAEUS ANGLICUS sagt (1260): „In Syria vero boves non habent palearia sub gutture, sed gibbos in dorso” (Lib. 18. Cap. 12). — (aus Puintus VIII. 70.). — Marco Porô, der größte Forschungsreisende des XIII. Jahr- hunderts, gedenkt ihrer in Persien. — Unter den neueren Schriftstellern befasst sich eingehender mit diesem Tiere Burron, ferner WAGNER (SCHREBER- WAGNER, die Säugetiere in Abbild. Erlangen 1838. V. Th. II. Bnd. p. 1634), aber schon Beton und Prosper Arpnus beschreibt dasselbe. HeucLin fand den Zebu vor 50 Jahren in ganz Nordafrika verbreitet (Egypten, Nu- bien, Abessinien, Sudan) und bemerkt, daß dies schon seit ur- alten Zeiten der Fall ist. — Die eigentliche Heimat, auch die der afrikanischen Herden, ist aber, wie schon erwahnt wurde, Indien. (Sitz. Ber. d. Ke Akad. cd. Wiss Wien, Math CIM LIV. B. 1867, 609.) — Das Wort „Zebu“ soll aber dort ganz un- bekannt sein (Yule) und soll dies überhaupt nur ein Phantasie- produkt darstellen, welches Burron gelegentlich bei einer Menagerie in Frankreich gehört und in seine Naturgeschichte einverleibt hatte. (Haun 83). Der Buckelochse wurde auch nach Japan eingeführt, wo — freilich früher — die Regierung den Urin und Mist dieser „heiligen Tiere‘ dem Volke als Arznei verkaufte. (KELLER C. 1902. 154), — Der Los ındıcus erregte schon seit alten Zeiten die Neu- 1) Siehe auch bei MAGERSTEDT I. 15. *) Hololeukoi boes indikoi, aithiopikoi etc.: Athenaeus V. 196a—203b. — Siehe auch HomwmeL: Physiologus 1877. Leipzig p. XXXII. 3) Der Buckelochse der alten Schriftsteller: Das Ausland 1859. Stuttgart. p. 358. NE Szalay, Der Meerochs. 111 gierde der Europäer, deshalb wurde er seit einigen hundert Jahren mit Vorliebe auch in die europäischen Tiergärten verpflanzt: FrienricH, König von Württemberg, hatte 1814 in seiner Me- nagerie acht Zebuochsen (STRICKER 29), die im Jahre 1817 in den Besitz des Großherzogs von Baden übergingen (Ruerr, 1875, 98. 99.) — In der Pariser „Menagerie du Museum“ kamen zwischen 1830— 1858 vier Kälber zur Welt, so daß von hier aus 3 Stück an den Zoo- logischen Garten in Marseille abgelassen werden konnten (Bull. zool. accl. Paris, 1857, 253, 540). — Die Pariser Zebus erwähnt PAGENSTECHER im Jahre 1867 (Zool.-Gart. p. 283), STRICKER im Jahre 1880 (p. 38). — Im „Zoologischen Garten‘ wird auch über solche aus Frankfurt (1859. 15), ebenso 1875. p. 268, dann aus Dresden (1863. 65) aus Köln (1863. 68) berichtet. Im Budapester Tier- garten befinden sich jetzt mehrere schöne Exemplare, sowie in den meisten Gärten Europas; sogar in Cincinnati (U. S. Amerika) im neu errichteten Zool. Garten befanden sich 1875 einige (Zool. GRIS 402): Nach England wurden sie am Ende des 18. Jahrhunderts massenhaft importiert, wo sie in den großen Parks gehalten wurden. (Lacepèpe, La ménagerie, 1801.) — Somit ist es nur natürlich, wenn der Hochmeister des Deutschen Ordens die Meerochsen gerne in seinem Wildparke sah, und wenn er diese in Nordeuropa noch nie gesehenen Tiere mit Stolz durch seine Gäste bewundern ließ. Ich glaube im obigen bewiesen zu haben, daß ı. in Preußen, im Stuhmer Wildparke im Jahre 1407 bei- läufig 8 Zebuochsen gehalten wurden, 2. der urdeutsche Name des Zebu ,,Meerochs‘ ist. — Wir hoffen, daß die Naturgeschichte diesen Namen wieder in seine früheren Rechten — mit dem Verdrängen des fremden, sogar frag- würdigen Zebus und des neudeutschen und zweideutigen Namens „Buckelochse‘!) rückversetzen wird?) — !) Früher verstand man nämlich unter „Buckelochsen“ die Wisente. 2) Die ausführlichen Titel der hier erwähnten Quellen siehe in meinem Werke: „Die Literatur des Wisent“. (noch ungedruckt, so wie auch ein Teil des früher Erwähnten. NN, i Das Tierbuch des Petrus Candidus geschrieben 1460, gemalt im 16. Iahrhundert. (Codex Vaticanus Urb. lat. 276.) Zum erstenmal behandelt von Dr. Seb. Killermann-Regensburg. Mit 16 Abbildungen auf 8 Tafeln. I. Kapitel. Das Tierbuch im allgemeinen. In der an Kostbarkeiten so überaus reichen vatikanischen Bibliothek befindet sich ein illustrierter Kodex, der die Tierwelt in Wort und Bild behandelt und aus der Hand des berühmten Humanisten Perrus Canpipus (Piercandido Decembrio) vom Jahre 1460 stammt. Keines der neueren Werke über Geschichte der Zoologie (z. B. J. Vıcror Carus) führt den Namen Perrrus CAnpipus an und auch dem die ganze Literatur beherrschenden Enzyklopädisten KonrAD GESNER ist er entgangen. Obwohl ich schon seit geraumer Zeit mich mit der Erfor- schung der mittelalterlichen Naturgeschichte beschäftige, habe ich erst Ostern vorigen Jahres (1913) bei meinem römischen Auf- enthalte Kenntnis von diesem unbekannten Zoologen des Mittel- ‘ alters gewonnen und gefunden, daß er ein besonderes Interesse zu beanspruchen hat, zumal er in die an naturgeschichtlichen Werken so arme Zeit zwischen ALBERTUS und GESNER fällt. 114 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Das Buch gehört zu den Cimelien der Bibliothek, ist ein „codex primae classis® nach dem Ausdruck des Präfekten der- selben H. H.P. Eure S. J.!) und befindet sich für gewöhnlich in einer der Vitrinen des Prunksaales. Der Kodex hat die Nummer Urb. lat. (Urbinates latini) Nr. 276. Er weist ca. 232 Pergament- blätter auf in Großquart (265 X 191 mm) und zeigt auf dem ersten Blatt (fol. 1) eine schöne Initiale und den Titel: P. Candidi de omnium animalium naturis atque formis nec non rebus memoria et annotatione dignis ad illustrissimum principem D. Ludovicum Gonzagam, Mantuae Marchionem. Die Initiale stellt auf blauem Grunde zwei Engel dar, die einen Adler halten — das Wappen der Gonzaga. Unterzeichnet ist das Buch fol. 231% mit dem Satze: Finiunt libri V de animantium naturis ac rebus memoria et annotatione dignis. Editi a Candido feliciter D. L. 1460. Damit und auch aus dem Charakter der Handschrift ergibt sich der Kodex als ein Werk des 15. Jahrhunderts. Die fünf Bücher, in welche der Kodex eingeteilt ist, handeln von den Vierfüßlern, den Vögeln, den Meerungetümen und Fischen, den Schlangen und Würmern, endlich von einigen Merkwiirdig- keiten. Meist wird ein allgemeiner Teil verausgeschickt, bevor die Tiere im einzelnen behandelt werden, und wird auch ihre Zahl angegeben. Die Uberschriften der fünf Bücher lauten: I. Nomina animalium terrestrium et quadrupedum (fol. 5)... Animantia quadripeda centum sex. II. De volucrum naturis et formis (fol. 62) . . . de avium no- minibus . . . et virtutibus (f. 66). Aves numero CXVI. III. De beluarum maritimarum et piscium omnium naturis et formis (fol. 121) . . . Pisces maris et fluminum CII (fol. 125%). IV. De serpentum et vermium natura (f. 160). Sequuntur ser- pentium nomina (f. 165. Nomina vermium LI (f. 172). Sequitur tractatus de vermibus ex ordine (f. 184). V. De rebus memoria et annotatione dignis (f. 204). Der letzte Abschnitt, der mehr geographischen Inhalt be- sitzt, hat fir uns keine Bedeutung; er scheint mir auch sonst — ich habe ihn nur flüchtig durchgesehen — von keinem besonderen 1) Ich gestatte mir an dieser Stelle der Verwaltung der vatikanischen Bibliothek meinen ergebensten Dank auszusprechen. Nicht geringer Dank gebührt auch Sr. Exzellenz, dem Bischof von Regensburg, Dr. AnTONIUS von HENLE, für die Erwirkung der Erlaubnis, den seltenen Kodex in die Hand zu bekommen. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 115 Interesse zu sein. Wir beschränken uns demnach auf die ersten vier Bücher, die zudem illustriert sind. Am unteren Rande jeder Pergamentseite ist ein verhältnis- mäßig (65 mm) breiter Raum frei gelassen, der mit schönen, meist künstlerischen Tierbildern!) geschmückt ist. Der Katalog der vatikanischen Bibliothek?) erklärt (p. 571) über unseren Kodex: hae bestiae pluribus manibus peritissimis fere omnibus pictae sunt Saec. XVI. Die Tierbilder kommen, um das gleich hier zu betonen, nicht von PETRUS Canpipus, sondern sind erst später in sein Werk eingefügt worden und zwar im Laufe des 16. Jahr- hunderts. Beweis dafür sind abgesehen von der Malweise einige amerikanische Tiergestalten, die in diesem Werke sofort in die Augen fallen wie der Truthahn, das Gürteltier usw. Immerhin sind aber die Bilder, da sie oft naturgetreu und künstlerisch aus- geführt sind, aller Beachtung wert; sie geben auch die Auf- fassung wieder, die man damals über die Natur und Art der im Mittelalter besprochenen Tiere hatte, und können so das Ver- ständnis der alten Tierkunde, das in manchen Punkten mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, wesentlich fördern. Da fast jedes Kapitel ein Bild (manchmal auch mehrere) als Beigabe be- sitzt, so ist die Zahl der dargestellten Tiere eine ziemlich große, ca. 460, und da die Tierwelt in allen ihren Klassen, auch den niederen, behandelt wird, so stellt der Kodex in gewissem Sinne ein vollständigeres Werk dar als GesneRs Tierbücher sind, die sich hauptsächlich mit den höheren Typen beschäftigen. Ich bringe in der folgenden Übersicht die Tiere, welche bei P. Canpipus genannt und abgebildet werden. Die beigegebenen Folioseiten beziehen sich durchweg auf die Abbildungen. Es ist der jetzige Name des Tieres angegeben, soweit er bestimmt wer- den konnte, ferner auch bemerkt, ob das Bild gut oder schlecht ist. Durch fetten Druck sind hier gleich jene Tiere hervorge- hoben, welche bei P. CanpIDUS mutmaßlich zuerst beschrieben oder abgebildet werden. 1) Sie haben auch das besondere Gefallen des Kaisers Wilhelm II. gefunden, dem gelegentlich eines Besuches des Papstes Leo XII. auch das Werk des P. Caxprpus zur Einsicht vorgelegt wurde (laut mündl. Mitteilung von P. EHRLE). *) Bibliothecae Apostolicae Vaticanae Codices manuscr. Urbinates latini descr. Cosimus Stornajolo. Romae 1902. Tom. I p. 252—253. Appendix p. 565—571- 116 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Lib. I Animantia quadripeda. Namen bei D Cana Folioseite Art des Tieres Darstellung Aper sylvestris 7 Wildschwein (Sus scrofa) sehr gut » domesticus 8 Hausschwein (Sus domesticus) Di Asinus 8V Esel (Equus asınus) È Anabula 9 Giraffe (Camelopardalıs) ? Alces 9‘ Elch (Cervus alces) sehr gut Ahane 9 Maulesel (Equus hinnus) Ana 10 Wolf (Canzs lupus) ? Bubalus 10 Büffel (Gos bubalus) sehr gut Bonachus 10% Banteng (Dos sondaicus) ? Camellus 10 Kamel (Camelus dromedarius) gut a IT Zweihöckeriges Kamel (€. bactrianus) 5 Canis 12 Verschiedene Hunderassen (Canis familarıs) sehr gut Castor 13 0 Biber (Cast ben) gut Chama 14 Hyäne (Zyaena spec.) Calopus 14° Hirschziegenantilope (Antilope cervicapra) gut Camellopardalis 14V Giraffe (Camelopardals giraffa) schlecht Capra 15 Ziege (Capra hircus) gut Capra sylvestris 16 Gemse (Azélope rupicapra) schlecht Cefusa 16 Orang-Utan (Pithecus) ? Cervus ı6Y Hindin (Cervus elaphus Q) „eumcornibus 17. Hirsch‘ 5, ULI Cyrogrillus 19% Marderähnlich (Mustela) È Cuniculus 19 Zwei Kaninchen, weiss u. schwarz (Cuniculus) Crocota 19 Schakal (Canzs aureus) Crichetus 19 Hamster oder Meerschweinchen ? Cathapleba 19% Schwarzes hornloses Rind ? Dama, Demma 20 Zwei Damhirsche (Cervus dama) gut Duran 20 Giirteltier, Tatu (Dasypus sexcinctus) sehr gut Daxus 20Y Dachs (Meles taxus) Elephas | 21 Elefant (Elephas indicus) gut 22 „ u. Riesenschlange im Kampfe 23 „ bei der Arbeit Namen bei P. CANDIDUS Elephas Equus Equicervus Eale Enchires Enitra Erinacius Erminius Falena Furunculus Furion Feles Finge Glis Gali Genetha Guesselis Hiena Ibices Ibrida Istrix Leo Leaena Leopardus Lamia - Lazani Lynx Lycaon Lupus Lyciscus Leucocrota Leontophora S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 117 Folioseite Art des Tieres Darstellung 24 Afrik. Elefant (Zlephas africanus) gut 25’ Verschiedene Pferderassen sehr gut (Equus caballus) 26 Hirsch oder Renntier? ? 26Y Phantastisch; schwarzes Pferd mit Hörnern 26Y Ur (Bos primigenius) ? 27 Murmeltier @ und 9 (Arctomys marmota) gut 27% Igel (Zrinaceus vulgaris) sehr gut 28V Hermelin (Mustela erminea) 28 Wiesel (Mustela) 2 Frettchen (Putorzus furo) 2 Unbestimmbar 20” Katze (Felis domestica) 30 Hundsaffe (Cynocephalus spec.) 30 Siebenschlafer (Myoxıs os) 30V Iltis (Mustela putorius) fängt eine Kreuzotter 30% Ziebethkatze (Viverra genetta) 31 Haselmaus (Muscardınus avella- ° narius 31 Hyäne f//yaena spec.) 31V Steinbock (Capra 10ex) schlecht 3ıY Wildschwein (Sus scrofa) 2 Stachelschwein (Zysirix crislata) 32% Löwe (felis leo gi) 33 12. Po wm A) schlecht 34‘ Leopard (Fels pardus) 35 Jungrind ? 35” Wildhund (Canzs spec.) ? 35% Luchs (Fels lynx) 35% Hyänenhund (Canzs pictus) 36 Wolf (Camıs lupus) sehr gut 38 Bastard zwischen Wolf und Hund, Schäferhund 38 Phantastisch 38" Mausartig ? 118 Namen bei P. CANDIDUS acta Lepus Luter Locusta Mullus Molossus Monoceros Mircomoron Manticora Musquelibet Mamonetus Migale Murilegus Mustela Mus Neomon Onager Onocentaurus Oraphlus Orix Ovis Pardus ‘ Panthera Parander Pegasus Pilosus Papiones Panthio Putorius Pirolus S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Folioseite Art des Tieres 38% Marderartig 38% Hase (Lepus timidus) 39‘ Fischotter (Lutra vulgaris) 40 Grüne Heuschrecke (Locusta viridissima) 40% Maultier (Equus mulus) ? 4i Molosserhund (Canzs niger molossus) 41 A.Dùrers Rhinoceros gescheckt. Einhorn als Pferd mit einem Narwalzahn auf der Stirne 41Y Löwe mit Skorpionschwanz 42 ebenso phantastisch ı2 Moschustier (JZoschus moschi- ferus) 42Ÿ Meerkatze (Cercopithecus spec.) 13 leuchs AS) 43 Weisse Katze (Felis domestica) 43V Steinmarder (Mustela foina) 44 Hausmaus (Mus musculus) 45 Fuchs (Canzs vulpes) fängt eine Schlange 45” Esel mit Rhinoceroshorn 46 Centaurenpaar 46Y Giraffe (Camelopardalıs giraffa) 40% Ziege mit einem Horn 47 Schaf (Ovzs arzes) 49” Panther schwarz (Fels pardus v. melas) 50 Panther (/eks pardus) 50Y Renntier (Rangrfer tarandus) 50Y Phantastisch 52% Satyr und este 51V Mandrill (Cynocephalus mormon) 51V Roter Hund (Camnzs spec.) 2 Wiesel {Mustela spec.) 52 Eichhörnchen (Sczurus vulgaris) auf einem Flosse dahintreibend Darstellung ? sehr gut gut schlecht gut S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 119 Namen bei Be us Folioseite Art des Tieres Darstellung Simia Daten echec) Tigris Coi gr Raus nie) Taurus 54 Rind (Los taurus) gut Pndicus 56 99 99 » Tranes 56Y Kaninchenartiges rotbraunes Tier Tragelaphus 56Y Hirsch (Cervus elaphus) Troglodytes 57 Ochs, die Hörner nach unten ge- bogen (Los taurus var.) Talpa 57 Maulwurf (Za/fa europaea) sehr gut Tongillus 57‘ Klippschliefer (Zyrax syriacus) ? Ursus 58 Braunbar (Ursus arctos) gut Vesontes 59 Wisent (Bıson europaeus) Vulpes . 60 Fuchs (Cars vulpes) gut Uris 60 Wisent (Drson europaeus) Varius 61 Silbergraues Eichhörnchen (Sciurus vulgaris varius) Zybrones 61Y Ur (Bos primigentus) Zibo 62 Wolf (Cars lupus) ? Zebelinus 62 Zobel (Mustela zibellina). Lib. II Aves. Aquila 68 Steinadler (Aguila chrysaetos) gut Aquila septentrionalis 68V Seeadler (//alzaetus albicilla) ? Ardea 68Y Grauer Reiher (Ardea cınerea) sehr schön Ardeola 69 Reiher wie vorhin Anseres 69Y Graue Gans (Awser spec.) 70 Weisse Gans (Azser) Anas 70’ Wildente (Anas boschas) sehr schön Accipiter 71 Habicht (Astur palumbarius) 71% Habicht und Sperber Astur 2 Habicht (Astur palumbarius) Araz (Aram) 72V. Raubvogel unbestimmbar Achantis 73 Zeisig (Fringilla spinus) A salon 73 Merlinfalk (Falco aesalon L.) Alauda 73‘ Lerche (Alauda arvensis) Alcyones 73” Eisvogel (Alcedo ispida L.) 74 sd oder Mandelkrähe ? 120 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Namen bei Folioseite Art des Tieres ~ Darstellung P. CANDIDUS Aves paradisi 74” Paradiesvogel (Paradisea apoda) 74‘ Hisvogel (Alcedo 15p1da) gut Aeriophilon 75 Junger Habicht (Astur palum- barıus) gut Bubo 75" Uhu (Ludo maximus) gut Buteus 75% Bussard (Luteo vulgaris) Butorius 75% Rohrdommel (Ardea stellarıs) schlecht Bistarda 76 ‘Trappe (Ot) ? Barliates 76V Bernikelgans (Granta bernicla) ? Bonosas 77 . Haselhuhn (Donasa bonasia) ? Caladrius 77 Weisse Krähe (Corvus var. albus) Cynamolgos 77‘ Junger grauer Schwan ? Cygnus 77‘ Schwan (Cygnus spec.) Carista 78 Taube ins Feuer fliegend Ciconia 78Y Storch (Czconza alba) Choretes 79’ unbestimmbar Calandris 79‘ Kalanderlerche (Melanocorypha calandra) gut Corvus 80 Rabe (Corvus corax) Cornix SoV. Rabenkrahe (Corvus corone) Cornica Sr Gans ? Cuculus 81 Kuckuck (Cuculus canorus) Coredulus SZ Nera Columba 82 Taube (Columba livia) sehr gut Carchetes 83Y Kormoran (Phalacrocorax carbo) sehr gut Coturnix 84 Wachtel (Coturnix communis) Carduelis 84Y Distelfink (Zrıngılla carduels) sehr gut Crochilus 85 Zaunkònig (Zroglodytes parvulus) ae gut Diomedes 85 Albatross oder Schwan Dariata 85 Mauersegler (Cypselus apus) Egochilon 86 Adler unbestimmbar Egythus 86 Sperlingsvogel (Rosenstaar) ? Herodius 86 Geierfalke (falco gyrfalco L.) Phoenix 86V Fasan (Phasianus pictus) Falco 87 Turmfalke (/. #nnunculus) gt 88 Wanderfalke (/. peregrinus) ? 88V Baumfalke (ZT subbuteo) Fulica go” Wasserhuhn (Fulica atra) ea Namen bei P. CANDIDUS Facator Ferix Ficedula Griphes Gracocenderon Gosturdi Gavia Grues Glutis Gallus Gallina Indiae sive orix Gallina Gallus galli- naceus Gallus silvester Garrulus Graculus Ibis Ibor Incendula Isida Hirundo Kim Kacolax Komor Kiches Larus Lucidius Lucinia Linacos S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Folioseite Art des Tieres 90Ÿ Alpendohle (Pyrrhocorax pyr- rhocorax) gi Krahe gi Laubsänger oder Grasmücke giV Phantastisch 92 Rabe (Corvus) 92 Haubenlerche (Alauda cristata) 92 Weisse Möve (Larus argen- tatws Br.) g2V Kranich (Grus cinerea) einen Stein emporhebend 93% Gambett- Wasserläufer ( 7o/anus fotanus) 94 Hahn (Gallus domesticus) 94 Truthahn (Meleagris gallopavo) Männchen und Weibchen 95 Henne (Gallus domesticus 2) 97 Kapaun 97. Fasan (Phastanus colchicus) 98 Eichelhaher (Garrulus glan- darius) 98% Krähe (Corvus corone) 99 Waldrapp Gesners (Geronticus eremita) 99Ÿ Alkenart 100 Alpendohle (Pyrrhocorax) 100 Eisvogel (A/cedo 1spida) 100Y Schwalbe (Hrundo rustica) 102 Lammergeier (Gyfaétos bar- batus L.) 102 Kuckuck oder Taube 102% Löffelente (Spatula clypeata) 102V Elster (Pica caudata) 103 Möve (Larus spec.) 103 Hohitaube (Columba oenas) 103 Nachtigall (Phzlomela luscinia) 104 Seeadler (Haliaetos albicilla) = Darstellung sehr gut sehr schön sehr schön sehr schön sehr gut sehr schön schlecht schlecht ? sehr gut sehr gut 122 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Namen ‘bei DR Folioseite Art des Tieres Darstellung Lagopus 104Y Schneehuhn (Lagopus mutus) schlecht Milvus 104V Milan (Milvus regalıs) schlecht Magnales 105 Flamingo (Phoenicopterus roseus) Melancoriphus 105’ Gimpel (Pyrrhula pyrrhula) Morphex 105% Kormoran (Phalacrocorax carbo) Memnonides 106 Adlerartig, unbestimmbar Meance 106 Môvenart (Larus spec.) Meriliones 106V Merlinfalk (Falco aesalon) ? Merops 106 Bienenfresser (Merops apraster) schlecht Merula 100Y Amsel (Zurdus merula) sehr gut Monedula 107Y Dohle (Corvus monedula) Mergus 108 Sager (Mergus spec.) Nisus 108 Sperber (Nzsus communis) Nicticorax 108” Nachteule oder Ziegenmelker ? Nepa 109 Brachvogel( Numenzusarguatus) ? Onocratulus 109 Pelikan (Pelecanus onocratulus ) Othus 109” Ohreule (Ofus vulgaris) Osma 110 Pelikan mit aufgeblasenem Kehl- sack Oriolus 110 Pfingstvogel, Goldamsel (Zrrolus) schlecht Pellicanus 110V Adler, die Brust aufritzend Porphyrio 111 Porphyrhuhn ee hyacın- schlecht thinds ) Pavo 111V Pfau (Pavo cristatus) sehr schòn Perdix 112 Rebhuhn (Zerdıx cinerea) sehr gut Platea 113 Löffelreiher (Platalea leucorodia) Pluviales 113 Regenpfeifer (Charadrius plu- vıalıs) Pica 113V Elster (Pica caudata) Picus 114 Grtinspecht (Picus viridis) Passer solitarius 114Ÿ Blaumerle (Monticola cyanus) sehr schön auf einer Mauer sitzend Passer ı14V Sperling (Passer spec.) sehr gut Psyttacus 115V Halsbandsittich (Palaeornıs torquatus) Strutio 116 Strauss (Struthio camelus) Strix 117 Schleiereule (.S¢rzx flammea) Sturnus _ 117 Star (Sturnus vulgaris) S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Namen bei P. CANDIDUS Turtur Tragopiles Turdus Vespertilio Vanellus Ulula Vultur Upupa Zeleutides Lib. Abydes Ahune Beluae Bartora Crocodilus Caab Cricos Celethi Chilon Canis maris Caeruleum Draco maris Delphinus monstrum Delphinus nili Equus maris Equonilus Equus fluminis Exposita Elcus Foca Fastalcon Galalcha | Zool. Annalen VI. Folioseite Art des Tieres 117 Turteltaube (Z7urtur auritus) 118 Satyrhuhn (Ceratornis satyra) 118" Singdrossel (Zurdus musicus) 118V Fledermaus (Vespertlio spec.) 119 Kiebitz (Vanellus cristatus) 119V Käuzchen (A/hene noctua) ı19Y Geier (V2ltur spec.) 120V Wiedehopf ( Upupa epops) 121 Heuschreckenhabicht oder Darstellung sehr schön > gut -Bussard (Melerax; Butastur spec.) 126 Unbestimmbar 120 > 126V Zahnwale 227 Schildkröte (Chelone spec.) ay 128V aN! 129 120 129 120M Phantastisch, Seehund Krabbe unbestimmbar Unbestimmbar Kleiner Hundshai Delphin (Dephinus) . 120M Delphin (De/fhinus) Ebenso V Phantastisch Nilpferd (Zippopotamus) Ebenso V Phantastisch Mönchrobbe (‚Stenorhynchus albıventer) Seehund (Phoca vitulina) V Phantastisch < bl bi bi bi (ni bl bl Gi di Où W Ww Ww WwW D D ND HH | bl Unni Ai vi W Oo Go W Oo 29 III Pisces maris et fluminum. Krokodil (Crocodilus vulgaris) Petermännchen (Trachınus draco) schlecht gut gut 124 Namen bei P. CANDIDUS Glamanes Gladius Hippopotamus Koki Kilion Karabo Loligo Ludolacra Monoceros Maris homo Nereides Nautilus Orcha Perna Pister Platanista Pollypus Serra Surene Scincus Testudines Tynus Tortuca Triton Testeum Vacca maris Xiphius Zedrosi Zedrach Zetyron Argivenistarius Anguilla Alphora Folioseite S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Art des Tieres Darstellung 134 Delphin (Delphinus spec.) 134 Schwertfisch (Xzphias gladius) 134V Flußpferd wie oben 132 u. 132V 134V Fisch mit Krallen u. Zitzen (See- hund) 155 Unbestimmbarer Fisch Hummer oder Krebs Schildkréte unbestimmbar 136 Fliegender Fisch (Zxocoetus volitans ) Phantastisch 30) 4 137 N Papiernautilus (Argonaufa argo) gut 137” Kugelfisch ( Zetrodon) ? Muschel unbestimmbar Walfischart Delphinart Tintenfisch (Octopus vulgaris) gut Schwertfisch oder Sagefisch ? 139 Phantastisch 139” Skink (Scencus officinalis) ? 139” Griech. Landschildkröte ( 7estudo eraeca) -Tunfisch (Zhynnus thynnus) Lederschildkrôte (Dermochels coriacea) gut Meergott mit Tritonshorn Muschelart Phantastisch 141% Schwertfisch (Arphras gladıus) ? 141V Ziemlich phantastisch 141% Seepferdchen (Hrppocampus gut antıguorum) 142 Seehahn (77zgJa spec.) i 142V Kleiner blauer Fisch ? 142V Aal (Anguilla vulgaris) 143Y Kleiner Fisch, unbestimmbar Namen bei P. CANDIDUS Astarax Alec Albirez A gones Aries maris Aureum vellus Aurata Albarenon Accipenser Amius Aniger A phorus Australis Aranea Bothi Balbi Babylonici Cethus Cancer Claucius Conchae Carpera Capitatus Corvi Cocles Cephalus Dies Delphinus Dentrix Echinus Ezoz Ericius S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Folioseite TANI 144 144 144 144V 145 145 145 145% 145¥ 146 146 146 146V 1460 140V 147 147 148 149 149V 149% 150 150 150% TO Art des Tieres Hummer (/fomarus vulgaris) ? Dôbel, Alet (Zeuciscus cephalus) Birstling oder Hechtbarsch ? (Lucioperca) Laube (A/burnus spec.) Fisch mit Widderhörnern Goldwolle (Dyssıs) Orade, Goldstrich (Chrysophrys ? aurala) Haiart (Selache spec.) Stor (Acıpenser sturio) Bonite (Thynnus pelamys) Schnabelwal (Æ/yperoodon spec.) ? Häring (Clupea) ? Sichling (Pelecus cultratus) ? Spinnenkrabbe (.Stexorhynchus) Steinbutt (Rhombus maximus) gut Barbe (Larbus vulgaris) Seeskorpion oderGrundel(Godius) ? Delphin (Delphinus spec.) Krabbe, Taschenkrebs (Cancer pagurus) Forelle (Salmo farto) mit einer Angel im Maule Papier-Nautilus (Argonauto Argo) Karpfen (Cyprinus carpio) Phantastisch Meerrabe (Corvina nigra) Schnecke unbestimmbar Meeräsche (Mugi! cephalus) ? 150% Pfeilhecht (SAhyraena vulgaris) ? 151 151 IS 152 i Delphin (Delphinus) Scharfzähner (Pagellus centro- ? dontus ) Viereck- oder Bogenkrabbe B ( Telphusa) Schill (Zucroperca sandra) gut Seeigel (Echinus esculentus) gut gr 13 Or Darstellung schlecht 126 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. de Folioseite Art des Tieres Darstellung Fxochius 152V Fisch unbestimmbar (Grundel) ? Heraclides 152V Stachelflosser _,, Conger 153 seeaal (Conger conger) gut Gobio 153 Groppe, Koppe (Coétus gobo) gut Granus 153 Himmelsgucker (Uranoscopus gut scaber) Hirundo maris 153 Seeschwalbe (Zxocoetus) ? Kalaos 153V Stachelflosser unbestimmbar Kyloki 153” Seespinne (Maya squinado) Loligines 154 Kalmar (Loligo vulgaris) gut Locusta maris 154 Languste (Palinurus vulgaris) gut Lepusmarinus 154” Seehase (Aflysza depilans) 5 , Indiae Lucius 155 Hecht (sox lucius) Lixa 155” Barsch (Perca fluviatilis) ? Lamprida 156V Neunauge (Pefromyzon spec.) gut Murena 156 Muräne (Muraena helena) gut Mugilis 156V Meeräsche (Mugzl cephalus) gut Megaris 157 Stichling ? Margarita 157 Perlmuschel schlecht Multipes 158 Krake (Octopus) Murex 158 Kinkhorn (Luccmum) Mus marinus 158V Lederschildkröte (Dermochelys cortacea) gut Mullus 158V Seebarbe (/1/u//us spec.) Mullus alter 159 wie vorige Milago 159 Seeskorpion (Coftus scorpius) gut Ostrea 159 Auster ( Ostrea edulis) sehr gut Purpurea 159” Purpurmuschel Persis 159V Barsch (Perca) Pinna 160 Steckmuschel (77) Pungitivus 160 Stichling ( Gasterosteus aculeatus) gut Pectines 1607 Heilbutt (Zrppoglossus vulgaris) sehr gut Palumbus 160V Schweinshai (Galeus canis) gut Porcus 160Y Meereber (.Scorpaena porcus) Pavus 161 Papageifisch (Scarus cretensts) ? Pigus 161 Karpfenart: Frauennerfling È (Leuciscus pigus) S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 12 Namen bei uo ous Folioseite Art des Tieres Darstellung Pollypus 161 Krake (Octopus vulgaris) gut Rombus 161V Butt (Rhombus spec.) Ratte vel rais 161% Rochen (Aya spec.) Rana maris 162 Seeteufel (Zophrus piscatorius) ? Salmo 162 Salm (Salmo salar) Sturio 162V Stör (Acipenser sturio) Spongie 162V Schwammart (.Sforgza spec.) Scolopendra 163 Zwei Meerringelwürmer: Kéder- wurm (4 renzcola) Stella maris 163 Seestern (Echinaster spec.) Silurus 163 Wels (Szlurus glanıs) sehr gut Solaris 1637 Scholle (Solea vulgaris) gut Scatina 163" Meerengel (Rina squatina) Sepia 163” Sepia (Sepia officinalis) Scomber 164 Makrele (.Scomber scomber) Squilla 164 Garneelenart (Palaemon squilla) Sarda 164 Sardine (Clupea pilcardus) ? Scorpio maris 164‘ Seeskorpion (Coftus scorprus) ? Sparus 164° Brasse (Sfarus spec.) ? Scarus 164Y Unbestimmbar Scarda 165 Brachse (Adramıs brama) Talpa 165 Stockfisch (Gadus morrhua) gut Torpedo 165” Zitterrochen (Torpedo marmo- gut rata) Trebius 165V Störart: Sterlet ? Truta 166 Forelle (Salmo fario) Tymalus 166V Asche (Thymallus vulgaris) ? Teuca 166V Schleie (Ztrca tinca) gut Vulpes maris 167 Seefuchs (Alopecias vulpes) Vipera maris 167 Viperqueise (Zrachinus vipera) Venth 167 Finte (Alosa finta) ? Verginalis 167° Frauennerfling (Lezczscus virgo) ? Umblus 167% Saibling (Salmo salvelinus, umbla) Lib. IV Vermes. Aspis 172 Kreuzotter (Pelias berus) Amphisibena 172V Phantastisch Basiliscus NEN ie 128 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Namen bei DCs Filioseite Art des Tieres Darstellung Boa 173 Ringelnatter (Zroprdonotus natrix) Milch saugend Cornua serpentes 173V Hornviper (Cerastes cornutus) Cerasta aM i © 5 Cecula 174 Blindschleiche (Anguıs /ragilis) Centumpeda 174 Tausendfuf Chelidrus 174 Aspis ( Vipera aspis) ? Cenchris 174Y Unbestimmbar Chamaeleon 174Y Chamäleon (Chamaeleon vulgaris) gut Dypsas 175 Schlange eingerollt mit drei- ekigem Kopfe Draco 175 Dicke Schlange mit Kamm Dracontopedes 176 Graue Schlange mit Hörnern Emorois 176 Sandviper (Vipera ammodytes) sehr gut Jaculi 176 Ohne Bild Ipnapis 176V Aspisart Hydrus ı76Y Unbestimmbar Lacerta 170% Eidechse (Lacerta agılıs) Natrix 177 Natter mit pfeilförmiger Zunge Nadera 177 Vipernatter (Zroprdonotus vipe- rinus) ? Prester 177% Schwarze Kreuzotter (Pelas berus v. prester) gut Pharias 178 Uräusschlange (Naja hae) ? Rutela 178 Phantastisch Serpens maris 178” Hornhecht { Belone) Serpens aeneus 178Y Schlange Mosis Salamandra 179 Feuersalamander (Salamandra maculosa) gut Scalpiga 179Y Unbestimmbar Stellio 179” Steinsalamander { Geotriton 2 fuscus) Stellio serpens 179” Unbestimmbar Scaura 180 ph Sytala 180 Ringelechse (Amphisbaena) ? Syrena serpens 180 Phantastisch Scorpio 180V a S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 129 a Folioseite Art des Tieres Darstellung Seps 181 ‚Efa (Zchis) ? Serpens indicus 181 Phantastisch Tortuca 181V Schildkröte unbestimmbar Tarans 182 Tarantel (7arantula Apulae) Tysus 182 Äskulapschlange ? Tyrus 182V Phantastisch Tyliacus 183 È Vipera 183Y Kreuzotter (Pelias berus) gut De apium ingenio 185” Schlammfliegen (Zristalis tenax) 186 oder Bienen (Apzs mellifica) schlecht „ foetibus 187% Maden und Puppen der Biene 29 Aranea 190Ÿ Hausspinne { 7egenerza) Adlacta 191V Feldheuschrecke (Acrzdium) Buffones buffo cornutus ıgıY Kröten unbestimmbar bor2x 191Y Knoblauchkröte ? Blactes 192 Assel (Omiscus) Bombix 192% Schwärmerraupe Brucus 192V Blattwanze Bubrestis 192Y Gottesanbeterin (Mandtıs | religiosa) nicht gut Cicendula 193 Leuchtkäfer (Lampyris) schlecht Cynomia 193 Hundsfliege (.Stomoxys) ? Cynifes 193 Kriebelmücke ? Culices 193 Unbestimmbar Cantharis 193” Spanische Fliege (Lytta vesı- catorıa) Crabo 193” Holzwespe (.Szrex) Cymex 104 Bettwanze (Acanthza lectularia) sehr gut Cicada 194 Zikade (Czcada spec.) sehr gut Eruca 194% Raupe unbestimmbar Engulas 195 Milbe (spec. ?) gut Formices 195% Ameisen unbestimmbar Formicarum leo 196 Große Ameise raubt eine kleine 130 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Namen bei D. Canas Folioseite Art des Tieres Darstellung Formica Indiae 196 Phantastisches Insekt mit vier Beinen Limax 196V Schneckenart Locusta 196” Grünes Heupferd (Locusta vırı- dissima) Lanificus 197 Seidenraupe (Dombyx mort) auf Maulbeerblatt sehr gut Multipes 198 Kugelassel (Glomeris) und iy Tausendfuss (Fulus) Musca proterva 198 Fliege (Musca domestica) Musca Cypri 198Ÿ 5 Cie inspleuer Met Opimacus 198 Maulwurfsgrille (Gryllotalpa vulgaris) Papilio 198V Schmetterling (Vanessa spec.) Pulices 199 Floh (Plex 1rritans) sehr gut Pediculi 199 Laus (Pediculus capitis) sehr gut Rana communis 199” Grüner Frosch (Rana esculenta) Rubeta 200 Brauner Frosch mit Puhlern (Rana fusca) ? Rana parva 200” Laubfrosch (Zyla arborea) Rana oriens 200° i Stellae figura 201 Leuchtkäfer (Lzczola) Spoliatorcolubri 201 Unbestimmbar Seta 201V Wasserkalb (Gordius agualtıcus) Sanguisuga 201V Blutegel (Hırudo medicinals) gut Thamur 202 Schlange aus dem Ei kriechend Tapula 202 Wasserlaufer (//ydrometra) Testudo 202V Landschildkròte ( Zestudo graeca) Tinea 202V Mottenart (7zea spec.) Teredines 203 Kaferraupe oder Termite Tarinus 203 Speckkäferlarve (Dermestes lardarius) Uria 203 Wanze Vespa 203% Wespe (Vespa spec.) gut Vermis cheli- doniae 204 Schellkrautlaus (Aleurodes) ? Vermis e terra 204 Regenwurm (Zuwmbricus terre- séris) gut S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 131 Me Kapitel: Die Tiere des P. Candidus systematisch und historisch behandelt. I. Säugetiere, Abkürzungen: THomas Cant. = Thomas Cantipratensis Konrap v. M. = Konrad von Megenberg ALBERTUS: zitiert ist meist lib. XXII de animal. Affen (Pitheci). Die Tiere Cefusa (f. 16), Finge (f. 30), Mamometus (f. 427), Papiones (f. 51%), Pilosus (f. 51) und Simia (f. 52%) gehören auf Grund der Beschreibung und der Abbildungen zur Familie der TIBIA Cefusa, entstanden aus dem aristotelischen 77109, bei PLINIUS cephus, bei ALBERTUS (Nr. 28) verdorben confusa, ist begleitet mit dem Bilde eines ungeschwanzten rotbraunen Affen, in dem ich fast den Orangutan (Szmia satyrus L.) erkennen möchte; infolge der Entdeckung des Seeweges nach Indien kònnte von diesem Affen bereits im Laufe des 16. Jahrhunderts Kunde nach Europa gebracht worden sein. GESNERS weitschweifige Aus- führungen (lib. I, p. 969 ff.) bringen allerdings über den Orangutan noch nichts Sicheres. STEIER (Tierformen S. 7) denkt beim cephus des Prinius an den Gorilla; der des ARISTOTELES dürfte, wie AUBERT- WIMMER meinen, eher eine Meerkatze sein. P. Canpipus weiß von dem Cefusa-Affen nur, was Prmivs, SoLinus und ALBERTUS erzählen, daß er zu Rom unter Augustus (caesaris tempore) gezeigt wurde. . Finge, so auch bei ALBERTUS (Nr. 46), besser sphingae wie bei Prinıus, Istpor (XII, 2, 32) und GESNER geheißen, erinnert mit dem langen Schwanz an eine Hundsaffenart (Cynocephalus spec)» Nach ©) Kerrer, (I Bd. S.. 10) verstanden die Alten unter den Sphinxen die schönen westafrikanischen Nonnenaffen. Mamometus scheint ein von ALBERTUS (Nr. 70) eingeführter Name zu sein und geht, wie unser Maler meint, auf eine Meer- katze (Cercopithecus spec... — Unter den Papiones versteht P. Canpipus gleich Auserrus (Nr. 89) fuchsgroße Tiere, die bei Friedhöfen herumlungern und ein klägliches Geheul ausstoßen, 132 S Killermann, Tierbuch des P. Candidus. also Schakale oder Hyänen. Der Maler fafit jedoch die papiones (im Anschluß an GESNER lib. II appendix p. 14 und 15) als Affen auf und setzt das Grsnersche Bild vom Mandrill (Cynocephalus leucophaeus Wagn.) hin. Nach GEsnER wurde dieses scheußliche, von der Guineaküste gebrachte Tier 1551 erstmals in Augsburg unter groBem Zulauf des Volkes zur Schau gestellt (vgl. auch BreHM I. Bd. S. 194). Der Artikel Pilosus (f. 51) ist mit den Bildern eines Satyrs und Affen ausgestattet. P. Canpipus berichtet, daß einmal ein Satyr in Salz eingemacht nach Alexandrien und Konstantinopel gebracht worden sei. Dieselbe Geschichte findet sich auch bei ALBERTUS (Nr. 93 de piloso) und geht zurück auf PHILosToRGios (s: O. Ketter I. Bd. S. 10 und 11)1). Wir hören ferner von P. Canpipus, daß ein französischer Schriftsteller berichtet, daß dem König von Frankreich ein hundsgroßer und -ähnlicher Affe „zu unserer Zeit“ vorgeführt worden sei. Das Tier sei sehr menschenähnlich gewesen. Es ließ nackte Beine, Arme und Hände sehen, hatte einen weißen und nackten Hals, sowie Haare auf dem Rücken. Es trank Wein sehr gierig, fraß gekochtes Fleisch und trug fast menschliche Gesten und Sitten zur Schau. Der Affe stand aufrecht, saß ..., war wild auf die Menschen; ge- zähmt führte er sich anständiger auf und ließ sich durch Zureden besänftigen. Er spielte auch, redete aber nicht?) Man möchte hier fast an den Schimpanse (7roglodytes niger Geoffr.) denken, da in der Schilderung die Menschenähnlichkeit so betont wird; die Satyrn des PLinıus und SoLinvs deutet O. KELLER (1. Aufl. S. 17) als Schimpansen. Die Vorliebe für Wein ist bei den Affen allgemein, besonders stark aber bei den Pavianen aus- geprägt. Die Abbildung in unserem Kodex läßt keine genauere Bestimmung zu Wer jener französische Autor ist, habe ich bis jetzt noch nicht ermitteln können. 1) Die Erzählung kommt auch bei Hreronymus (Vita s. Pauli cp. 8) vor. ?) Scriptor autem alius ex Gallia non omnino indoctus sic inquit: Etate nostra delata fuit regi Francie bestia ad magnitudinem canis; a capite canis non multum distabat eius effigies; cetera corporis membra homini simillima erant; crura nuda brachiaque et manus inspicere licebat; collum et album et nudum, in dorso pilos habebat. Vinum avidissime bibebat, carnibus coctis vescebatur; ita moderato gestu cibum capiens, ut nemo dubitare posset, quin hominum sequeretur mores. Erectus ut homo stabat, sedebat ut homo, puellis et foeminis libentissime jungebatur; et in sexu viri et foeminae discretionem habebat. Genitale membrum ultra corporis staturam eminebat..... fe Gl We BY). S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 15 Simia endlich scheint einer. der gewöhnlichen Dressuraffen zu sein, Meerkatze (Cercopithecus sabaeus Cuv.) oder Magot Umuus ecaudatus Geoffr.). P. Canpipus erzählt, daß. er in den Sevennen als junger Mann einen sehr gut dressierten Affen ge- sehen, der sich wie ein Richter gebärdete, Zorn und Beifall äußerte). Raubtiere (Carnivora). Katzen erscheinen in den Tieren Feles (f. 29”), Genetha (MON eo lt 32m) eeopandus (f.9 34%), Lynxlt 3595 Migale (f. 43)?, Murilegus (f. 43), Panthera (f. 50), Pardus (f. 49”) und Tigris (f. 53”). Feles, eigentlich felis — ALBERTUS Nr. 45 hat gar fela — ist der Abbildung nach eine gefleckte Katze, vielleicht Wild- katze (felis catus L.) oder nur eine Hauskatze. Letztere (7. domestica Briss.) erscheint sicher in ihrer weißen Abart als Murilegus. Diese zwei Kapitel fela und murilegus sive musio stehen auch bei ALBERTUS (Nr. 45 und 79). Tuomas Cant. kennt wie Isınor (XII, 2, 38) nur den Namen musio verbunden mit der vulgären Bezeichnung catus. Das Kapitel felis ist von PLINIUS übernommen, der darunter die ägyptische Katze verstand. Sie wurde erst in der spätrömischen Zeit in unsere Gegenden einge- führt, wo früher das Wiesel die Stelle der Katze vertrat. Nach O. Keuter (I. Bd. S. 73) erscheinen beide noch nebeneinander bei PLUTARCH (mor.) und unser Autor macht die seltsame Be- merkung zu Murilegus, daß dies Tier besonders bei den Deutschen als unrein und verhaßt gelte?), so daß ich denken möchte, er habe eher das Wiesel als die Katze gemeint. Schildert doch der Deutsche, Konrap von MEGENBERG, die Hauskatze unter murilegus (Nr. 51) sehr gut und mit sichtlicher Liebe! Unter Genetha wird die Zibethkatze (Viverra genetta L.) in einem guten Bilde vorgeführt. Über diese in Südeuropa (Spanien) heimische Schleichkatze fehlt es im Altertum an sicheren Nachrichten (vgl. ©. KELLER, I. Bd. S. 158) und der Name viverra ') Memini adolescentem vidisse in urbe Gebennensi simiam a prestigiatore ita edoctam, ut in foro et vestibus ornata iudicis in modum sederet, advenientes consilii causa miris gestibus admitteret, ut caput cohoperirent pari reverentiae signo premo- nerent. Cum autem consilium petere significaret quispiam, avertebat caput indignanti similis, sin precium polliceretur, statim applaudebat (f. 33V). ?) Animal immundum et odiosum germanicis precipue. 134 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. bei PLINIUs ist in seiner Bedeutung noch nicht geklärt (Srerer, Tierbestand S. 22). Isipor hat keinen der beiden Namen, soviel ich finde; von diesem spanischen Autor müßte man am ehesten eine Kenntnis der Zibethkatze erwarten. Sonst hat nur ALBERTUS (Nr. 50) die Bezeichnung genocha, die wohl genetha heißen soll. GesneR konnte nicht sofort die Zibethkatze im Bilde bringen; er kam durch einen Mailänder PETRUS MERBELIUS in den Besitz desselben (lib. I, p. 948). — Lynx wird deutlich als Luchs (Fels lynx L.) dargestellt; auch bei Migale findet sich das Bild eines katzenartigen grauen Tieres mit Ohrpinseln. Migale kommt schon bei ARISTOTELES vor und wird von O. KELLER (I. Bd. S. 14) als Spitzmaus angesprochen. ALBERTUS (Nr. 74, ferner lib. III tr. II cp. 2) legt ihm Eigenschaften des Wiesels bei und unser Autor die einer Katze. Mit Recht beschäftigt sich GESNER nicht mehr mit diesem Tiernamen. Von ausländischen Katzen erscheinen vor allen Löwe und Tiger (felts leo L. und “gris L.). Der Text bietet keine in- teressanten Einzelheiten; die Darstellung der Löwin ist auffallend schlecht. Neben dem afrikanischen Leopard (Fels leopardus Cuv.) erscheint dann der asiatische Panther (Fels pardus Cuv.) in zwei Formen, wie bei ALBERTUS (Nr. 88 und go) als pardus und panthera. Die erstere Varietät ist schwärzlich, die letztere hellgefarbt. Wir haben es wohl zu tun mit dem Schwärzling des Panthers („Zehs melas‘ Breum I. Bd. S. 464). Übrigens bilden Leopard und Panther keine strenggeschiedenen Arten. Zum Hundegeschlecht zählen Ana (f. 10), Canis (f. 12), Crocota (i) 19%), Eazanil (35%), Lupus. (1730), cannes sy; Lyeiscus (f. 38), Molossus (f. 41), Panthio (f. 51%)?, Zibo (f. 62); ferner Chama (f. 14) und Hiena (f. 31). Bei Canis sehen wir eine hübsche künstlerische Zusammen- stellung der Hunderassen (s. Taf. Il Abb. 3); wirerkennen zweirussische Windhunde, den deutschen oder istrianer Vorstehhund und zwei langhaarige Jagdhunde; die Schweife sind nicht, wie es jetzt Mode ist, kupiert. Eine große Anzahl von Rassen des Haus- hundes (Canis familiaris L.) kannte bereits das Altertum (s. O. KeLLER I. Bd. S. orff.). Für die Geschichte der Rassen- entwicklung dieses Tieres bietet der Text des P. Canpipus keine neuen Gesichtspunkte. Jene so schòn abgebildeten Tiere kann man auch bei GESNER 1551 (Holzschnitt lib. I, p. 173) finden; nur ist in unserem Kodexbilde das Seidenhindchen weggelassen S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 135 und dafür auf der linken Seite der istrianer Vorstehhund der Gruppe beigefügt worden. — Eine große starke Hundeform er- scheint in Molossus, der wie bei ALBERTUS (Nr. 75), THOMAS Cant. und Konrap v. M. eigens besprochen wird; es ist der Bullen- beißer (Canıs niger molossus), der aus dem antiken Molosser- hund gezüchtet worden ist!). Lazani, Lyciscus und Panthio scheinen wilde Hunde zu be- deuten. Die Namen, welche erst im Mittelalter auftauchen, sind vielleicht verderbt; ALBERTUS hat lauzani (Nr. 60), lincisius (Nr. 66) und parthio (Nr. 91), THomas Cant. lauzani und linseus; panthio fehlt bei dem letzteren. Lazani könnte vielleicht, da das Tier als Feind der großen Raubkatzen und des Menschen hin- gestellt wird, auf den indischen Kolsun (Camıs dukhunensis) gehen, der nach Breum (II. Bd. S. 68) an den Tiger sich wagt und vom Menschen bisher nicht gezähmt worden ist. GESNER, der das Tier lauzanum noch behandelt (lib. I, p. 937), denkt an den Panther. — Lyciscus erscheint dem Bild nach wie ein Woifshund; die genannten Autoren ALBERTUS, THOMAS CANT, und P. Canpipus nennen ihn einen Bastard zwischen Wolf und Hund; vielleicht handelt es sich um den sog. ungarischen Wolfs- hund (s. BREHm II. Bd. S. 162) — Panthio oder parthio soll, wie ALBERTUS ihn schildert, ein schönes, purpurrotes Tier sein von Hundegröße und leicht zähmbar. In der Abbildung unseres Kodex sehen wir ein so gefärbtes Greschöpf mit feurigen Augen, Schnurrhaaren und buschigem Schweif. Von einem „ganz roten“ Hunde spricht schon XenoPHon und O. KeLLER (I. Bd. S. 101) sieht hierin eine der Naturfarben des ursprünglichen nicht aus- gezüchteten Hundes. Vielleicht handelt es sich um den persi- schen Jagdwindhund, den Barsoi, und ich mochte fast vermuten, daß der albertinische Name parthio mit Barsoi verwandt ist. Den Wolf Lupus (f. 36) sehen wir natürlich sehr gut dar- ssestellt. Berner sind die Tiere Ana und-Zibo (s. Taf. IV Abb, 8) wolfsähnlich. Ana wird auch von ALBERTUS (Nr. 6) besprochen als ein Geschöpf, das lange und starke Zähne, scharfe Krallen besitzt und sich gerne in Meuten vereinigt, was für den Wolf passen würde. Zibo heißt bei andern Zabo, bei ALBERTUS (Nr. (11) Zilio. GeEsnEr (lib. I, p. 625 und 630) betrachtet beide Namen ana und zibo als Synonyma der Hyäne oder des Wolfes. 1) C. Kerter, Naturgeschichte der Haustiere (Berlin 1905) S. 100. 136 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Der Fuchs (Canis vulpes L.) tritt uns entgegen als Vulpes (f. 60); als Neomon (f. 45) (eigentlich Ichneumon, s. a. a. O.) wird er nochmals dargestellt und zwar, wie er eine Schlange angreift. — Der Schakal (Canis aureus Briss.) erscheint im Kapitel Crocota (f. 19’). Man ist sonst geneigt, dieses Tier, das bei ALBERTUS (Nr. 31) offenbar verderbt cyrocrothes, bei THomas CAxr. (f. 18%) corocrates heißt, als Hyäne zu deuten; die gefleckte Hyäne heißt heute noch /7. crocufa Zimm. Unter der Bezeichnung Lycaon (f. 35°) erscheint sodann als große Seltenheit der ostafrikanische Hyänenhund (Canıs pictus Desm.); die Buntheit des weiß, schwarz und ockergelb gefleckten Tieres wurde vom Maler stark übertrieben; er läßt das Fell in allen Farben schillern. Der Hyänenhund wurde von den alten Ägyptern (s. O. KeLLER I. Bd. S. 90) zur Antilopenjagd ver- wendet; Prinius und Sorinus erwähnen ihn; bei ALBERTUS und Tuomas Cant. finde ich ihn nicht und es scheint, das P. CAnDIpus zuerst wieder auf diese Tierform aufmerksam machte. GESNER (lib. I, p. 630) betrachtet den Hyänenhund einfach als Hyäne, ohne ihn abzubilden. Die Hyänengattung ist in den Kapiteln Chama (f. 14) und Hiena (f. 31) untergebracht; eine Trennung der beiden Hyänen- arten ist, da die Abbildungen zu mangelhaft sind, nicht möglich, wie auch nicht auf Grund der alten Beschreibungen (s. O.. KELLER I. Bd. S. 152). Chama kommt schon bei Prinius vor und soll dort nach STEIER (Tierformen S. 7) den Luchs bedeuten. ALBERTUS (Nr. 26) bespricht das Tier ebenfalls, aber schon mehr als ge- fleckte Hyäne; bei THomas Cant. erscheint an Stelle von Chama das Wort cacus, bei Konrap v. M. (Nr. 14) cathus. Marderarten sind oder scheinen mir zu sein die Tiere: Cyrogrillus (f. 19%), Daxus (f. 20‘), Erminius (f. 28), Falena (f. 28Y), Buruneulus (# 20), Gali (t 309, utenti (ties ose us tela tems: Neomon (f. 45), Putorius (f. 52) und Zebelinus (f. 62). Die Hauptart Mustela trägt braunes Fell und einen weißen Halsring, offenbar der auch in Südeuropa vorkommende Stein- marder (Mustela foina Briss.). Der Edelmarder war den Alten wenig bekannt oder wurde nicht genau unterschieden. IsIDoR, ALBERTUS, THomas Cant., Konrap v. M. verstehen unter mustela überhaupt das Wiesel. Der Marder heißt bei ALBERTUS (Nr. 73) martarus. — Unser Kodex faßt die Tiere Erminius und Putorius S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. az als Wiesel auf. Das erstere im weißen Winterkleide dargestellt, ist offenbar das Hermelin (J/usfela erminea L.), das den Alten nicht bekannt war (vgl. O. KeLLER I. Bd. S. 171) und von der hl. HILDEGARD („harmini“), sowie von ALBERTUS (Nr. 43 erminium) zuerst genannt und beschrieben wird; THomas Cant. und Konrap v. M. kennen das Tier nicht. — Putorius, urspriinglich wohl der Iitis, wie die Schilderung bei THomas CanT, ALBERTUS (Nr. 95) und Konrap v. M. (Nr. 60) nahelegt, erscheint in der Auffassung unseres Tiermalers als kleines Wiesel (Mustela vulgaris Briss.). Der Iltis tritt dafür unter dem Namen Gali auf, dem ari- stotelischen ya? (nach AUBERT- WIMMER Wiesel); das Tier (Puforzus foetidus Gray) wird uns in einem sehr hübschen, ich möchte sagen Naturbilde vorgeführt, wie es eine Otter fängt. Eine von LENZ (s. BREHM I. Bd. S. 604ff.) gemachte Beobachtung beweist, daß der Iltis in der Tat ein tüchtiger Schlangenjäger ist. ALBERTUS (Nr. 49) und Konrap v. M. (Nr. 31) schildern das Gali ebenfalls als ein schlangenfangendes Wesen. — Furunculus, ein braunrotes hermelingroßes Tier, dürfte wohl das Frettchen (Puforzus furo L.) vorstellen, von dem sonst meist nur die Albinoform gehalten wird. Man kennt das Frettchen schon seit den ältesten Zeiten; bei Isimor (XII, 2, 39) heißt es furo, bei ALBERTUS und THomas Cant furunculus sive furo. Luter ist zweifelsohne der Fischotter (Lutra vulgaris L.). Sonst wird er gewöhnlich wie bei Puinius lutra genannt. — Ebenso ist Daxus leicht als Dachs (Meles taxus L.) zu bestimmen; PLiNIUS nannte ihn meles; im Mittelalter (vgl. ALBERTUS Nr. 35, Tuomas Cant.) war der zweite Name im Gebrauch, der durch Potemius Sitvius (vgl. O. KELLER I. Bd. S. 173) eingeführt wurde. Die Namen Falena und Neomon beziehen sich auf eine orientalische Marderart, wahrscheinlich das Ichneumon (Zer- pestes ichneumon Wagn.) Das Wort neomon ist mit dem Speciesnamen dieses Tieres offenbar verwandt; ich finde die so- eben genannte Bezeichnung sonst nur bei ALBERTUS (Nr. 82), während das Wort falena auch von THomas Cant. und Konrap. v. M. gebraucht wird. ALBErTUs setzt für das griechische neomon das lateinische suillus, welches mit ichneumon synonym ist, wie wir aus Ismor (XII, 2, 37) ersehen. — Was nun die Darstel- lungen betrifft, so hatte unser Maler kein Bild vom Ichneumon vor Augen, obwohl es schon an der Basis der prachtigen Nil- gottstatue im Vatikan abgebildet gewesen ware (vgl. O. KELLER, 138 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. I. Bd. S. 158) und auch Gesner (lib. I, p. 635) von dem Tier einen ziemlich guten Holzschnitt brachte. Als falena erscheint ein Mischling zwischen Katze und Marder und als neomon ein Fuchs, der eine Schlange fängt. Das letzte der von P. Canpipus besprochenen Säugetiere Zebelinus (f. 62) bedeutet, wie der Name und die ziemlich gute Abbildung (s. Taf. IV, Abb. 8) sagen, nichts anderes als den- wegen seines Pelzwerkes hochgerühmten Zobel (Mustela zıbel- lina L.). Diese nur in Nordrußland und Sıbirien vorkommende Marderart war in der Antike nicht bekannt; JORDANIS (cp. 3) er- wähnt zuerst (um 550) „sappherische Pelze“ (saberus, sabellum, zibellinus); vgl. O. Ketter I. Bd. S. 172. Die hl. HirpeGaRD (CXCVII, p. 1332—34 M.) spricht dann neben anderen Mardern auch ausdrücklich vom „Zobel“, während ALBERTUS nichts davon überliefert; müßte das einen schwarzen Pelz liefernde Tier fas- suron (ALBERTUS lib. VII, I, 5), wie GESNER (lib. I, p. 869) meinte, hierher zu beziehen sein. — P. Canpipus, der demnach neben der hl. HıLDEGARD der einzige mittelalterliche Autor sein dürfte, der vom Zobel spricht, verlegte dessen Wohngebiet in die entfern- testen Gegenden von Dalmatien (Bosnien) und Dazien (Walachei); auch weißgefärbte Zobel gäbe es, die man aber nur sehr selten und mit großen Schwierigkeiten erlangen könne, und sie seien einst seinem Fürsten Philipp Maria von Mailand um teuren Preis gebracht worden!). Was nun diesen Bericht betrifft, so wäre wohl anzunehmen, daß der Zobel früher weiter als heutzutage verbreitet war, zu- mal er offenbar durch die Pelzjägerei in seinem Bestande stark bedrängt wird. Daß es weiße Zobel gibt, dessen bestgeschätzte Varietät schwarzgefärbt ist, bestätigt auch Breum (Säugetiere 1. Bd. S. 598). Wenn wir dessen Zobelbild mit dem im Kodex des P. Canpipus gegebenen vergleichen, so schneidet das letztere nicht schlecht ab. Die Färbung ist in Rotbraun gehalten; am Bauche erscheint sie heller; nur die Kehle ist zu dunkel geraten. Trotz dieser Mängel ist das Bild beachtenswert, da es wohl das einzige ist, das wir aus dem Mittelalter vom Zobel besitzen. Selbst in Gesners Werken konnte trotz seiner weitreichenden 1) .... magno labore et cura conqueruntur ab extremis dalmatie et dacie partibus; advecti olim principi meo Philippo Mariae Mediolanensium duci magno con- stituere precio. i — Di) — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 139 Beziehungen noch im Jahre 1669 kein Bild dieses Tieres vorge- führt werden. Daß Mailand für kostbares Pelzwerk besondere Vorliebe hatte, so daß P. Canpipus Kenntnis vom Zobel erlangen konnte, wissen wir auch aus anderen Quellen. So wurden am 18. November 1493 cinque mazi di zibellini di XL per mezo aus Rußland nach Mailand gesendet (s. BURCKHARDT a. a. O. II. Bd. SDS am 0!) Von den Bären bringt P. Canpipus natürlich den damals in den Alpen noch häufigen braunen Bar (Ursus arctos L.) als Ursus (f. 59”) zur Sprache, weiß auch von einem eigenen Erlebnis zu erzählen, wonach unter Philipp Maria in den Alpen um Bobio ein ungeheures Exemplar von einem Bären getötet wurde, das kaum auf einem Wagen Platz gefunden habe und von zwei Ochsen nur mit Mühe gezogen werden konnte... Auch schwarzfellige Bären soll es geben und über ı5 Ellen große weiße; ferner sei Numidien reich an solchen Geschöpfen. Als Standort der weißen Bären werden die äußersten Gegenden der Erde angegeben'). Wir dürfen hier ohne Zweifel an den ark- tischen Eisbär (Ursus maritimus Desm.) denken, der (s.O. KELLER I. Bd. S. 180) zuerst bei ADam von BREMEN (gest. 1076) erwähnt wird. ALBERTUS (Nr. 107) unterscheidet zwischen Land- und Wasserbären, welch letztere er als weiß bezeichnet. Der Eis- bär wird selbst von GESNER noch nicht abgebildet, so daß wir uns nicht wundern dürfen, wenn in unserem Kodex auch nur der Landbär im Bilde vorgestellt wird. Nagetiere (Rodentia). Nagetiere sind Castor (f. 13), Cuniculus (f. 19), Crichetus (f. 19%), Cyrogrillus (f. 19”), Enitra (f. 27), Glis (f. 30), Guesselis Gea) eel strice (032) Wepus (1 382), Mus (44), "Birolus) (L 52), Tranes (f. 56”)?, Tongillus (f. 577) und Varius (f. 61). Das erste Tier, der altbekannte Biber (Castor fiber L.), er- freut sich in unserem Kodex einer sehr guten Abbildung; ebenso 2 ? der Feldhase (Zepus timidus L.). — Dem Artikel über das 1) Etate mea ex bobiensis oppidi montibus allatus est Philippo Mariae principi meo ursus interemptus, quem plaustrum vix caperet et bina bovum juga non sine labore deveherent . . . Ursos nigra pelle contectos ut plurimum orbis habet. Albos extrema terrarum nonnumquam protulere, et adeo ingentes ut quindecim cubitorum magnitudinem excelluerint. Numidie regio his bestiis abunde feta dicitur (f. 59V). Zool. Annalen. VI. 10 — 27 — 140 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Kaninchen (Z. cunzculus L.) sind zwei Abbildungen von einem weißen und schwarzen Exemplar (Lapins) beigegeben. Wir ent- nehmen aus den Darlegungen unseres Autors, daf zu seiner Zeit schon Frankreich das Hauptzuchtland dieser Tierart war; denn er sagt, daB er als Student in der Umgebung von Lyon sehr viel Kaninchen beobachtet habe, die auch in Weinbergen und Gärten großen Schaden anrichteten!). Er hat sich ferner für die Fortpflanzung des Tieres interessiert. Die lateinische Bezeichnung leitet P. Canpipus von cuniculus d. h. Gang ab, während Isipor (XII, 1, 24) an caniculus d. h. Hündchen dachte; der ersteren Ansicht ist auch O. KeLLER (I. Bd. S. 218). ALBERTUS (Nr. 30), der allein sonst im Mittelalter über das Kaninchen spricht (außer dem genannten Isipor), ist nicht so ausführlich wie unser Autor. — Tranes, von dem sonst nur ALBERTUS (Nr. 103) noch redet, ist nicht zu bestimmen; das Bild zu diesem Tier erinnert an ein Kaninchen. Crichetus ist der heute noch so genannte Hamster (Crzcefus /rumentarıus Pall), den zuerst die hl. Himprcarp?) mit dem deutschen Namen und ALBERTUS (Nr. 29 de criceto) erwähnen. Die Antike (vgl. O. KELLER), Istpor, auch THomas Cant. und Konrap v. M. kennen den Hamster nicht. P. Canpipus wird sich in seiner kurzen Beschreibung an ALBERTUS gehalten haben. Der (wohl italienische) Maler tat sich in der Darstellung des nordischen Tieres sehr schwer; wir wissen nicht, ob sein Bild einen Hamster oder ein Meerschweinchen, da er ihm eine weiße Unterseite gibt, vorstellen soll. Auf das Murmeltier (Ayclomys marmota Schreb.) bezieht sich der eigentümliche Name Enitra, bei ALBERTUS (Nr. 39) emptra lautend; das Wort dürfte wahrscheinlich mit dem aristotelischen evvdois, was Fischotter (vgl. Ausert-Wimmer S. 68) bedeutet, zusammenhängen. Puinius nannte das Murmeltier sehr gut mus alpinus, ALBERTUS hat noch zur eben angeführten Bezeichnung 1) Cuniculus bestia est lepore minor, colore et forma prope similis; cuius magnam in gallia transalpina copiam olim vidisse memini, cum ego candidus in Jugdu- nensi ora adessem. Haec in terra prodiens subterranea intinera confieit, quae cuniculi appellantur; et plerumque vineas demolitur. Nocte vinetas et fruges depascitur . . illis adversum genitale membrum est; nos tamen aliter coeuntes vidimus (f. 19 u. I9V). 2) L. GEISENHEYNER-Kreuznach: Uber die Physica der hl. Hildegard. Bot. zool. V. f. Rheinlande tori Sitzb. S. 49-71. Ferner E. Wasmann S. 7, Hildegard von Bingen. Biol. Centralbl. Bd. XXXII. Nr. 5 (1913). — FB — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 141 das Synonym mus montanus. THomAs Canr. und Konrap v. M. scheinen das Murmeltier nicht zu kennen. In unserem Kodex sehen wir zwei Tiere dieser Art, offenbar ein Pärchen, sehr gut abgebildet, während Grsner (lib. I p. 841) sich mit einem Bilde begnügt. Von den eigentlichen Mäusen sehen wir vor allem die Hausmaus (Mus musculus L.) unter dem ersteren bekannten Namen abgebildet. Gleich ALBeRTUS (Nr. 78) weist P. Canprpus im Kapitel Mus auch auf die Ratten hin, schon mit dieser Be- zeichnung, und betont ihre Geilheit und rasche Vermehrung !), was ALBERTUs nicht tut. Nach einer Notiz GESNERS (lib. I, p. 830) wäre ein ähnlicher Gedanke im „Liber de naturis rerum“ aus- gesprochen. Ferner werden von unserem Autor orientalische Mäuse genannt, die so groß seien wie Füchse und den Menschen, wenn nicht töten, so doch verwunden können. Ähnliches lesen wir auch bei ALBERTUS, der als Quelle hierfür „Alexander“ an- gibt. Ob hier nicht eine Kunde von der Wanderratte (Mus decumanus Pall), diesem ekelhaften Geschenke‘ des Orients, vorliegt? O. KELLER (I. S. 204) ist der gleichen Anschauung, daß die Wanderrate schon länger bekannt sei, als gewöhnlich angegeben wird. Die erste historische Notiz über die Wander- ratte stammt aus der Zeit Alexander des Großen und zwar von Amyntas, einem Teilnehmer an seinem Zuge durch Persien. Die Stelle ist uns überliefert worden von Axtan (n. a. lib. XVII, cap. 17). Interessant ist endlich die Bemerkung des P. Canpmus?), daß er zu Rom im Hofraum des Kardinals Venetus eine solche orien- talische Maus einmal gesehen habe, was uns zu der Vermutung bringt, daß man die Ratte im Seeverkehr mit der Levante (viel- leicht. als Kuriositàt) nach Europa verschleppte. Die Abbildung zum Kapitel Mus stellt, wie gesagt, nur die Hausmaus vor und zwar sehr naturgetreu; die Abschweifung unseres Autors auf die Ratten hat der Maler anscheinend nicht beachtet. Von der gewöhnlichen Hausratte (Mus rattus L.) bringt wohl nach meinen Beobachtungen die erste Darstellung das 1) Est aliud genus murum, quos ratos appellamur, quorum libido adeo infamis, ut cum accenduntur in venerem . . . 2) In orientis plaga mures vulpibus maiores reperiri asserunt, qui licet homines non interimant, morsis tamen laedunt. Ex his unum romae vidissi memini in aula Veneti cardinalis (f. 45). 10% 142 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Breviarium Grimani, das um 1480 geschaffen wurde!); GESNER bildet sie ab (lib. I, p. 820). Der bei den Römern hochgeschätzte Siebenschläfer (Myoxıs gls Schreb.) wird unter Glis besprochen, aber nicht gut abgebildet. — Gresselis scheint ebenfalls zu den Bilchen zu gehören; das Tier gleicht in der Abbildung einer Mausart mit rotem Rücken und weißem Bauche und stellt vielleicht die Haselmaus (Muscardinus avellanarıus L.) dar. P. CaAnpipus erzählt, daß er als Bube in Mailand ein solches Tier gesehen habe; es sei einer Katze zum Opfer gefallen und hätte ausge- trocknet längere Zeit den (Bisam-)Geruch bewahrt?). Die Hasel- maus riecht etwas nach Bisam und kommt nach Bream (II. Bd. S. 458—460) im nördlichen Italien vor. Das Wort gresselis scheint verdorben zu sein; ALBERTUS (Nr. 52) sagt guesselis, Tuomas Cant. gyessides; auch roserula auf deutsch Roesel kommt vor (vgl. Konrap v. M. Nr. 32). Die Namen Pirolus und Varius beziehen sich beide auf das Eichhörnchen (Scurus vulgaris L.). ALBERTUS (Nr. 94) be- handelt dieses Tier schon sehr gut, unterscheidet nach der Färbung verschiedene lokale Rassen und beschreibt unter varius (Nr. 108) speziell die silbergraue, als Pelzwerk geschätzte Form Sc. vulgaris varius Kerr., die in RuBland, auch Ungarn vor- kommt?) und also schon lange bekannt ist. Unser Maler halt sich nicht recht auf der Höhe dieser Beschreibung; sein varius ist ein im allgemeinen eichhörnchenähnliches Tier; der pirolus sitzt auf einem Floße und läßt sich, den Schwanz in die Höhe gerichtet, über das Wasser treiben. Die Fabel liest man bei Konrap v. M. (und Tuomas Cant.); ALBERTUS weiß nichts von ihr oder geht ùber sie hinweg. . Von den südlichen Formen des Nagetiergeschlechtes wird in unserem Kodex das Stachelschwein (Aystrix cristata L.) unter dem alten Namen Istrix geschildert und gut abgebildet. Das Tier ist schon seit ARISTOTELES und PLintus in die zoologische Literatur eingeführt. — Nicht leicht zu bestimmen sind die Tiere 1) Breviarium Grimani, Vollständige photogr. Reproduktion von Scato de Vrie u. S. Mopurgo, Leyden. Facs. Nr. 550. Blatt 286. 