ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER. ABTEILUNG FUR ANATOMIE UND ONTOGENIE DER TIERE. HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. J. W. SPENGEL IN GIESSEN. AWEIUNDZWANZIGSTER BAND. MIT 41 TAFELN UND 86 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1906. te À Alle Rechte, namentlich das der Übersetzung, vorbehalten. if : 107 Fin Fe De - NER Pa 4 ne E . % a Sir es Ta cé Inhalt. Erstes Heft. (Ausgegeben am 2. Oktober 1905.) SEILER, WILHELM, Beitrige zur Kenntnis der Ocellen der Ephe- meriden. Mit Tafel 1—2 und 1 Abbildung im Text VON WAGNER, FRANZ, Beitriige zur Kenntnis der Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. II. a jar Mit Tafel 3 bis 7 SUND, Oscar, Die chine ee EN bei Spinax niger. Mit Tafel 8—9 und 9 Abbildungen im Text Zweites Heft. (Ausgegeben am 31. Oktober 1905.) HAGER, P. Karn, Die Kiefermuskeln der Schlangen und ihre Be- ziehungen zu den Speicheldrüsen. Mit Tafel 10—14 RÔHLER, Ernst, Beiträge zur Kenntnis der Sinnesorgane der In- secten. Mit Tafel 15—16 und 1 Abbildung im Text DREYLING, L., Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig leben- den Bienen. Mit Tafel 17 —18 und 1 Abbildung im Text. Vozz, WALTER, Zur Kenptnis des Auges von RR und Boleophthalmus. Mit Tafel 19 . Gross, J., Untersuchungen über die Ovarien von Mallophagen Er Bed alien. Mit Tafel 20—21 und 2 Abbildungen im Text . Drittes Heft. (Ausgegeben am 27. Dezember 1905.) LEHMANN, HARRIET, On the embryonic history of the aortic arches in mammals. With plates 22—25 and 8 figures in the text SCHAAF, HEINRICH, Zur Kenntnis der Kopfanlage der Cysticerken, insbesondere des Cysticercus der Taenia solium. Mit Tafel 26 und 27 und 13 Abbildungen im Text Seite 157 173 225 289 331 347 387 435 IV Inhalt. WANDOLLECK, BENNO, Zur Morphologie des Abdomens der weib- lichen Käfer. Mit Tafel 28 und 32 Abbildungen im Text. STRUCKMANN, CHR., Eibildung, Samenbildung und Befruchtung von an Be Mit Tafel 29—31 und 18 Abbildungen im Text. A u. 5 Viertes Heft. (Ausgegeben am 6. Juni 1906.) von BAEHR, W. B., Über das von Eimer beschriebene Brustbein vom Karpfen (Cyprinus es Mit Tafel 32 und 1 Abbildung im Text Livanow, N., Rent obdelle peledina Gu. 1851. Mit Tafel B3—Al . - ; ee De Ree 629 637 Nachdruck verboten, Ubersetzungsrecht vorbehalten. Beitrage zur Kenntnis der Ocellen der Ephemeriden. Von Wilhelm Seiler. (Aus dem Zoologischen Institut in GieBen.) Mit Tafel 1-2 und 1 Abbildung im Text. Unsere Kenntnis vom Bau der Ocellen oder Stirnaugen bei den Insecten ist in den letzten Jahren durch mehrere Arbeiten be- deutend erweitert und vertieft worden. So hat namentlich Hesse (1901) in dem 7. Abschnitte seiner „Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Tieren“ neben den Komplexaugen auch die Ocellen einer großen Anzahl von Arten eingehend unter- sucht. Ferner haben Reprkorzew (1900) und Zavrez (1902) die ersten Darstellungen über die Entwicklung der in Rede stehenden Organe und zwar an Apiden geliefert. Am wenigsten erforscht sind die Ephemeriden. Zwar hat schon Carriere (1886) (1885) einige Angaben über die Ocellen dieser Insectenordnung gemacht, nament- lich hat er schon die auffallende Tatsache konstatiert, daß den Stirnaugen der Ephemeriden die allen andern Insecten zukommende Cornealinse fehlt, daß sie dagegen eine aus Zellen zusammengesetzte Linse besitzen, deren Aussehen er treffend mit der bekannten Linse des Auges von Pecten vergleicht. Im übrigen ist seine Darstellung des Ocellus der Ephemeriden noch recht liickenhaft, auch fehlt seinen Ausführungen jede Abbildung. Eine mit Figuren belegte aus- führliche Beschreibung des seitlichen Ocellus von einer Cloéon-Art verdanken wir dagegen Hesse. Dieser bestätigt die Angaben CARRIERE’S über die Linse und konstatiert außerdem, daß der Bau Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 1 9 WILHELM SEILER, der Retina bei der von ihm untersuchten Ephemeride vollkommen dem der andern Insecten analog ist. Der feinere Bau der Sehzellen schließt sich vollkommen dem allgemeinen Typus an; außerdem zer- fällt die Retina wie bei den andern Insecten in zwei deutlich getrennte Schichten. Die proximale ist auch hier die Sehzellenschicht oder die Retina im engern Sinn. Die distale gleicht in ihrem Bau voll- kommen der corneagenen Schicht bei den andern Insecten, obgleich ihr nicht die Aufgabe zufällt, eine Cornealinse zu bilden. Hesse konnte für seine Untersuchungen nur ein einziges Exemplar einer nicht näher bestimmten Art von Cloéon verwenden. Es war ihm daher nicht möglich, alle Einzelfragen zu lösen. Es schien mir daher wünschenswert, die Untersuchungen über die Ocellen der Ephemeriden wieder aufzunehmen, sie auf eine größere Zahl auszudehnen und besonders auch die Entwicklung dieser eigentümlichen Organe, soweit das Material dies zuließ, zu studieren. Leider war das Material, das ich mir beschaffen konnte, auch nicht so groß, wie ich gewünscht hätte, denn beim Fange von Ephemeriden ist man be- kanntlich sehr vom Zufalle abhängig; auch waren die Witterungs- verhältnisse im Sommer 1903, in dem ich meine Arbeit begann, sehr ungünstig. Meine Untersuchungen konnten sich daher nur auf 5 Arten erstrecken, die mir zum Teil auch nur in je einem Ver- treter zur Verfügung standen. Es sind die folgenden: Cloëon dipterum U. Baëtis rhodani Prev. Ephemera vulgata L. Heptagenia aurantiaca BuRM. Caenis lactella KETx. Während ich von allen übrigen Arten nur Imagines und Subimagines untersuchen konnte, war es mir bei Cloéon dipterum möglich, die Entwicklung der Ocellen an einer größern Anzahl Larven, Nymphen und Imagines zu verfolgen. Technik. In den Methoden meiner Untersuchungen habe ich mich an die bewährte Technik Hesse’s (1901) angeschlossen. Wie bei allen Untersuchungen von Insecten, so hatte auch ich mit der Schwierig- keit zu kämpfen, welche das Chitin dem Schneidverfahren entgegen- setzt. Weniger war dies bei den Imagines und Subimagines der Fall, denn da bei den Ephemeriden die Mundwerkzeuge im er- wachsenen Zustand bekanntlich verkümmert sind, so lassen sich die Ocellen der Ephemeriden. 3 Küpfe erwachsener Tiere relativ leicht schneiden. Bei den Larven dagegen machen es die sehr harten Mandibeln oft unmöglich, gute Schnittserien anzufertigen. Ein Abpräparieren der Mundwerkzeuge, ohne die übrigen Teile des Kopfs zu verletzen, ließ sich bei der Kleinheit, besonders der jüngern Larven von Cloéon, nicht ausführen. Aus demselben Grunde konnte ich auch ein von Hesse vorgeschlagenes Verfahren nicht anwenden. Dieser Autor half sich nämlich in vielen Fällen dadurch, daß er an den bereits in Paraffin eingebetteten Objekten die Cuticula mit einem feinen Messer absprengte. Dies gelingt wohl bei den beträchtlich großen Organen anderer Insecten; die Ocellen der Ephemeriden sind aber so winzig, daß sich die ge- nannte Präpariermethode nicht anwenden läßt. Ich mußte also in allen Fällen das Chitin mitschneiden, was fast nie ohne Zerreibung der äußern Teile des Auges abgeht. Bei den erwachsenen Tieren waren diese aber nie so stark, daß sie die Untersuchungen beein- trächtigten. Bei den Larven von Cloéon dipterum konnte ich eben- falls gute Schnittserien erzielen, wenn ich die Köpfe in horizontaler Richtung schnitt, denn da alle 3 Ocellen dieser Species auf der Dorsalseite des Kopfs gelegen sind, wurden bei dieser Schnitt- richtung die Mundwerkzeuge nicht mitgeschnitten. Fixiert habe ich mein gesamtes Material mit einer konzentrierten alkoholischen Sublimatlösung. Zum Färben benutzte ich durchweg die Hrrpennarin’sche Hämatoxylinmethode, und zwar genügte ein istündiges Vorbeizen und etwa 3stiindiges Färben. Neben einer guten Kernfärbung erzielte ich so auch eine scharfe Tinktion der lichtempfindlichen Elemente. Ein Teil der Präparate von Ephemera vulgata wurde mit Fuchsin S nachgefärbt. Für einige Zwecke war es notwendig, die Schnitte zu entpigmentieren. Dies bewirkte ich in der von Rosenstapr!) angegebenen Weise mit Künigswasser. Zu diesem Zwecke verblieben die Präparate 6—8 Stunden im Wärme- ofen bei 56° C. Die Dicke meiner Schnitte betrug 7,5 und 5 w. Alle Versuche, geringere Schnittdicke zu erzielen, mußte ich auf- geben, weil dann die durch das Chitin bedingten Zerreißungen zu groß wurden. Ich mußte deshalb auf eine feinere Analyse der licht- empfindlichen Elemente, wie sie Hesse von Helophilus gegeben hat, verzichten. 1) Siehe LEE und Mayrr, Grundzüge der mikroskopischen Technik. Berlin 1898, p. 392. 4 WILHELM SEILER, Spezieller Teil. Die Ocellen von Cloéon dipterum und ihre Entwicklung. Wie bekannt, sind bei Cloéon 3 Stirnaugen vorhanden, 2 seit- liche und 1 mittleres, die nach dem gleichen Plane gebaut sind. Das mittlere ist bedeutend kleiner als die seitlichen. Ich habe schon in der Einleitung darauf hingewiesen, daß Hesse einen Ocellus einer Art von Cloéon beschrieben hat, und will des- halb, weil ich mich genötigt sehe, des öftern auf diese Arbeit zurück- zukommen, kurz auf dessen Befunde eingehen. Hesse ist überrascht durch eine eigenartige Bildung, die sich sonst nirgends bei Arthropoden findet, nämlich das Vorhandensein einer aus Zellen zusammengesetzten Linse. Dies war schon, wie oben erwähnt, von CARRIÈRE (1886) angegeben worden. Die Cuticula zeigt deutliche Wölbung, aber keinerlei Verdickung. Unter ihr zieht die Hypodermis hin, die in die des Körpers übergeht, ohne eine Abweichung von letzterer zu zeigen. Ihre Zellen sind kubisch, nur in der nächsten Nähe des Pigmentbechers etwas in die Länge gezogen. In der Hypodermis vor dem Auge findet sich kein Pigment vor. Unter der Hypodermis liegt die Linse, die im Medianschnitt einen elliptischen Umrjß hat, mit ihrer langen Achse senkrecht zur Augenachse. Sie ist ähnlich der des Pecten-Auges aus zahlreichen dicht aneinander grenzenden Zellen zusammengesetzt. Diese sind nicht regelmäßig angeordnet. Sie bestehen aus einem hellen, wenig färbbaren Plasma und mit Hämatoxylin tief dunkel gefärbten, fast kugligen Kernen. Auch sind deutliche Zellmembranen sichtbar. Eine besondere Hülle um die Linse konnte Hesse nicht erkennen. An einem Punkt des Schnitts scheint ihm die Linsenoberfläche mit der Hypodermis zusammenzuhängen. Eine Einbuchtung der Cuticula an dieser Stelle und die Verlängerung der Hypodermis- zellen scheinen ihm darauf hinzudeuten. Proximal liegt der Linse die Retina an. Hesse hält es nicht für ausgeschlossen, dab sich eine Schicht ganz flacher Zellen zwischen beide einschiebt. Die Retina besteht aus zwei übereinander liegenden Zellenschichten, von denen er die äußere als Glaskörper, die innere als Sehzellenlage bezeichnet. Erstere setzt sich aus säulenförmigen Zellen zusammen, deren Kerne ziemlich weit distal gelegen sind. Ihr Plasma nimmt reichlich Farbe an. Gegen die Sehzellen ist keine trennende Membran Ocellen der Ephemeriden. 5 vorhanden. Ebenso findet keine Einkeilung der Glaskörperzellen in die Retina statt. Die Sehzellen sind schlank, mit proximal gelegenen Kernen. Sie setzen sich mit ihren proximalen Enden in den Sehnerven fort. Die vitralen !) Enden der Zellen liegen eng zusammen und sind mit einem dunkel färbbaren Saum versehen. Diese Säume betrachtet Hesse als die lichtrecipierenden Elemente. Ihren feinern Bau hat er nicht untersuchen künnen. Hinter den Stäbchen verschmälern sich die Zellen, sind dagegen in der Umgebung des Kerns verdickt, wihrend ihre proximalen Fortsätze sich zur Bildung des Sehnerven vereinigen. Hierdurch entstehen Zwischenräume, die mit einer Masse erfüllt sind, die Hesse für ein Tapetum halt. Zellen, die er darin findet, glaubt er als eingedrungene Bindegewebszellen ansehen zu sollen. In der Retina ist entgegen den Angaben von ÜARRIERE kein Pigment vorhanden. Dagegen ist das Auge von einem Pigment- becher eingehüllt, der sich der Retina eng anlegt. An dem proximalen Ende wird er von dem Sehnerven durchbrochen. Hesse glaubt schließen zu können, dab der Pigmentbecher ein einschichtiges Epithel sei und nur da, wo der Sehnerv austritt, die epitheliale Lage gestört sei. In dem Sehnerven findet sich eine Anzahl kleiner Kerne, die er als Bindegewebskerne anspricht, da sie für Kerne von Ganglienzellen zu klein seien. Der Sehnerv ist außen von einer Scheide überzogen, die mit der Bindegewebslage zusammenhängt, welche sich unter der Hypodermis ausbreitet. Weiter sagt dann Hesse: „Mit der Sonderbarkeit einer cellularen Linse hängt eine andere Eigentümlichkeit dieses Auges eng zusammen. Die Zellen des Glaskörpers sind nicht zugleich corneagene Zellen. Dabei setze ich freilich voraus, daß der Glaskörper hier demjenigen in andern Stirnaugen (Helophilus ausgenommen) homolog sei, d. h. aus einem einheitlichen Retinaepithel durch Verschiebung der indifferenten Zellen und Sehzellen gegeneinander entstanden sei — das bedarf allerdings noch des Beweises durch die Untersuchung der Entwicklung, den ich später zu erbringen hoffe. Es hat etwas Einleuchtendes anzunehmen, daß eine Sonderung von Sinneszellen und indifferenten 1) Der Ausdruck „vitral“ ist von Hesse (1902) speziell für das Wirbel- tierauge eingeführt. Er läßt sich aber ebensogut für die Lagebeziehung vieler andern Sehorgane anwenden. Ich werde mich seiner auch in der vorliegenden Arbeit bedienen. 6 WILHELM SEILER, Zellen mit der Notwendigkeit zusammenhängt über der Retina eine Cuticula abzuscheiden, und daß die gleiche Arbeitsteilung weiterhin auch die Verschiebung der beiderlei Zellen zu zwei Lagen im Gefolge hat.“ Diese Zellen haben also nichts mit der Bildung der Cuticula zu tun, und Hesse legt sich nun die Frage vor, welchen andern Zweck sie wohl zu erfüllen hätten. Er kommt in dieser Hinsicht zu folgendem Schlusse: „Vielleicht sind sie zwischen Linse und Seh- zellen hineingedrängt, um die letztern in den gehörigen Abstand von der Linse zu bringen, damit ihre recipierenden Enden in eine Ebene zu liegen kommen, wo das von der Linse entworfene scharfe Bild liegt; es wären die Augen damit wahrscheinlich für das Sehen naher Objekte geeignet geworden.“ Wenn ich auch die in der vorstehenden Arbeit von HEsse ge- machten Angaben bis auf wenige Punkte bestätigt gefunden habe, so sind doch 3 Fragen hierin ungelöst, die in der Entwicklungs- geschichte des Ocellus von Cloéon ihre Beantwortung finden müssen. Diese Fragen würden lauten: 1. Wird der ganze Ocellus, bzw. welche Teile desselben werden aus der Epidermis resp. Hypodermis gebildet ? 2. Woher stammen die Glaskörperzellen ? 3. Auf welche Weise geht die Bildung der Linse vor sich? Meiner Untersuchung liegt die Species Cloéon dipterum zu Grunde. Ich hoffe an Hand meiner Zeichnungen diese Fragen der Lösung näher zu bringen. Die Ocellen sind in der Dreizahl vorhanden. Die beiden seit- lichen sind bedeutend größer als der mittlere. In ihrer gegenseitigen Lage bilden sie ein Dreieck, jedoch ist dieses so gestellt, daß der mittlere Ocellus gegen die beiden seitlichen auf der Stirn etwas nach unten gerückt ist, so daß es auf keinem Horizontalschnitte gelingt, die 3 Ocellen in einen Schnitt zu bekommen. Ebenso ergab meine Untersuchung, daß die Ocellen nicht, wie dies bei andern Ephemeriden der Fall ist, scheinbar auf einem Fortsatz, der durch die Vorwölbung der Linse gebildet wird, aufsitzen, sondern in der Ebene der Körperoberfläche gelegen sind. Leider ist es mir nicht möglich, eine Abbildung des Kopfs von Cloéon dipterum zu geben. Während Hesse den Ocellus einer Imago beschrieben und ab- gebildet hat, habe ich meine Abbildung des fertigen Auges (Fig. 1) einer Nymphe entnommen, da der Ocellus dort schon seine voll- ständige Ausbildung erlangt hat. Wir finden die Retina hier aus langen schlanken Zellen zusammengesetzt. An ihrem vitralen Ende Ocellen der Ephemeriden. 7 sind sie von besonders differenzierten Säumen umgeben, welche auf Längsschnitten zu beiden Seiten jeder Zelle als dunkel gefärbte Linien deutlich hervortreten. Eine nähere Angabe über den Bau dieser Sehstäbchen kann ich leider nicht geben, da ich mit den stärksten mir zu Gebote stehenden Vergrößerungen keine weitern Einzelheiten feststellen konnte. Dies mag wohl zwei Griinden zuzu- schreiben sein; erstens gelang es mir wegen der Cuticula nicht, dünnere Schnitte als solche von 5 « herzustellen, ferner treten auch bei der Konservierung Quellungen auf. Auch Hesse hat diese Gebilde bei Cloéon nicht analysieren können. Bei andern Insecten hat er dagegen nachgewiesen, daß diese Säume aus feinen Stiftchen zusammengesetzt sind, die sich in Neurofibrillen fortsetzen, mithin als lichtempfindliche Elemente zu deuten sind. Denselben Bau werden sie wohl auch bei den Ephemeriden haben, und ich will sie deshalb auch hier als Stiftchensäume bezeichnen. Die Säume sind sehr lang und nehmen auf Längsschnitten */, der ganzen Retinazelle ein. Sichtbar sind sie bei jeder Schnitt- richtung. Auf Querschnitten umgeben sie als dunkle Linien die als Polygone erscheinenden Köpfchen der Retinazellen. Aus der Kombination der verschiedenen Bilder ergibt sich, daß die Stiftchen- säume die vitrale Hälfte der Retinazellen allseitig umgeben. Die Retina ist also anaxonisch gebaut. Es kommt nicht zur Bildung von Rhabdomen, wie sie für die Ocellen vieler andern Insecten charakteristisch sind. Denn die Rhabdome entstehen bekanntlich dadurch, dab mehrere um eine Achse gruppierte Zellen nur an der der Achse zugewandten Seite Stiftchensäume tragen. Durch die dunkle Farbe der Säume sind die obern Teile der Retinazellen dunkler gefärbt als die proximal gelegenen. Da die Glaskörperzellen sich sehr ähnlich färben, kann leicht der Anschein erweckt werden, als ob die Glaskörperzellen sich kontinuierlich in die Sehzellen fort- setzten. Genauere Untersuchung zeigt aber, daß dieser Übergang tatsächlich nicht stattfindet. Zwischen Retinazellen und Glaskörper- zellen ist vielmehr immer eine deutliche Grenzlinie erkennbar. Die beiden Schichten sind also scharf voneinander gesondert. Eine präretinale Membran zwischen beiden Zellenschichten, wie sie REDIKORZEW und verschiedene andere Autoren gefunden zu haben glauben, ist bei Cloéon nicht vorhanden. Während die Retinazellen an dem distalen Ende, wo sie die Stiftchensäume tragen, dicht zusammenschließen, werden sie gegen das proximale Ende hin schmäler und lassen Zwischenräume zwischen 8 WILHELM SEILER, sich frei. In der Umgebung des Kerns sind sie wieder etwas angeschwollen, um dann mit spitzen Enden in den Sehnerven über- zugehen. Gegen die Glaskörperzellen enden die Retinazellen in glatter Fläche. Die Glaskörperschicht besteht aus säulenförmigen dicht aneinander liegenden Zellen. Ihr Kern befindet sich an ihrem distalen Ende. Sie zeigen immer dunklere Färbung als die proximalen Teile der Retinazellen, worauf ich schon oben hingewiesen habe. Die Zellen sind beträchtlich hoch, höher als bei irgend einem andern Insect. Das steht wohl damit im Zusammenhang, dab Cloéon keine cuticulare Linse hat. Denn nach den Angaben mancher Autoren werden die Glaskörperzellen teilweise chitinisiert und dadurch natür- lich kürzer. Vor den Glaskörperzellen liegt die aus großen polygonalen Zellen zusammengesetzte Linse mit dunkel gefärbten großen Kernen. Eine Schicht flacher Zellen zwischen beiden Lagen ist nicht vorhanden. Hesse, der eine solche abbildet, ist selbst im Zweifel, ob es sich bei seinem Objekt tatsächlich um eine Zellenlage handelt. Über die Linse zieht die Hypodermis hin. Sie besteht aus kubischen Zellen mit deutlichen großen Kernen. An den Rändern der Linse sind die Zellen etwas in die Länge gezogen. Diese Modifikation kann wohl zwei Ursachen entsprechen. Erstens könnte an eine Fassung der Linse durch die Hypodermis, der Fassung eines Steins in einem Ring ähnlich, gedacht werden; dann kann dieser Umstand auch dadurch hervorgerufen sein, daß hier der Pigmentbecher an die Hypodermis herantritt. Vor dem Ocellus ist die Hypodermis un- pigmentiert und daher vollkommen durchsichtig. Sie bildet mit der gleichzeitig unpigmentierten Cuticula eine Cornea, die allerdings nicht verdickt ist wie bei andern Insecten. Ich werde diesen Teil der Hypodermis als die corneale Hypodermis bezeichnen. An seiner proximalen Seite wird der Ocellus von dem Pigment- becher umgeben. Bei einem entpigmentierten Präparat stellt sich nun heraus, daß derselbe aus einem einschichtigen Epithel besteht. Hesse hat dies an einzelnen Stellen auch bemerkt, und REDIKORZEW fand bei seinen Untersuchungen eine Membran, „die den ganzen Ocellus als dicht anliegende Hülle umgibt und sich dann unpigmen- tiert in die Hypodermis fortsetzt“. In dieses Epithel ist dichtes, körniges, schwarzes Pigment eingelagert, das den Ocellus optisch isoliert. Das Epithel des Pigmentbechers lehnt sich an die Hypodermis an, geht aber entgegen obenstehender Angabe REDIKORZEW’S nicht in diese über. à Ocellen der Ephemeriden. 9 Wie ich schon oben bemerkt habe, ist die Entwicklung der Ocellen schon bei der Nymphe abgeschlossen. Der Ocellus ist sogar schon bei den von mir untersuchten jiingsten Stadien in Bildung begriffen. Diese beginnt also viel früher als bei andern Insecten, wo sie erst auf dem Puppenstadium ihren Anfang nimmt. Die Ent- wicklung aller 3 Ocellen geht in derselben Weise vor sich. Der mittlere bleibt in der Entwicklung zurück, und alle seine Teile werden entsprechend seiner geringen Größe kleiner als bei den seitlichen Ocellen. Die jüngsten Stadien der Entwicklung fand ich aus ersterm Grunde bei dem mittlern Ocellus vor. Ich will deshalb die beiden ersten Entwicklungsstadien dem mittlern Stirnauge ent- nehmen, um dann an den größern seitlichen die weitere Entwicklung zu verfolgen. In dem jüngsten Entwicklungsstadium des mittlern Ocellus ist schon ein deutlicher diesen umhüllender Pigmentbecher vorhanden. Die Retina im engern Sinne ist noch nicht vollkommen entwickelt. Die Retina ist als einschichtiges Epithel angelegt. Dieses besteht aus kubischen Zellen, die in ihrer ganzen Länge von den Sehstäbchen umgeben werden. Die Kerne der Zellen liegen infolgedessen jetzt noch zwischen den dunklen lichtempfindlichen Säumen. Die proximalen Enden der Sehzellen liegen in einer gekrümmten Fläche, die der Wölbung der Innenseite des Pigmentbechers entspricht. Der in der Fig. 2 vorhandene Zwischenraum zwischen Retina und Pigment- becher dürfte ein Kunstprodukt sein, wofür die in dem Raume liegenden abgebröckelten Pigmentteile sprechen. Diese können in manchen Schnitten Kerne vortäuschen. Eine genauere Untersuchung ergibt aber, daß es sicher nur Pigmentteilchen sind. Der Hohlraum ist offenbar dadurch entstanden, daß die Retina etwas geschrumpft ist und sich von dem Pigmentbecher losgelöst hat. Gegen die Glas- körperschicht ist eine deutliche Grenze vorhanden. An den seit- lichen Rändern des Schnittes geht die Retina in die Körperhypodermis über. Die Zellen des Glaskörpers zeigen noch nicht die regelmäßige Anordnung wie beim fertigen Auge. Auf der einen Seite (rechts in der Figur) haben wir zwar schon eine einschichtige Lage, die aus großen säulenförmigen Zellen besteht; die übrigen Zellen haben dagegen unregelmäßig polygonale Gestalt und lassen noch keine deutlich epitheliale Anordnung erkennen. Auch die Glaskörperschicht setzt sich zu beiden Seiten in die Körperhypodermis fort. Die corneale Hypedermis selbst besteht aus niedrigen kubischen Zellen 10 WILHELM SEILER, mit deutlichen Kernen, gegen welche die Glaskörperzellen eine scharfe Grenze bilden. Das nächst ältere Stadium, Fig. 3, läßt einen bedeutenden Fort- schritt in der Entwicklung der Retinazellen erkennen. Wenn vorher die Retinazellen kubisch und in ihrer ganzen Ausdehnung mit den Stiftehensäumen versehen waren, so erscheinen jetzt die Zellen viel länger. Die dunklen Säume haben dagegen ihre frühere Lage und Ausdehnung beibehalten, sie umhüllen infolgedessen die Zellen nur noch an ihrem vitralen Ende. Die Kerne dagegen liegen in dem proximalen, der Stiftchensäume entbehrenden Abschnitte. Die Zellen sind also beträchtlich in die Länge gewachsen, und in die neu ge- bildeten proximalen Partien sind die Kerne verlagert, die ursprüng- lich zwischen den Stiftchensäumen gelegen waren. Die Retinazellen schließen sowohl in ihren vitralen, die Stiftchensiume tragenden als auch in ihren proximalen Teilen eng zusammen. ohne Zwischenräume zwischen sich frei zu lassen. Zwischen den Retina- zellen und der Glaskörperschicht ist eine deutliche Grenzlinie vor- handen. Die Glaskörperzellen der letztern bilden nun schon ein einschichtiges Epithel, wenn auch ihre Kerne noch nicht in einer Ebene gelegen sind. Auf der einen Seite (rechts in der Figur) ist noch ein deutlicher Übergang des Glaskörpers in die Hypodermis vorhanden, während auf der linken Seite dieser Zusammenhang nicht mehr besteht. Auch gegen die corneale Hypodermis, deren Zellen ihre Gestalt unverändert beibehalten haben, ist der Glaskörper deut- lich abgegrenzt. Auf den bisher besprochenen Stadien ließ also die Anlage der gesamten Retina, sowohl des Glaskörpers als auch der eigentlichen Sehzellen, einen deutlichen Zusammenhang mit der Körperhypodermis erkennen. Daraus geht wohl mit Sicherheit hervor, daß, wie bei allen andern untersuchten Insecten, so auch bei den Ephemeriden die Retina ein Derivat der Hypodermis ist. Die Entwicklung der Ocellen ist bis jetzt nur bei den Hymenopteren von REDIKORZEW und ZAvVREL untersucht worden. Hier wie bei allen andern Insecten sind die Verhältnisse wesentlich einfacher als bei den Ephemeriden. Der Glaskörper dient zugleich als corneagene Schicht. Die Differen- zierung der Gesamtretina in die beiden Schichten soll nach den beiden genannten Autoren einfach durch Delamination vor sich gehen. Bei Cloéon müssen die Vorgänge wesentlich komplizierter sein, denn hier finden wir schon im larvalen Ocellus drei Schichten: außer den Sehzellen und dem Glaskörper noch die corneale Hypodermis. Ocellen der Ephemeriden. 11 Letztere ist noch jetzt ein Bestandteil der übrigen Hypodermis. Wie aus dieser die Retina hervorgegangen ist, ob durch Delamination oder etwa durch Auswanderung der Zellen, kann ich an meinem Material nicht sicher entscheiden. Auch die Retina bestand bei den jüngsten Stadien, die ich untersuchen konnte, bereits aus den beiden Schichten, doch lassen die Bilder, die ich erhieit, hier wenigstens einige Schlüsse zu. Hesse glaubt, daß die Trennung von Retina und Glaskörper durch Verschiebung der Zellen einer ursprünglich einheitlichen Schicht zustande gekommen sei. Ich kann mich der Vermutung Hesse’s nicht vollkommen anschließen. Die Sehzellen haben ihre definitive Anordnung schon zu einer Zeit erreicht, wo die Glaskörperzellen noch teilweise keine epitheliale Gruppierung erkennen lassen. Die Bildung der eigentlichen Retina scheint also zeitlich der Bildung des Glaskörpers vorauszugehen. Auch weist der Glaskörper noch einen viel innigern Zusammenhang mit der cornealen Hypodermis auf. Auch das spricht dafür, daß die beiden Schichten der Retina im weitern Sinn ihre Entstehung nicht einem einheitlichen Prozeß verdanken, daß sie vielmehr nacheinander sich von der cornealen Hypodermis, also einem Teil der allgemeinen Hypodermis, abspalten. Ob dies durch echte Delamination wie bei den Hymenopteren oder durch Auswanderung von Zellen zustande kommt, ließ sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ist auch wenig von Belang. Mit der Ausbildung von Sehzellenlage und Glaskörper ist die Entwicklung noch nicht abgeschlossen, sondern es spielen sich noch weitgehende Veränderungen ab, die ich an den seitlichen Stirnaugen weiter verfolgen will. In Fig. 4 zeigt die Retina ein wesentlich ähnliches Verhalten wie in Fig. 3. Es treten hier zum ersten Male geringe Zwischenräume auf. In der cornealen Hypodermis haben indessen deutliche Veränderungen stattgefunden. Sie ist besonders in der Mitte bedeutend verdickt. Die Zellen sind dort schlank eylinderförmig geworden. Ebenso ist in ihrer Lagerung schon eine von der Mittellinie nach beiden Seiten zu bemerkende Divergenz der proximalen Enden der Zellen eingetreten. Auf dem nächst ältern Stadium (Fig. 5) ist die Verdickung der cornealen Hypodermis noch weiter fortgeschritten. Sie ist jetzt in der Mitte ebenso dick wie Glaskörper und Retina zusammen. Sowohl nach außen wie nach innen zeigt sie deutliche Wölbung. Nach den Rändern flacht sie sich ab und hat also linsenähnliche Gestalt. Sie ist aber auch jetzt noch im wesentlichen ein einschichtiges Epithel, 12 WILHELM SEILER, dessen Zellen nur auberordentlich in die Länge gewachsen sind. Die Kerne liegen alle ganz distal direkt unter der Cuticula, in der- selben Fläche wie die Kerne der Körperhypodermis. Nur an einer Stelle, in der Mitte der Wölbung, ist der Charakter des einschichtigen Epithels verwischt, indem sich dort eine Anhäufung zahlreicher Kerne findet, zwischen denen keine deutlichen Zellgrenzen sichtbar sind. Dies scheint mir dafür zu sprechen, daß an dieser Stelle rege Zellvermehrung stattfindet, wenn es mir auch nicht möglich war, Mitosen mit Sicherheit zu konstatieren. Dieselbe ist der Anfang zur Bildung der Linsenzellen; man kann deshalb diese Stelle der cornealen Hypodermis als den primären Bildungsherd der Linsen- zellen ansehen. Die Zellen selbst zeigen nicht in ihrer ganzen Aus- dehnung dieselbe Gestalt. Einfach säulenförmig sind nur die mittelsten von ihnen. Alle andern lassen deutlich eine Krümmung erkennen. Ihre konvexe Seite ist den Rändern des ganzen Gebildes zugekehrt. Je weiter ab die Zellen von der Mitte liegen, um so stärker ist ihre Krümmung, wodurch eine zwiebelschalenartige Anordnung zustande kommt. Zu beiden Seiten gehen dann die Zellen in die Körper- hypodermis über. Ein wesentlich anderes Bild zeigt die Anlage der Linse auf dem nächsten Stadium (Fig. 6). Sie ist noch bedeutend in die Dicke gewachsen und hat dadurch den Pigmentbecher und alle Teile des Ocellus weit ins Innere gedrängt. Den Hauptunterschied gegen früher weist aber die Anordnung ihrer Zellen auf. Diese bilden jetzt kein einschichtiges Epithel mehr, und ihre Kerne zeigen eine ganz andere Lagerung als vorher. Abgesehen von dem primären Bildungsherde, liegen nur noch wenige Kerne unter der Cuticula. Vereinzelte Kerne finden sich im Innern der Linsenanlage. Vor allem ist eine rege Vermehrung der Kerne an den Rändern der Anlage zu bemerken. Von diesen aus ziehen starke Züge von dicht- gedringten Kernen gegen den Pigmentbecher hin. Zellgrenzen sind zwischen ihnen nur sehr undeutlich zu erkennen. Diese sind auch weiter nach innen sehr undeutlich geworden. Überhaupt gewinnt man den Eindruck, als ob die ganze bisherige Anlage zu Grunde singe und von zwei Stellen aus regeneriert werde. Es wandern offenbar von den Rändern her neue Zellen in großer Zahl ein. Dasselbe geschieht von dem primären Bildungsherde, denn die schon jetzt im Innern des Gebildes gelegenen Kerne können nicht gut wo anders herstammen. Diese Wachstumsvorgänge sind es wohl auch, die die Gestalt des Ocellus auf diesem Stadium bedingen. Einmal Ocellen der Ephemeriden. 13 haben sie den Pigmentbecher weit von der Hypodermis abgedrängt, ferner ist durch den Zug der nach innen wandernden Zellen die ursprüngliche Wölbung der Cuticula verschwunden. Die erwähnte Einwanderung von Zellkernen schreitet immer weiter fort; sie verteilen sich gleichmäßig durch die ganze Anlage. Es treten dann deutliche Zellgrenzen zwischen ihnen auf, und wir erhalten so schließlich einen Körper, der aus zahlreichen polygonalen Zellen zusammengesetzt ist (Fig. 7). Das ganze Gebilde verliert dabei wesentlich an Volumen und wird vor allen Dingen flacher, was durch den Schwund eines großen Teils der ursprünglichen cornealen Hypodermis bedingt ist. Dadurch rückt gleichzeitig der Pigment- becher mit der in seinem Innern gelegenen Retina in seine ursprüng- liche Lage zurück und legt sich mit seinen Rändern wieder eng an die Hypodermis an. Auch die Vorwölbung der Cuticula erscheint jetzt wieder. Wir haben es also jetzt mit einer zelligen Linse zu tun, die direkt unter der Cuticula gelegen ist. Eine corneale Hypodermis über der Linse ist in diesem Stadium noch nicht vor- handen. Diese wird erst wieder gebildet, indem sich die Hypodermis von den Rändern her zwischen Linse und Cuticula einschiebt, wie Fig. 8 erkennen läßt, auf der der Vorgang noch nicht völlig abge- schlossen ist. Die Retinazellen spitzen sich jetzt an ihren proximalen Enden zu. Hierin sehe ich die erste Andeutung dazu, daß die Retina in Beziehung zu ihrem Nerven tritt. Dieser war schon in jüngern Stadien deutlich erkennbar als von Gehirn abgehender Faserzug, hatte aber noch keine Verbindung mit dem Ocellus. Schließlich wächst er an den Ocellus heran und tritt ungefähr in der Mitte des Pigmentbechers an dessen proximaler Seite ein. Indem sich beinahe gleichzeitig die corneale Hypodermis vor der Linse vollständig zusammenschließt, ist der definitive in Fig. 1 dargestellte Zustand erreicht. Es bleibt mir nun noch übrig, auf das Tapetum, das ich bis jetzt vollständig unberücksichtigt gelassen habe, mit einigen Worten einzugehen. Schon auf frühen Stadien konnte ich feststellen, dab zwischen den Retinazellen Zwischenräume frei blieben. Nur einmal fand ich diese mit einer Substanz, dem Tapetum, erfüllt, und zwar bei einer weitentwickelten Nymphe. Ein in den Schnitten von jüngern Tieren etwa vorhandenes Tapetum kann nun, wie dies auch schon Hesse angibt, durch Eisenalaun zerstört worden sein. Es ist mir deshalb nicht möglich, festzustellen. wann das Tapetum zum 14 WILHELM SEILER, ersten Male in der Entwicklungsreihe auftritt. Ebenso will ich es unterlassen, hier näher auf seine Beschaffenheit einzugehen, da der Umstand, daß es nur einmal vorhanden war, eine genauere Charakterisierung nicht zuläßt. Soviel kann ich jedoch mit Sicher- heit sagen, daß Zellen in den Zwischenräumen nicht vorhanden sind. Baétis rhodani. Baétis rhodani ist mit 3 Ocellen ausgestattet, von denen aber der mittlere bedeutend kleiner ist als die seitlichen. Die seitlichen Ocellen stimmen in der Hauptsache mit denen von Cloéon dipterum überein, wenn auch in mancher Beziehung Unterschiede zwischen den Ocellen der beiden Tiere bestehen. Der Ocellus wird wieder von einem Pigmentbecher umgeben, einem einschichtigen Epithel, in das schwarzes Pigment eingelagert ist. Derselbe reicht bis an die Linse, die sich der Kugelgestalt nähert, heran und umschließt diese in ihren Seitenteilen eng mit seinem etwas verdickten Rand. Die Linse ist also in ähnlicher Weise von Pigment eingefaßt wie ein Stein in einem Ringe. An der proximalen Seite der Linse schiebt sich das Pigment etwas nach innen, so daß eine Art Iris zustande kommt. An seinem proximalen Ende wird der Pigmentbecher von dem Sehnerven durchbrochen, der deutlich von einer bindegewebigen Hülle umgeben ist (Fig. 9). Distal schließen an den Pigmentbecher die Retinazellen an. Sie sind sehr schlanke Gebilde, die an ihrem distalen Ende die Stiftchensiume tragen. Mit diesem liegen sie eng zusammen, ohne auch hier wiederum Rhabdome zu bilden. Die Köpfchen der Retina- zellen, die die Stiftchensäume tragen, sind auf der Außenseite des Ocellus breiter als auf der Innenseite, wo die Sehzellen mehr zusammengedrängt erscheinen. Auch in ihrer Ausdehnung stehen die Stiftchensäume der Innenseite denen der Außenseite nach; sie sind dort, wenn auch in geringem Maße, kürzer als auf der Außen- seite. In den von den Retinazellen freigelassenen Zwischenräumen finde ich an manchen Stellen Kerne vor. Bei andern Ephemeriden habe ich, wie mehrfach erwähnt, solche nirgends gefunden. Dagegen gibt Hesse das Vorhandensein von Zellkernen zwischen den Retina- zellen bei der von ihm untersuchten Cloëon-Species an. Er hält sie für die Kerne von eingewanderten Bindegewebszellen, denen er die Bildung des Tapetums zuschreibt. Nun war auf meinem Präparat ein solches nicht zu finden; ich kann aber die ursprüngliche An- wesenheit eines Tapetums auch bei Baétis nicht bestreiten, da ich Ocellen der Ephemeriden. 15 das Objekt in frischem Zustande nicht untersucht habe und das Tapetum durch die Einwirkung von Reagentien verschwunden sein kann. Es ist also die Möglichkeit zuzugeben, daß auch bei Batis ein Tapetum vorhanden ist, diese Form sich ebenso verhält wie die von Hesse untersuchte Species von Clovon. Die Retinazellen enthalten kein Pigment. Eine Einkeilung der corneagenen Zellen zwischen die Retinazellen findet nicht statt. Die distale Fläche der Retinazellen liegt nicht in einer Ebene, sondern ist in der Mittel- linie des Ocellus distal vorgewölbt. Die Zellgrenzen der Retina- zellen gegen die corneagenen Zellen sind sehr undeutlich. Eine trennende Membran zwischen beiden Zellenlagen ist nicht vorhanden. Die corneagenen Zellen sind säulenförmig dicht aneinander gelegt. Entsprechend dem oben erwähnten Baue der Retinazellen kann auch in der corneagenen Schicht eine Außenseite mit breitern Zellen und eroßen Zellkernen und eine Innenseite mit schmalen zusammen- gedrückten Zellen und kleinen Kernen unterschieden werden. Die Zellen der corneagenen Schicht bilden über der Retina eine einheit- liche Lage. Die corneagene Schicht ist also analog derjenigen von Clocon dipterum gebaut. Zu beiden Seiten legt sich über sie, wie schon oben erwähnt, der Pigmentbecher hin. Uber dieser, wenn auch sehr gering entwickelten Iris folgt nun eine aus polygonalen Zellen gebildete bikonvexe Linse. Gegen die corneagenen Zellen wird diese nicht durch eine Membran abgegrenzt. Die Wölbung der Linsenflächen ist jedoch viel stärker als bei Cloïon dipterwm, ein Umstand, der mit der Ausbildung der Iris vielleicht in Zusammenhang steht. An einer Stelle der distalen Oberfläche der Linse fand ich einen deutlichen Zusammenhang der Linse mit der cornealen Hypodermis. An dieser Stelle sind die Zellen bedeutend kleiner als in der übrigen Linse. Diese Verhält- nisse soll Fig. 10 veranschaulichen. Die etwas abweichende Form, die die Linse auf dieser Abbildung zeigt, ist einerseits dadurch be- dingt, daß der Schnitt nicht durch die Mitte des Ocellus geht, andrerseits ist die Linse durch die Konservierung etwas geschrumpft. Der wenigstens an einer Stelle vorhandene Zusammenhang der Linse mit der Hypodermis spricht dafür, daß auch hier die Linse von der Hypodermis abstammt. Wir sahen ja bei Cloïon dipterum, daß dort die Linse allmählich von der Hypodermis abgeschnürt wurde. Bei Oloöon war der Zusammenhang zwischen Hypodermis und Linse am längsten erhalten an der von mir als primärer Bildungsherd be- zeichneten Stelle. Bei Baötis finden wir an der Stelle, wo die 16 WILHELM SEILER, Hypodermis und Linse noch zusammenhängen, wie ich oben erwähnte, eine Anhäufung besonders kleiner Zellen. Dies deutet vielleicht darauf hin, daß hier eine rege Zellenvermehrung stattgefunden hat, daß also auch hier in ähnlicher Weise wie bei Cloéon sich ein Bil- dungsherd für die Linsenanlage befunden hat. Auch hier scheint also die Hypodermis der Mutterboden der Linse zu sein. Den Nach- weis für die Richtigkeit dieser Vermutung vermag aber natürlich auch hier nur die Entwicklungsgeschichte des Ocellus zu erbringen. Sollte sie sich bewahrheiten, so wäre also die Bildung der Linse bei beiden Species eine ganz ähnliche. Während aber bei der Imago von Cloïon dipterum die Linse vollständig von der Hypodermis ab- geschnürt ist, ist bei derjenigen von Baötis rhodani noch keine voll- kommene Abtrennung erfolgt. Über die Linse zieht die Hypodermis hin. Sie besteht aus kubischen dicht aneinander gelagerten Zellen mit großen Zellkernen. Die geschichtete Cuticula bildet nach außen hin den Abschluß. | Über den mittlern Ocellus kann ich keine ausfithrlichen An- gaben machen, denn die Stellung der 3 Ocellen bedingt es, dab man auf einer Schnittserie nie alle 3 Ocellen in günstiger Richtung ge- schnitten haben kann. Im wesentlichen zeigt er denselben Bau wie die seitlichen und läßt die für die seitlichen Ocellen typischen Teile. Pigmentbecher, Retina und Linse, erkennen, nur sind alle Dimen- sionen bedeutend geringer. Von der Linse konnte ich noch fest- stellen, dab sie ebenfalls bikonvex und aus polygonalen Zellen zu- sammengesetzt ist. Ephemera vulgata. Abgesehen von Cloton ist Ephemera die einzige der von mir untersuchten Species, deren Ocellen ich in der Literatur erwähnt gefunden habe und zwar in der Arbeit von CARRIÈRE (1885). Nach- dem dieser Autor sich darüber ausgesprochen hat, daß die Ocellen der Ephemeriden als wirkliche Sehorgane zu deuten sind, sagt er weiter: „Über der eigentümlich angeordneten, Stäbchen tragenden und pigmentierten Schicht der Retinazellen liegt eine große, kuglige, aus hellen, chordaähnlichen Zellen gebildete Linse, von allem Be- kannten am meisten der Linse des Pecten-Auges ähnlich. Die Cornea liegt der Linse uhrglasförmig auf, und das ganze Organ erhält so ungefähr die Gestalt eines Raubvogelauges. Untersucht wurden Ephemera und Cloé'), sowie zur Vergleichung die Ocellen der Libellen ; 1) Cloé synon. zu Cloéon. Ocellen der Ephemeriden. 1% bei der Schwierigkeit des Gegenstandes muß inbezug auf den feinern Bau dieser Organe auf die Abbildung der betreffenden Abhandlung verwiesen werden.“ Wie ich oben glaube nachgewiesen zu haben, ist bei Cloéon dipterum eine solche Linse vorhanden, wie sie CARRIÈRE im Vor- stehenden beschreibt. Bei Ephemera vulgata habe ich jedoch die Linsenbildung anders gefunden, wie ich unten zeigen werde. CARRIÈRE muß also seine obenstehende Angabe nur auf das Auge von Cloéon bezogen haben, oder ihm muß eine andere Species als Ephemera vulgata vorgelegen haben. Die von CARRIÈRE in Aussicht gestellte ausführliche Arbeit über den feinern Bau der Ocellen ist nicht er- schienen. Ebenso wie bei Cloöon dipterum sind die Ocellen in der Drei- zahl vorhanden, 2 seitliche und 1 mittlerer. Sie haben jedoch bei Ephemera vulgata insofern eine andere Stellung, als sie aus der Ober- Fig. A. Kopf von Ephemera vulgata 4". au Facettenaugen, so Fortsätze mit den seitlichen Ocellen, k Kamm, in dem der mittlere Ocellus gelegen ist. fläche des Kopfs heraustreten und hier kurze Fortsätze bilden. Die seitlichen Ocellen nehmen den Raum zwischen der Basis der Fühler und den großen Facettenaugen ein. Der von ihnen nach außen gebildete Fortsatz kann durch die hohe Entwicklung der Linse ver- ursacht sein. Der mittlere Ocellus liegt auf einem Kamm, der zwischen den Fühlern nach vorn vorragt. Beigegebene Abbildung des Kopfs (Fig. A) der Imago eines männlichen Tiers erläutert die eben besprochenen Verhältnisse am besten. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 2 18 WILHELM SEILER, Da mir von Ephemera vulgata nur Subimagines und Imagines zur Verfügung standen, muß ich mich auf die Untersuchung des fertigen Ocellus beschränken. Wie bei Clo’on dipterum finde ich auch hier, daß der Ocellus schon bei der Subimago in derselben Weise seine Ausbildung erfahren hat wie bei der Imago, daß also dort schon seine Entwicklung vollendet ist. Der mittlere Ocellus verhält sich den seitlichen gegenüber in ganz auffallender Weise verschieden. Ich will deshalb zuerst auf die Beschreibung der seit- lichen Ocellen eingehen, um erst später den mittlern Ocellus zu behandeln. An seiner proximalen »Seite wird der laterale Ocellus (Fig. 11) von dem Pigmentbecher umgeben. Derselbe hat eine im Schnitte hufeisenförmige Gestalt. Mit seinen beiden Schenkeln reicht er, wie Fig. 11 zeigt, bis zur Cuticula. Ungefähr von der Mitte des Schenkels erstreckt sich je ein Fortsatz über die corneagenen Zellen hin. Es wird also zwischen Linse und corneagenen Zellen ein pigmentiertes Diaphragma gebildet, das den eintretenden Lichtstrahlen nur einen verhältnismäßig kleinen Zugang freiläßt. Bei einem entpigmentierten Präparat ist der Pigmentbecher als ein einschichtiges Epithel sicht- bar. Dieses reicht jedoch (Fig. 12) auf jeder Seite nur bis an die Innenfläche der Hypodermis heran. Von hier gibt es die als Iris fungierenden Fortsätze ab. Eine Fortsetzung des Pigmentbechers bis unter die Cuticula wird von Pigment gebildet, das den Hypo- dermiszellen zu beiden Seiten der Linse eingelagert ist. An seiner proximalen Seite wird der Pigmentbecher von dem Sehnerven durch- brochen, der deutlich von einer bindegewebigen Scheide eingehüllt ist. Die vom Pigmentbecher umhüllte Retina wird von denselben zwei Schichten gebildet wie bei Cloéon. Die Sehzellen gehen zu- gespitzt in den Sehnerven über. Sie zeigen dort, wo ihre Kerne gelegen sind, eine Anschwellung, werden dann enger, um an ihrem distalen Ende wieder mit breiter Fläche aneinander zu stoben. An diesem Ende sind sie, mit den lichtempfindlichen Elementen versehen, die als dunkle Säume sichtbar sind. Sie liegen im Schnitte zu beiden Seiten der Köpfchen der Retinazellen. Ihren feinern Bau konnte ich wiederum nicht untersuchen. An einzelnen Präparaten konnte ich jedoch deutliche Neurofibrillen in dem Zellkörper der Retinazellen verlaufen sehen (Fig. lla). Diese setzen am Ende jedes Stäbchens in 2 Ästen an, die sich kurz hinter der proximalen Seite der Stäbchen zu der Neurofibrille vereinigen. Letztere durchzieht dann den Zellkörper bis zu seinem Ende, wo die Retinazelle in den Ocellen der Ephemeriden. 19 Sehnerven übergeht. Der Verlauf der Neurofibrille ist also bei Ephemera vulgata ein anderer, als Hesse ihn für Helophilus ange- geben hat. Er hat dort die Stäbchen in einzelne Abschnitte zerlegt gefunden, von denen nach innen zu Äste abgingen, die sich in der Achse der Stäbchen zu der Neurofibrille vereinigten. Querschnitte durch die Köpfchen der Retinazellen ergeben Polygone, die von dunklen Linien, den Stiftchensäumen, eingefabt sind. Also ist auch der Ocellus von Ephemera vulgata anaxonisch gebaut; es kommt auch hier nicht zur Bildung von Rhabdomen. Entgegen der Angabe von CARRIÈRE ist auch bei Ephemera vulgata keinerlei Pigment in den Retinazellen enthalten. In den Zwischen- räumen, die infolge der Anordnung der Retinazellen zwischen diesen frei bleiben, liegt eine Substanz, die ich analog der von Hesse zwischen den Retinazellen von Cloöon beschriebenen, Tapetum nennen will. Diese Substanz erscheint im durchfallenden Licht schwarz, während sie im auffallenden Lichte einen deutlichen Glanz zeigt. Wie ich bereits erwähnte, ist Hesse der Ansicht, dab es sich bei dem Tapetum von Cloéon um eingewanderte Bindegewebszellen handle. Für Ephemera vulgata kann ich dieser Ansicht nicht bei- stimmen, denn es gelang mir weder in solchen Präparaten, in denen das Tapetum erhalten war, noch in solchen, in denen es entfernt war, Zellkerne aufzufinden, die als solche von Bindegewebszellen gedeutet werden könnten. Eine auffallende Übereinstimmung der Tapetumsubstanz fand ich jedoch mit dem in der Nähe des Pigment- bechers liegenden Fettkörper. Ihm ist eine Substanz eingelagert, die dieselben Eigenschaften zeigt, wie ich sie oben für die Tapetum- substanz beschrieben habe. Ich glaube deshalb, dab wir es in beiden Fällen mit Fettabsonderungen zu tun haben. In dieser Ansicht werde ich dadurch noch mehr bestärkt, daß ich feststellen konnte, daß in den Präparaten, die längere Zeit in Xylol und Alkohol verblieben waren, sowohl das Tapetum als auch die ihm ähnliche in dem Fettkörper eingelagerte Substanz verschwunden war. Beide sind also in Alkohol und Xylol löslich, welche Eigenschaft ja auch echten Fetten zukommt. Da sich, wie erwähnt, keine Zellen im Tapetum finden, so muß dieses entweder von den Retinazellen selbst ausgeschieden worden sein oder von besondern Tapetumzellen, die aber im Laufe der Entwicklung zu Grunde gegangen sind. Gegen die corneagene Schicht enden die Retinazellen mit glatter Fläche. Die distalen Endflächen der Retinazellen liegen nicht in einer Ebene, vielmehr ist die Retina in der Mittellinie des Ocellus nach außen Dx 20 WILHELM SEILER, vorgewölbt, so daß dort die lichtempfindlichen Elemente direkt unter der Spitze eines Hohlraums, den ich unten besprechen werde, ge- legen sind. Eine Membran zwischen Retina und Glaskörper ist nicht vorhanden. Die Glaskörperschicht setzt sich aus schlanken, stäbchenförmigen Zellen zusammen, die in der Mitte ihre Kerne tragen und hier geringe Verdickung aufweisen. Mit den proximalen Enden stoßen sie an die Retinazellen an, mit ihren distalen Enden an die von dem Pigmentbecher gebildete Iris. In der Mittellinie des Ocellus sind die Zellen zu beiden Seiten auseinander gedrängt und divergieren nach dem Pigmentbecher hin. Sie lassen auf diese Weise einen Hohlraum zwischen sich frei. Derselbe zeigt auf einem Längsschnitt durch den Ocellus (Fig. 11) dreieckige Gestalt. Aus einem Querschnittbild (Fig. 13) geht jedoch hervor, daß dieser Spalt in die Länge gezogen ist und wohl im ganzen eine trogfürmige Gestalt aufweist. Beim lebenden Tier scheint der Hohlraum mit einer Flüssigkeit erfüllt gewesen zu sein, worauf das in manchen Präparaten in demselben gefundene Gerinnsel schließen läßt. Auf die Funktion dieses Gebildes werde ich später einzugehen haben. Über die von dem Pigmentbecher gebildete Iris und den Spalt zieht die Linse hin. Sie wird von einem einschichtigen Epithel gebildet, das aus fadenförmigen hohen Zellen besteht. Die Zell- kerne sind an das äußerste distale Ende der Zellen gerückt. In der Mittellinie des Ocellus werden die Zellen höher als an den beiden Seiten. Die Linse ist also bei diesem Ocellus nur eine Ver- dickung der Hypodermis. Ihre Gestalt ist plankonvex. Zu beiden Seiten gehen die Linsenzellen in die Hypodermis über. Dies zeigt ein entpigmentiertes Präparat (Fig. 12), wo aus den seitlichen Zellen das Pigment, das einen scheinbaren Fortsatz des Pigmentbechers bis unter die Cuticula bildet, entfernt ist. Die Linse wird nicht durch eine besondere Membran an ihrer proximalen Fläche eingehüllt. Über der Linse bildet die geschichtete Cuticula nach außen den Abschluß. Sie läßt keinerlei Verdickung erkennen, unterscheidet sich von der übrigen Cuticula nur durch ihre Durchsichtigkeit. An ihren Rändern geht sie in die Cuticula des Kopfs über. Was ihre Bildungsweise anbelangt, so kann sie nur von den Linsenzellen ab- geschieden worden sein, wodurch sich deren Natur als nicht wesent- lich veränderte Hypodermiszellen deutlich dokumentiert. Während der mittlere Ocellus von Clo’on dipterum denselben Bau und Entwicklung wie die seitlichen aufwies, finden wir ihn bei Ephemera vulgata abweichend gebaut. Vor allem fällt er schon durch Ocellen der Ephemeriden. 91 seine bedeutende Größe auf. An seiner proximalen Seite wird der Ocellus von dem Pigmentbecher umgeben. Derselbe ist wie bei den seitlichen Ocellen als ein einschichtiges Epithel entwickelt, in das Pigment eingelagert ist. In seiner Zusammensetzung läßt er deut- lich eine Dreiteilung erkennen, was auf eine Verschmelzung von 3 Ocellen zur Bildung des mittlern hindeutet. Am besten läßt sich der Bau des Pigmentbechers deutlich machen an einer Reihe von Schnitten, die einer horizontalen Schnittserie entnommen sind. Diese zeigen, daß er aus drei Teilen zusammengesetzt ist, zwei paarigen ventral gelegen und einem unpaaren dorsalen. Betrachten wir diese in der Art, daß die Schnitte von der ventralen zur dorsalen Seite des Kopfs aufeinander folgen, so läßt der unterste abgebildete Schnitt anscheinend 2 Ocellen erkennen (Fig. 14a). Die beiden Pigmentbecher sind vollständig getrennt. Eine Berührung in der Mittellinie hat auf dem etwas höher geführten Schnitte (Fig. 14b) schon stattgefunden. Die innern Teile der beiden Pigmentbecher sind hier schon verschmolzen. In dem dem nächsten Bilde zu Grunde liegenden Schnitte ist auch der dorsale unpaare Pigmentbecher ge- troffen und damit die Dreiteilung klar zu erkennen (Fig. 14c). Man sieht einen Pigmentbecher in der Mitte. Zu beiden Seiten sind die dorsalen Teile der beiden untern Pigmentbecher angeschnitten. Der letzte Schnitt endlich (Fig. 14a) läßt einen einheitlichen Pigment- becher erkennen, der dem obern dorsal gelegenen Teil angehört. Wir können also 3 Teilocellen unterscheiden. Die Lage und Anordnung derselben ist nun folgende. Wie ich schon oben erwähnt habe, hat der mittlere Ocellus seine Lage auf einem Kamm, der zwischen den Fühlern nach vorn vom Kopf vor- springt. Dieser Kamm ist an seiner ventralen Seite breit und mit zwei vorspringenden Leisten versehen. Gegen seine dorsale Seite hin verläuft er schräg nach oben und spitzt sich zu, wobei die beiden Leisten sich zu einer einzigen vereinigen. In diesem Gebilde sind die Teilocellen derart angeordnet, daß die beiden größern ventralen, der größern Ausdehnung des Kamms entsprechend, den ventralen Raum desselben einnehmen. Sie sind hierin senkrecht zur horizontalen Ebene aufgestellt, was ihre Divergenz nach der ventralen Seite des Kamms deutlich erkennen läßt. Mit den beiden untern Teilocellen ist der kleinere dorsal gelegene derart verschmolzen, daß der mittlere Ocellus einen Complex von dreien darstellt. Der obere Teilocellus ist in die Lücke eingekeilt, die die ventralen Teil- ocellen bei ihrer dorsalen Divergenz frei lassen. 99 WILHELM SEILER, Ich darf wohl sicher annehmen, daß diese horizontale Schnitt- serie schon allein den Beweis zu liefern imstande ist, daß der mittlere Ocellus von Ephemera vulgata aus drei miteinander ver- schmolzenen Teilocellen entstanden ist. Einen weitern Beweis für diese Entstehung kann nun noch die Innervierung des mittlern Ocellus erbringen. Wie schon Fig. 14b zeigt, tritt an jeden Pigment- becher der beiden größern Teilocellen ein Nerv heran. Außerdem ist hier proximal von der Verschmelzungslinie der Pigmentbecher der Nerv, der zu dem kleinern Teilocellus dorsal aufsteigt, durch- schnitten. In der folgenden Fig. 14c sind alle drei Nerven getroffen. An jeden Pigmentbecher tritt ein Nerv heran. Auch Fig. 15, die einer sagittalen Schnittserie entnommen ist, ist geeignet diese Ver- hältnisse zu erläutern. Hier sind nur der obere Teilocellus und ein kleiner Teil eines untern ventralen Teilocellus getroffen. Auch bei diesem Schnitt ist die Innervierung jedes Teilocellus durch einen Nerven sichtbar. Die Dreiteilung der den mittlern Ocellus innervierenden Nerven läßt sich bis zu ihrer Ursprungsstelle im Gehirn verfolgen. In einigem Abstand von dem Ocellus vereinigen sich die 3 Nerven zu einem einheitlichen Strang, der von einer gemeinsamen binde- gewebigen Hülle umschlossen ist. Dieser Nervenstrang tritt dann in das Gehirn ein und zwar an der Dorsalseite des Protocerebrums. Er verläuft dann auf der Mitte desselben nach hinten, wobei er sich bald wieder in 3 deutlich getrennte Nerven spaltet. Der mittlere von ihnen zieht über das ganze Protocerebrum hin, um erst an seiner Hinterfläche aufzusplittern. Die beiden seitlichen divergieren hinter der Mitte des Protocerebrums nach außen und enden in den lateralen Partien der gangliösen Rinde dieses Gehirnteils. Jeder der 3 Nerven hat also im Gehirn seine besondere Wurzel (Fig. 16). Auf den Pigmentbecher folgt nach außen die Retina. Die Seh- zellen gleichen denen des seitlichen Ocellus. Sie sind an ihrem distalen Ende zu beiden Seiten mit den deutlich hervortretenden Stiftehensäumen versehen. Mit diesen stoßen die distalen Enden eng aneinander. Querschnitte ergeben wie bei den seitlichen Ocellen Polygone, die zeigen, daß die Retina also auch hier anaxonisch ge- baut ist. Pigment ist in der Retina ebensowenig enthalten. Ein Tapetum war in derselben Weise wie bei den seitlichen Ocellen in manchen Schnitten erhalten geblieben und zeigte auch dieselben Eigenschaften, wie ich sie als charakteristisch für das Tapetum dort beschrieben habe. Zwischen den Retinazellen und den corneagenen Ocellen der Ephemeriden. 23 Zellen ist keine trennende Membran vorhanden. Die corneagenen Zellen sind säulenförmig; sie zeigen also einen ähnlichen Bau wie die der seitlichen Ocellen, unterscheiden sich aber von ihnen in einem nicht unwichtigen Punkte. Ihre Kerne sind nämlich an dem proximalen Ende der Zellen gelegen. Sie sind in der ganzen Linie vor der Retina dicht aneinander gelagert. Der Raum, den die corneagenen Zellen bei den seitlichen Ocellen durch ihr Auseinander- treten in der Mittellinie des Ocellus frei lassen, ist bei dem mittlern Ocellus nicht vorhanden. Ebensowenig ist es hier zur Bildung eines Diaphragmas gekommen. Die Retinazellen sowohl wie die cornea- genen Zellen sind oft in Falten gelegt, deren Erklärung nur durch die Verschmelzung der 3 Teilocellen zu dem mittlern Ocellus ge- funden werden kann. Über die corneagenen Zellen hin zieht die Hypodermis, die keinerlei Veränderung gegenüber der den Körper umgebenden Hypodermis erkennen läßt. Es kommt also hier nicht zu einer Linsenbildung, die durch eine Verdickung der Hypodermis vor dem Ocellus entstanden wäre. Zwischen der Hypodermis und den corneagenen Zellen fand ich oft, wie auch Fig. 15 zeigt, in größerer oder geringerer Menge Fettkörper eingelagert. Ebenso war dort oft Blutgerinnsel vorhanden. Diese Anhäufung von Fett und Blut vor den lichtempfindlichen Teilen des Ocellus, wie auch das Fehlen einer Linse, wozu noch der Umstand kommt, daß die vor dem Ocellus gewölbte Cuticula nicht durchsichtig ist, läßt wohl zu dem Schlusse berechtigen, dab wir es bei dem mittlern Ocellus von Ephemera vulgata mit einem rudimentären Organ zu tun haben. Während bei den seitlichen Ocellen schon von außen die Cornea durch ihre helle Farbe auffällt, ist bei äußerer Betrachtung von dem mittlern Ocellus überhaupt nichts zu sehen. Dadurch erklärt es sich wohl, dab Eaton (1888) bei Ephemera nur 2 Stirnaugen be- schreibt. Eine auffallende Tatsache ist es immerhin, daß ein so gut ent- wickeltes Organ funktionsunfähig ist. Welche biologischen Ursachen zur Degeneration des mittlern Ocellus geführt haben, läßt sich vor- erst nicht entscheiden. Dagegen möchte ich mir erlauben, eine Hypothese über die morphologische Bedeutung des genannten Organs auszusprechen. Der ganze Bau des mittlern Ocellus weist mit zwingender Not- wendigkeit darauf hin, daß er aus 3 Augen verschmolzen ist. Dieser Schluß wird noch bestätigt durch seine Innervierung. Der Verlauf und die Ursprungsstelle der Nerven zeigt außerdem eine Analogie 24 WILHELM SEILER, zu den Verhältnissen, wie wir sie bei den meisten übrigen Insecten finden. Dazu kommt, daß dem mittlern Stirnauge von Ephemera die sonst für die Ephemeriden so charakteristische zellige Linse fehlt, welche ja die übrigen Insecten ebenfalls nicht besitzen. Dies alles legt mir die Vermutung nahe, daß der 3teilige mittlere Ocellus den sämtlichen 3 Stirnaugen der übrigen Insecten entspricht, während die mit zelligen Linsen ausgestatteten seitlichen Ocellen eine Neu- erwerbung der Ephemeriden sind. Ich nehme also an, daß die ursprünglich von den Vorfahren er- erbten Stirnaugen ihre Funktionsfähigkeit verloren haben und mit- einander verschmolzen sind. Daß das Organ keine Cornealinse besitzt, ist nicht von Belang. Es hat ja seine Beziehung zur Hypo- dermis überhaupt aufgegeben und ist ins Innere des Kopfes ver- lagert, wie die vor ihm gelegene Anhäufung von Fettkörpern beweist. Einen Einwand, den man gegen diese Hypothese machen könnte, wäre der, daß sich bei den andern Ephemeriden analoge Verhältnisse nicht finden oder doch wenigstens bis jetzt nicht gefunden worden sind. Eine andere Erklärung für den merkwürdigen Bau des mittlern Ocellus bei Ephemera vulgata kann ich aber nicht finden. Völlige Klarheit können erst weitere Untersuchungen ergeben. Heptagenia aurantiaca. Der seitliche Ocellus von Heptagenia aurantiaca ist nach dem- selben Plan gebaut wie der von Ephemera vulgata, wie ich aus der einen mir zu Gebote stehenden Schnittserie entnehmen kann. Er weicht von diesem nur in wenigen Punkten ab. An seiner proximalen Seite wird der Ocellus von dem Pigment- becher umgeben, der auch hier von einem einschichtigen Epithel gebildet wird, das eng mit der Hypodermis in Verbindung steht, ein Umstand, der auf seine Entstehung aus der Hypodermis hinweist. In dieses Epithel ist schwarzes Pigment eingelagert und so eine optische Isolierung des Ocellus geschaffen. Der Pigmentbecher reicht distal bis an die proximalen Enden der Hypodermiszellen. Von hier aus gibt er wie bei Ephemera vulgata auf jeder Seite einen Fortsatz nach innen ab. Diese legen sich über die Retinazellen hin und bilden hier eine Iris, die nur einen geringen Raum für die ein- tretenden Strahlen frei läßt (Fig. 17). Distal von dem Pigmentbecher folgt die Retina. Die Zellen dieser sind mehr in die Länge gezogen als bei Ephemera. An ihren distalen eng aneinander schließenden Enden tragen sie die licht- Ocellen der Ephemeriden. 25 recipierenden Elemente als deutlich sichtbare dunkel gefärbte Säume. Den feinern Bau der Stiftchensäume wie ihre Fortsetzung in Fibrillen konnte ich nicht feststellen. Auch hier sind keine Rhabdome in der Retina vorhanden. Sie ist also anaxonisch gebaut. In den Retinazellen ist bei Heptagenia aurantiaca Pigment enthalten, welches die Zellen bis zu den Stiftchensäumen erfüllt. Dieses wird ebenso wie das Pigment des Pigmentbechers in Königswasser aus den Retinazellen entfernt. Proximal von den Stiftchensäumen werden die Retinazellen enger, wodurch sie Zwischenräume zwischen sich frei lassen. Diese sind von einer Substanz, dem Tapetum, erfüllt, welches wie bei Ephemera vulgata als Fettabsonderung der Retina- zellen aufzufassen ist. Ebenso wie bei Ephemera lait es sich mit Xylol und Alkohol ausziehen. Kerne in den Zwischenräumen sind bei Heptagenia nicht vorhanden. Zwischen den distal in glatter Fläche geschlossenen Retina- zellen und den corneagenen Zellen ist keine Membran ausgebildet. Die corneagenen Zellen haben dieselbe Lagerung wie bei Ephemera. Sie sind auch hier in der Mittellinie des Ocellus auseinander ge- treten, so daß ihre distalen Enden zu beiden Seiten gegen den Pigmentbecher divergieren. Hierdurch entsteht wieder ein im Längs- schnitt dreieckiger Hohlraum. Derselbe ist jedoch viel kleiner als bei Ephemera und nicht wie dort in die Länge gezogen. Er hat also keine trogförmige Gestalt, sondern die eines auf der Spitze stehenden Kegels. Ob dieser Hohlraum bei dem lebenden Tier eine Flüssigkeit enthält, war bei meinem Objekt nicht festzustellen. Ich glaube aber, daß dies wie bei Ephemera der Fall ist. An ihrem distalen Ende werden die corneagenen Zellen von der Iris bedeckt. Über der Iris und dem von den corneagenen Zellen umgebenen Hohlraum liegt die Linse. Diese ist auch hier nur eine Verdickung der Hypodermis. Sie ist einschichtig, aus schlanken Zellen zusammengesetzt. Ihre Kerne sind an das äußerste distale Ende gerückt. Die Linse ist auch hier plankonvex. Die Zellen haben in der Mittellinie des Ocellus ihre stärkste Streckung erfahren, während sie zu beiden Seiten niedriger werden und sich in die unverdickte Hypodermis fortsetzen. In die Zellen der Hypodermis ist zu beiden Seiten der Linse ebenfalls Pigment einge- lagert. Dies bildet jedoch nicht nur einen scheinbaren Fortsatz des Pigmentbechers bis an die Cuticula, sondern erstreckt sich zu beiden Seiten weit in die Hypodermis hinein. Über der Hypodermis und der Linse ist eine geschichtete Cuticula vorhanden. Diese ist vor 26 WILHELM SEILER, dem Ocellus pigmentfrei und auch hier als Bildungsprodukt der Linsenzellen zu betrachten. Der mittlere Ocellus, der bedeutend kleiner ist als die seit- lichen, war auf der mir zu Gebote stehenden Schnittserie nicht giinstig getroffen, so dab ich auf seinen Bau nicht näher eingehen kann. Mit Bestimmtheit kann ich jedoch feststellen, daß auch bei ihm eine Linse vorhanden ist, und zwar besteht sie wie bei den seitlichen Ocellen aus einer Verdickung der Hypodermis. Im Bau mit Heptagenia übereinstimmend, fand ich auch die seitlichen Ocellen von Caenis lactella, von der ich nur ein Exemplar untersuchen konnte. Auch bei dieser Species wird durch das Auseinandertreten der corneagenen Zellen der Hohlraum gebildet, der für Ephemera vulgata und Heptagenia aurantiaca charakteristisch ist. Ebenso ist hier nur eine durch Ver- dickung der Hypodermis entstandene plankonvexe Linse vorhanden. Die Zellen der Linse sind fadenförmige schlanke Gebilde, deren Kerne an das äußerste distale Ende gerückt sind. Zu beiden Seiten gehen die Linsenzellen in die einschichtige Hypodermis über. Auf weitere Angaben über den Bau des Ocellus muß ich hier verzichten, da das mir zu Gebote stehende Exemplar zu schlecht konserviert war. Allgemeiner Teil. 1. Morphologisches. Hesse charakterisiert die Ocellen der Insecten seinen Befunden entsprechend als: „anaxonische oder polyaxonische epitheliale Augen, ohne Inversion, ohne Krystallkegel oder solchen äquivalente Zell- eebilde“. Die von mir untersuchten Ocellen der Ephemeriden ge- hören dem anaxonischen Typus an. Die Stiftchensäume umgeben die distalen Enden der Retinazellen auf allen Seiten. In Quer- schnitten stellen die Köpfchen der Retinazellen Polygone dar, die von den Stiftchensäumen eingefaßt sind. Es kommt also bei diesen Ocellen nicht zur Bildung von Rhabdomen, wie sie für die Ocellen vieler andern Insecten charakteristisch sind. Die optische Isolation des Ocellus ist bei den Ephemeriden durch die Bildung eines Pigmentbechers bewirkt. Dieser hüllt den Ocellus an seiner proximalen Seite ein. Er besteht bei allen unter- Ocellen der Ephemeriden. 97 suchten Species aus einem einschichtigen Epithel, in das schwarzes körniges Pigment eingelagert ist. In 3 Fällen konnte ich feststellen, daß der Pigmentbecher in engster Beziehung zu der Hypodermis steht, daß er also wohl ein Produkt dieser sein wird. Meines Wissens werden nur noch die Ocellen der Libellen durch einen Pigmentbecher isoliert, während bei den andern Insecten zwischen den Retinazellen eingelagertes Pigment an seine Stelle tritt. Letztere Erscheinung konnte ich auch an 2 Species von Perliden, Capnia nigra und Taeniopteryx sp., die ich auch untersucht habe, beobachten. Die Ocellen der Insecten sind meist mit einer Cornealinse versehen, die durch eine Verdickung der Cuticula gebildet wird. Von diesem Typus weichen die Ocellen der Ephemeriden in er- heblicher Weise ab. Sie unterscheiden sich, wie schon ÜARRIERE (1886) angegeben hat, in auffallender Weise von den Ocellen der andern Insecten durch den Besitz einer aus Zellen zu sammengesetzten Linse. In der Cuticula ist demgemäß durch die Ausbildung dieser Linse keine Veränderung bemerkbar; ebenso bleiben die corneagenen Zellen in ihrer ursprünglichen Größe er- halten. Die Linse stellt eine hypodermale Bildung dar. Bei Ephemera, Heptagenia und Caenis liefert schon die Anatomie den Beweis, dab die Linse aus der Hypodermis entstanden ist. Bei Cloéon dipterum glaube ich an Hand der Entwicklung des Ocellus diesen Beweis erbracht zu haben. Auch bei Paëtis rhodani berechtigt der deutliche Zusammenhang der Linse mit der Hypodermis zu dem Schlusse, dab auch bei diesem Ocellus die Bildung der Linse aus der Hypodermis erfolet. - Entsprechend der Charakteristik der Ocellen der Insecten, wie sie Hesse gibt, würde die Charakteristik der Ocellen der Ephemeriden, die ich untersuchen konnte, wohl folgende sein: Die Ocellen der Ephemeriden sind epitheliale, anaxonische, voneinem aus einem einschichtigen Epithel bestehenden Pig- mentbecher umgebene, mit einer aus Zellen zusammen- gesetzten Linse versehene Augen, bei denen die Linse hypodermalen Ursprungs ist. “ Bei den von mir untersuchten Ocellen kann ich nun im be- sondern zwei deutlich voneinander unterschiedene Typen feststellen. Die Unterschiede beider Typen liegen in der Ausbildung der Linse und in dem Verhalten der corneagenen Zellen. Hiernach lassen sich die Ocellen der untersuchten Species in 2 Gruppen teilen, in deren einer Oloöon dipterum und Baïtis rhodani, in deren anderer Ephemera 28 WILHELM SEILER, vulgata, Heptagenia aurantiaca und Caenis lactella stehen. Bei beiden Gruppen wird die Linse aus Zellen gebildet, wie schon oben erwahnt. Bei Cloïon und Baötis ist es durch Abschnürung aus der Hypodermis zur Bildung einer aus polygonalen Zellen bestehenden Linse ge- kommen. Die Linse ist bei beiden Species bikonvex. Ein geringer Unterschied beruht nur darin, daß bei Baëtis die Wölbung der Linsen- flächen etwas größer als bei Cloöon ist. Uber der Linse liegt die Hypodermis, die nach außen von der Cuticula bedeckt wird. Proximal von der Linse legen sich die corneagenen Zellen in einer einheit- lichen Lage über die Retina hin. Bei Ephemera, Heptagenia und Caenis entspricht die Ausbildung der Linse dem Stadium, wie ich es bei der Entwicklung des Auges von Cloïon in Fig. 5 beschrieben habe. Die Linse ist hier nichts als eine Verdickung der Hypodermis, bestehend aus fadenförmigen Zellen, deren Kerne an das äußerste distale Ende gerückt sind. An den Rändern der Anlage gehen die Linsenzellen in die einschichtige Hypodermis über. Der Ocellus dieser 3 Species scheint also auf einer niederern Entwicklungsstufe stehen geblieben zu sein als der von Cloïon und Batis. Eine andere Frage wäre nun die, ob sich der Ocellus von Cloéon und Baïtis aus dem der oben genannten Species entwickelt hat. Definitive Schlüsse werden wohl in dieser Beziehung noch nicht gezogen werden können, denn es fehlt bis jetzt an irgend welchen Übergängen, die von der einen Form des Ocellus zur andern hinüberleiten. Bei den Ocellen von Ephemera, Heptagenia und Caenis kommt es immer zur Ausbildung einer Iris über den corneagenen Zellen. Ebenso ist immer mit der Ausbildung einer plankonvexen Linse der durch das Auseinandertreten der corneagenen Zellen gebildete Hohlraum verbunden. 2. Physiologisches. Obwohl gerade in letzter Zeit den Ocellen in ihrem Bau und in ihrer Funktion mehr Interesse entgegengebracht wurde, Konnte bei den Autoren bis jetzt noch keine Einigung erzielt werden, bis zu welchem Grade die Insecten mit ihren Ocellen zum Sehen be- fähigt sind. Schon JOHANNES MÜLLER war in seiner „vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes“ zu der Ansicht gekommen, daß die Ocellen zum Sehen naher Gegenstände geeignet wären. Nach ihm suchte man durch Versuche an lebenden Tieren festzustellen, in- wieweit die Ocellen zum Sehen dienten. Die ersten Versuche in Ocellen der Ephemeriden. 29 dieser Richtung wurden von RéAumuR an Bienen angestellt. Dieser Forscher fand nun, daß die Tiere, denen er entweder die Facetten- augen oder die Ocellen blendete, im ersten Falle dem Licht zu flogen, während sie im letzten Falle keinerlei Reaktion gegen Licht zeigten. Es geht also aus diesen Versuchen hervor, daß RÉAUMUR den Ocellen eine große Bedeutung beim Sehen zuschreibt. Anders PLATEAU (1888). Dieser glaubt durch Versuche festgestellt zu haben, daß die Ocellen für Gesichtswahrnehmung ganz bedeutungslos und rudimentäre Organe seien. Diese Ansicht PLATEAv’s ist wohl kaum haltbar, denn die Anatomie beweist doch deutlich, daß derartig kompliziert gebaute Organe wie die Ocellen der Insecten keineswegs direkt als rudimentäre Organe angesehen werden können. In neuerer Zeit wurden die Versuche R£aumur’s und PuATEAv’s wieder von SCHÖNFELD aufgegriffen. Dieser stimmt in einer Beziehung mit R£aumur überein, nämlich darin, daß die Insecten mit geblendeten Facettenaugen dem Licht zuflogen. Überstrich er aber die Ocellen mit schwarzem Lack, so erhoben sich die Tiere doch in die Höhe, stießen aber überall an. Wenn schon in den Versuchen von SCHÔN- FELD und RÉAUMUR sich Unterschiede in der Beobachtung bemerkbar machen, die darauf hindeuten, daß das Experiment hier keinerlei Sicherheit bieten kann, so ist dies noch mehr bewiesen durch die Resultate, die von BurreL-REerren (1903) aus seinen Versuchen erzielte. Er stellte fest, daß Bienen, nachdem ihnen die Ocellen mit schwarzem Lack geblendet waren, nach wie vor auf Licht reagierten, dab aber bei Blendung der Facettenaugen keinerlei Reaktion auf Licht stattfand. Auf die ScHönrELDp’schen Versuche hinweisend, sagt er dann: „Während aus dem ScHönrELDp’schen Experiment geschlossen werden mußte, daß die Ocellen die Bienen der Lichtquelle entgegenführten und nicht die Facettenaugen, und die Tiere ohne Ocellen so gut wie blind seien, und «überall an- stoßen», was aller sonstigen Erfahrung widerspricht, sehen wir umgekehrt bei dem vorstehend geschilderten Experiment, daß den Ocellen diese große Bedeutung nicht zukommt“. Immerhin glaubt von BUTTEL-REEPEN, daß die Ocellen wahrscheinlich zum Sehen in der Nähe den Insecten Dienste leisten könnten. Physiologie und Biologie scheinen ihn in dieser Ansicht zu unterstützen. Am weitesten in der Erklärung des Sehens mit den Ocellen wird jedoch, wie auch ich glaube, die Anatomie führen. Auch in dieser Beziehung liegen Ansichten von Autoren vor, die besondere Beachtung verdienen. So kommt Hesse durch seine ausgedehnten 30 WILHELM SEILER, Untersuchungen zu dem Schlusse, daß die Insecten mit ihren Ocellen nahe Gegenstände wahrnehmen könnten. REDIKORZEW spricht sich über das Sehen mit den Ocellen folgendermaßen aus: „Betreffs des Seh- vermögens des Ocellus glaube ich, daß dasselbe nicht vollkommen sein kann, wenn man das Vorhandensein einer unbeweglich mit der Cuticula verbundenen Chitinlinse in Betracht zieht und das Fehlen irgend eines Apparates, welcher imstande wäre, die gegenseitige Lage der Weich- teile des Ocellus zu verändern. Aus dem Bau der Linse schließend, gibt es in der Retina ein verkehrtes Bild des äußern Gegenstands; aber aus den oben erwähnten Gründen nur in bestimmter Ent- fernung, welche nur in geringem Maßstab schwanken kann. Alle näher oder weiter entfernten Gegenstände werden vom Ocellus aller Wahrscheinlichkeit nach nur undeutlich unterschieden ohne klare Erkenntnis ihrer Umrisse.“ (Carrière hält die Ocellen der Insecten sogar für wirkliche Sehorgane von dem Standpunkt der Anatomie aus, die ihn dann auch zu folgenden Worten führt: ,,. . . die Ocellen scheinen vor den Organen jener Tiere durch den Besitz einer festeren Linse von bestimmter Form ausgezeichnet zu sein, welche wohl ge- eignet ist, scharfe Bilder auf der Grenze von Linsenzellen und Retina zu entwerfen.“ Im Vorstehenden habe ich versucht, in kurzen Zügen eine Über- sicht der in der Literatur herrschenden Ansichten zu geben, die in- bezug auf das Sehen mit den Ocellen aufgestellt worden sind. Wenn ich nun zur Beurteilung der von mir untersuchten Ocellen der Ephemeriden übergehe, so muß ich vor allem vorausschicken, dab ich meine Ansichten über die Bedeutung der Stirnaugen für die Ephemeriden nur auf die Anatomie der Ocellen gründen kann. Ver- suche habe ich nicht anstellen können. Der Anatomie der Ocellen entsprechend, sehe ich mich genötigt, in der Beurteilung, ob die Ephemeriden mit ihren Ocellen sehen können, eben dieselben Gruppen zu bilden, wie ich dies in der Be- schreibung der Ocellen: getan habe. Auf der einen Seite stehen wieder Clovon und Baïtis, auf der andern Seite Ephemera, Heptagenia und Caenis. Die Ocellen von Cloéon und Baétis dienen nach meinem Dafür- halten dem Tier zur Aufnahme von Bildern oder von Licht- eindrücken. Die durchsichtige biconvexe Linse wird auf den lichtempfind- lichen Elementen ein Bild erzeugen können, wenn diese außerhalb der einfachen Brennweite hinter der Linse gelegen sind. Wir er- Ocellen der Ephemeriden. 31 hielten auf diese Weise ein umgekehrtes wirkliches Bild eines Gegenstandes, der ziemlich weit von der Linse vor dem Auge ent- fernt wire. Es könnte aber nur ein Gegenstand mit den Ocellen wahrgenommen werden, dessen Bild gerade auf die lichtempfindlichen Elemente treffen wiirde. Der Gegenstand miibte also eine bestimmte Lage haben, da die Linse nicht auf nähere oder weitere Entfernung eingestellt werden kann. Liegen nun die lichtempfindlichen Elemente des Ocellus inner- halb der einfachen Brennweite hinter der Linse, so kann auf den- selben kein Bild mehr entstehen. Sie können nur noch von den divergenten Strahlen der aufrecht stehenden wirklichen Bilder ge- troffen werden, die vor der Linse gelegen sind und von Gegen- ständen herrühren, die sich zwischen Brennpunkt und optischem Mittelpunkt vor der Linse befinden. Der Ocellus bekäme also Licht- eindrücke von Gegenständen, die nahe vor dem Auge gelegen wären., Bei diesen beiden Möglichkeiten des Sehens mit den Ocellen ist also in erster Linie die Wölbung der Linse ausschlaggebend, denn hiermit ist der Radius und damit der Brennpunkt bestimmt. Da exakte Messungen der Wölbung der Linse bei der Kleinheit der Objekte wohl kaum vorgenommen werden können, so ist man auf Schätzung oder Messung an den Figuren angewiesen. Letzteres führt wohl bei beiden Tieren zu dem Ergebnis, dab die lichtempfind- lichen Teile des Ocellus innerhalb der einfachen Brennweite gelegen sind. Es würden also die Ocellen von Cloéon und Baétis zur Auf- nahme von Lichteindrücken fähig sein, deren Gegenstand nahe vor der Linse gelegen wäre. Ein weit anderes physiologisches Verhalten müssen die Ocellen der 2. Gruppe zeigen, ebenso wie sie morphologisch wesentlich anders gestaltet sind. Sie besitzen eine plankonvexe Linse, die, eine Ver- dickung der Hypodermis, einen von den corneagenen Zellen ge- bildeten Spalt überdeckt. An und für sich wird die Linse befähigt sein, die Strahlen zu sammeln, dies um so mehr, je höher die Linse entwickelt ist. Die von der Linse gesammelten Strahlen miissen nun, um an die lichtempfindlichen Teile des Ocellus zu ge- langen, den oben beschriebenen Spalt zwischen Linse und corneagenen Zellen durchsetzen. In diesem Spalt ist nun, wie ich 2mal an dem vorgefundenen Gerinnsel feststellen konnte, und wie auch in den andern Fallen kaum bezweifelt werden kann, eine Fliissigkeit bei dem lebenden Tier enthalten. Die Strahlen werden also beim Durch- 32 WILHELM SEILER, gang durch den Spalt eine Brechung erleiden, die einerseits abhängig ist von dem optischen Verhalten der in dem Spalt enthaltenen Flüssigkeit, andrerseits von den Medien, die den Spalt umgeben. Auf der distalen Seite wird nun der Spalt von der Linse, auf der proximalen Seite von den corneagenen Zellen begrenzt. Diese beiden Zellenlagen, die entwicklungsgeschichtlich von der Hypodermis ab- zuleiten sind, können nun optisch gleichwertig in ihrem Verhalten den Lichtstrahlen gegenüber gesetzt werden. Trotzdem sind in der Funktion des Spalts noch zwei Möglichkeiten zu unterscheiden. Setzen wir zuerst voraus, daß die in dem Spalt enthaltene Flüssig- keit optisch dichter sei als die sie umgebenden Medien, so wird der Ocellus keinerlei Bedeutung für das Insect haben können. Die durch die Linse konvergent gemachten Strahlen werden nämlich beim Übergang von dem dünnern in das dichtere Medium eine totale Re- flexion erfahren; sie können also die lichtempfindlichen Elemente des Ocellus gar nicht erreichen. Anders gestaltet sich die Wirkung des Spalts, wenn er eine Flüssigkeit enthält, die optisch dünner als die sie umgebenden Medien ist. Es wird dann in dem Spalt Brechung stattfinden, und zwar wird durch den Spalt eine größere Konvergenz der Strahlen bewirkt werden. Der Spalt wird also die Linse in ihrer Funktion, die Strahlen zu sammeln, verstärken. Der größte Teil der Strahlen wird hierdurch gegen die Spitze des Kegels ge- worfen werden. Das auf der Retina entstehende aufrechte Bild wird gerade an der Spitze des Spalts seine größte Helligkeit erhalten, ja vielleicht wird diese so groß sein, daß das Bild dadurch beein- trächtigt wird. Es stellte sich also in diesem Fall der Spalt als ein Kondensator für das Licht dar. Es liegt nun auf der Hand, dab die letzte Annahme der Wirkung des Spalts die größte Wahrschein- lichkeit für sich hat, denn nur dann kann der ganze Ocellus dem Tier von Nutzen sein. Man kann sich doch schwer in den Gedanken finden, daß ein so kompliziert gebautes Organ, wie der Ocellus der Ephemeriden es ist, zwecklos für das Tier sein sollte. Auch in biologischer Hinsicht erscheint letztere Annahme der Wirkung des Spalts insofern interessant, als sie vielleicht imstande wäre, zur Erklärung des Flugs, den, wie bekannt, die Ephemeriden in der Dämmerung unternehmen, einen Anhaltspunkt zu geben. Durch den bei Ephemera, Heptagenia und Caenis in den Ocellen vor- gefundenen Spalt wird, wie ich oben ausgeführt habe, das Licht in dem Ocellus konzentriert. Die Ocellen könnten also dem Tier in- sofern von Nutzen sein, als sie ihm zur Aufhellung der Umgebung Ocellen der Ephemeriden. 33 dienen und es hierdurch befähigen könnten, auch bei geringerer Helligkeit seinen Flug auszuführen. Nachtrag. Nachdem ich meine Untersuchungen bereits abgeschlossen hatte, wurde ich mit einer Arbeit von v. REITZENSTEIN bekannt!), die sich mit der Anatomie und Entwicklung des Stirnauges von Cloÿon beschäftigt und zu der ich noch kurz Stellung nehmen muß. Der genannte Autor gelangt zu einer vollständig andern Auf- fassung der in Rede stehenden Organe, als Hesse und ich sie ge- geben haben. Er läßt nämlich das Auge zwar auch von der Hypodermis, aber nicht durch Delamination, sondern durch Invagination entstehen. Er sieht also in dem Ocellus von Cloöon ein Auge nach dem Typus der Spinnenaugen. Von dieser Voraussetzung ausgehend, gelangt er zu einer vollständig andern Deutung der Schichten. Die von Hesse und mir als Corneagenschicht (resp. Glaskörper) be- zeichnete Zellenlage nennt er Retina. Dieser Schicht rechnet er auch die Stäbchen zu, die nach seiner Auffassung vom Licht ab- gewandt erscheinen. Die wirklichen Retinazellen erklärt er für „schlauchförmige“ Nervenfasern, die die Stäbchenenden seiner ver- meintlichen Retinazellen „umspinnen“ und nur einen „axialen Faden“ in die Zellen eintreten lassen, was er allerdings nicht mit Sicher- heit feststellen Konnte. Zwischen den schlauchförmigen Nervenfasern findet er Tapetumzellen, welche mit jenen zusammen eine „postretinale Membran“ bilden. Er glaubt, Hesse müsse in einen Irrtum ver- fallen sein, da die Grenze zwischen Retina und postretinaler Membran in dem Imagostadium, das Hesse nur untersucht hat, stark ver- wischt sei. Wie aus der Darlegung meiner Untersuchungen hervorgeht, schließe ich mich dagegen in allen wesentlichen Punkten Hesse an, und ich bin auch durch Lektüre der v. Rertzenstein’schen Arbeit und ein genaues Studium der Abbildungen in meiner Ansicht 1) W. v. REITZENSTEIN, Untersuchungen über die Entwicklung der Stirnaugen von Periplaneta orientalis und Cloéon, in: Zool. Jahrb., V. 21, mat. py 161, tab. 9, 10. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 3 34 WILHELM SEILER, nicht erschüttert worden. Einen zwingenden Beweis für die In- vagination kann ich in den 5 mitgeteilten Figuren nicht entdecken. Sämtliche Bilder lassen sich ohne Zwang auch ebensogut auf Delamination zurückführen. Allenfalls könnte für eine Einstülpung die fig. 12 sprechen, auf welcher es in der Tat so aussieht, als ob die „postretinale Membran“ sich direkt in einen eingestülpten Teil der Hypodermis fortsetze. Dem widerspricht aber die daneben- stehende fig. 9 von einem entpigmentierten Schnitt, denn diese zeigt wieder, daß nicht die „postretinale Membran“ mit der vermeintlichen Hypodermis-Einstülpung im Zusammenhang steht, sondern die Zellen des Pigmentbechers. Auf der „etwas schematisierten“ fig. 12 sind diese Verhältnisse durch den Pigmentbecher verdeckt, und dadurch ist der Irrtum v. REITZENSTEIN’s bewirkt worden. Was nun die Schichtung des Auges anbelangt, so glaube ich auch hier nachweisen zu können, daß die Deutung v. REITZENSTEIN’S nicht den Tatsachen entspricht. So ist schon die äußerste Schicht des Auges von ihm übersehen worden. Er behauptet nämlich, daß „die Hypodermis nicht über die Linse hinwegzugehen scheint, sondern direkt in dieselbe übergeht“. Er meint auch hier wieder, daß Hesse durch ungeeignete Schnittrichtung in einen Irrtum ver- fallen ist. Hesse gibt bekanntlich an, daß die Hypodermis glatt über die Linse wegzieht; und das ist, wie ich oben gezeigt habe, auch tatsächlich der Fall. Leider herrscht in v. REITZENSTEINS Arbeit eine merkwürdige Unklarheit in betreff der fig. 12, die den angeblichen Irrtum Hesse’s beweisen soll. Sie wird einmal in dem Abschnitt über Anatomie erwähnt und hier mit der Abbildung ver- glichen, die Hesse von einem fertig ausgebildeten Ocellus gibt. Das erweckt in dem Leser natürlich die Ansicht, daß wir es hier mit einem Imago-Auge zu tun hätten. In dem Abschnitt über Entwick- lung wird dieselbe fig. 12 erwähnt als von dem Ocellus einer „zum Ausschlüpfen reifen Larve“ herstammend, bei welcher die Linse ihre volle Entwicklung erreicht hat, und hiermit stimmt auch die Tafel- erklärung überein. Und in der Tat glaube ich, daß wir es hier mit dem Auge einer Larve und zwar nicht einmal aus den letzten Larvenstadien zu tun haben; denn abgesehen davon, daß die Hypo- dermis sich noch nicht von der Linse getrennt hat, zeigt letztere noch deutlich die charakteristische zwiebelschalenähnliche Anord- nung der Zellen, wie meine einer 6 mm langen Larve entnommene Fig. 5, während doch v. REITzEnsTEIn selbst angibt, daß bei der Imago die Linse aus fest aneinander schließenden polygonalen Ocellen der Ephemeriden. 35 Zellen bestehe. Ja ich bin sogar zu der Ansicht gekommen, daß die Larve, auf die sich fig. 12 bezieht, jünger ist als die zu fig. 10 gehörige, über deren Alter v. REITZENSTEIN keine Angaben macht, bei der aber nach der Tafelerklärung die Linse noch „in Ausbildung“ ist. Denn hier besteht die Linse schon aus deutlich polygonalen Zellen, und über ihr beginnt die Hypodermis wieder sich in einer einheitlichen Lage zu ordnen. Sollte vielleicht dieser dem definitiven so ähnliche Zustand zurückgebildet werden, um dann zum zweiten Male aufzutreten ? Was nun die zweite oder eigentlich dritte Schicht des Auges — Retina nach v. REITZENSTEIN, oder corneagene Schicht nach Hesse’s und meinen Untersuchungen — anbetrifft, so scheint mir auch hier der Irrtum, in den v. REITZENSTEIN verfallen ist, auf der Hand zu liegen. Er hatte einfach, vielleicht infolge ungünstiger Färbung, die Grenzen zwischen den distalen Enden der Glaskörper- zellen und den proximalen, die Stiftchensäume tragenden der eigent- lichen Retina nicht gesehen. Daß sich das wirklich so verhält, be- weist meine Fig. 2 vom mittlern Ocellus einer jungen Larve. Hier sieht man die Kerne der Retinazellen noch zwischen den Stiftchen- säumen liegen, während vor ihnen, besonders deutlich an der rechten Seite der Figur, die Glaskörperzellen mit ihren Kernen auch schon ausgebildet sind. Daß wir es hier tatsächlich mit Glas- körperzellen und nicht mit Linsenzellen zu tun haben, dab also die von mir als Glaskörper angesprochene Schicht nicht etwa nur eine zur Linsenbildung führende Verdickung der Hypodermis ist, geht aus Fig. 3 hervor. Diese weist ein älteres Stadium auf, denn die Retinazellen haben sich stark distalwärts verlängert, und die Kerne liegen jetzt nicht mehr zwischen den Stiftchensäumen, sondern, wie von jetzt an auf allen spätern Stadien, am distalen Ende der Retinazellen; dennoch erscheint die Hypodermis als ein- schichtiges Epithel ohne eine Spur von Verdickung. Ich glaube, schon hieraus geht deutlich hervor, daß die Stäbchen nicht zu den distal vor ihnen gelegenen Zellen gehören, dab diese also nicht Retinazellen, sondern Glaskörperzellen sind. Die wirklichen Retina- zellen sind die von v. REITZENSTEIN als ,schlauchformige“ Nerven- fasern bezeichneten Elemente. Sie sind allerdings in ihrem größten Teile, nämlich zwischen Stiftchensäumen und Kernen, sehr schlank und können daher, besonders wenn das Objekt etwas geschrumpft ist, den Anschein von Fasern erwecken. Die Grenzen, die v. REITZEN- STEIN zwischen seinen Nervenfasern und den Köpfchen der Seh- 3x 36 WILHELM SEILER, zellen zeichnet, habe ich dagegen ebensowenig wie Hesse jemals entdecken können und halte sie deshalb für Kunstprodukte. v. REITZEN- STEIN bildet sie auch nicht auf allen Figuren ab. Auf fig. 11 z. B. ist nichts von diesen Grenzen zu bemerken. Auch auf fig. 9 und 10 sind sie zum mindesten nicht deutlich. v. REITZENSTEIN’s Zellen „unbekannter Funktion“ endlich sind nichts anderes als die proximalen, kernführenden Enden der Retina- zellen. Auch hier steht fig. 11 wieder mit meinen Angaben in Ein- klang: man braucht sich pur z. B. in der Mitte des Ocellus den Kontur wegzudenken, der die Zelle „unbekannter Funktion“ von der „schlauchförmigen Nervenfaser“ trennt, denn auch diese Zell- grenze scheint auf einem Kunstprodukt oder Beobachtungsfehler zu beruhen. Auch fig. 10 ließe sich in meinem Sinne deuten, wenn nicht die Zellen „unbekannter Funktion“ vollkommen farblos wären, während sich auf meinen Präparaten die Kerne der Retinazellen auch auf ganz jungen Stadien ziemlich intensiv färbten. Auch erscheint, wenn man sich auf den Standpunkt v. REITZEN- STEIN’s stellt, der Modus der Innervierung mindestens sehr auffallend. Nach v. REITZENSTEINn nämlich _verbinden sich die Nervenfasern mit den stäbchenführenden Enden der Retinazellen, und er gewinnt den Eindruck, „als ob die schlauchförmige Nervenfaser die Zelle um- spönne und nur ein axialer Faden in dieselbe eindringe.“ Nun ist mir aber im ganzen Tierreich kein Fall bekannt, wo eine Nerven- faser in die Sinneszelle am percipierenden Ende derselben eindringt. Auch bei allen Augen mit vom Licht abgewandten Stäbchen — diesem Typus sollen ja nach v. Rerrzensrer die Ocellen von Cloéon angehören — tritt die Nervenfaser ausnahmslos in den kernführen- den Teil der Sehzellen ein; z. B. auch für das Spinnenauge, mit dem v. REITZENSTEIN die Augen der von ihm untersuchten Insecten vergleicht, gibt HENTSCHEL !) an: in beiden Augentypen verbinden sich die Nervenfasern mit den kernführenden Enden der Retina- zellen, während die stäbchenführenden Enden frei sind.“ Nun habe ich selbst bei Clovon die Innervierungsweise nicht mit hinreichender Sicherheit verfolgen können, wohl dagegen bei Ephemera, deren Auge, wenigstens was die Retina anbetrifft, nach demselben Typus gebaut ist, wie ich bereits im Text erwähnt und durch eine Abbildung belegt habe (S. 18). 1) HENTSCHEL, Beiträge zur Kenntnis der Spinnenaugen, in: Zool. Jahrb., V. i2, Anat. Ocellen der Ephemeriden. 37 Zum Schlusse möchte ich noch auf Folgendes hinweisen. v. REITZEN- STEIN glaubt sich dahin aussprechen zu können, daß auch bei den Hymenopteren die Ocellen auf die gleiche Weise entstehen wie bei seiner Darstellung von Periplaneta und Cloéon. Er behauptet weiter, daß die zellige Linse des Stirnauges von Cloéon dem Glaskörper der andern Insecten homolog sei. Nun findet sich aber bekanntlich in den Stirnaugen der Hymenopteren zwischen den Stäbchen und der Cornealinse nur eine einzige Zellenschicht. Haben also die Hymenop- teren, wie v. REITZENSTEIN vermutet, invaginierte Ocellen, sind demnach auch bei ihnen die Stäbchen vom Licht abgewandt. so muß die erwähnte Zellenschicht unbedingt als Retina angesehen werden. Diese Schicht scheidet aber an ihrer distalen Fläche die Cornealinse ab. Wir hätten es hier mit Zellen zu tun, die an einem Ende Cuticula bilden, am andern Sehstäbchen tragen, was wiederum im ganzen Tierreich einzig dastehen würde und deshalb wohl sehr unwahrscheinlich ist. Vollends unmöglich ist natürlich dann die von v. REITZENSTEIN versuchte Homologisierung der Linse von Cloëon mit dem Glaskörper der Hymenopteren; denn nach seiner Auffassung ist bei den Hymenopteren ein Glaskörper überhaupt nicht vorhanden. Ich glaube, auch diese Schwierigkeiten sprechen dafür, dab Hrsse und ich mit unserer Ansicht vom Bau und der Entwicklung des Stirnauges von Cloöon Recht behalten werden. 38 WILHELM SEILER, Literaturverzeichnis. BUTTEL-REEPEN, H. v. (1903), Die stammesgeschichtliche Entstehung des Bienenstaates, Leipzig. CARRIÈRE, J. (1885), Die Sehorgane der Tiere, München und Leipzig. — (1886), Kurze Mitteilungen aus fortgesetzten Untersuchungen iiber die Sehorgane: 7. Die Entwicklung und die verschiedenen Arten der Ocellen, in: Zool. Anz., Vol. 9. Eaton, A. E. (1888), A revisional monograph of recent Ephemeridae, in: Trans. Linn. Soc. (London), (2), Vol. 3. GRENACHER, H. (1879), Untersuchungen über das Sehorgan der Arthro- poden, Gottingen. Hess, R. (1901), Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Tieren, in: Z. wiss. Zool., Vol. 70. ImHor, O. (1901), Ocelli Insectorum, in: Biol. Ctrbl., Vol. 21. Koz8Ee, H. J. (1893), Einführung in die Kenntnis der Insecten, Berlin. PLATEAU, F. (1888), Recherches expérimentales sur la vision chez les Insectes, Part 3, in: Bull. Acad. Sc. Belg. (3), Vol. 15. REDIKORZEW, W. (1900), Untersuchungen iiber den Bau der Ocellen der Insekten, in: Z. wiss. Zool., Vol. 68. ScHONFELD (1865), in: Bienen-Zeitung, Vol. 21. TÜMPEL, R. (1901), Die Geradflügler Mitteleuropas, Eisenach. ZAVREL, J. (1902), Untersuchungen über die Entwicklung der Stirnaugen (Stemmata) von Vespa, in: SB. Böhm. Ges. Wiss. Prag, Vol. 13. Ocellen der Ephemeriden. 39 Erklirung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnung. bg Bindegewebe nf Neurofibrille e Cuticula pb Pigmentbecher cx corneagene Zellen sp Spaltraum in der corneagenen hy Hypodermis Schicht à Iris st Stiftchensäume 1 Linse sx Sehzellen n Nerv Tafel‘ Fig. 1. Cloéon dipterum. Schnitt durch den seitlichen Ocellus einer Nymphe. Fig. 2 und 3. Desgl. Schnitte durch den mittlern Ocellus von Larven. Fig. 4—7. Desgl. Schnitte durch den seitlichen Ocellus von Larven. Fig. 8. Desgl. Schnitt durch die Linse und die angrenzenden Partien der Hypodermis einer Nymphe. Fig. 9. Baötis rhodani. Schnitt durch den seitlichen Ocellus einer Imago. Fig. 10. Desgl. Schnitt durch die Linse. Den Zusammenhang mit der Hypodermis zeigend. Vaneleeoe Fig. 11. Ephemera vulgata. Schnitt durch den seitlichen Ocellus einer Imago. Fig. lla. Desgl. Sehzelle.e. WINKEL, Hom. Imm. 1,8 mm, Oc. 5. 40 WILHELM SEILER, Ocellen der Ephemeriden. Fig. 12. Desgl. Schnitt durch Pigmentbecher und Linse von einem entpigmentierten seitlichen Ocellus. Fig. 13. Desgl. Querschnitt durch den seitlichen Ocellus. Fig. 14a—d. Desgl. Schnitte durch den mittlern Ocellus. Zeiss Ob). AA, “Oca: Fig. 15. Desgl. Medianschnitt durch den mittlern Ocellus. ZEISS Obj. C, 02.22. Fig. 16. Desgl. Schnitt durch das Gehirn, den Ursprung der 3 Nerven des mittlern Ocellus zeigend. Fig. 17. Heptagenia aurantiaca. Schnitt durch den seitlichen Ocellus. ZEISS Obj. D, Oc. 2. Alle Figuren sind mit dem ABBÉ’schen Zeichenapparat und, wo nicht anders angegeben, mit ZEISS Obj. E, Oc. 2, gezeichnet. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Beitrage zur Kenntnis der Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr, II. (Schluss-)Teil. Von Dr. Franz von Wagner, a. o. Prof, an der Universität Gießen. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Gieben.) Mit Tafel 3—7. Der vorliegenden Arbeit habe ich zwei Bemerkungen, eine per- sönliche und eine sachliche, vorauszuschicken. In ersterer Beziehung muß ich um Nachsicht bitten, daß dieser Schlußteil infolge von Um- ständen privater Natur, die in den letzten Jahren meine Arbeits- kraft erheblich beeinträchtigt haben, so verspätet erscheint; nachdem jene Hemmnisse seither fortgefallen sind, kann ich für die Zukunft einen raschern Fortgang meiner schon in frühern Jahren begonnenen Studien auf dem Gebiet der Regenerationslehre in Aussicht stellen. In sachlicher Hinsicht habe ich folgendes zu bemerken: Die vor- liegende Abhandlung war textlich wie illustrativ zu Pfingsten 1904 nahezu fertig gestellt, als mir die Arbeit von Iwanow über „Die Regeneration von Rumpf- und Kopfsegmenten bei Zumbriculus variegatus GR.“ (in: Z. wiss. Zool. Vol. 75, p. 327) zu Gesicht kam. Die ganze Haltung dieser Publikation ließ es mir in hohem Maße 42 FRANZ von WAGNER, wünschenswert erscheinen, an frischem Material mit einer andern als der von mir seinerzeit ausschließlich angewendeten Sublimat- methode, so weit mein Gegenstand in Betracht kommt, eine er- gänzende Nachuntersuchung anzustellen. Ich ließ deshalb das Manuskript ruhen in der Hoffnung, während der warmen Jahreszeit frische Lumbrikeln zu erhalten. Diese Hoffnung hat sich, wohl in- folge der ungewöhnlichen Trockenheit des letzten Sommers, leider nieht erfüllt. So entschloß ich mich, meine Arbeit, so wie sie vor- lag, zu veröffentlichen, nur mit Hinweglassung aller mehr nebenher oder nicht mit mir genügender Zuverlässigkeit gemachten Er- fahrungen, und behalte mir vor, bei einer demnächstigen Gelegenheit, die sich wohl bald ergeben wird, zu den Ausführungen Iwanow’s in entsprechender Weise Stellung zu nehmen. Inhalt. Seite Zur Reparation des Hinterendes -. : : . 02 2.220 N Er: I, Allgemeine Übersicht 7 . 4 "ON IT. Die Reparationsprozesse <<. + . u 2. Bu 0 Fr 1: Die "Wundheilung . .. NON ee 2. Die Zellwucherungsvorgänge o> il 2 3. Die Reparation des Drome ne ve he SSS 4. Die Reparation des Nervensystems (Banchmark) 2,4108 5. Bemerkungen bezüglich der Reparation anderer Organe. en nad Egalisierung des Reparats. . . 118 III. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . ~~. 184 Allgemeine Bemerkungen. . . . . . ONE ee: ne eens LL. Erklärung der Abbildungen a ONU IE SIE INT Er Zur Reparation des Hinterendes. I. Allgemeine Übersicht. Wie am Vorderende, gilt auch für das reparative Verhalten des Hinterendes der Satz, daß Wärme, guter Ernährungszustand und ansehnliche Größe die Reparation begünstigen, indem sie einen frühern Eintritt und einen raschern Verlauf derselben herbeizuführen pflegen. Auch die individuellen Schwankungen finden sich wieder, hier sogar, wie sich zeigen wird, in weit höherm Maße als dort. Ebenso lassen sich bei der reparativen Genese des Schwanzteils dieselben 2 Etappen unterscheiden, die wir beim Kopfstück als Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 43 organogenetische und Egalisierungsperiode bezeichnet haben; dabei ist freilich das zeitliche Verhaltnis beider Etappen nur insofern ein übereinstimmendes, als auch beim Hinterende die Egalisierung längere Zeit in Anspruch nimmt als die eigentliche Reparation, die reparative Organbildung. Im übrigen treten bereits bemerkenswerte Verschiedenheiten in dem beiderseitigen Verhalten zutage. Am Schwanzstiick verläuft die Organogenese wenigstens im allgemeinen beträchtlich rascher, als dies am Vorderende der Fall ist, so daß der gebrauchsfertige Zustand !) weit früher erreicht wird als hier, eine Tatsache, die wohl a priori zu erwarten stand, wenn man sich die relative Einfachheit der am Schwanzende gegebenen Verhältnisse im Vergleich zu der komplizierten Organisation des Koptteils vor Augen hält. Allerdings bedeutet das obige „früher“ in unserm Fall eine recht dehnbare Zeitbestimmung, weil dieselbe innerhalb weiterer Grenzen, als dies bei Reparationsprozessen gemeinhin vorzukommen pflegt, schwankt. Ein paar Daten genügen, um das Gesagte zu illustrieren: neben sehr kurzen, nur etwa 4—6 Tage umfassenden Zeiträumen erhält man Befunde, bei welchen jenes Stadium erst nach 12—14 Tagen gegeben erscheint, von mehr vereinzelten ex- tremern Fällen ganz abgesehen. Als durchschnittliches Mittel kann wohl eine Zeitspanne von 8—10 Tagen etwa betrachtet werden. *) Der kürzern Dauer der organogenetischen Periode steht weiter- hin bei der Reparation des Caudalabschnitts eine ganz erheblich längere Zeitdauer für die Egalisierung des Reparats gegenüber, und zwar gilt dies nicht nur für den Vergleich mit dem entsprechenden Geschehen am Vorderende, sondern auch und im besondern inbezug auf die vorausgehende Organogenese des Hinterendes selbst. Nun ist es bei dem Umstand, daß am Schwanzende von Lumbriculus der Anneliden-Organisation entsprechend gesetzmäbig immer neue Seg- mente gebildet werden, freilich nicht gut möglich, den Zeitpunkt des Abschlusses der organogenetischen Periode genauer zu fixieren; da aber die Reparation des Hinterteils stets in die Bahnen des 1) Als gebrauchsfertigen Zustand betrachte ich diejenige Stufe der organogenetischen Ausbildung, von welcher ab der Wurm nicht nur wieder Nahrung aufnimmt, — was hier schon frühzeitig geschehen kann —, sondern auch sein sonstiges Gebahren dem normalen Verhalten im wesent- lichen entspricht. Vereinzelte Fäces-Entleerungen in den ersten Tagen nach der Operation kommen hierbei nicht in Betracht. 2) Alle Zeitangaben beziehen sich auf die warme Jahreszeit und sind selbstverständlich nur Näherungswerte. 44 Franz von WAGNER, normalen Wachstums ausläuft, so wird man immerhin mit der Wiederherstellung dieses Zustands die reparative Organogenese als beendet ansehen diirfen. Das Ende der Egalisierung kann, da dem Schwanz das charakteristische Pigment des Kopfs fehlt, lediglich durch das Erlöschen der optischen Differenz zwischen dem alten Stammstück und dem Reparat gekennzeichnet werden, ein Schwund, der zwar niemals ausbleibt, sich aber so außerordentlich langsam vollzieht, daß dadurch zweifellos die bekannte Erscheinung bedingt wird, daß weit mehr Lumbrikeln mit in Reparation befindlichen Schwänzen als mit ebensolchen Köpfen gefunden werden. In der Tat erfordert die Egalisierung des caudalen Reparats meist ein be- trächtliches Vielfaches des Zeitraums, den die Organogenese bean- sprucht. Als Belege mögen wieder einige Daten dienen: unter Be- rücksichtigung der beträchtlichen individuellen Schwankungen dürfte eine Zeitspanne von etwa 2—3 Monaten für die Egalisierungs- periode als Regel angenommen werden können; in manchen Fällen allerdings umfabt diese Periode noch erheblich größere Zeitspannen, selbst bis nahezu ein halbes Jahr, doch sind gegenüber dem be- zeichneten Mittel derartige Vorkommnisse weit seltner als die, bei welchen eine kürzere Zeitdauer zur Herstellung des normalen Zu- stands in Anspruch genommen wird. Nach meinen Erfahrungen be- trug das zeitliche Maximum der Egalisierung 169, das Minimum 26 Tage, beides indes nur in ganz vereinzelten Fällen. Durch diese 2 Extreme ist die ganz außerordentliche Größe der Amplitude, innerhalb welcher die Egalisierungszeit schwankt, genügend charak- terisiert. Die mitgeteilten Tatsachen verbieten selbstredend auch für das Hinterende, einen Zeitpunkt anzugeben, in dem irgend ein Organ eine bestimmte Ausbildungsstufe erreicht hat, ein Übelstand, der nur dadurch einigermaßen ausgeglichen werden kann, daß man möglichst viele Individuen zur Untersuchung heranzieht, wobei allerdings manche Mühe nutzlos aufgewendet werden muß. In Übereinstimmung mit dem Verhalten am Kopfe ist auch am Schwanzteil eine gewisse Regelmäßigkeit im Ablauf der reparativen Prozesse nicht zu verkennen, ein Rhythmus, der unbeschadet be- stimmter, in der Folge noch zu bezeichnender Verschiedenheiten in den Grundzügen mit demjenigen der Reparation des Vorderendes übereinkommt: zunächst tritt die Wundheilung ein, auf die ein umfassender Wucherungsprozeß, der längere Zeit andauert und das für die Reparation notwendige Zellenmaterial beschafft, folgt; schon Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 45 bald, nachdem der letztere in Fluß gekommen ist, setzt die Organo- genese ein, deren mannigfaltig ineinander greifende Einzelvorgänge die in dieser Hinsicht beim Kopfstück zu beobachtende Übersichtlich- keit der Aufeinanderfolge bei der Herstellung der verschiedenen Organe und Organteile meist nur wenig erkennen lassen. Sicher ist indes das eine, daß im Gegensatz zum Vorderende, an dem die Reparation des nervösen Apparats den aller- ersten Gestaltungsvorgang darstellt, am Schwanz- stück dies nicht der Fall ist, hier vielmehr die Neu- bildung des Endabschnitts des Ernährungsapparats jeder andern reparativen Gestaltung vorangeht. Diese Differenz ist gewiß nicht von prinzipieller Bedeutung, sondern hängt offenbar nur mit den weitgehenden Organisationsverschiedenheiten zusammen, die zwischen Kopf und Schwanz bestehen. Ein seines Hinterendes beraubter Lumbrikel besitzt ja von vornherein alle wesentlichen Teile des Nervensystems, so daß die Wiederherstellung des entfernten Endabschnitts des Bauchmarks nicht wie im andern Falle der Ersatz des verlorenen nervösen Centrums ein unmittelbar dringendes Bedürfnis darstellt; dagegen leuchtet ein, dab es für die Reparation schwanzloser Lumbrikeln von Vorteil sein muß, möglichst rasch wieder in den Besitz eines gebrauchsfertigen Schwanzdarms und Afters zu gelangen, und zwar aus demselben Grunde, aus welchem auch am Kopf die Erlangung eines funktionsfähigen Vorder- darms und Munds nach der Reparation des Centralorgans das erste Ziel der reparativen Gestaltungsvorgänge repräsentiert. Eine Stütze erhält diese Auffassung in gewissen Erfahrungen an solchen Wurm- stücken, die gleichzeitig sowohl des Vorder- wie des Hinterendes beraubt worden waren; es zeigte sich bei diesen!) fast allgemein, dab die Reparationsintensität im Bereich des Kopfteils in auffälligem Maße größer erschien als am Schwanzstück. In solchen Fällen kann sich der Beobachter des Eindrucks nicht erwehren, daß gegenüber einer mehr oder weniger beschleunigten Reparation des nervösen Apparats und im weitern Gefolge derselben des Vorderdarms und der Mundöffnung die Neubildung des Schwanzdarms mit dem After einigermaben verzögert wurde, so daß diese Teile des Darmtractus 1) Nach Ausweis meiner Notizen wurden ungefähr 10 derartige Stücke näher verfolgt; nur bei zweien von diesen vermißte ich die oben mit- geteilte Erscheinung, wozu indes sofort zu bemerken ist, daß an einem der letztern die Reparation des Vorderendes überhaupt ungewöhnlich langsam vor sich ging. 46 Franz von WAGNER, nicht wesentlich frither fertig gestellt werden, als es der Stand der Gesamtreparation geboten erscheinen läßt. Ein derartiges Ver- halten offenbart eine weitgehende Ökonomie der Natur, die mit ihren Mitteln so sparsam wirtschaftet, wie es die Lage der Dinge gerade gestattet; des weitern deutet es aber auch darauf hin, daß die Reparation von kopf- und zugleich schwanzlosen Stücken von Lumbriculus einheitlich erfolgt, d.h. daß Vorder- und Hinterende nicht unabhängig von- einander, sondern in wechselseitiger Bedingtheit, in einem vom ganzen regulierten Zusammenhang, den freilich näher zu bezeichnen!) uns heute noch versagt ist, re- pariert werden. Das letzte Glied in der reparativen Genese des Schwanzes bildet wie am Kopf die Segmentierung des produzierten Reparats, indes mit der Maßgabe, daß der Beginn der metameren Gliederung ver- hältnismäbig früh fällt. Während für die Reparation des Vorderendes unseres Wurms keinerlei Vorarbeit vorlag, ist dies beim Schwanzteil anders. Zu- nächst aus älterer Zeit kommen die Untersuchungen von BüLow (5), die sich allerdings ausschließlich auf das normale Wachstum des Hinterendes beziehen, in Betracht, aus neuerer Zeit die Arbeit von RanpvorpH (18 u. 19), deren Gegenstand speziell die Reparation des Schwanzes von Lumbriculus war, mithin mit unserm Thema zusammen- fällt, doch galt ihr Interesse vornehmlich gerade denjenigen Seiten des Gegenstands, die abseits meiner Absichten lagen, nämlich der reparativen Genese der mesodermalen Organe. Neueste Angaben ?), 1) Entsprechend der hervorragenden Bedeutung des Nervensystems für die Reparation wird man zunächst daran zu denken haben, daß raschester Ersatz dieses wichtigsten Organs eine conditio sine qua non für jedes weitere reparative Geschehen abgeben dürfte. 2) Bezüglich der Arbeit Micnru’s (15), deren Nennung oben viel- leicht vermißt wird, sei gleich hier bemerkt, daß mir aus der Darstellung dieses Forschers nicht klar geworden ist, ob und inwieweit demselben eigene Erfahrungen an Lumbriculus zu Gebote standen. Von den auf 7 Tafeln der Arbeit beigegebenen Abbildungen bezieht sich nur eine (tab. 16, fig. 26) auf unser Tier, und diese ist zugleich die einzige, die überhaupt limicole Oligochäten betrifft. Zudem äußert der Verfasser selbst (15, p. 253): „Les Limicoles n’étant pas directement l’objet de ce travail.“ Auch findet sich unter den (15, p. 308) „pour cette etude de morphogenie et d’histogenie“ verwendeten und besonders angeführten „types“ kein Angehöriger der Limicolen. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 47 die unser Tier betreffen, liegen, wenngleich nur nebenher gewonnen, von JANDA (12) vor. Diese Arbeiten, in erster Linie natürlich die von RANDOLPH, werden in der folgenden Darstellung entsprechende Berücksichtigung finden. Dagegen werde ich auf die in den letzten Jahren so beträchtlich angewachsene Literatur über Regenerations- prozesse bei den Anneliden überhaupt nicht eingehen, um die Schil- derung meiner Befunde nicht allzu sehr zu belasten; nur inbezug auf die neuern Arbeiten über limicole Oligochäten bin ich von der bezeichneten Richtungslinie abgewichen, insoweit mir dies nach Maf- gabe der Verhältnisse geboten schien. IL Die Reparationsprozesse. Entsprechend der in der vorstehenden Übersicht skizzierten Sachlage können wir für die Schilderung der Neubildungsvorgänge am Hinterende von Lumbriculus denselben Weg einschlagen wie im ersten Teil dieser Arbeit; ich beginne demnach mit der Wund- heilung. 1. Die Wundheilung. Die ihres Schwanzteils beraubten Lumbrikeln ') verhalten sich nach der Operation etwas anders als die kopflosen; während diese in der Regel alsbald zu Boden sanken und wie leblos auf dem Grunde der Zuchtgefäße liegen blieben, schwimmen jene zunächst äußerst lebhaft umher, anscheinend jedoch nur, um im Gewirr der Wasserpflanzen einen Schlupfwinkel zu entdecken, in dem sie sich verbergen können. Sobald sie eine hierzu geeignete Örtlichkeit ge- funden haben, bleiben sie in der Tat in derselben und verharren nun in völliger Ruhe, solange sie nicht durch äußere Umstände ge- stört werden; aufgeschreckt verlassen sie sofort, sozusagen flucht- artig, ihren Unterschlupf, um alsbald wieder ein anderes Versteck aufzusuchen, in dem sie ihrem Bedürfnis nach Ruhe Genüge tun können. Man findet so unsere Tiere einzeln oder zu mehreren an verborgenen Stellen entweder auf dem Grunde des Wassers liegend oder an Pflanzenzweigen, die sie umschlingen, hängend, stets durch- 1) Ich mache über die Ausdehnung, in welcher die Hinterenden ent- fernt wurden, keine besondern Angaben, da dieser Umstand für die eigent- liche Reparation innerhalb weiter Schranken in allen wesentlichen Punkten belanglos ist. In den meisten Fällen wurde der Schnitt noch in der Region der völlig ausgebildeten Segmente, dem Schwanzende mehr oder weniger genähert, geführt. 48 Franz von WAGNER, aus bewegungslos. Die Dauer dieses Ruhezustandes ist sehr ver- schieden; sie kann sich auf einen Tag und mehr erstrecken, manch- mal auch nur einige Stunden währen, umfaßt aber in der Regel eine verhältnismäßig immerhin beträchtliche Zeitspanne, da die Tiere in Bewegungslosigkeit solange zu verharren pflegen, bis die Wund- ~ heilung vollkommen abgeschlossen ist, dieser Prozeß aber, wie gleich darzulegen ist, beim Caudalstück langsamer verläuft als am Vorder- ende. Im Mittel dürfte der in Rede stehende Zeitabschnitt etwa 24—36 Stunden betragen. Unmittelbar nach der Abtrennung des Hinterendes stellt die Schnittfläche eine offene Wunde dar, die ähnliche Verhältnisse wie am Kopfteil zeigt, insofern der Umfang jener Fläche nicht den vollen Querdurchmesser des Wurms erreicht (Taf. 3, Fig. 1—3). Im ersten Teil dieser Untersuchungen (28, p. 636) wurde bereits dargetan, wodurch dieser Befund bedingt wird, und ich kann mich daher an dieser Stelle mit dem einfachen Hinweis auf jene Ausführungen be- enügen. Zudem pflegt die Differenz zwischen dem Durchmesser des Wundareals und des Querschnitts durch das Tier am Schwanze meist nicht so erheblich zu sein, wie dies am Vorderende der Fall ist. Von charakteristischer Bedeutung dagegen ist eine andere Ver- schiedenheit: was am Kopfstück nur ganz ausnahmsweise zu beobachten ist, das Vorquellen des Darms aus der Wunde, findet am Hinterende fast ausnahmslos statt (Taf. 3, Fig. 1 u. 2). Dieses Verhalten schließt die wichtige Kon- sequenz in sich, daß die Wundheilung am Schwanzteil trotz der hier vergleichsweise beträchtlich einfachern Organisationsverhältnisse langsamer vor sich geht als am Vorderende, und macht zugleich ver- ständlich, warum die ihres natürlichen Endteils beraubten Würmer wohlgeborgener Ruhe bedürfen. Das Vorquellen des Darmes erfolgt trotz der den Umfang der Wundfläche reduzierenden Kontraktion der von der Epidermis und dem ihr dicht anliegenden Hautmuskel- schlauch gebildeten äußern Wundränder offenbar dadurch, daß die Wirkungsgröße des letztern, der jene Kontraktion verursacht, nicht imstande ist, der Gewalt, mit welcher das Darmrohr zur Wund- öffnung herausdrängt (oder herausgedrängt wird), wirksam zu be- geonen, eine Sachlage, die auch in der entsprechend veränderten Stellung der der Schnittfläche benachbarten Dissepimente, mindestens des zunächst gelegenen derselben, deutlich zum Ausdruck kommt (Tat, Fist): Nach dem Gesagten erscheint der unmittelbar nach der Ope- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 49 ration an der Wundstelle zu konstatierende Befund verständlich: der Darm ist bald mehr bald weniger aus der Wunde heraus- gequollen, die Oberhaut mit dem Hautmuskelschlauch dagegen nach innen eingeschlagen und in wechselndem Maße in die ausgetretene Körpersubstanz eingesenkt (Taf. 3, Fig. 1 u. 2). Das geschilderte Verhalten des Darms macht naturgemäß größere Substanzverluste als am Vorderende unvermeidlich, zumal schon der aus der Wunde hervorquellende Darm adnexes Material, Blutgefäße und vor allem Chloragogenzellen, mit sich reißt. Trotzdem sind die- selben doch nur ausnahmsweise so beträchtlich wie etwa in dem Falle, dem die Fig. 2 (Taf. 3) entnommen ist, bewegen sich vielmehr meist in bescheidenern Grenzen. Die Einbußbe an Blut ist fast immer gering, in der Hauptsache auf den augenblicklichen, im Moment der Durchschneidung durch diese veranlaßten Verlust be- schränkt. Was an geformten Bestandteilen der Cölomflüssigkeit verloren geht, ist in der Regel kaum der Rede wert, denn das. kon- zentrisch erfolgende, ringformige Einschneiden der äußern Wund- ränder einerseits und die mit dem vorquellenden Darm nach außen drängenden Chloragogenzellen andrerseits verhindern nach dieser Richtung hin weitergehende Schädigungen. Von dem ausgetretenen Darmstück geht allerdings ein manchmal größerer, in andern Fällen geringerer Teil zu Grunde, doch wird das der Wundstelle zunächst gelesene Quantum bei der folgenden Wundheilung in das Innere des Wurmkörpers stets wieder einbezogen, und zwar im großen und eanzen in dem Ausmaße, in dem sich das Darmepithel als solches unversehrt erweist und in der Folge dem Zersetzungsprozeß, dem die Schnittopfer anheimfallen, zu widerstehen vermag. Die mit dem Darm nach außen gelangten Cölomelemente und Chloragogenzellen (Taf. 3, Fig. 1—3 so) verfallen fast insgesamt dem Untergang, nur ein kleiner Bruchteil der letztern wird mit dem retrahierenden Darm wieder in das Körperinnere aufgenommen, indes nur, um dann dort zu zerfallen und von dem gesunden unverletzten Gewebe, dem es zweifellos als Nährmaterial dient, resorbiert zu werden. Dasselbe Schicksal erleiden zahlreiche Chloragogenzellen, die durch den operativen Eingriff zwar nicht aus dem Körper hinausgedrängt wurden, wohl aber ihren natürlichen Zusammenhang mit dem Darm- rohr oder den Blutgefäßen eingebüßt hatten. Den Resten dieser weitaus das größte Kontingent liefernden Schnittopfer begegnet man allerwegen im Wundareal, selbst noch in vorgeschrittenen Stadien der in Bildung begriffenen Reparate (Taf. 3, Fig. 1, 2, 4 u. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 4 50 Franz VON WAGNER, 6—8). Von Interesse ist dabei noch die Tatsache, daß, wie ich mehrfach beobachten konnte, vereinzelte Chloragogenzellen zwischen die Elemente des Darmepithels geraten (Taf. 7, Fig. 34), ja selbst in die Epidermis aufgenommen werden können (Taf. 4, Fig. 13). Derartige Vorkommnisse sind im Zusammenhang mit der durch die Durchschneidung verursachten Lockerung der in Betracht kommen- den epithelialen Verbände im Bereich des Wundareals unschwer zu verstehen. Die Einwärtskrümmung der äußern Wundränder bedingt auch am Hinterende an der Wundstelle eine mäßige Verlagerung des Bauchmarkstumpfs gegen die Rückenseite hin (Taf. 2, Fig. 12), die sich indes weiterhin bald wieder ausgleicht. Bemerkenswert ist, daß nicht gerade selten, besonders in Fällen, in welchen der Darm in erheblichem Umfang nach auben hervortritt, auch das Bauchmark aus der Schnittwunde etwas vorquillt (Taf. 3, Fig. 1 u. 3), jedoch bei der Wundheilung ohne erkennbaren Verlust wieder ins Leibes- innere zurückgezogen wird. Ehe ich in die Schilderung der Wundheilung selbst eintrete, ist es notwendig, über das Verhalten des Darms noch ausführlicher zu berichten, da von demselben nicht nur die Art des Vernarbungs- vorgangs, sondern sogar auch — wenigstens zum Teil — ein Stück Organogenese, die Afterbildung, in hohem Maße abhängig erscheint. Die oben gegebene Darstellung der Reaktion des Darms auf die Durchschneidung kennzeichnet nur den allgemeinen Charakter, gewissermaßen das generelle Moment des ganzen Ver- haltens; im einzelnen gestaltet sich dieses aber recht verschieden und bietet dadurch ebenso differente Befunde, deren Mannigfaltig- keit am deutlichsten hervortritt, wenn man die Extreme ins Auge faßt. Da sind zunächst diejenigen Fälle, in welchen das Vorquellen des Darms, trotzdem es durchaus die typische Reaktion auf den operativen Eingriff darstellt, nur in sehr beschränktem Maße zu- stande kommt, so dab es gelegentlich vielleicht mehr eine Sache der Deutung als sinnenfälliger Beobachtung sein mag, in dem vorliegen- den Befund noch die Tatsächlichkeit des allgemeinen Prinzips an- zuerkennen. Indes sind derartige Vorkommnisse äußerst selten und zudem in ihrer einseitigen Ausprägung keineswegs völlig isoliert. Durch seine Häufigkeit und wegen der damit verknüpften Kon- sequenzen für die nachfolgende Reparation von besonderer Bedeutung erscheint dagegen das andere Verhalten, bei welchem die Wund- ränder des Darms (innere Wundränder) mehr oder weniger nach Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 51 außen auseinander geschlagen werden, wodurch notwendigerweise ein Klaffen der Wunde hervorgerufen wird (Taf. 3, Fig. 2). In solchen Fällen ergibt die Untersuchung der Wundstelle, daß der in verschiedenem Mabe tiefgreifenden ringförmigen Einziehung der äußern Wundränder, also der Epidermis mit dem Hautmuskelschlauch ein gerade entgegengesetztes Verhalten des Darms gegeniibersteht (Schema: Taf. 3, Fig. 10a). Mit dieser Erfahrung sehe ich mich mit der schon im ersten Teil angeführten Mitteilung Ranpoupr’s, derzufolge die äußern Wundränder stets nach innen, die innern da- gegen immer nach außen gekrümmt sein sollen, insoweit in erfreu- liche Übereinstimmung gesetzt, als das angegebene Verhalten, das ich bekanntlich am Vorderende vermißte, am Schwanzteil tatsächlich sich vorfindet, wenn auch nicht als schlechthin typisches, so doch als weit verbreitetes Phänomen. Wenneleich die Besonderheiten in der Reaktionsweise des Darms auf die Durchschneidung im allgemeinen von dem innern Gesamtzustand der einzelnen Wurmindividuen bedingt sein werden, so dürfte im speziellen für das differente Verhalten der innern Wundränder der Umstand vielleicht nicht ohne jede Bedeutung sein, ob die Zertrennung in der Ebene eines Dissepiments vorgenommen wurde oder mehr der Mittellage zwischen zwei benachbarten Septen genähert erfolgte!) Da der Darm normalerweise in der Ebene des Dissepiments durch dieses eingeengt wird, zwischen den Dissepi- menten aber erweitert, bauchig aufgetrieben ist, so erscheint es von vornherein nicht unwahrscheinlich, daß in den Fällen, in welchen die Schnittfläche in der Dissepimentebene oder deren nächster Nachbarschaft liegt, das Vorquellen des Darms auf ein geringeres Maß reduziert sein wird, während bei ausgesprochen intrasegmen- taler Lage der Schnittebene die Wunde durch trichterförmiges Aus- einanderweichen der Schnittränder des Darms zum Klaffen gebracht werden wird. Tatsächlich lehrt wenigstens die Erfahrung, daß bei intrasegmentaler Schnittführung mit dem hierbei stets beträchtlich starken Vorquellen des Darms wenigstens in der Mehrzahl der Fälle auch ein mehr oder weniger deutliches Klaffen der Darmwunde ein- hergeht (Taf. 3, Fig. 2), während diese Erscheinung bei inter- segmentalen Wunden zumeist fehlt. Daß bei klaffenden Wunden die Einbuße an Bestandteilen der 1) Selbstverständlich kann es sich bei intersegmentaler Schnitt- führung bloß um Annäherungswerte handeln. 4* 52 Franz von WAGNER, Leibeshöhle fast gleich Null ist, leuchtet ohne weiteres ein (Schema: Taf. 3, Fig. 10a), da ja das einander gerade entgegengesetzte Ver- halten der äußern und innern Wundränder sozusagen augenblicklich jeden Substanzverlust nach dieser Richtung hin unmöglich macht, mithin noch energischer, als dies bereits beim gewöhnlichen Ver- halten der Verfall zu sein pflegt, die betreffende Wundöffnung ver- schließt. Dagegen erscheint es auf den ersten Blick auffällig, daß die Verluste an Zellen des Darms und — in geringerm Maße — seiner Adnexe (Chloragogenzellen) in gewissen und zwar gerade den ‘extremen Fällen weit bescheidener sind als bei der sonstigen Reaktionsweise des Darms. Ich werde unten auf diese Tatsache zurückkommen. Die im Vorstehenden in ihren extremen Formen charakteri- sierten Abweichungen vom Durchschnitt stehen keineswegs isoliert da, sondern sind durch alle Stufen’ vermittelnder Übergänge miteinander verknüpft, wobei allerdings zu bemerken ist, dab das Vorkommen klaffender Darmwunden ganz beträchtlich häufiger ist als dasjenige, bei welchem das typische Vorquellen des Darms mehr oder weniger reduziert ist. Dieses repräsentiert ein mehr exzeptionelles Verhalten, jenes dagegen reiht sich nahezu ebenbürtig an das gewöhnliche Ver- halten an. Geht aus der angegebenen Sachlage auch deutlich genug hervor, daß jene Modifikationen keinerlei grundsätzliche Differenzen bedeuten können, so bedingen dieselben doch eine beachtenswerte Mannigfaltigkeit in der Beschaffenheit der Wundstelle, die dem Vorderende fremd ist, und nötigen zudem, im Ablauf der Wund- heilung zwei verschiedene Modi zu unterscheiden, von welchen der minder häufige wenigstens hinsichtlich des Ernährungs- apparats zugleich ein Stück reparativen Geschehens in sich schließt. Ich beginne die Darstellung des Wundheilungsvorgangs mit der Schilderung desjenigen Verhaltens, das sich bei der gewöhn- lichen’) Reaktion des Darms an der 'Wundstellerein stellt. Wie am Vorderende können wir bei diesem Modus auch am Schwanzteil einen provisorischen und einen definitiven ‘Wundverschlu8 unterscheiden. Was zunächst den erstern betrifft, so ist sogleich hervor- zuheben, daß derselbe in einem sehr langsamen Tempo vollzogen 1) Ich sage absichtlich „gewöhnlich“ und nicht „typisch“, weil mir nach dem numerischen Vorkommen der beiden Heilungsmodi dies der Sachlage angemessener erscheint. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 53 wird, ein Umstand, der wohl in erster Linie die relativ lange Dauer jenes Ruhezustands veranlaßt. dem sich, wie oben berichtet worden ist, die ihrer Hinterenden beraubten Lumbrikeln hinzugeben pflegen. Die an der Wundfläche während dieser Zeit zuerst zutage tretenden Veränderungen sind geringfügiger Natur; sie betreffen Abstoßungen. ausgeflossener und aus dem Zusammenhang geratener Zellen und, Zellenkomplexe, die dem Zerfalle entgegengehen, und stellen daher: eine Art Reinigungsprozeß der Wunde dar, durch welchen die letztere auch ihrer ursprünglichen unregelmäßig zerfetzten Be- schaffenheit entkleidet wird. Indem nun die zurückbleibende (proxi- male) Masse der an der Wundstelle zutage getretenen Kürpersubstanz, über den gesunden Geweben eine zusammenhängende, zumeist aller- dings unregelmäßig bucklig gestaltete Deckschicht von wechselnder, niemals aber bedeutender Mächtiekeit bildet, erscheint bereits der provisorische Abschluß des gesamten Wundareals gegen das um- gebende Medium hergestellt (Taf. 3, Fig. 4). Weiterhin glätten sich. sodann die äußern Konturen dieser vorgelagerten Substanzschicht, deren periphere Protoplasmalage zähere Konsistenz anzunehmen pflegt. Schließlich resultiert eine nahezu kreisrunde dünne Scheibe, deren centrale Partie im Bereiche des Darmkanals sich in der Regel kappenartig distalwärts vorwölbt, bewirkt durch das nach außen vor- gequollene Darmstück (Taf. 3, Fig. 4). Was der provisorisch ab- schließenden Deckschicht angehört, wird in der Folge zum größten Teil vom gesunden Gewebe resorbiert, während eventuell noch außen anhaftende Substanzpartikel früher oder später zu Grunde gehen, nur das an diesem Abschlusse beteiligte Stück des Darms bleibt er- halten, von einzelnen etwa aus dem epithelialen Verbande ge- kommenen Elementen abgesehen. Der dem provisorischen bald folgende definitive Wund- verschluß vollzieht sich verhältnismäßig rasch und wird wie am Vorderende ausgeführt: Die Epidermis schiebt sich — oft unter Ab- flachung ihrer Elemente — von den äußern Wundrändern her kon- zentrisch über die Wundfläche hin, bis sie dieselbe völlig überzogen hat (Taf. 3, Fig. 4—6); während dieses Vorgangs macht sich die Retraktionsbewegung des Darms, die schon vorher begonnen hatte, besonders bemerkbar und bewirkt in ihrem Fortgang eine voll- kommene Ausgleichung der distalen kappenartigen Vorwölbung des centralen Teils der provisorischen Deckschicht, welche Protuberanz ja durch das einbezogene Stück des ausgetretenen Darms hervor- gerufen worden war (Taf. 3, Fig. 5). In manchen Fällen erfolgt 54 Franz von WAGNER, die Zurückziehung des Darms so energisch, daß an der Stelle der ursprünglichen Vorwölbung eine seichte, dellenförmige Einsenkung resultiert (Taf. 3, Fig. 6af), worauf später zurückzukommen sein wird. Eine frühzeitige Trennung der Darm- und Oberhautzellen durch eine intermediäre Bindegewebslage, wie ich dies am Vorderende be- obachtet habe, kommt am Schwanzstück zunächst nicht vor, ja sie unter- bleibt in der Regel sogar gänzlich, was als Konsequenz des hier typisch stattfindenden Vorquellen des Darms nicht unverständlich erscheint. Immerhin konnte ich in einzelnen Fällen wahrnehmen, daß sich der Darm so rasch und in beträchtlichem Maße retrahierte, dab die über die Wundfläche hin sich ausbreitende Epidermis das zurückgezogene Darmende nicht mehr zu erreichen vermochte und daher eine Ver- bindung zwischen beiden unmöglich wurde; die zwischen Darm und Oberhaut in solchen Fällen geschaffene, meist freilich schmale Passage tritt sofort mit der Leibeshöhle in Kommunikation, von der sie auch mit Zellen und Flüssigkeit versorgt wird (Taf. 3, Fig. 8). Ein dem eben geschilderten Verhalten gerade entgegengesetztes Vorkommnis, das allerdings nur eine vereinzelte Ausnahme darstellt und in Fig. 9 (Taf. 3) abgebildet ist, ist offenbar durch zu schwache und daher verlangsamte Darmretraktion verursacht worden, wodurch die Epidermis genötigt war, dem noch vorstehenden Darmende ent- lang vorzuwachsen, um den definitiven Wundverschluß, der in diesem Fall noch nicht beendet war, zu bewerkstelligen. Abgesehen von den oben bezeichneten seltenen Fällen mit einer zwischen Darmende und Oberhaut sich einschiebenden Schicht von Bindesubstanz läßt sich fast allgemein ein durch mehr oder weniger innige Aneinanderlagerung von Darm- und Hautepithel vermittelter Zusammenhang zwischen diesen beiden in der zentralen Partie der Wundfläche einige Zeit hindurch erkennen (Taf. 3, Fig. 6 u. 7). Für den bisher betrachteten Modus der Wundheilung ist die Tatsache nicht ohne Interesse, daß in der am (definitiven) Wund- verschluß beteiligten Epidermispartie eine Neubildung von Zellen stattfindet, eine Eigentümlichkeit, die am Kopfende be- kanntlich ausnahmslos vermißt wird. Ich habe in dem betreffenden Gewebe wiederholt zweifellose Mitosen konstatieren können (Taf. 3, Fig. 5) und dabei die über das Wundgebiet hin vorwachsende Rand- zone der Oberhaut fast immer ein wenig nach innen verdickt ge- funden (Taf. 3, Fig. 4 u.5). Demnach reicht hier die alte Epidermis offenbar nicht aus, um durch Streckung und Verschiebung ihrer Elemente allein den notwendigen Abschluß herbeizuführen, sondern Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 55 muß das für diesen jeweils mangelnde Material erst aus sich hervor- bringen. Besonders erheblich ist übrigens diese Zellvermehrung fast niemals, und ich habe auf sie beziehbare Bilder in einigen Schnitt- serien überhaupt nicht finden können; indes ist das Vorkommen dieses Wachstumsvorgangs doch so verbreitet, daß ich denselben zu den gewöhnlichen Attributen der in Rede stehenden Art von Wund- heilung rechnen zu sollen glaube. Es wurde oben schon hervorgehoben, daß in Fällen energischer Darmretraktion nicht selten bei dem folgenden definitiven Wund- verschluß in der zentralen Partie der Wundnarbe an der Stelle der frühern Vorwölbung eine seichte Delle auftritt; diese flache Ein- senkung der Körperwand, die manchmal nur angedeutet ist (Taf. 3, Fig. 5 u. 8), meist aber deutlich erkennbar hervortritt (Taf. 3, Fig. 6 u. 7), zeigt sich stets so geartet, daß ihr tiefster Grund genau der Örtlichkeit entspricht, an welcher die Verbindung des Darm- epithels mit der Epidermis am längsten erhalten bleibt, das ist aber zugleich diejenige Stelle, an welcher der künftige After durchbricht. Demnach markiert jener Grund den Ort der spätern Afteröffnung und erscheint in der ganzen Einsenkung — entsprechend der Mundbuchteinziehung am Kopfende — die Afterbuchteinziehung gegeben. Hieraus folgt, daß am Schwanze die Afterbucht vielfach schon sehr frühzeitig zur Anlage kommt, eine Tatsache, die zweifellos damit zusammenhängt, daß, wie gleich eingangs betont wurde, die Reparation des Ernährungs- apparats den ersten Gestaltungsvorgang am Hinterende darstellt. Der zweite Modus der Wundheilung betrifft jene zahlreichen Fälle, bei welchen die Wunden klaffen, d. h. die Wundränder des Darms mehr oder weniger nach außen auseinander geschlagen sind. An derartigen Wunden dauert der Reinigungsvorgang in der Regel nur kurz, auch pflegt die Retraktion des Darms eher und im allgemeinen rascher vor sich zu gehen als bei dem früher besprochenen Verhalten. Das Charakteristische bei der Heilung klaffender Wunden beruht aber darauf, daß die Über- wachsung der Wundfläche durch die Oberhaut unterbleibt, mithin auch kein zusammenhängender und vollkommener Verschluß der Wunde hergestellt wird, vielmehr die künstlich hervorgerufene Darm- öffnung persistiert, wobei sich die einander konzentrisch entgegen- strebenden Epidermisränder mit den freien Rändern des in Re- traktion begriffenen Darms fest vereinigen. Damit ist im wesent- lichen die Wundheilung dieser Art erledigt, unbeschadet gewisser 56 Franz von WAGNER, Modifikationen im einzelnen, von denen gleich die Rede sein wird; es kann daher für alle diese Vorkommnisse als gesetzmäßig in An- spruch genommen werden, daß die Öffnung des Ver dauungs- rohrs nicht wie beim ersten Modus primär durch die Epidermis verschlossen wird, um später sekundär wieder durchzubrechen, sondern von Anfang an als solche bestehen bleibt. Ich habe in Fig. 10a—d (Taf. 3) das Verhalten des Darms bei der. Heilung klaffender Wunden schematisch wiederzugeben versucht und dabei, um die betreffenden Verhältnisse scharf hervortreten zu lassen, ex- tremere Fälle zum Vorwurf genommen. Der Anteil der Epidermis an dem Heilungsvorgang ist dabei naturgemäß beträchtlich reduziert und konnte daher in der schematischen Darstellung vernachlässigt werden. Dagegen habe ich in die betreffenden Figuren eine gar nicht seltene Abweichung vom reinen Typus aufgenommen, die darin besteht. dab dem Untergang verfallene Reste der ausgetretenen Substanz (Chloragogenzellen) sich pfropfartig der Darmwunde an- und vorlagern. Dadurch wird zwar die sofortige Kommunikations- fähigkeit der Darmöffnung vorerst behindert, dafür aber eine Schutz- einrichtung geschaffen, die gestattet, die durch den operativen Ein- griff aus der Ordnung gebrachten Elemente der Wundränder ohne (Gefährdung durch störende äußere Einflüsse wieder zu normalisieren. Die Hinfalligkeit der den Schutz gewährenden Schnittopfer (so) setzt freilich dem Bestand der letztern ein rasches Ziel. Mehrfach be- gegnet man bei der Heilung klaffender Wunden, sobald die Zurück- ziehung des Darms in Fluß gekommen und dadurch die Spreitzung der innern Wundränder aufgehoben ist, einer Aneinanderlagerung der Wandungen der endständigen Darmpartie, die aber niemals zu einer wirklichen Vereinigung führt, vielmehr einen zufälligen vorüber- gehenden Befund darstellt, der die Existenz der Darmöffnung nur scheinbar vermissen läßt. !) Nach dem Gesagten erscheinen die beiden Modi der Wund- heilung am Hinterende von Lumbriculus in der Weise voneinander unterschieden, daß diese Heilung entweder durch einen, die ganze Wundfläche umfassenden Verschluß seitens der Epidermis bewirkt wird (Wundheilung mitepidermoidaler Narbenbildung), oder die Darmöffnung bleibt unverschlossen und erhält sich unter 1) Die Zurückziehung des Darms bedingt naturgemäß Fältelungen der Darmwand, wobei auch das Darmlumen stellenweise vorübergehend zu fehlen scheint. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 57 Verwachsung der freien Oberhautränder mit den Wundrändern des Darmrohrs (Wundheilung mit persistierender Darm- öffnung). Miteinander verglichen, erweist sich die Wundheilung mit persistierender Darmöffnung als ein wesentlich abgekürztes Ver- fahren, wogegen die Wundheilung mit epidermoidaler Narbenbildung dem auch bei andern Limicolen weit verbreiteten Verhalten ent- spricht. Man kann indes nicht sagen, dab alle klaffenden Wunden auf die eine und alle nicht klaffenden auf die andere Weise heilen, vielmehr wahrt sich die Natur hierin eine gewisse Freiheit, die jene Zusammenhänge nur im großen und ganzen als Regel gelten läßt. Ich habe den Eindruck gewonnen, dab das Auftreten des abgekürzten Heilungsvorgangs auch von einer nicht allzu wüsten Zerrissenheit der Wundränder, insbesondere der innern abhängen könnte !), zumal erfahrungsgemäß der normale Zusammenhang der Darmzellen bei klaffenden Wunden mehr gewahrt zu werden pflegt als beim ein- fachen Vorquellen innerer Teile aus der Wundöffnung, die dann in mehr oder weniger wirrem Durcheinander sich über das Wundareal ausbreiten. Hieraus ist jedenfalls die früher mitgeteilte auffällige Tatsache, dab die Verluste an Darmzellen bei klaffenden Wunden geringer sind als bei andern, ohne weiteres zu verstehen. Aus der im Vorstehenden gegebenen Schilderung der Wund- heilungsvorgiinge ist zu ersehen, dab auch am Hinterende keinerlei Ansammlung von bindegewebigen oder sonstigen Zellen stattfindet, mithin der für den Kopfteil ausgesprochene Satz, dab ein sog. Narbengewebe bei der Reparation von Lumbriculus nicht auftritt, allgemeine Geltung besitzt. Unter den bei den Wundheilungsvor- gängen dieses Wurmes obwaltenden Verhältnissen fehlt in der Tat auch jedes Bedürfnis nach einem besondern Narbengewebe, denn bei beiden Arten der Heilung breitet die Epidermis, wenn ich mich so ausdrücken darf, ihre schützende Hand über die Wunde aus, sei es, 1) Es wird später davon die Rede sein, daß ABEL (1) die oben geschilderten zwei Wundheilungsmodi schon früher bei zwei andern Limi- colen festgestellt hat. Unser Autor bemerkt zwar hierbei (1, p. 46): „Mit SCHULTZ möchte ich betonen, daß der Ausgangspunkt für den Regenerationsproceß infolge der verschiedenen Art der Verletzung ein recht differenter ist und daß schon dadurch der verschiedenartige Verlauf dieser Vorgänge recht erklärlich ist.“ Indes geht aus ABEL’s Angaben nicht hervor, welche Beschaffenheit der Wunde bei seinen Objekten die eine oder die andere Heilungsart im allgemeinen verursachen mochte. Möglicherweise liegen ähnliche Verhältnisse wie bei Lumbrieulus vor. 58 Franz von WAGNER, daß sie den ganzen Umfang der letztern überkleidet, sei es, daß sie nur bis zum Darmrohr heranzieht. Im erstern Fall schließt sich überdies die Darmwunde durch zunächst freilich mehr unregelmäßige Verschmelzung ihrer freien Ränder, im andern dagegen führt schon der Säuberungsprozeß dieser Wunde sofort zu einer richtigen Darm- öffnung, die dann begreiflicherweise auch dauernd bestehen bleibt. Auf die Angaben früherer Forscher über Wundheilungen bei andern limicolen Oligochäten !) habe ich, soweit solche bis dahin vorlagen, bereits im ersten Teil dieser Untersuchungen Bezug ge- nommen (28, p. 641), und ich kann mich daher im Folgenden auf iene Arbeiten beschränken, die seither über unsern Gegenstand ver- öffentlicht worden sind. Dieselben dürfen um so weniger übergangen werden, als sie im Zusammenhalt mit den ältern und meinen eignen Erfahrungen eine genauere Analyse des Wundheilungsvorgangs. wenigstens für die Limicolen, ermöglichen. Es läßt sich nämlich zeigen, daß für die Wundheilung zwei Merkmale von charakteristischer Bedeutung sind, der (totale oder partielle Wundverschluß durch die Epidermis und die Retraktion des Darms, Merkmale, denen gegenüber der Umstand, ob es zur Bildung eines Narbengewebes kommt oder nicht, um so weniger ins Gewicht fallen kann, als in dieser Hinsicht vermittelnde Übergänge gar keine scharfe Scheidung zulassen.) Von erheblicherm Belange mag dagegen auf den ersten Blick die Alternative er- scheinen, ob die Darmwunde sich schließt oder nicht. GewiB ist das betreffende Verhalten für das äußere Bild und, wie sich zeigen wird, auch für die folgende Reparation des Endabschnitts des Darms von wesentlichem Einflusse, für die Wundheilung an sich bedeutet es aber doch nicht mehr als ein unter bestimmten Voraus- setzungen neben den oben bezeichneten zwei bestimmenden Merk- malen oftmals zutage tretendes Attribut der betreffenden Vorgänge. Die eben gekennzeichnete Auffassung zeigte sich zunächst bei 1) Entsprechend der offiziellen Nomenklatur des „Tierreich“ habe ich im folgenden statt der bisher üblichen altbekannten Namen: Tubifex rivulorum und Nais proboscidea die neue Bezeichnungsweise: Tubifex tubi- fex O. F. MÜLL. und Stylaria lacustris L. überall angewendet. 2) So berichtet HAASE von der Wundheilung am Hinterende von Tubifex tubifex (8, p. 237): „Von einem Narbengewebe kann eigentlich kaum gesprochen werden, denn schon in sehr kurzer Zeit, zumal bei normalen Lebensverhältnissen, sieht man die Körperschichten in einem von dem gewöhnlichen Verhalten kaum erheblich abweichenden Zustande.“ Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 59 den Enchyträiden bestätigt, die Nuspaum vor kurzem bezüglich ihres reparativen Verhaltens am Hinterende zum Gegenstande eingehender Studien gemacht hat (16). Bei beiden zur Untersuchung verwendeten Formen dieser eigenartigen Limicolenfamilie (Fridericia ratzelii Eıs. und Enchytraeus buchholzü Vusp.) konnte festgestellt werden, dab zwar zuerst ein umfangreiches Narbengewebe auftritt, das von Lymphzellen gebildet wird, die in großer Zahl in die Wundregion einwandern, wo sich ihnen zahlreiche Schnittopfer der verschiedensten Art zugesellen; späterhin aber, wenn das Narbengewebe seine Auf- gabe, einen vorläufigen Abschluß der Wunde gegen die umgebende Außenwelt herzustellen, erfüllt hat, fällt dasselbe unter typischen Involutionserscheinungen, die Nusspaum ausführlich darstellt, der De- generation anheim, und nun erfolgt der eigentliche (definitive) Wund- verschluß auch hier dadurch, daß die Epidermisränder sich mehr und mehr nähern und schließlich zusammenfließen, was natürlich nur so geschehen kann, daß die Zellen der Oberhaut sich über die von dem degenerierenden Narbengewebe bedeckte Wundfläche hinschieben und dadurch die letztere nach außen abschließen. Auch die Re- traktion des Darms wird bei den Enchyträiden nicht verwischt, sie findet sogar in so erheblichem Maße statt, „daß die durchschnittenen Ränder des Darms von der Epidermis ziemlich weit entfernt sind“ (16, p. 21). Allerdings scheint, wenn ich Nuspaum recht verstehe, diese Darmverkürzung im unmittelbaren Gefolge des operativen Eingriffs vor sich zu gehen, so daß dem Vorquellen des Darms bei Lumbriculus gegenüber die Enchyträiden ein geradezu gegenteiliges Verhalten darbieten würden. Dieser Gegensatz kann für die Re- aktionsweise auf den trennenden Schnitt selbstredend nicht in Ab- rede gestellt werden, bedeutet jedoch keineswegs eine Instanz gegen unsere Charakteristik der Wundheilungen bei den limicolen Oligochäten, denn es ist klar, daß die Zurückziehung des Darms auch als ein für die Wundheilung wesentliches Erfordernis dort gegenstandslos werden muß, wo dieselbe schon als Folge der spezifischen Reaktionsweise des Wurms auf den operativen Eingriff sich einstellt. Mehr indes als das Verhalten der Enchyträiden interessieren uns hier die neuestens von WINKLER veröffentlichten Untersuchungen über die Reparation des Ernährungsapparats von Rhymchelmis limo- sella (30), weil es sich bei dieser Form um ein unserm Lumbriculus nahe verwandtes Tier handelt. Wie nicht anders zu erwarten war, ergab sich in nicht wenigen Zügen eine weitgehende Überein- 60 FRANZ VON WAGNER, stimmung (30, p. 16): „Aus der offenen Wunde gleich nach der Operation ragt der Darm und mit ihm auch die Chloragogenzellen hervor“, und man sieht, „daß die freien Ränder des Ernährungs- apparats nach außen gekrümmt dem Darm ein trichterförmiges Aus- sehen verleihen.“ Ferner „ist auch die Epidermis nach einwärts gekrümmt.“ Diese Befunde decken sich mit denjenigen bei Lumbri- culus mit der durch die Tatsache, daß klaffende Wunden bei meinem Objekt nicht wie bei Rhynchelmis schlechthin das typische Verhalten repräsentieren, bedingten Einschränkung. Auch die Retraktion des Darms fehlt bei Rhynchelmis niemals; sie tritt sehr frühzeitig auf und führt alsbald zu einer dauernden Verlötung der freien Darm- ränder mit dem Wundrand der Oberhaut. Dieses Verhalten und die aus demselben resultierenden Konsequenzen für den weitern Verlauf der Wundheilung — Persistieren der operativ erzeugten Darm- öffnung, Unterbleiben des dadurch überflüssig gewordenen Darm- verschlusses durch die Epidermis, vom Fehlen eines Narbengewebes, für das in dem gegebenen Zusammenhang überhaupt kein Platz wäre, ganz abgesehen — bekunden ein mit der durch das Persistieren der Darmöffnung gekennzeichneten Wundheilungsweise von Zatmbri- culus durchaus übereinstimmendes Gebahren. Wie aber der Ausfall der Darmretraktion bei der Wundheilung der Enchyträiden dadurch sich aufklärte, daß diesem Erfordernis schon durch die. besondere Art der Reaktion auf den äußern Eingriff seitens dieses Wurms ge- nügt wurde, so erscheint auch das Unterbleiben eines völligen Wundverschlusses durch die Oberhaut bei Rhynchelmis und den klaffenden Wunden von Lumbriculus als eine selbstverständliche Folge der Umgestaltung der künstlich erzeugten Darmwunde in eine richtige funktionsfähige Darmöffnung. So fügen sich die neuern Erfahrungen auf dem Gebiete der Wundheilung bei limicolen Oligochäten ganz wohl in das Bild ein, das die frühern Befunde bereits entwarfen, und lassen das Charakte- ristische des Vorgangs noch schärfer hervortreten. Die vorstehenden Erörterungen dürften sonach zur Genüge dartun, daß die wesentlichen Merkmale der Wundheilung in der Tat Darmretraktion und Wundverschluß durch die Epidermis dar- stellen und zwar mit der Maßgabe, daß, wo durch die besondere Reaktionsweise des Tiers schon von vornherein der eine oder der andere der genannten Faktoren ganz oder teilweise gegeben er- scheint, das betreffende Geschehen in gleicher Weise im eigentlichen Wundheilungsvorgange entfällt. Zweifellos ist die Oberhaut bei Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 61 Wundheilungen mit persistierender Darmöffnung nur in beschränktem Maße an demselben beteiligt. Selbstredend kann dabei die aller- dings niemals fehlende Einwärtskrümmung der epidermoidalen Wund- ränder nicht schon als ein Element der Wundheilung angesprochen werden, zumal dieselbe nicht eine aktive Leistung darstellt, sondern passiv durch den Hautmuskelschlauch bewirkt wird; neben dieser passiven Assistenz besorgt aber die Epidermis den völligen Ver- schluß der Cölomwunde und erweist dadurch sowie durch die an- schließende organische Verwachsung ihrer Wundränder mit denen des Darmrohrs eine selbsttätige Anteilnahme an dem Heilungsprozeb. Das Gesagte zusammenfassend, kann man es wohl als eine all- gemeine Regel bezeichnen, daß diecharakteristischen Züge der Wundheilung (bei den Limicolen)in der Zurückziehung des Darms und indem Wundverschluß durch die Ober- haut — beides in dem Ausmaße, in dem es die Beschaffenheit der Wunde jeweils erforderlich macht — gelegen sind. Es ist nicht der Ausfluß einer persönlichen Liebhaberei, wenn ich auf die besprochenen Verhältnisse ein größeres Gewicht lege, als dieselben ihrem Wesen nach zu beanspruchen scheinen. Ich bin der Ansicht, daß zu einem erfolgreichen Eindringen in das noch so dunkle Gebiet der tierischen Regeneration es unerläßlich ist, jeden Einzelfall so eingehend wie irgend möglich, auch in seinen seringern Details, zu analysieren, denn nur auf diesem Wege werden wir zu einer den Vorgängen selbst immer mehr entsprechenden Be- urteilung des regenerativen Verhaltens gelangen. In unserm speziellen Falle, der Wundheilung, kann man sich wohl kaum ein zweck- mäßigeres Verhalten ausdenken, als es dasjenige ist, welches sich in den beiden Vorgängen der Zurückziehung des Darms und des Wundverschlusses durch die Epidermis offenbart. Die in diesem Abschnitt mitgeteilten zwei verschiedenen Modi der Wundheilung bei Zumbrieulus stellen in der Limicolen-Reparation kein Novum dar. Es ist das Verdienst ABEL’s, gelegentlich seiner Untersuchungen über die Reparation bei Tubifex tubifex und Stylarıa lacustris festgestellt zu haben (1, p. 36), „daß die Bildungsprocesse bei der Regeneration des Hinterendes nicht immer in typisch gleich- artiger Weise zu verlaufen brauchen, sondern auch bei ein und der- selben Species auf verschiedene Art von statten gehen können“. ABEL war es nämlich schon früher gelungen, bei den beiden ge- nannten Oligochäten-Species in dem uns hier beschäftigenden Vor- gange zweierlei Arten der Wundvernarbung nachzuweisen, die mit 62 Franz von WAGNER, den jetzt von mir oben für Lumbriculus geschilderten so völlig über- einstimmen, daß ich die Darstellung dieses Autors hier nicht wieder- zugeben brauche Zu Tubifex und Stylaria lacustris gesellt sich also nunmehr Lumbrieulus. Es ist in diesem Zusammenhange darauf hin- zuweisen, daß schon, ehe diese Verhältnisse erstmals durch ABEL bei Limicolen konstatiert wurden, SCHULTZ für einige Polychäten berichtet hatte (22, p. 606), dab Wundheilung mit persistierender Darmöffnung und solche mit epidermoidalem Verschluß der letztern bei derselben Species nebeneinander vorkommen. Derartige Er- fahrungen lassen unzweideutig erkennen, dab ein wesentlicher Gegen- satz zwischen den beiden Geschehensweisen nicht bestehen kann, und liefern damit weitere und überzeugende Belege für die Wahr- heit des bekannten Satzes von Roux (21, p. 841), daß bei der Re- generation „die geformten Endprodukte konstanter sind, als die speziellen Arten ihrer Herstellung“. Im Hinblick auf meine Angaben über eine beschränkte Zellen- produktion in der Epidermis des Wundareals beim definitiven Wund- verschluß (am Hinterende) sei hier noch die Beobachtung NusBAUM’S erwähnt (16, p. 21), derzufolge auch bei den Enchyträiden „eine Vermehrung der Epithelzellen in der Nähe des Wundrands“ statt- findet. 2. Die Zellwucherungsvorgänge. Wie am Vorderende, setzen auch am Schwanzstück die ersten reparativen Vorgänge meist unmittelbar nach dem Abschluß der Wundvernarbung ein!) und zielen wie dort vorerst auf die Pro- duktion von Bildungsmaterial in Gestalt besonderer Elemente, der Reparationszellen. Auch ist es wieder die Oberhaut, die der Beschaffung des notwendigen Reparationsmaterials in erster Linie zu dienen hat; sie ist es aber am Hinterende in dieser Eigenschaft nicht mehr allein, wozu noch kommt, daß auch die Art des epidermoidalen Wucherungsvorgangs in nicht unwesentlichen Punkten eine differente ist. 1) Abweichungen hiervon sind selten. Verspäteter Eintritt der Re- paration kommt unter gleichen Bedingungen nur ausnahmsweise vor und scheint fast immer mit einem überhaupt nicht ganz normalen Reparations- verlauf verbunden zu sein; aber auch ein gegen die Regel etwas ver- frühter Beginn der Zellwucherungen findet sich bisweilen, wobei freilich zu bedenken ist, daß die Scheidung der Wundheilung von der reparativen Zellproduktion selbstredend keine irgendwie scharfe ist. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 63 Da die folgende Darstellung vornehmlich von der Reparation e des Ernährungsapparats und des Nervensystems (Bauchmark) zu berichten hat, ist die Epidermis als reparative Bildungsstätte der für uns wichtigste Faktor und daher besonders ins Auge zu fassen. Im Anschluß hieran werde ich kurz meine Erfahrungen bezüglich der Neoblasten Raxporrpn’s mitteilen, wenngleich ich die Schicksale der letztern im einzelnen nicht weiter verfolgt habe, da ja die reparative Genese der mesodermalen !) Organe nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit war. Dagegen empfiehlt es sich aus Gründen, die in der Natur der Sache liegen, die entodermale Zellvermehrung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Reparation des Enddarms bei dieser abzuhandeln. a) Die Zellproduktion der Epidermis. Mit dem Abschluß der Wundvernarbung zeigt die Oberhaut im wesentlichen wieder den Charakter des normalen Hautepithels. An die Stelle der frühern Auflockerung und Verlagerung ihrer Elemente infolge der Amputation ist unter Resorption der hinfälligen Schnitt- opfer eine festgefügte Epithelschicht getreten (Taf. 4, Fig. 10e), die meist alsbald eine rasch zu entsprechender Mächtigkeit heran- wachsende Cuticula absondert, wodurch die Normalisierung vollendet wird. Abweichungen hiervon sind geringfügiger Natur und lediglich durch den Umstand bedingt, daß das neu hergestellte Epidermisstück das ganze Wundareal nicht als gleichmäßig einschichtiges Epithel überkleidet, sondern diffus an manchen Stellen unbedeutende Ver- dickungen erkennen läßt, die durch lokale, indes durchaus unvoll- kommene Zweischichtigkeit hervorgerufen wird. Der soeben charakterisierte Normalzustand der Oberhaut dauert nicht lange an; dab er trotzdem bei allen Reparationen ohne jede Ausnahme erst erreicht werden muß, ehe die Epidermis zu proli- ferieren beginnt, beweist- wohl überzeugend, daß die Wieder- herstellung einer normalen Oberhaut eine unerläf- liche Voraussetzung der folgenden Zellbildung, also 1) Aus diesem Grunde habe ich auch den Ausdruck „mesodermal“ in der Folge nur in topographischem Sinne gebraucht. Dasselbe gilt, wie ich gleich hier bemerken möchte, für den später in Anwendung kommenden Ausdruck „Mesodermanlage“, mit dem nichts anderes als das für Zwecke der Reparation sich zwischen Epidermis und Darm ansammelnde Zellenmaterial gemeint ist, ohne jede Rücksicht auf dessen morphologische Dignität. 64 Franz von WAGNER, ein notwendiges Glied in dem ganzen Vorgang dar- stellt. Die durch den operativen Eingriff verursachte Unordnung muß also zum normalen Zustand zurückgeführt werden, damit die Produktion von reparativem Anlagematerial in Fluß kommen kann. Wie am Kopfteil, hebt auch am Hinterende die Prolifikation der Epidermis auf der Bauchfläche an und setzt sich jederseits auf die lateralen Partien fort; von da breitet sich dieselbe bald auch gegen die Dorsalseite hin aus. Auf dieser erfolgt die Zellwucherung zwar stets mit geringerer Intensität als ventral und lateral, ist aber zunächst doch auch hier eine allgemeine und keineswegs wie am Vorderende auf vereinzelte Zellteilungen beschränkt (Taf. 4, Fig. 12, 14 u. 15). Die Ausdehnung des Wucherungsgebiets am Wurmkörper umfaßt den gesamten Wundbezirk, doch kommt es nicht gerade selten auch in den unmittelbar benachbarten Territorien zu Proli- fikationserscheinungen, jedoch ohne daß diese jemals zu belangreicher Zellenvermehrung führen würden. Bezüglich der Art der Zellbildung muß ich bemerken, dab man zwar schon zu dieser Zeit Mitosen oder Anzeichen von solchen be- geonet (Taf. 4, Fig. 11), aber doch bei weitem nicht in dem Maße, in dem die Zahl der Zellen zunimmt. Mir scheint daher die An- nahme, daß neben der mitotischen auch direkte Kernteilung statt- findet, nahezu unabweisbar zu sein. Wenn die Epithelzellen der Haut in den reparativen Ver- mehrungsprozeß eintreten, erfahren sie alsbald Veränderungen, die den eben erst gewonnenen Normalzustand des Gewebes wieder auf- heben. Dieselben bestehen darin, daß die Epidermiselemente, wenigstens zum größten Teile, sich in die Länge strecken und zu schmalen und hohen Zylinderzellen umbilden, die durch lebhaftes Wachstum rasch an Größe zunehmen. Die gegen vorher anders- artige Färbung der Zellen, insbesondere die der Kerne, läßt deutlich erkennen, daß das Gewebe sich zur Prolifikation anschiekt. Die Protoplasmakörper sind homogen, die intensiver gefärbten und ent- sprechend der Längsstreckung der Zelleiber ausgezogenen Kerne zeigen eine mehr oder weniger grobe Granulierung und sind zum Teil schon durch den Besitz von kräftig hervortretenden Kern- körperchen ausgezeichnet (Taf. 4, Fig. 16), die manchmal von einem hellen Hof umgeben erscheinen, Eigentümlichkeiten, die in der Folge noch allgemeiner und drastischer zutage kommen. Mindestens das Gros der so gekennzeichneten Elemente löst sich früher oder. später von der Cuticula ab und rückt in die Tiefe (Taf. 4, Fig. 14 u. 15). Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 65 Die skizzierten Vorgänge in der Epidermis bewirken ein Wachs- tum der letztern, das im Anfang allein in einer Verdickung der Oberhaut zum Ausdruck kommt, die entsprechend der Intensitäts- abnahme der Zellvermehrung von der ventralen gegen die dorsale Seite hin auf dieser am geringsten, innerhalb jener aber am stärksten entwickelt ist (Taf. 4, Fig. 13—15). Infolge der sich nun rasch lebhafter gestaltenden epidermoidalen Zellwucherung (Taf. 4, Fig. 17) sowie weiterhin auch in Abhängigkeit von den in der Leibeshöhle avftretenden Zellwucherungen kommt es alsbald zur Ausbildung einer endständigen Reparationsknospe, die, hervorgerufen durch terminales Wachstum, das von jetzt ab während aller weitern Vorgänge an- dauert, immer deutlicher sich kenntlich macht; zuerst präsentiert sich dieselbe in Form einer nach hinten sich vorwülbenden ab- gerundeten Kappe, die das ganze Wundareal iiberspannt, bald aber wächst sie zu ansehnlicherer Größe heran und geht in dem Maße, in dem die Reparation fortschreitet, in ein typisches Wurmreparat über, das infolge des bevorzugten Wachstums der Bauchseite gegen- über der Rückenseite einen sanften Abfall der letztern gegen das freie Ende des Reparats zeigt. Im Innern der Reparationsknospe stellt sich von den gleichen Grundlagen aus in der Regel eine mehr oder weniger merkbare Abdrängung des Darmrohrs nach der Rücken- seite hin ein (Taf. 4, Fig. 15) sowie am freien Ende eine meist sehr deutliche Prominenz der ventralen Körperhälfte, wodurch das Darm- ende mit dem After mehr und mehr etwas dorsalwärts verschoben wird, ein Zustand, der natürlich erst im Fortgang der Organogenese zu charakteristischer Ausprägung gelangt. Die Entwicklung des reparativen Knospenareals läßt sich in ihren jüngern Stadien ganz besonders klar an den Schnitträndern der Ringfaserlage des Hautmuskelschlauchs — natürlich auf Längs- schnitten — verfolgen. Diese Ränder werden nicht etwa von der sich über die Wundfläche hinschiebenden Epidermis mitgezogen, sondern verbleiben an dem Orte, an den sie durch die Amputation geraten sind, wobei übrigens die Endstücke dieser Muskeln gelegent- lich ihres Zusammenhangs mit der Oberhaut verlustig gehen und dann frei gegen das Körperinnere umgeschlagen erscheinen (Taf. 3, Fig. 6 u.9). Achtet man auf die so gegebene Grenzmarke zwischen Stammstück und Reparat, so kann man sich längere Zeit hindurch über den jeweils erreichten Fortschritt der Reparationsknospe leicht orientieren (Taf. 4, Fig. 17; Taf. 6, Fig. 29—32). In Übereinstimmung mit dem Verhalten am Vorderende dauert Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 5 66 : Franz von WAGNER, auch am Schwanzteil der Wucherungsprozeß der Oberhaut während der ganzen Organogenese an und nimmt dabei, nachdem ein Optimum erreicht ist, allmählich an Intensität wieder ab; nur am Hinterende selbst erhält sich jener Bildungsvorgang auch nach Beendigung der Reparation weiter und zwar solange, als das Schwanzende über- haupt normal zu wachsen und neue Segmente zu liefern imstande ist. Die Art der epidermoidalen Zellwucherung, die ich oben ge- kennzeichnet habe, bleibt indes weiterhin nicht allgemein dieselbe, sondern charakterisiert als ausschließlicher Bildungsmodus nur das Anfangsstadium dieses Wucherungsprozesses. Sobald eine gewisse Anzahl neuer Zellen enstanden ist und dadurch!) das Reparat als solches sich kenntlich macht, gestaltet sich nämlich am Hinterende der Prolifikationsprozeß der Oberhaut in dem der terminalen Rand- zone nun vorgelagerten Teil des Reparats anders als in jener, in der der Zustand des Initialstadiums persistiert. Das neue Phänomen besteht, kurz gesagt, darin, dab in größerer Zahl einzelne, zumeist der tiefern Schicht der Epidermis angehörige Zellen der letztern unter Veränderung ihrer Gestalt und ihres Baues eine beträchtliche Größe erlangen (Taf. 4, Fig. 17) und sich dadurch in so auffälliger Weise von den übrigen Epidermiselementen abheben, daß sie gar nicht übersehen werden können. Da die hierbei in Betracht kommenden Verhältnisse schon von RanporpH beobachtet und vor kurzem auch von JanpA für ÆRhynchelmis angegeben worden sind, von dem letztern Autor aber zugleich auch zum Ausgangspunkt weitgehender theoretischer Schlußfolgerungen gemacht worden sind, muß ich auf diese Sachlage näher eingehen. Ich habe oben mitgeteilt, daß bei dem Eintritt der Epidermis in den reparativen Wucherungsprozeß das normale epitheliale Ge- füge in erheblichem Umfange gestört wird, wobei zahlreiche Zellen sich von der Cuticula ablösen. Diese Elemente geraten naturgemäb in die Tiefe und gewinnen dadurch eine subepitheliale Lagerung, in welcher sie — offenbar sehr rasch — zu einer ganz beträchtlichen Größe heranwachsen, durch welche sie sich schon der oberflächlichen Betrachtung von den übrigen Zellen der wuchernden Oberhaut unterscheiden (Taf. 4, Fig. 18a—d). Das Protoplasma der neuen Elemente ist mehr oder weniger homogen, die Kerne treten ziemlich deutlich hervor, sind groß, mäßig granuliert, von annähernd kuglig runder oder ovoider Gestalt und besitzen in der Regel 2—3, weniger 1) Ich sehe hierbei von dem Anteil der mesodermalen Zellproduktion ab. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 67 oft eine größere Zahl meist unregelmäßig geformter Nucleolen, die zumeist in einen hellen Hof gebettet sind. Die Gestalt dieser Zellen ist wenig bestimmt; manchmal von ziemlich regelmäßiger Eiform, zeigen dieselben auf Querschnitten doch vornehmlich eine unregel- mäßig dreieckige Figur, die in der Mehrzahl der Fälle so orientiert ist, daß eine Spitze des Dreiecks nach außen sieht, während die opponierte Basis nach innen gerichtet ist, wobei es nicht selten vor- kommt, daß die letztere in zarte seitliche Fortsätze ausgezogen ist, so dab die entsprechende Grundfläche verbreitert erscheint (Taf. 4, Fig. 18c und Taf. 5, Fig. 22). Die in Rede stehenden Elemente treten fast stets zuerst auf der Bauchseite auf (Taf. 4, Fig. 17), stellen sich aber gleich darauf, an- scheinend ohne gesetzmäßige Ordnung, auch in den seitlichen Regionen ein und greifen über die Höhe der Seitenlinien hinaus auf die dorso- lateralen Partien über, in welchen dieselben, wenn auch in spärlicher Zahl, doch nicht vollständig zu fehlen pflegen (Tat. 5, Fig. 21 u. 23); dagegen habe ich derartige Bildungen auf rein dorsalem Gebiete niemals angetroffen. Die Region des Reparationsareals, in dem diese großen Zellen verbreitet sind, ist, gleichviel wie mächtig das Reparat entwickelt erscheint, ein beschränktes und lokalisiertes, denn sehr bald, nach- dem unsere Elemente entstanden sind, zerfallen sie durch fortgesetzte Teilung, und es resultiert aus diesem Vorgang eine ungeordnete sub- epitheliale Schicht von Reparationszellen (Taf. 4, Fig. 19), die nun der Organogenese zur Verfügung stehen. Ich kann nicht behaupten, dab alle großen Zellen sich in der angegebenen Weise verhalten, ich glaube vielmehr, daß ein, wenn auch verhältnismäßig geringer Teil derselben mehr oder weniger unmittelbar zum Aufbau der Ring- muskulatur des Hautmuskelschlauchs verwendet wird, da dieser Teil des Lokomotionsapparats stets sehr früh zutage zu treten beginnt und die Elemente mit verbreiterten innern Basen eine solche An- nahme auch nahelegen. Aus dem Gesagten geht schon hervor, daß in jedem aus- wachsenden Reparat hinsichtlich des Verhaltens der Epidermis 3 Zonen zu unterscheiden sind: das distale Endstück mit einfacher Zellvermehrung!) die ihr vor- 1) Ich bezeichne hiermit kurz die Zellbildung, bei welcher die pro- duzierten Elemente weder in Habitus und Bau noch hinsichtlich ihrer Größe besondere Veränderungen in der Richtung der großen Zellen der folgenden Region erfahren. 5* 68 FRANZ VON WAGNER, gelagerte Region der großen Zellen und die zwischen dieser und dem Stammstiick gelegene, im Fortgang der Reparation wachsende und sich differenzierende Partie, deren Zunahmedemnachallein den Wachstums- fortschritt des Reparats ausmacht (Taf. 4, Fig. 20). Die Teilungen der großen Zellen erfolgen wohl durchweg auf mitoti- schem Wege. Verfolgen wir nun das Auftreten der großen Zellen bezüglich einer eventuellen Gesetzmäßigkeit in demselben näher, so orientieren über die einschlägigen Verhältnisse am besten Querschnitte (Taf. 5, Fig. 21—24; Taf. 6, Fig. 27). Auf diesen erscheinen die in Frage stehenden Gebilde in der Regel nicht als eine kontinuierlich zu- sammenhängende Lage, sondern nesterartig in der Tiefe der wuchern- den Oberhaut verbreitet, ein Eindruck, der besonders dadurch her- vorgerufen wird, daß sich an den Stellen ihres Vorkommens oft 2—3, seltner noch mehr derselben angeschnitten finden, da deren Protoplasmaleiber mehr oder weniger innig aneinander geschmiegt sind (Taf. 5, Fig. 21—24). Durchmustert man eine große Anzahl von Schnittserien auf diese Nesterbildung hin, so ist in der objektiv gegebenen Sachlage weder eine bestimmte Zahl noch eine — von dem früher geschilderten allgemeinen Grundzug des Verhaltens ab- gesehen — fixierte und dadurch typische Anordnung jener Zellennester als allgemein gültige Gesetzmäßigkeit zu erkennen; ich wenigstens habe mich nicht davon zu überzeugen vermocht, daß eine feste Ordnung das territoriale Auftreten der großen Zellen beherrscht, weder inbezug auf die Entstehung (Taf. 6, Fig. 27a—e) noch in Hinsicht auf den fertigen Zustand derselben, vielmehr zeigt mir der Vergleich der Befunde ein wechselndes Mosaik, das nur im großen und ganzen eine Bilateral-Symmetrie zum Ausdruck bringt (Taf. 5, Fig. 22—24). Es liegt mir selbstverständlich fern, die unten ausführlicher zu erörternden Erfahrungen von Raxpozrx (und JANDA) in Zweifel ziehen zu wollen, im Gegenteil kann ich nur bestätigen, daß bei Lumbriculus die von Raxpozpx (19) (in den figg. 8 u. 9 auf tab. 20) abgebildeten Befunde gar nicht selten vorkommen, so gut wie die von Janpa für Rhynchelmis wiedergegebenen; demgegenüber muß ich aber betonen, daß alle diese Bilder eben nicht allein, sondern neben vielen andern, die sich überhaupt nicht oder nur in zwangsweiser Deutung jenen einordnen lassen, zu beobachten sind, mithin von einer typischen Gesetzmäßigkeit nicht die Rede sein kann. Auch Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 69 im einzelnen bieten die in Rede stehenden Verhältnisse mannigfache Differenzen, sowohl was die Ausdehnung der Zellennester betrifft als auch was deren Lagebeziehungen angeht; ich möchte hier nur darauf hinweisen, daß das Mai der Erstreckung unserer Bildungen dorsal- warts recht erheblichen Verschiedenheiten unterliegt, so daß ge- legentlich selbst noch in der mediolateralen Partie der dorsalen Körperhälfte, an der Stelle der künftigen Rückenborsten, große Zellen, wenigstens auf einer Seite, zur Ausbildung kommen künnen (Fig. 23 auf Taf. 5). Auch sei hier erwähnt, daß die Ausdehnung des ventralen Wucherungsherds, der dem spätern Bauchmark den Ursprung gibt, nicht unbedeutenden individuellen Schwankungen unterliegt und bisweilen selbst eine halbwegs erkennbare Bilateral- Symmetrie vermissen läbt. Die Erfahrungen an Querschnitten finden ihre Ergänzung auf Längsschnitten; auch auf diesen vermochte ich irgendwie scharf gesonderte Zellenstränge oder Zellenreihen nicht festzustellen, muß vielmehr bemerken, dah, soweit ich sehen kann, subepithelial lediglich bald lockerer, bald dichter gelagerte Zellenmassen sich präsentieren, die in mehr oder weniger unregelmäßiger Weise angeordnet sind und jedenfalls nicht das Bild distinkter Zellenfolgen darbieten, die als solche nachweisbar wären. Ehe ich nun in der Darlegung der epidermoidalen Zellwucherungs- vorgänge fortfahre, dürfte es angebracht sein, der Angaben meiner Vorgänger, soweit sich dieselben auf die eben erörterte Sachlage beziehen, zu gedenken. RAnDoLpH zunächst berichtet (19, p. 322), daß nach dem Wund- verschluß „the next step in development seems to be simple proli- feration of the ectoderm and entoderm“, setzt aber sogleich hinzu „although in what way the new tissue arises I am unable to state“. Weiterhin heißt es dann (19, p. 326): „At an early stage the ecto- derm begins to increase in thickness in the ventral and lateral regions. The nuclei arrange themselves in a very definite way into a number of groups — five on each side of the median line“. Dieser Befund RanporLpn’s wurde jüngst durch Untersuchungen von JANDA nicht nur für Rhynchelmis, sondern auch für Tubifex, Limno- drius') und unser Objekt bestätigt (19, p. 3). „Auf den Quer- schnitten durch das Caudalregenerat von Rhynchelmis — sagt dieser Autor — habe ich ähnliche anatomische Verhältnisse Konstatieren 1) Welche Species vorgelegen hat, ist nicht angegeben. 70 Franz von WAGNER, können, wie sie unlängst Har. RAnpoLpH für das Regenerat von Lumbriculus angegeben und Bitow für das normal anwachsende Hinterende desselben angedeutet hat“. „Gegen RanpoupH möchte ich — bemerkt Janpa später — nur das einwenden, daß mir bei Ehynchelmis und den oben angeführten Oligochiten nie fünf, wohl aber stets nur vier Zellenreihen zu jeder Seite zu Gesicht gekommen sind. Eine fünfte Reihe ist also ein Irrtum, der da, wo die vierte Reihe ziemlich oft durch das Auseinandertreten ihrer Zellen schein- bar in zwei Reihen sich spalten, leicht möglich ist. — In der Wirk- lichkeit jedoch existirt allerdings der scheinbar fünfte Streifen als eine selbständige Zellenreihe nicht.“ Diesen Angaben Raxpozræs und Janpa’s gegenüber kann ich nach meinen Erfahrungen in der allgemeinen Form, in der dieselben ausgesprochen werden, selbstredend nicht beipflichten, vielmehr er- blicke ich in der Differenz der Vierzahl der Zellennester bei JANDA und der Fünfzahl derselben bei Ranpozrx eine Bestätigung des oben dargelegtenschwankenden, mehr oder weniger unbestimmten Verhaltens dieser Bildungen. Ich bin überzeugt, daß nicht nur RANDOLPH ganz richtig gesehen hat, sondern auch Janpa „ziemlich oft“ dasselbe Verhalten vorgelegen hat, wenngleich dieser Autor dies nicht zugeben und derartige Befunde offenbar theoretischen Gründen zu Liebe nur als einen trügenden Schein betrachtet wissen will, der durch das gelegentliche Auseinanderweichen von Zellen hervorgerufen werde, das eine Spaltung vortäusche, wo eine Einheit gegeben sein soll. Eine solche Betrachtungsweise hätte jedenfalls zur Folge, daß das von Janpa ohne weiteres als Norm in Anspruch genommene Verhalten mindestens nicht häufiger, nach dem mir vor- liegenden Material sogar seltener eintreten würde als andersartige Zustände, ganz abgesehen von jenen, wenn auch mehr vereinzelten Vorkommnissen, die sich dem Janpa’schen Schema überhaupt nicht unterordnen lassen. Die ersten Vorgänge der epidermoidalen Zellvermehrung sind weder von RanpoLpH noch von Janpa näher untersucht worden. Der Ausgangspunkt für die Arbeiten beider Autoren ist ein Stadium, in welchem die Leibeshöhle schon mehr oder weniger von Reparations- zellen erfüllt ist und die Wucherung der Oberhaut bereits zur Bildung der Zellnester vorgeschritten ist. So bleibt in dieser Hinsicht hier nur auf die Angaben BüLow’s (5) für das normal wachsende Schwanz- ende einzugehen, und da kann ich mich kurz fassen, weil in den uns an dieser Stelle interessierenden Punkten eine prinzipielle Uber- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 71 einstimmung im Verhalten der Oberhaut am normal wachsenden und reparierenden Schwanz von Lumbriculus besteht: hier wie dort Wuchern der Epidermis, das ventral sich am stärksten geltend macht, parietal gegen die Rückenseite hin abnimmt und dorsal auf ein Minimum beschränkt erscheint; auch hier führt die Zellbildung zur Ausprägung von Zellennestern, eine Tatsache, die freilich, wie schon JANDA bemerkt hat, aus den Figuren BüLow’s nur zu er- schließen ist und keine bewußte Angabe des Autors darstellt. Auf die von BüLow beobachtete Einwanderung von Zellen ins Innere der Leibeshöhle werde ich unten zurückkommen. Ich kehre nun zu der Schilderung des epidermoidalen Wucherungs- prozesses zurück. Wir erkannten, daß sich derselbe in drei Etappen vollzieht: dieerste Wucherungsphase ist charakterisiert durch einfache Zellvermehrung, die zweite wird durch das neben dieser erfolgende Auftreten der subepithelialen großen Zellen — dieselben mögen der Einfachheit halber fernerhin kurz ,Dermoblasten“ genannt sein — gekennzeichnet, die dritte endlich erscheint durch den Zerfall der Dermoblasten in Reparationszellen, aus welchem eine subepitheliale Schicht einfacher Bildungszellen resultiert, bestimmt, indes auch hierbei die Zellbildung der ersten Phase fortdauert, die demnach über das Initialstadium hinaus den ganzen Wucherungs- vorgang begleitet. Sobald mit dem Ablauf der Reparation die nor- malen Verhältnisse am Hinterende wiederhergestellt sind, tritt auch das gewöhnliche Wachstum an demselben wieder auf, wobei im Vergleiche mit dem reparativen Geschehen die bei diesem zu be- obachtende Klarheit der einzelnen Vorgänge allerdings erheblich reduziert erscheint, indem die unterschiedenen Phasen zeitlich und räumlich mehr oder weniger zusammengeschoben und dadurch un- deutlich werden, nicht selten aber auch, wie es scheint, Vereinfachungen Platz greifen, die darin bestehen, daß die Ausbildung von Dermo- blasten, wenigstens deren charakteristischer Gestaltung verschiedent- lich unterdrückt wird. Für alle epidermoidalen Wachstumsvorgänge am Hinterende von Lumbriculus kann es jedenfalls als Regel gelten, daß die einfache Zellvermehrung, wie sie für die erste Wucherungs- phase typisch ist, das konstanteste Element im Wechsel der statt- findenden Veränderungen darstellt und offenbar unter exceptio- nellen Umständen auch hinreicht, um das gesamte erforderliche ektodermale Bildungsmaterial zu beschaffen, wovon noch die Rede sein wird. Ich brauche wohl kaum besonders zu bemerken, daß zwischen 79 FRANZ von WAGNER, den unterschiedenen Formen der Epidermis-Proliferation keinerlei scharfe Grenzen bestehen, dieselben vielmehr vom distalen freien Ende der Reparationsknospe gegen das Stammstück hin allmählich ineinander übergehen, wie dies schon durch die successive Ausbildung und dem in gleicher Weise sich vollziehenden Zerfall der Dermo- blasten bedingt wird (vgl. Schema in Fig. 20 auf Taf. 4). Dabei gewinnt natürlich die territoriale Ausdehnung der dem Stammteil zunächst gelegenen Region, in welcher die aus den Dermoblasten hervorgegangenen Elemente zur Organbildung verwendet werden, mit dem Auswachsen des Reparats immer mehr an Umfang, während die distalwärts gelegene Zone der Dermoblastenbildung selbst auf engem Raum dauernd beschränkt bleibt; letzteres gilt auch für die Terminalpartie des Knospungsareals, aber, wie bereits dargetan wurde, nur insoweit, als einfache Zellenvermehrung als ausschließ- licher Zellenbildungsmodus statuiert ist; neben Dermoblastenbildung und Dermoblastenzerfall (in Reparationszellen) ist die Form einfacher Zellenproduktion über das ganze Reparat verbreitet. Dieses aparte Verhalten der zuerst einsetzenden Bildungsweise reparativer Ele- mente findet — wie wir sehen werden — in der Bestimmung, die der auf diesem Wege erzeugten Zellen harrt, eine ausreichende Er- klärung. Nachdem wir den Wucherungsprozeß der Oberhaut näher kennen gelernt haben, erhebt sich nunmehr die Frage nach dem Schicksal all der ins Leben gerufenen ektodermalen Bildungszellen. Da die Beantwortung dieser Frage nur zum Teil in den Rahmen meiner Arbeit fällt, muß ich mir in der Erörterung dieses Gegenstandes eine gewisse Beschränkung auferlegen, die gegebenen Orts in ent- sprechender Weise kenntlich gemacht werden wird. Zunächst ist mitzuteilen, dab ein grober Teil der von der Epi- dermis produzierten Elemente im Bereich des ganzen Reparats zum Aufbau der von der wachsenden Reparationsknospe beanspruchten Oberhaut einschließlich der in dieser zur Ausbildung kommenden einzelligen Drüsen verwendet werden. Dagegen entstehen aus jenen in der terminalen Randzone erzeugten Zellen, die den Zusammen- hang mit dem Hautepithel vollkommen aufgeben, in die Tiefe rücken und durch besonderes Wachstum bei gleichzeitiger Organisations- änderung sich in Dermoblasten umwandeln, wohl niemals Epidermis- zellen. Die Umbildung der oben bezeichneten Regenerationszellen zu typischen Oberhautzellen erfolgt vom distalen Ende aus proximal- wärts und so allmählich, daß zunächst an der Übergangsstelle von Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 73 Reparat und Stammstiick die Unterscheidung von alter und neuer Oberhaut bald verfließt; die Differenzierung der Epidermis schreitet dann mit dem Auswachsen des Reparats distalwärts fort. Was nun die aus den Dermoblasten hervorgehenden Reparations- zellen angeht, so bilden diese zunächst eine mehr oder weniger kon- tinuierliche und unregelmäbige subepitheliale Zellenschicht, die sich entsprechend der Art ihrer Genese nicht nur in der Längsrichtung ausbreitet, sondern auch von der Ventralfläche her dorsalwärts vor- schiebt. Der beträchtlichere Teil der dieser Zellenlage angehörigen Elemente gibt vor allem dem Bauchmark, weiterhin aber auch den ventralen und dorsalen Borstenorganen sowie den Seitenlinien den Ursprung, jedoch nicht in der Weise, daß die später lokalisiert auf- tretenden Bildungsstätten dieser Organe (mit Ausnahme des Bauch- nervensystems)unmittelbar aus dem Zerfall entsprechender Zellen- nester resultierten, vielmehr entstehen die betreffenden Teile immer erst viel später in einer Region des Reparats, in welchem die Dermoblasten längst vollkommen in einfache Reparationszellen auf- gegangen und zu einem zwar unregelmäßigen, aber gleichartigen subepidermalen Stratum zusammengetreten sind. Von direkten Beziehungen genetischer Natur zwischen Zellennestern und den in Rede stehenden Organen war ich wenigstens mich zu überzeugen nicht imstande. Das Verhalten des Bauchmarks macht diesen Be- funden gegenüber, wie oben sofort eingeschaltet wurde, eine Aus- nahme, indes nur insofern, als es hier wohl stets die ventralen Dermoblasten sind, deren Teilungsprodukte die Anlage für den neuen Bauchstrang liefern, aber auch nicht in einer überall typisch be- schränkten Erstreckung, sondern in einem individuell wechselnden Umfange. Die geringere Anzahl von Zellen der subepithelialen Schicht, immerhin noch ein ansehnliches Quantum repräsentierend, verbleibt nicht am Orte ihrer Entstehung, sondern findet am Aufbau innerer Organe Verwendung und wandert zu diesem Zwecke in das Innere des Körpers ein. Diese Verlagerung ektodermaler Elemente in die Leibeshöhle erfolgt naturgemäß erst auf etwas vorgeschrittenern Stufen der Reparation, also zu einer Zeit, in der die Zone des Reparats, in welcher der Zerfall der Dermoblasten das subepidermale Reparationsmaterial hervorbringt, bereits eine gewisse Größe erreicht hat. Als Eingangspforten ins Körperinnere werden offenbar die- jenigen Stellen benutzt, die hierfür nach Lage der Verhältnisse die 74 FRANZ VON WAGNER, giinstigsten Bedingungen darbieten: Der Hauptstrom der in Rede stehenden Immigration scheint zu beiden Seiten des sich differen- zierenden Bauchmarks gegeben zu sein, also auf der Ventralfläche vor sich zu gehen (Taf. 5, Fig. 25) ;daneben begegnet man einwandernden Ektodermzellen auch im Bereich der Borstenregionen (Taf. 5, Fig. 25) und auf der Höhe der Seitenlinien, durchweg demnach lediglich an Örtlichkeiten, an welchen die Ausbildung der Längsmuskulatur des Hautmuskelschlauchs ihre typischen Unterbrechungen erfährt. Welche Organe die eingewanderten Elemente im Innern des Körpers zu bilden berufen sind, habe ich nicht näher verfolgt und will deshalb davon absehen, mich über mehr oder weniger nahe liegende Möglich- keiten zu äußern. Schon früher wurde hervorgehoben, daß mancherlei Erfahrungen mich zu dem Schlusse drängten, daß nicht alle Dermoblasten in einfache Reparationszellen zerfallen, sondern eine Anzahl derselben zur Herstellung der Ringmuskellage des Hautmuskelschlauchs auf- gebraucht werde. Es war mir zwar nicht möglich, die hier an- genommene Umbildung tatsächlich nachzuweisen, doch spricht die oben bereits angeführte Tatsache, dab einzelne Dermoblasten basale Fortsätze besitzen, die sich ja wohl mit denjenigen benachbarter Elemente verbinden und so wenigstens stellenweise eine, wenn auch zunächst unvollkommene ringférmige Protoplasmaschicht am Innen- rand des Epidermisgebiets hervorbringen könnten, für die vorgetragene Auffassung, zumal wenn man bedenkt, daß die ersten Spuren der Ringmuskulatur schon sehr frühzeitig auftreten und das Wachstum dieser Muskelschicht in einer gewissen Korrelation zu dem Verhalten der Bildungszellen zu stehen scheint. Selbstverständlich würde, wenn meine Beurteilung der Sache zutreffen sollte, der in Betracht kommende Umwandlungsprozeß mehr oder weniger direkt erfolgen müssen, jedenfalls nicht erst nach vorausgegangenem Zerfall der großen Zellen, deren Protoplasma vielmehr unmittelbar nach und nach in kontraktile Substanz übergeführt werden müßte. Das Gesagte mag hier genügen, wenngleich noch andere als die eben berührten Verhältnisse für die hohe Wahrscheinlichkeit des von mir vertretenen reparativen Ursprungs der Cirkulärfaserschicht des Hautmuskel- schlauchs vorgebracht werden könnten. Aus der in den vorstehenden Blättern mit — wie ich hoffe — genügender Ausführlichkeit geschilderten Zellenproduktion der Epi- dermis ergibt sich ohne weiteres die außerordentlich be- deutungsvolle Rolle, welche der Oberhaut. auch bei der Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 75 Reparation des Hinterendes zugeteilt ist. Nicht nur die neue Epi- dermis, der ganze nervöse Apparat des Bauchmarks, Borstenorgane und Seitenlinien sowie höchstwahrscheinlich auch die Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauchs verdanken ihre Entstehung den Grundlagen, welche der epidermoidale Wucherungsvorgang produziert, ein an- sehnlicher Teil der erzeugten Bildungszellen wandert überdies aus und in die Leibeshöhle hinein, um sich dort den mesodermalen Reparationszellen zuzugesellen und an der Herstellung bestimmter Organe beteiligt zu werden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz einige Beobachtungen erwähnen, die sich auf das Initial- stadium in der Zellenproduktion der Oberhaut beziehen und bisher deshalb beiseite gelassen wurden, weil ich in der Sache, um die es sich dabei handelt, nicht zu der mir selbst wünschenswerten Sicherheit habe vordringen können. Auf Schnitten durch die be- zeichnete Endzone der Reparate erhält man nämlich des öftern — auf Querschnitten seltner als auf Längsschnitten — Befunde, die mehr oder weniger deutlich schon für diese frühe Zeit eine Immi- eration junger Epidermisabkömmlinge ins Körperinnere darzutun scheinen (Taf. 4, Fig. 12). Da ich indes bekennen muß, daß ich in so manchen andern Fällen nach derartigen Bildern vergeblich ge- sucht habe, so bin ich über die Tatsächlichkeit eines solchen Vor- gangs vorläufig doch noch im Zweifel geblieben. Unwahrscheinlich freilich wäre eine so frühzeitige Einwanderung von Epidermiszellen um so weniger, als BüLow für das normal wachsende Schwanzende gerade dieses Phänomen als eine charakteristische Erscheinung in Anspruch genommen hat. Sei dem aber wie ihm wolle, von prin- zipieller Bedeutung ist die hier in Frage stehende Sachlage insofern nicht, als ja die Mitwirkung von Derivaten des Ektoderms (Epi- dermis) am Aufbau mesodermaler Organe bereits durch anderweite und zweifellose Kinwanderungen sichergestellt ist. Zum Schluß erübrigt, die neuern Angaben bezüglich anderer Oligochäten, soweit sich dieselben auf das Verhalten der Epidermis beziehen, in Kürze darzulegen. Die Befunde Herkes bei Nais elinguis wurden schon im ersten Teil dieser Arbeit referiert; dieselben ergaben ganz allgemein, dab bei dieser limicolen Wurmart der Prolifikationsprozeß der Oberhaut in so umfassendem Maße vor sich geht und die Einwanderung der auf diesem Wege erzeugten Reparationszellen in die Leibeshöhle in so bestimmter Weise erfolgt, daß dieser Autor das gesamte, für die Reparation benötigte Zellen- material ausschließlich von der Epidermis herleitet. Seither schienen er 76 Franz von WAGNER, die neuesten Untersuchungen von ABEL an Stylaria lacustris und Tubifex und von Nusspaum bei Enchyträiden darzutun, dab die Be- hauptung von Hepxe der Wirklichkeit wohl entsprechen könnte oder derselben doch wenigstens sehr nahe kommen dürfte, insofern dabei lediglich die Rolle der Oberhaut als Lieferantin der Reparations- zellen für die Organogenese in Betracht kommt. So berichtet ABEL (1, p. 60), daß er, wenngleich er „in Bezug auf die feineren histo- logischen Differezirungsvorgänge keine erschöpfende Darstellung zu liefern vermag“, doch konstatieren konnte, „daß die einzelnen Organ- systeme (mit Ausnahme des Verdauungsapparates) bei den regenera- tiven Entwicklungsvorgängen nicht aus dem Muttergewebe, sondern aus indifferenten, durch Proliferation des Ektoderms entstandenen Zellenmassen hervorgehen, indem sich diese außer zu nervösen Ele- menten zu den verschiedenen Organanlagen, der Muskulatur des Hautmuskelschlauches und des Darmkanals, den Dissepimenten, den Borstenbeuteln und wahrscheinlich auch zu den Nephridien und Ge- fäßen differenzieren“. In weitgehender Übereinstimmung mit diesen Resultaten Aser’s befinden sich die Erfahrungen, welche NusBAuM bei der Untersuchung seiner Enchyträidenspecies gemacht hat, denn auch bei diesen ist das Ektoderm fast ausschließlich die Bildungs- stätte der Reparationszellen, ja selbst das gesamte Darmepithel soll, wie bei Nais elinguis nach HErkE, von der Oberhaut geliefert werden; nur „die Peritonealzellenschicht, sowohl die viscerale wie auch die parietale, regeneriert sich größtenteils aus dem alten Peritoneum, zum Teil aber auch aus Ektodermzellen, welche sammt den myogenen Zellen in die Leibeshöhle einwandern“ (16, p. 52). Diesen Angaben über eine fast souveräne Bedeutung der Epi- dermis für das reparative Geschehen stehen die Befunde von Raxpozrx bei Lumbriculus und von Janpa bei Rhynchelmis, Limno- drilus, Tubifex (!) und ebenfalls Lumbriculus gegenüber, denen zufolge alle mesodermalen Teile fast ausschließlich von Derivaten der sog. Neoblasten (RANDOLPH), wahrscheinlichst unter teilweiser Mitwirkung des alten Cölomepithels gebildet werden sollen; von einwandernden Ektodermzellen wissen diese Autoren nichts zu berichten, und es er- scheint daher bei ihnen jede Teilnahme von Epidermisabkömmlingen an der Reparation mesodermaler Teile ausgeschlossen. Da ich für mein Objekt zwar sowohl die Existenz der Neoblasten als auch deren Wichtigkeit für die reparative Organogenese bestätigen, andrerseits aber eine durch Einwanderung vermittelte erhebliche Mitwirkung des Ektoderms an der Herstellung der dem Leibesinnern . AE, "% Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. “ue zugehörigen Organe aussagen muß, scheint mir ein vermittelnder Standpunkt dem wirklichen Sachverhalt am nächsten zu kommen. Am auffälligsten ist jedenfalls der in der Literatur über Tubifex vorliegende Widerspruch; ich hoffe, durch eine erneute Untersuchung dieses Falls, die bereits mit andern Regenerationsstudien bei ver- wandten Formen in Angriff genommen ist, zur Klärung dieser An- gelegenheit in Bälde beitragen zu können. b) Die Neoblasten. Ich habe gleich eingangs dieses Kapitels hervorgehoben, dab es am Hinterende von Lumbriculus nicht die Oberhaut allein ist, die in der Hauptsache das reparative Bildungsmaterial liefert. Neben der geschilderten epidermoidalen Wucherung und der später zu be- sprechenden Zellenvermehrung im Darmepithel beteiligt sich an der Produktion von Reparationszellen auch das mesodermale Gewebe in hervorragendem Maße, und zwar sind es jene Elemente desselben, die von SEMPER (23) als „Chordazellen“ bezeichnet worden sind. Es ist das Verdienst Ranponpn’s, diese von ihr in „Neoblasten“ um- getauften Gebilde als für die Reparation des Schwanzes von Lumbri- culus bedeutungsvoll erkannt zu haben. Das Maß dieser Bedeutung für die folgende Organogenese ist nun freilich bei Ranpoupn (und später für Rhynchelmis bei Janda) ein so außerordentlich weitgehendes, dab das gesamte zwischen Darm- und Körperwand sich allmählich ausbreitende Zellenmaterial ausschließlich auf die Prolifikation der Neoblasten, wahrscheinlichst unter ergänzender Beihilfe des alten Cölomepithels, zurückgeführt wird, mithin jedenfalls jede Mitwirkung der Epidermis ausgeschaltet erscheint, wobei dies letztere nicht etwa nur als eine selbstverständliche Konsequenz stillschweigend über- gangen wird. Da ich gerade hierin, wie aus meiner Darstellung der Wucherungsvorgänge in der Oberhaut ganz naturgemäß folgt, erheblich anderer Meinung sein muß, dürfte es vielleicht geboten sein, auf die fraglichen Verhältnisse etwas näher einzugehen. Ich fand gleich Raxpozrx die Neoblasten (18) „in the region of the peritonaeal epithelium of the ventral longitudinal muscles, on each side of the ventral nerv cord between it and the ventral row of setae“; es gelang mir aber nicht, dieselben, wie diese Forscherin berichtet, „in every somit with the possible exception of one or more of the anterior extremity“ nachzuweisen, vielmehr muß ich auch auf Grund erneuter Untersuchung dieses Gegenstandes auf der für das Kopfende gemachten Angabe beharren (28, p. 644), „daß bei 78 FRANZ VON WAGNER, der Reparation des Vorderteils von Lumbriculus ebenso wenig wie im normalen Zustand Neoblasten auftreten“, und kann dem jetzt hinzufügen, daß es die vordersten 12—18 Segmente etwa sind, die von den in Rede stehenden Zellen frei zu sein pflegen. Es ist dabei von Interesse, dab die Unbestimmtheit der Grenzzahlen aus individuellen Schwankungen resultiert, die das betreffende Verhalten wenig fixiert erscheinen lassen. Positiven Angaben mit negativen Befunden begegnen zu müssen, hat, mögen die letztern auch mit der größten Sorgfalt ermittelt sein, immer etwas Mißliches; indes handelt es sich in unserm Fall weniger um die Verbreitung der Neoblasten im Wurmkörper als um die Rolle derselben bei der Reparation. Da ist nun ohne weiteres festzustellen, daß sich in dem Wundareal regelmäßig in wechselnder, anfangs jedoch stets geringer Zahl, oft geradezu nur vereinzelt, Neoblasten vorfinden, die, wie es gerade die durch den operativen Eingriff hervorgerufene Auflockerung der Gewebe an der Wund- fläche mit sich bringt, gelagert sind (Taf. 3, Fig. 6; Taf. 4, Fig. 11). Daß diese Elemente dabei immerhin noch allgemein nur im Bereich der ventralen Körperhälfte angetroffen werden, ist eine begreifliche Folge ihrer normalen Placierung. Manchmal beobachtet man wohl schon in sehr früher Zeit, noch ehe der Wucherungsprozeß der Epi- dermis begonnen hat, vereinzelte Mitosen (Taf. 4, Fig. 12), in der Regel aber folgt die Vermehrung der Neoblasten der epidermoidalen Zellenproduktion nach, da diese schon in vollem Gang zu sein pflegt, bis jene erst in Fluß kommt. Das erste Ergebnis der Proli- fikation der Neoblasten ist eine allmählich zunehmende Anhäufung solcher Elemente in der ventralen Hälfte der Leibeshöhle der jungen Reparationsknospe. Hierbei kommt es, zum Teil vielleicht durch die beschränkten Raumverhältnisse verursacht, in der Regel zu mehr oder weniger dichten Aneinanderlagerungen von Neoblasten, so daß neben frei in der Leibeshöhle suspendierten Elementen dieser Art auch Aggregate solcher zutage treten (Taf. 4, Fig. 15). Irgend eine Regelmäbigkeit in dem Auftreten dieser mesodermalen Zellen- nester besteht nicht, abgesehen von: einer gewissen Bilateral-Sym- metrie, vielmehr macht sich darin ein buntes Mosaik geltend, das in jedem Fall verschieden sein kann und auch in demselben Reparat eine ausgesprochene Gesetzmäßigkeit vermissen läßt, ganz abgesehen davon, daß diese Nesterbildung gelegentlich gänzlich fehlt oder doch sehr reduziert ist. Vielfach zeigt sich auf solchen Stadien der mesodermalen Zellenwucherung der Protoplasmakörper der Neoblasten Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 79 in feinere oder gröbere Fortsätze ausgezogen, während die Gestalt der freien Elemente trotz weitgehender Wandelbarkeit im Grunde doch der Eiform entspricht (Taf. 4, Fig. 12 u. 15). Aus den bisher mitgeteilten Tatsachen geht meines Erachtens schon in ausreichendem Maße die grundsätzliche Bedeutung der in Rede stehenden Gebilde für die Reparation hervor, und es duldet deshalb auch keinen Zweifel, dab die angegebenen Erscheinungen typisch reparativer Natur sind. Mit der Anerkennung dieser Sachlage ist indes selbstredend noch keineswegs die von RANDOLPH (und Janpa) für die letztere in Anspruch genommene Tragweite derselben erwiesen. Wir müssen daher die im Körperinnern vor sich gehenden Gestaltungen noch einen Schritt weiter verfolgen und wollen dies an der Hand der bezüglichen Ausführungen RAnpDoLpH’s tun, wobei die diesen in der Hauptsache ohnedies parallel gehenden Angaben Janpa’s für Rhynchelmis gleich mit einbezogen werden können. Von den Resultaten meiner eigenen Untersuchungen, die freilich auf dieser Richtungslinie nicht weit vordrangen, wird an den jeweils gegebenen Orten die Rede sein. RANDOLPH wie JANDA bezeichnen das gesamte zwischen Körper- und Darmwand sich ansammelnde Reparationsmaterial als „Mesoblast“ und unterscheiden innerhalb desselben einen ventralen und einen dorsalen "Teil, von welchen nur der umfänglichere bauchständige von den Neoblasten hergeleitet wird. Befassen wir uns zunächst mit diesem. Über die Entstehung und weitern Schicksale des „Ventral- mesoblasts“ berichtet Ranpoupa folgendes (19, p. 328): „The continued division of the neoblasts results in a compact mass of embryonic cells that fill all the ventral space. A little later this solid mass extends dorsally on each side to the height of the dorsal setae. A separation in the new mesodermie tissue now takes place in the median dorsoventral line, and also at a little distance from it on each side, giving rise to four groups of cells, a small pair on each side of the median line and one larger mass on each side of these. Very soon after this stage the smaller middle groups fuse, and thus three cell masses are formed, two lateral and a composite median mass.“ JANDA erhielt bei Rhynchelmis insoweit dasselbe Ergebnis, als auch bei dieser nahe verwandten Form sich der ventrale Meso- blast „schon bald in drei, deutlich gesonderte Partien — eine mediane und zwei laterale“ sondert, doch ist bei Rhynchelmis die mittlere Zellengruppe von Anfang an unpaar. Die Angaben Ranpoupn’s für Franz von WAGNER, 80 Lumbriculus kann ich im wesentlichen bestätigen; die Neoblasten erzeugen durch fortgesetzte Teilung ein umfängliches bauchständiges Zellenlager, dessen Elemente im Fluß der Vermehrung natürlich immer kleiner werden, dabei ihre charakteristische Ausbildung mehr und mehr einbüßen und zu einfachen Reparationszellen sich um- gestalten (Taf. 5, Fig. 21—26; Taf. 6, Fig. 28). Innerhalb dieser Zellenmasse konnte auch ich eine Dreiteilung der Reparationsanlage für die mesodermalen Organe in eine mediane und zwei seitliche Zellengruppen, mit bald größerer, bald geringerer Deutlichkeit aus- geprägt, beobachten (Taf. 5, Fig. 21 u. 22). Ob der Unpaarigkeit der mittlern, stets nur in bescheidenem Maße zutage tretenden Zellengruppe ein paariger Zustand voraus geht, wie RAnporLpH will, habe ich mit einiger Sicherheit nicht konstatieren können, wohl aber mancherlei anderweite Abweichungen, die jene Dreiteilung überhaupt nur sehr ungenügend zum Ausdruck brachten oder nur die beiden seitlichen Anlagen als Zellenplatten schärfer hervortreten ließen, während die mediane Gruppe lediglich durch ein paar unregelmäßig verstreute Zellen kaum angedeutet erschien (Taf. 5, Fig. 23). Die hierher gehörigen Abbildungen von Ranpozrx (19, tab. 20, fig. 7—9) vermag ich in Anbetracht des Umstands, dab, soweit meine Er- fahrungen reichen, Lücken in der bauchständigen Zellenmasse in ganz verschiedener Zahl und Anordnung auftreten können, nicht für überzeugend zu halten, zumal derartige Lücken mindestens zum größten Teil gewiß nur rein zufälliger Natur sind. Es scheint mir deshalb auch allzu gewagt, von denselben sofort als von Côülom- anlagen oder im Entstehen begriffenen Blutgefäßen zu sprechen, wie dies von RANDOLPH geschehen ist. Die Entstehung des „Dorsalmesoblasts“ erfolgt nach RANDOLPH bei Lumbriculus selbständig, demnach unabhängig vom ventralen Teil, mit dem erst sekundär eine Verbindung herbeigeführt wird. Raxpozrx läßt sich darüber folgendermaßen vernehmen (18): „In very early stages, as soon as the ectoderm and entoderm have extended themselves sufficiently to form a new cavity there are present dorsally, laterally and ventrally small cells that seem to be wholly unconnected with the neoblasts and their products. On the origin of these cells I can give no positive account. One very clear set of early sections, however, shows with great distinctness cell division taking place in the region of the dorsal peritonaeum just at the posterior limit of the old tissue. After careful examination I am unable to find any connection between this mesoderm and the Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 81 ectoderm and entoderm. I infer — therefore — that the regeneration of the dorsal mesoderm is similar to that of the ventral, but I believe that the tissue in the two region arises separately.“ Und JANDA berichtet bezüglich Rhynchelmis, daß auch bei dieser Form zu gegebener Zeit die Leibeshöhle über und zu beiden Seiten des Darms am distalen Ende des Reparats „mit kleinern Zellen“ an- gefüllt ist, in welchen Ranpoupn’s „Dorsalmesoblast“ vorliegen soll. JANDA fährt dann fort (12, p. 16): „Mir ist es nicht gelungen, die Ursprungsstelle dieser Zellen zu erforschen. Ich kann von denselben nur so viel sagen, daß sie schon in den ersten Regenerationsperioden im Regenerate auftreten, um sich später mit den Ventralmesoblast- zellen vollständig zu vermengen.“ Vergleicht man diese beider- seitigen Angaben miteinander, so wird man gewahr, daß zwar eine sewisse Gleichartigkeit der Befunde besteht, die Entscheidung über die Herkunft jenes Zellenmaterials aber noch sehr unsicher ist, zu- mal die von RanporpH beobachtete „cell division taking place in the region of the dorsal peritonaeum“ eine ausreichende Erklärung für die so umfangreiche Zellenmenge, um die es sich hierbei handelt, nicht wohl bieten kann. Was nun meine eignen Erfahrungen betrifft, so will ich so- gleich bemerken, daß ich Anzeichen von Zellvermehrung im Peri- toneum zwar ebenfalls gesehen habe, jedoch keine Befunde erhielt, die auf eine lebhafte Zellteilung hindeuteten, so daß mir wenigstens die Zurückführung des in Frage stehenden Zellenmaterials allein auf diese Quelle nicht statthaft erscheint. Nun hat wohl neuestens Nussaum für die Enchyträiden, wie wir bereits wissen, eine recht ergiebige Mitwirkung des alten Cölomepithels an der Reparation des neuen gemeldet (16, p. 52): „Die Peritonealzellenschicht, sowohl die viscerale, wie auch die parietale, regenerirt sich größtentheils aus dem alten Peritonaeum“, sagt dieser Forscher, fügt dem aber sofort hinzu: „zum Theile aber auch aus Ektodermzellen, welche sammt den myogenen Zellen in die Leibeshöhle einwandern“. Nach diesen Erfahrungen Nusspaum’s scheint es geradezu, als ob bei Lumbriculus dieselben Verhältnisse wenigstens in dem Belang vorlägen, daß Peritoneal- zellen und Epidermisabkömmlinge überhaupt zusammenwirken, gleich- viel auf wessen Konto im einzelnen Falle der größere Betrag kommt und welche Organe aus diesen Komponenten jeweils hervorgehen. Unter allen Umständen muß ich der von RAnDoLpH (und JANDA) gegebenen Darstellung gegenüber das Recht der Epidermis wahren, indem ich auf jene Einwanderung ektodermaler Elemente Berufung Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 6 82 Franz von WAGNER, einlege '), von der ich früher berichtet habe und die den beiden eben genannten Autoren offenbar entgangen ist. Da diese Immi- gration nicht sofort, sondern erst zu einer Zeit stattfindet, in der sowohl die Derivate der Neoblasten wie diejenigen der Dermoblasten durch fortgesetzte Teilungen kleinzelliger geworden sind, während sie sich zugleich zu einfachen Reparationszellen umbilden, so ist mir eine Unterscheidung dieser beiderlei Elemente im ganzen der in dem Leibeshöhlenraum suspendierten Zellen weiterhin nicht in dem Maße möglich gewesen, um die Größe der beiderseitigen Anteile gegen- einander abzuschätzen oder bezüglich der Organe, die jeder derselben gestaltet, eine mich befriedigende Sicherheit zu gewinnen. Ich muß mich daher vorläufig mit der allgemeinen Feststellung bescheiden, daß sich zweifellos unter das anderweit entstandene mesodermale Zellenmaterial zahlreiche Ektoderm- elemente mischen und am Aufbau innerer Organe be- teiligt sind. Dai RAnpoLpH „upon careful examination“ keinen Zusammenhang ihrer „small mesodermic cells“ mit dem Ektoderm, also der Epidermis, zu finden vermochte, beweist meines Erachtens um so weniger, als genau so, wie ich dies vom Vorderende angegeben habe, auch am Schwanze von Lumbriculus die Hauptquelle für die Einwanderuug in den ventrolateralen Gebieten, hier speziell zu beiden Seiten des sich differenzierenden Bauchmarks gelegen ist, während in den dorsolateralen Regionen schon die Zellenbildung an sich mehr diffuser Natur ist und sich dementsprechend, zumal nur ein Teil der auf diesem Wege entstandenen Elemente in die Leibes- höhle einwandert, der Befund von immigrierenden Epidermisabkömm- lingen gerade in diesen Zonen auch nicht allzu häufig darbietet. Auch ist es durchaus wahrscheinlich, daß die epidermoidalen Ein- wanderer wohl hauptsächlich von der Bauchseite her eindringen, weiterhin aber teilweise dorsalwärts hinaufrücken, in welchem Falle natürlich Beziehungen zu dem dorsalen Epidermisteil gar nicht zu- tage treten können. Dazu kommt noch, daß ich der von RANDOLPH und JAanpA getroffenen Unterscheidung eines Ventral- und Dorsal- mesoblasts auch in anatomischer Hinsicht so wenig wie in genetischer Beziehung beizupflichten vermag, da ich zwischen den beiderseitigen Elementen eine scharfe räumliche Scheidung vermisse, vielmehr zu- 1) Ich sehe hierbei selbstverständlich von der mir selbst zweifelhaft gebliebenen Einwanderung von Epidermisabkömmlingen gleich zu Beginn der Reparation ab und habe lediglich die späterhin stattfindenden Immi- grationsvorgänge im Auge. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 83 meist einen allmählichen Übergang zwischen denselben finde, der sich zudem in der Folge um so mehr verringert, je mehr die Zellen des Ventralmesoblasts durch Teilung an Größe verlieren (Taf. 6, Fig. 28). Nach dem Gesagten kann es nicht mehr zweifelhaft sein, dab ich über die Natur des Reparationsmaterials für die mesodermalen Organe eine andere Vorstellung hege als RanpoLrH (und JANDA). Dieses Material präsentiert sich mir im ganzen als eine recht wenig einheitliche Bildung, deren Charakter auf früher Stufe der Aus- bildung in den paarigen seitlichen Zellenplatten noch am präg- nantesten zum Ausdruck kommt, zumal dieselben in ihrer Längs- erstreckung zwei, freilich nicht besonders scharf umgrenzte Zellen- streifen konstituieren, die eine Zeitlang die ventroparietalen und seitlichen Räume der Leibeshöhle etwa bis zur Höhe der Seiten- linien, bald auch noch über diese hinaus erfüllen und zum Teil offenbar schon relativ frühzeitig der definitiven Differenzierung zu- geführt werden. Noch weniger einheitlich aber ist das mesodermale Reparationsmaterial seinem Ursprung nach, denn dasselbe baut sich aus drei Bezugsquellen auf, 1. aus den Derivaten der Neoblasten, 2.aus Zellen, dievondemalten Peritoneum geliefert werden, und endlich 3. — last not least — aus den eingewanderten Epidermisabkömmlingen. Ich muß hier abbrechen, da ich bereits über die äußerste Peri- pherie der für die vorliegende Arbeit gesteckten Grenzen hinaus- greife; es schien mir aber von prinzipieller Bedeutung, gegenüber den von RAnpoLpH (und Janpa) vertretenen Anschauungen das in den Tatsachen begründete Recht der Epidermis am Aufbau innerer Organe mit allem Nachdruck zu wahren und damit zugleich die übertriebene Vorstellung von der exklusiven Bedeutung der Neo- blasten (und Peritonealzellen) für die Reparation jener Teile auf ein der Wirklichkeit entsprechendes bescheideneres Maß zurückzuführen. Es liegt mir nunmehr noch die Aufgabe ob, im Hinblick auf die Neoblasten die von andern Forschern bei andern Limicolen ge- wonnenen Erfahrungen zu diskutieren, zumal dieselben geeignet sind, auch an ihrem Teil unser obiges Endergebnis zu stützen. 1871 hatte bekanntlich SEMPER (23, p. 161 u. ff.) in seinen Studien über die „Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Tiere“ berichtet, daß er bei den in ungeschlechtlicher Fortpflanzung be- sriffenen Naiden eigenartige Zellen gefunden habe, die sich zu einem axialen Strang zusammenlegen, der zwischen Darmrohr und Bauch- 6* 84 FRANZ von WAGNER, mark so weit verläuft, wie die Gewebe des betreffenden Wurmteils embryonalen Charakter besitzen. SEMPER bezeichnete im Sinne seiner allgemeinen theoretischen Anschauungen diesen Achsenstrang als Chorda und die Elemente desselben dementsprechend als Chorda- zellen. Gelegentlich seiner Untersuchung des normal wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus fand hierauf BüLow dieselben Gebilde auch bei diesem Oligochäten; er sah diese Zellen dort verschwinden, „wo die Anlage des ‚Neurochords‘ beginnt“, und betrachtet dieselben als „Abkömmlinge des mittlern Keimblattes“, dessen Ursprung dieser Autor auf sog. Ektoentodermzellen zurückführt. Erst RanporLpH hat zu dieser Sache, und zwar schon in ihrer vorläufigen Mitteilung, Folgendes ausgeführt (18): „The new mesoderm is formed in great part from specialized cells in the region of the peritonaeal epithelium of the ventral longitudinal muscles, on each side of the ventral nerv cord between it and the ventral row of setae. These cells, which I propose to call neoblasts, are distinguish- able from the cells of the peritonaeum by their great size and by the presence of a cell body.“ Diese Elemente repräsentieren „the ‚chorda cells‘ described by SEMPER in the Naids and Chaeto- gaster. Very soon after the fission of the worm the neoblasts in the end somit begin to divide and give rise to the greater part of the embryonic tissue that is afterward differentiated into mesodermic structures.“ Am Schluß der betreffenden Darlegungen heißt es dann: „Ihe neoblasts are to be regarded as specialized embryonic cells, set apart for the rapid formation of new mesodermic tissue im- mediately upon the fission of the worm.“ Da RanpoupH diese An- gaben in ihrer ausführlichen Arbeit im wesentlichen nur wiederholt, genügt fiir unsere Zwecke das bereits Gesagte. Schon BüLow hatte, wie er in der angezogenen Arbeit an- merkungsweise mitteilt (5, p. 85, Anm. 2), die Chordazellen SEMPER’S „auch im wachsenden Schwanzende von Tubifex rivulorum“ ge- funden. Diese Beobachtung ist von einem neuern Untersucher der genannten Wurmart, Haase, bestätigt worden (8, p. 223): „Ich habe die Neoblasten — sagt dieser Autor — regelmäßig beobachtet und fand sie am Hinterende, besonders in etwas späteren Stadien, wenn die eigentliche Ausbildung des Regenerates ihren Anfang nahm“, und meint dazu, „das häufige Auftreten der Neoblasten in den hintern Regionen könnte vielleicht durch die umfangreichern Neubildungen erklärt werden, welche hier erfolgen, so wie RanpoupH dies auf- faßt, doch habe ich dieser Frage, wie erwähnt, kein besonderes Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 85 Studium widmen können.“ ABEL indes, der sich neuestens mit Tubifex befaßt hat, gibt bezüglich der Neoblasten zwar keine speziell diese betreffende Beobachtung an, doch geht aus seiner ganzen Dar- stellung mit hinreichender Klarheit hervor, daß das Zellenmaterial für die reparativen Prozesse bei Tubifex in einem solchen Ausmabe vom Ektoderm geliefert wird, daß für eine Mitwirkung von Deri- vaten der Neoblasten mindestens kein so großer Spielraum erübrigt, um die Anteilnahme epidermoidaler Elemente an der Reparation innerer Organe als ausgeschaltet erachten zu dürfen. Ich habe die bezüglichen Angaben Asev’s schon bei früherer Gelegenheit an- geführt; dieselben gehen im Grunde noch weiter, als dies im Vor- stehenden ausgedrückt erscheint, indes legen die Befunde von HAAsE und jüngst von JAnDA, denen zufolge das Vorkommen von Neoblasten bei Tubifex sehr wahrscheinlich gemacht ist, nahe, daß, wenn die letztern tatsächlich vorhanden sind, dieselben auch die gleiche Rolle wie bei Lumbriculus und Rhynchelmis spielen werden. Deshalb vor- erst meine reservierte Ausdrucksweise; in Bälde soll Bestimmteres darüber folgen. Von besonderm Interesse für unsern Gegenstand müssen begreif- licherweise diejenigen Beobachtungen sein, die sich auf das Ver- halten der Neoblasten bei den reparierenden Naiden beziehen. Hier ist zunächst RreveL’s zu gedenken (20, p. 305), der das beim Wund- verschluß von Stylaria lacustris auftretende „Granulationsgewebe“ in früher Zeit vorwiegend „aus großen Zellen“ gebildet sieht, „die eine rundliche oder ovale Form und einen großen, hellen Kern mit deut- lichem, distinkt gefärbten Kernkörperchen besitzen, so dab diese Zellen Eiern nicht unähnlich sehen. Sie nahmen den Hauptplatz zwischen dem Epithelüberzuge und dem Darmende ein, so dab sie mitunter dicht an einander lagen. Diese Zellen stimmen ihrer ganz charakteristischen Form wegen mit denen überein, welche RANDOLPH bei ihren Untersuchungen über Zumbrieulus als Neoblasten beschreibt, wenngleich der Protoplasmaleib derselben bei Nais nicht so groß wie bei Lumbriculus ist.“ Im Zusammenhang mit diesen Erfahrungen berichtet Rreven weiterhin, „daß die sogenannten Neoblasten in frühen Stadien in überwiegender Menge vorhanden sind, um später mehr und mehr zurückzutreten und bei vollendeter Ausbildung der zu regenerirenden Teile sich auf ihre frühere Zahl zu beschränken“. Endlich gibt Rırver auch an, „daß die Neoblasten schon in dem erwachsenen Tiere vorhanden sind“. — Völlig anders und dabei zugleich sehr bestimmt lauten die Mitteilungen Herke’s betreffs 86 FRANZ VON WAGNER, Nais elinguis (10, p. 28). Auch dieser Autor konnte wohl die Neo- blasten „an regenerirenden Schwanzenden, sobald sich die Mesoderm- platten hier zu entwickeln begonnen hatten, stets genau nach- weisen“; „sie liegen, wie SEMPER für das wachsende Schwanzende angiebt, zwischen der Neural- und Intestinalanlage und lassen sich von den hintern Partien des Schwanzendes bis zur Amputationsstelle hin verfolgen, so lange die Regenerationsprocesse in den Teilen, welche derselben zunächst liegen, ihren Abschluß noch nicht erreicht haben. Später konnte ich dort keine Chordazellen mehr entdecken; sie reichten dann eben nur so weit nach vorne wie im normalen, wachsenden Schwanzende.“ Was nun aber das Verhalten der Neo- blasten bei der Reparation selbst angeht, so äußert sich HrrkE darüber in folgender Weise: „Was nun RanpoLpH hinsichtlich der Bedeutung ihrer Neoblasten. also der ‚Chordazellen‘ SEmrEr’s angibt, nämlich daß sie dazu da seien, um möglichst schnell wieder neues Mesodermgewebe zu bilden, sobald durch irgend einen Umstand dazu Veranlassung gegeben ist, hat sich bei meinen Regenerationsversuchen an den Naiden durchaus nicht bestätigt; denn ich hatte hier nie Gelegenheit zu konstatiren, dab von der Gruppe der Neoblasten aus sich jemals Zellen abzweigten oder zur Bildung von Mesoderm- gewebe beitrugen, und obwohl mitunter eine Teilung derselben statt- fand, so behielten die daraus entstandenen Produkte ihren Platz doch beständig bei.“ Aus dem Gesagten erhellt zur Genüge der große Gegensatz, in dem sich die Angaben von Rreven und Hepxe fast an demselben Objekt präsentieren, so daß eine erneute Untersuchung dieser (wie so mancher anderer) Verhältnisse bei den Naiden dringend geboten erscheint. Beiläufig sei übrigens an dieser Stelle noch erwähnt, dab weder v. Bock noch Gattoway noch WErzEL bei ihren Studien über die bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung von Chaetogaster diaphanus, resp. Dero vaga auftretenden Regenerationsprozesse irgend welche Angaben bezüglich des Vorkommens von Neoblasten machen, diese Gebilde vielmehr bei den genannten Limicolen durchaus zu fehlen scheinen. Die neuesten Erforscher der Reparationsprozesse von limicolen Oligochäten, Nuspaum und Janna, befinden sich bezüglich der Neo- blasten ebenfalls in einem ähnlichen Gegensatz wie RIEVEL und Hwrxe für die Naiden. Indes handelt es sich bei bei den Erstern dabei doch um beträchtlich differentere Objekte, einerseits um die Enchyträiden, andrerseits um Rhynchelmis. Nuspaum erwähnt die Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 87 Neoblasten nur in der historischen Einleitung als Berichterstatter, findet dagegen in der Schilderung der Reparation selbst keinerlei Ver- anlassung, auf diese Elemente zu reflektieren. Janpa hinwiederum läßt die Chordazellen SEMPER’s, wie wir bereits wissen, im wesentlichen dieselbe Rolle bei der Reparation von Rhynchelmis spielen, wie Ran- DOLPH dies für Lumbriculus angegeben hat. Hat Nussaum bei seinen Objekten offenbar Neoblasten überhaupt nicht vorgefunden, so be- obachtete Janpa diese Zellen (12, p. 14) „außer im Regenerate auch in den alten unverletzten Segmenten, gewöhnlich je zwei oder vier, konstant der Spalte zwischen dem Bauchmarke und den ventralen Borstenfollikeln“. „Auch in den völlig ausgebildeten Segmenten, die der Mitte oder dem vordern Körperdrittel entstammten, wurden sie an den besagten Stellen nachgewiesen. Bemerkenswert ist auch der Umstand, daß die ‚Riesenzellen‘ stets nur an bestimmten Stellen — die oben angeführten Muskellücken — beschränkt sind.“ Soweit die bisherigen, auf die Neoblasten sich erstreckenden Angaben. Ich habe dieselben mit Absicht in extenso referiert, um recht deutlich die widerspruchsvolle und unsichere Natur dieser Be- funde hervortreten zu lassen. Faßt man die aus der vorliegenden Literatur sich ergebenden Möglichkeiten zusammen, so lassen sich nicht weniger als vier verschiedene Modi unterscheiden: Entweder handelt es sich um Vorkommnisse, bei welchen Neoblasten über- haupt nicht zugegen sind, oder die letztern sind vorhanden, dann verhalten sie sich nach einzelnen Autoren passiv, für die Reparation irrelevant, nach andern dagegen aktiv und damit für die Neubildung innerer Organe bedeutungsvoll; im letztern Fall ist aber wieder das Maß der Bedeutung strittig, indem von der einen Seite die Mit- wirkung der Epidermis behauptet, von der andern geleugnet wird. Selbstredend können aus diesem Wirrsal in entscheidender Weise nur erneute eingehende Untersuchungen herausführen. Immerhin will es mir aber scheinen, als ob aus dem auf den ersten Blick so buntscheckigen Chaos von Angaben doch schon jetzt zwei Richtungs- linien bestimmter hervortreten, die sich mit wenigen Worten cha- rakterisieren lassen: Wo Neoblasten fehlen, bewirkt das Ektoderm (vom Cölomepithel abgesehen) allein die reparative Neubildung der mesodermalen Organe, wo Neoblasten vorhanden sind, haben die- selben für jene stets reparative Bedeutung, aber (vom Cülomepithel wieder abgesehen) nicht allein, sondern immer auch unter Mit- beteiligung des Ektoderms. 88 FRANZ VON WAGNER, 3. Die Reparation des Ernährungsapparats. Entsprechend der schon eingangs dieser Arbeit mitgeteilten Tatsache, daß am Hinterende von Lumbriculus als erster Gestaltungs- vorgang die Neubildung des Darms und Afters erfolgt, stelle ich die Schilderung der Reparation des Ernährungsapparats derjenigen des Bauchmarks voran. Es ist für die im Folgenden darzustellenden Verhältnisse un- erläßlich, gleich von vornherein anzugeben, daß bei der Repa- ration des Schwanzdarms zweierlei Typen zu unter- scheiden sind; der eine, und zwar der häufigere, vollzieht sich unter Mitwirkung einer mehr oder weniger stark hervortretenden proktodäalen Epidermiseinstülpung, der andere, seltnere, bei völligem Ausfall einer solchen Einstülpung. Ich brauche kaum besonders zu bemerken, daß der letztere Modus zumeist in den Fällen zu be- obachten ist, in welchen es sich um klaffende Wunden handelt. Sehen wir zunächst von der Epidermis ab, so wird das für die ergänzende Neubildung des Ernährungsapparats erforderliche Zellen- material ganz allgemein ausschließlich vom alten Darmepithel geliefert, und zwar wieder wie am Vorderende nicht in Form diskreter Wucherungszentren, sondern diffus im ganzen Areal der Darmwand die Zellvermehrung vollziehend. Diese erfolgt stets auf mitotischem Wege und ist sowohl ihrer Intensität wie ihrem Umfange nach Schwankungen unterworfen. In der Regel beschränkt sich die Zellproduktion vornehmlich auf die eigentliche Wundregion, doch findet man auch in den benachbarten Segmenten in individuell verschiedenem Maße Mitosen im Darmepithel als eine weit verbreitete Begleiterscheinung; nur gelegentlich dagegen be- gegnet man auch in entferntern Metameren vereinzelten Zell- teilungen, Vorkommnisse, die indes auch in den ausgebildeten Seg- menten unverletzter Tiere ab und zu angetroffen werden, so daß es sich dabei wohl nicht um einen spezifisch reparativen Vorgang handeln diirfte. Auch am Hinterende verlassen die jungen Darm- zellen ihre Ursprungsstätte nicht, sondern fügen sich alsbald dem Mutterverbande ein, so daß auch am Schwanz keinerlei besondere Anlage für die Reparation des Verdauungsrohrs zur Ausbildung kommt. Die zwar fast immer wenig lebhafte, dafür aber während der ganzen Reparationsdauer anhaltende Zellvermehrung bedingt naturgemäß ein Wachstum des Darmkanals, das wie alle derartigen Wachstumsvorgänge am Caudalteil stets nach hinten gerichtet ist. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 89 Daneben freilich wird die Längenzunahme des Schwanzdarms im wachsenden Reparat zum großen Teil wohl auch auf einfacher Streckung und Dehnung beruhen, wofür die durch die Retraktion des Darms bei der Wundheilung geschaffene Sachlage — Fältelungen der Darmwand — einen ausgiebigen Spielraum zur Verfügung stellt. Was nun den Anteil betrifft, den die Epidermis an der Re- paration des Schwanzdarms in den Fällen nimmt, in welchen es zur Bildung eines Proktodäums kommt (Taf. 6, Fig. 29—32; Taf. 7, Fig. 34), so erweist sich der Umfang dieser Mitwirkung beträcht- lichen individuellen Schwankungen unterworfen, innerhalb welcher ein mehr oder weniger geringes Maß über umfassendere Inanspruch- nahme der ektodermalen Matrix weitaus prävaliert. Im großen und ganzen lassen sich durch diese variablen Verhältnisse die beiden Extreme der Darmreparation mit oder ohne Proktodäumbildung zwanglos miteinander verbinden. Die Elemente des zur Herstellung des ektodermalen Enddarms sich einsenkenden Gebiets der Epidermis zeigen keinerlei Besonderheiten. die sie von denjenigen des an- grenzenden Wucherungsareals unterschieden; ihre freie Oberfläche bedeckt sich erst mit Cilien, nachdem der Einstülpungsvorgang ab- geschlossen ist. Es liegt mir nicht der geringste Anhaltspunkt für die Annahme vor, dab zu der eben erwähnten Einstülpung späterhin noch weitere Elemente der Oberhaut hinzugezogen würden, um etwa sekundär die Ausdehnung des Proktodäalabschnitts zu vergrößern. Ebensowenig konnte ich im Bereiche des eingestülpten ektodermalen Darmteils jemals irgend welche Zellvermehrung konstatieren. Aus diesen Tatsachen geht hervor, dab der für die Bildung des Schwanz- darms in Betracht kommende Abschnitt der Epidermis sich in einem Zuge einsenkt und seine Elemente nach Zahl und Lagerung die ursprünglich eingenommenen Beziehungen auch in ihrem neuen Wirkungskreise beibehalten. Über die die Zellproduktion für die Reparation des Schwanz- darms betreffenden, speziell auf Lumbriculus bezüglichen Angaben der frühern Autoren kann ich mich kurz fassen. RanpoLrH be- schränkt sich in dieser Hinsicht auf die einfache Konstatierung der „proliferation of the ectoderm and entoderm“ und fügt dem nur noch hinzu: „from the entoderm arise cells that are almost in- distinguishable from those of the old tissue“. Bünow läßt die Neu- bildung der Darmzellen am normal wachsenden Schwanzende von seinen „Ektoentodermzellen“ besorgen, worauf hier nicht weiter ein- gegangen zu werden braucht. 90 Franz von WAGNER, Wichtiger als die eben erwähnten Angaben sind indes die an andern limicolen Oligochäten gemachten Erfahrungen, zumal da zweierlei Beobachtungsreihen einander schroff gegenüberstehen. Rrevet, Haase und ABEL sehen bei Tubifex und Stylaria lacustris übereinstimmend den neuen Darm (ausschließlich des Proktodäums) aus dem alten hervorgehen, wobei allerdings nicht sichergestellt ist, ob das zutage tretende Wachstum des alten Verdauungsrohrs überall stets mit Zellenvermehrung einhergeht; nach RIevez z. B. scheint dieses Wachstum bei der angegebenen Stylaria lediglich durch Abflachung und Streckung des Darmepithels bewirkt zu werden. Den genannten Autoren gegenüber behaupten HEerke für Nais elingwis und neuestens NusBaum für seine Enchyträiden, dab nicht bloß ein etwa dem Proktodäalabschnitt entsprechender, sondern vielmehr der ganze neue Darmteil von einem ursprünglich soliden Strang eingewanderter Epidermiszellen hergestellt werde. Während Hepxe hierbei doch noch eine, wenngleich äußerst beschränkte Mit- wirkung des alten Darmepithels wahrnimmt, indem (10, p. 22) „der alte Darm von seiner Schnittstelle aus einige neue Zellen“ produ- ziert, erklärt Nuspaum selbst diese bescheidenste Anteilnahme bei seinen Objekten für ausgeschlossen (16, p. 27): „Die Regeneration des Hinterdarmes bei den Enchyträiden erfolgt also einzig und allein durch Proliferation des Ektoderms.“ Eine etwas exzeptionelle Stellung nimmt nach der jüngsten Publikation WInKLer’s Rhynchelmis limosella ein, denn bei diesem Oligochäten findet, sofern ich die Dar- stellung des Autors richtig verstehe, weder ein einfaches Wachstum noch eine Zellenbildung im alten Darmtractus statt, sondern es be- schränkt sich überhaupt die ganze Reparation des Ernährungs- apparats auf die zudem immer unerhebliche Epidermiseinsenkung zur Bildung des Proktodäums. Dieses eigenartige Verhalten mag eine Folge der besondern Reaktionsweise dieser Tiere auf die Durch- schneidung vorstellen, jedenfalls läßt es aber erkennen, dab Rhyn- chelms nicht zu Nais und den Enchyträiden zu stellen, sondern der Reihe Stylaria— Tubifex — Lumbriculus einzuordnen ist, wenn auch dabei keine vollkommene Übereinstimmung gegeben ist. Die hervorgehobenen Gegensätze lassen sich einstweilen nicht ausgleichen. Für die Enchyträiden wird man bei der so vielfach vom typischen Verhalten abweichenden Organisation dieser Wurm- familie die Möglichkeit einer tiefer greifenden Verschiedenheit auch bei der Reparation von vornherein zugeben müssen; daß aber zwei so nahe verwandte Formen wie Nais elinguis und Stylaria lacustris Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 91 in einem so wesentlichen Punkt wie der reparativen Neubildung des Enddarms sich so divergent verhalten sollen, wie dies aus den An- gaben von RIEVEL und ABEL einerseits und von HEpKE andrerseits resultiert, ist eine Sachlage, die auch angesichts der immer deutlicher hervortretenden Tatsache, daß die Freiheit, die der Reparation in ihrer Betätigung zu Gebote steht, eine weit größere ist, als irgend- wie vorauszusehen war, wenig glaubhaft erscheint. Auch hierin bleiben weitere Untersuchungen abzuwarten, um eine befriedigende Entscheidung treffen zu können. Ich wende mich nunmehr zu der (eigentlichen) Organogenese des Schwanzdarms mit dem After bei der Reparation. Wie wir am Kopfdarm Mund, Mundhöhle und Schlund unterschieden, empfiehlt es sich, auch für den Schwanzdarm eine ähnliche Sonderung vor- zunehmen, ohne damit zunächst einen andern Anspruch erheben zu wollen als den, die folgende Darstellung zu vereinfachen; wir unter- scheiden demnach After, Afterhöhle und Hinterdarm, wobei der letztgenannte Darmteil dem caudalen Abschnitt des Mitteldarms an- gehört, während die Afterhöhle morphologisch dem Proktodäum (Enddarm) entspricht. Von der Schilderung der Wundheilung ist noch in Erinnerung, dab nach Abschluß dieses Prozesses dreierlei Befunde im Verhalten des Darmendes gegeben sein können: Entweder — und dies ist der häufigste Fall — ist das Darmepithel mit der über die Wunde hin gewachsenen Epidermis mehr oder weniger innig verklebt, oder es schiebt sich — in seltnern Fällen — zwischen Darm und Oberhaut eine schmale endständige Bindegewebslage ein, oder endlich — und dies kommt hauptsächlich bei klaffenden Wunden vor — Epidermis und Darmwand haben sich alsbald miteinander verbunden, und die durch den Schnitt künstlich erzeugte Darmöffnung persistiert. Für die Schilderung der Darmreparation können wir die beiden ersten Befunde unter einem betrachten, denn früher oder später, stets aber bald kommt es nämlich auch bei dem zweiten Modus zu einer Vereinigung von Darmende und Oberhaut, indem das erstere an die letztere heranwächst, bis beide sich berühren; unter mäßiger Ver- breiterung der Berührungsfläche schmiegen sich im Bereich derselben die Elemente der beiderseitigen Epithelien dicht aneinander, wodurch die Verlötung vollzogen wird. Damit ist auf sekundärem Wege natürlich dasselbe Resultat erreicht wie bei dem primären Ver- halten. Lassen wir vorerst die Vorkommnisse mit persistierender Darm- 92 Franz von WAGNER, öffnung beiseite und ziehen wir nur das gewöhnliche Geschehen in Betracht, so sind bei diesem zweierlei Modi der reparativen Neu- bildung zu unterscheiden: die häufigere und zweifellos die Norm darstellende Weise geht so vor sich, daß zuerst die epidermoidale Proktodäumeinstülpung erfolgt und sekundär der Durchbruch zwischen dieser und dem Hinterdarm bewirkt wird; weit seltner geschieht es, daß der Hinterdarm primär nach außen durchbricht, der Darm- tractus also sofort zu funktionieren vermag, worauf erst — aller- dings sehr rasch — die Bildung des ektodermalen Enddarms nach- folgt. Diese beiden Formen der After- und Enddarmbildung sind in Wirklichkeit selbstverständlich nicht scharf geschieden, indem auch bei den letztern Befunden eine bald mehr bald weniger flache Einziehung der Epidermis die in kürzester Frist folgende Ein- stülpung derselben wenigstens anzudeuten pflegt, so daß sich der Durchbruch des Hinterdarms nach außen gewissermaßen als ein verfrühter Vorgang darstellt. Es liegen hier offenbar Verhältnisse vor, die weit mehr von Zufällen abhängig sind’), als daß sie einer starren Gesetzmäßigkeit gehorchen. Daß aber Fälle mit vorzeitigem Durchbruch des Darms und nachfolgender Proktodäumbildung tat- sächlich vorkommen und nicht etwa Verwechslungen mit nachträg- lichen Einstülpungen des Integuments bei Vorkommnissen aus der nachher zu besprechenden Reihe von Geschehensweisen bei klaffen- den Wunden vorliegen, läßt sich nicht nur auf kombinatorischem Wege bezeugen, sondern durch direkte Beobachtung am lebenden Objekt feststellen. In den Figuren (Taf. 6, Fig. 30—32) habe ich die Norm des Vorgangs, wie sich derselbe auf Sagittalschnitten präsentiert, ab- gebildet: an der Verlötungsstelle von Oberhaut und Darm senkt sich die erstere trichterförmig immer tiefer in das Darmende ein, dieses, soweit nicht die etwa noch bestehende Retraktionsbewegung des Ver- dauungsrohrs einigermaßen ausgleichend dazwischentritt, vor sich herschiebend. Im Gegensatz zu dem analogen Verhalten am Kopfe, bei welchem die Epidermiseinstülpung (für das Stomodäum) passiv durch Zug vom Darm her bewirkt zu sein scheint, macht der Vor- gang hier durchaus den Eindruck, als ob der Ernährungsapparat 1) Ich denke dabei sowohl an lokale Umstände in der Beschaffenheit der Wunden als auch an habituelle oder konstitutionelle Eigentümlich- keiten, die ja beide individuell wechselnde Verhältnisse darbieten können. Allerdings ist dies eine Appellation an vorläufig noch unbekannte Größen. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. G3 sich passiv verhalte und die Oberhaut als aktiv tätiger Faktor fungiere (Taf. 6, Fig. 29 u. 30). Durch die Einstiilpung der Epidermis wird natiirlich die ur- sprüngliche Verlötungsstelle von Integument und Darmwand aus ihrer terminalen und oberflächlichen Lage in die Tiefe verrückt und eine bestimmte Anteilnahme des Ektoderms an der Auskleidung des künftigen Schwanzdarms gewährleistet. Während die trennenden Grenzkonturen zwischen den beiden in Rede stehenden Organteilen anfangs deutlich kenntlich bleiben (Taf. 6, Fig. 50; Taf. 7, Fig. 34), verwischen sich dieselben, sobald die Einstülpung beendet ist, mehr und mehr (Taf. 6, Fig. 29 u. 31) und verschwinden schließlich völlig, worauf alsbald durch Auseinanderweichen einerseits der betreffenden Elemente des eingesenkten Epidermisteils, andrerseits der ent- sprechenden Zellen des Darmepithels der Durchbruch erfolgt, wo- durch der Ernährungsapparat wegsam und damit funktionsfähig wird (Mate 2G, Wigs 32): Den Umfang der Ektodermeinstülpung zur Bildung der After- höhle, die, was nach der mitgeteilten Genese keiner weitern Be- sründung mehr bedarf, das Homologon des ontogenetischen Prokto- däums repräsentiert, fand ich, wie schon eingangs dieses Kapitels hervorgehoben wurde, außerordentlich wechselnd. Meist freilich ist derselbe erheblich geringer als am Vorderende, manchmal sogar so beschränkt, dab nur wenige mehr als eine seichte Grube gebildet erschien. Die Figg. 31 und 32 (Taf. 6) sind mit Absicht einem extremen Verhalten entnommen, um das Typische des Vorgangs scharf hervortreten zu lassen; beträchtlich geringer ist die Epidermis- einsenkung schon in dem Fall der Fig, 29 (Taf. 6), doch steht auch dieser wohl noch über dem Mittel. Immerhin muß anerkannt werden, daß in allen hierher gehörigen Fällen am Hinterende von Lumbriculus ein ektodermal ausgekleideter Enddarmabschnitt, also ein Proktodäum, mag dasselbe auch in der Regel von geringer Ausdehnung sein, gebildet wird. Sonstige Verschiedenheiten sind geringfügiger Natur und be- stehen hauptsächlich darin, daß die Einstülpung etwas unregelmäßig vor sich geht, indem bei derselben bald der dorsale, bald der ventrale Abschnitt der bezüglichen Epidermispartie vorangeht, wodurch manchmal auch die erste Durchbruchsstelle exzentrisch verlagert wird. Die Unterscheidung des proktodäalen Abschnitts vom ento- dermalen Teil des Ernährungsapparats läßt sich anfangs ohne 94 FRANZ VON WAGNER, weiteres bewerkstelligen, zunächst durch die übrigens auch von andern Objekten gemeldete Differenz in der Kernfärbung, indem die Kerne des epidermoidalen Darmepithels, da sie vorwiegend jiingern Ursprungs sind, sich intensiver als die der Mitteldarmzellen mit Farbe imbibieren, sodann aber auch und insbesondere durch das Fehlen der Flimmerung im Enddarm (Taf. 6, Fig. 32). Dieser Zu- stand dauert indes nicht lange, denn die Verschiedenheiten in der Kerntinktion schwinden meist ungemein rasch, während sich gleich- zeitig das Epithel des Proktodiiums mit Cilien bedeckt, womit das normale Verhalten hergestellt ist. Die Formen der Darmreparation, bei welchen zuerst der Durch- bruch des Darms erfolgt und diesem erst die Proktodäumbildung sich anschließt, verlaufen, von den selbstverständlichen Abweichungen, die der Unterschied des Ausgangspunkts mit sich bringt, abgesehen, gleichartig mit dem normalen Vorgang, doch, soweit ich sehe, er- heblich rascher. Bei all den besprochenen Reparationen habe ich niemals ein Hinüberschieben der Epidermis über das Darmepithel, wie es bei andern Limicolen gelegentlich beobachtet worden ist, gesehen. Ich habe bereits oben bei Schilderung der Wundheilung darauf hingewiesen, dab am Hinterende die Afterbuchteinziehung in der Regel schon sehr frühzeitig, wenn auch nur in Gestalt einer seichten Delle, sich bemerkbar macht (Taf. 3, Fig. 6 u. 7). Die früher oder später folgende Proktodäumeinstülpung knüpft ausnahmslos an die Stelle jener Einsenkung an (Taf. 7, Fig. 34) und besteht in nichts anderm als in einer Vertiefung derselben, womit eine Umwandlung der flachen Delle in eine mehr oder weniger tiefe Trichtergrube einhergeht. Die freie Öffnung dieser Grube repräsentiert den nor- malen morphologischen After, dessen Ränder ebenso wie die Wan- dungen der Afterhöhle (Enddarm) durchaus von Ektodermelementen überkleidet werden. Bei den Formen der Darmreparation, bei welchen der Darmtractus primär durchbricht, entspricht diese erste Kommunikationsöffnung nur physiologisch, nicht aber morphologisch einem After und stellt eine provisorische Einrichtung dar, die durch den auf dem Wege der nachfolgenden Einsenkung des Integuments gebildeten bleibenden After ersetzt wird, womit dann auch morpho- logisch die definitive Gestaltung zur Ausbildung gebracht ist. Was nun die Reihe der Reparationen mit persistierender Darm- öffnung anlangt, so ist nach Lage der Dinge darüber im Grunde nicht viel zu sagen. Die Verklebung und schließliche Verwachsung Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 95 der Wundränder der Oberhaut und des Darms folgt in der Regel dem operativen Eingriff auf dem Fuße nach, manchmal schon nach wenigen Stunden, so daß in diesen Fällen sich ganz allgemein die Afterbildung sozusagen als ein Glied der Wundheilung präsentiert. Die so frühzeitige Vereinigung läßt natürlich auch die Elemente der Epidermis noch in ihrer ursprünglichen Organisation erscheinen, da die zu den Wucherungsvorgängen führenden Veränderungen derselben erst später sich einstellen; immerhin tritt auf Schnitten ein eben noch merklicher Unterschied in der Färbungsfähigkeit zutage, der eine Sonderung der Angehörigen der beiden Komponenten gestattet. Von entscheidender Bedeutung ist aber bei allen hierher gehörigen Vorkommnissen die Beobachtung am lebenden Objekt. An diesem kann man sich mit aller Sicherheit von der gekenn- zeichneten Sachlage durch die Persistenz der Flimmerung überzeugen, die von den die nun zum After gewordene Darmöffnung umrandenden Zellen des Mitteldarms ausgeht. Mit Rücksicht auf die theoretische Wichtigkeit dieser Befunde habe ich denselben begreiflicherweise meine besondere Aufmerksamkeit zugewandt und mich in einer srößern Anzahl von Fällen in kurzen Zeitintervallen fortgesetzt über die Lage der fraglichen Verhältnisse orientiert. Hierbei fand ich nun stets, daß die gleich zu Beginn der Untersuchung beobachtete Flimmerung des Analrands unverändert fortbestand und sich auch in gleicher Weise dauernd erhielt. Es kann daher meines Erachtens keinerlei Zweifel unterliegen, dab bei Lumbriculus in ge- wissen und keineswegs etwa nurexceptionellen Fällen die Reparation des Schwanzdarms ohne jede Spur einer Proktodäumbildung vollzogen wird’), da selbst die Flimmerung des Afterrands von Elementen des Mitteldarms ihren Ursprung nimmt, welch letzterer Umstand mit voller Klarheit daraus hervorgeht, daß jene Flimmerung von Anfang an da ist. Derartige Befunde sind es offenbar gewesen, die seinerzeit meinem damaligen Kollegen, Herrn Dr. L. ScHmipr, vorgelegen und mich dadurch veranlaßt hatten, in meinem vorläufigen Bericht die 1) Diese Tatsache ist, soweit ich orientiert bin, für die Oligochäten wohl ein Novum; es muß dabei aber hervorgehoben werden, daß Darm- reparationen ohne Proktodäumbildung von SCHULTZ (22, p. 606 u. ff.) für verschiedene Polychäten nachgewiesen worden sind, wie denn über- haupt der Darstellung dieses Forschers zu entnehmen ist, daß das reparative Verhalten des Schwanzdarms bei einigen Polychäten mancherlei uber- einstimmendes mit Lumbriculus darbietet [vgl. auch MrcHeL (15, p. 30 ff.)]. 96 Franz von WAGNER, ausschließlich entodermale Entstehung des Schwanzdarms bei der Reparation schlechthin zu behaupten. Aus den vorstehenden Dar- legungen ergibt sich, daß diese Angabe insofern eine irrige war, als der von dem genannten Herrn beobachtete Reparationsmodus zwar tatsächlich wohl richtig erkannt worden war, aber nicht, daß derselbe nicht die Regel, sondern vielmehr eine Ausnahme von der- selben darstellt, eine Ausnahme zudem, die eine so bedeutungsvolle Abweichung in sich schließt, daß für deren faktische Existenz der strikte Beweis einer lückenlosen Beobachtungsreihe gefordert und erbracht werden mußte. Nach Ablauf der verschiedenartigen, im Vorausgegangenen analysierten Prozesse erscheint ganz allgemein die reparative Organo- genese des Ernährungsapparats im wesentlichen abgeschlossen; was noch folgt, sind in der Hauptsache einfache Wachstumsvorgänge, die einerseits durch die Fortdauer der, allerdings immer weniger er- giebig sich gestaltenden Zellenvermehrung im alten Darmepithel innerhalb des Reparationsgebiets und dessen nächster Nachbarschaft bedingt sind, andrerseits und in nicht geringem Maße auf einer intensiven Streckung des Darmtractus beruhen, durch welche nicht nur die infolge der frühern Retraktionsbewegung des Verdauungs- rohrs hervorgerufenen und nicht selten recht umfänglichen Fälte- lungen der Darmwand mehr und mehr ausgeglichen werden, sondern weiterhin auch eine Verflachung des Epithels dieser Wandung be- wirkt wird. Im Zusammenhang mit dem Auswachsen nach hinten vollzieht sich auch die vollständige Normalisierung des histologischen Verhaltens, so daß schließlich der typische Aufbau des Darmtractus im ganzen Umfang des Reparats erreicht ist. Es erübrigt noch, auf die Lagebeziehungen des Darms im wachsenden Reparat mit ein paar Worten einzugehen. Zu Beginn der Reparation entspricht die Lage des Verdauungsrohrs an- nähernd dem normalen Befund, aber mit der Einschränkung, dab der provisorische After, bzw. die seine Stelle markierende Afterbucht genau terminal liegen. Dieser Zustand bleibt während der folgenden Gestaltungsvorgänge in der Regel zunächst erhalten, und es mündet daher auch der definitive After vorerst endständig. Fernerhin aber ändert sich dieser Befund, indem die besonders auf der Bauchseite lebhaften Zellenwucherungen und Organbildungen in individuell ver- schiedenem Maße nicht nur eine Verlagerung des Schwanzdarms nach der Rückenfläche hin bewirken (Taf. 7, Fig. 36), sondern auch die Analöffnung aus ihrer terminalen Stellung dorsalwärts abdrängen. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 97 Das bevorzugte Wachstum der ganzen ventralen Körperhälfte be- dingt dabei ein mehr oder weniger deutliches Vorspringen der bauchständigen Partie des Körperendes, so dab die ventralen After- lippen weiter hervortreten als die dorsalen, ein Verhalten, das sich andeutungsweise zuweilen schon in frühen Stadien der Reparation bemerkbar macht (Taf. 6, Fig. 30—32). Nach Abschluß der Re- paration nimmt mit dem Fortfall der jene Verlagerung bewirkenden Ursachen das Darmrohr wieder seine ursprüngliche Lage ein, während die Stellung des Afters und die Verschiedenheit im Ver- halten der dorsalen und ventralen Lippen des letztern, insoweit die- selben Attribute des normalen Zustands sind, dauernd erhalten bleiben. Stets erst in spätern Stadien der reparativen Neubildung ent- wickelt sich im Umkreise der äußern Grenzfläche des Darmrohrs dessen Muscularis und sondert den Ernährungsapparat immer schärfer von der Umgebung ab. Die Entstehung der Darmmuscularis habe ich nicht verfolgt und kann daher über dieselbe nur soviel sagen, daß es sicherlich Elemente der mesodermalen Zellenmassen sind, die jenem Organ den Ursprung geben; ob diese Elemente ektodermaler Herkunft sind oder Abkömmlinge der Neoblasten, muß ich dahin- gestellt sein lassen. Mit der Ausbildung der Darmmuscularis erscheint die Reparation des Ernährungsapparats auch im weitern Umfange beendet. Das noch weiterhin fortdauernde, in seinem Tempo indes sich stetig mäßigende Längenwachstum nach hinten steht mit dem gesetzmäßigen Auswachsen des ganzen Hinterendes .in Zusammenhang und be- deutet deshalb keine reparative Erscheinung mehr, sondern ent- spricht eben nur dem für den normal wachsenden Schwanz typischen Verhalten. Nach den Erfahrungen am lebenden Tier kann es als sicher angesehen werden, dab bereits ein provisorischer After genügt, um die dadurch hergestellte Kommunikationsöffnung auch tatsächlich als After fungieren zu lassen. Charakteristische, von peristaltischen Bewegungen des Intestinaltractus gerade in dessen neugebildeten Teilen (besonders dem Enddarm) begleitete Entleerungen sind indes begreiflicherweise erst nach dem Auftreten der Muscularis nach- weisbar. Für die Auseinandersetzung mit der über unsern Gegenstand vorhandenen Literatur ist es am Platze, die auf Lumbriculus be- züglichen, wenig mehr als aphoristisch gehaltenen Angaben Ran- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 7 98 Franz von WAGNER, DOLPH’s voranzustellen (18). „A faster growth of ectoderm then of entoderm furnishes the extent of material necessary for the procto- deal invagination“, heißt es — kurz genug — in der vorläufigen Mitteilung, und die ausführliche Arbeit bringt dazu nur noch die Angabe (19). p. 322 Anm.), daß die Proktodäumeinstülpung erfolgt „sometimes dividing into two or more branches, which extend obliquely in different directions. It seems as if union were establish- ed between the new entoderm and that branch of the proctodeum with which it first comes into contact.“ Ich habe Beobachtungen dieser Art niemals gemacht; da es sich dabei an und für sich um Ausnahmen handelt und zudem kein prinzipielles Moment in Frage steht, hege ich angesichts der schon ermittelten Mannigfaltigkeit im reparativen Geschehen keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Ranvorrn’schen Befunde. Im übrigen hat Raxpozrx lediglich Darmreparationen mit Proktodäumbildung gesehen und auch diese nur nebenher beachtet, so daß sie einen tiefern Einblick in die Ver- schiedenartigkeit der hier in Betracht kommenden Vorgänge nicht zu gewinnen vermochte. Was nun die Erfahrungen an andern Limicolen betrifft, so fand zunächst Rreven bei Stylaria lacustris, dab der bei der Wundheilung ebenfalls verschlossene, aber durch „Granulationsgewebe“ vom Körper- epithel getrennte Darm nach hinten bis an die Epidermis heran- wächst und dann durch diese nach außen durchbricht: „seine Wand verlötet jederseits mit der Körperwand“ (20, p. 303). Die Bildung eines Proktodäums unterbleibt, das Hautepithel spielt „nur eine passive Rolle“. Diese Angaben Rırver’s wurden in der Folge von ABEL dahin berichtigt, daß nicht nur bei Tubifex, ABEL's eigent- lichem Untersuchungsobjekt, sondern auch bei der genannten Naide (1, p. 44) „nach erfolgtem Durchbruch des Darms eine geringe Ein- senkung des Körperepithels zur Bildung eines ektodermalen End- darms“ stattfindet. Im übrigen stimmen die Beobachtungen von Haase und Aspen an Tubifex mit meinen Ermittlungen an Lumbri- culus in den wesentlichen Punkten gut zusammen; hier wie dort derselbe Wachstumsvorgang, die Berührung und Verlötung von Darm- und Körperepithel, Integumenteinsenkung für die Herstellung des Enddarms und Darmdurchbruch. Dazu kommt noch, was für uns von besonderm Interesse ist, daß ABEzL sowohl für Tubifex wie für Stylaria lacustris auch einen Reparationsmodus ohne Verschluß des Darms, also mit persistierender Darmöftfnung, beschrieben hat, der bei der erstern Form „ziemlich häufig“, bei der Naide sogar Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 99 als das gewöhnlichere Verhalten konstatiert wurde. Diese Erfah- rungen gehen dem von Lumbriculus oben gemeldeten Verhalten bei vielen klaffenden Wunden parallel und bestätigen und erweitern in diesem Sinne wohl die Angaben Ager’s. Im springenden Punkt aber erhebt sich hier die prinzipielle Differenz, daß in den Fällen ABEL’s hinterher immer noch eine, wenn auch unbedeutende, Ekto- dermeinsenkung vollzogen und damit wenigstens eine Spur eines Proktodäums geschaffen wird, während bei Lumbriculus dies durch- aus unterbleibt. Von geringer Bedeutung erscheint mir demgegen- über die weitere Verschiedenheit im Verhalten von Tubrfex und meinem Objekt, dab nach Aspen bei der erstern Form in allen Fällen nicht persistierender Darmöffnung das Verdauungsrohr erst nach erfolgter Bildung des Enddarms wegsam wird, bei Zumbriculus dagegen auch unter solchen Umständen, obschon nicht als Norm, der Durchbruch des Darms nach außen primär erfolgen kann. ABEL hat für Tubifex bei der Reparation mit Verschluß des Darms noch zwei weitere Geschehensweisen unterscheiden können (1, p. 37), eine ohne Neubildung von Segmenten am Reparat und eine mit einer solchen, und erkennt nur im letztern Falle der Epidermiseinsenkung die Bedeutung eines Proktodäums zu. Ich habe bei meinen Würmern Reparate ohne Segmentierung nicht zu Gesicht bekommen und möchte in den beiden, von ABEL unterschiedenen Bildungsweisen des Enddarms eine wesentliche Differenz nicht er- blicken, vielmehr die Reparate ohne Segmentierung dahin interpretieren, daß es sich dabei um Vorkommnisse unvollkommener, um nicht zu sagen anormaler, Reparation handelt, zumal in den Fällen, in welchen nur eine geringe Anzahl von Schwanzsegmenten amputiert worden war. Bei Entfernung umfänglicherer Körperstücke, etwa der ganzen hintern Leibeshälfte oder noch mehr, entwickelten sich auch bei Tubifex, wie ABEL angibt, „gewöhnlich“ typische Reparate, „die sich schon äußerlich als solche durch ihre helle Farbe und ihren ge- ringeren Umfang erkennen ließen und sich in Folge dessen scharf vom übrigen Körper absetzten“. Daß aber auch in solchen Fällen „ebenfalls häufig“ die unvollkommene Form der Enddarmbildung an Stelle der typischen Genese zutage trat, erklärt sich zur Genüge aus dem doch ganz beträchtlich geringern Maße reparativen Vermögens, das Tubifex Lumbriculus gegenüber eigentümlich ist, wie gerade die Versuche von ABEL deutlich gezeigt haben. Im strikten Gegensatz zu den bisher besprochenen Erfahrungen stehen nun die Angaben von HEPKE betreffs Nais elinguis. Bekannt- nm» he Franz von WAGNER ? lich fand dieser Autor an dem genannten Objekt, daß die reparative Neubildung des Darms vorn wie hinten durch eine solide Epidermis- wucherung („Intestinalanlage“) bewerkstelligt wird, die der Ampu- tationsstelle des alten Darms zuwächst, wobei dieser an seiner Schnittfläche nur „einige neue Zellen“ bildet. Sobald die Intestinal- anlage den alten Darm erreicht hat, erhält sie proximal ein Lumen, das mit dem des alten Kanals zusammenfließt; zugleich stellt sich eine Einbuchtung des distalen Teils der Ektodermwucherung ein, „welche immer tiefer wird, bis sie schließlich nach Perforation der betreffenden letzten Zellschicht als fertige Analöffnung die Kommuni- kation zwischen Darmhöhle und Außenwelt vermittelt“ (10, p. 22). Angesichts dieser mit allen frühern Erfahrungen in auffälligem Widerspruch stehenden Angaben ist es von großem Interesse, dab seither Nusspaum bei seinen Enchyträiden eine Bildungsweise des Schwanzdarms beobachtet hat, die sich im wesentlichen dem Befund Hepxe’s anschließt und diesen so seiner Isoliertheit entäußert. NusBAUM zeigte (16, p. 23), daß bei seinen Würmern „seitens des Ektoderms eine anfangs solide Zellenanhäufung sich bildet, mit welcher das blinde Ende der inzwischen gewöhnlich schon gänzlich geschlossenen Darm- epithelwand zusammenwächst“. „Mit dieser Zellanhäufung, welche etwas keilförmig in die Leibeshöhle eindringt, ist nun das Hinter- ende des Darms verschmolzen, so jedoch, daß eine Grenze zwischen Ektoderm und Entoderm sehr scharf hervortritt, da die Zellen der alten entodermalen Darmwand einen ganz anderen Habitus besitzen und eine zusammenhängende Schicht bilden“. In der bis jetzt soliden Ektodermmasse entsteht sehr bald ein Lumen, das einerseits mit dem des alten Darms in Verbindung tritt, andrerseits nach außen durchbricht und so die Kommunikation des Darms mit dem um- gebenden Medium herstellt An der Umbiegungsstelle des ekto- dermalen Darmabschnitts in die Epidermis (Afterrand) teilen sich nun die Zellen „viel energischer als an anderen Stellen der neu- gebildeten ektodermalen Decke, und es kommt in Folge dessen zu einer sekundären Einstülpung des Ektoderms, wodurch der Hinterdarm sich bedeutend verlängert und die Afteröffnung viel größer wird. Der sekundär sich einstülpende Teil des Hinterdarmes hat einen viel größeren Durchmesser als der ursprünglich angelegte, nämlich durch die Aushöhlung der anfangs soliden Ektodermzellenanhäufung entstandene Abschnitt desselben.“ Nimmt man hierzu noch die weitere Angabe Nusgaum’s, dab der alte Darm bei und während all dieser Vorgänge völlig in Passivität verharrt, so ergibt sich in der Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 101 Tat, daß die Reparation des Schwanzdarms bei den in Rede stehen- den Limicolen „einzig und allein durch Proliferation des Ektoderms“ bewerkstelligt wird. . Von untergeordneten Differenzen in Einzelheiten abgesehen, lehrt der Vergleich der Darstellungen von HErkE und NUSBAUM sofort und evident die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen beiden Autoren und zeigt zugleich, dab der betreffende Vorgang bei den Enchyträiden sich noch etwas extremer gestaltet als bei HEPKE’s Naide. Zur Zeit sind wir nicht in der Lage, die Befunde Herre’s und Nuspaum’s mit den früher gewonnenen Erfahrungen und den Er- gebnissen meiner Untersuchungen an Lumbriculus in Beziehung zu setzen; für meine Person möchte ich dabei allerdings bemerken, dab die den seinerzeitigen Angaben Hepxkr’s gegenüber wohl nicht nur von mir eingenommene skeptische Haltung in der Folge vielleicht doch einem andern Gefühl wird Platz zu machen haben, zumal im Hinblick auf den seither erbrachten Nachweis einer kaum geahnten Freizügigkeit des reparativen Gestaltens. Jedenfalls muß fürderhin mit der Tatsache gerechnet werden, dab bei den limicolen Oligo- chäten unter andern auch zwei Reparationstypen des Schwanzdarms vorkommen, die einander geradezu entgegengesetzte Extreme dar- stellen: die ausschließlich ektodermale Bildungsweise bei den Enchy- träiden (und event. Nais elinguis) und die ausschließlich entodermale (in gewissen Fällen) bei Lumbriculus. Im erstern Fall sind After und Enddarm — der Hinterdarm im morphologischen Sinne entfällt selbstredend — Produkte ausschließlich epidermoidaler Wucherungen, im letztern dagegen gibt es wieder keinen morphologischen End- darm, und After wie Hinterdarm sind Derivate des Epithels des Mitteldarms. Zum Schluß ist noch die jüngste Publikation über unsern Gegenstand zu berücksichtigen, die Reparation des Schwanzdarms bei Æhynchelmis limosella nach WINKLER Bei dieser Oligochäten- Species persistiert stets, wie bereits oben mitgeteilt wurde, die durch die Operation gesetzte Darmöffnung; das Epithel des sich retra- hierenden Darms verlötet in den seitlichen Teilen mit der Epidermis, worauf eine unbedeutende Ektodermeinsenkung zur Bildung der Afterhöhle erfolgt. Zellvermehrungen in der alten Darmwand scheinen nicht stattzufinden. Abgesehen von der zuletzt genannten Verschiedenheit fügt sich demnach das Bild der reparativen Schwanz- darmbildung bei Rhynchelmis im großen ganzen nicht schlecht in 102 FRANZ VON WAGNER, den Rahmen von Tubifex, Lumbriculus und Stylaria lacustris ein, wenigstens bestehen hier jedenfalls keine schwerwiegenden Diffe- renzen, was um so erfreulicher ist, als WinKLER’s Untersuchungen speziell fiir den Vorderdarm eine ungemein weitgehende Uberein- stimmung mit Zumbriculus ergeben haben, die dieser Autor wohl mit Recht in der nahen Verwandtschaft von seinem und meinem Objekt begründet sieht. Auch die Diskussion der Literatur tiber die reparative Schwanz- darmbildung habe ich ausführlicher gehalten, als dies wohl üblich und vielleicht auch a priori in der Regel berechtigt zu sein pflegt; es schien mir aber von ganz besonderer Wichtigkeit, zu zeigen, dab bei der Neubildung des in Rede stehenden Organs auch dann, wenn wir uns auf eine eng umschriebene Tiergruppe wie die Limicolen unter den Oligochäten beschränken und innerhalb dieser wieder nur die reparativen Phänomene ins Auge fassen, sich eine auch auf grundsätzliche Züge übergreifende Mannig- faltigkeit des Geschehens kundgibt, die überdies nicht bloß bei verschiedenen Arten sich geltend macht, sondern auch bei derselben Species in Er- scheinung treten kann. Die Konstatierung dieses Tatbestands mag einstweilen genügen. 4. Die Reparation des Nervensystems (Bauchmark). Im Abschnitt über die Zellenwucherungsvorgänge wurde be- richtet, daß bald nach Beginn derselben in der vor der schmalen terminalen Randzone gelegenen Partie des epidermoidalen Reparations- areals eine besondere Form von Zellen (Dermoblasten) auftritt, die durch ihren Bau und ihre ungewöhnliche Größe sowie durch ihre Anordnung in Gestalt mehr oder weniger distinkter Aggregate aus- gezeichnet sind. Von den durch die Aggregate repräsentierten Zellen- gruppen sind es die ventral zu beiden Seiten der Medianebene ge- legenen, die die erste Anlage für das künftige Bauchmark darstellen (Taf. 5, Fig. 23). Hierbei muß indes sofort betont werden, daß im Verlauf der demnächstigen Ausbildung des neuen Schwanznerven- systems auch Teile der ventroparietalen Epidermispartie heran- gezogen werden, um demselben Zweck dienstbar gemacht zu werden. In welchem Umfang diese Mitwirkung jeweils erfolgt, kann allgemein- gültig nicht angegeben werden, da einerseits in dieser Beziehung an und für sich nicht unerhebliche individuelle Schwankungen zu- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 103 tage treten, andrerseits der fortschreitende Zertall der Dermoblasten die Entscheidung dariiber, von welchem Zellennest etwa diese oder jene an der Reparation des Bauchstrangs mitbeteiligten Elemente herstammen, allzu sehr erschwert. Aber auch das Ausgangsstadium selbst bietet keineswegs stets dieselben Befunde dar; immerhin kann es indes als Regel gelten, daß das bauchständige Anlagematerial des Caudalmarks in Form zweier, mehr oder weniger deutlich unter sich und gegen die seitlichen Wucherungsherde hin geschiedener medialer Zellennester gesondert erscheint (Taf. 5, Fig. 24). Weit weniger häufig ist der Zusammenhang der betreffenden Dermoblasten ein lockerer und die Abgrenzung derselben gegenüber den benach- barten Zellengruppen unbestimmt (Taf. 5, Fig. 21—23). Mit diesen formalen Verschiedenheiten hängen Differenzen hin- sichtlich der Zellenmenge, die die erste Bauchmarkanlage enthält, zusammen, so daß Zellenreichtum und Mächtigkeit dieser Anlage zuweilen recht abweichende Befunde geben. Dab trotzdem zwischen den Endprodukten schließlich eine weitgehende Konformität kon- statiert werden kann, beruht zum Teil jedenfalls auf Intensitäts- schwankungen in der Zellenvermehrung, die ursprüngliche Unvoll- kommenheiten späterhin auszugleichen vermögen, zum Teil aber sicherlich auch auf dem Umstand, dab etwa mangelndes Material durch Zuzug aus den ventroparietalen Gebieten der Dermoblasten- region ergänzt werden kann, zumal ein solcher Zuzug durch- weg stattfindet, ohne daß freilich alle auf diesem Wege heran- gebrachten Elemente für den Neubau des Bauchmarks verwendet würden, denn ein großer Teil derselben wandert ja, wie bereits dar- gelegt worden ist, zu beiden Seiten des entstehenden Nervenstrangs ins Innere des Körpers ein (Taf. 5, Fig. 25). Entsprechend der Natur seiner Anlage ist demnach das caudale Bauchmark bei der reparativen Genese ebenso wie der nervöse Apparat des Vorderendes von Anfang an eine bilateral- symmetrische Bildung, wenn es auch nicht an Fällen fehlt, in welchen eine derartige Anordnung wenig deutlich hervortritt. 1) Mit dem Fortschreiten der Reparation prägt sich indes die Bilateral- symmetrie allgemein immer schärfer aus, um diesen Charakter 1) Dieses Verhalten findet man besonders dann, wenn das betreffende Wurmstück von einem Tier stammt, das reparativ schon stark in Anspruch genommen war. Ich komme am Schluß dieses Kapitels auf die bezüg- lichen Vorkommnisse zurück. 104 Franz von WAGNER, weiterhin durch alle Phasen der Neubildung zu erhalten und zu festigen. Gleich eingangs der vorliegenden Arbeit wurde darauf hin- gewiesen, daß entgegen dem bezüglichen Verhalten am Vorderende die Reparation des nervösen Apparats am Schwanze derjenigen des Ernährungsorgans nicht nur nicht vorausgeht, sondern im Gegenteil in einem merklichen Abstand nachfolgt, so daß bei Beginn der Re- paration des Bauchmarks diejenige des Schwanzdarms in der Regel schon im wesentlichen beendet zu sein pflegt. Da zudem die Neu- bildung des Schwanznervensystems eine erhebliche Zeitspanne zu be- anspruchen pflegt, so fällt trotz mannigfacher zeitlicher Schwankungen, die auch hier im Ablauf der feinern Einzelvorgänge nicht fehlen, auch die Wiederherstellung des normalen Zustands durchweg in spätere Stadien des reparativen Geschehens. Das die erste Anlage des neuen Bauchmarks darstellende ventrale Zellenlager nimmt durch rege Teilung seiner Elemente, fernerhin auch durch Nachschub von den benachbarten Partien der wuchern- den Epidermis her rasch an Masse zu und streckt sich konform dem ganzen Wachstum des Reparats zunächst in die Länge. Die Zellen, die es zusammensetzen und, wie wir wissen, anfangs von ganz be- trächtlicher Größe waren (Dermoblasten), sinken infolge der an- dauernden Vermehrung mehr und mehr, manchmal sogar recht rasch, zu Elementen herab, deren Kerne die Größe derjenigen der Oberhaut kaum mehr in nennenswertem Maße übertreffen, nicht selten sogar hinter derselben vielfach zurückbleiben; doch begegnen wir in diesen Dingen überhaupt individuell so verschiedenen Befunden, daß eine allgemein zutreffende Feststellung, soweit ich sehen kann, nicht möglich erscheint. Schon frühzeitig fließen mit dem Zerfall der ursprünglichen Dermoblasten und im Fortgang desselben immer mehr die Zellen der beiden Anlagezentren zusammen und konstituieren so alsbald einen einheitlichen zelligen Längsstrang, dessen Bilateralsymmetrie durch seine Lage zur Medianebene stets gewahrt bleibt. Im weitern Verlauf der Reparation breitet sich aber dieser Zellenstrang nicht nur — dem Auswachsen des Reparats folgend — in die Länge aus, sondern beginnt auch unter Verkürzung seines Querdurchmessers sich zu verdicken, wodurch eine immer umfänglicher sich gestaltende Vorwölbung der ganzen Bildung in die Leibeshöhle hinein verur- sacht wird (Taf. 5, Fig. 25). In dem Maße, in dem dieser Prozeß fortschreitet, konsolidiert sich der Zellenstrang, indem die mittler- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 105 weile noch kleiner gewordenen Elemente desselben sich eng an- einander legen, was die dicht zusammengehäuften Kerne sofort er- sehen lassen. Damit ist nun ein Stadium erreicht, in dem das Zellenpolster des neuen Bauchmarks sich bereits deutlich als ein Ding fiir sich von seiner Umgebung abhebt, allerdings nur in seiner dorsalen Hälfte, da ventral der ursprüngliche Zusammenhang mit der epidermoidalen Matrix noch eine Zeit lang erhalten bleibt und dadurch einer entsprechend scharfen Sonderung im Wege steht (Taf. 5, Fig. 25). Das Ergebnis der bisher geschilderten Vorgänge besteht in der Produktion eines longitudinalen, median auf der Bauchfläche des Reparats verlaufenden und in die Leibeshöhle sich vorwölbenden Zellenstrangs, dessen Zellenreichtum und Mächtigkeit von seinem distalen zu seinem proximalen Ende stetig zunimmt, während die jene bestimmenden Elemente immer kleiner werden. Dieser Zellen- strang stellt gewissermaßen den Rohbau des jungen Bauchmarks dar, insofern die weitern Schicksale dieser Bildung hauptsächlich durch die histologische Differenzierung und durch den segmentalen Zerfall charakterisiert erscheinen. Ehe ich indes auf diese Prozesse eingehe, muß ich noch einen Augenblick bei der Betrachtung des Rohbaues verweilen. Wie das Wachstum der Reparationsknospe als solcher ganz all- semein auf der in der Längsrichtung erfolgenden Größenzunahme der zwischen der distal gelegenen eigentlichen Wucherungszone und dem ehemaligen Wundrand des Stammstücks belegenen Reparations- region beruht, so gilt dies auch im einzelnen für die Bauchmark- anlage. Der distale, in die Dermoblastenregion sich verlierende Ab- schnitt dieser Anlage stellt daher die spezifische Bildungsstätte des neuen Nervensystems vor, von welcher aus die übrigens wohl stets auf mitotischem Wege sich vollziehende Zellvermehrung in proximaler Richtung, also nach vorn immer weiterschreitet und so das Aus- wachsen der Anlage bedingt. Hierbei bleibt der Zusammenhang. zwischen dem zu fortschreitend schärferer Individualisierung ge- langenden Zellenstrang und dem epidermoidalen Mutterboden so lange erhalten, als noch ein Zuzug von Bildungsmaterial notwendig ist. Die histologische Differenzierung der caudalen Bauchmarkanlage geht in der Hauptsache so vor sich, wie ich es am Vorderende gefunden habe. Die erste Sonderung, die sich kenntlich macht, tritt median auf der Höhe der dorsalen Randschicht auf, indem an dieser Stelle die erste Umwandlung von Zellen in 106 Franz von WAGNER, Fibrillen stattfindet. Diese Fibrillenbildung breitet sich allmählich nach den beiden Seiten hin aus und greift besonders auch von den ober- flächlichen Straten etwas in die Tiefe, letzteres aber nicht gleichmäßig, sondern in zwei seitlichen Partien in bevorzugtem Maße, wodurch Ver- hältnisse geschaffen werden, die die definitive Gestaltung in den Grund- zügen bereits anbahnen (Taf. 5, Fig. 25). Soweit die Befunde an Quer- schnitten. Das Studium der Längsschnitte (Sagittal- wie Frontalschnitte) ergänzt dieselben, indem es lehrt, dab die histogenetische Ausbildung proximal beginnt und distalwärts, also nach hinten, weiterschreitet, mithin gerade den entgegengesetzten Weg einschlägt, den die Auf- führung des Rohbaus nimmt (Taf. 7, Fig. 36 u. 37). In dem Maße, in dem die Mächtigkeit der Fibrillensubstanz an- wächst, vermindert sich natürlich die Menge der Zellen; nach einer selbstredend nur ganz ungefähren Abschätzung dürfte wohl mindestens die Hälfte des vorhandenen Zellenmaterials zur Herstellung der Fasermassen nach und nach verbraucht werden, wobei die dorsalen Elemente jedenfalls weitaus den Löwenanteil zu liefern haben. Über die Entstehung der einzelnen Fibrillen aus den Zellen vermag ich — was bei Kenntnis der Sachlage nicht wunderbar erscheinen wird — so wenig wie meine Vorgänger etwas Bestimmtes aus- zusagen; im ganzen betrachtet bekundet die Faserbildung ein Ver- halten, das sich durchweg mit dem bilateralsymmetrischen Aufbau in Übereinstimmung erweist. Die Fibrillen verlaufen, was kaum besonderer Hervorhebung bedarf, in der Längsachse des Tiers (Taf. 7, Fig. 37) und zeigen auf Querschnitten das typische Bild der bekannten Lerypic’schen Punktsubstanz (Taf. 5, Fig. 25; Taf. 7, Fig. 35). Im weitern Verlauf der Histogenese prägen sich die Hauptzüge des definitiven Zustands immer deutlicher aus: in den lateralen Randpartien bleiben die Zellen erhalten und umgreifen an der Übergangsstelle auf das dorsale Gebiet mehr oder weniger die Punkt- substanz, die ihrerseits sich in das bauchständige Zellenlager tiefer und tiefer einsenkt, dabei aber dadurch, daß sich median Zellen dauernd erhalten, in zwei (seitliche) Faserpolster geschieden wird (Taf. 7, Fig. 35). Für das Ganze resultiert schließlich daraus, ähnlich dem Befunde am Vorderende’), eine ventrale und seitliche, bis zur 1) Vgl. hierzu fig. 18 u. 19 auf tab. 42 im ersten Teil dieser Arbeit (28) ; auch sei bei dieser Gelegenheit für die ganze obige Darstellung der Genese des (caudalen) Bauchmarks auf die bezüglichen Darlegungen und Ab- bildungen in jener Publikation hiermit verwiesen. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 107 Höhe des dorsalen Rands reichende Umhüllung der Fibrillenmasse durch die nun schon als Ganglienzellen zu betrachtenden restlichen Elemente des ursprünglichen Zellenstrangs, von dessen Boden sich zugleich eine in der Mittellinie verlaufende schmale Zellenleiste er- hebt, die dorsalwärts in die Fasersubstanz bald mehr bald weniger vorspringend diese in die zwei früher genannten seitlichen Polster sondert. Damit sind nun Verhältnisse erreicht, die dem normalen Zustand schon ganz erheblich nahe kommen. Während die Fibrillenbildung fortschreitet, vollzieht sich die Abgrenzung des neuen Bauchmarks durch Ausbildung der binde- gewebigen Grenzmembran. Auch diese erfolet wie am Kopfteil. Von kleinen Zellen !), die sich, wie die Lage ihrer Kerne ausweist, mit ihren Längsseiten der freien Fläche des Bauchmarks, zunächst dorsal, dicht anlagern (Taf. 7, Fig. 35bgh), nimmt eine vorerst zarte, bald aber schärfer hervortretende Bindegewebshülle ihren Ursprung, die das neugebildete Nervensystem von der Umgebung abgrenzt, erstmals natürlich im dorsalen Gebiete, in der Folge aber sich auch über die seitlichen Partien vorschiebt. In der Regel etwas später stellt sich auch auf der Bauchseite derselbe Vorgang ein, doch wenig klar, da hier die Isolierung und Individualisierung des Nervenstrangs mit der nebenher erfolgenden Reparation des Hautmuskelschlauchs, die zweifellos einen beträchtlichen Anteil an jenen nimmt, in Ver- bindung steht, ein Zusammenhang, den mich schon die Befunde am Vorderende vermuten ließen. Es verdient übrigens bemerkt zu werden, dab die Loslösung des Bauchmarks von der Epidermis keineswegs etwa nur ein passives Geschehen darstellt, vielmehr kann man nicht gerade selten beobachten, daß die in Betracht kommende Zellenschicht aufgelockert wird, indem deren Elemente nach Maßgabe ihrer künftigen Bestimmung aktiv auseinander weichen und so zwischen der Oberhaut und der ventralen Randzone des Nervenstrangs einen (freilich meist unregelmäßigen) schmalen Spalt auftreten lassen, der bereits beide Organe deutlich, wenn auch be- greiflicherweise nicht vollkommen trennt (Taf. 7, Fig. 36). Die Abspaltung des neuen Bauchmarks von der epidermoidalen Matrix greift niemals bis an das distale Ende des Reparats durch, sondern endet stets vor dem terminalen Randbezirk, in welchem, entsprechend dem normalen Befunde, ein unmittelbarer Zusammen- 1) Die Herkunft dieser Zellen vom mesodermalen Anlagematerial kann nach Lage der Dinge nicht zweifelhaft sein. 108 FRANZ von WAGNER, hang zwischen Oberhaut und Nervensystem dauernd bestehen bleibt, respektive, richtig ausgedrückt, die Bauchmarkanlage in eine in- differente Epidermiszone ausläuft, aus der sie im wachsenden Schwanz- ende sich beständig erneuert (Taf. 7, Fig. 36 u. 37). Hand in Hand mit den zuletzt beschriebenen Vorgängen geht eine immer weiterschreitende Heraushebung des jungen Organs aus dem Niveau des Körperepithels, wobei zugleich eine Konzentration desselben erfolgt, die durch innigere und dichtere Verbindung der einzelnen Teile bewirkt wird und dem ganzen Organ ein festeres Gefüge verleiht (Taf. 7, Fig. 36 u. 42). Dabei wird naturgemäb auch die Form des Bauchmarks verändert, und zwar geschieht dies in der Weise, daß die Ausdehnung in der Querachse noch weiter erheblich reduziert wird, während zugleich der Höhendurchmesser eine verhältnismäßige Zunahme erfährt: das Organ rundet sich ab, indem sich seine seitlichen Teile etwas gegen die Medianebene hin nach einwärts krümmen. Was für die histologische Differenzierung in Fibrillen und Ganglienzellen angegeben wurde, gilt auch für die Ablösung von der Epidermis und für den segmentalen Zerfall in diskrete Ganglien: auch diese beiden Prozesse beginnen proximal und schreiten nach hinten weiter (Taf. 7, Fig. 36 u. 37). In der Querachse differenziert sich das Caudalnervensystem, wie aus der gegebenen Darstellung von selbst hervorgeht, von der dorsalen nach der ventralen Seite (Taf. 5, Fig. 25; Taf. 7, Fig. 35). Während aber in der Längen- ausdehnung der histologische Fortschritt von vorn nach hinten sich allmählich kenntlich macht, begegnet man in querer Richtung nicht selten insofern beträchtlichern Verschiedenheiten, als dorsal bereits ein histologisch weitgehend determinierter Befund vorliegen kann, indes ventral noch verhältnismäßig indifferente Zustände gegeben sind (Taf. 5, Fig. 25). Es hängt dies wohl damit zusammen, dab der epidermoidale Zellenbildungsvorgang für das Bauchmark verschieden lange anhält und dadurch auch der Zeitpunkt für die Ablösung und Determinierung der bauchständigen Anlagemasse erheblichern Schwan- kungen unterworfen erscheint. Die Segmentierung des Bauchstrangs kann auf recht verschiedenen Stufen der Ausbildung dieses Organs erfolgen; in der Regel stellt sich dieselbe allerdings relativ früh ein, d. h. zu einer Zeit, in der die Produktion von Fibrillen eben erst begonnen hat oder doch nahe bevorsteht, und nur selten kommt es vor, daß die histologische Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 109 Differenzierung schon mehr oder weniger weit gediehen ist, ehe die metamere Gliederung auftritt. Stets handelt es sich bei der ersten Segmentierung des Bauch- marks infolge der engen räumlichen Verhältnisse um wenig scharf umschriebene Befunde, so daß es mir wenigstens nicht möglich war, zu entscheiden, inwieweit die erstmals äußerlich zutage tretende Metamerie etwa schon im innern Gefüge der Anlage vorbereitet ist; soviel kann aber als feststehend betrachtet werden, daß dem Beginn des segmentalen Gliederungsvorgangs allgemein ein ursprünglicher einheitlicher Zustand vorausgeht. Es erscheint mir nicht unwahr- scheinlich, daß die erste metamere Sonderung geradezu plötzlich er- folet, indem die proximale Partie des Bauchstrangs simultan in 5—6 Ganglien zerfällt, wenigstens habe ich zwischen derartigen Be- funden (Taf. 7, Fig. 36) und dem noch ungegliederten Zustand keine Zwischenstufen zu Gesicht bekommen können. ‚Jedenfalls muß der die Segmentierung einleitende Zerfall außerordentlich rasch vollzogen werden; weiterhin schreitet die Gliederung im Zusammenhang mit dem Gesamtwachstum des Reparats ebenmäßig distalwärts fort, um überall vor der schon mehrfach genannten indifferenten Terminal- zone Halt zu machen. Was den SegmentierungsprozeB selbst betrifft, so besteht der- selbe zunächst darin, dab in anfangs dicht aufeinander folgenden gleichmäßigen Abständen die zelligen Bestandteile des Bauchstrangs sich anhäufen, während sie in den Zwischenständen mehr und mehr verschwinden, ein Umlagerungsvorgang, in dessen Gefolge die Differenzierung des ganzen Organs in zellenreiche Ganglien und zellenarme Länescommissuren ganz naturgemäß zu immer schärferer Ausprägung kommen muß (Taf. 7, Fig. 37). Ganz wesentlich wird dieser Prozeß durch die auf Streckung und Dehnung beruhenden Wachstumsvorgänge begünstigt, indem dieselben den ganzen ge- gliederten Bauchstrang in die Länge ausziehen, wodurch einerseits die Commissurenabschnitte (Zwischenstände) gestreckt und dabei verdünnt werden, andrerseits die durch die Zellenanhäufung hervor- gerufenen Wülste der Ganglien einigermaßen zum Verstreichen ge- bracht werden, ein Verfahren, in dessen Fortgang schließlich der normale Zustand erreicht wird. Aus der im Vorstehenden beschriebenen Reparation des Bauch- marks erhellt, daß dieser Apparat auch am Schwanz eine rein ektodermale Bildung darstellt und in allen seinen Teilen eine Neuschöpfung repräsentiert. die aus be- 110 Franz von WAGNER, sondern, zu diesem Ende von der Epidermis gelieferten Reparations- zellen hervorgeht. Eine Mitwirkung von seiten des alten Bauchstrangs findet dabei so wenig wie am Vorderende statt. Sobald die in Differenzierung begriffene Anlage des neuen Bauchmarks die Rumpf- stelle des alten erreicht, treten beide in Berührung miteinander, ohne daß jedoch deshalb, wie es scheint, sofort eine organische Ver- bindung Platz zu greifen braucht. Erst im Fortschritt der histo- logischen Spezialisierung des neuen Organs verwachsen die bezüg- lichen Straten beider Bildungen, der fibrilläre Teil des neuen mit der Fasermasse des alten Bauchstrangs und ebenso die zelligen Lagen so innig miteinander, dab schon kurze Zeit danach die Ver- wachsungsstelle als solche kaum mehr zu erkennen ist (Taf. 7, Fig. 36); nur gelegentlich kommt es vor, daß aus irgend welchen Gründen die zur Verbindung zu bringenden Enden des alten und des neuen Bauchnervensystems ausnahmsweise nicht in demselben Niveau sich befinden, so daß die Vereinigung durch eine Knickung herbeigeführt werden muß. In solchen Fällen bleibt die Verwachsungs- stelle lange Zeit hindurch kenntlich, da die Ausgleichung jener Knickung offenbar nur sehr langsam zustande kommt (Taf. 7, Fig. 37). In weiterer Übereinstimmung mit den Befunden am Vorderende habe ich auch am Schwanzende keinerlei Spuren einer Zellvermehrung im alten Bauchmark nachweisen, dagegen wohl auch jene pinselförmige, nach dem neuen Bauchstrang hin ausstrahlende Auflockerung der Fibrillensubstanz beobachten können, die ich schon vom Kopfteil angegeben und abgebildet habe; allerdings tritt dieselbe hier am Hinterende beträchtlich seltner auf als vorn. Es scheint mir kaum zweifelhaft, daß diese ausstrahlenden Fibrillenbündel, wo sie vor- kommen, an dem Verwachsungsvorgang Anteil nehmen. Ein der- artiges Verhalten kann selbstredend nicht als eine Mitwirkung des alten Bauchmarks am Aufbau des neuen gedeutet werden, ganz abgesehen davon, daß es sich hierbei gar nicht um die Regel, sondern um gelegentliche Ausnahmen handelt. Ehe ich zur Besprechung der einschlägigen Literatur übergehe, habe ich noch des Neurochords zu gedenken. Es ist eine eigne Sache mit diesem Organ, denn dasselbe tritt ganz plötzlich auf, er- scheint auch gleich in der richtigen Zahl und an der richtigen Stelle am dorsalen Rande der Fibrillensubstanz, ohne daß es möglich wäre, zu erkennen, woher diese auch funktionell rätselhafte Bildung so unvermittelt zutage kommt. Nach dem Grade der Mächtigkeit der Röhren läßt sich wohl als sicher aussagen, daß dieselben ent- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. all sprechend der allgemeinen histologischen Sonderungsrichtung ebenfalls proximal ihren Ursprung nehmen und ihre Ausbildung von da caudal- wärts vorschreitet. Stets sah ich die Neurochordröhren erst nach völliger Entwicklung der Punktsubstanz auftreten, in der Regel sogar erst in vorgerücktern Stadien der Gliederung des neuen Bauch- strangs, so daß die Fertigstellung dieses Apparats zumeist geradezu den letzten Gestaltungsvorgang an dem neuen Nervensystem dar- stellt. Was nun die Literatur unseres Gegenstands angeht, so kann ich mich inbezug auf die über mein Objekt vorliegenden Angaben kurz fassen; dieselben rühren wieder von RaxvoLrpH her und sind nicht nur äußerst knapp gehalten, sondern betreffen auch lediglich jüngere Stadien, bei deren Untersuchung zudem vorwiegend die gröbern Verhältnisse berücksichtigt wurden. Hinsichtlich des Ausgangs- punkts stimmen meine Beobachtungen mit den Befunden Ranpoupn’s dahin überein, daß die ventromedialen Zellenmassen es sind, die die Anlage für das neue Bauchmark abgeben, so daß auch nach Rax- DoLPH die in Rede stehende Bildung dem bilateralsymmetrischen Typus folgt. Auch der weitern Darstellung der amerikanischen Forscherin kann ich im ganzen nur beistimmen (19, p. 326): „Lhe layers of cells arrange themselves into two groups each ap- proximately hemispherical in section and which are in contact at the inner surface of the ectoderm. The two foundations gradually unite and nerve fibres appear near the inner surface in small bundles, which subsequently grow larger. The developing nerve cord gradu- ally leaves the ectoderm from which it arose, but retains in its form traces of its paired origin.“ Wenn aber Raxpozpx schließlich noch bemerkt: „A thin layer of mesoderm tissue (circular muscles) eventually insinuates itself between the ventral nerve cord and the ectoderm which lies beneath“, so erscheint die hierin zum Ausdruck kommende Differenz gegenüber meiner Darstellung dadurch verständ- lich, daß Raxpozrx die Ausbildung der Bindegewebshülle des Bauch- marks offenbar übersehen hat. Mit BüLow’s Erfahrungen am normal wachsenden Schwanzende stehen meine Befunde hinsichtlich der Entstehung des Bauchnervensystems „aus einer paarigen Ektoderm- anlage“, zu der keinerlei mesodermale Elemente hinzutreten, in vollem Einklang. Zu den von andern limicolen Oligochäten über unsern Gegen- stand vorliegenden Angaben übergehend, ist zunächst HErKE zu er- wähnen, der bei seinem Objekt fand (10, p. 24), „dab bei den 112 Franz von WAGNER, regenerierenden Schwanzenden der Naiden das gesammte Bauchnerven- system aus dem Ektoderm entsteht“, aber die Anlage des neuen Organs ist nach diesem Autor keine paarige, sondern ein unpaarer Zellenstrang („hintere Neuralanlage“), der ventral unter der „In- testinalanlage“ gelegen und wie diese aus dem Körperepithel ent- springend die Grundlage fiir das kiinftige Bauchmark abgibt. Indem dieser Zellenstrang ,der Durchschneidungsstelle des alten Nerven- strangs entgegenwuchert“, kommt er schließlich zur Verbindung mit diesem. Die Neuralanlage wächst nunmehr in die Länge aus, und es folet, wie bei Lumbriculus, von vorn nach hinten fortschreitend der Abschnürungsprozeß von der Epidermis und die Ausbildung der. Fibrillenmasse; über die weitern Schicksale des neuen Bauchmarks enthält die Arbeit Hrrre’s keinerlei Angabe. Auf die, in manchen Punkten an Herxe anschließenden Befunde Haases bei Tubifex brauche ich nicht einzugehen, weil dieselben durch die neuern Unter- suchungen ABELS erweitert und berichtigt worden sind. Die Be- obachtungen des letztgenannten Autors bieten, von Differenzen in Einzelheiten, die nicht wesentlicher Natur sind, abgesehen, eine er- freulich weitreichende Übereinstimmung in den beiderseitigen Er- gebnissen. Wie für Lambriculus gilt auch für Tubifer, dab die Reparation des Bauchnervensystems ausschließlich vom Ektoderm bewerkstelligt wird, die Anlage des Bauchmarks paarig ist und Fibrillenbildung, Ablösung vom Körperepithel und Segmentierung von vorn nach hinten erfolgen. Wie bei der Reparation des Er- nährungsapparats weichen die Angaben ABeEt’s auch bezüglich der reparativen Genese des Bauchmarks von Stylarza lacustris von den- jenigen Hepxe’s fiir Nais elinguis erheblich ab, denn ABEL konnte feststellen (1, p. 57), „dab auch bei Nais proboscidea die Regeneration der Bauchnervenkette in völlig analoger Weise wie bei Tubifex vor sich geht“. Die Reparation des Bauchmarks bei den Enchyträiden, die Nuspaum eingehend studiert hat, schildert dieser Forscher folgendermaßen (16, p. 27): „Das neue Bauchmark regenerirt sich durch eine lokale Proliferation des neugebildeten Ektoderms. Diese Proliferation findet anfangs nur in einem kleinen, begrenzten Bezirke statt, median in einer geringen Entfernung von der hinteren Wand der Regenerationsknospe. In dem Maße aber, als die Regenerations- knospe sich verlängert, vergrößert sich auch der Proliferationsbezirk und erscheint als ein Streifen, der an der Bauchseite der Regene- rationsknospe median verläuft, wobei jedoch die weitere Neubildung des Bauchmarks am hintern Ende dieses Proliferationsstreifens am Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 113 stärksten vor sich geht, da, wo die erste Anlage desselben sich vor- fand“. Es resultiert eine solide Zellenknospe, „welche in der Rich- tung nach vorne wächst und schon gegen den 7. oder 8. Regenerations- tag mit dem alten Bauchmarke gänzlich zusammenwächst“. „In dem neugebildeten Bauchmarke finden sich längere Zeit nur Zellen, d. i. Ganglienzellen und vielleicht auch Neurogliazellen, während in dem mit ihm verwachsenen alten Bauchmarke eine periphere Zellenschicht und eine centrale Nervenfaserschicht sich findet, wo- durch die Grenze zwischen dem alten und neugebildeten Teile noch eine lingere Zeit zu sehen ist, obwohl die beiden Teile schon ganz zusammenhängen“. Genauere histologische Untersuchungen ergaben dann (16, p. 29), „dab zwar das neue Bauchmark vom Ektoderm sich entwickelt und alle Ganglienzellen desselben vom Ektoderm stammen und nicht durch die Vermehrung der alten entstehen, dab jedoch von dem alten Bauchmarke viele weiter nach hinten aus- wachsende, durchschnittene Nervenfasern in das sich neubildende Nervensystem eindringen und daß auf diese Weise ein inniger Zu- sammenhang beider Teile zu Stande kommt“. Hierzu bemerkt NusBaum noch: „Ich kann nicht sagen, ob alle Nervenfasern des alten Bauchmarkes in das sich neubildende übergehen; ich konnte nur feststellen, dab wenigstens eine gewisse Anzahl derselben in das letztere sich verlängert“, und hält es auch „für sehr warschein- lich, daß nicht alle alten Nervenfasern in dieser Weise sich ver- halten“. Von Wichtigkeit für uns sind noch die die erste Anlage des Bauchnervensystems betreffenden Angaben Nussaum’s (16, p. 51): „Die Bildung des neuen Bauchmarkes erfolgt also durch eine Immi- gration einzelner Ektodermzellen oder kleiner Gruppen solcher Zellen in die Tiefe, in der Richtung gegen das alte Bauchmark“. Und ferner: „Obwohl die Proliferationsstelle des Bauchmarkes unpaarig ist, geht jedoch die Vermehrung der Zellen an dieser Stelle rascher in lateralen Teilen, als in der Mitte vor sich und man kann selbst in späteren Entwicklungsstadien Mitosen hauptsächlich lateral in der Anlage antreffen, so daß man gewissermaßen von paarigen, wiewohl von Anfang an ganz zusammenhängenden Anlagen des neuen Bauchmarkes sprechen kann.“ Auch an einer andern Stelle seiner Arbeit fabt unser Autor das zuletzt bezeichnete Verhalten als einen Hinweis „auf eine gewisse Paarigkeit der Anlage“ auf. Ich kann mich dieser Beurteilung der Sachlage nur anschließen, zumal im Hinblick auf die bei Lumbriculus zutage tretenden ver- schiedenartigen Modifikationen in der Beschaftenheit des Ausgangs- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 8 114 FRANZ von WAGNER, stadiums der Bauchmarkanlage. Es zeigt sich auch hierin wieder die Flüssigkeit und Unbestimmtheit des reparativen Geschehens, die fast nach Individuen wechselnde Befunde hervorrufen können. Leider hat NusBaum die weitern Umbildungen des neuen Bauch- marks nicht verfolgt, und so erfahren wir nichts tiber die Entstehung der Fibrillensubstanz und die Segmentierung. (Gerade was NUSBAUM von dem Verhalten der Nervenfibrillen des alten Bauchmarks an der Stumpfstelle berichtet, daß diese nämlich zu einem guten Teil in die zellige Anlage des neuen Bauchnervensystems hineinwachsen, macht es in höchstem Maße wünschenswert, festgestellt zu sehen, ob diese Anlage ihren zelligen Aufbau dauernd bewahrt oder ein Teil ihres Zellenmaterials weiterhin in Fibrillen umgewandelt wird, die mit jenen des alten Bauchmarks sich dann vereinigen, denn von der Entscheidung dieses Punkts hängt die Beurteilung ab, die wir gesenüber dem Verhalten der Fibrillensubstanz des alten Bauch- marks an der Wundstelle uns zu eigen machen müssen. Solange nicht gegenteilige Tatsachen vorliegen, bin ich durchaus geneigt, in jenem Verhalten auch nichts weiter zu erblicken als einen Vor- gang, der wohl der innigen Verwachsung der beiden, zur Berührung gekommenen Bauchmarkenden zu dienen hat, wie dies in be- scheidenern Grenzen bei Lumbriculus und Tubifex der Fall ist. Der Umstand, daß auch für die Enchyträiden eine Zellvermehrung im alten Bauchmark von Nusspaum ausdrücklich in Abrede gestellt wird, gestaltet die Sachlage im Grunde derjenigen von Lumbriculus gleich, so daß ich hierin eine wesentliche Stütze für die vorgetragene Auf- fassung erblicken möchte. Danach läge nur ein Unterschied im Quantum, aber nicht im Quale vor. Würde das alte Bauchmark zu einer Anteilnahme am Aufbau des neuen berufen sein, so müßten doch wohl auch die zelligen Straten und nicht nur die Fasersubstanz dazu Verwendung finden. Für das erstere liegt in der bezüglichen Literatur meines Wissens keine Beobachtung vor, die in zuverlässiger Weise von einem entsprechenden Zellteilungsvorgange an der Stumpf- stelle des alten Bauchmarks berichtete!), und dem letztern steht die von den verschiedensten Objekten gemeldete Tatsache gegenüber, dab das reparierende Bauchnervensystem seine Fibrillenlagen aus eignen Mitteln bildet. Unter diesen Umständen muß es von vorn- 1) Gewisse Angaben JANDA’s in dieser Richtung können hier, wie aus den weiter unten mitgeteilten Ausführungen dieses Autors selbst her- vorgeht, nicht in Betracht kommen. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 115 herein als sehr unwahrscheinlich erachtet werden, daß das Verhalten der Enchyträiden in der in Rede stehenden Frage unter einen prinzipiell andern Gesichtspunkt fallen sollte, als dies für Lumbri- culus, Tubifex und Nais gilt. Schließlich sind noch die jüngsten Ermittlungen Janpa’s bei Fhynchelmis anzuführen (12, p. 5): „Auf allen Schnittserien durch das Kaudalregenerat — sagt dieser Autor — ist es mir gelungen festzustellen, daß die beiden ersten (medialen) Zellenreihen, deren Ursprungsstelle mehr nach rückwärts als die der übrigen Reihen verschoben zu sein pflegt (ähnlich wie Vespovsky und Wizsox ab- bilden und RawpouLpH behauptet) allmählich aneinander rücken, von der schützenden Hypodermis sich trennen, und nachdem sie sich in die Punktsubstanz und die Ganglienzellen differenzirt haben, zur Bildung des Bauchstranges miteinander verschmelzen.“ „Noch in dem Stadium, wo bereits der in Betracht kommende Verschmelzungs- akt längst seinen Abschluß erreicht hat, schmiegt sich die noch in Entwicklung begriffene Nervenleiste der Hypodermis dicht an und wird später von der, unter ihr sich sattelartig einsenkenden Haut von unten und teilweise auch von den Seiten aus umklammert. Dieselbe gleicht sich später wieder aus.“ „Mit der fortschreitenden histologischen Differenzirung trennt sich der anwachsende Bauch- strang mehr und mehr von der Hypodermis los und in die dadurch zu Stande gekommene Lücke schieben sich bald darauf die sub- neuralen Ringmuskelfasern hinein.“ „Die Metamerisation des Bauch- stranges schreitet akropetal fort.“ Bezüglich der Ausbildung der Fibrillensubstanz berichtet Janpa, „daß sich dieselbe in Form von zwei kleinen, halbmondförmigen, wie von einer wasserklaren Flüssig- keit ausgefüllten und an der Dorsalseite der Bauchganglienmasse liegenden Höfchen, schon in dem Stadium zu bilden beginnt, wo die beiden Nervenhälften noch ziemlich weit voneiander entfernt er- scheinen. Diese anfangs kleinen Höfchen breiten sich später mehr und mehr aus, erscheinen fein granulirt und nehmen endlich fast die ganze obere Hälfte des Bauchstranges ein.“ Erscheint nach dem Mitgeteilten der ektodermale Ursprung des ganzen Caudalnerven- systems sichergestellt, so kann es nicht mehr überraschen, „daß dem in den alten Segmenten verlaufenden Bauchmarke keine Anteilnahme an der Herausbildung des neuen“ zukommt: „Die neuen Nerven- elemente entstehen bei Rhynchelmis keineswegs aus dem alten, schon differenzirten Nervengewebe, vielmehr aber aus den indifferenten, ihm jedoch homologen Anlagen.“ Allerdings erwähnt Janpa weiter g*+ 116 Franz von WAGNER, unten bezüglich des Vorkommens von Mitosen im Bauchmark: „In den anwachsenden Partien desselben sind die Mitosen ungeheuer zahlreich und deutlich, in dem alten, mit denselben zusammenhängen- den Strange dagegen nur äußerst selten“ (12, p. 10), und bemerkt hierzu: „Auf den 32 Schnittserien sind nur 4 deutliche Mitosen sichergestellt worden, von denen noch 2 als Gebilde zweifelhafter Natur sich erwiesen haben.“ Angesichts dieses Zusatzes wird man die beregte Beobachtung als ein normales Vorkommnis nicht be- trachten, am allerwenigsten als eine Beteiligung des alten Bauch- strangs am Aufbau des neuen auffassen dürfen. Dagegen hat JANDA „das Auswachsen der Nervenfibrillen aus der Rumpfstelle des alten Bauchmarkes in das neu sich bildende nicht gerade selten“ wahrnehmen können, ohne sich deshalb der Meinung anzuschließen, „daß schon diese einzige, vielleicht auch durch verschiedene mechanische Einflüsse hervorgerufene Erscheinung (abgesehen von der für Rhynchelmis noch äußerst fraglichen Ganglienzellenteilung), uns die engen Beziehungen zwischen beiden nervösen Teilen be- weisen müßte“. Wenn ich diese Worte unseres Autors richtig ver- stehe — und eine andere Deutung vermag ich in dem Zusammen- hang am gegebenen Ort nicht zu finden —, so erblickt auch Janpa in jenem Verhalten der Nervenfibrillen lediglich einen der Ver- schmelzung der beiden Bauchstrangteile dienenden Vorgang. Da die neue Bauchmarkanlage auch bei Ahymchelmis ihre Fibrillensubstanz selbst erzeugt, bleibt ja für eine Mitwirkung der Nervenfasern des alten Bauchmarks ohnedies kein irgendwie nennenswerter Spielraum. Die eben, soweit tunlich, wörtlich wiedergegebene Darstellung Janpa’s für Rhynchelmis zeigt eine weitgehende Übereinstimmung mit dem betreffenden Verhalten von Lumbriculus, ein Parallelismus, der bei der schon betonten nahen Verwandtschaft beider Formen von vornherein zu erwarten war. Von bedeutungslosen zeitlichen Differenzen und geringfügigen Verschiedenheiten im einzelnen ab- gesehen, könnte ein erheblicherer Unterschied in den beiderseitigen Geschehen vielleicht darin erblickt werden, daß bei Rhynchelmis die Duplieität der neuen Bauchmarkanlage so außerordentlich scharf ausgeprägt erscheint, daß deren paariger Charakter in Form einer entschiedenen Trennung des rechten und linken Teils so lange Zeit hindurch bestehen bleibt, daß die Fibrillenbildung schon in Gang gekommen ist, wenn die beiden Teile „noch ziemlich weit von einander entfernt sind“. Einer derartigen Auffassung vermöchte ich selbst- redend nicht beizupflichten und zwar wieder gerade im Hinblick Reparationsprozesse. bei Lumbriculus variegatus Gr. ir auf die schwankende Natur der bei Lumbriculus in dieser Beziehung vorliegenden Erfahrungen, die deutlich genug lehren, daß die von einer mittlern Norm nach der einen wie nach der andern Seite hin abweichenden Verhalten keine grundsätzliche Verschiedenheiten obligieren. Ich habe dies schon oben angedeutet, möchte aber an dieser Stelle, gewissermaßen im Rückblick auf das Ganze unserer bisherigen Ermittlungen auf dem in Rede stehenden Gebiet, ganz allgemein hervorheben, daß der Frage nach der Paarigkeit oder Un- paarigkeit der ersten Anlage des neuen Bauchmarks bei der Re- paration eine wesentliche Bedeutung nicht zuzuerkennen ist, hier vielmehr ebenso wie bei der reparativen Neubildung des caudalen Darmteils eine souveräne Freiheit des Gestaltens herrscht, die zwar das typische Verhalten als mehr oder weniger ausgesprochene Regel noch überall zutage treten läßt, daneben aber in den Stand gesetzt ist, zu dem gleichen Ziel je nach Lage der Dinge auch auf andern Wegen zu gelangen. Zum nähern Beleg des Gesagten sei in diesem Zusammenhang noch einiger weniger Vorkommnisse kurz. gedacht, die in meiner frühern Darstellung, um nicht allzu weit vom Weg des normalen Geschehens abzugeraten, beiseite gelassen wurden und nun diesen Abschnitt beschließen mögen. Ab und zu kommt es nämlich vor, daß bei der Reparation des caudalen Bauchmarks ein gegenüber dem gewöhnlichen Geschehen ganz erheblich vereinfachtes Verfahren ein- geschlagen wird. Es handelt sich dabei um Vorkommnisse, bei welchen das Ausgangssubstrat — das betreffende Wurmstück — durch wiederholte Teilungen mit nachfolgender Reparation auf eine sehr geringe Größe herabgesunken war. Derartige Würmchen, deren Länge etwa 1—2 cm betragen mochte, stellen durchaus ebenmäßig gebaute, nur eben entsprechend kleine Vertreter ihrer Art dar. Be- raubt man solche Exemplare der Hinterenden, so präsentiert sich bei der früher oder später einsetzenden Reparation die erste Anlage des neuen Bauchstrangs manchmal in Form mehr oder weniger ver- einzelter, aus dem Zusammenhang mit ihrer Bildungsstätte, der Epidermis, gelöster und in die Tiefe verlagerter Zellen, die sich, abgesehen von einer etwas stärkern Imbibitionsfähigkeit für Farb- stoffe, nicht von den übrigen Oberhautzellen unterscheiden. Dabei ist die Lagerung dieser ersten Bildungselemente für das künftige Nervensystem regellos, anscheinend rein zufällig, so daß von der Ausprägung einer Bilateralsymmetrie eigentlich nicht gesprochen werden kann. Weiterhin ändert sich aber dieses Verhalten meist 118 Franz von WAGNER, bald und zwar stets in der Richtung der normalen Gestaltung, wo- durch bedingt wird, daß auf spätern Stadien die Verschiedenheit der Ursprungszustände nicht mehr zu erkennen ist, und dies trotz des Umstands, daß die Zellenarmut bei der Bildung der ersten An- lage in den angezogenen Fällen sozusagen in die Augen springt. Auch ein anderes Moment darf bei dem in Rede stehenden Reparationsmodus nicht übersehen werden, nämlich die Tatsache, daß, wie ja schon aus früher Mitgeteiltem hervorgeht, in vereinzelten Fällen die Ausbildung der charakteristischen großen Zellen, die ich Dermoblasten nannte, unterbleiben kann und zwar nicht nur, soweit das künftige Bauchmark in Betracht kommt, sondern wohl auch überhaupt im ganzen Umfang der reparativen Tätigkeit. Es ist mir wohl bewußt, daß die hier angeführten Vorkommnisse lediglich seltne Ausnahmsfälle darstellen, meinetwegen Abnormitäten, für die in der Besonderheit des Ausgangsmaterials eine allenfalls ausreichende Erklärung erblickt werden kann, allein die große theoretische Tragweite gerade derartiger Erfahrungen scheint mir dadurch in keiner Weise geschmälert zu werden, wird doch durch dieselben mit überzeugender Kraft dargetan, dab das Reparations- vermögen mit der größten Freiheit schalten kann, und zugleich gezeigt, in welcher Richtung diese Freiheit sich geltend zu machen vermag. Um zum Ziel zu gelangen, ist das Reparationsvermögen eben imstande, wenn es notwendig ist, auch die von der Über- lieferung geschmiedeten Fesseln zu durchbrechen. Mit dieser flüch- tigen Bemerkung will ich mich im Augenblick beenügen, da ich hoffe, auf diese interessanten und theoretisch bedeutungsvollen Ver- hältnisse in Bälde ausführlicher zurückkommen zu können. 5. Bemerkungen bezüglich der Reparation anderer Organe Segmentierung und Egalisierung des Reparats. a) Bemerkungen bezüglich der Reparation anderer Organe. Wie ich gleich eingangs meiner Studien an Lumbriculus hervor- hob, lag eine besondere Untersuchung anderer Reparationsprozesse als derjenigen des Ernährungsapparats und Nervensystems nicht in Ziel und Absicht meiner Arbeit. Wenn ich trotzdem der voraus- gegangenen Darstellung noch ein paar Beobachtungen iiber die Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 119 Reparation einiger weniger anderer Organe anfiige, so veranlabt mich dazu der Umstand, daB diese mehr gelegentlichen Erfahrungen, so liickenhaft und unvollkommen dieselben auch sind, vielleicht doch im Zusammenhang mit den Ermittlungen anderer Forscher Interesse sewinnen könnten. Zudem habe ich das im ersten Teil dieser Arbeit gegebene Versprechen bezüglich der Borstenorgane einzulösen. Unter den gegebenen Verhältnissen bedarf es keiner eingehenden Begründung, daß ich für die folgenden Angaben, soweit nicht etwa ausdrücklich das Gegenteil vermerkt sein sollte, nicht mehr als ein mehr oder weniger hohes Maß von Wahrscheinlichkeit in Anspruch nehme, eingedenk der fast mit jeder neuen Untersuchung reparativer Organogenesen eindrucksvoller hervortretenden Erkenntnis, dab ge- rade auf diesem Gebiete bei der ungewöhnlich verwickelten Natur des Gegenstandes gesicherte Erfahrungen um so schwieriger zu ge- winnen sind, als man fast ausschließlich auf Kombinationen an- gewiesen ist. Wer die einschlägige Literatur kennt, wird es nicht für überflüssig halten, auf die berührte Sachlage des öftern hinzu- weisen. Die nun zu behandelnden Organe sind der Hautmuskel- schlauch, die Borsten mit ihrer Muskulatur und die Seitenlinien. Vom Hautmuskelschlauch wurde schon angegeben, dab dessen äußere Lage höchstwahrscheinlich unmittelbar von der Ober- haut selbst, nämlich von Elementen der von den Zellennestern her- rührenden subepidermoidalen Zellenschicht (Dermoblasten) gebildet werde. Die Longitudinalmuskulatur dagegen wird wohl sicher von parietalen Elementen der Mesodermanlage repariert. Es will mir scheinen, dab im Gegensatz zum Vorderende beim Schwanz die Ringmuskellage in der Regel zuerst zur Sonderung kommt, doch muß ich bekennen, daß die beiderlei Bildungsvorgänge so neben- einander herlaufen, dai eine klare gesetzmäbige Zeitfolge nicht zu erkennen ist, wie mir denn überhaupt bei keinem andern Organ ein solches Maß individueller zeitlicher Schwankungen in der relativen wie absoluten Ausbildung zu Gesicht gekommen ist, wie dies bei der Reparation des Hautmuskelschlauchs der Fall ist. Die Neubildung der gegenüber der Circularmuskulatur weit mächtigern Längsmuskellage erfolgt nicht in einem Schuß, sondern in successiven Etappen, innerhalb welcher freilich wieder mancherlei Variationen zu beobachten sind, doch läßt sich das Folgende als Norm betrachten. Bekanntlich stellt die Longitudinalmuskulatur 120 Franz von WAGNER, nicht wie die Ringfaserschicht eine kontinuierliche, geschlossene Muskellage dar, sondern ist in ihrem Verlauf durch die paarigen dorsalen und ventralen Borstentaschen sowie die Seitenlinien und das unpaare Bauchmark unterbrochen, so dab dieses Muskelsystem eine in sieben Längsstreifen sich präsentierende Anordnung erhält. Auf dem Querschnitte erscheint die Längsmuskulatur daher in sieben, durch muskelfreie, den bezeichneten Organen entsprechende Lücken getrennten Muskelbändern: einem unpaaren dorsalen Muskelband zwischen den dorsalen Borstentaschen (die sog. Cardialmuskulatur), einem paarigen, dorsolateralen zwischen den dorsalen Borstentaschen und den Seitenlinien, einem weitern paarigen ventrolateralen zwischen den Seitenlinien und den ventralen Borstentaschen und endlich einem paarigen ventralen Muskelband zwischen den zuletzt, ge- nannten Organen und dem Bauchmark (die sog. Neuralmuskulatur). Von diesen Muskelfeldern ist es nun die Neuralmuskulatur, die in der Regel zuerst auftritt (Taf. 5, Fig. 23 u. 24). Wie schon am gegebenen Ort erwähnt wurde, wirkt die spätere Differenzierung des Hautmuskelschlauchs im Umkreis des Bauchmarks an der Ab- lösung des letztern von der epidermoidalen Matrix unterstützend mit. Fast gleichzeitig mit der Neuralmuskulatur machen sich die ersten Spuren der Cardialmuskulatur kenntlich und zwar zunächst in den seitlichen, den Entstehungsstätten der dorsalen Borstentaschen benachbarten Partien (Taf. 5, Fig. 23). Diesen Vorgängen schließt sich in rascher Folge die Aushildung der seitlichen Muskelbänder an; diese entstehen in ihren beiden Lagen, der dorsolateralen wie der ventrolateralen, ziemlich gleichzeitig (Taf. 5, Fig. 25; Taf. 7, Fig. 42). Zuletzt erst repariert sich der mehr oder weniger um- fängliche Rest der Cardialmuskulatur zwischen den beiden früher gebildeten seitenständigen Partien derselben. Man wird in der Annahme kaum fehlgehen, daß die geschilderte, partienweise stattfindende Reparation der Längsmuskulatur in ur- sächlichem Zusammenhang mit der Ausbildung derjenigen Organe steht, die die Kontinuität dieses Bestandteils des Hautmuskelschlauchs im fertigen Tier unterbrechen, in dem Sinne, daß die Entstehung und Entwicklung jener Organe die gekennzeichnete Differenzierungs- weise der Längsmuskelfaserlage bedingt. Wie sich nach früher Gesagtem der zeitliche Ablauf der Reparation individuell außerordentlich variabel gestaltet, so scheint auch der Beginn derselben bei unserm Organ offenbar in sehr ver- schiedene Zeit zu fallen, wenigstens muß dies aus den recht diffe- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 1271 renten Befunden geschlossen werden, denen man hinsichtlich des ersten Auftretens der Ring- und Längsmuskellage begegnet. Die Entwicklung und Differenzierung des Hautmuskelschlauchs nimmt stets proximal ihren Anfang und schreitet distalwärts weiter, kon- form dem Gange der gesamten Histogenese. Von der hierher gehörigen Literatur sind seit HEPKE’S Angaben, mit welchen ich mich schon im I. Teil dieser Arbeit auseinander- gesetzt habe, die Mitteilungen von ABEL, NUSBAUM und JANDA an- zuführen. Asrr’s Resultate an Zubifex lehnen sich etwas an diejenigen Hepke’s bei Nais elingwis an, wenigstens was die Entstehung der Circularmuskulatur „direkt vom Ektoderm“ angeht, die freilich ebenfalls nicht wirklich beobachtet worden ist, sondern daraus er- schlossen wird, dab unser Autor „die Ringmuskulatur stets dem Epithel der Körperwand dicht anliegen“ sah. „Anders verhält es sich hingegen mit der Längsmuskulatur; denn diese verdankt zum größten Teil ihren Ursprung jenem indifferenten, ektodermalen Bildungsmaterial, und zwar ist dieses unzweifelhaft in den ventralen und lateralen Regionen der Fall, während die dorsal gelegenen Teile der longitudinalen Muskulatur aus Zellen gebildet zu werden scheinen, welche sich hier vom Ektoderm loslösen und in die Leibeshöhle ein- wandern“ (1, p. 61). Da die letztere Beobachtung gelegentlich auch bei Lumbriculus vorliegt, ergibt sich zwischen ABEL’s und meinen Befunden eine weitreichende Übereinstimmung, die in der Haupt- sache auch für die Histogenese gilt. Höchst interessant und zugleich wichtig sind die Erfahrungen Nussaum’s bei den Enchyträiden, die, wie dieser Forscher auch be- sonders hervorhebt, „äußerst dankbare Objekte zum Studium der Muskelfaserregeneration darstellen“, ja, „für dieses Studium viel günstiger sind, als alle anderen Anneliden, die von meinen Vor- gängern studirt worden sind“. Ich kann hier nicht auf die aus- führlichen Darlegungen Nusspaum’s eingehen, sondern muß mich darauf beschränken, aus dem der Arbeit beigefügten Resumé die uns hier angehenden Sätze mitzuteilen; es wird dies um so mehr genügen, als in der Sache selbst schon bei oberflächlichem Vergleich aus den Nusgaum’schen Resultaten das Übereinstimmende und Differente ohne weiteres hervorgeht. Die Ergebnisse NusBaum’s lauten (16, p. 51): „Die longitudinale Muskulatur des Hautmuskel- schlauchs entsteht: a) aus großen, myogenen Zellen, welche zu beiden Seiten der 122 Franz von WAGNER, Bauchmarkanlage im innigen Zusammenhang mit der letzteren aus dem Ektoderm hervorgehen !), so dab man hier etwa von einer ge- meinsamen Neuromuskelanlage im Sinne KLEINENBERGS (Lopado- rhynchus) sprechen kann; aus dieser Anlage entstehen die ventralen und ventrolateralen longitudinalen Muskelfasern der Leibeswand; b) aus Zellengruppen, welche dorsal und zwar in einer meta- meren Anordnung aus dem Ektoderm heraustreten und die dorsalen longitudinalen Muskelfasern der Leibeswand liefern. Die circulären Muskelfasern (colonnes musculaires) des Haut- muskelschlauches entstehen (etwas später, als die longitudinalen) aus den centralen Abschnitten aus sehr hoch auswachsenden, cylindrischen Ektodermzellen der Regenerationsknospe, indem im Plasma dieser Zellen zahlreiche Fibrillen sich differenziren. Bündel von solchen Fibrillen bilden höhere Muskeleinheiten, d. h. die circulären Muskel- fasern. Zum Teile werden sie auch, besonders in späteren Regene- rationsperioden, aus speziellen Ektodermzellen gebildet, die gegen die Leibeshöhle wandern.“ Zum Verständnis der vorstehenden Sätze über die Genese der Ringmuskulatur sei noch hinzugefügt, daß die letztere zum großen Teile in dem Ektoderm selbst entsteht, indem „eine jede Epidermiszelle in ihrem basalen, gegen die Leibeshöhle gerichteten Abschnitte Muskelfibrillen producirt“ (16, p. 33). Die so umgewandelten basalen Teile der Oberhautzellen lösen sich all- mählich von diesen ab, „um eine selbständige Schicht direkt unter der Epidermis zu bilden“. „Wir haben hier also — sagt NUSBAUM — eine höchst primitive Entstehungsweise von Muskelfibrillen, welche mit derjenigen bei Coelenteraten verglichen werden kann.“ Das Mitgeteilte läßt mit hinreichender Deutlichkeit die Be- rührungspunkte in der Richtung nach Tubifex, Nats und Lumbriculus erkennen. Die Abstammung des gesamten myogenen Anlagematerials vom Ektoderm sowie die gesonderte Entstehung der Circular- und Longitudinalmuskulatur, die schon HEpke für Nais elingwis behauptet hat, später ABEL auch bei Tubifex für das Wahrscheinlichste er- klärte und die sich bei Lumbriculus wiederfindet, sind durchaus ge- meinsame Züge. Im Detail aber ist das Verhalten der Enchyträiden durchaus eigenartig, wie sich dies auch bei andern Organsystemen, 1) Hierin dokumentiert sich eine weitgehende Übereinstimmung mit dem Verhalten von Lumbriculus. Daß die betreffenden Einwanderer zur Bildung der Längsmuskulatur des Hautmuskelschlauchs in Beziehung stehen, scheint mir auch für mein Objekt außerordentlich wahrscheinlich. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 123 di z. B. dem früher besprochenen Nervensystem, in allerlei Besonder- heiten manifestiert. Man wird darin nichts exceptionell Befremd- liches erblicken, wenn man sich erinnert, dah die Enchyträiden eine ebenso scharf umschriebene wie spezifizierte Limicolen-Familie dar- stellt: „The family — äußert Bepparp (2, p. 309) — is a very natural one; there appear to be no forms transitional between the group and other Oligochaeta.“ Die jüngsten Untersuchungen Janpa’s ergaben nur bezüglich der Längsmuskulatur Resultate, die indes so wenig definiert sind, daß sie für unsere Zwecke hier nicht in Betracht kommen. JANDA leitet die gesamte Hautmuskulatur von seinem „Mesoblast“ her, worin ich ihm selbstverständlich nicht zu folgen vermag. Von Interesse ist, dab bei Rhynchelmis die seitlichen Teile der Longi- tudinalmuskeln zuerst erscheinen, fast gleichzeitig oder doch bald darauf die neurale Muskelpartie und zuletzt die Cardialmuskulatur, letzteres wenigstens im Effekt in Übereinstimmung mit Lumbriculus. Ehe ich zur Darlegung der Reparation der Borstenapparate und der Organe der Seitenlinien übergehe, muß ich noch einmal — selbstredend in tunlichster Kürze — auf die von den Dermoblasten gebildeten Zellennester zurückkommen. Raxpozrx hat bekanntlich eine typische Zahl und Lagerung der Zellenhäufchen, nämlich fünf jederseits der Medianebene, angegeben, von welchen die beiden mittlern der Anlage des künftigen Bauchmarks dienen. Bezüglich der andern vier Paare von „foundations* bemerkt nun unsere Forscherin Folgendes (19, p. 326): „The fifth ectodermic foundation on each side gives rise to the dorsal setae. From the fourth foun- dation arises the lateral nerve line whose cells lie free in the body cavity, but by means of fibres retain their connection with the ectoderm. The second and third foundations on each side are evi- dently connected with the development of the nephridia and the ventral setigerous glands, but to just what extent I am unable to discover.“ Ich habe mich über die Natur und Bedeutung der Zellen- nester gelegentlich der Schilderung der Zellenwucherungsvorgänge mit hinreichender Ausführlichkeit geäußert und kann hier nur wieder- holen, daß mir, vom Bauchnervensystem abgesehen, niemals ein Organ begegnet ist, das unmittelbar aus einem Zellennest oder einem Komplex solcher hervorgegangen wäre, und ich daher die Auffassung der in Rede stehenden Bildungen als „foundations“ bestimmter Organe nicht teilen kann. Übrigens hat Raxpozrx die Entstehung irgend eines der auf ihre seitlichen „foundations“ (2—5) bezogenen 124 Franz von WAGNER, Organe keineswegs tatsächlich beobachtet. Seither hat freilich — wie bekannt — Janpa über Befunde bei Rhynchelmis berichtet, die den von RanvorpH für ZLumbriculus gemeldeten außerordentlich ähnlich sind, allerdings mit der Einschränkung, daß ihm nicht fünf, sondern „stets nur vier Zellenreihen zu jeder Seite zu Gesicht ge- kommen sind“. Abgesehen von dem medianen Paar, das wieder für den Bauchstrang in Anspruch genommen und als „Neurostich“ be- zeichnet wird, bezieht JanpA die drei restlichen Paare (2—4) auf die dorsalen und ventralen Borstenorgane (2 und 4) und die Seiten- linien (3), schaltet also die Nephridien aus dem Bildungsbereich der dem embryonalen Verhalten homolog erachteten und deshalb auch als „Telostichen“ bezeichneten Zellengruppen aus. Auch hier handelt es sich so wenig wie bei RanporLpH um unmittelbare Erfahrungen, vielmehr ebenfalls nur um Deutung und Auffassung. Wenn mir auch keine eignen Beobachtungen an Rhynchelmis dermalen zu Gebote stehen, so kann ich doch nicht umhin, schon auf Grund der Janpa- schen Darstellung selbst ernste Zweifel an der Richtigkeit der von diesem Autor vertretenen Anschauung zu hegen; ich lasse dabei das Verhältnis zur Ontogenie völlig aus dem Spiele. Betrachten wir zunächst einmal die fig. 1 (tab. 1) der Abhandlung Janpa’s (12), welche die vier Telostichenpaare zur Darstellung bringt, so zeigt sich sofort in der Lage der vorgeblichen Anlagen in Beziehung auf die tatsächliche Lagerung der Organe, die von den erstern reprä- sentiert werden sollen, eine noch weit bedenklichere Disharmonie als die Abbildungen 8 und 9 (tab. 20) der Ranpoupn’schen Arbeit für Lumbriculus (19). Gewiß kommen bei der Reparation (und Regeneration) ebenso wie in der Ontogenie mehr oder weniger weit- gehende Lageveränderungen jugendlicher Anlagen häufig genug vor, aber in einem solchen Ausmaße, wie es in dem vorliegenden Falle erforderlich wäre, vermögen dies wohl selbst die kräftigen Wachs- tumstendenzen der ventralen Körperhälfte nicht zu leisten. Man beachte nur, daß in der angezogenen Figur die „Telostichen“ z. B. für das dorsale Borstenpaar noch ventroparietal liegen, nicht un- erheblich von den Stellen, die den Seitenlinien entsprechen, bauch- wärts abgeriickt. Dementsprechend erhalten natürlich auch die .Telostichen“ der Seitenorgane eine ganz aberrante Lage. JANDA hat diese Schwierigkeit seines Standpunkts offenbar auch selbst gefühlt und sucht derselben in seiner Schilderung in folgender Weise zu begegnen (12, p. 10): „Zu der Zeit, wo bereits die beiden Neuro- stichen in der medianen Bauchlinie genähert erscheinen und die sich Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 125 bildende Faserschicht deutlich zu Tage tritt, beginnen auch die Lateralstreifen sich zu verflachen, wodurch naturgemäß ihre Zellen aneinander stoßen und endlich in eine Zellenmasse verschmelzen, die in der Form von je einer Zellenlamelle zu jeder Seite des Bauch- markes zu der Dorsalseite hin sich biegt. Es differenziren sich daher die lateralen Telostichen in Anlagen von bestimmten Organen keinesfalls als selbständige, ganz isolirte Reihen, sondern bevor sie dem Differenzirungsprozesse anheimfallen, berühren und vermischen sich wahrscheinlich auch ihre Bestandteile, und erst aus diesem Zellenkomplex, in dem allerdings der individuelle Charakter der ursprünglichen Reihen erhalten zu sein scheint, vereinigen sich ge- wisse Zellen zum Aufbau der neuen Körperteile. Die erste Reihe (Neurostich) verschmilzt nie mit den übrigen Reihen, sondern läbt sich zu jeder Zeit als ein selbständiges Gebilde erkennen.“ Aus dieser Darstellung geht hervor, dab dasjenige, was bei Lumbriculus geschieht, im Grunde ebenso bei Rhynchelmis erfolgt, nämlich dab im Fortgang der Reparation die Zellennester zurücktreten, indem deren Elemente sich gleichmäßig in der Oberhaut ausbreiten. Im Verfolg der Vermehrung durch Zerfall büßen diese Zellen selbst- verständlich dabei ihre ursprüngliche Größe mehr und mehr ein und bilden eine mehr kleinzellige, im ganzen einheitliche sub- epidermale Zellenlage, aus welcher erst, und zwar sofort an dem definitiven Platze der betreffenden Organe, die wirklichen Anlagen der Borstenfollikel und Seitenlinien hervorgehen. So wenigstens bei Lumbriculus und, wenn ich mich lediglich an das Tatsächliche in Janpa’s Schilderung halte, wohl auch im wesentlichen bei Rhynchelmis. Ich vermag mich auch grundsätzlich mit einer Angabe nicht zu befreunden, derzufolge die „Telostichen“ „keinesfalls als selbständige, ganz isolirte Reihen“, sondern unter Vermischung ihrer Elemente die bezüglichen Organe aufbauen, in dem aus dieser Verschmelzung hervorgegangenen Zellenkomplex aber zugleich „der individuelle Charakter der ursprünglichen Reihen erhalten zu sein scheint“. Das Gesagte mag genügen, um sowohl den „foundations“ Ranporpn’s wie den „Telostichen“ Janpa’s gegenüber ein gewisses Mab von Skepsis zu rechtfertigen, das in den bezeichneten Bildungen nicht schlechthin spezifische Organanlagen, sondern vielmehr nur Teilerscheinungen eines uni- versellern Wachstumsvorgangszuerblicken vermag. — Die ersten Anlagen der Borstenorgane geben sich in seg- mental auftretenden Anhäufungen von Zellen kund, die, wie schon 126 Franz von WAGNER, vorweg erwähnt wurde, sofort an den vier Stellen der Epidermis er- scheinen, die der definitiven Lage dieser Gebilde entsprechen. An- fangs beschränken sich die betreffenden Wucherungen auf einige wenige Elemente; bald aber vergrößert sich das Anlagematerial und bildet eine mehr und mehr nach innen gegen die Leibeshöhle hin vorspringende solide Prominenz des Ektoderms (Taf. 7, Fig. 42). In der Folge wächst diese zu einer flaschen- oder birntérmigen Bildung in der Weise heran, dab der mehr oder weniger kuglig aufgetriebene Körper derselben einwärts zu liegen kommt, während die äußere, mit der Oberhaut zusammenhängende Partie sich halsförmig auszieht. Damit ist der Borstenfollikel hergestellt (Taf. 7, Fig. 42 bof). Bald darauf zeigt sich die erste Borste, zunächst als ein unscheinbares kommaförmiges Gebilde, dessen feine, noch ungeteilte Spitze nach der Oberhaut hin gerichtet ist (Taf. 7, Fig. 35 bo u. 42). Weiterhin wächst diese Borstenanlage distalwärts in die Länge aus und dringt dabei in den Follikelhals ein, bewahrt aber noch den Zusammenhang mit dem blasig erweiterten Follikelgrund (Taf. 7, Fig. 45). Erst mit der Annäherung an den normalen Befund der typisch ge- schweiften und am freien Ende gabelig gespaltenen Hakenform er- folgt die Loslösung der Borste vom Follikelkörper und im Anschluß daran die Verlagerung derselben aus dem Follikelgrund in den Halsteil (Scheide), wobei die Borste die Epidermis durchbohrt und nach außen hervortritt; weiterhin streckt sich der Borstenfollikel selbst einwärts in die Länge und gewinnt so allmählich die Gestalt und Größe des normalen Zustands (Taf. 7, Fig. 41). Die Borsten entstehen jedenfalls als Produkte der Follikelzellen und zwar vornehmlich wohl derjenigen, welche den Follikelgrund konstituieren. Es fehlt mir jeder Anhaltspunkt dafür, dab jede Borste nur von einer einzigen Zelle gebildet werde. Es ist ja möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich, daß die erste Anlage jeder Borste von einer Zelle geliefert werde, am weitern Wachstum sind aber wohl die Elemente des ganzen Follikelkörpers beteiligt. VespovskyY hat schon 1884 in seiner bekannten Oligochäten- Monographie (24, p. 75) bezüglich unseres Gegenstands speziell von Lumbriculus Folgendes festgestellt: „Jedes Borstensäckchen entsteht hier als eine Wucherung der Hypodermis; es ist ein flaschenförmiges, mit grobkörnigem Inhalt gefülltes und durch eine Öffnung nach außen mündendes Gebilde, dessen angeschwollener Teil tief in die Muskelschichten eindringt.“ „Das Innere des jungen Borstenfollikels ist mit einem trüben, grobkörnigen Plasma gefüllt, in welchem man Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. Lea nur schwierig mehrere Kerne wahrnehmen kann. An der Basis dieses Follikels sitzen 2 kleine gespaltete Borstenspitzen. In späteren Stadien verlängert sich der Follikel sowie eine der darin ein- gebetteten Borsten.“ Aus dem Gesagten ist zu ersehen, dab Vespovsky wesentliche Züge in der Entwicklung der Borstenorgane bereits richtig erkannt hat. Über die Bildung der Ersatzborsten (Reserveborsten) hat Vespovsky berichtet (24, p. 76), daß dieselben in „sekundären Divertikeln“ der ursprünglichen Borstentasche entstehen. Ich habe bei der reparativen Genese dieser Teile derartiges nicht wahrnehmen können, ohne daß es mir freilich gelungen wäre, die Entstehung der Ersatzborsten in der einen ursprünglichen Tasche sicherstellen zu können; immerhin scheint es mir, dab bei der Reparation dieser Teile ein abgekürztes und vereinfachtes Verfahren eingeschlagen wird. Raxpozpx hat die Reparation der Borstenorgane zwar nicht speziell verfolgt, doch geht aus ihren schon eitierten Darlegungen über die verschiedenen „foundations“ zweifellos die Tatsache, die hier für uns von Wichtigkeit ist, hervor, daß die Borstenorgane als ektodermale Bildungen zu betrachten sind. Wenn Bürow vom normal wachsenden Schwanzende angibt, dab ins Innere einwandernde Ektodermzellen (5, p. 88) „mitsammt einigen Zellen des Mesoderms“ die Borstenorgane aufbauen, „wobei aus den eingewanderten Ektodermzellen die Hakenborsten selbst, aus den hinzugetretenen Mesodermzellen aber die Borstentasche und die die Bewegung vermittelnden Muskelfäden entstehen“, so ist dies be- züglich der Borstenmuskulatur, wie unten näher darzulegen sein wird, zweifellos richtig. Dagegen ist der ganze Borstenfollikel — nicht bloß, wie Bitow will, die Borstenbildungszellen — ekto- dermalen Ursprungs, wobei allerdings die den Borstenfollikel um- schließende Hülle, soweit ich sehen kann, von Elementen der Mesodermanlage abzuleiten ist. Was die Erfahrungen an andern limicolen Oligochäten betrifft, so entstehen die Borsten von Nazis elinguis nach HepKe in der Weise (10, p. 31), „daß vom Ektoderm her in die Anlagen der Borstenbeutel Zellen hineinwuchern, welche ihrerseits allmählich die Borsten ab- scheiden“. Die Borstenbeutel selbst sind zwar ektodermaler Her- kunft, nehmen aber ihren Ursprung aus besondern Anlagen der mesodermalen Zellenmasse, die in der dem fertigen Zustand ent- sprechenden Anordnung auftreten. Für die Enchyträiden gibt 128 Franz von WAGNER, Nuspaum an (16, p. 44): „An der Stelle, wo der künftige Borsten- follikel auftreten soll, vertiefen sich einige Ektodermzellen, ver- mehren sich und bilden unter der Ektodermschicht einen soliden Zellenhaufen, in welchem die Grenzen einzelner Zellen nicht sichtbar sind, so daß das Plasma, in welchem eine Anzahl großer, ovaler Kerne zerstreut ist, eine Art Syncytium bildet. Im Inneren dieses Plasmas erscheint nun eine zuerst sehr kleine konische Borsten- anlage, welche später fortwährend wächst, bis sie nach außen hervor- tritt.“ Eigenartige Befunde berichtet ABez von Tubifex (1, p. 62); zwar sind auch hier die Borstensäckchen wie die Borsten selbst Produkte des Ektoderms, aber sie scheinen nicht durch „Ein- wucherung des Körperepithels* hervorgebracht zu werden, „sondern mitten im Regenerationsgewebe im Innern der Leibeshöhle* zu ent- stehen. „Erst später vergrößern sich die Borsten, durchbrechen das Ektoderm und ragen dann frei nach außen hervor.“ Bei Rhynchelmis fand Jaxpa, ähnlich wie HErkE, jederseits in der zweiten und vierten ektodermalen Zellengruppe (seiner Telostichen) die Anlagen der dorsalen und ventralen Borstenorgane. An den betreffenden Örtlich- keiten erkennt man (12, p. 11) „ganz deutlich, wie gewisse Zellen- gruppen aus der Stelle des zweiten und vierten Streifens in die Leibeshöhle treten und anfangs der Hypodermis dicht anliegen, um sich späterhin als kleine birnförmige, durch ihre ein wenig hellere Farbe von dem umliegenden Mesoblaste leicht zu unterscheidende Gebilde zu präsentiren. Diese kleinen Säckchen ... sondern in ihrem Innern gewöhnlich nur einige längliche, stark lichtbrechende Körperchen — die künftigen Borsten — ab.“ Die vorstehende Übersicht bringt die völlige Übereinstimmung aller Autoren inbezug darauf, daß Borsten und Borsten- follikel ektodermale Bildungen darstellen, zu klarem Aus- druck. Dai die ersten Anlagen derselben durch lokale Wuche- rungen an den entsprechenden Stellen der Epidermis produziert werden, ist ein Befund, in dem die verschiedenen Beobachter im (Grunde einig sind; die einzige, diesem Konsens entgegenstehende An- gabe ABEL’s fällt nicht allzu schwer ins Gewicht, da dieser Autor nur vorgeschrittene Stadien vor Augen gehabt hat, die über die Art der vorangegangenen ersten Ausbildung nichts präjudizieren. Es wäre ja leicht denkbar, daß bei dieser oder jener Form die Einsenkung des Körperteils der Borstenfollikelanlage in die Leibeshöhle tiefer griffe, als dies anderweitig zu beobachten ist, so daß bei etwas schiefer Schnittführung eine irrige Anschauung unschwer erweckt Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 129 werden könnte. Da die Borsten auf dem Follikelgrunde, also im proximalsten Abschnitt des Follikels gebildet werden, wire es bei der von mir gemachten Annahme natürlich selbstverständlich, daß die Borsten „mitten im Regenerationsgewebe“ auftreten. Die Angaben über das Wie der Borstenbildung lauten, wie wir sahen, so unbestimmt, daß über die simple Tatsache des Entstehens und der allmählichen Größenzunahme der Borsten hinaus keine Einsicht gewonnen wurde und die Erfahrungen an ZLumbriculus daher in dieser Beziehung einstweilen die einzigen sind. Die zu den Borstenorganen gehörige Muskulatur wird von Elementen der mesodermalen Anlage entwickelt, indem sich eine Anzahl derselben im Umkreise der jungen Follikelanlage ansammelt und spindelförmig auszieht (Taf. 7, Fig. 42 u. 43). Diese Zellen ordnen sich mehr oder weniger radiär zu der in die Leibes- höhle hinein auswachsenden Borstentasche (Taf. 7, Fig. 43 po); diese Gebilde entwickeln sich, wie die Folge ergibt, zu den Parietovaginal- muskeln (VEJpovskY), denn sie inserieren sich einerseits an der Follikelbasis, andrerseits im Hautmuskelschlauch, wobei späterhin auch die charakteristische strahlenförmige Anordnung dieser für die Beweglichkeit der Borsten in erster Linie bedeutunesvollen Mus- kulatur zu schärferm Ausdrucke kommt. Erheblich später als die Parietovaginalmuskulatur gelangen die Interfollikularmuskeln (VEJ- DOVSKŸ), die sich zwischen den beiden Borstenorganen jeder Körper- seite schräg durch die Leibeshöhle ausspannen, zur Ausbildung. Auch sie nehmen ihren Ursprung von Zellen der Mesodermanlage; die betreffenden Elemente wachsen mächtig in die Länge aus, so dab ihre künftige Bestimmung bald unzweideutig hervortritt (Taf. 7, Fig. 42 ifm). Zu langgezogenen Spindelzellen umgeformt inserieren diese Muskelzüge, wie dies bereits VEJDovskY beschrieben hat (24, p. 75), „mit dem einen Ende am Rückenbünde], mit dem anderen am Bauchbündel, nicht aber an der Basis, sondern dicht unterhalb der Ringmuskelschicht des Leibesschlauches“. Da ich die intimere histo- logische Differenzierung der beiderlei Muskelelemente nicht verfolgt habe, muß ich mich auf das Mitgeteilte beschränken. Nur betreffs der Interfollikularmuskeln möchte ich die Bemerkung beifügen, daß wohl aus jeder einzelnen Zelle eine Muskelfaser hervorgeht und diese, wenigstens in einer gewissen Anzahl derselben, tatsächlich von Insertionsstelle zu Insertionsstelle sich erstreckt. Die ebenfalls spindelförmig gestreckten Kerne der Interfollikularfasern liegen in verschiedenen Höhen (Taf. 7, Fig. 41). Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 9 130 Franz von WAGNER, Uber Ursprung und Bildungsweise der Borstenmuskulatur bei der Reparation der Limicolen bestehen erhebliche Differenzen. VEJ- povsky und ihm folgend Janpa leiten dieselbe vom „Mesoblast“ ab, während HEprkE, Nuspaum und ABEL die ektodermale Entstehung ver- treten. Verschiedenartig erweisen sich auch die wenigen Angaben, die über die Bildungsweise der Borstenmuskeln vorliegen. Wohl sagt ABEL von Tubifex (1, p. 62): „Auch die Muskulatur der Borstenfollikel scheint aus dem gleichen Bildungsmaterial hervorzugehen“, wie dies von Lumbriculus eben angegeben wurde. Aber diese Mitteilung lautet keineswegs bestimmt, und NusBauM hat, allerdings für die, wie schon hervorgehoben wurde, überhaupt aparten Enchyträiden, eine recht abweichende Genese der Borstenbeweger beobachtet (16, p. 45): „Die Muskeln der Borstenfollikeln, welche in schräger Richtung von der Basis des Follikels bis zum Hautmuskelschlauch emporsteigen, verdanken ihre Entstehung ebenfalls dem Ektoderm. Einzelne Ektodermzellen, welche dem Borstenfollikel direkt anliegen, differenzieren sich nämlich in lange, distal sehr dünne, central kolbenförmig verdickte und hier den Kern enthaltende Elemente, welche unter die Epidermisschicht migriren, mit der Basis des Borstenfollikels in Zusammenhang treten, eine schräge Lage an- nehmen (indem sie von der Borstenfollikelbasis bis zur Körperdecke schräg verlaufen) und sich allmählich in die definitiven Muskelfasern differenzieren“. Die reparative Entwicklung der Borstenorgane hebt ebenfalls proximal an und schreitet distalwärts weiter. In der Regel treten die dorsalen und ventralen Borstenpaare gleichzeitig auf, durchweg aber gehört die Ausbildung unserer Organe den spätern Stadien der Reparation an, doch läßt sich eine bestimmtere Angabe darüber bei den auch hier bestehenden zeitlichen Schwankungen nicht machen. Über die Reparation der Seitenlinien kann ich nur weniges berichten. Sicher ist, daß diese Organe stets von der Epidermis aus ihren Ursprung nehmen, indem in dieser an den der normalen Lagerung entsprechenden entgegengesetzten Punkten der beiden Seiten Zellenhäufchen von wechselnder Größe auftreten, deren Elemente alsbald aus dem Ektoderm in die Leibeshöhle einwandern (Taf. 7, Fig. 30) und sich da unter gleichzeitiger Umgestaltung zu mehr oder weniger birnförmigen Gebilden im Umkreise ihrer Ursprungs- stätte so anordnen, daß der erweiterte Teil der Zellen nach außen gerichtet ist, während der verjüngte nach innen schaut (Taf. 7, Fig. 44 s/). Da die Längsmuskulatur bekanntlich durch die Seiten- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 131 linien unterbrochen wird, präsentieren sich die letztern auf Quer- schnitten wie eingebettet in die erstere. Die Einwanderung und besonders die Differenzierung der ektodermalen Bildungszellen er- folgt allgemein spät, zu einer Zeit etwa, in der Bauchmark, Borsten- organe und Muskulatur nahezu fertig gestellt sind oder doch dem Abschlusse der histologischen Differenzierung entgegengehen. Die Reparation der Seitenlinien sah ich am Vorderende (28, p. 655) von Lumbriculus jederseits in erster Linie vom Nerven- schlundring ausgehen, „wohl unter beschränkter Anteilnahme der Epidermis“, wie ich damals hinzufügte Hier am Schwanze ist es zweifellos die Oberhaut allein, und dies ist im Zusammenhang mit der weitern Differenzierung der Seitenorgane zu kontraktilen Elementen eine Tatsache, die ältere Befunde BüLow’s bestätigt und die neuere, durch Hesse’s eingehende Untersuchungen (11, p. 394 u. ff.) über die Oligochäten-Muskulatur angebahnte Auffassung dieser Bil- dungen im Prinzip wenigstens als zutreffend erweist. Die verjüngten Enden der betreffenden Zellen wachsen in der Tat in feine Fort- sätze aus, die nach innen gerichtet sind (Taf. 5, Fig. 40) und, nach- dem sie die Interfollikularmuskeln (Transversalmuskeln HEsses) er- reicht haben, mit diesen sich verbinden. Wie der fertige Zustand (Taf. 7, Fig. 41) erkennen läßt, ist die Verbindung eine innige, und es bleibt eine geringe Anzahl Kerne der Bildungszellen an der Ursprungsstelle der Seitenorgane — der Ringmuskulatur dicht an- geschmiegt — zurück. Ob und inwieweit die den Seitenmuskeln, wenn ich mich kurz so ausdrücken darf, angehörigen gestreckten Kerne umgeformte Kerne der Reparationselemente oder Abkömm- linge peritonealer Natur im Sinne Hesse’s sind, bin ich außerstande zu entscheiden. Soweit die Autoren unsere Organe überhaupt erwähnen (RANDOLPH, JANDA), herrscht Einstimmigkeit über die ektodermale Herkunft derselben. Auch hat BüLow am normal wachsenden Schwanzende von Lumbriculus die gleiche Entstehungsweise konstatiert. b) Segmentierung und Egalisierung des Reparats. Die Segmentierung des Reparats beginnt mit der Dissepiment- bildung. Diese setzt, entgegen dem bezüglichen Verhalten am Kopf- ende, zwar allgemein verhältnismäßig früh ein, doch bestehen auch dabei nicht unerhebliche individuelle Verschiedenheiten, die indes das Gesamtbild der Reparation nicht weiter beeinflussen. Die wie auch in anderem Belang von vorn nach hinten fortschreitende all- 9* 132 Franz von WAGNER, mähliche Ausbildung der Dissepimente erfordert begreiflicherweise eine gewisse Spanne Zeit, so daß der Abschluß des in Rede stehenden Prozesses im Grunde mit dem Ende der organogenetischen Periode zusammenfällt. Wiederum im Gegensatz zum Vorderende, bei welchem die Gliederung des Reparats von dem metameren Zerfall des Bauch- strangs in diskrete Ganglien veranlaßt wird, dem erst die Kammerung der Leibeshöhle im Zusammenhang mit der Entstehung der Dissepi- mente nachfolgt, ist es am Schwanz gerade die Dissepi- mentbildung, die sich als das primäre Geschehen ein- stellt, dem die Metamerisierung des Bauchnerven- systems sich anschließt, ein Befund, der mit den Erfahrungen Janpa’s bei Rhynchelmis übereinstimmt. Der Abstand, in welchem die Seementierung des Bauchmarks derjenigen der Leibeshöhle nach- folgt, ist bei Lumbriculus allerdings meist kein erheblicher, so dab Längsschnitte durch vorgeschrittene Reparate wenigstens im proxi- malen Abschnitt der letzteren gangliösen Zerfall und Kammerung der Leibeshöhle in völliger Korrespondenz erscheinen lassen (Taf. 5. Fig. 37). In der distalen Partie ändert sich dann freilich das Bild, und man erkennt, daß dem hier zwar schon fast völlig differenzierten, aber noch nicht metamerisierten Bauchstrang eine meist bereits mehr oder weniger deutliche Dissepimentbildung gegenübersteht (Taf. 5, Fig. 36). Trotz des differenten Ablaufs der beiderlei Segmentierungs- prozesse resultiert ausnahmslos eine komplete Übereinstimmung der durch jene bedingten Metamerie. Die Ausbildung und Kammerung der Leibeshöhle im einzelnen habe ich nicht verfolgt. Nur hinsichtlich der Dissepimentbildung möchte ich anführen, daß ich mich auch bei meinem Objekt mit aller wünschenswerten Sicherheit von der Richtigkeit der Beobachtung Janpa’s (bei Æhynchelmis) überzeugt habe, dab „ein jedes, später anscheinend einfache, Dissepiment aus zwei Zellenlamellen (den be- nachbarten Wänden zweier Cülomsäckchen) zusammengesetzt ist. Die Zellen dieser Lamellen verlängern sich später bedeutend und wachsen zu schmal ausgezogenen und spindelförmigen Gebilden aus, womit die Entwicklung des Dissepiments im Grunde beendet ist“ (12, p. 19). Ich kann dem noch hinzufügen, daß auch nach Ver- schmelzung der Lamellen die Lagerung der Spindelkerne noch längere Zeit die Duplicität des Ursprungs dadurch erkennen läßt, daß jene Kerne der einheitlich gewordenen Scheidewand bald auf der einen, bald auf der andern Seite angelagert erscheinen (Taf. 4, Fig. 33). Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 133 Die durch die Gliederung der Leibeshéhle und den gangliösen Zerfall des Bauchmarks bewirkte Segmentierung ist zunächst selbst- verständlich nur eine innere, die erst im weitern Verlauf dieses Vorgangs auch als äußere Metamerie sich geltend macht, womit der letzte Akt der Reparation anhebt, die Egalisierung. Das äuber- lich kenntliche Hervortreten der Segmentierung wird durch das Er- scheinen der Borsten in metamerer Anordnung aufs wirksamste unterstützt. Lange indes, ehe die Gliederung des Reparats nach außen zutage tritt, hat dieses selbst eine dem jeweiligen Ausgangs- stück entsprechende ansehnliche Größe erreicht. Das Reparat ist zuerst mehr oder weniger zapfenartig gestaltet, eine knospenartige Bildung, die in der ersten Zeit einen kleinen Fortsatz darstellt, dessen Wachstum dauernd nach hinten gerichtet ist und dabei zu- gleich auch auf der ventralen Fläche stets intensiver erfolgt als auf der dorsalen. Nur vorübergehend bietet die Reparationsknospe den Anblick eines Anhängsels am Stammstück, das sich von diesem bald mehr, bald weniger deutlich absetzt; nur in solchen Fällen, in welchen ein beträchtlicher Teil der hintern Körperhälfte abgetragen worden ist, prägt sich diese Erscheinung in der Regel markanter aus und ist von längerer Dauer, eine Modifikation, die nach Lage der Dinge ohne weiteres verständlich erscheint. Früher oder später stellen aber Stammstück und Reparat unter allen Umständen ein gleichmäßiges Continuum dar, an dem sich das letztere durch seine auffallend hellere Färbung als neu entstanden auch der oberfläch- lichsten Betrachtung sofort kenntlich macht. Abgesehen von dem weiterhin vornehmlich auf Streckung und Dehnung beruhenden Aus- wachsen des Reparats, das schließlich in das normale Wachstum des Hinterendes ausläuft, ohne daß es möglich wäre, hierin eine scharfe Grenze zu ziehen, sowie der durch jenes Wachstum bedingten Größen- zunahme des reparierten Wurmteils in der Längsrichtung, bleibt, wie schon eingangs dieser Arbeit hervorgehoben wurde. der ge- kennzeichnete Zustand sehr lange, Wochen und Monate, erhalten, da die optischen Differenzen zwischen dem alten und dem neuen Wurm- stück nur außerordentlich langsam schwinden. Die normalen Di- mensionen, insbesondere die typische Relation zwischen Länge und Dicke des Wurmkörpers, sind längst erreicht, ehe die erste Ver- färbung des Reparats zur Beobachtung kommt. Ich kann nicht an- geben, wodurch der Färbungsausgleich bewerkstelligt wird; dab die Chloragogenzellen dabei mitwirken, soll nicht in Abrede gestellt werden, aber der entscheidende Faktor dürften dieselben wohl nicht 134 Franz von WAGNER, sein. Indem der begonnene Verfärbungsprozeß allmählich weiter- schreitet, verwischen sich die optischen Differenzen zwischen Stamm und Reparat immer mehr, um endlich zu einem Zustand zu führen, bei welchem vollständige Homogenität zwischen beiden Wurmteilen herrscht. Damit ist die Egalisierung vollzogen und die Reparation beendet. III. Zusammenfassung der Ergebnisse. 1. Die Reparation des Hinterendes basiert auf der umfassenden Wucherungs- und Bildungsfihigkeit der Epidermis, ferner auf dem Vermögen des Darmepithels, die für die Wiederherstellung des nor- malen Zustands erforderlichen Zellen aus sich zu produzieren, und endlich auf der Tätigkeit besonderer Elemente, der sog. Neoblasten (RANDOLPH). 2. Bei der Reparation des Hinterendes geht die Neubildung des Ernährungsapparats derjenigen des Nervensystems voraus. 3. Die Dauer der Egalisierungsperiode ist am Schwanz um ein beträchtliches länger als die der Organogenese. 4. An kopf- und schwanzlosen Wurmstücken erfolgt die Re- paration beider Körperenden in wechselseitiger Abhängigkeit. 5. Für die Reaktion des Wurms auf die Durchschneidung ist ein individuell mannigfach abgestuftes Vorquellen des Darms aus der gesetzten Wunde Regel; hiermit hängen größere Substanzverluste und eine längere Dauer der Wundheilung ursächlich zusammen. 6. Die Wundheilung erfolgt auf zweierlei Weise: entweder wird die Wunde von der Epidermis vollständig verschlossen, und es erfolet sekundär der Durchbruch des Darms nach außen, oder der epidermoidale Verschluß erfolgt nur teilweise, und die Wundöfinung des Darms wird unmittelbar zum After umgewandelt. 7. Allgemein erscheint die Wundheilung bei den limicolen Oligo- chäten durch zwei Merkmale gekennzeichnet, die Zurückziehung des Darmkanals (Darmtraktion) und den (totalen oder partiellen) epi- dermoidalen Wundverschlub. 8. Die Wucherungen der Oberhaut sind wohl weitaus die um- fänglichsten und vollziehen sich bei normalem Ablauf in drei, jedoch nicht scharf geschiedenen Etappen: Die erste Wucherungsphase be- ruht auf einfacher Zellvermehrung, die zweite erscheint durch das Auftreten subepithelialer großer Zellen (Dermoblasten) charakterisiert, die dritte endlich wird durch den Zerfall der Dermoblasten in ge- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 135 wohnliche Reparationszellen gekennzeichnet. Die Art der Zell- teilungen der ersten Phase dauert während der ganzen Wucherungs- prozesse fort, und es wird auf diesem Weg das Material fiir die (neue) Oberhaut und deren Drüsenzellen geliefert. 9. Durchweg ist die Wucherungsintensität der Epidermis ventral am erößten und nimmt gegen die Dorsalseite hin allmählich ab. 10. Die Anordnung der Dermoblasten präsentiert sich in Gestalt von Zellennestern, ohne indes dabei eine allgemein giiltige und damit typische Gesetzmäßigkeit erkennen zu lassen; am konstantesten verhalt sich das mediane Paar, das die erste Anlage des Bauchmarks darstellt. Von den andern Zellennestern bildet sich keins unmittel- bar in ein Organ um. nur von gewissen Elementen derselben er- scheint es in hohem Mabe wahrscheinlich, daß dieselben direkt zum Aufbau der Ringmuskulatur des Hautmuskelschlauchs verwendet werden. 11. Nicht alle Elemente der aus dem Zerfall der Dermoblasten hervorgehenden subepithelialen Reparationszellenschicht verbleiben am Ort ihrer Entstehung, eine größere Anzahl derselben wandern vielmehr in die Leibeshöhle ein, vornehmlich zu beiden Seiten des in Bildung begriffenen Bauchstrangs, und beteiligt sich am Aufbau der mesodermalen Reparationsanlage. 12. Von besonderer Bedeutung für die mesodermale Reparations- anlage erweisen sich die einen normalen Bestandteil des Lumbrikel- organismus repräsentierenden Neoblasten, wozu noch Derivate des Cölomepithels hinzutreten. Unter Einbezug der unter 11 bezeich- neten Ektodermelemente setzt sich jenes Anlagematerial demnach aus drei Bezugsquellen zusammen. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dab der ektodermale Bestandteil der Mesodermanlage vorwiegend oder ausschließlich Muskulatur bildet. 13. Das Vorkommen von Neoblasten sowie deren event. Be- deutung für die Reparation bei den limicolen Oligochäten erscheint noch sehr strittig, doch dürften die Neoblasten, wo sie vorhanden sind, auch eine Rolle bei der Reparation spielen. 14, Die Reparation des Ernährungsapparats kann auf zweierlei Weeen vollzogen werden, entweder mit Proktodäumbildung oder ohne eine solche, letzteres vorwiegend bei klaffenden Wunden. Bei der Reparation mit Proktodäumbildung geht diese entweder dem Durchbruch des Darms voraus (Norm) oder folgt derselben nach (Ausnahme). 15. Das für die Reparation des Darmepithels nötige, übrigens 136 Franz von WAGNER, stets geringfügige Material wird von dem alten Epithel durch diffuse Teilungen herbeigeschafft. 16. Die Anlage des (neuen) Bauchmarks ist von Anfang an eine bilateralsymmetrische Bildung, das Material fiir dieselbe liefert das mediane Zellennesterpaar unter Zuzug von Elementen aus den ventro- parietalen Gebieten in individuell wechselndem Ausmaße. 17. Die Ausbildung des zelligen Rohbaus des Bauchstrangs geht in der Längsrichtung vor sich und zwar vom distalen zum proximalen Ende des Reparats. Die histologische Differenzierung, Segmentierung, Isolierung und formale Ausgestaltung der Anlage zum normalen Zustande erfolgen in umgekehrter Richtung, proximal beginnend und distalwärts weiter schreitend. In der Querachse vollzieht sich die histologische Determinierung von der dorsalen zur ventralen Fläche. 18. Das neue Bauchnervensystem ist eine rein ektodermale Bildung und durchaus eine Neuschöpfung, an deren Aufbau das alte Bauchmark nicht beteiligt ist. 19. Für die Reparation der Längsmuskulatur des Hautmuskel- schlauchs erscheint eine bestimmte Reihenfolge für das Auftreten der einzelnen Muskelfelder charakteristisch. Die ersten Spuren des (neuen) Hautmuskelschlauchs treten in der Regel frühzeitig auf, die Ringmuskellage wohl meist früher als die Längsfasern, doch bestehen hierin besonders beträchtliche Schwankungen. 20. Die Borstenorgane treten in ihren Anlagen segmental und sofort in der definitiven Lagerung auf; sie sind völlig ektodermale Bildungen, dagegen nimmt ihre Muskulatur, die Parietovaginal- und Interfollikularmuskeln (VEsDOVSKY), aus Elementen des mesodermalen Zellenmaterials ihren Ursprung. 21. Die Seitenlinien entstehen ebenfalls ausschließlich aus der Epidermis; die Anlagezellen dieser Organe wandern in die Leibes- höhle ein und bilden sich zu kontraktilen Elementen um, die sich mit den Interfollikularmuskeln verbinden. 22. Die Differenzierung der Borsten und ihrer Muskeln sowie der Seitenlinien erfolgt gleichfalls von vorn nach hinten. 23. Die Segmentierung des Reparats ist zunächst nur eine innere und wird durch die die Kammerung der Leibeshöhle bewirkende Dissepimentbildung eingeleitet, der erst der metamere Zerfall des Bauchmarks nachfolgt. Die später einheitlich erscheinenden Scheide- wände gehen aus inniger Aneinanderlagerung zweier Zellenlamellen hervor. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 157 24. Der innern Metamerie des Reparats folgt mit dem Durch- bruch der segmental angeordneten Borsten die äubere Gliederung, die sich im Fortschritt des nunmehr in der Hauptsache auf Streckung beruhenden Wachstums immer deutlicher ausprägt, womit die Egali- sierung beginnt, die, sehr langsam fortschreitend, durch allmähliches Verlöschen der optischen Differenzen zwischen dem alten und neuen Wurmstück den Abschluß der Reparation herbeiführt. 25. Die reparativen Wucherungsvorgänge beruhen auf Zell- teilungen, die wohl allgemein mit mitotischer Kernteilung einher- gehen; nur in den Anfangsstadien scheint daneben auch Zellver- mehrung mit direkter Kernteilung vorzukommen. 26. Ganz allgemein erweisen sich die reparativen Einzelvorgänge hinsichtlich ihres zeitlichen Eintritts und Ablaufs, unbeschadet eines gewissen, in denselben zutage kommenden Rhythmus, außerordentlich schwankend. Dasselbe gilt auch für die formale Seite, von bestimmten elementaren Gesetzmäßigkeiten abgesehen. Beide Umstände bewirken im Gesamtbild der Reparation einen oft nach Individuen wechselnden Befund. 27. Ohne hier in der Frage nach dem Verhältnis von Ontogenie und Regeneration eine Entscheidung treffen zu wollen, wird man doch vom rein objektiven Standpunkt die Tatsache nicht ver- schweigen dürfen, daß das regenerative Geschehen nicht von jenen Fesseln der Überlieferung beengt wird, die die embryonale Entwicklung in eine relativ konstante Form zwingen. Allgemeine Bemerkungen. Die im vorstehenden zum Abschlusse gebrachten Studien iiber die Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus GR. sind, wie gleich eingangs derselben hervorgehoben wurde, im Zusammenhange einer bestimmten Fragestellung unternommen worden. Frühere Untersuchungen, die die ungeschlechtliche Fortpflanzung zweier kleiner Strudelwürmer unserer süßen Wässer, des Microstoma lineare Orst. und Microstoma giganteum Haun. betrafen, hatten mich im Gefolge jener Propagation durch Teilung mit regenerativen Vor- gängen bekannt gemacht, die mit der überkommenen und meist schlechthin als zutreffend hingenommenen Auffassung, dab dasselbe Organ immer aus der gleichen Grundlage hervorgehen müsse, in Widerspruch standen. Bei den genannten Turbellarien zeigte sich 138 Franz von WAGNER, nämlich, daß der Pharynx und wesentliche Teile des Nervensystems regenerativ aus Anlagen anderer Herkunft entstehen, als dies, soweit wir bisher darüber unterrichtet sind !), im Embryo der Fall ist, in- dem keine der betreffenden Bildungen dem ectoblastischen Ursprunge in der Ontogenie entsprechend aus ectodermalem Material aufgebaut wird, sondern beide aus dem Parenchym entspringen, von dessen Bildungsfähigkeit sich die Regenerationsprozesse jener Würmer all- gemein abhängig erwiesen. Diese Erfahrungen wurden bald darauf durch H. N. Orr (17) bei einer der Gattung Microstoma nächstver- wandten Form, Stenostoma leucops O. SCHM., bestätigt, so dab für die bezeichneten Organe eine auffällige Abweichung von einer fast selbst- verständlichen Gesetzlichkeit außer allen Zweifel gestellt war. Die Resultate meiner Studien an Strudelwürmern gaben mir seinerzeit Veranlassung, auch eine andere Wurmform. einen Vertreter der höhern, segmentierten Würmer vorzunehmen, um denselben auf sein bezügliches Verhalten zu prüfen. Meine Wahl fiel auf unsern ein- heimischen Lumbriculus, den in unserm Sübwasser weitverbreiteten Vetter der Regenwürmer, der — zudem auch ein biologisch inter- essantes Tier — nach den übereinstimmenden Erfahrungen älterer Forscher für meine Zwecke ein besonders günstiges Material dar- bieten mußte, da sich derselbe für experimentelle Behandlung ganz vorzüglich eignet und hier daher Gelegenheit geboten war, Kompen- sationsprozesse willkürlich und damit unabhängig von der un- geschlechtlichen Fortpflanzung in die Wege zu leiten. In dem ersten Bericht, den ich über meine Studien an Lambri- culus erstattete (26), stellte ich das mich beschäftigende Problem, wie verhalten sich Ontogenie und Regeneration zueinander, in den Vordergrund. Wenngleich nun wohl gerade das, was ich damals bezüglich der reparativen Genese des Vorder- und Enddarms bei dem genannten Wurm mitteilte, im weitern Verfolg meiner Unter- suchungen zum großen Teil nicht aufrecht erhalten werden konnte, so darf ich, indem ich die seither über unsern Gegenstand ver- 1) An dem oben Gesagten wird durch die jüngst erschienenen, ebenso interessanten wie wichtigen Untersuchungen BRESSLAU’s nichts geändert, denn wenn dieser Forscher auch zu dem Ergebnis gelangt (4, p. 322): „Noch weniger aber als von einer Gastrulation kann in der Rhabdocoeliden- entwicklung von Keimblättern die Rede sein“, so besteht doch kein Zweifel, daß das ursprünglich „mit der Epidermis in innigstem Zusammen- hang“ stehende Gehirn als ectodermale (epidermoidale) Bildung zu be- trachten ist. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 139 öffentlichten zahlreichen Arbeiten überblicke, heute doch sagen, dab jener kleine Artikel in der Hauptsache, der Problemstellung und Problembehandlung, das Beste geleistet hat, was eine theoretische Auseinandersetzung tiberhaupt zu leisten vermag. Der von mir geführte Nachweis, daß das regenerative Verhalten von Microstoma inbezug auf die Bildung des Schlundes und wesent- licher Teile des Nervensystems hinsichtlich der Herkunft des Anlage- materials von der embryonalen Entstehungsweise abweicht, war freilich keineswegs der erste Fall einer, wie es auf den ersten Blick scheinen mußte, prinzipiellen Differenz zwischen Ontogenie und andersartigen Bildungsweisen. Schon einige Zeit vorher hatte man durch die Arbeiten verschiedener Forscher Inkongruenzen kennen gelernt, die im Zusammenhang mit der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung durch Knospung bei Bryozoen und Tunicaten zutage treten. Für die Manteltiere ergab sich sogar die seltsame Tatsache, dab neben Fällen völliger Gegensätzlichkeit auch solche vorkommen, in welchen die Keimblätterfolge bald mehr, bald weniger, ja in einzelnen Knospungsformen offenbar ganz strikte gewahrt wird, so daß grund- sätzlich verschiedene Entstehungsmodi bei derselben Tiergruppe an- zuerkennen wären, eine Sachlage, von der C. HEIDER (9, p. 735) mit Recht bemerkte, daß sie „das Bild einer förmlichen Anarchie“ dar- biete. Die nun an sich sehr merkwürdige Eigenart der ungeschlecht- lichen Propagationsprozesse bei den Bryozoen wie bei den Tunicaten hat es wohl verschuldet, dab dem gekennzeichneten Zwiespalt nicht eine allgemeinere Tragweite beigemessen wurde, die die Veranlassung hätte geben können, die überlieferte Voraussetzung einer bedingungs- los notwendigen Übereinstimmung andersartiger Bildungsweisen mit der embryonalen fallen zu lassen oder doch wenigstens — wie dies von C. HEIDER empfohlen worden ist — die Anwendung der in ihrer Berechtigung ohnedies wiederholt und auch neuestens wieder be- anstandeten Keimblätterlehre ausschließlich auf das ontogenetische Geschehen zu beschränken (9, p. 737). Während der letzten 10 Jahre etwa ist nun die Frage nach dem Verhältnis von Ontogenie und Regeneration immer lebhafter diskutiert und zum Ausgangspunkt zahlreicher Untersuchungen ge- macht worden, vornehmlich auf dem von mir betretenen Gebiet der Würmer, ohne daß es freilich bis zur Stunde gelungen wäre, unter den beteiligten Autoren ein auch nur einigermaßen befriedigendes Einvernehmen zu erzielen. Der letztere Umstand mag den Ferner- stehenden befremden, der Kundige weiß indes, daß jene Sachlage 140 Franz VON WAGNER, zum großen Teil wenigstens in der tatsächlich meist äußerst subtilen Natur der in Betracht kommenden Verhältnisse begründet ist, wo- durch gerade die Deutung der an sich oft wenig determinierten Befunde je nach individueller Neigung einer ungenügend beschränkten Willkür überantwortet erscheint. Weiterhin wurde dann sowohl durch die theoretischen Arbeiten WeErsmAann’s als auch durch die von Roux ins Leben gerufene Entwicklungsmechanik (Entwicklungs- physiologie) an die ursprünglich scharf umschriebene Spezialfrage alsbald eine Reihe anderer Fragen angeschlossen, so daß zurzeit das ganze komplexe Regenerationsproblem auf der Tagesordnung der biologischen Forschung steht. Man hat dies gewiß als einen erfreulichen Fortschritt zu begrüßen, denn das immer lebhafter er- regte Interesse und der damit verknüpfte erhöhte Arbeitseifer müssen dem Gegenstand zugute kommen. Indessen fehlt es dabei auch nicht an einer bedauerlichen Dissonanz. Es ist ja ohne weiteres einleuchtend, daß ein so vielseitiges und nach den verschiedensten Richtungen hin das Interesse des Biologen fesselndes Problem wie das der tierischen Regeneration von sehr verschiedenen Standpunkten aus behandelt und dementsprechend be- urteilt werden kann. Auch wird kaum irgend jemand anderer Meinung sein als der, daß diese Sachlage gerade ein Vorzug unseres Gegenstands ist und daher nur zu wünschen steht, daß in den tiefen Schacht der vielgestaltigen Erscheinungen, die die tierische Regene- ration darbietet, von den heterogensten Seiten her und mit den mannigfaltigsten Lichtquellen hineingeleuchtet werde. Alle der- artigen Bestrebungen führen aber nur dann zu der erreichbaren Ein- sicht, wenn sie in stetem wechselseitigen Zusammenhang dem ge- meinsamen Ziele zustreben. „Getrennt marschiren, vereint schlagen“ muß da die richtige Losung lauten. Statt dessen hat es die ent- wicklungsphysiologische Behandlungsweise des Regenerationsproblems gerade in einem ihrer hervorragendsten Wortführer, Drızsca !), sich angelegen sein lassen, den überlieferten — und nur für den, der nicht sehen kann (oder will), unfruchtbaren — morphologischen 1) Wenn ich diesem Forscher im folgenden entgegenzutreten genötigt bin und — beiläufig bemerkt, — die Naturphilosophie desselben auch nicht zu teilen vermag, so verkenne ich doch nicht die mannigfachen und hervorragenden Verdienste, die sich DRIESCH durch seine zahlreichen Arbeiten in so vielen Hinsichten erworben hat. Gerade als Morphologe („deskriptiver“ Etikette im Sinne unsers Autors) möchte ich dies aber ausdrücklich betont haben. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 141 Standpunkt!) als für die Erkenntnis völlig belanglos gänzlich beiseite zu schieben und an dessen Stelle die Entwicklungsphysiologie als ausschließlichen Heilträger zu setzen, und dies mit einer genialen Einseitigkeit, die sich in einer ebenso großen Überschätzung des eignen Standpunkts als Unterschätzung der Morphologie kundgibt. Es genügt, zum Belege des Gesagten eine Stelle aus dem „Entwurf einer analytischen Theorie der Regeneration“ von DRIEscH hier wiederzugeben (6, p. 52): „Die Regenerationslehre ist ... der einzige auch vor bewußter Begründung der rationellen Morphologie gepflegte Zweig experimenteller Formenkunde; er wurde stets als eine Art Appendix zur deskriptiven Morphologie betrieben. Diese Herkunft merkt man der Regenerationslehre noch heute an: ihr fehlt die freie, unbefangene Begriffsbildung und Fragestellung, die wir zum Beispiel in der eigentlichen Entwicklungsphysiologie finden; daher trotz so vieler Arbeiten wenig wirkliche, d. h. rationelle Resultate: man »fragt« Dinge, die »wir« nicht, wenigstens so nicht, fragen würden, z. B. ob die Regeneration eine » Wiederholung« der Ontogenese sei, um von Schlimmerem abzusehen, bei dem wir überhaupt nicht ein- sehen, warum man fragt. Wo man aber hätte fragen sollen, da tat man es bisher mit ganz vereinzelten Ausnahmen nicht.“ Aus den eben citierten Worten geht übrigens hervor, dab Driescu gerade die Frage, die für meine Regenerationsstudien den Ausgangspunkt abgegeben hat, für so verfehlt erachtet, daß er seine, allerdings auch im eignen Lager spezifisch individuell pointierte Stellung auf diese Frage exemplifiziert. Ein freilich bescheidener Trost für mich liegt dabei nur in dem Zusatz, „um von Schlimmerem abzusehen“. Treffen demnach auch die Ausführungen von DRIESCH unmittelbar die von mir für meinen Anteil an der Erforschung der tierischen Regeneration bislang eingenommene Stellung, so kann ich mich zu einer Erwiderung doch nicht veranlaßt sehen. Es wäre ja von vornherein ein aussichtsloses Beginnen, DRIESCH und seine „Wir“ davon überzeugen zu wollen, daß ihr Standpunkt nicht schlechthin der Standpunkt, sondern nur ein Standpunkt ist, entspringt doch meine Fragestellung der so gründlich verachteten morphologischen Denkweise. Den Morphologen gegenüber aber brauche ich die Be- 1) Es handelt sich dabei in der Tat um unsere moderne, auf der vergleichenden Methode beruhende Morphologie. DRIESCH bezeichnet die- selbe als ,deskriptive“ und stellt ihr seine Entwicklungsphysiologie als „rationelle“ Morphologie gegenüber (vgl. das oben folgende Citat). 142 Franz vox WAGNER, rechtigung meiner Behandlungsweise des Regenerationsproblems nicht erst nachzuweisen. denn die vergleichende Methode der heutigen, vom Descendenzmotiv befruchteten Morphologie hat durch ihre um- fassenden, für jeden Unbefangenen offenkundigen Erfolge ihren Wert als Erkenntnisquelle vollauf erwiesen. Von der eben kurz berührten Dissonanz abgesehen, lehrt indes ein Blick auf den gegenwärtigen Zustand der Regenerationslehre in der Tat alsbald die erfreuliche Tatsache, daß das in Rede stehende, so verwickelte Problem im wesentlichen von drei Seiten her in erfolgversprechender Weise in Angriff genommen ist, die man als die morphologische, oecologische oder biologische s. str. (WEISMANN) und entwicklungsphysiologische Richtung unterscheiden kann, mit welchen Bezeichnungen auch zugleich das Wesen der drei Forschungs- weisen ausreichend präcisiert erscheint. — Es war ursprünglich meine Absicht, im Anschluß an meine Untersuchungen an Lumbriculus auf die’ Frage der Relation von Ontogenie und Regeneration ausführlich einzugehen, mindestens im Bereiche der Würmer.') Indes hat sich, je mehr Arbeiten auf diesem Gebiete an die Öffentlichkeit traten, desto mehr die Überzeugung in mir gefestigt, daß es einer erheblich zuverlässigern und abge- klärtern empirischen Grundlage bedarf, als es die ist, die uns heute zu Gebote steht, sowohl inbezug auf die regenerative als auch auf die ontogenetische Entwicklungsweise, um in jener Frage eine ins einzelne befriedigende Antwort erteilen zu können. Es liegt mir selbstredend ferne, damit die Verdienste so vieler Forscher auf den beregten Gebieten irgendwie schmälern zu wollen; gerade die Achtung vor diesen Verdiensten ist es vielmehr, die bei den zahlreichen Widersprüchen in den vorliegenden Angaben, wenn auch manche derselben aller Wahrscheinlichkeit nach sich in Zukunft als nur scheinbare herausstellen werden, doch vielfach die Möglichkeit einer Entscheidung nach der einen oder andern Seite hin ausschließt oder doch beträchtlich erschwert. Mehr als ein doch immer stark hypo- thetisch und subjektiv gefärbtes Bild von der bestehenden Sachlage ließe sich daher unter solchen Umständen kaum geben. Dazu kommt noch das persönliche Moment, daß ich mit weitern Regenerations- studien befaßt bin, deren Ergebnisse abzuwarten in dem gegebenen Zusammenhange füglich als ein natürliches Gebot erscheint. 1) Auf einzelne Seiten dieser Sache sowie auf andere, mit dem Regenerationsproblem zusammenhängende theoretische Aufstellungen verschiedener Forscher werde ich in einer besondern Abhandlung eingehen. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 143 Im übrigen meine ich, daß heute, auch ohne daß es darüber einer besondern Beweisführung bedürfte, so viel feststeht, daß bei der Reparation (wie Regeneration s. str.), wenngleich die bezüglichen Vorgänge die genetische Gesetz- mäßigkeit desembryonalen Geschehens in den allge- meinsten Zügen mit größerer oder geringerer Strenge festzuhalten pflegen‘), doch beträchtliche und ganz wesentliche Bildungsweisen betreffende Abwei- chungen von jener Gesetzlichkeit zweifellos vor- kommen. Ich brauche in dieser Hinsicht nur auf die mir augen- blicklich zunächst liegenden Tatsachen im Verhalten des Ernährungs- apparats bei Lambriculus (und einigen Polychäten) zu verweisen, von andern nicht minder überzeugenden Vorkommnissen zu schweigen. Was in unserer Sache heute vor allem nötig ist, ist eine ohne kokettierende Seitenblicke auf die Embryonalentwicklung durch- geführte objektive Feststellung des Tatsächlichen der Re- generation. Es wird dabei eine unerläßliche Voraussetzung für die Zuverlässigkeit des zu Ermittelnden sein müssen, erst die normalen Organisationsverhältnisse des zur Verwendung kommenden Objekts genau kennen zu lernen, denn nur auf einer solchen Grundlage, die, wie jeder Kundige bestätigen kann, in den meisten der hierbei in Betracht zu ziehenden Fälle noch mehr oder weniger mangelt, labt sich das regenerative und reparative Geschehen richtig verstehen. Ich habe dies verschiedentlich selbst empfunden und in der Literatur — ich erinnere nur an die Neoblasten — sozusagen auf Schritt und Tritt Erfahrungen der gleichen Art gemacht. Aber noch ein Weiteres scheint mir geboten und nicht von untergeordneter Bedeutung, wie mich meine Studien an Lumbriculus gelehrt haben, und das ist, die Regenerationsphänomene nicht ein- seitig bloß im Hinblick auf eine bestimmte Fragestellung zu unter- suchen, sondern, so weit irgend möglich, als ein einheitliches biologisches Ganzes zu behandeln. Mancherlei Erfahrungen 1) Ob man befugt ist, darin soweit zu gehen und z. B. die in den Anhäufungen der Dermoblasten (Zellennester) gegebenen Verhältnisse sofort und ohne weiteres als Homologa der „Telostichen“ anzusehen, will ich -einstweilen dahingestellt sein lassen. Immerhin ist zuzugeben, daß im Hinblick auf die umfassenden Untersuchungen VEJDOVSKY’s an Rhynchelmis (25) wohl die ganze Dermoblastenbildung als ein auf embryonales Ver- halten abzielender Vorgang aufzufassen ist; näher indes auf dieses inter- essante Thema einzugehen, möchte ich zurzeit unterlassen. 144 FRANZ von WAGNER, weisen ja unzweideutig darauf hin, dab Art und Form einzelner regenerativer Bildungsvorgänge in hohem Maße von Faktoren ab- hängen, die einerseits in den Milieuverhältnissen gelegen sind, andrer- seits aber und, wie es scheint, in ganz hervorragender Weise durch innere, z. T. sogar individuelle Bedingungen repräsentiert werden. Hier liegt der Boden, auf dem die früher bezeichneten drei Forschungs- richtungen — die morphologische, oecologische und entwicklungs- physiologische — sich zu gemeinsamer Arbeit zusammenfinden könnten, ungeachtet und unbeschadet der Eigenart jeder einzelnen in ihren Zielen und ihren Wegen! Verzichte ich nach dem Gesagten zurzeit auf theoretische Erörterungen, so darf ich diese Abhandlung doch nicht schließen, ohne noch auf die bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung limicoler Oligochäten ermittelten Tatsachen in ihrem Verhältnis zu denjenigen des reparativen Geschehens kurz einzugehen. Entsprechend dem Rahmen meiner Untersuchungen werde ich mich dabei in der Hauptsache auf das Nervensystem und den Ernährungsapparat zu beschränken haben. Auch will ich an der in meiner bisherigen Darstellung befolgten Gepflogenheit, nicht über das Gebiet der Limicolen hinauszugreifen, festhalten. Von der ältern Literatur über diesen Gegenstand ist nicht viel zu berichten; dieselbe umfaßt die Arbeiten von v. KENNEL (13) und Graf ZEPPELIN (31) einerseits über Ctenodrilus pardalis Cuar.!), andrerseits über Ctenodrilus monostylos Zxpr., die in seiner bekannten groben Monographie mitgeteilten Befunde VEspovskyY’s, die Teilung von Aeolosoma tenebrarum betreffend (24, p. 161), und endlich — zeitlich allerdings die älteste — die eingehenden Studien SEMPER’S (23) an Naiden und Chaetogaster. Von den letztern kann indes für unsere Zwecke abgesehen werden, weil dieselben durch die neuern Untersuchungen von v. Bock (3) und WETZEL (29), wenn auch keines- wegs gegenstandslos geworden, so doch in dem hier in Betracht kommenden Belang überholt sind. Von den Angaben VEJDOVSKY'S ist für uns soviel von Interesse, daß bei Aeolosoma die Regeneration des Vorderdarms durch eine deutliche Einstülpung der Oberhaut 1) Wenn auch die systematische Stellung der Gattung Üftenodrilus zweifelhaft ist und dieselbe gewiß nicht unmittelbar zu den Oligochäten zu stellen ist, so schien es mir doch im Hinblick darauf, daß ,,Ctenodrilus auch zu den Oligochäten nahe Beziehungen, speciell zu den Naiden“ be- sitzt, angebracht, dieselben in die Erörterung der Limicolen-Literatur ein- zubeziehen. . Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 145 gekennzeichnet ist und die Neubildung des Gehirns von einer — angeblich unpaaren — rückenständigen Ektodermverdickung ihren Ausgangspunkt nimmt. Für die beiden Arten von Cfenodrilus er- scheint durch v. KENNEL und Graf ZEPPELIN übereinstimmend fest- gestellt, daß sowohl der Vorder- wie der Enddarm bei beiden Formen regenerativ mittels erheblicher Einsenkungen der Epidermis her- gestellt wird. Daß auch das nervöse Centralorgan aus der gleichen Grundlage hervorgeht, wobei die Anlage desselben durchaus bilateral- symmetrischen Charakter zeigt, hat v. KENNEL an Ctenodrilus pardalis beobachten können. Da es sich sowohl bei den Ctenodrilen als auch bei Aeolosoma um sehr niedrig stehende Anneliden handelt, bei welchen sich das Gehirn niemals von der Epidermis sondert, vielmehr dauernd in derselben liegen bleibt, erscheint die ektodermale Ent- stehung des Nervensystems geradezu eine so selbstverständliche Sache, daß die gleiche Abkunft dieses Organs auch für Ctenodrilus monostylos ohne Bedenken angenommen werden darf. Es ist übrigens eine interessante Tatsache, dab sich die beiden Ctenodrilus-Arten inbezug auf ihre Teilungsweisen gerade entgegengesetzt verhalten, indem bei Ct. pardalis die Teilung nach dem Typus von Nais und Chaeto- gaster erfolgt, die Regenerationen demnach der Dissektion voraus- sehen, während bei Ct. monostylos konform dem Verhalten von Lumbriculus das Umgekehrte der Fall ist. Eine erneute, mit Hilfe der modernen Technik durchgeführte einläßliche Untersuchung der beiderlei Geschehensweisen wäre jetzt eine sehr zeitgemäße Aufgabe. Was die neuere Literatur angeht, so liegen drei Arbeiten vor, von welchen sich zwei, die von v. Bock und von WETZEL, mit Chaetogaster diaphanus GRUITH. befassen, die dritte, von GALLOwAY (7) stammend, dagegen Dero vaga zum Vorwurfe hat. Die Untersuchungen an Chaetogaster führten v. Bock zu folgenden Resultaten (3, p. 133): „Das Centralnervensystem, bestehend aus oberen Schlundganglien, Schlundkommissuren und Bauchmark, geht aus einer ektodermalen Zellenwucherung unter Beteiligung der Ganglienzellen des alten Bauchmarks hervor. In den Zwischen- räumen zwischen dem groben dorsalen Längsmuskel und dem Seiten- muskel, und in noch viel stärkerem Maße zwischen dem letzteren und dem Bauchmuskel wachsen nämlich vom Ektoderm aus Zellen- wucherungen in die Leibeshöhle hinein und vereinigen sich mit den ebenfalls in starker Zellenvermehrung begriffenen Bauchmarkganglien der Knospungszone. Von dieser einheitlichen Zellenmasse wächst Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 10 146 Franz von WAGNER, nun jederseits ein Strang nach dem Riicken zu und verdickt sich an seinem Ende keulenförmig zur Anlage des oberen Schlundganglions, welches auch sogleich mit dem der anderen Seite über dem Darm durch eine Kommissur in Verbindung tritt. Sind die genannten Organe auf diesem Entwickelungsstadium angelangt, so erfolgt nun- mehr die ektodermale Zelleneinwucherung besonders intensiv durch die obere Muskellücke, also zwischen Dorsal- und Seitenmuskel. Von hier aus wird nun dem oberen Schlundganglion noch ein neuer Zellen- komplex hinzugefügt, und erfährt die Schlundkommissur ihre definitive Ausbildung. Das Bauchmark wächst sowohl in der Knospungszone als am freien Schwanzende, teils durch die Vermehrung seiner eigenen Zellen, teils durch die sich mit diesen vereinigenden paarigen Ektodermeinwucherungen in die Länge.“ „Der Schlund bildet sich durch eine entodermale Aussackung der ventralen Darmwand und wächst zu einer unpaaren Anlage mit paarigen nach vorn gerichteten Schenkeln heran, welche sich in zwei ganz geringfügige Ektodermeinsenkungen Öffnen und später zum unpaaren Mund und Pharynx vereinigen. Der Vorderdarm ist also mit Ausnahme eines kleinen, die Mundöffnung enthaltenden, ekto- dermalen Teils dem Entoderm zugehörig. Der Mitteldarm ergänzt sich durch Vermehrung seiner eignen Elemente, welche in besonderen, außerhalb der eigentlichen Darmepithelzellen liegenden Zellen ent- stehen. Der Enddarm ist entodermal, und der After entsteht durch Ver- wachsung des abgerissenen Darmendes mit dem Hautmuskelschlauch.“ Zu dem Vorstehenden kommt noch hinzu der Nachweis des rein ektodermalen Ursprungs der Borstensäckchen, „in welchen die Borsten von je mehreren Zellen ausgeschieden werden.“ Diese Erfahrungen v. Bock’s fanden in der Folge durch die Studien Werzev’s an demselben Objekt zwar in den wesentlichsten Punkten erfreuliche Bestätigung, in einer Reihe von Einzelheiten aber Berichtigungen, von welchen für die hier interessierende Materie zunächst die auch an sich nicht ganz bedeutungslose Angabe von Wichtigkeit ist, daß die beiden kleinen Ektodermeinsenkungen, welche nach v. Bock den beiden Pharynxschenkeln entgegenwachsen und durch ihre Vereinigung die (unpaare) Mundhöhle bilden sollten, in Wirklichkeit nicht existierten, mithin auch der Vorderdarm in seiner Gänze entodermaler Herkunft sei. Auch für die Enddarm- bildung brachte die Arbeit Werzer's eine bemerkenswerte Ergänzung, indem gezeigt wurde (29, p. 120), „daß der Enddarm sich anfänglich völlig abschließt. In diesem Zustande verwächst er mit dem Ekto- Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 147 derm. Erst wenn der in der Kette dahinter folgende Wurm sich losgelöst hat, das Afterende also frei geworden ist, öffnet sich der Enddarm, indem seine Zellen am After auseinander weichen.“ Die regenerativen Prozesse bei Dero „agree for the most part with those described for Chaetogaster by von Bock“, indes lassen die Untersuchungen GArLLowaAY’s doch auch in recht erheblichen Punkten gegenüber dem Verhalten von Chaetogaster Abweichungen erkennen, die die Neubildung sowohl des Vorder- wie des Enddarms betreffen. In ersterer Hinsicht ‚stimmen beide Formen darin überein, daß die erste Anlage für den Pharynx „from the entodermal cells of the old gut“ geliefert wird; diese Anlage wächst aber nicht zu einem Paar wohl differenzierter Pharynxschenkel wie bei Chaeto- gaster aus, sondern ihr streben zwei tiefgreifende Ektoderm- einstülpungen entgegen, die sich schließlich mit jener verbinden (7, p. 135): „The ectodermie invaginations in Dero, ..., producing merely the buccal sinus at either lateral angle of the mouth cavity. The floor and roof of the mouth are formed by mechanical infolding of the appropriate portions of the anterior margin of the body wall around the old gut. This old ectoderm is brought into contact with the new entoderm and with the new ectoderm of the invaginations mentioned above, after the separation of the zooids.“ Und ferner: „In Dero the pharynx is formed, around the old gut, especially well developed on the dorsal side, and the cavity of the gut becomes the lumen of the pharynx, the old wall being split away from the new entoderm, but not losing its continuity until the zooids separate, where upon the old wall is entirely broken down and lost.“ Was die Regeneration des Enddarms von Dero anlangt, so vollzieht sich dieselbe nicht in jener simplen Form wie bei Chaetogaster, sondern „in Dero there is an outgrowth of newly formed ciliated entoderm which unites the old entoderm with the body wall. This new ento- derm lines the pavillon. The anus is at the place of union of the old and new entoderm.“ Die Regeneration des Nervensystems stimmt (7, p. 135), soweit „the origin of the brain from paired ectodermic ingrowths, the reinforcement of the ventral nerve cord by serial ectodermic in- vasions between the longitudinal muscle bands“ in Frage stehen, mit derjenigen von Chaetogaster überein. Auch „the ectodermic origin of the bristle sacs in the newly formed segments“ von Dero ist hier als koinzident mit Chaetogaster anzuführen. Nachdem wir im Vorangegangenen die wichtigsten Tatsachen 10* 148 Franz von WAGNER, der regenerativen Organogenese bei den Limicolen kennen gelernt haben, ergibt schon ein flüchtiger Vergleich mit dem reparativen Geschehen, daß weitgehende Ubereinstimmungen im beiderseitigen Verhalten gegeben sind. In erster Linie ist hier das Nervensystem zu nennen, dessen Ursprung aus ektodermalen Anlagen ganz ausnahmslose Bestätigung gefunden hat; mit — vielleicht nur vorläufiger — Ausnahme von Aeolosoma, sind ferner diese Anlagen überall paariger Natur und zwar sowohl bei der Entstehung des Gehirns als auch derjenigen des. Bauchmarks. Völlige Gleichartigkeit herrscht des weitern im Be- reiche der Borstentaschenbildung, die ganz allgemein vom Ektoderm ausgeht. Dagegen kann vom Ernährungsapparat eine durchgreifende Gleichförmigkeit mit den Reparationsvorgängen nur hinsichtlich des Mitteldarms konstatiert werden, indes auch dies nur insoweit, als. es sich lediglich um die Tatsache handelt, daß dieser Darmteil das für die jeweilig gebotenen ergänzenden Neubildungen nötige Zellen- material aus eigenen Mitteln beschafft. Übereinstimmend mit dem typischen Verhalten bei der Reparation erweist sich in einigen Fällen (Aeolosoma, Ctenodrilus pardalis und monostylos) auch die durch Epidermiseinstülpungen gekennzeichnete Neubildung der terminalen Abschnitte des Vorder- und Enddarms, sowie in andern Fällen (Chaetogaster, Dero) die vom Mitteldarm ausgehende regenerative Herstellung des Schlundteils des Vorderdarms. Fassen wir nun die Differenzen ins Auge, so ist vorerst für das Nervensystem anzumerken, daß in allen Fällen, in welchen die be- treffenden Verhältnisse tatsächlich studiert worden sind, eine aktive Beteiligung des alten Nervensystems (Bauchmark) am Aufbau des neuen sichergestellt erscheint. Sowohl v. Bock als auch WETZEL haben eine rege Vermehrung seitens der Ganglienzellen des alten Bauchmark bei Chaetogaster beobachtet, ein Befund, den auch GAaLLowAY bei Dero bestätigen konnte. Ein weiterer Unterschied gegeniiber der Reparation liegt bei den hierher gehörigen regenera- tiven Prozessen in der gesetzmäßig bestimmten Lokalisierung der Einwanderungspforten für die von der Epidermis gelieferten Regenerationszellen, eine Lokalisierung, die in dieser präcisen Form bei der reparativen Organbildung nicht vorkommt. Erheblicher in- des als die eben besprochenen ‚sind die Verschiedenheiten bei der Regeneration des Vorder- und Enddarms. Für den letztern steht durch die übereinstimmenden Konstatierungen von v. Bock, WETZEL, und GALLOWAY jedenfalls soviel fest, daß der ganze Enddarm des Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 149 vordern Zooids eine rein entodermale Bildung repräsentiert; es ist dabei gleichgültig, ob die Verbindung von Oberhaut und Darmepithel durch einfache Verwachsung der beiderseitigen freien Ränder zustande kommt (Chaetogaster) oder ob dieselbe erst durch einen be- sondern flimmernden Auswuchs des Mitteldarms bewerkstelligt wird, wie dies GALLOWAY für Dero angibt. Daß sich der Enddarm von Chaetogaster nach WETZEL zuerst schließt und so mit der Epidermis verwächst, um später nach Ablösung des Zooids sich zum After zu öffnen, „indem seine Zellen am After aus einander weichen“, ist — nebenbei bemerkt — ein im Hinblick auf das bezügliche repara- tive Geschehen beachtenswerter Befund. Am Vorderdarm ergibt sich als ein von der Reparation wohl durchgehends abweichendes Verhalten zunächst die Tatsache, dab die Anlage des zur Regene- ration gelangenden Vorderdarms vielfach paarig ist (Ctenodrilus pardalis, Chaetogaster, Dero), sondann aber auch der Umstand, daß wenigstens bei Chaetogaster fiir den ganzen Vorderdarm eine ento- dermale Abkunft von Werzez behauptet wird. Wollte man sich aber auch der Angabe v. Bock’s anschließen, so wäre damit doch wenig gewonnen, denn der Anteil des Ektoderms an der Auskleidung der Mundhöhle bliebe auch dann ein so kümmerlicher, daf diese Art von Beteiligung fast schon mehr Theorie als Wirklichkeit dar- stellte. Gewohnt, vom Boden der Descendenztheorie aus die Gestaltungen und Erscheinungen des tierischen Lebens bis in ihre feinsten Einzel- heiten als Entwicklungsprodukte zu betrachten, können wir die dargelegten Verschiedenheiten (wie auch Übereinstimmungen) mit deren Registrierung und Beschreibung selbstverständlich nicht als erledigt ansehen, vielmehr gibt uns das Descendenzmotiv — der Entwicklungsgedanke — auch hier den Weg an zu einem vorläufig wenigstens befriedigenden Verständnis: Im großen und ganzen wird man sagen dürfen, daß ein guter Teil der auf- gezeigten Differenzen sich aus der Verschiedenheit der biologischen Sachlage erklärt, die die phylo- genetische Hervorbildung der uns heute entgegen- tretenden Verhältnisse begleitet hat. Es wird wohl niemand bestreiten können, daß bei der künst- lichen Teilung die äußern und innern Bedingungen, unter denen die Neubildungsvorgänge vor sich gehen müssen, wesentlich andere sind als bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Teilung, sie sind vor allem viel variabler als bei dieser. Die betreffenden Tiere 150 Franz von WAGNER, müssen daher, wenn sie überhaupt dazu befähigt sind, auf viel mannigfaltigere Möglichkeiten in reparativer Hinsicht eingerichtet sein, als dies bei der Regeneration (s. str.) der Fall zu sein braucht. Daraus resultiert ohne weiteres, daß den Reparationsprozessen, wie es sich auch tatsächlich immer mehr herausstellt, eine noch erheblich sröbere Freiheit des Gestaltens innewohnt als den regenerativen Bildungsvorgängen; daher auch die auf den ersten Blick befremdliche Tatsache, dab wichtige Organbildungen bei derselben Art reparativ in differenter Weise verlaufen können. „Die regulatorische Ent- wicklung hat also — wie Roux allgemein bemerkt (21, p. 845) — atypische Ausgänge, von denen aus sie aber gleichwohl zu typischem Ende führt“, die reparative aber in beträcht- lich größerem Umfange, als dies für die Regeneration i. e. S. gilt, wie wir für unser spezielles Gebiet jetzt hinzufügen können. Spinnen wir den Faden dieser Betrachtungsweise weiter, so ist auch einleuchtend, dab und warum gewisse, von dem reparativen Bildungsmodus ebenso wie von dem embryonalen abweichende Phänomene wie die Paarigkeit der zur Regeneration des Vorder- darms berufenen Mitteldarmanlagen unser volles Verständnis finden können. wenn wir uns nur die Organisationsverhältnisse vergegen- wärtigen, mit welchen die phylogenetische Entwicklung derjenigen Form der Propagation durch Teilung einherging, bei der die Neu- bildungen beinahe vollendet sind, ehe die Trennung der Teiltiere Platz greift. In diesem Zusammenhang ist auch zu begreifen, wieso es kommt, daß bei den angezogenen Vorkommnissen die Ganglien- zellen des alten Bauchmarks selbsttätig durch Vermehrung ihrer eignen Elemente zum Aufbau des neuen Nervensystems beitragen und die Einwanderung der produzierten epidermoidalen Regenerations- zellen so geregelt ist, dab dieselbe durch genau fixierte Pforten und nur durch diese stattfindet. Man braucht sich dabei bloß daran zu erinnern, dab bei Ctenodrilus pardalis, Chaetogaster und Dero der normale Zustand der Organisation während der in langsamem Fluß sich vollziehenden Fortpflanzung durch Teilung fast gar nicht ge- stört wird, und damit die völlig unvermittelt geschaffene ganz anders- artige biologische Sachlage bei der künstlichen Durchschneidung zu vergleichen. Es bedarf in der Tat weder einer starken Phantasie noch kühner Hypothesen, um hier in dem Gewirr scheinbar wider- sprechender Tatsachen leitende Motive zu erkennen, die einen natürlichen Zusammenhang in Dinge bringen, die ein mehr oder weniger zusammenhangloses Chaos darzubieten schienen. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 151 Noch mancherlei Erwägungen ließen sich an das Gesagte an- kniipfen, ich will mich aber mit den wenigen Andeutungen an dieser Stelle bescheiden, denn dieselben genügen, um darzutun, daß wie alle biologischen Erscheinungen auch diejenigen der Regeneration (im weitesten Sinne), von den zwei elemen- taren Faktoren bestimmt werden, die allem Gestalten im Reich der Lebewesen das charakteristische Ge- präge verleihen: Vererbung und Anpassung. 152 12. 13. Franz von WAGNER, Literaturverzeichnis. 1902. ABEL, M. Beiträge zur Kenntnis der Regenerationsvorgänge bei den limicolen Oligochäten, in: Z. wiss. Zool., Vol. 73. 1895. BEDDARD, F., A monograph of the order of Oligochaeta, Oxford. 1898. von Bock, M., Über die Knospung von Chaetogaster dia- phanus GRUITH, in: Jena. Zeitschr. Naturw., Vol. 31 (N. F., V. 24). 1904. BRESSLAU, E., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Tur- bellarien, I. 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Jahrb., Vol.13, Anat. 1902. WETZEL, H., Zur Kenntniss der natürlichen Theilung von Chaetogaster diaphanus, in: Z. wiss. Zool., Vol. 77. 1902. WINKLER, G., Die Regeneration des Verdauungsapparates bei Rhynchelmis limosella HOFFM., in: SB. Böhm. Ges. Wiss., 1902. 1883. ZEPPELIN, Graf M., Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos nov. spec., in: Z. wiss. Zool., Vol. 39. 1) Diese Publikation hat zwar den Charakter einer vorläufigen Mit- teilung, ist jedoch mit dem Text der ausführlichen Arbeit (19) vielfach nahezu gleichlautend. 154 Franz von WAGNER, Erklirung der Abbildungen. Für sämtliche Figuren gelten folgende Bezeichnungen: a After ab altes Bauchmark af Afterbucht b Bauchmark (des Reparats) bd Bindegewebe bgh Bindegewebshülle bo Borste bof Borstenfollikel bst Bauchmarkstumpf clr Chloragogenzellen em Cardialmuskulatur coe Colom d Darm de Darmepithel debl Dermoblasten di Dissepiment dim dorsale Seitenmuskulatur dm Darmmuscularis ep Epidermis epst Epidermiseinstiilpung fs Fibrillensubstanz (LEypIG’sche Punktsubstanz) gl Ganglion glx Ganglienzellen ibg intermediäres Bindegewebe ifm Interfollikularmuskulatur Im Längsmuskulatur des Hautmuskel- schlauchs nv Mesodermanlage n Neoblasten nm Neuralmuskulatur pv Parietovaginalmuskulatur rm Ringmuskulatur des Hautmuskel- schlauchs sch Trennungskontur zwischen Prokto- däum und altem Darm sl Seitenlinien so Schnittopfer vlm ventrale Seitenmuskulatur wu Wucheruugsstelle x Zellennest (der Dermoblasten) Die Gefäße sind rot, die Borsten gelb dargestellt. Die beigesetzten Vergrößerungen beziehen sich auf WINKEL’s Fluoritsysteme. Tafel Fig. 1. Sagittalschnitt, 7 Std. n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. I. Fig. 2. Frontalschnitt, 3 Std. n. d. Oper. Obj. 15, Oc. III. Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. 155 Fig. 3. Frontalschnitt, 2 Std. n. d. Oper. Obj. 15, Oc. II. Fig. 4. Sagittalschnitt, 4 Std. n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 5. Sagittalschnitt, 17 Std. n. d. Oper., 3 Mitosen in der Epi- dermis. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 6. Frontalschnitt, 2 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. “ Fig. 7. Frontalschnitt, 42 Std. n. d. Oper. Obj. 15, Oc. II. Fig. 8. Frontalschnitt, 18 Std. n. d. Oper. Obj. 15, Oc. III. Fig. 9. Sagittalschnitt, 30 Std. n. d. Oper. Obj. 15, Oc. II. Fig. 10a—d. Schema der Wundheilung bei persistierender Darm- öffnung. bi Tafel 4. Fig. 10e. Frontalschnitt, 2 Tage n. d. Oper., zwischen den beiden —-+- der epidermoidale Verschluß des Wundareals; im Präparat hebt sich diese Partie der Epidermis, von der etwas dichtern Aneinanderlagerung der Zellkerne abgesehen, erheblich weniger ab, als dies in der Zeichnung der Fall ist. Obj. 4,5, Oc. I. Fig. 11. Sagittalschnitt, 3 Tage n. d. Oper., bei + eine Mitose in der Epidermis. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 12. Sagittalschnitt, 3 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 13. Querschnitt, 4 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. IT. Fig. 14. Querschnitt, 5 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. IIT. Fig. 15. Querschnitt, 5 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 16. Sagittalschnitt, 3 Tage n. d. Oper. Bei — beginnt die alte Oberhaut, in dem neuen Epidermisstiick eine Mitose; ay Aftergegend. 0b7.. 3,2, Oc. 1. Fig. 17. Frontalschnitt, 4 Tage n. d. Oper., bei 4 in Umbildung zu Dermoblasten begriffene Epidermiselemente. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 18a—d. Vier verschiedene Formen von Dermoblasten. Obj. 4,5, Oc. IV. Fig. 19. Sagittalschnitt, 6 Tage n. d. Oper., subep die neugebildete subepitheliale Zellenschicht der Epidermis von der Aftergegend (ag) bis zur Oberhaut des Stammstücks (+). Obj. 4,5, Oc. I. Fig. 20. Schema der reparativen Epidermiswucherung von der Anal- gegend (ag) bis zur Oberhaut des Stammstiicks (+-); 7, Region der Um- bildung der Epidermiselemente zu Dermoblasten, r, Region der Dermo- blasten, +, Region des fortschreitenden Zerfalls der Dermoblasten in Reparationszellen. IE 6 Fig. 21. Querschnitt, 7 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 22. Querschnitt, 5 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Fig. 23. Querschnitt, 6 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. 156 Franz von Wacner, Reparationsprozesse bei Lumbriculus variegatus Gr. Oc. Oc. Fig. 24. Querschnitt, 4 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. IH. Fig. 25. Fig. III. 26. Querschnitt, 9 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. II. Querschnitt, halbschematisch, 6 Tage n. d. Oper. Obj. 15, Tafel 6. Fig. 27a—e. Aufeinanderfolgende Querschnitte derselben Serie zur Illustration der Unregelmäßigkeit in der Anordnung der Dermoblasten. Obj. 4,5, Oc. IH. Fig. LIE. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 28. 29. 30. 31. 32. 33. Querschnitt, halbschematisch, 6 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Frontalschnitt, 5 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Sagittalschnitt, 3 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Sagittalschnitt, 31/, Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. II. Sagittalschnitt, 41/, Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. IT. Sagittalschnitt, 1140 Tage n. d. Oper.; die in den Coelom- ern liegenden Zellhäufchen oa Reste der Mesodermanlage (Anlage der Segmentalorgane ?). Obj. Tafel 7 Frontalschnitt, 3 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. IIT. Querschnitt, 10 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Sagittalschnitt durch ein älteres Reparat. Obj. 15, Oc. III. Sagittalschnitt durch ein älteres Reparat. Obj. 15, Oc. III. Sagittalschnitt durch ein älteres Reparat, halbschematisch. Querschnitt, 13 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Querschnitt, 17 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. III. Querschnitt von einem ausgebildeten Individuum. Obj. 4,5, Querschnitt, 13 Tage n. d. Oper. Obj. 15, Oc. IL. Querschnitt, 16 Tage n. d. Oper. Obj. 4,5, Oc. IV. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger, Ein Beitrag zur Frage von Monorhinie und Amphirhinie. Von Oscar Sund. (Aus dem Zootomischen Institut der Universität zu Kristiania.) Mit Tafel 8-9 und 9 Abbildungen im Text. Die Literatur über das Geruchsorgan der niedern Wirbeltiere ist nicht sehr groß, doch herrschen abweichende, ja entgegengesetzte Anschauungen inbetreff der Entwicklung und der morphologischen Bedeutung des Organs. MILxEMARSHALL (1879) betrachtete das paarige Geruchsorgan als eigenartig ausgebildete Kiemenspalten, eine Meinung, die indessen jetzt, soweit ersichtlich, von allen ver- lassen ist. Mehrere spätere Forscher suchen das paarige Geruchsorgan der höhern Wirbeltiere von einer unpaaren Anlage, der Geruchsgrube von Amphioxus entsprechend, abzuleiten, und die systematische Ein- teilung der Wirbeltiere in Unpaarnaser (Monorhina: Amphioxus, Cyclostomen) und Paarnaser (Amphirhina: höhere Wirbeltiere) hat demnach ihre Berechtigung nur im Zustand des funktionierenden Organs beim erwachsenen Tier zu suchen. In Übereinstimmung damit meint auch Brarn (1889), daß das Geruchsganglion und der Geruchsnerv bei den Selachiern teils aus den Lippen des sich schließenden Neuroporus, teils aus einem Zellen- haufen, der in der Medianebene zwischen Ektoderm und Gehirn liegt, gebildet werden. 158 Oscar Sunn, C. K. Horrmann (1893, 1896) findet bei Acanthias eine unpaare Geruchsplatte, die aus dem Neuroporus hervorgegangen sei, und er meint daher, daß die Monorhinie als der ursprüngliche Zustand an- gesehen werden miisse. Diese unpaare Geruchsplatte war urspriing- lich fast in ihrer ganzen Ausdehnung mit dem Gehirn zusammen- gewachsen, und die Geruchsnerven (der unpaare sowohl wie die paarigen) sollten seiner Meinung nach Reste dieser kompakten Ver- bindung sein, welche als „Brücken“ zurückgeblieben seien, nachdem die Epidermis sonst vom Gehirn völlig abgelöst wäre. v. Kuprrer hat sich wiederholt mit diesen Fragen beschäftigt. In einer Arbeit (1893) beschreibt er beim Störe einen Lobus olfactorius impar, welcher ursprünglich mit einer unpaaren Epidermisplatte in Verbindung stand, und für diese Platte führt er den Terminus „unpaare Riechplakode“ ein und läßt dieselbe der Neuroporusplatte des Amphioxus entsprechen. Er spricht auch den Gedanken aus, daß die später sich entwickelnden paarigen Geruchs- grübchen aus den lateralen Partien dieser Plakode differenziert seien. — Bei den Cyclostomen findet er ursprünglich neben der un- paaren Plakode auch paarige, die jedoch alle drei in die Bildung des Riechorgans mit einbezogen werden. Die Cyclostomen bilden also nach Kurrrer ein verbindendes Glied zwischen den reinen Monorhinen (Amphioxus) und den Amphirhinen. Von J. F. Horm (1895) wurde die Entwicklung des Geruchs- organs bei Torpedo beschrieben, er hat aber, im Gegensatz zu den erwähnten Forschern, keine mediane Anlage gefunden, und in den letzten Jahren haben auch zwei andere Verfasser die An- nahme einer solchen bestritten. Peter (1901) hat bei Lacerta ein der unpaaren Geruchsplakode ähnelndes Gebilde gefunden, er deutet es aber nicht als solche, sondern sieht darin nur ein mechanisches Produkt, eine Aufstauung, die bei der Neuroporusschließung hervorgebracht worden sei. Und endlich ist von seinem Schüler BERLINER (1902) eine Arbeit erschienen über die Entwicklung des Organs bei den Selachiern, in welcher er festzustellen sucht, dab das paarige Geruchsorgan in keiner Beziehung zum Neuroporus stehe und auch keine mediane Anlage habe. Da die Schlüsse der zwei letztgenannten Verfasser in der nächsten Berührung mit den Resultaten dieser Arbeit stehen, werden sie am besten in Zusammenhang mit meinen eigenen Befunden besprochen. Mein Material umfaßt eine Reihe Embryonen von Spinax niger Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. 159 Boxar, es wurde von Konservator Frl. Kristine BonneviE bei der biologischen Station zu Dröbak gesammelt und mir gütigst über- lassen, teils in Pikrinsäure-Sublimat, teils in Zenxer’scher Fliissig- keit fixiert. Ich habe die Objekte in DELAFIELD’schem Hämatoxylin und Eosin in toto gefärbt und in Serien zerlegt bei einer Schnittdicke von 10 u und 15 u. ~ Drei Wachsmodelle wurden nach den Serien angefertigt; dieselben waren mir für das Verständnis des komplizierten Baues des Geruchs- organs von der größten Bedeutung und besonders für die vor- gerückten Stadien des Organs ganz unentbehrlich. Die Arbeit wurde im hiesigen Zootomischen Institut ausgeführt unter der Leitung des Konservators des Instituts, Frl. Kr. BONNEVIE, und es sei mir an dieser Stelle erlaubt, ihr für das unermüdliche Interesse, das sie meiner Untersuchung gezeigt hat, meinen auf- richtigsten Dank darzubringen. Stadienbeschreibung. Auf dem ersten Stadium, das ich untersucht habe, ist die Länge des Embryos etwa 8mm, die Urwirbel sind in einer Anzahl von ‘ungefähr 40 vorhanden, und der Neuroporus hat sich eben ge- schlossen. Äußerlich kann man kein Geruchsorgan sehen; auf den Schnitt- bildern aber sieht man die Anlage des Organs als eine vom übrigen Ektoderm scharf abgesetzte Verdickung des Epithels (Plakode) (Textfig. A). Diese hat an der Unterseite des Kopfs eine große Ausbreitung; nach den Schnitt- serien kann ich eine Länge von 320 u und eine Breite von etwa 650 wu angeben. Die Fig. 1, Taf. 8 stellt einen Querschnitt der Plakode dar, welche mit ziemlich gleichmäßiger Dicke über die Unterseite des Kopfs ausgebreitet und an zwei zur Medianebene des Kopfs symmetrisch ge- legenen Stellen flach muldenförmig eingekerbt ist. Nach oben ist die Plakode zu beiden Seiten gegen das undifferen- zierte kubische Epithel scharf abgesetzt. Die Plakode ist als Sinnesorgan dadurch charakterisiert, dab die Kerne basal gelegen sind, besonders in den genannten Ein- kerbungen. An der Innenseite dieser zwei Einkerbungen bemerken wir median- 160 Oscar Sunp, warts gerichtete, ziemlich scharfe Ecken, und verfolgen wir dieselben vorwärts in der Serie, so begegnet uns (bei stärkerer Vergrößerung) ein Bild wie Fig. 2, Taf. 8. Der wulstige Auswuchs oder die Zellen- einwucherung vom Sinnesepithel nach dem Gehirn zu ist die erste Spur der paarigen Geruchsnerven, deren ektodermaler Ursprung durch die beim Fixieren eingetretene Ablösung der Haut deutlich hervortritt. Wir haben es wohl hier unzweifelhaft mit denselben „Brücken“ zwischen Plakode und Hirn zu tun, welche Horrmann (1896) als die erste Anlage der paarigen Riechnerven beschreibt. In der Mitte der Plakode sieht man an deren Innenseite einen kleinen kernfreien Raum, der wohl zweifellos die Stelle der Schließung des Neuroporus bezeichnet. — Hier wäre also der Nervus olf. impar zu suchen, aber auf den von mir untersuchten Stadien sieht man von einem solchen keine Spur. Aus allem, was wir hier betreffs dieser Ektodermverdickung beobachtet haben, ihrer Ausdehnung, ihrer ebenen Oberfläche, der kernfreien Oberflächenschicht, scheint mir deutlich genug hervor- zugehen daß wir es mit einer echten, wohl charakterisierten Kuprrer’schen Plakode zu tun haben. Wie oben erwähnt, hat PETER eine ähnliche Bildung bei Lacerta gefunden und als ein mechanisches Produkt der Neuroporusschließung gedeutet; und in Übereinstimmung damit möchte er auch die Be- funde Kuprrer’s (u. A.) bei verschiedenen Objekten zu einer solchen „Aufstauung“ reduzieren. Diese Anschauung wird aber in den Ver- hältnissen bei Spinax vergebens eine Stütze suchen. Die Plakode ist bei Spinax viel zu groß und ihr Bau viel zu regelmäßig, um eine Deutung derselben als Aufstauungsprodukt zu erlauben. Sie zeigt auch, wie gesagt, deutliche Charaktere eines Sinnesepithels, und wie weiter unten gezeigt wird, gehen die paarigen Riechgruben direkt aus den Seitenteilen dieser unpaaren Plakode hervor.') Von Horrmann (1896) ist eine ähnliche unpaare Plakode auch bei 1) PETER wirft auch den Gedanken hin, daß eine von CoRNING (1899) beschriebene Deckschichtverdickung, der sog. Stirnstreif, irrtümlich als eine Riechplakode gedeutet werden konnte. Obwohl ich in den Verhält- nissen bei Spinax keine Möglichkeit für eine solche Verwechslung sehen kann, möchte ich außer den schon angeführten Gründen für die Richtig- keit meiner Auffassung noch den völligen Mangel von Pigment im Epithel der Plakode erwähnen, da PETER ein solches als charakteristisch -für den Stirnstreifen angibt. Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. 161 Acanthias nachgewiesen. Und wenn BERLINER (1902) bei demselben Objekt eine solehe nicht gesehen hat, so ist eine Erklärung wohl darin zu suchen, da seine Stadienreihe unvollständig gewesen ist. Der Sprung zwischen seinen beiden ersten Stadien ist jedenfalls recht erheblich; und ich sehe nicht ein, wie aus denselben über- haupt Schlüsse inbezug auf Monorhinie und Amphirhinie gezogen werden dürfen. Auf seinem ersten Stadium ist die Differenzierung des Sinnesepithels lange nicht so weit vorgeschritten wie in meiner Fig. 1, und bei einer Betrachtung von BERLINEr’s Abbildung (fig. 1) dieses Stadiums ist es kaum möglich, mit Bestimmtheit die Aus- dehnung des Sinnesepithels festzustellen; und noch weniger darf man, meiner Meinung nach, aus diesem Stadium allein den Schluß ziehen, daß „die erste Anlage des Geruchsorganes amphirin sei, und daß mit dem Neuroporus kein Zusammenhang bestehe“. — Das nächste Stadium, das Berrıser beschrieben und abgebildet hat, steht inbetreff der Entwicklung des Geruchsorgans zwischen meinen Stadien 2 und 3; und dab auf einem so späten Stadium die paarigen Riechgruben voneinander völlig getrennt sind, hat auch für die Frage der Monorhinie und Amphirinie nur wenig Bedeutung. — Zwischen BErLıner’s erstes und zweites Stadium lassen sich un- gezwungen meine beiden ersten einschieben. Auf dem zweiten Stadium, das mir zur Verfügung stand, hatten die Embryonen eine Länge von etwa 10 mm. Äußerlich kann man jederseits an der Unterseite des Kopfs eine sehr schwache Einbuchtung wahrnehmen (siehe Textfig. B u. C). Fig. B. In Fig. 3, Taf. 8 ist ein Schnitt durch den vordersten Teil der Riechplakode dieses Stadiums abgebildet, Fig. 4 zeigt einen Schnitt weiter hinten aus derselben Serie. Aus diesen Abbildungen sieht man, wie die schon auf dem ersten Stadium angelegten paarigen Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 11 162 Oscar SunD, Riechfelder etwas mehr eingebuchtet sind, so daß wir jederseits von einem Grübchen reden können, dessen Grund mediaywärts und gegen das Vorderende des Embryos vertieft ist. Die Spitze des Bodens ist auf Fig. 3 sichtbar als eine kompakte Verdickung des Epithels. Von besonderm Interesse ist auf diesem Stadium eine Be- trachtung des mittlern Teils der Riechplakode. Auf Fig. 3, also weit vorn in der Serie, sieht man dieselbe sich noch kontinuierlich über die Medianlinie des Kopfs fortsetzen. Doch ist ihr Epithel auch hier bedeutend dünner als in Fig. 1 (Taf. 8). Weiter nach hinten in derselben Serie dagegen (Fig. 4) findet man die paarigen Riechgriibchen durch ein schmales Feld getrennt, auf welchem das Epithel kaum dicker ist als das ganz undifferenzierte Ektoderm des Tiers. Wir haben also hier das Stadium, wo eine Trennung der unpaaren Plakode in zwei Riechfelder oder -grübchen geschieht, oder mit andern Worten, den ontogenetischen Übergang zwischen Monorhinie und Amphirhinie. Dann habe ich Embryonen untersucht, die eine Länge von 14 mm hatten, mit äußern Kiemen am zweiten Kiemenbogen. Textfig. D zeigt das eine der jetzt völlig getrennten Geruchs- grübchen als eine Kinsenkung an der Unterseite des Kopfs. | | | | Auf den Schnitten (Fig. 5, Taf. 8) sieht man, daß das Epithel der Grübchen ziemlich viel höher ist als früher, und dieselben sind durch ein breites Feld von indifferenten kubischen Zellen voneinander getrennt. Im Geruchsepithel sind fast alle Kerne etwas gegen die Basis der Zellen gerückt, so dab die Grube oberflächlich von einer Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. 163 kernfreien -Protoplasmaschicht bedeckt ist. Die größte Tiefe ist im untern Teil des Grübchens zu suchen. Auf einem wenig spätern Stadium ist auch der obere Teil des Grübchens gewachsen, so dab es etwa dieselbe Tiefe oben und unten hat (Textfig. E und Fig. 6, Taf. 8). Das Epithel ist nicht dicker geworden, scheint aber reicher an Kernen zu sein. Die früher besprochenen Anlagen der paarigen Geruchsnerven kann man hier wie auch auf den vorhergehenden Stadien-immer von der untern vorderen Spitze der Grube ausgehen sehen. Siehe Fig. 7, Taf. 8, die einen Schnitt weiter vorn aus derselben Serie darstellt, aus der auch Fig. 6, Taf. 8 genommen ist. Man wird auf der letzten Figur bemerken, wie das Sinnesepithel auf der Unterseite des Kopfs (median) über den Rand der Grube hinausragt und allmählich in das übrige undifferenzierte Ektoderm übergeht, während an der obern Kante des Grüb- chens eine scharfe Grenze zwischen Riechschleimhaut und Körperepithel vor- handen ist. Auf dem nächsten von mir unter- suchten Stadium hatten die Embryonen eine Länge von etwa 25 mm. Die Geruchsgrübchen haben sehr wesentliche Formveränderungen erlitten, indem die Spitze des Grübchens und der davon ausgehende Nerv jetzt auf den Schnittbildern nach oben (lateralwärts) gerichtet ist, nach unten (medianwärts), anstatt wie vorher (vgl. Textfig. E und F, auf welchen die Nerven, die erst weiter vorn in den Serien zum Vorschein Fig. F. kommen, angedeutet sind). Diese Ortsveränderung des Nerven ist wohl nicht durch eine Verschiebung desselben erfolgt, sondern durch starke Erweiterung der unterhalb des Austrittspunkts des Nerven belegenen Partien der Wand der Geruchsgrube. Diese Erweiterung ist teils auf eine Ein- ziehung des früher erwähnten Epithels, das über den untersten Rand der Geruchsgrube hinausragte, teils auch auf starkes Wachstum zurückzuführen. Gleichzeitig ist das Epithel der innern Wand verdünnt, und eine 117 164 Oscar SUND, Längsfaltung hinter der Austrittsstelle des Nerven bildet hier die erste Anlage der Scunerper’schen Falten (SF auf Fig. 8, Taf. 8), die später eine so große Rolle in der Morphologie des Organs spielen werden. Die dem Nerven zunächst liegenden Falten sind in ihrer Entwicklung am weitesten gekommen. Fig. 15 Taf. 9 zeigt ein Wachsmodell vom Geruchsgrübchen auf diesem Stadium. Dieses Modell, wie auch die beiden in Fig. 16 und 17 dargestellten, ist von oben gesehen und in der Weise orientiert, daß das Vorderende des Tiers nach rechts zu denken ist. Alle Modelle sind nach dem linken Geruchsgrübchen der Embryonen der resp. Stadien verfertigt, die untere Seite der Zeichnungen ist also gegen die Medianebene des Embryos gerichtet, während die Lateral- seite des Geruchsgrübchens auf den Figuren nach oben gekehrt ist. — Man sieht auf Fig. 15, wie die Spitze der Grube im Ver- hältnis zur Öffnung etwas nach vorn gezogen und auch ein wenig lateralwärts gebogen ist. Das Ektoderm wird daher auf der vordern lateralen Kante des Grübchens scharf umgebogen (auf Fig. 15), während das Epithel der Geruchsgrube nach hinten und medianwärts langsam und unmerkbar in dasjenige der ventralen Oberfläche des Kopfs übergeht. Der rhombenähnliche Boden des Grübchens hat eine zur Längs- achse des Tiers schräge, sehr seichte Einbuchtung (£b auf Fig. 15), die den Boden in zwei Partien teilt, eine vordere kleine und eine hintere, welche alle . bisher angelegten Falten enthält. Die Austrittstelle des Nerven findet / man am lateralen Ende dieser Einbuch- ; tung. Le Auf dem niichsten Stadium waren die wahr: \ Embryonen von denen auf dem vorher- | gehenden wenig verschieden, doch zeigt sich in der Entwicklung des Geruchsorgans ein bedeutender Fortschritt. Dieses Stadium wird außer durch Textfig. G auch durch das Modell Fig. 16 und die Schnittbilder Fig. 9 bis 12, Taf. 8 illustriert. Die letzten sind an den mit entsprechend numerierten Linien bezeichneten Stellen des Modells (Fig. 16) gelegt zu denken. Das Wachstum der Anlage des Ge- Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. 165 ruchsnerven wird nach wie vor durch Zelleneinwanderung vom Ge- ruchsepithel fortgesetzt, und man kann zwischen den eingewanderten Kernen auch einzelne Nervenfasern erkennen (Fig. 12, Taf. 8). In der Nähe des Gehirns sieht man eine starke Anschwellung des Nerven (Fig. 10), und von dieser Stelle an erstreckt sich ein dünner Nervenstrang, wesentlich aus Fasern aufgebaut, gegen die mediane Seite des Geruchsgrübchens. In Fig. 11 sieht man in etwas stärkerer Vergrößerung, wie dieser sekundäre Nervenast zum Geruchs- epithel herantritt, und man kann hier die Fasern zwischen den Kernen auf der Innenseite des Epithels ziemlich weit, ungefähr zum Punkte x, verfolgen. Auf dem Wachsmodell (Fig. 16) dieses Stadiums, dessen Orien- tierung schon oben angegeben ist, sind die zwei (hier abgeschnittenen) Äste des Nerven durch N J und N II markiert. Die Partie des rhombischen Bodens, welche sich zwischen dem Ausgangspunkt des Hauptnerven (N /) und der Stelle streckt, wo der sekundäre Nervenast (N //) hinzutritt, ist etwas eingesenkt, wie auch schon auf dem vorigen Stadium in geringerm Maße, aber sonst glatt, und ihre Richtung ist jetzt beinahe lotrecht zur Median- ebene des Embryos. Vor dieser bandförmigen Partie (Eb) hat sich die Geruchsgrube erweitert, so dab der Austrittspunkt des Haupt- nerven, der früher an der vordersten Spitze des Grübchens lag, jetzt etwas hinter dieser Stelle sich befindet. In dieser neu ge- bildeten vordersten Partie des Bodens der Grube sieht man jetzt eine zweite Faltenreihe (Fr IT), aus drei kleinen Falten bestehend, gerade vor der Stelle, wo der sekundäre Nervenast (N /I) den Boden der Grube berührt. Es scheint hier, ebenso wie bei der Anlage der ersten Falten- reihe, ein kausaler Zusammenhang zwischen Nerven und Falten zu bestehen; und wahrscheinlich wäre wohl die Verbreitung der Nerven als die primäre, die Anlage der Falten als von derselben abhängig zu betrachten. Die schon am vorigen Stadium beobachteten Falten (die pri- märe Faltenreihe Fr J) haben jetzt an Zahl und Größe erheblich zugenommen, was sowohl aus dem Modell wie auch aus den Schnitt- bildern (Fig. 9, Taf. 8) hervorgeht. Die äußere Form der Grube ist wesentlich (siehe Fig. 16) durch Wachstum in der Breite verändert, und da die Öffnung der Grube nicht in demselben Maße erweitert ist, werden jetzt die Wände der 166 Oscar Sunn. Riechgrube an allen Seiten scharf von der Körperoberfläche abge- setat Vel=RiolHrueie: Die ältesten Embryonen, die ich untersucht habe, hatten eine Länge von 4—6 cm. Innerhalb dieser Grenzen geschieht die Bil- dung des Rostrums gleichzeitig mit der Streckung des Kopfs in der Längsrichtung des Tiers. Dadurch erreichen die Riechgruben eine im Verhältnis zum Gehirn apicale Lage.’ Die äußern Öffnungen der Riechgruben sind durch lappenartige Auswüchse ihrer Ränder in zwei geteilt in der Weise, daß die von der Medianseite kommenden Lappen über den lateralen liegen. Siehe Textfig. H, welche die Kopfspitze des Embryos von der Ventralseite gesehen darstellt. Nach dem linken Geruchorgane eines Embryos von etwa 4 cm Länge wurde ein Wachsmodell angefertigt, das in den Figg. 17—20 ab- gebildet ist. In Fig. 17 ist das Modell wie in Fig. 15 und 16 orientiert zu denken; Fig. 18 zeigt die äußere Öffnung (also von der Unterseite des Embryos gesehen), während Fig. 19 und 20 die beiden Hälften des Modells, das nach der Ebene a--b auf Fig. 17 und 18 geteilt ist, darstellen. Wir sehen, wie die Scunerper’schen Falten an Breite, Höhe‘ und Zahl zugenommen haben, letzteres speziell in der sekundären (vordersten) Reihe, Fr JJ, indem diese jetzt 16 Falten gegen 3 auf dem vorhergehenden Stadium enthält, während die primäre (hintere) Reihe, Fr I, 15 gegen die frühern 11 umfaßt. Die wichtigste Veränderung ist jedoch das starke Wachstum der faltigen Partien an Tiefe, während die faltenlose Partie des Bodens (die Einbuchtung, Eb auf Fig. 15—16) zwischen beiden Nervenästen fast nicht gewachsen ist. Infolge dieses Unterschieds in der Schnelligkeit des Wachsens zwischen den verschiedenen Teilen des Bodens sind die beiden Faltenreihen (Fr I, Fr II auf Fig. 16) jetzt in zwei an der Geruchs- grube stark hervortretende Blindsäcke (Fr I, Fr II auf Fig. 17—20) verwandelt, welche durch eine tiefe Einbuchtung des Sinnesepithels — getrennt sind. Auf einem etwas spätern Stadium ist diese Einbuchtung noch mehr vertieft und verengt, so daß sie völlig den Charakter einer Eig- HL Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. 167 plattenförmigen Scheidewand hat, aus zwei Epithelschichten bestehend zwischen welche Bindegewebe eingedrungen ist. Siehe die Profil- konstruktion Textfig. J, welche nach einer Schnittserie hergestellt ist. Die tiefen Blindsäcke (der hintere etwas größer als der vordere) liegen dicht aneinander, durch die besprochene Scheidewand (Eb auf Textfig. J) getrennt. Das Lumen der Grube ist durch die starke Faltenbildung ein- geengt. Dasselbe ist mit der Öffnung der Fall, indem davon wegen der Lappenbildung nur eine verhältnismäßig enge vordere (F) und hintere (H) Öffnung zurückgeblieben ist. Den Schnitt Fie. 13 kann man senkrecht zum Papier in der auf Textfig. J entsprechend numerierten Linie denken. — Wir sehen a) € { also da die sekundäre Faltenreihe (Fr II) über der primären (Fr J) liegend und beide durch die Scheidewand (4b) getrennt, in welcher feine Nerven und Blutgefäße sich verästeln. Fig. 14 ist ein wenig schräg geschnitten. Auch hier beobachten wir die zwei Faltenreihen (#r I—U) oder Blindsäcke, von der Scheidewand aber sehen wir nur die zwei seitlichen Ecken (Eb), welche etwas weiter vorspringen als ihre mittlere Partie. 168 Oscar Sunn, Sowohl auf Fig. 13 als auf Fig. 14 wird man die Aste des Olfactorius in ihrer charakteristischen Lage bemerken, den sekun- dären (N 11) an der Medianseite, den primären (N 1) an der Lateral- seite der Scheidewand zwischen beiden Blindsäcken. Bei den reifen Embryonen konnte ich, wie auch BERLINER bei Acanthias, die sog. sekundären SCHsEiper’schen Falten wahrnehmen, welche als seitliche Auswüchse auf den ursprünglichen Falten auftreten. Zuletzt möchte ich noch die Frage nach der Bedeutung der Teilung des Geruchsorgans in zwei Blindsäcke etwas näher erörtern. Wenn man ihre Entwicklung bei Spinax genau verfolgt hat, liegt es nahe, die einschneidende Scheidewand zwischen beiden Blind- säcken als eine Vorrichtung zu betrachten, die im Dienste der leichtern Innervierung des stark wachsenden Sinnesepithels stehe. Wir haben gesehen, wie die Einsenkung zwischen beiden Nerven- ästen zuerst zum Vorschein kommt, und auf weiter vorgerückten Stadien findet man die Scheidewand zwischen den Blindsäcken von Nervenfasern stark angefüllt, die bis zur Unterkante derselben vor- dringen. Von der in dieser Weise gebildeten Nervenplatte strahlen dann zu beiden Seiten feinste Fasern in die ScHneiver’schen Falten hinein. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob diese Blind- sackbildung bei Spinax ganz allein dastehe oder ob ihr eine all- gemeine Bedeutung beizumessen sei. Ich möchte hier daran erinnern, dab der sekundäre Blindsack bei Spinax vorn und median im Verhältnis zum primären angelegt und von seinem speziellen Olfactorius-Aste innerviert wurde. Diese zwei Tatsachen müssen den Gedanken zunächst auf das Jacopson’sche Organ der höhern Wirbeltiere lenken, welches auch, so weit aus der Literatur ersichtlich, stets als eine Ausbuchtung des Sinnesepithels der Nasenhöhle angelegt wird. Bei den Reptilien erreicht das Organ die höchste Entwicklung, während es bei den Vögeln und Säugetieren wohl immer als mehr oder weniger rückgebildet zu betrachten ist. Bei den Amphibien ist die Frage über das Vorkommen eines Jacopson’schen Organs noch als offen zu betrachten; Seyper (1895) meint ein solches nachgewiesen zu haben, während Prrer (1901) und HiNSBERG (1901, 1902) der betreffenden blindsackförmigen Bil- dung hier eine andere Deutung geben. Bei Fischen ist das Jacogson’sche Organ noch nicht mit Sicher- heit nachgewiesen. Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. 169 Bei einem Vergleich aber zwischen meinen Modellen und Schnitt- bildern von der Entwicklung des Geruchorgans bei Spinax mit der Darstellung, die Brarp (1889) von der Entwicklung des JAcoBson- schen Organs bei Reptilien gibt, scheint eine große Ähnlichkeit zwischen beiden Anlagen zu bestehen. In Übereinstimmung mit den obigen Erörterungen halte ich es also nicht für unwahrscheinlich, daß der vordere Blindsack des Geruchsorgans bei Spinax niger als homolog mit dem JAcogson’schen Organ der höhern Wirbeltiere zu betrachten ist; aber eine end- gültige Entscheidung dieser Frage mub dahinstehen, bis ein reicheres Material von embryologischen Untersuchungen des Geruchs- organs, speziell der niedern Wirbeltiere, zum Vergleich mit heran- gezogen werden kann. Kristiania, Dezember 1904. Nachdem ich diese Arbeit beendigt, kam mir die Abhandlung von Lusoscn, „Entwicklung und Metamorphose des Geruchsorgans von Petromyzon“, in: Jena. Z. Naturw., Vol. 40, Heft 1 in die Hände. Ein Passus darin hat diesen Nachtrag hervorgerufen. Lugoscx citiert einen Artikel von mir (Sunp, 1904, p. 653): „... man sieht von zwei symmetrisch belegenen Punkten der Innen- seite der (— unpaaren —) Plakode aus eine Einwanderung von Zellen vom Sinnesepithel nach dem Gehirn zu. Die Zelleinwanderung wird während des weiteren Wachstums des Geruchsorganes fort- gesetzt und dadurch die Grundlage für die paarigen Geruchsnerven gebildet.“ Daraus schließt er, daß die paarigen Geruchsnerven sich auf Kosten der unpaaren Sinnesplakode bilden, während der nicht dazu verwendete Teil der Rückbildung anheimfällt. „Hier ist also,“ sagt er, „das sonst vermißte Attribut, der Zusammenhang zwischen der medianen Verdickung und den „lateralen Plakoden“, — denn nichts anderes sind die ersten Anlagen der Riech- nerven—..." Diese Auffassung kann ich mir nicht aneignen. Die Riechnerven entstehen nicht auf Kosten der medianen Plakode, weil diese schon rückgebildet ist, ehe die Nerven sichtbar an Größe zugenommen haben, und weil die obengenannten „symmetrisch belegenen Punkte“, wovon die Nerven ausgehen, sich eben in den dauernden Partien der primären Plakode befinden, welche sich späterhin einkerben und sich zu Grübchen umbilden. Trondhjem, August 1905. 170 Oscar Sunn, Literaturverzeichnis. BEARD, J. (1889), Morphological Studies IV : Nose and Jacobson’s Organ, in: Zool. Jahrb., Vol. 3, Anat., 1889. BERLINER, K. (1902), Die Entwicklung des Geruchsorganes der Selachier, in: Arch. mikrosk. Anat., Vol. 60, 1902. CorninG !) (1899), Ueber einige Entwicklungsvorginge am Kopfe der Anuren, in: Morph. Jahrb., Vol. 27, 1899. HInSBERG, V., Entw. d. Nasenhöhle bei Amphibien, in: Arch. mikrosk. Anat. (1901), Teil 1—2, Vol. 58, 1901; (1902), Teil 3, Vol. 60, 1902. HOFFMANN, C. K. (1893), Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Se- lachierkopfes, in: Anat. 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Anz., Jg. 9, 1886. 1) CornING’s Arbeit kenne ich nur aus PETER’s Citat. Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. 171 Erklärung der Abbildungen. Allgemein gültige Bezeichnungen. Eb Einbuchtung M medianer Lappen Fr I primäre Faltenreihe N I primärer Nervenast Fr II sekundäre Faltenreihe N II sekundärer Nervenast H hintere Öffnung der Riechgrube V vordere Offnung der Riechgrube. L lateraler Lappen Tafel 8. Die Vergrößerung ist in Fig. 2: 285:1 (Zeiss Syst. C, Oc. 4), are 112 150::1 (Zeiss C, Oc. 2); Big. 13 und 145 352.1) Gimiss A,, Oc. 4), alle übrigen Figuren dieser Tafel 85:1 (Zeiss Syst. A, Oc. 3). Fig. 1. Querschnitt, Embryo 8 mm Länge. Bei X hat sich der Neuroporus geschlossen. Siehe Textfig. A. Fig. 2. Weiter vorwärts in derselben Serie. Fig. 3. Querschnitt, Embryo 10 mm Länge. Fig. 4. Weiter rückwärts in derselben Serie. Siehe Textfig. C. Fig. 5. Querschnitt, Embryo 14 mm Lange. Siehe Textfig. D. Fig. 6. Querschnitt, Embryo ein wenig größer. Siehe Textfig. E, Fig. 7. Weiter vorwärts in derselben Serie. Fig. 8. Querschnitt, Embryo etwa 20 mm Länge. Fig. 9, 10, 11, 12 sind alle aus einer Serie von einem Embryo von 25 mm Länge. Fig. 9 aus dem hintern Teil der Grube mit der primären Faltenreihe, Fig. 10 und 11 aus dem faltenlosen Mittelteil, Fig. 12 von dem vordern Teil mit der sekundären Faltenreihe. Fig. 10 ist bezüglich des Bindegewebes ein wenig schematisiert. Auf Fig. 11 kann man die Nerven- fäden zwischen den Kernen des Epithels bis zum Punkt >< verfolgen. Fig. 13 und 14. Länge des Embryos etwa 60 mm. Pre Oscar Sunp, Die Entwicklung des Geruchsorgans bei Spinax niger. Tafel 9. Die abgebildeten Modelle sind bei 50facher Vergrößerung angefertigt. Fig. 15. Wachsmodell vom linken Geruchsgriibchen desselben Embryos wie der Schnitt Fig. 8, Taf. 8 von oben und von der Medianseite ge- sehen. Fig. 16. Wachsmodell vom linken Geruchsorgan nach derselben Serie wie Fig. 9—12, Taf. 8, in derselben Weise orientiert wie Fig. 15. Fig. 17—20. Wachsmodell von einem Embryo von 40 mm Linge. Fig. 17. Wie Fig. 15 orientiert. Fig. 18. Das Modell von der Ventralseite gesehen. Fig. 19. Die hintere Hälfte des nach der Ebene a—b auf Fig. 17 bis 18 geteilten Modells. Fig. 20. Die vordere Hälfte. Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdruckerei), Naumburg a. S. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Die Kiefermuskeln der Schlangen und ihre Beziehungen zu den Speicheldriisen. Eine vergleichend-anatomisch-physiologische Arbeit von P. Karl Hager in Disentis (Schweiz). Aus dem Zool. Institut der Universität Freiburg (Schweiz). Mit Tafel 10—14. Einleitune. Die Kiefermuskeln der Schlangen beschrieben: HUEBNER, 1815: Boa carina; An. Ducës, 1827: Coluber natrix, C. viperinus, C. austriacus und CO. aescu- lapii; mit ausführlichen Zeichnungen ; MECKEL, 1829; DuveErxoy, 1832: Tortrix scytale; Coluber natrix, C. quincunciatus REINWARDT; ©. plumbeus P. Maxım.; Flaps lemnis- catus Cuv., Pelamis bicolor (Cuv.); Crotalus durissus, Trigonocephalus lanceolatus und Sepedon haemachatus ; E. D’ALTON, 1834: Python bivittatus ; R. Owen, 1866: Crotalus durissus; die Abbildungen im Text sind der Arbeit von DUVERNOY entlehnt; v. TEUTLEBEN, 1874: Crotalus durissus. C. K. Horrmann, 1890, gibt in „Broxv’s Klassen und Ordnungen des 'Thierreiches* eine zusammenfassende Darstellung der Kopf- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 12 174 P. Kart Hacer, muskulatur der Schlangen. Der Text dieser Beschreibung ist größtenteils, oft wörtlich, der oben erwähnten Arbeit von p’ALTON entlehnt. HOFFMANN gab auch die Bezeichnungen der einzelnen Muskeln nach Cuvier, HUEBNER und DuGës zum Teil, ausführlich jene nach Owen und v. TEUTLEBEN. In HorrMann’s Zusammen- stellung der Bezeichnungen der Muskeln seitens früherer Forscher sind einzelne Irrtümer unterlaufen; jedoch gibt sein Werk eine zu- sammenfassende einheitliche Bezeichnung der Kiefermuskulatur der Schlangen, wobei für die Benennung Ursprung und Ansatz des Muskels am Schädel und Kiefergerüst maßgebend waren. Ich schließe mich der Horrmann’schen Bezeichnung an, korrigiere und ergänze selbe, wo nötig und gebe zugleich eine tabellarische Über- sicht der Kiefermuskelbenennungen der Schlangen von seiten früherer Forscher, soweit dies möglich war. Schon Duvernoy und Ducks machten vor ungefähr 80 Jahren den ersten Versuch einer vergleichend anatomisch-physiologischen Darstellung der Kiefermuskeln der Schlangen, wobei DuvEerNnoy die Beziehungen dieser Muskeln zu den benachbarten Drüsen, insbesondere zur Glandula venenata, hervorhob. In neuern anatomisch-physiologischen Arbeiten über denselben (Gegenstand hat man sich fast ausschließlich auf die Familie der Viperiden beschränkt. Ich ziehe die umfangreichste Schlangen- familie, die Colubriden, mit in die gleiche Bearbeitung herein und versuche, gestützt auf die anatomischen Befunde, die funktionelle Bedeutung der Kiefermuskeln zu geben A. beim Beib- und Schlingakt, B. bei der Mechanik der Driisenentleerungen. Mein Untersuchungsmaterial ist folgendes: Fam. Colubridae. a) Ophidia Aglypha Colubrinae 1. Tropidonotus natrix 2. Tropidonotus viperinus 3. Tropidonotus piscator 4. Zamenis atrovirens b) Ophidia Opisthoglypha a) Dipsadomorphinae 5. Tarbophis vivax 6. Dryophis prasinus Die Kiefermuskeln der Schlangen. 175 7. Dipsas colubrina 8. Psammophis sibilans 9. Scytale coronata 10. Oxyropus tergeminus 6) Homalopsinae 11. Hypsirhina enhydris 12. Homalopsis buccata 13. Cerberus rhynchops c) Ophidia Proteroglypha a) Elapinae _ 14. Elaps corallinus 15. Notechis scutatus 16. Naja tripudians 17. Naja hae 6) Hydrophinae 18. Pelamis bicolor 19. Platurus colubrinus 20. Enhydris hardwickei Fam. Viperidae. d) Ophidia Solenoglypha a) Viperinae 21. Pelias berus 22. Cerastes cornutus 23. Causus rhombeatus 8) Crotalinae 24. Bothrops (Lachesis) lanceolatus. Genanntes Untersuchungsmaterial erhielt ich teils vom Zoologi- schen Institut der Universität Freiburg, teils verdanke ich es dem naturhistorischen Museum des Kollegium ,Stella matutina“ in Feld- kirch, Vorarlberg. Außerdem konnte ich eine Anzahl bereits fertiger Schnittserien von Schlangenküpfen untersuchen, die Prof. Dr. Lupw. KATHARINER zu anderweitigen Untersuchungen angefertigt hatte und mir für meine Arbeit gütigst überlieb. Die von mir selbst hergestellten Schnittserien unterwarf ich einer Mehrfachfärbung. Zuerst nahm ich Stückfärbung vor in alkoho- lischem Bismarckbraun und wusch in absolutem Alkohol schwach aus. Die Schnitte färbte ich sodann nach Van Girson. Die einzelnen Gewebe zeigten hernach folgende Färbung: Knorpelgewebe braun, Knochen- und Bindegewebe rot, Muskulatur gelb, Kernfärbung blau. Die gefärbten Schnitte gestatteten mir, gut differenzierte mikro- 12% 176 P. Karu HAGER, photographische Aufnahmen zu machen. Außerdem wurden größere Schlangenköpfe präpariert und davon photographische Bilder her- gestellt. A. Die Kiefermuskeln und ihre Funktion beim Beilfs- und Schlingakt. Um Wiederholungen zu vermeiden, beschränke ich mich im all- gemeinen nur auf je einen Vertreter der vier Schlangengruppen, solange nicht das übrige Untersuchungsmaterial abweichende Ver- hältnisse aufweist. I. Muskeln, welche den Unterkiefer heben und an das Dach der Mundhöhle pressen: „Schließer des Mauls“, „Kaumuskeln“. Der Unterkiefer ist ein um eine quere Drehachse mit dem Quadratum beweglich verbundener Knochen. Am vordern Teil des Unterkiefers sitzt das Dentale mit seiner Zahnreihe; hinten erhebt sich am zahnlosen Articulare bald mehr, bald weniger der Processus muscularis, welcher lateral eine Längsgrube aufweist; hinter dem Quadrato-Mandibulargelenk ist noch ein kleiner Fort- satz des Mandibulare, der als kurzer Hebelarm dient. Als „Heber“ des Unterkiefers oder als ,SchlieBer“ des Mauls funktionieren die Portionen des M. parietali-quadrato-mandi- bularis. Die vorderste und oberflächlichste Portion ist bekannt unter dem Namen M. masseter (OwEN); die drei andern wurden von D’AuLrox und TEUTLEBEN als M. temporalis zusammengefaßt; DUVERNOY benannte alle Portionen als temporalis: Le muscle temporal anterieur (masseter), le temporal moyen ou profond, le temporal postérieur; er unterschied im ganzen nur drei Portionen; ebenso Owen. a) Musculus masseter Owen. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natrix. Der M. masseter entspringt teils vorn am Postfrontalfortsatz, teils oben am benachbarten Parietale (Fig. 1 7). Die Muskelfasern laufen von vorn oben schief nach hinten unten ans Mandibulare, biegen hinter der Lippencommissur nach vorn um und inserieren lateral am Mandibulare ungefähr unter den hintersten Zähnen des e Die Kiefermuskeln der Schlangen. 177 Maxillare. Nach hinten abwärts geht eine Fascie vom Muskel aus, die sich als Aponeurose über den untern Abschnitt des M. temporalis ausbreitet. 8) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans. Ursprung und Insertion des Muskels wie bei Tropidonotus; doch geht die Richtung der Fasern wegen der gestrecktern Form des Schädels mehr horizontal nach hinten. Derartige kleine morpho- logische Abweichungen entsprechend den verschiedenen Schädel- formen der einzelnen Gattungen treten überhaupt in jeder Gruppe auf, ohne daß dabei in Ursprung und Insertion ein wesentlicher Unterschied sich zeigt (Fig. 4, 5, 6, 7 1). y) Proteroglyphe Colubriden: Gegenüber den beiden vorhergehenden Gruppen verhält sich der M. masseter ganz abweichend; außerdem zeigt er Unterschiede bei den Zlapinae und den Hydrophinae. 1. Elapinae: Naja tripudians; N. haje. Der M. masseter zerfällt in zwei Portionen: in eine obere, welche lings des Postfrontalfortsatzes und vorn oben am Parietale entspringt und deren Fasern längs des ganzen dorsalen und hintern Teils der Giftdrüse (g) ansetzen (Fig. 8 u. 10 Za). Am hintern Drüsenabschnitt geht der Muskel in ein flaches breites Sehnenband über, welches daselbst zum Teil (nach hinten) mit der Drüsenkapsel verwächst. Am untern Ende des Sehnenbands (Fig. 11 s°) ent- springt die zweite Muskelportion (1b), welche als kräftiger zylindri- scher und gestreckter Muskelbauch um die Lippencommissur biegt und lateral weit vorn am Mandibulare (Dentale) ansetzt. 2. Hydrophinae: Enhydris hardwicker, Pelamis bicolor. Es sind zwei obere Muskelbäuche vorhanden, welche beide an der Giftdrüsenkapsel ansetzen. Dieselben überdecken einander größten- teils (Fig. 12, 13, 14 Ja u. 1b). Die vordere laterale Portion (Ja) entspringt vorn oben am Parietale und nur zum geringen Teil am Postfrontalfortsatz; sie inseriert am dorsalen hintern Drüsenabschnitt (Bie,l&-u: 15). Die zweite, weiter nach innen und unten gelesene lang gestreckte Portion (Fig. 13, 15, 16 75) entspringt vorn am Postfrontalfortsatz, legt sich auf den Rücken der Giftdrüsenkapsel, woran ein Teil der Muskelfasern inseriert, wendet sich medial am hintern Drüsenteil 178 P. Kart Hacer, abwärts, biegt nach vorn um und inseriert, wie die Portion (75) bei Naja (Fig. 11), weit vorn am Mandibulare. Der innere Muskelbauch (1b) ist somit von seinem Ursprung am Postfrontale bis zu seiner Insertion am Mandibulare, im Gegensatz zum M. masseter bei Naja, eine einheitliche fleischige Portion (Fig. 16 7b). Duvernox hält sie für den Muskel „temporal moyen ou profond“; es ist dem nicht so, da ja jene Portion des M. temporalis außerdem noch vorhanden ist und bei allen Gruppen innen am Parietale entspringt. 0) Viperiden: Dothrops lanceolatus und Causus rhombeatus WAGL. Der M. masseter entspringt nicht am Parietale und Postfrontale, wie bei den drei Colubriden-Gruppen, sondern an der äußern Gift- drüsenumhüllung; letztere wird gebildet von dem breiten Jochband- blatt, das die eigentliche Giftdrüsenkapsel zum größten Teil umhüllt und teilweise mit ihr verwächst. Die Fasern des Muskels liegen dem Jochband dorsal und zum Teil lateral von vorn oben nach hinten unten auf, steigen medial am hintern Drüsenende abwärts, biegen nach vorn um und inserieren ebenfalls weit vorn am Man- dibulare (Fig. 19, 21 u. 25 7). Über die Fascie, welche den obern Teil des M. masseter und des M. temporalis-posterior umspannt (Fig. 18 f“), siehe „Mechanik der Giftdrüsenentleerung bei den Viperiden“! Abweichend ist der Befund bei Causus rhombeatus WAGL. Dort zerfällt der M. masseter in zwei Portionen; die eine zeigt in Ursprung, Verlauf und Ansatz den Typus von Tropidonotus und hat keine Beziehungen zu der gewaltig entwickelten Giftdrüse; die andere Portion entspringt an der Giftdrüse selbst und fungiert nicht als Beißmuskel (Fig. 27, 28 u. 29 7g). Siehe hierüber Näheres bei: Funktion der Giftdrüsenentleerung (S. 209 u. 210). b) Musculus temporalis. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natrix. Die vorderste und tiefste Portion des M. temporalis ist vom M. masseter bedeckt und entspringt einwärts an der Crista parietalis; am Ursprung breit, verschmälert sich die Portion, während sie schief nach hinten unten zieht, biegt nach vorn um und inseriert an der medialen Fläche des Mandibulare gegeniiber der lateralen Ansatz- stelle des M. masseter. Die folgende (Fig. 1 3), oberflächlicher gelegene Portion, wird vorn und unten vom M. masseter ebenfalls bedeckt, entspringt oben Die Kiefermuskeln der Schlangen. 179 am Parietale, läuft nur schwach nach hinten abwärts und inseriert an der lateralen Fliche des Mandibulare hinter der Ansatzstelle des M. masseter. Vom Ursprung an zieht diese Portion zum Teil iiber das Os squamosum hinweg. Die hinterste und stärkste Portion (Fig. 1 4) entspringt lings der vordern Fläche des Quadratum und inseriert lateral und medial am Processus muscularis des Mandibulare. Der Faserverlauf geht fast senkrecht von oben nach unten. Diese letzte Portion grenzt unmittelbar an die vorige; beide sind voneinander nicht deutlich getrennt und wurden von Duvernoy (1832) und anderen unter dem gemeinsamen Namen M. temporalis posterior aufgefiihrt. 8) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans, Cerberus rhynchops. Die Befunde sind dieselben wie bei Tropidonotus. Die vorderste und tiefste Portion siehe Fig. 7 2; die übrigen: 3 u. 4 ebendort. y) Proteroglyphe Colubriden: Naja tripudians und N. haje und 0) Viperiden: Bothrops lanceolatus und Causus rhombeatus WAGL. Ursprung, Faserverlauf und Insertion sind bei beiden Gruppen gleich jenen von Tropidonotus; doch sind die zweite und dritte Portion deutlich voneinander getrennt (Fig. 9, 19, 20, 28 u. 29 2, 3, 4); ferner überdeckt der stark entwickelte M. masseter (7) nach hinten die zwei ersten Portionen ganz, die hinterste (4) auch noch an ihrem vordern Abschnitt (Fig. 8, 19 7, 4). Ferner geht bei den Viperiden der untere Teil der ersten Portion in eine Aponeurose über, welche den basalen Teil der hintern Portionen tiberzieht. Sowohl bei den proteroglyphen als bei den solenoglyphen Ophidiern liegen die drei Portionen tiefer und dichter am Schädel als bei den aglyphen und opisthoglyphen Ophidiern. Es hängt dies damit zusammen, daß bei den erstern die Giftdriise und der ihr auf- sitzende M. masseter eine bedeutend stärkere Entwicklung zeigen. Bei Causus rhombeatus deckt die erste Portion des M. temporalis (Fig. 28 2) die sehr stark entwickelte Nickhautdrüse (Fig. 29 »). Die Funktion der vier Portionen des M. parietali-quadrato- mandibularis als Beißmuskel ist folgende: bei ihrer Kontraktion pressen sie den Unterkiefer an das Dach der Mundhöhle. Die Beweglichkeit der Kieferknochen, die Verschiebbarkeit der- selben untereinander, die Form und Länge der Zähne: rückwärts 180 P. Karu Hacer, gebogene, nach hinten gerichtete, lange, spitz zulaufende Kegel, überhaupt das luftige, wenn auch fest gebaute Kiefergerüst der Schlangen gestattet nur ein Ergreifen, Festhalten und Weiter- befördern der ungeteilten ganzen Beute; ein Zermalmen derselben, wie man dies bei einem Säuger findet, ist ausgeschlossen. Die Untersuchung zeigte, daß der M. masseter bei den protero- elyphen und solenoglyphen Schlangen gegenüber den aglyphen und opisthoglyphen Colubriden weit vorn am Mandibulare ansetzt; somit muß der Muskel länger sein; außerdem ist auch seine Dicke auffallend groß; beides hat eine Vermehrung der Muskelkraft zur Folee. Die Verlängerung des M. masseter ist bei den Proteroglyphen und noch mehr bei den Solenoglyphen deshalb nötig, weil das Maul weiter aufgesperrt werden muß, um der Beute den Durchgang zwischen den sehr langen aufgerichteten Giftzähnen, die vorn am Oberkiefer sitzen, und den Zähnen des Unterkiefers zu gestatten. Die Dicke und Stärke des Muskels steht aber im engsten Zusammen- hang mit der Giftdrüsenentleerung und dem Einhaven der Giftzähne; erstere kommt hauptsächlich zustande durch die Kontraktion des M. masseter, wie wir später ausführlich beschreiben; das Einhauen der Giftfänge und der Zähne des Unterkiefers in das Fleisch der Beute benötigt ebenfalls einer großen Muskelkraft. Die Richtung des M. masseter und der beiden vordern Portionen des M. temporalis ist nicht eine Gerade, sondern hinter der Mund- winkelspalte biegen die Portionen nach vorn um. Es wird sich somit bei der Kontraktion des Muskels der Ansatz nicht in gerader Linie dem Ursprung nähern können, obschon bei aufgesperrtem Rachen die Richtung sich der Geraden mehr zu nähern vermag. Der Muskelzug erleidet somit eine Ablenkung, d. h. er wirkt so, als ob der Ursprung von dem Mundwinkel aus stattfände. Dadurch werden der M. masseter und zum Teil die beiden ersten Portionen des M. temporalis den Unterkiefer nicht nur nach oben an den Oberkiefer pressen, sondern auch den Unterkiefer etwas nach hinten ziehen. Dagegen wird der M. temporalis posterior mit dem senkrechten Ansatz seiner Fasern hinten am Mandibulare und besonders am Processus muscularis desselben nur das Zuklappen des Unterkiefers an den Oberkiefer besorgen. Die kombinierte Funktion der vier Beißmuskeln: Andrücken des Unterkiefers an den Oberkiefer einer- ‚seits und Zurückziehen des Unterkiefers andrerseits, bewirkt ein Die Kiefermuskeln der Schlangen. 181 tiefes Verankern der rückwärts gebogenen Zähne beider Kiefer im Fleisch der Beute. II. Muskeln, welche den Unterkiefer senken; „Öffner des Mauls“. Als Niederzieher des Mandibulare oder Unterkiefers wirken folgende Muskeln: a) Musculus occipito-quadrato-mandibularis. Der Muskel liegt dem Quadratum auf. Dieser Knochen ver- bindet das Mandibulare mit dem Squamosum oder Temporale; letzteres sitzt am Schädel fest, so daß das Quadratum die ver- mittelnde Stellung zwischen dem festen Schädel und dem beweg- lichen Unterkiefer einnimmt. Die bewegliche Verbindung mit dem Squamosum gestattet dem Quadratum eine Bewegung um eine quere Drehachse nach vorn und hinten, ebenso eine Aus- und Ein- wärtsbewegung seines untern Endes am Mandibulargelenke. Das obere Ende ist bald mehr, bald weniger in der Sagittalrichtung des Schädels flach verbreitert, so daß ein vorderes und hinteres Horn entsteht. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natrix. Der Muskel entspringt oben am Quadratum in zwei Portionen: die stärkste und Hauptportion (Fig. 1 72) am vordern Horn; ein Sehnenstrang kommt vom Occipitale. Die schwächere, hintere und tiefere Portion entspringt am hintern Horn des Quadratums. Beide Portionen laufen längs des Knochens, indem die Hauptportion den- selben deckt, die schmälere aber dessen hintere Fläche flankiert. Die Hauptportion inseriert am Mandibulargelenke und nach hinten am kurzen Gelenkfortsatze des Mandibulare, die Nebenportion setzt nur an diesem Gelenkfortsatze an. 8) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans, Cerberus rhynchops. Der Ursprung des Muskels ist am obern Ende des Quadratums und am hintern Teile des Squamosums; einen Ursprung am Occi- pitale konnte ich nicht feststellen. Die hintere schwächere Portion ist mit der vordern zu einem einheitlichen Muskelstrang der Länge nach verwachsen; Verlauf und Insertion sind gleich wie bei Tropi- donotus (Fig. 4, 5, 6, 7 12). 182 P. Kart Hacer, y) Proteroglyphe Colubriden: Naja tripudians; N. haje. Ursprung mit starker Sehne am Occipitale, sowie am hintern Ende des Squamosums und am obern Ende des Quadratums (Fig. 8, 9 12). Das Ubrige wie bei Psammophis. 0) Viperiden: Bothrops lanceolatus. Ursprung in zwei deutlich getrennten Portionen; der vordere Hauptabschnitt (Fig. 19 u. 20 72) entspringt am obern Ende des Quadratums, indem er mit flacher Sehne dasselbe überzieht. Die hintere Portion entspringt am Occipitale, indem sie das hintere Horn des Quadratums umgeht; sie stellt ein schmales Muskelband dar. Verlauf, Insertion usw. wie bei Tropidonotus. Die Funktion. Der Muskel zieht bei seiner Kontraktion den kleinen Fortsatz des Mandibulare hinter dem Gelenke nach oben, wodurch der vordere Teil des Mandibulare sich senkt. Der kleine Fortsatz fungiert somit als Hebelarm der Kraft. Der Ansatz des Muskels am Mandibulargelenk dürfte bei seiner Kontraktion zugleich ein Fixieren desselben bewirken. III. Muskeln, welche mittels der bezahnten Knochen der Mundhöhle die ergriffene Beute in den Schlund befördern. Die Knochen je einer Kieferseite werden durch eigne Muskeln gehoben und nach vorn geschoben; die Zähne verankern sich sodann im Fleisch der Beute mittels der oben beschriebenen Beißmuskeln; wieder andere Muskeln ziehen und schieben hernach die erfaßte Beute nach hinten. Dieser Vorgang findet abwechselnd rechts und links auf je einer Kieferseite statt. 1. Muskeln, welche das Pterygoid und Palatinum heben und nach vorn bewegen. a) Musculus pterygo-parietalis. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natriz. Der Muskel entspringt lateral am Parietale tief unter der Ur- sprungsstelle des M. masseter und der vordersten Portion des M. temporalis; die Fasern ziehen von vorn oben nach hinten abwärts Die Kiefermuskeln der Schlangen. 183 und inserieren lings des ganzen Pterygoids; die vordern Fasern setzen sich kurz hinter dem Palatinum fast senkrecht von oben nach unten an das Pterygoid; im weitern Verlauf nach hinten inserieren sie allmählich mehr schief bis fast horizontal. 8) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans. Ursprung wie bei 7Tropidonotus, Insertion der vordern Partie ebenso; der Muskel erstreckt sich nur kurz tiber die Verbindungs- stelle des Transversums mit dem Pterygoid hinaus; sein gesamter Ansatz ist somit kürzer. y) Proteroglyphe Colubriden: Naja tripudians. Ursprung, Verlauf und Insertion ähnlich wie bei Psammophis; die Insertion entspricht der Länge der Zahnreihe am Pterygoid Mio. Wile 7). 0) Viperiden: Bothrops lanceolatus. Wie bei den vorigen Gruppen (Fig. 21 7). b) Musculus pterygo-sphenoidalis-posterior. Er liegt unter dem M. pterygo-parietalis, entspringt vorn am Sphenoid an der Unterseite des Schädels, läuft sehr gestreckt nach hinten, setzt teils medial, teils lateral lings des Pterygoids an und endigt am Mandibulargelenk (Fig. 22 9). Bei Tropidonotus setzt der Muskel nur an dem hintern Teil des Pterygoids an, bei Psammophis, Naja und Bothrops längs der ganzen Fläche des Knochens. Die Funktion der beschriebenen Muskeln dürfte folgende sein au. 6) Aglyphe und opisthoglyphe Colubriden. Der Muskel pterygo-parietalis hebt zunächst das Pterygoid; die Zähne desselben sollen aus dem Fleische der Beute gehoben werden. Mit der Verschiedenheit der Bezahnung dieses Knochens bei Tropi- * donotus und Psammophis hängt zusammen die Verschiedenheit der Insertion des Muskels. Das Pterygoid bei Tropidonotus trägt Zähne bis zu seinem hintern Ende; es ist deshalb zweckmäßig, daß auch der Muskel bis dorthin ansetzt; nur dadurch kann die ganze Zahn- reihe gleichmäßig aus dem Fleische der Beute gehoben und nach vorn gezogen werden, indem so beim Heben die horizontale Lage 184 P. Kart Hacer, des Knochens beibehalten wird. Bei Psammophis erstreckt sich im Gegensatz zu Tropidonotus die Zahnreihe des Pterygoids nur bis kurz hinter die Verbindungsstelle des Transversums mit dem Ptery- gold; es genügt also hier der kürzere Ansatz des Muskels, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Der Muskel pterygo-parietalis hebt die Zahnreihe des Ptery- goids nicht bloß aus dem Fleische der Beute, sondern rückt auch vermöge seiner Lage den Knochen nach vorn. Die Hauptarbeit für diese Verschiebung der Zahnreihen leistet jedoch der benachbarte M. pterygo-sphenoidalis- posterior. Es kommen die Zahnreihen des Pterygoids und Palatinums nahe der Medianlinie des Mund- höhlendaches in Betracht, außerdem lateral das bezahnte Maxillare. Letzteres ist durch das zahnlose Schaltstück Transversum mit dem Pterygoid verbunden. Die Verbindung zwischen Pterygoid und Transversum ist beinahe starr zu nennen, jedenfalls gestattet sie nur ganz geringe Bewegung. Die Richtung des Transversums geht schief nach vorn auswärts und stößt an das Maxillare, das wieder eine zu dem medianen Pterygoid und Palatinum mehr parallele Stellung einnimmt. Die Verbindung zwischen Maxillare und Transversum ist folgende: die aneinander grenzenden Endstücke beider Knochen sind seitlich zusammengedrückt und legen sich — das Maxillare nach auswärts — nebeneinander. Die bindegewebige Verbindung gestattet Bewegung. Sobald der M. pterygo-parietalis das Pterygoid und Palatinum hebt und der M. pterygo-sphenoidalis-posterior gleichzeitig beid@ Knochen nach vorn schiebt, muß auch das seitlich angrenzende Transversum, weil mit dem Pterygoid beinahe starr verbunden, sich heben und etwas vorrücken. Am hintern Maxillarende macht sich diese doppelte Bewegung des Transversums dadurch bemerklich, daß ersteres einer- seits ebenfalls nach oben gehoben, andrerseits zugleich etwas nach auswärts gedrängt wird. Beides ist zweckmäßig. Denn bei der Mehrzahl der aglyphen und opisthoglyphen Colubriden sind die hintersten Maxillarzähne, an denen die Giftdrüse ausmündet, die längsten; sollen dieselben aus der Beute herausgehoben werden, so mub der bezahnte Knochen gerade an dieser Stelle am meisten ge- hoben werden; diese ist aber das hintere Maxillarende. Bei Psammophis sibilans ist der hinterste gefurchte Maxillarzahn dazu noch so gestellt, daß die konvexe Seite des Zahns mehr lateral nach außen, statt nach vorn liegt, die Zahnspitze also mehr nach innen einwärts, statt gerade nach hinten gerichtet ist. Es verhalten Li Die Kiefermuskeln der Schlangen. 185 sich hier die Giftfänge am Kiefer zueinander fast wie die gekriimmten Backen einer Beißzange. Bei den übrigen untersuchten opistho- glyphen Colubriden, sowohl Land- als Wasserschlangen, fand ich diese beschriebene Stellung und Richtung der Giftzähne ebenfalls ausgeprägt, wenn auch nicht immer so auffallend. Das seitliche Abrücken vom Schädel im Verein mit dem Heben des hintern Maxillarendes vermag aber derartig gestellte Fangzähne sofort aus dem Fleische der Beute herauszuheben. — Funktionelle Bedeutung hat die Auswärtsbewegung des hintern Maxillarendes bei den aglyphen und opisthoglyphen Colubriden auch noch bei der Entleerung der Giftdrüse. — Siehe „Mechanik der Giftdrüsenentleerung“ (S. 199). y) Proteroglyphe Colubriden: Naja tripudians. Die Funktion des M. pterygo-parietalis und pterygo-sphenoidalis- posterior ist hier selbstredend die nämliche, anders aber äußert sich die Bewegung an der Verbindungsstelle vom Transversum und Maxillare infolge morphologischer Abweichungen der beiden benach- barten Knochenenden. Die langen Giftzähne dieser Schlange sitzen zuvorderst am Maxillare, statt hinten am Knochen, wo nur kleine Hakenzähne ihren Standpunkt haben. Der Maxillarknochen erreicht nicht mehr die Länge jenes der aglyphen und opisthoglyphen Colubriden. Sein vorderes Ende ist keulenförmig erweitert, und in dessen basaler Vertiefung sitzen 1—2 funktionierende Giftzähne mit 8—9 paarig hintereinander angeordneten Ersatzzähnen (Fig. 33 u. 34); der dorsale Teil des vordern Maxillarendes ist abgerundet und fügt sich in eine schwache Vertiefung des vordern basalen Teils des Präfrontale; hier kann das Maxillarkopfstück in der Richtung der Sagittalebene eine Drehung erleiden. Das morphologische Verhalten der beiden aneinanderstoßenden Enden von Maxillare und Transversum ist folgender Art: ersteres ist von vorn oben auswärts schräg nach hinten unten einwärts ab- gestutzt; darauf legt sich das vordere Ende des Transversums. So- bald nun das Pterygoid und das seitlich mit ihm verbundene Transversum etwas gehoben und nach vorn geschoben werden, drückt das Kopfstück des letztern auf das hintere Ende des Maxillare herab. Am vordern Maxillarende macht sich dieser Druck dadurch bemerklich, daß der basale, schüsselförmig verbreiterte Teil des Knochens sich etwas nach vorn wendet, indem vermöge der beweglichen Verbindung mit dem Präfrontale ein kleiner Kreis- 186 P. Kart Hacer, bogen in der Richtung der Sagittalebene von unten nach vorn oben beschrieben wird. Die Giftfänge, welche in einer schüsselartigen Vertiefung des Maxillarkopfstücks festsitzen, werden somit etwas vorrücken, d. h. in eine zur Schädelbasis mehr senkrechte Stellung gebracht. So dürfte der Giftzahn gestellt sein, wenn die Schlange angriffsbereit ihre Fänge in das Beutetier einschlagen will. Selbst- verständlich ist hier von einem Aufrichten des horizontal gelagerten Maxillarknochens nicht die Rede; doch finden wir bereits Anklänge an die Mechanik des Aufstellens des kurzen vertikal gerichteten Maxillare der folgenden solenoglyphen Ophidier oder Viperiden. 0) Viperiden: Bothrops lanceolatus. Funktion der Muskeln wie bei den vorhergehenden Gruppen; was aber die Beziehungen der beiden Muskeln zu der eben an- gedeuteten Mechanik des Aufrichtens der Giftfänge anbelangt, schließe ich mich den Ausführungen KarHariner’s (1900) an. Inbezug auf die Funktion der beiden Muskeln pterygo-parietalis und pterygo-sphenoidalis-posterior für alle vier Schlangengruppen habe ich noch hinzuzufügen, daß dieselben, bald beide zugleich, bald nur der eine von beiden, je nach dem Ansatz am Pterygoid, diesen Knochen an das Dach der Mundhöhle anzupressen vermögen. Sitzt z. B. der Muskel auf der ganzen Länge des Knochens an, so werden die hintern Fasern, d. h. jene, welche zwischen Ursprung und Ansatz eine zum Schädel mehr horizontale Lage einnehmen, den Knochen nach vorn ziehen; die vordern Fasern aber, die zum Schädel in mehr senkrechter Lage zwischen Ursprung und Insertion sind, ziehen den Knochen nach oben und drücken ihn an das Dach der Mundhöhle. Den Zweck dieses Anpressens werde ich nach Beschreibung des folgenden Muskels sub-occipito-quadrato-mandibularis erläutern. c) Musculus sub-oceipito-quadrato-mandibularis. Der Muskel entspringt am hintern Abschnitt der Schädelbasis, am Os occipit. lat. und bas. neben der Mittellinie und setzt sich bei den drei Colubriden-Gruppen an den hintern Abschnitt des Pterygoids und an das Quadrato-Mandibulargelenk an; bei den Viperiden in- seriert er längs der vordern und innern Fläche des Quadratums von unten bis ungefähr zum obern Drittel des Knochens; bei den ver- schiedenen Gattungen ist die Länge der Ansatzstelle am Quadratum etwas ungleich (Fig. 21, 22 10). Ducës beschreibt diesen Muskel Die Kiefermuskeln der Schlangen. 187 zuerst und nennt ihn „le muscle sous-occipito-articulaire“; bei der Bezeichnung des Muskels nach seiner Lage ist jedoch das Quadratum mit zu erwähnen; indem ich Ducès Bezeichnung möglichst bei- behalte, nenne ich den Muskel sub-occipito-quadrato-mandibularis. DALTON, HOFFMANN, KATHARINER und v. TEUTLEBEN erwähnen den Muskel nicht. Owen beschreibt den Muskel und weist rücksichtlich seiner Funktion auf den Muskel „depressor tympani“ der Fische hin. Taro (1900) führt denselben bei den Viperiden wieder an, ohne ihn zu benennen (p. 455), und bezeichnet ihn im Text und in seinem Schema 7 nur mit dem Buchstaben „m‘“. Die Funktion. Vermöge seines Ursprungs und Ansatzes be- steht die Arbeit des Muskels einerseits im Vorschieben des Mandi- bulare. Denn beim Vorrücken der Zahnreihen des Mundhöhlendachs mub für erneutes Angreifen auch der Unterkieferknochen vorge- schoben werden. Zwar wird bei der Vorwärtsbewegung des Ptery- goids, weil dasselbe mit dem Quadrato-Mandibulargelenk durch Sehnenbänder fest verbunden ist, das Gelenk samt dem Mandibulare und dem Quadratum ebenfalls etwas nach vorn gezogen; einen kräftigen Zug nach vorn auf letztere Knochen vermag direkt erst der M. sub-occipito-quadrato-mandibularis auszuüben, der somit die Muskeln pterygo-parietalis und pterygo-sphenoidalis-posterior in ihrer Funktion unterstützt und ergänzt. Andrerseits zieht der Muskel stark nach innen aufwärts. Ur- sprung und Ansatz sind ganz geschaffen dafür. Der Muskelzug wird ein Anpressen des Quadratums an das Hinterhaupt bewirken, wodurch Reibungswiderstand eintritt. Dazu trägt bei den drei Colubridengruppen der Ansatz des Muskels am hintern Ende des Pterygoids bei, dasselbe ebenfalls nach innen einwärts an das Dach der Mundhöhle anzupressen. Gleichzeitig geschieht dasselbe, wie vorhin erwähnt wurde, bei allen vier Schlangen- gruppen durch die beiden Muskeln pterygo-parietalis und pterygo- sphenoidalis-posterior. So lange nun der Zug aller drei Muskeln andauert, können weder das Mandibulare, noch auch die Knochen- reihe des Pterygoids und Palatinums innen am Dach der Mundhöhle, noch endlich das Maxillare lateral davon weiter vorgerückt werden; alle diese Knochen sind jetzt, nachdem sie vorerst etwas vor- geschoben worden, zugleich fixiert. Dies ist zweckmäßig. Denn beim Angriff der Schlangen wird wohl jedes irgendwie starke gebissene Beutetier einen Ruck nach rückwärts machen, oder wenn es ergriffen ist, durch zappelnde Be- 188 P. Kart Hacer, weeungen sich zu befreien suchen. Die bezahnten beweglichen Knochen der Mundhöhle laufen dabei Gefahr, nach vorn gerissen zu werden, besonders da die Zähne zum Teil sehr lang sind, wie bei den proteroglyphen und solenoglyphen Schlangen. Die drei beschriebenen Muskeln beugen nun dieser Gefahr vor, indem sie die vorgeschobenen Knochen Quadratum und Pterygoid an die Schädelbasis anpressen und so Reibungswiderstand schaffen. Speziell für die Viperiden mit ihren aufrichtbaren Giftfängen hat schon Trio (1900) diese Auffassung vertreten. Ich muß aber einen anatomisch-physiologischen Irrtum THizo’s richtig stellen. Tuto schreibt p. 456: „Ich habe oben gezeigt, wie das „Schließen“ dieses Gesperres von den Muskeln „m“ und ,,m‘“ — Schema 7 — bewirkt wird. „Gelöst“ wird das Gesperre durch Muskeln, die vom Schädeldach und den Dornfortsätzen der vordersten Wirbel ent- springen und sich an die Spangen c und d ansetzen (M. pterygo- parietalis, M. parietali-quadrato-mandibularis. Horrmany, in: Brony, Klass. Ordn.).“ Jedoch keiner der beiden Muskeln, weder M. parietali-quadrato- mandibularis, noch M. pterygo-parietalis entspringen an den Dorn- fortsätzen der vordersten Wirbel, wohl aber nehmen sie ihren Ur- sprung an dem Schädeldach. (Vel. oben.) Ferner haben wir gesehen, daß der M. pterygo-parietalis das Pterygoid hebt und etwas nach vorn schiebt, er wirkt im Sinne des M. pterygo-spenoidalis- posterior, d. h. des Muskels „m“ in TrıLo’s Schema 7, er wird somit das Gesperre nicht nur nicht „lösen“, sondern im Gegenteil dazu beitragen, dasselbe dureh Erzeugung von Reibungswiderstand zu „schließen“ im Verein mit dem Muskel „m“, d. h. M. pterygo- sphenoidalis-posterior und dem Muskel „m‘“, d. h. M. sub-occipito- quadrato-mandibularis. Taizo hätte also den M. pterygo-parietalis füglich auch noch als „Schließer“ des Gesperres anführen und im Schema 7 zur Darstellung bringen können. Was endlich das „Lösen“ des Gesperres anbelangt, so sind dafür keine besondere Muskeln als Antagonisten nötig; denn wird das „Schließen“ des Gesperres durch Muskelzug hervorgebracht, so „löst“ sich dasselbe wieder durch das Erschlaffen der betreffen- den Muskeln. Die Kiefermuskeln der Schlangen. 189 2. Muskeln, welche das Pterygoid, Palatinum und Maxillare zuruckziehen. a) Musculus pterygo-sphenoidalis-anterior. Der kleine Muskel entspringt vorn am Sphenoid neben der Mittellinie der Schädelbasis, zieht schräg nach vorn abwärts und inseriert an der Verbindungsstelle des Pterygoids und Palatinums so, dab ein Teil seiner Fasern am hintern Abschnitt des einen, bzw. am vordern Ende des andern Knochens ansetzt. So sind die Befunde bei allen vier Schlangengruppen. Je nach der Schädelform der einzelnen Gattungen tritt der Muskel bald als längerer, bald als kurzer flacher Muskelstrang auf (Fig. 22 8). HOFFMANN gibt an, dab Owen diesen Muskel als prespheno- pterygoideus bezeichne; allein Owen nannte ihn prespheno-palatin (p. 230 oben; fig. 146 n, im Anschluß an Duverxoy, welcher den Muskel le spheno-palatin nennt. Die Owen’sche Bezeichnung „pre- spheno-pterygoideus“ (fig. 146 7) ist identisch mit dem M. pterygo- sphenoidalis-posterior. b) Musculus transverso-maxillo-pterygo- mandibularis. Dieser stellt den ausgedehntesten Muskel am ganzen Schlangen- schädel dar. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natrix. Der Muskel entspringt am Quadrato-Mandibulargelenk und um- faßt das hintere Ende des Mandibulare mit fleischigem Wulst. Der Muskel läuft fast horizontal nach vorn ans Maxillare, lehnt sich unterwegs an die laterale Seite von Pterygoid und Transversum und inseriert an der Verbindungsstelle von Transversum und Maxillare. Der ventrale Teil des Muskelbauchs ist in seiner ganzen Länge von einer breiten Fascie eingehüllt, die aus dem hintern ventralen Ab- schnitt des Muskels hervorgeht. 6) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans. Wie bei Tropidonotus. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 13 190 P. Kart Hacer, 7) Proteroglyphe Colubriden: Naja tripudians. Wieder dieselben Befunde; doch zweigt am hintern Drittel des Muskels aus der oben erwähnten ventralen sehnigen Partie ein starkes Sehnenbiindel ab, das basal-lateral gesondert neben dem Muskel einherläuft (Fig. 11 5 u.s?) und teils an der Giftdriisenkapsel inseriert, teils in die Giftzahntasche einstrahlt (siehe „Mechanik der Giftdriisenentleerung“, S. 205). 0) Viperiden: Bothrops lanceolatus. Wie bei Tropidonotus (Fig. 20 5). Die engen Beziehungen zur Giftdriise siehe unten: „Mechanik der Giftdrüsenentleerung“ (S. 207). c) Musculus pterygo-mandibularis. Medial des M. transverso-max.-pterygo-mandibularis findet sich bei allen vier Schlangengruppen ein kleiner Muskel, welcher am (Juadrato-Mandibulargelenk entspringt und längs des medialen hintern Teils des Pterygoids ansetzt. Ducks nennt den Muskel Y’articulo- pterygoidien (p. 381, tab. 46. fig. 13, No. 11); Duvernoy heißt ihn pterygoidien interne; Owen nach Duvernoy ebenso entopterygoideus; pb Auton und Horrmann beschreiben den Muskel nicht; v. TEUTLEBEN auch nicht, denn sein M. pterygoideus internus ist der Kollektivname für den M. pterygo-parietalis, Mm. pterygo- sphenoidalis posterior und anterior. KATHARINER (1900) erwähnt den Muskel wieder p. 51, No.5 und fabt ihn als selbständige Portion des M. transverso-max.-pter.-man- dibularis auf, wie er denn funktionell dem letztern analog ist. Mit Rücksicht auf die Lage des kleinen Muskels und der Übersicht halber führe ich ihn gesondert an und halte mich an die erste Be- zeichnung durch DuGis, nur möchte ich den Ausdruck „articularis“ durch „mandibularis“ ersetzt wissen, um mit der Horrmann’schen Bezeichnungsweise übereinzustimmen, an die ich mich, wie schon in der Einleitung gesagt worden, halte; Horrmann aber wählt für den Ansatz am Quadrato-Mandibulargelenk jedesmal den Ausdruck „mandibularis“. Die Funktion der drei eben beschriebenen Muskeln ist beim Beiß- und Schlingakt vorerst eine einheitliche. Ihre Aufgabe ist, Die Kiefermuskeln der Schlangen. 191 die bezahnten Knochen Pterygoid, Palatinum und Maxillare nach rückwärts zu ziehen, sobald diese mittels des Beibmuskels parietali- quadrato-mandibularis im Fleisch der Beute sich verfangen haben. Beim Zurückweichen der Knochen wird die Beute mit nach rück- wärts in den Schlund befördert. Hervorzuheben ist, daß der M. transv.-max.-pter.-mandibularis nicht bloß das Maxillare, an dem er ansetzt, etwas nach hinten rückt, sondern daß sich die Zugkraft des mächtigen Muskels durch das Schaltstück Transversum auch auf das mediale Pterygoid fort- pflanzen muß, in dessen Mitte ungefähr das hintere Ende des Trans- versum ansetzt. Somit sind an dem langen Flügelbein zugleich drei Angriffs- punkte für die Zugkräfte nach hinten: einer vorn für den M. pterygo- sphenoidalis anterior, ein zweiter in der Mitte für den M. trans- verso-max.-pterygo-mandibularis, der letzte hinten am Pterygoid für den M. pterygo-mandibularis. KATHARINER (1900, p. 50 u. 51) weist ferner auf die spezielle Funktion des M. transverso-max.-pter.-mandibularis hin, den Angriff auf die Giftfänge der Viperiden zu parieren, den das Beutetier mittels einer Rückwärtsbewegung beim Befreiungsversuch macht, sobald die langen Giftzähne in die Beute eingeschlagen werden. — Diese Abwehr gegen das Vorwärtsreiben der Maxillarzähne durch die sich wehrende Beute ist in erhöhtem Maße vonnöten während des Hinabwürgens einer lebenden Beute, wie dies viele Colubriden tun. Die Beute macht durch Zappeln, durch Sperren und Seiten- bewegungen die größten Anstrengungen, sich zu befreien; der Schutz, den der früher erwähnte Reibungswiderstand beim Vorschieben der Knochen im Moment des Angriffs bietet, hat aufgehört, indem beim Zurückziehen der eleichen Knochen das „geschlossene“ Gesperre „gelöst“ sein muß; den ganzen Widerstand haben die drei beschriebenen Muskeln auszuhalten, jenen am Maxillare insbesondere der M. trans- verso-max.-pter.-mandibularis; die auffallende Größe und Stärke des Muskels ist daher sehr zweckmäßig. Es folgen nun Muskeln, die mehr außer dem Bereich der be- zahnten Knochen des Mundhöhlendachs liegen und beim Schlingakt ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. 13* 192 P. Kart Hacer, IV. An der Peripherie des Kiefers angeordnete Muskeln mit kombinierter Funktion. a) Musculus cervico-mandibularis. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natrix. Der Muskel entspringt fächerartig ausgebreitet an den Dorn- fortsätzen der vordern Halswirbel; die Fasern verlaufen von hinten oben schief nach vorn unten; größtenteils inseriert der Muskel mittels kurzer breiter Sehne am Mandibulargelenk; einzelne Sehnen- fasern gehen in das Jochband über; ein Teil seiner vordern Partie setzt mit flacher Sehne an der Haut an (Fig. 1 25). Der untere Teil des M. occipito-quadrato-mandibularis und der untere hintere Abschnitt des M. temporalis-posterior werden vom M. cervico-mandibularis tiberdeckt. 8) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans. Wie bei Tropidonotus. y) Proteroglyphe Colubriden: 1. Elapinae: Naja tripudians. Der Muskel zerfällt auch hier in zwei Portionen, welche ab- wärts hinter dem Mandibulargelenk sich deutlich voneinander trennen. Die vordere Portion zieht zum Mandibulargelenk, die starke hintere Portion geht über dem Mandibulargelenk in eine kräftige Sehne über, welche an der Haut etwas vor dem Mandibulargelenk breit ansetzt. 2. Hydrophinae: Einhydris hardwickei, Pelamis bicolor. Der Muskel entspringt ebenfalls fächerformig an den Dorn- fortsätzen der vordern Halswirbel; seine Fasern steigen schief nach vorn abwärts, bedecken größtenteils den M. occipito-quadrato-man- dibularis; vor dem Mandibulargelenk gehen sie in eine breite Fascie über, welche den basalen Teil des M. temporalis-posterior und das Jochband überdeckt und weiter nach vorn an der Lippencommissur inseriert. Aus der Muskelfascie strahlen feine Sehnenfasern in das Jochband ein. An das Mandibulargelenk geht aus dem Muskel nur Die Kiefermuskeln der Schlangen. 193 ein feiner Sehnenstrang; vorn tiber dem Quadratum konnte ich einen Ansatz an der Haut konstatieren. 6) Viperiden: Bothrops lanceolatus. Wie bei Zropidonotus; der vordere Abschnitt, welcher an der Haut inseriert, trennt sich deutlicher vom Hauptabschnitt. Die Funktion. Fassen wir die aglyphen, opisthoglyphen und solenoglyphen Ophidier zuerst ins Auge, die in Ursprung, Verlauf und Ansatz des Muskels beinahe Gleichheit aufweisen. Bei der Kontraktion des Muskels wird vermöge des starken sehnigen Ansatzes am Quadrato-Mandibulargelenk ein Zug nach hinten aufwärts auf dasselbe ausgeübt; das Gelenk wird dadurch nach einwärts gepreßt. Außerdem wird durch die zweite Insertions- stelle des Muskels an der Haut letztere bei der Kontraktion an das Mandibulargelenk und an das Quadratum gedrückt. Es hat dies deshalb Bedeutung, weil die ergriffene Beute in jenem Bereich der hintern Mundhöhle angelangt ist, wohin die Zahnreihen der beweg- lichen Kieferknochen nicht mehr reichen. Hier wird die Beute durch abwechselndes Anpressen des Mandibulargelenks nach hinten in den Schlund geschoben. Bei den proteroglyphen Ælapinae ist der Muskelansatz an der Haut mittels starker Sehne derart, daß der Druck nach einwärts bedeutende Steigerung erfährt. Bei den Hydrophinae ist die In- sertion des Muskels am Quadrato-Mandibulargelenk zwar schwach, so daß von einem Zurückziehen des Gelenks kaum die Rede sein kann; statt dessen wird aber das Gelenk samt dem Quadratum nach jeder Richtung vom Muskel stark umspannt; es muß daher bei der Muskelkontraktion mit Zuhilfenahme der Ansatzstelle an der Haut eine ausgiebige Druckwirkung des Gelenks nach innen von rechts und links zur Geltung kommen. v. TEUTLEBEN (1874) sagt über die Funktion des M. cervico- mandibularis: „Jeder dieser beiden Muskeln, einzeln wirkend, zieht seine Unterkieferhälfte in ihrem vorderen Theile nach auben; bei gleichzeitiger Wirkung beider werden die nur durch nach- giebiges Bindegewebe unter einander verbundenen Unterkieferhälften bedeutend von einander getrennt.“ — Ich halte dafür, dab, wenn ein Beutetier einmal ergriffen ist, sich das bindegewebige Ligament zwischen den beiden vordern Enden des Mandibulare durch den Druck der Beute von selbst spannt. Außerdem vermag der nun folgende Muskel die Spannung des Ligaments sowohl, als das 194 P. Kart Hacer, Aus- und Rückwärtsziehen der Kieferhälften viel besser zu be- sorgen. b) M. neuro-costo-mandibularis. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natrix. Der Muskel zerfällt in zwei Portionen (Fig. 3 14, 15). Die obere (14) dorsale entspringt hinter dem M. cervico-mandibularis flach und fächerartig ausgebreitet an den Neuroapophysen; daher nannte OWEN diese Portion M. neuro-mandibularis und Duvernoy „le m. vertébro- mandibulaire“. Die zweite Portion (75) entspringt lateral-ventral an den Rippen, daher sowohl Owex als Duvernory sie als „costo-mandibularis“ be- zeichnen. Unter dem Mandibulargelenk stoßen beide Portionen zu- sammen und verlaufen von nun an parallel als ein einheitliches Ganze. Ihrer Lage entsprechend setzen die Fasern des M. neuro- mandibularis, indem sie zuerst in eine sehnige Haut übergehen, mehr hinten ans Mandibulare, jene des M. costo-mandibularis weiter vorn an den Unterkiefer an. Ungefähr unter dem Mandibulargelenk werden die Fasern beider Portionen durch eine schmale Inscriptio tendinea unterbrochen, woran nebeneinander zwei Hautmuskeln ent- springen, die parallel nach hinten verlaufen, von denen der eine ventral, der andere mehr lateral an der Haut ansetzt. (Am Präparat, Fig. 3, sind sie weggeschnitten; ihr Ursprung ist mit h?, h? ++ bezeichnet.) Am Mundboden wird der M. neuro-costo-mandibularis großenteils von M. intermandibularis (Fig. 2 16) überlagert. ß) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans. Wie bei Tropidonotus. y) Proteroglyphe Colubriden: Naja tripudians. Wie bei Tropidonotus; doch geht noch ein Hautmuskel an die Haut (Fig. 11 15 u. 13 14). 0) Viperiden: Bothrops lanceolatus. Wie bei Tropidonotus. Bei Horrmann (in: Bronx, Klass. Ordn. 1900) ist der M. neuro- costo-mandibularis (Owen) unter der Bezeichnung „cervico-mandibularis Die Kiefermuskeln der Schlangen. 195 (p. 1449) angefiihrt und irrigerweise mit letzterm identifiziert. Der M. neuro-mandibularis Owen’s dürfte identisch sein mit dem „Rück- wärtszieher des Zungenbeins“ von D’ALTON, und da Horrmann fast durchweg den Text der Beschreibung der Kiefermuskeln D’ALTON entlehnt, auch identisch mit Horrmann’s M. atlanto-epistropheo- hyoideus. Desgleichen dürfte der M. costo-mandibularis OweEn’s dem „Nackenzungenbeinmuskel“ p’Auron’s entsprechen bzw. dem M. cervico-hyoideus Horrmann’s; wenigstens lassen die Figuren bei Horrmann, tab. 117 u. 118, fig. 1, 4, 11, darauf schließen, obschon die Beschreibung von der Insertion des Muskels jener von DuvErnoy, Owex und auch meinen Befunden nicht klar entspricht (siehe oben). Die Funktion. Bei der Muskelkontraktion wird das vordere Mandibularende vermöge der starken Insertion daselbst etwas aus- wärts gezogen und nach hinten unten gesenkt. Dies bewirkt eine ausgiebige Spannung des Ligaments vorn zwischen beiden Unter- kieferknochen. Weil die vereinigten Mm. neuro-costo-mandibulares ferner den hintern Teil des Mundbodens überdecken und umspannen, so dürften sie analog der Funktion des M. cervico-mandibularis wesent- lich dazu beitragen, durch Seitendruck und Druck von unten herauf, alternativ rechts und links, das Hinabwürgen der Beute zu befördern. Auch die oben genannten Hautmuskeln (h? u. h? Fig. 3) werden ver- möge ihrer Lage und Insertion an der Haut durch Anpressen der letztern in diesem Sinne wirken. c) Musculus retractor ossis quadrati. a) Aglyphe Colubriden: Tropidonotus natrix. Ursprung am obern Ende des Quadratums mit verbreiteter sehniger Partie (Fig. 1 11); diese geht sofort in ein schmales fleischiges Bündel über, läuft hinter dem Quadratum schief nach hinten abwärts unter dem M. cervico-mandibularis hindurch; inseriert an der Haut lateral unten; kurz vor der Insertionsstelle vereinigt sich mit ihm der eine der oben genannten Hautmuskeln, um ebendort an der Haut anzusetzen. 8) Opisthoglyphe Colubriden: Psammophis sibilans. Wie bei Tropidonotus. 196 P. Kart Hacer, 7) Proteroglyphe Colubriden: Naja tripudians. Wie bei Zropidonotus; nur läuft die obere sehnige Partie als dünner Strang längs des Quadratums fast bis zum Mandibulargelenk hinab, bevor der fleischige Teil beginnt. 0) Viperiden: Bothrops lanceolatus. Wie bei Naja tripudians; der obere sehnige Teil ist etwas kürzer. Ducks, Owen, v. TEUTLEBEN erwähnen den Muskel nicht. Des- gleichen nicht Duverxoy im Text; jedoch in der fig. 3, tab. 9 von Sepedon haemachatus Murr. vermerkt er den Muskel mit der Bezeich- nung „s“. In der tabellarischen Übersicht der Muskeln p. 157 ist hinwieder der Buchstabe ,s“ zwischen „r“ und „?“ ausgelassen. Duverxoy hat in seiner präcisen Arbeit den Muskel vielleicht weg- gelassen, weil er ihn gar nicht zu den Kiefermuskeln zählte. HorrMann (1906) nennt den Muskel, den er p’Auron’s Arbeit entlehnt, „Rückwärtszieher des Quadratums“ oder retractor ossis quadrati. Der Name ,retractor ossis quadrati“ ist unrichtig; denn der Muskel vermag das Quadratum nicht zurückzuziehen. Der feste Punkt ist am obern Ende des Quadratums, der bewegliche an der Haut, welche bei der Kontraktion des Muskels etwas nach vorn verschoben, mehr noch nach einwärts gepreßt wird Da das Quadratum an seinem obern Ende, woran der Muskel entspringt, nur um eine quere Drehachse beweglich ist, so müßte für eine Drehung und Rückwärtsbewegung des Knochens nach hinten der Ursprung des Muskels außerhalb des Drehpunkts am Knochen sich finden; dies trifft aber nicht zu. Man könnte noch einwenden, dab das Squamosum, an dem das drehbare Quadratum sitzt, eine derartige Verschiebung nach hinten gestatten dürfte. Auch dies ist nicht der Fall; das Squa- mosum sitzt bei den vier besprochenen Schlangengruppen dem Schädel fest an. Die Bezeichnung retractor ossis quadrati für diesen Muskel ist infolgedessen zu streichen. Der Muskel hat über- haupt mit der Bewegung der Kieferknochen keine Beziehung; dennoch trägt er außer dem Bereich derselben, analog der Funktion der Mm. cervico und neuro-costo-mandibulares, durch Anpressen der Haut zum Hinabwürgen der Beute zweifellos bei. Ich rechne den Muskel zu den Hautmuskeln, wie uns deren schon zwei ebenfalls Die Kiefermuskeln der Schlangen. 197 am Hinterkopf, aber mehr am Mundboden gelegene, begegnet sind und welche wohl der gleichen Funktion dienen; der eine davon vereinigt sich kurz vor seiner Insertion an der Haut mit dem eben beschriebenen „M. retractor ossis quadrati“, wie ich schon oben an- gegeben habe. Alle beschriebenen, an der Peripherie des Kiefergeriists ange- ordneten Muskeln, sowohl Kiefer- als Hautmuskeln, leisten außerdem einen namhaften Widerstand gegeniiber zu starker Expansion der untereinander beweglich verbundenen Kieferknochen, welche durch die voluminüse Beute, die oft umfangreicher ist als der Schlangen- leib selbst, herbeigeführt wird. Wer einmal dem Schlingakt der Schlangen zugeschaut, wer den durch Ausspreizung der Kiefer- knochen häßlich entstellten Kopf der Schlangen gesehen und die Anstrengungen des schlingenden und wiirgenden Tiers betrachtet hat, wird dies verständlich finden. B. Die Giftdriise und die Mechanik ihrer Entleerung. a) Aglyphe und opisthoglyphe Colubriden. Unter Giftdriise der aglyphen und opisthoglyphen Colubriden verstehe ich jenen hinter dem Auge gelegenen Teil der Oberlippen- drüse, welcher sich durch einen gemeinsamen Ausführgang in die Mundhöhle an einen bestimmten Maxillarzahn auszeichnet. Von Leyoıe (1873) wurde er „gelblicher* Teil der Oberlippendrüse ge- nannt; er ist ein der Giftdrüse der eigentlichen Giftschlangen: pro- teroglyphe und solenoglyphe Ophidia homologes und nach den physio- logischen Untersuchungen von JourDAIN P. (1894), BERTRAND u. Prısauıx (1894) auch analoges Gebilde; ihr fehlt indes die einheit- liche, feste bindegewebige Umhüllung: die sogenannte Giftdrüsen- kapsel; zu einem Ganzen wird sie nur durch ein zartes Bindegewebe zusammengehalten, das die einzelnen Drüsenfollikel noch deutlich erkennen läßt. Ausbildung und Größe der Drüse sind sehr verschieden. Sie fehlt z. B. bei Chersydrus granulatus ganz, entwickelt sich aber bei den opisthoglyphen Wasserschlangen, den Homalopsinae, zu einer ansehnlichen Größe; ebenso verschieden ist ihre Form: längs oval bei 198 P. Kart Hacer, den Tropidonotus-Arten, lanzettformig bei Psammophis sibilans, drei-. eckig mit lang ausgezogener Basis bei Dipsas colubrina, rauten- firmig bei Cerberus rhynchops und Homalopsis buccata. Ich stelle in meiner Beschreibung jene aglyphen und opistho- glyphen Colubriden zusammen, die inbezug auf die Mechanik der Giftdriisenentleerung Gleichheit aufweisen. a) Aglypha: Tropidonotus natrix, viperinus, piscator ; Zamenis atro- virens, und Dipsadomorphinae: Psammophis sibilans, Dryophis prasinus, Scytale coronata, Tarbophis vivax, Oxyropus tergeminus, Dipsas colubrina. An der Orbita ist die Drüse durch lockeres Bindegewebe be- festigt; auberdem geht vom Postfrontalefortsatz und dem angrenzen- den M. masseter eine Fascie aus, welche den vordern dorsalen Teil der Drüse umhüllt, sich an die Haut wendet und dort inseriert; vom hintern dorsalen Teil der Driise geht ebenfalls eine Fascie an die Haut. Für die Drüsenentleerung kommt hauptsächlich das Ligamentum zygomaticum in Betracht. Dasselbe ist ein starker, glänzender Bindegewebsstrang, auch „Jochband“ genannt; es entspringt am Mandibulargelenk, zieht horizontal nach vorn über die äußern Portionen des M. temporalis und über den untern hintern Abschnitt des M. masseter hinweg, liegt den Muskelbäuchen so fest an, dab es eine Rinne in denselben eindrückt, und gelangt sodann an das hintere Ende der Glandula labialis superior und in den Bereich der Giftdrüse, welche der erstern dorsal aufsitzt (Fig. 1 9). Kurz bevor das Jochband die Giftdrüse erreicht, spaltet es sich in zwei Stränge; der eine wendet sich lateral an die Haut, zieht unter jener. Fascie hindurch, welche den dorsalen hintern Teil der Giftdrüse mit der Haut verbindet, und inseriert ebendort. Der andere Strang des Jochbands wendet sich dagegen medial der Giftdrüse nach vorn abwärts, verbindet sich mit dem lockern Bindegewebe, welches die mediale Wand der Giftdrüse reichlich umgibt, strahlt einzelne Sehnenfasern in diese bindegewebige Umhüllung aus und inseriert endlich vorn an der Verbindungsstelle des Transversums mit dem Maxillare. Bei Dipsas colubrina spaltet sich schon am Mandibulargelenk ein feiner Sehnenstrang vom Jochband ab, der parallel mit dem Hauptstrang verläuft, an das hintere Ende der Die Kiefermuskeln der Schiangen. 199 Giftdriise ansetzt und im Bindegewebe der innern Drüsenseite sich verliert; dasselbe ist der Fall bei Psammophis sibilans, nur spaltet sich das Stück erst hinter der Giftdrüse vom medialen Haupt- strang ab. Die Entleerung der Giftdrüse kommt folgendermaßen zustande. Bei der Kontraktion und Verdiekung der vier Beißmuskel- portionen parietali-quadrato-mandibularis geraten die beiden Joch- bandstränge in Spannung; noch mehr wird diese Spannung erhöht, weil bei der Muskelkontraktion das Mandibulargelenk nach hinten rückt. Der laterale Strang des Jochbands preßt vermöge seines Ansatzes an der Haut, am Mundwinkel über der Oberlippencommissur, dieselbe an die laterale freie Wand der Giftdrüse; gleichzeitig drückt der medial laufende Jochbandstrang auf den hintern innern Abschnitt der Giftdrüse. Bei Tropidomotus, Psammophis und Dipsas liegt der dorsale hintere Abschnitt der Drüse randständig etwas dem M. mas- seter an, der somit bei seiner Verdickung einen direkten Druck auf das hintere obere Ende der Drüse nach auswärts auszuüben vermag. Doch kann derselbe nicht von großer Bedeutung sein, da der Hauptteil der Drüse außer dem Bereich des Muskels liegt. Bei andern aglyphen und dipsadomorphinen Colubriden hat der Beib- muskel masseter gar keine Beziehungen zur Giftdrüse, wohl aber preßt er die überaus stark entwickelte Glandula nictitans bei seiner Kontraktion aus, weil er diese Drüse erößtenteils bedeckt; z. B. bei Scytale coronata, bei welcher Schlange die Nickhautdriise eine auf- fallende Größe erreicht. Auf der Innenseite der Giftdrüse bilden der Schädel und zum Teil die Kieferknochen ein hartes Widerlager. Der vordere Abschnitt der Drüse kommt gerade über die Verbindungsstelle des Os trans- versum mit dem Os maxillare zu liegen; wir wissen aber aus der Beschreibung des Beißakts der aglyphen und opisthoglyphen Colu- briden, daß das hintere Ende des Maxillare durch das Transversum beim Verschieben der Kieferknochen etwas nach auswärts gegen die Haut gedrängt wird; dadurch gerät auch der vordere Drüsenabschnitt in eine Presse zwischen Knochen und Haut. Wir finden hier die einfachste Art der Giftdrüsenentleerung: lateral ein Anpressen der Haut mittels des Jochbands; medial haupt- sächlich ein passives knöchernes Widerlager; Urheber des Drucks ist die Kontraktion der Beißmuskeln. 200 P. Kari Hacer, 6) Homalopsinae: Cerberus rhynchops, Homalopsis buccata. Bei der Driisenentleerung kommen der M. masseter, ferner eine ausgedehnte Fascie und das Jochband in Betracht. Der M. masseter (7) zeigt eine Vertiefung, um den ganzen hintern und mittlern Teil der kurzen rautenförmigen Giftdrüse g aufzunehmen (Fig. 4 u. 5). Bei der Kontraktion des Muskels wird auf die Drüse ein Druck von innen nach außen ausgeübt. Der vordere mediale Teil der Drüse liegt wieder über der Verbindungs- stelle des Transversums und Maxillare und gerät somit in eine Presse zwischen Knochen und Haut; außerdem preßt der innere Jochband- strang auf den basal-medialen hintern Teil der Drüse (Fig. 6 J). Den Gegendruck von außen an die Drüse bewirkt erstens der in Spannung versetzte laterale Jochbandstrang, welcher über dem hintern Ende der Giftdrüse an der Haut inseriert (Fig. 5 u. 6 J’). Dazu tritt eine grobe starke Fascie (Fig. 4 f) Sie entspringt längs der vordern Fläche des Os quadratum; ihre Fasern verlaufen nach vorn abwärts, überdecken den M. temporalis posterior und den untern hintern Abschnitt des M. masseter, setzen teils am Jochband an, teils wenden sie sich nach vorn an die Haut dahin, wo selbe der lateralen Partie der Giftdrüse anliegt. Die Fascie bleibt mit der Haut verwachsen bis kurz vor dem Auge, löst sich wieder ab, in- seriert teils am Postfrontalefortsatz, teils umhüllt sie die vordere obere scharfe Kante der Giftdrüse und inseriert ebendort am an- liegenden M. masseter. Ich konnte diese Fascie von ihrem breit angelegten Ursprung längs des Quadratums bis zum endgültigen An- satz am Postfrontale als ein einheitliches Ganzes feststellen, indem sie sich von ihrem Ansatz an der Haut leicht losschälen lieB.1) Bei der Kontraktion der Beißmuskeln gerät dieses Ligament ebenso wie der vorhin erwähnte laterale Jochbandstrang J‘ sowohl durch die Verdickung der Muskelbäuche als durch das Zurückweichen des (Juadratums und des Mandibulargelenks in starke Spannung. Mittels des Jochbands wird die Haut an die Außenseite des hintern Drüsen- endes gepreßt, während die Fascie uud die mit ihr verbundene Haut auf die ganze laterale Drüsenfläche bis an ihr vorderes Ende drücken. Der flüssige Drüseninhalt wird somit von hinten oben nach vorn unten, aber auch vom vordern obern Ende der Drüse etwas nach 1) Ich halte die Fascie für eine verbreiterte Partie des Jochbands //. Die Kiefermuskeln der Schlangen. 201 hinten abwärts gepreßt. Der Ausführgang der Drüse liegt basal an der Innenseite derselben, etwas nach vorn zu (Fig. 6 dg und Fig. 30 22.31.09). Diese Lage des Ausführgangs findet sich bei allen untersuchten aglyphen und opisthoglyphen Colubriden. Sie entspricht der Stellung des gefurchten Giftzahns der opisthoglyphen (Fig. 30 u. 31 gz) bzw. der Stellung der meist langen massiven Maxillarzähne der aglyphen Colubriden; diese Zähne sind zumeist die hintersten am Maxillare. Der Abstand zwischen Drüse und Zahn ist gering (Fig. 30 u. 31 9. 92). Der Drüsengang (edg) schlägt aber nicht den kürzesten Weg zum Zahn ein, sondern beschreibt zuerst einen kleinen Bogen nach oben und wieder abwärts und mündet in das Lumen der Gift- zahntasche gegenüber der konvexen Seite des basalen Teils des Zahns (Fig. 30 edg). Der kurze Bogen, den der Drüsengang beschreibt, ist zweck- mäßig; denn das hintere Ende der Maxillarzahnreihe wird — siehe Beschreibung des Beißakts — zu erneutem Angriff gehoben und etwas nach vorn auswärts gedrängt. Selbstverständlich bleibt dabei die Lage der Drüse unverändert; dagegen wird bei dieser Ver- schiebung des Maxillare das vordere Ende des Drüsengangs samt der Zahntasche ebenfalls nach oben und vorn auswärts gerückt. Der genannte Bogen des Ausführgangs bietet also Spielraum für diese Verschiebung, ohne daß die Wände des Ausführgangs wegen zu straffer Spannung den Austritt des Secrets hindern. Der Bogen ist nicht immer zu beobachten oder erscheint nur auf einer Kiefer- seite, was wohl zusammenhängt mit der jeweiligen Stellung des Maxillare beim Tode des Tiers. b) Proteroglyphe Colubriden. Die proteroglyphen Colubriden besitzen eine scharf differenzierte Giftdriise, welche eine eigne starke bindegewebige Umhüllung hat, die Giftdrüsenkapsel. Die Drüse beginnt unter dem Auge und er- streckt sich in horizontaler Richtung nach hinten gegen das Mandibulargelenk hin; sie hat zylindrische Form, ist dorsal gewölbt und nach hinten abgerundet (Fig. 8 g und 32 9). Bei Naja tri- pudians (Fig. 10 g) und Platurus colubrinus (Fig. 32 g) läuft das hintere Ende der Drüse abwärts in einen kurzen hakenförmigen Fort- satz (g‘) aus. 202 P. Kart Hacer, Unter dem Auge verjiingt sich die Driise in den Giftdriisen- gang (Fig. 8 u. 10 dg), der in der Sagittalrichtung des Kopfs nach vorn verläuft an das vordere Ende des Maxillare, woran die paarig angeordneten Giftzähne sitzen (Fig. 33 edg u. gz). Bei Naja tripudians kennzeichnet sich der Ubergang von Drüse zum Driisen- gang durch die gelbliche matte Färbung des letztern, während die Giftdrüsenkapsel weibglänzend ist (Alkoholexemplar). An die ven- trale Seite der Giftdrüse schmiegt sich der lanzett- bis faden- formige Komplex der Oberlippendrüschen an, welcher bei den ver- schiedenen Gattungen ungleich lang ist, bei Naja haje z. B. über das hintere Ende der Giftdrüse hinausreicht (Fig. 8 0). Die Glandula venenata ist in folgender Weise befestigt: Der dorsale Teil ist mit dem Schädel durch den M. masseter verbunden (Fig. 8 und 10 Za u. 9). Vorn medial-ventral strahlen starke Sehnenfasern in die Drüsenkapsel ein, welche von einem late- ralen Zweig des M. transverso-max.-pter.-mandibularis (5) herkommen (Fig. 11 s*, 5). Hinten geht von der lateralen Wand der Drüsen- kapsel ein zartes Ligament an die Haut. Da im Gegensatz zu den aglyphen und opisthoglyphen Colu- briden die Giftdrüse der Proteroglyphen an Umfang und Größe be- deutend zugenommen hat, und in ihren Hohlräumen größere Mengen Giftsecrets sich anhäufen, so ist auch für eine leistungsfähigere Mechanik zum Auspressen der Giftdrüse gesorgt. Dasselbe erfolgt zum Teil mit Hilfe des Jochbands, welches am Mandibular- gelenk entspringt, als einheitlicher Strang nach vorn bis zum Mund- winkel läuft und dort sich spaltet (Fig. 8, 9, 12 J). Einzelne Fasern gehen in das Bindegewebe über, welches den hintern Drüsenkomplex der Glandula labialis superior medial umhüllt (Fig. 8 0). Der größte Teil des Jochbands verbreitert sich aber zu einem fascien- artigen Blatt (Fig. 12 f“), welches — analog jener Fascie bei den Homalopsinen — mit der Haut verwächst, so lange selbe im Be- reiche der lateralen muskelfreien Seite der Giftdrüsenkapsel sich befindet, sodann nach vorn von der Haut sich wieder ablöst, gabelt und teils am Postfrontalefortsatz, teils am hintern Maxillarende in- seriert. Bei jeder untersuchten Art konnte ich das verbreiterte Jochband von der Haut loslösen und als ein einheitliches Ganze freilegen. Sobald während des Beißakts die Beißmuskeln sich verdicken und das Mandibulargelenk zurückweicht, pressen das in Spannung versetzte Jochbandblatt und die mit ihm verwachsene Haut auf die Die Kiefermuskeln der Schlangen. 203 ganze äußere muskelfreie Längsseite der Giftdriisenkapsel. — Es beteiligt sich ferner in hervorragender Weise der Beißmuskel parietali-quadrato-mandibularis, besonders seine erste Portion, der M. masseter, an der Giftdrüsenentleerung. Die anatomischen Befunde an Land- und Wasserschlangen sind verschieden. a) Elapinae. Bei den Gattungen der Unterfamilie der Elapinae entspringt die obere Portion des M. masseter am Parietale und Postfrontale; alle Fasern inserieren teils dorsal, teils hinten an der Giftdrüsen- kapsel, so daß der Muskel der Drüse aufsitzt wie ein Helm dem Kopfe (Fig. 8, 10, 11 Za). Bei der Kontraktion dieser Muskelportion findet infolge der Verdickung ihrer Fasern ein Druck auf die Drüse in der Richtung von oben nach unten statt; da aber gleichzeitig auch die untere Portion des M. masseter (Fig. 11 1b) sich kontrahiert, so entsteht außerdem ein Druck auf das hintere Ende der Drüse in der Sagittalrichtung derselben, indem der obere Muskelbauch (Za) nach vorn oben, der untere (Zb) aber nach vorn unten zieht; daraus resultiert aber ein Druck in der Sagittalrichtung von hinten nach vorn. Das Ligament, welches lateral hinten an der Drüse ent- springt und noch weiter hinten an der Haut inseriert, verhindert dabei eine Verschiebung der Drüse nach vorn. Auf die innere Längsseite der Drüsenkapsel pressen im vordern und mittlern Abschnitt derselben die zwei ersten Portionen des M. temporalis nach auswärts (Fig. 92 u.3), indem sie als Beib- muskeln sich gleichzeitig mit dem M. masseter kontrahieren und verdicken; am hintern medialen Abschnitt der Drüsenkapsel bildet aber jenes breite starke Sehnenblatt oder die Inscriptio tendinea, welche die obere und untere Portion des M. masseter verbindet (Fig. 11 s°), ein straff gespanntes Widerlager, das zugleich nach auswärts drückt, sobald die Muskelportionen Za u. 1b sich verkürzen. Es ergibt sich: 1. dorsaler Druck von oben nach unten; Urheber: obere Portion des M. masseter; 2. lateraler und medialer Druck auf die Längsseiten der Drüsen- kapsel: a) lateral mittels des Jochbands und der Haut; b) medial durch die Portionen des M. temporalis und mittels 204 P. Kart Hacer, der Inscriptio tendinea der beiden Muskelbäuche des Masseter; Ur- heber in beiden Fällen wieder die Beißmuskulatur. 3. Druck in der Sagittalrichtung der Drüse nach vorn dem Ausführgang zu; Urheber: obere und untere Portion des M. masseter. 8) Hydrophinae. Bei den Gattungen der Unterfamilie Hydrophinae wirken dorsal zwei Muskelbäuche des Masseter auf die Drüsenkapsel. Der laterale (Fig. 12, 14 Za) zieht bei seiner Kontraktion am hintern Ende der Drüse nach vorn oben, der mediale (Fig. 13, 14, 15, 16 7b) zieht wegen seines Ansatzes vorn am Mandibulare nach vorn unten; aus der Zugrichtung beider resultiert, wie bei den Elapinae, ein Druck auf das hintere Ende der Giftdrüse in der Sagittalrichtung nach vorn. Außerdem drückt der obere Teil der innern Muskelportion (Fig. 15 u. 16 75) bei seiner Verdickung von oben nach unten auf die Drüse herab und zugleich an deren medialem hintern Teil (Fig. 16 75) nach auswärts. Der Druck auf die Längsseiten der Drüsenkapsel geschieht, wie bei den Ælapinae, lateral mittels des in Spannung versetzten Jochbandblatts und medial vorn direkt durch den M. temporalis. Die Druckkräfte auf die Giftdrüse wirken somit bei allen protero- glyphen Colubriden in den gleichen Richtungen, nur wird bei der Unterfamilie Hydrophinae die Wirkung des Drucks auf die Drüse energischer zur Geltung kommen, weil die Druckkräfte vermehrt sind. Schon bei den opisthoglyphen Wasserschlangen, den Homalopsinae, fiel mir die Verstärkung der mechanischen Hilfsmittel zum Auspressen des Gifts auf gegenüber den Landschlangen dieser Gruppe. Ich kann über den Zweck dieser funktionellen Übereinstimmung unter den giftigen Wasserschlangen beider Unterfamilien nur eine Vermutung aus- sprechen. Diese Ophidier entnehmen die Beute zumeist dem Wasser, welches sogenannte „kaltblütige“ Tiere beherbergt. Biologische Be- obachtungen über Vergiftungserscheinungen an „Kaltblütlern“ haben gezeigt, daß diese Wasserbewohner weniger empfindlich sind. Es dürfte daraus geschlossen werden, daß eine größere Menge Gift dem „kaltblütigen“ Beutetier beigebracht werden muß, um den gewünschten Erfolg, Betäubung oder gar Tötung, zu erzielen. Dies wird ermöglicht durch einen stärkern Druck auf die Drüse; wird nun die Spannung des hydrostatischen Drucks in der Drüse durch eine verbesserte Druckmechanik gesteigert, so vermag der Drüse momentan auch mehr Gift zu entströmen. Die Kiefermuskeln der Schlangen. 205 Hervorzuheben ist ein nur den Proteroglyphen eigentiimliches Verhalten des vordern Endes des Giftdrüsengangs zur obern Offnung der Giftzahnröhre. Zuerst machte KATHARINER (1897, p. 84 u. 85, tab. 8, fig. 21) auf den von den Viperiden abweichenden Befund bei der hydrophinen Einhydris hardwichei aufmerksam, ohne eine Erklärung über die Bedeutung des Endabschnitts des Drüsengangs zu geben. G. West (1898, p. 525 u. 526) gibt eine kurze anatomische Be- schreibung und physiologische Erklärung an Hand von ebenfalls hydrophinen Proteroglyphen (siehe auch A. Orrer, 1900). Meine eignen Untersuchungen zuerst an den proteroglyphen Ælapinae: Naja tripudians und Naja haje, sodann an mehreren Hydrophinae er- gaben Folgendes: Der Giftdrüsengang erweitert sich vorn über der Basis des Giftzahns sinuös (Fig. 33, 34, 35, 36 sdg). Dieser Sinus im obern Teil der Giftzahntasche, ist etwas breiter als hoch (Fig. 17 sdg) und allseitig abgeschlossen bis auf einen vertikalen Schlitz, der nach einwärts in das Lumen der Giftzahntasche gegen- über der obern Öffnung der Giftzahnröhre (gzr) sich auftut. Die Ränder des Schlitzes werden gebildet durch verdickte Polster aus fibrillärem Bindegewebe (Fig. 17, 34, 35 u. 36 bp); sie sind blut- gefibarm. West dagegen nennt diese Polster muskulös; er sagt ferner, Muskelkontraktion führe die Erweiterung der Spalte herbei. Ich konnte an einem 1,6 m langen Exemplar von Naja tri- pudians makroskopisch, sodann an einer Reihe von Horizontal-, Trans- versal- und Sagittalschnitten verschiedener Hydrophinae mikroskopisch feststellen, dab rechts und links und seitlich an die sinuöse Er- weiterung des Ausführgangs Sehnenstränge herantreten (Fig. 34 st), die vom Maxillarknochen herkommen; es sind sehnige Ausläufer des M. transverso-maxillo-pter.-mandibularis, welcher teils am Maxillare an- setzt, teils die eben genannten Sehnenfasern in die Giftzahntasche ein- strahlen läßt. Sobald diese Fasern rechts und links an den Sinus herantreten (Fig. 34 sw), teilen sie sich wieder; teils gehen sie in jenen Abschnitt der Giftzahntasche über, welcher vor dem Sinus liegt, teils strahlen sie in die verdickten Polster ein, welche den Schlitz bilden. Bei der Kontraktion des M. transverso-max.-pter.- mandibularis ziehen jene Fasern, welche an der Vorderwand des Sinus in die Giftzahntasche einstrahlen, die Wand einwärts gegen den Schlitz. Das Giftsecret im Sacke wird dadurch an die Öffnung des Schlitzes und durch dieselbe hindurch gepreßt. Der Schlitz aber öffnet und erweitert sich dadurch, daß jene Sehnenfasern, welche in Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 14 206 P. Kart Hacer, die Polster (Fig. 17 bp) einstrahlen, letztere zu derselben Zeit von- einander wegziehen, wenn die Vorderwand des Sinus sich an den Schlitz anpreßt. Auf diese Weise wird das Gift direkt an die obere Öffnung der Giftzahnröhre (gzr) hingeleitet. Das Anpressen der Giftzahntasche an die konvexe Seite des Zahns verhindert zugleich das Abfließen des Gifts an der Außenseite des Zahns. Diese sackartige Erweiterung des vordern Endes des Gift- drüsenausführgangs bildet somit eine Art Reservoir für gebrauchs- fertiges Gift und ist als eine zweckmäßig angebrachte Erweiterung des Gangs aufzufassen, um am günstigsten Punkte möglichst viel Gift Platz zu bieten, weil bei den proteroglyphen Ophidiern das Lumen des Ausführgangs durch periphere Gruppierung gewöhnlicher Schleimdrüsenzellen fast in seiner ganzen Länge eingeschränkt wird. Bei dem oben genannten Exemplar von Naja tripudians fand ich den Sinus ganz mit körnigem Giftsecret gefüllt. Außerdem vermögen noch die großen Sammelgänge in der Giftdrüse selbst (Fig. 32 g) beträchtliche Mengen gebrauchsfertigen Gifts zu fassen. Der funktionierende Giftzahn ist von seinem benachbarten Er- satzzahn durch eine Schleimhautfalte getrennt (Fig. 17, 35 sf). Sobald nun die Ränder des Schlitzes auseinander gezogen werden, füllt diese Schleimhautfalte die rechte oder linke Hälfte der Schlitzöffnung aus, je nach der Lage des funktionierenden Giftzahns, so daß das Gift nur an die obere Öffnung des jeweils funktionierenden Giftzahns gelangen kann (Fig. 17 ger). Zur Zeit des Zahnwechsels, wenn der Ersatzzahn sich aufrichtet, wird die Schleimhautfalte seit- wärts nach dem alten Zahn hin gedrängt; so lange nun derselbe noch in der Zahntasche sitzen bleibt, kommt die Schleimhautfalte (sf) in die Mitte des Schlitzes zu liegen, so daß der Zutritt des Gifts an beide Zähne (ger) offen steht (Fig. 35). Da im übrigen das Verhältnis der trennenden Schleimhautfalte zu den ältesten Giftzähnen bei den proteroglyphen Colubriden über- einstimmt mit demjenigen bei den solenoglyphen Ophidiern, so ver- weise ich auf KATHARINER (1897), p. 60—62, welcher bei letztern dasselbe ausführlich klargelegt hat. c) Viperiden. Die Mechanik der Giftdrüsenentleerung der Viperiden oder solenoglyphen Ophidier ist im Gegensatz zu jener der drei Colubriden- Gruppen, welche großenteils unbearbeitet blieb, in ältern und neuern Die Kiefermuskeln der Schlangen. 207 Arbeiten berührt geworden; eingehender behandelte dieselbe KarHa- RINER (1900). Beispiel: Bothrops lanceolatus. Die Giftdrüse beginnt unmittelbar hinter dem Auge und er- streckt sich nach hinten gegen das Mandibulargelenk hin. Der Um- riB der Drüse gleicht einer Bohne, deren gewölbter Teil nach oben gerichtet ist (Fig. 23 u. 249). Sie ist allseitig am Kopf mittels Sehnen und Bändern befestigt. An der Verbindungsstelle von Quadratum und Squamosum, am Occipitale, entspringt ein starkes Ligament (s) und verbindet sich mit dem medial-dorsalen hintern Abschnitt der Giftdrüsenkapsel (Fig. 19 u. 24s). Ferner geht mitten aus der lateralen Seite des M. transverso-max.-pter.-mandi- bularis eine kurze kräftige Sehne hervor und setzt sich an die mediale Drüsenseite (Fig. 20 s*). Aus der ventralen sehnigen Partie des gleichen Muskels strahlen außerdem zahlreiche Sehnenstränge in den mittlern und vordern basal-medialen Teil der Drüsen- umhüllung ein (Fig. 21 s°) Ventral von dem die Drüse umhüllenden Jochband geht ein Ligament aus, welches am Pterygoid ansetzt (Fig. 22 und 25 s'); dasselbe schlägt sich basal um den M. trans- verso-max.-pter.-mandibularis, senkrecht zu dessen Längsachse, herum. Endlich ist die Giftdrüse mittels des Jochbands befestigt (Fig. 18 J). Diese auffallend feste Verbindung zwischen Drüsenkapsel und Schädel mittels Sehnen und Bändern ist darin begründet, daß der M. masseter, der als Beißmuskel fungiert, nicht an der festen Schädel- kapsel, dem Postfrontale und dem Parietale, entspringt, wie jener der drei Colubriden-Gruppen, sondern von jenem Abschnitt des Jochbands, welcher dorsal und lateral mit der Giftdrüsenkapsel ver- wachsen ist (Fig. 19 7). Dieses Ligament und die mit ihm ver- wachsene Drüsenkapsel müssen für den M. masseter den festen Punkt darstellen, wenn er als Heber des Unterkiefers arbeitet. — Eine wichtige Rolle spielt der M. masseter beim Auspressen der Giftdrüse. Bei der Kontraktion übt er infolge der Verdickung seiner Fasern, die dorsal der Drüse aufliegen (Fig. 25 7), einen Druck aus von oben nach unten; mehr noch drückt er vermöge seines Ur- sprungs oben an der äußern Drüsenumhüllung (Jochband) und seines Ansatzes vorn am Mandibulare auf den hintern Abschnitt der Drüse in ihrer Längsrichtung, also von hinten nach vorn (Fig. 19, 25, 26 7). Endlich preßt der Muskelbauch auf die Innenseite des hintern Drüsenabschnitts nach auswärts, weil er sich zwischen Jochband (J) und Ligament (s) um den hintern Drüsenteil herumschlägt und nach 14* 208 P. Karu Hacer, vorn abwärts sich wendet (Fig. 26 1 J. s, Muskelbauch (7) zurück- geschlagen). Kurz zusammengefaßt, kann man sagen, daß der M. masseter bei seiner Kontraktion auf den hintern Drüsenteil gerade so wirkt, wie wenn eine Hand das eine Ende einer gefüllten ovalen Blase umfaßt und preßt. Im mittlern und vordern Teil drücken auf die mediale Drüsen- seite nach auswärts die beiden innern Portionen des M. temporalis (Fig. 20 2 u. 3) gleichzeitig mit dem M. masseter. Grobe Bedeutung für die Entleerung der Giftdrüse gewinnt das bei den Viperiden stark entwickelte Jochband. Es zieht vom Mandibulargelenk als starker Strang nach vorn an die Giftdrüse. Hinter derselben spaltet sich der Strang; ein Teil davon inseriert nach kurzem Verlauf oberhalb der Mundwinkelspalte an der Haut. — Der andere innere Strang entfaltet sich dagegen zu einem groben breiten Blatt, welches sich um die ventrale, laterale und dorsale Partie der Giftdrüsenkapsel herumschlägt und selbe einhüllt (Fig. 19 JJ). Auf seiner dorsal-lateralen Fläche sitzt der M. mas- seter (Fig. 19 2). Am untern Rande des M. masseter entlang nach hinten gegen das Mandibulargelenk (Fig. 18 mg), spaltet sich von der Jochbandfascie ein zweites Blatt (f“) ab, das über dem ersten liegt, den M. masseter (7) nebst dem nach hinten anliegenden M. temporalis posterior (4) überspannt und teils oben am Squamosum, teils nach unten längs der vordern Fläche des Quadratums inseriert (vel. Figg. 18 u. 19 7 £ u. f“). Dieses Spaltungsstück f‘“ des Joch- bands JJ gerät bei der Kontraktion der Beißmuskeln und dem dadurch bedingten Zurückweichen des Quadratums in starke Spannung und bildet ein vorzügliches laterales Widerlager, so dab der Druck des sich verdickenden Muskelbauchs von Masseter und Temporalis posterior nur auf die unten und nebenan liegende Gift- drüse einwirken kann. Nach vorn gegen den Ausführgang zu geht das straffe Jochband- blatt in eine lockere dicke Bindegewebsmasse über, die teils am Postfrontale, teils am Maxillare inseriert; von dort aus konnte ich die Pinzette zwischen Giftdrüsenkapsel und Jochband nach hinten führen, weil lateral zum Teil das Jochband der Drüsenkapsel frei anliegt; daselbst tritt auch der Giftdrüsenausführgang aus der Um- hüllung des Jochbands hervor. Die Untersuchung zeigte, daß das Jochband auf der medialen Drüsenseite in feinen Fasern in die eigentliche Giftdrüsenkapsel Die Kiefermuskeln der Schlangen. 209 übergeht. Es gelang mir nie, auf verschiedenen Schnitten den Ver- lauf der Jochbandfasern an der medialen Seite der Driisenkapsel so zu verfolgen und festzustellen, daß auch ein mediales Blatt an- genommen werden könnte. Die Giftdrüse wird demnach vom Joch- band nicht .allseitig“ umhüllt, wie KAïHARINER (1900) aus seiner Präparation von Kreuzotter- und Vipern-Material schloß. Es kommt somit auf einem großen Teil der medialen Drüsenseite unmittelbar der Druck des M. temporalis zur Geltung, während dorsal, lateral, ventral und allseitig am hintern Drüsenende das derbe starke Joch- bandblatt, senkrecht zu seiner Umhüllungsfläche unmittelbar auf die Drüsenkapsel einwirkt, sobald es beim Zurückweichen des Quadrato- Mandibulargelenks straff gespannt wird; bei demselben Vorgange wird auch der obengenannte an die Haut abzweigende Jochband- strang in Spannung versetzt und preßt die Haut an die Giftdrüsen- kapsel. Die Urheber aller Druckwirkungen auf die Giftdrüse der Vipe- riden sind auch hier wieder die Beißmuskeln (KATHARINER, 1900). Causus rhombeatus WAGLER. Eine besondere Stellung nimmt die Viperide Causus rhombeatus bei der Mechanik der Drüsenentleerung ein wegen der riesigen Aus- dehnung der Giftdriise. Das größte mir zur Verfügung stehende Exemplar hatte eine Länge von 65 cm; davon fielen 6,5 cm auf die Länge der Giftdrüse einschließlich Giftdrüsengang; die Giftdrüse allein maß 5,7 cm. Die Gesamtlänge der Drüse betrug somit un- gefihr ein Zehntel der ganzen Körperlänge. Nach REINHARDT (1843) soll sie ein Sechstel der ganzen Körperlänge betragen. Da bei einem jüngern Exemplar das Verhältnis 1:11 betrug, so geht daraus hervor, daß mit dem Alter der Schlange die Größe der Drüse mehr zunimmt als jene des Gesamtkörpers. Die lang gestreckte Giftdrüse ist seitlich zusammengedrückt und liegt mit der einen flachen Seite dem Körper an, indem sie hinter dem Auge nach rückwärts allmählich dorsal aufsteigt (Fig. 27, 29 g). Irgend eine Verbindung der Drüse mit der lateralen und dorsalen Körperseite durch Bänder und Sehnen konnte ich nicht feststellen; die Drüse liest frei und locker unmittelbar unter der Haut; auch steht die Drüse in keiner Beziehung zu dem Joch- band (J). Die Giftdrüse macht an ihrem vordern Teil hinter dem Auge eine spirale Drehung von 180°, so daß die ursprünglich laterale flache Seite medial dem Körper anliegt. 210 P. Kart Hacer, Die Driisenfollikel im Innern der starken bindegewebigen Kapsel sind 6—7 lang gestreckte Schläuche, welche dorso-ventral über- einander gelagert beinahe parallel verlaufen und vorn unter sehr spitzen Winkeln in den gemeinschaftlichen Ausführgang einmünden. Das Lumen der einzelnen Röhren oder Schläuche ist in verschiedenen Abständen von dorso-ventralen Bindegewebssträngen durchzogen. Wir haben schon früher gesehen, daß der M. masseter in zwei Portionen zerfällt; die eine steht hier im ausschließlichen Dienst der Giftdrüsenentleerung und entspringt etwas hinter dem Auge an der Drüsenkapsel. Die quer gestreiften Muskelfasern nehmen ihren Anfang in je einem Bündel an den scharfen Kanten der Drüsenkapsel dorsal und ventral, hüllen allmählich, nach hinten längs verlaufend, die Drüsenkapsel vollständig ein, inserieren auf ihrem Weg zum Teil an derselben, teils biegen sie am hintern Driisenende wieder nach vorn um. Vorn neben der ersten Portion des M. masseter medial der Drüse löst sich ein Teil der Muskel- fasern von derselben los und inseriert mit kurzer breiter Sehne neben der ersten Portion am Mandibulare. Die Muskelfaserzüge an den Längsseiten der Kapsel liegen in drei bis vier Lagen übereinander. Die Kontraktion der Muskelfasern hat notwendig eine Ver- kürzung der Drüse in ihrer Längsachse zur Folge. Ein Vergleich zwischen Causus rhombeatus und den übrigen Viperiden zeigt, dab bei letztern die Giftdrüsenkapsel mit dem Schädel durch Sehnen und Bänder fest verbunden ist und daß zudem der gesamte M. masseter (Owen) an der äußern Giftdrüsenumhüllung (hier Jochband) entspringt, bei Causus dagegen nur eine Portion des Masseters; allein bei Causus muß ein Teil des Muskels an der festen Schädelkapsel selbst deshalb seinen Ursprung nehmen, weil er sonst seine Funktion als Beif- muskel nicht erfüllen könnte aus Mangel an einem festen Punkt, einen solchen aber die nach hinten verlagerte und frei liegende Drüse nicht zu bieten vermöchte. Die Behauptung Meyer’s (1869), daß der Muskel bei Causus nirgends anderswo ansetze als nur an der Drüse selbst, kann ich nicht bestätigen. Wenn Reryuarpr (1843) — so viel mir bekannt ist, der Erste, welcher die Verhältnisse der Giftdrüsenentleerung bei Causus klarzulegen suchte — sagt, daß der mittlere Schläfenmuskel. (M. temporalis) zwei Bündel an die Giftdrüse abgebe, so bestätigt damit schon er, daß die muskulöse Umhüllung der Drüse in Konnex mit der Beißmuskulatur stehe; freilich kann ich ReısHarpr's Ansicht Die Kiefermuskeln der Schlangen. 911 insofern nicht beipflichten, daß der M. temporalis einen Ast an die Giftdrüse abgebe. Alle drei Portionen des M. temporalis treten deutlich für sich gesondert auf gerade wie bei den übrigen Viperiden (siehe Fig. 28 u. 29 2, 3, 4); die Muskelumhüllung der Giftdrüsen- kapsel bei Causus entspringt an der Drüse selbst und zwar vor und über jener Portion des M. masseter (Fig. 27 u. 28 1), welche an der festen Schädelkapsel entspringt, und ist ein deutliches Homologon und Analogon zu dem M. masseter der übrigen Viperiden, obschon sie hier als gesonderte Portion in den ausschließlichen Dienst der Drüsenentleerung tritt. Ausführgang der Giftdrüse bei den Viperiden. Der Giftdrüsenausführgang entspricht in seinem Bau dem Ver- mögen dieser Schlangen, das kurze Maxillare mit seinen Giftfängen nach hinten zu legen. Der lange Gang beschreibt bei zurückgelegten Giftzähnen bald nach seinem Beginn an der Giftdrüse einen Bogen nach oben und steigt dann wieder sanft nach vorn unten (Fig. 23 dg“). Richtet sich der Giftzahn auf, so muß der Ausführgang infolge der Bewegung des Maxillare in seiner Länge sich strecken können (Fig. 24 dg”). Ohne diese Anlage des Ganges auf Verlängerung würden seine Wände infolge zu straffer Spannung den Austritt des Gifts hindern. Bei toten Tieren ist die Biegung des Giftdrüsen- gangs bald wahrnehmbar, bald nicht, je nachdem der Zahn auf- gerichtet oder zurückgelegt ist. Das Lumen des Giftdrüsenausführgangs ist im Gegensatz zu jenem der Proteroglyphen bis auf eine kurze Strecke im vordern Abschnitt groß und bietet beträchtlichen Raum, um Gift aufzuspeichern. Im vordern Drittel zeigt der Gang eine ampullenartige Erweiterung (Fig. 23 u. 24 dg‘). Hier sind an der Peripherie des Ganglumens kleine Drüsen gruppiert, wie wir solche bei den proteroglyphen Schlangen fast auf der ganzen Länge im Innern des Ausführ- gangs angetroffen haben. Die Bedeutung der Funktion dieser Schleimdrüsen im Giftdrüsenausführgang der Colubriden und Vipe- riden festzustellen, ist noch Sache der physiologischen Unter- suchung. Zusammenfassung der Resultate der Untersuchungen über die Giftdrüsenentleerung bei den Colubriden und Viperiden. 1. Der Ausgangspunkt der Funktion der Giftdrüsenentleerung ist die Kontraktion der Beißmuskeln beim Beibakt. 212 P. Karu Hacer, 2. Als nächste Träger der Funktion sind der Beißmuskel Mas- seter und das Jochband oder Ligamentum zygomaticum zu nennen; jedoch besitzt die Giftdriise der Colubriden und Viperiden keine eigne Muskulatur zu ihrer Entleerung. 