2) Ex his, cum puer adhuc essem, mediolanensi in urbe unam vidi, que stercus huiusmodi egeneret, verum mure non utique maiorem, que postea a cata consumpta. Cum egesta esset, odorem servasse comperta est (f. 31) 3) Vgl. K. SorreL, Systematische Übersicht über die in Europa wildlebenden Säugetiere. H. MEERWARTH, Lebensbilder aus der Tierwelt. Säugetiere III. Bd. S. 661. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 143 Cyrogrillus und Tongillus. Das erstere kommt auch bei ALBERTUS (Nr. 32) wie den übrigen mittelalterlichen Autoren vor, wahrend das letztere nur von P. Canpipus behandelt wird. Cyrogrillus ist auf Grund der Ausführungen O. KeLLERS (I. Bd. S. 209) als der in der Bibel genannte syrische Klippschliefer (/7yrax syriacus Schreb.) zu deuten; die kurze Beschreibung des ALBERTUS steht dem nicht entgegen und die Bemerkung des Konrap v. M. (Nr. 17), daß das Tier im alten Testament verboten war, spricht sehr für diese Bestimmung. in unserem Kodex erscheint als Cyrogrillus ein marderähnliches Tier, dagegen unter tongillus ziemlich gut der genannte Klippschliefer; ich vermute, daß das Wort tongillus nur eine verderbte Form von cyrogrillus ist. Insektenfresser (Insectivora) u. a. Die kleine Gruppe der Insektenfresser ist durch Erinacius (f. 27”), Migale (f. 43)? und Talpa (f. 57) vertreten. Erinacius, bei ALBERTUS (Nr. 53) hiricius, hirinacius, auch cyrogrillus (s. 0.) genannt, bedeutet den Igel (Zrrmaceus euro- paeus L.); die Abbildung dieses allbekannten Tieres ist sehr gut. — Ebenso verhält es sich mit dem Maulwurf (74/pa europaea L.). — Migale, bei ARISTOTELES uvyaA7, bedeutete im Altertum wahrscheinlich die Spitzmaus (‚Sorex); vgl. AUBERT- WIMMERS. 61, O. Ketter I. Bd. S. 14. Arsertus (Nr. 74) schildert migale als sehr gefräßig und behauptet, daß es sogar Pferde und Maultiere angreife. Unser Maler gibt dem Tier, offenbar von dieser Schil- derung beeinflußt, die Gestalt einer Katze mit Ohrpinseln (Luchs?), — Das oben bei den Nagern (Haselmaus) eingereihte Tier Guesselis könnte vielleicht auch auf eine der südlichen Spitzmausarten gehen, etwa Cvocidura russula Hermann!); das alte Synonym roserula scheint dahin zu deuten. Hier füge ich an die Fledermaus Vespertilio (f. 118”), die wie bei allen mittelalterlichen Autoren ArBerrus (lib. XXIII, Nr. 113), THomas Cant., selbst bei GESNER unter die Vögel ge- zählt wird. | Unpaarhufer (Perissodactylen). Pferdeartige Miere "sind Ahane/( 99, A sinus (f. 8%); Equus (f. 25%), Mullus (f. 40%) und Onager (f. 45%). *) Vgl. K. SorreL bei MEERWARTH a. a. O. III. Bd. S. 643. 144 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Esel (Equus asinus L.) und Pferd (4. caballus L.) sind, besonders das letztere, mit großer Naturtreue abgebildet; wir sehen (vgl. Taf. II, Abb. 4) verschiedene Formen des Pferdes: Schimmel, Scheck, Braun, Forellenschimmel, alle langschweifig und nicht kupiert. Der leichte, trockensichtige orientalische Schlag wiegt vor; rechter Hand erscheint ein schwer gebautes (okzidentales) Pferd. GESNER vermag seinen Lesern keine so. schöne Zusammenstellung von Pferdeformen zu bieten. Der Text unseres Autors erhebt sich leider nicht über die traditionelle Be- handlung der genannten beiden Tiere. Bei Ahane (vgl. Taf. I, Abb. ı) und Mullus (richtiger Mulus) finden wir die Bastardformen zwischen Pferd und Esel abgebildet; im ersteren Falle den Maulesel (£quus hinnus), im zweiten das Maultier (£. mulus). Sie sind bekanntlich die Mischlinge zwischen Pferdehengst und Eselstute (Aznnus), resp. Eselhengst und Pferdestute (72/5). P. Canpipus beruft sich bei der Be- sprechung des Ahane auf ARISTOTELES, der wohl ein Tier o&yatvns nennt, damit aber wahrscheinlich eine Hirschart im Auge hat (vel. AUBERT-WIMMER p. 392). ALBERTUS (Nr. 1 und lib. II, tr. II cp. 1) sagt ahane, Tuomas Canr. (f. 167) und Konrap v. M. (Nr. 5) haane, und sie alle schildern das Tier als von Hirschgröße, grimmig und zornig, weil es verkehrterweise die Galle in den Ohren habe. Die alte Bezeichnung hinnus (bei ARISTOTELES ytvvos), die nach STEIER (Tierbestand S. 19, Anm. 2) auf den Maul. esel geht, findet sich im Mittelalter nicht mehr; erst GESNER läßt sie wieder in Gebrauch kommen. Ich vermute, daß der Maler ahane und hinnus verwechselte und das Bild eines Maul- esels bei dem ersteren Worte unterzubringen suchte. Für das Maultier war von P. Canpipus, wie gesagt, das Kapitel mulus gegeben. Der Maulesel gelangte, da er nicht besonders schön und dazu störrigen Sinnes ist, nie zu der Bedeutung des Maul- tiers 1). Unter dem Onager der Alten sind nach O. KELLER (I. Bd. S. 271) das Wildpferd (Equus Przewalski) oder irgend welche wilde Eselarten zu verstehen. Bei P. Canpipus erscheint hier ein Esel mit einem Rhinoceroshorn auf dem Kopfe. Es sollte damit der Onager indicus (ALBertus Nr. 83, Abs. 2) zur Darstellung kommen. Nach O. Kezzer (I. Bd. S. 417) spricht schon ARISTOTELES 1) Vel. C. Keizer, Naturgeschichte der Haustiere, Berlin 1905, S. 220. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 145 von einhörnigen indischen Eseln, womit er vielleicht die tibetani- sche Tschiruantilope im Auge hatte. Das Rhinoceros oder Nashorn finden wir dargestellt im Kapitel vom Einhorn Monoceros (f. 41). Es liegt diesem Bilde der berühmte Holzschnitt A. Dtrers vom Jahre 1513!) zugrunde, wobei der Maler, um den phantastischen Eindruck zu erhöhen, fast alle Farben (gelb, rot, purpurn, blau, lila usw.) zur Verwen- dung kommen ließ, was er sonst nie tat. Das Dürerbild figuriert bei GESNER (lib. I, p. 953) und in anderen naturwissenschaftlichen Werken, wurde auch zur Fälschung antiker Werke benützt). Über eine Darstellung des Rhinoceros von Raffael siehe unten. Was die Beschreibung des seltenen Tieres durch P. Canprpus betrifft, so hören wir, daß es die Farbe des Buchsholzes besitzt), eine Angabe, die sich bei ALBERTUS (Nr. 76 de monocerone) nicht findet, aber nach O. Kerrer (I. Bd. S. 434, Anm. 254) bei Prinius und Sormus zu lesen ist. Diese Autoren hatten also sicherlich die afrikanische Art (Rhinoceros wnicornis) im Auge, während die Zeichnung Dtrers auf das indische Nashorn (KR. bicornis) geht. P. CAnpIDUS erzählt dann weiter, daß er zu Pavia und Neapel ausgetrocknete Exemplare vom Monoceros mit über 7 Fuß langen Hörnern gesehen habe. Vielleicht handelt es sich da um Antilopenhörner (s. 0.) oder Narwalzähne. Die Sage vom Einhorn bezieht sich bekanntlich auf verschiedene Tiere, am meisten wohl auf das Nashorn und den Narwal. — Um der land- laufigen Auffassung vom Einhorn gerecht zu werden, ist dem Kapitel noch das Bild eines Schimmelpferdes beigefügt, das eine dreifarbige Stange auf der Stirn trägt (Einhorn des Physiologus und der Wappenkunde). Paarhufer (Artiodactylen) und Elefant. Von den Nichtwiederkäuern wird selbstverständlich das Schwein (Sus scrofa L.) in seiner wilden und zahmen Ab- art besprochen als Aper sylvestris und domesticus (f. 7 und 8). 1) Vgl. KiLLErmann, A. Dürers Pflanzen- u. Tierzeichnungen, Straßburg 1910, Taf. XIV. ?) ©. KELLERS ,pompejanisches Relief“ (I. Bd. Umschlag u. Fig. 135) ist genau das Dürersche Rhinoceros (s. auch H. Davıp in der ,Kunstchronik“). 3) Color buxeus est. Cornu longitudo septem et amplius pedum mensuram excedit, ut ipsi Papie et Neapoli ex desectis vidimus . . . (fol. 41). 140 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Die Abbildungen hierzu sind sehr gut; die Färbung des Haus- schweines ist ganz schwarz. Dem Nilpferd (Zrppopotamus amplubrus L.) sind drei Kapitel gewidmet: Equonilus f. 132), Equus fluminis (f. 132”) und Hippo- potamus (134%) und) zwar, im IT) Buche in derZReiherder Wassertiere. Gerade so behandelt auch ALBERTUS (lib. XXIV, Nr. 44, 45 und 60) diesen Stoff, während Tuomas CANT. nur den Namen Equus fluminis kennt. Die Schilderung des P. Canprpus von dem tropischen, den Europäern natürlich weniger bekannten Dickhäuter schließt sich an die des ALBERTUS an; die berühmte Verwechslung des letzteren von hippodromus und hippopotamus (Nr. 60) macht jedoch P. Canpipus nicht mit. Die Bilder zu den drei Kapiteln beruhen alle, nur ein wenig in der Färbung ver- schieden, auf den Reliefdarstellungen des Nilpferdes an dem Sockel der berühmten Nilstatue im Belvedere des Vatikans. MarTHIOLI (f. 328) und GESNER-FORER (p. 200) haben die gleiche Vorlage benützt. Das Kapitel vom Elefanten Elephas (f. 21—24) ist reich illustriert; sowohl den indischen als auch den afrikanischen Ele- fanten (Llephas astaticus und africanus Blum.) finden wir abge- bildet, ersteren wie er arbeitet und gegen eine Riesenschlange sich wehrt. Die Bilder scheinen Originale zu sein; dagegen stimmt das Bild der afrikanischen Art (mit dem Gesnerschen Holzschnitt vom Jahre 1551 (lib. I, p. 410) in allen Einzelheiten überein. Der Text des P. Canprpus bietet, soweit ich beim (Hüchtigen) Durchlesen gefunden, nichts Bemerkenswertes. Wiederkäuer (Ruminantia). Vom Kamel Camelus (f. 10” und 11) werden beide Arten, das einhéckerige oder Dromedar (Camelus dromedarius Erxl.) und das zweihöckerige oder baktrische (C. bactrianus Erxl.) vorge- führt. Die Bilder sind Originale und besonders das des Drome- dars sehr gut gelungen, viel besser als die Gesnerschen Holz- schnitte. ALBERTUS behandelt (Nr. 17) das Kamel ziemlich ein- gehend, weist aber den Namen dromedarius der zweihöckerigen Art zu, wenn nicht der Text an dieser Stelle korrumpiert ist. Die berühmte Giraffe (Camelopardahs girafa Schreb.) er- freut sich gleich dem Nilpferd einer dreifachen Behandiung. Wie bei ALBERTUS (Nr. 7, 16, 85) hat dies Tier die Namen: Ana- S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 147 bula (f. 9), Camelopardalis (f. 46%); Tuomas Canr. und Konrap v. M. erwähnen dagegen die Giraffe gar nicht. Ismor (XII, 219) hat nur den Namen Camelopardus. Anabula soll nach ALBERTUS von PLINIUS stammen. STEIER führt den Namen nicht an, wohl aber das „afrikanische“ Wort nabus als Synonym von Camelopardalis. P. Canpipus erklärt Anabula als eine bestia aethiops und species von Camelopardalis. Das Bild zeigt ein langhalsiges Tier mit geflektem Fell. Bei Camelopardalis ist die Zeichnung der Giraffe deutlicher; jedoch ist ihr ein Pferdekopf mit zwei Hörnern aufgesetzt. Die Beschrei- bung schließt sich eng an die Schilderung des ALBERTUS von anabula an, während sich dieser Autor bei Camelopardalis kurz faßt. — Am besten ist das Giraffenbild im Kapitel Oraphlus (vgl. Taf. I Abb. 2), das am Rand die von einer späteren Hand (dem Maler ?) ge- machte Bemerkung „girafa“!) aufweist. Nach P. Caxnprpus be- sitzt das Tier eine wunderbare Färbung und einen so langen Hals, daß es zwanzig Ellen hoch den pferdeartigen Kopf heben kann, während der hintere Teil des Körpers und der Schwanz Ähnlichkeit mit dem Hirsche zeigen. Dies Tier sei vom Sultan Kaiser Frıeprıch zum Geschenk gegeben und zu des Autors Zeit von ROBERT SANSEVERINO in der ägyptischen Stadt Kairo gesehen worden’). Jene Schenkung erwähnt schon ALBERTUS, jedoch nicht bei oraphlus, sondern im Kapitel anabula (Nr. 7). — Von den Bildern stimmt das von Camelopardalis (f. 14‘) völlig mit dem Gesnerschen Holzschnitt des da ebenso genannten Tieres (lib. I p. 160) überein, während das Oraphlus-Bild eine eigene Schöpfung des Malers sein dürfte. Allerdings hat auch dieses einige Ähn- lichkeit mit einem späteren Holzschnitt GESNERS, der von einer 1559 nach Konstantinopel gebrachten Giraffe genommen und in Nürnberg gedruckt wurde, vielleicht durch Vermittlung des be- rühmten kaiserlichen, 1555—1562 in Konstantinopel lebenden Gesandten GHIsELIN Buspeca. Wenn wir, absehend von den Giraffenschaustellungen des Altertums (s. O. Kutter I. Bd. S. 284f.), die des Mittelalters zu- sammenstellen, so wären vor allem zu nennen die zwei Giraffen, 1) ALBERTUS bemerkt unter Anabula (Nr. 7), dass die Italiener das Tier „seraph“ heissen — vielleicht Druckfehler. ?) Hoc animal, ut scriptum reperi, a Soldano egypti Frederico imperatori, qui mediolanum excidit, dono missum, etate mea et visum ab illustri Robertho sanseverino in cairo egypti urbe (fol. 47). 148 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. welche Constantin Monomachos 1042 als Geschenk erhielt und im Theater zu Konstantinopel dem Volke zeigen ließ (vgl. O. KeLLER). Dann kommt die Giraffe des Kaisers FrIEDRICH; aus der Bemerkung unseres Autors ,qui Mediolanum excidit“ er- sehen wir, daß Frreprich I, der Rotbart gemeint ist und nicht etwa Frieprica II. Ersterer regierte von 1155—1190 und zer- störte Mailand 1162. ALBERTUS drückt sich an der angezogenen Stelle viel ungenauer aus. In der Renaissancezeit sind ebenfalls dann und wann Giraffen auf dem Wege iber Agypten nach Europa gebracht worden. Jener Roserr SANSEVERINO, der in Kairo eine Giraffe sah, dirfte mit dem berihmten Soldbanden- führer, der 1485 in die Dienste des Papstes Innocenz’ VIII. trat und ihn aus großer Verlegenheit befreite!), identisch sein. Im Jahre 1459 wurden beim Empfang des Papstes Pius II. und des Gatrazzo Marta Srorza auf dem Platze vor dem Signorenpalast in Florenz Löwen, Pferde, Hunde und sogar eine Giraffe zum Tierkampfe vorgeführt; die Löwen sollen sich dabei sehr feig benommen haben. Lorenzo Macnirico erhielt eine Giraffe vom Mameluckensultan KavrBev und FERRANTE von Neapel eine solche und ein Zebra vom Fürsten von Bagdad (vgl. BurckHARrDT II. Bd. S. 11, Anm. 3 und S. 13). Endlich ist noch zu nennen die von GESNER erwähnte Giraffe vom Jahre 1559 (Ss. o.). Vertreter der Hirschfamilie erscheinen in den Kapiteln Alcesi( 9%), Cervus (16% 17), Dama 20), Equieeryuss(t20% Musquelibet (f. 42) und Tragelaphus (f. 56”). Beim Edelhirsch (Cervus elaphus L., dem P. Canpipus wie ALBERTUS u. a. eine sehr eingehende, aber für uns belanglose Beschreibung zu teil werden läßt, sehen wir einen kräftigen Zehnender und eine Hindin abgebildet. — Das Kapitel vom Damhirsch (Dama vulgarıs L.) ist ebenfalls mit zwei Tieren, die aber beide Geweihe tragen, illustriert. Eines stehend ist weniger gut und gleicht fast mehr einem Hunde, dem gestielte Schaufeln aufgesetzt sind; das liegende Tier ist dagegen natur- getreu und erinnert etwas an Gesners Holzschnitt (lib. I, paralip. p. 1100). Der Damhirsch heißt bei den Alten Cervus palmatus; Punius (STEIER, Tierformen S. 7) nennt zwar ein Tier dama, dürfte aber damit eine Antilope gemeint haben. Infolgedessen ist auch ALBERTUS noch nicht ganz über die Natur des Tieres 1) Vel. L. Pastor, Geschichte der Päpste III. Bd. S. 186 u. 187. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 149 dama (Nr. 33) sich klar, da er es mit der Gazelle („agazel“ der Araber) verwechselt. Mit P. Canprpus macht sich, wie die Ab- bildung beweist, bereits die heutige Auffassung von. dama als | Damhirsch geltend. Unter Alces (f. 9g) versteht P. Canpipus, wie der Text und die sehr schône Abbildung (s. Taf. I, Abb. 1) lehren, den Elch (Alces palmatus Gray). Unser Autor stützt sich hauptsächlich auf CAsar (de bello gallico lib. VI, cp. 26) und bezeichnet dem- nach als Standort des Elches die Grenzwalder Galliens und Deutschlands. Auch die Fabel von der Steifheit der Beine dieses Tieres, vom Durchsägen des Baumes, an den gelehnt es schläft, und seinem Fange übernimmt P. Canpipus schlankweg von CAsar!). ALBERTUS (Nr. 3 alces und 41 equicervus) hat, wie übrigens schon Prius, den Elch gut behandelt; der erstgenannte Autor kennt als Standort des Tieres nur mehr die nördlicheren und östlichen Waldgebiete (Preußen, Ungarn und Slavonien); vgl. ALBERTUS, lib. II, tr. I cp. Il. — Die Abbildung, die unser Kodex zum Elche bringt, ist künstlerisch fein zu nennen (s. Abb. 1). Es ist ein Kapitalschaufler mit 16 Enden. Bei GESNER erscheint das Tier erst 1583 (p. 159") in ähnlicher Weise, doch etwas verzeichnet; in früheren Auflagen ist es geweihlos abgebildet; die Schaufel folgt separat einige Seiten später. A. Dürer?) der sich eben- falls in der Darstellung des Eiches versuchte, kann -nur einen Krüppel vorführen. Für das Renntier (Rangrfer tarandus L.) hat P. Canpipus die Bezeichnung Parander (f. 50%), während ALBERTUS es als Rangifer (Nr. 97) schon ziemlich gut beschreibt. PLINIUS erwähnt das Ren unter dem Namen Tarandrus, THomas Cant. führt es nicht auf. Wie ich aus O. Keuter (I. Bd. S. 279 und 431) er- sehe, stammt die Bezeichnung Parander von PoLEMIUs SILVIUS°) und ist vielleicht als ein paläographischer Fehler im Archetyp SOLINS zu erklären. Es könnte aber auch eine Zusammenfassung der beiden Tiere Pyradum und Tarandus vorliegen, die bei 1) Alces bestia a Caio Cesare in commentariis suis descripta est, que in germanie et gallie finitimis silvis oritur . 2) Vgl. meine Abhdlg. über A. Dürers Bilder vom Walrof, Wisent und Elen- tier. Naturw. Wochenschr. XI. Bd. (1912), S. 787. 3) Ist wohl jener Poremius S., der an Eucharius, Bischof von Lyon um 434, ein Widmungsschreiben verfafite (s. TEUFFEL, römische Literatur III. Bd. 6. Aufl. (1913), So He S) 457.6. 150 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. ALBERTUS unmittelbar aufeinanderfolgen. Uber das Renntier weiß der Autor nichts Neues, was nicht schon seine Vorgänger insbesondere SoLinus, auf den er sich beruft, gebracht haben; auch die Abbildung, die nichts anderes als einen mit Schafwolle bekleideten Hirsch bringt, zeigt, daß das hochnordische Tier nur nach dem Hörensagen bekannt war. Übrigens kann auch GESNER das Renntier noch nicht richtig abbilden. Elchnatur scheinen wenigstens den Beschreibungen nach auch die beiden Tiere Equicervus und Tragelaphus zu haben. Ersteres wird als mähnentragend und bebartet hingestellt und von ALBERTUS (Nr. 41), wie gesagt, als elent angesprochen. Bei Tuomas Cant. und GESNER wird equicervus nicht aufgeführt. Für Tragelaphus, das bei all den genannten Autoren besprochen wird, bringt GESNER (lib. I paralip. 1101) das Bild eines „Brandhirtz“, das ihm von Norddeutschland zugesandt worden. Es scheint sich um den gewöhnlichen Edel- oder Rothirsch zu handeln, vielleicht auch um eine Abart oder Kreuzung. Nach einer alten Glosse (s. O. KELLER, I. Bd. S. 281) ist Tragelaphus der Elch (elcus). Unter diesen Umständen konnte auch der Maler des P. Canpıpus keinen Aufschluß über die Natur der beiden Tiere geben: trag- elaphus stellt er uns als eine Hirschform, equicervus als eine Kreuzung von Hirsch und Renntier vor. Musquelibet sieht im Bilde aus wie eine Rehgais und soll wohl das Moschustier (Moschus moschiferus L.) zur Veran- schaulichung bringen. Bei den Alten kommt das Moschustier nicht vor; von ihm reden, wie es scheint, erst die mittelalter- lichen Autoren ALBERTUS (Nr. 80), THomas Canr. und Konrap v. M. (Nr. 50) und zwar unter dem Namen musquelibet. Von den Rindern handeln die Kapitel Bubalus (f. 10), Bonachus (f. 10"). Enchires (f. 26%), Lamia (f. 35?), Taurus (f. 54), Taurus indicus (f. 56), Troglodytes (f. 57), Vesontes (f. 59°), Uris (f. 60) und Zybrones (f. 61"). Im Kapitel Bubalus sehen wir das Bild eines Büffels (Dubalus buffelus L.), der bei Prius als Bos indicus erwähnt ist und in der Langobardenzeit um 596 n. Chr. nach Italien einge- führt wurde. ALBERTUS (Nr. 14) beschreibt das Tier ganz gut. — Unter Bonachus, so auch bei ALBERTUS (Nr. 12) und THomas CaAnr. genannt, denkt sich der Maler ein Rind mit kreisförmig die Ohren umziehenden Hörnern. Die Beschreibung, die P. Canpipus gibt, kommt von Sorinus und ALBeRTUS. Es ist die Rede von S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 151 Pferdeähnlichkeit hinsichtlich des Körpers und der Mähne; der Kopf sei aber der eines Stieres; die Hörner, wie gesagt, einge- bogen!. Der Name bonachus ist, wie schon GeESNER (lib.Ip. 151) gefunden, verderbt aus dem aristotelischen bonasus, was nach ÄUBERT-WIMMER den Wisent oder Auerochs bedeuten soll. Die späteren Autoren scheinen mit dem „bonachus“ ein indisches Rind im Auge zu haben, vielleicht den Sundaochsen oder Ban- teng (Dos sondaicus), der einen etwas pferdeartigen Kopf und nach hinten gebogene Hörner mit nach innen gerichteten Spitzen besitzt?). Ein bei MARSHALL abgebildeter „domestizierter indischer Büffel“ zeigt fast dasselbe Gehörn wie der Bonachus des P. Can- pıpus®). Freilich sehen wir ein solches Gehörn auch beim „Muni- stier“ GESNERS (GESNER-FORER f. 126%). Taurus ist ein gewöhnliches, weiß und schwarz scheckiges Rind (Dos Zaurus L.), ebenso der Taurus indicus, bei dem man dem Beinamen gemäß an eine indische Art, vielleicht Zebu (Bos tndicus) denken möchte. — Ferner wird uns das rätselhafte Tier Lamia, das uns sowohl von ALBERTUS (Nr. 39) und THomas Cant. (f. 2ıY), wie von unserem Autor als sehr grausam und ge- fährlich geschildert wird, als harmloses Rind vorgestellt. GESNER hat diesem Tier mehrere Folioseiten gewidmet (lib. I p. 638 bis 641), ohne zu einem sicheren Resultate zu gelangen. Die Troglodytes, vielleicht besser trogodidae wie bei ALBERTUS (Nr. 104) zu nennen, bedeuten anscheinend eine besondere Rasse von Rindern. Sie sollen sehr lange Hörner tragen, die bis zur Erde reichen, und sind auch so abgebildet, nicht unähnlich den von GESNER aus England beschriebenen Munistieren (vgl. G.-ForER p- 127); sonst betrachtet aber dieser Autor die trogodidae der Alten als Wildrinder (lib. I p. 143). Ich vermute in ihnen Exem- plare der Longhornrasse, welche die Hörner sehr lang und auch über den Kopf nach vorne gebogen hat 4). Die Arten, welche unter den Namen Enchires, Vesontes, Uris und Zybrones erscheinen, sind mehr oder minder bemähnt und bedeuten verschiedene Wildrinder. !) Bonachus animal, ut dicit Solinus, cui taurinum caput, corpus et juba equina, cornua ita multiplici reflexu in se curvata, ut si quis in ea offenderet non vulneretur kl To): ?) C. Ketter, Naturgeschichte der Haustiere, S. 122. 3) W. MarsHaıı, Die Tiere der Erde II. Bd., S. 90. 4) Vel. S. Narausrus, Atlas der Rassen und Formen unserer Haustiere IV. Serie, BI. 6, Z. V u. VI. Auch Afrika besitzt nach C. KeLLER Langhornrinder. 152 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. In bezug auf die Enchires handelt es sich offenbar um den Yak (Poéphacus grunniens L.).. P. Canpipus hält sich in der Beschreibung an ALBERTUS, der (Nr. 40) dieses Rind als eine asiatische Form von langer wolliger Behaarung und schwarz- brauner Färbung schildert. Der Name enchires oder enchiros (Alb.) kommt sonst nicht vor. AELıAN (lib. XVI, 11), der als der erste Autor den Yak erwähnt, nennt ihn Poéphagus, welche Bezeichnung auch von Linne (s. 0.) angenommen wurde. Der berühmte venezianische Reisende Marco Poro!) sah den Yak auf seiner Reise durch Tibet nach China und brachte sogar einige Exemplare nach Venedig (um 1270), von denen natürlich unser Autor keine Notiz nahm. Das Bild zu dem Kapitel enchires Gilat. IV, Abb. 7) hat mit ‚dem Nalkamniehtsy zus tum sondem stellt ein nacktes Wildrind dar mit großem Gehòrn, vielleicht den Urs. us): Wisent und Ur, die beiden berühmtesten Wildrinder, die sich ersterer durch die gewaltige Mähne und den hohen Wider- rist, letzterer durch das große weite Gehörn auszeichnen, werden in den drei Kapiteln Vesontes, Uris und Zybrones behandelt. Es hat auch ALBERTUS diese Dreiteilung (Nr. 106 urni, 109 vesontes, 112 zubrones), während THomas CANT. nur die vesontes und zwar nebenbei im Kapitel bubalus anführt. P. Canpipus schließt sich, wie er selbst bemerkt, in der Schilderung der ersten zwei Tiere an Sournus an; ferner wird IsimoR zitiert. Wenn auch die beiden Wildrinder nicht recht auseinander gehalten werden, so ersieht man doch aus der kurzen und mangelhaften Beschrei- bung, daß Vesontes vor allem auf den Wisent (ison europaeus Ow.) geht; er wird als langmähnig und unzähmbar geschildert’). Uris und Zybrones sind dem Wortlaute nach mehr als Ur- rinder (Dos prinugentus Bojan.) zu deuten. Von dem ersteren?) wird nämlich erzählt, daß die Hörner so groß und so schön seien, daß man sie an Hoftafeln benütze. In Deutschland komme der 1) Die Reisen des Venezianers Marco Polo im 13. Jahrhdt. von A. Bürck u. K. Fr. Neumann, 2. Ausg., Leipzig 1855, S. 229. 2) Vesontes, ut Solinus scribit, bobus consimiles sunt, collum setosum habent, jubam ut equus, tam immanes natura, ut capti mansuescere nequeant (fol. 59V). 3) Uris animal, ut idem Solinus scribit, cornua in modum tauri gerit ingentis admodum capacitatis tantaeque venustatis, ut inter regias mensas deliciarum causa deferantur. Hos isidorus agrestes boves appellat. In Germania nasci scribit forti tudinis tam immensae: ut proceras arbores cornibus elevent, nonnumquam et armatos homines (f. 60). S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 153 Ur vor und er hätte eine solche Kraft, daß er hohe Baume und manchmal bewaffnete Menschen mit den Hornern in die Luft hebe. Auch die Zybrones sind nach P. CAnpıpus!) sehr wilde Waldstiere, zwôlf Ellen lang und von schwärzlicher Haarfarbe; die Hörner sind bei ihnen sehr groß, drei Ellen lang, so daß man sie an den Tafeln der Reichen mit Vorliebe als Becher ver- wende; die Tiere sind sehr schnell, weswegen sie fälschlicher- weise in ihrer Heimat den Namen Tiger bekommen haben. Sie werden meistens in Böhmen gefunden, das an Illyrien grenzt.... Dann beschreibt P. Canpipus die Gefährlichkeit der Jagd, die mit Hunden geschieht, wobei der Jäger sich hinter einen Baum stellt und den heranrennenden Wildstier mit Lanzen durchbohrt. End- lich bemerkt der Autor noch, daß es in Polen eine andere Gattung gebe, thurones genannt, kleiner und von größerer Schnelligkeit als die Zubrones. Die Schilderung bei ALBERTUS lautet ziemlich ähnlich; doch macht dieser keine oder nur allge- meine Standortsangaben (wenigstens lib. XXII). Was die Bilder anlangt, so erscheint im Kapitel Vesontes (s. Abb. 5) der Wisent mehr als eine feine domestizierte Rinder- rasse °) mit schönem leierartigen Gehörn, freilich auch mit Mähne, wie schon dargelegt wurde. Besser ist das Tier in seiner Wild- heit charakterisiert im Kapitel Uris; hier ist es etwas hochnackig und trägt es neben einer langen zottigen Mähne die Hörner nach außen und vorne gebogen, wie sie z. B. eines der von A. SCHRAMMEN im Tiergarten des Fürsten Pleß photographierten Tiere zeigt°). Das Bild in unserem Kodex beruht auf einer Zeichnung aus der „Mappa deß Moscowiterlands“. GESNER bringt in der Heidel- 1) Zybrones bestiae ferocissimae sunt de genere taurorum silvestrium, magnae ad cubitorum duodecim longitudinem; pilos subnigros habent; cornua eorum maxima cubitorum trium adeo, ut inter mensas divitum poculorum vice in spectaculis habeantur; summae celeritatis. Ob id falso in eorum regionibus tigridis obtinuere nomen. Ut plurimum in Boemia reperiuntur, que regio prope Illyricum est . . . Aliud zubronum genus est in polonia; thurones ab incolis appellantur, zubronibus forma minores, velocitate prestantiores (f. 61V). ?) Auch A. Dürer führt uns im Gebetbuch des Kaiser Maximilians I. um 1515 vgl. meine Arbeit Tafel XIV) den Wisent als harmloses Rind mit einem Wisentbart vor. Besser ist eine von H. Davip im britischen Museum aufgefundene Studie vom Wisent (vgl. meinen Aufsatz in der Naturwiss. Wochenschr. 1912, XI. Jahrg. Nr. 50. A. Dürzrs Bilder vom Walrof, Wisent und Elentier). 3) Vgl. H. MerrwarTH, Lebensbilder aus der Tierwelt I. Bd. Säugetiere I. Bild S. 189. 154 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. berger Editio tertia (1606) p. 30 und schon früher in der deutschen Ausgabe von Forer (fol. 128) eine ähnliche Auffassung des Tieres mit der Bemerkung, daß dies Bild aus jener Mappe genommen sei. Fine sehr schöne Abbildung (s. Taf. II], Abb. 6) begegnet uns im Kapitel Zybrones, ein schwarzes Rind mit starker Mähne und mit nach vorn und oben elegant geschwungenen Hörnern, die unten gelblich, an der Spitze dunkel gefärbt erscheinen. Das Tier ist vom Künstler sehr lebendig aufgefaßt, wie es sich nieder- beugt, um zum Kampfe auszuholen. Ein weithörniges Rind von ähnlicher Gestalt, aber ohne Mähne, mit deutlicher Wampe und von jüngerem Alter erscheint, wie oben bemerkt, im Kapitel Enchires (s. Taf. IV, Abb. 7); es ist von rückwärts aufgenommen und etwas verkürzt dargestellt, ebenso lebensvoll und meister- haft wie das vorige. Beide Bilder; die sonst nirgends vorkommen und Originale sind, möchte ich auf den Ur (Los primigenius Bojan.) beziehen. Was andere Bilder dieses bekanntlich 1627 ausgestorbenen Wildrindes betrifft, so sind die bekanntesten der von GESNER 1554 (lib. II, app. p. 2) nach HERBERSTAIN reproduzierte Holzschnitt und das „Augsburger Gemälde vom Urstier“. Das letztere, nun in englischem Besitz befindlich, wurde zum erstenmal veröffent- licht in Griffith’s Animal Kingdom 1827 (Vol. IV, p. 416)') und ist auch bei P. ScHurz?) in einer Reproduktion zu sehen. Die Kritik kann sich mit keinem dieser beiden Bilder befreunden: M. HitzHemer?) halt den Ur Herberstains und Gesners für einen „recht langsamen Mastochsen“ und C. KeLLeER sieht auf dem „Augsburger Gemälde“ eher ein zahmes kropfiges Steppenrind als den Urstier; A. NeHRInG*) dagegen hält das letztere Bild für das beste, das wir vom Ur besitzen. Bei dieser Unsicherheit ist der im Jahre 1888 von dem griechischen Archäologen Tsunda gemachte Fund des Goldbechers von Vaphio, der aus der my- kenischen Zeit stammt, von großer Bedeutung. Er ist mit Wild- rindern geschmückt, welche weites Gehörn, kurze Behaarung und 1) Konnte ich auf der Kgl. Hof- u. Staatsbibl. München nicht erhalten. ?) Uber die in historischer Zeit ausgestorbenen Tiere. Berlin 1912, S. 11, Fig. 1. Vgl. auch , Wild und Hund“ 1896 Nr. 33. 8) Wisent und Ur im k. Naturalienkb. zu Stuttgart. Jahreshefte des V. f. vaterl. Naturkunde in Württemberg, 65. Jahrg. (1909), S. 241—260. 4) Die Herberstainschen Abbildungen des Ur und des Bison. Landwirtschaft- liche Jahrbücher (1806) 25. Bd. S. 915—934. Taf. 32—35. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 155 große Wampe zeigen und nach C. KELLER !) ohne Zweifel die echten Ure darstellen. Das Enchires-Bild in unserem Kodex ist ihnen einigermaßen vergleichbar. Wir haben aber eine Nach- richt, daß der Urstier auch langhaarig war. SCHNEEBERGER, ein Schüler GESNERS, der sich in Krakau aufhielt und auf mühsamen Fußtouren Polen und Litauen durchstreifte, bemerkt in der zweiten Ausgabe GEsnErRSs (Frankfurt 1603), daß der Zur dem Hausrind ähnlich, aber länger behaart sei. Ich hege die Vermutung, daß die jüngeren Tiere mähnenlos, die älteren Ure bemähnt waren. Auffallend ist es, daß P. Canpipus zwischen Zybrones (zubrones) und Thurones (Tur SCHNEEBERGERS) unterscheidet. Auch der be- rühmte russische Akademiker K. E. v. Barr glaubte beide aus- einander halten zu müssen. Was dann die Standortsangaben betrifft, so vervollständigt sie P. Canpipus mit dem Hinweis auf Polen und Böhmen (Boemia). Aus den Darlegungen des AzBERTUS (lib. II, tr. I c. 2) läßt sich schließen, daß zu seiner Zeit die beiden Urrinder nur mehr in Ungarn und Polen hausten; Böhmen wird von ihm nicht ge- nannt. P. Canpipus konnte vielleicht von seinem Vater, der als Gesandter im Auftrage des Gian Galeazzo (| 1402) am Hofe des Königs Wenzel weilte?), diese Kunde vernommen haben; auch soll unser Autor selbst nach Deutschland gekommen sein. Es erscheint die oben gemachte Angabe nicht unglaubhaft, wenn es auch unser Autor mit den geographischen Grenzen nicht genau nimmt und Böhmen an Illyrien angrenzen läßt (s. 0.) °). Als Schafe (Ovinen) und Antilopen kommen in Betracht: Calopus (f. 14%), Capra (f. 15), Capra sylvestris (f. 16), Cathapleba (f. 19”), Eale (f. 26%)?, Ibices (f 31%), Orix (f. 46%) und Ovis (f. 47). Bei Ziege Capra und Schaf Ovis handelt es sich natùrlich um die gewöhnlichen Haustierformen (Capra hircus L. und Ovzs artes L.) — Unter Capra sylvestris versteht P. Canpipus wie ALBERTUS (Nr. 19 und lib. II, tr. II) die Gemse (Kuficapra 1) Die Abstammung der ältesten Haustiere. Zürich 1912, S. 140 ff. 2) Vgl. Funk a. a. ©. S. 90, Anm.. 3) Es wurde von mir (Naturwiss. Wochenschr. ıgı2 (XI. Jahrg.) Nr. 50) aus H. OBERMAIER „Der Mensch der Vorzeit“ die Notiz übernommen, dass Ur und Wisent noch um 1500 im Neuburgerwalde bei Passau gelebt hätten. Die Quelle für diese Nachricht (Abt RumpLER von Vormbach) ist ungenau und bezieht sich auf den Hercyni- schen Wald Cäsars. Vgl. H. SrapLer, Geschichtlich-zoolog. Studien etc. Mitt. zur Geschichte der Medizin und Naturw. Nr. 22, VI. Bd., Nr. 3 (1907) S. 252. Zool. Annalen VI. 11 156 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. rupicapra Sund.); auch GESNER (lib. I, p. 319) rechnet die Gemse noch zu den Ziegen, während sie schon Prinius als ,rupicapra“, wie es scheint, von ihnen zu trennen suchte. — Das Kapitel Ibices bezieht sich auf den altbekannten Steinbock (Capra 1bex L.) von dem ALBERTUS (Nr. 34) -erzählt, daß dies schöne Bergtier in den Alpen seiner Heimat (Alemannien, Algäu) keine Selten- heit ware. — Die Abbildungen, die unser Kodex zu diesen beiden Tieren bringt, sind merkwürdigerweise sehr schlecht. i Mit Calopus haben wir ein auslandisches Geschopf, dessen Wohngebiet ALBERTUS (Nr. 15) in Westasien sucht. Man möchte an die Gazelle denken; doch handelt von dieser Antilope der genannte Autor deutlich im Kapitel de dama (Nr. 33), das sich bei P. Canpipus einzig auf den Damhirsch bezieht. Nach diesem Autor müßte man unter Calopus die Hirschziegenantilope (Antilope cervicapra Pall.) sich vorstellen. Sie kommt heutzutage nurmehr östlich vom Indus vor (BREHM, 3. Bd., S. 338) und heißt da auch Kalwit, eine Name, der vielleicht mit dem Worte calopus zusammenhängt. GeEsNER (lib. I, p. 160) bespricht das Calopus- Tier, ohne Klarheit zu gewinnen. — Cathapleba, Eale und Orix sind plinianische Tiere (StEIER, Tierformen, S. 7) und werden das erstere (eigentlich Catoblepas) als Gnu (Cadoblepas gnu Sund.), das dritte als Sabelantilope (Oryx Zeucoryx Pall.) gedeutet. Unter Eale vermutet STEIER das Rhinoceros, das wir oben schon unter einem anderen Namen besprochen haben. — ALBERTUS führt alle diese drei Bezeichnungen (Nr. 22, 37 und 86) an und sagt gleich unserem Autor cathapleba. Die Auffassung unseres Tier- buches geht nun dahin, daf cathapleba ein hornloses Rind (viel- leicht die Akeratosrasse des Biiffels?), eale eine Pferd- oder An- tilopenart und orix eine einhòrnige Ziege sei (vgl. Abb. 7 und 2). In Nepal gibt es bekanntlich einhôrnige Schafe (Ovıs nahoor Hodgs.)!) und es läßt sich wohl vermuten, daß die Kunde von solchen Naturseltenheiten frühzeitig nach Europa gelangte. Wale (Cetacea) und Flossenfüßer (Pinnipedia). Zu den Meersäugetieren rechne ich die Tiere: Aniger f. 146), Beluae magnae (f. 126%), Caeruleum (f. 129%), Cethus) (f. 147), Delphinus (f. 130, 131% und 151), Glamanes (f. 134), Mo- noceros (f. 136), Platanista (f. 138) und Pister (f. 138), ferner die ') Abgebildet in Umschau XII. Jahrg. (Frankfurt 1908) S. 155. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 157 Robben: Caab (f. 128%), Elcus (f 133) und Foca (f. 133). Sie werden alle im III Buche den Fischen eingereiht, wie bei ALBERTUS und GESNER. Eine Gruppe schwimmender Walfische erscheint in einem hubschen, etwas phantastischen Seebilde beim Kapitel Beluae. Die Auffassung erinnert an Grsners Holzschnitt (Fischbuch 1508, fol. go), übertrifft inn aber an Feinheit der Ausführung weit. Da die Tiere Zähne tragen, handelt es sich um Pottwale (Physeter spec.), die manchmal das Mittelmeer aufsuchen. Der Text des P. CanpIDUS schließt sich ganz an Pzinius an, der auch mit Namen zitiert wird (vgl. ALBERTUS lib. XXIV, Nr. 18). — Pister hat ebenfalls Ähnlichkeit mit einem Walfisch; ich vermute in diesem Namen, der sonst nur bei ALBERTUS (l. c. Nr. 94, pistris) vorkommt, das verderbte plinianische (aristotelische) Wort physeter, die Bezeichnung für Pottwal, wie wir soeben gehört haben (vgl. GESNER, Aquatil. anim. Edit. III, pag. 170). — Aniger ist eben- falls ein Name, der nur bei Atperrus (l. c, Nr. 8, aniger) vor- kommt; das Tier wird nach diesem Autor von den Deutschen auch „gervisch“ genannt und von H. SrapLER!) als Hornhecht ge- deutet. Gersner (Edit. III, p. 371) bringt als drittes Synonym die Bezeichnung „Seereiger“, aber keine Abbildung. Unserem Kodex nach wäre Aniger eine Art Schnabelwal (//yperoodon), viel- leicht der Dögling oder Entenwal (/7. dutzkopf Thomp.), der schon öfters in die europäischen Küstenmeere sicht verirrt hat. Delphine (Delphinus spec.) tauchen in dem Werke des P. Canpipus unter verschiedenen Namen auf, vor allem in den drei Kapiteln Delphinus monstrum, nili und piscis, dann als Cethus, worunter man sonst einen Walfisch verstanden hat (vgl. ALBERTUS Nr. 28), endlich in den Kapiteln Caeruleum, Glamanes und Platanista. ALBERTUS (Nr. 21 und 95) versteht unter caeruleum und platanista die im Ganges lebende Art Platanista gangelıca Cuv., die schon Prinius bekannt war (STEIER Tierbestand, S. 21). Was Glamanes für ein Name sein soll, ist mir nicht bekannt; außer bei P. Canpipus findet er sich nirgends. Monoceros, das berühmte Einhorn, ist natürlich phantastischer Natur. Wir sehen ähnlich wie bei GESNER-FORER (f. go, 6. Meer- wunder) ein fischartiges Geschöpf, das auf der Stirne einen kurzen 1) Zur Tiergeographie Deutschlands im Mittelalter. Natur und Kultur VI. Jahrg. (1908) S. 71. QE 158 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Narwalzahn (Monodon monoceros L.) trägt. Die Zeichnung geht zurück auf das bekannte Werk von Oraus Macnus!). Von den Flossenfüßern erscheinen die zwei bekanntesten europäischen Robbenarten in guten Bildern: als Elcus (so auch bei ALBERTUS Nr. 42 genannt) die Mönchsrobbe (S/eno- rhynchus albıvenler Gray) und als Foca der gemeine Seehund (Phoca vitulina L.). Caab und Koki sind, wie GEsnER (Edit. III, p. 165) bemerkt, arabische Namen, die uns Isıpor (?) und ALBERTUS (Nr. 22 Cahab und Nr. 31 Cochi) überlieferten. Sie werden in unserem Kodex als delphinähnliche, mit Zitzen und Krallen aus- gestattete Tiere vorgestellt. Koki dürfte aus dem aristotelischen KoxxvS abzuleiten sein, was ursprünglich eine Trigla-Art be- deutete (vgl. AUBERT-WIMMER, S. 132). Niedere Säugetiere. Eigentümlich ist die Illustration von Duran (f. 20). Der Name taucht erst im Mittelalter auf und soll nach H. ScHuLz (Konrap v. M., S. 109, Anm. 2) vom arabischen Zäriban, Däriban abzu- leiten sein. Nach der Schilderung, die ALBERTUS (Nr. 36), THomas Cant., der genannte Konrap v. M. und unser Autor geben, wäre Duran ein grimmiges, schnelles und starkes Tier, das dem Ver- folger stinkenden Kot entgegenschleudert. Man möchte dem- nach an eine Marderart denken; aber P. CAnpipus erklärt aus Eigenem, daß Duran dem Rhinoceros ähnlich sei. — Der Maler des Kodex, der, wie erwähnt, im 16. Jahrhundert arbeitete, setzte zur Illustration dieses Kapitels das Gesnersche Bild vom ameri- kanischen Gürteltier, Tatu genannt, (Dasypus sexcinctus ?) ein. Der Holzschnitt ist 1554 gefertigt worden (lib. II, Appendix, p. 20 de tato) nach einem Exemplar, das GESNER von einem ge- wissen Aprianus Marsırıus erhalten hatte. GESNER hat aber die Gleichung Duran = Gürteltier nicht. Es gab bekanntlich bis vor kurzer Zeit, vielleicht noch zu der Zeit, als MacHELLAN Pata- gonien betrat (1525), dort riesige Gürteltiere, die nun ausgestorben sind. Vielleicht kam der Maler auf Grund einer diesbezüg- lichen Erzählung auf den Gedanken, den rhinocerosähnlichen Duran mit einem Gürteltier zu illustrieren. Ich wage dies nur als Vermutung auszusprechen, zumal Jo. Eus. Nierem- 1) Historia de gentibus septentrionalibus. Romae 1555. — 40 = S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 159 berg!), der wohl zuerst die amerikanische Tierwelt ex officio behandelt, die Riesenart der Gürteltiere nicht erwähnt (p. 157 bis 160). II. Vögel. Abkürzungen wie bei I. Arpertus meist lib. XXIII. Raubvögel (Raptatores). Von den Adlern wird die Hauptart als Aquila (f. 68), der altberühmte Steinadler (Agua chrysaetos Bp.) natürlich sehr gut abgebildet. P. Canpipus nennt daneben noch eine Form septentrionalis (f. 68%); im Bilde dazu sehen wir wieder den Steinadler, nur daß er diesmal die Flügel lùftet. — Der im Norden heimische Seeadler (Hataetus albicilla Gray), an den wir bei dem Worte septentrionalis vor allem denken möchten, führt in unserem Buche den Namen Linacos (f. 104), wie bei ALBERTUS (Nr. 67), dem zweiten Autor, der das Wort linachos vorträgt. Die Darstellung des Tieres in unserem Kodex ist von bemerkenswerter Naturtreue: Der Vogel befindet sich am Meeres- gestade und frißt Muscheln, ähnlich wie sich im Vollbilde BREHMs (Vögel 3. Bd. S. 314) der Adler an einem Störe gütlich tut. Adlernatur zeigen wenigstens nach den Abbildungen die Vögel Coredulus (f. 82), Egochilus (f. 86) und Memnonides (f. 106). — Die erste Art, die auf deutsch bei Konrap v. M. (Nr. 21) „Herzfresser“ genannt wird, soll nach dem genannten Autor erst- mals bei Isipor (?) auftreten. H. Schutz dachte an eine Würger- art. — Die Bezeichnung Egochilus dürfte wohl verderbt sein und vom aristotelischen atywdiog stammen, in dem AUBERT-WIMMER (S. 77) den Waldkauz erblicken; es ist übrigens eines der wenigen Worte, das sich nur bei P. Canpipus findet. Die Mem- nonides sind plinianische Vögel (vgl. STEIER, Tierformen S. 17). Nach O. Kerrer (II. Bd. S. 181) sind die Memnonsvögel nichts anderes als Kampfläufer (Macketes pugnax L.)*), als welche 1) Jo. Eusrpm NrerEMBERGIr Madritensis ex Societate Jesu etc. Historia Naturae maxime peregrinae libris XVI distincta. Antverpiae Plantin 1635. V. Carus kennt dies interessante und wichtige Werk in seiner Geschichte der Zoologie anscheinend gar nicht. ?) Wie ich selbst bei Luxor (April 1907) beobachtete, treibt sich der Kampfläufer massenhaft in den Wassertümpeln neben dem Nil herum und fällt durch sein larmendes Gebaren auf. 160 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. sie jedoch, soweit die schlechte unbestimmbare Abbildung lehrt, von unserem Tierbuche nicht aufgefaBt werden. Als Falken und Weihen sind anzusprechen: Accipiter Tor i, Asturi(t 72) Arazı la ya) Os ASE ( 73), Nero, philen (f. 74°), Buteus (f. 75%), Palco (£387), Herodius (936), Meriliones (f. 1067), Milvus (f. 104‘). Nisus (f. 108) und Zeleutides (MEN): Im Kapitel Accipiter sehen wir einmal den Habicht (Astur palumbaris Bechst.) und dann diesen mit dem Sperber (/Vzsus communis Cuv.) dargestellt; ebenso scheinen die Bilder zu Astur und Aeriophilon Habichte vorzustellen, vielleicht junge Exemplare mit gelber Wachshaut. Was den Text des P. Canprpus betrifft, so deckt sich seine Darstellung nicht genau mit den Abbildungen. Bei Accipiter nennt er (laut Katalog über P. Canprpus) vier Arten: accipiter, alietus, frogellus seu moschetus und nixus, welch letzterer eben auch im Bilde erscheint. Mit dem Wort frogellus, das nach GESNER (pag. 51) aus fringillarius verdorben ist, muß das den Sperlingen und Finken feindliche Sperbermannchen ver- standen werden, wofür auch das Synonym moschetus, bei ALBERTUS | (lib. XXIII, cp. 14) muschet, Zeugschaft leistet. — Alietus wird wohl auf den Fischadler (7andion hatiaetus Cuv.) gehen; leider ist dieser, schon bei ARISTOTELES und PLINIUS erwähnte, von ALBERTUS den Adlern beigezählte Vogel nicht abgebildet. — Astur ist nach der Schilderung unseres Autors speziell der Ja g d- habicht: PÒÙiipp Maria von Mailand habe solche Beizvögel aus Dazien, Pannonien und den Karpaten in solcher Menge bezogen, daß ihm die Ernährung derselben für den Monat 3000 Goldgulden kostete. Der Preis eines jeden einzelnen betrug 10 Goldgulden 4). Der Habicht ist, wie Bream (Vogel, 3. Bd., S. 389) erklart, heute noch im Orient der geachtetste aller Jagdfalken und so mag die Geschichte wohl glaubhaft sein. Buteus ist als Bussard (Pufeo vulgaris Bechst.) sehr gut getroffen. — Mit Nisus erscheint der Sperber nochmals. Die Falkengattung wird nicht so einheitlich aufgefaßt ) Hee avis aetate mea summo in precio apud principem meum Philippum Mariam habita est; plurimas enim ex his a dacia usque et pannonia et ripheis ut ita dicam montibus afferri jussit, tantaque copia excelluit ut in his alendis trium millium aureorum impensam singulo mense tulerit: essetque uniuscuiusque precium decem aureorum quos persolveret afferentibus aves ut in vita eius scripsimus. fol. 72. Die hier angezogene Stelle findet sich tibersetzt bei PH. Funk (a. a. O.) S. 45. — 8 — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 161 wie von ALBERTUS. Im Kapitel Falco (f. 87—88v) führt uns der Maler drei Arten vor: den rostbraungefärbten Turmfalken (A tinnunculus L.) den starken kräftigen Wanderfalken (7 peregrinus L.) und noch eine dritte Art, vielleicht den Baum- falken (/. subbuteo L.). — Mit Asalon und Meriliones, die bei ALBERTUS (Nr. 11) assalon (Nr. 75) meristiones genannt werden, haben wir den Merlinfalken (Falco aesalon L.) vor uns. — Der berühmte Geierfalke (7° gyrfalco L.), von ALBERTUS schon unter diesem Namen beschrieben (vgl. meine Vogelkunde S. 34), tritt in unserem Kodex unter dem Namen Herodius auf. ALBERTUS (Nr. 9) betrachtete diesen (biblischen) Vogel als Adlerart. GESNER bezieht den Namen auf den Geierfalken und es scheint der Maler des P. Canpipus unter dem Einflusse GESNERS zu stehen, Aus der Gruppe der Weihen besprechen die Alten haupt- sachlich die Gabelweihe (Mzlvus regalıs Cuv.). Der Name milvus kommt schon bei Puinius vor, ferner haben ihn ALBERTUS (Nr. 78), THomas Cant. u. a. In unserem Kodex gibt das Bild zu Milvus die charakteristische Gabelung des Schwanzes nicht wieder; ebenso mangelhaft ist Gesners Holzschnitt (p. 586); viel- leicht hatten die Zeichner den schwarzen Milan (JZ korschun Gm.) vor Augen. Ähnlichkeit mit einer Weihe besitzt der Gestalt und Färbung nach auch der letzte von P. Canpipus geschilderte und bei ihm abgebildete Vogel Zeleutides, von Prinius seleucis geheißen. Ich habe an anderer Stelle (Vogelkde. des ALBERTUS S. 94) die Ver- mutung ausgesprochen, daß dieses Tier, das sich nach den Aus- sagen der Alten durch die Verfolgung der Heuschrecken ver- dienstlich machen soll, vielleicht der Heuschreckenhabicht sein könnte. BrEHM stellt ihn in die Mitte zwischen Habichten und Weihen. REICHEnow!) unterscheidet Heuschreckenhabicht (Melerax) und -Bussard (Butastur), die beide in Nordostafrika vorkommen. Was die Geier betrifft, so scheint Vultur (f. 119%) mehr ein Sammel- als ein Speciesname zu sein. STEIER hält den Vultur des Prinius (Tierbestand, S. 28) für identisch mit dem Mönch- geier (Vultur monachus L.); ich fand bei ALBERTUS (s. a. a. O. S. 30) eher den Gänsegeier (Gyps fulvus Gm.) unter dem 1) Die Vögel, Handbuch der systemat. Ornithologie I. Bd. Stuttgart (1913), S. 380 und 394. 162 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Namen vultur geschildert; was P. Canpipus sich unter diesem Tier vorstellt, ist weder aus dem Texte noch aus dem beigege- benen Bilde zu erschließen. Das sonderbare Wort Kim (f. 102) geht, wie die allerdings schlechte Abbildung lehrt, auf einen rötlich gefärbten, mit langen Schwingen ausgestatteten Geier, offenbar den Lämmergeier (Gypaetus barbatus L.). Prinius heißt diesen unseren größten Vogel aquila barbata und ossifraga (s. STEIER, Tierbestand, S. 21). Der Name kim, bei ALBERTUS (Druckausg. Nr. 64) ganz verderbt kirii lautend, ist nach H. SrapLER bei der Übersetzung des ARISTOTELES an Stelle von gnvn getreten, was von AUBERT- WIMMER (S. 80) als grauer Geier (V. cınereus) bestimmt wird. — Gryps (f. gıY), der Greifen, für den wohl der Lammergeier die Grundlage bilden dürfte (vgl. ALBERTUS Nr. 54), wird im Sinne der Sage als eine Mischung von Adler und Löwe vorgeführt. Zu den Eulen sind zu rechnen: Bubo (f. 75), Nicticorax (Mo) Othus (i. 1092), SE) und Ulola (È 1195) Die erste Art ist als Uhu (Budo bubo L.) ohne Schwierigkeit zu deuten; der Vogel war den Alten, ARISTOTELES, PLINIUS wohl bekannt; O. KELLER (II. Bd., S. 36) vermutet im Uhu auch den mysteriösen Feuersbrunstvogel (Avis incendiaria) der Römer. Die erste genauere Beschreibung des Uhu dürfte ALBERTUS gegeben haben. — Otus ist die ebenfalls seit alter Zeit genannte Ohreule (Otus vulgaris Flem.). — Mit Strix, die bei PLinıus und auch bei ALBERTUS (vgl. meine Vogelkunde S. 38) nicht recht zu deuten ist, erscheint in unserem Tierbuche deutlich abgebildet die Schleiereule (S7r.x flammea L.). — Ulula, deren Bild nicht charakteristisch genug ist, dürfte das Käuzchen (A/hene noctua Gray) sein, wie auch bei Pznius und ALBERTUS (Nr. 110). ‘ Mit Nicticorax, dem Nachtraben, tritt ein biblisches, in der Antike unbekanntes Tier auf, von dem in der mittelalterlichen Literatur viel die Rede ist. Die Schilderung, die ALBERTUS (Nr. 84) vom nocticorax gibt, ist kurz und unklar. Ich dachte (Vogel- kunde S. 62) an den Ziegenmelker, zumal der Vogel kleiner als eine Eule geschildert wird. Grsner (p. 235) bemerkt, daß man die genannte Art zu Bonn a. Rh. für den wahren Nachtraben der Alten betrachte; er selbst aber übertrug den Namen nocti- corax auf den heute noch so genannten Nachtreiher (Wzch#corax nicticorax L.). Der Maler unseres Tierbuches stellt den Nacht- S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 163 raben im Sinne der frühmittelalterlichen Anschauung als irgend eine Eulenart vor, die wir nicht näher bestimmen können. Noch unsicherer sind wir in der Bestimmung des Araz oder Aram von P. Canpipus (f. 72%) genannten Vogels. Der Abbil- dung gemäß wäre er ein dunkelgefärbter, etwa taubengroßer Raubvogel. Es scheint hieher der amraante des Tuomas Canrt, (f. 28) oder amer des Konrap v. M. (Nr. 7), vielleicht auch die amma des ALBERTUS (Nr. 103 unter strix) zu gehören. PFEIFFER wollte das Tier als Ohreule ansprechen. Tuomas Cant. hat den Namen, wie er bemerkt, aus ARISTOTELES übernommen, und es wird wohl eine falsche oder verderbte Übersetzung vorgelegen haben. Klettervögel. Tauben u. a. Von den Spechten erscheint unter dem Namen Picus (f. 114) nur eine Art, wahrscheinlich der Grünspecht (Prcus viridis L.). — Der Kuckuck (Cuculus canorus L.) wird als Cuculus (f. 81) gut dargestellt. Auch der Vogel kakolax (f. 102) dürfte hieher gehören, bei ALBERTUS (Nr. 61) Karkolix auch Karkoloz genannt und nach H. STADLER aus dem aristotelischen xoxxvysg durch falsche Lesung und Textverderbnis entstanden. — Der altbe- kannte (vgl. O. KeLLER, U. Bd, S. 60) Wiedehopf (Upupa epops L.) ist unter seinem Gattungsnamen (fol. 120") bei P. CANnDIDUS besprochen und gut abgebildet; neues Material wird zur Ge- schichte dieses interessanten Vogels nicht gebracht. In den Kapiteln Alcyones (f. 73" und 74), Isida (f. 100) und Merops (f. 106°) sehen wir farbenprächtige Vögel dargestellt, die an den Eisvogel (Alcedo ıspıda L.), zum Teil auch etwas an die Mandelkrähe (Coracias garrula L.) und den Bienen- fresser (Merops apiaster L.) erinnern. Unter dem Namen Isida ist der Vogel am besten zu erkennen; hier ist von späterer Hand im Kodex die Bemerkung eingefügt: quae vulgo dicitur Piom- binus. Piombin bedeutet aber nach GESNER (p. 135) eine Tauch- ente am Lago Maggiore. ALBERTUS (Nr. 57) behandelt den Eis- vogel ebenfalls am besten unter dem Namen hispida, während die alciones aristotelische, nicht ganz bestimmbare Vögel sind (vielleicht Braunliest //alcyon smyrnensis L.). — Auffallend ist, daß ein so schöner Vogel wie die Mandelkrähe, die schon in einer äsopischen Fabel auftritt (s. O. Kerrer, II Bd., S. 58), weder von ALBERTUS noch unserem Autor sicher behandelt wird, 104 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. ja nicht einmal von GESNER (p. 674), während doch schon DùRER ausgezeichnete Bilder von ihm (1512) geschaffen hatte 4). Als Papagei Psytacus (f. 115”) sehen wir den grünen Hals- bandsittich mit rotem Halsstreifen (Palaeornis torquatus L.) abge- bildet, die einzige im Altertum bekannte Art (vgl. O. KELLER, II. Bd., S. 46 und Fig. 19: Neapler Mosaik). Unser Autor be- merkt hier, daß sein Vater zu Venedig einen abgerichteten Pa- pagei gesehen habe, der aus dem Gedächtnis zwei volle Papyrus- seiten sprechen konnte und auf 1000 Goldgulden gewertet war ?). Die Heimat des Vogels verlegt P. Canpipus an die Nilquellen, während PLinius und ALBeRTUS (Nr. 102) schon mit größerer Sachkenntnis hier Indien nennen. Von den Tauben sind als Columba (f. 82) und Turtur (f. 107) die gemeine Haus- und Turteltaube (C. “wa und Zurtur L.) zu guten Abbildungen gekommen. — Es gehòren anscheinend auch noch die fabulösen Vogel Carista (f. 78) und Lucidius (f. 103) hieher. Erstere wird, wie sie durchs Feuer fliegt, bildlich vorge- führt, obwohl schon ALBERTUS (Nr. 22) diese von SoLinus und IorAcH aufgetischte Fabel nicht recht glauben wollte. — Lucidius, so auch bei Arsertus (Nr. 68) genannt, ist nach der Auffassung des P. Canpipus ein deutscher, speziell im herzynischen Wald vorkommender Vogel, der von den Tauben nicht viel unterschie- den sei*), vielleicht die Hohltaube (Columba oenas L.). Unser Autor beruft sich auf PLINIUS, der aber von den Vögeln des herzynischen Waldes die seltsame Mär bringt, daß sie nachts leuchten. Nach KùLB wären es Seidenschwänze (STEIER, Tier- formen, S. 16); ob nicht eher die roten Kreuzschnäbel gemeint sind? Oxen dachte an Drosseln, deren Nester, wenn feuchtes Holz verwendet worden, unter Umständen des Nachts leuchten könnten 4). 1) Vgl. meine Arbeit a. a. ©. Tafel XII. ?) Memini me puerum audisse a parente meo Uberto Decembrio, quod cum venetiis cum Petro cretense mediolanensi archiepiscopo legationis causa (f. 114) adesset, vidisse psytacum venalem mille aureorum pretio, a quo memoriter pronuntiata diversis in modis et perscripta folium papyri utraque ex parte implerent. Defertur haec avis, ut quidam putant ab primis Nili fontibus, ex cuius alluvie nidi in ripis pendentes cum pullis torgente fluvio labuntur et in egyptum usque deferuntur; nec de eius incubatione aut origine notitia ulterius habetur ulla . . fol. 115V. 3) In hercinio germaniae saltu hos aves habitare refert Plinius, forma non multum a palumbis distantes. *) Vel. KitLERMANN Ses., Leuchtende Vogelnester und Vögel, Naturwiss. Wochen- schrift N. F. IV. Bd. Nr. 25, S. 393—395. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 165 Hühner- und Laufvôgel. Das gemeine Haushuhn Gallus (f. 94), Gallina (f. 95) und der Kapaun, Gallus gallinaceus vel capus (f. 97) werden ausführlich besprochen und in schönen Bildern vor Augen geführt. Das Kapitel ist in drei Teile geteilt wie bei ALBERTUS, THomAs Canr. u. a. Der Hahn scheint der braunen Livornischen Rasse anzu- gehören. P. Canpipus weiß dann auch von einem indischen Huhn, das er Gallina Indiae sive orix nennt (f. 94). Es sei etwa so groß wie eine Ente, verschiedenfarbig, lege sehr viele Eier wie unser Haushuhn und zwar zu bestimmter Zeit und ziehe die Jungen auf in derselben Weise. Von diesen Hühnern hält man sehr viel in östlichen Gegenden; sie werden sehr fett und deswegen sind sie sehr berühmt geworden, als Haushühner für die Tafeln der Reichen gehalten. Sie fressen mit Vorliebe Palmenfrüchte, wie THEoPHRASTEs sagt!). Welche Hühnerart der Autor im Auge hat, ist schwer zu sagen; das Wort Orix geht, wie GESNER (p. 600) bemerkt, eigentlich auf ein vierfüßiges Tier (s. 0.). Dem Maler unseres Buches gilt als indisches Huhn der amerikanische Puter (Meleagris gallopavo L.), der mit beiden Geschlechtern zu Seiten des Haushahnes in guten Abbildungen prangt. Der Hahn ist in der Balzstellung naturgetreu gegeben, besser als bei GESNER (p. 464). Das Waldhuhn der Alten, Gallus silvester (f. 97%), bei ALBERTUS (Nr. 47) ebenso geheißen, ist, wie die gute Abbildung lehrt, nichts anderes als der Fasan (Phasianus colchicus L.). — Mit Pavo (f. 111%) erscheint in schöner Darstellung der seit PERIKLES Zeiten (s. ©. KELLER, II. Bd. S. 149) bekannte Pfau (favo cristatus L.). — Der nicht weniger berühmte Vogel Phoenix (f. 86Y) wird uns als ein in Blau und Gold schillernder Goldfasan (Phaszanus pictus L.) vorgestellt; auch O. KeLLER (II. Bd., S. 146) deutet so den phoenix der Alten. — Tragopiles (f. 118), tragopan bei PLINIUS, tregopalis bei ALBERTUS (Nr. 106) genannt, hat leider kein 1) Gallina Indiae, quae orix ab antiquis dicitur, vario colore distinguitur, corpore anati par; foetificat maxime ovat autem gallinarum nostrarum ritu, verum (?) statuto tempore eodemque modo pullos educit et nutrit; harum magna in orientali plaga copia est pinguescuntque maxime et ob id divitum mensarum contubernio et fama notissimae habentur. Hae palmarum fructibus avidissime vescuntur, ut Theophrasto placet. 166 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. besonders gutes Bild bekommen; es scheint das indische Satyr- huhn (Ceralorms salyra Swains.) die Unterlage zu bilden, Die gewöhnlichen Wald- und Feldhühner wurden von den alten Zoologen nicht gut unterschieden; besonders sind die Schil- derungen vom Auer- und Birkhuhn sehr unsicher (vgl. Vogel- kunde des ALBERTUS S. 65). Unser Autor kennt nur Coturnix (f. 84) die Wachtel (Colurnix communis Bonn.), Lagopus (f. 104°) das von PLinius zuerst geschilderte Schneehuhn (Lagopus mulus Leach), Perdix (112) das Rebhuhn (?erdix cinerea Lath.) und Bonasa (f. 77). ALBERTUS schildert unter diesem letzteren Namen wohl zuerst (s. meine Vogelkunde, S. 65) das Haseihuhn (Gonasa bonasia L.) und unser Kodex bringt auch ein Bild dieses Vogels. P. Canpipus bemerkt ausdrücklich, daß er unter Bonasa einen in Deutschland vorkommenden Vogel verstehe, dessen Fleisch von schwarzer Färbung sei; auch GESNER-HEUSSLEIN (Vo- gelbuch, S. 335 und 337) hat diese Anschauung, während ALBERTUS und der Neue Naumann das Fleisch des Haselhuhns als weiß beschreiben. Von den Wasserhühnern sehen wir in unserem Kodex das Bläßhuhn (/ulica atra L.), das wie bei PLinıus und ALBERTUS (Nr. 43) Fulica (f. 00") heißt, ziemlich gut abgebildet. — Schlechter steht es in dieser Hinsicht mit Porphyrio (f. 111), das ich als Porphyrhuhn (forphyrio veterum L.) anspreche. ALBERTUS (Nr. 101) dachte wohl bei porphyrio an den ihm eher bekannten Flamingo; zu GESNERS Zeiten bezog man das Wort porphyrio wie heute auf das Satyrhuhn; GEsnEr konnte erst im Nachtrag seines Werkes (p. 776) eine Abbildung dies schönen, in Südeuropa vorkommenden Vogels bringen. Eine sehr gute Abbildung stellt uns bei Grus (f. 92%) den altbekannten Kranich (Grus cinerea Bechst.) vor, wie er einen Stein aufhebt, um mit ihm zu spielen. Hiemit ist eine alte, auch von Bren bestätigte Beobachtung im Bilde verewigt (vgl. meine Vogelkunde des ALBERTUS S. 75). — Bezüglich der Art von Bistarda (f. 76) ist der Maler unseres Tierbuches nicht sicher; er hält gleich ALBERTUS (Nr. 15), dem wohl P. Canpipus gefolgt ist, das Tier anscheinend für einen Raubvogel. Auch noch ein weißer, rotbeiniger Vogel ist dazu gemalt, wohl als Beute des ersteren gedacht. GESNER (p. 468) identifizierte Bistarda mit Trappe (Otis tarda L.), die unter diesen heute gebräuchlichen Namen schon den Alten bekannt war (vgl. O. KeLLER, II. Bd, S. 175). S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 107 Ich schließe hier an das Kapitel Struthio (f. 116), in dem wir eine gute Abbildung des Straußes (Struthio camels L.) finden. Der Maler zeigt sich erfahrener als GESNER, der den Vogel über und tiber mit buntfarbigen Federn spickte. Ubrigens hatte schon friher A. Dürer den StrauB mit geniigender Naturwahrheit ge- zeichnet 1), Singvögel (Oscines). Von den Drosseln sind vor allem die Singdrossel (7wy- dus musicus L.) und die Amsel (7. merula L.) unter den alten Bezeichnungen Turdus (f. 118%) und Merula (f. 106%) zu einer sehr guten Darstellung gekommen. Über die Amsel trägt P. Canprpus ähnliche Gedanken wie ÄLBERTUS (Nr. 77) vor, daß sie sehr mu- sikalisch sei, (von Geistlichen) abgerichtet eine Skala von sieben Noten singen könne und in der Gefangenschaft sogar Fleisch fresse ?). Als Passer solitarius (f. 114‘) erscheint in unserem Kodex richtig, wie ich a. a. O. (Vogelkunde, S. 46) fir Auserrus (Nr. 77 und 91) nachgewiesen habe, die Blaumerle (Monticola cyanus L.) noch dazu und ausnahmsweise in einer sehr natürlichen Auffas- sung, wie sie auf einem Mauerstück Platz genommen hat. Auch O. KeLLER (II. Bd., S. 80) hat die Anschauung, daß unter dem (zahmen) Sperling der Alten die leicht zàhmbare Blaumerle zu verstehen sei. Auch die Nachtigall (Luscinia philomela Bp.) ist unter dem Namen Lucinia (f. 103) sehr gut abgebildet; der Text bietet keine Besonderheiten. — Als Crochilus (f. 85) erscheint ein ebenso hübsch gemalter Zaunkönig (77oglodytes parvulus Koch). P. Canpipus hat die Bezeichnung, welche bei ARISTOTELES und Prinivs trochilos lautet, anscheinend von THomas Cant, oder ALBERTUS (Nr. 34) übernommen, die beide Crochilus sagen. Zu den schwalbenartigen Vögeln gehören Dariata (f. 85%) und Hirundo (f. 100") — Die letztere, ohne Zweifel die Rauch- schwalbe (//rundo rustica L.) wird sehr schön im Fluge vor- 1) Vgl. meine Arbeit, Tafel X. *) Hoc erat tune temporis in clero novum et spectandum miraculum, quod avis non natura dictante sed arte tamen humana perfectam musicam in novem notulis didicisset, fere nativi cantus oblita; hec sola prope in admirationem (?) congratulantis et spectantis populi sepius repetebat et, ut experi, prodidere, domestica merula contra propriam ipsius naturam carnes comedit et eo dulcius canit etc. 168 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. geführt. Dariata, wahrscheinlich die driacha des ALBERTUS (Nr. 37), entpuppt sich als Mauersegler (Cypselus apus L.); der Vogel ist prachtig gemalt und liegt mit seinen langen Fligeln hilflos am Boden, wie das heute noch von ihm behauptet wird. P. Can- DIDUS sagt, daß dieser Vogel „keine Füße habe“, wie ALBERTUS an der angezogenen Stelle. Zitiert wird von dem letzteren hiefür ARISTOTELES, der einen ähnlichen Vogel drepanis heißt (vgl. GESNER, p. 545). Von den Finken sind der Distelfink (/7mgulla carduelis L.) als Carduelis (f. 84”) und der Haussperling (Zasser domesticus L.) als Passer (f. 1147) sehr deutlich und schön zur Abbildung gekommen. Zu dem ersteren bemerkt P. Canprpus offenbar auf Grund seiner philoiogischen Studien, daß schon Homer den Distelfink erwähne; der carduelis des Prinius wäre nach STEIER (Tierbestand, S. 24) der Hänfling; bei ALseRTUS (Nr. 23) bedeutet carduelis sicher den Distelfink, wie schon der Zusatz des deut- schen Namens dortselbst beweist. Außerdem wird noch ein Vogel Achantis (f. 73) besprochen, der schon im Altertum (vgl. O. KELLER, II. Bd., S. 87) und bei Tuomas Cant., ALBERTUS (Nr. 2) usw. er- wähnt wird. Während man achantis gewöhnlich nach der Ety- mologie des Namens als ein Synonym vom Distelfink betrachtet, führt ihn unser Kodex als Zeisig (Zringüla spinus L.) ein. Melancoriphus (f. 105%) ist ein aristotelischer Vogel, den AUBERT- WIMMER (S. 102) als Sumpfmeise bestimmten, O. KELLER (II. Bd., S. 120) für den schwarzköpfigen Fliegenfänger zu halten geneigt ist. In unserem Kodex wird hier ein Vogel, ähnlich dem Gimpel (Pyrrhyla pyrrhula L.), der ja auch einen schwarz- samtenen Kopf trägt, abgebildet. ALsBerrus (Nr. 72) kennt eben- falls einen Vogel melantorisus (verderbt aus melancoriphus), den ich früher als Mauersegler (Vogelkunde S. 61) betrachtete. Die Bemerkung, daß die Jungen truppweise (per turmas)!) der Mutter folgen, könnte auch auf den Gimpel, der meist familienweise auf- tritt, passen. Als eine Grasmücken- oder Laubsängerart, leider nicht genauer bestimmbar, vielleicht das Spötterl (/rcedula hypolaıs L.), er- scheint das Vögelchen Ficedula (f. 81); es sitzt auf einem Feigen- zweig. Die Bedeutung des Wortes ficedula, das bei Puinıus ') Vgl. H. STADLER in einer Besprechung meines Buches ,Vogelkunde des Albertus Magnus“. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 169 erstmals vorkommt, hat verschiedene Wandlungen durchgemacht: O. KeLLER (II. Bd., S. 120) denkt an einen Fliegenfänger, STEIER (Tierbestand S. 25) an die Sumpfmeise, ALBERTUS (Nr. 42) sogar an die Schnepfe; die Auffassung, die unser Kodex zur Geltung bringt, dürfte die richtigere sein. Egythus (f. 86) zeigt in der Abbildung Ahnlichkeit mit einem Sperling. Der Name kommt vom aristotelischen «iyıJos, bei ALBERTUS (Nr. 38) verderbt egirthus; der „hänflingartige“ Vogel soll sich auf den Riicken der weidenden Esel niederlassen (nach Art der Madenhacker?). Man könnte an den Rosenstaar (Pastor roseus Temm.) denken, der sich gerne auf Viehweiden aufhält und wegen seiner roten Färbung mit einem Hänfling ver- wechselt werden könnte. Doch bemerkt A. v. NORDMANN!), der das Leben des Rosenstaares in Südrussland beobachtete, daß derselbe nur selten das weidende Vieh anfliegt. Aus der Familie der Lerchen erscheint vor allem als Alauda (f. 73") schlechthin die Feldlerche (Alauda arvensis L.), dann als Calander (f. 79°) die Kalanderlerche (Melano- corypha calandra Boje); beide sind sehr gut dargestellt. Die letztere Art, die in Südeuropa verbreitet ist und unsere Feldlerche im Singen übertrifft, ist, wie es scheint, von den Alten von der Feldlerche nicht unterschieden worden; wenigstens erwähnt sie STEIER in der Tierliste des Prisıus nicht. Die Kalanderlerche wurde, wie ich in der „Vogelkunde des ALBERTUS“ (S. 49) betont habe, zum erstenmal von diesem Autor oder besser von THomas Cant. näher beschrieben und zu einer eigenen Art erhoben. O. KELLERS Ansicht (II. Bd., S. 86), daß calandra die Hauben- lerche sei, dürfte nicht richtig sein. — Die Haubenlerche (Galerita cristata Boje) tritt in unserem Kodex unter dem Namen Gosturdi (f. 92) auf; vielleicht ist der Maler beeinflußt von GESNER (p. 78 und 79), der gosturdi auf Haubenlerche bezieht. Er nennt als erste Quelle des merkwürdigen Namens einen author obscurus libri de natura rerum. Auch ALBERTUS (Nr. 50) spricht von gosturdi, beschreibt sie als Bodenbrüter und wird wohl Hauben- lerchen darunter verstanden haben. Im Kapitel von der Lerche nennt er übrigens ausdriicklich die Schopflerche (galerica cristata; vgl. meine Vogelkunde S. 48). 1) Bulletin Scient. de Academie impériale des Sciences de S. Petersbourg Tom. IVA (Ul 39) ip 2 ie 170 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Die Rabenfamilie wird ziemlich eingehend behandelt in den Kapiteln: Caladrius (f. 77), Corvus (f. 80), Cornix (f. 80%), Facator (f. go’), Ferix (f. 91), Garrulus (f. 98), Gracocenderon (f. 92), Graculus (f. 98v), Incendula (f. 100), Kikes (f. 102%) und Mon- edula (f. 107%). | Corvus und Gracocenderon gehen auf den Kolkraben(Corvus corax L.). Uber das erste Wort ist nichts weiter zu sagen; gra- cocenderon ist nach H. STADLER einfach das aristotelische Wort für Rabe, schlecht wiedergegeben zuerst von THomas Cant., dann auch von ALBERTUS (Nr. 51) übernommen und von Konrap v. M. sogar verdeutscht als „Gracender“. — Cornix und Monedula sind wie bei ALBERTUS (Nr. 31 und 79) und den anderen Autoren leicht als Rabenkrähe (Corvus corone Lath.) und Dohle (C. monedula L.) zu bestimmen. — Caladrius ware der Abbildung nach ein weiber Rabe, bei ALBERTUS (Nr. 20) irgend ein orien- talischer Vogel. Garrulus zeigt sich in einem schönen Bilde als Eichelhäher (Garrulus glandarius Vieill.); der Name scheint jüngeren Ur- sprungs zu sein und findet sich in gleicher Weise bei ALBERTUS (Nr. 48) und den übrigen mittelalterlichen Autoren. — Graculus kommt bereits bei PLinius vor als Name für die Steindohle (nach STEIER); in unserem Kodex ist der Vogel, ähnlich wie ihn ALBERTUS (Nr. 52) beschreibt, als schwarze Krähe abgebildet, vielleicht die Saatkrähe (C. frugilegus L.); hieher dürfte man auch das Tier Ferix setzen, wofür ALBERTUS (Nr. 41) fetix hat. — Kiches, Kites bei ALBERTUS (Nr. 62) und das besser nach dem aristotelischen Kitta gegeben, stellt die Elster (/7ca caudata Ray) vor; dagegen soll die heutige Bezeichnung pica bei Prius auf den Eichel- häher zu beziehen sein (vgl. STEIER a. a. O. S. 27). Bei den Namen Facator (f. go”) und Incendula (f. 100) sehen wir Bilder von gelbschnäbeligen Alpendohlen (Pyrrhocorax alpinus Vieill.). Unter der heute gültigen Bezeichnung erscheint diese Art bereits bei Prinius (s. STEIER Tierbestand S. 27). ALBERTUS nennt sie monedula montana (s. meine Vogelkunde S. 58); unter facator und incendula, die er (soweit ich verfolgen kann) allein außer P. Canpipus anführt (Nr. 39 und 60), stellt er sich orien- talische Arten vor, die aber weder von GESNER (p. 370) noch von mir bestimmt werden konnten. H. STADLER hält das Wort facator für verderbt aus dem aristotelischen para, Wildtaube. Mit Sturnus (f. 117) tritt der gewöhnliche Staar (Sfurnus S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. INT vulgaris L.) auf und mit Oriolus (f. 110) der Pirol(Oyzolus galbula L.), der aber nicht gar gut abgebildet ist. Der Name Oriolus wird zuerst von ALBERTUS (Nr. 87) gebraucht (s. meine Vogelkunde S. 53); THomas Cant. hat ihn nicht. Bei ARISTOTELES, PLINIUS usw. heißt der Pirol chlorion, galgulus (s. STEIER, Tierbestand, SRE TOR ENTER II. Bd. S. 220) Die Aves paradisi (f. 74") schildert P. Canpipus ähnlich wie ALBERTUS (Nr. 12). Unser Autor mußte sich für diese Vögel speziell interessiert haben, da er bemerkt, daß er leider bei den Autoren nicht mehr über ihre Natur erfahren konnte). Illustriert ist dieses Kapitel mit mehreren Bildern, welche den Eisvogel oder Immenfresser und den wirklichen Paradiesvogel (7ara- dısea rubra L.), also lauter schöne Arten, zur Veranschaulichung bringen. Das letztgenannte Vogelbild ist mit dem GEsnerschen Holzschnitt (lib. III, aves (1555) p. 612) durchaus identisch: ein Vogelbalg ohne Füße mit etwas ausgebreiteten Federn. GESNER erhielt das Bild, wie er bemerkt, von C. PEUTINGER in Nürnberg. Schreitvögel (Gressores) u. a. Von den Reihern werden der gewöhnliche Graureiher (Ardea cinerea L.) als Ardea (f. 68Y) schlechthin und eine kleinere Art als Ardeola (f. 69) besprochen; ALBERTUS kennt (Nr. 10) diese letztere, welche wohl den Silberreiher (Ardea alba) wie bei PLinıus (STEIER, Tierbestand S. 23) bedeutet, nicht. In den Abbildungen erscheint zu diesen zwei Kapiteln nur ein und derselbe Grau- reiher, ziemlich gut dargestellt. — Butorius (f. 75), ein Name, der sonst nur bei ALBERTUS (Nr. 19) sich finden läßt und wohl von dem taurus bei PLINIUS (STEIER, Tierformen S. 25) abzuleiten ist, geht auf die Rohrdommel (Dofaurus stellarıs Steph.). Die Abbildung ist nicht besonders gelungen, aber immerhin so gut wie die Gesnerschen Holzschnitte ?). — Mit Platea (f. 113) er- scheint der Löffelreiher (Platalea leucorodia L.), der jenen Namen auch schon bei Prinivs und ALBERTUS (Nr. 99) trägt. Selbstverständlich hat der Storch (Czcorza alba L.) unter dem altbekannten lateinischen Namen (f. 78°) die besondere Be- achtung unseres Autors und seines Malers gefunden. Es wird 1) Color illis fuscus atque subrutilus; monedulae forma minores sunt. Ceterum nihil a me ex illustribus auctoribus de his aut earum natura perspectum est. *) A. Durer hatte einige Jahrzehnte vor GESNER diesen merkwürdigen Vogel schon ziemlich naturgetreu gezeichnet (vgl. meine: Arbeit a. a. ©. Tafel XI). Zool. Annalen VI. 12 172 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. erzählt, daß in Mailand jemand einem brütenden Storchenpaar ein Gänseei unterschoben hätte; das Männchen sei, als es die „Mißgeburt“ sah, so erzürnt gewesen, daß es das junge Gänschen mit Beihilfe anderer Storche zerrissen habe!) — Vom schwarzen Storche, den ALBERTUS (vgl. H. STADLER) zuerst beschrieben hat, verlautet in unserem Kodex keine Silbe?). Die Magnales (f. 105) erweisen sich nach der Auffassung unseres Malers als Flamingos (Phoenicopterus roseus Pall.). Auch ALBERTUS (Nr. 70) erwähnt kurz die magnales als schwarz- beinige, von Fischen sich nährende Vögel des Orientes, die man wohl am ehesten mit GESNER (p. 575) für Pelikane halten môchte. P. Canpipus denkt jedoch an den Flamingo, zumal er die Zunge dieser Vögel als einen gesuchten Leckerbissen der alten Römer bezeichnet (vgl. O. Kezzer, II. Bd. S. 211). Der berühmte Ibis erfährt von P. Canpipus (f. 98Y) eine weitläufige Schilderung, die sich so ziemlich an die des (SoLinus und) AIBERTUS (Nr. 58) anschließt. Beide Autoren denken an den hl. Ibis (/bzs relisiosa Sav.) der Agypter®), P. CanpIpus er- wähnt dabei auch einen im Pelusium vorkommenden schwarzen Ibis, von dem bei ALBERTUS nichts zu lesen ist. Dieser Hinweis mochte wohl den Maler des Kodex verführt haben, hier (fol. 90; s. Taf. V., Abb. 10) das Bild vom Mähnenibis, dem Wald- rapp GESNERS (Geronticus eremita L.) einzusetzen und zwar das Original GesnERs selbst. Berronıus nannte den Vogel nach dem Zeugnis GESNERS (de avibus p. 337) einen schwarzen Ibis*), während 1) Mediolani vero aetate mea contigit, cum anseris ovum quispiam tentandi studio ciconiae supposuisset, fotum et natum esse demum; ceterum viso foetu adeo exhoruisse marem, ut adducta subito ciconiarum turba ibidem in conspectu discerptam exanimaverit. ?) Abgebildet finde ich den schwarzen Storch bereits bei Grorro: Franziskus predigt den Vögeln (Paris, Louvre Nr. 1312). 3) Ibis avis est, ut Solinus scribit, circa ripas Nili fluminis inhabitans, quae serpentum depopulatur ova etc. Nigras aves ibices pelusium habet, reliqua vero pars aegypti candidas. Hanc avem non nulli ciconiam esse crediderunt ignari earum generis diversitatis, nisi forte ciconiarum genus aliud arbitrentur non consuetum videri in europae orbe nostro, cum Plinius affirmat, ibices rostrum aduncum habere, quod in ciconiis longe differt; quare rostrum directum longum et acutum videmus, neque tamen in summitatis acumine acutum. Sicque in multis natura diversa (P. Canpipus f. 98V u. 99.) *) Ich habe in den Werken des Berronius (l’histoire de la nature des Oyseaux Paris 1555) weder die von GESNER angezogene Stelle noch eine Abbildung des Mähnenibis gefunden. Es ist auffällig, wie der Maler auf die Idee kam, das Wald- rappbild GESNERS hier zu verwerten. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 173 GESNER das jetzt bei uns ausgestorbene interessante Tier zu den Raben stellte. Vergleiche übrigens meine Arbeit: Der Wald- rapp GEsNERS. Zoolog. Annalen, IV. Bd. (1909), S. 268 u. f. Nepa (f. 109) und Vanellus (f. 119) scheinen zuerst von ALBERTUS (Nr. 82 und 112) in die Literatur eingeführt worden zu sein. Während dort Nepa am besten als Schnepfe zu deuten ist, stellt das Bild dieses Namens in unserem Kodex wahrscheinlich den mit der Schnepfe ähnlich lebenden Brachvogel (Nuwmentius arguatus L.) dar. — Bei Vanellus erscheint das wohlgetroffene Konterfei des Kiebitzes (Vanellus cristatus Meyer). — Die Pluviales (f. 113), so auch von Tuomas Cant. und ALBERTUS (Nr. 100) genannt, werden im Bilde deutlich als Goldregen- pfeifer (Charadrius pluvialis L.) charakterisiert‘), — Zu Glutis (f. 93%), d. i. glottis des ARISTOTELES und PLINIUS, erscheint der Gesnersche Vogel glutt (p. 489), eine Art Wasserläufer (Totanus totanus L.). Die Glottis der Alten wird von SUNDEVALL, AUBERT- WIMMER und STEIER als Wendehals bestimmt. Bei ALBERTUS (Nr. 49) wird sie ebenfalls genannt, bleibt aber unbestimmbar. Zahnschnäbler (Lamellirostres) u. a. Als Anseres (f. 69% und 70) sehen wir in unserem Kodex zwei Arten abgebildet, die vielleicht der Farbung nach auf die Grau- und Schneegans (Amser cinereus Meyer, hyperboreus Pall.) zu beziehen sind. Gleich Auserrus (Nr. 8), der übrigens das Gänsegeschlecht schon sehr gut und kritisch behandelt, spricht unser Autor von einer großen Art, die auf den höchsten Spitzen der Alpen und im hohen Norden vorkäme, zu den größten Vögeln gehöre neben dem Strauß, und leicht zu fangen sei, freilich an unzugänglichen Stellen’). Ich halte die Geschichte für Jäger- latein; vielleicht liegt auch eine Verwechselung mit dem Edel- hahn (Zetrao gallus caucasıcus) vor, der nur die höchsten Re- gionenin denkleinasiatischen Gebirgen bewohnt und vom Menschen infolgedessen wenig zu fürchten hat (vgl. O. Ketter, II. Bd, S. 166). GESNER (p. 157) dachte an die Trappgans, die aber nur die Ebenen liebt. Oder sollte an den Gänsegeier zu denken sein? !) Meine Bestimmung dieser Vögel auf Grund der undeutlichen Beschreibung des ALBERTUS (Vogelkunde S. 53) ist darnach zu berichtigen. ? Aliud genus est earum, quod preter strutionem inter aves maximum est, sed adeo ponderosum, ut manu capiatur, fere immobile supra terram ... . gignuntur in septentrionali plaga, in alpium jugis, ad que rarus hominum accessus est (f. 70 u. 70V). 12* BEN CA 174 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Von den Enten sehen wir als Anas (f. 70%) die Wildente (Anas boschas L.) in einem sehr guten, naturgetreuen Bilde. — Der Vogel Komor (f. 102‘) mit dem Zusatz pigargus erscheint als eine blauflügelige Ente; ich halte sie für die im Mittelmeer überwinternde Lôffelente (Spazula clypeata L.). Der Name Komor ist auch ALBERTUS (Nr. 63) bekannt; pigargus kommt von PLINIUS und wird sonst von GESNER (p. 199) und STEIER (Tierbe- stand S. 27) auf eine Adlerart bezogen. Cornica (f. 81) und Ibor (f. 9g”) sind Vogelnamen, welche sonst nur ALBERTUS (Nr. 30 und 59) bringt. Der erstere soll nach ALBERTUS von PLinius stammen, wurde jedoch von.GESNER da- selbst nicht aufgefunden; auch STEIER führt ihn nicht an. Die Abbildungen zeigen ein entenähnliches Tier, im zweiten Falle eine Alkenart mit gelbem Schnabel und rotlichen Schwimm- füßen. Der Text des Autors, wie auch des ALBERTUS gewährt uns keine näheren Aufschlüsse über die Art dieser Vögel. Nach H. SrapLeR wäre das Wort Ibor, iboz durch falsche Lesung des aristotelischen «@v.$og entstanden. Unter dem Namen Barliates (f. 76V), der bei ALBERTUS (Nr. 14) barbates sive bonugas lautet und nach GESNER (p. 108) aus brantae vel berniclae entstanden ist, treten zwei Bernikelgänse auf mit kurzen roten Schnäbeln und roten Beinen (s. Taf. V, Abb. 9). P. Canpipus glaubt natürlich die Fabel, daß diese Vögel am Holz, besonders Tannenholz entstehen, obwohl dies schon von ALBERTUS (s. meine „Vogelkunde“ S. 86) zurückgewiesen worden war. Die Bilder stimmen genau überein mit den Holzschnitten, die GESNER von Io. FERRERIUS PEDEMONTANUS erhielt (p. 109). Sie betreffen Vögel, welche die Schottlander Clakis heißen (nach HEKTOoR Boëraius). Es ist aber fraglich, ob die Bilder die jetzige Bernikel- gans (Dranta bernicla L.) und nicht vielmehr die kurzschnäbelige oder rotfüßige Gans (Anser brachyrhynchus Baill.) zur Veran- schaulichung bringen. Vielleicht liegt noch eine Konfusion vor mit einer dritten ähnlichen Art, der Weißwangengans (Dranta leucopsis Bechst.), die heute noch im Englischen Clakis genannt wird (vgl. Neuer Naumann IX. Bd., Taf. 25, 26 und 27). Bernikel- gänse sind nach HirLyer GicLiori (Avifauna Italiae) auch schon in den Lagunen von Venedig im Winter geschossen worden. Der Name Mergus (f. 108) wird wie bei ALBERTUS (Nr. 74), Tuomas Cant. und Konrap v. M. (Nr. 51) deutlich auf eine Taucherart (Mergus merganser L.?) bezogen; die Deutung bei EN S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 175 Pzinius ist unsicher und STEIER hält seinen mergus für eine Raub- move. M6 ven erscheinen in unserem Kodex unter den Bezeichnungen Gavia (f. 92), Larus (f. 103) und Meance (f. 106). Gavia fehlt bei ALBERTUS und den übrigen und ist direkt von PLINIUS übernommen; wie hier so ist auch im Buche des P. Canpipus der Vogel als Silbermöve (Larus argentatus Br.) zu deuten. —- Die zwei anderen Namen sind sowohl von ALBERTUS (Nr. 65 und 71) als auch Tuomas Cant. bezeugt. Soweit die schlechten Illustrationen es zulassen, könnte die Bestimmung auf die Lachmöve (ZL. rıdıdbundus L.), wenigstens bei Larus lauten. Der Kormoran (Phalacrocorax carbo Dum.) erscheint zwei- mal im Tierbuche unter Carchetes (f. 837) und Morplex (f. 105). Beide Namen sind verderbt; der erstere, bei ALBERTUS (Nr. 24) carchates, lautet bei ARISTOTELES und Prius Catarrhactes d. h. Sturzvogel, wobei O. KerLer (IL Bd. S. 241) an den Hauben- steißfuß und Tölpel denkt. Morplex, bei ALBERTUS (Nr. 80) morfex, ist wohl das verderbte plinianische Wort morphnos = percnus, das STEIER (Tierbestand S. 26) auf den Fischadler bezieht. Im Mittelalter stellte man sich darunter den ja ebenfalls fischrauben- den Kormoran vor, wie sich aus dem von ALBERTUS gebrauchten Synonym ,,schalucher“ d. h. Kormoran ergibt (vgl. m. Vogelkde. S. 89). P. Canpipus hat diesen Beisatz nicht, wie er überhaupt den Kormoran sehr oberflachlich beschreibt. Der berühmte Pelikan (/elecanus onocratulus L.) wird von P.. CAnpIDUS gleichwie von ALBERTUS in drei Kapiteln behandelt, unter Onocratulus (f. 108Y), Osma (f. 110) und Pellicanus (f. 110). Die erste Bezeichnung stammt aus PLINIUS; osma ist die osina des ALBERTUS (Nr. 88), der unter dieser Uberschrift den Pelikan am besten beschreibt; pellicanus endlich, von ARISTOTELES stammend, scheint mehr auf eine Reiherart sich zu beziehen (s. GESNER p. 639 und STEIER Tierformen S. 14). Onocratulus und Osma zeigen in unserem Kodex den Pelikan, das zweitemal mit auf- geblasenem Kehlkopf; Pellicanus erscheint dagegen als ein adler- artiger, die Jungen mit seinem Blute nährender Vogel, ,,ut vulgo a pictoribus effingitur“ (GESNER p. 639). Der Text des P. CAnpIDUS bietet keine Besonderheiten. Mit Cygnus (f. 77”) ist eine der beiden europäischen Schwanen- arten (Cygnus olor oder musicus) abgebildet. — Diomedes (f. 85) zeigt auch Ahnlichkeit mit dem Schwan; oder sollte das Bild den Wen 176 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Albatroß (Diomedes exulans L.) vorstellen? Die „diomedeischen“ Vögel der Alten werden von Lenz und O. Ketzer (II. Bd. S. 235) für Brandenten gehalten. Bei ALBERTUS (Nr. 37) ist diomedes nicht sicher zu bestimmen (vgl. m. Vogelkd. S. 93). Zum Schlusse mögen noch einige ganz unbestimmbare Vögel folgen; Choretes, so auch bei ALBERTUS (Nr. 25) nach H. STADLER entstanden aus dem chloreus des Puinius, aber auch hier un- bestimmbar; und dasselbe gilt vom Cynamolgos (f. 77 Ÿ) cinnamolgus des Purius. Nach der Beschreibung, die ALBERTUS (lib. VIII, 2, 4) von dem cinnamolgus gibt, möchte man fast an eine Art Webervogel denken. In beiden Fällen erscheinen in unserem Tierbuch graue, nicht zu bestimmende Vögel. III. Reptilien und Amphibien. Abkürzungen wie in I und II. ALBERTus meist lib. XXV. Eidechsen (S.uria). Hierher gehôren Amphisbaena (f 172%), Cecula (Ge az Chamäleon (f. 174°), Lacerta (f. 176%), Scincus (f. 139Y), Stellio (f. 179Y)? und Sytala (f. 180)? Die an zweiter und dritter Stelle genannten Arten sind die schon den Alten (Puinius usw.) bekanntenChamäleon (Chamaeleon vulgaris Dand.) und Eidechse (Lacerta viridis Gesn.), in guten Bildern wiedergegeben. — Cecula ist offenbar die Blind- schleiche (Argus fragilis L.), welche die Alten nicht besonders von den Schlangen unterschieden haben. Bei Isipor (XII, 4, 33) erscheint caecula jedoch deutlich beschrieben als augenloses schlangenartiges Tier. ALBERTUS (Nr. 24) hat hiefür infolge eines Druckfehlers (?) die Bezeichnung cerula, die nach GESNER (lib. V, p. 36) als caecilia zu lesen wäre. — Scincus tritt wie bei ALBERTUS (Nr. 119) unter den Fischen auf, ist aber der Abbildung nach wahrscheinlich der Apothekerskink (Scncus officinalis Laur.), bekanntlich ein Wüstentier, vielleicht auch der verkleinert dar- gestellte Wüstenwaran (Varanus arenarius); vgl. GESNER lib. V, p- 21. — Stellio (s. u.) möchte ich als Gecko deuten. Amphisbaena und Sytala sollen offenbar Ringelechsen (Amphisbaeniden) vorstellen. Der ersteren ist vorn und hinten ein Kopf an den Leib angesetzt, eine Anschauung, zu der die flichtige Betrachtung des abgestutzten regenwurmähnlichen Tieres a = S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. y) verführen kann, Sytala muß nach Gesner (de Scytale lib. V, p. 66Ÿ) als ein Synonym aufgefaßt werden, was übrigens schon Arsertus nahelegt. Die Namen sind vielfach verdorben und lauten bei dem letzteren Autor amphisilea (Nr. 5), seisecula (Nr. 50), bei THomas CANT. ansibena, situla. Das Krokodil Crocodilus (f. 1277) wird unter die Wasser- tiere eingereiht, wie das im Mittelalter allgemein üblich war (vgl. Ausertus lib. XXIV, Nr. 37); es ist als Cr. vulgaris Cuv. in der Abbildung geniigend charakterisiert. Schildkrôten (Chelidonia). Hierher gehòren mehrere Abbildungen, die einigemal wieder- holt in den verschiedenen Abteilungen des Werkes untergebracht sind als: Bartora (f. 127), Loligo monstrum (f. 135°), Mus marinus (f. 158%) Testudo (f. 139Y und fol. 202‘), Tortuca (f. 140Y und 181°). Testudo vor allem ist in beiden Abbildungen die griechische Landschildkröte (Zestudo graeca L.); im zweiten Falle, wo sie unter die niederen Tiere eingereiht ist, scheint testudo ursprüng- lich ähnlich wie bei AtLBeRTUs (lib. XXVI, Nr. 42) die Be- deutung eines durch eine Röhre geschützten wurmartigen Tieres zu haben. — Die übrigen Namen gehen meist auf Meeresschild- kröten. Mit Bartora, das bei Tuomas Cant. und ALBERTUS (lib. XXIV, Nr. 17) barchora lautet, aber wohl verdorben sein wird (vgl. GEsnER lib. II, p. 105), erscheint eine unbestimmbare Meer- schildkròte (Chelone?); ebenso bei Loligo monstrum. Das ge- wôhnliche Loligo geht bekanntlich auf eine Tintenfischart. Luligo stellt sich ALBERTUS (l. c., Nr. 73) als einen schuppigen Fisch mit Flugfahigkeit (?) vor. Interessant sind die Illustrationen zu Mus marinus und Tortuca, da hier eine seltene Schildkréte zweimal erscheint, die Leder- schildkröte (Dermatochelys coriacea Rond.)!. Das Bild hat große Ähnlichkeit mit dem Gæsxer’schen Holzschnitt vom Jahre 1558 (s. Fischbuch p. 107” und 108). Hier lesen wir auch, daß 1520 eine Riesenschildkröte dieser Art an der französischen Küste gefangen worden sei. ALBERTUS denkt sich unter mus marinus 1) Über diese aussterbende (?) Schildkröte vgl. L. KATHARINER in Naturw. Wochenschr. N. F. XII (1913) Nr. 24. — Nach einer Notiz im Anthropos VIII. Bd. (1913) S. 1099 wurde 1912 auf der Insel Vuatam (Südsee) ein riesiges Exemplar der Lederschildkrôte gefangen. 178 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. (lib. XXIV, Nr. 85) wahrscheinlich die Wasserratte; nach dem Zeugnis des H. SALvIANI (fol. 33%) bedeutete aber zu seiner Zeit der Name eine Schildkröte (Testudo lutaria). — Die Tortuca, die in unserem Kodex (f. 181%) nochmals als Schildkröte ab- gebildet wird, ist dort nicht bestimmbar. Auch ALBERTUS spricht an zwei Stellen (lib. XXIV, Nr. 126 und XXV Nr. 59) von dieser Schildkròte und man méchte einmal bei seiner Schilderung fast an eine (südamerikanische) Schlangenhalsschildkröte denken. Schlangen (Ophidia). Die Beschreibung der Schlangen ist wie in ällen mittelalter- lichen. Werken, auch noch bei GESNER, sehr unklar; die Ab- bildungen sind dementsprechend, oft sogar phantastisch, so daß eine genauere Bestimmung unmöglich ist. Als Ringelnattern kann man die Boa (f. 173), Nadera (f. 177) und Natrix (f. 177) bezeichnen. Am besten ist die Boa als Ringelnatter (Zroprdonotus natrix L.) charakterisiert. — Nadera wäre nach ALBERTUS (Nr. 40) eine deutsche Schlange; da er ihr aber eine gelbe Bauchfärbung, abgesehen von der Giftig- keit, zuschreibt, müssen wir die Bestimmung auf die Ringelnatter fallen lassen. Vielleicht handelt es sich um die italienische Viper- natter (Zropzdonotus viperinus Boje), die oben gelbgrün und unten gelb oder rotgelb gefärbt ist, oder um die Äskulapnatter. Unser Kodex bringt für Nadera eine einfach grüne Schlange, für Natrix eine solche mit pfeilförmiger Zunge. Natrix wird von ALBERTUS (Nr. 41) als eine Wassernatter hingestellt. Die genannte Boa erscheint in schöner Darstellung milch- saugend an den Zitzen eines Tieres. Hiermit ist eine alte Fabel illustriert, die schon bei Prinus (0. KELLER II. Bd. S. 299) und dann bei AugErrus (Nr. 15) zu lesen ist. Die Schlange wäre nach Leyvıe identisch mit der in der römischen Campagna häufigen Streifennatter (Coluber quaterradiatus Dum.) die in südlichen Ländern im Verdacht steht, daß sie Milch sauge (vgl. BREHM, Kriechtiere S. 300)!). Die Askulapnatter (Coluber Aesculapit Sturm.), welche in der Heilkunde eine Rolle spielte, ist in unserem Werke nicht sicher erkennbar; müßte die Nadera (s. o.) darunter zu verstehen 1) Noch heutzutage herrscht diese von BREHM als Fabel gebrandmarkte Anschau- ung im Volke (vgl. Kosmos X. Bd. (1913) S. 226: Bericht aus Oberstein a. d. Nahe). S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 179 sein oder der Tysus (f. 182). Diese letztere, sonst nur von THoMAS Cant. und Konrap v. M. (Nr. 36) erwähnt, soll in den Bergen von Padua vorkommen, 6—7 Fuß lang werden und nicht giftig sein. Die Abbildung (s. Tafel VIII Abb. 15) ist leider ungenügend. Kletterschlangen wären nach den Aussagen der Alten, des ALBERTUS (Nr. 30), die Jaculi (f. 176), in unserem Kodex aber nicht abgebildet. Vielleicht handelt es sich hier um die Zorn- natter (Zamenıs spec.), die bereits in Südtirol vorkommt und dort von GREDLER von Bäumen geschüttelt wurde (BREHM a. a. OS as) Indem wir uns zu den Giftschlangen wenden, finden wir sehr gut dargestellt die Sandviper (Vrpera ammodytes Dum.) unter dem alten Namen Emorois (f. 176), haemorrhois bei Istpor (XII, 4, 15) und ALBERTUS (Nr. 31). Die Aspisviper (Vipera aspıs Merr.) und Kreuzotter (Pelias berus L.) treten mehrmals auf, so in den Kapiteln Aspis (f. 172), Chelidrus (f. 174), Ipnapis (f. 176%), Hydrus (f. 176%?) Prester (fol. 177%) und Vipera (f. 183°). Die Grenze zwischen den beiden Arten ist schwer zu ziehen. Die meisten hier angeführten Namen finden sich schon bei den Alten, bei THomas Canr. und ALBERTUS, nur einige in ent- stellter Form. So hat ALBERTUS (Nr. 36) ipucipis statt ipnapis, die beide von dem Worte hypnalis bei Istpor (XII, 4, 13) ab- zuleiten sind (vel. GESNER lib. V, p. 28); Tuomas hat hinwiederum paster statt prester. — Chelidrus gilt auch GESNER (l. c. p. 55) als Vipera aspis zu deutsch ,Stinkschlange*. — Hydrus ware nach der Meinung des Prius und ALBERTUS (Nr. 34), wie auch der Name sagt, eine sehr schòn gezeichnete Wasserschlange; in unserem Buch sehen wir eine blaue kreuzotterahnliche Viper. — Die Kreuzotter erscheint am Anfang und Ende des Buches (als Aspis), die weißen Giftzähne zeigend; ihre schwarze Varietät (Pehas berus v. prester) ist unter diesem von Ioracx (vgl. AL- BERTUS Nr. 44) stammenden Namen bereits sehr gut abgebildet, während GesneR kein Bild bringen kann. Der Text des P. Canpipus ist in diesen Kapiteln von keiner besonderen Be- deutung. Wenn wir dann übergehen zu den berüchtigten Schlangen des Orientes, so ist vor allem die durch die Hornwarzen auf- fallende, den Alten schon bekannte Hornviper (Vipera cerastes Latr.) in unserem Buche zu sehen in den Kapiteln Cornua 180 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. serpentes und Cerastes (f. 173”). — Unter den Namen Dipsas (f. 175) und Phareas (f. 178) dùrfte die ägyptische Brillen- oder Speischlange (Naa hae Merr.) zu verstehen sein; zuerst er- scheint sie eingerollt, als Phareas aufrecht. Dipsas hat nach ALBERTUS (Nr. 25) einen kleinen Kopf und breiten (ausdehnbaren) Hals; ihr Biß soll besonders Durst erregen, während der Aspis- stich Lähmung und Schlafsucht erzeugt (GESNER p. 42). Phareas, bei Istpor (XII, 4, 27) parias, kann sich, wie ALBERTUS (Nr. 43) be- tont und wir also hier im Bilde sehen, aufrichten; die Spei- schlange wird bekanntlich von den Gauklern viel benützt. — Seps (f. 181), so auch bei Isipor (XII, 4, 17), bei ALBERTUS {Nr. 52) und Tuomas Cant. serps genannt, könnte, da ihr ein breiter Kopf, schmaler Hals und weißgefleckter kurzschwänziger Körper eignen soll, die gefährliche Sandrasselotter oder Efa (Zeus carınala) Arabiens sein. Die Abbildung in unserem Kodex ist jedoch zu einer genaueren Bestimmung unbrauchbar. Tyrus (f. 182Y), dessen Bild ebenfalls keine Bestimmung zu- läßt, ist nach dem Texte eine der berühmten Theriakschlangen, vielleicht Vipera Redit (vgl. Hugo Schulz in Konrap v. M. S. 240). P. Canpipus bemerkt hier, daß in Damaskus, wie er von dem Venetianer HermoLAUs gehört habe, Tyrusschlangen um 500 Gold- gulden feilgehalten werden; sie seien so schrecklich und zischen so fürchterlich, daf die Zuschauer in Schrecken und Zittern ver- fallen!). Mit tyrus konfundiert ALBERTUS (Nr. 60) eine einheimische Schlange: die Askulap- oder vielleicht auch die Zornnatter (s. o.). Weitere Tiere, wie Basiliscus (f. 172V), Cenchris (f. 174‘) Draco {f. 175), Dracontopedes (f. 176), Rutela (f. 178), Serpens aeneus (f. 178), Scalpiga (f. 179‘), Stellio serpens (f. 179"), Scaura (f. 180), Syrena serpens (f. 180), Scorpio (f. 180"), Serpens indicus (f. 181) sind von der Phantasie verunstaltete Lebewesen: Geckonen, der javanische Flugdrache (Draco volans L.), auch einige Schlangen mögen ihnen zugrunde liegen. Im Kapitel von den indischen Schlangen weist P. Canpipus eine aufschneiderische Erzählung seines literarischen Gegners PHILELCUS zurück, der behauptete, daß er in Pera bei Konstanti- !) Hermolaus donatus natione venetus vir magnae nobilitatis et virtutis dicere solebat vidisse se tyros venales in Damascena urbe, quorum singuli 500 aureis aut pluris distraherentur; hos viminea cavea inclusos circumstantibus negotiatoribus ostendi solere, capite dumtaxat e caveo producto; cuius oris adeo tetra effigies, sibilum vero horrendum erat, ut astantes contremiscant (fol. 182V). LL ER S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 181 nopel, als er, um der Verhaftung zu entgehen, ins Meer gesprungen war, gerade eine indische Schlange gefunden habe, auf deren Rücken er nach Konstantinopel geschwommen sei wie Arion auf dem Delphin. Die berühmte Seeschlange endlich (Serpens maris f, 178%) entpuppt sich in unserem Buche als Hornhecht (Lelone vulgarıs Flem.) mit langem zusammengeroilten Körper, gerade so wie H. SaLviani (fol. 57, 58) und GESNER (lib. V. p. 69) sich diese Schlange vorstellten. — Thamur (f. 202) endlich, auch bei ALBERTUS (lib. X XVI, Nr. 43) so genannt und unter die Würmer einregistriert, ist ein völlig märchenhaftes Geschöpf; aber doch versucht der Maler uns eine Vorstellung von ihm zu geben und zeichnet eine Schlange, die die Eierschale zersprengt. Lurche (Amphibia). Die Lurche werden wie bei ALBERTUS u. a. zu den Würmern gezählt!); erwähnt werden Buffones: B. cornutus und borax (f. 191”), Rana (f. 199”) und zwar parva (f. 200), rubeta (f. 200) und oriens (f. 200%). Die erstgenannten (Buffones) sind Kröten, zwei grau und eine braun dargestellt und wohl als zur gewöhnlichen Art der Feld- kröte (Pujo vulgaris Laur.) gehörig zu bezeichnen. Genauere Unterschiede können wir auf Grund der vagen Beschreibung und ‘ der Abbildungen nicht machen. Ziehen wir die Beschreibung, die ALBERTUS von Bufo cornutus (lib. XXVI, Nr. 8) gibt, zu Rate, dann wäre dieses Tier die Feuerkröte oder Unke (Dombinator zoneus Rösel) und borax (l. c. Nr. 6) die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans Wagl.). Das Wort borax wäre nach GESNER (lib. II, p. 60) aus dem griechischen Namen für Frosch batrax entstanden; auch THomas Cant. und Konrap v. M. sagen borax. Rana im allgemeinen bedeutet den gewöhnlichen Wasser- frosch (Rana esculenta L.). Die Unterart rubeta erscheint braun- gefärbt mit zwei Fühlern auf dem Kopfe, vielleicht der braune Landfrosch oder die Unke; Prinius soll unter rubeta die Unke verstanden haben (vgl. O. KeLLeR II. Bd. S. 310). Rana parva und oriens sehen wie Laubfrösche (//yla arborea L.) aus. In diesem Kapitel taucht (zum erstenmal?) die bekannte Ge- schichte von den Fréschen im menschlichen Magen auf. Bei Tuomas Canr. und ALzBerrus finde ich sie nicht; auch O. KELLER ) Rana inter vermes deputatur, bemerkt P. Canprpus (fol. 199). Go 182 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. berichtet nichts in diesem Sinne aus dem Altertum. Nur steht nach Konrap v. M. (S. 261) bei Prinius, daß Rinder, welche Frösche verschlucken, aufgeblaht werden. P. Canpipus!) erzählt nun, daß er als Knabe von seinem Vater Husertus die Geschichte gehòrt habe. Jemand hatte in seiner Vaterstadt Viglevano beim Trinken unversehens einen Frosch verschluckt, der sich dann zu einem solchen Ungeheuer entwickelte, daß er alle Speise ver- zehrte, sogar laut im Bauche quakte, bis er endlich gliedweise zerlegt und vermittelst Arzneien erbrochen wurde. Sein Onkel Marracıvs, ein berühmter Arzt, sei mit seinem Rat beigestanden. — Nach Grsner (lib. II p. 71) ist der Glaube an lebende Frösche im Magen schon allgemein und volkstümlich. Salamandra (f. 179) ist der berühmte Feuersalamander (Salamandra maculosa Laur.); er wird im Feuer liegend dargestellt. Der Autor erzählt eine fabulose, uninteressante Geschichte über dieses Tier, ohne sie zu bezweifeln, aber auch ohne sie zu glauben. — Mit Stellio (f. 179Y) erscheint der Abbildung nach vielleicht der italienische Steinsalamander (Geotriton fuscus Bonap.). Das Tier Stellio der Alten wird sonst meistens (s. O. KeLLER II. Bd. S. 278 und STEIER, Tierbestand S. 30) als irgend eine Geckoart gedeutet. Die Beschreibung des ALBERTUS (lib. XXV, Nr. 56), der an dem Tier sternförmige Flecken als besondere Merkmale erwähnt, geht offenbar auf die Sterneidechse (Hemzdatcylus verruculatus Cuv.) IV. Fische. Abkürzungen wie in I—II[; ArLBErRTus meist lib. XXIV. Edelfische etc. Als Karpfen möchte ich bezeichnen die Fische Alec (f.-144), Agones (f. 144‘) Alphora (f. ı43Y)?, Australis (f. 146%), Balbi (if 140") Carpera (fh, 140%), Lleraclides (( (1520) icuss (fon) Scarda (f. 165), Teuca (f. 166%) und Verginales (f. 167). Die Hauptart, der Karpfen selbst (Cyprinus carpio L.), heißt wie bei ALBERTUS (Nr. 26) Carpera. Der heute so wichtige Speise- 1) Audiebam puer parentem meum Ubertum referentem, cum in agris oppidi nostri vigleveni quidam e fonte inscius ranam huiusmodi hausisset, non solum ventre adauctum immenso sed beluam eam adeo increvisse, ut omnia alimento in se conver- teret, audireturque propalam coaxantis in utero vox; demum pharmacis membratim discerptam et egestam, consilio materni avi mei Marracii physici doctissimi. 7 pi S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 183 fisch ist bei Prinius noch nicht sicher nachweisbar, fehlt auch bei Istpor, THomas Cant. und sogar bei dem Deutschen Konrap v. M. — Die Balbi sind dem Bilde nach, das hier ebensogut ist wie bei Carpera, als Barben (Darbus vulgaris Flem.) anzusprechen; die Beschreibung ist freilich kurz und mangelhaft. Balbi ist wohl entstanden aus dem Worte barbelli des ALBERTUS, der von ihnen (lib. VII tr. I c. 6) berichtet, daß sie sich in der Donau im Winter massenhaft an gewissen Stellen einfinden (in villa mea super Danubium, worunter wohl Lauingen, nicht Donaustauf bei Regensburg, zu verstehen ist) Sonst erwähnt die Barbe noch AusonIus (Mosella v. 94)?). Weniger leicht sind die Fische Alec, Alphora und einige andere zu bestimmen. Der Auffassung des Malers nach wäre Alec eine Karpfenart, etwa der Alet oder Eitel (Leuczscus cephalus). Istpor (XII, 6,39), der wohl zuerst den Namen alec an- führt, THomas Cant. und Konrap v. M. scheinen darunter den Haring zu verstehen. ALBERTUS beschreibt im Kapitel, aslec (Nr. io XIV til ce 7) deutlich die Spoke); loblaber aslee und alec identisch sind, weiß ich nicht. — Alphora sodann müßte der Beschreibung nach, die wir bei ALBERTUS (Nr. 6) finden, ein Schlampeitzger (Codstisspec.)sein; ebenso die Heraclides(f. 152%), die zuerst von THEOPHRAST und auch von ALBERTUS (Nr. 46) be- sprochen werden. Die Bilder sind in beiden Fällen für eine nähere Bestimmung nicht brauchbar. Die Agones, welche als silberglänzende Fischchen abgebildet sind, könnten Lauben (Aldurnus sp.) sein. Nach GESNER be- deutet das Wort „agun“ in der Konstanzer Fischersprache jene Fische (Teutsche Namen S. 125); es stammt aus dem Griechischen; agonus d. h. unfruchtbar ist jetzt der Name für den Steinpicker. Lauben (Alb. alborello de Fil.) kommen nach HECKEL und KNER?®) in den italienischen Seen scharenweise vor. Australis, so auch schon bei Isıpor (XII, 6, 32) genannt, zeigt in der Abbildung die charakteristische Form des Sichlings (Pelecus cultratus Ag.), der im Osten beheimatet in den öster- reichischen Seen während des Sommers in großen Zügen erscheint, 1) Ausonii opera Edit. Biponti pag. 172—188. ?) Vgl.H. STADLER, Zur Charakteristik der gangbarsten Ausgabe der Tiergeschichte des ALBERTuUS M. Archiv f. G. der Naturw. Bd. III (1912) S. 470. 3) J. Hecker und R. Kner, Die Süßwasserfische der östr. Monarchie. Leipzig 1858, S. 137. i 184 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. so daß die Fischer erschrecken (Breum Fische S. 287). Ein von ALBERTUS (Nr. 15) austratus genannter Fisch dürfte mit dem Australis des P. Canpipus identisch sein, zumal von einem periodischen Auftreten des Fisches die Rede ist. Der Fisch Scarda besitzt deutlich (s. Taf. VII, Abb. ı3) die flache breite Gestalt des Brassens (Adramıs drama L.); ALBERTUS scheint ihn nicht zu kennen. Ebensowenig nennt er die Teuca unseres Autors, welche leicht als Schleie (7inca vulgaris Cuv.) mit Hilfe der schönen Abbildung bestimmt werden kann. Nach P. Canpipus kommt sie bei Rom im Lacus Marsus vor. Die Schleie ist tatsächlich in ganz Italien einheimisch'). Merkwürdiger- weise erscheint sie nicht in der Tierliste der Alten, des Prinius. Ausonius (Mosella v. 125) ist der erste, der sie erwähnt (vgl. GESNER edit. III, p. 300). Pigus möchte ich der Abbildung nach wieder auf eine Weiß- fischart beziehen und zwar auf den Frauen-Nerfling (Leuciscus pigus de Fil), der heute noch jenen Namen trägt. Bei ALRERTUS u. a. finde ich das Wort pigus nicht; dagegen treten dort (Nr. 133) vergiliades auf, die mit den Verginales unseres Autors identisch sein dürften. Nach ALBERTUS sind diese Fische im Comer- und Langsee häufig und ausgezeichnet durch spitzige Schuppen, die wie Schuhnägel aussehen. Die Quelle für diese Nachricht ist Puinius (vgl. SrereR Tierformen S. 38). Die Vergiliades des ALBERTUS hat schon GesnER (Edit. III, p. 345) als eine Karpfen- art Cyprinus clavatus Rondeletius bestimmt, auf deutsch „Dorn- oder Steinkarpff“ seu Pigus (GESNER-FORER p. 165"). Nach der Beschreibung ist der Fisch, der nur im Comer- und Langsee vor- kommen soll, im Besitze „viel kleiner dörn oder spitzen, von welchen er gantz rauch die Hände denen so in angreiffen sticht und verletzt“. Im Bilde zeigt der Fisch einen roten Bauch und, wie GESNER am Schlusse bemerkt, Ähnlichkeit mit den ,,Erfflen“ der Deutschen. Es handelt sich also bei diesem Fisch offenbar um den Frauennerfling (Zeuciscus virgo Heck.) Dem Männchen dieser Fischart wachsen tatsächlich im April und Mai während der Laichzeit Dornen auf den Schuppen. SIEBOLD bemerkt?): „an der Seite des Leibes stehen diese Dornen zwischen Rückenkante und Seitenlinie in 5—6 vw tläufigen Querreihen, weshalb diese 1) Vgl. 7. HECKEL und Kner, a. a. O. S. 78. °) SiesoLp, Die Süßwasserfische von Mitteleuropa, Leipzig 1863, S. 193. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 185 Fische heute noch Dornlinge genannt werden“. Damit dürfte über jene Fische des Puinius, die STEIER nicht zu bestimmen wagte, Klarheit geschaffen sein; PLINIUS zeigt sich hier wieder, wenn die Natur seiner Heimat — er war in Oberitalien (Comum) gebürtig — in Betracht kommt, als durchaus zuverlässig. — Der Name vergilades des ALBERTUS soll nach Gesner (edit. III 1. c.) ab- zuleiten sein von dem Sternbild der Plejaden (vergiliades); ob nicht eine Korrumpierung der Bezeichnung verginales, wie P. Canpipus sagt, vorliegt? Das Wort ist offenbar verwandt mit virgo, dem Namen des Frauen-Nerflings (Zeuciscus virgo Heck. syn. f:gus de Fil). — Die Abbildung in unserem Kodex reicht zur sicheren Bestimmung dieser Fischart nicht aus. Zu den Lachsen, der edelsten Fischfamilie, gehòren Ciaucius ro) Salmo (fy 162), Trute (105); Bymalus (9 166") und Umblus (f. 167%). Die Hauptart, der Salm oder Seelachs (Salmo salar L.) erscheint unter der Bezeichnung Salmo. Dieser edle Fisch war natürlich schon den Alten, PLinius bekannt; auch ALBERTUS kennt ihn sehr gut und bemerkt, daß man in Köln große Exemplare von Salmen fängt. Ganz befriedigt sind wir über den Bericht und das Bild, das unser Kodex bringt, nicht; besser steht es in dieser Hinsicht bei der Forelle (Salmo fario L.), die unser Autor Trute nennt. Er hat sie nach seiner Erinnerung am Lago maggiore als Knabe in großer Menge gesehen (mit der Angel gefangen) und gegessen!), Als Claucius wird ebenfalls eine Forelle vor- gestellt mit einer Angel im Maule. — Die Forelle scheint in der Antike nicht bekannt gewesen zu sein; der Name truta stammt von Ausonius (vgl. GESNER edit. II, p. 1005); im Mittelalter schildert sonst nur ALBERTUS (Nr. 128) unter diesem Namen die Forelle. Das Wort Claucius, vielleicht der glaucus des Pxinius, auch von ALBERTUS (Nr. 30) claucius, von andern claurius genannt, ist sonst nicht recht zu bestimmen, wenn es nicht, wie unser Kodex meint, auf die Forelle geht. Tymalus ist ohne Zweifel die Asche (Zhymallus vulgaris Nilss.), die gleich der Forelle in Gebirgswässern lebt und wohl in Norditalien vorkommt (vgl. GesneR edit. II, lib. IV, p. 981). P. Canpipus hat den Namen tymalus von AELIAN (lib. XIV. cp. 22) 1) In lacu verbano Insubrium magna copia memini me adolescentulum parente meo magistratum continente iis in locis optimas aliquando vidisse et edisse (f. 166). 186 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. oder Isipor (XII, 6, 29); auch in der Lebensbeschreibung des Puitipp Marta Visconti erzählt er von Aschen, als den einzigen Fischen, die dieser Herzog auf der Tafel sehen wollte‘). Der zur Lachsgattung gerechnete Saibling (Salmo salvelinus, auch %720bla L.) erscheint als letzter Fisch in unserem Kodex unter dem Namen Umblus (f. 167%). Ob die umbra des Ausonus (Mosella v. 90) hierher gehört, scheint mir zweifelhaft; nach GESNER (a. a. O. p. 980) hätte AzBERTUS (lib. VII) diese umbra mit thymallus identifiziert, sie aber als Meerfisch betrachtet. GESNER kennt den Namen umblus nicht, wie auch nicht das deutsche Wort. P. CAnpipus nun beschreibt den Saibling sehr gut und lobt ihn wie BREHM (Fische S. 343—345) wegen des vor- züglichen Fleisches. Hauptsächlich komme er im Genfersee vor, er sei forellenähnlich, aber viel besser; er besitze gelbes Fett in seinem Körper so viel, daß es lange noch ausschwitzt, selbst wenn das Gefäß öfters gewechselt worden sei. Nur auf fürstliche Tafeln werde der Saibling gebracht, da er selten und deshalb sehr teuer sei2). — Das ist wohl der erste Bericht über den in den Alpen heimischen ausgezeichneten Delikatessenfisch. Die Abbildung des Saiblings ist zwar nicht besonders gut; sie läßt aber immerhin einen Salmoniden mit der charakteristischen Fettflosse erkennen. GESNER bringt, wie er diesen Fisch überhaupt nicht zu kennen scheint oder von der Äsche nicht zu trennen weiß, auch kein Bild des Saiblings. Was die übrigen kleineren Gruppen von Edelfischen betrifft, so ist unter Anguilla (f. ı42Y) der altbekannte gemeine Aal (Anguilla vulgaris Flemm.) beschrieben und abgebildet. Besonderes weiß der Autor hier jedoch nicht zu berichten, während ALBERTUS (Nr. 9) ganz interessant von diesem merkwürdigen Fisch erzählt. — Conger (f. 153) geht wie bei PLinivs (STEIER Tierbestand S. 31) und ALBERTUS (Nr. 34) auf den Meeraal (Conger vulgarıs Cuv.). — Muraena (f. 156) ist, wie das treffliche Bild lehrt, die bei den Alten schon viel besprochene Muräne (Muraena helena L.). >) ENS Eu eu Os S, Ei *) Piscis delicatissimus in lace praecipue lemano; non cedit forma a trutta, verum aliquantum corpulentior et candidior; eius carnes salmones et trutas bonitate longe superant; habet enim pinguedinem carnibus insertam crocei coloris adeo abundantem, ut pluries in die permutatis vasis in quibus asservatur, continuo resudet adipem nec nisi principum mensis solet apponi: est enim magni precii et raro capitur (f. 169%). | S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 187 ALBERTUS (Nr. 83) verbindet mit dieser Fischgattung auch das Geschlecht der Neunaugen. Dem Kapitel Silurus (f. 163) ist das gute Bild eines Wallers (Stlurus glanıs L.) beigegeben, das mit dem GeEsNeEr’schen Holz- schnitt (Fischbuch p. 1047) vollkommen identisch ist. GESNER bemerkt, daß ein gewisser Io. Maxarpus !) aus Ferrara die Sache mit dem Silurus der Alten aufgeklärt und daß er das Bild des Fisches vom Arzte des Kaisers FERDINAND, JUL. ALEXANDRINUS?), u. a. Gelehrten erhalten hätte. Pzinius scheint nur den Zitter- wels, den er glanis nennt, zu kennen. Avsonius spricht zuerst deutlich vom Silurus der Mosel und AELIAN (XIV 25) von Waller- fang in der Donau. Die hl. HıLDEGARD hat für einen Fisch den Namen Welca, während ALBERTUS und die anderen zeitgenössischen Autoren über diese merkwürdige Fischart hinweggehen; müßte der großköpfige „valre“ des ALBERTUS (lib. XIII, tr. 2, cp. 1) mit dem Waller identisch sein. P. Canpipus bringt leider über diesen Fisch keine besonderen Nachrichten. Der Hecht (Æsox luczus L.) wird unter dem Namen Lucius f. 155) sehr schön abgebildet. Diese Bezeichnung findet sich erst seit Ausonius (s. O. KELLER II. Bd. S. 371), während das ältere Wort esox entweder den Salm oder auch Stör bedeutet (s. a. a. O.). ALBERTUS (Nr. 71), THomas Cant. und Konrap v. M. haben diecwisezeichnuns tous Ein Fisch wie der Hornhecht (Belone vulgaris Flem.) erscheint abgebildet im Kapitel Dies (f. 150%); der Name kommt sonst nur bei ALBERTUS (Nr. 40) vor, der hier, wie es scheint, einen Knurrhahn beschreibt. Auch Serpens maris (f. 178Y) ist nur ein Hornhecht (s. o.). Unter dem seltsamen Namen Ludolacra (f. 136), der bei ALBERTUS (Nr. 72) ludolatra lautet und sonst nirgends zu finden ist, tritt ein fliegender Fisch auf, der die vier Flossen zum Fluge ausbreitet — offenbar die Seeschwalbe des Mittelmeeres (Zxocoetus volitans L.). — Auch unter der Bezeichnung Hirundo maris (f. 153) erscheint ein fliegender Fisch, wahrscheinlich die vorige Art. GESNER (edit. III, p. 37) bezieht diesen alten, schon bei PLinius und ALBERTUS (Nr. 62) gebräuchlichen Namen auf den Flughahn (s. a. a. O.). !) War Leibarzt des Königs von Ungarn und starb 1536 (vgl. Jöcher, Allg. Gelehrtenlexikon, III. Bd. Sp. 92). 2) Stammte von Trient und starb 1590. Ebendort I. Bd. Sp. 262. Zool. Annalen VI. 13 188 S. Killermann, Tierbuch des P, Candidus. Häringähnliche Fische sehen wir in den Kapiteln Aphorus (f. 146), Sarda (f. 164) und Venth (f. 167) abgebildet. — Der erstere Name war im Mittelalter gebräuchlich, da ihn ALBERTUS (Nr. 4), Tuomas Cant. und Konrap v. M. (Nr. 4) kennen; nach des letzteren Angabe stammt er von Isibor (XII, 6, 40) und bezeichnet ein- fach einen Fisch, der mit der Angel nicht gefangen werden kann. Sarda finde ich nur bei Istpor (XII, 6, 39) und unserem Autor _ und darf ich wohl auf die Sardine (Clupea pilchardus Walb.) beziehen (vel. auch \GesneER- edit. II, p. 112), Der Ausdruck sarda kommt dann noch neben dem Worte harenga im Kanoni- sationsprozeß des THomas von Aquin (1319) vor!) — Den Häring (Clupea harengus L., den wir bei P. Canpipus nicht mit Sicherheit nachweisen können, besprechen ALBERTUS und Konrap v. M. im Kapitel allech, das unser Autor (s. 0.) auf eine Karpfenart bezieht. Vom Fische Venth bemerkt P.Canpipus wie ALBERTUS (Nr. 132) vom verich (?), daß das Fleisch desselben wenig geschätzt werde. Sie meinen wohl die Finte (ClupeaY Alosa(\) finta Cuv.) deren heutiger Name also mit dem alten noch gleich lautet. Die Ab- bildung zu Venth bei P. Canpipus könnte allerdings auch irgend einen Weißfisch vorstellen. Weichflosser (Anacanthini). Plattfische oder Schollen erblicken wir in den Fischen Botha (f. 146Y), Pectines (f. 160”), Rombus (f. 161”) und Solaris (f. 163Y). Wegen ihres unsymmetrischen Baues und der Güte ihres Fleisches fanden diese Weichflosser frühzeitig Beachtung und kommen schon, freilich unter anderen Namen (passer, rhombus, solea) bei PLINIUS vor. Botha bedeutet nun der guten Abbildung nach den Stein- butt (Rhombus maximus L.); der Ausdruck kommt in der Form bocha zuerst (?) bei Isinor (XII, 6, 9) vor und lautet so auch bei ALBERTUS (Nr. 19), während THomas Cant. bothe sagt. GESNER führt das Wort nicht mehr an. Derselbe Fisch erscheint noch- mals unter der Bezeichnung Rombus, die wie bemerkt schon von Prinius gebraucht wird und durch das ganze Mittelalter (ALBERTUS Nr. 103) sich bis auf uns für den Steinbutt erhalten hat. — Solaris, ebenso von ALBERTUS (Nr. 115) geschrieben, ist offenbar 1) Ich verdanke diesen Hinweis Herrn Prof. Jos. Enpres-Regensburg. gS), i S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 189 die solea des Prinius und es zeigt sich hier das Bild einer See- zunge (.Solea solea L.). — Das Kapitel Pectines wird illustriert mit dem guten Bilde eines Heilbuttes (Hippoglossus vulgaris Flem.); vel. Taf. VI, Abb. 12. GeESNER (edit. III, p. 97 und Fisch- buch fol. 55’) bringt dasselbe Bild, das ihm ein gewisser Corn. SirrarDus, zugänglich gemacht hatte. GESNER bemerkt auch, daß der Fisch in Rom ,pecten“ genannt werde, in welcher Form er schon bei ALBERTUS (Nr. 92 pecten) registriert wird. Unter Talpa (f. 165) versteht P. Canpipus den Stockfisch (Gadus morrhua L.); er schildert ihn nach Prius als einen schlechten stinkenden Fisch, der nicht gekocht werden kann, wenn man ihn nicht vorher mit einem Stock schlägt, und führt, was sonst nicht leicht in dem Werke vorkommt, die deutsche Bezeichnung „stochfix“ ausdrücklich an!) Auch die Abbildung (s. Taf. VII, Abb. 13) zeigt genau den Stockfisch; sie stimmt in den Einzelheiten mit dem Holzschnitt GEsner’s (edit. III, p. 77) überein. — Puinius heißt jenen stinkenden schlechten Fisch asellus und versteht unter salpa (talpa) wahrscheinlich den Goldstriemen (vgl. STEIER Tierbestand S. 31 und 34). Der Name asellus ging dann verloren, wie es scheint; ALBERTUS (Nr. 105) kennt nur den Fisch salpa und sagt von ihm unter Berufung auf Puintus das- selbe, was wir oben von P. Canpipus über talpa zu hören be- kamen. Der deutsche Name Stockfisch kommt bei ALBERTUS nicht vor (wenigstens nicht im speziellen Teile), auch nicht bei Konrap v. M. der wohl (Nr. 26) von salpa oder auch talpa, wie er beifügt, als dem Meermaulwurf die alten Geschichten aus PLIxIus erzählt. Stachelflosser (Acanthopteri). Mit den Namen Persis seu Atres (f. 159”) wird uns der Fluß- barsch (ferca fluviatths L.) vor Augen geführt. Der deutsche Name ,,Barsch, Bersching“ ist offenbar aus perca, persis ent- standen oder umgekehrt. Ein Fisch Perca findet sich schon bei ARISTOTELES, Prinius (STEIER Tierbestand S. 33) und Avsonius (Mosella v. 115); merkwürdigerweise fehlt er aber bei ALBERTUS!) 1) Talpa piscis obscenus et vilis, ut Plinius scribit, adeo durax carnium, ut nisi ferula aut fuste prius pulsatus decoqui non possit; hunc germani eorum lingua stochfix appellant (fol. 165). ?) GESNER (edit. III p. 28) bemerkt, dafs ALBERTUS von einer perca marina einmal spreche. 13* 100 S. Killermann Tierbuch des P. Candidus. (wenigstens im speziellen Teile), ferner auch bei der hl. HILDEGARD, Tuomas Cant. und Konrap v. M. Von dem Flußbarsch, diesem über ganz Europa verbreiteten Fisch, bringt demnach P. Canpipus den ersten eingehenden Bericht!): Der Fisch sei ein Bewohner des Süßwassers, ausgezeichnet durch eine sägenartige Rücken- flosse; die Farbe sei silberweiß, das Fleisch weiß, der Geschmack sehr gut und gerühmt; der Fisch werde Kranken als Speise ge- stattet. Forellen und andere Fische werden durch den Flußbarsch leicht verletzt. In Ligurien, Südfrankreich und in Deutschland sieht man Flußbarsche in Masse. JoHannes GALEAZZo, der Herzog von Mailand, führte diese Fische als erster in Italien ein — eine Bemerkung, die uns am meisten interessiert. Der genannte Visconti regierte vom Jahre 1385—1402 und zeichnete sich durch seine Unternehmungslust in Wasserbauten aus?) Da er mit König WenzeL in Verbindung stand, ist es wohl möglich, daß er aus Deutschland (Böhmen, das seit alter Zeit die Fischzucht pflegte) die Flußbarsche bezog. Von den neueren Autoren wird über das natürliche Vorkommen dieser Fische in Italien keine Bemerkung gemacht. Den besonders in der Donau heimischen, sonst seltenen Hecht- barsch oder Schill (Zucioperca sandra Cuv.) finden wir unter Ezoz (f. 952) abgebildet, der aber dem Texte nach als Hausen (s. a. a. O.) zu deuten ist. — Auch im Kapitel Albirez (f. 144) erscheint das Bild eines Schill- oder Bürstling-artigen Fisches. Albirez ist ein Name, der anderweitig nicht von mir nach- gewiesen werden konnte. — Unter dem Fische Gohio (f. 153), der wohl besser gobio wie bei PLinius und ALBERTUS (Nr. 56) lautet, ist der merkwürdige Kaulkopf, Koppen (Coftus gobio L.) zu verstehen. Das Bild ist gut, während für Capitatus (f. 150), der nach der Beschreibung des ALBERTUS (Nr. 25) ebenfalls den Kaul- kopf bedeutet, eine etwas phantastische Darstellung vorliegt. Der Fisch Pungitivus (fol. 160), bei ALBERTUS Nr. 98 pungitius genannt, zeigt ganz die Form des Stichlings mit den drei !) Persis sive atres, ut alii dicunt, piscis est fluminum et aquarum dulcium serra dorso insignitus . . . color eius argenteus; carnes candidae, sapor optimus et laudatus; nam egrotantibus in esum conceditur; ab his truttae et alia piscium natio serrae caesione delentur. In italiae liguria et transalpina gallia ac germania magna copia visitur. hos pisces primus in Italiam deferri iussit Johannes galeacius ducalis dignitatis in Mediolano etate nostra in primis auctor (fol. 159 V). 