3. a) Bei den aglyphen und vielen opisthoglyphen Colubriden mit wenig entwickelter Giftdriise tritt die unmittelbare Beteiligung des M. masseter zurück gegenüber der Funktion des Jochbands. b) Sobald aber die Giftdriise als ein größeres selbständiges Gebilde sich differenziert, wie bei den opisthoglyphen Homalopsinae, sobald sie gar in einer eignen starken, derben Bindegewebshülle, der sogenannten Giftdrüsenkapsel, eingeschlossen wird, wie bei den Proteroglypha und Solenoglypha, treten auch innige Beziehungen zwischen Drüse und M. masseter auf. Ein Teil des letztern geht unmittelbar in den Dienst der Giftdrüsenentleerung über, indem er die Drüsenkapsel überlagert und z. T. selbst an ihr ansetzt. 4. Auch die Muskelumhüllung der enorm vergrößerten und seit- lich nach hinten aufwärts verlagerten Giftdrüsenkapsel der Viperide Causus rhombeatus ist eine Portion des Beißmuskels Masseter. Bei dieser Giftschlange ist die eigenartige Muskelbekleidung der Gift- drüse der einzige Faktor des Auspressens, wie sie auch in den aus- schließlichen Dienst der Drüsentleerung tritt. Das Jochband nimmt keinen Anteil an der Funktion. 5. Das Jochband der Colubriden und Viperiden zerfällt in zwei Stränge: in einen kurzen lateralen Strang, der an der Haut ober- halb der Mundwinkelspalte inseriert und in einen grübern längern, oft fascienartig verbreiterten — nicht verbreitert bei den Aglypha und Dipsadomorphinae — Strang, der weiter vorn am Maxillare, bzw. am Postfrontale ansetzt. Bei den proteroglyphen Colubriden verschmelzen beide Stränge miteinander und setzen hinter der Mund- winkelspalte an die Haut an, von wo sich dann der eine — innere — von der Haut wieder loslöst und endgültig am Postfrontale in- seriert. Durch die Kontraktion der Beißmuskeln und dem dadurch bedingten Zurückweichen des Mandibulargelenks in Spannung ver- setzt, drücken beide Stränge teils selbst unmittelbar, teils durch die äußere Haut auf die Drüsenseiten, indem sie einerseits ein Wider- lager darstellen, andrerseits als Kompresse wirken. 6. Die Lage des Giftdrüsenausführgangs ist bedingt von der Lage und Stellung der Giftzähne; der Gang mündet in der Mund- schleimhaut vor dem basalen konvexen Teil des Giftzahns und kann sich strecken, wenn die Verlagerung des beweglichen Maxillar- Die Kiefermuskeln der Schlangen. 913 knochens beim Beißakt es erheischt: so bei den Opisthoglypha und Solenoglypha. Bei den Proteroglypha ist dies nicht der Fall, weil die Bewegung des Maxillare es nicht erfordert. Ferner vermag der Giftdriisenausfiihrgang fertiges Giftsecret aufzuspeichern: bei den Proteroglypha hauptsächlich im Sinus seines vordern Endes, bei den Viperiden im großen freien Lumen seines mittlern und hintern Abschnitts. — Speicherorgane für das Gift- secret sind ferner die Sammelgänge in der Drüse selbst. 214 P. Kart HaGer, Tabellarische Ubersicht der beschriebenen M. parietali-quadrato- Nach Nach mandibularis Ducës, 1826 Duvernoy, 1832 4 Portionen: 2 Portionen: 3 Portionen: M. masseter und 3 Portionen des | post-orbito-maxillaire temporal anterieur M. temporalis temporo-maxillaire temporal moyen ou profond temp. posterieur M. occipito-quadrato-mandibu- [tympano-postarticu- |digastrique laris laire M. pterygo-parietalis post-orbito-ptérygoidien|post-orbito-palatin (pl. 5, fig. 4) M. pterygo-sphenoidalis-posterior|sphéno-ptérygoidien sphéno-ptérygoidien M. Sub-occipito-quadrato-man- |sous-occipito-articulaire]sous-occipito-articulaire dibularis M. pterygo-sphenoidalis-anterior|sphéno-palatin sphéno-palatin M. transverso-maxillo-pterygo- [maxillo-ptérygoidien |pterygoidien externe mandibularis M. pterygo-mandibularis articulo-ptérygoidien |pterygoidien interne M. cervico-mandibularis cervico-tympanique cervico-angulaire M. neuro-mandibularis cervico-maxillaire vertebro-mandibulaire M. costo-mandibularis costo-maxillaire costo-mandibulaire costo-hyoidien M. intermandibularis adducteur postérieurladducteur postérieur des mandibles des mandibles 1) Den M. retractor ossis quadrati (HOFFMANN) habe ich nicht Die Kiefermuskeln der Schlangen. 215 En der N LD der Schlangen. Nach Nach Nach Nach Horrmann, 1890 D'ALTON, 1834 Owen, 1866 v. TruTLEBEN, 1874/(in: Bronx, Klass. Ordn.) 4 Portionen: 3 Portionen: 3 Portionen: 4 Portionen: Heber des Unter- | masseter masseter parietali-quadrato- kiefersu.3Portionen] temporalis temporalis mandibularis des M. temporalis Bu ap] Br ae posttemporalis z. T. M. temporalisjoccipito-quadrato- mandibularis Niederzieher des |tympano-mandibu- Unterkiefers laris Hebemuskel des innern Flügel- beins z. T. pterygoideus |pterygo-parietalis internus innerer hinterer |prespheno-ptery- z. T. pterygoideus |pterygo-sphenoidalis- Flügelmuskel goideus internus posterior depressor tympani innerer vorderer |prespheno-palatin |z. T. pterygoideus |pterygo-sphenoidalis- Flügelmuskel internus anterior äußerer Flügel- jectopterygoideus pterygoideus ex- |transverso-maxillo- muskel ternus pterygo-mandibularis entopterygoideus Do z. T. temporalis cervico-mandibularis muske Rückwärtszieher desjneuro-mandibularis |z. T. temporalis [Die beiden Muskeln ent- Zungenbeins sprechen dem atlanto- Nackenzungenbein- costo-mandibularis epistropheo - hyoideus muskel und cervico-hyoideus, sind aber unter dem Namen neurocosto- mandibularis irriger- weise bei dem cer- vico-mandibularis er- wähnt. die sich kreuzen-lintermandibularis intermaxillaris den Muskeln des Unterkiefers unter die Kiefermuskeln eingereiht. 216 P. Karu Hacer, Nachtrag. Nach Abschluß vorliegender Arbeit erhielt ich Kenntnis einer Arbeit von Nits Rosen in Lund, im Zool. Anz., Vol. 28, p. 1: „Über die Kaumuskeln der Schlangen und ihre Bedeutung bei der Ent- leerung der Giftdrüse“. Ich bin mit dem Verfasser einig bezüglich der Feststellung der Ungenauigkeiten in der C. K. Horrmann’schen (in: Bronx, Klass. Ordn.) Darstellung der Muskelbezeichnungen. Allein Nrzs Rosen führt auch für den von Horrmann gebrauchten Namen M. occipito-quadrato-mandibularis meines Erachtens ohne triftige Gründe eine von den meisten frühern Autoren ab- weichende Bezeichnung ein: M. temporalis. Es heißt einen neuen Baustein in das wirre Gebäude der Kiefermuskelbezeichnungen ein- fügen, wenn der Name „temporalis“, der zuerst von Ducés auf die innern Portionen des M. parietali-quadrato-mandibularis (HOFFM.), so- dann von DUvERNOY, OWEN und v. TEUTLEBEN ebenfalls für die Portionen desselben Muskels gewählt wurde, der, wie schon D’ALTON sagt, als Heber des Unterkiefers fungiert, jetzt von Rosen ausschließlich auf den M. occipito-quadrato-mandibularis Horr. übertragen wird, der als Niederzieher des Unterkiefers waltet; es wären dadurch zwei Antagonisten unter einem und demselben Namen in der Kiefer- muskelliteratur verzeichnet. Wie ich schon in der Einleitung zur vorliegenden Arbeit betont habe, dürfte es am Platze sein, an dem von C. K. Horrmann (in: Bronx, Klass. Ordn.) einmal aufgestellten Namensverzeichnis der Kiefermuskeln festzuhalten und selbes nur, so weit es notwendig ist, zu ergänzen und zu korrigieren. Die Kiefermuskeln der Schlangen. 217 Inbezug auf die Morphologie des Beißmuskels parietali-quadrato- mandibularis (Horrm.) schreibt Roses, indem er sich gegen die Aus- führungen KATHARINER’s (1900) wendet: „Daß die erste Portion des M. par.-quadr.-mandibularis (Horrm.) wirklich in intimer Beziehung mit der Giftdrüse steht, geht aus dem Angeführten (Duverxoy) so deutlich hervor, daß darüber keine weitere Erörterung von nöthen ist.“ Diese Auffassung Rosev’s bedarf einer präcisern Darstellung. Die fragliche Muskelportion — es handelt sich hier um jene beiden Viperiden — sitzt nämlich nicht direkt der Giftdrüsenkapsel auf, sondern an dem Ligamentum zygomaticum, wie schon KATHARINnER (in: Biol. Ctrbl. 1900, p. 53, Zeile 8 und 9) selbst sagt. Es heißt dort z. B.: „Sein vorderer Ansatz am Lig. zygomaticum.“ Diese Jochbandpartie umhüllt nämlich vorerst die Giftdrüsenkapsel auf ihrer lateralen, ventralen und dorsalen Seite und an ihrem ganzen hintern Ende unmittelbar; der M. masseter liegt aber erst über dieser Jochband- partie (siehe S. 207, 208 u. 209). 218 P. Karr Hacer, Literaturverzeichnis. p’ Auton, E. (1834), Beschreibung des Muskelsystems von Python bivittatus, in: Arch. Anat. Physiol. BAECHTOLD, J. J. (1843), Untersuchungen über die Giftwerkzeuge der Schlangen, Inaug.-Diss., Tiibingen. BERTRAND, G. et C. Pursanrx (1894), Sur la présence des glandes venimeuses chez la Couleuvre et Ja toxicité du sang de ces animaux, in: CR. Acad. Sc. Paris, Vol. 118. BREHM, A. (1892), Kriechthiere und Lurche, in: Thierleben, Vol. 7. Ducs, A. (1827), Recherches anatomiques et physiologiques sur la déglution des Reptiles, in: Ann. Sc. nat., Vol. 12. DUVERNOY, G. L. 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Allgemein gültige Bezeichnungen der Muskeln und Knochen in den Figuren. 1. Muse. masseter er er DES M. parietali- 2. temporalis, vorderste u. tiefste Portion ; FR 5 mittlere Portion { quadrato-mandi- Pe = hintere Portion (posterior) ) hal 5. , transverso-maxillo-pterygo-mandibularis 6. , pterygo-mandibuiaris 7. y pterygo-parietalis S. , pterygo-parietalis-anterior 9. , pterygo-parietalis-posterior 10. „ sub-occipito-quadrato-mandibularis 11. , retractor ossis quadrati 12. „ occipito-quadrato-mandibularis 13. „ cervico-mandibularis 14. „ neuro-mandibularis 15. „ costo-mandibularis 16. „ intermandibularis I7. „ Vorwärtszieher des Zungenbeins h‘, h“ u. h‘“ Bezeichnungen für sogenannte Hautmuskeln Die Kiefermuskeln der Schlangen. 221. Knochen. o. mand Os mandibulare 0. max Os maxillare . pt Os pterygoideum .qu Os quadratum .2 Os temporale oder squamosum . pfr Os postfrontale SJE Sy sy 4S) 2. Erklärung der einzelnen Figuren. atelier Fig. 1, 2, 3. Tropidonotus natrix. Die Haut ist zum Teil abge- tragen. J‘ das laterale an die Haut abzweigende Jochband. g gelb- licher Teil der Oberlippendrüse. Fig. 2 u. 3. Muskeln der Unterkieferseite. Fig. 4, 5, 6 u. 7. Cerberus rhynchops. g Giftdriise; J Jochband; J‘ Jochband, lateraler Strang; /f* Fascie, welche längs der vordern Seite des Os quadratum entspringt, ventral mit dem Jochband sich vereinigt und nach vorn an die Haut ansetzt. — In Fig. 6 ist die Giftdriise zuriick- gelegt, um den Giftdrüsenausführgang (dy) bloßzulegen. — In Fig. 7 ist der M. masseter an seiner Ursprungsstelle losgelöst und über das Joch- band zurückgeschlagen, wodurch die Portionen des M. temporalis und die Nickhautdrüse (x) freigelegt werden. Fig. 8 u. 9. Naja haje. Kopf ganz enthäutet. — Fig. 8. dg Gift- drüsenausführgang; 9 Giftdrüse; o Oberlippendrüse; Ja dorsale obere Portion des M. masseter. — Fig. 9. M. masseter samt Giftdrüsenkapsel zum Teil vom Schädel losgelöst und zurückgeschlagen, um die Portionen 2, 3, 4) des M. temporalis und die untere Portion des M. masseter (1b) zu zeigen. Tafel 12. Fig. 10 u. 11. Naja tripudians. Fig. 10 zeigt das Verhältnis der obern (Ja) Muskelportion des Masseters zur Giftdrüse (g); g‘ ist der haken- förmige Fortsatz derselben. — In Fig. 11 ist die Giftdrüse umgelegt, so daß ihre mediale Seite nebst dem M. masseter Ja u. Jb wahrzu- nehmen sind; ebenso sind die Portionen des M. temporalis abgetragen. s” Sehnenfasern des M. transverso-maxillo-pterygo-mandibularis (5), welche sich mit der Giftdrüsenkapsel verbinden; s° Sehne, welche die obere und untere Portion des M. masseter verbindet. Fig. 12 u. 13. Enhydris hardwickei. Fig. 12. f der vordere zu einer Fascie verbreiterte Teil des Jochbandstrangs, der mit der Haut streckenweise verwächst, in der Figur aber von der Haut losgeschält zur Darstellung kommt; er überdeckt die Giftdrüse, was z. T. wahrzunehmen Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 15 222 P. Kart Hacer, ist. — Fig. 13. Die Muskelportion Ja des Masseters ist zurückgeschlagen, wodurch die Muskelportion 1b des Masseters nebst Giftdrüse (9) zum Vor- schein kommen. Fig. 14, 15 u. 16. Giftdrüse und M. masseter sind gesondert von einer Enhydris herauspräpariert, um die Beziehungen des komplizierten Muskels zur Giftdrüse klarer zu legen. Pfeile — Richtung des Giftdriisenausfiihrgangs. — Fig. 14. Laterale Außenansicht; Muskel- portionen des Masseters in natürlicher Lage. — Fig. 15. Laterale Außen- ansicht desselben Muskels, jedoch ist die Portion Ja zurückgeschlagen. — Fig. 16. Mediale Innenansicht; natürliche Lage des M. masseter (erste und zweite Portion: Ja u. 1b). Fig. 17. Naja tripudians. Nach der Natur unter Präparierlupe ge- zeichnet und vergrößert dargestellt; schwach schematisiert; zeigt das Ver- hältnis des vordern sackartig erweiterten Endes des Giftdrüsenausführgangs (dg) zum obern Ende der Giftzahnröhre (gx). Der Sack ist aufgeschnitten dargestellt (sdg), so daß die bindegewebigen Polster (bp), welche den Schlitz begrenzen, und die Schleimhautfalte (sf) zum Vorschein kommen; letztere trennt den funktionierenden aufgerichteten Giftzahn (gx) vom benachbarten noch horizontal nach innen und hinten liegenden Ersatzzahn. Fig. 18—26 von Bothrops lanceolatus. Bigs 18. Äußere Haut abgetragen; /“ Spaltungsstiick des Joch- bands J, welches den M. masseter und temporalis posterior überspannt; mg Quadrato-Mandibulargelenk; pfr Postfrontale. Marea: Fig. 19. Abgetragen ist die vorerwähnte Fascie /“ nebst der vor- dern Partie des Jochbands (J) unter dem Auge, so daß M. masseter (1) und temporalis posterior (4), nebst Giftdriisenausfiihrgang (dy) deutlich zum Vorschein kommen. s ist ein festes Ligament, welches die Gift- drüsenkapsel am Schädel (Os occipitale) befestigt. Fig. 20. Giftdrüse nebst M. masseter sind vom Schädel gelöst und zurückgeschlagen; M. temporalis posterior (4) ist ebenfalls weggeschnitten, so daß die zwei vordern Portionen des M. temporalis (2 u. 5) nebst dem großen M. transverso-maxillo-pterygo-mandibularis (5) zum Vorschein kommen. s? Sehne des M. transverso-maxillo-pterygo-mandibularis, welche mitten an der medialen Seite der Giftdrüsenkapsel inseriert. Fig. 21. Die Mm. temporalis und transverso - maxillo - pterygo- mandibularis sind abgetragen; dagegen sind von letzterm Muskel jene ventralen Sehnenfasern stehen gelassen, welche teils in die Giftzahntasche (st) einstrahlen, teils ventral an der Giftdrüsenumhüllung ansetzen (s?); Giftdrüse und M. masseter sind hier wie in der folgenden Zeichnung 22 zurückgeschlagen. J Jochband. M. pter.-parietalis (7) und sub-oceipito- quadrato-mandibularis (10) sind sichtbar. Fig. 22. M. pterygo-parietalis (7) und die vorerwähnten Sehnen- Die Kiefermuskeln der Schlangen. 293 fasern sind weggeschnitten; s‘ ist ein starkes Ligament, das die Giftdriisen- kapsel mit dem Pterygoid verbindet. Fig. 23 u. 24. Alle Muskelteile sind vom Schädel und der Gift- drüse entfernt, um die bohnenförmige große Giftdriise mit ihrem Aus- führgang freizulegen; in Fig. 23 in der Lage bei zuriickgelegten Gift- zähnen; die Ersatzzähne (ex) sind zum Teil sichtbar, weil auch die Gift- zahntasche entfernt ist; in Fig. 24 sind die Giftzähne aufgerichtet, und dadurch kommt die Streckung des in der Ruhelage Sförmig gebogenen Teils (dg“) des Ausführgangs zur Veranschaulichung; dg‘ ist die ampullen- artige Erweiterung des Ausführgangs. Fig. 25 u. 26. Giftdrüsenkapsel mit ihren Ligamenten und Sehnen- ansitzen nebst M. masseter sind herauspräpariert und gesondert zur Darstellung gebracht. Der Pfeil gibt die Richtung des vordern Kopf- endes an; gtx Giftzahntasche; Fig. 25 gibt die laterale Außenansicht in natürlicher Stellung am Schädel. J Jochband. — Fig. 26 dagegen zeigt die mediale Seite, wobei der untere Teil des M. masseter (7) nach hinten zurückgeschlagen ist; die Punktierung gibt dessen ungefähr natürliche Lage wieder. J Jochband. Tafel 13. Fig. 27, 28 u. 29 von Causus rhombeatus. Die Haut ist dorsal und lateral auf einer Seite abgetragen. — Fig. 27 zeigt die gewaltige Gift- drüse (g) in ihrer natürlichen Lage; Fig. 28 zeigt deren mediale Seite, ebenso ist die erste Portion des M. masseter (7) vom Schädel losgelöst und zuriickgeschlagen; in Fig. 29 ist die Giftdriise wieder in ihre natiir- liche Lage zuriickgelegt, jedoch nebst dem M. masseter (/) auch die erste Portion des M. temporalis (2) losgelöst und zurückgeschlagen, so dab die ebenfalls große Nickhautdriise (7) zum Vorschein kommt, Die Figg. 30—36 sind photographische Aufnahmen von Mikroschnitten mit LEITZ’schen Objektiven. Fig. 30 u. 31 von Homalopsis buccata. Horizontalschnitte. In dg ist der Ausführgang der Giftdrüse (9), in edg der vorderste Abschnitt des Ganges vor dem basalen Teil des Giftzahns (gx) getroffen. In Fig. 31 sind der nach hinten liegende Ersatzzahn (exa), außerdem nach vorn in der Richtung des Pfeils die Zähne und Ersatzzähne der Maxillarreihe (mr) und der Pterygoidreihe (pr) getroffen. Fig. 32 von Platurus colubrinus. Sagittalschnitt. Die Figur veran- schaulicht die Sammelgänge in der Giftdrüse (y) nebst dem M. masseter (1°), der die Giftdrüse dorsal von ihrem vordern Teil bis zum hintern hakenförmigen Fortsatz überlagert und dessen Fasern zum Teil an der Drüsenkapsel ansetzen. Fig. 33 und Tafel 14. Fig. 34 zeigen Horizontalschnitte von Platwrus colubrinus aus der Region der Giftzahnanlagen. Fig. 33 zeigt außer dem funktionierenden 15* 294 P. Kart Hacer, Die Kiefermuskeln der Schlangen. Giftzahn (gx) 4 Paar Ersatzzähne hintereinander, links mit der Zahnleiste (xl); ferner das vordere Ende des Giftdrüsenausführgangs (edg), welcher in den obern Teil der sackartigen Erweiterung des Gangs, den Sinus (sdg), mündet. In Fig. 34 ist der Schnitt tiefer, mehr der Mundhöhle zu ge- legen, und weist außer den paarigen Zahnanlagen den Sinus (sdg) auf mit dem Schlitz zwischen den beiden Bindegewebspolstern (bp), ferner die Sehnenstränge (st) rechts und links, welche vom Maxillare herkommend an den Sinus (sw) herantreten; xl Zahnleiste; Pfeil — Richtung nach dem vordern Kopfende; br reiche Bluträume zwischen den Zahnanlagen. Fig. 35. Frontalschnitt von Enhydris hardwickei; rechte Kieferhälfte, aus der Region zweier gleichzeitig funktionierender Giftzähne; gar Gift- zahnröhre; sf die zwischen beiden Zähnen liegende Schleimhautfalte, welche hier den Zugang des Gifts zu jedem Zahn gestattet; bp die Polster des Sinus sdg mit dem Schlitz im Zentrum; dg Giftdrüsenausführgang. Fig. 36. Sagittalschnitt von Enhydris hardwickei; rechte Kieferhälfte. Der funktionierende Giftzahn (gx) ist der Länge nach in der Richtung konvex-konkav durchschnitten; vor ihm liegt der Sinus (sdg); dazwischen das rechte äußere Bindegewebspolster (bp); am obern Teil des Sinus (sdy) ist das vordere Ende des Giftdrüsengangs getroffen (dy); links auf der Figur, d. h, nach hinten, liegen mehrere Ersatzzahnanlagen (za) in reichen Bluträumen (br); 0. max Maxillare; Pfeil — Richtung nach dem vordern Kopfende. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Beitrage zur Kenntnis der Sinnesorgane der Insecten, Von Dr. Ernst Rohler, Assistent am Zoologischen Institut in Jena. Mit Tafel 15—16 und 1 Abbildung im Text. Der erste Teil der vorliegenden Arbeit ist referierender Art und bezieht sich auf die Sinnesorgane der Insecten überhaupt; der zweite Teil enthält meine Befunde bei einer Heuschrecke, Tryxalis nasuta L., und darauf folgen einige ergänzende Beobachtungen über die antennalen Sinnesorgane der Schmeißfliege, Musca vomitoria L. Die Einteilung ist also folgende: I. Allgemeiner Teil. Übersicht über die Sinnesorgane der Insecten (Sammelreferat). II. Spezieller Teil. 1. Material und Methoden. 2. Die Sinnesorgane von Tryxalis nasuta L. 3. Die Sinnesorgane auf der Antenne von Musca vomitoria L. Literaturverzeichnis. Erklärung der Abbildungen. 226 Ernst ROHLER, I. Allgemeiner Teil. Ubersicht über die Sinnesorgane der Insecten (Sammelreferat). Als ich beim Beginn meiner Untersuchungen die Literatur über die Sinnesorgane der Insecten durchging, fand ich, daß dieselbe schon einen so großen Umfang erreicht hat, daß man nur mit Mühe feststellen kann, was über die Sinnesorgane der einzelnen Ordnungen bekannt ist. Besonders erschwert wird die Übersicht dadurch, daß die Autoren häufig in einer Publikation auf mehrere Ordnungen gleichzeitig Bezug nehmen. Bald sah ich auch ein, daß ich nur über einen Teil der Publikationen referieren könne; zumal die eng- lischen und französischen Arbeiten waren mir größtenteils nicht zu- gänglich. Da nun Krarreum im Jahre 1883 ein vorzügliches kritisches Referat der bis zu diesem Jahre vorliegenden wichtigsten Arbeiten gegeben hat, so habe ich die Arbeiten vom Jahr 1882 an aus der deutschen Literatur zusammengestellt, und zwar nur so weit sie Angaben über die Sinnesorgane der An- tennen und der Mundwerkzeuge oder über ähnliche Sinnesorgane an sonstigen Körperteilen der Insecten (oder ihrer Larven) bringen. Die tympanalen und chordotonalen Sinnesorgane sind nicht bei- gezogen. Biologische Experimente habe ich nur gelegentlich mit erwähnt.!) Ich habe die Angaben der Autoren über die Sinnesorgane der Insecten systematisch und der Zeit nach geordnet und führe sie in folgender Reihenfolge aut: I. Coleoptera — Käfer. II. Hymenoptera — Hautflügler. III. Lepi- doptera — Schmetterlinge. IV. Diptera — Zweiflügler. V. Hemi- ptera — Halbflügler. VI. Neuroptera — Netzflügler. VII. Strepsi- ptera — Fächerflügler. VIII. Orthoptera — Gradflügler. IX. Thy- sanura — Urinsecten. I. Coleoptera — Kifer. 1. Antennale Sinnesorgane. KRAEPELIN (1883) beschreibt an den Fühlerfächern von Melo- lontha weinglasförmige Gruben. Der Porenkanal ist von einer 1) Für die blütenbiologischen Beobachtungen an Insecten verweise ich besonders auf das „Handbuch der Blütenbiologie“ von P. KNUTH, in dem sich ausführliche Literaturverzeichnisse befinden. Sinnesorgane der Insecten. IEH kuppelförmigen Membran bedeckt. Darauf erhebt sich ein äußerst feines Härchen, welches direkt mit dem hinzutretenden Nerven in Verbindung steht. Der Terminalstrang ist von Epithelzellen um- schlossen. Bei Geotrupes variieren diese Gebilde bis zur Form kleiner blasser Papillen. Strangalia hat ebensolche Gruben mit „Wülstchen“ und aufsitzenden Kegeln wie Melolontha. Wizz (1885) stellte Versuche an mit Necrophorus, Geotrupes, Cerambyx etc., um die Gehörswahrnehmungen derselben festzustellen. Wurde ein 2 von Cerambyx scopolii in einer Schachtel zum Stridu- lieren veranlaßt, so marschierte ein auf denselben Tisch gesetztes ¢ mit erhobenen Antennen auf die Schachtel los. Auch eine Unter- scheidung verschiedener Töne findet statt. Um bei künstlicher Nachahmung des Stridulationsgeräuschs mit Federspule und Feile eine Reaktion des ¢ hervorzurufen, mußte ein bestimmter Rhythmus innegehalten werden. Töne und Geräusche außerhalb des Stridu- lationsgeräuschs werden nicht perzipiert. Vom Rats (1887, 1888). Bei Geotrupes stercorarius ist die ganze Oberfläche der Antenne mit kleinen Sinneskegeln dicht besetzt. Die zugehörigen Sinneszellengruppen sind deutlich sichtbar. Die An- tennenoberfläche von Cetonia ist mit Membrankanälen dicht bedeckt, dazwischen stehen vereinzelte einfache Gruben mit einem Sinnes- kegel. Die Verschlußplatte des Membrankanals liegt in der Ebene der Fühleroberfläche. Zu jedem Membrankanal und jedem Sinnes- kegel gehört eine Gruppe von Sinneszellen. Bei Melolontha findet sich eine mäßige Anzahl von Gruben mit kurzem, blassen Sinnes- kegel, der auf einer kuppelförmigen Papille des Grubengrunds steht; die Spitze des Kegels erreicht den Rand der Grube nicht. Weit zahlreicher sind Gruben, von deren Grund eine kuppelförmige, oben etwas abgeflachte Papille aufsteigt, die den Grubenrand fast erreicht, aber kein Haargebilde trägt. Die Antenne von Necrophorus zeigt nach der einen Seite hin dicht stehende, schlanke Sinneskegel, nach der andern Seite hin nur Durchbohrungen des Chitins. Diese letztern scheinen oben mit einer Membran geschlossen zu sein. Darunter liegt eine Gruppe von Zellen, die Sinneszellen oder auch Drüsen- zellen sein können. RuLAxD (1888) beschreibt bei Geotrupes und Necrophorus gerade oder gekrümmte, stark chitinisierte, spitze Borsten, die mittels einer Membran auf einem weinglasartigen Porenkanal aufsitzen. Er deutet sie als „Sperrhaare“ der Fühlerlamellen. Bei Dytisciden, Hydro- philiden, Carabiden, Cerambyciden, Lamellicorniern 298 Ernst RÖHLER, und Silphiden findet er stets Geruchskegel. Diese Kegel werden bei einigen Arten von Tast- (oder Schutz-)Borsten überragt. Der nervöse Endapparat ist ein von Epithelzellen umgebener Terminal- strang, der von einem mehrzelligen Ganglion ausgeht und bis in das Innere des Haargebildes verfolgt werden kann. Bei Necrophorus finden sich auch die bisher nur von Hymenopteren bekannten Poren- platten. (Die anatomischen Befunde stimmen mit denen Vom Ratu’s überein.) Runanp deutet diese Organe als Schall perzipierende. Wasmann (1891) berichtet über Versuche mit Myrmedonia, einem in Ameisennestern lebendem Käfer, welche dartun, „daß die Fühler für die Nahrungssuche nicht so wichtig sind wie für die Wahr- nehmung feindlich erregter Ameisen.“ Die Distanzwahrnehmung erfolgt wahrscheinlich durch die Taster. NAGEL (1892, 1894). Auf den Fühlern von Dytiscus finden sich überall zerstreut kleine Grubenkegel. Der Kegel ragt nur wenig über den Grubenrand empor. Diese Grubenkegel sind Organe des Gefühlssinns. An der Gelenkstelle des ersten und zweiten Antennen- glieds sitzt eine Anzahl zylindrischer Chitinstifte, die zur Regu- lierung der Fühlerbewegung dienen. Am distalen Ende jedes Glieds stehen 2—5 große Grubenkegel. Diese sind vielleicht als Geschmacks- organe zu deuten. Auf der medialen Seite der Antenne liegen mehrere Tausend „kelchförmiger Organe“, die wohl auch als Organe des mechanischen Sinns zu deuten sind. Auf der Antenne von Lampyris splendidula 2 stehen auf der ganzen Fläche Fühlhaare, nur an der Spitze der Antenne finden sich kurze, konische Zäpfchen. (Über die Funktion der Fühler sowie der Taster hat Nasen zahl- reiche Versuche angestellt, besonders mit Dytiscus, vgl. die große Arbeit vom Jahr 1894.) MaxxiNG Curinp (1894) beschreibt eine Art des Jomnston’schen Organs (siehe unter Dipteren) bei Melolontha. Die Gelenkhaut zwischen 2. und 3. Antennenglied ist nach innen etwas vorgewölbt. Ein Nebenstrang des Antennennerven geht zu Ganglienzellen, die ihrerseits wieder in Ausläufer ausgehen. Letztere endigen in Poren der Gelenkhaut (Funktion d. Org. siehe unter Dipteren 1.). 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. Vom Rats (1887, 1888). Bei den Käfern findet sich auf der Spitze des Endglieds der Palpen ein mit mehr oder weniger groben Kegeln besetztes Sinnesfeld. Die Unterkiefer- und Unterlippenpalpen von Cetonia, Chrysomela, Staphylinus und Tenebrio tragen verhältnis- Sinnesorgane der Insecten. 299 mäßig wenige von diesen Kegeln, während sich bei Carabus eine außerordentlich große Zahl derselben findet. Die Unterlippenpalpe von Coccinella trägt an der Spitze nur wenige Kegel, das keulen- förmig verbreiterte Endglied der Maxillenpalpe dagegen „unzählige, winzig kleine, blasse Kegel“. Auf Schnitten sieht man die zu- gehörigen Sinneszellengruppen und die Terminalstränge, die von Hypodermiszellen umgeben sind. Die Unterlippe von Zenebrio trägt außer 4 langen Haaren und zahlreichen feinen Härchen einige kleine Kegel, die wohl als Geschmacksorgane zu deuten sind. An der Außenseite der Palpe von Melolontha findet sich ein eigentümliches Porenfeld. Auf Schnitten erkennt man, daß mit den Poren des Chitins große, drüsenähnliche Zellen der Hypodermis in Beziehung stehen. In ähnlicher Weise finden sich diese, wohl als Drüsenorgane zu deutenden Gebilde bei Cetonia. Auf der Maxille z. B. von Cocci- nella stehen starke Haare, die mit einer Sinneszelle in Verbindung stehen, also wohl als einfache Tasthaare zu deuten sind. NAGEL (1892, 1894). Auf den Palpen von Dytiscus sind zunächst mannigfach zerstreute, große Grubenkegel vorhanden und zwar in zwei Formen; dunkelgefärbte, längliche, stark nach der Tasterspitze ge- neigte Zapfen ohne Lumen, die über einem engen Porenkanal in einer flachen Grube sitzen. Diese Grubenkegel finden sich nur auf der Streckseite der Taster. Auf der Beugeseite stehen große Sinneskegel, ‚ebenfalls in einer Grube, aber mit hellem Chitin und einem weiten Porenkanal. Derartige Kegel liegen auch am Gaumenzapfen der Dytisciden. Die kelchförmigen Organe (siehe I, 1) finden sich nur an der Außenseite des Endglieds des großen Kiefertasters. An der Spitze der Palpen liegen die eigentlichen Tastzäpfchen, deren heller, chitiniger Stift direkt in Nervenfaser übergeht. Die Oberlippe trägt an ihrer Unterseite (Gaumen) auf zwei Chitinplatten angeordnet eine große Anzahl von Geschmackskegeln. Nach der Seite zu treten an die Stelle der Kegel lange Haare. Die Kegel haben glashelles, dünnes Chitin und sind fast ganz in eine enge Grube versenkt. Die Sinnesorgane am Gaumenzapfen sind denen an der Spitze des innern Kiefertasters ähnlich, nämlich hohle und massive Grubenkegel. Seit- wärts von der Spitze des Gaumenzapfens liegen zahlreiche grobe, massive Grubenkegel, zwischen denen kleinere zerstreut liegen. In die Gruben dieser Kegel münden z. 'T. Drüsenausführgänge. Besonders an den Grundgliedern der Taster finden sich dann noch „eigenartige Gruben ohne Kegel“. An der Tasterspitze von Hydrophilus sitzen flache Gruben, aus denen kleine, blasse Kegel hervorragen, am 230 Ernst RÖHLER, Lippentaster sehr lange, in Gruppen stehende Haare. Innere Ge- schmacksorgane in der Mundhöhle kommen als Grubenkegel bei vielen Käfern vor, besonders zahlreich bei blumenbesuchenden Arten. 3. Sinnesorgane der Larven. Vom Rarx (1887). An den Palpenspitzen von Käferlarven z. B. von Tenebrio molitor finden sich ebenfalls Kegel; die Anordnung der- selben erinnert sehr an die Sinnesfelder an den Palpen von Forficula (VIII, 2) Nacen (1894). Die dünnchitinige Endfläche beider Tasterpaare der Larve von Dytiscus trägt zartwandige blasse Kegel. Am Grund- glied des Kiefertasters steht ein hohler, dunkler Dorn, der an seinem Ende einige zarte Kegel zeigt. Massive, etwas versenkt stehende Tastkegel sind nur spärlich vorhanden. Die gewöhnlichen Haare stehen über einem Becher, der mit zierlicher, äußerer Skulptur ver- sehen ist. Am Vorderrand des Kopfs finden sich schließlich eigen- tümliche, platte ruderförmige Haarbildungen auf weiten Poren- kanälen. II. Hymenoptera — Hautflügler. 1. Antennale Sinnesorgane. ScHIEMENZ (1882) beschreibt auf den Fühlern von Apis mellifica 6 verschiedene Gebilde: 1. auf der Außenseite und den Wurzel- gliedern stehende starre Chitinborsten, in die ein Terminalstrang eintritt. 2. Säbel- oder dolchfürmige, eingelenkte, massive Borsten ohne Lumen im Innern. 3. Tastborsten, die mit einer Nervenzelle in Verbindung stehen. 4. Membrankanäle, welche von den Tast- borsten ringförmig umgeben sind; 5. blasse, zarte Kegel, distal auf den Gliedern stehend; da eine Nervenfaser in den Kegel hineintritt und sich an der Spitze keine Durchbohrung findet, sind sie als Tastorgane zu deuten; 6. gruppenweise zusammenliegende, rundliche Gruben, auf deren Boden sich eine kleine Papille mit niedrigem Chitinkegel findet. Da eine Nervenfaser an die nach außen offene Grube herantritt, sind diese Organe wohl als Geruchsorgane zu deuten, zumal sie sich bei den Drohnen in besonders großer Zahl finden. Außerdem weist der Verf. darauf hin, dab sich durch radial nach innen gerichtete Anordnung der Gruben Übergänge zu den zusammengesetzten Gruben der Dipteren finden. Sinnesorgane der Insecten. 931 KRAEPELIN (1883) berichtigt zunächst die Befunde Hauser’s (1880), da die Hauser’schen Nervenstifte im Porenkanal auf Schrumpfung beruhen. — Die spaltförmigen Gruben von Vespa vulgaris sind mit einer Membran verschlossen, die keine Durchbohrung zeigt. Der feine Spalt erweitert sich nach innen zum Porenkanal. An die Membran tritt der Terminalstrang heran, von Epithelzellen (Hypo- dermiszellen) begleitet. Er geht von einer „vielkernigen Ganglien- zelle“ aus. Die haarartigen Kegel von Vespa haben einen ähnlichen Porenkanal wie die spaltförmigen Gruben. Freistehende Stäbchen- kranzzapfen sowie Geibelzellen, wie HAUSER angibt, finden sich nicht. Die Champagnerpfropforgane und die Forkr’schen Flaschen sind wohl eher drüsiger Natur. Bei Sörex haben die Kegel, welche die einzigen Sinnesorgane an den Fühlern der Holzwespen sind, große Ähnlichkeit mit denen mancher Käfer. Bei Bombus finden sich Kegel. lange spitze Haare, Champagnerpfropforgane und Forkr’schen Flaschen ähnliche Organe; letztere in allen Gliedern, aber mit kürzerem Ausführungsgang als die der Ameisen. Champagnerpfropf- organe finden sich bei Bombus nur am Endgliede. Die Gruben der Apiden haben einen becherförmig erweiterten Porenkanal, der durch eine Membran nach auben abgeschlossen ist. Zwischen der Membran und dem Oberflächenchitin der Antenne ist noch ein chitiniger Ring eingeschaltet. Der Terminalstrang tritt an die Platte heran, die wir auch als modifizierte Nervensubstanz auffassen künnen. Dieses Organ ist als Geruchsorgan zu deuten. Vom RarH (1887, 1888). An den Hymenopterenfühlern finden sich: 1. Membrankanäle, 2. Kegel von verschiedener Gestalt, die bei Vespa eine deutliche Öffnung haben, 3. spitze Sinneshaare. Zu jedem dieser Sinnesorgane gehört eine Gruppe von Sinneszellen, die einen Terminalstrang durch den Porenkanal in das Haargebilde, resp. an die Verschlußplatte des Membrankanals entsenden. Einige Hypo- dermiszellen begleiten den Terminalstrang und umhüllen auch die Sinneszellengruppen. Die Forev’schen Flaschen, die wohl als Drüsen- organe zu deuten sind, fanden sich bei Apis, Bombus, Eucera, Xylo- copa und Anthophora. Fir die Champagnerpfropforgane gibt der Verf. keine Deutung. Rurann (1888). Die Porenplatten der Hymenopteren haben einen Porenkanal, der sich in der Nähe der Antennenoberfläche zu einer Höhlung erweitert, die nach außen durch eine solide Chitinplatte verschlossen ist. Bei Vespa crabro geht von dem unter dem Poren- kanal gelegenen vielzelligen Ganglion ein yon Epithelzellen (Hypo- 239 Ernst RÔHLER, dermiszellen) umhüllter Nervenstrang (Terminalstrang) zum Endorgan. Ähnliche Verhältnisse finden sich bei den Grabwespen (Ammo- phila), Heterogynen (Mutilla) und den Goldwespen (Chrysis). Bei Cynips gallae tinctoriae stellen die Platten lange halbzylinder- formige Gebilde dar, die sich fast über ein ganzes Fühlerglied er- strecken. Gegen die Funktion der Porenplatten als Gehörorgane spricht die Tatsache, daß die Membranen bei Ichneumoniden (Ophion) und Cynipiden wenig elastisch sein dürften. Bei den Ameisen finden sich knieförmig gebogene Haargebilde, welche auf Porenkanälen aufsitzen und mit der Spitze seichten Längsgruben auflagern, zu denen sich der schmale Porenkanal an seiner Mündung plötzlich erweitert. Über die Funktion dieser Organe ist nichts Sicheres zu sagen. An die Geruchskegel von Vespa crabro tritt ein von dem Ganglion ausgehendes Faserbündel, das sich in der Mitte des Porenkanals verjüngt und bis in den Kegel hinein verfolgt werden kann. Auch hier ist dieser Terminalstrang von Hypodermis- zellen umgeben. Diese Kegel finden sich auch bei Ichneumoniden und Cynipiden und zwar bei Ophion luteus ziemlich zahlreich, bei Cynips gallae tinctoriae nur wenige, 4—5 an jedem Gliede. Die Form dieser Kegel kann bei den Hymenopteren sehr verschieden sein. Zwischen den Forer’schen Flaschen und den Champagnerpfropf- organen findet sich bei den Ameisen eine Zwischenstufe, so dab die Gleichartigkeit beider Formen erwiesen ist. Bei Bombus und Apis ist der Flaschenhals sehr stark verkürzt. Die an der Spitze durchbohrten Kegel dieser Organe stehen mit einem Ganglion in Verbindung. Alle diese Organe sind wohl sicher als Geruchsorgane zu deuten. RuHLanp macht Angaben über die Verteilung derselben bei verschiedenen Hymenopterengattungen. NAGEL (1894). Auf den Fühlern von Cimbex sericea finden sich zahlreiche gewöhnliche Fühlhaare sowie kleine spitze Kegel auf einer kugelförmigen Erweiterung des Porenkanals. Zahlreich sind diese Kegel bei Allantus notus, spärlicher bei Tenthredo ater, wo sie stets nur eine Seite des Fühlers einnehmen und wie bei Cimbex und Sirex stark gegen die Fühlerspitze geneigt sind. Sirex gigas hat zahlreiche in flachen Gruben stehende Kegel. Von den Gall- wespen zeichnet sich Zbalia cultellator durch zahlreiche Porenplatten neben gewöhnlichen Fühlhaaren aus; bei Cynipiden zeigen sich ebenfalls nur Porenplatten. Die Braconiden haben nur Poren- platten, die aber trotz der geringern Größe der Tiere ebenso grob sind wie die der Ichneumoniden. Von den Evaniiden hat Sinnesorgane der Insecten. 233 Foenus affectator 2 zahlreiche Porenplatten, auffallend dicke Haare, keine Kegel. Von den Ichneumoniden sind zahlreiche Vertreter untersucht: Die Porenplatten von Cryptus sind von Schutzborsten überragt, die Kegel sind hakenförmig, mit distalwärts gerichteter Spitze. Bei /chneumon sind die Kegel kurz und gedrungen, distal- warts gebogen und in großer Zahl vorhanden; zwischen 2 und 2 derselben Art finden sich oft beträchtliche Unterschiede namentlich in der Zahl der Kegel. Auf der Antenne von Vespa stehen neben zahlreichen kurzen Haaren noch Kegel, Porenplatten und Gruben- kegel, doch sind die eigentlichen Grubenkegel bei Vespa und Polistes sehr spärlich. Die Kegel und die Porenplatten der untersuchten Gattungen sind als Geruchsorgane zu deuten. Mannine CHınD (1894). Im zweiten Antennenglied von Vespa findet der Verf. ein dem Jonnston’schen Organ der Dipteren durch- aus ähnliches Gebilde. Die Gelenkhaut zwischen 2. und 3. Antennen- glied steht durch lang gestreckte, stäbchenförmige Zellen mit Ganglienzellen in Verbindung. Dasselbe Organ fand er bei Bombus und Formica (siehe unter Dipteren IV., 1.). Vom RaTx (1896) stellt mit Methylenblau und mittels der GoLGI- Methode fest, daß die Fortsätze der Sinneszellen in den antennalen Sinnesorganen von Vespa, Bombus, Ichneumon, Antophora, Eucera, Formica u. a. unverästelt in die Sinneshaare hineintreten. SCHENK (1903). Untersucht wurden: Vespa crabro, Prosopis bif., Sphecodes gibb., Panurgus bancs., Dasypoda plump., Sarcopoda bimac., Osmia adunca, Osmia ruf., Bombus spec., Apis mellif. Für die an diesen Hymenopteren gefundenen antennalen Sinnesorgane führt SCHENK lateinische Bezeichnungen ein. Die Sensilla placodea ent- sprechen den Porenplatten Krarreuın’s und den Membrankanälen Vom Rarn’s. Sensilla trichodea (varia) sind haarartige Gebilde. Die Kegel und Kolben nennt er Sensilla basiconica, die Grubenkegel und Champaenerpfropforgane heißen Sensilla coeloconica, und die Forev’schen Flaschen sind als Sensilla ampullacea bezeichnet. Neben genauen histologischen Untersuchungen bringt ScHEnk noch be- sonders ausführliche Angaben über den sexuellen Unterschied in der Zahl der Sinnesorgane. Aus diesen Unterschieden sowie aus sonstigen biologischen Tatsachen und dem anatomischen Befund schließt er auf ihre physiologische Funktion: Die Sensilla placodea sind wahr- scheinlich Organe zur Perception des Luftdrucks und Widerstands; die Sens. basiconica sind Geruchsorgane ebenso wie die Sens. coelo- conica. Als Funktion der Sens. ampullacea möchte der Verf. be- 234 Ernst RÖHLER, sonders Gehörswahrnehmungen annehmen. Die Sens. trichodea dienen sämtlich als Tastorgane. 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. KRAEPELIN (1882). An der Spitze der Unterlippe der Hymeno- pteren, dem sog. Löffelchen, sitzen außer den Tastborsten noch keulenförmig endigende, blasse Borsten. Da dieselben an der Spitze durchbohrt sind, dürften sie wohl als Geschmacks- oder Geruchs- organe zu deuten sein. Witt (1885). Die Zunge von Vespa ist ebenso wie die Neben- zungen mit Chitinhäkchen und Schutzborsten besetzt. Auf der Ober- seite der Spitze der Zunge wie der Nebenzungen sitzen auf champagnerpfropfähnlichen Chitinkanälen 2 Kränze von Sinnesborsten mit einem Lumen. An der nach außen abfallenden Basis der Zunge liegen Gruppen von je 18—22 runden Grübchen mit je einem kurzen hellen Stift. 76—82 ähnliche Grübchen finden sich auch an der Unterseite der Maxillen zusammen mit einem Fächer von 17—21 starken Borsten, die eine an der Spitze der Borste sich öffnende Höhlung oder Rinne besitzen. Zu diesen Sinnesorganen gehören Sinneszellengruppen von je 5—7 Zellen; der Terminalstrang mündet durch eine feine Durchbohrung der Haarspitze frei nach außen. An der Zungenbasis liegen noch Becherorgane, d. h. ein Kanal, der nach außen durch eine Membran verschlossen ist. Diese Membran wird von dem Achsencylinder der zugehörigen Sinneszellengruppe durch- brochen. Ähnliche Becherorgane finden sich auf der Maxillenunter- seite, nur erhebt sich hier der Terminalstrang über die Cuticula und ist durch einen chitinigen Stützkegel geschützt. Bei den Tenthrediniden sind die Becher der Maxillenunterseite sehr spärlich, ebenso die terminalen Borsten an Zunge und Nebenzunge; jedoch sind die Becher etwa 3mal größer als bei den andern Hymenopteren-Familien. Auf dem Basalteil der Zunge der Ich- neumoniden stehen Gruppen von 12—14 Grübchen mit hellerm Mittelstift; ebenso an der Unterseite der Maxillen. Beiden Ameisen sind die terminalen Borsten durch Becher oder Grübchen ersetzt von demselben Bau. Ihre Zahl ist sehr variabel. Bei allen Apiden finden sich terminale Sinnesborsten an der Spitze der Zunge und längs der untern Rüsselrinne. Die Borsten sind hier gleichfalls mit einer Rinne versehen. Ihre Zahl beträgt bei Apis 10—12, an der Zungenspitze noch 4. Dieselbe Zahl findet sich bei Bombus und Osmia. Am Stiel des Löffelchens liegt außerdem noch vor den Sinnesorgane der Insecten. 235 terminalen Borsten ein dichter Kranz feiner Härchen. Die Becher der Zungenbasis stehen bei Apis in 2 Feldern von je 25 runden Grübchen mit deutlichem Achsencylinder; bei Osmia finden sich 14—16, bei Bombus 20—24 solcher (aber sehr kleiner) Becher. Auch auf der Maxillenunterseite der Apiden sieht man gegen 40 Grübchen mit Achsencylindern und Stützkegeln, die lang hervorragen. Die- selben Grübchen liegen auch auf den Labialtastern. Die Becher sowie die terminalen Sinnesborsten sind Geschmacksorgane, da sie die Nervenendigungen direkt mit der Nahrung in Berührung kommen lassen. BREITHAUPT (1886). An der untern Schlundplatte von Bombus befinden sich 2 starke höckrige Stellen, die ca. 40 Papillen mit ganz kurzen Haaren enthalten. Da diese Haare innerviert werden, sind sie wohl als Geschmacksorgane zu deuten. Ganz ebensolche Papillen finden sich an der hintern und untern Seite der Mundklappe und sind hier als Tasthaare zu betrachten. Auf der Zunge stehen Tast- haare mit Nervenendigung, auf der Zungenwurzel zwei Gruppen von je 22—27 feinen Grübchen oder Poren ohne aufsitzende Borsten. Da dieselben innerviert sind, muß man sie für den Geruchsgruben ähnliche Gebilde halten. Vom Rats (1887). Auf den Palpen der Ichneumoniden, Wespen und Ameisen sitzen außer den gewöhnlichen Haaren blasse, längere Sinneshaare mit je einer deutlichen Sinneszellengruppe. 3. Biologische Beobachtungen. Witt (1885). Biologische Experimente mit Vespa vulgaris, Bom- bus und Apis, welche beweisen, „dab wenigstens die Hymenopteren mit einem Sinne ausgeriistet sind, welcher eine Unterscheidung der den Mund berührenden Nahrung gestattet, d. h. dab diese Insecten einen Geschmackssinn besitzen“. Wasmann (1891) berichtet über einige Versuche am Formica rufa zur Feststellung des Gehörsvermögens bei Ameisen. III. Lepidoptera — Schmetterlinge. 1. Antennale Sinnesorgane. KRAEPELIN (1883). In den Fühlergruben von Vanessa urticae finden sich nicht Nervenstäbchen sondern kegelförmig gestaltete, am Grunde mit dicker bräunlicher, an der Spitze mit zarter Chitin- 236 Ernst RÔHLER, membran überzogene Haare, welche einem weiten Porenkanal auf- sitzen. Diese Gruben stehen stets nur an einer Seite der Fühler — wahrscheinlich der untern — und sind hier in größern, flachen Ein- senkungen vergesellschaftet. Bei den Sphingiden ist die eine (obere) Fühlerseite ausschließlich mit Schuppen, die andere mit äußerst dicht stehenden und verschieden langen Haaren besetzt. Vom Rarx (1887, 1888). Auf den Antennen der Schmetterlinge stehen folgende Sinnesorgane: Einfache, flächenständige, meist große, blasse Haare, einfache Gruben und große Gruben mit vielen Kegeln. Die einfachen Gruben haben am Grunde stets einen Sinneskegel und an ihrer Mündung nach außen reusenartig angeordnete Schutzborsten, so z. B. bei Vanessa urticae. Diese Gruben sind bei Zygaena ziemlich tief eingesenkt, bei Aglia taw nur flach, und haben einen erhabenen Rand. Die großen Chitingruben mit vielen Sinneskegeln finden sich z. B. bei Vanessa wrticae. Bei einigen Species von Bombyx sind sie am Vorderrand jedes Glieds der Antenne auf jeder Seite zu finden und zwar in regelmäßiger Lagerung. Ruzrann (1888). Die stets sehr großen, robusten Kegel der Antenne stehen einzeln oder zu 2—5 auf einer am Vorderrand der Glieder befindlichen Anschwellung auf derjenigen Fühlerseite, welche keine Schuppen trägt. Sie werden von langen, kräftigen Tastborsten überragt. Bei Sphinx ligustri stehen die Kegel einzeln, bei den Bombyciden dagegen gehäuft. Orobena stramentalis hat Kegel, welche mit einer feinen, scharf abgesetzten Spitze endigen, bei Jodis sp. finden sich sogar Kegel mit mehreren feinen Spitzen. Die einfachen Gruben kommen auch bei Spannern und Kleinschmetter- lingen vor, sie fehlen dagegen bei Schwärmern, Spinnern und Eulen, wo sich nur Kegel finden. Während die Tagfalter nur Gruben besitzen, haben dieSpanner und Kleinschmetter- linge außer den Gruben noch Kegel. Auf einer bläschenförmigen Erhebung des Grubengrunds erhebt sich ein Chitinkegel mit feiner Öffnung. Der Rand der Gruben ist, namentlich bei Kleinschmetter- lingen, von einem dichten Borstenkranz umgeben. ManninG Ci (1894). An der Gelenkstelle des 2. und 3. An- tennenglieds von Epinephele janira findet sich ein dem Jonnston’schen Organ der Dipteren sehr ähnliches Gebilde Der Antennennerv gibt beim Eintritt in das 2. Glied nach allen Seiten Fasern ab, welche zu großen länglichen Zellen verlaufen. Die Fortsätze dieser Zellen endigen in der Gelenkhaut zwischen 2. und 3. Antennenglied. (Über die Funktion siehe unter Dipteren.) Sinnesorgane der Insecten. 237 NAGeEr (1894). An den Antennen aller Schmetterlinge finden sich außer verschiedenen Schuppen und Haaren noch Grubenkegel; bei den Spinnern, Eulen, Schwärmern, Spannern und Kleinschmetterlingen kommen dazu noch am distalen Ende jedes Glieds stehende Endzapfen. Die Endzapfen sowie die Gruben- kegel sind als Geruchsorgane zu deuten. Das ¢ von Orgyia gono- stigma hat eine größere Zahl von Gruben als das 2. Ebenso sind bei Saturnia carpini 2 die Grubenkegel selten, dagegen finden sich viele Fühlhaare; die Schuppen fehlen ganz. An den Antennen der Sphingiden finden sich besonders schöne und zahlreiche Gruben- kegel; nur bei Macroglossa stellatarum sind sie spärlich, und hier treten Haare in größerer Zahl auf, was sich dadurch erklären läßt, dab Macroglossa stellatarum am Tage fliegt. Bei den Schwärmern finden sich auf der Schmalseite der Antenne außer zahlreichen Schuppen einzelne, dicht über ihrer Basis rechtwinklig abgebogene Borsten mit weitem Porenkanal. Unter diesen Borsten beobachtete der Verf. eigentümliche Zellengruppen (die nach seiner Beschreibung wohl als Drüsenzellen anzusehen sind). Die Kegel finden sich be- sonders auf der Mitte jedes Fühlerglieds. Die Grubenkegel sind noch durch Schutzhaare gesichert und als Geruchsorgane für den Flug anzusehen. SCHENK (1903). Untersucht wurden: Fidonia pin. L., Orgyia ant. L., Psyche unic. H. F. N. und Ino pruni Er. Die Sinnesorgane, welche sich auf den Antennen derselben finden, sind: 1. Sensilla coeloconica — Grubenkegel, 2. Sensilla basiconica — ebenständige Sinneskegel, 3. Sensilla styloconica — Endzapfen oder Kolben, 4. Sen- silla chaetica — borstenartige Sinnesorgane, 5. Sensilla trichodea — haarartige Sinnesorgane. Zunächst bringt der Verf. allgemeine An- gaben über die Verteilung dieser Sensillen bei 4 und 2 der unter- suchten Arten mit dem Resultat, daß bei den ¢¢ besonders zahl- reich Sensilla coeloconica und Sensilla trichodea auftreten. Zu jedem Sinnesorgan gehören eine oder mehrere Sinneszellen, welche einen Terminalstrang, der von Ausläufern der Hypodermiszellen be- gleitet wird, zu dem Endorgan entsenden. Die Histologie der Gruben ist ähnlich der von O. Vom Ratu angegebenen. Aus dem sexuellen Unterschied und dem Bau der Sensillen deutet der Verf. die: Sen- silla coeloconica als Geruchsorgane (besonders zum Aufsuchen der Weibchen), Sensilla styloconica ebenfalls als Geruchsorgane (aber mehr zum Aufsuchen der Nahrung), Sensilla trichodea als Organe für Luftdrucksempfindungen (da sie beim schnell und sicher fliegenden Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 16 238 Ernst RÔHLER, Männchen zahlreicher sind als beim Weibchen), Sensilla chaetica und Sensilla basiconica als Tastorgane fiir direktes mechanisches Tasten. 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. Krrpacx (1883). An der medianwärts gerichteten Seite der Mandibeln der Lepidopteren liegen zahlreiche, steife Sinnesorgane, die mit nervésen Elementen in Beziehung stehen. An der Maxillar- lade sowie an den basalen Teilen schuppenloser Maxillen treten Haare auf, die auf niedrigen Chitinwiilsten oder -zylindern stehen (BrerrenBacn’s Saftbohrer). Diese Haare sind richtiger als Tast- zäpfchen statt Saftbohrer aufzufassen. In der Rinne aller Rüssel sitzen Rinnenstifte, deren Lumen von Nervenfasern erfüllt ist, jedoch wurde ein sicherer Zusammenhang mit Nervenzellen nicht nach- gewiesen. Im Rüssel von Vanessa io finden sich 26—27 dieser Stifte an einer Maxille, Pieris je 26, Arge galathea je 31, Tinea je 9 resp. 11, Harpyia je 14 resp. 16 dieser Stifte, und zwar in unregelmäßiger Verteilung. Diese als modifizierte Haare aufzufassenden Zäpfchen sind nach Ansicht des Verf. keine Geschmacksorgane, da sie chitinös sind (?) und Geschmacksorgane im Munde liegen müßten. Geruchs- funktion ist wegen der chitinigen Membran ebenfalls ausgeschlossen (?). Die Zäpfchen dienen wohl besonders zur Untersuchung der Nahrung auf Dickflüssigkeit und Konsistenz. Auf der Chitinplatte, welche den Boden des erweiterten Schlundkopfs bildet, finden sich zwei kleine, erhabene Felder, auf denen z. B. bei Pieris napi 20 kleine Papillen sitzen, die durch kleine Öffnungen über die Chitinplatte hinausragen. Dementsprechend finden sich unter den Chitinplatten starke Ansammlungen gangliöser Massen. Bei Saturnia pyri stehen die Papillen nicht auf einer Erhebung sondern in einer kleinen, kesselartigen Vertiefung. In den Papillen selbst findet sich ein kleines eiförmiges Endkörperchen des an sie herantretenden Nerven. Diese Papillen ‘sind wohl als Geschmacksorgane zu deuten. Am Hinterrand der Chitingrundplatte liegen auch noch je zwei etwas sröbere, ebenso gebaute Papillen. Ob dieselben ebenfalls Geschmacks- organe sind oder wie die Rinnenstifte zum Sondieren der Nahrung dienen, wagt der Verf. nicht zu entscheiden. Vom RaTH (1887, 1888). Bei sämtlichen untersuchten Tag- faltern, Schwärmern und Nachtfaltern findet sich im letzten Glied der Palpen eine große, meist flaschenförmige Grube, deren Boden eine große Zahl von Sinneskegeln trägt. Die Öffnung der Sinnesorgane der Insecten. 239 Grube sowie der flaschenhalsförmige Teil derselben ist zum Schutz gegen Fremdkörper mit Schutzborsten besetzt. Zu jedem Sinnes- kegel gehört eine Sinneszelle. Die Form und Größe der Grube sowie die Lage der Mündung variiert etwas. Reuter (1888). Auf dem „Basalfleck“ der Palpen finden sich kegelförmige, chitinöse Haare, die mit Ganglienanschwellungen in Verbindung stehen. Die Zahl dieser Kegel beträgt mehrere Hundert. Außerdem finden sich auf den Palpen bisweilen noch Gruben, bei den Mikrolepidopteren stets nur Gruben. Diese Gebilde sind viel- leicht als Geruchsorgane zu deuten; hierfür spricht auch folgende Tatsache: Bei den Tagschmetterlingen sind nicht nur die Palpen an sich, sondern auch die auf dem Basalfleck vorkommenden Reifen und kegelförmigen Haargebilde bei dem Männchen beträcht- lich größer und höher entwickelt als bei dem Weibchen. NAGEL (1894). Die Vom Rarn’schen Flaschenorgane sind wohl eher als Gehörorgane zu deuten, da ihre Stifte massiv sind. Auf der Rüsselspitze finden sich die verschiedenen Arten von Kegeln mit deutlich abgesetztem Schaft. Nach Ansicht des Verf. sind sie wohl vollkommene Tastapparate, die aber vielleicht auch zur Per- ception chemischer Einwirkungen dienen können. Bei den Sphin- giden finden sie sich nämlich nicht nur an der Rüsselspitze und stehen hier außerdem in tiefen Gruben. Sie stellen Übergangs- formen dar für die Entstehung der Schmeckzäpfchen aus gewöhn- lichen, auf einem Chitinwulst stehenden Haaren. Bei Smerinthus-2 ist der Rüssel rudimentär und finden sich statt der zarten Endkegel derbe, spitzige Haare. NAGEL (1897). Die wenig entwickelten innern Geschmacks- organe der Lepidopteren finden sich auf der ventralen Pharynxwand. Bei Smerinthus populi 2 z. B. finden sich Gruppen von je 12 [bei Macroglossa stellatarum 24| kleinen, blassen, stumpfen Kegeln mit zartwandiger, abgerundeter Spitze und einem weiten Porenkanal. Der nervöse Endapparat ist auf Schnitten ziemlich deutlich zu sehen. Die Kegel sind die innern Geschmacksorgane der Lepidopteren, während die Zäpfchen am Rüsselrande äußere Geschmacksorgane darstellen. 3. Sonstige Sinnesorgane und die Sinnesorgane der Raupen und Puppen. NAGEL (1894). Untersucht wurden Raupen von Antheraea pernyi, Orgyia gonostigma, Mamestra pisi, Saturnia carpini, Macroglossa stella- 16* 240 Ernst RÔHLER, tarum. Die Fühler von Antherea besitzen wenige, langgestreckte Glieder mit ganz kahler Oberfläche; nur das äußerste Ende trägt Sinnesorgane. Es finden sich zwei sehr lange Borsten mit engem Lumen, ferner blasse, dünnwandige Kegel. Außerdem sitzt an dieser Stelle noch ein kugelförmiger Kopf von braunem Chitin, in den ein Nervenzweig eintritt und sich an einen kleinen Kegel und gewisse Stellen des Chitins verteilt. Die Funktion der letztern ist unbekannt, die Kegel sind wohl Riechorgane. Auf den Unterlippentastern sitzen nur je 2 lange Tastborsten. Der Unterkiefertaster trägt auf dem Endglied blasse, stumpfe Kegel, vielleicht auch einige Gruben ohne Kegel. Der Unterkiefer selbst ist mit einigen sehr starken, ge- krümmten Borsten besetzt. Dazwischen stehen zwei nahezu zylindrische Zapfen mit einem aufgesetzten, fingerhutähnlich abgerundeten Spitzchen. Als Riechorgane sind die Kegel der Fühler und der Unterkieferlade zu deuten. Die des Unterkiefertasters haben neben Tastfunktion vielleicht auch noch Geruchsfunktion (eventuell percipieren die Kegel auch noch Geschmacks- und Temperatureindrücke). GÜNTHER (1901). Untersucht wurden die Flügel von Saturnia pavonia, Vanessa polychloros, Pieris napi, Spilosoma urticae und Dasychira pudibunda. Auf den Schmetterlingsflügeln finden sich folgende Organe: 1. Sinnesschuppen. Durch einen Porenkanal geht ein Nery, der an die Wurzel der Schuppe herantritt. Die Funktion der Sinnes- schuppen ist wohl die Perception von Luftdruckschwankungen, be- sonders könnte man an ein Lufttastorgan denken, das den Tast- haaren der Fledermäuse in seiner Bedeutung analog wäre; diese Lufttastschuppen wären für Abend- und Nachtschmetterlinge von höchster Bedeutung für einen sichern Flug. 2. Drüsenschuppen. 3. Drüsenhaare. 4. Sinnesstacheln. 5. Sinneskuppeln. An der Mün- dung eines Porenkanals ist eine gewölbte Chitinkuppel in einen etwas festern Chitinring eingespannt. Die zugehörige Nervenfaser tritt dicht an die Kuppelmembran heran. Dieses Organ hat also Ähnlichkeit mit den Membrankanälen der Lamellicornier. Die Kuppeln liegen auf dem ganzen Flügel verstreut, nur an einer Stelle der Hinterflügel liegen sie besonders dicht. Sie sind wohl als Gehörorgane aufzufassen. Gräfin von Lınpen (1902). Bei den Puppen von Papilio poda- lirius, Vanessa levana, urticae und io finden sich auf der Puppenhaut Sinneshaare, die innerviert werden. Und zwar wurde mit Methylen- blau nachgewiesen, daß eine „periphere Nervenausbreitung zwischen Puppenhülle und der Epidermis“ des werdenden Schmetterlings be- Sinnesorgane der Insecten. 241 steht, deren Endorgane die Sinneshaare auf der Puppenhaut sind. Nach Ansicht der Verf. dienen diese Haare als Warme- und Licht- sinnesorgane. IV. Diptera — Zweiflügler. 1. Antennale Sinnesorgane. KRAEPELIN (1883). Die eigentlichen percipierenden Endorgane in den zusammengesetzten Gruben der Dipteren sind nicht Nerven- stäbehen, sondern blasse Chitinhaare von mannigfacher Gestalt. Besonders untersucht wurden die Antennen von Tabanus und Musca. Der von Epithelzellen begleitete Terminalstrang tritt durch einen Porenkanal in das auf einer kuppelförmigen Membran sitzende Haar- gebilde ein. Die von Hauser als zwischen den Sinneshaaren stehend bezeichneten Chitinborsten scheinen nur auf den wallartigen Um- erenzungen der einzelnen Grubenabschnitte vorzukommen. Vom Rarx (1887, 1888). Bei Tipula finden sich nur einfache Chitingruben mit einem Sinneskegel und zwar ziemlich zahlreich auf dem 2. und 3. Antennenglied. Auf den nächstfolgenden waren die Gruben nur vereinzelt zu sehen und auf den letzten Gliedern nur blasse, lange Sinneshaare. Zu jedem dieser Sinnesorgane gehört eine Gruppe von Sinneszellen, während die großen, starren Borsten an den Basalteilen der einzelnen Glieder ohne Sinneszellen sind. Bei Bibio finden sich ebenfalls nur einfache Gruben mit je einem Sinneskegel, der weit aus der Grube hervorragt. Bei Bombylius sind außer diesen einfachen Gruben noch tiefer eingesenkte Gruben vorhanden, deren Kegel die Grubenöffnung nicht erreicht. Ebenso besitzt Tabanus auf der Antenne zwei Arten einfacher Gruben mit je einem Sinneskegel. In allen diesen Fällen gelang es, zugehörige Sinneszellengruppen nachzuweisen. Bei Musca vomitoria finden sich kleine Gruben mit mehreren Sinneskegeln. Solche Gruben werden dann hin und wieder durch chitinöse Scheidewände in 2 oder 3 Kammern abgeteilt. Zu jedem Sinneskegel dieser Gruben gehören wahrscheinlich mehrere Sinneszellen, dieselben sind aber nicht so deutlich wie in andern Fällen zu einer Gruppe zusammengeordnet. RuLanD (1888). Bei Musca, Eristalis und Tabanus bovinus finden sich ebenständige Kegel. Die Sinneskegel der zusammengesetzten Gruben sind an der Spitze durchbohrt. Bei Tabanus und auch bei Eristalis finden sich alle möglichen Übergangsformen zwischen eben- = 242 Erxsr RÖHLER, ständigen Geruchskegeln und Champagnerpfropforganen resp. FOREL- schen Flaschen (?). Auch will der Verf. in den zusammengesetzten Gruben von Eristalis in einem Falle neben den Kegeln auch noch Champagnerpfropforgane gesehen haben (?). Nace (1894). Die zusammengesetzten Gruben der Brachy- ceren (wie auch der Schmetterlinge) sind vielleicht als Gehörorgane zu deuten, da schon genug einfache Gruben zur Geruchsperception vorhanden sind. Bei Tipula und Ctenophora finden sich auf dem 2. und 3. Antennenglied zahlreiche einfache Gruben mit Kegeln, auf den spätern Gliedern immer weniger. Bei Culex pipiens sind keine Gruben vorhanden, dagegen hat das Männchen eine geringere Zahl der als Riechorgane zu deutenden blassen gekrümmten Haare als wie das Weibchen; die biologischen Tatsachen, daß nämlich nur die Weibchen an den nächtlichen Raubzügen teilnehmen und ihre Opfer durch keine andern Sinne auffinden können, deuten darauf hin, daß diese Haare Geruchsorgane sind. MaxxixG CHıLD (1894). Untersucht wurden: Mochlonyx culei- formis, Culex pipiens, Corethra plumicornis, Tanypus, Chironomus, Pachyrhina pratensis und Musca. Das zweite Antennenglied von Mochlonyx culiciformis 2 ist becherförmig; die Höhlung des Bechers wird durch eine mit radiären Verdickungen versehene Platte (die als chitinisierte Gelenkhaut aufzufassen ist) verschlossen. Auf dieser Platte sitzt der eigentliche Antennenschaft auf und durch eine zentrale Öffnung geht der Nerv und die Trachee. Von der Platte entspringen im ganzen Umkreis 70—90 feine, sich allmählich nach vorn biegende Chitinfortsätze, an welche sich die feinen Fortsätze nervöser Elemente ansetzen. (Die Lagerung der Ganglienzellen etc. ist sehr kompliziert und soll hier nicht ausführlich beschrieben werden.) Auch die Entwicklung dieses Organs bei der Meta- morphose untersuchte der Verf. Die Antenne von Mochlonyx 2 zeigt ähnliche Verhältnisse, nur ist die Platte und überhaupt das 2. Glied kleiner als beim 4. Die gangliösen Elemente sind ebenfalls weniger entwickelt und die Stäbchen endigen nicht an Fortsätzen der Platte, sondern an ihr selbst. Ganz ähnlich ist dieses Jounxstox’sche Organ bei den übrigen untersuchten Arten gebaut. Die Funktion desselben ist wahrscheinlich ursprünglich ein Tasten gewesen; dann hat sich dasselbe aber auch zum Percipieren von Schallschwingungen ge- eignet erwiesen. „Bei den Culiciden und Chironomiden hat das Organ zusammen mit der ganzen Antenne die weitere Aufgabe, den Ton, welchen das Weibchen erzeugt, von andern zu unterscheiden und Sinnesorgane der Insecten. 243 die Erkennung seiner Richtung zu ermöglichen. Die Unterscheidung dieses Tones geschieht wahrscheinlich durch die Stärke des dadurch erzeugten Reizes auf die Antenne, welche diesem Zweck besonders angepaßt sind, während die Erkennung der Richtung der Schall- quelle durch den Zusammenhang beider Antennen ermöglicht wird.“ In einer Nachschrift teilt der Verf. mit, daß es ihm gelungen ist, in den Stäbchen des Jonnsron’schen Organs von Musca das Vor- handensein eines Gebildes zu konstatieren, welches dem Stift im Grager’schen Chordotonalorgan ähnlich ist. 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. KRAEPELIN (1882, 1883). Am Rüssel von Musca finden sich auf dem Labellum Tasthaare, die innerviert werden. Gleiche Haare stehen auf der Oberlippe und im Pharynx. Außerdem kommen in reihenweiser Anordnung auf dem Labellumkissen Chitindoppelzylinder vor, welche sich kaum über die Oberfläche erheben und in das Chitin eingesenkt sind. Dieselben enthalten Nervenendigungen und sind wahrscheinlich als Geschmacksorgane zu deuten, da sie an der Spitze durchbohrt sind. Vom Rarx (1888). Bei bio finden sich außer den über sämt- liche Palpenglieder zerstreuten Sinneshaaren am 3. Glied noch Chitin- oruben mit Sinneskegeln. Zwei oder drei derartige Gruben können sehr nahe aneinander liegen. Unter jedem dieser Sinneskegel liegt eine schlanke Gruppe von Sinneszellen. Bei Tipula steht auf dem drittletzten Glied eine Anzahl großer blasser Sinneskegel, und zwar ist ihre Basis etwas in das Chitin eingesenkt. Die zugehörigen Sinneszellen wurden beobachtet. Nasen (1894). Die Gaumensinnesorgane der Dipteren treten als kleine Papillen auf, nicht als Grubenkegel. Witt (1885) gibt einen Bericht über Versuche mit Dipteren zur Feststellung des Geschmacksvermögens derselben. 3. Sonstige Sinnesorgane. WEINLAND (1890) untersucht in einer großen Arbeit die Schwinger folgender Dipteren: Tipula, Pachyrhina, Rhyphus, Culex, Bibio, Leptis, Tabanus, Laphria, Asilus, Dioctria, Empis, Chrysotoxum, Syrphus, Eristalis, Sarcophaga, Caliphora, Musca, Leria, Hippobosca und Anapera. 1. Von der Lage, Farbe und Behaarung des Schwingers. Das Schüppchen sowie das Verbindungsschüppchen ist oben und unten mit kleinen, etwas gekrümmten Haaren besetzt; auch geteilte Haare 944 Ernst RO#LER, kommen vor. Die Bekleidung des Schwingers besteht wie die des Flügels aus einem Pelz kleiner Harchen. Dazwischen finden sich, besonders bei nicht verdeckten Schwingern, größere Dornen und Borsten, die mit einem Chitinband spiralig umwunden erscheinen. Der Schwinger von Culex pipiens ist außer mit kleinen Härchen be- sonders am Stiel und Köpfchen mit lang gezogenen, gerieften, wirk- lichen Schuppen bedeckt. In den folgenden Abschnitten bringt der Verf. dann genaue und ausführliche Angaben über den Bau der Schwinger und schließlich über die Sinnesorgane auf denselben. Die Sinnespapillen sind in bestimmten Gruppen angeordnet, und der Verf. unterscheidet zwei scapale Platten, Hıcks’sche Platten, un- bestimmte Platten und basale Platten, je nach ihrer Lage auf dem Schwingerképfchen. Zunächst einiges über die Papillen der scapalen Platten. Ihre Zahl ist sehr schwankend. Zwischen den Papillen stehen kleine Härchen. Der Bau der Papillen ist folgender: Durch kuppelartige Vorwölbung einer Chitinduplikatur, die sich bis auf einen schmalen Spalt schließt, entsteht ein Hohlraum. Ähnlich wie bei den Grubenkegeln erhebt sich auf dem Grund der Höhlung ein zarter Chitinkegel. Dieser Kegel trägt in der Höhe des Spalts eine dicke Chitinleiste. Eine Nervenfaser tritt in dieses Endorgan ein. Während die Anordnung dieser Papillen bei den verschiedenen Arten der Dipteren verschieden ist, bleiben Länge und Breite des Spalts wie auch der Chitinleiste bei allen konstant. Die Papillen der Hıcks- schen Platten sind weniger zahlreich als die der scapalen. Im histologischen Bau stimmen sie mit denen der scapalen Platten im wesentlichen überein. Die Papillen der unbestimmten Gruppe sind von denen der scapalen etwas mehr verschieden. Doch ist bei ihnen die Lage und Verteilung wichtiger als der Bau. Die Papillen der basalen Platten sind zahlreicher als diejenigen der obern scapalen Platte, doch viel spärlicher als die aller scapalen Papillen eines Schwingers zusammengenommen. Sie sind beim einzelnen Individuum verschieden groß, und zwar liegen die größten am distalen, die kleinsten am proximalen Ende der Platte. Bei ihnen schließt sich die Kuppel über der Höhlung vollständig und hat nur auf der Unterseite ihrer Wölbung eine etwas vertiefte Rinne, in die der Nervenstab frei hineinragt. Zu jeder Papille gehört stets nur eine Sinneszelle, deren Terminalstrang von Hypo- dermiszellen eingeschlossen ist. Ähnliche Papillengruppen finden sich auch auf der Ober- und Unterseite der Flügel. Der Schwinger selbst ist durch die zwei Gelenke am Stiel sehr beweglich, und es Sinnesorgane der Insecten. 245 scheint, „daß dieser Reichtum an Bewegungsarten kein grundloser sei, sondern daß derselbe gebraucht werde und für die Fliege not- wendig sei“. — Die Bewegung des Schwingers ist entweder mit der Flügelbewegung gleichzeitig und dann sehr schnell. Aber auch ohne Mitbewegen der Flügel bewegt sich der Schwinger z. B. beim Aufrichten des Tiers aus der Rückenlage gleichzeitig mit Bewegungen der Beine etc. Operative Entfernung des Schüppchens ist ohne Bedeutung für den Flug. Der Verlust eines Schwingers hebt da- gegen die Fluggeschicklichkeit auf, macht z. B. Wendungen im Flug unmöglich; auf das Gesumme wirkt es nicht ein. Festkleben des Schwingers und Knickung des Stiels wirkt wie Entfernung des- selben etc. — Beim Flug bewirkt die gleichartige Bewegung der beiden Schwinger die Richtung des Flugs in der vertikalen Ebene. Ungleichartige Bewegung der beiden Schwinger dient zu Wendungen in der horizontalen Ebene. Wenn der eine oder beide Schwinger ohne Flügelbewegung arbeiten, so dient dies zur Wiederherstellung des Gleichgewichts. Bei den scapalen Papillen der Ober- und Unter- seite wird das hufeisenförmige Endorgan bei Auf- und Abwärts- bewegung des Schwingers seine Form verändern, und zwar wird jeder Geschwindigkeit der Bewegung eine besondere Papille ent- sprechen, die dem Gelenk des Schwingers näher oder ferner liegt. „Für die anderen wäre die Geschwindigkeit oder die Bewegungs- ebene nicht die richtige.“ Dieselbe Funktion haben wir für die Papillen der Hıcxs’schen Gruppen anzunehmen. Die basalen Papillen geben vielleicht die Schnelligkeit der Bewegung und die Größe des durchlaufenen Bogens an, und zwar tritt hier wieder für jede Geschwindigkeit etc. eine Papille in Tätigkeit. Die Papillen der unbestimmten Gruppen sind weniger wichtig und dienen wahr- scheinlich zur Wahrnehmung der langsamern Bewegungen des Schwingers. — Die Papillen auf den Flügeln der Dipteren, Hy- menopteren und Lepidopteren dienen vielleicht zum Wiederfinden bestimmter Örtlichkeiten. (2) Nasen (1894). Bei der Larve von Culex pipiens finden sich überall nur lange, braungelbe Haare, die nur Tastfunktion haben können. An den Mundteilen der Larve von Stratiomys stehen aus- schließlich starre, krallenförmig gekrümmte Haare; irgend welche Schmeckorgane sind nicht vorhanden. 246 Ernst RÖHLER, V. Hemiptera — Halbflügler. 1. Antennale Sinnesorgane. Wiırraczın (1882). An den im allgemeinen 6gliedrigen An- tennen der Aphiden kommen Geruchsgruben vor und zwar in großer Zahl bei den Männchen und den geflügelten parthenogenetischen Weibchen. Bei den ungeflügelten parthenogenetischen Weibchen sind sie weniger zahlreich, und am wenigsten findet man bei den Herbstweibchen. Krarreuın (1883). An den Fühlern von Acanthosoma finden sich nur blasse, ebenständige Borsten über einem Porenkanal und zugehörigen Ganglienzellen. Vom Rarx (1887, 1888). Die Antennen von Pyrrhocoris apterus und andern Hemipteren tragen nur flächenständige Sinneskegel von verschiedener Größe und mit zugehörigen Sinneszellengruppen. Bei Haematopinus swis und Pediculus vestimenti stehen auf der Spitze des Endglieds der Antennen Gruppen von Kegeln. Außerdem finden sich auf der Antenne einige wenige, relativ große, einfache Chitin- gruben mit je einem Sinneskegel. Rurann (1888). Kegelähnliche Gebilde kommen auf der Antenne von Pentatoma baccarum höchst vereinzelt vor. Bei Acanthia lectularia sind statt dieser Kegel nur zweierlei Tastborsten vorhanden. Die auf den Endgliedern der Antenne stehenden Borsten sind auf dem Querschnitt rund, die andern flach elliptisch; außerdem ist auch ihre Länge etwas verschieden. NaGez (1894). Die Fühler von Naucoris cimicoides tragen aus- schließlich lange Haare. MannınG Carp (1894). Ein dem Jonnsrowschen Organ der Dipteren ähnliches Gebilde findet sich in den Antennen von Aphes und Strachia. 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. KRAEPELIN (1882). Bei den Hemipteren finden sich an den Unterkieferspitzen Nervenendapparate. Uber ihre ,spezifische Natur“ gibt der Verf. kein Urteil ab. Vom Ratu (1887, 1888). An der Spitze des Rüssels von Pyr- rhocoris apterus findet sich jederseits eine Gruppe kleiner Kegel, an deren Basis sich eine lange Chitinröhre anschließt. Durch diese Sinnesorgane der Insecten. 947 tritt der Terminalstrang hindurch und ist deutlich bis zur Spitze des Kegels zu verfolgen. Die zugehörigen Sinneszellengruppen sind lang gestreckt und jederseits zu einem Komplex vereinigt. NAGEL (1894). Am Rüssel von Pyrrhocoris findet sich auf den beiden seitlichen Zapfen je eine Gruppe von Grubenkegeln, ebenso bei Nepa, Naucoris und Ranatra. Bei den landbewohnenden Baum- wanzen finden sich an der Rüsselspitze braune derbe Zäpfchen, die gegen die Spitze hin heller und zarter erscheinen; ferner mehrere glashelle Borsten. Zwischen diesen, wohl als Tastorgane zu deuten- den Gebilden stehen zahlreiche kleine, zarte, blasse Kegelchen, die wohl Geschmacksfunktion haben. Zahlreiche Grubenkegel am Dach der Mundhöhle von Naucoris cimicoides stellen das innere Schmeck- organ dar. VI. Neuroptera — Netzflügler. 1. Antennale Sinnesorgane. KRAEPELIN (1883). Auf der Antenne von Chrysopa perla finden sich nur äußerst zarte Chitinhaare, welche einem weiten Porenkanal aufsitzen. Vom Rats (1887, 1888). Auf den Antennen von Salis, Panorpa, Phryganea und Hemerobius existieren keine Chitingruben, sondern nur auf der Fläche stehende Sinneshaare. Dieselben sind bei Svalis ziemlich kurz und gerade, bei Panorpa viel kürzer als die gewühn- lichen Haare, etwas gekriimmt und spitz auslaufend. Bei Phryganea kommen auber den gewöhnlichen Haaren gerade und gebogene, lange, blasse Sinneshaare vor. Ebenso finden sich bei Hemerobius zweierlei Haare: blasse, etwas gekrümmte, am Vorderrand der Glieder stehende und längere, gerade, fast unter rechtem Winkel abstehende. Von letztern zeigt jedes Glied nur wenige, in gleicher Höhe eingepflanzte. Bei allen diesen Haaren konnten Sinneszellengruppen nachgewiesen werden, besonders deutlich bei Panorpa. RuLaAND (1888). Die bei Chrysopa perla gefundenen, knieförmig gebogenen Zäpfchen rechnet der Verf. auch zu den Kegeln. NaAGEL (1894). Die gebogenen Zäpfchen oder Kegel der Antenne von Chrysopa perla finden sich nur am distalen Ende der Glieder; nebenbei kommen äußerst zarte, über einem gewaltigen Porenkanal stehende Haare vor. Mannine Cuizp (1894). Das Jonnsron’sche Organ (der Dipteren) findet sich auch in den Antennen von Sialis, Panorpa und Phryganea. 948 Ernst RÔHLER, 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. Vom RatH (1887, 1888).. Bei Sialis findet sich auf den Palpen der Unterlippe wie der Maxillen am Endglied nahe der Spitze eine mit kleinen Sinneskegeln bedeckte Ausstülpung. Ebensolche Kegel stehen auf der Vorder- und Außenseite des Lobus externus der Maxille. Bei Hemerobius liegt am schräg abgestutzten Endglied der Palpen der Unterlippe und der Maxille ein medianwärts gerichtetes Sinnesfeld mit einer großen Zahl winzig kleiner, blasser Kegel. Der Lobus externus der Maxille hat einen chitinösen, mit kleinen Kegeln bedeckten Aufsatz. Auf dem Vorderrand der Unterlippenplatte von Hemerobius stehen zwischen den gewühnlichen Haaren einige wenige gedrungene Kegel (die ihrer Lage nach den Kegeln an der Zungen- spitze der Hymenopteren entsprechen). Auf den Palpen von Panorpa findet sich an der Spitze ein Sinnesfeld mit zahlreichen kleinen Kegeln, außerdem über die ganze Palpe verteilt eine Anzahl größerer Kegel. (Unter diesen liegen vielleicht auch als Drüsenzellen zu deutende Zellengruppen.) Auf den Palpen von Phryanea stehen auf sämtlichen Gliedern zwischen den gewöhnlichen Haaren ziemlich lange, gerade Sinneshaare zerstreut. Bei allen diesen Haargebilden sind die zugehörigen Sinneszellengruppen nachgewiesen. 3. Sonstige Sinnesorgane. Gross (1903). Im Hinterkopf der Ephemeriden findet sich eine Tracheenerweiterung, die aus konzentrischen Chitinschalen mit nach innen gerichtetem Härchenbesatz besteht. Dieses PAuMEN’sche Organ ist wohl als Gleichgewichtsorgan zu deuten. VII. Strepsiptera — Fächerflügler. 1. Antennale Sinnesorgane. Vom Ratu (1887, 1888). Auf der Antenne des Männchens von Stylops liegt eine große Anzahl einfacher, kleiner Chitingruben, welche in ihrem Grunde je ein Haargebilde tragen. VIII Orthoptera — Gradflügler. 1. Antennale Sinnesorgane. KRAEPELIN (1883). Auf der Antenne von Stenebothrus finden sich Kegel und nach auben offene Gruben mit einem zarten Chitin- Sinnesorgane der Insecten. 249 kegel im Innern. Bei Blatta sind Riechhaare vorhanden, welche auf einem Porenkanal aufsitzen. Vom Ratu (1887, 1888). Bei den Forficuliden kommen nur flächenständige Sinneskegel von verschiedener Gestalt vor, mit je einer Sinneszellengruppe. Bei Grylliden, Locustiden und Acridiern kommen außer ziemlich großen, flächenständigen Kegeln noch einfache Chitingruben mit je einem kleinen Sinneskegel vor. Die zugehörigen Sinneszellengruppen sind deutlich zu erkennen. Bei Blatta und Periplaneta americana finden sich nur die auf der Fläche stehenden Sinneskegel, keine Chitingruben. Ruzanp (1888). Die Kegel sind bei Dlatta an der Fühlerspitze stets gehäuft und stark nach vorn geneigt. Bei den Libelluliden finden sich zusammengesetzte, unregelmäßige Gruben in geringer Anzahl. GRABER (1888). Durch biologische Experimente wird bewiesen, daß die Fühler von Blatta als Geruchsorgane funktionieren. NAGEL (1894). Die Antenne von Heliothrips trägt auf den beiden Endgliedern nur Haare, auf den 4 vorhergehenden Gliedern je einen blassen, leicht gebogenen Zapfen am distalen Ende. Diese Zapfen sind höchstwahrscheinlich Riechorgane Perla bicaudata hat nur zahlreiche, gewöhnliche Fühlhaare, die nach außen leicht gekrümmt sind. Die Antenne von Ephemera hat überhaupt keine Sinnesorgane. Bei Aeschna und Calopteryx virgo sind Grubenkegel nur in geringer Anzahl vorhanden, da das Gesicht bei den Libellen der leitende Sinn ist. Auf der Antenne von Forficula stehen gelbe, derbe Fühl- haare und dazwischen kurze, blasse Haare, die wohl als Riechorgane zu deuten sind. Am distalen Ende jedes Glieds liegen außerdem scheinbar vollständig geschlossene Kapseln mit einem zierlichen Kegel, jedoch hat die Grube einen ziemlich weiten, seitlichen Zugang. Mannina Curip (1894). Bei Locusta und Stenebothrus findet sich im 2. Antennenglied ein Sinnesorgan mit großen Zellen und langen, faserartigen Ausläufern, aber mit etwas anderer Anordnung der Teile als wie bei den Dipteren (siehe diesel). Bei Zibellula ist eben- falls ein dem Jounsron’schen Organ der Dipteren sehr ähnliches Gebilde vorhanden. (Über die Funktion dieser Organe siehe unter Dipteren.) 250 Ernst RÔHLER, 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. Beta HazLer (1884) Am Hypopharynx von Truxalis und Acridium findet der Verf. auf Schnitten Gruppen von Zellen, die man für Sinneszellen halten muß. Vom Ratu (1887, 1888). Auf der Spitze der Palpen der Unter- lippe und Maxillen von Forficula liegt ein weniger stark chitinisiertes Sinnesfeld mit zahlreichen, winzig kleinen Sinneskegeln und dazu- gehörigen Sinneszellengruppen. An der Außenseite der Unterlippen- palpe stehen am Endglied außerdem noch eine Reihe kleiner Sinnes- kegel zwischen gewöhnlichen Haaren. Die Palpen der Grylliden, Locustiden und Acridier haben ebenfalls ein terminales Sinnes- feld, zu dem Sinneszellengruppen gehören. Außerdem finden sich vereinzelt stehende spitze Haare. Auf dem Hypopharynx von Peri- planeta americana und Locusta viridissima finden sich kleine, kaum aus der Cuticula hervorragende Kegel mit je einer Gruppe von Sinneszellen. Ebensolche Organe sind auf der Unterseite des Lobus externus der Maxille und auf der Spitze der Unterlippe vorhanden, besonders deutlich bei Locusta. NaGEL (1894). Die Geschmackskegel von Aeschna cyanea sind gut entwickelt. Locusta viridissima hat zahlreiche gut entwickelte innere Geschmackskegel in mehreren Gruppen. Die Oberlippe von Acridium coerulescens ist mit Grubenkegeln förmlich übersät, wie auch bei Gryllotalpa. Bei Periplaneta orientalis und Forficula sind keine Kegel vorhanden, sondern nur Fühlerborsten. Innere Schmeck- organe finden sich bei Aeschna cyanea: es sind lange, dünne Haare; an der Zungenbasis zu beiden Seiten je eine Gruppe von Geschmacks- kegeln; dazwischen stehen noch weitere Kegel in Gestalt eines V. Vom Ratu (1896). An der Maxillarpalpe von Locusta viridissima gelang es, die nervüsen Elemente eines Sinneskegels durch Gouer- Imprägnation sichtbar zu machen. Der Fortsatz der Sinneszelle tritt unverästelt in das Haar ein. 3. Sonstige Sinnesorgane (Larven). Vom Ratu (1887, 1888). Bei Blatta und Periplaneta findet sich neben der Einlenkungsstelle der Antenne das „eigentümliche runde Feld“. Auf den 2 größern der 4 Caudalanhänge stehen 4 Arten von Haargebilden: 1. ganz feine, kleine Härchen in dichter Anord- nung auf der ganzen Oberfläche, 2. gewöhnliche Haare, 3. spitze und lange Sinneshaare, welche in eigentümlichen Chitinbechern sitzen, Sinnesorgane der Insecten. 251 4. blattförmige Haargebilde, ebenfalls in Chitinbechern. Unter den langen, spitzen Haaren liegen Zellen, die Sinnes- oder auch Driisen- zellen sein können. Nace (1894). Die Larven von Aeschna cyanea und Libellula depressa tragen auf den Antennen nur wenige, lange, dünne Haare. Äußere Schmeckorgane fehlen den Larven ganz. Auf der larvalen Antenne von Perla und Chloroperla stehen auf den Grundgliedern Haare; bei den letzten Gliedern treten an ihre Stelle breite, ruder- förmige Haare. Dazwischen finden sich Gruppen von Haaren, die kreisförmig angeordnet sind und vielleicht ein spitzes Kegelchen umgeben, welches als Geruchsorgan diente. Während diese Sinnes- organe sich nur auf den distalen Rändern der Glieder finden, liegen auf der Fläche kleine, knopfförmige Sinnesorgane für die Wahr- nehmung des Widerstands des Wassers. An der Spitze des innern Kiefertasters hat die Larve von Perla eine Art dünn chitinisierter Kegel als Geschmacksorgane und Haare als Tastorgane. Am Kiefer und seinem Taster finden sich die „räthselhaften Gruben ohne Kegel“. Bei den Kegelchen der Unterlippe konnten nervöse Endapparate nicht nachgewiesen werden. Am Lippentaster und äußern Kiefer- taster stehen außer Haaren und Kegeln charakteristische Zapfen mit schräger Endfläche, die zart und blaß ist. Die Larve von Chloe diptera hat nur wenige, dünne Haare an der Antenne. Äußere Ge- schmacksorgane waren nicht zu sehen. Die innern Geschmacks- organe der Larve von Aeschna cyanea sind unscheinbar und von ver- schiedener Größe. Außerdem kommen noch platte, ruderförmige, chitinige Haarbildungen am Kopf der Larven von Perla und Chloro- perla vor. IX. Thysanura — Urinsecten. 1. Antennale Sinnesorgane. Vom Ratu (1887, 1888). Machilis polypoda hat auf den einzelnen Fühlergliedern, meist nur am Vorderrand, einige wenige, etwas ge- bogene Sinneskegel, die von den Haaren durch ihre geringe Größe, ihr abgestumpftes Ende und ihren blassen Ton leicht zu unter- scheiden sind. Die langen, auf der ganzen Antenne verteilten Haare haben auch Sinnesfunktion, da sich unter ihrer Basis zu einer Gruppe angeordnete Hypodermiszellen finden. Chitingruben waren jedoch nicht zu finden. 952 Ernst RÔHLER, 2. Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. SOMMER (1885). An den Beinen, Palpen, Ober- und Unterlippe von Macrotoma plumbea finden sich platte, säbelförmig gekrümmte und zugespitzte Sinnesborsten, an welche ein Terminalstrang einer Sinneszellengruppe herantritt. Vom Ratu (1887, 1888). Auf der Maxillarpalpe von Machilis polypoda sitzen an der Spitze des Endglieds und an der äußern Längsseite der drei letzten Glieder große, blasse Kegel zwischen den übrigen Haaren. Die ev. zugehörigen Sinneszellen konnten nicht sicher nachgewiesen werden. Die 4gliedrige Unterlippenpalpe ist schon äußerlich von der Maxillarpalpe verschieden. Auf ihrer Spitze sitzt eine Anzahl relativ großer Kegel mit deutlichen Sinneszellen- gruppen. Am Lobus externus der Maxille und an der Unterlippe findet sich eine große Anzahl kleiner, blasser Haare auf kleinen Papillen; zu jedem dieser Haare gehört eine Sinneszelle. Vom Ratu (1894). Es gelang, die Nervenendigungen der Sinnes- haare auf der Labialpalpe von Machilis polypoda durch Gozer-Im- prägnation festzustellen; eine distale Verzweigung des Nerven findet hiernach nicht statt. II. Spezieller Teil. 1. Material und Methoden. Die ersten Exemplare zu meinen Untersuchungen an Tryxalis nasuta L. wurden mir von meinem Freund Herrn Dr. M. Wozrr überlassen, dem ich auch an dieser Stelle für das gut konservierte Material sowie für die erste Einführung in die mikroskopische Technik meinen besten Dank ausspreche. Diese Exemplare waren mit 95°, Alkohol fixiert und nachher in 4°/, Formollösung auf- bewahrt. Diese Konservierungsmethode hat sich für histologische Untersuchungen als ganz ausgezeichnet erwiesen. Von andern Fixierungsmitteln verwendete ich besonders: Sublimat in alkoholischer oder wässeriger Lösung, ferner heiße wässerige Sublimatlösung + 95°, Alkohol (1:1), dann Alkohol-Ather, Pikrinsalpetersäure und andere Modifikationen. Die Pikrinsalpetersäure lieferte insofern be- sonders gute Resultate, als das Pigment zwischen Chitin und Hypo- + Sinnesorgane der Insecten. 253 dermis erhalten blieb. Mit der Goucı-Methode und Methylenblau habe ich leider keine Resultate erhalten und mußte daher mit ein- facher Schnittfärbung arbeiten. Die beste Färbung war folgende: Hämatoxylin nach Herpenxa-Eosin oder Hämatoxylin nach DELAFIELD-Eosin. Eine Färbung der Antenne in toto ist mir nicht gelungen, da die Farblösung höchstens in die ersten Glieder ein- dringt und auch das noch sehr langsam. Zum Zählen der Sinnesorgane bleichte ich zunächst die Antennen mit dem bekannten Chlorverfahren. Da dies jedoch nicht immer befriedigende Resultate lieferte, zog ich es später vor, die Antennen in starker Kalilauge zu macerieren, wodurch sie vollständig durch- sichtig wurden. Nur muß man sich vorsehen, daß dabei keine allzu starken Schrumpfungen der Antenne eintreten, da das Zählen sonst sehr schwierig, wenn nicht ganz unmöglich wird. Mit der von Nager empfohlenen Pikrinsäurebleichung im Thermostaten hatte ich keine Erfolge. Die Schnitte fertigte ich mit einem Schaukelmikrotom an, für dessen Überlassung ich Herrn Dr. L. S. Schuutze meinen herzlichsten Dank ausspreche. Die Schnittdicke betrug gewöhnlich 5 u, doch habe ich auch Schnitte von 2 « angefertigt, die nach dem Strecken und Aufkleben mit Wasser sehr gut zum Studium der feinern Ver- hältnisse sich eigneten. Ein Erweichungsmittel für das Chitin habe ich nicht angewendet. Das Chitin von Tryxalis ist an sich nicht allzu hart; während meines Aufenthalts in Rovigno gelang es mir auch, frisch gehäutete Individuen von Tryxalis zu konservieren, deren Antennen sich, in hartes Paraffin eingebettet, ganz vorzüglich schneiden ließen. Die Antennen der Larven verwendete ich trotz ihres weichern Chitins nur zur Kontrolle. Außerdem liegen in der larvalen Antenne die Zellen mehr zusammengedrängt und unter- scheiden sich z. B. die Sinneszellengruppen auch durch ihre Größe von denen des ausgebildeten Tiers. Die Antennen von Musca vomitoria macerierte ich zur Her- stellung von Totalpräparaten ebenfalls mit Kalilauge. Sehr schöne Bilder erhielt ich, wenn ich die macerierten Antennen dann noch mit der Chlormethode bleichte. Bei der Herstellung der Quer- und Längsschnitte durch die Antenne von Musca wendete ich dieselben Methoden wie bei Zryxalis an. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 17 254 Ernst RÔHLER, 2. Die Sinnesorgane von Tryxalis nasuta L. Form und Stellung der Antenne. Die Antenne der Schnabelschrecke (Zryzalis nasuta L.) besteht beim Männchen wie beim Weibchen aus 17 Gliedern von verschiedener Linge und Breite (Fig. 1). Die beiden Wurzelglieder scheinen fiir die eigentliche Sinnesfunktion der Fithler von untergeordneter Be- deutung zu sein; jedenfalls fehlen auf ihnen die eigentlichen Sinnes- organe, Gruben und Kegel, vollständig. In größerer Anzahl stehen auf den ersten Gliedern die später zu betrachtenden langen Haare. Das 3. Glied von der Wurzel aus ist das größte aller 17 Glieder, und von da an ist die Antenne nach der Spitze zu allmählich ver- schmälert. Die Länge der gesamten Antenne beträgt 11—17 mm, die Breite 1—1,6 mm. Die Antenne ist jedoch nicht fadenformig wie bei den meisten Acridiern, sondern hat auf dem Querschnitt die : Form eines ungerähr gleichschenkligen Dreiecks mit ziemlich kurzer Basis. Der dreieckige Querschnitt ist nicht bis zur Spitze deutlich; vom 8. oder 9. Glied an ist die Antenne fast rundlich. Die Stellung der Antenne an dem aufwärtssteigenden und merk- würdig verlängerten ') Kopf (Fig. 2) konnte ich am lebenden Tier senau feststellen. Die beiden Antennen werden fast parallel zu- einander nach vorn aufwärts getragen und zwar so, daß die Schmal- seiten derselben (im Querschnitt: die Basis des gleichschenkligen Dreiecks) einander zugekehrt und schräg nach unten gerichtet sind (medianwärts ventralwärts). Von den beiden andern Flächen steht also die eine ventralwärts auswärts, die andere fast horizontal nach oben gewendet (mit der Fläche nur wenig nach innen gekehrt). Es war mir nicht möglich festzustellen, ob die Antennen beim Fluge des Tiers anders getragen werden. 1) Außergewöhnliche Kopfformen der Insecten hängen oft mit der besonders starken Muskulatur der Mandibeln zusammen (z. B. bei den sog. Soldaten der Ameisen). Auch bei Tryzalis nasuta mag dies der Fall sein, da die kräftigen Mandibelmuskeln durch die ganze Länge des Kopfes ziehen und den größten Teil des Innenraums erfüllen. Sinnesorgane der Insecten. 255 Die Sinnesorgane auf der Antenne. Betrachten wir nun zunächst den Bau der einzelnen Typen von Sinnesorganen, die sich auf der Antenne von Tryxalis nasuta finden.*) Die Grubenkegel. Bei Betrachtung der Antenne in toto fallen die Grubenkegel (Sensilla coeloconica nach SCHENK'*S {1903] Definition) besonders auf. Man sieht zahlreiche Ringe, deren Rand leicht gekerbt erscheint (Fig. 3 u. 4). Bei tieferer Einstellung sieht man auch noch den in der Grube stehenden, chitinigen Sinnes- kegel. Zum genauern Studium dieser Organe ist es jedoch not- wendig, möglichst dünne Schnitte durch die Antenne herzustellen. Man sieht dann zunächst, daß das Chitin der Antennenoberfläche eingesenkt ist und eine fast kuglige Höhlung bildet. Die Höhlung ist jedoch nicht tiefer als die Dicke der gesamten Chitinschicht (Fig. 5). Bei Färbung der Schnitte mit Eisenalaun-Hämatoxylin nach HEIDENHAIN kann man deutlich 2 Schichten des Chitins unter- scheiden (Fig. 5 u. 6 ch,, ch,). Die äußere ist von Natur stark pigmentiert und wird auch vom Hämatoxylin stark gefärbt. Hauser (1880) gibt an, daß die Oberfläche der Fühler durch Furchen in er- habene Felderchen geteilt sei. Ich konnte auf meinen Schnitten feststellen, daß die dunkle äußerste Chitinschicht schuppenartige regelmäßige Aufblätterungen zeigt. Auf Schnitten, welche die Antennenoberfläche tangential trafen, erhielt ich bei starker Ab- blendung des Lichts ein Bild, wie es Fig. 7 zeigt. Eine feine Quer- runzelung dieser polygonalen Felder, wie Hauser angibt, konnte ich trotz stärkster Vergrößerung nicht feststellen. Unter dieser ziemlich dünnen äußern Decke folgt dann eine hyaline, mit feiner Quer- streifung versehene Chitinschicht, die durch Orange oder Eosin stark gefärbt wird (Fig. 5 u. 6 ch,). In diese beiden Chitinschichten ist nun die Grube eingesenkt. Die obere Schicht setzt sich in die Grube fort, d. h. kleidet sie aus. Auf einer kleinen Erhebung des Bodens steht ein kleiner Chitin- kegel, der die Öffnung der Grube nicht ganz erreicht. — Hauser (1880) sagt, dab bei Oedipoda coerulescens und Caloptenus italicus oft mehrere benachbarte Gruben miteinander verschmelzen und eine zu- sammengesetzte Grube bilden. Ich fand bei Tryxalis stets nur ein- fache Gruben mit je einem Sinneskegel. Ebenso wenig konnte ich 1) Eine vorläufige Mitteilung über die Sinnesorgane der Antenne von Tryxalis wurde in: Zool. Anz., Vol. 28, 1904, No. 5 veröffentlicht. 17% 256 Ernst RÔHLER, _ etwas von der „zarten Membran“ entdecken, die nach HAusEr’s An- gabe die Öffnung der Grube nach außen abschließen soll. Das Vor- handensein einer Deckmembran wird allerdings wegen der ziemlich kleinen Öffnung der Grube auf Schnitten leicht vorgetäuscht. Bei ganz dünnen Schnitten (2—5 u) sieht man jedoch deutlich, daß die Gruben offen sind, was auch KRAEPELIN und Vom Ratu gefunden haben. Die oben erwähnte scheinbare Einkerbung des Rands der Grube kommt daher, daß die Chitinwand derselben durch feine Chitinrippen versteift ist. Letztere konnte ich stets an solchen Schnitten. beobachten, welche die Wand der Grube tangential ge- troffen hatten. Hauser gibt an, daß die Umgebung der Grube pigmentiert sei. Bei meinen größtenteils mit alkoholischen Medien fixierten Objekten konnte ich kein Pigment auf Schnitten vorfinden. Nur bei einer mit Pikrinsalpetersäure konservierten Antenne fand ich zwischen der untern Chitinschicht und der Hypodermis eine starke Pigmen- tierung (Fig. 5 u. 6 pi). Dieser Pigmentstreifen zieht sich auch in den Hohlraum des Chitins hinein, der unter der eigentlichen Grube liegt. Zwischen den Zellen der Hypodermis liegt eine birnförmige Gruppe von Sinneszellen, deren Terminalstrang (¢) durch das Pigment zum Boden der Grube verläuft und auch noch in das Innere des Sinneskegels hineintritt.!) Besonders schön konnte ich bei Schnitten, welche mit Eosin gefärbt waren, beobachten, daß der Terminalstrang fast bis zur Spitze des Kegels verläuft. Eine feine Durchbohrung der Kegelspitze ist jedoch keineswegs vorhanden. Die Zahl der ziemlich großen und rundlichen Kerne einer Sinneszellengruppe be- trägt nach meinen Beobachtungen etwa 10—20. Bisweilen beob- achtet man, daß die benachbarten Hypodermiszellen etwas lang gestreckt sind und den Terminalstrang durch die Chitinhöhlung bis zum Boden der Grube begleiten. Daß feine Fortsätze derselben auch noch in die Höhlung des Sinneskegels hineintreten, glaube ich nicht. Bei Beginn meiner Untersuchungen über diese Grubenkegel ge- lang es mir nie, einen deutlichen Zusammenhang zwischen Sinnes- kegel und Sinneszellengruppe zu finden. Der Grund hierfür war, daß ich die ziemlich dünnen Schnitte stets genau senkrecht zur Längsachse der Antenne geführt hatte. Erst nach Anfertigung von Schnitten, die zur Längsachse der Antenne nicht senkrecht standen, konnte ich an verschiedenen Gruben den Zusammenhang zwischen 1) Der auf den Terminalstrang hinweisende Strich (/) ist in Fig. 5 versehentlich zu kurz gezeichnet (vgl. Fig. 6). Sinnesorgane der Insecten. 257 Sinneskegel und Sinneszellen sicher feststellen, wie es Fig. 5 zeigt. Ich schließe daraus, daß die Sinneszellengruppe nicht genau unter oder richtiger neben der Grube liegt, sondern etwas schräg nach einer Seite herabhängt. Wohl aus demselben Grunde habe ich kein deutliches Bild des an die Sinneszellengruppe herantretenden Nerven erhalten. Man muß annehmen, daß die Nervenfaser schräg von hinten kommend auf dem kürzesten Wege an die Sinneszellen heran- tritt, anstatt erst bis zur Höhe der Grube zu verlaufen und dann rechtwinklig zur Sinneszellengruppe abzubiegen. Über die zu jeder Grube der Acridier gehörige Sinneszellengruppe sagt HAUSER: „Der einer jeden Grube zugehörige nervöse Endapparat besteht aus einer großen Stäbchenzelle von ovaler Form, welche an ihrem vorderen Pole etwas ausgezogen ist und eine Länge von 0,088 mm und in ihrer Mitte eine Breite von 0,04--0,05 mm besitzt. Die Ent- wicklungsgeschichte des gleichen Endapparates bei Vespa erabro L. zeigt nun, daß der große eiförmige Teil der Zelle als deren Kern aufzufassen ist, während nur der kleinere, nach vorn ausgezogene, unmittelbar hinter dem Stäbchen gelegene Teil der eigentlichen Zelle entspricht. Das Proto- plasma des Zellenleibes und des Kernes ist feinkörnig getrübt; letzterer erscheint bei Hämatoxylinfärbung etwas dunkler als das Stäbchen sowie die Zelle selbst und besitzt 10 —14 große, runde, dunkle Kernkörperchen von durchschnittlich 0,012 mm im Durchmesser, welche wieder eine größere Anzahl kleinerer, dunkel gefärbter Körnchen einschließen... .* Diese falsche Auffassung HAUSER’s von dem Bau der Sinneszellengruppe — denn dies ist der sogenannte Kern der Hauser’schen Zeichnung — ist schon durch die verschiedenen Befunde anderer Autoren (Vom RATH, NAGEL etc.) klargestellt worden. Die von HAUSER als ‚„‚Kernkörperchen‘“ bezeichneten Kugeln sind nichts anderes als die Kerne der einzelnen Sinneszellen, und die „dunkelgefärbten Körnchen* sind die Chromatin- brocken derselben. Über die Zahl und die Verteilung der Grubenkegel will ich weiter unten berichten. Die flächenständigen Kegel. In etwas größerer Anzahl als die Grubenkegel finden wir auf der Antenne von Tryxalis nasuta L. einfache, als eben- oder flächenständig bezeichnete Sinneskegel oder Kolben (in der Scuenx’schen Bezeichnung Sensilla basi- conica). Man bemerkt sie sowohl an Totalpräparaten der Antenne (Fig. 3ek) als auch besonders schön auf Quer- und Längsschnitten durch die Fühler (Fig. 6). Die Chitinkegel sind größer als die kurzen Kegel in den oben geschilderten Gruben. Die Größenverhältnisse der drei Typen von Sinnesorganen zeigt Fig. 8. Diese Kegel sitzen gewöhnlich in ganz flachen, dellenförmigen Vertiefungen des Chitins der Antennenoberfläche und sind mit der Spitze ein wenig nach dem 258 Ernst RÔHLER, Ende der Antenne zu geneigt (Fig. 8). Daß dieselben beweglich eingelenkt seien, halte ich für unwahrscheinlich, obwohl die Ansatz- stelle des Kegels auf einem kleinen Chitinwalle liegt, der den Ein- druck eines Gelenks hervorruft. Dann folgt wieder die blasse Chitin- schicht (Fig. 6 ch,) und bei der mit Pikrinsalpetersäure konservierten Antenne der Pigmentstreifen (pi). Der nervöse Endapparat ist ganz ähnlich gebaut wie bei den Grubenkegeln. Eine Sinneszellengruppe mit 15—20 Kernen (Fig. 6 sz%) entsendet ihren Terminalstrang durch den Chitinkanal in das Innere des Kegels. Eine feine Durchbohrung an der Spitze desselben konnte ich ebensowenig wie bei den in den Gruben stehenden Kegeln wahrnehmen. Der Terminalstrang wird auch hier von dem Pigment sowie den Fortsätzen der Hypodermis- zellen — „Begleitzellen* — bis zur äußern Chitindecke begleitet. Im Verhältnis zu den Sinneszellengruppen der Grubenkegel sind diejenigen der flächenständigen Kegel etwas größer; besonders der Terminalstrang ist bei den letztern etwas länger, da bei ihnen die Einsenkung der Grube wegfällt. Ebenso wie bei den Grubenkegeln verläuft auch hier der Terminalstrang von der etwas tiefer liegenden Sinneszellengruppe schräg nach dem Sinneskegel, so dab man nur auf schräg durch die Antenne gelegten Schnitten ein deutliches Bild des gesamten nervösen Endapparats erhält. Havser (1880) gibt an (p. 375), daß er bei Caloptenus italicus auf dem Basalglied und den zunächst folgenden Gliedern der An- tenne „nur ziemlich lange, zerstreut stehende, steife, mit einem Ge- lenk versehene Borsten“ gesehen habe, welche er als Tastborsten deutet. Wahrscheinlich meinte er damit aber die oben beschriebenen flächenständigen Kegel. Den Ausdruck ,,Borsten“ wende ich nur für die letzte Form von “Sinnesorganen bei Tryxalis an, die ich im folgenden Abschnitt beschreiben will. Sinnesborsten. Die Sinnesborsten (nach Schenk als Sen- silla chaetica zu bezeichnen) finden sich nur auf den ersten Gliedern der Antenne (1.—8. Glied). Von den soeben besprochenen Kegeln unterscheiden sie sich sofort durch ihre Größe (Fig. 8). Sie sind länger und fester gebaut, erscheinen daher auch im Präparat als braune, gewöhnlich stark nach der Spitze der Antenne zu ge- bogene Borsten. Bei ihnen glaube ich das Vorhandensein eines Ge- lenks bestätigen zu können. Über die zugehörige Sinneszellengruppe kann ich nichts Sicheres aussagen, da ich nie auf meinen Schnitten Borste und Sinneszellengruppe in derselben Schnittebene vorfand und die Borsten wegen ihrer gebogenen Form stets nur auf kurze Sinnesorgane der Insecten. 259 Strecken getroffen wurden. Ich glaube jedoch trotzdem, dab sie mit Sinneszellen in Verbindung stehen, da ich auf Schnitten in ihrer Nähe stets angeschnittene Sinneszellengruppen fand. Außerdem sah ich am Totalpräparat der Antenne unter den Borsten deutliche Chitinkanäle, die ich als Porenkanäle für die Terminalstränge ansehe. Vergleich der drei Sinnesorgane unter sich. Be- trachten wir noch einmal kurz diese drei Typen von Sinnesorganen inbezug auf ihren anatomisch-histologischen Bau. Alle drei sind mehr oder weniger modifizierte Vertreter des allgemeinen, ursprüng- lichen Hautsinnesorgans aller Tracheaten: des Sinneshaars. Es ent- steht als eine mehr oder weniger hohe Ausstülpung der Chitindecke, mit dünnem Chitinmantel bei den Kegeln, mit dickerer Chitin- bedeckung bei den Borsten. Die Borsten, als die festesten, stehen einfach auf der Fläche, die sog. flächenständigen Kegel in schwachen Vertiefungen der Antennenoberfläche, und die Gruben- kegel sind ganz in die Tiefe gerückt und dadurch gegen mechanische Insulte geschützt. In diese Haargebilde tritt der Terminalstrang der zugehörigen Sinneszellengruppe hinein. Neben dem Terminalstrang liegen in dem Chitinkanal, der sich unter dem Endorgan befindet, die Fortsätze der Begleitzellen (modifizierter Hypodermiszellen). Die Sinneszellen stehen ihrerseits wieder durch einen Nervenstrang mit dem großen Antennennerven in Verbindung, welcher die von den Sinnesorganen percipierten Reize zum Zentral- organ, bei den Insecten dem obern Schlundganglion, leitet. Die Verteilung der Sinnesorgane. Bevor ich nun zur Deutung der physiologischen Funktion dieser drei Arten von Sinnesorganen übergehe, muß ich noch einiges über die Anordnung der Sinnesorgane berichten. Die Verteilung auf die einzelnen Glieder. Was zu- nächst die Anordnung der Sensillen auf den einzelnen Gliedern an- betrifft, so läßt sich kein bestimmtes Schema der Verteilung geben. Die Gruben stehen auf den Breitseiten der Antennenglieder vorzugs- weise distal, d. h. nach der Spitze der Antenne zu. Die ebenständigen Kegel sind gewöhnlich über die ganze Fläche verteilt. Die Borsten der Grundglieder finden sich meist an den Kanten der Antenne. Eine Vorstellung von der Anordnung der Sinnesorgane auf einem Antennenglied geben die Figg. 3 u. 4 (vorletztes Glied einer Antenne von Tryxalis von beiden Seiten). 260 Ernst RÔHLER, Durch eingehende Zählungen, auf welche ich später noch zurück komme, habe ich festgestellt, daß sich die größte Anzahl von Gruben auf dem 11.—14. Glied befindet *), Keseln' \, 2, 10927 5 ¥ Borsten 4 15. ve À Über die Gesamtzahl der Sinnesorgane, besonders der Gruben- kegel, verweise ich auf die Tabelle im nächsten Abschnitt sowie die weiter unten mitgeteilten Zählungen verschiedener Antennen. Ich möchte aber gleich hier erwähnen, dab ich bei andern Autoren in keinem Fall Angaben über eine so große Anzahl von Gruben bei andern Acridiern (und auch nicht bei den Locustiden) gefunden habe, wie ich sie bei Zryxalis feststellte. Verteilung auf die beiden Seiten der Antenne. Wichtiger als die Anordnung der Sinnesorgane auf den Gliedern der Antenne ist aber der Unterschied, welchen die beiden Breitseiten des Fühlers in der Zahl der Sensillen aufweisen. Ich habe durch mehrere Zählungen der sämtlichen Sinnesorgane verschiedener An- tennen im allgemeinen übereinstimmende Resultate von der Zahl der Gruben, Kegel und Borsten auf den beiden Hauptseiten der Fühler erhalten und teile in folgender Tabelle eine Zählung einer Tabelle 1. Borsten Kegel Gruben Glied Gruben Kegel Borsten 0 40 18 17 85 28 0 0 20 34 16 42 24 0 0 25 20 15 34 30 0 0 40 45 14 95 60 0 0 100 70 13 110 75 0 0 120 95 12 140 160 0 0 150 45 11 125 150 0 0 100 45 10 145 155 0 0 50 8 9 64 85 0 2 15 18 8 30 40 0 0 25 5 7 4 10 0 if 14 0 6 0 5 1 3 23 0 5 0 17 2 3 12 0 4 3 10 il 24 24 0 3 12 1 7 il 33 0 2 0 3 3 6 0 0 ile) 0 0 it Summen: 40 791 403 — 889 881 21 1) Diese Zahlen sind die Durchschnittsergebnisse einer ganzen Reihe von Zählungen. Die Antennenglieder sind (hier wie auch vorher und weiter unten) immer von der Basis der Antenne aus gezählt. Sinnesorgane der Insecten. 961 Antenne eines Weibchens von Tryxalis nasuta L. mit. Die Zahlen der mittelsten Reihe geben die Glieder der Antenne an. Links davon steht fiir jedes Glied die Zahl der Gruben, Kegel und Borsten der einen Breitseite und rechts die der andern Breitseite. Ebenso gibt Fig. 3 u. 4 ein deutliches Bild von der ungleichen Verteilung der Sinnesorgane auf die beiden Breitseiten der Antenne. Auf der einen Seite (Fig. 4) finden wir 64 Grubenkegel und 65 ebenstiindige Kegel, auf der andern Seite desselben Antennenglieds dagegen nur 34 Gruben und 43 Kegel (Fig. 3). Dieser Gegensatz wird bei den mittlern Gliedern der Antenne noch größer, wie sich aus obiger Tabelle ergibt. Ich berechnete nach den Zählungen dreier verschiedener Antennen die Mittel- werte der rechten sowie der linken Seiten für Gruben- kegel und flächenständige Kegelund fand, daß sich die Zahl der Grubenkegel der beiden Seiten fast wie 1:2, die der einfachen Kegel wie 2:3 verhält.) Als ich diese Tatsachen an den konservierten Exemplaren von Tryxatis feststellte, war ich der festen Überzeugung, daß die un- gleiche Verteilung der Sinnesorgane auf die beiden Breitseiten der Antenne mit der Haltung des als „säbelförmig“ zu bezeichnenden Fühlers zusammenhängen müsse. Bei den konservierten Tieren konnte ich jedoch die Stellung der Antenne nicht mehr genau er- kennen, da sie infolge des gewaltsamen Todes stark gedreht und verbogen waren. Während meines Aufenthalts in Rovigno gelang es mir aber festzustellen, daß diejenige Seite der Antenne, welche ventralwärts-auswärts gewendet ist (vel. S. 254), mit der größern An- zahl von Sinnesorganen besetzt ist. Es ist diejenige Seite, welche in der vorigen Tabelle rechts steht. °) Dieser Befund läßt sich auch ganz leicht erklären. Die reich- licher mit Sinnesorganen besetzte Seite der Antenne ist sowohl mechanischen wie auch chemischen Reizen viel besser exponiert als wie die medianwärts gelegenen Schmalseiten oder die schräg nach oben gewandten andern Breitseiten. — Auch der dreieckige Quer- ‘ schnitt der Antenne läßt sich leicht erklären. Um möglichst viele 1) Auf der Schmalseite der Antenne fehlen die Sinnesorgane fast ganz. 2) In meiner vorläufigen Mitteilung, in: Zool. Anz., Vol. 28, No. 5, 1904, befindet sich insofern ein Irrtum, als ich die reichlicher mit Sinnes- organen besetzte Seite der Antenne als „medianwärts und auswärts ge- richtet“ bezeichnet habe. Es muß heißen: ventralwärts-auswärts. 262 Ernst Router, Sinnesorgane aufnehmen zu können, verbreiterte sich die Antenne immer mehr und wurde somit flacher, zugleich aber auch weniger widerstandsfähig gegen Knickungen etc. Die Biegungsfestigkeit wurde jedoch durch die Einschaltung der Schmalseite mit ganz ge- ringem Materialaufwand wieder geniigend hergestellt. Die eigen- artige Form der Antenne läßt sich vielleicht auch anders deuten, jedoch scheint mir obige Erklärung biologisch und physiologisch am einfachsten zu sein. Ich komme unten (S. 268) bei der Besprechung des sexuellen Unterschieds auf die Verteilung der Sinnesorgane zuriick. Die Funktion der Sinnesorgane. Was nun die Deutung der drei Sinnesorgantypen inbezug auf ihre physiologische Funktion nach ihrem anatomischen Bau anbetrifft, so will ich zunächst die Grubenkegel besprechen. Funktion der Grubenkegel. Bei allen Sinneshaaren, welche in tiefen Einbuchtungen der Chitinschicht der Antenne stehen, können wir von vornherein eine mechanische Funktion durch direkten Kontakt mit einem festen Gegenstand ausschließen. Die ganze Ver- senkung des Sinneskegels in die Chitingrube hat ja offenbar den Zweck, den feinen Chitinmantel vor mechanischen Insulten zu schützen. Bei andern Insecten, bei welchen die Grube des Gruben- kegels eine größere Öffnung hat, tritt eine Sicherung gegen Fremd- körper durch kunstvolle Fangreusen aus stark chitinisierten Borsten ein, wie z. B. in den Gruben der Labialpalpen von Lepidopteren (Vom Rarx) und in den zusammengesetzten Gruben der Dipteren (siebe den dritten Teil vorliegender Arbeit). Bei Tryxalis ist die Öffnung der Gruben, wie schon erwähnt, ziemlich klein, so daß keine besondern Schutzhaare nötig sind. Somit ist also eine Funktion der Grubenkegel als mechanische Tastorgane ausgeschlossen. Man könnte nur noch an eine andere Tastfunktion denken: die Wahrnehmung des Luftwiderstands. Für diese Funktion sind jedoch die Gruben- kegel ihrem anatomischen Bau nach nicht sehr geeignet. Man könnte freilich sagen, dab beim Fliegen des Tiers in den bis auf die kleine Öffnung verschlossenen Gruben Wirbelbewegungen der Luft entständen, durch die der Sinneskegel in bestimmter Weise hin- und herbewegt würde und dadurch einen Reiz auf die nervösen Elemente hervorriefe, wodurch dann wieder die Bewegung resp. der Flug des Tiers geregelt würde. Hierfür passen aber die biologischen Verhältnisse bei Tryxalis wenig. Dieser Acridier fliegt nach meinen Sinnesorgane der Insecten. 263 eignen Beobachtungen eigentlich nur, wenn er durch die Annäherung eines Menschen oder Tiers aufgejagt wird. Warum sollte nun ein Insect zur Regelung des an sich ziemlich ungeschickten Fluges bis zu 2000 Sinnesorgane an jedem Fiihler besitzen, während die andern Acridier, die doch viel bessere Springer und Flieger sind, eine be- deutend geringere Anzahl derselben Organe besitzen? Vor allen Dingen finden wir aber in den ebenständigen Kegeln Sinnesorgane, welche nach ihrem anatomischen Bau fiir eine Tastfunktion — sei es nun ein direktes mechanisches Tasten oder nur ein Empfinden des Luftwiderstands — besser angepaßt sind als die Grubenkegel. Als zweite Funktion der Grubenkegel käme dann der Ge- schmackssinn in Betracht, den wir jedoch von vornherein ausschalten können. Wie ich weiter unten zeigen werde, sind die Mundwerk- zeuge gut mit äußern Geschmacksorganen ausgerüstet. Außerdem ist für Geschmacksorgane eine Hauptbedingung, dab sie in der Nähe der Mundöffnung liegen, was bei Tryxalis keineswegs der Fall ist. Viel schwieriger ist es dagegen, über eine eventuelle Gehörs- funktion der Grubenkegel zu entscheiden. Die Orthopteren nehmen ja inbezug auf das Gehör wegen ihrer Tympanalorgane eine ganz besondere Stellung unter den Insecten ein. Es ist zunächst nur ein reiner Analogieschluß, den Tympanalorganen eine Gehörsfunktion zuzuschreiben. Nach Entfernung des Tympanalorgans zeigt es sich sogar, daß das Gehürsvermügen des Tiers durchaus noch nicht ganz verschwunden ist. Immerhin können wir in Anbetracht der Tatsache, daß die Tympanalorgane nur bei den mit deutlichen Laut- äußerungen begabten Orthopteren vorkommen, nicht ohne weiteres eine Gehörsfunktion derselben leugnen. Daß aber dann gerade die Grubenkegel z. B. bei 7ryralis als Ergänzung der tympanalen Sinnesorgane aufzufassen sind, glaube ich nicht. Leider existieren über Tryxalis wenige biologische Beobachtungen. Ich fand nur bei GRABER (1875) und VOSSELER (1902) einige Angaben, die mit meinen eignen Beobachtungen während meines Aufenthalts in Rovigno übereinstimmen, Ich habe trotz sorgfältiger Beobachtungen im Freien sowie an gefangenen Exemplaren nie ein Zirpen oder Schrillen bei Tryxalis gehört. GRABER erwähnt in seiner großen Arbeit über die tympanalen Sinnesorgane der Orthopteren einigemal (p. 88) auch Tryxalis ; ich führe die wichtigsten Stellen hier an: „... Völlig trommeifellos er- weisen sich nach BRUNNER nur die „stummen“ und flügellosen Prosco- piden, Mastaciden und Tryxaliden sowie Tettigiden... etc.“ Und einige Zeilen weiter faßt er seine Resultate zusammen: „Nach dem jetzt Mit- geteilten zeigt sich wohl auf das Unverkennbarste, daß ein causaler Zu- sammenhang zwischen Stridulations- und Tympanalapparaten bei den Acridiern nicht besteht, und wenn gewisse flügellose Formen z. B. aus der Zunft der Tryxaliden der Trommelfelle entbehren, während die eben- De Ernst RÖHLER, falls stummen aber geflügelten Arten solche besitzen, so wird nach unserem Dafürhalten damit nur bewiesen, daß die Ausbildung der Tympanalorgane mit jener der Flügel, nicht aber mit jener der Zirporgane Hand in Hand geht, ein Gesetz, das aber auch keine ganz allgemeine Geltung hat, da, wie schon früher erwähnt worden, z. B. die ganz flügellose Pexotettix Salamandra deutliche Trommel- felle aufzuweisen hat.“ Aus diesen Angaben GRABER’s schließe ich, daß wohl die meisten Formen von Tryxalis stumm sind. Leider gibt er keinen Speciesnamen der von ihm untersuchten Tryxaliden an; ich glaube jedoch, daß er auch Tryxalis nasuta unter seinem Material gehabt haben wird. Wenn diese Species irgend welche besondern Eigenschaften inbezug auf Tympanal- und Stridulationsorgan zeigte, so hätte er es bei seiner sorgfältigen Unter- suchung sicher erwähnt. Nach v. SIEBOLD (1844) sind unter den einheimischen Orthopteren nur die Männchen zum Hervorbringen des Stridulationsgeräusches befähigt. Auch PETRUNKEWITSCH u. GUAITA erwähnen in ihrer Arbeit über „den geschlechtlichen Dimorphismus bei den Tonapparaten der Orthopteren“ nichts Genaueres über Tryralis nasula L., obwohl dieser Acridier auch von ihnen auf die Tonapparate hin untersucht worden ist. Immerhin er- gibt sich aus dieser Arbeit, daß bei den Orthopteren meist das männliche Geschlecht besser mit Stridulationsorganen ausgerüstet ist als das weib- liche. Diese schon an sich biologisch wahrscheinliche Ansicht wird auch durch eine kurze Bemerkung VOSSELER’s (1902) in seiner Arbeit über die Orthopteren Algeriens und Tunesiens bestätigt. Er erwähnt von Acrida (Truxalis) unguiculata RHAMB., daß das Männchen laut und rauh schnarrt. Bei dem Weibchen sagt er nichts von einem eigentlichen Stridulationsgeriiusch. Nur das rasselnde Geräusch beider Geschlechter beim Fliegen erwähnt er, ebenso LANpDoIS (1867). Dem Rasselgeräusch beim Fliegen möchte ich eine besondere Be- deutung zuschreiben. Ich kann aus eigner Erfahrung mitteilen, daß ich in Rovigno beim Fangen von Tryxalis zunächst immer unwillkürlich zurückschreckte, wenn sich aus dem dichten Gestrüpp von vertrockneten Pflanzen ein schnarrend klapperndes Weibchen von Tryxalis im jähen Sprunge erhob, um nach kurzem Fluge wieder zu Boden zu fallen. Ein Vogel, der auf dem Boden seine Nahrung sucht und zufällig in die Nähe einer Tryxalis kommt, wird ebenso sicher wie ich selbst durch dieses Schreckgeräusch, denn tür das halte ich es, für einen Augenblick stutzen, Hat sich die Heuschrecke aber erst wieder zu Boden fallen lassen, so ist sie durch ihre ganz erstaunliche Schutzfärbung (cf. VOSSELER, 1902) bis auf weiteres vor dem Verfolger geschützt. Ich habe es selbst oft genug erfahren müssen, wie schwer es ist, eine aufgeflogene 7ryralis, deren Einfallsort man sich nicht ganz genau gemerkt hat, wieder zwischen den Pflanzen und Steinen aufzufinden. Doch dies nur nebenbei! Jedenfalls ersehen wir aus den Angaben obiger Autoren sowie aus meinen eignen Beobachtungen, daß bei Tryzalis nasuta das Hervorbringen von Zirplauten und damit auch das Gehörsvermögen keine bedeutende Rolle spielt. Der oben zitierte Ausspruch GRABER’s über die Be- - Sinnesorgane der Insecten. 265 ziehungen zwischen Tympanalorgan, Flügeln und Stridulationsorgan erklärt uns auch das Vorhandensein eines Tympanalorgans bei Tryxalis. — Er- wähnen will ich noch, daß ich an den konservierten Exemplaren von Tryxalis versuchte, durch Aneinanderreiben des Hinterschenkels und des Flügels einen Zirpton zu erzeugen. Dasselbe war beim Weibchen erfolg- los, beim Männchen fühlte ich nur eine bedeutend stärkere Reibung sowie ein ganz leises Kratzen. Aber selbst wenn das Männchen von Tryxalis nasuta imstande wäre, ein Stridulationsgeräusch hervorzubringen, so könnten wir dennoch nicht in den Grubenkegeln dasjenige Organ suchen, welches die Töne perci- pieren sollte. Denn gerade das Männchen von Tryxalis zeichnet sich vor dem Weibchen durch eine bedeutend größere Anzahl von Grubenkegeln aus. Und was nützte es für die Erhaltung des Individuums sowie der Art, wenn das Männchen seinen eignen Gesang möglichst gut hörte ? Es bliebe also nach Ausscheidung des Tast-, Geschmacks- und Gehörsinnes nur noch die Riechfunktion für die Grubenkegel übrig. Prüfen wir zunächst, ob der anatomische Bau derselben eine Geruchs- funktion möglich macht. Die Luft hat zu den Gruben freien Zutritt, da, wie ich im ersten Teil meiner Untersuchungen gezeigt habe, keine Membran über der Grubenöffnung vorhanden ist. Und selbst wenn eine dünne Membran vorhanden wäre, könnten wir deswegen eine Perception chemischer Reize noch nicht gänzlich ausschließen. In Übereinstimmung mit vielen ältern Autoren halte ich es für wahrscheinlich, daß Gase z. B. von ätherischen Ölen ziemlich rasch durch eine dünne Chitinmembran hindurch diffundieren würden. Bei allen uns bekannten Sinnesorganen der Insecten, soweit wir dieselben für Geruchsorgane halten, müssen ja die in der Luft enthaltenen Gase stets eine dünne Chitindecke durchdringen, sei es nun eine „dünne Membran“ oder der Chitinmantel eines Sinneskegels. Die ältern Autoren waren der Ansicht, daß die Sinneskegel und Haare für die Geruchs- (und Geschmacks-)Perception an der Spitze durch- bohrt sein und so der Riechstoff mit dem Terminalstrang des Nervenendapparats an der offenen Spitze des Haars direkt in Verbindung kommen müßte. Alle diese Befunde von freien Nerven- endigungen bei den Insecten haben sich meines Wissens aber als Irrtümer herausgestellt. Jedenfalls können wir den Grubenkegeln eine Geruchsfunktion nach ihrem anatomischen Bau nicht absprechen, und es erscheint mir diese Deutung schon nach meinen histologischen Befunden am wahrscheinlichsten zu sein. Sehr erstaunt war ich daher, bei Nace (1892) in seiner Arbeit über „Die niederen Sinne der Insecten“ auf p. 33 einen Ausspruch zu finden, welcher meine Anschauung von der Geruchsfunktion der 266 Ernst RôHLER, Gruben umzustoßen schien. NAGEL sagt daselbst über die Orthopteren : „Die Orthopteren nehmen eine Sonderstellung ein durch das Hör- organ, das sie besitzen. Der Wert der Fühler scheint trotz deren Länge ein sehr geringer zu sein. Das geringe Maß von Riechver- mögen, das diesen Tieren zukommt, hat seinen Sitz in den Tastern zugleich mit einem hervorragend feinen Tastsinn. Auffallend ist die sehr starke Entwicklung des Geschmacksorgans am Gaumen... etc.“ Ich nehme an, dab NAGEL in diesen Worten besonders an die Locustiden gedacht hat, deren Fühlerlänge allerdings in einem merk- würdigen Mibverhältnis zu der Zahl der Sinnesorgane steht. Bei einer Zahl von 2000—4000 Grubenkegeln, die wir z. B. bei Tryzalis finden und ihrem anatomischen Bau nach als Geruchsorgane deuten können, kann man nicht von einem „geringen Maß von Riechver- mögen“ sprechen. Wie ich in einem spätern Abschnitt meiner Untersuchungen an Tryxalis zeigen werde, erfährt die Annahme einer Geruchsfunktion für die Grubenkegel eine Stütze durch meine Be- funde über den sexuellen Unterschied in der Zahl der Gruben bei den beiden Geschlechtern von 7ryxalis. Ich halte jedenfalls die Grubenkegel bei Tryxalis (sowie den andern Acridiern) für Geruchs- organe.) Die Funktion der flächenständigen Kegel. Weniger klar und leicht zu deuten ist die Funktion der oben beschriebenen, in ganz flachen Dellen des Chitins stehenden Kegel. Da die Ver- tiefung auf der Antennenoberfläche nur ganz unbedeutend ist, be- zeichne ich diese Sinnesorgane der Kürze halber immer als flächen- ständige Kegel. Wenn man ihre Funktion bei Tryxalis erklären will, so kann man zunächst daran denken, daß diese Sensilla basi- conica ebenfalls Geruchsorgane seien. Wie schon oben auseinander- gesetzt wurde, ist der Chitinüberzug absolut kein Hindernis für die Diffusion von Gasen. In anatomischer Hinsicht läßt sich überhaupt nichts gegen eine Geruchsfunktion vorbringen. Aber, muß man sich dann fragen, womit orientiert sich denn das Tier über seine Stellung und Lage im Raum? Wir können wohl nicht annehmen, daß die paar langen Borsten an den Basalgliedern der Antenne neben einer Anzahl von Tastorganen an den Palpen etc. die einzigen Sinnes- organe für mechanische Reize seien. Für das Percipieren der letztern 1) Interessant wäre es auch gewesen, die Antennen flügelloser Species von Tryxalis auf die Zahl der Sensillen hin zu untersuchen. Leider stand mir kein Material davon zur Verfügung. Sinnesorgane der Insecten. 267 sind die Sensilla basiconica ihrem anatomischen Bau nach sicher ganz geeignet. Als ich nochmals die Antenne in toto betrachtete, fiel mir auf, daß sich doch ein geringer Größenunterschied bei den zahlreichen Kegeln findet: kleinere, blasse Kegel und etwas größere, zugespitzte. Der Unterschied ist zwar nicht bedeutend, für die Er- klärung der Funktion dieser Gebilde ist er aber immerhin von erober Wichtigkeit. Ich halte die etwas kräftigern, flachenstindigen Kegel für Tastorgane, die ein direktes „Berührungstasten“ mit festen Körpern vermitteln. Gegen allzu robuste Berührung und somit gegen Verletzung sind sie dadurch einigermaßen geschützt, daß sie in den ganz flachen Gruben stehen; dadurch wird jedoch das Tast- vermögen nicht beeinträchtigt. Die kleinern Sensilla basiconica dürften wohl ebenfalls als Tastorgane zu deuten sein, aber nicht für direktes mechanisches Tasten, sondern mehr zur Perception des Luft- widerstands. Vielleicht können wir hier auch an eine ähnliche Funktion denken, wie wir sie z. B. unter den höhern Tieren bei den Fledermäusen finden. Ein Sinnesorgan, welches nicht nur die Bewegungen der umgebenden Luft empfindet, sondern auch beim vorwärtslaufenden oder fliegenden Tier die Nähe eines festen Gegen- stands durch die Veränderung der atmosphärischen Druck verhältnisse zum Zentralorgan signalisiert, ist für alle Insecten mit schneller Ortsbewegung ein notwendiges Hilfsmittel.) Wenn auch für Tryxalis ein Flugorientierungsorgan weniger in Betracht kommt, so sind die- selben Sinnesorgane doch auch für ein sicheres Umherlaufen zwischen Pflanzen und Steinen etc. von großer Bedeutung. Da wir nun aber nicht annehmen können, daß die flächenständigen Kegel zugleich zur Geruchsperception und zur Perception mechanischer Reize dienen, so glaube ich, dab wir wohl die Geruchsfunktion der Sensilla basi- conica ausscheiden können und halten wir sie nach meiner Ansicht am besten für mechanische Sinnesorgane, zum Körper- und Luft- tasten. Die Funktion der Borsten. Ganz kurz kann ich mich über die Funktion der wenigen, stark chitinisierten Borsten an den Basalgliedern der Antenne fassen. Wenn wir ihnen überhaupt eine Sinnesfunktion zuschreiben wollen, so können wir sie nur für ver- hältnismäßig grobe Tastorgane halten. Ich glaubte zuerst, sie für 1) Zum Vergleich erwähne ich noch die Porenplatten der Hymeno- pteren und die Sinnesschuppen und Kuppeln auf dem Schmetterlingsflügel (GÜNTHER, 1901). 268 Ernst RÖHLER, Organe zur Regulierung der Bewegungen der Antenne halten zu können, was ihre Beschränkung auf die Basalglieder erklärt hätte. Wie ich jedoch am lebenden Tier beobachtete, wird die Antenne im allgemeinen ganz ruhig nach vorn gehalten. Für welche besondere Art des Tastens also diese Sensilla chaetica vorhanden sind, konnte ich nicht feststellen. An andere Funktionen als Tasten können wir aber bei diesen Borsten nicht denken. Der sexuelle Unterschied der Antennen undihrer Sinnesorgane. Als ich zur Feststellung der Zahl der Gruben und Kegel auf der Antenne von Tryxalis die Sinnesorgane verschiedener, mit Kali- lauge macerierter Antennen zählte, fiel mir der starke Unterschied in der Zahl der Sensillen auf einigen Fühlern auf. Ich studierte diese Verhältnisse dann genauer und teile im folgenden meine Be- obachtungen und Resultate etwas ausführlicher mit, da ich, soweit mir die Literatur zugänglich war, bisher keine Angaben über sexuelle Unterschiede an den Antennen der Orthopteren, speziell der Acridier, gefunden habe. Vor allen Dingen aber sind die sexuellen Differenzen auch für die Frage der physiologischen Deutung der Sinnesorgane von Interesse. Die beiden Tabellen für das Männchen und das Weibchen habe ich in der Art angefertigt. daß ich erst die Gruben, Tabelle 2. Männchen. Borsten Kegel Gruben ‚Glied ı Gruben Kegel Borsten 0 53 21 17 85 53 0 0 100 41 16 97 97 0 0 100 125 15 141 159 0 0 148 123 14 140 153 0 0 155 105 13 117 189 0 0 175 90 12 138 205 0 0 196 54 11 91 235 0 0 210 56 10 ag 228 0 0 210 48 9 46 258 0 0 165 21 8 46 199 0 i 112 11 ff 32 180 0 1 12 0 6 2 35 il 1 25 0 5 0 18 4 a 15 0 4 3 15 2 21 14 0 3 6 18 15 3 1 0 2 0 1 5 7 1 0 1 0 3 11 Summen: 39 1692 695 | — 1023 2046 38 Sinnesorgane der Insecten. 269 Weibchen. Borsten Kegel Gruben Glied Gruben Kegel Borsten 0 49 25 17 82 43 0 0 50 27 16 57 47 0 0 49 40 15 87 47 0 0 117 77 | 14 161 123 0 0 105 102 ea 148 183 0 0 205 90 12 159 241 0 0 136 37 LABEL 117 243 0 0 26 11 (MALO 87 229 0 0 30 0 PERS 24 132 0 0 15 0 8 8 38 il 2 29 0 7 0 17 0 0 12 0 6 0 bi 1 3 27 0 5 0) 16 3 4 16 0 4 4 14 3 28 24 0 LS 19 20 21 4 0 0 2 0 6 4 3 30 0 ER! 0 0 6 Summen: 44 920 409 [= ees 1410 39 Kegel und Borsten der einen und nach Umdrehen des Präparats die der andern Seite gezählt habe. Wie bei der Tab. 1 auf S. 260 sind jeweils in der Mitte die Glieder der Antenne angegeben und rechts und links die beiden Seiten. Durch Addition der gesamten Gruben, Kegel und Borsten einer Antenne erhalte ich nach dieser Tabelle fiir die Antenne des Mannchen: 1718 Gruben 3738 Kegel 77 Borsten pro Antenne Weibehen::1362 .,, 2330 eae Ba i ‘3 Um diesen Unterschied noch sicherer festzustellen, teile ich noch von einigen andern männlichen und weiblichen Antennen die End- resultate der gezählten Gruben mit: f 2190 Gruben please { 1217 Gruben pro Antenne 12033, Weibchen | 1292 ; 3 : Obgleich die Zahl der Gruben gewissen individuellen Schwankungen unterworfen ist und dazu noch kleine Fehler beim Zählen der Sen- sillen wegen ihrer großen Anzahl nicht zu vermeiden sind, erkennt man doch ganz sicher aus den Resultaten der Zählungen, daß ein bedeutender Unterschied in der Zahl der Geruchs- gruben zwischen der Antenne des Männchens und der des Weibchens besteht.!) Männchen 1) Nebenbei will ich erwähnen, daß die zur Zählung verwendeten Antennen teils von solchen Tieren stammten, die ich selbst im August bis Mitte September 1904 fing, teils von solchen, die Herr Dr. Max WOLFF im September— Oktober 1902 bei Rovigno gefangen hatte. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 18 270 Ernst RÖHLER, Wie haben wir nun diesen Befund biologisch resp. physiologisch zu erklären? Wie ich oben dargelegt habe, kann das Zirpen bei Tryxalis kein Mittel zum Auffinden der Geschlechter sein; jedenfalls musiziert höchstens das Männchen und wird dann von dem Weibchen, das seinem Gesange nachgeht, aufgesucht. Unter diesen Umständen könnte man aber, wenn man die Grubenkegel für Gehörorgane halten wollte, für die größere Zahl derselben beim Männchen keine Er- klärung finden. Wohl aber, wenn wir ihnen Geruchsfunktion zu- schreiben. Ist das Männchen noch imstande zu zirpen, so wird ihm sein höher entwickelter Geruchssinn desto sicherer die Nähe eines Weibchens verraten, welches durch seinen, vielleicht nicht allzu lauten, Gesang herbeigelockt wird. Singt das Männchen aber über- haupt nicht mehr, so ist es naheliegend, anzunehmen, daß die große Anzahl von Geruchsgruben das Männchen befähigt, die Weibchen zur Paarungszeit aufzusuchen. Jedenfalls glaube ich, daß man nach den Ergebnissen meiner vergleichenden Zählungen sowie nach den histologischen und biologischen Tatsachen an einer Geruchsfunktion der Grubenkegel nicht mehr zweifeln kann. Auch für die Deutung der Funktion der flächenständigen Kegel sind diese Zählungen nicht ganz ohne Wert. Die Männchen zeichnen sich vor den Weibchen auch noch durch eine bedeutend größere Zahl von einfachen Kegeln aus. Ich erkläre dies so, dab für die viel lebhaftern Männchen, die infolge ihres leichtern Körpers auch viel öfter und sicherer fliegen als die Weibchen (deren Hinterleib ziemlich dick ist), ein sicheres Tast- und Gleichgewichtsgefühl von höherm Wert ist als für die Weibchen. Ich kann diesen Abschnitt über den sexuellen Unterschied der Sinnesorgane nicht abschließen, ohne noch einige bemerkenswerte Tatsachen über die Größenunterschiede der Männchen und Weibchen bei Tryxalis anzuführen. Wie so oft im Tierreich, finden wir auch bei den Insecten, bei denen sexueller Dimorphismus vorhanden ist, dab der Körper des Männchens kleiner ist als der des Weibchens. Der Körper des Männchens von Tryxalis ist 36—46 mm lang, der des Weibchens 52—64 mm. Beim Männchen sind die Flügeldecken nur 28—40 mm lang, beim Weibchen 45—62 mm. Wenn wir nun bei andern Insecten, die derartige deutliche Größenunterschiede zeigen, eine größere Anzahl von Sinnesorganen auf der Antenne des Männchens finden, so ist gewöhnlich auch die Antenne selbst in ihren äußern Formen größer als die des Weibchens. Ich erinnere an die Befunde Schexk’s bei Hymenopteren und Lepidopteren, an Sinnesorgane der Insecten. Al die großen Fühlerfächer der Männchen der Lamellicornier, die ge- kämmten Fühler bei gewissen Elateriden und den allgemein be- kannten Unterschied der Antennen gewisser Bockkäfer. Bei allen diesen Insecten-Ordnungen ist mit einer Anhäufung der Sinnesorgane auf den Fühlern der Männchen auch eine Vergrößerung der An- tennenoberfläche verbunden. Nicht so bei Zryzalis! Den übrigen Körperdimensionen entsprechend ist die Antenne des Männchens nur 12—13 mm lang, die des Weibchens dagegen 17 mm lang und auch noch etwas breiter als die des Männchens. Daß trotzdem die An- tenne des Männchens nicht nur relativ, sondern auch absolut eine größere Menge von Sinnesorganen trägt als die des Weibchens, läßt nach meiner Ansicht keinen Zweifel darüber, dab wir es hier mit einer zur Erhaltung der Art dienenden Anpassung resp. Höher- entwicklung zu tun haben. Durch den Geruch (Grubenkegel) sucht das Männchen die Weibchen auf und ist zur sichern Ortsbewegung und Orientierung im Raum mit guten Tastorganen (flächenständigen Kegeln) ausgerüstet. Versuch biologischer Beobachtungen. Nach Feststellung der anatomischen Tatsachen sowie besonders des sexuellen Unterschieds war es für mich naheliegend, durch biologische Experimente die Richtigkeit meiner Deutungen zu bestätigen. Ich will gleich bemerken, daß meine Resultate negativ waren.“ Als ich am 8. August in Rovigno eintraf, war Tryxalis noch nicht aufgetreten. Erst nach einigen Tagen fand ich Larven und Männchen in ganz geringer An- zahl. Das erste ausgebildete Weibchen fing ich jedoch erst am 1. Sep- tember, und von dieser Zeit an wurde Tryxalis selbst in der nächsten Umgebung der Zoologischen Station immer häufiger. Ich hielt eine An- zahl von Tieren in Gefangenschaft, mußte aber die Beobachtung machen, daß sie ziemlich stumpfsinnig in ihrem Käfig saßen. Nicht einmal Nahrungsaufnahme habe ich bei gefangenen Exemplaren wahrnehmen können, trotzdem ich es mit den verschiedensten Pflanzen versuchte. Lieber fraßen sie über Nacht ihre eignen Genossen auf. Als dann die Weibchen in der Campagna von Rovigno immer häufiger wurden, ver- suchte ich im Freien irgend eine Beobachtung über 7ryralis zu machen. Ich fing z. B. ein Weibehen und umwickelte die Hinterbeine desselben mit etwas Watte, um ein allzu schnelles Entfliehen des Tieres zu ver- hindern. Das so präparierte Weibchen setzte ich auf einen langen Gras- halm und näherte es langsam einem auf der Erde sitzenden Männchen. Aber ohne Erfolg. Ich hatte erwartet, bei dem Männchen eine gewisse Aufmerksamkeit oder sogar ein Bewegen der Fühler beobachten zu können, aber nichts von alledem war zu bemerken. Selbst als sich beide Tiere berührten, trat bei dem Männchen keine Reaktion ein. v. SIEBOLD (1844) teilt in seiner Arbeit über das Stimm- und Gehör- 18% 272 Ernst RÔHLER, organ der Orthopteren (p. 55) eine Beobachtung mit über den Einfluß der vom Männchen vorgebrachten Zirptône auf die Weibchen: ,. . . ja mir schien es, als übten diese Tône, indem sie von den Weibchen mit einem ganz eigenthümlichen Vergnügen vernommen werden, auf ihre Ge- schlechtswerkzeuge einen specifischen Reiz aus, denn nicht selten be- merkte ich, daß während des aufmerksamen Zuhörens einem solchen Weibchen einzelne Tropfen einer klaren Feuchtigkeit aus der Scheide ent- schlüpften, was gewiß Folge von sich regender Geschlechtslust war, die dann auch oft gegenseitig befriedigt wurde“. — Aus dieser Beobachtung v. SIEBOLD’s erkennen wir, daß, wenn man aus dem Verhalten zweier Tiere verschiedenen Geschlechts irgend eine Beobachtung anstellen und einen Schluß auf gewisse psychische Vorgänge daraus ziehen will, daß dann die Versuchstiere vor allem geschlechtsreif sein müssen. Und das war bei den Weibchen von Tryxalis, mit denen ich Versuche anstellte, noch nicht der Fall, wie ich mich durch spätere Sektion überzeugte. Leider mußte ich dann, etwa 10 Tage später, nachdem Tryxalıs eigentlich erst erschienen war, Rovigno wieder verlassen, da die Zeit, für welche mir ein Arbeitsplatz an der Zoologischen Station zugewiesen war, abgelaufen war. Dadurch war es mir unmöglich, noch weitere biologische Experimente mit vollständig geschlechtsreifen Tieren anzustellen. Ich glaube aber, daß diese negativen Resultate an der oben gegebenen Deutung der Sinnesorgane nichts ändern können. Die Sinnesorgane der Mundwerkzeuge. Die Sinnesorgane der Mundwerkzeuge von Tryxalis sind denen der andern Acridier (und Orthopteren überhaupt) sehr ähnlich, so daß ich mich über dieselben ganz kurz fassen kann. Auf der untern Fläche der Oberlippe sitzen vereinzelte Borsten und in der Mittel- linie des Munddachs eine sehr große Anzahl zentralwärts gebogener Borsten, welche eine Art Rinne bilden. In mehreren Gruppen an- geordnet findet man außerdem zarte kleine Kegel, welche in Gruben stehen und nur wenig über die Oberfläche emporragen. Sie erscheinen im Totalpräparat als feine, kleine Kreise (Fig. 10). Diese Organe stellen das eigentliche Geschmacksorgan am Gaumen von Tryzalis dar, wie es NAGEL in seiner großen Arbeit „Vergleichend physio- logische und anatomische Untersuchungen über den Geruchs- und Geschmackssinn und ihre Organe“ (1894) auch bei vielen andern Insecten beschrieben hat. An den kräftigen Mandibeln fand ich nur an der Basis (Fig. 10) in der Nähe des Gelenks je ein kleines Büschel von Haaren. Ebenfalls mit Sinneshaaren ausgerüstet sind die Unterkiefer und speziell ihre Taster. Wie es von Vom Rats bei Forficula und Locusta beschrieben ist, haben auch die beiden Tasterpaare von Sinnesorgane der Insecten. 273 Tryxalis an ihrer Spitze die bekannten Sinnesfelder (Fig. 10), auf denen ganz kleine, konisch zugespitzte Sinneskegel sitzen. Auf der Maxille selbst sowie auf der Unterlippe sitzen ähnliche Sinnesorgane wie an den übrigen Mundwerkzeugen. Die Unterlippentaster zeichnen sich außerdem noch durch sehr lange, gebogene, spitze Sinnesborsten aus. Da der Bau der nervösen Endapparate, welche zu den kurzen Kegeln der Palpen-Sinnesfelder gehören, durch Vom Ratna auf Schnitten und mit der Gouer- und Methylenblau-Methode genügend festgestellt worden ist, habe ich keine Schnitte durch die Mund- werkzeuge zum Studium der nervösen Elemente angefertigt. Man sieht übrigens schon an den ungefärbt eingelegten Palpen deutlich die zu den Sinneskegeln gehörenden Sinneszellen. Was die Funktion der Haargebilde an den Mundwerkzeugen” anbetrifft, so glaube ich, daß ein Teil derselben zum mechanischen Untersuchen der Nahrung, der andere zum Schmecken dient. Welche von beiden Funktionen man den einzelnen Haargruppen zuzuteilen hat, vermag ich nicht zu entscheiden. 3. Die antennalen Sinnesorgane von Musca vomitoria. Die Antennen der Dipteren, besonders der Fliegen, sind schon von vielen Autoren untersucht worden. Ich nenne hier nur Levvis, GRABER, PAUL MAYER, HAUSER und KRAEPELIN. Besonders waren es die großen Geruchsgruben in den Antennen der Dipteren, die von Lrypie 1860 wohl zuerst gefunden und als Geruchsorgane beschrieben wurden. Beim Durchsehen meiner Schnittserien durch die Antenne von Musca fand ich jedoch, daß in der Literatur über die Dipteren keine genügend exakten Beobachtungen existieren. Besonders fehlen etwas genauere Abbildungen der gesamten Antenne sowie auch der einzelnen Sinnesorgane nach Schnitten, die mit der neuern Mikrotom- und Färbetechnik hergestellt wurden. Der Umstand, daß die Sinnes- organe eines so häufigen Insects nicht genügend bekannt sind, ver- anlaßte mich, meine eigenen Beobachtungen an Musca vomitoria hier mitzuteilen. Die Form der Antenne von Musca ist ja allgemein be- kannt. Trotzdem habe ich dieselbe in Fig. 11 abgebildet, da mir keine genauere Zeichnung derselben zugänglich oder überhaupt be- kannt war. Die Antenne besteht aus 6 (resp. 3) Gliedern, von denen die beiden basalen ohne eigentliche Sinnesfunktion sind und wohl nur als Gelenkstücke dienen. Das wichtigste Glied ist das kolbig 274 Ernst RÖHLER, angeschwollene dritte, auf dem die weiter unten zu betrachtenden Sinnesorgane liegen. Die gefiederte Borste, welche seitlich von dem- selben liegt — am lebenden Tier vor ihm —, besteht aus zwei kurzen Basalgliedern und dem langen, als eigentliche Borste erscheinenden Endglied. Ich glaube diese Borste und ihre beiden Basalglieder als die drei Endglieder der Antenne auffassen zu diirfen, obgleich der Beweis dafiir nur durch eine umfassende vergleichend-anatomische Betrachtung zu erbringen wäre. An dem kolbigen Gliede sieht man außer den Sinnesorganen noch am Totalpräparat den sehr starken Antennennerven, der aus dem zweiten Antennenglied durch eine kleine Offnung austritt, das dritte Glied der Lange nach durchzieht und sich dabei in zahlreiche Fasern zerteilt, welche zu den Sinnes- organen verlaufen. (Siehe die Textfig. A.) Auf Schnitten findet man außerdem im Hohlraum dieses Glieds zahlreiche, große Fettzellen, welche auf den Schnitten vakuolisiert aussehen. P. Mayer (1879) bezeichnet dieselben als ,,quantita di cellule molto grandi, di forma rotonda con grandi nuclei (cellule mesodermiche ?)“. Diese Fettzellen sind deutlich zu sehen auf der Textfig. A und in Fig. 15. Die Sinneshaare der Antenne. In die große, oben er- wähnte, gefiederte Borste zieht keine Nervenfaser hinein, wie schon LeyniG angab. Ich habe auch auf Schnitten nichts von nervösen Elementen in ihrem Innern beobachtet. Einfache, große, starre, dunkel chitinisierte Borsten finden sich ferner auf den beiden Basal- gliedern, doch zeigen dieselben keine besondern Eigentümlichkeiten. Auf dem kolbigen dritten Antennengliede sieht man schon am Total- präparat eine kolossale Menge von Haargebilden verschiedener Art. Die Autoren unterscheiden stets einfache kurze, festsitzende und größere, etwas distalwärts gebogene, gelenkige Haare. In Fig. 13 habe ich versucht, ein Stück der Antennenoberfläche bei stärkerer Vergrößerung abzubilden. Man sieht die große Menge der kleinen Haare, denen man keine Sinnesfunktion zuschreiben kann, da sie nicht auf Porenkanälen stehen und somit keinen Sinneszellenfortsatz enthalten. Dazwischen erscheinen helle Kreise, welche wohl die ziemlich weiten Porenkanäle von Haaren vorstellen, wie man auch auf Schnitten sehen kann, daß ein Terminalstrang in die Durch- bohrung der Chitinschicht hineintritt. Die nervösen Elemente sowohl wie auch die Verhältnisse an der Basis der größern Haare (7. B. ob sie gelenkig eingefügt sind oder nicht) sind so winzig, daß man sogar an dünnen Schnitten durch gebleichte Antennen selbst mit Immersion nur schwer ein klares Bild erhalten kann. Man glaubt Sinnesorgane der Insecten. 275 z. B. oft zu sehen, daß über den Porenkanälen keine Haare, sondern nur flach gewölbte Chitinkuppeln stehen, an deren Unterseite der Terminalstrang herantritt. Wegen der enormen Zahl kleiner Deck- ae eae à a nae a Fig. A. Mikrophotogramm eines Querschnitts durch das kolbige Antennenglied von Musca vomitoria L. Unter der dunklen Chitinschicht liegt die Hypodermis mit zahlreichen Kernen von Hypodermis- und Sinneszellen. Rechts oben ist eine große zusammengesetzte Grube mit Ausführungsgang zu sehen, und auf der linken Seite sind zwei einfache Gruben angeschnitten. In dem Hohlraum des Glieds sieht man zahlreiche quer- und längsgetroffene Nervenäste, einen Tracheenzweig und die großen Fettzellen. 276 Ernst RÖHLER, haare ist es auch leicht möglich, dab man die großen Sinneshaare nicht sieht. Oder der Porenkanal ist vielleicht nur seitlich getroffen, so daß man wohl die Papille auf demselben, nicht aber das darauf sitzende Haar sieht. Solche Bilder, die dann kuppelförmige Sinnes- organe vortäuschen, sieht man z.B. in Fig. 14 u. 15. Erst an einer unmacerierten und in Glycerin zerzupften Antenne konnte ich mit Sicherheit feststellen, daß auf jedem Porenkanal ein Sinneshaar sitzt (Fig. 13b). Wahrscheinlich verschwinden im Canadabalsampräparat die Haare, weil sie ein gleiches Lichtbrechungsvermögen wie der Canadabalsam haben (Fig. 13a). Die Gruben auf dem 3. Antennenglied fallen schon am Total- präparat als durchschimmernde Massen von unregelmäßiger Form auf. Man kann (Gruben mit einem Sinneskegel und solche mit mehreren Kegeln unterscheiden. Im erstern Falle steht am Boden der Grube ein einziger Sinneskegel, der durch einen Terminalstrang mit der Sinneszellengruppe in Verbindung steht. Die Anzahl der Sinneszellen, welche zu einer Gruppe zusammentreten, ist nicht groß, etwa 3—5. Solche einfache Gruben mit je einem Sinneskegel finden sich aber nur ganz vereinzelt. Weit häufiger sind Gruben mit einer ganzen Anzahl von Sinnes- kegeln in ihrem Innern. Ich habe in Fig. 14 ein Bild einer solchen Grube gegeben. Man sieht das Oberflächenchitin der Antenne, das von den Porenkanälen der großen Haare durchsetzt ist und auf seiner Oberseite die kleinen Deckhaare und die größern Sinneshaare trägt. Die Deckhaare sitzen auch noch in den flaschenhalsähnlichen Grubenôüffnungen und bilden hier eine reusenartige Sicherung gegen Fremdkörper. Im untern Teil der Grube stehen dann die eigent- lichen, blassen Sinneskegel auf niedrigen, halbkugelförmigen Papillen, Die Zahl der Kegel läßt sich nicht sicher feststellen, da sie sehr hell und zart sind. Ich schätze die Zahl derselben in einer mittel- großen Grube auf etwa 10—20. Auf dem abgebildeten Schnitt (Fig. 14) sieht man deutlich die Terminalstränge als helle Fäden zu den Kegeln hinziehen. Welche und wie viel Sinneszellen zu einer einzelnen Gruppe gehören, läßt sich jedoch wegen der radiären An- ordnung nicht feststellen. Auf Quer- und Längsschnitten sieht man sehr häufig den herantretenden Nerven, wie es auch Textfigur A zeigt. Diesen Gruben ganz ähnlich sind die großen zusammengesetzten Gruben. Sie sehen auf dem Gesamtbild des Fühlerglieds rosetten- artig aus (Fig. 13a). Man kann annehmen, daß mehrere der soeben Sinnesorgane der Insecten. 377 beschriebenen Gruben so vereinigt sind, daß sie eine gemeinsame Mündung haben. Wie sich eine solche zusammengesetzte Grube im Totalpräparat der Antenne darstellt, zeigt Fig. 13a. Man sieht, wie der Haarbesatz sich in die Einstülpung hineinzieht, und erkennt außerdem schwach durchschimmernd die verschiedenen Kammern der zusammengesetzten Grube. Klarer wird das Bild auf dem Quer- schnitt (Fig. 15). Man sieht die Reusenhaare der Öffnung, welche hier deutlich auf leistenartigen Vorsprüngen des Chitins stehen. Als Überreste der Grenzen der einzelnen Gruben kann man die chitinösen Erhebungen mit Schutzborsten ansehen, die sich auf dem Grund der Grube erheben. Zwischen diesen ehemaligen Scheide- wänden stehen nun die zarten Sinneskegel auf ihren Papillen. Rechts und links von der Grube liegen die zahlreichen kleinen Hypodermiskerne, während sich unterhalb der Grube größere, rund- liche Kerne finden, die wir als Sinneszellenkerne ansehen müssen. Den Zusammenhang der Kegel mit den Sinneszellen sieht man bei der einfachen Grube (Fig. 14) deutlicher als bei der zusammen- gesetzten. Fbenso sieht man in Fig. 14 auch deutlich die den Terminalstrang begleitenden Hypodermiszellen mit ihren schmalen Kernen. In der Hypodermis neben der Grube kann man deutlich kleine längliche und größere, rundliche Kerne unterscheiden. Die letztern sind als die Sinneszellenkerne für die Haare zu deuten. In Fig. 15 sieht man außerdem noch im Hohlraum der Antenne mehrere Nervenästchen im Querschnitt und bei » auch im Längsschnitt ge- troffen. Daneben findet sich ein dünner Tracheenast (fr) und die erwähnten großen Fettzellen (fz). An einigermaßen guten Schnitten kann man diese Verhältnisse leicht erkennen. Die irrtümliche Deutung der Gruben als Otocysten durch GRABER (1878) ist schon durch die Arbeit von P. Mayer (1879) genügend klargestellt worden. !) Meine Befunde über den sexuellen Unterschied in der Zahl der Gruben bei Tryxalis veranlaßten mich, auch bei Musca vomitoria nach einer ähnlichen Differenz zu suchen. Die Zählungen der Antennen von Männchen und Weibchen ergaben jedoch keine deut- 1) GRABER konnte an seinen Totalpräparaten keine Öffnung der Grube nach außen erkennen. Im Innern sah er einen „Fremdkörper“, den er für den Otolithen erklärte. Wie auch schon MAYER sagt, war dies sicher eine Luftblase. Da GRABER die Gruben für geschlossene hielt, konnte er sich freilich nicht vorstellen, daß eine Luftblase in dieselbe eindringen könne. Derartige Bilder beruhen also auf Täuschungen. 278 Ernst RÔHLER, lichen Unterschiede, zumal die Zahl der Gruben überhaupt zwischen 50 und 100 pro Antenne schwankt. Dazu kommt ihre verschiedene Größe etc. Man kann diesen negativen Befund auch recht gut bio- logisch erklären. Die Fliegen nehmen bekanntlich faulende Stoffe etc. durch den Geruch wahr, und bei dieser Gelegenheit werden sich wohl auch die Geschlechter zusammenfinden. Fast könnte man hier also das bessere Geruchsvermögen beim Weibchen vermuten, da es für die Ablage der Eier von Wichtigkeit ist, ein gutes Nährsubstrat für die zukünftigen Larven zu finden. Bei diesen Zählungen fiel mir jedoch etwas anderes auf: Die Differenz in Zahl und Größe der Gruben auf beiden Seiten der An- tenne. Die Arbeit von P. Mayer war mir erst zuletzt zugänglich; ich fand darin Angaben über die Verteilung der Gruben, die mit meinen eignen Beobachtungen übereinstimmen. Auf der einen Seite jeder Antenne finden sich nämlich einige wenige, aber sehr große, zusammengesetzte Gruben, während auf der andern Seite zahlreiche kleine Gruben zerstreut liegen. Die beiden Abbildungen (Fig. 11 u. 12) zeigen diese Verhältnisse ganz deutlich, sowie auch die merk- würdige Lage und Anordnung der großen Gruben in einer Reihe. Es gelang mir festzustellen, daß diejenige Seite der Antenne, welche die große Anzahl kleiner Gruben trägt, die innere Seite ist, während auf der nach außen gewendeten Seite die geringere Zahl der groben, zusammengesetzten Gruben liegt. Wie kann man sich diesen Unterschied erklären? Am wahr- scheinlichsten scheint mir die Annahme, daß das fliegende Tier durch den Unterschied der beiden Seiten über die Richtung orientiert wird, in der sich das riechende Objekt befindet. Doch will ich be- merken, daß dies nur eine Vermutung ist, die erst durch biologische Beobachtungen zu bestätigen wäre. Was die physiologische Funktion dieser Sinnesorgane anbetrifft, so kann man in diesem Fall den mechanischen Tastsinn zunächst ausschließen; ein Lufttasten könnte man höchstens der gefiederten Borste zuschreiben. Für die Sinnesorgane des kolbigen Glieds wird wohl vor allem der Geruchssinn in Betracht kommen. Die hellen Sinneshaare auf den Porenkanälen halte ich für Geruchsorgane. Die Grubenkegel, wie wir sie z. B. bei Coleopteren und Orthopteren finden, werden allgemein als Geruchsorgane gedeutet. Bei Musca vomitoria finden sich nun alle möglichen Übergangsformen zwischen ganz einfachen Gruben und vielfach zusammengesetzten Gruben. LEyviG, MAYER, HAUSER, KRAEPELIN u. A. deuten die Dipterengruben Sinnesorgane der Insecten. 279 als Geruchsorgane, was bei dem histologischen Bau derselben wchl berechtigt ist. Besonders die äußerst zartwandigen Chitinkegel deuten darauf hin, daß nur ein chemischer Sinn in Betracht kommen kann, d. h. der Geruch. NaGez (1892) sagt über die Gruben der Dipteren: „Vielleicht kann man daran denken, daß die Gruben nur beim fliegenden Insect in Thätigkeit treten, wo die geruchtragende Luft leichter in sie ein- dringen wird. Damit würde stimmen, daß die sonst lebhaften Dipteren in der Ruhe durch starke Gerüche kaum erregt werden, während das fliegende Tier fein riecht.“ — Für diese Deutung möchte ich noch eine Stütze anführen. Sowohl einfache wie auch zusammen- gesetzte Gruben mit zahlreichen Kegeln kommen nur bei gut und viel fliegenden Insecten vor. Bekannt sind die zusammengesetzten Gruben der Libellenfühler, die Gruben bei den Schmetterlingen (Vom Rarn’sche Gruben in den Palpen) und schließlich eben jene größern Gruben der Dipteren mit kurzen Antennen. Ich glaube, daß wir also mit ziemlicher Sicherheit die Gruben der Dipteren, speziell Musca vomitoria, als Geruchsorgane ansehen können. Die Anregung zu der vorliegenden Arbeit verdanke ich meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. H. E. ZreGLer, dem ich auch für mannigfache Unterstützung zu großem Dank verpflichtet bin. — Auf gütige Empfehlung meines hochverehrten Lehrers Herrn Prof. E. Hascreu erhielt ich von dem Deutschen Reichskanzleramt (Aus- wärtiges Amt) für einige Zeit einen Arbeitsplatz an der Zoologischen Station in Rovigno, wofür ich den zuständigen Behörden meinen er- gebensten Dank ausspreche. 280 Ernst RÔHLER, Literaturverzeichnis. (Nur die mit * bezeichneten Werke waren mir im Original zugänglich.) *ANDREAE, E., Inwiefern werden Insecten durch Farbe und Duft der Blumen angezogen, Jena 1903. *BECHER, Zur Kenntniss der Mundteile der Dipteren, in: Denkschr. Akad. Wiss. Wien, Vol. 45, 1882. BERTE, Contribuzione all’ anatomia ed alla fisiologia delle antenne degli Afanitteri, in: Atti Accad. Lincei, Vol. 2, 1877/78. BETHE, A., Dürfen wir den Ameisen und Bienen psychische Qualitäten zuschreiben ?, in: Arch. ges. Physiol., Vol. 70, 1898. BONSDORF, Fabrica, usus et differentiae palparum in Insectis. — Disser- tatio, Aboae 1792. *BREITENBACH, W., Vorläufige Mitteilung über einige neue Untersuchungen an Schmetterlingsrüsseln, in: Arch. mikrosk. 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Die Buchstaben haben in allen Figuren die folgende Bedeutung: ch, äußere dunkle Chitinschicht n Nerv ch, innere hyaline Chitinschicht p Porenkanal dh Deckhaare pi Pigment ek ebenständige Kegel sb Sinnesborste eg einfache Gruben sf Sinnesfeld fb gefiederte Borste sh Sinneshaar fx Fettzellen sxg Sinneszellengruppe gk Grubenkegel sxk Sinneszellenkern h Hypodermis t Terminalstrang kh Kerne der Hypodermiszellen tr Trachee Ih Larvenhaut xg zusammengesetzte Grube 19% 288 Ernst RÖHLER, Sinnesorgane der Insecten. Tafel 16. Die Figg. 1—10 beziehen sich auf Tryxalis nasuta. Fig. 1. Antenne, von der Breitseite gesehen. 5:1. Fig. 2. Vorderkôrper mit der rechten Antenne, schräg von rechts unten gesehen. 2:1. Fig. 3 u. 4. Vorletztes Glied der Antenne, von beiden Seiten ge- sehen, mit ebenständigen Kegeln und Grubenkegeln (gk). L&rtz’ Obj. 5, Bart. Fig. 5. Grubenkegel im Schnitt. Leitz’ 1/,, Immers. Oc. 4. Fig. 6. Ebenständiger Kegel im Schnitt. Leitz’ 1/,, Immers. Oc. 4. Fig. 7. Ein Stück der Antennenoberfläche im Tangentialschnitt bei bei starker Abblendung. Leitz’ Obj. 7, Oc. 4. Fig. 8. Die drei Sinnesorgantypen auf der Antenne bei gleicher Vergrößerung gezeichnet. Leitz’ Obj. 6, Oc. 1. Fig. 9. Schnitt durch die Antenne einer Larve mit der abgehobenen Larvenhaut. Fig. 10. Mundwerkzeuge. ol Oberlippé, md Oberkiefer, mx Unter- kiefer mit Palpe, wi Unterlippe mit Palpen. Zrıss’ Obj. a,, LEITZ’ Oc. 2. Tafel 16. Die Figg. 11—15 beziehen sich auf Musca vomitorra. Fig. 11 u. 12. Linke Antenne, von beiden Seiten gesehen. Die sämtlichen Haare auf derselben sind fortgelassen und nur die einfachen und zusammengesetzten Gruben eingezeichnet. Zeiss’ Obj. A, Oc. 4. Fig. 13a. Ein Stück der Antenne stärker vergrößert. (Nach einem Präparat in Canadabalsam!) Man sieht den Eingang in eine zusammen- gesetzte Grube (ei), deren Kammern durchscheinen. Ferner sieht man die winzigen Deckhaare und die als Ringe erscheinenden größern Sinneshaare. LEITZ’ Obj. 6, Oc. 2. Fig. 13b. Ein Stück der Antenne, stärker vergrößert, nach einem Glycerinpräparat. Zwischen den Deckhaaren (dh) stehen die größern Sinnes- haare (sh). Lerrrz’ Obj. 6, Oc. 2. Fig. 14. Schnitt durch eine einkammerige Grube. Lerrz’ !/,, Imm. Oc. 3: Fig. 15. Schnitt durch eine mehrkammerige Grube. Unter der Grube sieht man quer und längs getroffene Nervenstämme, eine Trachee im Querschnitt und ganz unten die Fettzellen. Lerrz’ 1/,, Immers. Oc. 2. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. Von L. Dreyling. (Aus dem Zoologischen Institut in Marburg.) Mit Tafel 17—18 und 1 Abbildung im Text. Inhaltsübersicht. A. Honigbiene. Einleitung. I. Geschichtliches. II, Methode. III. Bau der Abdominalsegmente nebst Spiegeln. a) Beschreibung der Spiegel und behaarten Teile an den Ventral- platten. b) Ventralplatten der Königin und Drohne. c) Verbindung der Segmente untereinander (Wachstaschen). d) Dorsalteile der Segmente. e) Sinneshaare an den Segmenten. IV. Bau der Wachsdrüsen. a) Lage und Beschreibung der Wachsdrüsen. b) Mangel der Wachsdrüsen bei der Königin und Drohne. c) Allmähliche Entwicklung und Degeneration der Wachsdrüsen bei der ausgebildeten Biene. d) Entwicklung der Wachsdrüsen im Nymphenstadium. V. Poren im Chitin der Spiegel. 290 L. Dreyine, VI. Biologisches über die Wachsbereitung. a) Beschreibung der Wachsplättchen. b) Beziehungen zwischen Wachsabscheidung und den verschiedenen Entwicklungsstadien der Driisen. B. Meliponen. I. Geschichtliches. II. Biologisches. III. Lage und Beschreibung der Wachspliittchen. IV. Lage und Beschreibung der Wachsdriisen. V. Poren im Chitin. Anhang: Trigonen. C. Wachsabscheidung bei sonstigen Apiden und einigen andern Insecten. A. Honigbiene. Das Studium der Entwicklungsgeschichte der Bienen, ihrer Organe und deren Funktionen hat sowohl der Wissenschaft als auch den Bienenzüchtern äuberst interessante und lehrreiche Einblicke in das Leben und Treiben dieser dem Menschen so nützlichen In- secten gestattet. Die zahlreichen Untersuchungen sind in theoretischen und der Praxis dienenden Werken niedergelegt, weshalb auch die Literatur über die Bienen eine reiche und vielseitige ist. Gleich- wohl ist eine Anzahl von Organen noch recht unvollkommen be- kannt; zu ihnen gehören ganz besonders die für die Wachsbereitung bestimmten Organe. Die ersten Untersuchungen über sie liegen länger als ein Jahrhundert zurück, und die spätern Beobachtungen, den letzten vierzig Jahren entstammend, sind in weniger bekannten Schriften oder in Veröffentlichungen über andere Insecten nieder- gelegt, da sie nur vergleichsweise angestellt wurden. Bevor ich daher auf die Organe der Wachsbereitung selbst zu sprechen komme, möchte ich einen kurzen historischen Überblick des über die wachs- bereitenden Organe bekannt Gewordenen geben. I. Geschichtliches. Daß die Bienen das Wachs aus ihrem Körper ausscheiden und nicht von den Pflanzen herbeischaffen, ist nach v. BERLEPSCH’s Angaben zuerst von MARTIN JOHN beobachtet worden. Im Jahre 1691 gab dieser „Ein Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 201 Neu Bienenbüchel“ heraus, worin er die Wachsabscheidung folgendermaßen beschreibt: ,Das Wachs tritt durch die zu beiden Seiten des Unterleibes der Arbeiterin befindlichen Falten oder Einschnitte in Form kleiner feiner länglich-runder, wie Glimmer aussehender Blättchen hervor.“ Ein halbes Jahrhundert später machte der Pfarrer HORNBOSTEL (1744) aus Hamburg dieselbe Entdeckung. Im zweiten Bande der Hamburger vermischten Bibliothek vom Jahre 1744 veröffentlichte er seine Beobachtungen unter dem Titel: „Neue Entdeckung, wie das Wachs von den Bienen kömmt, mitgetheilet von Melittophilo Theosebasto (Pseudonym)“. Darin teilt er aus „eigener sicherer Erfahrung“ mit, wie er schon vor zwanzig Jahren die Hervorbringung des Wachses an den Bienen beobachtet habe. Er tue es jetzt in der Vermutung, es werde den „kuriösen Naturforschern, und insonderheit den Bienenlieb- habern, nicht unangenehm sein“, wenn er ihnen Gelegenheit gebe, selbst den Augenschein davon zu nehmen. Danach besitzen die Bienen unter dem Leibe kleine „Klappen“, die ähnlich wie die Fischschuppen über- einander liegen und so eine Anzahl Fächer bilden, in welchen ovale, dünne Scheiben weißen Wachses sichtbar sind. Sie kommen in den verschieden- sten Stärken vor; bei manchen Bienen sind sie so stark, daß sie unter den Schuppen hervorragen und die Bienen ganz verunstalten. Schon öfter hatte er die Wachsscheibchen in den Stöcken, wo die Bienen eifrig bei der Arbeit des Wabenbaues waren, liegen sehen, nun wußte er auch, wo- her sie kamen. Weiter hatte er eine größere Anzahl Wachsplättchen ge- funden, die bald mehr oder weniger angebissen oder nur noch in ganz kleinen Stückchen vorhanden waren. Daraus zog er den ganz richtigen Schluß, daß die Bienen davon ihr „Gehäuse“ bauen, indem sie mit den „Kneipen am Kopfe“ ein Stück nach dem andern von den Plättchen ab- beißen, nacheinander ankleben und dann mit dem Saugrüssel glattstreichen. Endlich glaubt er, wenn auch nicht mit völliger Gewißheit, behaupten zu dürfen, daß das Wachs aus dem Nahrungssaft der Bienen in ähnlicher Weise wie das Fett abgesondert werde. Sicher sei, daß die Bienen am eifrigsten an den Wachsscheiben arbeiten, wenn sie Honig sammeln oder reichlich damit gefüttert werden. Besonders bemerkenswert ist noch, wie HORNBOSTEL schon das eigentliche Wachs von dem sogenannten Vor- wachs, der Propolis, unterscheidet. „Die klebrige Materie“, sagt er, „ist weder Wachs, noch kann sie Wachs werden. Sie wird mit den Freß- zangen von den Knospen der Birken, Erlen, Espen und Tannen ab- genagt.“ Fast zu den gleichen Resultaten gelangte ganz unabhängig von ihm auch JOHN THORLEY (1744), der in demselben Jahre ein Buch über Bienenzucht herausgab. Er konnte sogar genauere Angaben über die Zahl der bei einer Biene vorkommenden Wachsplättchen machen, denn wiederholt entdeckte er Bienen, die innerhalb der „Falten“ unter dem Körper nicht weniger als sechs und in einem Falle sogar acht Wachsplättchen trugen. Gleich HORNBOSTEL nennt auch der berühmte JOHN HUNTER (1792) das Wachs eine Fettausscheidung nach außen. Er fand ebenfalls, daß es zwischen den Schuppen des Unterleibs ausgeschieden wird. Die Schuppen oder ihr hinterer Rand sahen dann doppelt aus; doch ließ sich leicht 292 L. Dreyring, feststellen, daß die Plattchen nicht fest, sondern lose saßen. Im übrigen stehen HuNTER’s Beobachtungen bezüglich der Vollständigkeit denen von HORNBOSTEL und THORLEY sehr nach. Die Nachricht von der Entdecknng der Wachsplättchen durch den Pfarrer HORNBOSTEL gelangte später an den französischen Forscher BONNET, der durch R&AUMUR’s Forschungen über die Bienen auch zum Studium derselben angeregt war. Er war jedoch von der RÉAUMUR’schen Ansicht, wonach die Bienen das Wachs von den Blüten sammeln sollten, so sehr überzeugt, daß er nicht einmal eine Nachuntersuchung anstellte. Aus demselben Grunde ließ auch Huser (1793), noch von BONNET's Autorität beeinflußt, die ganze Sache auf sich beruhen. Im Jahre 1793 fand er aber gelegent- lich anderer Untersuchungen die Wachsplättchen unter den Bauchringen der Arbeitsbiene. Er sah sie paarweise unter jedem Segment in kleinen, besonders geformten „Taschen“ rechts und links der ,,Bauchkante“ an- geordnet, fand sie aber nicht unter den Ringen der Drohnen und Köni- ginnen, bei denen die Bildung dieser Teile ganz abweichend ist. Es be- sitzen also die Arbeitsbienen allein das Vermögen, Wachs auszuscheiden. HUBER hat seine umfangreichen und gründlichen Forschungen in einem zweibändigen Werke über die Honigbiene niedergelegt, das heute noch wissenschaftlichen Wert besitz. HUBER’s Ergebnisse sind etwa folgende: Er beschreibt zunächst die ventralen Segmentpartien der Arbeitsbiene — ich werde sie im Folgenden immer kurz als Ventral- platten bezeichnen — und die Art ihrer Verbindung, auch gibt er eine Zeichnung von je einem solchen Teile der Arbeitsbiene, Königin und Drohne. Die vordern Hälften der Ventralplatten, auf welchen die Wachs- plättehen ausgeschieden werden, bezeichnet er als Grundflächen. Auf diesen entdeckte er bei jeder Biene insgesamt acht Wachsplättchen, von denen er ebenfalls eins beschreibt und abbildet. Danach bilden die Wachsplättehen dünne Lagen von weißem Wachs, sind aber auch oft so dick, daß sie unter den Schuppen hervorragen. Huger’s irrtümliche Annahme, daß die vier mittlern der sechs Ventralplatten die Wachsplättchen abscheiden, ist zwar schon von DONn- HOFF, CLAUS und CARLET berichtigt, wird aber noch bis auf den heutigen Tag in mehreren Büchern über Bienenzucht wiederholt. Zwischen den Taschen, in denen die Wachsplättchen abgeschieden werden, und dem Innern der Biene entdeckte er keine direkte Verbindung und nahm daher ganz richtig an, daß das Wachs durch die gelben Grundflächen hindurch- schwitze. Auf seine Anregung hin untersuchte Frl. JURINE die „Membran der Wachstaschen“ und fand dasselbe mit einem Netz von sechseckigen Maschen überkleidet, von dem sie vermutete, daß es in Beziehung zur Wachs- abscheidung stände. Am besten konnte sie dieses Netz bei den bauenden Bienen beobachten. Sie fand es aber nicht bei den Drohnen, bei den Königinnen dagegen mit wesentlichen Modifikationen. Am Abdomen der Hummeln entdeckte dann Huser ebenfalls ein Netz mit sechseckigen Maschen. Mit welcher Begeisterung HUBER arbeitete und welchen Wert er selbst seinen Untersuchungen über Wachsbereitung zuschrieb, erhellt aus Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 293 seinen SchluBworten zu diesem Abschnitt: ,Die Entdeckung der Wachs- plättchen, ihrer Taschen und ihrer Ausschwitzung muß in der Geschichte der Bienen Epoche machen, ... sie ist der Eckstein zu einem neuen Gebiiude. “ Auf Grund zahlreicher Versuche konnte er spiiter feststellen, daB die Bienen immer neue Waben bauten, wenn ihnen Honig in ausreichender Menge gegeben wurde. Durch besonders erdachte Vorrichtungen gelang es ihm endlich noch, die Art und Weise der Verarbeitung der Wachs- plättchen beim Wabenbau zu studieren. Die HuBEr’schen, resp. JURINE’schen Entdeckungen, die ganz im Gegensatz zu den Vermutungen REAUMUR’s stehen, wurden zuerst durch die Untersuchungen seines Landsmanns LATREILLE (1822) bestätigt. Da sie, abgesehen von einer etwas genauern Beschreibung der „Wachstaschen“, jedoch nicht wesentlich Neues bieten, will ich nur seine auf negativem Wege erbrachten Beweise anführen. Er betont nämlich, daß man in der Natur kein Gewächs finde, das einen dem Wachs ähnlichen Körper ent- halte, außerdem fehlten den Bienen jegliche „Instrumente“, womit sie die „Wachsschuppen“ zwischen die Ringe ihres Körpers schieben könnten. Auffällig sei auch noch, wie man die „Wachsschuppen“ nur bei den Bienen finde, die sich gewöhnlich nicht aus dem Stocke entfernen. G. R. TREVIRANUS (1829) hat das Verdienst, auf die HORNBOSTEL’sche Arbeit gebührend hingewiesen zu haben. Sie erschien nämlich in der schon erwähnten Hamburger Zeitschrift, deren Inhalt — sie behandelt haupt- sächlich religiöse Fragen — durchaus nicht eine solche Arbeit vermuten läßt. Nachdem TREVIRANUS den Inhalt dieser Abhandlung in ziemlich ausführlicher Weise wiedergegeben hat, bringt er seine eignen Beobach- tungen und nimmt dabei auch auf die HUBER’schen Arbeiten mehrfach Bezug. Er beschreibt die Ventralplatten bei den drei Geschlechtern, die Wachsplättchen und ihre Taschen, ohne wesentlich Neues zu bieten. Von einem Netz mit sechseckigen Zellen kann er im Gegensatz zu Frl. JURINE bei der Arbeitsbiene nichts entdecken. In einer zweiten Arbeit kommt er noch einmal auf die unterscheidenden Merkmale der drei Geschlechter zu sprechen und beschreibt bei dieser Gelegenheit die oben genannten Teile etwas genauer, sonst aber in ähnlicher Weise wie früher. Aus seinen Ausführungen geht hervor, daß ihm fortwährend Verwechslungen zwischen der bei vielen Insekten vorkommenden polygonalen Felderung des Chitins und den tatsächlich vorhandenen sechseckigen Zellelementen unterlaufen ; dazu bleibt er bei dem Irrtum HUBER’s stehen, wonach die vier mittlern Ventralplatten das Wachs abscheiden sollen. Die kurzen Notizen über die Wachsbereitung von BRANDT u. RATZE- BURG basieren ganz und gar auf den Befunden des TREVIRANUS. Doch möchte ich erstere nicht unerwähnt lassen, da sie öfter interessante Citate der ältern Autoren anführen. Da man wohl die Wachsplättchen, aber nicht die Mündungen von besondern Drüsen entdecken konnte, nahm v. SIEBOLD (1848) an, „daß sich das Wachs auf der äußern Oberfläche der zarten Verbindungshäute der Bauchschienen durch einen Durchschwitzungsprozeß von innen her ansammele“. 204 L. DREYLING, Dieser Ansicht war auch DONHOFF (1855) zuerst, überzeugte sich dann aber aufs bestimmteste, daß die vier letzten Ventralplatten die Wachs- abscheidung besorgen. So kommt also dabei das zweite Segment gar nicht, wohl aber noch das sechste Segment in Betracht. An den Ventral- platten unterscheidet DÖNHOFF gleichfalls das aus sechseckigen Zellen gebildete Häutchen, welches leicht löslich in Kalilauge ist und darum nicht zum „Skelet“ (Chitin) gehört, und alsdann eine gelbe Membran, das Chitin. Die von HORNBOSTEL ausgesprochene Ansicht, daß den Bienen zur Wachsbereitung Honig in genügender Menge zur Verfügung stehen müsse, war schon durch HUBER’s Versuche als richtig erwiesen worden. GUNDE- LACH (1842), v. BERLEPSCH (1854) und DÖNHOFF (1861) suchten später durch zahlreiche Fütterungsversuche den Nachweis zu erbringen, in welchem Gewichtsverhältnisse die gegebenen Honigmengen und die produzierten Wachsmassen stehen. Ihre Resultate sowie auch die von spätern Be- obachtern sind jedoch zu verschieden, als daß sich ein sicheres, allgemein gültiges Urteil abgeben ließe. Einen großen Fortschritt hinsichtlich des Studiums der wachs- bereitenden Organe bietet die zwar kleine, aber inhaltsreiche Arbeit von CLaus (1867). Sie ist die erste, die den feinern Bau dieser Organe be- riicksichtigt. Mit Hilfe sehr starker Vergrößerungen entdeckte CLAUS auf den zarten polygonalen Feldern der gelben Chitinhaut eine dichte Punktierung, welche nach seiner Ansicht auf das Vorhandensein zahl- reicher Porenkanälchen hinweist. Die schon HUBER bekannte Membran mit den sechseckigen Zellen untersuchte CLAUS ebenfalls genauer und fand, daß sie aus palissaden- förmig nebeneinander stehenden Zylinderzellen gebildet sei. Diese Zellen erreichen bei den wachsbereitenden, also im Stock an den Waben bauen- den Bienen eine beträchtliche Höhe, während sie bei den Flugbienen auf eine ganz geringe Dicke reduziert sind. Jene Membran halt CLAUS zweifellos für das Organ der Wachsbereitung. Bei den Hummeln, die ebenfalls, wenn auch in geringem Maße, Wachs abscheiden, ist das ausscheidende Organ nach CLAUS in ähnlicher Weise gebildet. Doch breitet es sich bei ihnen über das ganze Segment, also auch über die dorsale Hälfte aus. Die gemachten Beobachtungen weisen darauf hin, „daß die wachsbildenden Drüsenzellen nichts als mächtig ent- wickelte, nach Form und Leistung modifizierte Partien der Hypodermis sind“. Der von CLAUS vertretenen Anschauung pflichtet auch PAUL MAYER (1892) bei; rücksichtlich des Vorkommens von Poren drückt er sich jedoch sehr skeptisch aus. Es steht ihm außer Zweifel, „daß das Wachs durch das Chitin hindurch muß“, aber von Poren in irgend einer Form hat er selbst bei sehr starken Vergrößerungen an den dünnsten Schnitten nichts entdecken können. Im übrigen ist er der Erste, der eine Zeichnung von den Ventralplatten, senkrecht zur Längsrichtung durchschnitten, bringt und hier auch die Lage und Form der Drüsenzellen andeutet. Endlich sei noch die Arbeit von CARLET (1890) erwähnt. Er gibt eine genauere Abbildung der „Wachsmembran“, wie sie von der Fläche be- trachtet erscheint, und führt an der Hand derselben aus, wie jede der Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 295 sechseckigen Zellen deutlich einen in der Mitte gelegenen Kern und rings um denselben ein körniges Plasma erkennen läßt. Die genannten Arbeiten von DONHOFF und CLAUS scheinen ihm nicht bekannt gewesen zu sein, denn er hebt ausdrücklich hervor, daß entgegen der bisherigen Annahme der Schriftsteller nicht die vier mittlern, sondern die vier letzten Ventralplatten das Wachs abscheiden. II. Methode. Hinsichtlich der angewendeten Methoden kann ich mich kurz fassen, da sie von den üblichen kaum abweichen. Als Konservierungs- flüssigkeit wurde vorwiegend die ZEnkEr’sche Lösung verwandt. Die Färbung mit dem gewöhnlichen Hämatoxylin erwies sich insofern sehr brauchbar, als die damit hergestellten Schnitte klarer und über- sichtlicher als die mit Eisenhämatoxylin oder Boraxkarmin behandelten waren. Als Einbettungsmaterial bewährte sich am besten immer das härteste Paraffin. Um die Lageverhältnisse der Segmente zu- einander und ihre Verbindung genauer studieren zu können, wurden Sagittalschnitte durch die ventrale Seite des Abdomens, durch das ganze Abdomen und endlich auch durch die ganze Biene in großer Zahl angefertigt. Da es außerdem darauf ankam, die Chitinteile mit den an- erenzenden Zellpartien unversehrt zu erhalten, konnten für diese Zwecke keine macerierenden oder erweichenden Substanzen verwendet werden. Für den Kundigen bedarf es daher wohl kaum eines Hin- weises, wie schwierig derartige Schnitte, auch wenn nur kleinere Teile untersucht werden sollen, anzufertigen sind. Beim Schneiden von grübern Körperpartien oder des ganzen Körpers kam die Härte des Chitins recht zur Geltung, denn oft war schon nach wenigen Schnitten das Messer schadhaft geworden, was sogleich ein Verschieben und Zerreißen der betreffenden Teile im Gefolge hatte. In den meisten Fällen hatte auch das Bestreichen der Schnittflächen mit Mastix wenig Erfolg. Bessere Erfahrungen machte ich dagegen mit der Horrmann’chen Methode, wobei die Objekte vor der Einbettung in Nelkenöl und danach in eine Mischung von Nelkenöl und Collodium (Verhältnis etwa 1:1) gebracht werden. Viel leichter gelingen die Schnitte natürlich, wenn die betreffenden Teile erst längere Zeit der Einwirkung von Kalilauge oder des Eau de Javelle ausgesetzt sind. Nur zu leicht werden dann aber die dem Chitin anligeenden organischen Teile angegriffen. 296 L. DREYLING, Fig. A. Die sechs Ventralplatten einer Honigbiene auseinandergelegt und von der ventralen Seite aus gesehen. sp Spiegel. ch Chitinleisten. bf Behaarter Teil. Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 297 III. Bau der Abdominalsegmente nebst Spiegeln. a) Beschreibung der Spiegel und behaarten Teile an den Ventralplatten. Wie von den genannten Autoren schon genügend hervorgehoben ist, besitzt nur die Arbeitsbiene die Fähigkeit der Wachsabscheidung, und zwar liegen die betreffenden Organe an der Ventralseite des Abdomens. Bei der ausgebildeten Arbeitsbiene besteht das Abdomen aus sechs Segmenten, deren verhältnismäßig große und stark gewölbte dorsale Hälften seitlich weit über die mehr flach liegenden ventralen hinweggreifen. Die Verbindung beider Teile erfolgt wie bei allen Insecten durch weichere, mehr oder weniger chitinisierte Häute, wie sich auch Muskeln zwischen ihnen ausspannen. Meine Beschreibung beginne ich mit dem hier wichtigsten Teil, den Ventralplatten, und gebe zwecks besserer Orientierung in der Textfig. A zunächst eine Abbildung derselben. Sie zeigt die sechs Ventralplatten auseinandergelegt und von der ventralen, also Auben- seite gesehen. Durch längeres Einlegen in Kalilauge macerierten die anhaftenden Muskeln, Tracheen und Verbindungshäute so weit, dab die Form der Ventralplatten durch vorsichtige Präparation genau dargestellt werden konnte. Je nach der Varietät der Bienen zeigt die gelbe Grundfarbe des Chitins durch Einlagerung von dunklen Farbstoffen eine größere oder geringere Differenzierung, deren Abtönungen aus der Zeichnung ersichtlich sind. Da bei der nordischen Biene die Ablagerung jener Farbstoffe in größerm Maße stattfindet, ist sie bedeutend dunkler als die Italiener Biene gefärbt. Von den sechs Ventralplatten ist die vorderste am kleinsten und in Rücksicht auf Farbe und Behaarung am wenigsten differenziert. Da wo die dorsale Hälfte auf die beiden seitlich gelegenen Teile der- selben übergreift, fehlt jedwede Behaarung, was übrigens auch bei jedem folgenden Segment der Fall ist. Die dorsalen und ventralen Teile des ersten Segments sind fest miteinander verbunden und, wie aus Taf. 17, Fig. 1a ersichtlich ist, nach vorn zu einander stark genähert, so daß für den Übergang der Organe aus dem Thorax in das Ab- domen eine verhältnismäßig kleine Öffnung bleibt. Den nun folgenden fünf Ventralplatten (siehe Textfigur) ist zu- nächst das gemeinsam, dab die dicken Chitinleisten (ch), welche sie umgrenzen, seitlich und vorn in je zwei hakig gebogene, spitze Fort- sätze auslaufen. Diese Fortsätze sind die Anheftungsstellen kräftiger 298 L. DREYLING, Muskelbündel, von denen die lateral entspringenden sich an die dorsalen Segmenthalften, die vordern dagegen an die vorangehenden Ventralplatten anheften. Am zweiten Segment springen vorn zunächst zwei annähernd parallel verlaufende Chitinleisten (ch) in die Augen. Die hintere Leiste grenzt den nach vorn gelegenen dünnen und glatten von dem nach- folgenden behaarten Teil (dt) deutlich ab. Die vier letzten Ventralplatten zeigen hinsichtlich ihrer Differenzierung eine weitgehende Ähnlichkeit; in der Gestalt aber stimmen nur die drei erstgenannten überein; die letzte weicht durch ihre Herzform erheblich davon ab. Bei jeder Platte sind die beiden Chitinleisten in der Mittellinie des Körpers am meisten genähert, lateral dagegen divergieren sie allmählich bis zu dem Seitenrand, mit dem sie sich schließlich zu einem einheitlichen Rahmen ver- einigen. Dieser Chitinrahmen umschließt zwei völlig glatte Flächen (sp), die aus einer sehr dünnen Chitinlage bestehen. Das zwischen beiden liegende, etwas dickere und behaarte Chitinband stellt die Verbindung zwischen den beiden Chitinleisten her und ist wohl, wie schon TREVIRANUS richtig bemerkt, als eine Steifungsvorrichtung anzusehen, die etwaige Faltungen der eben genannten Flächen verhindern soll. Huser, der schon eine recht brauchbare Abbildung einer Ventral- platte gibt, nennt die glatten Flächen Grundflächen; TREVIRANUS bezeichnet sie als Wachsplatten, und bei Cowan finde ich den Aus- druck „Spiegel“ dafür. Leider habe ich nicht feststellen können, ob er diese Bezeichnung zum erstenmal gebraucht oder einem Autor entlehnt hat. Jedenfalls finde ich den Ausdruck „Spiegel“ sehr zu- treffend, denn tatsächlich sind diese beiden Flächen spiegelglatt und etwa wie frische Gelatineplättchen glänzend. Da diese Bezeichnung auberdem am wenigsten zu einer Verwechslung führt, werde ich sie im Folgenden immer anwenden. Wie schon Düxnorr, CLaus und CARLET richtig erkannt hatten, sind nun die an jedem der vier letzten Ventralplatten paarig vor- handene Spiegel (sp) diejenigen Teile des Abdomens, welche für die Wachsabscheidung in Betracht kommen, denn auf ihnen finden sich die später noch zu beschreibenden Wachsplättchen. Ich werde noch an verschiedenen Stellen den Nachweis führen können, daß nur die Ansicht der letztgenannten Autoren die richtige sein kann. An die vordere Hälfte, welche die Spiegel trägt, schließt sich auch bei den vier letzten Ventralplatten eine dicht mit Haaren be- setzte dickere Chitinlage als hintere Hälfte (bt) an, die keiner Aus- Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 299 steifung bedarf und daher keine besondere Chitinleiste aufweist. Die vorn stehenden Haare sind hier klein und ungefiedert, nach hinten zu aber werden sie länger und lassen eine zierliche Fiederung erkennen. Die Behaarung setzt sich auch noch ein Stück auf das oben erwähnte Chitinband zwischen den beiden Leisten fort. Schließlich erwähne ich noch ein wichtiges Unterscheidungs- merkmal zwischen den Spiegeln und den behaarten hintern Hälften der Ventralplatten, das schon bei oberflächlicher Betrachtung in die Augen fällt, aber, wie sich später noch ergeben wird, leicht zu Ver- Verwechslungen Anlaß geben kann. Alle Autoren, welche die chitinöse Körperdecke der Insecten genauer studiert haben, kon- statieren eine ungleichmäßige Beschaffenheit derselben, die sich in schuppenähnlichen Gebilden, eigentümlichen Wülsten, dachluken- artigen Wölbungen usw. zeigt und einen zelligen Aufbau des Chitins vermuten läßt (siehe z. B. Leypic, Zum feineren Bau der Arthro- poden). Bei der Arbeitsbiene findet sich auch eine unregelmäßig polygonale Felderung, und zwar ist sie am deutlichsten ausgeprägt an den be- haarten Teilen sämtlicher Segmente sowie an den die Spiegel trennenden Chitinbändern. Die Spiegel dagegen sind völlig glatt; niemals ist es mir gelungen, eine Spur obiger Felderung wahr- zunehmen. Die oben erwähnten Umrahmungen der Spiegel in Form der dicken Chitinleisten (ch) gehen jedoch nicht unvermittelt in die glatten Spiegelflächen über, denn rings um dieselben bemerkt man noch einen schmalen Saum einer immer schwächer werdenden Felderung, deren letzte Begrenzungslinien blind auslaufen. An Längsschnitten beobachtet man, daß die Spiegel leicht in die Umrahmung eingesenkt sind, wodurch gewissermaßen die Form für die hier ausgeschiedenen Wachsplättchen gegeben ist. Charakte- ristisch für das zweite Segment ist noch, daß hier die zwar schmale, aber völlig kahle vordere Chitinhälfte gleichfalls die besagte Felde- rung, wenn auch in schwächern Umrissen, zeigt und so schon äußerlich als für die Wachsabscheidung ungeeignet erscheint. b) Ventralplatten der Königin und Drohne. Rücksichtlich der Ausbildung der Spiegel bei der Königin und Drohne kann ich mich kurz fassen, da beide darin eine große Ähn- lichkeit erkennen lassen. Weder bei der Drohne noch bei der Königin kommt es zur Ausbildung eigentlicher Spiegel, auch fehlt hier die verbindende Chitinleiste. Zwar lassen sich in beiden Fällen 300 L. DREYLING, je eine vordere und hintere Hälfte an den Ventralplatten unter- scheiden, aber die Behaarung setzt sich auch über die erstgenannte Hälfte in größerm Umfange fort, und weiter weisen alle Teile die polygonale Felderung auf. c) Verbindung der Segmente untereinander (Wachstaschen). Bevor ich nun erörtere, wie das Wachs von den innern Organen auf die Außenseite der Spiegel gelangt, muß ich noch die Frage beantworten, wo und in welcher Weise das ausgeschiedene Wachs bis zur Verwendung aufbewahrt wird. Bei allen Insecten sind be- kanntlich die Segmente am Abdomen so angeordnet, dab das voran- gehende Segment mit seinem Hinterende ein Stück des nachfolgen- den Segments überdeckt. Bei der Honigbiene sind nun, wie Taf. 17, Fig. 1a zeigt, die Segmente sehr weit ineinander geschoben, wodurch die zarten Spiegelflächen der Ventralplatten ausreichend geschützt sind. Da die erste Platte verhältnismäßig klein ist, kann sie die zweite nur teilweise decken, und so würden deren seitlich gelegene Teile ganz frei liegen, wenn nicht die dorsalen Segmenthälften weit über- griffen. In ähnlicher Weise werden auch die übrigen ventralen Teile — wie schon früher erwähnt — durch die dorsalen überdeckt, was am besten an einem Querschnitt in die Augen fällt (Taf. 17, Fig. 1b). Die dachziegelartig -übereinander liegenden Segmente können nun leicht gegeneinander verschoben werden, was, wie ja ausreichend bekannt, durch zweckmäßig angebrachte Muskelbündel bewirkt wird. Die normale Lage der Segmente wird aber stets wieder durch elastische Verbindungshäute, die sogenannten Gelenkhäutchen (v), hergestellt. Schon HoRNBOoSTEL hatte beobachtet, daß die Bienen unter dem Leibe „kleine Klappen“ hätten, die wie Fischschuppen übereinander lägen und eine gleiche Anzahl kleiner Fächer bildeten; sehr zutreffend ist auch Huper’s Vergleich, wenn er sagt, dab die Segmente durch eine weiße Haut wie die beiden Teile einer Brief- tasche untereinander verbunden seien. Spätere Autoren lassen sich nicht speziell darüber aus, daher sind auch die von ihnen gezeichneten Sagittalschnitte durch ein Insect ganz und gar schematisch gehalten. So erscheinen z. B. bei der Leuckarr'schen Abbildung von dem Abdomen der Bienenkönigin die Segmente einfach ineinander gesteckt. GRABER (1877), der öfter Sagittalschnitte durch ein ganzes Insect gibt, berücksichtigt dabei die Verbindungsweise auch nicht genauer. Dagegen fand ich bei JANET Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 301 eine gute Zeichnung von einem Sagittalschnitt durch die hintere Abdominalpartie von Myrmica rubra. Danach scheint die Verbindung der Segmente untereinander eine ganz ähnliche wie bei der Honig- biene zu sein. Im Folgenden möchte ich nun meine Beobachtungen, die ich namentlich dem Studium von Sagittalschnitten durch zwei benachbarte Segmente verdanke, hier mitteilen. Wie schon gesagt, deckt der behaarte Teil einer Ventralplatte stets den Spiegel der darauffolgenden. An den Sagittalschnitten (Taf. 18, Fig. 3), erkennt man nun, wie von dem nach hinten mit scharfer Kante auslaufenden behaarten Teil (bé) im vordern Drittel sich ein dünnes Chitinhäut- chen ablöst, das im Schnitt als ein schmales Band mit paralleler Schichtung erkennbar ist. Dieses Band setzt sich an das Vorder- ende des nachfolgenden, ihm also gegenüber liegenden Spiegels an und stellt so die Verbindung zwischen den beiden Ventralplatten her, so dab tatsächlich eine kleine, nur nach hinten zu offene Tasche gebildet wird. Durch geeignete Färbung dieses weißen Verbindungs- häutchens erkennt man auch seine Struktur genauer. Die vorn ge- legene Schicht wird stets von der hier sehr niedrigen Hypodermis (h) gebildet, deren Kerne meist deutlich zu erkennen sind. Sie scheidet nach hinten zu eine chitinisierte Hautlage (vh) ab, die besonders bei ältern Bienen wieder mehrfach geschichtet erscheint. Beide Häute sind verhältnismäßig weit zwischen je zwei Ventralplatten geschoben, wodurch dann auch die leichte Beweglickheit derselben gvegeneinander erklärlich wird. d) Dorsalteile der Segmente. In ähnlicher Weise ist nun auch die Verbindung zwischen den dorsalen Segmenthälften hergestellt, wie Taf. 17, Fig. la ebenfalls erkennen läßt. Auffallen wird zunächst, dab es bei diesen Hälften niemals zu einer Scheidung in einen behaarten und einen Spiegel- teil kommt; sie zeigen überall eine deutliche Behaarung. Dem- entsprechend ist auch nur eine einzige Chitinleiste vorhanden (im Längsschnitt als Knoten sichtbar), die stets in der Nähe des Vorder- randes liegt und so den voraufgehenden Segmenthälften eine sichere Stütze bietet. Eine solche ist hier deshalb notwendig, weil der hintere Rand dieser Teile stets etwas zugespitzt und infolgedessen dünner ist. Jedenfalls wird durch eine derartige Lagerung der Chitinleiste die Gefahr des Zusammendrückens von außen beträchtlich verringert. Um bezüglich der Verbindung der Segmente untereinander zu Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 20 302 L. DREYLING, sichern Resultaten zu gelangen, dehnte ich meine Untersuchungen auch auf die nächsten Verwandten der Bienen aus, wenigstens so- weit sie mir zur Verfiigung standen. Bei den Hummeln konnte ich die Anheftungsweise und Schichtung der verbindenden Haute teil- weise noch besser als bei den Bienen nachweisen, während bei den kleinen Andrena- und Halictus-Arten dieselben schwerer zu ver- folgen waren. e) Sinneshaare an den Segmenten. Am Schluß dieses Teils möchte ich endlich noch die Beobach- tungen — obgleich etwas abseits gelegen — erwähnen, die ich gelegentlich meines genauern Studiums der Segmente machen konnte. Schon früher erwähnte ich, daß die hintern Segmenthälften nach vorn zu mit kürzern und einfachen, nach dem Ende zu jedoch mit längern und gefiederten Haaren besetzt sind. Letztere scheinen nun mit Sinnesorganen in Verbindung zu stehen, deren Form ganz an derartige Organe erinnert, wie sie Forez (nach O. Vom Ratu) an den Antennen der Bienen und Hummeln beobachtete. Sie unter- scheiden sich jedoch dadurch von ihnen, daß sie der Chitinflache aufliegen. In großer Menge fand ich sie an den hintern Segment- hälften. Jedes Haar sitzt immer einem flaschenförmigen Gebilde auf. Diese Flaschenform kommt dadurch zustande, daß das Chitin anscheinend an zwei korrespondierenden Stellen leistenförmige Ver- dickungen bildet, die sich nach vorn halsartig verengern. Bei der Arbeitsbiene sind die flaschenförmigen Bildungen verzweigt, dick und kurzhalsig, so daß ihre Form an die zum Versand der Emser Wasser gebrauchten Steinkrüge erinnert. Die Flaschen der Königin sind bedeutend kleiner und schlanker als die der Arbeitsbiene, dafür aber zahlreicher und mehr verzweigt. In der Form ähneln auch die Flaschen der Drohnen denen der Königin, hinsichtlich ihrer Größe nehmen sie jedoch die erste Stelle bei allen drei Geschlechtern ein. Die Verzweigungen liegen hier verhältnismäßig weit auseinander, daher sind diese Bildungen zum Studium auch am besten geeignet. Aus einer gemeinsamen Basis entspringen meist mehrere größere und öfter auch noch kleinere Flaschen, die am Ende des Halses eine ringformige Verdickung ganz wie bei gewöhnlichen Glasflaschen zeigen. Jeder dieser Ringe bildet die Wandung eines das Chitin senkrecht durchsetzenden Kanals, welcher durch eine dünne und daher elastische Membran nach außen abgeschlossen ist. Die Membran Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 303 liegt ein wenig in den Kanal eingesenkt, weshalb auch das ihr auf- sitzende gefiederte Haar mit seiner Basis in den Kanal hineinragt. In die flaschenförmigen Räume sendet die Hypodermis ihre Fortsätze, wovon jeder eine Anzahl Kerne mit Kernkörperchen er- kennen läßt. In der Nähe des Halses ist einer davon durch be- sondere Größe ausgezeichnet. Über die Funktion derartiger Gebilde sind bisher nur Vermutungen ausgesprochen. Am meisten berechtigt erscheint mir noch die Annahme, daß diese Bildungen als Tastorgane dienen. Auffällig ist, daß am letzten Segment die Flaschen gar nicht zur Ausbildung gelangt sind. IV. Bau der Wachsdrüsen. a) Beschreibung der Wachsdrüsen von der Fläche. Entfernt man von der Innenseite einer Ventralplatte die dort in einer dicken Schicht ausgebreiteten Fettzellen, so bleibt den Spiegeln eine dünne, weibliche Schicht aufgelagert, die aus sechs- eckigen Zellen besteht (Taf. 18, Fig. 4—7). Ich will diese Zell- schichten als Wachsdrüsen bezeichnen. Faßt man mit einer Nadel vorsichtig darunter, so kann man von ihnen ganze Stücke abheben. Schon CARLET beobachtete in den Zellen der Wachsdrüsen einen deutlichen Kern mit Kernkörperchen und ein körniges Plasma, wie er dies in einer Zeichnung zum Ausdruck gebracht hat. Die ganze „Membran“ bezeichnet er ganz richtig als eine solche von epithelialem Charakter. In einigen Punkten jedoch scheinen meines Erachtens die von CARLET gefundenen Tatsachen einander zu widersprechen, wenigstens wenn ich ihn bei seiner hier nicht sehr klaren Ausdrucks- weise recht verstehe. Bekanntlich löst sich das Wachs in Terpentin, Äther und Benzin. CARLET legte nun die Spiegel mit den Wachsdrüsen einige Zeit in Terpentin und Benzin und nach der Färbung in Glycerin. Alsdann fand er zwischen den Spiegeln und den Wachsdrüsen kleine Fett- trépfchen, die er für Wachs hielt. Aus dem Plasma aber sollten die Körner verschwunden sein. Angenommen, das Wachs finde sich in Form kleiner Tröpfchen in den Zellen, so wird es natürlich schon nach kurzer Zeit in Terpentin und Benzin aufgelöst sein; es kann daher gar nicht mehr in Tropfenform gesehen werden. Die beobachteten Tropfen sind wahrscheinlich nichts anderes als das Glycerin, welches 20* 304 L. DREYLING, alle Teile durchdrungen und sich auch zwischen den Spiegeln und der gelockerten Membran in Tropfenform angesammelt hat. Außerdem muß ich hervorheben, daß bei meinen Unter- suchungen das Protoplasma nach der Behandlung mit Terpentin und Benzin stets noch eine körnige Struktur zeigt, auch ist es mir nie- mals gelungen, Ansammlungen in besagter Tropfenform nachzu- weisen. Von der Fläche betrachtet bieten nun die Spiegel mit ihren sechseckigen Drüsenzellen in den verschiedenen Altersstufen der Bienen ein wechselvolles Bild, selbst unter der Voraussetzung, dab man sie gleichlange in der Farbe gelassen hat. Stammen die Spiegel von jungen, eben der Zelle entschlüpften oder nur wenige Tage alten Bienen, so bilden die Drüsen eine zusammenhängende, ziemlich stark gefärbte Protoplasmamasse, aus der die Kerne sowie die Zell- membranen nur schwach hervortreten (Taf. 18, Fig. 4). Mit zunehmendem Alter werden jedoch die Drüsenzellen immer höher; da somit die ganze Wachsdrüse eine bedeutend dickere Lage bildet, ist auch die Tinktionsfähigkeit eine größere geworden, und es erscheinen dann diese Zellen viel dunkler; besonders die Kerne haben viel Farbstoff aufgenommen, wodurch die Kernkörperchen sehr zurücktreten (Taf. 18, Fig. 5). Bei den ältern Bienen dagegen ist die ganze Wachsmembran stark degeneriert, was Fig.6 der Taf.18 zeigt. Die Degeneration äußert sich darin, daß die Zellen sehr niedrig werden und so ein typisches Plattenepithel repräsentieren. Hand in Hand geht damit eine Rück- bildung der Kerne, deren Tinktionsfähigkeit stark abnimmt. Die Zahl der erst deutlich sichtbaren Kernkörperchen wird nach und nach immer kleiner, und in vielen Fällen sind die Kerne kaum mehr nachweisbar. Vielfach trifft man bei den Untersuchungen auf Stadien, in denen überhaupt keine Kerne aufzufinden sind. Das Protoplasma bildet dann eine gleichmäßige, gekörnelte Schicht, und da, wo sich sonst die Zellmembranen befinden, erblickt man helle Streifen, die sich zu den bekannten Sechsecken zusammenschließen (Taf. 18, Fig. 7). Wegen des gänzlichen Mangels der Kerne ist man leicht geneigt, ein solches Bild dem allerältesten und daher am meisten degene- rierten Stadium entsprechend aufzufassen. Tatsächlich entsteht aber dieses Bild dadurch, daß die Drüsenzellen samt den Membranen bei der Präparation mit abgerissen wurden. Ja, es kommt gar nicht selten vor, daß ganze Gruppen von Zellen halb durchgerissen werden, Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 305 und dann hat man im Gesichtsfelde scheinbar ganz verschiedene Entwicklungsstufen. Die Wachsdriisen mit den sechseckigen Zellen kommen nur bei den Arbeitsbienen vor und nur da, wo die Spiegelbildung eine typische ist. Daher finden sie sich an keiner Stelle des ersten und zweiten Segments, desgleichen auch nicht über den behaarten hintern Halften der folgenden Segmente. An diesen Stellen finden wir die sich stets gleichbleibenden, niedrigen Hypodermiszellen von unregelmäßig-polygonaler Gestalt (Taf. 18, Fig. 3h). Die Kerne dieser Zellen sind meistenteils länglich-oval; ohne sie wiirde die diinne Hypodermis oft schwer zu erkennen sein, da nicht selten die polygonale Felderung des Chitins hier durchschimmert; irgend eine Beziehung der Hypodermiszellen zu letzterer läßt sich jedoch nicht feststellen. b) Mangel der Wachsdrüsen bei der Königin und Drohne. Bei den Königinnen ist an keiner Ventralplatte ein eigentlicher Spiegel zur Ausbildung gelangt, deshalb findet man auch nirgends die sechseckigen Zellen regelmäßig nebeneinander gelagert (Taf. 18, Fig. 8). Zwar kommen auch solche vor, aber die meisten sind fünf- eckig und etwas in die Länge gezogen; die langovalen Kerne sind öfter etwas gekrümmt, so dab sie gar nicht selten an die Nieren- form erinnern. Auch hinsichtlich der Höhe unterscheiden sich hier die Hypodermiszellen nicht von denen über den behaarten Hälften. Die Hypodermiszellen bilden demnach an allen Teilen der Ventral- platten eine sehr dünne Schicht, weshalb man auch bei tieferer Ein- stellung des Mikroskops die zellig-polygonale Felderung des darunter gelegenen Chitins überall deutlich erkennen kann. c) Allmähliche Entwicklung und Degeneration der Wachsdrüsen bei der ausgebildeten Biene. Bei den Arbeitsbienen läßt sich am besten an senkrecht zur Längsrichtung der Spiegel geführten Schnitten die allmähliche Ent- wicklung und Degeneration der in Drüsen umgewandelten Hypodermis- zellen studieren. Cuaus beobachtete schon, daß das „wachsbereitende Organ“ aus palissadenförmig nebeneinander stehenden Zellen gebildet wird, welche bei den bauenden Bienen eine beträchtliche Länge erreichen. Bei den Flugbienen hingegen fand er das Wachsorgan bedeutend geschrumpft, da sich die Zylinderzellen verkürzen. Eine 306 L. Dreyiine, Zeichnung hat er nicht beigefügt. Wichtig und besonders hervor- zuheben ist aber, daß er lange vor CARLET die wachsbildenden Drüsenzellen „als mächtig entwickelte, nach Form und Leistung modificierte Partien der Hypodermis“ erkannt hat. Paut MAYER ist — soweit ich feststellen konnte — der Erste, der eine Zeichnung vom Längsschnitt durch die Ventralplatten einer Biene gegeben hat. Obgleich nur sehr einfach, entspricht sie doch im großen und ganzen den tatsächlichen Verhältnissen. Beide Forscher scheinen indes nur kürzere Zeit ihre Beobach- tungen angestellt zu haben; deshalb habe ich versucht, den ganzen Entwicklungsgang der Hypodermiszellen zu verfolgen. An der Hand der beigegebenen Zeichnungen (Taf. 18, Fig. 9a—f), die die Entwicklung der Hypodermiszellen darstellen sollen, will ich die Verhältnisse etwas genauer schildern. Die Schnitte sind jedes- mal senkrecht zur Fläche in der Längsrichtung durch einen Spiegel geführt; die Chitinleiste erscheint am Ende im Schnitt als eine knotenförmige Anschwellung (chk). Die Verbindung mit dem nächst- folgenden Segment ist durch den Chitinfortsatz (chf) auf der linken Seite ersichtlich. Rechts schließt sich die Hypodermis (2) mit dem behaarten Teil an. Meine Untersuchungen begann ich an Bienen, die eben der Zelle entschlüpft waren, also den Stock noch nicht verlassen hatten. Taf. 18, Fig. 9a u. 10 stammen von einer solchen Biene. Die dem schmalen Chitinstreifen (sp) anliegenden Zellen charakterisieren sich durch ihre kubische Form und große, sofort in die Augen fallende Kerne. Mit zunehmendem Alter beginnen nun die Zellen der Hypo- dermis ihre Form wesentlich zu ändern; denn man beobachtet, dab sie an Höhe zunehmen und sich der zylindrischen Gestalt immer mehr nähern, wie Taf. 18, Fig. 9b u. 11 deutlich zeigen. An Breite nehmen dagegen die Zellen etwas ab; zugleich treten zwischen den einzelnen Zellen hyaline Zwischenräume auf, die aller Wahrschein- lichkeit nach das Secret enthalten. Auf dem folgenden Stadium (Taf. 18, Fig. 9e u. 12) — es stellt den Durchschnitt durch ein Seg- ment im Stadium der stärksten Wachsabscheidung dar — springt der drüsige Charakter der Hypodermiszellen am meisten in die Augen. Die Drüsenzellen haben eine bedeutende Höhe erreicht und stehen wie Palissaden nebeneinander. Obgleich man die Grenzlamelle einer jeden Zelle erkennen kann, hat es den Anschein, als ob wieder eine größere Anzahl zu Gruppen vereinigt wäre. Die einzelne Zelle zeigt hier deutlich eine faserige, mit feinen Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 307 Körnchen durchsetzte Struktur (Taf. 18, Fig. 19). Meist kann man die Fäden bis an die Enden der Zellen verfolgen. Weiter be- obachtet man, wie sie an der dem Chitin zugewandten Seite nach außen ausbiegen, und so kommt es, daß die Zellen dort mit ihren Basen aneinander stoßen. Ebenso liegen sie auch an ihren entgegen- gesetzten Enden aneinander (Taf. 18, Fig. 12), während die mittlern Partien die schon erwähnten Zwischenräume aufweisen. Die Kerne liegen nicht genau in der Mitte, sondern der innern Seite mehr ge- nähert. Es könnte hier wohl die Frage aufgeworfen werden, ob besagte Zwischenräume auf eine Schrumpfung der Zellen infolge der Konser- vierungsweise zurückzuführen seien. Demgegenüber betone ich, dab die Zwischenräume, wie aus Fig. 9a, Taf. 18 hervorgeht, niemals bei den Drüsenzeilen der jungen Bienen von mir beobachtet wurden; denn hier berühren sich die benachbarten Zellen mit ihrer ganzen Längswandung. Die Zwischenräume zeigen sich erst bei dem foleenden Stadium (Fig. 9b, Taf. 18), also an den Drüsen, die schon Wachs ausscheiden. Wie aus Fig. 9c, Taf. 18 hervorgeht, erreichen die Zwischenräume ihre größte Weite auch zur Zeit der stärksten Wachsabscheidung. Da die Drüsenzellen an ihren beiderseitigen Enden verbreitert sind und sich infolgedessen noch auf eine kleine Strecke berühren, ist ein jeder Zwischenraum rings von den Wan- dungen zweier Zellen eingeschlossen. Bei dem folgenden Stadium (Fig. 9d, Taf. 18), wo die Degeneration der Zelle sich bereits zeigt, lassen sie sich noch sehr gut nachweisen, wenn auch ihre Konturen nicht mehr so scharf wie früher hervortreten. Ob sie später ganz verschwinden, läßt sich schwer verfolgen, da die Zellgrenzen nicht mehr deutlich erkennbar sind und das Protoplasma eine zwar mit Kernen durchsetzte, sonst aber homogene Schicht darstellt. Die Tatsache, dab die Zwischenräume nur bei den für die Wachs- abscheidung in Betracht kommenden Stadien vorhanden sind, be- rechtigt zu der Annahme, dab sie mit zur Struktur dieser Drüsen gehören. Nicht unerwähnt möge bleiben, daß nach Voar u. Yune die Hypodermis des Regenwurms eine ähnliche Zusammensetzung zeigt; denn unregelmäßig-zylindrische, allerdings membranlose Zellen wechseln mit vollkommen durchsichtigen Intercellularräumen ab. An Fig. 9a—f u. Fig. 3, Taf. 18 läßt sich auch am besten der Nachweis führen, daß die Drüsenzellen umgewandelte Hypodermis- zellen sind. Deutlich erkennt man nämlich, wie die zuerst flachen 308 L. DREYLING, Hypodermiszellen (k) sich von vorn nach hinten um die Chitinleiste (chk) legen, um sich alsdann an dem Spiegel rasch zu der besagten Höhe (wdr) zu erheben. An dem entgegengesetzten Ende des Spiegels flachen sich die Drüsenzellen ebenso rasch wieder zu der frühern Form der typischen Hypodermiszellen ab, um dann auf den hier im scharfen Winkel gebogenen behaarten Teil (di) überzugehen. Fig. 9d u. 13, Taf. 18 zeigen Schnitte von Bienen, die im Spät- herbst dem Stock entnommen wurden. An ihnen ist die beginnende Rückbildung der Wachsdrüsen schon deutlich wahrnehmbar. Man erblickt an der dem Chitin abgewendeten Seite mehr oder weniger ausgedehnte Zellenkomplexe, die besonders dadurch in die Augen fallen, daß sie eine verschiedene Höhe aufweisen. Der eine Komplex hat zwar noch die Höhe der Drüsenzellen, wie sie zur Zeit der stärksten Wachsabscheidung beobachtet wurde, aber die bereits eingetretene Rückbildung ist unverkennbar. Die Zellgrenzen heben sich weniger scharf ab und verschwinden endlich in halber Höhe oder später gänzlich. Jedenfalls erreichen sie die innere Wandung nicht; unter dieser breitet sich dagegen eine gleichmäßige, sehr feinkörnige und mit Vacuolen durchsetzte Protoplasmamasse aus, die den ganzen Komplex abschließt. Taf. 18, Fig. 9e stellt einen Schnitt von einer nachweislich ältern, sogenannten Flugbiene dar. Es sind bekanntlich die Bienen, welche hauptsächlich mit dem Eintragen von Honig und Pollen beschäftigt sind. An diesen Schnitten sind die Zellgrenzen nicht mehr deutlich sichtbar; der drüsenartige Charakter der Zellen ist ganz ver- schwunden, da sie überall gleiche Höhe zeigen; endlich sind auch die Kerne oftmals nicht mehr genau abgegrenzt. Am auffälligsten ist jedoch das in Fig. 9f u. 14, Taf. 18 dargestellte Stadium; denn die Höhe der ganzen Zellenschicht ist selbst unter diejenige zurück- gegangen, die sich bei jungen Bienen findet. In verschiedenen Fällen konnte ich beobachten, wie die Zellenschicht noch niedriger als das anliegende Chitin war. Kurzum, die Wachsdriise macht den Eindruck eines verbrauchten und abgenutzten Organs. Schnitte dieser Art wurden hauptsächlich von Bienen gewonnen, die im Nachwinter aus dem Stock und im ersten Frühjahr von den Blumen abgenommen wurden. Da ich indes im Juli an ältern Flugbienen dieselben Beobachtungen machte, durfte ich vermuten, daß die Entwicklung und Degeneration der Drüsen nur von dem Alter der Bienen abhängig sei. Ich komme weiter unten darauf zurück. Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 309 Nicht unerwähnt möge bleiben, dab ich auch einige junge sowie eine alte Königin rücksichtlich der Wachsdrüsen untersuchen konnte, doch ist mir kein Höhenunterschied gegen die übrigen Teile der Hypodermis aufgefallen. d) Entwicklung der Wachsdrüsen im Nymphenstadium. Es lag nun sehr nahe, auch den Bau der Hypodermis in der Zeit zu untersuchen, wenn sich die Biene noch in der Zelle und zwar im Nymphenstadium befindet. Da bei der Wachsausscheidung auch das Chitin über den Drüsen eine wichtige Rolle spielt, mub ich gleichzeitig dessen Aufbau mit beriicksichtigen. Ich begann meine Untersuchungen mit solchen Nymphen, deren Augen gleich den übrigen Körperteilen noch ganz pigmentlos waren, also weiß erschienen. Sowohl auf der ventralen Seite des Abdomens als auch auf der dorsalen sind hier durch entsprechende Einstülpung der Hypodermis die sechs Segmente schon unterscheidbar. Die Hypo- dermis zeigt überall gleiche Stärke, ausgenommen die Stellen, an denen später die dicken Chitinumrahmungen der Spiegel gebildet werden. Da hier eine stärkere Chitinabscheidung stattfindet, sind die Hypodermiszellen höher, und da sie ferner rund um die Chitinknoten, als welche die Rahmen im Querschnitt erscheinen, stehen, so sind sie keilférmig wie die eines Brückengewölbes gestaltet. Vom Chitin selbst ist auf den entsprechenden Schnitten zuerst nur ein ganz schmaler, fast farblos erscheinender Streifen sichtbar. Deutlicher wird es schon in etwas vorgeschrittenen Stadien, auf denen die Puppenaugen eine rötliche Färbung angenommen haben; auch kommt durch eine scharfe Einbuchtung die Differenzierung des Chitins in den glatten Spiegel- und den dahinter liegenden behaarten Teil schon zur Geltung. Die Hypodermis dagegen zeigt auf den eben genannten Teilen noch annähernd gleiche Stärke. Erst auf dem folgenden Stadium — die Augen erscheinen dunkel — bemerkt man eine deutliche Verdickung der Hypodermiszellen unter den Spiegeln. Die dicht aneinander liegenden Zellen sind hier fast kubisch geworden, während sie sich unter den behaarten Teilen abgeflacht haben. Offenbar haben die Hypodermiszellen ihre wichtigste Arbeit, die Ab- scheidung des Chitins, der Hauptsache nach vollendet, für die spätere Wachsabscheidung beginnen sie sich nun erst an den entsprechenden Stellen zweckmäßig umzugestalten. Bis zum Verlassen der Zelle seitens der jungen Biene macht 310 L. Dreyuisg, die Anschwellung der Driisenzellen äußerlich kaum merkbare Fort- schritte, wohl aber tritt die dem Chitin eigentümliche Färbung immer mehr hervor. V. Poren im Chitin der Spiegel. Zwischen den Wachstaschen und den innern Organen, die für die Wachsabscheidung in Betracht kommen, ist nun keine auffallende Verbindung zu entdecken, daher muß, wie schon Huser richtig an- nahm, ein Durchschwitzen der secernierten Wachsmassen durch die dünne Membran der Spiegel stattfinden. Welche Ansicht v. SIEBOLD, DÖNHOoFF, CLaus, Paun MAYER und CARLET hinsichtlich dessen ver- treten, wurde in dem geschichtlichen Teil schon dargelegt. Da die Craus’sche und Pauz Mayer’sche Ansicht über das Vorhandensein der Poren einander widersprechen, ist es notwendig, die Frage nach der Möglichkeit der Poren überhaupt aufzuwerfen. Poren sind zuerst von Leyvıe bei Crustaceen, Spinnen und mehreren Insecten beobachtet worden. Hinsichtlich ihrer Entstehung vertritt er in seinen verschiedenen Schriften die Ansicht, dab die Zellen schon vor der Chitinabscheidung haarähnliche Fortsätze aus- senden, zwischen denen sich die Cuticularsubstanz ablagert und dabei diese Fortsätze umschließt. Nach der Abscheidung des Chitins sehen die Fortsätze ein, und an deren Stelle bleibt nun ein feiner Kanal übrige. An einer andern Stelle spricht Leyvıs die Ansicht aus, dab bei manchen Zellen die Porenkanäle der Cuticula schon in einem röhrigen Bau des Protoplasmas gewissermaßen vorgebildet und die Kanäle der Cuticula einfach als Fortsetzungen der Kanäle des Protoplasmas zu betrachten seien. Ein genaueres Studium der Chitinablagerungen auf etwa vor- handene Poren ist erst in neuerer Zeit wieder aufgenommen worden. SCHNEIDER machte besonders die Crustaceen zum Gegenstand eingehender Untersuchungen. Er konnte feststellen, dab die Cru- staceen-Hülle aus kreuzweise übereinander gelagerten Schichten be- steht, die hinsichtlich ihrer Färbung und der eingelagerten Stoffe eine hohe Differenzierung aufweisen. In Übereinstimmung mit Leypre fand auch er sie von feinen, dicht nebeneinander gelagerten Kanälchen durchsetzt. Da letztere sich auf allen Schnitten zeigten, kommt er zu der Auffassung, dab sie einfach eine Unterbrechung der sogenannten Kittsubstanz sind und mit zum Wesen der Struktur dieser Schichten gehören. Er schließt dies weiter daraus, daß besagte Kanälchen kein Protoplasma oder besondere Randzellen aufweisen. Obgleich Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 311 ein Zusammenhane der Kanälchen mit dem unterliegenden Gewebe nicht von ihm beobachtet werden konnte, hait er diesen jedoch in hohem Grade fiir wahrscheinlich. | HOLMGREN (1902) spricht sich zwar über das Vorhandensein von Poren nicht aus, doch ist bemerkenswert, daß er bei seinen Unter- suchungen das Chitin im wesentlichen ebenso wie Lerypie und SCHNEIDER aufgebaut fand. Zugleich beobachtete er auch eine vertikale Streifung des Chitins. wodurch dasselbe gleichsam in einzelne, dicht nebeneinander liegende Säulchen zerlegt erscheint. In einem bestimmten Ent- wicklungsstadium konnte er sogar — es handelt sich um den Darm von Chironomus — Secrettropfen zwischen den Säulchen wahrnehmen. Die vertikal gestreiften, sowohl ein- wie mehrschichtigen Chitin- bildungen betrachtet er als „extracelluläre Zellteile, Cilien, welche chitinisieren und durch ein chitinisches Ausscheidungsprodukt ver- kleben“. BIEDERMANN (1902) fand die Flügeldecken und andere Skelet- teile der Käfer aus einzelnen Lamellen zusammengesetzt, die ihrer- seits wieder aus parallel verlaufenden, dicken Fasern oder Stäben bestehen. Die Fasern zweier benachbarter Lamellen kreuzen sich rechtwinklig, wodurch es zur Bildung feiner spaltförmiger Öffnungen kommt. Da nun die Kreuzungsstellen regelmäßig übereinander ge- lagert sind, bedingen sie die Entstehung der die Chitinmasse durch- setzenden Porenkanälchen. Das Vorhandensein von Poren in der Chitinhaut vieler Insecten steht also außer Zweifel, und es fragt sich nun, ob solche auch an den Spiegeln der Bienen nachweisbar sind. Um die Poren nachweisen zu können, sind vor allen Dingen dünne und genau senkrecht zur Längsrichtung getroffene Schnitte durch das Chitin erforderlich. Wird das Chitin der Spiegel nicht senkrecht zur Fläche getroffen, so führt das gar zu leicht zu Täuschungen, denn die Zellen der anliegenden Hypodermis stehen senkrecht zur Spiegelfläche und zeigen besonders während ihrer Haupttätigkeit eine langfaserige Struktur. Bei Anwendung starker Vergrößerungen, die zur Wahrnehmung der Poren unbedingt er- forderlich sind, zeigte sich nun, daß bei der geringsten Abweichung von der senkrechten Schnittrichtung die Zellfasern dem Chitin schräg aufliegen und so den Anschein von mit Farbstoff angefüllten Poren er- wecken. Weicht die Schnittrichtung nur wenig von der senkrechten ab, so scheinen die Poren nur einen Teil des Chitins zu durchsetzen, 312 Ir DREYLING, bei sehr schrägen Schnitten dagegen erreichen sie schembar auch das entgegengesetzte Ende. Wenn nun SCHNEIDER behauptet, dab die Poren nicht die ganze Chitinlage durchsetzen, so diirften obige von mir gemachten Beobachtungen eine Erklärung dafür geben. Nach meinen Beobachtungen sind nun tatsächlich Poren vor- handen, sie durchsetzen in annähernd gleichen Abständen die ganze Chitinmasse und verlaufen in senkrechter Richtung zur Fläche, also parallel (Fig. 19, Taf. 18). Ihre Zahl läßt sich schwer fest- stellen; über einer Hypodermiszelle mögen je nach der Größe der Zellen etwa 35—50 Poren liegen; eine Fortsetzung der Protoplasma- massen in dieselben konnte ich niemals wahrnehmen, auch gelang es mir nicht, irgend welche Spuren von Wachs darin nachzuweisen, obgleich die verschiedensten Färbungsversuche angewendet wurden. Den geschichteten Bau des Chitins konnte ich sowohl an den dorsalen als auch den ventralen Segmenthälften beobachten. Bei den Spiegeln, die eine dünnere Chitinlage bilden, war er schwerer nachweisbar: am besten in der Nähe der Chitinleisten und an diesen selbst. In gleicher Weise sind auch die Knotenstellen am Abdomen bei Bombus, Halictus und Andrena aufgebaut. VI. Biologisches über die Wachsbereitung. a) Beschreibung der Wachsplättchen. In den Taschen, die aus je zwei Ventralplatten und den diese ver- bindenden Häuten gebildet werden (Taf. 18, Fig. 3), tritt nun das Wachs in Form kleiner Plättchen zutage. Jedes Plättchen liegt dicht dem Spiegel auf, von welchem es ausgeschieden wird, und weist dementsprechend auch dessen Form auf. Die beiden Wachsplättchen des letzten Spiegelpaars zeigen daher auch nicht die ovale, sondern eine mehr dreieckige Gestalt. So sind denn die Spiegel gleichsam die Formen für die Wachsmassen, während die Prägung durch die daraufliegenden Segmentpartien erfolgt. Weil vier Paar Spiegel vor- handen sind, muß die Zahl der Wachsplättchen immer acht be- tragen. Da Huser bereits ein Paar derselben abgebildet und auber- dem auch Trrvıranus, Cowan und die Bienenzeitungen sich mit deren Beschreibung befaßt haben, möchte ich nur einiges ergänzend hinzufügen. Das Vorkommen der Wachsplättchen in sehr verschiedenen Stärken berechtigt zu der Annahme, daß das ausgeschiedene Wachs Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 313 zuerst in diinner Schicht den Spiegeln aufliegt, sich dann aber durch weitere Absonderungen und Verschmelzungen allmählich verdickt. Am Rand sind die Wachsplättchen zugeschärft, was sicher darin begründet ist, daß die darunter liegenden Drüsen nach außen zu allmählich niedriger werden und dementsprechend weniger Wachs absondern können. Bricht man ein stärkeres Wachsplättchen schräg durch, so er- scheint die Bruchfläche nicht an allen Stellen gleichmäßige uneben, sondern es ragen ziemlich scharf begrenzte Schichten mehr oder weniger hervor, etwa so, als wenn man einen Stein mit schiefriger Struktur durchschlägt. Die Wachsschichten sind indes ziemlich fest miteinander verschmolzen, was ich daraus schließe, dab die Farb- stoffe stets nur das ganze Wachsplättchen von außen färbten, während andernfalls sich doch ein Eindringen zwischen dessen einzelne Lagen hätte zeigen müssen. In dem Maße, wie die Plättchen stärker werden, verlieren sie auch an Elastizität; sie werden dann jedenfalls durch die Bewegung der Ventralplatten untereinander mehr oder weniger leicht vor- geschoben und ragen dann nicht selten ein wenig aus den Taschen hervor. Die Tatsache, daß die Wachsplättchen oft in Mengen auf dem Boden der Bienenstöcke liegen, in denen fleißig gebaut wird, beweist weiter nichts, als dab sie wegen ihrer Dicke leicht heraus- fallen, wohl von den Bienen auch als ein lästiges, die Beweglichkeit hinderndes Anhängsel abgeschüttelt werden, wenn ihre Verwendung nicht zeitig genug erfolgen kann. b) Beziehungen zwischen Wachsabscheidung und den verschiedenen Entwicklungsstadien der Drüsen. Interessant ist nun, dab man zu jeder ‚Jahreszeit, also auch mitten im Winter, bei vielen Bienen Wachsplättchen abheben kann. Ich habe zwei Jahre hindurch oft mehrere Male in jedem Monat eine Anzahl Individuen auf Wachsplättchen untersucht und in den meisten Fällen solche gefunden. Dabei waren sie rücksichtlich der Stärke allerdings ziemlich unterschiedlich; auch in den Winter- monaten fanden sich gar nicht selten Bienen mit dicken Wachs- plättchen, die denen vom Sommer nur wenig nachstanden. Im Sommer natürlich, wo alle Existenzbedingungen erfüllt und zu gleicher Zeit viele jüngere Bienen beim Wabenbau beschäftigt sind, wird man eine ungleich größere Zahl von Exemplaren mit dieken Wachs- 314 L. Dreyiine, plättchen finden. Bei anscheinend ältern Exemplaren waren sie oft so dünn, daß sie bei der Präparation jedesmal in Stückchen zer- brachen, sich leicht an andere Teile anschmiegten und so schwer aufgefunden werden konnten. Dünne Plättchen entdeckte ich aber auch mitten im Sommer, besonders bei den sogenannten Flugbienen (d. h. solchen, die Honig und Pollen einsammeln), die bekanntlich den ältern Altersstadien angehören. Die Tatsache, daß auch im Winter die Abscheidung des Wachses vor sich geht, ist übrigens nicht neu, denn DonHorr erwähnt sie bereits in der Nördlinger Bienenzeitung vom Jahre 1855. Um die Abhängigkeit der Wachsabscheidung von der Entwick- lung der Drüsen etwas genauer verfolgen zu können, wurde Mitte Oktober ein Stock noch einmal zum Bauen veranlaßt. Die von den frischen Waben abgenommenen Exemplare trugen sämtlich Wachs- plättchen von ziemlicher Stärke, und wie sich wohl vermuten lieb, befanden sich alle Drüsen in vorgeschrittener, aufsteigender Ent- wicklung, keine im Zustand der Degeneration. Weiter versuchte ich auch zu ermitteln, nach wieviel Tagen etwa die ausgeschlüpften Bienen zur Wachsabscheidung befähigt seien, und ließ zwecks dessen durch einen viel erfahrenen Bienen- züchter eine Anzahl kennzeichnen. In gewissen Zeitabständen wurden dann immer ein paar Exemplare herausgenommen und zur bessern Kontrolle gleichzeitig auf Wachsplättchen und Drüsen- entwicklung untersucht. Dabei stellte sich wieder heraus, daß wohl Wachsabscheidung und Drüsenbau im engsten Zusammenhang stehen, doch über die Zeit der ersten Wachsabscheidung ließ sich nichts Sicheres feststellen, da die Bienen, wenigstens nach der Entwicklung der Drüsen zu schließen, sehr verschiedenen Altersstufen angehörten. Die letztere Tatsache beweist, daß es selbst dem erfahrensten Bienenzüchter schwer wird, die Altersunterschiede für eine geringe Anzahl von Tagen richtig abzuschätzen. Es ist hier wohl am Platz, mit wenigen Worten auf die sorg- fältigen Untersuchungen einzugehen, die v. BERLEPSCH, GUNDELACH und Dôüxxorr anstellten, um die Verhältniszahlen zwischen den ge- gebenen Honig- und den ausgeschiedenen Wachsmengen zu ermitteln. Zwar erbrachten sie die Beweise, daß zur Wachsabscheidung vor allen Dingen Honig in ausreichender Menge erforderlich sei, auch stellten sie mit großer Sorgfalt die Gewichtsdifferenzen vor und nach der Fütterung mit Honig, sowie die ausgeschiedenen Wachs- mengen fest, aber aufgefallen ist mir, wie keiner in Erwägung ge* Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 315 zogen hat, daß die Bienen schon vor der Fütterung Wachsplättchen tragen könnten. So ist es denn auch nicht verwunderlich, daß die gefundenen Verhältniszahlen ziemlich stark differieren. In meinen frühern Ausführungen glaube ich ausreichend dar- gelest zu haben, daß die Entwicklung der Drüsen im engsten Zu- sammenhang mit den Altersstufen steht. Diese Tatsache habe ich benutzt, um einen Schluß auf das Alter der im Sommer aus- schwärmenden Bienen zu ziehen. Von zwei verschiedenen Schwärmen, die sich an Zweigen im Garten niedergelassen hatten, entnahm ich an mehreren Stellen 21 Bienen. Bei der Untersuchung der Drüsen ergab sich, daß 14 Individuen sich in aufsteigender Entwicklung, die übrigen im Zustand der Degeneration befanden. Obgleich diese zeitraubenden Untersuchungen auf Vollständigkeit keinen Anspruch machen können, so läßt sich wenigstens der Schluß ziehen, daß in einem Schwarm vorwiegend jüngere, noch lebenskräftige Bienen aus- ziehen. Die Beobachtung der allmählichen Entwicklung und der darauf folgenden Degeneration der Wachsdriisen könnte vermuten lassen, dab dieselben erneut anschwellen, so etwa, wie bei den Milchdrüsen der Säugetiere Ruheperioden mit solchen einer gesteigerten Tätig- keit abwechseln; aber bei dem verhältnismäßig kurzen Alter der Arbeitsbiene ist eine solche Tatsache sehr unwahrscheinlich, auch habe ich durchaus keine Anhaltspunkte dafür gefunden. B. Meliponen. I. Geschichtliches. Im Gegensatz zu der Honigbiene scheiden die Melipona- und Trigona-Arten das Wachs auf der dorsalen Seite des Abdomens aus. Nach von BUTTEL-ReEpEn’s Angaben ist die Wachsabscheidung bei Meliponen zuerst von Drory beobachtet worden. Drory hatte sich zu Züchtungsversuchen 31 Völker Meliponen und Trigonen aus Südamerika kommen lassen und konnte dabei feststellen, daß das Wachs auf dem Rücken und zwar von Arbeiterinnen und Männchen ausgeschieden wird. Wenige Jahre später wurde sie dann von Frırz MÜLLER ge- nauer beschrieben. Weiter sei erwähnt, dab Friese bei seinen 316 L. Dreynine, systematischen Bestimmungen der Meliponen immer nur „Rücken- schwitzer“ gefunden und neuerdings auch Sinvesrri die gleiche Be- obachtung gemacht hat. Beachtenswert ist ferner, daß v. IHERING erst auch das Vor- handensein von ventral gelegenen Wachsorganen vermutete. Doch schon vor einigen Jahren überzeugte er sich aufs bestimmteste, dab die Wachsabscheidung nur an den dorsalen Abdominalsegmenten vor sich geht. II. Biologisches. Obgleich das Urteil von so berufener Seite abgegeben wurde, dürfte eine weitere Bestätigung dieser wichtigen Tatsache nicht überflüssig erscheinen, zumal ich in der Lage bin, die wachs- bereitenden Organe selbst genauer beschreiben zu können, während sie bisher überhaupt noch nicht bekannt waren. Ich hatte Gelegenheit, zunächst zwei Species von Melipona resp. Trigona untersuchen zu können. Beide waren, wie das schon mehrfach vorgekommen ist, in einem hohlen Farbholzbaumstamm aus Südamerika nach Deutschland gelangt. Von der erstern Species stand mir nur ein einziges Exemplar zur Verfügung, weshalb von einer genauern Bestimmung abgesehen werden mußte. Die zweite Species wurde von Herrn H. Friese in Jena als Melipona quinque-fasciata Lier. bestimmt, und ich möchte nicht versäumen, ihm an dieser Stelle meinen ver- bindlichsten Dank auszusprechen. Von der letztern Species ist ein ganzes Völkchen erhalten geblieben und wird von einem erfahrenen Bienenzüchter gehütet. Durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. MEISENHEIMER, dessen Vermittlung ich auch die erstgenannte Melipona verdanke, war es mir möglich, nicht nur das kleine Völkchen in seinem Tun und Treiben zu be- obachten, sondern auch eine Anzahl Exemplare zu untersuchen. Bezüglich der Lebensweise der Meliponen liegt schon eine Reihe wichtiger Beobachtungen vor. Die neuesten biologischen Mit- teilungen v. Iuzrıng’s basieren auf zwanzigjährigen Beobachtungen, so daß ich wohl kaum etwas Neues von Interesse bieten kann. Von Melipona quinque-fasciata erwähne ich deshalb nur soviel, wie zum bessern Verständnis des Folgenden notwendig ist. Der Baumstamm war so durchsägt worden, daß die ursprüng- liche Nestanlage größtenteils erhalten blieb. Von den Brutzellen war nichts zu erblicken, wohl aber konnten die außen liegenden ge- füllten Honigtöpfe, die sich durch ihre Größe und äußerst solide Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 317 Wandungen auszeichnen, sehr gut untersucht werden. Die letzte Brut war anscheinend den Unbilden des Transports erlegen. Die Meliponen haben indes Pollen eingetragen und unter den giinstigen Verhältnissen des heißen und trocknen Sommers auch wieder Brut erzeugt, so dab eine kleine Vermehrung des Völkchens konstatiert werden kann. Die vorliegende Art von Melipona hat eine durchschnittliche Länge von 12—13 mm; Kopf und Thorax sind schwarz gefärbt, letzterer ist mit rostfarbigen Haaren dicht bedeckt. Das Abdomen ist gleichfalls schwarz, jedoch im dorsalen Teil, mit Ausnahme des letzten Segments, griinlich-gelb gebändert. Die Bänder liegen jedes- mal in der hintern Zone der Segmentpartie, so daß eine schwarze, stark glänzende und eine dahinter gelegene gelbliche Zone unter- scheidbar ist. III. Lage und Beschreibung der Wachsplättchen. Genannte Species konnte ich nun im Laufe des Sommers zu verschiedenen Zeiten untersuchen. Von Mitte September an mußten jedoch die Untersuchungen eingestellt werden, da sich nur noch alte Exemplare vorfanden. Das erste Mal hatte ich versäumt, die zier- lichen Tierchen auf Wachsplättchen zu untersuchen. Wahrscheinlich würde ich auch keine gefunden haben, da, wie sich bei spätern Untersuchungen herausstellte, die Bienen sämtlich schon ältern Stadien angehörten. Inzwischen muß aber die frische Brut heran- gewachsen sein, denn im Juli, ebenso auch im August fand ich an mehreren Individuen deutliche Wachsplättchen. und zwar nur auf dem Rücken. Da die Wachsplättchen ziemlich fest auflieeen und keine allzu starken Lagen bilden, gelingt es nur selten, sie als Ganzes abzuheben. Die stärksten Plättchen lagen anscheinend immer auf den vier letzten Segmenten. Von den beiden vordern Segmenten ist das erste jedenfalls nur in ganz geringem Maße an der Wachs- abscheidung beteiligt. Am zweiten Segment konnte ich zwar meistenteils Wachs abheben, doch scheint auch hier die Absonderung nicht in gleichem Grade wie an den vier letzten Segmenten stattzufinden. Eine endgültige Entscheidung war darum nicht möglich, weil nach meinen Erfah- rungen sichere Beobachtungen nur an jungen oder voll entwickelten Exemplaren gemacht werden können. Die Ausscheidung des Wachses ist immer nur auf die oben erwähnte schwarz gefärbte Zone eines Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 21 318 L. Dreyrine, jeden Segments beschränkt, der grünlich-gelbe Teil war stets frei davon. Es sei gleich hier bemerkt, daß deutlich ausgeprägte Spiegel, wie wir sie bei der Honigbiene finden, nicht vorhanden sind. Das polygonal gefelderte Chitin ist an den Stellen der Wachsabscheidung verhältnismäßig dick, stark mit schwarzem Pigment durchsetzt und sogar etwas behaart. Am auffälligsten ist jedoch, daß beide Zonen nicht, wie bei der Honigbiene, voneinander deutlich abgesetzt sind, sondern unvermittelt zusammenhängen (Taf. 17, Fig. 2a u. Taf. 18, Fig. 15a—d). Ganz so wie bei der Biene greifen die dorsalen Seg- menthälften seitlich über die ventralen hinweg und sind durch eine leicht bewegliche Membran mit ihnen verbunden (Taf. 17, Fig. 2b). Wie bei der Biene, so sind auch hier die Wachsplättchen immer paarig vorhanden, nur beim letzten Segment scheinen die beiden Paare zu einem einzigen Plättchen verschmolzen zu sein. Rücksichtlich der Farbe — sie ist weißlich — kann man die Plättchen kaum von denen der Biene unterscheiden, ebenso scheint auch die Substanz die gleiche zu sein. Ein genaueres Resultat über die chemische Zusammensetzung dieser Wachsplättchen ist bisher nicht bekannt geworden, was bei den stets ganz geringen Mengen, die zur Verfügung stehen, sehr begreiflich ist. Das zum Wabenbau verwandte Wachs sieht bei den Meliponen, wie bekannt, mehr oder weniger braun aus, weil es mit Harzen vermengt wird. Ich habe es noch einmal daraufhin untersuchen lassen, und es wurde mir gesagt, daß das Harz sehr an das der Coniferen erinnere. Unter das Mikroskop gebracht, zeigen die Wachsplättchen eine lamellöse Struktur und eine deutliche polygonale Felderung, die ganz der des Chitins an diesen Stellen entspricht. Allem Anscliein nach werden die Felder des Chitins durch leistenartige, unregelmäßig verlaufende Erhebungen gebildet, die dann als Vertiefungen in den Wachsplättchen sichtbar sind. An den Wachsplättchen der Bienen ist bekanntlich diese Felderung nicht nachweisbar, da das Chitin über den Drüsen spiegelglatt ist. Während nun bei den Bienen die Wachsplättchen sowie auch deren Behälter, die sogenannten Wachstaschen, schon durch ihre ventrale Lage geschützt sind, scheinen bei den Meliponen die Ver- hältnisse viel ungünstiger zu liegen. Zwar ist die schwarze Zone eines jeden Segments samt den Wachsplättchen zu einem großen Teil von dem grünlich-gelben Teil des vorangehenden Segments überdeckt (Taf. 17, Fig. 2a), aber bei den Bewegungen der Tierchen Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 319 findet ein fortwährendes Aus- und Ineinanderschieben der Segmente statt, wodurch die Wachsplättchen dann frei liegen. Gleichwohl findet ein Abfallen der Plättchen wohl nur ausnahmsweise, etwa bei direktem Stoß an diese selbst, statt. Der Grund hierfür dürfte vielleicht darin zu suchen sein, daß einmal die Wachsplättchen in- folge der oben beschriebenen Struktur verhältnismäßig fest aufliegen, zum andern darin, daß die hohe Temperatur, die in der Heimat dieser Tiere herrscht, das Wachs recht weich erhält und dadurch mehr klebrig macht. IV. Lage und Beschreibung der Wachsdrüsen. Die ausgeschiedenen Wachsplättchen bedingen das Vorhanden- sein zweckentsprechender Drüsen, die auf der dorsalen Seite des Abdomens zur Ausbildung gelangt sein müssen. Die im Juni untersuchten Bienen schienen zunächst dieser An- nahme zu widersprechen; denn die Hypodermis zeigte zwar die be- kannten sechseckigen Zellen mit deutlichen Kernen, aber rücksicht- lich ihrer Höhe unterschieden sie sich durchaus nicht von den be- nachbarten Zellen. Es war überhaupt sehr schwer, auch nur einiger- maßen brauchbare Schnitte zu erhalten, denn das ohnehin sehr dicke Chitin erwies sich als hart und spröde. Sämtliche Befunde ließen aber darauf schließen, daß die untersuchten Individuen jedenfalls den ältern Stadien angehörten (Taf. 18, Fig. 15d u. Fig. 18). Ein höchst erfreuliches Resultat ergaben dagegen die im Juli und August konservierten Exemplare, wenigstens soweit ich bei ihnen Wachsplättchen gefunden hatte. Bei einem Exemplar fanden sich nämlich Wachsdrüsen, die zweifellos auf dem Höhepunkt der Entwicklung angelangt waren. Diese Drüsen zeigen eine überraschende Ähnlichkeit mit denen der Honigbiene, so daß man bei oberflächlicher Betrachtung beide mit- einander verwechseln könnte, nur daß dieselben bei den Meliponen am Rücken, bei der Honigbiene dagegen an der Bauchfläche liegen. Die Fige.15c u. 17, Taf.18 zeigen eine solche dorsal gelegene Drüse vom dritten Segment, welches senkrecht in der Längsrichtung des Körpers durchschnitten ist. Ganz wie bei der Honigbiene stehen die palissaden- artig nebeneinander gereihten hohen Zellen senkrecht auf dem Chitin. Die einzelnen Zellen lassen eine deutliche Faserung erkennen und sind durch Zwischenräume voneinander abgesetzt. Die Kerne liegen nicht genau in der Mitte, sondern der innern Zellwand etwas 21* 320 L. Dreyuıng, di genähert. Endlich sei noch hervorgehoben, dab auch hier immer eine Anzahl von Zellen zu einer Gruppe angeordnet ist. Die Drüsen liegen immer im vordern Teil der Segmente und treten nach vorn an manchen Stellen bis an den in der Zeichnung sichtbaren Chitinknoten (chk) heran. Nach hinten zu flachen sie sich rasch ab, und es folgt nun eine Gruppe verhältnismäßig sehr niedriger Zellen, die keinen Höhenunterschied erkennen lassen (Taf. 18, Fig. ie n). An der Stelle aber, wo das Chitin ganz pigmentfrei und daher sehr durchsichtig ist, erheben sich die letzten Zellen dieser Gruppe allmählich und vermitteln so den Übergang zu der hintern Zellen- schicht, die die grünlich-gelbe Zone (gt) bildet. Gleichzeitig läßt sich nämlich beobachten, wie an dieser Stelle grünlich-gelbe Farbkörper auftreten, deren Anzahl mit der Höhe der Zellen zu- nimmt. Die Zellen der grünlich-gelben Zone weisen nur geringe Höhen- unterschiede auf und sind so dicht mit Farbkörpern erfüllt, daß man ihre Wandungen sowie die Kerne oft nur schwer nachweisen kann. Im Gegensatz zu den Wachsdriisenzellen, die mit zunehmendem Alter degenerieren und niedriger werden, behaiten diese Zellen zeit- lebens ihre ursprüngliche Höhe bei und zeigen auch sonst keine Veränderungen. An Querschnitten ließ sich dann feststellen, wie die paarweise vorhandenen Drüsen an den einzelnen Segmenten gelagert und von- einander getrennt sind (Taf. 17, Fig. 2b). Am letzten Segment stoßen vorn beide Drüsen zusammen, nach hinten zu sind sie wieder etwas entfernt Auch Schnitte von mehreren jungen Individuen konnten ange- fertigt werden (Taf. 18, Fig. 15a u. 16). Die Drüsen sind hier noch wenig entwickelt, denn die Zellen lassen trotz ihrer verhältnismäßig schon stattlichen Höhe nur eine deutliche Differenzierung in Kern und Cytoplasma erkennen. Von einer faserigen Struktur ist kaum etwas zu sehen, auch fehlen die Zwischenräume ganz, alles Er- scheinungen, wie sie auch bei jungen Bienen festgestellt werden konnten. Endlich fand ich auch mehrere Meliponen, bei denen die Drüsen rücksichtlich ihrer Höhe kaum von denen des eben genannten Stadiums abwichen, doch waren die Zwischenräume schon wie bei voll entwickelten Drüsen vorhanden (Taf. 18, Fig. 15b). Bei der zuerst erwähnten Species konnte ich nur konstatieren, Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 321 _ daß die Drüsen degeneriert waren, doch war die Degeneration noch nicht soweit fortgeschritten wie bei dem erstgenannten Stadium von Melipona quinque-fasciata. Somit habe ich zwei Stadien einer zunehmenden Entwicklung und ebenso zwei Stadien einer fortschreitenden Degeneration be- obachtet und ziehe daraus den Schluß, daß die Wachsdrüsen nicht nur in Form und Bau, sondern auch in der Entwicklung denen der Honigbiene ähnlich sind und sich nur durch ihre dorsale Lage von diesen unterscheiden. Weiter habe ich nach den bisherigen Unter- suchungen normal ausgebildete Drüsen immer nur an den vier letzten Segmentpartien gefunden, während die der beiden erstern in allen Stadien kaum die Höhe der gewöhnlichen Hypodermis überschreiten (Taf. 17, Fig. 2a). Bezüglich dieses Punkts möchte ich jedoch Kein endgültiges Urteil abgeben, da ich nicht ausreichend Material hatte. V. Poren im Chitin. Zum Schluß sei auch die Frage nach dem Vorhandensein von Poren kurz erörtert. Betrachtet man einen Segmentabschnitt der ersten Species von der Fläche, so erblickt man schon bei mäßiger Vergrößerung zahllose dunkle Pünktchen auf hellerm Grunde. An senkrecht zur Fläche geführten Schnitten (Fig. 20. Taf. 18) sieht man aber dicht nebeneinander gelegene helle und dunkle Linien ab- wechselnd das Chitin durchsetzen. Die hellen Linien sind immer etwas breiter als die letztgenannten, und da, wo das Chitin außen zahnartig vorspringt, ist jedesmal eine weiße Linie etwas ver- breitert. Die Frage, welche von den beiden Linien als Poren an- zusprechen sind, möchte ich nach meinen Beobachtungen dahin be- antworten, daß es sicher die dunkeln sind, denn nur in diese ist der Farbstoff öfter eingedrungen. Bei Melipona quinque-fasciata gelangen obige Beobachtungen wegen der schon öfter erwähnten Dicke des Chitins nicht, wohl aber ließen die dunkeln Pünktchen sich gut an Kalilaugepräparaten wahrnehmen. Zwar finden sich die Poren auch an andern Stellen der Seg- mente, doch dürfte ein derartiges Vorkommen nicht im Widerspruch mit der eben ausgesprochenen Ansicht stehen. Wo eben keine Drüsen vorhanden sind, kann auch kein Wachs ausgeschieden werden. 329 L DrEyue, Anhang. Wachsabsonderungen bei Trigona-Arten. Um die Frage über Wachsabscheidung möglichst zu klären, zog ich noch einige Trigona-Species in den Kreis meiner Untersuchungen. Herr H. Frresz in Jena hatte mir in liebenswürdiger Weise aus seiner Sammlung je ein Exemplar von Trigona dorsalis, Tr. bipunctata, Tr. quadripunctata und Tr. mexicana zur Verfügung gestellt. Auch bei ihnen ließ sich die Wachsabscheidung auf der dor- salen Seite des Abdomens aufs deutlichste verfolgen; denn vom zweiten Segment an — vom ersten Konnte ich nichts Genaueres er- mitteln — fanden sich Wachsplättchen, die wegen ihrer ansehn- lichen Ausdehnung meist schon ohne jede Vergrößerung gesehen werden konnten. Die bei Melipona erwähnte polygonale Felderung des Chitins und die derselben entsprechenden Abdrücke in den Wachsplättchen waren auch hier mit Leichtigkeit nachzuweisen. Bei stärkerer Vergrößerung erwiesen sich diese Ahdrücke als sehr charakteristisch, so daß man aus der Größe der oben genannten Felder auch einen Schluß auf die Größe des Tiers machen konnte. Durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. H. v. IHERING in Sad Paulo, welcher mir Spiritusmaterial übersandte, war es mir auch möglich, die Wachsdrüsen der Trigonen etwas genauer zu studieren. Bei allen Exemplaren fand ich die Drüsen dorsal und zwar vom 2.—6. Segment gut ausgebildet. Es treten demnach bei den Trigonen 5 Wachsdrüsen in Tätigkeit. Hinsichtlich des Baus weichen sie wohl kaum von denen der Meliponen ab. Genau wie bei diesen konnte eine fortschreitende Entwicklung und darauffolgende Degeneration nachgewiesen werden. Ich denke hierüber wie über die im nachfolgenden Abschnitt kurz wieder gegebenen Beobachtungen an anderer Stelle noch genauere Mitteilungen zu machen. C. Wachsabscheidung bei sonstigen Apiden und einigen andern Insecten. Wachsabscheidung bei andern Apis-Arten. Die Gattung Apis besitzt in Asien, besonders in Indien, noch mehrere Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 393 Vertreter, die gleichfalls Wachs in größern Mengen absondern. Es gehören dazu Apis dorsata, Apis indica und Apis florea. Von Apis dorsata sei nur erwähnt, daß ihre Arbeiterinnen die Größe einer Königin von Apis mellifica, die fertigen Waben nicht selten eine Ausdehnung von 1 m erreichen. Wachsabsonderung bei Hummeln. Bei uns in Europa besitzen ferner noch die verschiedenen Hummelarten die Fähigkeit der Wachsausscheidung. Huper, HoFFER, SCHMIEDEKNECHT und MarsHALL beobachteten nur eine Absonderung des Wachses auf der ventralen Seite des Abdomens, während v. Burrez-REgPEN auch die Abscheidung desselben auf der dorsalen Seite konstatiert. Auf dem Zoologen-Kongreß in Gieben konnte er aus der Frresr’schen Samm- lung (Jena) einige Hummeln zeigen, bei denen dorsal und ventral Wachslamellen zu sehen waren. Auch mir ist es gelungen, die beiderseitige Wachsabscheidung zu beobachten. Besonders in der Zeit von Mitte April bis Ende Mai waren meine Untersuchungen von Erfolg begleitet. Ich habe in dieser Zeit die Königinnen verschiedener Hummelspecies untersucht und fast ausnahmslos Wachsplättchen beiderseits gefunden. Bei vielen Individuen war die Ablagerung so stark, daß ich die Wachs- massen schon mit bloßem Auge sehen konnte. Es ist mir deshalb ganz verwunderlich, dab die Wachsabsonderung auf der dorsalen Seite bisher so wenig beobachtet wurde. Von den sechs Segmenten sind nach meinen Beobachtungen auber dem ersten alle übrigen an der Wachsabsonderung beteiligt, das zweite allerdings in geringerm Mabe. Die Wachsmassen finden sich nicht nur zwischen den Segmenten, sondern liegen auch noch den behaarten Teilen auf. Sucht man erstere abzuheben, so werden immer einige der eingeschlossenen Haare mit abgerissen. Die ganze Art der Abscheidung erinnert mehr an die bei Meliponen als bei Bienen. Genau wie bei Bienen, Meliponen und Trigonen habe ich auch hier eine auf- und absteigende Entwicklung der Drüsen verfolgen können. Die Drüsen flachen sich bei den Hummeln nach hinten zu ganz allmählich ab und bedecken fast das ganze Segment, bei den Bienen und Meliponen sind sie dagegen scharf abgegrenzt. à Die einzelnen Drüsenzellen sind sechseckig gestaltet. Bei noch jungen Hummeln zeigen sie große Kerne, aber keine Zwischenräume, die jedoch mit fortschreitender Entwicklung deutlich hervortreten und immer gröber werden. 324 L. DREYLISG, Nach den Beobachtungen der letzten Jahre scheint indes die Fahigkeit der Wachsabscheidung nicht allein bei den sozialen, sondern auch bei einigen solitären Apiden vorzukommen. So be- richtet H. v. Inerrne (Biologie der stachellosen Bienen Brasiliens), daß sein Sohn Ruporr in seiner Sammlung ein Nest von einer soli- tären Biene besitze, das aus isolierten gedeckelten Tonzellen be- steht, die an der Innenseite mit einer Wachsschicht über- zogen sind. v. BUTTEL-ReepEN erhielt von der Insel Malta mehrere Exem- plare von Tetralonia ruficollis, deren Weibchen zwischen den vier mittlern Dorsalsegmenten „Polster einer anscheinend fett- oder wachsartigen Masse“ zeigten. Die chemische Untersuchung ergab mit Bestimmtheit das Vorhandensein von Fett, während der Nach- weis des Wachses der geringen Menge wegen nicht mit Sicherheit gelang. Endlich erwähnt nach v. Inerıng auch Môrrus bei der Be- schreibung des Nestes von Centris surinamensis (jetzt Euglossa sur. L.), einer Wespen-Art, eine Bekleidung der Zellwände mit einem Wachs- überzug. (In: Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins Hamburg, 1848). Wachsabscheidung in Form kleiner Haare. Keine Homologie besteht dagegen mit den bisher bekannten Wachs- drüsen der übrigen Insecten, deren biologische Bedeutung zudem eine gänzlich abweichende ist; denn während die oben genannten Arten das Wachs zum Aufbau ihrer Wohnung, ihrer Vorratskammern und zur Pflege der Brut verwenden, wird es bei vielen andern In- secten häufig während der Entwicklung oder auch im ausgebildeten Zustand als Schutzmittel gegen Nässe, Kälte oder Austrocknung in Form feiner Fäden ausgeschieden. Interessant ist aber, daß hier die Entwicklung der Wachsdrüsen in ganz ähnlicher Weise wie bei der Honigbiene erfolgt. | Bei der Gattung Mindarus erinnert sogar die Gestalt der Drüsen- zellen an die bei den Honigbienen: Die Drüsenzellen erscheinen zuerst kubisch, um dann allmählich in die hochzylindrische Form überzugehen. Die einzelnen deutlich gegeneinander abgegrenzten Zellen sind wieder zu gröbern Bezirken vereinigt und von einer ge- meinsamen, mit äußerst feinen Poren durchsetzten Cuticula überdeckt. Die das Secret absondernden Drüsen sind auch hier modifizierte Hypodermiszellen. Sie liegen wie bei der Honigbiene auf der ven- tralen Seite, sind aber auf das 5. und 6. Segment beschränkt. Ein Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 325 weiterer Unterschied zeigt sich darin, daß sie in zwei großen Gruppen, sogenannten Drüsenfeldern, lateral angeordnet erscheinen. Auch bei den Aphiden und Psylliden sind die Drüsen aus um- sewandelten Hypodermiszellen zusammengesetzt. Bei den Aphiden besteht nach Wrrnaczin der Zellinhalt aus einer feinstreifigen, granulierten Substanz mit großem Kern. Die Zelle selbst ist wieder schlauchförmig gestaltet. Die Wachshaare werden bei den letzt- genannten Arten in verschiedenen Längen ausgeschieden, was nach Paut MAYER übrigens auch bei Coccus cacti zutrifft. Jedenfalls zeigen die angeführten Beispiele zur Genüge, dab die Wachs- abscheidung, in welcher Form sie auch vor sich geht, durch drüsen- artig umgestaltete Hypodermiszellen erfolgt, weshalb auch der von Craus zuerst dafür gebrauchte Ausdruck „Hautdrüsen* ganz be- zeichnend ist. Zusammenfassung der gefundenen Resultate. 1. Die Arbeiterinnen der Honigbiene scheiden das Wachs durch besonders ausgebildete Drüsen — „Hautdrüsen* — an den vier letzten Ventralplatten des Abdomens aus. 2. Die Anlagen der Wachsdrüsen sind bereits im Puppenstadium sichtbar, erreichen bei der ausgebildeten Biene einen gewissen Höhe- punkt und degenerieren mit zunehmendem Alter allmählich. 3. Die Secretionsfähigkeit der Wachsdrüsen hängt mit dem Bau derselben -innig zusammen. 4. Das Wachs gelangt durch die Poren auf die Aubenseite der Spiegel, wo es sich in Form kleiner Plättchen ablagert. 5. Die Meliponen scheiden das Wachs durch besonders aus- gebildete Drüsen an der dorsalen Seite des Abdomens aus. 6. Die Wachsdriisen der Meliponen sind nicht nur in Form und Bau, sondern auch in der Entwicklung denen der Honigbiene ähnlich; beide unterscheiden sich demnach nur durch ihre Lage voneinander. 7. Die Trigonen scheiden das Wachs gleichfalls auf der dor- salen Seite des Abdomens und zwar durch das 2.—6. Segment ab. 8. An denselben Segmenten findet sich auch bei den Hummeln das Wachs; die Wachsdrüsen sind aber dorsal und ventral aus- gebildet. 396 L. DreyLing, Am Schluß meiner Arbeit möchte ich nicht versäumen, sowohl Herrn Prof. Dr. KorscHELTt für sein freundliches Entgegenkommen und seine tatkräftige Unterstützung meiner Bestrebungen wie auch Herrn Dr. MEISENHEIMER, der mir stets in zuvorkommender Weise mit Rat und Tat zur Seite stand, meinen herzlichsten Dank aus- zusprechen. Desgleichen gebührt auch Herrn Lehrer FREUDENSTEIN in Mar- bach mein Dank, da er mir jederzeit bereitwilligst ausreichendes Material von seinem Bienenstand zur Verfügung stellte. Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 327 Literaturverzeichnis. v. BERLEPSCH, A., Die Biene und ihre Zucht, Mannheim 1869. BIEDERMANN, W., Uber die Struktur des Chitins bei Insekten und Crusta- ceen, in: Anat. Anz., Vol. 21, 1902. BRANDT, F. und J. RATZEBURG, Medicinische Zoologie, 2 Bde., Berlin 1829. v. BuTTEL-REEPEN, H., Die stammesgeschichtliche Entwicklung des Bienen- staates, in: Biol. Ctrbl., Vol. 23, 1903. CARLET, G., La cire et ses organes sécréteurs, in: Le Naturaliste 1890. Czaus, C., Uber die wachsbereitenden Hautdrüsen der Insekten, in: SB. Ges. Beford. ges. Naturw. Marburg, 1867. Cowan, Tu. W., The honey-bee, 1890. Übersetzung von ©. GRAVENHORST, Braunschweig 1891. DÖNHOFF, in: Bienenzeitung, Nördlingen 1851—55. GRABER, V., Die Insekten, München 1877. HOFFMANN, R. W., Zur Orientierung kleinster mikroskopischer Objekte, in: Z. wiss. Mikrosk., Vol. 15, 1898. HOLMGREN, N., Über die morphologische Bedeutung des Chitins bei Insekten, in: Anat. 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Wien, 1882. : —, Die Anatomie der Psylliden, in: Z. wiss. Zool., V. 42, 1885. Die wachsbereitenden Organe bei den gesellig lebenden Bienen. 329 Erklirung der Abbildungen. Tafel 17: Erklärung der Abkürzungen: dpl Dorsalplatten, 1. dpl erste Dorsalplatte, vp] Ventralplatte, 1. vpl erste Ventralplatte, vi Verbindungshaut, wdr Wachsdrüsen. Fig. Fig. Fig. fasciata. Fig. fasciata. la. lb. 2a. 34: 2b. 34 Sagittalschnitt durch das Abdomen einer Honigbiene. 20:1. Querschnitt durch das Abdomen einer Honigbiene. 20:1. Sagittalschnitt durch das Abdomen von Melipona quinque- 1 Querschnitt durch das Abdomen von WMelipona quinque- ar Tafel 18. Erklärung der Abkürzungen: bt behaarter Teil, chf Chitinfortsatz, chk Chitinknoten, gf grüngelber Teil, Hypodermis, sp Spiegel, vh Verbindungshaut, wdr Wachsdriisen, n flache Zellen. Fig. 3. Längsschnitt durch die II. und III. Ventralplatte einer Honig- biene. 46:1. Fig. gesehen. Fig. wicklung. Fig. Fig. 4. Teil der Wachsdrüse einer jungen Biene, von der Fläche 360: 1. 5. Flächenansicht einer Drüse auf dem Höhepunkt ihrer Ent- 360:1. 6. Flächenansicht einer Drüse von einer ältern Biene. 360:1. 7. Flächenansicht einer Drüse auf dem Höhepunkt der Ent- wicklung; ein Teil der Wachsdrüse ist entfernt, weshalb die Kerne und Membranen der Zellen fehlen. 360:1. 330 L. Dreyiine, Die wachsbereitenden Organe der gesellig lebenden Bienen. Fig. 8. Flächenansicht der Wachsdrüse von einer Königin. 360: 1. Fig. 9a—f. Sagittalschnitte durch je einen Spiegel mit aufliegender Wachsdrüse, von verschiedenen Altersstufen der Bienen. 78:1. a In der Entwicklung begriffene Wachsdriise einer jungen Biene. b Weiter entwickelte Wachsdriise. ce Wachsdriise auf der Höhe der Entwicklung. d In allmählicher Abnahme ihrer Tätigkeit. e In starker Rückbildung. f Im Zustande stärkster Degeneration. Fig. 10—14. Sagittalschnitte durch die Wachsdrüsen der Bienen bei stärkerer Vergrößerung. Fig. 10 entspricht Fig. 9a, Fig. 11 ent- spricht 9b, Fig. 12 entspricht 9c, Fig. 13 entspricht. 9d, Fig. 14 ent- spricht 9. ZEISS, Oc. 2, Obj. DD. Fig. 15a—d. Sagittalschnitte durch die dorsal gelegenen Segment- hälften von verschieden alten Meliponen. 118: 1. a Wachsdriise in der Entwicklung begriffen. b Driise weiter entwickelt. ce Drüse auf der Höhe der Entwicklung. d Drüse in starker Rückbildung. Fig. 16—18. Sagittalschnitte durch die Wachsdrüsen der Meliponen bei stärkerer Vergrößerung. Fig. 16 entspricht 15a, Fig. 17 entspricht 15c, Fig. 18 entspricht 15d. Zeiss, Oc. 2, Obj. DD. Fig. 19. Schnitt durch den Spiegel der Honigbiene zur Demonstration der Poren. Zeiss, Comp. 4, homog. Imm. 1/12. Fig. 20. Schnitt durch den Spiegel der Melipona zur Demonstration der Poren. ZEISS, Comp. 4, homog. Imm. 1/12. Vachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Zur Kenntnis des Auges von Periophthalmus und Boleophthalmus. (Reise von Dr. Walter Volz.) Von Dr. Walter Volz, Privatdozent der Zoologie an der Universität Bern. Mit Tafel 19. In seiner bahnbrechenden Arbeit über „Die Accomodation des Fischauges“ sagt TH. Beer!) (p. 561, Anmerkung): „Nicht ohne Interesse wäre es vielleicht die Refraktion des Auges in Luft bei solchen Fischen zu bestimmen, welche direkt ans Land gehen, wie z. B. die Kletterfische“, und weiter, bei Besprechung der Arbeit über das Vierauge von KLINCKOWsTRÖöM ?): es scheint „sicher zu sein, daß in diesem Fall, wo ein Fisch wirklich auf Sehen in Luft und Wasser angewiesen ist, andere Einrichtungen bestehen, als sich die Schulweisheit träumen ließ“. Er hätte diese Bemerkungen mit gleichem Recht auch für die Angehörigen der Gattungen Peri- ophthalmus und Boleophthalmus machen können; denn diese Fische sind für das Leben auf dem Lande bedeutend besser geeignet, als die ,Kletterfische“ oder Anableps. 1) In: Arch. ges. Physiol., Vol. 58, 1894, p. 523—650. 2) KLINCKOWSTRÖM, A., Beiträge zur Kenntniss der Augen von Anableps tetrophthalmus, in: Skandinav. Arch. Physiol., Vol. 5, 1895, p. 67—70. 339 WALTER VoLz, Herr Prof. Tu. STUDEr hatte sich schon während seiner Reise an Bord der „Gazelle* mit den Augen dieser interessanten Tiere etwas beschäftigt, da er Gelegenheit hatte, dieselben an der Westküste Afrikas zu beobachten. Er konnte damals nur feststellen, daß besondere Verhältnisse vorlagen. Zu eingehender Untersuchung gebrach es ihm aber an dem notwendigen Materiale. So hatte er denn die Liebenswürdigkeit, mich bald nach meiner Rückkehr aus dem Malayischen Archipel aufzufordern, die anatomischen Verhältnisse etwas genauer zu untersuchen. I. Biologie. Die Gattungen Periophthalmus und Boleophthalmus gehören zu den Gobudae und zwar in die Gruppe der Gobiina. Sie lassen sich leicht dadurch voneinander unterscheiden, daß bei Periophthalmus die Zähne in beiden Kiefern vertikal, bei Boleophthalmus dagegen nur im Oberkiefer senkrecht stehen, während sie im Unterkiefer fast horizontal gerichtet sind. Ihre Verbreitung beschränkt sich auf die. warmen Gegenden, hauptsächlich auf Asien. Vom Roten Meer, längs der Südküste des asiatischen Kontinents, über China, bis hinauf nach Japan, dann aber namentlich auch am Strand der Inseln des Indoaustralischen Archipels und im westlichen Stillen Ocean trifft man sie allenthalben, meist in großer Menge. Merkwürdig ist das isolierte Vorkommen von Periophthalmus koelreuteri Pau. an der Westküste Afrikas. An der Nord- und Südküste des afrikanischen Festlands fehlt er. Aber nicht nur im oder am Salzwasser halten sich diese Fische auf; sie dringen auch in die Ästuare und Unter- läufe der Flüsse ins Brackwasser ein, scheinen aber auch das aus- süßende Wasser nicht zu meiden. Zu ihrem Aufenthaltsort gehören aber in erster Linie noch deutliche Gezeiten, nicht nur ein Stauen des Wassers bei Flut oder ein rascheres Abfließen bei Ebbe, sondern ein richtiger Ebbestrand. GÜNTHER?!) (p. 487) sagt über sie: „Ihe fishes of this genus (Periophthalmus), and the closely-allied Boleophthalmus, are exceedingly common on the coasts of the tropical Indo-Pacific, especially on parts covered with mud and fucus. During ebb they leave the water and hunt for small crustaceans, and other small animals disporting themselves on the ground which is left uncovered by the receding water. With the aid of their strong 1) GÜNTHER, A. C. L. G., An Introduction to the study of Fishes, Edinburgh 1880. Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. 333 pectoral and ventral fins and their tail, they hop freely over the ground, and escape danger by rapid leaps. The peculiar construction of their eyes, which are very movable, and can be thrust far out of their sockets, enables them to see in the air as well as in the water.“ Breum') berichtet über diese Tiere: „Alle Schlammgrundeln betreiben ihre Jagd weniger im Wasser als auf dem Lande. Sie leben wie Lurche, liegen oft auf dem Schlamme, laufen hier oder am Strande fast wie Eidechsen davon und stürzen sich auf ihren Raub mit solcher Schnelligkeit, daß sie ihn selten verfehlen. Werden sie verfolgt, so fahren sie wie ein Pfeil über den Schlamm hinweg... Namentlich bei Ebbe und stillem Wetter erscheint er zu Dutzenden auf den freigewordenen flachen, nassen Uferstrecken ... Fühlen sie sich sicher, so hüpfen sie durch geringes Krümmen und Strecken des Körpers, indem sie sich auf Schwanz und Flossen stützen, in eanz kurzen Sätzen vorwärts und hinterlassen dabei eine bezeichnende Fährteim weichen Schlamme; oder sie liegen behaglich und beliebig zer- streut umher... Dabei ereignet es sich auch, daß plötzlich ein Fisch vom Boden auf eine Mangrovenwurzel springt und sich dort, etwa um seine eigne Körperlänge von der Erde entfernt, mit seinen Flossen festklammert ... Jedenfalls habe ich beobachtet, daß er- schreckte Fische sich meterhoch von Mangrovenwurzeln herabfallen ließen; ferner habe ich auch die Überzeugung gewonnen, daß die Tiere stundenlang außerhalb des Wassers zubringen können. Sie sind übrigens ziemlich scheu und sichern bei Annäherung von verdächtigen Wesen in drolliger Weise, indem sie sich mittels der Flossen etwas aufrichten; bewegt man sich nicht und überrascht sie durch ein Husten, Pfeifen oder Klopfen, so ducken sie sich wohl auch schnell und regungslos wieder nieder und entfliehen dann mit sehr hurtigen Sprüngen ins tiefe Wasser, wo sie im Nu ver- schwinden. Die Weite der sehr schnell aufeinander folgenden Sprünge mag das Doppelte und Dreifache der Körperlänge, vielleicht auch noch mehr betragen. Bei eiliger Flucht durchmessen sie flaches Wasser, in welchem sie recht wohl schwimmen könnten, dennoch ebenfalls hüpfend und erzeugen dabei ein eigenartiges Geplätscher, namentlich wenn man viele vor sich hertreibt.