2) Vel. J. BURCKHARDT a. a. O. I. Bd. S. 13. =o S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 191 Rückenstacheln (Gasterosteus aculeatus L.). Das Bild ist wohl mit dem Gesner’schen Holzschnitt (edit. III, p. 284) identisch, Die Beschreibung, welche ALBERTUS von diesem interessanten Fisch gibt, ist sehr klar, erwähnt aber nichts vom Nestbau; von diesem ist vielmehr beim Fische trebius (s. Stör) die Rede. Wenn wir zu den im Meere lebenden Stachelflossern über- gehen, so tritt uns in dem Werke des P. Caxpipus eine größere Anzahl oft schwer zu bestimmender Arten entgegen. So ist Megaris (fol. 157), ein Seefisch, der von ALBERTUS (Nr. 75) wie den übrigen Autoren, besonders von Konrap v. M. (Nr. 20.) ein- gehend besprochen wird, unbestimmbar; der Abbildung nach könnte es eine Stichlingart sein. Mullus (f. 158Ÿ) ist die von den Römern hochgeschätzte See - barbe (Mullus spec:); es ist in unserem Kodex noch ein Mullus alter abgebildet, der ebensowenig genauer bestimmt werden kann. ALBERTUS Nr. 80) bezeichnet als deutschen Namen für diese Fisch- gattung das Wort „harder“, das jetzt auf die Meeräsche über- gegangen ist (vgl. Bream Fische S. 160). Dieser Fisch (MWugzl spec.) wird von unserem Autor, wie von ALBERTUS (Nr. 79 und lib. VII, tr. 1, cp. 3) eingehend unter dem alten Namen Mugilis (fol. 156Y) besprochen. Die Abbildung ist gut. — Hierher ge- hört auch der Cephalus (f. 150‘), wohl der Cefalo der Italiener (Mugi cephalus Cuv.). ALBERTUS erwähnt diesen Fisch nicht. Zu, den Meerbrassen rechne ich die Fische Aurata (f. 145), Dentrix (f. 151) und Sparus (f. 164”). — Aurata ist die schon von PLINIUS genannte, bei den Römern hochgeschatzte Orade (Chrysophrys aurata C. V.) von der ALBERTUS und die anderen Autoren außer Isipor (XII, 6, 6) nichts sagen. Die übrigen zwei Arten werden auch von ALBERTUS genannt; sie beziehen sich, Dentrix wohl auf den Scharfzähner (fagellus centrodontus C. N.) und Sparus auf die gemeine Geisbrassen (Spargus vulgaris Geoffr.). Die merkwürdigen Knurr- und Seehähne werden in den Kapiteln Milago (f. 159), Scorpio (f 164”) und Zetyron (f. 142) vorgestellt. — Milago, so auch bei ALBERTUS (Nr. 76), bei PLINIUS milvago, milvus (STEIER Tierbestand S. 33) genannt, sieht aus wie ein Seeskorpion; es dürfte sich hier um den verwandten Flug- hahn (Dactylopterus volitans C. V.) handeln, da ihm (von ALBERTUS) Flugfahigkeit zugeschrieben wird. — Scorpio ist der heute noch so genannte Coffus scorpio L. und Zetyron der Knurrhahn 102 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. (Zrigla gumardus L.). Scorpio ist aristotelisch, während Zetyron sich bloß bei ALBERTUS (Nr. 137) finden läßt. Die anderen mittel- alterlichen Autoren führen keinen dieser drei Fische an. Mit Rana maris (f. 162) ist der den Panzerwangen verwandte Seeteufel (Lophius piscatorius L.) gemeint; die Abbildung ist zwar nicht genau und könnte auch eine Seekröte (‚Scorpaena) vor- stellen; aber die Beschreibung dieses auch schon bei PLsıus ge- nannten Fisches (s. ALBERTUS Nr. 101) stimmt gut auf den Angler oder Seeteufel. — Als Draco maris (f. 129Y), den ebenfalls PLINIUS, ALBERTUS (Nr. 41) und THomas Cant. beschreiben, erscheint ein länglicher Fisch mit roter dorniger Rückenflosse, offenbar das Petermännchen (77achinus draco L.), das heute noch diesen Beinamen führt. — In Vipera maris (f. 167), die im Altertum, wie es scheint, nicht genannt wird, aber wohl im Mittelalter (ALBERTUS Nr. 134), sehen wir die zweite Art der Trachiniden, die sog. Viperqueise (Zrachinus vıpera L.). Es fehlt dann nicht der merkwürdige Himmelsgucker (Urano- scopus scaber L.); er hat den seltsamen Namen Granus (f. 153) der so auch bei THomas Canr. (f. 43‘), bei ALBERTUS (Nr. 58) da- gegen gramon lautet. Nach Konrap v. M. (Nr. 15) kame das offenbar verderbte Wort von ARISTOTELES. Die Beschreibung, die die Alten von dem Fisch geben, stimmt ganz gut auf die be- zeichnete Art. — Der Meereber (Scorpaena porcus L.) erscheint bereits unter dem von LiNNé gelassenen Speziesnamen Porcus (f. 160Y); vgl. Abb. 12. Es wird wohl auch PzINIUS, wie ALBERTUS (Nr. 97) diese Drachenkopfart als porcus verstanden haben und nicht eine Trigla-Art (wie STEIER Tierbestand meint). — Hier füge ich auch an den Rabenfisch (Corvina nigra C. V.), der unter dem Namen Corvi (f. 150) bei unserem Autor wie bei ALBERTUS (Nr. 35) erscheint. Die hochgeschätzten Makreien sind vertreten in den Fischen Amius (f. 1457), Scomber (f. 164) und Thynus (f. 140). — Die Hauptart, die gemeine Makrele (Scomber scomber L.) besitzt ihren Namen schon seit ARISTOTELES und PLINIUS. ALBERTUS weiß von ihr nichts und nur P. Canpipus scheint die Tradition von diesem, im Mittelmeer viel gefangenen Fisch fortzuführen. — Thynus ist natürlich der berühmte Thun (7hynnus thynnus L.), der im Altertum viel besprochen (vgl. O. KELLER IL Bd, S. 382 ff), im Mittelalter aber weniger genannt wird; ALBERTUS (Nr. 129 tunallus) behandelt ihn z. B. nur kurz und vorübergehend. — Ber S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 193 Amius geht auf die zweite Thunart, die Bonite (7%. pelamys C. V.), wie die gute, aus GEsner (Fischbuch p. 60) genommene Abbildung lehrt (s. Taf. VI, Abb. 11). Amius erscheint als auto bereits bei ARISTOTELES, wo sie schon von CuvieR auf obige Art bezogen wurde (s. AUBERT-WIMMER S. 124). Im Mittelalter wird dieser Fisch ebensowenig als scomber genannt. P. Canpipus scheint also auf die Makrelen und Thunfische, die in Italien einen bedeutenden Handelszweig bilden, besonders geachtet zu haben. Merkwürdigerweise fehlt dafür der im Altertum, auch von ALBERTUS (Nr. 47, 3. Abs.) besprochene fabulöse Schiffshalter (Echene:s) bei unserem Autor. Mehr als einmal wird uns dann von P. Canpipus der Schwert- fisch (Arphias gladius L.) vorgeführt: als Gladius (f. 134), Serra (£ 139) und Xiphius (f. 1417). Unter dem Namen gladius ist der Schwertfisch auch ALBERTUS und P. Canpipus bekannt, während xiphias direkt aus ARISTOTELES herubergenommen wurde. Serra scheint ein später aufgekommener Name zu sein; ALBERTUS (Nr. 112) beschreibt darunter eine Rochenart, wahrscheinlich den Meerengel (s.u.). Serra, Säge möchte man sonst am ehesten auf den im Mittelmeer vorkommenden Sägerochen (72575) beziehen, unter welchem Namen er schon von PLinius angeführt wird (vgl. STEIER Tierbestand S. 33). Der wundervoll gefärbte Papageifisch (Scarus cretensis C. V.) war den Alten wohlbekannt und heißt bei Prmıvs scarus, ALBERTUS (Nr. 106) Scaurus. Scarus (f. 164‘) in unserem Kodex läßt sich dem Bilde nach nicht bestimmen; besser getroffen ist der Papageifisch unter der Bezeichnung Pavus maris (f. 161), die auch bei ALBERTUS (Nr. gı) erscheint und wohl erst in jener Zeit aufgekommen ist. P.CAnpipus fügt zuP. maris noch das plinianische Synonym Pastinaca, das sonst auf den Stachelrochen bezogen wird (STEIER Tierbestand S. 33). Die Babylonici (fol. 147) genannten Fische der Alten müssen nach der Beschreibung (s. ALBerTus Nr. 16) als die indischen Schlammspringer (Periphthalmus) gedeutet werden. In unserem Kodex erscheinen sie knurrhahnahnlich. — Exochius (f. 152%), bei ALBERTUS exochimus (Nr. 48) als ein Fisch aus Arkadien bezeichnet, dürfte vielleicht eine Grundelart (Gobzus spec.) sein (vgl. STEIER Tierformen S. 36). — Kalaos (fol. 153Ÿ) ist ein ganz unbestimmbarer Stachelflosser; der Fisch heißt eben- so bei Tuomas v. C. (f. 44), Kalaom bei ALBERTUS (Nr. 64) und soll — Br = 194 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. nach Konrap v. M. (Nr. 17) schon bei ARISTOTELES (galeos?) genannt sein; vielleicht ist der Dornhai (Acanthias vulgaris) gemeint. Die Deutung der Orcha (f. 137%) des P. Canpipus ist nicht mit Sicherheit zu vollziehen; die Abbildung zeigt eine kugelige Fischgestalt, vielleicht Gen Fahak (7etrodon fahaka Hasselqu.) oder den Mondfisch (Orthagoriscus mola BI.), die beide im Mittelmeer vorkommen. Orcha wird schon von Pzinius und ALBERTUS (Nr. 89) genannt und gewöhnlich auf den Schwertwal bezogen. der heute noch Orca heißt; aber es ist diese Bezeichnung (Orchis) von Beton auch auf den Mondfisch angewendet worden. Mit Zedrach (f. 1417) wird uns in einem gutem Bilde das Seepferdchen (HArppocampus antiquorum Leach.) vorgeführt. Bei ALBERTUS (Nr. 138) lautet der wohl aus dem Arabischen abge- leitete Name zydeath; Grsner (edit. III, p. 267) nennt ihn barbarisch. Schmelzschupper (Ganoidei). Hierher gehören die Fische Accipenser (f. 1457), Ezoz (f. 152) nur der Beschreibung nach, Sturio (f. 1627) und Trebius (f. 165%). In den Bildern zu Accipenser (s. Taf. VI. Abb. 11) und Sturio sehen wir den gemeinen Stor (Aczpenser sturıo IL.) STEIER (Tierbestand S. 31) vermutet in dem accipenser des PLInIius den in der Donau vorkommenden, wegen seines Fleisches hoch- geschätzten Sterlet (Ac. ruthenus L.); auch P. CAnpıpus bemerkt vom accipenser, daß dieser Fisch vom Dichter Horaz gerühmt worden sei, daß man ihn aber heutzutage nicht mehr kenne: vielleicht seien seine guten Eigenschaften auf andere Fische über- tragen worden, wie man das von den Muränen lesen kann, oder es habe sich mit der Zeit der Geschmack der Menschen geändert!). Ob die Alten den Sterlet vom Stör unterschieden, ist fraglich, da selbst GESNER sie nicht gut zu unterscheiden weiß. Unter Sturio verstanden die Alten vor allem den Stör, wie das von ALBERTUS (Nr. 120) über- lieferte Synonym „stora“ beweist. Liyné hat wohl mit Recht beide Namen acipenser und sturio auf den Stör übertragen. Unter dem Fische Ezoz versteht unser Autor den Hausen 1) Ab oratione (= Horatio) poéta et aliis doctis laudatus optimum; ceterum etate . nostra vel mutato nomine ignotus vel laude carens, ut de murena pisce legimus, quam antiqui laudant, noviores reprobant, sic evo (aevo) variante omnia ut et gustum in hominibus videatur permutare. Quid enim sapidius a Juvenali positum quam anseris iecur magni, dum gule deditum describitur, quid nunc apud nos minus sapidum. — go = S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 195 (Acıpenser huso L.). Die Alten wußten von diesem Stör, der im Gebiete des schwarzen Meeres einheimisch ist, nicht viel; doch spricht Prinıus von einem großen Fisch im Dniepr (Borysthenes), in dem wir mit STEIER (Tierformen S. 38) den Hausen vermuten dürfen. Gleich ALBERTUS, der (Nr. 50 ezox und 63 huso) zum erstenmal diese Stòrart genauer beschreibt, bemerkt P. CANDIDUS, daß sie im Donaugebiet heimisch sei und von den Deutschen „huso“ genannt werde; ferner sei der Hausen vergesellschaftet mit dem Stor, der dann als Sterlet angesprochen werden muß, da nur diese beiden Arten (Hausen und Sterlet) in der Donau auf- treten. Wie Tuomas Cant. (fol. 43Y) und Konrap v. M. (Fische Nr. 14) erzählt unser Autor!) die ALBERTUS unbekannte Geschichte, daß man den gefangenen Hausen, wenn er mit Wein betrunken gemacht worden, mehrere Tage lang lebend erhalten kann. Drei bis vier Pferde seien notwendig, um ihn weiter zu schleppen. Be- merkenswert ist, daß die knorpelige Struktur des Skelettes da- mals schon bekannt war. Die Abbildung zu dem Ezoz-Kapitel, das durch die Schluß- bemerkung (Umbrina) etwas verworren wird, stellt nun nicht den Hausen, sondern den ebenfalls in der Donau heimischen Zander oder Schill (Zucroperca sandra Cuv.) vor; mit dem Gesner’schen Holzschnitt von diesem Fische (edit. III, p. 317) hat das Bild in unserem Werke keine Verwandtschaft. — Der alte Name esox, der nach ©. KeLLER (II. Bd., S. 371) bei Prinius den Salm be- deutet (auch bei ALBERTUS Nr. 50) und jetzt auf den Hecht über- gegangen ist, hat also verschiedene Wandlungen durchgemacht. Trebius?) endlich ist eine Störart mit auffälliger Schnauze, 1) Ezoz piscis est danubii fluminis ac maximus, quem Suevi husen appellant; hie piscis per omne corpus levis est nec aliquid habet asperitatis, mitis quoque a natura nec minus animo quam corpore et mollis; adeo timidus, ut a nullo quamvis minimo pisce se tueri audeat; huic libentissime se applicat sturio piscis iocandi gratia simul confricando, quem ludum ezoz vitare consuevit; sed sturionis pertinacia elicitur et e latebris sic ambo per aquas discurrentes ac ludentes plerumque piscatoribus innotescunt agitatione undarum. Hunc piscem delatum ad longiquas oras optimo vino inebriare solent; sic enim ebrius pluribus diebus vivit, verum adeo corpore ingens est, ut inebriandus quattuor vini sextaria assumet, nec nisi biga a tribus aut quattuor equis deducatur. Carnes eius dulcissime sunt ac carnibus porcinis similis in gustu; unicum habet intestinum, ossa pauca ac parva, eaque carthilaginosa potiusque solida; in mari capitur, umbrina appellatur (f. 152). i °) Über die merkwürdige Entstehung dieses Namens, der bei Plinius einen Autor bedeutet, vgl. H. STapLer „Sonderbare Tiere“ (Archiv für die Geschichte der Natur- wissenschaften und der Technik Bd. 2 (1909) S. 139. = 85) 196 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. so wie GesneR (Fischbuch p. 187) den Attilus Padi, einen schon von Puinıus genannten Fisch, vorstellt. In Po gibt es nach Hecke, und Kwer verschiedene Störarten und -formen. Die Be- schreibung, die ALBERTUS (Nr. 127) von diesem Fische gibt, scheint mehr auf den Stichling zu gehen, da es heißt, daß er aus Algen sich ein Nest baue. Haie (Squalidae) u. a. Hierher gehören gemäß den Bildern die Tiere Albarenon (f. 145), Canis maris (f. 129), Palumbus (f. r60V), Scatma (f. 163%) Vulpes maris (f. 167), ferner Ratte (f. 161%) und Torpedo (f. 165Y). Albarenon, der albirom des ALBERTUS (Nr. 5), läßt sich nicht näher bestimmen; dem Bilde nach scheint es eine Haifischart zu sein. ALBERTUS weiß, daß man mit der rauhen Haut dieses Fisches Helmüberzüge fertigte!). — Canis maris, die canicula des PLINIUS, stellt den jetzt noch so genannten Katzenhai (Scyllium canicula Cuv.) vor und Palumbus den gemeinen Hundshai (Galeus canis Bon). Der Name Palumbus fehlt in der Literatur vor P. Canpipus, wie es scheint; nur GESNER erwähnt (edit. III, p. 149), die Bezeichnungen colombo, palombo als speziell italienische. Der Holzschnitt GrsneR’s an dieser Stelle stimmt mit unserem Palumbus-Bilde vollkommen überein (s. Taf. VI, Abb. 12). — Mit Scatina erscheint der Meerengel (hina sguatina Dum.). Wenn ALBERTUS (Nr. 109) von ihm sagt, daß er gerne im Schlamme sich verberge und fische, so paßt das gut zu dieser nach Schollen jagenden Haifischart. — Vulpes maris war in der Anschauung der Alten, PLinius und ALBERTUS (Nr. 135), sicher der Fuchshai (Alopecias vulpes Bon.) In unserem Kodex finden wir hierfür das Bild eines störähnlichen Fisches. Aus der Rochenfamilie erblicken wir als Ratte vel Rais eine gewöhnliche Art (Aaa spec.) und als Torpedo den Zitter- rochen (Torpedo marmorata Risso.). Beide Tiere werden schon von den Alten und : LBERTUS (Nr. 102 und 125) eingehend be- handelt. Unser Kodex legt besonders Gewicht auf den Zitter- rochen und stellt ihn von der Ober- und Unterseite dar, wie das auch Gesner (Fischbuch p. 75Y) und BeLLonIUs tun. — Serra 1) Man könnte auch an den Kugelfisch, den Fahak (7 e/rodon fahaka) denken, von dem ich einmal in einer ethnogr. Sammlung die igelstachlige Haut zu einem Helm verwendet sah. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 197 (f. 139) ist der Beschreibung nach (vel. ALBeRTUS Nr. 112) der Sagefisch (Pristis antiguorum Lath.); das Bild, das unser Kodex bringt, deutet jedoch mehr auf den Schwertfisch hin. . Von den niedersten Fischen erscheint im Kodex nur die Lamprete (fetromyzon marinus L.) unter dem Namen Lampride (f. 155”). ALBERTUS hat die Bezeichnung nicht, beschreibt aber im Kapitel murena (Nr. 83) sehr gut drei Arten von Neunaugen P. Canpipus nun kennt die Lamprete ausgezeichnet und bemerkt), daß sie in der Isère in großen Mengen vorkommt. Der Fisch wurde sehr geschätzt, besonders von den Feinschmeckern am päpstlichen Hof in Avignon; der Zahlmeister eines Kardinals soll für eine Portion Lampreten einmal 70 Goldgulden gegeben haben. Daß die französischen Lampreten in früheren Zeiten gerühmt waren, bestätigt auch Bren (Fische S. 489). Meerwunder spielen bekanntlich in den mittelalterlichen Tierbüchern, selbst noch bei GESNER, eine bedeutende Rolle. Es gehören aus unserem Kodex zu diesem Kapitel besonders Maris homo (f. 136”), Nereides (f. 137), Surene (f. 139) und Triton (f. 140°). Maris homo, eine phantastische Figur, scheint bei P. Canpipus zum erstenmale aufzutauchen; denn weder ALBERTUS noch Tuomas Cant. sprechen von ihm. GesneR behandelt den Homo marinus „Meermensch, Menschfisch“, ganz ernsthaft (s. GESNER- Forer, Fischbuch [1598] p. 104‘), und wir hören von ihm, daß 1523 zu Rom in dem Tiber ein Meerwunder von der Gestalt eines fünfjährigen Kindes mit Fischschwanz gesehen worden sei ?). Er bildet es als Meerfräulein ab und läßt darauf das Kapitel Nereides folgen. Diese letzteren sind plinianische Geschòpfe, die auch ALBERTUS (Nr. 88) und Tuomas Cant. besprechen ; eben- so verhält es sich mit der Surene, besser Sirene bei ALBERTUS Nr. 114. Im Kodex des P. Canprpus sind diese beiden Kapitel mit den schòn gemalten Figuren schuppentragender und geschwänzter Frauenkörper illustriert. — Triton ist eine männliche Gestalt, die in eine Tritonschnecke bläst (s. u.). !) In flumine Isare, qui in rhodanum defluit, magna earum copia est; tam laudatae a gulosis et tanto in precio habitae sunt (habitum), ut fama quondam vulgatum sit, curia romana in Avinione florente olim, lampridam 70 aureis a dispensatore cardinalis emptan 5 4 (OL, SN), 1) Im Jahre 1496 war ebenfalls von einem aus dem Tiber gefischten Ungeheuer die Rede. Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste III. Bd. S. 345, und BURCKHARDT, U. Bd. S. 253. Anm. 2. — 6s 198 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. V. Niedere Tiere. Abkirzungen wie friiher. ALBERTUS meist lib. XXVI. Insekten (Insecta). Zu den Heuschrecken sind zu rechnen die Tiere Adlacta (f. 191%), Bubrestis (f. 192%), Locusta (f. 196%) und Opimachus (Eros) Adlacta ist der Abbildung gemäf eine braune Feldheu- schrecke (Acridium spec.); der Name kommt sonst nur bei ALBERTUS (Nr. 1) vor, wird auch von ALDROVANDI nicht mehr erwähnt. — Locusta läßt sich gut als grüne Laubheuschrecke (LY winadıssıma 1.) bestimmen. Im Dexte denkt freilich) unser Autor gleich ALBERTUS (Nr. 23) an die Wanderheuschrecke und erzählt ganz interessant, daß sie in Syrien und Südrußland (Cymmeria) viel vorkomme; gesetzliche Maßregeln seien dortselbst getroffen worden, wonach alle drei Jahre die Eier, dann die Brut und zu- letzt die ausgewachsenen Tiere vernichtet werden müssen); die Parther nehmen sie sogar zur Speise, was auch ALBERTUS (Nr. 23) bemerkt. Opimachus, ein Tier, das sonst (nur) bei ALBERTUS (Nr. 26) unter dem Namen opinacus vorkommt, entpuppt sich in unserem Kodex als Maulwurfsgrille ( Gryllotalpa vulgaris Latr.). Die Schilderung des Tieres bei ALBERTUS ist sehr unklar. Die Kapitel Brucus und Bubrestis (f. 192Y) haben zur Illustration eine Gottesanbeterin (Mandlıs religiosa L.) und eine grüne Blattwanze. Vom Insekte Brucus behauptet P. CAnpıpus, daß es Kräuter und Blatter fresse; nach ALBERTUS (Nr. 7) ware es eine schwarze Heuschrecke und zwar eine Larve, wie ALDROVANDI (p. 161) meint. Das andere Tier „Bubrestis“, dessen Namen auf eine Käfergattung übergegangen ist, wird von ALBERTUS und den anderen Autoren nicht besprochen. Nach P. Canpipus hat es Ahnlichkeit mit dem Kafer Scarabaeus und Jange Beine und halt sich unter Blattern auf. Es täusche die Ochsen, wie der Name des Insektes besagen soll: wenn das Rind es frißt, schwillt ihm der Leib auf, so daß die Eingeweide zerspringen méchten?). Die Fabel stammt von Pımrus, der zuerst das Tier buprestis 1)... primo ova, deinde foetum, postremo adultas; desertorum poenis devin- dicatur, qui ab hac lege cessaverit . . . Parthi ipsas in cibum sumunt (f. 196%). ?) . . . ut rumpatur mediis visceribus . . . (f. 192). 7 — 0 — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 199 erwähnt (STEIER, Tierformen S. 46). ALDROVANDI {p. 186 Fig. 9 unten I und II) bestimmt die buprestis als Blattwanze ,,Qualster“ auf Deutsch), während STEIER (s. 0.) sie als Maiwurm deuten möchte. O. KeLLER (II. Bd. S. 415) wagt gar keine Bestimmung. Unser Kodex sagt nicht deutlich, ob brucus oder bubrestis die Gottesanbeterin ist; man könnte auch die bubrestis auf sie be- ziehen, da von „Täuschung“ (durch Blattàhnlichkeit) die Rede ist. Immerhin haben wir im Werke des P. Canpipus eine der ersten Abbildungen der Gottesanbeterin vor uns, da sie selbst ALDROVANDI nicht kennt. Kafer (Coleoptera). Käfer sind Cantharis (f. 193%). Cicendula (f 193), Stella figura (f. 201), Tarinus (f. 203) und Teredo (f. 203). Cantharis ist sehr gut erkennbar als die griine spanische Fliege (Lytta vesicatoria L.). STEIER (Tierbestand S. 37) kann die cantharis des Puinius nicht bestimmen. Tuomas Cant. und ALBERTUS (Nr. 9) verstanden aber unter ihr sicher die genannte, in der Arzneikunde geschätzte Käferart. — Cicendula und Stella figura sind schön gemalte blitzende Leuchtkaferchen (Zampyrzs spec.), jedoch unrichtig als Fliegen aufgefaßt, wofür sie auch (wenigstens cicendula) von Tuomas Cant. und Konrap v. M. (Nr. 6) gehalten wurden. ALBERTUS (Nr. 11) bemerkt dagegen schon richtig, daß die cicendula gleich einem Käfer harte Flügel- decken habe. Der poetische Ausdruck Stella figura, der auch bei ALBERTUS (Nr. 37) vorkommt, geht nach des letzteren Angabe auf Prinius zurück. Tarinus (f. 203) heißt bei Istpor (XII, 5, 15) tarmus, ähnlich bei THomas Caxr. (f. 86), bei ALBERTUS (Nr. 40) dagegen verderbt tatinus. Man stellte sich unter diesem Insekt einen Wurm im Specke (lardus) vor und wir sehen in unserem Kodex fünf be- haarte Käferiarven, die wohl die des Speckkäfers (Dermestes Jardarıus L.) sein dürften. Als Teredines (f. 203) erscheinen zwei kleine weiße Würmchen, die irgendwelche Käferlarven, vielleicht auch Termiten sein könnten. STEIER (Tierbestand S. 40) bestimmt die teredines des Purntus als Kräuterdieb. ALBERTUS (Nr. 41) gebraucht dafür nach dem Vorgang von Isıpor (Xil, 5, 10) das Synonym termitem. Darnach waren Termiten, von denen eine Art Calotermes flavicollis Fabr. in Südeuropa vorkommt, bereits im Mittelalter bekannt. 200 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Fliegen (Diptera) u. a. Fliegen sind Cynomia (f. 193), Cynifes (193), Culices (f. 193) und Musca (f. 198 und 198%). Cynomia erklären ALBERTUS. (Nr, 13) und Konrap v. M. (Nr. 7) naher als Musca canina, d. h. Hundsfliege, wahrscheinlich die Stechfliege (Stomoxys calcitrans L.) in unserem Sinn, Im Kodex erscheint hier eine rotkopfige Fliege, deren Art nicht zu bestimmen ist!) — Cynifes stellt der Kodex als ganz kleine Mücken vor, vielleicht die Kriebelmicken (Simula spec.), und Culex als eine weißliche Schnake (Z29u/a?). ALBERTUS ver- steht unter seinen cynifes (Nr. 16), da er sie als langbeinige, am Wasser vorkommende und stechende Mücken beschreibt, offen- bar die Stechmücken (Culex prpiens L.), unter culex (Nr. 15), da er sie im Sonnenschein schwirren läßt, die Bremse oder Biesfliege (Zabanus spec... — Bei Musca unterscheidet P. Canpipus ähn- lich wie THomAs Cant, (f. 55) zwischen M. proterva und Cypri; die erstere „zudringliche“ ist der Abbildung nach die Stuben- fliege (Musca domestica L.), die andere, vielleicht wieder die Stubenfliege, wird uns vorgestellt, wie sie ins Feuer fliegt. Von den Läusen (ediculus capitis Deg.) bringt unser Kodex (f. 199) gleich 5 Exemplare zur Anschauung. Der alte schon bei Prinıus vorkommende Ausdruck pediculus gilt auch bei ALBERTUS (Nr. 28) und Konrap v. M. (Nr. 19) wie bei P. Canpipus als Name für das lästige Ungeziefer. — Ebenso steht es mit dem Floh (Pulex vrrıtans L.), von dem wir unter Pulices (f. 199) eben- falls 5 Exemplare sehen. — Die Bettwanze (Acanthıa lectularıa L.) heißt Cymex (f. 194) wie bei Prius, Isıpor (XII, 5, 17) und ALBERTUS (Nr. 12). Tuomas Cant. und Konrap v. M. erwähnen dieses berüchtigte Tierchen nicht; auffallend ist auch die kurze Behandlung desselben durch Arserrus. Nach O, KELLER (II. Bd, S. 399) war die Wanze dem Altertum wohl bekannt; BREHM findet sie erst im 11. Jahrhundert (für Deutschland) ur- kundlich bezeugt. Die Darstellung in unserem Buche ist sehr gut. In sehr drastischer Weise behandelt MArraıoLı (Dioskorides 1) Rotgelbe Köpfe hätten die beiden heute in Europa, wie es scheint, nicht mehr vorkommenden Aasfliegen Zhyreophora cynophila Panz. und Centrophlebomyia furcata F., die RoBINEAU-DEsvoIDy um 1830 noch bei Paris fand (vgl. K. GRÜNBERG, verschollene Fliegenarten unserer heimischen Fauna in „Aus der Heimat“ 26. Jahrg. Stuttgart 1913, S. 17—23). S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 201 II. Bd., f. 339) diesen Stoff, in dem er uns eine mit Wanzen ganz übersäte Bettstelle zeigt. Von der Wanze (?) Bubrestis (f. 192Y) siehe oben. — Tapula (f. 202), welche auch bei TrHomas Cant. und Areerrus (Nr. 39) erwähnt wird, sieht aus wie eine Wasserläufer- Art (ydrometra spec.) Die Beschreibung des ALBERTUS stimmt ziemlich gut zu dieser Identifizierung, wenn auch dem Tier in fehlerhafter Weise vier Beine zugeschrieben werden. — Uria (f. 203) wird mit drei wanzenartigen Tieren zur Darstellung gebracht. Nach Isıpor (lib. XII, 5, 16) und ALBERTUS (Nr. 45), den einzigen Autoren, die sonst von uria (richtiger usia) sprechen, soll diese Art am Schweine blasenartige Wunden erzeugen. — Cicada (f. 194) ist irgend eine Cikadenart, die sich nicht bestimmen läßt. Hautfligler (Hymenoptera). Die Biene Apis (f. 185Y bis 1877) wird von P. CanpIpus in zwei Kapiteln besprochen, die sich mit ihrem Instinkt und ihrer Entwicklung beschäftigen, aber, soweit ich beim (flüchtigen). Durchlesen gefunden, keine neuen Gesichtspunkte bringen. Die Abbildungen dazu sind merkwürdigerweise wenig natur- getreu!); die Tiere sehen mit den zwei Flügeln den Schlamm- fliegen (Zristahs tenax L.) ähnlicher als den Bienen (As mellefica L.). Vielleicht ließ sich der Maler durch die alte Fabel, daß die Bienen aus Aas sich entwickeln, zu seiner unrichtigen Darstellung verleiten. Auf fol. 185Y erscheint ein längliches In- sekt mit braunem, rotgelb geringeltem Abdomen — vielleicht die Königin; auf fol. 186 treten fünf Exemplare auf, bei denen die Brust gelb oder rötlich behaart und der Leib schwarzgelb. geringelt ist. Alle haben aber nur ein Flügelpaar. Auf fol. 187 werden dann zwei weiße Maden und eine gelbliche Puppe vor- geführt, welche ja wohl aus einer Bienenwabe stammen können. Vespa (f. 203%) gilt unserem Autor, wie auch ALBERTUS (Nr. 48) als eine artenreiche Gattung. Das abgebildete Tier ist nicht näher zu bestimmen. Wir hören auch wie bei Konrap v. M. (Nr. 29), daß Papst Cremens die Ansicht ausgesprochen, daß die Wespen aus Pferdefleisch und Rinderkot entstehen; es ist dieser Glaube, jedoch schon: älter (vel, ON Kerrer II Bd, S. 432) ') Arprovanpı (p. 81) gibt (1618) den Wespen und Hornissen, die er abbildet, nur zwei Flügel. — 9 = 202 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. ALBERTUS, der kritischer dachte, geht über diese Ansicht (von der Urzeugung), so viel ich gefunden habe, mit Stillschweigen hinweg. Crabro (f.‘193‘), bei deren Namen man an die Hornisse denkt (auch ALBeRTUS Nr. 14), wird als Holzwespe (.St7ex spec.) ab- gebildet. Das Insekt hat noch den Beinamen scarabaeus, der sonst dem ägyptischen Mist- oder Pillenkäfer zukommt. Nach STEIER (Tierbestand S. 39) war der scarabaeus des PLINIUS ein am Holze lebendes Insekt. Von den Ameisen handelt das Kapitel Formices (f. 195) der Text bietet nichts Neues. Abgebildet sind einige rotköpfige Ameisen, zum Teil auch mit Flügeln, also Arbeiterinnen und Geschlechtstiere. — Zwei Ameisen, eine große und kleine, er- scheinen auch als Illustration zum Kapitel Formicarum leo (f. 196); die große Art mit rotem Kopf und rotem knopfförmigen Ab- domen hält die kleinere mit ihren Freßzangen fest — offenbar eine Darstellung des Sklavenraubes. Die Tiere sind mit sechs Beinen ausgestattet und ziemlich gut gezeichnet (s. Abb. 14). Im Text erzählt P.CAnpıpus 1), daß der Ameisenlöwe, auch Mirmycoleon genannt, zum Geschlecht der Ameisen gehöre, aber größer sei. Solange er klein sei und schwach, halte er sich friedfertig; so- bald er aber erwachsen, verachte er die frühere Gesellschaft und begleite die Züge der größeren. Dann zunehmend an Kühnheit überfällt er aus dem Hinterhalt nach Räuberart die arbeitenden Ameisen, nimmt ihre Lasten und erwürgt die Ameisen. Auch nährt er sich so im Winter; da er nicht arbeitet, dringt er in die Vorratskammern der Ameisen ein und plündert sie. — Diese Schilderung findet sich auch bei Konrap v. M. (Nr. 14) und Tuomas Caxr. (fol. 54Y); sie paßt bis auf den letzten Satz ganz gut zu den Sitten des Sklavenraubes, die erst in neuerer Zeit durch die Forschungen P. Wasmanns besser bekannt geworden sind. ALBERTUS bespricht ebenfalls den Ameisenlöwen (Formicaleon Nr. 20), hat aber dabei, wie seine Schilderung dartut, die Larve des Netzfliglers Myrmeleon formicarius im Auge. Er Kennt aus ') Formicarum leo est, qui mirmycoleon dicitur, de genere formicarum, verum multo major. Cum adhuc parvus est et invalidus pacem simulat atque concordiam. Cum vero adoleverit, spernit consortia pristina et jam maiorum turbam comitatur. Deinde convalescens audacia delitescit in abditis et predonum vice insidiatur formicis laborantibus ad communes usus: et onera surripit et formicas jugulat. Et manducat sic hyeme nullius laboris particeps, invadit formicarum horrea et diripit. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 203 eigener Beobachtung die trichterformige Fallgrube im Sande und das Gebaren des Tieres. Neben den besprochenen zwei Ameisen erscheint (s. Abb. 14) in unserem Kodex (f. 196) ein phantastisches Insekt von be- deutender Größe, mit vier Beinen und einem Geweih gleich dem Hirschkäfer. Das soll die Formica Indiae wohl sein, die nach dem Briefe des ALExanpER über die Wunder Indiens so groß wie ein Fuchs und vierbeinig wäre (ALBErRTUS Nr. 20, 2. Absatz). Schmetterlinge (Lepidoptera). Eine der besten Darstellungen im Tierbuche des P. Canpipus ist wohl die der Seidenraupe (s. Taf. VIII, Abb. 16)im Kapitel Lanificus (f. 197). Die Raupe, die an einem Maulbeerblatt frißt, ist mit großer Sachkenntnis und Naturtreue dargestellt. Auch der Autor selbst zeigt sich über dieses Tier (Domdyx mori L.) gut unterrichtet, besser als ALBERTUS, der es auch als lanificus (Nr. 21) kennt. P. Canpipus führt ungefähr folgendes aus: Der Seiden- wurm ist länglich, gefleckt, mit vielen abstehenden Füßen ver- sehen und von Farbe weiß. Solche Würmer verfertigen Seide aus ihren eigenen Eingeweiden, nähren sich von den Maulbeer- blättern und machen vier Verwandlungen durch, bis sie aus- _ fliegen; das Weibchen legt unzählige Eier, die im Winter vor Kälte geschützt werden müssen usw.!) — Die Seidenraupe wurde bekanntlich erst in der Zeit des Jusrinian nach Konstantinopel gebracht, von wo aus sich die Seidenzucht über Südeuropa aus- breitete. Isımor führt den Namen lanificus nicht an; ALBERTUS und P. Canprpus scheinen die ersten zu sein, welche die Seiden- raupe näher beschreiben. Die Darstellung in unserem Kodex dürfte ebenfalls die erste sein, welche auf Genauigkeit Anspruch machen kann; ALprovanprs Bilder vom „Seydenwurm“ (p. 106) sind viel primitiver und bei weitem nicht so naturgetreu. GESNER bildet die Seidenraupe überhaupt nicht ab. Andere Schmetterlinge sind Bombix (f. 192), Eruca (f. 194), Papilio(f. 198Y)und Tinea(f. 202°). — Bombix kommt schon bei PLINIUS vor, ferner bei Istpor (XII, 5, 8), ALBERTUS (Nr. 21) und seinen Zeit- genossen. Während Scuutz dies Tier als Seidenraupe bezeichnen 1) Lanificus vermis est longus maculos ex multis pedibus distans sparsim colore albus. Huiusmodi serico Janam sericam ex propriis visceribus operantur, vescuntur foliis arboris mori etc. (f. 197 u. 197%). Zool. Annalen VI. 14 204 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. möchte (Konrap v. M. S. 252), hält es O. KELLER (II. Bd., S. 443) mit größerem Rechte für irgend eine ebenfalls Gespinste liefernde Raupenart. Dieser Ansicht kommt auch die Auffassung des Malers unseres Tierbuches entgegen; er stellt eine Raupe von blaulicher Farbung dar, freilich auch mit Afterhorn. Eruca wird von ALBERTUS (Nr. 18) ziemlich deutlich als eine schädliche Spinnerart beschrieben und scheint der Prozessions- spinner (Czethocampa) zu sein. Bei P. Canpipus sieht man eine griine und eine braungestreifte Raupe wieder mit Afterhorn. Die Eruca, welche MATTHIOLI (p. 358) in Gesellschaft von der Buprestis bringt, ist nicht zu bestimmen. — Zu Papilio hat irgend eine Vanessa-Art als Vorlage gedient. — Tinea, schon von PLINIUS erwähnt und von allen mittelalterlichen Autoren (ALRERTUS Nr. 44) besprochen, erscheint in 8 Exemplaren; es handelt sich offenbar um die Kleidermotte (Tinea pellionella L.). Unbestimmbare Insekten sind Spoliator (f. 201) und Vermis chelidoniae (f. 204). So wie ALsErrus (Nr. 36) den ersteren schildert, könnte man an eine Puppenräuber-Art (Calosoma) denken; der Maler stellt den spoliator als grüngoldigen Wurm dar. — Die Kunde vom Schöllkrautwurm soll von St. Augustin, wie IHomAs Cant. erklärt, stammen. Unser Maler bildet hier sehr gut ein Schöllkrautblatt ab und malt grünliche Raupen darauf, die vielleicht Blattläuse (A/ewrodes) bedeuten sollen. Spinnentiere (Arachnoidea). Spinnentiere, die im Kodex des P. Canpipus abgebildet er- scheinen, sind Aranea (f. 190%), Scorpio (f. 180%?) und Tarans (f. 182); ferner Engulas (f. 195). Was Aranea für eine Art ist, läßt sich nicht genau bestimmen, vielleicht die Hausspinne (7egeneria); sie wird dargestellt in dem Augenblick, da sie eine Fliege erhascht. ALBERTUS (lib. XX VI, Nr. 3) schildert unter Aranea die Kreuzspinne in ihrem Leben und Treiben. Scorpio ist nach der Beschreibung des ALBERTUS (1. c. Nr. 34) offenbar eine Skorpionart; der Maler unseres Buches hält sich aber an die wunderliche Auffassung des Konrap v. M. (III, Nr. 32), der den Skorpion als „Schlange mit dem Antlitz einer keuschen Jungfrau“ betrachtet. Auffallender Weise kennt dagegen P. Canpipus wie sein Maler sehr gut die Tarantel (7arantula Apuhae Brehm), die S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 205 er Tarans heißt gleich THomas Canr. (f. 50) und Konrap v, M. (III Nr. 34) und zu den Schlangen rechnet. Die Abbildung fihrt zwei Spinnen vor und am Rande des Textes steht mit roter Tinte der von späterer Hand geschriebene Vermerk: Attende; an keiner Stelle des Buches findet sich dergleichen. P. Canpipus spricht bereits vom Tanze, der sog. Tarantella: Durch Springen, Schulterverrenkungen, geschlechtliche Erregung oder andere da- von verschiedene Experimente suchen sich die Gebissenen in einen Zustand der Raserei zu versetzen, von der sie ergriffen wie aus einem tiefen Schlafe erwachen!). Konrap v. M. weiß vom Tanze nichts und rät Theriak und andere Arzneien als Mittel gegen den Biß an. Die Tarantel wird im Altertum nicht erwähnt (vgl. O. KELLER II. Bd, S. 470). Nach R. Kogerr?) wären (abgesehen von den unkontrollierbaren Angaben des arabischen Naturkundigen RAzes um goo n. Chr.) die Italiener NicoLaus PEROTTI 3) (1430— 1480) und SANTES ARDOYNO aus Pesaro die ersten, welche von der Tarantel und der Tarantella berichten. Es dürfte nach unseren Ausführungen jetzt P. Canpipus als einer der allerersten Autoren in dieser Beziehung zu gelten haben. Vor ihm besprechen dann, wie gesagt, schon THomas Cant. und der ihm folgende Konrap v. M. die Tarans-Spinne, ohne ùber die Tanze ein Wort zu ver- lieren; ALBERTUS dagegen weiß von ihr gar nichts. Was die Bilder von der Tarantel betrifft, so galten bisher die zwei Darstellungen in FERRANTE IMPERATo’s*) Werk vom Jahre 1590 als die ersten; sie wurden auch von ALDROVANDI (Paralip. 300) übernommen. GESNER, der das Tier sehr schlecht kennt (vgl. lib. II, p. 84, lib. V, p. 71), bringt gar kein Bild. Die Abbildungen (s. Taf. VIII, Abb. 15) in unserem Kodex stehen mit den ge- nannten in keiner Beziehung. Das in der Mitte und oben ge- malte Tier zeigt den Spinnencharakter sehr gut, weniger das 1)... aut saltu aut armorum contractione aut venere aut aliis diversis ab his experimentis, donec vertantur ad passiones: in quibus deprehensi sint et veluti ex profundo somno expergiscantur (fol. 182). 2) Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Arzte 73. Verh. Hamburg 1901. 2. T. II. H. Mediz. Abt. (Leipzig 1902) S. 92. Beiträge zur Kenntnis der Giftspinnen (Stuttgart 1901), S. 21 ff. 3) Cornucopiae latinae linguae Basil. 1536. Comment. in I Martialis Epigramma DST. 4) Dell’ historia naturale di Ferrante Imperato Neapolitano libri 28. Napoli 1590 p. 787 (Text p. 775). KosERT scheint diesen Autor nicht eingesehen zu haben. 14* — 93 — 206 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. untere links. Es dürfte hier die erste Abbildung der Tarantel vorliegen. Mit den Engulas (f. 195), wofür bei ArBerrus (lib. XX VI, Nr. 17) erigula steht, erscheinen wohl zum erstenmal abgebildet Milben. Es sind acht Tierchen, welche deutlich mit vier Bein- paaren den Spinnencharakter offenbaren. Da sie von weiflicher Färbung sind, möchte ich sie als Hausmilbe (Glyciphagus domesticus) ansprechen. ALRERTUS stellt sich dagegen wohl eine Zeckenart vor, da er die Synonyma theca, d. h. Zecke, pediculus silvae zu erigula setzt. ArprovanDI bespricht die Engula p. 222 und verdeutscht das Wort mit „Hundslauß, Zack, Holtzbock, die den Kopf immer voll oder im Blut haben“, Krebstiere (Crustacea). Hierher müssen gerechnet werden Aranea (f. 146‘), Astarax (f. 143%), Cancer (f. 148), Cricos (f. 128%), Echinus (f. 151%), Karabo (f. 135%), Kiloki (f.153Y), Locusta maris (f. 154) und Squilla (f 164). - Als Krebse erscheinen vor allen der Astarax und Karabo; ob Flußkrebs oder Hummer gemeint sind, ist nicht zu eruieren. ALBERTUS hat bei astarom (lib. XXIV Nr. 13), wie er statt astacus sagt, eine kleinere Art, vielleicht gar den Lranchipus stagnalis im Auge, bei Karabo (Nr. 65) einen großen Meerkrebs, also den Hummer (Homarus vulgaris M. Edw.). — Locusta maris, so auch bei ALBERTUS (Nr. 69) genannt zum Unterschiede von der Heuschrecke, bedeutet nach der guten Abbildung die Languste (Palimurus vulgaris Latr.), und Squilla, die jetzt noch so heißende Krevette (Lalaemon squilla L.). ALBERTUS (Nr. 110) betrachtet die Scylla als ein „monstrum marinum“. Die übrigen genannten Krebse sind den Abbildungen nach lauter Krabben. Cancer, welches Wort ALBERTUS (Nr. 23) für den gewöhnlichen Flußkrebs gebraucht, bedeutet bei unserem Autor eine Dreieckskrabbe; GesneR (edit. III, p. 200 und 201) denkt an den Taschenkrebs (Cancer pagurus L.). — Diese letztere Art liegt, wie es scheint, in der Krabbe Cricos vor, von der ALBERTUS (Nr. 36) sagt, daß sie ein einseitig. ausgebildetes langes Bein besitzt. — Aranea ist die langstirnige Spinnen- krabbe (Stenorhynchus longirostris M. Edw.), die durch ihr wunderliches Aussehen schon immer aufgefallen ist. ALBERTUS (Nr. 10) rechnete sie zu den Fischen. — Echinus, bei dem letzt- S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 207 genannten Autor (Nr. 47) eschinus geheißen, nicht zu verwechseln mit dem Seeigel, wird hier auch als Krabbe vorgestellt, vielleicht die Flußkrabbe (7Ze/phusa). — Mit Kyloki endlich haben wir eine sonst nirgends vorkommende Bezeichnung fiir die Meer- spinne (Mya squinado Latr.), die unter dem Namen Maja von ARISTOTELES und PLinius beschrieben, im Mittelalter aber sonst nicht, wie es scheint, erwähnt wird. Tausendfüßler und Asseln sind in den Tieren Blactes (f. 192), Centupes (f. 174) und Multipes (f. 198) zur Abbildung gekommen. Blactes, so auch bei ALBERTUs (lib. XXVI, Nr. 4), blatta bei Prinius und Isipor (XII, 8, 7) genannt, ist anscheinend eine Kellerassel (Omiscus oder Porcellto). Die Angabe der Alten, daß das Tier lichtscheu sei und vornehmlich in feuchten Bädern vorkomme, paßt am besten auf eine Asselart. STEIER (Tier- formen S. 45 [93]) denkt an die Küchenschabe, für die aber sonst gar kein Beleg aus dem Altertum existiert, so daß sie O. KELLER nirgends erwähnt. Die Schilderung bei Isı wor und ALBERTUS kann ebenso gut auf die Assel als auf die Schabe gedeutet werden. MarTHIOLI betrachtet die Blattae mit den Millipedae des DioskoripEs (s. Kommentar p. 340 und 341) als Asseln (Aselli), von denen er dort eine sehr gute Abbildung gibt. So diirfte die Ansicht richtig sein, daß die Küchenschabe (//afla) erst seit 200 Jahren in Europa eingeschleppt ist (vel. LeunIs, Synopsis IT. Bd. S. 503). Centupes, den Schlangen wie bei ALBertus (lib. XXV, Nr. 21) zugeteilt, ist eine Tausendfüßlerart. — Multipes, auch bei ALBERTUS (lib. X XVI, Nr. 24) «hat zwei Bilder, die vielleicht den gemeinen Tausendfuß (Fulus terrestris L.) und dieKugelassel (Glomeris) zur Veranschaulichung bringen sollen. Weichtiere (Mollusca). Von den Muscheln finden wir abgebildet Margarita (f. 157), Ostrea (f. 159), Perna (f. 137), Pinna (f. 160) und Testeum (f. 141); dazu kommt noch Aureum vellus (f. 145). Was Margarita fiir eine Art bedeutet, ist dem beigegebenen Bilde nach schwer zu sagen. Die Schalen der indischen Perl- muschel waren den mittelalterlichen Autoren anscheinend nur vom Hörensagen bekannt und selbst GESNER-FoRER (f. 139°) tut sich 208 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. schwer, ein richtiges Bild von der echten Perlmuschel zu bringen. Man verwechselte mit ihr das Perlboot (Nautilus pompilius L.). Von der Flußperlmuschel sagt P. Canpipus, so viel ich mich erinnere, nichts; dagegen kennt sie ALBERTUS (Nr. 74) sehr gut, wie übrigens auch schon das Altertum (s. O. KeLLER II. Bd, S. 552 f.). — Ostrea ist natùrlich die alt- und allbekannte Auster (Ostrea edulis L.) — Perna und Pinna sind Steckmuscheln, die erstere braun gefärbt, (Pinna squamosa L.) vielleicht, die zweite Pinna nobilis L. Der berühmte Byssus erscheint separat abgebildet unter dem Namen Goldwolle Aureum vellus, wie auch ALBERTUS (Nr. 14) sagt. — Testeum wird ebenfalls von dem letzteren Autor (Nr. 123) besprochen, läßt sich aber trotz der Abbildung nicht gut bestimmen und ist vielleicht wieder als Auster zu bezeichnen. Als Schneckentiere lassen sich bei P. Canpipus be- stimmen Cocles (f. 150°), Lepus marinus (f. 154‘), Limax (f. 196), Murex (f. 158), Purpura (f. 159”) und Triton (f. 140%). Mit Cocles und Limax sind wie bei ALBERTUS (XXIV, Nr. 32 und XXVI, Nr. 22), zumal sie in verschiedenen Biichern be- handelt werden, zweierlei Schnecken, Wasser- und Landschnecken (Helix pomatia L.?) gemeint; eine nähere Bestimmung ist nicht möglich. — Lepus marinus bezieht sich auf den im Altertum schon viel besprochenen und giftig verschrieenen Seehasen (Aplysa depilans Gm.); H. SALVIANI und GESNER (ed. III, p. 193 ff.) fassen jenes Tier als Schnecke auf, als welche STEIER (Tier- bestand S. 44) auch das plinianische Tier bestimmt. P. CAnpipus erwähnt ferner gleich Prius einen Seehasen im indischen Meere, ohne ihn jedoch abzubilden. — Das Kapitel Murices, mit welchem Namen Prinius die aristotelische Trompeterschnecke übersetzt, hat ein Kinkhorn ( Buccinum undatum L.) zur Illustration. — — Purpura ist eine der berühmten Purpurschnecken (Murex spec.). — Triton erscheint als Fabelwesen, auf der übrigens schön gezeichneten Tritonsschnecke (77ztonzwm Cuv.) blasend. Bei ALBERTUS und GEsNER findet sich das Wort überhaupt nicht. Tritonen, die bekanntlich in der Kunst eine Rolle spielen, werden bereits im Altertum‘), noch mehr aber in der Renaissancezeit dargestellt; ich erinnere an die Fontana Trevi in Rom; doch 1) So in Olympia nach A. Kunn, Allg. Kunstgeschichte I. Bd. (1909) S. 186 Fig. 296. a oe S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 209 zeigt unser Tritonbild keine Verwandtschaft mit einer der be- kannteren Darstellungen. Zu den Tintenfischen (Cephalopoda) gehoren die sämtlich als Fische betrachteten Tiere Conche (f. 149%), Loligines (f. 154), Multipes (f. 158), Nautilus (f. 137), Pollypus (f. 161) und Sepia (TON): Der Ausdruck Conche, der bei Prinius als Sammelname für Muscheln und Schnecken vorkommt, wird schon von ALBERTUS (lib. XXIV, Nr. 33) auf eine kleinere Gruppe und zwar speziell den Nautilus bezogen, der nun auch in unserem Kodex als Argonauta argo L. (1 c.) erscheint. Wir finden dies Tier noch- mals im Kapitel Nautilus abgebildet und zwar genau so, wie P. Breton (la nature des poissons 1555, p. 384) ihn zeichnet. P. Canpipus erzählt die alte Fabel (vgl. O. KeLLER II. Bd., S. 517), daß der Nautilus zwei seiner Arme wie Segel zum Schwimmen auf der Oberflache des Meeres beniitze. Multipes, wie Pollypus gehen beide auf die Krake (Octopus vulgaris Lam.); auch ALBERTUS (Nr. 81 und 96) betrachtet die Namen als synonym. — Unter Loligines ist sehr schòn der Kalmar (Loligo vulgaris Lam.) dargestellt; ALBERTUS (Nr. 70) ist sich, wie es scheint, nicht klar über diese Tierart. — Sepia end- lich bedeutet den gemeinen Tintenfisch (Sefza officinalis L.); doch ist die Abbildung hier minder gut. Stachelhäuter (Echinodermata). Seeigel und Seesterne, unter die Fische eingereiht, sind ab- gebildet in den Kapiteln Ericius (f. 152%) und Stella (f. 163). Fricius, bei ALBERTUS hiricius (Nr. 61), ist eigentlich der Name fir das bekannte stachelige Landtier, den Igel, wahrend der Seeigel bei PLinius echinus genannt wird (vgl. O. KELLER Il. Bd. S. 573). ALBERTUS und P. CanpIpus übertragen das Wort echinus auf eine Krabbe (s. v.) und beschreiben unter Fricius den eßbaren Seeigel (Æchinus esculentus L.) mit den mennigroten Eingeweiden. Die Abbildung in unserem Kodex stellt das Tier so auch dar und zwar von der Unter- und Oberseite ahnlich wie es bei RONDELETIUS 1554 (p. I. pag. 578) und bei GESNER (z. B. Edit. III, p. 257) gezeichnet ist. Stella, so auch bei Arsertus Nr. 118 genannt, scheint GESNER’s Stella pectinata (Fischbuch 1598, p. 152) zu sein, die 210 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. als der im Mittelmeer vorkommende “chinaster sepositus M. et Tr. bestimmt werden kann. Die Stella marina der Alten soll Asterza bispinosa im modernen Sinne gewesen sein (vgl. O. KELLER II. Bd. S. 57T): Würmer (Vermes). Wurmgestalt haben Sanguisuga (f. 201), Scolopendra (f. 163), Seta (f. 201%) und Vermis (f. 204). Unter Sanguisuga wird wie bei Tuomas CANT., ALBERTUS (Nr. 33) u. a. der Blutegel (rrudo medicinals L.) verstanden und in einem guten Bilde vorgeführt. Der erstgenannte Aus- druck ist nach GEsnER (Fischbuch p. 351) spätlateinisch; bei Prius heißt der Blutegel hirudo. — Seta erscheint als ein sehr feiner, langer Wurm, vielleicht das Wasserkalb (Gordius aquaticus L.); denn ALBERTUS, der einzige Autor, der von der seta (Nr. 35) spricht, laBt sie im faulenden Wasser leben und vergleicht sie mit einem Pferdehaar (s. GESNER l. c. p. 350). — Das Kapitel Scolopendra besitzt zwei Bilder von Meeresringel- würmern (Arericola und Phyllodoce?), die mit den Holzschnitten bei GESNER-FORER (p. 157) ziemlich ùbereinstimmen. Die Tiere erscheinen mitten unter den Fischen, wohin sie auch Prinius und die ganze mittelalterliche Literatur THomas CanT, ALBERTUS Nr. 107) rechneten. — Vermis endlich ist der gewöhnliche Regenwurm (Zumödricus terrestris L.) Schwämme (Spongia). Spongie (f. 162°) hat zur Illustration irgend eine Schwamm- art, vielleicht den Badeschwamm (Æwspongia officinalis L.). Interessant ist, daß diese Lebewesen zu den Tieren gezählt werden, wie bei ALBERTUS (Nr. 117), der ihnen die Fähigkeit sich aus- zudehnen und zusammenzuziehen zuerkennt. Korallen, Quallen fehlen vollständig. III. Kapitel. Die Persönlichkeit und Bedeutung des P. Candidus und sein mutmaßlicher Maler. Perrus Canpipus DECEMBER (PIERCANDIDO DECEMBRIO) wurde am 24. Oktober 1399 als zweiter Sohn des Humanisten UseRTUS DECENBER geboren, der in Diensten des Herzogs Gran GALEAZZO — 98 — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 271 von Mailand (1385—1402) stand und dessen Sekretär und Ge- sandter war. Als Geburtsort des P. Canpipus wird teils Pavia, teils Vigevano, die Heimat seines Vaters, ein Städtchen im Mai- ländischen angegeben !,. P. Canpipus trat 1419 ebenfalls wie sein Vater als Sekretär in die Dienste des Nachfolgers des ge- nannten ersten Herzogs von Mailand, des Visconti PrıLıpp MARIA (1412— 1447), und war in politischen Missionen tätig, in Florenz, Venedig, Rom und Deutschland’). Nach dem Tode seines Herrn schrieb er die Geschichte desselben und verließ Mailand, wo ihm der Aufenthalt durch die Ranke seines Nebenbuhlers FiLeLFUS verleidet wurde. Um 1453 erscheint unser Autor in Rom als Sekretär am päpstlichen Hofe. Papst Arrxanper V., früher Erzbischof von Mailand, war sein Pate. Unter dem 1. Dezember 1454 ist ein Brief des P. Canprpus aus Rom datiert und erhalten (übersetzt bei Funk a. a. O. S. 110 und 111). Später treffen wir ihn in Neapel am Hofe des Königs Atronso, auf dessen Wunsch er Appians Geschichtsbücher ins Lateinische übersetzte. Zwei Briefe aus dieser Zeit sind erhalten vom ıo. März und 4. August 1459 (nicht 10. August)?). P. Canpipus kehrte später wieder nach Mai- land zurück, wo unterdessen Francesco Srorza (7 1466), der Schwiegersohn Puarrrppos, die Zügel der Regierung an sich ge- rissen hatte. Er starb in Mailand am ı2. November 1477. Die vorgetragenen Daten können zum Teil aus dem be- handelten Tierbuche kontrolliert und ergänzt werden. So nennt P. Canpipus hin und wieder seinen Vater Usertus, ferner Mai- land und seine Heimat Viglevenum (Vigevano), z. B. im Kapitel vom Frosch (fol. 200%), wo er auch seinen Onkel Marracıus als . Arzt einführt. Ferner hören wir, daß sein Vater einmal als Ge- sandter in Venedig weilte (fol. 113V). P. Canpipus selbst scheint in der Jugendzeit auch nach Frankreich gekommen zu sein; denn er berichtet von einem Affenerlebnis in urbe Gebennensi (f. 537) und von der Kaninchenplage bei Lyon (f. 19). Oftmals erwähnt er „seinen Fürsten“ Puitrpp Maria und erzählt von dessen Lieb- habereien für kostbare Pelze, Jagdvögel u. dgl., so im Kapitel un u 1) Vgl. Ge. Vorcr, a. a. O. I. Bd. S. 511 ff. 522. Universallexikon, Leipzig , 1733 V. Bd. Sp. 520. 2) Pier Candido Decembrio etc. (s. Literaturverz.), S. L. 3) Vel. M. LEHNERT zu PH. Funk, „Pier Candido Decembrio“ in der deutschen Literaturztg. 1914. Nr. 5. Sp. 305—308. 212 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. vom Zobel (f. 62), Habicht (f. 72) usw. Auch sein Nebenbuhler Firerrus tritt einmal (fol. 181) auf, nicht ohne eine bissige Be- merkung zu bekommen. Wir erfahren ferner, das P. CAnpıpus in Rom und Neapel sich aufgehalten hat. In Rom sah er im Hofe des Kardinals VeENETUS orientalische Mäuse, die wahrscheinlich Ratten gewesen sein dürften (fol. 45). Neapel wird genannt im Kapitel (Monoceros (f. 41). Ob der Autor weiter in Süditalien herumgekommen ist, läßt sich nicht feststellen; seine gute Kenntnis der Tarantel und Tarantella läßt dies vermuten. In Neapel ist das Tierbuch geschrieben worden; denn es heißt ausdrücklich in der Einleitung (fol. ı): Cum Neapoli otiosus degerem, et legendi studio singula ut fit diligentius exquirerem, incidi in nonnullos commentarios ab ignaro quodam editos de natura animantium et de his et insertum est Uberti testimonium parentis mei optimi atque doctissimi. P. Canpipus, ein Vielschreiber, der im ganzen 127 Bücher geschrieben haben soll, von denen aber nur wenigen die Ehre des Druckes zuteil wurde, hat selbstverständlich seine natur- wissenschaftlichen Kenntnisse nicht auf eigene Naturstudien auf- gebaut, sondern in der Hauptsache verschiedene ältere Werke als Grundlage benützt. Doch nennt er sie nur selten: PLINIUS, SOLINUS, ARISTOTELES, einmal auch CAESAR und sogar Horaz, was vom Schreiber (s. 0.) mit „ab oratione poeta“ gegeben wird. Es scheint, daß P. CAnpipus seinem Sekretär in die Feder diktiert hat. Die genannten alten Autoren dürften nur mittelbar als Quelle in Betracht kommen. Verschiedenes spricht dafür, daß P. Canpipus hauptsächlich aus ALBERTUS MAGNUS (| 1280), THOMAS CANTIPRATENSIS, | ViINCENTIUS BELLOVACENSIS (| 1264) geschöpft hat, die aber mit keiner Silbe (soweit ich gefunden habe) zitiert werden. Was das Verhältnis unseres Autors zu diesen seinen unmittelbaren Vor- gängern im besonderen betrifft, so habe ich Vinc. BELL. nicht zur Vergleichung herangezogen. Mit THomas Cant. stimmt über- ein die Zweiteilung des 3. Buches, in welchem zweimal mit dem Alphabet begonnen wird (s. Tierliste oben) und zuerst mehr die Seewunder (monstra marina), hernach speziell die Fische (pisces) behandelt werden. Auch einige sonderbare Tiernamen, z. B. Gracocenderon, sind beiden Autoren gemeinsam. Wichtiger sind die Beziehungen zu ALBERTUs und, daß sie vorhanden sind, erhellt aus verschiedenen Parallelen. So be- OO ii S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 213 handelt unser Autor gleich ALzerrus die Giraffe, das Nilpferd, den Wisent und Ur in je drei Kapiteln; er bespricht einige nordi- sche Tiere z. B. Hamster, Kiebitz, Schnepfe, deren Kenntnis nur aus ALBERTUS geschöpft sein kann. Er stimmt manchmal in der Beschreibung des Tieres fast wörtlich mit seiner Vorlage überein z. B. im Kapitel Enchires. P. Canpipus übernimmt auch un- bedenklich aus ArBerrus Tiernamen, die bei der Übersetzung aus dem Griechischen (und Arabischen) verderbt worden waren, ohne sich auf eine kritische Prüfung derselben einzulassen, obwohl er des Griechischen sehr kundig war. Solche Namen sind z. B. Neomon, Carchetes, Cornica, Dariata, Ibor, Kacolax, Kim, Morplex, Caab, Exposita, Fastalcon, Galalcha, Glamanes usw. Daß P. Canpipus auch Prinius nicht genau eingesehen hat, beweist der Umstand, daß er in der Gefolgschaft von THomas Cant. und ALBERTUS (VINCENTIUS B. kommt nach H. SrapLER hier nicht in Betracht) das Wort Trebius, den Eigennamen eines römischen Ritters bei Prius, auf eine Störart übertrug. Die berühmte Ver- wechslung der beiden Wörter hippopotamus und hippodromus, die sich ALBERTUS (wenigstens in der Druckausgabe) zu schulden kommen läßt, macht unser Autor nicht mit. Auch sonst schreibt P. Canpipus nicht sklavisch seine Vor- lagen aus und reiht Tiere ein, die bei THomas Canr. und ALBERTUS fehlen, so die von Ausonius erstmals genannte Schleihe (Tenca, besser tinca), ebenso den Saibling (Umblus), den von JORDANIS zu- erst besprochenen Zobel (Zebelinus), die Sardinen (Sarda) Istpors usw. Einige Namen scheinen speziell von unserem Autor ge- prägt oder zu seiner Zeit gebräuchliche Volksnamen gewesen zu sein: Tongillus, eine Art Ratte, Egochilon, ein adlerartiger Vogel, Argivenistarius, ein kleiner Fisch, Albirez u. a. Ich habe sie bis jetzt nirgends (auch nicht bei GESNER) gefunden; vielleicht handelt es sich auch um verderbte Bezeichnungen. Die Zahl der Tiere, die unser Autor bespricht, beläuft sich auf etwa 460 Arten, von denen freilich viele synonym sind. ALBERTUS hat wohl mehr (ca. 475) Tiere in seiner speziellen Zoologie aufgeführt und ging auch besser (in wissenschaftlicher Weise, dürfen wir fast sagen) auf die Trennung der Arten einer Gattung ein, z. B. bezüglich der Falken, Gänse usw. Wir ver- danken P. Canpipus verschiedene interessante Notizen über das Vorkommen einiger Tiere; vgl. die Kapitel vom Ur, Bär, Sieben- schläfer, Ratten, Kaninchen, Barsch, Lamprete, Wanderheu- = RION: — 214 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. schrecke usw. Zobel, Saibling, Seidenraupe, Tarantel werden, um dies besonders zu betonen, erstmals von ihm genauer geschildert und abgebildet. P. CAnpivvs bringt sogar einige deutsche Wörter: Husen (allerdings schon von ALBERTUS gebraucht) und Stockfisch. Indem wir zu der schwierigen Frage über die Ausmalung des Tierbuches uns wenden, müssen wir vorher das Schicksal desselben, soweit es sich verfolgen läßt, besprechen. Der Kodex gehört heute zum Bestande der sog. urbinatischen Bibliothek, die von FEDERIGO DA Monrerecrro, Herzog von Urbino (1444— 1482), einem großen Bücherfreund, begründet und von Cesare Borja um die Wende des 16. Jahrhunderts nach Rom ge- bracht wurde’). Es ist von dieser Bibliothek ein altes Inhalts- verzeichnis vorhanden, herausgegeben von C. Guasri?), das ein- zusehen ich bisher keine Gelegenheit hatte. Da aber der Ver- fasser des vatikanischen Kataloges Srornajoro (s. o. I. Kapitel) den Kodex unter den Urbinates aufführt und keine weitere Be- merkung macht, so darf man wohl annehmen, daß das Buch schon zum ursprünglichen Bestande der urbinatischen Bibliothek zählte und vielleicht bald nach seiner Abfassung in dieselbe gelangte. Der schon genannte jetzige Präfekt der vatikanischen Bibliothek, P. EnRLE S. J., sprach sich mündlich mir gegenüber in ähnlichem Sinne aus. Was nun die Bilder betrifft, so sind dieselben schon dem Stilcharakter nach nicht Schöpfungen des 15., sondern 16. Jahr- hunderts, wie oben kurz erklärt wurde. Rätselhaft bleibt es frei- lich, daß der Kodex, der allem Anschein nach, da ein großer Raum für Bilder freigelassen wurde, für baldige Illustrierungen ein- gerichtet war, so lange Zeit der Ausschmückung entbehrte. Vielleicht hatte P. Canpipus keine genügende Vorlagen — es war ja noch die Mitte des 15. Jahrhunderts, wo gute Tierbilder äußerst selten gewesen sein durften — vielleicht auch waren andere Gründe maßgebend. Merkwürdigerweise ist uns noch der Brief erhalten, in dem der Besteller des Tierbuches, Marchese Lupovico Gonzaga von Mantua, den Autor „Herrn Canpipo de VIGLIEVANO“ ersucht, das 4) (G@ Woren es as 0. abd 523570: ?) BuRcKHARDT a. a. O. I. Bd. S. 358 zitiert Giornale storico degli Archivi Toscani VI (1862) S. 127-147: NO — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 215 Werk zu illustrieren. Der Brief, veröffentlicht von Luzio RENIER!), ist datiert vom letzten Dezember 1460 — vielleicht erschien das Werk als Weihnachtsgabe im fürstlichen Hause — und hat folgenden Wortlaut: Domino Candido de Viglievano. Spectabilis miles amice noster carissime. Havendo nui per il messo vostro insieme cum la vostra littera ricevuto libro ne intitulati de natura animalium et avium ne havemo preso grandidissimo piacere parendone uno bellissimo dono per la materia se tracta quale è molto elegante e bella, non ve potressemo referir tante gratie che ne para il dono vostro meritarne più; nondimanco quanto più c'è possibile vi rengratiamo. Et perchè legendo nui ritroviamo pur alcune sorte de animali che quantunche vui tochati la qualità et natura sua tamen non possiamo de ponto comprendere la forma sua, haressemo ad caro che ne li faceste depinzere per man de qualche commune depintore et de bonissima voglia pagaremo ogni spesa; perchè vui, che intendeti, meglio lo sapereti dar ad intendere al pintore non faressimo nui, promettendo- vi che haverli habiamo ad vostra eterna memoria, faremo transcrivere il libro vostro et a ciaschuno capitulo depinzer le animale suo de mano de bono maestro, si per rispeto del scriptore como del pictore che serà una bella cosa et degna de la memoria vestra. A Vincenzo de la Scalona nostro segretario havemo scripto che pagi ogni spesa che se farà per questo pinzere essi animali. Se per vui possiamo alcuna cosa siamo a li piaceri vostri parati. Mantua, Ultimo decembris 1460. (Copialett del march., L. 45). ‘ Wir ersehen aus diesem Briefe, daß der Fürst im Sinne hatte, das Werk abschreiben zu lassen, und daß er alle Kosten zur Ausschmückung desselben tragen wollte. Die Antwort des P. Canpipus ist nicht erhalten. Vielleicht haben sich die Unter- handlungen wegen der Preisfrage zerschlagen; denn, wie Burck- HARDT °) bemerkt, ging es am Hofe der Gonzaga manchmal knapp her. Es wird schon die Abfassung des Buches selbst eine erkleckliche Summe gekostet haben. Man könnte auch vermuten, daß das Werk, nachdem ihm die letzte Vollendung nicht zu teil 1) Giornale stor. d. Lett. ital. Vol. XVI. (1889) p. 147: J. Filelfo e |’ Umanesimo alla corte dei Gonzaga. i 4) Es. Bs O, ib Gb Ss Me.) Anm. a: 216 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. wurde, veräußert und an den genannten Frprerico verkauft worden sei. Den ausschlaggebenden Beweis fiir die Ausmalung des Tier- buches im Laufe des 16. Jahrhunderts bieten das Rhinoceros- bild und verschiedene amerikanische und mit den bekannten Gesner’schen Zeichnungen identische Tiergestalten. Was das erst- genannte Bild betrifft, so fußt es, wie schon oben dargelegt wurde, auf der berühmten Dürerzeichnung vom Jahre ı513!). Unser Maler glaubte noch mehr tun zu müssen und verzierte das Rhinoceros wie eine Landkarte mit den buntesten Farbenflecken. Das Dürer’sche Rhinoceros, das aus Indien nach Lissabon im bezeichneten Jahre verschifft wurde, wäre nach einer Notiz BurcKHaRDT's (a. a. O. II Bd., S. 13) übrigens auch nach Rom ge- bracht worden, als Geschenk EmmanvELS des Großen an Papst Leo X. Der Maler hätte also auch in Italien Gelegenheit gehabt, das Tier zu sehen, falls er damals schon lebte. In den vatikanischen Loggien, die im Auftrag des genannten Papstes Leos X. 1513—1518 ausgemalt wurden, sieht man auf dem Bilde „Schöpfung der Tierwelt“ unter anderen Tieren auch den naturgetreuen Kopf eines Rhinoceros. Er erscheint rechts neben der Dattelpalme hinter dem Elefanten und Dromedar und trägt auf der Nasenspitze ein schwaches Horn; es ist also die indische Art (Rhinoceros unicornis L.). Die Bilder in den Loggien sollen von RAFFAEL stammen oder wenigstens von ihm ideell be- einflußt sein. Die Tierdarstellungen schreibt L. Pastor?) dem Schüler Raffaels Giovanni DA UÜpine zu?) Ich hege die Ver- mutung, daß jenes berühmte Rhinoceros vom Jahre 1513 in den Loggien verewigt ist und zwar besser als in dem 1515 ver- öffentlichten Holzschnitt Dürer’s, der, wie bekannt, das Tier nicht selbst sehen konnte, sondern nach einer zugesendeten Zeichnung arbeitete. Der Maler des Tierbuches, der von dem beschriebenen Rhinocerosbild in den Loggien nichts weiß, muß erst mehrere Jahrzehnte hernach geschafft haben. Seine Bilder sind vielfach 1) Vgl. meine Arbeit über Dürer’s Pflanzen- und Tierzeichnungen X. Kap. Taf. XIV. *) Geschichte der Päpste IV. Bd. 1. Abt. (1906), S. 514—524. 5) Eine in Bologna (Gemäldegalerie) ausgestellte Zeichnung (B 76), die dem Giov. da Udine zugeschrieben wird, zeigt aber eine merkwürdig schlechte Auffassung des Nashorns. S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. Gl (vielleicht ein Drittel) aus GESNER genommen oder von ihm be- einflußt. Es könnte auch sein, daß beide eine dritte Quelle be- nützt haben. Besonders auffallend sind die Bilder: Mandrill Papio (f. 51”), Gürteltier Duran (f. 20), Giraffe Oraphlus (f. 46"), Bernikelgänse, Paradiesvogel (f. 74’), Truthahn Gallina Indiae (f. 94) und Ibis oder Waldrapp GEsNERS (f. 90). Der Mandrill wurde 1551 in Augsburg gezeigt und ist dem- nach wohl zuerst in Deutschland abgebildet worden, Die Giraffe scheint das 1659 nach Konstantinopel gebrachte Exemplar zu sein. Von den Paradiesvogeln erfuhr man Genaueres erst durch den Reisebericht Picarerras und Bilder von ihnen wurden erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts verôffentlicht. Das Giirteltier und der Truthahn sind amerikanische Einführungen; das Bild des letzteren ist indes, wie hier nochmals betont werden soll, eine gute eigene Leistung des Malers. Ein speziell Grsner’sches Tier ist der Waldrapp oder Mähnen- ibis. Die Darstellung in unserem Kodex ist mit der Grsnrr’schen vollkommen identisch, wenigstens mit dem farblosen Holzschnitt in der ersten Ausgabe von 1555 (lib. III, p. 337). Das Deutsche Vogelbuch GesneR'S von 1600, das die Bilder farbig bringt, weicht (p. 424) von der Malerei im Kodex ab, wo die Beine des Vogels nicht rot, sondern grüngelb dargestellt sind. Da der Mähnenibis nach GEsner auch in Italien am Comersee beobachtet wurde, hatte wohl ein Italiener das Bild von dem Vogel schaffen können. Doch gibt GEsnER für seinen Holzschnitt keinen Autor oder Einsender an, wie er das gewöhnlich tut (so beim Rhinoceros- bild Dürer’s), wird ihn also selbst haben fertigen lassen. Bei der Abbildung der Bernikelgänse beobachtet man einen ähnlichen Unterschied in der Farbengebung wie beim Waldrapp, während die Zeichnung ein und dieselbe ist. In unserem Tier- buche sind die Beine schwarz und der Schnabel rot, in GESNER’s Deutschem Vogelbuch (p. 75) die Beine rot und der Schnabel gelb wiedergegeben. Daraus können wir schließen, daß unser ‚Maler wohl die erste GEesner’sche Autlage, die in den 50er Jahren ‚erschienen ist, vor sich hatte, aber nicht mehr die mit farbigen Holzschnitten ausgestatteten späteren Ausgaben. Für die Aus- malung des Kodex ergibt sich ein Spielraum von etwa 1555 bis 1600. Die Arbeit scheint der Hauptsache nach in einem Zuge ge- macht worden zu sein; wenigstens beobachtet man, was die 218 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. technische Seite der Miniaturen betrifft, keine besonderen Ver- schiedenheiten. Nur einige wenige Bilder dürften nachträglich beigefügt worden sein; so der Paradiesvogel und die Giraffe, die, wie wir oben gefunden haben, auch bei GEsNER erst in späteren Auflagen erscheinen. Diese Bilder könnten auch von anderer Hand stammen; für den Hauptteil des Werkes dürfte wohl nur ein Künstler in Betracht kommen. Die dargelegte Abhängigkeit von GESNER darf nicht als ein Zeichen der Minderwertigkeit unseres Werkes betrachtet werden. Die meisten Bilder sind eigene Arbeit und manche von hohem künstlerischen Werte. Gar oft weicht der Künstler von der GrEsNER’schen Vorlage ab, so in der Darstellung des Elentieres, der Hunde, der Walfische. Bei der Ausmalung des letzten Ab- schnittes, der von den niederen Tieren handelt, hatte der Künstler gar keine Vorlagen: denn GEsnER hat diese Arten nicht mehr behandelt. ALDROVANDI, der zuerst in wissenschaftlicher Weise über die Insekten schrieb, übte auf unseren Kodex keinen Einfluß aus, der wohl um jene Zeit (1598) schon fertig gestellt war. Ge- rade in der Wiedergabe der niederen Tierwelt leistet unser Maler Bedeutendes, vgl. das Bild von der Seidenraupe (Taf. VIII, Abb. 16.). Der Name des Tiermalers ist uns leider nicht bekannt. Wenn wir GESNER durchblättern, finden wir verschiedene Maler, die ihm bei der Schaffung seines großen Werkes behilflich waren. So erhielt er die erwähnte Zeichnung der Bernikelgänse von einem gewissen FERRERIUS PEDEMONTANUS, das Stinkbild von NicoLaus VILLAGAGNONIO (Edit. III, p. 357), die Zeichnung der Zibethkatze von Perrus MeRBELIUS aus Mailand. Der erstgenannte scheint mit dem Referendar am päpstlichen Hofe Frrrero (Petrus Ferrerius), der aus Biola in Piemont stammte und am 12. November 1566 starb'), identisch zu sein. Der Maler muß wissenschaftlich gebildet gewesen sein oder einen wissenschaftlichen Beirat an der Seite gehabt haben; denn sonst hätte er sich in der Bestimmung der alten, manchmal auch, wie wir gesehen haben, verderbten Tiernamen nicht zurecht ge- funden. Noch weniger hätte er sich anheischig machen dürfen, neuweltliche Tiere mit alten Namen zu belegen. GESNER kann wohl schwerlich in direkte Beziehung zu unserem vatikanischen Kodex gebracht werden, eher BeLLonIus, der nach V. Carus (a. 1) Universallexikon aller Wiss. u. Künste. Leipzig Zedler 1735. IX. Bd. — 105 — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 210 a. O. S. 348) von mehreren Kardinälen in seinen Bestrebungen unterstützt wurde; die merkwürdige Auffassung des Ibis (s. o.) führt mich auf den Gedanken, ob nicht dieser 1564 gestorbene gründliche Kenner der alten Literatur bei der Ausmalung unseres Tierbuches einen Einfluß ausübte. Dann wäre noch zu nennen IppoLıto SALVIANI, der Verfasser eines 1555 in Rom erschienenen Fischbuches!). Er war Leibarzt verschiedener Päpste und Freund des Bibliothekars der vatikanischen Bibliothek, des Kardinals Cervini. Es ist wohl begreiflich, daß das großartige Werk GESsNER's, in dem das zoologische Wissen von Jahrhunderten zu- sammengetragen war, überall eine tiefe Wirkung ausübte und auch bei jenem Kardinal den Wunsch rege werden ließ, daß das alte Tierbuch des P. Canpipus endlich vollendet würde. Der um die Schätze seiner Bibliothek nach Pastor so besorgte Kardinal wurde auch Papst (MarceLLus IL), starb aber schon nach einer Regierung von 22 Tagen (1555). In Sarvianrs Werk findet sich nirgends ein Hinweis auf unseren Autor P. Canpipus. Die Papst- geschichte Pasror’s ist noch nicht so weit gediehen, um eventuell für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts einen urkundlichen Be- leg tiber die Ausmalung unseres Tierbuches aus den vatikanischen oder anderen Akten hier bringen zu können. Das illustrierte Tierbuch des P. Canpipus stellt, wenn auch der Name seines Malers nicht auf uns gekommen ist, ein be- deutendes Werk der Humanistenzeit dar, aus der bisher natur- wissenschaftliches Streben so gut wie unbekannt war. Es ist wohl der einzige tierkundliche handschriftliche Kodex, der zur Ausmalung gelangte. Das Werk steht sozusagen mit dem einem Fuße in der alten Zoologie des Auserrus MAGNUS und seiner Ge- nossen, mit dem anderen aber bereits in der neuen, mit GESNER anbrechenden Zeit und bildet so eine Brücke über den großen Hiatus in der Geschichte der Naturkunde vom 13. bis 16. Jahrhundert. Für das Verständnis der alten Tierkunde erschließt sich in diesem vatikanischen Kodex eine neue Quelle. 1) Vgl. Literaturverzeichnis. *) Geschichte der Päpste VI. Bd. (1913) S. 339. Zool. Annalen VI. 15 S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. | N i» © Anhang. A. Literaturverzeichnis. a) Altere Werke: ALBERTI Magni, Ratisbonensis episcopi, ordinis praedicatorum, Opera omnia cura Aug. Borgnet Volum. XI et XII. Animalium libri XXVI. Parisiis 1891. Die Neuausgabe, welche H. STADLER in Angriff genommen hat, ist leider noch nicht erschienen. Dazu: H. STADLER, Vorbemerkungen zur neuen Ausgabe der Tiergeschichte des Aibertus Magnus (Sitzb. der bayr. Akademie) München 10912. DERSELBE, Zur Charakteristik der gangbarsten Ausgaben der Tiergeschichte des Albertus M. (Archiv f. G. d. Naturw.) Leipzig 1912. DERSELBE, Geschichtlich zoolog. Studien über die Albertus M.-Schrift „de ani- malibus“ (Mitteil. z. G. der M. u. d. Naturw.) Hamburg 1907. DERSELBE, Irrtümer des Albertus M. bei Benutzung des Aristoteles (Arch. f. G. der Naturwiss.) Leipzig 1913. KILLERMANN, SEB., Die Vogelkunde des Albertus Magnus. Regensburg 1910. THOMAS CANTIPRATENSIS, de natura rerum. Pergamentkodex der Münchener k. Hof- und Staatsbibliothek (geschrieben um 1400?) Codex latin. 2655. Conrap von MEGENBERG, Das Buch der Natur, herausgegeben von Frz. Pfeiffer, Stuttgart 1861. DERSELBE, Das Buch der Natur. Ausgabe von Hugo Schulz. Greifswald 1897. ARISTOTELES, Tierkunde, herausgegeben von H. Aubert und Fr. Wimmer. 2 Bde. Leipzig 1868. AELIANI de natura animalium libri XVII ed. Gottlob Schneider Lipsiae 1784. Isiporr Hispaliensis episcopi etymologiarum sive originum libri XX. recognovit etc. W. M. Lindsay Tom. I—Il. Oxonii tort. b) Werke des 16, und 17. Jahrhunderts: C. GesNnERI medici Tigurini historiae Animalium lib. I de Quadrupedibus viviparis Tiguri Anno 1551. lib. II de „ oviparis : m | 2554 Appendix historiae Quadrupedum viviparorum et oviparorum ‘i „21554. lib. III de Avium natura 5; » 1555 lib. IV de Piscium et Aquatilium natura „ DUT ISS de piscibus et aquatilibus omnibus libelli III novi. Darunter: Teutsche nammen der Fischen u. Wasserthieren. Tiguri 1556. lib. V de Serpentium natura 01587 lib. IV de Piscium et Aquatilium natura. Francofurti 1604. Icones Animalium Quadrupedum viviparorum et oviparorum etc. edit. III. Heidelbergae 1606. Nomenclator Aquatilium Animantium etc. edit. III. Heidelbergae 1606. — 109 — S. Killermann, Tierbuch des P. Candidus. 221 Deutsche Ausgaben GESNERS: ; Tierbuch von C. Gesner durch Cunrat Forer in das Teutsch gebracht. Zürich 1583. Fischbuch von ebendenselben. Frankfurt 1508. : Schlangenbuch von C. G. u. Jacop Carronus. Zürich 1589. Vogelbuch von C. G. durch Ruporr HEUSSLEIN in hoch Teutsch versetzt. Franckfurt 1600. Thierbuch des C. G. von G. Horstus. Franckfurt 1669. Hippotyto SALVIANI, Aquatilium animalium historiae. Romae 1554—58. GULIELMI RonpELETI, Libri de piscibus marinis; Universae aquatilium Historiae pars Il. Lugduni 1554 u. 55. P. Beton du Mans, la nature et diversité des poissons. Paris 1555. » » Phistoire de la nature des Oyseaux. Paris 1555. P. Marrmozr Libri Comment. in Dioscoridem. Venetiis 1565. ULYSSES ALDROVANDI, de Animalibus insectis libri VII etc. Francofurti 1618. c) Neuere Werke. Brehms Tierleben, dritte Aufl. Leipzig 1890 ff. J. BuRcKHARDT, Die Kultur der Renaissance in Italien. 10. Aufl. von L. Geiger. 2 Bde. Leipzig 1908. J. V. Carus, Geschichte der Zoologie, Minchen 1872. O. KELLER, Tiere des klassischen Altertums in kulturgeschichtlicher Beziehung. Innsbruck 1887. DERSELBE, Die antike Tierwelt, 2 Bde. Leipzig 1909—13. Pier Canpipo DECEMBRIO, Leben des Filippo Maria Visconti und Taten des Francesco Sforza, übersetzt und eingeleitet von PhıLıpp Funk. Das Zeit- alter der Renaissance. 1. Serie. 7. Bd. Leipzig 1913. Zitiert hier mit Funk. Aug. STEIER, Die Tierformen des Plinius. Zoolog. Annalen V. Bd. (1912) p- 49 ff. Sonderabdruck S. 1— 66. DERSELBE, Der Tierbestand in der Naturgeschichte des Plinius, Würzburg 1913. GEoRG Voict, Die Wiederbelebung des klassischen Altertums. 2 Bde. 3. Aufl. von Max Lehnerdt. Berlin 1893. B. Tafeln. Die Abb. 1—6, 9, 10, 13 und 14 sind nach Aufnahmen des Verfassers, die Abb. 7, 8, 11, 12, 15 und 16 nach käuflichen Photographien (P. SANSAINI Rom) gefertigt. 15* PUT Topi ter 4 1% HET eee Zoologische Annalen. Bd. VI. . Tafel I. ri | Dane ur Aristoteles fcribir magnitudine cer è para | y À i Lei ft TU ın quo natura ceterorum O La ru pe f / 1 dum confarrum modum immutafit wunder quup 4 { ‘ pe cium omne anımal. ‘or excepto fel.in ınrenon Pea. Abb. 1. Fol. 9V: Alces, Elch; Ahane, Maulesel. | Orıpblus Li Raphlus animal fupra modum admirabile colon naturali m anteriori parte arduam ualde er eminenf ta ut producto collo et extenio capire altıendınem uigina cubiro». polie attingere in po fferıore demiffum inftor ceru cur pedes LE cat dam perfimilem genic. caput cquinim profere F Abb. 2. Fol. 46V: Oraphlus, Giraffe; Orix, Ziege. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler. Zoologische Annalen. Bd. VI. Matel ue fperus per fexiginea Auf ferunt A cece! DavViIUNI alle mente venermr Ve uunıctıam IA UN CAR ck, f ; 1 PERSIL OL M röitrtıinnr Ineunr focminay a : A fexro menfe. Alıguando gndécam non Nangaı Abb. 3. Fol. 12: Hundegruppe. - — = r ~ (aris. equi precerca regis feythax ce perf È hiften Atula in funere dnoz. lachrymaf fudif fe dntur . nec ahud animal lachrymis defide Abb. 4. Fol. 25V: Pferdegruppe. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhandler. verro fairies Zoologische Annalen. Bd. VI. Tafel III. Sec 3 ade rEeguo hig keftys abunde fera dicitar. bi a" \ re Vefontef Cronms ut Solinus fcribit bobus confimi Abb. 5. Fol. 59V: Vesontes, Wisent. | Le furore exetrus arborem cornibus impent fra fra cog, mado defeflum uenator cx füpıo rı pre per ılıa cvanffodie et perimie. Alıud _ zubronum genus efe in polonia thuronefab incolig apellantur Zubronıbuf forma minoeg mveloitate preftannores. Abb. 6. Fol. 61V: Zybrones, Ur. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kg]. Univ.-Verlagsbuchhändler. Zoologische Annalen. Bd. VI. Daviel INV. ur taun -cornua Aadmodam recurua. «t ad pu gnandum apr. pılı fronns'eus uelun biriine de fe bine inde diuidente{ faper œulof. Dennbus fi bionbuf CArCT (at cuırıf In crurıbııf etufpiloz Abb. 7. Fol. 26V: Eale, Pferd phant.; Enchires, Ur? ab exrremis dalmanc et dace pubus aduect olm prcipi meo philippo mane mediolanenfiuz duct magno confhtere precio . | Abb. 8. Fol. 62: Zibo, Wolf; Zebelinus, Zobel. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler. Zoologische Annalen. Bd. VI. Tafel V. Plumefcune- q fortes pendentes vt gno per mar flurrane ufque quo pfeete fe ulero quan ens ¢ ligno dbrump.me & ad debitam forma rotori ter capeffane \V iodimuf uiro/ fidedi Abb. 9. Fol. 76V: Barliates, Bernikelgans. quis di afirane n rie noftro cum plana flirme ~*~ > à aduncum bre -adin crconye Abb. to. Fol. 99: Ibis, Waldrapp Gesners. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler. Zoologische Annalen. Bd. VI. Tafel VI. Amius i DE Mıug pifas mans faxaulıs uc fembre plu? : id eft lapidem ınreriug gerenf hu admo a phrins n DA) de) Pre eas d AMMALA MAMI RSS LI Are LT Abb. 11. Fol. 145V: Accipenser, Stör; Amius, Bonite. — = m m - ~ a , = fimıllımum be membra in corpore et coflafpor ci in moda mm tortfeve AUS € KO 1 pinguedez Abb. 12. Fol. 160Y: Pectines, Heilbutt; Porcus, Meereber; Palumbus, Hai. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kg]. Univ.-Verlagsbuchhändler. Zoologische Annalen. Bd. VI. Tafel VII. x ~ il f L | | j » vit y | È ty pifi NS eC vie wt i | 4 "1 : bir toco duri al a hae Bat) Lv ot) 2 teri È tuée op Lis if : 7 ee fufle prıus p ire qu non po Ne i DU aa oO Sia | i | gr rman vorarn Lin QU 4 ftoch fix re as Line Abb. 13. Fol. 165: Scarda, Brassen; Talpa, Stockfisch. i teftarur bis hiberno tpt ondine Indi lips | tes aurum furnpere furam conantur qua cy i cur EXCITE, Latebris eo; inuadunr Kerebm La a os REL PQ PL INNI EER bah Re a Abb. 14. Fol. 196: Formicaleo; Formica Indiae. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler. Zoologische Annalen. Bd. VI. Tafel VIII. j Tylus a yfus ferpenf cfb in montbus edganeis “fexal, {eprem peclam longitudine grad rare mana 7 Abb. 15. Fol. 182: Tarans, zwei Taranteln; Tysus, Schlange. — 5 — Sa —+ > — Anificusvermif cft Longue miculofus ex mains pedibuf diftans fparfim colore albus hutufmodi Abb. 16. Fol. 197: Lanificus, Seidenraupe. Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candidus. Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler. Erinnerungen aus meinem Leben als Natur- forscher und Arzt zu Koseir am Roten Meere. Von Dr. C. B. Klunzinger (Stuttgart)?). Mit 15 Abbildungen. Vorwort Motto: „Alle Menschen, von welchem Stande sie auch seien, die etwas Tugendsames oder Tugendähnliches vollbracht haben, sollten, wenn sie sich wahrhaft guter Absichten bewußt sind, eigen- händig ihr Leben aufsetzen, jedoch nicht eher zu einer so schönen Unternehmung schreiten, als bis sie das Alter von 4o Jahren erreicht haben.“ BENVENUTO CELLINI, aus Goethes Werken. Verfasser hat zwar nichts besonderes „lugendsames“ voll- bracht, aber doch Ungewöhnliches erlebt, indem er 8 Jahre‘ seines Lebens in einer weltverlorenen Ortschaft am Roten Meere als Arzt, Sammler und Naturforscher zubrachte und in diesen kleinen Verhältnissen einen Einblick in gar manches gewann, was einem flüchtigen Reisenden entgeht. Auch hat er für diese Mitteilungen, welche, im Gegensatz zu seinen früheren „Bildern aus Oberägypten, der Wüste und dem Roten Meere“ 1877, vielfach auch persönlich behandelt werden mußten und eine wesentliche Ergänzung der letzteren bilden, nicht bloß bis zum 40. Lebens- jahre nach Benvenuto CELLINI gewartet, sondern bis zum So. Es liegt im Interesse der späteren Geschlechter, Kenntnis von den Erfahrungen der älteren zu erhalten, um von ihnen Nutzen 1) Die Erfüllung des Wunsches, diese „Erinnerungen“ am 80. Geburtstage (18. November 1914) veröffentlicht zu sehen, hat KLUNZINGER nicht erlebt; er ver- schied plötzlich am 21. Juni dieses Jahres in Stuttgart. Zool. Annalen VI. 16 224 C. B. Klunzinger, zu ziehen. Scheinen solche auch noch so unbedeutend, so ge- winnen sie doch auch wieder historisch an Wert, indem sie weit zurückliegen, wie alte Gegenstände, die, lange vergessen, oft erst nach vielen Jahren wieder Beachtung finden. Solche Er- wägungen haben mich auch beim Niederschreiben dieser Zeilen geleitet: Mitteilung meiner eigenen Erfahrungen, wie man es machen kann, und noch mehr, wie man es nicht machen soll, aber immer mit möglichster Vermeidung des rein Persön-- lichen, das doch nur für wenige wissenswert erscheint und oft mehr aus Eitelkeit sich breit macht, auch des Urteils über andere Personen, zugleich auch mit Ausschaltung von allem Un- wahren, Romanhaften. ı. Vorleben: Das oben Gesagte gilt auch von den zunächst folgenden Ausführungen, aus meinem „vorägyptischen“ Leben, welche zeigen sollen, wie eine im Innern steckende Neigung immer wieder zum Durchbruch kommt, und allerdings meine Person zur Grund- lage hat. Geboren am ı8. November 1834, als Sohn eines Pfarrers, brachte ich die Knabenzeit hauptsächlich in einer Lateinschule !) in einem Landstädtchen zu, welche zunächst keine Anregung zur Beschäftigung mit der Natur brachte. Nur in den Ferien hatte ich im väterlichen ländlichen Pfarrhaus und noch mehr in dem groß- elterlichen Anwesen ebendaselbst?) Gelegenheit, den alljährlichen Kreislauf der Landwirtschaft zu verfolgen. Während meine älteren Brüder schon früh durch meinen Vater, der viel Sinn für die Naturgeschichte, aber wenig Kenntnisse darin hatte, zur Beschäfti- gung damit angeregt wurden, galt es, wie es scheint, aus mir mehr einen Altertümler zu machen, wie mein Vater damals einer war), und so legte ich mir — ein Knabe muß ja irgendeine Sammlung haben, Briefmarken gab es damals noch nicht — eine Wappensammlung an. Diese wurde, als ich in meinem 13. Lebens- jahr an das Gymnasium in Stuttgart kam, sehr vergrößert, be- sonders durch Tausch mit einigen Schulkameraden. Einer der- 1) S. meinen Aufsatz: „Adam als Erzieher“ in den Vierteljahrsheften des Zaber- gäuvereins, 1906, III. 2) S. ebenda, 1906, IV „Über den Amtmann Johannes Koch in Güglingen“. 3) KARL KLUNZINGER, Geschichte des Zabergäus 1842—44 und dessen Berichte über den Altertumsverein im Zabergäu 1841— 61. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 225 selben!) hatte zugleich eine Steinsammlung, eine ebensolche, von meinen Brüdern überkommen, hatte ich zur Verfügung. Die- selbe erschien mir anfangs so wertlos, daß ich gegen diese Steine Wappen eintauschte. Bald aber sah ich mir die Tauschware ge- nauer an, ehe ich sie abgab, zunächst nur des gegenseitigen Wertes wegen. Jetzt erst wurde ich — wie ein Blinder, der sehend wird — gewahr, daß auch Steine schön und wertvoll sein können; besonders fand ich Wohlgefallen an Natrolithen, die meine Brüder von einer Reise nach dem Hohentwiel mitge- bracht hatten. Nun legte ich mich mit vollem Eifer auf das Steinsammeln, zunächst aus den Steinbrüchen der näheren und ferneren Umgebung von Stutt- gart, wobei einer meiner Brüder, der im Polytechnikum studierte und bei dem bekannten Professor KURR sich Kenntnisse erworben hatte, mir an die Hand ging; auch ich studierte jetzt Kurrs Lehrbücher und machte mir sogar nach dessen Anleitung Modelle von Kristallen. Während meiner ganzen Gy mnasial- zeit vermehrte ich meine Samm- lung, besonders auch bei einer Reise nach der Schwäbischen Alb, die ich, G. Scuwass „Neckarseite der Schwab, Alb“ und den Hammer A. in der Hand, ganz allein durch- Dr. Carl Benjamin Klunzinger. wanderte; wobei ich auch manche Handstücke aus den damals zum Teil noch im Betrieb be- findlichen oder erst kurz vorher verlassenen Bergwerken im Schwarzwalde: Neuenbürg, Reinerzau, Wittichau bekam. So be- kam ich eine bescheidene Sammlung von Petrefakten, meine Mineraliensammlung vermehrte ich später noch als Student in Tübingen durch Durchstöbern der Vorräte einer zum Verkauf bestimmten Sammlung eines Kaufmanns Bosserr daselbst. Gleich- zeitig trieb ich auch Botanik, und jede freie Stunde wurde zum Botanisieren und zum Bestimmen der Pflanzen nach dem alten 1) Es war dies, wie sich später herausstellte, der Vater der Zoologin Dr. Gräfin MARIA v. LINDEN. 16* 226 C. B. Klunzinger, Magister HocHstETTER 1837 benützt, wobei mein Vater mein Be- gleiter und Mitlernender war. Von einer Überbürdung durch Schularbeiten war keine Rede. Den ersten Unterricht in der Naturgeschichte, freilich nur in Umrissen, bekam ich erst in den zwei oberen Klassen des Obergymnasiums, wo der treffliche Professor O. KöstLin unser Lehrer in diesem Fache war. Die ganze Gymnasialzeit über blieb ich als Naturforscher „die einzig fühlende Brust“). Leider wurde meine Studienzeit auf der Universität Tübingen recht wenig naturwissenschaftlich ausgenützt. Ich hatte mich, da die Naturwissenschaft kein Brot für später schaffen konnte und die Laufbahn als Lehrer in Realien noch wenig Aussicht bot, zum Studium der Medizin entschlossen. Mein anfänglicher Feuer- eifer für die naturwissenschaftlichen Vorlesungen erlosch freilich bald. Die Vorlesungen von QuensrEDT brachten mir wenig Ge- winn, die von W. Rapp waren gar zu trocken, wenn auch lehr- reich, vortrefflich waren die von H. Mout, es fehlte aber, wie da- mals überhaupt, an praktischer Anleitung; „Übungen“ gab es damals in diesen Fächern, in Tübingen wenigstens, nicht. Besser war es mit anderen Fächern der Naturkunde, wie Physik und Chemie, bestellt. In letzterer genoß ich einen vortrefflichen Unter- richt bei FEHLING an der polytechnischen Schule in Stuttgart, die ich 1/2 Jahr vor dem Bezug der Universität besuchte, welche Zeit ich auch sonst gut anwenden konnte mit Lesen von klas- sischen Schtiftstellern und praktischem Studium der franzòsischen und englischen Sprache. So wandte ich mich bald, nur zu bald, auf den Rat eines älteren Mediziners hin, den eigentlich medizi- nischen Fachern zu, wozu ja auch die mir besonders zusagende menschliche Anatomie gehört, welche durch LuscHKA sehr gut vertreten war. Das Studium der Medizin hat auch seine großen Reize, es trat bei mir mehr und mehr in den Vordergrund, gegen- über dem der Naturwissenschaft, zu deren Betrieb die Anregungen aufhörten. 1855 im Sommersemester unterbrach ich mein Studium in Tübingen und begab mich nach Würzburg, wo ich VircHow, der damals noch ein Stern im Aufgehen war, auch KOLLIKER hörte. Da ich aber auch schon die Kliniken besuchte und die Zahl der belegten Stunden sehr groß wurde, so reichte es nicht !) Als ich einmal, nach Aufforderung unseres Lehrers KôsTLIN, einen Strauß von Feldblumen dem Famulus übergab, wurde ich, als Überbringer genannt, von der ganzen Klasse ausgelacht. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseiram Roten Meer. 22 7 mehr zum Besuch der Vortrige der damals noch als Privat- dozenten dort tätigen GEGENBAUR über Zoologie und Lrypic über Histologie, noch weniger zu den „Übungen im Mikroskopieren‘ bei KÖLLIKER, was ich später sehr zu bereuen hatte. Nach meiner I. medizinischen Staatsprüfung 1857, die etwa der heutigen Approbationsprüfung entspricht und auch die Natur- wissenschaften, besonders Botanik und Zoologie einbegriff ohne besonderes vorheriges Physikum, begab ich mich, zur Ausnützung des sogen. praktischen Jahres, nach Wien und Prag, den da- maligen Zugorten für die Mediziner, besonders der süddeutschen, wo ich die Kliniken besuchte und mancherlei kostspielige praktische medizinische Kurse mitmachte. Schon in Wien machte sich meine erste Liebe wieder geltend; ich machte, durch einen An- schlag am schwarzen Brett der Universität aufmerksam gemacht, ein geologisches „Kolloquium“ des bekannten Geologen und Geo- graphen v. RICHTHOFEN mit, der damals an der geologischen Reichsanstalt und Privatdozent war; es bestand in Referaten über neuere Arbeiten, wozu ich freilich nicht vorgebildet genug war. In Prag konnte ich nicht umhin, die ausgezeichnete Vor- lesung des bekannten Infusorienforschers SrEIN zu hören, wodurch ich erst eigentlich der Zoologie zumal der Wirbellosen gewonnen wurde, und außerdem hörte ich Mineralogie und Geognosie bei dem Foraminiferenkenner Reuss. Zu diesem Zweck setzte ich noch ein weiteres Semester meinem praktischen Jahre zu, wobei ich meine medizinischen Studien nicht aussetzte und unter anderem zum erstenmal mikroskopisch arbeiten lernte, bei LamBL, aber mehr in pathologisch-anatomischer Richtung. Nun kam das Kriegsjahr 1859, in dem in den Deutschen Bundesstaaten mobil gemacht wurde. Längst militärpflichtig, wurde ich, nachdem ich noch rasch meine II. Staatsprüfung und das medizinische Doktorat!) abgelegt hatte, mit zahlreichen Studien- genossen, die man alle recht nötig hatte, zum „Oberarzt“ (Bataillons- arzt)im württembergischen Heeresteilernannt, und man zogim Lande herum in Erwartung: baldigen Abmarsches nach Frankreich. Die Herrlichkeit dieses „Zwetschgenfeldzugs“ hatte aber schon nach einigen Monaten ein Ende; nach dem Friedenschluß zwischen !) Meine „Inauguralabhandlung“ behandelt „Beobachtungen über Operationen mit der Zangensäge nach Van HueceL“, da ich mich schon als Studierender dem Fache der Geburtshilfe speziell zugewandt hatte und studierender Assistent bei Prof. BREIT gewesen war. 228 (Cozie ia: Osterreich und Frankreich zu Villafranca wurde auch in Deutsch- land abgerüstet und die meisten Militararzte wurden „quiesziert‘“, d. h. vom aktiven Dienst entlassen, mit halbem Gehalt, aber unter der Bedingung sofortigen Wiedereintritts im Fall des Bedarfs, der damals fùr sehr wahrscheinlich und nahe bevorstehend ge- halten wurde. So war es nun fiir mich gegebene Sache, mich als Arzt irgendwo niederzulassen, und ich übernahm die gerade freige- wordene Stelle als Stadt- und Badearzt in Liebenzell im Nagoldtal, woselbst ich unter anderem auch eine Amputation eines Oberarms wegen Krebs und mehrere geburtshilfliche Operationen ausführte. Aber weder Theorie noch Praxis der Medizin gewährten mir Befriedigung. Es herrschte damals eine fast nihilistische Richtung !) in der Therapie, die verschiedenen Schulen standen sich zum Teil feindlich gegenüber, so die Wiener und Prager, und in der Chirurgie und Geburtshilfe, die traurige Ergebnisse lieferten, kannte man noch nicht die anti- und aseptische Behandlung. In der Verzweiflung machte ich mich auch an das Studium der Homöo- pathie und der sogen. spezifischen Therapie nach RADEMACHER, die ich aber nie eigentlich praktisch ausübte. Den besten Trost schöpfte ich auch jetzt aus naturwissenschaftlicher Beschäftigung: ich las Werke wie Levypies Daphniden, K. Fr. Naumanns Geo- gnosie und „bestimmte“ Käfer, die ich bei meinen Gängen auf der Landpraxis sammelte. Schon nach einem Jahr wurde es mir klar, daß ich nicht dazu bestimmt sei, mein Leben als praktischer Arzt auf dem Lande zu verbringen, und eines schönen Tages — es war auf einem Ausflug nach Baden-Baden, auf der Höhe zwischen Herrenalb und Loffenau — faßte ich den Entschluß, meine Stellung aufzugeben und mich in der weiten Welt umzu- sehen, aber mit dem Auge und den Kenntnissen des Naturforschers, wobei mir zunächst der Gedanke, Schiffsarzt zu werden, vor- schwebte. Auch fühlte ich mich überhaupt europamüde, fand die sogenannte „Zivilisation“ unerträglich, das Leben unter Wilden als „besseren Menschen“ erstrebenswert, und wiegte mich gern in mancherlei phantastischen Jugendträumen, wie ich sie schon als Gymnasiast gehegt hatte. So kehrte ich ins Vaterhaus nach Stuttgart zurück, mit der 1) S. G. Jäger, Tot und lebendig, Stuttgart 1906, besonders das Kapitel: Die Schulmedizin vor 50 Jahren. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 2 29 Absicht, mich auf meine Weltreise naturwissenschaftlich vor- zubereiten. Dazu schien mir das dortige Kgl. Naturalienkabinett geeignet, und ich kam so mit dem damaligen Konservator, Professor F. Krauss in Berührung, dem ich meine Gedanken an- vertraute. Vor allem redete er mir meine Absicht, Schiffsarzt zu werden, aus, da ich ja dann wenig ans Land komme, riet mir, dem damals im Land weilenden Afrikareisenden Th. v. HEUGLIN, der im Begriff war, eine Expedition zur Aufsuchung VoGELs zu unternehmen, zu befragen, oder mich demselben anzuschließen. Aber dazu fühlte ich mich noch zu unreif, auch waren die Mit- glieder schon ausgewählt. Dagegen riet mir HEUGLIN geradezu, nach Koseir am Roten Meer zu gehen, das meinen Absichten am besten entsprechen werde. Auf dieses bestimmte Ziel ging ich nun los. Die Geldfrage, meinte Krauss, könne ich durch Sammeln von Naturalien und nachherigen Verkauf lösen, wozu er mir an die Hand gehen wolle, der Aufenthalt an einem bestimmten Ort auf ı oder 2 Jahre könne nicht sehr teuer kommen, und so würde ich die Reisekosten wieder herausschlagen. Es handelte sich nun zunächst um eine wissenschaftliche Ausbildung und Vorbereitung, wozu mir mein Quieszensgehalt in Verbindung mit den Zinsen eines kleinen Vermögens als finanzielle Grundlage diente. 2ANiorbereitune zur Reise. Zuerst machte ich mich daran, die zoologische Literatur in ihren Quellen zu studieren, teils um die Methoden wissenschaft- licher Untersuchung kennen zu lernen, teils um später an Ort und Stelle einen gewissen Ersatz für eine Bibliothek, die ich doch nicht mitnehmen konnte, zu schaffen. Hiebei leistete mir die Stenographie, die ich schon im Gymnasium als damals noch neue Kunst erlernt hatte, große Dienste; wie sie mir schon beim Niederschreiben der Vorlesungen auf der Universität und später bei Auszügen aus der Literatur, beim Entwerfen von Aufsätzen und als Manuskript bei meinen eigenen Vorlesungen als Lehrer oft in hohem Grad von Nutzen war. So häuften sich nach und nach meine Hefte, Auszüge aus den wichtigsten Arbeiten der Autoren in Zeitschriften samt den zugehörigen kopierten Abbil- dungen enthaltend, zu einem gewaltigen Stoß an (s. u.); einen Teil dieser Arbeit hätte ich mir ersparen können, da zu derselben Zeit Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs zu erscheinen begannen. Praktisch übte ich mich einigermaßen ein durch „Be- 230 C. B. Klunzinger, stimmen“ von Fischen aus dem Roten Meer, die HeuGzIN dem Naturalienkabinett zugeschickt hatte, nach RéPPELL, von Echino- dermen nach MÜLLER und TroscHEL u. dgl.; das Zergliedern der Tiere betrieb ich an der Hand der alten Medizinischen Zoologie von BRANDT und RATZEBURG, ganz als Autodidakt, ohne weitere Anleitung, das nötigste Abbalgen der Tiere (nicht Ausstopfen) lernte ich bei dem bekannten Präparator Pa. Leop. MARTIN am Stuttgarter Naturalienkabinett. Leypıs, damals schon Professor der Zoologie in Tübingen, aber ieider nicht mehr mein Lehrer, meinte auf Befragen, wohl mit Recht, ich habe nicht den richtigen Weg eingeschlagen, ich hatte, durch wissenschaftliche Bearbeitung eines bestimmten Themas meine Kräfte erst prüfen sollen, wie dies ja jetzt allgemein üblich ist mittelst einer Doktordissertation. Zu einem nochmaligen Aufenthalt in Tübingen konnte ich mich nicht entschließen, begab mich vielmehr nach dem Tode meines Vaters 1861 nach München, wo ich mich als freiwilliger Arbeiter an der dortigen Zoologischen Sammlung mit Bestimmen von Tieren beschäftigte und an der dortigen reichen Staatsbiblio- thek meine obengenannten literarischen Studien fortseszte. indeß bei SIEBOLD weiter keine Anleitung fand. Dagegen hatte ich dort in einem Kreise jüngerer Freunde und Vertreter der Natur- wissenschaften, wie des Paläontologen AL». OPPpEL, des Arachno- logen Grafen Eva. v. KEYSERrING, des Anatomen KoLLManN, des Philologen THoRBECK viele Anregung; bei KoLLMANN erlernte ich auch noch das Anfertigen von mikroskopischen Präparaten, die damals aber noch recht roh ausfielen, im Verhältnis zu den heutigen. Außerdem übte ich mich noch weiter ein im Zeichnen, im Schießen, und ließ mir durch einen jüngeren, katholischen Geistlichen die Anfangsgründe der arabischen Sprache beibringen. Auch schaffte ich hier nach und nach die Instrumente und Bücher an, die sich beim Studium als nötig für die Reise erwiesen (s. u.). 3. Aufenthaltin Triest. Nachdem ich noch das für mich so wichtige Senckenbergische Museum mit den Sammlungen von RürpeLL in Frankfurta.M., wo damals noch mein Landsmann Dr. WerInLanD Dozent war, besichtigt hatte, reiste ich am Ende des Sommers 1862 ab, nahm erst Aufenthalt in Wien, wo ich die dortige zoologische Samm- lung studierte und die dortigen Angestellten: FRAUENFELD, STEIN- DACHER, FR. BRAUER, ROGENHOFER sowie SCHMARDA kennen lernte, RS Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 231 und dann in Triest. Hier gedachte ich, mich praktisch in dem Sammeln, Konservieren, Fangen, Verpacken und Beobachten der Meerestiere einzuüben, wo ich noch leicht etwaige Lücken in meiner Ausrüstung ergänzen konnte. Zu dem Ende besuchte ich noch fleißig den Fischmarkt, kaufte dort Fische und allerlei frutti di mare, fuhr mit den Fischern hinaus, und durchsuchte den mit ihren Netzen heraufgeholten Schlamm, wo es von Meerestieren aller Art, besonders Würmern und Echinodermen wimmelte, ent- nahm den Mauern der Hafenbauten zur Zeit der hier allerdings nicht sehr bedeutenden Ebbe die freigelegten tierischen und pflanzlichen Wesen, durchsuchte an anderen Orten zu derselben Zeit den Strand, und machte auch kleine Sammelausflüge auf dem Lande. Ausgezeichnete Dienste leistete mir dabei die eben erschienene Schrift von A. E. GRUBE: ein Ausflug nach Triest und dem Quarnero. Auch konnte ich mir jederzeit bei dem Kustos des Museo civico, FREYER, Rats erholen. Als Handbuch des Sammelns und Konservierens diente mir W. SCHILLING 1859—61. So brachte ich in Zeit von etwa zwei Monaten eine kleine Sammlung von konservierten Mittelmeertieren, worunter etwa 40 Fischarten zusammen, die ich zur Probe und zum Verkauf nach Stuttgart schickte. Ich hatte nähmlich mit Herrn Prof. Dr. Krauss daselbst vereinbart, alle meine Sammlungen an ihn zu schicken, er werde dann, wie er es schon mit dem bekannten A. KAPPLER in Surinam gehalten, die gelieferten Gegenstände für mich ver- kaufen, bzw. für mich bis zu meiner Rückkunft aufbewahren, wofür er aber das Vorkaufsrecht für das Kgl. Naturalienkabinett und einen entsprechend ermäßigten Preis erhalten solle. Die Roheinnahmen für meine Triester Sendung mögen etwa 100 Gulden betragen haben. Der Aufenthalt in Triest wurde auch zur Erlernung der in Ägypten damals so nötigen italienischen Sprache nutzbar gemacht und bot den wesentlichen Vorteil, noch im Genuß meines Quieszenzgehalts bleiben zu können, was mit der Abreise aus Europa erlosch, während ich doch noch im Militär- verbande verblieb. he, VBR! Im November 1862 fuhr ich auf einem Dampfer des öster- reichischen Lloyd bei heftiger Bora und ziemlich stiirmischer See nach Alexandrien in Ägypten, wo ich, durch Dr. Lautner Bey, den ich in München kennen gelernt hatte, an das österreichische AG 232 C. B. Klunzinger, Konsulat empfohlen, meine Ausrtistung, bei der sich auch ein Fass mit Spiritus aus Triest befand, zollfrei, als wissenschaftlichen Zwecken dienend, ans Land brachte. Ich stellte mich dem- gemäß auch unter österreichischen Schutz, da man damals als deutscher Kleinstaatler zwischen Preußen und Österreich wählen konnte. In Alexandrien lernte ich einen deutschen Kaufmann, Herrn PLermes kennen, der mir fortan als geschäftlicher Vermittler zwischen Europa und Afrika wichtige Dienste leistete. Schon nach einigen Tagen fuhr ich mit der Eisenbahn nach Kairo, wo ich wiederum längeren Aufenthalt zu nehmen gedachte, haupt- sächlich um mich mit der Sprache und den Sitten der Einge- borenen vertraut zu machen, ehe ich unter die „Wilden“ gehen sollte. Zu dem Ende verließ ich bald den europäischen Gasthof, mietete mir, mit Hilfe eines Dragomans, der auch bald mein Sprachlehrer und Koch wurde, eine kleine billige Wohnung in einem nur von eingeborenen ,Arabern“ bewohnten Mietshaus, sogen. Raba, die ich in einfachster Weise arabisch einrichtete und lebte nun in allen Stücken arabisch, nach den in Lans „Sitten der modernen Ägypter“ und in Bocumm Gorz „Ein Kleinstädter in Ägypten“ gegebenen Weisungen, was mir ungemein behagte und mich rasch in die fremde Sprache und Denkweise einführte, da ich mehr mit Eingeborenen als mit Europäern verkehrte. Später nahm ich in ähnlicher Weise Wohnung in Bulak, der Hafenstadt von Kairo, wo ich auch etwas Praxis unter den Eingeborenen trieb und zoologische Ausflüge in die Umgegend machte. Dabei erfuhr ich, daß in meinem Zielpunkt Koseir ein von der ägyptischen Regierung besoldeter einheimischer Arzt sich befinde, der sich von dort wegsehne. Dem Mann kann vielleicht geholfen werden, dachte ich und meldete mich, unter Beihilfe und Empfehlung des österreichischen Konsuls, um diese Stelle, die ich, aber erst nach monatelangem Warten und wiederholten Anfragen und mancher- lei Schwierigkeiten und Verzögerungen, die ich in meiner Naivitat damals nicht durch das übliche Bachschisch zu überwinden wusste, erhielt. Ich mußte erst meine Zeugnisse als Arzt und Doktor von zu Hause beschaffen und nochmals nach Alexandrien, wo die oberste Sanitätsbehörde unter CoLucci Bey ihren Sitz hatte, reisen. Endlich im Dezember 1863 kam die Ernennung als „Sani- tätsarzt (nicht Sanitätsrat!) (medico sanitario) zu Koseir* mit einem (xehalt von monatlich 500 ägyptischen Piastern oder ungefähr 5 Pfund Sterling. Bald darauf erhielt ich auf mein Ansuchen Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 233 meine Entlassung als württembergischer Militärarzt. So verlebte ich etwas über ein Jahr in Kairo, wo ich mir genügend Kennt- nisse in der Landessprache erworben hatte, um nun mich getrost in die „Wildnis“ wagen zu können. Auch hatte ich kleine Säuge- tiere, Vögel, Nilfische, Schlangen und andere Reptilien, In- sekten und wirbellose Tiere gesammelt und nach Stuttgart ge- schickt, worunter sich allerdings nicht viel Wertvolles befand, da diese Gegend schon sehr abgesammelt war, und hielt eine kleine Menagerie von Schlangen und anderen Reptilien, die ich in den mitgebrachten Kisten in meiner arabischen Wohnung un- behelligt unterbringen konnte. Dagegen hatte ich das Glück, meine unfreiwillige Muße in den letzten Monaten meines Aufenthalts in Bulak mit der ein- gehenden morphologischen Bearbeitung eines kleinen Blattfuß- krebschens, einer /zmmadıa, die ich nahe bei meiner Wohnung in einem überschwemmten Gelände fand, und Cyczcus gubernator nannte, anwenden zu können, meine erste zoologische Veröffent- lichung (s. u. Lit. Nr. 17), die auch als eine philosophische bezw. naturwissenschaftliche Doktorarbeit hätte gelten können. Von meinen damaligen Bekanntschaften in Kairo erwähne ich, außer dem österreichischen General-Konsul SCHREINER, den Vize-Konsul SCHENGEL, die Ärzte Rem, PoLak und Sachs, einen Thüringer STELZNER, der für den Zoologischen Garten in Hamburg Einkäufe machen sollte!) und später in Massaua starb. Mit ihm und meinem späteren langjährigen Freunde, Dr. SCHWEINFURTH, der um diese Zeit nach Ägypten kam, machte ich manche gemeinschaftliche zoologische Ausflüge. Mit STELZNER besuchte ich allerlei Höfe und Ställe zum Zweck des Einkaufs von Tieren für Hamburg. Einmal wanderte ich mit einem arabischen Freunde nach den Py- ramiden, wo wir in einem Beduinendorf bei einem Verwandten desselben übernachteten. Als Handbuch für die Besichtigung von Kairo und Umgegend und meine späteren Nilreisen diente mir Murrays Handbook of Egypt 1858. 5. Reise nach Koseir. Am 8. Februar 1864 konnte ich endlich abreisen, da ich auch bei Erlangung eines Schiffes, das ich als Regierungsbeamter zu 1) Einmal war ein Transport von 5 Giraffen angekommen. STELZNER hatte grofse Lust, sie anzukaufen. Als wir nach einigen Tagen wiederkamen, um den Handel abzuschliefen, waren diese Tiere sàmtlich verendet. 234 EB Kılunzinisie beanspruchen hatte, noch mit allerlei Schwierigkeiten und Ver- zögerungen, wie bei allem in Ägypten, zu kämpfen hatte. Es war eine gewöhnliche Nilbarke, nicht eine feine „Dahabie‘“, aber groß genug, um meinen Hausrat, den ich außer meinen Bücher- kisten und Ausrüstungsgegenständen nach und nach angeschafft hatte, worunter einen gewaltigen, von einem arabischen Schreiner in Kairo angefertigten Schubladenschrank, das Triester Spiritus- faß und ein Zelt, das sich aber als ganz unnötig erwies, zu fassen. Der Reis oder Schiffshauptmann, ein Nubier, belegte den übrigen Raum mit seinen eigenen Waren, die er nach seiner Heimat auf der Rückfahrt brachte. In der letzten Minute vor der Abfahrt füllte sich die Barke plötzlich mit fast einem Dutzend brauner Männer aus dem Nubierlande, deren Sprache ich nicht verstand, die aber durchaus anständig sich benahmen und durch Ziehen und Heben des Schiffes bei dem oftmaligen Steckenbleiben und der Windstille sich sehr nützlich machten. Der Sohn des Reises be- sorgte das Kochen und allerlei Handleistungen für mich. Die Jahreszeit war für eine Nilreise nicht die günstige; widrige Winde oder Windstillen und niederes Wasser hielten das Schiff tagelang an einzelnen Orten fest, und so dauerte die Berg-Fahrt von Kairo nach Kené in Oberägypten, die ich später einmal im August in 8 Tagen machte, volle 3 Wochen. In Kene, der Hauptstadt der Provinz (Madirie), zu welcher auch Koseir gehörte, gab es wieder einen Aufenthalt von einer Woche. Ich hatte mich bei den Be- hörden und dem Oberarzt, einem Sohn des Landes, aber in Italien geschulten Doktor zu melden, und es mußte von Seiten der Re- gierung für meine Weiterreise und die Beförderung meines ziemlich umfangreichen und schweren Gepäcks gesorgt werden, was bei der nun bevorstehenden 5 tagigen Reise durch die Wüste nur auf dem Rücken von Kamelen geschehen konnte, deren fünf nötig waren. Am 7. März 1864 traf ich, längst angemeldet und erwartet in der Hafenstadt Koseir am Roten Meer ein. 0 COSE) Koseir, d. h. kleine Festung (Diminutiv von Kasr), hat seinen Ursprung und Namen von einer vom türkischen Sultan Sexm III 1) Da ich ebenso wie einst HEUGLIN (s. o.) diesen Ort für wissenschaftliche Forschungen günstig erachte, auf meine eigenen Erfahrungen gestützt, so gebe ich hier eine kurze Schilderung desselben, verweise aber auf meine eingehenden früheren Ausführungen (s. u. Literatur Nr. 2). — I2 — Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 235 um 1517 zum Schutze gegen die Beduinen erbauten Zitadelle, welche als strategisch wichtiger Punkt auch von den Franzosen unter NAPOLEON I 1798—1801 besetzt war. Erst unter dem Vize- könig MonammMep ALI wurde Koseir zu einer festen Niederlassung von Bedeutung und erhob sich unter der Gunst dieses Pascha in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts rasch zur Blüte. Es wurde, als der dem fruchtbaren Niltal nächstgelegene Hafen und Stapel- platz, hauptsächlich für die Ausfuhr von Getreide nach dem un- fruchtbaren Arabien auserlesen, und auch die große Masse der Mekkapilger benùtzte diesen Weg. Aber schon mit der Vollendung - = 3 2 Moscheen. E à BE das: Re RU . Abd-er-rahimel-Genma KOSSEIR dd Aa auféenommen "vob . el- Ferzan = Sy. . Schech Abd-el Kader Dr. C.B. Klunzinger. 2 N EN ANI i dbd-el-Wafar Farrel \ \ . Abe Rialat _—__ Abu Farrua EL Verst Suleiman . —___ Turumbi . ——. el - Tekrurt . Schuna | triheres Getreidemagazın ) sn \ NIE ES PRG; Consulate . h N Y CRAS >> / Y iy 2 5 NA ALII 12.Franzosisches 13. Österreichisches 1%. Persisches Abb. 2. Plan von Koseır. der Eisenbahn von Kairo nach Suez und noch mehr mit der des Suezkanals zog Suez allen Verkehr an sich, und Koseir entvölkerte sich, die Zahl seiner Bewohner ging rasch von 5000 auf 1200 bis 1000 herab, aber es war doch nicht umzubringen, es behielt immer noch eine gewisse Bedeutung als Hafenplatz wenigstens für Ober- agypten. Am nördlichen Viertel des Roten Meeres, unter 26,5° nördlicher Breite und 34,5° östlicher Lange, also etwa in derselben Breite wie Kene (oder Theben) am östlichen Abfall des ägyptisch- arabischen Wüstengebirges und dicht am Meere gelegen, erfreut es sich eines ausgezeichneten gesunden Klimas, mit einer (nach meinen Messungen!) mittleren Jahrestemperatur von 24,6° C. mit 1) S. u. Literatur Nr. re. 230 ©. By Klunzinser, einem Maximum von 34,4 und einem Minimum von 12,29 C. Die fast bestandige Tagestemperatur in den Sommermonaten ist 28° C. Das Klima ist also im Verhältnis zu dem im Niltal und noch mehr dem berüchtigten des südlichen Teils des Roten Meeres, vom nördlichen Wendekreis an sehr gemäßigt. Im Sommer herrschen tagsüber kühle Nordwinde (Passatwinde), die erst gegen Abend ruhigeren, aber drückend warmen Landwinden weichen. Auch im Winter sind Nordwinde vorherrschend; es wehen dann aber auch oft ziemlich kalte Westwinde vom Gebirge her, und im Frühjahr und Herbst feuchte, schwile Sidostwinde. Der kälteste Monat ist der Januar. Die Kälte geht fast nie soweit herab, „daß man seinen Hauch sieht“, in manchen Jahren bis — 8° C; sie ist aber dann doch so empfindlich, daß man gern an die Kohlenpfanne sich setzt. Im Gebirge (Wüste) kann es zur Eisbildung kommen. Im Sommer ist der Himmel fast stets blau und wolkenlos, im Winter sind die Gebirgshäupter, die wie der „Vogelberg“ abuttum, sich zu 1200 m erheben, häufig von Wolken umzogen, besonders nach feuchten Süd- und Südostwinden, und es kommt bald da, bald dort, zu Regen und Gewitter, die mit Freuden begrüßt werden, da die spärlichen Wasserplätze dann sich wieder füllen und die Beduinen (Ababde) für ihre Kamele Ziegen und Schafe in den Gebirgstälern wieder einige Weide finden, aber auch, plötzlich und im Übermaße herabstürzend, zer- störend wirken können. Noch schlimmer ist es, wenn die Winter- regen ausbleiben, was nur zu oft mehrere Jahre nacheinander vorkommt. Einmal stellte sich noch im Mai ein starkes Gewitter mit Regen ein, einmal, 30. Oktober 1873, erlebte ich auch eine Art Zyklon, einen furchtbaren Sturm, von Osten herkommend, ohne Regen, aber mit Blitzen, bei fahlem Himmel, der eine große Verheerung unter den Schiffen im Hafen anrichtete und andere die unterwegs waren, mit Mann und Maus vernichtete. Das Städtchen ist aller Vegetation bar, und nur an einer ein Kilometer entfernten Stelle hat sich ein ärmlicher Garten oder eine kleine künstliche Oase mit Dattelpalmen und einigen Ge- müsen mittels einer bittersalzreichen Cisterne hervorzaubern lassen. Auch ein kleiner, fließender Bach, der Ambagibach, findet sich in einem nahen Tal, aber ebenfalls mit bitterem, untrinkbarem Wasser. Trinkwasser mußte weit her aus dem Gebirge von Beduinen in Schläuchen mit Kamelen geholt werden ; als Regierungsbeamten wurde mir dasselbe kostenlos geliefert. Jetzt wird, wie ich höre, 237 "ıI9Soy ur ages ‘€ ‘qqy === RU | \\ = Erinnerungen a. m, Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 19 238 CHB) KUlumzinsen, das Trinkwasser in Koseir durch Destillation aus Meereswasser gewonnen. Das Städtchen zieht sich eben zwischen den Hügeln der Wüste und dem Meere hin, besteht aus meist einstöckigen Häusern aus trockenen Lehmziegeln und ist von ziemlich regelmäßig ver- laufenden Straßen und Gäßchen durchzogen. Die Hauptstraße oder der Markt mit den offenen Buden der Verkäufer und Hand- werker und einigen Cafes zieht sich, nahe der Hafenbucht, am steinernen stattlichen Regierungsgebäude der Länge nach hin. Dem letzteren gegenüber liegt ein anderes steinernes Ge- bäude mit einem großen von Mauern umgebenen Hof, die Schuna (Scheuer) oder der Hof für das von der Regierung nach Arabien auszuführende Getreide (dachire) Drei Moscheen, zum Teil mit plumpen Minarets, im Stil ähnlich den norddeutschen Windmühlen ragen hervor, und auf einem Hügel im Norden erhebt sich die stattliche Feste!) (Zitadelle), deren noch von der Franzosenzeit herrührende Kanonen bei Festen und im Ramathan (Fastenmonat) friedlich ertönen. Hinter der Stadt liegen kuppelgekrönte Heiligen- gräber. Im Süden liegt die korallenfreie Meeresbucht und der sandige Strand mit dem Hafen, wo altertümliche Schiffe vor Anker liegen; durch die nebenliegende Korallenklippe und den Landvorsprung sind sie gegen Nordwinde wohl geschützt, nicht aber gegen Süd- und Ostwinde. Dampfschiffe müssen weit draußen auf der Reede ankern. Eine hölzerne Landungsbrücke (Eskala) zieht sich 100 Schritt lang vom Zollamt am Regierungsgebäude gegen den Hafen hin; sie müssen alle Waren des Zolles wegen passieren. Die Einwohner sind dem Ursprung nach hauptsächlich dunkelfarbige Oberägypter, vom Niltal her, doch auch viele christliche Kopten, außerdem von dem Hedjas, namentlich .von Jambo Zugewanderte und einige außerhalb des Städtchens gesondert wohnende Ababde-Beduinen. Dem Stande nach sind sie Schiffs- leute, Fischer, Handwerker, Schreiber (Beamte), Kaufleute und Schiffsbesitzer; von letzteren bekleiden einige die Würde eines Konsularagenten einer fremden Macht und genießen auch den Schutz derselben; sie haben sich dafür etwaiger Schutzbefohlenen dieser Mächte anzunehmen und dürfen deren Flagge hissen; so ein persischer und ein französischer, früher auch ein österreichischer 1) „Verstärkung“ nannte sie einmal ein aus Holländisch-Indien kommender Deutscher. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 239 ih 197 7, ini A > 7 ) | = I DI 7 ml I | NN I = liti; | = II ot eas = TE=<= NN) = = = His 50) SN NAVE | w= tn. = — -| Bi x A am] (] Mine di QI A | m u) i TU TTI = | i i TI (N | 1) ss =" == AN In: TITTI rh | mm MM AT II) | M À | I m = Sam I == SES I | Ss <= Si <<... Zool. Annalen VI. 17 Inneres eines Hauses in Koseir. Abb. 4. 240 C. B. Klunzinger, Konsul, die für die persischen und algierischen Pilger zu sorgen haben. Denn Koseir spielt immer noch eine nicht unbedeutende Rolle als Hafenort für die hin- und zurückwandernden Mekka- pilsier (Sau): Von den Regierungsbeamten steht an der Spitze ein all- gewaltiger Gouverneur (Muhafiz), der aber dem Provinzialhaupt (Mudir) von Kene untergeordnet ist. Zur Seite hat er einen Gehilfen und Stellvertreter (Naäun), ein halbes Dutzend Soldaten türkischen Ursprungs, dessen sich auch die erstgenannten rühmen, ist stets deren Winke gewärtig. Die laufenden Regierungsgeschäfte und die Zölle werden von Schreibern koptischer Rasse besorgt. Außerdem ist noch ein Aufseher der „Schüna“ (näzir e schüna), ein gottesgelehrter Richter (Kadi) und ein Unterrichter (schéch el älem), sowie seit 1870, ein Telegraphist vorhanden. Den Sanitätsdienst versehen ein „Sanitätsarzt“ (hakim e saha) und ein Sanitätsagent (wekil e saha) mit ihren Untergebenen. 7. Wohnung. Erst wurde mir das stattliche Gebäude der „schuna“ (s. o.) angewiesen, das damals unverwendetwar, da die Getreidelieferungen (dachire) von Suez aus besorgt wurden. Es war eine schöne Wohnung mit vier Zimmern, worunter ein Empfangssalon (siehe Abbildung des Empfangszimmers), mit einer Art Zement als Boden, an einer Breitseite erhöht und hier mit weichen Polstern oder Teppichen und an den Wänden mit Kissen als Divan belegt, was ich natürlich selbst herrichten mußte. An beiden Langseiten sind Teppiche oder Strohmatten für die Gäste oder Beamten ausge- breitet. Nach einiger Zeit wurde die Wohnung aber wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben und ich hatte mir eine andere zu suchen. Bei dem gegen früher heruntergekommenen Zustand des Ortes standen gar manche Wohnungen leer, und bald war ein sehr geräumiges Haus mit sieben bis acht Gelassen, worunter vier bewohnbare, gefunden, allerdings in einem Zustande des Verfalls, da es schon jahrelang nicht mehr bewohnt war. Es konnte aber mit geringen Kosten einigermaßen hergerichtet und bewohnbar gemacht werden. Diese Kosten galten als Voraus- entrichtung des Hauszinses auf mehrere Jahre hinaus und beliefen ) Seit meinem letzten Aufenthalt, 1875, wird manches sich hierin geändert haben; obiges gilt von der damaligen Zeit. = à — Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 241 To mie E TEEN RR PR SANO ne rr cre e == E === aa 2 I TTI ( N a à N (en u Wey, | IN = A, AND = man = OF EE A A Cer rrr TP SECRET UU) HMMM Hin Empfangs- und Amtszimmer in Koseir. Abb. 5. 242 C. B. Klunzinger, sich meiner Erinnerung nach, auf kaum 40— 50 Frank. Ich wohnte so fast umsonst in einer ganzen Burg, die wie alle Häuser außer den steinernen Regierungsgebäuden aus getrockneten Lehmziegeln gebaut war. Das Haus liegt im nordöstlichen Teil der Stadt, gegenüber dem sog. Hospital (s. Plan F. 2), wenige Schritte vom Meer mit seiner Korallenklippe, das weithin nach Osten zu übersehen ist, für einen Naturforscher die denkbar günstigste Lage. Die nach drei Seiten freien Umfassungsmauern schließen drei Höfe ein und gegen acht bis neun Gelasse (s. Plan a—c) stoßen zu ebener Erde an sie an, während das als Hauptwohn- und Arbeitsraum besonders für den Sommer gewählte Zimmer und ein halbbedeckter Raum oder eine Terrasse im ı. Stock, über einer Treppe und nach Osten gegen das Meer zu liegt, woher stets ein frischer Wind weht. Von den übrigen Gelassen dienten mir die meisten als Räume für die Aufbewahrung der Sammlungen und Vorräte, eines als Speisekammer und ein halboffenes als Küche: Alles wie gemacht für einen Naturforscher und Sammler. 