“ Ich habe die Aus- führungen von Bream deshalb so ausführlich wiederholt, weil das Gesagte nicht nur für die in West-Afrika lebende Art, von der er 1) PECHUEL-LOESCHE, BREHM’s Tierleben, Fische, Vol. 8, 1892, D 149-2144. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 22 334 WALTER VOLz, im besondern spricht, gilt, sondern ebensogut fiir die asiatischen Formen. Es gelang PECHUEL-LOESCHE, von dem ‘die Beschreibung stammt, nicht, lebende, unversehrte Exemplare zu erhalten. v. Marrens') hatte in Borneo Gelegenheit zur Beobachtung von Periophthalmus. Uber die Bewegungsweise berichtet er: „Dieselbe ist eine doppelte: ungestört kriechen die Fische bei Ebbezeit auf den feuchten Schlammflächen ruckweise vorwärts, mit etwas hoch- eehobenem Vorderkörper, geräuschlos und ziemlich langsam, die aus- gespreizten Brustflossen beiderseits in die Schlammfläche eindrückend und dadurch einen festen Punkt gewinnend, um durch Adduction derselben gegen den Rumpf zu den ganzen Körper vorwärts zu schieben. Es entstehen dadurch auf der Schlammfläche unregel- mäbig gebogene Furchen mit je einem Paar seitlicher Eindrücke.... Die Furche entsteht durch das Vorrücken des Körpers, die seitlichen Eindrücke durch das Aufstemmen beider Brustflossen. Solche Furchen sind auf den vom Wasser entblößten Schlammstrecken stellenweise in grober Anzahl und sich vielfach kreuzend zu sehen. Nähert sich ein Mensch oder sonst etwas Verdächtiges, so springen sie mit einem oder mehreren Sätzen, jeder etwa 1—2 Menschenschritte weit, rasch davon. ... In der Ruhe heben sie auch den Vorderkörper mittels der Brustflossen etwas in die Höhe und sehen dann wegen der stark vorstehenden Augen von weitem wie Frösche aus; sie wissen dabei sehr geschickt jeden vorstehenden Gegenstand, einen Stein oder ein Stück Holz, als Deckung zu gebrauchen und darüber hinwegzusehen.“ Ich selbst hatte ebenfalls genügend Gelegenheit, diese Fische auf dem Schlammstrand der Unterläufe der Flüsse in Sumatra zu beobachten. Aus meiner frühern Schilderung des Lebens von Periophthalmus und Boleophthalmus ?) möchte ich nur das Folgende wiederholen, da es zeigt, wie gut die Tiere in der Luft sehen können. „... Die Fische schießen eigentlich auf dem glitschrigen, weichen Boden dahin, um ins Wasser zu gelangen. Hier tauchen aber nicht alle unter. Viele von ihnen, namentlich die größern Exemplare, stecken, Fröschen ähnlich, die Köpfe über den Wasser- spiegel empor und schwimmen nun weite Strecken ruckweise, den 1) v. Martens, Uber die Bewegungsweise der Fische aus der Gattung Periophthalmus, in: SB. Ges. naturf. Freunde Berlin, 1881, p. 160—161. 2) Vouz, W., Fische von Sumatra, in: Zool. Jahrb., Vol. 19, Syst., 1903, p. 362. Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. 335 Kopf stets über Wasser. Sie müssen auf diese Weise sehr gut sehen; es kam z. B. vor, daß ein solcher Fisch, durch unsere sich langsam nähernde Prau aufgescheucht, vor uns ins Wasser sprang, um, den Kopf stets außerhalb desselben, um das Fahrzeug herum zu schwimmen und hinter uns wieder das Land zu ersteigen.“ Dieses Herausstrecken des Kopfs aus dem Wasser ermöglicht dem landgewohnten Tiere das Sehen deshalb besonders, weil die Gewässer in jenen Strichen stets außerordentlich viel Detritus mit- führen und deshalb trübe sind. Die angeführten Citate werden gewiß genügen, um zu zeigen, daß wir es mit einem Tier zu tun haben, das einen sehr guten Gesichtssinn besitz. Von vornherein waren deshalb besondere anatomische Einrichtungen zu erwarten. Es ließe sich übrigens noch manches genauer untersuchen, z. B. der Kiemenapparat, und von der Fortpflanzung und Entwicklung der beiden Gattungen ist absolut nichts bekannt.') Es ist übrigens bemerkenswert, dab Periophthalmus und Boleophthalmus in den asiatischen Gewässern genau dieselben Aufent- haltsorte bewohnen und eine ähnliche Lebensweise führen wie Anableps in Südamerika, und beide besitzen, wenn auch sehr ver- schiedene, von den übrigen Teleosteern stark abweichende Sehorgane als Anpassung an ihre besondere Umgebung. Il. Anatomie. Unter den von mir im Banju asin (Residentschaft Palembang, Sumatra) gesammelten Exemplaren von Periophthalmus und Boleophthal- mus findet man, was das Äußere der Augen anbelangt, 2 verschiedene Zustände: entweder dieselben stehen weit über die Oberfläche des Kopfs hervor und sind einander dicht genähert (Taf. 19, Fig. 1 u. 2), oder sie sind eingezogen (Taf. 19, Fig. 3 u. 4). Das letztere ist namentlich bei Boleophthalmus sculptus Grar. der Fall, während die Periophthalmus-Exemplare die Augen gewöhnlich ausgestülpt haben. Es gibt dies dem Fisch das eigentümliche, etwas froschartige Aus- sehen. Zum Zurückziehen des Auges, wobei die Hornhaut gefaltet werden kann (Taf. 19, Fig. 6), dienen nun Retractoren (At), die sich an der Cutis ansetzen, ungefähr beginnend an der Stelle, wo die 1) HAMBURGER, R., Uber die paarigen Extremitäten von Squalius, Trigla, Periophthalmus und Lophius, in: Rev. Suisse Zool., Vol. 12, 1904. 22% 336 WALTER Vozz, Haut in die Cornea übergeht. Sie liegen zwischen der äußern Kürperhaut und der Sclera ; Außer durch Einziehen in die Augenhöhle können die Sehorgane dieser Fische nach außen noch geschützt werden durch Lider- bildungen, von denen namentlich das untere!) sehr gut entwickelt ist und den ganzen Bulbus bedecken kann. Es schließt auf der Fig. 3 u. 4 das Auge bis an eine kleine, obere Spalte und macht vollkommen den Eindruck einer Membrana nictitans, da es auch durchsichtig oder wenigstens durchscheinend zu sein scheint. Ich habe diese Verhältnisse nicht weiter verfolgt. GÜNTHER ?) sagt über die sehr beweglichen Augen: „In some Gobioids and Trachinoids (Periophthalmus, Boleophthalmus, Uranoscopus etc.) the eyes, which are on the upper side of the head, can be elevated and depressed at the will of the fish.“ Augenlider sind im Stamm der Fische weit verbreitet und namentlich bei Selachiern wohl entwickelt. Die auf diese Weise auf der Oberfläche des Kopfs dicht aneinander liesenden Augen lassen es nun von vornherein als wahr- scheinlich erscheinen, daß ihre Besitzer imstande sind, damit vor- züglich zu sehen. Es ist mir nicht erinnerlich, und ich habe auch in der Literatur keine Angaben gefunden, ob sie den Fisch in den Stand setzen, so zu schwimmen, dab er mit seinem Körper voll- kommen im Wasser liegt und nur die Sehorgane daraus hervorstreckt. Die von mir beobachteten, im Wasser befindlichen Tiere streckten auch den größten Teil des Kopfs zum Wasser heraus. Die Hornhaut des Auges dieser Fische ist sehr stark ge- wölbt, im Querschnitt fast halbkreisförmig. Der von der Epidermis gelieferte Teil ist viel bedeutender als der von der Cutis gelieferte. Sie nimmt an Dicke gegen die Mitte zu etwas ab und hat hier eine Dicke von 0,09—0,1 mm. Die Epidermis wird, bevor sie in die Cornea übergeht, gebildet von platten Zellen, die nach unten gegen die Cutis zu von einer Schicht länglicher Pigmentzellen begrenzt wird. Die Cutis besteht aus fasrigem Bindegewebe und enthält die hier noch kleinen Schuppen (vgl. Fig. 6 Sch); unten kann die Cutis ebenfalls noch Pigmentzellen von sternförmiger Gestalt (Fig. 5 P) enthalten. Selten erscheint die Hornhaut bei Fischen so stark gewölbt wie bei diesen Arten, wo ihr Verhalten an das der Amphibien er- 1) BREHMm, |. c., p. 142. 2) As CPE Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. 337 innert. Aber die fast allgemein verbreitete Ansicht, als ob sie meist sehr flach sei, ist unrichtig. GEGENBAUR!) (p. 924) sagt: „... Mit der Cornea ist der vordere Abschnitt plan bei der Mehrzahl der Fische, wobei zugleich der Umfang der Cornea gegen den des übrigen Bulbus am beträchtlichsten ist.“ BERGER?) (p. 100) unterscheidet die Hornhaut des Fischauges von der der luftatmenden, höhern Tiere dadurch, daß er sagt, sie sei bei erstern sehr flach. „Es scheinen jedoch auch bei den Fischen Ausnahmen vorzukommen. So fand ich bei Chrysophrys aurata und bei Uranoscopus scaber die Horn- haut von stärkerer Krümmung, bei letzterem hatte dieselbe einen Krümmungshalbmesser von 15 mm.“ Im Gegensatz hierzu stimmen meine bisherigen Untersuchungen vollkommen mit der Ansicht BEER’s überein, daß die Hornhaut im Wasser bei den Fischen viel stärker gewölbt sei, als gewöhnlich angenommen wird. Unter der Hornhaut liegt nun bei Periophthalmus und Bole- ophthalmus ein weiter Hohlraum. Derselbe macht im ersten Moment den Eindruck, als ob er die „vordere Augenkammer“ darstellte. Er entspricht ihr aber, wie wir später sehen werden, keineswegs. Da er mit Flüssigkeit gefüllt ist, die beim Zurückziehen der Linse in der Richtung des Augenhintergrunds während des Aufenthalts am Lande den Hohlraum vor der Linse füllt, so ersetzt sie auf diese Weise das umgebende Wasser. Es entsteht also dadurch auch auf dem Lande eine Art von „Wasserauge“. Es scheint mir, daß dieser weite Hohlraum hauptsächlich dazu vorhanden sei, den Bewegungen der Linse (vgl. den physiolog. Teil) einen weiten Spielraum zu ge- währen. Nach oben setzt er sich um die Sclerotica und deren an- hängende Muskulatur fort bis zur Scheidewand zwischen beiden Augen, unten aber ist er schon in der Höhe des Vorderrands der Linse dadurch abgeschlossen, daß hier die Sclerotica mit dem sie außen umgebenden Bindegewebe verwachsen ist (vgl. namentlich His). Wir kämen nun zur Sclerotica und den sie umgebenden Teilen des Auges, zu der am meisten vom Typus des Fischauges abweichenden Partie. 1) GEGENBAUR, C., Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere mit Beriicksichtigung der Wirbellosen, Vol. 1, Leipzig 1898. 2) BERGER, E., Beitrige zur Anatomie des Sehorganes der Fische, in: Morphol. Jahrb., Vol. 8, 1883, p. 97—168. 338 WALTER Vorz, Nach der Zusammensetzung der Sclerotica teilt LangHans) die Fische in 6 verschiedene Gruppen ein. Periophthalmus und Bole- ophthalmus würden in seine 4. Gruppe gehören, „deren Sclerotica aus Knorpel und Bindegewebe besteht“, wozu LANGHANS auch Gobius und Eleotris (@Fobüdae) rechnet. Der Scleralknorpel ist sehr dünn, seine Dicke beträgt 0,033—0,036 mm, und er scheint sehr weich zu sein. Er besteht aus hyalinem Knorpel (vgl. Fig. 7). Hinten be- einnt er in der Nähe der Eintrittstelle des Nervus opticus, zieht dann bogenförmig um das Innere des Auges herum nach vorn bis da, wo sich die Chorioidea zur Iris umkrümmt. Lanemans (p. 251) berichtet über die Anordnung der Knorpelzellen das Folgende: „Eine sehr oft wiederkehrende und nur bei den Elasmobranchiern vollständig fehlende Anordnung der Zellen besteht darin, daß sie nicht durch die ganze Dicke des Scleralknorpels gleichmäßig ver- teilt sind, sondern sich nur in der Mitte seiner Dicke finden, hier eine (bei dem pflasterförmigen Knorpel) oder mehrere Zellenlagen bilden, und so an der äußern und innern Oberfläche zwei ver- schieden breite, vollständig zellenlose, hyaline Lagen oder Säume von Grundsubstanz freilassen; gewöhnlich ist der innere Saum breiter als der äußere.“ Auch der Scleralknorpel der beiden unter- suchten Fische verhält sich in der von LanGHans geschilderten Weise. Bei schwacher Vergrößerung (Fig. 5 u. 6) fällt die Knorpel- zellenlage auf als eine Reihe hintereinander gelegener, etwas dunkler Pünktchen. Sie sind in 2—8 Reihen übereinander gelagert, der innere Saum der Knorpelgrundsubstanz ist aber eher etwas schmäler als der äußere (Taf. 19, Fig. 7). Die Dicke des Scleralknorpels ist, im Gegensatz zu vielen andern Fischen, überall dieselbe. Es finden sich also weder nach vorn, gegen die Hornhaut zu, noch nach hinten irgend welche Anschwellungen. Rings um den Knorpel der Sclerotica spannt sich ein Muskel. Derselbe umgibt den ganzen Scleralknorpel von außen und dadurch die ganze innere Partie des Auges. Es ist mir nicht bekannt, dab eine derartige Bildung bei einem Fisch beschrieben ist. Dieser „Scleralmuskel“, wie ich ihn nennen will (Taf. 19, Fig. 5, 6 u. 7), besteht aus mehreren übereinander liegenden Fasern, und zwar sind dieselben deutlich quergestreift. Dieser Muskel setzt sich nach vorn in eine die Iris und Linse bedeckende, die Pupille voll- 1) LANGHANS, TH., Untersuchungen über die Sclerotica der Fische, in: Zeitschr. wiss. Zool., Vol. 15, 1865, p. 243—306. Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. 339 ständig abschließende Membran fort, die physiologisch ge- wissermaßen als seine Endsehne angesehen werden mub, jedenfalls nicht mehr aus Muskelgewebe besteht. Präpariert man das Auge eines Periophthalmus makroskopisch, indem man erst die Cornea weenimmt, so stößt man darunter auf eine neue Hülle, die den innern Teil des Auges umgibt. Mit bloßem Auge betrachtet irisiert sie etwas. Wird sie nun ebenfalls weggenommen, so trifft man erst jetzt auf die Iris und die Linse, die frei zwischen der Retina und der Iris schwebt, indem nämlich eine Campanula halleri und ein Processus faleiformis (Musculus retractor lentis) vollkommen fehlen. Ob jener vordere Abschluß der Pupille als eine Sehne anzusehen oder aber als umgewandeltes Ligamentum annulare aufzufassen ist, kann ich nicht mit absoluter Sicherheit entscheiden. Ich bin aber eher geneigt, letztere Annahme für die wahrscheinliche zu halten, aus zwei Gründen: 1. setzen sich die quergestreiften Muskelfasern an der Umbiegungsstelle der Iris an den Scleralknorpel an, indem sie sich etwas nach innen umbiegen (Fig. 7), und 2. scheint mir der Abschluß der Pupille nach vorn durch das „Ligamentum annulare“, das also in diesem Fall nicht mehr ringförmig, sondern membran- artig auftreten würde, fast eher möglich, als daß ein Muskel sich auf diese Weise um das innere Auge herumlegen könnte. Gegen die Auffassung als Ligamentum annulare spricht der Umstand, dab eine Verbindung zwischen ihm und der Hornhaut fehlt. Die Ent- scheidung dieser Frage wird übrigens an dem physiologischen Re- sultat unserer Untersuchung wenig ändern. — Der vordere Abschlub der Pupille zeigt nun bei einigen Präparaten (Fig. 5) in der Mitte eine deutliche Falte gegen die Hornhaut hin, von der ich nicht glaube, daß sie durch die Präparation entstanden sei. Sie scheint da- durch hervorgerufen worden zu sein, daß die Linse vollkommen nach hinten gezogen ist, und sie würde sich bei der Annäherung der Linse an die Hornhaut wieder auszugleichen haben. Der ganze Muskel und die von ihm ausgehende, die Pupille abschließende Mem- bran ist vollkommen pigmentlos; letztere ist offenbar für die Licht- strahlen durchgängig. Dieser quergestreifte Muskel stellt nun den Accom- modationsapparat dar und vikariert also für die ,Campanula* und den Processus falciformis. Wie er zu funktionieren hat, werden wir später sehen. Erwähnenswert ist jedenfalls, dab dieser Scleral- muskel namentlich auf der dorsalen Seite des Auges und ventral hinten viel besser ausgebildet ist als ventral und unten, und im 346 WALTER Vozz, Zusammenhang damit steht auch, daß sich der zwischen ihm und der Hornhaut gelesene Hohlraum nur dorsalwärts ausdehnt. Es sind nun allerdings bei einigen andern Fischen im Innern des Auges ebenfalls, z. T. quergestreifte, z. T. glatte, Muskeln be- kannt geworden, aber dieselben liegen stets zwischen der Sclera und der Chorioidea. Brass !) berichtet bei Besprechung der Glandula chorioidealis über glatte Muskelfasern zwischen Sclerotica und Chorioidea und nennt diesen Muskel Musculus chorioidealis. Uber einen andern, an der gleichen Stelle gelegenen, quer gestreiften Muskel berichtet Moreau ?) aus dem Auge des Tun- fisches. 1) BRASS, A., Die Accommodation des Auges der Knochenfische, in: Zeitschr. ges. Naturw., Vol. 5 (Vol. 58), p. 901—903. „Auf sorgfältig gehärteten und fein ausgeführten Querschnitten läßt dieses Gebilde nun allerdings ein feines Capillarnetz erkennen, dazu aber eine äußerst beträcht- liche Anzahl glatter Muskelfasern, welche radiär zum Sehnerv verlaufen (es sind dieselben vielleicht nur eine lokalisirt stärkere Anhäufung jener glatten Radiärmuskelfasern, die wir nicht allein in der Chorioidea der Fische, sondern auch in der der Amphibien und Säuger finden, während sie bei Reptilien und Vögeln quergestreift sind). “ Er „zieht sich in Huf- eisenform um den Sehnerv herum und zwar so, daß die offene Seite nach vorn gerichtet ist und der Sehnerv in dem hinteren unteren Teil des von demselben gebildeten Mittelfeldes liegt, der Fleck des deutlichsten Sehens über und vor dieser Stelle“. „Von diesem Muskel verlaufen Radiärmuskelfasern in der Chorioidea einerseits zur Durchtrittstelle des Sehnerven, andrerseits zum Ursprung der Iris.“ 2) Histoire naturelle des poissons de la France, Paris 1881, Vol. 1. „Il existe dans l’oeil de quelques poissons du genre Thon un muscle excessivement remarquable qui n’a jamais été signalé; il merite cependant de fixer l’attention d’une manière spéciale car il doit jouer un grand rôle dans l’accomodation. Ce muscle est placé entre la sclérotique et la chorioide; il occupe les deux tiers au moins du pourtour de l’os sclérotical postérieur ; il a chez le Thon, le germon environ 20 à 25 mm de longueur sur 3 à 6 mm de largeur; il est aplati, arqué, plus large, plus épais dans son milieu qu’à ses extrémités. Il s’insere en dedans vers le pourtour de l'anneau de la sclérotique un peu en dehors du ligament ciliaire, dont il est toujours séparé; il se dirige en dehors pour se porter vers la partie réfléchie de la chorioide à laquelle il adhère trés-fortement. Il se compose de fibres fusiformes qui se montrent sous deux aspects différents: les unes sont tout à fait lisses, avec un noyau allongé ou un contenu granuleux ; les autres, et ce sont les plus communes, présentent des stries transversales. Ces stries sont faciles à distinguer mais elles sont peu nombreuses, éloignées les unes des autres.“ Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. 341 Wir haben also hier einen quergestreiften Muskel, der sich innerhalb des Scleralknorpels befindet, sich im übrigen aber ähn- lich zu verhalten scheint wie bei Periophthalmus und Boleophthalmus. Bei letztern 2 Gattungen sind aber die einzelnen quergestreiften Fasern nicht spärlich wie beim Tunfisch, sondern bilden weitaus den größten Teil des Muskels. Bei letztern setzen sie sich, wie bei den von mir untersuchten Tieren, ebenfalls an die Chorioidea an. Der Mechanismus diirfte also in beiden Fallen ein analoger sein. Es wiirde sich wohl lohnen, die Verhältnisse beim Tunfisch noch besser aufzuklären. Zwischen der Sclerotica und der darunter folgenden Chorioidea liegt rings um letztere herum ein grober Hohlraum (Taf. 19, Fig. 5 u. 6). Er kommt dadurch zustande, daß sich die Sclera von der Chorioidea abgetrennt hat und mit ihr nur an ihrer Umbiegungsstelle zur Iris in innigem Kontakt geblieben ist. Dieser Hohlraum wird in der Ruhelage des Auges, also wenn die Linse der Hornhaut anliegt, kleiner sein, indem die Linse die sie vorn bedeckende Membran mit- nimmt und so den ,Scleralmuskel“ streckt oder, besser ausgedrückt, in der Ruhelage des Auges erschlafft der Scleralmuskel und die Sclera nähert sich der Chorioidea. Der volle Beweis fiir diese Auf- fassung wäre allerdings erst dann zu erbringen, wenn Exemplare von Periophthalmus untersucht würden, die während des Aufenthalts im Wasser getötet wären. Ähnliche Hohlräume zwischen der Aderhaut und Sclerotica be- schreibt BERGER!) bei Selachiern. Dort sind sie aber nicht ein- heitlich, sondern von zartern oder derbern Wänden in Unterab- teilungen zerlegt, die jedoch miteinander kommunizieren. Er be- trachtet sie als „eigentümliche Entwicklungsform des suprachorioi- dalen Lymphraums“, welche Annahme er dadurch stützen will, dab er an ihren Wandungen ein Endothel nachwies. „Was die Größe und Form dieser Hohlraumbildungen betrifft,“ sagt BERGER weiter, „kommen bedeutende Variationen bei den Selachiern vor. Bei einer Raja-Art finde ich den hintern Teil des Scleralknorpels in der Breitenausdehnung von 11 mm ausgebaucht. Die Nische, welche durch die convex nach hinten ausgebauchte Stelle in der Sclerotica zwischen derselben und der am Querschnitt geradlinig über dieselbe hinüberziehenden Aderhaut gebildet wird, ist von zarten bindegewebigen Faserbündeln, welche vielfach mit einander verbunden sind und zahl- Dares. 342 WALTER VOLz, reiche kleine Liicken zwischen sich freilassen, erfüllt. Es ist dies unter allen untersuchten Arten die größte Ausbildung des supra- chorioidalen Lymphraumes.“ Diese Bildung ist also eine ähnliche wie bei den von mir untersuchten Arten, wo aber die Fasern darin vollkommen fehlen. Jedenfalls läßt sich der besprochene Hohlraum in Analogie bringen mit dem „suprachorioidalen Lymphraum“ der Selachier. Bei den Teleosteern hat BERGER denselben nur beim Huchen gefunden, wo er nur sehr wenig entwickelt zu sein scheint. Das nächste Gebilde, das man nach innen von der Sclerotica trifft, ist die sog. Chorioidaldrtise. Nach außen ist sie von einer dünnen Schicht der Lamina argentea der Chorioidea umgeben (Fig. 6 G). Über dieses Gebilde sind die Akten noch nicht ge- schlossen.) Es macht nicht den Eindruck einer eigentlichen Drüse. Von einem Wundernetz darin konnte ich bei den von mir unter- suchten Arten nichts bemerken. Es ist festgestellt, daß zwischen der Chorioidaldriise und den Pseudobranchien der Knochenfische enge Beziehungen bestehen (bei den Cyclostomen und Selachiern fehlt sie) °), indem diese „Drüse“ nur bei jenen Teleosteern vorhanden ist, die Pseudobranchien *) be- sitzen. Eine Bestätigung dieses Verhaltens scheint auch bei Peri- ophthalmus und Boleophthalmus vorzuliegen. Bei ersterer Gattung sind nach GÜNTHER *) die Pseudochranchien rudimentär, und die Glandula chorioidalis ist nach meinen Befunden bedeutend weniger ausgebildet als bei Boleophthalmus, wo die Pseudobranchien sehr deutlich sind. — (Genauere Untersuchungen über die beiden Organe und deren Zusammenhang habe ich noch nicht ausgeführt. An der Chorioidea lassen sich, wenigstens auf Schnitten durch die Mitte des Auges, die bei andern Fischen so deutlichen drei Schichten nicht scharf erkennen, und ich finde, daß besonders die bei den zum Vergleiche herangezogenen Fischen (Perca, Trutta, Amiurus) so deutliche Lamina vasculosa nur schwach angedeutet ist. Die Chorioidea biegt, bevor sie zur Iris wird, sehr stark um, gegen den Hintergrund des Auges zu und kann sich selbst in Falten legen 1) GEGENBAUR, |. c., p. 929. 2) BERGER, I. c., p. 107. 3) Uber dieselben vgl. F. MAURER, Ein Beitrag zur Kenntniss der Pseudobranchien der Knochenfische, in: Morphol. Jahrb., Vol. 9, 1884, p. 119— 251. 4) GÜNTHER, A., Catalogue of the Acanthopterygian Fishes, Vol. 3, 1861, P..97 u. 102, : Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. 343 (Fig. 5). An der Linse folgt ihr die Pigmenschicht nach vorn gegen die Hornhaut zu. Eigentliche Ciliarmuskeln fehlen, da der Accomo- dationsapparat bei Fischen auf andern Einrichtungen beruht. An der Durchtrittsstelle des Nervus opticus durch die Chorioidea ist der- selbe noch eine Strecke weit von Pigment umgeben (Fig. 5). Die Retina bietet bei den beiden untersuchten Arten keine Unterschiede von andern Teleosteern. Die Linse ist vollkommen rund. Sie mißt bei einem 10 cm langen Periophthalmus im Durchmesser 2,3 mm und bei einem Bole- ophthalmus von 17 cm Länge 1,5 mm im Durchmesser. Ein Glaskörper ließ sich bei den untersuchten Exemplaren nicht nachweisen. Die Zwischenwand zwischen den beiden Augen ist sehr dünn, z. T. von Bindegewebe gebildet, in das sich von hinten Knochen einschieben. Ich habe die betreffenden Verhältnisse nicht näher untersucht. Wir hätten nun die Anatomie dieser, in mancher Hinsicht vom gewöhnlichen Typus abweichenden, Augen genügend kennen gelernt, um zu einer kurzen Betrachtung der Physiologie, d. h. der Acco- modation, überzugehen. III. Physiologie. Wir haben bei der Betrachtung der Lebensweise von Peri- ophthalmus und Boleophthalmus die Gewibheit erlangt, dab diesen Fischen ein scharfes Sehvermögen auf dem Lande zukommen muß, und sind deshalb berechtigt, a priori anzunehmen, dab entweder der bei den übrigen Fischen vorhandene Accommodationsapparat in besonders guter Weise ausgebildet, oder aber eine andere Einrichtung zum Ein- stellen des Auges für die Ferne vorhanden sein müsse. Denn es handelt sich, wie namentlich BEER gezeigt hat, um eine aktive Einstellung für die Weite, also die gegenteilige Wirkung wie bei den höhern Landtieren. Die Zoologen waren schon lange darüber einig, dab eine Accom- modationsfähigkeit auch dem Fischauge zukomme, nur über das Wie waren die Meinungen geteilt. Manz?) hielt eine Accommodation da- durch für möglich, dab sich die Form der Linse verändere. Dies käme durch die Kontraktion der Muskelfasern der Campanula halleri und des „Ligamentum musculo-capsulare* zustande. Es könnte nach ihm infolge der Weichheit der peripherischen Schichten der Linse 1) Manz, W., Anatomisch-physiologische Untersuchungen über die Accommodation des Fischauges, Inaug.-Diss., Freiburg i. B., 1858. 344 WALTER VoLz, „die Umwandlung derselben in einen Cylinder, wenn ihre Ränder frei sind und Zug und Gegenzug nur auf eine kleine Stelle der Linsen- peripherie beschränkt sind oder die einfache Abplattung der Linse, durch Annährung ihrer hinteren und vorderen Fläche, wenn Zug und Gegenzug in einer gewissen Breite wirken“, zustande kommen. HiRscHBERG !) bezweifelt, daß die Fischlinse in ihrer Form ver- änderlich sei, und spricht zum ersten Male aus, „daß Fische doch eine Art von Accommodation besitzen, nämlich durch Lageveränderung der Krystalllinse“. Erst BEER ?) macht uns mit den Funktionen des Teleosteer-Auges näher bekannt. Er beweist zum ersten Male, was aus teleologischen Gründen schon von andern Forschern behauptet worden war, „dab das Fischauge im Ruhezustande wirklich für die Nähe eingestellt ist“ und daß ihm in diesem Zustand eine „mäßige Myopie“ zu- kommt. Er fand ferner bei sämtlichen von ihm in Luft unter- suchten Teleosteern hochgradige Myopie. Damit fällt die frühere Annahme, als ob die Augen der Fische in der Luft und im Wasser für annähernd gleiche Distanzen eingestellt seien, dahin. BEER sagt darüber: „Der Fisch erlangt, wenn man ihn aus dem Wasser zieht, durch das Inkrafttreten seiner Hornhautbrechung eine excessive Myopie; was er da sieht, ist schwer zu sagen und von geringem Interesse, viel wird es jedenfalls nicht sein.“ Nach verschiedenen Versuchen an lebenden und enucleirten Fischaugen durch elektrische Reizung kam nun BEER zu dem Re- sultate, „daß die Fische eine Akkommodation besitzen und daß Ein- richtungen zu einer aktiven Einstellung für die Ferne vorhanden sein müssen“. Er wandte sich dann der Frage zu, ob die Form der Linse, wie es namentlich Manz behauptet hatte, veränderlich sei, gelangte aber durchweg zu negativen Resultaten. Dafür fand er eine starke Accommodation infolge Zurückziehen ins Innere des Auges durch den Musculus retractor lentis (Campanula), wobei zugleich eine Bewegung in temporaler Richtung, also distalwärts, stattfindet. Die Schnelligkeit, mit der sie geschieht, ist bei den verschiedenen Fisch- gruppen sehr verschieden. So ist die Retraction bei den von ihm untersuchten Gobiiden (zu denen Periophthalmus und Boleophthalmus gehören) eine langsamere als z. B. bei den Labriden, Perciden etc. 1) HIRSCHBERG, ..., Zur Dioptrik und Ophthalmoskopie der Fisch- und Amphibienaugen, in: Arch. Anat. Physiol. (Physiol. Abt.), 1883. A)nlesie. Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. 345 und die Regel scheint zu sein, „daß die Akkommodation bei den agilen Grundfischen, bei den rasch und virtuos die Flut durcheilenden Schwebefischen und bei den pelagischen Schwimmern am raschesten erfolgt, am langsamsten bei den trägen ‚Grundfischen‘, welche auf dem Meeresgrunde auf Beute lauern, nur selten und unbeholfen umherschwimmen“. Dieses Accommodieren geschieht durch den Haruer’schen Muskel. Berr glaubt nun aus seinen Forschungen den Schluß ziehen zu dürfen, daß „der physiologische Nachweis der Linsenretraktion das Vorhandensein einer Campanula mit Sicherheit zu behaupten“ gestatte, „auch in Fällen, wo es — wie an sehr kleinen Augen — nicht gelingt, sie makroskopisch zu präpariren“. Das Einstellen des Auges für die Ferne — durch Annäherung der Linse an die Retina — ist also ein aktiver Vorgang, während sich die Linse bei der Ruhelage des Auges der Hornhaut genähert zeigt. (Genau so verhält es sich bei Periophthalmus und Boleophthalmus. Durch Kontraktion des den Scleralknorpel umgebenden quergestreiften Muskels wird die Linse nach hinten gerückt und der Retina ge- nähert. Dies geschieht während des Aufenthalts auf dem Lande, wo der Fisch in die Ferne sieht. Dafür sprechen die anatomischen Befunde bei den auf dem Strande erlegten Exemplaren. Die Linse kann bei diesen scharfäugigen Tieren so nahe an der Retina liegen (Fig. 5), dab von einer hintern Augenkammer kaum oder gar nicht mehr gesprochen werden kann. Zugleich scheint auch ein Zug nach hinten resp. etwas nach unten stattzufinden, indem der Scleralmuskel hier mit dem auswärts von ihm liegenden Gewebe fest verwachsen ist (Fig. 5), während er sich dorsal und nach vorn davon durch einen breiten Zwischenraum getrennt zeigt. Ich muß nochmals auf die früher angeführte Arbeit von Brass zurückkommen, die von BEER etwas sarkastisch behandelt wird, wie mir scheint mit einigem Unrecht. Brass kommt nämlich zu dem Schlusse, „daß der ganze Bau des Knochenfisch-Auges darauf hin- weist, eine mögliche Accommodation annehmen zu dürfen. Dieselbe wird bewirkt durch den Musculus chorioidealis !); denken wir zu- nächst, daß sich derselbe, wie seine Bestimmung ist, einmal con- trahire, so wird durch diese Contraction, da für ihn im Umkreis der Ansatzstelle der Iris und durch die Festigkeit der vordern Teile der Sclerotica an dieser Stelle ein Fixationspunkt gegeben ist, eine Annäherung der Rückwand der Chorioidea gegen die Linse 1) Vgl. weiter oben, 8. 340. 346 Water Vorz, Auge von Periophthalmus und Boleophthalmus. bewirkt; dasselbe geschieht dadurch auch mit der der Chorioidea aufliegenden Retina und besonders des Flecks des deutlichsten Sehens derselben. Es kann also der Abstand zwischen Linsenmittelpunkt und Retina geändert werden und dadurch wird die Accomodation des Fischauges eingeleitet.“ Es findet natürlich nicht eine An- näherung der Chorioidea resp. Retina an die Linse, sondern das Umgekehrte statt. — Obschon mir eine derartige Accommodation bei solchen Knochenfischen, welche eine Campanula etc. besitzen, aus- geschlossen scheint, bildet die von Brass beschriebene Einrichtung und seine Erklärung derselben doch eine Analogie zu den Verhält- nissen, wie sie bei Periophthalmus und Boleophthalmus vorliegen. Beer hält es nun für möglich, daß bei den Teleosteern auch andere Einrichtungen als die Campanula (resp., wie er den Apparat besser nennt, Retractor lentis) zu accommodativen Veränderungen vorhanden sein können; daß aber die Bedeutung der Linsenretraktion dadurch kaum alteriert würde. Wie wir gesehen haben, geben ihm die bei Periophthalmus und Boleophthalmus sonst so sehr abweichenden Verhältnisse vollkommen recht. Das Prinzipder Accommodation bei den Knochen- fischen ist trotz derselben völlig gleich geblieben. Erklärung der Abbildungen. C’ Cutis P Pigmentzellen Ch Chorioidea R Retina Co Cornea Rt Musculus retractor E Epidermis S Scheidewand zwischen beiden Augen @ Glandula chorioidealis Sc Scleralknorpel J Iris Sch Schuppen L Linse SM Seleralmuskel LR Suprachorioidealer Lymphraum VX Vordere Kammer Op Nervus opticus Mart el) 19. Fig. lu. 2. Kopf von Periophthalmus koelreuteri PAUL. var, freycineti C. V., von der Seite und von vorn. Fig. 3 u. 4. Kopf von Boleophthalmus sculptus GTHR., von der Seite und von vorn. Fig. 5. Mittlerer Transversalschnitt durch das linke Auge von Peri- ophthalmus koelreuteri PALL. var. freycineti C. V. Fig. 6. Schiefer Transversalschnitt durch das linke Auge von Bole- ophthalmus seulptus GTHR. Fig. 7. Partie des Scleralknorpels und des Scleralmuskels aus dem Auge von Boleophthalmus sculptus GTHR. in der Nähe der Iris. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Untersuchungen über die Ovarien von Mallophagen und Pediculiden, Von Dr. J. Gross. (Aus dem Zoologischen Institut zu Gieben.) Mit Tafel 20—21 und 2 Abbildungen im Text. Die systematische Stellung der Pediculiden, die niemals eine völlig gesicherte war, ist in allerneuester Zeit wieder Gegenstand eifriger Diskussionen gewesen. HaxpzirsCH (1903) setzt sie als be- sondere Ordnung Siphunculata Meixerr neben die Mallophagen in seine Unterklasse der Blattaeformia. Denselben Namen gibt ihnen Borner (1904), erhebt die Familie aber zum Range einer Unter- sektion, die zusammen mit Corrodentien, Thysanopteren und Rhyn- choten seine Sektion der Acercaria bildet. CHoLopkovskyY (1904) vereinigt Pedieuliden und Mallophagen zu einer mit den Orthopteren näher als mit den Hemipteren verwandten Ordnung, für die er den Namen Pseudorhynchota vorschlägt. ENDERLEIN (1904) endlich entscheidet sich dafür, die Pediculiden als eine mit dem von LEACH stammenden Namen Anoplura zu belegende Ordnung der Rhynchoten aufzufassen. Keine der vier genannten Ansichten ist als völlig neu zu betrachten. Sie finden sich vielmehr alle schon in ähnlicher Form bei den ältern Entomologen aus dem Anfang und der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Es ist also ein wesentlicher Fortschritt in 348 J. Gross, der Beurteilung der systematischen Stellung der Pediculiden gegen früher eigentlich nicht zu verzeichnen. Das liegt wohl hauptsäch- lich daran, dab fast alle Autoren zu großes Gewicht auf die Be- deutung der Mundwerkzeuge gelegt haben. Um dieses Organsystem dreht sich ja auch der gegenwärtig entbrannte Streit zwischen den vier oben erwähnten Forschern. Da aber die Mundgliedmaßen der Pedieuliden in der Tat sehr schwer zu analysieren sind, so droht die ganze Diskussion auf einem toten Punkt anzukommen, wenn nicht auch andere Organsysteme ausgiebiger zum Vergleich heran- gezogen werden, als es bis jetzt geschehen ist. Das eigentlich Ent- scheidende in der ganzen Frage sind die Verwandtschaftsbeziehungen der Pediculiden zu den Mallophagen einer- und zu den Hemipteren andrerseits. Nun gibt es ein Organsystem, das in beiden eben genannten Insecten-Ordnungen wesentlich verschieden ausgebildet ist. Die echten Hemipteren haben, wie seit langem feststeht, hoch differenzierte telotrophe Eiröhren mit Nähr- oder Dottersträngen. Die Eiröhren der Mallophagen sind dagegen nach den überein- stimmenden Angaben von Grosse (1885) und Sxop&rass (1899) polytroph. Viel weniger gut bekannt waren bis jetzt die Ovarien der Pediculiden. Hier widersprechen sich zudem die Angaben der beiden in Betracht kommenden Autoren. Aus Lanpois Arbeiten (1864 und 1865) geht hervor, dab sowohl Pediculus als Phthirius polytrophe Eiröhren besitzen, ähnlich denen der Mallophagen. Nach GRABER'S (1872) Angaben dagegen, die allerdings nicht durch Ab- bildungen belegt sind, scheinen die Eiröhren von Phthirius vielmehr nach dem telotrophen Typus gebaut zu sein, wie jene der Hemipteren. Hier war also eine Nachprüfung dringend geboten. Besonders empfahl es sich, eine vergleichende Untersuchung von Pediculiden und Mallophagen vorzunehmen, wie sie bis jetzt noch nie angestellt worden ist. Mich mußte diese Aufgabe besonders locken, da ich von frühern Arbeiten her die Histologie des Ovariums von einer grübern Zahl von Insecten-Gruppen aus eigner Anschauung kenne und speziell auch eine ganze Reihe von Hemipteren untersucht habe, deren Kenntnis für unsere Frage ja auch von einiger Bedeutung ist. Ich benutzte daher gern die Gelegenheit, einige Vertreter beider in Betracht kommenden Gruppen zu untersuchen, und will im Nach- stehenden über den Erfolg meiner Studien berichten. Das Hauptresultat meiner Arbeit will ich aus praktischen Gründen gleich vorausschicken. In dem ganzen Bau ihrer Eiröhren zeigen Mallophagen und Pediculiden die auffallendste Uberein- Ovarien yon Mallophagen und Pediculiden. 349 stimmung. Nicht nur sind die in Rede stehenden Organe bei beiden Gruppen nach demselben polytrophen Typus gebaut, sondern sie gleichen sich auch in den meisten Einzelheiten so sehr, wie es sonst wohl nur innerhalb einer Insectenordnung vorkommt. Ich werde deshalb die Vertreter beider Gruppen durchgingig gemeinsam be- sprechen. Ich wäre sonst gezwungen, mich in einem fort zu wieder- holen. Material und Methoden. Mir standen im ganzen 4 Species zur Verfügung, 2 Mallophagen und 2 Pediculiden. Frisches Material, das ich zweckentsprechend konservieren konnte, besaß ich aber nur von 2 Formen: Haematopinus suis L. und einer nicht näher bestimmten Art der Gattung Nirmus HERRM. von Strix flammea. Von Pediculus capitis L. und Trichodectes canis DE GEER konnte ich nur in Alkohol konservierte Tiere unter- suchen. Mein Material von Haematopinus und Nirmus habe ich durchweg mit Vom Rarw’scher Flüssigkeit fixiert, die sich mir wieder, wie bei meinen frühern Arbeiten, gut bewährte. Ich habe daher meiner Darstellung in der Hauptsache diese beiden Formen zu Grunde eeleet. Eine ins feinere Detail gehende Untersuchung konnte ich an Pediculus und Trichodectes wegen mangelhafter Erhaltung der Gewebe nicht mit wünschenswerter Sicherheit ausführen. Immerhin lieb sich soviel feststellen, dab diese beiden Arten mit ihren Ver- wandten in allen wesentlichen Stücken übereinstimmen. Von Haematopinus und Nirmus habe ich sowohl herauspräparierte Eiröhren fixiert als auch ganze Abdomina, die ja bei Mallophagen und Pediculiden ein recht weiches Chitin besitzen und sich bequem, ohne Anwendung von Eau de Javelle oder ähnlichen Mitteln, schneiden lassen. Dabei ergab sich die auffallende Tatsache, daß die Eiröhren, wenn sie isoliert behandelt wurden, nicht so gut erhalten waren, wie wenn ich sie im Abdomen belassen hatte. Offenbar ist es für diese zarten Gewebe günstiger, wenn die Konservierungsflüssigkeiten nicht unmittelbar auf die Objekte einwirken, sondern erst allmählich nach Durchdringung der Organe und Gewebe, welche die Ovarien im Körper des Insects umhüllen. Zum Färben benutzte ich Eisenhämatoxylin mit Nachfärbung in Eosin und in einigen Fällen Safranin. Neben Eiröhren habe ich von allen 4 Formen auch fertige, dem Oviduct entnommene, oder bereits abgelegte Bier untersucht. Denn, wie ich unten zeigen werde, sind einige Besonderheiten der Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 23 350 J. Gross, Eischale ebenfalls von Bedeutung für die Lösung der uns hier be- schäftigenden Fragen. 1. Gröbere Anatomie. Gleich allen daraufhin untersuchten Mallophagen und Pedieuliden haben auch die 4 mir vorliegenden Species büschelförmige Ovarien. Die Zahl der Eiröhren beträgt auf jeder Seite 5. Ebenso viel finden sich nach Lanpots (1864) und GRABER (1872) auch bei Phthirius. Dieses Zahlenverhältnis scheint also bei den Pediculiden konstant zu sein. Und dasselbe gilt nach Snoperass (1899) auch für die eine Unterordnung der Mallophagen, die Ischnocera; bei den Amblycera schwankt die Zahl der Eiröhren dagegen zwischen 3 und 5. Wir finden hier bei der primitivern Gruppe, als welche sich die Amblycera in vielen Organisationsverhaltnissen erweisen, kleine Variationen, während sich bei den höhern Formen eine be- stimmte Zahl ein für allemal fixiert hat. Ähnliches tritt auch in andern Insecten-Ordnungen auf. So ist z. B. für die Schmetterlinge die Vierzahl der Eiröhren bekanntlich sehr charakteristisch. Aber bei einigen primitiven Gattungen und Familien (z. B. Psyche, Nematois, Sesia, den Adeliden) wird diese Zahl, und zwar in einigen Fällen ganz bedeutend, überschritten, wie ÜHOLODKOVSKY (1885) und PETER- sen (1900) gezeigt haben. Auch unter den Hemipteren weisen einige niedere Gruppen, Homopteren, Psylliden, Aphiden, stark wechselnde Zahlen von Eiröhren auf, während die Vertreter der Geocoriden, also die höchststehenden Familien der ganzen Ordnung, fast ausschließlich 7 Eiröhren in jedem Ovarium besitzen. Die 5 beträchtlich langen Endfäden jedes Ovariums verschmelzen zu einem gemeinsamen Strang. Ich stimme inbezug hierauf mit allen frühern Forschern überein, bis auf GRABER (1872), der eine seltsame, sicher irrige Beschreibung von den Endfäden bei Phthirius gibt. Er findet nämlich an jeder Eiröhre nicht 1, sondern 3 End- fäden, im ganzen also auf jeder Körperseite 15, die miteinander in keinerlei Verbindung stehen sollen. Da GRABER seine Angabe nicht durch Abbildungen belegt, läßt sich nicht feststellen, wodurch er in den sonderbaren Irrtum verfallen ist. Daß er etwa Tracheenzweige, die sich an die Spitze der Endkammern anheften, für Endfäden gehalten hat, sollte man doch nicht für möglich halten. Die Endkammern sind von länglicher Gestalt, ohne Anzeichen von kolbiger Anschwellung. Ihre Größe ist bei allen 4 Arten nur Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 351 gering, kann übrigens, je nach dem Entwicklungsstadium der Eiröhre, etwas schwanken. Die Zahl der gleichzeitig in jeder Eiröhre vorhandenen, deutlich von der Endkammer abgegrenzten Eikammern ist bei den ver- schiedenen Arten recht verschieden. Unter den Pediculiden finde ich bei Pediculus capitis in der Regel je 7 Eikammern in einer Ei- rohre. Und ebenso verhält sich der nahe verwandte Pediculus vesti- menti nach Lanpors (1865). Bei Haematopinus enthält dagegen jede Röhre nur 2—3 gut abgegrenzte Eikammern. In dem Ovarium von Phthirius kommt sogar nach den übereinstimmenden Angaben von Laxpois (1864) und GRABER (1872) auf jede Eiröhre nur eine einzige Eikammer. Ähnliche Unterschiede lassen sich in diesem Punkt auch bei den Mallophagen beobachten. Bei Philopterus enthält nach KrAMER (1869) jede Eiröhre in der Regel nur eine Eikammer. Höchstens ist hin und wieder ein zweites, noch sehr kleines Ei be- reits von der Endkammer abgegrenzt. Philopterus verhält sich also fast ebenso wie Phthirius. Bei andern Mallophagen kann die Zahl der Kammern in einer Röhre dagegen beträchtlich größer sein. Ich fand z. B. bei Trichodectes 2—3 und bei Nirmus 3—-4 Eikammern in jeder Röhre. Und Snoperass (1899) bildet ein Ovarium von Menopon titan ab, in welchem die einzelnen Tuben 7—8 Eikammern enthalten, wo also die Zahlen von Pediculus erreicht und iibertrotten sind. Alle diese Zahlenunterschiede sind natürlich durch biologische Verhältnisse bedingt und morphologisch ohne Bedeutung. Von den üblichen beiden Hüllhäuten des Insecten-Ovariums ist bei Mallophagen und Pediculiden nur die strukturlose Tunica propria ausgebildet. Die äußere bindegewebige, sogenannte peritoneale Hülle fehlt ganz. Das kommt sonst nur bei ganz wenigen Insecten vor, nach Branpr (1878) bei Perla, Nemura, Baétis und Coccus. Die Tunica propria zeichnet sich durch eine ganz auffallende Stärke aus. Erscheint sie bei fast allen andern mir bekannten Insecten auch bei Anwendung starker Vergrößerungen immer nur als feine Linie; so imponiert sie bei Mallophagen und Pediculiden, wie aus den Figuren ersichtlich, über den ganzen Verlauf der Ei- röhre. vom Endfaden an bis hinunter zum Eiröhrenstiel, als starke doppelt konturierte Membran. Eine ähnliche stark entwickelte Tunica propria kenne ich sonst nur noch von Geotrupes. 352 J. Gross, 2. Endfaden und Endkammer. Ich wende mich nun zu meiner eigentlichen Aufgabe, dem feinern histologischen Bau der Eiröhren, und beginne dabei mit den Endfäden. Diese sind, wie gesagt, beträchtlich lang. Bei Nirmus werden sie von einer einzigen Reihe quer gestellter Zellen gebildet (Fig. 1—3). Die in dem farblosen Plasma gelegenen Kerne können ein etwas verschiedenes Aussehen haben. Entweder ist das Chromatin in lauter feinen Körnchen durch den ganzen Kern zer- streut, oder aber es befindet sich in einem sonst chromatinfreien Kern ein kleiner Nucleolus. Im großen und ganzen gleicht der Habitus der Endfadenkerne ganz dem der Epithelkerne in der Endkammer. Sie sind ja auch beide, wie längst bekannt, bei allen Insecten gleichen Ursprungs. Alles über den Endfaden von Nirmus Gesagte gilt auch für Trichodectes und Pediculus. Scheinbar ganz anders stellt sich an meinem Material der End- faden von Haematopinus dar. In ihm konnte ich Kerne überhaupt nie entdecken, und ebensowenig Zellgrenzen. Innerhalb der Tunica propria findet sich nur ein homogenes, fein körniges Protoplasma. Bei erwachsenen Weibchen von Haematopinus — nur solche standen mir zu Gebote — sind also die Zellen des Endfadens gänzlich degeneriert. Denn nur so läßt sich dieser Befund deuten. Bei jüngern Tieren muß natürlich auch hier der Endfaden aus Zellen zusammengesetzt sein und er wird dann wahrscheinlich im wesent- lichen ebenso gebaut sein, wie bei andern Pediculiden und Mallo- phagen. Über die Endkammern ist bis jetzt so gut wie nichts bekannt. Laxpois (1864) findet sie bei Phthirius mit „kleinen zelligen Ele- menten“ erfüllt. GRABER (1872) hat diese Zellen ebenfalls gesehen. Er hält sie für „specifisch dotterbildende Elemente und demgemäß das Endfach der eineiigen Tuben für ein wahres Dotterfach“. Nach seiner Auffassung hätten also die Eiröhren der Pediculiden eine endständige Nährkammer, wären mithin nach dem telotrophen Typus gebaut, gleich denen der Hemipteren. Und in der Tat weist GRABER auch auf die Ähnlichkeit mit Aphiden hin. Aber seine Deutung der Endkammer ist, wie ich weiter unten zeigen werde, entschieden falsch. Über die Endkammern der Mallophagen finden sich in der Literatur bis jetzt überhaupt keine Angaben. Bei allen 4 von mir untersuchten Formen ist die Endkammer zeitlebens nur von geringer Größe. Eine Abgrenzung gegen den Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 353 Endfaden, wie sie in vielen andern Fallen durch die Tunica propria bewirkt wird, ist nicht vorhanden. In ihrem ganzen Umfang ist die Endkammer von kleinen blassen Epithelkernen umhüllt, zwischen denen Zellgrenzen nur selten erkennbar sind. Der eigentliche In- halt der Kammer zeigt bei den einzelnen Arten kleine Verschieden- heiten. Genau untersuchen konnte ich ihn nur bei Nirmus und Haematopinus. Die Vertreter der beiden andern Formen waren nicht geniigend gut konserviert, um mehr als ganz oberflächliche Beobach- tungen zuzulassen. Bei den Larven von Nirmus, deren Eiröhren erst eine ausge- bildete Eikammer enthalten, zeigt sich die Endkammer erfüllt von einer erößern Zahl ziemlich gleichartiger Kerne (Fig. 1). Nur in der Verteilung des Chromatius macht sich ein Unterschied geltend. Die an der Spitze der Endkammer gelegenen Kerne enthalten stets einen deutlichen Nucleolus. Weiter nach hinten fehlt ein solcher, und das Chromatin ist in einer größern Zahl grober Brocken an- geordnet. Ich will diese Kerne mit einem in der ältern Literatur gebräuchlichen Namen als „Keimkerne“ bezeichnen. In neuerer Zeit ist es üblich geworden, die entsprechenden Elemente bei andern Insecten Oogonien zu nennen. Doch hat man dazu eigentlich keinerlei Recht. Ganz abgesehen davon, dab wir es anfangs nur mit Kernen und nicht mit vollständigen Zellen zu tun haben, geben diese Kerne bei allen Insecten mit polytrophen Eiröhren durch mehrere Teilungen sowohl Eizellen als Nährzellen ihre Entstehung. Sie sind also streng genommen noch gar keine Ureier oder Oogonien und müssen daher noch mit einem allgemeinern Namen belegt werden. Zwischen den Keimkernen finden sich in der Regel auch einige Epithelkerne. Der Größenunterschied der beiden Kernsorten ist von Anfang an so eklatant, daß eine Verwechslung gänzlich ausgeschlossen erscheint. Bei ausgewachsenen, aber noch jugendlichen Tieren hat die Endkammer ein wesentlich anderes Aussehen (Fig. 2) als bei Larven. Schon bei flüchtiger Betrachtung erweist sich, daß die Kerne nicht mehr in einer gemeinsamen Grundsubstanz liegen; sondern jeder hat sich mit einem eignen Plasmakörper umgeben. Die Endkammer enthält jetzt außer den Epithelkernen nur echte Zellen. Diese zeigen jetzt eine sehr charakteristische Anordnung. Nur ganz an der Spitze der Kammer liegen wenige isolierte Zellen. Alle andern sind zu Gruppen von 3—6 angeordnet.') In jeder Gruppe zeichnet 1) Auf einem Schnitt trifft man natürlich nie sämtliche Zellen einer Gruppe gleichzeitig, da sie nie alle in einer Ebene liegen. 354 J. Gross, sich immer eine Zelle durch besondere Beschaffenheit ihres Kerns aus. Die Anordnung seines Chromatins läßt deutlich erkennen, daß er in Vorbereitung zur Teilung befindlich ist. Auch finden sich nicht selten Mitosen. Diese eine, sich von den andern unterscheidende Zelle ist offenbar die Mutterzelle der andern. Durch fortgesetzte Teilungen gehen aus ihr 6 Zellen hervor, von denen eine zur Oocyte wird, während die andern die 5 unserer Form zukommenden Nähr- zellen ergeben. Es spielen sich hier also offenbar ganz dieselben Vorgänge ab, wie sie GIARDINA in seiner bekannten Arbeit (1901) für Dytiscus beschrieben hat. Nur ist die Zahl der Nährzellen bei Nirmus viel geringer. Die feinern cytologischen Vorgänge konnte ich wegen der Kleinheit der Elemente leider nicht untersuchen und nicht feststellen, ob bei Nörmus sich dieselben hochinteressanten Be- sonderheiten in den Zellteilungen finden wie bei Dytiscus. Ich muß nich mit der Aufdeckung der Tatsache begnügen, dab aus jedem Keimkern der Larve eine Oogonie und 5 Nährzellen hervorgehen. Epithelkerne im Innern der Endkammern habe ich bei er- wachsenen Tieren nie gefunden. In den Endkammern älterer Individuen ist die eigenartige An- ordnung der Zellen zum größten Teil wieder verschwunden (Fig. 3). In der vordern Hälfte finden sich wohl noch Gruppen von Zellen. Aber alle Teilnehmer einer Gruppe sehen jetzt im wesentlichen gleich aus. Sie haben ungefähr den Habitus, wie ihn die Nährzellen in den Endkammern jüngerer Tiere aufwiesen. Mitosen finden sich jetzt nie mehr. An der Spitze der Endkammer liegen auch jetzt noch einige isolierte, etwas kleinere Zellen, deren Kerne in ihrem Aussehen noch immer an die Keimkerne larvaler Endkammern er- innern. Weiter nach hinten folgen auf die wenigen Zellengruppen große Zellen, die dicht aneinander schließend den ganzen Binnenraum ausfüllen. In ihrer Lagerung lassen sie keinerlei Regelmäbigkeit erkennen. Ihre sehr großen Kerne sind von eigentümlicher Be- schaffenheit. Sie zeigen rundliche Einbuchtungen, zuweilen trifft man auch echte Lochkerne. Das Chromatin ist ganz regellos in größern und kleinern Brocken durch den Kern verteilt. Kurz, die Kerne zeigen Degenerationserscheinungen, wie sie in genau derselben Weise bei den Nährzellkernen älterer Eier nicht nur bei Nirmus, sondern bei sehr vielen andern Insecreten vorkommen. Der im Vorstehenden mitgeteilte Befund kann wohl nur folgen- dermaßen gedeutet werden. Nachdem sich eine Anzahl Oocyten mit ihren zugehörigen Nährzellen von der Endkammer abgegrenzt Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 355 haben, hört die weitere Produktion von Eiern auf. Die bereits vor- handenen Zellen bleiben zeitlebens in der Endkammer liegen und verfallen hier der Degeneration, und zwar werden von dieser alle Zellsorten betroffen, sowohl die noch undifferenzierten Elemente als auch Oocyten und Nährzellen. Die Endkammer älterer Individuen (Fig. 3) erinnert in ihrem ganzen Aussehen daher sehr an die end- ständige Nährkammer telotropher Eiröhren, wie sie die Hemipteren und die meisten Coleopteren besitzen. Von Haematopinus konnte ich nur alte Tiere untersuchen, bei denen die Eiproduktion schon aufgehört hatte. Ich zweifle aber nicht, dab diese hier ebenso vor sich geht wie bei Nirmus. Bei den jüngsten Individuen, die ich besitze, enthält die Endkammer (Fig. 4 u. 5) außer den Epithelkernen nur wenige Zellen, die in eine fast homo- gene feinkörnige Grundsubstanz eingebettet sind. Die Zellgrenzen sind nur undeutlich und fehlen zuweilen ganz. Die Kerne enthalten entweder einen Nucleolus, oder das Chromatin ist im Zentrum des Kerns in unregelmäßiger Weise zusammengeballt. Die Zellen liegen sämtlich ganz isoliert. Kine Anordnung in Gruppen ist nie mehr zu erkennen. Bei ältern Tieren sind die Zellen vollkommen degene- riert und bis auf spärliche Trümmer verschwunden (Fig. 6). Schlieb- lich werden auch diese aufgelöst, und die Endkammer enthält jetzt nur noch Epithelkerne (Fig. 7). Diese sind auch schon auf etwas frühern Stadien (Fig. 6) zum großen Teil ins Innere der Endkammer eingewandert, während sie früher nur ihren Wandbelag bildeten. Es wird dadurch der Anschein einer regen Vermehrung der Epithel- kerne erweckt. Er ist aber wohl nur dadurch bedingt, daß nach dem Degenerieren eines groben Teils ihres Inhalts die Endkammer ganz bedeutend zusammenschrumpft. Dieselbe Zahl von Epithelkernen ist jetzt also auf einen kleinern Raum verteilt. Die Kerne liegen daher dichter und täuschen so eine Vermehrung vor. Teilungsstadien habe ich jedenfalls nie beobachtet. In wenigen Fällen (Fig. 4) haben sich die Kerne mit Zellgrenzen umgeben, so dab besonders im hintern Teil der Endkammer ein deutliches Cylinderepithel erscheint. Auch das ist nach meinen Erfahrungen an andern Insecten als Alters- erscheinung aufzufassen. Solange die Epithelkerne noch jung und teilungsfähig sind, entbehren sie in der Regel noch eines Zell- körpers. Bei Haematopinus werden wahrscheinlich überhaupt nur so viel Gruppen von Oocyten und Nährzellen gebildet, wie solche zur vollen Entwicklung gelangen. Die wenigen Keimkerne, die noch in der 356 J. Gross, Endkammer vorhanden sind, gehen zu Grunde, ohne sich vorher ge- teilt zu haben. Bei Pediculus und Phthirius liegen die Verhältnisse dagegen vielleicht ähnlich wie bei Nirmus. Denn sowohl Lanpors (1864) als GRABER (1872) fanden die Endkammern von Zellen erfüllt wie bei Nermus. Daß die Produktion neuer Eier, bald nachdem das Tier er- wachsen ist, aufhört, ist nicht auf die Mallophagen und Pediculiden beschränkt, sondern kommt, wie ich in einer frühern Arbeit (1902) gezeigt habe, auch bei einigen Lepidopteren und bei Tipula vor. Auf die Endkammer folgt bei allen meinen Untersuchungsobjekten eine Zone quer gestellter Epithelzeilen. Eine solche Gewebspartie ist sonst für telotrophe Eiröhren charakteristisch. Bei Coleopteren und Hemipteren liegen in ihnen die jungen Oocyten, für die hier die Follikel gebildet werden. Ich habe sie deshalb in meinen frühern Arbeiten als Keimlager bezeichnet. Dieses findet sich bei poly- trophen Eiröhren sonst nie. Bei Larven von Nirmus (Fig. 1) ist es ziemlich ausgedehnt. Bei Imagines erscheint es dagegen viel kürzer (Fig. 2 u. 3). Offenbar wird auch ein Teil seiner Zellen für die Follikelbildung der in den hintern Abschnitt der Eiröhre gewanderten Eier verwandt. Bei Haematopinus habe ich es immer nur sehr kurz gefunden (Fig. 4, 5 u. 7). In manchen Fällen fehlte es sogar ganz. An seiner Stelle fand sich nur eine Reihe von stark degenerierten Epithelkernen, die in der Längsrichtung der Eiröhre angeordnet waren (Fig. 6). In einem Fall lag in der erwähnten Zellpartie ein auffallend sroßer rundlicher Kern (Fig. 4). Sein Habitus erinnerte etwas an junge Keimbläschen, wie sie sich im Keimlager von Hemipteren finden. Ob diesem Kern aber wirklich diese Bedeutung zukommt, oder ob es nicht vielmehr nur ein etwas abnormer Epithelkern.war, konnte ich nicht unterscheiden. Jedenfalls handelt es sich nicht um ein typisches Vorkommen. 3. Eikammern. Auch die auf die Endkammer folgenden Eikammern zeigen in ihren histologischen Verhältnissen bei den beiden Hauptobjekten meiner Untersuchung im einzelnen kleine Verschiedenheiten. In allen wesentlichen Stücken herrscht aber entschiedene Ubereinstim- mung. Die Zahl der Nährzellen, um dies vorweg zu nehmen, beträgt bei allen 4 Species 5. Dieselbe Zahl enthalten wohl auch die Ei- Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 357 kammern von Pediculus vestimenti. Lanpoıs (1865) zählt 5 oder 6 Zellen in jeder Kikammer dieser Pediculide. Dabei rechnet er aber, wie aus seiner Darstellung erhellt, die Eizelle mit. In den Fallen, wo er nur 5 Zellen zu finden glaubte, wird ihm wohl eine entgangen sein, was ja bei Untersuchung am frischen Material nur zu leicht passieren kann. Eine Schwankung in der Zahl der Nähr- zellen bei ein und derselben Species wiire zum mindesten sehr un- gewöhnlich. Für Phthirius ist die Anzahl der Nährzellen noch nicht sicher bekannt. GRABER (1872) macht keine Angaben über diesen Punkt. Lanpois (1864) bemerkt nur, daß er „häufig 7 Zellen“ in der obern Hälfte eines Eifachs beobachtet habe. Unter den Mallophagen scheinen die einzelnen Formen in der Zahl der Nährzellen ebenfalls nicht ganz übereinzustimmen. GROSSE (1885), der eine größere Zahl von Gattungen untersuchte, fand 3 bis 5 Nährzellen. Snoperass (1899), der ebenfalls an einem größern Material arbeitete, scheint immer 4 beobachtet zu haben. Wenigstens eibt er diese Zahl für Menopon titan an, welche Species er als typisch für sämtliche ihm bekannt gewordenen Mallophagen hinstellt. 3—5 dürften also wohl die in dieser Gruppe vorkommenden Zahlen sein, während wir für die Pediculiden vorläufig 5—7 Nährzellen an- nehmen müssen. Ganz junge Eikammern habe ich nur bei Haematopinus unter- suchen können. Bei meinen zahlreichen — über 20 — Exemplaren von Nirmus folgte auf die Endkammer immer bereits ein ziemlich weit entwickeltes Ei. Die ersten Entwicklungsstadien müssen hier immer sehr schnell ablaufen. Denn die andere Möglichkeit, dab die bereits während des Larvenlebens abgekammerten Eifächer. über- haupt die einzigen bleiben und deshalb später keine ganz jungen mehr aufzufinden sind, ist wenig wahrscheinlich. Ihr widerspricht die Tatsache, daß ich bei ältern Tieren in der Regel eine Eikammer mehr zählte als bei ganz jungen Imagines oder Larven. In den jüngsten Eikammern von Haematopinus nehmen die Nährzellen fast die ganze vordere Hälfte ein!) (Fig. 5 u. 6). Sie enthalten große rundliche Kerne, die sich vom Keimbläschen nur durch andere Anordnung des Chromatins unterscheiden. Umhüllt werden Ei und Nährzellen von einem einschichtigen Epithel. Dieses enthält kleine 1) Auf dünnen Schnitten trifft man in diesen jungen, noch sehr kleinen Eikammern fast nie alle 5 Nährzellen auf einmal. Ich habe daher immer nur 3—4 zeichnen können 358 J. Gross, stiibchenformige Kerne, die sich intensiv und diffus mit Hämatoxylin färben. Zellgrenzen sind nicht wahrnehmbar. Das Epithel zeigt im ganzen Umfang der Eikammer dieselbe Beschaffenheit. Höchstens liegen in der vordern, von den Nährzellen eingenommenen Hälfte die Kerne stellenweise etwas weniger dicht (Fig. 6). Nach vorn wird die Eikammer einstweilen noch von den Zellen des vorhin besprochenen Zwischenstücks begrenzt, das sie von der Endkammer trennt. Nach hinten setzt sich das Epithel in einen Zellenstrang von ähnlicher Beschaffenheit fort, der die Eikammer mit der nächst- folgenden verbindet (Fig. 4). Diese Stränge sind anfangs ziemlich kurz, dehnen sich aber später mit dem Wachstum des Eies. Auf Fig. 5 u. 6 sind sie nicht mitgezeichnet, weil sie zufällig aus der Schnittebene heraustraten und daher nicht mit auf den Schnitt gekommen sind. Sie finden sich in ganz ähnlicher Weise bei allen Insecten. Für unsere Frage sind sie ohne Bedeutung; ich werde sie daher nicht weiter berücksichtigen. Auf einem wenig ältern Stadium fängt die Form der Nährzell- kerne bereits an, etwas unregelmäßiger zu werden (Fig. 4). Im Follikelepithel sind jetzt Zellgrenzen vorhanden, aber nur im hintern Teil der Eikammer. An der Spitze fehlen sie durchaus. Hier liegen den vordersten Nährzellen nur wenige, in ein gemeinsames Plasma eingebettete Kerne auf. Auch das Aussehen der Epithelkerne selbst hat sich etwas verändert. Sie sind jetzt fast farblos bis auf einen kleinen, stark gefärbten Nucleolus. Dieser Zustand ist aber nur vorübergehend. Bald zerstreut sich das Chromatin wieder im Kern (Fig. 8). Jetzt werden auch ab und zu Mitosen im Epithel bemerk- bar. Es geht also eine Vermehrung der Zellen vor sich. Diese hört aber bald auf. Später vergrößert das Epithel seine Oberfläche nur durch Wachstum und Formveränderungen der Zellen. Die Nähr- zellen haben sich gegen das vorige Stadium nicht wesentlich ver- ändert. Nur sind sie etwas gewachsen, und ihre Kerne weichen noch etwas mehr von der ursprünglichen Kugelgestalt ab. Von jetzt an schreitet das Wachstum sämtlicher Zellen rapid fort. Die nächsten Stadien, die ich untersuchen konnte, waren alle beträchtlich weiter entwickelt, obgleich ich über 50 Eiröhren geschnitten habe. Dabei bleiben aber die Nährzellen bedeutend hinter der Eizelle zurück und nehmen nur die Spitze der Eikammer ein (Fig. 9). Die Eizelle, die ich, um Raum zu sparen, nicht ausgezeichnet habe, übertrifft jetzt das Volumen der gesamten 5 Nährzellen um etwa das Drei- fache, während sie auf dem vorigen Stadium nur wenig größer war Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 359 als der Nährzellenkomplex. Die Kerne der Nährzellen weisen jetzt schon starke Degenerationserscheinungen auf. Ihre Konturen sind höchst unregelmäßig, was besonders durch eine Anzahl scharf um- schriebener rundlicher Einbuchtungen bewirkt wird. Man erhält, wie ich das früher (1902) auch für andere Insecten, namentlich Hymenopteren, beschrieben habe, den Eindruck, als ob im Innern des Kerns Hohlräume entstanden und nach außen durchgebrochen sind. Die Zellen zeigen jetzt in allen Fällen eine bestimmte An- ordnung. Die Spitze der Eikammer wird von einer Nährzelle ein- genommen, die kleiner ist als die 4 andern. Diese bilden 2 hintereinander liegende Paare. Dieselbe Anordnung haben die Nähr- zellen bei Pediculus capitis und bei P. vestimenti nach den Ab- bildungen von Lawvoıs (1865). Wo die beiden hintersten Nähr- zellen an das Plasma des Eies stoßen, bemerkt man einen Saum von dunkel gefärbten kugelförmigen Körnchen. Es sind das wohl Nährsubstanzen, die von den Nährzellen dem Ei zugeführt und von diesem zur Dotterbildung verwandt werden. Im Follikelepithel lassen sich noch immer die zwei verschiedenen Teile unterscheiden. Sie haben sich sogar noch schärfer differenziert. Die Nährzellen sind noch immer von einem ganz dünnen Platten- epithel bedeckt. In ihm sind Zellgrenzen auch jetzt nicht vor- handen. Die Zahl der Kerne ist eine sehr geringe. Der gröbere Teil der Kammer, der die Eizelle enthält, ist dagegen von einem hohen Cylinderepithel umhüllt, das aus dicht gedrängten Zellen zu- sammengesetzt ist. Die Kerne sind ebenfalls hoch zylinderförmig und enthalten einen lang gestreckten Nucleolus. Mitosen fehlen jetzt völlig. Dagegen treten direkte Kernteilungen auf. Diese gehen in der Weise vor sich, daß sich der Nucleolus stark in die Länge zieht und dann durchreißt. Gleichzeitig nimmt der Kern durch eine an- fangs leichte Einschnürung biskuitförmige Gestalt an und zerfällt dann ebenfalls in 2 Stücke, deren jedes eine Hälfte des Nucleolus enthält. Ich habe diese Vorgänge auf einem kleinen Abschnitt eines Follikels bei stärkerer Vergrößerung auf Fig. 10 abgebildet. Schlief- lich enthält fast jede Zelle 2 Kerne, die in der Längsachse der Zelle hintereinander liegen. Diese Zweikernigkeit ist von LAnDoıs (1864 u. 1865) und GrABER (1872), die ja noch ohne Anwendung der Schnittmethode arbeiteten, übersehen worden. Denn da die Amitose der Follikelkerne bei Haematopinus und Pediculus capitus vorhanden ist, wird sie bei Pediculus vestimenti und Phthirius pubis auch nicht fehlen. Zellteilungen im Gefolge der Amitose habe ich nie beob- 360 J. Gross, achten können. Wo sich in alten Epithelien noch einkernige Zellen fanden, bewies die Größe ihres Kerns immer, daß die Amitose unterblieben war. Gegen die Eizelle hin sind die Follikelzellen von einer ganz ähnlichen Ansammlung von dunklen Kügelchen umsäumt wie die nach hinten gelegenen Nährzellen. Hier fehlen außerdem auf diesem Stadium die Zellerenzen. Das spricht wohl mit Evidenz dafür, daß die dunklen Körner Ab- scheidungsprodukte der Epithelzellen sind, die ins Ei gelangen. Auch bei Haematopinus also beteiligt sich das Follikelepithel an der Dotterbildung, wie in so vielen andern Fällen. Die Nährzellen haben auf diesem Stadium ihre höchste Aus- bildung erlangt. Von jetzt an nehmen sie bald an Größe stark ab und gehen allmählich zu Grunde. Bei Nirmus verhalten sie sich in dieser Hinsicht etwas anders. In den jüngsten Eikammern dieser Mallophage, die ich unter- suchen konnte, nahmen die Nährzellen annähernd die Hälfte der Kammern ein (Fig. 11). Ihre Anordnung ist dieselbe wie bei den Pediculiden. Und ebenso verhält sich Trichodectes. Die Kerne der Nährzellen zeigen bereits ähnlich unregelmäßige Konturen wie auf dem entsprechenden Stadium von Haematopinus (Fig. 9). Bei Nirmus treten aber oft echte Lochkerne auf. Dadurch wird meine vorhin versuchte Erklärung für die Entstehung der merkwürdigen Kern- figuren noch unterstützt. Das Epithel scheidet sich auch bei Nirmus in 2 differente Teile. Auch hier sind die Nährzellen von einem ganz dünnen Plattenepithel bedeckt, in dem Zellgrenzen nicht er- kennbar sind. Die Kerne sind in diesem Teil des Follikels noch spärlicher als bei Haematopinus. Daher kommt es wohl, daß sie bei den Mallophagen bisher übersehen wurden. Grosse (1885) vermutete, daß sie von den Nährzellen verdrängt würden. Snoperass (1899) wurde durch das scheinbare Fehlen der Epithelzellen in der vordern Hälfte des Follikels sogar zu der irrigen Ansicht verleitet, daß die Nährzellen selbst enorm vergrößerte Epithelzellen seien, wovon natürlich nicht die Rede sein kann. In der hintern Hälfte des Follikels, soweit dieser die Eizelle umhüllt, findet sich auch bei Nirmus ein reguläres Cylinderepithel. Nur sind seine Zellen nicht so schlank, stehen also nicht so ge- drängt wie bei Haematopinus. Mitosen finden sich auf diesen und ähnlichen Stadien immer reichlich in der hintern Hälfte des Follikels. Gleichzeitig hat aber offenbar schon die Lieferung von Nährsubstanzen Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 361 an das Ei begonnen. Wenigstens spricht dafiir eine dichte An- sammlung ganz feiner dunkler Körnchen an der ganzen Oberfläche des Eies direkt unter dem Epithel. Die Zellgrenzen im Follikel- epithel sind gleichwohl noch erhalten. Gegen die Nährzellen ist das Ei fast vollständig abgeschlossen durch Epithelzellen, die weit nach innen vorragen. Nur an einer kleinen Stelle ist die Kommunikation noch erhalten. Auf etwas ältern Stadien ist die Berührungsfläche zwischen den hintersten Nährzellen und dem Ei bedeutend größer (Fig. 12). Überhaupt sind jetzt alle Elemente stark gewachsen. Das Größen- verhältnis zwischen dem Nährzellenkomplex und der Eizelle ist aber noch ungefähr dasselbe wie auf dem vorigen Stadium. Auch die Kerne der Nährzellen weisen, außer ihrer Volumzunahme, keine wesentlichen Veränderungen auf. Im vordersten Teil der Eizelle fällt eine dichte Anhäufung von grüBern und kleinern dunkel ge- farbten Kügelchen auf, die ebenso wie bei Haematopinus offenbar der Dotterbereitung dienen. Bei Nirmus ließ sich sehr schön beobachten, dab diese Secretionen wirklich aus den Nährzellen stammen. Denn im Innern der beiden hintersten von diesen finden sich nahe an der Hinterwand ganz ähnliche, nur etwas kleinere Gebilde. Trotz der trennenden Zellwände erwecken alle diese Kügelchen durchaus den Eindruck eines einheitlichen Aggregats. Wir haben sie nur offen- bar im frischen Zustand als zähflüssige Tröpfchen zu denken, die durch die Zellmembranen hindurch diffundieren. Ganz ähnlich in Farbe und Größe erscheinen jetzt die schon auf den vorigen Stadien erkennbaren Kügelchen an der ganzen Oberfläche der Eizelle unter dem Epithel. Die Secretion von dotterbereitenden Substanzen durch die Follikelzellen ist offenbar stärker geworden. Das spricht sich auch darin aus, dab an der Innenfläche des Epithels jetzt die Mem- branen geschwunden sind, ganz wie bei Haematopinus. Während im übrigen das Epithel in der vordern Hälfte des Follikels keinerlei Veränderungen erkennen läßt, sind im hintern Teil jetzt, ebenso wie bei Haematopinus, direkte Kernteilungen auf- getreten. Doch finden sich bei Nirmus noch immer einige Mitosen. Es laufen hier also zeitweilig beide Modi der Kernteilung neben- einander her. Auch der Vorgang der Amitose ist nicht ganz der gleiche wie bei Haematopinus. Zwar beginnt sie auch bei Nirmus mit einer Teilung des Nucleolus. Aber es kommt nur selten zu ausgesprochenen Biskuitformen der Kerne. Meist geht die Teilung 362 J. Gross, vielmehr schon bei ziemlich ganzrandigen Kernen durch Ausbildung einer queren Scheidewand vor sich. Während bei Haematopinus das Wachstum der Nährzellen schon früh sistiert, dauert es bei Nirmus noch eine ganze Weile an, wenn es auch mit dem der Eizelle nicht Schritt hält. Ein Vergleich der beiden bei derselben Vergrößerung entworfenen Fig. 12 u. 13 läßt erkennen, daß die Nährzellen absolut genommen noch beträchtlich gröber geworden sind. Allerdings ist jetzt ihr ganzer Komplex nur ungefähr !/, so groß wie die Eizelle. Die Vergrößerung der Nähr- zellen geht hauptsächlich in der Richtung der Querachse der ganzen Eiröhre vor sich. Der Nährzellenkomplex erscheint daher etwas bauchig aufgetrieben. Die Nährzellkerne haben sich ebenfalls noch stark vergrößert, und die Löcher und Hohlräume haben zugenommen. Rekonstruiert man sich die Gestalt eines solchen Kerns aus einer Reihe von Schnitten, so erhält man ungefähr das Bild einer von Maden fast völlig ausgehöhlten Frucht, deren Fleisch nur noch dünne Wände und Balken zwischen den großen nach außen offenen Höh- lungen bildet. Mit der Eizelle stehen die Nährzellen jetzt nicht mehr in Kommunikation. Von den Seitenwänden des Follikels hat sich eine anfangs ganz dünne Epithellamelle zwischen Ei und Nähr- zellen eingeschoben. Man könnte jetzt mit einigem Recht von ge- trennten Ei- und Nährkammern sprechen. Eine Substanzabgabe von seiten der Nährzellen an das Ei braucht trotzdem nicht ganz aus- geschlossen zu sein. Vollkommen flüssiges Nährmaterial könnte wohl auch jetzt noch durch feine Spalten in der Epithelbrücke zuströmen. Nur ist davon auf Dauerpräparaten nichts mehr zu erkennen. Von seiten der Follikelzellen hat aber jetzt wohl jede Beteiligung an der Lieferung von Dottermaterial aufgehört. Die Anhäufungen von Secretionen an der Innenfläche des Epithels sind nicht mehr vorhanden, und die Zellen haben gegen die Oberfläche des Eies wieder Membranen gebildet. Die Epithelzellen beginnen jetzt auch schon bald ihre zweite Funktion, die Abscheidung des Chorions. Mitosen kommen im Follikelepithel nicht mehr vor, und auch die Amitose ist zum Abschluß gekommen. Nur in ganz verschwindenden Ausnahmefällen finden sich noch einkernige Zellen, in denen offenbar die Kernteilung unterblieben ist, wie die Größe der Kerne lehrt. Normalerweise enthält jede Zelle 2 Kerne. Diese liegen in der Längsrichtung der hoch zylindrischen Zellen hintereinander wie bei Haematopinus. Bei Nirmus ändern sie aber später ihre gegenseitige Lage. Wenn das Ei stärker heranwächst, wird das Epithel durch Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 363 Dehnung flacher, die Zellen nehmen mehr kubische Formen an. Dabei riicken die Kerne, die anfangs hintereinander lagen, jetzt nebeneinander. Fig. 14 läßt diesen Vorgang in einigen Zellen aus einem alten Follikelepithel erkennen. Jetzt sieht man natürlich auch auf Flächenschnitten immer gleichzeitig die beiden Kerne jeder Zelle. Fig. 15 zeigt dieses Verhältnis an Zellen eines bereits in Degeneration begriffenen Follikels. Bei Haematopinus behalten die Kerne dagegen bis zuletzt ihre ursprüngliche Lage. Der Follikel besteht hier aus relativ bedeutend mehr Zellen. Diese liegen des- halb auch in ganz alten Follikeln dicht gedrängt und bewahren ihre ausgesprochene Zylinderform, so daß die Kerne nebeneinander überhaupt nicht Platz finden können. Es hängt das offenbar damit zusammen, daß bei Haematopinus die Eischale sehr dick ist und daher zu ihrer Abscheidung ein erößeres Zellenmaterial beansprucht. Nach Ausbildung der Scheidewand zwischen dem Ei und dem Nährzellenkomplex hört auch bei Nirmus das Wachstum der Nährzellen auf. Die bauchige Auftreibung der Nährkammer verstreicht wieder, und diese bildet jetzt nur eine kleine Kuppe auf der um vieles erößern Eikammer (Fig. 16). Jetzt gleichen sich diese Teile der Eiröhre bei Nirmus und Haematopinus fast vollständig (Fig. 16 u. 17). Denn auch bei letzterer Form sind unterdessen die Nährzellen vom Ei durch das Epithel abgekammert. Ein kleiner Unterschied läßt sich nur insofern konstatieren, als bei Mirmus auf den Nährzellen stets noch einige Epithelzellen erkennbar sind. Bei Haematopinus dagegen finden sich solche höchstens nurnoch ganz am Grund der Nähr- kammer. Von jetzt an geht die Degeneration der Nährzellen offenbar rapid vor sich. Sie läßt sich gut durch alle Stadien verfolgen. Ich will aber mit deren Schilderung, die nichts Bemerkenswertes bieten würde, mich und den Leser nicht weiter aufhalten. Schließlich findet man in alten Follikeln an der Spitze zwischen dem Epithel der Eikammer und dem Zellenstrang, der diese mit der vorher- gehenden verbindet, nur völlig destruierte Reste der Nährzellen (Fig. 18 u. 19), die sich noch ziemlich lange erhalten. Zellgrenzen sind kaum mehr erkennbar. Die Kerne erscheinen als rundliche, größere oder kleinere Klumpen, die sich dunkel und fleckig färben. Bei Nirmus liegen auch jetzt noch auf den Nährzellresten einige kleine Epithelkerne (Fig. 18). Bei Haematopinus habe ich solche dagegen nie mehr gefunden. Das Ei wird jetzt an seiner ganzen Oberfläche von einem lückenlosen Epithel umschlossen. Dieses ist aber vorn, wo es an 364 J. Gross, die Reste der Nährzellen grenzt, noch ganz dünn. Später wird es auch hier höher, indem offenbar die Zellen am vordern Eipol dichter zusammenrücken. Daß an dieser Stelle etwa eine Zellvermehrung vor sich ginge und auf diesem Wege der vordere Abschluß des Follikels verstärkt werde, halte ich für ausgeschlossen. Denn Mitosen oder auch nur Bilder, die auf das Vorkommen von solchen schließen ließen, finden sich nie; und die Zellen sind durchweg bereits zweikernig. Wenn auf meinen Figuren hin und wieder in einer Zelle nur ein Kern liegt, so ist eben nur einer auf dem dar- gestellten Schnitt getroffen, was ja oft genug vorkommen muß. Fig. 19 läßt ferner noch erkennen, dab der Zellenstrang, der die Eikammer mit der vorhergehenden verbindet, durch Auseinander- weichen der Zellen zu einem hohlen Schlauch geworden ist. Er dient natürlich dem nächst jüngern Ei zum Hinabgleiten in die Eiröhre, nachdem das ältere in den Eiröhrenstiel befördert ist. 4. Eischale. Wie bei allen Insecten besitzt auch bei Mallophagen und Pedi- culiden das fertig ausgebildete Ei die typischen 2 Hüllen. Die Dotterhaut ist auch hier offenbar einfach die Membran der Eizelle. Sie wird, wie es die Regel ist, vor der eigentlichen Eischale ge- bildet. Diese, das Chorion, ist bei Pediculus, Trichodectes und Nirmus sehr einfach beschaffen. Es besteht aus 2 Schichten, dem dickern Exo- und dem dünnern Endochorion. Bei Nirmus und Trichodectes verschmelzen die beiden Schichten später allerdings fast vollkommen. Bei Trichodectes ist das Chorion vollkommen farblos und verhält sich gegen die üblichen Färbemittel sehr renitent. Bei Nirmus ist es in frischem Zustand ebenfalls farblos. Doch nimmt hier das Exochorion Farbstoffe, namentlich Hämatoxylin, begierig auf. Bei Pediculus capitis hat es eine hell gelbbraune Eigenfarbe. Die Oberfläche des Chorions ist bei allen 3 Species vollkommen glatt, ohne jegliche Skulptur. Die Form des Eies, von Pediculus und Trichodectes ja schon seit langem bekannt, ist länglich oval. Die Eier der 3 Formen — und darin stimmen sie mit Haematopinus überein — sind mit einem Deckel am vordern Eipol versehen, der beim Ausschlüpfen des Embryos aufspringt. Der Deckel ist bei Nirmus (Textfig. A) und bei Pediculus (Fig. 31) in den verdickten Rand des hintern Teils der Eischale eingefalzt. Bei Pediculus ist diese Verdickung recht beträchtlich und imponiert in Totalansicht als ein starker Wulst, Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 365 der das Ei rings umgibt. Bei Trichodectes (Fig. 33) ist dagegen der Hinterrand des Deckels selbst wulstförmig verdickt und umgreift seinerseits etwas den Rand der hintern Schalenhälfte. Fig. A. Längsschnitt durch das Vorderende der Eischale von Nirmus sp. Ähnlich einfache und glatte Eischalen scheinen auch die meisten übrigen Mallophagen zu besitzen, soweit ich mich in der Literatur darüber orientieren konnte. Höchstens weisen die Eier, wie zum Beispiel bei Zapeurus nach MErLnıkow (1869), eine leichte Felderung auf. Das Ei von Zipeurus ist außerdem noch durch einen eigen- tümlichen Kranz von Borsten ausgezeichnet, der den Rand des Deckels umgibt, so daß das Ei eine oberflächliche Ähnlichkeit mit denen einiger Hemipteren besitzt. Mit denen mancher anderer Mallo- phagen teilt der Kideckel von ZLipeurus ferner den Besitz eines dünnen, etwas gekrümmten Fortsatzes, der sich auf seiner Mitte erhebt. Für die Bedeutung dieser merkwürdigen Einrichtung hat noch kein Forscher eine Erklärung versucht. Auch die Eischale von Phthirius pubis ist, abgesehen vom Deckel, nach den übereinstimmenden Angaben der Autoren von derselben einfachen Beschaffenheit wie jene von Pediculus. Ihrer Entstehung nach sind die Kischalen aller bisher be- sprochenen Insecten als Abscheidungen des Follikelepithels zu be- zeichnen. Die Bildung des Chorions beginnt zuerst am hintern Eipol. Darauf beginnt die Abscheidung des Deckels. Und erst zuletzt wird auch an den Seitenteilen des Eies Chitin gebildet. Eine gesonderte Betrachtung verdient das Chorion von Haema- topmus. Es übertrifft an Kompliziertheit die Eischale sämtlicher mir bekannter Insecten. Beschrieben hat es bis jetzt nur LEUCKART (1855) in seiner be- kannten Arbeit über Chorion und Micropylen der Insecten. Seine Darstellung bedarf aber einiger Korrekturen und wesentlicher Er- gänzungen. Es konnte vor Einführung der Schnittmethode überhaupt Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 24 366 J. Gross, nicht gelingen, ein wirklich ausreichendes Verständnis von dem Bau dieses höchst eigenartigen Chorions zu gewinnen. Die Untersuchung in toto wird schon an sich sehr erschwert durch die undurchsichtige Eiweißhülle, die das ganze Ei umgibt. Aber auch wenn es gelingt, diese abzutragen, genügen Oberflächenbilder nicht, um den Bau der Schale aufzuklären. Ja, manche Verhältnisse finden eine befriedigende Deutung nur beim Studium der Bildungsweise des Chorions. Ich will daher auch in meiner Darstellung so verfahren, daß ich zuerst die Entstehung der verschiedenen Chorionschichten besprechen und erst dann den Bau der fertigen Schale schildern werde. Die Chorionbildung beginnt auch bei Haematopinus am hintern Eipol und hält überhaupt dieselbe Reihenfolge ein wie bei Mirmus. Sie verläuft anfangs auch ganz ähnlich wie bei dieser Form. Es wird ein dünnes Endo- und ein dickeres Exochorion gebildet. Die innere Schicht erscheint auf Schnitten ganz fein gestreift, ist also vielleicht porös. Dasselbe ist übrigens auch bei Pediculus capitis der Fall. Da die Follikelzellen an ihrer Innenfläche etwas konvex sind, wird das Chorion an den Rändern der sich berührenden Zellen etwas verdickt. Es wird so ein System von Leisten gebildet, das die Form der Epithelzellen „wie ein Abdruck“ wiedergibt (Fig. 20). Bis jetzt gleicht also das Chorion von Haematopinus noch dem derjenigen Mallophagen, bei denen die AuSenschicht ebenfalls eine polygonale Felderung aufweist. Bei unserer Form ist aber die Bildung der Eischale jetzt noch nicht beendet. Es wird viel- mehr noch eine dritte Schicht abgeschieden, und zwar in sehr eigen- tümlicher Weise. Ich will sie, die allen andern Insecten zu fehlen scheint, als Epichorion bezeichnen. LeuckArT (1855), der sie schon kannte, nannte sie Exochorion. Dieser Terminus ist aber seitdem ganz übereinstimmend für die äußere Schicht eines gewöhnlichen zweischichtigen Chorions gebraucht worden, so dab für die 3. Schicht am Haematopinus-Ei die Bildung eines neuen Namens nötig erscheint. Während der Bildung von Endo- und Exochorion liegen die Kerne der Follikelzellen ganz an der Innenfläche des Epithels, und zwar immer einer hinter dem andern, was ja, wie oben erwähnt, bei Haematopinus während der ganzen Eientwicklung der Fall ist. Wenn die 2. Chorionschicht fertig ist, beginnt alsbald die Bildung der 3. Untersucht man Schnitte durch einen Follikel auf diesem Stadium, so bemerkt man, daß alle Zellen in der Gegend zwischen den beiden Kernen etwas eingebuchtet sind. Die so entstandenen Lücken sind aber nicht leer, sondern von kleinen, ziemlich regelmäßig rhombischen Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 367 Körperchen eingenommen. Durch ihre gelbe Eigenfarbe erweisen sie sich als aus Chitin bestehend. Sie sind natürlich von den be- nachbarten Zellen abgeschieden. Ins Körperliche übertragen bedeutet dieses Bild Folgendes. An jeder Epithelzelle hat sich zwischen den beiden Kernen eine ring- formige Einschnürung gebildet. So ist ein System von Hohlräumen entstanden, die alle miteinander in Zusammenhang stehen. Wird nun in diese Hohlräume Chitin abgeschieden, so bildet dieses eine das Ei rings umhüllende Schicht, die von zahlreichen Löchern — d.h. so vielen, als Epithelzellen vorhanden sind — durchbohrt wird. Die Löcher, anfangs weit, werden bald durch vermehrte Chitin- abscheidung stark eingeengt, wie Fig. 22 erkennen läßt. Diese zeigt außerdem an einer Stelle, wo der Schnitt gerade zwischen 2 Zellen hindurch gegangen ist, deutlich, daß wir es tatsächlich mit einer zusammenhängenden Chitinlamelle zu tun haben. Wenn die Poren in dem Epichorion bereits sehr eng geworden sind, tritt ein neuer interessanter Prozeß in Aktion. Die eine Hälfte der Kerne lag bis jetzt innerhalb des Epichorions. Jetzt ziehen sich diese, wie in Fig. 23 dargestellt ist, nach und nach durch die Poren nach außen zurück. Auf der Innenseite des Endochorions bleibt jetzt nur ein kern- loser Zipfel der Zelle zurück (Fig. 24). An diesem geht jetzt die Ab- scheidung von Chitin an seinen ganzen Seitenrändern vor sich. Dadurch wird das Epichorion stark verdickt, und die Poren nehmen die Ge- stalt ziemlich lang gestreckter Kanäle an (Fig. 25a). Die Zellen haben während dieser Vorgänge ihr Aussehen stark verändert. Ihr Protoplasma färbt sich jetzt energisch und enthält namentlich eine Menge dunkler Körnchen. Dagegen ist das Kernplasma vollkommen wasserhell geworden, und auch der Nucleolus zeigt keine große Affinität zu Farbstoffen mehr. Beim Schneiden älterer Eier passiert es nicht selten, daß die bereits spröde Schale in Stücke zerspringt und dann einzelne Bruch- stücke auf dem Präparat liegen bleiben. In solchen Fällen bekommt man sehr instruktive Oberflächenbilder von dem Epichorion auf diesem Stadium (Fig. 26). Man sieht deutlich die zahlreichen Poren. In ihnen bemerkt man einen protoplasmatischen Inhalt. Es sind nämlich die in die Kanäle des Epichorions hineinreichenden Zipfel der Epithelzellen beim Zerspringen des Chitins abgerissen und in den Hohlräumen stecken geblieben. Zwischen den Poren ist ein zierliches Leistenwerk ausgespannt. Dieses kann aber nicht den 24* 368 J. Gross, Zellerenzen entsprechen. Denn die Leisten umgeben lauter Drei- ecke, während die Zellen, wie Oberflächenbilder vom Exochorion (Fig. 20) zeigen, polygonale, meist sechseckige Umrisse haben. Über die Entstehung dieser Leisten konnte ich nichts eruieren. So wie ich sie bis jetzt geschildert habe, geht die Chorionbildung aber nicht an der ganzen Oberfläche des Eies vor sich. An zwei Stellen sind die Verhältnisse andere, einmal hinten am sogenannten Eistigma, auf das ich noch später zu sprechen komme, ferner auf dem Deckel, den das Ei von Haematopinus ebenso besitzt wie das aller andern Pediculiden und Mallophagen. Auf dem Deckel wird ein eigentliches Epichorion nicht gebildet. Dafür wird hier das Exochorion enorm verdickt (Fig. 255). Auch hier erstreckt sich die Chitinbildung auf die Seitenränder der Zellen. Das hier gebildete Chitin bleibt aber mit dem Exochorion in Verbindung. So entstehen auf dem Deckel polygonale, von Leisten umgebene Felder, ähnlich wie auf dem Exochorion des übrigen Kies. Nur sind die Leisten viel höher, die Felder erscheinen als tiefe Gruben. Dadurch hat Leuckart wohl den Eindruck gewonnen, dab auch der Deckel von zahlreichen Poren durchbohrt sei, was, wie Schnitte lehren, sicher nicht der Fall ist. Sonst aber ist seine Beschreibung der Oberflächen- ansicht durchaus zutreffend. Er hat zum Beispiel schon ganz richtig angegeben, dab auf dem Epichorion die Leisten dreieckige Felder bilden. In der Umgebung des Deckelfalzes fehlen anfangs die Leisten- bildungen. Der Falz selbst erscheint auf diesem Stadium als ein einfacher Spalt, der das Ei rings umgibt. Auch auf dem Epichorion hinter dem Deckelfalz bilden sich später Leisten aus in genau derselben Weise wie auf dem Deckel (Fig. 27a). Nur bleiben sie hier beträchtlich niedriger. Da aber die 3schichtigen Partien des Chorions dicker sind als die 2schichtigen, so liegen die Kämme der Leisten auf dem ganzen Ei doch in dem- selben Niveau. Nach Ausbildung der Leisten degenerieren die Epithelzellen schnell. Ihre Kerne gehen ganz zu Grunde. Und auch das Proto- plasma zeigt Zerfallserscheinungen. Aus den Kanälen des Epichorions ziehen sich die Zipfel der Zellen jetzt zurück. Jedenfalls habe ich sie später nie mehr in den Poren gefunden und ebensowenig Zerfalls- produkte von Zellen. Während die Degeneration der Zellen fort- schreitet, sieht man auf Schnitten in ihrem Protoplasma eigentüm- liche, sehr dunkel gefärbte Spangen auftreten und zwar in zwei Modi- fikationen. Auf dem Deckel heftet sich an einen Punkt der hier Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 369 sehr hohen Leiste eine der Liinge nach verlaufende Spange an, die in spitzem Winkel von der Leiste fortragt, so dab eine Gabel ge- bildet wird. Zwischen die Zinken der Gabel schalten sich dann einige Querspangen ein (Fig. 28). Zuweilen geht auch die Bildung der Querspangen früher vor sich als die der Längsspangen. Auch werden mitunter 2 benachbarte Leisten durch quere Spangen ver- bunden. Überhaupt haben diese Gebilde keinen sehr regelmäßigen Charakter. Zwischen die Gabeln sieht man noch die Reste der Zellen hineinragen. Ob wir es in der Tat mit Spangen und nicht vielmehr mit Lamellen zu tun haben, konnte ich nicht entscheiden, da es mir nicht gelang, völlig befriedigende Oberflächen- oder Quer- schnittsbilder zu erhalten. Vielleicht kommt auch beides vor. In der Nähe des Deckelfalzes (Fig. 275) sind die Erscheinungen un- bedeutend modifiziert. Hier erscheinen die Kämme der Leisten selbst gegabelt, und ihre Zinken werden nur durch Längsspangen ver- langert. Außerdem erscheint hier das System von Querspangen reicher und noch unregelmäßiger. Hinter dem Deckelfalz haben wir wieder ein etwas anderes Bild. Hier bildet sich über den Leisten des Exochorions, anfangs ohne Verbindung mit diesen, ein eigentümliches Gitterwerk von Längs- und Querspangen. Und zwar erscheint hier als Grundlage des Ganzen eine geschwungene wellenförmige Linie mit sehr hohen und engen Kämmen. Dabei liegen die Wellenkämme jedesmal über einer Leiste des Epichorions. Das Ganze wird dann von parallelen Querspangen durchzogen. Einige solche spannen sich auch zwischen den Epichorionleisten aus. Dicht hinter dem Deckelfalz trägt das Chorion zwei besonders große Fortsätze, die stark nach vorn ge- bogen sind. Sie gabeln sich an ihren äußern Enden. Und auch an sie setzen sich Querspangen an und spannen sich bei dem hintern von beiden auch zwischen den Zinken der Gabel aus. Diese Fort- sätze sind wohl sicher als der Ausdruck zweier Lamellen zu be- trachten, die sich um den ganzen Umkreis des Eies erstrecken. Sie überwölben dabei den Falz, der ja wohl ein locus minoris resistentiae ist und eines Schutzes bedürfen könnte. Der Falz selbst ist jetzt übrigens nach außen überdeckt von einer nachträglich gebildeten Chitinbrücke. In Fig. 29 habe ich noch einmal einen Schnitt durch einen Ei- deckel und die anstoßenden Teile der Eischale in voller Ausbildung abgebildet. Da fällt vor allem in die Augen, dab die eben be- sprochenen Spangen ihre Beschaffenheit stark verändert haben. Sie 370 J. Gross, sind mit den Chorionleisten jetzt vüllig verschmolzen. Sie haben ihre Färbbarkeit eingebüßt und haben die gelbe Eigenfarbe des Chorions angenommen. Sie sind offenbar selbst in Chitin um- gewandelt und zu einem letzten Bestandteil des Chorions geworden. Ihre Gestaltverhältnisse sind aber noch deutlich erkennbar. Sie bilden wahrscheinlich ein kompliziertes körperliches Netz- oder Gitter- werk. In der Umgebung des Deckelrands ist dieses am kräftigsten entwickelt. Uber den Falz wülbt sich jetzt auch von vorn her eine gebogene Lamelle, so daß dieser bis auf einen schmalen Schlitz überdeckt ist. Die Reste des Epithels sind jetzt zu einer einzigen amorphen Masse verschmolzen, die das ganze Ei als sogenannte Eiweißhülle umgibt und stellenweise tief zwischen die Teile des Gitterwerks hineinragt. Auch dieser Umstand, daß der Follikel schließlich sich zur Eiweißhülle umbildet, ist, soviel ich weiß, ohne Analogon unter den Insecten. Als ungewöhnlich könnte man auch die Bildungsweise der letzten Bestandteile des Chorions ansprechen. Diese Spangen oder Lamellen entstehen ja scheinbar durch direkte Umwandlung von Zellbestandteilen in Chitin, was sonst bei der Eibildung der In- secten nie vorkommt. Ebensowohl aber könnte man ihre Entstehung auch als Abscheidung von chitinöser Substanz im Innern der Zelle auffassen. Dann würde ihre Bildung sich vergleichen lassen mit jener der Eistrahlen bei Ranatra und Nepa nach DE Bruyne (1899). Einige Bemerkungen mub ich noch über das Epichorion hinzu- fügen. Dieses ist, wie wir gesehen haben, von dem Exochorion durch einen Zwischenraum getrennt und hängt mit ihm nur an zwei Stellen zusammen, vorn am Deckelfalz und hinten am Eistigma. Welche Bedeutung nun dieser komplizierte Bau der Schale haben kann, ist nicht leicht zu sagen. Ein Diffundieren der äußern Luft durch die Porenkanäle ist durch die Eiweißhülle unmöglich gemacht Ein Gasaustausch kann also nicht stattfinden, obgleich der Raum zwischen Exo- und Epichorion wohl sicher mit einem Gasgemenge angefüllt ist. Eher ließe sich denken, daß die Gasschicht zwischen den beiden Lamellen des Chorions und in den Lücken des Gitter- werks dem Ei als Wärmeschutz dient. Auch könnte durch den nach auben immer lockerer werdenden Bau die Eischale eine Milderung von Druck- oder Stoßwirkungen herbeigeführt werden. Eier, die an den Haaren eines sich frei bewegenden Tiers befestigt sind, werden ja allerlei Insulten immer mehr ausgesetzt sein als solche, die etwa in die Erde oder an Pflanzenstengel abgelegt werden. Sicheres wird Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 371 sich aber über die biologische Bedeutung des merkwürdigen Chorions wohl nie herausbringen lassen. Ich muß mich damit begnügen, wenigstens seinen Bau einigermaßen klargelegt zu haben. 5. Micropyle und Eistigma. Der Bau der Micropylen ist bei Nermus von der denkbar größten Einfachheit. Der Deckel trägt nahe an seinem hintern Rand eine Anzahl, etwa 20, kleiner Poren. Sie bilden rund um das Ei einen nicht ganz regelmäßigen Kranz (Textfig. B). Fig. B. Vorderende eines Eies von Nirmus sp. mit Deckel und Micropylen. Bei Haematopinus finden sich ganz ähnliche Einrichtungen. Auch hier sind die Micropylen einfache Durchbohrungen des Chorions am Außenrand des Deckels in der Nähe des Falzes. Da aber das Chorion von Haematopinus viel dicker ist, sind die Micropylen hier ziemlich lange Kanäle (Fig. 27). Nach innen verengen sich diese etwas. Einige Male fand ich den wohl nicht normalen Fall, dab der Micropylkanal eine Leiste durchsetzte (Fig. 30). Die Zahl der Öffnungen kann ich nicht sicher angeben. Das Zählen derselben wird bei Totalansicht durch die undurchsichtige Eiweißhülle ver- hindert. Es ist deshalb auch Leuckart (1855) nicht gelungen. Außerdem ist das Chorion so spröd, daß sich auch nur annähernd lückenlose Schnittserien nicht anfertigen lassen. Jedenfalls ist die Zahl der Micropylen aber recht grob. Ich schätze sie auf min- destens 30. Die beiden andern von mir untersuchten Formen haben weit kompliziertere Micropylapparate. Von Pediculus capitis ist derselbe mit seinen 13 hohlen „Zellen“, in deren Grunde die eigentlichen Micropylen liegen, schon lange bekannt und oft beschrieben und abgebildet. Da ich ihn aber zum ersten Male auf Schnitten unter- sucht habe, kann ich immerhin unsere Kenntnis von ihm etwas ver- vollständigen. Es erweist sich nämlich, daß der Höcker am Boden der Zelle, welchen die eigentliche Micropyle durchbohrt, selbst wieder 372 J. Gross, recht kompliziert gebaut ist. Er setzt sich aus 2 kuppelförmigen Schalen zusammen, die einander überwölben (Fig. 31). Unter der innern Schale liegt, dann eine kleine Vorwölbung des Chorions, und erst diese enthält die wirkliche Micropyle. Dieselbe verjüngt sich nach unten zuerst trichterförmig bis etwa zur Hälfte des Exochorions. Dann aber erweitert sie sich plötzlich und öffnet sich nach innen mit einer weiten Öffnung. Der ganze Kanal hat ungefähr die Form eines umgestülpten Kelchglases. Ganz ähnliche Micropylen haben Pediculus vestimenti und Phthirius pubis nach Lanpors (1864 u. 1865) und CHOLODKOWwsKY (1904). Auch der Micropylaufsatz von Trichodectes, den MELNIKOW (1869) beschrieben und abgebildet hat, besitzt große äußerliche Ähnlichkeit mit dem der meisten Pediculiden. Bei genauerer Untersuchung er- weist sich sein Bau aber doch beträchtlich different. Der Aufsatz besteht hier aus einer großen Anzahl, einigen 30, kolbenförmigen Fortsätzen des Chorions. Sie erheben sich auf dem Gipfel des Ei- deckels und sind alle der Mitte zu stark geneigt. Sie umgeben ein Feld, das, abweichend vom ganzen übrigen Chorion, grob gerunzelt ist. Jeder Kolben beginnt mit einer engen Basis und schwillt nach oben an. Die Zwischenräume zwischen den Ansatzpunkten sind durch Verdickungen des Chorions ausgefüllt. Jeder Kolben läßt 10 regelmäßige Querrunzeln erkennen. In seinem Innern enthält er einen etwas gebogenen Micropylkanal (Fig. 33). Dieser verjüngt sich stark nach innen und ist außerdem in Abständen, die nach innen immer kleiner werden, rings eingeschnürt. So entstehen mehrere Etagen rundlicher Hohlräume übereinander, die alle mit- einander durch einen Zentralkanal zusammenhängen. Die Ein- schnürungen entsprechen den äußerlich sichtbaren Querrunzeln. Die übrigen Mallophagen, soweit sie bis jetz bekannt sind, haben sanz einfache Micropylen nach dem Typus von Nirmus. Höchstens ist jeder Porus von einem Ringwulst umgeben. Auch kommt es vor, daß die Öffnungen statt in einem einzigen Kranz in zweien stehen. Am hintern Pol trägt das Ei bei allen 4 untersuchten Arten einen eigentümlichen Apparat, der schon lange bekannt und von GRABER (1872) mit dem Namen „Eistigma“ belegt worden ist. Die älteste Beschreibung hiervon finde ich für die Pediculiden bei LeuckArT (1855) und für die Mallophagen bei MezniKkow (1869). Aber die beiden genannten Autoren und ebenso Lanvoıs (1864) und GRABER (1872) haben sich über den Bau dieses Eiorgans, und zwar alle in dem- selben Sinne, geirrt. Sie beschreiben es übereinstimmend als eine Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 373 kleine kuppelförmige Vorwölbung, von dem ein dichtes Bündel feiner Strahlen herabhängt. Sie vergleichen sein Aussehen mit den Blüten- köpfehen mancher Compositen. In Wirklichkeit sind die vermeintlichen Strahlen oder Stäbchen, wie die Untersuchung auf Schnitten ergibt, feine Kanäle, die das Chorion am hintern Eipol durchbohren. Der Irrtum, in den die ältern Forscher verfallen mußten, ergibt sich leicht aus der Mangelhaftigkeit der Methoden, die ihnen damals allein zu Gebote standen. Untersucht man nämlich Eier von Pedi- culiden oder Mallophagen in toto in Glycerin oder Canadabalsam, so wird die Eischale fast unsichtbar, weil sie dasselbe Lichtbrechungs- vermögen hat wie die Einschlußmittel. Nur die mit irgend einer Skulptur ausgestatteten Stellen, zum Beispiel auf dem Deckel, bleiben erkennbar, und ebenso die Kanäle des Eistigmas. Da aber die zwischen diesen vorhandene Substanz dem Auge des Beschauers ent- schwindet, erwecken die Lumina der Kanäle, respektive ihre Wände, natürlich leicht den Eindruck von soliden Stäbchen. Erst die Schnitt- methode führt hier zum Ziel. Im einzelnen zeigt der Apparat bei den verschiedenen Formen kleine Besonderheiten. Am kräftigsten entwickelt ist er bei Haema- topinus, entsprechend der derben Beschaffenheit der Kischale dieser Pediculide. Fig. 34 zeigt das Eistigma von einem Ei, deren Epi- chorion noch nicht die definitive Ausbildung erreicht hat. An ganz fertigen Eien ist die Schale so spröde, dab man auf Schnitten nie ein unversehrtes, für die Abbildung geeignetes Stigma erhält. Seine Ausbildung ist aber auf dem für die Darstellung gewählten Stadium bereits beendet. Es erhärtet später nur noch beträchtlich. Wie die Figur erkennen läßt, bildet das Stigma eine starke rundliche Vorwölbung auf dem Chorion, dessen Gestalt in der Tat an das Blütenköpfehen mancher Compositen, zum Beispiel der Scabiosen, erinnert, wie die ältern Autoren hervorgehoben haben. Durchbohrt wird das Köpfchen von einer sehr groben Zahl von Kanälen, deren Wandungen nur dünn sind und als einfache dunkle Linien erscheinen. Die Kanäle beginnen außen mit ziemlich weiter Öffnung. Nach innen’ verengt sich ihr Lumen stark. Die Röhrchen sind leicht ge- bogen. Sie konvergieren aber nicht genau auf das Zentrum des Organs zu, sondern weichen etwas nach der einen Seite ab. Am Eistigma zeigt das Chitin eine etwas andere Beschaffenheit als am übrigen Chorion. Während es sonst überall eine gelbe Eigenfarbe hat, färbt es sich hier stark mit Hämatoxylin. 374 J. Gross, Pediculus hat ein ganz ähnlich gebautes Eistigma wie Haema- topinus, nur ist es kleiner, und auch die Zahl der Kanäle ist geringer. Auch bei Nirmus ist das Stigma nicht so in die Augen fallend wie bei Haematopinus. Die Anordnung der Kanäle ist aber, wie Fig. 35 zeigt, ziemlich ähnlich. Auch diese Figur ist einem noch nicht ganz fertigen Ei entnommen, dessen Schale noch weich und gut schneidefähig war. Daher hat hier das gesamte Exochorion noch seine Färbbarkeit erhalten. Das Endochorion hat dagegen bereits jede Affinität zu Farbstoffen eingebüßt. In den Kanälen stecken Plasmareste, die sich ähnlich färben wie das Exochorion, wodurch das Bild etwas mißverständlich wird, solange man nicht Gelegenheit hat, es mit ganz fertigen Eiern zu vergleichen. Die Wände zwischen den Kanälen sind bei Nermus recht dick. Färberisch verhalten sie sich in ihrer inneren Hälfte wie das Endo- chorion. Die äußere nimmt dagegen noch Farbstoffe an, wenn auch nicht so stark wie das Endochorion und die Plasmareste in den Kanälen. Was aber das Eistigma von Nirmus am meisten aus- zeichnet, ist die auffallende Tatsache, daß die Kanäle die Schale nicht völlig durchbohren. Sie reichen zwar bis an das Endochorion, endigen dort aber blind, nachdem sie sich ganz fein zugespitzt haben. An dem Ei von Zrichodectes findet sich wieder ein recht grobes Stigma. An der Außenseite nimmt es fast die ganze Hinterfläche des sehr schlanken Eies ein. Dagegen ist seine Vorwölbung weniger stark als bei den anderen Formen. Die Kanäle haben außen eine sehr weite Öffnung und verschmälern sich nach innen ebenso wie bei Haematopinus. Auch zeigen sie dieselbe Konvergenz nach der einen Seite wie dort. Auf dem abgebildeten Schnitt stecken in ihnen wie bei Nirmus Plasmareste, die nichts anderes sind, als die ab- gelösten Enden der Zellen, welche an der Bildung des Stigmas be- teiligt waren. Sie bilden an der Innenseite der Schale einen spitzen, in das Ei hineinhängenden Zipfel. Dies zeigt sehr deutlich, dab wir es in der Tat mit Durchbohrungen des Chorions zu tun haben. Die Bildung des merkwürdigen Eiorgans konnte ich wenigstens bei 2 Formen genau untersuchen. Bei Haematopinus wird der Ei- follikel auf jungen Stadien hinten durch einen Zellenpfropf geschlossen, der sich stark ins Innere des Dotters vordrängt (Fig. 37). Wenn das Ei heranwächst, so gleicht sich diese Vorwöbung wieder aus. Die Zellen, die vorher den Pfropf bildeten, unterscheiden sich aber noch deutlich von ihren Nachbarn (Fig. 38). Ihre Kerne haben im Vergleich zu den andern ein jugendliches Aussehen. Dieses spricht Ovarien von Mailophagen und Pediculiden. 375 sich in ihrer geringern Größe und namentlich in der Anordnung des Chromatins aus. Die Zellen selbst sind an ihren innern Enden in ganz feine Spitzen ausgezogen. Diese innern Enden lösen sich nun auffallenderweise von den Zellen ganz ab, während die äußern Teile der Zellen und mit ihnen die Kerne sich an die Außenwand des Follikels zurückziehen. Zwischen beiden bleibt eine Ansammlung von Protoplasma erhalten, in dem Zellgrenzen nicht mehr erkennbar sind, dagegen größere und kleinere Vacuolen als Anzeichen der be- sinnenden Degeneration. Anders kann ich mir Bilder wie das in Fig. 39 wiedergegebene nicht deuten. Die spitzen Enden der Bildungszellen haben sich nach innen zu einem Zipfel vereinigt, wie bei Trichodectes. Die Zellgrenzen sind in ihm aber noch deutlich wahrnehmbar. Zwischen den abgelösten innern Zellstücken beginnt nun die Abscheidung von Chitinsubstanz. Ihre ersten Andeutungen erscheinen auf dem Schnittbild als feine dunkle Striche zwischen den Zellen. Wo die Abscheidung weiter vorgeschritten ist, nämlich an der Außenseite des in Bildung begriffenen Stigmas, haben die ganz dünnen Chitinlamellen ihre Färbbarkeit verloren. So erkläre ich mir die hellere Zone, die sich auf Fig. 39 zwischen die Region der dunklen Strichelung und das äußere undifferenzierte Protoplasma einschiebt. Auf diesem Stadium beginnt in der Umgebung des Stigmas die Abscheidung des Endochorions. Auf Fig. 40 ist bereits das Exochorion fertig, und die Bildung des Epichorions hat begonnen. Das Stigma hat jetzt ebenfalls seine volle Ausbildung erreicht. Nur hängt an seiner Innenfläche noch der Zipfel, der aus den spitzen Enden der Bildungszellen besteht. Er läßt noch jetzt die Zellgrenzen erkennen. Und verfolgt man diese nach außen, so kann man kon- statieren, dab in der Tat jede Zelle einem Kanal entspricht. In ähnlicher Weise werden ja auch bei andern Insecten Porenkanäle gebildet, die das Chorion durchbohren. Eine ganz auffallende Ähn- lichkeit hat dieser ins Ei hineinhängende Zipfel mit denjenigen, den bei Bombus terrestris die Bildungszellen der Micropylen bilden und den ich in einer frühern Arbeit (1902) auf fig. 190 abgebildet habe. Schließlich degeneriert der Zipfel zu einer amorphen Masse, die aber die ursprüngliche Gestalt noch gut erkennen läßt (Fig. 34). Die Kanalwände verdicken sich im Lauf der Entwicklung noch etwas, wie ein Vergleich von Fig. 40 und 34 zeigt. Nach außen scheint das Eistigma übrigens noch durch die über ihm gelegenen Zellen verstärkt zu werden. Denn nur so läßt sich die bedeutende Vor- wölbung erklären, die das Stigma im fertigen Zustand bildet. 376 J. Gross, Bei Nermus geht die Bildung des Eistigmas anfangs offenbar in ganz ähnlicher Weise vor sich. Nur bleiben hier die spitzen Enden viel länger mit den Zellen in Zusammenhang. Dieser besteht noch, wenn bereits beide Chorionschichten abgeschieden sind und auch das Stigma beinahe vollendet ist (Fig. 41). Erst ganz spät lösen sich auch hier die innern Enden der Zellen ab und bleiben im Stigma stecken (Fig. 42). Außerdem bilden sie aber nicht nur an ihren mittlern Partien Chitin, sondern in ihrer ganzen Ausdehnung. Darum kann bei Nermus auch kein ins Innere des Eies hinab- hängender Zipfel vorkommen, wie wir ihn bei Haematopinus und Trichodectes fanden. Vielmehr stecken hier die innern Enden der Bildungszellen ganz im Chorion drin. Die Hohlräume, die durch ihren Verfall entstehen, müssen also blind endigen. Das Stigma ist mithin bei Nirmus nicht völlig durchbohrt, wie bereits erwähnt. Auf Fig. 42 hat die Degeneration der Zellreste in den Kanälen schon ihren Anfang genommen. Das zeigt sich darin, daß an einigen von ihnen die innere Hälfte tief dunkel gefärbt ist, was sich an zer- fallendem Protoplasma auch sonst beobachten läßt. Auf Fig. 35 hat dieser Prozeß bereits die ganzen Zellreste ergriffen, die noch in den Kanälen stecken. Auch die äußern Teile der Bildungszellen weisen auf Fig. 42 schon deutliche Degenerationserscheinungen in Gestalt von großen Vacuolen auf, die besonders häufig den Kernen anliegen. Der Teil des Follikels, welcher das Stigma bildet, hat eben eine er- höhte Funktion und erschöpft sich daher besonders früh. Über die biologische Bedeutung des Eistigmas, das sich sonst in keiner Insecten-Ordnung findet, haben die ältern Forscher 3 An- sichten ausgesprochen. Aber keine läßt sich beweisen oder auch nur plausibel machen. Kramer: (1869) hält es für die eigentliche Micropyle. Und in der Tat hat es mit einer solchen von manchen Insecten, namentlich von Bombus terrestris, große Ähnlichkeit. Und Kramer macht auch noch geltend, daß ein Eindringen von im Oviduct befindlichen Sper- matozoen in das Ei, wenn dieses in den Eileiter hinabgleitet, am hintern Pol viel bequemer vor sich gehen müsse als am vordern. Aber ganz abgesehen davon, daß Micropylen am Hinterende des Eies bei keinem andern Insect einwandsfrei nachgewiesen sind, wird man sich nur schwer entschließen, die Aufsätze des Eideckels, wie sie sich bei Pediculus und Trichodectes finden, nicht für Micropylen, sondern mit Kramer für Ventilationsapparate zu halten. Wir müßten dann annehmen, daß die Eier der Mallophagen und Pediculiden an Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 377 beiden Enden mit Micropylen versehen sind, was wieder sehr un- gewöhnlich wäre. Den wichtigsten Einwand gegen Kramer’s Theorie bildet aber das Verhalten von Nirmus. Bei diesem ist ja das Stigma gar nicht wirklich durchbohrt. Fassen wir es also bei den andern Formen als Micropyle auf, so müßten wir es hier als rudimentäres Organ betrachten. Und das ist doch sehr unwahrscheinlich. GRABER (1872) will im Gegenteil das Eistigma als ein Organ betrachten, das zur Durchlüftung des Eies dient, und hat ihm ja von diesem Standpunkt aus seinen Namen gegeben. Aber auch diese Erklärung begegnet Schwierigkeiten. Bekanntlich kleben Pediculiden und Mallophagen ihre Eier mit dem hintern Ende an die Haare oder Federn der Wirtstiere. Dabei wird nun das Eistigma, wie ich mich an Eiern von Pediculus, Haematopinus und Trichodectes über- zeugen konnte, völlig von der Klebmasse eingehüllt. Da diese aber wohl sicher für Luft undurchlässig ist, kann das Eistigma die ihm von GRABER zugesprochene Funktion gar nicht oder nur in dem kurzen Moment ausüben, der zwischen dem Heraustreten des Eies aus der Geschlechtsöffnung des Muttertiers und seiner Befestigung liegt. Am wenigsten Bedenken begegnet noch die dritte Auffassung, die Leuckarr (1855) und MELnıkow (1869) vertreten. Diese Forscher wollen in dem Stigma einen Haftapparat erkennen. Und in der Tat könnte ja die kleine Rauhigkeit am hintern Eipol dazu dienen, dem Klebstoff ein leichteres Anhaften zu ermöglichen. Dann aber versteht man nicht, warum der Apparat mit Kanälen ausgestattet ist, die ihn in den meisten Fällen vollkommen durchbohren. Dab außerdem das Stigma zur Befestigung des Eies nicht unentbehrlich ist, beweisen die Fälle, in denen Eier von Pediculus oder Haematopinus abnormer Weise mit dem vordern Pol festgeklebt sind, was man gar nicht ganz selten antrifft. So scheint vorläufig keine Erklärung ganz befriedigend. Und wenn ich dem Gebilde den Namen gelassen habe, den GRABER ihm verlieh, so geschah das nicht etwa, weil ich mich seiner Auffassung zuneige, sondern nur, weil ich selbst keinen passendern wußte. Ich muß mich durchaus eines Urteils über die physiologische oder bio- logische Bedeutung der merkwürdigen Einrichtung enthalten. Schlußfolgerungen. Das Hauptergebnis meiner Studien liegt in dem Nachweis einer ganz auffallenden Übereinstimmung im Bau der Eiröhren und Eier 378 J. Gross, bei Mallophagen und Pediculiden. Diese besteht nicht nur in dem allgemeinen Organisationstypus, sondern erstreckt sich auch auf eine Menge von Einzelheiten. Ja, ich würde, wenn mir das Ovarium eines unbekannten Vertreters aus einer der beiden Gruppen zur Untersuchung vorgelegt werden wiirde, mich nicht getrauen, zu ent- scheiden, ob es von einer Mallophage oder einer Pediculide stammt. In beiden Gruppen finden sich büschelförmige Ovarien mit wenigen, meist 5, Eiröhren. Diese sind stets polytroph. Denn Graper’s (1872) Behauptung, daß die Eiröhren von Phthirius end- ständige Nährkammern besitzen, wie jene der Hemipteren, ist sicher ein Irrtum. Laxpois (1864) hat ja schon lange vor ihm die Nähr- zellen in der Eikammer entdeckt. GRABER muß auch selbst zugeben, daß er Dotterstränge, wie sie zum Begriff der telotrophen Eiröhre gehören, nicht nachweisen konnte. Seine Theorie, daß ihre Stelle durch die Micropyl-Kanäle vertreten werde, ist aber wohl als direkt phantastisch zu bezeichnen. Ebenso haben beide Gruppen die geringe Zahl der Nährzellen gemeinsam. Auch hier scheint die Zahl 5 vorzuherrschen. Ferner scheint die Eibildung in ganz derselben Weise zu verlaufen. In beiden Gruppen verfällt ein Teil des hierzu vorhandenen Materials innerhalb der Endkammer der Degeneration. Dies ist ein Ver- halten, das bei polytrophen Eiröhren sehr selten vorkommt. Um so wichtiger ist es natürlich, daß es sich bei beiden in Frage stehenden Gruppen findet. Mit dieser Besonderheit in der Eibildung steht wieder in Zusammenhang das Vorhandensein eines Zwischenstücks zwischen der Endkammer und dem jüngsten Eifollikel, das ähnlich gebaut ist wie das Keimlager bei den Hemipteren und den non adephagen Coleopteren und das sonst allen Insecten mit polytrophen Eiröhren fehlt. Auch tritt sowohl bei Mallophagen als Pediculiden im Follikel- epithel Amitose, und zwar in recht ähnlicher Weise, auf. Neben der Übereinstimmung im ganzen Bauplan der Ovarien möchte ich aber auf 2 Punkte besonderes Gewicht legen, auf das Fehlen der peritonealen Hülle und auf das Eistigma. Denn auch in diesen stimmen Mallophagen und Pediculiden überein und unterscheiden sich hierdurch von allen resp. fast allen andern In- secten. Kehren wir jetzt zum Ausgangspunkt meiner Untersuchungen zurück, zu der Frage nach der systematischen Stellung der Pedi- euliden, so ergibt sich das Resultat, daß diese im Bau ihrer Ovarien Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 379 zu den Mallophagen eine ganze Reihe von zum Teil sehr auffallenden Beziehungen aufweisen, zu den Hemipteren dagegen nur ganz wenige, und nur solche, die sich bei den Mallophagen ebenfalls finden. Sollte man geneigt sein, die weiblichen Geschlechtsorgane allein als aus- schlaggebend zu betrachten, so sind Mallophagen und Pediculiden in eine Ordnung zu vereinigen. Will man aber den Mundwerkzeugen das entscheidende Gewicht zumessen, so mübte man inbezug auf das Ovarium die allerweitest- gehende Convergenz zwischen Pediculiden und Mallophagen an- nehmen. Liegt es da nicht näher, im Gegenteil die Convergenz, ohne die wir nun einmal nicht auskommen, bei den Freßorganen der Pedi- culiden und Hemipteren zu suchen? Ihre Ahnlichkeit ist. auch nach ENDERLELIN’s : Untersuchungen, keineswegs übertrieben grob. Und mir scheint es viel wahrscheinlicher, daß durch ähnliche Art der Nahrungsaufnahme die Form der Mundeliedmaßen in zwei nicht näher verwandten Inseetengruppen einen ähnlichen Bau gewinnt, als daß die Übereinstimmung im Bau der Ovarien, welche Organe doch viel weniger vom Wechsel der Lebensverhältnisse abhängen, rein auf Convergenz beruhen sollte. Die zahlreichen gemeinsamen Charakterzüge, welche die Eiröhren der Pedieuliden und Mallophagen aufweisen, erwecken wohl vielmehr den Eindruck, dab sie von gemeinsamen Vorfahren ererbt, als daß sie durch Anpassung an gleiche Lebensbedingungen erworben wären. Eine Möglichkeit, die Verwandtschaft von Hemipteren und Pedieuliden zu retten, bleibt allerdings auch jetzt noch bestehen. Man könnte nämlich den Versuch machen, die telotrophen Eiröhren, wie sie für die Hemipteren so charakteristisch sind, von den poly- trophen der Pediculiden abzuleiten. Ich habe früher einmal einen ähnlichen Versuch innerhalb der Ccleopteren unternommen (1902), von denen bekanntlich die primitivste Gruppe der Adephaga polytrophe Eiröhren hat, während, wie es scheint, alle übrigen Käfer durch den Besitz von telotrophen ausgezeichnet sind. Ich habe damals eine hypothetische Ubergangsform zwischen beiden Typen konstruiert, wie sie ähnlich allerdings bei den Pediculiden vorzuliegen scheint. Denn wir sahen, daß hier in der Endkammer eine Anzahl von Zellen zuriickbleibt, die dort in ganz ähnlicher Weise degene- rieren wie die Nährzellen in telotrophen Eiréhren. Wir fanden ferner bei den Pediculiden im Ovarium eine „Zone quergestellter Epithelkerne“ zwischen Endkammer und jüngstem Eifollikel, die 380 J. Gross, stark an das Keimlager der Hemipteren erinnert, wie denn über- haupt die Endkammer der Pediculiden einige Ähnlichkeit mit einer endständigen Nährkammer hat. Aber selbst wenn man diese Hypo- these gelten lassen will, bleiben noch große Schwierigkeiten bestehen. Denn es ist gewiß mehr als gewagt, von den kleinen, durch para- sitische Lebensweise flügellos gewordenen Pediculiden die ganze, große Ordnung der Hemipteren abzuleiten. ENDERLEIN (1904) und Börner (1904) haben daher auch mit Recht den entgegengesetzten Weg eingeschlagen und fassen die Pediculiden vielmehr als eigen- artig abgeänderten Seitenzweig der Hemipteren auf. Schließlich würde aber die Ableitung des Hemipterenovariums von dem der Pediculiden die Beziehungen, die gerade im Bau der Eiröhren zwischen diesen und den Mallophagen bestehen, nicht aus der Welt schaffen. Man müßte also auch diese in nahe Verwandtschaft zu den Hemipteren stellen, was aber von ENDERLEIN und BÖRNER mit Recht zurückgewiesen wird. So stößt der Versuch, die Pediculiden den Hemipteren anzu- reihen, überall auf Bedenken. Dagegen lassen sie sich, wie mir scheint, mit den Mallophagen viel eher vereinigen, wie es ÜHOLOD- Kovsky (1903) neuerdings wieder versucht hat. Denn die Ahnlich- keiten beschränken sich durchaus nicht auf die Ovarien, wie wohl zur Genüge bekannt sein dürfte. Selbst die viel umstrittenen Mund- werkzeuge sind in den beiden Gruppen keineswegs so verschieden gestaltet, wie man nach den Ausführungen ExperLem’s (1905) glauben könnte. Vielmehr scheinen die der Mallophagen, wie HanprirschH (1905) hervorhebt, nach den Untersuchungen von SNoD- GRASS (1899) einen Typus darzustellen, aus dem sich die höher spezialisierten der Pedieuliden sehr gut entwickeln konnten. Völlige Übereinstimmung im Bau der Mundgliedmagen ist ja für die Ver- treter einer Ordnung durchaus nicht erforderlich. Ich erinnere nur an die große Mannigfaltigkeit, die innerhalb der Hymenopteren herrscht. Und doch denkt niemand daran, deshalb diese auch sonst recht vielgestaltige Ordnung aufzulösen. Verlangt muß nur werden, dab die Mundwerkzeuge bei den verschiedenen Vertretern einer Gruppe sich auf ein gemeinsames Ausgangsschema zurückführen lassen. Und das scheint mir Hanprirsch durch seinen Vergleich der Arbeiten von SNopGrass und ENDERLEIN gelungen zu sein. Auch hat schon vor langer Zeit MELnıkow (1869) gezeigt, daß die Ver- schiedenheit im Bau dieser Organe bei beiden Gruppen gar nicht so groß ist, wie gewöhnlich angenommen wird. Die Pediculiden Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 381 haben ihre Mundwerkzeuge einfach der saugenden Nahrungsaufnahme angepabt, zu der sie tibergegangen sind, während die Mallophagen bei der ursprünglichen beißenden verharrten. Aus allem scheint mir hervorzugehen, dab die Pediculiden in engster Verwandtschaft zu den Mallophagen stehen, in viel ent- fernterern dagegen zu den Hemipteren. Ob man aber beide Gruppen zu einer Ordnung vereinigen, wie CHoLopKowsky (1904) vorge- schlagen hat, oder sie lieber mit Haxpuirsch (1903) nebeneinander als Ordnungen einer Unterklasse stellen will, ist natürlich nicht von großem Belang. Das wird sich wohl immer danach richten, welchen Wert der einzelne Forscher den systematischen Kategorien beimift. Einige Bemerkungen möchte ich mir noch erlauben über die sonstigen Verwandtschaftsbeziehungen der Mallophagen. Man ver- einigt sie bekanntlich gewöhnlich mit Termiten, Psociden und Em- biiden zu der Ordnung der Corrodentia. Auch über die Berechtigung dieser Zusammenstellung können vielleicht Untersuchungen der Ovarien Fingerzeige geben. Bis jetzt ist nur leider über diese Or- gane bei den Psociden und Termiten wenig und bei den Embiiden gar nichts bekannt. Nach Branpr (1878) hat Clothilla sp., die einzige Psocide, die von ihm und überhaupt darauf untersucht worden ist, polytrophe Eiröhren mit einer geringen Zahl von Nährzellen. Diese Familie könnte also hierin vielleicht Beziehungen zu den Mallophagen und damit auch zu den Pediculiden aufweisen. Doch müßten hier noch viel genauere Untersuchungen angestellt werden, ehe man aus dem Ovarium der Psociden wirklich Schlüsse über ihre systematische Stellung ziehen könnte. Über die Termiten war bis jetzt nur bekannt, dab sie eine sehr eroße Zahl von Eiröhren besitzen. Histologische Untersuchungen über diese Gruppe fehlen noch vollkommen. Ich nalım deshalb die Gelegenheit wahr, eine im Zoologischen Institut zu Gießen befind- liche Termitenkönigin, die von den Philippinen stammte, wenigstens oberflächlich zu untersuchen. Zu einem genaueren Studium war die Erhaltung der Gewebe des in Rum konservierten Tieres zu schlecht. Immerhin ließ sich soviel konstatieren, daß der Bau des Ovariums für Verwandtschaftsbeziehungen zu den Mallophagen oder Psociden keinerlei Anhaltspunkte gewährt. Vielmehr sind die Eierstöcke der Termiten durchaus nach dem Typus der Orthoptera genuina ge- baut. Wie dort finden wir sehr zahlreiche panoistische Eiröhren mit einer sehr großen Zahl von Eikammern. Die Eiröhren verjüngen Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 29 382 J. Gross, sich, wie es ebenfalls bei vielen echten Orthopteren der Fall ist, ganz allmählich nach vorn und gehen hier in die langen Endfäden über. Endlich konnte ich trotz der mangelhaften Konservierung feststellen, daß im Follikelepithel Amitose vorkommt und zwar wieder in ganz ähnlicher Weise wie bei echten Orthopteren. Auf eingehende Untersuchungen mußte ich aber verzichten. Sollte ich in Zukunft Gelegenheit finden, Ovarien von Termiten, Psociden, Embiiden und vielleicht auch Thysanopteren genauer zu studieren. so würde ich mich gern dieser Aufgabe unterziehen, damit wir endlich dahin gelangen, von allen größeren Insectengruppen wenigstens so viel Kenntnisse über den Bau des Ovariums zu be- sitzen, daß sie bei Erörterungen über das System der ganzen Klasse mit in Rechnung gestellt werden können. Gießen, April 1905. Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. 383 Literaturverzeichnis. 1904. Borner, C., Zur Systematik der Hexapoden, in: Zool. Anz., Vol. 27. 1878. Branpt, A., Das Ei und seine Bildungsstätte, Leipzig 1878. 1885. CHOLODKOVSKY, N., Ueber den Geschlechtsapparat von Nematois metallicus, in: Z. wiss. 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Schnitt durch das Follikelepithel mit Resten von Nährzellen von Haematopinus suis. 330:1. Fig. 20. Flächenansicht des Exochorion von Haematopinus suis. 330 : 1. Fig. 21—25. Querschnitte durch Follikelzellen auf verschiedenen Stadien der Bildung des Epichorions von Haematopinus suis. 380 : 1. 386 J. Gross, Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. Fig. 26. Flächenansicht der Epichorions von Haematopinus suis. 330: 1. Fig. 27—28. Querschnitte durch Follikelzellen auf verschiedenen Stadien“ oe Bildung des Epichorions von Haematopinus suis. 330: 1. Tafel 21. Fig. 29. Schnitt durch den Eideckel von Haematopinus suis. 330:1. Fig. 30. Schnitt durch das Exochorion des Eideckels von Haema- lopinus suis mit Mikropyle. 330:1. Fig. 31. Längsschnitt durch den Micropylaufsatz von Pedieulus capitis. Fig. 32. Eideckel mit Micropylaufsatz von 7richodectes canis. 330:1. Fig. 33. Längsschnitt durch den Micropylaufsatz von Tirichodectes canis. 330:1. Fig. 34. Längsschnitt durch das Eistigma von //aematopinus suis. 330: 1. Fig. 35. Längsschnitt durch das Eistigma von Nirmus sp. 330:1. Fig. 36. Längsschnitt durch das Eistigma von 7richodectes canis. 680: 1. Fig. 37—40. Längsschnitte durch Follikelepithel auf verschiedenen Stadien der Bildung des Eistigmas von Huematopinus suis. 330:1. Fig. 41—42. Längsschnitte durch Follikelepithel auf verschiedenen Stadien der Bildung des Eistigmas von \irmus sp. 680: 1. Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. On the embryonic history of the aortic arches in mammals, ’) By Harriet Lehmann. With plates 22—25 and 8 figures in the text. The transitory aortic arches of vertebrates as exhibiting a phase of phylogenetic history, are of unusual interest. They were sketched in the chick as long ago as 1672, by Marrıcar, and, in 1857, RATHKE drew up schemes to represent their transformation in amniota based upon the assumption that there are five pairs of aortic arches re- presented in embryonic stages of the higher vertebrates. His dia- grams were for a long time accepted as the standard ones to illustrate the history of these arches. The number of arches recognized by RATHKE was thrown into question in 1886 by Van BremMeE LEN, who first pointed out the pre- sence, in reptiles and the chick, of a rudimentary arch between the fourth and the supposed fifth. Subsequent observations, notably those of ZIMMERMANN (1889), and Taxpzer (1902), have led to the recognition of six aortic arches in mammals. The discovery of a rudimentary fifth arch in mammals makes the number of aortic arches for the Amniota, the same as in the Dipnoi and Amphibia, 1) Contribution from the Zoological Laboratory of Northwestern University, Evanston, Ill, U. S. A., under the direction of WILLIAM A. Locy. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 26 388 Harriet LEHMANN, and establishes an identity as regards the place of origin for the pulmonary artery in all lung-breathing vertebrates. The diagrams of Boas have accordingly replaced those of RATHKE. Nevertheless, there are still considerable gaps in our know- ledge of the aortic arches, and an illustrated account of their actual condition and course of transformation is to be desired, especially for mammals. The rowth of knowledge in reference to these arches, leading up to the present time, is best exhibited by a brief review of the literature, which will accordingly form the first topic for con- sideration. Résumé of the literature. As mentioned above, the aortic arches were described and figured by MazpiGHr in 1672. In that year he sent to the Royal Society in London two separate memoirs on the development of the chick both of which were amply illustrated. Text-Fig. A is copied from a sketch in his “De Formatione Pulli in Ovo’’, and serves to show that aortic arches were distinctly seen by this clear-sighted observer. He gives sketches of the aortic arches in different figures, but they are shown for one side only, and it is fair to assume that he did not understand these structures as existing in pairs. So far as I am aware the first paper treating of the aortic arches in any critical manner, is that of VON BAER, Fig. A. in 1827. In this paper he describes Sketch of one of Matricui’s Figs. the aortic arches of birds in more (1672), showing the heart and aortic detail than in other vertebrates. He arches. Letters as in the original: » . A vein, B auricle, D right ventricle, states that five pairs of aortic arches F, G aorta. are present, at least in the embryos of all vertebrates which develop out of water, but are never all present at one time. Of these arches, the first two pairs, and the fifth of the left side, completely disappear. The third arch of either side becomes the common stem for the arteries to the head and fore-limb, and the fourth arch of the right side becomes the arch of the aorta. The fifth arch of the right side and the fourth of the left are transformed into the two pulmonary arteries. The short common stem of these two arteries is formed while the truncus arteriosus is divided into two channels. In mammals, he says, the changes are similar, but Embryonic history of the aortic arches in mammals. 389 that the left fourth arch becomes the arch of the aorta, and there is but one ductus Botalli. The reptiles, amphibia and fishes are then compared, in so far as the limited knowledge of the aortic arches in these verte- brates would permit. This paper is not illustrated, but it contains the foundations of our knowledge with reference to the development and transformations of the aortic arches. The current diagrams, showing the development and transformation of aortic arches, are related in such a way to the older ones, that it has seemed best to notice the earlier papers dealing with the subject. Other- wise, some of these historical references might have been passed over. HUSCHKE in 1827—28 published an illustrated article on the branchial region of the chick, showing by diagrams three pairs of aortic arches, those now recognized as the third, fourth, and sixth pairs. His observations begin with the fourth day of development, and he therefore missed the history of the first two pairs of arches. Text-Fig. B, taken from: Isis Fig. B. Aortic arches of an embryo chick at the end of the fourth day, after Huscuxe, in: Isis, 1828. 7 heart, 2, 3, 4 aortic arches, 6 arteria anonyma, 9 pulmonary artery, 70 future ductus arteriosus. for 1828, shows that HuscHK® figured with accuracy the three posterior arches in a chick of four days. In describing their transformation how-. ever, he ascribed the pulmonary to the combination of the left fourth, and the right fifth arch, as VON BAER had done. He also believed the ductus Botalli to be formed from a portion of the right aortic root as is shown at 10 in Text-Fig. B. HUSCHKE shows no subclavians; the deriva- tives of the third pair of arches not being understood at this time. Von BAER in his monumental work ,Uber Entwickelungsgeschichte der Tiere“, 1828, described and figured diagrammatically five pairs of aortic arches in the chick embryo, and showed their fate. His results were published in the previous year in BURDACH’s Physiology from which 26* . 390 Harriet LEHMANN, Text-Fig. C is taken. This figure is interesting, historically, as being the first to illustrate the transformations of five pairs of aortic arches. It may be compared with the diagram of HuscHKE (Text-Fig. B), and THOMPSON (Text-Fig. E), especially with reference to the origin of the subclavians and the pulmonary arteries. None of these figures show external carotids. Again, in 1837, von BAER published a diagram (Text-Fig. D) showing the transformations of the aortic arches in mammals. Fig. D Fig. E. Fig. C. Earliest published Fig. designed to show the transformation of the aortic arches in the bird. After von Barr, in: Burpaca, Physiologie, 1827—28. Fig. D. Von Barr’s diagram, published 1857, showing transformation of the aortic arches in mammals. a aortic stem, b, b aortic roots, € carotid, d, e arteries to the head. Fig. E. Tuompson’s diagram, published 1830, to show the transformation of the aortic arches in mammals. A ductus arteriosus just formed. Fig. C. In 1830 ALLEN THOMPSON illustrated the aortic arches in mammals as shown in Text-Fig. E. This diagram is similar to that of VON BAER for the bird, but presents an original view of the formation of the ductus arteriosus, “by a communication which remains in the bulb of the aorta between the roots of the pulmonic and systemic trunks’. This feature of THOMPSON’s diagram is based upon observations of MECKEL, and in a note appended to his paper, he states that studies of his own have led him to believe this view to be incorrect, and that the ductus arteriosus in mammals is formed from the left fifth arch. He also confirms from his own observations, the statement of SERRES and other observers, that in the early history of the chick embryo, the two aortae are separate throughout their course. THOMPSON’s paper consists chiefly of a review of the knowledge on the development of the vascular system to that date, and a large number of his figures are copied from other authors. His statement that five pairs of vascular arches exist for some time simultaneously, in mammals, is rather notable. | RATHKE (1843, 1857), by covering the entire field in his observations, contributed greatly to our knowledge of the aortic arches in the higher Embryonic history of the aortic arches in mammals. 391 vertebrates. The diagrams already given show the state of knowledge when he took up the work. In 1843, as based chiefly upon studies of embryos of the pig, sheep and cow, he describes for mammals five pairs of aortic arches. Four of these lie in the four branchial pouches, and the fifth behind the last gill-slit. The main part of the first disappears before the fifth is established. A persistent remnant of the first indicates that portion which united it dorsally with the second, and is continued forward to the brain by the anterior prolongations of the dorsal aorta. A little later, corresponding changes take place in the second arch, and the anterior portion of the dorsal aorta appears as a branch of the third arch. Degeneration in the second arch begins in its middle portion. A slender branch runs forward from the ventral part of the third arch which may be regarded as a remnant of the first and second arches, rather than an outgrowth from the third, since it was noted in embryos in which the second arch was still present. This vessel forms the Carotis facialis. Somewhat later, the portion of the third arch uniting it dorsally with the fourth, disappears and the remainder of the arch is continuous with the anterior portion of the dorsal aorta. The short ventral portion of the third arch between the fourth and the Carotis facialis forms the common carotid stem, and its larger branch, mentioned above is the Carotis cerebralis. The left fourth arch persists as the systemic, and is continued caudad by the left aortic root and the dorsal aorta. The left vertebral artery is given off slightly above the place where the fourth and fifth arches join, and bends near its origin, passing forward. The left subclavian arises from it. The right fourth arch persists, considerably diminished in diameter, and is continued by the right aortic root to a point about mid-way between the dorsal end of the fifth arch and the union of the aortic roots. Here it gives off the right subclavian. The remainder of the aortic root disappears. The right vertebral artery is given off from a point in the right fourth arch corresponding to the place of origin of the left A. vertebralis. Of the fifth pair of arches, the right disappears, completely, and RATHKE looked in vain in mammals for a vessel passing from this arch or any other upon the right side, to the lungs. Near the origin of the fifth arch, a branch is given off which passes backward to the lungs, soon after they appear. This forms the posterior portion of the pulmonary stem, and the part of the fifth arch between this branch and the heart forms its upper portion. The remainder of the left fifth arch forms the ductus arteriosus Botalli. In reference to RATHKE’s conception of the manner of formation of the pulmonary artery in mammals, it may be stated that he probably did not have material favorable for observing those early stages which show a symmetrical development of a pulmonary branch from either fifth arch, and the changes which bring about the conditions described by him. BREMER’s (1902) investigations (to be noted below) have shown that RATHKE’s diagrams do not represent the actual origin of the pulmonary artery. RATHKE’s paper of 1857 treats of the aortic arches in Saurians and also contains his well known schemes illustrating the transformation of the aortic arches in Amniota. His diagrams have been widely copied in text- 392 Harriet LEHMANN, books and papers, but since they are valuable for comparison in this connection, they are reproduced in Text-Fig. F. RATHKE’s investigations cleared many misconceptions, and subsequent observations have shown them to be in the main, accurate. Lizard Snake Bird Mammal Fig FE. RatHKe’s diagrams, published 1857, showing transformation of the aortic arches in the lizard, snake, bird and mammal. SABATIER (1874) differs from RATHKE in ascribing the origin of the subclavian in birds and the crocodile to the dorsal end of the third arch. His diagrams (shown in Text-Fig. G), therefore correspond in this respect to those of VON BAER and THOMPSON for birds and mammals. SABATIER’s conception of the formation of the subclavian in birds necessitates a com- plete disappearance of the left fourth arch and the left aortic root, as shown in Text-Fig. G. The earlier papers of Boas (1881, 1882) showed the presence of a fifth arch in the Dipnoi, and larvae of certain Amphibia, and were im- portant later in supplying the basis for his conclusions in regard to the number of aortic arches in the higher vertebrates. (See further under the year 1887.) Embryonic history of the aortic arches in mammals. 393 The figures of His (1880—1885) on the human embryo of the first and second months, deserve special mention since they represent actual reconstructions, and, up to the present time, have furnished a basis for the text-book illustrations of stages in the history of the aortic arches in the human embryo. VAN BEMMELEN, in 1886, noted the presence of two pairs of aortic arches behind the fourth pair in embryos of Lacerta, Tropidonotus, and the chick, thus making a total of six pairs for these vertebrates. Of these arches, the fifth attains but slight size in the chick, and soon disappears, and the sixth gives rise to the pulmonary arteries. It is to be regretted that his descriptions were not accompanied by figures. In his papers of 1885, 1886, 1 and 2, 1887 and 1893, he furnished an excellent history of the aortic arches in Reptilia showing the presence of a rudimentary fifth arch in that group. Boas (1887) offered a most interesting hypothesis, based upon the investigations of Fig. G. VAN BEMMELEN, and his own earlier obser- | Spies Ä 3 E se ; SABATIERS diagram, published vations on Dipnoans and Amphibia. As 1874, to show the transformation indicated above, he had found a rudimentary of the aortic arches in birds. fifth arch in the Dipnoi and the larvae of certain Amphibia. This fifth arch is transitory in all the Amphibia ob- served, excepting occasionally the salamander, and as a consequence, the pulmonary artery arises in connection with the sixth aortic arch. Now since the third and fourth arches in Amniota, as in Amphibia, become respectively the carotid and systemic, it follows that, if there are but five pairs of aortic arches in Amniota, the pulmonary artery must arise from a different pair of arches than in Amphibia. This led Boas to the suspicion that observers have overlocked a fifth arch for Amniota, lying between the systemic and pulmonary arches. He prepared diagrams based on this assumption, and predicted that a fifth arch would be also discovered in mammals. Mackay (1888), gives diagrams illustrating the transformation of the arterial arches in reptiles and birds differing from those of RATHKE and SABATIER, especially in reference to subclavians and carotids. He main- tains that the subclavian arises from the ventral portion of the third arch, and that both external and internal carotids are derived from the dorsal end of the third arch. Since his results do not come under discussion in this paper, it may be remarked, in passing, that HOCHSTETTER showed, in 1890, that the avian subclavian of Mackay and his predecessors is, in reality, the secondary and not the primary artery supplying blood to the wing-bud. Mau (1888) published reconstructions of the branchial region in the 394 : Harriet LEHMANN, dog and showed the aortic arches in certain stages. In 1891, he also figured aortic arches in the reconstruction of a human embryo twenty-six days old. ZIMMERMANN 1889 showed an interesting condition in a human embryo of the fourth week, seven mm long, by demonstrating a recon- struction of the same before the “Deutsche Anatomische Gesellschaft”. From the fourth aortic arch on each side, a vessel slightly smaller than the arch itself, is given off between its first and second thirds. This vessel is at first directed posteriorly, then takes a course parallel to the arch, and unites with it again between the middle and last thirds. A small epithelial evagination from the fourth entodermal pouch projects between these two blood-vessels. Later, in the same year, ZIMMERMANN described a complete aortic arch between the systemic and pulmonary arches in a rabbit of about the eleventh day of development. This rudimentary vessel leaves the truncus arteriosus as a moderately slender vessel, broadens gradually, until it becomes about half the diameter of the pulmonary arch, and empties into the aorta close to the last aortic arch. It is separated from the fourth and pulmonary arches by a clearly distinguishable ento- dermal pocket. He also found in an incomplete series of sections of a sheep embryo, a moderately large artery, leaving the distal end of the pulmonary arch, and passing ventralwards midway between the fourth and pulmonary arches, but was unable to trace its course fourther. From this evidence he concludes that there are, in rabbit and human embryos, six pairs of aortic arches, and five entodermal branchial pouches. He further expresses the conviction that the same number of arches exist in other mammals. It is to be regretted that ZIMMERMANN’s communications are not illustrated. In 1890, he stated that the pulmonary artery in the human embryo is not formed as RATHKE has figured for mammals, but that each pulmonary arch gives of a branch, as shown in the figures of His and Boas. He also observed the subclavian artery to be given off very near the bifurcation of the dorsal aorta, instead of near the arches as RATHKE has figured. However, since the subclavian in mammals, as HOCHSTETTER shows, changes its position, with relation to the dorsal aorta and aortic roots during the process of development, it is probable that neither RATHKE nor ZIMMERMANN describe the actual origin of this vessel. HOCHSTETTER (1890) made clear the origin of the subclavian arteries in birds. He found that the primary arteries to the fore-limb arise from the dorsal aorta. Shortly afterwards, secondary subclavian arteries develop from the ventral end of the third arch, and unite in their course with the primary arteries. The vessel arising from the dorsal aorta is at first the larger, but as the ventral root of the subclavian increases in size, the dorsal root degenerates and rapidly disappears. When this has been accomplished the entire blood supply to the fore-limb comes from the ventral end of the third arch. No diagrams, therefore, prior to HocH- STETTER’s paper, represent correctly the origin of the subclavian in birds. In 1890, also, HocHSTETTER published a figure showing a possible remnant of a fifth aortic arch in the rabbit. This remnant was present in an Embryonic history of the aortic arches in mammals. 395 embryo at the close of the eleventh day, and occurred as a posteriorly directed, and very short branch from the middle region of the fourth arch. Again, in 1891, he reviewed the development of the circulation in vertebrates, and gave diagrams showing the transformation of the aortic arches as based upon the presence of six pairs of embryonic arches in vertebrates above the fishes. L. duct. Art Fig. H. Illustrating the condition of the arterial arches in a foetal marsupial, 8,5 mm long, with especial reference to the pulmonary arteries. After Broom, 1898. MARSHALL & BLES (1890) published a paper showing in detail, the origin and fate of the different aortic arches in the frog. This account is valuable as a basis for comparison, in a study of these structures in other vertebrates. Broom (1898) found in a foetal Marsupial (Trichosurus) of 8,5 mm, an interesting stage in the development of the pulmonary arteries in a mammal, shown in Text-Fig. H. This diagram shows the pulmonary arteries arising symmetrically from the two pulmonary arches. From the conditions in this embryo, Broom concludes that either RATHKE’s de- scription of the origin of the pulmonary arteries in mammals is inaccurate or that the Marsupials exhibit reptilian affinities in this particular. TANDLER (1902) made an important contribution to the history of the aortic arches in mammals, based upon studies of rat and human embryos. The following is a summary of a part of his conclusions for the rat. Concerning the formation of particular arches, he observed that ventral and dorsal spurs develop first, which grow toward each other, and finally unite. The ventral spur usually appears earlier than the dorsal. The process of degeneration takes place in two different ways, depending upon whether the disappearance occurs early or late in the history of the arches. In the first and second arches where degeneration begins very early, the previously complete vessel is broken up, in such parts as eventually disappear, into lacunae, which can no longer be traced as 396 HaArrtET LEHMANN, continuous with the vessel. Where degeneration begins late, as in the right fourth and sixth arches, there is first a diminution in calibre owing to thickening of the walls. After this, the reduced vessel persists for some time as a filiform structure. TANDLER found in certain rat embryos a structure which he thinks corresponds to the fifth arch described by ZIMMERMANN, but which does not agree with ZIMMERMANN’s descriptions. The structure referred to occurs in the rat, as a short vertical communi- cation between the fourth and sixth arches, toward their dorsal ends. In stage VII of his series, TANDLER observed a short spur from the posterior side of the fourth arch, which was directed caudalwards and ended blindly midway between the fourth and sixth arches. This he considers the beginning of the fifth arch. In his stage IX, the posterior wall of the fourth arch bends backward until it comes in contact with the upper wall of the sixth arch, and appears to unite with it for a very short distance. This backward extension of the fourth arch corresponds in position to that of the spur described in stage VII. In stage XI, a distinct short vessel takes its course in a vertical direction from the fourth to the sixth arch. The position of this vessel is similar to that of the spur in stage VII and the union noted in stage IX. In his entire series of rat embryos TANDLER found no other vessel corresponding to a fifth arch, but all observations of this vessel have shown it to vary considerably, both as to origin and course, in different species, and in individual embryos. He observed no fifth branchial pouch in the rat, but considers this fact of minor importance, since the branchial pouches of this species differ in many points from those of other forms. This supposed fifth arch in the rat appears in all cases observed by TANDLER, after the division of the conus arteriosus, while all the other arches are formed before this separation. This agrees with the observations of ZIMMERMANN and also those of TANDLER for the embryos of other species. He describes in detail the formation of the various branches of the carotids, in both the rat and the human embryo, which discussion need not be taken up in this paper. He found a distinct fifth aortic arch in two human embryos. In one of these embryos division was taking place in the conus arteriosus, and in the other the separation into aortic and pulmonary trunks was complete. In each embryo, the fifth arch passed obliquely from the aortic trunk backward and upward, to the sixth arch, uniting with the latter at a distance about one-third of its entire length, from its dorsal end. In either case, this arch does not fully agree in its course with the fifth arch de- scribed by ZIMMERMANN for the human embryo, but takes a course more nearly like that which he has described for the fifth arch of the rabbit. However, instead of emptying into the dorsal aorta near the sixth arch, as described by ZIMMERMANN for the rabbit, in TANDLER’s human embryos, it empties into the sixth arch itself. In one of these specimens a distinct diverticulum of the fourth branchial pouch was visible between the fifth and sixth arches. A comparison of individual accounts of the fifth arch shows that it is variable in its history. The “island-form’’ structures which TANDLER found in the region of the union of the fourth arch with the dorsal aorta, and also at the ventral Embryonic history of the aortic arches in mammals. 397 end of the third arch, he regards as related to the shifting of the individual vessels from each other. BREMER (1902) gave the first correct account of the earlier history of the pulmonary artery in mammals, prior to the condition described by RATHKE. He finds that in the rabbit the pulmonary arteries arise as buds from the mesial aspect of each pulmonary arch. As the truncus pulmonis twists about the aorta as the result of unequal growth, a traction is brought upon the pulmonary arches crowding them together and at the same time drawing together the pulmonary arteries. By fusion of the two parallel arches the truncus pulmonis is increased in length, “and this fusion may extend until the origins of the pulmonary arteries are very near the bifurcation, or until the left artery springs actually from the bifurcation, . . . . The left pulmonary arch grows rapidly while the right becomes entirely obliterated beyond the point where the pulmonary artery arises, . . . . from this point to the junction with the left arch, the right arch remains of the same calibre as the pulmonary artery”. With a few minor changes, “the left pulmonary arch seems to give rise, at about its mid-point, to two arteries with their origins close together (or there may be a very short common stem)”. In the pig, the pulmonary arteries, after attaining considerable length, bend toward each other, and send out buds which grow into connections between the two vessels until they are united into one channel in a con- siderable part of their length. Meanwhile, the upper portion of the right pulmonary artery which often shows signs of irregularity, degenerates and is obliterated. The obliteration of the right pulmonary arch goes on at the same time, but this does not cause the disappearance of the right pulmonary artery, “since the lumen of the latter is the first to close’. It thus appears that RATHKE represented only the result of these changes, while BREMER has demonstrated the actual process of formation of the pulmonary arteries for pig and rabbit. HOCHSTETTER (1903) published a second summary of the literature upon the development of the blood vascular system. He again gives the number of aortic arches for Amniotes as six, and presents schemes upon this basis. In this paper HOCHSTETTER also furnishes an account of the origin of the subclavian artery, through the vertebrate series, beginning with Anura. In this group the subclavians arise from the dorsal aorta, but on account of a subsequent splitting in the latter vessel, they spring later from the aortic roots, instead of the common trunk.’ In Saurii the origin is similar, but the division in the aortic trunk is not symmetrical, the plane of separation turning to the left, so that the dorsal segmental arteries from which the subclavians spring, are separated to the right, thus making the subclavians, which first arise symmetrically from the dorsal trunk, take their origin later from the right aortic root. In Chelonia and Crocodilia a great difference exists. The subclavians which develop in Saurii are probably formed in turtles and the cerccodile, but are later replaced by arteries which arise from the ventral ends of the third pair of arches, and which eventually entirely supply the fore-limbs with blood. The birds have a primary subclavian springing from the 398 Harriet LEHMANN, dorsal aorta, and a secondary subclavian of later formation coming from the ventral portion of the third arch. The latter becomes the definitive subclavian. In mammals the arteries to the fore-limbs first arise from the dorsal aorta, but owing to a later symmetrical splitting in this vessel (like Anura), the subclavians eventually spring from the lengthened portions of the two aortic roots. F. T. Lewis presented a preliminary paper before the “Association of American Anatomists’”’, December, 1903, on “The Intraembryonic Blood- vessels of Rabbits from eight and one-half to thirteen Days”, in the published abstract of which appears the statement that “The irregular small arteries around the fourth entodermal pouch do not, as ZIMMERMANN believed, form a distinct aortic arch.” LEWIS has also published a re- construction of the aortic arches in a pig of 12 mm.’) A survey of the literature shows, that while a considerable number of contributions have been made toward a knowledge of various stages in the history of the aortic arches in vertebrates, comparatively few of these represent observations upon a close series of embryos. ‘This is especially true as regards birds and mammals. RATHKE, His and TANDLER have covered in a critical way, somewhat extended periods in the history of the aortic arches in certain mammals, but further observations based on connected series of embryos, are still to be desired for this class of verte- brates. Descriptive part. The following observations were undertaken at the suggestion of Professor WınLıam A. Locy, and were carried on during 1902—1904, in the Zoological Laboratory of Northwestern University. I wish to acknowledge my indebtedness to Professor Locy for his able direction in the course of the work, and for his painstaking criticism of the manuscript. The work was completed after the writer was appointed to the Alice Freeman Palmer Fellowship of Wellesley College. Material, etc. Both pig and rabbit embryos were used. The youngest pig embryos obtainable from the packing houses were of nearly twenty days development, and the series used begins, there- fore, at that age. The collection of rabbit embryos embracing earlier stages, was obtained through the courtesy of Dr. C. S. Minor. This series begins with an early stage of the ninth day, and extends through twelve and one-half days. The two series supplement one another and overlap: the rabbits exhibit especially well stages in 1) Minot, A laboratory text-book of embryology, 1903. Embryonic history of the aortic arches in mammals. 399 the formation of the aortic arches, while the pig series carries the story further along the line of transformation. Many variations occur in the aortic arches in individual embryos, and where the two forms can be compared, the history of the arches while similar, is not identical. In order to fix the stages in which particular phases of develop- ment occur, careful external drawings were made of each embryo studied. No external drawings of the rabbit were available for reference, and, KeïBEL’s excellent figures of swine embryos, correspond in detail in only few instances, to the pig embryos which were finally sectioned and reconstructed. The changes in the aortic arches take place in such a closely graded series that it would be impossible to find a correspondence in each case with the figures of another author. The figures illustrating the aortic arches in the pig and rabbit are from carefully measured reconstructions. To obtain the latter, a camera sketch was made of each embryo to be sectioned; the plane of the sections (as nearly as possible at right angles to the general direction of the aortic arches), was accurately determined and they were cut of uniform thickness; each successive section in the region of the aortic arches was drawn with the aid of the camera; the outline of the external drawing of the embryo was then enlarged on millimeter paper, to the scale of the drawings of sections, and the aortic arches were plotted with the aid of pro- portional dividers. These reconstructions represent projections of the lumina of the blood-vessels, and in all cases were corrected, for shrinkage of the embryo in paraffin, so that the measurements on any particular section, compared accurately with those on the re- constructions. A. The aortic arches in rabbit embryos. In the discussion of each embryo the discription is followed by a brief summary and comment. Embryo of the ninth day (first half). The age of this embryo is uncertain since no record was preserved, but it was estimated to be in the first half of the ninth day. In surface view, Fig. 1, Plate 22, the embryo shows the outline of the mandibular pouch. The specimen as a whole, was in imperfect condition, but the blood-vessels could de satisfactorily reconstructed to the region of the heart. A single pair of aortic arches is present, lying in the 400 Harriet LEHMANN, mandibular pouches. A reconstruction of the left arch, together with the anterior dorsal aorta of the same side, is shown in Fig. 2, Plate 23. These first arches are large vessels of irregular outline, which after leaving the heart diverge and pass upward through the mandibular bar of either side. They lie, for the most part, just ventral to the alimentary canal. The roots of the dorsal aorta in this embryo, as far as they could be traced, viz: to a point opposite the lower portion of the heart, remain separate, and run just dorsal to the fore-gut. The vessels are practically symmetrical for the two sides. The arch on either side curves into the dorsal aorta just above the anterior end of the fore-gut, forming by this union a vessel resembling an inverted U over the anterior portion of the alimentary canal. A small spur is continued forward from the ventral end of this bend. The first aortic arch in this specimen, especially in the region of the heart, is of considerably larger size than the dorsal aorta. In its upper portion numerous constrictions appear in its walls, and slender trabeculae cross its lumen at ir- regular intervals. In the region of its union with the dorsal aorta, an evagination of the fore-gut is nearly surrounded by these vessels. Just in front of the plane passing through the auditory pit, a small lateral evagination arises from the dorsal aorta (Fig. 2, Plate 23). A similar evagination (II’) is present from the posterior border of the first arch. These spurs are difficult to represent in reconstruction since they take an almost lateral direction. They are supposed to possibly represent the beginnings of the second arch. To summarize the conditions in this embryo: one complete arch is present, and on account of its reticulated appearance’), may be considered as being still in an unfinished condition. In the following stage the mandibular arch is a vessel with much more definitely limited and regular walls, without the trabeculae or constrictions described above. It is interesting to note, however, that the first arch is relatively much larger in Fig. 2, than in the following stage (Fig. 4). The two evaginations mentioned are probably buds of the second arch”), since the one from the dorsal aorta corresponds in position with reference to the auditory pit, to that of the dorsal portion of the second arch when completely formed. 1) cf. VIALLETON for chick, and MARSHALL & BLES for frog. 2) TANDLER on origin of arches. Embryonic history of the aortic arches in mammals. 401 Embryo of the ninth day (second half). No record of the age was received with this embryo. It is estimated to be still in the ninth day, though somewhat older than that of the preceding figure. In external view (Fig. 3, Plate 22) three gill-arches are distinctly outlined. Fig. 4, Plate 23, shows a reconstruction of the aortic arches of the left side for this embryo. The arches present are a first pair, an incomplete second, and a third pair, complete upon the left side, but incomplete upon the right. The dorsal aortae are distinctly separate throughout their course. It was impossible to represent the truncus arteriosus clearly in the reconstruction, on account of the sharp curve which it makes near its union with the roots of the aortic arches. The first aortic arch is of more than twice the diameter of the second and third. Its walls are smooth, and no trabeculae are present in its lumen. A small branch passes forward to the brain from the anterior side of the first arch, a short distance below its union with the dorsal aorta. In the second pair of aortic arches the condition is as follows: — on the left side there is developed from the dorsal aorta a very short but comparatively thick lateral bud. In the two sections below this bud no trace of a blood vessel can be found in the hyoid arch; but in the third section a small vessel appears, which, though irregular in its course and outline. can be traced to the truncus arteriosus. The second arch increases slightly in size toward its ventral end. The condition of the arch upon the right side is somewhat different: An extremely small spur extends from the dorsal aorta, but fails to unite with the slender vessel from the region of truncus arteriosus which rises to the same level as the dorsal bud, but lies slightly nearer the surface of the hyoid arch. The ventral portion of the blood vessel is irregular, and a short distance above the truncus arteriosus, breaks up into lacunae. These, however, do not extend completely to the truncus and no ventral spur of the right second arch could be found. The right and left third arches are also asymmetrical in their deve- lopment in this embryo. The dorsal and ventral portions of the left arch are distinct in outline, and relatively large, but in its middle region the vessel becomes very slender, and toward the larger dorsal segment, is reticulated in appearance. The vessel may, however, be called complete. On the right side a dorsal and ventral bud are present, and a slender vertical sinus intervenes between them, but 402 Harriet LEHMANN, no actual connection can be traced to either bud. This tube-like sinus is more distant from the ventral than the dorsal spur. A slight ventral protuberance of the dorsal aorta, indicated at x in Fig. 4, Plate 23, has the appearance of a bud in the sections of this region. At a corresponding point on the right dorsal aorta a distinct small bud is present. At y in the same figure is shown an isolated sinus. The first aortic arch in this embryo, from comparison with the preceding and succeeding stages, may be considered to be at about its maximum development as far as completeness is concerned. The second arch is not perfectly symmetrical upon the two sides, nor does it appear to correspond in its development to TAnDLer’s de- scription for the rat (p. 312), since upon the right side there is no ventral spur, and the best developed part of the vessel is its middle portion. In the right third arch a similar condition exists, except that a ventral bud is also present. This indicates, that while buds are usually formed from the dorsal aorta and the truncus, as TANDLER has described, it appears from my observations, that they do not always grow toward each other and unite directly, but a middle portion of the arch may also develop, and serve to connect the buds. The evagination indicated at x in Fig. 4, has the appearance of a dorsal bud of the fourth arch. The isolated sinus at y, I am unable to explain. Embryo of the tenth day. Fig. 5, Plate 22, shows a sur- face view of this embryo, which is in the tenth day of development. The body flexure is well marked in the posterior end of the embryo, and four gill arches are evident, instead of three as in the preceding stage. Fig. 6, Plate 23, shows a reconstruction of the aortic arches of the left side. Remnants of the first pair of arches still persist, and complete second and third pairs are present. The latter run in the hyoid and first branchial pouches respectively. The two dorsal aortae are now united along a part of their course. The remnants of the first pair are practically symmetrical on both sides, and consist of a short ventral and dorsal remnant, with a series of discontinuous sinuses lying between them. The second aortic arches are large vessels with well established, unbroken walls, and show no signs of degeneration. The third pair of arches are not symmetrical, the arch of the left side being considerably larger than that of the right. Although these vessels are complete, they are still much smaller than those of the hyoid arches, and scarcely half the diameter of Embryonic history of the aortic arches in mammals. 403 the third aortic arches in the succeeding stage. The walls of the third arch appear reticulated, but there are no trabeculae extending across the lumen of the vessel. The small evagination from the third arch, shown at x in Fig. 6, Plate 23, is present only on the left side. The vessel running forward from the dorsal end of the first arch is flattened against the brain-wall and its breadth in recon- struction gives an exaggerated idea its calibre. To sum up: degeneration in the first arch of this embryo takes place after the manner described by Rarake for the second arch in mammals. The vessel of the hyoid arch has probably reached its maximum development in this stage, since in an embryo but slightly older (not reconstructed) degenerative changes have begun in this vessel. These changes are deserving of especial mention since in the embryo next described a much later stage is shown. The hyoid vessel in the unreconstructed embryo mentioned above as degenerating, is still complete, but its lumen is comparatively small, and in the mesoderm surrounding it, along almost its entire length, small sinuses are present a few of which are connected with the vessel itself. This condition indicates that in the degeneration of this arch, a general decrease in the size of the lumen may take place before the continuity of the vessel is interrupted. A comparison of the third arch in Fig. 6 with that of the succeeding stage, Fig. 8, shows that very likely it is just established, and has by no means reached its maximum development. The evidence seems insufficient to call the evagination of the third arch, shown in Fig. 6, a ventral bud of the fourth arch. Embryo of the eleventh day. The next stage to be considered is represented in Fig. 7, Plate 22, by an embryo of eleven days development. The external view shows four well established visceral arches. Fig. 8, Plate 23, shows a reconstruction of the aortic arches of the left side of the same embryo. No trace remains of the first arch except a slender vessel which passes forward into the mandibular arch from the ventral end of the hyoid vessel. The two sides are almost identical in this respect. The hyoid arch is incomplete, and consists of a dorsal and ventral remnant. Of these, the dorsal remnant is slightly longer than the ventral and the two are separated from each other a little less than a third of the entire distance between the dorsal aorta and truncus arteriosus. The walls of these incomplete vessels are decidedly irregular. While the condition in Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 27 404 Harriet LEHMANN, these incomplete arches is very similar on both sides, there are present, only upon the left side, numerous sinuses not connected with the vessel, but lying in the surrounding mesoderm near the outer surface. These sinuses extend from the dorsal aorta to the truncus, but are less numerous in the region midway between those vessels. The third arch in this embryo is greatly increased in size, and is relatively larger than at any other stage observed. The fourth is less than half the diameter of the third, and its walls are not entirely uniform. From the ventral end of the fourth arch upon both sides, a spur extends dorsally, and receives a very slender vessel (x) which has taken its course along more than half the length of the fourth arch, and a short distance exterior to it. Opposite this ventral spur, the dorsal aorta shows a distinct evagination from its ventral side. These structures may be compared with those present between the fourth and sixth arches in the succeeding stage (Fig. 10, Plate 23). A comparatively large ventral bud of the sixth arch is present, behind the one just mentioned, but no corresponding dorsal element could be found in this stage. The left dorsal aorta is slightly larger than the right, especially below the region of the aortic arches. The subclavian arteries, not included in the reconstruction, are present in this embryo, and arise from the dorsal aorta in connection with segmental arteries, at a considerable distance behind the union of the aortic roots. No distinct subclavian artery was found in the earlier stages described. The ventral rudiment of the first arch which persists in this stage, corresponds in position to the ventral remnant in the preceding stage. The persistence of such a structure in embryos in which the hyoid aortic arches are only partly degenerated agrees with RATHKE’S statement for mammals. The manner of disappearance in the second arch is also in accordance with RATHkE’s description, the middle portion being first to degenerate. The sinuses mentioned as lying in the surrounding mesoderm, are probably remnants of the earlier large hyoid vessel. (I have considered the possibility of this being a phylogenetic remnant of a capillary connection between the efferent and afferent vessels, but is seems to me unlikely, since lung-breathing vertebrates have no functional gill in the hyoid arch.) The third arch has probably reached its maximum development in this stage, since a half day later it is relatively much smaller. No stages at my command showed the fourth arch in the actual process of Embryonic history of the aortic arches in mammals. 405 formation. Its absence at the close of the tenth day (Fig. 6) and its presence as a complete vessel at the close of the eleventh indicates however, that it is formed during the interval. The vessel lying between the fourth and sixth arches (Fig. 8x) and the evagination of the dorsal aorta described in connection (Fig. 8 y) bear the relation to each other that exists in a better developed condition of the supposed fifth aortic arch in an embryo of eleven and one-half days. The ventral element of the sixth arch in the embryo under consideration is the first to make its appearance. The subclavians probably form during the eleventh day, and arise from the aortic trunk as Hocustrerrer has described. Embryo of eleven and one-half days. The external anatomy of the embryo is shown in Fig. 9, Plate 22. Four well marked visceral arches are present. The mandibular arch is divided by a deep, almost median fissure into two lobes, and the hyoid arch shows a transverse depression in its middle region. As in the preceding embryos, the third and fourth visceral arches are relati- vely small. Fig. 10, Plate 23 shows a reconstruction of the aortic arches of the left side. The anterior prolongation of the dorsal aorta divides into two small vessels which supply the regions of the brain. A ventral remnant apparently of the first arch is present, but it has the character of a sinus, and no actual connection with the second arch could be found. This condition is practically identical for the two sides. Unfortunately a few sections passing through the second arch and dorsal aorta were destroyed, but the course of these vessels can be determined with but slight doubt from the remaining sections. A distinct vessel passes downward from the dorsal aorta, through the hyoid arch. A ventral remnant of about equal length takes an upward course from the truncus arteriosus to the level of the dorsal branch, but ends a short distance in front of it, instead of directly underneath. The third arch is still a large vessel, but is not relatively of as great size as in the preceding embryo. The fourth arch has increased in size and nearly equals the third in diameter. Its walls have also become continuous. In the space between the-fourth and pulmonary arches, structures are present which appear to be elements of an incomplete arch. A small, short vessel arises from the fourth arch between its first and second thirds. Three small sinuses lie in the region just beneath the blind end of this vessel, and extend toward the ventral end of : Pb 406 Harriet LEHMANN, the pulmonary arch. Dorsally the sixth arch runs for a short distance in connection with another vessel of nearly equal size, but which, after leaving the common stem, runs towards the surface just above the pulmonary arch, and ends blindly in the mesoderm opposite the middle part of the sixth arch. These structures are repeated on either side. The more superficial position of these rudi- ments is due to the fact that they curve over the last branchial pouch, while the sixth aortic arch runs just beneath it. A very small portion of the branchial pouch appears to be partially con- stricted off between the two vessels. For reasons given in the comment following the description it seems reasonable to regard these rudiments of vessels as representing a fifth aortic arch. The sixth arch in this embryo is small, but complete, and no pulmonary artery is present. The subclavians, not included in the reconstruction, arise from the dorsal aorta, about two-thirds mm. below the union of the aortic roots. Division in the truncus arteriosus has not yet begun. The lack of connection between the supposed ventral remnant of the first arch, and the second, makes it doubtful whether as Rarake has described, the external carotid is formed from the ventral remnant of the first and second arches, without at- least secondary changes. A study of close stages in the eleventh and twelfth day would no doubt determine this question. A comparison with the conditions found in the pig will be made later. The position of the blind ends of the remnants of the second arch, shows variation from the condition described in the preceding stage. It is interesting to note that the remnants of the hyoid arch in the embryo under con- sideration are longer than those shown in Fig. 8, Plate 23, an earlier stage. The manner of disappearance agrees with RaTHKE’s description of the same process. The vessels described above as possible rudiments of a fifth arch, correspond in position with relation to the fourth arch and dorsal aorta, to the structures noted in this region in the preceeding stage. They to not agree fully with Zımmermann’s description of a fifth arch for the rabbit. ZIMMER- MANN found a complete fifth arch in a rabbit of about the eleventh day, but its course was from the truncus arteriosus to the aorta, joining the latter near the dorsal end of the sixth arch. There is little room for doubt however, that the rudiments in Fig. 10, Plate 23, correspond to the vessel in ZIMMERMANN’s embryo. The ventral bud is too small to be the entire means of ventral connection for a com- Embryonic history of the aortic arches in mammals. 407 plete arch, and except for the short union of the dorsal rudiment with the sixth arch, its position is similar with relation to the aorta, to ZIMMERMANN’s description of the fifth arch in the rabbit. TANDLER found the fifth and sixth arches in the human embryo uniting to form a common stem, a short distance ventral to their union with the dorsal aorta. That variations occur in the fifth arch in the same species, is evidenced by the differences which ZIMMERMANN and TANDLER found in the course of this vessel in the human embryo. Such individual variations are naturally to be expected in rudimentary structures. The considerable distance between the fourth and sixth arches in Fig. 10, Plate 23, is signi- ficant. I am unable however, to find a distinct fifth entodermal pouch. It may also be noted that the truncus arteriosus is still undivided. Embryo of twelve and one-half days. Fig. 11, Plate 22, shows a surface view of an embryo twelve and one-half days old. The mandibular and hyoid visceral arches are still prominent, but the boundaries of the more posterior branchial arches are becoming les distinct. The maxillary process of the mandibular arch now extends to the nasal pit, and the cleft forming its dorsal boundary is nearly vertical. Fig. 12, Plate 23 shows a reconstruction of the aortic arches of the left side of the same embryo. There are present in this stage three pairs of complete aortic arches, the third, fourth and sixth, and also a pair of extremely small spurs from the dorsal aortae in the hyoid visceral arch. The complete vessels are of nearly uniform size, and about equally distant from one another. The truncus arteriosus is still undivided. No dorsal remnant of the first arch could be found. The laterally directed dorsal spur shown at ZI in Fig. 12, Plate 23, is probably a dorsal remnant of the second. A vessel passing forward from the ventral end of the third arch, requires description. This vessel divides shortly after leaving the third arch, into two branches, one of which runs directly forward, and another, not possible to show in the reconstruction, which bends toward the exterior of the hyoid arch, and near the cleft between this visceral arch and the mandibular divides into two branches, passing into either of the above mentioned visceral arches. The diameter of the dorsal aorta between the third and fourth arches is reduced and scarcely more than half its size behind its union with the fourth arch. It is also smaller than the dorsal aorta above 408 Harriet LEHMANN, the third arch. The portion of the aortic root below the fourth aortic arch is slightly larger on the left than on the right side. A pulmonary branch from the sixth arch has become established. It is symmetrical on both sides. The subclavians arise from the aortic trunk about '/, mm below the union of the aortic roots. To summarize the conditions in the embryo: the position of the proximal portion of the vessel passing forward from the ventral end of the third arch, corresponds to that of the ventral remnant of the second arch present in the preceding embryo. A study of inter- mediate stages would be necessary to determine whether more than the proximal portion is to be considered as a remnant of the second or first arch. The reduced calibre of the dorsal aorta between the third and fourth arches indicates the first stage in the degeneration in that part. The development of the pulmonary artery in this embryo agrees with the descriptions of His, ZimmerMANN and BREMER, and not with that of RaTake. The subclavians arise from the aortic trunk, but nearer the union of the aortic roots than in earlier stages. General summary for rabbit embryos. The condition of the aortic arches in the six stages of rabbit embryos may now be summarized. The mandibular aortic arches are the first to appear and for a short time are the only ones present. They occupy a position for the most part near the center of the mandibular bar but toward their extremities bend into the truncus arteriosus below, and the aortic roots above. At this time the blood passes directly from the heart, through the first pair of arches, to the dorsal aortae, which are separate throughout their course. In an early stage the man- dibular arch appears to consist of a series of rather large, loosely connected sinuses, with slender trabeculae crossing its lumen at intervals. By the time the second and third aortic arches are nearly complete the walls of the first arch are continuous, and its lumen is free from any reticulated structure. When the second arch has reached its maximum size, degeneration has begun in the middle portion of the first arch so that, in this region, only a series of disconnected sinuses remains. A short dorsal remnant of the first arch is present in the tenth day, but no corresponding vessel was observed in later stages. A larger ventral remnant persists until after all the arches are formed, but I was unable to determine Embryonic history of the aortic arches in mammals. 409 whether or not this forms a part of the external carotid, since in one of the embryos of my series (perhaps not typical) its connection with the second arch was lost. The second and third arches arise almost simultaneously but the second arch reaches its maximum size and degenerates to a considerable extent, before the third has reached its greatest dia- meter. Variations occur in the manner of appearance of the second arch, both in individual embryos, and in the two sides of the same specimen. In the majority of cases dorsal and ventral buds of varying lengths were formed as TAnDLER has described for other forms. Beside these rudiments, a series of disconnected sinuses appears in the middle region of the vessel to be formed. This portion of the arch is the last to lose the reticulated appearance of its walls, and the first to degenerate. Degeneration begins before the sixth arch is formed, and seems to be accomplished by an in- growth of mesoderm: which, in the middle portion of the vessel, divides it into sinuses and narrows its channel. Dorsal and ventral remnants of the second arch persist in all the stages observed. (Compare with pig embryos.) The third arch forms in a manner similar to the second, and at about the same time. Individual variations also occur in its manner of formation. After reaching its maximum size, the processes of growth are such that the third arch and the dorsal aorta anterior to it become of about equal calibre. In an embryo of twelve and one-half days a marked decrease in the size of the dorsal aorta between the third and fourth arches is evident. The fourth arch forms rapidly in the eleventh day, and at twelve and one-half days the vessel of the left side is slightly larger than that of the right. The foregoing observations furnish further evidence that a rudimentary fifth arch exists for the rabbit as ZIMMERMANN has described. No complete fifth arch was found but I was not in possession of a closely graded series of embryos in the eleventh and twelfth days, in which to follow the history of this vessel. The pulmonary arches are the last to form (with the exception of the fifth pair), and each gives rise to a pulmonary artery as Bremer has described. At twelve and one-half days the pulmonary arteries are symmetrical on both sides. This condition precedes the asymmetrical arrangement represented in the diagrams of RATHKE. 410 Harriet LEHMANN, The subclavians of the rabbit arise as Hocusrerrer has de- scribed, from the aortic trunk, and in the process of development, they come to lie gradually nearer the union of the aortic roots. B. The aortic arches in pig embryos. Embryo of the twentieth day (early). The pig and rabbit series overlap. The youngest pig embryo in which a recon- struction of the aortic arches was made is shown in external view in Fig. 13, Plate 22. From a comparison with the figures of KEIBEL, it is estimated to be rather early in the twentieth day of development. Three well developed branchial pouches are present, and a fourth is clearly outlined. Fig. 14, Plate 23, represents a reconstruction of the aortic arches for the right side of the same embryo. Two complete arches, the third and fourth, are present, but portions of the first, second and sixth arches also exist. The first two are in the process of de- generation, but the sixth is not yet fully formed. All these vessels are substantially symmetrical on the two sides of the embryo. The remnant of the aortic arch of the mandibular bar has completely lost its connection with the truncus arteriosus, and consists of a slender branch retaining connection with the dorsal aorta, terminating about midway between that vessel and the truncus, and surrounded in its ventral portion by numerous small disconnected sinuses. The sinuses indicated at x and y in Fig. 14, Plate 23 are not connected with the truncus arteriosus, but occupy a position in the visceral arches similar to a ventral remnant of the first arch in the rabbit (cf. Fig. 8 and 10, Plate 23). The hyoid arch is more nearly complete. A dorsal rudiment slightly larger than that of the first arch, leaves the dorsal aorta as a single vessel, but after a short distance its channel becomes divided into several smaller ones. These again merge into a single small vessel which terminates a short distance above the large forward extension of the truncus arteriosus. From the anterior wall of the prolongation of the truncus, a slender and short vessel extends upward and laterally into the hyoid arch. The vessels from the two sides join the truncus close to each other and near the median plane. Between this ventral rudiment of the second arch, and the larger dorsal remnant, lie numerous small disconnected pockets in the mesoderm. There is a prominent prolongation of the truncus in front of the third arch. Embryonic history of the aortic arches in mammals. 411 The third aortic arch is the largest of the aortic vessels present, and in this embryo is larger than in any other stage observed. It is a short tubular vessel of fairly regular outline, but its walls do not present the thickened appearance characteristic of the dorsal aorta of this stage. The fourth arch, although longer, is smaller in diameter than the third, and upon either side in the region of its union with the dorsal aorta a small cord of mesoderm passes through its channel. The most posterior arch in this embryo has been considered the sixth both because of its great distance from the fourth, and because a fifth arch usually appears at a considerably later period. This vessel is complete in its ventral half, and at its blind terminus gives off a posteriorly directed vessel which, thoug as yet small and broken in its course, appears to be an element of the pulmonary artery. Dorsally from this vessel a group of sinuses extends toward the aortic root, and a distinct small branch joins the latter on its inner side. The first aortic arch in this embryo, from comparison with later stages, has been regarded as in the process of degeneration. Its connection with the dorsal aorta has persisted longest, and the characteristic pocket-like sinuses noted for the rabbit appear about the ventral end of this remnant. The sinuses near the anterior prolongation of the truncus are similar to those observed in the rabbit, and afford evidence that the ventral portion of the first arch does not retain its connection with the ventral end of the second arch. The anterior end of the truncus, however, still projects beyond the ventral end of the second arch. The manner of disappearance of the second vessel is similar to that described for the rabbit, the vessel becoming incomplete first in its middle region. The band of tissue crossing the lumen of the fourth arch near its union with the dorsal aorta, corresponds to the similar condition noted in the rat embryo by TanpuEr and designated by him „Inseln“. It is further described in several of the other stages of the pig embryos. The channel of the anterior end of the aortic roots in this stage is crossed by ingrowths of the surrounding tissue, forming islands as it were, in the blood stream. The condition of the sixth arch in this embryo indicates that in the pig, the pulmonary artery starts to form before the pulmonary arch is complete. The distance between the fourth and sixth arches is noteworthy. 412 Harriet LEHMANN, Embryo of the twentieth day (No. 2). This embryo is estimated to be about the same age as the preceding one, but it shows certain variations in the condition of the aortic arches worthy to be noted. In external view (Fig. 15, Plate 22) there are three well marked branchial pouches, and a fourth similar to that in the preceding stage. Judged from the appearance of the mandibular pouch and the nasal epithelium, this embryo is slightly older than that shown in Fig. 13, Plate 22. The internal conditions as represented in Fig. 16, Plate 24, show three complete arches, the third, fourth and sixth, and the first and second arches are also nearly complete. The rudiment of the first arch consists of a long, slender vessel passing downward from the dorsal aorta through the mandibular visceral arch. It extends to the level of the ventral end of the second arch, where it bends toward the interior, and ends blindly, only a short distance from a forward prolongation of the truncus arteriosus. This remnant of the first aortic arch, unlike the corresponding one in Fig. 14, Plate 23, is fairly regular in its course, and few sinuses lie about it. The rudiments of the second arch are large, and in reconstruction appear to overlap each other, but this appearance is misleading for they lie at different planes, and in the reconstruction are projected one against the other. Near its ventral end, the single channel of the dorsal rudiment breaks up into several, which end blindly. A few disconnected sinuses also exist in the region of the truncus arteriosus. The latter projects forward and upward beyond the ventral termination of the third arch, in the form of a large blind pocket, and two slender branches directed both laterally and forward from its anterior wall, appear to be remnants of the ventral ends of the second pair of arches. The more posterior ends of these branches are but a short distance from each other. The third arch is not relatively as large as in the preceding stage, but the fourth has increased in size making these two vessels nearly equal in diameter. The clear space at the dorsal end of the fourth arch marks an infolding of the wall which passes through the vessel. It is the same structure noted in the previous specimen and corresponds to the “Inseln” of TANDLER. The sixth arch is complete, and shows an enlargement at its dorsal end, which joins the aorta upon the inner border of the latter vessel. Each pulmonary arch gives rise about midway in its Embryonic history of the aortic arches in mammals. 413 course, to a pulmonary artery. As in the preceding embryo the space between the fourth and sixth arches is considerably wider than that between the third and the fourth. This embryo is of special interest as showing variation in the order of development. The rudiments of the first and second arches are more nearly complete than in the embryo shown in Fig. 14, Plate 23, of apparently about the same age, while the pulmonary arches, which were not fully formed in that specimen, are complete in this embryo. In both cases, the dorsal remnants of the first two arches appear to be more persistent than the ventral ones. In Fig. 16, Plate 24, we have five arches nearly complete. It is to be noted in this connection that His and Tanner both show in the human embryo five complete aortic arches existing at the same time. Embryo of the twentieth day (No. 3, somewhat older). This embryo represents a somewhat older stage in the twentieth day. An external view is shown in Fig. 17, Plate 22. Four well developed branchial pouches are present, and considerable modification from the previous stages is shown in their contour. The whole embryo is decidedly larger than that shown in Fig. 15, Plate 22. Fig. 18, Plate 24 shows a reconstruction of the aortic arches of the right side for this embryo. In this stage three complete pairs of aortic arches are present; the third, fourth and sixth, and remnants of the first two pairs. The vessels lie in the corresponding visceral pouches. The vessel in the mandibular bar consists of a very slender branch from the dorsal aorta, which after leaving the latter vessel, bends toward the exterior and then takes a course ventralward through the middle of the visceral arch. Opposite the dorsal end of the cleft which separates the maxillary process of the first arch from the remaining portion, this small vessel appears to break up into sinuses which though disconnected, lie close together and can be readily followed. These extend ventralward for a short distance, and then take a general direction toward the anterior prolongation of the truncus arteriosus. The remnants of the first arch upon either side are essentially symmetrical. A vessel of somewhat larger diameter is present in the second visceral arch of both sides. This artery also bends toward the exterior upon leaving the dorsal aorta, and passes downward through 414 Harriet LEHMANN, the hyoid arch. A short distance from its origin it divides into two branches which diverge, and finally terminate at about the level of the ventral end of the complete portion of the first arch. A few small sinuses extend between the end of the more anterior branch, and the chain of sinuses described in connection with the first arch. The truncus arteriosus projects forward for a short distance, beyond the ventral ends of the third pair of arches. At the union of the truncus and third arch upon either side, and from the more anterior wall, a small and short branch is given off which is directed toward the chain of sinuses described above, but with which no definite connection can be found. This pair of vessels joins the truncus a short distance from the median plane. The third arch in this stage, is somewhat smaller than the fourth arch, a reversal of the condition in the two preceding embryos. The dorsal aorta between the third and fourth arches is slightly reduced in diameter. The fourth arches are large vessels of about equal size on both sides of the embryo. A structure connected with the dorsal end of the fourth arch on either side (Fig. 18 V, Plate 24) is noteworthy. It consists of a chain of small sinuses extending from the posterior wall of the fourth arch, near its dorsal end, to the dorsal aorta, the last sinus definitely joining the latter vessel behind its union with the fourth arch. Upon the right side the connection is clear between the most anterior sinus and the fourth arch. In fact, these structures upon the right side form a practically continuous, though very slender vessel. The sixth arch is at a considerable distance from the fourth. It is similar in size and form to that described for the preceding embryo. This arch increases in diameter near its dorsal end, and shows two unequal connections with the aortic root. It unites with the ventral wall of the latter vessel somewhat towards the median plane, so that in a side view this end of the sixth arch is behind the aortic root. Small ingrowths of the surrounding tissue cross the lumen of this arch at its dorsal end, but have not been shown in the reconstruction on account of the already complicated appearance of this region. The general character of this portion of the sixth arch indicates that it is undergoing changes of some kind. A small pulmonary artery is present, but can be traced as a continuous vessel only a short distance posterior to the sixth arch. Embryonic history of the aortic arches in mammals. 415 The left aortic root, below its union with the sixth arch, is slightly larger than the right. Dorsal remnants of the first two arches still persist, and also a small ventral remnant of the second arch is present, as shown in Fig. 18 X, Plate 24. This corresponds in position to the similar rudiment shown in Fig. 16, Plate 24. The dorsal ends of the fourth and sixth arches are apparently in an unstable condition and may be compared with the correspond- ing vessels in the four following stages. Embryo of the twentieth day (No. 4, somewhat older). This embryo is also of the twentieth day. Its external appearance is shown in Fig. 19, Plate 22. There are four well developed branchial pouches. A well developed maxillary process of the man- dibular pouch is present, as in corresponding stages of the rabbit. In Fig. 20, Plate 24, we have a reconstruction of the left side of the same embryo showing three complete aortic arches, and rudiments of three incomplete ones. A very small dorsal remnant of the first arch is present (Fig. 20, I, Plate 24); it is directed upward and outward from the aortic root. A short distance anterior to the truncus arteriosus lies a sinus which extends into the mandibular visceral arch, and appears to be very slightly connected with a distinct but slender vessel which leaves the ventral end of the third arch. This vessel joins the anterior wall of the third arch at a decidedly greater distance from the median line than the similar vessel in the preceding embryo. Upon the right side an extremely small branch leaves this vessel a short distance above its union with the third arch, and forms a slight connection with the anterior prolongation of the truncus, near the median plane. J am unable to find a similar structure on the left side. A larger dorsal remnant of the hyoid aortic arch is present, passing outward and then downward for a short distance, through the corresponding visceral arch. The truncus arteriosus projects upward in front of the ventral end of the third arch, in the form of a pocket as has been described for earlier stages. The third arch is smaller than in the preceding embryos, and a _ noticable decrease has taken place in the size of the dorsal aorta between the third and fourth arches. The fourth arch is the largest of the complete arches, and certain peculiarities in its structure are to be noted. A large posteriorly directed spur leaves this vessel a little ventral to its middle region. At the dorsal end of the fourth arch, 416 Harriet LEHMANY, and upon its posterior side three ingrowths of the surrounding tissue cross its lumen, and just beneath these lie two small ventrally directed spurs from the dorsal aorta. A third spur leaves the upper side of the sixth arch, near its dorsal end. Between these spurs, and the one described above as leaving the ventral part of the fourth arch, lie a chain of small sinuses situated about midway between the fourth and sixth arches. In this specimen two distinct entodermal poucbes are present between the fourth and sixth arches. The pulmonary aortic arch in this stage has manifestly increased in size, so that its diameter nearly equals that of the third arch. The rudiments of the pulmonary arteries are developed symmetrically as to position, one from the posterior side of either sixth arch, about midway in its course. The pulmonary artery of the left side is however, a more slender vessel than that of the right. Division in the truncus arteriosus has not yet taken place. A reconstruction of the vertebral artery is shown in Fig. 20, Plate 24, but no attempt has been made to show with exactness its irregular outline. The subclavians arise from the aortic trunks about 1/, mm behind the union of the aortic roots. A remnant of the first arch is still present in this stage, in connection with the dorsal aorta. A slender but somewhat larger dorsal remnant of the second arch persists, but I am unable to say just what changes have brought about the greater separation of the posterior ends of the vessels which have previously been regarded as ventral remnants of the second arch. A study of close stages would, I think, show intermediate changes. The rudimentary structures described in connection with the fourth and sixth arches, by comparison with later stages, may be fairly considered as representing a stage in the formation of the fifth arch, since the rudiments occupy positions with relation to the fourth and sixth arches, clearly in correspondence with the same parts of a complete fifth arch in a later stage, and with similar incomplete vessels in other embryos. The presence of two distinct branchial] pouches between the fourth and sixth arches also adds evidence in favor of considering these structures as parts of one incomplete fifth arch. These rudiments appear a short time before division takes place in the truncus arteriosus. TANDLER finds a rudiment of a fifth arch in the rat in a stage almost identical in development to the one under consideration. The origin of the Embryonic history of the aortic arches in mammals. 417 pulmonary arteries is clearly according to the manner described by BREMER. Embryo near the close of the twentieth day (No. 5). This embryo is slightly older than the preceding, but from com- parison with the figures of KerBez still belongs to the twentieth day of development. The external view (Fig. 21, Plate 22) shows four branchial pouches. The mandibular has a longer maxillary process than in the preceding stage, and the third bar shows a horizontal groove a short distance above its middle. In the reconstruction (Fig. 22, Plate 24), are shown small dorsal rudiments of the first and second arches, of about equal size. A chain of disconnected sinuses lies in the mandibular and hyoid arches in a position similar to the large sinus shown at @ in the preceding reconstruction (Fig 20, Plate 24). These have not been shown in the reconstruction on account of the difficulty in representing clearly such irregular structures. These sinuses are so closely asso- ciated toward the ventral ends of the third arches, that they seem to outline the course of an incomplete vessel, but no clear connection can be determined between these sinuses and two small branches from the ventral ends of the third arches. They end, however, close to each other. The vessels just mentioned (Fig. 22, Plate 24) leave the third arches a short distance above their union. That of the left side is somewhat nearer the median plane than the right. The noticable pocket-like extension of the truncus arteriosus present in younger pig embryos was not found in this stage. In connection with the fourth arch are structures similar to certain of those described for the preceding embryo as rudiments of a fifth arch. Near its ventral end, a short spur leaves the fourth arch, directed toward the dorsal end of the sixth. In the posterior side of the fourth arch, near its union with the dorsal aorta, is a small ingrowth of the surrounding tissue. Below this structure, a slender vessel leaves the dorsal aorta and runs close to the latter vessel, joining the sixth arch at its dorsal end. This vessel takes a course similar to the posterior portion of the fifth arch in the following stage. Its walls are not as regular, and trabeculae appear in its channel, but it is nevertheless a complete vessel. Two ento- dermal branchial pouches are present between the fourth and sixth arches, but the more dorsal one is not so well developed as in the preceding stage. 418 Harriet LEHMANN, The roots of the pulmonary arteries arise from the posterior side of either pulmonary arch, slightly ventral to its middle, and after a short distance, bend toward each other. Especially along the middle part of their course, small spurs extend from these arteries, toward each other.!) The subclavians arise from the aortic trunks, just below the union of the aortic roots. The left fourth arch and the dorsal aorta below it, as well as the left sixth arch, are slightly larger than the corresponding vessels of the right side. The dorsal aorta between the third and fourth arches has diminished noticeably in size, so that it is here less than one-half its diameter posterior to its connection with the fourth arch. As in earlier stages, there is also to be seen in this embryo, the persistence of small dorsal rudiments of the first and second arches. These are slightly farther forward, as the embryos become older, but leave the dorsal aortic roots in a similar manner in each case. The forward extension of the truncus arteriosus which for the first time is absent in this stage, appears to be peculiar to the pig embryos. No corresponding structure was found in the rabbit, and TANDLER describes none either for the human embryo or the rat. A change in the relation of the aortic arches to each other in this stage is due mainly to a lengthening of the truncus arteriosus between the fourth and sixth arches. The rudimentary structures between the fourth and sixth arches may for several reasons be considered parts of a forming fifth arch. This arch is completely formed in the next stage, and its posterior portion is very similar to the vessel shown at V in Fig. 22, Plate 24, running close to the dorsal aorta between the fourth and sixth arches. The ventral spur from the systemic arch in this embryo corresponds closely to that in the preceding stage, and to the ventral end of the complete fifth arch in the succeeding embryo. The two entodermal pouches present between the systemic and pulmonary arches are significant. The formation of the subclavians agrees with HocHSTETTER’S description for mammals, in the pig as well as in the rabbit. Embryo of the twenty-first day. The embryo under consideration belongs to the twenty-first day. Its external anatomy is shown in Fig. 23, Plate 22. Modifications in the contour of the first two branchial pouches are noticeable, and the third pouch is 1) cf. BREMER, 1902. Embryonic history of the aortic arches in mammals. 419 smaller than in the preceding stage. The body flexure is less marked than in the younger embryos. A reconstruction of the aortic arches of the left side is shown in Fig. 24, Plate 25. Short spurs on the aortic roots are present in the mandibular and hyoidean visceral arches, which correspond in position to the dorsal remnants of the first and second arches in the two preceding stages. The more anterior branch bends outward and upward, while the other passes outward for a short distance, and then downward. A long slender vessel runs forward from the ventral end of the third arch of either side leaving this artery slightly above the union of the third pair of arches. Its course les for the most part, parallel to the anterior prolongation of the dorsal aorta, and just back of the cleft between the mandibular and hyoidean visceral arches, it divides into three small branches. The courses of these vessels upon either side are symmetrical except near their union with the third pair of arches. Here the vessel from the left side approaches the median line, while the one from the right joins the third arch of that side at some distance from the median plane, its point of connection corresponding to that of the small spur passing forward from the ventral end of the right third arch in Fig. 22, Plate 24. The third arch is of about the size of the continuation of the dorsal aorta in front of it and appears to be continuous with the latter account of the marked decrease in the diameter of the dorsal aorta between the third and fourth arches. This is especially notice- able in the region near its union with the third arch, where its channel is greatly reduced. The left fourth arch in this embryo is large and of especial interest on account of its connection with a complete fifth aortic arch. A short distance from its union with the truncus arteriosus the fourth arch increases greatly in width and there is given off from its posterior side, near the middle of the arch, a smaller but perfectly distinct vessel, which bending slightly downward, follows closely the course of the fourth arch, and joins the dorsal aorta immediately beneath it. Just ventral to its union with the aortic root there passes backwards from the rudimentary fifth vessel, a branch which lies close to the dorsal aorta and joins the sixth arch immediately ventral to its union with the dorsal aorta. This vessel, upon the left side, is moderately large, and well defined. A vessel Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 28 420 Harriet LEHMANN, of similar form and relations, but somewhat smaller, is present upon the right side. Two distinct branchial pouches are discernable between the fourth and sixth arches, upon both sides. The left sixth arch is large, and of somewhat greater size than the right, and a separation has taken place in the truncus arteriosus dividing the pulmonary from the aortic channel. The pulmonary arteries are larger than in the preceding stage, and the two vessels are nearer each other at their origins. They approach each other rapidly in their backward course, and at least one connection has formed between the two arteries. This agrees with BREMER’S description. My own observations upon the pulmonary artery of the pig were completed before seeing his paper. The right root of the dorsal aorta is smaller behind the fourth arch, than the left. The right fourth, fifth and sixth arches are also smaller than those of the opposite side. The subclavians in this embryo arise at the point of union of the aortic roots. It may be safely stated that at least small dorsal remnants of the first and second arches persist up to this stage. A definite external carotid is now present, and the third arch and anterior prolongation of the dorsal aorta indicate the course of the internal carotid. The decrease in size of the dorsal aorta between the third and fourth arches foreshadows the disappearance of that portion of the aortic root. The vessel described as a fifth aortic arch in this embryo arises at about the same stage as in other mammals, as described by ZIMMERMANN and TANDLER. The presence of an extra entodermal pouch in this region and the distinct character of the vessel will not admit of its being interpreted as a part of the fourth arch or aortic root, and furnish good evidence toward the acceptance of this artery as a fifth aortic arch. The relation of the arches to each other is similar to that in the preceding stage. The separation of the aortic and pulmonary trunks appears at this stage for the first time in their developmental history. Embryo of the twenty-second (?) day. This embryo is clearly older than the preceding one, but I am unable to estimate its age with much certainty. It does not correspond closely to the pig embryos of the twenty-second day shown in Kerset’s charts, and the ages of his older embryos are not stated. Embryonic history of the aortic arches in mammals. 421 Fig. 25. Plate 22 shows a drawing of the exterior of this embryo. The branchial arches are undergoing modifications, the two posterior ones being now indefinite in outline. The two lobes of the first arch are nearly equal in length and size. Fig. 26, Plate 25 shows a reconstruction of the aortic arches for the right side of the same embryo. This does not, however, include the anterior branches of the carotids. The third arch is the most anterior complete arch present, and with the forward prolongation of the dorsal aorta forms the internal carotid. A short common carotid is present upon either side of the two uniting at ce in Fig. 26, Plate 25. It should also be noted that the union of the arches from either side is some distance below the origin of the external carotids. The external carotid near its union with the common carotid gives off two small branches (1 in Fig. 26, Plate 24) directed outward, and then passes forward through the hyoid arch. In this same arch, a small branch (not figured) leaves the internal carotid, in a manner similar to that described for the dorsal remnant of the second arch in the earlier stages. The dorsal aorta between the third and fourth arches has become greatly lengthened and attenuated, and while still complete, has only a very small lumen. The fourth arch is still a large vessel upon either side, but that of the left side is of greater size than the right. A fifth arch probably in the process of degeneration, is in close con- nection with the fourth and sixth arches. About midway in the course of the fourth arch, a vessel leaves directed toward the sixth arch, and ends blindly a little more than half way across the inter- vening space. Its channel is irregular and is partly divided by strands of tissue. An extremely small vessel connects the posterior end of this artery with the fourth arch. Midway between the systemic and pulmonary arches, a branch proceeds from the dorsal aorta toward the blind end of the vessel above described and ends a short distance dorsal to its termination. This branch has two connections in its course, with the sixth arch. The one from its dorsal end is extremely small, and can be followed only with difficulty, but the second one, directed downward from near the ventral end of the main branch, is of about the same calibre as this vessel. A fifth branchial pouch also exists in this embryo. The sixth arches unite at a in Fig. 26, Plate 25, and are in such close proximity near their union that the origins of the pul- monary arteries lie close to each other. In the middle part of their 28* L 422 | Harriet LEHMANN, course these arteries approach each other, and become united for a short space. The subelavians arise from the aortic roots about !, mm in front of the union of the latter, to form the aortic trunk. The aortic and pulmonic trunks now leave the heart separately. The wider dorsal separation of the third and fourth arches is a noteworthy feature in this embryo. The dorsal aorta uniting them becomes incomplete in the next stage. A distinct short common carotid is present upon either side. The presence of short common carotids in this embryo is coin- cident with a change in the place of union of the vessels of the two sides, this being now at the ventral ends of the fourth arches instead of the third pair, as in the preceding stage. A comparison of the incomplete vessels in this embryo, between the fourth and sixth arches, with the arteries in this region in the preceding stages, shows that their relation to each other and the vessels which they join is practically in complete correspondence with the condition found in three younger embryos. Since the fifth arch was complete in the stage represented in Fig. 24, Plate 25, and does not occur at all in the embryo slightly older than the one shown in Fig. 26, the incomplete condition in the latter embryo may be regarded as due to the advance of degeneration in this arch. The presence of a fifth entodermal pouch in these embryos, between the fourth and sixth arches strengthens the interpretation that a fifth aortic arch exists between the systemic and pulmonary arches. The secondary changes in the formation of the pulmonary artery are now in progress (cf. BREMER, 1902). For the first time in the series, the subclavian arteries arise in front of the union of the aortic roots. Embryo of a later stage. Fig. 27, Plate 22, shows the external anatomy of this embryo. I am unable to estimate its age with certainty but it is possibly of the twenty-third day of deve- lopment. The region of the branchial pouches is considerably modi- fied, and only the outline of the first branchial bars can be seen. The back of the embryo has straightened noticeably, and the limbs are well advanced in development. Fig. 28, Plate 25, shows a reconstruction of the aortic arches of the right side, excluding the anterior branches of the carotids. The aortic arches now lie considerably further backward than in the preceding stage. Embryonic history of the aortic arches in mammals. 493 The fourth arches unite at x, and thus it will be seen that the common carotid stems branch from the upper portion of either systemic arch. The carotid stem divides first into two branches, the smaller one of which runs ventral to the other, and nearer the median plane. The larger branch just below its bend about the pharynx, gives off a small branch which soon breaks up into lacunae; these extend toward, and appear to unite with the first branch of the common carotid at c. Besides the lacunae above described in connection with this vessel, several others are found joining it at its base, and upon the inner side. They also extend downward for a short distance about the main branch of the common carotid. This branch bends about the pharynx and then passes forward dorsal to it. This is the internal carotid. In this stage I also observed two branches from the internal carotid corresponding in the position of their basal portions, to the spurs from the dorsal aorta noted in earlier embryos, in the mandi- bular and hyoid visceral arches. The dorsal aorta between the third and fourth arches has become greatly attenuated and near the dorsal end of the third arch is no longer a complete vessel, but its former course can be followed by the presence of small lacunae and condensed groups of cells. The portion of the blood-vessel which is still complete has a thread-like channel, with thick walls. The diameter of the fourth arch of the right side is now slightly less than one-half that of the left side, and behind the arches, the right aortic root to the base of the subclavian artery, is of but about one-fourth the diameter of that of the left side. The changes in the right side make the fourth arch and the aortic root appear continuous with the root of the subclavian. Back of this vessel, the right aortic root is extremely attenuated for the remainder of its course. The lumen of the right sixth arch is of greatly reduced size, and the walls are much thickened. The vessel appears to be degenerated too far to admit longer of free passage of the blood. It is united with the large left sixth arch, above the base of the single pulmonary artery. No branch from the right pulmonary arch is present but small lacunae lie about and in connection with, the upper part of the pulmonary artery. The latter now arises from the right side of the left sixth arch. This single pulmonary artery eventually divides into two branches. The left pulmonary arch 424 Harriet LEHMANN, and the pulmonic trunk now form a continuous large vessel joined dorsally to the left aortic root. The subclavian artery arises from a common stem with a seg- mental artery, about °/, mm cephalad to the union of the aortic roots, and then bends outward passing to the fore-limb. The ver- tebral artery now arises from the same stem, passing outward and forward. To summarize, the carotid stem and its branches are now con- nected with the more posterior portion of the arterial system only by the union of the common carotid with the fourth arch. This obliteration of the dorsal aorta between the third and fourth arches, begins first at the anterior end, and is inaugurated by thickening of the walls, as TAnpLer has described for vessels disappearing late in the history of the aortic arches. The right sixth arch appears to be degenerating in a similar manner, and while still complete shows no connection with the pulmonary artery. The decrease in size of the right aortic root between its union with that of the left side, and the subclavian artery foreshadows the eventual disappearance of that part of the aortic system. The fourth arches have already undergone considerable modifi- cation, both with relation to the other vessels and in their actual shape. In the earlier stages the two fourth arches unite in the same plane as their union with the common carotids, while in this embryo they meet considerably nearer the heart, thus giving either vessel a more arched appearance. General summary for the series of pig embryos. Six pairs of aortic arches are formed in the pig embryo, and all are established by the close of the twenty-first day of development. Of these, the first two are usually degenerated to a large extent before the remaining four pairs reach their maximum development. The first two arches may persist, however, for some time after the third, fourth and sixth arches are formed, as nearly complete vessels, but greatly reduced in calibre. These arches degenerate in a manner similar to that described for the rabbit. Small dorsal rudiments of both the first and second arches were found in each stage observed. The persistent remnant in the hyoid arch is usually somewhat larger than that in the mandibular. In each of the first five stages ob- served there is present only a very short branch passing forward from the ventral end of the third arch. I am unable to say cer- Embryonic history of the aortic arches in mammals. 425 tainly whether the sinuses present in the first two arches in these embryos are remnants of the former larger blood vessels which eventually disappear, or are associated with the formation of the external carotid. It is evident however, that the external carotid is for the most part not primarily a remnant of the ventral parts of the first two arches. The small vessels passing forward from the ventral ends of the third arches, in the earlier stages observed, lie near the median plane. In the latter half of the twentieth day they appear considerably nearer the exterior. The anterior prolonga- tion of the truncus arteriosus, not found in the rabbit, disappears in the pig in the latter part of the twentieth day. The third arch probably reaches its maximum development early in the twentieth day. Subsequent changes bring this arch to about the diameter of the dorsal aortic root anterior to it, and the two vessels eventually form the internal carotid. The dorsal aorta between the third and fourth arches decreases in size from the latter half of the twentieth day, until, in probably the twenty-third day, it has become extremely attenuated, with thickened walls, and has broken away entirely from the dorsal end of the third arch. Changes of considerable extent take place in the relations of the arches to each other as the common carotids develop, but since these are also related to earlier changes, they will be considered in speaking of the relations of the ventral ends of the aortic arches. The fourth arches are of about equal size until late in the twentieth day, when the vessel of the left side becomes larger, and from this time onward the difference increases until in the oldest stage re- constructed the right fourth arch is of about one-half the diameter of that of the left side. The right aortic root is also diminished greatly in calibre, and in the oldest stage considered, appears continuous with the fourth arch of that side, to the root of the vessel passing to the forelimb. Behind the subclavian artery the right aortic root is gradually obliterated. The series of embryos observed furnishes a comparatively complete history of a fifth aortic arch for the pig. This arch when complete is connected ventrally with the fourth arch, and dorsally with the aortic root, and the dorsal end of the sixth aortic arch. It is, where complete, a well-defined vessel with continuous walls. In each embryo in which rudimentary structures were present between the fourth and sixth arches, a fifth entodermal pouch was observed. The completed fifth arch was found in the twenty-first 426 Harriet LEHMANN, day shortly after division had taken place in the truncus arteriosus. | The rudiments found in this region in earlier stages and in a succeeding one, practically correspond in position to parts of the complete fifth arch, and as the embryos approach the twenty-first day these elements become more clearly defined. A few minor variations might be noted, but in transitory structures of this nature a considerable range of variation is naturally to be expected, so that, any variable conditions exhibited by the fifth arch (and other arches) are not to be regarded as atypical or abnormal, but as the result of the transitory nature of the structures involved. This arch is not identical with the fifth arch of Zimmermann for the rabbit or the human embryo, nor does it agree fully with the figures of the fifth arch by Taxpzer for the rat, or for the human embryo. The rudiments of a fifth arch noted in my series of rabbit embryos are also of different arrangement. I observed such structures in several embryos not reconstructed as well as in those described. The constant presence of rudiments between the fourth and last aortic arches, and also the presence of an additional branchial pouch, justify the conclusion that the pul- monary arch is the sixth in mammals as well as in other verte- brates. The sixth arch probably forms early in the twentieth day, since it was not complete in one of the youngest pig embryos observed. It is the last arch to form with the exception of the rudimentary fifth. As in the rabbit series, the ventral end appears to develop first, and the dorsal end until after the disappearance of the fifth arch, retains an irregular appearance, passing through a series of changes, probably related to the formation and degeneration of the dorsal portion of the fifth arch. Elements of the pulmonary arteries appear, in one case, before the sixth arch is complete, and at any rate a short pulmonary branch is present upon either side very soon after the arch is formed. In the rabbits observed the pulmonary arteries appeared to arise slightly later. These arteries leave the sixth arches, at first, about midway in their courses; although from a side view they appear to retain this position for some time, they are approaching each other, because the ventral ends of the sixth arches are drawn nearer together. In the embryo shown in Fig. 26, Plate 25, the pulmonary arteries arise only a short distance from the union of the sixth arches, and their roots lie close together, while further Embryonic history of the aortic arches in mammals. 497 backward in this course an actual connection exists between the two vessels. In Fig. 28, Plate 25, while a right sixth arch is present, no connection is to be observed from that vessel to the single pulmonary artery, which now arises from the right side of the left sixth arch, just below its union with the sixth arch of the right side. These changes as already indicated agree with the descriptions of BREMER (1902). The right sixth arch in the later stages considered becomes smaller than the left, and in Fig 28, Plate 25, is apparently in its final stage as a complete vessel. Its manner of disappearance is similar to that in the portion of the aortic root connecting the third and fourth arches. The ductus arteriosus is a large vessel in the oldest stage considered, and appears continuous with the pulmonic trunk entering the heart. In the earliest stages observed in the rabbit the most anterior point of union of the aortic arches of the two sides les at the ventral ends of the first pair of arches. In a stage showing complete second and third arches, the remnants of the first pair join either second arch slightly above their union. The third arches join, separately, the large ventral trunk. continued after the union of the second arches. In a rabbit of eleven days the second and third pairs of arches appear to unite simultaneously to form a common ventral trunk, which the remaining arches join slightly farther backward, the sixth pair being connected with the ventral ends of the fourth rather than the truncus itself. At eleven and one-half days, the remnants of the second arches join the third arches above the union of the latter vessels. In the pig series a forward prolongation of the truncus arteriosus forms the place of attachment for remnants of the second arch. This disappears in the latter part of the twentieth day, and the two third arches unite below the roots of the internal carotids. In the twenty-second day (probably) when short common carotids are present, the most anterior union of the aortic arches is at the ventral ends of the fourth pair, while in the stage shown in Fig. 28, Plate 25, the place of union of the fourth arches comes to lie below the roots of the common carotids and nearer the heart. This might be brought about by an actual splitting in the anterior part of the truncus arteriosus, but these changes are so closely associated with other changes in the relation of the vessels to each other, and to the 428 Harriet LEHMANN, structures of this region, that it is difficult to explain just how these conditions are brought about. . In dissections of stages in which the transformations are practically completed, there is a single brachiocephalic trunk giving rise to the two common carotids and right subclavian, and the left subclavian arises individually farther toward the left, from the arch of the: aorta. I have followed the subclavians from their first appearance in a rabbit of eleven days, to the oldest stage considered in the series of pig embryos. They arise in the rabbit, at a considerable distance (slightly more than 1 mm) below the union of the aortic roots, but as the embryos advanced in age, these vessels were found to lie nearer the aortic roots. The condition was similar in the series of pig embryos, and the history could be carried further. As the embryo advanced in age, during the twentieth day, the distance between the roots of the subclavians and the union of the aortic roots diminishes until, in an embryo of the twenty-first day, the vessels supplying the fore-limbs arise directly at the union of the aortic roots. In the succeeding stages the subclavians are found arising from both aortic roots, the distance above the union of the latter vessels increasing as the embryos advance in age. This agrees with Hocasrerrers description of their development. The shifting in position of the subclavians with reference to the aortic roots, has no doubt given rise to the many apparently conflicting statements with regard to their origin. Conclusions. 1. Six aortic arches arise in both pig and rabbit embryos. In the pig there is a complete fifth arch on about the twenty-first day of development. In this form there are also two entodermal pouches between the fourth and sixth arches. The rudimentary fifth in the rabbit arising at about eleven and one-half days, is less complete. 2. The aortic arches are formed by spurs from the dorsal aorta and the truncus arteriosus, growing toward each other; sometimes with an intermediate sinus or vessel joining the two. 3. Remnants of the first and second transitory arches are persistent in the pig, so that parts of six aortic arches exist simul- taneously. 4. The transitory vessels exhibit two modes of degeneration; one in which the calibre is reduced by thickening of the walls of Embryonic history of the aortic arches in mammals. 429 the vessel, reducing it to the condition of a cord (aorta between the third and fourth arches), and one in which the middle portion breaks down into disconnected sinuses. The dorsal remnant is more persistent than the ventral. 5. The subclavians begin from the dorsal aorta and shift for- ward in front of the union of the aortic roots. 6. The pulmonary arteries arise as symmetrical vessels from each sixth arch, and in the pig become asymmetrical by union of the stems from both sides, reaching the condition figured by RATHKE. This is, however, a secondary condition, their symmetrical origin haying been pointed out by Bremer. 430 17 HARRIET LEHMANN, Bibliography. von BAER, K. E., 1827, Ueber die Kiemen und Kiemengefäße in den Embryonen der Wirbeltiere, in: Arch. Anat. Physiol. —, 1828, in: BURDACH, Physiologie als Erfahrungswissenschaft, Vol. 2. —, 1828, 1837, Ueber Entwickelungsgeschichte der Tiere. Beob- achtungen und Reflexion. Boas, J. E. V., 1880, Ueber Herz und Arterienbogen bei Ceratodus und Protopterus, in: Morphol. Jahrb., Vol. 6. —, 1881, Ueber den Conus arteriosus und die Arterienbogen der Amphibien, ibid., Vol. 7. —, 1882, Beitrige zur Angiologie der Amphibien, ibid., Vol. 8. —, 1887, Ueber die Arterienbogen der Wirbelthiere, ibid., Vol. 13. BREMER, J. 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Embryonic history of the aortic arches in mammals. 433 Fig. 9. Surface view of the left side of a rabbit embryo of 11'/, days development. 121/,:1 Fig. 11. Surface view of the left side of a rabbit embryo of 121}, days development. 121/,: 1. Fig. 13. Surface view of the right side of a pig embryo of the 20th day (early). 10:1. Fig. 15. Surface view of left side of a pig embryo of the 20th day (No%2):.10;: 1. Fig. 17. Surface view of the right side of a pig embryo of the 20th day (No. 3). 10:1. Fig. 19. Surface view of the left side of a pig embryo of the 20th day (No. 4). 10:1. Fig. 21. Surface view of the right side of a pig embryo near the close of the 20th day (No. 5). 10:1. Fig. 23. Surface view of the left side of a pig embryo of 21 days development. 67/,:1 Fig. 25. Surface view of the right side of a pig embryo of the 22nd day (probably). 71/,:1. Fig. 27. Surface view of the right side of a pig embryo of a later stage (23rd day?). 8:1. Plate23: Fig. 2. Reconstruction of the aortic arches in a rabbit embryo of the first half of the ninth day of development. 87:1. Surface view of the same is shown in Fig. 1. JJ, JI’ rudiments of the second aortic arch. Fig. 4. Reconstruction of the aortic arches in a rabbit embryo of the second half of the ninth day of development. 50:1. Surface view of the same is shown in Fig. 3. y an isolated sinus. x apparent dorsal bud of the fourth arch. Fig. 6. Reconstruction of the aortic arches in a rabbit embryo of ten days development. 367/,:1. Surface view of the same is shown in Fig. 5. J remnants of the degenerating first aortic arch. x an asymmetrical evagination from the third arch, present only on the left side. Fig. 8. Reconstruction of the aortic arches in a rabbit embryo of eleven days development. 367/,:1. Surface view of the same is shown in Fig. 7. II, II remnants of the degenerating second aortic arch. J ventral bud of sixth arch. x and y possible rudiments of a fifth aortic arch. Fig. 10. Reconstruction of the aortic arches in a rabbit embryo of eleven and one-half days development. 49:1. Surface view of the same is shown in Fig. 9. a sinus in front of ventral end of second arch. V possible rudiments of fifth arch. Fig. 12. Reconstruction of the aortic arches in a rabbit embryo of twelve and one-half days development. 221/,:1. Surface view of the same is shown in Fig. 11. JJ, II probable remnants of the second arch. 434 Harrier Leumann, Embryonic history of the aortic arches in mammals. Fig. 14. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of the twentieth day. 49:1. Surface view of the same is shown in Fig. 13. I, II the first and second arches in process of degeneration. x and 7 apparent ventral remnants of the first arch. VJ the sixth arch in process of formation. Pile Bel Fig. 16. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of the twentieth day (No. 2). 40:1. Surface view of the same is shown in Fig. 15. J, 11 degenerating first and second arches. Fig. 18. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of the twentieth day (No. 3). 39:1. Surface view of the same is shown in Fig. 17. J, II dorsal remnants of the first and second arches. x ventral remnant of the second arch. Fig. 20. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of the twentieth day (No. 4). 29:1. Surface view of the same is shown in Fig. 19. J and JJ dorsal remnants of the first and second arches. b small branch from the ventral end of the third arch; a sinus in slight connection. J a ventral bud of the forming fifth arch. Fig. 22. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of the twentieth day (No. 5). 25:1. Surface view of the same is shown in Fig. 21. J, I dorsal remnants of the first and second arches. 0 small branch from the ventral end of the third arch. V ventral bud of the forming fifth arch. Plates a0. Fig. 24. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of twenty-one days development. 20:1. Surface view of the same is shown in Fig. 23. J, JJ dorsal remnants of the first and second arches. e. ¢ external carotid. c place of union of the vessels of the two sides. V, a complete fifth aortic arch. Fig. 26. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of the twenty-second (?) day. 25:1. Surface view of the same is shown in Fig. 25. ce union of the vessels of the two sides. / small branches from the external carotid. «a place of union of the pulmonary arches. V, a degenerating fifth arch. Fig. 28. Reconstruction of the aortic arches in a pig embryo of the twenty-third (?) day. 18,2:1. Surface view of the same is shown in Fig. 27. x the place of union of the two fourth arches. p pulmonic trunk, Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Zur Kenntnis der Kopfanlage der Cysticerken, insbesondere des Cysticereus Taeniae soli. Von Heinrich Schaaf. (Aus dem Zoologischen Institut in Gießen.) Mit Tafel 26-27 und 13 Abbildungen im Text. Vorliegende Untersuchungen sollten den Bau und die Umwand- lungsweise der Cysticerken genauer, als bisher bekannt, feststellen und insbesondere eine morphologische Erklärung für die eigenartig gestaltete Kopfanlage des Cysticercus der Taenia solium (,,Cyst. cellulosae“) zu geben suchen. Wenn schon mehrfach in neuern Arbeiten mit BRAUN die An- sicht ausgesprochen wurde, daß gerade in der sorgfältigen morpho- logischen Bearbeitung der Blasenwürmer noch so viele Aufgaben ihrer Lösung harren, so muß vor allen Dingen ein Blick in die Literatur des Cysticercus 7. sola geeignet sein, den Mangel einer bessern und vollständigern Kenntnis dieser Finne fühlbar zu machen, indem die Eigentümlichkeiten ihrer Kopfanlage durch die frühern Unter- suchungen keine befriedigende Erklärung finden. Bei dem ver- hältnismäßig komplizierten Bau der Schweinefinne ist es wohl ver- ständlich, daß die ältern Forscher, mit ihnen auch Lreuckarr, auf ihre einfachen Methoden und mangelhafte Technik angewiesen, diese Verhältnisse nicht bis in alle Details genau beobachten konnten. Aber auch durch die zahlreichen Untersuchungen der letzten De- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 29 436 HEINRICH SCHAAF, zennien sollte nicht mehr Licht in die morphologischen Besonder- heiten des Cysticercus 7. sola gebracht werden. Im Gegenteil, man blieb im großen und ganzen bei der Leuckart’schen Darstellung, die überall in der Literatur, besonders in fast sämtlichen Parasiten- werken und Lehrbiichern, widerspruchslose Aufnahme fand. So dürften ja die überall wiederkehrenden Abbildungen bekannt sein, die die einzelnen Phasen der Entwicklung der Schweinefinne und gleichzeitig schematisch die Anlage eines Cysticerkenkopfes überhaupt darstellen sollen. (Gerade sie können aber keineswegs, was Natür- lichkeit und Genauigkeit anbelangt, auf diese herrschende Stellung Anspruch erheben, mögen nun die Fehler durch die primitiven Methoden der frühern Zeit oder durch die Unzulänglichkeit des untersuchten Materials verschuldet sein. Jedenfalls scheint es auch hier wohl nicht unangebracht, Leuckarr's Angaben einmal ergänzend nachzuprüfen, ebenso wie ja auch seine Untersuchungen über andere Blasenwürmer schon mehrfach berichtigt und vervollständigt werden mußten. Außer LEUCKART wäre von der gesamten Cestodenliteratur, so- weit sie sich mit dem Bau der Kopfanlage, speziell des Cysticercus T. solu, beschäftigt, an dieser Stelle höchstens noch Montez zu nennen, der uns aber, wie wir sehen werden, mit den in seiner Cysticerken- monographie niedergelegten Resultaten in der Kenntnis gerade dieses Blasenwurms nicht viel weiter gebracht haben dürfte. So kommt es, daß man stets nur mehr oder weniger unzuver- lässige Beschreibungen über die Entwicklung und den Bau der Schweinefinne antrifft. Ich kann da beispielsweise an die ihrer Be- stimmung entsprechend schön plastisch und übersichtlich ausge- führten Wandtafeln von PFURTSCHELLER erinnern, die mir vor einiger Zeit zu Gesicht kamen und für die die obigen Worte in vollem Maße Geltung haben. Die Cestodentafel dieser Sammlung zeigt auf den ersten Blick eine ganze Reihe von Fehlern und Ungenauigkeiten, die den heutigen Stand der mangelhaften Kenntnisse von diesem Cysticercus in augenfälligster Weise dartun: Wir sehen da erstlich die Kopfanlage an dem einen vordern Ende der ellipsoiden Blase eingezeichnet, während sie tatsächlich bei Cyst. 7. sola mit sehr vereinzelten Ausnahmen (s. Fig. 14) stets mitten an der Längsseite des Bläschens vorgefunden wird (Fig. A). Die Finnen liegen ferner nicht wie dort frei in der Muskulatur, un- mittelbar von den Muskelfasern umgeben, sondern sind einzeln von einer wohlausgebildeten, bindegewebigen Hülle, einer Cyste, um- Kopfanlage der Cysticerken. 437 schlossen (Fig. A). Weiterhin ist auch keines der von PFURTSCHELLER abgebildeten Entwicklungsstadien, die sich natürlich ebenfalls in ihrer Form eng an die von Lruckarr gegebenen anlehnen, mit irgend einem Stadium in dem tatsächlichen Entwicklungsgange des Fig. A. Cysticercus der Taenia solium im Durchschnitt, umgeben von Cyste und Muskulatur. ca. 10:1. Kopfzapfens zu identifizieren. Und die Kopfanlage des ausge- wachsenen Blasenwurms schließlich bleibt, wie sie dort dargestellt, unter allen Umständen unrichtig und gänzlich unvereinbar mit den wirklichen Beobachtungen. Dieses Beispiel dürfte genügen, um zu zeigen, wie nötig es ist, den Cyst. 7. solii besser kennen zu lernen. Das soll deshalb auch eine der Hauptaufgaben dieser Arbeit bilden. Um zu diesem Ziele zu gelangen, mußte eine möglichst vollständige Reihe von Entwick- lungsstadien, von der ersten Anlage des Kopfzapfens bis zu seinen letzten Veränderungen, durch die er seine definitive Gestalt erhält, beobachtet werden. Bei diesen Untersuchungen fand sich zugleich auch Gelegenheit, diese Entwicklungsvorgänge mit denen anderer Cysticerken, insbesondere des Cyst. 7. saginatae, T. serratae und T. marginatae, die in dieser Beziehung alle miteinander überein- stimmen, in Parallele zu bringen und gewissermaßen an dieselben anzuschließen; dabei läßt sich die typische Form der Kopfanlage von Cyst. T. serratae, wie wir sehen werden, gleichsam als Schlüssel zur Beurteilung der Kopfanlage aller übrigen Cysticerken mit Vor- teil benutzen. Daß auch für diese letztgenannten Finnen einige 29* 438 HEINRICH SCHAAF, Tatsachen neu festgestellt werden konnten, mag aus den ersten Kapiteln des Folgenden hervorgehen. Und daß sich schließlich auch die Möglichkeit bot, einige Beobachtungen über ein wohlentwickeltes Nervensystem dieser Cysticerken zu machen, das von der Literatur bislang fast völlig unberücksichtigt geblieben ist, soll zum Schlusse der Arbeit in aller Kürze Erwähnung finden. Material und Untersuchungsmethoden. Mir stand für meine Untersuchungen ein reichliches Cysticerken- material aus den Vorräten des hiesigen Zoologischen Instituts zur Verfügung. Es setzte sich in der Hauptsache zusammen aus Cysti- cerken der Taenia solium, serrata, marginata und saginata. Erstere Art war nicht nur durch eine große Menge ausgewachsener, teil- weise sogar sehr alter Finnen vertreten, sondern auch durch eine stattliche Zahl verschiedenaltriger, jüngerer Entwicklungsstadien, die gerade für den wichtigsten Teil meiner Untersuchungen er- forderlich waren. Das Material, das während einer langen Reihe von Jahren ge- sammelt und in Alkohol aufbewahrt worden war, befand sich noch in recht gutem Zustande, und wenn auch bisweilen die Blase der Finnen, zumal der jüngern, etwas geschrumpft und eingefallen war, so reichte ihre Erhaltung für meine Untersuchungen, die sich ja in der Hauptsache auf die Kopfanlage beschränkten, im allgemeinen doch noch völlig aus. Fixiert waren sie in allen möglichen Flüssigkeiten, wie in Alkohol, Sublimat, Prrenyi’scher Flüssigkeit, Pikrinsublimat, Formol u. a. Besonders die Schnitte, die durch die Kopfanlage der in Formol konservierten Cysticerken der 7. marginata geführt wurden, zeigten eine tadellose Erhaltung sämtlicher Organe und Gewebe und ließen sich mit den verschiedensten Färbemitteln vorzüglich behandeln. Um die Blase der Finnen beim Einbetten möglichst prall zu erhalten, empfahl es sich, dieselben vorher anzustechen. Außerdem wurde auch durch Verwendung von Chloroform bei der Überführung in Paraffin dem Schrumpfen des Objekts merklich vorgebeugt. Im übrigen wurde in der gewöhnlichen Weise in Paraffin eingebettet, wobei das Orientieren, besonders des Cyst. 7. soldi und T. saginatae, einige Schwierigkeiten bot und begreiflicherweise oft mißlang. Für meine Arbeit genügte es in den meisten Fällen, die Tiere in 10 « dicke Schnitte zu zerlegen. Zu Kernfärbungen dienten DELAFIELD’sches Hämatoxylin, gelegentlich auch Bönnmer’sches Häma- toxylin, Hämalaun und Karminfärbungen. In Kombination mit Kopfanlage der Cysticerken. 439 diesen wurde meist Lichtgrün oder Pikrinsäure oder beide zusammen, bisweilen Orange verwandt. Es wurden dadurch häufig sehr nette Farbungen erzielt, indem die Kerne biau, das Parenchym hellgrün, die Muskelfasern gelb und die Cuticula mit einer bräunlichgrauen Farbe deutlich hervorgehoben wurden. Stets bevorzugte ich eine möglichst langsame Färbung, in der Regel mit Überfärbung, der ich ein gründliches Auswaschen in fließendem Wasser und Ausziehen in Alaun oder Salzsäurealkohol folgen lieb. Schließlich möchte ich noch empfehlen, die Schnitte solcher gut durchsichtigen, farblosen Objekte, die der leichtern Orientierung im Paraffin wegen nicht vorgefärbt werden sollten, mit destilliertem Wasser aufzukleben, dem einige Tropfen Eosin zugesetzt sind, da sich dann der Schnitt mit Ausschluß des Paraffins schön rot färbt und so ein sofortiges Durchmustern, wie an gefärbten Präparaten, ermöglicht. Es ist dies gerade bei Cyst. 7. sola von einigem Nutzen, da er ja bekanntlich in zwanzig Fällen gewiß zehnmal in unge- eigneter Schnittrichtung getroffen wird und dann schon frühzeitig von weitern Bemühungen Abstand genommen werden kann. Es erübrigt noch zu erwähnen, daß ich auch durch die Freundlich- keit des Herrn Veterinärarztes KNELL in Mainz in den Besitz von einigem recht brauchbaren Material gelangte. Ich möchte nicht versäumen, ihn auch an dieser Stelle meiner größten Dankbarkeit zu versichern. Die Cysticerken der T. solium, T. saginata, T. serrata und T. marginata. Bevor ich eine nähere Beschreibung der Kopfanlage von Cyst. T. sol und ihrer Entwicklung gebe, möchte ich zunächst mit einigen Worten auf den Bau der übrigen Blasenwürmer, insbesondere des Cyst. T. serratae, T. marginatae und T. saginatae zu sprechen kommen. Es geschieht dies nicht nur, weil die Kopfanlage der Cysticerken überhaupt eine große Übereinstimmung in ihren Haupt- zügen aufzuweisen hat und hierüber auch das eine oder andere zu den frühern Beobachtungen hinzuzufügen wäre, sondern nicht zu- letzt deshalb, weil der Cyst. 7. sola mit der komplizierten Gestaltung und noch kompliziertern Entwicklung seiner Kopfanlage sich leichter im Anschluß an jene Blasenwürmer betrachten und verstehen läßt. Der bessern Orientierung wegen will ich hier zunächst die haupt- sächlichsten Charakteristika und unterscheidenden Merkmale der vier genannten Finnen in einer kurzen zusammenfassenden Darstellung 440 HEINRICH SCHAAF, rekapitulieren, dann erst zu einer Einzelbetrachtung derselben über- gehen, um schließlich bei der Untersuchung des Cyst T. soli etwas länger zu verweilen. Sie lassen sich in ihrer äußeren Erscheinung wohl am einfachsten durch folgende Übersicht kennzeichnen. Vorkommen | Größe Kopfanlage | Besondere Merkmale C. T. solii |Schwein — Musk. | 5—14 mm \ an der [mit Vorhöhle (Fig. A) C. T. sag. |Rind — Musk. 5—8 ,„ Längsseite [ohne Haken C. T. serr. |Kaninchen — Leber| 5—8 _,, und Mesent. u. länger || am vordern|| mit Blasenhals C. T. marg. |Wiederkäuer u.a.—| 2—7 cm u. Ende | (Fig. C) | Leber u. Mesent. mehr | | Unter ihnen sticht die letzte, der „Cyst. tenuicollis“ bekanntlich durch seine Größe von den drei andern erheblich ab; dagegen gleicht sie in ihrem Habitus sowohl wie in der Wahl ihres Wohn- ortes innerhalb des Wirtstieres sehr dem Cyst. 7. serratae („Cyst. pisiformis“); denn beide lassen sich, nachdem sie die Leber ihres Wirtes durchwandert haben, in dessen Mesenterium nieder, wo sie, von ihrer Cyste umschlossen, fernerhin verbleiben. Beide bergen ihre Kopfanlage im Innern einer halsartigen Verlängerung am Ende der mehr oder weniger eiförmigen Mutterblase, während sie bei den beiden andern, dem Cyst. 7. solii und dem Cyst. 7. saginatae („Cyst. bovis“), in der Mitte der Längsseite der Blase zu suchen ist. Diese selbst aber haben ihren Wohnsitz gewöhnlich in der Muskulatur des Wirtes, d.h. des Schweines bzw. des Rindes. Die Finne der haken- losen Taenia saginata hat im Vergleich zur Schweinefinne eine etwas geringere Größe, ist länglicher und von etwas derberm Aussehen als die zarte durchscheinende Finne der 7. solium, die etwa die Größe einer kleinen Bohne erreicht. Das Zwischenstück — wenn wir den eingestülpten „Wurmleib“ oder den Hals des zukünftigen Bandwurmkopfes, also das Stück zwischen dem Scolex und der eigent- lichen Blasenwand, so nennen wollen — krümmt sich bei den ge- nannten vier Finnen ziemlich regelmäßig spiralförmig (Cyst. 7. sola) oder Sförmig (Cyst. 7. marginatae) im Innern der Blase. Durch eine Eigentümlichkeit aber lenkt die Kopfanlage des Cyst. 7. sol eine besondere Aufmerksamkeit auf sich; denn im Gegensatz zu den drei übrigen Finnen hängt hier das Zwischenstück nicht einfach wie ein um- gestülpter Handschuhfinger unmittelbar an der Blasenwand, sondern die eigentliche, spiralig eingerollte Kopfanlage ist durch eine Art Vorhöhle, die glockenförmig von oben um sie herumgreift, von der Kopfanlage der Cysticerken. 441 Blasenwand isoliert (s. Fig. A), eine Erscheinung, mit der wir uns später ausführlicher zu beschäftigen haben werden. Cysticercus T. serratae. Wenn ich nun, wie ich oben sagte, über die vier verschiedenen Cysticerkenarten im einzelnen noch einige Punkte hervorheben möchte, so muß ich mich auch hier in meinen Ausführungen etwas ein- schränken und kann nicht daran denken, eine abgerundete, lücken- lose Darstellung zu geben, da ich sonst zu viel bekannte Tatsachen bringen müßte. Das gilt namentlich auch für die Entwicklung des Cyst. T. serratae, die hier, weil sie sehr geeignet scheint, uns in die gewöhnlichen Erscheinungen einer Kopfanlage bei den Cysticerken einzuführen, in ihren Hauptzügen kurz skizziert werden soll. Ich halte es nämlich deshalb für vorteilhaft, von der Schilderung dieser Form auszugehen, weil ihre einfacher gestaltete Kopfanlage wohl leichter zu verstehen ist als die aller übrigen Finnen, be- sonders die der Schweinefinne, und wir von ihr, wie von einer typischen Urform, die übrigen Cysticerken in der späteren Ent- wicklung ihrer Kopfanlage ihren Ausgang nehmen lassen Können. Allerdings soll hiermit nicht gesagt sein, daß der Cysticercus T. ser- ratae wirklich als die ursprünglichste Form der Blasenwürmer anzu- sehen sei. Wir werden sehen, daß auch die Cysticerken der 7. sagi- nata und der 7. marginata ähnliche einfache Verhältnisse darbieten. Jener nimmt aber schon dadurch eine bevorzugte Stellung ein, dab er infolge des reichlichen Vorkommens des geschlechtsreifen Tieres und seiner verhältnismäßig leichten Züchtung durch Verfütterung der Eier an Kaninchen am ersten zur genauern Beobachtung ge- kommen und bei weitem am eingehendsten, so besonders von LeuckAarr und Monızz, untersucht und beschrieben worden ist. An dem kleinen, ca. 2 mm langen, mit noch sehr spärlicher wässriger Flüssigkeit angefüllten wurmförmigen Bläschen, das aus der in die Leber des Kaninchens eingewanderten Oncosphäre hervor- gegangen ist, beginnt (nach LEucKART etwa im Verlaufe der dritten Woche nach der Fütterung) die Anlage des zukünftigen Bandwurm- kopfes in der bekannten, vielfach beschriebenen Weise.) An dem „vordern Körperpole“ verdickt sich die subeuticulare, aus länglichen, kernhaltigen Zellen bestehende Schicht der Blasenwand. Anfangs 1) Vgl. auch die neuern Arbeiten von R. GOLDSCHMIDT über Echino- coccus und E. BARTELS über Cyst. fasciolaris. 442 HEINRICH ScHAAF, scheibenförmig, wird diese Verdickung bald mächtiger und wuchert in Form eines Zapfens immer weiter und weiter in den Hohlraum hinein. Und bald entsteht von außen her eine anfänglich kleine, grubenförmige Vertiefung, die ebenfalls immer mehr in den Zapfen hineinragt, so daß sich das Ganze wie eine nach außen offene, follikelartige Einsenkung der Blasenwand darstellt. Die Cuticula der letztern setzt sich natürlich in diese Einsenkung fort und kleidet den Hohlraum vollständig aus. Nun erweitert sich die untere Hälfte desselben gewöhnlich etwas, und wir sind an einem Stadium angelangt, daß eine neue Ent- wicklungsphase einleitet: die Anlage des Bandwurmkopfes, des Scolex. In Fig. 1 habe ich einen Längsschnitt durch ein solch jugend- liches Stadium abgebildet. Man sieht, welch ein reger Wachstums- prozeß vom vordern Ende des jungen Wurms ausgegangen ist. Die dichtgedrängten, langgestreckten Zellen der subcuticularen Schicht haben sich hier im Bereiche der Kopfanlage ungefähr radiär an- geordnet. Weiter bemerkt man, daß der Kopfzapfen peripher von einem deutlich wahrnehmbaren, wenn auch noch dünnen Netze von Fasern umschlossen ist, von einer Gewebeschicht, die sich aus den quer durcheinanderlaufenden Fasern zusammensetzt, die bei solch jungen Stadien den Innenraum des Bläschens vollständig durchsetzen (s. Fig. B), später aber die ganze Blasenwand an ihrer nach innen gekehrten Fläche auskleiden und so gegen die Blasenflüssigkeit ab- schließen. Sie wurden einfach an der Stelle, an der sich der Kopf- zapfen anlegte, durch diesen nach innen vorgedrängt, so daß sie jetzt der Kopfanlage dicht aufliegen. Bekanntlich wurde dieses Fasernetz von LEUCKART mit dem besondern Namen eines Recepta- culum scolecis 1) belegt. Doch möchte ich aus später ersichtlichen Gründen die LEuUcKART’sche Bezeichnung in meiner Darstellung vor- erst nicht für dieses Gebilde gebrauchen. Der untere Teil der Einstülpung läßt schon vermuten, daß hier noch weitere Differenzierungen und Neubildungen vor sich gehen werden. Hier, wo sich die Zellenmassen warzenförmig in den Hohl- raum emporgewölbt haben, liegt der Bildungsherd des Rostellums. Bekanntlich gab diese Erscheinung, die bei Cyst. 7. serratae fast 1) Ich zitiere absichtlich nicht wörtlich, weil ich den von LEUCKART und auch heute noch von einigen Autoren benutzten falschen Genetiv (,scolicis“) umgehen möchte. Kopfanlage der Cysticerken. 443 regelmäßig zutage zu treten scheint, Montrez !) Veranlassung, zu be- haupten, daß der ganze Scolex bereits in seiner definitiven regel- rechten Lage als massive Knospe am Grunde der Einstülpung ent- stehe und innerhalb derselben emporwachse Daß diese Ansicht nicht gerechtfertigt ist, hat LEUCKART zur Genüge nachgewiesen und begründet; denn etwa in der vierten Woche der Entwicklung bilden sich hier in umgekehrten Lageverhältnissen die einzelnen Teile des Scolex aus: am Grunde der Einstülpung das Rostellum samt Hakenkranz und zugehöriger Muskulatur und etwas höher, rings um den Hohlraum, als vier paarweise gegenüberliegende Aus- buchtungen, die Saugnäpfe. Ein solches Stadium eines ca. 5 mm langen und 1,2 mm breiten Blasenwurms mit bereits wohlentwickeltem Rostellum, Hakenkranz und Saugnäpfen — die hier allerdings, weil dorsal und ventral gelesen, nur angeschnitten sind — zeigt Fig. 2. Es ist die einfache, typische Form einer Kopfanlage bei den Cysticerken. Von ihr können wir in allen unsern folgenden Be- trachtungen ausgehen, und in der Entwicklung eines jeden Cysti- cercus, welche Art es auch sei, werden wir sie wiederfinden. Damit ist auch der Hauptabschnitt in der Entwicklung der jungen Finne ab- geschlossen. Denn die weiteren Veränderungen, die nunmehr die Kopfanlage des Cyst. 7. serratae betreffen, bestehen ebenso wie bei den andern Finnen eigentlich nur in einem noch geraume Zeit andauernden Längenwachstum des Zwischenstücks. Aber auch ältere Stadien der Kaninchenfinne können noch die in Fig. 2 sichtbare gestreckte, mit der Längsachse des Tiers zu- sammenfallende Haltung der Kopfanlage und des Zwischenstücks aufweisen. Ein solches Exemplar ist in Fig 24 abgebildet (hier allerdings aus einem besondern Grunde stärker vergrößert als die jüngern Stadien. Während aber bei den jungen Tieren die Kopf- anlage am Ende eines gleichmäßig schmalen, wurmförmigen Bläschens lag (s. Textfig. B), hat sich dieses jetzt zu einer eigentlichen Blase beträchtlich erweitert, und die Kopfanlage ist in einem verhältnis- mäßig engen Anhang derselben gelegen, wie aus umstehender Figur (C), die die gewöhnliche Form eines Cyst. 7. serratae darstellt, zu ersehen ist. 1) Tab. 1, fig. 2 des zitierten Werks hat er fast das gleiche Stadium wie das hier abgebildete gezeichnet. 444 HEINRICH Scwaar, LEUCKART gibt fiir die Entstehung dieses der Blase aufsitzenden Blasenhalses nur die Erklärung, daß die der Blasenwand zunächst selegenen Teile des Wurmkörpers zapfenartig aus der Öffnung der Kopfhöhle hervorgequollen seien, als das Fasernetz nicht mehr im- stande war, seinen Inhalt vollständig zu fassen. Die Außenfläche des Halses sei also früher Innenfläche der Einstülpung gewesen. Viel zutreffender denke ich mir aber doch — wenn man überhaupt eine derartige mechanische Erklärung gelten lassen will — die Annahme, daß sich die wäßrige Flüssigkeit im Innern des jungen Fig B. Fig. C. Fig. B u. C. Schnitte durch einen jungen wurmförmigen und einen ausgewachsenen Cysticercus der Taenia serrata. Schematisiert. wurmförmigen Bläschens allmählich in größerer Menge angesammelt und seine Körperwand zu einer kugligen Blase aufgetrieben hat. Natürlich blieb dabei das vordere von der Kopfanlage vollständig aus- gefüllte Ende hiervon unberührt, so daß es jetzt als ein schlanker solider Aufsatz über die kuglige Blase emporragt. Höchstens an zweiter Stelle und erst in vorgerückterm Alter wird dann ein Hervor- quellen des Zwischenstücks nach außen in Betracht kommen. Wohl aus einem entsprechenden Grunde finden wir auch häufig das ent- gegengesetzte Ende in eine schwanzähnliche Verjüngung auslaufen (s. Fig. C). Die hier beschriebene Form dürften die Kaninchenfinnen in den meisten Fällen aufzuweisen haben, doch trifft man auch häufig solche von ganz anderm Aussehen, die die verschiedensten Übergänge zwischen auffallend dünnen faden- oder wurmförmigen Kopfanlage der Cysticerken. 445 Exemplaren (von 2—3 cm Länge und 2 mm Breite) und solchen von eiförmiger oder gar kugliger Form darstellen. So liegen sie einzeln oder auch zu mehreren von einer Cyste umschlossen in dem Mesenterium ihres Wirtstiers; ich habe solche Cysten von der Größe einer Haselnuß geöffnet, deren eine nicht weniger als 18 aus- gewachsene dicht beieinander liegende Cysticerken enthielt. Um wieder auf die Kopfanlage selbst zurückzukommen, so ist zu bemerken, daß diese zwar oft, wie oben erwähnt, als gerader, schlauchrörmiger Anhang den Blasenhals ausfüllen kann; meistens aber krümmt sich auch hier, wie bei den andern Cysticerken, wenigstens in vorgeschrittenern Entwicklungsstadien das Zwischen- stück, so daß wir dann auf Längsschnitten Bilder bekommen, die etwa dem von Fig. 3 entsprechen. Über andere Veränderungen dieser Teile von Cyst. 7. serratae wird in einem spätern Abschnitt noch ausführlicher die Rede sein. Cysticercus 7. marginatae. Fast genau dieselben Verhältnisse wie bei der Kaninchenfinne treffen wir bei dem Cyst. 7. marginatae an, so dab ein Schnitt durch seine Kopfanlage (Fig. 5 u. 6.) von einem solchen durch die Kopf- anlage eines Cyst. 7. serratae auf den ersten Blick kaum zu unter- scheiden ist, wenn nicht die bedeutendere Größe, zumal die der voluminösen Blase, den Cyst. 7. marginatae als solchen erkennen läßt. Schon die oben gegebene kurze Übersicht ließ die Überein- stimmungen zwischen beiden in mehreren Beziehungen deutlich er- kennen. Die Krümmung des Zwischenstücks der Kopfanlage be- schreibt bei den Cysticerken der 7. marginatae im allgemeinen, im Gegensatz zu andern, auch bei den ältesten Individuen eine ungefähr Sförmige Figur oder die eines liegenden Fragezeichens, wie aus Fig. 6 ersichtlich ist.!) Der Scolex hat, wie ebenfalls aus demselben Schnitt hervorgeht, eine relativ sehr geringe Größe. Die Cuticula der Einstülpung dagegen scheint bei dieser Art besonders mächtig entwickelt zu sein und hatte sich auch in meinen Präparaten vor- züglich erhalten. 1) Die auch von LEUCKART (p. 730. fig. 312) wiedergegebene Moxızz’sche Abbildung eines Cyst. T. marg. weicht schon etwas durch besondere tiefere Einfaltungen der Innenfläche von der normalen Form der Kopfanlage ab. 446 HEINRICH ScHAAF, Häufig, vornehmlich bei den jüngern Cysticerken, ragt nur die Kopfanlage innerhalb eines ähnlichen, kurzen Blasenhalses, wie bei Cyst. T. serratae, als warzentürmige Erhebung über die kuglige Blase hinaus. Bei den ältern Stadien aber ist sie gewöhnlich am Ende einer flaschenhalsförmigen Verlängerung gelegen, die der Finne ja bekanntlich zu dem Namen eines „Cysticercus tenuicollis“ ver- holfen hat. Lruckarr gibt an, dab sich die junge Finne, schon bevor die Kopfanlage begonnen hat, an ihrem vordern Ende auf- fallend verjüngt. Leider konnte ich mir kein jüngeres Material von Cyst. T. marg. (aus der Leber eines infizierten Tieres) beschaffen, an dem ich diese Verhältnisse hätte beobachten können. Vielleicht steht die Ausbildung dieses langen Blasenhalses mit dem sowohl von LEUCKART wie auch von Montez erwähnten gallertigen Band in irgendwelchem Zusammenhange, das bei ältern Finnen als solider Auswuchs des Fasernetzes vom Kopfzapfen in das Innere der Blase herabhängt und dort in der Flüssigkeit frei flottiert (Fig. 5). Es wird hauptsächlich bei solchen Formen angetroffen, die durch einen langen Blasenhals ausgezeichnet sind, und es scheint daher nicht ausgeschlossen, daß sich die beiden Erscheinungen gegenseitig in ihrer Existenz bedingen oder fördern. Man muß sagen, daß auch die Cysticerken von 7. marginata im allgemeinen eine ziemlich einheitliche Gestalt der Kopfanlage sowohl wie der ganzen Blase aufzuweisen haben, obwohl sie doch entgegen den andern in einer größern Anzahl verschiedener Wirts- tiere, wie Schwein, Schaf, Reh u. a., besonders aber in Wiederkäuern, vorkommen. Auch aus dem Eichhörnchen besitzt das hiesige Institut Exemplare von Cyst. 7. marginatae, von denen eines, ähnlich wie ein von Montez erwähntes Exemplar, bei einer Länge von ca. 7 cm und einer Breite von 2 cm eine mehr wurstförmige Form hat. Endlich möchte ich noch eine andere Eigentümlichkeit des Cyst. T. marginatae, die die Lage der Kopfwarze, wenn ich mich so aus- drücken darf, in ihrem Verhältnis zur Blasenwand betrifft, nicht unberücksichtigt lassen, zumal ich später bei einer bestimmten Gelegenheit auf diese Erscheinung zurückkommen werde. Bei dem Cyst. „tenuicollis“, seltner bei der Kaninchenfinne, ist nämlich bei weitem nicht immer die Kopfanlage als äußere, warzenförmige Er- hebung an der Blasenwand wahrzunehmen. In den meisten Fällen wird sie zwar beim Herauspräparieren des Objekts aus der Cyste, schon durch den leisesten Druck auf die Blase, als warzenähnlicher Blasenhals nach außen vorgetrieben. Wenn sich aber die Finnen, Kopfanlage der Cysticerken. 447 zumal die jiingern, noch innerhalb ihrer Cyste befinden, kann man oft die Beobachtung machen, daß die Kopfwarze, ins Innere zurück- gezogen, in einer sackähnlichen Vertiefung der Blasenwand, ein- gebettet ruht, wie Fig. 5. deutlich zu erkennen gibt. Wir haben hier augenscheinlich ein ganz ähnliches Bild wie bei Cyst. 7. sola (Fig. A). Diese Hülle des Cyst. 7. marg. ist jedenfalls auf sehr einfache Weise dadurch zustande gekommen, daß das warzenförmige Kopfende der Blase durch den Widerstand der Cyste allmählich nach dem Innern der Blase zurückgeschoben wurde, wo es genügenden Platz Fig. D. Fig. E. Cysticercus T. marginatae (schematisiert). Fig. D. Kopfanlage frei der Blase nach außen aufsitzend. Fig. E. Kopfanlage durch den Widerstand der Cyste ins Innere zurück- geschoben. Fig. F. Kopfanlage und Blasenhals zurückgezogen. und Schutz für seine weitere Entwicklung fand. Nach den bei- gegebenen schematischen Figuren werden diese Vorgänge leicht verständlich sein. Später werden sie, wie gesagt, noch einmal in einem andern Lichte betrachtet werden. Daß, wohl auf eine ähnliche Weise, das ganze flaschenhalsförmige Ende einer ältern Blase ins Innere verlegt sein kann (wie es Fig. F andeutet), ist schon von LEUCKART hervorgehoben worden. Cysticercus T. saginatae. Wenn auch der Cyst. 7. saginatae (Cyst. bovis), wie oben schon angedeutet wurde, in mehreren Punkten sich von den beiden vorigen Arten unterscheidet, so ist doch seine Kopfanlage im Prinzip von der ihrigen nicht wesentlich verschieden. Auch sie können wie von der in Fig. 2 dargestellten typischen Kopfanlage (des Cyst. 7. serratae) ableiten, auch hier miissen wir unzweifelhaft zu einem bestimmten Zeitpunkt der Entwicklung jenen Zustand wiederfinden: Die hand- schuhfingerartig eingestülpte, kurze Kopfanlage trägt an ihrem untern 448 HEINRICH SCHAAF, blindgeschlossenen Ende den Scolex und entspricht also der in Fig. 2 gezeichneten Kopfanlage vollständig, wenn man von dem selbst- verständlich vorauszusetzenden Mangel eines Hakenkranzes absieht. Dann aber wächst das Zwischenstück wie bei den oben besprochenen Arten ohne irgendwelche besondere Erscheinungen in die Länge. Dabei kriimmt es sich in den häufigsten Fällen spiralig ein (Fig. 7), oft auch ganz unregelmäßig, so wie es eben bei seinem Wachstum den bequemsten Platz findet (Fig. 9). Im übrigen wird auch hier die Wandung des Zwischenstücks, wie bei allen andern Finnen, durch allzustarkes Längenwachstum gezwungen, sich in der Richtung der Längsachse zu kleinern, ringförmigen Runzeln und Querfalten zusammenzuschieben, wie aus jeder Abbildung, einerlei welche Art es auch sei, deutlich zu erkennen ist. Trotzdem wird durch diese kleinern Faltungen der Hohlraum in seiner Einfachheit nicht beein- trächtigt; er stellt einen einfachen, gekrümmten und geringelten Kanal dar, der den Scolex mit der Öffnung an der Blasenwand ver- bindet. Insofern zeigt das Zwischenstück dieselben Verhältnisse wie bei den früher beschriebenen Finnen. Allerdings gestalten sich die Schnitte durch einen Cyst. T. saginatae in der Regel dadurch etwas komplizierter, daß der Kopf nicht in derselben Ebene ge- legen ist wie das gekrümmte Zwischenstück (wie man es bei den andern Finnen fast ausnahmslos antrifft), sondern hier, tritt er beinahe rechtwinklig aus dieser Ebene heraus. In diesem Sinne sind auch die beiden in Fig. 8 und 9 abgebildeten Schnitte auf- zufassen, die durch die Kopfanlage zweier bereits ausgewachsenen, im zweiten Falle vermutlich einer schon recht alten Finne ge- führt sind. Wenigstens traf ich dieses Verhalten ausnahmslos bei allen ältern von mir geschnittenen Exemplaren an, und nur ein einziges Mal war es mir möglich, durch einen Schnitt die gesamte Kopfanlage, von der Insertionsstelle bis zum Scolex einschließlich, in ihrer Median- ebene zu treffen. Diesen Schnitt habe ich in Fig. 7 abgebildet. Die Kopfanlage ist hier ausnahmsweise gut in ihrem ganzen Verlauf zu verfolgen. Sogar das rudimentäre Rostellum (ru, Fig. 7) im Scheitel der Einstülpung ist, wenn auch von geringer Größe, immer- hin deutlich zu beobachten. Sämtliche andern Schnittpräparate der Rinderfinne konnten nur unvollständige Bilder der Kopfanlage vor Augen führen. So zeigt Fig. 8 den größten Teil des eingestülpten Halses in Längs- richtung, den Scolex aber gerade rechtwinklig dazu in einem Kopfanlage der Cysticerken. 449 Querschnitt getroffen. Aus Fig. 9 erhellt, wie stark und wie un- regelmäßig das Zwischenstück trotz seiner Querfaltung in die Länge wachsen kann. Auch hier ist es wieder beinahe in seiner ganzen Länge gut getroffen; der Kopf aber wurde überhaupt nicht berührt, da er außerhalb der Ebene der Zeichnung, in nicht abgebildeten Schnitten, gelegen ist. Wir können es also hier als Regel ansehen, daß sich die Kopfanlage des Cyst. T. saginatae nicht nur, wie die übrigen, in einer, sondern stets deutlich in zwei verschiedenen Richtungen des Raums krümmt. Auffallend ist bei diesem Blasenwurm die gleichmäßige Ver- stärkung des peripheren Fasernetzes (f, Fig. 7), das hier bei den ältern Stadien wie ein Polster der Kopfanlage rings aufliegt. Cysticercus T. sol... Alle bis jetzt betrachteten Cysticerken — und ich hätte noch eine große Zahl anderer, auch die polycephalen Blasenwürmer, wie Echinococcus und Coenurus (Fig. 10), vielleicht auch die jüngern Cysticercoide und Cercocysten, hinzufügen können — sie alle stimmten darin überein, daß ihre Kopfanlage wie ein einfacher, mehr oder weniger stark gekrümmter, an seinem Ende blind geschlossener Schlauch von der Blasenwand nach dem Innern der Blase zu herab- hing. Wohl konnte man bei genauerer Betrachtung älterer Finnen hier und da einmal eine tiefere seitliche Einfaltung der Wandung des Hohlraums wahrnehmen, doch waren diese nicht so ausgeprägt, dab sie das charakteristische Aussehen der Kopfanlage hätten be- einträchtigen können. Anders steht es mit der Kopfanlage des Cyst. der Taenia solium („Cyst. cellulosae“). Wohl können wir auch in seiner frühesten Jugend, wie wir später noch sehen werden, die typische Form wieder- erkennen, nachher aber gehen mit ihm solche Umwandlungen vor sich, daß wir jene einfachen Verhältnisse niemals wiederfinden. Dieser Unterschied fällt sofort bei der Betrachtung irgend eines wohl entwickelten Exemplars (Fig. A, 18, 19, 20) in die Augen und ist auch den ältern Beobachtern, wie LEUCKART und Montrez, nicht entgangen, wohl aber bezüglich seines entwicklungsgeschichtlichen Zustandekommens überhaupt nicht näher untersucht oder doch in seinem morphologischen Wesen nicht richtig erkannt worden. Auf diese entwicklungsgeschichtlichen Vorgänge werde ich gleich zu sprechen kommen. Zunächst wollen wir uns erst einmal an der Hand der Abbildungen die Kopfanlage eines ausgewachsenen Cyst. 450 HEINRICH SCHAAF, T. solii näher betrachten. Hierbei können wir etwa von den Figg. A u. 19 ausgehen. Wenn wir von dem ungefähr im Zentrum der Anlage ruhenden Scolex die zunächst liegenden Teile des Zwischenstücks verfolgen, so bietet dieses vorerst gar nichts Auffallendes; es ist wie bei andern Finnen, spiralig gekrümmt. Dann aber, in seinem weitern Verlauf, heftet sich das Zwischenstück nicht, wie bei den andern, einfach an die Blasenwand an, sondern seine Innenwand schlägt sich nach allen Seiten zurück, verläuft wieder nach unten, umschließt so den eben erwähnten spiralig eingerollten Teil vollständig und kehrt erst, nachdem sie an der Basis jenes Teils angelangt ist, in ihre ur- sprüngliche Richtung zurück. Sie gleitet dann abermals an der eigentlichen, innern Kopfmasse empor, um sie zum 2. Male zu umhüllen, bis ihre Ränder über dem Scheitel derselben beinahe zusammenschließen. Hier erst kann die Innenwand, nachdem sie auf einem langen Umweg erst zur äußern Begrenzung einer glockenförmig um die innere Kopfmasse herum- ereifenden Vorhöhle gedient hat, sich durch die äußere Mündung der gesamten Kopfhöhle hindurch in die Blasenwand fortsetzen. Von außen her kommen wir also nicht sofort in die eigentlichen Kopfteile hinein, wie bei den andern Finnen, sondern müssen erst jene enge Vorhöhle gleichsam überschreiten, um dorthin zu gelangen. Aus diesen komplizierten Verhältnissen, die wir bei der Kopfanlage in situ antreffen, erklärt sich auch die relativ große Länge des Zwischenstücks, wie es in ausgestülptem Zustand der Blase eines Cyst. Taeniae solu anhängt. Aus der kurzen Beschreibung geht eigentlich schon hervor, daß eine genauere Betrachtung der Kopfanlage wohl kaum irgendwelche Zweifel an der Natur ihrer einzelnen Teile aufkommen läßt. Daß auch Leuckart die eigentümliche Vorhöhle beobachtet hat, habe ich schon erwähnt, ob er sich jedoch über die morphologischen Verhältnisse dieser Teile vollständig klar war, geht aus seiner Dar- stellung nicht hervor. Wenigstens hat er sich mit Hilfe der Ent- wicklungsgeschichte über die Natur dieser Vorhöhle überhaupt nicht zu orientieren versucht und sie auch niemals bei der Beschreibung und der Abbildung der einzelnen Entwicklungsstadien berücksichtigt. Wenn er allerdings an einer Stelle (p. 640 seines Parasitenwerks) sagt: „daß sie einer ringförmigen Einfaltung ihren Ursprung ver- dankt, welche das basale Ende des letztern [des Kopfzapfens] um- faßt und eigentlich nur dadurch von den übrigen Einfaltungen des Kopfanlage der Cysticerken. 451 Innenraumes sich unterscheidet, daß sie zu einer beträchtlichen Tiefe sich entwickelt und glockenförmig um die gesamte Masse des Kopf- zapfens herumwächst,“ so erscheint er da, wenn auch nicht über ihre Entstehung, so doch wenigstens über die anatomischen Verhält- nisse dieser Teile nicht gerade falsch unterrichtet. Völlig unverständlich aber müssen seine Ausführungen bleiben, wenn er gelegentlich (p. 441) in einem andern Zusammenhang be- hauptet: „In der Regel aber ist es nur die Außenfläche des Receptaculums [des peripheren Fasernetzes], die sich selbständig gestaltet, denn die Innenfläche bleibt gewöhnlich mit dem Kopfzapfen in ausgebreiteter, wenn auch lockerer Verbindung. Nur die Finne der menschlichen Taenia solium, der sogenannte Cyst. cellulosae, zeigt — nahezu das einzige Beispiel dieser Art — ein anderes Verhalten, indem das Receptaculum sich von dem Kopfzapfen trennt und eine sackförmige Hülle wird, die bis auf eine beschränkte Stelle des hinteren Endes völlig frei ist“ usw. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Leucxarr hier 2 verschiedene Dinge miteinander verwechselt hat. Er hat offenbar die äußere Wandung der Vorhöhle einfach als Teil seines „Receptaculums“, der peripheren Faserhülle, angesehen. Für jene stimmt auch wohl seine Beschreibung, daß sie auf ihrer innern Seite bis auf eine be- schränkte Stelle frei sei, nicht aber für das Fasernetz, das hier, wie bei allen andern Cysticerken der gesamten Kopfanlage in inniger Verbindung rings aufliegt. Jedenfalls müssen LEuckarrs Worte einiges Bedenken erregen, ob er sich hier völlig darüber im klaren war, was er eigentlich bei Cyst. 7. soli mit dem Namen „Recep- taculum“ bezeichnet. Überhaupt gehört ja bekanntlich auch das Wort „Receptaculum“ zu der Gruppe von Termini, die sich in der Zoologie schon die mannigfachsten Verwendungen gefallen lassen mußten. Hat es doch allein für unsere Blasenwürmer schon dreierlei verschiedene Anwendung durch die einzelnen Autoren erfahren: SIEBOLD nannte die ganze aus der Oncosphaera hervorgegangene Blase, in deren Innerm sich der spätere Bandwurmkopf entwickelt, ein „Receptaculum“. | Montez aber will diesen Namen im Gegensatz zu dem „Recep- taculum au sens de Leucxart“ für die primitive sackförmige Ein- stülpung der Kopfanlage gebrauchen, innerhalb deren nach seiner Ansicht der Scolex vom Grund her in regelrechter Lage empor- wachse. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 30 452 HEINRICH SCHAAF, Leuckart schließlich bezeichnet so — wenn wir von den oben zitierten unverständlichen Bemerkungen absehen — das Fasernetz, das wie ein dünnes Gewebe bei den jüngern Finnen, bei den Altern als dickere Schicht die Kopfanlage rings umschließt und gegen die Blasenflüssigkeit abgrenzt. Es setzt sich ununterbrochen in die innerste Faserschicht der Blasenwand fort; denn aus ihr hat es ja seinen Ursprung genommen, indem diese durch die erste Anlage des Kopfzapfens hier nach innen zurückgedrängt, entsprechend aus- gedehnt und verstärkt wurde. (Gerade hier bei der Schweinefinne werden wir noch mehr von dieser Faserschicht zu sagen haben.) Wir können diese Fasern, wenn auch in verschiedener Stärke, so doch bei allen Cysticerken, wie aus der Beschreibung und den Ab- bildungen der 3 andern Finnen hervorging (ich habe sie hier ge- wöhnlich mit dem Buchstaben f bezeichnet), leicht erkennen. Gerade da drängt sich aber unwillkürlich die Frage auf: welche Berechtigung oder welche Notwendigkeit liegt vor, eine solche Faserschicht, die also ausnahmslos bei allen Cysticerken jeder Art und jeden Alters vorgefunden wird, wohl eben deshalb, weil sie nichts anderes ist als eine der an dem Aufbau der Kopfanlage ebenso wie der Blasenwand beteiligten Gewebeschichten, welche Notwendigkeit, sage ich, liegt vor, diese Fasern nun im Bereich der Kopfanlage mit der besondern Bezeichnung eines Receptaculum scolecis zu belegen ? Wäre es unter diesen Umständen nicht vielleicht empfehlens- werter, diesen Namen auf den Cysticercus der 7. solum zu be- schränken, wo uns in der Tat eine diesem Namen entsprechende eigenartige Erscheinung entgegentritt, und zu beschränken auf den Teil der Kopfanlage, der auch wirklich eine sackartige, schützende Umhüllung für den eigentlichen Finnenkopf, kurz ein Receptaculum capitis oder scolecis darstellt? Ich meine die äußere Wandung der Vorhöhle, die Hülle also, die in meinen Abbildungen des Cyst. T. solii den mit dem Buchstaben r gekennzeichneten Teilen der An- lage entspricht. Ich glaubte annehmen zu dürfen, daß durch eine solche Einschränkung des Begriffs den tatsächlichen natürlichen Verhältnissen mehr Rechnung getragen und jede Zweideutigkeit desselben dadurch beseitigt würde. Noch leichter verständlich wird uns die ganze Organisation der Kopfanlage des Cyst. 7. soli werden, wenn wir uns mit Hilfe der Kopfanlage der Cysticerken. 453 Entwicklungsgeschichte des Cyst. 7. solii das allmähliche Zustandekommen der oben beschriebenen eigentiim- lichen Form etwas genauer ansehen. LEucKART hat, wie ich schon erwähnte, die Entwicklung auch dieser Finne ausführlich beschrieben, hat aber gerade die oben besprochene Vorhöhle, die also hauptsäch- lich bei den schon etwas vorgeschrittenern Stadien in Betracht ge- kommen wäre, in seiner entwicklungsgeschichtlichen Darstellung überhaupt nicht berücksichtigt und die frühern Entwicklungsstadien, die Anlage des Kopfzapfens und des Scolex, so ungenau beobachtet, daß wir eigentlich keines derselben als der Wirklichkeit entsprechend bezeichnen können. Das bezieht sich auf seine sämtlichen auf p. 636—638 seines Werkes gegebenen und auch in so viele andere Bücher übergegangenen Abbildungen und ebenso auf die zugehörige Beschreibung, die ich deshalb hier in einem kurzen Referat meinen Ausführungen vorausschicken möchte: Der Kopf legt sich, wie gewöhnlich, zunächst als scheibenförmige Verdickung der Blasenwand an, wird sodann zu einem sackförmigen Anhang derselben mit einem engen an der Blasenwand mündenden Hohlraum, der sich an seinem blinden Ende mit der Zeit etwas er- weitert. Rings begrenzt ist die Anlage von dem dünnen Fasernetz. Durch dessen Widerstand soll die stärker in die Länge wachsende Kopfanlage, noch bevor an ihrem untern Ende Saugnäpfe und Rostellum ausgebildet sind, gezwungen werden, eine „geknickte Haltung“ anzunehmen und sich ungefähr rechtwinklig nach einer Seite zu krümmen. Gerade diese Knickung will LEucKArT besonders betonen, indem er ausdrücklich hervorhebt: „Die hier geschilderte friihzeitige Knickung des Kopfzapfens ist meines Wissens eine aus- schließliche Eigentümlichkeit unseres Cyst. cellulosae. Bei den übrigen mir bekannten Finnen behält der Kopfzapfen bis zur Ent- wicklung der Saugnäpfe und des Hakenkranzes seine ursprüngliche gestreckte Lage fast unverändert bei. Die Einkrümmung beginnt, falls sie überhaupt geschieht, erst später, wenn der Hals nach Aus- bildung des Kopfes stärker in die Länge wächst. Bei der Schweine- finne fällt dieses Längenwachstum somit in eine frühere Periode, als es sonst gewöhnlich der Fall ist“. — Dann legt sich nach LEUCKART der basale Schenkel der Anlage erst noch in seiner ganzen Aus- dehnung zickzackférmig zusammen, bis sich endlich in dem keulen- förmig erweiterten Ende der Scolex mit Saugnäpfen und Haken ausbildet. Und schließlich geht dadurch, daß das zylindrische 30% 454 HEINRICH SCHAAF, Zwischenstiick weiter in die Länge wächst, die „Knickung allmäh- lich in eine bogenférmige Spirale“ über. Diese Spirale wird immer vollständiger, so daß man gelegentlich auf Exemplare stößt, deren Kopfzapfen 1!}, Touren und darüber macht. So hat sich bei LEUCKART dadurch, daß er bis hierhin die Vor- höhle unberücksichtigt läßt, die Entwicklung des Kopfzapfens von Cyst. 7. sola als verhältnismäßig recht einfach und ähnlich wie bei den andern Cysticerken ergeben. Ich muß nun gleich zugestehen, daß sie sich mir, wie ich sie an den zahlreichen verschiedenen Altersstadien beobachtet habe, gerade durch den Umstand, daß sehr früh schon sich die Anlage der Vorhöhle bemerkbar macht, viel komplizierter gestaltete, so daß es nicht möglich sein wird, sie in so einfacher, leicht zu verstehender Darstellung, wie es bei LEUCKART geschehen ist, wiederzugeben. Vielmehr werden auch besonders die Abbildungen reichlich dazu beitragen müssen, die verschiedenen aufeinanderfolgenden Vorgänge verständlich und anschaulich zu machen. Dabei werde ich noch mehrmals auf die LEUCKART'sche Beschreibung zurückzukommen haben. Auch für die erste Anlage des Kopfzapfens von Cyst. T. soli gilt die typische Entwicklung, wie ich sie oben für den Cyst. T. serratae beschrieben habe, in vollstem Mabe. Daß sie zum Unter- schied von diesem hier in der Mitte der Längsseite des kaum 1 mm eroben Bläschens geschieht, wurde schon erwähnt. Sonst aber wären wohl keine prinzipiellen Unterschiede in den ersten Stadien festzustellen. Die Blasenwand hat sich ebenso wie dort an einer Stelle „meniscusartig“ verdickt, diese Verdickung sich zu einem in die Blase hineinragenden Zapfen vergrößert; dann wurde sie zu einem sack- oder beutelförmigen Anhängsel der Blasenwand. Der innere Hohlraum derselben ist, wie bei den andern, mit einer deut- lichen Cuticula ausgekleidet. Und schon sehr bald, zu einer Zeit, da die Gesamtlänge der jungen Finne kaum 11, mm beträgt (Fig. 11) entstehen, sobald es die erforderlichen Raumverhältnisse zulassen, in der untern Hälfte des Hohlraums, wiederum genau wie bei Cyst. T. serratae, die Saug- näpfe, das Rostellum und die Haken. Daß die von LEuckArt beobachteten Finnen, bis sie, wie er p. 635 angibt, eine Länge von 6 mm erreichten, in einem Zustand verblieben, in dem die Kopfanlage nur ca. 1 mm im Durchmesser hatte und noch nicht die geringste Andeutung von Saugnäpfen und Haken aufwies, ist mir völlig unverständlich. Die Tiere von solcher Kopfanlage der Cysticerken. 455 Größe, die mir zu Gesicht kamen, waren nicht nur alle mit einem wohl entwickelten Scolex ausgestattet, sondern zeigten bereits eine vollständig ausgebildete Kopfanlage, wie sie für jeden ausgewachsenen Cyst. T. sola charakteristisch ist. Und schon bei den allerjüngsten Stadien, bei denen die Länge der Einstülpung kaum größer ist als ihr Breitendurchmesser, war der Scolex mit allen seinen Teilen bereits vollständig ausgebildet, so dab da schon der Kopf des zukünftigen Bandwurms in seinen wesentlichsten Teilen, genau wie oben bei der Kaninchenfinne der Fig. 2, vorhanden ist und alle nun folgenden Veränderungen in der Hauptsache nur auf einem weitern eigentümlichen Wachstum des Zwischenstücks beruhen. Schon hier kann ich also den LeuckArr'schen Ausführungen nicht beistimmen; denn niemals habe ich vor Ausbildung des Scolex eine derartige Verlängerung der Einstülpung und rechtwinklige Knickung derselben beobachten können, wie sie LEUCKART in seinen bekannten Abbildungen (p. 636, fig. 280—282) darstellt und mit be- sonderm Nachdruck als Eigentümlichkeit des Cyst. der 7. soliwm in den oben zitierten Worten hervorhebt. Sowohl Saugnäpfe wie Rostellum und Hakenkranz sind vielmehr bereits in diesen frühen Stadien, wie die Abbildungen (Fig. 11, 12) zeigen, wohlentwickelt und schon von solcher Größe, daß sich das weitere Wachstum der Kopfanlage und der Finne — sie wird 6—8mal so groß — auf den Scolex eigentlich nur in ganz geringem Maße erstreckt. Die Kopfanlage ist auch hier, wie nicht anders zu erwarten war, von einem Fasernetz umschlossen. Allerdings scheint es an- fangs noch von etwas zarter Konsistenz zu sein (Fig. 11), während aus Fig. 13 und folgenden erhellt, daß dieses Gewebe allmählich durch neue Elemente verstärkt wird. Und so kann wohl die Annahme nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden, daß dieses Netz vielleicht, wie LEuUCKART schildert, durch den Widerstand, den es der stärker wachsenden Kopfanlage entgegensetzt, die Ursache der gleichzeitigen Krümmung des Mittelstückes ist. Bis hierher hatten wir also wieder die typische Kopfanlage, wie sie uns schon durch das in Fig. 2 abgebildete Stadium des Cyst. T. serratae gegeben war und von der wir auch bei der Betrachtung der übrigen Cysticerken ausgehen konnten. Hier treffen wir aber jetzt bei Beginn der Krümmung des kurzen Zwischenstücks auf das erste abweichende Verhalten von Cyst. 7. solii; denn gleichzeitig kommt es an der Wand der Kopf- 456 HEINRICH SCHAAF, höhle wenig oberhalb des Scolex zu einer Faltung, die anfangs nur als ringförmiger Wulst (Fig. 12, 13) in den Hohlraum hineinragt, dann aber immer weiter diaphragmaähnlich in ihn hineinwächst. In dieser Faltung haben wir die erste Anlage zu der Bildung der charakteristischen Vorhöhle und des Receptaculums zu erblicken, durch die sich der Cyst. 7. soli von dem Cyst. 7. serratae sowie allen andern Blasenwürmern so auffallend unterscheidet. In Fig. 14 ragt diese Ringfalte bereits weit in die Kopfhöhle hinein; durch den Schnitt ist sie natürlich nur an zwei gegeniiber- liegenden Stellen (Fig. 14, rf) getroffen. Auch schon in den Längs- schnitten, die in den Figg. 13 u. 15 wiedergegeben sind, ist diese Faltung bereits deutlich zu erkennen. Im übrigen zeigen aber diese Schnitte, daß für gewöhnlich der Wulst keineswegs ringsum gleich- mäßig stark entwickelt ist, sondern dadurch, daß sich der Kopf- zapfen gleichzeitig in einer Ebene etwas gekrümmt hat, wird er auf der konkaven Seite der gekrümmten Kopfhöhle bedeutend schneller und mächtiger ausgebildet. Auch die histologische Differenzierung ist in diesem Stadium bereits sehr weit vorgeschritten. Die einzelnen Muskelfasersysteme sowie das Exkretionsgefäß- und sogar das Nervensystem, von dem später noch die Rede sein soll, sind schon sämtlich in diesem frühen Stadium angelegt und deutlich zu erkennen, Auch das Fasernetz hat sich dermaßen verdickt, daß es nun wie ein Polster dem Kopf- zapfen aufzuliegen scheint (Fig. 13). In der ersten Entwicklungsphase des Kopfzapfens gingen, wie wir sahen, alle Neubildungen und alles Wachstum von der Basis des Kopfzapfens, da, wo er der Blasenwand angeheftet ist, aus. Später aber scheint sich die Zone des stärksten Wachstums weiter in die Tiefe zu verlegen, und zwar hauptsächlich in den Teil des Zwischen- stückes, der dem Scolex am nächsten gelegen ist. Diese Tatsache wird uns verschiedene Vorgänge in der Metamorphose der Kopf- anlage verständlicher machen. Überhaupt geht nun das Längen- wachstum des Zwischenstücks — darin besteht ja in der Haupt- sache die weitere Entwicklung der Kopfanlage — vornehmlich von der bezeichneten Stelle aus. Außerdem aber müssen wir von nun an auch noch einen Vege- tationsprozeß, wenn ich so sagen darf, berücksichtigen, der von dem Grunde des Fasernetzes ausgeht und sich dort in einer der Mündung der Kopfhöhle mehr oder weniger genau gegenüberliegenden Wuche- rung desselben darstellt. Kopfanlage der Cysticerken. 457 Hier hatte sich die Faserschicht, wie ich oben schon hervorhob und aus den Figg. 14 u. 15 zu ersehen ist, auffallend verdickt, und immer mächtiger werdend, drängt nun dieser Faserkomplex gegen die eigentliche Kopfanlage, oft unmittelbar gegen die Scheitelfläche des Scolex an, um sich so mit seinem Material an dem Aufbau der Kopfmasse zu beteiligen und auch an der spätern Formung und Gestaltung der Kopfanlage mitzuwirken. Es sind zahlreiche dicht und quer durcheinandergelagerte Fasern, die aus diesem Wucherungs- herd hervorgehen. Sie sind auch in allen hier abgebildeten Ent- wicklungsstadien in ihrer Beteiligung am Aufbau der Kopfanlage leicht zu beobachten. Und da sie sich ja mit Hämatoxylin und andern Farben stets gut tingieren und deshalb in allen Präparaten vorgeschrittener Stadien sofort in die Augen fallen, so muß es mich wundern, daß LEUCKART u. a. diese Erscheinung überhaupt nicht erwähnen. Es wurde schon darauf aufmerksam gemacht, daß die Ringfalte oberhalb des Scolex auf der einen Seite stärker wächst. Und diese Seite bleibt auch fürderhin bevorzugt, wenn sich die Falte weiter in das Innere der Kopfhöhle ausdehnt. Wir können die aufeinander- folgenden Veränderungen dieser Teile bequem an den in Fig. 15—17 wiedergegebenen Schnitten verfolgen. In Fig. 15 sehen wir die Faltung bereits wohl entwickelt und von ansehnlicher Länge weit in das geräumige Innere des Kopfzapfens von der rechten Seite her hineinragen. Man kann schon an diesem Präparat erkennen, dab die nach oben gewandte Fläche der Falte unzweifelhaft zur innern Wandung der Vorhöhle wird, das etwas zusammengefaltete Stück aber, das noch zwischen der Ringfalte und der Öffnung an der Blasenwand vorhanden ist, wird sich allmählich strecken und so zur Außenwand der Vorhöhle, zu dem charakteristischen Receptaculum werden. Auch auf der linken Seite der Figur ist die Ringfalte wahrzunehmen, jedoch ist sie hier in ihrer Entwicklung noch sehr zurückgeblieben. Fig. 15a und 15b zeigen uns 2 Entwicklungsstadien, die dem- selben Material wie das der Fig. 15 entnommen sind, wahrscheinlich also das gleiche Alter wie dieses besitzen und deshalb an dieser Stelle kurz erwähnt werden sollen. Fig. 15a gibt uns ein ungefähr gleichaltriges Stadium in halb- ausgestülptem Zustande wieder, wie es wohl bei dem Heraus- präparieren der Finnen oder beim Konservieren — etwa durch einen leichten Druck auf die Blase — zustandegekommen sein kann. 458 HEINRICH SCHAAF, Andrerseits möchte ich es aber nicht für ausgeschlossen halten, daß sich hier der Kopfzapfen, wie ich ihn häufig bei jüngern Finnen meines Alkoholmaterials angetroffen habe, von vornherein so angelegt hatte. Darauf läßt schon der innige Zusammenschluß der Gewebe an der Basis der Kopfanlage schließen; denn bei einem künstlich ausgestülpten Kopfe müßte da ein enger Hohlraum, eine Lücke zu konstatieren sein. (Dasselbe gilt für die Fig. 14b.) Außerdem kann ich aber auch hierzu einen eigentümlichen Fall von Coenurus cerebralis zum Vergleich heranziehen, den ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen möchte. Dieser Coenurus zeichnete sich nämlich dadurch aus, daß seine Kopfanlagen in der großen Mehrzahl nicht der Blasen- wand nach innen, sondern auffallenderweise nach außen anhingen und zwar in genau derselben Weise wie die in Fig. 15a abgebildete Kopfanlage von Cyst. 7. solü. Und man muß doch auch hier mit Bestimmtheit annehmen, daß diese Eigentümlichkeit schon im Leben durch irgend welche Ursachen hervorgerufen wurde In Fig. 10 habe ich einen solchen Schnitt abgebildet, der sowohl zwei nach außen sowie eine nach innen vorragende Kopfanlage getroffen hat. In Fig. 15b ist die Kopfanlage eines Cyst. 7. soli bereits in einem Zustande, wie er dem geschlechtsreifen Tiere entspricht, d. h. er bildet einen völlig soliden, zylindrischen, etwas gerunzelten Anhang der Schwanzblase. Die äußern Teile des eingestülpten Kopfzapfens sind hier also ins Innere zu liegen gekommen, und um- gekehrt ist die Innenwand der andern Finnen hier natürlich zur Außenwand geworden. Und daß gerade das ausführlich besprochene Fasergewebe in nicht geringem Maße an der Solidifizierung dieser Kopflage beteiligt ist, geht ebenfalls aus der Abbildung hervor. Nach dieser Abschweifung wollen wir wieder die Darstellung der Entwicklungsvorgänge aufnehmen. In dem innern Hohlraum der in Fig. 15 gezeichneten Kopfanlage fand die Ringfalte noch reichlich Platz, um sich in ihrer ursprünglichen Lage und Richtung bequem ausdehnen zu können. Es ist aber unschwer einzusehen, daß durch weiteres Wachstum sich die einzelnen Teile der Kopf- anlage, von dem Fasernetz umhüllt, im Innern gegenseitig sehr einengen müssen. Und da sich auch der Wucherungsherd mit seinen Fasermassen immer weiter hügelförmig gegen das Innere vorwölbt (Fig. 16, 17), so wird die Falte, besonders auf der Seite, wo sie zu größerer Ausdehnung herangewachsen war (in den Abbildungen auf der rechten Seite) von dem Innern der Kopfanlage gegen den der Blasenwand zunächstgelegenen Teil des Zwischenstücks gedrängt, Kopfanlage der Cysticerken. 459 so daß sie sich diesem eng anlegt (Fig. 17). Dieses selbst wird hierdurch zum Receptaculum, das schließlich, wie oben schon aus- einandergesetzt wurde, die ganze Kopfanlage, bis auf das untere Segment, sackartig umschließt und eine ausschließliche Eigentümlich- keit des Cyst. 7. sol darstellt. Nur an seinem untern Ende steht es mit der eigentlichen Kopfanlage in Zusammenhang, im übrigen ist diese durch die schmale, spaltförmige Vorhöhle von dem Recepta- eulum getrennt und in einer Weise isoliert, daß sie nicht wie bei den übrigen Blasenwürmern der Blasenwand unmittelbar ansitzt, sondern an ihrer Verbindung mit dieser durch die glockenförmig um sie herumgreifende Vorhöhle gehindert wird. Viel leichter als durch Worte kann dieser allmähliche Ent- wicklungsgang durch die Abbildungen in Fig. 15—18 zur Anschauung gebracht werden. Man sieht deutlich, wie sich die Falte der Wand des Receptaculums anlegt. Allerdings ist in den Figuren das Receptaculum noch sehr unsymmetrisch und ungleichmäßig aus- gebildet. Doch werden schon in den nächsten Entwicklungsstadien dadurch, daß der Scolex wieder mehr in die Höhe gehoben und in das Innere der Anlage verschoben wird, diese Verschiedenheiten mehr und mehr ausgeglichen (Fig. 18), so daß dann die innere Kopf- masse ringsum — ähnlich, wie etwa der Pharynx einer Turbellarie von der Mundhöhle — gleichmäßig von dem Receptaculum um- schlossen wird und auch ähnlich wie jener nach Art der Fig. 15a vorgestülpt werden kann. Das Receptaculum und die Vorhöhle sind also, um es nochmals hervorzuheben, nichts anderes als ein inte- grierender Teil der Kopfhöhle und somit auch indirekt ein inte- erierender Teil der Blasenwand überhaupt. Deshalb finden wir hier auch in bezug auf die feinere Anatomie des Receptaculums genau dieselben Verhältnisse wieder, wie wir sie von der Blasenwand und dem Zwischenstück kennen nur, daß die Gewebe durch die Spannung mehr auseinandergezogen sind. Wir können auch hier deutlich die Cuticula, die Ring- und Längsmuskelschicht und die epithelartig angeordneten, subcuticularen Zellen unterscheiden. Und dab sich überhaupt der Cyst. 7. solii in dieser Beziehung ähnlich verhält wie die andern Blasenwürmer, dürfte aus der Fig. 28 hervorgehen, die ein kleines Stück der Kopfhöhlenwand stark vergrößert wiedergibt. Im übrigen soll natürlich im Rahmen dieser Arbeit auf die feinere Anatomie der Cysticerken nicht näher eingegangen werden, zumal im Laufe der letzten Jahre mehrere Untersuchungen über diesen Gegenstand veröffentlicht worden sind. 460 HEINRICH SCHAAF, Durch weiteres Längenwachstum, das immer noch von der hinter dem Scolex gelegenen Wachtumszone ausgeht, wird das Zwischenstück immer länger und der Scolex dadurch immer weiter in der Richtung des gekrümmten Zwischenstückes verschoben. Dabei kann sich dieses für gewöhnlich nicht gleich in Form einer regelmäßigen Spirale einrollen, wie wir es bei den ausgewachsenen Finnen in der Regel antreffen, sondern ist im Anfang erst haken- förmig, dann meist mehr Sförmig (Fig. 18) gekrümmt, bis schließlich durch die verschiedenen ausgleichenden Einflüsse in der Umgebung sich die ganze Anlage spiralig einrollt. Die Fasern des Wucherungs- herdes werden dabei, wie man an den Abbildungen verfolgen kann, ins Innere der Kopfanlage gleichsam mit hineingezogen. In der angegebenen Weise kann nun die Kopfanlage noch lange Zeit weiterwachsen, und so kommt es, daß man gelegentlich alte, große Exemplare findet, deren Zwischenstück im Innern des Recep- taculums eine Spirale mit zwei vollständigen Windungen beschreibt (Fig. 19). Und auch dann, wenn das Wachstum seinen Höhe- punkt erreicht hat, sind oft noch gewisse Modifikationen in der Lagerung und der Form der einzelnen Teile der Kopfanlage zu beobachten, auf die ich aber erst an späterer Stelle kurz hin- weisen will. Natürlich darf man nun nicht annehmen, dab sich der Cyst. T. solii in allen Fällen genau in der Weise entwickeln müsse, wie ich es hier beschrieben und in den verschiedenen Figuren abge- bildet habe. Überhaupt darf man sich gerade bei Cysticerkenunter- suchungen nicht allzu streng an ein einziges oder einige wenige Objekte halten, da gerade die Cysticerken und besonders solche, die aus verschiedenen Wirtstieren stammen, häufig in dem einen oder andern Punkt voneinander abweichen; und das scheint auch die Arbeiten früherer Beobachter, auch die LeuckArr’s und Montz’, bisweilen beeinträchtigt zu haben, daß sie zu wenig Material zur Untersuchung herangezogen haben oder heranziehen konnten und dann auf der Grundlage einer solchen Untersuchung ihre ganze Arbeit aufbauten und sich die weitgehendsten Schlüsse gestatteten. Deshalb möchte ich auch hier gleich einräumen, daß bei dem von mir untersuchten Material hier und da, zumal bei den jüngern Stadien, kleinere Unregelmäßigkeiten zu konstatieren waren — von auffallendern Abweichungen soll gleich die Rede sein —, im übrigen aber habe ich die einzelnen Stadien so dargestellt, wie sie sich mir mit größter Regelmäßigkeit aus der Untersuchung einer sehr großen Kopfanlage der Cysticerken. 461 Anzahl von Finnen jeden Alters ergaben. Immerhin waren hierbei zuweilen etwas komplizierte, unübersichtliche Verhältnisse zu be- rücksichtigen, so daß es überhaupt schwierig sein dürfte, diese Ent- wicklung etwa in schematisierten Abbildungen wiederzugeben, wie es für die andern Cysticerken geschehen kann und LEUCKART es auch für den Cyst. 7. sola tun wollte. Zunächst sollen hier einige eigentümliche Kopfanlagen Er- wähnung finden, die auf den ersten Blick eine dem Cyst. T. soli eigentlich ganz widersprechende Form aufwiesen. So zeigt Fig. 21 den Längsschnitt durch die Kopfanlage eines Cyst. 7. soli, die da- durch, daß das Receptaculum auf der einen (hier auf der rechten) Seite in seiner Entwicklung ganz und gar zurückgeblieben ist, während sich die gegeniiberliegenden Teile zu ansehnlicher Länge entfalteten, ihr charakteristisches Aussehen fast vollständig ein- gebüBt hat. Schon die ausnahmsweise ungünstige Erhaltung dieser Finne konnte auf eine nicht ganz normale Entwicklung hinweisen. Ebenfalls ein mir im ersten Augenblick etwas unerklärliches Aussehen hatten die Cysticerken, die in unlängst von Herrn Veterinärarzt KserL in Mainz zugesandten überaus finnenreichen Fleischstücken enthalten waren. Die allen gemeinsame typische Form ihrer Kopfanlage zeigt ein Längsschnitt, der in Fig. 21 abgebildet ist. Wir haben es hier unzweifelhaft mit einem schon ältern Stadium zu tun, das sich im Laufe der Zeit derart entwickelte, daß wir das Zwischenstück zwar noch normalerweise im Innern seines hohlkugelförmigen Recep- taculums geborgen sehen, aber nicht eingestülpt, wie wir es gewöhn- lich finden, sondern zum größten Teil schon in seine zukünftige, regelrechte Lage umgestülpt, indem es sich wurmförmig — die äußere Körperfläche, wie später, mit der Cuticula bekleidet — vom Grunde des Receptaculums erhebt. Nur noch der Scolex und die ihm nächstbenachbarten Teile des Halses verblieben, wie aus der Abbildung deutlich hervorgeht, in ihrer eingestülpten Lage. Der ganze Wurmkörper ist, um bei seiner bedeutenden Länge innerhalb des Receptaculums Platz zu finden, fingerförmig gekrümmt und außerdem, wie im eingestülpten Zustande, mit einer großen Menge Querfaltungen versehen. Offenbar hat bei diesen Finnen der Wucherungsherd am Grunde des Receptaculums mit seinem Wachstum so frühzeitig und so energisch eingesetzt, dab durch seine ausfüllenden Massen die regel- rechte spiralige Einstülpung im Innern teils an ihrer Vollendung 462 HEINRICH SCHAAF, gehindert, teils die bereits eingestülpten Teile mit Ausnahme des eigentlichen Kopfabschnittes wieder zur Ausstülpung gezwungen wurden. Natürlich wird auch die eigne Muskulatur nicht zum ge- ringsten an dieser Wiederausstülpung beteiligt gewesen sein. Ändere Exemplare ließen bisweilen noch etwas mehr von der einstmaligen Ineinanderfaltung der einzelnen Teile erkennen, alle erinnerten aber doch im großen und ganzen an das hier beschriebene und in Fig. 21 abgebildete Aussehen. Es leuchtet wohl ein, daß gerade ein solches Material leicht geeignet sein konnte, Ansichten aufkommen zu lassen, wie wir sie bei Montez und auch bei dem ältern VAN BENEDEN und Davaine antreffen, die den Kopfzapfen vom Grunde des Recep- taculums sich erheben und so auch entstehen lassen. Wenn wir andrerseits die Kopfanlage anderer sehr alter und kräftig entwickelter Finnen — ihre Länge beträgt ca. 12—14 mm — betrachten, wie wir sie in Fig. 20 erblicken, so können wir die oben vorgeführten Entwicklungsstadien mit ihren eigentümlichen Ver- hältnissen schon leichter verstehen, indem wir die in Fig. 20 ab- gebildeten, in einer vergleichenden Betrachtung zwischen die nor- malen, etwa der Fig. 19 entsprechenden, und jenen extremen Formen als Übergangsstadium einschalten. Denn auch hier ist schon ein recht bedeutender, solider Wurmkörper, der sich an das untere Ende des Receptaculums anschließt, zur Ausbildung gekommen und zwar auf Kosten des spiralig eingerollten Teils der Kopfanlage, der da- durch im Vergleich zu dem von Fig. 19 an Ausdehnung und an Masse beträchtlich eingebüßt hat. Es könnte hiernach also scheinen, daß dies der normale Ent- wicklungsgang ist, den die Schweinefinnen in vorgerückterm Alter einschlagen. Bei den Cysticerken von dem Typus der Fig. 20 hatte die Wiederausstülpung der innern spiralig eingerollten Kopfanlage durch den Druck der im Grund des Receptaculums entstehenden Gewebemassen bereits deutlich begonnen, und bei denen des Mainzer Materials war die Ausbildung des soliden Halses ausnahmslos so regelmäßig vollzogen, daß dieselbe nicht als irgend eine abnorme Erscheinung angesehen werden kann, vielmehr von größerer Be- deutung für die Entwicklung des Wurms zu sein scheint. So zeigte denn auch eine genauere Betrachtung unseres Materials von Cyst. 7. serratae, daß hier in der Tat derselbe Entwicklungs- gang in allen einzelnen Stadien zu beobachten ist. Bei den jüngern Finnen, wie sie in Fig. 2 und 3 abgebildet sind, ist der Teil, den wir als Zwischenstück bezeichneten, noch vollständig nach innen Kopfanlage der Cysticerken. 463 zurückgezogen. Bei ältern Exemplaren aber kann man sehen, daß der Blasenhals, der anfangs nur als warzenförmiger Vorsprung über die Schwanzblase hervorragte, immer mehr an Länge zunimmt und schließlich länger als die Biase selbst wird, indem gleichzeitig der eingestülpte Teil des Zwischenstücks allmählich nach außen hervor- gepreßt und immer kürzer wird, bis endlich, wie bei den erwähnten Schweinefinnen, nur noch der eigentliche Scolex in eingestülptem Zustand verbleibt.) Ein solcher Cyst. 7. serratae, wie er in Fig. 4 im Längsschnitt abgebildet ist, gleicht also genau den entsprechen- den Stadien von Cyst. 7. soli, mit dem einzigen Unterschied, dab ihm das für jenen charakteristische Receptaculum fehlt und der solide Hals mit dem zurückgezogenen Scolex sich nicht vom Grund des Receptaculums erhebt, sondern einfach die Verlängerung der Schwanzblase bildet. Zumal bei den Kaninchenfinnen, die schon von vornherein eine sehr lang gestreckte, wurmähnliche Form hatten, ist dann die Grenze zwischen Hals und Blase in der äußern Gestalt kaum wahrzunehmen. Und auch bei denen, die mit einer geräumigen, kugligen Blase ausgestattet waren, scheint diese gleich- zeitig mit der Ausbildung des Halses eine erhebliche Rückbildung zu erfahren. Auch bei der Kaninchenfinne scheint diese Entwicklung in der Art vor sich gegangen zu sein, daß sowohl von den basalen Teilen der Kopfanlage wie von der Wand des Blasenhalses ausgehende Gewebewucherungen diesen zunächst in seinen untern Teilen mit Parenchymmassen ausfüllten und dann successive den Scolex aus seinem Innern hervorzudrängen suchten. Der Blasenhals wird da- durch zu einem langen, etwas unregelmäßig geformten, soliden Wurm- körper, der ebenso wie bei Cyst. 7. sola unter seiner Körperober- fläche die charakteristischen Exkretionsgefäße und Muskelsysteme der Taenien erkennen läßt. Noch viel einfacher gestaltet sich aber die Ausbildung dieses Halses in den Fällen, wo sich schon bei jüngern Finnen der (in umgekehrten Lageverhältnissen entstandene) Scolex vom Grund der Einstülpung emporrichtet und innerhalb derselben, mit dem Haken- kranz voran, emporwächst. Bei diesen Stadien von Cyst. 7. serratae, die zuerst von Montez beschrieben und abgebildet und deren Vor- kommen auch von Leuckarr bestätigt wurde, ist natürlich die oben 1) Bei andern, unlängst einem Kaninchen entnommenen, anscheinend sehr alten Finnen war sogar auch der Scolex vollständig ausgestülpt. 464 HEINRICH SCHAAF, besprochene Umwandlung der Finne zum wurmförmigen Tier noch bedeutend erleichtert. SchlieBlich müchte ich noch darauf hinweisen, wie auffallend das Bild der Fig. 20 dem der geschwänzten Cysticercoiden ähnelt, bei denen nach den Arbeiten von Hamann und v. Dapay der Scolex vom Grund der ursprünglichen Einstülpung, die von nun an als Re- ceptaculum fiir die eigentliche Kopfanlage fungiert, emporknospt. Diese, die Kopfanlage, kann nun innerhalb des Hohlraums zu be- trächtlicher Länge heranwachsen, sich in einfacher oder mehrmaliger Krümmung zusammenlegen und so einen ganz ähnlichen Anblick gewähren wie die oben beschriebene Kopfanlage der Cysticerken von Z. solium innerhalb ihres Receptaculums. Nicht in letzter Linie dürften hier auch die aus dem Maulwurf stammenden Cysticerken Erwähnung finden, die von Borr genauer untersucht wurden. Nach seinen Mitteilungen fanden sich häufig Exemplare, deren Kopfanlage bereits in den regelrechten Lageverhältnissen aufgerichtet war, ja sogar solche, die durch die Verlingerung und Solidifizierung des Halses sowie durch eine gleichzeitige deutliche Riickbildung der Blase bereits eine entschieden wurmfürmige Gestalt angenommen hatten und so bis zu einem gewissen Grad die allmähliche Umwandlung der Finne zum Bandwurm noch innerhalb des Zwischenwirts veranschaulichten. Jedenfalls legen diese Übereinstimmungen') die Vermutung nahe, daß diese Ausbildung eines soliden Halses nicht bedeutungs- los für den Entwicklungsgang der jungen Bandwürmer ist, sondern vielleicht als eine, wenn auch nicht gerade unbedingt voraus- zusetzende, so doch sehr günstige und vorteilhafte Vorbereitung für die Umwandlung der Finne in den Bandwurm ist, so dab vor- zugsweise solche Cysticerken zum geschlechtsreifen Tiere würden, bei denen dieser Prozeß in der angegebenen Weise erleichtert “wäre. Die Erfahrung, daß gerade die Fütterungsversuche mit dem wurmförmigen Cysticercus der 7. crassicollis (Cyst. fasciolaris), wie sie vor einiger Zeit im hiesigen Institut vorgenommen wurden, aus- nahmslos erfolgreich gewesen sind, künnte zugunsten einer solchen Ausnahme sprechen. Leider konnten derartige Experimente, die 1) Für die Cysticerken von T. saginata und T. marginata konnte ich entsprechende Stadien nicht nachweisen. Jedoch ist dies wohl nur durch die Spärlichkeit des mir zur Verfügung stehenden Materials begründet; zweifellos könnten auch für sie, wie für die meisten andern Blasenwürmer (Coenurus), bei genügender Menge ältern Materials ähnliche Bildungen fest- gestellt werden. Kopfanlage der Cysticerken. 465 vielleicht hierüber Aufschluß gegeben hätten, wegen des Mangels an lebendem Material von Cysticerken oder Eiern der Taenia serrata nicht angestellt werden. Auf jeden Fall kann es keinem Zweifel unterliegen, daß wir die von Mainz zugesandten Cysticerken der 7. solium als ganz normale, jedoch in der Entwicklung sehr weit vorgeschrittene Stadien dieses Blasenwurms anzusehen haben. Wenn ich mich anfangs nicht gleich für diese Auffassung entscheiden konnte, so lag das zum Teil auch daran, daß ihre Größe für ein so hohes Alter viel zu gering zu sein schien; denn während andere ausgewachsene Exemplare, wie etwa die in den Fige. 19 u. 20 abgebildeten, gewöhnlich 10—14 mm in ihrer Längsachse maßen, hatten sie sämtlich nur eine Länge von 6—7 mm. Diese Tatsache darf aber schon deshalb nicht zu hoch veranschlagt werden, weil ja bekanntlich bei den Cysticerken die Kopfanlage in ihrem Wachstum und in der Ausbildung ihrer ver- schiedenen Teile nicht immer mit dem Gesamtwachstum der Finne gleichen Schritt hält, so daß ein kleiner Cysticercus oft eine weiter entwickelte Kopfanlage besitzt als ein anderer mit bedeutend größerer Blase. Dazu kommt noch, daß in der Regel neben diesen letzten Veränderungen des Blasenwurms eine gleichzeitige deutliche Rück- bildung der Schwanzblase einherzugehen scheint, wie es für. Cyst. T. serratae festgestellt werden konnte und auch durch die erwähnten Untersuchungen von Borr dargetan wird. Es bleibt mir noch übrig, kurz zu berichten, wie Montrez in seinem „Essai monographique sur les cysticerques“ den eigentüm- lichen Verhältnissen der Kopfanlage von Cyst. T. sola Rechnung zu tragen sucht. Er scheint, seinen Abbildungen nach zu urteilen, von dieser Finne nur ganz alte und in ihrer Form von dem gewöhn- lichen Typus schon etwas abweichende Exemplare zur Untersuchung gehabt zu haben. So muß schon die Lage des Kopfzapfens dadurch auffallen, daß sie ähnlich wie bei dem Cyst. der Taenia serrata, mit dem vordern Ende der Blase zusammenfällt. Bei der von ihm tab. 3, fig. 8 abgebildeten Finne (s. Fig. J) scheint sogar die Kopf- anlage mit einem wohlentwickelten Blasenhals ausgestattet zu sein. In der entwicklungsgeschichtlichen Darstellung der jüngern Stadien schließt er sich im großen und ganzen den LEuckArT'schen Aus- führungen, deren Mängel ich bereits oben besprochen habe, an. Auch ihm sind natürlich das Receptaculum und die Vorhöhle bei dieser Finne nicht entgangen, und er hat dieselben wohl auch in ihrer anatomischen Zugehörigkeit richtig erkannt, über ihre Ent- 466 HEINRICH SCHAAF, stehungsweise aber spricht er Vermutungen aus, die dem Sachver- halt gänzlich widersprechen. Immerhin bieten sie einiges Interesse und sollen deshalb kurz erwähnt und mit unsern Befunden ver- glichen werden. Daß in seiner Darstellung das „Receptaculum“ (im Moxtzz’schen Sinne) bei allen Cysticerken „par les parois de l’invagination primi- tive“ repräsentiert wird, hatte ich schon gesagt. Hier fragt es sich natürlich nur, welche Erklärung Montrez für das Receptaculum in unserm Sinne, das ausschließlich dem Cyst. 7. soli eigentümlich ist, gibt. Er hat hierzu offenbar nur die ganz alten auf tab. 2 und 3 abgebildeten Stadien zur Untersuchung herangezogen und scheint dadurch, daß die innere Kopfanlage einzelner Finnen schon teilweise aus dem Receptaculum herausgequollen war, auf die irrige Ansicht verfallen zu sein, daß die Kopfanlage der Finne nur durch die innerhalb der Vorhöhle gelegenen Teile (Fig. G) gegeben sei. Um Fig. G. Fig. H. Fig. J. Cyst. T. solii (nach Montez, schematisiert). Bl Blasenwand. diese habe sich die benachbarte Blasenwand ähnlich, wie es etwa gewöhnlich für das Umwachsen des Embryos durch die Keimblätter bei der Amnionbildung dargestellt wird, in die Höhe gefaltet und successive die Kopfanlage umwachsen, bis sich ihre Ränder über dem Scheitel der Kopfanlage einander bis auf eine kurze Entfernung genähert hätten. Er sagt wörtlich (p. 56): „il persiste derrière les fibres qui correspondent au receptaculum de LEUCKART, une masse importante des tissus de l’embryon hexacanthe, et cette masse est méme plissée d’ordinaire comme il s’agissait d’anneaux. La partie de la vésicule qui lui fait suite se réfléchit et glisse sur les parois Kopfanlage der Cysticerken. 467 du receptaculum, et peut atteindre jusque son sommet. Notre dessin [Fig. H] représente un cysticerque dont les deux lèvres de la paroi d’invagination ont cessé d’être intimement appliquées sur les autres parties du receptaculum et se sont dégagées de la vési- cule. Cette explication était nécessaire pour montrer que la structure de ce cysticerque n'est pas différente de celle des autres espèces comme on pourrait le croire.“ Seine Abbildungen von Cyst. 7. sol habe ich in den Textfiguren G, H u. J vervollständigt und schemati- siert wiedergegeben. Inbezug auf Fig. J sagt er: ,on voit la vési- cule former au receptaculum une enveloppe complete à double paroi“. „La fig. 10 [Textfig. G] se rapproche davantage de la forme typique de la tab. 2 [Fig. H]; il est possible que dans le jeune âge de cet individu le coude marqué 7 était accentué au point de former aussi une enveloppe“ (p. 189). Ich glaube, daß die zitierten Worte und die obigen Figuren genügen, um von der Montzzz’schen Auffassung der Verhältnisse bei Cyst. T. sol ein verständliches Bild zu geben. Man sieht, daß ihm Jüngere Stadien, an denen er die einzelnen entwicklungsgeschicht- lichen Vorgänge hätte beobachten können, nicht zur Verfügung standen. Die Moxızz’sche Schilderung erinnert vielmehr an die Vorgänge, die wir an dem Cyst. 7. marginatae beobachten konnten und oben, S. 447, beschrieben haben. Durch den Widerstand der Cyste senkte sich die Kopfwarze dort in die Blase hinein und wurde auf diese Weise von der Blasenwand, wie durch ein Receptaculum, umhüllt. Natürlich kann eine solche Darstellung nicht auch für Cyst. T. solu Gültigkeit haben, wo sich die Metamorphose, wie wir gesehen haben, ausschließlich an der eingestülpten Kopfanlage vollzieht. Andrerseits lassen sich die verschiedenen hier geschilderten Vorgänge schon leichter miteinander in Parallele stellen, wenn man bedenkt, daß ja auch die eingestülpte Kopfanlage nur ein integrierender Teil der Blasenwand ist. Wir brauchten hier deshalb vielleicht nur zwischen drei Teilen der Finne zu unterscheiden: dem Scolex, den ihm benachbarten Teilen, zu denen also das Zwischenstück und die nächstgelegene Partie der Blasenwand gehören würde und die wir etwa als „Übergangszone“ bezeichnen könnten, und drittens die eigentliche Schwanzblase. Die Ubergangszone wäre es dann also, die den hauptsächlichsten Veränderungen während des Wachstums der Finne unterworfen wäre. Ich möchte an dieser Stelle auch auf die Coenurusuntersuchungen von KUNSEMÜLLER hinweisen, wo der Verfasser in ganz ähnlicher Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 31 468 HEINRICH SCHAAF, Weise die scheinbar sehr verschiedenen Kopfanlagen der Echino- cokken, der knospenden Coenuren und der monocephalen Cysticerken einander näher zu bringen sucht. Daß der Verfasser das „Zwischen- stück“ bei dem Cyst. 7. serratae, das er zum Vergleich heranzieht (fig. A, p. 531)1), sich über den ganzen vordern Teil der Finne, also auch auf die Blasenwand (Blasenhals), erstrecken läßt, halte ich nicht für zweckmäßig. Es ist wohl richtiger, diesen Namen auf die eingestülpten Teile zwischen Scolex und Blasenwand zu beschränken, die Partien aber, die er damit bezeichnet, als „Übergangszone“ — wie er ja auch die entsprechenden Teile bei Coenurus und Echino- coccus nennt — zusammenzufassen. Nervensystem. Daß die Untersuchung meines Cysticerkenmaterials auch Ge- legenheit gab, ein wohlentwickeltes Nervensystem zu beobachten, war um so erfreulicher, als bis jetzt die Literatur über die Existenz eines solchen sich noch gar nicht näher ausgesprochen hat. Wenn man einerseits ja als selbstverständlich annehmen muß, daß das Nervensystem der Cestoden, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, auch schon in ihrem Jugendzustande zur Ausbildung gekommen sein muß, so kann andrerseits der Mangel solcher Beobachtungen weniger überraschen, wenn man bedenkt, wie lange es gedauert hat, bis man überhaupt eine bestimmte Vorstellung von dem Nervensystem der geschlechtsreifen Tiere hatte, und mit welchen Schwierigkeiten nach dem Urteil aller derer, die sich jemals damit beschäftigt haben, die Untersuchung ihres Nervensystems verbunden ist. Und wenn auch in späterer Zeit eine ganze Reihe von sorgfältigen Abhand- lungen hierüber erschienen ist, so wird es doch auch später noch für manche Arbeiten den Stoff liefern müssen, bis die Morphologie dieses Organs bis in alle Details aufgeklärt sein dürfte. Es konnte natürlich nicht in der Tendenz dieser Arbeit liegen, irgendwelche abgeschlossene Beobachtungen über diesen Gegenstand, den Bau und die Entwicklung des Nervensystems bei den Cysti- cerken, zu liefern; hier will ich vielmehr nur das bringen, was sich mir gelegentlich meiner Untersuchungen, die sich ja in der Haupt- 1) Warum KUNSEMÜLLER hier die Kopfanlage des Cyst. 7. serratae nicht in ihrem gewöhnlichen Verhalten abbildet, sondern nur im aus- gestülpten Zustande und in einem solchen, wie wir ihn doch nur aus- nahmsweise antreffen (fig. A, cf. dagegen Fig. C), war mir nicht ganz verständlich. Kopfanlage der Cysticerken. 469 sache nur auf die Morphologie der Kopfanlage als Ganzes erstreckten, von dem Nervensystem darbot. Dies war aber, obwohl ich keine speziellen Färbemethoden anwandte, vüllig ausreichend, das Vor- handensein eines wohlentwickelten Nervensystems nachzuweisen und ein Bild von diesen Verhältnissen zu geben. Ich begnügte mich auch hier wiederum mit Hämatoxylin-, Lichtgrün-, Pikrinsäure- und Karminfärbungen, mit Hilfe derer wenigstens die grübern Stränge durch eine negative Färbung mehr oder weniger deutlich hervor- traten. Schon an meinen Längsschnitten, wie sie etwas stärker ver- srößert in den Figg. 24 u. 25 wiedergegeben sind, trat die Existenz von Nervenknoten im Bereiche des Scolex deutlich zutage. Fig. 24 stellt einen Schnitt durch den Kopf von Cyst. 7. serratae, Fig. 25 durch einen solchen von Cyst. 7. sol, und zwar eines noch recht jungen Stadiums, dar. An beiden sehen wir zwischen den Saug- näpfen und dem Rostellum auf jeder Seite die beträchtlichen An- schwellungen der Hauptlängsstämme. Diese sind zwischen je einem dorsalen und ventralen Saugnapf hindurchgetreten; letztere konnten deshalb durch den Schnitt tiberhaupt nicht getroffen oder nur schwach gestreift werden. Im übrigen ist begreiflicherweise an solchen Längsschnitten von dem Nervensystem nicht viel zu sehen. Besser kann man sich auf Querschnitten iiber die Anordnung der einzelnen Stränge und Kommissuren orientieren. Zu diesem Zwecke konnte ich mit Vorteil solche Exemplare benutzen, deren Kopfanlage vor der Konservierung aus dem Innern der Blase herausgepreßt worden war und also dieselben Lageverhältnisse darbot wie der Kopf einer Tänie. Es leuchtet ein, daß gerade in solchen Fällen die Cysticerken für eine Nervenuntersuchung willkommen sein müssen, wo die Beschaffung eines Tänienkopfes, wie heutzutage der einer 7. soliwm, mit Schwierigkeiten verbunden ist. Sowohl die Hauptlängsstämme wie die Quer- und Ringkom- missuren sind an den Präparaten leicht zu erkennen, in der Haupt- sache also die Teile, die Conn unter dem Begriff des Centralnerven- systems in seiner umfangreichen, dementsprechend überschriebenen Arbeit zusammenfaßt. Zunächst sind in dem Scolex und dem daranschließenden Zwischenstück, das dem Collum des Bandwurms entspricht, die 10 Längsstämme, wie sie für die Tänien charakte- ristisch sind, deutlich wahrzunehmen. Sie sind alle durch den Quer- schnitt der Fig. K ungefähr in mittlerer Höhe der Saugnäpfe ge- troffen und in ihrer regelrechten Anordnung wohl zu erkennen. Auf ÉD 470 HEINRICH SCHAAF, beiden Seiten verläuft je ein Hauptnervenstrang zwischen einem obern und untern Saugnapf, dorsal und ventral begleitet von den beiden Nebensträngen, die hier in dem engen Raum zwischen den Saugnäpfen eine schmale, zusammengedriickte Form im Querschnitt zeigen und sich dem Hauptstamm möglichst eng anlegen. Diese Seitennerven verlaufen, wie bei der ausgebildeten Zaenia, an der Außenseite der beiden Längskanäle des Excretionsgefäßsystems, das ebenfalls wohlentwickelt ist und von Pinrxer für Cyst. 7. soli genauer untersucht wurde. Zwischen den beiden dorsalen und ven- tralen Saugnäpfen sind je 2 Längsstämme getroffen, die hier von recht beträchtlicher Stärke sind, die beiden dorsalen bzw. ventralen Fig. K. Querschnitt durch den Scolex von Cyst. 7. solü. Nd, Nv dorsale und ventrale Mediannerven. NJ, Nn laterale Haupt- und Nebennerven. 90:1. „Mediannerven“. Sowohl ihr Querschnitt wie der der übrigen Stämme stellt hier im Scolex gewöhnlich eine auf der innern Seite etwas zugespitzte elliptische Figur dar. Alle 10 Längsstämme lassen sich auch noch eine kurze Strecke weit in den anschließenden Teilen des Zwischenstücks nach der Schwanzblase zu verfolgen, jedoch nicht alle gleich weit. Während die 4 median gelegenen Nerven sich bald in dem subepithelialen Parenchym verlieren, setzen sich die lateralen Hauptstimme noch ein Stück weiter in den Halsteil hinein fort. Die sie begleitenden Nebenstränge allerdings heben sich jetzt auch nur noch als Punkte sehr undeutlich von dem umgebenden Gewebe und den Muskelfasern ab, da sie schon dicht hinter dem Kopfanlage der Cysticerken. 471 Scolex sehr dünn werden. Daß in einer gewissen Entfernung von dem Scolex in dem Zwischenstück überhaupt keine Nerven mehr an- getroffen werden, kann nicht überraschen, da ja dieser „Wurmleib“ bei der Umwandlung der Finne in den Bandwurm, wenn auch nicht ganz, wie LEUCKART angibt, so doch wohl zum größten Teil ver- loren geht. Verfolgen wir nun diese 10 Längsstämme nach der andern Seite, nach dem Rostellum zu, so sehen wir sie alle in etwas konvergenter Richtung nach vorn verlaufen. Der laterale Hauptnerv wird, indem er immer weiter ins Innere des Kopfes zu liegen kommt, beträchtlich stärker, und mit ihm ver- Fig. L. ga ganglionäre Anschwellung der lateralen Nerven. kl Hauptquer- und Kreuzcommissur. e Excretionskanäle. schmelzen die beiden lateralen Nebenstränge zu einer mächtigen ganglionären Anschwellung, die am ersten von den ältern Autoren erkannt und als das „Gehirn“ der Bandwürmer angesehen wurde. Der Querschnitt dieses Nervenkomplexes hat, wie aus Fig. L hervor- geht, anfangs etwa die Gestalt eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Basis der Außenseite des Kopfes zugewandt ist, bald darauf aber gleichen sich die Unterschiede in der Breite der Innen- und der Außenseite allmählich aus, so daß das Bild eine mehr rechteckige oder ovale Form bekommt. Die Nerven sind, wie sonst, von fein- maschiger Struktur und haben bei starker Vergrößerung ein wabiges ‘oder seifenschaumähnliches Aussehen. Die beiden Nervenknoten jeder Seite treten nun durch eine auffallend kräftige Quercommissur in Verbindung. Sie zieht sich zwischen den beiden Excretionskanälen, die auf jeder Seite etwas 472 Hernrion Scwaay, auseinandergerückt sind und sich je einem Saugnapf dicht angelegt haben, quer durch die Medianebene hindurch, indem sie gerade hier in der Mitte ihre größte Stärke erreicht. Außerdem läßt dieselbe Abbildung erkennen, daß diese Quercommissur in ihrer Mitte von einem ebenfalls recht ansehnlichen Nervenstrang in dorso-ventraler Richtung, also gerade rechtwinklig, gekreuzt wird. Diese Commissur scheint einen schwachen Bogen zu beschreiben, dessen Konkavität nach vorn gerichtet ist. Sie gabelt sich in einiger Entfernung von dem Kreuzungspunkt und entsendet je zwei Äste zu den dorsalen und ventralen Mediannerven. Uber die weitern Schicksale der Nervenstränge belehrt uns Fig. M, die, um ein übersichtlicheres Bild abzugeben, aus einigen aufeinander- folgenden Schnitten kombiniert werden mußte. Sämtliche 6 Längs- Fig. M. Fig. N. Fig. M. rc obere polygonale Commissur. rr Rostellarring. Fig. N. Schema des Nervensystems im Scolex von Cyst. T. solii. nerven (2 laterale, 2 dorsale und 2 ventrale) sind derart miteinander verbunden, daß ein geschlossner Ring, „die obere polygonale Commissur“ entsteht. Die lateralen Nervenknoten geben von ihrem äußern Ende bogenförmige Äste nach den benachbarten Saugnäpfen ab. Diesen legen sie sich eng an und treten gleichzeitig mit den entsprechenden Nervensträngen, die von den Medianstämmen ausgehen, in Verbindung. Diese selbst aber, die beiden dorsalen und ventralen Mediannerven, sind ebenfalls miteinander verbunden, so daß ein geschlossener oft etwas sechs- oder achteckiger Ring zustande kommt. Innerhalb desselben liegt konzentrisch ein zweiter, der sog. Rostellarring, der stets deutlich zu erkennen ist (Fig. M). Er legt sich an die Innen- seite der seitlichen Nervenknoten an und steht auch mit den dorsalen Kopfanlage der Cysticerken. 473 und ventralen Nervenstämmen in Zusammenhang, nachdem diese in der Höhe der äußern Ringcommissur angelangt, nach innen, also in radiärer Richtung, umgebogen sind. Die beiden Ringe stehen also im ganzen durch 6 radiäre Brücken in Verbindung, wie es das obenstehende Schema, in dem gleichzeitig auch die oben beschriebene Kreuzcommissur angedeutet ist, erkennen läßt. Die vorliegende Arbeit ist im Zoologischen Institut der Uni- versität Gießen angefertigt. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. J. W. Spencer für die Überlassung des Materials sowie für das andauernde Interesse, welches er meinem Studien entgegenbrachte, meinen wärmsten Dank auszusprechen. 474 HEINRICH ScHAAr, Literaturverzeichnis. BARTELS, E., Cysticercus fasciolaris, in: Zool. 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Schnitt durch die Kopfanlage einer ältern Finne. Das Kopf- ende ist durch eine tiefe Einschniirung von der iibrigen Blase deutlich abgesetzt. 12:1. Fig. 4. Längsschnitt durch sehr alte Finne mit solidem Hals. 15:1. Fig. 5—6. Cyst. T. marginatae. Fig. 5. Schnitt durch eine ins Innere der Blase zurückgezogene Kopfanlage. Diese dadurch von einer receptaculumähnlichen Hülle (bl) umgeben. 15:1. Fig. 6. Schnitt durch die Kopfanlage eines alten (ca. 6 cm großen) Cysticercus mit Sförmig gekriimmtem Zwischenstück. e Excretionskanäle, g Gallertband. 12:1. Fig. 7—9. Cyst. T. saginatae. Fig. 7. Kopfanlage mit ausnahmsweise gut getroffenem Zwischen- stück und Scolex. rw rudimentäres Rostellum. 17: 1. Fig. 8. Schnitt durch die Kopfanlage eines Cyst. 7. saginatae. Das Zwischenstiick ist nur teilweise, in Längsrichtung, der Scolex quer ge- troffen, 193-1. Fig. 9. Kopfanlage eines sehr alten Exemplars. Der Scolex ist außerhalb der Ebene der Zeichnung gelegen. 25:1. 476 Heinrich ScHAAF, Kopfanlage der Cysticerken. Fig. 10. Schnitt durch ein kleines Stück eines Coenurus cerebralıs, dessen Kopfanlagen meist der Außenwand der Blase anhingen. Zwischen den beiden äußern ist eine dritte gelegen, die in den Hohlraum der Blase hineinragt. 24:1. Fig. 11—23. Cyst. T. soli. Fig. 11—19. Eine Reihe verschiedener, aufeinanderfolgender Ent- wicklungsstadien von Cyst. 7. solii zur Erläuterung des Zustandekommens der Vorhöhle und des Receptaculums. Vergr. durchschnittlich 50:1. Fig. 11. Schnitt durch die Kopfanlage einer sehr jungen Finne. Jede Andeutung eines Receptaculums fehlt noch. Fig. 12—15. Anlage der Ringfalte oberhalb des Scolex. In Fig. 14 ringsum ziemlich gleichmäßig, sonst auf der rechten Seite meist stärker ausgebildet. Fig. 15, 15a u. 15b. Kopfanlage dreier ungefähr gleichaltriger, jugendlicher Cysticerken in eingestülptem, halb (Fig. 15a) und völlig aus- gestülptem (15b) Zustande. Tafel 27. Fig. 16—18. Ältere Stadien. Entstehung des Receptaculums, Wuche- rung des Fasernetzes. Fig. 18. Ausbildung des Rec. vollendet. Krümmung des Zwischen- stücks noch Sförmig. Fig. 19. Wohlentwickelte Kopfanlage eines ausgewachsenen Cyst. Te soln.. 725.21. Fig. 20. Noch ältere Kopfanlage. Die einzelnen Teile haben ihre charakteristische Gestalt und Lage schon etwas verändert. h blasige Auf- treibung, wie sie öfters bei alten Finnen (auch Cyst. T. saginatae) in ver- schiedener Größe angetroffen wurde. Sie sind gegen den Hohlraum der Blase vollständig abgeschlossen und zeigen in ihrem Innern ein feinkörniges, leicht tingierbares Gerinnsel. 21:1. Fig. 21. Bei diesen Cysticerken war der spiralig eingerollte Teil der Kopfanlage bis auf den eigentlichen Scolex wieder vollständig aus- gestülpt, aber noch innerhalb des Receptaculums gelegen. 25:1. Fig. 22. Schnitt durch ein anormal entwickeltes Jugendstadium. 30:1. Fig. 23. Kleiner Teil des Zwischenstücks von Cyst. 7. solü, stark vergrößert. Cuticula (cu), Ringmuskelschicht (rm), Längsmuskeln (Im), Kalkkörper (kk). 810:1. Fig. 24. Längsschnitt durch den Kopf von Cyst. 7. serratae mit Teilen des Nervensystems (ga, n). 74:1. Fig. 25. Längsschnitt durch den Kopf von Cyst. 7. solu. 125:1. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten Zur vergleichenden Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. Von Dr. Benno Wandolleck in Dresden. Mit Tafel 28 und 32 Abbildungen im Text. In den Entomologischen Nachrichten, Vol. 25 (1899), No. 6, p. 81—83 wurden von K. M. HELLER bei der Beschreibung des bis dahin unbekannten Weibchens von Neoclosterus curvipes HELLER, eines zu den Cerambyciden gehörenden Käfers, löffelförmige Borsten er- wähnt, die in dichtem Büschel auf einem Sternit standen. Da auch ich diesen Käfer zu Gesicht bekam und ihn, soweit es bei einem geliehenen Exemplar möglich war, studieren konnte, so regte mich vor allem die bis dahin bei Käfern ganz unbekannte Form der Haare zu einer genauern Untersuchung an. Die Haare fanden sich nur auf dem weiblichen Abdomen, und es lag daher nahe, in ihnen einen sekundären Sexualcharakter zu sehen, vielleicht sogar ihnen eine direkte Rolle bei der sexuellen Tätigkeit zuzuweisen. Das letztere hatte darum eine größere Wahr- scheinlichkeit, weil das Abdomen der neuen Käfer-Species in seinem Bau sehr bedeutend von der gewohnten Form abzuweichen schien und daher diese in Form und Stellung gleich auffallenden Haare leicht als akzessorische Gebilde eines abweichend gebauten Ge- schlechtsapparats hätten angesehen werden können. Die Haare wiesen die regelmäßige Schöpflöffelform sehr schön ausgebildet auf. Aber noch durch eine andere Eigentümlichkeit 478 BENNO WANDOLLECK, zeichnete sich dieser Käfer aus: sein Bauch schien auf den ersten Blick nur aus 2 deutlichen Sterniten zu bestehen. Das 1. sichtbare Sternit war auffallend groß und lang, es nahm über die Hälfte der Länge des ganzen Abdomens ein und hatte eine rechteckige Gestalt. Das 2. Sternit war ganz schmal, an den Hinterecken ein wenig lappenartig ausgezogen, in der Mitte aber tief schräg nach hinten eingedrückt. Dieses Sternit ist nun der Träger jener eigentümlichen Haare (Taf. 28, Fig. 5). Wie die Sporenträger eines Mooses, stehen auf dem eingedrückten Teil des Sternits die Haare dicht gedrängt beisammen, in vielen Reihen neben- und hintereinander, so den Ein- druck einer mit Knopfhaaren besetzten Bürste hervorrufend. Die Knöpfchen sind glatt und glänzend. Bei etwas stärkerer Ver- größerung gewahrt man erst, daß die Haare die Form von Schöpf- löffeln haben, deren konvexe Seite nach hinten, die konkave dagegen nach vorn gerichtet ist; die Stiele sind schwach Sförmig ge- schwungen. Da der Käfer nur in einem einzigen Exemplar vorhanden und dazu noch geliehen war, so war es mir nur möglich, einige wenige, zufällig abgebrochene Haare, die zwischen den andern steckten, zu untersuchen. Sie wurden in Kali maceriert und in Glycerin ein- gelegt. Ein drehrunder, nur wenig geschwungener Stiel ging an der Spitze in eine rechtwinklig zu seiner Längsachse stehende löffel- artige Verbreiterung über. Im Gegensatz zu einem Löffel entspringt jedoch hier der Stiel aus der konkaven Seite, wogegen er glatt in die konvexe übergeht. Am distalen Rand des Löffels ist eine ge- ringe schwielenartige Verdickung zu beobachten, am dünnsten ist der Rand dicht an dem Stiel. Der Stiel selbst ist von einem deut- lichen Kanal durchsetzt, der zuletzt sich verengend bis in die Mitte des Löffels geht, aber auch bei den stärksten Vergrößerungen konnte ich hier keinerlei Öffnung entdecken. Das Suchen nach einer solchen Öffnung wurde durch die Annahme hervorgerufen, es könnten diese Haare vielleicht die Ausführungsgänge von Drüsen enthalten und dann den bekannten Duftapparaten beizugesellen sein. Die konvexe Seite des Löffels ist, wie ich schon sagte, glatt und glänzend und besteht anscheinend aus einem festern Chitin, wogegen die konkave bei den untersuchten Exemplaren den Ein- druck macht, als ob sie aus einer dünnern, dehnbaren Haut bestände. Dieser Eindruck wird hauptsächlich dadurch hervorgerufen, daß die Haut fein radiär gefurcht oder gefältelt erscheint. Der Ausgangs- Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 479 punkt dieser radiären Strahlung liegt dort, wo der Stiel in den Löffel übergeht und der ihn durchsetzende Kanal aufhört. Nachdem meiner Vermutung, es hier mit Duftapparaten zu tun zu haben, durch die genaue Untersuchung der Boden entzogen war, schien es mir, als ob diese Gebilde Analoga der von den Dipteren- pulvillen her bekannten Tuben seien und vielleicht auch hier als Heftorgane wirken könnten, was bei der Begattung schon möglich gewesen wäre — da mir nur ein trockenes Objekt zur Untersuchung vorlag, so konnte die bedeutende Starrheit der Haare nicht besonders auffallen oder gegen diese Ansicht sprechen —; jedoch ihre Stellung auf einem Sternit, das selbst bei einer Begattung, wo das Weibchen das Männchen besteigt, nur wenig beteiligt sein kann, vor allem aber die Richtung ihrer Schaufeln und ihr anatomischer Bau brachten mich sehr bald von dieser Vorstellung zurück. So bleibt nur die eine Deutung übrig, daß das Weibchen diese aus löffelförmigen Schabern gebildete Bürste vielleicht zur Auf- lockerung des die Eier aufnehmenden Mediums bei der Eiablage verwendet, so daß das Ganze einem großen Scharrapparat gleich- käme. Der übrige Teil des Abdomens wird von dieser Bürste fast ganz zugedeckt, so daß zuerst kaum davon etwas zu erkennen ist. Ich brauchte vorhin die Bezeichnungen 1. und 2. Sternit. Das soll keineswegs eine auf Identifizierung beruhende Bezeichnung sein, denn es wäre wohl kaum möglich gewesen, bei der eigentümlichen Bildung dieses Abdomens die Sternite von vornherein auch nur an- nähernd zu identifizieren. Um das zu können und die Verhältnisse überhaupt zu verstehen, war es für mich, dem diese Dinge bis dahin fern gelegen, nötig, mich mit der einschläglichen Literatur und mit dem Bau anderer weiblicher Käferabdomina zu beschäftigen, denn die Literatur ist leider so angetan, daß es für einen Neuling direkt unmöglich ist, sich in ihr ohne Nachuntersuchung zu orientieren. Danach kann die Identifikation nur folgende sein. Ich muß aber hier noch besonders hervorheben, daß ich nur das benennen kann, was bei dem trocknen Zustand, in dem sich das Tier be- findet, zur Ansicht gelangt. Es wäre nicht unmöglich, dab unter dem als vorletztes sichtbares Sternit gedeuteten Stück sich noch ein eingezogenes und daher verborgenes befände, so daß dann die Ver- hältnisse ganz regulär wären. Also bei alleiniger Beachtung der sichtbaren Sternite wäre das 1. — Sternit 1+2-+3 das haar- tragende Sternit 4. Von diesem 4. Sternit ab zeigt nun der Hinter- 480 Benno WANDOLLECK, leib eine ganz ungewöhnliche Bildung (Taf. 28, Fig. 4, 5). Der schon vorhin erwähnte, nach hinten zu tiefer werdende, dreieckige Eindruck des 4. Sternits ist der Beginn einer tiefen becken- oder schaufelartigen Aushöhlung, die von dem 4. und den darauf folgenden Sterniten gebildet wird. Der Eindruck des 4. Sternits ist von oben gesehen dreieckig, die Spitze des Dreiecks liegt gleich hinter dem Vorderrand, dieser Eindruck führt ganz steil in die von den andern Sterniten formierte Mulde hinab. War schon der Bau der ersten (1+2-+3, 4) beiden Sternite ein auffälliger, so ist es der der andern in noch höherm Grade. Was ihre Mächtigkeit betrifft, so treten sie gegen die ersten beiden Sternite vollkommen zurück, sie sind eigentlich zu schmalen Querspangen reduziert, zusammenge- nommen haben sie nur wenig mehr in der Längenausdehnung als das eine 4. Sternit. Eine Eigentümlichkeit, die mit der Formierung der oben erwähnten Mulde zusammenhängt, kennzeichnet sie aber alle. Während wir gewöhnt sind, die Sternite der Insecten nach außen gewölbt, also konvex zu sehen, ist es hier gerade umgekehrt, die Sternite sind tief konkav, und ihre Seitenränder stehen nasen- artig ausgezogen empor. Dabei ist nicht an eine bei einem trocken konservierten Exemplar sehr mögliche Eintrocknung zu denken, das harte glänzende Chitin der Sternite zeigt, daß dieser Fall nicht ein- getreten und daß die Mulde eine natürliche Bildung ist. Es ist bei jedem Sternit in erhöhtem Maß die Formation des 4. ausgeprägt. Die seitlich emporstehenden Ränder entsprechen den sanft gewölbten konvexen Seitenteilen, die konkave Mulde dem tiefen dreieckigen Eindruck des 4. Sternits. Beim 4. Sternit ist der Übergang vom konvexen zum konkaven Teil sanft gerundet, bei den andern Sterniten ist ein konvexer Teil verschwunden und wird durch den scharfen nasenartig nach hinten gezogenen Grat repräsentiert. Dadurch ent- stehen die auffälligen nach hinten gerichteten und etwas einwärts gebogenen Zinken, die durch ihre lange und büschelartige Behaarung die Abdominalmulde wie mit einem Haarkranz umgeben. Es folgen auf das 4. Sternit noch 4 deutliche Sternite. Das 9. als Träger der Styli scheint die gewohnte Form zu haben. Wenn ich vorhin sagte, daß die die Mulde formierenden Sternite mit ihren Seitenteilen nach hinten ausgezogene gratartige Nasen bilden, so ist das nur für das 5. 6. und 7. Sternit zutreffend, das 8. ist eine ein- fache konkav gewölbte Platte, und die an seinen Seiten vorragenden Nasen sind die nach unten und innen umgeschlagenen nasenartig verlängerten Seitenteile des 8. Tergits, das somit das 8. Sternit Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 481 vollkommen umfaßt. Leider bedecken die Elytren beinahe gänzlich die Dorsalseite, so daß über die Tergite nichts Genaueres gesagt werden kann. Es kommen nur noch das 7. und das 6. Tergit, das letztere auch nicht einmal in seiner ganzen Ausdehnung, zur Er- scheinung (Taf. 28, Fig. 4). Das 7. Tergit ist groß und stark ge- wölbt und überdeckt einen Teil des 6. das ganze 7. und 8. Sternit sowie das 8. Tergit. Dort, wo das 8. Tergit und das 8. Sternit klaffen, schauen 2 knopfförmige Gebilde nach hinten heraus, an denen je 1 zylindrischer, verhältnismäßig großer Griffel hängt. Es sind die Spitzen des 9. Sternits mit den Styli. Wie schon oben erwähnt, wird der fremdartige Anblick durch das Auftreten jener löffelförmigen Haare noch erhöht. Sie über- decken ganz das 5. und 6. Sternit, und nimmt man nun noch die büschelförmige Behaarung der Sternitkanten, so wird dadurch das Erkennen der Verhältnisse sehr erschwert. Sonst sind die Sternite nicht besonders behaart, und nur gegen die Hinterränder stehen mehrere Reihen kurzer, nach hinten gerichteter, starrer Börstchen. Auf den Styli und ihren Trägern sind die bekannten längern Tast- haare zu erkennen. Ich habe mich bei der Beschreibung dieses Käfers länger auf- gehalten, weil die eigentümlichen Verhältnisse seines Abdomenbaus einiges Interesse beanspruchen und mich, ohne daß dieser Käfer selbst inbezug auf die vergleichende Morphologie des Körperabdomens besondere Aufschlüsse gab, zu weitern vergleichenden Untersuchungen anregten. War doch das Vorkommen jener eigentümlichen Haare schon etwas, was Aufmerksamkeit hervorrufen mußte. Ich konnte mir nicht denken, daß eine solche auffällige Bildung ganz vereinzelt dastehen sollte. Es war mir in erster Linie darum zu tun, das eventuelle Vorkommen ähnlicher löffelförmiger Borsten wie bei dem Weibchen von Neoclosterus curvipes auch bei andern Cerambyciden festzustellen und eine einigermaßen befriedigende Erklärung ihrer Funktion zu finden. Meine Untersuchung anderer Bockkäfer be- stätigte meine Erwartung, es gelang mir bei einer ganzen Reihe von Cerambyciden-Weibchen dieselben resp. ähnliche Borstenbildungen nachzuweisen. Die Wahl der Objekte war dadurch etwas erschwert, daß das die Löffelhaare tragende Sternit nicht wie bei dem Weibchen von Neoclosterus curvipes groß und deutlich dalag, sondern fast immer bei den trocknen Objekten, die so gut wie allein mein Untersuchungs- material bildeten, ganz in das Abdomen zurückgezogen war. Es können daher meine Beobachtungen über das Vorkommen dieser 482 Benno WANDOLLECK, Gebilde keineswegs erschöpfende sein, und somit ist es nicht aus- geschlossen, dab der Besitz eines solchen Apparats allgemeiner ist, als wir glauben. Meist sind es exotische Formen, bei denen sich die Löffelhaare finden, aber auch ein so bekannter und so häufig beschriebener Käfer wie Purpuricenus köhleri L. zeigt sie sehr schön ausgebildet. Alle von mir untersuchten Arten sind häufige, man könnte sagen gemeine Vorkommnisse, so daß es auffällig ist, dab diese Bildung übersehen werden konnte. Es ist ein Zeichen dafür, wie wenig genau doch sehr häufig die Systematik ihre gemeinsten Objekte kennt. Ich fand Löffelhaare an dem Abdomen folgender Arten: Neo- closterus curvipes HELLER, Trachyderes rufipes F., Trachyderes zonatus Darm., Trachyderes striatus F., Purpuricenus kühleri L., Eurycephalus lundi F., Dorcacerus barbatus OLıv., Acylosternus scutellaris OLIV. Die Abdomina aller dieser Species wurden in Kalilauge maceriert und in Glycerin zur Präparation gebracht. Es fanden sich viele Formen löffelförmiger Haare von dem an der Spitze einfach spatel- förmig verbreiterten bis zum richtigen Schöpflöffel, wie ich ihn zu- erst bei Neoclosterus fand. Oft kamen verschiedene Formen an einem Tier vor, wie es am auffälligsten Dorcacerus barbatus OLıv. zeigt. Auf der Tafel habe ich das Abdomen von Neoclosterus curvipes sowie das löffelhaartragende Sternit (8.) von Dorcacerus barbatus abgebildet (Fig. 2). Die Kürze und Weichheit der eierablegenden Teile hat mich neben den anatomischen Befunden hauptsächlich zu der schon oben gegebenen Erklärung veranlaßt, daß nämlich alle diese Löffelbürsten allein den Zweck haben, das die Eier aufnehmende Substrat auf- zulockern. Ich sagte schon vorhin, daß es für mich zur Notwendigkeit wurde, mich mit der vergleichenden Morphologie des weiblichen Cerambyciden-Abdomens zu beschäftigen. Dies hatte vornehmlich seinen Grund in dem Bau der von mir untersuchten Formen, der zwar bei allen gleich war, sonst aber nicht in das bekannte Schema hineinzupassen schien. Die vergleichende Morphologie der männlichen und weiblichen Abdomina der Käfer ist bekanntlich vor Allen von VERHOEFF in mehreren großen Arbeiten sehr eingehend studiert und abgehandelt worden. Es lag dem Autor dabei wohl die Absicht vor, alles Be- kannte endgültig abgeschlossen vorzuführen. Leider sind aber die Arbeiten dieses Autors über diesen Gegenstand nur mit großer Mühe Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 483 zu verstehen und daher sehr schwer benutzbar, welche Eigenschaft noch durch die meist ganz unbrauchbaren Figuren erhöht wird. Das erste liegt vornehmlich in seinem Wunsche, überall zu generalisieren und dann aus den nicht gerade übermäßig zahlreichen Funden morphologische Definitionen aufzustellen. Vielfach setzt er dann bei dem Leser schon das voraus, was dieser erst aus der Arbeit lernen will und was dem Autor natürlich ganz geläufig ist. Das letztere liegt wohl daran, daß er zuerst trocknes Material benutzte und stets die einzelnen Teile getrennt, womöglich nur zur Hälfte und noch nicht einmal schematisch abbildete. Bei einer vergleichen- den Morphologie muß für die Objekte in der Darstellung stets die gleiche Lage gewählt und darauf gesehen werden, daß Teilbilder, wo es nicht absolut klar, durch Situsbilder verständlich gemacht sind. Dabei sind auch halbschematische Abbildungeu zu empfehlen, sie unterstützen sehr das Verständnis, ohne unwahr zu sein, und verwirren nicht durch übermäßiges Eingehen auf Einzelheiten, die doch erst für die vergleichende Betrachtung der Teile ins Gewicht fallen könnten. Bei der vorhin erwähnten Eigenart des Autors sind Irrtümer nicht sehr verwunderlich. So hat er sich in seiner ersten allge- meinen Arbeit in der Zahl der Sternite und in der Identifikation der Anhänge des letzten geirrt. Diese Irrtümer hat er selbst er- kannt und in einer neuen umfangreichen Zusatzarbeit richtig zu stellen versucht. Bei einer solchen fundamentalen Sache hätte eigentlich die ganze Arbeit umgearbeitet werden müssen, mit dem langen Nachtrag ist die Benutzung noch viel mehr erschwert und zeitraubender gemacht. Gewonnen ist nur für den Autor selbst etwas, nämlich daß er seine Hauptirrtümer selbst berichtigt hat, die Durch- und Aneinanderarbeitung des Ganzen wird dem Leser überlassen. Der häufig eingestreute Hinweis auf die Verhältnisse am männlichen Abdomen führt nur zur Unklarheit und müßte in einem Kapitel gesondert behandelt werden. Das weibliche Ab- domen läßt sich, was ja auch VERHOEFF am Anfange seiner Arbeit selbst sagt, sehr gut für sich ableiten und verstehen. Es werden mich in dieser Arbeit nur die letzten Segmente des weiblichen Abdomens beschäftigen, das 8, 9. 10. Tergit und das 8. und 9. Sternit. Meine Untersuchungen konnten sich naturgemäß nicht allein auf die Cerambyciden beschränken, sondern ich mußte auch noch andere Familien dazu nehmen. In der Wahl der Arten war ich: meist durch die Arbeiten VERHOEFF’s und STEIN’s beein- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 32 484 BENNO WANDOLLECK, flußt. Ich studierte Cerambyciden, Elateriden, Buprestiden, Chryso- meliden, Lagriiden und Cisteliden. Durch eine Anzahl von Arbeiten früherer Autoren und vor allem durch die Arbeiten VERHOEFF'S ist jetzt endgültig festgestellt worden, daß das Abdomen der weiblichen Coleopteren aus 10 Ter- giten und 9 Sterniten zusammengesetzt wird. Bis jetzt ist aber noch keine ins Genauere gehende Vergleichung vorgenommen worden. Dies will ich hier für die 8.—10. Tergite und 8. und 9. Sternite bei den von mir studierten Arten versuchen. VERHOEFF hat eine Anzahl Definitionen für die verschiedenen Legeapparate aufgestellt; infolge der großen Gleichmäßigkeit dieser Apparate bei den von mir untersuchten Formen werde ich die De- finitionen und Namen nicht anwenden und auch keine neuen auf- stellen. Ich werde mit den Cerambyciden als meinen ursprüng- lichen Untersuchungsobjekten beginnen. Es kamen zur Präparation: Trachyderes rufipes F., Trachyderes zonatus Daum. Trachyderes striatus F., Purpuricenus köhleri L., Eurycephalus lundi F., Dorcacerus barbatus Ouıv., Ancylosternus scutellarus Ouıv., Cerambyx scopolü Fissu., Hylo- trupes bajulus L., Spondylis buprestoides L., Ergates faber L., Prionus coriarius Li, Oberea oculta L., Acanthocinus aedilis L., Saperda car- charias L., Batocera octomaculata F. Ich erläutere den Bericht über meine Untersuchungen durch Abbildungen im Text. Ich habe diese Figuren stets so hergestellt, daß die eine die dorsale, die andere die ventrale Seite der Abdomen- spitze darstellt. Wenn die darunterliegenden Teile die dargestellten nicht überragen, so sind sie meist nicht abgebildet, auch wenn sie bei der mikroskopischen Beobachtung der durchsichtigen Organe deutlich erscheinen. Wo sie doch mit angedeutet sind, ist bei der Abbildung besonders darauf hingewiesen worden. Ich kann hier vorausnehmen, daß ich bei allen untersuchten Cerambyciden-Weibchen alle vorhin genannten typischen Teilstücke der Abdomenspitze wiederfinden konnte, daß allen derselbe Typus zu Grunde liegt und daß nur die verschiedenartige Ausbildung der einen oder der andern Komponente Unterscheidungen würde treffen lassen. Nimmt man die aberrantesten, so könnte man wohl versucht sein, bei diesen 16 Arten von 3 Typen zu reden. Aber auch schon sie zeigen deutliche Übergänge. Welch ein kleiner Bruchteil der Cerambyciden-Gattungen und -Arten wird aber dadurch vertreten, daher ist es als selbstverständlich anzusehen, daß noch bessere und zahlreichere Übergänge bei ausgedehntern Untersuchungen Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 485 sich zeigen wiirden, resp. noch mehr Typen aufstellbar werden würden. Die vorhin schon aufgenannten 7 Arten Trachyderes bis Ancylo- sternus waren meine ersten Untersuchungsobjekte und sind diejenigen, die sich durch den Besitz löffelförmiger Haare auf dem 8. Sternit auszeichnen. Diese Löffelhaare sind auf den Textfiguren stets fort- gelassen. Ich will die Befunde zuerst einzeln an der Hand der Ab- bildungen besprechen und sie dann besonders vergleichend behandeln. Da die Trachyderes-Arten, wie das vorauszusehen war, sehr überein- stimmend gebaut sind, so habe ich nur Abbildungen von zonatus und striatus gegeben. Die verschieden starke Chitinisierung, und das gilt für alle Textfiguren, ist durch verschieden dicke Punktierung resp. beim Maximum durch dickern Rand angedeutet, doch gilt das nur für das Verhältnis der chitinisierten Partien zueinander bei einer Art, und es soll damit nicht ausgedrückt werden, daß eine gleiche Punktierung etc. überall den gleichen Grad der Chitinisierung bezeichnet. Trachyderes zonatus Dim. Das 8. Tergit ist verhältnismäßig sehr groß, so daß das die Styli tragende 9. Sternit selbst bei stärkster Erektion nur mit dem kleinern Teil darüber hinausragt. Während sein Vorderrand ziemlich gerade absetzt, ist der Hinterrand 2mal tief eingekerbt, so daß 3 Lappen entstehen, von denen der mittlere tief ausgerandet ist. Bei der Betrachtung dieses Tergits von oben hat es zuerst den Anschein, als ob die beiden Einkerbungen bedeutend tiefer gingen und die Lappen sich mit einer Falte übereinander gelegt hätten und dadurch jederseits ein dreieckiges dunkles Feld entstände. Diese Felder bestehen aber aus einer festen Chitinduplikatur, und die Ein- kerbungen gehen nur bis zu ihren Spitzen. Das ganze Tergit ist ziemlich dunkel chitinisiert und gegen den Hinterrand hin mit mehreren Reihen langer, starker, peitschenartiger Haare besetzt. An den Vorderrand der Innenseite dieses Tergits setzt sich nur eine dünne Haut an, die aber die Ausdehnung wie das 8. Tergit hat und die Bindehaut zwischen 8. einerseits und 9. und 10. Tergit andrerseits repräsentiert. Sie bilden die Bindehaut vom 8. zu den beiden nächsten Tergiten, denn diese liegen nicht hintereinander, sondern eigentlich nebeneinander. Das 9. Tergit ist 2teilig, die Teile stehen weit auseinander und jeder hat die Form eines Bumerang, dessen nach vorn gerichtete 32* 486 Benno WANDOLLECK, Spitze in eine rückläufige bedeutend dünnere Zinke ausläuft. Das ganze Tergit ist vollkommen an die Ventralseite gerückt und dort mit seinen hintern knopfartigen Enden gewissen Platten des 9. Sternits gelenkartig verbunden. Kaum die Spitzen der Zinken ragen auf die Dorsalseite hinüber, so daß die vorhin erwähnte Bindehaut un- unterbrochen bis zum 10. Tergit zieht. Dies würde wohl kaum als ein solches erkannt werden können, wenn nicht die vergleichend Dorsal Ventral Fig. A. ST 8.Tergit. 9 T 9. Tergit. 10 T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. 9S 9. Sternit. S Scheidenmündung. St Stylus. VS Versteifungsstäbe. @ Bauchgräte. morphologische Betrachtung es als das, was es ist, erkennen ließe, denn es besteht nur aus 2 dünnen, den Hinterrand der Bindehaut bildenden Stäben. Es ist also 2teilig, die beiden Teile stehen weit auseinander und bedecken mit der zwischen ihnen liegenden Binde- haut wie mit einer Schuppe den After. Wie man sieht, sind beide Tergite, 9. sowohl wie 10., im Verhältnis zum 8. verschwindend klein und ganz zu der Bedeutung stützender Stäbe reduziert. Das 8. Sternit ist gegenüber dem korrespondierenden Tergit schmal. Sein Vorderrand schiebt sich in eine nicht übermäßig lange, etwas plumpe Bauchgräte ausgezogen weit unter das 7. Sternit. Seine Seitenteile sind eingezogen, der Hinterrand ist ganz gerade, vor ihm stehen untermischt mit kurzen Börstchen in ungefähr 4 parallelen Reihen jene löffelförmigen Haare. Der äußerste Rand ist mit einer Reihe starrer, schräg nach innen gerichteter Borsten besetzt. Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 487 Durch eine voluminöse Bindehaut mit dem 8. Sternit verbunden, bildet das 9. Sternit die Spitze des Abdomens. Es enthält die Scheide und trägt die Styli. Als einheitlicher Ring beginnend teilt es sich bald in 2 kongruente Zipfel, von denen jeder einem Stylus als Basis dient. Sowohl auf der Dorsal- als auch auf der Ventral- seite trägt es stärker chitinisierte Platten, von denen jedoch nur die auf der Ventralseite größere mechanische Bedeutung zu haben scheinen. Sie sind es nämlich, die mit den Teilen des 9. Tergits gelenkig verbunden sind. Zwischen den Gelenken liegt auch in dünner faltiger Chitinhaut der Ausführungsweg der Geschlechts- produkte. Während die Platten an der Dorsalseite wohl nur zur größern Stabilisierung des Ganzen dienen, scheint nur die gelenk- artige Verbindung der ventralen Platten mit dem 9. Tergit auf die Übertragung und Vermittlung von Bewegungen bei den Funktionen des Apparats hinzudeuten. Die beiden Endzipfel des 9. Sternits sind stärker chitinisiert, tragen einen Kranz von längern, wahrscheinlich der Sinnesperception dienenden Borsten und sind schräg nach außen gerichtet. Auf ihrer Abstutzung tragen sie dorsalwärts die ziemlich lang entwickelten keulenförmigen Styli. Die Styli sind dunkler chitinisiert, an ihrer Spitze jedoch findet sich eine hellere Stelle, die sich als eine etwas eingesenkte, schräge, ventralwärts gerichtete Abflachung von unregelmäßigem Umriß offen- bart. Sie ist dicht mit den Endigungen nervöser Apparate bedeckt. Ich konnte bei starker Vergrößerung dreierlei Arten solcher End- werkzeuge unterscheiden (die ganze Platte ist ca. 8 «u groß, und auf ihr stehen solche Endapparate): 1. Auf erhöhten zylindrischen Basen eingelenkt, lange, peitschenförmige, verhältnismäßig dicke Haare, 2. auf niedrigern, auch zylindrischen, aber mehr napfförmigen Basen ebenfalls eingelenkt, kurze breite, spitz lanzettförmige Haare, 3. halb- kuglige Erhebungen, die oben ein kleines gebogenes, starres Spitzchen tragen. Sonst ist der Stylus noch überall an seiner äußern Fläche mit den bekannten, höchst wahrscheinlich der Sinnesperception dienenden runden, doppelt konturierten Öffnungen versehen. Bei der Beschreibung und Deutung dieser Einrichtungen muß ich mir die größte Reserve auferlegen, da ich es an meinen mace- rierten Objekten ja nur mit den chitinösen Hüllen zu tun hatte und daher nur aus der Ähnlichkeit, die diese Endapparate mit den an Fühlern beobachteten haben, auf eine gleichartige Funktion schließen kann. - 488 Benno WANDOLLECK, Trachyderes striatus F. Das 8. Tergit ist verhältnismäßig bedeutend kleiner als bei Trachyderes zonatus, so dab das 9. Sternit auch viel mehr darüber hinausragt. Es ist auch 2mal eingekerbt, aber die Einkerbungen sehen anders aus als bei Trach. zonatus. 1. sind sie nicht so tief, und 2. fehlt die dreieckige Duplikatur. Nur eine schmale Chitin- verdickung täuscht einen tiefern Einschnitt vor. Der mittlere Lappen ist breiter und nur flach ausgerandet. Auch hier ist der Rand des Tergits mit büschelartigen langen Haaren bekleidet, die Seitenränder sind nach unten und innen etwas eingezogen und um- geschlagen. Dorsal Ventral Fig. B. 8T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 88S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 95 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. St Styli. S Scheide. Das 9. Tergit ist ebenfalls 2teilig, auf die Ventralseite gerückt und gelenkig mit Teilen des 9. Sternits verbunden. Die beiden Komponenten sind jedoch bedeutend schlanker als bei Tr. zonatus, mehr stabförmig und fast überall von gleicher Stärke, ebenso ist die rückläufige Zinke größer und reicht sogar ein wenig auf die Dorsalseite. Jede Komponente macht den Eindruck eines V mit geschwungenen Schenkeln. Die Bindehaut ist ebenfalls fein und dehnbar. Auch das 10. Tergit wird nur durch 2 symmetrische, einen Teil (die Seiten) des Hinterrands der Afterschuppe einnehmende Chitinstäbe repräsentiert. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 489 Das 8. Sternit kommt in seinem Volumen, wenn man die Bauchgräte abrechnet, ungefähr dem 8. Tergit gleich, seine Seiten sind stark nach oben und innen eingeschlagen, und von seinen vordern Seitenkanten gehen sich verjiingende Chitinstäbe nach oben, an die sich das 8. Tergit mit seinem Vorderrand ansetzt. Der Hinterrand ist ziemlich gerade und trägt die in Reihen stehenden, mit kürzern, einfachen Haaren untermischten Löffelhaare. Die Bauch- erate ist lang und schlanker als bei Tr. zonatus. Das 9. Sternit weicht von dem von zonatus nach verschiedenen Richtungen ab, wenn auch der Grundtypus der gleiche bleibt. Es ist natürlich auch an seiner Spitze 2teilig, während aber bei der vorigen Art die Styli auf nur wenig nach der Seite geneigten Abstutzungen schräg nach oben und etwas dorsalwärts stehen, sind die Spitzen des 9. Sternits hier seitlich eckenartig ausgeschnitten, und in den Ecken liegen, direkt nach den Seiten weisend und senk- recht zur Sagittalebene des Körpers stehend, die Styli. Auf der dorsalen Seite hat das Sternit keine Versteifungen oder stärker chitinisierte Stellen, die ventralen Platten aber, die mit dem 9. Tergit gelenkig verbunden sind, zeigen eine Eigentümlichkeit: sie sind vor der Geschlechtsöffnung durch einen chitinigen Bogen verbunden. Die Geschlechtsöffnung liegt auch wieder in der längs- faltigen dünnen Haut zwischen den beiden Styliträgern. Die Basis der Styli ist auch mit längern Tasthaaren umgeben, die Styli selbst sind zylindrisch und kürzer als bei zonatus, die ventralwärts gelegene Abschrägung an der Spitze mit ihren nervösen Endapparaten ist dieselbe wie bei der vorigen Art. Trachyderes rufipes F. Diese Art zeigt nur sehr geringe Abweichungen von den beiden andern Trachyderes-Arten, so dab ich darauf verzichten kann, das Organ im Bild wiederzugeben, ich will mich auch nur damit be- gnügen, die Besonderheiten hier kurz anzudeuten. Die Seitenlappen des 8. Tergits sind zugespitzt, die Einschnitte gehen tief hinein und sind nicht stärker chitinisiert. Das 8. Sternit hat einen ganz geraden Hinterrand, die Bauch- erate ist mäßig lang und löffelförmig. Die ventralen Versteifungen des 9. Sternits sind ebenso wie bei Trachyderes striatus durch einen Bogen verbunden, die sym- metrischen Platten sind größer, und von ihnen geht je ein Zipfel nach vorn. 490 Benno WANDOLLECK, Die Styli sind ebenso eingelenkt wie bei Trachyderes striatus, sind aber etwas schlanker und haben eine mehr keulenförmige Ge- stalt. Eurycephalus lundi F. Das 8. Tergit ist groß und breit und 2mal symmetrisch, aber nicht besonders tief, ausgerandet. Auch hier finden sich die schon bei den Trachyderes-Arten beschriebenen, auf eine ehemalige Drei- 184 St Dorsal Ventral Fig. C. 8 T 8. Tergit. 979. Tergit. 10 T 10. Tergit. A After. 85 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. St Styli. S Scheide. teilung hindeutenden starken Duplikaturen unter den Ausrandungen, sie haben hier eine 2zipflige fast stiefelförmige Gestalt. Der Rand des Tergits ist mit langen, starken und büschelartig stehenden Haaren besetzt. Nach vorn zu wird das Tergit jederseits durch eine schmale vom 8. Sternit kommende Leiste umfaßt, die aber jederseits bis fast zur Mitte reicht. Auch hier ist das 9. Tergit 2teilig, auf die Ventralseite ge- rückt und gelenkig mit Teilen des 9. Sternits verbunden. Jedes Teilstück besteht aus einer überall gleich starken Vförmigen Spange, deren rückläufige Zinke mehr gebogen ist als die andere und nicht auf die Dorsalseite herüberreicht. Die Bindehaut ist zart und dehnungsfähig. Das 10. Tergit hat auch hier die Rolle der Versteifung des Rands der Afterschuppe übernommen, wenn man diese Schuppe Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 491 nicht mit dazu rechnen will. Es besteht aus 2 dünnen Spangen, deren Spitzen durch die Afterbreite voneinander getrennt sind. Das 8. Sternit ist bedeutend schmiler als das 8. Tergit, die Bauchgräte ist kurz, breit und spatelförmig. Es trägt auch hier die für diese ganze Gruppe typischen Löffelhaare. Seine Ränder sind nach oben und innen eingeschlagen, und von seiner vordern Kante gehen jene Chitinspangen aus, die das 8. Tergit umfassen und dort bereits erwähnt wurden. Das 9. Sternit ist, mit dem der Trachyderes-Arten verglichen, ‚breiter, länger und viel weniger in der Mitte ausgeschnitten, es er- scheint dadurch mehr 2lappig als 2teilig. Auf den einfachen polster- artig gewölbten Spitzen stehen ein wenig eingesenkt die zylindrischen Stäbehen gleichenden Styli. Die Umgebung der Styli trägt die längern und stärkern Tastborsten und ihre dünner chitinisierte Spitze die zarten Härchen. Die Bindehaut zwischen den Styliträgern ist dicht gefältelt, was auf starke Ausdehnung bei gewissen physiologischen Funktionen schließen läßt. Die Geschlechtsöffnung ist durch eine unpaare, zipfelförmige mediane Ausziehung der ventralen Bindehaut über- deckt. Die dorsale Seite des Sternits hat keine chitinigen Ver- stärkungen, wogegen an der Ventralseite sich jederseits eine platten- artige Verdickung findet, die an der innern Kante ihres Vorderrands die Gelenkpfannen für das 9. Tergit trägt und dorsalwärts je einen langen fingerförmigen Zapfen nach vorn sendet. Die Styli zeigen keine Besonderheiten, sie sind ziemlich dünn und zylindrisch, sie stehen in der Verlängerung der Mittellinie der Teilstücke des 9. Sternits. Ancylosternus scutellaris OLIv. Man künnte das 8. Tergit hier beinahe 3teilig nennen, so tief ist sein Hinterrand 2mal eingeschnitten. Der Eindruck der Drei- teiligkeit wird noch mehr dadurch hervorgerufen, daß sich das mittlere Stück einrollt und dadurch die seitlichen Lappen teilweise darunter zu liegen kommen. Darum sieht das 8. Tergit auch kleiner aus, als es wirklich ist. Der mittlere Lappen ist der größte, er ist in der Mitte tief ausgerandet, die Ränder der Einschnitte sind jedoch nicht wie bei früher beschriebenen Arten stärker chitinisiert. Der Hinterrand des Tergits ist auch hier mit starken büschelförmig stehenden Borsten besetzt. Der Vorderrand ist bogig ausgeschnitten. Das 9. Tergit ist 2teilig, liegt bis auf einen geringen Teil auf der 492 Benno WANDOLLECK, Ventralseite und ist gelenkig mit Teilen des 9. Sternits verbunden. Jedes Teilstiick bildet ein langes schlankes V, dessen einer Schenkel bedeutend länger ist als der andere. Der längere Schenkel ist an seiner Spitze etwas kolbig verdickt, so daß gewissermaßen ein Gelenkkopf entsteht. Der kürzere Schenkel ragt nur wenig auf die Dorsalseite hinüber. Dorsal Ventral Fig. D. 878. Tergit. 979. Tergit. 10 T 10. Tergit.- A After. 8.8 8 Sterne BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstiibe. St Styli. S Scheide. Das 10. Tergit deckt in der Form von 2 getrennten dünnen Stäben, die den Rand der Afterschuppe bilden, die Afteröffnung. Es ist das aber hier, wie bei den früher erwähnten Arten, nicht so zu verstehen, als ob diese Platte in der ganzen Ausdehnung der Stäbe frei wäre. Meistens ist nur wenig mehr als der Teil zwischen den innern Enden der Tergitstäbe, nämlich der eigentliche Afterrand, frei, und die übrigen Teile der Stäbe liegen als einfache Ver- dickungen in der Bindehaut. Das 8. Sternit ist sehr breit, so daß es beiderseits auf die Dorsalseite herumgreift, es ist aber nicht besonders lang. Die Bauch- gräte ist gerade, ziemlich lang, breit und vorn abgerundet. Die Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 493 Löffelhaare stehen sehr dicht und sind, was bei dieser Art besonders deutlich zur Erscheinung kommt, in verschiedenen Formen vorhanden, die gewissermaßen mehrere Stadien der Ausbildung des Löffels re- präsentieren. Während die vordern Reihen sehr dicht stehen und die deutliche Lüffelform zeigen, gehen die Komponenten der nächsten Reihen, indem sie dabei länger und stärker werden, allmählich in eine mehr ruderförmige Gestalt über, die am ausgesprochensten bei der letzten Reihe hervortritt. Hier stehen die Haare bedeutend weitläufiger, sind in ihrer ganzen Ausdehnung platt und nehmen nach der Spitze an Breite zu. Sie sind sehr stark gekrümmt, so daß sie sich über die nächsten Reihen hinüberbeugen. Das 9. Sternit ist verhältnismäßig lang und schmal. Auf der Höhe der Gelenkung zwischen 9. Tergit und 9. Sternit ist es ein- gezogen. Die Styliträger sind lang, ziemlich geradeaus gerichtet und stehen weit voneinander entfernt. Die Haut zwischen den Styliträgern ist sowohl an der Dorsal- wie auch an der Ventralseite stark gefaltet. Die ventrale Haut ist länger als die dorsale, zwischen beiden liegt die Geschlechtsöffnung. Daraus geht hervor, dab diese Öffnung einer sehr starken Ausdehnung fähig ist. Das Sternit ist auf der ventralen und auf der dorsalen Seite mit Chitindupli- katuren versehen. Dorsal sind es 2 keulenförmige Platten, die ge- wissermafien den gefälteten Teil der dorsalen Bindehaut begrenzen, sie sind nach vorn in feine Spitzen ausgezogen, nach hinten haben sie keine scharfe Begrenzung, sondern gehen allmählich in das zartere Chitin des 9. Sternits über. Die ventralen Duplikaturen sind drei- eckige Platten, die an ihrer vordern Spitze die Gelenkpfannen für das 9. Tergit tragen, außerdem geht aber noch von dieser Spitze ähnlich wie bei Eurycephalus lundi je ein langer fingerförmiger Fort- satz nach vorn. Die Styliträger sind ungefähr auf ihrer Hälfte ein wenig nach außen gekniet, an den Spitzen haben sie eine schräg nach auben gehende Abschrägung. Auf dieser Fläche stehen die dicken, langen, etwas kolbenförmigen Styli. Schon die Styliträger sind über und über mit Poren und langen steifen nach allen Seiten starrenden Haaren bedeckt. Die Styli haben an ihrer Spitze neben einigen starren langen Tasthaaren eine Anzahl anderer, höchst wahrscheinlich ebenfalls der Sinnesperception dienende Organe. Während die langen Haare mehr seitlich stehen, ist die oberste Kuppe des Stylus vollkommen mit dicht beieinander stehenden konischen Wärzchen bedeckt, die, 494 Benno WANDOLLECK ? soweit es Macerationspräparate erkennen ließen, wie die Haare in kleinen Griibchen zu stehen scheinen. Purpuricenus köhleri L. Das 8. Tergit ist sehr breit, aber auffallend kurz. Es zeigt die Dreiteiligkeit sehr schön, ja sieht infolge einer tiefen Ausrandung des mittlern Lappens beinahe 4zipflig aus. Die tiefen Einkerbungen machen mit ihren Chitinduplikaturen auch hier wiederum den Ein- 88 Dorsal Ventral Fig. E. 8T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 107 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. St Styli. S Scheide. druck späterer Verwachsung. Die seitlichen Lappen des Tergits sind hakenförmig nach außen gebogen und spitz, das mittlere Stück ist doppelt stumpfspitzig. Die den Hinterrand des Tergits krönen- den Haare sind nicht wie bei den vorigen Arten gerade, sondern peitschenförmig geschwungen; sie stehen dicht und bürstenartig. Das 9. Tergit liegt auch ventral und ist 2teilig, die beiden Teilstücke sind auch wie die früher behandelter Arten Vförmig, aber das V ist gemäß der abweichenden Form des 9. Sternits auch ein besonderes. Der rückläufige Schenkel ist ziemlich stark ge- bogen, aber sehr kurz, so daß er kaum die Dorsalseite erreicht, der andere Schenkel ist wohl 3mal so lang und stark geschwungen. Der Winkel ist ein sehr spitzer, die Schenkel sind überall von Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 495 gleicher Stärke, und der längere ist mit dem 9. Sternit gelenkig verbunden. Das 10. Tergit hat bei dieser Art eine bedeutende Reduktion erfahren. Es ist zu zwei kurzen, dünnen, wenig chitinisierten Stäb- chen geworden, die von der Ecke der sehr breiten Afteröffnung nach vorn ziehen und auch nicht einmal scharf endigen, sonder allmäh- lich in die feine Haut des 9. Sternits übergehen. Das 8. Sternit ist einfach gebildet, breit und kurz wie das 8. Tergit. Seine hintern Seitenkanten sind hakenförmig vorgezogen, es umfaßt nur wenig das 8. Tergit. Die Bauchgräte ist kurz und breit, spatelförmig vorn abgestutzt. Das Sternit trägt die löffel- förmigen Haare, die auch hier ähnliche Variationen zeigen wie bei Ancylosternus scutellatus, doch sind die größten Haare hier weniger ruder-, sondern mehr spatelförmig. Das 9. Sternit hat eine von den vorher beschriebenen Arten abweichende Form. Während es bei jenen Arten mit konkaven Seitenrändern von dem Grunde des 8. Sternits resp. Tergits ent- sprang, erhebt es sich hier zuerst stark konvex bis fast an den Hinterrand des 8. Tergits, von dort steigt es dann senkrecht empor. After, Gelenkung zwischen 9. Tergit und 9. Sternit und Geschlechts- öffnung liegen in dem senkrechten Teil. Die Styliträger sind sehr weit voneinander entfernt. Die nach der Dorsalseite zu liegende Haut zwischen den Styliträgern, die man gewissermaßen als Damm bezeichnen könnte, ist in der Mitte ausgekerbt und daher 2zipflig, sowie stark längsgefaltet. Der ventrale (Vorder-)Rand der Ge- schlechtsöffnung liegt weit nach vorn ungefähr auf der Höhe der Gelenkverbindung zwischen 9. Tergit und 9. Sternit. Auf der Dorsalseite zeigt das 9. Sternit 2 streifenförmige vorn ausgezackte Chitinplatten. Die Styliträger sind mit vielen Poren bedeckt, haben aber nur eine sehr zarte Beborstung, an ihrer Spitze sind sie nach außen abgeschrägt. Die Styli sind schlank, zylindrisch und mäßig lang, sie stehen senkrecht auf der Abschrägung und haben an ihrer Spitze nur eine mäßige Behaarung. Diese Spitzenhaare sind sehr viel feiner und zarter als einige wenige, die auf dem Stylus zerstreut stehen. Ihre Basen liegen dicht beieinander, so daß der Eindruck eines Büschels hervorgerufen wird. 496 BENNO WANDOLLECK, Dorcacerus barbatus OLIvV. Wie das ganze Organ, so ist auch das 8. Tergit von großer Mächtigkeit und zeigt den Slappigen Bau in ganz besonders deut- licher Entwicklung. Es legen sich hier nicht wie bei einigen der früher besprochenen Arten die seitlichen Zipfel hinter den Mittel- lappen, sondern sie liegen daneben, so daß man sehr deutlich das Bild erhält, als ob tiefere Einschnitte durch spätere Verwachsung auf große Strecken wieder geschlossen worden wären. Im Umkreise dieser wieder verwachsenen Einschnitte tritt hier auch eine stärkere Chitinisierung des Tergits auf. Die Seitenlappen sind sehr stumpf- NY A i lis JR N° (ai ) NUE \\ wt VI! il] EU TA AP yy all, B@ Dorsal Ventral Fig. F. 8 T 8. Tergit. 97 9.Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit, BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. SZ Styli. S Scheide. spitzig, und der Mittellappen ist nur gering ausgerandet. Der größere Teil der Außenseite ist mit mäßig starken Borstenhaaren besetzt, die aber nicht sehr dicht stehen und auch nicht besonders lang sind, nur der Hinterrand ist dichter, aber dafür feiner behaart. Eine Eigentümlichkeit zeigt dieses Tergit, die sich nirgends bei einer der von mir untersuchten Arten wiedergefunden hat. An der Innenseite des Hinterrands stehen nämlich in mehreren Reihen lange, sehr starke Borsten, die im denkbar spitzesten Winkel nach vorn und Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 497 nach der Mitte gerichtet sind. Der Vorderrand des Tergits setzt sich an 2 von dem 8. Sternit herumreichende Chitinspangen. Das 9. Tergit ist 2teilig, vollkommen an die Ventralseite ge- rückt und mit dem 9. Sternit gelenkig verbunden. Die beiden Teile bestehen jeder nur aus einer starkgebogenen, überall gleich dicken Chitinspange und entbehren vollkommen des bei den andern Arten überall zu beobachtenden rückläufigen Schenkels. Nur eine geringe, kaum auffallende Knöpfung am vordern Ende deutet auf eine höchst wahrscheinlich eingetretene Reduktion hin. Das 10. Tergit bildet auch wieder den Rand der Afterdecke und besteht aus 2 durch die Breite des Afters getrennte Spangen, die aber hier eine Eigentümlichkeit zeigen: ihr vorderes Ende ist nämlich in einem kurzen Bogen zurückgebogen. Das 8. Sternit ist viel niedriger, aber etwas breiter als das 8. Tergit. Die Bauchgräte entspringt mit breiter Basis, ist aber verhältnismäßig kurz und schmal. Der Hinterrand des Sternits wird durch eine komplizierte Linie begrenzt, so daß man beinahe von einer Vierlappigkeit der Platte sprechen könnte, in der Mitte ist es fast halbkreisförmig ausgerandet. Das Sternit trägt auch hier die Löffelhaare, aber in einer An- ordnung und Entwicklung, wie ich sie bis dahin noch nicht gefunden hatte. Es gibt hier 2 ganz scharf voneinander zu unterscheidende und auch durch ihre Stellung unterschiedene Löffel. Während am Hinterrande, wie bei den andern Arten in vielen Reihen dicht bei- einander, die auch von den frühern Beschreibungen her bekannten Formen untermischt mit einfachen Haaren stehen, zieht sich ungefähr auf der Mitte des Sternits in einem nach hinten offenen Bogen eine Reihe von sehr kurzstieligen, aber dafür ungeheuer großlöffligen Haaren hin. In der Mitte einer dichten Behaarung gewöhnlicher, anliegender Borsten stehen diese Löffel mit einem deutlichen Gelenk auf dem Sternit und sind an ihrer Basis von einer aus dichten, feinen, anliegenden Haaren bestehenden Manschette umgeben. Die Löffel sind tief und breit sowie scharf von den Stielen abgesetzt und be- stehen aus starkem dunkeln Chitin. Bei den andern Löffeln ist zu bemerken, daß sie sich alle schon mehr der Ruderform nähern, wo die Stiele allmählich in die Löffel übergehen (Taf. 28, Fig. 2). Das 9. Sternit ist von sehr großen Dimensionen, ca. 3mal so lang wie das 8. Es steigt zuerst in der Breite des 8. Teergits kegel- förmig auf, springt dann nach außen vor, um nach abermaliger Ein- ziehung in die beiden kuppenförmigen Styliträger überzugehen. Die 498 BENNO WANDOLLECK, Stelle des Übergangs aus dem kegelförmigen Teil in die Auftreibung wird durch die vordere des 9. Tergits einerseits und durch die Um- biegung des 10. Tergits andrerseits bezeichnet. Auf der dorsalen Seite trägt das Sternit 2 fast kreisrunde Chitinduplikaturen, die sehr nahe aneinander gerückt sind, auf der ventralen Seite besteht die Versteifung aus 2 bumerangförmigen Platten, die die Gelenkpfannen für die hintersten Spitzen des 9. Tergits tragen und vorn mit ein- ander verwachsen sind, so daß auch hier vor der Geschlechtsöffnung ein fester Chitinbogen entsteht. In ganz eigentümlicher Weise sind aber hier die Styliträger und die Styli aus- oder vielleicht riickgebildet. Die Styliträger werden, wie schon erwähnt, durch niedrige rundliche Kuppen re- präsentiert, die mit langen, steifen, nach allen Richtungen stehenden Tastborsten und mit Poren bedeckt sind. Die zwischen ihnen liegende Haut, der „Damm“, ist wenig mächtig und nur gering ge- faltet. Auf der ventralen Seite der Träger stehen nun der Fläche anliegend die Styli, sie würden eigentlich auf einer kleinen Erhebung stehen, aber auch diese ist auf die Fläche projiziert und liegt ihr an. Das Ganze sieht so aus, als ob gerade stehende Styliträger gewaltsam zurück, ventralwärts gedrückt und dort der Fläche an- gepreßt worden wären. Die Styli sind zylindrisch, kurz und dick, sie ragen nur mit einem geringen Spitzchen über den Rand der Styliträger hinaus. Auf dem Spitzenfelde tragen sie nur wenige kurze und feine Tast- börstchen, dafür finden sich aber dort noch eine Anzahl beieinander stehender, kurzer, kegelförmiger Zäpfchen. Das ganze Organ macht einen massigen und abgestutzten Ein- druck. Mit dieser Art ist die Reihe der von mir untersuchten Löffel- haarträger erschöpft, und ich werde nun Bockkäfer beschreiben, deren Geschlechtsorgane scheinbar einen ganz andern Typus re- präsentieren, jedenfalls aber ein ganz anders aussehendes Organ haben. Während das Organ der Löffelträger kurz und unbedeutend genannt werden mußte und kaum die Bezeichnung ausstülpbar ver- diente, begegnen wir von jetzt ab unter meinen Cerambyciden langen, weit ausstülpbaren Organen. Hammaticherus scopolii FüÜssL. Das 8. Tergit ist eine länglich rechteckige, vorn breitere Platte, deren Hinterrand in der Mitte tief eingekerbt ist. Seine Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 499 Chitinisierung läßt es 2teilig erscheinen. Es ist mit wenigen, zer- streut stehenden, kurzen Härchen besetzt und trägt kurz vor dem Hinterrand eine Anzahl sehr langer; peitschenartiger, starker Borsten. Dorsal Ventral Fig. G. 8T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 107 10. Tergit. A After. 88S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 9. Tergit besteht aus 2 Teilen und liegt, gelenkig mit Teilen des 9. Sternits verbunden, gänzlich auf der Ventralseite. Es wird von 2 bootshakenähnlichen Spangen zusammengesetzt. Der lange Stiel des Hakens ist schwach gebogen und stößt mit seinem Ende an die Gelenkpfanne des 9. Sternits. Die innern Hakenspitzen sind auch gebogen und beriihren sich in der Mittellinie. Der andere Haken, der dem rückläufigen Schenkel des V bei den früher be- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 33 500 BENNO WANDOLLECK, schriebenen Arten entspricht, ist gleich zuerst sehr stark gebogen, so daß er in seinem weitern Verlauf fast dem Stiel parallel geht. Das 10. Tergit besteht aus 2 gebogenen Spangen, die den Rand der hier freien und spitz nach hinten vorspringenden After- klappe bilden. An der Spitze ist die Klappe kreisförmig aus- geschnitten, so daß die beiden Spangen nicht zusammenstoßen. Von dieser Stelle an kann man eigentlich erst das 9. Sternit rechnen. Das 8. Sternit ist eine Platte, die einen kelchförmigen Umriß hat. Das breite Ende steht nach hinten, das schmale, das in die Bauchgräte übergeht, nach vorn. Seine Chitinisierung läßt es gegen die Bauchgräte hin 2teilig erscheinen. Es geht hier in 2 stumpfe, gegeneinander gerichtete Spitzen aus, zwischen denen der Anfang der Bauchgräte liegt. Diese steht nur in lockerer Verbindung mit dem Sternit, sie ist ein einfacher, rundlicher, langer und schlanker Stab. Der Hinterrand des Sternits trägt mehrere Reihen großer peitschenartiger Borsten, die mit kurzen Härchen untermischt sind. Die nun folgende Partie, die aus dem 9. Tergit und dem 9. Sternit zusammengesetzt wird, ist reichlich 3mal so lang wie das 8. Sternit. Sie hat 2 deutliche Absätze, einen in der Höhe des Afters und einen in der Höhe der Gelenkung vom 9. Tergit und 9. Sternit. Das 9. Sternit zeigt auf der Dorsalseite 2 Chitinversteifungen, die die Form von dünnen Spangen haben. Sie liegen weit voneinander entfernt, dicht an den Seitenrändern, beginnen mit feiner Spitze in den Styliträgern, haben ihre größte Stärke in der Mitte und endigen wieder ganz fein in der Höhe der Gelenkung. Auch die ventralen Versteifungen sind von geringer Dicke, sie beginnen weiter vorn als die ventralen auch mit feiner Spitze und biegen vorn fubförmig nach innen um. Dort, wo bei diesem Fuß die Zehen liegen würden, befindet sich die „Gelenkpfanne“ für das 9. Tergit. Außerdem zeigt aber die Ventralseite noch andere Chitini- sierungen. Der tief ausgeschnittene Hinterrand wird von 2 gabel- förmigen Spangen gebildet, die mit den Gabelspitzen bis an die Fußpunkte der Styli reichen. In der Mitte springt dieser Rand mit einer breiten, spitzen Zunge vor. Die Zunge ist eine im Umriß spindelförmige Platte, die sog. Gleitplatte KozBe's. Durch diese Anordnung ist der ventrale Scheidenrand fest begrenzt, der dorsale dagegen ist stark längs gefaltet, wie ich es schon bei den frühern Arten beschrieben habe. Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 501 Die Styliträger stehen weit auseinander und sind kurz, sie be- stehen der Hauptsache nach nur aus 2 schräg legenden ellipsoiden Wiilsten, auf denen die Styli stehen. Die Basalfläche der Styli ist von einem Kranz abstehender Haare umgeben. Die Styli sind große dicke Kolben, die auf ihrer obersten ge- wölbten Platte eine Anzahl peitschenartiger Tasthaare tragen, doch haben diese nur den Rand inne, während die übrige Fläche von einer großen Zahl kleiner doppelt konturierter Poren eingenommen wird. Auch der Schaft der Styli trägt vereinzelte, aber bedeutend größere Poren. Spondylis buprestoides L. Das 8. Tergit ist eine einfache rechteckige, gewölbte Platte mit abgerundeten Hinterecken, auf denen wenige vereinzelte peitschen- förmige Haare stehen. Vorn setzt es sich ähnlich wie das 8. Tergit einiger Löffelträger an bogenförmige Chitinduplikaturen des 8. Sternits an, die aber hier lange nicht so weit auf die Dorsalseite reichen wie bei jenen Arten. Das 9. Tergit ist 2teilig, gänzlich auf die Ventralseite ge- rückt und mit Teilen des 9. Sternits gelenkig verbunden. Jeder Teil hat auch hier die Form eines V, aber während der Haupt- schenkel eine lange und gerade Spange bildet, ist der rückläufige Schenkel eigentlich nur eine etwas längere, allmählich sich ver- jüngende, bogenförmige Zinke. Bei der Betrachtung des 10. Tergits muß etwas näher auf die gegen die frühern Arten abweichende Bildung der Teile ein- gegangen werden, in denen der After ausmündet und die die Reste des 10. Tergits enthalten. Während bei allen löffeltragenden Arten das 9. Sternit sich im allgemeinen kegelförmig erhob und auf seiner Dorsalseite den Afterschlitz mit den Resten des 10. Tergits trug und an jener Stelle keine besondere Absetzung zeigte, sah man schon bei Hammaticherus scopolii diese Anordnung verändert. Die Afterklappe war sehr groß, und man bemerkte eine deutliche Ab- setzung, so dab man eigentlich erst von dieser Stelle an von einem 9. Sternit hätte reden können. Das ist nun bei Spondylis buprestoides noch auffälliger und prägnanter. Hier steckt das 9. Sternit wie ein Fernrohrauszug in der es ganz umgebenden Afterklappe. Nur ein schmaler Verbindungsdamm an der Ventralseite vermittelt den un- unterbrochenen Übergang von der innern Vorderkante des 8. Sternits bis zu den Stylusträgern. Auf der dorsalen Seite macht die After- 33* 502 Benno WANDOLLECK, klappe ganz den Eindruck eines richtigen Tergits und würde auch dafür gelten können, wenn man nicht die reduzierten Reste des Tergits sähe; so besteht der ganze Teil aus einer feinen dünnen Haut, in der 2 stecknadeltörmige Chitinduplikaturen, die Reste des 10. Tergits, liegen. Die ganze dorsale Breite ist die Mündung des Afters. Dorsal Ventral Fig. H. 8T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 107 10. Tergit. A After 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 8. Sternit ist eine rechteckige gewölbte Platte, breiter als hoch und ohne abgerundete Ecken. Von den vordern Kanten sehen die kurzen Haken auf die Rückenseite, an die sich das 8. Tergit ansetzt. Die Hinterecken tragen auch einige vereinzelte Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 503 Borsten. Die Bauchgräte ist ein langer rundlicher Stab, der mit einer 3zinkigen Gabel dem 8. Sternit ansitzt und in einer ziemlich losen Verbindung mit dem nur schwach chitinisierten Sternit steht. Es wurde schon bei frühern Arten darauf hingewiesen, daß das 9. Sternit an der Stelle, wo die gelenkige Verbindung zwischen 9. Sternit und 9. Tergit liegt, eine Einziehung zeigt. Das ist bei dieser Art so ausgebildet, daß die Einziehung einem Segmenteinschnitt ähnelt. Sonst hat das 9. Sternit eine lang gestreckte, fast spindel- förmige Gestalt. Die dorsalen und ventralen Chitinversteifungen müssen mit den Styliträgern abgehandelt werden, da sie mit diesen fest zusammenhängen. Die Stylusträger sind ganz kurz, kaum länger als die Styli und stark chitinisiert. Sie sind stumpfspitzig, seitlich und etwas dorsalwärts abgeflacht, auf welcher Abflachung die Styli stehen. Auf der dorsalen Seite gehen sie in 2 dünne, spitz aus- laufende Chitinspangen über, die beinahe bis an den After heran- reichen. Auf der Ventralseite zieht zuerst fast in der ganzen Breite des Stylusträgers, daun sich allmählich verjüngend eine schwach Sförmig gebogene Spange jederseits nach vorn. An ihrem vordersten Ende geht sie in eine Querleiste über, die die Gelenkpfanne für das 9. Tergit enthält. Von dieser Querleiste zieht dann noch eine dünne Versteifungsspange nach hinten. Zwischen den beiden Stylusträgern befindet sich die Geschlechts- öffnung, die sowohl dorsal als auch ventral von gleich hohen Rändern begrenzt wird; dorsal ist der Rand eingekerbt, auf der ventralen Seite begegnen wir aber einer schmalen, flach keulenförmigen Chitin- duplikatur, der Gleitplatte Konsr’s. Die Styli sind ziemlich kurz, diek und zylindrisch, auf ihrem Spitzenfelde tragen sie nur 3 große dicke, ziemlich starre Tast- borsten, 2—3 kurze stiletförmige Stäbchen und in der Mitte einen großen Porus, der aber nicht wie die der vorigen Art doppelt konturiert erscheint, sondern wie ein rundes punktiertes Feld aussieht. Hylotrupes bajulus L. Nur geringe Abweichungen von dem soeben beschriebenen Bau der letzten Segmente zeigt Hylotrupes bajulus, und es erstrecken sich diese Abweichungen mehr auf die Quantität als auf die Qualität. Es sollen nur hier die beachtenswerten Abweichungen von der vorigen Form beschrieben werden. Die Abbildung zeigt nur die Dorsalseite und zwar das 8. Tergit, 10. Tergit und die vorderste Spitze des 9. Tergits, sowie in der 504 Benno WANDOLLECK. Durchsicht das 8. Sternit mit dem hintersten Ende der Bauchgräte. Die ganzen Organteile sind sehr stark in die Länge gestreckt. Das 8. Tergit ist bedeutend linger als breit und macht durch seine teilweise Chitinisierung den Eindruck der Zweiteiligkeit. Es ist vorn etwas breiter als hinten, an seinen beiden hintern Ecken ae) es einige wenige starre Borsten. | Das 10. Tergit ist zu 2 hakenförmigen Chitin- stäben reduziert, unter denen der After liegt. Die Verbindungshaut zwischen 8. und 10. Tergit ist sehr lang, ungefähr 3mal so lang wie das 8. Tergit. Das 8. Sternit ist eine in der Form ungefähr dem 8. Tergit entsprechende Platte, die in ihrer Mitte eine gabelförmige Chitinisierung enthält, deren Stiel gewissermaßen durch die Bauchgräte gebildet wird. Diese Bauchgräte ist aber nicht in starrer Verbindung mit dem Querstück der Gabel, sondern mit diesem nur durch eine feine Bindehaut locker verbunden. Die Bauchgräte selbst ist ein einfacher Stab, dessen beide Enden spitzkolbig verdickt sind. Die Styli führen auf ihrer obern ziemlich planen Fläche nur 4 längere peitschenartige Borsten und zwar am Rand des Felds, dafür aber im Innern eine große Zahl ganz kleiner, spitz elliptischer bis stumpf fingerförmiger Gebilde, die wie die Haare ein- gelenkt sind und von denen die fingerförmigen ein kleines hyalines Spitzchen zu tragen scheinen. Je- doch ist dies bei den macerierten Objekten nicht mit Sicherheit zu behaupten. Poren finden sich hier jedoch nicht, sondern nur höchstens in der Fünfzahl Fig. J. auf dem Schaft des Stylus. 8. Tergit. Eigentümlich ist an dem Organ die Chitinisierung SEN, 10 7 10. engi der zarten Haute, die den Eindruck von Waben A Dorsal = Sen macht, indem stärker chitinisierte Feldchen durch BG er hyaline Chitinstraßen getrennt sind. Ergates faber UL. Das 8. Tergit hat eine trapezoide Gestalt, vorn breiter als hinten, vorn ist es tief und scharf ausgeschnitten. Die stärker chitinisierten Partien formieren 2 kongruente Dreiecke, die das Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 505 Tergit wie 2teilig erscheinen lassen. In der Nähe der hintern Kante stehen jederseits einige starre Borsten, eine Anzahl Poren sind über das Tergit verstreut. Dorsal Ventral Fig. K. 8T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 9. Tergit ist 2teilig, vollkommen auf die Ventralseite ge- rückt und mit Teilen des 9. Sternits gelenkig verbunden. Es be- steht aus 2 geschwungenen Stäben, die auf ihrer Hauptlänge gleiche Stärke haben. Vorn befindet sich an einer jeden eine rückläufige Zinke, die aber verhältnismäßig sehr kurz ist und dem Hauptschaft 506 Benno WANDOLLECK, so anliegt, daß beide am vordersten Ende verschmolzen sind und dadurch eine Verbreiterung des Schafts zustande kommt. Das 10. Tergit kann man hier eigentlich nicht als 2teilig be- zeichnen. Es lassen sich zwar auch hier 2 geschwungene Stäbe unter- scheiden, aber diese gehen nach hinten je in einen Lappen aus, deren hintere Ränder einheitlich sind. Unter dem ganzen Gebilde mündet der After. An den Seiten der Verbindungshaut, die ungefähr doppelt so lang ist wie das 8. Tergit, finden sich dorsalwärts je ein isolierter schmaler chitinisierter Stab, der mit seiner hintern Spitze bis fast an das 10. Tergit heranreicht, während sein Beginn an dem vordern Rand der Verbindungshaut liegt. Das 8. Sternit hat genau dieselbe trapezoidale Form wie das zugehörige Tergit, mit dem es zusammen eine röhrenförmige Manschette bildet. Auch dieses Sternit könnte man aus demselben Grund wie das Tergit 2teilig nennen. Die beiden Teile bilden nach vorn und nach der Mitte je eine stärker chitinisierte, schnabel- förmige Spitze, die zusammenstoßen und dort mit der Hinterspitze der Bauchgräte zusammentreffen. Die mittlere Partie des Sternits zeichnet sich durch bedeutend schwächere Chitinisierung aus. Das 9. Sternit ist in seinem ganzen Verlauf stark chitinisiert. Durch diese Eigenschaft tritt sehr deutlich seine Zweiteiligkeit hervor. Es sind hier nicht mehr bloße Stäbe, sondern richtige Platten. Auf der Dorsalseite ist das noch nicht so distinkt aus- gesprochen, es lassen sich hier in der schon etwas mehr chitinisierten Umgebung noch 2 starke Spangen unterscheiden, die nach vorn ziehen, sie kommen von den schon gänzlich verhornten Styliträgern. Auf der Ventralseite jedoch sind es 2 breite Platten, die gewisser- maßen als kontinuierliche Verlängerungen der Styliträger bis zum 9. Tergit gehen. An ihrer vordersten Ecke tragen sie das Gelenk- lager für eben jenes Tergit. Zu bemerken ist hierbei, daß diese beiden Platten nicht miteinander in starrer Verbindung stehen, diese Konstruktion also ein bedeutendes Auseinanderweichen der beiden Teile ermöglicht, was auch durch den Bau der dorsalen Verbindungs- haut als normales Ereignis erscheint. Die Styliträger haben die Form eines Handschuhfingers. Ungefähr auf der Hälfte seines freien Endes hat jeder seitlich und dorsalwärts eine längliche und flache Aushöhlung, in der der Stylus steht. Dicht vor, hinter und neben dem Stylus befindet sich je ein Büschel starker peitschenartiger Tastborsten, auch liegen an der Dorsalseite eine Anzahl Poren. Die dorsale Bindehaut ist 2mal tief eingeschnitten, so daß 3 Lappen Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 507 entstehen, die sich übereinander legen, wenn die Styliträger ge- nähert sind, die Haut ist nicht gefaltet. Die ventrale Haut ist ein- fach und trägt in ihrer Mitte eine länglich keulenförmige Chitin- platte. Die Styli sind fast so groß wie der freie Teil der Träger, sie sind sehr dick kolbig mit schlankerm Stiel. Auf der dorsalen Seite des Kolbenteils findet sich eine heller chitinisierte, ellipsoide, flache Delle, in der 2 Büschel ähnlicher Haare stehen, wie auf den Trägern, außerdem finden sich hier viele Tastapparate. Man kann deren zweierlei Arten unterscheiden, die alle auf etwas verlängerten kragenartigen Basen stehen. Während nun bei den einen der Tast- körper in der Längenausdehnung kaum die seiner Basis erreicht, auch in der Form fast eiförmig erscheint, ist er bei der andern Art ca. 4mal so lang und breit stilettförmig. Er hat so ganz die Form eines, wenn auch nur kurzen, aber steifen, stumpfspitzigen Haars. Die Größenunterschiede der beiden Arten von Endapparaten sind 2—21,5 u. Die Styli sind mit Ausnahme der Delle ebenso stark chitinisiert wie die Styliträger. An ihren ventralen Seiten finden sich noch einige Poren. Parandra glabra GEER. Das 8. Tergit bildet ein Dreieck, dessen Spitze nach hinten liegt, abgestutzt und eingekerbt ist. Die dadurch entstehenden 2 Hinterecken sind abgerundet und tragen wenige kurze Borsten. Es ist nicht in seiner ganzen Ausdehnung stärker chitinisiert, die dunklern Partien bilden 2 getrennte symmetrische Felder. Das 9. Tergit ist 2teilig, ragt nur wenig auf die Dorsalseite hinüber und ist fast ganz auf die Ventralseite gerückt. Es besteht aus 2 breiten flächenhaften, dreieckigen Platten, auf denen eine stärker chitinisierte Partie, wie eine rippenartige Längsversteifung, hervortritt. Der breiteste Teil der Dreiecke liegt nach vorn, die abgerundete Spitze stößt an das 9. Sternit, mit dem sie gelenkig verbunden ist. Der Gelenkkopf wird durch die hier ihre größte Stärke erreichende Längsrippe verstärkt. Das 10. Tergit ist verschwunden, der After mündet unter einer dünnen Hautfalte nicht sehr weit entfernt von dem Hinter- rand des 8. Tergits. In dieser Hautfalte stecken wie in einer Tasche die vordern breiten Spitzen des 9. Tergits. Das 8. Sternit gleicht ganz dem 8. Tergit, nur ist es etwas 508 BENNO WANDOLLECK, breiter. Es ist in seiner ganzen Ausdehnung chitinisiert und trägt überall zerstreut kurze starre Borsten. Mit 2 wurzelartig verzweigten Armen beginnt ungefähr auf der Mitte des Sternits die lange stab- artige Bauchgräte. Bern Dorsal Seitenansicht Ventral Fig. L. 8T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 10 7 10. Tergit. A After. 88S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. St Styli. S Scheide. Das 9. Sternit ist in seiner ganzen Ausdehnung stark chitini- siert. Es ist 2teilig oder eigentlich 3teilig, indem nämlich die bei andern Arten auf der Dorsalseite nach vorn ziehenden Stützstäbe hier zu einer unpaaren, breiten Platte verwachsen, dagegen mit den Styliträgern nur durch dünnere Teile verbunden sind. Die Styliträger sind getrennt, stark chitinisiert und laufen jeder in eine dorsalwärts gebogene, krallenartige Spitze aus. Jeder Träger Morphologie des Abdomens der weiblichen Kiifer. 509 hat an der äußern Seite einen Einschnitt, ventralwärts nach vorn trägt er die Gelenkpfanne für das 9. Tergit. Dorsalwärts liegt in der Höhlung der Kralle ein ebenfalls stark chitinisiertes Polster, auf dem der Stylus steht. In der Krallenhöhlung stehen einige wenige starre Börstchen, außerdem aber noch seitlich von der Stylusbasis eine Anzahl längere, sowie die bekannten stilettartigen Borsten, die bei dieser Art durch die sehr gering entwickelten Gelenk- pfannen ausgezeichnet sind. Wie schon gesagt, sind die nach vorn ziehenden dorsalen Stützstäbe des 9. Sternits verwachsen, sie bilden eine Platte von der Form eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Spitze nach vorn und dessen Basis nach hinten liegt. Auf der Fläche finden sich 2 auf die paarige Entstehung des Gebildes hinweisende, stabförmige Chitinisierungen, die aber nach vorn zu einem einzigen Stabe zusammengehen. Die Basis dieses Dreiecks ist in der Mitte tief eingekerbt. Durch diese feste Platte ist ein Auseinanderweichen der Styliträger auf der dorsalen Seite unmöglich gemacht, aber auch auf der ventralen Seite findet sich keine Fältelung der feinen Zwischenhaut, die nur infolge ihrer tiefen Ein- spaltung einige Bewegung gestattet. Die Styli sind eigentümliche, breite, seitlich Komprimierte, klauenartige Gebilde, die an ihrem innern Bogen noch einen starken Zahn tragen, sie sind derb chitinisiert. An der äußern Fläche haben sie eine kleine fast kreisrunde Delle, die ein wenig heller chitinisiert ist und auf der in der Mitte dicht gedrängt eine Zahl kurzer und 1—2 längere Börstchen stehen. Prionus coriarius UL. Das 8. Tergit ist eine einfache rechteckige Platte. Das 9. Tergit scheint zu fehlen, da auf der Ventralseite, auf die bei allen bis jetzt behandelten Arten jenes Tergit gerückt war, weder eine Gelenkverbindung noch eine Teilung von Platten zu ent- decken ist. Es ist offenbar auf der Ventralseite mit dem 9. Sternit verschmolzen, so daß dort nur eine einzige feste stark chitinisierte Platte entstanden ist. Schmale Ränder dieser Platte greifen auf die Dorsalseite hinüber, und nach vorn läuft die Platte in 5 in der Chitinisierung allmählich dünner werdende stabförmige Spitzen aus. Nahe der Mittellinie dieser Platte ziehen sich 2 Versteifungscristen hin, erreichen aber nicht den Vorderrand des Tergits. Das 10. Tergit ist verschwunden und der After mündet in der feinen Haut als breite Querspalte. An seiner vordern Lippe 510 Benno WANDOLLECK, erscheinen allerdings 2 symmetrische, etwas mehr chitinisierte Felder, die man vielleicht als die letzten Reste des 10. Tergits ansprechen kann. Der Teil des ganzen Organs, der aus dem 9. Tergit und dem 9. Sternit zusammengesetzt wird, ist bedeutend schlanker als die Dorsal Ventral Fig. M. 9T 9. Tergit. 10 T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. StStyli. S Scheide. Bindehautröhre zwischen ihm und dem 8. Tergit und 8. Sternit, ja er steckt, wenigstens auf der Dorsalseite, selbst bei vollkommener Erektion in jener Bindehaut wie in einer Tasche. Das 8. Sternit ist analog dem 8. Tergit eine einfache recht- eckige Platte, deren vordere Partie in die sehr lange und aus- nehmend starke Bauchgräte ausläuft. Das 9. Sternit ist, wie schon gesagt, auf der Ventralseite mit Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 511 dem 9. Tergit ohne Markierung einer Grenze verwachsen. Da die beiden vorhin beschriebenen Versteifungscristen bis fast in die Gegend der Styli ziehen, so kann man sie auch mit demselben Recht zum 9. Sternit rechnen. Das 9. Sternit ist 2teilig, wenigstens an seinem hintersten Ende. Durch die Verwachsung mit dem 9. Tergit ist es nach vorn zu einer einheitlichen Platte geworden, so dab da- durch die Stellung der beiden Styliträger gegeneinander fest fixiert ist. Das Sternit ist sehr stark chitinisiert. Ventral wie dorsal ist es tief und schmal ausgekerbt. Diese Auskerbung wird ventral durch eine 2mal eingeschnittene, dorsal durch eine 1zipflige Haut geschlossen. Zwischen beiden Häuten liegt die Mündung der Scheide. Die dorsale Einkerbung ist fast doppelt so tief wie die ventrale, aber auch ihre Ränder sind stark chitinisiert und lassen hier ebenfalls kaum ein Auseinanderweichen der Styliträger annehmen. Auf der Riickseite zieht das 9. Sternit als 2 in der Chitinisierungsstärke all- mählich abnehmende Platten bis gegen den After hin. Die Styliträger haben die Form schmalklingiger Beile, deren eine Schneidekante erst oberhalb des Stielendes beginnt, während die andere weit nach oben gezogen ist, wenigstens erscheint so der Umriß der Ventralseite. Betrachtet man dieses Organ gerade von dieser Seite, so springt an der Stelle, wo der Stiel des Beils beginnt, der dorsale Rand weit vor, so daß eine längliche, nach vorn spitz auslaufende Einsenkung entsteht. In dieser Einsenkung sitzt auf einem wenig erhabenen Polster jederseits der Stylus. Diese Partie ist jedoch nicht etwa weich, sondern wie die ganzen Trager hart und fest chitinisiert. Die Styli sind birnenförmige, ziemlich umfangreiche Gebilde, die an ihrer äußersten Ventralseite einen hellen runden Fleck mit darauf stehenden einfachen mittellangen Tasthaaren tragen. An der Ventralseite, dem „Beilteil“, finden sich auf den Stylus- trägern einige wenige Poren. Oberea oculata L. Das 8. Tergit hat eine eigentümliche Form, nämlich die einer gerade abgestutzten Pfeilspitze. Der Hinterrand, die Abstutzung, ist ziemlich breit und gerade, der Vorderrand ist breiter und in 3 Spitzen, Schaft und Widerhaken des Pfeils geteilt; der mittlere Teil, der Schaft, ist auch gerade abgestutzt. Diese Ausbildung des 8. Tergits hat ihren Grund in einer eigentiimlichen Gelenkverbindung, in der bei dieser Art das 8. Tergit mit dem 8. Sternit steht und 512 Benno WANDOLLECK, auf die ich beim Sternit näher eingehen werde. Nur die Seiten des 8. Tergits sind etwas stärker chitinisiert und tragen nach hinten zu einige kurze stärkere Borsten. Dorsal Ventral Fig. N. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 85 8. Sternit. 378. Terpit. 9 FT 9. 98S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. St Styli. S Scheide. BG Bauchgräte. Die Bindehaut zwischen 8. Tergit resp. Sternit und den iibrigen Teilen der Abdomenspitze ist sehr lang und im mittlern Teile ihres Verlaufs eingezogen. Das 9. Tergit ist 2teilig und stößt gelenkartig an das 9. Ster- nit. Die beiden Teile des Tergits stehen sowohl dorsal wie ventral weit auseinander. Man kann bei dieser Art nicht wie bei den frühern Arten davon reden, daß das 9. Tergit auf die Ventralseite gerückt sei, denn von beiden Teilen, aus denen das Tergit besteht, liegt ebensoviel auf der Dorsal- wie auf der Ventralseite. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 513 Das 10. Tergit ist eine am Hinterrand ausgeschweifte kurze Platte, deren Seiten ein wenig eingerollt sind und die den After deckt. Durch die Einrollung ist es bedeutend schmäler als das hinterste Ende des Bindehautschlauches. Das 8. Sternit ist ein sehr kompliziertes Gebilde. In der ventralen Aufsicht künnte man eine Ahnlichkeit mit einem Schwert- griffe finden, dessen Klinge durch die nach vorn ziehende Bauch- gräte repräsentiert wird. Der nach hinten weisende Teil ist schmal und kurz, am Ende ein wenig knaufartig verbreitert und würde dem Handgriff, die sich seitlich ausdehnenden Lappen der Parier- stange zu vergleichen sein. Das Interessante ist nun, daß diese in ihrer Mitte verschmälerten Lappen sich weiterhin verbreitern und mit 2 starken Haken um das Vorderende des 8. Tergits herum- greifen. Durch diese bogenförmigen Haken werden gewissermaßen 2 Gelenkköpfe gebildet, die sich in die Ausbuchtungen des 9. Tergits wie in Gelenkpfannen einlegen. Dadurch wird das 8. Tergit in eine gewisse Abhängigkeit von dem 8. Sternit gebracht, dessen Be- wegungen infolge dieser Verbindung stets auf das 8. Tergit über- tragen werden müssen. Dazu kommt noch, daß das 8. Sternit sehr stark chitinisiert und mächtig verdickt ist und offenbar mit der starken Bauchgräte kräftigen Muskeln zum Ansatz dient. Das 8. Tergit dagegen ist zwar vorn auch stark, in seinem hintern Teile jedoch nur plattenartig entwickelt. Das 9. Sternit ist 2teilig und besteht fast nur aus den schlanken, langen Stylusträgern. Es ist gelenkig mit dem 9. Tergit verbunden. Die beiden Teile stehen weit auseinander und sind durch eine weiche Haut, die auf der Dorsalseite in vielen Falten liegt, getrennt. Die Haut der Ventralseite ist glatt und tief aus- gerandet, wogegen die der Dorsalseite in der Mitte mit einem bogenförmigen Zipfel vorspringt. Zwischen beiden Häuten mündet die Scheide. Die Styliträger sind drehrund, lang und schlank, an der Spitze etwas kolbig verdickt und nach außen gebogen. An der äußern Seite kurz vor der Spitze hat jeder einen heller chitinisierten, runden Fleck, auf dem aber kein Stylus steht. Die Styli fehlen dieser Art. Überhaupt macht das ganze Organ durch seine zarte Chitinisierung — das 8. Sternit ausge- nommen — und durch das weite Klaffen der zusammengehörigen Plattenteile den Eindruck von Reduktion. 514 BENNO WANDOLLECK, Batocera octomaculata F. (albofasciata GEER). Das 8. Tergit ist eine schildförmige große Platte, deren Vorderrand tief ausgekerbt und deren Hinterrand geschweift ist. Seitlich läuft die hintere Partie in 2 hakenförmige Zipfel aus, die Ventral Dorsal Fig. O. 8 T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8 S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. St Styli. S Scheide. ventralwärts gebogen sind. Nur der Hinterrand mit den beiden Zipfeln ist stärker chitinisiert. Die Bindehaut zwischen 8. Tergit und den folgenden Teilen ist lang und schlauchförmig. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 515 Das 9. Tergit scheint verschwunden zu sein, doch kann man wohl 2 symmetrische, auf der Ventralseite liegende, stärker chitini- sierte Partien dafür ansprechen. Da diese Partien teilweise von dem 9. Sternit durch nicht chitinisierte Bahnen getrennt sind, so kann man sie wohl sicher für die Reste des 9. Tergits halten. Da- nach wäre es 2teilig, auf die Ventralseite gerückt, mit deutlichen Zeichen starker Reduktion, was sich auch in 2 sehr schwach chiti- nisierten Zipfeln, die jederseits nach vorn ziehen, ausspricht. Das 10. Tergit deckt den After, ein Vorderrand ist nicht distinkt, der Hinterrand ist fast halbkreisförmig. Das 8. Sternit hat eine komplizierte Gestalt, man könnte es nach seinen stärker chitinisierten Partien 2teilig nennen. Es greift jederseits mit einem langen Sförmigen Haken auf die Dorsalseite hinüber und umfaßt dadurch die Seitenränder des 8. Tergits. Nach vorn läuft es in die sehr starke und lange Bauchgräte aus. Da- durch, daß das 8. Tergit mit seinen Haken ventralwärts über die Ränder des 8. Sternits und dieses mit seinen Haken über die Seiten des 8. Tergits greift, ist zwischen diesen beiden Platten eine sehr feste gelenkige Verbindung hergestellt worden, die das 8. Tergit, wie bei der vorigen Art, den Bewegungen des 8. Sternits zu folgen zwingt. Infolge der eigentümlichen Gestalt des 8. Sternits kann man bei ihm so recht von keinem Hinterrand reden, denn die beiden Teile weichen in der Mitte bis zur Wurzel der Bauchgräte zurück. Die Hauptausdehnung dieses Sternits ist auch hauptsächlich eine dorsoventrale, es ist sehr stark chitinisiert und verdickt. Das Zurück- weichen der Mitte des Hinterrands, wenn man von einem solchen sprechen kann, hat wohl in der ventralen Bindehaut stärker chitini- sierte Partien hervorgerufen. Am Anfang sind es 2 seitliche, in der Mitte des Verlaufs eine unpaare Mittelpartie. Das Chitin des 8. Sternits ist nicht besonders dunkel gefärbt, jedoch von einer knorpelharten, wenig biegsamen Beschaffenheit. Das 9. Sternit: ist in seiner Hauptausdehnung 2teilig und nicht besonders stark chitinisiert. An seiner vordern Spitze geht es jederseits in das 9. Tergit über, an dieser Stelle ist es in der Mitte sehr stark gefaltet. Bis hierher geht auch die tiefe Aus- randung, die es 2teilig macht. Man kann diese beiden Teile jedoch nicht in ihrer ganzen Ausdehnung als Styliträger bezeichnen, sondern mit diesem Ausdruck erst den Endteil, der sich plötzlich stark ver- dünnt, belegen. Auf der Dorsalseite ist das Sternit durch 2 schwach auswärts gebogene, vorn geknöpfte Chitinstangen gestützt. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 34 516 BENNO WANDOLLECK, Die Styliträger biegen sich nach außen und tragen an ihrer Spitze ein wenig seitlich die gering spindelförmigen Styli. Am Grunde der Ausrandung mündet die Scheide, die starker Ausdehnung fähig ist, worauf die oben erwähnte feine Fältelung hindeutet. Die Ventralseite des 9. Sternits zeigt viele Poren. An der Spitze der Styliträger um den Fuß des Stylus herum finden sich Poren und in geräumigen napfförmigen Gruben gelenkig stehende, wahrscheinlich der Tastfunktion dienende Haare. Diese Haare haben 3 verschiedene Formen, gerade, längere, abgestutzte; lange, breit lanzettförmige, scharf zugespitzte und kurze, spitz lanzett- förmige Form. Es sind nicht gerade viel solcher Organe vorhanden, aber doch genug, um den Fuß des Stylus mit einem Borstenbüschel zu um- geben. Der Stylus hat an seiner Spitze eine seichte Delle, in der 4 großes und 2 kleine Lanzetthaare in derselben Weise wie auf dem Stylusträger stehen. Astynomus aedilis L. Das 8. Tergit ist zu einer feinen, kaum stärker chitinisierten Haut geworden, die sich nur vorn mit mäßig tiefer Ausrandung ab- setzt, hinten jedoch direkt in die zarte Bindehaut übergeht. Das 9. Tergit ist vollkommen auf die Ventralseite gerückt und besteht aus 2 langen dünnen, jederseits zugespitzten Stäben, die nach hinten beinahe bis an die Styli, vorn bis an den After heran- gehen. Ein distinktes 10. Tergit ist nicht aufzufinden. Der After mündet als ein Querspalt mit nach hinten gezogenen Ecken in der zarten, sehr ausgedehnten Bindehaut, und keine stärkere Chitini- sierung ermöglicht die vor ihm liegende Partie nebst seinem Vorder- rand als 10. Tergit zu bezeichnen, wenn sie auch höchst wahr- scheinlich ihre Entstehung daraus genommen hat. Das 8. Sternit ist ein sehr kompliziertes Gebilde. Man kann es als aus einem horizontalen Mittelteil und 2 vertikalen Seiten- teilen bestehend betrachten. Diese Teile bilden aber ein Ganzes und sind fest miteinander verwachsen. Der Mittelteil ist schild- förmig, hinten breiter als vorn, wo er in die lange dünne Bauch- sräte übergeht. Der Hinterrand ist quer abgestutzt. Die Seiten- teile sind 2 symmetrische, hauptsächlich in dorsoventraler Richtung Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 517 sich ausdehnende halbkuglige Schiisseln, die ihre konkaven Seiten gegeneinander kehren. Diese konkaven Seiten werden der Länge nach durch den unpaaren mittlern Teil halbiert. Was ihre Aus- dehnung auf die dorsale resp. ventrale Seite hin betrifft, so schieben sie sich mehr auf die ventrale Seite, wo sie beinahe zusammenstoßen, Dorsal Ventral !) Seitenansicht Fig. E: 8T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10 T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. auf der dorsalen ist zwischen ihnen das 8. Tergit ausgespannt. Die Bauchgräte beginnt 2teilig mit 2 auswärts gebogenen, flach keulen- formigen Wurzeln. 1) After in der Durchsicht, auch die andern Teile im optischen Durchschnitt. 34* 518 Benno WANDOLLECK, Von einem 9. Sternit als distinkter Platte ist auch nicht zu reden. Ganz allmählich geht die lange zarte Bindehaut in etwas stärkere Chitinisierung über. Bis fast unter die Styli reichen die feinen Stützstangen, die als 9. Tergit angesprochen wurden. Auf der Dorsalseite ziehen auch 2 zum 9. Sternit gehörige, zarte Spangen nach vorn, die aber kaum !/, so lang sind wie die Teile des 9. Tergits. Die Styliträger sind sehr lang, daher ist das Sternit in seiner Haupt- ausdehnung als 2teilig zu betrachten. Am Grunde des Ausschnitts mündet die Scheide. Die Styliträger sind fast auf ihrer ganzen Oberfläche mit kurzen anliegenden, nach hinten gerichteten Haaren besetzt, nur der äußerste Teil, dem der Stylus ansitzt, bleibt un- behaart und macht infolgedessen bei geringerer Vergrößerung den Eindruck des Abgeteilten oder Gegliederten, was auch auf der Text- figur etwas zu stark hervorgetreten ist, die richtigen Verhältnisse zeigen sich auf Taf. 28, Fig. 1. Die Befestigung des Stylus ist eine eigentümliche. Die Stylus- träger sind an ihrer Spitze ein wenig seitlich und nach außen hori- zontal wie eingespalten, und in diesem Spalt sitzt der einem kugligen Napf ähnliche Stylus. Das Innere des Stylusnapfs sowie die Spalte der Stylusträger sind mit den schon oft erwähnten Organen wahr- scheinlich nervöser Funktion besetzt. In der Spalte stehen 4 ver- schieden geformte Haare, auf hohen postamentartigen Basen steht nach innen zu ein kurzes pfriemförmiges und ein langes zylindrisches stumpfspitziges Haar, nach außen ein dick lanzettförmiges, aber dabei langes und fein zugespitztes und ein kurzes spitzes krumm säbelförmiges. Ähnlich wie dies letztere, aber bedeutend dünner und feiner steht eine ganze Anzahl von Haaren in der Stylushöhlung, daneben aber noch 3 sehr starke und lange, säbelförmig gebogene und fein zugespitzte Haare, die sich dicht aneinander legen und so bei einer schwachen Vergrößerung den Eindruck einer einzelnen starken Tastborste machen. Auch die Außenseite der Spitze des Stylus- trägers sowie die des Stylus selbst trägt Tasthaare, die Spitze des 9. Sternits auch noch einige Poren. Saperda carcharias L. Eine Art, deren Abdomenspitze in ihrer Totalerscheinung und in ihren Plattenreduktionen ganz der von Astynomus aedilis gleicht, ist Saperda carcharias. Ebenso sehr lang gestreckt mit nur schwachen Versteifungen, unterscheidet sie sich allein in der Art des Aufbaus des 8. Tergits und des 8. Sternits und ihrer Verbindung miteinander, Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 519 natürlich abgesehen von selbstverständlichen Unterschieden, die Gattung und Art mit sich bringen. beiden Platten hier besprochen werden und zwar mit Voran- stellung des Sternits. Das 8. Sternit kann man auch bei dieser Art für die Be- trachtung aus 3 Teilen bestehen lassen, einem mittlern und 2 seit- lichen. Diese Teile bilden natür- lich ein festes nahtloses Ganzes und sind stark und knorplig ehitinisiert. Der mittlere Teil liegt horizontal und ist schild- förmig, vorn ist er ein wenig ausgerandet. Die Bauchgräte entspringt ohne besondere Wur- zeln als breite starke Spange von der Mitte des Vorderrands. Der Hinterrand ist nicht abge- setzt, sondern geht unter Ab- nahme der Chitinisierung all- mählich in die Bindehaut über. Bei Astynomus aedilis gingen die Seitenränder, wenn man bei dem Mittelteil solche annimmt, auf ihrer ganzen Länge in die schüsselförmigen Seitenteile über, d. h. der Mittelteil hatte keinen ihm zukommenden freien Seiten- Es sollen daher auch nur jene Fig. Q. 8T 8. Tergit. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. rand. Das ist hier in Übereinstimmung mit der verhältnismäßig geringen Längenausdehnung der Seitenteile nicht der Fall, denn nur die vordere Hälfte des Mittelteils geht in die Seitenteile über, wogegen das hintere Ende des Mittelteils freie Seitenränder hat. An diesen freien Rändern befindet sich jederseits ein schräg nach vorn und etwas dorsalwärts gerichteter, zapfenförmiger Vor- sprung, der dick chitinisiert ist und die Stelle eines Gelenkkopfs vertritt, denn er legt in eine pfannenartige Vertiefung des 9. Ter- gits ein. Der frei nach vorn gerichtete Teil dieser Zapfen wird noch durch eine stark chitinisierte, bogenförmige Spange gestützt 520 Benno WANDOLLECK, Die Stabilität des mittlern Teils wird noch erhöht durch eine starke Chitinduplikatur, die die Form eines Dolchs hat und besonders der Gelenkpartie zur Stütze zu dienen scheint. Die Seitenteile des 8. Sternits sind nicht wie bei Astynomus aedilis Schüsseln, sondern mehr nur wenig gebogene, fliigelartige Platten, die auch nicht senk- recht ventrodorsal, sondern bedeutend schräger stehen. Man sieht an ihnen mehr als bei jener Art, daß diese Teile nichts mehr als die flügelartig erweiterten Seitenränder des 8. Sternits sind. Sie sind stark chitinisiert und stehen auch ventral ziemlich weit aus- einander. Das 8. Tergit ist eine stark muldenförmig gewölbte Platte, die vorn bedeutend breiter als hinten ist. Die Verschmälerung zeigt sich als eine plötzliche, und dort, wo sie eintritt, bildet der Rand nach innen zu jederseits eine pfannenartige Ausbuchtung mit stärker chitinisierten Reifen, in die die Zapfen des 8. Sternits einbiegen. Auf der Dorsalseite ist das Tergit glatt, und die Verschmälerung ist keine so plötzliche, so daß das Gelenk gewissermaßen durch eine Haut überdeckt ist. Die stärkere Chitinisierung verteilt sich nicht gleichmäßig über das ganze Tergit. Nach hinten zeigt die Platte eine starke Auskerbung, die Höhlung der Mulde, die es bildet, ist dem Sternit zugekehrt. Semiotus imperialis GUER. Das 8. Tergit ist zungenförmig, hinter dem ersten Drittel stark verschmälert und bis zu einer stumpfen Spite allmählich zugespitzt. Seiten und Spitze sind stärker chitinisiert als die Mitte, die Spitze trägt eine Anzahl starr nach hinten gerichteter Borsten, auf der Spreite finden sich zerstreute Poren. Das 9. Tergit ist 2teilig, fast ganz auf die Ventralseite ge- rückt und mit dem 9. Sternit gelenkig verbunden. Es besteht aus 2 langen schmalen, hinten verbreiterten und abgerundeten Platten, die auf die Dorsalseite herübergehen und dort mit dem 10. Tergit der Länge nach zusammenstoßen. Auf der Ventralseite findet sich auf jedem Plattenteil eine hinten geknöpfte Längsrippe, deren Knopfchen die Gelenkköpfe für die Verbindung mit dem 9. Sternit abgeben. Auf den ventralen Teilen finden sich viele, auf den dorsalen einige Poren. Das 10. Tergit ist eine lange, schmale, hinten verbreiterte und kreisbogenförmig abgerundete Platte, die mit ihrem Ende den After Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 521 deckt. Sie ist im allgemeinen schwach chitinisiert, nur an ihrem hintern Ende findet sich ein dunkleres dreieckiges Feld. Das 8. Sternit ist eine breit zungenförmige Platte, die nach hinten sich wenig verschmälert, die Seitenränder gehen allmählich in den abgerundeten Hinterrand über, nach vorn zieht die schlanke Dorsal Ventral Fig. R. 8T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10 T 10. Tergit. A After. 85 8. Sternit. BG Bauchgräte 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. St Styli. S Scheide Bauchgräte, die mit auswärts gebogenen Wurzeln beginnt. Auf der Fläche finden sich zerstreut kurze Härchen an den Rändern und vornehmlich und zahlreicher am Hinterrand längere, stärkere, nach hinten gerichtete Borsten. Das 9. Sternit ist, in seiner Gesamtheit betrachtet, herztörmig, zur Hälfte 2teilig. Auf der ventralen Seite hat es den Anschein, 522 Benno WANDOLLECK, als ob dieses Sternit nicht einheitlich, sondern noch quer geteilt wäre. Das wird jedoch nur durch eine Querfalte hervorgerufen, die da- durch entsteht, daß sich der stärker chitinisierte vordere Teil etwas über die Styliträger hiniiberschiebt. Wenn man einen mittlern, die Scheide ventral deckenden Zipfel dazu nimmt, so könnte man schon den vordern Teil ohne die Styliträger herzförmig nennen. Er wird gebildet durch 2 stärker chitinisierte Seitenplatten und jenen Zipfel, der auch eine stärkere Chitinisierung aufweist. Die rundlichen Seitenlappen haben an ihrem vordern Rande, sehr nahe der Mittel- linie des Sternits, die Gelenkpfannen für die Köpfchen der Cristen des 9. Tergits. Auf der dorsalen Seite findet sich jederseits, bis weit in die Styliträger reichend, eine Stützleiste, die sich vorn fub- oder stempelartig verbreitert. Auch auf der Dorsalseite wird die Scheidenöffnung durch einen dreieckigen Zipfel verdeckt, der ventrale ist jedoch etwas länger und zeichnet sich dadurch aus, daß er massiver, mehr finger- als plattenförmig ist und auf seiner Ober- fläche eine große Menge dicht stehender kurzer und anliegender Härchen trägt, die nach hinten gerichtet sind (Gleitplatte). Die Styliträger sind lang und schmal, sie haben viele Poren und kurze spitze, nach hinten gerichtete Haare. Zwischen den Styliträgern mündet die Scheide. Jeder Träger treibt kurz vor seiner hintersten Spitze seitlich einen kurzen Fortsatz, auf dem der Stylus steht. Dieser Fortsatz ist dicht mit feinen anliegenden Härchen bedeckt, sieht daher bei schwacher Vergrößerung stärker chitinisiert als der Stylus aus; da er nun auch noch dieselbe Dicke wie der Stylus hat, so wird dadurch leicht ein 2gliedriger Stylus vorgetäuscht. Die Styli selbst sind länglich-elliptisch, dunkel chitinisiert und mit vielen Poren besetzt. Die Spitze sowie ein größeres ventrales und ein kleines dorsales rundes Feld sind hell. Diese Felder tragen in großen kugligen hervorstehenden Näpfen mittellange, ge- schwungene, steife Borsten. Die Spitze ist eingesenkt, und auf ihr steht nur ein einziges sehr langes peitschenschnurartiges Haar, das sich zur feinsten Spitze auszieht und gleich den andern Borsten aus einem großen kugligen Napf entspringt; die Haut der Spitzen- einsenkung ist sehr zart und fein. Semiotus ligneus L. Das 8. Tergit hat eine pfeilspitzenförmige Gestalt, wenigstens bilden die scharf umschriebenen stärker chitinisierten Partien die Figur einer stumpfen Pfeilspitze, deren Widerhaken nach vorn Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 593 liegen. Der Hinterrand erhebt sich in der Mitte zu einer stumpfen Spitze, der tiefe Einschnitt des Vorderrands reicht fast bis in diese Spitze hinein. Ungefähr auf der Hälfte ist das Tergit etwas ein- gezogen, und an dieser Stelle stehen jederseits einige stärkere Borsten. Das 9. Tergit ist 2teilig, zur Hälfte auf die Ventralseite ge- rückt und hier gelenkig mit Teilen des 9. Sternits verbunden. Jede Dorsal Dorsal 1) Ventral Fig. $. 8T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Hälfte bildet ein langes Halbrohr, das hinten dorsalwärts schräg nach innen, ventralwärts ziemlich gerade abgestutzt ist. Sowohl auf der Dorsal- als auch auf der Ventralseite stehen die Längs- ränder der Halbrühren weit voneinander ab. Auf der Bauchseite trägt das Tergit 2 Verstärkungsleisten, die gegen das Ende ein wenige geschwungen sind und mit den Spitzen die Gelenkköpfe für die Verbindung mit dem 9. Sternit bilden. Das 9. Tergit zeigt sehr viele Poren. Das 10. Tergit ist eine schmale lange Platte, die gegen das frei herausstehende Ende stärker chitinisiert ist. Der Hinterrand 1) Optischer Durchschnitt. 524 BENNO WANDOLLECK, ist gerade, läuft aber in 2 seitliche kurze Zipfel aus. Das Ende des Tergits deckt die Afteröffnung; auch auf ihm finden sich viele Poren. Wie das 8. Tergit, so könnte man auch das 8. Sternit pfeil- förmig nennen, nur mit dem Unterschied, daß es seine größte Breite nicht an den beiden Widerhaken, sondern in der Nähe der stumpfen Spitze hätte. Es ist flach gewölbt, der Hinterrand abgerundet und in der Mitte in eine sehr geringe Spitze ausgezogen. Der Vorder- rand wird durch die Bauchgräte gebildet, die 2teilig ist und dort jederseits mit einer breiten beilförmigen Platte beginnt. Die beiden Teile der Gräte sind in dem Stiel fest miteinander verbunden. In der Nähe des Hinterrands des Sternits stehen einige kurze Borsten. Das 9. Sternit ist lang und schmal. Es trägt 2 dünne, vom 8. Sternit bis in die Spitze der Styliträger reichende Versteifungs- leisten. Der hinterste, freie Teil des Sternits ist gleichmäßig kegel- förmig und trägt ventral an der Basis, wo es in den langen Teil übergeht, jederseits eine dreieckige stärker chitinisierte Platte, die die gelenkige Verbindung mit den Verstärkungsleisten des 9. Ter- gits herstellt. Die beiden Styliträger sind nicht sehr lang und stehen dicht beieinander, zwischen ihnen liegt die Mündung der Scheide, die auf der Ventralseite durch einen 2spitzigen Zipfel über- deckt wird. Die Dorsalseite des Sternits trägt 2 Paar schmale Ver- stärkungsplatten, 1 Paar hakenförmig auswärts gebogene vor der Scheidenöffnung und 1 Paar ähnlicher größerer, aber nicht haken- förmiger zur Versteifung der Styliträger. Der freie Teil des Sternits ist vornehmlich auf der Dorsalseite reichlich mit Poren versehen. Hin und her stehen spitze und starre Börstchen in kugelförmigen Näpfen, längere und ganz kurze, die kaum über den Rand des Napfs hinausschauen, die letztern finden sich in größerer Anzahl als die langen. Der die Scheide deckende 2spitzige Zipfel sowie die gegeneinander gekehrten Flächen der Styliträger sind mit feinen dichten anliegenden Härchen besetzt. Dorsalwärts vor der Spitze treibt jeder Stylusträger einen kurzen dicht und anliegend behaarten Fortsatz, der den Stylus trägt. | Die Styli sind elliptisch und sitzen mit breiter zackiger Basis jenen Fortsätzen auf. Sie sind stark chitinisiert und tragen an ihrer äußersten Spitze ein wenig ventralwärts ein rundliches helles Feld, auf dem sich auch jene runden Näpfe befinden, die aber bei den untersuchten Exemplaren keine Haare trugen. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 525 Ludius ferrugineus Xi. Das 8. Tergit stellt eine sehr breite Platte dar, die sich nach hinten wenig verjiingt. In der Mitte des abgerundeten Hinterrands zieht sie sich zu einer sehr stumpfen, breiten Spitze vor. Der Vorderrand ist breit und eckig ausgekerbt. Auf dem Tergit stehen nicht sehr dicht kurze, starke Borsten. Dorsal Ventral Ventral Fig, T. ST 8. Tergit. 97 9. Tergit. 10 T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstiibe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 9. Tergit ist 2teilig zur Hälfte auf die Ventralseite ge- rückt und dort mit Teilen des 9. Sternits gelenkig verbunden. Nach vorn klaffen die beiden Halbréhren, aus denen das Tergit besteht, weit auseinander, jede Halbrühre ist dort etwas verbreitert und ab- gerundet, so daß das Ganze das Bild einer breitspitzigen Pinzette darstellt. Dorsalwärts wird die Verbindung der beiden Tergitteile nur durch die Verwachsung mit dem 10. Tergit hergestellt. Die Hinterränder sind ziemlich gerade. Auf der Ventralseite trägt jede 526 Benno WANDOLLECK, Halbröhre dicht am Innenrande eine starke Längsleiste, die am äußersten Hinterende in einen deutlich abgesetzten Kopf endigt, der in eine pfannenartige Aushöhlung des 9. Sternits paßt. Vorn und hinten ist das Tergit breit, in der Mitte seines Verlaufs ein- gezogen. Das 10. Tergit ist eigentlich nicht viel mehr als eine schmale Brücke zwischen den hintersten Enden der beiden Teile des 9. Tergits. Es ist deutlich wenigstens nach dem Hinterrand zu durch schwächer chitinisierte Streifen abgesetzt. Vorn ist es sehr tief ausgeschnitten und hinten 3mal rundlich eingekerbt; es deckt die Mündung des Afters. Das 8. Sternit könnte man seinem Umriß nach glockenförmig nennen, der Vorderrand wäre die Mündung, der zu einer breiten stumpfen Spitze vorgezogene Hinterrand der Knauf der Glocke. In der Nähe seines Vorderrands liegen 2 nach vorn offene, halbmond- förmige Bügel, die Wurzeln der breiten massiven, aber kurzen Bauchgräte, die vorn plötzlich breiter wird und in eine stumpfe Spitze ausläuft. Die Oberfläche des Sternits ist bis auf einen nach vorn liegenden Teil und eine schmale Mittelbahn mit kurzen Borsten besetzt. Das 9. Sternit bildet einen breiten, kurzen Kegel, der dem 9. und 10. Tergit aufgesetzt ist, es zeigt keine irgendwie bedeutenden Verlängerungen nach vorn über den Hinterrand jener Tergite hinaus. Es ist 2teilig, mit einer ventralwärts liegenden unpaaren Mittelplatte (Gleitplatte). Jeder der beiden Teile ist stark chitinisiert, halb- röhrenförmig, nach vorn breit schaufelförmig, nach hinten schmal und scharf zugespitzt. Die ventralen Hinterränder der beiden Teile sind noch stärker chitinisiert als das Übrige und sitzen mit Aushöhlungen den Köpfchen der Verstärkungsspangen des 9. Tergits auf, wodurch die gelenkige Verbindung hergestellt wird. Die beiden Teile des Sternits stehen ziemlich weit auseinander, auf der Dorsalseite werden sie nur durch eine feine Haut, deren Hinterrand zipfelartig vor- gezogen ist, verbunden, auf der Ventralseite aber findet sich statt dessen jene schon erwähnte eiförmige, vorn zugespitzte Platte, die in der Chitinisierung den beiden Seitenteilen gleicht. Zwischen dieser Platte und der dorsalen Haut liegt die Mündung der Scheide. Ungefähr von der Mitte des Sternits ab sind die beiden Seiten- teile frei und können von dort als Styliträger betrachtet werden, auf der Ventralseite sind sie durch eine schmale, schwächer chitini- sierte Querbahn abgesetzt. Am Beginn des letzten Drittels ihrer Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 527 Länge haben sie an der Außenseite eine flache Delle, in der die Styli stehen. Während sonst das ganze Sternit vollkommen un- behaart ist. trigt die Delle an ihrem vordern Rand 5—6 starke längere Tastborsten. Bei der Betrachtung mit schwächerer Vergrößerung scheint diese Delle sich nur wenig um die Basis des Stylus herum auszudehnen, eine stärkere Vergrößerung zeigt aber, daß sie sich als tiefer Schlitz bis zur Spitze des Stylusträgers erstreckt. Auf dem Boden dieses Schlitzes zieht sich nun eine Reihe breiter, unbeweglicher Knöpfchen hin, die alle durchbohrt scheinen und in ihrer Gesamtheit wie eine Säge aussehen. Die äußerste Spitze des Stylusträgers wird durch ein enges Bündel beweglicher Stäbchen gekrönt, deren Spitzen dicht aneinander gedrängt frei herausstehen. Die Oberfläche des Sternits ist von sehr vielen Poren durchsetzt und die nach innen gekehrte Seite der Styliträger von einer fein und kurz behaarten Haut ge- deckt. Die Styli sind zylindrisch, stark chitinisiert, an der Spitze schräg nach innen abgestutzt und ein wenig ausgehöhlt. Hier stehen 4—5 breite, unregelmäßig gebogene, bewegliche Tastborsten. Diacanthus aeneus UL. Das 8. Tergit ist eine im Verhältnis zur Breite nur Kurze, vorn gerade, hinten abgerundete Platte. Die Hinterrandmitte springt breit etwas mehr vor. Die Platte ist stark chitinisiert, trägt Poren, und ist hauptsächlich gegen den Hinterrand hin mit steifen Borsten besetzt. Das 9. Tergit ist 2teilig, zur Hälfte auf die Ventralseite ge- rückt und dort mit Teilen des 9. Sternits gelenkig verbunden. Es besteht aus 2 unregelmäßig herzförmigen, reichlich chitinisierten Platten, die stark halbröhrenartig gebogen sind, ventral wie dorsal weit voneinander abstehen und auf der Ventralseite je 1 starke Spange tragen. Jede dieser Spangen beginnt am Hinterrand ihrer Platte mit einer stark chitinisierten fußartigen Verbreiterung, hat eine bumerangartige Form und zieht sich weit über den Vorder- rand der Tergithälfte hinaus als freie Gräte bis unter das 8. Sternit, wo sie mit einer löffelartigen Verbreiterung endet. Der hintere Fußteil bildet gewissermaßen den Kopf für die gelenkige Verbindung mit dem 9. Sternit. Die Spangen bilden eigentlich die innern ventralen Seitenränder der Tergithälften, wenn sich auch noch eine 528 BENNO WANDOLLECK, geringe Strecke darüber hinaus die Platten schwach chitinisiert fort- setzen. Das 10. Tergit ist eine vollkommen ausgebildete selbständige Platte, deren Form entsteht, wenn auf die Basis eines gleichseitigen Dreiecks 2 spitze gleichschenklige gesetzt werden. Das gleichseitige Dreieck zeigt mit seiner Spitze nach hinten, die gleichschenkligen nach vorn, alle Ränder sind geschwungen. Gegen den Hinterrand hin ist das Tergit mit sehr feinen geraden Härchen pelzartig be- deckt. Unter diesem Tergit mündet der After. Dorsal Ventral Fig. U. 8T 8. Tergit. 9 T 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 88 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 8. Sternit ist eine breite, auch nicht besonders lange Platte, deren Vorderrand in der Mitte in eine kurze, plattenartige Bauchgräte ausläuft. Die Seitenränder dieser Grate sind namentlich am Sternit stärker chitinisiert. Die Vorderkanten der Platte haben die Form kurzer Zipfel. Der Hinterrand ist in der Mitte breit rundlich vorgezogen; das Sternit ist reichlich chitinisiert, Mitte und Hinterrand mit steifen Borsten besetzt. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 529 Das 9. Sternit ist 2teilig, in seiner Gesamtheit von stumpf konischer Form. Es besteht aus 2 stärker chitinisierten Halbröhren, die am Ende massive Walzen bilden und frei sind. Der ventrale Hinterrand dieser Halbröhren wird je durch eine stark chitinisierte Leiste gebildet, deren inneres Ende sich auf den Kopf einer Leiste des 9. Tergits auflegt, so daß dadurch das Gelenk entsteht. Auf der Hälfte ihres Verlaufs sind die Sternithälften stark eingezogen, was ventral je noch durch ein stärker chitinisiertes Querband deut- licher gemacht wird. Von hier aus sind die Sternithälften massiv. Zwischen ihnen spannt sich sowohl dorsal wie auch ventral eine feine Haut aus. Die Ventrale reicht nur bis zur Einziehung, trägt aber in der Mitte eine stark chitinisierte spindelförmige Platte (Gleitplatte), die dorsale Haut geht viel weiter nach hinten. Zwischen diesen Häuten und den Teilen des Sternits mündet die Scheide. Von der Einziehung ab ändert sich sehr bedeutend die Chitinisierung des Sternits. Während die beiden vordern Abschnitte stark chitini- siert erscheinen und nur mit wenigen, ganz kurzen Borsten besetzt sind, zeigen sich die hintern fast hyalin, dafür aber dicht mit langen starken, äußerst fein ausgehenden Borsten versehen. Diese Borsten stehen in breiten napfartigen Basen und ihre Spitzen sind fast lockenartig eingerollt. Auf der Dorsalseite reicht die stark chitini- sierte, weniger behaarte Partie je mit einem fingerförmigen Zipfel fast bis zur Spitze der behaarten Partie. Die die langen Haare tragenden Teile haben jeder eine walzig-eiförmige Gestalt; man kann sie als die Styliträger bezeichnen, denn kurz vor ihrem Ende tragen sie nach außen gelegen ein flaches, ein wenig stärker chiti- nisiertes Feldchen, auf dem dieselben langen Borsten, aber dicht an- einander gedrängt stehen. Diese Feldchen stellen die Reste der Styli dar. Eine Eigentümlichkeit aller stärker chitinisierten Platten ist noch zu erwähnen, nämlich daß sie mit sehr dicht stehenden feinen und kleinen schuppenartigen platten Härchen bedeckt sind. Diacanthus latus F. Das 8. Tergit ist eine breite, aber nur kurze Platte, deren Vorderrand gerade wie deren Hinterrand bogenförmig ist. Auf ihm stehen zerstreut kurze, steife Borsten und am seitlichen Hinterrand jederseits eine Anzahl sehr langer, steifer Borsten. Das 9. Tergit ist 2teilig, zur Hälfte auf die Ventralseite ge- rückt und dort mit Teilen des 9. Sternits gelenkig verbunden. ‚Jeder Benno WANDOLLECK 530 ; Tergitteil hat unregelmäßig halbröhrenförmige Gestalt; sowohl dorsal als auch ventral stehen beide breit auseinander. Der innere ventrale Rand einer jeden Halbröhre wird durch eine starke Rippe gebildet, die nach vorn in eine lange Grate ausläuft. Die Rippe ist am Hinterende knopfförmig verdickt und gerundet, so daß ein Gelenk- kopf gebildet wird, der in eine Aushöhlung einer Versteifungsleiste des 9. Sternits eingreift. Nach vorn reichen die Gräten bis unter das 8. Sternit und endigen dort spatelförmig. Sie sind in ihrem Verlauf geschwungen, an ihrer äußern Seite reicht die Tergitplatte bis zum Spatel herunter, an der innern geht sie, vorn dünner chiti- Dorsal Ventral Fie. V. 8T 8. Tergit. 97T 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. nisiert, ein wenig über die Spange hinaus. Der Hinterrand jeder Halbröhre ist schräg von innen nach außen abgeschnitten. Der Vorderrand der dorsalen Partie ist bogenförmig ausgerandet. Auf der innern Hinterkante der dorsalen Partie stehen einige starke lange und steife Borsten. Das 10. Tergit ist eine selbständige Platte, die zwischen den dorsalen Innenrändern des 9. Tergits liegt. Es stellt ein längliches Trapezoid dar, dessen nach vorn liegende schmälste Seite tief ausge- randet, während die dieser entgegengesetzte halbkreisförmig abgerundet ist. Die Seitenränder sind gerade. Es ist mit feinen, pelzartig kurz Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 531 anliegenden Härchen bedeckt. Unter diesem Tergit mündet der After. Das 8. Sternit ist bedeutend breiter als lang; der Vorderrand bildet in der Mitte eine kurze breite Bauchgräte; die Vorderecken sind ausgerandet, die Hinterecken abgerundet und je mit einer Partie steifer langer Borsten versehen; der Hinterrand ist wenig vor- springend, geschwungen. Das 9. Sternit ist 2teilig, in seiner Gesamtheit betrachtet dick und stumpf konisch. Es besteht aus 2 Halbröhren, die von der Mitte ab massiv walzig werden, aber nur mit ihren äußersten Spitzen frei sind. Jeder Teil besteht aus einer vordern, stärker chitinisierten und einer hintern, fast hyalinen Partie. Dorsal weicht die stärker chitinisierte Partie am Innenrand der Sternitteile mit einem schmalen Zipfel weiter nach hinten. Der ventrale Hinterrand der Sternitteile wird durch eine schräg nach innen gehende bogen- förmige starke Leiste gebildet, die an ihrem Vorderrand die Gelenk- pfannen für die dazu gehörenden Köpfe der Spangen des 9. Tergits trägt. Ungefähr auf der Hälfte des Verlaufs des Sternits geht ventralwärts jederseits ein schmales, die Innenränder nicht erreichen- des Band quer herüber. Die Endteile des Sternits sind hyalin und mit vielen langen und starken Borsten besetzt. Diese Borsten stehen in großen napfförmigen Basen und endigen in lange, sehr feine, ein- gerollte Spitzen. Das äußerste Ende der Sternithälften ist ein wenig zipfelartig vorgezogen, jedoch frei von jenen Borsten und nur mit ganz feinen kurzen pelzartigen Härchen bedeckt. Zwischen beiden Sternithälften spannt sich ventral in der Höhe der Querbänder, dorsal aber fast dicht an den Spitzen je eine feine, zart pelzartig behaarte Haut aus. Zwischen diesen Häuten und den Sternitteilen mündet die Scheide. Die Styli fehlen. Diacanthus cruciatus L. Das 8. Tergit bildet eine breit dreieckige Platte, deren ab- gerundete und schwach ausgerandete Spitze nach hinten biegt, jeder- seits bildet der Rand einen kleinen Vorsprung, der durch das Stigma verursacht wird. Das Tergit ist dunkel chitinisiert und mit steifen Borsten besetzt. Das 9. Tergit ist 2teilig, zur Hälfte auf die Ventralseite ge- rückt und dort mit dem 9. Sternit gelenkig verbunden. Die das Tergit bildenden Platten sind groß, unregelmäßig spitz herzförmig Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 35 532 Benno WANDOLLECK, und halbrohrartig gebogen, so daß jede halb auf der Dorsal-, halb auf der Ventralseite liegt. Die dorsalen Innenränder sind halbkreis- förmig, die ventralen geschwungen und je von einer starken Leiste eingenommen. Die hintern Enden dieser Leisten bilden kleine Knöpfe, die in Auskehlungen des 9. Sternits passen und dadurch die gelenkige Verbindung herstellen. Die vordern Spitzen der Leisten reichen bis unter das 8. Sternit und die Tergitplatten gehen bis zu diesen Spitzen. pr hie NY SN 44 BG Dorsal Ventral Fig. W. 8 T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9.Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 10. Tergit ist eine zarter chitinisierte, aber sehr deutliche, selbständige Platte, die nach vorn in zwei, nach hinten in eine dreieckige Spitze ausläuft. Es ist mit feinen kurzen Härchen be- setzt; unter ihm miindet der After. Das 8. Sternit ist ungefähr so breit wie lang. Der Vorder- rand geht in der Mitte in 2 mit ihren Spitzen gegeneinander gerichtete kurze Zipfel aus, die etwas stärker chitinisiert sind und den Wurzeln der Bauchgräte anderer Arten entsprechen. Der Hinter- rand zerfällt in 3 Spitzen, eine mittlere breite und längere und 2 seitliche kurze, die Ränder sind bogenartig gekrümmt. Die Mitte und die Hinterränder des Sternits tragen längere Borsten. Das 9. Sternit ist 2teilig, es besteht aus 2 eiförmigen Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 533 Hälften, deren hinterste Partie zitzenförmig abgesetzt ist. Die Hälften liegen ziemlich dicht aneinander, und nur die zitzenformigen Enden sind frei. Das Sternit zeigt eine mittelstarke Chitinisierung, und die beiden Teile sind bis auf die Innenseiten und die Enden dicht mit nicht sehr langen fein ausgehenden und gekriimmten Borsten bedeckt. Die Jnnenseiten und die Enden tragen aber nur eine feine, dichte, kurz pelzartige Behaarung. Der vordere ventrale Rand des Sternits wird jederseits eine kurze Strecke von einer starken Spange eingenommen, die an einem Ende sich verbreitert und klauenartig über den Kopf der Randversteifungsleiste des 9. Tergits greift. Auf der Dorsalseite sind die beiden Sternithälften sehr weit herauf verbunden; diese Verbindung kann man eigentlich nicht wie bei früheren Arten als eine Haut bezeichnen, es sind mehr die innern Sternitwandungen, die hier ineinander tibergehen, aller- ‘dings findet sich zwischen den Sternithälften eine tiefe dorsale Rinne. Die Verbindung ist in wahrem Sinne ein Damm zwischen After und Scheide, denn ventralwärts ungefähr auf halber Höhe des Sternits mündet zwischen beiden Hälften jenem Damm und einer dicken Querlippe die Scheide Die ventrale Querlippe ist in der Mitte mit einer nach vorn ziehenden Chitinplatte von spindel- förmigem Umriß versehen, die hinten hakenförmig gekrümmt sich über die Lippe noch ein kleines Stück in die Scheide hineinzieht. Die Styli fehlen. Catoxantha opulenta Gory. (Daf: 28: 99) ‘ Das 8. Tergit ist eine breite, stumpf dreieckige, stark chitini- sierte Platte, deren Basis nach vorn, deren abgerundete und in der Mitte schwach eingekerbte Spitze nach hinten liegt. Die beiden Vorderecken sind zu kurzen, spangenartigen Gräten vorgezogen. Die Oberfläche trägt kurze, schwache Bôürstchen, der Rand ist un- behaart. Das 9. Tergit ist 2teilig, vollkommen auf die Ventralseite gerückt und dort mit Teilen des 9. Sternits gelenkig verbunden. Es besteht eigentlich nur aus 2 kurzen, dicken, stark chitinisierten Stäben, die zwischen spangenartigen Verlängerungen des 10. Tergits und Versteifungsleisten des 9. Sternits liegen. Die Lage des Tergits ist keine horizontale, sondern eine sehr schräge. Das 10. Tergit ist eine vollkommen ausgebildete, breite Platte. Seine Vorderecken sind in 2 lange, starke, keulenförmig endigende 3h* 534 Benno WANDOLLECK, Spangen ausgezogen, die aber nicht direkt nach vorn ziehen, sondern von ihrem ersten Drittel ab (von der Platte aus gerechnet) umknicken und dann schräg ventralwärts ziehen. Am Ende articulieren sie mit dem 9. Tergit. Dadurch wird eine eigentümliche winkelhebel- artige Verbindung des 10. Tergits mit dem 9. Sternit hervorgebracht. Der Hinterrand des 10. Tergits geht in eine stumpfe vorgezogene Spitze aus, der Vorderrand ist tief ausgebuchtet. Das Tergit ist mit starken, zurückgekrümmten Borsten besetzt, die namentlich am Hinterrand dicht stehen. Ein spatelförmiges Feld auf der Mitte der Platte ist schwächer chitinisiert. Dorsal Dorsal Ventral Fie. X. 8T 8.Tergit. 97 9. Tergit. 10 T 10. Tergit. A After 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstiibe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. SR Scheidenrohr. HD Enddarm. Unter diesem Tergit mündet der After, der noch ventralwärts mit einer breiten, dicken Lippe versehen ist. Das Rectum zeigt breite, stark chitinisierte Längsleisten. Das 8. Sternit stellt eine stark chitinisierte Platte dar, die langer und breiter ist als das 8. Tergit. Seine Vorderecken sind ähnlich wie bei jenem je zu einer, aber bedeutend kürzern Spange ausgezogen. Sein Hinterrand geht allmählich in eine breite Spitze Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 535 aus. Es ist dicht behaart und vor allem trägt der Hinterrand starke zuriickgekriimmte Borsten. Das 9. Sternit ist ein langer, schlanker, konischer Körper, der keine bilateral symmetrische Zweiteilung aufweist, er endigt in einer massiven, breit knopfförmigen Spitze, an der die Styli stehen. Eigentümlich ist hier die Mündung der Scheide. An der Ventral- seite und auch teilweise an der Dorsalseite steht das Tergit wie in einer Hülse. Eine weite Haut, die mit 2 langen Verstärkungsleisten versehen und hinten tief ausgekerbt ist, hebt sich von dem massiven Teil ab und umschließt mit ihm zusammen die Mündung der Scheide. Der massive Teil steht aber ein langes Stück über diese Mündung hinaus. Die Versteifungsleisten werden nach vorn stärker und breiter und bilden an der Spitze längliche Näpfe, in denen die Enden des 9. Tergits stehen, wodurch die gelenkige Verbindung hervorgebracht wird. Gegen den Scheidenrand zu trägt die Haut eine Anzahl in Gruppen zusammenstehender starker und langer Borsten. Auch der dorsale massive Teil hat 2 lange weit nach vorn ziehende und 2 kurze im Endteil liegende und stark gegen- einander geneigte Verstärkungsleisten. Die langen haben eine spatelförmige Endigung. Der Endteil des Sternits ist breit knospenförmig, etwas dorso- ventral zusammengedrückt, ventral mit einer tiefen Längsrille ver- sehen und an der Spitze flach ausgekerbt. Ein Stück vor dem Ende trägt er die Styli. An ihm finden sich zweierlei Arten von Borsten, beide sind dick und stark, die einen lang, peitschenartig geschwungen, die andern kurz, gerade und scharf zugespitzt. Die peitschenartigen stehen je in einem Büschel dorsalwärts vom Fub- punkt der Styli, die kurzen krönen, ebenfalls zu 2 symmetrischen Partien vereinigt, die äußerste Spitze des Sternits. Sonst finden sich noch auf dem Endteil namentlich ventral viele Poren. Die Styli sind kolbenförmig stark und groß. Ein ventrales rundes Spitzenfeld und eine schmale ventrale Längsbahn sind weniger chitinisiert. Auf dem Spitzenfeld steht ein Bündel Borsten, auch zweierlei verschiedene, ein paar lange peitschenförmige und eine größere Anzahl kürzerer steifer zugespitzter. Castalia obsoleta CHEVR. Das 8. Tergit ist eine mit den Schmalseiten nach vorn resp. hinten liegende rechteckige Platte, deren Vorderecken zu kurzen starken Spangen ausgezogen und dessen Hinterecken abgerundet 536 Benno WANDOLLECK, sind. Seine Oberfläche und sein Hinterrand tragen spärlich mittel- lange, schwache Borsten. Die Spangen sind am Ende löffelförmig. Das 9. Tergit ist 2teilig, vollkommen auf die Ventralseite geriickt und dort mit Teilen sowohl des 9. Sternits als auch mit solchen des 10. Tergits gelenkig verbunden. Es ist zu 2 kurzen, beiderseits etwas kolbigen Stäbchen reduziert, deren Funktion nur die Vermittlung der winkelhebelartigen Verbindung zwischen 10. Tergit und 9. Sternit zu sein scheint. Dorsa Dorsal Ventral Hig. We) 8 T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10 7 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. SR Scheidenrohr. ED Enddarm. Das 10. Tergit ist eine stark ausgebildete spitz fiinfeckige Platte, deren Basis sich nach vorn und dessen Spitze sich nach 1) Auf der mittlern Abbildung ist irrtiimlicherweise, obgleich es eine Dorsalansicht ist, das 8. Tergit als unter dem 8. Sternit liegend dar- gestellt. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 537 hinten richtet. Die beiden Vorderecken sind je zu einer sehr langen schmalen, aber starken Spange ausgezogen. Diese Spangen gehen aber nicht nach vorn, sondern biegen gleich an den Kanten des Fünfecks ventralwärts und schräg nach hinten um (in der Figur sind sie der Tergitplatte angelegt, als ob sie direkt und horizontal nach hinten gingen). Beim Beginn des letzten Drittels ihres Ver- laufs biegen sie noch einmal mit einem weiten Bogen wieder dorsal- wärts um. Am Ende sind sie kolbig erweitert und gelenkig mit dem 9. Tergit verbunden, wodurch eine mehrmalige winkelhebel- artige Verbindung zustande kommt. Die Platte des 10. Tergits trägt an der Spitze Poren und ein Büschel steifer spitzer Borsten; der Vorderrand ist tief fast bis zur Spitze ausgeschnitten. Unter dieser Platte mündet der After. Das 8. Sternit ist eine trapezoide Platte, deren breitere Seite nach vorn liegt, während die Hinterecken so abgerundet sind, dab der Hinterrand fast halbkreisförmig erscheint. Die Vorderecken sind zu kurzen spitzen Gräten vorgezogen, auch springt der Vorder- rand in der Mitte mit einem kurzen Zipfel vor. Die Gegend des Hinterrands ist mit kurzen steifen Borsten besetzt. Das 9. Sternit ist ein sehr weichhäutiger runder Schlauch, der sich am Ende trichterartig erweitert und sowohl dorsal als auch ventral stärker chitinisierte Versteifungsleisten trägt. Das ventrale Paar ist am Vorderende verdickt und gelenkig mit den das 9. Tergit darstellenden Spangen verbunden. Gegen das Ende zu nähern sich die sonst ziemlich weit voneinander abstehenden Leisten und laufen eine kurze Strecke bis zu ihrer spitzen Endigung dicht neben- einander her. Sie erreichen bei weitem nicht den Hinterrand des Sternits. Das eine dorsale Paar ist weniger kräftig; mehrfach in seinem Verlauf geschwungen, geht es mit seinen Spitzen fast bis zum Hinterrand. Das 2. dorsale Paar besteht aus 2 ganz kurzen schwachen Stäbchen, die von einem Punkt des Hinterrands aus divergierend nach vorn ziehen. Eine kurze Strecke links und rechts von dem Ausgangspunkt dieser Stäbchen sitzen dem Sternit die Styli auf. Der ventrale Rand des Sternits ist in der Mitte tief eingeschnitten. Die Chitinhaut, aus der das Sternit besteht und die dünn und transparent ist, zeigt einen eigentümlich wabenartigen Bau, der aber nicht von erhabenen Längsleisten herrührt, sondern von plättchenartigen Chitinauflagerungen. Das trichterartige Ende des Sternits stellt auch gleichzeitig die Mündung der Scheide dar (auf 538 Benno WANDOLLECK, der Figur ist das Scheidenrohr herausgestülpt), sie ist mit wenigen Poren und feinen nach allen Seiten stehenden Haaren besetzt. Die Styli sind ziemlich groß und stark keulenförmig, in der Mitte mehr chitinisiert, tragen sie ähnliche feine Borsten wie das 9. Sternit, außerdem aber noch kleine Becher mit darin stehenden kurzen zylindrischen Stäbchen. Capnodis tenebrionis L. Das 8. Tergit hat die Form einer offenen Pinzette, deren breite kurze Branchen nach vorn gerichtet sind. Der Hinterrand ist bedeutend schmäler als das Vorderende, abgerundet und in der Mitte eingekerbt; die spangenartigen Vorderecken sind breit löffel- artig. Dorsal Ventral Fig. Z. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. S Scheide. Das 9. Tergit ist zu 2 kurzen starken Stäben reduziert, die ganz auf der Ventralseite liegen und hier mit Teilen des 10. Tergits und des 9. Sternits gelenkig verbunden sind. Das 10. Tergit ist eine vollkommen ausgebildete, selbständige Platte von länglich rechteckiger Grundform. Die Hinterkanten sind stark abgerundet, so daß der Hinterrand halbkreisförmig erscheint. Der Vorderrand ist tief dreieckig ausgeschnitten. Die Vorderecken gehen in lange starke, kolbig endende Spangen aus. Diese Spangen Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 539 articulieren an ihrem Ende mit den das 9. Tergit darstellenden Stäben, wodurch jene winkelhebelartige Verbindung zwischen 10. Tergit und 9. Sternit zustande kommt. Diese hebelartige Ver- bindung deutet auf einen bestimmten Bewegungsmechanismus, und darauf beruht es wohl auch, daß bei dieser Art zur Erleichterung der komplizierten Bewegung die Spangen geteilt sind, einmal dicht an der Plattenecke und dann noch eine kurze Strecke weiter. Durch diese Anordnung wird die Biegungsfestigkeit der Spangen sicher weniger in Anspruch genommen. In der Ruhe wird die Richtung der Spangen schräg nach vorn sein, in der Erektion aber vermöge der Teilungen in einem gebrochenen Bogen nach hinten. Die Platte des Tergits ist am Hinterrand mit starken kurzen, einwärts ge- krümmten Borsten bewehrt, unter ihr mündet der After, der ventral- warts von einer starken breiten Lippe eingefaßt ist. Das Rectum ist mit stärker chitinisierten Längsleisten versehen. Das 8. Sternit hat die Form eines breitbasigen gleichschenk- ligen Dreiecks, dessen nach hinten liegende Spitze abgerundet ist. Die Vorderecken sind in kurze Spitzen ausgezogen und der gerade Vorderrand dicht bei den Ecken jederseits flach ausgerandet. Die Spreite der Platte ist mit schwachen, kurzen, nach hinten gerichteten Härchen besetzt, Seiten- und Hinterränder mit kurzen, stark ein- wärts gebogenen. Die Mitte des Sternits ist weniger chitinisiert als eine breite Randzone. Das 9. Sternit ist ein nicht zu langer rundkonischer Schlauch, der sowohl dorsal als auch ventral Verstärkungsleisten trägt und mit dem 9. Tergit in gelenkiger Verbindung steht. Das Hinterende ist ein wenig verbreitert und dann zugespitzt, so daß eine pfeil- förmige Figur entsteht. Das ventrale Leistenpaar reicht bis in die äußerste Spitze des Sternits, wo die Spangen einander genähert und spatelartig verbreitert sind, nach vorn divergiert es, ist am Ende auch verbreitert und bildet dort mit je einem breiten Haken die Gelenkpfannen für die Verbindung mit dem 9. Tergit. Das dorsale Paar reicht nach hinten nur bis zur Verbreiterung des Sternits, ist geschwungen und geht ebenso weit nach vorn als das ventrale Paar, am Vorderende ist es auch etwas verdickt. Außerdem geht noch ein unpaarer Stab vom äußersten Ende des Sternits spitz auslaufend nach vorn. Von der Verbreiterung ab ist das Sternit in einen dorsalen und einen ventralen gleich großen Lappen geteilt; diese Lappen umschließen die Mündung der Scheide, liegen aber wie die Lippen eines Rachens stets fest aufeinander. Jede Lippenecke ist 540 Benno WANDOLLECK, durch eine ventro-dorsale Chitinduplikatur, die sich wie eine Schuppe dariiber lagert, verstärkt. Wahrscheinlich liegen unter diesen Dupli- katuren auch die Muskeln fiir den Verschlu8 des Scheidenmunds, ihre Oberfläche trägt eine Anzahl Poren, die auch sonst auf dem Sternit zerstreut zu finden sind, auch stehen vor den Duplikaturen jederseits ein paar feine, nach hinten gerichtete Borsten. Die Seiten- ränder der dorsalen Lippe sind dicht mit breiten stumpfen Borsten besetzt, die äußerste Spitze ist aber kahl. Die Styli fehlen. Lagria hirta L. Das 8. Tergit ist eine sehr stumpf dreieckige Platte, deren nach hinten liegende Spitze noch eingekerbt ist. Die stärkere Chitinisierung beschränkt sich auf eine breitere Randpartie; der Vorderrand ist gerade, der Hinterrand trägt einige Borsten. Das 9. Tergit ist 2teilig zum größern Teil auf die Ventral- seite gerückt und dort mit dem 9. Sternit gelenkig verbunden. Der Vorderrand jeder Hälfte, die sowohl dorsal als auch ventral weit auseinanderstehen, ist rundlich ausgeschnitten, der Hinterrand ab- gerundet. Die ventralen Innenränder werden jederseits durch eine starke Leiste gebildet, deren Hinterende knopfartig angeschwollen ist. Ventral als auch dorsal stehen die vordern Innenkanten weiter auseinander als die hintern. Das 10. Tergit ist 2teilig, es besteht aus 2 bandförmigen Platten, die ziemlich weit voneinander gerückt sind. Vorn sind sie etwas verbreitert und nach außen gebogen, unter ihrem hintern Ende mündet der After, in den die beiden Platten ein Stückchen hineingehen, so daß eine dicke, durch die Umbiegung der Platten verstärkte dorsale Afterlippe entsteht. Das 8. Sternit bildet eine vorn gerade, hinten abgerundete Platte, die ähnlich wie das 8. Tergit eine geringere Chitinisierung in der Mitte aufweist. Aus dieser Mittelpartie entspringt ohne so- genannte Wurzeln spitz eine schlanke, ziemlich lange Bauchgräte, deren Vorderende auch zugespitzt ist. Der Hinterrand des Sternits trägt einige Borsten. Das 9. Sternit ist in seiner Gesamtheit betrachtet schlank und abgestumpft konisch, verhältnismäßig sehr groß und 2teilig. Die beiden halbröhrenförmigen Teile, aus denen es besteht, sind sowohl dorsal als auch ventral je durch eine feine längsfaltige Haut ge- trennt. Auf der Dorsalseite ist die Chitinisierung der Halbröhren Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 541 zwar eine schwächere, aber einheitliche, wogegen man auf der Ventralseite infolge der verschiedenartigen Chitinisierung 3 Ab- teilungen unterscheiden kann. Die vorderste Partie ist schief drei- eckig, sie ist am stärksten chitinisiert und enthält an ihrem Vorder- rand auch die Höhlungen für die Gelenkköpfchen der Spangen des Dorsal Ventral Fig, Ag 8T 8: Tergit. 97 9. Tergit. 107 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. 9. Tergits. Durch eine zarte, schmale und schräg verlaufende Bahn ist dieser Teil von dem nächsten, der eine rhombische Gestalt hat und geringer chitinisiert ist, getrennt. Auf diesen Teil folgt eine Partie, die man als Stylusträger bezeichnen könnte. Sie ist wieder stärker chitinisiert als die vorhergehende und mit denselben Haaren, wie sie sich auf den Styli finden, besetzt. Da die dorsalen Partien des 9. Sternits einheitlich in der Chitinisierung sind, so kann von 542 Benno WANDOLLECK, freien Styliträgern eigentlich nicht gesprochen werden, wenn sich auch auf den Spitzen der Dorsalseite dieselben Borsten finden wie auf den Styli und der letzten Abteilung der Ventralseite. Das äußerste Ende einer jeden Sternithalbröhre ist massiv und tief ein- gesenkt, so daß es in einen dorsalen und einen ventralen Lappen zerfällt, die ventralen Lappen sind länger und fingerförmig. Zwischen diesen Enden spannt sich dorsal und ventral je eine feine Haut, die faltig ist und mit einem schmalen Zipfel vorspringt. Zwischen diesen Häuten und den beiden Sternithälften mündet die Scheide. Die beiden Zipfel haben eine verschiedenartige Gestalt. Die Styli stehen in den Einsenkungen der Sternithälften, sie sind groß, 2gliedrig, jedes Glied ist schlank und mit langen feinen, spitz auslaufenden Tasthaaren besetzt, die Chitinisierung ist eine zarte. Zu bemerken ist noch, daß bei der Erektion des ganzen Organs sich ein geräumiger Hautschlauch zwischen dem 8. Segment und den übrigen Teilen ausspannt. Omophlus lepturoides F. (betulae HERBST). Das 8. Tergit hat die Gestalt eines breiten, aber niedrigen Dreiecks, dessen nach hinten schauende Spitze zipfelartig vor- sprinet. Es ist doppelt so breit wie hoch, stark gewölbt und an der Spitze mit dichten starren Borsten besetzt. Das 9. Tergit ist 2teilig zur Hälfte auf die Ventralseite gerückt und dort mit seinen Spitzen dem an dieser Stelle stärker chitinisierten Vorderrand des 9. Sternits anliegend, so daß eine gelenkige Verbindung zwischen diesen Platten entsteht. Jede Hälfte des Tergits ist halbrohrartig gebogen und hat eine schief rhombische Gestalt. Ventral wie dorsal stehen die Teilstücke weit voneinander; die ventralen Innenränder sind sehr schräg und gewellt, die dorsalen ziemlich grade. Das 10. Tergit ist als nachweisbare Platte nicht vorhanden, an der Stelle, die es einnehmen würde, nämlich zwischen den dorsalen Innenrändern des 9. Tergits, mündet der After. Dieser stellt eine große quere halbmondförmige Öffnung dar, deren hintere starke Lippe sich wie ein Deckel über die Öffnung legt. Das 8. Sternit ist meniskenförmig, der flachbogige Hinterrand in der Mitte eingekerbt und zu 2 kurzen Zipfeln ausgezogen. Das Sternit ist mit steifen Borsten bestanden. Das 9. Sternit ist 2teilig und hat als Ganzes betrachtet die Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 543 Form eines am Ende abgerundeten Zylinders. Die beiden das Sternit zusammensetzenden Teile bilden Halbröhren, die auf der Ventral- seite fast zusammenstoßen und bis über den Hinterrand des 9. Tergits nach vorn reichen, auf der Dorsalseite dagegen breit auseinander stehen und bedeutend kürzer sind. Die Dorsalseite ist einheitlich chitinisiert und mit kurzen Härchen besetzt, der Vorderrand ist Dorsal Ventral Fir Bt 8 T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10 7 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9 5 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. flach bogenförmig ausgeschnitten. Durch eine jederseits schräg ver- laufende durchsichtige Bahn ist jede ventrale Seite der Haibröhren in 2 Teile geteilt, in einen großen vordern dreieckigen und in einen kleinen hintern, dessen Umriß spindelförmig genannt werden kann. Die Spitze des dreieckigen Abschnitts liegt nach vorn und ragt über die ventralen Innenkanten des 9. Tergits hinaus. An dem schrägen Hinterrand hat jeder dieser Abschnitte eine stärker chitinisierte Stelle, an die sich je eine Innenkante jenes Tergits anlegt. Der im Umriß spindelförmige Teil ist mit zarten Haaren bedeckt. Zwischen den Hälften des Sternits spannt sich dorsal und ventral eine zarte Haut aus. Diese Häute sind hinten eingekerbt, zwischen ihnen und den Sternithälften mündet die Scheide. Die Styli sind groß und 2gliedrig. Das 1. Glied ist dick zylindrisch und trägt am hintern Ende kranzförmig gestellt ver- schieden lange steife Borsten. Das 2. Glied ist ebenfalls zylindrisch, 544 BENNO WANDOLLECK, nach der Spitze zu ein wenig verjiingt. Auf dieser Spitze, die etwas heller chitinisiert ist, stehen dreierlei verschiedene Borsten, kurze, gerade, ziemlich stumpfe, dann lange, spitze, gerade und lange, fein endigende, peitschenartig geschwungene. Alle diese Haare auch, die auf dem 1. Glied, stehen in großen napfförmigen Basen. Die Verbindungshaut zwischen dem 8. Segment und den folgenden Teilen ist voluminés, hat aber die Form eines kugligen Ballons, wodurch das ganze Organ kurz und breit erscheint. Chrysochares asiaticus PALL. Das 8. Tergit zeigt sich als eine breit rechteckige Platte, deren Hinterrand tief ausgekerbt und deren Hinterkanten abgerundet sind. Die eigentümliche Chitinisierung läßt das Tergit wie aus 2 bilateral symmetrischen, pfriemenförmigen Hälften bestehend er- scheinen. Auf der Mitte des Hinterrands stehen eine Anzahl dicker starrer Borsten, die so rechts und links von der Mitte angeordnet sind, daß die längsten von ihnen sich kreuzen. Das 9. Tergit ist 2teilig und hat die Form zweier dünner horizontal liegender Spangen. Auf der Dorsalseite, auf die sie herüberreichen, sind sie mit den vordern Enden des 10. Tergits im rechten Winkel verwachsen. Auf der Ventralseite liegen den Spangen die nach vorn gerichteten Ausläufer des 9. Sternits rechtwinklig an, so daß damit auch eine Verbindung vom 10. Tergit mit dem 9. Sternit bewerkstelligt wird. Das 10. Tergit ist stark entwickelt, 2teilig. Die beiden das Tergit zusammensetzenden Teile liegen nahe beieinander. Der sie trennende Raum ist nicht eine feine faltige Haut, sondern ziemlich starr, so daß das Ganze einheitlich bewegt werden kann; nur durch die stärkere Chitinisierung tritt die Zweiteiligkeit hervor. Die Komponenten des Tergits sind stumpfe Dreiecke, die ihre breiten Basen gegeneinander kehren. Diese Innenseiten werden durch sehr starke geschwungene Chitinleisten gebildet, die über die Platten hinaus weit nach vorn reichen. In ihrem Verlauf divergieren sie immer mehr, bis sie mit den auf die Dorsalseite hinüberreichenden Teilen des 9. Tergits verwachsen. Die hintern Spitzen des Tergits sind mit langen steifen Borsten versehen. Unter dem Tergit mündet der After, der durch einen Damm von der Scheide, die ventral in derselben Höhe mündet, getrennt ist. Das 8. Sternit ist rechteckig, breiter als lang, sein Vorder- rand ist gerade, der Hinterrand flach abgerundet und in der Mitte Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 545 ein wenig eingekerbt, wodurch dieser Rand in 2 flache Bogen zer- legt wird. Auf jedem dieser Bogen steht ein Biindel starker di- vergierender Borsten. Die dichtere Chitinisierung beschränkt sich auch nur auf die beiden Seiten und eine schmale hintere Briicke. In dem durch diese Anordnung gebildeten mittlern Raum entspringt eine kurze, an beiden Enden pfeilförmig gestaltete Bauchgräte. Dorsal Ventral Fig. C1. 8T 8. Tergit. 9 7 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstiibe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 9. Sternit ist 2teilig; die eigentiimliche Anordnung der stärker chitinisierten Partien läßt es 4teilig erscheinen, indem nämlich jede der bilateral symmetrischen Hälften durch eine scharf begrenzte, schräge Bahn wieder in 2 Teile zerlegt wird. Das Sternit ist in seiner Gesamtheit sehr groß und breit und gelenkig mit Teilen des 9. Tergits verbunden. Die beiden vordern Teilstücke sind Halb- 546 BENNO WANDOLLECK, röhren mit unregelmäßigen Rändern, die auf die Dorsalseite hinüber- reichen. Auf der Ventralseite entsendet jeder Teil ungefähr von seiner Mitte einen breiten Fortsatz schräg nach vorn und innen, der aber bald knieförmig direkt nach vorn umbiegt und zu einer dünnen, aber stark chitinisierten Spange wird. Diese Spangen sind mit den auf die Ventralseite herüberreichenden Leisten des 9. Tergits ge- lenkig verbunden. Diese Abschnitte des Sternits tragen viele Poren und sind in ihren schwächer chitinisierten Partien noch je durch eine geschwungene Leiste versteift. Die folgenden beiden Abschnitte des 9. Sternits kann man als Styliträger bezeichnen, es sind stumpf- flaschenförmige Gebilde, die besonders nach der Spitze zu sehr stark chitinisiert erscheinen. Sie stehen ziemlich weit auseinander; auf der Dorsalseite ist ein großer Raum schwächer chitinisiert, und auf diesem steht je ein Büschel starker langer Borsten. Ähnlich durch geringere Chitinisierung ausgezeichnet ist je ein nach innen zu liegender Abschnitt der Ventralseite, auf dem sich Poren und etwas kürzere Borsten finden. Die Spitzen dieser als Styliträger be- zeichneten Sternitteile sind nach der Ventralseite zu schräg ab- geflacht und mit einem Kranz steifer Borsten versehen, auf diesen Abflachungen stehen die Styli. Zwischen den Styliträgern liegt in der sie trennenden zarten Haut eine lange, nach vorn ziehende keulenförmige Chitinplatte. Unterhalb dieser Platte oder vielmehr ihres hintern Endes mündet in derselben Höhe wie der After und, von diesem durch einen queren Damm getrennt, die Scheide. Die Styli sind kleine eiförmige Gebilde, stark chitinisiert, mit eingedrückter Spitze. Auf diesem Eindruck stehen dreierlei beweg- liche Gebilde in großen, napfförmigen Basen. 1—2 lange, scharf- spitzige Haare, dieselben, die auch der Haarkranz der Styliträger- spitze aufweist, kürzere, im ganzen Verlauf gleich starke und nur am Ende zugespitzte Haare und ganz kleine zylindrische Stäbchen. Donacia braccata Scor. (nigra F.). Das 8. Tergit ist eine einfache, fast quadratische, gleichmäßig dicht chitinisierte Platte, es hat abgerundete Hinterecken und gerade Ränder. Das 9. Tergit liegt fast vollkommen ventral, ist 2teilig und mit dem 9. Sternit verwachsen. Es besteht aus 2 schief herzförmigen Platten, die ein wenig auf die Dorsalseite herüberreichen und dort je einen flachen Napf bilden. In diesen Näpfen stehen die vordern Ausläufer des 10. Tergits. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 547 Das 10. Tergit ist eine sehr große Platte, die nur durch eine mittlere Längsnaht auf Zweiteilung hinweist. Die Hauptmasse des Tergits hat eiförmige Gestalt, geht aber von einer beiderseitigen Einziehung an nach vorn in 2 breite, stumpfspitzige Schenkel aus, deren Spitzen sehr divergieren und deutlich die Zweiteilung zeigen. Das hintere Ende des Tergits ist stark ventralwärts gebogen, und 83 Dorsal Ventral Fig. D1. 8 T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 95 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. das Chitin zeigt eine eigentiimlich wabenartige Struktur. Unter der Platte mündet ungefähr in der Höhe der seitlichen Einziehungen der After und in gleicher Höhe mit der Scheide, von dieser aber durch einen queren Damm getrennt. Das 8. Sternit ist wie das 8. Tergit ebenfalls eine quadratische Platte, deren Vorder- und Hinterkanten abgerundet sind. Der Vorder- rand geht allmählich in eine ganz kurze, vorn abgestutzte Bauch- gräte über, die aber durch nichts von dem Sternit abgesetzt ist. Der Hinterrand ist in der Mitte zu einer kurzen Spitze ausgezogen, Das 9. Sternit ist 2teilig und mit dem 9. Tergit verwachsen. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 36 548 Benno WanDOLLECK, Dadurch erhalt jedes Teilstiick die Gestalt eines Beils, bei dem das 9. Sternit den Schaft, das 9. Tergit die Klinge des Beils re- präsentiert. Die Sternitteile sind nicht in ihrer ganzen Ausdehnung gleichartig chitinisiert. Die ganze Aubenkante jedes Teilstiicks ist hyalin und mit vielen Poren und einzelnen kurzen, scharfspitzigen Härchen besetzt. Die beiden Teile sind breit durch eine zarte, am Ende ausgerandete Haut getrennt. Die hintern Spitzen divergieren sehr und sind schräg nach außen abgestutzt, bilden dort aber keine Flächen. Hier stehen wieder verschiedene Haare: 1—2 längere, stärkere auf der rundlichen, äußersten Spitze und rundherum sowie an der Abschrägung entlang kürzere, spitze und verschieden lange Härchen. Die freien Sternitteile sind schräg dorsalwärts aufgebogen, wogegen, wie schon bemerkt, das Ende des 9. Tergits ventralwärts geneigt ist. Die Styli fehlen. Zwischen dem 9. und 8. Segment spannt sich eine voluminöse zarte Bindehaut aus. Timarcha tenebricosa F. Das 8. Tergit ist eine sehr breite, große Platte, die die Ge- samtheit der folgenden Tergite und Sternite fast zudeckt. Der Vorderrand ist in der Mitte tief ausgerandet, der Hinterrand bildet einen flachen Bogen und ist durch seitliche Einziehungen von den Seitenrändern abgesetzt. Die stärkere Chitinisierung erstreckt sich mehr auf Hinterrand und Seitenränder, weniger auf die Mitte und den Vorderrand. Das 9. Tergit ist groß und 2teilig, liegt zum größten Teil auf der Ventralseite und steht dort in gelenkig zu nennender Ver- bindung mit dem 9. Sternit. Die beiden das Tergit zusammen- setzenden Platten sind unregelmäßig herzförmig und liegen mit den Spitzen nach vorn, sie sind sowohl dorsal als auch ventral breit voneinander getrennt. Ventral durch die vordern Enden des 9. Sternits, dorsal durch das 10. Tergit. Ihr schräger Hinterrand, der etwas sewölbt ist, liegt dem Vorderrand des 9. Sternits dicht an und zeigt stärkere Chitinisierung. Das 10. Tergit ist 2teilig, es besteht aus 2 stumpfeckig drei- eckigen Platten, deren breiteste Seiten einander zugekehrt sind. Mit je einer Seite liegen sie den auf die Dorsalseite herüberragenden Partien des 9. Tergits an. Die nach hinten gerichteten Seiten, die Hinterränder des Tergits, sind in den erweiterten Sinus, der den Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 549 After bildet, ein ziemliches Stiick eingeschlagen. Die gegeneinander gekehrten Ränder der Teilstiicke reichen von hinten nach vorn sehr weit auseinander. Hinten ist der trennende Raum nicht sehr groß, und hier findet sich ein eigentümliches Gebilde Es ist ein ge- stielter spitzspindelförmiger drehrunder Körper von ganz undurch- siehtiger Chitinisierung. Der Stiel ist hohl, die Spindel selbst zeigt aber nirgend eine Öffnung, so daß an einen ev. Drüsenausführungs- gang wohl kaum zu denken ist. Unter dem 10. Tergit mündet der After in gleicher Höhe wie die Scheide, von der er aber durch einen breiten, hohen und dicken Querdamm getrennt ist. st Dorsal Ventral Fig. Et. 8 T 8. Tergit. 9T 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstiibe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. Das 8. Sternit hat die Form einer doppelten Spitzhacke, bei der die kochflaschenförmige Bauchgräte den Stiel, der Körper des Sternits selbst den Klingenteil abgibt. Das Tergit ist breit, aber wenig lang, vor allem sind die Seitenränder verschwindend kurz. Der Vorderrand ist an den Seiten tief ausgeschnitten und geht in der Mitte in die kurze Bauchgräte über, der Hinterrand ist ge- schwungen, in der Mitte flach eingekerbt. Das 9. Sternit ist 2teilig und sehr voluminös. Die freien, die Styli tragenden Enden sind rundlich kappenartig. Die Chitinisierung läßt das Sternit wenigstens auf der Ventralseite noch einmal quer geteilt erscheinen, so daß 2 vordere und 2 hintere symmetrische 36* 550 Benno WANDOLLECK, Stiicke entstehen. Die vordern Teile bilden Menisken, deren eine konkave Seite stärker chitinisiert ist und je einer konvexen Seite der beiden Teile des 9. Tergits anliegt. Die Meniskenform gilt aber nur fiir den Anblick von der Ventralseite, die Stiicke sind eins mit den dorsalen Teilen und dadurch auch mit den Endkappen, die ventral scheinbar von ihnen getrennt sind. Die äußerste Spitze der Styliträger ist dünner chitinisiert und mit einem Kranze kurzer Börstchen versehen, der dort steht, wo die stärkere Chitinisierung aufhört. Die beiden Styliträger sind durch eine zarte faltige Haut getrennt. Zwischen den Styliträgern der faltigen Haut und dem Damm mündet die Scheide. Die Styli sind zylindrisch, an der Spitze abgerundet, dort schwächer chitinisiert und mit einigen winzigen, spitzen Börstchen versehen. Doryphora pyrrhoptera GERM. Das 8. Tergit hat die Form eines Siebenecks, dessen eine, genau nach vorn gerichtete Seite tief ausgeschnitten ist. Durch st st 88 Dorsal Ventral Fig. F1 8 T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 107 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstäbe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. SR Scheidenrohr. HD Enddarm. diesen Ausschnitt sieht das Tergit wie 2flüglig aus. Der Hinter- rand ist in der Mitte schwach eingekerbt; hauptsächlich gegen den Hinterrand hin stehen kurze starke Haare. Das 9. Tergit ist 2teilig, es besteht aus 2 kleinen dreieckigen Plattchen, die weit voneinander entfernt stehen und je in einem Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 551 Bogen liegen, den die auf die Dorsalseite herübergreifenden Teile des 9. Sternits bilden. | Das 10. Tergit fehlt, der After mündet unter dem 8. Tergit und ist von der Scheide durch einen hohen wulstigen Damm ge- trennt, dem auch jene Teilstücke des 9. Tergits angelagert sind. Das 8. Sternit ist nierenförmig; nur ein schmaler Vorder- rand ist abgesetzt, die Seitenränder gehen direkt in den Hinterrand, der in der Mitte eine Einkerbung trägt, über. Gegen den Hinter- rand hin und auf diesem stehen wenige kurze und starke Borsten. Das 9. Sternit ist 2teilig, es besteht aus 2 flachen, am hintern Ende nur wenig anschwellenden, bandförmigen Platten, die sich nach vorn verbreitern und mit diesen verbreiterten Teilen auf die Dorsalseite herüberreichen. In dem nach hinten offenen Sinus, den jede Platte dabei bildet, liegt je ein Teilstück des 9. Tergits. Die hintern Enden der Platten, die frei sind und die Styliträger dar- stellen, sind schräg gegeneinander gekehrt, sie sind mit kurzen, spitzen und dicken Haaren besetzt. Die zarthäutige Spitze jedes Trägers ist eingedrückt, in diesem Eindruck steht der Stylus. Zwischen den Styliträgern, dem Damm und dem 8. Sternit mündet die Scheide. Die Styli sind ganz winzige (0,0264 mm lang 0,024 mm breit) Röhrchen, auf deren Spitze ein bewegliches starkes und langes Haar steht. Lina populi L. Das 8. Tergit hat die Form eines flachen Kreissegments. Der Vorderrand ist ziemlich gerade, der Hinterrand bogenförmig, ganzrandig; die Spreite und der Hinterrand sind mit spärlichen kurzen Borsten besetzt. Das 9. sowie das 10. Tergit fehlen. Unter dem 8. Tergit mündet der After, der von der Scheiden- mündung durch einen breiten und dicken Querdamm getrennt ist. An den beiden Seiten dieses Damms findet sich je ein ganz unschein- bares, kaum stärker chitinisiertes Feldchen, die man vielleicht als die Reste des 9. Tergits ansehen könnte. Das 8. Sternit hat im Grunde eine dem 8. Tergit ähnliche Form, nur ist es bedeutend länger, so daß sein Hinterrand den jenes Tergits bedeutend überragt. Es ist nicht in seiner ganzen Ausdehnung gleichmäßig chitinisiert, eine breite vordere Partie ist zart, und die stärkere Chitinisierung springt in der Mitte breit 552 BENNO WANDOLLECK, bauchgratenartig vor. Der Hinterrand ist in der Mitte eingekerbt und trägt dort einige kurze, steife Borsten. Das 9. Sternit ist 2teilig, es besteht aus 2 kurzen keulen- förmigen Körpern, die stark chitinisiert und mit ihren hintern freien Spitzen schrig gegeneinander gekehrt sind. Diese Teile sind rund- Dorsal Ventral Fig. Gt 8T 8. Tergit. 97 9. Tergit. 10T 10. Tergit. A After. 8S 8. Sternit. BG Bauchgräte. 9S 9. Sternit. VS Versteifungsstiibe. GP Gleitplatte. St Styli. S Scheide. SR Scheidenrohr. HD Enddarm. lich kolbig, an der Spitze kaum eingedriickt und dort mit einem Kranze steifer spitzer, aber beweglicher Borsten besetzt. Zwischen diesen Sternitteilen, dem Damm und dem 8. Sternit miindet die Scheide. Die Styli fehlen. Ich werde nun in Folgendem eine auf die nach überall gleichem Schema gegebenen Einzelbeschreibungen fußende Vergleichung der in dieser Arbeit berücksichtigten Abdomenbestandteile geben. Es wird dieselbe Reihenfolge eingehalten wie in den Beschreibungen, und ich will die Dinge nur so vergleichen, wie sie sich mir geboten haben, ohne Rücksicht auf Systematik oder Phylogenie der zu- gehörigen Tiere. In einem folgenden Kapitel sollen dann die Käfer- gruppen, deren Repräsentanten meine Beobachtungstiere waren, in- bezug auf die weiblichen Abdomina behandelt werden. Das 8. Tergit. Das 8. Tergit bildet bei der Mehrzahl der hier zur Untersuchung gekommenen Arten eine einfache Deckplatte, die mit dem korre- spondierenden Sternit in der gewöhnlichen Weise der Verbindung von Tergit und Sternit verbunden ist. Nur bei gewissen Bockkäfern Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 553 deutet der eigentiimliche Bau und die sonst nicht anzutreffende Verbindung mit dem 8. Sternit auf eine besondere Funktion hin. Hervorzuheben ist eigentlich schon der Bau und die Form des 8. Tergits bei Trachyderes, Eurycephalus, Purpuricenus, Dorcacerus, Ancylosternus. Das Tergit läßt hier überall die Neigung zur Drei- teiligkeit erkennen; sie zeigt sich am ausgesprochensten bei Ancylo- sternus und Dorcacerus, wogegen bei den andern Arten die Stelle der die Dreiteiligkeit bedingenden Einschnitte durch starke Chitin- duplikaturen angedeutet wird, was am auffälligsten bei Hwrycephalus lundi hervortritt. Die Reihe würde mit Ancylosternus beginnen, dann folgte Dorcacerus, Trachyderes, Purpuricenus und zuletzt Eury- cephalus. Es sind das dieselben Arten, die sich durch die eigen- tümlichen Löffelhaare auf dem 8. Sternit auszeichnen und deren 9. Sternit kurz und keiner besondern Erektion fähig ist. Während bei diesen Formen das 8. Tergit doch immer noch die Rolle einer einfachen Deckplatte spielt und die Andeutung der Drei- teiligkeit nur nebensächlich ist und kaum auf irgend eine Funktion schließen läßt, stellt sich die Sache bei einer Reihe von Bockkäfern wesentlich anders dar. Hier scheint die Funktion als einfache Deck- platte sehr zurückzutreten gegenüber einer Funktion, die sicher mit der Tätigkeit der Geschlechtsorgane eng zusammenhängt. Während das 8. Tergit in seiner Chitinisierung und allgemeinen Form sich sonst sehr wenig von andern vorhergehenden Tergiten unterscheidet, ist das Tergit hier sehr stark, hauptsächlich in der Dickenrichtung chitinisiert und mit starken Leisten versehen, was auf das Ansetzen einer besonders starken Muskulatur hinweist. Während das 8. Tergit sonst in der gewöhnlichen Weise der Verbindung von Tergit und Sternit mit dem 8. Sternit verbunden ist, existiert bei diesen Bock- käfern außerdem eine eigentiimliche Verbindung durch wechsel- seitiges In- und Übereinandergreifen der Seitenränder, das sich zu einer direkten Gelenkverbindung steigern kann (Batocera, Oberea, Saperda). Während sonst das 8. Tergit eine nach vorn und hinten scharf abgesetzte Platte darstellt, geht hier besonders der Hinter- rand ohne scharfen Absatz in die zarte Bindehaut über. Wie aus den Abbildungen und Einzelbeschreibungen bei Astynomus aedilis, Saperda carcharias, Oberea oculata und Batocera octomaculata zu er- sehen ist, legen sich das 8. Tergit und das 8. Sternit wie ein Quetsch- hahn um das schlauchförmige, sehr weit ausstreckbare „Endorgan“ (9. Tergit, 10. Tergit, 9. Sternit). 554 BENNO WANDOLLECK, Man könnte sich denken, daß diese Einrichtung dazu dient, jenes sehr weichhäutige „Endorgan“, das doch höchstwahrscheinlich mit durch Säftezustrom zur Erektion gebracht wird, infolge ventil- artigen Abschlusses der Flüssigkeit in dieser Lage zu erhalten. Es sind nur die Lamiinen, die diese Einrichtung besitzen und sich, wie schon gesagt, durch ein sehr zartes Endorgan auszeichnen. Aufden Abbildungen von Astynomus aedilis, Oberea oculata und Batocera octo- maculata ist die Lage und Verbindung des 8. Tergits mit dem 8. Sternit auch in der Seitenansicht dargestellt. Meist trägt der Hinterrand des 8. Tergits Borsten, und bei manchen Arten ist die mittlere Partie der Platte schwächer chitini- siert, was auf eine gewisse Neigung zur Zweiteiligkeit hinweist. Das 9. Nereus, Das 9. Tergit hat durchgehend seinen Charakter vollkommen geändert, was sowohl Form, Bedeutung als auch Lage betrifft. Wenn man wenige Arten ausnimmt, zeigt es nirgends mehr den Platten- charakter. Es hat die Bedeutung als Deckstiick vollkommen ver- loren und mit einer ganz andern aktivern Funktion den Spangen- charakter angenommen. Während als der Lagerungsort der Tergite doch naturgemäß die Dorsalseite angesehen werden muß, ist das 9. Tergit überall wenigstens mit seiner Hauptmasse, in der auch der Schwerpunkt seiner neuen Funktion liegt, auf die Ventralseite herübergerückt. Dabei hat überall eine ausgesprochene Zweiteilung stattgefunden, die auch wieder als eine Folge der neuen Funktion angesehen werden muß. Diese neue aktivere Funktion ist eine mechanische Einwirkung auf das 9. Sternit infolge einer gelenkartigen Verbindung mit dieser Platte. Durch die ganze Reihe der von mir untersuchten Arten wird man sehen, daß das 9. Tergit stets zum 9. Sternit in direkte selenkartige Beziehung tritt. In sehr vielen Fällen kommt es sogar zur Bildung eines richtigen Gelenks mit Kopf und Pfanne. Es spielt das 9. Tergit bei der Erektion oder dem Ausstülpen des Endorgans offenbar die Rolle eines Hebels oder einer Schubstange. Darauf weist hin seine Stabform, die auch dort, wo es plattenartig ist, als innere Verstärkungsleiste auftritt, und vor allem der Bau bei Ca- toxantha, wo das 9. Tergit zu 2 kurzen Stäben reduziert deutlich als Schubstange für das Herausstülpen des 9. Sternits dient. Die Zweiteiligkeit des 9. Sternits, das darum 2 getrennte Angriffspunkte darbot, hat auch die Zweiteilung des 9. Tergits zur Folge gehabt Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 555 Nur bei Chrysomeliden tritt Reduktion des Tergits ein, die es bei Doryphora zu 2 bedeutungslosen Plättchen werden, bei Lina ganz verschwinden läßt. Die relativ größte Mächtigkeit zeigt das 9. Tergit bei Semiotus und Ludius, wo es auch wenigstens bei letzterm zur Verwachsung mit dem 10. Tergit kommt. Es sind das auch die einzigen Arten, wo das 9. Tergit, wenn auch nicht mit Haaren, so doch mit Poren versehen ist. Eine sehr geringe Be- deutung hat das 9. Tergit auch bei den Lamiinen. Wie schon beim 8. Tergit ausgeführt, denke ich mir die Ausstülpung bei diesen Arten hauptsächlich durch Zuströmen von Flüssigkeit bei aktiver Be- teiligung des 8. Tergits und 8. Sternits. Diese Anlage machte die Hebel- und Schubstangeneinrichtung entbehrlich und führte darum notwendigerweise zur Reduktion des hauptsächlichsten Maschinen- teils, des 9. Tergits. Bei Oberea oculata habe ich 2 bedeutungslose Platten als die Reste des 9. Tergits angesprochen, man könnte aber gerade so gut diese Platten für Teile des 9. Sternits erklären, da ja bei diesem Teil manchmal eine durch die Chitinisierung bedingte scheinbare Querteilung eintritt. Bei Astynomus aedilis ist das Tergit zu 2 sehr dünnen, jeder- seits zugespitzten Stäben reduziert, die vielleicht hier noch die Funktion der Versteifung des sehr zarten Organs übernehmen. Das ganze Endorgan (alles was hinter dem 8. Segment liegt) von Prionus coriarius macht den Eindruck eines festen starren Chitinstachels. Da kann es dann auch nicht wundernehmen, dab es zu einer Verwachsung der Bestandteile gekommen ist. Das 9. Tergit ist hier kein selbständiges Glied, sondern mit dem 9. Sternit verwachsen, und nur das Dasein zweier Leisten läßt auf seinen An- teil an dem festen Körper schließen. Als eine Vorstufe zu dieser Bildung bei Prionus kann man die Verhältnisse bei Parandra glabra auffassen; hier ist das Tergit zwar noch vollkommen selbständig, aber es hat bereits sehr ausgebreitete Plattenform, und nur geringe Verwachsungen würden ein dem von Prionus ähnliches Organ er- zeugen. Die Verwachsung mit dem 9. Sternit ist auch als eine durch Verlust der Funktion eingetretene Rückbildung aufzufassen, wie das auch sehr deutlich das 9. Tergit bei Donacia braccata zeigt. Das 10. Tergit. Vielleicht am meisten von allen in dieser Arbeit behandelten Abdominalstücken zeigt das 10. Tergit die Neigung zu verschwinden, es scheint dieser Skeletteil der allmählichen Reduktion anheim zu 556 BENNO WANDOLLECK, fallen. Wo es oder seine Reste vorhanden sind, decken sie stets den After. Die auf die Dorsalseite herüberreichenden Teile des 9. Tergits liegen den nach vorn reichenden Ausläufern des 10. manchmal an oder nahe gegenüber. Nur einmal, bei Chrysochares, asiaticus sind die nach vorn ziehenden Spangen des 10. Tergits mit den auf die Dorsalseite herüberreichenden Teilen des 9. Tergits winkelartig verwachsen. Bei einer kleinen Anzahl von Arten, Catoxantha opulenta, Castalia absoleta, Capnodis tenebrionis, bei denen das 10. Tergit noch eine hervorragend große und stark ausgebildete Platte darstellt, kommt es zu einer gelenkartigen Verbindung zwischen spangenartigen Ausläufern des 10. Tergits und dem 9. Tergit. Man muß hier wohl, wie auch bei Chrysochares, eine Funktion der Tergite beim Ausstülpen des 9. Sternits annehmen. Diejenigen 10. Tergite, deren Ausläufer nur noch bis in die Nähe von Teilen des 9. Tergits reichen, halte ich inbezug auf jene Funktion viel weniger geeignet und daher wohl auch in diesen Teilen für stärker reduziert. So ist die Anlage beschaffen bei Dorcacerus barbatus und daran anschließend, aber schon auf einer weitern Stufe der Reduktion stehend bei allen den Formen, die Löffelhaare besitzen, außerdem noch bei Ærgates faber. Als selbständige, sehr große Platte, die aber recht deutlich die Neigung zur Zweiteilung zeigt, findet man das 10. Tergit nur noch bei Donacia braccata, als selbständige massive Platte und nur den Rändern des 9. Tergits anliegend bei den Arten der Gattung Diacanthus. Bei Semiotus imperialis, ligneus und bei Ludius ferrugineus tritt eine Verwachsung mit dem 9. Tergit ein, wodurch eine förm- liche Röhre zustande kommt; nur bei Zudius gibt die tiefe Aus- schneidung des Vorderrands eine Hindeutung auf Zweiteilung. Bei Timarcha tenebricosa ist das 10. Tergit in 2 große Platten auf- gelöst, die zwischen sich einen unpaaren zapfenförmigen Körper haben, über den ich mich schon bei Gelegenheit der Beschreibung dieses Abdomens ausgesprochen habe. Bei Lagria hirta ist das 10. Tergit bereits vollkommen 2teilig, die Teile haben aber noch eine gewisse Plattenform bewahrt. Ærgates faber zeigt den Über- sang von der Platten- zur Spangenform und Zweiteiligkeit. Bei Hylotrupes bajulus und Spondylis buprestoides ist das Tergit zu 2 in der Längsrichtung liegenden Stäbchen reduziert; das folgende Stadium zeigt dann vollkommnes Verschwinden, wie es bei Parandra glabra, Omophlus lepturoides, Doryphora pyrrhoptera und Lina populi Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 557 zu sehen ist. Eine Behaarung findet sich nur bei Chrysochares, Catoxantha, Castalia und Capnodis. Damit ist die Besprechung der vorhandenen Tergite erschöpft. Mit Ausnahme des 9. ist die Rolle, die sie in der Mechanik der Abdomenspitze spielen, nur gering, der Hauptschwerpunkt liegt auf der Ventralseite und in den Sterniten, das zeigt ja auch das Herüber- rücken des hauptsächlichsten Tergits auf die Ventralseite. Trotz dieser offenbar wichtigen Tätigkeit sind doch nur 2 Sternite, das 8. und das 9. vorhanden. Das SSternrt. Bei den Bewegungen, die die Spitze des Abdomens ausführt, sowie bei den übrigen Funktionen der Mündung des weiblichen Genitalapparats scheint das 8. Sternit eine hervorragende Rolle zu spielen. Das ergibt sich ganz besonders daraus, dab es für einen starken Muskelansatz ganz speziell eingerichtet scheint. Es ist nämlich der Träger einer Skeletspange von wechselnder Länge und Stärke, die sich schräg nach vorn in das Abdomen hinein erstreckt und mit dem Namen Bauchgräte belegt worden ist. Wie soeben gesagt, hat dieser Chitinstab eine sehr verschiedene Gestalt und Ausbildung, ja er kann sogar gänzlich fehlen. Sein Vorhandensein oder Fehlen steht immer in einer gewissen Beziehung zur Funktion und Ausbildung der andern Tergite und Sternite, dasselbe kann auch von dem Grade seiner Ausbildung gesagt werden. Seine Tätiekeit muß einen direkten Einfluß auf die Ein- und Aus- stülpbarkeit des Endapparats der Geschlechtsorgane haben, denn wo die Bauchgräte fehlt, ist gewöhnlich der Endapparat klein und kaum besonderer Erektion fähig, oder die Ausstülpung wird von andern Organen besorgt. So ist das letztere der Fall bei Catoxantha opulenta, Castalia obsoleta und Capnodis tenebrionis. Das sind jene Arten, die sich durch hervorragende Ausbildung des 10. Tergits und die gelenkartige Verbindung dieser Platte über das 9. Tergit zum 9. Sternit auszeichnen. Die winkelhebelartige Anordnung dieser Teile bewirkt beim Heben des 10. Tergits ein Heraustreiben des 9. Sternits, in dem sich die Geschlechtsöffnung befindet. Ganz fehlt die Bauchgräte bei Doryphora pyrrhoptera und Lina populi, bei denen sich die Enden des 9. Sternits nur wenig über die Hinterränder des 9. Tergits resp. 9. Sternits erheben können und ein Ausstülpen unmöglich erscheint. Die Arten Omophlus lepturoides, Donacia braccata, Diacanthus cruciatus, D. latus, D. aeneus bilden in 558 BENNO WANDOLLECK, der Ausbildung der Bauchgräte gewissermaßen eine Reihe, indem Omophlus mit einem kleinen Zipfel, der kaum den Namen Bauchgräte verdient, beginnt und Diacanthus aeneus mit breiter, stark aus- gebildeter Bauchgräte endigt. Eine besondere Stellung nimmt in dieser kleinen Reihe die Bauchgräte von Diacanthus cruciatus ein. Sie besteht aus 2 mit den Spitzen gegeneinander gerichteten, kurzen Stäbchen, die sich nicht berühren. Man würde sich diesen eigen- tümlichen Fall nicht erklären können, wenn man nicht den genauen Bau der Bauchgräte im allgemeinen zur Vergleichung heranzöge. Da zeigt sich, daß man es hier gewissermaßen mit dem Anfang einer Bauchgräte oder mit den Resten einer solchen zu tun hat. Die Bauchgräte ist in ihrer ausgebildeten Form, z. B. bei den großen Bockkäfern, ein starkes Chitinrohr mit sehr enger Seele, das wie aus 2 dicken Halbröhren zusammengesetzt erscheint. An dem Sternit beginnt es gewöhnlich mit 2 symmetrischen beil- oder säbelförmigen Chitinduplikaturen, die ich in den Einzelbeschreibungen mit der Bezeichnung Wurzeln belegte, was hauptsächlich im Hinblick auf Parandra geschah, wo diese beiden Anfangsteile wirklich wurzelartig beginnen. Doch ist die Verbindung der Bauchgräte mit dem Sternit nicht immer die soeben geschilderte. Eine Anzahl Formen, und zwar sind es immer die mit kurzer, breiter Gräte, zeigen einen andern Bau. Hier scheint die Gräte einfach ein starker Vorsprung der Mitte des Sternitvorderrands zu sein. In dieser Vorstellung wird man noch dadurch bestärkt, dab diese Gräten nicht röhren- förmig sind, sondern mehr die Gestalt einer plattenförmigen Spange haben. Solche Gräten sehen wir bei Trachyderes, Eurycephalus, Purpuricenus, Ancylosternus, Dorcacerus, Diacanthus aeneus, Diacanthus latus, Donacia, Timarcha. Das genauere Studium dieser Gebilde zeigt aber deutlich, daß nie der Vorderrand des Sternits einfach in die Bauchgräte übergeht, sondern daß er stets mit Chitinduplikaturen, die den „Wurzeln“ der andern Arten mehr oder weniger entsprechen, zur Bauchgräte vorspringt und daß die Gräte eine scheinbare Längs- teilung, also den Rest einer Seele, zeigt. Diese Auffassung des Gebildes würde dafür sprechen, daß Diacanthus cruciatus, was die Bauchgräte angeht, den ursprünglichsten Typus repräsentiert. Dieser Typus ist auch noch in Verbindung mit einer dritten Bauchgräten- form zu bringen, nämlich mit der, die sich bei Hammaticherus scopoli, Hylotrupes bajulus und Ergates faber findet. Hier scheint die Gräte der Quere nach geteilt zu sein, indem vor allem bei Hammaticherus ein dem Diacanthus cruciatus-Typ ähnliches Sternit mit der eigent- Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 559 lichen Bauchgräte nur durch zarte Chitinhäute verbunden ist. Es könnte infolge dieser Bildung angenommen werden, daß die Bauch- gräte ursprünglich vielleicht Kein zum Sternit gehörendes und von ihm ausgehendes Gebilde ist, sondern daß sie in ihrer Hauptmasse und speziell bei starker Ausbildung den chitinisierten Muskel- endigungen ihre Existenz verdankt. Über das Sternit als solches ist sonst nicht viel zu sagen; die Variationen des Hinterrands sind denen des 8. Tergits ähnlich, ebenso die Behaarung, auch die Chitinisierung neigt zur bilateralen Symmetrie. Die Seitenränder umfassen häufig die des 8. Tergits. Bei Gelegenheit der Vergleichung der 8. Tergite war schon die eigentiimliche Beziehung behandelt worden, die zwischen dem 8. Tergit und dem 8. Sternit bei gewissen Bockkäfern besteht. Es war das bei Oberea oculata, Astynomus aedilis, Saperda carcharias und Batocera octomaculata. Die beiden Platten sind hier fest miteinander verschränkt, doch hat das Sternit stets bedeutend das Übergewicht und zwar nicht nur was die Chitinisierung betrifft, es umfaßt überall das viel unbedeutendere 8. Tergit mit sehr stark chitinisierten Teilen und trägt eine lange kräftige Bauchgräte. Bei Oberea hat es eine förmliche Kreuzgestalt, auf die auch bei Saperda die noch mehr verstärkte firstartige Chitinisierung hindeutet. Bei einer gewissen Anzahl von Bockkäfern ist das 8. Sternit noch dadurch besonders ausgezeichnet, daß auf ihm jene schon am Anfange dieser Arbeit besprochenen Löffelhaare sich befinden. Dicht gedrängt stehen bei Trachyderes, Purpuricenus, Ancylosternus, Dorca- cerus, Eurycephalus lange, starke Chitinstäbchen, die nach hinten gerichtet sind, am Ende sich löffelartig verbreitern, umbiegen und so je einen mit seiner Konkavität stets nach vorn gerichteten Löftel bilden. Man findet diese Löffel in allen Längen und in jedem Grade der Ausbildung vom nur sanft gekrümmten allmählich verbreiterten Spatel bis zum rechtwinklig gebogenen, kreisrunden, tiefen Löffel, dessen Stiel vor der Laffe verjüngt ist und einen ganz kurzen innern Grad auf die Laffe schickt. Die Gebilde von ausgesprochener Löffelform sind stets die kürzern und dickstieligern und stehen immer in den vordersten Reihen. Am meisten fällt das bei Dorca- cerus barbatus auf, wo die vorderste Reihe der Löffel von wahren Riesen gebildet wird. Zwischen den Löffeln stehen immer dicht wie die Haare eines Pelzes vornehmlich in den vordern Reihen starke, lang und fein 560 Benno WANDOLLECK, endigende Haare. Die Befestigung der Löffel ist die der Haare, sie sind also unter die Haargebilde einzureihen. Trotzdem daß nun bei jenen Bockkäfern diese Löffelhaare stets auf dem 8. Sternit gefunden werden, sind sie doch, wenn sie auf- treten, nicht immer ein integrierender Bestandteil dieser Platte. Das zeigt Neoclosterus, hier stehen dieselben Gebilde auf dem 4. Sternit. Sie sind also nichts dem 8. Sternit Eigentümliches, sondern sie werden, wenn das Tier solche Apparate entwickelt, dort stehen, wo sie am besten verwendet werden können, das ist bei Neoclosterus das 4. Sternit. Bei Gelegenheit der Beschreibung des Abdomens dieser Art am Anfange der Arbeit habe ich mich bereits darüber ausgesprochen, wie ich mir die Funktion dieser Haare denke. Ich halte den ganzen Apparat für eine scharfe, schabende Bürste, mit der bei der Eiablage etwaige Hindernisse fortgekratzt werden. Zu erwähnen wäre noch, daß das 8. Sternit bei den mit Löffel- haaren versehenen Formen mehr als sonst an den Seiten auf die Dorsalseite herübergreift und die Hinterecken ein wenig ver- längert sind. Das 9. Sternit. Das 9. Sternit ist der Träger der Geschlechtsöffnung. Obgleich überall nach demselben Typus gebildet, findet man bei ihm doch eine sehr große Verschiedenheit in der Form und Ausbildung. Bei ganz denselben Funktionen der Begattung und der Eiablage haben sich doch jene Variationen ausgebildet, und ich glaube, daß es vor- nehmlich die Eiablage in weitester Bedeutung ist, die hier die Ver- schiedenheiten veranlaßt hat. Das 9. Sternit ist überall ausgesprochen 2teilig, auch bei solchen Formen, die das nicht gleich erkennen lassen. Es zeigt seine Zweiteiligkeit nicht nur am Ende, sondern auch in dem Teile, der die Form einer Röhre hat, durch bilateral symmetrische Spangen und Platten. Überall steht es in naher Be- ziehung zum 9. Tergit, mit dem es ein förmliches Gelenk bildet. Mit wenig Ausnahmen endigt das 9. Sternit stets mit 2 freien, sehr verschieden gestalteten, schräg nach außen gerichteten Spitzen, die ich in den Beschreibungen mit dem Namen Styliträger belegte, weil auf ihnen die Styli stehen, ohne aber damit einen neuen Namen einführen zu wollen, sondern nur der Einfachheit wegen. Die Sternitspitzen sind meist weichhäutig und mit ähnlichen Organen wie die Styli ausgerüstet. Es ist auch nicht zu bezweifeln, dab sie Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 561 die Funktion der Styli bei solchen Arten, denen die Styli fehlen, übernehmen. Zwischen den Sternitspitzen liegt die Mündung der Scheide. Die Haut um diese Mündung herum ist häufig fein ge- gefaltet, was auf große Ausdehnungsfähigkeit bei der Eiablage hin- deutet. Wenn ich eben sagte, daß zwischen beiden Styliträgern die Scheidenmündung liegt, so sollte damit nicht gesagt werden, dab die innere Fläche der Träger gewissermaßen die Fortsetzung des Scheideninnern darstellt, das ist nur bei wenigen der untersuchten Arten der Fall, sondern daß die Scheide sich ventralwärts in der Mittellinie zwischen den Trägern öffnet. Eine Kloake ist nirgends vorhanden, stets ist die Scheidenöffnung von dem After, wenn beide in gleicher Höhe liegen, durch einen starken, wallartigen Damm getrennt. Eine besondere Stellung in der Reihe der 9. Sternite nimmt dieses Organ bei den großen Prachtkäfern Catoxantha, Castalia und Capnodis ein. Hier ist die Zweiteiligkeit am wenigsten ausgebildet, und ohne die bilateral symmetrischen Spangen würde von einer Zwei- teiligkeit kaum zu reden sein. Das 9. Sternit ist ein einfacher, trompetenartig nach hinten sich erweiternder Schlauch, der mit seinem Ende nichts als die erweiterte Scheidenöffnung darstellt. Am deutlichsten zeigt sich das bei Capnodis, bei dem auch noch die Styli fehlen; bei Castalia deutet schon die ventrale und dorsale Einkerbung mehr auf Zweiteiligkeit hin. Ganz außerhalb steht Catoxantha; hier scheint es, als ob die Styliträger sich zu einer rund- lichen, zapfenförmigen Knospe vereinigt haben, während die Scheide ventralwärts weiter vorn wie mit einer geräumigen Tasche mündet. Das 9. Sternit trägt noch ein Gebilde, das sogar schon zu einer Art Polemik Anlaß gegeben hat. Es ist das eine bei manchen Arten vorkommende unpaare Chitinplatte, die auf dem zylindrischen Teile des Sternits ventralwärts vor der Scheidenöffnung in der Längsachse liegt. Sie hat meist Lanzettform und findet sich bei Hammaticherus, Spondylis, Ergates, Semiotis, Ludius, Diacanthus aeneus, Chrysochares. Von KousE wurde diese Platte einmal als Gleitplatte bezeichnet, welche Benennung VERHOEFF aber nicht gelten lassen wollte. Da der Ausdruck „Gleitplatte“ gar keine besondere Funktion involviert und diese Chitinduplikatur ganz sicher zur Versteifung des Legeapparats dient, so kann meiner Meinung nach dieser Aus- druck, der wenigstens diesem Teile eine Bezeichnung gibt, schon bestehen bleiben. Als Ganzes betrachtet zeigt das 9. Sternit einen sehr ver- schiedenen Grad der Chitinisierung. Von der zartesten mit Sinnes- 562 Benno WANDOLLECK, organen versehenen Bedeckung bis zur festen starren stachelähn- lichen Chitinisierung kann man schon in dieser kleinen Reihe mannig- faltige Übergänge finden. Ganz zarthäutig und nur mit dünnern Spangen versehen zeigt sich das Sternit eigentlich nur bei Astynomus und daran schließend bei Oberea und Batocera, sonst herrscht in der Mehrzahl der Fälle der zarthäutige, mit mehr oder weniger großen partiellen Chitinduplikaturen verstärkte Bau vor. Man könnte eine Reihe mit solchen beginnen, die nur ein Paar fester chitinisierter Spangen auf der Ventralseite besitzen, wie Eurycephalus und Diacanthus cruciatus; auf sie folgten solche, bei denen sich sowohl dorsal als auch ventral ein solches Paar findet: Trachyderes zonatus, Purpuricenus, Ancylosternus, Semiotis imperialis, Catoxantha opulenta; dann beginnen in der nächsten Abteilung sich die Plattenpaare zusammenzuschließen, und es zeigen sich Formen wie bei Trachyderes striatus und Dorcacerus barbatus. Die Neigung zum Zusammenschluß der stärker chitinisierten Partien wächst, es folgen Formen, die wie Spondylis ein festes über die Spitzen gehendes Balkengerüst ausbilden, als deren höchster Punkt ein Bau wie bei Ludius, Parandra und Prionus erscheint. Eine besondere Ausbildung der Chitinisierung in der Form von Platten trifft man dann noch bei Diacanthus latus und aeneus bei Lagria, Omophlus, Donacia und Timarcha. Aus dieser Nebeneinanderstellung geht aber deutlich hervor, daß sich auf der Chitinisierung des 9. Sternits keine Unterscheidungen gründen lassen und die Übergänge eine priicise Nomenklatur unmög- lich machen. Die Styli. Mit Ausnahme von Oberea oculata, Capnodis tenebrionis, der Diacanthus-Arten (3), Donacia braccata und Lina populi wurden bei allen Arten mehr oder weniger, meist aber sehr gut ausgebildete Styli gefunden. Über die Natur und Herkunft der Styli ist ja seit längerer Zeit ein heftiger Streit entbrannt, der wohl jetzt zweifelsohne zu- gunsten der Gliedmaßennatur entschieden ist. Die Styli sind stets entweder gegliederte oder ungegliederte Anhänge des 9. Sternits und dienen wohl in erster Linie der Tast- funktion. Das zeigt ihr fast immer sehr zarter Bau und vor allem die Häufung von Apparaten, die ohne Frage als nervöse End- apparate aufzufassen sind.. Die Haare, Härchen, Spitzchen und Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 563 Stäbchen, deren in den Beschreibungen öfters Erwähnung getan wurde, dienen sicher der Tastfunktion. Auch bei Parandra, wo die Styli am allerwenigsten einem Taster gleichen und eher die Form von Klauen haben, ist eine zarter chitinisierte Partie mit ebensolchen Haaren besetzt, wie sie sich auf den zarten Styli anderer Arten finden, und dadurch auch deutlich der Tastfunktion vorbehalten. Meist haben die Styli kolbige Gestalt, stets aber ist ein heller chitinisiertes rundliches Feld, das nicht immer die Spitze einnimmt, der Hauptsitz der feinen Endapparate. Wo die Styli fehlen, finden sich diese Apparate auf der Spitze der Styliträger, was man am deutlichsten wohl bei den Diacanthus- Arten beobachten kann. Unter den hier untersuchten Tieren fanden sich 2gliedrige Styli bei Lagria hirta und Omophlus lepturoides. Es ist wohl keine Frage, dab nur ein Teil der ursprünglichen Extremitätenanlage für die Styli Verwendung findet, der Rest aber mit dem Sternit verschmilzt. Auch bei den andern Sterniten werden Extremitäten angelegt, die aber mit dem Medianfeld verschmelzen, und nur am 9. Sternit persistieren bei weiblichen Käfern diese Anlagen als Styli. Mit ganz guter Begründung kann man die Ansicht aussprechen, daß die Enden der Styliträger denselben Ursprung wie die Styli haben. Es ist daher Srer’s Ansicht gar nicht so unsinnig, der die Styli mit den Styliträgern als Genital- taster zusammenfaßt. Dazu hat ihn jedenfalls nicht nur der histologische Bau, sondern auch der Umstand veranlaßt, dab beim Fehlen des Stylus der Stylusträger ganz sicher die Funktion des Stylus über- nimmt. Die Embryologie hat der Srein’schen Anschauung eine Unter- lage gegeben, wenn es auch jetzt niemandem einfallen wird, beide Teile mit einem gemeinsamen Namen zu bezeichnen, da der Stylus ein vollkommen selbständiges Gebilde geworden ist. Es wäre nun vielleicht noch von Interesse, zu untersuchen, wie sich die Verhältnisse in den durch die bestehende Systematik gegebenen Gruppen gestalten und ob und wieweit sich die bei diesen weiblichen Abdomina gefundenen Tatsachen für die Systematik oder die Phylogenie benutzen lassen. Wie bekannt, hat von allen VERHOEFF gerade diesen Teilen einen hohen Wert für systematische und phylogenetische Fragen zu- gesprochen. Er sagt in: D. entomol. Zeitschr. 