8. Einrichtung. Die Einrichtung im Einzelnen gestaltete sich, im Hinblick auf meine besonderen Zwecke, folgendermaßen: Der Boden der Wohn- und Schlafräume wurde wieder wie in der vorigen Wohnung durch eine Art Zement geebnet und gehartet; längs der Wände wurde eine Erhöhung: mästaba (o in m und c) ange- bracht, ebenfalls mittels Zement, die, mit Strohböden bezw. Teppichen. belegt und mit Kissen besetzt, ein Sofa oder Divan bildeten. Einen Teil dieser Erhöhung in meinem Arbeitszimmer im 1. Stock m benützte ich zur Aufstellung meiner Bibliothek. In der Mitte stellte ich, was eigentlich unarabisch aussah, einen extra angefertigten größeren Arbeitstisch auf, und um ihn herum einige grün angestrichene, von Kairo mitgebrachte Strohsessel, wie die von Chiavari. Dieses Arbeitszimmer m war nach Osten und Süden durch große Fenster ohne Glas reichlich beleuchtet und konnte durch Holzläden gegen starken Wind, bezw. auch gegen die Sonne geschützt werden. Glasfenster sind in diesen Gegenden ganz entbehrlich, ja lästig. Neben dem Arbeitszimmer war noch ein kleineres, dunkles, nur mit einem Licht- oder Luft- loch versehenes Gelaß n, worin mein verschließbarer großer, von Kairo mitgebrachter Schubladenschrank stand, und auf diesem — 20 — Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 243 oder neben ihm zahlreiche Gläser, Finmachtöpfe, Glastuben, sowie ein großer, mit Stroh umwickelter Kolben für Spiritus. Die Decke war aus Balken und Blattrippen von Dattelpalmen und trockenen, ungebrannten Erdziegeln gefertigt und bildete zu- gleich das flache Dach, das für gewöhnlich ganz gut seinen Dienst tat, starken Regengüssen aber nicht gewachsen war, so daß bei einem solchen Erguß einmal das Regenwasser sich an einer vertieften Stelle in einer Ecke des Daches ansammelte, die erdigen Teile erweichte, die Decke des Zimmers hier durchbohrte und nun gerade über meine Bücher sich ergoß, die heute noch Spuren dieser Katastrophe zeigen. Die Wände und die Decke waren geweißt, was ich zum Teil selbst durch Hospital Spritzen und Streichen mit einem in Kalk ge- tauchten Pinsel besorgte. Mein Hauptaufenthaltsort im Sommer war aber die halbbedeckte luftige und helle Terrasse mit Ve- randa 1 daneben. An einer Wandseite stellteich hier ein Sofa oder Divan auf, bestehend aus zwei Eisernen » Böcken“ mit ze 1Sfook Brettern, dem Inventar des Zuebener Erde Spitalsentnommen, darauf Abb. 6. Plan meiner Wohnung. eine mit Ziegenhaar ge- füllte Matratze und mit beweglichen Wandkissen aus demselben Material oder mit Seegras gestopft zur Anlehnung für den Rücken. In heißen Sommernächten diente das Sofa mir auch als Bett. Davor stand ein Tisch, zum Essen und Arbeiten dienend. Je nach der Jahres-Tageszeit und Windart wurde bald das innere Zimmer, bald die Terrasse benützt, als Arbeits-, Empfangszimmer und zum Schlafen. Neben der Treppe war der Abort k. Im Winter, meist erst im Dezember und Januar, bezog ich Räume zu ebener Erde, die weniger dem Wind ausgesetzt, aber auch dunkler waren, da sie nur einige zum Abhalten der Kälte mit Papier verklebte Luftlöcher hatten, das Wohnzimmer c und Schlafzimmer i. Die Hauptarbeiten wurden dann auch auf die 244 Cy Be kalntmzinisienny Nacht verlegt. Als Beleuchtung ftir die Nacht diente eine Laterne mit Kerzen, später kam mehr und mehr Petroleum auf. Bei größerer Kälte, wie sie allerdings nur selten, und auch dann nur auf kurze Zeit eintrat, machte man sich das Winterzimmer durch eine Pfanne mit glühender Holzkohle einigermaßen behaglich, auch bei verschlossener Türe und den Papierfenstern zeigte sich die natürliche Ventilation immer noch beträchtlich genug, um die Gefahr einer Kohlengasvergiftung als unmöglich erscheinen zu lassen. Auch das Winterschlafzimmer hatte für das Bett eine erhöhte Zementbank. Die Küche e ist ein halbbedeckter Raum zu ebener Erde, am großen Mittelhof d. Den Herd bildet ein kaum 30 cm hoher und breiter, von Lehmziegeln oder Steinen an drei Seiten eingefaßter Raum am Boden, der mit Holzkohle oder Holz belegt und in dem das Feuer mit einem Fächer aus Palmgeflecht angefacht wird. Auf die obere Fläche der Backsteine oder eine Treppen- stufe derselben wird der verzinnte Kupferkessel, die Pfanne oder die Kaffeekanne gesetzt, und der Rauch geht von den das Koch- gefäß umschlagenden Flammen ohne Kamin oder Röhrenleitung durch eine Lücke im Dach der Küche ins Freie. Dieser primitive . Herd ist ein Überbleibsel des Beduinenlebens der Vorfahren der jetzigen Stadtbewohner, erfüllt aber seinen Zweck ziemlich gut. Doch gibt es auch Häuser mit besserem Herd. Zur ersten Ab- spulung dient das salzige Wasser einer Zisterne r im Hof, worin sich Grundwasser, fast so salzig als das nahe Meerwasser, befindet. Das Trinkwasser wird in einer besonderen dunklen Kammer g in 3—4 großen, ı!z m hohen und 14/2 m weiten, nicht porösen Tonkrügen, die aus dem arabischen Abendland (Moghreb) stammen, aufbewahrt; sie sind also wesentlich verschieden von den im Nil- tal gebräuchlichen porösen sogenannten „sir“, die ich anfangs benützte, aber bald aufgab, da sie zu viel des kostbaren Wassers absickern ließen. Das schlechteste Wasser wird so, ohne weiteres Zutun nach Absetzen aller Unreinigkeiten, bei längerem, mehrere Monate langem Stehenlassen vollkommen rein und trinkbar, wenn es nicht von Anfang an salzig und bitter ist: ein in diesen Gegenden längst bekanntes, richtiges „biologisches Reinigungsverfahren“. In der Vorrats- oder Speisekammer h handelt es sich vor allem um den Schutz vor Mäusen, Ratten, Geckos und Kakerlaken (Schwaben) durch sorgfältiges Bedecken und Verschließen, und noch mehr vor den Ameisen: insbesondere sind die Zuckerhüte Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 245 gefährdet, man muf sie an der Decke aufhängen oder in einem Wassergefäf isolieren. Ein Gelaß f enthält meine Conchyliensammlung auf Brett- gestellen mit „Holzböcken“, und die Korallen, andere (d und b) die Vorräte von Kisten, Skeletten, Fisch- und Vogelbälgen, Fässer usw. Andere Gegenstände sind in den Höfen zum Trocknen im Schatten zeitweilig aufgehängt. Der Haupteingang a führt auf eine Gasse, ein hinteres Pförtchen zwischen i und h auf eine Gasse am Hospital. Manche Einwohner benutzen den Torweg a als Empfangszimmer, indem sie hier eine Zementbank für die Gäste anbringen, die dann nicht weiter ins Heiligtum des Hauses einzudringen brauchen; x ist eine Nachbarswohnung. 9. Lebensweise. Diese war noch mehr als früher in Kairo die der Einge- borenen und richtete sich wesentlich auch nach der Jahreszeit: die zwei kalten Wintermonate: Dezember und Januar mit ihren immerhin auch in diesen Breiten kürzeren Tagen erforderten in Wohnung, Zeiteinteilung und bei der durch Stürme, Kälte des Meerwassers und Hochstand des Meeres beeinträchtigten Sammeltätigkeit auch in der Beschäftigung andere Verhältnisse: ich stand später auf, ging spät zu Bette und studierte das im Sommer Gesammelte näher, „bestimmte“ es nach meinen Büchern so gut als möglich. Auch das leidige Packgeschäft wurde auf diese Wintermonate verlegt. Leider kam ich durch diese Unter- brechung im Winter später mehr und mehr auch in Studien über die vulgär-arabische Sprache hinein, welche sich immer mehr ausdehnten und vertieften. Diese Abschweifung hat Jahre, nicht bloß einige Wintermonate, wie ich anfangs meinte, in Anspruch genommen, und mich von den ursprünglich beabsichtigten anatomi- schen Untersuchungen abgehalten. Doch hatte sie das Gute, daß ich in die Kenntnis der Sitten und Gebräuche des Volkes, die ich mir auch zur Aufgabe machte, besser einzudringen vermochte. Die günstigere Sommerszeit, der auch noch die Frühjahrs- und Herbstzeit zuzurechnen ist, blieb aber der Zoologie, soweit nicht amtliche und berufliche Geschäfte, die vorgehen mußten, mich abhielten. Diese waren bei den kleinen Verhältnissen eben nicht übermäßige, und ließen mir für meine naturforscherische Tätigkeit Muße genug, wenn auch zeitweilig, namentlich zur Pilgerzeit, oder wenn ich, was bei dem häufigen Wechsel und Urlaub des Sanitäts- 246 C. B. Klunzinger, agenten der Fall war, auch dessen Geschäfte mitbesorgen mußte, es oft genug zu tun gab. Die Tagesordnung in der wärmeren Jahreszeit war durch- schnittlich folgende: Aufstehen vor Sonnenaufgang (man soll die Sonne nicht auf sein schlafendes Haupt scheinen lassen), dann amtliche Geschäfte (s. u.). Bald stellen sich Knaben und Fischer ein, die ihren Fang anbieten. Dieser Handel geschah mittels eines Korbes, den ich aus dem Fenster hinabließ, worauf ich die Ware in Empfang nahm, und den vereinbarten Lohn mit dem Körbchen oder in Papier eingewickelt dem Verkäufer zustellte. Gegen Mittag hin, wenn es warm wird, wurde es ruhiger, und ich konnte an die zoologische Arbeit gehen. Nach dem Mittag- essen macht alle Welt sein Schläfchen, ganze Reihen von Schlafen- den liegen im Sande im Schatten meines Hauses, umweht von dem kühlenden Nordwind vom Meere her. Um die Vesperzeit wird es wieder lebhaft, nach Sonnenuntergang folgt das Abend- essen und die Geselligkeit zu Hause oder in einem Cafe. Die Geschäfte des Naturforschers und Sammlers hängen aber noch wesentlich ab von der wechselnden Zeit und Stärke der Ebbe und Flut und von den Winden. Eine Sammeltätigkeit auf der Korallenklippe ist nur zur Zeit der Ebbe möglich ; diese tritt bekanntlich jeden Tag um eine Stunde später ein, und so wechselt auch die Sammelzeit und muß mit den Amtsgeschäften in Einklang gebracht werden. Am günstigsten ist es, wenn dies um die Mittagszeit herum stattfindet; da ist auch der Aufenthalt auf der Klippe, selbst in den heißesten Sommermonaten, am an- genehmsten, des kühlen Nordwinds wegen, angenehmer als auf dem Land und im Hause, angenehmer auch als gegen Abend, wo diese Nordwinde nachlassen. Dann hat man auch noch Zeit, seine gesammelten Sachen zu sichten, lebend zu beobachten und in Sicherheit zu bringen. Ist die Ebbe aber erst gegen Abend eingetreten, so hat man große Not, noch alles in Ordnung zu bringen. Die Versuche, die Tiere bis zum anderen Tag lebend zu erhalten, sind meistens vergeblich. Bei morgendlicher Ebbe war ich vielfach durch Amtsgeschäfte vom Besuch der Klippe abgehalten. In der Nahrung schloß ich mich ganz an die Landessitten an. Die Hauptnahrung besteht aus Fischen, zeitweise mußte man fast ganz davon leben, wenn es eben kein Fleisch (Hammel- fleisch) gab, was oft wochen- und monatelang der Fall sein konnte. — 24 — Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. OI —— \ an Va =| LIN ZE za gn Il fl HI n; LS UAH A iil 1 ill || | {IAT == || at =I) =< qi HA = ht = ul Il È at II le —— == N er; VT: VE === = \ N) N 247 IR HANS dì je : \ il LÀ ch all IN SC Si = MI IE, my mm IM EST 7 = n ME ait I pi E i | | . = È | | a | | | : | | | si À ii EEE > | iu Li n= | | Ä CETTE n | | = use Il =< — = | | == sj = | m NILA MU SSS AE ] SS EI li Neem MEN, = = Abb. 7. Kaffeehaus in Koseir. 248 C. B. Klunzinger, Ein Ichthyophag ist aber durchaus nicht zu bemitleiden, das Fleisch dieser Fische frisch aus dem Roten Meere ist grofenteils von erster Giite und in großer Abwechslung zu haben, Manch- mal, bei langerem stirmischen Wetter im Winter, lieB auch die Fischnahrung im Stiche, und nun mußte man sich eben mit Linsen, Bohnen (den Puff- oder Saubohnen, der schmackhaften National- speise der Agypter, und jederzeit, auch gekocht, auf dem Markt zu haben), mit Bamien (//zdzscus esculentus), frisch oder getrocknet, mit Reis, Datteln (locker oder geprefit in Schlauchen als Dattel- brot) und sonstigen Vorràten behelfen. Mit Konserven in Büchsen, die am Ort selbst nicht zu haben sind, habe ich mich nicht befaßt. Manchmal, wenn z. B. ein Kamel unterwegs in der Wüste stürzte und geschlachtet werden mußte, gab es auch Kamelfleisch, das, wenn von einem jiingeren Tier kommend, gar nicht ùbel ist. In den Sommermonaten gab es, vom Niltal herübergebracht, oft frische Frichte, wie Datteln, Melonen, Trauben, Gurken und Ge- mise. Da Milch immer sehr selten zu haben war, hielt ich mir eine Ziege im Haus, ebenso Tauben als Gefliigel. Die Grundlage aller Speisen ist dem Eingeborenen immer das Brot, das man in | kleinen Laiben frisch gebacken bekam, und mit dem man auch einen nicht geladenen arabischen Gast, wenn man noch ein paar Zwiebeln, Salz, Datteln oder Oliven zugab, ganz zufriedenstellen konnte. Geistige Getranke konnte mansichin Form von griechischen Weinen, mit Mastix versetztem Branntwein (araki) von griechischen Handlern aus dem Niltal kommen lassen oder seinen Dattelschnaps nach koptischem Muster selbst destillieren. Agyptischer Landes- tabak war auf dem Markt jederzeit zu haben; später kamen Zigaretten mehr und mehr auf, Zigarren wurden wenig oder nicht gebraucht. Eßgeschirre von Porzellan, bezw. Steingut für trockene Früchte, Oliven, Marmeladen u. dgl. aus Sendungen, auch Zeuge, wurden von Zeit zu Zeit durch Urlaubsreisende, niedere und höhere Beamte oder griechische Händler aus Kairo zum Verkauf mitgebracht. Geschirre aus Metall oder Ton und Gegenstände aller Art, oft wertvolle orientalische Kunstsachen, von Pilgern, die Geld zum Weiterreisen nötig hatten, auf dem Markt öffentlich versteigert, Teppiche und Dattelbrot in Schläuchen kamen aus Arabien, zu- nächst von Jambo oder Djedda, ebendaher damals auch Sklaven und Sklavinnen trotz strengen Verbots. Spezifisch Europäisches, wie Kleider, Schuhe u. dgl. mußte man besonders bestellen; so Ina Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 240 kam es auch, daß, nachdem meine mitgebrachten Kleider ver- tragen waren, ich mir weiße Baumwollkleider nach arabischem Schnitt, als Kaftan, machen ließ, in roten Pantoffeln lief, und stets eine rote Troddelmütze (Tarbusch oder Fez), wohl auch mit einem Tuch aus tripolitanischer Seide umwickelt (Kufie) trug; denn zur Anschaffung einer europäischen Tracht hätte es bei der weiten Entfernung Monate bedurft oder mußte man selbst nach Kairo reisen. Diese arabische Tracht war, namentlich für den Sommer, außerordentiich bequem und zweckmäßig. Nur für den Winter bedurfte man eines wärmeren Tuchrocks oder Überziehers, und mit dem Geschenk eines solchen konnte man seine arabischen Freunde überglücklich machen. Die oberägyptischen Fellachen tragen jahraus, jahrein einen weiten Rock aus brauner Natur- wolle. Als dienstbarer Geist „für alles“ diente mir ein etwa ı1— ı2jähriger Knabe, sowohl als Begleiter beim Sammeln und Be- gehen der Klippe oder auf dem Lande, als auch zum Kochen und für Hantierungen aller Art. Da kein Schulzwang besteht, so hatte ich ihn zu meiner völligen Verfügung. Ein solcher Knabe er- wies sich auch ganz anstellig, treu und brauchbar; sobald sich aber die Geschlechtsreife einstellte, mußte ich je einen anderen nehmen, das wiederholte sich mehrmals. Im ganzen hatte ich in 8 Jahren nur 3 solche Diener. Daneben standen mir auch die zwei Spitaldiener zu Gebot, der eine für Ausgänge und Besorgungen, der andere höher gestellte für die Rechnungsführung und den arabischen Briefwechsel, gegen geringes Entgelt. Für meine Sprach- studien benützte ich sie auch; von einem, Ali, der sehr beredt war, aber nicht lesen und schreiben konnte, ließ ich mir arabische Geschichten und Märchen erzählen, besonders in den Nächten des Ramathan, vom anderen (Hagj Sejid) ließ ich mir die mir unbe- kannten Worte aufschreiben oder buchstabieren. Mein Hauptlehrer im Arabischen aber war ein alter Schriftgelehrter, der 2. Kadi oder Schech el Alem Mohamed, der die Theologenschule in Kairo durchgemacht hatte. Mein sonstiger Umgang waren die christlichen Kopten des Ortes, die sich mir als „Glaubensgenossen“ näher fühlten, sodann der Gouverneur, dem man mindestens am Freitag einen Besuch abzustatten hatte, und die anderen Beamten und Honorationen. Aber auch mit den sonstigen Bürgern unterhielt ich mich gern namentlich im Cafe. Meine speziellen Freunde waren meine Liefe- 250 CBee koltunzimisien, ranten, die Fischer. Mit allen diesen wurde ausschlieBlich arabisch gesprochen; der jeweilige Sanitàtsagent, mein nächststehender Amtsgenosse, hatte aber eine andere Sprache: italienisch, oder griechisch oder arabisch in anderer Mundart, z. B. syrisch oder malthesisch. Mit ihnen unterhieit ich mich, da ich im Italienischen nicht fertig genug war, fast nur franzòsisch. Schwierig ging es in den ersten Jahren mit dem Brief- wechsel, besonders mit der Heimat; eine direkte Versendung mit Briefmarken war erst später möglich; man brauchte eine Ver- mittelung in Alexandrien oder Kairo, z. B. das österreichische Konsulat daselbst, an welche die Briefe beiderseits zu adressieren waren. Das bedeutete immer auch einen Zeitverlust außer dem verhältnismäßig hohen Porto: denn sowohl die Post von Koseir nach Kene und umgekehrt ging nur alle 8—ıo Tage ab, und der Postdampfer von Alexandrien nach Triest und umgekehrt auch nur alle 5 Tage. So brauchte ein Brief immer 5—6 Wochen oder mehr, und eine Antwort 2—3 Monate. Von Zeitungen erhielten wir als Beamte die französisch gedruckte offizielle „L’Egypte“, später konnte ich auch die offizielle arabische lesen. Ich fühlte aber auch das Bedürfnis, eine deutsche zu halten, wozu sich die Wochenausgabe der Allgemeinen, und später die der Kölnischen Zeitung eignete. Manchmal blieben auch diese aus, und so kam es, daß ich die Nachricht von der Schlacht bei Königgrätz erst aus dem Munde eines türkischen Soldaten, der eine türkische Zeitung hatte, erfuhr. Briefe und Zeitungen wurden in dem welt- verlassenen Orte mit Gier verschlungen. So floß das Leben im ganzen recht einförmig dahin, es gab oft lange nichts zum Einzeichnen ins Tagebuch. Nur die wissen- schaftliche Forschung ergab stets neues und bewahrte vor Apathie, die in solchen heißen Ländern gern eintritt, aber auch wohltätig wirken kann: der längere Aufenthalt in einem Ort, wo „nichts pressiert“, ist außerordentlich förderlich für die Gesundheit. In der Tat war ich auch nie ernstlich krank, abgesehen von einigen Brechruhranfällen nach Genuß von gewissen Fischen, und einem Wadenbeinbruch infolge eines Sturzes vom Kamel; auch hatte ich nie Wechselfieber oder Cholera, obwohl ich 1865 derselben amtlich als „Choleramissionär‘“ entgegenzutreten hatte. Ich würde mein Koseir mit seinem vortrefflichen Klima als klimatischen Kur- ort auch für Nervenleidende empfehlen, wenn etwas mehr für die Bedürfnisse eines Europäers gesorgt ware. Die Bewohner des — à = Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 251 Niltals kommen ôfters zur Erholung dahin, wie auch die Ein- wohner von Koseir gern einige Monate im Niltal zubringen. Indessen gibt es doch auch manche Abwechslung, und so idyllisch ist selbst Koseir nicht, daß es nicht auch Streitig- keiten aller Art gabe, namentlich auch amtliche, wie ich zur Ge- nüge an mir selbst erfuhr. Schon die Festlichkeiten gewähren Abwechslung, der Kreislauf derselben im Verlaufe des Jahres, das mohammedanische große und kleine Fest, die christlichen Ostern, die Heiligenfeste mit ihren Umzügen, der Ramathan, der Durch- zug der Pilger im Hin- und Rückweg von und nach Mekka, die Abfahrt und Ankunft der Schiffe, Privatfestlichkeiten bei Hoch- zeiten und Beschneidung. Man lädt sich gegenseitig in kleinerem oder größerem Kreise ein, nur Vereine gibt es absolut nicht. Unsere „Weihnachten“ feierte ich zu großem Erstaunen der Leute mit einem Zypressenbäumchen mit Wachskerzen daran, wozu ich einige Kinder einlud. Einmal, auf der Reise mitten in der Wüste, machte ich zu diesem Zweck einen kleinen Steppenbrand durch Anzünden der trockenen Gräser. Man macht ferner Spaziergänge in die nähere Umgebung, die eben überall Wüste ist, oder eine Boots- fahrt. Weitere Gänge nehmen schon den Charakter einer Ex- pedition an, zu der man Nahrungsmittel, Wasser, Diener, Koch- geschirre, Teppiche und zum Tragen und Reiten Kamele und Esel braucht, der Beamte auch Erlaubnis, wenigstens vom Gou- verneur. Zu jeder Reise ins Niltal, ich durchritt diese Wüste wenigstens 12mal, je in 4—5 Tagen, oder gar in die entfernte Hauptstadt bedarf es eines Urlaubs von der höheren Behörde. So besuchte ich mehrmals Kene, Luxor mit seinen Altertümern; ein Urlaub nach Kairo 1865 nahm einen eigentümlichen Verlauf (s. u.). Die Umgebung von Koseir auf 2—3 Tagereisen durchforschte ich geologisch, botanisch und geographisch erst in den letzten Zeiten meines Aufenthalts, als ich meinen Abschied genommen hatte und keinen Urlaub mehr brauchte. Im Jahre 1865 hatte ich auch Gelegenheit, die Zweibrüderinseln im Roten Meere zu be- suchen. Die damaligen politischen und ökonomischen Verhältnisse Ägyptens unter dem Vizekönig Ismaël machten sich auch in Koseir geltend: erst Verschwendung: „die fetten Kühe“, dann allgemeiner Geldmangel: „die mageren Kühe“ (des Pharaonischen Traumes). In dieser Zeit wurden auch unsere Gehälter viele Monate lang zurückgehalten, endlich aber doch ausbezahlt. C. B. Klunzinger, to On bo 10. Besuche und sonstige Freignisse. Eine freilich seltene Abwechslung brachten Besuche von Europäern auf Dampfschiffen oder Segelschiffen, zuweilen auch vom Lande her. Nur außerordentliche Umstände veranlassen einen Dampfer, in Koseir haltzumachen; man sieht kaum einmal den Rauch eines der zahllosen vorüberfahrenden Indiendampfer, da diese sich mehr in der Mitte halten, wo die Wölbung der Erd- oberfläche sie nicht mehr zu sehen gestattet, geschweige das Ost- liche Ufer. Mehrmals, 1865-1867 kamen Schiffe (Kutter und Dampfer) in Angelegenheiten des Marquis von Bassano wegen der Schwefel- minen von Gimse und Gebel el Kibrit, die er gepachtet hatte, auch er selbst kam einmal. 1867, zur Zeit des abessinisch-englischen Krieges erschien ein englischer Dampfer mit Oberst MEREWETHER, um Erkundigungen einzuziehen wegen etwaiger Proviantlieferungen: das einzige Lebenszeichen in Koseir für den damals die Augen aller Welt auf sich ziehenden, immerhin noch weit entfernten Krieg. 1872 lief ein österreichischer Lloyddampfer mit Pilgern von dem an der arabischen Seite, also gegenüberliegenden Hafen el Wudg ein, während sonst die Pilger nur einheimische Segel- schiffe benutzten. Dann und wann kam auch ein beschädigter Dampfer oder einer, dem die Kohlen ausgegangen waren. Der Versuch, das Holz der am Meere wachsenden Schoragebüsche (Avicenia) zur Heizung des Kessels zu benützen, gelang nicht, man mußte sich Kohlen von Suez holen lassen. Am 28. Sept. 1872 kamen auf Booten ıgo Holländer an, deren Dampfer „Prinz Hendrik“ auf der Rückfahrt von Holländisch-Indien an den Zweibrüderinseln festgerannt und gescheitert war. Sie kamen, ihrer Habseligkeiten zum Teil verlustig, wenn auch nicht ihres Geldes, in Koseir an und mußten 10 Tage verpflegt werden, bis auf ihre telegraphische Bestellung ein ägyptischer Dampfer sie nach Suez brachte. Ein Freignis war auch 1874 der Schiffbruch eines nach Indien fahrenden Dampfers bei Ras Mohammed, der Südspitze der Sinaihalbinsel. Das mit kostbaren Waren beladene Schiff scheint einen großen Teil derselben im Trockenen ausgesetzt zu haben; die Beduinen be- mächtigten sich an der unbewachten Küste der Waren und brachten sie zum großen Teil nach Koseir zum Verkauf. So kam auch ich in Besitz von too Gläsern Chinin und etwa 50 Flaschen Wormser Liebfrauenmilchwein, wenigstens aus zweiter Hand. Ganz besonders liebe, wiederholte und länger dauernde Be- suche hatte ich von Dr. G. SCHWEINFURTH, den ich schon in Kairo Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 253 kennen gelernt hatte (s. 0.), zuerst am 21. Marz 1864; schon wenige Wochen nach meiner erstmaligen Ankunft in Koseir kam er in langsamen Tagesmärschen, Pflanzen sammelnd, von Kene her durch die Wüste, blieb etwa fünf Tage bei mir in Koseir, reiste dann mit einer Segelbarke von Koseir an der Küste des Roten Meeres bis Suakin, kehrte am 28. Juli wieder glücklich zurück, und blieb wieder fünf Tage da. Am 17. Januar 1865 kam er noch einmal, um in der behaglichen stillen Zweisamkeit seine Arbeiten hier zu vollenden, worauf er dann nach sechs Wochen am 1. März seine zweite größere Reise nach Suakin, Kassala, Abb. 8. Dr. Georg Schweinfurth. Abb. 9. Prof. Dr. Oskar Fraas. Gedaref und Chartum!) antrat. Ich habe ihm sehr viele Anregung auch fiir meine Studien zu verdanken, und wir sind bis heute in wenig unterbrochenem Brief- und Schriftenwechsel und in gegen- seitigem Freundschafts- und Besuchsverhaltnis geblieben. Wenige Tage vor dem zweiten Hauptaufenthalte Dr. ScHWEIN- FURTHS bei mir, — die Herren trafen sich mitten in der Wiiste zwischen Koseir und Kene am 11. Januar 1865 — hatte ich unerwarteten Besuch von einem engeren Landsmann, den ich auch schon vorher wohl gekannt hatte, dem Professor Dr. Oskar FRAAS aus Stuttgart?), der 1) S. über diese Reisen die Berichte Schweinfurths in der Zeitschr. f. Erdkunde in Berlin 1865. ?) S. dessen Schrift: Zoologisches aus dem Orient, Württ. Naturwiss. Jahres- hefte 1867. 254 GABY Kelumiziineiers in Begleitung von drei anderen deutschen Herren, die sich ihm angeschlossen hatten, von Suez her auf einer Barke eines schénen Abends angeschwommen kam; unerwartet, da ein Brief, in dem er sich von Kairo aus angekindigt hatte, erst nachher, nach Wochen eintraf. Es war eine bewegte aber schéne und auch fiir mich lehrreiche Zeit, als diese Herren bei uns etwa fünf Tage (9.—13. Januar 1865) verweilten, außer FrAAs, ein Baron von WARTENSLEBEN aus Pommern, ein Graf LoKopETTI aus Mähren, ein Ingenieur BEINHAUER aus Kassel und ein Diener Hannes aus Schwaben !). 11. Fachlich-zcologische Ausrüstung. Hier kommt, für einen bleibenden oder längeren Aufenthalt an einem Orte in erster Linie eine Bibliothek in Betracht. 1) Ich kann nicht umhin, etwas einzelnes aus diesem im Schwabenland berühmt gewordenen Zusammentreffen, dessen sich noch die übertreibende Fama bemächtigt hat, richtig zu erzählen. An dem milden Abend des genannnten 11. Januar spazierte ich, wie sonst, mit meinem Kollegen, dem Sanitätsagenten Philippo Alisafi, einem Griechen, auf der Landungsbrücke von Koseir auf und ab. Gegen 9 Uhr meldeten die Wachter, es sei eben eine Barke angekommen, mit Franken darin. Wir riefen ihnen aus der Ferne zu und fragten auf Französisch, woher sie kommen, wer sie seien und was sie wollen. Es entwickelte sich ein Gespräch in derselben Sprache, wir mußten ihnen aber sagen, es sei streng verboten, sowohl von seiten der Quarantäne, als des Zollamts, irgend jemand bei Nacht ans Land zu lassen. Ein Gemurmel vom Schiffe her, und nun ertönt es — FraAS behauptet, er habe mich an meinem schlechten Französisch erkannt — laut auf gut Schwäbisch: „Sie sind gewiß der Kiunzincer?“ Antwort: „Ja freilich, und wer sind denn Sie?“ „Ich bin der Professor Fraas von Stuttgart; haben Sie denn meinen Brief nicht erhalten?“ „Nein, aber es freut mich, daf Sie zu uns gekommen sind.“ „Können wir denn nicht ans Land? wir kommen von Suez, sind schon 8 Tage unterwegs. Wir sind ganz gesund, aber wir können’s nicht mehr länger aushalten wegen des Ungeziefers.“ Nun handelte es sich um eine Kollision der Pflichten: um Patriotismus oder Gesetz. Der erstere siegte in der Begeisterung, ich übernahm die ärztliche Verantwortlichkeit meinem Kollegen gegenüber, der das tote Gesetz zu vertreten hatte, und nach kurzer Über- legung gaben wir, ohne dem Gouverneur Mitteilung zu machen, das Schiffchen frei. Allgemeine Umarmung, und bald saßen wir in meiner Behausung, die damals noch die ,Schuna“ war. Mit Hilfe unserer Freunde, der Kopten, von denen jeder etwas aus seinem Haushalt beisteuerte, wurde in später Nacht noch ein Mahl zustande gebracht, und wir saßen noch lange fröhlich beieinander. Unsere Gäste verteilten wir unter uns, d. h. mir und dem Sanitätsagenten, und so behalfen wir uns eben so gut es ging; Hotelansprüche konnten unsere Gäste nicht an uns machen, nur fiel die Bemerkung, die einzige Waschschiissel habe eine große Ähnlichkeit mit unserer einzigen Suppenschiissel. Mit dem Gouverneur, der ohnedies dem Sanitätsagenten nicht grün war, gab es später eine Auseinandersetzung, aber, da jeder aus guten Gründen sich scheute, die Sache an die große Glocke zu hängen, wurde sie, wie so vieles, was vorkam, amtlich totgeschwiegen. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 255 Ich schaffte mir eine solche, wie ich sie bei meinen Vorstudien (s. o.) allmählich für nötig erkannt hatte, größtenteils schon vor meiner Abreise aus Europa nach und nach an, teils mußte ich sie um teures Geld nachkommen lassen, als ich die Notwendigkeit sie zu besitzen, erkannt hatte. Dazu kamen noch medizinische Handbücher. Von zoologischen Lehrbüchern hatte ich die von TroscHEL, von Leunis (1. Auflage 1860), v. d. Hoeven, Vocrs Zoologische Briefe, ferner die vergleichende Anatomie von SIEBOLD und STANNIUS, KÖLLIKERS Gewebelehre, Leypics Histologie, BERG- MANN und LEUCKARTS anatomisch-physiologische Übersicht des Tierreichs, meine Manuskripte der Vorlesungen von W. Rapp und Stein. Von Werken über bestimmte Tierabteilungen: Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs I und II für die „Amorpho- und Actinozoa“, Mırne Epwarps und Hare: Histoire naturelle des Coraillieres, für die Krebse: M. Epwarps, Histoire naturelle des Crustaces, für die Mollusken: Woopwarp, Manual of the Mollusca, und Jounsron, Einleitung in die Conchyliologie (deutsch), für die Würmer: Diesine, Syst. Helminth., Gruss, Familien der Anneliden, M. Epwarps Anneïides in Cuvier Régne animale, für die Säugetiere: GIEBEL. Werke über die Fauna des Roten Meeres waren: Description de l’Egypte!), ForskAL, Descriptio animalium, RuùPPeLL, Atlas zur Reise, und neue Wirbeltiere, HeLLER, Beitrag zur Crustaceenfauna des Roten Meeres. Als Handbücher für praktische Zwecke dienten mir: W. SCHILLING, Hand- und Lehrbuch für angehende Naturforscher und Naturaliensammler, in drei Bändchen, StrAus- DÜRKHEIM, Traité d’anatomie comparée, und ein von der Smithsonian Institution herausgegebenes Schriftchen: Directions for collecting, preserving etc. Eine wesentliche und billigere Ergänzung bildeten meine steno- graphischen Auszüge aus den damals namhaftesten zoologischen Autoren wie M. Epwarps, LACAZE-DUTHIERS, QuATREFAGES, LEYDIG, GEGENBAUR, GRUBE, KÖLLIKER, JOH. MÜLLER, M. SCHULZE, v. SIEBOLD, v. BENEDEN, Sars, CLAus, DANA usw., oder, wo es nötig war, auch aus älteren. Die zum „Bestimmen“ nötigsten hatte ich von zu Haus aus besonders berücksichtigt. Von Untersuchungsinstrumenten hatte ich ein vor- 1) Dieses große Werk mußte ich, da ich es dringend zu bedürfen glaubte, ganz ankaufen, ließ aber nur den zoologischen Teil mir nachschicken; der letztere war allein nicht zu haben. Später konnte ich das ganze Werk ohne Verlust wieder verkaufen. Zool. Annalen VI. 18 250 C. B. Klunzinger, treffliches Mikroskop von KeLLNER in Wetzlar, das ich schon in Tübingen nach dem Rat von H. Monr angeschafft hatte, ein einfaches Mikroskop von März (Bader) in München, außer mehreren Lupen mit Lupenhaltern, einem Zeichnungsprisma und Kompres- sorium von derselben Firma. Zum Schneiden von Präparaten diente damals das „Doppelmesser“ außer dem Rasiermesser. Im ganzen aber beschäftigte ich mich ieider nur wenig mit feineren mikro- skopischen Untersuchungen, außer soweit sie zum „Bestimmen“ z. B. bei Anneliden nötig waren. Zum Festhalten der Farben der frischen Tiere, wobei ich namentlich viele Fische und Anneliden zeichnete, bediente ich mich nach dem Rat von Lryoıc farbiger Stifte (sogen. creta polycolor), Als Aquarien dienten flache Glas- schalen, deren Wasser ich oft erneuerte, eine freilich mangelhafte Einrichtung, mit der man nur wenige Tage ausreichte, um die Tiere lebend zu erhalten. Zusammengesetzte Aquarien mit Metall- stützen wären wegen des Rostens im Seewasser, das auch bei allen Werkzeugen aus Metall sich mißlich geltend machte, nicht zu benützen gewesen, Glasaquarien aber waren wegen des Trans- portes unmöglich und damals auch kaum zu bekommen. Als Fangwerkzeuge hatte ich verschiedene kleinere Netze und Hamen für kleinere Fische und andere schwimmende Wassertiere, namentlich einen sogen. „Schöpfer“ von starker Leinwand mit einem Boden von Beuteltuch. Die meisten Fische bekam ich durch die Fischer, die ihre Fische meist mit Angeln fangen. Die Blechkapseln, in welche die Tiere sofort mit viel und oft erneutem Wasser gebracht wurden, stellte man in den in Triest gekauften stets mitgeführten mehrfächrigen Korb. Kleine Fischchen in den Tümpeln fing man durch Heraustreiben aus ihren Schlupflöchern mittels Klopfens mit Stock und Hammer und Auf- fangen im vorgehaltenen Hamen oder mit Lappen. Ein Messer war zu allerlei Hantierungen nötig. Das wichtigste Werkzeug auf der Korallenklippe war ein Hammer und Meissel zum Zerschlagen des Gesteins, in dessen Lücken gar viele Tiere leben. Auch ein Schleppnetz oder Dredsche hatte ich erworben, ich konnte es aber nicht viel anwenden. In der Nähe der Korallen- _ klippe ankerte es sich fest, gegen die See hinein wurde es bald zu tief und selbst im Hafen blieb es stecken; es bedarf einer großen Kraft zur Fortbewegung des Bootes dabei, wie sie nicht zu Gehote stand. Auch das feine Gazenetz wandte ich wenig an. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u Arzt zu Koseir am Roten Meer. 257 Zum Insektenfang in der Wiiste oder in der Wohnung, wo diese Tiere nachts massenhaft die Laterne umschwärmten, dienten allerlei Hamen, Klappen und Glaschen. Fallen für Säugetiere erhielt ich erst 1874 von Dr. SCHWEINFURTH nach seiner Reise in die lybische Wiiste zugeschickt: einen ,Schwanenhals“ und einige Tellereisen, mit deren Hilfe ein Beduine mir Fiichse und Hyänen fing. Dem letzteren übergab ich auch mein Ge- wehr, eine gute Büchsflinte, womit er mir allerlei Vögel und andere Tiere der Wiiste zubrachte. Ich selbst kann mich einer gewissen Scheu vor SchieBgewehren nicht erwehren, seit bei einem meiner ersten Schießversuche in München durch Loswerden des ,,Stechers“ der Schuf am Ohre eines meiner besten Freunde vorbeiflog. Zum Begehen der Korallenklippe bediente ich mich anfangs großer Stiefel aus Juchtenleder; dieselben wurden aber bald rissig, steif und unangenehm. Bald ahmte ich daher den Landes- kindern nach und ließ mir Sandalen aus einem geschmeidigen Leder, ,somsemie“ genannt, machen, mit über den Fußrücken lau- fenden und zwischen der ersten und zweiten Zehe durchgezogenem Riemen. Die alten Zwillichhosen wurden dem Wasserstand ent- sprechend hinaufgestreift. Unumgänglich war ein Stiftstock, der auf der teils unebenen und spitzigen, teils auch glatten und schliipirigen Klippenfläche als Halt diente, oder auch als Tast- werkzeug. ı2. Tätigkeit als Naturforscher. Diese kann, wie es neuerer Zeit mehr und mehr geschieht, bei wissenschaftlich-zoologischen Reisen zur Lösung einer ganz bestimmten Aufgabe dienen, auf die man sich, namentlich bei wenig Zeit, möglichst beschränkt, z. B. in zoogeographischer und biologischer Beziehung, oder zur Durchforschung einer bestimmten Tierabteilung, oder zum blossen Sammein mit dem Zweck der finanziellen Verwertung: Letztere musste ich wohl auch in Berücksichtigung ziehen, aber als Hauptsache erstrebte ich doch die wissenschaftliche Verwertung: Sammeln verbunden mit Beobachtung der Lebensweise in der freien Natur und später Selbstbearbeitung der so gewonnenen Fauna eines einzelnen Ortes, was bei der von mir erlangten Möglichkeit eines länger dauernden Aufenthalts an dem für einen Naturforscher, der keine großen Bedürfnisse hat, auffallend günstigen Orte Koseir als nicht aussichtslos erschien. Anfangs gedachte ich mich auf das Reich 18* rare 255 C. B. Klunzinger, der wirbellosen Tiere, und auch da nur auf das der Cölenteraten, Crustaceen, Würmer, Mollusken und Echinodermen zu beschränken, schon der Kosten wegen. Bald aber zeigte sich die Gelege n- heit Fische zu bekommen, so günstig, daß ich auch sie mit einbezog, mir aber erst den nötigen Weingeist, die Sarnmelgefäße (tönerne weitmündige Einmachgefäße), aus Alexandrien in Fässern und dazu das RùppeLLsche Werk ‚Neue Wirbeltiere“ von Europa kaufen und kommen lassen mußte, so daß ich erst im zweiten Jahr meines Aufenthaltes damit beginnen konnte. So wurde das Sammeln und Studium der Fische bald bei mir zur Hauptsache: „Gelegenheit macht Diebe!“ Die Fischer brachten mir eben alle Fische, die ihnen selbst als ungewöhnlich erschienen, ins Haus, da sie dadurch mehr erlösten als durch Verkauf auf dem Markt. Dafür mußte ich ihnen aber auch marche abkaufen, die ich schon in genügender Zahl hatte; wenn nicht, so ließen sie bald in ihrem Eifer nach. Diese Erfahrung wird jeder machen, der einen der- artigen Handel treibt. Wäre ich damals schon Mitglied eines Anglervereins gewesen, so hätte ich auch diesen Sport, zu dem hier reichlich Gelegenheit ist, ausgeübt. Über den Fischen vergaß ich nicht die Wirbellosen. So oft ich abkommen konnte und das Meer günstig zum Sammeln er- schien, zumal in den Sommermonaten ging ich selbst zum Sammeln hinaus. Auch von diesen Tieren bekam ich viel von den Ein- geborenen und insbesondere von der Jugend, die bald verstand, wonach ich fahndete, und mir besonders auch die kleinen Fische brachte, auf die sie gemeinschaftliche Treibjagden machte, wie die Gobiiden und Blenniiden, oder mit der Hand fing, wie die schlecht schwimmenden Kugel- und Kofferfische und Seenadeln und dergl. Von ihnen und den Beduinen, besonders den Ababde, erhielt ich auch manche seltene Schnecke, Muschel, Seeigel usw. Das Ge- wöhnliche und Häufige war bald beieinander, die selteneren Arten aber fand ich nach und nach nicht nur durch bloßes Ab- suchen verschiedener Örtlichkeiten, sondern mittelst fortgesetzten Studiums, wodurch ich erst aufmerksam wurde, auf was ich noch zu fahnden hatte, nach gewonnener genauer Kenntnis der bisher gefundenen und durch Übung des Unterscheidungsvermögens. Dieses Studium geschah in folgender Weise: Anfangs legte ich ein zoologisches Tagebuch an, worin ich das jeweils Gefundene mit den gefundenen Namen und einigen Bemerkungen eintrug. Sehr bald aber ging ich dazu über, für jede Abteilung: Fische, — 36 = Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 259 Crustaceen, Echinodermen, ein- und zweischalige Mollusken, Nackt- schnecken, Cephalopoden, Anneliden, Würmer usw., ein be- sonderes Heft zu halten. Dann wurde jede gefundene Art in der Weise verzeichnet, daß ich, wenn es möglich war, sie mit meiner Literatur zu „bestimmen“, sie mit ihrem Namen und einer Nummer auf besonderer Seite aufschrieb, mit Beisetzung ihrer Hauptmerk- male, wie ich sie mit eigenen Augen und mit Hilfe der Literatur fand, dazu kamen Bemerkungen über Vorkommen, Häufigkeit, Farbe im Leben und sonstige Beobachtungen über Lebensweise und dergleichen. Arten, die ich nicht herausbekam, suchte ich wenigstens auf die Zugehörigkeit zu einer Gattung zu bestimmen, was in den meisten Fällen gelang. So schrieb ich z. B. auf: Turbo III und beschrieb die Art im Heft als ob sie neu wäre, so genau als möglich. In den meisten Fällen war ich leicht imstand, die betreffende Art aus meiner Sammlung wieder herauszufinden, ohne daß ich die einzelnen Exemplare von Anfang an absonderte und bezeichnete, wozu ich eine Menge (Grefäße hätte haben müssen. Zu diesem Wiederherausfinden gehört freilich eine gewisse Ver- trautheit mit den Einzelformen, die man durch Übung gewinnt; ich erkannte sie, wenigstens die häufigeren, bald auf den ersten Blick wieder, ohne ihren richtigen zoologischen Namen zu wissen, was ich auf eine spätere Verarbeitung in der Heimat, wo ich die ganze Literatur nachzusehen hatte, verschieben mußte. Diese Aufzeichnungen in meinen Heften werden, so hoffe ich, auch dem- jenigen dienlich sein, der etwa, nach mir, die Verarbeitung eines Teils meiner Sammlungen vorzunehmen hätte, wenn es auch für einen solchen freilich etwas schwieriger wäre, sich auszukennen. Eine Übersicht über das wichtigste, was ich, und wie ich, namentlich auf der Klippe, sammelte, habe ich in dem Kapitel: „Die Naturschätze des Roten Meeres“ meines Buches über Ober- ägypten und das Rote Meer (s. u. Lit. Nr. 11) gegeben, auch in einem früheren Aufsatz „Eine zoologische Exkursion auf ein Korallriff des Roten Meeres bei K oseir“ (s. Lit. Nr. 23). Ich ver- weise darauf. Als Grundsätze dienten mir dabei namentlich die Ratschläge, die mir mein Mentor F. Krauss in zahlreichen und ausführlichen Briefen, welche ich noch aufbewahre, gab, und die nicht zum mindesten, unserer Vereinbarung gemäß, auch finanziellen Hinter- grund hatten: „Alles mitnehmen, was man bekommen kann, aber von dem, was sich als häufig und gewöhnlich herausstellt, nur 260 C. B. Klunzinger, wenige Exemplare, von den selteneren und namentlich den weniger bekannten oder gar neuen Arten, besonders den kleinen, die wenig Raum und Spiritus erfordern, möglichst viele!“ Von diesem Grundsatz wich ich bei eingehenderem Studium schon an Ort und Stelle ab, da es sich zum Zweck späterer wissenschaftlicher Be- arbeitung, die für mich gegenüber finanzieller Verwertung mehr und mehr in den Vordergrund trat, empfahl, viel Vergleichsmaterial auch bei gewöhnlichen Arten zu erhalten, zumal bei kleinen Formen. Von den Fischen !) sammelte ich anfangs nur Exemplare von geringerer Größe, die noch in meine Konservierungsefäße für Wein- geist hineingingen. Dann fand ich allmählich, daß ich eine An- zahl Arten, die RÜPPELL beschrieb und abbildete, gar nie zu Ge- sicht bekam; z. B. manche ‚Scarus(Papageifisch-Jarten, weil diese nie klein vorkommen, d. h. nie so gefangen werden. Jetzt erst kaufte ich auch größere Fische und konservierte sie trocken als Bälge, obwohl man mir schrieb und ich es später auch er- fahren mußte, daß solche schwer oder nicht verkäuflich seien, außer etwa den Haifischen und Rochen. Von den allbekannten großen Muscheln und Schnecken wie Strombus, Pteroceras, Tritontum usw. sammelte ich verhältnismäßig wenige Exemplare, und nur gute und schöne, sie sind, weil überall im Handel vertreten, nicht das Porto wert; ich verwendete solche meist zu Geschenken, für Freunde und Angehörige. Am Strande aufgelesene Schalen sind meist verblichen und taugen nichts, aber dann und wann findet man doch darunter seltene Arten. Von weichen (nackten) Mollusken, Würmern, wie Anne- liden, Planarien, Nemertinen, woran die Klippenfauna so reich ist, sammelte ich meist so viel als möglich, in Arten und Exemplaren, alle in Weingeist konserviert, nachdem ich sie vorher, noch frisch oder lebend, gezeichnet und mit farbigen Stiften gemalt hatte; in Weingeist schrumpfen und verblassen sie bald. Weniger ist dies bei Crustaceen und Echinodermen, denen ich ebenfalls meine besondere Aufmerksamkeit zuwandte, zu befürchten. Die Entozöen kamen leider bei mir etwas zu kurz. Quallen und Salpen zeigten sich nur sehr selten, bei Ost- und Südwinden; es gab damals auch noch keine gute Konservierungsmethode 1) Zur Bestimmung der Gattungen der Fische bediente ich mich mit Nutzen des Handbuchs der Zoologie von v. n. Hoeven, für die Arten das oben erwähnte Werk von RÜPPELL. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 261 fir sie. Auch mit dem Auftrieb oder Plankton gab ich mich nicht ab, es stand damals noch nicht so im Vordergrund des Inter- esses und es hatte auch ein besonderes Studium erfordert, auf das ich nicht genügend vorbereitet war. Tiefseesachen waren mit meinen Mitteln nicht wohl zu erlangen (s. o. Schleppnetz). Dagegen boten sich, wie die Fische, so auch die Korallen als Hauptgegenstand des Sammelns und der nàheren Betrachtung an. Der ganze, bei Ebbe begehbare Boden des Meeres ist Korallengrund, es ist ein „Strandriff“, das sich unmittelbar vom Ufer aus in einer Breite von 200—400 Schritt als eine mehr oder weniger ebene Flache gegen das Meer einwarts hinzieht, um dann senkrecht oder terrassenförmig in das tiefe Meer abzu- fallen; das Riff erstreckt sich weit nach Süd und Nord nach der ganzen Lange des Roten Meeres und an beiden Küsten, ist aber vielfach unterbrochen überall da, wo Täler vom Lande her ein- minden. Eine solche Unterbrechung ist auch die Hafenbucht von Koseir. Uber diese Verhältnisse und das Korallenleben habe ich eingehende Mitteilungen in dem oben genannten Kapitel „Die Naturschatze des Roten Meeres“ gemacht, worauf ich ver- weisen muß. Die noch auf der begehbaren Klippe sitzenden Korallen löste ich selbst mit Hammer und Meißel, die tiefer ge- -legenen verschaffte ich mir durch Taucher, deren es immer einige unter den Fischern des Ortes gibt; sie haben das Tauchen durch den Perlmuschelfang gelernt und große Übung und Ge- wandtheit darin erlangt; nach meiner Erinnerung konnten sie ı—2 Minuten unter Wasser bleiben. Zu diesem Korallensammeln gehört ein Boot, das über dem Korallenabhang hinschwebt und von wo aus man in die Tiefe blicken kann, aus der die lebenden Blöcke und Büsche, wie in einem Gewächshaus oder einem Blumen- garten sich erheben. Wesentliche Bedingungen dabei sind: 1. Ruhige Wasserfläche, schon eine leichte Kräuselung !) stört den Blick, auch das Boot soll möglichst wenig schwanken. 2. Mög- lichst starke Ebbe: je niederer der Wasserspiegel steht, desto näher liegt und desto deutlicher erscheint der gesuchte Gegen- stand. 3. Warmes oder kühles, aber nicht kaltes Wasser. Zur Winterszeit ist kein Taucher bereit. 4. Übung des sammelnden Naturforschers in der Kenntnis des Habitus der Korallen, um 1) Das Glätten des Wasserspiegels durch Ol ist den Tauchern und Fischern daselbst langst bekannt; auch ich habe dasselbe mit Erfolg beim Korallenfang an- gewendet, um den Blick klarer zu machen. = 39 == 262 C. B. Klunzinger, dem Taucher bestimmt angeben zu können, welche Korallen er heraufholen soll; auch muß er sich von der Größe derselben von oben herab schon den richtigen Begriff machen, die Gegen- stände erscheinen meist größer, als sie sind, auch oft in anderen Farben. Die Auswahl der Korallen für meinen Zweck richtete sich außer nach der Erlangung möglichst vieler Arten und Formen, wozu mir meine mitgebrachte Hist. nat. Corailliaires von M. Epwarps und HAINE in erster Linie dienlich war, auch nach der Möglich- keit des späteren Transports und der Verkäuflichkeit. Die meter- dicken Blöcke mußten an Ort und Stelle bleiben, es galt, kein Institut für Meereskunde auszustatten, für das man ein besonderes Schiff bereithalten konnte, ohne umzupacken. Am besten eigne- ten sich 1—2 (ca. 10—20 cm) faustgroße, frische, nicht gebrochene und abgeriebene, nach allen Seiten ausgebildete, möglichst abge- rundete Exemplare. Die jeweils gewonnene, oft umfangreiche Ausbeute an ausgehobenen Korallen wurde vorsichtig vom Boote in die Gelasse meiner Wohnung getragen, wo sie mit Süßwasser etwas abgewaschen und im Schatten getrocknet wurden. Unter den Säugetieren, die ich sammelte, verdient eine besondere Erwähnung die Meerjungfer oder //ahcore Dugong. Schon bei meiner Abreise aus Europa und nachher in jedem Brief band mir Prof. F. Krauss in Stuttgart aufs Herz, doch ja nach Dujungs zu fahnden. Ich konnte lange keine bekommen. Die Mahnungen von zu Hause wurden immer dringender. Erst als ich einen hohen Preis aussetzte (ich glaube 20 Maria- theresientaler für das erste Stück), fuhr ein Feuereifer in die Bedu- inen, die sich mit dem Fang abgaben, und endlich — im 4. Jahre meines Aufenthalts, im Frühjahr 1868 — bekam ich bald nach- einander gegen 6 oder mehr Stück dieses mächtigen wal- fischartigen Tieres ganz, mit Haut und Fleisch und Knochen. Meine Höfe glichen, da die Tiere rasch abgebalgt werden mußten und einmal 4 Stück zugleich da lagen, einer Metzgerei. Auch hierüber habe ich schon nähere Mitteilungen gemacht (s. Lit. Nr. 22 und 29). Insekten und andere Landtiere, wie Reptilien, Vögel und Säugetiere, sammelte ich erst in den letzten Jahren meines Auf- enthalts ernstlich. Ich nahm aber auch von Anfang an mit, was ich davon bekam. Von Süßwassertieren beschrieb ich genauer einen Pranchipus rubricaudatus, aus meinem Trinkwasser (s. Lit. Nr. 20). So hielt ich mir auch eine kleine Anzahl lebender Tiere — 40 = Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 263 (s. Lit. Nr. 29 und 30): Gazellen, Wüstenfüchse, einen Wiisten- luchs, einen kleinen Aasgeier (Vultur percnopterus), Eulen, Lach- tauben, Pfauentauben usw., und nicht zu vergessen, einen Pavian (Cynocephalus hamadryas), den ich bald nach meiner ersten An- kunft von einem Pilger erstand, der mir viel Lust, aber auch Leid bereitete, da er oft durchging und dann allerlei Unheil an- richtete, unter anderem mir auch einen Wadenbeinbruch zuzog, indem ein Kamel, auf dem ich saß, an ihm scheute und mich ab- warf. Auch hielt ich einmal langere Zeit einen Hund fremder Rasse und einen Pariahund, dem es bei mir besser zu gefallen schien, als bei seinen halbwilden Genossen, die er mied und der Name: Hadj Hasan, den ich ihm gab, erregte einiges Ärgernis. Von einem Beduinenjäger erhielt ich mehrere Male eine Hyäne, A/yaena striata mittels eines „Schwanenhalses‘ und Küstenfüchse mittels Tellereisens gefangen, außer einer Anzahl geschossener Vögel. Ethnologische oder anthropologische Studien am Menschen zu machen, hatte ich wohl die löbliche Absicht, sie wurde mir aber geradezu amtlich verweigert, als ich verlangte, die durch- ziehenden Pilger näher untersuchen zu dürfen; die wenigen kranken Pilger im Spital eigneten sich eben nicht dazu. Dagegen be- obachtete ich eingehend die Sitten und Gebräuche der Einge- borenen (s. mein Buch über Oberägypten. Lit. Nr. 11 und 4—0). Botanisch war ich nicht viel tätig; ich sammelte wohl auch Algen im Meere, einschließlich der Kalkalgen und im beson- deren Auftrag SCHWEINFURTHS und ASCHERSONs auch Meeres- phanerogamen (Najadeen, wie Halodule, Halophila, Cymodocea in Blüte und Frucht), im letzten Jahre meines Aufenthalts auch die Pflanzen der Wüste nach dem Vorbild von ScHwEINFURTH (s. Nr. 14); leider fehlte mir ein gutes Handbuch der Botanik, da ich vergebens auf die Fertigstellung von LErunis Synopsis der Pflanzenkunde, die ich nur in einzelnen Lieferungen besaß, wartete. Endlich sammelte ich noch die Gesteine und Versteinerungen der näheren und weiteren Umgebung, einschließlich der rezenten, aber schon mehr oder weniger versteinerten Tierreste der Küste (s. Lit. Nr. 15). Auch von dem Ausflug nach den Zweibrüder- inseln brachte ich interessante Gesteinsproben mit (s. Lit. Nr. 1). 13. Zubereiten (Konservieren) des Gesammelten. Nach der zunächst meist nur oberflächlichen Sichtung des jeweils Gesammelten mit Bemerkungen über die dabei gemachten 204 C. B. Klunzinger, Beobachtungen, tiber das Verhalten im Leben usw., unter Umstanden auch Zeichnungen und Farbenskizzen, handelte es sich um Rettung vor dem Verderben, um passende Zubereitung und Behandlung mit konservierenden Mitteln für die Aufbewahrung im trockenen Zustand oder in flüssigen Medien, vor allem Weingeist, je nach Art und Zweck. Das erste bei allem, was aus dem Meere kommt, ist, so schärfte mir F. Krauss ein, immer Abwaschen in süßem Wasser, sowohl bei Aufbewahrung in Alkohol als auch und noch mehr, bei trockener Aufbewahrung, weil das Salz stets Feuchtigkeit in der Luft anzieht, und allmahliche Vermoderung verursacht. Als flüssiges Aufbewahrungsmittel verwendete ich auschlief- lich Weingeist. Andere Flüssigkeiten, wie Formalin, kannte man damals noch nicht, kaum auch Chromsäure und chrom- saure Salze, und auch diese mehr für Hartung mikroskopischer und anatomischer Präparate; die damals viel empfohlene GoopBy- sche Flüssigkeit (Kochsalz, Alaun und Sublimat) harrte noch der Bewährung und hat sich auch nicht bewährt. Für mikroskopische Zwecke wurde mehr Glyzerin als Kanadabalsam verwendet. Maß- gebend war auch, daß man überall in den Sammlungen eben Wein- geistpräparate verlangte. Die Präparationsweise, wie sie durch die zoologische Station in Neapel später aufkam, war noch nicht erfunden. Die Hauptsache auch beim Spiritus ist richtige An- wendung desselben. Auch hier, und überhaupt beim Zubereiten, folgte ich hauptsächlich den Ratschlägen meines erfahrenen Belehrers F. Krauss. Ich halte es nicht für unnötig, dieselben und meine eigenen Erfahrungen hier mitzuteilen. Der käufliche Wein- geist oder Sprit hat durchschnittlich etwa 95°, wie der 1ooteilige Aräometer, den man immer zur Hand haben muß, anzeigt. Zum Gebrauch beim Konservieren muß er aber mit Wasser verdünnt werden, inder Regelauf 70°, damit die Gegenstände nicht schrumpfen. Doch gibt es auch Gegenstände die stärkeren Spiritus vertragen, wie sehr weiche Würmer und, wie ich nach und nach erfahren mußte, gewisse Fische mit sehr weichem Fleisch, wie Papagei- fische und überhaupt die Lippfische, zumal wenn sie groß sind. Die Hauptsache ist aber baldige und wiederholte Erneuerung des Spiritus, besser als starker Spiritus. Wichtig ist auch die Konservierung der inneren Teile, was mittels Einschnitts in den Bauch oder durch Einspritzen von Spiritus in den After geschieht, bis er am Mund wieder herausläuft. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u Arzt zu Koseir am Roten Meer. 265 Die Fische missen beim Berühren eine gewisse Harte sich erhalten, das Fleisch darf nicht weich werden. Der Weingeist soll in seinem Gehalt nicht viel unter 70° sinken, was gar bald eintritt, wenn in einem Gefäß viele und große Fische sich be- finden; daher muß man stets mit dem Aräometer nachmessen. Als Gefäße verwandte ich irdene glasierte weitmündige Einmach- töpfe, die mit Tierblase zugebunden wurden. Ferner soll der Weingeist nicht zu sehr sich färben und namentlich keinen un- angenehmen Geruch bekommen, überhaupt möglichst frisch er- halten werden; man muß daher, wenigstens Anfangs täglich nachsehen und schon in ein bis zwei Tagen den Spiritus wechseln, nicht bloss starken zugießen, nachdem man die Fische vorher in süßem Wasser gereinigt hat. Sind so die Fische nach einigen Wochen recht „ausgelaugt‘“ und gehärtet, so ertragen sie später sogar schlechte Behandlung, wie Auslaufen des mit Spi- ritus gefüllten Transportgefäßes, z. B. eines Fasses auf der Reise, was nur zu leicht geschieht; nur müssen sie dann noch mit einem Lappen umwickelt sein, der sie einigermaßen feucht erhält. Gut ausgelaugte Fische können später auch in schwächerem Wein- geist aufbewahrt werden. Die oben geschilderte Behandlung er- fordert freilich vielen Spiritus, was eine recht teure Sache ist, zu- mal in jenen entfernten Gegenden, bei dem weiten Transport durch die Wüste auf dem Rücken des Kamels, wo in der Hitze oft noch ein gut Teil im Faß verdunstet, unterwegs und auch noch zu Hause. Ich kam daher bald darauf, das angekommene Faß in große Glaskolben mit engem durch Stöpsel verschließbaren Hals umzu- füllen und schließlich meinen Bedarf an Spiritus nur in solchen mit Stroh umwickelten Kolben zu beziehen, wobei man allerdings Gefahr läuft, daß der Kolben zerbricht, was aber glücklicherweise nie geschah. Mein erstes Faß Spiritus nahm ich von Triest mit, später ließ ich mir solche von Alexandrien oder Kairo kommen, und noch später ergab sich auch die Möglichkeit, den Spiritus in Kolben aus Kene von griechischen Händlern zu beziehen. Bei der großen Entfernung zwischen Koseir und Kairo und Alex- andrien, wo die Reise des Fasses auf dem Nil allein 3—4 Wochen in Anspruch nimmt, dauerte es oft 1/4—1/2 Jahr, bis ich meine Be- stellung in Händen hatte, und unterdessen war mein Vorrat, den ich zur Versorgung meiner fast täglich mir angebotenen Fische brauchte, öfter zu Ende gegangen, ich konnte keine Fische mehr 206 CBERIlunzineern annehmen. In solchen Fallen wurden folgende Auskunftsmittel angewendet: Der massenhaft verbrauchte, schlecht und schwach gewordene Spiritus wurde nicht weggegossen, sondern um- destilliert, was in einem ziemlich primitiven Apparat geschah, den die eingeborenen Christen zur Herstellung ihres Dattelschnapses brauchen. Ich habe ihn auf S. 82 meines Buches ùber Ober- agypten beschrieben und abgebildet. In solchen Nöten habe ich auch zur Wiederverstärkung des schwach gewordenen verbrauchten Weingeists eine noch billigere Methode angewendet: Einfüllen des schwachen Spiritus in nach und nach vom Metzger zusammen- gekaufte Tierblasen (meist vom Schaf, da es Schweineblasen dort nicht gibt), Aufhängen derselben im Hof in Wärme, Sonne und bewegter Luft: tage- und wochenlang. In der Tierblase verdunstet wohl das Wasser, nicht aber der Weingeist, und so erhält der Spiritus allmählich wieder seine 70°. Der unangenehme Geruch und die Farbe des verbrauchten Weingeists verliert sich dadurch allerdings nicht, ersterer auch nicht ganz beim Überdestillieren. Schließlich kam ich auch noch darauf, mir meinen Weingeist über- haupt selbst zu machen, mittels des obigen Destillierapparates und aus Datteln, die ich, nach Art der Eingeborenen mit Wasser ansetzte und gären ließ. Zur Erhaltung der nötigen Stärke mußte die Destillation nochmals wiederholt werden. Die Kosten solchen Dattelschnapses, der übrigens auch ein gutes spirituöses Hausgetränke ist, mögen indes kaum geringer sein, als die des gekauften Alkohols mit Transport, aber man kann ihn jederzeit sich bereiten, zumal wenn man statt frischer Datteln, wie sie nur zur Zeit der Dattelreife zu haben sind, trockene Datteln oder , Dattelbrot* in Schläuchen ansetzt. Für die Aufbewahrung der meist kleineren wirbellosen Tiere braucht man verhältnismäßig nicht viel Spiritus. Das ganze Verfahren und die dazu nötigen Gefäße sind einfacher. Ich ver- wendete als Gefäße für die Gegenstände mittlerer Größe die be- kannten starkwandigen Mixpicklesgläser, die man in Städten, besonders Seestädten, und in Gasthäusern leicht und billig haben kann, und ebenso die Korkstöpsel dazu. Für die kleineren Sachen nahm ich schon von Wien eine große Anzahl starkwandiger Glas- röhren verschiedener Größe, sogen. Glastuben, mit, die sich in jeder Beziehung bewährten. Die Korkstöpsel müssen nur gut eingepaßt sein. Die Tiere wurden in lockerer Lage, und nicht zu viele, eingesetzt und Spiritus von 700 eingefüllt, derselbe meist ae Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 267 schon am nächsten Tage erneuert und dann immer wieder, so oft derselbe sich gefarbt zeigte. So erhielten sich die meisten Gegenstände vortrefflich. Einmal nur ging es schlimm, als ich einen seltenen Wurm, eine Art Balanoglossus (Péychocera erythria) an einem warmen Sommertag, wo das Wasser in den Tümpeln zu heiß wurde und die Tiere aus dem Sand, in dem sie sonst ver- graben waren, geradezu massenhaft hervorkommen, fand. Ich brachte alles, was ich davon bekommen konnte, nach Hause und legte es in Weingeist ein, diesmal der Menge wegen in einen Topf. Diese Wiirmer verdarben sämtlich, trotzdem ich mehrmals den Weingeist wechselte. Es waren eben immer noch zu viele im Topf im Verhältnis zum Weingeist und sie waren auch zu weich und hätten noch stàrkeren Spiritus ertragen. Ich habe das schon in einem besonderen Aufsatz über diesen Wurm 1902 (s. Lit. Nr. 33) erzählt. Trocken konservierte ich die größeren Fische, besonders die Haifische und Rochen, mittels Abbalgen und Herausnahme des Körpers, der Wirbelsäule, des Kiemenkorbs, aber mit Be- lassung des Schädels und der Flossen, möglichster Reinigung der abgezogenen Haut von allem Fleisch und Fett und gründlicher Vergiftung der Innenseite mit Arsenik. Hiezu nahm ich zu- erst die bekannte Arsenikseife, später einen Brei von Ton und arseniksaurem Natron!) nach Angabe des Präparators MARTIN. Am besten gerieten so die Haifische mit ihrer harten Chagrin- haut, auch schuppenlose, wie Aale, oder kleinschuppige, wie, Thunfische und gepanzerte wie Koffer- Kugel- und Stachelfische. Aber auch großschuppige, wie Papagei- und große Lippfische, die ich wegen ihrer Größe nicht in Weingeist setzen konnte, machten sich ganz gut, und erhielten so sogar ihre Farben weit besser, als Weingeistexemplare, vorausgesetzt, daß man sie nicht dem Lichte aussetzte. Auch ein Vorteil ist, daß solche Bälge wenig ins Gewicht fallen. Allerdings sind solche Fische nicht so leicht verkäuflich, weil das zur Bestimmung nötige Abmessen der einzelnen Teile gegeneinander nicht mehr gut möglich ist. Dasselbe gilt aber auch von Säugetieren oder Vögeln, die ja fast nur als Bälge in die Sammlungen kommen, während neuerdings wohl aus dem angegebenen Grund, auch diese ganz mitsamt dem Fleisch, in Weingeist oder Formol konserviert werden, wenigstens zum Teil neben Bälgen. !) Einmal bekam ich bei diesem Verfahren einen starken Ausschlag an der Hand. 268 C. B. Klunzinger, Ich bin immer Verteidiger der Fischbälge gewesen}) und geblieben, auch für kleinere. RÜPPELL hat die meisten seiner Fische im Senkenbergischen Museum in Frankfurt so aufgestellt, auch die von mir herrührenden, trocknen, ausgestopften Fische in der Stuttgarter Naturaliensammlung, die fast einen ganzen großen Glaskasten füllen, sind wohl als eine Zierde der Sammlung anzu- sehen. Das große Publikum sieht sich ohnedem nur die aus- gestopften Fische an. Von meinen gesammelten Säugetieren und Vögeln habe ich fast stets, außer bei kleineren Säugetieren, wie Mäusen, und Fledermäusen, die in Weingeist kamen, Bälge gemacht, die noch sorgfältiger behandelt sein müssen als Fischbälge, wenn sie später, ausgestopft, in den Museen sich gut ausnehmen sollen. Sie gerieten mir im allgemeinen weniger gut, als meine Fisch- bälge. Eine wichtige Angelegenheit war für mich das Konservieren der riesengroßen Dujungs, von denen Haut und Skelett, hier ausnahmsweise je von demselben Individuum, verwertet werden konnten und außerdem noch die Eingeweide. Die Haut kann hier, mittelst eines Bauchschnittes von den Lippen bis zur Schwanz- spitze, und ebenso an der Innenseite der Vorderfüße bis zu den Zehen ganz vom Schädel abgelöst und so letzterer mit dem Skelett für sich erhalten werden. Das Abhäuten ließ ich mir übrigens von darin geübten Leuten, wie Metzgern, besorgen, da es sehr mühsam ist; es mußte auch möglichst rasch vorgenommen werden, solange die Tiere noch frisch waren, um so mehr, als ich, wie ich schon oben angegeben habe, eine ganze Anzahl Exemplare zugleich erhielt. Glücklicherweise war es noch ziemlich kühl. Nach den genauen von F. Krauss darüber erhaltenen Anweisungen wurden die abgelösten und nachher möglichst sorgfältig von an- hängendem Fleisch, Fett und Speck gereinigten Häute in Salz und Alaun mit wenig Wasser auf der Innenseite mehrmals ein- gerieben, die Haut ganz ausgebreitet und dann mit Arsenikseife eingeschmiert, getrocknet und schließlich gerollt. Eine andere Methode war: Einlegen der frischen Haut in ein mit einer kon- zentrierten Lauge von einem Teil Salz und drei Teilen Alaun ge- fülltes Faß, 2—3 Tage lang, mit mehrmaligem Umwenden und dann Trocknen, also eine Art Weißgerberei. Die in der Natur 1) S. meine diesbezügliche Anmerkung in meiner „Synopsis der Fische des Roten Meeres“ II, 1871, S. 562 bei Pseudoscarus (Lit. Nr. 21). — 6G = Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 269 glatte Haut wird freilich bei dieser Behandlung rauh und rissig. Beides gelang gut, nur bei einer Haut bildeten sich an einigen Stellen Blasen, wo später die Haut in Fetzen abfiel, wahrscheinlich durch ungenügendes Umwenden im Faß. Die Eingeweide: Brust-, Bauch- und Beckeneingeweide für sich kamen in Weingeist, leider nicht von allen Exemplaren, da es mir an Weingeist und Gefäßen fehlte. Das Fleisch wurde von mir teils an Freunde und Bekannte verschenkt, teils an einen Händler verhandelt, der es auf dem Markte im Einzelverkauf verwertete. (Näheress.u. Lit. Nr. 29.) Von den Knochen mit Schädeln der Dujungs und zwar der- selben Individuen, deren Haut ich konservierte, was nur hier möglich ist, machte ich Rohskelette; von Wichtigkeit dabei war die Belassung des rudimentären Beckenknochens am Skelett und die genaue Bezeichnung, was von den Häuten, Skeletten, Beckenknochen und Eingeweiden je zu einem bestimmten Indi- viduum gehörte. Auch von den Fischen und einigen Säugetieren machte ich Rohskelette und so sammelte ich auch eine Anzahl Schädel von Haustieren: Kamel, Esel, Ziege, Schaf, Hund, Rind, Büffel (letztere beiden vom Niltal). Später, im letzten Jahre meines zweiten Aufenthalts, bekam ich noch eine größere Anzahl von Dujungschädeln. Diese Skelette und Schädel ınüssen natürlich, ehe sie abgefleischt werden, womöglich genau „bestimmt“ sein. Menschenschädel zu erlangen, wäre mit Lebensgefahr verbunden gewesen und war mir das auch nie möglich. Trocken konserviert wurden natürlich die Conchylien: Schnecken und Muscheln. Einige, wenigstens von Gattungen, die in europäischen Museen nicht vorkommen, warf ich auch in Weingeist. Zur Übersicht legte ich mir eine Conchyliensammlung in Schächtelchen an. Das Fleisch wurde bei den Schnecken durch Aufkochen und nachheriges Herausdrehen mit einer Nadel entfernt, der zugehörige Deckel auf Baumwolle in der Schalen- mündung oder an diese selbst aufgeklebt. Auch die Zweischaler wurden aufgekocht, um sie zu öffnen und das Fleisch heraus- nehmen zu können, aber nur kurz, um das Band zu erhalten und die beiden Schalen zusammenzuhalten ; andernfalls müssen die beiden Schalenhälften zusammengebunden werden. Aufgewachsene Schalen sind auf dem Grund, auf dem sie sitzen, abzumeifeln. Auch die Echinodermen mußten größtenteils trocken kon- serviert werden, wenn das Aufbewahren in Weingeist, was in 270 CAB Klimzinser, erster Linie ins Auge zu fassen war, wegen der Größe nicht möglich war, wie bei manchen Seesternen und Seeigeln, von welch letzteren die herrlichen und häufigen Dzadema mit ihren langen aber zerbrechlichen dünnen Stacheln auch trocken schwer zu kon- servieren sind; sie nehmen einen großen Raum ein und die Stacheln senken sich. Ein guter Ratschlag ist, die Schalen der Seeigel, nachdem sie mit Süßwasser abgewaschen sind, noch auf zwei Stellen mit einer nicht zu groben Nadel anzustechen, damit das innere salzige Wasser der Leibeshöhle ablaufen kann, und sie so, womöglich hängend, im Schatten und an der Luft zu trocknen. Seesterne und besonders Schlangensterne müssen beim Trocknen auf eine ebene Fläche gestellt und öfter umgewendet werden. Die Holothurien werden natürlich nur in Weingeist aufbewahrt, wie alle Würmer. Manche Holothurien zerfließen dabei, leicht wie ‚Sporadıpus, oder zerstückeln sich, wie Symapta, oder stoßen ihre Eingeweide aus, daher: Möglichst frisch und rasch in Weingeist töten ! Die Schwämme wurden teils einfach getrocknet, teils in Weingeist gesetzt. Auch die Crustaceen wurden womöglich in Weingeist ge- setzt, mit Ausnahme einiger großen Arten, wie /vlznurus und Scyllarus. Auch von einigen größeren Rundkrabben wie Car- pilus, Grapsus, Neptunus, Portuniden, machte ich neben den Spirituspräparaten, zum Aufstellen für die Schausammlungen, noch Trockenpräparate mittels Ablösen der Schale, Herausnahme der Eingeweide, gutem Vergiften mit Arsenik, und Trocknen im Schatten: die Füße vor dem Trocknen an den Körper angelegt, damit sie später nicht zu viel Raum einnahmen. Bei den Lang- schwänzern ist auch der Schwanz abzutrennen und vom Fleisch zu reinigen. Die Steinkorallen wurden einfach getrocknet, nicht ge- bleicht, die Lederkorallen teils getrocknet, teils in Weingeist ge- setzt. Auch von den Steinkorallen bewahrte ich womöglich einige Bruchstücke mit noch anhaftenden Weichteilen in Weingeist auf, Actinien natürlich nur in Weingeist, aber noch ohne die neueren Mittel zur Erhaltung der Ausstreckung der Fangfäden. 14. Verpacken. Last not least: eines der schwierigsten, zeitraubendsten, aber wichtigsten Geschäfte für den praktischen Naturforscher in fernen — 2 = Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseiram Roten Meer. 271 Landen, dem kein dafür eingeùbter Praparator zu Gebote steht. Erst muß man sich die nötigen Kisten und Fässer nach und nach zusammenkaufen, jede Gelegenheit dazu benützend, wozu man Monate braucht; denn Kistenfabriken gibt es dort nicht. Die erworbenen Kisten und Fässer sind aber meist alt und müssen erst mühsam hergerichtet werden, Zum Einwickeln der in Wein- geist konservierten Fische, jedes Stück für sich, wurden alte Lumpen gekauft, die zwar billig, aber nicht sehr appetitlich, viel- leicht für die Gesundheit gefährlich sind und gründlich gewaschen - werden müssen. Fässer sind vor dem Füllen einzuweichen, daß sie nicht rinnen, Blechkisten vom Klempner anzufertigen, nach dem Füllen sorgfältig zu verlöten, und mit einer passenden Holz- kiste zu umgeben, um den langen Transport zu ertragen. In späteren Jahren, als der Gebrauch des Petroleums auch in diese Gegenden drang, verwendete ich die kleinen Petroleumblech- kisten zum Verpacken der Fische und anderer Weingeistsachen. In diese Blechgefäße setzte ich dann auch die Mixpicklegläser und Tuben, damit sie, im Fall sie nicht gut schließen sollten, nicht ganz trocken zu liegen kämen. Auch sie müssen in Lappen ge- wickelt werden, damit sie weich liegen und nicht zerbrechen. Um den Korkstöpsel derselben wurde indes noch eine vorher naß und weich gemachte Tierblase angelegt. Überall werden Zwischenlagen von Packmaterial, am besten gut ausgewaschenes Seegras, zwischen die einzelnen Schichten gelegt, daß sie sich nicht gegenseitig drücken, und ebenso oben, unter dem Deckel, daß kein leerer Raum entsteht; sonst wird alles durcheinander geschüttelt. Erst, nachdem das Gefäß dicht mit den nur ange- feuchteten Lappen um die Gegenstände gefüllt ist, wird durch eine besondere kleine Öffnung: das Spundloch bei einem Faß oder einer kleinen Öffnung bei einem Blechgefäß, die später besonders zugelötet wird, der Spiritus eingelassen, der dann die noch übrigen Zwischenràume ausfüllt. Jeder Fisch oder andere Gegenstand sollte auch eine Etikette haben, an der Kiemenöffnung angehängt, aus Pergament und mit guter Tinte beschrieben, oder wenigstens mit Nummern, die man auch aus Blech machen kann und die sich auf eine vereinbarte Schrift beziehen. Doch habe ich solche Etikettierung erst beim späteren Einzelversand an die Museen angewendet, da ich meine Fische ja genügend von ein- ander kannte, und die Art der Herkunft ja bei allen die gleiche war. Auch beim Verpacken wie beim Konservieren sind die Gegen- Zool. Annalen. VI. 19 Cig 272 C. B. Klunzinger, stände mehr nach der Größe, als nach der systematischen Zu- sammengehorigkeit zu sichten und zu verteilen. Diese Regel gilt auch bei der Verpackung der trockenen Sachen: große, feste und schwere Sachen gehören zusammen verpackt mit den nötigen Zwischenlagen von Packmaterial, be- sonders Seegras, und außerdem ist jedes einzelne Stück mit weichem Papier zu umwickeln, damit kein Abreiben stattfinde und etwaige Trümmer beisammen bleiben, um später wieder zusammengeleimt werden zu können. Zarte und zerbrechliche Sachen gehören in besondere Kistchen, z. B. Zigarrenkistchen, und müssen sehr weich und elastisch liegen, wobei das Packmaterial nicht gespart werden darf. Manchmal empfiehlt es sich auch, solche Stücke an die Wand der Kiste auf irgend eine Weise anzubinden. Die hier gegebenen Regeln gelten besonders für Korallen, deren Ver- packung am schwierigsten, aber auch lohnendsten ist, wenn sie sorgfältig geschah. Ganz kleine Sachen, wie kleine Conchylien, setzt man in kleine Holzbüchsen oder Zündholzschächtelchen, die man sich langer Hand vorher ersammelt hat, und eine Anzahl solcher wieder in größere Kistchen, wie Zigarrenkistchen. Ähn- lich verpackt man die trockenen Echinodermen, Crustaceen und Conchylien und die Bälge, wobei das Packmaterial, wie Seegras, gut mit Süßwasser ausgewaschen sein muß, daß keine Feuchtig- keit sich bilde. Die Insekten werden am besten, je 1 Stück für sich, in Seidenpapier eingewickelt, und dann in Gläschen oder Kistchen weich gelegt, oder, wie Käfer, auch in Sägemehl ver- senkt. Versendung in Insektenkästen mit weichem Boden, wie Kork oder Torf und mit Nadeln aufgespießt, ist immer gefährlich; aber eine Muster- oder Übersichtssammlung, die so behandelt ist, muß man sich immerhin daneben halten, sonst kann man das, was man gesammelt hat, nicht kennen lernen. Dieses umständliche Packgeschäft, das Monate in Anspruch nehmen kann, verlegte ich stets auf den Winter, wenn das Sammelgeschäft nicht gut möglich war. 15. Sendungen nach der Heimat. Ich ließ womöglich größere Sendungen zusammenkommen, nur bei den Fischen mußte ich eine Ausnahme machen, da es sich hier oft um rasche Räumung (Evakuierung) handelte: Ent- leerung der Einmachgefäße, um neues Material aufnehmen zu können. Die Sendungen gingen meist via Kene-Kairo-Alexandrien- Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 2 73 Triest nach Stuttgart, also erst mit Kamel, Nilbarke, Eisenbahn, Lloyddampfer und wieder Eisenbahn, natürlich als Frachtgut, bezeichnet mit ,Transit-Stuttgart, Naturalienkabinett: wissen- schaftliche Gegenstände“, so wurde nirgends Zoll erhoben!) Die Frachtkosten kamen immerhin sehr hoch. Über alle Maßen hoch kam eine Sendung, die ich einst mit dem Schiff zu Meere nach el Wudg am anderen Ufer des Roten Meeres, von da nach Suez mit einem Österreichischen Lloyddampfer, dann mit einer Barke auf dem Süßwasserkanal (der Suezkanal war damals noch nicht eröffnet), nach Zagazik, mit Eisenbahn nach Alexandrien und endlich über Triest nach Stuttgart sandte: es war meine vierte, allerdings große Sendung mit schweren und umfangreichen Kisten und Fässern, die kaum von Kamelen hätten getragen werden können: 20 Kisten, 151/2 Zentner schwer (s. u.). Im ganzen waren es, von meinem ersten Aufenthalt her, außer einer Sendung von Triest 1863 und einer von Kairo 1864, vier Sendungen von Koseir aus: ı. 6 Kisten, in Stuttgart angekommen Ende September 1865, 2. 3 Fässer mit Fischen, angekommen 25. Januar 1867, 3. 2 Fäßchen mit Fischen, angekommen September 1867, 4. die oben genannte Sendung mit 20 Kisten und Fässern, angekommen 18. April 1868, 5. 22 Kisten und Fässer, worunter die Fässer mit Dujungs, an- gekommen 20. Juli 1868. Die in Stuttgart ausbezahlten Frachtkosten waren von Sen- dung 1: 49 f 44 k (württembergische Gulden und Kreuzer), 2. 25 f MR ok, A. 2a t sokll, 5. 10601. Dazu kommen noch die von mir für die Fracht von Koseir nach Kene mit Kamel bezahlten Gelder, deren Betrag ich nicht mehr weiß. Die Zeit, da die Sachen unterwegs waren, mag durchschnittlich 14/2 Jahr gewesen sein. Schließlich kamen aber alle Sendungen an ihrem Bestimmungs- orte an, nichts ging verloren. Doch will ich so ehrlich sein, hier nun auch die Beurteilung beizusetzen, welche ich von meinem nicht eben zurückhaltenden Kritiker F. Krauss in seinen Briefen erhielt: „Die Fässer mit Spiritus waren ausgelaufen, die Fische aber noch gut, weil mit feuchten Lappen umwickelt und vorher 1) Nur bei einer Sendung, der ich als Geschenk für Freunde und Verwandte eine Anzahl Schläuche mit gepreßten Datteln aus Jambo beigegeben hatte, wurde bei der Eröffnung auf dem Zollamt in Stuttgart wegen der genannten Ware Schwierig- keiten gemacht. Sie war den Zollbeamten ganz unbekannt. Schließlich wurde sie unter Rubrik „Käse“ (Dattelkäse) unter sehr billigem Satze verzollt. 195 274 C. B. Klunzinger, gut mit Spiritus behandelt. Mehrere Imi Weingeist mußten zur Wiederauffüllung und Auffrischung verwendet werden, nachdem die Fische ausgepackt und in Gläser gebracht waren. Einige ‘Fische waren zerstoßen, besonders am Kopf und Schwanz be- schädigt, weil ein leerer Raum in einem Fasse geblieben war. Auch waren verschiedene Gläser ausgelaufen, weil der Kork nicht festhielt, aber die Sachen darin waren noch feucht und, mit frischem Spiritus versehen, bekamen sie wieder ein gutes Aussehen. Die trockenen Sachen dürften sorgfältiger behandelt sein, die Löcher an den Echiniden waren zu groß, vieles auch sonst mangelhaft. Immer noch viel gewöhnliches Zeug! Auch viele schon beim Sammeln eingebrachte schadhafte Sachen (tadellose Exemplare sind eben selten zu bekommen). Auch die Fäßchen vom Jahre 1867 waren zum Teil ausgelaufen'), die Sachen darin aber meist gut. Die Etiketten warenvielfach abgelöst und verwischt, wegen schlechter oder vorher nicht genügend getrockneter Tinte. Die Korallen waren meist gut. Die Dujunghäute gut, sie wurden sofort wieder in starke Alaunlösung gebracht; die Fässer, in denen sie kamen, waren aber schlecht und fielen beim Aufmachen zusammen (die Häute darin waren indessen trocken verpackt). Zu viele ausge- stopfte Fische. Vogelbälge schlecht. Die Skelette voll von Motten und Käferlarven, überhaupt viel Gestank, „die Polizei kommt mir auf den Hals“. 16. Drei Jahre Zwischenzeit in der Heimat. Nach 5jahrigem Leben in Koseir war es an der Zeit, auch die Heimat wieder zu besuchen und besonders nach den Samm- lungen zu sehen, die ich dorthin geschickt hatte. Im Marz 1869 nahm ich einen 6monatlichen Urlaub, in der Voraussicht, bald wieder zurückzukehren; ich ließ daher meine Habseligkeiten, ein- schließlich der Bücher, in meiner Wohnung zurück, nur das Nötigste, wie einige Kochgeschirre und Teppiche für die Reise in der Wüste und auf dem Nil, wo ich diesmal ein Dampfschiff benützen und in 5 Tagen von Kene nach Kairo fahren konnte, mitnehmend. Von Alexandrien fuhr ich mit einem italienischen Dampfer bei herrlichem Frühlingswetter nach Venedig, dann über Udine, ) Ein Zollbeamter hatte einmal die Fafichen von der Seite durchbohrt, um die Zollplombe anzulegen. In den Directions of preserving usw. der Smithsonian Insti- tution wird angeraten, dem Spiritus Brechweinstein zuzusetzen, um ein Austrinken durch die ‚Wilden‘ zu verhüten. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseiram Roten Meer. 275 zum Teil mit Post nach Villach, wo ich meinen dort am Eisen- bahnbau als Ingenieur angestellten Bruder besuchte, von da mit Post durch das Pustertal und mit der Brennerbahn tiber Minchen nach Stuttgart. Hier arbeitete ich im Naturalienkabinett zunächst an meinen'Fischen, nachdem ich sie in den Kellerràumen gesichtet hatte, mit Hilfe der mir von der Landesbibliothek zu Gebot stehenden Literatur, wie Cuvier und VALENCIENNES, BLocx, A. GÜNTHER, und besonders dem eigens fiir meine Zwecke ange- schafften prachtvollen Atl. ichthyol. Ind. orient. von BLEEKER; auch konnte ich eine grofie von BLEEKER dem Naturalienkabinett übermachte, wohl bestimmte Fischsammlung und überhaupt die dortige Sammlung mittels mir überlassener Schlüssel frei benützen. Es stellte sich bald heraus, daf ich sobald nicht wieder auf meinen amtlichen Posten in Koseir zurückkehren konnte, und ich nahm daher meine Entlassung. Im folgenden Sommer 1870 war ich mit einer Arbeit soweit fertig, daß es sich nur noch darum handelte, die Originalexemplare von RùPpeLL in Frankfurt und die von EHRENBERG in Berlin zu vergleichen und das Ganze noch einmal durchzuarbeiten. Eben war ich in Frankfurt a. M. fertig, als am 19. Juli 1870 der große Krieg ausbrach. In der allgemeinen Begeisterung schwankte auch ich in dem Gedanken, daß ich, als früherer . württembergischer Militärarzt und jetzt frei von jeder amtlichen Verpflichtung, meinem Vaterland wieder meine Dienste weihen solle, aber die Uberlegung, dann meine jiingste Vergangen- heit als Naturforscher vielleicht auf immer zu opfern und die, daf ich mit meinen medizinischen und chirurgischen Kenntnissen doch nicht mehr auf dem Laufenden war, tiberwog, und so gab ich mich in Berlin wieder der friedlichsten Beschäftigung hin. Auch dort wurde mir im Zoologischen Museum durch den Direktor, Prof. PerERs, jeder mögliche Vorschub geleistet. Im November 1870 erschien der I. und im folgenden Jahr der II. Teil meiner „Synopsis der Fische des Roten Meeres“. Das Jahr 1871 brachte ich wieder in Stuttgart zu, bearbeitete dort die dem Kabinett von Dr. v. MürLer geschenkten Fische von Süd-Australien: eine Arbeit, die ich auf Bitten meines Freundes F. Krauss übernahm, obwohl sie mich von meinem Ziele abführte, und ging dann zu den Korallen über, um auch sie zu bearbeiten. Auch veröffentlichte ich in dieser Zeit in verschiedenen Zeitschriften eine Reihe von Arbeiten über die Sitten und Gebräuche in Oberägypten (s. Liter. Nr. 3—9) und verkaufte und versandte einen großen Teil meiner 276 C. B. Klunzinger, Sammlungen, wie die Fische und die Gegenstände, die ich nicht selbst bearbeiten wollte. Im Januar 1872 bekam ich die Nachricht, daß mein Agent in Agypten, ein Syrier von Haus aus, bei dem ich eine erkleck- liche Summe Geldes stehen hatte, die ich als Betriebsmittel für meine Geschäfte nötig hatte, zahlungsunfähig geworden sei und im Schuldgefängnis in Kairo liege. Dies war zunächst der Anlaß zu meiner zweiten Reise. 17. Zweiter Aufenthalt in Koseir 1872—75, mit Hin- und Rückreise. Wie schon erwähnt, hatte ich 1869 mein Koseir nur zeitweilig verlassen; eine zweite Reise dahin war vorgesehen und die Rück- kehr durch obigen Anlaß nur beschleunigt. Es waren noch eine Reihe von Aufgaben zu erfüllen: so die Erforschung auch der Umgegend von Koseir, der Landfauna, der Vegetation, der meteorologischen Verhältnisse, Anfertigung von Zeichnungen, besonders der Fische, zum Zwecke einer Revision meiner Fische, die nun auch mit Abbildungen versehen werden sollte, was bei meiner „Synopsis“ mangelte (s. Lit.), Anneliden usw. Ich fand beim genaueren Studium der Fische und Korallen in Europa, daß noch manche Lücke zu ergänzen war. Die Fische hatte ich fast alle verkauft und ich wollte nun, schon der Finanzen wegen, eine neue Sammlung machen. Ein weiterer Grund der Rückkehr nach Koseir war für mich die Fortsetzung meiner Studien in der arabischen Volkssprache, was sich freilich als eine Verirrung herausstellte, denn das von mir allerdings voll- endete große Wörterbuch: eine Gegenüberstellung von Volks- sprache und neuerer Schriftsprache, kam der Druckkosten wegen (20000 Mark) bis zum heutigen Tage noch nicht zur Veröffent- lichung. Ich muß dies anführen, um zu erklären, was ich alles in der langen Zeit getrieben habe. Die Reise ging wieder über Wien und Triest. In Wien sah ich außer den Herren von der zoologischen Sammlung, von denen STEINDACHNER noch in Amerika war, ferner Hocx- STETTER, HyrrL und Hann. Letzterer gab mir auch die nötigen Anweisungen zu den meteorologischen Beobachtungen, die ich machen wollte, und besorgte mir die Instrumente, wie einen Anaéroid-Barometer und Hygrometer. Von Triest, wo ich zwei doppelbödige Fässer Spiritus à 120 Maß zu 280 fr kaufte, in der Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 277 nautischen Akademie bei Dr. Usinaco noch einige meteoro- logische Studien machte, das Museo civico wieder besuchte, wo jetzt Dr. Syrskı waltete, und sonstige Einkäufe machte, fuhr ich am 1g. Januar mit dem Lloyddampfer weg; Fahrpreis 250 Frank in II. Kajüte. Ankunft in Alexandrien nach mäßig stürmischer Fahrt am 26. Januar. Aufenthalt in Kairo einen Monat; ich lebte diesmal mehr mit Europäern, und lernte das dortige Leben nun auch von dieser Seite kennen, machte Studien über die wissen- schaftlichen und Unterrichtsanstalten, worüber ich einen Artikel an die „Deutsche Zeitung“ in Wien einsandte (s. Lit. Nr. 8). Auch mit dem Schriftsteller EBELING und dem Afrikareisenden AnTI- NorI und vielen Herren der deutschen Kolonie wurde ich bekannt. Der eigentliche Zweck meines Aufenthalts, die finanzielle Frage, blieb unerledigt. So reiste ich am 28. Februar mit einer gewöhn- lichen Gelegenheitsbarke um eine Kleinigkeit, mit vielen Arabern zusammen, nilaufwärts, wozu wieder fast 3 Wochen gebraucht, aber Kenntnisse von Land und Leuten erworben wurden. Am 22. März gings wieder in die Wüste von Kene aus, und am 27. März erfolgte die Ankunft in Koseir, wo ich mit Jubel empfangen wurde. Wie mein erster, so zog sich auch mein zweiter Aufenthalt in Koseir dadurch hinaus, daß ich wider Erwarten wieder in meine alte Stellung als Sanitätsarzt kam (s. u.). Am 22. Juli trat ich mein Amt wieder an, unter den alten Bedingungen und Verhältnissen. Mein Leben und Treiben war im ganzen dasselbe wie das erstemal. Dujongs bekam ich kaum mehr, aber eine größere Anzahl Schädel von solchen und viele Haifische. Ich brachte wieder eine große Sammlung zusammen, besonders Fische und Korallen, die ich aber dies- mal nach Vereinbarung mit Prof. Prerers an die Zoologische Sammlung nach Berlin schickte: die erste Sendung mit sechs Kisten kam dort am 2. Juni 1874 an, die zweite mit 30 Kolli wurde mit Schiff nach dem gegenüberliegenden Hafen Wudg und von da mit einem Lloyddampfer durch den Suezkanal nach Triest geführt, dann mit Bahn nach Berlin, wo sie am 22. März 1875 ankam; die Kosten kann ich nicht mehr angeben, Die größeren Ausflüge in die Wüste konnte ich auch dies- mal nur in der letzten Zeit meines Aufenthalts machen, als ich bereits meine Entlassung wieder hatte; ohne Urlaub wäre eine mehrtägige Abwesenheit nicht zu riskieren gewesen. Bei diesem zweiten Aufenthalt betrieb ich nebenbei auch ein mit meiner übrigen 278 CHEB Mur iniser Beschäftigung verwandtes einträgliches Perlmuttergeschäft, durch ein Kairiner Handlungshaus veranlaßt. In dieselbe Zeit fallen auch mehrere schon oben erwähnte Ereignisse. Schon abgereist kam Besuch von zwei schwäbischen Landsleuten, die beide jetzt auch nicht mehr unter den Lebenden sind: dem Prof. Dr. A. Koch (späterem Hofprediger des Fürsten Alexander von Bulgarien) und Rittmeister SAUTTER aus Heilbronn, die eine Reise nach Arabien (Hedjas) machten; ich traf mit ihnen erst in Kene zusammen beim dortigen deutschen Konsularagenten, ich war ja seit 1870 deutscher Schutzbefohlener. Die Reise nach Kairo Ende März 1875 machte ich zusammen mit einigen arabischen Freunden aus Koseir, mit wenig Gepäck belastet, mit Barke nach Siut und von da mit Eisenbahn, die unterdessen eröffnet worden war, nach Kairo. Dort war ich einige Tage bei meinem Freunde SCHWEINFURTH zu Gast, und später nahm ich ein Privatzimmer, wo ich, zum erstenmal in Ägypten, arg von der Hitze litt, da sich mein Aufenthalt, allerlei Dinge wegen, weit in den Sommer hineinzog. Die Rückreise machte ich diesmal mit einem Ru- battinodampfer von Alexandrien über Malta nach Marseille und . von da mit Eisenbahn über Lyon nach Paris, wo ich eben nach Beendigung des I. internationalen Geographenkongresses im August ankam. Mein Hauptzweck in Paris war die Vergleichung meiner Korallen mit den Originalen von Mine Epwarps, wozu ich eine kleine Kiste mit Proben mitgenommen hatte. Dort lernte ich noch den Direktor der zoologischen Sammlung und des Jardin des plantes, den alten Henry Mitne Epwarps persönlich kennen; er und Kustos Epm. PERRIER und alle Herren des Museums gingen mir in zuvorkommendster Weise an die Hand; niemand ließ mich den Deutschen fühlen, nur ein Präparator zeigte mir die noch sichtbaren Spuren einer bei der Belagerung von 1871 im Arbeitszimmer eingefallenen Bombe mit den Worten: ce sont vos boules, Monsieur! Nach etwa vierwöchentlichem Aufenthalt in Paris, wo ich mir in den Nachmittag- und Abendstunden auch die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten gründlich ansah, reiste ich über Metz und Straßburg nach Stuttgart ab, wo ich Mitte September 1875 ankam. Nachdem ich den Winter 1875/76 in Stuttgart zugebracht hatte, hauptsächlich wieder mit dem Ausbau meines arabischen Wörterbuchs, meines unheimlichen Hemmschuhs, beschäftigt, be- gab ich mich nach Berlin, um dort, als im günstigsten Medium, — 56 — Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseiram Roten Meer. 279 die Verarbeitung meiner naturwissenschaftlichen Sammlungen fortzusetzen und, wie ich meinte, durchzuführen. Zu dem Ende schaffte ich meine in Stuttgart befindliche Sammlung, soweit sie nicht vorher verkauft war, wie die Fische, Dugongs usw., also auch die früheren Korallen und sämtliche Wirbellosen, in 24 Kisten und zwei Fäßchen nach Berlin, wo meine Sammlung von der zweiten Reise sich schon befand. In den nächsten drei Jahren wurde auch mein Korallenwerk fertig (s. Lit. Nr. 26—28), ebenso ein zusammenfassendes Buch über Oberägypten, die Wüste und das Rote Meer (s. Lit. Nr. 11), geographische Abhandlungen usw. (s. Lit. Nr. 14 und 15). Auch eine Revision meiner Fische kam hier noch zur Bearbeitung, aber erst später zur Verôffentlichung (s. Lit. Nr. 32), und der Verkauf und Versand meiner Sammlungen, besonders der Korallen, ging weiter, der Rest in neun Kisten wurde an die Naturalienhandlung von G. SCHNEIDER in Basel in Kommission mit 30°/o Besorgung gegeben, wovon der Erlös erst nach 15 Jahren erhoben werden konnte. Wiederum trat eine Krisis ein. Ich sehnte mich nach einem eigenen Hausstand und um die Mittel dazu, denn von den Fischen, Korallen und Seejungfern konnte ich auf die Dauer nicht leben, und so übernahm ich die neugegründete Stelle als wissenschaft- licher Assistent am Kgl. Naturalienkabinett in Stuttgart mit 2500 Mk. Gehalt, unter schweren Kämpfen freilich mit mir selbst, da mindestens eine Unterbrechung der Verarbeitung meiner Sammlungen zu erwarten war. Nun wurde, da ich die Stelle schon im April oder Mai 1879 anzutreten hatte, fast meine ganze Sammlung, außer den abgegebenen Korallen, wiederum nach Stuttgart ans Naturalienkabinett geschafft, wo mich ganz andere Arbeiten erwarteten, z. B. über die einheimische Fauna, über die australischen Fische, die Reptiliensammlung usw. Erst im dritten Jahre (1882) war soweit tabula rasa gemacht, daß ich nun im Auf- trag meines jetzigen Vorgesetzten F. Krauss an die Durchsichtung der Crustaceensammlung des Naturalienkabinetts gehen konnte und bei der Gelegenheit auch an die Sichtung und Bestimmung meiner Crustaceensammlung. Das Recht, dies in den täglichen sieben Arbeitsstunden vorzunehmen, erkaufte ich mir gewisser- maßen durch Schenkung einer Auswahl meiner Wirbellosen an den Staat, nachdem ich schon 1866 eine kleine Schenkung von 71 Conchylien, 40 Madreporen, 10 Echinodermen und 11 trockenen Alcyonien gemacht hatte. Ich erwartete nicht anders, als daß ich 280 C. B. Klunzinger, meine Arbeit, die ich so ziemlich fertig brachte, bis auf eine An- zahl vorderhand in der beniitzten Literatur nicht aufgefundener Arten, nun auch bis zur Veròffentlichung fertigstellen durfte, wie das auch bei australischen Fischen, die ich neuerdings bestimmt hatte (s. Lit. Nr. 21 Anmk. 1, C), geschehen war. Mein früherer Be- rater, jetzt Vorgesetzter, hatte darüber seine eigene Ansicht. Das sei Privatarbeit, meinte er, die nach der Dienstordnung in den Freistunden, nicht in den sieben Arbeitsstunden vorzunehmen sei. Meine Ansicht, und die auch anderer: Museumsvorstände, die ich befragte, das Ansehen eines Museums beruhe in erster Linie auf seinen wissenschaftlichen Leistungen, lieB er nicht gelten, sich auf die Dienstordnung berufend. | So ergriff ich bald darauf die Gelegenheit meiner Berufung an die Technische Hochschule und die landwirtschaftliche Aka- demie Hohenheim als Professor der Zoologie und einiger anderen Fächer, hoffend nun genügend Zeit und Freiheit für Bearbeitung meiner Sammlungen, das mir vorschwebende Lebensziel, zu er- langen. Statt dessen kam ich jetzt erst recht davon ab. Meine neue Beschäftigung als Lehrer war eine wesentlich andere als die bisherige. Ich mußte mich erst einarbeiten, da ich nie gelehrt hatte, wiederum als Autodidakt, und so nahm die Lehrtätigkeit meine ganze Zeit in Anspruch, zumal sie sich auch auf mir zum Teil ganz fremdartige Gebiete, wie Hygiene und eine Zeitlang Bakteriologie erstreckte. Dabei verlor ich auch den Geschmack an rein systematischen Arbeiten, mein früher recht beschränkter Blick erweiterte sich wesentlich durch diese Lehr- tätigkeit; es zeigten sich neue andersartige Aufgaben, und so kam mir meine Sammlung, auch räumlich, immer mehr aus den Augen. Sie lauerte aber immer noch im Hintergrund, das nutzlose Liegen- bleiben derselben beunruhigte mich immer mehr, und so trat ich nach ı5jähriger Lehrtätigkeit, nach erreichtem gesetzlichen Alter im 66. Lebensjahr in den Ruhestand, wozu mich außer einer mich schon seit 1893 wenigstens beim Gehen belästigenden Herzneurose in erster Linie die nun erhoffte Möglichkeit, ungestört meiner ursprünglichen Lebensaufgabe leben zu können, veranlaBte. Da es mir aber nicht möglich war, meine liebgewonnene Lehrtätig- keit plötzlich und ganz aufzugeben, behielt ich mir das Recht, als Privatdozent weiter zu wirken vor, und übte es auch noch 5 Jahre lang aus, hauptsächlich in einer Vorlesung über physische Anthropologie, d. h. Anatomie und Physiologie des Menschen. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseiram Roten Meer. 281 Sofort nach meiner Pensionierung im Jahre 1900 nahm ich die Bearbeitung meiner Sammlung wieder vor, und zwar zunächst die Crustaceen, da ich diese schon als Assistent am Naturalien- Kabinett wenigstens „bestimmt“ hatte, und wähnte, das Ganze in etwa einem Jahr veröffentlichen zu können, den II. Teil meiner Revision der Fische auf eine spätere Zeit verschiebend, obwohl gerade diese Fische zuerst hätten darankommen sollen, da sie auch räumlich den größten Teil meiner im Naturalienkabinett auf- gespeicherten Sammlungen bildeten. Nun wurden es aber — horribile dictu — 13 Jahre, bis ich auch nur meine Crustaceen, und auch von diesen bloss die Kurz- schwänzer, zur Veröffentlichung brachte, die Fische sperren sozu- sagen noch ihre Mäuler drohend nach mir auf. Iosbetrachtungen. Die folgenden Betrachtungen sollen nun nicht als Entschuldi- gung für mich dienen, das würde schon zu den persönlichen An- gelegenheiten gehören, die ich ja grundsätzlich möglichst aus- schalten will, sondern ich möchte nur an meinem Beispiel zeigen, wie man durch äußere Veranlassungen und innere Veranlagung gewissermaßen seines sogen. freien Willens verlustig werden kann. Wie mich meine Ämter von meiner mir vorgesetzten Lebens- aufgabe: Bearbeitung meiner Sammlungen, abzogen, habe ich be- reits geschildert. Allerdings hatte ich mir auch diese Aufgabe zu weit gestellt. Es ist heutzutage kaum mehr möglich, so viele Gebiete, als sie meine Sammlungen darboten, zu beherrschen und zu bewältigen. Die meisten Naturforscher wählen sich jetzt ein bestimmtes Feld heraus, das sie überhaupt bei und nach einer Reise beackern, und überlassen etwa sonst Gesammeltes anderen Spezialforschern, bzw. Museen, welche das Weitere über- nehmen. So hätte ich mich auch mit meinen Korallen und Fischen begnügen können und sollen. Andere Reisende be- gnügen sich überhaupt nur mit dem Sammeln, und begeben sich sobald als möglich wieder auf „Forschungsreisen“. Ich hätte ja manche Gelegenheit gehabt, es auch so zu machen, aber ich hatte immer das Gefühl, so etwas sei eine Art Abenteuerleben !). Dazu kam meine innere Veranlagung, gegen die es nur schwer ist, aufzukommen: 1. eine allzugroße Gründlichkeit und 1) Bei meiner ersten Ausreise meinte einer meiner Freunde: werden Sie kein „Würmler‘‘ (beschränkter Spezialist), aber auch kein Abenteurer. 282 €. B. Klunzinig er, der Mangel an Beschrankung. So vertiefte ich mich bei der Arbeit immer weiter, teils in Einzelheiten, teils in mehr all- gemeines, damit wuchs mir die Arbeit unter den Handen' und brachte mich auf Gebiete, die ich anfangs gar nicht beab. sichtigt hatte, z. B. Kritik der Systeme und Ausdehnung auf die Gesamtfauna des Roten Meeres, was ja an und fir sich nicht tadelnswert ware, aber in Anbetracht meiner sonstigen Ziele mir zum Labyrinth wurde. 2. Eine Art Feuereifer fiir zunachst sich darbietende gelegent- liche Aufgaben, der sich auch noch nach Aufhòren meines Amtes immer wieder einstellte; eine Art Reflextatigkeit. Nach meiner Lebensanschauung besteht der Hauptzweck im Dasein des Menschen darin, ein nùtzliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu werden, jeder auf dem Feld, in das ihn das Schicksal hinein- gestellt oder das er sich erwählt hat und wo er sich befahigt glaubt, etwas zu leisten, während ein Genußleben niemals be- friedigt. Zu solcher Betätigung zum Nutzen der Gesellschaft ge- hören beim Gelehrten außer dem Amt wesentlich auch Vorträge oder Veröffentlichungen von Beobachtungen allgemeinin- teressanter Dinge, nicht bloß solcher für einen sehr beschränkten Kreis von Lesern bestimmter; letztere werden auch für die Dauer zu eintönig und insbesondere werden heutzutage faunistische und rein systematische Arbeiten selbst in Gelehrtenkreisen weniger gewürdigt als früher, obwohl sie nicht weniger Mühe und Schaffen erfordern, als etwa anatomische und entwicklungsgeschichtliche oder gar naturphilosophische. Auch ein gewisses Bedürfnis zur Abwechslung war wohl mehr oder weniger vorhanden, und eine Ehrenpflicht, zum Gedeihen wissenschaftlicher oder sonstiger Ge- sellschaften von Zeit zu Zeit durch Vorträge beizutragen. Dergleichen kann man aber nicht „aus dem Ärmel schütteln“ und man hat hiezu meist mehr Zeit zu verwenden, als man vor- her meinte. So vergehen für diese Zwischenarbeiten oft Monate und Jahre. Bei aller Freudigkeit zu solchen stellte sich bei mir aber doch von Zeit zu Zeit immer wieder eine Art „Gewissens- bisse“ ein, die mich wieder auf meine alte Lebensarbeit zurück- riefen, bis wieder eine Unterbrechung kam. Ein Ausweg aus diesem ,,Zwiespalt der Natur“ wäre gewesen, nachdem nun einmal” der Sporn eines treibenden Vorgesetzten nicht mehr vorhanden war, das Beispiel mehrerer meiner Kollegen als Vorbild zu befolgen, die, ohne ihre Amtsgeschäfte irgendwie =— (66) ==> ttn de 14 rn lie Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 283 zu vernachlässigen, jeden Tag mehrere Stunden ihren wissen- schaftlichen Arbeiten zu widmen verstehen. Ich versuchte es auch, aber hier trat wieder die natürliche Veranlagung in den Weg: Es war mir nicht möglich, „zweierlei Herren zu dienen“ Die Aufgabe, mit der ich gerade beschäftigt war, verfolgte mich fast bei Tag und Nacht, sowie ich an einer Zwischenarbeit war, auch wenn ich wieder bei den Crustaceen war. 3. Zu diesen inneren Veranlagungen gehörte auch, daß ich mich von meinen einst gemachten Sammlungen nur ungern trennen mochte, und sie nicht gern anderen, fremden Händen überließ, solange ich noch die Hoffnung hegen konnte, sie selbst zu be- arbeiten. Schon der alte EHRENBERG glaubte, als ich in Berlin an meiner „Synopsis der Fische“ 1870 arbeitete, mir Glück wünschen zu müssen, daß ich Zeit und Gelegenheit habe, meine Sammlungen selbst zu bearbeiten, was ihm nicht vergönnt gewesen sei. Ich hatte das Bewußtsein, daß niemand meine Tiere, die ich schon beim Sammeln einst mehr oder weniger eingehend studiert und be- obachtet, von denen ich mir eine Menge Notizen und Zeichnungen gemacht hatte, mit gleicher Liebe verarbeiten könne, als ich selbst, und so brachte ich es nicht übers Herz, sie anderen zu überlassen, solange noch die Möglichkeit einer Selbstbearbeitung vorhanden war. Nur einige Abteilungen, die mir ferner lagen oder um die ich von Spezialforschern gebeten wurde, gab ich zum Zweck der Veröffentlichung durch sie ab, so die Sipunculiden an SELENKA 1883, die Holothurien an LAMPERT 1885, der auch als mein Nachfolger als Assistent am Naturalienkabinett meine Echino- dermenim Auftrag seines Vorgesetzten wenigstens „bestimmte“, wäh- rend die ein- und zweischaligen Mollusken mehr oder weniger „be- stimmt“, der Sammlung des Naturalienkabinetts einverleibt wurden, aber ohne Benützung meiner Notizen über sie und ohne irgend eine Veröffentlichung, eine Aufgabe, die auch noch meiner wartet. Die Anneliden hätte ich meinem Freunde A. E. GruBe überlassen sollen, der mich dringend darum bat; da ich aber gerade diese bei meinem zweiten Aufenthalt am Roten Meer sehr eingehend studiert und eine Menge Zeichnungen davon angefertigt hatte, brachte ich es nicht übers Herz, sie wegzugeben. Es ist freilich wenig Aussicht vorhanden, daß ich sie noch bearbeiten kann. So muß ich eben sehen, was ich noch bei meinem zu weit ge- steckten Ziel erreichen kann, und arbeite in der bisherigen Weise nicht bis zum Übermaß, aber mit dem Grundsatz: „Nulla dies en 284 C. B: Klunzinger, sine linea“ weiter, und lebe der Hoffnung, trotz meines hohen Alters, im Vertrauen auf meine verhältnismäßige körperliche und geistige Gesundheit, insbesondere der bis jetzt gut erhaltenen Sinne noch manches leisten zu können. 20. Verbleib meiner Sammlungen. Seit meiner endgültigen Rückkehr nach Stuttgart blieben meine Sammlungen im ganzen unberührt, aber in meist wohl verwahrtem Zustand im Naturalienkabinett in Stuttgart!), außer den Korallen, die schon von Berlin aus an verschiedene Bestimmungsorte gelangten, nach Stuttgart und Berlin, haupt- sächlich nach Wien und Paris. Im Oktober 1894 wurde mir von der Verwaltung des Naturalienkabinetts bedeutet, ich möge meine Sammlungen anderweitig unterbringen, da die betreffenden Räume für die Zwecke des Naturalienkabinetts verwendet werden müssen. Um einen nochmaligen, vierten, Umzug zu vermeiden, entschloß ich mich, die ganze Sammlung, die ich in 8jahriger Arbeit zu- sammengebracht, nämlich sämtliche Wirbellose, meist in Weingeist, unansehlich vielleicht, aber wissenschaftlich von großem Wert, also alle Würmer, besonders Anneliden, die Mollusken in Weingeist und trockene Conchylien, die Echinodermen u. s. w., sowie die bei meinem zweiten Aufenthalt in Koseir gesammelten Fische, worunter viele Haifischbälge, dem K. Naturalienkabinett geschenkweise zu überlassen, aber unter der Bedingung, daß sie nicht veräußert werden dürfen, bevor ich sie bearbeitet habe. Nach meinen Listen bestand diese Sammlung in etwa 200 Arten höherer stieläugiger Crustaceen, 200 einschaligen, 75 zwei- schaligen, 60 nackten Mollusken, 10 Cephalopoden, 50 Echino- dermen, go Anneliden, 10 Nemertinen, 30 Planarien, 20 Sipunculiden und mehreren 100 Fischen, alle diese in einer größeren Anzahl von Exemplaren (großes Tauschmaterial). 21. Vergleichung der Einnahmen und Ausgaben. (Bilanz). Als ungelernter Geschäftsmann habe ich von meinen Aus- gaben und Einnahmen nur sehr unvollkommen Buch geführt. Erstere bestanden in fortdauerndem Ankauf von Fischen und der- 1) Nur die Fische von meiner 2. Reise her standen, ziemlich unzugänglich, in den Kellerräumen und konnten erst in der letzten Zeit wieder aufgestellt werden. A Gar, ae Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 285 gleichen, von den Fischern und anderen Personen in Koseir, von allerlei Löhnen und Bachschisch, besonders für Taucher, um die Korallen heraufzuhohlen, in viel höherem Maße aber: in Kosten für Spiritus und in den oft ungeheuerlichen Transportkosten (s. o.), abgesehen von den Kosten für Kisten und Verpackung, endlich in den ebenfalls beträchtlichen Anschaffungskosten für Ausrüstung und Bücher. Zur Bestreitung derselben und um ein Betriebs- kapital zu haben, mußte ich mir wiederholt Gelder von zu Haus, d. h. von meinem kleinen Vermögen kommen lassen, die ich nun im Lande anlegte, einmal bei einem Deutschen im Lande, ein andermal bei einem syrischen Christen, die mir als ganz besonders zuverlässig empfohlen waren. Beidemale hatte ich bedeutende Verluste. Die Einnahmen stellten sich erst später ein, nach meiner Rückkehr von der ersten und zweiten Reise, bestehend in dem Verkauf meiner Sammlungen, zunächst derjenigen, welche ich nicht bearbeiten wollte, wie derer von Triest und Kairo, der Du- jungs, der Bälge, Schädel und Skelette von Säugetieren u. s. w., während ich an den Verkauf der Fische und Korallen erst ging, nachdem ich sie bearbeitet hatte. Am einträglichsten erwies sich der Verkauf der Dujungs, wovon ich eine beträchtliche Zahl beieinander hatte; ich verlangte (nach dem Rat von F. Krauss, der mir auch in dem Preismachen an die Hand ging) und bekam für einen Balg mit Skelett ca. 800 Mk., für einen Schädel ca. 200 Mk., Eingeweide in Weingeist 80 —140 Mk. Dieselben kamen außer an das Stuttgarter Naturalienkabinett, welches sich das Vor- kaufsrecht bei bedeutend ermäßigtem Preis gesichert hatte (drei Stück und ı Fötus), an verschiedene Museen, wie Berlin, Wien, München, Petersburg und an Universitätssammlungen Deutschlands, ebenso Skelette vom Delphin (abu sallam) a 35 Mk., Schädel von der //yäna striate a 10—20 Mk. vom Kamel a 20—25 Mk, Büffel a 15 Mk., vom (velonıa imbricata a 15 Mk. Balg mit Schädel von Cars famelicus 25—35 Mk. Skelett desselben 20 Mk., Capra beden, jung, Balg mit Schadel 30 Mk., 1 Paar Hörner desselben 9 Mk., Reptilien und Amphibien, kleine Säuge- tiere, wie Fledermäuse, Mäuse, in Weingeist a 1—3 Mk. Die Fische in Weingeist wurden je nach Größe (in den hinausgesandten Preislisten stets angegeben), Häufigkeit und Be- schaffenheit zu 0,80—10 Mk. durchschnittlich zu 4—5 Mk. an- gesetzt, die Bälge zu 2—5 Mk, Haifischbälge zu 10—20 Mk. ron 286 C. B. Klunzinger, Größere Sammlungen davon kamen nach Berlin, Petersburg, Wien, nach Cambridge in Nordamerika (zu Agassiz), Frankfurt a. M., kleinere an viele Universitätssammlungen Deutschlands. Die Fischsammlung von meiner ersten Reise war vor meiner zweiten Reise schon fast ganz verkauft, so daß ich bei meinem zweiten Aufenthalt eine neue zusammenbringen konnte, von der ich aber wegen Hoffnung auf Bearbeitung nichts verkaufte und ganz dem k. Naturalienkabinett überließ. Die Korallen wurden durch- schnittlich zu 3—6 Mk., die Aktinien und Alcyonien zu 2 bis 10 Mk. angesetzt, sie kamen hauptsächlich nach Berlin (300 Mk.), Wien (700 Mk.), Petersburg (460 Mk.), Paris (270 Mk.), ein größerer Rest von Malacodermen kam nach München. Die getrockneten Pflanzen kamen an das Universitäts- herbarium in Berlin, die Gesteine und Petrefakten nach München, um 100 Mk. nach vorheriger Auswahl durch die Stuttgarter Sammlung, vormals auch Gesteine von den Zweibrüderinseln. Eine Bilanz kann ich so nicht machen. Im ganzen dürften sich Ausgaben und Einnahmen das Gleichgewicht gehalten haben, wenn ich. zu den ersten auch meine Reisen und meinen mehrjährigen Aufenthalt in Berlin rechne. Den Hauptvorteil hatte das Stuttgarter Naturalienkabinett, das ja meine ganze Sammlung an Wirbellosen (außer Korallen) und die Fische meiner zweiten Reise erhielt. Finanzielle Unterstützung durch den Staat oder sonstige Gönner hatte ich nicht, außer einem kleinen üblichen Reisestipendium als Mediziner bei meiner ersten Ausreise und einer Art Entschädigung durch die ägyptische Regierung bei meiner Abreise aus Ägypten. Mein späteres Leben als Hochschullehrer und das im Ruhe- stand hat kein allgemeines Interesse und ich übergehe dasselbe, soweit nicht schon oben Andeutungen gegeben sind. Aus meinem Leben als ägyptischer Sanitätsarzt. 1. Enttäuschungen. Sn schon oben erwähnt ist, erhielt ich im DEE 1863 die Ernennung als ägyptischer Sanitàtsarzt (medico sanitario, oder hakîm e sàha) für die Hafenstadt Koseir, kam aber dort erst am 7. Marz 1864 an. Ich erlebte dort zunächst in ärztlich-wissen- schaftlicher Hinsicht eine ebenso starke Enttàuschung, als Be- Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 287 friedigung in naturwissenschaftlicher. Mit dem Eiter eines erst vor wenigen Jahren der Hochschule entsprungenen Äskulapjüngers trat ich, bewaffnet mit den nötigsten Instrumenten, selbst einer Geburtszange, und den wichtigsten Handbüchern, wie Vipar- BARDELEBEN, meinen gutgeführten Manuskripten von GRIESINGER, Bruns aus der Hochschulzeit in Tübingen, den Notizen aus den Kliniken usw. und insbesondere auch im Besitz von PRUNERS Krankheiten des Orients, in meinen neuen Wirkungskreis ein. Es stand mir sogar ein Spital zu Gebot, welches zur Unterbringung kranker mittelloser Pilger diente. Gleich in den ersten Wochen nach Antritt meines Amtes wurde auch schon ein solcher ein- geliefert: hilf-, geld-, heimat-, auch sprachlos, da ihn niemand verstand, im Aufnahmeprotokoll verzeichnet als ibn adam = Sohn Adams. Er starb nach wenigen Tagen. Selbstverständlich für mich war die Obduktion. Mein Oberwärter warnte mich davor und ließ dem Gouverneur Mitteilung machen, als ich mich nicht davon abbringen lassen wollte. Schon hatte ich die ersten Schnitte gemacht und einige Eingeweide zur genaueren Untersuchung in ein Glas gebracht, als auch schon ein Diener des Gouverneurs eintrat und den strengen Befehl überreichte, von meinem Vorhaben sofort abzulassen. Die Kunde meiner Untat hatte sich schnell in der Einwohnerschaft verbreitet und Entsetzen hervorgerufen, zu- mal das Beiseitebringen einiger Innenteile: „Ich als Christ habe das Herz eines Moslim essen und sein Blut trinken wollen“, hieß es, wie bei ähnlichen Beschuldigungen der Juden im Mittelalter und jetzt noch in Rußland. Ich wollte indes, im Bewußtsein einer guten Tat und im Vertrauen auf die gerühmte erleuchtete ägyptische Regierung nicht sofort nachgeben und schrieb an meinen Vorgesetzten, den Oberarzt in Kene, um Verhaltungsregeln für künftige solche Fälle. Die Antwort war eine gründliche Zurechtweisung. Der Fall wurde so ein für allemal aus dem Leben geschafft, und mir mein Irrtum und Unkenntnis der religiösen Anschauungen der Moslemin in liebenswürdigster Weise verziehen. Allerdings war ich der Mög- lichkeit beraubt, die Krankheiten richtig zu erkennen, und so war mir die Lust verdorben, die beobachteten Fälle wissenschaftlich zu verfolgen und literarisch zu verwerten: so litten die meisten in das Spital gebrachten Pilger an einer Art Erschöpfungsdiarrhoe, an der sie auch gewöhnlich starben, die man in altüblicher Weise im Bericht als Dysenterie bezeichnete, worunter aber auch wohl Zool. Annalen VI. 20 288 (Cy By KGhinin ania Sre, Typhusfälle untergelaufen sein mochten. Außerdem kamen nur noch schwere Pocken im Spital zur Beobachtung. Einen Rückfall meines wissenschaftlichen Ubereifers bekam ich geraume Zeit später: Die vielen Pilger aus allen Landern des Islam: aus dem Sudan, dem Abend- und Morgenland, von Marokko bis Afghanistan und dem Kaukasus, die ich bei Ankunft der Schiffe auf ihre Gesundheit kurz zu prifen hatte, schienen mir ein vortreffliches Material auch für anthropologische Untersuchung zu bieten. Ich gab ein diesbeztigliches Gesuch ein, erhielt aber wiederum einen durchweg abschlagigen Bescheid. 2. Wiederanstellung nach meiner Rückkehr nach K oseir. Wie sehr mir mein anfängliches Dareinschlagen verziehen wurde, und wie gut ich mich später zu den Einwohnern stellte, zeigt die Geschichte meiner Wiederanstellung als Sanitätsarzt nach meiner Rückkehr nach Koseir 1872. Nachdem ich von Europa aus meine Entlassung genommen hatte, kam ich 1872 als Privatmann in Koseir an, worüber sich die Einwohner höchlich ver- wunderten. Da ich erklärte, meinerseits keinerlei Schritte zu einer etwaigen Wiederanstellung zu tun, nahm die gesamte Einwohner- schaft, offenbar unzufrieden mit dem zu meinem Ersatz ihr zu- gewiesenen Arzt, einem Eingeborenen und Moslim, die Sache in die Hand, und machte eine Eingabe an die Regierung, zunächst den Gouverneur von Koseir mit der Bitte um meine Wiederanstellung. Nach der in meinen Händen befindlichen, wörtlichen Abschrift des bei den Regierungsakten liegenden Originals der Eingabe gebe ich hier eine Übersetzung: Die unterzeichneten Kaufleute und Einwohner der Stadt Koseir erlauben sich, Ihnen folgende Bitte zu unterbreiten: Nachdem Herr Klunzinger, Arzt von Koseir, im Urlaub abge- reist war und durch Hasan Efendi el Kadi, Hospitalarzt in Kene, ersetzt wurde, ist nun Herr Klunzinger wieder zurück- gekehrt, aber ohne Amt. Wie verlautet, ist die Anstellung eines europäischen Arztes geplant. Wenn in diesem Fall ein anderer, als Herr Klunzinger angestellt würde, könnte vielleicht dessen Charakter nicht der des Herrn Klunzinger sein. Da die Rechtlichkeit des Herrn Klunzinger und seine gewissenhafte Amtsführung jedermann bekannt ist, und da wir alle, ohne Ausnahme, mit ihm in den besten Beziehungen stehen, wünschen RE O Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 289 wir, er möge wiederum Arzt unseres Ortes werden, und daß der provisorische Arzt wieder an das Spital in Kene zurück- kehre. Wir erlaubten uns diese Eingabe und bitten, diese zur Kenntnis der maßgebenden Behörde zu bringen. Denn der Wille unseres Herrn, des Chedive, ist, daß seine Untertanen zufrieden seien. So erwarten wir mit tiefster Hochachtung die höhere Entscheidung. 30. Baramhat 1588. Folgen die Namen und Siegel von 41 Birgern. Nach mancherlei Schreibereien wurde ich auch wirklich unter den früheren Bedingungen wieder angestellt. Meine späteren Nachfolger bekamen, da die Stelle eines Sanitàts- und Quarantàne- arztes in Koseir als wichtig angesehen wurde, ein bedeutend höheres Gehalt. 3. Obliegenheiten des Arztes. Die Obliegenheiten eines Sanitäts- und Quarantänearztes waren ziemlich manigfaltig und eingreifend, bestehend in Aufsicht über die ganze Gesundheitspflege im weitesten Sinne: Sorge für Reinhaltung des Ortes, Beaufsichtigung der Lebensmittel, daher auch Fleisch-, Fisch-, Obst- und Gemüseschau, Leichenschau, Buchung der Ge- burten und Todesfälle, Impfen der Kinder, Behandlung der hilfe- suchenden Kranken im Ort und der ins Spital verbrachten kranken Pilger, einschließlich der Zubereitung der von der Regierung, zunächst für das Spital, gelieferten Arzneien, Be- sichtigung der auf den Schiffen ankommenden Personen, wenigstens zu Zeiten von verdachtigen ansteckenden Krankheiten vom Sanitàtsboot aus. Dem Arzte unterstellt waren zwei Wärter: Ein Oberwarter (basch tamurgi) und zugleich Schreiber und ein Unterwärter. Die Anzeigen der Geburts- und Todesfälle über- brachte ein Stadtbüttel (schéch el hära). Unterstellt war der Arzt in Koseir dem Oberarzt in der Provinzialhauptstadt Kene. Die Quarantäneangelegenheiten besorgte ein dem Arzt gleichgestellter ,Sanitätsagent“, wekil e saha oder basch wardian, welcher der Direktion des Gesundheitswesens in Alexandrien direkt unter- stellt war, die Geschäftsbücher und Berichte in italienischer Sprache führte und stets ein Nichteinheimischer war: Italiener, Grieche, Maltheser, Syrier u. dergl. Er hatte die Aufsicht über alle ein- und auslaufenden Schiffe, Prüfung und Ausstellung der Gesund- heitspatente. Ein Boot und zwei Diener (guardiane) standen ihm 20* e 290 C. B. Klunzinger, zur Verfiigung. Nur in zweifelhaften Fallen oder zur Zeit von Epidemien hatte er zu seinen Besuchen bei den Schiffen auch den Arzt mitzunehmen. Da aber ein haufiger Wechsel dieser Sanitätsagenten stattfand, mit vielen Pausen, Urlaub derselben usw., so hatte ich als ,ruhender Pol“ sehr oft und oft monatelang den ganzen Sanitàtsdienst ohne weitere Belohnung allein zu ver- sehen. 1) Was nun die Obliegenheiten des Arztes im einzelnen be- trifft, so sorgte für die Reinhaltung der Straßen auch der Gouverneur, der fast täglich, mit einem Schwarm von Unter- gebenen, seinen Rundgang machte. Manche Orte am Meeres- strand, besonders in der Nähe von Moscheen, dienten allgemein als Bedürfnisplätze und ihre zeitweilige Reinigung wird von der hereinbrechenden Flut, sowie von den kleineren Aasgeiern (/Veo- phron percnopterus) und unzähligen Eremitenkrebsen in Schnecken- schalen fClbanarius und Conobita) besorgt. Andere Abfälle (Kehricht) werden nach den Hügeln hinter dem Ort verbracht, wo die verwilderten Hunde die Aufräumung besorgen. So bleibt dem Sanitätsarzt in dieser Hinsicht nicht mehr viel zu tun übrig. Die Reinhaltung des Innern der Häuser liegt den Bewohnern ob, hier darf kein Fremder eindringen, selbst nicht ein Beamter, außer etwa in außerordentlichen Fällen. Die Fleischschau besorgte unter Verantwortung des Arztes ein Untergebener desselben, der letzterem auch meldet, was auf den Markt kommt und zugleich für dessen Privatgebrauch die Einkäufe macht. Das auf einem besonderen freien Platz in der Nähe des Strandes geschlachtete (nach dem Religionsgesetz ge- schächtete) Fleisch ist fast nur solches von Schafen und Hammeln, die meist mit den Schiffen aus dem Hedjas kommen. Es können aber Wochen vergehen, ehe man überhaupt Fleisch zu sehen und zu essen bekommt, und man darf nicht zu strenge in der Hand- habung der Aufsicht sein. Zudem ist es herkömmlich, daß diese Aufsichtsbeamten und andere das Fleisch um eine Kleinigkeit billiger bekommen. Zu Zeiten von Tierseuchen kamen von der Behörde besondere Verordnungen, wonach das Fleisch gegessen 1) Während einer solchen Stellvertretung kam einmal der Fall vor, daß eine neue Fahne für den Sanitätsdienst angeschafft werden sollte. Die alte abgängige konnte ich nicht mehr auftreiben. Wegen dieses Umstandes erging nun ein behörd- liches Hin- und Herschreiben, das jahrelang dauerte. Endlich erließ man mir im Gnadenwege die Einlieferung der alten Fahne. Ana a u Br a MOURIR Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 291 werden darf, andere Teile, wie Eingeweide, Klauen u. dergl. ver- nichtet werden müssen. Rinder kamen fast nie auf den Fleisch- markt, nur zur Zeit der großen Rinderseuche in Ägypten. In den 6oer Jahren kamen solche als Ersatz mit den Schiffen zur Ein- fuhr nach dem Niltal, damit auch einige zum Schlachten in Koseir. Ein freudiges Ereignis war es, wenn ein Kamel geschlachtet wurde, gewöhnlich dann, wenn ein solches auf dem Wüstenweg sich verletzte, fiel und zum Weitergehen unfähig wurde; es mußte dann an Ort und Stelle geschlachtet und das zerlegte tote Tier vollends hergeschafft werden. Kamelfleisch von alten Tieren ist freilich sehr zäh, das von jungen aber um so besser. Fast immer wohlbestellt war der Fischmarkt, außer in manchen Zeiten stürmischer Winterwochen; die Fische bekam man meist noch ganz frisch und in Arten, um die uns ein Binnen- bewohner wohl beneiden konnte. Ein sanitäts-polizeilicher Ein- griff kam unter meinem milden Scepter nie vor. Freudig begrüßt wurden stets die von Zeit zu Zeit vom Nil- tal herkommenden Kamelsladungen von frischem Obst: Melonen, Datteln, Trauben und Gemüse: Bamien (//rbiscus), Gurken, die blaue Eierpflanze (Solanum melongena), Paradiesäpfel, Rettich usw. Auch da hieß es von Seiten der Gesundheitspflege ein Auge zuzudrücken; diese Früchte mußten zum Teil etwas unreif auf die fünftägige Reise auf dem Kamel verschickt werden, um nicht faul und teigig anzukommen. Einmal kam mir eine mir gemeldete und sofort besichtigte Sendung von Melonen doch etwas gar zu unreif vor und ich ließ einen Teil davon ins Meer werfen. So- fort schwamm ihnen eine Schaar von Knaben nach, holte sie wieder heraus und verzehrte sie mit größtem Apetitt. . Die Folge eines zu strengen Verfahrens wäre das Authòren solcher Sendungen überhaupt gewesen. Manchen Ärger bereitete. mir die Leichenschau. Die Moslemin können ihre Toten gar nicht rasch genug begraben, zumal wenn es gegen Abend wird und das Begräbnis noch vor Sonnenuntergang vor sich gehen soll. Eine Nächtigung der Leiche im Sterbehaus erscheint als eine Schädigung der Seele des Verstorbenen, auf welche die Totenrichter warten. Nach den ersten Anzeichen des Erlöschens des Lebens eilt man zum Arzt als dem Leichenbeschauer, der seine Einwilligung zur Be- stattung nach der Besichtigung geben soll. Die bekannten Leichen- erscheinungen sind meist noch gar nicht eingetreten, kaum das to bo C. B. Klunzinger, tI TS LORS Ub mnie \ = jun = Pere LOLI HDL ENT (= RTL Begräbnisstätte in Koseir. Abb. Io. te VETTE CE PET LOT Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 293 „gebrochene Auge“. Eine Verzögerung der Erlaubnis wird höchst übel aufgenommen, zumäl eben zur Nachmittags- und Abendzeit. Ich war aber in diesem Punkt hart, die Verantwortung im Fall eines Scheintods erschien mir doch zu groß. In der Tat erlebte ich auch etwas derart und gerade bei einer mir wohl befreundeten Nachbarin, welche an Trismus (Mundsperre) erkrankt war, keine Nahrung mehr zu sich nehmen konnte, und dann aus Hunger- schwäche von einer Ohnmacht in die andere fiel. Ich verweigerte ii a i. Abb. 11. Grabmal eines Heiligen: Inneres. (Koseir.) meine Todesbescheinigung, tloh in die Wüste, um mich der Ver- folgung zu entziehen und erst nach einiger Zeit nahm ich die Besichtigung noch einmal vor und konnte nun als Todeszeichen das gebrochene Auge, fahle Verfarbuug des Gesichts und Ver- änderung der Gesichtszüge feststellen. Eine andere sehr natiirliche Forderung bei der Besichtigung eines Toten ergab sich für einen gebildeten anständigen Menschen von selbst: Würdige Behandlung des Toten und Ernst vor den versammelten Angehörigen desselben. Ein früherer Arzt, selbst Mohammedaner hatte sich durch rohes Benehmen in solchen Fällen, 204 Cy Be alunizineier, wie Betasten der Leiche mit Stock und Füßen, allgemeinen Haß zugezogen. Kleine Kinder bekommt der Arzt dort nicht leicht zu Ge- sicht, namentlich in den ersten Wochen, wo das böse Auge ge- fürchtet wird. So gelang es mir nicht einmal, Negerkinder, die ja bekanntlich heller geboren werden und sich erst später ver- farben, in diesem hellen Zustande zu sehen. Von Geburtshilfe ist vollends keine Rede. Dagegen sah ich so ziemlich alle im Ort geborenen Kinder samt ihren verschleierten Müttern nach !/,—1 Jahr bei der Schutz- pockenimpfung. Die diesbeziglichen Ver- ordnungen sind sehr streng und auch die Eltern folgen gern oder — und dann gibt es oft fast Szenen wie beim bethlehemischen Kindermord, ungern dem Gesetz. Es kam vor, daß ein friherer christlicher Arzt eine Ausnahme zu- ließ bei den Kindern seiner Glaubensgenossen ; nachdem einige solcher Kinder dann auch richtig an den Pocken gestorben waren, ver- langten gerade sie jetzt dringend die Impfung, aber möglichst von dem Stoff anderer Christen- kinder. Sonst wird von Zeit zu Zeit frischer, getrockneter Impfstoff auf Glasplättchen von der Oberarztbehörde zugesandt. Da schon öfter Pocken durch Pilger, be- sonders solcher aus dem Süden, und Sklaven in Ägypten zugetragen wurden, kam die Ver- Not oe ordnung, alle diese Neger zu impfen und so Abessinische Nonne. lange zurückzuhalten, bis sich die Pusteln ent- wickelt haben, wofern sie nicht Narben einer früheren Impfung zeigen. Nun haben so ziemlich alle Neger Narben genug durch eine Art Tatowierung und behaupten, diese seien Folge von Impfung. Ein unfreiwilliger Aufenthalt durch die Impfung kommt ihnen sehr in die Quere, besonders wenn sie in ganzen Trupps, zu 20 und mehr, gekommen sind. Dies gibt na- türlich Anlaß zu Reibungen, unter Umständen auch Nachlässigkeit und Nachgiebigkeit von Seiten des Arztes. 