1893, p. 124: „Der Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 37 564 BENNO WANDOLLECK, Bau des Abdomens und der Copulationsorgane der verschiedenen Insekten hat in den meisten Fällen eine noch höhere phyllogenetische *) und systematische Bedeutung, als der Kopf und die Mundteile. Die Mundteile unterliegen leicht weitgehenden Sonderanpassungen, die Abdominalteile aber tragen im vollsten Masse den Stempel der Ver- wandtschaft“, und in: Entomol. Nachr. 1893, p. 285: „Abdominal- segmente, primäre und secundäre Geschlechtsorgane stehen in der Reihe der für die Phyllogenie wichtigsten Organe obenan.“ Freilich schränkt er das oben Gesagte bedeutend ein in dem Artikel „Ver- gleichende Untersuchungen über die Abdominalsegmente insbesondere die Legeapparate der weiblichen Coleoptera, ein Beitrag zur Phyllo- genie derselben“ (in: D. entomol. Zeitschr. 1893, p. 209—260). Er sagt dort p. 212: „Wegen dieser grösseren Neigung zu Sonderan- passungen ist der Legeapparat der Weibchen auch nicht von so eminenter phyllogenetischer Bedeutung wie der Copulationsapparat der Männchen. Der letztere hat in bestimmten Familien einen ganz bestimmten Typus. Für den Legeapparat gilt das allerdings auch, aber es kommen doch in manchen Familien erhebliche Abweichungen vor.“ In den folgenden Absätzen spricht er dann von der bedeutenden Funktion, die dem Legeapparat den Namen gab und die gerade diesen Teil des Abdomens verschiedenartig umformen und anpassen mußte, und sagt p. 214: „Die Copulationsorgane sind ein Erblich- keitscharakter dieser Klasse, die Legeapparate der Weibchen sind es aber nicht, denn solche kommen nur einem Theil der Coleopteren zu, sie sind also ein Anpassungscharakter und entstanden in ver- schiedenen Familien auf verschiedene Weise.“ Hierin stimme ich mit VERHOEFF vollkommen überein, muß dann aber auch sagen, dab infolge jenes Ergebnisses die phylogenetische Bedeutung dieser Organe keine beträchtliche, sondern eine sehr geringe ist, und daß damit auch die Bedeutung für die Systematik auf ein Minimum herabsinkt. Das Fehlen oder Vorhandensein irgend eines Teils ist von gar keinem phylogenetischen Wert. Die am Ende des Abdomens befindlichen Organe des weiblichen Geschlechts unterliegen leicht ebenso weitgehenden Sonderanpassungen wie die Mundteile. Wir haben in den Beschreibungen und in dem vergleichenden Teil gesehen, wie immer dieselben Komponenten dieselbe Funktion ausüben und wie bei weit voneinander abstehenden Familien höchst ähnliche Organe sich ausgebildet haben und wie dann wieder im 1) VERHOEFF schreibt , Phyllogenie“. Morphologie des Abdomens der weiblichen Kafer. 565 Gegensatz dazu Angehörige derselben Familie in der Ausbildung dieser Organe einander höchst unähnlich sind. Meine Untersuchungen sind nicht im entferntesten erschöpfend, weil meine Arbeit in ganz anderer Absicht begonnen wurde, das kann ich aber schon aus den Ergebnissen dieser geringen Zahl be- haupten, daß auch der systematische Wert kein derartiger ist, um irgendwie bestimmend bei dem Aufbau eines natürlichen Systems mitwirken zu können. VERHOFFF hat auch für die einzelnen Teile, die ja Tergite oder Sternite repräsentieren, besondere Benennungen eingeführt wie Radii dorsales etc, sowie er auch versucht, bestimmte durch ihre Namen erkennbare Typen des ganzen Organs aufzustellen. Ich halte das erste für eine unnötige Belastung durch neue Namen für schon be- nannte Dinge und das letzte für undurchführbar und ohne prak- tischen Zweck. Bei allen von mir untersuchten Arten haben dieselben morpho- logischen Teile stets auch in mehr oder minderm Grade dieselbe Aufgabe, die Verschiedenheit beruht nur auf der stärkern oder ge- ringern Ausbildung, die auf der einen Seite zum Verschwinden mancher Teilstücke führen kann. Alle diese Stücke sind morpho- logisch genau definiert und benannt, daher kann ich eine Sonder- benennung für einen bestimmten Ausbildungsgrad nicht für einen Vorteil halten. Ebenso verhält es sich mit der Benennung des Apparats als Ganzes. „Das morphologische Wesen der Elemente“ und die Lage derselben zueinander ist bei den von mir unter- suchten Formen stets dieselbe, und die „Zahl“, „Verwachsung mit- einander“ und „allgemeine Form der Elemente“ sind infolge der schon durch die Species bedingten Variation meiner Meinung nicht genügend zur Aufstellung von Typen. Wo ist z. B. der wirkliche grundlegende Unterschied zwischen Ancylosternus und Diacanthus latus, wo der zwischen Ergates faber und Semiotes ligneus, wo der zwischen Lagria hirta und Spondylis buprestoides und Hammaticherus scopolii ? Kinzig und allein liegt er in der Form und Ausbildung der- selben morphologischen Elemente. Es wurden von mir untersucht Angehörige der Cerambyciden (Cerambycini, Prionini, Lamüni), Elateriden, Buprestiden, Lagriiden, Cisteliden, Chrysomeliden (Donacinae, Eumol- pinae, Chrysomelinae). Den Cerambyciden gehörten die meisten Arten an, und bei der Untersuchung wurde gefunden, daß die Ausbildung der Endorgane eine recht verschiedenartige ist. Spondylis, Hamma- 30% 566 Benno WANDOLLECK, ticherus gehören zu den Cerambycinen, Ergates zu den Prioninen, Oberea zu den Lamiinen. Wenn man von einem einheitlichen Aufbau reden wollte, so kann man das nur von den Lamiinen, die ich unter- sucht habe, alle andern gehen ineinander über. Wenn auch z. B. ein Organ wie das von Prionus und das von Purpuricenus sehr scharf voneinander unterscheidbar, ja typisch verschieden erscheint, so verschwindet doch dieser Unterschied, wenn man Ancylosternus, Ergates, Spondylis betrachtet. Bei Ancylosternus ein schon ziemlich verlängerter Apparat, bei Spondylis noch mehr verlängert. Bei Spondylis, der Cerambycine, die Reduktion des 10. Tergits auf zwei unbedeutende Stäbchen, bei Ergates, dem Prioninen, dagegen das gut ausgebildete 10. Tergit im Gegensatz zu Parandra und Prionus, den Prioninen, denen es fehlt. Bei Dorcacerus, Ancylosternus, den Cerambycinen, die beginnende stärkere Chitinisierung des 9. Sternits, die dann über die Cerambycinen Hammaticherus und Spondylis zu Ergates, Parandra und Prionus, den Prioninen aufsteigt. Welcher Komponente soll man die höhere phylogenetische oder systematische Wichtigkeit zuweisen? Wir sehen ein Über- und Durcheinandergehen, wie es eben bei Organen, die wie die „Mundteile Sonderanpassungen unterliegen“, nichts Ungewöhnliches ist. Die Cerambycini und Prionini gehen ineinander über, und nur die paar Lamiinen, die ich untersuchte, nehmen eine besondere Stellung ein. Für die Aus- bildung des 8. Segments dieser Gruppe fehlt mir die Herüberleitung von andern. Da aber auch hier schon unter den 4 Lamiinen ver- schiedene Intensitäten der Ausbildung zu finden sind, so unterliegt es mir keinem Zweifel, daß eine solche Verbindung mit andern bei ausgedehntern Untersuchungen hervortreten würde; zeigen doch jene Cerambycinen, die mit Löffelhaaren versehen sind, auch einen von dem der andern Cerambycinen abweichenden Bau des 8. Segments. Allen hier untersuchten Bockkäfern kommen Styli zu mit Aus- nahme von Oberea oculata. Es ist keine Frage, daß das Fehlen dieser Extremitätenreste einen phylogenetisch jüngern Zustand repräsentiert, wie das Fehlen jeder andern Komponente. Allen hier untersuchten Bockkäfern kommt ein 10. Tergit zu mit Ausnahme zweier Prioniden und der Lamiinen; die Lamiinen haben das stark chitinisierte 8. Segment, offenbar eine Neuerwerbung, die Prioniden das stark chitinisierte 9. Segment, ja sogar seine Verwachsung; welcher Neuerwerbung resp. welchem Verlust soll man den Vorzug geben bei der Beurteilung der phylogenetischen Stellung? Die Cerambycinen Trachyderes, Eurycephalus, Purpuricenus, Ancylosternus, Morphologie des Abdomens der weiblichen Kifer. 567 Dorcacerus haben eine sie einigende Löffelbürste auf dem 8. Sternit, aber der Prionide Neoclosterus besitzt diese Biirste auch, nur auf einem andern Sternit. Uberall der gleiche Vorgang der tiefen Um- gestaltung der Organe durch die Funktion, die Verluste und Neu- erwerbungen veranlaßt und dadurch solche stark funktionellen Organe für phylogenetische Spekulationen sehr wenig geeignet macht. Wie die Phylogenese, so kann auch die Systematik keinen besondern Nutzen aus dem Bau dieser Organe ziehen, mehr als zur Erkennung von Gattung und Art in den Familien können sie nicht beitragen. Bei den von mir untersuchten Cerambyciden sind mit Aus- nahme von Parandra, Prionus, Astynomus, Saperda und Oberea alle bei weiblichen Käfern überhaupt beobachteten Endtergite und -sternite vorhanden, bei jenen eben genannten fehlt das 10. Tergit und bei Oberea die Styli. Das 10. Tergit zeigt überall schon die Neigung zur Reduktion. Der Legeapparat ist von sehr verschiedener Länge; mit Ausnahme der Lamiiden ist stets das 9. Tergit als Hauptagens bei der Ausstülpung des Legeapparats beteiligt, und es hat den Anschein, als ob nach dieser Richtung hin auch Beziehungen zum 10. Tergit bestanden, die bei der Reduktion des 10. Tergits gelöst wurden. Der After mündet stets unter dem 10. Tergit, wo dieses fehlt gibt er die ehemalige Lage desselben an. Nur einmal, nämlich bei Parandra, sind die Styli zu klauenartigen, stark chitinisierten Organen geworden, wobei aber der ursprünglichen Funktion des Tastens doch eine Region vorbehalten bleibt. Weibliche Geschlechtsöffnung und die Afteröffnung sind stets getrennt und liegen verschieden, meist aber ziemlich weit voneinander. Auch bei den 3 Buprestiden sind mit Ausnahme einer, der die Styli fehlen, alle Teilstücke auffindbar und zwar in einer Be- ziehung zueinander, die ich schon bei den Cerambyciden angedeutet habe. Es ist das die Verbindung von 9. Tergit mit 10. Tergit einer- seits und des 10. Tergits mit dem 9. Sternit andrerseits. Ich habe mehrmals erwähnt, daß die vordern Kanten des 10. Tergits den vordern Enden des 9. Tergits, die auf der Dorsalseite liegen, sehr nahe gegenüberstehen. Es ist nur eine wenig bedeutende Ver- längerung und Erstarkung der Teile nötig, um eine dem Bau bei Buprestiden ganz analoge Konstruktion zu erhalten. Auch hier liegt der After unter dem starken 10. Tergit und weit ab von der Mündung der Scheide Kigentümlich für diese Familie ist die Mündung der Scheide. Der Legeapparat ist lang und kräftig. Ähnlich wie bei den Cerambyciden sind die Verhältnisse bei 568 Benno WANDOLLECK, den Elateriden. Auch hier findet sich ein langer und ein kurzer Legeapparat. Die Angehörigen der Arten mit kurzem Legeapparat zeichnen sich durch das Fehlen der Styli, aber durch ein großes selbständiges 10. Tergit aus, die Angehörigen von Arten mit langem Legeapparat haben stark chitinisierte Teile, große Styli und ein zwar deutliches, aber mit dem 9. Tergit verwachsenes 10. Tergit. Hervorzuheben ist, daß der After sehr weit hinten liegt, ja bei den Diacanthus-Arten dorsal auf der Höhe der Scheidenöffnung. Diese Lage ist aber nicht allein den Elateriden zukommend, denn auch bei den Cerambyciden finden sich Formen, wo der After weit nach hinten rückt, wie Oberea und Batocera, auch bei Ergates ist er dem Hinterende bedeutend genähert. Die Formen ohne Styli zeigen deutlich, wie die Funktion dieser verlorenen Organe auf andere übergeht und zwar hier auf die Enden des 9. Sternits. Die Gattung Lagria nimmt in dem jetzt geltenden System eine besondere Stellung ein, indem man für sie allein eine eigne Familie, die Lagriiden, geschaffen hat. Sie zeichnet sich aus durch das Auftreten deutlich 2gliedriger Styli und dadurch, daß Tergite wie Sternite ausgeprägte Plattenform besitzen. Diese beiden Charaktere mübten eigentlich auf einen im Vergleich zu den andern Käfern ursprünglichern Zustand hinweisen, doch steht damit in Wider- spruch die durchgehende Zweiteilung der Platten und die Reduktion des 10. Tergits. Immerhin stellt das Organ von Lagria einen Zu- stand dar, wie ich ihn sonst bei den von mir untersuchten Käfern nicht gefunden habe und der ohne Zweifel ursprünglicher ist, als irgend ein anderer. Die einzige Art, die sich wenigstens in einer Hinsicht der Lagria anschließt, ist der zu den Cisteliden gehörige Omophlus lepturoides. Diese Art hat nämlich 2gliedrige Styli, was sicher bemerkenswert ist, wenn auch im übrigen gar keine Ähnlichkeiten oder Übereinstimmungen existieren. Die Tergite und Sternite von Omophlus sind zwar auch plattenförmig, aber es fehlt das 10. Tergit sowie die ausgebildete Bauchgräte. Allerdings fanden wir bei der großen Familie der Bockkäfer oft weniger Übereinstimmung und mehr Unterschiede, ohne daß wir dadurch die Gleichartigkeit der Familie für erschüttert halten. Ebensowenig können uns die Überein- stimmungen von Lagria und Omophlus die Grundlage für eine Vereinigung der Gattungen zu einer Familie bieten. Nun wären noch die durch 5 Gattungen repräsentierten Chryso- meliden. Es ist eine ziemlich heterogene Gesellschaft, die in Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 569 mehrere voneinander sehr abweichende Unterfamilien zerlegt wird. Von meinen Untersuchungsobjekten werden die Subfamilien der Donacinae, der Eumolpinae und der Chrysomelinae vertreten. Die hier behandelten Vertreter dieser 3 Subfamilien variieren bedeutend in dem Aufbau ihrer Abdomenspitze, aber auch in der größten Gruppe, der Chrysomelinae, von der 3 Vertreter zur Untersuchung kamen, findet sich keine Einheitlichkeit. Zu bemerken ist nur bei allen Chrysomeliden die Plattenform der Komponenten und die meist geringe Entwicklung der Styli, denn von allen hat nur Timarcha tenebricosa ausgebildete große Styli, Donacia braccata und Lina populi entbehren derselben gänzlich, während Chrysochares asiaticus und Doryphora pyrrhoptera kleine unansehnliche Stylireste besitzen. Nur Chrysochares zeigt noch die von andern Familien her bekannten Ver- steifungsspangen und eine starke Bauchgräte, sowie das ganze Organ noch zu ziemlicher Länge ausstülpbar erscheint. Bei den andern Arten schwindet besonders diese Fähigkeit augenscheinlich mehr und mehr, bis dann bei Formen wie Jina und Doryphora von einer Ausstülpbarkeit oder Erektion auch nicht im entferntesten mehr die Rede sein kann. Gerade Lina und Doryphora machen den Eindruck der größten Kümmerlichkeit, wogegen noch Donacia mit seinem eroßen 10. Tergit und Zimarcha, bei der noch alle Komponenten gut ausgebildet sich vorfinden, einen recht stattlichen Eindruck hervor- rufen. Bei allen Arten liegt Scheide und After auf derselben Höhe aber trotzdem doch immer durch einen kräftigen Damm geschieden. Eine besondere Erwähnung verdient das 10. Tergit bei Donacia und Chrysochares. Obgleich bei beiden keineswegs die Zweiteiligkeit verleugnend, wirken die Tergite durch stark chitinisierte Ver- wachsung doch wie massive Einzelplatten. Demgegenüber ist das Verschwinden resp. die bedeutende Reduktion des 9. und 10. Tergits bei Lina und Doryphora hervorzuheben. Die Verwachsung des 9. Tergits mit dem 9. Sternit bei Donacia ist gewissermaßen eine Fortentwicklung der nahen Berührung und gelenkartigen Verbindung zwischen jenen Platten bei andern Arten. Während Donacia eine Bauchgräte wie Diacanthus latus besitzt, erinnert die Gräte von Timarcha an die der Cerambyciden mit Löffel- haaren und die von Chrysochares an jene von Lagria. Von meinen Objekten haben bereits einige andern Autoren bei ihren Untersuchungen gedient. So behandelt VERHOEFF Ludius fer- 570 Benno WaNDOLLECK, rugineus, Diacanthus latus, Catoxantha opulenta, Capnodis tenebrioms, Prionus coriarius nnd Timarcha tenebricosa. STEIN untersuchte Dia- canthus aeneus, Spondylis buprestoides und Hylotrupes bajulus. Von Gattungen hat noch VERHOEFF Batocera, STEIN Capnodis, Omophlus und Donacia. Die Srervschen Abbildungen sind mit großer Sorgfalt her- gestellt; er legt jedoch mit den Hauptwert auf die Muskulatur und die innern Geschlechtsorgane und bildet sehr häufig das Endorgan in eingestülptem Zustand und im optischen Durchschnitt ab, daher denn auch meistens den Figuren die für das genaue Erkennen der Endsegmente nötige Klarheit fehlen muß. Gerade bei den Arten (3), die auch mir zur Untersuchung kamen, ist das besonders der Fall. Als einen Irrtum des Autors muß ich es aber bezeichnen, wenn er auf tab. 5, fig. 5 Diacanthus aeneus mit Styli zeichnet. Diese Art besitzt keine Styli, und deren Funktion ist auf die von mir so ge- nannten Styliträger übergegangen. Auch stehen die Styliträger in der Stein’schen Figur sehr viel weiter auseinander, als es möglich ist, und haben eine ganz abweichende Form, wogegen das 9. Tergit mit seinen nach vorn reichenden Spangen sowie die den Hinter- rändern des 9. Tergits gegenüberliegenden Verstärkungen des 9. Sternits und die „Gleitplatte“ meiner Abbildung entsprechen. Die eigentümliche Form der Bauchgräte von Spondylis buprestoides stimmt mit meiner Wiedergabe überein, wogegen das 9. und 10. Tergit nicht erkennbar sind. Das ist ja wohl auch eine Folge der Srern’schen Identifizierung der Tergite und Sternite, die Lage des Afters ist jedoch richtig angegeben. Die Bilder von Capnodis (IV, X) sind unklar, dagegen Abb. II, III, die das „Ende des Scheiden- rohres“ darstellt, ganz konform meiner Abbildung von Capnodis tene- brionis, wie auch Stei’s fig. XI „Ende des Scheidenrohres von Anthaxia quadripunctata* sehr dem meiner Castalia obsoleta ähnelt. Die Darstellung der Verhältnisse von Omophlus picipes auf tab. 6, fig. XII ist kaum mit der von mir gegebenen bei Omophlus leptu- roides zu vergleichen, wogegen die auf tab. 7, fig. XXI gezeichnete Donacia simplex sich von meiner braccata eigentlich nur durch die große ausgebildete Bauchgräte unterscheidet. Geringere Übereinstimmung mit meinen Abbildungen zeigen die Figuren VERHOEFF’s. Auf tab. 6 fig. 1 in: D. Entomol. Zeitschr. 1893 steht zuerst Ludius ferrugineus. Wenn ich von der durch die Kleinheit der VERHOEFFschen Abbildung bedingten geringern Formgenauigkeit absehe, so ist doch eine grundlegende Differenz in Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 571 der Lage des Afters und des 10. Tergits (bei VERHOEFF damals noch 9D). Kine Anordnung, wie sie VERHOEFF abbildet, habe ich nirgends finden können. Der After mündet dicht vor den Styli- trägern (9. Sternit) und wird von dem mit dem 9. Tergit (9V VEFHOEFY’s) verwachsenen 10. Tergit gedeckt. Die fige. 2, 3, 4 stellen Diacanthus latus dar. Auch hier leidet die Deutlichkeit durch die Kleinheit, doch ist die Überein- stimmung mit meiner Darstellung größer. fig. 2 zeigt deutlich die eigentümliche Bauchgräte und auf fig. 4 ist die spangenförmige Ver- längerung des 9. Tergits angedeutet, nur muß auf fig. 3 die An- ordnung von 10. und 9. Tergit als irrtümlich bezeichnet werden, sowie die Angabe auf 3 und 4, daß bei dieser Art Styli (Ce VERHOEFF) vorhanden wären. Die schmale stärker chitinisierte Querspange ventralwärts auf jeder Seite des 9. Sternits hat VERHOEFF zur An- nahme eines 10. Sternits (20V) geführt. Zur Überführung dieser Organform in die von Ludius ferrugineus ist aber nicht nur die Ver- längerung der Teilstücke (VERHOEFF Tafelerklärung p. 257), sondern auch der hochwichtige Umstand der Verwachsung des 9. Tergits mit dem 10. notwendig. fig. 5, 6 und 7 geben die Verhältnisse bei Capnodis tenebrionis wieder. Trotz der sehr mangelhaften Zeichnung sieht der mit den Verhältnissen Vertraute, daß VERHOEFF die allgemeine Lage richtig erkannt hat, die Form des 10. Tergits ist dem Verf. jedoch nicht gelungen, es ist in Wirklichkeit lang und schmal mit fast parallelen Seitenrändern, es wäre auch anschaulicher gewesen, wenn der Verf. ihm dieselbe Richtung gegeben hätte, die die andern Teile haben. Die eigentümlichen Chitinverstärkungen der Ecken der Scheiden- mündung sind bei weitem nicht so bedeutend wie bei der Zeichnung VERHORFF’s, ebenso ist kein direkter Übergang von diesen Dupli- katuren zu den Versteifungsleisten zu konstatieren, die die gelenkige Verbindung mit dem 4. Tergit herstellen. Die fig. 8, Catoxantha opulenta, Ende der Legeröhre von oben, rechte Seite, kann über die eigentümliche Konstruktion dieses Organs keinen Aufschluß geben, sowie auch die Form der Styli an meinen Objekten eine andere ist, als es die Zeichnung VERHOEFF’S wiedergibt. fig. 9 u. 9a sind Batocera nebulosa gewidmet, ich habe nur eine andere Art derselben Gattung, B. octomaculata, untersuchen können. VERHOEFF's Figur gibt kein klares Bild von den Verhältnissen bei jener Art, es scheint mir nur daraus hervorzugehen, daß jene Art ein vollkommen entwickeltes 10. Tergit besitzt, was bei B. octo- 572 Benno WANDOLLECK, maculata nicht der Fall ist, denn die stärkere, aber indistinkte Chitinisierung ist sicher sekundär. Der eigentiimliche Bau des 8. Segments ist VERHOEFF aber entgangen, obgleich seine Worte „Chitinkissen jederseits neben der Basis der Bauchgräte“ darauf schließen lassen, daß er die auffallend starke Chitinisierung bemerkt hat. Ganz unzutreffend ist es aber, hier, wie VERHOEFF, von einer Cloake zu reden. Unter einer Cloake versteht man einen als solchen feststehenden Sinus, in den Excretions- und Geschlechtsorgane münden. Dieser Sinus jedoch, den VERHOEFF mit dem Ausdruck Cloake be- legt, ist nur durch temporäre Einstülpung entstanden, durch tem- poräre Einstülpung, die nur statthat, wenn jene Organe nicht in Tätigkeit sind, aber sofort verschwindet, wenn auch nur eins der Organe seine Produkte ins Freie befördern soll. Bei meiner Abbildung von Prionus coriarius habe ich des 8. Segments nicht gedacht, da aber VERHOEFF es darstellt und in diesen Bildern sich Ungenauigkeiten finden, so muß ich hier darauf zurückkommen. Das 8. Segment bildet eine runde Röhre, deren Pleurenteile sehr gering und nur wenig eingezogen sind. Diese Röhre hat 4 stärker chitinisierte Längsbezirke, von denen 2 das Tergit, 2 das Sternit repräsentieren. Nur die Sternitteile sind vorn durch die in sie übergehende Bauchgräte verbunden. Alle 4 Teile haben stark chitinisierte, wie Leisten aussehende Vorderränder, bei dem Sternit sind auch die vordern innern Ränder durch ebensolche Duplikaturen ausgezeichnet, so daß dadurch jene spangenartigen Verlängerungen entstehen, die auch VERHOEFF (fig. 10) abbildet, die aber direkt in die Bauchgräte übergehen. Das 8. Tergit ist der Länge nach vollkommen geteilt. Der Hinterrand der 4 Teilstücke ist durch Borsten bezeichnet. Dieser Hinterrand kann aber keines- wegs als scharf bezeichnet werden, er entsteht nur dadurch, daß sich die 4 Platten einfach umlegen, sich allmählich verschmälernd an der Innenseite entlang ziehen, wieder umlegen und dann noch weit auf die Bindehaut hinaufreichen. Je nachdem nun das Organ aus- oder eingestülpt ist, sind die beiden Knickungen weiter oder weniger weit voneinander entfernt. Bei der vollsten Ausstülpung ist die Falte nur eine ganz seichte. Zieht man mit Gewalt die Teile auseinander, so gleicht sich die Falte vollkommen aus, die stärker chitinisierten Partien gehen als allmählich schmäler werdende Streifen weit auf die Bindehaut hinauf, und nur die Borsten zeigen den Hinterrand des 8. Segments an. Die Chitinisierung des 8. Tergits und des 8. Sternits geht also direkt auf die Verbindungshaut über. Morphologie des Abdomens der weiblichen Kiifer. 573 Nach den Zeichnungen zu urteilen, ist VERHOEFF diese Anordnung ent- gangen, ebenso wie die feste Verbindung der Bauchgräte mit dem Sternit sowie die absolute Zweiteiligkeit des Tergits. Auf fig. 11 sind auch die übrigen Teile der Hinterleibsspitze von Prionus coriarius dargestellt; ich muß sagen, daß auch diese Teile sich sehr von denen in meinen Präparaten unterscheiden. Ein 2teiliges 10. Tergit habe ich nirgends finden können, der After mündet ohne Deckplatte, und was VERHOEFF mit der darüber liegenden Haut meint, ist mir unverständlich, viel- leicht meint er damit die auch auf meiner Zeichnung dargestellte Bindehaut, die eine Strecke vor dem After eine nur dorsal liegende Einstülpungsfalte bildet. Durch diese Falte erscheint das vollkommen ausgestülpte Organ gewissermaßen wie ein Fernrohr mit mehreren Auszügen. Auch die übrigen Partien auf der Zeichnung VERHOEFF'S sind nur im großen und ganzen denen auf meiner Figur ähnlich. tab. 7 enthält noch in fig. 50 u. 51 Timarcha tenebricosa. Man sieht es der fig. 50 an, daß der Verf. schon das Richtige gesehen und gemeint hat, wenn es auch in den Einzelheiten nicht mit meiner Figur übereinstimmt. fig. 51 jedoch entspricht der Wirklichkeit nicht. Wenn man von der Form des 8. Sternits absieht, so ist doch die Bauchgräte dem Sternit anders angefügt, und die Teilstücke des 10. Tergits sind viel mächtiger. VERHOEFF zeichnet den Anus als einen Längsspalt zwischen den Teilstücken des 10. Tergits, in Wirklichkeit liegt er aber unter denselben und ist eher ein Quer- spalt zu nennen. Sollte nicht vielleicht eine Verwechslung mit jenem unpaaren Zapfen, der zwischen den Hälften des Tergits liegt, ein- getreten sein? Es wäre beinahe anzunehmen, denn dieser Körper kann sonst nicht leicht der Beobachtung entgehen. Es wäre nun noch PEYTOUREAU zu nennen, der in seiner „Con- tribution à l’etude de la morphologie de l’armure génitale des in- sectes“, Bordeaux 1895, auf tab. 20, fig. 4, 5, 6, 7 die Abdomenspitze mit ihren Komponenten von Batocera rubus abbildet, Text p. 155, 156. Es scheint mir vollkommen ausgeschlossen, daß das Unter- suchungsobjekt des Autors eine Batocera war. Die fig. 4 ist ja eine wenig ins Gewicht fallende Seitenansicht. fig. 6 und 7 hat aber die größte Ähnlichkeit mit dem 9. Tergit und 9. Sternit von Spon- dylis. fig. 5 kann ich gar nicht unterbringen, das Bild zeigt nicht eine Spur von den von mir bei Batocera beobachteten ganz auf- fallenden Bildungen gerade des 8. Segments. Eine solche grund- legende Abweichung in ein und derselben Gattung halte ich für ausgeschlossen. PEYTOUREAU bezeichnet den Stylus mit dem Aus- 574 BENNO WANDOLLECK, druck „petit appendice massuliforme“ und die Spitze der Styliträger als „disques“. In: Entomol. Tidskrift 1899 schreibt Houmeren in der Arbeit „Zur Kenntnis der Begattungstasche der Elateriden, zugleich ein Beitrag der Systematik dieser Familie“: „Die Legeröhre ist von 2 verschiedenen Typen. Teils haben sie Sternohabditen nebst langen Apophysen, teils entbehren sie Sternohabditen, sind aber mit kurzen Apophysen versehen. Der erste Typus ist der gewöhnliche. Eine wahre Cloak kommt bei den meisten Formen vor.“ Der Verf. hat keine Identifizierung der Tergite und Sternite vorgenommen. Das, was er über das Vorhandensein einer Cloake sagt, erledigt sich durch meine Definition derselben auf S. 572. Auch bei den Elateriden gibt es keine Cloake. Morphologie des Abdomens der weiblichen Käfer. 579 Literaturverzeichnis. Herymons, R., Die Segmentirung des Insektenkörpers, in: Abh. Akad. Wiss. Berlin, 1895. —, Zur Morphologie der Abdominalanhänge bei den Insekten, in: Morphol. Jahrb., Vol. 24, 1896. Kouse, H. J., Zur Morphologie der Abdominalanhänge der Insekten, in: Stettin. entomol. Zeitg. 1893. PEYTOUREAU, Contribution à l’étude de la morphologie de l’armure génitale des Insectes, Bordeaux 1895. STEIN, F., Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insecten: Die weiblichen Geschlechtsorgane der Kafer, Berlin 1847. VERHOEFF, C., Vergleichende Untersuchungen über die Abdominalsegmente, insbesondere die Legeapparate der weiblichen Coleoptera, ein Beitrag zur Phyllogenie derselben, in: D. entomol. Zeitschr., 1893, p. 209 bis 260, —, Bemerkungen zu C. ESCHERICH, ,Die biologische Bedeutung der Genitalanhiinge der Insekten“, in: Entomol. Nachr., Jg. 19, 1893, | p. 33—45. —, Erwiderung auf K. ESCHERICH’s Bemerkungen in No. 9 der Entomol. Nachr., ibid., p. 227—234. —, Kurze Bemerkung über die Bedeutung der Genitalanhänge in der Phylogenie, ibid., 1893, p. 283—285. —, Zur Kenntnis der vergleichenden Morphologie des Abdomens der weiblichen Coleoptera, in: D. entomol. Zeitschr., 1894, p. 177—188. —, Zur vergleichenden Morphologie der Abdominalanhänge der Coleo- pteren, in: Entomol. Nachr., Jg. 20, 1894, p. 93—96. —, Ueber primäre und secundäre Sexualcharaktere der Insekten; eine Antwort an Dr. K. ESCHERICH. ibid., 1894, p. 101—109. —, Cerci und Styli der Tracheaten, ibid., Jg. 21, 1895, p. 166—168. —, Zur Morphologie der Segmentanhiinge bei Insekten und Myriopoden, in: Zool. 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Eibildung, Samenbildung und Befruchtung von Strongylus filaria, Von Chr. Struckmann, (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Marburg.) Mit Tafel 29-31 und 18 Abbildungen im Text. Einleitung. Als ich Ostern 1904 die vorliegende Arbeit begann, lag zunächst die Absicht vor, die Embryonalentwicklung der Nematoden zu studieren, um daran anschließend Genaueres über die Organogenese zu ergründen. Das Material, welches mir zu diesem Zwecke von Herrn Dr. SCHEBEN bereitwilligst überlassen war, bestand vorzugsweise aus Strongylus paradoxus, dem Parasiten der Schweinelungen, sowie einigen Exemplaren von Strongylus filaria aus dem Schaf. Es zeigte sich im Laufe der Untersuchungen bald, daß, soweit ich die Entwicklungsgeschichte eingehender studierte, diejenige von Strongylus filaria der Hauptsache nach mit der von Strongylus paradoxus übereinstimmte, in einigen Punkten sich jedoch Ab- weichungen fanden. Während z. B. bei Strongylus paradoxus die beiden ersten Furchungszellen gleich groß sind, ist bei Strongylus filaria die vegetative Zelle bedeutend umfangreicher. Ferner ist im Gegensatz zur Entwicklung von Strongylus paradoxus bei Strongylus 578 Cur. STRUCKMANN, ° filaria eine Art Placula vorhanden, jedoch auf einem frühern Stadium als bei Cucullanus elegans. Beim Studium der ersten Embryonalstadien gelangten vielfach Kier im Reifungszustande sowie Spermatozoen zur Beobachtung, und schließlich wandte ich diesen interessanten Objekten meine ganze Aufmerksamkeit zu. Die bisher bekannt gewordenen Arbeiten über die Reifungs- erscheinungen bei Nematoden, sowie besonders über die eigenartigen Verhältnisse der Spermatogenese beziehen sich fast sämtlich auf Ascaris megalocephala, da sich diese Nematoden-Art als ein ganz besonders günstiges Objekt für das Studium der Reifungsvorgänge der Oocyten und Spermatocyten erwiesen hat, obwohl es allerdings noch andere, kaum weniger günstige, aber freilich schwerer zugäng- liche Objekte unter den Nematoden geben dürfte. Jedenfalls ist zu erwarten, daß das vergleichende ‘Studium dieser Verhältnisse bei andern Nematoden zur Klärung auf dem Gebiet der Oogenese und Spermatogenese beitragen wird. Aus diesen Erwägungen wurde die hier vorliegende Arbeit unternommen. Material und Methoden. Die größere Menge des Materials, das zu den vorliegenden Unter- suchungen benutzt wurde, habe ich im Sommer 1904 am Schlacht- hof in Bremen gesammelt, wobei mir die dortigen Herren Tierärzte in jeder Weise behilflich waren. Besonders Herrn Tierarzt SONNE- WALD bin ich wegen seiner Zuvorkommenheit zu Dank verpflichtet. Am Marburger Schlachthofe war das Material nur in sehr spär- lichen Mengen zu beschaffen. Um so größern Dank schulde ich deshalb Herrn Dr. SCHEBEN, der mir in liebenswürdiger Weise konserviertes Material aus Köln zusandte. Daß ich statt des leichter zu beschaffenden Strongylus paradozus vorzugsweise den Strongylus filaria als Grundlage für meine Unter- suchungen benutzte, begründet sich damit, daß, wie sich bald ergab, Eier und dementsprechend auch Embryonen sowie Spermatozoen bei Strongylus filaria viel umfangreicher sind, obgleich im ausge- wachsenen Zustand Strongylus paradoxus seinem Verwandten an Größe kaum nachsteht. Infolgedessen beziehen sich die hier mit- geteilten Beobachtungen fast ausschließlich auf Strongylus filaria. Die den möglichst frischen Schaflungen entnommenen Würmer wurden sofort in toto in die Konservierungsflüssigkeit übertragen. Als solche wurden benutzt: Alkohol 70—80 °/,, Alkohol 96 "/,, Essig- Befruchtung von Strongylus filaria. 579 saurer Alkohol 70—80°/,, essigsaure Kochsalzlösung, Pikrinsalpeter- säure, Pikrinessigsäure, Chrom - Osmium - Essigsäure, Formol 10°. Alle gaben durchweg gute Resultate und beeinflußten anscheinend nur die Färbung in etwas verschiedener Weise. Allerdings schienen mehrfach zusammengesetzte Flüssigkeiten, wie z. B. Chrom-Osmium- Essigsäure, dadurch nicht so vorteilhaft, daß anscheinend bald der eine bald der andere Bestandteil der Komposition das Objekt schneller durchdrang und fixierte, wodurch dann z. B. zwei neben- einander gelegene Eier durch die verschiedenartige Härtung des Protoplasmas, trotz derselben Färbung, ein ganz ungleiches Aus- sehen erhielten. Großer Wert wurde auf ein vorsichtiges Einbetten gelegt. Sobald die Würmer aus der Konservierungsflüssigkeit bis in absoluten Alkohol gebracht waren, wurden sie in 4—6 mm lange Stücke zer- schnitten und erst dann allmählich in Xylol übergeführt. Als sehr wichtig erwies sich ein längeres Verweilen in Xylol- Paraffin bei einer Temperatur von etwa 35°. Zu diesem Zwecke wurde das in Xylol befindliche Material oben auf den Wärmschrank ge- bracht und, entsprechend der Menge des verdunstenden Xylols, Paraffin-Xylol von steigendem Paraffingehalt hinzugefügt. Erst nach 6—8 Stunden wurden die so vorbereiteten Stücke in reines Paraffin (Schmelzpunkt 58—60°) gebracht, in welchem sie dann noch 2—4 Stunden verweilen mußten. Es wurden 5—8 u dicke Längsschnitte hergestellt, die mit Hämatoxylin nach DELAFIELD und HEIDENHAIN auf dem Objekt- träger gefärbt wurden. Außerdem habe ich mit Plasmafarben wie Safranin und Eosin nachgefärbt, jedoch erwies sich dieses Verfahren nicht als besonders vorteilhaft. Als nachträgliches Differenzierungs- mittel wurde die in Xylol gelöste Pikrinsäure angewandt, die be- sonders gute Resultate ergab. Querschnitte, die im allgemeinen für die Untersuchungen nicht so vorteilhaft waren, wurden aus ver- schiedenen Körpergegenden in ca. 5 u Dicke angefertigt, um die Übersicht und das Verständnis zu erleichtern. Das männliche Genitalorgan und die Verteilung der Geschlechtszellen in ihm. Bei der Beschreibung des Genitalschlauchs und seines Inhalts schließe ich mich soweit als angängig derjenigen O. Hrrrwıg’s an, der eine mustergültige Darstellung dieser Verhältnisse von Ascaris megalocephala gegeben hat. Dabei ist die Arbeit von Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 38 580 CHR. STRUCKMANN, O. AUGSTEIN, der die Anatomie von Strongylus filaria studiert hat, entsprechend beriicksichtigt worden. Das männliche Genitalorgan ist eine unpaare Anlage. Es stellt sich dar als ein einfacher Schlauch, der nach AvucstTEr’s Angaben ca. 4,3 mm hinter dem Kopfende beginnt und dann zusammen mit dem Darm, den er einige Male umwindet, durch den ganzen Körper sich erstreckt, bis er am Hinterende in die Cloake ausmündet. An diesem schlauchförmigen Organ sind vier Abschnitte zu unterscheiden, die ihrem Inhalt und dem Bau ihrer Wandung nach verschieden sind, nämlich Hoden, Samenleiter, Samenblase und Ductus ejaculatorius. Im Hoden, in welchem man wieder Keimzone, Wachstumszone und Reifezone als Unterabteilungen erkennt, durchlaufen die Samen- zellen die verschiedenen Stadien bis zu dem der Spermatide. Als solche kommen sie in den Samenleiter, in welchem die Umbildung der Spermatiden in die Spermatozoen vor sich geht. Die Sperma- tozoen werden bis zum Begattungsakt in der Samenblase aufbewahrt. Bezüglich ihrer Wandung zeigen Hoden und Samenleiter keinen Unterschied. In beiden besteht sie aus einer dünnen Tunica propria mit einem innen aufsitzenden Epithel, welch letzteres jedoch auch so schwach ausgebildet ist, daß man sein Vorhandensein nur an den sehr spärlich vorhandenen Kernen konstatieren kann (cf. AUGSTEIN). Im letzten Abschnitt des Samenleiters beginnen die Epithel- zellen stärker hervorzutreten, ohne daß man vorläufig ihre Grenzen erkennen kann, bis sie dann bei der Bildung der Samenblasenwand einen mächtigen Umfang annehmen und, indem sie dadurch das Lumen des Genitalschlauchs bedeutend werengern, das Aussehen von Drüsenzellen bieten. Sie haben „polyedrische“ Form (AUGSTEIN), deutliche Zellgrenzen und einen chromatinreichen Kern. Ihr drüsiger Charakter scheint daraus hervorzugehen, daß die Spermatozoen in einer homogenen eiweibartigen Masse gelegen sind, die das Lumen der Samenblase ausfüllt und die offenbar von diesen Drüsenzellen pro- duziert ist. Nach dem Hinterende zu nehmen diese Zellen an Um- fang wieder ab, sie werden flacher und sind nicht mehr gegen- einander abgegrenzt. In ihrem schwammigen Cytoplasma, welches schon AUGSTEIN beobachtete, ist eine eigentümliche Faserstruktur zu erkennen, welche AUGSTEIN (p. 38) mit dem Ejaculationsakt in Zusammenhang bringt. Über den Charakter der von Augstein beschriebenen, an der Ausmündung des Genitalschlauchs in die chitinöse Cloake gelegenen Befruchtung von Strongylus filaria. 581 „birntörmigen Trichterzellen* habe ich Sicheres nicht ermitteln können. Ihr Bau scheint Drüsennatur zu verraten, die auch von AUGSTEIN (p. 46) angenommen wird. Was aber die von diesem Be- obachter als Fortsetzung des Zellplasmas bezeichneten, „frei in den Kloakentrichter hineinreichenden Spitzen“ anbetrifft, durch welche diese Zellen „ein vollständig zerschlitztes Aussehen gewinnen“ (p. 38), so haben meine Untersuchungen ein anderes Resultat ergeben. Fig. A. Längsschnitt durch das hintere Körperende des Männchens, die Einmündung des Darms Da und des Ductus ejaculatorius De in die chitinöse Cloake Kl zeigend. Sp Spieulum. Mit den von mir benutzten Vergrößerungen (Lerrz Ölimm. 4/,,) ließ sich mit großer Deutlichkeit erkennen, daß diese Gebilde der „Lrichterzellen“ keine Fortsätze des Protoplasmas sind, sondern dab sie der chitinösen Auskleidung der Cloakenwand entstammen, deren letzte Ausläufer sie anscheinend bilden. Ich möchte sie als chitinöse Wimpern oder Borsten bezeichnen. In seiner „Monographie“ gibt SCHNEIDER (p. 247) eine An- merkung, die ich hier anführen möchte: „Ich habe früher eine Art Wimperepithel, aber mit starren Fäden von einer Ascaris aus dem Hecht (wahrscheinlich A. mucronata) erwähnt (nämlich in der Gegend des Ductus ejaculatorius). Leider ist es mir seit Jahren nie ge- glückt, geschlechtsreife Exemplare der A. mucronata zu finden und diese Beobachtung zu wiederholen.“ Ich glaube mit Recht annehmen zu dürfen, daß es sich bei 38* 582 CHR. STRUCKMANN, SCHNEIDER’S Objekt auch um derartige Chitinwimpern handelt, und damit scheint mir die Vermutung, diese Gebilde möchten als „Reusen- apparate“ dienen, die von AUGSTEIN (p. 38—39) anfangs gefaßt, aber wieder aufgegeben wurde, doch etwas für sich zu haben, zumal auch beim Weibchen in dieser Gegend eine anscheinend homologe Bildung vorhanden ist. Beim Weibchen treten nämlich an der Übergangs- stelle des Hauptdarms in den Mastdarm ebenfalls chitinöse Wimpern auf, welche jedoch niemals zu der starken Ausbildung gelangen, wie dies beim Männchen zu beobachten ist. Keimzone. Am Anfang der Keimzone sind die Spermatogonien noch nicht gegeneinander abgegrenzt. Man sieht ihre ovalen, bläschenförmigen Kerne dicht aneinander gedrängt in einer scheinbar homogenen Protoplasmamasse gelegen. Fig. B. Querschnitt durch den Hoden am Anfang der Keimzone. Zentral gelegene Rhachis noch nicht fertig differenziert, aber schon in GS / Bildung begriffen. Im Ruhezustand haben sie das durch Taf. 29, Fig. 1 dargestellte Aussehen. Das Chromatin ist auf kleine Faden und Körnchen ver- teilt. Nucleolen sind in verschiedener Anzahl vorhanden. In einiger Entfernung vom blinden Ende des Genitalschlauchs kann man, besonders an einigen Stellen, wo die Kerne nicht so dicht liegen, erkennen, daß sich das Protoplasma senkrecht zur Längsachse des Schlauchs fadenförmig anordnet, so daß jeder Kern durch eine Partie von Protoplasmafäden mit der in der Längsachse des Schlauchs sich herausdifferenzierenden Rhachis verbunden erscheint. Es sind dies die „Verbindungsfäden“ von SCHNEIDER, die ersten Anzeichen der beginnenden Zellabgrenzung. Jetzt beginnt das Chromatin sich zu kurzen, anfangs unregel- mäßig gekrümmten Fäden anzuordnen, um bald in der Zahl von 12 Chromosomen eine Äquatorialplatte zu bilden. Es beginnt damit die Zone der Spermatogonienteilungen (Fig. 2). Die Chromosomenzahl konnte mit Sicherheit nur in den Pro- phasen festgestellt werden, da in den Metaphasen die Chromosome so dicht aneinander gedrängt liegen, daß sie kaum unterschieden werden können. Die Spermatogonienteilungen verursachen eine starke Zell- Befruchtung von Strongylus filaria. 583 vermehrung, wobei gleichzeitig die Rhachis, um einer größern An- zahl von Zellen Ansatzpunkte bieten zu können, an Umfang stark zunimmt (Textfig. C). Weiterhin fängt sie an in die Breite zu wachsen, und indem ihre beiden Ränder sich umschlagen, nimmt der Querschnitt Hufeisenform an (Textfig. D). Fig. C. Fig. D. Querschnitt durch den Hoden am Anfang Querschnitt durch den Hoden am der Teilungszone. Ende der Teilungszone. Die Teilprodukte der Spermatogonienteilungen sind die ,Samen- mutterzellen“ Hertwie’s, deren Kerne, nachdem sie in Ruhe zurückgekehrt sind, das in Fig. 3a u. b wiedergegebene Bild dar- bieten. Sie zeigen sich als helle Bläschen, in denen das reichlich vorhandene Chromatin unregelmäßige Anordnung hat. Meistens ist es in stärkerer Anhäufung an einer Stelle der Kernmembran ge- legen, von wo es verschiedentlich Ausläufer aussendet. Die Kern- membran ist auf diesem Stadium nicht immer deutlich erkennbar, aber doch wohl vorhanden. Auf den folgenden Stadien (Fig. 4, 5, 6) beginnt das Chromatin sich allmählich zu Fäden anzuordnen, so daß auf dem Stadium Fig. 7 schließlich alles auf Fäden verteilt ist. Der Zellkörper, der zusammen mit dem Kern eine merkliche Gröbßenzunahme zeigt, ist jetzt allseitig deutlich abgegrenzt (Fig. 6, 7), Er hat die Form einer Keule, in deren verdicktem Ende der ovale Kern gelegen ist. Das weitere Wachstum in den Spermatogonien bezieht sich in den folgenden Stadien besonders auf den Kern, der sich bedeutend in die Länge streckt und walzenförmig wird (Fig. 8, 9). Auch das 584 Cur. STRUCKMANN, Chromatin ist neuen Veränderungen unterworfen. Die auf Stadium Fig. 7 gebildeten, stark gefärbten Fäden bestehen allem Anschein nach aus einer fädigen Grundsubstanz sowie einer darin eingebetteten, farbstoffspeichernden, körnigen Substanz. Indem nun die letztere beginnt auszuwandern und sich an einigen Stellen des Kerns anzu- häufen, werden die Fäden, die anscheinend auch noch zerfallen, immer blasser (Fig. 8, 9). Die Tinktionsfähigkeit ist schließlich auf eine, in dem Fadennetz suspendierte Masse beschränkt, welche sich in Fig. 9 u. 10 als diffus gefärbte Grundsubstanz mit eingelagerten, stark gefärbten Körnern darstellt. Die Zellen, die bis dahin im allgemeinen nur eine Längs- streckung erfahren und ihre Keulenform beibehalten hatten, zeigen jetzt eine bedeutende Verbreiterung des Stiels und eine dem ent- sprechende Verkürzung, wodurch sie die in Fig. 10 wiedergegebene zylinderförmige Gestalt annehmen. Sie sitzen mit dem einen Ende der jetzt fadenförmig gewordenen Rhachis auf, welche, um den um- fangreicher gewordenen Zellen den nötigen Platz bieten zu können, anfängt, sich spiralig aufzurollen, oder wie AUGSTEIN diesen Vorgang bezeichnet hat, „sich nach der Art einer Pergamentrolle einzuwickeln (Textfig. E). Auf den spätern Stadien wächst sie auch Fig. E. Querschnitt aus dem Hoden von Strongylus paradoxus mit spiralig aufgerollter Rhachis. noch in die Länge, was dadurch bemerkbar wird, daß der nicht eingerollte, freie Rand beginnt „sich nach Art einer Halskrause zu fälteln“ (Ausstein) (Textfig. F). Dabei wird die Rhachis allmählich immer dünner, und während sie im Schwinden begriffen ist, runden sich die Zellen an dem Ende, mit welchem sie befestigt sind, ab und lösen sich auf diese Weise los (Fig. 11, 12). Befruchtung von Strongylus filaria. 585 Fig. F. Längsschnitt durch den Hoden von Strongylus filaria, die Faltungen der Rhachis zeigend. Reifezone. Auch die jetzt folgende Reifezone rechne ich, im Gegensatz zu AUGSTEIN, noch als zum Inhalt der Hodenröhre gehörig, wie dies O. Hertwie tut. Denn, obgleich (zum Unterschied von Ascaris) bei meinem Objekt die Spermatocyten sich schon von der Rhachis ge- löst haben, wenn sie zu den Reifungsteilungen schreiten, so behalten sie doch noch lange Zeit ihre reihenweise Anordnung bei. Auch tritt, wie AUGSTEIN selbst zugibt, in der Wandung des Genital- schlauchs dieser Region keine spezifische Änderung des Baues auf, welche eine andere Benennung nötig machen würde. Im Kern der Spermatocyten gehen jetzt folgende Veränderungen vor sich. Die färbbare Substanz wandert aus der zentral gelegenen Anhäufung in die noch immer sichtbar gebliebenen Fadenreste (Fig. 13), die sich zu meist wandständigen, stärkern Strängen ver- einigen. Ob im Lauf ihrer Entwicklung diese Stränge schon als Doppelbildungen angelegt werden, oder ob die einfachen Fäden erst nachträglich eine Längsspaltung erfahren, will ich mit voller Ge- wißheit nicht entscheiden, doch möchte ich nach meinen Beob- achtungen die erstere Entstehungsweise für die wahrscheinlichere halten (Fig. 15—18). Die Bildung der Doppelfäden auf eine Spaltung der Körnchen zurückzuführen, wie dies A. BRAUER bei Ascaris megalo- cephala getan hat, ist mir nicht gelungen, da die Kleinheit der Teile eine solche Beobachtung nicht zulieB. Die Gestalt der Doppelstränge, die auch, wenn sie kompakter werden, meist der Kernwand anliegen oder doch mit ihr in Berührung stehen, tritt durch weitergehende Kondensation des Chromatins immer stärker hervor (Fig. 19, 20). Bilder wie Fig. 21 und 22 könnten vermuten lassen, daß zunächst ein fortlaufender Doppelfaden gebildet 286 CHR. STRUCKMANN, wird, doch konnte ich denselben in seiner Kontinuität nicht nach- weisen. Sei es nun durch Teilung dieses fortlaufenden Fadens, sei es durch urspriingliche Bildung, jedenfalls werden durch die voll- kommene Verdichtung der chromatischen Substanz 6 Doppelfäden herausgebildet, wobei aber je 2 zusammengehörige Einzelfäden nicht mehr parallel nebeneinander liegen (Fig. 23, 24). Indem sie meist an 1 oder 2 Punkten miteinander verbunden sind, führen sie mit den freien Teilen die verschiedenartigsten Kriimmungen und Drehungen aus, so daß Ringe, Kreuze, X-, V- und 8férmige Bilder QOTVmAKA YS Fig. G. Die Textfig. G zeigt die am häufigsten vorkommenden Figuren, welche denen, die uns aus den Reifungsteilungen von Arthropoden sowie andern Objekten durch die Arbeiten von DE SINETY, GRIFFIN FRANCOTTE, V. KLINCKOWSTRÖM, VAN DER STRICHT und andern Forschern bekannt geworden sind, sehr ähnlich sehen. An den Berührungs- stellen zeigen die Fäden meist eine Verdiekung, während die aus- einander gewichenen Enden häufig durch Brücken verbunden sind. Allmählich nehmen die Fäden mehr regelmäßige Formen an, die Krümmungen und Drehungen schwinden und die Oberfläche wird eleichmäßiger. Dabei zeigen die zusammengehörigen Fäden die Tendenz, sich parallel zu legen (Fig. 25, 26). Gleichzeitig tritt an jedem Faden eine Querteilung auf, die jedoch nicht zu Ende geführt wird, obwohl, wie mir aus Bildern wie Textfig. Ha und Fig. 26, 27 hervorzugehen scheint, das Chromatin alle Anstrengungen macht, dieses Ziel zu erreichen. Nachdem nämlich das erste Anzeichen der Querteilung aufgetreten ist, fangen die immer noch in Zusammenhang stehenden Enden an nach außen zu weichen. Doch ist diese Be- wegung nicht von langer Dauer; die Fäden strecken sich wieder, so daß sie fast wieder parallel nebeneinander liegen (Textfig. Hb, c, d), und nachdem vorher der Versuch der vollkommenen Durchteilung in seitlicher Richtung versucht wurde, scheint er jetzt der Längs- richtung nach gemacht zu werden (Textfig. He, f, Fig. 27). Die Chromatinfäden haben sich noch mehr gestreckt und so eng an- einander gelegt, daß der Längsspalt meist nicht mehr sichtbar ist. Dabei sind sie in einen Halbkreis gekrümmt. % Befruchtung von Strongylus filaria. 587 eee pres Fig. H. e Indem sich jetzt noch die Doppelfadenhälften stark verkürzen, wird die Verbindungsstelle des angedeuteten Querspalts sehr dünn. Die Querteilung ist also der Vollendung sehr nahe. Doch auch dies- mal gelangt sie nicht zum Abschluß, sondern dadurch, dab sich die 4, durch Längsspalt und Quereinschnürung entstandenen Teilstücke verkürzen und abrunden, bilden sie eine regelrechte Tetrade (Fig. 28, Ab Textfie, HT, oh): Solcher Tetraden sind 6 vorhanden, also die halbe Anzahl der normalen Chromosomenzahl. Aus dieser Tatsache sowie aus den eben geschilderten Vorgängen bei der Tetradenbildung, denen ich eine beabsichtigte Querteilung als Grund unterlege, glaube ich schließen zu können, dab diese Tetraden bivalente Chromosome darstellen. dab also der hypothetische Chromatinfaden anstatt in 12 nur in 6 Ab- schnitte zerfallen ist. Abnormerweise kann bei einzelnen Tetraden die Abrundung der Teilstücke auch ausbleiben, so daß diese Elemente dann in der in Fig. 30 dargestellten Form in die Reifungsspindel eingeführt werden. Doch sind diese wie auch andere Abnormitäten bei der Samenreifung nur selten, während sie dagegen bei der Eireifung häufiger zu be- obachten sind. Schon auf den Vorstadien (Fig. 23—27) waren ziemlich deutliche Größenunterschiede zwischen den chromatischen Elementen zu er- kennen, die jetzt, nach vollendeter Ausbildung, noch mehr zutage treten. Aus den Figg. 29a u. b, welche dieselbe Spermatocyte bei verschiedener Einstellung wiedergeben, geht deutlich hervor, dab unter den 6 Tetraden 2 grobe, 2 mittlere und 2 kleine sind. Sie liegen meist der Kernmembran an oder vielmehr in Aussackungen der Kernmembran. Sie sind meist noch etwas gebogen, strecken sich aber allmählich und fangen an sich einander parallel an- zuordnen, um in die 1. Reifungsspindel aufgenommen zu werden (Taf. 30, Fig. 41, 42). Diese Größenunterschiede zwischen den Tetraden, welche Surron als Merkmal einer Individualität der Chromosome ansah und welche auch an andern Objekten beobachtet wurden, treten bei Strongylus auf dem durch Fig. 29, Textfig. Ja (S. 590) dargestellten 588 CHR. STRUCKMANY, Stadium der Tetradenbildung am deutlichsten hervor und sind auch während der Metaphase (Taf. 30, Fig. 42) noch leicht zu konstatieren. In den folgenden Phasen der 1. und 2. Spermatocytenteilung jedoch sind sie weniger auffällig, sowohl weil durch die Teilung selbst die Objekte kleiner werden, als auch weil die geteilten Tetraden bzw. die Dyadenhälften während der Anaphasen sich zur Bildung der Tochterplatten dicht aneinander legen. An der Kernmembran, im Plasma, sind inzwischen 2 Centrosome sichtbar geworden (Taf. 29, Fig. 31, 32, 33). Manche Bilder ließen mich vermuten, daß die Centrosome aus dem Kern stammen möchten in welcher Annahme ich durch das später zu beschreibende Ver- halten des Centrosoms bei der Umwandlung der Spermatide bestärkt wurde, doch konnte ich den Vorgang des Hervortretens aus dem Kern sowie besonders die Desintegration der Kernmembran, wie sie von A. Braver für Ascaris beschrieben wurde, leider nicht fest- stellen. Die Centrosome, die bis dahin der Kernwand anlagen, wandern jetzt in das Plasma, in dem sie gleichzeitig auseinander weichen (Fig. 31—55). Dabei wird zwischen ihnen eine deutliche Central- spindel sichtbar (Fig. 38, 39, 40). Beim weitern Auseinanderweichen werden auch Polstrahlen sichtbar, die, vom Centrosom ausgehend, von außen an die Kern- membran inserieren (Fig. 36, 38, 39). Diese Fasern werden immer stärker ausgebildet, und, wie ich annehmen muß, auf Grund ihrer Zugwirkung, wird der Kern aus dem Zentrum der Zelle zwischen die Centrosome gezogen (Fig. 39, 40). Durch stärkere Ausbildung der Polstrahlungen wird jetzt die in Ausbildung begriffene Spindel wieder in die Mitte der Zelle eingestellt (Fig. 41). Dabei haben sich die Polstrahlungen häufig so fest mit dem Plasma verbunden, dab durch die wachsende Zugkraft der Spindelfasern mit dem Centro- som auch das Zellplasma von der Zellwand entfernt wird (Fig. 37). An den beiden, den Centrosomen zunächst gelegenen Punkten wird diese letztere ausgezogen und erleidet eine Desintegration, wobei gleichzeitig die Kernwand in ihrer ganzen Ausdehnung an- fängt, sich aufzulösen (Fig. 41). Durch den Zug der Spindelfasern, die nach Durchsetzung der Kernwand jetzt die Tetraden erreichen können, werden die letztern parallel gerichtet und in den Äquator der Spindel eingestellt (Fig. 42). Ein Querschnitt oder eine Pol- ansicht der so entstandenen 1. Reifungsspindel ergibt das durch Fig. 43 dargestellte Bild. Die 6 Tetraden sind so angeordnet, daß Befruchtung von Strongylus filaria. 589 eine von ihnen, wahrscheinlich eine der großen, in der Längsachse der Spindel zu liegen kommt, und vielleicht ist dieser Umstand die Ursache, daß, wie wir später sehen werden, beim Teilungsvorgang eine Tetrade, die nämlich auch stets in der Mitte der einen Tochter- platte gelegen ist, ihre Durchteilung erst später und anscheinend langsamer vornimmt als die übrigen. Durch Kontraktion der Spindelfasern sind inzwischen die Centrosome einander genähert worden, und jetzt wird unter Ver- schwinden des Längsspalts an jeder Tetrade die angedeutete Quer- teilung durchgeführt. Durch diese Teilung werden also die 6 bivalenten Tetraden in 12 univalente Dyaden zerlegt. Die letztern sind den normalen somatischen Chromosomen äquivalent, werden aber auf 2 Tochter- platten verteilt, womit sich die 1. Reifungsteilung als Reduction im Sinne Wersmann’s, d. h. als Präreductionsteilung nach der Bezeichnung von KorscHELT u. HEIDEr, dokumentiert (Textfig. J). Das Verschwinden des Längsspalts während des Teilungs- vorgangs, das jedenfalls der auf die plastische Chromatinmasse ein- wirkenden Zugkraft der Spindelfasern zuzuschreiben ist, scheint bei ähnlich gebauten chromatischen Elementen häufig vorzukommen. So berichtet KE. KorscHELT diese Erscheinung von Ophryotrocha, bei welchem Anneliden die Elemente die gleiche Zusammensetzung haben und sich von den Tetraden meines Objekts nur dadurch unterscheiden, dab sie durch nachträgliche Konjugation je zweier univalenter Chromosome entstehen, während, wie wir schon oben sahen, die Tetraden von Strongylus durch das Ausfallen von 6 Quer- teilungen schon vorgebildet sind. Das Resultat ist in beiden Fällen dasselbe, es tritt beide Male eine Pseudoreduction auf die Hälfte der Normalzahl ein, wie sie vor allem durch die ausgezeichneten Unter- suchungen von Rickerr und Hacker bekannt geworden und von andern Forschern bestätigt worden ist. Auch PaAuLmıEerR, der die Samenreifung von Anasa tristis studierte, hat bei seinem Objekt denselben Vorgang beobachtet. Bei Anasa geht die Verschmelzung der Dyadenhälften während des Teilungsvorgangs so weit, daß nur noch 2 chromatische Brücken, welche die auseinander weichenden Tetradenhälften verbinden, an- deuten, daß die letztern aus 2 Teilen sich zusammensetzen. Bezüglich der die Reifungsteilungen darstellenden Textfiguren möchte ich hervorheben, dab sie nur insofern schematisiert sind, als Einzelheiten, die auf dem Präparat an einigen Chromosomen der 590 CHR. STRUCKMANN, Aquatorial- bzw. Tochterplatte mit größter Deutlichkeit erkannt wurden, auf alle Chromosome desselben Stadiums übertragen wurden. Dabei wurden gleichzeitig die Chromosome in einer Ebene liegend dargestellt, was natürlich für die Wirklichkeit nicht zutrifft. Auf diese Weise sollen die Textfiguren eine Erläuterung und Ergänzung zu den entsprechenden Tafelfiguren bilden, an welchen Einzelheiten wegen der dichten Aneinanderlagerung der Chromosome oft nicht so deutlich hervortreten. Oft ist der Längsspalt der Tetraden nicht ganz verschwunden, sondern bleibt an der 2zipfligen Form der auseinander weichenden Dyaden noch erkennbar, wie dies ebenfalls von Korscxezr für Ophryotrocha festgestellt wurde (Fig. 44, 45, 46; Textfig. Jc, d). Fast regelmäßig bleibt eine Tetrade, der Größe sowie der Anordnung nach muß es die in der Mitte gelegene, große Tetrade sein, beim Teilungsakt zeitlich zurück, so daß beim Auseinanderweichen eine der Dyaden zunächst nicht mit in die Tochterplatte einbegriffen wird (Fig. 45, 46, 47). Eine Trennung erfolgt aber auf jeden Fall (Fig. 46), so dab in jede Spermatocyte 2. Ordnung die Hälfte des Chromatins der Spermatocyte 1. Ordnung übertragen wird. Die Tochterplatten weichen jetzt immer weiter voneinander unter Streckung und seitlicher Einschnürung der Zelle, wobei schließlich nach steter Annäherung das Centrosom im Chromatin verschwindet (Fig. 48). Unter weiterer Streckung der Zelle erfolgt dann die Durchschnürung, wodurch 2 Spermatocyten 2. Ordnung ent- stehen (Fig. 49). In diesen erleidet das Chromatin bald weitere Veränderungen. Die Hälften der Dyaden nämlich weichen an einem Ende voneinander, und indem sie sich verkürzen, liegen sie nicht mehr mit den Längs- Befruchtung von Strongylus filaria. 591 seiten aneinander, sondern sind hintereinander geordnet (Fig. 49, 50; Textfig. Ka, b, c). Das Centrosom hat sich während dieses Vorgangs geteilt, es tritt jetzt wieder zwischen dem Chromatin hervor, und indem die Tochtercentrosome auseinander weichen, wird die 2. Reifungsspindel ausgebildet (Fig. 50, 51; Textfig. Ke, d). 8 SM (i Ww Fig. K. Die 2. Spindel unterscheidet sich, abgesehen von der Größe, sowohl in der Form als auch in der Anordnung der Chromosome von der 1. Reifungsspindel. Aus Fig. 52, welche eine Polansicht der 2. Reifungsspindel darstellt, geht hervor, daß hier ein in der Längs- achse der Spindel gelegenes Chromosom nicht vorhanden ist. Dementsprechend ist ein zeitliches Zurückbleiben eines Chromosoms beim Teilungsakt, wie dies bei der 1. Reifungsteilung als Regel gilt und welches ich mit der besondern Anordnung des betreffenden Elements begründete, bei der 2. Reifungsteilung nicht zu beobachten. Die Gestalt der Chromosome ist schlank und spindelförmig (Fig. 51; Textfig. Kd). Dieses Aussehen kommt dadurch zustande, daß der vorher bei der Umlagerung der Dyadenhälften auftretende Querspalt (Fig. 49, 50; Textfig. Kc) verschwindet und an dieser Stelle nur eine kleine Einschnürung zuriickbleibt. Die Hälften der univalenten Chromosome haben sich dicht aneinander gelegt. 592 CHR. SrRUCKMANN, Doch ist dieses Stadium nur von kurzer Dauer, denn dadurch, daß die Einschnürung sich tiefer einsenkt, nehmen die Chromosome bald die Gestalt an, welche Textfig. L zeigt, bis schließlich die Durchteilung an dieser Stelle vollendet wird (Fig. 53; Textfig. Lb). Sobald die Chromosomhälften sich voneinander getrennt haben, werden zwischen ihnen deutliche Brücken sichtbar, die auch während des Auseinanderweichens der Tochterplatten noch lange erkennbar sind und denen ich ihrer Tinktionsfähigkeit wegen chromatische Natur zuschreiben möchte (Fig. 53, 54). Die 2. Reifungsteilung, die als Querteilung erscheint, muß doch, entsprechend der Entwicklung der Chromosome, als Äquation aufgefaßt werden, da ja die Hälften durch die ursprüngliche Längs- spaltung des Chromatinfadens entstanden sind und nur durch die Hintereinanderlagerung der Eindruck einer Querteilung hervor- gerufen wird. Wir haben es somit bei der Samenreifung von Strongylus filaria mit einer Präreductionsteilung im Sinne von KORSCHELT U. HEIDER zu tun. Es wiederholt sich jetzt der Prozeß, wie er bei der ersten Teilung auftrat; die Zelle erfährt eine Längsstreckung sowie eine seitliche Einschnürung, die Tochterplatten entfernen sich immer mehr von- einander, und wenn sie das Centrosom aufgenommen haben, erfolgt bald die Teilung der Spermatocyte 2. Ordnung in die Spermatiden (Hig: 55, sabi) Bezüglich der Reductionsteilungen sowie der Tetradenbildung möchte ich hier noch einige Betrachtungen allgemeinern Charakters anfügen, die zugleich die neuere Literatur über diesen Gegenstand berücksichtigen. In einer neuern Arbeit, welcher‘ spermatogenetische Unter- suchungen an Gryllus domesticus und G. assimilis zu Grunde gelegt sind, Kommt BAUMGARTNER zu dem Schluß, daß die verschiedenen Formen der ,Chromosome“ (— chromatische Elemente) in den Vor- stadien der 1. Reifungsteilung nicht als Bilder der verschiedenen Stadien einer Entwicklungsreihe aufzufassen sind, wie dies von den Autoren bisher geschehen ist, sondern dab man es hier mit „Merk- malen individualisierter Chromosome“ zu tun hat; „to say that these various shapes are an expression of the individual characteristics of the various chromosomes. They are a proof of the individuality of the chromosomes. I would repeat in the way of emphasis that Befruchtung von Strongylus filaria. 593 Bovert has found a difference in function, Surron a difference in size and I a difference in form in the germ cells“. Ich glaube, daß man BAUMGARTNER in seinen Folgerungen in- sofern beipflichten darf, als man annehmen kann, daß sich in den ver- schiedenen, stets wieder auftretenden, charakteristischen Formen eine gewisse Individualität der Chromosome offenbart, die bei andern Objekten, z. B. Brachystola magna (Sutton), bei Ascaris (MONTGOMERY), sowie bei Strongylus besonders durch die Größenunterschiede her- vortritt. Trotzdem bleibt aber doch wohl die Tatsache bestehen, daß die „Chromosome“ bis zur Ausführung der Teilung eine gewisse Ent- wicklungsreihe durchlaufen, die bei dem einen Objekt stärker, bei dem andern weniger stark ausgeprägte Phasen aufweist. So muß ich z. B. bei meinem Objekt die Stadien der Tetradenentwicklung, welche durch die Textfig. H dargestellt werden, auf alle Fälle für Stadien halten, die nacheinander von demselben chromatischen Element durchlaufen werden. Die Erscheinung jedoch, daß Elemente, deren Entwicklung nicht zu Ende geführt wurde, in die Spindel eingeführt sind (Fig. 30) halte ich bei meinem Objekt auch schon wegen des seltnen Vorkommens für Anomalien. Noch kurz vor der Teilung nehmen auch diese Elemente reguläre Formen an. Bei BauMGARTNER’s Objekt werden nun die ,Chromosome“ noch als Kreuze, Ringe etc. in die Spindel eingeführt. Doch auch sie werden, wenn auch anscheinend erst kurz vor oder gar während des Auseinanderweichens ihrer Teilhälften, soweit umgewandelt, dab ihre Dyaden bei Bildung der Tochterplatten alle dasselbe Aussehen gewinnen, was BAUMGARTNER selbst allerdings nicht erwähnt, was aber aus seinen Figuren deutlich hervorgeht. Nach meiner Ansicht ist hier die Entwicklung sehr abgekürzt, aber nicht verschwunden. Die Reifungsteilungen von Strongylus sind in übersichtlicher Weise durch die schematischen Textfigg. J, K, L dargestellt. Der in der Spermatocyte 1. Ordnung herangebildete Doppelfaden !) zer- fällt in 6 Abschnitte, die also doppelwertig sein müssen, da ja die Normalzahl der Chromosome 12 ist. Es liegt also hier die Er- scheinung der Pseudoreduction vor (RÜCKERT). Die weitere Quer- teilung wird zwar angedeutet, aber noch nicht durchgeführt 1) Ob der Chromatinfaden anfänglich alle 6 Abschnitte umfaßt, was Bilder wie Fig. 21, 22 anzudeuten scheinen, lasse ich dahingestellt. Für die vorliegende Frage scheint mir dies ohne Einfluß zu sein. 594 CHR. STRUCKMANN, (Textfig. Ja). Ich fasse daher die Tetraden als aus je 2 conju- gierten Chromosomen bestehend, die Dyaden als lings gespaltene, univalente Chromosome auf. Ich weise dabei auf die Ahnlichkeit mit den chromatischen Elementen von Ascaris hin, die ja sowohl von Monrcomery als auch von TRETJAKOFF in demselben Sinne aufgefaßt werden. Präparate, wie sie meine Fig. 89 darstellen, geben dieselben Bilder, wie sie MontGcomery bei Ascaris gefunden hat, mit dem einzigen Unter- schied, daß bei meinem Objekt die Dyaden eines Elements in einer Ebene hintereinander liegen, während sie bei Ascaris in zwei zueinander parallelen Ebenen angeordnet sind. Aus dieser Überlegung geht hervor, daß die 1. Reifungs- teilung (Textfig. Ja, b, c, d), die also die Trennung von je 2 univalenten Dyaden voneinander bewirkt, als Reductionsteilung aufzufassen ist. Die 2. Teilung führt an den univalenten Dyaden die schon von vornherein angedeutete Längs- spaltung aus (Textfig. La, b, e), ist also eine Äquation, wenn sie auch infolge der Umlagerung der Teilstücke (Textfig. Kb, ce, d) als Querteilung erscheint. Die Reifung ist also nach dieser Auffassung als Präreduction (KoxsCHELT) zu deuten. Dabei befinde ich mich in Übereinstimmung mit Monrcomery, der dieselbe Ansicht für den Reifungsmodus von Ascaris vertritt. Mit der Auffassung von TRETJAKOFF stimmt sie allerdings nicht überein, da dieser Be- obachter, trotzdem er die Tetraden in derselben Weise deutet, die 1. Teilung für eine Aquation, die 2. für eine echte Reduction hält. Die Teilungsebene steht dabei senkrecht auf derjenigen, welche MonTGOMERY angenommen hat. Was die Bildung der Tetraden anbelangt, so beschreibt sie TRETJAKOFF bei Ascaris als „durch paarweise sich vollziehendes Aneinanderlegen der Chromatinfäden“ vor sich gehend, womit er der Ansicht der Autoren, die eine doppelte Längsspaltung konstatiert zu haben glaubten, entgegentritt. Allerdings ist auch neuerdings Boveri, der Begründer dieser Ansicht, davon zurückgekommen, indem er in seinen „Ergebnissen über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkerns“ schreibt: „Obgleich diese Auffassung der Tetraden, als durch zweimalige Längsspaltung gebildet, von mir selbst herrührt, muß ich doch sagen, dab ich ihr, seit ich die Bildung von Tetraden als durch Kopulation entstanden, für nachgewiesen halte, sehr skeptisch gegenüberstehe.“ „Für Ascaris megalocephala, von welchem Thier die ganze Frage ihren Befruchtung von Strongylus filaria. 595 Ausgang nahm, ist meine Auffassung, daß in den Oocyten und Spermatocyten erster Ordnung aus dem ruhenden Kern die reduzierte Zahl von Elementen hervorgehen, die dann eine zweimalige Längs- spaltung erleiden, zwar durch O. Herrwıc und A. Braver noch weiter bekräftigt worden. Allein auch hier ist, wie schon Sa- BASCHNIKOFF betont hat, eine andere Auffassung wenigstens nicht unmöglich und ich selbst habe neuerdings einige Beobachtungen ge- macht, welche vielmehr im Sinne paralleler Kopulation zweier ein- fach gespaltener Chromosomen sprechen als für doppelte Längs- spaltung.“ „Die Akten über Ascaris sind also noch nicht geschlossen.“ Dieser letzte Satz muß wohl berechtigterweise auf die Reductions- teilungen im allgemeinen bezogen werden; denn solange die An- sichten der Autoren über diese komplizierten Vorgänge weit aus- einander gehen, solange bedarf es eines weitern, vergleichenden Studiums und ist eine Ansicht über das Prinzipielle dieser Er- scheinungen, die durch Beobachtungen an einzelnen Objekten ge- wonnen wurde, als voreilig zu bezeichnen. Denn die bisher er- brachten Resultate haben wohl zur Genüge ergeben, daß, wenn es auch vielleicht möglich erscheint, die verschiedenen Arten der Re- ductionsteilungen auf einige bestimmte Typen zurückzuführen, doch bei den verschiedenen Tierformen so weitgehende Differenzen vor- handen sind, daß eine Einheitlichkeit in diesen Vorgängen vorläufig nicht festzustellen ist. Umbildung der Spermatide. Nachdem sich die Spermatide abgerundet hat, ordnet sich das Chromatin zu einem kegelförmigen Körper an (Fig. 57). Dieser ist im Kernplasma gelegen, welches auch das wieder sichtbar ge- wordene Centrosom einschließt. Eine besonders differenzierte Kern- membran wird nicht gebildet, trotzdem ist aber das Kernplasma mit großer Schärfe gegen das Zellplasma abgegrenzt. Diese, das Chromatin und Centrosom einschließende, differenzierte Region glaube ich mit voller Berechtigung als den Kern der Sperma- tide bezeichnen zu dürfen. Eine, in dieser Weise von dem übrigen Zellkörper abgegrenzte, zentral gelegene, plasmatische Masse kann wohl kaum eine andere Deutung erfahren. Einwände gegen diese Auffassung würden sich allerdings an die Tatsache des Fehlens einer membranösen Abgrenzung des Kernplasmas gegen das Zellplasma heften können. Jedoch auch dies ist kein stichhaltiger Grund, die Kernnatur zu leugnen, da Kerne ohne Membran als existierend an- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat 39 596 Cur. STRUCKMANN, genommen werden diirfen. In der Samenbildung von Ascaris, wo die Einzelheiten dieser Verhältnisse schon genauer bekannt sind, wird sowohl von HERTwIG als auch neuerdings von TRETJAKOFF ein Stadium der Spermatogonien, am Anfang der Wachstumszone ge- legen, beschrieben, welches einen membranlosen Kern besitzt. Hertwie schreibt darüber: „Ihr Kern ist sehr chromatinreich und anfangs ohne Membran.“ Nach Trersaxorr’s Beobachtungen kann „eine besondere Hülle an dem hellen Raum nicht beobachtet werden“. Bei Ascaris hat die Spermatide ähnlichen Bau wie bei Strongylus. Nach Herrwie’s Beschreibung liegt in der Mitte das resp. die chro- matischen Elemente, von einem „homogenen Hof“ umgeben. „Dann folgt die Dottermasse, in welcher noch eine Zeit lang die Dotter- körner ihre radiäre Anordnung beibehalten.“ TRETJAKOFF Schreibt: „Nach Abschluß der zweiten Teilung der Spermatocyten behalten die Spermatiden ihre regelmäßige Kugel- form, der Kern nimmt die Mitte der Sphäre (?) ein und ist von einer „Zone körnigen Protoplasmas“, das der Größe und der Lage nach der früheren Attraktionssphäre entspricht, umgeben.“ In einer kürzlich erschienenen Arbeit über die Spermatogenese von Ascaris megalocephala, in welcher er zu neuen und sehr ab- weichenden Resultaten kommt, sagt L. SCHEBEN: „Es würde nun meiner Ansicht nach für einen Unbefangenen kaum einem Zweifel unterliegen, daß wir in dem oben beschriebenen Spermatid eine typische Zelle vor uns haben, bestehend aus dem in der Mitte ge- legenen Kern, enthaltend die allerdings isolierten, central gelegenen, chromatischen Elemente, die Chromosome und das Achromatin, den „homogenen Hof“, umgeben von Cytoplasma und den eingelagerten „Dotterkörnern“.“ Er erörtert darauf die Frage betreffend den Aus- druck „Kern“, womit die meisten Autoren außer ZACHARIAS das Chromatin der Spermatide bezeichnen (auch TRETJAKOFF), und kommt zu dem Resultat: „Durch meine eigenen Untersuchungen sehe ich mich veranlaßt, die Bezeichnung „Kern“ für das Chromatin des Ascaris-Spermatozoons abzulehnen. „Kern“ nenne ich beim Spermatid die chromatischen Elemente + Kernvacuole, für die chromatischen Elemente behalte ich die Bezeichnung „Chromosoma“ bei.“ Ich komme für Strongylus zu demselben Schluß. Das hauptsächliche, allgemein gültige Kennzeichen für den Zellkern ist wohl seine Zu- sammensetzung aus Chromatin und Achromatin. Denn weder ist die membranös differenzierte Kernwand, wie schon oben angeführt Befruchtung von Strongylus filaria. 597 wurde, ein dauernder Bestandteil, noch kann man die Anordnung des Chromatins in ein Netzwerk als Kennzeichen aufstellen, denn vorübergehende Ruhestadien von Kernen ohne Auflösung der Chromo- some in Körner und Fäden sind gerade in der Ei- und Samenreifung nicht selten. Dagegen dürfte wohl die Erscheinung des vollständigen Schwindens des Achromatins selbst bei den abnormen Vorgängen der Spermatogenese kein Beispiel finden. Bemerkenswert ist das Auftreten von feinen Körnchen, die, im Zellplasma gelegen, mit diesem zusammen strahlig angeordnet sind. Ich halte diese Körnchen, die übrigens schon in den Spermatocyten vor- handen waren und dort nur weniger deutlich hervortraten, für Gebilde, die den ,Granulationen“ der Ascaris-Spermatocyten zu vergleichen sind. Doch möchte ich damit nicht für ihre Dotternatur sprechen, sondern sie vielmehr für Bildungen halten, die vielleicht den Eiweiß- tropfen der Eier von Strongylus filaria, die später zu besprechen sind, analog gesetzt werden müssen. Nach AUGSTEIN, der sie für Dotterkörner hält, sollen sie in den ersten Stadien der Wachstums- zone gebildet werden. Das nächste Stadium (Fig. 58) zeigt das Chromatin insofern verändert, als dasselbe Spindelform angenommen hat. Es ist nicht mehr im Zentrum des Kerns gelegen, sondern an der Peripherie und scheint schon mit einem Ende hervorzuragen. Weiterhin sieht man auch die Spermatide ihre Form ändern. Nachdem sie sich zunächst abgeplattet hat, spitzt sich das eine Ende zu (Fig. 59), und zwar ist es das Ende, gegen welches die Be- weeung des Chromatins gerichtet ist. Das letztere ist nämlich auf seinem Wege fortgeschritten und ragt jetzt fast ganz aus dem Kern hervor. Dabei ist ihm das Centrosom gefolgt. Die Spitze der Spermatide zieht sich jetzt weiter aus, und indem das Chromatin diese Bewegung mitmacht, zieht es den Kern hinter sich her, der so in die Länge gestreckt wird (Fig. 60). Ein Auswandern des Chromatinkörpers aus dem Kern beschreibt in ähnlicher Weise auch L. SCHEBEN für Ascaris megalocephala. Dabei ist allerdings die Bewegungsrichtung die entgegengesetzte, so daß der Chromatinkörper schließlich hinter dem Kern im Plasma zu liegen kommt. Das Centrosom behält seinen Platz hinter dem Chromatin im Kern bei, auch bleibt die strahlige Anordnung des Protoplasmas und der eingelagerten Körner erhalten. Dabei entsteht sowohl an dem Vorderende so nenne ich den zugespitzten Teil der Spermatide, 39* 598 Cur. STRUCKMANN, an welchem das Chromatin gelegen ist, als auch an dem Hinterende eine Plasmadifferenzierung in Form einer Vacuole (Fig. 60, 61). Auf dem nächsten Stadium hat die Spermatide Walzenform an- genommen (Fig. 62a). Alle Bestandteile haben sich in die Länge gestreckt, und das Chromatin, welches kommaförmig erscheint, ist in eine feine Spitze ausgezogen. | Die Vacuole am Hinterende ist einseitig gelegen, so daß ein Querschnitt des Hinterendes das in Fig. 62¢ dargestellte Bild ergibt. Bemerkenswert ist für dieses Stadium, daß die Peripherie der Spermatide stellenweise stark gefärbt erscheint (Fig. 62a, b, c, 63). Es ist mir zweifelhaft geblieben, ob es sich dabei um besonders stark färbbare Plasmadifferenzierungen handelt, oder ob vielleicht in der angeschnittenen Zellmembran der Farbstoff besser zurück- behalten wird. Bei der letztern Annahme wäre es allerdings auf- fällig, weshalb gerade ein bestimmtes Stadium durch diese Er- scheinung ausgezeichnet sein sollte. TRETJAKOFF beobachtete übrigens bei Ascaris (Bildungsstadium 3 fig. 54) ähnliche Erscheinungen. Am Rand der Spermatide traten schmale, „sichelartige Ränder“ auf, die eine starke Färbbarkeit be- saßen und auf den folgenden Stadien wieder verschwanden. Die nächsten Stadien sind ausgezeichnet durch das Auftreten einer starken Plasmaausscheidung am Vorderende der Spermatide. Die oben beschriebene, anfangs vacuolenartig erscheinende Plasmadifferenzierung hat sich allmählich zu den durch Fig. 64, 65, 66 und 67 dargestellten Gebilden entwickelt. Die an der Spitze der Spermatide gleichsam hervorquellende protoplasmatische Substanz nimmt entsprechend ihrer Konsistenz verschiedenartige Gestalt an, so daß man bei der ersten Beobachtung zunächst durchaus geneigt ist, diese eigentümlichen Spermatidenformen für durch die Konservierung hervorgerufene Kunstprodukte zu halten. Durch folgende Über- legungen aber gelangt man zu dem Schluß, daß diese Annahme nicht berechtigt ist. Wäre es zunächst schon auffällig, daß dieselbe Konservierungsflüssigkeit in demselben Wurm die ersten Stadien der Geschlechtszellen normal, die Umbildungsstadien der Spermatiden aber ungenügend fixieren sollte, so muß man es für noch unwahr- scheinlicher halten, daß verschiedene Konservierungsmethoden unter sonst gleichen Bedingungen nur auf diesem Stadium dieselben ungenügenden Resultate ergeben. Schließlich, und das ist wohl das Hauptargument, ergibt sich aus dem eingehenden Studium dieser Stadien, welches die Längsschnitte in vorzüglicher Weise ermöglichen, Befruchtung von Strongylus filaria. 599 mit größter Klarheit, daß hier Phasen einer fortlaufenden Ent- wicklungsreihe vorliegen, die, wie wir sehen werden, zur Ausbildung eines bestimmten Endstadiums führen. Die ausgetretene Protoplasmamasse hat schließlich eine gewisse Größe erreicht (Fig. 66, 67), womit der Vorgang der Ausscheidung abgeschlossen erscheint und derjenige einer Veränderung dieser aus- geschiedenen Substanz beginnt. Während sie nämlich zur Zeit ihres Anwachsens ein völlig homogenes Aussehen zeigte, treten nach ihrer vollkommenen Ausbildung im Innern Vacuolen auf, die sich bald vermehren und schließlich in so großer Anzahl vorhanden sind, dab sie die ganze Ausscheidung durchsetzen und ihr dadurch das Aus- sehen einer in Auflösung begriffenen Protoplasmamasse verleihen. Sie wird anscheinend vollkommen zersetzt, und während sie zur Zeit ihres Heranwachsens vorn oder etwas seitlich an der Spitze der Spermatide, diese teilweise einhüllend, gelegen war, ist sie jetzt gleichsam seitwärts herabgeglitten und legt sich der Längsseite des Spermatidenkörpers an (Fig. 68, 69). Der Prozeß dieser 1. Ausscheidung ist noch nicht zum Ab- schluß gelangt, wenn ein zweiter, ähnlicher auftritt. Meist an der Längsseite der Spermatide, bald mehr in der Gegend des vordern, bald mehr in der Gegend des hintern Endes, tritt eine ähnliche Protoplasmamasse aus dem Spermatidenkörper aus, die zunächst lappen- förmig erscheint (Fig. 70, 71, 74), allmählich an Umfang stark zunimmt und schießlich dem Spermatidenkörper an Größe fast gleichkommt (Fig. 73, 75). Der Prozeß der Ausscheidung dieser Protoplasmamasse fällt zusammen mit dem Sichtbarwerden der am Hinterende der Spermatide gelegenen Vacuole, die jetzt leer erscheint (Fig. 72, 73, 75). Ich glaube daraus mit Recht schließen zu können, daß die Masse dieser 2. Ausscheidung aus der Vacuole stammt. Auch diese 2. Protoplasmaausscheidung breitet sich an der Längsseite der Spermatide aus und legt sich ihr, zusammen mit der 1. an. Oft erscheint die Spermatide in der eiweibartigen Masse dieser beiden Ausscheidungen eingebettet zu liegen (Fig. 77, 78, 79). Ob nun diese beiden eigenartigen Vorgänge nur den Zweck einer Volumenverminderung des Spermatidenkörpers haben oder welche Bedeutung ihnen sonst zukommt, ist sehr schwer zu ent- scheiden. Eine gewisse Übereinstimmung scheinen mir diese Vor- gänge mit den bei der Eireifung auftretenden Erscheinungen zu haben, bei welchen der Eikörper Vacuolen mit eiweißartigem Inhalt entleert. Die aus den Vacuolen stammende Flüssigkeit breitet sich 600 Car. STRUCKMANN, an der Oberfläche des Eies aus, das letztere hüllenartig umgebend. Dieser Vorgang ist zuerst von Bürscauı, später von H. E. ZIEGLER näher beschrieben worden und scheint bei vielen Nematoden vor- zukommen. Ob nun diese ausgeschiedene Eiweißmasse gewisser- maßen als ein Excret aufzufassen ist oder ob sie zur Bildung der Eihülle beiträgt, wie einige Autoren annehmen, scheint mir nicht entschieden. Jedenfalls darf man meines Erachtens eine gewisse Analogie zwischen beiden Erscheinungen wohl annehmen, wenn auch die Einzelheiten beider Vorgänge stark differieren. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit scheint mir auch dafür zu sprechen, daß wir es hier mit ausgetretener Nährsubstanz zu tun haben, da die Plasmamassen so lange mit dem Spermatidenkörper verbunden bleiben, bis sie vollkommen von Vacuolen durchsetzt, also vielleicht aufgebraucht sind. Das Abwerfen von Plasmabestandteilen durch die Spermatide wurde auch bei andern Thierformen mehrfach beobachtet. So schreibt z. B. Fiezp: „Soon after the mitotic division of a spermatocyte in two spermatids, the cytoplasm of the spermatid begins to form a bulging, which increases into a large projection like an enormous blunt pseudopodium. The cytoplasm continues to push or flow into this projection and it becomes elongated and flask-shaped, the body of the flask consisting of a large drop of cytoplasm, which is connected with the cytoplasm by a narrow neck.“ Aus den Ab- bildungen, die Frenp zu diesen Beschreibungen liefert, geht hervor, dab der Umfang der abgeschiedenen Protoplasmamenge dem der Spermatide fast gleichkommt oder oft sogar übertrifft. Die Ab- stoßung des Protoplasmas kann auf einmal oder in 2 Portionen geschehen. Einen ähnlichen Vorgang beschreibt Mreves aus der Spermato- genese des Meerschweinchens. Auch hier kann man aus den Ab- bildungen ersehen, daß die abgeworfene Cytoplasmamasse dem Spermatozoenkörper an Umfang nicht nachsteht. Weitere Beispiele finden sich bei der Samenbildung der Tur- bellarien sowie der Spinnen. Von der Spermatogenese der Turbellarien schreibt VEIDoVsKkY: „Ganz gewiß aber beteiligt sich das gesamte Cytoplasma einer Spermatide nicht an der Bildung eines Sperma- fadens, da die Überreste der Spermatiden in dem Hohlraume der Hoden zwischen den Spermatocyten sehr zahlreich vorhanden sind und als plasmatische, kernlose Kugeln mit fein körniger Substanz erscheinen.“ Befruchtung von Strongylus filaria. 601 Bei der Umformung der Spinnenspermatiden beschreibt BosEn- BERG ähnliche Vorgänge folgendermaßen: „Der Vorgang der Plasmaabstoßung geht verhältnismäßig einfach, und, wie ich am lebenden Material beobachten konnte, rasch vor sich. Das Vorder- ende des Kopfes mit der Idiozomblase verläßt zunächst die Zell- membran; durch eigentümlich zuckende Bewegungen des sichelförmig gekriimmten Hinterendes gelingt es dem Kopfe relativ leicht, sich von der Cytoplasmakugel zu befreien.“ Somit kann man das Abwerfen oder Ausstoßen von Protoplasma- bestandteilen wohl als einen in der Spermatogenese nicht ganz un- gewöhnlichen Vorgang bezeichnen, über dessen Bedeutung jedoch die Autoren sich bisher keine feste Meinung gebildet zu haben scheinen. Von den erwähnten Beobachtern hat sich BÖSENBERG über diesen Punkt ausgesprochen: „In den letzten Phasen der Umformung der Spermatiden in das Spermatozoon wies ich nach, daß der Kopf des Spermatozoons mit dem Schwanz das Cytoplasma verläßt, welches dann in Form von großen, runden Ballen im Follikel zurückbleibt. Diese Plasmakugeln degenerieren und zerfallen in kleine, runde Körnchen“.... „Diese betten die eingerollten Spermatozoen völlig ein und ermöglichen so eine Ernährung derselben, bis die Möglich- keit der Befruchtung eintritt.“ In dem 2. Teile der BÖSENBERG- schen Arbeit, welcher die Spermatogenese der Phalangiden betrifft, heißt es: „Das abgestoßene Zellplasma scheint für die Ernährung der Samenzellen im Hoden hauptsächlich in Betracht zu kommen.“ Die letztere Auffassung möchte ich, wie oben angedeutet, als mög- licherweise auch hier geltend ansehen. Das Resultat dieser Vorgänge ist möglicherweise eine Sperma- tozoenform, der man dem Bau nach eine größere Beweglichkeit zu- muten darf als den bedeutend größern und plumpen Formen der Vorstadien. Doch dürften solche Annahmen wohl nur vermutungs- weise ausgesprochen werden und eine bestimmtere Antwort auf diese Frage erst durch ein eingehendes, vergleichendes Studium dieser eigenartigen Erscheinungen zu erhoffen sein. Auf alle Fälle aber muß wohl diesen Vorgängen, die eine so weitgehende Veränderung des Baues der Spermatide hervorrufen, eine erhebliche Bedeutung zugemessen werden, zumal die Region, in welcher sie sich vollziehen, einen beträchtlichen Teil des Genitalschlauchs umfaßt. Das hinter dem Kern gelegene Hinterende der Spermatide, welches die Wände der Vacuole bildete, scheint jetzt auch langsam 602 Cur. STRUCKMANN, zu degenerieren, wobei sein Zusammenhang mit dem Spermatiden- körper ein immer lockrerer wird. - Bei der Ausscheidung des aus der Vacuole stammenden Plasmas werden die feinen Kérnchen, die bis zu diesem Stadium vorhanden waren, mit ausgeschieden (Fig. 70, 71, 72, 74), so dab jetzt das Plasma der Spermatide ganz homogen erscheint. Das Chromatin, welches auf den durch Fig. 64—66 dargestellten Stadien nach vorn zu in eine feine Spitze ausgezogen war, nach dem Hinterende zu sich stark verkürzt und verdickt hatte, ist in- zwischen verschiedenen Veränderungen unterworfen gewesen. Statt der birnförmigen Gestalt hat es allmählich die aus Fig. 67, 68 er- sichtliche, schlanke Form angenommen. Weiterhin treten anscheinend Windungen an dem Chromatinkörper auf, die ihm eine gewellte Oberfläche verleihen (Fig. 67a, 69). Auf den Stadien Fig. 70, 72, 73, 74 ist es besonders die Spitze, welche in verschiedenartiger Weise stark gekrümmt erscheint. Später jedoch scheinen diese Formveränderungen nachzulassen, und auf dem Stadium Fig. 78, 79 nimmt der Chromatin- körper wieder eine mehr gleichmäßige Gestalt an. Dieses eigenartige Verhalten des Chromatins dürfte wohl mit den Ausscheidungsvorgängen in Kausalzusammenhang zu bringen sein, welche Ansicht auch Trersaxorr für Ascaris ausgesprochen hat. Auch dort kommen nämlich bei der Spermatidenumwandlung Ausscheidungsprozesse vor, welche weiter unten noch des öftern Erwähnung finden werden. Über die gleichzeitig auftretenden Bewegungserscheinungen des Chromatins schreibt TRETJAKOFF: „Die körnige Protoplasmazone (Kern meiner Auffassung) sendet der Richtung der Granulationen und der äußeren Form der Spermatide entsprechende Fortsätze aus. Dasselbe Bild wiederholt sich beim Kern (Chromatin meiner Auffassung). Auf solche Weise wirkt der Secretionsvorgang auf alle Bestandteile der Spermatide ein.“ Die in Fig. 77, 78, 79 dargestellten Formen sind reif zur Über- tragung in den weiblichen Geschlechtsapparat; es sind dies die letzten Stadien, die ich im männlichen Genitalorgan, in dem hintern Ab- schnitt der Samenblase beobachten konnte. Auf diesem letztern Stadium habe ich das Centrosom, das auf den vorangehenden Stadien (Fig. 67a) meist noch deutlich als einfaches oder Doppelkorn seine Lage hinter dem Chromatinkörper beibehalten hatte, nicht mehr auffinden können, doch glaube ich, daß dieses Verhalten nur einer Änderung in der Färbbarkeit zuzuschreiben ist. Der Körper des Spermatozoons, der während der Plasmaaus- Befruchtung von Strongylus filaria. 603 scheidungen sich stark verkiirzt und in verschiedenartigster Weise gekrümmt hatte (Fig. 72—75), hat wieder eine schlanke Gestalt angenommen (Fig. 77, 78). Wenn man nach einem Vergleich der hier beschriebenen, eigen- artigen Vorgänge der Spermatidenumformung mit denjenigen anderer Objekte sucht, so findet man meines Erachtens unschwer Analogien zwischen diesen Erscheinungen bei Strongylus filaria und denen, wie sie von Ascaris megalocephala beschrieben sind. Auch bei Ascaris kommen 2 Arten von Ausscheidungen vor. Einmal die cytophor- ähnliche Substanz, die nach Ansicht der Autoren, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, cellulärer Abstammung ist, sowie ferner die „Dotterschollen“ oder „Granulationen“, welche auf dem letzten, im männlichen Genitalschlauch beobachteten Spermatidenstadium von Ascaris verloren gehen (VAN BENEDEN, TRETJAKOFF, SCHEBEN). Munk, v. ERLANGER sowie VAN BENEDEN u. JuLIN berichten übereinstimmend von der Cytophorsubstanz (Van BENEDEN), welche je 4 durch 2 Spermatocytenteilungen entstandenen Spermatiden von Ascaris zu einer Gruppe verbindet. Nach Munk ist es die Spermatide selbst, welche die „klebrige Substanz“ ausscheidet. R. v. ERLANGER dagegen fabt den „Träger“, welcher die 4 Spermatiden verbindet, als Überreste der Spermatocytenspindeln auf, die nach der Teilung persistieren. In noch anderer Weise deutet Van BENEDEN diese Erscheinung. Nach seiner Ansicht entsteht der Cytophor aus interfibrillärer Protoplasmasubstanz („substance interfibrillaire“). Dieser Meinung Van BENEDENS hat sich auch TRETJAKOFF ange- schlossen, indem er sagt: „All dieses berechtigt uns zu der Annahme, daß die Cytophorsubstanz ein Produkt der Secretion und der Ver- änderung der peripherischen Protoplasmaschicht sei.“ Mögen auch im einzelnen die Ansichten der Autoren über diese eigenartige Ausscheidung differieren, alle stimmen doch darin überein, daß man es mit einem Produkt der Spermatide selbst zu tun hat. Dasselbe ist der Fall bei den „Dotterschollen“ oder „Granulationen“ (Van BENEDEN). Wie bei Ascaris (HERTWIG, BRAUER, TRETJAKOFF), so haben auch bei Strongylus die ,Granulationen“ in den ersten Spermatidenstadien radiäre und konzentrische Anordnung. Dieselbe verliert sich jedoch im Laufe der weitern Entwicklung, und schließlich gehen die „Granulationen“ durch die 2. Ausscheidung verloren. Die Bildung der cytophorähnlichen Substanz bei Ascaris möchte ich mit der 1. Plasmaausscheidung der Strongylus -Spermatide homologisieren, wobei sowohl die Deutung der Ausscheidung als 604 Cur. STRUCKMANN, Nährsubstanz als auch die Bewegungserscheinungen des Chromatins in beiden Fällen die Möglichkeit eines Vergleichs zulassen. Auch bei Ascaris ist auf dem betreffenden Stadium das Chromatin in starker Bewegung begriffen, wobei es Ausläufer nach allen Seiten aussendet und dadurch amöboides Aussehen gewinnt (O. HERTWIG, TRETJAKOFF, SCHEBEN). Durch die 2. Ausscheidung verliert sowohl bei Strongylus als auch bei Ascaris die Spermatide die dotterähnlichen Substanzen, und ihr Körper erhält ein homogenes Aussehen. Bei beiden Objekten fällt diese zweite Erscheinung in das Stadium der Spermatide, welches zur Übertragung in die weiblichen Geschlechtsteile reif ist. Die Spermatozoen in der Vagina des Weibchens. Die in die Vagina des Weibchens bei der Begattung über- tragenen Spermatozoen haben die in Fig. 80 dargestellte Form. Alle Protoplasmaanhänge, sowohl die beiden Ausscheidungen als auch das degenerierte Hinterende, sind entweder verloren gegangen oder stehen nur noch in losem Zusammenhang mit dem Spermatozoen- körper. Vielfach scheinen sie die Spermatozoen miteinander zu verkleben. Der Kern zeigt bei Färbung mit DeraArıeLp’s Hämatoxylin etwas stärker lichtbrechende Eigenschaften. Er scheint mir mit dem Glanzkörper der Ascaris-Spermatozoen homolog zu sein. Schon auf den Stadien Fig. 70 u. 73 zeigt er bei Hämatoxylinfärbung ein homogenes glänzendes Aussehen. Auf dem Stadium Fig. 74—78 und besonders auf dem Stadium in der Vagina des Weibchens (Fig. 80) ist er stark lichtbrechend geworden. Je nach dem Grad der Differenzierung tritt diese Eigenschaft mehr oder weniger hervor. Als beste Färbung zur Darstellung dieser eigenartigen Stadien erwies sich DELAFIELD’s Hämatoxylin in Verbindung mit Eosin, welches in einem Gemisch von Alkohol absol. und Xylol gelöst war. Die allmähliche Umbildung des Kerns zum Glanzkörper, wie sie SCHEBEN für Ascaris beschreibt und illustriert, habe ich nicht so genau verfolgen können, zumal eine scharfe Abgrenzung des Kerns vom Plasma durch eine Membran bei Strongylus nicht zu finden ist. Doch scheint mir im allgemeinen die Umwandlung des Kerns in der- selben Weise wie bei Ascaris durch Verdichtung der Substanz vor sich zu gehen. Noch auf den Stadien Fig. 57—63 hat der Kern der Spermatide bei Färbung nach HerpeNHaIN ein feinkörnig plasmatisches Aus- Befruchtung von Strongylus filaria. 605 sehen, wobei seine Tinktionsfähigkeit derjenigen des Zellplasmas meist nachsteht. Dabei ließ sich durch Plasmafarben wie Eosin, Diamantfuchsin, Safranin und ähnliche eine so weitgehende Diffe- renzierung erreichen, daß sein Plasma von dem Zellplasma scharf abgegrenzt erschien. Auf den Stadien der 1. Plasmaausscheidung nimmt die Färbbarkeit anscheinend zu (Fig. 64—69), und oft tritt gleichzeitig seine körnige Beschaffenheit deutlich hervor (Fig. 67a). Mit dem Beginn der 2. Plasmaausscheidung jedoch nimmt der Kern ein anderes Aussehen an dadurch, daß seine körnige Struktur schwindet und seine Masse ein homogenes Aussehen erhält (Fig. 70—79). Bei Färbung nach HEIDENHAIN erscheint er jetzt dunkler als das Zellplasma, färbt man jedoch mit DELAFIELD’S Hämatoxylin und Eosin, suv zeigt sich das Zellplasma rötlich-blau ge- färbt, während die Kernsubstanz stärker lichtbrechend erscheint. Ich nehme mit TRETIAKOFF an, daß diesem Glanzkörper mechanische Eigenschaften zuzuschreiben sind und daß durch seine Ausbildung das Spermatozoon erst seine Bewegungsform erhält, d. h. den Grad der Entwicklung, der es befähigt, nach der Eja- culation die relativ lange Strecke von der Vagina bis zum Oviduct zu durchwandern. In dieser Annahme bestärkt mich die Tatsache, daß auf diesem Stadium der Spermatozoenkörper eine gewisse Stabilität aufweist; er zeigt immer dieselbe schlanke Form und erleidet niemals Knickungen durch den Druck von seiten anliegender Spermatozoen. Die Frage, wie die Spermatozoen von der Vagina aus durch den Uterus das Receptaculum erreichen, kann ich auf Grund von Beobachtungen leider nicht sicher beantworten. Ich traf Sperma- tozoen nur eine kurze Strecke von der Vagina entfernt im Uterus an. Dort war die Uteruswand mit Ausbuchtungen versehen, und in diesen letztern lagen, allerdings nur sehr vereinzelte, Spermatozoen. Sonst habe ich in dem ganzen Uterus, dessen Lumen durch Embryonen vollkommen ausgefüllt wird, bis hinauf in die Gegend der 8—12zelligen Furchungsstadien, also in der Nähe des Oviducts, keine Spermatozoen beobachten können. Die Tatsache, daß auf der Hauptstrecke des Uterus keine Vor- richtungen, wie Ausbuchtungen oder Wimperhaare, vorhanden sind, welche es den Spermatozoen erleichtern könnten, ihren Weg dem Strom der Embryonen und Eier entgegen zum Oviduct zu nehmen, macht doch die von Van BENEDEN!) schon für Ascaris aufgestellte 1) Van BENEDEN sagt: „Je dis, introduits avant la maturite sexuelle, 606 Cur. STRUCKMANN, Ansicht, die Begattung möchte vor Eintritt der Geschlechtsreife, zu welcher Zeit der Uterus noch leer ist, vollzogen werden, auch für Strongylus sehr wahrscheinlich. Dafür spricht noch, dab die Spermatozoen, welche in der Vagina angetroffen werden, durchaus nicht den Eindruck machen, als seien sie bestimmt, durch den Uterus zu wandern, sie sind förmlich zu einem Pfropf zusammengeklebt, der die ganze Vagina erfüllt, und durch den die austretenden Embryonen sich einen Weg gebahnt haben. Ich halte demnach diese Spermatozoen für solche, die nach der Begattung -nicht zum Oviduct hinaufgewandert, sondern aus irgend welchen Ursachen in der Vagina zurückgeblieben sind. Darin, daß nämlich nur eine einmalige Begattung vor Eintritt der Geschlechtsreife stattfindet, glaube ich auch die Erklärung dafür zu finden, daß zwischen den eben beschriebenen Spermatozoen der Vagina und den copulationsfähigen Spermatozoen im Oviduct Uber- gangsstadien nicht aufzufinden waren. Zur Klärung dieser Verhältnisse wäre es nötig, junge, frisch begattete Weibchen zu untersuchen. Ich habe nicht feststellen können und auch keine Anhaltspunkte dafür in der Literatur auf- finden können, ob sich solche in den Lungen zu jeder Jahreszeit vorfinden, doch muß ich es für unwahrscheinlich halten. An dieser Stelle wäre die Frage nach der Weiterentwicklung der in der Lunge gebildeten Embryonen zu entscheiden. Auch bei AUGSTEIN finde ich dieses Thema erörtert: „Die wichtige Frage, ob die von ihren Wirten ausgehusteten Embryonen ein freilebendes Stadium durchlaufen oder ob sie sich eines Zwischenwirtes bedienen, um in jenen Zustand zu gelangen, der sie befähigt, wieder in die Schaflungen gebracht, sich zur vollen Geschlechtsreife zu entwickeln, konnte ich um so weniger zur Entscheidung bringen, als meine Untersuchungen im Winter statthatten, zu einer Zeit also, wo die als Zwischenwirte in Frage ‘kommenden Tiere (Insekten, Regen- würmer, Schnecken) im Winterschlaf lagen. Immerhin glaube ich aber mich für die letztere Annahme entscheiden zu dürfen, schon weil gegen das freie Leben die LeuckArr’schen Untersuchungen streiten.“ parce qu'il est difficile de se figurer, qu’un accouplement, se produisant au moment où la matrice est déjà gorgée d'œufs, puisse s’operer sans que le sperme introduit soit aussitôt entraîné par les œufs et refoulé aux déhors (Fécondation, p. 3). Befruchtung von Strongylus filaria. 607 Aus LeruckArr’s Versuchen, die sich auch auf Strongylus filaria beziehen, geht hervor, daß sich allerdings die reifen Embryonen in feuchter Erde wochenlang lebend erhalten, dann aber nicht imstande sind, sich in den Schaflungen, in welche sie übertragen werden, weiter zu entwickeln. Dasselbe negative Resultat ergab die künst- liche Infektion von gesunden Lungen mit frischem, embryonen- haltigem Bronchienschleim, die zu verschiedenen Jahreszeiten ver- sucht wurde. Auf Grund dieser Untersuchungen hat sich auch LEucKART für die Existenz eines Zwischenwirts entschieden. Den Spermatozoen der Vagina gegenüber zeigen die im Oviduct vorhandenen wiederum ein verändertes Aussehen (Fig. 81). Die schlanke Form ist verloren gegangen, der Spermatozoenkörper hat sich mehr oder weniger abgerundet. Der glanzkörperartige Kern ist nicht mehr nachweisbar. Er hat anscheinend seine Bestimmung, dem weichen Protoplasmakörper des Spermatozoons während seiner Wanderung die nötige Stabilität zu verleihen, erfüllt und ist jetzt verloren gegangen. Der Chromatinkérper, der vorher durch seine bestimmte Lage am Vorderende dem Spermatozoon ein charakte- ristisches Aussehen gab, hat seinen Platz verlassen und liegt an irgend einer Stelle im Protoplasma. Er ist in keiner Weise regel- mäßig angeordnet, und da auch das Centrosom, welches früher stets hinter dem Chromatin gelegen war, mit dem Verschwinden des Glanzkörpers diese Stelle aufgegeben hat, so ist eine Orientierung des Spermatozoons damit unmöglich gemacht. Infolge verschiedener Differenzierung erscheint das Centrosom auf einigen Präparaten außerordentlich groß, auf andern wieder ist es überhaupt nicht sichtbar. Über seine Struktur habe ich Näheres nicht ermittelt. Im Oviduct ist für die Spermatozoen keine Gefahr mehr vor- handen, daß sie durch die vorrückenden Eier mit in den Uterus zurück zur Vagina gedrängt werden könnten, denn es treten die Eier meist nur eins hinter dem andern in das Receptaculum über, wodurch es den Spermatozoen leicht wird, dieselben vorbeigleiten zu lassen. Das Gesagte gilt natürlich nur für die Hauptmasse der Spermatozoen, einzelne von ihnen werden immer mitgenommen und gehen im Uterus, woselbst ich sie, wie oben erwähnt, noch zwischen den 8—12zelligen Furchungsstadien beobachten konnte, zu Grunde. Diese, dem Untergang geweihten Spermatozoen scheinen meist solche zu sein, die, sozusagen zum Copulationsakt zu spät kommend, 608 CHR. SrRUCKMANN, sich nachträglich noch an das Ei anlegen, wenn dieses schon die Membran gebildet hat. In der Frage betreffend die Begattung ist noch ein Umstand zu berücksichtigen. Trotz der ziemlich beträchtlichen Menge, in welcher die Spermatozoen im Oviduct vorhanden sind, ist ihre Zahl doch bei weitem nicht ausreichend für die noch zu befruchtenden Eier, wenn man bedenkt, daß auf jedes Spermatozoon, welches zur Copulation gelangt, eine Anzahl solcher kommt, die verloren gehen. Da nun eine Rückkehr aus dem Uterus ausgeschlossen ist, so bleiben nach Verbrauch der vorhandenen Spermatozoen zwei Möglichkeiten. Entweder werden die noch in der Ausbildung begriffenen Eier nicht mehr befruchtet, sondern gehen mit dem Muttertier zu Grunde, oder aber es findet eine neue Begattung statt. Um das letztere zu ermöglichen, würde allerdings der Uterus von Embryonen und Eiern größtenteils entleert werden müssen, was ich deswegen für unwahr- scheinlich halte, weil unter der großen Anzahl der Tiere, die mir zur Untersuchung vorlagen (es wurden über 100 Würmer geschnitten), niemals der Fall vorgekommen ist, daß der Uterus leer gewesen wäre. Es wird also durch diese Tatsache die Wahrscheinlichkeit, daß nur eine einmalige Begattung stattfindet, erhöht. Das weibliche Genitalorgan und die Verteilung der Geschlechtszellen in ihm. Das weibliche Genitalorgan ist im Gegensatz zum männlichen wie bei andern Nematoden eine paarige Anlage. Ungefähr in der Körpermitte beginnend, verläuft sowohl nach vorn als auch nach hinten eine schlauchartige Bildung. Etwa 6,2 mm vor dem Kopfende resp. 1,5 mm vor dem Schwanzende biegen diese Schläuche unter Bildung einer Schlinge um und verlaufen in entgegengesetzter Richtung zurück, bis sie sich kurz hinter der Körpermitte vereinigen, um hier gemeinschaftlich nach außen zu münden. Auch der weibliche Geschlechtsapparat ist in 4 deutlich unter- scheidbare Abschnitte gegliedert, in Ovarium, Oviduct, Uterus und Vagina. Das Ovarium umfaßt die Keim- und Wachstumszone der weib- lichen Geschlechtszellen, der Oviduct, der auch als Receptaculum seminis funktioniert, die Reifezone. In ihm findet die Vereinigung des Spermatozoons mit dem Ei statt. Im Uterus entwickeln sich die befruchteten Eier bis zum voll- Befruchtung von Strongylus filaria. 609 ständig ausgebildeten Embryo, der von der resistenten Eischale um- hüllt ist. Im Bau der Wandung gleicht das Ovarium vollkommen dem Hoden. Auch bei ihm ist eine sehr diinne Tunica propria sowie eine nur schwach ausgebildete Epithellage vorhanden. Kurz vor der Umbiegungsstelle, d. h. beim Ubergang in den Oviduct, nimmt die Epithellage an Stärke zu, wodurch eine Ver- engerung des Lumens bewirkt wird, die an der Umbiegungsstelle selbst am bedeutendsten ist. Hier springen die Zellen buckelartig ins Innere vor, wodurch die Wandung auf Längsschnitten eine wellenartige Kontur erhält. Seitlich sind aber die Zellen meist nicht scharf gegeneinander abgegrenzt (Textfig. M). Das von der Umbiegungsstelle zur Körpermitte zurücklaufende Stück des Eileiters dient als Receptaculum seminis und ist meist reichlich mit Spermatozoen angefüllt. Dieser Teil des Genitalschlauchs besitzt einen stärkern Umfang, so daß sein Lumen sich erweitert, obgleich die Epithelzellen an Größe noch zugenommen haben. Auch hier sind Zellgrenzen mit Sicherheit nur bei besonderer Differenzierung zu erkennen. Die in das Lumen hineinragenden bauchigen Vorsprünge nehmen an Höhe ab, und niemals habe ich derartige zottenförmige Zellen gesehen, wie sie AUGSTEIN (p. 41) beschreibt und abbildet. Dagegen zeigten meine Präparate folgendes Bild. Schon kurz vor der Umbiegungsstelle haben die Epithelzellen einen hellen Saum, der an der Umbiegung selbst stärker ausgeprägt und gefasert erscheint. In dem zur Körpermitte zurücklaufenden Abschnitt aber, in welchem AusstEin die zottenförmigen Zellen zu sehen glaubte, zeigt es sich, dab dieser Saum aus einer Art von Wimper- besatz besteht, der hier zu einer starken Entwicklung gelangt und 610 CHR. STRUCKMANN, auf dessen Bedeutung ich noch zurückkomme. Nach dem Uterus zu nimmt diese Bildung allmählich wieder ab und verliert sich als schwacher Saum in der Uteruswand. Was zunächst die Epithelzellen selbst anbelangt, so möchte ich ihnen ebenfalls secretorischen Charakter zuschreiben, denn nicht nur zeigen sie eine große Ähnlichkeit des Baues und ihrer Kerne mit den Drüsenzellen des männlichen Geschlechtsapparats, sondern man sieht auch vielfach Secretmassen im Lumen verteilt. Dieses Secret dringt aus den Zellen zwischen den „Wimpern“ hervor, wodurch die letztern im konservierten Zustand vielfach zu Bündeln verklebt er- scheinen, und derartige Bilder sind es, die nach meiner Ansicht AUGSTEIN zur Annahme zottenartiger Bildungen veranlaßten. Zunächst glaubt man bei den „Wimpern“ tatsächlich an eine echte Bewimperung, so sehr ist das ganze Bild einer solchen ähnlich, aber da ja bekanntlich eine Bewimperung in dieser Form bei Nema- toden nicht vorkommt, so zeigt ein Vergleich mit den ähnlichen Gebilden am Ende des männlichen Geschlechtsapparats, dab es sich bei den im Oviduct vorkommenden „Wimpern“ um chitinöse Bildungen handeln dürfte. In dieser Annahme wurde ich bestärkt sowohl durch die Struktur dieser Gebilde und ihr Lichtbrechungsvermögen bei geeigneter Differenzierung, sowie besonders durch den Vergleich mit den Chitinwimpern an der Ausmündung des Ductus ejaculatorius in die Cloake des Männchens, mit welchen sie eine vollkommene Übereinstimmung zeigen. Für diese letztern aber möchte ich die Chitinnatur infolge des Zusammenhangs mit der Körperbedeckung für erwiesen halten. Ob diese Wimpern mit den bei Nematoden im Darm vorkommenden „Stäbchenbildungen“ (LEUCKART, SCHNEIDER, JAGERSKIOLD) ZU Ver- gleichen sind, kann ich nicht entscheiden, da solche bei Strongylns filaria nicht vorhanden sind. Auffallend sind jedenfalls die von JÄGERSKIÖLD beschriebenen, anscheinend als besondere Differenzierung aufgefaßten „lebhaft an stark entwickelte Flimmerhaare oder Geißeln erinnernden“ Bildungen aus dem Darm einer Anzahl von Nematoden. JAGERSKIOLD hat es unentschieden gelassen, ob diese letztern mit den „stäbchenartigen“ Bildungen zu homologisieren sind. Aus Leuckart’s Beschreibung scheint mir hervorzugehen, daß die „Stäb- chen“ Bestandteile der Darmzellen selbst sind. Dagegen zeigten sich die von mir beobachteten Wimpern auf einer, ebenfalls als chitinös zu bezeichnenden Grundmembran befestigt, mit welcher zu- Befruchtung von Strongylus filaria. 611 sammen sie sich bei Querschnitten von der Wandung des Oviducts abheben konnten. Die freien Enden dieser Chitinwimpern sind in der Richtung zum Uterus hin geneigt, welche Eigenschaft Aussrmeın ebenfalls für seine zottenartigen Zellen in Anspruch nimmt, welche nach seiner Meinung „durch eine besondere Affinität ihres Inhalts zu den Samen- elementen diese letzteren hindern sollen, weiter als eben bis zum Oviduct vorzudringen.* Etwas Ähnliches würde ja aus dem von mir beobachteten Verhalten der Spermatozoen den Wimpern gegenüber auch geschlossen werden können, wobei gleichzeitig eine Analogie mit den von SCHEBEN bei Ascaris beobachteten Erscheinungen zu konstatieren wäre. Die Möglichkeit jedoch, welche AUGSTEIN offen läßt, die Epithelzellen möchten „durch ihre der Samenwanderung entgegengesetzte Neigung“ die Spermatozoen am weitern Vordringen hindern, kommt nach meinen Beobachtungen für die Chitinwimpern außer Betracht. Außer im Lumen des Eileiters, das oft ganz von ihnen erfüllt ist, sieht man nämlich die Spermatozoen vielfach zwischen den Wimpern liegen und zwar bis zur Mündungsstelle des Ovariums hinauf, wo die Wimpern noch nicht einmal ihre volle Ausbildung erlangt haben. Auf der Hauptstrecke des Uterus ist ein Epithel nicht deutlich sichtbar, bis es in der Nähe der Körpermitte wieder hervorzutreten beginnt. Hier werden die Zellen wieder größer, und durch Aus- buchtung ihrer Oberfläche erscheint auf Längsschnitten die Kontur des Epithels gezähnt. Gegen die Vagina bilden mehrere große, bauchige Zellen (4 nach AUGSTEIN), die den am Ende des männ- lichen Genitalapparats gelegenen „Trichterzellen“ AussteEın’s sehr ähnlich sehen, ohne daß allerdings bei ihnen der Drüsencharakter hervortritt, den Abschluß. Zellgrenzen sind sowohl hier als auch in der Vagina, in welcher sich das Epithel in gleicher Stärke fortsetzt, selten und auch dann nur ungenau zu erkennen. Eine genauere Beschreibung sowie figürliche Darstellung dieser Verhältnisse ist schon in der AuGsrein'schen Arbeit enthalten, wes- halb ich auf diese verweisen darf. Die Vagina ist für beide Genitalschläuche gemeinsam und mündet durch die quer zur Längsachse des Tiers gestellte Vulva nach außen. Aus meiner Darstellung geht hervor, dab ich mich mit der Auf- fassung Aucstein’s von dem 2. Abschnitt des weiblichen Genital- schlauchs nicht einverstanden erklären kann. Die Charakterisierung als Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 40 612 CHR. STRUCKMANN, „Schalendrüse“ erscheint mir als ziemlich unsichere Annahme, und ein besonderes Receptaculum seminis, welches sich als blindsack- artige Ausbuchtung von der „Schalendrüse“ abheben soll, habe ich nicht konstatieren können. Wohl wurde häufig durch den Druck des nebenliegenden Darms eine Einbuchtung des Genitalschlauchs. bewirkt, welche ein solches Aussehen hervorrufen konnte, doch muß ich solche Erscheinungen für vorübergehende oder zufällige halten. Die hier beschriebene Form des Oviducts ist als die typische zu bezeichnen, und nur selten sind mir abnorme Bildungen auf- gefallen. Keimzone. In meiner Darstellung ließ ich die Samenreifung vorangehen, weil hier die einzelnen Phasen deutlicher ausgeprägt erscheinen und dadurch eine bessere Übersicht zulassen, wogegen mir bei der Ei- reifung trotz vieler, darauf verwandter Mühe nicht alle Einzelheiten mit derselben Klarheit zu Gesicht gekommen sind. So möchte ich die Ergebnisse, die ich durch das Studium dieser Verhältnisse er- hielt und die den betreffenden Stadien der Samenreifung genau ent- sprechen, nur mehr als Ergänzung und zum Vergleich hinzufügen. Wie schon oben erwähnt, entsprechen die weiblichen Keimzellen den männlichen durchaus und lassen sich von ihnen kaum in irgend einer Weise unterscheiden, wie aus einem Vergleich der Textfig. N. u. A hervorgeht. Dasselbe ist von den ersten Stadien der Wachstums- zone zu sagen, auf welchen der Kern eine Art Synapsisstadium durchmacht (Fig. 3a, b) (TRETJAKOFF). Wachstumszone. Die eigentliche Wachstumszone verhält sich jedoch abweichend. Die Zellen, bis dahin noch keulenférmig (Textfig. O), verlieren diese Befruchtung von Strongylus filaria. 613 Gestalt, indem der Stiel ebenso breit wird wie der iibrige Zelleib (Textfig. P). Dadurch, daß auch die Rhachis allmählich verschwindet, liegen die Oogonien nicht mehr so regelmäßig angeordnet, wie etwa die Spermatogonien dieser Stadien (vgl. die diesbezüglichen Textfigg. F und Q), sondern sind eng aneinander gepreßt und nehmen dadurch ganz regellose Formen an. Das Plasma ist in ihnen peripher angeordnet, während die den Kern einschließende Dottermasse zentral gelegen ist. Bemerkens- wert an ihnen ist außer der Dotterbildung das Auftreten von kleinen und größern Eiweibtropfen, die mit der Größenzunahme der Oogonien heranwachsen und die auch bei andern Nematoden beschrieben werden (ZIEGLER, SCHNEIDER). Beide Bestandteile, Dotter wie EiweiB- tropfen, scheinen den Oogonien auf dem Wege der Rhachis zugeführt zu werden (Textfig. O, P), doch konnte ich ihren Entstehungsort nicht feststellen. Die Oogonien nehmen bedeutend an Größe zu und haben kurz vor der Umbiegungsstelle des Genitalschlauchs, d. h. vor der Ein- mündung des Ovariums in den Oviduct, ihren größten Umfang er- reicht, sie sind zu Oocyten geworden, in deren Keimbläschen die Anordnung der chromatischen Substanz zu Tetraden vor sich geht (Textfig. R). 40* 614 CHR. STRUCKMANN, Reifezone. Die Veränderungen, die das Chromatin im Laufe der weitern Entwicklung erleidet, habe ich hier nicht so gut wie bei der Samen- bildung beobachten künnen, da es mir nicht gelungen ist, bei der Eireifung eine ununterbrochene Reihe von charakteristischen Stadien zu Gesicht zu bekommen. Wohl konnte ich die vorhandenen Stadien der Eireifung mit solchen der Samenreifung in Vergleich stellen, doch reichten sie zu einer vollständigen, einheitlichen Darstellung nicht aus. Nachdem sich die Oocyte aus dem Verband der Nachbarzellen gelöst hat, fängt sie an sich abzurunden (Fig. 82, 83, 85) und wird dann durch die nachfolgenden Zellen allmählich in den Oviduct und von hier jedenfalls durch Muskeldruck in den weitern Abschnitt, der die Spermatozoen enthält, vorgeschoben, wobei sich zugleich der Copulationsakt vollzieht. : Beim Passieren des engen Anfangsabschnitts des Oviducts nehmen die plastischen Oocyten bei jungen Tieren, wo der Genital- schlauch meist noch relativ eng ist, eine lang gestreckte, wurst- artige Form an. Bei ältern Tieren, bei denen anscheinend infolge andauernder Tätigkeit des Oviducts dessen Lumen erweitert ist, kénnen die Eier meist in ihrer typischen Ovalform durchgleiten. Schon auf diesen Stadien kommen die Tetraden meist zur vollen Ausbildung. Sie finden sich noch im Keimbläschen, welches aber nicht mehr zentral zu liegen pflegt, sondern sich schon der Peri- pherie nähert (Fig. 83). Sobald die Umbiegungsstelle passiert ist, und die Eier den An- fangsteil des Uterus erreicht haben, beginnt das Keimbläschen eine unregelmäßige Gestalt anzunehmen, und indem es sich der Peripherie noch mehr nähert, wird seine Membran aufgelöst (Fig. 83, 84). Gleichzeitig differenzieren sich aus dem bisher homogenen Keim- bläscheninhalt Spindelfasern, die anscheinend an den Enden Ver- dickungen tragen, wie solche für Ascaris mit Sicherheit festgestellt sind (Fig. 88). Centrosome habe ich niemals entdecken können. Durch die Spindelfasern werden die Tetraden allmählich parallel gerichtet, aber noch nicht in den Äquator der Spindel eingestellt. Die Achse der letztern ist tangential gelegen. Noch auf diesem Stadium ist häufig der große, jetzt im Verfall begriffene Nucleolus sichtbar (Fig. 84, 88). Die Spindel, die bis dahin eine lang gestreckte Form hatte, nimmt bald eine andere Gestalt an, indem sie sich verkürzt und Befruchtung von Strongylus filaria. 615 mehr tonnenförmig wird, wobei sie gleichzeitig eine Drehung aus- führt, bis ihre Längsachse in einem Winkel von etwa 60° zu der tangentialen Lage steht (Fig. 89). Auf diesem Stadium sieht man häufig einzelne Tetraden, die noch nicht ihre volle Ausbildung erlangt haben. Einige derselben zeigen nach meiner Ansicht eine auffallende Ähnlichkeit mit den chromatischen Elementen von Ascaris, nur mit dem Unterschied, dab die 4 Chromatinstäbchen nicht alle einander parallel angeordnet, sondern paarweise hintereinander in einer Ebene liegen. Die Stäbe eines jeden Paares sind durch chromatische Brücken verbunden (Fig. 89). Die Spindel rückt jetzt ganz an die Peripherie, wo unter Ver- schwinden des Längsspalts die Trennung der Dyaden voneinander stattfindet (Fig. 90, 99). Während dieses Vorgangs sind die Tetraden eng aneinander gerückt, was eine so genaue Beobachtung der Einzel- heiten wie bei der Samenreifung verhindert. Abnorme Formen von Tetraden kommen auf diesem Stadium der Spindel nicht vor. Diese letzte Bewegung der Spindel sowie die nachfolgende Richtungskörperbildung scheint sehr rasch ausgeführt zu werden, da ich Zwischenstadien fast nie beobachten konnte. Die Verzögerung des Teilungsakts einer Tetrade ist auch hier vorhanden (Fig. 99), sie tritt aber aus den oben angeführten Gründen nicht so deutlich hervor wie bei der Spermatocytenteilung. Nach der Abschnürung des 1. Richtungskörpers erfolgt die Um- lagerung der Dyadenhälften, welches Stadium durch Fig. 91 veran- schaulicht wird und den Stadien Fig. 49, 50, Textfig. Ke der Samen- reifung entspricht (vgl. S. 591). Der 2. Richtungskörper wird meist an einer andern Stelle aus- geschieden als der 1., indem die Spindel nach Umlagerung der Dyadenhälften seitlich vom 1. Richtungskörper die Peripherie er- reicht (Fig. 104). Er ist nur selten sichtbar und scheint bald nach seiner Bildung zu schwinden. Den 1. Richtungskörper sieht man bis zum 10- und 12zelligen Furchungsstadium erhalten bleiben in Form eines Chromatinkörpers, der in einem relativ großen, hellen Bläschen gelegen ist (Fig. 91). Was den Ort der Ausscheidung der Richtungskörper anbelangt, so ist dieser im allgemeinen verschieden, je nachdem man es mit jungen oder alten Würmern zu tun hat. Bei jungen Tieren ist der Oviduct, wie schon oben erwähnt wurde, so eng, daß die Eier nur dadurch, daß sie eine lang ge- 616 CHR. STRUCKMANY, streckte Gestalt annehmen, hindurchgleiten kénnen. Da sie schon vorher Eiform angenommen hatten, so werden sie naturgemäB mit einem Pol voran in den Eileiter eintreten, und dieser Pol bietet dann den hier vorhandenen Spermatozoen die nächste und beste Gelegenheit, sich der Eioberfläche anzulegen (Fig. 84, 95), so dab der später sich entwickelnde männliche Vorkern in der Nähe dieses Pols gelegen ist. Bei diesen Eiern nun findet die Richtungskörperbildung meist an dem entgegengesetzten Pol statt, worauf der entstehende weib- liche Vorkern dem in der Entwicklung voranschreitenden männ- lichen ungefähr gegenüberliegt (Fig. 102). Diese Beobachtung stimmt überein mit den Untersuchungen von R. v. ERLANGER, der dieselbe Tatsache für Rhabditis dolichurus, und von H. E. ZIEGLER, der sie für Diplogaster longicauda feststellte. Es scheint sogar, daß die Spindel, falls sie während ihrer tangentialen Lage noch in der Mitte der Eiperipherie gelegen war, beim Über- gang in die radiäre Lage gleichzeitig eine Bewegung nach dem Pol hin macht. Da nun, wie sich aus den Furchungsstadien ergibt, die Richtungs- körper fast stets am animalen Pol gelegen sind, oder wenigstens in seiner Nähe, so geht daraus hervor, daß der Pol, mit welchem das Ei in den Uterus eintritt und an welchem sich das Spermatozoon anlegt, der vegetative ist. Dasselbe ist bei Strongylus paradoxus der Fall. Schon Wax- DOLLECK und SPEMANN geben auf ihren Abbildungen die Lage der Richtungskörper am animalen Pol an, und Z1EGLER schreibt von Diplogaster longicauda: „Genau am vorderen Pol oder in der Nähe des vorderen Poles kommt es zur Ausstobung des ersten Richtungskörpers.“ Wenn nun an einigen Embryonen der Richtungskörper vom animalen Pol mehr entfernt und sogar auf der Grenze zwischen animaler und vegetativer Zelle liegen kann (beim 2zelligen Stadium), so möchte ich diese Fälle schon ihrer geringen Zahl wegen für Aus- nahmen halten. Auch ZiEGLER sagt: „Nur in seltenen Ausnahme- fällen findet die Richtungskörperbildung am hinteren Pole statt.“ Der eben beschriebene Modus bezieht sich auf junge Tiere, bei denen auch der Geschlechtsapparat noch in jugendlichem Zustand ist. Bei ältern Tieren jedoch, bei denen der Genitalschlauch weiter geworden ist (s. oben), kommen viel mehr Abweichungen von dem normalen Modus vor. Indem die Spermatozoen in dem weitern Lumen des Oviducts vielfach Gelegenheit haben, sich seitlich dem Befruchtung von Strongylus filaria. 617 Ei anzulegen, findet bei diesen Eiern die Ausstoßung der Richtungs- körper nicht mehr am Pol, sondern in der Mitte der Eiperipherie statt. Aus der Erscheinung aber, daß bei den Eiern, bei denen das Spermatozoon an der Spitze eindrang, die Richtungskörper meist am entgegengesetzten Pol gebildet werden, während dagegen bei den Eiern älterer Tiere der zuletzt beschriebene Modus vorherrscht, glaube ich, auf eine Wechselbeziehung zwischen dem Ort, an welchem das Spermatozoon eindrang und dem, an welchem die Richtungs- körper ausgeschieden werden, schließen zu dürfen. Befruchtung. Die Vereinigung von Spermatozoon und Ei, die ich in den Figg. 84, 87, 95, 96, 97 sowie für Strongylus paradoxus in Fig. 92—94 dargestellt habe, kommt dadurch zustande, dab sich das Spermatozoon einfach an die Eioberfläche anlegt. Dieses Verhalten entspricht auch den Beobachtungen von PousaKorr. Derselbe sagt in seiner „Biologie der Zelle“: „Samen- körper jedoch, die keinen Endfaden besitzen, legen sich blos an die Eioberfläche an.“ Der Körper des Spermatozoons verschmilzt darauf mit dem Ei, indem er etwas in das Eiplasma eindringt (Fig. 86, 87, 96, 97), wobei zugleich die Eiperipherie scharf konturiert erscheint, was auf die . Ausscheidung einer Membran hindeutet. Ein Vordringen des Spermatozoons bis zur Eimitte oder bis in die Nähe derselben, wie dies die Autoren bei Ascaris und andern Objekten festgestellt haben, ist bei Strongylus nicht zu beobachten. In der Folge erleidet der Körper des Spermatozoons weitere Veränderungen. Nachdem er bis dahin seine normale Gestalt bei- behalten hatte, fängt jetzt das Chromatin an, sich abzurunden, und gleichzeitig scheint ein Teil des Plasmas abgestoben zu werden 618 CHR. STRUCKMANN, (Fig. 86, 96). Fernerhin sieht man die Kontur des Chromatinkörpers unregelmäßig werden sowie hellere Stellen in seinem Innern auf- treten, mit welchen Erscheinungen die Auflockerung des Chromatins beginnt (Fig. 98—100). Auf diesem Stadium wird auch das Centrosom sichtbar, weis nachdem der gleichmäßige, das Chromatin umgebende Plasmahof des Spermatozoons teilweise geschwunden ist, seine Natur dadurch verrät, daß es in dem Eiplasma eine anfangs schwache, aber immerhin deutlich erkennbare Strahlung hervorruft. Nachdem sich die beiden Vorkerne durch Aufnahme von Plasma- substanz und Ausbildung einer Kernmembran herausgebildet haben, wobei der männliche dem weiblichen Vorkern meist voraneilt, liegen sie zunächst in ziemlicher Entfernung voneinander, wie erwähnt meist an den gegenüberliegenden Polen, nahe der Peripherie (Fig. 102). Bald aber verlassen sie diesen Platz, sie wandern aufeinander zu und treffen ungefähr im Zentrum des Eies zusammen (Fig. 103, 104). Ob dieses Zusammentreffen von vornherein in seitlicher Richtung geschieht oder ob nach dem Aneinanderlegen der eine Vorkern um den andern eine Drehung ausführt, wodurch die typische Lage (Fig. 104) erreicht wird, konnte ich nicht entscheiden. Naturgemäß ändert sich die Wegrichtung der Vorkerne mit der Verschiedenheit der Ausgangspunkte, doch scheint mir der eben be- schriebene Modus der häufigste zu sein. Später erfolgende Be- wegungen der beiden Vorkerne, wie sie ZIEGLER und RHUMBLER am lebenden Objekt beobachtet haben, konnte ich nur daraus erschließen, daß die Kerne vor ihrer Vereinigung in der 1. Furchungsspindel oft ganz abnorme Lagen im Eiplasma einnahmen. Ein anderer Vorgang, der sich in der Reifeperiode vollzieht und der schon von andern Autoren beobachtet wurde, betrifft die oben erwähnten Eiweißtropfen. Dieselben lagen bisher im Innern des Eies in der Nähe des Keimbläschens. Sie wandern jetzt aber zur Peripherie, und indem sie miteinander verschmelzen, nimmt ihre Zahl immer mehr ab. So gelangen sie an die Oberfläche, wo sie ausfließen und die innerhalb der Eihaut gelegene, das Ei einhüllende Flüssigkeit bilden, die ich mit der von den Spermatiden ausge- schiedenen Eiweißsubstanz analogisieren und als Nährmaterial an- sprechen möchte. Die folgenden Stadien der Kernverschmelzung und die darauf- folgende Bildung der 1. Furchungsspindel zeigen andern be- kannten Objekten gegenüber so wenig charakteristische Einzelheiten, Befruchtung von Strongylus filaria. 619 daß eine besondere Beschreibung an dieser Stelle sich erübrigt. Fig. 105 gibt eine Darstellung der 1. Furchungsspindel, an welcher noch die Verteilung der Chromosomen in zwei den beiden Vorkernen entsprechenden Gruppen, eine väterliche und mütterliche, zu be- obachten ist, wie sie von Rickert, HÂckEr und andern Autoren festgestellt wurde. Vergleichende Beobachtungen an Strongylus paradozxus. Nachträglich habe ich vergleichsweise das fiir meine vorbe- reitenden Untersuchungen bestimmt gewesene Material von Strongylus paradoxus durchgesehen. Ich kann für dieses Objekt die folgenden Tatsachen feststellen: Im allgemeinen stimmen die einzelnen Stadien der Eireifung von Strongylus paradoxus mit denen von Strongylus filaria überein, nur mit dem Unterschied, daß die Größenverhältnisse bei dem erstern viel geringere sind. . Die Zahl der Tetraden in der 1. Reifungsspindel von Strongylus paradoxus ist 6. Zwischen ihnen bestehende Größenunterschiede sind wegen der Kleinheit des Objekts nicht auffallig, doch in den Vor- stadien deutlich zu erkennen. Die 1. Reifungsspindel ist zunächst tangential gelegen und macht erst später die schon für Strongylus filaria beschriebene Richtung durch. Der 1. Richtungskörper ist im Ver- hältnis zur Größe der Eizelle noch umfangreicher als bei Strongylus filaria. Nach der 1. Reifungsteilung findet in der schon be- schriebenen Weise die Umlagerung der Dyadenhälften statt, worauf die Bildung des 2. Richtungskörpers vor sich geht. Dieser scheint bald nach seiner Bildung verloren zu gehen. Meist sieht man an dem der Richtungsspindel gegenüberliegenden Pol ein Spermatozoon liegen, welches als runder, von einem schmalen Plasmahof umgebener Chromatinkörper erscheint. | Den Oviduct, welcher anscheinend einen ähnlichen innern Bau besitzt wie derjenige von Strongylus filaria und welcher ebenfalls auf dem Epithel seiner Wandung den chitinösen Wimperbesatz trägt, sieht man vielfach mit den kleinen Spermatozoen erfüllt. Diese letztern entsprechen in ihrem Aussehen fast vollkommen denen von Strongylus filaria. Sie haben einen rundlichen Protoplasmaleib, in welchem der ebenfalls runde Chromatinkörper sowie ein häufig sicht- ‚bares Centrosom keine bestimmte Anordnung besitzen. 620 CHR. STRUCKMANN, Zum Schluß möchte ich einer bessern Übersicht wegen in folgenden Punkten die Resultate meiner Untersuchungen zusammen- fassen: 1. In den Spermatogonien wie in den Oogonien von Strongylus filaria finden sich 12 Chromosome. 2. Am Ende der Wachstumszone ordnet sich die chromatische Substanz in 6 Doppelfäden an, die in der Prophase durch Quer- einschnürung zu Tetraden werden und als bivalente Chromosome aufzufassen sind. 3. Es sind 2 große, 2 mittlere und 2 kleine solcher Tetraden vorhanden. 4. Die 1. Reifungsteilung wird durch den Querspalt ausge- fiihrt; sie teilt die 6 bivalenten Tetraden in 12 univalente Dyaden und ist als Reductionsteilung aufzufassen. Man hat also eine Prä- reduction im Sinne KORSCHELTS vor sich. D. In den Spermatocyten 2. Ordnung lagern sich die Hälften der Dyaden so hintereinander, daß der Eindruck von quer gespaltenen Chromosomen hervorgerufen wird. 6. Die 2. Reifungsteilung trennt die Hälften der Dyaden durch den scheinbaren Querspalt, der in Wirklichkeit ein Längsspalt ist. Diese Teilung ist also eine Äquationsteilung. 7. In der Spermatide ordnet sich das Chromatin zu einem kegel- förmigen Körper an, der ebenso wie das Centrosom im Kernplasma gelegen ist, wobei eine membranöse Abgrenzung des Kernplasmas vom Zellplasma nicht vorhanden ist. 8. Die Umbildung der Spermatide und Ausbildung des Sperma- tozoons erfolgt insofern auf eigentümliche Weise, als 2 Plasmaaus- scheidungen stattfinden, die eine starke Volumenverminderung zur Folge haben. 9. Die Spermatide hat zunächst walzenförmige, dann keulen- förmige Gestalt angenommen; an dem spitzen Ende ist der Chromatin- körper gelegen. Hinter ihm liegt das Centrosom. 10. Entsprechend der Form der Spermatide hat sich der Kern in die Länge gestreckt und ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen erlangt. 11. Die im Oviduct des Weibchens aufgefundenen Spermatozoen haben sowohl die äußere Form als auch die reguläre Anordnung des Chromatins und des Centrosoms, wie sie die Vorstadien auf- weisen, verloren. 12. Die Phasen der Eireifung stimmen inbezug auf das Ver- Befruchtung von Strongylus filaria. 621 halten des Chromatins, d. h. hinsichtlich der Reductionsfrage, mit denen der Samenreifung sehr überein. Charakteristisch für die 1. Richtungsspindel sind Tetradenformen, die einen Vergleich mit den chromatischen Elementen von Ascaris zulassen. 13. Die Vereinigung von Spermatozoon und Ei kommt durch Anlegen des erstern an die Eioberfläche zustande. 14. Nachdem sich das Spermatozoon mit dem Ei vereinigt hat, dringt es nicht weit in das Innere des Eies vor, sondern bleibt in der Nähe der Peripherie, wo auch der männliche Vorkern zur Ausbildung gelangt. Die in Entstehung begriffenen Vorkerne liegen meist an den gegenüberliegenden Polen und treten erst zur Bildung der 1. Furchungsspindel im Zentrum des Eies zusammen. An dieser Stelle möchte ich nicht versäumen, meinem sehr ver- ehrten Lehrer Herrn Prof. E. Korscnezr für freundliche Überlassung des Themas sowie für die bei Durchsicht der Arbeit gehabte Mühe meinen besten Dank zu sagen. Ebenso bin ich Herrn Dr. TOnNIGES für seine mir jederzeit gewährten Ratschläge sehr zu Dank ver- pflichtet. Literaturverzeichnis. AUGSTEIN, O., Strongylus filaria, in: Arch. Naturg., Jg. 60, Vol. 1, auch Inaug.-Dissert. Berlin 1894. BAUMGARTNER, Individuality of the chromosomes, in: Biol. Bull., Vol. 8, 1904. BÖSENBERG, H., Beiträge zur Kenntnis der Spermatogenese bei den Arachnoiden, in: Zool. Jahrb., Vol. 21, Anat., 1905. Bovert, Zellenstudien, in: Jena. Z. Naturw., Vol. 21, 1887, Vol. 22, 1888, Vol. 24, 1890, Vol. 35, 1901. —, Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zell- kerns, in: Verh. D. zool. Ges. (Wiirzburg), 1903. 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'/;, sowie die Compensationsoculare II, IV, VI, VIII und XII benutzt. a Die Bilder für die Samenbildung, Fig. 1—81, sind sämtlich mit Ol- imm. 1/,, und Compensationsocular VIII gezeichnet. Von den Figuren für die Eireifung wurden Fig. 85, 101—104 mit Compensationsocular II, Fig. 82, 83, 88, 92—96, 98 und 100 mit Com- pensationsocular IV, Fig. 84, 86, 87, 96 und 99 mit Compensationsocular VI, Fig. 90 und 105 mit Compensationsocular VIII, Fig. 89, 91 und 97 mit Compensationsocular XII ausgefiihrt. Wate leo. Fig. 1. Ruhende Kerne der Keimzone. Zellgrenzen sind noch nicht zu erkennen; das Plasma ist fadig angeordnet. Fig. 2. Prophasen der Spermatogonienteilungen, in den Kernen sind meist 12 Chromatinfäden sichtbar. Fig. 3a und b. Synapsisähnliches Stadium der Kerne am Anfang der Wachstumszone. Fig. 4, 5. Zwei spätere Stadien am Anfang der Wachstumszone, auf welchen die Auflockerung des Chromatins sichtbar ist. Fig. 6. Späteres Stadium der Wachstumszone. Ausbildung der Keulenform der Spermatogonie, die der strangférmigen Rhachis aufsitzt. Fig. 7. Zelle und Kern haben an Umfang stark zugenommen. Das Chromatin ist zu Fäden angeordnet. Fig. 8 Die chromatischen Fäden zerfallen in kurze Stücke und Körnchen, die nur noch schwach färbbar sind. Befruchtung von Strongylus filaria. 625 Fig. 9. Die färbbare Substanz sammelt sich in einer oder mehreren im Innern des Kerns gelegenen Anhäufungen; die Fadenreste sind farblos. Der Stiel der Spermatogonie verbreitert sich. Fig. 10. Die Rhachis ist allmählich fadenförmig geworden; die Spermatogonia hat durch starke Verkürzung eine zylindrische Gestalt an- genommen. Fig. 11, 12. Durch Abrundung löst sich die Zelle von der im Schwinden begriffenen Rhachis los. Im Kern werden die Fadenreste wieder stärker färbbar, die zentral gelegenen, stark gefärbten Anhäufungen lösen sich auf. Fig. 13, 14, 15. Das Chromatin beginnt stärkere Fäden zu bilden, die meist der Kernwand anliegen. Fig. 16—20. Alle färbbare Substanz wandert auf die Fäden, die als Doppelbildungen erscheinen. Fig. 21, 22. Die einzelnen Doppelfadenstücke scheinen sich zu einem einzigen Doppelfaden zusammengelegt zu haben. Fig. 23—26. Es sind 6 Doppelfäden vorhanden, welche Ringe, Kreuze, X- und Vförmige Figuren bilden. Fig. 27. Die Doppelfäden erhalten in der Mitte eine Quereinschnürung, die aber nicht zu einer vollkommenen Durchteilung führt. Fig. 28. Die so entstandenen 4 Teilstücke eines jeden Doppelfadens nehmen allmählich reguläre Form an und bilden eine Tetrade. Fig. 29a und b. Bilder derselben Spermatocyte 1. Ordnung, die bei verschiedener Mikrometereinstellung gezeichnet sind und zeigen, daß in jedem Kern 2 große, 2 mittlere und 2 kleine Tetraden vorhanden sind. 29a enthält 1 große und 2 mittlere, 29b 1 große und 2 kleine Tetraden. Fig. 30. Stellt 2 Tetraden dar, deren Teilstiicke noch nicht die typische, reguläre Form angenommen haben, deren Entwicklung also noch nicht vollendet ist, obwohl sie schon im Aquator der Reifungsspindel an- geordnet sind. Fig. 31—33. Zeigen das Auftreten der Centrosome an der Kern- membran. Fig. 54, 35. Die Centrosome entfernen sich von der Kernmembran und wandern in das Plasma. Fig. 36. Zeigt die Ausbildung der Spindelfasern. Fig. 37. Das Centrosom hat sich mit seiner Polstrahlung so fest mit dem Zellplasma verbunden, daß durch die Zugwirkung der Spindel- fasern mit dem Centrosom auch das Plasma von der Zellwand entfernt wird. Da der Schnitt die Zelle schräg getroffen hat, so ist das andere Centrosom nicht sichtbar. Tatel 30%: Fig. 38, 39. Zeigen das Auseinanderweichen der Centrosome und die Ausbildung der Primärspindel. 626 | CHR. STRUCKMANN, Fig. 40, 41. Stärkere Ausbildung der Polstrahlungen sowie der Spindelfasern; wobei die Kernmembran in Auflösung begriffen ist. Fig. 42. Metaphase der 1. Reifungsteilung. Fig. 43. Polansicht von diesem Stadium. Fig. 44. Der Längsspalt der Tetraden ist geschwunden, die Quer- spaltung ist fast vollkommen durchgeführt. Fig. 45, 46, 47. Anaphasen der 1. Reifungsteilung. Eine in der Mitte gelegene Tetrade bleibt beim Teilungsvorgang zeitlich zurück, so daß eine Dyade in Fig. 46, 47 erst später mit der Tochterplatte vereinigt wird. Fig. 48. Spätes Stadium der Anaphase. Die Längsstreckung und seitliche Einschnürung der Zelle deutet an, daß sie im Begriff steht, sich durchzuschnüren. Fig. 49, 50. Spermatocyten 2. Ordnung, welche die Umlagerung der Dyadenhälften zeigen. Bei 50 wird das Centrosom, welches sich inzwischen geteilt hat, wieder sichtbar. Fig. 5l. Metaphase der 2. Reifungsteilung. Die durch Umlagerung der Chromosomenhälften als Quereinschnürungen erscheinenden Längs- spalte sind nur noch schwach sichtbar. Fig. 52. Polansicht der Metaphase. Fig. 53, 54. Anaphase. Der zum Querspalt gewordene Längsspalt führt die Trennung der Chromosomenhälften aus. Fig. 55. Spätes Stadium der Anaphase; die Tochterplatten sind weit auseinander gerückt, die Zellteilung ist nahe bevorstehend. Fig. 56. Spermatide mit Tochterplatte. Fig. 57. Um das Chromatin, das einen kegelförmigen Körper bildet, hat sich das Kernplasma gesammelt, in welchem auch das Centrosom ge- legen ist. Eine membranöse Kernwand ist nicht sichtbar. Das Zellplasma mit den eingelagerten Körnchen ist radıär angeordnet. Fig. 58. Das Chromatin beginnt aus dem Kern auszuwandern. Fig. 59. Die Spermatide streckt sich in die Länge; der Chromatin- körper ragt vollkommen aus dem Kern hervor. Fig. 60, 61. Die Lingsstreckung der Spermatiden hat zugenommen, und auch der Kern macht diese Bewegung mit. Am vordern Ende der Spermatide, an welchem das Chromatin gelegen ist, sowie an dem hintern Ende zeigt sich eine besondere, homogene Differenzierung des Plasmas. Fig. 62—64. Die Spermatide hat Walzenform angenommen; die Peripherie ist stellenweise stark gefärbt. Die Plasmadifferenzierung des Vorderendes hat an Größe zugenommen, die des Hinterendes ist vacuolen- artig geworden. Der Chromatinkörper hat birnförmige Gestalt erhalten. Fig. 65. Zeigt ein starkes Anwachsen der Plasmadifferenzierung des Vorderendes. Die peripher gelegenen, stark gefärbten Ränder sind ver- schwunden. Befruchtung von Strongylus filaria. 627 Fig. 66, 67, 67a. Die Plasmaausscheidung am Vorderende hat den größten Umfang erreicht. Der Chromatinkörper nimmt eine mehr schlanke Form an, seine Oberfläche zeigt sich gewellt. Fig. 68, 69. Die ausgeschiedene Plasmamasse ist seitlich’ am Sperma- tidenkörper gelegen, in ihrem Innern sind zahlreiche Vacuolen aufgetreten. Fig. 70—73. Durch Entleerung der Vacuole am Hinterende tritt seitlich am Spermatidenkörper eine schnell anwachsende Plasmaabsonderung auf. Dieselbe enthält die in das Plasma eingelagert gewesenen Körnchen; die Vacuole des Hinterendes erscheint leer (72, 73). Die Spitze des Chromatinkörpers ist verschiedentlich stark gekrümmt. Fig. 74, 75. Zeigen beide Plasmaausscheidungen in Verbindung mit dem Spermatidenkörper. Fig. 76. Querschnitte durch das Hinterende der Spermatide zeigen die geleerte Vacuole. Fig. 77—79. Letzte Stadien der Spermatiden im männlichen Ge- schlechtsapparat. Die beiden Plasmaausscheidungen sind mehr oder weniger ineinander geflossen. Das hinter dem Kern gelegene Hinterende, d. h. die Wände der Vacuole, degenerieren. Fig. 80. Spermatozoen in der Vagina des Weibchens (Hämatoxylin- Eosin). Der Kern hat lichtbrechende Eigenschaften. Die abgestoßenen Plasmamassen haben sich losgelöst. Fig. 81. Spermatozoen im Oviduct. Der Plasmakörper hat sich mehr oder weniger abgerundet. Der Glanzkörper ist nicht mehr sichtbar. Chromatin und Centrosom haben keine bestimmte Anordnung im Plasma. Fig. 82. Oocyte, welche soeben aus dem Ovarium in den Oviduct eingetreten ist. In dem zentral gelegenen, runden Keimbläschen sind die Tetraden noch nicht vollkommen ausgebildet. Stark gefärbte Eiweißvacuolen im Innern des Eies. Fig. 83, 84. Das Keimbläschen hat unregelmäßige Gestalt ange- nommen und sich der Peripherie genähert. Auch die Eiweißvacuolen wandern zur Peripherie; sie wachsen durch Verschmelzung, wodurch gleich- zeitig ihre Zahl abnimmt. Fig. 84 zeigt ein Spermatozoon, welches sich soeben mit dem Ei vereinigt hat. Fig. 85. Die Membran des Keimbläschens hat sich aufgelöst, in der homogenen achromatischen Substanz sind die Tetraden gelegen. Neben der in Bildung begriffenen Spindel liegt ein zerfallender Nucleolus. Matelas Fig. 86, 87. Ähnliche Stadien wie Fig. 85. Die Spindel hat sich der Peripherie noch mehr genähert. Am vegetativen Pol sind ein- gedrungene Spermatozoen sichtbar. Fig. 88. Die Tetraden liegen in der jetzt tangential gerichteten Spindel, deren Spindelfasern an den Enden Verdickungen zu tragen scheinen. Die Eiweißvacuolen liegen ganz nahe der Peripherie. 628 Cur. STRUCKMANN, Befruchtung von Strongylus filaria. Fig. 89. Die Spindel hat Tonnenform angenommen. Ihre Längs- achse bildet jetzt einen Winkel von etwa 60° zu der tangentialen Lage. Fig. 90. Anaphase der ersten Reifungsteilung, wobei die Längs- spaltung der Elemente verschwunden ist. Fig. 91. Der 1. Richtungskörper ist ausgeschieden. Die im Ei zurückgebliebenen 6 Dyaden ordnen ihre Hälften hintereinander, so daß der vorher vorhanden gewesene Längsspalt zum Querspalt wird. Fig. 92—94. Eier von Strong. paradorus mit sich anheftenden Spermatozoen. Fig. 95—97. Ahnliche Stadien von Strong. filaria. Das Spermatozoon liegt am vegetativen Pol. Fig. 98. Zeigt eine Polansicht der 2. Richtungsspindel sowie einen in Ausbildung begriffenen Spermakern. Das deutlich sichtbare Centrosom zeigt eine Strahlung. Fig. 99. Ei mit Anaphase der 1. Reifungsteilung und in Aus- bildung begriffenem Spermakern. Fig. 100. Ei mit Prophase der 1. Reifungsteilung. Am vegeta- tiven Pol ein Spermatozoon mit Centrosom. Fig. 101. Ei mit Richtungskörper, männlichem Vorkern und in Bildung begriffenem weiblichem Vorkern. Fig. 102. Ei mit Richtungskörper und weiblichem Vorkern in der Nähe des animalen und männlichem Vorkern in der Nähe des vegeta- tiven Pols. Fig. 103. Die beiden Vorkerne haben sich einander genähert. Der Richtungskörper liegt in der Nähe des animalen Pols. Fig. 104. Die beiden Vorkerne sind ungefähr im Zentrum des Eies zusammengetroffen und haben sich seitlich aneinander gelegt. Am animalen Pol sind die beiden Richtungskörper sichtbar. Fig. 105. Metaphase der 1. Furchungsteilung. Durch einen größern Zwischenraum kann man die Chromosome des einen Vorkerns von denen“ des andern unterscheiden. Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a/S. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Uber das von Eimer beschriebene Brustbein vom Karpfen (Cyprinus carpio). Von W. B. von Baehr. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Tiibingen.) Mit Tafel 32. In Eımer’s Entstehung der Arten, Teil 31), ist angegeben, daß bei den ältern Karpfen eine Art von kräftigem Brustbein vorkomme, das mit dem Brustbein der höhern Wirbeltiere verwandt sei. Da bis jetzt von dem Vorhandensein eines Sternums bei den Teleosteern noch nichts bekannt ist und auch die Homologie des bei Selachiern beschriebenen Brustbeins mehr als fraglich erscheint, so war es natürlich von großem Interesse, diese Angabe genauer zu prüfen. Von meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Buocumann, hierauf aufmerksam gemacht, übernahm ich unter seiner Leitung die Untersuchung, deren Ergebnis ich im Folgenden kurz darlegen will. Ehe ich aber zu dem Karpfen selbst übergehe, möchte ich hier zuerst mit einigen Worten auf die Frage des Brustbeins bei Selachiern eingehen. Bekanntlich erscheint bei diesen Fischen der Schulter- gürtel als ein ventral geschlossener knorpliger Bogen, der sich onto- 1) EIMER, Die Entstehung der Arten, Teil 3. Nach seinem Tode herausgegeben von FICKERT und Gräfin von LINDEN. Leipzig 1901. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 41 630 W. B. von BaEHR, genetisch aus 2 selbständigen Hälften herausbildet. Im Skelet von Notidanus indicus hatte nun HAswELL!) zuerst beschrieben, daß an der ventralen Verbindungsstelle der beiderseitigen Bogenhälften ein viereckiger, rautenförmiger, nach vorn gerichteter Knorpel ein- gelagert sei, der dem Amphibienprästernum verlockend ähnlich sei („temptingly like the presternal“). Die Homologie dieses Gebildes mit dem Prästernum schien ihm jedoch ganz ausgeschlossen, weil er es bei keiner von den näher verwandten Formen fand, selbst bei Heptanchus cinereus und Hexanchus griseus nicht. Später untersuchte das Skelet von Notidanus indicus auch T. J. Parker?) und fand in der Mittellinie des Bauchs am Schultergiirtel, außer dem nach vorn gerichteten rhombischen Knorpel, noch einen dreieckigen hintern Knorpel, der zwischen den Bogenhälften eingekeilt ist. T. J. PARKER sah im vordern Knorpel das „preomosternum“, im hintern das ,,postomosternum“ der Anuren*) und meinte, dab man hier eine gute Erklärung für die Phylogenie des Sternums finde. Das Brustbein entsteht nämlich bei seinem ersten Auftreten durch Abtrennung des mittlern ventralen Teils des Schultergiirtels in der- selben Weise, wie das Basihyale und die Basibranchialia von dem Hyoidbogen und den Branchialbogen abgesondert sind. — Auf diese Angaben gestützt, geht nun Howzs*) noch weiter und will einen fundamentalen Unterschied zwischen dem Sternum der Ichthyopsida und dem Brustbein der Amnioten sehen. Das Sternum von Notidanus indicus stammt, seiner Ansicht nach, vom Schultergiirtel ab und ist ein Coracoidalgebilde, er nennt es „coracoidal archisternum“. Bei den Amnioten wurde dieses Sternum im Laufe der Zeit durch ein costales Gebilde verdrängt, das durch Rippen („haemal arches“) 1) Haswezz, W. A., Studies on the Elasmobranch skeleton, in: Proc. Linn. Soc. N. S. Wales, Vol. 9, 1884 (zitiert nach T. J. PARKER, On the presence of a sternum in Notidanus indicus, in: Nature, Vol. 43, 1891, p. 516). 2) PARKER, T. J., On the presence of a sternum in Notidanus indicus, in: Nature, Vol. 43, 1891, p. 142. 3) PARKER bezeichnet nach dem Vorgang ALBRECHT’s das gesamte Amphibiensternum als Omosternum, um den Gegensatz zu dem Sternum der Amnioten zu betonen. Man muß also unter „pre-omosternum“ das Episternum der Anuren oder Epicoracoid GEGENBAUR’s (,Omosternum“ WIEDERSHEIM), unter ,post-omosternum“ das eigentliche Amphibien- sternum („Hyposternum“ GOETTE) verstehen. 4) Howes, G. B., The morphology of the sternum, in: Nature, Vol. 43, p. 269. Brustbein vom Karpfen (Cyprinus carpio). 631 gebildet wird; die letzte Spur von dem verschwundenen „coracoidal sternum“ findet sich nur noch in der Interclavicula. Howes nennt das Amniotensternum deswegen „haemo-coracoidal neosternum“. — Für die Zugehörigkeit des Episternums der Anuren („pre-omosternum“ PARKER, ,Omosternum“ WIEDERSHEIM) zum Schultergürtel traten schon GOETTE!) und GEGENBAUR ?) ein. Das echte Sternum (,,post- omosternum“ PARKER) der Amphibien wird von GEGENBAUR als costales Gebilde aufgefaßt. Es legt sich aus ventral erhalten ge- bliebenen knorpligen Rippen an und bildet eine knorplige Platte, welche direkte Beziehungen zu den an der Wirbelsäule sitzenden, rückgebildeten Rippen verloren hat; das bedeutet, daß auch den Rippen der Amphibien in frühern Zuständen einmal eine ventrale Erstreckung zukam, wie sie bei Fischen und Amnioten verbreitet ist. — Ein costales Sternum besitzen die Amphibien nach GOETTE nicht. Die Entwicklungsgeschichte des „Hyposternums“ der Anuren zeigte ihm, daß es weder aus Schulterstücken noch aus Rippenenden hervorgeht, sondern völlig selbständig in einer zwischen dem Schulter- giirtel und der Linea alba ausgespannten und die Bauchmuskeln bedeckenden Membran entsteht. Das sogenannte Sternum der Uro- delen und auch das vom Bombinator igneus hat doppelten Ursprung: 1. Verknorpelungen der Verbindungsmembran der Coracoidea (dem „Hyposternum“ der Frösche durchaus homolog) und 2. Knorpel- bildungen der Linea alba und der angrenzenden Sehnenstreifen des geraden Bauchmuskels, welche als Homologa von Bauchrippen auf- zufassen sind. — WIEDERSHEIM?) faßt dagegen „Omosternum“ und Sternum der Amphibien als in der ventralen Mittellinie paarig und selbständig entstehende Bildungen auf, die auf zusammenfließende und verknorpelte Myocommata im Bereich des medialen Rands vom Musculus rectus zurückzuführen sind. Daraus ergibt sich, dab wir (von der Ansicht WIEDERSHEIM’S absehend) zwar eine Homologie des vordern Knorpelstücks an der ventralen Verbindungsstelle des Schultergürtels bei Notidanus indicus mit dem Praesternum der Anuren, das ebenso dem Schultergürtel seine Abstammung verdankt, nicht absolut abweisen können, daß aber die Untersuchungen gegen die Homologisierung des hintern Knorpelstücks mit dem Sternum der Amphibien sprechen, denn, 1) GOETTE, A., Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Skelet- systems der Wirbeltiere, in: Arch. mikrosk. Anat., Vol. 14. 2) GEGENBAUR, Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, Vol. 1, 1898. 3) WIEDERSHEIM, Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, 1902. 41* 632 W. B. von BAEHR, wenn auch die Ansichten über die Genese des Amphibiensternums verschieden sind, so scheint dasselbe doch nicht ein Derivat der Coracoide zu sein. Ich habe mich bei dieser Frage etwas linger aufgehalten, um zu zeigen, daß die Angaben über Vorhandensein eines Brustbeins bei Selachiern und über die Homologie desselben mit dem Sternal- apparat bei Amphibien noch sehr zweifelhaft sind. Die erwähnten Knorpelstücke bei Notidanus indicus sind wahrscheinlich nur akzessorische Bildungen, denen man keine weitere Bedeutung zu- schreiben darf. Im Gegensatz zu dem angeblichen coracoidalen Sternum von Selachiern handelt es sich nach Ermer beim Karpfen um ein echtes costales Sternum. Ermer selbst schreibt hierüber: „Der Karpfen hat und wohl ebenso die übrigen karpfenartigen Fische, wie wir an einem sorg- fältig präparierten Skelet dieses Tieres sehen, ein kräftiges knorpeliges Brustbein, welches vorn durch zwei starke knöcherne Schlüssel- oder Rabenbeine mit dem Schultergürtel in Verbindung steht, während es nach hinten unmittelbar mit den Knochen des Beckengiirtels durch Knorpel zusammenhängt. Knorpel berandet diese Knochen nach außen, und an diesen Knorpelrand setzen sich jederseits 5 knorpelige Rippenenden an, an das eigentliche Brustbein außerdem 3 (so ist es links, rechts haben nur 2 Rippen ihren Sitz am eigent- lichen Brustbein). Im ganzen bilden aber 12 Rippenpaare den ge- schlossenen Brustkorb. Die 5 hinteren sind rechterseits nach Art der falschen Rippen durch Knorpel verbunden. Die 5 letzten Rippen sind nicht knorpelig verbunden, nehmen am geschlossenen Brustkorb nicht teil. Es sind also 7 wahre und 5 falsche Rippen vorhanden.“ Hierzu bemerken Fickert u. Gräfin von Linpen, daß sich die Verhältnisse bei einem später untersuchten Karpfen im wesentlichen ebenso gezeigt haben.') Um diese Beschreibung besser zu veranschaulichen, habe ich meinen Abbildungen noch eine Photographie (Fig. 1) eines Karpfen- skelets zugefügt, welches sich im Zoologischen Institut zu Tübingen befindet und die Grundlage für Fickerr und von Linpen’s Be- stätigung der Angaben von Ermer bildete. Was zunächst das von Eimer als knöchernes Schlüssel- oder Rabenbein bezeichnete Skeletstück betrifft, so ist dasselbe etwas 1) 1.005 py 195 Zoolog. Jahrbücher, Bd. 22, Abt. f. Morph. W. B. von Baehr, Brustbein vom Karpfen. Fig. A. Zu Seite 632. Hard een Se Brustbein vom Karpfen (Cyprinus carpio). 633 ganz anderes, nämlich ein Knochen, dessen morphologische Bedeutung zwar noch nicht aufgeklärt ist, der aber wohl nicht zu den Knochen des primären Schultergürtels gehört. Es ist ein mit dem Cleithrum verbundener Hautknochen, der bei allen Teleosteern vorkommt und gewohnlich aus 2 Teilen besteht, beim Karpfen aber nur als ein einfacher ziemlich stark entwickelter Knochen auftritt. GEGENBAUR !) bezeichnete ihn als „problematisches“ Knochenstück. — Derjenige Knochen, den man jetzt als Coracoid auffaßt, bildet samt der Scapula den Rest des primären Schultergürtels, welcher an der innern Fläche des Cleithrums ansitzt. Ein Schlüsselbein existiert nach dieser Auffassung bei Teleosteern nicht. Ferner ist bezüglich der Morphologie des Beckengürtels zu be- merken, daß wir beim Karpfen wie überhaupt bei den Teleosteern nicht von einem eigentlichen Beckengürtel sprechen dürfen, da das, was man gewöhnlich Beckengürtel nennt, eine vom Skelet der freien Extremitäten entstehende Bildung ist und mit einem wahren Beckengürtel nichts zu tun hat. Die Hauptfrage war für mich selbstverständlich die, ob es sich hier wirklich um ein knorpliges Gebilde handle, an das sich die knorpligen Rippenenden ansetzen. Für die Untersuchung stand mir ein großer alter Karpfen von 62 cm Länge zur Verfügung, der aus dem Bodensee stammt und in 70°, Alkohol konserviert war. Außerdem präparierte ich 2 kleinere Exemplare. Beim Präparieren des Skelets meines großen Karpfens fand ich in der Tat ein anscheinend knorpelartiges hartes Gebilde, das seiner topographischen Lage nach als Brustbein bezeichnet werden konnte. Dieses vermutliche Brustbein ist durch scheinbar ebenfalls knorplige Stücke mit den knöchernen Rippen verbunden. Diese Verbindungs- stücke liegen wie die Rippen in den transversalen Myosepten, an den Durchschnittslinien mit dem subperitonealen Bindegewebe. Im Äußern stimmt es also mit den Angaben von Ermer überein, nur mit dem Unterschied, daß ich bei meinen Fischen keine Asymmetrie bemerken konnte (rechts sowohl wie links haben je 3 Rippen ihren Sitz am „eigentlichen Brustbein“). Um nun diese äußerliche Ahnlich- keit des Gewebs mit Knorpel genauer zu prüfen, machte ich Schnitte in mehreren Regionen durch das Brustbein, die Verbindungsstücke und die Rippenenden. Als Färbung benutzte ich Hämatoxylin (nach 1) GEGENBAUR, Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, Vol. 1, 1898, 634 W. B. von BAHR, Hansen) und Eosin resp. Orange-G. Um die elastischen Fasern schärfer hervortreten zu lassen, verwandte ich die WEIGERT’sche Methode für elastische Fasern (siehe Ler-Mayer, 1901, p. 401). Schon nach der Entfettung des Brustbeins durch das Gemisch von abs. Alkohol und Äther zeigte sich, daß das Gewebe mit einem Knorpel wenig Ähnlichkeit hat. Die Schnitte bewiesen nun auch, daß da, wo Eimer das Vorhandensein eines Knorpels behauptete, keine Spur von demselben zu finden ist. Das Organ besteht aus Bindegewebe, elastischen Elementen und Fett und ist nichts weiter als das durch Fetteinlagerung und starke Entwicklung vom elasti- schen Gewebe im Anschluß an die Rippe in besonderer Weise aus- gebildete Myocomma. Fig. 2 stellt einen Querschnitt durch ein Ver- bindungsstück dar und zeigt die Struktur des Gewebes in Form eines bindegewebigen Maschenwerks, das auf der medialen Seite von einer starken Lage Bindegewebsfibrillen umgrenzt und von mehreren weniger stark entwickelten Bindegewebszügen (Fig. 2 Bz) durch- wachsen ist. In allen diesen Bindegewebszügen und Maschen finden sich zahlreiche elastische Fasern (Fig. 5). Im frischen Zustand sind die Zwischenräume der Maschen mit Fett ausgefüllt, das durch Be- handlung mit Alkohol und Äther aufgelöst wurde. In Fig. 3, die uns einen Teil des Querschnitts durch das Brustbein zeigt, sehen wir ähnliche Verhältnisse wie auf der Fig. 2. Fig. 4 ist ein Längs- schnitt durch das knöcherne Rippenende und den Anfangsteil des Verbindungsstücks. Die Rippe ist außer dem Periost (Fig. 4 P) noch von einem äußern dicken bindegewebigen Überzug (Fig. 4 B) um- grenzt, in dem die elastischen Fasern in allen Richtungen verlaufen. Von Interesse ist auch, daß wir bei der knöchernen Rippe ganz am Ende ein Stück von Knorpel finden und außerdem im an- grenzenden Knochen selbst noch einige Knorpelinseln (Fig. 4 Ki). Diese ganz im Knochen eingebetteten Knorpelzellen zeigen nicht immer die normale Form und bilden Übergänge zu Knochenzellen, welche hier unverästelt sind. Vielleicht also findet hier, außer der endochondralen Ossification durch Zerstörung des Knorpels infolge des Eindringens von periostalem Bindegewebe (Fig. 4*) und von Knochenmark mit Gefäßen (Fig. 4**), auch eine direkte Umwandlung von Knorpelzellen in Knochenzellen statt, wie es schon für manche Tiere von mehreren Forschern behauptet wurde.!) Hierauf will ich 1) KÖLLIKER, Handbuch der Gewebelehre, Vol. 1, 1889, p. 327, 328. — GEGENBAUR, Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, Vol. 1, 1898, p. 216. Brustbein vom Karpfen (Cyprinus carpio). 635 aber nicht näher eingehen, da ich mich selbst mit dieser Frage nicht genauer beschäftigt habe. Das Vorhandensein von Knorpel an dem knöchernen Rippenende beweist, daß auch bei so alten Karpfen das Wachstum der Rippe noch nicht abgeschlossen ist. Im Knorpel selbst sind die Zellen im proximalen Teil normal ausgebildet, am distalen dagegen sehr abgeplattet in der Richtung der Längsachse der Rippe. Ermer’s Angaben beziehen sich auf einen 47 cm langen Karpfen; er vermutete, daß bei noch ältern Tieren das Brustbein sogar ver- knöchert sei. Der von mir untersuchte große Karpfen war bedeutend länger (62 cm) und dementsprechend jedenfalls auch älter. An ihm konnte ich aber, wie gesagt, weder etwas von Knorpel noch von Knochen finden. Die Angaben Ermer’s und deren Bestätigung von FICKERT u. von LiInDEn durften sich derart erklären, daß das in Frage kommende Gewebe nicht mikroskopisch untersucht worden war. Überdies zeigt es schon bei aufmerksamer makroskopischer Be- trachtung eine andere Konsistenz als Knorpel. Meine beiden kleinern Karpfen waren 51 und 48 cm lang. Das vermeintliche Brustbein und die Verbindungsstücke waren hier sehr schwach entwickelt und zeigten deutlich ihre bindegewebige Natur, so daß man schon bei äußerlicher Betrachtung nicht auf die Idee kommen konnte, diese Gebilde für knorplige zu halten. Die Schnitte zeigten mir, daß wir hier noch nichts von der charakteristischen Fetteinlagerung finden. Obgleich Eımer’s Karpfen, wie gesagt, nur 47 cm lang war, so dürfte er doch ziemlich viel älter als meine beiden kleinern Karpfen gewesen sein, was daher rühren mag, daß die Fische durch verschiedene Fütterung, Temperatur usw. verschieden schnell wachsen. Die beiden kleinern Karpfen stammten nämlich aus Fischteichen und waren also unter günstigen Futterverhältnissen rasch gewachsene verhältnismäßig junge Tiere. Mein großer Karpfen - dagegen stammte, wie bemerkt, aus dem Bodensee, wo er unter normalen Verhältnissen aufgewachsen war. Ebenso waren wahr- scheinlich die Karpfen von Eimer und FICKERT u. von LINDEN im freien Wasser aufgewachsen. Von karpfenartigen Fischen präparierte ich noch ein ungewöhn- lich großes Exemplar von Barbus vulgaris aus dem Neckar, aber mit ganz negativem Resultat, womit wenigstens für diese Form die oben angeführte Vermutung von Ermer widerlegt wird. Auf die Spekulationen, die Ermer an das vermeintliche Vor- 636 W. B. von Barner, Brustbein vom Karpfen (Cyprinus carpio). handensein eines knorpligen Brustbeins beim Karpfen kniipfte, will ich nicht eingehen und möchte nur darauf hinweisen, daß wenn es sich auch in der Tat bei diesen Gebilden um Knorpel handeln würde, trotzdem eine strenge Homologie dieses Karpfenbrustbeins mit dem Sternum der höhern Wirbeltiere schon deswegen von vornherein ausgeschlossen wäre, weil wir es, wie bekannt, bei Knochenfischen mit morphologisch andern Rippen (Pleuralbogen) zu tun haben, als bei höhern Wirbeltieren (sogenannte obere Rippen). Die physiologische Bedeutung dieses Pseudosternums beruht wahrscheinlich darin, daß es den Rippen einen ventralen Anschluß und damit ein festeres Gefüge (elastische Fasern) verleiht; es wird dadurch eine dem Sternum der höhern Tiere analoge Einrichtung, wenn es auch in morphologischer und histologischer Beziehung etwas anders ist. Tübingen, im Juli 1905. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung. B Bindegewebe M Muskeln Bx Bindegewebszüge m mediale Seite Cl Cleithrum P Periost E elastische Fasern Pt Peritoneum F Fettgewebe Prb ,problematischer Knochen“ G Blutgefäß GEGENBAUR’S K Knochen Pst Pseudosternum Ki Knorpelinseln R, erste Rippe Km Knochenmark Vrs Verbindungsstück zwischen den Kn Knorpel Rippen und Pseudosternum ! laterale Seite Tafel 32. Fig. 2. Querschnitt durch ein Verbindungsstück zwischen einer Rippe und dem angeblichen Sternum (Pseudosternum). LEITZ Obj. 00, Oc. 1. Fig. 3. Längsschnitt durch das Rippenende mit dem Anfang eines Verbindungsstücks; * Stelle, wo der Knorpel durch das Eindringen von Knochenmark zerstört wird; ** Stelle, wo der Knorpel durch das ein- dringende Periost zerstört wird. Lerrrz Obj. 00, Oc. 1. Fig. 4. Teil eines Querschnitts durch das angebliche Brustbein. ZEISS Obj. A, Oc. 2. Fig. 5. Teil eines Bindegewebszugs aus einem Querschnitt des Ver- bindungsstiicks, Zeiss Obj. D, Oc. 2. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Acanthobdella peledina Grube, 1851. Von N. Livanow. (Aus dem Zootomischen Institut der Universitit zu Kasan.) Mit Tafel 33—42. Die vorliegende Arbeit bildet eine Fortsetzung meiner „Unter- suchungen zur Morphologie der Hirudineen“ (1903, 1904) '), indem ich hier die Resultate meiner Beobachtungen über die gesamte Organisation von Acanthobdella peledina GruBE darlege. Zum erstenmal wurde dieser interessante Wurm von E. GRUBE (1851) beschrieben, welcher ihn aus dem Mippenvorrr’schen sibirischen Material erhielt und recht genaue Angaben inbezug auf dessen äußere Morphologie gegeben hat. Die Exemplare, welche GRUBE zu Gebote standen, waren im Jenissei „auf Salmo peled LEPECH. ge- 1) Ich möchte hier die Gelegenheit benutzen, um ein paar Druckfehler zu berichten, welche in meiner vorhergehenden Arbeit (1904, 2) über „Das Nervensystem des vorderen Körperendes und seine Metamerie“ un- korrigiert geblieben sind. 1. p. 203, 7. Zeile von oben ist hinter dem Worte „paramarginalen“ hinzuzufügen: ,ventralen und der innern para- marginalen“, 2. auf tab. 10, fig. 19 sind die Bezeichnungen „4un“ und „dun“ miteinander verwechselt und dementsprechend auch der Ursprung der betreffenden Nerven in fig. 18 zu korrigieren. 638 N. Livanow, funden“. Ferner hatte K. KessLer im Jahr 1868 Acanthobdella pele- dina im Onega-See auf Salmo salvelinus L. gesammelt. Er gab eben- falls eine sehr gute Beschreibung der äußern Morphologie dieser Art. Bis vor kurzem hatten wir inbezug auf den innern Bau von Acanthobdella fast keine Kenntnis, denn die Beschreibungen von GruBE (1851), welcher, „um sicherer den Platz zu bestimmen, den dieses Thier in der Reihe der Würmer einnimmt, ein Exemplar öffnete“, waren ganz ungenügend und in mancher Hinsicht unrichtig. Erst im Jahre 1896 erschien die Abhandlung von A. KowALEVSKy, in welcher er die gesamte Organisation von Acanthobdella peledina skizziert. Dies war jedoch nur eine vorläufige Mitteilung, der keine weitern detaillierten Untersuchungen gefolgt sind. KOowALEVSKY sammelte Acanthobdella ebenso wie auch KEssLER im Onega-See auf Salmo salvelinus L. und Salmo trutta L. Was nun die Art oder die Arten betrifft. welche den bisherigen Untersuchungen zu Grunde lagen, so sei hier folgende Bemerkung von KowaLEevsky (1896, p. 273) in extenso angeführt: „En me familiarisant davantage avec |’ Acanthobdella du lac d’Onéga, et celle qui était décrite par GRUBE de la collection de M. v. MIDDENDORFF, apportée du Jénissei, et dont je posséde aussi quelques exemplaires du Musée de l’Académie Impérial des Sciences, je trouve que V Acanthobdella du Jenissei et du lac d’Onéga diffèrent l’une de l’autre. Précisément: le bout postérieur du corps chez celle du Jénissei est beaucoup plus étroit que la partie moyenne du corps, tandis que chez celle du lac d’Onéga le passage de la partie large a la partie étroite est beaucoup moins prononcé, ce qui est méme assez bien représenté sur les dessins de GRUBE et de Kesszer. Les soies en crochet présentent aussi une certaine différence; chez celle du lac d’Onéga elles sont plus recourbées que chez celle de Jénissei.“ Wie wir sehen, läßt somit Kowarevsky die Frage nach der Zugehörigkeit der Acanthobdellen, welche im Onega-See und im Jenissei-Fluß vor- kommen, zu ein und derselben oder zu verschiedenen Arten unent- schieden. Weiter verzeichnete B. Porrrus im Jahre 1906 das Vorkommen von Acanthobdella in Lappland!), und etwa gleichzeitig lieferte E. Brumer eine kurze Darstellung des Geschlechtsapparats dieses Wurms, ohne den Fundort desselben näher zu bezeichnen. 1) Diese Tatsache ist mir nur aus dem Literaturverzeichnis im Zool. Anzeiger bekannt, da mir die betreffende Abhandlung nicht zu Gebote steht. Acanthobdella peledina Gruse. 639 Alle Angaben der genannten Autoren sollen im weitern ein- gehend besprochen werden. Ich selbst sammelte Acanthobdella im Sommer des Jahrs 1902 im Onega-See bei Wytegra auf Salmo salvelinus L. Nach dem Bei- spiel meiner Vorgänger nenne ich die Art Acanthobdella peledina, da es mir nicht möglich ist, die von KowaLrvsky ausgesprochenen Zweifel zu entscheiden. Endlich will ich hier noch bemerken, daß derartige Angaben, wie diejenige von GERSTÄCKER und Carus'), wonach Acanthobdella im Ochotskischen Meere vorkomme, oder wenn wir bei E. PERRIER (1897) lesen: „A. peledina, côtes de Sicile“ ?), offenbar auf irgend welche Mißverständnisse zurückzuführen sein werden, wie das inbezug auf den erstern Fall bereits von KEssLER (1868) hervorgehoben worden ist. Meine Untersuchungsmethoden waren die allgemein üblichen: Konservierung — hauptsächlich in Sublimateisessig (3:1) und Her- MANN’scher Flüssigkeit, doppelte Einbettung in Photoxylin und Pa- raffin und Färbung entweder in toto oder in Schnitten, vor allem mit Hämalaun, Eisenhämatoxylin oder Boraxkarmin-Indigo. 1. Die äußere Morphologie. Inbezug auf die Maßverhältnisse von Acanthobdella finden wir bei GRUBE (1851) Folgendes. „Die ansehnlichsten Exemplare maßen 1 Zoll 1 Lin. in der Länge, 2,3 Lin. an der dicksten Stelle, welche dem Hinterende näher als dem Vorderende lag, und 0,5 Lin. am Hinterende, ein anderes Exemplar bei derselben Dicke 1 Zoll 3 Lin. kleinere 9 Lin. in der Länge, 1,4 Lin. an der dicksten Stelle und 0,5 Lin. am Hinterende.“ Sodann KessLer (1868): „Zwischen den Würmern, die GRUBE untersucht hat, waren solche, welche bis zu 37,5 mm Länge und 5,7 mm Dicke erreichten; die größten aber von meinen Würmern waren nur 20 mm lang und 3 mm dick.“ Die Exemplare von Acanthobdella, deren ich im Onega-See etwa 100 ge- sammelt habe, hatten alle ziemlich die gleichen Dimensionen; sie er- reichten im ruhenden Zustand bis zu 30 mm Länge und 3 mm Dicke. „Bei allen“ Acanthobdellen, die GRUBE (1851) untersuchte, „war die Gestalt drehrund, an beiden Enden verjüngt, am Vorderende ein wenig platt gedrückt, bei den kleinen verjüngte sich der Leib 1) Zitiert nach KESSLER (1868, p. 117). 2) Wahrscheinlich entnommen aus CLAus’ Grundzügen der Zoologie, wo irrtümlich statt Sibirien Sicilien als Fundort angegeben ist. 640 N. Livanow, nach hinten langsamer; da bei den großen Exemplaren auch der Leib in der Mitte etwas stärker aufgebläht war, so gewann er ein sipunkelartiges Aussehen.“ Uber die Körperform schreibt KESSLER (1868) 1): „Unser Wurm erinnert auf den ersten Blick sehr an einen Blutegel. Sein Körper ist unregelmäßig spindelförmig, mehr verjüngt zum Vorderende als zum Hinterende, so daß er in seinem 3. Viertel gewöhnlich am dicksten ist. Dabei verjüngt sich der Körper zum Vorderende sehr allmählich, während sein Hinterende zuweilen cylindrisch erscheint und sich vom verdickten Theile stufenförmig ab- setzt... Das Vorderende ist merkbar plattgedrückt, besonders von unten.“ Bei Kowarevsky (1896, p. 263) lesen wir: „Les dessins que nous possédons de l’Acanthobdella ont été faits des exemplaires conservés dans l’alcool où I’ Acanthobdella se contracte de telle manière qu’elle rappelle plutôt un Phascolosome, tandis qu’à l’état vivant elle ressemble tellement à une Hirudinée que les pêcheurs eux-mêmes la nomment souvent sangsue... (p. 264): Le dessin coloré de M. A. Moquix-Tanpox dans sa monographie de la famille des Hiru- dinées, Edition de 1846, tab. 5, fig. 1, 2, du genre Aulastome ... rappelle le plus l'aspect général et la couleur de l’Acanthobdella vivante et étendue.“ Diesen Beschreibungen habe ich nur hinzu- zufügen, daß Acanthobdella sich bei bewegtem Wasser stark aus- dehnt und dann, mit der Haftscheibe angeheftet bleibend, den ganzen Körper nach allen Richtungen hin bewegt, wobei sie auffallend an eine Protoclepsis erinnert. „Bei allen“ Exemplaren Grugr’s (1851) „war die Farbe blab eraulich gelb“. KessLer (1868) schreibt: „Die Farbe unseres Wurmes ist graubräunlich, bei den in Alkohol conservirten Exem- plaren aber wird sie sehr bald gelblich weiß.“ Die entsprechende Angabe von Kowatevsky (1896, p. 265) lautet: „L’Acanthobdella est dune couleur brun-verdätre, avec les points jaunes; la partie dorsale est plus colorée que la partie ventrale. La coloration n’est pas uniforme, on voit des raies transversales plus foncées correspondant au nombre des somites.“ Im Leben waren die von mir beobachteten Acanthobdellen grau mit einem leichten Anstrich ins Fleischrote und unterscheiden sich in dieser Beziehung von denjenigen, welche KowaLEvsky untersuchte. Außerdem zeigten fast alle Exemplare 6—7 dunklere Ringe im vordern Körperabschnitt. Bei einigen 1) KESSLER gibt dabei eine ziemlich gute Abbildung (tab. 6, fig. 6a) von Acanthobdella nach einem konservierten Exemplar. Acanthobdella peledina Grube. 641 dehnte sich diese Ringelung auf den ganzen Körper aus, so dab ungefähr 23 dunkle Querstreifen vorhanden waren; gewöhnlich aber war der mittlere Körperabschnitt ganz gleichmäßig gefärbt, indem er keine dunkle Ringe aufwies. Über die äußere Ringelung des Körpers von Acanthobdella finden wir bei GRUBE (1851) folgende Angabe: „Bei den kleinen allein bemerkte ich am ganzen Körper eine gleichmäßige Ringelung; die Ringel waren deutlich abgesetzt, und ihre Zahl belief sich auf 80; bei den großen Exemplaren hingegen trat die Ringbildung nur am Vorder- und Hintertheil deutlich hervor und ging in der Mitte in eine von Längsstreifen durchsetzte Ringstreifung über, so dab hier die Oberfläche gegittert aussah.“ KESSLER (1868) sagt dar- über: „Im ganzen zählte ich bis zu 94 Ringe oder Glieder des Körpers (nicht 80, wie GRUBE angiebt), jedoch sind diese Ringe weder ganz regelmäßig noch ganz gleichartig; außerdem enthalten einige von ihnen eine Querfurche, durch welche sie in 2 oft ungleiche Hälften getheilt werden.“ Ferner behauptet er im Gegensatz zu GRUBE, dab bei allen von ihm untersuchten Exemplaren der Körper „in seiner ganzen Länge vom Vorder- bis zum Hinterende geringelt ist“. Die Abbildungen, welche KowaLevsky (1896, fig. 1, 2 u. 3) von Acanthobdella gegeben hat, weisen eine deutliche Ringelung am ganzen Körper auf. Bei meinen Exemplaren war die Ringelung des Körpers für das unbewaffnete Auge nur wenig bemerkbar, bei Lupen- vergrößerung aber trat sie deutlich hervor. Daß die betreffenden Angaben GrugeE's, welche mit allen übrigen Beobachtungen in Widerspruch stehen, unzulänglich sind, ist eine Folge dessen, dab er offenbar verletzte und verunstaltete Objekte untersucht hat, wie aus seinen eignen Worten: „Die Oberhaut war großentheils sack- artig abgelöst oder hing in Lappen nebenher,“ deutlich genug her- vorgeht. Meinen eignen Beobachtungen nach ist der ganze Körper von Acanthobdella geringelt (Taf. 33, Fig. 1); die einzelnen Ringe aber sind bei ein und demselben Exemplar nicht gleichmäßig entwickelt, und ihre Gesamtzahl schwankt nach den Individuen im Zusammen- hang mit der Ausbildung einzelner Ringe. Sehen wir nun zu, wie sich die Ringel auf die verschiedenen Körperabschnitte verteilen. In der weitern Darlegung der Tatsachen über die äußere Morpho- logie von Acanthobdella teile ich den Körper derselben in folgende 5 Regionen ein (Taf. 33, Fig. 1): 1. die Kopfregion, 2. Clitellarregion („Gürtelregion“ mit den Präclitellar- und Clitellarsomiten), 3. Mittel- 642 N. Livaxow, darmregion, 4. Hinterdarmregion und 5. Haftscheibenregion. Diese Einteilung resultiert aus dem ganzen Tatsachenmaterial, welches uns das genaue Studium der innern Organisation liefert, wie das aus den entsprechenden Abschnitten der vorliegenden Arbeit er- sichtlich sein wird. Im großen und ganzen behalte ich hierbei die von S. APATHY (1888) für die Hirudineen vorgeschlagene Einteilung bei, obgleich mit gewissen, nicht unbedeutenden Abweichungen in- bezug auf die Begrenzung der einzelnen Körperregionen sowie auf den Ausschluß der sog. Analregion, für deren Vorhandensein keine geniigenden morphologischen Gründe vorliegen. Über die Kopfregion von Acanthobdella sagt Grusr (1851) Folgendes: „Der Mund befindet sich am Vorderende selbst, und ist eine äußerst winzige rundliche, auf der Spitze einer Papille stehende Oeffnung des 1. Ringels; eine vordere Haftscheibe giebt es nicht. Rechts und links vom Munde sitzen 2 Paar kaum bemerkbarer Häkchen über einander, fast gleichmäßig an dem Umfang des Ringels vertheilt, und eben solche zeigen sich am 2., 3., 5. und 9. Ringel, doch ist die Stelle, die hier das obere Paar einnimmt, mehr an der Seitenwand, die des untern näher der Bauchfläche. ... Zweifelhaft bin ich, ob sie bei allen Exemplaren an den bezeichneten Ringeln sitzen, bei manchen waren die hintersten nicht mehr vorhanden oder fehlten vielleicht von vorn herein.“ Etwas anders lautet die Angabe von KessLer (1868), indem er schreibt: „Die kleine, ovale Mundöffnung befindet sich unten anf dem 1. Ringe, nahe seinem vorderen Rande; niemals aber habe ich bemerkt, daß diese Oeffnung, wie GRUBE angiebt, auf einer besonderen Papille sich be- finde. Auf dem 1. Ringe sitzen je 2 Paar Häkchen rechts und links von der Mundöffnung. Je 4 Paar Häkchen sind auch auf dem 2., 3. 5. und 9. Ringe vorhanden und so angeordnet, daß sie jederseits auf der Unterfläche des Körpers 2 Parallelreihen bilden. . .. Die Ringe des Körpers, welche unmittelbar auf den Kopfring folgen, sind ein wenig breiter als die übrigen und dabei mehr oder minder regelmäßig miteinander verwachsen, nämlich der 2. Ring mit dem 3., der 4. mit dem 5. der 6. mit dem 7. und der 8. mit dem 9.“ End- lich haben wir noch die Angabe von KowaLEevsky (1896, p. 265): „Les auteurs qui ont décrit I’ Acanthobdella ont donné une description assez exacte de leurs soies du bout anterieur du corps, mais per- sonne n’a mentionné l’existence des petites soies de remplacement qu'on trouve à la base des grandes soies, et qui servent sans doute à remplacer les soies usées ou perdues; souvent ces soles s’accroissent Acanthobdella peledina Gruss. 643 et deviennent aussi longues que les autres. Nous trouvons aussi chez ! Acanthobdella trois paires d’yeux: une paire au bout antérieur du corps, presque immédiatement sur le ganglion sus-oesophagien . ... la 2. paire d’yeux est placée sur les côtés, à la base de la troisième paire des soies; la 3. paire, aussi du côté du corps, près de la base de la 5. paire des soies.“ Wenn wir nun die von KowALEvsky beigefügte Abbildung des Kopfendes (fig. 3) näher betrachten, so erblicken wir Folgendes. Das Vorderende nimmt ein gut aus- geprägter Kopflappen (J) ein, von welchem KowaLEvsky (p. 268) sagt: „le canal intestinal commence par l’ouverture buccale placée sous un prolongement conique de la tete qui a la forme d’une levre supérieure, et conduit dans la cavité buccale.“ Darauf folgt der 1. Kopfring. In den Kopfringen sind jederseits zu je 2 Paar Borsten vorhanden, und zwar die Hauptborstenpaare im 1. 3., 5., 8. und 11. Ring, die Ersatzborstenpaare im 4., 6., 9. und 11. Ring, wobei sie bald in der Mitte des betretfenden Rings, bald in der Grenz- furche vor demselben aus der Haut hervorstehen. Hiernach wären also der 2., 7. und 10. Ring borstenlos. In derselben Figur ist noch die Lage der Augen in einer der Beschreibung entsprechenden Weise dargestellt, nur ist hier das 2. Augenpaar an den Borstenpaaren des 4. Somits liegend abgebildet, während es der Beschreibung nach sich an den Borsten des 3. Somits befinden soll. Ganz unverständlich ist in diesem Bild, daß die Haupt- und Ersatzborstenpaare des 2., 3. und 4. Somits nicht in ein und demselben, sondern in je 2 be- nachbarten Ringen dargestellt sind. Meinen Untersuchungen nach besteht die Kopfregion von Acantho- bdella aus 5 Somiten (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 35, Fig. 17). Davon ent- hält das 1. Somit (7) nur einen einzigen Ring und liegt auf der ventralen Seite des Kopfs, während von oben nur ein schmaler Saum seines vordern Abschnitts sichtbar ist. Es stellt einen fast regel- mäßigen Kreis dar, in dessen Zentrum die Mundöffnung als eine geringe Längsspalte hervortritt. Von oben und von den Seiten ist das 1. Kopfsomit vom vordern Rand des folgenden 2. Kopfsomits (2) fast ganz bedeckt; es erscheint gleichsam in das letztere eingesenkt. In der Nähe der Grenzfurche liegen 4 Paar Borsten (Taf. 33, Fig. 1 ds, ; Taf. 35, Fig. 17bsz,), von welchen noch weiter die Rede sein wird. Von ihnen befindet sich je 1 Paar in der Mitte des vordern und je 1 Paar in der Mitte des hintern Quadranten. Ein besonderer Kopflappen ist nicht vorhanden, und ebensowenig konnte ich Gruge’s Papille, welche die Mundöffnung enthalten soll, 644 N. Livaxow, entdecken. Als eine solche „Papille* könnte Gruse allenfalls nur ein vorgestülpter Teil des Vorderdarms erschienen sein, wie denn auch Kesszer mit vollem Recht das Vorhandensein derselben in Ab- rede stellt. Kowauevsky aber hat, wie mir scheint, nur den vordersten Abschnitt des 1. Kopfsomits, welcher vor dem Mund gelegen ist, als einen besondern Kopffortsatz betrachtet, obschon ein solcher in Wirklichkeit nicht zu unterscheiden ist. Das 2. Kopfsomit (2) ist, wie das 1., von einem einzigen Ring gebildet. Infolge der ventralen Lage des 1. Kopfsomits ist sein ventraler Abschnitt nach hinten verschoben und bildet einen Bogen am Hinterrand des erstern, während der dorsale Abschnitt als vor- derster Ring des von der Rückenseite betrachteten Kopfendes er- scheint, vor welchem nur ein sehr kleiner Teil des 1. Somits hervor- ragt. Auf der ventralen intermediären und gleich ventral von der Laterallinie trägt das 2. Kopfsomit in seinem vordern Abschnitt jederseits je 1 Paar dicht aneinander liegender Borsten. Das 3. Kopfsomit (3) besteht bereits aus 2 gut differenzierten Ringen. Ihre ventralen Abschnitte sind wie im 2. Kopfsomit nach hinten verschoben, jedoch ist der Bogen, welchen der betreffende Ab- schnitt bildet, beim 1. Ring weniger nach hinten gekrümmt als beim Ring des 2. Kopfsomits, und beim 2. Ring noch weniger als beim 1. Ventral trägt der 1. Ring jederseits je 2 Paar Borsten (Taf. 35, Fig. 17 bsz,) auf denselben Linien des Körpers wie im vorhergehenden Somit. Dorsal sieht man in demselben Ring jederseits nahe der Medianlinie je einen schwarzen Fleck, das 1. Augenpaar (au,) von Acanthobdella, wie das KowALEvsky ganz richtig angegeben hat. Der 1. Ring des 3. Kopfsomits setzt sich gegen den Ring des 2. Somits scharf ab; irgend welche Spuren von Verschmelzung der- selben, wie das KessLer behauptet hat, konnte ich nicht konstatieren. Der 2. Ring des 3. Kopfsomits weist nichts Besonderes auf; vom folgenden Ring ist er ebenso scharf geschieden wie vom vorher- gehenden, so daß ich auch die weitere Angabe von KESSLER inbezug auf etwaige Verschmelzung des 4. mit dem 5. Kopfring keineswegs bestätigen kann. Was nun die Abbildung von Kowatevsky betrifft, so kann ich dieselbe weder inbezug auf die von mir schon be- schriebenen, noch auf die folgenden Somite mit meinen eignen Beobachtungen in Einklang bringen. Das 4. Kopfsomit (4) ist aus 4 Ringen zusammengesetzt, doch erscheint der 1. nur dorsal vom 2. gut abgegrenzt, ventral aber ist diese Differenzierung nur sehr schwach ausgeprägt, infolgedessen Acanthobdella peledina Gruse. — 645 auch GrUBE und KessLer diese beiden Ringe als einen einzigen, d. h. den 5. Kopfring betrachtet haben. Ebenso schwach differenziert erscheinen der 3. und 4. Ring, woher KEssLer diese Ringe, nämlich seinen 6. und 7. Ring, als miteinander verwachsen betrachtete. Nur an den vordern Ringen kann man eine leichte Verschiebung des ventralen Abschnitts nach hinten konstatieren, in den hintern dagegen ist dies kaum noch zu bemerken. Ventral trägt der 2. Ring des 4. Kopfsomits auf den oben bezeichneten Linien jeder- seits je 2 Paar Borsten, und lateral, im vordern Abschnitt fast auf der Grenzfurche gegen den 1. Ring, befindet sich je 1 schwarzer Fleck — das 2. Augenpaar (aw,) von Acanthobdella. Das 5. Kopfsomit (5) hat 4 Ringe, von welchen der 1. ventral noch sehr schwach vom 2. Ring abgesetzt ist, und somit konnte Kesster mit vollem Recht von einer Verschmelzung seines 8. und 9. Kopfrings reden. Der 3. und 4. Ring sind gut differenziert, doch erscheinen sie immerhin ein wenig schwächer entwickelt als in den folgenden Körpersomiten. Die Borsten (Taf. 33, Fig. 1 bs,; Taf. 35, Fig. 17 dsz,) und Augen — das 3. Augenpaar (au,) — haben in diesem Somit genau dieselbe Lage und Ausbildung wie im vorher- gehenden Kopfsomit, so dab sich die Angaben KowaALkvsky’s über die bei Acanthobdella vorgefundenen Augen vollständig bestätigen. Hier möchte ich noch bemerken, daß, obgleich man von einem Saugnapf im eigentlichen Sinne bei Acanthobdella nicht reden kann, dennoch gewisse Hinweise auf die beginnende Ausbildung eines solchen auch hier schon vorhanden sind. Man sieht nämlich, dab die 5 Kopfsomite, welche dorsal wie gewöhnlich gewölbt sind, sich ventral ein wenig abflachen oder zuweilen in der Mitte bereits etwas konkav erscheinen (Taf. 33, Fig. 2, 3). Angaben von GRUBE und Kesster darüber wurden schon oben von uns zitiert. Zur An- heftung des Vorderendes dienen jedoch hauptsächlich die Borsten, die, wie wir sahen, jederseits von der Medianlinie in 2 Paaren von regulären Längsreihen angeordnet sind. Alle beschriebenen Kopfringe, die 3 vordersten ausgenommen, können in den Grenzen eines Somits oder seiner einen Hälfte eine bald stärkere, bald geringere Differenzierung aufweisen, indem an- statt eines Rings 2 auftreten oder umgekehrt 2 Ringe zu einem ver- schmelzen. Allein auch wenn ich diese Erscheinung in Betracht ziehe, kann ich mir die angeführte Abbildung von KowALevsky (fig. 3) nicht erklären. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß er eine andere Acantho- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 42 646 N. Livanow, bdellen-Art vor sich gehabt hat, um so mehr als KessLEr’s sowie GRuBE’s Angaben mit den meinigen übereinstimmen, nur daß bei ihren Exemplaren die Augen durch die Aufbewahrung in Alkohol verschwunden waren. Die Ersatzborsten, welche Kowazevsky in seiner Zeichnung viel zu groß und in einer von den Hauptborsten durchaus unabhängigen Lage dargestellt hat, treten in Wirklichkeit an der Basis der vollkommen ausgebildeten Hauptborsten hervor, wobei sie häufig nur schwach entwickelt sein oder sogar ganz fehlen können, woher sie GRUBE und K&EssLEr überhaupt übersehen hatten. Hinter dem letztern Kopfsomit beginnen die gewöhnlichen, typisch entwickelten Körpersomite, welche je 4 Ringe enthalten und in welchen keine Reduktion der Ringzahl mehr stattfindet (Taf. 33, Fig. 1). In der Ausbildung der Querfurchen läßt sich in diesen Somiten eine gewisse Abstufung erkennen. Es sind nämlich die Furchen zwischen den einzelnen Somiten stets scharf ausgeprägt, während von den Furchen, welche die einzelnen Ringe des Somits voneinander trennen, die mediane Furche stärker ausgebildet sein kann als die vordere und die hintere Furche. Unmittelbar auf die Kopfregion folgen 3 Präclitellarsomite (6—8). Im 1. und 2. Präclitellarsomit (6, 7) befindet sich auf der ventralen Intermediärlinie des Körpers zwischen dem 1. und 2. Somit- ring jederseits je eine Nephridialöffnung (Taf. 33, Fig. 1 mph, -, Fig. 4 nph*,). Im 3. Somit (8) sind nur die entsprechenden Ein- senkungen des Hautepithels vorhanden, welche zuweilen nur ein- seitig entwickelt erscheinen, zuweilen aber auch ganz fehlen. Darauf folgen 3 Clitellarsomite (9—17). Inbezug auf diese letztern schreibt GRUBE (1851): „In der Mittellinie der Bauchfläche befinden sich 2 kleine Querspalten nahe hinter einander, bei einem der kleinen durchweg geringelten Exemplare sah ich die vordere auf dem 31., die hintere auf dem 32. Ringel, bei den großen war die Zählung schwieriger, schien aber damit übereinzustimmen, die hintere hatte sich hier bei manchen weiter geöffnet und das An- sehen einer wirklichen tief hineingehenden Oeffnung, das man bei den ersteren vermißte. Außerdem habe ich an dem 27. Ringel eine kleinere, zuweilen rundliche Oeffnung wahrgenommen, welche mit- unter von einem schwachen Wall umgeben ist. Wahrscheinlich ent- sprechen 2 dieser Oeffnungen den Geschlechtsüffnungen der Hirudi- neen.“ K. DresixG (1858) sagt auf Grund dieser Beschreibung GRUBES: „apertura genitalis una sub annulo 31mo, altera sub annulo 32do.“ Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich, ist eine solche Acanthobdella peledina Gruss. 647 Auslegung der Angaben Gruse’s unrichtig, da letzterer diese Frage unentschieden läßt. Auch bei Kesser (1868) findet man Folgendes: „Auf der Medianlinie des Bauchs kann man 3 quere, spaltförmige Oeffnungen bemerken, von welchen die eine bald in der Mitte, bald am vorderen Rande des 27. Ringes liegt, die andere entweder in der Mitte des 31. Ringes oder an seinem Vorderrande sich befindet, und endlich die 3. in der Furche, welche den 31. Ring vom 32. trennt. Dabei erscheint der 27. und der 31. Ring auf der Bauchseite stets bemerkbar verbreitert und verdickt. Wahrscheinlich dienen 2 von den bezeichneten Oeffnungen als Oeffnungen der Geschlechtsorgane, die 3. aber als Ausmündung irgend welcher accessorischen Drüse dieser Organe.“ Kowazevsky (1896, fig. 2) bildet die Lage dieser Öffnungen von Acanthobdella ganz richtig ab. Es ist nämlich die 1. Öffnung durch 3 Ringe von der 2. getrennt, die 2. aber durch 1 Ring vom 3.; jedoch deutete er diese Öffnungen nicht richtig, indem er die 2. für die Ausmündung einer akzessorischen Drüse und die 3. Einsenkung für die weibliche Geschlechtsöffnung gehalten hat. Hierüber schreibt E. Brumpr (1900, p. 349): „Si nous regarderons maintenant l’animal par la face ventrale, nous apercevons en haut un premier orifice circulaire, c’est l’orifice male; un peu au dessous un second, transversal cette fois et assez irregulier, c’est l’orifice femelle, enfin au dessous un troisième découvert par GRUBE.“ Diese Beschreibung sowie seine Abbildung ist durchaus richtig; doch ist die darauffolgende Bemerkung ganz unverständlich, er sagt nämlich: „KOWALEVSkY dans son étude de l’Acanthobdella, signale également ce 3. orifice et le considére comme celui de la glande placée en arriere du point de réunion des sacs ovariens“, während in der Ab- bildung Kowatevsxy’s bei der letztern Öffnung das Zeichen „?“, bei der vorhergehenden ein „g“ steht, womit die Mündung der akzessorischen Genitaldrüse bezeichnet ist, also gerade das Entgegen- gesetzte von dem, was Brumpr dieser Abbildung zuschreibt. Meinen Beobachtungen nach (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 95) liegt die 1. also männliche Öffnung (4) in der Furche zwischen dem 1. (9) und 2. (10) Clitellarsomit; die 2., weibliche Öffnung (9), in Ge- stalt einer Querspalte, liegt 3 Ringe weiter, d. h. zwischen dem 3. und 4. Ring des 2. Clitellarsomits (70); und noch einen Ring weiter, also zwischen dem 2. (70) und 3. (11) Clitellarsomit, befindet sich ein spaltförmiger Eindruck (spt Taf. 33, Fig. 1; Taf. 34, Fig. 9; Taf. 40, Fig. 93), der auch zum Geschlechtsapparat in einer gewissen Beziehung steht. 42% 648 N. Livaxow, In den Clitellarsomiten befinden sich die Nephridialöffnungen auf der ventralen Intermediärlinie zwischen dem 1. und 2. Somit- ring, zuweilen nur im 3. Somit (11); zuweilen aber in diesem sowie im 2. Clitellarsomit (70) sind bloß Einsenkungen des Hautepithels auf den entsprechenden Stellen vorhanden, und im 1. Somit (9) fehlen gewöhnlich auch diese (Taf. 33, Fig. 1). Auf die Clitellarregion folgen 8 Somite (12—19) der Mittel- darmregion, welche alle gleichmäßig gut ausgebildet sind. Ein jedes von ihnen weist 4 gut entwickelte Ringe auf und hat je 1 Paar Nephridialöffnungen in der Furche zwischen dem 1. und 2. Somitring, welche wie gewöhnlich auf der ventralen Intermediär- linie des Körpers gelegen sind. Dies kann man auf einer Ab- bildung von Kowauevsky (1896, fig. 7) ganz deutlich erblicken; in seiner Beschreibung aber gibt er an, daß die Nephridien „s’ouvrent a l’extérieur par des ouvertures placées sur les côtés du corps aux limites des somites“, was durchaus unrichtig ist. Weiter nach hinten liegen 6 Somite (20—25) der Hinter- darmregion, welche keine Nephridialöffnungen mehr besitzen. Die 2 vordersten (20, 21) von ihnen enthalten je 4 gut entwickelte Ringe, d. h. sind typisch wie die Mittelkörpersomite ausgebildet. In den 4 folgenden Somiten (22—25) bemerkt man bereits eine gewisse Reduktion (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 35, Fig. 16; Taf. 41, Fig. 107) — sie bestehen gewöhnlich aus 3 Ringen, da ihr letzterer Ring nur noch dorsal eine Querfurche aufweist, welche ihn hier in 2 Ringe, resp. den 3. und 4. des gewöhnlichen Somits, teilt, ventral aber fehlt eine solche Furche ganz. Die Analöffnung (an) liegt auf der dorsalen Medianlinie des Körpers in der Furche zwischen dem 4. (25) und 5. (24) Somit der Hinterdarmregion (Taf. 34, Fig. 13; Taf. 33, Fig. 1; Taf. 41, Fig. 108). Der Körper endigt mit der Haftscheibe (26—29), welche im Gegensatz zu den übrigen Hirudineen nicht horizontal, sondern vertikal, d. h. in der Fortsetzung der Längsachse des Körpers, ge- legen ist. Ihr Durchmesser beträgt bei meinen Exemplaren ungefähr 1,5 mm. Von außen kann man auf der Haftscheibe 3 schwach aus- gebildete Ringe unterscheiden (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 35, Fig. 16; Taf. 41, Fig. 107), von denen der vorderste an das 6. Somit (25) der Hinterdarmregion unmittelbar angrenzt, der hinterste aber den hintern Rand der Haftscheibe bildet. Die nach hintenzu gekehrte Konkavität (hs) der Haftscheibe weist keine Differenzierungen auf. In der betreffenden Beschreibung von GrUBE (1851) lesen wir Acanthobdella peledina GRUBE. 649 Folgendes: ,sWas die Lage des sehr engen Afters betrifft, so weicht sie von den Hirudineen ab, indem er den Boden der hinteren ver- tieften Scheibe etwas unterhalb der Mitte durchbohrt ...“ und weiter: „Das Hinterende des Leibes setzt sich gegen die vor ihm liegende Partie wie ein kurzer Cylinder ab, und besteht aus 5 oder mehr Ringeln, deren letztere eine etwas vertiefte, aber durchaus nicht verbreiterte Scheibe mit wulstigem Rande darstellt.“ Auch KEssLER (1868) gibt an, daß die Haftscheibe schwach entwickelt, „ganz nach hinten gerichtet und sogar in ihrem Centrum von der Analöffnung durchbohrt ist, was bei keiner anderen Hirudinee vor- kommt“. Diese Angaben GruBes und KessLer’s hat schon Kowa- LEVSKY (1896, p. 269) richtig gestellt, indem er sagt: „L’ouverture anale est placée sur la partie dorsal entre le 9. et 10. annaux en avant de la ventouse postérieure. ... La supposition de KESSLER que leur ventouse est peu développée et perforee par l’anus, est tout-a-fait inexacte, au contraire c’est un puissant organ d’attache.“ Wenn wir nun die mitgeteilten Tatsachen zusammenstellen, um die Gesamtzahl der Körperringe von Acanthobdella zu bestimmen, so ergibt sich, daß diese Zahl auf dem Rücken etwa 94 beträgt, während ventral etwa 88 Ringe unterscheidbar sind. Gruse zählte nur 80 Ringe, wogegen KEesszer in dem oben angeführten Zitat die Ringzahl ganz richtig auf 94 feststellte. Indem wir die weitern Fragen über die Morphologie des „äußern“ Somits von Acanthobdella vorläufig beiseite lassen, wenden wir uns nun zur Beschreibung der innern Organisation des Tiers. Der Hautmuskelschlauch. Die Leibeswand von Acanthobdella erweist sich als wohl ent- wickelter Hautmuskelschlauch (Taf. 33, Fig. 2—6; Taf.34, Fig. 7—14; Taf. 40, Fig. 96), welcher wie bei den übrigen Hirudineen aus folgenden Komponenten besteht: außen liegt das Hautepithel, darauf folgt die Muskulatur, und nach innen von dieser befindet sich das innere Mesenchym des Körpers, welches unmittelbar an das Cölom grenzt. 2. Das Hautepithel. Die Außenfläche des Körpers von Acanthobdella ist mit einer Schicht von Epithelzellen (ep) bedeckt (Taf. 36, Fig. 23—30; Taf. 37, 650 N. Livanow, Fig. 47, 48, 51, 52; Taf. 38, Fig. 53; Taf. 40, Fig. 92), welche eine farblose, dünne cuticulare Membran (cu) nach außen ausscheiden. Sie ist durch Maceration von den sie erzeugenden Epithelzellen sehr leicht ablösbar, und dann stellt sie eine strukturlose Membran dar, die von zahlreichen kleinen Öffnungen durchbohrt erscheint. Die letztern sind die Ausmündungen der zahlreichen Drüsenzellen des Hautmuskelschlauchs. Das Hautepithel bildet eine einzige ununterbrochene Schicht von Zellen, welche aber große Schwankungen in ihrem Verhalten aufweisen. In den mittlern Abschnitten der Somitringe sieht man ein Cylinderepithel (Taf. 36, Fig. 23—25, 27, 28; Taf. 37, Fig. 47, 48, 51, 52; Taf. 38, Fig. 53; Taf. 40, Fig. 92), dessen Zellen je nach dem Zustand des Wurms mehr oder minder verschieden erscheinen. So erreichen diese Zellen zuweilen durchschnittlich bis zu 30—40 u Länge und 4—5 u Breite, d. h. sie haben eine sehr verlängerte Form, während sie gewöhnlich ungefähr 20 « lang und 8 « breit sind. Da die Zellen einander unmittelbar anliegen, so ergeben sie an Flächenschnitten des Epithels polygonale Konturen. Basal liegen die Epithelzellen einer mesenchymatösen Grenzlamelle (gl) auf, welche im Schnitt häufig wellenförmig erscheint (Taf. 36, Fig. 24—25), da die Zellen unter die innere Epithelfläche mehr oder minder vor- ragen. Dieses Verhalten erinnert an die Beziehungen, welche man bei den übrigen Hirudineen in noch höherm Grade entwickelt findet. Besonders scharf prägt sich diese Erscheinung an denjenigen Objekten aus, die mit Osmiumsäure fixiert waren. Das sonst fein granulierte Protoplasma der Epithelzellen ist im distalen Abschnitt des Zellkörpers der Länge nach faserig gestrichelt. Der Kern, welcher gewöhnlich im mittlern oder basalen Abschnitt der Zelle liegt, hat eine ovale Form und ist ungefähr 8 « lang und 5 w breit. Er enthält viele feine Chromatinkörnchen, wobei noch stets 1—2 verhältnismäßig große Nucleolen vorhanden sind. Manch- mal findet man typische Mitosen in den beschriebenen Hautepithel- zellen, und dann liegen die betreffenden Kernfiguren immer im distalen Abschnitt des Zellkörpers. In den Ringfurchen des Körpers (Taf. 36, Fig. 30) verwandeln sich die Elemente des Hautepithels in flache Zellen von etwa 6 u Länge bei einer Breite bis zu 14. Ihr Protoplasma erscheint durchweg feinkörnig, indem die distale Streifung hier fehlt. Die Kerne haben kuglige Form und betragen 6—8 u im Durchmesser, Acanthobdella peledina Gruss. 651 ihrem feinern Bau nach aber unterscheiden sie sich von den eben beschriebenen Zellkernen nicht. Zwischen den gewöhnlichen Epithelzellen findet man hier und dort ganz abweichende Elemente (Taf. 36, Fig. 23 gep), die sich durch sehr bedeutende Dimensionen von den benachbarten (ep) auf- fallend unterscheiden. Sie haben eine zylindrische oder kubische Gestalt und zeichnen sich vor den umgebenden Epithelzellen durch ihre Breite aus, welche der Höhe des Epithels gleichkommt, zuweilen aber sind sie fast doppelt so breit wie hoch. Ihr Protoplasma ist fein granuliert und färbt sich ziemlich intensiv, und gegen die freie Oberfläche kann man eine zarte Längsstreifung bemerken. Den all- gemeinen Dimensionen des Zellkörpers entsprechend beträgt der Kern etwa 25—30 u im Durchmesser seines runden oder ovalen Quer- schnitts. Die Chromatinkörnchen sind im Kern sehr fein und wenig zahlreich ; außerdem sind hier einige wenige, ziemlich große Chromatin- klümpchen vorhanden. Übrigens variieren die bezeichneten Elemente in ihren Di- mensionen sehr bedeutend, so daß sie gelegentlich auch gewöhnlichen Epithelzellen ihrer Größe nach fast gleichkommen; sie sind jedoch stets auf den ersten Blick von den letztern unterscheidbar und stellen jedenfalls eine ganz besondere Zellart dar. Bei den übrigen Hirudineen hat man keine ähnlichen Elemente entdeckt und ebenso- wenig bei Oligochäten. Beiläufig möchte ich hier nur darauf hin- weisen, daß diese Zellen ihrem Habitus nach an die Elemente der Wimperreifen erinnern, welche wir außer bei Larven im aus- gewachsenen Zustand bei Spioniden und noch einigen andern Polychäten vorfinden. Irgend welche Regelmäßigkeit aber in der Verteilung der beschriebenen Zellen konnte ich bei Acanthobdella nicht konstatieren, nur sei bemerkt, dab sie ventral gewöhnlich nicht vorkommen. Das Hautepithel von Acanthobdella enthält in reichlicher Anzahl Drüsen- und Sinneszellen sowie noch ganz freie Elemente, welche an der Grenzlamelle liegen und wahrscheinlich vom Körpermesenchym aus in das Epithel eingewandert sind. Außerdem dringen zwischen die Epithelzellen die Ausläufer von Pigment-Fettzellen und die Ausführungsgänge von Drüsenzellen ein, deren Körper sich unter der Epithelschicht, mehr oder minder tief im Mesenchym eingelagert, befinden, und schließlich die feinsten Endverzweigungen (mf) ver- schiedener Muskelzellen (Taf. 36, Fig. 24). Diese zarten Muskel- fäserchen dringen zwischen den Epithelzellen bis zur Cuticula durch, 652 N. Livanow, wo sie endlich verschwinden, indem sie sich offenbar an die letztere festheften. Die zahlreichen Driisenzellen (dz) sind im Epithel überall vor- handen und fehlen nur in den Furchen zwischen den Körperringen (Taf. 36, Fig. 27; Taf. 37, Fig. 47, 51, 52). Ihre Form und Struktur variiert im Zusammenhang mit ihrem physiologischen Zustand. In den Anfangsstadien der secretorischen Tätigkeit haben die Zellen ungefähr die gleichen Dimensionen wie die umgebenden gewöhn- lichen Epithelzellen, nur ist ihre Gestalt eine andere: sie sind basai verbreitert, während der distale Abschnitt halsförmig ausgezogen erscheint. Der verbreiterte, basale Abschnitt der Drüsenzellen ragt ein wenig unter die untere Epitheloberfläche vor, weist ein sich intensiv färbendes, granuliertes Protoplasma auf und enthält einen zentralen oder wandständigen Zellkern, welcher den Kernen der ge- wöhnlichen Epithelzellen ähnlich ist, sich aber von ihnen durch gröbere Chromatinkörnchen unterscheidet. Beim weitern Verlauf des Secretionsprozesses lagert sich der Kern der Drüsenzellen stets vollkommen wandständig, so daß er hier nur von einer sehr geringen Protoplasmamasse bedeckt ist. Der basale Zellabschnitt füllt sich dabei mit Secretstoff, während die Zelle selbst sich vergrößert und schlauchförmig wird. Darauf findet die Ausscheidung des Secret- stoffs statt, wonach die Zellwände zusammenfallen, und endlich sieht man bloß noch eine kleine durchsichtige Zelle, in welcher sich basal ein geringer Protoplasmarest befindet. Der in dem letztern ge- legene Kern färbt sich stark homogen und läßt weiter keine feinere Struktur erkennen. Die besprochenen Drüsenzellen sind einerseits den hypodermalen Drüsen der Glossosiphoniden, wie sie E. Bayer (1898) beschrieben hat, durchaus ähnlich; ein Unterschied besteht nur darin, dab sie im letztern Fall tiefer in das Körpermesenchym vordringen. Andrer- seits haben sie aber auch unbedingt eine große Ähnlichkeit mit den Schleimdrüsen der Haut vieler Oligochaten. Außerdem kommen nun bei Acanthobdella noch besondere einzellige Hautdrüsen vor, deren Zellkörper ganz in das Körpermesenchym ein- gelagert sind; wir werden sie bei Beschreibung des letztern näher besprechen. Eine andere Kategorie von Elementen, die ebenfalls zwischen den gewöhnlichen Epithelzellen vorkommen, bilden die Sinneszellen. Acanthobdella peledina GRUBE. ' 653 3. Die Sinnesorgane. Die Sinneszellen ordnen sich entweder einzeln oder gruppen- weise, zu Sinnesorganen vereinigt, an. Die einzelnen Sinneszellen sind ohne jede sichtbare Regel- mäßigkeit im Epithel zerstreut. Sie sind spindelförmig und von gleicher Höhe mit den benachbarten Elementen. Ihr Protoplasma färbt sich ziemlich stark. Ihr Kern erscheint demjenigen der übrigen Epithelzellen ähnlich, doch ist er ein wenig reicher mit Chromatin- körnchen versehen. In dem Zellabschnitt, wo sich der Kern befindet, bildet das Protoplasma eine unbedeutende Verdickung. Der basale Abschnitt der Sinneszellen läuft in ‚einen feinen langen Fortsatz aus, welcher weiter in irgend ein Nervenbündel des Hautmuskel- schlauchs eintritt. Indem sie sich in mehr oder minder bedeutende Gruppen ver- einigen, bilden die bezeichneten Sinneszellen die einfachste Form von Sinnesorganen — sogenannte Sinnesknospen (Taf. 36, Fig. 25 sh). In durchaus ähnlicher Weise, wie wir das auch bei den übrigen Hirudineen vorfinden, ragen diese Sinnesknospen als ovale oder kolbenartige Massen unter die allgemeine untere Fläche des Haut- epithels vor und liegen hier zwischen den Ring- und Diagonal- muskeln. Ihre äubersten Zellen dringen sogar oft bis in die Längs- muskulatur ein. Die Mehrzahl der die Sinnesknospe bildenden Elemente stellen gut entwickelte Sinneszellen vor. Ihre ovalen oder runden Kerne, die etwa 7 « im Durchmesser haben, liegen in den Zellen auf einer sehr verschiedenen Höhe. Inmitten dieser Elemente befinden sich basal in vielen Sinnesknospen 1—3 Zellen einer besondern Art (72). Diese sind bedeutend größer als die sie umgebenden Sinneszellen, haben eine unregelmäßige, polygonale Form und senden basal einen Fortsatz aus, der in den sensitiven Nerven eintritt. Ihr Proto- plasma ist fein granuliert und färbt sich intensiv. Der Kern hat im Querschnitt eine ovale oder runde Form und erreicht bis zu 12—15 u im Durchmesser; er enthält viele, sehr zarte Chromatin- körnchen und einige wenige gröbere Chromatinklümpchen. Zuweilen kann man im distalen Zellabschnitt, nach außen vom Kern, eine Art Vacuole bemerken, die in ihren Dimensionen sehr bedeutende Schwankungen aufweist. Die größten solcher Vacuolen, gewöhnlich von ovaler Form, betragen etwa 10—12 u im Durchmesser. Wenn sie vollkommen ausgebildet sind, so ist in ihnen eine periphere fein 654 » N. Livaxow, radial gestreifte Schicht zu erkennen. Solche Zellen der Sinnes- knospen kann man bereits als sog. Retinazellen oder, wie S. APATHY (1901) sie zu nennen vorschlägt, als subepidermale Sinneszellen be- trachten, die den entsprechenden Elementen der übrigen Hirudineen und Oligochäten gleichzusetzen sind. Hier möchte ich auf die Tatsache aufmerksam machen, daß die beschriebenen subepithelialen Zellen von Acanthobdella den Ganglien- zellen, von welchen noch weiter die Rede sein wird, sehr ähnlich sind, so dab man dieselben, wenn der lichtbrechende Binnenkörper nur schwach entwickelt ist oder ganz fehlt, sehr leicht mit wirk- lichen Ganglienzellen verwechseln kann. S. Arırny (1901) er- wähnt dasselbe Verhalten bei den übrigen Hirudineen und ebenso R. Hesse (1896) bei Lumbriciden. Subepitheliale Zellen außer jedem Zusammenhange mit Sinnesknospen konnte ich bei Acanthobdella nirgends bemerken, und dies muß, wie mir scheint, den Angaben derjenigen Autoren gegenüber, welche das Gegenteil behaupten, für die Hirudineen als Regel gelten. Ein Abrücken der Retinazellen bis auf eine gewisse Entfernung von ihrer Sinnesknospe ist jedoch immerhin möglich, und dann würde man den Eindruck erhalten, als ob diese Zellen durchaus selbständig wären; das würde aber gewiß bereits als eine sekundäre Erscheinung zu deuten sein. Die Sinnesknospen (sk) erscheinen im Somit von Acanthobdella durchaus nicht gleichmäßig verteilt (Taf. 40, Fig. 97). So fehlen sie im 4. und 3. Somitring fast ganz, und bloß eine geringe Anzahl von ziemlich schwach entwickelten Knospen ist im dorsalen Ab- schnitt des 1. Somitrings vorhanden. Gut ausgebildet und regel- mäßig angeordnet sind die Sinnesknospen dagegen stets im 2. Ring des Somits, welchen man, ähnlich dem mittlern Ring des Somits der übrigen Hirudineen, dem der mittlere Abschnitt des Somits der Oligochäten entspricht, als den exquisit sensitiven Somitring betrachten kann. Im Zusammenhang damit steht auch die Tatsache, dab der einzige sensitive Nerv (sn) des Somits von Acanthobdella, wie wir sehen werden, eben im 2. Somitring verläuft. Nur selten bemerkt man ganz isolierte Sinnesknospen. Größten-. teils liegen 2 oder 3 dicht beisammen, doch kommen zuweilen auch Gruppen von 4 Sinnesknospen vor. Im ventralen Abschnitt des 2. Somitrings sind gewöhnlich 2 Gruppen von Sinnesknospen (sk) vorhanden, und zwar die eine näher der Medianlinie des Körpers, die andere näher der Laterallinie (Taf. 34, Fig. 8). Dasselbe Ver- halten findet man im dorsalen Abschnitte dieses Rings. An der Acanthobdella pelledina GRUBE. 655 Laterallinie liegt ebenfalls eine ziemlich bedeutende Gruppe von Sinnesknospen. Vergleichen wir nun diese Verteilung der Sinnes- knospen mit ihrer durchaus regelmäßigen Anordnung im mittlern Somitring der übrigen Hirudineen nach bestimmten Längslinien des Körpers, so ergibt sich Folgendes: während bei den übrigen Hirudineen im gegebenen Querschnitt einer jeden Körperlinie nur je eine einzige Sinnesknospe oder Sensille entspricht, sind bei Acanthobdella je mehrere solcher Sinnesorgane auf ein und derselben Körperlinie gruppiert. Dies ist aber leicht zu erklären, wenn man die Gruppen von 2—3 Sinnesknospen, welche medianwärts so- wohl dorsal als auch ventral im 2. Somitring vorkommen, mit den Sinnesknospen, die bei den übrigen Hirudineen an den beiden Para- medianlinien liegen, identifiziert. Die Linie, an welcher sich die erwähnten Sinnesknospen befinden, bezeichne ich daher bei Acantho- bdella als Paramedianlinie des Körpers (pmd, pmd,). Die andern Gruppen dieser Organe, die lateralwärts im 2. Somitring liegen, entsprechen denjenigen Sinnesknospen der übrigen Hirudineen, welche lateralwärts von den paramedianen verteilt sind, und unter diesen hauptsächlich den intermediären, demzufolge die in Rede stehende Körperlinie (int, int,) bei Acanthobdella offenbar mit der Intermediärlinie der übrigen Hirudineen vergleichbar erscheint. Die größere Gruppe von Sinnesknospen an der Laterallinie, wo diese Organe bei den übrigen Hirudineen gewöhnlich nur schwach ent- wickelt sind, wird endlich den dorsalen und ventralen paramargi- nalen Sinnesknospen der letztern zusammen gleichzusetzen sein. Zuweilen findet man auch bei Acanthobdella die lateralen Sinnes- knospen ventral- oder dorsalwärts verlagert, d. h. also eine An- ordnung an den Paramarginallinien des Körpers annehmend. Eine gewisse Unbeständigkeit in der Verteilung der Sinnesknospen spricht sich darin aus, dab einige derselben gelegentlich von den entsprechen- den Gruppen ein wenig abgerückt erscheinen oder daß ein und die- selbe Gruppe in verschiedenen Somiten eine verschiedene Zahl von Sinnesknospen enthält. Im weitern Verlauf unserer Beschreibung werden wir sehen, daß auch das Verhalten der Muskulatur und des Nervensystems von Acanthobdella dieselben Körperlinien zu unterscheiden gestattet, welche wir hier auf Grund der Verteilung der Sinnesorgane des Somits festgestellt haben. Am Schluße dieser Beschreibung muß ich noch bemerken, dab alle Sinnesknospen des Somits mehr oder minder gleichmäßig ent- 656 N. Livanow, wickelt erscheinen. Eine derartige Differenzierung, wie man sie in den Sensillen und Sinnesknospen der übrigen Hirudineen vorfindet, ist bei Acanthobdella nicht vorhanden, obgleich einige Sinnesknospen an der Laterallinie des Körpers gewöhnlich einen bedeutendern Ent- wicklungsgrad aufweisen und, wie beschrieben, zuweilen gut aus- gebildete subepitheliale Zellen enthalten, wodurch sie an die typischen Sensillen der übrigen Hirudineen erinnern. Über die Augen von Acanthobdella, welche nur einigen Kopf- somiten eigen sind, soll bei der Beschreibung der Kopfregion Näheres berichtet werden. F 4. Die Muskulatur. Über die Muskeln der Körperwand von Acanthobdella besitzen wir in der Literatur Angaben von zwei Autoren. E. GRUBE (1851) schreibt: „Die Structur der Leibeswandung läßt Muskelfasern von verschiedener Richtung, vorherrschend aber Längsfasern wahrnehmen.” Und ferner A. KowaLevsky (1896, p. 267): „L’Acanthobdella comme la plupart des Annelides possede une ligne laterale, qui est assez nettement visible sur les individus traites au sublimé et conserves dans l’alcohol. Ces individus, comme nous l’avons déjà dit, perdent leur pigment, et on aperçoit alors très distinctement sur les parties latérales de leur corps, à la limite de leurs somites 20 ou 21 taches blanches, indiquant les lignes latérales. (Chacune de ces taches blanches est formée d’une très grande cellule musculaire, posée im- médiatement sous les teguments et dont les prolongements donnent des fibres circulaires — muscles circulaires“. .. (p. 268) „Il ne faudrait pas penser, que tous les muscles circulaires sont formés par les prolongements de cellules musculaires de la ligne latérale, il y a des muscles circulaires qui sont formés par des petites cellules du même type nématoide, et des simples cellules musculaires, c'est à dire des cellules dont la périphérie est formée par la substance contractile et l’intérieur par le protoplasma contenant le noyau“. Das ist alles, was bisher über die Muskulatur der Körperwand unseres Wurms bekannt war; wie man sieht, gewiß recht wenig. Im Hautmuskelschlauch von Acanthobdella sind 3 Muskelschichten zu unterscheiden, welche alle sehr scharf voneinander differenziert erscheinen (Taf. 33, Fig. 3—6; Taf. 34, Fig. ”—13; Taf. 36, Fig. 26—30; Taf. 37, Fig. 49—52; Taf. 38, Fig. 53; Taf. 39, Fig. 82; Taf. 40, Fig. 92, 96). Unmittelbar unter dem Hautepithel liegt eine Schicht von zirkulären Muskelfasern (rm), darauf folgt die Diagonalmuskelschicht Acanthobdella peledina Gruse. 657 (dm), und nach innen von letzterer verlaufen die Längsmuskeln (Im). Folglich weist das allgemeine Verhalten der Muskeln von Acanthobdella einen gut ausgeprägten Hirudineen-Typus auf. Im Gegensatz hierzu haben die Oligochäten gewöhnlich nur 2 Schichten, nach außen die Ring- und nach innen die Längsmuskelschicht. Nur Branchiobdella zeigt nach F. Scumipr (1903) ein Verhalten, welches demjenigen der Hirudineen ähnlich ist. Bei Lumbriculus und einigen Naidomorphen hat M. pe Bock (1901) ebenfalls die Diagonalmuskulatur entdeckt, und ich kann seine Angaben inbezug auf Lumbriculus durchaus bestätigen. Dies aber verändert die Sache gar nicht, da die Diago- nalmuskeln bei den bezeichneten Formen unmittelbar unter dem Hautepithel liegen, d.h. nach außen von der Ringmuskulatur, während sie bei den Hirudineen und Branchiobdella stets zwischen den Ring- und Längsmuskeln eingelagert sind. Wenden wir uns nun zunächst zur Ringmuskelschicht (rm) von Acanthobdella. Die einzelnen Zellen der zirkulären Muskeln (rm) sind spindel- förmig (Taf. 35, Fig. 20; Taf. 36, Fig. 26—29; Taf. 37, Fig. 49). Die kontraktile Substanz nimmt ihre im Querschnitt kreisrunde oder ovale Peripherie ein, während die Achse vom unveränderten Proto- plasma der Zelle erfüllt ist. In der kontraktilen Schicht kann man eine mit den übrigen Hirudineen identische fibrilläre Struktur ent- decken. Das Protoplasma erscheint ziemlich intensiv färbbar, fein granuliert und hat eine grobmaschige Struktur, wobei die Maschen radial zur Peripherie angeordnet sind. Ungefähr in der Mitte der Zelle, wo das Protoplasma keine Maschen mehr aufweist und sehr dicht erscheint, liegt der Kern, welcher eine ovale, in der Längs- richtung der Faser gestreckte Form besitzt, viele kleine Chromatin- kérnchen sowie einige Chromatinklümpchen und 1 oder 2 Nucleolen enthält. Am kernhaltigen Abschnitte der Muskelzelle fehlt stets die kontraktil-fibrilläre periphere Schicht auf einer größern oder geringern Strecke. Sehr selten bemerkt man Zellen (Taf. 36, Fig. 28), an welchen nur ein geringer Spaltraum in dieser Schicht vorhanden ist, wobei dann das Plasma nach außen gar nicht vorspringt und die Zelle daher überall glatte Konturen bewahrt. Niemals aber fand ich Zellen, die streng nach dem Hirudineen-Typus gebaut wären, woher ich der Angabe A. KowaArLevsky’s bezüglich des Vorhanden- seins von „simples cellules musculaires” etc. widersprechen muß; es werden wohl die oben beschriebenen Zellen gewesen sein, welche er für typische Hirudineen-Muskelzellen gehalten hat. 658 N. Livanow, Als Typus der Ringmuskelelemente von Acanthobdella erscheinen die Zellen (Taf. 36, Fig. 27, 29), bei welchen die kontraktil-fibrilläre Schicht ungefähr an der Hälfte der Peripherie des kernhaltigen Zellabschnitts fehlt, wobei der letztere nach Art eines ovalen Muskel- körperchens der nach außen, d. h. epithelwärts gerichteten kontraktil- fibrillären Schicht innen aufsitzt. Solche Zellen nennt A. KOWALEVSKY (1896) „nematoide“; sie sind denjenigen Zellen durchaus ähnlich, welche ich (1902, 1903) in der Ring- und Dorsoventralmuskeln von Hemiclepsis marginata beschrieben habe. Selten kommen bei Acanthobdella Ringmuskeln vor (Taf. 36, Fig. 26), deren kernhaltiger Zellabschnitt birnförmig ausgebildet ist und zwischen die Längsmuskeln hineinragt. Der ovale Kern er- scheint in solchen Zellen zur Muskelfaser schon quer gestellt. Aus den angeführten Tatsachen geht hervor, daß die Struktur der Ringmuskelzellen von Acanthobdella von der für typische Hirudineen bekannten nur unbedeutend abweicht, dagegen vom Oligochäten-Typus sich weit mehr unterscheidet. Unter den Oligo- ° chäten sind bei Dranchiobdella in der Ringmuskulatur die „einfachen Spindelzellen“ von F. Scamipr (1903) den beschriebenen Elementen von Acanthobdella ähnlich. Ein Unterschied dieser Muskelzellen von Branchiobdella besteht nur im Grade der Entwicklung der kontraktil- fibrillären Substanz, welche bei Acanthobdella und den übrigen Hiru- dineen schwächer ausgebildet ist. Dies gilt, wie wir sehen werden, auch von den Längsmuskelzellen beider Formen, ist also eine allgemeine Regel. Die ,Doppelmuskelzellen“ von Pranchobdella kommen dagegen bei Acanthobdella nicht vor, während sie, wie mir scheint, für viele Oligochäten charakteristisch sind. Inbezug auf die Lage des kernhaltigen Zellabschnitts der Ringmuskeln von Acanthobdella wäre zu bemerken (Taf. 35, Fig. 20), daß er sich meistens nahe der Laterallinie des Körpers (/) befindet; seltner begegnen wir Zellen, bei denen dieser Abschnitt mehr oder minder medianwärts, ungefähr bis zur äußern paramedianen Linie hin, verlagert ist. Es bleibt also das Medianfeld des Körpers sowohl dorsal als auch ventral von ihnen stets frei. Dieses Verhalten bildet eine Zwischenstufe zwischen der unregelmäßigen Lage der Kerne bei der Mehrzahl der Hirudineen einerseits und ihrer Anordnung bei Branchiobdella andrerseits. Bei letzterer Form unterscheidet F.Scumipt (1903, p. 610) jederseits 3 „Ringmuskelkernreihen“, nämlich eine „dorsale, ventrale und laterale“, welche der lateralen und der inter- mediären, sowohl ventralen als auch dorsalen Linie des Körpers Acanthobdella peledina Gruse. 659 entsprechen. Ich muß hier immerhin bemerken, daß mir eine der- artig reguläre Verteilung der Kerne bei Branchiobdella unwahr- scheinlich vorkommt; ich bin eher geneigt anzunehmen, daß die Kerne sich einfach nur mehr oder minder nahe der Laterallinie gruppieren und somit ihre Lage sich der durchaus regelmäßigen Anordnung auf der Laterallinie, wie sie die meisten Oligochäten zeigen, nur annähert. Außerdem liefert uns Acanthobdella noch in dem variieren- den Verhalten des kernhaltigen Zellabschnitts ihrer Ringmuskel- zellen eine interessante Reihe von Tatsachen, welche, mit an die typischen Hirudineen-Muskeln erinnernden Strukturverhältnisse beginnend, zum Oligochäten-Typus überführt, indem der kernhaltige Abschnitt auch bei Acanthobdella zwischen die Längsmuskeln ein- dringen kann, ähnlich den Ringmuskelkörperchen der Laterallinie der Oligochäten, wie das R. Hesse (1894) und andere Autoren an- geben. In einem jeden Somitring von Acanthobdella (Taf. 35, Fig. 20) sind jederseits ungefähr 8—10 zirkuläre Muskelzellen vorhanden, so daß sich im ganzen Ring etwa 20 Zellen befinden. Sie ordnen sich im Ring in einer Schicht an und bilden sehr regelmäßig Bündel von zirkulären Muskelfasern. Unter jeder Ringfurche zwischen den 2 benachbarten Ringen verläuft eine Muskelzelle, deren Kern streng lateral liegt. Sie durchzieht etwa */, der Peripherie des Körpers, und nur auf '/, ihres Wegs, nämlich bei der Laterallinie, verläuft sie allein, indem sich weiter ventral und dorsal die entsprechende Faser der andern Seite ihr zugesellt, so daß beide zusammen einen vollen Muskelring bilden. Vorn und hinten begleitet eine jede solcher Zellen gewöhnlich noch je eine ähnliche, jedoch etwas schwächer entwickelte Muskelzelle. Zwischen diesen zirkulären Muskelbündeln (mf), welche die Ringgrenzen einnehmen, befinden sich im Ring meistens noch 4 Bündel von zirkulären Muskelfasern. Sie enthalten aber gewöhnlich (a) nur jederseits je eine Muskelfaser, deren Beziehungen den eben beschriebenen ähnlich sind, oder (b) es nehmen an der Zusammensetzung des zirkulären Muskelbündels 4 Muskelzellen, jederseits 2, teil, in welchem Fall die Kerne der Zellen zwischen der lateralen und intermediären Linie des Körpers gelegen sind und die faserigen Fortsätze ungleich lang erscheinen. Während der zur Laterallinie ziehende Fortsatz nahe bei der letztern endet, verläuft der andere, wie es für die oben bezeichneten Muskel- fasern beschrieben ist, d.h. er ist viel länger als der erstere. Solche 660 N. Livanow, Muskelbündel bemerkt man gewöhnlich vor der Ringfurche im hintern Abschnitt eines jeden Rings. Doch können Bündel von beiderlei Art ohne jegliche Regelmäßigkeit miteinander abwechseln. Eine ähnliche Anordnung der Ringmuskeln in Bündel wurde auch bei den Oligochäten beschrieben, so besonders von F. Scamrpr (1903) bei Dranchiobdella. Nach den Angaben von A. Kowauevsky (1896, p. 267) wird ein Teil der Ringmuskelfasern von Fortsätzen der „cellules musculaires de Ja ligne laterale“ gebildet. Dies ist nicht richtig, da die be- zeichneten Zellen andern Fasern, nämlich denjenigen der diagonalen Muskelschicht (dm), den Ursprung geben. Diese Schicht ist so gut entwickelt (Taf. 36, Fig. 26—29; Taf. 37, Fig. 49—52; Taf. 40, Fig. 92), daß man sie bei genauer Schnittrichtung auf den ersten Blick sehr leicht erkennen kann. Zwischen dem 1. und 2. Ring jedes Somits liegt an der Lateral- linie (2) des Körpers jederseits je eine kolossale Muskelzelle (Taf. 33, Fig. 6; Taf. 34, Fig. 12; Taf. 35, Fig. 21; Taf. 36, Fig. 29, 30 dm*). Die Fortsätze (mf) dieser 2 Zellen bilden die ganze Diagonal- muskulatur des betreffenden Somits (Taf. 35, Fig. 21). Die Zelle selbst hat eine kuglige oder ovale Form und erreicht ungefähr bis zu 140 u im Durchmesser. Ihr Protoplasma ist fein granuliert und stark färbbar. Der Kern, welcher etwa 90 « im Durchmesser be- trägt, enthält eine große Menge von Chromatinkörnchen und Klümp- chen und einen großen Nucleolus. Die bezeichneten Zellen ragen auf der Laterallinie des Körpers zwischen den Längsmuskeln ins innere Mesenchym des Körpers hinein. Die Fortsätze treten von der epithelwärts gerichteten Fläche des Zellkörpers in zwei verschiedenen Richtungen ab: die einen, welche vom hintern Abschnitt der Zelle abgehen, verlaufen ventral- wärts und nach hinten, d. h. in den 2. und die folgenden Ringe des Somits; die andern dagegen, welche der vordere Teil der Zelle aus- sendet, ziehen dorsalwärts und nach vorn, d. h. in den 1. Ring des Somits und weiter. Alle diese Fortsätze sind gleich bei ihrem Ursprung von der fibrillär-kontraktilen Schicht umgeben, welche Substanz sich auch auf dem Zellkörper selbst in Form mehr oder minder breiter Lamellen fortsetzt, wobei sie meist auf der seit- lichen, d. h. epithelwärts gerichteten Fläche der Zelle sich aus- breitet. Die Fasern teilen sich in der Nähe des Zellkörpers in ihre Aste, welche dann weiter unverändert hinziehen. Ein Teil der | diagonalen Muskelfasern geht jedoch nicht unmittelbar vom Zell- Acanthobdella peledina Gruss. 661 körper aus, sondern von einem protoplasmatischen Fortsatz, welcher wie gewöhnlich zwischen den zirkulären und longitudinalen Muskeln liegt. Der obere Abschnitt des Zellkörpers dehnt sich nämlich dorsalwärts und nach hinten, d. h. in den 2. Ring des Somits, aus, und von diesem Ausläufer desselben gehen gewöhnliche diagonale Muskelfasern in den zwei oben angegebenen Richtungen ab. Die Länge dieses Fortsatzes ist nicht bedeutend, indem er nicht bis zur para- marginalen dorsalen Linie reicht. Die auf solche Weise aus 2 Zellen entstandenen diagonalen Muskelfasern eines Somits bilden dorsal und ventral nur eine ein- fache Schicht, lateral aber sieht man schon 2 scharf differenzierte Schichten, denn hier liegt die betreffende Zelle mit ihren Fasern nach innen von den Fortsätzen der Zelle der andern Seite. An den Medianlinien folglich findet sich die Stelle, wo die Fasern sich kreuzen und ihre Lage wechseln, indem die bisher zu innerst hin- ziehenden Fasern nach der Kreuzung nach außen von den entgegen- kommenden Fasern weiter verlaufen. Die diagonalen Muskelfasern der einen Seite kreuzen diejenigen der andern unter einem Winkel von etwa 60°, resp. 120°. Obgleich nun, wie wir gesehen haben, bei Acanthobdella eine Schicht von Diagonalmuskelfasern wie bei den übrigen Hirudineen vorkommt, so zeigt sie doch ihrer Bildungsweise nach einen sehr bedeutenden Unterschied. Sie stellt gleichsam eine Zwischenstufe zwischen den Hirudineen einerseits und Branchiobdella andrerseits dar. Bei der letztern ist, nach F. Scumrpr (1903), die Diagonal- muskulatur in jedem Somit jederseits nur von je 2 Zellen gebildet. Diese Zellen haben ähnlich wie bei Acanthobdella ihre kernhaltigen Abschnitte an der Laterallinie des Körpers; eine jede aber bildet nur 1 oder 2 Muskelfasern, weshalb die ganze Diagonalmuskulatur hier sehr schwach entwickelt erscheint. Bei den Hirudineen sind dagegen sehr zahlreiche diagonale Muskelfasern jederseits vorhanden, wobei eine jede Faser stets eine unabhängige Muskelzelle darstellt. Die kernhaltigen Zellabschnitte sind, wie ich bei Hemiclepsis marginata und Prscicola piscium konstatieren konnte, zuweilen auch hier an der ventralen Paramedianlinie des Körpers durchaus regelmäßig verteilt. Bei Branchiobdella ist noch ein weiterer wichtiger Unter- schied zu verzeichnen: die diagonalen Muskelfasern weisen nimlich einen Verlauf auf, der im Vergleich mit demjenigen bei Acantho- bdella und den übrigen Hirudineen gerade umgekehrt ist. Bei den Blutegeln verlaufen die Fasern vom kernhaltigen Zellabschnitt Zool. Jahrb. XXIT. Abt. f. Anat. 43 662 N. Livanow, dorsalwärts nach vorn und ventralwärts nach hinten; bei Branchio- bdella aber ziehen sie dorsalwärts nach hinten und ventralwärts nach vorn, worin ich die Angaben von F. Scamipr (1903) durchaus be- stätigen kann. Dieses Verhalten erscheint mir als ein Hinweis darauf, daß die Entwicklung der Diagonalmuskulatur von Branchiobdella und Acan- thobdella sowie der übrigen Hirudineen nur bei ihrem ersten Ursprung aus einer gemeinsamen Quelle hat hervorgegangen sein können, später aber bei verschiedenen Formen verschiedene Richtung ein- geschlagen haben muß. Die Längsmuskulatur ({m) von Acanthobdella ist im Vergleich zu den übrigen Hirudineen nicht stark entwickelt. Man findet hier nur schwach umschriebene und aus einer geringen Anzahl Muskel- fasern zusammengesetzte Längsmuskelbänder (Taf. 33, Fig. 2—6; Taf. 34, Fig. 7—13; Taf. 35, Fig. 225 Taf. 36, Fig. 28, Sis Pateag Hise 45, 47,49; Tafl.3% Wie. 822) 7af720, Mie. 96): Distal, d. h. epithelwärts, liegen in den letztern Muskelfasern, welche ihrer Struktur nach den oben beschriebenen Ringmuskel- fasern ähnlich erscheinen (Taf. 36, Fig. 26—31; Taf. 37, Fig. 45—52; Taf, 38, Fig. 53, 59; Taf. 39, Fig.-82; Taf. 40, Fig. 92). Sie sind spindelförmig, an den Enden nur selten sehr schwach verzweigt, und im runden oder ovalen Querschnitt betragen sie etwa 10—20 u im Durchmesser. Peripher befindet sich die kontraktil-fibrilläre Schicht, und innen liegt das unveränderte Protoplasma. Derjenige Zellabschnitt, welcher den ovalen Kern enthält, weist nun eine ganze Reihe von Variationen auf. Man sieht Fasern, in welchen dieser Abschnitt birnförmig hervorragt und die kontraktil-fibrilläre Schicht an dieser Stelle nur eine schmale Platte bildet, die dem Plasma von außen, d. h. epithelwärts, anliegt (Taf. 38, Fig. 53 Im*). Daran schließt sich das am häufigsten vorkommende Verhalten (Taf. 36, Fig. 31; Taf. 38, Fig. 59), wo die kontraktil-fibrillare Schicht im Querschnitt Uförmig erscheint und der Raum zwischen den beiden Schenkeln des U von Plasma erfüllt ist. Einen Übergang zum eigentlichen Hirudineen-Typus bilden Muskelfasern (Taf. 37, Fig. 47, 49—51), in welchen sich die kontraktil-fibrilläre Schicht auf den größern Teil des kernhaltigen Abschnitts ausdehnt, so daß nur nach innen eine enge Spalte frei bleibt. Endlich finden wir in den Längsmuskelbündeln Fasern (/m,), welche wie für die Hirudineen typisch gebaut sind, indem bei ihnen die kontraktil-fibrilläre Schicht auf der ganzen Peripherie der Zelle Acanthobdella peledina Gruss. 663 ununterbrochen ist (Taf. 36, Fig. 27; Taf. 37, Fig. 45; Taf. 39, Fig. 82). Solche Fasern sind in den Bändern ganz nach innen, mesenchymwärts, gelegen, distal aber fehlen sie gewöhnlich ganz. Sie stellen die größten Muskelelemente der Längsmuskulatur dar und erreichen bis zu 40 « im Durchmesser. Wenn nun diese letztern Fasern in allen Details ihrer Struktur das für die Hirudineen typische Verhalten aufweisen, so haben wir andrerseits in den weiter oben beschriebenen Längsmuskelfasern ein Verhalten vor uns, welches mit demjenigen der von mir (1903) beschriebenen Längsmuskelstrangzellen identisch ist und zugleich an die Struktur der Ring- und dorsoventralen Muskelzellen von Hemi- clepsis erinnert. Eine ähnliche Struktur der Längsmuskelzellen kommt unter den Oligochäten bei Branchiobdella vor. Hier haben wir, meiner Meinung nach, denselben Typus wie bei Acanthobdella, jedoch in einer etwas eigentümlichen Ausbildung, was sich haupt- sächlich in der mächtigen Entfaltung der kontraktil-fibrillären Sub- stanz ausspricht. Ein weiteres Glied in derselben Entwicklungsreihe stellt Haplotaxis dar, wo die Fibrillenschicht im Querschnitt unregel- mäßig Vförmig ist. Wenn nun die ganze Längsmuskulatur dieser Form an das für Branchiobdella und weiter auch Acanthobdella be- schriebene Verhalten erinnert, so bemerken wir, nach M. Bock (1901), etwas Ähnliches bei andern Oligochäten, wie z. B. Lumbriculus und den Lumbriciden, nur in einigen der am meisten distal gelegenen Längsmuskelfasern. Acanthobdella weist jedoch außerdem auch noch Längsmuskel- fasern auf, welche nach dem echten Oligochäten-Typus gebaut sind (Taf. 36, Fig. 28). Es sind nämlich je 2 Fasern (olm) jederseits vor- handen, welche zwischen den gewöhnlichen Längsmuskeln nach innen, cölomwärts, in den Bändern liegen und im Bereich der ventralen paramedianen (pmd,) und der dorsalen paramarginalen (pmr) Linie des Körpers verlaufen (Taf. 33, Fig. 3—6; Taf. 34, Fig. 7—13; Taf. 35, Fig. 22; Taf. 40, Fig. 96). Diese Fasern sind sehr dünn und im Vergleich mit den sie umgebenden Muskeln schwach entwickelt. Die kontraktil-fibrilläre Substanz bildet in ihnen eine auf die Kante gestellte Platte, welcher von innen ein geringer Rest von Protoplasma aufsitzt; doch ist der letztere nur in der Nähe der Somitgrenzen vor- handen, auf der größern Strecke des Verlaufs der Faser aber fehlt er. In einer Erweiterung dieses Plasmarests befindet sich der Kern der Muskelzelle, welcher entweder im 1. Ring des Somits oder ein wenig nach vorn, resp. nach hinten vom letztern liegt. Die ein- AY 664 N. Livanow, zelnen Zellen in diesen Lingsmuskelfasern schmiegen sich mit ihren Enden so fest aneinander an, daß man meinen könnte, sie zügen un- unterbrochen durch die ganze Länge des Körpers; doch deuten ihre kernhaltigen Zellabschnitte die Zusammensetzung aus mehreren, linear hintereinander liegenden Zellen deutlich an. Und tatsächlich sind in der Kopfregion die einzelnen Muskelzellen ganz distinkt von- einander abgegrenzt, da sie hier nicht so dicht aneinander liegen wie im Mittelkörper. ‚Jede Muskelzelle ist ein wenig länger als das betreffende Somit. Aus dieser Darstellung der histologischen Struktur der Längs- muskeln von Acanthobdella sehen wir, daß einerseits Muskelzellen, welche nach dem Oligochäten-Typus gebildet, andrerseits solche, die nach dem Hirudineen-Typus gebaut sind, vorkommen. Im großen und ganzen erinnert jedoch der allgemeine Charakter der Längs- muskulatur durchaus an denjenigen der Hirudineen, obgleich diese Muskeln hier im Vergleich zu den letztern weniger differenziert er- scheinen. Sie weisen somit einen niedern Entwicklungsgrad auf und bilden eine Übergangsstufe zwischen der Muskulatur der Oligo- chäten und Hirudineen. Aus diesen Tatsachen können wir nun Folgendes schließen. So- wohl die Muskelzellen der Oligochäten als auch diejenigen der Hirudineen nahmen ihren Ursprung wahrscheinlich von Muskelzellen, welche auf einem Teil ihrer Peripherie, besonders distal, die kon- traktil-fibrilläre Schicht ausgebildet hatten und deren kernhaltiger Abschnitt eine mehr oder minder ausgeprägte Protoplasmawucherung bildete. Diese Urform ließe sich von der Epithelmuskelzelle fast unmittelbar ableiten. Im weitern Verlauf der Entwicklung differen- zierte sich in der Zelle die kontraktil-fibrilläre Schicht entweder auf dem größten Teil der Peripherie, um so der Hirudineen-Muskelzelle den Ursprung zu geben, oder die kontraktil-fibrilläre Schicht nahm die Gestalt einer Platte an, indem beide Schenkel der im Quer- schnitt Vförmigen Fibrillenschicht sich fest aneinander legten, wobei das Plasma mit dem Kern nach außen vorgedrängt wurde, und so entstanden die typischen Muskelzellen der Oligochäten. In diesem Fall steht meine Auffassung mit den Anschauungen, welche schon von R. Hesse (1894) ausgesprochen sind, in voller Übereinstimmung. Wie gesagt, bilden die Längsmuskeln von Acanthobdella mehr oder minder ausgeprägte Längsmuskelbänder; eine derartige Mächtig- keit aber, wie man sie bei den Hirudineen stets vorfindet, erreichen sie bei unserer Form niemals. Dagegen ordnen sich die Längsmuskel- Acanthobdella peledina GRUBE. 665 zellen im mittlern Kürperabschnitt (Taf. 34, Fig. 10; Taf. 40, Fig. 96), den größern Dimensionen desselben entsprechend, einschichtig an, indem sich hier fast dieselbe Zahl von Muskelzellen auf einer be- deutend größern Fläche verteilt. Einige Längsmuskelbänder erscheinen jedoch als ganz bestimmte, stets vorhandene Fasergruppen (Taf. 35, Fig. 22; Taf. 33, Fig. 2—6; Taf. 34, Fig. 7—13; Taf. 40, Fig. 96); als solche erweisen sich die Bänder, welche auf der lateralen (ld) sowie ventral und dorsal auf der paramedianen (pmd,, pmd), intermediären (wnt,, int) und para- marginalen (pmr,, pmr) Linie gelegen sind. Sie stehen (Taf. 40, Fig. 97), wie wir sehen werden, in besonders intimen Beziehungen zu den motorischen Ringnerven des Somits, während die übrigen Längsmuskelbänder solche Beziehungen nicht aufweisen. Die be- zeichneten Bänder bleiben in den 2 vordersten Kopfsomiten allein übrig (Taf. 38, Fig. 61), indem die übrigen Längsmuskeln schon vorher enden. Diese Tatsachen, von denen noch weiter die Rede sein wird, geben uns zu der Vermutung Anlab, dab die bezeichneten 2 lateralen, 6 dorsalen und 6 ventralen Längsmuskelbänder die Grundlage gebildet haben dürften, auf welcher sich weiter die ganze Längsmuskulatur des Körpers aufgebaut haben mag. Unabhängig von den eben beschriebenen Muskelschichten besteht bei Acanthobdella eine den Körper in dorso-ventraler und schräger Richtung durchsetzende Muskulatur (Taf. 33, Fig. 5, 6; Taf. 34, Fig. 10, 11). Zur erstern zähle ich diejenigen Muskeln (dom), welche sich dorsal nahe der paramedianen, ventral medianwärts von der ent- sprechenden Linie mit ihren Endfortsätzen am Integument des Körpers befestigen. Die schrägen Muskelzellen (sm) heften sich dorsal in der Nähe oder lateralwärts von der paramarginalen an, ventral dagegen an der intermediären Linie des Körpers. Sowohl diese als jene durchziehen das innere Mesenchym des Körpers (ms) in welchem sie sich auch mit dem größern Teil ihres Verlaufs be- finden. Es sind gewöhnliche Muskelzellen von mittlerer Größe, deren Enden schwach verzweigt erscheinen. Der kernhaltige Abschnitt ist auf einer mehr oder minder großen Strecke der Peripherie frei von der fibrillär-kontraktilen Schicht, und das Plasma bildet hier oft eine Art Muskelkörperchen, in dessen Zentrum der Kern ge- legen ist. Die schrägen Muskelzellen (sm) sind ziemlich regelmäßig an- geordnet, indem etwa jederseits eine in jedem Ring des Somits auf- 666 N. Livaxow, tritt (Taf. 33, Fig. 5, 6; Taf. 34, Fig. 10), wo ihre Lage jedoch mehr oder minder unbestimmt erscheint. Sie liegen zuweilen im Ring selbst, zuweilen beinahe oder ganz in der Furche zwischen zwei be- nachbarten Ringen. In ihrem Verlauf im innern Mesenchym des Körpers lehnen sich die schrägen Muskeln gewöhnlich fast unmittel- bar an die latero-ventralen Längsmuskelbänder an; in den Prä- clitellarsomiten sowie in den hintersten Somiten des Mittelkörpers dagegen ragen diese Zellen, indem sie sich von den Längsmuskeln ein wenig entfernen, mehr ins innere Mesenchym hinein, und in den die Hoden enthaltenden Somiten biegen sie zuweilen sogar um die erstern von innen um, d.h. verlaufen ganz nahe am zentralen Cölomraum. Die dorso-ventralen Muskelzellen (dvm) befinden sich in den Präclitellarsomiten ziemlich regelmäßig zu je einer jederseits in jedem- Ring und liegen im innern Mesenchym des Körpers der lateralen Cölomwand direkt an (Taf. 33, Fig. 5). Die Muskelzellen des 4. Rings gehören gewöhnlich schon zum Dissepiment. In den Somiten aber, wo die Hoden vorhanden sind, erscheinen die dorso-ventralen Muskelzellen alle im Dissepiment konzentriert. Es verlaufen ge- wöhnlich 2 (Taf. 34, Fig. 11) oder 3 (Taf. 37, Fig. 39) Zellen in der Dissepimentlamelle selbst und noch eine Zelle unmittelbar nach vorn oder nach hinten von der letztern. In diesem Verhalten der dorso-ventralen und schrägen Muskeln stellt Acanthobdella eine Übergangsform zwischen den Oligochäten, wo diese Muskeln hauptsächlich in den Dissepimenten selbst ein- gelagert sind, und zwischen den übrigen Hirudineen, bei welchen sie durch das ganze innere Mesenchym des Körpers zerstreut sind, dar. In der Hinterdarm- sowie in der Haftscheibenregion von Acanthobdella weisen die dorso-ventralen und schrägen Muskeln be- deutende Veränderungen sowohl in ihrer Lage als auch, wenngleich in geringerm Grad, in ihrer Struktur auf. Die schrägen Muskeln geben hier ihre regelmäßige Anordnung auf, und ihre Befestigungspunkte weichen ziemlich stark vom gewöhnlichen Verhalten ab. In bezug auf ihre Struktur läßt sich dabei eine bedeutendere Ausbildung von mehr oder minder entwickelten Verzweigungen konstatieren. Die dorso-ventralen Muskeln (Taf. 36, Fig. 32), welche fast alle zu 3—4 in den Dissepimentlamellen der tiefen Einschnürungen des Hinter- darms eingelagert sind, weisen dieselben Besonderheiten auf. Ihre kontraktil-fibrilläre Schicht gibt sehr viele kleinere oder größere Zweige auf der ganzen Strecke des Zellverlaufs ab; dementsprechend Acanthobdella peledina Gress. 667 zeigt der kernhaltige Abschnitt diese Schicht in Form von mehreren Platten an seiner Oberfläche verteilt, zwischen welchen das Proto- plasma entblößt zutage tritt. Diese Zellen nähern sich ihrer Struktur nach sehr bedeutend den dorso-ventralen Dissepimentmuskeln von Branchiobdella. Durch Übergangsformen stehen sie dabei in einer engern Beziehung zu den gewöhnlichen dorso-ventralen Muskelzellen des mittlern Kürperabschnitts, wo diese bereits ganz ähnlich gebaut sind wie die dorso-ventralen Muskeln von Hemiclepsis. Die Muskulatur des Kopfs von Acanthobdella wollen wir im Zu- sammenhang mit der allgemeinen Beschreibung der Kopfregion näher besprechen. 5. Das Mesenchym. Unter dem Hautepithel sind alle Zwischenräume zwischen den Muskelfasern vom Mesenchym erfüllt; besonders mächtig aber er- scheint es unter der Längsmuskulatur, wodurch das Cülom von Acanthobdella einer starken Reduktion unterworfen ist (Taf. 33, Fig. 2—6; Taf. 34, Fig. 7—13; Taf. 40, Fig. 96). Im Gegensatz zu den Oligochäten ist ein solches Verhalten für die Hirudineen über- haupt charakteristisch; wie es für diese üblich ist, bezeichne ich als inneres Mesenchym des Körpers (ms) die Mesenchymschicht, welche nach innen von den Längsmuskeln, zwischen den letztern und der Cölomwand, liegt. Inbezug auf die bezeichneten Verhältnisse schreibt A. Kowa- LEVSKY (1896, p. 267) Folgendes: „Tous ces éléments qui composent les parois du corps sont entourés d’un tissu conjonctif muqueux, plus ou moins fibrilleux dans des differents endroits, qui contient encore un petit nombre de toutes petites cellules... Ainsi dans les parois du corps nous trouvons non seulement la couche proprement dermique, mais aussi un développement considérable du tissu conjonctif dans lequel sont places les muscles, les cellules pigmento-adipeuses, les cellules glandulaires, et les glandes génitales males, ce qui présente certaine ressemblance avec des vrais Hirudinées ott le parenchyme du corps est si développé.“ Das Kürpermesenchym (ms) von Acanthobdella ist von einer glas- hellen, farblosen Gallertmasse gebildet (Taf. 36, Fig. 26—28, 30; Pat. 37, Mig, 41—52; Taf. 38). Fig253,558, 595130 39010289: Taf. 40, Fig. 92), welche keine Struktur aufweist und bei Anwendung von verschiedenen Färbungsmethoden sich fast gar nicht färbt oder 668 N. Livanow, nur die schwächsten Nuancen annimmt. So wird es bei der Färbung nach VAN Grieson (Hämatoxylin-Säurefuchsin-Pikrinsäure) nur hell rosa. Unter dem Hautepithel, rings um die Nerven und Muskelzellen und unter der cölothelialen Auskleidung der Cölomräume bildet jedoch das Mesenchym feine Grenzlamellen (g/), welche sich sehr stark mit den- selben Farben tingieren, die an andern Stellen nur eine kaum be- merkbare Tinktion des Mesenchyms geben; bei Anwendung der eben erwähnten Van Greson’schen Färbungsmethode z. B. nehmen diese Grenzlamellen eine sehr intensive Farbe von Säurefuchsin an. Ver- bindungen zwischen den einzelnen Grenzlamellen bemerkt man im allgemeinen wenig, doch sieht man nicht selten (Taf. 36, Fig. 32; Taf. 37, Fig. 47, 51, 52; Taf. 38, Fig. 53), daß sie durch unansehn- liche Membranen oder Fasern, welche denselben Charakter wie die Grenzlamellen selbst aufweisen, untereinander in Zusammenhang stehen. Eine fibrilläre Struktur des Mesenchyms, wie sie von A. Kowa- LEVSKY (1896, 1. c.) benauptet wurde, konnte ich bei Acanthobdella nicht nachweisen. In dieser Beziehung stellt das Mesenchym unseres Wurms ein primitiveres, weniger differenziertes Gewebe dar als das Mesenchym der iibrigen Hirudineen. Bei den Rhynchobdelliden sind in demselben stets, wenngleich noch relativ schwach entwickelte, fibrilläre Strukturelemente vorhanden, welche sich bei Anwendung der Van Greson’schen Färbungsmethode mit Säurefuchsin intensiver färben als die gallertige Mesenchymmasse von Acanthobdella. Bei den Gnathobdelliden hingegen bildet dieses Gewebe ein gut aus- geprägtes Geflecht von scharf differenzierten Fibrillen, die sich mit Säurefuchsin schon sehr stark färben. In allen diesen Fällen sehen wir, dab die fibrilläre Struktur des Mesenchyms nicht das Resultat der Entwicklung fibrillärer Bildungen auf Kosten von Mesenchym- zellen ist, sondern bloß das Differenzierungsprodukt einer struktur- losen Grundsubstanz darstellt. Demzufolge ist das Mesenchym der Hirudineen als ein spezifisches Gewebe aufzufassen, welches für die letztern allgemein charakteristisch erscheint und in den verschiedenen Hirudineen-Gruppen nur verschiedene Differenzierungsgrade auf- weist. Im Mesenchym von Acanthobdella sind kleine, frei bewegliche Zellen (am) hier und da zerstreut, wenn auch in einer unbedeutenden Zahl (Taf. 36, Fig. 26—30, 35; Taf. 37, Fig. 46—52; Taf. 38, Fig. 53, 58; Taf. 39, Fig. 82; Taf. 40, Fig. 92). Sie haben eine sehr veränderliche Form, die Mehrzahl aber ist oval oder kuglig, wobei Acanthobdella peledina GRUBE. 669 sie bis zu 10 w im Durchmesser erreichen. Zuweilen sieht man Zellen, welche durch ihre spindelförmige Gestalt und ihren feinern Bau an die Mesenchymzellen der übrigen Hirudineen und besonders der Gnathobdelliden erinnern. Ihr fein granuliertes Protoplasma färbt sich ziemlich schwach, der ovale oder kuglige Kern erreicht ungefähr bis zu 6 « im Durchmesser und enthält eine unbedeutende Zahl von kleinen Chromatinkérnchen sowie 2—3 gröbere Chromatin- klümpchen. Wie wir noch weiter sehen werden, sind diese Elemente mit den freien Cölomocyten und Hämocyten identisch. Sie stellen nichts anderes dar als freie Amöbocyten des Mesenchyms. Zwischen ihnen und den Cölomocyten existieren offenbar unmittelbare gene- tische Beziehungen, und ziemlich oft hat es den Anschein, als ob die Cölomocyten durch die Cülomwandung ins Körpermesenchym eindringen; jedoch fehlen mir direkte Beobachtungen am lebenden Objekt, um dies mit Bestimmtheit behaupten zu können. Außer den Amöbocyten kommen im Mesenchym noch eigen- tümliche freie Zellen (pz) vor (Taf. 36, Fig. 26, 27, 29, 30, 33, 34; Taf. 37, Fig. 48; Taf. 38, Fig. 53; Taf. 40, Fig. 92), die sich aus- schließlich zwischen oder an den Muskelfasern der Körperwand be- finden. A. Kowaurvsky (1896) beschreibt diese Elemente sehr aus- führlich. Bei ihm lesen wir (p. 266) Folgendes: „La coloration [des Körpers] dépend des grandes cellules pigmentées disposées dans les parois du corps, principalement sous les muscles longitudinaux oü elles forment une couche presque continue. Ces cellules sont tres erandes, le pigment... est disposé a la périphérie de la cellule, tandis que l’intérieur de la cellule est rempli de granules adipeux ..., entourant le grand noyau de la cellule . .. Ces cellules donnent des nombreuses ramifications pigmentées, qui pénètrent entre les fibres musculaires, les entourent et se prolongent dans la couche cutanée, jusqu'aux cellules épithéliales et même pénètrent parmi ces dernières. Quelques fois on voit que les cellules pigmentées, ainsi non seulement les ramifications des cellules, pénètrent au dessus des muscles longitudinaux et se disposent immédiatement sous l’épithé- lium extérieur du corps. Ces cellules sont comme nous l'avons déjà dit en même temps pigmentaires et adipeuses, leur partie extérieure contient de très petites granules pigmentaires, tandisque l’intérieur est occupé par des granules adipeux beaucoup plus grands. Leur pigment se dissout dans l'alcool et on ne voit alors que les grandes cellules parenchymateuses, remplies de granules adipeux. Si on traite l’Acanthobdella par l'acide osmique, ou le liquide de HERMANN, 670 N. Livaxow, on réussit à conserver le pigment, et alors sur les coupes colorées par exemple par la safranine, on voit au centre de la cellule le grand noyau coloré en rouge, puis les granules adipeux, colorés en noir par l’acide osmique et les granules pigmentaires bruns, occupant la périphérie.” Zu dieser Beschreibung von A. KowaLevsky (1896) habe ich nur weniges hinzuzufügen. Das Protoplasma der bezeichneten Zellen ist fein granuliert und färbt sich ziemlich stark. Der Kern, welcher ungefähr bis zu 30 u im Durchmesser erreicht, hat eine kuglige Form, enthält viele feine Chromatinkörnchen und 5—6 größere Chromatinklümpchen. Zuweilen bemerkt man Zellen, welche 2 ganz gleiche Kerne auf- weisen; Mitosen aber konnte ich in diesen Zellen niemals entdecken. Die Pigmentfettzellen erscheinen als für Acanthobdella charakte- ristische Mesenchymelemente. Bei den übrigen Hirudineen gibt es zwar Zellen, welche den beschriebenen unbedingt nahe verwandt sind, aber bereits einen weitern Differenzierungsgrad darstellen: es sind das nämlich einerseits die eigentlichen. Pigmentzellen, die nur Pigmentkörnchen enthalten, und andrerseits die bloß Fett und andere fettartige Reservestoffe enthaltenden Elemente. Die Voraussetzung A. Grar's (1899, p. 338), dab nähere Verwandtschaftbeziehungen zwischen diesen beiden Zellarten der Hirudineen beständen, erhält hiermit also ihre Bestätigung, indem bei Acanthobdella nur eine Zell- art vorhanden ist, welche zugleich Pigment- und Fettzellen darstellt, und irgend welche andere Elemente, die Pigmentkérnchen oder Fett- einschlüsse enthielten, im Mesenchym fehlen. Auber den beschriebenen Elementen befinden sich im Mesenchym noch Drüsenzellen. Sie bilden zwei scharf differenzierte Zelltypen, obgleich beide sich als Derivate des Hautepithels erweisen. Die einen von ihnen stellen kleine Drüsenelemente (adz) dar (Taf. 36, Fig. 28, 34), welche gewöhnlich in den mesenchymatösen Zwischenräumen zwischen den Längsmuskeln des Körpers liegen. Der kuglige oder ovale Zellkörper dieser Drüsen, von ungefähr 10 « im Durchmesser, setzt sich unmerklich in den Ausführungsgang fort, dessen Querschnitt nur ein wenig kleiner als derjenige der Zelle selbst ist. Der distale Abschnitt des Ausführungsgangs dringt zwischen den Hautepithelzellen hindurch und verengert sich bloß dicht unter der Cuticula in unmittelbarer Nähe der Drüsenöffnung. Das Protoplasma der in Rede stehenden Zellen bleibt nur im proxi- malen Teil des Zellkörpers in Gestalt einiger stark färbbaren Stränge erhalten. Der Kern hat eine zentrale Lage und unterscheidet sich Acanthobdella peledina GrUBE. 671 von den Kernen des gewöhnlichen Hautepithels nur durch seine gröbern Chromatinkürnchen. Diese Drüsenelemente, deren Aus- führungsgänge über die ganze Körperoberfläche, wenn auch in un- bedeutender Anzahl, zerstreut erscheinen, sind den Albumindrüsen der Hirudineen und Oligochäten durchaus ähnlich. Der zweite Typus von Hautdrüsen (gdz) zeichnet sich dadurch aus, daß hier die Zellkörper ausschließlich im innern Mesenchym des Körpers liegen (Taf. 33, Fig. 4—6; Taf. 34, Fig. 7—12; Taf. 36, Fig. 35; Taf. 40, Fig. 96). Inbezug auf diese Elemente von Acan- thobdella schreibt A. Kowarevsky (1896, p. 266): „Nous trouvons dans les parois du corps des cellules deux ou trois fois plus grandes que les cellules pigmentaires; ce sont de vraies cellules géantes ... Elles sont pyriformes, et leur bout pointu se prolonge dans des canaux excréteurs, propres à un group de ces cellules.“ Im innern Mesenchym des Körpers finden wir bei Acanthobdella ziemlich gleichmäßig unter der Längsmuskulatur verteilte Pakete von Drüsenausführungsgängen (aup). In der Mitte des Körpers, un- gefähr im 3. Somit (74) der Mitteldarmregion beginnend, ziehen diese Pakete ununterbrochen einerseits nach vorn in das Kopfende, andrerseits nach hinten in die Haftscheibenregion. Die in der letzten Richtung verlaufenden Pakete vergrößern sich allmählich in ihren Dimensionen und öffnen sich, ebenfalls gleichmäßig auf der Konkavität der Haftscheibe verteilt, nach außen, ohne irgend eine besondere Gruppierung aufzuweisen (Taf. 34, Fig. 12, 13). Dagegen ordnen sich die nach vorn ziehenden Ausführungsgänge, wie wir noch weiter sehen werden, in den vordern Körpersomiten jederseits in je 3 Pakete an (Taf. 33, Fig. 4). Ihre Ausmündungen sind aus- schließlich auf die Kopfregion beschränkt. Verfolgen wir nun ein solches Paket von Ausführungsgängen seiner ganzen Länge nach bis zu den zugehörigen Drüsenzellen. Im distalen Abschnitt des Pakets (Taf. 38, Fig. 63) findet man keine Drüsenkörper, sondern nur gewöhnliche Epithelzellen, die zwischen den Ausführungsgängen der Drüsen liegen und nach der Struktur des Kerns und Protoplasmas mit den Zellen des Haut- epithels identisch erscheinen. Es sind das offenbar diejenigen Zellen, welche aus dem Hautepithel auswandern und allmählich immer weiter zwischen die Drüsenausführungsgänge eindringen. Allein schon in sehr unbedeutender Entfernung vom distalen Ende des Pakets begegnet man solchen Zellen nur sehr selten. Im mittlern Abschnitt des Paketverlaufs sehen wir hier und da die ersten 672 N. Livanow, Stadien der Umwandlung dieser Elemente in echte Driisenzellen (Taf. 36, Fig. 35).1) Entweder zwischen den Ausführungsgängen (aup) oder unmittelbar an ihnen im Mesenchym befinden sich näm- lich Elemente (gdz,), welche nur ein wenig größer als die gewöhn- lichen Hautepitheizellen sind; doch enthält ihr Kern gröbere Chromatinkörnchen und 2—3 große Chromatinklümpchen, und ihr Protoplasma, welches in dünner Schicht den Kern umgibt, färbt sich bereits auberordentlich stark. Distal geht von der Zelle der Aus- führungsgang ab, der von einem farblosen, durchsichtigen Secret erfüllt ist. Hier haben wir also schon eine typische Drüsenzelle vor uns. Je mehr wir uns nun dem proximalen Paketende nähern, um so seltner begegnen wir weiter solchen Drüsenzellen zwischen den Ausführungsgängen, und zuletzt fehlen sie hier ganz. Allerdings sind da wohl einige Zellen zu bemerken, doch sind das nur Amöbo- cyten (am) des Mesenchyms, welche im ganzen Verlauf des Pakets hier und da entweder auf dessen Oberfläche vorkommen oder zu- weilen auch im Paket selbst liegen, indem sie aus dem umgebenden Körpermesenchym zwischen die Ausführungsgänge der Drüsen ein- gedrungen sind. Gut ausgebildete, mesenchymatöse Grenzlamellen sind rings um die Pakete der Drüsenausführungsgänge offenbar nicht entwickelt und fehlen auch an den bezüglichen Drüsenzellen. Noch näher dem proximalen Paketende erscheinen an Stelle der kleinen Drüsenzellen Elemente (gdz,) von immer größern Dimensionen. Diese Zellen liegen bereits im innern Mesenchym des Körpers, ob- wohl in nächster Nähe des betreffenden Pakets der Ausführungs- eänge. Der Vergrößerung der Zelle entsprechend wird auch der Kern größer, wobei die Anzahl der Chromatinkérnchen und -klümpchen ebenfalls zunimmt. Wie erwähnt, tritt das farblose, durchsichtige Drüsensecret zunächst nur im Ausführungsgang auf, ohne im Proto- plasma selbst zu erscheinen. Vergleicht man nun eine der allergrößten von solchen Drüsen- zellen (gdz,) mit den benachbarten Drüsenelementen eines gegebenen Pakets (Taf. 36, Fig. 35), so kann man sich ohne Schwierigkeit den weitern Entwicklungsgang dieser Zelle deutlich vergegenwärtigen. 1) Bei der weitern Beschreibung verweise ich stets auf die nämliche Abbildung, da dieselbe alle Phasen der allmählichen Ausbildung der Drüsen- zellen enthält. Wie wir sehen werden, unterscheiden sich diese Zellen in den verschiedenen Körperabschnitten bloß durch ihre Dimensionen. Acanthobdella peledina Gruse. 673 In ihr beginnt das farblose, durchsichtige Secret nicht allein im Ausführungsgang, sondern auch im nächst angrenzenden Abschnitt des Protoplasmas sich zu bilden. Der Prozess geht dann noch weiter fort; das Secret sammelt sich in allmählich immer mehr zunehmender Menge an, bis es das Protoplasma im ganzen Zellkörper erfüllt (gdz,). Die Zelle vergrößert sich dabei bis zu 300 « im Durchmesser. Der ovale oder rundliche Kern verändert seine Struktur nicht und ver- größert sich nur ziemlich wenig. Sein Durchmesser beträgt jetzt etwa 150 «. Gleichzeitig mit der Secretansammlung wird das Zell- protoplasma viel weniger färbbar, verliert aber seine fein granulierte Struktur nicht. Solche Drüsenzellen, welche den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht haben, sieht man gewöhnlich einzeln am proximalen Ende des Pakets der Ausführungsgänge liegen. Im weitern Verlauf des Secretionsprozesses erscheint die Zelle (gdz,, gdz,) gleichsam erschöpft. Der Kern wird kleiner, und seine Chromatinkörnchen lagern sich dementsprechend in ihm dichter zu- sammen. Das Protoplasma verliert seine fein granulierte Struktur, indem es gröber wird und sich stärker färbt, wobei es sich an der Peripherie der Zelle ansammelt, während der ganze Raum rings um den Kern mit dichter Secretmasse erfüllt ist, welche nur einige wenige Protoplasmafäden durchziehen. Auch die Dimensionen der Zelle selbst werden geringer, und das Secret unterliegt ebenfalls einer Veränderung, indem es sich nun, z. B. mit Hämatoxylin, zu färben beginnt. Endlich schrumpft die Zelle (gdz,) zu relativ geringer Größe zusammen und erscheint durchweg mit einem in Hämatoxylin schwach gefärbte Secret erfüllt. In dem letztern befinden sich Protoplasma- reste in Gestalt von stark tingierbaren Verdichtungen ohne jede Spur von Struktur. Das Zentrum der Zelle nimmt der gewöhnlich noch ovale oder kuglige Kern ein, welcher jedoch zuweilen auch ganz unregelmäßige Konturen aufweist. Er färbt sich fast homogen und sehr intensiv, da er mit groben Chromatinkérnchen dicht er- füllt ist. Hiermit hat die Drüsenzelle die Endphase ihrer Tätigkeit er- reicht; sie ist bereits der Degeneration verfallen und hat offenbar ihre weitere Lebensfähigkeit eingebüßt. Wir haben eben den ganzen Entwicklungsgang einer der Riesen- drüsenzellen des innern Körpermesenchyms von Acanthobdella ver- folgt, wozu wir eine Zelle aus der Nähe des proximalen Endes eines 674 N. Livaxow, gegebenen Pakets der Drüsenausführungsgänge gewählt hatten. In ganz gleicher Weise verhalten sich auch alle übrigen Drüsenzellen, die zu demselben Paket gehören, nur daß die Zellen, je weiter sie vom proximalen Endabschnitt des Pakets entfernt bleiben, zwar genau denselben Entwicklungszyklus durchmachen, aber dabei immer seringere Dimensionen erreichen. So sieht man, daß die maximale Größe der Zellen in den mittlern Präclitellarsomiten etwa 150 « im Durchmesser beträgt, wobei der Kern ungefähr einen Durch- messer von 80 uw hat, während in den mittlern Kopfsomiten die Elemente gewöhnlich nur bis zu 50 « im Durchmesser erreichen, bei einem Durchmesser des Kerns von ungefähr 25 u. Je weiter sich also die Zelle von dem sie produzierenden Hautepithel entfernt, um so größere Dimensionen kann sie erreichen, bevor die Zunahme ihrer Protoplasmamenge aufhört und die Ansammlung des Secrets im Zellkörper selbst beginnt. Ähnlichen Riesendrüsenzellen des innern Körpermesenchyms be- geonet man auber bei Acanthobdella ebenfalls bei Hemiclepsis margi- nata und bei den Ichthyobdelliden. Bei den übrigen Hirudineen sowie bei den Oligochäten beobachtete ich sie nicht. Wir haben nun noch die Bildungen zu betrachten, welche aus- schließlich den Clitellarsomiten zukommen. Das Hautepithel dieses Körperabschnitts ist bei den von mir untersuchten Exemplaren von Acanthobdella demjenigen der übrigen Körperregionen im allgemeinen ähnlich; ein Unterschied besteht nur darin, dab die gewöhnlichen Hautepithelzellen hier und da trauben- förmige Massen bilden, welche im Mesenchym hauptsächlich zwischen den Längsmuskeln liegen und bis zum innern Mesenchym des Körpers vordringen, ohne jedoch in das letztere einzutreten. Nur selten bemerkt man, daß die Zellen, welche in solchen Massen distal gelagert sind, unmittelbar an die Hautepithelelemente angrenzen und sich zwischen die letztern einschieben. Größtenteils ist die traubenförmige Zellenmasse vom Hautepithel scharf abgegrenzt und hängt mit diesem nur durch einen feinen und langen Fuß, welcher eigentlich bloß eine Fortsetzung der unter dem Haut- epithel gelegenen mesenchymatösen Grenzlamelle ist, zusammen. Im distalen Abschnitt einer solchen Zellanhäufung unterscheiden sich die Elemente von den gewöhnlichen Zellen des Hautepithels nicht; gegen das innere Körpermesenchym hin aber verändert sich ihr Charakter: sie werden nämlich größer, und ihr Protoplasma färbt sich stärker, die Kerne nehmen kuglige Formen an und vergrößern Acanthobdella peledina Gruss. 675 sich ebenfalls in ihren Dimensionen, und anstatt der üblichen 2 Chromatinklümpchen sieht man im Kern deren 3 —4. Es liegen hier oftenbar Bildungen vor, welche den Clitellar- driisen homolog sind, die bei fast allen Oligochäten und Hirudineen vorkommen. Bei den von mir untersuchten Exemplaren von Acantho- bdella aber weisen diese Driisen nur die Anfangsstufen ihrer Ent- wicklung auf. Es hängt das wahrscheinlich damit zusammen, daß bei meinen Objekten der weibliche Geschlechtsapparat, wie wir weiter sehen werden, ebenfalls noch nicht völlig entwickelt war. 6. Das Cölom. Die Darstellung der Cölomverhältnisse von Acanthobdella, welche uns A. KowArevsky (1896) geliefert hat, ist im allgemeinen durch- aus exakt. Darüber lesen wir (p. 267) bei ihm Folgendes: .L’Acanthobdella possède un coelome divisé par une série des dissipe- ments correspondant au nombre des somites. La cavité du corps contient tout l'intestin, la chaîne nerveuse, et le vaisseau dorsal et ventral... La cavité du corps est bien développée, elle possède une couche de cellules épithéliales qui recouvrent l'intestin, et con- tiennent dans leur intérieur des granules verdatres — on peut les com- parer aux cellules chlorogènes des oligochétes. Dans la paroi ex- térieure de la cavité du corps on ne distingue pas aussi facilement les cellules, mais pourtant on remarque les noyaux placés & une certaine distance l’un de l’autre, ce qui indique la présence d’une couche épithéliale. Dans la communication du mois de juin, j'ai dit que les organes génitaux sont placés dans la cavité du corps, ce qui est juste seulement relativement aux ovaires et aux oviductes, tandis que les glandes males sont placés dans les parois du corps et forment seulement des proéminences dans le coelome.“ Wie schon aus dieser kurzen Beschreibung hervorgeht, weist das Célom (c) von Acanthobdella tatsächlich das für die Chätopoden typische Verhalten auf. Es stellt in jedem Somit des Körpers einen mehr oder minder weiten Hohlraum dar (Taf. 33, Fig. 3—5; Taf. 34, Fig. 10), welcher vom Darm, den Dissepimenten und dem Haut- muskelschlauch begrenzt wird. Am besten erscheint dieses Verhalten in den Präclitellarsomiten ausgeprägt (Taf. 33, Fig. 4,5; Taf. 41, Fig. 106), wo die Leibeswand infolge des Fehlens der Samensäcke relativ dünn und der betreffende Darmabschnitt wenig voluminös ist. Hier bildet das Cölom rings um den Darm (oe, d) einen breiten Raum, in welchem median das dor- 676 N. Livanow, sale (dg) und ventrale (vg) Blutgefäß verlaufen und unter dem letztern die Bauchkette (en) gelegen ist. Nach den Seiten hin ragt das Cölom des 1. Präclitellarsomits (¢,) nur unbedeutend vor (Taf. 33, Fig. 4; Taf. 41, Fig. 106). Dieses ist im 3. Präclitellarsomit (8) schon stärker ausgeprägt (Taf. 33, Fig. 5; Taf. 41, Fig. 106), indem die seitlichen Taschen (cs,) des Céloms (c,) nach vorn gerichtet sind und ein wenig zwischen die latero-ventralen Längsmuskelbänder und die ‘ölomwand des 2. Somits (¢,) eindringen (Taf. 34, Fig. 7). Am be- deutendsten erscheinen die seitlichen Cölomvorstülpungen (cs,) im letztgenannten Somit (7), wo sie sich nach vorn ausdehnen und zwischen die Längsmuskulatur und die seitliche Cölomwand des 1. Präclitellarsomits fast auf dessen ganzer Länge vordrängen (Taf. 33, Fig. 4). Die Dissepimente zwischen dem 1. und 2, 2. und 3. (Taf. 34, Fig. 7) Präclitellarsomit sowie dasjenige zwischen dem 3. Präclitellar- und 1. Clitellarsomit sind ganz gleich ausgebildet (Taf. 41, Fig. 106 dsp). Ein jedes stellt eine ziemlich dicke mesenchymatöse Lamelle dar, welche das Darmmesenchym mit dem innern Mesenchym des Körpers in Verbindung setzt. Sowohl dorsal als auch ventral ist die Dissepimentlamelle durch je eine weite Öffnung (e, c,) durchbohrt, so dab sich die dorsalen sowie ventralen Abschnitte des Cöloms ununterbrochen durch die Dissepimente hindurch fortsetzen. Dieses Verhalten kann man gewissermaßen als eine Vorstufe in der Aus- bildung des ventralen und dorsalen Cölomsinus der übrigen Hirudineen betrachten, von welchen der dorsale das Rückengefäß, der ventrale das Bauchgefäß und die Bauchkette enthalten. In den Dissepimenten verlaufen Muskelfasern vom Darm zum Hautmuskelschlauch sowie die dorso-ventralen Muskeln. So geht vom untern Darmquadrant je eine Muskelzelle (dsz,) aus, deren proxi- males Ende sich an der Darmwand verzweigt und das distale am Hautepithel nahe der Medianlinie sich befestigt. Dorsal verlaufen auf jeder Seite 2 solche sich am obern Quadranten der Darmwand verzweigende Zellen (dsz), von welchen die eine am Hautepithel nahe der dorsalen Medianlinie inseriert, die andere dagegen um den dorsalen Cölomsinus umbiegt und nach Kreuzung der entsprechenden Zelle der andern Seite mit ihren Endzweigen zwischen den Längs- muskeln endet. Außerdem verläuft in jedem Dissepimente ganz dicht am Darm je eine dorso-ventrale Muskelzelle, die sich oben und unten an der Paramedianlinie des Körpers am Integument des 4. Somitrings befestigt. Acanthobdella peledina Grouse. 677 Das eben beschriebene Verhalten des Cüloms erfährt in den Clitellarsomiten eine sehr bedeutende Veränderung, welche am deut- lichsten im 1. Clitellarsomit (9) ausgeprägt ist (Taf. 33, Fig. 6). Der ventrale, das Bauchgefäß (vg) und die Bauchkette (cn) einschließende Cölomabschnitt (c,) sondert sich hier vom übrigen Colom, indem er durch eine ziemlich dicke Mesenchymschicht von demselben getrennt ist. Er stellt ein weites Rohr dar, welches sich an die ventrale Durchbrechung des Dissepiments zwischen dem 3. Präclitellar- und 1. Clitellarsomit unmittelbar anschließt. Somit hat sich der ventrale Cölomabschnitt im 1. Clitellarsomit in einen echten ventralen Cölom- sinus verwandelt, welcher mit demjenigen der übrigen Hirudineen durchaus homolog ist. Das Lumen des mittlern Cölomabschnitts, welches den Darm allseitig umgibt, ist aufs äußerste reduziert (Taf. 33, Fig. 6; Taf. 39, Fig. 83—85; Taf. 41, Fig. 106), indem es von einer Zellenschicht (ct*), die hier und da von Mesenchymsträngen (ms, ) durchsetzt wird, vollkommen ausgefüllt ist. Nur selten kann man unbedeutende Spalträume erkennen (Taf. 39, Fig. 85), welche die Zellenmasse in 2 epitheliale Lagen teilen und hier die letzten Reste des Cüloms repräsentieren. Lateralwärts grenzt der in Rede stehende Cülom- abschnitt unmittelbar an die Wand der anliegenden Hoden (Ah) an, mit deren Höhle er auf einer mehr oder minder großen Strecke (A, ) kommuniziert, wovon noch weiter die Rede sein wird. Zwischen ihn und die Hoden dringen keine dorso-ventralen oder schrägen Muskel- zellen ein; sie alle verlaufen lateralwärts von den Hoden. Dorsal vereinigt sich der bezeichnete Cülomabschnitt mit dem das Rücken- gefäß (dg) einschließenden Cölom (c) Das letztere stellt einen weiten Hohlraum dar, welches sich an die dorsale Durchbrechung des Dissepiments zwischen dem 3. Präclitellar- und 1. Clitellarsomit an- schließt. Da er seitlich an den reduzierten Cölomabschnitt angrenzt, welcher den Darm umgibt, und somit vollkommen abgeschlossen er- scheint, so kann man auch ihn wie den entsprechenden ventralen Raum mit dem dorsalen Cölomsinus der übrigen Hirudineen un- gezwungen vergleichen. Das Cölom des 2. Clitellarsomits (10) stellt (Taf. 34, Fig. 8) eine Zwischenstufe zwischen dem Verhalten desselben in dem eben be- schriebenen und dem gewöhnlichen Körpersomit von Acanthobdella dar. Obgleich der ventrale Cölomsinus (¢,) des 1. Clitellarsomits auch im 2. Somit seine Selbständigkeit bewahrt, so vereinigt er sich dennoch stellenweise mit dem den Darm umgebenden Cölomabschnitt (c), Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 44 678 N. Livaxow, welcher hier bereits als ein gut ausgebildeter wenngleich enger Spaltraum rings um den Darm auftritt. Dorsal setzt sich der letztere Abschnitt unmittelbar in den wie gewöhnlich entwickelten dorsalen Cölomabschnitt fort. Die dorso-ventralen Muskeln, welche zwischen der Cölomwand und dem Hoden verlaufen, sind im 2. Clitellarsomit bereits vorhanden; ventral inserieren sie entweder an dem Ductus ejaculatorius und Atrium des männlichen Geschlechtsapparats oder an der Vagina, d. h. ihre Befestigungspunkte sind gegen die Somit- grenzen hin verschoben. Dorsal aber sind sie wie gewöhnlich am Integument nahe der Paramedianlinie des Körpers befestigt. Das Dissepiment zwischen dem 1. und 2. Clitellarsomit ist wie die oben beschriebenen Dissepimente der Präclitellarsomite ent- wickelt. Eine Besonderheit besteht nur darin, daß das Atrium des männlichen Geschlechtsapparats, da es sich auf der ventralen Median- linie befindet, in die ventrale Durchbrechung des Dissepiments ein- gelagert ist und der betreffende Cölomsinus das Atrium sowie die jederseits in dasselbe einmündenden Ductus ejaculatorii umeibt. Zwischen den letztern verläuft das ventrale Blutgefäß und die Bauchkette. Das folgende Dissepiment (Taf. 34, Fig. 9), welches das 2. Clitellarsomit vom 3. trennt, weist ein besonderes Verhalten auf, in- folgedessen es sich von allen übrigen Dissepimenten unterscheidet und mehr als jene an ein typisches Chätopoden-Dissepiment erinnert. Nur ventral (Taf. 40, Fig. 92) hat es eine kleine Durchbrechung (c¢,), in welcher das Bauchgefäß (vg) und die Bauchkette (cn) liegen; auf der ganzen übrigen Strecke dagegen stellt es eine ununterbrochene Lamelle dar, welche die seitlich und über den Darm gelegenen Cölomabschnitt des 2. Clitellarsomits von demjenigen des 3. Clitellar- somits (11) vollkommen abtrennt. Das dorsale BlutgefäB (dg) durch- bohrt somit dieses Dissepiment unmittelbar, ohne daß sich um das- selbe ein offener Cölomraum befände. Hinter dem Dissepiment erweitert sich allmählich der ventrale Célomsinus, um die Ovarien aufzunehmen, und vereinigt sich darauf mit dem dorsalen Cölomabschnitt. Der letztere beginnt hinter dem bezeichneten Dissepiment als ein das Rückengefäß enthaltender Raum und umgibt die dorsal aufsteigenden obern Teile der Ovarien, so dab diese letztern nun von allen Seiten vom Cölom um- geben erscheinen, in welchem sie nahe der dorsalen Medianlinie über dem Rückengefäße nach hinten verlaufen. Im hintern Abschnitt des 3. Clitellarsomits (77) ist das Colom _ Acanthobdella peledina GruBE. 679 schon in der für die Mittelkörpersomite typischen Weise ausgebildet. In den letztern (Taf. 34, Fig. 10) stellt es einen mehr oder minder entwickelten Hohlraum rings um den Darm dar, der sowohl dorsal, wo die Ovarien (ov) und das Rückengefäß in ihm liegen, als auch ventral. wo sich das BauchgefäB und die Bauchkette befinden, ein wenig er- weitert ist, wodurch hier Andeutungen eines ventralen und dorsalen Sinus zustande kommen. Auch sind in diesen Somiten unbedeutende laterale Cölomaussackungen (c*) vorhanden. Das Dissepiment zwischen dem 3. Clitellarsomit und dem 1. Mittelkörpersomit (72) sowie alle darauf folgenden Dissepimente des Mittelkörpers (Taf. 34, Fig. 11) stellen nicht sehr starke mesen- chymatöse Lamellen (ms*) dar, welche das Mesenchym des Darms mit dem innern Mesenchym des Körpers vereinigen (Taf. 37, Fig. 39). Sie haben dorsale (c) und ventrale (c,) Durchbrechungen. Die Muskel- zellen sind in ihnen, wie es oben für die Präclitellarsomite beschrieben war, jederseits je 2 dorsal (dsz) und eine oder gewöhnlich ebenfalls je 2 ventral (dsz,) vorhanden, wobei die eine von den letztern schwach entwickelt erscheint; außerdem verlaufen in den Dissepimenten 2 oder 3 dorso-ventrale Muskelzellen (dvm), wovon schon bei der Be- schreibung der Muskulatur die Rede war. Das Dissepiment (dsp,,), welches das letzte Mittelkörpersomit (19) vom 1. Somit der Hinterdarmregion (20) trennt, befindet sich im 4. Ring des 8. Mittelkörpersomits (Taf. 41, Fig. 108), ist also im Vergleich zu allen vorhergehenden ein wenig nach vorn ver- schoben. In seinem Bau zeigt dieses Dissepiment nur unbedeutende Abweichungen von den eben erwähnten. Es enthält jederseits 2 dorso-ventrale sowie 2 dorsal und 2 ventral vom Darm zum Inte- gument hinziehende Muskelzellen; seine ventrale Durchbrechung ist gut ausgebildet, während die dorsale sehr schwach entwickelt ist, so daß ihre Wände an das Rückengefäß meistens sich unmittelbar anlegen. Das Cölom (c) des 1. (20) sowie aller 5 folgenden Somite der Hinterdarmregion bildet nur einen sehr engen Hohlraum rings um den Darm, in welchem ventral eine Erweiterung (c,) vorhanden ist (Taf. 34, Fig. 12). Der dorsale erweiterte Abschnitt ist hier fast nicht zu unterscheiden (Taf. 39, Fig. 71). Im 1. Somit der Hinterdarmregion (20) nimmt das Célom (c,,) nur den vordern Abschnitt des entsprechenden Somits ein, in der Mitte desselben befindet sich nämlich schon das folgende Dissepiment (Taf 41, Fig. 108 dsp,,); das Cölom stellt also einen im Vergleich mit den Mittelkörpersomiten stark verkleinerten Raum vor. Das 44* 680 N. Livanow, Dissepiment ist wie das vorhergehende entwickelt, d. h. die dorsale Durchbrechung ist ebenfalls sehr schwach ausgebildet. Dab dieses Dissepiment aus seiner ursprünglichen Lage auf der Grenze des 1. und 2. Somits der Hinterdarmregion sich sekundär nach vorn ver- schoben hat, kann man daraus ersehen, daß seine charakteristischen ventralen (jederseits 2) und dorsalen (ebenfalls jederseits 2) Muskel- zellen sich an das Integument erst im 4. Ring des 1. Somits be- festigen, bis wohin sie sich im innern Mesenchym des Körpers er- strecken. Das Dissepiment (dsp,,), welches das 2. Somit (27) vom 3. (22) abtrennt, befindet sich zwischen dem 1. und 2. Ring des 2. Somits der Hinterdarmregion (Taf. 41, Fig. 108). Es ist wie das eben be- schriebene ausgebildet. Das Cölom (c,,) des 2. Somits nimmt folg- lich den hintern Abschnitt des 1. Somits (20) ein und nur den 1. Ring des seinigen (22), d. h, erscheint wie das vorhergehende räumlich verkleinert. Im entsprechenden Dissepiment aber ent- decken wir eine Andeutung auf seine ursprüngliche Lage, indem die Enden seiner ventralen sowie dorsalen Muskelzellen (jederseits je 2) bis zum 4. Ring des 2. Somits verlaufen, um sich hier zu be- festigen. Der Cölomraum (c,,) des 3. Somits (22) nimmt nur den 2. und 3. Ring des 2. Somits (27) der Hinterdarmregion ein (Taf. 41, Fig. 108). Das Dissepiment (dsp,,) zwischen dem 3. (22) und 4. (25) Somit be- findet sich im 4. Ring des 2. Somits; seine dorsalen (hier bereits nur 1 auf jeder Seite) und ventralen (jederseits 2) Muskelzellen be- festigen sich im 2. Ring des 3. Somits, sind also ebenfalls nach vorn verschoben, obgleich diese Erscheinung ziemlich schwach aus- geprägt ist. Das dem 4. Somit (25) entsprechende Cülom (c,,) nimmt den 4. Ring des 2. Somits (27) und den 1. Ring des 3. (22) ein, d. h. es ist bedeutend verkleinert und fast um 1 ganzes Somit nach vorn gerückt. Das Dissepiment (dsp,,), welches das 4. Somit (25) vom 5. (24) trennt, befindet sich im 2, Ring des 3. Somits (22). Es er- scheint schwächer als die vorhergehenden ausgebildet, da es jeder- seits nur eine dorso-ventrale, eine dorsale und, wie gewöhnlich, 2 ventrale Muskelzellen enthält. Die für das Dissepiment charakte- ristischen dorsalen und ventralen Muskelzellen fixieren sich am Haut- muskelschlauch schon im 1. Ring des 4. Somits und sind somit sehr stark nach vorn verlegt; ihre wahren Beziehungen kann man nur aus einem Vergleich mit den bisher beschriebenen Dissepimenten ermitteln. Acanthobdella peledina GRUBE. 681 Der darauf folgende Célomraum (c,,), welcher dem 5. Somit (24) dieser Region zukommt, nimmt den hintern Abschnitt des 3. Somits (22) der Hinterdarmregion ein, folglich ist er noch mehr als die vorhergehenden nach vorn verschoben. Das Dissepiment (dsp,,) zwischen diesem und dem 6. Somit (25) liegt zwischen dem 3. (22) und 4. (23) Somit der Hinterdarmregion und besitzt entweder gar keine dorsalen Dissepimentmuskelzellen mehr oder jederseits nur 1 Zelle, welche sich dann mit einem Ende nahe der dorsalen Medianlinie auf dem Darm befestigt, mit dem andern aber, um den Darm umbiegend, in der Nähe der ventralen Intermediärlinie am Hautmuskelschlauch inseriert. Nur die 2 Paar ventralen Muskelzellen des Dissepiments sind hier gut ausgebildet. Der dem 6. Somit (25) entsprechende Cölomabschnitt (c,,) nimmt fast das ganze 4. Somit (23) der Hinterdarmregion ein. Hier steigen 2 Zweige des dorsalen Blutgefäßes im Bereich des Somits von der dorsalen Medianlinie des Darms bis zu seiner Laterallinie hinab. Der Cölomraum des 6. Somits umgibt diese Gefäße, welche weiter schon ins innere Mesenchym des Körpers eindringen. In der Nähe der hintern Grenze des 4. Somits der Hinterdarmregion befindet sich das letzte Dissepiment (dsp,,) des Cöloms. Es stellt jederseits je eine mesenchymatöse Lamelle dar (Taf. 34, Fig. 13), die, da der Darm (hd) hier bereits ins innere Mesenchym des Körpers übergeht, nur von der Laterallinie des Darms bis zum ventralen Cülom- abschnitt (c) reicht. In dieser Bildung kann man dennoch mit Sicherheit ein Dissepiment erkennen. denn in den beiderseitigen Lamellen sind ventral die 2 Paar charakteristischen Muskelzellen (dsz,) vollkommen gut ausgebildet. Die dorsalen sowie dorso- ventralen Muskelzellen fehlen hier entweder ganz oder sind viel- leicht durch die radial vom Darm zum Hautmuskelschlauch ver- laufenden Muskelzellen repräsentiert. Jederseits sind 3 solche Zellen vorhanden, die recht schwach entwickelt sind. Von ihnen verläuft die eine dorsalwärts, die 2. lateralwärts und die 3. ventralwärts. Hinter diesem Dissepiment bildet das Cölom (ec) im 5. und 6. Somit der Hinterdarmregion eine ovale sackartige Erweiterung (Taf. 34, Fig. 14; Taf. 35, Fic. 16; Tate Hie: 108), in welcher der Analganglienkomplex und das ventrale Blutgefäß (vg) mit seinen Zweigen sich befinden. Aus dieser Beschreibung kann man ersehen, daß die 6 Somite der Hinterdarmregion bezüglich ihrer Cölomabschnitte reduziert und nach vorn verschoben sind. Dies beweist das Verhalten der 682 N. Livaxow, Dissepimente. Wichtige Andeutungen bieten uns in dieser Beziehung die Tatsachen dar, welche wir aus der Untersuchung des Darmes erhalten, wovon weiter unten die Rede sein wird. Hier will ich nur bemerken, daß die Ursache einer solchen Veränderung der Lage der Dissepimente sowie der Reduktion der entsprechenden Somit- räume in der Verschiebung der zugehörigen Darmabschnitte nach vorn gelegen ist. Zum Schluß sei hier Kowazevsky's (1896, p. 269) Angabe über die Dissepimente angeführt, welche lautet: „Le canal intestinal est attache aux parois du corps par vingts paires de dissepiments correspondant au nombre des segments.“ Dies ist richtig, wenn wir die Dissepimente der Kopfregion außer acht lassen. Betrachten wir nun vergleichsweise kurz das Verhalten des Cöloms bei den übrigen Hirudineen. Bekanntlich ist die Reduktion des zentralen Abschnitts einer- seits und die mächtige Entwicklung des peripheren andrerseits für das Cölom der Hirudineen charakteristisch. Die Reduktion des zentralen Cölomabschnitts führt dazu, daß bei den Rhynchobdelliden anstatt der segmental angeordneten Cölomkammern ein longitudinaler dorsaler und ventraler Cölomsinus mit unbedeutenden Verbindungskanälen zwischen ihnen zur Aus- bildung gelangen. Bei den Gnathobdelliden erscheinen weiter sowohl der dorsale und ventrale Cölomsinus als auch die Verbindungskanäle aufs äußerste verringert. Bei den Herpobdellen fehlt sogar der dorsale Cölomsinus gänzlich. Dieses alles kommt dadurch zustande, daß sich das Mesenchym, welches rings um den Darm, in den Dissepimenten und nach außen vom Cülom gelegen ist, außerordent- lich stark entfaltet. In dieser Beziehung schreibt O. BURGER (1902): „Die Rückbildung des Céloms geht besonders auf Kosten der Seiten- höhlen vor sich und hat vor Allem in der enormen Verstärkung der Septen seinen Grund.“ Die Entwicklung des peripheren Cölomabschnitts aber prägt sich in der Bildung der beiden seitlichen Cölomsinus und der hypodermalen Célomlacunen sowie der betreffenden Verbindungs- kanäle aus. Den höchsten Grad der Ausbildung des peripheren Cölomabschnitts finden wir bei den Gnathobdelliden, bei welchen die seitlichen Sinus nach Art von echten Blutgefäßen ausgebildet sind und die hypodermalen Cölomlacunen ungemein zahlreich erscheinen. Hierin spricht sich offenbar eine Folge des eingetretenen Acanthobdella peledina Grouse. 683 Funktionswechsels aus: bei den Gnathobdelliden ist das eigentliche Blutgefäßsystem ganz verschwunden, und an Stelle desselben ist das periphere Cölom zur Ausbildung gelangt. In dieser Beziehung stimme ich auf Grund meiner eignen Untersuchungen L. Cuénor (1891. p. 459) und A. Oxa (1902) durchaus bei und lasse daher die widersprechenden Angaben Bürser’s (1891, 1894) über die Gefäb- entwicklung bei den Gnathobdelliden unberücksichtigt, da sie meiner Meinung nach noch einer weitern Bestätigung bedürfen. Aus dieser kurzen Übersicht der Cölomverhältnisse bei den typischen Hirudineen geht deutlich hervor, daß das Cülom von Acanthobdella recht erhebliche Unterschiede aufweist und in dieser Hinsicht weit nähere Beziehungen zu den Oligochäten, die ein gut entwickeltes Cölom besitzen, erkennen läßt. Im großen und ganzen sind jedoch die eigentümlichen Veränderungen, welche das Cölom der Hirudineen charakterisieren, bei Acanthobdella bereits angedeutet. Die Dissepimente sind ziemlich voluminös und reich mit Mesenchym ausgestattet; sowohl der ventrale als auch der dorsale Cölomsinus sind angelegt, obgleich eine volle Differenzierung derselben nur im 1. Clitellarsomit stattfindet; die lateralen Cölomsinus kann man, wie mir scheint, mit den Cölomvorstülpungen des 2. und 3. Prä- clitellarsomits vergleichen. Ein scharfer Unterschied besteht dagegen im Fehlen jeglicher Cölomvorsprünge, die mit den für die Hirudineen charakteristischen hypodermalen Cölomlacunen vergleichbar wären. Somit hätten wir im Bau des Cöloms von Acanthobdella eine Vorstufe, welche als Ausgangspunkt für die Entwicklung des Cöloms der Hirudineen betrachtet werden kann. Doch zeigt das Cölom dieser Form unbedingt so weitgehende Übereinstimmung mit dem Cölom der Oligochäten, daß Acanthobdella sich hierin von allen übrigen Hirudineen bedeutend mehr unterscheidet als von den Oligochäten. Im Bau der Dissepimentmuskulatur aber prägt sich schon vollständig der Hirudineen-Typus aus. Ein ähnliches Verhalten weist jedoch nach F. Scamipr (1903) unter den Oligochäten auch Branchiobdella auf. Das Cölom von Acanthobdella ist allseitig vom Cölothel aus- gekleidet, welches auch alle im Cölom liegenden Organe überzieht. Dieses Epithel (ct) stellt eine sehr zarte, im Querschnitt als Linie erscheinende Membran dar, die der mesenchymatösen Grenz- lamelle überall dicht anliegt (Taf. 36, Fig. 26, 37; Taf. 37, Fig. 38 bis 43; Taf. 38, Fig. 54, 56, 59, 62—68; Taf. 39, Fig. 71, 72, 76, 77, 684 N. Livanow, 83, 88, 89; Taf. 40, Fig. 92). Recht weit voneinander entfernt liegen in dieser Membran die kernhaltigen Zellabschnitte (ct*) des cölo- matischen Epithels, welche gewöhnlich ins Cölom (ec), seltner ins innere Mesenchym (ms) des Körpers vorragen. Auf Schnitten sieht man eine spindelartige Plasmaeinwucherung von ungefähr 15—20 « Breite und 40—45 u Länge. Das Protoplasma ist sehr fein granu- liert und färbt sich sehr stark. Die ovalen bläschenförmigen Kerne enthalten eine Menge von mehr oder minder zarten Chromatin- körnchen. Der größere Durchmesser des Kerns beträgt ca. 25—30 u, der kleinere 15 «. In ihm sieht man gewöhnlich 2—3 Nucleolen. In bezug auf das den Darmüberzug bildende Cölothel schreibt A. KowaLevsky (1896, p. 269): „Les parois de l'intestin sont re- couvertes, du côté de la cavité du corps, par une couche de cellules contenant des granulations vertes dans la partie recouvrant l’intestin median. Cette couche de cellules correspond aux cellules chlorogénes des Oligochètes. Ces cellules absorbaient les sels de fer comme le font les cellules chlorogenes des Oligochètes.* Auch sagte schon E. Gruse (1851): „Der Darmkanal war großentheils von einem an- scheinend drüsigen Gewebe umgeben.“ In der Tat finden wir statt der beschriebenen Peritonealzellen auf der ganzen Strecke des Mittel- und Hinterdarms (Taf. 33, Fig. 5, 6; Taf. 34, Fig. 8, 10; Taf. 41, Fig. 106) eine ununter- brochene Schicht von eigenartigen Cülothelzellen (Taf. 36, Fig. 36, 37; Taf. 37, Fig. 38—40; Taf. 38, Fig. 68, 70; Taf. 39, Fig. 71, 83 cle). Sie sitzen dicht aneinander auf der äußern Grenzlamelle des Darmmesenchyms (ms). Ihre Form ist sehr verschieden. Man sieht zuweilen mehr oder minder abgeflachte, ovale Zellen (Taf. 36, Fig. 36; Taf. 38, Fig. 68, 70), sodann alle Übergänge zu kugligen und birn- förmigen Zellen (Taf. 36, Fig. 37; Taf. 37, Fig. 38—40; Taf. 39, Fig. 71, 83), welch letztere sich auf der Grenzlamelle mit ihrem Stiel befestigen. Die Kerne sind meist rund von ungefähr 6—8 w im Durchmesser; sie enthalten kleine Chromatinkörnchen und 1—2 Nucleolen. Die Größe der kugligen Zellen beträgt 12—16 « im Durchmesser. Das Protoplasma stellt ein feines Gerüst dar welches sich sehr schwach färbt, und nur an der distalen Peripherie haben die Zellkörper ein feinkörniges Aussehen. Im Protoplasmagerüst der Zellen sind zahlreiche Körnchen ein- gelagert, die sich mit Osmiumsäure schwärzen (Taf. 38, Fig. 68, 70); sie fehlen nur in der peripheren, feinkörnigen Schicht. Bei der An- wendung von andern Fixierungsflüssigkeiten, wie Alkohol, Sublimat, Acanthobdella peledina Grusr. 689 Sublimateisessig, Pikrinsäure, verschwinden diese Trépfchen der fettartigen Substanz, an Stelle deren im Protoplasma kleine Va- cuolen entstehen. Der fettartige Inhalt kann in den Zellen in sehr verschiedener Menge vorkommen. Am vordern Abschnitt des Mitteldarms sieht man Zellen, welche im Vergleich mit denjenigen des folgenden Abschnitts arm an fettartigen Tröpfchen sind; ebenso weisen die Zellen, welche durch die benachbarten Elemente vom Darmmesenchym etwas weiter weggedrängt sind, eine geringere Menge solcher Trüpfchen auf. Auber den bezeichneten Tröpfehen habe ich in den beschriebenen Zellen keine andere Einbettungen vorgefunden ; da ich diese Zellen im frischen Zustand nicht untersucht habe, so kann ich nicht entscheiden, was für Bildungen die „granulations vertes“ KowauLevskv’s darstellen. Sie sind vielleicht nichts anderes als die eben beschriebenen fettartigen Tröpfchen. In den bezeichneten Zellen sind zuweilen typische Mitosen vorhanden (Taf. 36, Fig. 36). Nur selten sieht man die in Rede stehenden Elemente im Cülom frei schwimmend (Taf. 37, Fig. 40; Taf. 39, Fig. 83); sie stellen dann wahrscheinlich nur wenige losgerissene Zellen dieser Schicht dar. Von ebensolchen Zellen (ct*) ist endlich der rings um den Darm gelegene Abschnitt des Cöloms im 1. Clitellarsomit fast ganz aus- gefüllt (Taf. 39, Fig. 83—85), hier aber enthalten sie keine fett- artigen Einschlüsse. A. KowazEevsky (1896) hält diese Elemente für Chloragogen- zellen. Ihre allgemeine Lage und Struktur sowie ihre von Kowa- LEVSKY entdeckte Fähigkeit, Eisensalze zu resorbieren, stellen diese Meinung außer Zweifel. Dasselbe bestätigt auch die Tatsache, dab nach G. SCHNEIDER (1896, p. 386) die Chloragogenzellen der Oligo- chäten ebenfalls eine fettartige Substanz enthalten. Obgleich ein solches Verhalten von vielen andern Autoren für die Chloragogen- zellen der meisten Oligochäten in Abrede gestellt wird, erscheint es für Pranchiobdella nach L. Cuénor (1891, p. 471) und Ddellodrilus nach J. P. Moore (1895) als sichergestellt. Folglich müßten wir die in Rede stehenden Zellen von Acanthobdella als echte Homologa der Chloragogenzellen der Branchiobdellen und somit auch ihre all- gemeine Verwandtschaft mit den Chloragogenzellen der Oligochaten überhaupt anerkennen. Weiter entfernt stehen in dieser Beziehung die übrigen Hirudineen, bei welchen die sogenannten sauern Zellen der Rhynchobdelliden und die Botryoidalzellen der Gnathobdelliden, wie es A. KowAuevsky (1897) nachgewiesen hat, den Chloragogen- 686 N. Livaxow, zellen der Oligochäten entsprechen. Die Lage dieser Zellen bei den übrigen Hirudineen erinnert nicht an die Beziehungen bei Acantho- bdella, was aller Wahrscheinlichkeit nach in der eigenartigen Ent- wicklung des Cöloms bei den erstern seinen Grund hat. Zwischen den Chloragogenzellen befinden sich am Darm den gewöhnlichen Cölothelzellen ähnliche Zellkörper (Taf. 36, Fig. 37; Taf. 37, Fig. 38 rm”), die in einer unbedeutenden Zahl überall auf der Darmoberfläche zerstreut sind. Bei näherer Untersuchung dieser Zellen findet man, daß hier echte Epithelmuskelzellen vorliegen. In dem basalen Abschnitt einer jeden solchen Zelle sind 2—5 feine Muskelfäserchen (rm) eingelagert, welche die Ringmuskulatur des Darms bilden. Diese Muskelfäserchen verlaufen durch die basalen Teile der Chloragogenzellen, der äußern Grenzlamelle des Darm- mesenchyms (ms) von außen dicht anliegend (Taf. 36, Fig. 37; Taf. 37, Fig. 38—40) Auf den ersten Blick hat es den Anschein, als ob sie von den Chloragogenzellen erzeugt wären, doch bleibt bei genauerem Zusehen kein Zweifel über ihre Unabhängigkeit von den letztern, und ihre Zugehörigkeit zu den bezeichneten Cölothelzellen tritt ganz klar hervor. Jedes Muskelfäserchen verläuft auf einer ge- wissen Strecke ganz unabhängig von den andern, und nur im kernhaltigen Zellabschnitt selbst können sie ihrer Länge nach sich zu 2 oder 3 miteinander vereinigen, indem sie dort dünne Platten von fibrillär-kontraktiler Substanz bilden. Gleich hinter einem jeden Dissepiment sind 2 oder 3 der be- schriebenen Muskelfasern vorhanden (Taf. 37, Fig. 39), die ihrer Größe nach ein wenig mehr als die übrigen entwickelt erscheinen. Sie nehmen ihren Ursprung wie gewöhnlich von einer Cölothel- muskelzelle. Während ihres Verlaufs dringen sie zuweilen auf einer kurzen Strecke in das Darmmesenchym ein, so dab man auf dem Schnitt eine in das Mesenchym eingebettete Muskelfaser bemerken kann. Ihre nähern Beziehungen zur Cölothelzelle zu bestimmen ist in diesem Fall sehr leicht, wenn man diese Faser ein wenig weiter verfolgt. Dieselbe Erscheinung weisen 2 auf die eben beschriebenen nach hinten folgende Muskelfasern (rm*) in einem bedeutend größern Grade auf (Taf. 57, Fig. 39, 40), indem beide schon fast in ihrem ganzen Verlauf in das Darmmesenchym (ms) eingelagert sind, und nur selten sieht man, daß die Faser in eine Cölotheleinsenkung austritt und eine kurze Strecke weit nach außen von der Grenzlamelle des Darm- mesenchyms verläuft, um weiter aufs neue in das letztere einzusinken. Acanthobdella peledina Grouse. 687 Solche Fasern können auch ganz im Mesenchym verbleiben, und dann haben wir eine circuläre Muskelfaser vor uns, die, im Mesen- chym des Darms liegend, keine Beziehungen zum Cülothel aufweist; jedoch ist ihre Natur durch die angegebenen Übergangsformen ganz sicher bestimmt. Die kernhaltigen Zellabschnitte der in Rede stehenden Fasern erinnern durchaus an die der andern Muskel- zellen des Körpers, da sie in einer Hälfte ihrer Peripherie die fibrillär-kontraktile Schicht haben, nach außen aber das sich stark färbende, fein granulierte Plasma mit dem chromatinreichen Kern sich befindet. Der kernhaltige Zellabschnitt ist in der Nähe der Laterallinie des Darms gelegen. Nach beiden Enden hin erscheint die Muskelfaser ais eine platte, Uförmige oder fast ringförmige, d.h. nach Hirudineen-Typus gebaute Faser. 4 solche Zellen, jeder- seits 2, bilden auf dem Darm eine Art von Muskelring im Anfangs- abschnitt jedes Somits, was sehr charakteristisch ist. Auf dem Hinterdarm erscheinen diese Muskelringe, sehr tief in die Darm- einschnitte eingesenkt, als sphinkterartige Bildungen. Die beschriebenen Cölothelmuskelzellen stellen eine charakteri- stische Besonderheit des splanchnischen Blatts von Acanthobdella dar. Bei den übrigen Hirudineen entdeckt man nichts Ahnliches, da mit dem Schwinden des den Darm umgebenden Cölomabschnitts infolge der mächtigen Mesenchymentwicklung und der Cülom- reduktion die Ringmuskulatur des Darms ins Darmmesenchym hineinverlegt ist, und die splanchnische Cölothelschicht selbst größtenteils nicht mehr als ein den Darm von außen allseitig be- deckendes Epithel vorkommt. Acanthobdella nähert sich in dieser Beziehung mehr denjenigen Oligochiten, welche die Ringmuskulatur des Darms nach außen von der Lingsmuskulatur desselben haben, nämlich Branchiobdella und weiter Haplotaxis (syn. Phreoryctes).1) Im Cölom selbst, d. h. in seiner eiweißhaltigen Flüssigkeit, sind in großer Zahl freie Zellen (cz) vorhanden (Taf. 36, Fig. 36, 37; Taf. 38, Fig. 68; Taf. 39, Fig. 76). Sie stellen gewöhnlich kuglige Elemente von etwa 10 « im Durchmesser vor, die ein fein granu- liertes, schwach färbbares Protoplasma haben. Ihr Kern enthält wenige Chromatinkörnchen und 1—2 Nucleolen; er beträgt un- 1) Vgl. meinen Artikel „Die Darmmuskulatur der Oligochaeten und Hirudineen“, in: Zool. Anz., V. 27, 1904. 688 N. Livaxow, sefähr 6 w im Durchmesser. In keinem Fall enthalten die be- zeichneten Zellen Fettkörnchen wie die oben beschriebenen Chlor- agogenzellen. Dies sowie ihr Habitus weisen mit Bestimmtheit daraufhin, daß sie nicht von den Chloragogenzellen abstammen. Meistens enthalten sie keine Einschlüsse und erinnern durchaus an die freien Zellen im Blutgefäßsystem. In den freien Cölomocyten findet man manchmal Mitosen. Außer diesen Elementen kommen ausnahmsweise im Cölom noch männliche Geschlechtsprodukte in verschiedenen Entwicklungs- stadien vor. Reste von Borsten konnte ich im Cölom von Acanthobdella nie- mals beobachten, wie das verschiedentlich bei Oligochäten be- schrieben worden ist. 7. Das Nervensystem. Über das Nervensystem von Acanthobdella finden wir bei A. KowAuevsky (1896, p. 269) die folgende kurze Bemerkung: „Le système nerveux est composé 1) d’un ganglion sus-oesophagien ou cerveau, 2) d'un amas ganglionnaire sous-oesophagien, 3) d’une chaîne ventrale de ganglions et 4) d’un amas ganglionnaire postérieur ou de la ventouse.“ Die Oberschlund-, Unterschlund- und Analganglienmasse vor- laufig zur Seite lassend, wenden wir uns zunächst zur Beschreibung der Bauchkette. Sie liegt frei im ventralen Cülomabschnitt unter dem Bauch- gefäß (vg) und ist wie bei den übrigen Hirudineen aus gut differen- zierten Ganglien (gv) und Connectiven (cn) gebildet (Taf. 33, Fig. 1, 3—6; Taf. 34, Fig. 7—13; Taf. 40, Fig. 92). Die Ganglien befinden sich gewöhnlich im mittlern Abschnitt des betreffenden Somits (Taf. 40, Fig. 97), und bloß in den Somiten der Hinterdarmregion sind sie mehr oder minder nach vorn verlegt. Inbezug auf die Gesamtzahl der Ganglien in der Bauchkette von Acanthobdella gibt A. Kowauevsky (1896, p. 269) an: [hinter der Unterschlundganglienmasse] „suivent 4 ganglions éloignés l’un de l’autre à d'assez grande distance et réunis par de connectifs; puis vient le grand ganglion qui est placé entre les ouvertures male et femelle des organes génitaux. . .. Entre l’ouverture extérieure femelle et lamas ganglionnaire postérieur ou de la ventouse il y a encore 15 ou 16 ganglions ce qui dépend si on réunit ou ne réunit pas a cet amas le dernier petit ganglion de la chaine ganglionnaire.“ Acanthobdella peledina GRUBE. 689 Ich habe die Anzahl der Ganglien in der Bauchkette sehr sorgfältig studiert (Taf. 33, Fig. 1) und kann nun behaupten, dah vor der weiblichen Genitalüffnung (2) 6 Ganglien gelegen sind, von welchen das 1. sich sehr nahe der Unterschlundganglienmasse befindet, hinter dieser Öffnung aber sind deren 13 oder, wenn wir ein an die Anal- ganglienmasse sehr nahe herangerücktes Ganglion als das letzte freie Ganglion betrachten wollen, 14 vorhanden. Die Angaben von A. Kowazevsky erweisen sich demnach als ungenau. An den Stellen der Ganglien grenzt die Bauchkette unmittelbar an das innere Mesenchym (ms) des Körpers, indem die Ganglien mit ihren ventralen Abschnitten in das letztere vorragen. Dies ist gewöhnlich nur wenig ausgeprägt (Taf. 37, Fig. 41; Taf. 40, Fig. 99), in den 3 Clitellarsomiten aber erscheinen die Ganglien fast bis zur Hälfte ins Mesenchym eingesenkt (Taf. 37, Fig. 42). Dementsprechend sieht man, daß die äußere Schicht der Hüllen der Bauchkette, welche von einer feinen Lamelle des gewöhnlichen Cölothels (ct) gebildet ist, den Ganglien ventral fehlt. Das Peritonealepithel bildet an der Grenze der ventralen und lateralen Ganglienoberfläche eine Falte, indem es sich einerseits auf das Ganglion erhebt, andrerseits auf die parietale Wand des Cöloms fortsetzt. « Die innere Schicht der Hüllen der Bauchkette (Taf. 37, Fig. 41 bis 43; Taf. 40, Fig. 98, 99) besteht aus dem Neurilemm, welches nichts anderes ist als das typische, durchsichtige, gallertartige Mesenchym (ns), versehen mit einigen wenigen Zellen. Diese Neuri- lemmschicht ist gewöhnlich ziemlich schwach entwickelt und geht an den Stellen der Ganglien, wie es oben erwähnt war, unmittelbar in das innere Mesenchym des Körpers über. In das Neurilemm sind longitudinale Muskelfasern (mf) eingelagert. Sie nehmen ihren Ursprung in einem jeden Somit nur von 2 Muskel- zellen, deren kernhaltige Abschnitte sich symmetrisch jederseits von der Medianlinie nahe vor dem betreffenden Bauchganglion befinden. Es sind das gewöhnliche Muskelzellen, in welchen der kernhaltige Abschnitt nur auf einem Teil seiner Peripherie die kontraktil- fibrilläre Substanz ausscheidet. Sowohl nach vorn als auch nach hinten gehen von ihm je 2 Fortsätze ab, von welchen der eine die Muskelfaser bildet, die nahe der Medianlinie dorsal verläuft, der andere aber ein wenig lateralwärts ablenkt und im Neurilemm lateral hinzieht. Diese letztere Muskelfaser teilt sich zuweilen in 2, und dann bemerkt man lateral 2 Muskelfasern. Nach vorn vom kern- haltigen Abschnitt reichen die Fortsätze einer gegebenen Muskelzelle 690 N. Livanow, bis zur Mitte des vorhergehenden Bauchganglions, nach hinten bis zur Mitte des Ganglions, welches auf den kernhaltigen Abschnitt folgt. So kann man sagen, dab die Muskelfasern im Neurilemm von Acanthobdella ziemlich schwach entwickelt sind und nur von 2 streng metamer gelegenen Muskelzellen abstammen. Hierin weist Acantho- bdella ein den übrigen Hirudineen durchaus ähnliches Verhalten auf, was ebenfalls die Neurilemm- und Cölothelschicht betrifft. Dagegen weichen die Oligochäten im Bau der Bauchstrangmuskulatur von Acanthobdella ab, obgleich unter ihnen Dranchiobdella nach F. Schmipr (1903, p. 700) ein mit der letztern Form identisches Verhalten dar- bietet. Außerdem ist die Bauchkette von Pranchiobdella deutlich in Ganglien und Connective differenziert, was, wie bekannt, bei den meisten Oligochäten und unter ihnen auch den Haplotaxiden ent- weder gar nicht der Fall ist oder nur schwach ausgebildet erscheint. Den innern Abschnitt des Ganglions der Bauchkette nimmt die Zentralfasermasse (cfm) ein (Taf. 37, Fig. 41, 42; Taf. 40, Fig. 99), welche nichts anderes darstellt als eine Erweiterung der Connectiv- stämme im Bereich des Ganglions. Von außen ist die Zentralfaser- masse von einer dünnen Neurilemmschicht bedeckt, die von der all- gemeinen Neurilemmscheide der Bauchkette ausgeht. In der Zentral- masse selbst sind die Nervenfasern in Neuroglia eingebettet, welche von 2 Gliazellen (gz) ihren Ursprung nimmt. ArarHy’s „medianen Sternzellen“ der übrigen Hirudineen durchaus ähnlich liegen die- selben unmittelbar unter der Neurilemmschicht und ordnen sich hintereinander auf der ventralen Medianlinie des Ganglions nahe seiner Mitte an (Taf. 37, Fig. 41); zuweilen aber befinden sich diese Zellen fast symmetrisch von der Medianlinie, rechts und links. Über- gangsstufen von ihrer gewöhnlichen Lage zur letztern Anordnung findet man in reichlicher Anzahl. Die Zentralfasermasse weist keine Differenzierung der Querfasern in gesonderte Gruppen auf; ebenso sind auch die Connectivstämme im Ganglion nur schwach individuali- siert, und der Mediannery verschwindet hier ganz. Im Querschnitt erscheint die zentrale Fasermasse des Ganglions als ein Viereck mit abgerundeten Ecken. Die Peripherie des Ganglions nehmen die Ganglienzellen (Taf. 37, Fig. 41, 42; Taf. 40, Fig. 99), welche der Zentralfasermasse anliegen, ein. Sie bilden 6 typisch entwickelte Pakete (Taf. 40, Fig. 100), von denen ein jedes seine eigne Gliahülle besitzt, welche von einer einzigen multipolaren Gliazelle (gz) ihren Ursprung Acanthobdella peledina GRUBE. 691 nimmt (Taf. 37, Fig. 41). Diese Gliazelle entspricht der „Sternzelle der Ganglienzellenpackete“ Aparuy’s bei den übrigen Hirudineen. Die einzelnen Pakete erscheinen dadurch scharf differenziert, daß sie voneinander und von der zentralen Fasermasse durch dünne Neurilemmlamellen geschieden sind, welche peripher in das allgemeine Neurilemm der Bauchkette direkt übergehen. Von den 6 Ganglienzellenpaketen liegen 2 ventral (mp) und 4, jederseits 2, lateral (Jp) der Zentralfasermasse an. Die Seitenpakete bilden ovale Massen von Ganglienzellen, deren Fortsätze in die zentrale Fasermasse von den Seiten her eindringen. Nach oben reichen diese Pakete bis zur dorsalen Ganglionoberfläche, nach unten bis zur ventralen. Das vordere Seitenpaket (/p,) der einen Seite des Ganglions berührt fast das entsprechende Paket der andern Seite im vordersten Ganglionabschnitt, indem diese Pakete hier ein wenig mehr ventralwärts hinabsteigen. Die hintern Pakete (/p,) liegen ganz lateral. Zwischen den vordern Seitenpaketen und den vordersten Abschnitten der hintern Seitenpakete liegt ventral im Ganglion das vorderste Medianpaket (mp,), eine ovale Masse von Zellen darstellend. Das hintere Medianpaket (mp,), welches eine verhältnismäßig unansehnliche Gruppe von Ganglienzellen bildet, schiebt sich als eine ovale Masse zwischen die hintersten Abschnitte der hintern Seitenpakete ein und ragt ein wenig hinter den letztern hervor. Die Fortsätze der Ganglienzellen der Medianpakete dringen in die Zentralfasermasse längs der ventralen Medianlinie ein. Es bleibt also nur der mediane Abschnitt der dorsalen Ganglienober- fläche von Ganglienzellenpaketen unbedeckt. Die Ganglien der Bauchkette von Acanthobdella weisen somit einen gut ausgeprägten Bautypus eines Hirudineen-Ganglions auf und nähern sich in dieser Beziehung besonders dem Ganglion der Glosso- siphoniden. Als charakteristisches Merkmal erscheint hier die Aus- bildung der Ganglienzellenpakete. Unter den Oligochäten finden wir bekanntlich nur bei Branchiobdella eine ähnliche Differenzierung der Ganglienzellengruppen vor, obgleich in geringerm Grade ausge- sprochen als bei den Hirudineen. In einem jeden Ganglion von Branchiobdella befinden sich nämlich jederseits 2 gut ausgebildete Ganglienzellenpakete; ventral aber fehlen die Ganglienzellen im Ganglion fast gänzlich, demzufolge auch eine Differenzierung der- selben in konkrete Pakete hier vollkommen ausbleibt, Nun noch einige Worte über die Struktur der Glia- und Ganglien- zellen von Acanthobdella. 692 N. Livanow, Das fein granulierte Protoplasma der erstern (gz) färbt sich nicht besonders stark (Taf. 37, Fig. 41), während es in den Ganglien- zellen die Farbe ein wenig stärker aufnimmt (Taf. 37, Fig. 41, 42). Einen scharfen Unterschied weisen die Kerne dieser beiden Zell- arten auf. In den Gliazellen sind sie oval, erreichen etwa 10—15 « im Durchmesser und enthalten eine bedeutende Anzahl von gröbern Chromatinkérnchen; in den Ganglienzellen dagegen befinden sich bloß einige wenige größere Chromatinklümpchen, während im übrigen Kernraum das Chromatin in Form von außerordentlich feinen: Körn- chen verteilt ist. Die Dimensionen der kugligen, bläschenartigen Kerne variieren in den Ganglienzellen ziemlich bedeutend — es gibt Kerne, welche bloß ungefähr 5 « im Durchmesser haben, und andere, deren Durchmesser bis zu 25 uw erreicht. Von jedem Ganglion der Bauchkette von Acanthobdella gehen 3 Paar Nerven ab (Tat. 40, Fig. 97, 100). Das 1. Paar (n,), welches, wie auch alle übrigen, am Übergang der lateralen Ober- fläche der Zentralfasern in die ventrale seinen Ursprung nimmt, tritt ein wenig nach vorn von der Grenze zwischen den vordern (!p,) und hintern (/p,) Seitenpaketen, d. h. also ungefähr an der Mitte des vordern Medianpakets (mp,) aus. Der Ursprung des 2. Paars (n,) liegt etwas nach hinten von der bezeichneten Grenze, mit andern Worten am hintern Ende des vordern medianen Ganglien- zellenpakets, und derjenige des 3. Paars (n,) nahe dem vordern Ende des hintern Medianpakets (mp,). Am untern Winkel der im Querschnitt viereckigen Zentralfasermasse (cfm) beginnend, verlaufen alle diese Nerven (x) zwischen den Seiten- (Jp) und Medianpaketen (mp), wobei sie sich ein wenig in die letztern eindrücken, nach unten (Taf. 40, Fig. 99), d.h. zur ventralen Körperoberfläche, nicht aber lateralwärts, wie das bei allen übrigen Hirudineen der Fall ist. In dieser Hinsicht erinnert Acanthobdella an Branchiobdella, die Haplo- taxiden, Lumbriculiden usw., wo man eine ähnliche Richtung des Nervenverlaufs bei deren Austritt aus den Ganglien der Bauchkette konstatieren kann. Unbedeutende Abweichungen vom beschriebenen Bautypus weisen bei Acanthobdella die Ganglien der Präclitellarsomite auf infolge einer mehr oder minder ausgeprägten Vergrößerung des vordern Medianpakets, so daß das letztere hier ins innere Mesenchym des Körpers ziemlich stark vorragt. In den Clitellarsomiten ferner er- scheint bereits die Vergrößerung aller Ganglienzellenpakete als Regel. Darüber lesen wir bei A. Kowazevsky (1896, p. 269): „puis Acanthobdella peledina Grouse. 693 vient le grand ganglion qui est placé entre les ouvertures male et femelle des organs génitaux“. Die Pakete der Ganglienzellen wachsen in den 3 bezeichneten Ganglien sehr stark nach unten ins innere Mesenchym vor, eine fiir diese Ganglien charakteristische Eigentümlichkeit aber besteht in der Ausbildung recht ansehnlicher Anhäufungen (ap) von Ganglienzellen an den Wurzeln des mittlern Nervenpaars (Taf. 37, Fig. 42). Diese Ganglienzellengruppen sind jedoch den 6 Paketen nicht homolog, da sie keine abgesonderte Neurilemm- und Neurogliahüllen besitzen. Den Nervenfasern des mittlern Nerven und der Zentralfasermasse unmittelbar anliegend, sind diese beiden Zellengruppen bloß von den Hüllen der letztern be- deckt. Sie ragen zwischen dem vordern Median- und den Seiten- paketen in das innere Mesenchym des Körpers hinein und verur- sachen eine recht bedeutende Vergrößerung der Gesamtzahl der in den betreffenden Ganglien vorhandenen Ganglienzellen. Bei den übrigen Hirudineen sind derartige, akzessorische Gruppen von Ganglienzellen nirgends bekannt. Die Connective der Bauchkette von Acanthobdella (Taf.37, Fig. 43; Taf. 40, Fig. 98), welche bei schwachen Vergrößerungen als im Quer- ‘schnitt runde Stränge erscheinen, sind von 2 mächtigen Seiten- stämmen (cn) und einem Mediannerven (mn), der zwischen ihnen dorsal verläuft, gebildet. Dieser Mediannerv entspricht dem Fatvre- schen Nerven der Hirudineen, nur ist er bei Acanthobdella sehr schwach entwickelt (Taf. 40, Fig. 98), und außerdem verliert er mehrfach seine Selbständigkeit, indem er auf einer grübern oder seringern Strecke seines Verlaufs entweder mit dem einen oder dem andern Seitenstamm der Connective verschmilzt (Taf. 37, Fig. 43). Zuweilen kann man in einigen Somiten die verschiedensten Differen- zierungsgrade des Mediannerven verfolgen. In den seitlichen Connectivstämmen befindet sich ventral in jedem Somit je eine Gliazelle (Taf. 37, Fig. 43 gz), die den Connectiv- zellen der übrigen Hirudineen entspricht; sie liegt stets im 1. Somit- ring. Diese Zellen sind ziemlich groß, so daß sie am Querschnitt fast die Hälfte des betreffenden Connectivstamms einnehmen. Ihre Struktur ist dieselbe wie diejenige der medianen Gliazellen der Ganglien. Die Connective von Acanthobdella sind somit in ausgeprägter Weise nach dem Typus der Hirudineen-Connective gebaut und weichen durch vollkommene Abwesenheit der Neurochorde von denen der Oligochäten ab. Die Neurochorde sind bekanntlich für die Oligo- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 45 694 N. Livanow, chäten und unter ihnen für die Haplotaxiden und Branchiobdella charakteristisch. Jedoch bemerkt S. Apatuy (1897, p. 572), daß er unter den Hirudineen bei Pontobdella ähnliche Nervenfasern, je eine in jedem Seitenconnectivstamm, habe konstatieren können. Wenden wir uns nun zur Beschreibung des peripheren Nerven- systems von Acanthobdella. Nach ihrem Austritt aus dem Bauchganglion in das innere Mesenchym des Körpers verlaufen die 3 Paar Nerven eines ge- gebenen Ganglions rechts nach unten, wobei sie um die medianen Längs- muskelbänder der entsprechenden Seite einwärts, d. h. nach der ven- tralen Medianlinie des Körpers zu, umbiegen (Taf. 34, Fig. 8 sn, 10 rn,). Unter den medianen Längsmuskelbändern erreichen die Nerven die Grenze zwischen den Längs- und Diagonalmuskeln und lenken gleichzeitig in diejenigen Somitringe ab, in welchen sie ihren weitern Verlauf haben (Taf. 40, Fig. 97 rn,, rn,, sn). Alle bezeichneten Nerven (rn, sn) von Acanthobdella stellen fein- faserige Bündel dar (Taf. 37, Fig. 45—51), in welchen jedoch die Nervenfasern so dicht aneinander liegen, daß es unmöglich ist, sie einzeln zu unterscheiden und man nur aus den Beziehungen zu den verschiedenen Körperelementen über den Charakter der Nerven ur- teilen kann. In dieser Hinsicht ist Acanthobdella der Mehrzahl der Hirudineen ähnlich, da unter diesen allein bei den Hirudiniden die einzelnen Nervenfasern so scharf differenziert sind, daß man an einem Querschnitt sowohl die Anzahl als auch den Charakter aller im ge- gebenen Nerven vereinigten Fasern bestimmen kann. Der vordere Nerv (rn,) des Somits verläuft auf der Grenze der Längs- und Diagonalmuskulatur durch die ganze entsprechende Hälfte des 1. Rings und vereinigt sich an der dorsalen Median- linie des Körpers mit dem betreffenden Nerven der andern Seite, obgleich er schon bei seinem Austritt aus dem Ganglion von ver- hältnismäßig geringer Stärke ist (Taf. 40, Fig. 97). Es befindet sich also im 1. Somitring (J) ein Ringnerv, welcher den von mir (1903) beschriebenen Ringnerven der übrigen Hirudineen durchaus ähnlich ist. Er bildet im gegebenen Somitring einen fast vollständigen Nervenring, welcher nur auf der ventralen Medianlinie des Körpers unterbrochen erscheint. Die Verbindung seiner Ventralabschnitte findet, wie bei den übrigen Hirudineen, nicht auf der Grenze der Längs- und Diagonalmuskulatur, d.h. also nicht peripher, sondern Acanthobdella peledina GRUBE. 695 zentral, unter Vermittlung der Zentralfasermasse des Ganglions der Bauchkette statt. Der bezeichnete Ringnerv hat den Charakter eines ausgesprochen motorischen Nerven; seine Fasern bilden die motorischen Nerven- endigungen auf den Längsmuskeln, so daß man in gut gelungenen Präparaten entsprechend der Ringsrichtung des Ringnerven an allen Muskelzellen diese Endigungen deutlich bemerken kann (Taf. 37, Fig. 44, 47). Vom Nerven teilen sich feine Fasern ab, welche von einer Neurilemmhülle bekleidet sind; wo sie die Längsmuskelzelle erreichen, geht ihre bindegewebige Hülle in diejenige der Muskel- zelle über. Die kontraktil-fibrilläre Schicht der letztern bildet an dieser Stelle eine mehr oder minder gut ausgeprägte Spalte, in welche die Nervenfaser eintritt und auf solche Weise das Protoplasma der Muskelzelle unmittelbar berührt. Bei den üblichen Färbungsmethoden ist die ganze Spalte mit einer sich stark färbenden Substanz erfüllt, so dab man ein Bild vor sich hat, welches an dasjenige der motorischen Nervenendigungen bei den übrigen Hirudineen er- innert. Dieses Verhalten steht in vollem Einklang mit den An- gaben von S. Aparuy (1897), nach welchen die Neurofibrillen bei den Hirudineen durch die fibrillär-kontraktile Schicht der Muskel- zelle in das Protoplasma eindringen sollen, die Bildung einer an- sehnlichen, gut bemerkbaren Spalte aber hier nicht zustande käme. In einigen Fällen konnte ich jedoch bei Protoclepsis tessellata Bau- verhältnisse nachweisen, welche mit denjenigen von Acanthobdella durchaus identisch sind. In einer engern Beziehung zum Ringnerven stehen einige Längsmuskelfasern, welche, wie wir sehen werden, im vordersten Kopfabschnitt allein die ganze Längsmuskulatur liefern, indem die andern Muskelfasern nicht bis dahin reichen (Taf. 40, Fig. 97 pmd. pmd,, int, int,, pmr, pmr,, lb). Diese Längsmuskelfasern stellen in einigen Muskelbändern streng gesonderte Gruppen dar. Sich den be- zeichneten Fasern (/m) annähernd (Taf. 37, Fig. 45)!), biegt der Ring- nerv um dieselben nicht, wie alle übrigen, von außen um, sondern leet sich so dicht an sie an, daß er in die Faser eingedrückt erscheint. In der transversalen Rinne, welche sich dabei auf der Muskelfaser 1) Obgleich Fig. 45 (so wie auch Fig. 46) einen hintern Ringnerven darstellt, verweise ich dennoch auf diese Figur bei der Beschreibung des vordern Ringnerven, da die in Rede stehenden Beziehungen bei beiden Ringnerven des Somits von Acanthobdella genau dieselben sind. 45* 696 N. Livaxow, bildet, kann man gewöhnlich motorische Nervenendigungen bemerken (Taf. 37, Fig. 47), außerdem aber ist die kontraktil-fibrilläre Schicht in der Tiefe der Rinne unterbrochen, und somit berührt der Nerv das Protoplasma der Muskelzelle unmittelbar. Das Schwinden der kontraktil-fibrillären Substanz in der Rinne komnt in verschiedenem Grade zum Ausdruck. Meistens ist hier eine nur relativ unansehn- liche Querspalte vorhanden, zuweilen aber verschwindet die kontraktil- fibrilläre Schicht fast auf einem Viertel des Faserquerschnitts, so dab zum Beispiel im kernhaltigen Abschnitt jederseits bloß eine unansehnliche Lamelle der peripheren. kontraktilen Schicht übrig bleibt. Dieses Verhalten ist demjenigen durchaus ähnlich, wie ich (1903) es für die übrigen Hirudineen inbezug auf die Durchkreuzung der Ringnerven durch die Längsmuskelstränge konstatiert habe. Diese Ähnlichkeit prägt sich auch im Bau der durchkreuzten Muskel- elemente aus. Ihr Kern liegt stets in einer stark ausgebildeten Protoplasmawucherung, auf welcher die kontraktil-fibrilläre Schicht innenwärts fehlt. Betrachten wir nun die Verteilung der in Rede stehenden Muskelzellen in den bereits oben beschriebenen Längsmuskelbändern etwas näher (Taf. 35, Fig. 22). Sowohl im dorsalen (pmd) als auch im ventralen (pmd,) para- medianen Längsmuskelband befinden sich je 3 solcher Zellen (Taf. 37, Fig. 45 lm); bei den 2 lateralen von ihnen ist der Kern auf der Somitgrenze gelegen, bei der mittlern aber im mittlern Abschnitt des Somits. In den bezeichneten Bändern liegen diese Zellen an deren lateralem Rand. Je 3 ein durchaus ähnliches Verhalten auf- weisende Muskelzellen sind in den intermediären Längsmuskel- bändern vorhanden, wobei ventral (int,) das ganze Muskelband allein aus diesen Zellen besteht (Taf. 37, Fig. 49 Im“), während sich dor- sal (int) ihnen noch eine gewöhnliche Muskelzelle in der Mitte des bezüglichen Bündels hinzugesellt (Taf. 37, Fig. 47 Im). In den para- marginalen Bändern kommen je 2 der bezeichneten Muskelzellen vor. Beide verlaufen im dorsalen Muskelband (pmr) medianwärts (Taf. 36, Fig. 28 Im”), und ihre Kerne liegen in der Nähe der Somitgrenzen. Im ventralen Band (pmr,) (Taf. 37, Fig. 50, 51 Im”), das stark gegen die Laterallinie des Körpers verschoben ist, weist die medianwärts gelegene Muskelzelle dieselben Beziehungen auf, während die laterale ihren Kern im mittlern Somitabschnitt hat. Eine solche Muskel- zelle (Taf. 38, Fig. 53 Im“) mit einem an der Somitgrenze gelegenen Acanthobdella peledina GRUBE. 697 Kern befindet sich endlich noch im Längsmuskelband (/b), welches dorsal nahe der Laterallinie des Körpers verläuft. Außer den eben erwähnten Zellen können auch noch andere Längsmuskelfasern ein dem beschriebenen ziemlich ähnliches Ver- halten zum vordern Ringnerven aufweisen, was durch Anwesenheit von größern Spalten in der kontraktil-fibrillären Schicht für den Eintritt der motorischen Nervenendigungen bedingt erscheint. Ein solches Verhalten stellt gleichsam einen Übergang zu dem typischen dar. Andrerseits sind in der Längsmuskulatur Muskelzellen (mz*) vorhanden, die ihrer Struktur nach mit den oben beschriebenen identisch sind, zum Ringnerven aber keine nähern Beziehungen dar- bieten (Taf. 35, Fig. 22). Ich will sie gleich hier aufzählen, um da- mit die Beschreibung der Längsmuskulatur zu vollenden. Eine solche Zelle mit dem Kern im mittlern Somitabschnitt liegt an der ventralen Medianlinie. Ferner befindet sich eine andere der- artige Zelle mit dem Kern an der Somitgrenze in der Nähe des paramedianen Längsmuskelbands, und zwischen dem inter- mediären und paramarginalen Band verlaufen noch 2 solcher Zellen, deren Kerne an den Somitgrenzen liegen. Dorsal sowie auch ventral befinden sich 2 von den in Rede stehenden Zellen zwischen der Medianlinie des Körpers und dem paramedianen Längs- muskelband, von denen eine ihren Kern an der Somitgrenze, die andere im mittlern Somitabschnitt hat. Sodann liegt eine derartige Zelle nahe der Intermediärlinie; ihr Kern befindet sich in der Nähe der Somitgrenze. Zwischen dem intermediären und paramarginalen Muskelband verläuft weiter eine Zelle mit dem Kerne im mittlern Somitabschnitt; und endlich ist lateral vom paramarginalen Band eine solche Zelle mit dem Kern an der Somitgrenze und eine andere ebensolche mit dem Kern im mittlern Somitabschnitt dicht am lateralen Längsmuskelband vorhanden. Diese Tatsachen weisen darauf hin, dab die Differenzierung des Längsmuskelfasersystems, welches mit dem Ringnerven in Verbin- dung steht, in histologischer Beziehung bei Acanthobdella im Ver- gleich zu dem System der Längsmuskelstränge bei den übrigen Hirudineen eine schwächere ist. Bei den letztern unterscheiden sich die Längsstrangzellen ziemlich stark von den übrigen Elementen der Längsmuskulatur, die nach dem gewöhnlichen Typus der Hiru- dineen-Muskelzellen gebaut sind, und die Durchkreuzungen mit dem Ringnerven geben ein ganz anderes Bild als die gut differenzierten. motorischen Nervenendigungen. 698 N. Livanow, Dazu muß ich noch hinzufügen, dab bald die eine, bald die andere von den Muskelzellen, welche in nähern Beziehungen zum Ringnerven stehen, in den bezeichneten Längsmuskelbändern fehlen kann oder wenigstens kein derartiges Verhalten aufweist. Beim dorsalen paramarginalen und ventralen paramedianen Längsmuskelband gibt der Ringnerv des 1. Somitrings je einen Nervenzweig zu den Oligochätenmuskelzellen ab, auf denen er offen- bar typische motorische Endigungen bildet. Von zelligen Elementen findet man im vordern Ringnerven 2 Arten. Erstens sind es typische Ganglienzellen (gnz), welche in das innere Mesenchym des Körpers vorragen und an der Laterallinie ein Ganglion bilden (Taf. 40, Fig. 97). Das letztere besteht gewöhn- lich aus einer großen und 2 oder mehr kleinen Zellen, die an den Seiten der erstern liegen. Zweitens bemerkt man hier 2 oder 3 mittelgroße, bipolare Zellen (nz). Von ihnen befindet sich die eine innenwärts auf dem Nerven, stets vor dem ventralen inter- mediären Längsmuskelband (2nt,), die beiden andern liegen dorsal, medianwärts vom paramarginalen (pmr), resp. intermediären (?nf) Band. Von den letztern kann die eine oder die andere zuweilen fehlen. Sie alle unterscheiden sich ihrer Struktur nach (Taf. 37, Fig. 46) von den Ganglienzellen, indem sie ein helleres, mit hellem Rande versehenes Protoplasma und einen runden, bläschenförmigen Kern von ungefähr 10 « im Durchmesser haben. Der Kern enthält sehr kleine Chromatinkörnchen und einen Nucleolus. Die beschrie- benen Zellen erinnern am meisten an die Nervenzellen der großen Nervenschläuche der übrigen Hirudineen, was sich ebenfalls in der Identität ihrer Lage ausprägt. Das Vorhandensein der großen Nervenschläuche mußten wir schon a priori bei Acanthobdella er- warten. Als ein wichtiger Hinweis erscheint außerdem in dieser Beziehung, daß wir die Durchkreuzungen des Ringnerven mit den oben beschriebenen Muskelzellen konstatieren konnten, welch letztere den Längsmuskelsträngen der übrigen Hirudineen durchaus ähnlich sind und auch bei der Durchkreuzung mit dem Ringnerven ein dem von mir (1903) bei den übrigen Hirudineen beschriebenen Verhalten sehr ähnliches Bild geben. Auf solche Weise ist das Vorkommen der großen Nervenschläuche im Ringnerven bei Acanthobdella, wie mir scheint, fast außer Zweifel gestellt, obgleich ihre histologische Differenzierung bei unserm Wurm unaufgeklärt bleibt, da es mir nicht gelang, die einzelnen Nervenfasern hier zu unterscheiden. Auf dem ganzen Verlauf des vordern Ringnerven an der Acanthobdella peledina GRUBE. 699. Grenze der Längs- und Diagonalmuskulatur begleitet ihn eine Ring- muskelfaser (Taf. 37, Fig. 47, 48 rmf), welche von 2 symmetrisch gelegenen Muskelzellen gebildet ist. Eine jede solche Zelle ver- läuft in einer Hälfte des Körperquerschnitts und trifft sowohl dorsal als auch ventral mit dem entsprechenden Ende der Zelle der andern Seite zusammen. Der kernhaltige Zellabschnitt liegt dabei stets an der Laterallinie des Körpers und, wie auch die ganze erwähnte Muskelfaser selbst, nach außen vom Ringnerven. Als eine interessante Besonderheit dieser Zellen erscheinen kurze Fortsätze (mf), die sich hie und da von der Muskelfaser abteilen und zum Hautepithel hinziehen. Jeder Fortsatz beginnt mit einer breiten protoplasmatischen Wurzel, an der Peripherie aber weist er eine dünne fibrillär-kontraktile Schicht auf. Unter dem Epithel teilt sich der Fortsatz in einige zarte Zweige, welche zwischen die Epithelzellen eindringen (Taf. 36, Fig. 24) und bis zur Cuticula reichen, wo sie endlich verschwinden. Diese Fortsätze treten auf der ganzen Strecke der Muskelzelle (Taf. 37, Fig. 47), sogar an ihrem kernhaltigen Ab- schnitt (Taf. 37, Fig. 48), auf. Der letztere ragt ziemlich schwach nach außen, d. h. gegen das Hautepithel, vor, und an dieser Stelle fehlt die kontraktil-fibrilläre Schicht auf der Zelle epithelwärts. Derartige Muskelzellen erinnern ihrer Struktur nach an solche primitive Muskeln, wie sie zum Beispiel die larvalen Muskelzellen der Polychäten darstellen. Andrerseits sind sie denjenigen Ring- muskeln durchaus homolog, welche bei den übrigen Hirudineen den vordern Ringnerven begleiten. Die peripher gerichteten Fortsätze der Ringmuskelfaser sind jedoch bei den letztern entweder auf ganz bestimmte Stellen lokalisiert, so bei den Glossosiphoniden, wo nur bei der Durchkreuzung mit den Längsmuskelsträngen solche Fortsätze vorkommen, oder sie fehlen ganz, wie bei den Hirudiniden, wo ausschließlich gewöhnliche, nach dem Hirudineen-Typus gebaute Muskelfasern vorhanden sind. Der primitive Typus der beschrie- benen Muskelzellen von Acanthobdella ist folglich bei den übrigen Hirudineen entweder verändert oder ganz verloren gegangen. Einen andern Charakter weist der mittlere Nerv (sn) des Somits von Acanthobdella auf, welcher im 2. Somitringe (II) verläuft (Taf. 34, Fig. 8; Taf. 40, Fig. 97). Das ist ein mächtiger Nerv, der in seinem ganzen Verlauf ebenfalls auf der Grenze der Längs- und Diagonalmuskulatur hin- zieht. Einen Ringnerven bildet er jedoch nicht, da er in der Nähe 700 N. Livanow, der dorsalen Medianlinie des Körpers in seine feinsten Endverzwei- gungen sich auflüst. In dieser Beziehung verhält sich der bezeich- nete Nerv ebenso wie der mittlere Nerv des Somits der übrigen Hirudineen. Seine Identität mit diesem prägt sich ferner darin aus, daß er ausschließlich aus sensitiven Nervenfasern besteht, es ist also der sensitive Nerv des Somits von Acanthobdella. Von seinen Zweigen werden alle Sinnesorgane im Integument des betreffenden: Somits innerviert. Unter ihnen erreicht eine bedeutendere Stärke nur der Zweig, welcher an der ventralen Paramedianlinie zum In- tegument zieht, alle übrigen aber erscheinen wenig individualisiert und schwach entwickelt. Fast auf dem ganzen Verlauf des mittlern Nerven kann man hier und da ohne jede Regelmäßigkeit zerstreute kleine Ganglien- zellen bemerken, welche besonders häufig in der Nähe des Bauch- ganglions und am Abgang der Nervenzweige vorkommen. Als konstante Bildungen erscheinen 2 unbedeutende Ganglien (Taf. 34, Fig. 8; Taf. 40, Fig. 97 gnz), von denen das eine (Taf. 37, Fig. 49 gnz) median vom ventralen intermediären Längsmuskelbande (/m*), das andere (Taf. 37, Fig. 51 gnz) an der Laterallinie des Körpers dem Nerven aufliegt. Das erstere von ihnen stellt eine kolbenförmige Masse vor, welche in das innere Mesenchym des Körpers eingelagert ist, und besteht gewöhnlich aus einer großen und einigen kleinen Ganglienzellen. Seiner Lage und Ausbildung nach ist dieses Ganglion dem Lateralganglion der übrigen Hirudineen durchaus ähnlich. Das andere von den bezeichneten Ganglien sitzt dem Nerven innen- wärts auf und enthält 2 große und eine oder einige kleine Ganglien- zellen. Es ist in seiner Struktur und Lage mit dem Ganglion des vordern Ringnerven identisch. Wahrscheinlich in bezug auf dieses Ganglion schreibt A. Kowazevsky (1896, p. 268): „Dans la proximité de ces grandes cellules [d. h. der Diagonalmuskelzellen], j'ai trouvé des petits ganglions nerveux, qui envoyaient des nerfs vers la peau où ils se terminaient dans des organes sensitifs.“ Dab die Nerven- zweige zum Integument in der Nähe des in Rede stehenden Ganglions vom sensitiven Nerven abgehen, ist zweifellos, doch konnte ich nie- mals bemerken, daß das Ganglion selbst solche Zweige abgebe. In ihrer Lage auf dem Nerven weichen die beiden erwähnten Ganglien zuweilen vom eben beschriebenen typischen Verhalten ein wenig ab; doch kommt es nur selten vor, daß die betreffenden Ganglien- zellen (gnz) voneinander getrennt liegen (Taf. 37, Fig. 51), und Acanthobdella peledina Grube. 701 zwar die eine in einem gegebenen Zwischenraum zwischen den Längsmuskeln, die andere im benachbarten. Hier sei noch erwähnt, daß, während die kleinen Ganglienzellen in den beschriebenen Ganglien mit den Zellen der Ganglien der Bauchkette durchaus identisch sind, die großen von diesem Typus etwas verschieden erscheinen. Ihr fein granuliertes, sich stark färbendes Protoplasma enthält nämlich meistens eigenartige Ein- schlüsse, die fast unfärbbar sind und wie Klümpchen oder Fasern aussehen. Im mittleren, sensitiven Nerven des Somits von Acantho- bdella sind weiter keine zelligen Elemente vorhanden, welche man mit den für den vordern Ringnerven beschriebenen Nervenzellen der großen Schläuche vergleichen könnte. Diese Tatsache steht im vollen Einklang mit dem von mir (1903) für die übrigen Hiru- dineen angegebenen Verhalten und bildet einen wichtigen Hinweis auf die wahre Natur der bipolaren Zellen, welche bei den Hiru- dineen ausschließlich in den motorischen Ringnerven vorkommen. Der hintere Nerv des Somits von Acanthobdella (Taf. 34, Fig. 10; Taf. 40, Fig. 97 rn,) ist seinen Dimensionen nach dem vordern gleich und bedeutend schwächer als der mittlere sensitive Nerv. Er ver- läuft im 3. Somitring (I/II) an der Grenze der Längs- und Diagonal- muskulatur und geht bei der dorsalen Medianlinie des Körpers un- mittelbar in den entsprechenden Nerven der andern Seite über, d.h. er bildet also einen hintern Ringnerven des Somits. Wie der vordere hat auch er einen ausgeprägt motorischen Charakter und innerviert mit seinen Fasern alle Längsmuskeln, die sich im Bereich seines Verlaufs befinden. Die engern Beziehungen zu bestimmten Muskel- fasern, welche der vordere Ringnerv aufweist, sind auch beim hintern Ringnerven, obgleich in schwächerm Grad ausgebildet, vorhanden. Ein ähnliches Verhalten des hintern Ringnerven habe ich (1903) für die übrigen Hirudineen festgestellt. Gewöhnlich ist die Durch- kreuzung mit den dorsal verlaufenden Muskelfasern leicht zu be- merken (Taf. 37, Fig. 45), obgleich man nicht immer ein so deut- liches und scharfes Bild erhält wie beim vordern Ringnerven. Die Durchkreuzungen mit den lateralen und den ventralen Muskelfasern erscheinen aber stets sehr schwach ausgeprägt und können auch ganz fehlen. Was die Zellen des hintern Ringnerven des Somits anbelangt (Taf. 37, Fig. 46 nz), so kann ich auf das für den vordern Ringnerven Gesagte hinweisen, da in dieser Beziehung zwischen ihnen kein merkbarer Unterschied besteht. Der hintere Ringnerv besitzt keine ihn begleitende Ringmuskelfaser, wie ich das auch 702 N. Livanow, für den hintern Ringnerven der übrigen Hirudineen angegeben habe (1903). Als eine Eigentümlichkeit des in Rede stehenden Nerven von Acanthobdella erscheinen 2 Nervenzweige, welche beim vordern Ring- nerven nicht vorhanden sind (Taf. 40, Fig. 97). Der eine (dn) von diesen Zweigen teilt sich vom Nerven gleich nach seinem Austritt aus dem Ganglion der Bauchkette ab, verläuft im innern Mesenchym des Körpers zum Dissepiment zwischen dem gegebenen und dem darauf folgenden Somit, dringt dann weiter in dieses Dissepiment ein und erreicht endlich die Mesenchymschicht des Darms, in welcher er endet. Seinem Ursprung und Verlauf nach weist dieser Zweig des hintern Ringnerven eine volle Homologie mit dem Dorsalnerven des Somits der übrigen Hirudineen auf, erscheint aber im Vergleich mit dem letztern sehr schwach entwickelt, wodurch sich eben das Neurosomit von Acanthobdella vom Neurosomit der übrigen Hirudineen hauptsächlich unterscheidet. Wir haben hier offenbar einen primi- tivern Zustand vor uns, wo noch keine scharfe Differenzierung eines sensitiven Dorsalnerven zur Ausbildung gelangt ist. Der andere Zweig (hnz) des hintern Ringnerven von Acanthobdella teilt sich median vor dem ventralen paramedianen Längsmuskel- bande (pmd,) ab und zieht in den 4. Somitring (JV) (Taf. 40, Fig. 97). Hier verläuft er an der Grenze der Längs- und Diagonalmuskulatur bis zur Laterallinie des Körpers, wo er endigt, indem er sich mit dem noch weiter zu besprechenden subcutanen Lateralnerven (In) vereinigt (Taf. 37, Fig. 52). Der erwähnte Nervenzweig hat deut- lich ausgeprägte Beziehungen zur ventralen Oligochäten-Muskelfaser, gibt ferner in seinem ganzen Verlauf Fäserchen zu den Längs- muskeln ab, wo sie motorische Endigungen bilden, und geht ähn- liche, schwach ausgebildete Verbindungen mit den oben erwähnten Muskelzellen des ventralen paramedianen (pmd,), intermediären (?nt, ) und paramarginalen (pmr,) Längsmuskelbands ein wie der hintere Ringnerv selbst. Medianwärts vom intermediären Muskelbande be- findet sich an diesem Nervenzweige eine bipolare Nervenzelle der eroßen Schläuche. Auch diese Art Nervenzweige wurde schon früher (1903) von mir als für das Neurosomit der übrigen Hirudineen charakteristisch beschrieben. Bei Acanthobdella erscheint jedoch dieser Zweig mehr ausgebildet und ist daher den andern Haupt- nerven des Somits ähnlicher, als es bei den übrigen Hirudineen der Fall ist. Außer den beschriebenen Nerven besitzt Acanthobdella noch Acanthobdella peledina Gruse. 703 einen Nerv (/n), welcher bekanntlich den übrigen Hirudineen ganz fehlt. Es ist das ein Lateralnerv, der auf der Laterallinie des Körpers longitudinal verläuft (Taf. 33, Fig. 4—6; Taf. 34, Fig. 7 bis 13; Taf. 40, Fig. 96, 97). Unmittelbar unter dem Hautepithel gelegen, drückt er sich an den Somitgrenzen sogar in das letztere ein (Taf. 36, Fig. 27, 30). Der Lateralnerv stellt ein feines Bündel von Nervenfasern vor (Taf. 36, Fig. 27, 29, 30; Taf. 37, Fig. 51; Taf. 38, Fig. 53), welches von einer gut ausgebildeten, mesenchymatösen Neurilemmscheide be- kleidet ist. Sowohl Ganglien- als auch Nervenzellen kommen in ihm gewöhnlich nicht vor. Mit den beiden Ringnerven und mit dem sensitiven, mittlern Nerven des Somits verbindet sich der Lateral- nerv durch kleine Zweige, oder er liegt ihnen auf einer kurzen Strecke unmittelbar an (Taf. 37, Fig. 50, 51b). Der Nervenzweig (hnz) des 4. Somitrings tritt, wie erwähnt, in den Lateralnerven ein und findet hier sein Ende (Taf. 37, Fig. 52). Der Lateralnerv ver- läuft ununterbrochen durch das ganze Somit und setzt sich weiter in die angrenzende Somite fort. Nach hinten zieht der Lateralnerv fast bis zum Hinterrand der Haftscheibe, wo er allmählich ver- schwindet. Er weist engere Beziehungen zu den Ring- (rm) und Diagonalmuskelzellen (dm) auf, indem er den erstern unmittelbar anlieet (Taf. 36, Fig. 27, 29, 30; Taf. 37, Fig. 5la), zu den letztern aber unbedeutende Zweige abgibt (Taf. 38, Fig. 53). In beiden Fällen geht die mesenchymatöse Neurilemmscheide des Nerven oder seiner Zweige in die mesenchymatöse Hülle der Muskelfasern über, und die Nervenfasern selbst liegen der kontraktil-fibrillären Muskel- schicht dicht an, so dab sich sogar eine dünne Rinne auf der Muskel- faser an ihrer Berührungsstelle mit dem Lateralnerven bildet. Ebenso lehnt sich der bezeichnete Nerv dem kernhaltigen Abschnitt der Diagonalmuskelzelle und der Zelle der Ringmuskelfaser (rmf), welche den vordern Ringnerven begleitet, direkt an (Taf. 37, Fig. 48). Da ich keine Beziehungen der Diagonal- und Ringmuskeln zu den Ring- nerven des Somits bemerken konnte, so bin ich zu der Annahme geneigt, daß dem Lateralnerv die Rolle eines motorischen Nerven für diese Muskeln zukommt und daß er außerdem vielleicht noch den großen Nervenschläuchen ähnliche sensitive Fasern enthält. Bei den Oligochäten beschrieb bekanntlich C. Semper (1876) die sog. .Seitenlinie“ als eine nervöse Bildung. Darauf untersuchte F. Vespowsky (1884) diese Gebilde ziemlich ausführlich bei vielen Oligochäten und bezeichnete sie als „laterale Ganglienzellstränge“. 704 N. Livanow, Auf Grund der Untersuchungen hauptsächlich dieser beiden Autoren erkannten auch Andere, so z. B. F. Bepparp (1895) und A. Lane (1894), das Vorhandensein einer nervösen Seitenlinie bei den Oligo- chäten an. Dagegen erblickt R. Hesse (1894) hierin ein vorherrschend muskulüses Gebilde und ist geneigt, nur einen kleinen Teil desselben als eine vielleicht nervöse Bildung aufzufassen, indem er schreibt (1894, p. 402): „Doch habe ich mich bei Tubifex, Fridericia galba und Zumbriculus variegatus davon überzeugt, daß genau in die Seiten- linie ein vom oberen Schlundganglion abgehendes starkes Nerven- bündel eintritt ... Es ist wohl wahrscheinlich, daß dieser Nerv sich die Seitenlinie entlang fortsetzt; beobachten konnte ich ihn bis- her dort nicht.“ Hesse will folglich in der Seitenlinie der Oligo- chäten zwei verschiedene Bildungen unterscheiden, die Muskel- zellen und den Nerven, obgleich er weiter ganz bestimmt bemerkt (p. 403): „ich habe keinen Nerven gefunden, der die Seitenlinie ent- lang liefe.“ Die Mehrzahl der neuern Forscher haben sich ebenfalls in dem Sinn ausgesprochen, dab die Seitenlinie tatsächlich nichts anderes als die Reihe der kernhaltigen Abschnitte der Ringmuskelzellen vor- stelle. Nach seinen detaillierten Untersuchungen glaubt M. Bock (1901) in der Seitenlinie der Oligochäten zwei verschiedenartige Bil- dungen unterscheiden zu können, die er aber in ganz anderer Weise deutet, nämlich als Zellkörper von Muskeln und — ein Lymphgefäb. Er beschreibt (p. 29 und 30) den Inhalt des distal von den Muskel- körpern verlaufenden Teils der Seitenlinie als „une substance peu abondante, finement fibreuse“, behauptet jedoch: „Cette matière fibreuse ne ressemble point à la substance ponctuée des nerfs ..., je n’ai pu me convaincre de la prétendue innervation directe de la ligne latérale. Deux nerfs, il est vrai, partent de chaque côté du cerveau dans cette direction, mais c’est plutôt un peu au dessus de la ligne latérale qu'ils entrent dans le paroi du corps... Je conelus donc de tout ce qui précède que ce nerf latéral n'existe pas.“ Was nun die betreffende Bildung von Acanthobdella anbelangt, so läßt deren histologische Struktur und ihre Beziehungen über die nervöse Natur desselben keinen Zweifel bestehen. In der Nähe des Lateralnerven können gewiß auch hier Lymphräume im Mesenchym vorkommen, doch ist dies durchaus unbeständig und unwichtig. Die für Acanthobdella konstatierten Tatsachen geben. wie mir Acanthobdella peledina Grune. 705 scheint, einen indirekten Beweis dafür ab, daß offenbar auch in der Seitezlinie der Oligochäten ein Lateralnerv enthalten sein mub. Während aber bei Acanthobdella die kernhaltigen Abschnitte der Ringmuskelzellen vom erwähnten Nerven bereits vollkommen ge- sondert sind, so scheinen bei den Oligochäten der Lateralnerv und die kernhaltigen Abschnitte dieser Zellen noch dicht aneinander zu liegen und infolgedessen gleichsam eine einheitliche „Seitenlinie“ zu bilden. So würde Acanthobdella im Vergleich mit den Oligochaten eine weitere Stufe in der Entwicklung der Seitenlinie darstellen. Da M. Bocr’s (1901) Abbildungen stark an die Bilder erinnern, welche uns der Lateralnerv von Acanthobdella darbietet, so können sie bis zu einem gewissen Grad als Beleg für die eben ausgesprochene Ansicht dienen. Außerdem habe ich aber auch selbst die Seitenlinie bei Oligochäten untersucht und in derselben eine dem Lateralnerven von Acanthobdella durchaus ähnliche Bildung vorgefunden. Aus der gegebenen Beschreibung des Neurosomits von Acantho- bdella ist ersichtlich, daß es im großen und ganzen denselben Typus aufweist, wie er sich nach den Darstellungen von C. Wnrrman (1892), ©. Brisron (1898) und meiner eignen (1903) als für die Hirudineen charakteristisch erwiesen hat. Nichtsdestoweniger ist der Unter- schied zwischen Acanthobdella und den Oligochäten kein so be- deutender, wie das vielleicht auf den ersten Blick scheinen möchte. Wenngleich nämlich einerseits das Bauchganglion und die Connective in ihrem Bau denjenigen der Hirudineen durchaus ähnlich sind, so erinnert andrerseits sowohl der Austritt der Nerven aus dem Ganglion als auch die unvollkommne Ausbildung eines konkreten Dorsalnerven des Somits im Gegenteil mehr an die Oligochäten. Und auch das Vorkommen des Lateralnerven bei Acanthobdella muß hierher ge- rechnet werden. Der Verlauf der übrigen Nerven aber sowie ihre Verteilung im Somit sind in beiden Gruppen im allgemeinen die- selben, obgleich man zugeben muß, daß diese Frage für die Oligo- chäten gegenwärtige noch recht wenig durchgearbeitet ist. Wir haben da vor allem die Angabe von F. Bepparp (1895, p. 22, 23), welcher schreibt: „The number of nerves given off in a segment varies considerably in different genera of Oligochaeta. ... Three pairs is a much more usual number. ... There is not much in- formation as to the course of the branches after they have left the nerve-cord; ... the branches arising from the cord were continuous right round the body, apparently joining dorsally.“ Ferner gibt R. Hesse (1894) für die Lumbriciden an, „dab die Sinnesorgane in 706 N. Livaxow, jedem Segmente auf drei Gürteln liegen, die um das Segment herum- laufen; ... die drei Sinnesgürtel stehen in Zusammenhang mit den drei Ringnervenpaaren, welche in jedem Segmente aus dem Bauchstrange ihren Ursprung nehmen“, und endlich: „Die vorderen und hinteren Ringnerven, welche schwächer sind als der mittlere, bleiben bei Lumbricus herculeus in ihrem ganzen Verlaufe auf der Grenze der beiden Muskellagen, ohne in die Ringmuskelschicht einzutreten. Sie haben vielleicht hauptsächlich motorische Funktionen, während der mittlere vorwiegend sensibel ist.“ Diese Darstellung Hesse’s genügt, um die Zusammensetzung des Neurosomits der Lumbriciden zu be- urteilen. Als Ergänzung hierzu wäre noch seine Mitteilung über den mittlern Nerven anzuführen, welche lautet: „etwa in der Höhe des Darmes verläßt der Nerv die Grenzlinie zwischen Längs- und Ringmuskellage und senkt sich allmählich tiefer in letztere ein, so daß er schließlich ziemlich weit peripheriewärts in derselben ver- läuft.“ Auch die Untersuchungen von G. Rerzrus (1892) über die "Verteilung der Nervenfasern im Neurosomit der Oligochäten weisen auf das Vorhandensein eines mittlern, sensitiven und 2 weiterer, hauptsächlich motorischen Nerven hin. Die zitierten Angaben dürften hinreichend sein, um die Schluß- foleerung zu rechtfertigen, daß der Bau des Neurosomits bei den Oligochäten im Grunde derselbe ist wie bei Acanthobdella und weiter auch bei den übrigen Hirudineen. 8. Die Kopfregion. Nachdem wir die äußere Morphologie der Kopfregion von Acanthobdella bereits oben besprochen haben, sollen hier hauptsächlich die Beziehungen betrachtet werden, welche der Hautmuskelschlauch, das Nervensystem und das Cölom dieser Region darbieten. Der zentrale Abschnitt des Nervensystems der Kopfregion be- steht (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 41, Fig. 101, 102) 1) aus einem gewöhn- lichen Bauchganglion (gn,), das, mit seiner Hauptmasse im 3. Ring des 5. Kopfsomits (5) liegend, von da aus in den 4. und 2. Ring vorragt, 2) aus der Unterschlundganglienmasse, die das 3. und 4. Kopfsomit sowie den 1. Ring des 5. Kopfsomits einnimmt, und 3) aus der Oberschlundganglienmasse (obm), die sich im mittlern Abschnitt des 3. Kopfsomits befindet. Wie man aus diesen Angaben ersehen kann, ist das 1. gewöhnliche Ganglion der Bauchkette der Unter- schlundganglienmasse sehr genähert, so daß die Medianpakete beider Acanthobdella peledina GRUBE. 707 einander fast berühren; die Connective jedoch erscheinen noch gut entwickelt, und somit ist das Bauchganglion des 5. Kopfsomits auch makroskopisch deutlich zu unterscheiden. Die Unterschlundganglienmasse (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 41, Fig. 101, 102) bildet im Vergleich mit den übrigen Hirudineen bei Acantho- bdella einen sehr stark verlängerten Körper, der im ventralen Ab- schnitt des Cüloms unmittelbar unter dem Oesophagus (oe) liegt. Nach vorn gibt die Unterschlundganglienmasse zu beiden Seiten je ein mächtiges Schlundconnectiv (sen) zur Oberschlundmasse (obm) und seitlich einige Nerven (n,, n,, Ns, n,) in den Hautmuskel- schlauch ab. Der zentrale, faserige Teil der Unterschlundganglienmasse weist seiner Länge nach eine deutlich ausgeprägte Differenzierung in 4 aufeinander folgende Abschnitte auf, von welchen jeder einem ge- wöhnlichen Bauchganglion entspricht, Von hinten beginnend, sieht man nämlich einen Faserabschnitt, in welchem die Connectivstämme (en) miteinander verschmolzen sind und in welchem von unten auf der Medianlinie 2 Gliazellen liegen, die mit den 2 Medianzellen des gewöhnlichen Bauchganglion in jeder Beziehung identisch sind. Darauf folgt ein geringer Raum, wo die beiden Connectivstämme sich wiederum individualisieren. Hier befindet sich in jedem Connectivstamm je eine Gliazelle, die den übrigen Connectivzellen der Bauchkette durchaus entspricht. Weiter nach vorn verschmelzen die Connectivstimme in derselben Weise noch 3mal, um den 1., 2. und 3. Abschnitt der zentralen Fasermasse zu bilden, von denen ein jeder dem eben beschriebenen 4. gleich ist, nur daß dieselben in der Längsrichtung allmählich, von dem hintersten angefangen, etwas verkürzt werden. Zwischen ihnen werden die Connectivstämme jedesmal wieder frei und weisen dabei dieselben Details auf, wie wir sie vor dem hintersten Ganglionabschnitt gesehen haben. Nach vorn vom 1. Ganglionabschnitt individualisieren sich die Connectiv- stämme aufs neue und werden so zu den Schlundconnectiven (sen). Hier befindet sich zwischen ihnen noch eine Querbrücke aus Nerven- fasern, die die vordere Oberfläche der Unterschlundganglienmasse bildet und dem vordersten Querfaserzuge der Unterschlundganglien- masse der übrigen Hirudineen entspricht. Von unten liegen in dieser Querfasergruppe gewöhnlich 3 Gliazellen. Ventral und lateral ist die Zentralfasermasse von den Ganglien- zellenpaketen bedeckt (Taf. 41, Fig. 101, 102), während dorsal solche fehlen. Hier sieht man zwischen dem 3. und 4. Ganglionkomplex 708 N. Livaxow jederseits längs der Medianlinie je eine Muskelzelle. Dieselben sind in allen ihren Beziehungen mit den oben beschriebenen Muskelzellen der Bauchkette identisch. Weiter nach vorn kommen in der Unter- schlundganglienmasse solche Zellen nicht mehr vor. Die Ganglienzellenpakete (mp, lp), im ganzen 24, ordnen sich entsprechend den 4 Abschnitten der Zentralfasermasse derartig an, dab die betreffenden Ganglionkomplexe sehr klar hervortreten. Ven- tral unter jedem Ganglionabschnitt der Zentralmasse befindet sich 1 Paar hintereinander liegender Medianpakete (mp,, mp,, mp3, mp,), deren in der ganzen Unterschlundmasse folglich 8 vorhanden sind. Die Pakete eines jeden Paars berühren diejenigen des benach- barten Paars, und auf solche Weise entsteht ventral eine ununter- brochene Reihe von 8 ovalen Medianpaketen. Die 16 Seitenpakete (Ip) gruppieren sich ebenfalls paarweise. Dem 4. Ganglionkomplex der Zentralfasermasse liegt jederseits je 1 Paar solcher Pakete (lp,) an, wie sie für das gewöhnliche Bauchganglion typisch sind. Im 3. Ganglionkomplex sind die Seitenpakete (/p,) ein wenig lateral- wärts erweitert, und im 2. Ganglionkomplex erreicht diese Er- scheinung ihr Maximum (/p,). Hier sind diese Pakete fast birn- förmig und ragen mit ihren erweiterten Teilen lateralwärts von der Unterschlundmasse ins Cölom vor. Die seitlichen Pakete (/p,) des 1. Ganglionkomplexes weichen von diesem Typus in der Weise ab, dab sie in Gestalt von 2 längsgestreckten Ovalen an der Oberfläche des entsprechenden Schlundconnectivs vorspringen. Das eine von ihnen nimmt die ventrale Fläche des Anfangsabschnitts des Schlund- connectivs ein. während das andere sich auf der seitlichen Fläche desselben erhebt. Im großen und ganzen finden wir also hier die- selben Beziehungen, wie sie für den Hirudineen-Typus überhaupt charakteristisch sind. Entsprechend den 4 Ganglionkomplexen gehen die Nerven von der Unterschlundganglienmasse folgendermaßen ab. Der 4. Ganglion- komplex gibt je 2 Nerven (n,, n,*) jederseits ab, die von seinem vordern Teil unmittelbar hinter dem entsprechenden Connectiv- abschnitt, also vor den seitlichen Ganglienzellenpaketen, austreten. Der eine, stärkere Nerv (n,) entspringt an der Grenze zwischen der ventralen und seitlichen Oberfläche der Zentralfasermasse, der andere, viel kleinere (#,*) ein wenig höher und nach vorn. Vom 3. Ganglion- komplexe geht bereits nur je ein Nerv (n,) jederseits ab, der jedoch durch Verschmelzung von 2 Wurzeln entsteht. Diese Wurzeln entspringen im vordern Teil des entsprechenden Komplexes un- Acanthobdella peledina Grune. : 709 mittelbar hinter dem entsprechenden Connectivabschnitt, d. h. vor den Seitenpaketen des Ganglionkomplexes, wobei ihr Ursprung der- selbe ist wie bei den 2 eben beschriebenen Nerven, denen sie folg- lich durchaus entsprechen. Vom 2. Ganglionkomplex teilt sich eben- falls nur ein Nerv (n,) ab, welcher als ein mächtiger Nerv im vor- dern Abschnitt seines Ganglionkomplexes an der Grenze zwischen der ventralen und seitlichen Oberfläche der Zentralfasermasse ent- springt. Er stellt also einen noch weitergehenden Grad der Ver- einigung zweier gesonderten Nerven vor. Ein ebensolcher Nery (n,) geht auch vom 1. Ganglionkomplex ab und zieht nach vorn zwischen den beiden Seitenpaketen (/p,) desselben. Aus dieser Beschreibung kann man ersehen, daß die Unter- schlundganglienmasse von Acanthobdella unbedingt durch Verschmel- zung von 4 gewöhnlichen Ganglien gebildet ist. Kowauevskv (1896, p. 269) deutete dies an, indem er schrieb: „Dans la masse sous- oesophagienne on distingue quatres ganglions.“ In dieser Beziehung ist das Verhalten bei Acanthobdella genau dasselbe wie bei den übrigen Hirudineen, besonders wenn wir Formen wie z. B. Proto- clepsis tessellata oder Herpobdella atomaria zum Vergleich heranziehen. Die Schlundconnective (sen) sind bei Acanthobdella gut ent- wickelt. Nach vorn teilen sich von ihnen 2 Nerven ab, von denen der eine (»“) in ihrem mittlern Abschnitt, der andere (») im obern, dicht vor der Oberschlundganglienmasse abgeht. Die Schlundconnective enthalten bei der Abtrennungsstelle des obern Nerven einige Ganglienzellen, welche auch in seine Wurzel ein- dringen. Dieser Nerv begibt sich nach vorn und innerviert das 1. Augenpaar von Acanthobdella. Der andere Schlundconnectivnery stellt den stomodealen (sympathischen) Nerven dar, dessen Verhalten wir bei Beschreibung des Darms besprechen werden. Auf der halben Höhe des Oesophagus gehen die Schlundconnec- tive in die Zentralfasermasse der Oberschlundganglienmasse (obm) über (Taf. 33, Fig. 1, 2; Taf. 41, Fig. 101, 102), welche als ein breiter Faserbogen den Oesophagus von oben umgibt. Die Pakete der Oberschlundganglienmasse liegen an diesem Bogen beim Ubergang seines aufsteigenden Abschnitts in den horizontalen. Es sind nämlich jederseits je 6 Ganglienzellenpakete vorhanden. Das eine von ihnen bildet eine verlängerte, birnförmige Masse, welche mit ihrem Stiel der Seitenfläche des Faserbogens gleichsam angehängt ist, während deren verbreiterter Teil nach hinten und lateralwärts vorragt. Diesem Ganglienpaket liegen 2 Pakete von unten, 2 Pakete Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 46 710 N. Livaxow, von oben und 1 Paket von vorn an, die alle ovale Massen von Ganglienzellen darstellen. Von den beiden untern Paketen dehnt sich das eine von der seitlichen Fläche des Faserbogens auf die hintere, das andere auf die vordere Oberfläche desselben aus, und auch die beiden obern Pakete haben eine ähnliche Lage. Unter diesen Paketen liegen an der Zentralfasermasse der Oberschlundganglienmasse 4 Gliazellen, von denen 2 sich unter dem untern Paar und 2 unter dem obern Paar von Ganglienzellen- paketen befinden. Außerdem liegen am Faserbogen, wo dieser von den Paketen unbedeckt ist, noch 2 übereinander angeordnete Glia- zellen an der hintern Fläche und 2 ebensolche an der vordern. Auf solche Weise sind in der Zentralfasermasse der Oberschlundganglien- masse jederseits je 8 Gliazellen vorhanden, welche ihrem Aussehen nach mit den Connectiv- oder Mediangliazellen identisch sind. Diese Zahl kann jedoch variieren, und ich konnte zuweilen 6, zu- weilen 7 Zellen konstatieren. Unmittelbar aus der Oberschlundmasse entspringen bei Acan- thobdella ebenso wie bei den übrigen Hirudineen keine Nerven. Aus dem Mitgeteilten geht hervor, daß die Oberschlundganglien- masse von Acanthobdella nach dem allgemeinen Hirudineen-Typus ge- baut ist. Besonders deutlich ist die Ähnlichkeit mit dem betreffen- den Verhalten, wie es für Haemopis vorax Brandt von F. Levpie (1864) beschrieben und abgebildet ist und welches ich bereits früher (1904, 2) ausführlich besprochen habe. Die Anordnung der Ganglien- zellenpakete in der Oberschlundganglienmasse von Acanthobdella kann man somit als eine ziemlich primitive betrachten, die der- jenigen nahe kommt, welche den Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung dieses Organs bei den Hirudineen bildete. Das 5. Kopfsomit (5) von Acanthobdella ist ausschließlich von dem in ihm liegenden 1. gewöhnlichen Bauchganglion (gn,) innerviert, und das betreffende Neurosomit erscheint durchaus typisch ausge- bildet (Taf. 41, Fig. 101). Die Muskulatur des Hautmuskelschlauchs (rm, dm, Im) weist in diesem Somit im großen und ganzen die gewöhnlichen Verhältnisse auf, nur dab sich hier schon alle speziellen Besonderheiten bemerk- bar machen, durch welche sich die Kopfsomite von den übrigen Somiten des Körpers unterscheiden. Wie oben erwähnt, ist das 9. Kopfsomit ventral abgeflacht. Dies wird dadurch bedingt, dab sich der ventrale Abschnitt des Hautmuskelschlauchs in diesem Acanthobdella peledina Grusr. real Somit nach und nach verkürzt. Im 4. Ring desselben sieht man nämlich, daß in den Längsmuskelbändern, die ventral von der Lateral- linie des Körpers verlaufen, sich deren Muskelfasern sozusagen kondensieren. Die letztern ordnen sich dichter an und bilden so mehrere Schichten übereinander. Dieser Prozeß spielt sich hauptsäch- lich in denjenigen Längsmuskelbändern ab, welche unmittelbar unter der Laterallinie und medianwärts von der Intermediärlinie verlaufen. Im 3. Ring ist diese Erscheinung schon schärfer ausgeprägt, so dab im 2. Ring die ventrale Fläche erheblich abgeflacht erscheint, während die dorsale Oberfläche wie bisher gewölbt bleibt (Taf. 33, Fig. 3). Demzufolge erweist sich der Lateralnerv mit dem ent- sprechenden Teil des Integuments aus seiner frühern Lage ven- tralwärts verschoben und der Zwischenraum zwischen den dorsalen und ventralen Muskeln nach unten gewandt. Dagegen erscheinen die unmittelbar dorsalwärts von der Laterallinie gelegenen Muskel- bänder ein wenig auseinander gerückt, wodurch die Seitenfläche des Körpers etwas vergrößert ist. In diesem Verhalten äußert sich schon die sekundäre Anpassung an die besondere Funktion des Kopf- endes als Anheftungsorgan. In dieser Beziehung bemerkt KowaLEvsky (1896, p. 264): „Elles [die Acanthobdellen| s’attachent avec la bout antérieur aux parois du corps et les soies leur aident a se fixer.“ Um die Borsten zur Befestigung auf dem Wirt benutzen zu können, muß der Wurm diese Häkchen auf der Ventralseite seines Kopf- endes haben, und dies wird tatsächlich dadurch erreicht, daß die ventrale Oberfläche des Kopfes sich verkürzt und abflacht. Die Borsten (bs), welchen wir zum erstenmal im 5. Kopfsomit begegnen, befinden sich in seinem 2. Ring (Taf. 33, Fig. 1,3; Taf. 35, Fig. 17 bsz,). Das eine Paar (bs*) nimmt den Zwischenraum zwischen den dorsalen und ventralen Längsmuskelbändern ein, während das andere (bs) sich im Zwischenraum zwischen den ventralen Längs- muskelbändern auf der ventralen intermediären Linie des Körpers befindet (Taf. 33, Fig. 3); somit sind die beiden Borstenpaare nach unten gewandt. Inbezug auf die Borsten von Acanthobdella lesen wir bei GRUBE (1851) Folgendes: „Die Spitze der Häkchen ist einfach gekrümmt; ihre Größe so unbedeutend, daß sie mir bei der ersten Betrachtung eines Exemplars trotz ihrer dunkelbraunen Farbe entgingen, und ihre Gestalt erst bei 60facher Vergrößerung vollkommen sicher er- kannt wird.“ Kesster (1868) schreibt: „Die Häkchen jedes ein- zelnen Paares verwachsen, wie es scheint, mit einander an ihrer Basis. 46% 712 N. Livanow, a Sie haben einen sehr verlängerten Griff, ragen jedoch im ruhenden Zustande aus der Haut nur mit ihren gebogenen Köpfchen hervor. Diese Häkchen bilden offenbar einen Apparat, mittels dessen der Wurm sich an der Haut des Wohnthieres fest anklammern kann.“ Sodann KowaLEevsky (1896, p. 265): „Les auteurs qui ont décrit l'Acanthobdella ont donné une description assez exacte de leurs soies du bout antérieur du corps, mais personne n’a mentionné l'existence des petites soies de remplacement qu'on trouve à la base des grandes soies, et qui servent sans doute à remplacer les soies usées ou perdues; souvent ces soies s’accroissent et deviennent aussi longues que les autres.“ Wie gesagt, befindet sich 1 Paar Borsten (ds) in der ventralen intermediären Linie, das andere (bs*) in der Laterallinie (Taf. 33, Fig. 3). An diesen Stellen bildet das Hautepithel des 2. Rings des 5. Kopf- somits 2 Paar Einwucherungen, die Borstensäcke (bsz), wobei die beiden Einwucherungen je eines Paars fast unmittelbar aneinander liegen und gleichsam ein Ganzes bilden (Taf. 33, Fig. 3; Taf. 35. Fig.17). Jedes Paar schiebt die Längsmuskelbänder auseinander und dringt in das innere Mesenchym des Körpers ein, sich dabei ein wenig nach hinten wendend. Die Borstensäcke sind kolbenförmig, und ihr erweiterter Abschnitt kann mehr oder minder in das Cölom vorragen, wobei derjenige des ventralen Paars lateralwärts, der des lateralen Paars medianwärts gerichtet ist. Die freien Cölom- enden der Borstensäcke sind natürlich vom Cölothel ununterbrochen bedeckt (Taf. 38, Fig. 56). Da die Borstensäcke eine unmittelbare Fortsetzung des Haut- epithels sind, so stellen die Zellelemente derselben besonders im halsförmigen Anfangsabschnitte der Einwucherung typische epi- theliale Zellen vor, obgleich ihre Form verschiedenartig verändert und die Zellgrenzen schwach differenziert sind. Je weiter ins innere Mesenchym des Körpers, d. h. gegen das verbreiterte Ende der Borstensäcke hin, um so stärker ist die Veränderung dieser Zellen (Taf. 38, Fig. 54—56, 58). Die Kerne werden größer und chromatin- reicher, und zuletzt erscheinen sie bläschen- oder eiförmig und mit vielen Chromatinklumpen ausgestattet, bei einem Durchmesser von etwa 20—30 u. Dementsprechend vergrößert sich auch der Zelleib selbst sehr bedeutend, die Grenzen der Zellen bleiben aber wie bisher schwach ausgeprägt. Neben solchen Zellen (bsz) sind jedoch auch gewöhnliche, kleine Zellen (bsz*) stets vorhanden, welche sozusagen das Reservematerial für die Entwicklung neuer großer Zellen bilden. Acanthobdella peledina GRUBE. 115 In einigen Zellen von mittlerer Größe kann man eine kleine cuticulare Bildung, ein unansehnliches Häkchen (Taf. 38, Fig. 54 bs), bemerken. Mit dem Wachstum der Bildungszelle vergrößert sich zugleich auch diese erste Anlage der Borste, wobei sich die kleine, gekrümmte Borste zwischen die benachbarten Zellen durchdrängt. Rings um die so entstandene Borste scheiden die anliegenden Zellen offenbar keine weitere Hülle oder Membran aus. An den Borsten bemerkt man eine Längsstreifung, so daß sie gleichsam aus vielen, miteinander verkitteten, feinen cuticularen Fasern zusammengesetzt erscheint. Besonders deutlich tritt diese Streifung am innern Borsten- ende hervor (Taf. 38, Fig. 55), welches an das Plasma der Bildungs- zelle angrenzt. Im Protoplasma selbst dieser Zelle, das hier sehr hell und durchsichtig ist, sieht man einen Conus von Protoplasma- fäden, welcher gleichsam als eine Fortsetzung der Streifung des Borstenendes gegen den Kern hin erscheint. Je größer die Bildungs- zelle wird, um so mehr verlängert sich auch der Griff des Häkchens wobei seine gekrümmte Spitze ganz homogen und hell wird. Dieser letztere Prozeß scheint auf einer Verdichtung der Substanz an der Spitze der Borste zu beruhen. Bei mittelgroßen Borsten liegt der Kern der Bildungszelle gewöhnlich ein wenig seitlich. Bei ganz ausgebildeten Borsten aber, welche bereits aus dem Integument her- vorragen, befindet sich der Kern schon ganz seitlich (Taf. 38, Fig. 56), und das zugehörige Zellplasma bedeckt das innere Ende der Borste kappenartig nur noch als eine sehr dünne Scheide. Zu dieser Zeit ist die Borste homogen, und eine Spur von Streifung kann man nur noch an ihrem innersten Ende bemerken. Infolge der besagten Ver- dichtung ist die Form der Borste spindelartig geworden, mit ge- krümmter Spitze (Taf. 33, Fig. 3), wobei die mittlere Erweiterung, welche sich näher zum freien Borstenende befindet, zuweilen sehr scharf ausgeprägt erscheint. In diesem letzten Stadium ihrer Ent- wicklung kann die Borste offenbar sehr leicht aus ihrer Scheide herausgezogen werden, was bei den lebenden Würmern nicht selten auch wirklich vorkommen mag. Wie aus der gegebenen Beschreibung ersichtlich ist, weisen die Entwicklung und der Bau der Borsten von Acanthobdella unbedingt denselben Typus auf, wie wir ihn bei vielen Oligochäten und im besondern bei Haplotaxis gordioides vorfinden. Bei dieser Form kommen unter anderm Borsten vor, deren inneres Ende ähnlich wie bei Acanthobdella vollkommen gerade ist. Ein jeder Borstensack (bsz) enthält bei Acanthobdella nur eine 714 N. Livaxow, einzige ausgewachsene Borste (bs), welche sozusagen in demselben dominiert (Taf. 38, Fig. 57). Sie ist gewöhnlich von außen als kleines, gekriimmtes Häkchen (Taf. 33, Fig. 1, 3; Taf. 3, Fig. 19) bemerkbar. Zuweilen sieht man neben dieser Borste noch eine 2. welche stets im selben Ring liegt und ein wenig kleiner als die 1. ist. Das ist die Ersatzborste, d. h. die in demselben Borsten- sack gebildete Borste, welche nach dem Ausfall der erstern ihre Funktion übernimmt. Im distalen Abschnitt der Borstensäcke be- findet sich stets nur die einzige Hauptborste, resp. auch noch die älteste Ersatzborste, wobei die Zellen des Sacks den Borsten dicht anliegen und eine Art diinner Epithelscheide rings um dieselben bilden (Taf. 38, Fig. 58). Im obern, erweiterten Teil des Borsten- sacks dagegen, der ins Cölom vorragt, begegnet man außer den proximalen Enden der bezeichneten Borsten gewöhnlich noch einem ganz kleinen Häkchen (ds*), der 2. Ersatzborste, welche der 1. Er- satzborste gegenüber dieselbe Rolle spielt wie diese inbezug auf die Hauptborste. Zuweilen ist auch noch eine 3. Ersatzborste vor- handen, die sich im innersten Ende des Borstenhaars befindet und als kaum bemerkbare, geringfügige Anlage erscheint, wie sie oben beschrieben ist (Taf. 38, Fig. 54). So kann man gelegentlich fast alle Stadien der Borstenentwicklung in ein und derselben Epithel- einwucherung studieren. In dieser Beziehung weist also Acantho- bdella Verhältnisse auf, welche denjenigen vieler Oligochäten, besonders der Terricolen, überaus ähnlich sind. Zur Bewegung der Borsten dient ein gut entwickelter, spezieller Muskelapparat (Taf. 35, Fig. 19). Zum proximalen Abschnitt des ventralen Borstenpaars ver- laufen von hinten 3 Muskelzellen. 2 (mz,) von ihnen nehmen ihren Ursprung im 4. Ring (IV) des 5. Kopfsomits, zwischen den Fasern des 2. ventralen (von der Laterallinie des Körpers gerechnet) Muskelbandes, lenken darauf allmählich ins innere Mesenchym des Körpers ab und befestigen sich endlich an dem ins Cölom vor- ragenden Abschnitt der Borstensäcke. Die 3. Muskelzelle (mz,) heftet sich mit ihrem einen Ende ebenfalls hier an, während das andere sich auf der ventralen Intermediärlinie am Integument des 3. Ringes (1/7) des bezeichneten Kopfsomits inseriert. In der Ebene der Borsten sieht man noch 3 oder 4 ähnliche Muskelzellen, die sich von den eben beschriebenen nur dadurch unterscheiden, daß ihre distalen Enden am Integument unmittelbar rings um die Borsten- säcke befestigt sind. Ferner zieht nach vorn vom ventralen Borsten- Acanthobdella peledina GRUBE. (15 paar 1 oder zuweilen auch 2 Muskelzellen (mz), welche sich durch mächtige Ausbildung und starke Verzweigung ihrer Enden aus- zeichnen. Diese Zellen befestigen sich einerseits am innern Ab- schnitt der Borstensäcke und andrerseits auf der ventralen Inter- mediärlinie, am Integument des 4. oder 3. Rings des 4. Kopfsomits. Wie ersichtlich, besteht der Muskelapparat der Borsten hauptsächlich aus Fasern, die von vorn, von hinten und in der Ebene der Borsten- säcke auf der ventralen Intermediärlinie am Integument inserieren, und nur 2 Muskelzellen verlaufen zur Laterallinie des Körpers. Zu diesem Muskelkomplex, welcher schon allein dem ventralen Borstenpaar sehr verschiedenartige Bewegungen auszuführen ge- stattet, gesellt sich noch eine weitere Muskelzelle, die nichts anderes ist als eine Muskelfaser der schrägen Muskulatur, und zwar ist es diejenige des 3. Rings des 5. Kopfsomits (Taf. 35, Fig. 18). Es ist eine stark entwickelte Muskelzelle mit vielfach verzweigten Enden, von denen das eine am untern, distalen Abschnitt der Borstensäcke, das andere aber über dem dorsalen paramarginalen Längsmuskelband im 3. Ring des 5. Kopfsomits am Integument sich inseriert. Ein wenig schwächer entwickelt ist der Muskelapparat des lateralen Borstenpaars, was sich durch die Lage der Borsten in der Nähe des Übergangs der ventralen Körperoberfläche in die dorsale und demzufolge durch ihre mindere Bedeutung für die Anheftung des Vorderendes von Acanthobdella erklären läßt. Von hinten zieht zu diesem Borstenpaar nur eine einzige Muskelzelle, deren proximales Ende am innern Abschnitt der Borstensäcke befestigt ist, während sich das distale auf der dorsalen Intermediärlinie im 3. Ring des 5. Kopfsomits am Integument anheftet. Diese Zelle entspricht offen- bar denjenigen Muskelzellen des ventralen Borstenpaars, welche zur Laterallinie des Körpers verlaufen. In der Ebene der Borsten be- finden sich 2 oder 3 Muskelzellen, die sich einerseits am proximalen Ende der Borstensäcke, andrerseits in der Nähe ihrer distalen Ab- schnitte am Integument inserieren. Hierin prägt sich eine volle Identität mit dem ventralen Borstenpaar aus. Ähnlich wie bei diesem zieht nun auch nach vorn vom proximalen Abschnitt des lateralen Paars der Borstensäcke eine mächtige Muskelzelle, welche sich darauf auf der ventralen Intermediärlinie im 4. Ring des 4. Kopf- somits am Integument befestigt. Auch sei noch bemerkt, daß hier ebenfalls eine gut entwickelte schräge Muskelzelle vorhanden ist (Taf. 35, Fig. 18; Taf. 38, Fig. 58 mf), welche mit ihrem einen 716 N. Livaxow, Ende am Integument des 2. Rings des 5. Kopfsomits auf der dorsalen paramarginalen Linie des Körpers inseriert, mit dem andern aber am distalen Abschnitt des lateralen Paars der Borstensäcke fixiert ist. Im großen und ganzen ist folglich der Typus des Muskelappa- rats in beiden Borstenpaaren ein durchaus ähnlicher. Alle beschriebenen Muskelzellen haben den gleichen Bau wie die schrägen und dorso-ventralen oder die Ringmuskelzellen. Ihre Enden sind meistens verzweigt, und die kontraktil-fibrilläre Schicht fehlt auf einem mehr oder minder bedeutenden Teil der Peripherie des kernhaltigen Zellabschnitts. Die Endzweige (mf*) der Muskeln liegen den Zellen der Borstensäcke unmittelbar an, ohne irgend welche speziellere Art der Anheftung aufzuweisen (Taf. 38, Fig. 57). In einigen Fällen konnte ich die Anwesenheit eines besondern Nervenapparats auf den Borstensäcken konstatieren (Taf. 38, Fig. 58). Es ist eine unipolare Ganglienzelle (gnz), die seitlich der Epithel- einwucherung des einen oder des andern Borstenpaars anliegt. Ihr Fortsatz teilt sich in einige Zweige, welche zu den Muskelzellen des gegebenen Borstenpaars hinziehen. In andern Fällen scheint jedoch eine solche Ganglienzelle zu fehlen. Dennoch halte ich es für viel wahrscheinlicher, dab die Ganglienzelle auch hier vorhanden ist, sich aber den Zellen der Epitheleinwucherung des Borstensacks so dicht anschließt, daß es unmöglich ist, sie von den Zellen des letztern zu unterscheiden; auch können sich ihre Fortsätze im um- gebenden Gewebe nur allzu leicht dem Auge entziehen. Zum Schluß der Beschreibung des Hautmuskelschlauchs des 5. Somits der Kopfregion von Acanthobdella wollen wir nun noch die bezüglichen Sinnesorgane (sk) betrachten. Im großen und ganzen erscheinen sie hier (Taf. 33, Fig. 3; Taf. 41, Fig. 101) ganz ähnlich verteilt wie in den gewöhnlichen Somiten des Mittelkörpers; jedoch sind sie nur dorsal in demselben Grade entwickelt. Die gewöhnlich im 2. Somitring auf der paramedianen (pmd,) und intermediären (int,) ventralen sowie auf der lateralen Linie des Körpers vor- handenen Gruppen von Sinnesknospen sind hier besonders stark aus- gebildet, und ihre Zellen ragen durch die Längsmuskelschicht hin- durch ins innere Mesenchym des Körpers hinein. Außerdem aber befinden sich zwischen den bezeichneten Sinnesknospen noch 2 oder 3, welche mehr oder weniger in ihrer Ausbildung zurück- geblieben sind. Die Sinnesknospen der Laterallinie des Körpers umgeben distal mit ihren Zellen die Borstensäcke des lateralen Paars, wobei ihre Acanthobdella peledina Gruse. TT Zellen in einer mehr oder minder bedeutenden Zahl auch in den Zwischenraum zwischen die letztern eindringen (Taf. 33, Fig. 3). Der proximale Abschnitt dieser Sinnesknospen tritt ins innere Mesenchym des Körpers und liegt hier unter der Längsmuskulatur dorsal- und lateralwärts von den Borsten (bs*). Er endet mit einem eigenartig differenzierten Gebilde, welches ein besonderes Sinnes- organ, nämlich das Auge (au,), darstellt. Das letztere befindet sich im vordern Abschnitt des 2. Rings des 5. Kopfsomits, dorsal von der Laterallinie des Körpers und unmittelbar vor dem lateralen Paar: der Borstensäcke (Taf. 33, Fig. 1, 3; Taf. 35, Fig. 17). Wie schon oben erwähnt, kann man recht oft im proximalen Abschnitt der lateralen Sinnesknospen der Mittelkörpersomite von Acanthobdella gut ausgebildete Retinazellen (rz) bemerken (Taf. 36, Fig. 25). Ebensolche Zellen mit einem gut entwickelten licht- brechenden Binnenkörper nehmen in der Zahl von 4—6 den End- abschnitt der lateralen Gruppe der Sinnesknospen des 5. Kopfsomits ein. Die Retinazellen bilden hier einen ovalen Körper (avs), dessen Längsachse dorsoventral gerichtet ist (Taf. 33, Fig. 3). Die Grenzen der einzelnen Zellen (rz), welche dicht aneinander liegen (Taf. 38. Fig. 59, 60)'), sind in ihm stets bemerkbar, obgleich im ganzen ziemlich schwach ausgeprägt. Von vorn und von den Seiten sind die Retinazellen mit einer Schicht von Pigmentzellen (pz) bedeckt, die eine ovale Form haben. Der von ihnen gebildete Pigmentbecher, welcher nach hinten und unten offen bleibt, bildet zusammen mit den ihn ausfüllenden Retinazellen das Auge. Inbezug auf den Bau des Auges von Acanthobdella im allgemeinen finden wir bei A. Kowa- LEVSKY (1896, p. 226) nur folgende Bemerkung: „Les cellules pig- mentaires qui forment la couche noire de l’oeil ne contient pas des granules adipeux; elles se décolorent aussi par l’alcool et le sublimé.“ Meinen Beobachtungen nach aber muß ich im Gegenteil konstatieren, daß die 8—10 Zellen, welche den Pigmentbecher bilden, sich als typische Pigmentfettzellen des Mesenchyms mit einer mehr oder minder bedeutenden Menge von Fettröpfehen im Protoplasma er- wiesen haben. Eine Eigentümlichkeit derselben besteht bloß darin, dab Pigment in ihnen nicht wie gewöhnlich an der ganzen Peri- pherie der Zelle vorhanden ist, sondern nur in demjenigen Zellab- 1) Fig. 59 und 60 betreffen eigentlich das 1. Augenpaar. Da aber alle Augenpaare von Acanthobdella in histologischer Hinsicht genau den- selben Bau haben, so können diese Abbildungen auch im vorliegenden Falle zur Erläuterung herangezogen werden. 718 N. Livanow, schnitt auftritt, welcher den Retinazellen zugewandt ist. In den mit der Osmiumsäure fixierten Objekten (Taf. 38, Fig. 60) sieht man hier einen etwa 10 u breiten Saum, der von schwarzbraunen Pig- mentkörnchen erfüllt ist. Die letztern erreichen ihre maximale Größe an der Peripherie der Zelle, während sie einwärts im Zellplasma nur noch als feinste Stäubchen erscheinen, um schließlich ganz zu verschwinden. An der Stelle dieses Pigmentsaums sieht man an den mit Sublimat oder Alkohol fixierten Objekten eine sehr durch- sichtige, fein radiär gestreifte Protoplasmaschicht (Taf. 38, Fig. 59). Daraus folgt, daß die Pigmentkörnchen in den bezeichneten Zellen zwischen diesen feinen Plasmafäden der peripheren Zellschicht einge- lagert sind, die sich bei erhaltenem Pigment unsern Blicken entziehen. Die Ableitung der Augen von Acanthobdella von gewöhnlichen Sinnesknospen, aus welchen sie durch Differenzierung einer gewissen Anzahl von Retinazellen und Ausbildung einer die letztern umgeben- den Schicht von Pigmentfettzellen hervorgegangen sind, kann nach dem Vorhergehenden keinem Zweifel unterliegen. Um die gegebene Beschreibung zu vollenden, wäre hier noch zu bemerken, dab die Fortsätze der Retinazellen, die den Augennerven bilden, nach unten und zur Laterallinie verlaufend, zusammen mit den übrigen Nerven- fasern der lateralen Sinnesknospen in den ganz nahe vorbeiziehenden sensitiven Nerven des 5. Kopfsomits eintreten. Die eben beschriebenen Tatsachen stehen somit in vollem Ein- klang mit meinen schon früher dargelegten Betrachtungen (1904, 2) und weisen unzweideutig auf eine volle Homologie der Augen von Acanthobdella mit denjenigen der übrigen Hirudineen hin. Das 4. Somit (4) der Kopfregion von Acanthobdella wiederholt im großen und ganzen im Bau seines Hautmuskelschlauchs die Be- ziehungen, welche für das 5. Kopfsomit oben beschrieben sind. Seine Sinnesknospen und Augen (aw,) sowie seine Borsten sind ihrer Struktur, Lage und Anordnung nach mit den entsprechenden Organen des 5. Kopfsomits durchaus identisch (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 35, Fig. 17; Taf. 41, Fig. 101). Unbedeutenden Abweichungen begegnet man im Muskelapparat der Borsten. So sind 2 Muskelzellen, welche vom ventralen Borstenpaar nach hinten und lateralwärts verlaufen, am Integument nicht ventral von der Laterallinie, sondern ein wenig dorsal von der letztern befestigt. Nach vorn ziehen von demselben Borstenpaar stets 2 mächtige Muskelzellen, die, wie gewöhnlich, im hintern Abschnitt des vorhergehenden, d. h. 3. Kopfsomits, bei Acanthobdella peledina Gruss. 719 der ventralen Intermediärlinie am Integument inserieren. Der Muskelapparat des lateralen Borstenpaars des 4. Kopfsomits enthalt keine Muskelzelle, welche nach hinten und zur dorsalen Intermediär- linie verläuft, anstatt deren hier eine Muskelzelle vorhanden ist, die so wie im ventralen Borstenpaar sich mit einem Ende am proximalen Abschnitt der Borstensäcke, mit dem andern auf der ventralen Inter- mediärlinie am Integument des hintern Rings des 4 Kopfsomits an- heftet. Nach vorn von diesem Borstenpaar verlaufen 2 Muskelzellen, die die ähnlichen Beziehungen aufweisen, wie es für das ventrale Paar beschrieben war. Alle diese Abweichungen sind jedoch bloß von untergeordneter Bedeutung, so dab der Grundtypus des Muskelapparats bei allen Borstenpaaren eigentlich ein und derselbe ist, obgleich er bei jedem von ihnen einige spezielle Modifikationen darbieten kann. Ein unwesentlicher Unterschied vom 5. Kopfsomit prägt sich ferner in der weitern Verkiirzung des ventralen Abschnitts des Hautmuskelschlauchs im 4. Kopfsomit und dementsprechend auch in der weitern Konzentration der Liingsmuskelfasern aus, welche sich besonders medianwärts von der ventralen Intermediärlinie noch kompakter, noch dichter aneinander anordnen. Im Zusammenhang damit erscheinen die Zwischenräume zwischen den Längsmuskeln bei der intermediären und lateralen Linie des Körpers mehr gegen die Bauchseite hin verschoben und die dorsale Oberfläche des Haut- muskelschlauchs ein wenig in ihren seitlichen Abschnitten vergrößert. Das beschriebene Verhalten ist ebenfalls als eine Folge der all- gemeinen Verkleinerung der Dimensionen des Somits mit seiner An- näherung an das Vorderende des Körpers zu betrachten. Die Innervation des 4. Kopfsomits wird ausschließlich von 2 Paar Nerven (n,, n,*) des 4. Ganglionkomplexes der Unterschlundganglien- masse besorgt (Taf. 41, Fig. 101). Der mächtige hintere Nerv (»,) stellt eine zusammengesetzte Bildung dar und entspricht dem hintern motorischen und dem mittlern sensitiven Nerven des gewöhnlichen Somits des Mittel- körpers, welche in einen Stamm vereinigt sind. Dies beweist das periphere Verhalten des bezeichneten Nerven. Nachdem er in typischer Weise das ventrale paramediane Längsmuskelband erreicht hat, teilt er sich nämlich in 2 Zweige, von denen der eine, Kleinere im 3. Somitring weiter verläuft und einen typischen hintern Ring- nerven bildet, während der andere, größere in den 2. Somitring ein- tritt und die für den sensitiven Nerven des Somits charakteristischen 720 N. Livanow, Beziehungen aufweist. Manchmal jedoch ist die Ausbildung der beiden Zweige des bezeichneten Nerven (n,) nicht so deutlich aus- geprägt (Taf. 41, Fig. 101), indem er zunächst am ventralen para- medianen Längsmuskelband einen kleinen Ast (hnz,) in den 4. Somit- ring aussendet, welcher allen seinen Beziehungen nach dem diesem Ring zukommenden Zweig des hintern Ringnerven entspricht. Erst darauf sondert sich auch der letztere selbst ab, und zwar teilt sich der in Rede stehende Nerv vor dem ventralen intermediären Längs- muskelband in 2 Äste, von denen der eine, kleinere, im 3. Somitring weiter ziehend, seinem Verhalten nach einen typischen hintern Ring- nerven des Somits (rnı..,) darstellt, der andere aber im 2. Somitring hinter den Borstensäcken verläuft und einen typischen sensitiven Nerven (sn,) des Somits bildet. | Der vordere Nerv (n,*) des 4 Komplexes der Unterschlund- ganglienmasse ist von unbedeutender Stärke; er tritt in den 1. Ring des 4. Kopfsomits ein und stellt einen gewöhnlichen vordern Ring- nerven des Somits (77 (1)) dar. Hieraus ist ersichtlich, dab das Neurosomit des 4. Somits der Kopfregion im großen und ganzen typisch ausgebildet ist und daß der 4. Ganglionkomplex der Unterschlundganglienmasse den zentralen Abschnitt desselben darstellt. In ähnlicher Weise streng abgegrenzt erweist sich das Inner- vationsgebiet des einzigen vom 3. Ganglionkomplex der Unterschlund- ganglienmasse ausgehenden Nervenpaars (n,), indem es sich aus- schließlich auf das 3. Kopfsomit (3) ausdehnt (Taf. 41, Fig. 101). Bei seinem Eintritt in den Hautmuskelschlauch teilt sich dieser Nerv in 2 Hauptzweige. Der eine von ihnen ist seinen Beziehungen nach dem hintern Nerven des 4. Kopfsomits durchaus ähnlich, während der andere, kleinere dem vordern Nerven des letztern ent- spricht. Wenn wir das Zustandekommen des bezeichneten Nerven durch Vereinigung von 2 Wurzeln in Betracht ziehen, so ergibt sich daraus notwendig, daß die beiden selbständigen Nerven des 4. Kopf- somits im 3. Somit nur auf einer geringen Strecke nach ihrem Austritt aus der Unterschlundganglienmasse zu einem Nerven ver- einigt sind. Im einzelnen ist das Verhalten des bezeichneten Nerven fol- gendes. Sein größerer Zweig dringt durch das 1. (von der Median- linie des Körpers gerechnet) Längsmuskelband und gelangt darauf zum paramedianen Längsmuskelband, wo er sich in 3 Äste teilt. Acanthobdella peledina GRUBE. 91) Der kleinere (hnz,) von ihnen tritt in den hintern Abschnitt des 2. Rings des 3. Kopfsomits ein und stellt seinen Beziehungen nach nichts anderes als den gewöhnlichen Zweig des hintern Ringnerven für den hintern Ring des Somits dar. Dieser Nervenzweig erreicht jedoch im 3. Kopfsomit die Laterallinie meistens nicht, indem er allmählich schwächer wird und hinter dem ventralen intermediären Längsmuskelband verschwindet. Zuweilen bleibt er ganz unent- wickelt. Der eine (73) von den beiden übrigen Ästen verläuft im vordern Abschnitt des 2. Rings des 3. Kopfsomits und repräsentiert den typischen hintern Ringnerven des letztern; der andere, be- deutendere Ast (sn,) endlich tritt in den hintern Abschnitt des 1. Rings des nämlichen Somits ein und bildet allen seinen Beziehungen nach den gewöhnlichen sensitiven Nerven desselben. Der kleinere Nerv (rn3 1), welcher aus der 1. Verzweigung des in Rede stehenden Nerven der Unterschlundganglienmasse entstanden ist, nimmt seinen Verlauf im vordern Abschnitt des 1. Rings des 3. Kopfsomits und stellt den typischen vordern Ringnerven des letztern dar. Eine Eigentümlichkeit aber, durch welche er sich von den entsprechenden Nerven aller folgenden Somite des Körpers unter- scheidet, besteht darin, daß hier die Ringmuskelfaser fehlt, welche sonst diesen Nerven begleitet. Aus den beschriebenen Tatsachen geht hervor, dab das Neuro- somit auch des 3. Kopfsomits ähnlich, wie des 4. und 5. Somits der Kopfregion, im allgemeinen typisch entwickelt ist und zentral vom 3. der in die Unterschlundmasse einbezogenen Ganglionkomplexe seinen Ursprung nimmt. Betrachten wir nun den Hautmuskelschlauch des 3. Kopfsomits. Da wäre zu konstatieren, dab die Verkürzung seiner ventralen Ober- fläche im Vergleich mit dem 4. Kopfsomit noch weiter vorgeschritten ist (Taf. 33, Fig.2). Im vordern Abschnitt des bezeichneten Somits konzentrieren sich alle ventralen Längsmuskelfasern zu bloß 3 Muskel- bändern. Hier haben wir zunächst ein Muskelband (pmd, ) medianwärts von der Intermediärlinie des Körpers, welches hauptsächlich von den Elementen des paramedianen Muskelbands gebildet ist und die unmittelbare Fortsetzung des letztern darstellt. Die 2 übrigen Muskel- bänder befinden sich zwischen der intermediären und lateralen Linie des Körpers und erweisen sich als Fortsetzung des inter- mediären (inf), resp. des paramarginalen (pmr,) Muskelbands. Eine weitere Veränderung der Muskulatur des 3. Kopfsomits besteht darin, daß die nach dem Typus der Oligochätenmuskeln ge- 722 N. Livanow, baute dorsale Muskelfaser in diesem Somit durch die gewöhnliche Muskelfaser des Hirudineen-Typus ersetzt ist. Sie stellt eine an den Enden unverzweigte, unansehnliche Muskelzelle dar, deren kern- haltiger Abschnitt fast auf der Hälfte seiner Peripherie von der kontraktil-fibrillären Schicht frei ist und im vordersten Teil des Somits unmittelbar vor der Grenzfurche zwischen diesem und dem vorhergehenden Somit liegt. Im 3. Kopfsomit fehlen bereits die charakteristischen Riesen- zellen der Diagonalmuskulatur, deren Fasern, aus dem 4. Kopfsomit eintretend, hier nach und nach verschwinden. Die Sinnesknospen des 3. Somits der Kopfregion (Taf. 41, Fig. 101), welche im hintern Abschnitt des 1. Rings des letztern an denselben Linien des Körpers wie in allen folgenden Somiten angeordnet sind, weisen sowohl dorsal als auch ventral besonders starke Entwicklung auf. Sie dringen in die Längsmuskulatur ein und ragen weiter in das innere Mesenchym des Körpers vor. Die Sinnesknospen, welche an der Laterallinie liegen, bilden eine gut ausgebildete Sensille, und zwar befinden sich in ihren proximalen Abschnitten 3—4 Retinazellen. Von vorn und oben sind die letztern von gewöhnlichen Pigment- fettzellen bedeckt. Wäre nun das Pigment in diesen an der den Retinazellen zugewandten Seite konzentriert, so hätten wir ein typisches Auge vor uns, das nur ein wenig schwächer als im 4. und 5. Kopfsomit entwickelt wäre. Außerdem sind jedoch noch echte Hirudineen-Augen im 3. Somit der Kopfregion vorhanden, welche das 1. Augenpaar (au,) von Acantho- bdella darstellen (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 35, Fig. 17; Taf. 41, Fig. 101). Sie liegen zu beiden Seiten der dorsalen Medianlinie im innern Mesenchym des Körpers unmittelbar unter den Längsmuskelbändern (Taf. 35, Fig. 17; Taf. 38, Fig. 59). Jedes Auge ist sehr gut aus- gebildet und besteht aus 8—10 Retinazellen (rz), die einen ovoiden Körper darstellen und von hinten, von oben und von den Seiten von einem Belag von Pigmentfettzellen umgeben sind (Taf. 38, Fig. 59, 60). Die Pigmentschicht der letztern erscheint ihrer Lage und Ausbildung nach mit derjenigen der oben beschriebenen Augen im 4. und 5. Kopfsomit durchaus identisch. Im großen und ganzen unterscheiden sich die Augen des bezeichneten Somits von den Augen der beiden folgenden Somite, abgesehen von ihrer bedeutendern Aus- bildung, nur dadurch, daß sie vom Schlundconnectivnerven innerviert werden und scheinbar jeglicher Verbindung mit irgend welcher Sinnesknospe entbehren. Zuweilen kann man jedoch einen unmittel- Acanthobdella peledina Grouse. 723 baren Zusammenhang des Auges mit dem proximalen Abschnitt der paramedianen dorsalen Sinnesknospe konstatieren, was gewöhnlich dadurch stark maskiert ist, dab die Elemente des Pigmentbechers zwischen die Retinazellen einerseits und die Sinneszellen des proxi- malen Abschnitts der Sinnesknospen andrerseits eingeschoben sind. Somit wären die Augen des 3. Kopfsomits denjenigen der andern Somite von Acanthobdella homolog und ebenfalls durch Differenzierung von Sinnesknospen der dorsalen Paramedianlinie des Kürpers ent- standen. Dieses wird, wie wir weiter sehen werden, noch dadurch bestätigt, dab auf derselben Linie des Körpers im vorhergehenden, d. h. 2., Kopfsomit eine gut entwickelte Sensille vorhanden ist. Was nun die Innervation der Augen des 3. Kopfsomits vom obern Schlund- connectivnerven anbetrifft, so ist diese Tatsache als eine auch sonst oft vorkommende Verlegung der betreffenden Nervenfasern aus einem Bündel in das andere sozusagen näher zu ihrem Bestimmungsorte leicht erklärbar. In bezug auf die Borsten des 3. Kopfsomits wäre zu bemerken, daß ihr Muskelapparat im allgemeinen wie im 4. und 5. Kopfsomit entwickelt erscheint. Unansehnliche Abweichungen bestehen nur darin, daß am ven- tralen Paar Borstensäcke anstatt 2 nach hinten und lateralwärts ziehender Muskelzellen nur 1 vorhanden ist und von den 2 Zellen, welche im 4. Somit nach vorn verlaufen, die eine nicht ventral, sondern an der dorsalen Paramarginallinie des Körpers am Integu- ment befestigt ist. Der Muskelapparat des lateralen Borstenpaars ist im Gegensatz zu dem für die 2 folgenden Kopfsomite beschriebenen Verhalten wie beim ventralen Borstenpaar gebildet, indem er die- selben Muskelzellen und zwar in derselben Lage enthält, nämlich: 2 Zellen, die nach hinten verlaufen, 3 in der Ebene der Borsten- säcke gelegene, 2 nach vorn ziehende und 1 schräge Muskelzelle. Diese Tatsache bestärkt die von mir ausgesprochene Annahme, dab der Typus des Muskelapparats aller Borstenpaare durchaus der gleiche ist und bei den einzelnen Paaren nur unwesentlichen Ab- änderungen unterliegt. Zum Schluß dieser Beschreibung sei noch hervorgehoben, daß infolge der Reduktion des 3. Kopfsomits bis auf 2 Ringe seine Borstensäcke, die im hintern Abschnitt des 1. Rings ihren Ursprung nehmen und sich beim Eindringen ins innere Mesenchym des Körpers wie gewöhnlich nach hinten richten, mit ihren proximalen Enden sogar in den 1. Ring des 4. Kopfsomits hineinragen. 724 N. Livanow, In noch héherm Grade kommt dasselbe in der Lage der proxi- malen Abschnitte der Borstensäcke sowohl im 2. als auch im 1. Kopf- somit zum Ausdruck. Wie schon bei der Beschreibung der äubern Morphologie des Kopfs von Acanthobdella angedeutet war, liegt der das 1. Kopfsomit bildende Ring ganz ventral (Taf. 35, Fig. 17), demzufolge der ven- trale Abschnitt des folgenden Rings, welcher das 2. Somit der Kopf- region darstellt, im Vergleich mit dem dorsalen Abschnitt desselben stark nach hinten verschoben erscheint. Die Vertikalebene, welche ventral das 2. Kopfsomit passiert, schneidet dorsal den hintern Ring des 3. Somits der Kopfregion. Ganz ähnlich liegt auch der ventrale, d. h. postorale Abschnitt des 1. Kopfsomits in der Vertikalebene, die dorsal den vordersten Ring des 3. Somits trifft. Infolge dieser Beziehungen der vordern Kopfsomite zueinander ragen die Borstensäcke sowohl des 1. als auch des 2. von ihnen, nachdem sie ins innere Mesenchym des Körpers eingedrungen sind und sich hier, wie gewöhnlich, ein wenig nach hinten gewandt haben, mit ihren proximalen Enden ins Cölom des 3. Kopfsomits hinein. So kommt es zustande, dab man seitlich vom obern Abschnitt der Schlundconnective und Oberschlundganglienmasse (obm) im Cölom zunächst die proximalen Enden der Borstensäcke des dem 1. Kopf- somit zugehörigen, ventralen Paars (bsz,) und weiter lateralwärts dieselben Abschnitte der entsprechenden Borstensäcke des 2. Kopf- somits (bsz,) vorfindet (Taf. 33, Fig. 2). Im vordern Abschnitt des 3. Somits der Kopfregion liegen dann über den mittlern Abschnitten der eben bezeichneten Borsten noch die proximalen Enden der ent- sprechenden lateralen Borstensäcke. Da die Borstensäcke und ihre Borsten selbst sich von denjenigen der 3 hintern Kopfsomite in keiner Weise unterscheiden, so wenden wir uns nun zur Beschreibung ihrer Muskelapparate. Nach hinten vom proximalen Ende des ventralen Paars Borstensäcke des 2. Kopf- somits verläuft wie gewöhnlich eine Muskelzelle, die sich bei der dorsalen Paramarginallinie des Körpers am Integument des hintern Abschnitts des 3. Somits inseriert. Eine andere ebensolche Zelle zieht zur ventralen Intermediärlinie in den hintern Abschnitt des 2. Kopfsomits, und endlich ist hier auch eine schräge Muskelzelle vorhanden, welche sich mit einem Ende am distalen Abschnitt der Borstensäcke und mit dem andern an der dorsalen Paramarginal- linie im hintern Abschnitt des 3. Kopfsomits befestigt. Außer diesen gewöhnlichen Zellen des Muskelapparats der Borsten von Acantho- Acanthobdella peledina Gruse. 725 bdella entspringt am proximalen Abschnitt des in Rede stehenden Paars Borstensäcke noch eine mächtige, mit stark verzweigten Enden versehene Muskelzelle, die nach hinten verläuft und sich auf der dorsalen Paramedianlinie des Körpers am Integument des hintern Abschnitts des 3. Kopfsomits anheftet. Solche Zellen fehlen dem Muskelapparat der oben besprochenen Somite. Die in der Ebene des gegebenen Borstenpaars liegenden Muskelzellen sowie diejenigen, welche von ihm nach vorn ziehen, sind in derselben Weise ent- wickelt wie im folgenden, d. h. 3., Kopfsomit, nur sei bemerkt, daß die nach vorn und dorsalwärts verlaufende Zelle im mittlern Ab- schnitt des letztgenannten Somits am Integument befestigt ist. Der Muskelapparat des lateralen Borstenpaars des 2. Kopfsomits ist mit dem für das laterale Borstenpaar des 4. Somits beschriebenen identisch. Ein einziger Unterschied besteht darin, daß in ihm eine Muskelzelle vorkommt, welche vom proximalen Abschnitt der Borsten- säcke nach hinten und lateralwärts verläuft. Sie heftet sich im vordern Abschnitt des 3. Kopfsomits bei der dorsalen paramarginalen Linie am Integument an. Somit sehen wir, daß der Muskelapparat der Borsten des 2. Kopf- somits denselben Typus in seinem Bau aufweist wie in den schon beschriebenen 3 folgenden Somiten der Kopfregion. Eine Besonder- heit, welche durch die Wechselbeziehungen der vordern Kopfsomite bedingt ist, besteht nur in der Verschiebung der dorsalen Befestigungs- punkte der Muskelzellen nach hinten, welche sich alle, wie bereits angedeutet, im 3. Kopfsomit befinden. Außerdem aber treten im 2. Kopfsomit die Zellen der Ringmuskulatur in nähere Beziehung zu den Borstensäcken, was wahrscheinlich als ein Resultat der nach vorn zu fortschreitenden bedeutenden Verringerung besonders der ventralen Abschnitte der Kopfsomite zu betrachten ist. So befindet sich zwischen den ventralen Borstenpaaren eine Muskelzelle, welche mit einem Ende am distalen Abschnitt des rechten Paars dieser Borstensäcke inseriert, mit dem andern an derselben Stelle des linken Paars, und ferner setzt eine ähnliche Zelle die distalen Abschnitte des ventralen und lateralen Borstensackpaars einer und derselben Seite des Körpers miteinander in Verbindung. Dazu sei noch er- wähnt, dab auch die proximalen Abschnitte dieser Borstensäcke jederseits durch eine Muskelzelle untereinander verbunden sind. Am kompliziertesten und vom allgemeinen Typus am stärksten abweichend erweist sich der Muskelapparat der Borsten des 1. Kopf- somits von Acanthobdella, was natürlich einerseits durch die Lage Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 47 726 N. Livanow, des Somits bedingt ist, welches nämlich ganz ventral am Kopf ge- legen ist und zugleich das Vorderende des Körpers bildet, andrer- seits aber dadurch, daß seine Dimensionen im Vergleich zu den folgenden Kopfsomiten sehr reduziert sind. Einen gewissen Einfluß müssen wir dabei auch noch dem Umstande zuschreiben, daß sich im Zentrum des bezeichneten Somits die Mundöffnung befindet. Betrachten wir uns nun diesen Muskelapparat etwas näher. Nach hinten vom proximalen Abschnitt des ventralen Paars der Borstensäcke verlaufen wie in allen folgenden Kopfsomiten 1 oder 2 Muskelzellen, die ein wenig lateralwärts ziehen und sich median von der dorsalen Paramarginallinie des Körpers am Integument des hintern Abschnitts des 3. Kopfsomits befestigen, und eine Zelle, die sich ventralwärts richtet und sich ein wenig medianwärts von der ventralen Intermediärlinie am Integument des 1. Kopfsomits in der Nähe seiner hintern Grenze anheftet. Außerdem finden wir hier auch eine gut entwickelte, an ihren Enden stark verzweigte Muskel- zelle, wie wir sie bloß für das ventrale Borstenpaar des 2. Kopf- somits konstatiert haben, und zwar inseriert sie mit einem Ende am proximalen Abschnitt des bezeichneten Paars der Borsten- säcke, mit dem andern im hintern Ring des 3. Kopfsomits an der dorsalen Paramedianlinie des Körpers. Die schräge Muskelzelle, welche gewöhnlich vom distalen Abschnitt der Borstensäcke nach hinten und zur dorsalen Paramarginallinie verläuft, begibt sich hier zu derselben Stelle des Integuments, nach vorn aber in den vordern Abschnitt des 3. Kopfsomits, wobei die Pakete der Ausführungs- gänge der Riesendrüsen zwischen dieser Zelle und den entsprechenden Borstensäcken hindurchdringen. Das ist die einzige von den zum bezeichneten Borstenpaar gehörigen, dorsalwärts verlaufenden Muskel- zellen, deren dorsaler Befestigungspunkt nur relativ wenig nach hinten verschoben ist. Bei allen übrigen gelangt diese Erscheinung, welche, wie schon erwähnt, durch die Verlagerung des 1. Kopfsomits auf die Bauchseite bedingt ist, in einem viel höhern Grade zum Ausdruck. Aus demselben Grunde ist auch von den beiden Zellen, welche vom proximalen Abschnitt der Borstensäcke nach vorn verlaufen, die eine dorsalwärts gerichtete, sehr gut entwickelte Muskelzelle im vordern Ring des 3. Kopfsomits befestigt. Im Gegen- satz zu allen folgenden Somiten der Kopfregion geht sie dabei auf die entgegengesetzte Körperhälfte über, nachdem sie auf der Median- linie des Körpers die entsprechende Zelle der andern Seite ge- kreuzt, und inseriert hier am Integument im Bereich der dorsalen Acanthobdella peledina GRUBE. 727 Paramedianlinie. Die andere von den beiden bezeichneten Muskel- zellen verläuft wie gewühnlich zum vordern, oralen Rand des 1. Kopf- somits, wo sie sich auf der ventralen Intermediärlinie des Körpers am Integument befestigt. In der Ebene des ventralen Borstenpaars des 1. Kopfsomits ziehen, wie in allen beschriebenen Somiten der Kopfregion, 3 Muskelzellen von den proximalen Enden der Borsten- säcke in der Nähe der ventralen Abschnitte der letztern zum Integument; doch heften sich einige von ihnen am Darm in der Gegend der Mundöffnung an. Aus dieser Beschreibung kann man schließen, daß der Muskel- apparat des ventralen Borstenpaars des 1. Kopfsomits sich von dem- jenigen des ventralen Borstenpaars des 2. Somits nur sehr wenig unterscheidet und dab der letztere ein Bindeglied zwischen dem eben beschriebenen und dem Muskelapparat der Borstensäcke in den folgenden Kopfsomiten darstellt. Die Übereinstimmung dieser Appa- rate der beiden vordersten Kopfsomite prägt sich auch noch darin aus, daß einige von den Ringmuskelzellen des 1. Kopfsomits wie im 2. Somit nähere Beziehungen zu den Borstensäcken aufweisen. 1 oder 2 solcher Zellen verbinden die distalen Abschnitte der ventralen Paare der Borstensäcke beider Seiten miteinander, und eine ähn- liche Muskelzelle setzt ferner die distalen Abschnitte der beiden Borstensackpaare ein und derselben Seite in Verbindung. Vor der Mundöffnung endlich verläuft eine Muskelzelle, welche sich mit einem Ende am distalen Abschnitt des rechten lateralen Paars der Borsten- säcke, mit dem andern am selben Punkt des entsprechenden linken Paars anheftet. Vom proximalen Abschnitt des lateralen Paars der Borstensäcke des 1. Kopfsomits ziehen nach hinten 2 Muskelzellen, von denen eine sich wie gewöhnlich auf der ventralen Intermediärlinie des Körpers am Integument des hintern Abschnitts ihres Somits befestigt. Die andere Zelle erreicht ähnlich wie in den Muskelapparaten der ven- tralen Borstenpaare des 2. und 3. Kopfsomits die dorsale Para- medianlinie des hintern Rings des 3. Somits, ein Teil ihrer End- verzweigungen aber durchkreuzt die Medianlinie und tritt auf solche Weise in die gegenüberliegende Körperhälfte ein. Die Muskelzelle welche nach hinten und lateralwärts zieht, fehlt dem bezeichneten Borstenpaar. Vom distalen Abschnitt dieser Borstensäcke verläuft wie in allen übrigen Kopfsomiten eine schräge Muskelzelle, die sich dorsal von der Laterallinie des Körpers am Integument des vordern Rings des 3. Kopfsomits inseriert. In der Ebene der Borstensäcke 47% 728 N. Livanow, ziehen 2 oder 3 Muskelzellen, deren gewöhnliche Beziehungen nur dadurch verwischt erscheinen, daß die ventralen Befestigungspunkte bei einigen von ihnen gegen die Mundöffnung hin verschoben sind. Von den beiden nach vorn von den Borstensäcken ziehenden Muskel- zellen ist hier nur die eine erhalten, welche dorsalwärts verläuft. Sie befestigt sich wie im ventralen Borstenpaar, in das Integument der gegenüberliegenden Körperhälfte eintretend, an der Paramedian- linie des vordern Rings des 3. Kopfsomits. Endlich muß ich noch einer besonders mächtigen Muskelzelle erwähnen, welche zum be- schriebenen Muskelapparat in näherer Beziehung steht. Diese Zelle biegt um das laterale Paar Borstensäcke median und inseriert mit ihrem einen Ende dorsal von der Laterallinie des Körpers im 2. Kopfsomit, mit dem andern in der Nähe desselben Punkts im 1. Somit (Taf. 38, Fig. 61 mz). Aus dieser Beschreibung ist ersichtlich, daß, wenngleich ein ge- wisser Unterschied, der sich hauptsächlich im Fehlen einiger be- stimmter Muskelzellen im Muskelapparat des lateralen Borstenpaars des 1. Kopfsomits ausprägt, zwischen diesem und demjenigen des ventralen Paars besteht, dennoch der allgemeine Bautypus der beiden Muskelapparate ein und derselbe ist und daß die Eigentümlichkeiten, welche wir für das ventrale Borstenpaar angedeutet haben, auch im lateralen Paar klar zum Ausdruck gelangen, ja zum Teil noch stärker entwickelt sind. Vergleichen wir nun den Muskelapparat der Borstensäcke des lateralen Paars des 1. Kopfsomits mit den entsprechenden Ge- bilden des 5. Somits, so finden wir gewiß einen recht bedeutenden Unterschied zwischen ihnen; da jedoch die dazwischen liegenden Somite uns in dieser Beziehung eine gut ausgeprägte Reihe von Übergangsstufen aufweisen, so steht es außer jedem Zweifel, daß alle Borstensäcke von Acanthobdella mit ihren Muskelapparaten un- bedingt ein und demselben Typus angehören und untereinander voll- kommen homolog sind. Die in den einzelnen Somiten auftretenden Eigentümlichkeiten aber sind durchaus unwesentlich und das Resultat einer sekundären Anpassung an die Wechselbeziehungen, welche zwischen den verschiedenen Kopfsomiten bestehen. Aus diesem Grunde halte ich es für möglich, den Komplex der Borsten als ein Merkmal zu bezeichnen, welches für das Somit der Kopfregion von Acanthobdella ganz allgemein charakteristisch ist. Was nun die Sinnesorgane des 1. und 2. Kopfsomits anbetrifft, so ergibt sich, daß die ganze ventrale Körperoberfläche der letztern Acanthobdella peledina GRrUBE. 729 von einer ansehnlichen Menge von Sinnesknospen bedeckt ist, deren Zellen durch die Längsmuskelschicht bis ins innere Mesenchym des Körpers vordringen. Die Zahl und Anordnung der Sinnesknospen näher zu bestimmen ist unmöglich, da die von ihnen eingenommene Somitoberfläche stark reduziert erscheint, die Knospen selbst aber ohne jede erkennbare Regelmäßigkeit verteilt und sehr ungleich- mäßig entwickelt sind. 2 Anders steht es mit den lateralen und dorsalen Sinnesorganen der beiden bezeichneten Somite (Taf. 41, Fig. 101). An der Laterallinie des Körpers ist im 2. Kopfsomit eine gut ausgebildete Sensille vorhanden, die nach vorn vor dem entsprechenden Borstenpaar liegt. Sie enthält gewöhnlich 2 oder 3 Retinazellen. An derselben Stelle im 1. Somit der Kopfregion finden wir bereits eine gewöhnliche Sinnesknospengruppe, wie sie in den Mittelkörper- somiten vorhanden ist. Somit hätten wir im Kopfende von Acanthobdella eine ganze Reihe von Sensillen der Laterallinie. Dieses Organ ist im 2. Kopfsomit nur ein wenig stärker entwickelt als im 1. Kopf- somit oder in den gewöhnlichen Somiten des Mittelkörpers. In der entsprechenden Sensille des 3. Kopfsomits ist die Zahl der Retina- zellen noch mehr vergrößert, und so stellt diese Sensille einen un- mittelbaren Übergang zu dem Auge des 4. Kopfsomits dar. Das Auge selbst ist also im Grunde genommen nichts anderes als die Retinazellengruppe einer gegebenen Sensille, welche mit einer speziellen Hülle von Pigmentfettzellen ausgestattet ist. Diese Reihe ist im höchsten Grade instruktiv und bestätigt nochmals die Auf- fassung C. Wuirman’s, daß das Hirudineenauge bloß ein Produkt der Komplikation und weitern Differenzierung einer gewöhnlichen Sensille des Körpers darstellt. Im Gegensatz zu den ventralen enthalten die dorsalen Ab- schnitte des 1. und 2. Kopfsomits gut differenzierte und regelmäßig angeordnete Sinnesknospen (Taf. 38, Fig. 61 sk, sk*; Taf. 41, Fig. 101). Im 2. Kopfsomit befinden sie sich wie in allen übrigen Somiten auf der Intermediärlinie des Körpers. An der Paramedianlinie liegt eine Sensille, die 2 oder 3 Retinazellen enthält und, wie schon oben be- merkt, den Übergang von einer gewöhnlichen Sinnesknospengruppe dieser Linie zum Auge vermittelt. Im 1. Kopfsomit besitzt die Sinnesknospengruppe an der Paramedianlinie schon keine Retina- zellen mehr und ist mit der andern dorsalen Sinnesknospengruppe dieses Somits identisch, welche zwischen ihr und den lateralen Knospen liegt. 730 N. Livanow, Die Sinneszellen der bezeichneten Sinnesorgane (sk, sk*) dringen ins innere Mesenchym des Körpers sehr tief ein, und man sieht hier eine bunte Ansammlung von Elementen verschiedenen Ursprungs, da die proximalen Abschnitte aller dieser Sinnesknospen und Sensillen des 1. und 2. Kopfsomits einander im Mesenchym fast berühren, eine Tatsache, deren Ursache in der Verminderung der Somitdimensionen. proportional ihrer Annäherung an das vordere Körperende gelegen ist. Somit können wir konstatieren, daß die Sinnesorgane des 2. Kopf- somits im Bau und ihrer Verteilung denselben Typus aufweisen wie in den übrigen Kopfsomiten und daß nur ventral dieses Verhalten unklar ausgeprägt ist. Dasselbe läßt sich auch vom 1. Somit der Kopfregion sagen. Auber den beschriebenen sind im Kopfende von Acanthobdella keine weitern Sinnesorgane vorhanden. Auf Grund ihrer Anordnung kann man mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß die Kopf- region von Aranthobdella allein und ausschließlich von 5 Somiten ge- bildet ist; einen Hinweis hierauf gaben uns auch schon die Tat- sachen, welche wir inbezug auf die Borstenapparate der Kopfregion ermittelt haben. | Wenden wir uns nun zur Beschreibung der Muskulatur der beiden vordern Kopfsomite. Im 2. Kopfsomit besteht sie aus der gut entwickelten Ring- muskelschicht (rm) und einigen Längsmuskelbündeln (Taf. 38, Fig. 61). Im mittlern Abschnitt dieses Somits weichen die Ringmuskelfasern ein wenig auseinander, und durch diese Lücken dringen die schon oben beschriebenen Sinnesorgane (sk) nach innen vor. Die Längs- muskelbänder, welche bereits im 3. Kopfsomit einer bedeutenden Reduktion unterworfen waren, sind hier besonders ventral noch mehr reduziert. Im vordern Abschnitt des 2. Kopfsomits treffen wir nur diejenigen Muskelbündel an, welche eine direkte Fortsetzung der paramedianen (pmd), intermediären (int) und paramarginalen (pmr) ventralen und dorsalen sowie des lateralen (ld) Längsmuskelbands darstellen. Die ventralen von diesen Muskelbündeln sind sehr schwach ausgebildet und verschwinden alle gänzlich bald nach ihrem Eintritt in das 1. Somit der Kopfregion; nur das paramarginale Bündel weist eine schärfere Differenzierung auf. Ebenso gut wie das letztere ausgeprägt erscheint das laterale und die dorsalen Bündel; von letztern besteht ein jedes bloß aus 2 nebeneinander verlaufenden Muskelzellen. In das 1. Kopfsomit eindringend, verschwinden sie bald darauf in seinem präoralen Abschnitt ganz. Die Ringmuskulatur Acanthobdella peledina GRUBE. 731 des 1. Kopfsomits enthält nur eine geringe Zahl von Muskelzellen, welche hauptsächlich in seinem hintern, peripheren Abschnitt verlaufen. Diese allmähliche Reduktion der Muskulatur in den vordern Kopfsomiten ist natürlich im Hinblick auf die allgemeine Reduktion der Somite der Kopfregion von Acanthobdella selbstverständlich. In bezug auf die Reduktion der Längsmuskulatur will ich hier darauf hinweisen, daß alle ihre Längsmuskelbänder schließlich auf die oben bezeichneten paramedianen, intermediären und paramargi- nalen ventralen und dorsalen sowie die lateralen Muskelbündel be- schränkt bleiben. Weiter geht die Reduktion nicht, und diese Muskelbündel stellen die Grundlage dar, auf welcher sich die ganze übrige Längsmuskulatur des Körpers von Acanthobdella aufbaut. In den dorsalen und lateralen von den erwähnten Muskelbündeln kann man außerdem konstatieren, dab ihre Muskelzellen eine unmittelbare Fortsetzung derjenigen Muskelfasern bilden, welche in allen Körper- somiten in nähern Beziehungen zu den Ringnerven stehen. Ventral läßt sich dieses jedoch schwer feststellen. Ein dem beschriebenen ähnliches Verhalten weist nach F. SCHMIDT (1903) die Längsmuskulatur im vordern Körperende von Branchio- bdella auf. Das 1. und 2. Kopfsomit von Acanthobdella bilden 2 scharf differenzierte Innervationsgebiete (Taf. 41, Fig. 101). Das 1. von ihnen (7) wird ausschließlich vom Nerven (n,) des 1. Komplexes der Unterschlundganglienmasse versorgt, und für das 2. spielt der Nerv (n,) ihres 2. Ganglionkomplexes dieselbe Rolle. Der letztgenannte Nerv (n,) verläuft anfangs im innern Mesenchym des Körpers über den Längsmuskeln in gerader Richtung nach vorn. In das 2. Kopfsomit darauf eindringend, teilt er sich in 2 Zweige, von denen der eine (#2) im hintern Abschnitt des einzigen Rings dieses Somits verbleibt, der andere (r#24) aber in dessen vordern Abschnitt eintritt. Der hintere Nervenzweig zieht über die Längs- muskelschicht bis zur ventralen Intermediärlinie des Körpers, wo er endlich zwischen die Längs- und Ringmuskulatur eindringt. Vor dem ventralen paramedianen Längsmuskelbande jedoch gibt der be- zeichnete Nervenzweig ein kleines Bündel von Fasern ab, welches gleich darauf die Grenze der Längs- und Ringmuskeln erreicht, das paramediane Längsmuskelband kreuzt und bei der Intermediärlinie sich von neuem mit seinem Hauptzweige vereinigt. Auf dem letztern befinden sich hier 1 oder 2 Ganglienzellen und 1 Nervenzelle der groben Schläuche. Weiter verläuft der Nerv an der Grenze der 732 N. Livanow, Längs- und Ringmuskulatur und gelangt dann an die Laterallinie des Körpers, wo in einigem Abstand voneinander 2 oder 3 birn- förmige Ganglienzellen den Nerven eingelagert sind. Dorsal stellt der bezeichnete Nervenzweig (Taf. 38, Fig. 61 rn,; Taf. 41, Fig. 101 yz @) einen typischen Ringnerven dar, versehen mit einer Nerven- zelle der großen Schläuche zwischen dem paramarginalen (pmr) und intermediären (zt) Längsmuskelband. Der andere Zweig (72 (1)) des Nerven des 2. Ganglionkomplexes der Unterschlundganglienmasse verläuft, wie bereits erwähnt, im vordern Abschnitt des 2. Kopfsomits, so daß die Borsten dieses Somits sich zwischen ihm und dem beschriebenen hintern Nerven- zweige befinden. Zwischen die Längs- und Ringmuskulatur tritt er vor dem paramedianen Längsmuskelband ein und kreuzt auf typische Weise alle 3 ventralen Längsmuskelbänder. Bei der Intermediär- linie des Körpers liegt ihm eine Nervenzelle der großen Schläuche auf, und in der Nähe der Laterallinie befinden sich 1 oder 2 birn- förmige Ganglienzellen. Dorsal bildet der bezeichnete Nervenzweig einen typischen Ringnerven und enthält 1 Nervenzelle der großen Schläuche, welche zwischen dem paramedianen (pmd) und inter- mediären (nt) Längsmuskelband gelegen ist (Taf. 38, Fig. 61 rn,). So hätten wir im 2. Somit der Kopfregion von Acanthobdella 2 Ringnerven, welche ihrer Lage nach dem vordern und hintern Ringnerven des gewöhnlichen Neurosomits entsprechen. Dem vordern von ihnen fehlt hier wie auch im folgenden 3. Kopfsomit die be- gleitende Ringmuskelfaser. Vom hintern Nerven teilen sich Nerven- fasern zu den oben beschriebenen Sinnesorganen des 2. Kopfsomits ab, so daß dieser Nery auch die sensitiven Nervenbündel enthält, welche sich in allen darauf folgenden Somiten zu einem besondern sensitiven Nerven differenziert haben. Diese Tatsache sowie das Fehlen eines gesonderten Nervenzweiges, welcher dem Aste des hintern Ringnerven für den 4. Ring des gewöhnlichen Somits ent- spräche, stellen jedoch keine besondere Schwierigkeit dar, um die Innervation des 2. Kopfsomits zu beurteilen. Sein Neurosomit weist alle wichtigen Bestandteile auf, die dem gewöhnlichen Mittelkörper- somit eigen sind. Viel schwächer ist das Neurosomit des 1. Somits der Kopf- region ausgebildet (Taf. 41, Fig. 101). Sein Nerv, und zwar ist es der Nerv des 1. Ganglionkomplexes der Unterschlundganglienmasse (2, 7%, (2), verläuft anfangs im innern Mesenchym des Körpers über den ventralen Längsmuskeln nach vorn; in sein Somit eindringend, Acanthobdella peledina Grune. 733 tritt er zwischen die Längs- und Ringmuskulatur ein und zieht hier hinter den Borsten lateralwärts. Auf dieser Strecke kreuzt der Nerv die 3 ventralen Längsmuskelbänder, und bei der Intermediär- linie des Körpers trägt er eine Ganglien- oder Nervenzelle, deren Natur näher zu bestimmen schwer ist. An der Laterallinie des Körpers angelangt, tritt er in den präoralen, d. h. dorsalen Ab- schnitt seines Somits ein, und weiter kann man ihn fast bis zur Medianlinie verfolgen; seine Verbindung aber mit dem entsprechen- den Nerven der andern Seite konnte ich nicht konstatieren, da es fast unmöglich ist, das bunte Durcheinander von Drüsen-, Sinnes-, Muskel- und Mesenchymelementen zu entwirren. Bei der Lateral- linie des Körpers besitzt der beschriebene Nerv zuweilen eine Ganglienzelle. Im vordern, oralen Abschnitt des 1. Kopfsomits, nach vorn von den Borsten, konnte ich manchmal ein unansehnliches Nervenbündel (rm x) bemerken, welches ventral in der Nähe der Medianlinie wahr- scheinlich vom Nerven des 1. Ganglionkomplexes der Unterschlund- ganglienmasse seinen Ursprung nimmt. Es verläuft auf der Grenze der Längs- und Ringmuskulatur zur Laterallinie des Körpers, wo an ihm eine Ganglien- oder vielleicht Nervenzelle liegt. Dieser Nervenast verschwindet bald darauf, und es ist überhaupt schwer seine Beziehungen genau zu ermitteln. In den beiden beschriebenen Nerven des 1. Kopfsomits sind die typischen Bestandteile des gewöhnlichen Neurosomits auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Allein wenn man ihr Verhalten mit dem- jenigen vergleicht, wie wir es beim Neurosomit des 2. Kopfsomits vorgefunden haben, so kann Kaum noch ein Zweifel darüber bestehen, daß die 2 Nerven des 1. Kopfsomits den beiden Ringnerven des 2. Somits entsprechen. Folglich hätten wir auch im 1. Somit der Kopfregion die wichtigsten Bestandteile eines gewöhnlichen Neuro- somits des Mittelkörpers, hier jedoch in ihrem höchsten Grade der Reduktion, vor uns. Das war übrigens von vornherein zu erwarten, wenn man die allgemeine Reduktion des 1. Kopfsomits und im einzelnen die Reduktion seiner Muskulatur in Betracht zieht. Bei der Beschreibung der Nerven der Kopfregion von Acantho- bdella hatte ich bisher den Lateralnerven ganz beiseite gelassen. Im 5., 4. und 3. Kopfsomit kann man ihn leicht verfolgen (Taf. 41, Fig. 101 in). Nur in der Nähe der lateralen Borstenpaare verliert man ihn auf einer größern oder geringern Strecke aus den Augen, wo er zwischen den übrigen Elementen des Hautmuskelschlauchs 734 N. Livanow, verschwindet; allein auch an diesen Stellen konnte ich ihn zuweilen deutlich erkennen. Seine Beziehungen sind dieselben, wie wir sie für die gewöhnlichen Mittelkörpersomite beschrieben haben. Viel schwieriger aber wird die Untersuchung des Lateralnerven im 1. und 2. Kopfsomit. Wie es scheint, setzt er seinen Verlauf auch durch diese beiden Somite fort, wird dabei aber bedeutend schwächer und endet schließlich, indem er sich mit dem vordern Nervenbündel des 1. Kopfsomits vereinigt. Außer den beschriebenen sind weiter keine andern Nerven im Hautmuskelschlauch der Kopfregion von Acanthobdella vorhanden. Diese Tatsache gestattet uns wiederum und diesmal noch bestimmter die Behauptung aufzustellen, daß die Kopfregion von Acanthobdella ausschließlich aus den 5 vordern Somiten des Körpers besteht. Der Kopflappen, in der Art wie er bei den Anneliden im allgemeinen vorkommt, ist bei Acanthobdella gänzlich verschwunden. Es erübrigt uns noch eine Gruppe von Elementen, welche an der Zusammensetzung des Hautmuskelschlauchs der Kopfregion An- teil nehmen, zu besprechen, nämlich die hierher gehörigen Riesen- drüsenzellen des innern Mesenchyms. Wie schon oben angedeutet war, senden diejenigen Drüsenzellen, welche nach vorn vom 3. Somit der Mitteldarmregion (74) gelegen sind, ihre Ausführungsgänge (aup) in das vordere Körperende. In das 5. Kopfsomit (5) eintretend, verteilen sich dieselben in 3 scharf umschriebene Gruppen (Taf. 33, Fig. 3). Von ihnen verläuft ein sehr mächtiges Paket dorsal im innern Mesenchym des Körpers unter den Längsmuskeln und median vom intermediären Längs- muskelband (et); ein zweites unansehnliches Paket befindet sich im innern Mesenchym des Körpers unter den Längsmuskeln dorsal von der Laterallinie, und ein drittes mittelstarkes Paket endlich liegt ventral im innern Mesenchym des Körpers über dem para- medianen Längsmuskelband (pmd, ). Im 5. Kopfsomit teilt sich bloß vom lateralen Paket ein Teil der Ausführungsgänge ab, welche sich hier am lateralen Paar Borstensäcke nach außen öffnen. Auch im 4. Kopfsomit gibt nur diese Gruppe einige Ausführungsgänge ab, die zum lateralen Borsten- paar ziehen und rings um diese ihre äußern Öffnungen haben. Die übrigen Ausführungsgänge des lateralen Pakets treten in das 3. Kopfsomit ein, wo sie auf ganz ähnliche Weise enden. Sowohl vom dorsalen als auch vom ventralen Paket sondert Acanthobdella peledina GRUBE. 735 sich ein geringer Teil ihrer Ausführungseänge im 5. Kopfsomit ab (Taf. 33, Fig. 3). Das auf solche Weise dorsal entstandene Bündel von Ausführungsgängen dringt darauf in den dorsalen Cölomabschnitt, natürlich umgeben von einer peritonealen Hülle, ein und verläuft hier nach vorn, bis es im 4. oder im hintern Abschnitt des 3. Somits in die Oesophaguswand eintritt. Weiter hat es seinen Verlauf im entsprechenden obern Quadranten des Querschnitts der Speiseröhre (Taf. 38, Fig. 66). Wie das beschriebene dorsale Bündel, so tritt auch das sich vom ventralen Paket abteilende Bündel Ausführungs- eänge in den ventralen Cölomabschnitt an der Grenze zwischen dem 5. und 4. Kopfsomit ein; in der Nähe der Grenze zwischen dem 4. und 3. Somit dringt es in die Oesophaguswand ein, wo es im ent- sprechenden untern Quadranten weiter verläuft. Von diesem Bündel der Ausführungseänge der Riesendriisen wird noch weiter unten bei der Beschreibung des Darms die Rede sein. Alle übrigen Ausführungsgänge (aup) des ventralen Pakets ziehen durch das 4. Kopfsomit in das 3. (Taf. 33, Fig. 2), wo sie ein unansehnliches Bündel abgeben, das zur ventralen Medianlinie des Körpers verläuft und sich im mittlern Abschnitt des 3. Kopfsomits nach außen öffnet. Ein ebensolches Bündel teilt sich vom ventralen Paket im 2. Kopfsomit ab und öffnet sich im mittlern Abschnitt des letztern an der ventralen Medianlinie nach außen. Die übrigen Aus- führungsgänge des ventralen Pakets dringen in das 1. Kopfsomit ein, wo sie unmittelbar hinter der Mundöffnung, d. h. an der ven- tralen Medianlinie des Körpers ausmünden. Im 4. und 3. Kopfsomit (Taf. 33, Fig. 2) differenzieren sich die Ausführungsgänge des dorsalen Pakets nach Abgabe des Bündels zum Oesophagus in 2 kleinere Pakete, von welchen das eine, median- wärts gelegene sich seinerseits noch in 2 teilt. Das äußere Bündel lenkt darauf im 2. Kopfsomit ventralwärts ab, und der gröbere Teil seiner Ausführungsgänge mündet im mittlern Abschnitt dieses Somits zwischen dessen ventralem und lateralem Paar Borstensäcke nach außen; der kleinere Teil aber endet in gleicher Weise dorsal vom lateralen Borstenpaar. Die beiden aus dem innern Bündel ent- standenen Pakete der Ausführungsgänge dringen in das 1. Kopfsomit ein; das größere von ihnen zieht darauf ventralwärts, und seine Ausführungsgänge öffnen sich in diesem Kopfsomit zwischen dem ventralen und lateralen Paar Borstensäcke, d. h. lateral von der Mundöffnung nach außen. Das kleinere Paket aber wendet sich nicht der ventralen Körperoberfläche zu, da seine Ausführungsgänge 736 N. Livanow, im dorsalen präoralen Abschnitt des 1. Kopfsomits zwischen den beiden lateralen Paaren der Borstensäcke ihre äußern Öffnungen haben. Hieraus ist ersichtlich, daß das 1. Somit der Kopfregion auf seiner ganzen Oberfläche weit reicher als die übrigen Somite mit den Ausführungsgängen der Riesendrüsenzellen versehen ist. Im 2. Kopfsomit münden diese Ausführungsgänge auf der ganzen ven- tralen und lateralen Körperoberfläche; im 3. sieht man die Öffnungen lateral und ventral nur an der Medianlinie des Körpers, und endlich im 4. und 5. Kopfsomit sind sie ausschließlich auf die Laterallinie beschränkt. Alles dies weist, wie mir scheint, darauf hin, daß die Riesendrüsenzellen des innern Mesenchyms zur Funktion des vordern Körperendes von Acanthobdella als Saugnapf nähere Beziehungen haben müssen, wie denn auch die im vordern Saugnapf der übrigen Hirudineen stets vorhandenen Drüsen eine ähnliche Bedeutung haben. Hier möchte ich noch bemerken, dab auch Haplotaxis in der Um- gebung der Mundöffnung mit gut entwickelten Drüsenzellen aus- gestattet ist. Außerdem weisen die Bündel der besprochenen Ausführungs- giinge von Acanthobdella noch eine gewisse Differenzierung je nach der Stelle auf, an welcher sie nach außen münden. So besteht das dorsale Paket aus Ausführungsgängen, welche in näherer Beziehung zum 1. und 2. Kopfsomit stehen; das ventrale Paket enthält die- jenigen Bündel, welche sich an der ventralen Medianlinie dieser beiden sowie des 3. Kopfsomits nach außen öffnen, und im lateralen Paket endlich sind die der Laterallinie des Körpers angehörigen Ausführungsgänge des 3., 4. und 5. Kopfsomits vereinigt. Speziell an die Saugnapffunktion des Kopfendes von Acantho- bdella angepaßt erscheinen dessen dorsoventrale Muskeln. Ich will sie hier im Zusammenhang mit den schrägen Muskeln und mit dem Cölom und den Dissepimenten der Kopfsomite beschreiben (Taf. 35, Fig. 18). Nur ventral stellt das Dissepiment (dsp,) zwischen dem 5. Kopf- somit und dem 1. Präclitellarsomit (6) ähnlich wie in den übrigen Prä- clitellarsomiten einen Muskelbogen dar (Taf. 41, Fig. 106), und zwar ver- läuft jederseits von der ventralen Medianlinie des Körpers je 1 Muskel- zelle (Taf. 35, Fig. 18 dsz,), welche darauf in einem Mesenchymstrange das Cülom passiert und in der Oesophaguswand (0e) im entsprechenden untern Quadranten derselben endet. Dabei muß bemerkt werden, dab der bezeichnete Abschnitt des Dissepiments ein wenig nach hinten ver- Acanthobdella peledina GRUBE. 131 schoben ist und sich nicht auf der Somitgrenze, sondern bereits im 1. Ring des 1. Präclitellarsomits befindet. Der dorsale Dissepiment- abschnitt ist von 2 Muskelzellen (pr,), d. h. je einer auf jeder Seite, gebildet, welche sich mit ihrem einen Ende im entsprechenden obern Quadranten des Oesophagus auf der Grenze der betreffenden Somite befestigen. Ihr weiterer Verlauf ist durch die Anpassung an ihre besondere Funktion bedingt; sie stellen nämlich das hintere Paar der Protractoren des Oesophagus dar. Sich von der Oesophagus- wand abhebend, dringt jede von diesen Muskelzellen ins Cülom ein und zieht hier bis zum 3. Kopfsomit, in der Nähe von dessen hinterer Grenze sie ins innere Körpermesenchym eintritt und sich endlich bei der dorsalen Paramedianlinie am Integument anheftet (Taf. 35, Fig. 18). Als Antagonisten dieses Protractorenpaars erscheinen die ventralen Muskelzellen des Dissepiments, welche man also als Re- tractoren des Oesophagus bezeichnen kann. Im 5. Kopfsomit erweitert sich das Cölom (e) vor dem beschriebenen Dissepiment nach den Seiten hin sehr bedeutend, so daß es sich un- mittelbar bis zu den hier verlaufenden Längsmuskelbändern erstreckt (Taf. 33, Fig. 3; Taf. 41, Fig. 106 c,). Weiter setzt sich das Cölom als derartig vergréSerter Hohlraum ununterbrochen in das 4. und 3. Kopfsomit hinein fort, und hier durchziehen dasselbe bloß die dissepimentalen (dsz, pr) und dorsoventralen (dvm) Muskeln (Taf. 35, Fig. 18). Im 2. Kopfsomit aber tritt eine Verringerung des Cülom- raums ein, da hier die Borstensäcke (bsz,, bsz,) der beiden vordern Kopfsomite in derselben stark vorragen und auberdem das innere Mesenchym des Körpers (ms) in seiner Ausdehnung zunimmt, indem es zugleich mit der allgemeinen Reduktion der Somitdimensionen eine große Menge der Drüsenausführungsgänge und die stark entwickelten Sinnesorgane enthält (Taf. 33, Fig. 2). Infolge dieser Ansammlung von Drüsengängen und Sinneselementen im innern Mesenchym ver- schwindet das Cölom (c) im 1. Kopfsomit fast gänzlich und bleibt nur rings um den Darm (Taf. 38, Fig. 63) und die proximalen Ab- schnitte der Borstensäcke erhalten. Alle bezeichneten Bildungen, die ins Cölom vorragen oder es durchsetzen, sind natürlich von einer kontinuierlichen Cölothelschicht bedeckt. Im hintern Abschnitt des 5. Kopfsomits verläuft durch das Célom eine gewöhnliche dorsoventrale Muskelzelle (Taf. 35, Fig. 18 dvm,,), deren Enden sich bei der Paramedianlinie des Körpers am Integument des 4. Somitrings befestigen. Diese Zelle nimmt hier ihren Verlauf ganz unabhängig vom Dissepiment, während sie in den folgenden, 738 N. Livanow, d. h. den Praclitellarsomiten stets an der Zusammensetzung desselben teilnimmt. Außerdem durchzieht das Célom des 5. Kopfsomits noch eine sehr stark entwickelte, dorsoventrale Muskelzelle (dvm,), deren Fortsätze sich bei der Paramedianlinie am Integument des 1. und 2. Somitrings anheften. Wie wir weiter sehen werden, sind solche mächtig ausgebildeten, dorsoventralen Muskelzellen für die Somite der Kopfregion von Acanthobdella überhaupt charakteristisch. Ihr im Querschnitt (Taf. 38, Fig. 62 mz, 63 dvm) ovaler kern- haltiger Abschnitt ist an seiner ganzen Peripherie von der fibrillär- kontraktilen Schicht bedeckt, die sich zu den beiden Enden der Zelle in eine große Menge unansehnlicher Muskelfasern zersplittert (Taf. 38, Fig. 67 dvm). Wie gewöhnlich sind die schrägen Muskelzellen (sm) in allen Ringen des 5. Kopfsomits zu je einem Paar vorhanden (Taf. 35, Fig. 18). Im 1. und 4. Ring erscheinen sie ganz typisch entwickelt, während sie, wie schon beschrieben, im 2. und 3. Somitring zu den Borstensäcken des betreffenden Somits in nähere Beziehungen treten, demzufolge der ventrale Befestigungspunkt des hintern Paars derselben in den 2. Ring, an den distalen Abschnitt des ventralen Paars der Borstensäcke verschoben ist. Im vordern Abschnitt des 1. Rings des 5. Kopfsomits befindet sich der ventrale Muskelbogen des Dissepiments, welches der Grenze zwischen dem bezeichneten und dem 4. Kopfsomit angehört. Er ist in der gleichen Weise entwickelt, wie es für das nächstfolgende Dissepiment beschrieben ist. Ebenso bilden hier die dorsalen Dissepimentmuskeln auch ein Protractorenpaar des Oesophagus, näm- lich das mittlere (pr,); es ist wiederum jederseits eine Muskelzelle, die sich auf der Grenze des 5. und 4. Kopfsomits in der Nähe der Laterallinie des Oesophagus von dessen Wand abhebt, im Cölom nach vorn und lateralwärts verläuft (Taf. 33, Fig. 2; Taf. 35, Fig. 18) und sich an der Grenze des 3. und 2. Kopfsomits auf der dorsalen Paramarginallinie am Integument befestigt. Im 4. Kopfsomit befindet sich an der Paramedianlinie des Körpers nur eine dorsoventrale Muskelzelle (dvm,). Sie ist auberordentlich stark entwickelt; im vordern Abschnitt des 1. Somitrings beginnend, nimmt sie den ganzen 2. Ring ein, um im 3. Ring zu enden. Eine andere derartige Muskelzelle (dvm,), welche ebenfalls sehr stark aus- gebildet ist, gehört der Intermediärlinie des Körpers an (Taf. 35, Fig. 18). Um nach dem Anheftungspunkte der von ihr ausgesandten Muskelfasern zu urteilen, von denen nämlich die Mehrzahl in Acanthobdella peledina Gruss. 739 der Nähe der Paramedianlinie inseriert, so kann man sie, wie mir scheint, als eine gewöhnliche dorsoventrale Muskelzelle deuten, die jedoch infolge der Verkiirzung des Somits und der mächtigen Ent- wicklung der benachbarten Zelle in ein und dieselbe Querebene mit der letztern verlegt worden ist. Von den schrägen Muskelzellen (sm) sind im 4. Kopfsomit je 2 jederseits vorhanden und stehen, wie bereits angedeutet, in nähern Beziehungen zu den Borstensiicken dieses Somits, wobei die hintere von innen ventral ein wenig nach vorn verschoben ist. Der im 1. Ring des 4. Kopfsomits befindliche ventrale Muskel- bogen des betreffenden Dissepiments zeigt dasselbe Verhalten wie es.oben für die folgenden Kopfsomite beschrieben war. Dagegen ist sein dorsaler Abschnitt durch die 2 vordersten Protractorenpaare (pr,,5) des Oesophagus repräsentiert, deren Zellen sich an der Grenze zwischen dem 3. und 4. Kopfsomit von der Wand dieses Darmabschnitts abheben (Taf. 35, Fig. 18; Taf. 38, Fig. 63, 67). Im entsprechenden obern Quadrant seines Querschnitts beginnend, durchsetzen die beiden Protractoren den dorsalen Cölomabschnitt, ziehen dann lateral an der Oberschlundganglienmasse vorbei und enden am Integument des vordern Abschnitts des 2. Kopfsomits in der Nähe der dorsalen Paramedianlinie des Körpers (Taf. 33, Fig. 2). Somit sehen wir, daß alle beschriebenen Dissepimente der Kopf- region durchaus ähnlich, ja fast ganz gleich ausgebildet erscheinen, und daß über ihre Natur als solcher kein Zweifel bestehen Kann. Weiter nach vorn, nämlich zwischen dem 3. und 2., sowie dem 2. und 1. Kopfsomit bleiben die dorsalen Abschnitte der Dissepimente unentwickelt. Ventral fehlen sie entweder ebenfalls gänzlich oder sind vielleicht nur durch jene wenigen Muskelzellen (dsz,,,) reprä- sentiert, welche, von der Medianlinie des Körpers ausgehend, am Nervenschlundring, d. h. im vordern Abschnitt des 3. Kopfsomits in die Oesophaguswand eindringen (Taf. 35, Fig. 18). Ein derartiges Verhalten ist durchaus begreiflich im Hinblick darauf, daß sowohl die Oberschlund- als auch die Unterschlundganglienmasse sich bei Acanthobdella im 3. Kopfsomit befinden. Die erstere von ihnen konnte bei ihrer für die Anneliden allgemein typischen, ursprünglichen Lage vor dem 1. Körperdissepiment nur entweder zusammen mit einer Verschiebung der beiden vordersten Dissepimente nach hinten in das 3. Kopfsomit oder nach Atrophie dieser Dissepimente in das letzt- genannte Somit gelangen. Ganz ebenso kann die Verlagerung des 1. und 2. Ganglionkomplexes der Unterschlundmasse, welche, wie 740 N. Livanow, erwähnt, eigentlich dem 1. und 2. Kopfsomit angehören, entweder unter Verschiebung oder Rückbildung der ventralen Abschnitte der beiden vordersten Dissepimente zustande gekommen sein. Der letztere Prozeß, d. h. die Atrophie der Dissepimente, scheint nun auch tat- sächlich in den beiden vordern Kopfsomiten von Acanthobdella statt- gefunden zu haben. Das beschriebene totale Schwinden der Dissepimente, resp. das Übrigbleiben von nur relativ unbedeutenden Muskelsträngen der- selben steht in der Kopfregion sowie, wenn auch in einem mindern Grade, auch in den Präclitellarsomiten offenbar in engem Zusammen- hang mit der Funktion des vordern Körperendes als eines Saugnapfs. Bei den kräftigen Kontraktionen besonders der dorsoventralen Muskeln, welche bei der Ansaugung stattfinden, muß eine bedeutende Quantität Cölomflüssigkeit in den vordern Körpersomiten möglichst schnell ihren Platz verändern können, und dies ist nur durch das Schwinden der massiven Dissepimente erreichbar. Andrerseits konnte auch die Ausbildung eines beweglichen Oesophagus, wie er für das Einsaugen der Nahrungsstoffe nützlich ist, in erheblichem Maße auf eine Veränderung der Dissepimente in derselben Richtung hingewirkt haben. Im 3. Kopfsomit ist die dorsoventrale Muskulatur (dvm,), ähnlich wie im 4., durch eine Zelle an der Paramedianlinie des Körpers und eine andere an der Intermediärlinie repräsentiert (Taf. 35, Fig. 18). Die beiden Zellen sind sehr mächtig entwickelt, und die erstere liegt von ihnen (dvm) unmittelbar hinter dem Nervenschlundring (Taf. 38; Fig. 67). Von den 2 schrägen Muskelzellen (sm) steht die vordere, wie es für die nach hinten folgenden Somite beschrieben ist, in näherer Beziehung zum lateralen Paar Borstensäcke. Dagegen weist die hintere nur schwach ausgeprägte Beziehungen zum ventralen Paar auf. Das typische Verhalten zum letztern bietet die schräge Muskelzelle dar, welche sich bei der vordern Grenze des 4. Somits am Integument befestigt. Es ist jedoch sehr schwer zu entscheiden, ob diese Zelle dem 3. Kopfsomit angehört oder ob sie die vorderste schräge Muskelzelle des 4. Kopfsomits vorstellt (Taf. 35, Fig. 18). Die dorsalen Befestigungspunkte der dorsoventralen und schrägen Muskelzellen des 1. und 2. Kopfsomits sind alle infolge der schon oben bezeichneten Strukturverhältnisse des vordern Körperendes mehr oder minder nach hinten verschoben. Nichtsdestoweniger kann man hier ohne jede Schwierigkeit alle für die Kopfsomite typischen Muskelzellen konstatieren (Taf. 35, Fig. 18). So befindet sich auf Acanthobdella peledina GRUBE. 741 der Paramedianlinie des Körpers im 2. Somit eine gut entwickelte dorsoventrale Muskelzelle (dvm,), welche unmittelbar vor dem Nerven- schlundring gelegen ist (Taf. 33, Fig. 2; Taf. 38, Fig. 63). Ihre: ventralen Fortsätze heften sich am Integument des 2. Somits an, während die dorsalen in den vordern Abschnitt des 3. Somits ein- treten. Die dorsoventrale Muskelzelle (dum,) an der Intermediär- linie erscheint im 2. Kopfsomit durch eine schwach entwickelte Zelle dargestellt, welche vielleicht sogar zur schrägen Muskulatur des bezeichneten Somits zu rechnen ist (Taf. 35, Fig. 18). Die letztere (sm) ist hier von 3 typischen Zellen gebildet, von denen die hintere, vielleicht dem 3. Somit angehörig, zum ventralen Paar Borstensäcke des 2. Somits zieht. Die mittlere ist wie im 3. Kopfsomit fast ganz unabhängig von den Borsten, während die vordere sich dem lateralen Borstenpaar zuwendet. Dorsal heften sie sich alle am Integument. des 3. Somits lateral oder dorsal an. Im vordern Abschnitt dieses Somits befestigen sich ebenfalls die schrägen Muskelzellen des 1. Kopfsomits, von denen die vorderste zum lateralen Paar seiner Borstensäcke, die hinterste zum ventralen in nähern Beziehungen steht. Vielleicht haben wir in der letztern eine Muskelzelle vor uns, die schon dem 2. Somit angehört. Wie in den übrigen Kopf- somiten, so sind auch im 1. Somit 2 dorsoventrale Muskelzellen (dvm,) vorhanden (Taf. 35, Fig. 18). Beide inserieren ventral an der Medianlinie des Körpers unmittelbar hinter der Mundöffnung. Dorsal heftet sich die eine von ihnen, die verhältnismäßig sehr unbe- deutend ist, bei der Paramedianlinie am Integument des 2. Kopf- somits an, während die andere, gut entwickelte sich zur Intermediär- linie ae Somits begibt. Außer den beschriebenen Muskeln ist in der Kopfregion von Acanthobdella noch ein Bündel (mf*) vorhanden, welches von 2 kleinen Muskelzellen gebildet ist. Vom vordern medianen Teil der Ober- schlundganglienmasse verläuft es durch das dorsale Célom (c) zum Integument des 2. Kopfsomits, wo es sich an der Medianlinie des Körpers befestigt (Taf. 35, Fig. 59). Endlich gibt es hier noch 2 Bündel von unbedeutenden Muskelzellen, je 1 auf jeder Seite, welche vom Rand der Mundöffnung dorsalwärts zur Medianlinie des vordern Abschnitts des 3. Kopfsomits ziehen. Diese beiden Muskel- bündel unterscheiden sich ein wenig von allen übrigen oben be- schriebenen Muskeln der Kopfregion dadurch, daß ihre Zellen bei einer unansehnlichen Größe ein durchaus kompaktes Aussehen haben. Wenn wir nun die dargelegten Tatsachen zusammenfassen, so Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 48 742 N. Livanow, können wir konstatieren, daß die dorsoventralen und schrägen Muskeln in allen Kopfsomiten durchaus ähnlich untereinander und dabei typisch entwickelt sind. Außerdem weisen die erstern von ihnen eine außerordentlich mächtige, man könnte sagen, ungewöhnlich starke Entwicklung auf, so daß die ganze Kopfregion durch die von diesen Zellen ausgehenden Muskelfasern ebenso reich angefüllt ist, wie wir es bei den übrigen Hirudineen vorfinden, wo das jedoch durch eine sehr bedeutende Menge einzelner dorsoventraler Muskel- zellen bewerkstelligt ist. Eine derartige Ausbildung der Muskel- zellen von Acanthobdella ist natürlich eine notwendige Folge der Funktion des vordern Körperendes als Saugnapf. Nicht minder an- gepaßt an die besondern Verhältnisse der Kopfregion von Acantho- bdella sind auch die schrägen Muskelzellen, die in nähern Beziehungen zu den Borstensäcken der Kopfsomite stehen. Aus dem Verhalten der Dissepimente, der dorsoventralen und der schrägen Muskeln der Kopfregion endlich geht hervor, daß diese Region bei Acanthobdella allein und ausschließlich von den 5 vordersten Körpersomiten gebildet ist; außer den den letztern angehörigen sind hier eben keine andern Bildungen vorhanden, da das Muskelbündel der Oberschlundganglienmasse sowie die zwei Bündel, welche von der Mundöffnung ausgehen, meiner Meinung nach keine besondere Be- deutung in dieser Beziehung haben können. Als Endresultat aller bisherigen, aus einer detaillierten Be- sprechung des Tatsachenmaterials gewonnenen Schlußfolgerungen können wir die Behauptung aufstellen, daß die Kopfregion von Acanthobdella ausschließlich aus den 5 vordersten Kopfsomiten be- steht und daß der den übrigen Anneliden eigne Kopflappen hier abhanden gekommen ist. Die Innervation der 5 Kopfsomite erfolgt in streng metamerer Weise von den 5 vordersten Ganglien der Bauchkette aus, welche hier durch die 4 Ganglionkomplexe der Unterschlundmasse und das 1. gewöhnliche Bauchganglion repräsen- tiert sind. Die Oberschlundganglienmasse erweist sich folglich als eine Bildung sui generis, welche weder der Unterschlundganglien- masse noch einem gewöhnlichen Ganglion der Bauchkette homolog ist; sie hat vielmehr die Bedeutung eines nicht metameren Gebildes. dem im vorliegenden Fall kein besonderer Körperabschnitt entspricht. Die Oberschlundganglienmasse von Acanthobdella ist dem Gehirn Acanthobdella peledina Grube. 743 der Oligochiten und der iibrigen Anneliden unbedingt gleich zu setzen, wo dasselbe ebenfalls ein nicht metameres zum Kopflappen in nähern Beziehungen stehendes Organ darstellt. Bei der voll- kommenen Riickbildung des Kopflappens, die offenbar bei Acantho- bdella eingetreten ist, hat sich der ihm entsprechende zentrale Ab- schnitt des Nervensystems als Nervenzentrum des Körpers er- halten. Die Ausbildung der Ganglienzellenpakete in der Oberschlund- ganglienmasse aber muß als eine Folge des allgemeinen Differenzierungs- prozesses aufgefaßt werden, welchem alle Nervenzentren von Acantho- bdella unterlagen, ganz unabhängig davon, ob sie von Haus aus metamere oder nicht metamere Gebilde waren. Die Ober- und Unterschlundganglienmasse der tibrigen Hirudineen sind, wie bereits angedeutet, denjenigen von Acanthobdella durch- aus homolog, nur sind sie wahrscheinlich infolge der endgültigen Ausbildung des Vordernapfs noch weiter nach hinten verlegt. Wie ich schon früher (1904, 2) behauptet habe, steht also auch hier die Entwicklung von Ganglienzellenpaketen in der Oberschlundmasse in Zusammenhang mit der bei den Hirudineen ganz allgemein ver- breiteten Paketierung der Ganglienzellen in den Nervenzentren und darf auf keinen Fall in der Weise gedeutet werden, daß die Ober- schlundmasse etwa durch Verschmelzung von metameren Abschnitten entstanden sei. Sie stellt unbedingt den nicht metameren Teil des Zentralnervensystems der Hirudineen dar, welche dem nicht metameren, bei Acanthobdella verloren gegangenen, vordersten Körperabschnitt entspricht. Somit erweisen sich die von der Oberschlundganglien- masse innervierten vordern Körperringe der Hirudineen als dem Kopflappen der Oligochäten homolog, was auch die von mir (1904, 2) bei Untersuchung des vordern Körperendes der Hirudineen er- mittelten Tatsachen durchaus bestätigen. Die Ringelung des Kopflappens stellt bei den Hirudineen in dieser Hinsicht nichts Besonderes dar, als wir dieselbe bereits bei Haplotaxis vorfinden, wo diese Erscheinung offenbar mit der all- gemeinen Ausbildung der Hautringe am ganzen Körper im Zusammen- hang steht. Und ebenso werden wir auch die Verteilung der Sinnesorgane im Kopflappen der Hirudineen nach den gewöhnlichen Körperlinien, wie mir scheint, als ein Verhalten aufzufassen haben, welches sich von der den Anneliden wohl überhaupt ursprünglich eignen Anordnung der Neuromuskelanlagen nach ein und denselben Längslinien im präoralen wie im postoralen Körperabschnitt ab- leiten lassen dürfte. 48* 744 N. Livanow, Es sei hier noch eine Eigentümlichkeit hervorgehoben, welche im Gegensatz zu den Oligochäten das 1. Körpersomit von Acantho- bdella charakterisiert, nämlich diejenige, daß dieses Somit einen gut entwickelten Borstenapparat besitzt, während für die Oligochäten bekanntlich das Fehlen eines solchen im bezeichneten Somit charak- teristisch ist. Irgend welche Zweifel darüber, ob wir es in beiden Fällen wirklich mit ein und demselben Somit zu tun haben, können bei den unbestreitbaren allgemeinen Homologien, welche einerseits zwischen Acanthobdella und den Oligochäten sowie andrerseits zwischen Acanthobdella und den übrigen Hirudineen vorhanden sind, kaum bestehen. Zum Schluß hätte ich noch Einiges in bezug auf die von C. WHITMAN (1892) über das Nervensystem und die Kopfregion der Hirudineen ausgesprochenen Ideen zu bemerken. WhıtmaAn schreibt: „The head [von Glossosiphonia hollensis Wuitm.| consists either 1) of a non- metameric lobe plus a number of metameres originally belonging to the trunk, or 2) of such metameres only, the non-metameric head- element of the ancestral form having been lost or incorporated in the first metamere.“ Auf Grund seiner Untersuchungen behauptet WHITMAN weiter, daß der nicht metamere Körperabschnitt bei den Hirudineen einer vollen Rückbildung anheimgefallen sei. „The morphological equivalence of segment I with the following segments is evident to a degree that is really astonishing. It makes no departure from the typical trunk-segment which is not led up to through gradations represented in the segments immediately following it... We find nothing whatever in segment I, which is not repeated in other segments, and hence conclude that the thirty-four segments of Clepsine are strictly homodynamous.“ Alle diese Schlub- folgerungen Wuirman’s, obgleich sie von seiten vieler Autoren ak- zeptiert und scheinbar auch bestätigt worden sind, erweisen sich jedoch, wie ich das schon gezeigt habe (1904, 2), als auf ungenügen- den morphologischen Tatsachen begründet, und nunmehr können wir geradezu sagen, daß sie unrichtig sind: der nicht metamere Kopf- lappen ist bei allen Hirudineen vorhanden mit alleiniger Ausnahme von Acanthobdella. Und ebenso steht es mit der folgenden These Warrmav’s: „The ganglionic centres of the ventral cord are simple repetitions, element for element, of the ‚brain. The nervous system is made up of segments of equal morphological value throughout. It must be regarded then either as a series of ,brains‘, or as a series of ventral neuromeres, one or more of which have been carried Acanthobdella peledina Grues. 745 secondarily to the dorsal side, and which here take the place of a brain that has been lost or confounded with the metameric system. That a portion of neuromere II has suffered transposition from the ventral to the dorsal side is certain.“ Alle diese Schlüsse WHITMAn’s muß ich auf Grund der von mir ermittelten Tatsachen in Abrede stellen. Die Oberschlundganglienmasse der Hirudineen ist ein nicht- metameres Gebilde, welches mit den Ganglien der Bauchkette absolut nichts zu tun hat, indem diese letztern sich an der Bildung der Oberschlundmasse in keiner Weise beteiligen. 9. Die Haftscheibenregion. Die Angaben der Autoren in bezug auf die Haftscheibenregion betreffen nur die äußere Morphologie dieses Körperabschnitts und sind bereits oben angeführt. Der innere Bau ist bei den frühern Untersuchungen ganz unberührt geblieben. Schon im hintern Ring des 5. Somits (24) der Hinterdarmregion bemerkt man einige Veränderungen in der Längsmuskulatur; einige Muskelbündel sondern sich nämlich von den übrigen ab und lagern sich mehr nach innen im innern Mesenchym des Körpers (Taf. 34, Fig. 13). Diese Veränderung findet in den an der Medianlinie ge- legenen ventralen und dorsalen Längsmuskelbändern sowie in den- jenigen, welche ventral medianwärts vom paramedianen (pmd,), intermediären (int,) und paramarginalen (pmr,) Längsmuskelband, dorsal aber lateralwärts von denselben Bändern (pmd, int, pmr) und nach unten vom lateralen Band (lb) verlaufen, statt. Das an die Haftscheibenregion angrenzende 6. Somit (25) der Hinterdarmregion weist schon sehr deutlich ausgeprägte Reduktions- erscheinungen auf. Abgesehen von der Reduktion der oben be- schriebenen äußern Ringelung, ist hier die Ringsmuskelfaser des vordern Ringnerven sowie der Nervenast des 4. Somitrings abhanden gekommen. Das zugehörige Ganglion der Bauchkette erscheint fast gänzlich mit der Analganglienmasse verschmolzen. Gemäß der Ver- kleinerung der Cölomhöhle (c) verstärkt sich das innere Mesenchym (ms) des Körpers des in Rede stehenden Somits, und dementsprechend breiten sich die Längsmuskelbänder nach innen aus, indem neue Muskelfasern zu den peripher gelegenen hinzutreten (Taf. 34, Fig. 14; Waf.. 35, Pig. 16). Im hintern Abschnitt dieses Somits und im Anfang der Haft- scheibenregion sieht man bereits nach dem gänzlichen Schwinden 746 N. Livanow, des Cöloms (Taf. 41, Fig. 108), daß sich die Längsmuskulatur (Im) fächerartig vom Zentrum der Haftscheibe zur Peripherie hin aus- breitet (Taf. 35, Fig. 16); von Mesenchym ausgefüllte, ziemlich große radiäre Zwischenräume trennen diese Muskelbündel voneinander (Taf. 35, Fig. 15). Dies kommt folgendermaßen zustande. 2 ven- trale Muskelbänder, von denen je 1 jederseits von der Medianlinie verläuft, vereinigen sich miteinander, indem sie auf der Medianlinie ein im Querschnitt fächerartiges Muskelbündel bilden. Ebensolche Bündel entwickeln sich aus dem paramedianen ventralen und dem medianwärts von diesem gelegenen Band und lagern sich lateralwärts vom medianen Bündel. Zwischen dem paramedianen Band und der Laterallinie des Körpers befindet sich das Längsmuskelbündel, welches aus dem intermediären ventralen und dem lateralwärts von ihm ge- legenen Band hervorgeht. Der ventrale paramarginale Längsmuskel- strang trennt sich jedoch gewöhnlich vom letztern, um sich mit dem lateralen Längsmuskelstrang zu vereinigen. Auf Kosten dieser sowie des dorsalen paramarginalen Längsmuskelbands bildet sich ein fächerartiges Längsmuskelbündel, welches dorsal an der Laterallinie des Körpers liegt. Zwischen ihm und dem dorsalen medianen Längs- muskelband befindet sich noch ein fächerartiges Längsmuskelbündel, das aus dem intermediären und paramedianen dorsalen Längsmuskel- band entsteht. Vom hier gegebenen Typus der Längsmuskelverteilung in der Haftscheibenregion begegnet man oft Abweichungen, indem z. B. ein dorsales medianes, gewöhnlich schwach ausgeprägtes Längs- muskelbündel vorkommen kann oder die dorsalen Längsmuskelbänder sich auf eine andere Weise miteinander gruppieren, um die fächer- artigen Bündel zu bilden. Die beschriebene mächtige Entfaltung der Längsmuskelbänder kommt dadurch zustande, daß angefangen vom 6. Somit der Hinter- darmregion zu den gewöhnlichen Muskelfasern der Längsbänder sich noch neue Muskelzellen gesellen, welche sich mit ihrem vordern ge- wöhnlich verzweigten Ende, zwischen die Längsmuskelfasern ein- dringend, am Integument befestigen und in ihrem weitern Verlauf in den Längsmuskelbändern hinziehen (Taf. 35, Fig. 16). Ausgenommen von nur wenigen peripher gelegenen Fasern, inserieren fast alle Längsmuskeln mit ihren Enden am Integument der Haftscheiben- konkavität und sind hier sehr gleichmäßig auf der ganzen Fläche derselben verteilt. Auf solche Weise weist die größte Zahl der Längsmuskelfasern in Abhängigkeit von ihrem Befestigungspunkt Acanthobdella peledina GRUBE. 747 an der Haftscheibenkonkavität einen mehr oder minder ausgeprägt schrägen Verlauf auf. Die wenigen peripheren Fasern (/m*) behalten dagegen ihren frühern Verlauf bei und erreichen so den hintern Saum der Haftscheibe; hier dringen sie zwischen den Ringmuskeln durch und verlaufen, indem sie sich mit ihren Enden auf die Kon- kavität der Haftscheibe begeben, auf der letztern nach außen von der Ringmuskulatur (rm) als Radien zum Zentrum der Haftscheibe. Daher kann man keine Kerne in den Längsmuskeln der Haftscheiben- konkavität bemerken. Die Ringmuskelschicht (rm) ist in der ganzen Haftscheibenregion gleichmäßig und ebenso wie in andern Körperabschnitten entwickelt, nur mit der Ausnahme, daß sie an der Haftscheibenkonkavität nach innen von den peripheren Längsmuskeln (/m*) liegt. Eine Besonder- heit stellt ein Ringmuskelbündel (rm*) dar, welches sich ein wenig nach innen vom Saum der Haftscheibe auf ihrer Konkavität be- findet. Es ist von den übrigen Ringmuskeln, obgleich es unmittelbar an sie angrenzt, gesondert, indem es nach innen von ihnen im Mesenchym der Scheibe gelegen ist. Es besteht aus 6 Muskelzellen, von denen sich je 3 jederseits von der Medianlinie befinden. Über die Bedeutung und Herkunft dieses durch seine Lage auffallenden Muskelrings kann ich nichts sagen. x Die Diagonalmuskulatur fehlt an der Haftscheibenregion ganz. Außer den beschriebenen Muskeln sind in der letztern noch spezielle Muskelfasern (mz) vorhanden, die von der äußern Wand der Haftscheibe zur innern, d. h. konkaven verlaufen (Taf. 35, Fig. 16). Es sind das kleine Muskelzellen mit schwach verzweigten Enden, die nach dem Hirudineen-Typus gebaut sind, nur dab ihr kern- haltiger Abschnitt an der einen Hälfte der Peripherie von der kontraktil-fibrillären Schicht frei ist. Diese Muskelzellen stellen wahrscheinlich nichts anderes als Längsmuskelfasern dar, deren Be- festigungspunkte stark verschoben sind. Wie wir es schon beschrieben haben, sind in der Längsmuskulatur Fasern vorhanden, die einerseits nahe dem Haftscheibenzentrum inserieren, andrerseits aber im Integu- ment des 6. Somits der Hinterdarmregion sich befestigen, d. h. mehr oder minder schräg verlaufen. In einer ununterbrochenen Reihe mit diesen stehen Muskelzellen, welche sich distal schon am Integument der Haftscheibenregion befestigen, und diese Erscheinung erreicht ihren Kulminationspunkt in Muskelfasern (mz), die fast am Saum selbst der Haftscheibe fixiert sind und sich mit ihrem andern Ende an der Konkavität der letztern befestigen. Die mittlern Abschnitte 748 N. Livanow, dieser Zellen lenken von den Ringmuskeln ab und liegen schon frei im Mesenchym der Scheibe. Im großen und ganzen sind somit in der Haftscheibenregion die dem gewöhnlichen Körpersomit eignen Muskeln vorhanden; sie haben sich aber an die Funktion der Haftscheibe mehr oder minder angepaßt und weisen keine Spuren von Metamerie mehr auf. Ebenso zeigt in bezug auf die Metamerie auch das Hautepithel der in Rede stehenden Region keine Andeutungen. An der äußern Seite der Scheibe behält es sein gewöhnliches Aussehen bei; in ihm sind einzeln zerstreute Sinnesknospen vorhanden, die jedoch auf der Konkavität fehlen, und eine specifische Besonderheit der letztern besteht darin, dab das Epithel von einer außerordentlichen Menge von Drüsenausführungsgängen durchbohrt ist. Da diese zwischen den Maschen der Ring- und Längsmuskulatur durchdringen, so er- scheinen sie gewissermaßen gruppiert, und in diesen Maschen bildet das Epithel Einwucherungen zwischen die Muskeln. Die Epithel- einwucherungen sind größtenteils von ganz jungen Drüsenzellen ge- bildet, die also noch in die Epithelschicht eingelagert erscheinen. Die Zellen, denen diese Ausführungsgänge zugehören, wurden schon oben beschrieben; nur sei hier bemerkt, daß, während alle in der vordern Körperhälfte gelegenen Drüsenzellen in der Kopfregion nach auben münden, die hinter dem 3. Mittelkörpersomit (14) vorhandenen alle sich auf der Haftscheibenkonkavität öffnen. Das innere Mesenchym der Haftscheibenregion ist von solchen Drüsen dicht erfüllt, und nur an der äußern Haftscheibenwand sind spärlich zerstreute Pigmentfettzellen vorhanden. Das zentrale Nervensystem der Haftscheibenregion bildet die letzte Ganglienmasse (agn) der Bauchkette (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 41, Fig. 105). Sie ist im blinden Cülomsack eingelagert, der hinter der Analöffnung liegt. Nach vorn grenzt diese Ganglienmasse fast un- mittelbar an das Bauchganglion des 6. Somits (25) der Hinterdarm- region an, und zuweilen vereinigt sich das letztere mit ihr ganz. In seltnen Fällen erscheint das Bauchganglion des 5. Somits (24) der Hinterdarmregion ebenfalls mit dieser Ganglienmasse verschmolzen. Diese Vereinigung stellt aber nur eine äußere Ausprägung der An- näherung der in Rede stehenden Ganglien zueinander dar, da ihre morphologische Selbständigkeit sowie die der entsprechenden Con- nective vollkommen bewahrt bleibt. Die Analganglienmasse im engern Sinn bildet einen ee Acanthobdella peledina GRUBE. 749 Körper, der in 4 gut ausgeprägte Abschnitte eingeteilt ist (Taf. 41, Fig. 105). Im vordersten Abschnitt sieht man ventral 2 hintereinander gelegene Medianpakete (mp,) von Ganglienzellen, seitlich jederseits je 2 Seitenpakete (!p,). Die letztern liegen unter einem Winkel zueinander, d. h. das eine, nämlich das vordere, befindet sich ein wenig höher ais das hintere. Alle Pakete stellen ovale Massen dar. Die Connectivstämme (en) sind auf der ganzen Strecke des Abschnitts miteinander verschmolzen, und an der hintern Grenze des vordern Medianpakets liegt in ihnen jederseits von der Medianlinie je eine Gliazelle. Ventralwärts gehen von der Zentralfasermasse des in Rede stehenden Abschnitts je 2 Nerven (n,) ab. Ihr Austritt zeigt das- selbe Verhalten wie im gewöhnlichen Bauchganglion. Auf solche Weise weist dieser Abschnitt der Analganglienmasse fast gar keine Abweichungen im Bau vom gewöhnlichen Ganglion der Bauchkette auf, infolgedessen auch ihre morphologische Bedeutung ganz deutlich zutage tritt. Es ist eine Bildung, die dem gewöhnlichen Bauch- ganglion durchaus homolog erscheint. Daß anstatt 3 Nerven nur 2 jederseits von ihm ausgehen, stellt eine oft vorkommende Ver- schmelzung der Nerven dar, die durch lokale Bauvernältnisse bedingt ist. Diese Nerven ziehen zu den medianen ventralen Muskeln, ohne irgend eine Andeutung der Ringnerven oder einer andern Differen- zierung zu zeigen, was durch eine volle Vereinigung und durch das dabei zustande kommende Schwinden der Individualität der einzelnen Somite in der Haftscheibenregion erklärbar ist. In der Mesenchymschicht der Analganglienmasse verlaufen dorsal 2 Muskelzellen, je eine jederseits von der Medianlinie, deren kern- haltige Teile unmittelbar vor diesem Abschnitt der Analganglien- masse liegen. Dieses Verhalten erinnert ebenfalls an das des gewöhn- lichen Bauchganglions. An die Ganglienzellenpakete des beschriebenen Abschnitts der Analganglienmasse schließen sich diejenigen des folgenden Abschnitts unmittelbar an. Nichtsdestoweniger sieht man, daß sich auf der Grenze zwischen ihnen die Connectivstämme auf einer sehr geringen Strecke voneinander trennen, und hier liegt in ihnen je 1 Gliazelle, die ihrer Lage nach den gewöhnlichen Connectivzellen entsprechen, nur sind sie den Connectivstimmen ein wenig seitlich eingelagert. Nach dieser Trennung vereinigen sich die Connectivstämme aufs neue miteinander im Bereich des 2. Abschnitts der Analganglien- masse. Ventral sieht man in diesem Abschnitt 2 Medianpakete (mp,) 750 N. Livanow, von Ganglienzellen, die hintereinander liegen; auch seitlich sind hier je 2 Seitenpakete (/p,) vorhanden, von welchen jedoch das vordere fast oberhalb des hintern zu liegen kommt. Wir haben hier dieselbe, nur mehr akzentuierte Erscheinung vor uns wie im 1. Abschnitt der Analganglienmasse. Unter der Zentralfasermasse befinden sich ventral 2 Gliazellen, je eine jederseits von der Medianlinie, und dorsal über derselben im Mesenchym sind 2 Muskelzellen eingelagert, deren Kerne wiederum gleich vor dem bezeichneten Abschnitt liegen. Es läßt sich folglich eine volle Identität mit dem eben be- schriebenen 1. Abschnitt der Analganglienmasse konstatieren, d. h. mit andern Worten, es stellt der 2. Abschnitt der Analganglienmasse ebenfalls ein Homologon eines gewöhnlichen Bauchganglions dar. Ein Unterschied aber prägt sich hier sehr scharf darin aus, dab von diesem 2. Abschnitt jederseits nur ein einziger Nerv (n,) austritt, welcher im vordersten Teil des entsprechenden Abschnitts der Zentral- fasermasse seinen Ursprung nimmt. In. seinem Verlauf weicht er von dem Verhalten der gewöhnlichen Bauchmarknerven sehr be- deutend ab, indem er zu den Muskeln zieht, die an der ventralen intermediären Linie liegen. Ein ähnliches Verhalten haben wir auch für die Nerven des 1. Abschnitts der Analganglienmasse eben be- schrieben. Hinter dem 2. Abschnitt ist die Trennung der Connectivstämme nur sehr schwach ausgeprägt; in jedem von ihnen ist seitlich eine Gliazelle, d. h. Connectivzelle, eingelagert. Der 3. Abschnitt der Analganglienmasse ist in bezug auf die Zentralfasermasse und ihre 2 Gliazellen sowie auf die Lage der 4 seitlichen Ganglienzellenpakete (/p,), die 2 dorsal gelegenen Muskel- zellen und den Austritt der Nerven (n,) dem beschriebenen 2. Ab- schnitt ganz ähnlich. Ein Unterschied besteht bloß in den Median- paketen (mp,), die nicht hintereinander, sondern unter einem gewissen Winkel zueinander, d. h. also das eine etwas rechts, das andere links von der Medianlinie gelegen sind. Dies ist jedenfalls dadurch bedingt, daß die einzelnen Ganglien in der Analganglienmasse stark zusammengedrängt sind — ein Verhalten, welches an dasjenige in der Unterschlund- sowie Analganglienmasse bei den übrigen Hirudineen erinnert. Es wäre somit auch der 3. Abschnitt der Analganglienmasse von Acanthobdella ein Homologon eines gewöhnlichen Ganglions der Bauch- kette. Die 2 Nerven (n,) dieses Abschnitts lassen ebensowenig wie diejenigen der 2 vordern Abschnitte irgend welche Andeutungen auf Acanthobdella peledina Grouse. 751 metamere Beziehungen erkennen und ziehen direkt zu den Muskeln an der Laterallinie des Körpers (Taf. 35, Fig. 16). Eine interessante Besonderheit bietet der 3. Abschnitt der Anal- ganglienmasse in der Beziehung dar, daß das hintere Medianpaket von Ganglienzellen häufig gleichsam mit einem von den hintern Seitenpaketen vereinigt ist oder, richtiger gesagt, diese Pakete schwach voneinander differenziert erscheinen. Dies kann infolge der Reduktion der einzelnen Ganglienabschnitte, entsprechend der Re- duktion der Somite in der Haftscheibenregion, zustande gekommen sein (Taf. 41, Fig. 105). In höherm Grade tritt dieselbe Erscheinung im 4. Abschnitt der Analganglienmasse hervor. Es sind in ihm vorhanden: 2 Median- pakete (mp,), die zu je einem jederseits von der Medianlinie liegen, und 4 Seitenpakete, von welchen jederseits das hintere den ent- sprechenden Teil der hintern Fläche der Zentralfasermasse einnimmt und dem Medianpaket anliegt, das vordere (/p,) aber auf der obern und seitlichen Fläche zwischen dem hintern Seitenpaket des 3. Ab- schnitts und demjenigen des 4. liegt. Meistens erscheint die Ab- grenzung des Medianpakets vom entsprechenden hintern Seitenpaket hier sehr schwach oder fast gar nicht ausgebildet (Taf. 41, Fig. 105). Die dorsalen Muskelzellen fehlen auf dem 4. Abschnitt ganz. Die Zentralfasermasse verhält sich in diesem Abschnitt wie im vor- hergehenden; in ihr befinden sich ventral 2 symmetrisch zur Median- linie angeordnete Gliazellen. Zwischen dem 4. und 3. Abschnitt individualisieren sich die Connectivstämme auf einer sehr kurzen Strecke, und seitlich in jedem Stamm befindet sich je eine Connectiv- zelle. Vom 4. Abschnitt der Analganglienmasse gehen ganz ähnlich wie vom 3. und 2. zwei Nerven (»,) vom vordern Teil der Zentral- fasermasse aus, die zu den auf der dorsalen Intermediärlinie ge- legenen Muskeln ziehen. Nach hinten endlich treten aus der Zentral- fasermasse 2 Nerven (#*) aus, die als eine direkte Fortsetzung der 2 Connectivstämme erscheinen. An ihrem Austritt liegt der Fasermasse je eine Gliazelle an, welche den beschriebenen ähnlich ist. Die Nerven selbst verlaufen bis zu den Muskeln, welche sich zu beiden Seiten der dorsalen Medianlinie befinden. Daß die 2 vordern Nerven des 4. Abschnitts der Analganglienmasse denjenigen der vorhergehenden Abschnitte ähnlich sind, ist ganz natürlich, da es sich um homologe Bildungen handelt. Bei den 2 hintern Nerven dagegen, obgleich sie in ihrem Verhalten ähnlich sind, erscheint jedoch eine Homologie 752 N. Livanow, mit den vorhergehenden zweifelhaft, und die Frage iiber ihren morphologischen Wert muß vorläufig offen bleiben. Jedenfalls aber kann man auch im 4. Abschnitt der Analganglienmasse ein Homologon des gewöhnlichen Ganglions der Bauchkette ohne jeden Zweifel wiedererkennen. Die Analganglienmasse von Acanthobdella ist folglich aus der Vereinigung von 4 Ganglien, die den gewöhnlichen Ganglien der Bauchkette homolog sind, entstanden. Zu diesen können sich außer- dem 1 oder 2 Ganglien der Hinterdarmregion vorn hinzugesellen. Wenn wir nun aus der Zusammensetzung des Hautmuskelschlauchs und seiner Innervation sowie aus dem Verhalten des Cöloms keine Hinweise auf die morphologische Bedeutung und Metamerie der Haftscheibenregion von Acanthobdella erhalten konnten, so liefert uns dagegen das Zentralnervensystem unzweifelhafte Beweise dafür, dab diese Region durch Vereinigung von 4 metameren Abschnitten, d. h. von 4 Körpersomiten, entstanden ist. Nehmen wir dazu noch in Betracht, daß bei den übrigen Hirudineen die Haftscheibe, wie das die Entwicklungsgeschichte unzweideutig zeigt, aus 7 Körper- somiten gebildet ist und dennoch im erwachsenen Zustand keine Spuren einer entsprechenden Metamerie außer im Zentralnervensystem erhalten bleiben, so können wir eine vollkommene Analogie in der Bildung der Haftscheibenregion bei Acanthobdella und den übrigen Hirudineen konstatieren. Wie wir weiter sehen werden, gibt uns auch das Blutgefäß- system der Haftscheibe von Acanthobdella wichtige Argumente, welche die hier ausgesprochenen Ansichten bestätigen. Wenn aber die Analogie in der Bildungsweise der Haftscheibe von Acanthobdella und der übrigen Hirudineen unzweifelhaft ist, so bleibt andrerseits dennoch ein bedeutender Unterschied im Bau des besagten Körperabschnitts jener und dieser bestehen. Die Haftscheibe der Hirudineen ist von 7 Körpersomiten gebildet und stellt ein gut differenziertes, scharf abgesondertes Organ dar, das parallel zur Rumpfachse steht; bei Acanthobdella dagegen nehmen nur 4 Körper- somite an der Bildung der Haftscheibe teil, und eine scharfe Differen- zierung der letztern ist überhaupt nicht vorhanden. Hierin sowie in ihrer senkrechten Lage zur Längsachse des Körpers weist die Haft- scheibe eigentlich nähere Beziehungen zu derjenigen von Branchio- bdella auf; im Vergleich mit diesen beiden Formen bekunden also die übrigen Hirudineen einen höher entwickelten Zustand dieses Organs. Acanthobdella peledina GRUBE. 753 10. Der Darmkanal. Die ersten Angaben über den Darmtractus von Acanthobdella hat uns E. GRUBE (1851) geliefert; er schreibt: „Der verdauende Canal legt sich unmittelbar an die Muskelwandung des Leibes... er verläuft gerade von vorn nach hinten, und zeigt überall eine der Dicke des Leibes entsprechende Weite mit Ausnahme des Vorder- theils, welcher einen besonders anfangs sehr engen und etwas ge- wundenen Oesophagus darstellt. Dieser sowohl als der übrige Theil des verdauenden Canals, wird absatzweise durch Ligamente an die Leibeswand befestigt,. .. wodurch eine Reihe hinter einander liegender, durch weite Oeffnungen mit einander verbundenen Zellen oder Kam- mern entsteht; ich zählte ihrer etwa 8. Besondere Blindsäcke giebt es nicht, und ebensowenig liess sich äusserlich eine Grenze von Magen und Darm erkennen. ... Sein Inhalt ein gleichmässiges Magma wie geronnenes Blut.“ Eine eingehendere Beschreibung gibt A. Kowarevsky (1896, p. 268 u. 269). „Le canal intestinal“, so heißt es in seiner Arbeit, „commance par l’ouverture buccale placée sous un prolongement conique de la tête qui à la forme d’une lèvre supérieure, et qui conduit dans la cavité buccale. Dans cette cavite s'ouvrent des deux côtés deux paires de glandes salivaires, et postérieurement commence l’oesophage ou la trompe qui se prolonge jusqu'au troisième segment du corps. Cette trompe est un organe extrêmement musculaire et possède plusieurs muscles spéciaux pour la tirer en avant. ... Du 3. segment jusqu'au 16-me se prolonge l’intestin médian en formant des petits proéminences ou renflements dans chaque segment. Du 16-me segment jusqu'à l'anus se trouve l'intestin terminal. ... Tout le canal intestinal médian est rempli par le sang des poissons avec leurs corpuscules sanguins contenant les noyaux. Dans l'intestin terminal les noyaux se disparaissent et on trouve souvent des petits cristaux se colorant en rouge vif par l’éosine.“ Der Darmkanal von Acanthobdella beginnt, wie ich es oben be- schrieben habe, in der Mitte des 1. Kopfsomits mit einer ovalen Mundöffnung (m) von etwa 60—50 u Länge und 20—40 u Breite (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 35, Fig. 17, 18). Diese ziemlich weite Öffnung führt in die Mundhöhle (mh), die eine einfache Einstülpung des Hautepithels darstellt (Taf. 38, Fig. 63). Auf einer kleinen Strecke folgt dieser Einstülpung des Epithels die Ringmuskelschicht (rm*) 754 N. Livanow, der Haut nach und bildet so die Ringmuskulatur der Mundhöhle. Es sind hier nur einige wenige Ringmuskelfasern, die in vertikaler Richtung übereinander liegen. Im obern Abschnitt der Mundhöhle fehlen diese Muskeln, dem Epithel desselben aber liegen radiäre Muskelfasern an, wovon noch weiter die Rede sein wird. Die Länge der Mundhöhle beträgt ungefähr 86 u. Ihr Epithel weist keine Besonderheiten im Vergleich mit dem gewöhnlichen Hautepithel auf, abgesehen davon, daß es weder Drüsenzellen noch Drüsenausführungs- gänge enthält. In die Mundhöhle ragt der Pharynx hinein, der in seinem An- fangsabschnitt eine epitheliale Ringfalte darstellt (Taf. 38, Fig. 63 phf). Je nach dem Grade der Aus- oder Einstülpung des Vorder- darms nimmt diese Falte entweder die ganze Mundhöhle (Taf. 38, Fig. 63) oder bloß einen größern oder geringern Teil derselben ein. Das Epithel der Falte, das eine unmittelbare Fortsetzung des Mund- höhlenepithels darstellt, unterscheidet sich vom letztern durch eine verlängerte Form der Zellen, zwischen denen keine Drüsen oder Drüsenausführungsgänge vorhanden sind. In den basalen Abschnitt der Falte dringt das Mesenchym des Körpers (ms*) eine geringe Strecke weit ein. Damit treten in die Falte zugleich Muskeln (/m*) ein, die am distalen Pharynxabschnitt zu je 2 in jedem Quadranten des Querschnitts in longitudinaler Richtung verlaufen. Um aus der Falte auszutreten, machen diese Muskelzellen eine Art Bogen rings um den obern Abschnitt der Mundhöhle. Die 4 Muskelzellen der hintern, d.h. untern, Quadranten liegen mit ihren kernhaltigen Ab- schnitten im Pharynx selbst, und nur ihre Enden dringen ins Mesenchym des Körpers ein, hier radial nach hinten verlaufend. Die nach vorn ebenfalls in radialer Richtung ziehenden 4 Muskel- zellen haben ihre Kerne schon im Mesenchym des Körpers und be- festigen sich an der dorsalen Intermediärlinie im 1. Kopfsomit in der Nähe seiner hintern Grenze. Alle diese Muskeln stellen wahr- scheinlich nichts anderes dar als Reste der radialen Pharynx- muskulatur oder vielleicht Längsmuskeln des Kopfs, die der Funktion des protractilen Pharynx angepaßt sind. Der auf die Falte folgende. ungefähr 80 u lange Pharynx- abschnitt (dph) ist der einzige Teil des Vorderdarms, in welchen die Drüsenausführungsgänge in großer Anzahl einmünden (Taf. 38, Fig. 63). Das Epithel, welches den bisherigen Charakter des Haut- epithels beibehält, wird hier nur niedriger als in der Falte. Die Pharynxwand selbst besteht außer diesem Epithel noch aus der Acanthobdella peledina Grube. 755 Mesenchymschicht, welche die bezeichneten Drüsenausführungsgänge und die 8 beschriebenen longitudinalen Muskelfasern enthält. Von außen ist der Pharynx wie auch alle weitern Abschnitte des Darm- tractus vom splanchnischen Cölothel (ct) bekleidet, welches im ganzen Verlauf des Vorderdarms denselben Charakter aufweist, wie es für das somatische Blatt beschrieben war, d. h. also als eine dünne Membran mit spärlich zerstreuten kernhaltigen Protoplasmawuche- rungen erscheint (Taf. 38, Fig. 66 ct”). Die Drüsenausführungsgänge durchbohren durchaus gleichmäßig das ganze Epithel dieses Pharynx- abschnitts und gehören den schon beschriebenen kolossalen Drüsen- zellen des innern Mesenchyms des Körpers an. Den Verlauf der 4 betreffenden Pakete der Drüsenausführungsgänge haben wir bereits bei Beschreibung der Kopfregion besprochen, doch komme ich auf diesen Gegenstand weiter unten nochmals zurück. Der übrige Teil des Vorderdarms, der Oesophagus (Taf. 33, Fig. 1—4 oe), welcher bis zum 1. Präclitellarsomit reicht, weist seiner ganzen Länge nach einen einförmigen Bau auf (Taf. 38, Fig. 63—67). Nach innen ist sein Lumen von einem Epithel (oep) bekleidet, welches, dem Kontraktionszustand der Muskulatur dieses Darm- abschnitts entsprechend, entweder bedeutende, longitudinale Falten bildet (Taf. 38, Fig. 66) oder, falls diese Falten ausgeglättet sind, fast, kreisrunde, glatte Konturen darbietet (Taf. 38, Fig. 64). Die einzelnen Zellen haben längliche Form, sind ungefähr 25—30 u lang und etwa 10—12 u breit. Ihr Zellkörper ist allseitig von den be- nachbarten Elementen gut abgegrenzt und hat einen dem Schlund- rohr zugewandten Saum, der am Querschnitt nach Art einer Cuticula als feine, scharf konturierte Linie erscheint. Im fein granulierten, hellen Protoplasma liegt gewöhnlich basal der ovale Kern von etwa 10 « Länge und 5—8 w Breite. Er ist nicht chromatinreich und enthält je 1 oder 2 Nucleolen. Dem Epithel liegt die mächtige Ringmuskelschicht (rm) des Oesophagus unmittelbar an (Taf. 38, Fig. 63—67) An der hintern Grenze des drüsigen Pharynxabschnitts mit 2 oder 3 schwach ent- wickelten Muskelzellen beginnend (Taf. 38, Fig. 63), ist diese Schicht weiter sehr stark ausgebildet und dehnt sich bis zur Ubergangsstelle des Oesophagus in den Mitteldarm aus. Sie besteht aus einer einzigen Lage von Muskelzellen, von welchen eine jede ungefähr die Hälfte des Oesophagusquerschnitts umgreift. Die Zellen liegen sehr dicht aneinander an, und nur im hintersten Abschnitt des Oesophagus sind sie etwas spärlicher verteilt (Taf. 38, Fig. 65). Im Querschnitt 756 N. Livanow, hat jede Ringmuskelzelle eine ovale Form bei ungefähr 20—30 u Höhe und 15 « Breite. Epithelwärts und an beiden Seiten besitzen die Zellen eine gut entwickelte fibrillär-kontraktile Schicht, die bloß an der Außenseite, d. h. cölomwärts, fehlt. Ihr fein granuliertes, ziemlich stark färbbares Protoplasma enthält einen ovoiden, mit Chromatinkörnchen reich versehenen Kern von etwa 10 « Höhe und 8 u Breite; sein Längendurchmesser erreicht 20—30 u. Das Proto- plasma ist in recht bedeutender Menge auf der ganzen Länge der Muskelzelle gleichmäßig verteilt, und nur an den Enden reduziert sich sein Umfang etwa bis auf die Hälfte. Die kontraktil-fibrilläre Schicht nimmt, wie schon angedeutet war, die Peripherie der Muskelzelle ein, mit Ausnahme ihrer nach außen, d. h. cölomwärts gerichteten Oberfläche, wo sie fehlt. Zuweilen spaltet sich diese Schicht gegen die Zellenden hin der Länge nach in 2 Streifen, von denen ein jeder im Querschnitt bogenartig erscheint, so daß man gleichsam 2 durch ein gemeinsames Protoplasma zusammenhängende Muskelfasern vor sich hat. Sowohl das Protoplasma als auch die kontraktil-fibrilläre Schicht enden stumpf abgeschnitten. Die kernhaltigen Abschnitte der beschriebenen Zellen berühren einander der Länge der Zellen nach mit den äußern Teilen ihrer Seitenflächen, während nach innen, d. h. epithelwärts, zwischen ihnen die Endabschnitte derjenigen Zellen verlaufen, deren Kerne an andern Stellen des Oesophagusumfangs gelegen sind. Von außen grenzt an die Ringmuskeln eine dünne Mesenchym- schicht (ms), die gegen das Cülom hin vom bereits beschriebenen Cölothel (ct) bedeckt ist (Taf. 38, Fig. 64—66). Der Mesenchymschicht sind Längsmuskelfasern (lm) eingelagert, welche den Ringmuskeln unmittelbar aufliegen (Taf. 38, Fig. 63—67). Sie stellen eine direkte Fortsetzung der in der Wand des drüsigen Pharynxabschnitts vorhandenen Längsmuskeln dar und gehen nach hinten ununterbrochen auf die Wand des Mitteldarms über. Im ganzen Umkreis des Oesophagus befinden sich etwa 12 solche Längs- muskelbündel, die je von einer einzigen oder von 2 Zellen gebildet sind. Eine jede dieser Zellen ist nur ein wenig länger als das be- treffende Somit, demzufolge die Kerne in den bezeichneten Bündeln bloß zu je einem in jedem Somit vorhanden sind, obgleich dabei keine Regelmäßigkeit ihrer Verteilung innerhalb der Grenzen des betreffenden Somits zu bemerken ist. Die Längsmuskelzellen haben, wie schon angedeutet, eine ziemlich ansehnliche Länge bei einer unbedeutenden Dicke. Ihre kernhaltigen Abschnitte bilden Proto- Acanthobdella peledina Grusr. MT. plasmawucherungen nach Art eines Muskelkörperchens, welchem die kontraktil-fibrilläre Schicht in Gestalt eines breiten Bogens epithel- wärts aufliegt. Die Enden der Muskelzellen spalten sich gewöhnlich nicht, und nur zuweilen findet eine Verzweigung derselben in 2 oder 3 Aste statt, wobei dann 2 oder 3 Muskelfasern von einer einzigen Zelle nach beiden Seiten hin ausgehen. An den Oesophagus heften sich 4 Paar Protractoren (prı_,) an, die nichts anderes als die bezüglichen dorsalen Dissepimentmuskeln darstellen, wovon die Rede schon bei Beschreibung der Kopfregion war (Taf. 35, Fig. 18). Hier sei bloß noch bemerkt, daß diese’ Muskelzellen (prı_2) bei ihrer Insertion am Oesophagus in dessen Mesenchymschicht eindringen, wo sie sich in unbedeutende Endzweige spalten (Taf. 38, Fig. 64, 66, 67). Vor dem mittlern Protractorenpaar sind jederseits je 1 oder 2 Ringmuskelzellen nach außen von den Längsmuskeln im Mesenchym des Oesophagus eingelagert. Es sind sehr schwach entwickelte Elemente mit dorsal gelegenem Zellkern, welche nur einen geringen Teil des Oesophagusumfangs umgreifen. Unmittelbar vor den beiden vordern Protractorenpaaren (prı_>) des Oesophagus befinden sich an demselben ebenfalls Ringmuskel- zellen (mz), die im Gegensatz zu den eben erwähnten sehr mächtig entwickelt sind (Taf. 38, Fig. 63, 66, 67). Ihre in der Mesenchym- schicht des Oesophagus nach auben von den Längsmuskeln ver- laufenden Anfangsteile erscheinen als Muskelfasern, welche etwa 3/, der Peripherie des Darmabschnitts umfassen. Darauf heben sie sich, eingehüllt in eine dünne Mesenchymschicht, von der Wand des Vorderdarms ab und bilden so eine nach außen vom letztern gelegene Lamelle (ml), welche allseitig vom Cölothel (ct) bedeckt ist (Taf. 38, Fig. 66). Die erwähnten Ringmuskelfasern nehmen ihren Ursprung von 2 Muskelzellen, deren kernhaltige Abschnitte (mz) dorsal rechts und links in der beschriebenen Lamelle liegen (Taf. 38, Fig. 67). Diese Zellenabschnitte sind außerordentlich mächtig entwickelt und weisen den Bautypus wie in den oben beschriebenen dorsoventralen Muskeln der Kopfregion auf; die kontraktil-fibrilläre Schicht ist bei ihnen fast auf der ganzen Oberfläche vorhanden. Nach oben und unten gehen vom kernhaltigen Abschnitt einer solchen Zelle zahl- reiche Fortsätze ab, welche eben die Ringmuskelfasern der Lamelle bilden. Die 4 oben bezeichneten Pakete von Ausführungsgängen (aup) der Riesendrüsenzellen treten, nachdem sie das Cölom passiert und Zool. Jahrb. XXI. Abt. f. Anat. 49 758 N. Lıvanow, sich den 4 Quadranten des Oesophagusquerschnitts entsprechend eruppiert haben, in das Mesenchym der Lamelle ein, drängen sich zwischen die Muskelfasern hindurch und verlaufen weiter nach innen von den letztern im Mesenchym der Lamelle (Taf. 38, Fig. 66). Nach vorn vom 1. Paar der Ringmuskelzellen liegt in der Mesenchymlamelle das 2. Paar (mz), das nur ein wenig kleiner als das 1., ihm sonst aber durchaus ähnlich ist (Taf. 38, Fig. 67). Die hintern Muskelfasern dieses Paars grenzen unmittelbar an diejenigen des 1. Paars an. Die sie enthaltende Mesenchymlamelle nähert sich vorn allmählich der Oesophaguswand, mit welcher sie sich darauf nicht weit vor dem Übergang des Oesophagus in den Pharynx ver- einigt (Taf. 38, Fig. 63). Die äußere Cölothelschicht der Lamelle geht in das Cölothel über, welches den Vorderdarm von außen be- deckt; die innere Cölothelschicht, welche den Spaltraum zwischen dem Oesophagus und der in Rede stehenden Lamelle bekleidet, ver- schwindet zusammen mit diesem Raum, und das Mesenchym der Lamelle vereinigt sich mit der Mesenchymschicht des Oesophagus. Dabei dringen in die letztere auch die Drüsenausführungsgänge ein, welche sich gleichmäßig über die ganze Peripherie des Oesophagus verteilen und weiter, schon in der Wand des Pharynx in dessen Lumen einmünden. Die Innervierung des Vorderdarms besorgen Nerven, welche von 2 Stomodäalganglien (Taf. 38, Fig. 66, 67 sgn) ausgehen, die in Gestalt länglicher, ovaler Massen von Ganglienzellen, zu je einer jederseits, der beschriebenen Mesenchymlamelle (m/) nach innen von deren Muskelfasern eingelagert sind. Die Ausführungsgangpakete der Drüsen (ap) ziehen über und unter den Stomodäalganglien vorbei. Nach vorn sendet ein jedes dieser Ganglien je einen Nerven aus, der sich noch in der Mesenchymlamelle zwischen den Drüsen- ausführungsgängen ein wenig ventralwärts richtet und beim Über- gang der Lamelle in die Darmwand sich von ihr abhebt. Hier passiert der Nerv den engen Célomraum, tritt darauf vor der dorso- ventralen Muskelzelle des 2. Kopfsomits ins innere Mesenchym des Körpers ein und vereinigt sich mit dem Nervenzweig (n*), welcher, von vorn aus dem Bereich der Mundhöhle (mh) kommend, hier an- langt. Der aus dieser Vereinigung hervorgehende Nerv (n*) steigt dorsalwärts auf, wobei er um die dorsoventrale Muskelzelle (dvm,) des 2. Kopfsomits von außen umbiegt, und dringt endlich in die Faser- masse des Schlundconnectivs ein; es ist das der 2. Nerv des Schlund- Acanthobdella peledina GRUBE. 759 connectivs, den ich schon oben als stomodäalen Nerven bezeichnet habe (Taf. 41, Fig. 101, 102). Vergleicht man nun die Bauverhältnisse des besprochenen Darm- abschnitts von Acanthobdella mit den entsprechenden Darm- abschnitten der Rhynchobdelliden, insbesondere der Glossosiphoniden, so kann man ohne weiteres einen gemeinsamen Bautypus erkennen. Der Riisselscheide der Glossosiphoniden entspricht die Mund- höhle von Acanthobdella vollkommen; den einzigen Unterschied bilden bloß deren relative Dimensionen. Während nämlich die Mundhöhle von Acanthobdella nur als eine ziemlich unansehnliche Einstülpung des Hautepithels erscheint, ist die Rüsselscheide bei den Glosso- siphoniden dagegen sehr stark entwickelt und erstreckt sich, der außerordentlichen Protractilität des Riissels entsprechend, durch eine Reihe von Somiten des vordern Körperabschnitts nach hinten. Dennoch bleiben in beiden Fällen die Strukturverhältnisse fast die- selben. Die Wand der Rüsselscheide ist innen von einem platten Epithel gebildet, welches ebenfalls den Charakter des gewöhnlichen Hautepithels bewahrt hat, und cölomwärts liegt ihm eine dünne, von Längsmuskelfasern durchzogene Mesenchymschicht auf. Im Rüssel der Glossosiphoniden können wir weiter alle Ab- schnitte des Vorderdarms von Acanthobdella ohne Schwierigkeit wiederfinden; der Hauptunterschied zwischen ihnen besteht nur im Ausbildungsgrade der Falte. Während sie bei Acanthobdella, ent- sprechend der geringen Entwicklung der Mundhöhle, nur unbedeutend ist, so daß sie den muskulösen Oesophagus gar nicht erreicht und daher als einfache Pharynxfalte erscheint, gelangt diese Falten- bildung sowie mit ihr auch die Entwicklung einer entsprechenden Rüsselscheide bei den Glossosiphoniden zu mächtiger Ausbildung und reicht nach hinten fast bis zur hintern Grenze des muskulösen Abschnitts des Vorderdarms. Eben diese hochgradige Entwicklung der Falte ist es eigentlich bloß, welcher der Rüssel seine Existenz als eines eigentümlichen Organs der Rhynchobdelliden verdankt. An einem Querschnitt durch den mittlern Rüsselabschnitt sieht man innen zunächst eine Schicht von Elementen, die der Oesophagus- wand von Acanthobdella durchaus entspricht. Im Mesenchym des- selben ist auf dem ganzen Umkreis eine große Menge von Drüsen- ausführungsgängen eingelagert, welche man bei unserm Wurm nur im vordern Abschnitt des Oesophagus antrifft. Nach außen folgt auf diese innere Schicht des Rüssels eine zweite, welche die Wandung der Falte bildet und ihrem Bau nach mit der Wand der Rüssel- 49% 760 N. Livaxow, scheide identisch ist, d. h. nur eine Duplikatur der letztern vorstellt. Bei Protoclepsis tessellata konnte ich eine Reduktion der Längsmuskel- fasern in der üsophagealen Riisselwand konstatieren, wo sie sich nimlich nur im hintern Abschnitt des Riissels erhalten haben. Niemals aber habe ich beobachtet, daß bei dieser Art, wie es R. LEUcKART (1894, p. 636) behauptet hat, die Drüsenausführungs- gänge im Rüssel fehlten. Als eine Besonderheit im Vergleich mit Acanthobdella erscheint das Vorhandensein von radialen Muskelfasern zwischen der innern und äußern Epithelschicht im Rüssel der Rhynchobdelliden. Diese Fasern können die Hirudineen von ihren Vorfahren, die den Oligochäten nahe standen, ererbt haben, denn bei den letztern ist die radiale Muskulatur des Vorderdarms stets vorhanden; bei Acanthobdella aber dürfte sie sekundär rückgebildet sein. Nur im äußersten vordern Abschnitt des Rüssels unterliegen die beschriebenen Bauverhältnisse einer Veränderung, indem hier die Ringmuskelfasern verschwinden und die Drüsenausführungsgänge sich nach außen öffnen. Dadurch wird dieser Teil des Rüssels dem Pharynx von Acanthobdella vollkommen ähnlich, was sich auch durch die Lage am vordern Ende der Falte bestätigt. Auf solche Weise entspricht der Rüssel der Rhynchobdelliden nicht nur dem Oesophagus und Pharynx von Acanthobdella, sondern ist auch beiden zusammen tatsächlich homolog, indem sie nur infolge starker Faltenbildung in der Mundhöhle zu einem eigentümlichen, einheitlichen Organ umgewandelt sind. Dabei muß aber bemerkt werden, daß der hintere Abschnitt des Oesophagus an der Rüssel- bildung nicht teilnimmt, da die Falte nicht so weit reicht. Infolge- dessen fehlen hier auch in der Mesenchymschicht die Drüsenaus- führungsgänge, welche am Umschlagsrand der Falte ins innere Mesenchym des Körpers ablenken. Dieses läßt die Ähnlichkeit des Oesophagus der Glossosiphoniden mit demjenigen von Acanthobdella nur noch mehr hervortreten. Der besprochene Abschnitt des Darmkanals von Acanthobdella kann folglich als demjenigen Typus des Vorderdarms sehr nahe stehend betrachtet werden, wie man sich ihn als Vorstufe in der Entwicklung der Mundhöhle und des Rüssels der Rhynchobdelliden zu denken hat, und dasselbe läßt sich auch inbezug auf die Drüsen des Vorderdarms von Acanthobdella sagen. Wie wir gesehen haben, stellen diese Drüsen hier nur eine besondere Partie der Hautdrüsen der Kopfregion dar; gleichzeitig sind sie ohne Zweifel den Speichel- Acanthobdella peledina Gruss. 761 driisen der Rhynchobdelliden homolog. Somit kénnen wir behaupten, daß die den Hautdriisen der Kopf- und Haftscheibenregion durchaus ähnlichen Drüsen des Vorderdarms von Acanthobdella den noch in- differenten Zustand aufweisen, von welchem die Ausbildung der so- wohl morphologisch als auch physiologisch scharf differenzierten Speicheldrüsen der Rhynchobdelliden direkt ausging. Die Innervation des Rüssels der Rhynchobdelliden bietet uns ebenfalls Beziehungen dar, welche an die für Acanthobdella be- schriebenen Befunde erinnern. In beiden Fällen sind 2 Nerven, je 1 auf jeder Seite, vorhanden, die von den Schlundconnectiven aus- gehen. Im Rüssel, resp. am Oesophagus sind sie mit gangliösen Massen versehen, von welchen aus sich dann weiter die Innervation der verschiedenen Abschnitte des Vorderdarms vollzieht. Ein Unter- schied besteht nur im Verlauf der stomodäalen, sympathischen Nerven, indem sie bei den Rhynchobdelliden vor ihrem Eintritt in den Rüssel zuerst um den hintern Abschnitt der stark entwickelten Rüsselscheide umbiegen müssen, bei Acanthobdella dagegen, ohne einen solchen Umweg zu machen, bald nach ihrem Ursprung aus den Schlundconnectiven direkt in die Oesophaguswand eintreten. Andrerseits kann man mit großer Wahrscheinlichkeit den Zu- stand, in welchem sich der Vorderdarm von Acanthobdella seinem Bau nach befindet, als ein dem ursprünglichen sehr nahe kommendes Verhalten betrachten, von welchem auch die Entwicklung des be- treffenden Darmabschnitts der Gnathobdelliden ihren Ausgang ge- nommen hat, obgleich es bei den letztern viel bedeutendern Ver- änderungen unterlegen ist als bei den Rhynchobdelliden. Die kleine Mundhöhle von Acanthobdella hat sich bei den Gnathobdelliden sehr viel mächtiger entwickelt und dehnt sich durch einige Kopfsomite aus, was wir auch für die Rhynchobdelliden angemerkt haben; doch darin liegt gewiß kein durchgreifender Unterschied vor. Der lange und stark ausgebildete Oesophagus der Gnathobdelliden gibt uns in seiner Struktur die unzweideutigsten Hinweise auf eine direkte Homologie mit dem betreffenden Organ von Acanthobdella und der Rhynchobdelliden; alle Abweichungen aber sind offenbar durch die Reduktion des Cöloms und die dadurch hervorgerufenen neuen Be- ziehungen der Muskelschichten bedingt. Der durch die Mündungen der Drüsenausführungsgänge charakterisierte Pharynx weist bei den Gnathobdelliden im Vergleich mit dem Acanthobdella-Typus die be- deutendsten Veränderungen auf, indem er schließlich entweder, wie bei den Herpobdellen, verschwindet oder sich in den Kiefer- 762 N. Livaxow, apparat verwandelt hat, welcher zwischen der Mundhöhle und dem Oesophagus liegt, d. h. auf der ursprünglich dem Pharynx zu- kommenden Stelle. Die Falte des vordern Pharynxabschnitts von Acanthobdella hat oftenbar bei den Gnathobdelliden ungefähr die- selbe Ausbildung, indem sie eine Art von Mundhöhlentaschen bildet, welche von hinten an die Kiefer angrenzen. Der Entwicklung des Mesenchyms entsprechend, haben sich die Drüsen und ihre Aus- führungsgänge bei den Gnathobdelliden von der Oesophaguswand in diese Körperschicht zurückgezogen. Der wichtigste Unterschied von den Rhynchobdelliden besteht somit hauptsächlich in der Ab- wesenheit einer bedeutendern Duplikatur der Mundhöhlenwand, welche dort zur Bildung der Rüsselscheide und der äußern Wandung des Rüssels geführt hat. Im Zusammenhang mit den angedeuteten Veränderungen im Gesamtbau des Vorderdarms stehen auch die Ver- änderungen des sympathischen Nervensystems der Gnathobdelliden, welches außer den beiden neben den Schlundeonnectiven gelegenen Ganglien, die den sympathischen, stomodäalen Ganglienansammlungen der Rhynchobdelliden und Acanthobdella streng homolog sind, noch andere, rein lokale, gangliöse Bildungen entwickelt hat. Somit ergibt sich also, daß der vordere Darmabschnitt der Gnathobdelliden keine fundamentalen Unterschiede vom Acanthobdella- Typus aufzuweisen hat; in seinem Bau besitzt er vielmehr ganz deutlich ausgeprägte Homologien mit dem entsprechenden Abschnitt des Darms von Acanthobdella dar, der einen dem ursprünglichen Ver- halten sehr nahe stehenden Zustand repräsentiert, von welchem die Entwicklung des Vorderdarms der Gnathobdelliden eben ihren Aus- gang genommen haben mub. Zum Schluß noch einige Worte über die von R. LEUCKART (1894) in bezug auf den vordern Darmabschnitt der Hirudineen ausge- sprochenen Anschauungen. Sowohl in den Bezeichnungen der ver- schiedenen Abschnitte des Vorderdarms als auch besonders in ihrer Homologisierung bei den beiden Hauptgruppen der Hirudineen weicht die Darstellung Levckart’s sehr bedeutend von der meinigen ab. So lesen wir bei ihm (p. 612): „Wenn man den Rüssel nun, wie es gewöhnlich geschieht, als Pharynx deutet und damit dem gleichnamigen Gebilde der Kieferegel“ [nach meiner Nomenklatur Oesophagus] „zur Seite stellt, dann erscheint eine solche Bildung im höchsten Grade auffallend. Wird dadurch doch der Pharynx gewissermassen in die Mundhöhle selbst verlegt. Aber ist der Rüssel der Rhynchobdelliden denn auch nach seiner morphologischen Be- Acanthobdella peledina Gruse. 763 deutung wirklich das Homologon des Gnathobdellidenpharynx ?“ LeucxarT stellt weiter diese Homologie in Abrede und meint, dab der Rüssel „weit eher dem Kieferapparate, der ja gleichfalls — nur wenig hoch — in die Mundhöhle hinein vorspringt, gleichgesetzt werden müsse“. „Bei einer solchen Deutung“, fährt Leuckarr fort, „findet auch die auf den Rüssel folgende Zuleitungsröhre zum Chylus- magen, die den Gnathobdelliden abgeht und den Rüsselegeln kaum minder eigenthümlich ist, als der Rüssel selbst, in einfachster Weise seine Deutung, indem sie jetzt ihrerseits zum Pharynx wird.“ Dab Leuckartr dabei Unteilbares teilen will, können wir aus seinen eignen Worten (p. 643) ersehen: „Der Zusammenhang dieser beiden Gebilde“ [d. h. seines Rüssels und Pharynx] „ist... noch voll- ständiger, als es zunächst den Anschein hat.“ Und wirklich unter- scheiden sich diese Gebilde — der in den Rüssel einbezogene und der hinter demselben gelegene Oesophagusabschnitt — gar nicht voneinander, nur daß beim erstern von außen noch eine Epithelfalte anliegt, während beim letztern eine solche Duplikatur fehlt. Wenn sich nun diese Leuckart’sche Einteilung als künstlich erweist, so wird damit auch seine folgende Behauptung (p. 643) hinfällig: „Funetionswechsel macht es verständlich, dass der Bau des Rüssels vielfach an den des Gnathobdellidenpharynx erinnert, so dass eine Parallelisirung beider Gebilde auf den ersten Blick gerechtfertigt erscheint.“ Diese Ähnlichkeit bedeutet jedoch im vorliegenden Fall, wie wir gesehen haben, eine echte Homologie und macht somit jeden Hinweis auf einen „Functionswechsel“ als Erklärung der Tatsachen überflüssig; zugleich damit aber fällt natürlich auch jene phan- tastische Annahme (p.638), „dass sich die 3 Kieferwiilste der letztern“ (d. h. der Gnathobdelliden) „in die Länge strecken und mit ihren Rändern zur Bildung einer Röhre verwachsen“, von selbst weg. Im Hinblick auf die Bauverhältnisse des Vorderdarms erscheinen die zwischen den Oligochäten und Acanthobdella bestehenden Be- ziehungen sehr viel schwächer ausgeprägt als zwischen Acantho- bdella und den übrigen Hirudineen. Derselbe, obschon sehr stark modifizierte Bautypus ist offenbar im Bau des vordern Darm- abschnitts von Pranchiobdella zu bemerken. Von den typischen Oligochäten aber weist, soweit mir bekannt ist, nur Haplotaxis ein Verhalten des bezeichneten Darmabschnitts auf, welches an das- jenige von Acanthobdella erinnert oder, richtiger, als ein solches er- scheint, das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als ein dem primitiven Zustand nahe stehendes betrachtet und als Ausgangs- 764 N. Livanow, punkt fiir die Entwicklung des Apparats angenommen werden kann, wie es bei Acanthobdella vorliegt. Im mittlern Abschnitt des 1. Präclitellarsomits (6) geht der Oesophagus (oe), sich sehr rasch verengernd, in den Mitteldarm (d) von Acanthobdella (syn. Kropf, Chylusmagen der übrigen Hirudineen) über (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 41, Fig. 106). Obschon kein Sphincter an dieser Stelle vorhanden ist, sondern im Gegenteil die Ring- muskulatur (rm) des Oesophagus hier schwindet und ihre letzten Fasern ziemlich schwach entwickelt erscheinen (Taf. 38, Fig. 65), so steht dennoch das Oesophagealrohr mit dem Lumen des Mitteldarms nur durch eine sehr enge Öffnung in Verbindung. Im 1. Präclitellarsomit (6) beginnend, verläuft der Mitteldarm (d) von Acanthobdella durch 13 Körpersomite und stellt auf solche Weise den größten Abschnitt des Darmkanals dar (Taf. 33, Fig. 1, 5, 6; Taf. 34, Fig. 7—11). Anfangs erscheint der Mitteldarm als ein ziemlich enges Rohr, weiter aber verbreitert sich derselbe all- mählich (Taf. 41, Fig. 106), so daß er in den Mittelkörpersomiten den Cölomraum fast ganz ausfüllt (Taf. 34, Fig. 10). In den Clitellar- somiten ist der bezeichnete Darmabschnitt ein wenig verengert, um den verschiedenen Teilen des Geschlechtsapparats Platz zu geben (Taf. 33, Fig. 6; Taf. 34, Fig. 7—9). Im Bereich der Dissepimente erkennt man ebenfalls am Mitteldarm nur sehr schwach ausgeprägte Einschnürungen (Taf. 34, Fig. 11). Dabei sei bemerkt, daß dieses gewöhnliche, sozusagen normale Verhalten recht bedeutenden Ver- änderungen unterworfen sein kann, was hauptsächlich vom Grade der Anfüllung des Darmlumens mit Speise abhängig ist. Der Mitteldarm von Acanthobdella ist gewöhnlich mit dem Blut des Wirts gefüllt, wie das auch A. KowAuevsky (1896) angibt. Jedoch weisen die Blutkörperchen selbst in diesem Abschnitt des Darmkanals nur sehr geringe oder überhaupt keine bemerkbaren Veränderungen auf, so daß der Mitteldarm eigentlich bloß die Be- deutung eines Reservoirs für diesen Bestandteil des aufgenommenen Bluts hat, bevor es in den Hinterdarm weiter befördert wird. In dieser Beziehung stellt der Mitteldarm von Acanthobdella eine ge- wisse Analogie mit demjenigen der übrigen Hirudineen dar. Das Epithel (dep) des Mitteldarms (Taf. 36, Fig. 36, 37; Taf. 37, Fig. 38—40; Taf. 38, Fig. 68; Taf. 39, Fig. 83—85) bildet in den erweiterten Teilen des letztern nur unbedeutende Längsfalten, in den vordersten Abschnitten aber, wo der Mitteldarm allmählich enger Acanthobdella peledina Grosz. 765 wird, sind die Längsfalten, entsprechend dem Grade der Verengerung, stärker ausgebildet. An den Einschnürungsstellen des Darms in den Dissepimenten weist die Epithelschicht ebenfalls Falten auf, welche jedoch in der Querebene verlaufen und ziemlich unansehnlich sind (Bates Fig: 39). Zwischen den Falten finden wir in weiten Abschnitten des Mitteldarms ein niedriges, fast kubisches Epithel von ungefähr 10—12 u Höhe (Taf. 36, Fig. 36). Bei der Faltenbildung werden die Zellen bedeutend höher und enger, wobei ihre proximalen Teile sich kolbig verdicken (Taf. 36, Fig. 37; Taf. 37, Fig. 38—40). Das Protoplasma der Epithelzellen hat ein fein granuliertes Aussehen und enthält eine große Anzahl Vacuolen gewöhnlich von unbedeuten- den Dimensionen. Proximal fehlen diese Vacuolen in der Zelle, und hier weist das Protoplasma am betreffenden Rand eine sehr feine Streifung auf (Taf. 38, Fig. 68). Vielleicht haben wir es hier mit einem sehr zart bewimperten Epithel zu tun, wie es bei den Oligochäten in dem weitaus größern Teil des Darms vorkommt und von einigen Autoren auch für die Hirudineen beschrieben worden ist. Bei Acanthobdella liegen die Kerne basal oder in der Mitte der Epithelzellen und sind entweder kuglig, beim Durchmesser von etwa 7 u, oder oval. Sie enthalten nicht viel Chromatinkörnchen und ge- wöhnlich nur einen Nucleolus. Zwischen den basalen Abschnitten der Epithelzellen sind spär- liche, dem sympathischen Nervenplexus des Darms angehörige Ganglienzellen eingelagert. Diese Zellen haben eine unregelmäßige Form, ein sich stark färbendes und fein granuliertes Protoplasma und einen großen hellen Kern. Der letztere ist 2—3mal so groß wie in den benachbarten Epithelzellen und enthält eine bedeutende Anzahl Chromatinkörnchen von verschiedener Größe. Von auben liegt dem Epithel die Schicht des Darmmesenchyms (ms) an, welche ihrerseits von den schon beschriebenen Chloragogen- (clz) und Cülothelmuskelzellen bedeckt ist (Taf. 36, Fig. 36, 37; Taf. 37, Fig. 38—40; Taf. 38, Fig. 68). Die Mesenchymschicht (ms) des Mitteldarms ist sehr dünn und besteht aus einer durchsichtigen, gallertigen Substanz, in welcher nur äußerst selten zellige Elemente, ähnlich den Amöbocyten des innern Mesenchyms des Körpers, anzutreffen sind. Sowohl nach außen, d. h. gegen das Cülothel, als auch nach innen, gegen das Darm- epithel hin, scheidet das Mesenchym sehr dünne, aber dennoch sehr scharf ausgeprägte Grenzlamellen aus. Nach vorn geht die Mesenchym- 766 N. Livanow, schicht des Mitteldarms unmittelbar in diejenige des Oesophagus über, und die Längsmuskelfasern (/m) des letztern setzen sich eben- falls auf den Mitteldarm fort (Taf. 36, Fig. 36; Taf. 37, Fig. 38, 40; Tat. 39, Fig. 83—85). Hier haben sie (/m) in der Mesenchymschicht einen viel regelmäßigern Verlauf als in den beschriebenen Ab- schnitten des Vorderdarms; ihre kernhaltigen Zellabschnitte befinden sich nämlich fast immer in der Nähe der vordern Somitgrenze. Ent- sprechend diesen Längsmuskelfasern verlaufen gewöhnlich auch die erwähnten Längsfalten des Mitteldarmepithels. In einem jeden Somit sind ungefähr bis 12 Muskelzellen vorhanden, obschon diese Zahl mehr oder minder variieren kann. Die Muskelfasern eines gegebenen Somits weichen zuweilen in ihrer Lage von den entsprechenden Fasern des angrenzenden Somits auf einer gewissen Strecke des Darmumfangs ab, und dieser Umstand ruft dann eine scheinbare Vergrößerung der Gesamtzahl der Längsmuskelfasern hervor; aus demselben Grunde kann sich auch die Zahl der Längsfalten des Darmepithels verändern. Die Muskelfasern selbst sind sehr dünn und haben einen sehr kleinen Querschnitt. Das Protoplasma dehnt sich in diesen Muskelzellen nur auf einer unbedeutenden Strecke nach beiden Seiten vom kernhaltigen Abschnitt aus, während die Länge der Zellen etwa 1!/, Somitlängen erreicht. Die kernhaltigen Protoplasmaansammlungen (/m*) sind von der kontraktil-fibrillären Schicht nur auf ihrer dem Epithel zugewandten Oberfläche bedeckt, auf welcher dieselbe nicht mehr als die Hälfte einnimmt. Zuweilen teilen sich die Längsmuskelfasern ihrer Länge nach, wobei jedoch nur selten schon im kernhaltigen Zellabschnitt 2 gesonderte Fasern der kontraktil-fibrillären Substanz vorhanden sind (Taf. 37, Fig. 38). Die Ringmuskelschicht (rm) des Mitteldarms (Taf. 36, Fig. 37; Taf. 37, Fig. 38—40) ist, wie das oben bereits beschrieben war, von Cölothelmuskelzellen (Taf. 36, Fig. 37; Taf. 37, Fig. 38 rm*) gebildet, und die bezüglichen Muskelfasern verlaufen nach außen, d. h. cölom- wärts von der äußern Grenzlamelle der Mesenchymschicht (ms). In einem jeden Somit und zwar in seinem vordersten Abschnitt kommen jedoch am Dissepiment je 2 Ringmuskelzellen (rm*) jederseits vor, die bereits vollkommen in der Mesenchymschicht eingelagert sind (Taf. 37, Fig. 39, 40). Ihren Ursprung von gewöhnlichen Cölothel- muskelzellen haben wir oben schon besprochen, und hier sei nur noch bemerkt, daß der von diesen Zellen gebildete Muskelring zu- sammen mit den Dissepimentmuskelzellen die ringförmigen Ein- schnürungen des Mitteldarms verursacht. Acanthobdella peledina Gruss. 767 Am Schlu8 unserer Beschreibung des Mitteldarms von Acantho- bdella möchte ich noch einige physiologische Tatsachen über diesen Darmabschnitt mitteilen. Wie schon gesagt, sind zahlreiche Vacuolen in den Zellen des Mitteldarmepithels vorhanden. Diese Vacuolen erscheinen mit Tröpf- chen einer Substanz erfüllt, welche bei Osmiumbehandlung tief schwarz wird (Taf. 38, Fig. 68). Bei andern Methoden löst sich die bezeich- nete Substanz, und dann sieht man im Protoplasma der Zellen nur farblose Vacuolen. Am Querschnitt bemerkt man im Mitteldarm des mit Osmiumsäure behandelten Objekts, daß die mittlern und basalen Abschnitte der Epithelzellen sehr dicht mit den erwähnten schwarzen Tröpfchen erfüllt sind, so daß nur der Kern ein helles Oval zwischen ihnen bildet (Taf. 38, Fig. 68). Gegen die proximale Peripherie der Zellen hin verringert sich die Menge und die Dimensionen dieser schwarzen Tröpfchen, und die Randschicht des Protoplasmas ist von ihnen ganz frei. Dieselben schwarzen Trépfchen sieht man weiter in der Mesenchymschicht (ms) des Mitteldarms, obschon in einer bedeutend geringern Menge als in den Epithelzellen. Endlich ent- halten die basalen und mittlern Abschnitte der Chloragogenzellen (clz) ebenfalls die bezeichneten Trépfchen, während dieselben distal in den Zellen entweder ganz fehlen oder nur in minimaler Anzahl vorkommen. Es fragt sich nun, wie haben wir diese Bilder zu deuten? Wie mir scheint, steht es außer Zweifel, daß hier Tröpfchen irgend einer fettartigen Substanz sich einerseits in den Epithelzellen des Mitteldarms, andrerseits in den Chloragogenzellen ansammeln und, das dünne Darmmesenchym passierend, aus der einen Zelienschicht in die andere hinüberwandern. In welcher Richtung aber diese Wanderung vor sich gehen muß, das wird von dem hier stattfindenden, physiologischen Prozeb abhängig sein, welcher in diesem Fall aller Wahrscheinlichkeit nach eine Verdauung der im Darm enthaltenen Nährstoffe vorstellt; das würde mit andern Worten heißen, daß die fettartigen Trépfchen aus den Epithelzellen des Mitteldarms durch die Mesenchymschicht hindurchziehen und von den Chloragogenzellen aufgenommen werden. Eine Wanderung in umgekehrter Richtung ist hier kaum anzu- nehmen, da sie nur bei einer außerordentlich intensiven, excretorischen Tätigkeit der Chloragogenzellen und des Mitteldarmepithels statt- finden könnte, was fast paradox erscheint. Natürlich entsteht dabei die weitere Frage, welcher Teil des aufgenommenen Bluts denn eigentlich in der beschriebenen Weise 768 N. Livaxow, verarbeitet wird, da doch die Blutkérperchen den Mitteldarm fast unverändert passieren? Die Antwort ist sehr einfach: es ist offenbar der andere Bestandteil des Bluts, nämlich das Blutplasma. Dieses letztere, resp. irgend ein Umwandlungsprodukt desselben tritt aus dem Darm ins Protoplasma der Epithelzellen ein, wo sich die Um- wandlung in eine fettartige Substanz vollzieht. Daß ein solcher Prozeß im Protoplasma der Epithelzelle tatsächlich stattfinden muß, geht daraus hervor, dab im proximalen Zellabschnitt gar keine Tröpfchen der fettartigen Substanz vorhanden sind, während der mittlere und basale Abschnitt von ihnen dicht erfüllt sind. Aus den Epithelzellen gehen die Tröpfchen unverändert durch die Mesenchymschicht hindurch in die Chloragogenzellen über, hier aber unterliegen sie offenbar einer neuen Umwandlung, bevor ihre Sub- stanz in die Cölomflüssigkeit übertritt oder von ihr assimiliert wird. Diese Annahme folgt aus dem Umstand, daß im Cölom höchst selten Tröpfehen der fettartigen Substanz enthaltende freie Zellen vor- kommen, freie Trépfchen aber ganz fehlen. Von diesem Gesichts- punkt aus wird endlich auch die Tatsache verständlich, daß die fett- artigen Tröpfchen in den Chloragogenzellen hauptsächlich im basalen und mittlern Abschnitt zu sehen sind und gegen das distale Ende der Zelle hin verschwinden. Somit hätten wir hier einen ziemlich bestimmten Hinweis auf eine Seite der Tätigkeit der Chloragogenzellen, nämlich auf ihre Teilnahme an den Ernährungsprozessen des Organismus, was schon von einigen Autoren, die das Chloragogengewebe speziell untersucht haben, angemerkt worden ist. Ich führe hier nur die folgenden Worte G. SCHNEIDER’s (1896, p. 386) an: „... die Chloragogenzellen . regulieren die Ernährung ... sind also höchst wahrscheinlich der Aufbewahrungsort für Reservenahrung, welche sie aus den Blut- lakunen der Darmwand und aus den Blutgefässen, welchen sie auf- sitzen“, sowie direkt aus dem Darmmesenchym, möchte ich hinzu- fügen, „entziehen“. Auch sei noch erwähnt, daß W. Rice (1902) in seinen neusten Untersuchungen über Chloragogenzellen ihnen eine ursprünglich assimilatorische Bedeutung zuschreibt und ©. BERTOLOTTI (1902) in denselben Elemente erblickt, welche zum Teil auch zur Aufbewahrung von Reservestoffen dienen. Vor dem Dissepiment zwischen dem 8. Mittelkörpersomit (19) und dem 1. Somit der Hinterdarmregion (20) verengert sich plötzlich der Mitteldarm (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 41, Fig. 108) und geht darauf Acanthobdella peledina Gruss. 