4. Arztliche Behandlung. Die ärztliche Praxis in dem Orte ist keine goldene, sie bringt nahezu nichts ein. Der Arzt ist ja von der Regierung ee a di ne Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 295 dazu angestellt, auch die Kranken des Orts zu behandeln, meinen die Leute und betrachten einen ärztlichen Rat als Freundesdienst, den sie wohl mit Dank belohnen, aber nicht mit Geld. Dann und wann schickt ein besonders Dankbarer eine Mahlzeit oder sonst etwas zum Hausgebrauch. Die Arzneien, welche der Arzt, in Ermanglung eines Apothekers, selbst dispensiren und abwägen muß, liefert die Spitalsapotheke. Vielfach verlangen die Leute vom Arzt ein von ihnen angegebenes Mittel, wie von einem Apotheker, wie Brech- und Abführmittel, Opium, Salben. Graue Quecksilbersalbe z. B. wird öfters für die Frauen verlangt als Mittel gegen die Kopfläuse. Sehr mißlich war der Mangel einer zureichenden Apotheke. Man mußte die Behandlung nach den eben vorrätigen Arzneien richten. So konnte ich nie gereinigtes Ricinusöl bekommen, obwohl dieses Öl hier zu Lande gewonnen ist und als Schmieröl benützt wird. Es ist allerdings leicht zersetzbar. Für innere Krankheiten wird der Arzt viel weniger um Hilfe ersucht, als für äußere: Wunden, Augenleiden, Zahnschmerzen, Skorpionstiche. Letztere sind, da die Leute großenteils barfuß gehen oder wenigstens ohne Strümpfe, sehr häufig; und sie heilen rasch durch Anwendung von Salmiakgeist, — — Gt worauf auch bald größeres Vertrauen gewonnen wurde als auf ihre alther- Chri Pe rs i È ; ristlich-abessinischer kômmlichen Mittel mit Auflegen von ge- Jerusalempilger. wissen Edelsteinen. Uble Wirkungen von Schlangenbiß kamen mir nicht vor, wohl aber vom Guineawurm (Filaria medinensis), den die Leute oft nach einem Aufenthalt an der Ostküste des Roten Meeres bekommen und durch allmähliche Aufwicklung des zu Tage tretenden Fadenwurms auf der Haut in bekannter Weise selbst behandelten. Zähne hatte ich viele aus- zuziehen, so war damals eben noch die gebräuchliche Radikalkur!). Auch Aderlaß wurde öfters verlangt, selbst von Frauen, bei ver- EI NIKE — Ni SS SS SS a SW 1) Als ich selbst einmal einen kranken Zahn hatte, vertraute ich mich in der Not einem zugereisten algierischen Pilger an. Derselbe zog den Zahn auch aus, aber den unrechten, noch gesunden, neben dem kranken stehenden! 296 C. B. Klunzinger, schleiertem Gesicht. Wurde man ja einmal zu einer Frau gerufen, was selten vorkam, und verlarigte man die Zunge zu sehen, so ließ sie nur und ungern die eine Hälfte des Gesichts oder die Umgegend des Mundes sehen. Für innere Krankheiten, auch Katarrhe, werden meist aber- giaubisch- religiöse Mittel angewendet, wie Besprechungen, Koran- sprüche, oder auch kraß empirische, wie ich solche im Kapitel „ Volksmedizin“ meiner „Bilder aus Oberägypten“ aufgeführt habe. _ Im allgemeinen ist die Bevölkerung bei dem guten Klima auffallend gesund: Tuberkulose scheint sehr selten, ebenso Wechselfieber, das die wenigen daran Erkrankten einer Infektion vom Aufenthalt an der arabischen Seite, und zwar den Datteln, zuschreiben. Nicht einmal Syphilis und Tripper kamen mir zur Behandlung, obwohl die Leute beim Aufenthalt in den Städten des Niltals Gelegen- heit genug zur Ansteckung haben; diese Krankheiten verlaufen in dem warmen Klima milde, und zur Heilung genügen vielfach warme und heiße Bäder. Von Epidemien beobachtete ich gleich zu Anfang meines Aufenthaltes eine ziemlich heftige und verbreitete typhöse mit biliösen Erscheinungen, die aber nur einige Wochen dauerte. Pocken sah ich unter den Ortsbewohnern nie (s. dagegen oben), öfter Wasserpocken: die Leute sind eben nach obigem so ziem- lich alle geimpft. Die Cholera forderte 1865 bei ihrem Eintritt von dem verseuchten Hedjas eine Anzahl Opfer, zu welcher Zeit ich aber verreist war (s. u.)!). 5. Quarantäne. So nahm der ärztliche Dienst eben nicht allzuviele Zeit in Anspruch und behinderte mich in meinen naturwissenschaftlichen Bestrebungen nicht sonderlich. Auch der Dienst als Quaran- tänearzt war nur zeitenweise streng, zur Zeit der Rückkehr der Pilger, und wenn eine Epidemie in Sicht war, wo die oberste Sanitätsbehörde in Alexandrien besondere Vorsichtsmaßregeln anordnete: allgemeine Quarantäne für jedes Schiff oder bedingte Quarantäne. In letzterem Fall hatte sich der Sanitätsarzt mit dem Sanitatsagenten auf dem Sanitätsboot mit der türkisch- !) Ein ziemlich unangenehmer Fall war der eines hypnotischen Experiments, das ein Sanitätsagent, ein Syrier, der in Okkultismus machte, mit meinem Diener anstellte. Er versetzte ihn in „magnetischen Schlaf‘, konnte ihn aber nicht mehr völlig erwecken. Der Knabe litt infolgedessen wochenlang an veitstanzähnlichen Anfällen, genas aber doch endlich. a sini nici O PS TT D VIET 297 Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. FZ soy Ul J9Se] UW 198[q JAUIQOIUSON ‘FI ‘qqy = it 298 C. B. Klunzinger, ägyptischen Flagge an jedes ankommende Schiff hinzubegeben, was bei stiirmischem Wetter eben nicht sehr angenehm war. Nach den ersten Anfragen an den Schiffshauptmann von Seiten des Agenten hatten Mannschaft und Passagiere entsprechend der angemeldeten Zahl einer nach dem andern aufzumarschieren und sich auf ihren Gesundheitszustand in der Entfernung, da das Boot unten im Wasser war, priifen zu lassen. Wenn ein kranker Pilger darunter war, der nicht gehen und stehen konnte, mußte das Schiff zur weiteren öfteren Beobachtung in Quarantäne gelegt und ein Quarantänewächter (Guardian) aufs Schiff gesetzt werden. Da kam es nun manchmal vor, daß ein Kranker, wenn es irgend möglich war, sich bei dieser Parade nach vorheriger Anweisung durch die Mannschaft lustig und munter zeigen und anstellen mußte, mit fröhlicher Miene an einem Stück Brot mit schein- barem großen Appetit herunterbeißend, denn Mannschaft und Passagiere suchten mit allen Mitteln die gefürchtete Quarantäne mit ihren großen Kosten und Scherereien zu vermeiden. Bei wirklich ausgeführter Quarantäne aber soll gewöhnlich ein Teil der Schiffsmannschaft, trotz des Quarantänewächters und wohl mit dessen Einverständnis, bei Nacht ans Land geschwommen sein, seine Familie besucht haben und in aller Frühe wieder auf dem Schiff gewesen sein. Nach Ablauf der Quarantänezeit (1—3 Tage) bestieg der Arzt und Sanitätsagent das Schiff und ließ alle Räume mit Schwefel und aromatischen Stoffen aus- räuchern. Im Jahr 1866, ein Jahr nach der großen Choleraepidemie, kam es in Koseir nahezu zu einem Aufstand der in Quarantäne gelegten Pilger, wie ich in einem Aufsatz im „Globus“ 1869 (Lit. Nr. 3) eingehender erzählt habe. Die oberste Sanitätsbehörde hatte die allgemeine Quarantäne für die rückkehrenden Pilger nach Tor auf der Sinaihalbinsel verlegen lassen und den Befehl ge- geben, alle etwa in Koseir ankommenden Schiffe nach Tor zu verweisen. Zur Unterstützung des Befehls wurde eine Abteilung Soldaten (türkische Baschi-Boschuks) nach Koseir gelegt. Eines Tages erschienen nun nicht weniger als acht Schiffe, vollgestopft von mehr als 800 Pilgern in elendem Zustande. Man meldete ihnen, sie müßten sofort nach Tor in die Quarantäne. Aber die Pilger wollten nichts davon wissen, und bei dem Zustand der halbverhungerten Leute mußte man ihnen wenigstens eine Frist gewähren, um den nötigsten Mundvorrat einzunehmen. Aber Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u, Arzt zu Koseir am Roten Meer. 299 die Brotvorräte, die man ihnen ins Schiff bringt, werden keck ins Meer geworfen; ein Teil der Pilger schwimmt ans Ufer, wird aber wieder zurückgebracht. Bei Nacht wird das Ufer von Sol- daten und Arbeitern unter Wachtfeuern bewacht. Man sieht die Unmöglichkeit, so viele Menschen, die sich durch Ankunft neuer Schiffe auf 1300 vermehren, in Schranken zu halten; jeden Tag eine neue Empörung, da die Lieferung von Nahrungsmitteln und besonders Wasser so schwierig ist. Man fragt bei der Oberbe- hörde an, was man tun soll. Endlich — nach ı3 Tagen — kommt die Botschaft, man solle die Pilger ans Land schaften, unter Be- deckung ins Niltal bringen, um daselbst — in Bir Ambor — die Quarantäne zu bestehen. 6. Erlebnisse im Cholerajahr 1865. Im Anschluß an Cholera und Quarantäne muß ich noch, da sie in mehrfacher Hinsicht von allgemeinem Interesse sind, einige Erlebnisse aus meiner ägyptischen Zeit erzählen. Da die Zeit zwischen der Abreise der Pilger nach Mekka und ihrer Rückkehr für den ärztlichen und sanitären Dienst in Koseir die ruhigste ist, so wollte ich diese Zeit zu einer Urlaubs- reise nach Kairo auf 6 Wochen benutzen, die ich gegen Ende April 1865 antrat. Der Weg führte wieder über die Wüste nach dem oberägyptischen Niltal, zunächst nach Kene. Kaum hatte ich mich außerhalb des Städtchens Koseir aufs Kamel gesetzt, so machte dies allerlei Seitensprünge und warf mich samt meinem Gepäck ab auf den harten Wüstenboden, scheu geworden durch einen Affen, einem jüngeren Hamadryas, den ich seit geraumer Zeit von einem Pilger erworben hatte, und den ich, zu Geschenken, wie das so üblich ist, nach Kairo mitnehmen wollte und vorder- hand an einer Leine oder Kette am Boden hinterher zog. Während der Affe diese Gelegenheit benützte und, frei geworden, wieder in das Städtchen zurücksprang, wo er bei meinen Freunden Auf- nahme und Pflege bis zu meiner Rückkehr fand, lief ich mich, nach kurzer Erholung von dem-Fall, als dessen Folge sich freilich später ein Wadenbeinbruch herausstellte, wieder aufs Kamel setzen und begann mit der übrigen Karawane die stägige Wüstenreise, wo ich auf dem weichbepackten Kamelsrücken fast Bettruhe, wenigstens horizontale Lage für den Fuß erwarten konnte; denn zu einem richtigen Verband hätte ich in Koseir niemand gehabt, als mich selbst. Auch in Kene, wo ich einen Regierungsdampfer, 300 GB Kelumizamisie rr der auch Passagiere mitnahm, erwarten mußte und 5 Tage Auf- enthalt hatte, konnte ich meine Ruhekur fortsetzen und noch mehr auf dem Dampfer als Verdeckspassagier. Das nòtigste Bett- zeug: Teppich, Kopfkissen und Bettdecke hatte ich ja bei mir, ebenso einige Kochgeschirre, wie sich das bei dergleichen Reisen dort von selbst versteht. Die Verpflegung besorgte in der Wiiste mein Kameltreiber, in Kene ein gemieteter Diener, auf dem Schiff ein Matrose. Die notigsten Bewegungen konnte ich mittels meines unversehrten Schienbeins machen. Jeden Abend legte der Dampfer an einer Bezirksstadt an und am Nachmittag des 5. Tages, am 11. Mai, war er schon in Kairo (Altkairo), von wo ich geradezu auf einem Reitesel mit Packesel für meinen Koffer nach der Wohnung eines mir von früher her bekannten deutschen Zimmer- ‘ vermieters, eines Schreinermeisters aus Danzig, ritt und sofort freundlichste Unterkunft fand. Bald kam auch mein Kollege Dr. med. Sachs aus Danzig, den ich ebenfalls von friher kannte, und legte mir einen Gipsverband an, mit dem ich etwa 3 Wochen liegen mußte. Auch nach Lösung desselben hatte ich mich noch einige Zeit ruhig im Hause zu verhalten und mußte eine Urlaubs- verlängerung erhalten. Unterdessen stellte sich ein unheimlicher Gast in Kairo ein, die Cholera. Während man bei dem Hinzug der Pilger nach Mekka noch nicht einmal einen Verdacht von dem Ausbruch einer solchen Seuche hatte, auch nicht von Seiten der Sanitätsbehörde, sonst hätte ich ja keinen Urlaub erhalten — wurde die Krankheit, von der Quelle Indien eingeschleppt, durch die ungeheure Menschen- masse der diesjährigen „großen“, nur in Perioden von 33 Jahren wiederkehrenden Pilgerschaft, wo der Aufgang zum Berge Arafat (Berg der Erkenntnis) bei Mekka auf den gesegneten Freitag fiel, in Gärung gebracht und es entstand schon in Mekka eine mörderische Epidemie. Diese wanderte nun mit den rück- kehrenden Pilgern rasch über Suez nach Alexandrien und von da nach Kairo, überall ungewöhnlich große Menschenopfer fordernd. Eins der ersten Opfer in Kairo war eine Mitbewohnerin meiner Wohnung, und in Kairo sollen täglich 400— 700 Menschen an Cholera gestorben sein; auf den Straßen begegnete man auf Schritt und Tritt einem Leichenzug, die Toten griechischer Konfession in offenen Särgen einhergetragen. Auch hatte ich Gelegenheit, durch Dr. Sachs eingeführt, in einem griechischen Spital eine Reihe von Cholerakranken zu sehen: ein Anblick, den man nicht Nur Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 301 so leicht wieder vergißt. Als Hauptmittel gegen die Cholera galt damals bei den Arzten Kalomel. Als Vorbeugungsmittel betrachtete man mit Recht strenge Diät, einfache Kost, namentlich Reis ohne Gemüse, Trinken von abgekochtem Wasser mit etwas Wein oder Kognak, von Zeit zu Zeit auch etwas Opium, zumal in dieser Zeit der Choleraepidemie fast bei jedermann eine leichte Diarrhöe sich einstellt, wie dies auch bei mir der Fall war. In den ersten Tagen waren die griechischen Kneipen voll von Arbeitern, die durch Genuß von Kognak oder Wein sich zu schützen vermeinten, bald darauf aber um so leerer! Um diese Zeit machte ich, um meinen Vorgesetzten, den Herren bei der „Sanitätsintendanz“, meine Aufwartung zu machen, einen Abstecher nach Alexandrien, wo die Epidemie schon etwas nachgelassen hatte. Mein Anerbieten, unter den obwaltenden Um- standen als Arzt mich einigerinaßen nützlich zu machen, wurde gern angenommen und mir eine Station in Ramleh (am Meeresufer mit vielen Landhäusern von Europäern) angewiesen, aber bei näherer Anfrage hieß es, die Cholera sei bereits abgezogen. Ich kehrte wieder nach Kairo zurück, wo unterdessen auch meine Hauswirtin, die mich so gut verpflegt hatte, ein Opfer der Cholera geworden war. Unterdessen war es gegen Ende Juli geworden: weit über die Zeit meines Urlaubs hinaus, der durch meine Verletzung und die darauf folgende, nur sehr langsam vor sich gehende Genesung weit hinausgeschoben wurde. Nun trat ich meine Rückreise an und nahm einen Platz in der ersten besten Nilbarke. Da in dieser Jahreszeit fast stets ein frischer Nordwind weht, und der Nil seinen Hochstand hat, so daß man nirgends stecken blieb, wie bei meiner ersten Reise im Frühjahr, so war ich schon in acht Tagen in Kene (früher hatte ich 3 Wochen gebraucht). Die Cholera war damals im Aufwärtswandern nach Oberägypten be- griffen, in Kene selbst war sie noch nicht angekommen. Ich setzte daher meine Reise so schnell als möglich fort und war schon in der 1. Woche des August in Koseir. In Koseir war unterdessen, mit der Rückfahrt der Pilger von Mekka und Medina, auch die Cholera eingekehrt, wie in Suez, aber in weniger verheerender Weise. Die Folgemaßregel von seiten der Sanitätsbehôrde war die Einrichtung einer Quaran- tane in Bir Amber, einer allgemeinen Haltestelle der Karawanen an der Grenze von Wüste und Niltal bei Kene. Alle , Provenienzen“ 302 C. B. Klunzinger, aus der Wüste sollten hier angehalten werden und eine stägige Quarantäne durchmachen, nicht aber die vom Niltal nach der Wiiste. Somit passierte ich bei meiner oben gedachten Riickreise nach Koseir die Quarantänestation ohne Aufenthalt, außer mit kurzer Begrüßung meines Freundes und Vorgesetzten Mohammed Efendi, des damaligen Provinzialoberarztes von Kene, der dort die Quarantänewache zu halten hatte. 4. Meine Choleramission. Einige Wochen nach meiner Rückkunft in Koseir, etwa Mitte August, bekam ich mittelst Extraboten den Befehl, sofort ins Nil- tal, zunächst nach Kene, abzureisen, um das Amt eines „Cholera- missionärs“ zu übernehmen, d. h. die Cholerakranken in der Mudirie (Provinz) Kene-Esne aufzusuchen und zu behandeln, denn die Krankheit hatte unterdessen in raschem Vorwärtsschreiten den Nil aufwärts Kene erreicht und hier arge Verheerungen ange- richtet. So mußte ich denn den Ritt durch die Wüste, die ich vor wenigen Tagen durchschritten hatte, wiederum machen, und zwar in der ungünstigen heißen Jahreszeit, wo Samumstürme herrschten, und mit noch nicht ganz geheiltem Fuß. Und nun geschah das Unglaubliche: Statt meiner „Mission“ nachzugehen, mußte ich in Bir Amber 5 Tage in Quarantäne liegen, da ich ja eine ,Provenienz“ aus der Wüste war, und der genannte Ober- arzt keinen Gregenbefehl erhalten hatte. Ja er selbst hatte in aller Ruhe, obwohl es immer Kranke gab, seinen Posten dort inne halten können und müssen, während in seiner eigentlichen Wohn- stätte Kene die Cholera wütete (man sprach von 100 Leichen in einem Tag), und kein Arzt da war. Einen Telegraphen gab es damals dort noch nicht, und auch sonst scheint keine Anfrage an die maßgebenden Behörden ergangen zu sein. Diese Quaran- täne verlief für mich in sehr gemütlicher Weise, da ich mit meinem Freunde, dem Oberarzt, mich den ganzen Tag unterhalten Konnte, erst in gebührender Entfernung, später rückte man sich immer näher, bis am 5. Tage die Quarantäne mit einer gegenseitigen Umarmung nach Landessitte endigte. Auch als ich endlich am 27. August in Kene ankam, dauerten die Irrungen und Verzögerungen fort. Auf dem Amt, der Mudirie, wußte man von der geplanten Choleramission nichts; ehe man ein Schiff für diesen Zweck beschaffen wollte, mußte erst bei der maßgebenden Behörde in der Hauptstadt angefragt werden, was, == Bo — Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 303 trotz Telegraph, wieder 5 Tage in Anspruch nahm, wahrend deren ich untàtig in Kene wartete, wo unterdessen die Cholera bereits wieder abgezogen war. Endlich bekam ich ein von der Regierung bestelltes Schiff, eine gewöhnliche Nilbarke (Dahabie), beigegeben wurde mir ein Amtsdiener (Kawaß) und 2 junge arabische Studierende der Medizin, mit einigen wenigen Medikamenten. So fuhren wir erst strom- abwärts in angenehmster Fahrt, bei gutem Nordwind und Hoch- wasser, und zwar systematisch von Ortschaft zu Ortschaft, bald rechts, bald links vom Nil. In diese Ortschaften oder nahezu gelangte man in dieser Zeit der „Überschwemmung“ durch die nur in dieser Zeit befahrbaren Kanäle, sogenannte Chocs. In jeder Ortschaft wurde der Schulze (schech el beled) von dem vorge- schickten Amtsdiener bestellt, und ein Protokoll über den der- zeitigen Gesundheitsstand aufgenommen. Aber — sonderbar! — überall hieß es, die Cholera sei eben erst abgezogen, es gebe keine Cholerakranken mehr, überhaupt keine Kranken. Die Leute hatten offenbar Angst vor offizieller ärztlicher Behand- lung, wie man das jetzt noch aus Rußland vernimmt. Wohl aber stellte sich überall eine Menge Augenkranker auf dem Schiffe ein, und chronisch Kranke, Krüppel, Lahme und Geschlechts- schwache. So gelangten wir südlich über Luxor hinaus, bis Ermant, kehrten dann wieder nach Kene zurück und befuhren den nördlichen Teil der Mudirie in derselben Weise bis Farschut, immer mit demselben negativen Ergebnis, so daß ich hier keinen einzigen Cholerakranken zu Gesicht bekam, wohl aber meine Kenntnis von Land und Leuten dieser Gegend begründete und vermehrte (s. Lit. Nr. 5). Nach etwa 3 Wochen war die Mission zu Ende, und ich kehrte wieder, nach 4maliger Durch- querung der Wüste, gegen Ende September, in mein geliebtes Koseir zurück. Abb. 15. Dujong. Zool. Annalen VI. 21 304 C. B. Klunzinger, Meine Verôffentlichungen über meine Forschungen in IO. II. I2. 13. 14. 15. 16. Le 18. Agypten und am Roten Meere. A. Geo- und Ethnographisches. . Die Zweibrüder-Inseln im Roten Meere, in der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Neue Folge. 19. Band. Berlin 1865. Seite 348—353. Statistisch-topographisch-ethnologische Schilderung von Koseir, mit einer Karte (Stadtplan) in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. I. Bd. 1866. S. 238—249 und 292—319. Die Choleraquarantàne am Roten Meere, im „Globus“ 1869. S. 269—271. Blicke in das Hauswesen einer Landstadt Ober-Agyptens, im „Ausland“ 1870 Nr. 164.5. 26011. Eine Wanderung in der Thebais, ebenda 1871. Nr. 29. S. 673—679. Nr. 30. S. 700—706. Nr. 31. S. 734—737- Werk-, Feier-, Jubel- und Trauertage in Ober-Ägypten, ebenda 1871. Nr. 38. S. 894. Nr. 39. S. 920. Nr. 40. S. 949. Ein Ritt durch die ägyptisch-arabische Wüste, ebenda 1871. Nr. 44. S. 1033—38. Nr. 45. S. 1061—66. Nr. 46. S. 1085—90. Über Kunst und Wissenschaft in Kairo, in der „Deutschen Zeitung“. Wien 1872. Drei Tage in einer Provinzialstadt Ober-Ägyptens, in „Westermanns Monatsheften“ 1874. Nr. 213. S. 266—276. Nr. 214. S. 390—398. Nr. 215. S. 509—517. Nr. 216. S. 613—628. Das Rote Meer und seine Küsten, in K. Baedekers Reisehandbuch für Ägypten, 1. Auflage. 1876. S. 420—422. Bilder aus Ober-Ägypten, der Wüste und dem Roten Meere, mit einem Vorwort von Dr. G. SCHWEINFURTH, mit 22 Originalzeichnungen, Stuttgart, im Verlag von Levy und Müller, 1877. 8°. Preis 12 Mk. (obige Aufsätze zusammenfassend, mit einigen anderen). S. I—400. Resultate der meteorologischen Beobachtungen des Herrn Dr. KLUNZINGER in Koseir am Roten Meere, in der Zeitschrift der österreichischen Gesell- schaft für Meteorologie. 12. Band. 1877. Nr. 12. S. 225-231, von Dr. Hann. Upper Egypt, its people and its products, London, Blackie & Son, 1878, S. 1—408; eine Übersetzung von Nr. 11 (mit noch weiteren 8 Original- zeichnungen, die sich in Nr. 11 nicht finden). Die Vegetation der ägyptisch-arabischen Wüste, in der Zeitschrift der Gesellschaft f. Erdkunde in Berlin, 1878, S. 432—462. Die Umgegend von Koseir am Roten Meere, ebenda 1879, S. 401—436, mit einer Karte. Nil und Rhein als geographische Homologien in „Natur“ (von O. ULE und K. MüLLErR) 1881, Nr. 1. S. 1—3. Nr. 2. S. 15-18 und Nr. 3. S. 2729. B. Zoologisches. Beitrage zur Kenntnis der Limnadiden, in der ,Zeitschr. f. wissensch. Zoologie“, 14. Band, 1864, S. 139—164, mit 3 Tafeln. Einiges zur Anatomie der Daphnien, nebst kurzen Bemerkungen über die Süßwasserfauna der Umgegend Kairos, ebenda 1864, S. 165—173, mit t Tafel. DE Oy rata 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33: Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 305 Uber eine Sif wassercrustacee im Nil (Palämon niloticus), mit Zusätzen von Dr. Ep. v. Martens und C. TH. v. SIEBOLD, ebenda, Bd. 16, 1866, S. 357-364, mit 1 Tafel (und S. 365—368). Uber Branchipus rubricaudatus nov. sp., ebenda, 17. Bd., 1866, S. 23— 33, mit 1 Tafel. Synopsis der Fische des Roten Meeres, I. Teil, Percoiden-Mugiloiden, in den Verhandlungen der k. k. zoolog.-botanischen Gesellschaft in Wien, 20. Band, 1870, S. 669—834 (1—166). — U. Teil, ebenda, 21. Band, 1871, S. 441-688 (1—248); dazu: Syste- matische Ubersicht als Anhang und Register zur Synopsis, ebenda 1871, S. 1353 1368 (1 16). Über den Fang und die Anwendung der Fische und anderer Meeres- geschöpfe im Roten Meere, in der Zeitschr. d. Gesellsch. f Erdkunde zu Berlin, 6. Band, 1871, S. 58 72. Zool. Exkursion auf ein Korallenriff des Roten Meeres bei Koseir, ebenda, 1872, S. 20—56. Nilfische in Baedekers Handbuch f. Ägypten, 1876, S. 98—00. Naturgegenstände aus dem Roten Meere, 1876, ebenda, S. 412—415. Die Koralltiere des Roten Meeres, I. Teil. Die Alcyonarien und Malakodermen, mit 8 lithographierten Tafeln (den Manen Ehrenbergs und Hemprichs gewidmet), in 4°, Berlin 1877, S. 1—98, im Verlag der Gutmannschen Buchhandlung, 20 Mark. Dasselbe, II. Teil, Die Steinkorallen, I. Abschnitt: Die Madreporaceen und Oculinaceen, mit 8 photographierten und 2 lithographierten Tafeln in 4°, Berlin 1879, S. 1—88; 24 Mk. Dasselbe, III. Teil, Steinkorallen, 2. Abschnitt (Schluß), Die Astraeaceen und Fungiaceen, mit 10 photographierten Tafeln, in 4°, Berlin 1879, S. 1—100, 26 Mk. — Alle 3 Teile mit Unterstützung der Kgl. preuß. Akademie der Wissenschaften herausgegeben. Zur Wirbeltierfauna im und am Roten Meere, in der Zeitschr. der Gesellsch. f. Erdkunde 1878, S. 61—96. Uber den Schmalfuchs (Megalotis famelicus) und einiges über die Hyäne, im ,Zoologischen Garten“, Frankfurt a. M., 1878, S. 1—8. Uber das Wachstum der Korallen, insbesondere ihre Vermehrung durch Ableger und über Wachstumsstörungen, in den Jahresheften des Vereins f. vaterländ. Naturkunde in Württemberg (oder Württ. naturw. Jahresh.) 1880, S. 62—71. Die Fische des Roten Meeres, eine kritische Revision mit Bestimmungs- tabellen, I. Teil’): Acanthopteri veri, mit 19 lithographierten, zum Teil colorierten Tafeln, mit Unterstützung der Kgl. preuß. Akademie der Wissenschaften herausgegeben. Stuttgart 1884, S. 1—133, in klein Fol., in der Schweizerbartschen Verlagshandlung, Preis 24 Mk. Uber Ptychodera erythràa Spengel aus dem Roten Meere, in den Ver- handlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft 1902, S. 195—202, mit einer Textfigur. 1) I. Teil noch nicht erschienen. 21* 35: 36. 37. C. B. Klunzinger, . Die Spitz- und Spitzmundkrabben (Oxyrhyncha und Oxystomata) des Roten Meeres, mit 2 lithographierten Tafeln und 13 Abbildungen im Text, Stuttgart 1906, S. 1—or, in 4°, im Verlag von Ferd. Enke, Preis 12 Mk. Uber einige Ergebnisse aus meiner oben erschienenen Arbeit iber die Spitz- und Spitzmundkrabben des Roten Meeres. In den Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft 1906, S. 229— 232. Uber einige Ergebnisse meiner Studien über die Rundkrabben des Roten Meeres. Ebenda 1912, S. 333—344. Die Rundkrabben (Cyclometopa) des Roten Meeres, mit 7 Tafeln und 14 Textfiguren. S. 1—306 fol. (gr. 4°) in den Nova Acta (Abhandlungen der Kais. Leopoldin. Carolin. Deutschen Akademie der Naturforscher), Band IC, Nr. 2, Halle a. d. S. 1913. Für die Akademie in Kommission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. Ladenpreis 25 Mk. Sonstige, nicht auf das Rote Meer bezügliche Verôffent- lichungen. Es möge mir erlaubt sein, bei dieser Gelegenheit auch meine sonstigen Veröffentlichungen hier zusammenzustellen: IO. II. a) Säugetiere. Uber unsere Ratten und Mäuse, deren Schaden und Bekämpfung, in Sitzungsbericht des Vereins fiir vaterland. Naturkunde in Wirttemberg 1908, S. 35—38. b) Vogel und Vogelschutz. Des Hohenstaufenkaisers Friedrich II. Werk über die Vögel und die Jagd mit Falken; ebenda 1904, S. 73—74, und 1903 im Journal für Ornitho- logie, S. 539—542. Uber die Bestrebungen des Bundes fiir Vogelschutz, in Sitzungsber. Ver. Naturf. Württembergs, S. 66 (kurz). Der Krammetsvogelfang oder der deutsche Vogelmassenmord, in der „Süddeutschen Tierbörse“ 1904 (November ?), S. 1—4 in fol. Sonderabdruck. Zur Krammetsvogelfrage, in Ornitholog. Monatsschr. 1905, S. 161—164. Über Vogelfang und Vogelschutz. Vortrag im Tierschutzverein Sinsheim a. E. aus Nr. 70 des „Landboten“ 1907. Über das Ergänzungsgesetz zum deutschen Vogelschutzgesetz von 1888, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk. 1909, S. 35—40. Uber den Vogelzug. Ebenda 1903, S. g1—92. c) Reptilien. Uber Brutpflege bei Reptilien und Lurchen, in „Humboldt“ Bd. I, Heft 8, Ue, Sk lil Einiges tiber die Mauereidechse in Wiirttemberg, in Jahresheften des Ver. f. vaterl. Naturkunde 1883, S. 108—111. Zur Verschleppung bezw. Einbùrgerung von Lacerten, im Zoolog. Anzeiger vom 11. April 1905 (einige Worte). gg 12. 13. 14. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27e 28. 29. 30. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 307 Uber die Kreuzotter, in Sitzungsber. Verein f. vaterl. Naturk. 1906, SHOT 09. Einiges Wissenswerte über die Schlangen, in Wochenschrift für Aquarien- und Terrarienkunde vom 2. April 1912, S. 20 (Lacerta Nr. 14) und (Schluß) ebenda vom 16. April 1912, S. 23 (Lacerta Nr. 16). Uber Giftschlangen, Schlangengifte und Serumtherapie, in , Aus der Heimat“ (Organ des Deutschen Lehrervereins f. Naturkunde), 1912, Nr. 6, S. 161 bis 176, mit 1 Tafel. d) Amphibien. Uber die Samentrager der Tritonen und ihre Beziehungen zum Kloaken- wulst, nach E. Zellers hinterlassenen Schriften mit 8 Textfiguren, in Ver- handlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft 1904, S. 36—45. Uber die Samentrager von Triton alpestris, ebenda 1906, S. 227—228. Herausgabe von E. v. ZELLERS nachgelassener Arbeit: Untersuchungen über die Samentrager und den Kloakenwulst der Tritonen, in Zeitschr. f. wissenschaftl. Zoologie, 79. Band, 1905, S. 171-221, mit 2 lithogr. Tafeln. Unsere deutschen Fròsche, in Sitzungsber. Ver. f. vaterl. Naturk. 1907. S. 79-81. Uber einige eigentiimlich gefirbte und gezeichnete, besonders melanische Grasfrésche, in Jahresber. d. Senckenbergischen Naturforschenden Gesell- schaft in Frankfurt a. M. 1906, S. 105—118, mit 18 Textfiguren und 3 Ab- bildungen in Farbendruck. Ùber neue Funde von schwarzen Grasfròschen, in Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft 1908, S. 230—234, mit 1 Textabbildung. Über blaue Teichfrösche und über Nutzen und Schaden der Frösche über- haupt, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk. 1913, S. 57—62. e) Fische und Fischerei, Zur Fischfauna von Südaustralien, in Arch. f. Naturgeschichte 1872 (38. Jahrgang), S. 17—47, mit 1 Tafel. Die v. MòLLERsche Sammlung australischer Fische in Stuttgart, in Sitzungs- berichten der Kais. Akademie d. Wiss. in Wien, I. Abteilung, 80. Band, 1879, S. 325—430, mit 9 Tafeln. Die Fische in Württemberg, faunistisch-biologisch betrachtet, und die Fischereiverhältnisse daselbst, in Jahreshefte des Ver. f. vaterländ. Naturk. in Württ., 1881, S. 172—304. Uber die Felchenarten des Bodensees, ebenda 1884, S. 105—128. Uber Bach- und Seeforellen, ebenda 1885, S. 266—288. Uber Zwergrassen bei Fischen und bei Felchen insbesondere, ebenda 1900, S. 519—532 (mit Beobachtungen über Größe und Entwickelungsgrade der Kaulquappen des Grasfrosches, S. 521—523). Gangfisch und Blaufelchen, ebenda 1903, S. 255—266, mit 2 Tafeln. Entgegnung auf NüBlins Ausfiihrungen in der Gangfisch-Blaufelchenfrage vom September 1903, ebenda 1904, S. 335—343. Schlußwort auf die „letzte Erwiderung“ Professor Nüßlins, die Gangfisch- Blaufelchenfrage betreffend, ebenda 1905, S. 307—309. 33: 34: 39: 40. 4I. C. B. Klunzinger, . Die Trommelsucht der Kropffelchen oder Kilchen, in Verhandl. Deutsch. Zool. Gesellsch. 1908, S. 241—242. . Die Fischfauna der Schweiz nach Fatio (Referat) in Naturwissenschaftl. Wochenschr., VI. Bd., Nr. 51, 1891, S. 513—515. Bodenseefische, deren Pflege und Fang, Stuttgart bei Ferd. Enke, 1802, S. 1—232, mit 88 Textabbildungen. Uber die prähistorischen Fischereigerätschaften, insbesondere der Pfahl- bauten des Bodensees, in Cirkularen des Deutschen Fischereivereins 1892, S. 1—6. Bearbeitung der Fische (außer Physostomi), in Handwörterbuch der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie, bei Ed. Trewendt in Breslau, 1880—1900. . Futtertiere für Aquarienfische, in Wochenschr. f. Aquarien u. Terrarien- kunde 1911 (8. Jahrgang), S. 378—370. . Entwicklung der Fische im Ei, mit Hinblick auf die der Reptilien, Vögel und Säugetiere (Vortrag), ebenda 1910, S. 482—483. . Über die Goldfischabarten und ihre künstliche Erzeugung nach Tornier, in Sitzungsber. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 1912, S. 96--102. f) Crustacea. Über die Astacus-Arten in Mittel- und Südeuropa und den Lereboulletschen Dohlenkrebs insbesondere, in Jahresh. des Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 1882, S. 326-342. Uber das Vorkommen des Apus cancriformis Schaff. in Württemberg, ebenda 1902, S. 348—351. Über den Kieferfuß oder Apus cancriformis mit Vorzeigung lebender Exemplare, in Wochenschr. f. Aquarien- u. Terrarienkunde, 1910, S. 639 und 640. - g) Insekten. . Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen (nach Eimer I. Teil) in „Humboldt“ 1889, I. Bd., S. 411-416 mit 2 Textabbildungen. . Derselbe Titel (nach Eimer II. Teil), in Naturwiss. Wochenschr. 1896, S. 185—190, mit 3 Textabbildungen. . Uber parasitische Fliegenmaden an einer Kröte, in Jahresh. Ver. vaterl. Naturk. 1902, S. 371—379, mit 5 Textabbildungen. . Uber die Puliciden oder Flöhe, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk., Sp Hie) by res . Uber die Beteiligung der Ratten (und ihrer Fléhe) an der Verbreitung der Pest, ebenda IgII, S. 75. . Uber einen Schlammkafer (Heterocerus livigatus Kiesewetter) und seine Entwicklung in einem Puppengehäuse, in Verhandl. Deutsch. Zool. _ Gesellsch. 1906, S. 218—222. 49. . Unsere Wasserinsekten und deren Einrichtungen für das Wasserleben, in Wochenschr. f. Aquarien- und Terrarienk. 1909, S. 328—329. h) Niedere Tiere: Wirmer, Zoophyten und Plankton. Bearbeitung der Korallentiere, in Handwörterbuch der Zoologie, Anthro- pologie und Ethnologie, bei Ed. Trewendt in Breslau 1880—1900. u oY AR 50. ST. Ser 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforscher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 309 Über Schlammkulturen und eigentümliche Schlammgebilde durch einen limicolen Oligochäten (Lumbriculus variegatus) insbesondere, in Verhandl. d. Deutschen Zool. Gesellsch. 1906, S. 222—227, mit 3 Textabbildungen. Die Lehre von den Schwebewesen des süßen Wassers (mit beson- derer Rücksicht auf die Fischerei), in Zeitschr. f. Fischerei 1907 (Januar), S. 120—176. . Über das Sammeln von „Auftrieb“, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk. 1896, S. 124—125. . Geschichte des grünen Feuersees in Stuttgart, in Jahreshefte Ver. vaterl. Naturk., 1902, S. 338—345. . Ferienstudien am Gardasee, in Sitzungsber. Verein f. vaterl. Naturk. 1897, S. 51—53: i) Allgemeines. . Uber die physikalischen, chemischen und biologischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer, in Jahresh. Verein vaterl. Naturk. rgor, S. 321—346. . Nachtrag hiezu, ebenda 1902, 5. 365—370. . Uber Melanismus bei Tieren im allgemeinen und bei unseren einheimi- schen insbesondere, ebenda 1903, S. 267—297. Allgemeine Einleitung und Einleitung zur Naturgeschichte des Tierreichs für Schule und Haus (großer Bilderatlas), Hänselmanns Verlag, Stuttgart 1884, S- 3, 4 U. 5—13. Betrachtungen tiber die Tiere des Stuttgarter Tiergartens Doggenburg, im ,Neuen Tagblatt“ 1908 (Marz bis September), viele Artikel. k) Geographisch-Naturwissenschaftliches. Naturgeschichtliches aus Venedig, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk. 1899, S. 54—58. Uber den Blautopf bei Blaubeuren, in Jahresh. Ver. vaterl. Naturk. 1902, S. 352—364. Ergebnisse der neueren Bodenseeforschungen, in Archiv fiir Hydro- biologie und Planktonkunde, Band II, 1906, S. 97—142. 1) Philologisches. Sprachsiinden in der Zoologie, in Verhandl. d. internat. Zoologen-Kon- gresses in Berlin 1902, S. 900— 909. m) Geschichtliches und Nachrufe. Anteil der Deutschen an der Entdeckung und Eroberung von Venezuela, in Beilage des Staatsanzeigers für Württemberg 1903, Nr. 9 und 10, S.: 144—147: Die Kaiserl. Leopoldinisch- Karolinische Deutsche Akademie der Natur- forscher und der Anteil der Württemberger an ihr, ebenda 1904, Nr. 17/18, S. 1—8, und 1905, Nr. 1 und 2 (Berichtigung). Die zoologischen und anatomisch-physiologischen Kenntnisse und Anschau- ungen des Aristoteles, in Sitzungsber. Ver. f. vaterl. Naturk. 1901, S. 71-73: — 87 — 310 C. B. Klunzinger, 68. 69. 70. ite 72: 13: 74. 15 76. 79; 80. Apam als Erzieher oder die Brackenheimer Lateinschule in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts unter Pràzeptor Apam. Ein pädagogisches Lebensbild, in Vierteljahrsheften des Zabergäuvereins, 1906, S. 34—51 (mit einem Bild von Adam). Über den Amtmann Jonannes Koch in Güglingen, ebenda 1906, S. 53—65 (mit einer Silhuette von J. Koch). Geschichte der Stuttgarter Tiergärten, in Jahreshefte des Vereins f. vater- ländische Naturk. 1910, S. 167—217, mit 1 Tafel (Plan) und 5 Textbildern. (Auch selbständig im Kommissionsverlag von Karl Grüninger). THEODOR Ermer, ein Lebensabrif mit Darstellung der Ermerschen Lehren nach ihrer Entwicklung, in Jahresheft d. Ver. f. vaterl. Naturk. 1899, S. 1-22 (mit Bild). Professor Dr. med. VEESENMEYER, ein Lebensabriß und Nachruf, ebenda 1902, S. 5357. Zum Gedächtnis des Obermedizinalrats Dr. ERNST v. ZELLER, ebenda 1903, S. 36-43 (mit Bild). Zum Andenken an + Dr. med. WILHELM STEUDEL, Sanitätsrat in Stuttgart, ebenda 1904, S. 35—43 (mit Bild). Zum Andenken an E. v. Martens, ebenda 1905, S. 46—50. n) Unterrichtsfragen. Über die gegenwärtige Lage des biologischen Unterrichts an höheren Schulen, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk. 1902, S. 72—84. Verhandlungen über Unterrichtsfragen in Württemberg, in „Natur und Schule“ 1903 (II. Band), S. 6o—62. Uber Tiergärten, Zoolog. Stationen, Ausstellungen und Praktisches. . Die Fischereiausstellung in Friedrichshafen am 4. deutschen Fischereitag, in Cirkularen des Deutschen Fischereivereins 1892, S. 1—15, fol. . Die Ausstellung des Vereins für Naturkunde in Schwab. Gmünd, in Entomologische Zeitschr. 1907, S. 22—23. Die 1. Ausstellung des Vereins der Aquarien- und Terrarienfreunde in Stuttgart am 11.—19. September 1909, in Wochenschr. f. Aquarien- und Terrarienkunde 1909, S. 651 u. 652. Uber die Ausstellung des Vereins für Aquarien- fen Terrarienkunde yElritze“ in Schwab. Gmünd (14.—21. Aug. 1910) u. ebenda 1910, S. 552 U Bae Ùber die Stuttgarter Tiergartenfrage vom Standpunkt des Unterrichts und der Wissenschaft, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk. 1908, S. 67. . Gedanken und Winke fiir eine Aquarien- und Terrarienausstellung, in Blatter fir Aquarien- und Terrarienkunde 1913, S. 197—200. . Uber die zoologische Station in Rapallo, in Sitzungsber. Ver. vaterl. Naturk. 1896, S. 79. È Ùber die biologische Station zu Plòn, ebenda 1896, S. 80. . Uber Photographien mit Röntgenstrahlen, ebenda 1897, S. 34. — & = 87. 88. 89. Erinnerungen a. m. Leben als Naturforseher u. Arzt zu Koseir am Roten Meer. 311 Uber Formalin und seine konservierenden Eigenschaften, ebenda 1898, 3. JO—72. Der Kinematograph im Dienste der Aquarien- und Terrarienkunde, in Wochenschr. f. Aquarien- u. Terrarienkunde 1910, S. 248—250. Belehrender Begleiter fiir Aquarien- und Terrarienfreunde, bei Aus- flügen und Besichtigung von Sammlungen, insbesondere von Ausstellungen. 1909 (bei Strecker und Schröder), S. 1--82, 2. vermehrte Auflage vom Führer durch die 1. Ausstellung des Vereins der Aquarien- und Terrarien- freunde Stuttgarts 1909. p) Besprechungen. Zur 2. Auflage des „Lebens der Binnengewässer“ von Dr. Kurt LAMPERT, Leipzig 1910, in Archiv für Hydrobiologie (VI. Band), 1911, S. 347—354. N RINE Zoolonische Annalen Zeitschrift fir Geschichte der Zoologie Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, 0.6, Professor der Zoologie u, vergl. Anatomie und Direktor des zoolog. Museums in Königsberg Pr A Band VI, Heft 1. Mi: = Inhalt: ; _ Gudger, Georg Marcgrave (aus dem Englischen von Dr. W. Breitenbach) Poche, Supplement zu C. O. Waterhouses Index Zoologicus Nr. IL Szalay, Der Wisent im Brehm. 5 ; _ Cummings, A biographical sketch of Col George Montagu (1755—1815.) ‘ Corrigenda et Addenda. Bespreehungen. 4 £ Sr 5. TE ‚Würzburg. 3. en de BE as Verlag von Curt Kabitzsch. N ci AOS (RARE re laa ee Kgl. Universitäts-Verlagsbuchhändler do RAR M. dti” 1914. | Die „Zoologischen Annalen“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen ||| | ungefahr vier einen Band von 320 bis 400 Druckseiten gr. 8° zum Subskriptions- | | preise von Mk. 15.— bilden. Einzelhefte werden nicht abgegeben. | Druckfertige Manuskripte in deutscher, englischer, französischer oder italienischer _ _ Sprache wolle man an Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Max ‚Braun in Königs- | berg i. Pr., Zoolog. Museum einsenden. , Der Verlag behält sich das ausschliess- he [IL liche Recht der Vervielfältigung und Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum }| a > ‚Erscheinen gelangenden ‚Originalbeiträge innerhalb der gesetzl. Schutzfrist vor. £ || Tie OTT ; x ee | an kannp, Demonstration einiger neuer Strukturmodelle. su -Ausg. Mi i i ‘. Breidenbach, H., Der Zustand des Mainwassers und Abe Mainnfer bats unter Stucken, H. M., Experimentelle Beiträge zur Wirkun Boveri, Th., Uber das Verhalten der Geschlechtse! a Müller, Kristallographische U Sobotta, J., Die neuesten Ergebnisse der Paläontolôgie d ‘Schultze, O., Uber den direkten Zusammenhang von Gahlen, Fr., Entoptischer Befund. an ‚Choriore Verlag von Curt Kabitzsch, Kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler in Würzburg. Verhandlungen a. der | | Physikalisch- -Medizinischen Gesellschaft zu Wiirzburg. Preis pro Band im Umfang von ca. 25 Druckbogen M. 127 Neue Folge. Band XXXIX. Schmitthenner, E., Uber histologische Vorgänge bei Okulationen und Kopulationen | (Sep.-Ausg. M. —.60.) fi Kraus, G., Gynaeceum oder Gynoeceum ? und anderes Sprachliche, (Sep. -Ausg. M. —.60.) ja Schmincke, A., Die Regeneration der quergestreiften Muskelfasern bei den Wirbel- tieren. Eine vergleichende pathologisch-anatomische ‚Studie. I. er“ Mit 2 lithogr. Tafeln. (Sep.-Ausg. M. 3.50.) Lüdke, H., Zur Kenntnis der Komplemente. (Sep.-Ausg. M. 2.40.) it Manchot, W., Uber Sauerstoffaktivierung. (Sep.-Ausg. M. —.80) — ahs i ‘Sobotta, J., Die Richtungsteilungen des Li ‚speziell über die Zahl der Richtungskörper. (Sep.-Ausg. M. —.80.) Goldschmidt, M., Die Flora des Rhôngebirges VI. (Sep.- -Ausg. M1 20) | Baltzer, Fr., Über mehrpolige Mitosen bei Seeigeleiern. (Sep: cee M. 420) Neue Folge. Band XL. No Kraus, Gr., Erfahrungen über Boden und Klima auf dem Wellenkalk. Aus der Pflanzen welt Unterfrankens X. (Sep.-Ausg. M. —.80.) halb und innerhalb Würzburgs unter Verwendung ehemigeher, bakteriologische und biologischer Methoden. (Sep.-Ausg. M. 2.40.) e Riedinger, si Da die Wirkung moderner Projektile. Mit 14 Tafeln. Sep Preis es Borst, M., Gedàchtnisrede auf. E. V. Rite Cire Sep -Ausg. re Kraus, Gr., Aus der Pflanzenwelt Unterfrankens XI. (Sep.-Ausg. Preis M Schultze, 0., Neue Methoden der histologischen, aufhellenden und kor Technik. Mit 1 Doppeltafel. (Sep-Ausg. Preis M. 1.50.) | Lang, H. K., Der Sauerstoffgehalt der, natürlichen Ma in ee und Jm | (Sep. "Ausg. Preis M. 1.20.) 0° nae Neue Folge. Bann XLL stammungsproblem der heutigen Menschenrasse (Se) fibrillen. Mit 1 Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. —.80.) v. Frey, M., Die Wirkung: einfacher Druckempfindungen Inouye, T., Zwei Abhandlungen zur Mechanik des querges injektionen. Mit einer Tafel. (Sep.-Ausg. Mit 19 Fig. im Text. (Sep.-Ausg. Preis M | Preis M. 1.60.) h Reiss, A., Studien über die Bakteriend ora d und quantitativer Hinsicht. Mit 2 Ta Goldschmidt, M., Die Flora des Rhöngebirg: a Helfreich, Fr., Geschichte. der Augenh . Unger, W., Beiträge zur Physiologie de | Sieber, Fr. W., Über die physiologis i im Kambium. | ogo M. 2.40 ARIA Neue È Schultze, dti auf Ph +1 Tabelle und 11. Goldschmidt, Die Flora Ubisch, = SEA an Verlag von Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler, Würzburg. Als erweiterter Sonderdruck aus den Zoolog. Annalen erschien: Historisch-kritische Studien über Goethe als Naturforscher. Dr. J. HF. luxe: Utrecht. 10 Bogen mit 2 Tafeln. ===" Preis brosch. Mk. 3.—. I. Goethe als vergleichender Anatom. II. War Goethes Naturanschauung teleologisch quer mechanisch ? XII, Goethes Parteinahme am Kampf in der Pariser Akademie vom Jahre 1830. ITY. Goethe und die Lehre von der Metamorphose. i V. Goethe und die ficotuate als PORLRUNEUKET, | Aristoteles ur und Plus | Studien zur Geschichte der Zoologie SE ri | NORA he iy ee Dr. August Steier. > Preis broschiert Mk. 4.— INHALT: Die Einteilung der Tiere in der Naturalis Historia des Plinius. — Die Tier- formen des Plinius. — Zoologische Probleme bei Aristoteles und Plinius. Eine der besten Arbeiten zur antiken Zoologie, welche seit Jahren erschienen ist. OME CURT A pe oiler A „Mitteilungen zur Geschichte der Medizin“, : Lehrbuch der Histologie und der | mikroskopischen Anatomie Mia ot a mit besonderer Beriicksichtigung des menschlichen Körpers RE | einschliesslich der mikroskopischen Technik FA) ASE von dex si Di IR an Ladislaus Szymonowicz | pi vira .. Professor ae Histologie und Embryologie an der Universität Lemberg. Zweite Auflage = or vollständig umgearbeitet und ergänzt unter msi von Dal Pa AE Fe Rudolf Krause TRONI et Professor der Anatomie an der Universitit Berlin, | © 8%. zu und 536 Seiten mit 201 Illustrationen im Text und 125 desgleichen amy. % $ ; . | 60 teils farbigen Tafeln. | Preis brosch. M. BS tao M. 17—. ; N führen vermag. ... Der en Ba tre einige Auszüge aus den sehr ‚anerkennenden Urteile, Untersuchung der Haupttypen der A u Ein Handbuch für Cidade und ei bs von | Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, o. è. Professor für Zoologie und vergl. Anatomie und Direktor des Zoolog. Museums in Königsberg. a: Vierte verbesserte, durch einen Anhang erweiterte Auflage . lt | von Dr. Otto Seifert, a. o. Pane de Universitat on 5 40 Bogen mit 325 Abbildungen. Preis brosch. Mk. 15.—, in Halbfranz gebunden Mk. 1 7. — „Berl. klin. Wochenschrift“ : Die neue Auflage trägt den Fortschritten des parasitologischen Wide Rechnun Zahl der Abbildungen wurde um 60 vermehrt. Wir rühmen an dem Braun’schen Buche Klarheit der Darstellu Vollständigkeit und nie versagende Zuverlässigkeit. . . . Seifert hat die klinische Seite der Parasitologie in recht geschickter Weise geschildert. gez. Zinn-Berlin. — ‚Archives de Parasitologie. ... L’ouyrage est plus que jamais recommandable; il doit étre le guide de to: ceux qui s’adonnent aux études e Les belles figures dont il est orne le rendent: particulierement 4 faci à consulter et à lire. Zoologisches Zentralblatt, ne Die neue Auflage des Braun’ achen Werkes kann nur mit Freude und Daal Leitfaden = Won n vi ei N x Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, Be ‘o. ö. Professor der Zoologie und vergl, Anatomie und Direktor des Zo in Königsberg i. di Pr Met und — Privatdozent Dr. M. Lühe, Kun sà (I. Assistent des Instituts. REN, 12 Bogen mit 100 Abbildungen im Text. Preis brosch. Mk. 5.20, gebd. Mk. 6.- — Das Buch, auf vieljahrigen Erfahrungen der Verfass E für Spezialvorlesungen und -Übungen in der Par: wachsende Bedeutung zukommt. Eine grosse Zahl vollständig nahme gefunden, ein anderer Teil stammt aus dem grossen zinischen Fachpresse: Zeitschrift für Fleisch- und Milehhygiene. Studierenden zu empfehlen ist. Berliner klin. Wochenschrift, wertvolle Winke über | ‘den Versand. von Zoologische Annalen Leitch für Geschichte der Zoologie HESENSBegeben von "Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, o, ö. ‚Professor der Zoologie u. vergl. Anatomie und Direktor des zoolog. Museums in Kônigsberg i, Pr. Band VI, Heft 2/3. ; Inhalt: z lan Der Merisi i | Killermann, Das Tierbuch des Petrus Candide geschrieben 1460, ge- — Wy malt im 16. Jahrhundert. Mit 8 Tafeln. Würzburg. Verlag von Curt Kabitaschi i Vi E i Vor ai 1914. ologi sch en An n ale ni erscheinen i in zwanglosen Heften, von denen ef einen Band von 320 bis 400 Druckseiten gr. 8° zum Subskriptions- preise von Mk. 15.— bilden. Einzelhéfte werden nicht abgegeben. kf ge Manuskripte in deutscher, englischer, franzôsischer oder italienischer ; man an He Tn RE Reg. “Rat Prof. Dr. De Braun in ROME oi Verbreitung der in dieser Zeitschrift zum Dana der r gesetzl. Schutzfrist. vor. < Verlag yen Cee ee Beer es Univ.-Verlagsbuchhändler in bioritmi is o Verhandlungen der Physikalisch- -Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. Preis pro Band im Umfang von ca. 25 Druckbogen M. Loue Neue Folge. Band XLI. Sobotta, J., Die neuesten Ergebnisse der Paläontologie des Menschen und das Ab- stammungsproblem der heutigen Menschenrassen. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.50.) Schultze, 0., Uber den direkten Zusammenhang von Muskelfibrillen und Sehnen- fibrillen. Mit 1 Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. —.80.) © v. Frey, M., Die Wirkung einfacher Druckempfindungen aufeinander. Se Aug. Inouye, T., Zwei Abhandlungen zur Mechanik des quergestreiften Muskels. M. 1. Stucken, H. M., Experimentelle Beiträge zur Wirkung subkonjunktivaler dons injektionen. Mit einer Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.80.) sae Boveri, Th., Uber das Verhalten der Geschlechtschromosomen bei Hermaphroditismus. i) Mit 19 Fig. im Text. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.—.) Dì Gahlen, Fr., Entoptischer Befund bei Chorioretinitis. Mit 8 Tafeln. (Sep. Ausg, | Preis M. 1.60.) Reiss, A., Studien über die Bakterienflora des Mains bei Wirzburg i in „gualitativer und quantitativer Hinsicht. Mit 2 Tafeln, (Sep.-Ausg. Preis M. Be.) | Goldschmidt, M., Die Flora des Rhöngebirges VII. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.—.) Helfreich, Fr., Geschichte der Augenheilkunde in Wiirzburg. (Preis M. 1.20.) Unger, W., Beiträge zur Physiologie des Kalziumoxalates. (Preis M. 1.80.) Sieber, Fr. W., Uber die physiologische Rolle von. Kalk, Ra und Phosphorature im Kambium. (Preis M. 2.40.) Neue Folge. Band XLIL SR +7 Schultze, Gedächtnisrede auf Philipp Stohr. Mit 1 Porträt. (Preis M. 1. 2 EEG Müller, Kristallographische Untersuchungen am Turmalin aus Brasilien. wise È Taf In, 1 Tabelle und 11 Abbildungen im Text. (Preis M. 4.—) AIA Goldschmidt, Die Flora des Rhéngebirges VIII. (Preis M. 1. SC v. Ubisch, Uber das larvale Muskelsystem von Arbacia pustulosa. Mit 2 Texture und 1 Tafel. (Preis M. i.—.) Oehninger, Über Kerngrössen bei Bienen. Mit 4 Tafeln. (Preis M. i 50). Stettenheimer, Variationsstudien in der Gruppe der Finoreseentas. u u Tabellen im la und 10 Tafeln. (Sep.-Ausg. Preis M. Le BOs DER Neue Folge. Band XLII Heft 1: Die Hassberge, Landesnatur, Bevölkerung. und Wirtschaftskultur A Leo Weismantel. Mit 6 Abbild. im Text ua Danni. ru a Di Heft 2 erschien soeben: Verlag von Curt Kabitzsch, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler, Würzburg. Als erweiterter Sonderdruck aus den Zoolog. Annalen erschien: Historisch-kritische Studien über Goethe als Naturforscher. Dr. J. H. F. en, Utrecht. 10 Bogen mit 2 Tafeln. = Preis brosch. Mk. 3.—. I. Goethe als vergleichender Anatom. II War Goethes Naturanschauung teleologisch oder mechanisch ? I. Goethes Parteinahme am Kampf in der Pariser: Akademie v vom Jahre 1830. IV. Goethe und die Lehre von der Metamorphose. Vi Goethe und Me Geologie als RER OMS Aristoteles ur und Plinius | D en zur Geschichte der Zoologie von | Dr. August Steier. ‘Preis broschiert Mk. 4.—. È INHALT: Die Einteilung der Tiere in der Naturalis Historia des Plinius, — Die Tier- | formen des Plinius. — Zoologische Probleme bei Aristoteles und Plinius. = Sed der besten Arbeiten zur antiken Zoologie, welche seit Jahren erschienen ist. ae i „Mitteilungen zur Geschichte der Medizin‘. - ‘Lehrbuch der Histologie und der aa Anatomie mit besonderer Berücksichtigung des menschlichen Korpers einschliesslich der mikroskopischen Technik von: TOOL Dr. Ladislaus Szymonowicz 6. Professor der Ra und Embryologie an der Universität Lemberg = Zweite Auflage ST rat umgearbeiter und ergänzt unter Mitarbeit von Dr. Rudolf Krause _ SURE 0: Professor der Anatomie an der Universitit Berlin. ? x und 536 Seiten mit 201 Illustrationen im Text und 125 desgleichen auf he SIE OUR ‚teils farbigen. Tafeln. Preis brosch. M. 15.—, oe ms 17—. entralblatt for normale Anatomie. Vig ioe he x 2 Sowohl im Text wie in den badges weist da Buch zahlreiche Vervollständienngen if, estehenbleibende wurde einer gründlichen Revision unterzogen, . + «+ Die Ausstattung des lle des in Wort eine hervorragend: gute, der Preis (M. 15.—) ein (ogschayo mässiger, gegenüber der “und Bild. Gebotenen zu nennen. © ity Verlag von Curt Kabitzsch, kgl. DS Re W ürzburg. "Di tierischen Parasiten des Mensche il Ein Denver für Studierende und Arzte ' von Geh. Reg.-Rat Dr. Max pee: ; o. ö. Professor für Zoologie und vergl. Anatomie und Direktor des Zoolog. Museums in Königsberg. Vierte verbesserte, durch einen Anhang erweiterte Auflage enthaltend : / Die Pathologie und Therapie der tierisch- -parasitären Krankheit von Dr. Otto Seifert, ae 04 Professor der Universitat Würzburg. 40 Bacon mit 325 Abbildungen. Preis brosch. Mk. 15. —, in Halbfranz gebunden Mk. 17.— „Berl. klin. Wochenschrift*: Die neue Auflage trägt den Fortschritten des CE Mise Rechnung, Zahl der Abbildungen wurde um 60 vermehrt. Wir rühmen an dem Braun’schen Buche Klarheit der Darstel Vollständigkeit und nie versagende Zuverlässigkeit. . . . Seifert hat die klinische Seite der Parasito recht geschickter Weise geschildert. - gez. Zinn-Berlin, Be Archives de Parasitologie. .. . L'ouvrage est plus que jamais recommandable; il doit être le guide de tor us ceux qui s’adonnent aux études parasitologiques. Les belles figures dont il est orne le rendent particulieremen faci le à consulter et a lire. È Zoologisches Zentralblatt. . . . Die neue Auflage des Braun’schen Werkes kann nur ‘ie Freude und Dan - Leitfaden. zur Untersuchung tierischer Parasite Via: + Geh. Rai Spat Dr. Max Braun, — ‘0.0: Professor der Zoologie und vergl. Anatomie und Direktor des Zoo Museums. in Königsberg ; i, Pr ad Privatdozent Dr. M. Lii fine, I. Assistent des Instituts. NER, 12 Bogen mit 100 Abbildungen im Text. Preis brosch. Mk. 5.20, ‚gebd. Mk. 6—. Das Buch, auf vieljabrigen Erfahrungen der Verfasser b i her für Spezialvorlesungen und -Übungen in der wachsende Bedeutung zukommt. Eine grosse Zahl volls zinischen ehren i È Zeitschrift für Fleisch- und a enn . Sindterenaen: zu empfehlen ist. his Berliner klin. Wochenschrift. leiht ist einmal sein ausserordentlich g pendiösester Form, dann aber — und dies vo der Untersuchung in der Art, dass ‚jeder, der Laboratoriums Bescheid weiss, auch diese zc führen vermag. . . Der Leitfaden git wertvolle Winke über den Versand v dip der sa Mercer Ld > { Var A | Dieses Heft bildet den Schluss des VI. Bandes. pologische Annalen a ir Geschichte der Zoologie Me Hoe. ch, Reg.- Rat Dr. Max Braun, Tot ai 3. Professor der Zaglogie u. vergl. Anatomie und Dircktor des zoolog. Museums in. Königsberg i. Pr. Band VI, a 4, Inhalt: | Klunzinger, Erinnerungen aus meinem oben als Naturforscher und Arzt zu i Koseir : am Nas Meere. Mit 15 ‚Abbildungen. Verlag. von Curt Kabitzsch, Kel. Univ. -Verlagsbuchhändler in Würzburg. Vergiänitanien der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. ~ ‘4 Preis pro Band im Umfang von ca. 25 Druckbogen M. 14.—, Neue Folge. Band XLI. Sobotta, J., Die neuesten Ergebnisse der Paliontologie des Menschen und das ‘Ab stammungsproblem der heutigen Menschenrassen. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.50.) Schultze, 0., Uber den direkten. Zusammenhang von Muskelfibrillen und Sehnen- fibrillen. Mit 1 Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. —.80.) v. Frey, M., Die Wirkung einfacher Druckempfindungen aufeinander, Se rates Inouye, T., Zwei Abhandlungen zur Mechanik des quergestreiften Muskels. M. 1. Stucken, H. M., Experimentelle Beiträge zur Wirkung subkonjunktivaler Kochsalz- iR ia injektionen. Mit einer Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.80.) Boveri, Th., Uber das Verhalten der Geschlechtschromosomen bei Hermaphroditismus. aes Mit 19 Fig. im Text. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.—.) | Gahlen, Fr., Entoptischer Befund bei Chorioretinitis. Mit. 3 Tafeln. (Sep. Ausg. — 3 Preis M. 1.60.) Reiss, A., Studien über die Bakterienflora des Maina bei Wirzbore! in qualitative LI ae und quantitativer Hinsicht. Mit 2 Tafeln. (Sep. -Ausg. Preis M. 2.—.). ne Goldschmidt, M., Die Flora des Rhöngebirges VII. (Sep.-Ausg. Preis M. 1—.) Helfreich, Fr., Gesehighte der Augenheilkunde in Würzburg. (Preis M. 1.20.) — Unger, W., Beiträge zur Physiologie des Kalziumoxalates. (Preis M. 1.80.) Ar Fr. W., Uber die physiologische Rolle von Kalk, Magnesia und à Phosphorsäure N im Kambium. (Preis M. 2.40.) v Neue Folge. Band AUT a ne Schultze, Gedächtnisrede auf Philipp Stöhr. Mit 1 Porträt. (Preis M. 1.9 Miiller, Kristallographische Untersuchungen am Tarmalin aus Brasilien. Mit 4 Tafeln, oe : 1 Tabelle und 11 Abbildungen im Text. (Preis M.4—) ANI Goldschmidt, Die Flora des Rhöngebirges VIII. (Preis M. 1.— ee v. Ubisch, Über das larvale Muskelaystem von Arbacia pustulosa. Mit 2 Textäsuen en und 1 Tafel. (Preis M. 1. 7) BER Oehninger, Über. Kerngrössen bei Bienen. Mit 4 Tafeln. (Preis M. È 50) Stettenheimer, Variationsstudien in der Gruppe der Fluorescentes. Mit il Tabellen oe im Text und 10 Tafeln. (Sep. -Ausg. Preis M. 7. 50. 2 ya | Neue Folge. Band XLIIL x Heft 1: Die Hassberge, Landesnatur, Bevülkerung ‘and ‘Wirkschaftskultur Sve “ Leo Weismantel. Mit 6 Abbild. im Text u. 1 Doppeltafel. (Preis M. 5) 8 Heft 2: uber die Charaktere von Echiniden-Bastardlarven bei verschiedenem Mengen- esl i petal und väterlicher Substanzen. Von Th h. Boveri reis ‘Sa: ; Heft 3: Über die Lage der Schneidezahnkeime im Unterkiefer beim Menschen. Von Joseph Wolff. (Preis M. 1.50.) : { kin ase nes an a Flora des Rhongebirges de M. Goldschmidt; Geis. Mn ui. oe Preis M. tues rite where aioe EN RE er 2, vermehrte und verbesserte anaes po ne Nachdem dieser Teil, der als Separatdrack one, der Allgemeinen Botanisc Zeitschrift Jahrg. 1900 erschien, vollständig vergriffen ist, sah sich der Verfasser eine 2. verbesserte und vermehrte I erscheinen. ae lassen. Dadu Aven Elsa es Preis etwa Ae da, CIR AO, Stockes. TS ET il Verlag von ci urt K a bitzse h, kgl. Univ.-Verlagsbuchhandler, Würzburg. vt “Als ¢ erweiterter Binameariel aus den Zoolog. Annalen erschien: hs oi n A di Historisch-kritische Studien Pes ana über oethe als Naturforscher. f ‘Dr J. H. F. Konbrugse, Utrecht. bes ù 10 Been’ mit 2 Tafeln, = Preis brosch. Mk. li Spot = LET Goethe als vergleichender Anatom. _ | .. IL War Goethes Naturanschauung teleologisch oder. mechanisch? IM. Goethes Parteinahme am Kampf in der Pariser Akademie vom Jahre 1830. TY. Goethe und die Lehre von der Metamorphose, i AN IE Goethe Had, die ner als ‚Schlusswort, eg TOR dn O o O £ von ae Do ie i à È Dr. August. Steter. — 1 ù i à ee Preis broschiert Mk. di A O AIA ay INHALT: Die Fimellng der Tiere in der: Naturalis Historia dee Ban Die Tier Be DoS en a one Probleme bei Aristotele, und SRI SR LIA +] von | Geh. Reg. ‚Rat Dr. Max Braun, { o. 6. Professor für Zoologie und vergl. Anatomie nite Direktor des LAO enthaltend: Die Pathologie und Therapie der tierisch:p rasitaren | von Dr. Otto Seifert, a. o. ‘Professor. der Universität | 40 BEER mit t 25 agli af „Berl, klin. a Die Ne RC FALL Hie Zahl der Abbildungen wurde um 60 vermehrt, Wir rühmen an dem Braun’schen Buche . Vollständigkeit und nie. versagende Zuverlässigkeit. ne . Se î kl recht geschickter Weise geschildert. re | | Archives de Parasitologie, ... L'ouvrage est plus que jamais le ceux qui s 'adonnent; aux études parasioliziale. Les belles gutes dont! a es ‘orne, le r ra consulter et à lire. Zoologisches Zentralblatt. .. + Die neue a des Braun! schen barkeit begrüsst werden . .. : sr hese pee PMR ALIA SRE STE au LE he it a STARETE = 3 cas ao tte N ST STANTE RTE RIRE AID Re sptepertirtetontati Sessa sateseces ento STE See eee ae Rese tpt se TATA