769 in den folgenden Abschnitt des Darmtractus, nämlich den Hinter- darm (hd) über (syn. entodermaler Hinterdarm, Intestinum oder End- darm bei den übrigen Hirudineen). Die Öffnung, welche aus dem Mittel- in den Hinterdarm führt, hat einen sehr unbedeutenden Durchmesser. Gleich hinter dieser Einschnürung verbreitert sich der Hinterdarm im 1. Somit (20) der Hinterdarmregion und füllt den betreffenden Cölomabschnitt (c,,) fast ganz (Taf. 34, Fig. 12; Taf. 41, Fig. 107, 108). Im Dissepiment (dsp,,) zwischen dem 1. und 2. Somit der Hinterdarmregion sowie in den 3 folgenden (dsp,,, dSPgs, dSPa 5), d. h. zwischen dem 2. und 3., 3. und 4., 4. und 5. Somit dieser Region, hat der Hinterdarm fast ebenso scharf ausgeprägte und starke Einschnürungen wie auf der Grenze zwischen dem Mittel- und Hinterdarm. Die erweiterten Abschnitte des Hinterdarms (hd,, hd,), welche sich in den Cölomräumen (6,,, &») des 2. (27) und 3. (22) der in Rede stehenden Somite befinden, haben geringere Di- mensionen als im 1. Somit. Noch weniger ausgebildet erscheint der Abschnitt (hd,), welcher sich im Cölomraum (c,,) des 4. Somits (23) befindet. Im Cölomraum (c,,) des 5. Somits (24) erweitert sich der Hinterdarm aufs neue ziemlich stark und verläuft weiter als ein breites Rohr (hd,, hd,) bis zum Austritt aus dem Colom ins innere Mesenchym hinter dem letzten Dissepiment (dsp,,) des Körpers, indem die Einschnürung zwischen dem 5. und 6. (25) und hinter dem 6. Somit der Hinterdarmregion nur sehr unbedeutend sind. Auf solche Weise zerfällt der ganze Hinterdarm gleichsam in 2 Teile, von denen der vordere 4 gut ausgebildete, erweiterte Ab- schnitte (hd,_,) aufweist mit stark ausgeprägten, dazwischen liegen- den Einschnürungen, der hintere (hd,, ,) aber in seiner ganzen Aus- dehnung ein gleichmäßig weites Rohr darstellt (Taf. 41, Fig. 107, 108). Dieses Verhalten erinnert sehr an dasjenige, welches wir bei den Glossosiphoniden und den Hirudineen überhaupt vorfinden; der Bau des Hinterdarms von Acanthobdella bildet somit eine Übergangs- stufe vom undifferenzierten Zustand des Oligochätendarms zu dem verhältnismäßig hoch entwickelten Typus desselben bei den Hirudineen, welcher gewiß als eine Anpassung an die speziellen Lebensbedingungen der letztern aufzufassen ist. Während die Verbindung zwischen dem Mittel- und Hinterdarm in der Querebene des Körpers und auf dessen Längsachse sich be- findet, sind die Einschnürungen zwischen den 4 erweiterten Hinter- darmabschnitten lange nicht so regelmäßig orientiert. Diese Ein- schnürungen liegen gewöhnlich abseits von der Längsachse des 770 N. Livanow, Körpers und bilden mit der Transversalebene einen mehr oder minder ausgeprägten Winkel (Taf. 41, Fig. 107). Dementsprechend erscheint die eine Seite in den erweiterten Abschnitten des Hinterdarms, und zwar diejenige, in welche hinein die davorliegende Einschnürung des gegebenen Abschnitts von der Längsachse des Körpers abweicht, bedeutend stärker entwickelt als die entgegengesetzte. Es bildet also mit andern Worten der Hinterdarm in den 4 vordern Somiten seiner Region Krümmungen, und dieser Umstand im Verein mit den starken Einschnürungen ermöglicht es, daß die Darmabschnitte (hd,_,), welche den 4 vordern Somiten (20—23) der Hinterdarmregion angehören, auf dem Bezirk von ungefähr 2 Somiten (20, 21) Platz finden. Die Ursache einer solchen Verschiebung liegt vielleicht in der Verlagerung der Analöffnung um einige Somite nach vorn. Als ein Resultat desselben Prozesses ist, wie schon oben beschrieben, das Vorrücken der den Einschnürungen des Hinterdarms ent- sprechenden Dissepimente des Cöloms und damit natürlich auch der betreffenden Somiträume zu betrachten. Die Änderung der Lage des Afters aber war bei der Ausbildung der Haftscheibe und ihrer Muskulatur unerläßlich, wenn einmal diese Öffnung ihre Funktions- fähigkeit beibehalten sollte. Das Lumen des Hinterdarms ist auf der ganzen Strecke des- selben von einer durchweg gleichartigen Epithelschicht (dep) aus- gekleidet (Taf. 34, Fig. 12, 13; Taf. 38, Fig. 70; Taf. 39, Fig. 71); deren Zellen sich ziemlich scharf von denjenigen des Mitteldarms unterscheiden. Es sind gewöhnlich Cylinderzellen, welche in den erweiterten Abschnitten des Hinterdarms ungefähr 20 w Länge und 6 u Breite haben. In den 10—12 Längsfalten sowie an den Ein- schnürungsstellen erreicht das Epithel bis zu 40—50 u Länge, wo- bei die Zellen basal etwas verengert, distal aber verdickt erscheinen; zuweilen jedoch bleiben sie auf ihrer ganzen Länge gleichmäßig breit. Der Kern liegt im mittlern Abschnitt des Zellkörpers und hat eine kuglige oder häufiger ovale Form bei ungefähr 8—10 u Länge und 5—6 u Breite. Er ist reicher mit Chromatinkörnchen versehen als in den Epithelzellen des Mitteldarms und enthält gewöhnlich 1 oder 2 Nucleolen. Das Protoplasma der in Rede stehenden Epithelzellen erscheint im proximalen Abschnitt des Zellkörpers ziemlich gleichmäßige feinkörnig, nur am Saum selbst etwas vacuolisiert (Taf. 39, Fig. 71), im mittlern Abschnitt aber enthält es zahlreiche Vacuolen, deren Anzahl basalwärts all- mählich verringert, und basal wird das Protoplasma mehr gleich- Acanthobdella peledina GRUBE. CE mäßig verteilt, da die Vacuolen hier nur in ganz geringer Menge vorhanden sind. In allen Vacuolen, ausgenommen der nach innen peripher gelegenen, sind Trüpfchen jener fettartigen Substanz, wie wir sie in den Epithelzellen des Mitteldarms beschrieben haben, enthalten. Sie schwärzen sich bei Osmiumbehandlung sehr intensiv (areas, Pic. 69, 70). Zwischen den basalen Abschnitten der Epithelzellen begegnen wir spärlich zerstreuten Ganglienzellen des sympathischen Darm- plexus, weiche sich von denjenigen des Mitteldarms gar nicht unter- scheiden, nur daß sie allem Anschein nach im Hinterdarm in größerer Anzahl vorkommen. Die dem Epithel von außen anliegende Mesenchymschicht stellt eine unmittelbare Fortsetzung derselben Schicht des Mitteldarms vor, sowie auch ihre peritoneale Hülle (ef) in ganz gleicher Weise aus Chloragogen- (clz) und Cölothelmuskelzellen gebildet ist (Taf. 39 Fig. 71). Die von den letztern herrührenden Ringmuskelfasern bilden die ganze Ringmuskulatur des Hinterdarms. Eine Eigentümlichkeit des bezeichneten Darmabschnitts besteht darin, daß in seiner Mesenchymschicht Hohlräume (ds) auftreten, welche Blut enthalten und mit dem dorsalen (dg) und ventralen (vg) Blutgefäß in offener Verbindung stehen (Taf. 34, Fig. 12; Taf. 39, Fig. 71). Diese Hohlräume, welche über den ganzen Hinterdarm verbreitet sind (Taf. 41, Fig. 108), besitzen keine eignen Wände, sondern sind allseitig vom Darmmesenchym abgegrenzt. Das letztere spaltet sich hier in 2 dünne Lamellen, von denen die eine, innere dem Epithel des Hinterdarms, die andere, äußere dem Cölothel des- selben anliegt. Zwischen den beiden Lamellen sind oft sie ver- bindende dünne Mesenchymstränge (ms) vorhanden (Taf. 39, Fig. 71). Das Mesenchym selbst ist, wie im Mitteldarm, von einer glashellen, gallertartigen Substanz gebildet, in welcher Zellen fast ganz fehlen. Die Lingsmuskelfasern (/m) setzen sich unmittelbar vom Mittel- darm auf den Hinterdarm fort und liegen hier, von einer diinnen Schicht des Mesenchyms umgeben, der äußern Mesenchymlamelle innen an (Taf. 34, Fig. 12; Taf. 39, Fig. 71). Auf der Grenze eines jeden einem Somit entsprechenden Darmabschnitts sieht man die den Längsfasern zugehörigen, kernhaltigen Protoplasmawucherungen. Diese Anordnung erscheint im höchsten Grade regelmäßig und be- ständig, so daß sie als ein wichtiges Kennzeichen der betreffenden Abschnitte der Hinterdarmsomite erscheint. 10—12 solcher kern- haltigen Protoplasmawucherungen der Längsmuskelfasern finden wir 779 N. Livanow, in allen Dissepimenten der Hinterdarmregion, das letzte schwach ausgebildete Kürperdissepiment nicht ausgeschlossen, wodurch sich eben die Dissepimentnatur desselben bestätigt. Über diesen 10—12 Längsmuskelfasern des Hinterdarms bilden sich Längsfalten des Epithels aus. Die letztern erscheinen stärker entwickelt als im Mitteldarm, und in ihnen entstehen recht ansehn- liche Längsräume, welche die breitesten und geräumigsten Abschnitte des Darmblutsinus darstellen (Taf. 39, Fig. 71). Die von den Cülothelmuskelzellen herstammende Ringmuskel- schicht des Hinterdarms liegt der Grenzlamelle der Mesenchymschicht von außen an, und nur im vordern Abschnitt eines jeden Somits, unmittelbar hinter dem entsprechenden Dissepiment oder fast im letztern selbst kommen je 2 Ringmuskelzellen jederseits vor, die in der Mesenchymschicht vüllig eingelagert sind. Beim letzten Dissepi- ment des Körpers sind diese Muskelringe bereits nicht mehr vor- handen. Somit weist die Muskulatur des Hinterdarms genau dieselben Beziehungen auf wie am Mitteldarm. Auch die übrigen Hirudineen bieten ein ähnliches Verhalten der Muskulatur des entodermalen Darmabschnitts dar wie Acantho- bdella, und ich kann die diesbezüglichen Angaben LruckArT’s (1894, p. 661) nur bestätigen. Am nächsten steht jedoch Acanthobdella jener Oligochätenreihe, wo, wie ich es andern Orts beschrieben habe (1904, 1), die Ringmuskeln nach außen, d. h. cölomwärts von den Längsmuskeln gelegen sind, das wären Dranchiobdella und Haplotaxis. Diese Formen bekunden in bezug auf die Darmmuskulatur eine volle Identität mit Acanthobdella, während bei den übrigen Hirudineen infolge der außerordentlichen Ausbildung des Mesenchyms und des fast vollen Schwindens des den Darm umgebenden Cölom- abschnitts die Cölothelmuskelzellen durch echte Muskelzellen ersetzt sind. Dadurch ist auch bei den Hirudineen das Fehlen der für die Oligochäten typischen Chloragogenzellenschicht bedingt, welch letztere bei Acanthobdella noch im vollen Umfang existiert. Wenn nun infolge der hervorgehobenen Tatsachen Acanthobdella sich den Oligochäten nähert, so weist andrerseits der entodermale Darmabschnitt dieser Form in allen übrigen Beziehungen einen un- zweifelhaften Hirudineentypus auf. Am deutlichsten spricht sich letzteres in der Differenzierung des entodermalen Darms in 2 Ab- schnitte, nämlich den Mittel- und Hinterdarm, aus. Bei den Oligo- chäten findet solch eine Einteilung des Darms nicht statt, ihr Ent- Acanthobdella peledina Gruse. 773 stehen bei den Hirudineen aber werden wir wahrscheinlich der besondern, parasitären Ernährungsweise zuzuschreiben haben. Und nun noch einige Bemerkungen über die Funktion des Hinterdarms von Acanthobdella. Wie schon A. Kowazevsky (1896) bemerkt hat, findet im Hinter- darm der Zerstörungsprozeß der aufgenommenen Blutkörperchen statt, welche in den vordern Abschnitten des Darmkanals fast unverändert bleiben. Dieser Umstand weist ganz bestimmt darauf hin, daß sich im Hinterdarm eine enzymatöse Verdauung der Nahrung ab- spielt, wozu hier offenbar das Secret dient, welches den proximalen Enden der Epithelzellen das vacuolisierte Aussehen verleiht. Andrer- seits steht aber auch außer Zweifel, daß in den Epithelzellen des Hinterdarms Assimilationsvorgänge stattfinden. Wie schon oben erwähnt, sind auf der ganzen Strecke des Hinterdarms in diesen Zellen Tröpfchen einer sich mit der Osmiumsäure stark färbenden, fettartigen Substanz vorhanden. Man sieht hier, daß sich die Fett- trépfchen anfangs in geringer Menge im mittlern Abschnitt des Zellkörpers proximal vom Kern ansammeln (Taf. 38, Fig. 70); weiter erweisen sie sich auch basal vom letztern (Taf. 38, Fig. 69), und zuweilen ist der ganze mittlere Abschnitt der Zelle rings um den Kern von dicht aneinander liegenden Fettröpfchen erfüllt. Der proximale Abschnitt bleibt dabei stets von diesen Trüpfchen ganz frei. Daraus folgt, dab sich das aus dem Darmlumen eindringende Ernährungsmaterial wahrscheinlich im Zellkörper selbst in der Nähe des Kerns in eine fettartige Substanz umwandelt. Weiter wandern die Tröpfchen der letztern aus dem mittlern in den basalen Zellabschnitt, wo sie bereits in einer verhältnismäßig unbedeutenden Menge zu konstatieren sind. Und von hier aus dringen sie offenbar durch die Balken der Mesenchymschicht bis zu den Chloragogenzellen vor, in welchen aufs neue eine bedeutende An- sammlung der fettartigen Tröpfchen stattfindet (Taf. 38, Fig. 70). Der letztere Vorgang ist demjenigen durchaus ähnlich, wie wir ihn oben in bezug auf den Mitteldarm dargestellt haben. Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, welche Umwandlungs- produkte des im Darmrohr von Acanthobdella enthaltenen Bluts in der hier beschriebenen Weise assimiliert werden, um so mehr als auber den bezeichneten Vorgängen noch andere sozusagen minder ins Auge fallende Prozesse sich im Hinterdarm abspielen können. Wenn man nun auch aus den besprochenen Tatsachen schließen kann, dab die Assimilationsprozesse in beiden Abschnitten des ento- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 50 74 N. Livanow, dermalen Darms bis zu einem gewissen Grade ähnlich sind, so steht doch andrerseits außer Zweifel, daß die Verdauung der Blutkörperchen allein für den Hinterdarm charakteristisch ist. Dies äußert sich auch in den angedeuteten Eigentümlichkeiten seines Epithels und steht vielleicht in Verbindung mit der Anwesenheit des Blutsinus allein am Hinterdarm, während dem Mitteldarm ein solcher Sinus fehlt. Dieselben Besonderheiten kennzeichnen im Gegensatz zu den Oligochäten auch die beiden Abschnitte des entodermalen Darms bei den übrigen Hirudineen. Sowohl das drüsige Epithel als auch der Blutsinus kommen im Hinterdarm der letztern stets vor, während am Mitteldarm der Blutsinus fehlt und das Epithel seinen drüsigen Charakter verliert. Wie schon erwähnt. repräsentiert der Hinterdarm von Acantho- bdella gewissermasen die Vorstufe zu der weitern Differenzierung desselben in 2 Abschnitte, die bei vielen Hirudineen so stark aus- geprägt ist. Daß diese Auffassung richtig sein dürfte, das beweist unter anderm die Identität der Funktionen beider Abschnitte einer- seits bei Acanthobdella und andrerseits bei den übrigen Hirudineen, und dafür sprechen auch die gleichen Beziehungen zu den Blut- räumen. Die Abbildungen und Beschreibungen von A. OKa (1894), welche den Blutsinus von Hemiclepsis marginata und andern Glosso- siphoniden betreffen, können fast in vollem Umfang auch für Acantho- bdella gelten. Unmittelbar hinter dem letzten Dissepiment des Körpers tritt der Hinterdarm von Acanthobdella ins innere Mesenchym. des Körpers ein (Taf. 34, Fig. 13; Taf. 41, Fig. 108). Das Cölothel verläßt ihn hier, seine Mesenchymschicht geht ins innere Mesenchym des Körpers über, die das Blut enthaltenden Hohlräume verschwinden, und die Längsmuskelfasern enden. Das ziemlich weite Darmrohr verengert sich sehr schnell, und der Hinterdarm (hd) geht in den kurzen End- darm (an) über. Dieser steigt vertikal nach oben auf, durchdringt die Muskulatur der Körperwand und öffnet sich zwischen dem 4. (23) und 5. (24) Somit der Hinterdarmregion nach außen durch eine ovale Spalte, die quer zur Längsachse des Körpers auf der dorsalen Medianlinie liegt. Das den Enddarm auskleidende Epithel stellt eine unmittelbare Fortsetzung des Hautepithels dar, und seine Struktur verändert sich auf der kurzen Strecke vom Hinterdarm bis zur Analöffnung gar nicht (Taf. 34, Fig. 13). Die Zellen sind mit denjenigen des Haut- Acanthobdella peledina GRUBE. 775 epithels identisch; ihr cuticularer Saum ist gut entwickelt. An der Übergangsstelle des Enddarms in den Hinterdarm sieht man eine scharfe Grenze zwischen den Zellen der beiden Darmabschnitte. Ein solches Verhalten gestattet es, den ectodermalen Ursprung des Enddarms sicherzustellen. ‘Seine Muskulatur ist von der oben beschriebenen Muskulatur des entodermalen Darmabschnitts scharf abgegrenzt (Taf. 34, Fig. 13). Dem Epithel liegen gut entwickelte Ringmuskeln in der Gesamtzahl von etwa 10 Biindeln an. Nach vorn dehnen sie sich ein wenig auf den Hinterdarm aus, während sie sich hinten unmittelbar an die Ringmuskulatur des Integuments anschließen und auch in ihrer Struktur von den letztern in keiner Weise abweichen. Nach außen von den Ringmuskeln verlaufen einige wenige schwach entwickelte Längsmuskelfasern, die mit ihren Endver- zweigungen sich einerseits zwischen den Ringmuskeln des Integu- ments befestigen, andrerseits bis zum Hinterdarm reichen. Ihre kern- haltigen Abschnitte liegen am obern Abschnitt des Enddarms, und die allgemeine Struktur dieser Zellen unterscheidet sich von der- jenigen der Ringmuskeln nicht. Wenn wir nun zum Schluß die in bezug auf den Bau des Darms von Acanthobdella gewonnenen Tatsachen resumieren, so können wir behaupten, daß der Darm dieser Form unbedingt einen deutlich ausgeprägten Hirudineen-Typus aufweist, dabei aber in mancher Beziehung ein primitiveres Verhalten bekundet und sich dem Typus der Oligochäten, insbesondere solcher Formen wie der Haplo- taxiden und Dranchiobdella, in bedeutendem Mase nähert. 11. Das Blutgefäßsystem. In bezug auf dieses Organsystem schreibt A. KowAuLevsky (1896, p. 268): „Le systeme vasculaire est assez simple, et consiste en deux vaisseaux ventral et dorsal qui donnent des vaisseaux capillaires aux parois de l'intestin. Les vaisseaux sont extremement développés dans l'intestin postérieur et dans les parois de l’intestin terminal. Ici commencent aussi les grands vaisseaux se dirigeant vers la ventouse ott ils forment un réseau. Au bout antérieur, le vaisseau dorsal se divise en deux branches qui entourent l’oesophage et se réunissent avec le vaisseau ventral. Les parois du vaisseau dorsal, dans la partie antérieure du corps, contiennent des grandes cellules 50* 776 N. Livanow, musculaires avec leurs noyaux formant des proéminences dans la cavité du vaisseau. Le sang est rouge et contient très peu de leucocytes. Excepté la ventouse les parois du corps ne contiennent pas de vaisseaux; les vaisseaux latéraux manquent aussi“ Bei E. GruBE (1851) lesen wir nur, daß er „Bruchstücke von einem der seitlichen Gefässe erkennen, aber nicht im Zusammenhange verfolgen“ konnte. Als wichtigste Abschnitte des gut entwickelten und ganz ab- geschlossenen Blutgefäßsystems von Acanthobdella erscheinen das Vas ventrale (vg) und dorsale (dg), die im größern Teil des Körpers, von der Kopfregion an bis zu der Hinterdarmregion, allein vor- handen sind (Taf. 33, Fig. 2—6; Taf. 34, Fig. 7—12; Taf. 41, Fig. 108). Jegliche längs verlaufende Seitengefäße fehlen ganz. Das ventrale Blutgefäß (Taf. 33, Fig. 3—6; Taf. 34, Fig. 7—13; Taf. 40, Fig. 92; Taf. 41, Fig. 108 vg) verläuft im ventralen Cölom- abschnitt auf der Medianlinie des Körpers, über der Bauchkette oder seitlich von ihr gelegen. Irgend welche Spuren eines ventralen Ab- schnitts des Gefäßmesenteriums kommen am Bauchgefäß nicht vor, vom dorsalen Abschnitt desselben aber sind stets Reste vorhanden. Man sieht nämlich, daß in den Dissepimenten aller Mittelkörper- und Hinterdarmregions-Somite das ventrale Blutgefäß mit dem Darm- mesenchym durch einen mesenchymatösen Strang verbunden ist, welcher, wie alle im Cölom liegenden Bildungen, außen vom ge- wöhnlichen Cölothel bedeckt ist (Taf. 34, Fig. 11; Taf. 41, Fig. 108). Durch diesen Strang dringen 1 oder 2 Muskelfasern bis zum Gefäß selbst vor. Es sind die Endzweige des kleinern Paars von Muskelzellen (dsz,), welche im Dissepiment ventral zum Darm hinziehen. In den Clitellar- und Präclitellarsomiten sind die bezeichneten Mesenchym- stränge bald vorhanden, bald aber fehlen sie. In einigen Fällen konnte ich konstatieren, daß der dorsale Abschnitt des ventralen Mesenteriums hier und da in den Präclitellarsomiten als eine auf einer längern oder kürzern Strecke verlaufende dünne Mesenchym- lamelle auftritt. Im 1. Clitellarsomit verbindet eine ebensolche Mesenchymlamelle das Bauchgefäß mit der dorsalen Wand des ven- tralen Célomsinus, oder es ist dieses Gefäß ganz in die Wandung desselben eingeschlossen (Taf. 34, Fig. 8). In den Kopfsomiten kommen gar keine Reste des Mesenteriums am ventralen Blutgefäß vor (Taf. 33, Fig. 2—4). Vom 1. Präclitellarsomit (6) bis zur Haftscheibenregion ist das Bauchgefäß ganz gleichartig (Taf. 39, Fig. 72; Taf. 40, Fig. 92). Acanthobdella peledina Grues. UT Sein ovaler oder runder Querschnitt beträgt im Durchmesser ungefähr 20—25 u. Unter dem Cölothelüberzug (ct) desselben liegt eine dünne Schicht, die vom gewöhnlichen, glashellen, gallertartigen Mesenchym (ms) mit sehr spärlich zerstreuten Zellen gebildet ist. Nach innen liefert diese Schicht eine sehr gut entwickelte Grenzlamelle, welche sich bei Anwendung der Van Gieson’schen Färbungsmethode (Häma- toxylin-Säurefuchsin-Pikrinsäure) deutlich rot färbt. An sie grenzt die innere Schicht (is) der Gefäßwandung an, die schon keine rote Farbung dabei mehr zeigt. Sie ist von einer sehr diinnen proto- plasmatischen Lamelle gebildet, in welcher 5—6 lings verlaufende, im Querschnitt ovale oder fast runde, unverzweigte feine Muskel- fäserchen (mf) eingelagert sind. Die innere, dem Gefäßlumen zu- gekehrte Fläche dieser protoplasmatischen Lamelle weist wohl einen stark lichtbrechenden cuticularen Saum auf, der jedoch keine be- sondere Membran darstellt, die einer Intima vergleichbar wäre An einigen Stellen scheint das Protoplasma an dieser Cuticula ganz zu fehlen, während es an andern Stellen Wucherungen (is“) bildet, die in das Gefäßlumen vorragend fast !/, desselben einnehmen (Taf. 39, Fig. 72b). Hier sieht man im stark färbbaren, fein granulierten Protoplasma einen ziemlich großen ovalen Kern von ungefähr 10 u im Durchmesser mit kleinen Chromatinkörnchen. An der innern Grenze verlaufen in der Protoplasmaeinwucherung selbst die 2—3 oben erwähnten Längsmuskelfäserchen. Die bezeichneten Ein- wucherungen sind in jedem Somit gewöhnlich in der Zweizahl vor- handen, jedoch ohne irgend welche Regelmäßiekeit in ihrer Anordnung zu zeigen, abgesehen davon, dab sie biserial rechts und links in der Gefäßwand verteilt sind. Anderweitige Zellelemente sind in der innern Wandschicht des ventralen Blutgefäbes nicht zu bemerken, und somit haben wir hier Zellen vor uns, welche die Innenwand des Gefäßes bilden und gleich- zeitig die Bildungszellen der Muskulatur desselben, nämlich der Längsfäserchen, darstellen. Ganz ebensolche Strukturverhältnisse des ventralen Blutgefäbes finden wir bei den Glossosiphoniden. Ein Unterschied besteht nur darin, dab die innere Schicht des Gefäßes bei den letztern sehr dünn ist und sehr leicht übersehen werden kann. Was die Angaben der Autoren in bezug auf das Bauchgefab der Glossosiphoniden betrifft, so kann ich auf die von A. Lana (1903, p. 253—259) gegebene Zusammenfassung hinweisen, da ich mich der von diesem Autor gegebenen Wertschätzung des vor- 778 N. Livaxow, liegenden Tatsachenmaterials vollkommen anschließe. Meinerseits hätte ich nur zu bemerken, daß ich Lane gegenüber die Existenz der von mir beschriebenen Längsmuskelfasern in der Bauchgefäß- wand aufrecht erhalte und in diesem Fall mit der Deutung der- selben als Falten der innern Schicht keineswegs einverstanden sein kann. Hierin ersehe ich einen Unterschied der Hirudineen von den Oligochäten, soweit es sich nach den vorliegenden Angaben der ver- schiedenen Autoren beurteilen läßt. Sowohl in der Kopf- als auch in der Haftscheibenregion ver- ändern sich die Strukturverhältnisse des ventralen Blutgefäßes. Ganz typisch, wie oben beschrieben, verläuft es nach vorn bis zum Dissepiment zwischen dem 5. Kopf- und 1. Präclitellarsomit. Am ventralen Durchbruch dieses Dissepiments angelangt, gibt das Bauchgefäß (vg) ein Paar Transversalgefäße ab (Taf. 33, Fig. 4 gg; Taf. 41, Fig. 103 qg;), wobei 2 Längsmuskelfäserchen seiner Wan- dung, jederseits eine, verschwinden, indem sie hier enden oder viel- leicht in die entsprechenden Transversalgefäbe übergehen. Allein wenn dieser letztere Fall hier stattfinden sollte, so würde in die Wand des Transversalgefäßes nur das Ende des Fäserchens eintreten. Im 5. Kopfsomit besitzt das ventrale Blutgefäß nur 3—4 Längsmuskel- fäserchen. Beim Dissepiment zwischen dem 4. und 5. Kopfsomit gibt dasselbe nochmals ein Paar Transversalgefäbe (qg,) ab (Taf. 41, Fig. 103), wobei wieder 2 Längsmuskelfäserchen seiner Wand ihr Ende erreichen. Weiter bleiben also nur 1—2 Längsmuskelfäserchen im ventralen Blutgefäß zurück, das beim Dissepimente zwischen dem 3. und 4. Kopfsomit auch verschwindet, wo das 3. Paar Transversal- gefäße (99,) vom Bauchgefäb abgeht. Diese Regelmäßigkeit im allmählichen Schwinden der Muskel- fäserchen prägt sich gewöhnlich sehr deutlich aus, zuweilen jedoch findet man überzählige Fäserchen, oder die gewöhnlichen Fasern setzen sich über die Norm weiter fort. An der Grenze zwischen dem 2. und 3. Kopfsomit gibt das ventrale Blutgefäß noch 2 TransversalgefaBe (99,), das 4. Paar, ab und verläuft weiter zwischen dem Oesophagus und der Unter- schlundganglienmasse, wonach es sich in seine 2 vordern Endzweige gabelt (Taf. 33, Fig. 2 vg; Taf. 39, Fig. 73; Taf. 41, Fig. 103 49,)- Nach hinten bewahrt das ventrale Blutgefäß seine gewöhnlichen Strukturverhältnisse, bis es in den hintern, sackartigen Endabschnitt des Cüloms (ce) eindringt und hier an die Analganglienmasse heran- tritt (Taf. 41, Fig. 108). Diesem Teile der Bauchkette dorsal an- Acanthobdella peledina Gruse. 119 liegend, gibt es in seinem weitern Verlauf 3 Paar Transversalgefäbe ab (Taf. 41, Fig. 104 qg,_,), die ventralwärts und etwas lateralwärts gerichtet zwischen den Seitenpaketen an der Zentralfasermasse dicht vorbeiziehen. Das vordere Paar (gg;) befindet sich zwischen dem 1. und 2. Ganglionkomplex der Analganglienmasse, das folgende Paar (99,) zwischen dem 2. und 3. und das 3. Paar (gg,) zwischen dem 3. und 4. der bezeichneten Ganglionkomplexe. Gleich hinter der Analganglienmasse gibt das Bauchgefäß noch 1 Paar Transversalgefäße (qg,) ab, von denen zuweilen das eine oder das andere auf einer gewissen Strecke mit dem Längsgefäh vereinigt bleibt, was das typische Verhalten mehr oder minder ver- dunkeln kann. Vor dem vordersten Paar Transversalgefäße oder ein wenig hinter diesem verschwinden die Längsmuskelfäserchen im hintersten Abschnitt des ventralen Blutgefäßes, und das letztere zeigt dann hier einen ganz ähnlichen Bau wie in seinem oben beschriebenen vor- dersten Abschnitt. Es besitzt unter der äußern Cölothelbekleidung eine dünne Mesenchymschicht, in welcher man im Bereich der Anal- sanglienmasse einige Drüsenzellen mit ihren zur Haftscheibe ziehen- den Ausführungsgängen beobachten kann (Taf. 34, Fig. 13), und weiter die innere Schicht, deren Zellen wie gewöhnlich ausgebildet erscheinen, aber keine Muskelfäserchen enthalten. Die Strukturverhältnisse der Transversalgefäße unterscheiden sich von den muskellosen Abschnitten des Bauchgefäbßes, abgesehen von ihrer geringern Größe, in keiner Weise (Taf. 39, Fig. 74, 75). Denselben Strukturverhältnissen begegnen wir auch in den Transversalgefäßen der Glossosiphoniden. Einen andern Bau haben die kleinen Gefäße, welche das ventrale Blutgefäß mit dem schon beschriebenen Darmblutsinus in Verbindung setzen (Taf. 41, Fig. 108). Sie sind in der Zahl von 5 vorhanden und verlaufen in den Mesenchymsträngen, welche im Bereich der Dissepimente (dsp. 21) zwischen dem 1. und 2. 2. und 3., 3. und 4, 4. und 5., 5. und 6. Somit der Hinterdarmregion das Bauchgefäß am Darm aufhängen. Durch den Besitz von Muskelfäserchen erscheint ihre Struktur im allgemeinen derjenigen des ventralen Blutgefäbes sehr ähnlich. Sie enthalten nämlich in ihren Wandungen, je nach der Länge der Gefäße, 2—3 oder mehr Zellen, welche mit 2—3 Längsmuskelfäserchen versehen sind. Die letztern enden einer- seits in der äußern Mesenchymlamelle der Hinterdarmwand an der Einmündung des betreffenden Gefäbes in den Sinus und andrerseits 780 N. Livanow, an der Verbindung mit dem Bauchgefäß. Die ausschließlich von diesen Zellen gebildeten Gefäße weisen weiter keine Schichten auf, da das Mesenchym des Aufhängestrangs sie von allen Seiten umgibt. Derartige Gefäße sind nach Oxa’s (1894) und meinen eignen Beobachtungen bei den Glossosiphoniden nicht vorhanden, während bei den Oligochäten solche Anastomosen zwischen dem Bauchgefäß und dem Darmblutsinus vorkommen. Das dorsale Blutgefäß (dg) verläuft parallel dem ventralen im dorsalen Cölomabschnitt über dem Darmkanal, und, wo die Ovarial- säcke vorhanden sind, liegt es unter ihnen (Taf. 33, Fig. 2—6; Taf. 34, Fig. 7—12; Taf. 41, Fig. 103, 108). Sein Durchmesser beträgt in der Mitteldarmregion ungefähr 40 «. Von mesenterialen Aufhängebändern weist dieses Gefäß nur Reste auf. Im Bereich der Dissepimente sieht man nämlich in allen Clitellarsomiten sowie in denjenigen der Mittel- und Hinterdarmregion, ausgenommen die 2 hintersten Dissepimente des Körpers, daß ein kurzer, mehr oder minder breiter Strang die Gefäßwand mit der Wand des Darms verbindet (Taf. 34, Fig. 7). Diese Stränge bestehen aus Mesenchym, in welchem 2 Endzweige der dorsalen Dissepimentmuskelzellen (dsz), jederseits einer, eingeschlossen sind. Die Verhältnisse erscheinen auf solche Weise den für das ventrale Blutgefäß beschriebenen ganz ähnlich, allein bei diesem sind die dorsalen Mesenterienabschnitte, bei jenen aber die ventralen vorhanden. Im ganzen 3. (8) und dem hintern Abschnitt des 2. (7) Präclitellarsomits kommt gewöhnlich der ventrale Mesenterienabschnitt in voller Ausbildung, d. h. als eine ziemlich dünne mesenchymatöse Lamelle, die von außen natürlich vom Cölothel bekleidet ist, vor (Taf. 33. Fig. 5). Weiter nach vorn, wo der bewegliche Vorderdarm anfängt, schwindet diese Lamelle, und statt dessen tritt hier die dorsale Falte desselben Mesenteriums auf (Taf. 33, Fig. 4). Die letztere erscheint als ein dünnes mesenchy- matöses Band, welches das innere Mesenchym des Körpers mit dem dorsalen Blutgefäß in Verbindung setzt, und erstreckt sich durch den vordern Abschnitt des 2. (7) und durch das 1. (6) Präclitellar- somit sowie das 5. (Taf. 33, Fig. 3) und 4. Somit der Kopfregion. In den Kopfsomiten kann man gleichzeitig auch Reste des ventralen Mesenterienabschnitts erkennen, so dab stellenweise ein volles Rücken- mesenterium vorliegt. Besonders günstig für die Beobachtung der Struktur des dorsalen Blutgefäßes erweist sich sein Abschnitt, welcher in den 5 vordern Acanthobdella peledina Gruss. 781 Somiten der Hinterdarmregion gelegen ist (Taf. 41, Fig. 108) Hier verläuft es, dicht an die Hinterdarmwand anliegend, und in jedem Somit tritt es mehrfach in offene Verbindung mit dem Darmblutsinus (Taf. 34, Fig. 12), welcher schon oben beschrieben ist. Die erste derartige Verbindung befindet sich im Dissepiment (dsp,,) zwischen dem 8. (79) Somit der Mitteldarmregion und dem 1. (20) der Hinter- darmregion. Die Vereinigung selbst kommt dadurch zustande (Taf. 39, Fig. 71), dab die ventrale Gefäßwand (dg) median oder ein wenig seitlich sowie die entsprechende Stelle der Wand des Darmblutsinus (ds) durchbrochen werden und auf solche Weise das Gefäßlumen in das- jenige des Darmsinus hier unmittelbar übergeht. Die peritoneale Be- kleidung (ct) des Darmkanals setzt sich ununterbrochen auf das Rücken- sefäß fort, und die äußere Lamelle der Mesenchymschicht des Hinter- darms geht durch die beschriebene Öffnung ins Gefäß über, um dort dessen einzige, eigene Wandschicht zu bilden, da eben hier weder eine Muskelschicht noch eine Intima in seiner Wand vorkommen. Das Peritonealepithel (ct) der Gefäßwand ist dem parietalen Cölothel durchaus ähnlich. Die Mesenchymschicht (ms) stellt eine dünne Lamelle glasheller, gallertartiger Substanz vor. Ihrer Grenzlamelle liegen oft im Gefäßlumen dieselben Zell- elemente (bz) an, welche gleichzeitig auch ganz frei im Blut schwimmend vorkommen und ihrer Struktur nach mit den bereits beschriebenen Cölomocyten (cz) ganz identisch sind. Es sind das die einzigen freien Zellen in den Gefäßen (Taf. 39. Fig. 71). “sanz ebenso wie bei Acanthobdella ist das Rückengefäß im ent- sprechenden Körperabschnitt der Glossosiphoniden gebaut. Am Dissepiment (dsp,,) zwischen dem 5. (24) und 6. (25) Somit der Hinterdarmregion spaltet sich das dorsale Blutgefäß in 2 Gabel- äste (Taf. 41, Fig. 104, 108), die im 6. Somit allmählich ventralwärts gerichtet verlaufen; sie zeigen dieselben Strukturverhältnisse und dieselben Beziehungen zum Darmblutsinus wie das eben für das Rückengefäß beschrieben ist. Nach vorn vom 8. Somit (29) der Mitteldarmregion bis zum 2. Präclitellarsomit (7) verläuft das dorsale Blutgefäß als ein ganz geschlossenes Rohr, wobei es genau dieselbe Struktur aufweist wie in der Hinterdarmregion (Taf. 39, Fig. 76). Nur im Dissepiment zwischen dem 2. (70) und 3. (11) Clitellarsomit befindet sich im um- gebenden Mesenchym eine ziemlich große Ringmuskelzelle, die hier am Dorsalgefäß eine Art Sphincter bildet (Taf. 34, Fig. 9). 782 N. Livaxow, Auf der Grenze zwischen dem 2. und 3. (8) Präclitellarsomit finden wir dagegen in dieser Beziehung sehr bedeutende Veränderungen (Taf. 39, Fig. 77). Man sieht nämlich, daß das Gefäßlumen von dieser Stelle ab eine besondere innere Schicht (is) enthält, welche der Grenzlamelle des Mesenchyms anliegt und eine sehr dünne Membran darstellt. Von auben befinden sich an dieser Membran die sie erzeugenden Zellen (is*) in Gestalt von protoplasmatischen Wucherungen von ungefähr 15 « Höhe und 30—40 u Breite, welche in ihrem feinkörnigen, gut färbbaren Protoplasma den an Chromatin- körnchen reichen, ovalen Kern von etwa 10 w im Durchmesser ent- halten. Diese Zellen sind in den weiter oben beschriebenen Abschnitten des Rückengefäßes niemals vorhanden. Die in Rede stehende Schicht ist der innern Schicht des ventralen Blutgefäßes oder der Trans- versalgefäbe homolog. In der Mesenchymschicht (ms) kommen Ringmuskelfasern (rm) ebenfalls von der Grenze zwischen dem 2. und 3. Präclitellar- somit an vor. Ihr kernhaltiger Abschnitt hat ungefähr 20—30 w Breite und bis zu 40 u Höhe und ragt von der Faserebene gegen die innere Schicht vor. Transversal gehen vom Zellenleibe in ent- gegengesetzter Richtung je 2—3 das Gefäß umgreifende Fortsätze ab. In ihrer innern dem Gefäßlumen zugewandten Fläche befindet sich die fibrillär-kontraktile Schicht, welche in Gestalt sehr dünner Lamellen erscheint, die sich auch auf die kernhaltige Protoplasma- wucherung fortsetzen, wobei die letztere gewöhnlich auf einer erößern oder mindern Strecke von ihnen freibleibt. Nach außen fehlt die kontraktil-fibrilläre Substanz an der Zelle und ihren Fort- sätzen ganz. Das Protoplasma dieser Muskelzellen ist feinkérnig und färbt sich sehr stark; in den Fortsätzen weist es eine trans- versale Streifung auf. Der Kern hat eine ovale Form und beträgt ungefähr 20 « im Durchmesser bei einer Länge von etwa 25—30 u; er enthält zahlreiche Chromatinkörnchen von verschiedenen Di- mensionen. Vergleichen wir nun diese Strukturverhältnisse des Dorsal- getaBes von Acanthobdella mit denjenigen des entsprechenden Abschnitts des Rückengeefäßes der Glossosiphoniden, so können wir eine fast volle Gleichheit in beiden Fällen konstatieren. Hier kann ich wiederum auf die Zusammenfassung der betreffenden Literatur in der erwähnten Arbeit von A. Lane (1903, p. 253—259) hinweisen. Meine Angaben fallen mit den Anschauungen dieses Autors inbezug auf die Muskulatur des Rückengefäßes zusammen, Acanthobdella peledina Grose. 183 weichen aber, was die innere Schicht der Gefäßwand betrifft, sehr bedeutend ab. Die beschriebene Struktur behält die Wand des dorsalen Ge- fäßes vom 2. Präclitellarsomit (7) an bis zur Oberschlundganglien- masse, d. h. bis zur Mitte des 3. Kopfsomits. Hier schwindet die Ringmuskelschicht nach und nach, und in der Nähe der Oberschlund- ganglienmasse besteht das Gefäß nur aus der innern (is) und der Mesenchymschicht (ms), weist also dieselbe Struktur auf wie das ventrale Gefäß in seinem vordersten Abschnitt. In solchem Zu- stand zieht das Rückengefäß weiter nach vorn, wobei es zwischen der Oberschlundganglienmasse und dem Oesophagus hindurchtritt. Kurz vor dem Pharynx teilt es sich in seine 2 Gabeläste (gg,), welche, dem Vorderdarm dicht anliegend, im Bogen absteigen, um in die entsprechenden Zweige des ventralen Blutgefäbes überzugehen und so das 1. Paar Transversalgefäße zu bilden (Taf. 38, Fig. 63; Taf. 41, Fig. 103). Auber diesem Gefäßschlundringe gehen vom dorsalen Blutgefäb (dg) noch 4 Paar Transversalgefäße (992-;) ab (Taf. 41, Fig. 103), die alle bei ihrer Austrittsstelle auf einer kurzen Strecke mit tingmuskelfasern versehen sind. Diese Fasern sind von etwa 2 Muskelzellen gebildet, die denjenigen des dorsalen Gefäbes ähnlich erscheinen. Weiter aber zeigen diese Transversalgefäbe den ge- wöhnlichen, für ihre ventralen Abschnitte schon beschriebenen Bau. Ähnliches fand A. Oxa (1894) bei den Glossosiphoniden. Das 2. Paar Transversalgefäße (99,) teilt sich vom dorsalen Gefäß an der Grenze zwischen dem 2. und 3. Kopfsomit ab (Taf. 41, Fig. 103). Um seinen ventralen Abschnitt zu erreichen, verläuft jedes Transversalgefäß anfangs nach vorn im dorsalen Cölomabschnitt einwärts von Alen ersten 2 Paaren der Protractoren (pr,, ,), darauf im Mesenchym des Körpers vor den nach hinten verschobenen Enden der dorsoventralen Muskelzellen (dvm,) des 2. Somits, und endlich, um die letztern umbiegend, zieht es im Cülom hinter dem ventralen Borstenpaar (bsz,) des 2. Somits (Taf. 33, Fig. 2) und hinter dem Schlundkonnektiv ventralwärts. Das 3. Paar der in Rede stehenden Gefäße (Taf. 38, Fig. 67 gg), welches vom dorsalen Gefäb im vordern Abschnitt des 4. Kopfsomits abgeht, verläuft auf seiner ganzen Strecke im Cölom in der Nähe des Oesophagus, nach innen von dem 3. Protractorenpaar (pr,) und den dorsalen Drüsenausführ- giingen des letztern, wobei jedes Gefäß eine Art nach vorn gerichteter Bogen bildet (Taf. 41, Fig. 103 gg,). Auch das 4. Paar Transversal- 784 N. Livanow, gefäße (qg,) liegt frei im Cölom. Vom dorsalen Gefäß teilen sie sich im vordern Abschnitt des 5. Kopfsomits ab, ziehen nach vorn und außen von den dorsalen Paketen der Drüsenausführgänge des Oeso- phagus, darauf biegen sie von vorn um die innern dorsoventralen Muskel- zellen (dvm,) dieses Somits und ziehen endlich ventralwärts, um ihre vom ventralen Gefäß abgehenden Teile zu erreichen. Am einfachsten verlaufen die Transversalgefäße des 5. Paars (qg;). Vom dorsalen Gefäß gehen sie im vordern Abschnitt des 1. Präclitellarsomits (6) ab, bilden im hintern Abschnitt des 5. Kopfsomits unansehnliche Bogen und gehen auf solche Weise in ihre ventralen Teile über. Somit haben wir im Kopfende von Acanthobdella 4 Paar von Transversalgefäßen, die, ihren Abgangsstellen von den Längsgefäßen nach, nämlich zwischen dem 2. und 3. 3. und 4., 4. und 5. Kopfsomit und zwischen dem letztern und dem 1. präclitellaren Somit, durch- aus metamer angeordnet sind. Ihre Lage näher zu bestimmen, er- laubt uns besonders das letzte Gefäßpaar, dessen Zugehörigkeit zum Dissepiment zwischen dem 5. Kopf- und 1. Präclitellarsomit voll- kommen klar ist, indem es nur in seinem schlingenartigen Verlauf aus dem Bereich des Septums heraustritt. Derartige Beziehungen zu den betreffenden Dissepimenten sind auch bei den übrigen Trans- versalgefäßen mehr oder minder deutlich ausgeprägt. Auf solche Weise weist Acanthobdella im Kopfende 4 Paar transversaler Dis- sepimentgefäße auf, deren Verlauf nur relativ unbedeutend sekundär verändert erscheint. Wie bereits gezeigt, bietet das 1. Paar Transversalgefäbe intimere Beziehungen zum Oesophagus dar, wodurch es sich von den 4 eben beschriebenen Paaren unterscheidet. Dieser Unterschied 4st jedoch nicht genügend, um darauf hin ihre Homologie mit den übrigen Gefäßpaaren in Abrede stellen zu können. Wir haben hier bloß Abänderungen vor uns, die als Anpassungen der transversalen Dissepimentgefäße an die besondern Baubeziehungen des Vorder- endes erscheinen, und daher betrachte ich dieses vorderste Paar Transversalgefäße als Gefäßpaar des Dissepiments zwischen dem 1. und 2. Kopfsomit. Von dieser metameren Anordnung der 5 Paar Transversalgefäbe bei Acanthobdella läbt sich das bei den Glossosiphoniden vorkommende Ver- halten ohne Schwierigkeit ableiten. Erstens stellt der Rüsselgefäßring derselben in seiner Beziehung zum Vorderdarm eine fast vollkommene Übereinstimmung mit dem 1. Transversalgefäßpaar von Acanthobdella dar. Der Unterschied ist nur durch die Ausbildung der Rüsselfalte Acanthobdella peledina GRUBE. 785 bei den Glossosiphoniden bedingt, demzufolge das Rüsselgefäß der letztern eine mehr oder minder lange Schlinge machen muß, bevor es in die Riisselwand eindringt. Dies ruft eine um so bedeutendere Verlängerung des Gefäßes hervor, als es im Rüssel selbst noch bis an dessen vorderes Ende nach vorn zieht, wo dann erst der Gefäß- ring des 1. Paars von Transversalgefäßen zustande kommt. Als weiteres Resultat dieses Verhaltens erscheint ferner der Umstand, dab das Rüsselgefäß der Glossosiphoniden sich dorsal nach Art eines verhältnismäßig unbedeutenden untern Zweigs vom Rückengefäf abspaltet, um seiner Eintrittsstelle in den Rüssel von vornherein näher zu sein. Ventral aber hat es hier die ursprünglichen topo- sraphischen Beziehungen beibehalten und erscheint als direkte Fort- setzung des Bauchgefäbes. Diese Eigentümlichkeiten des Rüsselgefäßes der Glossosiphoniden bestätigen gewissermaßen die oben gegebene Erklärung, wie das Verhalten des Rhynchobdellidenrüssels aus einem Zustand ähnlich demjenigen von Acanthobdella durch außerordentlich starke Aus- bildung der hier nur geringen Mundhöhle und Vorderdarmfalte her- vorgegangen sein dürfte. Die 4 folgenden Paare von Transversalgefäßen der Glosso- siphoniden unterscheiden sich von denjenigen bei Acanthobdella nur durch eine ungemein starke Entwicklung der schlingenartigen Kriimmungen und durch ihre Abgangsstellen vom dorsalen resp. ventralen Längsgefäß. Inbezug auf diese Schlingenbildung führe ich hier die folgende Bemerkung von A. Oxa (1894, p. 113) an: „Bei ganz jungen Tieren gehen sie“ (das hinterste Paar Transversal- gefäße) „nur bis ins XVI. Segment, während sie sich bei erwachsenen bis in das XXII. oder XXIII. Segment erstrecken“, was mit Be- stimmtheit auf den sekundären Charakter dieser Veränderungen hin- weist. Die Verlagerung der Abgangsstellen dieser Transversalgefäbe erscheint als eine Folge des nach hinten verschobenen Abgangs des dorsalen Rüsselgefäßteils vom Rückengefäß. Am ventralen Gefäß aber sind alle Transversalgefäße in ihren Abgangsstellen dicht an- einander gerückt, obgleich in ihrer Gesamtheit nicht nach hinten verschoben, was wahrscheinlich durch die Ausbildung des Saugnapfs bedingt ist. Zur bessern Orientierung in diesen scheinbar ver- wickelten Verhältnissen muß ich den Leser auf die betreffende Ab- bildung in A. Oxa’s Arbeit (1894, fig. 24, tab. 5) verweisen. Hiernach wäre bei Acanthobdella und bei den Glossosiphoniden der vordere Abschnitt des Blutgefäßsystems nach ein und demselben 786 N. Lrvanow, Typus gebildet; es sind nämlich hier vorhanden: das dorsale und ventrale Längsgefäß und 5 Paare sie verbindender Transversalgefäbe. Dabei weist Acanthobdella die bei weitem primitivern Beziehungen auf, indem diese Gefäße eine streng metamere Ausbildung, ent- sprechend den 5 vordersten Dissepimenten erkennen lassen, worin sich ein fast direkter Anschluß an die Oligochäten ausspricht. Das dorsale und ventrale Gefäß sowie der schon beim Darm- kanal beschriebene Darmblutsinus sind bei Acanthobdella und den Glossosiphoniden ebenfalls nach ein und demselben Typus gebaut, wie denn auch die gegenseitigen Beziehungen des dorsalen Gefäbes und des Darmblutsinus in beiden Fällen dieselben sind. Die 5 Ge- fäße aber, welche diesen Sinus und das Bauchgefäß verbinden, sind bei den Glossosiphoniden ganz abhanden gekommen, worin Acantho- bdella, bei welcher diese Gefäße schon ein wenig reduziert erscheinen, wiederum das primitivere, an die Oligochäten erinnernde Verhalten aufweist. Wenden wir uns nun zu den Blutgefäßen des hintern Körper- abschnitts (Taf. 41, Fig. 104). Ein wenig von der dorsalen Medianlinie lateralwärts ablenkend, treten die beiden hintern Spaltäste des Rückengefäßes beim letzten Dissepiment ins Mesenchym des Körpers ein (Taf. 34, Fig. 13; Taf. 41, Fig. 108). Bis hierher bewahren sie den Charakter des dorsalen Blutgefäßes, wie es ihn in seinem Verlauf durch die Darm- region zeigt; im Mesenchym aber verändert sich ihre Struktur sofort, indem sie hier den Bau der gewöhnlichen, oben beschriebenen Trans- versalgefäße oder der vordersten Teile des dorsalen und ventralen Längsgefäßes aufweisen. Im Mesenchym umgreifen die bezeichneten Spaltäste den Hinter- darm nahe seiner Ubergangsstelle in den Enddarm und vereinigen sich hinter diesem aufs neue miteinander (Taf. 41, Fig. 104). Von dem auf solche Weise gebildeten Gefäßringe gehen Transversal- gsefäße ab. Zuerst zweigt sich jederseits ein Gefäß (qg,) ab, welches im innern Mesenchym über den Längsmuskeln ventralwärts zieht, bis es bei der Haftscheibenregion in den mesenchymatösen Zwischen- raum zwischen den medianen und paramedianen Muskelbündeln ein- dringt. Hier vereinigt sich dieses Gefäßpaar mit dem oben be- schriebenen vordersten Paar der vom Bauchgefäß abgehenden Transversalgefäße (Taf. 34, Fig. 14). Diese ziehen durch das Cölom und Mesenchym direkt in den betreffenden Muskelzwischenraum. Ebenso begeben sich auch die ventralen Abschnitte des 2. und Acanthobdella peledina Grusr. 187 3. Paars vom Transversaleefäß, deren Abgang vom Bauchgefäß oben näher bezeichnet war, in die mesenchymatösen Zwischenräume, das 1. (99,) medianwärts von der ventralen Intermediärlinie, das 2. (99,) ventralwärts von der lateralen Linie (Taf. 41, Fig. 104). Die dorsalen Abschnitte dieser Transversalgefäße sind auf einer kurzen Strecke vereinigt und nehmen daher jederseits mit einer gemeinsamen Wurzel vom entsprechenden dorsalen Spaltgefäße ihren Ursprung. Im Körper- mesenchym der Haftscheibenregion sondern sich diese beiden Trans- versalgefäße dorsal nahe dem lateralen Längsmuskelbande, wobei das eine in den Zwischenraum bei der Laterallinie eindringt, das andere aber ventralwärts ablenkt, um in den Zwischenraum bei der Intermediärlinie einzutreten. Hier gehen sie in die entsprechenden ventralen Gefäßabschnitte über und bilden das 2. und 3. Paar Trans- versalgefiße der Haftscheibenregion (Taf. 34, Fig. 14). Das 4, letzte Paar (q9,) entspringt von den dorsalen Spaltgefäßen dicht vor deren Vereinigung hinter dem Darm. Gewöhnlich besteht zwischen dem rechten und linken Gefäße dieses letzten Paars eine Anastomose in der Nähe ihrer dorsalen Enden; während nun das rechte Gefäb darauf in den mesenchymatösen Zwischenraum der Haftscheiben- region lateralwärts von der dorsalen Intermediärlinie eindringt, tritt das linke in den entsprechenden Zwischenraum der andern Seite erst nach Abgabe eines besondern Gefäßes ein, welch letzteres darauf an der dorsalen Medianlinie weiter nach hinten verläuft. In dem Zwischenraum bei der Intermediärlinie angelangt, treffen die Gefäße des 4. Paars mit den aufsteigenden ventralen Abschnitten desselben Paars zusammen, um sich hier mit ihnen zu vereinigen. Der Gefäf- zweig (dg) aber, welcher auf der dorsalen Medianlinie verläuft, ver- einigt sich in der Haftscheibenregion mit dem Endabschnitt des Bauchgefäßes (vg), und so bildet sich eine Art medianer, unpaarer Gefäßschlinge zwischen dem ventralen und dorsalen Längsgefäß, woher man den dorsalen Teil der letztern als den Endabschnitt des Rückengefäßes betrachten kann, der nach Wiedervereinigung der den Darm umgebenden Spaltäste desselben nach hinten verläuft und dabei das linke Transversalgefäß des 4. Paars abgibt. Alle beschriebenen 9 Gefäßbogen geben je einen longitudinal nach hinten ziehenden Gefäßzweig ab, welcher sich im Mesenchym bis zum Rand der Haftscheibe fortsetzt (Taf. 35, Fig. 15; Taf. 41, Fig. 104), und hier sind diese 9 Gefäßzweige miteinander durch ein Ringgefäß (rg) verbunden, welches im Mesenchym zwischen den 788 N. Livanow, hier auseinanderweichenden Längsmuskelfasern eingebettet ist (Taf. 35, Fig. 16). Wir haben also in der Haftscheibenregion von Acanthobdella 4 Paar Transversalgefäße und 1 unpaaren, medianen Gefäßbogen. Der letztere stellt, wie schon angedeutet, aller Wahrscheinlichkeit nach die Endvereinigung des dorsalen und ventralen Blutgefäbes dar, d. h. eine nicht metamere Bildung des hintern Körperendes, während die Transversalgefäße jedenfalls metamere Bildungen sind, was ihre streng segmentalen Abgänge vom Bauchgefäß beweisen. Dorsal sind diese ursprünglichen Beziehungen mehr oder minder verwischt und ebenso in der Haftscheibenregion infolge der radiären Anordnung der Gefäßschlingen sowie durch das Vorkommen des Ringgefäßes, was gewiß mit dem allgemeinen radiären Bauplan der Haftscheibe im Zusammenhang steht und als eine sekundäre An- passungserscheinung an die Funktion der letztern betrachtet werden kann. Ganz analogen Beziehungen begegnen wir nach A. Oxa (1894) in der Haftscheibe gewisser Glossosiphoniden, z. B. bei Proto- clepsis tessellata und Hemiclepsis marginata, wo 7 Paar Gefäßschlingen in derselben Anordnung wie bei Acanthobdella vorhanden sind. In diesem Fall miissen sie alle, nach der Entwicklung der Haft- scheibe zu urteilen, metamere Transversalgefabe darstellen. Das gibt uns einen Hinweis darauf, dab bei Acanthobdella, den 4 Paar Transversalgefäben entsprechend, die Haftscheibenregion aus der Vereinigung von 4 Metameren resp. Somiten hervorgegangen sein muß, was auch die aus dem Studium des Nervensystems gewonnenen Resultate durchaus bestätigen. Wenn wir nun im großen und ganzen bei Acanthobdella und den Glossosiphoniden denselben Bauplan im Gefäßsystem der Haft- scheibenregion vorfinden, so tritt hier im einzelnen dennoch ein weit größerer Unterschied hervor als in den übrigen Abschnitten des Ge- fäbsystems. Dies ist schon dadurch bedingt, dab sich die Haft- scheibenregion bei Acanthobdella nur aus 4 Somiten zusammensetzt, während sie bei den Glossosiphoniden und allen übrigen Hirudineen aus 7 Somiten besteht. Zugleich aber sei hier bemerkt, daß nach A. Oxa (1894) bei Glossosiphonia complanata, Gl. bioculata und Gl. heteroclita ebenfalls nur 4 Paar Transversalgefäße vorkommen und bei Gl. papillosa sogar nur 3 Paare solcher Gefäße vorhanden sein sollen. Den wichtigsten Unterschied von allen übrigen Hirudineen stellt nun das Vorkommen der medianen Gefäßschlinge und des Ring- Acanthobdella peledina GRUBE. 789 gefäbes bei Acanthobdella dar. Die Abwesenheit eines derartigen Ringgefäbes bei den Glossosiphoniden werden wir dabei mit der Ausbildung eines ähnlichen Cölomabschnitts in Zusammenhang bringen müssen, da hier die subepithelialen Cölomhöhlen wahrscheinlich ge- wisse Funktionen des Blutgefäßsystems übernommen zu haben scheinen. Zum Schluß können wir sagen, daß im Blutgefäßsystem von Acanthobdella der allgemeine Hirudineen-Typus deutlich zum Ausdruck gelangt, gleichzeitig aber gewisse ursprünglichere Beziehungen vor- handen sind, durch welche sich diese Form wiederum den Oligochäten nähert. 12. Das Nephridialsystem. Uber die Nephridien von Acanthobdella berichtet uns A. Kowa- LEVSKY (1896, p. 267): „Dans les dissepiments sont placées les nephridies qui s'ouvrent à l'extérieur par des ouvertures placées sur les côtés du corps, aux limites des somites. Les nephridies ne possèdent pas de vessies urinaires, et je n'ai pas trouvé des en- tonnoirs vibratils à leur bout intérieur.“ Das ist alles, was wir bei ihm über diesen Gegenstand vorfinden. Meinen eignen Beobachtungen nach sind die Nephridien (nphs_19) im Körper von Acanthobdella folgendermaßen verteilt (Taf. 33, Fig. 1). Sowohl im 1. (6) als auch im 2. (7) Präclitellarsomit kommen je 1 Paar gut entwickelte Nephridien vor, während im 3. (8) Prä- clitellar- und im 2. (20) und 3. (17) Clitellarsomit nur ihre Aus- führungsgänge, welche als kleine Einsenkungen des Hautepithels erscheinen, vorhanden sind; der excretorische Abschnitt im eigent- lichen Sinne fehlt den letztern ganz. Im 3. Clitellarsomit befindet sich jedoch zuweilen ein bis aufs äußerste reduziertes Nephridien- paar (Taf. 39, Fig. 82), indem ihr excretorischer Abschnitt nur durch eine einzige Nephridialzelle (np) vertreten ist, die auf der kurzen, röhrenförmigen Einsenkung des Hautepithels sitzt und folglich sich im innern Mesenchym des Körpers zwischen den Längsmuskeln be- findet. Im 1. Clitellarsomit (9) sind keine Spuren von Nephridien vorhanden. Alle 8 Somite der Mitteldarmregion enthalten je 1 Paar gut entwickelte Nephridien. Sowohl in den Kopfsomiten als auch in den Somiten der Hinterdarm- und Haftscheibenregion kommen sie niemals vor. Berücksichtigen wir nun die Zahl und Lage der Nephridien bei den übrigen Hirudineen, so sehen wir, daß bei ihnen wie bei Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 51 790 N. Lıvanow, Acanthobdella sich das 1. Nephridienpaar in demjenigen Somit (6) befindet, welches vom 2. gewöhnlichen Ganglion der Bauchkette innerviert ist. Fast alle Angaben der Autoren über diesen Punkt sind durchaus übereinstimmend. Ich selbst konnte ein ebensolches Ver- halten für die Arten der Gattung Protoclepsis, für Hemiclepsis margi- nata und Hirudo medicinalis konstatieren. Eine Ausnahme stellen die Ichthyobdelliden dar, bei welchen nach A. Bourne (1884) und S. APATHY (1888) die Nephridien nur vom 1. Somit der Mitteldarm- region ab vorhanden sind. Meinerseits kann ich hinzufügen, daß ich bei Piscicola geometra und Cystobranchus sp. das 1. Nephridienpaar im 1. Mittelkörpersomit beobachtet habe. Dieses völlige Schwinden der Nephridien in den Präclitellarsomiten der Ichthyobdelliden stellt nur einen weitern Grad des Prozesses dar, welcher sich im Fehlen derselben in den Clitellarsomiten aus- prägt. Den äußersten Grad der Reduktion der Nephridien sehen wir bei den Ichthyobdelliden, wo sie in der Clitellarregion ganz fehlen. Nach A. Oxa (1894) besitzt Glossosiphonia complanata und Gl. hetero- clita Nephridien nur am 3. Clitellarsomit, während sie am 1. und 2. fehlen. Bei Protoclepsis tessellata, Hemiclepsis marginata und Glossosiphonia stagnalis sind nach ihm Nephridien in allen Clitellar- somiten vorhanden, wogegen W. CAsTLE (1900) behauptet, daß bei Gl. stagnalis die Nephridien am 3. Clitellarsomit abhanden gekommen seien. Meinen Untersuchungen nach sind bei der Gattung Protoclepsis sowie bei Hemiclepsis marginata die Nephridialaperturen an allen 3 Clitellarsomiten weggefallen. Auch sei noch erwähnt, daß Aparxy (1888) bei den Glossosiphonien (Clepsinen) überhaupt nur im 1. Cli-. tellarsomit Nephridien beobachtet hat. Ohne auf diese Angaben spezieller einzugehen, können wir dennoch ersehen, daß bei den Glossosiphoniden die Nephridien in den Clitellarsomiten mehr oder minder reduziert sind. Bei den Gnathobdelliden kommen dagegen Nephridien in allen Somiten der Clitellarregion vor. Nur Arıray (1888, p. 195) bemerkt in dieser Beziehung: „Unter den Gnathobdelliden besitzt Nephelis (— Herpobdella) an keinem Clitellumsomit äußere Nephridial- aperturen.“ Seine Angabe scheint mir jedoch nicht genau zu sein, da die andern Autoren inbezug auf die Herpobdellen übereinstimmend behaupten, daß dieselben an den Somiten der Clitellarregion die Nephridialöffnungen besitzen (R. BLANCHARD, 1894, sowie A. GRAF, 1894, für Herpobdella atomaria und H. octoculata, C. Bristou, 1898, Acanthobdella peledina GRUBE. 791 für H. lateralis); ich selbst beobachtete die Nephridien sowie ihre Aperturen in allen 3 Clitellarsomiten bei einer Herp. atomaria und bei einer Herpobdella-Art aus dem Baikal-See. So lassen sich in der Gruppe der Hirudineen mit Bezug auf die Verteilung der Nephridien 2 Reihen anfstellen. In einer Reihe, und zwar bei den Rhynchobdelliden, sind die Nephridien in den Clitellarsomiten mehr oder minder verschwunden. Zwischen diesen Formen erreichen die Ichthyobdelliden den Kulminationspunkt, in- dem bei ihnen die Nephridien schon in allen Somiten der Clitellar- region fehlen. Eine andere Reihe bilden die Gnathobdelliden, bei denen die Nephridien in allen Clitellarsomiten ganz regulär aus- gebildet sind. Acanthobdella weist folglich eine nähere Beziehung zu den erstern, und zwar zu den Glossosiphoniden auf, von welchen sie sich nur durch das Schwinden der Nephridien im 3. Präclitellar- somit unterscheidet. Wenn nun Acanthobdella in der Verteilung ihrer vordern Nephridien sich den Hirudineen anschließt, so weicht sie von ihnen in der Beziehung ab, daß das letzte Nephridienpaar bei ihr im hintersten Somit (19) der Mitteldarmregion liegt, während bei den erstern sich die letzten Nephridien stets in den Somiten der Hinter- darmregion befinden. Ein solches Verhalten hindert uns jedoch keineswegs bei Acamthobdella den allgemeinen Hirudineen-Typus in Zahl und Lage der Nephridien ohne weiteres wieder zu erkennen. Das typisch ausgebildete Nephridium des Mittelkörpers von Acanthobdella weist 2 scharf differenzierte Abschnitte auf (Taf. 40, Fig. 95): den ganz kurzen, ausschließlich ausführenden und den sehr ansehnlichen, eigentlich excretorischen Abschnitt. Der erstere stellt eine Einsenkung des Hautepithels (ep) dar, welche auf der ventralen Intermediärlinie bis zum innern Mesenchym des Körpers durch die Ring- (rm), Diagonal- (dm) und Längsmuskel- schicht (Im) eindringt (Taf. 39, Fig. 82). Eine Art Erweiterung in ihrem proximalen Teile, wie sie bei vielen Hirudineen konstatiert ist, kommt bei Acanthobdella gar nicht vor, und in dieser Beziehung stellt die letztere eine Ähnlichkeit mit den Glossosiphoniden dar. Die Zellen des bezeichneten Nephridienabschnitts sind gewöhnliche Hautepithelzellen von zylindrischer oder kubischer Form. Der excretorische Abschnitt des Nephridiums bildet einen mehr- fach gewundenen Strang, dessen Zellen uniserial hintereinander an- geordnet sind und fast auf der ganzen Strecke dieses Abschnitts, ausgenommen am vordersten proximalen Stück, von einem einzigen 51* 192 N. Livanow, intracellulären Kanal durchbohrt werden. Ungeachtet der verschieden- artigen Differenzierung weisen dabei alle Zellen (npz) einen all- gemeinen strukturellen Charakter auf, infolgedessen die excretorischen Zellen der Nephridien von allen übrigen Elementen des Körpers als. ein ganz eigenartiges Gewebe sofort leicht zu unterscheiden sind (Taf. 39, Fig. 78—81). Der bezeichnete Abschnitt beginnt proximal im Mesenchym des Dissepiments ein wenig dorsal- und lateralwärts vom ventralen Cölomsinus (Taf. 40, Fig. 96), von wo er als ein gewundener Strang bis zur Laterallinie des Darms im Dissepiment aufsteigt. In seiner ganzen Ausdehnung ist dieses Stück von sehr großen Zellen (npz,) gebildet (Taf. 39, Fig. 78a, b), zwischen welchen die Grenzen entweder nur sehr schwach ausgeprägt oder gar nicht zu sehen sind. Ihr Protoplasma ist sehr feinkörnig und färbt sich sehr intensiv. Bei der Behandlung des Objekts mit Osmiumsäure sieht man im Plasma spärlich zerstreute Tröpfchen einer sich tief schwarz färben- den Substanz, welche daher ein fettartiges Aussehen annimmt. An der Peripherie der Zelle, ausgenommen die Teile, welche an die nächstliegende vordere oder hintere Zelle angrenzen, ist die Proto- plasmaschicht scharf differenziert; man bemerkt in derselben eine Art Streifung, die senkrecht zur Zelloberfläche gerichtet ist. In einigen Fällen ist die Streifung so scharf ausgeprägt, daß sie an echte Kanälchen erinnert, welche von außen in den Zellkörper führen. Nichtsdestoweniger weist die Zelle von außen stets einen sehr scharfen Kontur auf, welcher durch eine sehr feine Grenzlamelle des anliegenden Mesenchyms bedingt ist. Der ovale oder rundliche Kern, welcher bis zu 40 « im Durchmesser erreicht, ist mit Chromatin- körnchen reich versehen, zwischen denen 2, 3 oder noch mehr Nucleolen (Plasmosomen) vorhanden sind. Als eine Eigentümlichkeit dieses proximalen Nephridienstücks, die es vom übrigen Teil unterscheidet, erscheint das Vorhandensein eines Systems sich verzweigender und anastomosierender Kanälchen in der Zelle. -Als sehr feine Hohlräume nahe der Peripherie der Zelle beginnend, erweitern sie sich nach und nach, verbinden sich miteinander und münden zuletzt an verschiedenen Stellen in den zentralen Kanal ein, welcher durch das ganze in Rede stehende Nephridienstück verläuft und sich in das nächstfolgende Stück un- mittelbar fortsetzt. Die Anastomosen zwischen den Kanälchen er- scheinen sehr unregelmäßig, so daß sich eine Art von Netz bildet, das sich durch das ganze bezeichnete Nephridienstück hindurch aus- Acanthobdella peledina GRUBE. 193 dehnen kann. Alle diese Kanälchen, von den feinsten angefangen, sind ganz identisch gebaut, und ihre Wände weisen keine Differen- zierungen im anliegenden Protoplasma auf — sie sind nämlich nichts anderes als Aushöhlungen im letztern. Der ovale oder rundliche Querschnitt des Zentralkanals erreicht ungefähr bis zu 64 im Durchmesser (Taf. 38, Fig. 78a, b; Taf. 40, Fig. 95 npz,). Das beschriebene Nephridienstück geht ein wenige dorsal von der Laterallinie des Darmkanals in das folgende Stück (dmt) über (Taf. 40, Fig. 95), welches als ein Strang von Zellen beginnt, die bei einer nicht unbedeutenden Länge nur bis ca. 15 «u im Durch- messer ihres ovalen oder rundlichen Querschnitts erreichen (Taf. 39, Fig. 79). Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen sind bei den von mir angewandten Untersuchungsmethoden nicht zu erkennen, so dab man nur nach dem Vorhandensein der regelmäßig angeord- neten Kerne über die entsprechenden Zellen urteilen kann. Im Zentrum ist der Zellenstrang seiner Länge nach von einem einzigen Kanal durchbohrt, welcher keine Differenzierungen des Protoplasmas in seinen Wänden aufweist und durchschnittlich eine rundliche Form ungefähr bis zu 6 « im Durchmesser hat, so dab seine protoplasma- tischen Wände etwa 4 u dick sind. Ihr Protoplasma ist wie in den Nephridialzellen des Anfangsstücks fein granuliert, stark färbbar, mit Tröpfchen jener fettartigen Substanz versehen und weist an der Peripherie eine sehr feine Streifung auf. Stellenweise sieht man, dab die protoplasmatischen Wände Verdickungen bilden, in welchen der ovale oder rundliche, bis zu 20 « im Durchmesser er- reichende Kern liegt. Seine Struktur ist dieselbe wie schon oben beschrieben war. Der Typus der excretorischen Zellen der Nephridien ist folglich in diesen Zellen gut ausgeprägt, wenn auch sozusagen en miniature, was gewiß durch die unbedeutende Dicke der protoplasma- tischen Zellteile bedingt ist. Auf halber Höhe des Darms beginnend, steigt das bezeichnete Nephridienstück (dmt) im Dissepiment bis zum dorsalen Cölomsinus auf (Taf. 40, Fig. 95, 96); hier wendet es sich, stets nahe an der Cölomwand verlaufend, nach hinten ins innere Mesenchym des Körpers, bildet dabei einen unbedeutenden Bogen und verläßt so das Dis- sepiment. Darauf wendet sich dieses Stück, ohne seine Struktur zu verändern, parallel dem frühern Verlauf abwärts bis zur Laterallinie des Darms. Von dieser Stelle zieht der Nephridienstrang (npz,*) in der frühern Richtung ventralwärts fast bis zur ventralen Längs- muskulatur, macht hier eine scharfe Krümmung und darauf, denselben 194 N. Livanow, Verlauf (npz,*, dmt) wiederholend, kehrt er bis zum Anfangspunkt des in Rede stehenden Nephridienstücks zurück, d. h. zur Lateral- linie des Darms im Dissepiment. Die so gebildeten beiden Schleifen liegen einander dicht an. Da nun ihre Struktur dorsal von der Laterallinie des Darms ganz gleich ist, so könnte man diese Teile des Nephridiums für einen einzigen Strang, der von 2 Kanälen durchbohrt ist, halten (Taf. 39, Fig. 79). Doch sind die Grenzen der beiden Schleifen bei einer guten Fixation und Färbung scharf differenziert, und außerdem weichen die Schleifen stellenweise mehr oder minder voneinander ab. Die ventralwärts von der Laterallinie des Darms liegenden Teile (npz,”, npz,*) dieser Schleifen unter- scheiden sich ihrer Struktur nach von den eben beschriebenen da- durch, daß ihre Zellen größer sind (Taf. 39, Fig. 80; Taf. 40, Fig. 95), so daß ihr rundlicher Querschnitt ungefähr bis zu 30 « im Durch- messer beträgt und dementsprechend ihr zentraler Kanal bis zu 20 « im Durchmesser erreicht, bei einer Dicke der protoplasmatischen Wände von ungefähr 6 «. Ihr ovaler oder rundlicher Kern ist hier auch größer und erreicht etwa 25 « im Durchmesser. In Verbindung mit den erößern Dimensionen kommen auch im Protoplasma die oben beschriebenen und für die Nephridialzelle typischen Struktur- verhältnisse stärker zum Ausdruck. Die beiden Übergangsstellen zwischen den ventralen (npz,*, npz,*) und dorsalen (dmt) Teilen sind scharf ausgeprägt (Taf. 40, Fig. 95), indem der enge Zentralkanal meistens plötzlich in den breiten übergeht und umgekehrt. Verfolgen wir nun den weitern Verlauf des bezeichneten Nephridienstiicks. Von der Laterallinie des Darms zieht er (npz,) im Dissepiment ventralwärts dicht am Nephridienstück mit den ver- zweigten Kanälchen bis zur Anfangsstelle des letztern (Taf. 40, Fig. 95). Die Zellen (npz,) desselben sind auf dieser Strecke sehr eroß und gut ausgebildet (Taf. 39, Fig. 78c). Ihr Zentralkanal beträgt ungefähr bis zu 20 w im Durchmesser bei einer Dicke der Wände von 10 «. Die ovalen oder rundlichen Kerne erreichen bis zu 40 u im Durchmesser. Darauf sehr rasch sich verengernd (Taf. 40, Fig. 95), wendet dieses Stück der Nephridien sich nach hinten und ventralwärts, wobei es das Dissepiment verläßt und im innern Mesenchym des Körpers bis zu den ventralen Teilen der oben be- schriebenen Nephridienschleifen verläuft. Die Zellen (npz,) werden hier etwa 15 « im Durchmesser, so daß der Zentralkanal von neuem ungefähr 6 « breit ist und die Dicke der protoplasmatischen Wände 4 u beträgt (Taf. 39, Fig. 78a, b). Acanthobdella peledina Grube. 795 Bei den Schleifen angelangt, werden die Zellen wieder größer, der Zentralkanal erweitert sich ebenfalls, und, dicht den 2 Zellen- strängen der Schleifen anliegend, erhebt sich das in Rede stehende Stück (npz“,) mit diesen bis zur Laterallinie des Darms, so daß diese 5 Zellenstränge zusammen den hintern Schenkel des Nephridiums bilden (Taf. 40, Fig. 95, 96). Die Strukturverhältnisse werden hier den- jenigen der 2 benachbarten Stränge, die oben beschrieben sind, ganz ähnlich, ausgenommen vielleicht, daß die Zellen (npz,*) zuweilen ein wenig größer erscheinen und dementsprechend der Zentralkanal breiter ist (Taf. 39, Fig. 80). Auf der halben Höhe des Darms sich von den beiden benach- barten Strängen des hintern Schenkels abtrennend, zieht der in Rede stehende Strang (npz,”) wieder zum Dissepiment (Taf. 40, Fig. 95), d. h. nach vorn, und am obern Ende des Nephridienstücks mit den verzweigten Kanälchen liegt er (npz,) schon dicht an dem letztern und an dem oben beschriebenen verbreiterten Teil seines Stücks, mit ‘“ beiden zusammen-den vordern Schenkel des Nephridiums darstellend (Taf. 40, Fig. 95, 96). Der dorsale Übergangsteil ist ganz gleich ausgebildet wie der ventrale, d. h. weist eine bedeutende Verenge- rung des Kanals sowie eine ähnliche Verkleinerung der Zellen auf. Weiter verläuft der in Rede stehende Teil nach unten bis zur Ebene des ventralen Cölomsinus, wo er in den zur Hautepitheleinsenkung führenden letzten Teil übergeht. In seinem Verlauf bildet er un- bedeutende Krümmungen wie die benachbarten Nephridienteile. Seine Struktur weist einen Unterschied von den beschriebenen Teilen nur in der Hinsicht auf, daß seine Zellen (npz,) sehr groß und reicher mit fettartigen Tröpfchen versehen sind (Taf. 39, Fig. 78a, b). Bei einem Durchmesser des im Querschnitt ovalen oder rundlichen Kanals von ungefähr bis zu 40 u beträgt die Wand etwa 15 w Die periphere, radialgestreifte Schicht erscheint in derselben ebenso stark ausgebildet wie im benachbarten Nephridienabschnitt, und der ovale oder rundliche Kern erreicht bis zu 35 « im Durchmesser. Der zur Hautepitheleinsenkung ziehende Teil des bezeichneten Nephridienstücks verläuft im innern Mesenchym des Körpers nach hinten von der Dissepimentebene bis zur Grenze zwischen dem 1. und 2. Ring des betreffenden Somits (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 95, 96). Seine Zellen sind von mittlerer Größe (Taf. 39, Fig. 81). Bei einem Lumen des Kanals von ungefähr 20 « im Durchmesser ist seine Wand etwa 8 uw dick. Der Typus der Nephridialzellen er- scheint auch hier gut ausgeprägt wie in allen andern Nephridien- 196 N. Livanow, teilen. Die ovalen oder rundlichen Kerne erreichen hier bis zu 25 w im Durchmesser. Der intracelluläre Kanal der letzten Zelle dieses Abschnitts öffnet sich zwischen den Epithelzellen in das Rohr der Hautepitheleinsenkung. Bekanntlich sind die Nephridien der Hirudineen nach einem gut ausgeprägten, allgemeinen Typus gebaut, der einige Abweichungen nur bei den Hirudiniden und Ichthyobdelliden aufweist. Diese bei- seite lassend, wollen wir nun die von uns bezüglich Acanthobdella erhaltenen Resultate mit den vorliegenden Angaben der verschiedenen Autoren in bezug auf die Nephridien der übrigen Hirudineen vergleichen. Eine überraschende Ähnlichkeit ergibt sich bei einem Vergleich der schematischen Abbildung des Nephridiums von Acanthobdella mit demjenigen von Glossosiphonia, wie es in der Arbeit von A. Bourne (1884) oder A. Oxa (1894) dargestellt ist. Der einzige Unterschied besteht bloß im Vorhandensein bei den letztern des Trichterapparats und des zwischen diesem und dem vordern Schenkel des Nephridiums ziehenden Teils des Nephridienstücks mit den ver- ~ zweigten Kanälchen, des sogenannten Hodenlappens Bournr’s. Wie wir gesehen haben, hat auch Kowankvsky (1896) das Fehlen des Trichterapparats als eine Besonderheit des Nephridiums von Acantho- bdella richtig erkannt. Diese Tatsache stellt keinen durchgreifenden Unterschied vom allgemeinen Hirudineen-Typus der Nephridien dar, da hier die Ver- bindung zwischen dem Trichterapparat und dem eigentlich excreto- rischen Abschnitt, im morphologischen Sinne wenigstens, überhaup schwach ausgeprägt ist. Allein R. Leucxarr (1894) sowie seine Schüler Oxa (1894) und D. McKim (1895) behaupten, daß sie einen unmittelbaren Übergang der Kanälchen des Nephridiums in die Kapselhöhlen feststellen konnten, wobei nur 1 Abbildung von Oka (fig. 57) und 2 Abbil- dungen von McKm (fig. 20 und 33) instruktiv, die übrigen un- zureichend sind. Diese Autoren heben dabei jedoch die Schwierig- keit, diese Tatsache nachzuweisen, hervor. Fast gleichzeitig schreibt Bourne (1893, p. 559), daß der Trichterapparat einen Teil des Nephridiums bildet, doch „the communication between its lumen and that of the nephridial tubules is, generally at any rate, oblite- rated“. Im Gegensatz zu diesen Autoren stellt H. Borsıus (1891, 1896*) jegliche sowohl anatomische als auch physiologische Ver- bindung zwischen dem Trichterapparat der Hirudineen und dem excretorischen Nephridialabschnitt in Abrede. Acanthobdella peledina GRUBE. 797 A. GRAF (1899, p. 256 und 257), für welchen es „von besonderer Bedeutung war, über die Verbindung des Trichters mit dem übrigen Teil des Nephridiums ins Klare zu kommen“, sagt, „dab der von Borsıus gegen das Vorhandensein einer Verbindung des Trichters mit den drüsigen Zellen des Nephridiums gerichtete Einwurf voll- kommen gerechtfertigt war, denn es ist ganz richtig, daß das Receptaculum stets von einer geschlossenen Wandung umgeben ist und nur an der Stelle, wo die Stielzelle der Trichterkrone einmündet, eine Öffnung besitzt.“ Mit andern Worten kommt Grar nach Prüfung der vorhandenen Literatur und nach seinen eignen Untersuchungen zum Schluß, daß der Trichterapparat der Hirudineen anatomisch vom excretorischen Nephridienabschnitt unabhängig ist. A. KowALEVSkY (1900, p. 38) hat darauf behauptet, daß „d’apres leur structure et leur fonction les cellules de la capsule n’ont absolument rien de commun avec les cellules des nephridies.“ Bei E. Brumpr (1900, p. 406) lesen wir ebenfalls: „Chez les Glossosiphonides j’ai toujours trouvé ces organes en contiguite, mais je n’ai jamais vu la continuite de ces diverses parties comme l’ont soutenu les nombreux adversaires de Borsıus.... Chez les Herpobdellides et Pontobdella la continuité n’existe pas davantage.“ L. Cuéxor (1902, p. 92) endlich schreibt: „Les organes cilio-phagocytaires (capsules néphridiennes) des Hiru- dinées sont aussi au voisinage des néphridies, mais sans communi- cation avec elles.“ Ich selbst habe das Nephridialsystem bei Hemiclepsis marginata, Glossosiphonia complanata und, in detaillierter Weise, bei Protoclepsis tessellata untersucht. Bei diesen Formen liegt der Trichterapparat in den meisten Fallen dem excretorischen Abschnitt der Nephridien nicht unmittelbar an, so dab von einer offenen Verbindung dieser Bildungen hier gar nicht die Rede sein kann; sie sind eben durch eine dünne Mesenchymschicht voneinander getrennt. Dann jedoch, wenn der Trichterapparat an den excretorischen Nephridialabschnitt unmittelbar angrenzt, erscheinen die Nephridialkanälchen von den Hohlräumen des Trichterapparats ebenfalls ganz unabhängig und durch die Wand der Kapsel einerseits, durch den vollständigen Saum der Nephridialzelle andrerseits voneinander geschieden. Somit haben sich die Angaben von LEUCKART, Oka und McKım als fehlerhaft erwiesen, und die von allen spätern Autoren anerkannte anatomische Unabhängigkeit des Trichterapparats der Hirudineen vom excretorischen Abschnitt des Nephridiums muß zu Recht bestehen. Auf eine solche Selbständigkeit weist andrerseits das Fehlen 798 | N. Livanow, des Trichterapparats an einigen und besonders am 1. Nephridium bei den Glossosiphoniden hin, wie es für Glossosiphonia complanata und Gl. heteroclita von Oxa (1894), für Aaementeria costata von Kowa- LEVSKY (1900), für A. officinalis von Boustus (1900), für Protoclepsis tessellata und Pr. maculosa von mir selbst beobachtet worden ist. Für Hirudo geben LEuckArT (1894), O. BÜRGER und McKım (1895) ein volles Schwinden des Trichterapparats an allen Nephridien der Clitellarregion an; nach GRAF (1894) weist auch Herpobdella dasselbe Verhalten auf, was ich in bezug auf Herp. atomaria bestätigen kann. Bei den meisten Ichthyobdelliden sind schon alle Spuren des Trichter- apparats abhanden gekommen, worin die Angaben der Autoren alle übereinstimmen. *) Folglich kann man das Fehlen des Trichterapparats bei Acantho- bdella nicht nur ohne jede Schwierigkeit mit den bei den Hirudineen überhaupt vorkommenden Bauverhältnissen in Einklang bringen, sondern in dieser Tatsache liegt sogar ein Hinweis darauf vor, dab der allgemeine Hirudineentypus im Bau der Nephridien von Acantho- bdella bereits zur Ausprägung gelangt ist, indem sich hierin in einem gewissen Grad die anatomische Unabhängigkeit von Trichterapparat und Excretionsschlauch ausspricht. Außer den Schemen des Nephridiums der Glossosiphonien, die von Bourne (1884) und Oxa (1894) gegeben waren, sind Abbildungen dieses Organs in den Arbeiten von O. SCHULTZE (1883), F. VEIDOVSKY (1883) und GRAF (1899) vorhanden. Der erste Autor gibt Abbildungen, welche denjenigen von Bourne und Oxa durchaus entsprechen. VeEsDovsky bildet die Nephridien von Protoclepsis tessellata, Hemi- clepsis marginata und Glossosiphonia stagnalis (bioculata). Von diesen 3 Arten untersuchte ich, wie gesagt, Pr. tessellata in detaillierter Weise und kann nun sagen, dab ihr typisch ausgebildetes Nephridium des Mittelkörpers ganz nach dem allgemeinen Typus dieses Organs, wie es von Bourne und Oxa dargestellt wird, gebaut erscheint. Ein unwesentlicher Unterschied besteht nur in der Anordnung des vordern und hintern Schenkels unter einem fast rechten Winkel zueinander, nicht aber parallel. Die von VEIDOVSKY gegebene Abbildung weicht jedoch von derjenigen BourxE’s und Oxa’s sowie von der meinigen 1) Die embryologischen Untersuchungen von BÜRGER (1891, 1894, 1902), die auf eine morphologische Einheit des Trichterapparats mit dem excretorischen Nephridialabschnitt ganz bestimmt hinweisen, scheinen mir noch eine detailliertere Nachprüfung zu erfordern. Acanthobdella peledina Gruse. . 799 kann. Die Erklärung dieser Tatsache liegt vielleicht darin, daß Vespovsky das Nephridium des letzten Paars („14. Paar der jungen Tiere“) darstellt, wo es vielleicht nicht typisch ausgebildet ist. In bezug auf 7. marginata und Gl. stagnalis kann ich nichts Bestimmtes aus- sagen, denke aber, daß die Angaben von Oxa richtiger sein dürften, da sie mit denjenigen von SCHULTZE und Bourne übereinstimmen. In der Abbildung des Nephridiums von Glossosiphonia hollensis, die von GRAF gegeben ist, sieht man das Nephridium von oben, wo- durch ein bedeutender Unterschied von den Abbildungen Bourne’s und Oxa’s zustande gekommen ist, die es in der transversalen Ebene des Körpers dargestellt haben. Im übrigen erscheint die Anordnung der Nephridialteile der von mir eben für Pr. tessellata beschriebenen ähnlich. Wenn wir nun dies alles in Betracht ziehen, so ist der allgemeine Nephridientypus der Glossosiphonien auch in der GRAF- schen Abbildung leicht wieder zu erkennen, obgleich in derselben die einzelnen Kanalteile nicht ganz genau wiedergegeben zu sein scheinen. Somit hätten wir also in den schematischen Abbildungen von Bourne und OKa die richtigere Darstellung der Tatsachen. In bezug auf alle andern Strukturverhältnisse der Nephridien der Hirudineen stimmen die Autoren durchaus überein. Das Nephridium derselben bildet einen Strang uniserial angeordneter Zellen, die eine besondere gut ausgeprägte Struktur aufweisen, wie wir sie ganz ähnlich auch bei Acanthobdell« gesehen haben. Der Strang wird von einem einzigen Zentralkanal durchbohrt, neben welchem im vordern Nephridienstück noch kleinere Kanälchen vor- handen sind. Diese Beziehungen stellt nur H. Borsıus (1890, 1891, ) in Abrede, welcher dagegen meint, daß die Nephridialzellen 1, 2 oder 3 Kanäle enthalten, welche keineswegs Krümmungen eines und desselben Kanals im Zellenstrange des Nephridiums darstellen. Doch wird diese Auffassung von Bozsrus von allen übrigen Autoren als unbedingt fehler- haft zurückgewiesen, und meinerseits kann auch ich noch das Verhalten bei Pr. tessellata gegen Boustus hervorheben. In dieser Beziehung entsprechen die Bauverhältnisse bei Acanthobdella dem allgemeinen Hirudineen-Typus durchaus. Eine unwesentliche Abweichung Könnte vielleicht das Vorhandensein der Anastomosen zwischen den Kanäl- chen im vordern Nephridienstiick von Acanthobdella darstellen, wo- durch eine Art Netz entsteht, während bei den meisten Hirudineen diese Kanälchen sich nur verzweigen, ohne Anastomosen zu bilden. Allein nach VerpovskŸ findet man etwas Ähnliches bei Gl. stagnalis, und GRAF (1899, p. 301) beschreibt ebensolche Beziehungen auch 800 N. Livanow, bei andern Glossosiphoniden. Auf solche Weise verliert auch dieser Unterschied seine Bedeutung. Cilien fehlen in den Nephridialkanälen der Hirudineen ganz, wodurch sich diese von denen der Oligochäten und anderer Anneliden wesentlich unterscheiden; bei den letztern erscheint das Vor- handensein der Cilien für die Nephridialkanäle charakteristisch. Auch Acanthobdella besitzt keine Cilien in den Kanälen der Nephridien — ein wichtiger und unzweideutiger Hinweis auf den Hirudineen-Typus der Nephridien dieses Wurms. Ein andrer Unterschied der Nephridien der Oligochiten von denjenigen der Hirudineen besteht in der An- wesenheit eines Trichterapparats, welcher stets in offener Verbindung mit dem nephridialen Kanal steht. Das Fehlen des Trichters, wie wir es zum Beispiel bei Chaetogaster kennen, stellt bloß eine seltne Ausnahme dar. Im großen und ganzen aber muß dennoch die bedeutende Ähn- lichkeit im Bau der Nephridien solcher Formen unter den Oligo- chäten wie Pranchiobdella und die Haplotaxiden mit den ent- sprechenden Organen der Hirudineen betont werden. Nun noch einige Worte über die Abgrenzung der einzelnen Teile des Nephridiums bei den Hirudineen überhaupt. Nach Prüfung der betreffenden Angaben der Autoren und nach seinen eignen Untersuchungen kommt Grar (1899, p. 272) zu dem Schluß: „eine Eintheilung des Organs seiner Gestalt nach ist also völlig zwecklos. Wir müssen nach einem anderen Princip der Ein- theilung suchen, und als solches lässt sich die physiologische Bedeutung der einzelnen Abschnitte wohl verwenden.“ Er unterscheidet „eine Portio afferens (bestehend aus Infundibulum und Receptaculum ex- cretorium), eine Portio afferens-glandulosa, eine Portio glandulosa- efferens... — eine Portio efferens (bestehend aus Vesicula terminalis und Canalis terminalis).“ Mir erscheint eine derartige Verneinung des morphologischen Prinzips, wie dies GRAF tut, ungerechtfertigt. Die- selben 4 Portionen unterscheidet man auch bei der Untersuchung von rein morphologischem Standpunkte. Ihrer Struktur nach, wie oben gezeigt, lassen sich ganz natürlich 3 Abschnitte unterscheiden: der Trichterapparat, der excretorische Nephridialabschnitt und der rein ausführende Abschnitt, i. e. die Einsenkung des Hautepithels. Diese Verteilung resultiert auch aus der Entwicklungsgeschichte der Nephridien (BürseEr, 1891, 1894, 1902), obgleich die darauf bezüg- lichen Angaben, wie mir scheint, noch nicht ganz ausreichend sind. Weiter sehen wir im excretorischen Abschnitt als einem Ganzen Acanthobdella peledina GruBE. 801 noch eine sekundäre Differenzierung in das Stück mit den ver- zweigten Kanälchen und das Stück mit einem einzigen Zentral- kanal. Diese beiden Stücke weisen eine durchaus ähnliche Struktur auf und sind keineswegs mit den 3 oben aufgestellten Haupt- abschnitten zu vergleichen. Physiologisch hatte Grar, wie mir scheint, ebenfalls keinen genügenden Grund dazu. Die beiden eben erwähnten Stücke bilden zusammen eine „Portio glandulosa“, und von ihnen ist das Stück mit den verzweigten Kanälchen ebenso viel „afferens“, wie „efferens“. Dieses bezieht sich in gleichem Maße auch auf das Stück mit einem einzigen Zentralkanal. In diesem Falle befand sich Grar selbst, ohne es zu bemerken, unter dem Einfluß der beobachteten morphologischen Verhältnisse dieses Nephridienabschnitts, wogegen er früher (1894, p. 165) weit richtiger das Nephridium in „3 Abschnitte . . . eine Endblase, einen Drüsen- abschnitt und einen Wimpertrichter“ einteilte. Man könnte eine noch weitergehende Einteilung des Stücks mit dem einzigen Zentralkanal in gewisse Portionen aufstellen, die sich hauptsächlich durch die Größe der Zellen und die Weite des Kanals unterscheiden würden, doch sind diese Verhältnisse zu schwankend, um in ihnen etwas Allgemeines zu sehen. Dasselbe betrifft auch die Lage der verschiedenen Nephridienteile zueinander, demzufolge eine Einteilung des Nephridiums in einzelne Abschnitte, welche hierauf begründet wären, wie es Bourne oder Oxa wollten, in vielen Fällen gezwungen und unzulässig ist. Dies hat auch schon GRAF in dem oben angeführten Zitate hervorgehoben. Bei Acanthobdella prägen sich die Schwankungen in den Lage- beziehungen der Nephridienteile darin aus, daß der vordere und der hintere Nephridienschenkel nicht hintereinander, sondern der eine medianwärts, der andere lateralwärts gelegen sein können. Ein solches Verhalten steht in Zusammenhang mit der Lage der benach- barten Organe und von diesen besonders des Hodens. In bezug auf die oben beschriebenen, gewöhnlichen Lage- beziehungen der einzelnen Teile weisen die beiden vordersten Nephridienpaare (nph,,-) von Acanthobdella bedeutende Abweichungen auf (Taf. 33, Fig. 1). Man sieht nämlich, dab das Nephridium so- wohl im 2. (7), als auch im 1. (6) Präclitellarsomit, am 2. Somitring beginnend, nach hinten verläuft, wobei sein vorderer Schenkel an der medialen Wand, der hintere an der lateralen Wand der seitlichen Vorstülpungen des Cöloms des 3. (8), resp. 2. Somits anliegt (Taf. 33, Fig. 4 cs). Im großen und ganzen sind die Schenkel selbst in der 802 N. Livaxow, gewöhnlichen Weise ausgebildet. Der dorsal und medianwärts ge- richtete Teil ist aber nur im Nephridium des 2. Präclitellarsomits gut entwickelt, wo er dorsalwärts am Ubergange der Cülomvorstülpung (Taf. 34, Fig. 7cs) in die den Darm umgebende Cölomhöhle des 3. Präclitellarsomits endigt, während im Nephridium des 1. Prä- clitellarsomits dieser Teil reduziert ist und als eine kompakte Masse von Nephridienschleifen erscheint; das Nephridium selbst erstreckt sich damit nur bis zur hintern Grenze seines Somits. Bei Protoclepsis tessellata und Pr. maculosa beobachtete ich, dab die Nephridien dieser Somite ebenfalls nach hinten verschoben sind. Sie sind unabhängig voneinander und erstrecken sich in ihrem Somit nach hinten vom entsprechenden Ausführungsgang fast bis zur Berührung mit dem folgenden Nephridium. Ein ähnliches Verhalten weisen auch die Nephridien der Präclitellarsomite bei Glossosiphonia com- planata und Gl. heteroclita nach Oxa (1894, p. 125) auf, von welchen er behauptet, daß sie sogar miteinander „zusammenhängend sind“. Zum Schluß dieser Beschreibung noch ein Paar Worte über das Nephridium des 3. Clitellarsomits von Acanthobdella (Taf. 39, Fig. 82). Es hat, wie gesagt, einen gut ausgebildeten Ausführungsabschnitt, dem zuweilen am innern Ende anstatt des ganzen excretorischen Nephridienabschnitts nur eine einzige Zelle (npz) aufsitzt. Sie ist ziemlich groß und besitzt einen ansehnlichen Kern; an ihrer Peripherie sieht man die typische radialgestreifte Schicht. Im innern Mesenchym des Körpers liegend, weist diese Zelle außer zur betreffenden Haut- einsenkung (ep) weiter keine Beziehungen zu den irgend welchen andern Elementen des Körpers auf. Wir haben hier den inter- essanten Fall einer offenbar auf der niedersten Entwicklungsstufe stehengebliebenen Anlage des excretorischen Nephridienabschnitts vor uns. 13. Die Geschlechtsorgane. Acamthobdella ist wie alle Hirudineen hermaphroditisch. In bezug auf ihren männlichen Geschlechtsapparat lesen wir bei A. Kowauevsky (1896, p. 269) Folgendes: „Les organes génitaux conservent le type de vrais Hirudinées avec cette difference que les testicules sont réunis dans deux organes lateraux qui se prolongent en forme de deux sacs des deux côtés du corps en commençant du 5. somite jusqu'au 15. c'est à dire jusqu'au somite dans lequel finit l'intestin médian et la région médiane du corps en général. L'ouverture extérieure des organes génitaux mâles se trouve Acanthobdella peledina Gruss. 803 le 7. (?) somite, c'est à dire entre le 4. et 5. ganglion de la chaine ventrale; dans ce méme segment se trouve la communication de la cavité des testicules avec les canaux déférents. La différence de la structure des testicules de l’Acanthobdella de celle des autres Hirudinées consiste en cela que les testicules forment deux poches symétriques qui se prolongent dans la partie antérieure du corps dans deux somites plus en avant que le somite où se trouve l’ouver- ture génitale male“ .... (p. 267). „Les glandes mâles sont placés dans les parois du corps et forment seulement des proéminences dans le coelome.“ Die Angaben von E. Brumpr (1900, p. 306), die den männlichen Geschlechtsapparat von Acanthobdella betreffen, sind ebenfalls sehr kurz; er schreibt nämlich: „Cette curieuse espèce a été l’objet d’un travail détaillé du professeur Kowazevsky. Il n'existe qu'une paire de testicules qui s'étendent d’un bout à l’autre du corps sous forme de deux sacs allongés; ils se déversent dans deux canaux éjaculateurs de forme assez irrégulière qui aboutissent à une portion commune souvrant directement à l'extérieur. Il n'existe ici aucune invagination épidermique (bourse) autour de l’orifice mâle, et c’est pour cela qu'il présente une forme si nettement circulaire.“ Das ist alles, was bis jetzt über den männlichen Geschlechts- apparat von Acanthobdella bekannt ist. Meinen eignen Untersuchungen nach kann ich die Angaben dieser Autoren im großen und ganzen bestätigen. Bei Acanthobdella ist der keimbereitende Teil des männlichen Geschlechtsapparats von 2 Hoden (h) gebildet, welche jederseits dem innern Mesenchym des Körpers eingelagert sind (Taf. 33, Fig. 1, 6; Taf. 34, Fig. 8—11; Taf. 40, Fig. 93, 94, 96). Jeder Hoden stellt ein sackartiges, im Querschnitt gewöhnlich ovales Gebilde dar und erstreckt sich von der Grenze zwischen dem 3. Präclitellar- (8) und dem 1. Clitellarsomit (9) bis zum 8. Somit (79) der Mitteldarmregion, d. h. durch 10 Somite hindurch. Zuweilen reicht der Hoden lange nicht so weit nach hinten, indem er schon im 7., 6., 5. Somit (28, 17, 16) der Mitteldarmregion oder sogar noch früher endigt. Auch kann man oft konstatieren, daß die Höhle des Hodens in den Clitellarsomiten sich verengert; in den Mittelkörpersomiten ist eine solche Verengerung der Höhle fast niemals vorhanden. Die Wand des Hodens (ct,) unterscheidet sich ihrer Struktur nach vom parietalen Cülothel (et) gar nicht. Sie stellt eine sehr dünne, der Grenzlamelle des Mesenchyms anliegende Membran (Taf. 39, 804 N. Livaxow, Fig. 83—85) mit spärlich verteilten protoplasmatischen Wucherungen nebst entsprechenden Zellkernen dar. Eine genauere Beschreibung derselben ist überflüssig, da sie mit derjenigen des Cölothels der Somatopleura zusammenfallen würde. Daß wir in der Wand des Hodens ein wirkliches Cölothel vor uns haben, ist aus der folgenden Tatsache ersichtlich. Im 1. Clitellar- somit (9) grenzt die Hodenwand (h) unmittelbar an das Cölom dieses Somits, welches in diesem Abschnitt meist durch kompakte Stränge von Cölothelzellen (ct*) dargestellt ist (Taf. 33. Fig. 6). In der Mitte des bezeichneten Somits aber verschwindet etwa auf halber Hühe des Darms die Wand des Hodens auf einer unbedeutenden Strecke ganz, so dab das den Hoden auskleidende Epithel (cf,) in das Peritoneal- epithel der Cölothelstränge (ct*) direkt übergeht, und die Zellen (h,) dieser Stränge unmittelbar in die Höhle des Hodens vorragen (Taf. 39, Fig. 83—-85; Taf. 40, Fig. 93, 94; Taf. 41, Fig. 106). Folglich er- weist sich der Hoden von Acanthobdella unbedingt als ein Abschnitt des Cöloms sowohl nach der Struktur seiner Wände als auch infolge des Vorhandenseins einer, wenn auch unbedeutenden, Verbindung mit dem letztern. In dieser Beziehung unterscheidet sich Acanthobdella von allen übrigen Hirudineen, bei welchen schon jede Spur einer Verbindung der Hoden mit dem Cölom abhanden gekommen ist und die Hoden selbst in viele, gewöhnlich metamere Abschnitte zerfallen, sehr be- deutend. Daher erscheint die Behauptung von Kowatevsxy (1896, p. 270), dab „les données que je possede me font voir dans la structure des ces organes le méme type que nous connaissons des Hirudinées avec certaines modifications,“ nicht gerechtfertigt und künnte in bezug auf diesen Apparat allenfalls nur eine weit ab- liegende Verwandtschaftsbeziehung andeuten. Sogar in der Ontogenie | der Hirudineen, wie man aus den Angaben von O. BÜRGER (1891, 1894, 1902) schließen kann, kommt kein Verhalten der Hoden mehr vor, welches an dasjenige, wie es bei der erwachsenen Acanthobdella vorhanden ist, erinnerte, denn die Hoden entstehen bei den übrigen Hirudineen aus metameren Cölothelwucherungen. Die Hodenhöhle ist von verschiedenen Entwicklungsstadien der männlichen Geschlechtsprodukte erfüllt. Es liegt nicht in meiner Absicht, die Spermatogenese von Acanthobdella hier ausführlich zu beschreiben, weshalb ich nur die wichtigsten daraufbezüglichen Tat- sachen andeuten will. Wie bei den übrigen Hirudineen befinden sich die männlichen Acanthobdella peledina Gruss. 805 Geschlechtsprodukte, welche im Hoden einer erwachsenen Acantho- bdella vorkommen, entweder in der Wachstumsperiode oder in der Periode der Reifung, d. h. sie erscheinen als Spermatocyten 1. und 2. Ordnung, als Spermatiden oder als fertige Spermatozoen. In den von mir untersuchten Exemplaren waren die Spermatiden und die Spermatozoen in einer geringen Zahl vorhanden, während eine un- gemeine Menge von Spermatocyten in verschiedenen Stadien der Entwicklung sich vorfanden. Die Spermatocyten 1. Ordnung liegen oft im ganzen Hoden frei und einzeln zerstreut (Taf. 39, Fig. 86). Sie stellen Zellen von einer mehr oder minder runden Form dar mit einem Durchmesser von ungefähr 10 «, deren Protoplasma eine fein granulierte Schicht rings um den 6 « im "Durchmesser betragenden kugligen Kern bildet. Der Kern ist chromatinreich und enthält einen Nucleolus. Wie schon oben angedeutet, ragen die Cölothelzellen der peri- intestinalen Zellenstränge des 1. Clitellarsomits (9) in das Hodenrohr hinein vor, und hier findet eine Abtrennung einzelner Zellen (sz) von dem sie erzeugenden Gewebe (h,) statt, welche so in die Hodenhöhle geraten (Taf. 39, Fig. 84, 85). Nirgends anderswo im Hoden kann man Spuren einer derartigen Zellproliferation entdecken. Die sich ablösenden Cölothelzellen sind den Spermatocyten 1. Ordnung außer- ordentlich ähnlich; ein Unterschied besteht bloß darin, dab sie ein vacuolisiertes und reichlicher vorhandenes Protoplasma besitzen. Bei ihrer Entfernung von der Ursprungsstelle verwischt sich jedoch dieser Unterschied nach und nach, so daß man, wie es mir scheint, mit vollem Recht annehmen kann, daß eben diese Zellen den Spermato- cyten 1. Ordnung den Ursprung geben. Somit hätten wir bei der erwachsenen Acanthobdella eine Keim- zone männlicher Geschlechtsprodukte in demjenigen Cölomabschnitt vor uns, welcher mit der Hodenhöhle unmittelbar zusammenhängt. Dieses Verhalten, welches sonst bei den Hirudineen im er- wachsenen Zustande nirgends konstatiert ist, erinnert aber im höchsten Grade an die Oligochäten. Es wäre ein primitives Ver- halten im Vergleich mit den übrigen Hirudineen. Die von uns erhaltenen Tatsachen zusammenfassend, sehen wir folglich, daß im Gegensatz zu den übrigen Hirudineen Acanthobdella, sowie die Mehrzahl der Oligochäten, noch keine vollständige Ab- sonderung des Cöloms von der die männlichen Geschlechtsprodukte enthaltenden Höhle aufweist. Die Verbindung zwischen den beiden Hohlräumen findet bei Acanthobdella im 1. Clitellarsomit, d. h. im Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 52 806 N. Livaxow, 9. Körpersomit, vom 1. borstentragenden Kopfsomit gerechnet, statt. Bei vielen Oligochäten, insbesondere aber bei solchen Formen wie den Haplotaxiden und Lumbriculiden produziert das betreffende Körpersomit ebenfalls die männlichen Geschlechtsprodukte. Diese Ähnlichkeit geht noch weiter, indem die Keimzone (h,) bei Acantho- bdella, wie wir gesehen haben, einen Abschnitt der Cölomwand des bezeichneten Somits darstellt, welcher nur einfach in die Hoden- höhle () vorragt. Somit erweist sich diese Zone als durchaus identisch mit den Hoden z. B. der Haplotaxiden und Lumbriculiden ; der sogenannte Hoden aber von Acanthobdella, welcher nur eine Aus- sackung des Cöloms des 1. Clitellarsomits darstellt und die Rolle eines Reservoirs spielt, worin das Wachstum und die Reifung der männlichen Geschlechtsprodukte stattfindet, unterscheidet sich eigent- lich von den Samensäcken der Oligochäten gar nicht. Diese Säcke sind bei ihnen bekanntlich ebenfalls von Cölomaussackungen gebildet, welche nach vorn und nach hinten von dem die Geschlechtsprodukte liefernden Somit ausgehen, und erstrecken sich bei einigen Formen durch viele Körpersomite. Daher wäre es durchaus richtig, wenn wir die Keimzone der männlichen Geschlechtsprodukte von Acantho- bdella als Hoden oder männliche Geschlechtsdrüse, den übrigen Ab- schnitt des beschriebenen Apparats als Samensäcke bezeichneten (Taf. 40, Fig. 93, 94). Zuweilen sieht man, dab die Spermatocyten 1. Ordnung (sz) sehr große Anhäufungen bilden, wobei sie einander sehr dicht an- liegen (Taf. 39, Fig. 86). Im Zentrum jeder derartigen Anhäufung befindet sich eine Zelle, deren Körper etwa 60 « im Durchmesser beträgt und nach allen Seiten Ausläufer von sehr verschiedener, oft bedeutender Größe aussendet. Die Spermatocyten sitzen sowohl rings um den Zellkörper als auch an den Ausläufern desselben. Das Protoplasma der bezeichneten Zelle ist fein granuliert; in ihrem Zentrum befindet sich der mit Chromatinkörnchen von verschiedener Größe reich versehene, fast kuglige Kern von ungefähr 30 « im Durchmesser. Diese Zelle, welche keine Teilungserscheinungen auf- weist, unterscheidet sich von den umgebenden Spermatocyten (se) sehr bedeutend und ist in keinem Falle als die sie erzeugende Zelle zu betrachten. Es ist das jedenfalls eine Nährzelle, welche in diesem Zustande mit der Verson’schen Zelle im Hoden der Arthropoden vergleichbar ist. Bei den übrigen Hirudineen aber sind, wenigstens im erwachsenen Zustande, keine jener homologen Zellen vorhanden. In bezug auf den Ursprung der beschriebenen kolossalen Nährzellen Acanthobdella peledina Gruss. 807 kann ich hier nichts Näheres mitteilen; die einzigen Zellen des Hodens, an welche sie erinnern, sind die Zellen des Samentrichters (Taf. 39, Fig. 87 st*), wovon übrigens weiter unten die Rede sein wird. Die rings um die Nährzelle liegenden Spermatocyten 1. Ordnung (sz) befinden sich in der Wachstumsperiode, wobei man bemerken kann, daß die Kerne dieser Spermatocyten chromatinreicher werden als bei den frei bleibenden. Diejenigen von diesen Elementen, welche an den Enden der Ausläufer der Nährzelle sitzen, bilden darauf kleine Gruppen und trennen sich von der iibrigen Masse der Spermatocyten offenbar zusammen mit der betreffenden Portion des Protoplasmas des Ausläufers ab (Taf. 39, Fig. 86). Auf solche Weise kommen die Cytophoren (cy) zustande, die vielleicht nichts Anderes als solche abgetrennte, kernlose Teile der Nährzelle darstellen, welchen die Spermatocyten in einer Schicht ringsum anhaften. Hierbei sei bemerkt, daß man zuweilen Cytophoren begegnen kann, in deren Zentrum ein Kern eingelagert ist, welcher demjenigen der Spermatocyten 1. Ordnung ähnlich erscheint. Die Cytophoren von Acanthobdella erreichen bis zu 20—30 u im Durchmesser und sind mit denjenigen der übrigen Hirudineen durch- aus identisch. Zuweilen sieht man, daß sie zusammen mit den an- liegenden Spermatocyten von außen mit einer Art Hülle bedeckt sind, die von 1 oder 2 platten Zellen mit ovalem Kern gebildet ist; doch scheint eine solche Hülle mindestens bei der Hälfte der im Hoden vorhandenen Cytophoren zu fehlen. Die Kerne der Hüll- zellen sind denjenigen der freien Spermatocyten ähnlich. Rings um die Cytophoren vollzieht sich auf gewöhnliche Weise der Reifungsprozeß der männlichen Geschlechtsprodukte, d. h. es bilden sich aus den Spermatocyten 1. Ordnung die Spermatocyten 2. Ordnung, darauf die Spermatiden und zuletzt die Spermatozoen. Der ausführende Teil des männlichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella besteht aus 2 Abschnitten, die sich ihrem Ursprung nach voneinander unterscheiden (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 93, 94). Der proximale Abschnitt ist von dem Samentrichter (st) (GoopricH’s Gonostom) und dem auf diesen folgenden Samenleiter (vd), welche beide Derivate des Cülothels sind, gebildet; der distale Abschnitt aber entsteht offenbar aus dem Eetoderm und enthält ein unpaares Endrohr, das Atrium (at), und 2 paarige Zweige des letztern, die Ductus ejaculatorii (de). Im hintern Abschnitt des 1. Clitellarsomits (9) sowie an der 52* 808 N. Livanow, Grenze zwischen ihm und dem darauffolgenden Somit erfährt das gewöhnliche Cölothel des Hodens ventral eine bedeutende Ver- änderung (Taf. 39, Fig. 87). Seine Zellen verwandeln sich plötzlich aus platten Gebilden in ein kubisches oder Cylinderepithel (st). Diese Umwandlung ist um so mehr ins Auge fallend, als die Grenze zwischen den beiderlei Zellarten als ein mehr oder minder ansehn- licher Wulst in die Hodenhöhle vorspringt. Dies ist nun nichts anderes als der Samentrichter (st), welcher ganz ventral im hintern Abschnitt des 1. Clitellarsomits in den Samenleiter (vd) unmittelbar übergeht (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 93, 94). Der letztere verläuft im vordern Abschnitt des 2. Clitellarsomits (10) auf einer kurzen Strecke nach hinten, bildet im innern Mesenchym des Körpers einige Krümmungen und ragt dabei ein wenig in den ventralen Cölomsinus vor. Er stellt ein nicht weites Rohr dar, welches von demselben Epithel wie der Samentrichter ausgekleidet ist. Die Epithelzellen der in Rede stehenden Abschnitte variieren in ihrer Struktur. Zuweilen ist es ein kubisches Epithel, dessen Elemente ungefähr 12—15 u hoch und breit sind; in andern Fällen kommt ein Cylinderepithel vor, und seine Zellen erreichen bis zu 20—25 u Höhe und 10—15 u Breite (Taf. 39, Fig. 87). Ihr Proto- plasma ist sehr fein granuliert und färbt sich sehr stark. Am freien Saum der Zellen sind offenbar sehr zarte Cilien vorhanden, deren Anwesenheit ich jedoch nicht mit voller Sicherheit feststellen konnte. Der Kern ist rund oder oval, von ungefähr 10 « im Durchmesser oder von 10—12 u Höhe und 4 «u Breite. Er enthält ziemlich zahl- reiche Chromatinkörnchen von verschiedener Größe. Die am Wulst des Samentrichters (st*) gelegenen Zellen, welche in die Hodenhöhle stark vorragen (Taf. 39, Fig. 87), vergrößern sich zuweilen in ihren Dimensionen im Vergleich mit den benachbarten Elementen sehr bedeutend, und ihre Kerne erreichen ebenfalls eine ansehnlichere Größe, wodurch sie an die oben beschriebenen Nähr- zellen des Hodens von Acanthobdella erinnern. Die gegenseitigen Beziehungen zwischen diesen und jenen genau festzustellen ist schwer, doch scheint es in einigen Fällen, als ob die stark ver- gréBerten Epithelzellen des Samentrichters in die Hodenhöhle hinein abgestoßen würden. Sowohl am ventralen Abschnitt des Samentrichters als auch auf der ganzen Ausdehnung des Samenleiters liegt nach auben vom Epithel eine Schicht von Ringmuskelfasern, welche von gewöhnlichen, mittelgroßen, spindelförmigen Zellen gebildet sind. Die kontraktil- Acanthobdella peledina GRUBE. 809 fibrilläre Substanz fehlt ihnen auf einer gewissen Strecke der Peripherie des kernhaltigen Abschnitts. Nach außen von der Muskelschicht befinden sich größere oder geringere Ansammlungen von Pigmentfettzellen, welche hier gleichsam eine besondere Schicht ‘ bilden, während sie weiter im umgebenden Mesenchym bloß in un- bedeutender Anzahl vorkommen. Unter Krümmung nach vorn geht der Samenleiter in den be- trefienden Ductus ejaculatorius (de) über (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 93, 94). Der letztere zieht als ziemlich breites Rohr im vordern Abschnitt des ventralen Cöloms des 2. Clitellarsomits (10) auf einer kurzen Strecke nach vorn und mündet darauf seitlich und ein wenig von hinten ins Atrium (at) ein. Dieses stellt ein bulbusartiges Gebilde vor, dessen nicht weiter Hohlraum sich durch die runde männliche Geschlechtsöffnung (4) nach außen öffnet. Das Atrium liegt im ventralen Cölomabschnitt an der Grenze zwischen dem 1. (9) und 2. (10) Clitellarsomit auf der Medianlinie des Körpers. Durch die Geschlechtsöffnung tritt das Hautepithel des Körpers unmittelbar in den distalen Atriumabschnitt über, wobei man sehen kann, wie das bezeichnete Epithel sich sehr rasch in dasjenige des Atriums umwandelt. Seine Zellen werden länger und breiter, be- sonders aber fällt die Vergrößerung der Kerne ins Auge. Die typischen Epithelelemente (dz) des Atriums erscheinen als sehr verlängerte Zellen, welche bis zu 80 « Länge und 10 u Breite erreichen (Taf. 39, Fig. 88). Ihr basaler Abschnitt weist ein fein granuliertes, sich stark färbendes Protoplasma auf, in welchem eine Art Längsstreifung gut hervortritt. Dagegen ist der proximale Zellabschnitt stark vacuolisiert und demzufolge schwach färbbar. Man kann deutlich erkennen, daß das sich in den Vacuolen ansammelnde Secret darauf in die Atriumshöhle entleert wird. Der ovale oder runde Kern der Zellen, welcher etwa 30 hoch und 20 wu breit ist, liegt gewöhnlich in ihrem mittlern oder basalen Abschnitt; er enthält zahlreiche Chromatinkörnchen und dazwischen 3, 4 oder noch mehr ziemlich . ansehnliche Chromatinklümpchen. Zwischen solchen typischen Drüsenelementen (dz) befinden sich Zellen (ep), welche keinen drüsigen Charakter aufweisen (Taf. 39, Fig. 88). Es sind sehr lange und schmale, fadenförmige Elemente, deren Kerne, denjenigen des Hautepithels durchaus ähnlich, in einer unbedeutenden Verdickung des Zellkörpers eingelagert sind. Dasselbe Drüsenepithel kleidet auch den Ductus ejaculatorius bis zu seiner Vereinigung mit dem entsprechenden Samenleiter aus. 810 N. Livaxow, Von außen liegen dem Atriumepithel Ringmuskeln (mf) an, welche von gewöhnlichen, den auf dem Samenleiter vorhandenen durchaus ahnlichen Muskelzellen gebildet sind. Sie dehnen sich ebenfalls auf die Ductus ejaculatorii aus. Außerdem kommen in den beiden bezeichneten Abschnitten Längsmuskelfasern vor, die jedoch in einer sehr unbedeutenden Zahl vorhanden sind. Aus der gegebenen Beschreibung ist ersichtlich, daß der aus- führende Abschnitt des männlichen Geschlechtsapparats von Acantho- bdella im Vergleich mit den übrigen Hirudineen sehr einfache Be- ziehungen aufweist. Wenn auch einerseits hier schon ein der Spermatophorentasche der Hirudineen unbedingt homologes Atrium ausgebildet ist, so stellt andrerseits die Differenzierung seiner Wände und insbesondere der Drüsenelemente der letztern sowie die Ab- wesenheit aller andern vom Hautepithel entstandenen Bildungen ein primitiveres Verhalten vor, infolgedessen sich Acanthobdella den Oligochäten bedeutend nähert. Die Ductus ejaculatorii, die ihrem Baue nach mit dem Atrium identisch sind, erscheinen eben- falls im Vergleich mit den betreffenden Abschnitten des männlichen Geschlechtsapparats der übrigen Hirudineen weniger differenziert. Im Zusammenhang mit dem besondern Typus des Hodens steht die Ausbildung eines Samentrichters im hintern Abschnitt des 1. Clitellar- somits, welcher eine volle Identität mit denjenigen der Oligochäten aufweist und von dem bei den übrigen Hirudineen vorhandenen Ver- halten stark abweicht. Zum Schluß sei noch hervorgehoben, daß in der allgemeinen Anordnung der in Rede stehenden Organe dieselben Lagebeziehungen, wie sie bei der Mehrzahl der Oligochäten vor- kommen, deutlich zum Ausdruck gelangen: der Samentrichter liegt im hintern Abschnitt des die männlichen Geschlechtsprodukte be- reitenden Somits, der Samenleiter durchbohrt das hinter dem Trichter gelegene Dissepiment, und im vordern Abschnitt des darauf folgen- den Somits mündet der Ductus ejaculatorius in das Atrium (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 98, 94). Wie groß die Ähnlichkeit des aus- führenden Abschnitts des männlichen Geschlechtsapparats von Acantho- bdella mit den entsprechenden Organen einiger Oligochäten ist, kann man am besten z. B. aus der von F. Vespovsky u. A. Mrazex (1902) gegebenen Beschreibung einer Tubificidenform, Potamothrix molda- viensis, ersehen. Wenden wir uns nun zur Beschreibung des weiblichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella. Die Angaben von Acanthobdella peledina Gruss. 811 A. KowAuevskry (1896, p. 270) darüber lauten: „Les organes génitaux femelles s'ouvrent à l’exterieur au 8. segment, et sont composés de l'ouverture extérieure qui conduit dans une poche qu’on peut comparer au vagin ou à la matrice, d’où partent deux très longs canaux ou tubes que nous allons appeller les ovaires. Ces deux tubes montent auparavant en haut ... et puis descendant sous l'intestin ils se prolongent jusqu'au 13me ou 14me somites.“ E. Brumpr (1900, p. 349) fügt zu dieser Beschreibung von KowALEvsky nur sehr wenig neues hinzu, indem er sagt: „Les sacs ovariens ont la forme de deux longs rubans aplatis intimement accolés a la paroi du tube digestif, ils augmentent régulièrement de largeur depuis leur extrémité postérieure jusqu'à leur partie antérieure qui devient globuleuse. Les deux portions globuleuses s'unissent au niveau de l’orifice femelle. En arrière de leur point de jonction on apercoit une masse assez volumineuse, bilobée, qui occupe environ la moitié de la longueur du segment génital femelle; il est impossible de séparer cette masse des sacs ovariens avec lesquels elle fait corps.“ Zur Darlegung meiner eignen Untersuchungen übergehend, mub ich bemerken, dab der weibliche Geschlechtsapparat bei allen von mir untersuchten Exemplaren von Acanthobdella sowohl seinem Bau nach als auch nach dem Zustand der in ihm vorhandenen Geschlechts- produkte fast ein und dieselben Beziehungen aufweist. Da mir kein Vergleichsmaterial zu Gebote stand, so ist schwer zu ent- scheiden, in welchem Maß dieses Verhalten von demjenigen abweicht, welches den weiblichen Geschlechtsapparat im vollkommen ent- wickelten und funktionierenden Zustand charakterisiert. Nichts- destoweniger glaube ich aus den ermittelten Tatsachen schließen zu können, daß in den von mir untersuchten Fällen der weibliche Ge- schlechtsapparat unserer Würmer, wenn auch noch nicht in ganz reifem, so doch sicher in einem der völligen Reife sehr nahe kommenden Zustand sich befand. Am weiblichen Geschlechtsapparate von Acanthobdella kann man, wie das schon E. Brumpr (1900, 1. e.) angedeutet hat, 2 Abschnitte unterscheiden, nämlich die 2 Eiersäcke (ov) mit ihrem Ausführungs- gange (wt) und eine dem letztern von hinten anliegende, mit einer Einsenkung des Hautepithels (spt) versehene Höhle (ah) (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 93, 94). Als zentraler Teil dieses Organkomplexes erscheint jederseits eine Cölomdrüse (cd), die nahe am Übergang des ventralen Cölomabschnitts eine in den mittlern an der lateralen Cölomwand gelegen ist (Taf. 33, 812 N. Livanow, Fig. 1; Taf. 34, Fig. 9; Taf. 40, Fig. 92—94). Sie befindet sich im 3. Clitellarsomit (11), dessen vorderm Dissepiment fast unmittelbar anliegend, und ragt mit ihrem vordern Teil in Gestalt von massiven Lappen in den obern Abschnitt des Ausführungsgangs (ut) der Ge- schlechtsprodukte vor; ihr oberer Abschnitt füllt den Basalteil des betreffenden Ovarialsacks (ov) völlig aus. Nach hinten und unten hängt die Cülomdrüse als eine ansehnliche Masse in die hintere Höhle (ah) des weiblichen Geschlechtsapparats hinein. In diesem letztern Teil stellt die Cölomdrüse eine Ansammlung von sehr verschieden großen Zellen dar (Taf. 40, Fig. 92). In der Mitte liegen die größern Elemente; gegen die Peripherie hin werden sie kleiner, und am Rande bemerkt man bloß noch selten die großen Zellen, während die Mehrzahl hier 2—3mal kleiner sind. In Einklang da- mit steht die Tatsache, daß in der Drüse hier und da mitotische Teilungen vorkommen. Die großen Zellen haben ein fein granuliertes, sich nicht besonders stark färbendes Protoplasma. Ihre ovalen oder runden Kerne erreichen bis 15 « im Durchmesser; sie enthalten eine Menge nicht sehr kleiner Chromatinkörnchen und 1 oder 2 an- sehnlichere Chromatinklümpchen. In den peripher gelegenen Ele- menten erreichen die runden Kerne bis ungefähr 5 « im Durch- messer; die Chromatinkörnchen erscheinen in ihnen ein wenig feiner als in den großen Zellen, und meistens ist nur ein einziges Chro- matinklümpchen vorhanden. Die Oberfläche der Cülomdrüse ist von einer dünnen Cülothel- membran mit spärlich verteilten, verhältnismäßig kleinen, aber typischen Cölothelzellen (ct,) bedeckt (Taf. 40, Fig. 92). Stellenweise schwindet jedoch die peritoneale Hülle, und hier lösen sich die kleinen Zellen (cz) von der Drüsenmasse los, um in die hintere Höhle (ah) des weiblichen Geschlechtsapparats zu fallen. Von solchen freien Elementen (cz) ist diese Höhle mehr oder minder erfüllt. Sie haben eine kuglige Form und erreichen bis etwa 10 « im Durchmesser; ihr Protoplasma ist fein granuliert und färbt sich schwächer als in den Elementen, welche mit der Cölomdrüse noch in Verbindung stehen. Selten kann man in den bezeichneten freien Zellen typische Mitosen bemerken. Aus dieser Beschreibung ist, wie mir scheint, die auffallende Ähnlichkeit der erwähnten Zellen mit gewöhnlichen Cölomocyten einleuchtend, und tatsächlich erweisen sich diese beiden Zellarten als durchaus identisch. Der vordere Abschnitt der Cölomdrüse ist in das Lumen des die Geschlechtsprodukte ausführenden Kanals gerichtet; er ist ver- Acanthobdella peledina Gruss. 813 hältnismäßig schwach entwickelt (Taf. 40, Fig. 93, 94) und besteht bei den von mir untersuchten Objekten aus kleinen Zellen, welche mit den entsprechenden Elementen des in die hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats hineinragenden Teils der Cölomdrüse identisch sind. Der hauptsächlich aus ebensolchen Zellen bestehende obere Teil (ov) der Cölomdrüse zeichnet sich durch seine bedeutende Entwick- lung aus (Taf. 40, Fig. 92—94), und die mehr oder minder kompakte Masse seiner Elemente bildet eigentlich den ganzen basalen Ab- schnitt des Ovarialsacks der betreffenden Seite. Die großen Zellen sind hier in der Cölomdrüse nur in unbedeutender Zahl vorhanden, und Mitosen kommen verhältnismäßig selten vor. Wie erwähnt, grenzt die in Rede stehende Cölomdrüse (cd) lateral unmittelbar an das innere Mesenchym des Körpers an, welch letzteres als eine unansehnliche Zwischenschicht (ms,) in die erstere von vorn und von der Seite her eindringt, wodurch es den obern Teil der Drüse vom untern trennt; mit andern Worten, man erhält den Eindruck, daß die Cülomdrüse gleichsam einem Fortsatz des innern Mesenchyms des Körpers aufsitzt (Taf. 34, Fig. 9; Taf. 40, Fig. 92). Letztern ist hier der kernhaltige Abschnitt einer sehr großen Muskelzelle eingelagert, welche an die dorsoventralen Muskeln der Kopfregion erinnert (Taf. 34, Fig. 9). Der Querschnitt des kern- haltigen Abschnitts der Zelle ist oval, wobei der eine Durchmesser ungefähr 100 uw, der andere 40 « beträgt. An der Peripherie der Zelle ist die kontraktil-fibrilläre Schicht ununterbrochen; im zentralen Protoplasma liegt der ovale Kern von ungefähr 80 Linge und etwa 30 « Breite. Nach oben und unten vom kernhaltigen Abschnitt gehen von der Muskelzelle viele Fortsätze (mf) ab, welche gewöhn- liche Muskelfasern bilden (Taf. 40, Fig. 92). Die untern von ihnen ziehen durch die mesenchymatöse Zwischenschicht und die Zellenmasse der Cölomdrüse zur lateralen Wand des die Geschlechtsprodukte ausführenden Abschnitts des weiblichen Apparats, die obern aber dringen durch den obern Teil der Drüse hindurch und in die Basis des betreffenden Eiersacks (ov) ein. Eine ganz ähnliche Muskelzelle (mz) liegt der eben beschriebenen gegenüber im Darmmesenchym auf der Höhe des untern Darm- quadranten (Taf. 34, Fig. 9; Taf. 40, Fig. 92). Die ventralen Fasern (mf) derselben begeben sich ebenfalls durch die Mesenchymlamelle der Drüse zum Ausführungsgang des weiblichen Geschlechtsapparats, 814 N. Livanow, wihrend die dorsalen Fasern ihrerseits in den Basalteil des Eier- sacks (ov) eindringen. Ungefähr in der Ebene, wo der ventrale Cülomabschnitt in den mittlern übergeht. beginnend, steigt der Ovarialsack im letztern fast bis zum dorsalen Cölomraum auf (Taf. 33, Fig. 1). Dieser Abschnitt erscheint, wie schon oben erwähnt war, als ein mächtiger, von den kleinen Zellen der Cölomdrüse gebildeter Strang, welcher nur von außen von einem dünnen Cölothelüberzug bekleidet ist. In der Achse des Strangs ist eine mehr oder minder ausgeprägte Lichtung vorhanden, welche das Lumen des Eiersacks darstellt (Taf. 40, Fig. 92). Dasselbe ist distal im bezeichneten Basalabschnitt des Ovarialsacks gut entwickelt. Je näher seiner Basis, um so weniger und schwächer erscheint das Lumen abgegrenzt, da die Elemente, welche distal eine wirkliche, wenngleich auch nicht einschichtige Wand bilden, sich zu einer immer mächtiger werdenden Lage an- ordnen und endlich in ein lockeres Gewebe verwandeln, in welchem vom früher vorhandenen Lumen nur noch schwach ausgeprägte Höhlen übrig bleiben (Taf. 40, Fig. 92, 95). Diese Hohlräume stehen in offener Verbindung mit der Lichtung des die Geschlechtsprodukte ausführenden Abschnitts (wt) des weiblichen Apparats, und so kommt die Kommunikation dieses letztern mit dem Lumen des Eiersacks (ov) zustande. Es gelang mir nicht, irgend welche Differenzierung der Elemente im basalen Abschnitt des Ovarialsacks zu bemerken; nur peripher verlaufen zwischen ihnen jederseits die schon besprochenen Muskel- faserbündel (mf), welche in der beschriebenen Weise von den 2 Muskelzellen ihren Ursprung nehmen (Taf. 40, Fig. 92). Diese Tatsachen weisen, wie mir scheint, ziemlich sicher darauf hin, dab wir es im vorliegenden Fall mit einem noch nicht ganz reifen und funktionierenden Organ zu tun haben. Andere Stadien standen mir jedoch, wie gesagt, nicht zu Gebote. Der auf den basalen Abschnitt folgende, sehr kurze, aufsteigende Teil des Ovarialsacks, welcher sich nach oben nur auf der Strecke des obern Darmquadranten erstreckt, hat einen andern Charakter (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 93). Er bildet eine weite Röhre, die innen von einem typischen Cylinderepithel (ovp) ausgekleidet und außen vom gewöhnlichen Coélothel (cf) bedeckt ist; zwischen diesen beiden Schichten befindet sich eine dünne Lage strukturloser Gallert- substanz (ms), versehen mit Zellen (cdz), welche mit den Elementen des Basalabschnitts des Eiersacks identisch sind (Taf. 39, Fig. 89). Acanthobdella peledina GRUBE. 815 Die Epithelzellen (ovp) des in Rede stehenden Abschnitts sind ungefähr 15—20 wu hoch und 10 u breit. Ihr Protoplasma ist fein granuliert und stark färbbar. Irgend eine cuticulare Lamelle oder Cilien fehlen an ihrer freien Zelloberfläche ganz. Der Kern ist von ovaler Form, einem Längendurchmesser von etwa 8 « und einer Breite von 12—15 wu. Er enthält zahlreiche, sehr feine Chromatinkörnchen und 2—3 gröbere Chromatinklümpchen. Zwischen den beiden Epithelschichten verlaufen im Mesenchym jederseits Bündel von Längsmuskelfasern (mf), welche eine unmittel- bare Fortsetzung der bezüglichen Bündel des basalen Abschnitts des Eiersacks darstellen (Taf. 39, Fig. 89). Weiter ändern die Ovarialsiicke (ov) ihre Richtung (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 93) und ziehen horizontal durch ungefähr 4 Somite im dorsalen Cölomabschnitt jederseits von der Medianlinie des Körpers oberhalb des Dorsalgefäßes hin (Taf. 34, Fig. 10, 11). Ihre Lage kann jedoch bedeutend variieren. Allmählich enger werdend, enden sie entweder dorsal oder senken sich wieder, wie das schon A. KowazEevskY (1896, p. 270) angegeben hat, vor ihrem Ende in den ventralen Cölomabschnitt herab. In seiner ganzen Ausdehnung weist der horizontale Abschnitt des Eiersacks einen ganz gleichen Bau auf (Taf. 39, Fig. 90). Von innen hat er eine gut entwickelte Epithelschicht (ovp), die sich vom Epithel des vorhergehenden Abschnitts scharf unterscheidet. Ihre Zellen von kubischer oder meist abgeplatteter Form zeigen den- selben Charakter wie die Elemente des Basalabschnitts. Nach außen vom Epithel liegt eine dünne Zwischenschicht von strukturloser Gallertsubstanz (ms), in welcher jederseits ein Bündel Längsmuskel- fasern (lm) verläuft. Dieselben bilden eine unmittelbare Fortsetzung der Längsmuskeln, welche schon in den 2 vorhergehenden Ab- schnitten der Ovarialsäcke vorkamen, und ziehen, allmählich dünner werdend, bis an das Ende des Eiersacks. Die ganze Längsmuskulatur dieses Organs geht folglich von 2 Muskelzellen aus, die, wie er- wähnt, am Basalteil desselben gelegen sind. Von außen liegen der Längsmuskulatur Ringmuskelfasern (rm) auf. Eine jede von ihnen wird von einer gewöhnlichen, spindelförmigen Muskelzelle gebildet, deren kernhaltiger Abschnitt auf einer größern oder geringern Strecke von der kontraktil-fibrillären Schicht frei ist. Charakteristisch erscheint die Verteilung der kernhaltigen Abschnitte in der Ring- muskulatur des Ovarialsacks, nämlich auf 2 Linien, 1 dorsalen und 1 ventralen, d. h. in gleicher Entfernung von den beiden Bündeln 816 N. Livanow, der Längsmuskelfasern. Die äußerste Schicht des bezeichneten Ab- schnitts des weiblichen Geschlechtsapparats bildet das Cölothel (cé), welches hier jedoch vom gewöhnlichen Peritonealepithel der Somato- pleura sehr bedeutend abweicht. Meistens sieht man ein plattes Epithel, welches sich von der den gegebenen Abschnitt des Ovarial- sacks innen auskleidenden Epithelschicht fast gar nicht unterscheidet. Näher dem vertikalen Abschnitt wird es allmählich flacher und ver- wandelt sich endlich in die typische Peritonealmembran. (Gegen das hintere Ende des Ovarialsacks erscheint die Differen- zierung seiner verschiedenen Elemente im allgemeinen schwächer ausgeprägt, und man sieht da am Querschnitt (Taf. 39, Fig. 91) eigentlich nur 2 vollkommen gleiche Schichten kubischen Epithels, eine äußere (ct) und eine innere (ovp), welche an den Seiten aus- einander weichen, um den Längsmuskelfasern (/!m) den Durchtritt zu gestatten. Außerdem liegt zwischen ihnen je ein Häufchen von Zellen, welche den Elementen des beschriebenen Epithels der Ovarialsäcke durchaus ähnlich sind und die noch undifferenzierten Zellen der Ringmuskulatur (rm) darstellen. Das ganze Lumen des horizontalen Abschnitts der Eiersäcke ist von den sich entwickelnden Geschlechtsprodukten (oc) erfüllt; reifere Eier habe ich jedoch in den von mir untersuchten Objekten nicht zu sehen bekommen (Taf. 39, Fig. 90, 91). Deswegen will ich auf die Einzelheiten der Ovogenese hier nicht näher eingehen und möchte nur hervorheben, daß sich Massen von Geschlechtszellen rings um recht ansehnliche Protoplasmaanhäufungen lagern, welche die Rolle von Nährzentren (nrz) übernehmen (Taf. 39, Fig. 90). In letztern findet man zuweilen kuglige Kerne von ungefähr 25 w im Durchmesser, die eine Menge feinster Chromatinkörnchen und 2, 3 oder noch mehr gröbere Chromatinklümpchen enthalten. Diese Nährzellen sind mit den oben beschriebenen Elementen der Hoden identisch. Die Geschlechtszellen stehen mit den Elementen der Wand des Eiersacks in keiner Verbindung, dessen Epithel stets gut differenziert erscheint, obschon der Typus dieser beiden Zellarten ein und der- selbe ist. Den Gesamtbau des Ovarialsacks überblickend, finden wir also, daß, während in einigen seiner Abschnitte alle Wandschichten aus verschiedenartig differenzierten Elementen bestehen, in andern eine solche scharfe Differenzierung fehlt. So ist das hintere Ende des Eiersacks aus 2 ganz gleichen Epithelschichten gebildet, die zwischen sich Zellenhaufen von ähnlichem Charakter für die zukünftige Ring- Acanthobdella peledina GRUBE. 817 muskulatur abgesondert haben. Diese Tatsache gibt uns, wie mir scheint, einen unzweideutigen Hinweis auf die Abstammung aller beschriebenen Elemente von einer gemeinsamen Anlage. Eine Be- stätigung erhält diese Voraussetzung, wenn wir den Bau des basalen Eiersackabschnitts berücksichtigen, wo bereits fast keine Schichten unterscheidbar sind; hier haben wir eine Masse von durchaus ähn- lichen Zellen vor uns, welche in die Zellenmasse der Cölomdrüse unmittelbar übergeht. Dieser Befund weist gleichzeitig mit Be- stimmtheit darauf hin, daß die Cülomdrüse dasjenige Gebilde ist, von welchem die Anlage des Ovarialsacks ihren Ursprung nimmt. Daß die Geschlechtsprodukte auch aus derselben Anlage hervorgehen, ist sowohl aus der Ähnlichkeit der Elemente als auch aus der vollen Abgeschiedenheit der Masse der Geschlechtsprodukte von der Epithel- schicht der Ovarialsackwandung klar ersichtlich; Stellen, wo eine Proliferation der Zellen in das Lumen des Eiersacks stattfinden sollte, sind in der Wand des letztern nirgends zu sehen. Somit können wir mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß die am vordern Dissepiment des 3. Clitellarsomits gelegene Cülomdrüse durch mächtige Vermehrung ihrer Elemente einem soliden Zellenstrang den Ursprung gibt, der sich, im periintestinalen Cölomraum nach oben aufsteigend, im dorsalen Cölomabschnitt durch mehrere Somite erstreckt. Infolge weiterer Differenzierung der Elemente entsteht in diesem Strang einerseits die Wand des Ovarialsacks, andrerseits — aus den zentral gelegenen Zellen — die Masse der weiblichen Geschlechtsprodukte. Die beschriebenen Strukturverhältnisse des die Geschlechts- produkte bereitenden Abschnitts des weiblichen Geschlechtsapparats zeigen deutlich, daß dieser Abschnitt bei Acanthobdella ein Verhalten aufweist, wie es auch für die übrigen Hirudineen typisch ist. Dies bestätigen auch die embryologischen Angaben O. Bürcer’s (1902) betreffend die Entwicklung der Ovarien der Rhynchobdelliden aus einem Paar im 11. Somit gelegener weiblicher Gonoblasten. Ein wichtiger Unterschied von den übrigen Hirudineen besteht bloß im Vorhandensein der Cölomdrüse, deren Zellen dem ganzen in Rede stehenden Abschnitt des weiblichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella den Ursprung geben. Bei den erstern fehlt eine solche Drüse gänzlich, in der embryonalen Entwicklung aber ist sie bis auf einen einzigen, mesodermalen, weiblichen Gonoblasten reduziert, was in vollem Einklang mit dem bei den Hirudineen allgemein ver- breiteten teloblastischen Entwicklungsmodus steht. Ich kann nicht umhin, hier noch darauf aufmerksam zu machen, daß ein Muskel- 818 N. Livanow, bündel ähnlich wie bei Acanthobdella auch in den basalen Abschnitt des Eiersacks der Glossosiphoniden aus dem umgebenden Mesenchym eindringt. Dieses Bündel tritt darauf, wie G. Branpes (1901, p. 773) für Hemiclepsis marginata angibt und was ich auch für Protoclepsis tessellata bestätigen kann, in das zunächst liegende Ende der Masse der weiblichen Geschlechtsprodukte ein. Die Ähnlichkeit wird noch größer, wenn wir außerdem die Angabe (p. 772) des genannten Autors in Betracht ziehen, daß er „inzwischen die Entstehung der neuen Keimstränge an der Wandung der Ovarialsäcke und zwar an der Stelle des fibrösen Fortsatzes beobachtet habe“. Mit dieser Be- hauptung von G. BRANDES steht jedoch die Angabe von É. Brumpr (1900, p. 356) im Widerspruch, nach dessen Beobachtungen die Pro- liferation der Keimzellen im hintern Ende des Eiersacks stattfindet. Auch O. BÜRGER (1902, p. 536, 537) spricht sich gegen BRANDES in dem Sinn aus, daß die fibrösen Anhänge der Ovarialsicke während der Entwicklung als erst später auftretender Teil des weiblichen Geschlechtsapparats entstehen sollen. Die Entscheidung dieser Frage zukünftigen Untersuchungen überlassend, können wir in bezug auf Acanthobdella konstatieren, dab sich infolge der Anwesenheit der Cölomdrüse der die Geschlechts- produkte bereitende Abschnitt des weiblichen Geschlechtsapparats demjenigen Verhalten nähert, welches wir bei den Oligochäten vor- finden. Bei den letztern bilden die Ovarien Anhäufungen von Ge- schlechtselementen, die sich ablösen und in das Cölom fallen; bei Acanthobdella findet in den Zellensträngen, welche von der Cölom- drüse abstammen und im Cölomraum liegen, eine Differenzierung von Wandungszellen statt, und auf solche Weise erscheinen die weiblichen Geschlechtsprodukte hier schon in einer Ovarialrühre eingeschlossen. Bei den übrigen Hirudineen entwickelt sich nun eine derartige Cölomdrüse nicht mehr, in der Ontogenie aber sondert sich eine Anzahl mesodermaler Zellen und erzeugt einen Zellenstrang, welcher sich darauf ganz ebenso differenziert wie bei Acanthobdella. Der ausführende Abschnitt des weiblichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella besteht aus einem weiten Behälter, welcher durch Vereinigung der basalen Abschnitte der beiden Eiersäcke entsteht, und dem eigentlichen, sich nach auben öffnenden Ausführungsgang (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 40, Fig. 93, 94 ui). Der letztere (wt) stellt eine Einstülpung des Hautepithels vor, weiche an der Grenze zwischen dem 3. und 4. Ring des 2. Clitellar- somits (10) beginnend, die Muskelschichten und das innere Mesenchym Acanthobdella peledina GRUBE. 819 des Körpers durchsetzt. Im Querschnitt hat die bezeichnete Ein- stülpung eine ovale Form, deren größerer Durchmesser senkrecht zur Längsachse des Körpers gestellt ist (Taf. 40, Fig. 94). Als un- mittelbare Fortsetzung des Hautepithels ist das Epithel in der Ein- stülpung jenem durchaus ähnlich. Bei einigen der von mir unter- suchten Objekte beobachtete ich hier gleichsam eine Differenzierung in 2 rechts und links von der Medianlinie nebeneinander liegende Röhren; die weitere Entwicklung dieses Abschnitts des weiblichen Geschlechtsapparats konnte ich jedoch bei meinen Objekten nicht beobachten. An der Basis der bezeichneten Einstülpung findet eine stärkere Entwicklung der Ringmuskeln des Integuments statt, wobei einige von ihnen als spezielle Ringmuskelfasern dieser Einstülpung er- scheinen. Auf der ganzen übrigen Ausdehnung der letztern sind bloß feine Längsmuskelfasern in einer geringen Anzahl vorhanden, wobei sie auf der hintern Oberfläche spärlicher als auf der vordern verteilt sind. Dieselben nehmen alle von 4 Muskelzellen ihren Ursprung, von denen 2 vorn gelegen und mit den am basalen Eier- sackabschnitt befindlichen Muskelzellen identisch sind; ihre kern- haltigen Zellabschnitte liegen symmetrisch jederseits von der Median- linie am obern Ende der Einstülpung. Die 2 andern Muskelzellen erscheinen schwächer entwickelt; ihre kernhaltigen Abschnitte be- finden sich im innern Mesenchym des Körpers in der Nähe des ent- sprechenden Abschnitts der äußern Muskelzelle, die dem basalen Abschnitt des Ovarialsacks angehört, jedoch ein wenig nach oben und lateralwärts von ihm. Die Muskelfasern dieser beiden Zellen verlaufen an der hintern Oberfläche der Epitheleinstülpung. Die bezeichneten Längsmuskelfasern liegen dem Epithel der Einstülpung unmittelbar an und sind in eine dünne Mesenchymschicht eingeschlossen, welche basal in das innere Mesenchym des Körpers übergeht. An der hintern Oberfläche der Einstülpung ist die Mesenchymschicht nur sehr schwach ausgebildet, vorn aber stellt sie gleichzeitig das Mesenchym des Dissepiments zwischen dem 2. und 3. Clitellarsomit vor. Nach oben geht die Wand der epithelialen Einstülpung un- mittelbar in die Wandung des Behälters über, welcher aus der Vereinigung der basalen Eiersackabschnitte hervorgeht (Taf. 40, Fig. 93, 94). Innen ist dieses Reservoir von einer dünnen Epithel- schicht ausgekleidet, welche derjenigen des horizontalen Eiersack- abschnitts durchaus ähnlich erscheint. Das von außen anliegende 820 N. Livanow, Mesenchym geht in das periintestinale und das innere Mesenchym des Körpers direkt über. In ihm verlaufen Längsmuskelfasern, und zwar zieht derjenige Teil von ihnen, welcher von den beiden vordern Muskelzellen der Epitheleinwucherung herrührt, nach oben, während die übrigen, die von den an der Basis der Eiersäcke gelegenen Muskelzellen ihren Ursprung nehmen, nach unten verlaufen. Wie wir gesehen haben, ist der in Rede stehende Hohlraum durch den vordern Teil der Cölomdrüse vom Lumen der Ovarialsäcke abgegrenzt, doch erscheint diese Abgrenzung bei den von mir untersuchten Objekten unvollständig und wird gewiß bloß in dem unreifen Zu- stande des weiblichen Geschlechtsapparats ihre Ursache haben. Bei der Weiterentwicklung des, wie erwähnt, noch schwach differenzierten, basalen Abschnitts der Eiersäcke wird ohne Zweifel aus ihnen ein Rohr mit gut ausgebildeten Wänden entstehen, welches unmittelbar in das Lumen des ausführenden Abschnitts einmündet. Ein diesem nahe kommendes Verhalten habe ich in einem Fall tatsächlich be- obachtet. Wie wir inbezug auf den Bau des die Geschlechtsprodukte be- reitenden Abschnitts des weiblichen Geschlechtsapparats von Acantho- bdella auf die Ähnlichkeit mit den übrigen Hirudineen hinweisen konnten, so haben wir auch im Bau des ausführenden Abschnitts wiederum einen gut ausgeprägten Hirudineentypus vor uns, welcher von dem für die Oligochäten charakteristischen Verhalten stark ab- weicht. Unmittelbar hinter dem ausführenden Abschnitt (vt) befindet sich die hintere Höhle (ah) des weiblichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 34, Fig. 9; Taf. 40, Fig. 92—94). Ihre vordere Wand ist im untern Teil durch die hintere Wandung der oben beschriebenen Epitheleinstülpung (wt) gebildet, welche bloß von einer dem parietalen Cölothel durchaus ähnlichen Schicht bedeckt ist (Taf. 40, Fig. 93, 94). Im obern Teil erscheint die vordere Wand weniger differenziert, da sie hier aus einer Ansammlung der kleinen Zellen der Cölomdrüse (cd) besteht, durch welche die Muskelfasern hindurchziehen (Taf. 40, Fig. 93). Die Cölothelschicht ist offenbar teilweise auch hier entwickelt, da man zuweilen die für sie charakte- ristischen kernhaltigen Zellabschnitte bemerken kann. Nichtsdesto- weniger kann man es kaum behaupten, daß die hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats mit dem obern Teil des ausführenden Abschnitts nicht in Verbindung stehe, da die peritoneale Lamelle nicht kontinuierlich ausgebildet ist, die Elemente der Wand aber Acanthobdella peledina GRURE. 821 bloß eine ziemlich lockere Masse darstellen. Nach den Seiten hin dehnt sich die hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats bis zum paramedianen Längsmuskelbande aus (Taf. 40, Fig. 92—94); nach hinten reicht sie auf der Medianlinie des Körpers bis zum Ganglion der Bauchkette und bildet jederseits von demselben je eine Aussackung, welche sich fast bis zur hintern Grenze des 3. Clitellar- somits erstreckt. Von vorn und oben ragen in die hintere Höhle rechts und links die beiden beschriebenen Cölomdrüsen (cd) hinein, deren sich ablösende Elemente, wie wir gesehen haben, in diese Höhle herabfallen und dieselbe mehr oder minder ausfüllen. Die laterale und hintere Wand der Höhle sowie der hintere Abschnitt ihrer obern Wand sind vom typischen Cölothel (ct) der Somatopleura gebildet, welchem von außen verhältnismäßig kleine spindelförmige Muskelzellen (mf*) anliegen. Die letztern befestigen sich mit einem Ende am basalen Abschnitt der Ovarialsäcke, mit dem andern aber dringen sie unter das Hautepithel ein (Taf. 40, Fig. 92). Diese Muskeln sind in dem die hintere Höhle umgebenden innern Mesenchym des Körpers eingelagert. Nach unten bildet die bezeichnete Höhle zahlreiche Ausstülpungen, die durch die Längsmuskulatur (Im) bis zu den Ring- (rm) und Diagonalmuskeln (dm) vordringen. Zuweilen sind diese Ausstülpungen so stark entwickelt, daß einige Längs- muskelbündel (/m*) in der hintern Höhle selbst (ah) von allen übrigen Längsmuskeln durchaus isoliert liegend erscheinen (Taf. 40, Fig. 92). Die eölotheliale Auskleidung der hintern Höhle erfährt hier eine eigenartige Veränderung, welche bis zu einem gewissen Grade der Chloragogenzellenschicht des Darms analog erscheint; es sind hier ziemlich große, ovale oder birnförmige Zellen (ct*), welche ungefähr bis 30 u Höhe und 15 w Breite erreichen. Solche Zellen füllen die zwischen die Längsmuskeln eindringenden Vorstülpungen der hintern Höhle dicht an. Ihr Protoplasma ist fein granuliert und färbt sich zart. Die ovalen oder kugligen Kerne, welche etwa 15 « im Durch- messer haben, sind mit sehr feinen Chromatinkörnchen und mit 3, 4 oder noch mehr Chromatinkliimpchen versehen. Diese Zellen er- innern an die Elemente der Wand im obern Abschnitt des auf- steigenden Teils der Ovarialsäcke. Charakteristisch für die hintere Höhle des weiblichen Geschlechts- apparats von Acanthobdella erscheint die gegen sie vorragende Ein- senkung (spt) des Hautepithels (Taf. 33, Fig. 1; Taf. 34, Fie. 9; Taf. 40, Fig. 92, 93). An der Grenze zwischen dem 2. (10) und 3. (11) Clitellarsomit beginnend, erstreckt sie sich in Gestalt einer Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 53 829 N. Livaxow, flachen, aber breiten Grube unter den vordern Abschnitt der hintern Höhle. An deren Boden heften sich die Enden (mf,) der ventralen Dissepimentmuskeln (dsz,) an, welche wie gewöhnlich zu je 2 jeder- seits vorhanden sind (Taf. 34, Fig. 9; Taf. 40, Fig. 92). Die andern Enden der letztern wenden sich dem entsprechenden untern Qua- dranten des Darmquerschnitts zu und nehmen in der Nähe der innern Muskelzellen des basalen Eiersackabschnitts ihren Verlauf. Ihre mittlern Teile durchsetzen die hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats an der Medianlinie des Körpers zwischen den beiden Cülomdrüsen. Das Gewebe (ms), welches die Höhle von der Einsenkung des Hautepithels scheidet, macht den Eindruck eines äußerst lockern und leicht durchdringbaren, mit vielen Amöbocyten versehenen Mesenchyms (Taf. 40, Fig. 92). Von der hintern Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella sagt E. Brumpr (1900, p. 370), dab dieses Gebilde „se presente comme une simple hypertrophie de la paroi posterieure de l'oviducte, la masse ainsi formée est creusée à son centre d’une volu- mineuse lacune dont la paroi postérieure et supérieure est extréme- ment délicate, surtout sur la ligne médiane“. Dennoch dürfen wir infolge der Anwesenheit eines deutlich ausgebildeten Cülothels (ct), welches ventral (ct*) bloß verändert. im übrigen aber mit der Somato- pleura identisch ist, die hintere Höhle des weiblichen Geschlechts- apparats nicht als einen lacunären Raum betrachten. Im Gegenteil haben wir es hier offenbar mit einem abgegrenzten Cölomabschnitt zu tun, welcher eine bestimmte, mit dem Geschlechtsapparat in Ver- bindung stehende Funktion besitzt. Außerdem ist die Vorstellung E. Brumpr’s von der hintern Höhle des weiblichen Geschlechts- apparats als von einem Gebilde, welches eine einfache Hypertrophie der hintern Oviductwand darstelle, überhaupt ganz unrichtig, da die Célomdriisen, die allerdines einen solchen Eindruck hervorrufen können, vom übrigen Teil der Wand der bezeichneten Höhle scharf abgegrenzt sind und die Wand selbst zum größten Teil vom typischen Cölothel der Somatopleura gebildet wird. In den bezüg- lichen Angaben über Acanthobdella hat sich E. Brumpr offenbar von den Resultaten beeinflussen lassen, welche er aus seinen detaillierten Untersuchungen des Geschlechtsapparats der übrigen Hirudineen ge- wonnen hatte. ‚, Ungeachtet dieser Ungenauigkeit der erwähnten Angaben E. Brumpr’s ist dennoch seine Behauptung (1900, p. 349), dab „lorifice énigmatique de GRUBE n'est pas un orifice, ce n’est Acanthobdella peledina Grube. 823 qu'une simple dépression, profonde il est vrai ... une aire copulatrice“, und „la glande qui adhère intimement au fond de cette dépression ... n’est autre chose que le tissu vecteur des autres Ichthyobdellides* durchaus richtig. Tatsächlich entspricht die Einsenkung des Hautepithels von Acanthobdella ihrer Lage und ihren Beziehungen zu den andern Körperteilen nach der für die Ichthyobdelliden von E. Brumpr beschriebenen Copulationsregion vollkommen; bei vielen von ihnen steht das zuführende Gewebe ebenfalls in unmittelbarer Verbindung mit dem weiblichen Geschlechts- apparat, wie wir das für die hintere Höhle von Acanthobdella kon- statiert haben. Darüber finden wir bei E. Brumer (1900, p. 349) folgende Angabe: „Les coupes que nous avons pratiquées chez des animaux fixes longtemps apres la reproduction ne nous ont pas montré la présence de spermatozoides dans ces tissus mais l’anatomie comparée ne nous permet pas de garder des doutes a cet égard“, d. h. daß wir bei Acanthobdella ein Copulationsgebiet und zuführen- des Gewebe vor uns haben, die denjenigen der Ichthyobdelliden homolog sind. Dennoch dürften wir Acanthobdella nicht, wie E. Brumpr das auf Grund seiner nicht ganz zutreffenden Beobachtungen will, so ohne weiteres in eine Gruppe mit Piscicola geometra, Cystobranchus respirans und C. fasciatus, Trachelobdella sp. stellen. Bei Acantho- bdella haben wir ein viel primitiveres Verhalten der in Rede stehen- den Bildungen vor uns als bei allen übrigen Hirudineen. Während bei den letztern das Copulationsgebiet ansehnlichere Dimensionen erreicht, ist es bei Acanthobdella auf ein kleines Gebiet lokalisiert, und ferner stellt das zuführende Gewebe der Ichthyobdelliden eine von lacunären Räumen durchsetzte Masse dar, wogegen es bei Acanthobdella noch als ein deutlich ausgeprägter Cölomabschnitt sich zu erkennen gibt. Diese letztere Tatsache bildet, wie mir scheint, einen ausschlaggebenden Hinweis darauf, daß wir es hier eben mit einem primitiven Zustand zu tun haben, welcher eine Ubergangs- stufe von den Oligochäten zu den Hirudineen repräsentiert. Bei den Oligochäten ist noch Kein derartig differenzierter Cölomabschnitt wie die hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella vorhanden; ein solcher tritt erst bei der letztern auf. Bei den Ichthyobdelliden aber ist die hintere Höhle bereits durch ein besonderes Gewebe ersetzt, welches dazu bestimmt ist, um das Vordringen der Spermatozoen aus den Spermatophoren zu den weib- lichen Geschlechtsprodukten zu gestatten. Dieselbe Rolle spielt offenbar auch die hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats Fos 09% 824 N. Livanow, von Acanthobdella, in welche die Spermatozoen durch die Einsenkung des Hautepithels leicht eindringen könnten. Diese Einsenkung hätte somit die Bedeutung einer für den Durchgang der Spermatozoen spezialisierten Stelle, was auch durch den oben beschriebenen Bau der Einsenkung bestätigt wird. Ihrem Bau ‘nach ähnliche Gebilde sind nun bei den Oligochäten die Spermateken, welche auch nichts anderes als Einstülpungen des Hautepithels vorstellen und manch- mal auf der ventralen Medianlinie des Körpers gelegen sind. Die allgemeinen topographischen Beziehungen des weiblichen Geschlechtsapparats von Acanthobdella lassen sich also folgender- maßen zusammenfassen. Im vordern Abschnitt des 3. Clitellarsomits, d. h. des 11. Körpersomits, gerechnet vom 1. borstentragenden Kopf- somit, befindet sich jederseits eine Cölomdrüse, welche den Ovarien der Oligochäten homolog ist. Der ausführende Abschnitt des Ge- schlechtsapparats liegt unmittelbar bei dem vordern Dissepiment desselben Somits. Die äußere Öffnung befindet sich jedoch in der Ringfurche zwischen dem 3. und 4. Ring des 2. Clitellar- somits, sie ist also ein wenig nach vorn verschoben. Einen Ring weiter nach hinten ist auf der Medianlinie des Körpers eine Sperma- theca vorhanden, zu welcher ein differenzierter Cölomraum gehört, der ventral im 3. Clitellarsomit gelegen ist. Somit wäre das 3. clitellare, d. h. das 11. Somit des Körpers von Acanthobdella, als das weibliche Geschlechtssomit dieser Form zu betrachten. Wenn man nun bei Acanthobdella das 1. Clitellarsomit, i. e. das 9. Körpersomit, mit Bestimmtheit als das männliche und das 3. clitellare, i. e. das 11. Körpersomit, als das weibliche Somit bezeichnen kann, so sind diese Beziehungen bei den übrigen Hirudineen, besonders im vollkommen ausgebildeten Zustand, lange nicht so klar. Dennoch können hier die embryologischen Tatsachen mit Erfolg zur Auf- klärung benutzt werden. So läßt sich mit voller Sicherheit kon- statieren, daß das 11. Körpersomit auch bei den übrigen Hirudineen ähnlich wie bei Acanthobdella das weibliche Somit darstellt. Inbezug auf Glossosiphonia schreibt nämlich O. BürGEr (1902, p. 536) Folgendes: „Die weiblichen Geschlechtsorgane werden mit all ihrem Zubehör von den Produkten der Gonoblasten des XI. Segments erzeugt.“ Es unterliegt ferner ebensowenig einem Zweifel, daß der ausführende Abschnitt des männlichen Geschlechtsapparats bei den übrigen Acanthobdella peledina GruBE. 825 Hirudineen ganz wie bei Acanthobdella dem Dissepiment zwischen dem 9. und 10. Körpersomit angehört. Die einschlägige Angabe von O. Bürger (1902, p. 537) über Glossosiphonia lautet: „Die männ- lichen Geschlechtsorgane nehmen ihren Ursprung aus zwei verschieden- artigen Anlagen. Nur die Vesicula seminalis nebst dem Ductus ejaculatorius, der Spermatophorentasche und dem unpaaren Aus- führungsgang werden von dem im X. Segment enthaltenen Gono- blastenpaar erzeugt“, wo sie im Bereich des Dissepiments zwischen dem 9. und 10. Somit gelegen sind. Hieraus kann man mit ziem- licher Wahrscheinlichkeit schließen, daß das 10. Körpersomit sowohl bei Acanthobdella als auch bei den übrigen Hirudineen weder das männliche, noch überhaupt ein geschlechtliches Somit darstellt und daß die männlichen Geschlechtsprodukte, bevor sie in den Aus- führungsgang gelangen, zunächst in das 9. Körpersomit eintreten müssen. Dieses Somit der Hirudineen ist folglich gewissermaßen als das eigentliche männliche Geschlechtssomit zu bezeichnen. Weiter gehen die Homologien des Geschlechtsapparats von Acanthobdella und der übrigen Hirudineen nicht, da der keimbereitende Abschnitt der männlichen Geschlechtsorgane bei den letztern ganz eigenartige, von Acanthobdella und den Oligochäten stark abweichende Verhält- nisse aufweist, indem er aus Verdickungen der Cölomwand von Somiten der Mitteldarmregion entsteht. Ich möchte hier noch darauf aufmerksam machen, daß bei allen Hirudineen ähnlich wie bei Acanthobdella 3 Somite, nämlich das 9., 10. und 11., vom 1. von der Unterschlundganglienmasse innervierten Somit gerechnet, die Bedeutung von Clitellarsomiten haben. Eine Beständigkeit in der Lage der Genitalüffnungen in bestimmten Clitellarsomiten, welche von einigen Autoren wie z. B. S. AparTHy (1888), A. Oxa (1894), R. BLANCHARD behauptet wird, läßt sich meiner Meinung nach für die Hirudineen nicht feststellen, da schon inner- halb der Glossosiphoniden solche Formen wie Glossosiphonia heterochta einerseits und Protoclepsis mollissima andrerseits sich gegenüberstehen. - Während nämlich bei der erstern von ihnen der männliche und der weibliche Ausführungsgang des Geschlechtsapparats mit einer gemein- samen Öffnung nach außen münden, die zwischen dem 1. und 2. Ring des 10. Körpersomits, d. h. des 2. clitellaren liegt, befindet sich bei der andern die männliche Geschlechtsöffnung im 9. Körpersomit, d. h. im 1. clitellaren, zwischen dessen 2. und 3. Ring, die weibliche Öffnung aber zwischen dem 1. und 2. Ring des 3. Clitellarsomits, mit andern Worten des 11. Kérpersomits. Daraus kann man er- 826 N. Livanxow, sehen, daß es äußerst schwer, wenn nicht fast unmöglich ist, fiir’ den Vergleich mit Acanthobdella diese Merkmale zu verwerten. Nachdem wir im vorhergehenden gesehen haben, in wie be- deutendem Grade die einzelnen Teile des Geschlechtsapparats von Acanthobdella denjenigen der Oligochäten nahe kommen, können wir uns auch weiter leicht davon überzeugen, daß auch ihre Lage- beziehungen ganz ähnliche sind wie bei gewissen Oligochäten. Nehmen wir zum Vergleich die Haplotaxiden, so finden wir, daß bei ihnen die Hoden im 9. und 10. borstentragenden Somit und die Ovarien im 11. und 12. oder nur im 11. Somit gelegen sind. Zwischen einem solchen Verhalten und demjenigen bei Acanthobdella ist nur ein geringer Unterschied, und Pranchiobdella stellt in dieser Be- ziehung ein Zwischenglied dar, indem bei dieser Form zwischen dem männlichen und dem weiblichen sich ein Somit befindet, in welchem die Geschlechtsprodukte fehlen. Wichtig ist im vorliegenden Fall vor allem überhaupt das Vorkommen eines Somits, in welchem die Geschlechtsorgane einer Atrophie unterlegen sind, ungeachtet dessen, daß die Lage der geschlechtlichen Somite eine andere ist als bei Acanthobdella. Eben solch eine Rückbildung hat offenbar auch bei der letztern Form im 2. clitellaren, d. h. 10. Körpersomit stattgefunden. Der ausführende Abschnitt des männlichen Geschlechts- apparats weist in seinem Bau, wie wir sahen, eine volle Ähnlichkeit mit dem bei einigen Oligochäten vorkommenden auf und steht dem- jenigen der Haplotaxiden sehr nahe. Wohl besteht ein Unterschied in der Lage der Spermatheca, doch beurkundet dieses Organ bei den Oligochäten in dieser Hinsicht sehr bedeutende Schwankungen; so haben wir z. B. unter den Lumbriculiden Formen, bei welchen die Spermatheken entweder vor den geschlechtlichen Somiten, hinter diesen oder endlich in den Geschlechtssomiten selbst gelegen sind, wie es bei Acanthobdella der Fall ist. Die Verlegung der Spermatheca in die unmittelbare Nachbarschaft mit dem ausführenden Abschnitt des weiblichen Geschlechtsapparats behufs möglichster Sicherstellung des Zutritts der Spermatozoen zu den weiblichen Geschlechts- produkten ist durchaus verständlich, wie denn auch die Abgrenzung der hintern Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats vom übrigen Cölom demselben Zweck dient. Eine gewisse Eigentümlichkeit serenüber den Oligochäten könnte man bei Acanthobdella darin er- blicken, daß es sich hier inbezug auf den weiblichen Ausführungs- gang schwer entscheiden läßt, ob er den Oviducten der Haplotaxiden homolog oder eher den Samenleitern des 2. Hodenpaars vergleichbar Acanthobdella peledina Gruss. 827 ist; nach Riickbildung der letztern könnten ja die betreffenden Samenleiter eventuell die Funktion von Ausführungswegen für die weiblichen Geschlechtsprodukte übernommen haben. Alles Gesagte kurz zusammenfassend können wir behaupten, daß der Geschlechtsapparat von Acanthobdella einen Übergangstypus dar- stellt, welcher sich im Bau der männlichen Geschlechtsorgane an die Oligochäten, im Verhalten der weiblichen Organe aber mehr an die übrigen Hirudineen anschließt. In dieser Hinsicht sowie auch in manchen andern gibt uns Acanthobdella sehr wertvolle Hinweise für das Verständnis der Hirudineen-Organisation und für die Zurück- führung der letztern auf den allgemeinen Körperbau der Anneliden überhaupt. 14. Das Somit von Acanthobdella. Am Schluß unserer Besprechung des Tatsachenmaterials, welches uns die Organisation von Acanthobdella geliefert hat, müssen wir noch einige Charaktere ihrer äußern Morphologie berühren, die wir bisher nicht mit andern analogen Tatsachen verglichen haben. So konnten wir konstatieren, daß das typische Mittelkörpersomit von Acanthobdella eine klar ausgeprägte Ringelung aufweist, welche bekanntlich für das Somit der Hirudineen überhaupt charakteristisch ist. Nach dem Bau des Nervensystems und der Verteilung der Sinnesorgane urteilend, kann man weiter schließen, dab die ein jedes Somit von Acanthobdella bildenden 4 Ringe den Somitringen der übrigen Hirudineen streng entsprechen. Der 1. von ihnen ist dem vordersten von den 3 Somitringen der Mehrzahl der Rhynchobdelliden sowie den beiden vordern Ringen des Somits der Gnathobdelliden zusammen genommen homolog; der 2. Ring entspricht dem mittlern Somitring der übrigen Hirudineen, und die 2 hintern Ringe des Somits von Acanthobdella entsprechen zusammen dem 3. Somitring der Rhynchobdelliden, sowie einzeln dem 4. und 5. Ring des Somits der Gnathobdelliden. Das Vorhandensein einer scharf ausgeprägten, typischen Hiru- dineenringelung im Somit von Acanthobdella gibt, wie mir scheint, einen wichtigen Hinweis dafür ab, daß eine ähnliche Ringelung schon bei den primitivsten Hirudineen-Formen existiert haben muß. Es wird wohl kaum jemals echte Hirudineen gegeben haben, deren Somit aus einem einzigen Ring bestand. Dagegen spricht auch das Vorkommen einer gut ausgebildeten Ringelung des Somits bei den nächsten Verwandten der Hirudineen unter den Oligochäten, nämlich 828 N. Livaxow, bei Branchiobdella, den Haplotaxiden und Lumbriculiden. Meine An- schauungen darüber habe ich bereits früher (1904, 2) dargelegt. Wenden wir uns nun zur Reduktion des typischen Somits von Acanthobdella am vordern und hintern Körperende. In erster Linie wäre da zu bemerken, daß das Neurosomit bei allen reduzierten Somiten in seinen wichtigsten Bestandteilen vollkommen ausgebildet ist; das ist eine Tatsache, welche im vollen Einklange damit steht, was ich auch bei den übrigen Hirudineen habe konstatieren können. Eine Ausnahme stellen nur die 4 Somite der Haftscheibenregion dar, welche so eng miteinander verschmolzen sind, daß von irgend einer Sonderung bei ihnen überhaupt nicht mehr die Rede sein kann. Aber außerdem sind im hintern Körperabschnitt von Acantho- bdella noch 4 caudale Somite der Hinterdarmregion einer Reduktion unterworfen. Bei allen diesen ist die mittlere Ringfurche gut ent- wickelt, während die vordere schwächer ausgeprägt ist und die hintere bloß dorsal bemerkbar bleibt. Analoge Tatsachen finden wir auch in den Somiten der Kopf- region vor. Bei ihnen erweist sich die mittlere Furche, welche im 3. 4. und 5. Somit vorkommt, als die beständigste. Erst im 4. und 5. Kopfsomit tritt eine schwach ausgebildete, ventral aber noch ganz verschwindende vordere und hintere Ringfurche auf. Im 5. Kopf- somit ist übrigens die hintere Furche gewöhnlich schon gut ent- wickelt. Das 1. und 2. Somit der Kopfregion enthält bloß je einen Ring. Hieraus ergibt sich also, daß die mittlere Ringfurche des Somits bei der Reduktion der Somite von Acanthobdella am längsten erhalten bleibt und daß im Vergleich mit ihr die vordere und hintere Furche eine weit geringere Beständigkeit aufweisen. Daraus kann man schließen, daß die mittlere Furche, welche den vordern, hauptsächlich die Sinnesorgane tragenden Abschnitt des Somits von dessen hinterm Abschnitt abteilt, auch phylogenetisch einen beständigern, frühern Erwerb des ursprünglich 1ringeligen Somits darbietet. Ein derartiger 2ringeliger Zustand des Somits war wahrscheinlich schon den primi- tivsten Hirudineen-Formen eigen. Hierbei sei bemerkt, daß wir ganz analoge Tatsachen auch bei der Somitreduktion der übrigen Hiru- dineen antreffen, und ebenso muß als analoge Erscheinung die Aus- bildung des 2ringeligen Somits von Microbdella betrachtet werden. Andrerseits gibt uns einen wichtigen Hinweis in dieser Beziehung das Vorhandensein des 2ringeligen Somits bei Dranchiobdella, bei vielen Haplotaxiden und Lumbriculiden, also bei denjenigen Oligo- Acanthobdella peledina Gruse. 829 chäten, welche den Hirudineen verwandtschaftlich am nächsten stehen. Die Anschauungen der andern Autoren über diese Frage habe ich schon in meiner frühern Arbeit (1904, 2) eingehend be- rücksichtigt, weswegen ich mich hier auf die Bemerkung beschränken kann, daß fast alle die phylogenetische Bedeutung des 2ringeligen Somits mehr oder weniger anerkennen. Es bedarf nun noch der Umstand einer Erörterung, daß der Körper von Acanthobdella, wie wir das vollkommen sicher feststellen konnten, aus 29 Somiten besteht, von welchen 5 an der Zusammen- setzung der Kopfregion teilnehmen, 6 der Region der präclitellaren und clitellaren Somite angehören, 8 auf die Mitteldarmregion und 6 auf die Region des Hinterdarms kommen und 4 Somite in der Haft- scheibenregion enthalten sind. Dagegen beträgt die Gesamtzahl der Körpersomite bei den übrigen Hirudineen beständig 32. Dieser Unterschied beruht auf einer Ungleichheit in der Zahl der die Haft- scheibenregion zusammensetzenden Somite. Die bezeichnete Region besteht bei den übrigen Hirudineen aus 7 Somiten, während Acantho- bdella, wie erwähnt, deren hier bloß 4 hat. Diese Tatsache ist leicht erklärbar, wenn wir in Betracht ziehen, daß bei den Oligochäten die Neubildung von Somiten am hintern Körperende eine weit ver- breitete Erscheinung ist, womit auch die schwächere Differenzierung und geringere Ausbildung der Somite in diesem Körperabschnitt in Zusammenhang steht. Daher ist es klar, daß ein Unterschied in der Zahl der Somite gerade am hintern Ende des Körpers, d. h. also bei den Hirudineen eben in der Haftscheibenregion, am leichtesten entstehen kann. Demnach wäre die Behauptung P. Moorr’s (1900, p. 55), welcher schreibt: „On the other hand, it is even more probable that the process of reduction of the number of somits below that found in primitive annelids may have continued after the establishment of the Hirudinean type, and have progressed further in some forms than in others,“ bloß in bezug auf Acanthobdella, keineswegs aber auf die verschiedenen Gattungen der Gnatho- und Rhynchobdelliden anwendbar. Wenn wir nun als Gesamtzahl der Körpersomite für die Gnatho- und Rhynchobdelliden durchweg die Zahl 32 annehmen, so geraten wir damit allem Anschein nach in Widerspruch mit den Angaben anderer Autoren. So zählte C. Wurrman (1892) im Körper von Glossosiphonia hollensis WHıTM. 34 Somite, und nach ihm konstatierten C. Brıstou (1898), P. Moore (1900) und W. Casrze (1900) bei vielen 830 N. Livanow, Hirudineen-Arten ebenfalls das Vorhandensein von 34 Somiten. Dieser Widerspruch ist jedoch bloß ein scheinbarer, indem alle ein und denselben Fehler begangen haben; wie erwähnt, hielten sie nämlich den von der Oberschlundganglienmasse innervierten Kopf- lappen für 2 gewöhnliche, stark reduzierte Somite. Die Unhaltbar- keit dieser Auffassung habe ich oben nachgewiesen; wenn wir also von den 34 Somiten, welche die genannten Autoren annehmen, die 2 überflüssigen Somite abziehen, so bleiben als wirkliche Gesamt- zahl derselben 32 übrig. Die für die diskutierte Frage unzuläng- lichen Angaben von R. BrancHarnp und A. OKa (1894) beiseite lassend, wollen wir nun die betreffenden Anschauungen S. APATHY’s (1888) einer eingehendern Prüfung unterwerfen. Apatuy behauptet, daß der Hirudineenkörper aus 33 Somiten besteht. Die 6 vordersten von ihnen bilden die Kopfreeion und werden von den 6 Ganglien aus innerviert, welche die Schlund- eanglienmassen herstellen. Allein, wie eben erwähnt, stellen die 2 vermeintlichen rostralen Somite nichts anderes als den Kopflappen dar; für die Kopfregion bleiben folglich nur 4 Somite übrig. In meinen vorhergehenden Untersuchungen (1904, 2) habe ich daher in der Kopfregion der Hirudineen 4 Somite und den von der Ober- schlundganglienmasse innervierten Körperabschnitt unterschieden. Bei der genauern Untersuchung der Organisation von Acanthobdella fällt dagegen die Tatsache ins Auge, daß die Kopfregion dieser Form nicht von 4, sondern von 5 fast ganz gleichen Somiten gebildet ist: alle haben sie nämlich gut entwickelte Borstenapparate, und ihnen fehlen die Nephridien. Die Vereinigung ihrer zentralen Ganglienmassen ist nicht wichtig, da sich die Individualität eines jeden der betreffenden Ganglien dabei dennoch erhalten hat. Bei den übrigen Hirudineen sind nun durchaus ähnliche Beziehungen vorhanden: im Gegensatz zu den folgenden Somiten besitzen die 5 vordersten ebenfalls keine Nephridien; die ihnen zugehörigen Ganglien bewahren auch in der Unterschlundganglienmasse ihre Individualität. Die Ausbildung des Vordernapfs ändert nichts an der Sache, da dieses Organ sich ausschließlich auf Kosten der 2 vordersten Kopfsomite bildet und das 3. Somit der Kopfregion seine hintere Lippe darstellt. In bezug auf den Vordernapf also haben sowohl das 4. als auch das 5. Kopfsomit ein ganz gleiches Verhalten. Dies zu Grunde legend, finde ich, daß wir zur Kopf- region bei den Hirudineen ganz allgemein nicht 4, sondern die 5 vordern Körpersomite rechnen müssen. Dabei will ich bemerken, Acanthobdella peledina Grouse. 831 dab ApatHy merkwürdigerweise offenbar das letzte Somit der Kopf- region ganz außer acht gelassen hat, welches folglich in der von ihm aufgestellten Gesamtzahl der Somite fehlt. Die 6 auf die Kopfregion folgenden Somite betrachtet S. APATHY als die Region des Clitellums, in welcher er weiter die 3 vordern als präclitellare und die 3 hintern als die eigentlich clitellaren Somite unterscheidet. Die letztern sind durch ihre nähern Beziehungen zum Geschlechtsapparat durchaus bestimmt charakterisiert. Dagegen stellen die erstern gleichsam einen indifferenten Zustand dar und weichen bei der Mehrzahl der Hirudineen von den Kopfsomiten nur durch den Besitz von mehr oder minder entwickelten Nephridien ab. Indem ich diese Einteilung S. Araray's akzeptiere, möchte ich jedoch hervorheben, daß man mit vollem Recht die präclitellaren Somite als eine besondere Körperregion betrachten kann, welche der Region der eigentlich clitellaren Somite gleichwertig ist. Auf die Clitellarsomite folgen die typisch ausgebildeten Somite des Mittelkörpers. Die 6 vordersten von ihnen rechnet S. APATHY zur Mitteldarmregion, die 6 folgenden zur Hinterdarmregion. Hier ist es tatsächlich der Bau des Darms. welcher den allgemeinen Charakter der Somite bestimmt, woher ich die von APATHY vor- seschlagenen Regionen beibehalten habe, doch mußte ihre resp. Aus- dehnung geändert werden. Bei Acanthobdella erstreckt sich der Mitteldarm durch 8 Somite, und daher ist es ganz natürlich, diese 8 vollkommen gleichen Somite als eine Körperregion zusammenzu- fassen. Der Hinterdarm nimmt die 6 folgenden Somite ein, die wiederum untereinander gleich sind und folglich in ihrer Gesamtheit auch eine besondere Körperregion darstellen. Hinter diesen Somiten befindet sich die Haftscheibe. Wie wir gesehen haben, ist die Ab- grenzung ihrer einzelnen Somite unmöglich, so dicht sind sie hier verschmolzen. Indem wir den Bau des Zentralnervensystems und die Verteilung der Blutgefäße berücksichtigten, konnten wir jedoch kon- statieren, daß die Haftscheibenregion von den 4 hintersten Körper- somiten gebildet ist. An der Zusammensetzung der Haftscheibe nehmen bei den übrigen Hirudineen, wie das jetzt allgemein anerkannt ist, 7 Somite teil. welche dabei bis zum vollen Schwinden ihrer Individualität miteinander verschmolzen sind. Demzufolge erweist sich die Haft- scheibenregion als scharf differenziert und von der vorhergehenden Region gut abgegrenzt, und wenn Ararky in der erstern bloß 6 Somite unterscheidet, so ist er im Irrtum. Wenn wir nun diesen 832 N. Livanow, Fehler korrigieren, so wiirde die zwischen der Haftscheiben- und Hinterdarmregion gelegene Analregion, welche nach ApatHy 3 So- mite enthalten soll, nur aus 2 Somiten bestehen. Bei Acanthobdella ist eine solche Region überhaupt nicht vorhanden; der Enddarm stellt hier nur eine sehr unbedeutende Einstülpung des Hautepithels dar und hat keinen Einfluß auf den Charakter der anliegenden So- mite. Die letztern, nämlich das 4. und 5. Somit der Hinterdarm- region, sind den übrigen benachbarten Somiten durchaus ähnlich. Während wir nun bei Acanthobdella die Beziehungen des Mittel-, Hinter- und Enddarms zu den betreffenden Körpersomiten durchaus bestimmt feststellen konnten, so ist das lange nicht so klar aus- geprägt bei den übrigen Hirudineen. In dieser Beziehung be- sitzen wir in der Literatur keine entschiedenen Angaben, und nur mit einem gewissen Grade von Wahrscheinlichkeit können wir an- nehmen, dab auch bei ihnen eine Verschiebung des Hinterdarms nach vorn stattgefunden haben dürfte. Dieser Vorgang dürfte die wahren Grenzen der Hinterdarmregion maskiert haben, und daher nahm Apatruy Anla zur Aufstellung einer besondern „analen“ Region, die tatsächlich wohl kaum existiert. Unter dieser Voraussetzung hätten wir, wie es für Acanthobdella von mir angegeben ist, auch bei den übrigen Hirudineen in der Mittel- und Hinterdarmregion 14 Somite, deren Verteilung auf die eine und die andere Körperregion bei ihnen noch nicht genug aufgeklärt bleibt, aber nach Analogie mit Acantho- pleura zu urteilen, bilden wahrscheinlich 8 vordere Somite die Mitteldarm- und 6 hintere die Hinterdarmregion. Die phylogenetischen Beziehungen der Hirudineen im allgemeinen und von Acanthobdella im einzelnen. Indem wir die Ansicht von einer direkten Verwandtschaft der Hirudineen und Plathelminthen, welche nunmehr bloß noch geschicht- liche Bedeutung hat, beiseite lassen, wollen wir auf Grund der von uns ermittelten Tatsachen versuchen, die Gruppe der Hirudineen den typischen Chätopoden gegenüber zu charakterisieren. Allein es sei darauf hingewiesen, daß die Anschauungen aller Autoren in bezug auf die Stellung, welche die Hirudineen innerhalb der Klasse der Ringelwürmer einnehmen, in vollem Einklang unter- einander stehen. Sowohl nach ihrem anatomischen Bau als auch ihrer Entwicklungsgeschichte nach sind die Hirudineen mit den Oligo- chäten am nächsten verwandt und bilden eine gut umschriebene, den letztern gleichwertige Gruppe. Avanthobdella peledina Gruss. 833 Wie wir gesehen haben, schwächt jedoch Acanthobdella diese scharfe Abgrenzung der Hirudineen von den Oligochäten sehr be- deutend ab und gestattet gleichzeitig, sie in einen nähern, gene- tischen Zusammenhang mit einigen Oligochäten-Familien, nämlich den Discodriliden und Haplotaxiden, zu bringen. Der Kürper der Hirudineen besteht aus einer bestimmten Zahl von Somiten (nämlich 32, nur Acanthobdella hat 29 Somite) und dem Kopflappen (welcher bei Acanthobdella atrophiert ist). Das Mittelkürpersomit weist eine gut ausgeprägte, sekundäre Ringelung auf, die nur die obern Hautschichten betrifft. Sowohl im vordern als auch im hintern Körperende unterliegen die Somite gewöhn- lich einer Reduktion in der Zahl ihrer Ringe infolge des allge- meinen Schwindens der Ringfurchen. Als Endresultat einer solchen Reduktion erscheint das nur noch aus einem einzigen Ring be- stehende Somit. Borsten fehlen (ausgenommen in den 5 vordersten Somiten von Acanthobdella). Das Vorderende des Körpers bildet (auf Kosten der 3 vordersten Somite und des Kopflappens) einen mehr oder minder ausgebildeten (bei Acanthobdella kaum angedeuteten) Saugnapf. Die hintersten Körpersomite (nämlich 7, bei Acanthobdella dagegen bloß 4) sind vollkommen miteinander verschmolzen und stellen eine gut (nur bei Acanthobdella schwach) abgegrenzte und stark entwickelte Haftscheibe dar (ausgenommen bei einigen Herpo- bdelliden), infolgedessen die Analöffnung in der dorsalen Median- linie vor der Haftscheibenregion liegt. In der Körperwand ist eine Ring-, Diagonal- und Längsmuskelschicht vorhanden. Die Längs- muskelfasern sind zu gut ausgeprägten (nur bei Acanthobdella ver- hältnismäßig unansehnlichen) Längsmuskelbändern angeordnet. Die Muskulatur ist durch einen besondern strukturellen Typus ihrer Zellen charakterisiert (nur Acanthobdella hat einige Muskelfasern vom Oligochäten-Typus). Das Nervensystem, welches aus der nicht- metameren Oberschlundganglienmasse und aus einer der Zahl der Körpersomite entsprechenden Anzahl von Ganglien der Bauchkette besteht, ist stets vom Integument vollkommen gesondert. Seine vordern und hintern Abschnitte sind ein wenig in der Richtung gegen die Mitte des Körpers hin verschoben, wobei die 4 vordersten Bauchganglien eine Unterschlundganglienmasse bilden und einige (nämlich 7, bei Acanthobdella bloß 4) der hintersten Ganglien zu einer Analganglienmasse vereinigt sind. Die Ganglien und Connective weisen eine scharfe Differenzierung auf. Die Ganglienzellen gruppieren sich zu besondern Paketen, deren Hülle von je einer einzigen Gliazelle 834 N. Livaxow, ausgeht. Ein jedes Ganglion enthält 6 solcher Pakete. In den Con- nectiven sind 2 vollkommen gesonderte, mächtige Seitenstämme und 1 kleiner, schwach ausgebildeter, mittlerer Stamm, der sog. Fatvre’sche Mediannerv, vorhanden. Das periphere Nervensystem besteht in einem jeden Somit aus 2 motorischen Ringnerven, einem vordern und einem hintern, und aus 2 zwischen ihnen verlaufenden mittlern sensitiven Nerven, einem ventralen und einem (nur bei Acanthobdella kaum ausgebildeten) dorsalen. Ein Lateralnerv fehlt (mit Ausnahme von Acanthobdella). Die Sinnesorgane, welche sehr stark unter dem Hautepithel vorragen und auf bestimmten Längslinien des Körpers hauptsächlich im mittlern Somitabschnitt angeordnet sind, stellen Sinnesknospen und Sensillen dar. Durch Differenzierung der Retina- zellen in den letztern und Ausbildung eines Pigmentbechers kommen Augen zustande. Aus dem Hautepithel dringen zahlreiche Driisen- zellen ins Mesenchym ein. Eine besonders machtige Entwicklung des Mesenchyms findet in der Körperwand unter den Muskelschichten (das innere Mesenchym des Körpers) und in den Dissepimenten statt. Infolge einer solchen Entwicklung des Mesenchyms unterliegt der zentrale Célomabschnitt einer starken Reduktion und ist nur durch den dorsalen (bei einigen Gnathobdelliden fehlenden) und ventralen Cölomsinus sowie durch die sie verbindenden Lacunen repräsentiert (nur bei Acanthobdella ist ein regelmäßig metamer gegliedertes Cölom erhalten. Zum Ersatz hat sich ein mächtiger peripherer und sub- cutaner (bei Acanthobdella noch nicht vorhandener) Cölomabschnitt entwickelt. Das Blutgefäßsystem ist vollkommen geschlossen und besteht aus einem in der Wand des Hinterdarms gelegenen Blutsinus sowie aus einem dorsalen und ventralen Blutgefäß, die vorn durch 5 Paar Quergefäße und hinten ebenfalls durch einige solche Gefäße verbunden sind. (Eine Ausnahme bilden die Gnathobdelliden, bei welchen das Blutgefäßsystem ganz rückgebildet ist und an Stelle desselben seitliche, longitudinal verlaufende Abschnitte des Cüloms, das hier überhaupt die Funktionen des Blutgefäßsystems übernimmt, besonders stark entwickelt sind.) Die Wand des Bauchgefäbes ent- hält fast in der ganzen Ausdehnung des letztern Längsmuskelfasern, während das Dorsalgefäß bloß mit Ringmuskelfasern, und zwar auch nur in seinem vordern Abschnitt, versehen ist. Der entodermale Darmabschnitt ist in Mittel- und Hinterdarm differenziert, in deren Wandungen stets 2 Muskelschichten, von außen die Ring- und von innen die Längsmuskeln, vorhanden sind. Der Vorderdarm besteht aus einem mit Drüsenausführungsgängen ausgestatteten Pharynx Acanthobdella peledina Gruss. 835 und einem muskulüsen Oesophagus. (Bei den Rhynchobdelliden ist der Vorderdarm zum Teil als Riissel differenziert; bei den Gnatho- bdelliden bildet der Pharynx häufig Kiefer.) Die Nephridien kommen vom 6. Kürpersomit ab vor (ausgenommen bei den Ichthyobdelliden) und sind streng metamer angeordnet (ebenfalls einige Ichthyobdelliden ausgenommen). Ihr cölomwärts vollkommen geschlossener excreto- rischer Abschnitt entbehrt der Bewimperung. Der zuweilen fehlende Apparat des Wimpertrichters steht in keiner anatomischen Ver- bindung mit dem excretorischen Nephridienabschnitt. Der männ- liche Geschlechtsapparat besteht aus metamer im Mittelkörper ge- legenen Hoden (ausgenommen Acanthobdella, bei welcher die männ- liche Geschlechtsdrüse sich im 9. Körpersomit befindet, die sog. Hoden aber jederseits einen nichtmetameren Sack bilden) und aus paarigen Ausführungsgeängen, welche mit einem unpaarigen, auf der ventralen Medianlinie gelegenen Abschnitt enden. Den Hauptteil des weib- lichen Geschlechtsapparats stellen charakteristische Ovarialsäcke dar, welche im 11. Somit entstehen. Das 10. Körpersomit weist keine speziellern Beziehungen zu den Geschlechtsorganen auf. Aus der hier gegebenen, allgemeinen Charakteristik des Körper- baues der Hirudineen sind die folgenden Merkmale für die Differential- diagnose dieser Gruppe besonders wichtig: 1. die sekundäre Ringelung des Somits, 2. die Ausbildung von Haftscheiben auf Kosten einiger Körper- somite, 3. die typische Struktur der Muskelzellen, 4. die außerordentlich starke Entwicklung des Mesenchyms und 5. die hiermit in Zusammenhang stehende Reduktion des Cöloms, sowie die Ausbildung eines peripheren und subcutanen Cöloms, 6. die Differenzierung der Ganglienzellenpakete im zentralen Nervensystem, 7. die Differenzierung des entodermalen Darmabschnitts in Mittel- und Hinterdarm, 8. der cölomwärts geschlossene Zustand der Nephridien und die Abwesenheit der Bewimperung in ihrem excretorischen Abschnitt sowie die anatomische Unabhängigkeit des Trichterapparats vom excretorischen Abschnitt, und 9. die Ausbildung der Ovarialsäcke im weiblichen Geschlechts- apparat. Die Anwesenheit hauptsächlich dieser Charaktere, welche natür- 836 N. Livayow, lich in sehr verschiedenem Grade ausgeprägt sein kénnen, bestimmt die Zuzihlung einer gegebenen Form zur Gruppe der Hirudineen. Alle diese Eigentiimlichkeiten der Hirudineen aufweisend, be- kundet nun Acanthobdella, wie wir gesehen haben, in der Aus- bildung derselben vielfach ein sehr urspriingliches Verhalten, welches uns wertvolle Hinweise darauf gibt, wie jene besondern Charaktere aus den bei Anneliden im allgemeinen und bei den Oligochäten im speziellen vorhandenen Bauverhältnissen entstanden sein künnen. So ist der Vordernapf bei Acanthobdella nur andeutungsweise entwickelt und stellt somit die primitivste Stufe in der Ausbildung dieses Organs dar: die ventrale Körperoberfläche erscheint hier ver- kürzt und abgeflacht, zuweilen sogar konkav; die dorsoventralen Muskelfasern sind in sehr großer Zahl vorhanden. Die hintere Haft- scheibe ist vom übrigen Körper schwach abgegrenzt und liegt in der Längsachse des Körpers, so daß ihre Konkavität sich in der Querebene des Körpers befindet. Der strukturelle Typus der Muskel- zellen erscheint mehr primitiv, da die kontraktil-fibrilläre Schicht an der Peripherie des kernhaltigen Zellabschnitts meist ungeschlossen bleibt und außerdem einige Muskelfasern von einem gut ausgeprägten Oligochäten-Typus vorhanden sind. Obschon das innere Mesenchym des Körpers stark entwickelt ist, sind dennoch die Dissepimente nicht besonders mächtig, woher auch das Cölom rings um den Darm in typische, metamere Kammern eingeteilt ist und subcutane Cölom- ausstülpungen noch ganz fehlen. Die Ovarialsäcke endlich entstehen durch Auswachsen eines Teils der primären Cölomdrüse, welche bei den übrigen Hirudineen bereits vollständig verschwunden ist. Außer den eben aufgezählten wichtigsten, primitiven Eigen- tümlichkeiten von Acanthobdella weist diese Form in ihrer Organi- sation noch manche andern Besonderheiten auf, welche wir im Vor- hergehenden schon eingehend besprochen und auch als solche erkannt haben, die im Vergleich mit den übrigen Hirudineen ein ursprüng- liches Verhalten zur Schau tragen. Abgesehen davon besitzt Acanthobdella natürlich noch eine Reihe spezieller, nur dieser Form eigner Charaktere, welche als Resultat ihrer besondern Existenzbedingungen aufzufassen sind. Zu dieser Kategorie von Merkmalen gehören: die vollständige Rückbildung des Kopflappens, ferner die Zusammensetzung des Körpers aus bloß 29 Somiten und der Haftscheibe aus 4 Somiten, dementsprechend auch die Analganglienmasse nur aus 4 verschmolzenen Ganglien der Bauchkette zusammengesetzt ist; ebenso erscheint das Ringgefäß Acanthobdella peledina Gruss. 837 der Haftscheibe als eine spezielle Eigentümlichkeit von Acanthobdella, und endlich gehört hierher auch die Bildung der gesamten Diagonal- muskulatur eines Körpersomits auf Kosten von bloß 2 lateral ge- legenen Zellen. Als Form, die sich vom gemeinsamen Hirudineen-Stamm schon sehr früh abgezweigt hat, weist Acanthobdella andrerseits solche Bauverhältnisse auf, welche die übrigen Hirudineen bereits ein- gebüßt haben, während sie bei den Oligochäten gut entwickelt und für dieselben charakteristisch sind. Diese Eigentümlichkeiten in der Organisation von Acanthobdella sind für die Erschließung der Ver- wandtschaftsbeziehungen zwischen den Hirudineen und Oligochäten ganz besonders wertvoll, und das wären: das Vorhandensein ventraler und lateraler Borstenpaare vom Typus der Borsten von Haplotaxis gordioides in den 5 vordersten Körpersomiten, das Vorhandensein des Lateralnerven, die Erhaltung mehr typischer Beziehungen des Céloms, welches in Gestalt metamerer Räume den Darm umgibt, wobei das Cölothel auf dem letztern in eine Schicht von Chloragogen- zellen umgewandelt ist, und schließlich die Kontinuität des Cöloms mit dem männlichen Geschlechtsapparat im 9. Körpersomit, wo sich im betreffenden Cölomabschnitt die männliche Geschlechtsdrüse be- findet und die sogenannten Hoden beginnen, welche eigentlich nur Samensäcke darstellen; dazu kommt noch das Vorhandensein eines typischen Samentrichters im 9. Körpersomit sowie die Ausbildung einer wenn auch nur schwach entwickelten Spermatheca im 11. Somit. Alle diese Tatsachen geben uns hinreichenden Grund, um für Acanthobdella eine besondere Gruppe Acanthobdellea aufzustellen, welche den beiden andern, scharf umschriebenen Gruppen der Hiru- dineen, nämlich der Rhynchobdellea und Gnathobdellea, gleichwertig ist. Diese Gruppe enthält eine einzige Familie, Acanthobdellidae, mit der einzigen Gattung Acanthobdella. Für eine etwaige Vereinigung der Acanthobdelliden mit den Discodriliden und für eine Zuzählung der letztern zu den Hiru- dineen überhaupt wären keine genügenden Ursachen vorhanden. Die Abwesenheit des für die Hirudineen so charakteristischen Mesenchyms und dementsprechend die für die Oligochäten typische Ausbildung des Cöloms, die Nephridien, welche mit einem sich in das Cölom öffnenden Wimpertrichter und mit Wimpern im excretorischen Ab- schnitt versehen sind, der Bau sowohl des männlichen als auch des weiblichen Geschlechtsapparats — alles das zwingt uns, die Dis- Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 54 838 N. Livanow, codriliden als echte Oligochäten zu betrachten. Unter den Oligo- chäten aber bilden die Discodriliden eine Familie, welche denjenigen Formen gewiß am nächsten steht, die auch den Hirudineen den Ursprung gegeben haben. Sie besitzen ein gut ausgebildetes, 2ringliges Somit, die Borsten fehlen gänzlich, eine aus den hintersten Körper- somiten zusammengesetzte Haftscheibe ist vorhanden, zwischen den Ring- und Längsmuskeln verlaufen Diagonalmuskeln, die Ganglien der Bauchkette enthalten gut ausgebildete, seitliche Ganglienzellen- pakete, die Darmmuskulatur besteht aus einer äußern Ring- und einer innern Längsmuskelschicht, und die Struktur der Muskelzellen endlich weicht vom Oligochäten-Typus ab und nähert sich dem Hirudineen-Typus. Im Gegensatz zu den übrigen Oligochäten sind die 2 letztern Merkmale auch für die Haplotaxiden charakteristisch, eine Familie, welche von vielen Autoren als eine der ursprünglichsten unter den Oligochäten anerkannt wird. Zum Schluß sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Ep. Meyer, für die stete Anregung bei meiner Arbeit und das Interesse, welches er ihr widmete, sowie für die Durchsicht meines Manuskripts hier meinen herzlichsten Dank aus- zusprechen. Acanthobdella peledina GRUBE. 839 Literaturverzeichnis. (Die mit * bezeichneten Arbeiten waren mir nur aus Referaten bekannt.) ApAtuy, S., 1888, Analyse der äußern Körperform der Hirudineen, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 8. —, 1897, Das leitende Element des Nervensystems und seine topographi- schen Beziehungen zu den Zellen, ibid., Vol. 12. —, 1901, Die drei verschiedenen Formen von Lichtzellen bei Hirudineen, in: Verh. 5. internation. Zool.-Congress (Berlin), 1902. Bayer, E., 1898, Hypodermis und neue Hautsinnesorgane der Rhyncho- bdelliden, in: Z. wiss. Zool., Vol. 64. BEDDARD, F., 1895, A monograph of the order of Oligochaeta, Oxford. BERGH, R. $S., 1885, 1. Die Metamorphose von Aulastoma gulo, in: Arb. zool.-zoot. Inst. Würzburg, Vol. 7. —, 1885, 2. 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Mit Zahlen sind die Somite (1—29) und ihre Ringe (/—IV) bezeichnet. Qs Querschnitt des Körpers, F's Frontalschnitt des Körpers, Sts Sagittalschnitt des Körpers. Allgemein gültige Bezeichnungen: adz Albumindrüsenzelle agn Analganglienmasse ah hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats am Amöbocyten des Mesenchyms an Enddarm ap akzessorische Pakete der Ganglienzellen au (au, Az, Avs) Auge (des 1., 2., 3. Paars) aup Ausführungsgangpakete der Riesendrüsenzellen des Mesenchyms bs (bs,_;) Borsten (des 1.—5. Kopfsomits) bsx Zellen der Borstensäcke bx Blutzellen c Célom und seine Abschnitte cd Cölomdrüse edx Zellen der Cölomdrüse cfm Zentralfasermasse der Ganglien clx Chloragogenzellen cn Connectiv und Connectivstimme 844 N. Livaxow, cs Cölomaussackungen ct Cölothel und seine Zellen cu Cuticula cy Cytophor cx Cölomocyten d Mitteldarm de Ductus ejaculatorius dep Darmepithel dg dorsales Blutgefäß dm Diagonalmuskulatur und ihre Zellen dmt dorsomedianer Teil des Nephridiums dn dorsaler Zweig des hintern Nerven des Somits dph mit Drüsenausführungsgängen versehener Pharynxabschnitt ds Blutsinus des Hinterdarms dsp Dissepiment dsx Dissepimentmuskelzellen dvm dorsoventrale Muskeln dx Drüsenzellen des Epithels ep Hautepithel und seine Zellen gd: Riesendrüsenzellen des Mesenchyms gep große Hautepithelzellen gh Blutgefäßhöhle gl Grenzlamelle des Mesenchyms gn Ganglion der Bauchkette gnx Ganglienzellen gx Gliazellen h Hoden und seine Keimzone hd Hinterdarm hnx Zweig des hintern Ringnerven des Somits in den 4. Somitring hs Haftscheibe int intermediäre Linie des Körpers sowie ihre Muskelbänder und Sinnesorgane is innere Zellenschicht (in verschiedenen Organen) 1 Laterallinie des Körpers lb laterales Längsmuskelband im Längsmuskulatur und ihre Zellen In Lateralnerv lp seitliche Ganglienzellenpakete m Mundöffnung md Medianlinie des Körpers mf Muskelfaser mh Mundhöhle ml Mesenchymlamelle des Oesophagus mn Mediannerv mp mediane Ganglienzellenpakete ms Mesenchym mx Muskelzelle n Nerv Acanthobdella peledina Gruss. 845 nph (nphg—nph,,) Nephridien (des 6.—19. Somits) npx Nephridienzellen nrx Nährzellen des Geschlechtsapparats nx Nervenzellen der großen Nervenschläuche obm Oberschlundganglienmasse oc Ovocyten oe Oesophagus oep Epithel des Oesophagus olm Muskelzelle des Oligochätentypus ov Ovarialsack ovp Epithel des Ovarialsacks phf Pharynxfalte pmd paramediane Linie des Körpers sowie ihre Muskelbänder und Sinnesorgane pmr paramarginale Linie des Körpers sowie betreffende Muskelbänder und Sinnesorgane pr Protractoren des Oesophagus px Pigmentfettzellen gg Querblutgefäß rg Ringblutgefäß der Haftscheibe rm Ringmuskulatur und ihre Zellen rmf Ringmuskelfaser des vordern Ringnerven des Somits rn (rn,, ?n,) vorderer und hinterer Ringnerv des Somits rx Retinazelle (‚‚subepidermale‘“ Zelle) sen Schlundeonnectiv sgn stomodeales Ganglion sk Sinnesknospe sm schräge Muskeln sn Sensitivnerv des Somits spt Spermateca st Samentrichter des männlichen Geschlechtsapparats sx Spermatocyten vd Samenleiter vg ventrales Blutgefäß ut Ausführungsgang des weiblichen Geschlechtsapparats. Tatellas. Fig. 1. Schema des Körperbaues von Acanthobdella, in welchem die Verteilung der Somite und die Ringelung derselben, die Borsten (bs, —bs, ), die Augen (au,—av,), das Nervensystem (obm, gn, en), der Darm (oe, d, hd) und die Nephridien (nph,—,,) sowie die männlichen (k, 4) und weib- lichen (or, ah, spt, 2) Geschlechtsorgane eingetragen sind. Mit punktierten Linien sind auf einer Seite die Somitgrenzen (/—29), auf der andern die Grenzen der Körperregionen bezeichnet. Fig. 2. Halbschematischer Querschnitt durch den mittlern Abschnitt des 3. Somits (3) der Kopfregion. Die ventrale Körperoberfläche ist ab- geflacht und stark verkürzt. Ihre Längsmuskelbänder sind nur vom para- 846 N. Livanow, medianen (pmd,), intermediären (inf,) und paramarginalen (pmr,) Muskel- bündel gebildet. Die dorsal verlaufende Muskelfaser vom Oligochätentypus fehlt hier schon. Seitlich befindet sich ein Teil des Borstensacks (bsx,) des lateralen Paars des 3. Kopfsomits, lateralwärts von ihm liegt die be- treffende schrige Muskelzelle und medianwärts eine ebensolche Zelle, die dem im Schnitt nicht getroffenen ventralen Borstenpaar des 3. Kopf- somits angehért. Weiter medianwärts sieht man einen Teil des stark ins Cölom (c) vorragenden Borstensacks (bs+,) des lateralen Paars des 2. Kopf- somits mit der entsprechenden schrägen Muskelzelle. Zwischen der letztern und derjenigen des ventralen Borstenpaars des 3. Somits verläuft im Célom eine Zelle (pr,) des mittlern Protractorenpaars des Oesophagus. Dorsal im innern Mesenchym (ms) in der Nähe der Medianlinie des Körpers liegen 2 Zellen (pr,,,) seiner vordern Protractoren. Median im Colom ist ein Teil des Borstensacks (bs+,) des ventralen Paars des 1. Kopfsomits zu sehen; zwischen ihn und den Oesophagus (oe) ragt die Oberschlundganglien- masse (obm) ins Cölom vor, unter welcher eine dorsoventrale Muskel- zelle (dvm,) des medianen Paars des 2. Somits gelegen ist. Dorsal im innern Mesenchym des Körpers sind 3 Pakete, welche von der dorsalen Gruppe Ausführungsgänge der Riesendrüsenzellen herstammen, und ventral eben- falls 3 Pakete (aup) der ventralen Gruppe eingelagert. Das Cölom (ec) erscheint durch die in ihm liegenden Organe stark eingeengt. Das ventrale Blutgefäß (vg) teilte sich eben in seine 2 Endzweige, das dorsale (dg) ist vor einer solchen Verzweigung getroffen. Sein Mesenterium ist im dorsalen Teil entwickelt. Ein wenig lateralwärts von ihm verläuft im innern Mesenchym des Körpers das Quergefäß (99) des 2. Paars, dessen herab- steigender Abschnitt im Cölom am Borstensack sichtbar ist. Der Oeso- phagus (oe) enthält dorsal 2 noch unterscheidbare Ausführungsgangpakete der Riesendriisenzellen, und von ihm ist die Mesenchymlamelle (m/) mit einer Muskelzelle abgehoben. Diese Lamelle vereinigt sich an der Lateral- linie des Oesophagus mit der Wand des letztern. Die ventralen Aus- führungsgangpakete stellen eine Masse dar. Der Schnitt ist etwas schräg geführt, so daß ventral ein Abschnitt, welcher ein wenig nach vorn vom dorsalen liegt, getroffen ist, was durch die gegenseitigen Lagebeziehungen der Körpersomite zueinander bedingt wird.) 150:1. Fig. 3. Halbschematischer Querschnitt durch den 2. Ring des 5. Somits der Kopfregion (5). Die ventrale Körperoberfläche ist abgeflacht und kürzer als die dorsale, infolgedessen sowohl das ventrale (bs) als auch das laterale (bs*) Borstenpaar nach unten gewandt ist. Die Längsmuskel- bänder (pmd,, int,, pmr,) erscheinen ventral stark kondensiert. Die Sinnes- organe (sk) der Ventralseite ragen ins innere Mesenchym des Körpers vor. Das Auge (au) ist mit punktierter Linie bezeichnet, da es sich ein wenig nach vorn vom abgebildeten Schnitt befindet, die Borsten aber sind voll- kommen eingetragen, obschon in diesem Schnitt nur Teile derselben ge- 1) Sowohl in diesem Schema als auch in allen übrigen sind die Mesenchymzellen nicht eingetragen, um die Abbildungen nicht zu über- laden. Acanthobdella peledina Gruss. 847 troffen sind. Dorsal von der lateralen Gruppe der Sinnesknospen liegt eine kleine akzessorische Knospe (sk*). Im innern Mesenchym (ms) sind Gruppen der Ausführungsgangpakete (aup) der Riesendriisenzellen ein- gelagert, deren Zellkérper in die Figur nicht eingetragen sind. Die laterale Gruppe teilt sich in 3 Pakete; von der dorsalen sowie ventralen Gruppe geht je ein Paket aus, welches zum Oesophagus verläuft. Das Célom (r) reicht lateralwärts fast bis zu den lateralen Längsmuskelbändern. Ventral befindet sich in ihm das Bauchganglion (gn) des 5. Kopfsomits und das ventrale Blutgefäß (vy), welche beide ganz frei liegen. Das dorsale Blut- gefäB (dy) nimmt den dorsalen Abschnitt seines Mesenteriums ein. Der Oesophagus enthält noch die Ringmuskelfasern. 150: 1. Fig. 4. Halbschematischer Querschnitt durch das 1. Präclitellar- somit (6) an der Grenze seines 1. und 2. Rings. Man kann eine un- bedeutende Verkiirzung der ventralen Somitoberfliche bemerken. An der ventralen Intermediärlinie (int,) liegt der ausführende Nephridienabschnitt (nph,*) des 1. Präclitellarsomits; die beiden Schenkel seines excretorischen Abschnitts (nph,) befinden sich auf beiden Seiten von Cülomvorstülpung (cs,) des 2. Präclitellarsomits. Außerdem sind im innern Mesenchym des Körpers auch Riesendrüsenzellen (gdx) und ihre Ausführungsgangpakete (aup) vorhanden. Im gut ausgebildeten Cölomraum (c) des 1. Präclitellar- somits sieht man das Connectiv (cn) der Bauchkette, das ventrale Blut- gefäß (vg) mit dem hintern Paar Quergefäße (99), den Oesophagus (0e) vor der Übergangsstelle in den Mitteldarm und das dorsale Blutgefäß (dg), von dessen Mesenterium nur der dorsale Abschnitt erhalten ist. 100:1. Fig. 5. Halbschematischer Querschnitt durch den mittlern Abschnitt des 3. Präclitellarsomits (5). Im innern Mesenchym (ms) des typisch ent- wickelten Hautmuskelschlauchs (ep, rm, dm, Im) befinden sich dorso- ventrale (dvm) und schräge (sm) Muskeln sowie die Riesendrüsenzellen (gdx) mit ihren Ausführungsgangpaketen (aup). Das gut entwickelte Cölom (rc) bildet hier die seitliche Vorstülpung. In demselben liegt ganz frei das Connectiv (cn) der Bauchkette, das ventrale Blutgefäß (vy) und der Mitteldarm mit seiner Chloragogenzellenschicht (el:). Das dorsale Blutgefäß (dg) ist mit der Wand des Darms durch den erhaltenen ventralen Abschnitt seines Mesenteriums verbunden. 100:1. Fig. 6. Halbschematischer Querschnitt durch das 1. Clitellarsomit (9) an der Grenze seines 1. und 2. Rings. Im typisch ausgebildeten Haut- muskelschlauch sieht man die Diagonalmuskelzelle (dın*). Im innern Mesen- chym des Körpers befindet sich eine schräge Muskelzelle (sm), die Riesen- driisenzellen und ihre Ausfiihrungsgangpakete. Die Wand des Hodens (/) berührt fast den Cülomabschnitt, welcher den Darm umgibt und von Colothelelementen (c/*) völlig ausgefüllt ist. Es ist hier gleichsam ein abgegliederter dorsaler Cölomsinus (¢) vorhanden, in welchem das dorsale Blutgefäß (dg) verläuft. Vom Mesenterium des letztern ist bloß der ventrale Absehnitt erhalten. Der ventrale Cölomabschnitt (c,) bildet einen echten, ventralen Cölomsinus, welcher vom übrigen Cölomraum durch eine Mesenchymlamelle geschieden ist. In demselben liegt frei das Bauchgefäß (vg) und das Connectiv der Bauchkette (rn). 100:1. 848 N. Livanow, Tafel 34. Fig. 7. Halbschematischer Querschnitt durch das Dissepiment zwischen dem 2. (7) und 3. (S) Präclitellarsomit. Der typisch ausgebildete Haut- muskelschlauch mit den Riesendriisenzellen und ibren Ausfiihrungsgang- paketen im innern Mesenchym. In die Cölomvorstülpung (cs) des 3. Präclitellarsomits, welche sich lateralwärts vom Darm im Mesenchym befindet, ragt der caudale Teil des excretorischen Nephridienabschnitts (nph,) des 2. Präclitellarsomits hinein. Vom obern Quadranten des Oeso- phagus verlaufen 2 Dissepimentmuskelzellen (dsz), vom untern eine solche Zelle (dsx,). Sowohl dorsal als auch ventral hat das Dissepiment je eine Öffnung, durch welche das Colom der 2 benachbarten Somite in Ver- bindung steht. In der ventralen Öffnung (c,) befindet sich ganz frei das ventrale Blutgefäß und das Connectiv der Bauchkette, in der dorsalen (c) das dorsale Blutgefäß, an welchem der ventrale Abschnitt seines Mesenteriums erhalten ist. Das letztere durchziehen die Fasern einer Dissepiment- muskelzelle (dsx). 75:1. Fig. 8. Halbschematischer Querschnitt durch den 2. Ring des 2. Clitellarsomits (70). Im typisch entwickelten Hautmuskelschlauch ver- läuft der sensitive Nerv (sr) des Somits, welcher kurz vor der dorsalen Medianlinie des Körpers endet und an der ventralen intermediären sowie an der lateralen Linie je ein kleines Ganglion (gnx) trägt. Die von ihm innervierten Sinnesknospengruppen (sk) sind sowohl dorsal als auch ventral an der paramedianen (pmd, pmd,) und intermediären (int, int,) sowie an der lateralen Linie des Körpers angeordnet. Im innern Mesenchym sind 2 Riesendrüsenzellen neben den Hoden (h) gelegen. Der ventrale Colom- abschnitt (c,) ist vom übrigen, den Darm umgebenden Cölomraum (c) ab- geteilt, indem er einen echten ventralen Cölomsinus bildet, in welchem das freie Connectiv der Bauchkette und das ventrale Blutgefäß verläuft. Am letztern ist der dorsale Abschnitt seines Mesenteriums erhalten. Rings um den Darm bildet das Cölom (c) einen engen Raum, welcher sich nur dorsal erweitert, wo das dorsale Blutgefäß ganz frei in ihm liegt. Der Darm ist von der Chloragogenzellenschicht (cl) bedeckt. 75:1. Fig. 9. Halbschematischer Querschnitt an der Grenze zwischen dem 2. (10) und 3. (1/) Clitellarsomit. Im typisch entwickelten Hautmuskel- schlauch befindet sich an der ventralen Medianlinie des Körpers eine Ein- senkung des Hautepithels, welche die Spermatheca (spt) darstellt. Zur letztern ziehen vom untern Quadranten des Darms 2 Muskelzellen (dsz,), welche in der Nähe der beiden innern Muskelzellen (mx) des basalen Ovarialsackabschnitts verlaufen. Lateral von diesen Zellen sieht man die Cölomdrüse (cd), deren ventraler Teil in die hintere Höhle (ak) des weib- lichen Geschlechtsapparats vorragt, während der dorsale Teil, welcher ins Cölom (c) des 3. Clitellarsomits (71) eindringt, den basalen Abschnitt des Ovarialsacks bildet. Zwischen diese beiden Teile der Cölomdrüse dringt das innere Mesenchym des Körpers ein, in welches die äußere Muskelzelle des basalen Ovarialsackabschnitts eingelagert ist. Die hintere Höhle des weiblichen Geschlechtsapparats bildet Vorstülpungen, die zwischen die Acanthobdella peledina Gruss. 849 ventralen Längsmuskelbündel eindringen. Im innern Mesenchym des Körpers befindet sich der Hoden (h) und 3 Riesendrüsenzellen sowie die dorsalen, sehr mächtig entwickelten Dissepimentmuskelzellen (dsx). Das ventrale Blutgefäß und das Connectiv der Bauchkette verlaufen ganz frei in einem engen Célomraum (¢,). Rings um das dorsale Blutgefäß (dy), welches hier einen muskulösen Sphincter besitzt, fehlt das Cölom gänzlich. 75:1. Fig. 10. Halbschematischer Querschnitt durch den 3. Ring eines Somits der Mitteldarmregion. Im typisch entwickelten Hautmuskelschlauch verläuft der hintere Ringnerv des Somits (rn,), welcher zu den para- medianen (pmd, pmd,), intermediären (int, int,) und paramarginalen (pm, pmr,) Längsmuskelbändern sowohl der Rücken- als auch der Bauchseite sowie zum lateralen (/b) Längsmuskelband in Beziehung steht. Der be- zeichnete Nerv trägt 3 bipolare Nervenzellen (nx) der großen Schläuche und ein kleines Lateralganglion (gnx). Im innern Mesenchym des Körpers befindet sich der voluminöse Hoden (L), eine schräge Muskelzelle (sr) und 3 Riesendriisenzellen. Das Cölom ist sowohl ventral als auch dorsal ein wenig erweitert und bildet eine unansehnliche seitliche Vorstülpung (r*). In ihm liegt der voluminöse, von der Chloragogenzellenschicht (cl) um- gebene Mitteldarm, unter welchem das Connectiv der Bauchkette und das ventrale Blutgefäß verläuft; über ihm befindet sich das dorsale Blutgefäß und die Ovarialsäcke (ov). 75:1. Fig. 11. Halbschematischer Querschnitt im Bereich eines der vordersten Dissepimente des Mittelkérpers. Im innern Mesenchym des typisch ent- wickelten Hautmuskelschlauchs befindet sich der Hoden und die Riesen- drüsenzellen. Man sieht ein Paar dorsale (dsx) und ein Paar ventrale (4sx,) Dissepimentmuskelzellen sowie 2 dorsoventrale Muskelfasern (dvi). Die dorsale Öffnung (c) des Dissepiments ist gut ausgebildet. Das Cülom ent- halt hier die Ovarialsäcke (ov) und das dorsale Blutgefäß. Im Cölom- raum der ventralen Dissepimentöffnung (c,) verläuft das Connectiv der Bauchkette und das ventrale BlutgefäB, welches an einem den Fortsatz einer kleinern Dissepimentmuskelzelle (dsz,) enthaltenden Mesenchymstrang aufgehängt ist. Der Darm ist eingeengt und bildet ziemlich ansehnliche Falten. 75:1. Fig. 12. Halbschematischer Querschnitt an der Grenze des 1. und 2. Rings des 1. Somits der Hinterdarmregion (20). Im typisch ent- wickelten Hautmuskelschlauch sieht man eine Diagonalmuskelzelle (dm*); im innern Mesenchym sind einige Riesendrüsenzellen eingelagert, deren Ausführungsgangpakete sich hier sehr gleichmäßig verteilen. Das Colom (c) umgibt in Gestalt eines engen Spaltraums den Hinterdarm und ist bloß ventral ein wenig erweitert (c,), wo das ventrale Blutgefäß und das Ganglion (gr) der Bauchkette in ihm liegen. In der Wand des Hinter- darms befinden sich cölomwärts Längsmuskelfasern (/r) und darauf zwischen 2 Lamellen der Mesenchymschicht der Darmblutsinus (ds). Der letztere steht in offener Verbindung mit dem dorsalen BlutgefäB (dy), welches dorsal im Cölom verläuft. 75:1. Fig. 13. Halbschematischer Querschnitt durch das letzte Dissepiment des Körpers, welchem äußerlich die Grenze zwischen dem 4. (23) und 850 N. Livanow, 5. (24) Somit der Hinterdarmregion entspricht. Der Hautmuskelschlauch weist die gewöhnlichen Bauverhältnisse auf, nur sind einige Muskelfasern der Längsmuskulatur ziemlich tief ins innere Mesenchym des Körpers ver- legt. Im Mesenchym sind ziemlich viele kleine Ausführungsgangpakete der Riesendrüsenzellen vorhanden, die in die Figur nicht eingetragen sind. Das Cölom (c) bildet nur eine kleine ventrale Öffnung im Dissepiment; für das letztere charakteristisch erscheinen 2 ventrale Dissepimentmuskel- zellen (dsx,). Ganz frei im Cölom liegt das Ganglion der Bauchkette und das ventrale Blutgefäß, in dessen Mesenchymschicht der Ausführungs- gang einer Riesendrüsenzelle eingelagert ist. Der Hinter- (hd) und End- darm (an) sind zu sehen, von welchen der letztere sich hier nach außen öffnet. Im Mesenchym liegt unter dem Darmepithel eins der beiden Blut- gefäße, welche aus der Spaltung des Dorsalgefäßes im Bereich des 6. Somits (25) der Hinterdarmregion hervorgehen. Von der Ubergangsstelle des Hinterdarms in den Enddarm an befinden sich unter dem Epithel des letztern Ring- und Längsmuskelfasern. 75:1. Fig. 14. Halbschematischer Querschnitt an der Grenze zwischen der . Hinterdarm- und Haftscheibenregion. Die ventrale Körperhälfte. Unter dem Hautepithel liegt die Ringmuskelschicht; die Diagonalmuskulatur fehlt; die Längsmuskeln dehnen sich durch die ganze Dicke des innern Mesen- chyms aus und bilden sehr mächtige Bänder. In den Zwischenräumen zwischen den letztern verlaufen an der paramedianen (pmd,), intermediären (int,) und lateralen (/) Körperlinie die Quergefäße (79). Die Riesendrüsen- zellen sowie ihre Ausführungsgänge sind in die Figur nicht eingetragen. In der Mitte liegt der hintere Oölomsack (ec). 75:1. Tales Fig. 15. Halbschematischer Querschnitt durch die Haftscheibenregion dicht vor dem Ringgefäß. Die ventrale Kôrperhälfte. Unter dem Haut- epithel (ep) liegen die Ringmuskelfasern (rm). Das innere Mesenchym ist durchweg von den Längsmuskelbündeln (l»») erfüllt. Peripher zwischen ihnen sieht man die Quergefäbe (qv) an der paramedianen (pınd,), inter- mediären (int,) und lateralen (/) Linie des Körpers. 100:1. Fig. 16. Halbschematischer Frontalschnitt durch das 5. (24) und 6. (25) Somit der Hinterdarmregion und die Haftscheibe in der Nähe der Laterallinie des Körpers. Die Konkavität der Haftscheibe ist sehr stark ausgeprägt. Am Rand der Haftscheibe sieht man den Durchtritt einer Längsmuskelfaser (/m*) durch die Ringmuskelschicht (777). Die Ringmuskel- fasern sind auf der ganzen Konkavität der Scheibe gleichmäßig verteilt, nur an der Mitte der letztern befindet sich ein gesondertes Ringmuskel- bündel (rm*). Das Längsmuskelband (lm) breitet sich an der Haftscheibe gegen das Zentrum hin en, aus. Auf der Konkavität der Scheibe verlaufen die Längsmuskeln Dee von den Ringmuskeln. Am Rand der Scheibe ist eine radial verlaufende Muskelfaser (mf) zu sehen. Zwischen dieser und den Längsmuskeln liegt das Ringgefäß (rg). Aus dem hintern, sackartigen Célomabschnitt (c) tritt ins Mesenchym der Haft- scheibe einer der seitlichen Nerven (n,) der Analganglienmasse ein. 100:1. Acanthobdella peledina GRUBE. 851 Fig. 17. Halbschematische Darstellung der Kopfregion. Links sieht man die dorsale Körperoberfläche mit der unter diese projizierten Ventral- seite: außerdem ist die Anordnung der Augen (au,_.) angegeben. Rechts ist die ventrale Körperoberfläche abgebildet und auch die Lage der Borstensacköffnungen (bsx,_,) eingetragen. Die Somitgrenzen (1—5) sind durch punktierte Linien bezeichnet. 100:1. Fig. 18. Schema der Anordnung der dissepimentalen, dorsoventralen und schrägen Muskeln der Kopfregion. Die kleinen Zellen (dsz,_,), die vom Oesophagus (or) abgehen, stellen die ventralen Dissepimentmuskeln der Kopfsomite (J—.5) vor. Ihre dorsalen Muskeln bilden Protractoren (pr,;—,) des Oesophagus. Die Reihe der lateralen Ovale bezeichnet die Querschnitte der schrägen Muskelzellen (sm) der Kopfsomite; die näher zur Medianlinie gelegenen Ovale stellen die Querschnitte der dorsoventralen Muskeln (dem,_,) dar. Die schräge Muskulatur ist in der Ebene der Laterallinie des Körpers, die dorsoventrale in ihren ventralen Teilen ab- gebildet. Fig. 19. Schema des ventralen Borstenpaars des 5. Kopfsomits (5), von der Seite der Laterallinie des Körpers gesehen, weshalb man nur eine Borste (bs,) bemerkt; die schräge Muskelzelle des Borstenapparats ist nicht abgebildet, da sie die Borste fast ganz verdecken würde. 2 Zellen (mx,) des Muskelapparats verlaufen nach hinten und zur Laterallinie des Körpers, 1 (mx,) zieht nach hinten und zur ventralen Intermediärlinie, 4 heften sich am Integument in der Nähe der DBorstensacköffnung an, und 1 Muskelzelle (mx) verläuft nach vorn zur ventralen Intermediärlinie. Das innere, in den Colomraum vorspringende Borstenende ist von einem cölothelialen Überzug (ct) bedeckt. 150:1. Fig. 20. Schema der Ringmuskulatur eines Somitrings. Es ist die eine (ventrale oder dorsale) Körperseite auf der Strecke eines Somitrings flach ausgebreitet dargestellt. An der vordern und hintern Grenze des Rings verlaufen ansehnlichere Ringmuskelbündel (mf); im mittlern Ab- schnitt des Rings sind 2 Arten von Muskelbündeln (4, b) vorhanden. Bei allen Muskelfasern ist die Lage ihrer kernhaltigen Zellabschnitte bezeichnet. Fig. 21. Schema der Diagonalmuskulatur eines Somits. Die ventrale Körperseite ist etwa auf der Strecke von 11/, Somiten in flach aus- gebreitetem Zustand abgebildet. An der Laterallinie (/) des Körpers be- findet sich der kernhaltige Abschnitt (dın*) der Diagonalmuskelzelle. Die Fasern von 2 solchen Zellen bilden die ganze diagonale Muskulatur eines gegebenen Somits. Ventral und nach hinten ziehend, verändern die diagonalen Muskelfasern an der Medianlinie (md) ihre betreffende Lage. Eine Anzahl Muskelfasern geht vom dorsalen protoplasmatischen Fortsatz der Muskelzelle ab. Fig. 22. Schema der Längsmuskulatur eines Mittelkörpersomits. Die linke Vertikalreihe (a) enthält die ventralen Längsmuskelfasern von der Medianlinie (oben) an bis zum paramarginalen Längsmuskelband (pmr,) (unten) beendet; die rechte Reihe (b) stellt die dorsalen Muskelfasern von der Medianlinie (oben) an bis zum lateralen Längsmuskelbündel (unten) dar. Die Verteilung in gesonderte Muskelbänder ist durch größere 852 N. Livanow, Zwischenräume zwischen 2 benachbarten Muskelfasern gekennzeichnet. Die paramedianen (pmd,, pmd), intermediären (?nf,, int), paramarginalen (pmr,, pmr) und das laterale Längsmuskelband (/b) sind zu sehen. Der Typus der einzelnen Muskelzellen ist aus der Darstellungsweise ihrer kernhaltigen Zellabschnitte ersichtlich: es sind nämlich Muskelzellen vom Hirudineen- Typus (mx), die Zellen (mx*), bei welchen auf einer gewissen Strecke der Peripherie die kontraktil-fibrilläre Schicht ungeschlossen ist, und solche vom Oligochäten-Typus (o/m) vorhanden. Tafel 36. Fig. 23. Qs. Hautepithel. Zwischen einigen gewöhnlichen Epithel- zellen (ep) befinden sich 2 besondere „große“ Zellen (gep). Von einer Seite (der äußern) sieht man eine gut ausgeprägte cuticuläre Lamelle (cv), von der andern (innern) den geraden Kontur der mesenchymatösen Grenz- lamelle (gl). Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450:1. Fig. 24. Qs. 3 Zellen des Hautepithels (ep) mit zwischen dieselben bis zur Cuticula (cw) vordringenden Fortsiitzen (mf) der Ringmuskelfaser des vordern Ringnerven des Somits. Der Kontur der basalen Epithel- fläche erscheint unregelmäßig gewellt. HERMANN’sche Flüssigkeit, Hisen- hämatoxylin. 800:1. Fig. 25. Qs. Gewöhnliches Hautepithel (ep) mit unregelmäßigem basalen Kontur; in einer Zelle sieht man eine Mitose. Vom Epithel aus ragen ins Mesenchym 2 Sinnesknospen (sk) der Laterallinie des Körpers vor. Die dorsal gelegene von ihnen enthält nur gewöhnliche Sinneszellen, in der mittlern Knospe sieht man eine gut entwickelte subepitheliale (Retina-)Zelle (x) mit dem lichtbrechenden Binnenkörper, welche proximal zwischen den gewöhnlichen Sinneselementen liegt; von der 3., ventralen Sinnesknospe der Laterallinie ist nur eine einzige Sinneszelle im Mesenchym zu ersehen. Die proximalen Enden der bezeichneten Sinnesknospen setzen sich in Nervenbündel des sensitiven Nerven fort. Zwischen den beiden dorsal gelegenen Knospen befindet sich ein Teil der Diagonalmuskelfaser (dm). HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 450:1. Fig. 26. Qs. Die Körperwand in der Nähe der Laterallinie. Das Hautepithel (ep) ist schräg durchschnitten, da in den folgenden Schnitten die Ringfurche getroffen ist, und erscheint daher gleichsam mehrschichtig. Eine Ringmuskelzelle mit birnförmigem, kernhaltigem Abschnitt (rm), diagonale (di) und longitudinale (lm) Muskelfasern. Von den letztern ist eine (Jm*) auf einer geringen Strecke frei von der kontraktil-fibrillären Schicht, da hier der kernhaltige Zellabschnitt beginnt. Im innern Mesen- chym liegt eine Pigmentfettzelle (px). Weiter folgt die cölotheliale Mem- | bran (ct) des Hodens. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 27. Qs. Die Körperwand an der Laterallinie. Das typisch ent- wickelte Hautepithel (ep) enthält einige Drüsenzellen (dx) in verschiedenen Phasen ihrer Tätigkeit. Der kernhaltige Abschnitt einer gewöhnlichen Ringmuskelfaser (rm), in welcher der (fast schwarz gefärbte) Lateralnerv (In) eingedrückt ist; nach außen von dieser Muskelzelle befinden sich Acanthobdella peledina Gruss. 853 2 Mesenchymzellen, deren Kerne vom Schnitt nicht getroffen sind. Dia- gonal- (dm) und Längsmuskulatur (lm). Von den Fasern der letztern ist die eine (/m,) mit dem Kern im Zentrum völlig nach dem Hirudineen-Typus gebaut. Im Mesenchym befindet sich eine Gruppe von 3 kleinen Pigment- fettzellen (px) und noch eine ebensolche Zelle von sehr bedeutenden Dimensionen ; außerdem sieht man hier 2 Amöbocyten (an). Sublimat- essigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 28. Qs. Die Körperwand. Typisch entwickeltes Hautepithel (ep). Unter ihm liegt eine Ringmuskelzelle (rm), welche nach dem Hirudineen- Typus gebaut zu sein scheint, an den folgenden Schnitten aber kann man die Spalte in der kontraktil-fibrillären Schicht ganz deutlich konstatieren. Diagonal- (dm) und Längsmuskeln (4). Die letztern, ausgenommen von einer (linken) Faser, bilden das dorsale paramarginale Längsmuskelband, in welchem eine von den beiden, in näherer Beziehung zu den Ringnerven stehenden Muskelfasern (/n*) im Anfang ihres kernhaltigen Abschnitts getroffen ist; die Oligochiten-Muskelfaser (olm) zeigt denselben Abschnitt. Im Mesenchym sieht man eine Amöbocyte, 2 Pigmentfettzellen und eine ihre Funktion einstellende Albumindriisenzelle (adi). Sublimatessigsäure, Häm- alaun. 450:1. Fig. 29. Sts. Die Körperwand an der Grenze des 1. und 2. Somit- rings. Unter dem Hautepithel (ep) liegt die Ringmuskelschicht (17) mit 3 kernhaltigen Zellenabschnitten (unten). Es ist der Lateralnerv (/n) und die Diagonalmuskelzelle (dın*) mit ihren Muskelfasern (dm) zu sehen: ihr dorsal verlaufender, protoplasmatischer Fortsatz ist im Anfangsabschnitt getroffen. Die Diagonalmuskelfasern, welche von der betreffenden Zelle der andern Seite ausgehen, lagern sich mehr nach außen. Längsmuskel- bündel des Lateralbands (47) und Pigmentfettzellen (px). Sublimatessig- säure, Hämalaun. 150:1. Fig. 30. Qs. Die Körperwand in der Ringfurche zwischen dem 1. und 2. Ring eines Somits. Eine Ringmuskelfaser (rm) mit dem in die- selbe und das Hautepithel (ep) eingedrückten Lateralnerven (/n); der kernhaltige Abschnitt (din*) einer Diagonalmuskelzelle und deren Muskel- fasern (dm); Längsmuskeln (lm), eine Pigmentfettzelle (px) und freie Amébocyten (am). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:]. Fig. 31. Qs. Paramedianes Längsmuskelband der Dorsalseite. HEr- MANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 550:1. Fig. 32a. Qs. 2 stark verzweigte dorsoventrale Muskelzellen (mx) des Dissepiments zwischen dem 1. (20) und 2. (27) Somit der Hinter- darmregion. Die kontraktil-fibrilläre Schicht durchzieht in Gestalt ge- sonderter Fasern den kernhaltigen Zellabschnitt. Die feinen Fäserchen (g/) an der Peripherie der Muskelzellen sind Abzweigungen der mesenchyma- tösen Grenzlamelle. b. Der nächstfolgende Schnitt. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 300: 1. Fig. 33. Qs. Eine Pigmentfettzelle (px) mit Einschlüssen der fett- artigen Substanz und mit fein pigmentiertem Saum. HERMANN’sche Flüssigkeit, ohne Färbung. 300: 1. Zool. Jahrb. XXII. Abt. f. Anat. 55 854 N. Livanow, Fig. 34. Qs. Ein Teil des Körpermesenchyms mit 2 Längsmuskel- fasern (Im); 3 Pigmentfettzellen (pv) und 2 Albumindrüsenzellen (nd:). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 400: 1. Fig. 35. Qs. Riesendrüsenzellen (gdv) des innern Mesenchyms des Körpers aus dem 1. Präclitellarsomit (6); die quer geschnittenen Aus- führungsgangpakete (aup) derselben. Rechts sieht man Phasen der pro- gressiven Entwicklung und des Wachstums dieser Zellen (ydx,_s), in der Mitte liegen 2 Drüsenzellen (gd*4 ;) von maximaler Größe, links sind Stadien ihrer regressiven Veränderung (ydx;_,) zu sehen. 2 Amöbocyten des Mesenchyms (an). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 300:1. Fig. 36. Qs. Die Wand des Mitteldarms im 3. Präclitellarsomit (9). Niedriges Darmepithel (dep), dünne Mesenchymschicht (ms) mit quer durch- schnittenen Längsmuskelfasern (/m), typische Chloragogenzellen (clv), von denen eine eine mitotische Teilungsfigur enthält; im Cölom eine freie Cülomocyte (ex). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450: 1. Fig. 37. Fs. Die Wand des Mitteldarms aus einem Somit der Mitteldarmregion. Typisches Darmepithel (dep) mit unbedeutenden Falten, Mesenchymschicht (ms) und nach außen von ihrer Grenzlamelle die Chloragogenzellenschicht (c/x); durch die basalen Abschnitte der Zellen derselben ziehen Ringmuskelfasern (rm); in der Mitte der Figur liegt im dieser Schicht eine typische Cölothelmuskelzelle (rn*) mit 2 von ihr aus- gehenden Lamellen kontraktil-fibrillärer Substanz (rm): weiter folgt das Cölom (c) mit einer freien Cölomocyte (er). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450 : 1. Darelore Fig. 38. Qs. Die Darmwand und das Cölom (¢) aus einem Mittel- körpersomit. Typisches Epithel (dep) des Mitteldarms, Mesenchymschicht (ms) mit Längsmuskelfasern (ln); der kernhaltige Zellabschnitt (/m*) einer von den letztern ist zu sehen. An der äußern Grenzlamelle des Mesen- chyms verläuft eine Ringmuskelfaser (rn), deren Cölothelmuskelzelle (rm*) zwischen den gewöhnlichen Chloragogenzellen (c/x) liegt. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450 : 1. Fig. 39. Fs. Darmwand und Dissepiment aus dem Mittelkérper. Das typische Epithel des Mitteldarms (dep) bildet eine starke Ringfalte an der Somitgrenze, unter welcher 2 Ringmuskelfasern (rm”) in der Mesenchymschicht (ms) eingelagert sind. Nach außen von der äubern Grenzlamelle des Mesenchyms liegt die Chloragogenzellenschicht (c/x) mit Ringmuskelfasern (rm) an ihren basalen Zellabschnitten. Das Darm- mesenchym (ms) geht unmittelbar in das Mesenchym (ms*) des Dissepiments über, wo 3 dorsoventrale Muskelzellen (dv) eingelagert sind. Sublimat- essigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 550:1. Fig. 40. Fs. Die Wand des Mitteldarms mit dem typischen Epithel (dep), welches an der Somitgrenze Falten bildet; in der Mesenchymschicht (ms) verläuft eine Längsmuskelfaser (41) und unter der Epithelfalte 2 Ring- muskelfasern (rm*). Die übrigen Ringmuskelfasern (77) liegen nach auben _—— ee EE Acanthobdella peledina Gruss. 855 von der äußern Grenzlamelle des Mesenchyms, an den basalen Abschnitten der typischen Chloragogenzellen (c/x); neben den letztern befindet sich im Cölom eine freie Cülomocyte. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigo- karmin. 550:1. Fig. 41. Qs. Ein gewöhnliches Ganglion der Bauchkette, welches im Cölom liegt und vom somatischen Cölothel (ct) bedeckt ist; eine Zelle (ci*) des letztern befindet sich seitlich. Die Zentralfasermasse (cfm) des Ganglions enthält eine mediane Gliazelle (yx); in diese Masse treten die Zellfortsätze der beiden lateralen (/p) und eines medianen (mm) Ganglienzellenpakets ein. In den Seitenpaketen sieht man je 1 Glia- zelle (gx) mit anscheinend vacuolisiertem Protoplasma. Die Neurilemmhülle des Ganglions geht unmittelbar in das innere Mesenchym des Körpers (ms) über; dorsal verlaufen in ihr Längsmuskelfasern (mf). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 42. Qs. Ein etwas schräg von rechts nach links durch- schnittenes Ganglion der Bauchkette eines Clitellarsomits. Es ist fast völlig in das innere Mesenchym (ms) des Körpers eingesenkt und enthält 2 laterale (/p) und 1 medianes (mp) Ganglienzellenpaket; außerdem sieht man die un- mittelbar in die Zentralfasermasse (cfm) eindringenden akzessorischen Gruppen (ap) der Ganglienzellen. Dorsal im Neurilemm verlaufen die Längsmuskel- fasern (m/). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 43. Qs. Connectiv der Bauchkette. Das mediane Nerven- bündel ist mit einem der beiden Connectivstämme (cn) vereinigt, im andern befindet sich eine Connectivzelle (gz). Im Neurilemm (ns) verlaufen Längs- muskelfasern (m/f). Der cölotheliale Überzug (cf) enthält eine typische, somatopleurale Zelle (c/*). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 800:1. Fig. 44. Querschnitt durch eine Längsmuskelfaser mit typischer, motorischer Nervenendigung. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450: 1. Fig. 45a, b, c, d. Qs. 4 aufeinander folgende Schnitte. Durch- kreuzung des hintern Ringnerven (r%,) des Somits vom dorsalen, para- medianen Längsmuskelband (In). Es bilden sich tiefe Rinnen auf den Längsmuskelfasern. Außerdem sieht man 3 Diagonalmuskelfasern (din) und 2 Mesenchymzellen (am). Eine Längsmuskelzelle (/m,) mit gut aus- geprägtem Hirudineentypus; die übrigen entbehren am kernhaltigen Zell- abschnitt der kontraktil-fibrillären Schicht auf einer gewissen Strecke ihrer Peripherie. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450:1. Fig. 46. Qs. Hinterer Ringnerv (rn,) des Somits mit einer Nerven- zelle (wx) der großen Schläuche in der Nähe des dorsalen, paramarginalen Längsmuskelbands. Man sieht Längsmuskeln (/m) und 2 freie Amöbocyten (am) des Mesenchyms. HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 450: 1. Fig. 47. Qs. Hautmuskelschlauch. Typisches Hautepithel (ep) mit einer Drüsenzelle (dx) in der höchsten Phase ihrer Tätigkeit; der vordere Ringnerv (rn,) des Somits bei der Durchkreuzung mit dem dorsalen, inter- mediären Längsmuskelband, auf dessen Fasern (ln) motorische Nerven- endigungen zu sehen sind. Die den bezeichneten Nerven begleitende ee 5a* 856 N. Livanow, Ringmuskelfaser (rmf) gibt Seitenzweige zum Epithel ab. Außerdem sieht man eine diagonale Muskelfaser und eine freie Mesenchymzelle (am). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 48. Qs. Hautmuskelschlauch an der Laterallinie des Körpers. Typisches Hautepithel (ep) mit einer nahe liegenden Pigmentfettzelle (px); der kernhaltige Zellabschnitt der den vordern Ringnerven (rn,) des Somits begleitenden Ringmuskelfaser (rm/) mit einem epithelwärts verlaufenden Fortsatz; der Lateralnerv (/n) liegt dieser Muskelfaser unmittelbar an; Diagonal- (dm) und Längsmuskeln (/m), ein Teil des bezeichneten Ring- nerven (rn,), eine freie Amöbocyte. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 49. Qs. Körperwand. Ringmuskelfaser (rm); Diagonalmuskel- fasern (dm); zwischen denselben einige freie Amöbocyten (am) des Mesen- chyms. Der sensitive Nerv (sn) des Somits trägt vor dem ventralen, intermediären Längsmuskelband (/ın*) ein kleines Ganglion (gnx). Längs- muskeln (lm). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 50. Qs. Lateralganglion (yx) des sensitiven Nerven (sn) des Somits; man sieht die Vereinigung des bezeichneten Nerven mit dem lateralen (/n). Ring- (rm) und Diagonalmuskelfasern (dm), eine freie Amöbocyte (am), Längsmuskeln (m); unter ihnen das ventrale Para- marginalband (/*), von dessen Zellen eine im kernhaltigen Abschnitt getroffen ist. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450:1. Fig. Sla, b. Qs. 2 aufeinander folgende Schnitte. Körperwand. Typisches Hautepithel (ep) mit Drüsenzellen (dx) in verschiedenen Phasen der Tätigkeit. Ring- (rm) und Diagonalmuskelfasern (dm); Längsmuskeln (Im), in der Mitte das ventrale Paramarginalband (/m*) derselben. Der sensitive Nerv (sn) des Somits, mit welchem sich der Lateralnerv (In) vereinigt. Das Lateralganglion ist in 2 Teile (gnx) gesondert. Freie Amôbocyten (am). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 52. Qs. Körperwand. Typisches Hautepithel (ep) mit einer Drüsenzelle (dx). Die Grenzlamelle des Mesenchyms gibt einige Fäserchen (gl) ab. Diagonal- (dm) und Längsmuskeln (lin); das ventrale Para- marginalband (/n*) derselben. Der hintere Nervenzweig (hnx) des 4. Somit- rings endet im Lateralnerven (/»). Freie Amöbocyten und eine Pigment- fettzelle (px). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Va theless Fig. 53. Qs. Körperwand. Typisches Hautepithel (ep), Ring- (rm) und Diagonalmuskelfasern (41). Der Lateralnerv (ln) gibt 2 Nervenbündel ab, welche zu den diagonalen Muskelfasern der innern Schicht ziehen. Längsmuskeln (ln); das Lateralband (/»1*) derselben, eine seiner Zellen ist im kernhaltigen Abschnitt getroffen. Pigmentfettzellen (px) und freie Amöbocyten (am). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 54. Qs. Schräger Schnitt durch einen Borstensack. Man sieht in ihm eine mittelgroße und eine sehr kleine Borste (bs); unter seinen Zellen (bsx) sind hier 2 große, 1 mittelgroße und 1 (bsx*) wie im Hautepithel. Seitlich verlaufen Muskelzellen (mf) des Muskelapparats der Acanthobdella peledina GrUBE. 857 Borstensicke. Der cölotheliale Überzug mit einer gut entwickelten Zelle (ct*) HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 450:1. Fig. 55. Qs. Ein proximales Borstenende (bs); 3 Borstensackzellen (bsz), von denen 1 (bs:*) wie im Hautepithel, 2 andere aber sehr stark entwickelt sind. Im Protoplasma der Bildungszelle sieht man einen fein- faserigen Konus, welcher vom Borstenende ausgeht. HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 450: 1. Fig. 56. Qs. Borstensack mit einer vollkommen entwickelten Borste (bs), die am Ende nur von einer sehr feinen Protoplasmaschicht ihrer seitlich anliegenden Bildungszelle (bs:) bedeckt ist. Außer dem großen Kern der letztern sieht man noch (bsx*) einen mittelgroßen und 2 kleine, denjenigen des Hautepithels ähnlich. Einige Muskelfasern (nf) heften sich am proximalen Ende des Borstensacks an, welches ziemlich stark ins Cölom vorragt. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 57. Fs. Quer geschnittene Borsten (bs) und ihre Säcke (sx) vom ventralen Paar des 1. Kopfsomits. Links befinden sich 2 schräge Muskelzellen (m/”*) des betreffenden Muskelapparats, rechts liegen ellen (mf), welche bei den distalen Borstensackabschnitten am Integument in- serieren. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450: 1. Fig. 58. Qs. Schräg geschnittene Borstensäcke vom lateralen Paar des 5. Kopfsomits. Die Kerne ihrer Zellen (bsx) sind in verschiedenem Grade entwickelt. In einem Sack sieht man nur eine kleine (bs*), im andern eine vollkommen ausgebildete Borste (bs). Seitlich befindet sich eine schräge Zelle (ms) ihres Muskelapparats und eine zugehörige Ganglien- zelle (ynx). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450 : 1. Fig. 59. Qs. Körperwand an der dorsalen Medianlinie im vordern Ring des 3. Kopfsomits. Ring- (rm) und Längsmuskelfasern (Im); im innern Mesenchym (ms) des Körpers liegt das 1. Augenpaar. Peripher in den letztern sind Pigmentfettzellen (px) mit an dem einen Rand scharf ge- stricheltem Protoplasma, im Zentrum die Retinazellen (7x) mit den Binnen- körpern. Im Cölom (c) befinden sich 2 Muskelzellen (m/*), welche von der Oberschlundganglienmasse ausgehen. Lateral von einem Auge sieht man den dem letztern zugehörigen Nerven (rn). Sublimatessigsäure, Häm- alaun. 450:1. Fig. 60. Sts. Auge des vordern Paars. Retinazellen (x) mit dem peripher radial gestrichelten, lichtbrechenden Binnenkörper; die mit schwarzen Fettröpfchen erfüllten Pigmentfettzellen (px) des Pigmentbechers, in welchen der einwärts gerichtete Saum stark pigmentiert ist. HERMANN- sche Flüssigkeit, ohne ben 450 : 1. Fig. 61. Qs. Das Vorderende des Körpers. Infolge der gegen- seitigen Du des 1. und 2. Kopfsomits ist der Schnitt inbezug auf diese Somite tangential. Man sieht hauptsächlich dorsale Abschnitte der letztern. Peripher ist die Ringmuskelschicht (rm) gelegen, deren Fasern bloB für den Durchtritt der Sinnesknospen (sk) des 2. Kopfsomits an der paramedianen und intermediären Linie voneinander weichen. Die Längsmuskulatur enthält nur das paramediane (pmd), intermediäre (int), paramarginale (pm) und laterale (lb) Band, von denen ein jedes bloß aus 2 Muskelzellen besteht. Es sind auch Enden des ventralen, paramarginalen 858 N. Livaxow, und intermediären Längsmuskelbands zu sehen. Unten liegen die Sinnes- knospen (sk*) des 1. Kopfsomits, im Zentrum eine quer geschnittene Muskelzelle (mx), welche das laterale Borstenpaar des 1. Kopfsomits von innen umbiegt. Hinterer Ringnerv (1n,) des 2. Kopfsomits mit einer bipolaren Nervenzelle; im Zentrum liegt eine solche Zelle des vordern Ringnerven (rn,) desselben Somits. Rechts und seitlich sieht man einen Teil des bezeichneten Nerven; ein wenig nach unten befindet sich ein Teil des hintern Ringnerven (77,*) des 1. Kopfsomits. Ausführungsgänge der Riesendrüsenzellen des Mesenchyms und freie Amôbocyten. Sublimat- essigsäure, Hämalaun. 450: 1. Fig. 62. Fs. Quer geschnittene dorsoventrale Muskelzelle (mz) des 3. Kopfsomits. Vom kernhaltigen Zellabschnitt haben sich schon einige Muskelfasern (m/f) abgeteilt. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450 : 1. Fig. 63. Fs. Anfangsabschnitt des Darms. Das Hautepithel (ep), in welchem man Ausführungsgänge (ap) der Riesendriisenzellen sieht, setzt sich unmittelbar in die Mundhöhle (mh) fort. Die letztere ist hier völlig von der Pharynxfalte (phf) ausgefüllt, welche stark vorgeschoben ist; weiter folgt der Pharynxabschnitt (dph), in welchen sich die Drüsen- ausführungsgänge öffnen. In der Pharynxwand sieht man außer dem Epithel die Mesenchymschicht (ms*), welche in das Mesenchym (ms) der Körperwand unmittelbar übergeht. Im Mesenchym der Falte verlaufen Längsmuskelfasern (/m™*)'); im Mesenchym der Körperwand liegen Ring- muskeln (r”), die von den Borsten ziehenden Muskeln und neben diesen der Nerv (n»*), welcher die Mundhöhlenwand innerviert. Der Oesophagus mit seinem Epithel (oep), seinen Ring- (rm) und Längsmuskelzellen (ln). In seiner Mesenchymschicht verlaufen Drüsenausführungsgänge (aup), die hierher aus der ösophagealen Mesenchymlamelle (mn!) eintreten. 2 vordere Muskelzellen (mx) derselben sind seitlich über dem Oesophagus zu sehen, neben welchem vorn im Cölom 2 Quergefäße (79,) verlaufen; weiter liegt eine dorsoventrale Muskelzelle (dvm,) des mittlern Paars des 2. Kopf- somits und nach innen von ihr der Augennerv (n), hinten befinden sich der Nervenschlundring in der Ebene der Oberschlundganglienmasse (obm) und endlich Muskelzellen der 2 vordern Protractorenpaare (pr,,,). Das Cölom (c) dringt in Gestalt einer engen Spalte in die Pharynxfalte ein. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 200:1. Fig. 64. Qs. Die ventrale Hälfte des Oesophagus. Sein Epithel (oep), Ringmuskeln (rn) und die Mesenchymschicht (7s) mit den Längsmuskel- fasern (ln); seitlich liegt das hintere Protractorenpaar (pr,). HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 300 : 1. Fig. 65. Sts. Längsschnitt durch den hintern Oesophagusabschnitt. Sein Epithel (oep), Mesenchymschicht (77s), die sich allmählich reduzierende Ringmuskulatur (rm), eine Längsmuskelfaser (ln) und Cölothel (ct). Sublimat- essigsäure, Hämalaun. 550:1. Fig. 66. Qs. Die linke Hälfte des Oesophagus in der Ebene des stomodealen (sympathischen) Ganglions (sgn). In der Mitte sieht man das 1) In der Abbildung ist das * weggelassen. Acanthobdella peledina Gruss. | 859 Epithel (oep), Ringmuskeln (rm) und in der Mesenchymschicht (ms) Längs- muskelfasern (lm); weiter liegt der Célomocyten (cx) enthaltende Raum, welcher vom Cölothel (ct) ausgekleidet und von außen von der ösophagealen Mesenchymlamelle (m/y abgegrenzt ist. In der letztern befindet sich das stomodeale Ganglion (syn), das dorsale und ventrale Drüsenausführungs- gangpaket (aup), eine Ringmuskelzelle (mx) und 2 vordere Protractoren (Pr), 5). Der äußere cölotheliale Überzug mit einer gewöhnlichen somato- pleuralen Zelle (c/*). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 400:1. Fig. 67. Fs. Die Wand des Oesophagus. Sein Epithel (oep), Ring- (rm) und Längsmuskulatur (An). Hinten vom Oesophagus gehen Pro- tractoren (pr, .) der 2 vordern Paare und die Mesenchymlamelle (I) ab, in welcher man 2 mächtige Ringmuskelzellen (x), das stomodeale Ganglion (syn) und den betreffenden Nerven sowie 2 Ausführungsgang- pakete (aup) sieht. Im Cölom (ce) verläuft das Quergefäß (99) des 3. Paars und eine dorsoventrale Muskelzelle (dvm) des innern Paars des 3. Kopf- somits, von welcher sich schon einige Muskelfasern abgeteilt haben. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 300:1. Fig. 68. Qs. Die Wand des Mitteldarms, dessen Epithelzellen (dep) mit Trüpfchen einer fettartigen Substanz gefüllt sind und dessen Kerne schwach bemerkbar erscheinen. In der Mesenchymschicht (ms) sind stellen- weise ebenfalls solche Tröpfchen zu sehen, mit welchen auch die Chlora- gogenzellen (clx) sowohl basal als auch im Zentrum angefüllt sind. Im Cölom (ce) befinden sich 2 von solchen Einschlüssen freie Célomocyten (cx). HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhimatoxylin. 550:1. Fig. 69. Fs. Epithel des Hinterdarms, in dessen Zellen (dep) sich die fettartigen Trépfchen in der Nähe des Kerns und basal einlagern. HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 450:1. Fig. 70. Fs. Die Wand des Hinterdarms. In den die Falten bil- denden Epithelzellen (dep) sind nur wenige fettartige Tröpfchen vorhanden. Sie befinden sich nur proximal vom Kern in Gestalt geringer Häufchen, basal sind sie bloß einzeln zerstreut. Der Darmblutsinus (ds) ist von ihnen ganz frei, in den Chloragogenzellen (c/x) aber erscheinen sie ziemlich zahl- reich. HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenhämatoxylin. 450:1. Tafel 39. Fig. 71. Qs. Die Wand des Hinterdarms. Das hohe Drüsenepithel (dep) bildet Falten, denen entsprechend sich die weitesten Stellen des Darmblutsinus (ds) befinden. Die den letztern abgrenzenden Lamellen der Mesenchymschicht sind an den Längsmuskelfasern (ln) besonders gut zu sehen. Eine solche Faser ist in den Mesenchymstrang (ms) eingelagert, welcher in der Nähe des Blutgefäßes von der innern zur äußern Darm- sinuswand zieht. Das dorsale Blutgefäß (dg) steht in offener Verbindung mit dem Darmblutsinus. Freie Blutzellen (bv); im Cölom (c) in der Nähe des Darms einige Chloragogenzellen (c/x). Sublimatessigsäure, Boraxkarmin- Indigokarmin. 450:1. Fig. 72a, b. Qs. Schnitte durch das ventrale Blutgefäß aus einem mittlern Körpersomit. Von außen liegt das Célothel (ci), weiter folgt die 860 N. Livanow, Mesenchymschicht (ms), und innen befindet sich die innere, Längsmuskel- fasern (mf) enthaltende Schicht (is). Ein kernhaltiger Abschnitt (is*) einer Zelle der letztern. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 400:1. Fig. 73. Fs. Das ventrale Blutgefäß bei seiner Spaltung im Kopf- ende. Man sieht unter dem Célothel (ct) die Mesenchymschicht (ms) und die innere Schicht mit 2 kernhaltigen Zellenabschnitten, welche keine Muskelfasern enthält. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450 : 1. Fig. 74. Ein etwas schräg geführter Längsschnitt durch ein Quer- gefäß der Haftscheibe und Fig. 75. Querschnitt desselben Gefäßes, dessen Wand bloß aus der innern Schicht (is) besteht. Die kernhaltigen Abschnitte der letztern ragen stark in die @efäßhöhle (gi) vor. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin- Indigokarmin. 300:1. Fig. 76. Qs. Das dorsale Blutgefäß aus einem Somit der Mittel- darmregion. Die Gefüßwand besteht unter dem Cölothel (ct) nur aus der Mesenchymschicht (ms). Der cülotheliale Überzug mit einer typischen Zelle (ct*). Hämocyten (bx) und eine Cölomocyte (ex). Sublimatessigsäure, Hämalaun-Eosin. 400:1. Fig. 77. Qs. Das dorsale Blutgefäß in einem der hintern Kopf- somite. Man sieht unter dem Üölothel (ct) die äußere Mesenchymschicht (ms) mit einer Amöbocyte (am), darauf die Ringmuskelschicht (rm) und endlich die innere Membran (is) mit dem kernhaltigen Abschnitt ihrer Zelle (is*). Im Gefäß befindet sich eine Hämocyte (bx). Sublimatessig- säure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450:1. Fig. 78a, b. Qs. 2 aufeinander folgende Schnitte des vordern Ne- phridienschenkels aus dem Mittelkörper. Links sieht man eine Zelle (npx,) des Nephridienstücks mit verzweigten Kanälchen, von denen einige Ver- zweigungen sichtbar sind; rechts liegt eine Zelle (npx,) des Stücks, welches vor dem zur Hautepitheleinsenkung verlaufenden gelegen ist. Anfangs gesondert, darauf dicht an die andern Zellen anliegend ist das Nephridien- stück (npx,), welches den vordern und hintern Nephridienschenkel ventral vereinigt. In Fig. 78c geht das bezeichnete Stück in den entsprechenden Abschnitt (#p+,) des Vorderschenkels über. 2 Zellen dieses Abschnitts sind im Schnitt getroffen, welcher 4 Schnitte weit vom vorhergehenden entfernt ist. HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenbrazilin. 300:1. Fig. 79. Qs. Längsschnitt durch das dorsomediane Nephridienstück. 2 dicht aneinander liegende Zellstränge mit den entsprechenden Kernen und Zentralkanilen. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 300: 1. Fig. 80. Qs. Ein Schnitt durch den hintern Nephridienschenkel. Der kernhaltige Abschnitt gehört der Zelle (npx*,) desjenigen Stücks, welches der Nephridienöffnung am nächsten gelegen ist. HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenbrazilin. 300:1. Fig. 81. Qs. Ein Schnitt des Nephridienstücks vor der Hautepithel- einsenkung. HERMANN’sche Flüssigkeit, Eisenbrazilin. 300:1. Fig. 82. Qs. Das rudimentäre Nephridium des 3. Clitellarsomits. Am Gipfel einer typischen Hautepitheleinsenkung (ep) befindet sich nur Acanthobdella peledina GRUBE. 861 eine einzige Zelle (npx) des excretorischen Nephridienabschnitts. Ring- (rm) und Diagonalmuskelfasern (dm); Längsmuskulatur (lm), in welcher das ventrale Intermediärband (/m*) zu sehen ist; das Ende einer schrägen Muskelzelle (mf); freie Amöboeyten des Mesenchyms. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 300: 1. Fig. 83. Qs. Teil eines Schnitts durch das 1. Clitellarsomit. Das typische Epithel (dey) des Mitteldarms bildet Lingsfalten; unter denselben verlaufen in der Mesenchymschicht (ms) Längsmuskelfasen (lm); weiter folgt der den Darm umgebende Cölomabschnitt, welcher nur dorsal einen gut ausgebildeten Raum (c) mit der Chloragogenzellenschicht (c/x) am Darm darstellt; auf der übrigen Strecke ist das Cölom von Cölothelzellen (cl*) dicht ausgefüllt, welche seitlich an der Laterallinie des Darms in Gestalt einer traubenförmigen Masse (k,) in das Lumen des Hodens vor- ragen und seine Keimzone bilden. Das innere Mesenchym des Körpers (ms*) ist einerseits von der cölothelialen Membran des Cöloms (ct), andrer- seits von derjenigen des Hodens (c/,) begrenzt. Sublimatessigsäure, Borax- karmin-Indigokarmin. 450: 1 Fig. 84. Qs. Dasselbe wie in der vorhergehenden Figur, nur ist ein kleinerer Teil des Schnitts abgebildet. Die Keimzone (h,) nimmt eine größere Strecke ein und einige ihrer Zellen teilen sich von der übrigen Masse fast vollkommen ab. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 450:1. Fig. 85. @s. Dasselbe wie in der vorhergehenden Figur, nur ist ein noch kleinerer Teil des Schnitts abgebildet. Man sieht einen Mesen- chymstrang (ms,), welcher das innere Mesenchym des Körpers (ms*) mit der Mesenchymschicht des Darms (ns) verbindet. Eine Zelle (sx) der Keimzone (h,) des Hodens liegt frei im Raum des letztern, es ist eine Spermatocyte 1. Ordnung. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 550:1. Fig. 86. Qs. Eine Nährzelle (ix) des Hodens, die von der Masse der Spermatocyten (sx) 1. Ordnung umgeben ist; seitlich liegen abgetrennte Cytophoren (cy). Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Indigokarmin. 300: 1. Fig. 87. Qs. Der Rand des Samentrichters. Der cölotheliale Uber- zug (ct) des Hodens geht plötzlich in das Epithel des Gonostoms (st) über, auf welch letzterm in der Nähe des Rands eine Gruppe (st*) von gleich- sam sich abtrennenden Zellen liegt. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450:1. Fig. 88. Qs. Die Wand des Atriums des männlichen Geschlechts- apparats. Das typische Drüsenepithel (dx) des Atriums, zwischen dessen Zellen einige fadenförmige Elemente (ep) mit Kernen wie im Hautepithel liegen. In der dünnen Mesenchymschicht verlaufen Ringmuskelfasern (m/f). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 250:1. Fig. 89. Qs. Die Wand des Ovarialsacks beim Übergang des verti- kalen in den horizontalen Abschnitt. An der Basis des typischen Epithels (ovp) des Ovarialsacks befinden sich Längsmuskelfasern (mf); unter dem cölothelialen Überzug (c/) sieht man in der Mesenchymschicht (ms) un- differenzierte Zellen (cd), welche in der Cölomdrüse entstanden sind. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 300:1. 862 N. Livanow, Fig. 90. Qs. Horizontaler Abschnitt des Ovarialsacks. Zu seiner Wand gehören: außen die Célothelschicht (ct), in der Mitte ist die Mesen- chymschicht (is) mit einer Ringmuskelzelle (777) und einem Längsmuskel- faserbündel (li), und innen das Epithel (ovp) des Ovarialsacks. Im Lumen des letztern befindet sich eine Nährzelle (nz), welcher eine Masse von Ovocyten (oc) anliegt. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 300: 1. Fig. 91. Qs. Das hintere Ende des Ovarialsacks. Die Schichten des célothelialen (c/) und des innern (ovp) Ovarialsackepithels sind kaum voneinander zu unterscheiden; zwischen ihnen in der Mesenchymschicht (ms) 2 Gruppen von sich differenzierenden Ringmuskeln (rm) der Wand des Ovarialsacks; Bündel von Längsmuskelfasern (l»); im Zentrum liegen die sich entwickelnden Eizellen (oc). Sublimatessigsäure, Hämalaun. 300:1. Tafel 40. Fig. 92. Qs. Ventraler, medianer Teil eines Schnitts an der Grenze zwischen dem 2. und 3. Clitellarsomit. Eine halbschematische Abbildung desselben Schnitts ist in Fig. 9 gegeben. In der Mitte befindet sich die Cölomdrüse (cd) des weiblichen Geschlechtsapparats. Ihr ventraler Teil ragt als eine ansehnliche Masse in die hintere Höhle (ah) des Geschlechts- apparats vor; die Cülomdrüse ist hier von einem cölothelialen Überzug (ct,) bedeckt; 2 Zellen desselben sind im Schnitt zu sehen; stellenweise ist er ununterbrochen; die sich an solchen Stellen von der Cülomdrüse ablösenden Zellen (cx) liegen frei in der hintern Höhle. Die letztere ist vom Üölothel (ct) ausgekleidet; an ihrer Wand liegt eine Muskelfaser (f*) im innern Mesenchym des Körpers; ventral dringt die bezeichnete Höhle zwischen die Längsmuskeln (ln) ein, von Ber ein Bündel (Im*) sogar ganz frei in ihr eee hier ist der célotheliale Uberzug (ct* ‘) eigenartig verändert. Unter ihm befinden sich viele Amébocyten (am) im Mesenchym (ms) der Körperwand. Man sieht Längs- (/m), Diagonal- (dm) und Ring- muskelfasern (rn) des Hautmuskelschlauchs, seitlich eine Pigmentfettzelle (px) und ein Ausführungsgangpaket (aup) der Riesendriisenzellen. Das typische Hautepithel (ey) bildet an der Medianlinie eine Einsenkung, die Spermatheca (sp/), an deren Gipfel sich die Fortsätze (mf,) von den 2 die hintere Höhle durchziehenden ventralen Dissepimentmuskelzellen (dsz,) befestigen. Der obere Teil der Cölomdrüse bildet den basalen Abschnitt des Ovarialsacks (or). Zwischen seinen Zellen verlaufen Längsmuskelfasern (mf) des letztern; die sie erzeugende innere Muskelzelle (mx) ist in dem den Darm umgebenden Mesenchym zu sehen. Zwischen beiden Teilen der Cölomdrüse liegt eine Mesenchymschicht (ms,). Oben befindet sich der ventrale Cölomsinus (c,) mit dem ventralen Blutgefäß (vy) und dem Con- nectiv (cn) der Bauchkette. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 250:1. Fig. 93. Schema des Geschlechtsapparats in seinem vordern Abschnitt (Profilansicht). Am nächsten zur Laterallinie befindet sich der voluminöse, sackartige Hoden (h), welcher an der Grenze zwischen dem 3. prä- clitellaren (S) und 1. clitellaren (9) Somit beginnt. In der Mitte des letztern Somits liegt die Keimzone (h,) der männlichen Geschlechtsprodukte Acanthobdella peledina Gruss. 863 an der medialen Hodenwand. An der Grenze des 1. (9) und 2. (10) Clitellarsomits sieht man den Samentrichter (sf), welcher weiter in den Samenleiter (vd) und Ductus ejaculatorius (de) übergeht; der letztere mündet in das Atrium (af), welches sich durch die männliche Geschlechtsöffnung (3) nach außen öffnet. Den zentralen Abschnitt des weiblichen Geschlechts- apparats bildet jederseits eine Cölomdrüse (cd), welche ventral in die hintere Höhle (ah) desselben vorragt, nach oben in den basalen Abschnitt des Ovarialsacks (07) übergeht und vorn in den obern Teil des die Geschlechts- produkte ausführenden Abschnitts (xt) hinein ein wenig vorspringt. Der Ausführungsgang öffnet sich durch die weibliche Geschlechtsöffnung (©) zwischen dem 3. und 4. Ring des 2. (10) Clitellarsomits nach außen. An der Grenze des 2. (10) und 3. (11) Clitellarsomits befindet sich die Sperma- theca (spt). Fig. 94. Schema des Geschlechtsapparats; vorderer Abschnitt des- selben (von oben gesehen). Rechts und links sieht man 2 voluminöse Hoden (h), welche an der Grenze zwischen dem 3. präclitellaren (S) und 1. elitellaren (9) Somit beginnen. In der Mitte des letztern Somits be- findet sich die Keimzone (h,) der männlichen Geschlechtsprodukte an der medialen Wand des Hodens. An der Grenze des 1. (9) und 2. (10) Clitellar- somits liegt der Samentrichter (st), welcher in den Samenleiter (vd) und weiter in den Ductus ejaculatorius (de) der entsprechenden Seite übergeht. Die Ductus ejaculatorii münden dorsal in das Atrium (af) des männlichen Geschlechtsapparats ein, welcher sich durch die männliche Offnung (4) nach außen öffnet. Im weiblichen Geschlechtsapparat sieht man 2 Cülom- drüsen (cd), die in die hintere Höhle (ah) desselben vorragen, von vorn in den proximalen Teil seines die Geschlechtsprodukte ausführenden Ab- schnitts (#/) vordringen und oben die basalen Abschnitte der Ovarialsiicke (ov) darstellen. Fig. 95. Schema eines Nephridiums aus dem Mittelkérper. Der vordere Nephridienschenkel besteht aus 3 Zellensträngen; von ihnen enthält der eine (npx,) ein System von verzweigten Kanälchen, während in den beiden andern (npx,, npx,) nur je ein unverzweigter Zentralkanal verläuft. Der hintere Nephridienschenkel ist auch von 3 Zellensträngen (npx,*, npx,*, NP%s”) gebildet, welche eine kontinuierliche Fortsetzung der Zellenstränge des vordern Schenkels darstellen; in einem jeden verläuft nur je ein un- verzweigter Zentralkanal. Das dorsomediane Nephridienstiick (dt) ent- hält 2 Zellenstränge. Außerdem sieht man noch 2 Verbindungszellenstränge, einen bei der Laterallinie des Darms und einen ventralen. Hautepithel- einsenkung mit dem an sie herantretenden Nephridienstrang. Fig. 96. Schema, welches die Lage der einzelnen Nephridienabschnitte in bezug auf die übrigen Organe eines Mittelkörpersomits darstellt. Es ist ein Querschnitt des Körpers im Bereich eines Dissepiments abgebildet. Typisch entwickelter Hautmuskelschlauch; ventral, an der Intermediärlinie die Hautepitheleinsenkung des Nephridiums. Im innern Mesenchym des Körpers befindet sich der Hoden (2) und Riesendrüsenzellen (gdx). Das Cölom ist nur durch die dorsale (c) und ventrale (¢,) Dissepimentöffnung repräsentiert. In der erstern liegen ganz frei die Ovarialsäcke (ov) und das Blutgefäß; in der andern befindet sich das Connectiv (cn) der Bauch- 864 N. Livanow, kette und das ventrale Blutgefäß, welches den dorsalen Abschnitt seines Mesenteriums besitzt. Mitteldarm. In der Schnittebene ist nur der vordere (dunkler gefärbte) Nephridienschenkel getroffen, welcher in der Nähe des Darms im Mesenchym liegt. Der hintere Schenkel sowie der ausführende Nephridienabschnitt (welche mit einem hellern Ton bezeichnet sind) be- finden sich bereits außerhalb der Schnittebene, weiter nach hinten (im 1. Ring des auf das abgebildete Dissepiment folgenden Somits). Die Dissepimentmuskelzellen sind in die Figur nicht eingetragen. 75:1. Fig. 97. Schema eines Neurosomits aus dem Mittelkérper. Die Connective (cn) und ein Ganglion (gv) der Bauchkette. Die vom letztern abgehenden 2 motorischen Ringnerven, der vordere (rn,) und der hintere (rn,) und der mittlere sensitive Nerv (sn) des Somits. Nervenzellen (1%) der großen Schläuche auf den Ringnerven und Ganglienzellen (gnx) auf allen 3 Nerven (auf den Ringnerven bloß an der Laterallinie). Dorsal- nerv (dn). Im 2. Somitring (//) liegen die Gruppen der Sinnesknospen (sk). Der Lateralnerv (/#), welcher mit allen 3 Nerven des Somits sowie mit einem Nervenzweig (hnz) im 4. Somitring (JV) in Verbindung steht. Die dorsalen und ventralen Längsmuskelbänder (pid, pınd, , inl, int,, pmr, pmr,) sowie das Lateralband (/b), welche in näherer Beziehung zu den Ring- nerven stehen. Fig. 98. Qs. Halbschematische Abbildung eines Querschnitts durch das Connectiv der Bauchkette. Die 2 Connectivstimme (cn*) und das mediane Nervenbündel (mn). In der mesenchymatösen Neurilemmschicht verlaufen Längsmuskelfasern (m/f); von außen liegt der cölotheliale Über- zug (ct). 550:1. Fig. 99. Qs. Halbschematische Abbildung eines Querschnitts durch das Ganglion der Bauchkette. Ein medianes Ganglienzellenpaket (mp) und 2 seitliche Pakete (/p); die Zentralfasermasse (cfm) des Ganglions mit den von ihr senkrecht nach unten abgehenden Nerven (7). In der mesenchyma- tösen Neurilemmhülle des Ganglions sieht man 2 Muskelfasern (mf). Der äußere cölotheliale Überzug (ct). 300:1. Fig. 100. Fs. Halbschematische Abbildung eines Frontalschnitts durch ein Ganglion der Bauchkette, in welchem man 2 mediane Ganglien- zellenpakete [ein vorderes (mp,) und ein hinteres (mp,)] und 2 Paar laterale Pakete [ein vorderes (/p,) und ein hinteres (/p,)], sowie den Abgang des vordern (»,), mittlern (#,) und hintern (n,) Nerven sieht. 500:1. Natel aan Fig. 101. Schema der Innervation der Kopfregion. Das 5. vom 1. gewöhnlichen Ganglion (gn,) der Bauchkette innervierte Kopfsomit (5) mit 2 Ringnerven [ein vorderer (rn;(1,) und ein hinterer ("nz 2))| und einem sensitiven Nerven (sn,); der Zweig (hnx,) für den 4. Somitring. Die 4 übrigen Kopfsomite (—+#) innervieren sich von den 4 entsprechen- den Ganglionkomplexen der Unterschlundmasse. Das 4. Somit (4) enthält 2 Nerven, von welchen der eine (n,) dem hintern Ringnerven (vn, (2)) mit dem Zweige (4n+,) für den 4. Somitring und dem sensitiven Nerven (sn,) den Acanthobdella peledina GRUBE. 865 Ursprung gibt, während der andere (n,*) den vordern Ringnerven (14 (1)) darstellt. Das 3. Kopfsomit (3) ist von einem einzigen Nerven (n,) ver- sorgt, welcher den vordern (rn3(n) und hintern (13.3) Ringnerven mit dem Zweig (hnx,) für den hintersten Abschnitt des Somits sowie den sensitiven Nerven (sv,) bildet. Das 2. Kopfsomit (2) hat bloß 2 Nerven, nämlich einen hintern (773 )) und einen vordern (13 (1) Ringnerven, welche aus dem 2. Nerven (n,) der Unterschlundganglienmasse entstehen. Ihr 1. Nerv (n,) zieht in das 1. Kopfsomit (7), wo er 2 schwach ausgebildeten Ringnerven (777 (2), "1 (1)) den Ursprung gibt. Von den Schlundconnectiven gehen 2 Nerven ab, von denen der eine zum 1. Auge (au,) verläuft, welches sich an der dorsalen Medianlinie im 3. Kopfsomit befindet, der andere (n*) aber den stomodealen, sich in 2 Zweige (zur Mundhöhle und zum Oesophagus) teilenden Nerven darstellt. Die Oberschlundganglien- masse gibt unmittelbar keine Nerven ab. Lateralnerv (/»), Sinnesorgane (sk). Die einzelnen Somite sind der Klarheit des Schemas wegen alle ohne die dorsale Beugung, d. h. als vollkommen vertikale Ringe, gedacht. Die Augen des 4. und 5. Somits sind nicht eingetragen. Fig. 102. Schema der Ober- und Unterschlundganglienmasse von unten und ein wenig von vorn. Je 6 Ganglienzellenpakete jederseits bilden über den Schlundconnectiven (sen) die Oberschlundganglienmasse (0/77). Von jedem Schlundeonnectiv gehen je 2 Nerven ab, der eine (n) begibt sich zum Auge des 3. Kopfsomits, der andere ist der stomodeale Nerv (#*). Die Unterschlundganglienmasse besteht aus 4 Ganglionkomplexen. Ein jeder von ihnen entspricht einem gewöhnlichen Ganglion der Bauchkette und enthält 2 ventrale Medianganglienzellenpakete (mp,, mpy, Mp,. np,) und 2 Paar laterale (/p,, /p,, lps, lp,). Vom hintern Ganglionkomplex der Unterschlundmasse gehen je 2 Nerven jederseits (n,, n,*) ab, von den 3 übrigen aber nimmt bloß je ein Nerv jederseits (7,, n,, ”,) seinen Ursprung. Fig. 103. Schema des Blutgefäßsystems der Kopfregion. Man sieht das dorsale Gefäß (dq) mit den 5 von ihm abgehenden Quergefäßen (7915): das ventrale Gefäß ist vom Oesophagus (oe) verdeckt. Fig. 104. Schema des Blutgefäßsystems des hintern Körperendes. Das hellrote, ventrale Blutgefäß (7g) gibt 4 Paar Quergefäße (99,_.) ab. Das intensiv rote, dorsale Gefäß (dy) spaltet sich an der Grenze zwischen dem 5. (24) und 6. (25) Somit der Hinterdarmregion. Nach Eintritt in das innere Mesenchym des Körpers am hintersten Körperdissepiment gibt ein jedes der beiden so entstandenen Gefäße je 4 Quergefäße (y91_,) ab. von denen die 2 mittlern (99,, 4) eine gemeinsame Wurzel haben und das linke hinterste (79,) erst von dem aus der Vereinigung der beiden be- zeichneten Spaltäste hinter dem Darm entstandenen Gefäße (dy) entspringt. Zwischen den letztern ist eine Anastomose vorhanden. Die 4 Paar ventralen und dorsalen Quergefäße vereinigen sich am Rand der Haft- scheibe paarweise; auch die Gefäße, welche die Fortsetzung des dorsalen, resp. ventralen Blutgefäßes darstellen, gehen auf der Medianlinie des Körpers ineinander über. Die so entstandenen 9 Gefäße stehen am Rand der Haftscheibe durch das Ringgefäß (rg) untereinander in Verbindung. 866 N. Livanow, Acanthobdella peledina Grusz. Fig. 105. Schema der Analganglienmasse (von unten gesehen). Die Ganglienzellenpakete (p,, /p,) des 1. einem gewöhnlichen Ganglion der Bauchkette entsprechenden Komplexes sind in typischer Weise angeordnet. - In den 3 folgenden Komplexen verschieben sich die Seitenpakete (/p>_) des vordern Paars im Vergleich mit denjenigen des hintern Paars all- mählich mehr dorsal; die Medianpakete ordnen sich entweder (mp2_3) unter einem gewissen Winkel zueinander oder (mp,) symmetrisch jederseits von der Medianlinie des Körpers an. Im hintersten Ganglionkomplex sind dabei die Medianpakete von den hintern seitlichen fast nicht gesondert, was auch auf einer Seite im 3. Komplex (nmp,, /p,) stattfindet. Lateralwärts gehen je 2 Nerven (n,) jederseits vom 1. Ganglionkomplex ab, während von den übrigen Komplexen in ihrem vordern Abschnitt nur je ein Nerv (ns_,) ausgeht; außerdem sieht man noch ein Paar Nerven (n*), welche die Enden der Connectivstämme (cn) bilden. Fig. 106. Schema des Céloms des 5. Kopfsomits, der 3 präclitellaren Somite (6—$S) und des 1. Clitellarsomits (9). Frontalschnitt etwa auf der Höhe der Laterallinie des Körpers. Das Uölom des 2. (c,) und 3. (rs) Präclitellarsomits bildet die Vorstülpungen (cs,, ,), welche zwischen der Cölomwand des vorhergehenden Somits und den Längsmuskeln desselben nach vorn ziehen. Im 1. Präclitellarsomit sind keine solche Vorstülpungen vorhanden; sein Cölom (c,) steht in unmittelbarer Verbindung mit dem weitern Cölomraum (c,) des 5. Kopfsomits, da das betreffende (in der Figur eingetragene) Dissepiment (dsp.) bloß aus einem ventralen Muskel- bogen besteht. Das Cölom des 1. Clitellarsomits (9) ist dicht mit Cölothel- zellen (c/*) gefüllt, welche auf einer geringen Strecke (/,) direkt in den Hoden (h) vorragen. Der Darm (d), ausgenommen den Oesophagus (oe), ist von den Chloragogenzellen (clx) bedeckt. Fig. 107. Halbschematischer Frontalschnitt des hintern Körperendes, in welchem die Konturen seiner Somitringe und der Hinterdarm (hd) ab- gebildet sind. Der gewundene Verlauf des letztern und seine Ein- teilung in die den Körpersomiten (20— 25) entsprechenden Abschnitte (Kane). “SOT 12 Fig. 108. Schema des hintern Körperendes. Es sind die Umrisse eines Teils des Mitteldarms (/) sowie diejenigen des Hinter- (hd) und des Analdarms (an) abgebildet. Blutgefäßsystem; der nur dem Hinterdarm zukommende Darmblutsinus ist mit hellrotem Ton bezeichnet, das dorsale (dg) sowie das ventrale (vy) Blutgefäß sind intensiv rot. Sie stehen mit dem Blutsinus in Verbindung, und zwar das ventrale Gefäß durch 5 in den Dissepimenten (dsj) 23) verlaufende Gefäße, das dorsale durch mehr- fachen offenen Zusammenhang in jedem Somit. Das schwarz gefärbte Cölom ist in seinem ventralen und dorsalen Abschnitt zu sehen. Die Dissepimente (Spig_»5), welche die metameren Cölomabschnitte (Cı9_>5) voneinander trennen, sind im Vergleich zu den entsprechenden Abschnitten des Hautmuskelschlauchs (/9—-29) nach vorn verschoben. Hinterster Célomsack (ec). Anfangsteile der QuergefäBe am ventralen und dorsalen Gefäß; Ringgefäß (rg) der Haftscheibe. Lippert & Co. (G. Pätz’sche Buchdr.), Naumburg a. S. ate we Zoolog. Jahrbücher Bd 22 Abt. f- ‘Morph. ’ Tafte7. =. | 4 ~ AAD EE ag = Si is — = 2 I er ‘Oa = Pawo ee Fig. 5. OULU ir, AAC, es Gz —SZ \ Fig. 9. Gustav Fischer, Je Cy + rN { y NA *, é A 7 SEN au | a A WW. Us u: :\ h Ya | A. | NAD Zoolog. Jahrbücher Bd.22 Abt. f- Morph. Fig. Mb Fig. Ve. o SE Fe > Sn Ne AS N g air - Le . —_, a ae NIE As A As - AS > As - 2 as À 2% 2 = 2 Ar . 2 rie . TAS; = N Ss \ ioe Fig. 16. sont, DR Yan, Fig. 15. 4 2 D ' A PTT N 4 . > ’ , VA Pees, AO . N > ORAL . RR ln ava a,’ ve, À V9 teva, . 2 Fig. Ma. £ Fig. Vid. Fig. IR. HAROLD . ns ss Gustav Fischer u 2 7. u Cn Jahrb Bil 22 Abt. £ Morph. von Wamer del 7 Verlag von Gustav Fischer in Jena. lnthographie v.E Schaal Jens. LU] 4 4299209 = Zooloy Jahrb Bd 22 Abt.f Morph. (9) (a) 100008000228) A = er - ——- oo Verlag von Gustav Fischer in J ena. Lithographie v-E. 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